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German Pages 906 [924] Year 2012
Knotenpunkt Byzanz
Miscellanea Mediaevalia Veröffentlichungen des Thomas-Instituts der Universität zu Köln Herausgegeben von Andreas Speer
Band 36
Knotenpunkt Byzanz
De Gruyter
Knotenpunkt Byzanz Wissensformen und kulturelle Wechselbeziehungen Herausgegeben von Andreas Speer und Philipp Steinkrüger
De Gruyter
ISBN 978-3-11-027209-3 e-ISBN 978-3-11-027231-4 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2012 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/Boston Datenkonvertierung/Satz: WERKSATZ Schmidt & Schulz GmbH, Gräfenhainichen Druck: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
Vorwort
Der vorliegende 36. Band der Miscellanea Mediaevalia ist der erste Band, der Byzanz zum Thema hat, und es war auch das erste Mal, daß sich die Kölner Mediaevistentagung gezielt mit Byzanz befaßt hat. Daß dies im Jahr 2010 geschah, mag zufällig erscheinen, ist es aber in vielfacher Hinsicht nicht. Denn das Thema von Tagung und Band ist nicht zuletzt das Ergebnis einer Zusammenarbeit, die vor inzwischen mehr als 20 Jahren begann, als zwei bulgarische Kollegen, Tztocho Boiadjiev und Georgi Kapriev, erstmals an einer Kölner Mediaevistentagung teilnahmen, ja, überhaupt teilnehmen konnten. Es war die Zeit des großen Aufbruchs nach dem Fall der Mauer und dem Ende des kalten Krieges. Der Lehrstuhl für Geschichte der Philosophie der St. Kliment Ochridski Universität Sofia ist seitdem zu einem Motor für ein neues Interesse an der byzantinischen Philosophie geworden. Aus dieser Begegnung ist eine überaus fruchtbare wissenschaftliche Zusammenarbeit erwachsen, die auf dem 10.Weltkongreß für Mittelalterliche Philosophie in Erfurt im Jahre 1997 und bei der denkwürdigen Jahrestagung der Société Internationale pour l’Étude de la Philosophie Médiévale zu Ostern 1999 in Sofia, aber auch in zahlreichen Summerschools im legendären Elena ihre von wechselseitiger Freundschaft getragene wissenschaftliche Artikulation fand. Diese Freundschaft verbindet unsere Lehrstühle und Institute und hat inzwischen alle Generationen von Forschern und Studierenden erfaßt. So verdankt sich auch das Thema und die Ausgestaltung der 37. Kölner Mediaevistentagung und somit dieses Bandes zu einem nicht unwesentlichen Teil der Zusammenarbeit der letzten beiden Jahrzehnte. Doch auch für das Thomas-Institut ist die 37. Mediaevistentagung ein – zumindest kleines – Jubiläum gewesen. Denn am 10. Oktober 1950 wurde nicht nur die Gründung des Thomas-Instituts durch ein amtliches Schreiben des Kultusministers bestätigt, bereits einen Tag später fand die erste Kölner Mediaevistentagung statt – zunächst jährlich, seit 1968 im Zweijahresrhythmus. Die Mediaevistentagung gehört also von Anfang an zur Arbeit und zum Selbstverständnis des Thomas-Instituts: diese mediävistische Biennale ist in vielerlei Hinsicht unser Ideenlabor. Vor allem sind wir stolz auf unseren weitgespannten Freundeskreis, aus dem alle zwei Jahre mehr als zweihundert Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus allen Teilen Europas und der Welt nach Köln kommen. Wie sehr die Kölner Mediaevistentagungen hierbei selbst zur Plattform für Forschungsaktivitäten werden, zeigt das erste Treffen der internationalen Thomas de Aquino Byzantinus-Forschergruppe im Anschluß an die Tagung und das inzwischen schon traditionelle Treffen der European Graduate School for Ancient and Medieval
VI
Vorwort
Philosophy (EGSAMP) im Anschluß an das Internationale Kolloquium am Abend vor Beginn der Tagung. Das Thema des Internationalen Kolloquiums, Nicolaus Cusanus und Byzanz, lag aus zwei Gründen besonders nahe. Denn einerseits ist Cusanus eine herausragende Figur der Beziehung zwischen Ost und West und in mehreren Aspekten dieser Beziehung – in der Theologie, Philosophie sowie in den Bemühungen einer Aufhebung der kirchlichen Spaltung – besonders bedeutsam. Andererseits fiel das Jahr der 37. Kölner Mediaevistentagung mit dem fünfzigjährigen Bestehen der Cusanus-Forschungsstelle am Thomas-Institut zusammen. Seit 1960 beherbergt das Thomas-Institut diese zunächst als Arbeitsstelle der Heidelberger Akademie, die nach schwierigen Nachkriegsjahren auf maßgebliche Initiative von HansGeorg Gadamer, dem damaligen Vorsitzenden der Cusanus-Kommission, gegründet wurde. Gerhard Kallen und die beiden ersten Direktoren des Thomas-Instituts Josef Koch und Paul Wilpert machten den Anfang, Karl Bormann, Hermann Hallauer und Erich Meuthen bildeten die nächste Generation – und schließlich ist Hans Gerhard Senger zu nennen, der als letzter Arbeitsstellenleiter mit einem beispiellosen Engagement die Fertigstellung der kritischen Cusanus-Gesamtausgabe betrieb, soweit sie in der Verantwortung des Thomas-Instituts lag. Doch auch nach der offiziellen Fertigstellung im Jahre 2004 bleiben noch viele Aufgaben. So ist aus der Arbeitsstelle der Heidelberger Akademie schon längst eine Forschungsstelle geworden, die sich dem Werk des Nikolaus von Kues widmet. Zum fünfzigjährigen Jubiläum wurde zudem die rechtliche Grundlage der Cusanus-Forschungsstelle formalisiert. Hierzu hat die Heidelberger Akademie dem Thomas-Institut die in den letzten fünfzig Jahren aufgebaute Forschungsbibliothek und alle Materialien mit der Auflage überlassen, diese zu pflegen und ständig zu aktualisieren. Für die Aufgabe der Weiterführung von Bibliothek und Archiv hat der Kanzler der Universität zu Köln, Herr Dr. Johannes Neyses in einer durchaus ungewöhnlichen Geste der Anerkennung der geleisteten Forschungsarbeit der Arbeitsstelle eine dauerhafte Finanzierung zugesprochen. Die Cusanus-Forschungsstelle soll und wird somit auch künftig ein Ort der Forschung und des Studiums sein. Hierzu sollen die Bibliothek und die Materialien allen an der Philosophie und der Theologie des Cusanus Interessierten zur Verfügung stehen. Der vorliegende 36. Band der Miscellanea Mediaevalia vereint diese und viele andere Forschungsimpulse der 37. Kölner Mediaevistentagung. Mit den Sektionen zu Nicolaus Cusanus und zur byzantinischen Thomas-Rezeption finden sich in insgesamt zwölf Sektionen 43 Beiträge, die ein weites Feld von Wissensformen und kulturellen Wechselbeziehungen – so lautet der Untertitel unseres Bandes – aufspannen, das eine Fülle neuer interdisziplinärer Bezüge ermöglicht. Unser Dank als Herausgeber gebührt den Referenten und Referentinnen, den Autorinnen und Autoren für ihre engagierte Mitarbeit in allen Phasen der Drucklegung. Doch dieser Band wäre kaum zustandegekommen ohne die erneute großzügige Unterstützung der Tagung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft sowie durch die Otto Wolff-Stiftung und die Selbsthilfe Pensionskasse der Caritas
Vorwort
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VvaG. Ein herzlicher Dank gebührt ferner dem Rektor der Universität zu Köln, Prof. Dr. Axel Freimuth, der auch bei der 37. Kölner Mediaevistentagung die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu einem abendlichen Empfang bat. Die Vorbereitung und die Durchführung der Tagung lagen wie stets in den ebenso bewährten wie engagierten Händen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Thomas-Instituts. An dieser Stelle sei Frau Petra Abendt, die bereits seit vielen Jahren das Tagungssekretariat leitet, und Herrn Dipl.-Bibliothekar Wolfram Klatt, der nicht nur die Bücherausstellung organisiert, besonders herzlich gedankt. Auch bei den dieses Mal besonders umfangreichen redaktionellen Arbeiten konnten wir auf die Erfahrungen und den großen Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Thomas-Instituts zählen. Ein herzlicher Dank gilt Herrn Christopher Wilson für die Unterstützung bei der Vorbereitung der englischen Manuskripte und ganz besonders Stephan Regh und Lars Reuke für die herkulische Arbeit an den umfangreichen Registern. Wie immer gilt der abschließende Dank der Herausgeber dem Verlag Walter de Gruyter, namentlich und immer wieder gerne Frau Dr. Gertrud Grünkorn, ferner Herrn Christoph Schirmer sowie Frau Katja Brockmann für die gewohnt gute Zusammenarbeit und für die besonders großzügige Ausstattung des Bandes. Köln, im Juni 2012
Andreas Speer Philipp Steinkrüger
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
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V
A S ( Köln) Knotenpunkt Byzanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XV
I. Byzanz und der Westen G K (Sofia) Vier Arten und Weisen, den Westen zu bewältigen . . . . . . . . . . . .
1
II. Byzantinisches und griechisches Denken B R S (Gießen) Das ,Corpus Dionysiacum Areopagiticum‘ im Byzantinischen Reich des Sechsten bis Neunten Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
A P (Durham) Theodore and the Black man: Imagining (through) the Icon in Byzantium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
R F (Budapest) The Sacred Nectar of the Deceitful Greeks. Perceptions of Greekness in Ninth Century Rome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
71
A R (Venedig) De l’apologie à l’évocation de l’expérience mystique. Évagre le Pontique, Isaac le Syrien et Diadoque de Photicé dans les œuvres de Grégoire Palamas (et dans la controverse palamite) . . . . . . . . . . . . . . . . .
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III. Byzanz und der Islam S M (Sofia) Theodor Ibar (nt. 9), vol. 2, 473. ˘
Ibn Haldu¯n, a Late Historian of Byzantium ˘
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Relying on Ibn al-Ibar’ continues its narrative of the Byzantines in sections which connect˘ them to the arrival of the Crusades in the Near East. He describes the arrival of the Franks/Crusaders who marched towards Constantinople on their way to Syria, the discord (fitna) which developed between them and the Byzantines, and the reliance of both parties on Muslim rulers: “Dissensions increased in those parts for around one hundred years […] while the power of the Byzantines in Constantinople was in diminution and decline” 44. All the information on the Byzantines alluded to so far is located in volume two. Volume five picks up the story again with the Frankish conquest of Constantinople in 1204 in the chapter pertaining to the Franks, namely: “The history of the Franks in what they have possessed of the coastal area of al-Sˇa¯m and its t ug·u¯r” 45. The conquest of Constantinople appears following a sequence of Fran¯ kish sieges and conquests of Muslim towns and fortresses, specifically, following descriptions of the Frankish sieges of Cairo and Dumya¯t. . Ibn Haldu¯n explains, in some detail, the circumstances leading to the Frankish conquest˘ of the Byzantine capital: He refers to the diversion provided by Alexius Angelus, son of the Byzantine emperor, Isaac II (1185–95 and 1203–4), who entered the city with his allies, the Franks. Reference is made of the part played by both the French and the blind Doge of Venice, Dandolo. Isaac II was restored as emperor and Alexius ruled along with him but, during this interlude, they mismanaged the country 41 42 43 44 45
Ibid., vol. 2, 478 sqq. Ibid., vol. 2, 485. Issawi, Ibn Khaldun (nt. 13). Ibn Haldu¯n, >Ibar (nt. 9), vol. 2, 486. Ibid.,˘ vol. 5, 385–460.
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Nadia Maria El Cheikh
confiscating from those who had money, including the money of churches. Ibn Haldu¯n does not point to the heavy financial burden placed on Alexius by the ˘ Crusaders. The Byzantines managed to exile Alexius and the Franks besieged them once again. The significant shift in alliances, a marked feature of Byzantine history during this period, is highlighted when Ibn Haldu¯n points that the Byzantine emperor sought the help of Sulayma¯n ibn Qilij˘ Uthma¯n with its chief city in Bursa. He pointed that this region used to belong to the Byzantines but Ibn >Uthma¯n now “exerts authority over the ruler of Constantinople and is master of the domains from all sides”53. VI. Conclusion: Byzantium and the Franks Ibn Haldu¯n’s presentation was already fixed in a long textual tradition. The image of˘ Byzantium was a contextually construed evolution, elaborated in response to political and cultural developments and the texts contained traditions that reproduced faithfully codified conceptions of it. Indeed, once placed in an accepted Muslim corpus, the later texts continued to argue within the framework of set patterns, motifs, topoi and polemics. Although there is evidence to support the argument that Arab-Muslim writers adapted and changed some of their as-
52 53
Ibn Haldu¯n, >Ibar (nt. 9), vol. 5, 862. Ibid.,˘ vol. 1, 127 and vol. 2, 488 sq.
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Nadia Maria El Cheikh
sessments and views in response to changed circumstances and relations, the texts, in general elaborated and maintained the Byzantine ‘reality’ they encountered in earlier texts54. Ibn Haldu¯n, however, reformulated his sense of the Byzan˘ times. He knew of the desperate attempts of Byzantine Empire in light of his tium against the Ottomans. He was also well aware that the dominion of the Byzantines had been reduced to an insignificant area. This, perhaps, explains the fading of Ibn Haldu¯n’s Byzantine dynastic list at the end of the thirteenth cen˘ tury. Ibn Haldu¯n was the last Muslim historian to deal with Byzantine history at ˘ He was, in a sense, the last medieval Muslim historian of Byzantium. such length. Although the Franks had risen since the Crusades into prominence, a development paralleled by the gradual decline of the Byzantine Empire, the Byzantines continued to occupy a specific space in the historical consciousness of Ibn Hal˘ du¯n. For the early period, Ibn Haldu¯n’s view of Byzantium was almost fully shap˘ ed by the concerns of Christian authors. For the later periods, the type of information on Byzantium that Ibn Haldu¯n acquired was different. Much less is said about ecclesiastical affairs, while ˘attention was now focused on Byzantine dynastic changes and certain aspects of Arab-Byzantine relations. In order to fit the Byzantine material with Ibn Haldu¯n’s theoretical enunciations in the ‘Muqaddima’ more fully, it is helpful to˘ extend the analysis on his material on the Franks, a significant part of which occurs in the ‘Muqaddima’, i.e., the theoretical framework, rather than in the actual history. Ibn Haldu¯n mentions ˘ the rise of European commerce, which was tied up with the growing Christian naval ascendancy in the Mediterranean: “At this time, we can observe the conditions of the merchants of the Christian nations who come to the Muslims in the Mag·rib. Their prosperity and affluence cannot be fully described because it is so great.”55
Ibn Haldu¯n reviews the fate of the competing fleets in the Mediterranean since the˘ early Islamic times to conclude that while the Muslims came to be strangers to the Mediterranean, “The Christians resumed their former, famous maritime training, and (renewed) their constant activity (in the Mediterranean) and their experience with conditions there. (They again showed) their former superiority over others on the high seas of (the Mediterranean) and in (Mediterranean) shipping.”56
Not only did Ibn Haldu¯n realize the economic ascendancy of the Franks, he ˘ refers also to their military capabilities by stating that their military success is pri54 55
56
See N. El Cheikh, Byzantium Viewed by the Arabs, Cambridge 2004. Ibn Haldu¯n, >Ibar (nt. 9), vol. 1, 651. Trans. F. Rosenthal, The Muqaddimah: An Introduction ˘ to History, New York 1985, vol. 2, 280. See also See R. Irwin, Islam and the Crusades, 1096– 1699, in: J. Riley-Smith (ed.), The Oxford Illustrated History of the Crusades, Oxford 1997, 217–259. Ibid., vol. 1, 451–454, trans. in Rosenthal, The Muqaddimah (nt. 55), vol. 2, 42–46.
Ibn Haldu¯n, a Late Historian of Byzantium ˘
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marily due to the way they wage war. Their superior technique has led Mag·ribı¯ rulers to employ groups of European Christians in the army, despite the fact that they are unbelievers57. Ibn Haldu¯n discusses, moreover, the role that religion and ˘ play in strengthening the >asabı¯ ya of the Franks, the institution of the papacy . pointing that, among the Franks, the pope became the authority in matters concerning the well-being of man in the hereafter, while the emperor enjoyed the royal authority based on the natural power of >as.abı¯ya58. The problem of what happens to intellectual progress and to the arts and sciences in general at the juncture between the fall of one dynasty and the rise of another is a complex one59 and one that Ibn Haldu¯n tries to deal with. In this same context, he alludes to Europe’s intellectual ˘progress: “We have heard of late that in the lands of the Franks, that is, in the country of Rome and its dependencies on the northern shore of the Mediterranean Sea, the philosophic sciences are thriving, their works reviving, their sessions of study increasing, their assemblies comprehensive, their exponents numerous, and their students abundant. But God knows best what goes on in those parts. God creates what He wishes and chooses.” 60
>Umra¯n, as Ibn Haldu¯n specified in the ‘Muqaddima’, is a total affair that pro˘ duces growth and progress on all levels. The pre-conditions of >umra¯n were ful> filled for the Franks: as.abı¯ya, a strong monarchy, technical abilities, a marching army, skill in commerce, and a vigorous intellect 61. Ibn Haldu¯n seems to have had ˘ place in the north. He a strong sense that momentous developments were taking emphasizes various interconnected factors which went into the make-up of power and, in this particular period, in the furthering of the rise of Christian Europe. Thus, although the Franks per se are not a fundamental preoccupation in Ibn Haldu¯n’s ‘Ta¯rı¯h’, they emerge, nonetheless, in the course of his formulation ˘ of his˘ general conception of the rise and fall of civilizations. The historical turning point that Europe was experiencing in the fourteenth century and the foundational beginning of the renaissance made an impression on Ibn Haldu¯n. Indeed, the Franks were particularly relevant in light of the paral˘ of the Byzantine Empire. Although the balance of preeminence had lel decline shifted from the waning Byzantine Empire to the waxing Frankish sphere, Ibn Haldu¯n did not lose interest in the Byzantine Empire both for reasons related to ˘ Arab-Muslim historical tradition and to his own historiographical project. Ibn the 57 58 59 60 61
Ibid., vol. 1, 485 sq. Ibid., vol. 1, 415, trans. in Rosenthal, The Muqaddimah (nt. 55), vol. 1, 481; Mahdi, Ibn Khaldun’s Philosophy (nt. 7), 245. T. Khalidi, The Idea of Progress in Islam, in: Journal of Near Eastern Studies 40 (1981), 217– 230. F. Rosenthal, The Muqaddimah (nt. 55), vol. 3, 117 sq. M. Afaya, al-G·arb al-mutahayyal: s.uwar al-arabı¯ al-ammim‘ (‚Der die Grenzen der Völker setzt‘)25, eine paraphrasierende hebräische Übersetzung der Weltbeschreibung des Humanisten Johannes Böhm (ca. 1485–ca. 1533/1535), die Joseph ha-Kohen im Jahre 1555 anfertigte. ‚Sefer ha-Indiah ha-h.adasˇah‘ (‚Neuindien-Buch‘)26, eine hebräische Übersetzung des Werkes ‚La istoria de las Indias y conquista de Mexico’ von Francisco López de Gómara. Joseph ha-Kohen übersetzte dieses zweiteilige Werk im Jahre 1557, wobei er es an ‚Mas.s.iv gevulot >ammim‘ anschließen ließ. 23
24
25 26
Es existiert keine kritische Edition dieses Werkes, nur eine unvollständige Edition des dritten Teils durch: D. A. Gross (ed.), Sefer Divrei ha-yamim le-malkhei S. arefat u-malkhei beit Ot.oman ha-Togar. H.eleq sˇelisˇi, Jerusalem 1955. Zum Werk cf. Jacobs, Geschichte (nt. 3), 86–104. Editionen des hebräischen Textes: M. Letteris, (ed.) Emek habaca. Historia persecutionum judeorum comprehendens periodum ab anno p. Ch. n. LXX usque MDLXXV a Josepho Hacohen (nat. 1496), Wien 1852; die Textedition stammte ursprünglich von S.D. Luzzatto, Letteris revidierte sie und versah sie mit Anmerkungen. Eine alle verfügbare Manuskripte berücksichtigende Edition ist: Almbladh, Sefer ‘Emeq ha-bakha (nt. 22). Cf. auch Jacobs, Geschichte (nt. 3), 104–106. Cf. Ibid. 106 sq. Ein Druck oder eine kritische Edition liegen nicht vor. Edition: M. Lazar (ed.), Sefer ha-Indiah ha-h.adasˇah ve-Sefer Fernando Qorte, Lancaster 2002. Cf. Jacobs, Geschichte (nt. 3), 107 sq.
Byzanz in der jüdischen Geschichtsschreibung des sechzehnten Jahrhunderts
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Anders als bei Capsali ist Joseph ha-Kohens Quelle für die osmanische Einnahme Konstantinopels eindeutig erkennbar, es handelt sich um den Florentiner Andrea Cambini (1455/60–1527), der eine Schrift zur Geschichte der Osmanen verfasst hatte, die 1529 posthum erschienen ist 27. So ist seiner Darstellung der Belagerung der Stadt fast wörtlich aus diesem Werk übersetzt: „Er wandte sein Antlitz nach Konstantinopel mit viel Volk und starker Hand. Sie belagerten es vom Meer aus und zu Lande viele Tage lang. Da sandte der Kaiser zu den Königen der Unbeschnittenen um Hilfe. Doch wie eine taube Schlange wollten sie nicht hören“28. Die Plünderung der Kirchen wird von Joseph ha-Kohen als ein positives Ereignis dargestellt: „Sie gingen zu den Kulthöhen und nahmen ihre Beute, ihr Silber und ihr Gold und zerbrachen ihre Bilder und Statuen und vertrieben die Priester an jenem Tag“ 29. Für Joseph ha-Kohen ist das Ende des christlichen Konstantinopel mit dem Ende eines heidnischen Heiligtums gleichzusetzen, es handelt sich also aus jüdischer Sicht um eine wünschenswertes und positives Ereignis, wobei sich auch bei ihm wie bei Capsali der Hinweis auf Klgl 4, 21 findet30. Allein aus diesem Zitat zu schließen, daß Joseph ha-Kohen messianische Erwartungen an die Eroberung Konstantinopels geknüpft habe, wie es Yerushalmi tat31, wäre wohl übertrieben, allerdings zeigt die Abscheu, mit der er die christlichen Kultstätten charakterisiert, daß er einen Sieg des Islam über das Christentum durchaus mit Wohlwollen betrachtet hat32. Anders als Capsali ordnet er auch den Namen des letzten Kaisers richtig zu, indem er die Namensgleichheit mit dem Begründer Konstantinopels betont: „Wisset also und seht, daß Konstantin, der Sohn der Helena, der erste war, der in jener Stadt herrschte, und Konstantin, der Sohn der Helena, der letzte war“33. IV. Zusammenfassung Zwar befand sich Capsali geographisch als Einwohner der Insel Kreta sehr nahe am ehemaligen Byzantinischen und in der Folge Osmanischen Reich, allerdings interessierte er sich als Untertan Venedigs eher für die Ereignisse der italienischen Handelsmetropole. 27
28 29 30 31 32 33
A. Cambini, Libro […] della origine de turchi et imperio delli ottomani, Florenz 1529. Joseph ha-Kohen könnte den Nachdruck im folgenden Sammelband benutzt haben: Commentarii delle cose de’ tvrchi di Pavlo Giovio et Andrea Gambini con gli fatti et la vita di Scanderbeg, Venedig 1541. J. ha-Kohen, Divrei ha-yamim, Sabbioneta 1554, 95b. Ibid., 97a. Ibid. Cf. Y. H. Yerushalmi, Messianic Impulses in Joseph ha-Kohen, in: B. D. Cooperman (ed.), Jewish Thought in the Sixteenth Century, Cambridge–London 1983, 473. Cf. Jacobs, Geschichte (nt. 3), 200. Ibid., 97a–b.
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Carsten Schliwski
Joseph ha-Kohen dagegen interessierte sich als Abkömmling spanischer Juden eher für den westlichen und zentralen Mittelmeerraum. Dazu kam noch, daß für beide Autoren der Konflikt zwischen Christentum und Islam eine wichtige Konstante in ihrem Geschichtsdenken bildete, so dass das östliche Mittelmeer erst mit der Etablierung des Osmanischen Reiches als Gegner des westlichen Christentums stärker Beachtung fand. Was die Eroberung Konstantinopels selbst betrifft, so sahen beide Chronisten darin eine Bestrafung des christlichen Nachfolgers Griechenlands und Roms für Unrecht, das Juden durch diese beiden Zentren seit der Antike erlitten hatten. Inwieweit mit der Eroberung Konstantinopels messianische Hoffnungen einhergingen, ist nicht eindeutig zu beantworten. Allerdings hielten beide Historiker Mehmet den Eroberer für ein Werkzeug Gottes.
IX. Byzanz und seine östlichen Nachbarn
Byzanz als Referenz- und Konfliktpunkt. Bulgarien zur Zeit Symeons des Großen D Z (Budapest) I. Einleitung – Knotenpunkt Byzanz zur Zeit Symeons des Großen Knotenpunkt Byzanz – für kaum ein außerhalb der Grenzen des Byzantinischen Reiches gelegenes Gebiet ist diese Bezeichnung so treffend wie für das Bulgarische Reich. Dies gilt eigentlich für die gesamte mittelalterliche Geschichte Bulgariens, aber – und das soll der Schwerpunkt der nun folgenden Ausführungen sein – besonders für das 10. Jahrhundert, genauer gesagt für dessen erste drei Jahrzehnte, die Regierungszeit Symeons des Großen1. In diesen Jahren kumuliert die intensive kulturelle und politische Verflechtung der beiden Reiche in einem Maße, wie es vorher und nachher nur noch selten geschieht. Dies vollzog sich in der für so viele benachbarte politische Einheiten typischen Weise andauernder militärischer Konfrontation auf der einen und intensiven kulturellen Beziehungen auf der anderen Seite. Kaum ein bulgarischer Herrscher adaptierte griechische Vorbilder so massiv wie Symeon, von Liudprand von Cremona als Halbgrieche bezeichnet2, sei es im Rahmen seiner Herrschaftsideologie, der von ihm initiierten Übersetzung griechischer Literatur oder in der Ausgestaltung seiner Residenzstadt Preslav. Gleichzeitig stand er im militärischen Dauerkonflikt mit dem südöstlichen Nachbarn und fügte den Byzantinern mehrere verlustreiche Niederlagen zu. Bei seinem Tod war sein Reich von den permanenten Kriegen erschöpft und konnte die politisch dominante Rolle in Südosteuropa nicht weiter aufrechterhalten.
1
2
Ein Überblick bei V. Gjuzelev, Konstantinopel in der Geschichte der Bulgaren während des Mittelalters (7.–12. Jahrhundert), in: A. Monchizade/L. M. Hoffmann (eds.), Zwischen Polis, Provinz und Peripherie. Beiträge zur byzantinischen Geschichte und Kultur, Wiesbaden 2005, 191–202. Liudprandus Cremonensis Antapodosis. Homelia paschalis. Historia Ottonis. Relatio de legatione Constantinopolitana, ed. P. Chiesa (Corpus Christianorum, Continuatio Mediaevalis 156), liber 3, cap. 29, l., 490 (66).
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Daniel Ziemann
II. Forschungslag e Interessanterweise war die Zeit Symeons des Großen für die bulgarische Geschichtswissenschaft bis jetzt anscheinend kein sehr attraktives Feld. Ivan Bozˇilov, der 1983 die letzte umfassende Biographie Symeons verfasste, bedauerte die fragmentierte Forschungssituation und das Fehlen synthetischer Darstellungen3. Tatsächlich hat sich die Sprach- und Literaturwissenschaft ausführlich mit den frühen altkirchenslawischen Schriftzeugnissen aus jener Zeit befasst4, die Archäologie forscht seit nunmehr fast 100 Jahren in den noch heute gut sichtbaren Ruinen Preslavs ebenso wie in den Klöstern aus jener Zeit und fördert stets neue Materialien und Interpretationen zutage5. Dennoch besteht im Großen und Ganzen auch heute noch das von Bozˇilov beschriebene Bild verschiedener kaum 3
4
5
I. Bozˇ ilov, Car Simeon Veliki (893–927): Zlatniät vek na Srednovekovna Bßlgariä , Sofia 1983, 7; frühere Darstellungen: K. Jiricˇ ek, Istoiä na bßlgarite, s popravki i dobavki ot samiä avtor , P. Petrov (ed.), Sofia 1978, auf Grundlage der Ausgabe von 1929, 179–196; V. Zlatarski, Istoriä na bßlgarskata dßrΩava prez srednite vekove , I: Pßrvo bßlgarsko carstvo , 2: Ot slavänizaciäta na dßrøavata do padaneto na Pßrvoto carstvo (852–1018), Sofia 1927, Neudruck 2002, 278–515; R. Browning, Byzantium and Bulgaria. A comparative study across the early medieval frontier, London 1975, 57–67; E. Chrysos, Die ‚Krönung‘ Symeons in Hebdomon, in: Cyrillomethodianum 3 (1975), 169–173; Istoriä na Bßlgariä, tom vtori: Pßrva bßlgarska dßrøava, pod red. na D. Angelov/P. Petrov/ B. Primov, Sofia 1981, 278–335; in jüngerer Zeit zusammenfassend: J. V. A. Fine jr., The Early Medieval Balkans. A Critical Survey from the Sixth to the Late Twelfth Century, Ann Arbor 1983, 132–158; I. Bozˇ ilov, L’Idéologie politique du tsar Syméon: Pax Symeonica, in: Byzantinobulgarica 8 (1986), 73–88; J. Shepard, Symeon of Bulgaria – peacemaker, in: Godiπnik na Sofijskiä universitet „Sv . Kliment Oxridski “ Nauçen centær za slaväno-vizantijski prouhvaniä „Prof . Ivan Dujhev “ 83.3 (1989), erschienen 1993, 9–48; id., Bulgaria: The other Balkan ‚empire‘, in: The New Cambridge Medieval History III c. 900–c. 1024, ed. by T. Reuter, Cambridge 1999, 567–578; I. Bozˇ ilov/ V. Gjuzelev, Istoriä na srednovekovna Bßlgariä VII–XIV vek (Istoriä na Bßlgariä v tri toma, tom I), Sofia 1999, 229–270; P. Stephenson, Byzantium’s Balkan frontier: a political study of the Northern Balkans, 900–1204, Cambridge 2000, 18–23; Istoriä na bßlgarite, tom pßrvi : Ot drevnostta do kraä na XVI vek, pod redakciäta na prof . G. Bakalov, Sofia 2003, 249–267. Ausführliche Literaturhinweise bei G. Podskalsky, Theologische Literatur des Mittelalters in Bulgarien und Serbien (865–1459), München 2000, 146 sq., 178–195, 227–233, 237–243, 276–282, 430–436, 474–477; Artikel zum Thema finden sich in der Reihe Preslavskata kniøovna πkola 1–10, Sˇumen 1995–2008; S. Igov, Istoriä na bßlgarskata literatura , Sofia 22001; zusammenfassend auch T. Totev, Preslavskata kultura i izkustvo prez IX–X vek . Studii i statii , Sofia 2000. Zu Preslav siehe die Zeitschriftenreihen Pliska-Preslav 1–10, Sofia, später Sˇumen 1979– 2004 und Preslav 1–6, Sofia 1968–2004; T. Totev, Veliki Preslav , Varna 1993; Id., Dvorcoviät manastir v Preslav , Sˇumen 1998; zu den Klöstern mit weiterer Literatur: R. Kostova, Topography of Three Early Bulgarian Monasteries and the Reasons for their Foundation: A Case of Study, in: Archaeologia Bulgarica 3 (1998), 108–125; ead., Bulgarian monasteries, ninth to tenth centuries: interpreting the archaeological evidence, in: Pliska-Preslav 8 (2000), 190–202; K. Popkonstantinov/ R. Kostova/ V. Pletnyov, Manastirite pri Ravna i Karaahteke do Varna v manastirskata geografiä na Bßlrariä prez IX–X v ., in: Bßlgarskite zemi prez srednovekovieto VII–XVIII v . Meødunarodna konferenciä v hest na prof. Al. Kuzev , Acta Musei Varnaensis III-2, Varna 2005, 107–121.
Byzanz als Referenz- und Konfliktpunkt. Bulgarien zur Zeit Symeons des Großen
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in Kontakt tretender Forschungszweige fort. Auf dem Gebiet der politischen Geschichte wurde hingegen die seit Vasil Zlatarski zum ersten Mal 1927 in großer Ausführlichkeit beschriebene Chronologie und Bewertung der Ereignisgeschichte mehr oder weniger beibehalten6. Über die Gründe des eher zurückhaltenden Interesses, verglichen mit anderen Themen der bulgarischen Geschichte, wie beispielsweise der heidnischen Periode, lässt sich nur spekulieren. Ein Faktor ist wohl – und damit ist das Thema angesprochen – die einseitige Ausrichtung auf Byzanz. Anders als den literarischen Errungenschaften jener Zeit, die als erste Zeugnisse einer slawisch-orthodoxen Kultur interpretiert werden konnten, blieben die militärischen Erfolge ohne dauerhaften Bestand. Symeons Sohn und Nachfolger Peter (927–969/70) und seine byzantinische Gemahlin Eirene verfolgten eine Politik friedlicher Koexistenz mit Byzanz, an deren Ende jedoch der politische Niedergang und bald darauf der Verlust politischer Selbständigkeit Bulgariens stand 7. III. Die Vorg eschichte Symeon brach mit der sehr byzanzfreundlichen Politik seines Vaters Boris/ Michael, der – wenn auch nach mehrjährigem Schwanken zwischen Rom und Konstantinopel – das Christentum in seiner byzantinischen Ausprägung in Bulgarien hatte einführen lassen8. Die unter byzantinischem Druck erfolgte Taufe Boris/Michaels 864 oder 865 9 und die Entscheidung für Konstantinopel statt Rom im Jahre 87010 leitete die Phase einer intensiven kulturellen Durchdringung Bulgariens mit christlich-byzantinischen Kulturelementen ein. Zugleich wurden 6 7 8 9
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Zlatarski, Istoriä I, 2 (nt. 3), 278–515; Bozˇ ilov/Gjuzelev, Istoriä (nt. 3), 229–270. Zu Zar Peter: Zlatarski, Istoriä I, 2 (nt. 3), 516–593; Istoriä na Bßlgariä II (nt. 3), 370–390; Bozˇ ilov/Gjuzelev, Istoriä (nt. 3), 229–270. Zu Boris’ Politik zwischen Ost und West ausführlich: V. Gjuzelev, Knäz Boris Pßrvi. Bßlgariä prez vtorata polovina na IX v ., Sofia 1969, 178–323. Zur Taufe: Iosephi Genesii Regum Libri quattuor, ed. A. Lesmueller-Werner/I. Thurn (CFHB Ser. Berolin. 14), Berlin 1978, IV, 16, l. 42–52 (69); P. Schreiner, Die byzantinischen Kleinchroniken. 1. Teil: Einleitung und Text (CFHB 12/1), Wien 1975, 110, 1, l. 1 (677); 2. Teil: Historischer Kommentar (CFHB 12/2), Wien 1977, 104 sq.; A. Vaillant/M. Lascaris, La date de la conversion des Bulgares, in: Revue des Études Slaves 13 (1933), 5–15; J. B. Bury, A History of the Eastern Roman Empire from the Fall of Irene to the Accension of Basile I (802–867), London 1912, 382–387; Zlatarski, Istoriä I, 2 (nt. 3), 27–29; Gjuzelev, Boris I (nt. 8), 78–81; id. in: Istoriä na Bßlgariä II (nt. 3), 214 sq.; Bozˇ ilov/id., Istoriä (nt. 3), 172; G. Cankova-Petkova, Contribution au sujet de la conversion des bulgares au Christianisme, in: Byzantinobulgarica 4 (1973), 21–39, hier 29, 34; R. E. Sullivan, Khan Boris and the Conversion of Bulgaria: A Case Study of the Impact of Christianity on a Barbarian Society, in: Studies in Medieval and Renaissance History 3 (1966), 53–139, hier 77 sq.; Podskalsky, Theologische Literatur, (nt. 4), 51–53 mit ausführlichen Literaturangaben; D. Ziemann, Vom Wandervolk zur Großmacht. Die Entstehung Bulgariens im frühen Mittelalter (7.–9. Jh.), Köln–Weimar–Wien 2007, 356–365 mit Literatur. Ausführlich Zlatarski, Istoriä I, 2 (nt. 3), 132–152; Gjuzelev, Boris I (nt. 8), 246–260; zusammenfassend: Ziemann, Wandervolk (nt. 9), 397–409.
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die aufzubauenden Kirchestrukturen an Byzanz ausgerichtet, wenn auch ein gewisses, in seinem Ausmaß in der Forschung umstrittenes, Maß an Selbständigkeit für die neu zu schaffende bulgarische Kirche ausgehandelt worden war11. Die aus Großmähren vertriebenen Schüler Konstantin-Kyrills und Methods fanden Aufnahme in Bulgarien und begannen mit ihrer missionarischen und literarischen Arbeit12. Das Altkirchenslawische, zunächst in glagolitischer und später kyrillischer Schrift, wurde als Literatursprache etabliert. Boris/Michaels probyzantinische Politik hielt bis zu seinem – den Quellen nach freiwilligen – Rückzug ins Kloster 88913. Die sich wahrscheinlich gegen seine Politik richtende Herrschaft des ältesten Sohnes Vladimir Rasate ab 889 soll der Vater, der dafür kurzfristig die Kutte gegen das Schwert getauscht haben müsste, gewaltsam beendet haben14. Vladimir Rasate wurde geblendet und 993 durch Boris/Michaels dritten Sohn Symeon ersetzt15. Die Rolle des Vaters bleibt jedoch unklar. Westliche, aber wohl auf byzantinische Vorlagen zurückgehende, Quellen schreiben ihm einen entscheidenden Einfluss zu, der jedoch mit seiner von Byzanz bewusst betriebenen Stilisierung einhergeht16. Fest steht jedenfalls Symeons Machtübernahme wohl im Jahr 893. IV. Symeon und Byzanz Symeon selbst wurde wohl um 864 herum geboren und war laut eines Eintrags im Evangelium von Cividale der dritte Sohn Boris/Michaels17. Zu seiner Ausbildung wurde Symeon nach Konstantinopel geschickt, wo er nach den Angaben Liudprands von Cremona die Rhetorik des Demostenes und Logik des Aristote11 12 13 14 15 16
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N. Oikonomides, Les listes de préséances byzantines des IXe et Xe siècles, Paris 1972, 137. 245; zusammenfassend zur Diskussion: Podskalsky, Theologische Literatur (nt. 4), 64–68. Zu ihrer Tätigkeit: Zlatarski, Istoriä I, 2 (nt. 3), 220–243, 260–277; Istoriä na Bßlgariä II (nt. 3), 251–261; Bozˇ ilov/Gjuzelev, Istoriä (nt. 3), 212–228. Reginonis Abbatis Prumienis Chronicon rec. F. Kurze (MGH SS rerum Germanicarum in usum scholarum 50), Hannover 1890, 96. Ibid. Zlatarski, Istoriä I, 2 (nt. 3), 243–258; Istoriä na Bßlgariä II (nt. 3), 236–238; Bozˇ ilov/Gjuzelev, Istoriä (nt. 3), 221–225. Byzantinische Gesandtschaften zu Arnulf von Kärnten nach Regensburg werden erwähnt in den Annales Fuldenses, post ed. G. H. Pertzii rec. F. Kurze (MGH SS rerum Germanicarum in usum scholarum [7]), Hannover 1891, 125. 130, für die Jahre 894 und 896; siehe den Kommentar dazu bei T. Reuter in: The Annals of Fulda. Ninth-century histories, vol. 2, translated and annotated by T. Reuter, Manchester–New York 1992, 129. 136. U. Ludwig, Transalpine Beziehungen der Karolingerzeit im Spiegel der Memorialüberlieferungen. Prosopographische und sozialgeschichtliche Studien unter besonderer Berücksichtigung des ‚Liber vitae‘ von San Salvatore in Brescia und des Evangeliars von Cividale, (MGH Studien und Texte, Bd. 25), Hannover 1999, 251 sq. Eintrag auf fol. 3v. 4: „Hic sunt nomina de bolgaria 1) inprimis rex illorum Mihahel et 2) frater eius Dox et 3) alius frater eius Gabriel et 4) uxor eius Maria et 5) filius eius Rasate et 6) alius Gabriel et 7) tercius filius Simeon“; Zlatarski, Istoriä I, 2 (nt. 3), 278–280; Bozˇ ilov, Simeon Veliki (nt. 3), 33 sq.
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les studierte18. Man geht davon aus, daß er in der Magnauraschule oder in der Akademie beim Kaiserhof seine Ausbildung erfuhr19. Nach den Worten Liudprands von Cremona brach Symeon in der Folge das Studium der Artes ab und nahm den heiligen Habit an20. Von seiner Ausbildung bis zur vermutlichen Thronbesteigung 893 erfährt man nichts mehr von ihm. V. Krieg als Dauerzustand Vasil Zlatarski fasste die rund 200 Symeons Regierungszeit gewidmeten Seiten seiner „Geschichte des bulgarischen Staates im Mittelalter“ mit der Überschrift „Kampf mit Byzanz“ zusammen 21. Ivan Bozˇilov hob in seiner Biographie in bewusster Abgrenzung den von ihm formulierten Begriff „Pax Simeonica“ hervor, da er in ihm einen letztlich nach Frieden strebenden Herrscher sah 22. Tatsächlich dominiert die regelmäßige Abfolge der kriegerischen Auseinandersetzungen das bulgarisch-byzantinische Verhältnis wie zu keinem anderen Zeitpunkt der gemeinsamen Geschichte. Ivan Bozˇilov spricht seinem Helden dennoch vom Vorwurf einer aggressiven Politik frei. Für ihn folgte Symeon stets gesundem politischem Kalkül und einer notwendigen Selbstbehauptung 23. Die byzantinisch dominierte Geschichtsschreibung bietet tatsächlich ein durchaus verzerrtes Bild. Symeon scheint in der Tat meist reagiert zu haben, dies dann allerdings mit oft verheerenden Folgen für die Byzantiner. Sein Herrschaftsanspruch bewegte sich zunächst im Rahmen seiner Vorgänger. Siegel weisen die Titulatur „Symeo¯n archonta Boulgarias“ auf 24. Damit fügte er sich in die durch Verwandtschaftsterminologie beschriebenen Beziehungen, die dem bulgarischen Herrscher die Rolle des geistigen Sohnes des byzantinischen Kaisers zuwiesen25. Der Beginn der Auseinandersetzungen nach 893 deutet zunächst auf wirtschaftliche Gründe, ein Teil der Forschung sprach gar vom ersten Handelskrieg in 18 19 20 21 22 23 24
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Liudprand, Antapodosis (nt. 2), liber 3, cap. 29 (66): „Hunc etenim Simeonem emiargon esse aiebant, eo quod a puericia Bizantii Demostenis rhetoricam Aristotelis que silogismos didicerit.“ Zlatarski, Istoriä I, 2 (nt. 3), 279; Bozˇ ilov, Simeon Veliki (nt. 3), 35. Liudprand, Antapodosis (nt. 2), liber 3, cap. 29 (66): „Post haec autem relictis artium studiis, ut aiunt, conversationis sanctae habitum sumpsit.“ „Borba s Vizantiä za politihesko nadmowie “ Zlatarski, Istoriä I, 2 (nt. 3), 278–515. „Pax Symeonica“ Bozˇ ilov, Simeon Veliki (nt. 3), 106–117. Bozˇ ilov, Simeon Veliki (nt. 3), 174. I. Jordanov, Molybdobulles de Boris-Mihail (865–889) et de Siméon (893–913), in: Études Balkaniques 4 (1984), 91–93; J. Jurukova, Novi nablüdeniä vßrxu näkoi redki pametnici na srednovekovnata bßlgarska sfragistika , in: Numizmatika 19 (1985), 3, 17 sq.; J. Jurukova/V. Penchev, Bßlgarski srednovekovni pehati i moneti , Sofia 1990, 28 sq.; I. Jordanov, Korpus na pehatite na srednovekovna Bßlgariä , Sofia 2001, 40–43, 161. F. Dölger, Bulgarisches Cartum und byzantinisches Kaisertum, in: Izvestiä na Bßlgarskoto arxeologiheski institut 9 (1935), 57–68, Neudruck in: id., Byzanz und die europäische Staatenwelt, Ettal 21964, 140–158; id., Der Bulgarenherrscher als geistlicher Sohn des byzantinischen Kaisers, in: Izvestiä na Bßlgarskoto istorihesko druøestvo 16/18 (1940), 219–233, Neudruck in: ibid., 183–196.
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der Geschichte26. Innerhalb einer Geschichte von Beziehungen zwischen Händlern und der Kaiserfamilie kam es zu einer Verlegung des Marktes für bulgarische Kaufleute. Alle bulgarischen Waren sollten statt nach Konstantinopel, nach Thessaloniki gebracht werden, wo ihnen hohe Zölle auferlegt worden seien. Die Bulgaren hätten daraufhin Symeon ihr Leid geklagt, worauf dieser den Kaiser über die Vorfälle in Kenntnis gesetzt habe. Kaiser Leon VI. (886–912) aber habe diese Mitteilung ignoriert und somit begann Symeon im Herbst 894 seinen ersten Feldzug gegen Byzanz 27. Er endete mit einer empfindlichen Niederlage für die Byzantiner. Die Forschung war stets skeptisch gegenüber diesen Berichten aus den byzantinischen Quellen zu jener Zeit, wie der Logothetenchronik, Theophanes Continuatus, Skylitzes und anderen und schlug unterschiedliche Interpretationen vor 28. Fest steht jedoch, daß Handelsinteressen und damit Zolleinnahmen für Bulgarien eine wichtige Rolle spielten. Schon im Zusammenhang mit dem Friedensvertrag von 716 – oder spätestens hundert Jahre später – war eine Regelung im Rahmen gegenseitiger Handelsbeziehungen geschlossen worden, die sämtlichen gehandelten Gütern auferlegte, Stempel und Plomben aufzuweisen29. Einkünfte aus dem Handel scheinen eine Haupteinnahmequelle für das bulgarische Herrscherhaus gewesen zu sein und damit ein wichtiges Mittel zur Herrschaftssicherung. Unter anderem bildeten der Sklaven- und Getreidehandel wichtige Komponenten der ökonomischen Beziehungen. Der erwähnte Feldzug hatte jedoch weitreichende Konsequenzen30. Leo VI. engagierte die Ungarn als Verbündete gegen die Bulgaren, welche von der byzan26
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N. Oikonomides: Le kommerkion d’Abydos, Thessalonique et le commerce bulgare au IXe siècle, in: Hommes et richesses dans l’Empire Byzantin, T. II: VIIe–XIe siècle, Paris 1991, 241–248, hier 246 sq. Theophanes Continuatus, Ioannes Cameniata, Symeon Magister, Georgios Monachus, ed. I. Bekker, Bonn 1838, 357 sq.; Ioannis Scylitzae Synopsis Historiarum, editio princeps, rec. I. Thurn (CFHB ser. Berolinensis 5), Berlin–New York 1973, 175 sq.; Symeonis Magistri et Logothetae Chronicon, recensuit S. Wahlgren (CFHB XLIV/1, Series Berolinensis), Berlin–New York 2006, 275 sq.; davon leicht abweichend: Leonis Grammatici Chronographia, ex recognitione I. Bekkeri (CSHB), Bonn 1842, 266.18–267.7; zur Chronologie: J. Howard-Johnston, Byzantium, Bulgaria and the peoples of the Ukraine in the 890s, in: Materialy po arxeologii, istorii i qtnografii Tavrii , Simferopol (MAIET) 7 (2000), 342–356. J. Karayannopoulos, Les causes de luttes entre Syméon et Byzance: un réexamin, in: D. Angelov (ed.), Sbornik v hest na akad . D. Angelov, Sofia 1994, 52–64. Theophanis Chronographia, rec. C. de Boor, vol. 1: Textum graecum continens, Leipzig 1883, 497.16–26; The Chronicle of Theophanes Confessor. Byzantine and Near Eastern History AD 284–813, translated with introduction and comment by C. Mango and R. Scott with the assistance of G. Greatrex, Oxford 1997, 681 sq.; N. Oikonomides, Tribute or Trade? The ByzantineBulgarian Treaty of 716, in: P. Dinekov (ed.), Studia Slavico-Byzantina et Mediaevalia Europensia 1. In memoriam I. Dujcˇev, Sofia 1989, 29–31; zur Diskussion mit weiterer Literatur: Ziemann, Wandervolk (nt. 9), 202–204. Zu den folgenden Ereignissen: Theophanes Continuatus (nt. 27), 358–360; Ioannis Scylitzes (nt. 27), 176–178; Leo Grammaticus (nt. 27), 267 sq.; Symeon Logothetes (nt. 27), 276 sq.; Zlatarski, Istoriä I, 2 (nt. 3), 283–319; Istoriä na Bßlgariä II (nt. 3), 280–283; Bozˇ ilov, Simeon Veliki (nt. 3), 87–94; Bozˇ ilov/Gjuzelev, Istoriä (nt. 3), Shepard, The other empire
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tinischen Flotte über die Donau gebracht wurden und in der Folge das Land überrannten, ohne daß Symeon etwas dagegen unternehmen konnte. Stattdessen musste er sich nach Silistra, laut Konstantinos Porphyrogennetos nach Mundraga zurückziehen und warten, bis die Ungarn sich wieder in ihre Gebiete nördlich der Donau, dem sogenannten Etelköz, zurückgezogen hatten. Symeon wiederum engagierte seinerseits nun die Petschenegen, um das Land der Ungarn heimzusuchen, laut Konstantinos Porphyrogennetos und anderer byzantinischer Quellen der Grund für die Übersiedlung der Ungarn nach Pannonien. Trotz verschiedener Bemühungen von Seiten der Byzantiner kam es zunächst zu keinem Frieden. Symeon zog geradewegs in Richtung Konstantinopel. Leo VI. traf dieser Feldzug unvorbereitet. Bei Bulgarophygon (heute: Baba Eski) kam es zum Aufeinandertreffen mit einer für die Byzantiner vernichtenden Niederlage. Interessant ist für unseren Kontext die Bemerkung des arabischen Chronisten at. -T.abarı¯, der in diesem Zusammenhang berichtet, daß Leo VI. die Bulgaren wegen ihres gemeinsamen christlichen Glaubens um Einhalt gebeten habe. Symeon aber hätte ihm geantwortet: „Dies ist das Reich meiner Vorfahren und ich werde nicht von den Mauern der Stadt weichen, bis nicht einer von beiden gesiegt haben wird“31. VI. Der Krönungsakt von 913 Eines der am häufigsten in der Forschung diskutierten Ereignisse stellte die Krönung Symeons vor den Mauern Konstantinopels im Jahre 913 dar. Am 11. Mai 912 starb Kaiser Leo VI. Sein Tod sorgte für Turbulenzen, denn auf den Thron folgte sein erst siebenjähriger Sohn, der durch die unter seiner Ägide entstandenen Schriften später so berühmte Kaiser Konstantinos VII. Porphyrogennetos. Leo VI. hatte ihn unter die Obhut seines Bruders Alexander gegeben, welcher nun die Regierungsgeschäfte leitete. Die Nachfolge Konstantinos’ VII. war umstritten, da die Kirche von Konstantinopel mit Patriarch Nikolaos Mystikos (901–907 und 912–925) an der Spitze die Rechtmäßigkeit der vierten Ehe Leos VI. mit Kaiserin Zoë anzweifelte32. Mit Konstantinos Dukas erhob sich ein Usurpator, in Süditalien kam es zu Aufständen und in Anatolien erwartete Byzanz Krieg mit den Arabern. Just in diesem Moment forderte Symeon die einst im Friedensvertrag vereinbarten Tributzahlungen. Alexander verweigerte diese
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(nt. 3), 570; Constantine Porphyrogenitus De administrando imperio, vol. 1: Greek text edited by G. Moravcsik. English translation by R. J. H. Jenkins (CFHB 1), Washington, D. C. 1967, cap. 40, 174–176. The History of at. -T.abarı¯, vol. 38: The Return of the Caliphate to Baghdad, The Caliphates of alMu’tadid, al-Muktafi and al-Muqtadir A.D. 892–915/A.H. 279–302, transl. F. Rosenthal, Albany, N. Y. 1985, 31; J. Marquart, Osteuropäische und ostasiatische Streifzüge, Leipzig 1903, 519 sq.; Zlatarski, Istoriä I, 2 (nt. 3), 319; R. Abicht, Der Angriff der Bulgaren auf Constantinopel im Jahre 896 n. Chr., in: Archiv für slavische Philologie 17 (1895), 477–482, hier 478. W. Treadgold, A History of the Byzantine State and Society, Stanford 1997, 465 sq.
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jedoch und Symeon bereitete sich darauf vor, mit Heeresmacht vor die Mauern der Kaiserstadt zu ziehen. Alexander starb jedoch am 6. Juni 913, womit ein erneuter Politikwechsel in Konstantinopel eingeleitet wurde33. Patriarch Nikolaos Mystikos schrieb eilig mehrere Briefe an Symeon und versuchte ihn vom Frieden zu überzeugen, jedoch zunächst ohne Erfolg. In dieser Phase scheint bereits Symeons Anspruch auf den Kaiserthron deutlich zu werden. Nikolaos Mystikos mahnt Symeon im Juli 913, ob es nicht besser sei „Archon von Gottes Gnaden“ zu heißen als Tyrann. Ob man sich nicht fürchte über den Raub jener Macht nachzudenken, die Christus auf Erden verliehen habe34. Weitere Versuche blieben aber ohne Resultat, so daß Symeon im August 913 mit Heeresmacht vor den Mauern Konstantinopels erschien. Die Uneinnehmbarkeit der Stadt bewegte ihn jedoch bald, Friedensverhandlungen aufzunehmen. Nach längeren Vorgesprächen kam es zu einem denkwürdigen Treffen. Laut den byzantinischen Quellen gingen Patriarch Nikolaos Mystikos und andere Würdenträger zusammen mit dem jungen Kaiser zum Blachernentor, wo sie Symeon in Begleitung seiner zwei Söhne trafen. Nach der Stellung von Geiseln zur Garantie der Unversehrtheit Symeons und seiner Söhne wurde er in den Blachernenpalast geleitet, wo er zusammen mit dem Kaiser speiste. Dort neigte Symeon sein Haupt vor dem Patriarchen. Nikolaos betete und legte dem Bulgarenherrscher sein eigenes Epirrhiptarion auf das Haupt. Ohne hinsichtlich eines Friedensvertrages zu einer wirklichen Einigung gekommen zu sein, soll Symeon schließlich nach Bulgarien zurückgekehrt sein, so beschreiben es die meisten Chronisten35. Ein Brief des Patriarchen Nikolaos Mystikos aus dem folgenden Jahr macht jedoch deutlich, daß es sehr wohl zu einer wirklichen Einigung gekommen sein muss36. Der Krönungsakt fand innerhalb der Geschichtswissenschaft verständlicherweise große Aufmerksamkeit und bot Anlass zu kontroversen Diskussionen37. Einigkeit besteht eigentlich nur darin, daß sich hinter der Darstellung der byzantinischen Quellen etwas anderes verbirgt, denn der kurz darauf folgende Politikwechsel unter Kaiserin Zoë wirkte auch auf die später zu datierende Geschichtsschreibung, welche die Vereinbarungen verschweigen oder dem Patriarchen Nikolaos Mystikos allein zuschreiben wollten38. Aufgrund eines Hinweises aus einem 33
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Zlatarski, Istoriä I, 2 (nt. 3), 356–367; Istoriä na Bßlgariä II (nt. 3), 284 sq.; Bozˇ ilov, Simeon Veliki (nt. 3), 98–104; Bozˇ ilov/Gjuzelev, Istoriä (nt. 3), 250–252; Shepard, The other empire (nt. 3), 573 sq.; Treadgold, History (nt. 32), 471–473. R. J. H. Jenkins/L. G. Westerink (eds.), Nicholas I, Patriarch of Constantinople, Letters (Corpus Fontium Historiae Byzantinae 6), Washington, D.C. 1973, ep. 5 (26–38), l. 100 sqq.: „Póswı a¢meinon e k¬ jeoû a¢rconta keklñsjai h£ túrannon“; Zlatarski, Istoriä I, 2 (nt. 3), 357, nt. 1; Bozˇ ilov/Gjuzelev, Istoriä (nt. 3), 251 sq. Theophanes Continuatus (nt. 27), 385; Leo Grammaticus (nt. 27), 292; Symeon Logothetes (nt. 27), 301. Nikolas I, Letters (nt. 34), ep. 8, 50–52. Die ältere Forschung bei V. Besˇevliev, Die protobulgarischen Inschriften (BBA 23), Berlin 1963, 331, neuere Arbeiten unter der in der folgenden Anmerkung verzeichneten Literatur. Anders: F. Dölger, Regesten der Kaiserurkunden des oströmischen Reiches von 565–1453 (Corpus der griechischen Urkunden des Mittelalters und der neueren Zeit, Reihe A, Abt. 1), 1. Teil:
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späteren Brief des Patriarchen ist immerhin anzunehmen, daß es vielleicht neben einem Frieden darüber hinaus noch eine Vereinbarung gab, die darauf abzielte, den jungen Kaiser Konstantin VII. mit einer namentlich nicht bekannten Tochter Symeons zu verheiraten39. Damit wäre Symeon „Basileopater“, also eigentlich Schwiegervater des Kaisers, geworden, ein Titel, den später Romanos Lakapenos für sich beanspruchte40. Das Projekt scheiterte durch den Politikwechsel am byzantinischen Hof. Was die Krönung anbelangt, so fällt eine Deutung schon etwas schwerer. Laut Vasil Zlatarski war Symeon zum „Kaisar“ erhoben worden41, ein Titel, mit dem schon rund 200 Jahre früher der bulgarische Khan Tervel ausgezeichnet worden war42. Jedoch ist diese Annahme eher unwahrscheinlich, wirkliche Belege für diesen Titel fehlen. Ivan Bozˇilov glaubte, daß Symeon zum Basileus der Bulgaren erhoben worden sei 43. Er führte hierzu eine Stelle aus der berühmten Rede ‚Zum Frieden mit den Bulgaren‘ an, als deren Autor Theodor Daphnopates gilt 44. Dort ist davon die Rede, daß er sich eine kaiserliche Krone, die er für sich erdachte, aufgesetzt habe und die Tischgenossen eingeladen habe, ihn zu verehren45. Georgi Bakalov hingegen zieht eine von Byzanz unabhängige Titelzuschreibung Symeons in Betracht 46. Die Bemerkungen in den Briefen Nikolaos Mystikos zeigen immerhin, daß es zu einer Art Würdenverleihung gekommen sein muss47. Die Diskussion um diesen Krönungsakt wird auf jeden Fall weitergehen. Unbestritten ist hingegen, daß sich Symeon ungefähr ab diesem Zeitpunkt „Basileus“ genannt zu haben scheint, wie Stempel mit der Aufschrift „Symeo¯n
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Regesten von 565–1025, 2. Halbband: Regesten von 867–1025, zweite Auflage bearb. v. A. E. Müller, München 2003, N. 572, 41. Nikolas I, Letters (nt. 34), ep. 16, 108, l. 73–75: „∫Epezäteiß prò toútou khdeûsai basileî, kaì tæn sæn e x¬ aíthsin parà faûlon e p ¬ oiäsanto oi®ß e d¢ oxe toûto poieîn· nûn e x¢ estí soi tñı toiaúthı khdeíaı semnúnesjai“; Bozˇ ilov, Sumeon Veliki (nt. 3), 108; Shepard, The other empire (nt. 3),
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575; Treadgold, History (nt. 32), 473; Stephenson, Balkan frontier (nt. 3), 22. Treadgold, History (nt. 32), 475; zu ihm: S. Runciman, The Emperor Romanus Lecapenus and his reign: a study of tenth-century Byzantium, Cambridge 1929. Zlatarski, Istoriä I, 2 (nt. 3), 367–374. Nikephoros, Patriarch of Constantinople, Short History. Text, Translation and Commentary by C. Mango (DOT 10) (CFHB 13), Washington, D. C. 1990, 42, 102–105, l. 58–64; G. Zacos/ A. Veglery, Byzantine Lead Seals I/1-3, Basel 1972, I, 3, N. 2672, 1441; zur Diskussion: Ziemann, Wandervolk (nt. 9), 184–187 mit Literatur. Bozˇ ilov, Simeon Veliki (nt. 3), 105–111. Dazu: R. J. H. Jenkins, The peace with Bulgaria (927) celebrated by Theodore Daphnopates, in: Polychronion. Festschrift Franz Dölger zum 75. Geburtstag, ed. P. Wirth, Heidelberg, 1966, 286–303; Edition und Studie bei I. Dujcˇ ev, On the treaty of 927 with the Bulgarians, in: Dumbarton Oaks Papers 32 (1978), 219–295. Dujcˇ ev, On the treaty (nt. 44), 13, l. 321–323 (274). G. Bakalov, Srednovekovniät bßlgarski vladetel. Titulatura i insignii , Sofia 1995, 151–159. Siehe nt. 39.
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basileus“ und „eire¯ nopoios basileus“, also „friedensbringender Kaiser“ zeigen48. Auf letzterem Titel errichtete Ivan Bozˇilov seine These einer Pax Simeonica, welche seiner Meinung nach in der Tradition der Pax Romana stehe49. Auffällig ist jedoch, daß Symeon sich meist entweder allein Basileus oder Basileus Romaion, also römischer Kaiser nennt. Lediglich die Briefe des späteren Regenten Romanos Lakapenos behaupten, er habe sich Basileus der Bulgaren und Römer genannt, jedoch ist bis jetzt noch kein Siegel mit einem derartigen Titel bekannt50. Der Herrschaftskonzeption Symeons entspricht ansonsten eher die Vereinnahmung des Römerbegriffes auch für die Bulgaren. In diese Richtung weist unter anderem auch die Inanspruchnahme der byzantinischen Geschichtsschreibung für Bulgarien. Der Konflikt fand indessen seine Fortsetzung. Einem byzantinischen Angriff schon im folgenden Jahr 914 begegnete Symeon mit einem Einfall nach Thrakien und der Eroberung Adrianopels. Die verheerende Niederlage der Byzantiner bei Acheloos 917 markierte einen weiteren Einschnitt in den gegenseitigen Beziehungen51. Als ein Blutvergießen, das es seit Jahrhunderten nicht gegeben habe, beschreibt Theophanes Continuatus diese Schlacht 52. Die nächsten Jahre waren von andauernden Auseinandersetzungen geprägt, vor allem auch nach der Krönung des Basileopater Romanos Lakapenos zum Hauptkaiser 920 53. Nach wie vor versuchte Patriarch Nikolaos Mystikos in zahlreichen Briefen Symeon vom Frieden zu überzeugen und seinen Anspruch auf den römischen Kaiserthron zu widerlegen. Symeon, der byzantinische Geschichtswerke ins Slawische zu übersetzen befahl, wurden historische Argumente entgegengehalten: Ohne Grund strebe er nach dem römischen Kaiserstuhl, denn die Bulgaren seien ein abgerissener Zweig der Awaren, von denen sie einst Sklaven genannt worden wären54. 924 kam es zum berühmten Treffen zwischen Symeon und Romanos Lakapenos an der
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T. Gerasimov, Tri starobßlgarski molivdovula , in: Izvestiä na Arxeologiheski Institut 8 (1934), 350–356; Besˇevliev, Inschriften (nt. 37), 330–331; Jurukova/Penchev, Pehati u moneti (nt. 24), 30; Jordanov, Korpus na pehatite (nt. 24), 46–54, 162 sq., z. B.: „Eìrinopoiòß basileùß polà tà e t¢ h (46), Sumeœn e n¬ Cris(tøı) basile(ùß) Roméwn (48 sq.), [Su]meœn basiléo(ß) (51)“. Bozˇ ilov, Simeon Veliki (nt. 3), 113–117. J. Darrouzès/L.G. Westerink, Théodore Daphnopatès. Correspondance, Paris 1978, ep. 5, l. 20 sq. (59): „Tí gár, ei¬pé moi, kaì perissóteron ex¬ egénetó soi e k¬ toû seautòn gráfein basiléa Boulgárwn kaì ¿Rwmaíwn.“ Zlatarski, Istoriä I, 2 (nt. 3), 383–388; Istoriä na Bßlgariä II (nt. 3), 287 sq.; Bozˇ ilov, Simeon Veliki (nt. 3), 124–126; Bozˇilov/Gjuzelev, Istoriä (nt. 3), 256; Shepard, The other empire (nt. 3), 576; Treadgold, History (nt. 32), 475. Theophanes Continuatus (nt. 27), 388–390; Ioannis Skylitzes (nt. 27), 203 sq.; Leo Grammaticus (nt. 27), 294–296; Symeon Logothetes (nt. 27), 304 sq. Treadgold, History (nt. 32), 476. Nikolas I, Letters (nt. 34), ep. 10, l.33–37: „∫Allà kaì a¢nw toútwn tà tøn ∫Abárwn génh, w© n ¬ ì u™meîß a¬pospádeß (kaì mhdén soi pròß bároß o™ lógoß) kaì doûloi kaì drapétai gegónate, e p pleîston tæn megálhn taúthn kaì u™pò tñı pántwn despoínhı kaì kuríaı strathgouménhn pólin mécri kaì tøn teicøn e p ¬ édramon.“
Byzanz als Referenz- und Konfliktpunkt. Bulgarien zur Zeit Symeons des Großen
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Küste von Kosmidion, bei dem eine Art Abkommen erzielt worden zu sein scheint55. Laut Ansicht von Teilen der Forschung ließ sich Symeon vielleicht erst jetzt in Siegeln als „en Christo¯ basileus Ro¯maio¯n“ bezeichnen und in kaiserlichem Gewand darstellen56. Am 27. Mai 927 starb Symeon, ohne sein großes Ziel, Kaiser der Römer zu sein, erreicht zu haben57. VII. Literatur Das Herrschaftsverständnis, das teilweise aus den Briefen des Nikolaos Mystikos und Romanos Lakapenos deutlich wird, zeigt sich jedoch ebenso in anderen Bereichen. Symeons Verdienste um die altkirchenslawische Literatur als Mäzen sind unbestritten. In der Literatur sind es Namen wie Kliment von Ochrid, Naum, Konstantin von Preslav, Cˇernorizets Chraba˘r, Johann Exarch und die Preslaver Schule, welche die kulturellen Leistungen dokumentieren, auch wenn sie heute fast ausnahmslos nur in relativ späten Handschriften überliefert sind. Eines der wichtigsten Projekte war dabei der sogenannte Simeonov sbornik, ein zwischen 913 und 918 entstandener Sammelkodex, der später als Izbornik Svjatoslava dem Kiever Fürsten Svjatoslav zugesprochen wurde. Unter anderem ist in diesem Sammelwerk die slawische Übersetzung der Kurzchronik des Patriarchen Nikephoros I. zu finden. Die Auswahl passt in das Selbstverständnis Symeons. Byzantinische Geschichte ist im Verständnis des Herrschers die eigene Geschichte. Kaiser Konstantin und Zoë werden als griechische Kaiser (im Slawischen als Zaren) bezeichnet, Symeon selbst als großer Kaiser58. Von Teilen der Forschung wird auch die Entstehung des so genannten „Imennik“, auf Deutsch meist „Fürstenliste“ genannt, in die Zeit Symeons datiert. Der Imennik stellt ein Verzeichnis der Herrscher mit zugehörigen Zeitangaben in einer schwer zu entschlüsselnden bulgarischen Zeitrechnung dar, die von Avitohol (wohl Attila) bis in die Mitte des 8. Jh. reicht. Die bulgarische Fürstenliste ist in drei Abschriften überliefert, zwei davon umfassen den Typus des „Ellinskij 55
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Zlatarski, Istoriä I, 2 (nt. 3), 472 sq.; Istoriä na Bßlgariä II (nt. 3), 291; Bozˇ ilov, Simeon Veliki (nt. 3), 141–143; Bozˇ ilov/Gjuzelev, Istoriä (nt. 3), 259; Shepard, The other empire (nt. 3), 576; Treadgold, History (nt. 32), 478. Siehe nt. 48; Shepard, The other empire (nt. 3), 578. Leo Grammaticus (nt. 27), 315, l. 17 sq.; Symeon Logothetes (nt. 27), 326, l.338 sq.; Zlatarski, Istoriä I, 2 (nt. 3), 513; Istoriä na Bßlgariä II (nt. 3), 292; Bozˇ ilov, Simeon Veliki (nt. 3), 146. Iz Izbornika 1073 goda (Podgotovka teksta, perevod i kommentarii G. M. Prohorova) (Biblioteka literatury Drevnej Rusi ) (RAN . IRLI ), edd. D. S. Lihacˇeva/L. A. Dmitrieva/A. A. Alekseeva/N. V. Ponyrko, St. Petersburg 1999, T. 2: XI–XII veka ; Podskalsky, Theologische Literatur (nt. 4), 151, nt. 645, 474, nt. 2065 mit ausführlichen Literaturangaben; Simeonov sbornik (po Svetoslavoviä prepis 1073 g .) v 3 toma . Pod obwata redakciä na akad . P. Dinekov, Sofia 1991/1993; J. Malingoudis, Zur Adaptation der Chronik von Nikephoros in Bulgarien und Russland, in: Buzantiaká 4 (1984), 61–74; M. V. Bibikov, Vizantijskij prototip drevnejπej slavänskoj knigi (Izbornik Svätoslava 1073 g .), Moskva 1996.
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Le˘topisec“ und stammen aus dem 16. Jh. Eine Handschrift aus der UvarovSammlung datiert in das 15. Jh. Die Fürstenliste ist dabei in einen Überlieferungskontext zusammen mit dem Pentateuch und den vier Büchern der Könige gestellt, welche der Fürstenliste vorangehen. Im Anschluss daran bieten die Handschriften Auszüge aus der Chronik des Georgios Monachos „Hamartolos“, Auszüge aus dem Esra-Buch und schließlich Auszüge aus der byzantinischen Chronik des Johannes Malalas. Ganz bewusst werden die bulgarischen Herrscher dabei also mit den biblischen Königen verknüpft und somit in einen heilsgeschichtlichen Kontext gestellt. Zugleich findet aber auch hier eine Einordnung in die byzantinische Historiographie statt 59. Dem Herrscher selbst wird in der Forschung eine Predigtsammlung, der sog. „Goldfluß“, bulg. „Zlatostruj“, griech. „Chrysorrhoes“ zugesprochen, die mit einem Prolog des Herrschers selbst versehen ist. Dort stellt Symeon seine Predigtsammlung vor, die er aus Johannes Chrysostomos ausgewählt habe. Durch die heilsame Rede soll der Mensch von seinen Sünden reingewaschen werden. Damit der Leser jedoch nicht ermüde, habe er nur wenige Predigten ausgewählt. Man unterscheidet in den Handschriften eine ausführliche Sammlung mit 138 und eine kleine mit 80 Predigten60. 59
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J. J. Mikkola, Die Chronologie der türkischen Donaubulgaren, in: Journal de la Société FinnoOugrienne 30/33 (1913–1918), 1–25, hier 6 sq.; G. Moravcsik, Byzantinoturcica II: Sprachreste der Turkvölker in den byzantinischen Quellen (BBA 11), Berlin 21958, 352–354; M. Tihomirov, Imennik bolgarskix knäzej , in: Vestnik drevnej istorii (1946), 3, 81–90; Besˇevliev, Protobulgarische Inschriften (nt. 37), Nr. 79, 306 sq.; id., Die protobulgarische Periode in der bulgarischen Geschichte, Amsterdam 1981, 481–497; A. Stojanov, Kßm heteneto i tælkuvaneto na näkoi mesta v Imennika na bßlgarskite xanove , in: Ezik i literatura (EL ) 26 (1971), 4, 21–42; J. Marquart, Die Chronologie der alttürkischen Inschriften, Leipzig 1898, 72–78; id., Die nichtslawischen (altbulgarischen) Ausdrücke in der bulgarischen Fürstenliste, in: T’oung Pao 11 (1910), 649–680; id., Die altbulgarischen Ausdrücke in der Inschrift von Cˇatalar und der bulgarischen Fürstenliste, in: Izvestiä Russkago Arxeologiheskago Instituta v Konstantinopole , 15 (1911), 1–30; V. Zlatarski, Bßlgarsko l™tobroenie , in: Id., Istoriä na bßlgarskata dßrΩava prez srednite vekove, I: Pßrvo bßlgarsko carstvo, I, 1: Epoxa na xunobßlgarskoto nadmowie (679–852), Sofia 1918, Neudruck 2002, 353–382 ( Priturki 1); O. Pritsak, Die bulgarische Fürstenliste und die Sprache der Protobulgaren, Wiesbaden 1955; H.-W. Haussig, Die protobulgarische Fürstenliste, in: F. Altheim/id., Die Hunnen in Osteuropa, ein Forschungsbericht, Baden-Baden 1958, 9–29; M. Moskov, Imennik na bßlgarskite xanove (Novo tælkuvane ), Sofia 1988; St. Mihajlov, Za xronologiäta v Imennika na bßlgarskite knäze , in: Palaeobulgarica 16 (1992), 4, 3–12; M. Kajmakamova, Imennik na bßlgarskite xanove , in: Rodina (1997), 1–2, 8–44; Podskalsky, Theologische Literatur (nt. 4), 41, nt. 170 sq. mit weiterer Literatur; Ch. Dimitrov, Imennika na bßlgarskite xanove , in: KiriloMetodievska enciklopediä II, ed. P. Dinekov, Sofia 1995, 110–114 mit ausführlichen Literaturangaben; A. Granberg, Observations on Bulgarian clan names in the 7th–9th centuries, in: Civitas divino-humana: V hest na profesor G. Bakalov, edd. C. Stepanov/V. Vacˇ kova, Sofia 2004, 551–561; Ziemann, Wandervolk (nt. 9), 39–44. V. N. Malinin, Issledovanie Zlatostruä po rukopisi XII v . Imp . Publihnoj biblioteki , Kiev , 1878; V. Jagicˇ , Bericht über einen mittelbulgarischen Zlatoust des 13.–14. Jh., in: Sitzungsberichte der phil.-hist. Klasse der Kaiserlichen Akad. Wien 139 (1898), IV, 1–72; A. S. Orlov, Sborniki Zlatoust i Torøestvennik , St. Petersburg 1905; A. Mincˇeva (ed.), Starobßlgarski kirilski otkæsleci , Sofia 1978, 57–76; ead., Linguistische Aspekte der Über-
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VIII. Preslav Zu Symeons Herrschaftskonzept gehört auch der Ausbau der Stadt Preslav zur Residenz nach dem Vorbild Konstantinopels. Viele anachronistische Mythen kursieren nach wie vor in Teilen der Forschung, wie beispielsweise die Verlegung der Hauptstadt von Pliska nach Preslav im Jahre 893 oder die Einführung der altkirchenslawischen Sprache als offizielle Sprache an Stelle des Griechischen im gleichen Jahr. Für all dies gibt es keine Quellenbelege61. Immerhin lässt sich jedoch nicht bestreiten, daß Symeon massiv die Übersetzung patristischer Literatur ins Altkirchenslawische förderte und Preslav zu seiner Residenz ausbaute62. Die Archäologie liefert seit nun über 100 Jahren eindrucksvolle Zeugnisse der Architektur, aber auch bestimmter Kunstformen, die typisch sind für die sogenannte Preslaver Kultur. Darunter zählt, als ein Beispiel von vielen, die bemalte Keramik63. Preslav wird von einer inneren und einer äußeren Befestigung umschlossen, die beide aus Steinblöcken errichtet sind. Die äußere Befestigungsanlage umfasst ein Gelände von 3,5 km2. In der Mitte der inneren Stadt erhebt sich dementsprechend auch ein als Herrscherpalast gedeuteter Komplex. Er besteht aus einem Ostteil, dem sog. Großen Hof, und einem Westteil, dem sog. Kleinen Hof. Das berühmteste Objekt Preslavs ist die sog. „Runde Kirche“ oder auch „Goldene Kirche“. Sie soll in den ersten Jahren des 10. Jh. gebaut worden sein. Das runde Schiff der Kirche ist in zwölf halbkreisförmige Nischen unterteilt, in drei von ihnen an der Westseite befinden sich Eingänge, die zwölfte Nische im Osten beherbergt die Altarapside64. In seiner Übersetzung der Reden des Athanasios gegen die Arianer bemerkt der Mönch Tudor Doksov: „Auf Befehl des gleichen Königs habe ich, Cˇernorizets Tudor Doksov, an der Mündung der Ticˇa im Jahre 6415, 14. Indiktion“ – das ist das Jahr 907 – „aufgeschrieben, wo die heilige, neue, goldene Kirche vom glei-
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setzung von Symeons „Zlatostruj“. Präliminarien, in: Studien zur Literatur und Kultur in Osteuropa, Köln–Wien 1983, 171–183; K. Ivanova, Xilandarskiä prepis na pßrviä Simeonov sbornik , in: Starobßlgarska literatura (1979), 5, 57–96; F. J. Thomson, Chrysostomica Palaeoslavica. A Preliminary Study of the Sources of the Chrysorrhoas (Zlatostruy) Collection, in: Cyrillomethodianum 6 (1982), 1–65; Podskalsky, Theologische Literatur (nt. 4), 194, nt. 825 mit Literaturhinweisen. Ziemann, Wandervolk (nt. 9), 410. D. Ovcˇ arov/Zˇ. Aladzˇov/N. Ovcˇarov, Golemiät carski dvorec vßv Veliki Preslav . T. I. Preslavskata patriar˚iä prez X v ., Sofia 1991; S. Bonev, Carskiät dvorec vßv Veliki Preslav. Plowadßt s fialata (IX–XIV vek ), Veliko Ta˘rnovo 1998. Zu Preslav siehe die Literatur unter nt. 5; zur Keramik: T. Totev , Preslavskata keramihna ikona, Sofia 1988; id., The Ceramic Icon in Medieval Bulgaria, Sofia, 1999; id., Nablœdeniä vßrxu risuvanata keramika ot manastira okolo Krßglata (Zlatnata ) cßrkva v Preslav , in: Pliska-Preslav 5 (1992), 249–259; id., Preslavskata xudoΩestvena keramika , in: id. (ed.), 1100 godini Veliki Preslav . T. 1, Sˇumen 1995, 7–43. Zur runden Kirche u. a.: K. Mijatev, Krßglata cßrkva v Preslav , Sofia 1934; P. Georgiev, Zlatnata cßrkva v Preslav , in: Preslav 5 (1993), 7–25.
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chen König errichtet wurde“ 65. Mit dem erwähnten König ist Symeon angesprochen, der dort die sog. „Goldene Kirche“ bauen ließ, die auch heute noch in ihren Resten zu sehen ist. Im ,Sechstagewerk‘ des Johann Exarch finden sich die häufig zitierten Zeilen, die man gemeinhin ebenfalls auf Preslav bezieht: „Wenn ein Fremder, ein Bauer oder ein armer Mann von weit her vor die Mauern des Fürstenhofes kommt und sie anschaut, so staunt er. Und wenn er zum Tor tritt, wundert und erkundigt er sich. Wenn er hineingeht, sieht er auf beiden Seiten stehende Gebäude, die mit Stein gefärbt und mit Holz verziert sind. Später, wenn er in den Hof eintritt und die von außen mit viel Stein, Holz und Farbe, von innen aber mit Marmor und Kupfer, mit Silber und Gold, verschönerten großen Gebäude und Kirchen sieht, so weiß er nicht, womit er sie vergleichen soll, weil er so etwas in seinem Land nicht gesehen hat. Stattdessen ist er nur Strohhütten gewöhnt und es ist ihm, als ob er vor Erstaunen den Verstand verliere. Wenn er aber zufällig den Fürsten zu Angesicht bekommen sollte, der mit einem mit Perlen überschütteten Mantel bekleidet ist, um den Hals eine Halskette und an den Armen Armreifen trägt, dem ein Samtgürtel umgebunden und der mit einem am Oberschenkel hängenden goldenen Schwert umgürtet ist und der umgeben wird von auf beiden Seiten sitzenden Boljaren mit goldenen Halsketten, Gürteln und Armreifen, dann kehrt er in sein Land zurück und wird darüber, was er gesehen hat, folgendermaßen sprechen: Ich weiß nicht, wie ich das erzählen soll, nur mit euren eigenen Augen könntet ihr über diese Schönheit staunen.“ 66
Der Satz steht im Zusammenhang mit dem sechsten Tag in Gottes Schöpfung, der Erschaffung des Menschen und das ist kein Zufall. Symeon und seine Stadt werden gleichsam in einem Atemzug mit Gottes Meisterleistung genannt. Dieser Text im Kontext der restlichen literarischen Produktion verdeutlicht, daß es sich um ein bewusstes Programm handelt, ein Projekt, bei dem Symeon in einen biblischen, heilsgeschichtlichen Kontext gestellt wurde. IX. Fazit Symeon der Große wird eine rätselhafte Figur bleiben. War Symeon in seiner Ambivalenz zwischen Imitation und Konfrontation Konstantinopels der Schöpfer einer slawisch-orthodoxen Hochkultur oder verschliß er in seinem Streben nach einem vergeblichen Ziel die Kräfte des jungen Reiches, das nur 100 Jahre später dem großen Nachbarn zum Opfer fiel. Versäumte er durch seine einseitige Ausrichtung auf Byzanz, dem Reich inneren Halt zu geben? Wahrscheinlich sind diese Fragen falsch gestellt, denn sie verkennen den Horizont, innerhalb dessen Symeons Handeln erklärbar wird. Das byzantinische Mo65 66
A. Vailland, Discours contre les Ariens de S. Athanase. Version slave et traduction en français, Sofia 1954, 6 sq.; Podskalsky, Theologische Literatur (nt. 4), 52, nt. 223. R. Aitzetmüller, Das Hexaëmeron des Exarchen Johannes 6 (Editiones Monumentorum Slavicorum Veteris Dialecti 6), Graz 1971, 1–5, (1–3); N. Mavrodinov, Opisanieto na Preslav v ˘ oan Eksarx , in: Istoriheski pregled 11 (1955) 3, 66–76. ∏estodneva na I
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dell ist in den Augen der christlichen Zeitgenossen das einzig erfahrbare und damit gültige. Symeon bewegt sich damit folgerichtig innerhalb desselben. Seine Vorstellung gründete auf einer römisch-bulgarischen Einheit mit ihm selbst als römischem Kaiser. Er versuchte keine nationale Alternativ- oder Gegenkultur aufzustellen, wie viele Historikerinnen und Historiker seit dem 19. Jahrhundert im Rahmen moderner Nationalstaatlichkeit behaupteten. Stattdessen sah er sich an der Spitze eines christlich-römischen Reiches und versuchte Bulgarien als römischer Kaiser zu regieren. Erst aus seinem Scheitern heraus konnte sich Bulgarien als christliches Zarenreich etablieren und – anders als andere frühmittelalterliche Herrschaftsgründungen auf ehemals römischem Boden – bis heute bestehen.
Russische Heilige und Byzanz im Mittelalter J K ( Joensuu) I. Von Athos nach Moskau Der Apostel Andreas besuchte verschiedene wichtige politische und kirchliche Zentren Rußlands, von Kiev bis zum Ladogasee, und segnete die Zukunft des Landes. Ab 989 tauften nun byzantinische Priester Kiever Russen, und es kam zu einer Allianz des Großfürstentums mit Byzanz, so daß Rußland ein byzantinisches Land wurde. Aufgrund des heiligen Erbes wurde das christliche Römische Kaisertum nach dem Untergang Konstantinopels 1453 nach Rußland und das damaligen Zentrum des Landes nach Moskau verlegt. Moskau hat seine Zentrumsposition von Kiev und Vladimir geerbt. Historiker haben diese Auslegung vom 18. bis zum 20. Jahrhundert vehement vertreten und sie schließlich so kanonisiert, daß wir diese Auffassung in unseren Schulbüchern finden können1. In den letzten Jahrzehnten hat man jedoch vieles bezüglich des russischen Mittelalters revidieren müssen. Die tausendjährige Geschichte als ein einheitliches russisches Kontinuum aufzufassen, ist inzwischen unmöglich geworden. Rußland ist eine neuzeitliche Schöpfung Moskaus, womit die Ukraine und andere westliche Gebiete, die das Zentrum der frühmittelalterlichen Kiever Rus ausmachten, nicht besonders viel vor der Moskauer Eroberung der Ukraine in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu tun hatten. Die herkömmliche Auffassung ist eine Erfindung, die nach unserem aktuellen Forschungsstand auf dem Aufstieg des Moskauer Reiches vom 14. bis zum 17. Jahrhundert basiert, da die Moskauer Herrscher ihre Macht und Eroberungen gerade mit einem kirchlichen Erbe legitimieren wollten. Nach dem Ende des 15. Jahrhunderts haben sich die Großfürsten zu Kaisern erklärt, was weitere Interpretationen der Geschichte hervorgerufen hat 2. 1
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K. Parppei, Saints, Legends and Forgeries. The Formation of the Historiographical Image of Valaam Monastery (Publications of the University of Eastern Finland: Dissertations in Social Sciences and Business Studies 5), Joensuu 2010, 43–53, cf. E. Donnert, Rußland (860–1917). Von den Anfängen bis zum Ende der Zarenzeit, Regensburg–München 1998, 17–33. J. Korpela, Prince, Saint and Apostle. Prince Vladimir Svjatoslavicˇ of Kiew, his Posthumous Life, and the Religious Legitimization of the Russian Great Power (Veröffentlichungen des OsteuropaInstitutes München, Reihe: Geschichte 67), Stuttgart 2001, 173–210, J. Korpela, The Christian Saints and the Integration of Muscovy, in: S. Bogatyrev (ed.), Russia Takes Shape. Patterns of Integration from the Middle Ages to the Present (Annales Academiae Scientiarum Fennicae 335), Helsinki 2005, 17–58, J. Korpela, Bysanttilainen Kiovan Rus?, in: Ortodoksia 47 (1998), 97–116,
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Francis Thomson hat mit seinem Ausdruck „intellectual silence“ verdeutlicht 3, wie faktisch die ganze mittelalterliche russische Kultur frei von konkreten griechischen Einflüssen war und sich außerhalb einer griechisch-hellenistischen Laienkultur befand. Aleksander Kazhdan hat seinerseits gezeigt, wie die vormongolischen russisch-byzantinischen Fürstenehen, die in der Forschungsliteratur bekannt sind, eigentlich nur frühneuzeitliche Quelleninterpolationen und als Verfälschungen des 18. Jahrhunderts bewertet werden müssen4. Aleksej Komec hat gezeigt, wie sich schon früh die ursprünglich byzantinische Kirchenarchitektur in Rus selbständig entwickelte5. Quellenkritisch wissen wir nicht viel von einer byzantinischen Kultur der Kiever Periode, was man herkömmlich mit den Mongolenzerstörungen erklärt hat. Charles J. Halperin hat aber gezeigt 6, daß die Mongolengeschichte in dieser Hinsicht übertrieben dargestellt wurde. Die frühe christliche Terminologie der Kiever Kirche stammte auch nicht ausschließlich von Byzanz, sondern es gab viele westliche Lehnwörter, wie z. B. ‚palomnik‘ (Pilger), das sich von dem lateinischen ‚palmarius‘ herleitet7. Allerdings gibt es tatsächlich auch frühe Byzanzverbindungen, wie die Taufe von Vladimir Svjatoslavicˇ im Jahre 989, die seiner Großmutter Olga in den 50er Jahren des 10. Jahrhunderts und die Gründung des Kiever Bistums in den 90er Jahren des 10. Jahrhunderts. Die meisten Kiever Metropoliten waren auch bis zum 15. Jahrhundert byzantinischer Herkunft 8. Die Existenz eines russischen Klosters auf dem Heiligen Berg Athos ist auch spätestens für 11. Jahrhundert belegt, und seit dem 12. Jahrhundert kennen wir russische Pilger in Byzanz9. Einige griechi-
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J. Korpela, Some Aspects of the Western Relations of Rus during the Period of Izjaslav Jaroslavicˇ, the Prowestern Son of Jaroslav the Wise, in: Byzantium and the North. Acta Byzantine Fennica 10 (2000), 51–69. Fr. J. Thomson, The Reception of Byzantine Culture (Variorum Collected Studies Series), Aldershot 1999 ist eine Sammlung der wichtigsten Beiträge von Thomson und die Einleitung des Buches ‚The Intellectual Silence of Early Russia‘ ist eine Zusammenfassung der bisherigen Forschung. A. Kazhdan, Byzantine Princely Marriages in the Eleventh and Twelfth Centuries, in: Harvard Ukrainian Studies XII/XIII (1988–1989), 414–429. A. I. Komecˇ, Drevnerusskoje zodcˇestvo konca X – nacˇala XIIv. Vizantijskoje nasledie i stanovlenie samostojatel’noj tradicii, Moskva 1987, 260–265, passim. Ch. J. Halperin, Russia and the Golden Horde. The Mongol Impact on Medieval Russian History, Bloomington 1985, 1–9, 61–74 und passim. I. I. Sreznevskij, Slovar’ drevnerusskogo jazyka II:2 (reprintnoe izadanie), Moskva 1989, 870; ich danke Herrn Prof. Dr. A.V. Nazarenko (Moskau) für die Auskunft. Cf. Korpela, Prince, Saint and Apostle (nt. 2), 133. J. Korpela, Beiträge zur Bevölkerungsgeschichte und Prosopographie der Kiewer Rus bis zum Tode von Vladimir Monomah (Studia Historica Jyväskyläensia 54), Jyväskylä 1995, 89–90, 110– 113, J. Korpela, Priester in Kiew bis zum Jahr 1125 (Resumés des communicatons de XVIIIe congrès international des etudes Byzantines), Moscou 1991. Eine Protoerzählung über russischen Pilgerfahrten ist das ‚Hozˇ denie‘ oder „Putesˇestvie igumena Daniila po svjatoj zemlje‘, das auf das 12. Jahrhundert datiert; cf. G. P. Majeska, Russian Travelers to Constantinople in the Fourteenth and Fifteenth Century (Dumbarton Oaks Studies XIX), Washington D. C. 1984, 3–12; A. Poppe, Radenie igumena Daniila ob ustroenii Cerkvi na Rusi. Kipriskij epizod, in: Studi Slavistici 6 (2009), 7–28; Korpela, Prince, Saint and Apostle (nt. 2),
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sche Künstler haben auch früher in Rus gearbeitet10. Außerdem wurden Texte (z.B. ‚Sbornik Svjatoslavova‘) aus dem Griechischen ins Slawische übersetzt. Überall in Rußland sind sowohl Artefakte byzantinischer Herkunft als auch Kreuze und Bleisiegel gefunden worden. Obwohl die frühen politischen Verbindungen mit Byzanz nicht als besonders rege galten, die Rus administrativ eher ein westeuropäisches als ein byzantinisches Fürstentum darstellte, und Ehen eher mit der westeuropäischen als mit der byzantinischen Oberschicht eingegangen wurden, kann man durchaus von politischen Verbindungen, Eheschließungen und anderweitigen Kontakten mit Byzanz ausgehen11. Die byzantinischen Artefakte sind aber keine russische Eigentümlichkeit, sondern es gibt auch im westlichen Europa reichlich Material. Es ist beispielsweise unklar, wie byzantinisch das frühe Kiever Klosterwesen war. Obwohl die Klosterregeln des Kiever Höhlenklosters (Pecˇer) wohl aus dem Studionkloster in Konstantinopel übernommen worden sind, wissen wir auch hier nur wenig von diesen frühen Verbindungen, denn die meisten Datierungen sind unklar. Außerdem basieren gesicherte Auskünfte über frühe Pilgerfahrten nach Byzanz und ins Heilige Land eigentlich nur auf Einzelerlebnissen12. Erst nach dem 14. Jahrhundert werden viele Kontakte wesentlich klarer und häufiger in Quellen genannt, was mit der neuen Situation in Byzanz und der Moskauer Staatsbildung assoziiert werden kann. Damals brauchten die beiden Seiten einander. Nikolai Voronin zeigte schon in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts, wie Klostergeschichten mit fiktiven mittelalterlichen Byzanzverbindungen seit dem 16. Jahrhundert ergänzt worden sind13. Ekkehard Kraft hat das 17. Jahrhundert das byzantinische Jahrhundert Moskaus genannt, weil sich gerade zu dieser Zeit eine Byzantinisierung der Kultur vollzog 14. Die endgültige Byzantinisierung der Kirche geschah im 18. Jahrhundert, als der Hesychasmus eine Renaissance in den russischen Klöstern erlebte und in dieser Atmosphäre u.a. die griechische Philokalie ins Russische übersetzt wurde15. Vom heutigen Kirchenstandpunkt aus ist die Russisch-Orthodoxe Kirche durchaus byzantinisch, und viele der russischen Heiligen aus dem Mittelalter
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133; G. Podskalsky, Hristianstvo i bogoslovskaja literatura v kievskoj Rusi (988–1237 gg.) Izdanie vtoroe, ispravlennoe i dopolnennoe dlja russkogo perevoda. (Perevod A. V. Nazarenko pod redakciej K. K. Akent’eva) (Subsidia Byzantinorossica I, Vizantinorossika), S.-Peterburg 1996, 83–87. Korpela, Prince, Saint and Apostle (nt. 2), 124–126. Ibid., 133–136. Korpela, Bysanttilainen Kiovan Rus? (nt. 2), 104–105; ibid., Prince, Saint and Apostle (nt. 2), 131–133, 136–137. N. N. Voronin, Politicˇeskaja legenda v kievo-pecˇerskom paterike, in: Trudy otdela drevnerusskoj literatury XI (1955), 101–102. E. Kraft, Moskaus griechisches Jahrhundert. Russisch-griechische Beziehungen und metabyzantinischer Einfluß 1619–1694 (Quellen und Studien zur Geschichte des östlichen Europas 43), Stuttgart 1995. Parppei, Saints, Legends and Forgeries (nt. 1), 100.
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haben byzantinische Verbindungen, die die ursprünglichen und beständigen Kulturverbindungen der Kirche betonen. Es stellt sich allerdings die Frage, ob diese Kontakte tatsächlich aus dem Mittelalter stammen oder ob sie nur später im Zusammenhang mit den politischen Legitimationsbestreben erdichtet wurden, da solche Details sowohl den einzelnen Heiligenvitae als auch den Chroniktexten von frühneuzeitlichen Gelehrten hinzugefügt worden sind. Beispielsweise ist eine Byzantinisierung der Geschichte des Mittelalters der heutigen finnisch-karelischen Orthodoxie auf politischer Ebene eine antirussische und antisowjetische Maßnahme des 20. Jahrhunderts, die als Ausgangspunkt eine moskauzentrische Geschichtsauffassung eingenommen hat, aber nach der Unabhängigkeit der finnischkarelischen Orthodoxie strebte16. Ich werde im folgenden die Heiligengeschichten der einheimischen russischen Heiligen des Mittelalters analysieren und herauszufinden versuchen, welche von ihnen im Mittelalter reale Verbindungen mit Byzanz hatten. Mit Verbindungen meine ich konkrete Besuche in Griechenland oder sonstige aktive persönliche Kontakte mit byzantinischen Institutionen. Zuerst versuche ich Kontaktzonen zu datieren und zu lokalisieren, um geschichtliche, zeitliche und geographische Entwicklungen und Verschiedenheiten zu identifizieren. Im Anschluß daran werden die Ursachen dieser Resultate diskutiert. Aus dieser Perspektive versuche ich nochmals die Byzantinisierung der russischen Kirche des Mittelalters zu beobachten. Falls ein beachtenswerter Wissenstransfer aus Byzanz stattfand, mußten viele kirchliche Personen daran beteiligt gewesen sein. Falls es aber keine solchen Personen unter den Heiligen gab, deutet dies eher darauf hin, daß eine Byzantisierung in dieser Zeit als unwahrscheinlich eingestuft werden muss. Die Heiligen eignen sich ausgezeichnet für diese Fragestellung, weil sie zum Kern der Orthodoxie gehören. Es wäre somit zu erwarten, daß ein byzantinischer Einfluss auf sie viel deutlicher als in der übrigen mittelalterlichen Gesellschaft der Rus zu erkennen ist. In der Russisch-Orthodoxen Kirche gibt es unterschiedliche Heilige. Erstens ist eine Kanonisierung in den orthodoxen Kirchen überhaupt keine formalisierte Prozedur wie in der Römisch-Katholischen Kirche. Es reicht prinzipiell, wenn ein Bischof einen Verstorbenen in den Kirchenkalender seines Bistums aufnimmt. Danach werden die Kulttexte geschrieben, aber tatsächlich gibt es viele Heilige, die keine Kulttexte haben. Zweitens sind Kanonisierungen bis heute sehr aktiv betrieben worden, wobei die Regierungszeit Jelzins/ Putins in dieser Hinsicht als die produktivste Periode in der russischen Kirche gilt. Aufgrund der späteren Byzantinisierung der russischen Geschichte sind solche späteren Figuren und ihre Heiligengeschichten hauptsächlich irrelevant für uns, weil die spätere Geschichtsauffassung ihr Image stark beeinflußt hat. Beispielsweise kann man davon ausgehen, daß zumindest Arsenij Konevskij (14. oder 15. Jh.) und Lazarij Muromskij (13. Jh.) von den karelischen (nordrussischen) Hei16
J. Korpela, Die Christianisierung fenno-ugrischen Peripherie Europas: Zwei Theorien und peinliche Tatsachen, in: M. Solomon et al. (eds.), Rome, Constantinople and Newly-Converted Europe: Archaeological and Historical Evidence, Kraków – Leipzig – Rzeszów 2012.
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ligen des Mittelalters laut der uns heute bekannten Kulttexte byzantinische Verbindungen gehabt haben. Allerdings sind sie neuzeitlich kanonisiert worden, ohne daß echte Geschichtsquellen in schriftlicher Form zugrunde liegen17. Diese „nachmittelalterliche“ Entwicklung der Geschichte des Mittelalters der russischen Kirche ist klar daran zu erkennen, wenn man die Anzahl der mittelalterlichen Heiligen nach dem heutigen Kalender mit der Anzahl nach dem Kalender aus der Mitte des 16. Jahrhunderts vergleicht. Im Verzeichnis von Taisija über russische Heilige aus dem Jahre 2001 gibt es 348 russisch-orthodoxe Heilige aus dem Mittelalter. Im Jahre 1550 betrug die Anzahl nur 75 und ist somit inzwischen beinahe verfünffacht worden18. II. Fünfundsiebzig r ussische Heilig e aus dem Mittelalter Die Forschungen Golubinskijs über russische Heilige dienen als Ausgangspunkt. Obwohl sein Buch schon 1903 herausgekommen ist, sind seine Identifizierungen und Datierungen noch immer gültig. Daraus haben wir alle mittelalterlichen und von den Metropoliten Makarij kanonisierten Heiligen ausgewählt, so daß wir über einen Korpus von 75 Fällen verfügen19. Makarij (Erzbischof Novgorods 1526–1542, Metropolit Moskaus und Aller Rus 1542–1563) spielte eine entscheidende Rolle beim Bau der russisch-orthodoxen Kirche. Er homogenisierte die Lehre der ostslawischen Kirche und war ein politischer Ideologe des Kaisertums unter Ivan IV. (1533–1584). Es wäre natürlich besser, nur die Heiligen zu behandeln, die vor dem Metropoliten Makarij kanonisiert worden sind. Das ist deswegen kaum möglich, weil Makarij sämtliche mittelalterliche Quelleninformationen in seinen Großen Lesemenäen und anderen schriftlichen Arbeiten so stark kontrollieren und manipulieren konnte, daß wir keinen Zugang zu der eigentlichen mittelalterlichen Situation haben. Wir müssen natürlich beachten, daß eine antiabendländische und gewissermaßen probyzantinische Betonung stark im Interesse Makarijs war, was unter Umständen auch bereits schon in diesem Material eine Vermehrung der griechischen Verbindungen herbeigeführt haben könnte 20. Nur bei sieben Heiligen können in unserem Korpus mittelalterliche Byzanzverbindungen gesichert nachgewiesen werden. Davon sind vier Metropoliten (Petr 17 18 19 20
J. Korpela, Karelska helgon före Peter den Store – vem och varför?, in: R. Knapas (ed.), Det ortodoxa Finland (Historicus r.f:s skriftserie 15), Helsingfors 2002, 16–17, 18. Russkie svjatye. Zˇitija sobrala monahinja Taisija, S.-Peterburg 2001, Korpela, Prince, Saint and Apostle (nt. 2), 175–179; Korpela, The Christian Saints (nt. 2), 20–58. E. E. Golubinskij, Istorija kanonizacii svjatyh russkoj cerkvi. Izdannie vtoroe, ispravlennoe i dopolnennoe, Moskva 1903, 92–109. D. B. Miller, The Velikie Minei Chetii and the Stepennaia Kniga of Metropolitan Makarii and the Origins of Russian National Consciousness (Forschungen zur Osteuropäischen Geschichte 26), Berlin 1979, 294–369, A. S. Usacˇev, Stepennaja kniga i drevnerusskaja knizˇnost‘ vremeni mitropolita Makarija, Moskva–S.-Peterburg 2009, passim.
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Moskovskij, [† 1326], Aleksej Moskovskij [† 1378], Kiprian Cˇamblak [† 1406] und Fotij [† 1431]), die schon wegen ihrer amtlichen Stellung Konstantinopel besuchen mußten. Die Metropoliten wurden nämlich in Konstantinopel ernannt. Darüber hinaus waren sowohl Kiprian als auch Fotij byzantinischer Herkunft. Alle vier waren außerdem Hauptfiguren und Architekten des Moskauer Byzantinismus, der Reichsbildung und ihrer orthodoxen Legitimierung im Spätmittelalter 21. Großfürstin Olga († 969) und ihr Neffe Vladimir Svjatoslavicˇ († 1015) sind die Täufer und Portalfiguren des orthodoxen Christentums Rußlands. Sie haben auch tatsächlich griechische Verbindungen, Olga wurde in Konstantinopel getauft und Vladimir hat den Metropolitensitz Kievs unter der Konstantinopler Jurisdiktion gründen lassen. Allerdings sind ihre Geschichten später stark entwickelt, ergänzt und sogar erdichtet worden. Man muss auch hier betonen, daß beide erst im Spätmittelalter kanonisiert worden sind und daß ihre heiligen Figuren in der Zeit und später erfunden worden sind22. Erzbischof von Rostov Feodor († 1394/1395), der Beichtvater des Großfürsten Dimitrij Donskoj († 1389), wurde wenigstens dreimal von Großfürsten als Gesandter nach Konstantinopel geschickt. Der Patriarch setzte ihn während seines letzten Besuches in Konstantinopel 1389 (1390) als Rostover Erzbischof ein23. Der großfürstliche Beichtvater war vor allem ein Diplomat seines Herrn. Er wurde heiliggesprochen, nicht jedoch aufgrund seiner Byzanzreisen, da solche diplomatischen Delegationen damals schon nicht selten waren, sondern wegen seiner Rolle in der Moskauer Reichsbildung. Es handelt sich also in diesen Fällen nicht um alltägliche Kulturverbindungen, sondern um Metropoliten und um eine fürstliche Politik. Die westliche Rus geriet in den Brennpunkt der Tagespolitik zwischen der Staatsbildung in Krakau und Moskau vom 14. bis zum 17. Jahrhundert. Die Position der Kiever orthodoxen Kirche zwischen den Mächten war eine Streitfrage, in der die byzantinische Kirchenpolitik eine Schiedsrichterrolle einnahm. Die Moskauer Fürsten strebten mit der Unterstützung der orthodoxen Kirche eine Etablierung ihrer Macht an24. Neben diesen als sicher geltenden Fällen gibt es noch neun Heilige, die möglicherweise Verbindungen mit Byzanz gehabt haben. Man kann nicht in allen Fällen von einem Besuch Griechenlands ausgehen, allerdings wird in den heiligen Texten die mentale Zugehörigkeit mit Griechenland auf verschiedene Weisen betont.
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Korpela, The Christian Saints (nt. 2), 39–40, J. Korpela, Die Einsetzung des Metropoliten Petr Moskovskij im Jahre 1308 als ein Momentum in der russischen mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Historiographie, in: A. Speer/D. Wirmer (eds.), 1308 – Eine Topographie historischer Gleichzeitigkeit (Miscellanea Mediaevalia 35) 2010, 914–916. Korpela, Prince, Saint and Apostle (nt. 2), 180–206. Moskovskij letopisnyj svod konca XV veka (Polnoe sobranie russkih letopisej XXV), Moskva (2004), 6891 (1383), 6892 (1384), 6894 (1386), 6898 (1390). F. Tinnefeld, Byzantinisch-russische Kirchenpolitik im 14. Jahrhundert, in: Byzantinische Zeitschrift 67 (1974), 359–383; Korpela, The Christian Saints (nt. 2), 21.
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Sergej Radonezˇkij († 1392) soll in Konstantinopel sehr berühmt gewesen sein. Eine Gesandtschaft besuchte sein Kloster, verlieh ihm die Insignien, und Patriarch Philotheos Kokkinos († 1376) hat ihm auch persönlich geschrieben. Diese Auskünfte stammen aus der Vita, und ihre geschichtliche Aussagekraft kann nicht garantiert werden. Die älteste Vita ist von Epifanij Premudryj gut 25 Jahre nach dem Tode des Heiligen und ihre neuere Verfassung von Pahomij Serb Ende des 15. Jahrhunderts verfaßt worden. Die Vita gehört aber schon zum Kern des literarischen Baus des Moskauer Byzantinertums. Auf der anderen Seite waren diese Verbindungen mit Byzanz schon zur Zeit Sergejs ganz normal, und deswegen sind die Erzählungen durchaus plausibel 25. Starec Mitrofan, der selbst Athos besucht haben soll, verglich das Kloster des hl. Makarij Koljazinskij († 1483) mit den Klöstern auf Athos. Das spiegelt sowohl den Ruhm von Athos also auch den des Klosters von Makarij wider, wobei die Erzählung wieder nur auf einer literarischen Schöpfung basiert. Feodor Rostislavicˇ († 1299) war ein Fürst von Jaroslavl, der eine Tochter des Tatarenkhan heiratete. Der Konstantinopler Patriarch soll seine Zustimmung zur Ehe aufgrund einer Bitte von Khan gegeben haben. Tatarische Ehen der russischen Fürsten waren häufig und man brauchte dafür keine Zustimmung des Patriarchen. Deshalb wird die Erzählung wohl eher im Schaffensprozeß der Vitae von Feodor und seinen Söhne entstanden sein. Außerdem stammt die Erzählung nicht von Makarij, sondern ist wohl eine spätere Interpolation 26. Neben anderen Theorien gibt es auch die beachtenswerte Möglichkeit, daß die Mutter des hl. Boris († 1015) und des hl. Gleb († 1015) die griechische Frau (porphyrogenita Anna) des hl. Vladimir Svjatoslavicˇ gewesen ist. Diese Hypothese von Andrzej Poppe sieht schon deswegen sehr glaubhaft aus, weil Vladimir wohl die Brüder Boris und Gleb zu seinen Nachfolgern bestimmen wollte und deswegen seine anderen Söhne aus Kiev wegschickte. Hier ist aber eigentümlich, daß keine kirchliche Quelle eine solche griechische Verbindung der Heiligen erwähnt. Falls der Autor der Vita und die kirchliche Umgebung eine solche Verbindung als wichtig erachtet hätten, wäre sie sicherlich auch erwähnt worden, weil die heiligen Brüder die ersten echten russischen Heiligen waren. Aber andererseits waren gerade ihre probyzantinischen Figuren etwas schwierig für die frühe Kiever Kirche 27. 25
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Velikija Minei Cˇetii. Sobrannyja vserossijskim mitropolitom Makariem. Izdanie arheograficˇeskoj kommissii (Akademii nauk), Sentjabr dni 25–30, S.-Peterburg–Moskva 1883, col. 1425–1428, 1536–1539 (die Vita col. 1404–1578); N. F. Droblenkova, Zˇitie Sergija Radonezˇskogo, in: D. S. Lihacˇev (otv. red.), Slovar‘ knizˇnikov i knizˇnosti drevnej Rusi 2.1, Leningrad 1988, 330–336. Velikija Minei Cˇetii (nt. 25), Sentjabr dni 14–24, S.-Peterburg–Moskva 1869, col. 1255–1282, Russkie svjatye (nt. 18), 511. A. Poppe, Der Kampf um die Kiewer Thronfolge nach dem 15. Juli 1015, in: Beiträge zur 7. Internationalen Konferenz zur Geschichte des Kiewer und des Moskauer Reiches (Forschungen zur Osteuropäischen Geschichte 50), Berlin 1995, 275–296, Korpela, Prince, Saint and Apostle (nt. 2), 95–98, J. Korpela, „I Krestisˇa kosti eju“. Zur Vorgeschichte des Martyrerkults von Boris und Gleb, in: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas 46 (1998), 170–176.
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Laut der hagiographischen Texte haben Antonij Pecˇ erskij († 1073?), Leontij Rostovskij († in den 70er Jahren des 11. Jh.), Savva Visˇerskij (um 1460) und Evfrosin Pskovskij († 1481) in Konstantinopel oder auf dem Heiligen Berg Athos studiert oder gelebt. Antonij hat die Klosterregeln für das Kiever Höhlenkloster (Pecˇ er) aus Konstantinopel mitgebracht. Wir wissen jedoch, daß die Vita von Antonij später im Mittelalter entstanden ist und als unglaubwürdig gilt 28. Dagegen betrachten viele Forscher, darunter Gail Lenhoff und Andrzej Poppe, die Konstantinopler Verbindungen Leontijs für durchaus glaubwürdig 29. A. S. Horosˇev hat jedoch betont, daß Leontijs und seine Byzanzkontakte auch gut zu den politischen Bestrebungen des Großfürsten Andrej Bogoljubskij († 1175) paßten, der einen Kanonisierungprozeß Leontijs zu initiieren begann30. Die zwei letzten Heiligen haben später gelebt und stammen aus der Moskauer Periode. Die Vita von Savva ist wohl von Gelasij und Pahomij Logofet (Serb) kurz nach dem Tode des Heiligen geschrieben worden. Savva war ein typischer Klostergründerheiliger seiner Zeit, der von lokalen Initiativen kanonisiert worden ist. Sein strenges Klosterleben auf dem Heiligen Berg Athos ist in der modernen Literatur aber nicht in den Großen Lesemenäen Makarijs erwähnt worden. Der ursprüngliche Text weist nur auf ein entferntes Kloster aus einem fremden Land hin. Dieses Detail über ein asketisches Klosterleben kann aber auch ganz fiktiv sein, weil eine solche Periode ein typischer Topos in den Klostergründervitae ist 31. Die Vita von Evfrosin stammt wohl aus dem Eleazarov Kloster von Pskov, aber der Autor bleibt uns leider unbekannt. Evfrosin war ein polemischer liturgischer Theologe. Er formulierte die sogenannte Lehre der zwei Hallelujas und des Bekreuzigens mit zwei Fingern. Weil diese Lehren von der Stoglav Synode (1551) und den Synoden Makarijs als wahr verkündet wurden, wurde auch Evfrosin von einem lokalen Heiligen zum Allrussischen Heiligen befördert. Diese Lehren wichen von den Lehren der Konstantinopler Kirche ab, und darum ist es verständlich, daß die Hagiographie die Diskussionen und überzeugenden Argumen28
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G. Podskalsky, Der hl. Feodosij Pecˇerskij: historisch und literarisch betrachtet, in: Harvard Ukrainian Studies XII/XIII (1988/1989), 718; Korpela, Beiträge zur Bevölkerungsgeschichte (nt. 8), 130, nt. 40; Korpela, Prince, Saint and Apostle (nt. 2), 132–133. G. Lenhoff, Canonization and Princely Power in Northeast Rus: The Cult of Leontij Rostovskij, in: Die Welt der Slawen. Halbjahrschrift für Slawistik 37.1 und 2 (1992), 362–364; A. Poppe, Werdegang der Diözesanenstruktur der Kiewer Metropolitankirche in den ersten drei Jahrhunderten der Christianisierung der Ostslaven, in: K. Chr. Felmy e.a. (eds.), Tausend Jahre Chistentum in Rußland. Zum Millenium der Taufe der Kiewer Rus, Göttingen 1988, 264; Korpela, Beiträge zur Bevölkerungsgeschichte (nt. 8), 179, nt. 501. A. S. Horosˇev, Politicˇeskaja istorija russkoj kanonizacii (XI–XVI vv.), Moskva 1986, 61–63. Velikija Minei Cˇetii (nt. 25), Oktjabr dni 1–3, S.-Peterburg–Moskva 1870, col. 26–27, Russkie svjatye (nt. 18), 550, O. A. Belobrova, Gelasij, in: D. S. Lihacˇ ev (otv. red.), Slovar‘ knizˇnikov i knizˇnosti drevnej Rusi 2:1, Leningrad 1988, 144–145, G. M. Prohorov, Pahomij Serb (Logofet), in: D. S. Lihacˇ ev (otv. red.), Slovar‘ knizˇnikov i knizˇnosti drevnej Rusi 2:2, Leningrad, 1989, 167–177, D. B. Miller, The Orthodox Church, in: M. Perrie (ed.), The Cambridge History of Russia, vol. I: From Early Rus to 1689, Cambridge 2006, 340.
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tationen Evfrosins gerade in Konstantinopel betont. Dieses Detail kann folglich fiktiv sein. Nach der probyzantinischen Reform der russischen Kirche Nikons wurde Evfrosin 1682 wieder zu einem lokalen Heiligen degradiert, da auch seine Lehre mit den griechischen Lehren der drei Hallelujas und dem Bekreuzigen mit drei Fingern ersetzt wurden. Auch wenn Evfrosin Konstantinopel besucht hat, bleibt er doch ein antibyzantinischer Heiliger 32. Aus byzantinischer Perspektive gibt es noch weitere interessante Fälle. Feodosij Pecˇ erskij († 1074), der zweite Gründer des Kiever Klosterwesens, war ein antilateinischer Politiker, dessen „russische Herkunft“ in den wenigen Quellen besonders betont wird. Er hatte keine Verbindungen zu Byzanz33. Auf ähnliche Weise sind die Byzanzverbindugen von Fürst Vladimir Jaroslavicˇ († 1052) eher negativer Natur. Er ist der Erbauer der Novgoroder Sofia-Kathedrale, die zumindest teilweise eine byzantinische Schöpfung ist, aber vor allem war Vladimir der Leiter des letzten Byzanzzuges der Rus im Jahre 104334. Der hl. Aleksander Jaroslavicˇ Nevskij († 1263), eine russische Galionsfigur, besitzt auch keine öffentlichen Byzanzverbindungen, aber ein literarisches Vorbild seiner Vita ist die Gestalt Alexanders des Großen, die natürlich eine griechische Figur ist. Im Mittelalter war Alexander der Große vor allem ein Idealheld, dessen Griechentum unwichtig war 35. Neben den byzantinischen Verbindungen hatten die mittelalterlichen Heiligen der Rus auch andere Auslandskontakte. Die meisten fanden mit den Tataren statt. In den heiligen Texten sind diese Verbindungen normalerweise sehr negativ als Verfolgungsgeschichten geschrieben worden, obwohl die östlichen Verhältnisse der rusischen Gesellschaft in Wirklichkeit schon seit der Kiever Periode vielschichtige, günstige und friedliche Arbeitsverbindungen waren36. Daneben gab es auch westliche Verbindungen und unter den frühen Heiligen sollen sogar zwei deutsche Personen sein. Prokopij Ustjuzˇskij († 1303) stammt aus Lübeck und Isidor Tverdislov Rostovskij († 1474) aus Preußen. Die beiden waren sogenannte Gottesnarren (jurodivyj)37. 32
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Russkie svjatye (nt. 18), 302, V. I. Ohotnikova, Zˇitie Evfrosina, in: D. S. Lihacˇev (otv. red.), Slovar’ knizˇnikov i knizˇnosti drevnej Rusi 2.1, Leningrad 1988, 262–264; Miller, The Orthodox Church (nt. 31), 342; Golubinskij, Istorija kanonizacii svjatyh (nt. 19), 168–169. Korpela, Beiträge zur Bevölkerungsgeschichte (nt. 8), 149, nt. 211. Ibid., 223–224, nt. 960. M. Isoaho, The Image of Aleksandr Nevskiy in Medieval Russia (The Northern World 21), Leiden 2006, 34–41; G. Prinzing, Alexander der Große. Byzantinische Literatur, in: Lexikon des Mittelalters I (1980), 356–357; Fr. Svejkovsky`, Alexander der Große. Slavische Literatur, in: Lexikon des Mittelalters I (1980), 357. L. S. Chekin, The Godless Ishmaelites: The Image of the Steppe in Eleventh-Thirteenth-Century Rus, in: Russian History – Histoire Russe 19 (1992), 9–28. Th. Noonan, Rus, Pechenegs, and Polovtsy: Economic Interaction Along the Steppe Frontier in the Pre-Mongol Era, in: Russian History – Histoire Russe 19 (1992), 301–326. D. B. Miller, The Many Frontiers of Pre-Mongol Rus, in: Russian History – Histoire Russe 19 (1992), 231–260. M. Khodarkovsky, Taming the “Wild Steppe”: Muscovy’s Southern Frontier, 1480–1600, in: Russian History – Histoire Russe 26 (1999), 241–297. Korpela, The Christian Saints (nt. 2), 41–43. Russkie svjatye (nt. 18), 295–297, 407–409.
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Umgekehrt kann man beobachten, welche byzantinischen Verbindungen die echten vormongolischen Heiligen der Kiever Kirche hatten. Boris und Gleb waren typische westeuropäische Fürstenheilige, die das Herrscherhaus gegen Usurpationen und innere Streitigkeiten zu schützen versuchten. Ihre möglichen Verbindungen mit Byzanz gehörten teilweise zu politischen Streitigkeiten zwischen verschiedenen Machtzentren im Kiever Reich und wurden deswegen vielleicht in der Hagiographie ganz beiseitegelassen, weil dieser Aspekt nicht wichtig für ihre Kultrolle war 38. Das Byzantinertum und die heiligen Figuren von Antonij Pecˇerskij, Olga, Vladimir Svjatoslavicˇ, Anna Novgorodskaja und Vladimir Jaroslavicˇ stammen aus einer späteren Periode, falls es überhaupt eine solche Verbindung in diesem Zusammenhang gibt. Feodor Pecˇ erskij hatte nichts mit Griechenland zu tun, wie oben bereits gesagt worden ist. Von den frühen Mönchen des Pecˇer Klosters von Kiev sind heute 118 kanonisiert, aber ihre Datierungen und historische Echtheit sind mehr als unklar. Sie waren kaum echte vormongolische Heilige. Der Novgoroder Bischof Nikita (1108) hatte keine Byzanzverbindungen, aber auch seine Kanonisierung ist unklar 39. Seit dem 12. Jahrhundert sind auch einige lokale Kulte in Cˇernigov, Novgorod, Vladimir usw. entstanden, weil eine derartige lokale Fürstenmacht und Wirtschaft schon damals etabliert wurde, die auch ein kirchliches Prestige voraussetzte. Nach Horosˇev waren sie aber vor allem durch lokale Politik und einige Streitigkeiten verbunden, wie beispielsweise die Kanonisierung des Bischofs Konstantin von Cˇernigov im Jahr 1153, die eine antikiever Aktion war. Dies ist besonders augenfällig, da Konstantin gute byzantinische Verbindungen hätte betonen können40. Diese waren aber damals nicht wichtig. Die Novgoroder Kirche war in erster Linie eine lokale politische Organisation, die (Erz)bischöfe waren von Novgoroder Herkunft und alle früheren Heiligen waren lokale Figuren. Außerdem war Novgorod ein baltisch orientierter Handelsstaat, der keine besonders byzantinischen Interessen hatte. Obwohl mittelalterliche Objekte von byzantinischer Herkunft auch in Novgorod gefunden wurden, waren die Stadt und das Reich nicht byzantinisch41. Aus der Perspektive der Kanonisierungen bleibt die Kiever Periode auch sonst im Dunkeln. Es ist überraschend, warum Jaroslav der Weise († 1054), sein Metropolit Ilarion († in den 50er oder 60er Jahren des 11. Jh.) und die Galionsfigur des russischen Kaisertums Vladimir Monomah († 1125) nicht früher heiligsprechen ließ. Besonders merkwürdig ist der Fall Ilarions. Er war eine der wichtigsten Personen der frühen Kiever Kirche, wurde aber erst im 17. Jahrhundert von der westrusischen (Polen-)Kirche kanonisiert und nie richtig in die Moskauer Kirche aufgenommen. Beide Fürsten sind bis heute noch nicht heiliggesprochen42. Die 38 39 40 41 42
Korpela, „I Krestisˇa kosti eju“ (nt. 27), 167–176. Horosˇev, Politicˇeskaja istorija (nt. 30), 45–46. Ibid., 57–60. Ibid., 65–72. Korpela, The Christian Saints (nt. 2), 39. Korpela, Beiträge zur Bevölkerungsgeschichte (nt. 8), 160, nt. 329.
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antibyzantinische Politik Jaroslavs des Weisen kann natürlich auf sein Schicksal und das des Ilarion eingewirkt haben43. Aufgrund dieser mehr oder weniger sicheren, möglichen und anderweitig interessanten Fälle können wir erkennen, daß im Spätmittelalter griechische Verbindungen ganz normal und hochgeachtet waren. Erstens wurden sie im Zusammenhang mit Sergej Radonezˇkij betont, und zweitens wurde die byzantinische Herkunft des Kiever Klosterwesens in der Vita von Antonij gerade in diesem Licht dargestellt. Schließlich wurden sie als eindeutig positive Verdienste in anderen Vitae vorgestellt. Solche Verbindungen gab es also damals reichlich, und deswegen klingen die Erzählungen wenigstens im Spätmittalter realistisch. Andererseits können wir für diese Fälle nicht zeigen, daß sie auf historischen Tatsachen beruhen. Der Probyzantinismus des Spätmittelalters ist aber keine Überraschung. Mehr betonen sollten wir die wenigen frühen Fälle. Auffällig ist insbesondere die Abwesenheit byzantinischer Verbindungen in den Hagiographien des hl. Boris und Gleb. Beide hätten sich als Beispiel für Verbindungen zu Byzanz angeboten, da sie tatsächlich solche Verbindungen hatten. Da die zeitgenössischen Kiever Autoren diese Tatsache nicht verwendeten, deutet dies darauf hin, daß die Bedeutung der Byzanzkontakte eine geringe Bedeutung hatten. III. Rom Es gibt noch einige mittelalterliche hagiographische Erzählungen, die, obwohl sie keinesfalls auf historischen Tatsachen beruhen, trotzdem wichtig für das Verständnis der geistigen Verbindungen zwischen Rus und Byzanz sind. Die Allerwichtigste ist natürlich die Andreaslegende, die über einen Besuch des Apostels Andreas in Kiev erzählt. Diese Geschichte verbindet die russische Orthodoxie mit der Konstantinopler Kirche dadurch, daß der heilige Apostel Rußland und Kiev besucht und während seiner Reise Kiev und ihre Zukunft als ein blühendes kirchliches Zentrum gesegnet haben soll. Es handelt sich also um eine Gründungslegende des Kiever und allrussischen Metropolitensitzes. Diese Legende wurde wahrscheinlich unter der Regierungszeit Jaroslavs des Weisen aus Konstantinopel nach Rus gebracht. Sie hat allmählich eine ältere Gründungslegende des Metropolitensitzes über die Überführung der Relikte des Papstes Clemens († 99) aus Korsun (Khersonesos) verdrängt. Interessanterweise betonen beide Legenden die Verbindungen von Kiev mit Rom und sind somit sogar antibyzantinisch44. Obwohl die Andreaslegende schon frühmittelalterlich ist, wurde sie später stark entwickelt und ergänzt, und ihre möglichen Verbindungen mit der antibyzanti43 44
Korpela, Prince, Saint and Apostle (nt. 2), 99, 190. I. S. Cˇ icˇurov, Hozˇdenie apostola Andreja v vizantijskoj i drevnerusskoj cerkovno-ideologicˇeskoj tradicii, in: A. I. Klibanov (otv. red.), Cerkov’, obsˇcˇestvo i gosudarstvo v feodal’noj Rossii, Moskva 1990, 14–20. Korpela, Prince, Saint and Apostle (nt. 2), 53, 93–94, 99.
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nischen Politik Jaroslavs des Weisen wurden vergessen. Der Apostel Andreas durchreiste ganz Rußland und segnete verschiedene Zentren, darunter auch die nördlichen Klöster, wie z.B. das Kloster Valaam auf der Insel Valaam im Ladogasee. Er wurde auch zum Schutzpatron des Moskauer Reiches und heutigen Rußlands. Diese Entwicklung begann aber erst im Spätmittelalter und gehört zu der späteren Byzantinisierung der russischen Geschichte45. Neben diesen Texten gibt es andere hagiographische Schriften, die das Legitimierungsbestreben des Moskauer Reiches zeigen. Einer der berühmtesten ist wohl das ‚Skazanie o ikone bogomateri Vladimirskoj‘, das die Geschichte der Gottesmutterikone von Vladimir erzählt. Die Ikone wird als Mutter Rußlands bezeichnet und gilt als Schutzpatronin des Landes. Laut der Erzählung wurde die Ikone vom Apostel Lukas in Jerusalem gemalt. Danach wurde sie 1169 über Konstantinopel und Kiev nach Vladimir überführt. Später wurde sie wegen des Einfalls Timur Lenks 1395 nach Moskau gebracht, wodurch Moskau vor dem Tatarensturm gerettet wurde. Somit verbindet die Ikone Rus mit Moskau, Jerusalem und dem neuem Rom (Konstantinopel). Die neueste Forschung hat gezeigt, daß die Ikone und die Legende eine Arbeit aus der Umgebung des Beichtvaters von Ivan III. († 1505), dem Erzbischof Vassian Rylo, ist. Somit ist sie ein Element in den Bemühungen Moskaus, sich durch eine Verbindung zu Rom zu legitimieren, und beweist keine frühen Byzanzverbindungen Kievs46. Es gibt auch andere ähnliche spätmittelalterliche hagiographische Legenden über frühmittelalterliche kaiserliche byzantinische Verbindungen der Kiever Kirche und des Reiches. Sie alle untermauern eine heilige Position Moskaus, haben aber historisch nichts mit den frühen Rus zu tun. Die bekannteste Erzählung ist wohl die über die Überführung der kaiserlichen Regalien 1114 aus Konstantinopel an Großfürst Vladimir Monomah und die sogenannte ‚Povest o belom klobuke‘, die die Silvesterlegende mit den Moskauer Metropoliten verbindet47. Die Erzählung über die Regalien ist auch deswegen interessant, weil der Text teilweise tatarische Insignien als byzantinisch und christlich zu erklären versucht 48. 45 46
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Parppei, Saints, Legends and Forgeries (nt. 1), 46–53. A. Ebbinghaus, Andrej Bogoljubskij und die „Gottesmutter von Vladimir“, in: Russia Mediaevalis 6.1 (1987), 158, 163–18. A. Ebbinghaus, Die altrussischen Marienikonen-Legenden (Veröffentlichungen der Abteilung für slavische Sprachen und Literaturen des Osteuropa-Instituts an der freien Universität Berlin 70), Wiesbaden 1990, 98–99, 145–159. I. L. Zˇucˇkova, Skazanie o ikone bogomateri Vladimirskoj, D. S. Lihacˇev (otv. red.), Slovar’ knizˇnikov i knizˇnosti drevnej Rusi 2.2, Leningrad 1989, 360–362. J. Korpela, Vladimirin P. Jumalanäidin siunattu ryöstö 1155, in: Suomen kirkkohistoriallisen seuran vuosikirja 1994–1995 (1996), 21–34. Velikija Minei Cˇetii (nt. 25). Sentjabr dni 14–24, S.-Peterburg–Moskva 1868, col. 1318–1319, Patriarsˇaja ili Nikonovskaja letopis’ (Polnoe sobranie russkih letopisej IX), Moskva 1965, 6622 (1114). R. P. Dmitrieva, Skazanie o knjaz’jah vladimirskih, D. S. Lihacˇev (otv. red.), Slovar’ knizˇnikov i knizˇnosti drevnej Rusi 2.1, Leningrad 1988, 370–371. Ja. S. Lur’e, Povest’ o belom klobuke, D. S. Lihacˇev (otv. red.), Slovar’ knizˇnikov i knizˇnosti drevnej Rusi 2.2, Leningrad 1989, 214–215. Korpela, Prince, Saint and Apostle (nt. 2), 179. M. Cherniavsky, Khan or Basileus: An Aspect of Russian Mediaeval Political Theory, in: Journal of the History of Ideas. A Quarterly Devoted to Cultural and Intellectual History 20.4 (1959), 464–473.
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Ein Gottesmutterkult ist typisch für das heutige Rußland und die russische Kirche. Propagandistisch wurde Moskau als Gottesmutterstadt gerade um die Wende des 14. und 15. Jahrhundert deklariert. Das geschah insbesondere im Schrifttum des Metropoliten Kiprian Cˇamblak. Die Idee der Gottesmutterstadt beruht auf der Legende, daß die Gottesmutter die Schutzpatronin des heiligen Roms sei und somit auch zu den hagiographischen Verbindungen zwischen Moskau und Byzanz zu zählen ist.49 Nun sieht es aber so aus, daß die Ausdehnung des Moskauer Reiches den Gottesmutterkult in Rußland auch nach dem Ende des 14. Jahrhunderts stark verbreitete. Im Novgoroder Land beispielsweise, was seinerseits ein schwaches und oberflächliches Byzantinertum außerhalb Moskaus aufwies, waren Gottesmutterwidmungen zu dieser Zeit nicht besonders üblich50. IV. Zum Schluß: Heilig e Byzanzverbindung en? Unsere Untersuchung hat gezeigt, daß echte russisch-byzantinische Verbindungen bis zum Hochmittelalter schwach und oberflächlich waren. Sie existierten, aber in wesentlich geringerem Maße, als die Literatur es bisher beschrieben hat. Nach gesicherter Quellenevidenz waren sie geringer als die Verbindungen mit Westeuropa. Die Mongoleneroberung veränderte grundsätzlich die Situation. Erstens verkümmerten viele Westverbindungen (das Novgoroder Land und Litauen ausgeschlossen) wohingegen besonders Handelsverbindungen mit dem Osten (in Richtung der tatarischen Orda) aufblühten. Weil das Zentrum der Rus von Westen (Kiev) nach Osten (Vladmir/Moskau) verlegt wurde und eine russische Reichsbildung seit dem 14. Jahrhundert gerade unter der Leitung Moskaus stattfand, wurden die alten Zentren im Westen (Kiev) oder Nordwesten (Novgorod) weniger bedeutend, und das östliche Moskau begann zu dominieren. Das verstärkte auch die Bedeutung von Byzanz und den Steppenreichen in Politik und Religion im 15. Jahrhundert und später. Moskau war echtes byzantinisches Gebiet, was Kiev oder Novgorod nie waren. Das ist auch in den Heiligengeschichten des Mittelalters zu lesen. Insgesamt kann man über die mittelalterlichen heiligen Byzanzverbindungen der russischen Kirche Folgendes feststellen: (1) Frühe, vormongolische Byzanzverbindungen gibt es nur sehr wenige. Unter den vielleicht existenten Verbindungen wurden die von Boris und Gleb beiseite gelassen. Die damaligen Zeitgenossen fanden die Verbindung wohl unwichtig. 49 50
Korpela, Prince, Saint and Apostle (nt. 2), 190–192. Korpela, Die Einsetzung (nt. 21), 915. Diese Beobachtung stützt sich auf eine Datei von 339 Widmungen der Kirche, die ich aus Novgorod und Umgebung gesammelt habe. Darunter sind 35 Mariawidmungen, jedoch sind nur 11 von ihnen auf das Ende des 14. Jahrhundert zu datieren. Hierüber habe ich im Jahr 2003 auf dem Kongress ‚Transnational Database & Atlas of Saints‘ Cults’, veranstaltet vom Max Planck Institut Göttingen, einen Vortrag mit dem Titel ‚Novgorodian Medieval Church Dedications as Political Manifestations‘ gehalten. Der Text ist bisher noch nicht veröffentlicht worden, soll aber in ‚Concilium Medii Aevii‘ erscheinen. Korpela, Karelska helgon (nt. 17), 17.
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(2) Es gab noch weniger nördliche Byzanzverbindungen, und wenn, dann feindliche, wie der Fall Vladimir Jaroslavicˇ zeigt. Später war Novgorod besonders ein baltisch orientierter Handelsstaat, der überhaupt kein größeres Interesse in Richtung Byzanz hatte. (3) Die tatsächlichen historischen Verbindungen sind vor allem politisch. (4) Die byzantinischen Elemente der Heiligengeschichten der Russischen Kirche scheinen beinahe vollständig mit der Staatsbildung Moskaus nach dem 15.Jahrhundert, und insbesondere nach dem 17.Jahrhundert, verbunden zu sein. Dasselbe trifft auf Olga, Vladimir Svjatoslavicˇ und Antonij Pecˇerskij zu, weil alle drei frühmittelalterlichen Galionsfiguren der russischen Orthodoxie erst im Spätmittelalter heiliggesprochen wurden. (5) Die angeblichen Verbindungen zu Byzanz dienten den Gelehrten Moskaus vor allem dazu, Moskau als Gottesmutterstadt, d. h. als Erbe Roms (Konstantinopels) zu profilieren.
Vom Standpunkt des Wissenstransfers aus zeigen sich im Rahmen dieses Materials weder persönliche Verbindungen noch ein Interesse der vormongolischen Rus, einen stärkeren Kontakt mit Byzanz in Rus aufzubauen. Die Situation veränderte sich im Spätmittelalter, und die neue Situation wurde damals und später in die Frühgeschichte zurückprojiziert. Somit nahmen die Kiever Rus keine wichtige Rolle im Wissenstransfer aus und zu Byzanz ein. Es gibt aber noch offene Fragen. Vor allem setzt eine Rolle der frühen griechischen Metropoliten in Kiev unbedingt eine gründliche Analyse voraus. Entweder hatten sie einen weiten Einfluss in der Gesellschaft oder aber ihre Bedeutung war nur auf den Metropolitenhof beschränkt. Die letztere Möglichkeit scheint wahrscheinlicher, weil die Kenntnis der griechischen Sprache im damaligen Rus kaum verbreitet gewesen sein dürfte. In der Forschungsliteratur gibt es eine Hypothese über die Verbreitung der griechischen Sprache, die sich auf eine Geschichte über Carevicˇ Petr, einem Sohn des Khans, der sich taufen ließ, stützt. Die Geschichte beschreibt die damalige göttliche Pracht Rostovs und erwähnt, dass im Gottesdienst in der Gottesmutterkirche der linke Kliros auf Griechisch und der rechte auf Russisch gesungen haben soll. Die Erzählung (‚Povest‘) beschreibt das Rostov des späten 13. oder frühen 14. Jahrhundert, stammt aber erst aus dem 15. Jahrhundert. Die marginale Bedeutung der Griechischsprachigen spiegelt sich auch in der geringen Anzahl griechischer Inschriften wider 51. Eine zweite offene Frage ist der Wissenstransfer aus der Steppe nach Rus und darüber hinaus. Die Steppe war eine Kontaktzone zwischen persischen und türkischen Hochkulturen, woher auch wichtige Teile der frühen russischen Kultur stammen. Beispielsweise sind viele der erwähnten Regalien von Monamah, die angeblich aus Byzanz stammten, tatarischer Herkunft. Diese Richtung war wichtig schon für die Kiever Gesellschaft, aber noch wichtiger für Moskau, zumal die berühmte spätmittelalterliche Diskussion über das Kaisertum Moskaus, die einen
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Povest’ o Petre, carevicˇe ordynskom, in: D. S. Lihacˇev (otv. red.), Pamjatniki Literatury drevnej Rusi. Konec XV – pervaja polovina XVI veka, Moskva 1984, 23. R. P. Dmitrieva, Povest’ o Petre, carevicˇe ordynskom. D. S. Lihacˇev (otv. red.), Slovar’ knizˇnikov i knizˇnosti drevnej Rusi 2.2, Leningrad 1989, 256–259.
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klaren byzantinischen Kontext hatte, wenigstens teilweise auch von einer tatarischen Politik der Moskauer Fürsten abhängen dürfte. Das Osmanische Imperium hatte schließlich auch im 15. Jahrhundert eine solche Nachfolgerschaft Roms für sich einnehmen wollen52. Außerdem wurden diese östlichen Verbindungen von den Autoren unserer Quellen nicht besonders geliebt, sondern sind entgegen den historischen Tatsachen entweder völlig beiseitegelassen oder aber in einem negativen Licht dargestellt worden. Aus diesem Grunde sind sie nicht die ersten Kulturerscheinungen, denen man in den russischen Quellen begegnet, wenn man zwischen den Zeilen liest.
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Cherniavsky, Khan or Basileus (nt. 48), 464–473, St. F. Dale, The Muslim Empires of the Ottomans, Safavids, and Mughals (New Approaches to Asian History), Cambridge 2010, 77–83.
Byzanz und „Österreich“ im 12./13. Jahrhundert: Mythos und Realität A R (Wien) I. An den Beginn der folgenden Ausführungen sei ein Zitat aus dem im Jahr 1995 im bekannten österreichischen Verlag Kremayr & Scheriau, Wien publizierten ‚Bildatlas zur Geschichte Österreichs‘ gestellt, der – wie die Impressum-Seite verrät – unter wissenschaftlicher Beratung entstanden ist (W. Bihl). Es entstammt dem über eine Doppelseite laufenden Kapitel mit dem Titel „Eia popeia […] – ein byzantinisches Wiegenlied in Wien“, das vom Wirken der Babenberger um die Mitte des 12. Jahrhunderts handelt, und ist paradigmatisch für die Mythen, die sich um das Kapitel ‚Österreich‘ und Byzanz ranken: „Aber Heinrich, gleichzeitig Herzog von Baiern, kann seiner jungen Frau Theodora in der Klosterneuburger Enge keine standesgemäße Bleibe bieten. Ihr Troß, viele byzantinische Händler und Kaufleute, läßt sich in Wien nieder. Die Stadt, verkehrsgünstig gelegen, bietet mehr Entfaltungsmöglichkeiten. ‚Der Beginn einer dauernden griechischen Kolonie in Wien ist gemacht‘ (E. J. Görlich)1, für kurze Zeit heißt die Stadt sogar Vindopolis. Die Neuankömmlinge verbreiten griechisch-oströmische Sitten. Theodora soll das griechische Wiegenlied ‚Haidu o mu paidiu‘ (Schlaf wohl, mein Kindchen), aus dem das bekannte ‚Eia, popeia‘ wurde, verbreitet haben […] viele Babenberger heiraten in der Folge griechisch-byzantinische Prinzessinnen.“ 2 1
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Dahinter verbirgt sich E. J. Görlich/F. Romanik, Geschichte Österreichs, Wien 1970, 67. Überhaupt hat Wagner das bei Görlich/Romanik auf den Seiten 66–68 abgedruckte Kapitel ‚Österreich und Byzanz‘ ausgeschrieben: „Durch die neue Herzogin wurde nun griechisch-oströmische Sitte und griechisch-oströmisches Brauchtum nach Österreich gebracht. Theodora kam mit einem Gefolge in ihre neue Heimat, mit Gardesoldaten und Hoffräulein, womit der Beginn einer dauernden griechischen Kolonie in Wien gegeben ist. Wenn es auch bloß Legende und volkstümliche Überlieferung sein mag, daß die junge Herzogin den Wienerinnen das Schlummerlied ‚Eiapopeia‘ gelehrt habe – es soll angeblich eine Verballhornung des griechischen Wiegenliedes ‚Haidu o mu paidiu‘ (Schlaf wohl, mein Kindlein) sein –, so finden wir doch andere Zeugnisse byzantinischer und darüber hinaus orientalischer Kultur in Österreich.“ W. J. Wagner, Der große Bildatlas zur Geschichte Österreichs, Wien 1995, 76. Ich danke Johannes Preiser-Kapeller, Wien, der mich als erster auf diese Publikation aufmerksam machte; cf. auch J. Preiser-Kapeller, Pilger und Prinzessinnen. Österreich, die Kreuzzüge und Byzanz im hohen Mittelalter, in: Karfunkel. Zeitschrift für erlebbare Geschichte 88 (Juni–Juli 2010), 47–54; id., Von Ostarrichi an den Bosporus. Ein Überblick zu den Beziehungen im Mittelalter, in: Pro Oriente Jahrbuch 2010 (Wien 2011), 66–77.
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Das Zitat bezieht sich auf die Eheverbindung des Babenbergers Heinrich (II. Jasomirgott, * 1107/08)3, des Herzogs von Bayern und Markgrafen von Österreich, und der Byzantinerin Theodora (* ca. 1132), einer Nichte des byzantinischen Kaisers Manuel I. Komnenos 4; die Hochzeit wurde im Zuge des Zweiten Kreuzzuges entweder im Sommer 1148 oder um die Jahreswende 1148/49 in Konstantinopel gefeiert 5, und zwar unter dem Beisein des deutschen Königs Konrad III. (Heinrichs Halbbruder) und des byzantinischen Kaisers Manuel I.6, des Weiteren „unter der Anwesenheit von Tausenden von Christen“, wie eine spätere westliche Quelle in höchstwahrscheinlich rhetorischer Übertreibung berichtet7. Der von Kaiser Manuel bevorzugte Hofdichter, der heute unter dem 3
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Zu Heinrich siehe K. Lechner, Herzog Heinrich II. Jasomirgott, in: H. Hantsch (ed.), Gestalter der Geschichte Österreichs (Studien der Wiener Katholischen Akademie 2), Innsbruck–Wien– München 1962, 35–49; M. Lindner, Heinrich II. Jasomirgott. Herzog von Österreich (1156– 1177), in: E. Holtz/W. Huschner (eds.), Deutsche Fürsten des Mittelalters, Leipzig 1995, 245– 261; W. Ziegler, König Konrad III. (1138–1152). Hof, Urkunden und Politik (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters, Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 26), Wien–Köln–Weimar 2008, 392–405 (mit weiterer Lit. 394, nt. 3058). Für Heinrich war es die zweite Ehe, er war bereits von 1142 bis zu ihrem Tod im Jahr 1143 mit Gertrud, der Tochter des deutschen Königs Lothar III. und der Witwe des bayerischen Herzogs Heinrich des Stolzen, verheiratet. Zu Theodora K. Barzos, ¿H genealogía tøn Komnhnøn, voll. I–II, Thessalonike 1984, II, 171– 189 (Nr. 131); K. J. Heilig, Ostrom und das deutsche Reich um die Mitte des 12. Jahrhunderts. Die Erhebung Österreichs zum Herzogtum 1156 und das Bündnis zwischen Byzanz und dem Westreich, in: Th. Mayer/K. J. Heilig/C. Erdmann, Kaisertum und Herzogsgewalt im Zeitalter Friedrichs I. Studien zur politischen und Verfassungsgeschichte des hohen Mittelalters (Schriften des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde [MGH] 9), Leipzig 1944, 1–271 (Exkurs: Die Verwandtschaft der Theodora im byzantinischen Kaiserhaus, 229–271); zu diesem Aufsatz H. Balcar, Konrad Josef Heilig [1907–1945] als Historiker und Publizist, voll. I–II, Diss. Wien 1968, I, 126–135); cf. auch K. J. Heilig, Byzantinische Einflüsse auf Österreich im 12. und 13. Jahrhundert, in: Reichspost, Nr. 311 (10. November 1935), 17 sq. (cf. F. Dölger, in: Byzantinische Zeitschrift 36 [1936], 222). Ein Siegel aus dem letzten Drittel des 12. Jahrhunderts mit der metrischen Legende Sfragìß Komnhnñß eu¬kleoûß Jeodåraß ist ihr mit ziemlicher Sicherheit nicht zuzuschreiben (von Chr. Stavrakos, Die byzantinischen Bleisiegel mit Familiennamen aus der Sammlung des Numismatischen Museums Athen [Mainzer Veröffentlichungen zur Byzantinistik 4], Wiesbaden 2000, 208–210 [Nr. 122] als Möglichkeit angeführt). Lechner, Herzog Heinrich II. Jasomirgott (nt. 3), 38 spricht davon, daß Theodora Heinrich als Teilnehmer des Zweiten Kreuzzuges (1147/48) kennengelernt und zwei Jahre später, nach sechsjähriger Witwerschaft, geheiratet habe. Heilig, Ostrom (nt. 4), 253 ist der Meinung, daß die Verlobung im Winter 1147/48 gefeiert und die Ehe im darauf folgenden Sommer geschlossen wurde. Der Plan zur Hochzeit bzw. die Verlobung von Heinrich und Theodora könnte in der Tat von Beginn 1148 stammen, nachdem sich der kranke deutsche König Konrad III., schwer von den Türken im phrygischen Dorylaion geschlagen, von Ephesos aus nach Konstantinopel zu Kaiser Manuel I. begeben hatte; cf. P. Magdalino, The Empire of Manuel I Komnenos, 1143–1180, Cambridge 1993, 52. Zu Konrads Aufenthalt in Konstantinopel siehe auch W. Bernhardi, in: Jahrbücher der Deutschen Geschichte (Konrad III. Zweiter Theil: 1146–1152), Leipzig 1883, 615–623, 654–656. Zur Möglichkeit der Absenz Konrads bei der Hochzeit cf. Heilig, Ostrom (nt. 4), 253, nt. 2. Continuatio Claustroneoburgensis III, a. 1182 (zum Tod der Theodora, die aber erst 1182/83 stirbt) (MGH, Scriptorum tomus IX, ed. G. H. Pertz, Hannover 1851 [Reprint Stuttgart 1983], 632 sq.): „[…] in salutem multorum milium populi christiani Dei ordinacione in maxima gloria est copulata.“
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Namen Manganeios Prodromos (bzw. anonymer Prodromos) bekannt ist 8, verfaßte zu diesem Anlaß ein Hochzeitsgedicht, das aus 96 Fünfzehnsilbern besteht. Die ersten zehn Verse sind in deutscher Übersetzung wie folgt wiederzugeben9: Deutschland, tanze, hüpfe und leuchte! Mit der allerschönsten Tochter des Sebastokrators [i.e. Theodora] vereinigt sich der hochberühmte Herzog [i.e. Heinrich] ganz glücklich, und er wird glänzender durch ihren Glanz 5 und berühmter durch ihren Ruhm. Erleuchte die Stadt, szeptertragende Sonne der Römer, bescheine, bestrahle auch dieses Brautgemach, und mit deinen hellen Strahlen und deinen (Sonnen)aufgängen beleuchte das Antlitz des neuvermählten Paares 10 und führe die Rose des Sebastokrators10 zum Haus des Bräutigams.
In den darauf folgenden Versen wird die Eheverbindung in den höchsten Tönen gelobt, allmählich geht das Gedicht in der Tradition der Kaiserpanegyrik in ein Enkomion des byzantinischen Kaisers Manuel über11.
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Cf. dazu A. Rhoby, Verschiedene Bemerkungen zur Sebastokratorissa Eirene und zu Autoren in ihrem Umfeld, in: Nea Rhome 6 (2009), 312 sq. Zu Manganeios Prodromos S. Papadimitriu, ¿O Pródromoß toû Markianoû kådikoß XI 22, in: Vizantijskij Vremennik 10 (1903), 102–163; W. Hörandner, Theodoros Prodromos und die Gedichtsammlung des Cod. Marc. XI 22, in: Jahrbuch der Österreichischen Byzantinischen Gesellschaft 16 (1967), 91–99; id., Marginalien zum ‚Manganeios Prodromos‘, in: Jahrbuch der Österreichischen Byzantinistik 24 (1975), 95–106; A. Kazhdan/S. Franklin, Studies on Byzantine Literature of the Eleventh and Twelfth Centuries, Cambridge–Paris 1984, 87–114; M. Jeffreys, ‚Rhetorical‘ texts, in: E. Jeffreys (ed.), Rhetoric in Byzantium. Papers from the Thirthy-fifth Spring Symposium of Byzantine Studies, Exeter College, University of Oxford, March 2001 (Society for the Promotion of Byzantine Studies 11), Aldershot–Burlington 2003, 87–100. C. Neumann, Griechische Geschichtsschreiber und Geschichtsquellen im zwölften Jahrhundert. Studien zu Anna Comnena, Theod. Prodromus, Joh. Cinnamus, Leipzig 1888, 65; Heilig, Ostrom (nt. 4), 245; cf. id., Ein byzantinisches Hochzeitslied auf das erste österreichische Herzogspaar, in: Sturm über Österreich, Jahrgang 4, Folge 43 (1936), 4; W. Hörandner, Pseudo-Theodoros Prodromos, Hochzeitsgedicht für Theodora und Heinrich, in: 1000 Jahre Babenberger in Österreich, Stift Lilienfeld, 15. Mai–31. Oktober 1976 (Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums N.F. 66), Wien 31976, 188; Barzos, Genealogía (nt. 4), II, 173 sq.; T. Weller, Die Heiratspolitik des deutschen Hochadels im 12. Jahrhundert (Rheinisches Archiv 149), Wien– Köln–Weimar 2004, 359 sq.; Rhoby, Verschiedene Bemerkungen (nt. 7), 313 sq.; G. Scheibelreiter, Die Babenberger. Reichsfürsten und Landesherren, Wien–Köln–Weimar 2010, 199 sq.; Gedicht Nr. 22 in der Zählung von Magdalino, Empire (nt. 5), 495: ∫Alamanía, córeue kaì skírta kaì lamprúnou· / toû gàr sebastokrátoroß tñı pagkallísthı kórhı / o™ doùx o™ megalódoxoß paneutucøß e™noûtai / kaì gínetai lapróteroß a¬pò tñß lamprotéraß / kaì megalodoxóteroß e k¬ tñß e n¬ doxotéraß· / daıdoúcei pólin, hçlie skhptoûce tøn ¿Rwmaíwn, / katálampe, katástrapte kaì tæn pastáda taúthn / kaì taîß lampraîß a¬ktîsí sou kaì taîß a¬natolaîß sou / kataúgaze tò próswpon toû neonúmfou zeúgouß / kaì toû sebastokrátoroß tò r™ódon numfagågei.
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Damit ist der Sebastokrator Andronikos, der Vater Theodoras und Bruder Manuels, gemeint. Er war bereits im Jahr 1142 verstorben, cf. Barzos, Genealogía (nt. 4), I, 357–379. Zur literarischen Darstellung Manuels cf. G. Karla, Das literarische Porträt Kaiser Manuels I. Komnenos, in: Byzantinische Zeitschrift 101 (2008), 669–679.
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II. Kehren wir nun zum einleitenden Zitat aus dem ,Bildatlas zur Geschichte Österreichs‘ zurück und beschäftigen wir uns mit den dort gemachten Behauptungen. Dort heißt es zu Beginn: „Aber Heinrich, gleichzeitig Herzog von Baiern, kann seiner jungen Frau Theodora in der Klosterneuburger Enge keine standesgemäße Bleibe bieten“; daher habe man sich in Wien niedergelassen12. Diese Aussage kann so nicht stehen bleiben: Die Verlegung der Residenz im Jahre 1156 hat vielmehr damit zu tun, daß Heinrich, der als Herzog von Bayern in Regensburg residierte, das Herzogtum Bayern aufgrund der bekannten Ausgleichspolitik Friedrich Barbarossas mit den Welfen zurückgeben mußte13. Nach dem Vorbild Regensburgs – von Heinrichs Bruder, Otto von Freising, u. a. ‚metropolis‘ genannt14, daneben gibt es auch die Bezeichnung ‚zweites Athen‘ und ‚zweites Rom‘ 15 – begann Heinrich nun Wien auszubauen und bestimmte es zu seiner Residenz16. Heinrich wollte sich nicht mehr mit der väterlichen Pfalz Klosterneuburg begnügen17, doch hat Theodora damit nur indirekt zu tun. Theodora könnte insofern Einfluß darauf gehabt haben, als das Geld für den Ausbau von ihr stammte, da man nicht weiß, über welche Mittel Heinrich sonst verfügte18. Es ist anzunehmen, daß die Ausstattung Theodoras beträchtlich war. Sie wird zwar nirgendwo in den Quellen genannt, doch gibt es eine beachtenswerte Parallele: Als der byzantinische Kaiser Manuel I. Komnenos im Jahre 1158 eine andere Nichte 12
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Dazu anzuführen ist eine interessante Rezeption in der aus dem Jahr 1976 stammenden Spielfilm-Dokumentation ,Die Babenberger in Österreich‘ (ausgestrahlt im Österreichischen Fernsehen in zwei Teilen am 26. und 28. Oktober 1976 zum Jubiläum ,1000 Jahre Babenberger‘): In einer Heinrich II. (dargestellt von K.-M. Brandauer) und Theodora (gespielt von H. Elsner) zeigenden Sequenz, in der beide auf eine von Theodora mitgebrachte Schatztruhe zugehen, ergibt sich folgender Dialog: Theodora: „Lauter byzantinische Steuergelder!“ Heinrich: „Das heben wir uns auf!“ Theodora: „Geben wir aus! Damit bauen wir Wien aus, den Dom, eine Residenz – wir ziehen nach Wien: Auf dem Land leb’ ich nicht! –, neue Straßen, Tore, ein paar Plätze, aber große […].“ F. Opll, Friedrich Barbarossa (Gestalten des Mittelalters und der Renaissance), Darmstadt 31998, 41–53; id., Die Regelung der bayerischen Frage 1156. Friedrich Barbarossa, Heinrich der Löwe und Heinrich Jasomirgott – Gestalter und Mitgestalter, in: P. Schmid/H. Wanderwitz (eds.), Die Geburt Österreichs. 850 Jahre Privilegium minus (Regensburger Kulturleben 4), Regensburg 2007, 37–75. P. Csendes, Regensburg und Wien. Babenbergerresidenzen des 12. Jahrhunderts, in: Studien zur Wiener Geschichte. Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 47/48 (1991/92), 166. Id., Heinrich Jasomirgott, Theodora und die Schotten, in: 1000 Jahre Ostarrîchi – seine christliche Vorgeschichte. Mission und Glaube im Austausch zwischen Orient und Okzident (Pro Oriente XIX), Innsbruck–Wien 1997, 155. Id., Das Werden Wiens – Die siedlungsgeschichtlichen Grundlagen, in: id./F. Opll (eds.), Wien. Geschichte einer Stadt, vol. I: Von den Anfängen bis zur Ersten Wiener Türkenbelagerung (1529), Wien–Köln–Weimar 2001, 55–94, hier 71; Csendes, Regensburg und Wien (nt. 14), passim; cf. auch K. Brunner, Herzogtümer und Marken. Vom Ungarnsturm bis ins 12. Jahrhundert (Österreichische Geschichte 907–1156), Wien 1994, 401. Csendes, Regensburg und Wien (nt. 14), 166. Ibid., 170.
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namens Theodora19 verheiratete, nämlich mit dem König von Jerusalem, Balduin III., soll er sie mit Unsummen an Gold, Schmuck, Kleidern und anderen Preziosen ausgestattet haben20. Setzen wir mit dem Zitat fort: „Ihr (d. h. Theodoras) Troß, viele byzantinische Händler und Kaufleute, läßt sich in Wien nieder.“ Weder byzantinische noch westliche Quellen verlieren ein Wort über den „Troß“ Theodoras, der sie in das Gebiet der Bamberger, wohin die Byzantinerin wahrscheinlich auf dem Seeweg über (vermutlich) Venedig/Mestre zusammen mit dem Kreuzzugsheer gelangt war 21, begleitete 22. Durch das genannte Zitat wird suggeriert, daß sich bereits durch die Ansiedlung von Theodoras Gefolge in Wien ein byzantinisch-griechisches Handelszentrum entwickelt habe. Die byzantinische Präsenz in Österreich verleitete dazu, eine Kontinuität des Griechentums in Österreich seit dem Mittelalter nachzuzeichnen. Diese Vermutung geht aber an der historischen Realität vorbei. Einerseits brechen die Kontakte zwischen Österreich und Byzanz im 13. Jahrhundert ab, und andererseits sind die Motive für die mittelalterlichen babenbergischbyzantinischen Allianzen nicht vergleichbar mit jenen Motiven, die in der Neuzeit eine griechische Kolonie in Wien reifen ließen23. Daß bei den erwähnten Hochzeiten auch handelspolitische Möglichkeiten ins Auge gefaßt wurden und vielleicht schon damals Wien als geographisch günstiger Ausgangspunkt solcher Bestrebun-
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Zur Person cf. Barzos, Genealogía (nt. 4), II, 327–346. Weller, Heiratspolitik (nt. 9), 361 und nt. 206. H. Dopsch, Die Länder und das Reich. Der Ostalpenraum im Hochmittelalter (Österreichische Geschichte 1122–1278), Wien 1999, 131 (Seeroute über Aquileia). Zu den Reiserouten von Konstantinopel nach Mitteleuropa cf. I. C. Dimitroukas, Reisen und Verkehr im Byzantinischen Reich vom Anfang des 6. Jh. bis zur Mitte des 11. Jh., I–II (Historical Monographs 18), Athen 1997; E. Kislinger, Reisen und Verkehrswege zwischen Byzanz und dem Abendland vom neunten bis in die Mitte des elften Jahrhunderts, in: E. Konstantinou, Byzanz und das Abendland im 10. und 11. Jahrhundert, Köln–Weimar–Wien 1997, 231–257; K. Belke, Roads and travel in Macedonia and Thrace in the middle and late Byzantine period, in: R. Macrides (ed.), Travel in the Byzantine World, Aldershot 2002, 73–90; allg. zu den Seerouten cf. E. Kislinger, Verkehrsrouten zur See im byzantinischen Raum, in: id./J. Koder/A. Külzer (eds.), Handelsgüter und Verkehrswege. Aspekte der Warenversorgung im östlichen Mittelmeerraum (4. bis 15. Jahrhundert) (Veröffentlichungen zur Byzanzforschung XVIII), Wien 2010, 149–174; zur Reisegeschwindigkeit cf. F. Ludwig, Untersuchungen über die Reise- und Marschgeschwindigkeit im 12. und 13. Jahrhundert, Berlin 1897, 130 sq. In Parenthese sei angeführt, daß im Totenbuch zu Klosterneuburg (A. F. Fuchs [ed.], MGH, Necrologia Germaniae, vol. V, Berlin 1913, 67) für den 28. Oktober ein „Theodosius abbas Grecus“ erwähnt wird, der vielleicht mit Theodora nach Österreich gelangt war; in Frage kommt freilich auch die „zweite“ Theodora, die mit Leopold VI. verheiratet war, cf. Heilig, Ostrom (nt. 4), 134 und nt. 1; R. Hiestand, Die Äbtissin Adelheid von Passau-Niedernburg und Kaiser Manuel I. Komnenos von Byzanz, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 102 (1994), 106. Cf. B. Seirenidou, Ellhneß sth Biénnh (18oß – mésa 19ou aiåna), Athen 2011; M. A. Stassinopoulou, Griechen in Wien, in: Wir. Zur Geschichte und Gegenwart der Zuwanderung nach Wien. 217. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 19. September bis 29. Dezember 1996, Wien 1996, 39–43.
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gen erkannt wurde24, ist zu modern gedacht und entspricht nicht den überlieferten Tatsachen. Daher ist auch die Fortsetzung des Zitats „Der Beginn einer dauernden griechischen Kolonie in Wien ist gemacht“ nichts anderes als Mythos. Mit Vorsicht zu genießen ist auch die folgende Aussage: „[…] für kurze Zeit heißt die Stadt sogar Vindopolis.“ Auch dies ist irreführend: Wir besitzen nämlich nur zwei Belege, zwei Urkunden, eine aus dem Jahr 1159, die andere aus dem Jahr 1162, die Theodora mitbeurkundete, in denen ‚Data Windopoli‘ zu lesen ist 25. Ob es sich dabei nur um eine Spielerei handelte, die auf den Urkundenschreiber zurückgeht 26, oder ob diese Unterschrift von Heinrich bewußt gesetzt wurde, ist schwer zu sagen. Bewußt gesetzt nämlich in dem Sinn, daß er damit die Verbindung zu einer Byzantinerin unterstreichen wollte – Byzanz stand ja für Bildung, Glanz und Reichtum – und damit das damals noch kleine Wien mit einer nur geringen Anzahl von Einwohnern innerhalb der Mauern27 mit dem Suffix -polis in Anlehnung an Konstantinupolis mit deutlich über 100.000 Einwohnern28, das er ja selbst kannte, größer machen wollte als es war 29. Kommen wir nun zu dem wirklich absurden Teil des Zitats: „Die Neuankömmlinge verbreiten griechisch-oströmische Sitten. Theodora soll das griechische Wiegenlied ‚Haidu o mu paidiu‘ [Schlaf wohl, mein Kindchen], aus dem das bekannte ‚Eia, popeia‘ wurde, verbreitet haben […]“. Es verwundert doch einigermaßen, daß sich ein solcher Mythos noch im Jahr 199530 in einem unter wissenschaftlicher Aufsicht entstandenen Buch abgedruckt findet, zumal ja schon ein 24 25
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F. Dölger, Wien und Neugriechenland (Wiener wissenschaftliche Vorträge und Reden 6), Brünn– München–Wien 1943, 9. Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich. Vorbereitet von O. Frh. V. Mitis, bearbeitet von H. Fichtenau u. E. Zöllner, I: Die Siegelurkunden der Babenberger bis 1215 (Publikationen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung III/1), Wien 1950, 40–42 (Nr. 28, a. 1159: Heinrich im Einverständnis mit Theodora), 49 sq. (Nr. 34, a. 1162); cf. auch Csendes, Heinrich Jasomirgott, Theodora und die Schotten (nt. 15), 157; id., Regensburg und Wien (nt. 14), 170; id., Des rîches houptstat in Osterrîch, in: Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich N.F. 53 (1987), 48 sq.; K. Lechner, Die Babenberger. Markgrafen und Herzöge von Österreich 976–1246 (Veröffentlichungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung XXIII), Wien–Köln–Weimar 61996, 152, 255. Brunner, Herzogtümer und Marken (nt. 16), 401. R. Perger, Der organisatorische und wirtschaftliche Rahmen, in: Csendes/Opll, Wien (nt. 16), 206. J. Koder, Der Lebensraum der Byzantiner. Historisch-geographischer Abriß ihres mittelalterlichen Staates im östlichen Mittelmeerraum (Byzantinische Geschichtsschreiber, Ergänzungsband 1), Graz–Wien–Köln 1984 (Reprint mit bibliographischen Nachträgen Wien 2001), 117 sq. Cf. Scheibelreiter, Babenberger (nt. 9), 210; id., Die auswärtigen kulturellen Beziehungen der Babenberger, in: Aus Österreichs Wissenschaft. Die Babenberger – und was von ihnen blieb / The Babenbergs – and what they left to us, Wien 1975, 119. Cf. auch ibid.: „Das weitverbreitete Wiegenlied: ‚Eia popeia‘ ist nichts anderes als eine wienerische Umbildung des griechischen: ‚Heude mou paidion‘, was ‚Schlafe, mein Kind‘ bedeutet und wohl in der Originalform den kleinen Babenbergern von den Ammen im Gefolge ihrer griechischen Mütter vorgesungen wurde.“; zuletzt auch id., Babenberger (nt. 9), 200: „Ob das bekannte Wiegenlied ‚Eia popeia‘ auf den Gesang griechischer Ammen (heude mou paidí, d. h. ‚Schlafe, mein Kind!‘) zurückgeht oder eher doch einfach onomatopoetisch zu erklären ist, bleibt offen.“
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ganzes Jahrhundert früher der griechische Ursprung ausgeschlossen worden war31. Zunächst ist festzuhalten, daß „Haidu o mu paidiu“ eine sinnlose Transkription aus dem Griechischen darstellt, da es nämlich „Heude o pai mou“ (eu©de w® paî mou) heißen sollte32. Allerdings ist es undenkbar, daß im gesprochenen Griechisch des 12. Jahrhunderts das altgriechische, bei Homer zigfach belegte euçdein verwendet worden wäre; viel eher wäre eine Form von koimâsjai zur Anwendung gekommen. Doch dies alles ist hier nicht zutreffend: Das Wiegenlied ist in verschiedenen Varianten im ganzen deutschen Sprachraum nachweisbar, und zwar zumindest ab dem 18. Jahrhundert33, eine griechische Wurzel ist aber auszuschließen. Auch die Aussage „Die Neuankömmlinge verbreiten griechisch-oströmische Sitten“ ist nicht zu belegen, da wir ja – wie erwähnt – nichts von Neuankömmlingen außer Theodora wissen. Daß die Eheverbindung für Bayern und Österreich den Zustrom byzantinischer Kunst und Kultur öffnete34, ist möglich, letztendlich aber nur Spekulation35.
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U. Landau, Haiderl pupaiderl. Widerlegung einer etymologischen Fabel, in: Alt-Wien. Monatsschrift für Wiener Art und Sprache, 4. Jahrgang, Nr. 6 (Juni 1895), 94–95; F. U. Bacciocco, Eija popeija. Das älteste deutsche Wiegenlied!, in: ibid., Nr. 7 (Juli 1895), 105–107. Cf. etwa auch P. K. Enepekides, Byzantinische Prinzessinen (sic) im Hause der Babenberger und die byzantinischen Einflüsse in den österreichischen Ländern des 12. und 13. Jahrhunderts. Ein Versuch zur ersten Monographie, in: Pepragmena tou th’ Diethnous Byzantinologikou Synedriou (Thessalonike, 12–19 Apriliou 1953), II, Athen 1956, 371: „Das bekannte Wiegenlied, Heidi popeia, das nach der Überlieferung aus dem griechischen eu©de paî mou herkommt, scheint mir eine spätere Legende zu sein.“; id., Neue Quellen und Forschungen zur Geschichte und Kultur der Griechen in der österreichischen Monarchie, in: J. Irmscher (ed.), Probleme der neugriechischen Literatur, II (Berliner Byzantinistische Arbeiten 15), Berlin 1960, 198. Wagner hat hier Görlich/Romanik, Geschichte Österreichs (nt. 1), 67 eins zu eins übernommen, cf. nt. 2. Bacciocco, Eija popeija (nt. 31); K. M. Klier, ‚Eia popeia‘ – ein griechisches Lied?, in: Das deutsche Volkslied. Zeitschrift für seine Kenntnis und Pflege 37 (1935), 4–7; O. Kampmüller, Oberösterreichische Wiegenlieder, in: Oberösterreichische Heimatblätter 30 (1976), 185; Barzos, Genealogía (nt. 4), II, 180 sq.; Preiser-Kapeller, Pilger und Prinzessinnen (nt. 2), 49. Cf. S. Grüner/R. Sedlaczek, Lexikon der Sprachirrtümer Österreichs, Wien–Frankfurt an Main 22003, 94 sq. So Dopsch, Die Länder und das Reich (nt. 21), 132; cf. auch Lechner, Babenberger (nt. 25), 254 sq.; K. J. Heilig, Mittelalterliche Bibliotheksgeschichte als Geistesgeschichte, in: Zeitschrift für deutsche Geistesgeschichte 1 (1935), 17 sq. Ging man früher davon aus, daß die ca. aus dem dritten Viertel des 12. Jahrhunderts stammende Darstellung des Katz-Mäuse-Krieges in der Johannes-Kapelle von Pürgg (Steiermark) auf byzantinischen Einfluß (d. h. auf die satirische Katomyomachia des Theodoros Prodromos) und somit auf Theodora zurückzuführen sei, wurde dies von H. Hunger, Der byzantinische Katz-MäuseKrieg. Theodoros Prodromos, Katomyomachia. Einleitung, Text und Übersetzung (Byzantina Vindobonensia III), Graz–Wien–Köln 1968, 66–70 abgelehnt. Die Möglichkeit eines indirekten byzantinischen Einflußes über den Umweg Italien wurde unlängst von E. Kislinger, Byzantine Cats, in: I. Anagnostakis/T. G. Kolias/E. Papadopoulou (eds.), Animals and Environment in Byzantium (7th–12th c.) (National Hellenic Research Foundation, Institute for Byzantine Research, International Symposium 21), Athen 2011, 165–178 ins Spiel gebracht.
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Kommen wir nun zur letzten Feststellung in dem oben genannten Zitat: „[…] viele Babenberger heiraten in der Folge griechisch-byzantinische Prinzessinnen.“ Auch diese Aussage ist viel zu vage und wird den historischen Tatsachen nicht gerecht. Es gibt nämlich nur eine weitere gesicherte Byzantinerin, also keineswegs viele „griechisch-byzantinische Prinzessinnen“, die nach Theodora nach Österreich heirateten. Es handelt sich dabei um eine weitere Theodora, die im Jahre 1203 mit dem Herzog von Österreich, Leopold VI.36, dem Enkelsohn Heinrichs II. und der „ersten“ Theodora, verheiratet wurde37. Die Hochzeit fand in Wien statt, vermutlich im Herbst des Jahres 1203, und gefeiert wurde sie – so berichten die Klosterannalen von Admont und Klosterneuburg – auf prunkvolle Weise unter der Anwesenheit vieler Fürsten38. Daß Walther von der Vogelweide das Hochzeitslied gesungen habe, wie bei K. J. Heilig zu lesen ist 39, ist natürlich ebenfalls ein Legende, rührt aber daher, daß für Herbst 1203 die Anwesenheit Walthers in Wien und Umgebung belegt ist, was man wieder auf das Hochzeitsdatum ummünzte40. Theodora wird in den Quellen stets als neptis oder nepta eines regis Graecorum bezeichnet, was mit ziemlicher Sicherheit als Enkelin des byzantinischen Kaisers zu deuten ist, da auch der Zusatz ex filia überliefert ist41. Da der rex Graecorum in keiner Quelle namentlich genannt wird, wird Theodora bis heute in der Sekundärliteratur einmal als Enkelin Isaak II. Angelos, das andere Mal als Enkelin des Alexios III. Angelos bezeichnet42. In Parenthese seien die byzantini36 37
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Zur Person F. Eheim, Herzog Leopold VI. (1175?–1230), in: Hantsch, Gestalter (nt. 3), 51–63; F. Meytsky, Der Politische Horizont des Babenbergers Leopold VI., Diss., Wien 2009. Zu dieser Theodora ausführlich A. Rhoby, Wer war die ‚zweite‘ Theodora von Österreich?, in: W. Hörandner/J. Koder/M. Stassinopoulou (eds.), Wiener Byzantinistik und Neogräzistik. Beiträge zum Symposion ‚Vierzig Jahre Institut für Byzantinistik und Neogräzistik der Universität Wien im Gedenken an Herbert Hunger‘, Wien, 4.–7. Dezember 2002 (Byzantina et Neograeca Vindobonensia XXIV), Wien 2004, 387–396. Continuatio Admuntensis, a. 1203 (MGH, Scriptorum, vol. IX [nt. 7], 590): „[…] aput Wien magnifice nuptias celebravit“; Continuatio Claustroneoburgensis II, a. 1202 (sic) (ibid., 620): „[…] nuptias Wienne multis principibus ibidem convenientibus pomposissime celebravit“; cf. auch Rhoby, ‚Zweite‘ Theodora (nt. 37), 391; K. Brunner, Vielfalt und Wende – Kultur und Gesellschaft im Hochmittelalter, in: Dopsch, Die Länder und das Reich (nt. 21), 113. Heilig, Ostrom (nt. 4), 142 sq., nt. 3, 245. Cf. A. Höfer, Die Reiserechnungen des Bischofs Wolfger von Passau, in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 17 (1893), 545–547; Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich, IV/2: Ergänzende Quellen 1195–1287. Bearbeitet von O. Frh. v. Mitis, H. Dienst u. Chr. Lackner (Publikationen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung III), Wien–München 1997, 3; Scheibelreiter, Babenberger (nt. 9), 278 sq. Zur Datierung der Hochzeit cf. auch K. Lohrmann/F. Opll, Regesten zur Frühgeschichte von Wien (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte 10), Wien–München 1981, 84 (Nr. 279); Rhoby, ‚Zweite‘ Theodora (nt. 37), 395. Mit der Hochzeit in Wien in Zusammenhang zu bringen ist vielleicht auch die Anwesenheit des Bischofs von Beirut, der im April 1204 in Klosterneuburg als Zeuge einer Urkunde Herzog Leopolds VI. begegnet, cf. Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger, I (nt. 25), 186 sq. (Nr. 144); Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich, IV/2, 3. Rhoby, ‚Zweite‘ Theodora (nt. 37), 390 sq. Cf. die Stellenangaben ibid., 389 sq. Erstaunlich sind die unterschiedlichen Identifizierungen der Theodora in der Reihe ‚Österreichische Geschichte‘. An einer Stelle bezeichnet sie K. Brunner
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schen Verhältnisse im Jahr 1203 kurz angesprochen: Von 1195 bis 1203 regierte Alexios III.; sein Bruder Isaak II., der schon von 1185 bis 1195 byzantinischer Kaiser gewesen war, restituierte im Juli 1203 seine Herrschaft43. In einem vor einigen Jahren publizierten Beitrag konnte der hiesige Verfasser feststellen, daß Theodora eine Enkelin des Alexios III. war44. Zwei Hauptgründe sind hierfür zu nennen: Eine Enkelin Alexios’ III. namens Theodora wird auch in byzantinischen Quellen erwähnt. Alexios III. verwendete sie mehrfach als politisches Pfand, nämlich insofern, als er sie aus taktischen Gründen bereits zweimal verheiratet hatte45. Außerdem kann die Einfädelung der Heirat der Enkelin des Alexios als bewußtes Gegenprojekt zur Hochzeit der Eirene46, der Tochter des Widersachers und Bruders Isaak II., mit dem zukünftigen deutschen König Philipp von Schwaben im Jahr 1197 47 interpretiert werden. Durch die Eroberung Konstantinopels durch die Kreuzritter im Jahr 1204 wurde allerdings die politische Bedeutung der Ehe zwischen Leopold VI. und Theodora gemindert48. In der Literatur 49 ist noch von einer dritten „Byzantinerin“ die Rede, die nach Österreich verheiratet wurde. Tatsache ist, daß der später mit dem Beinamen „der Streitbare“ versehene Babenberger Friedrich II., der drittgeborene und somit jüngste Sohn Leopolds VI. und der ‚zweiten‘ Theodora, von 1226 bis 1229 mit
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(Herzogtümer und Marken [nt. 16], 486, nt. 100) als „Enkelin des Isaak Angelos“, an der anderen Stelle (Vielfalt und Wende [nt. 38], 113) ist sie „Enkelin des byzantinischen Kaisers Alexios III. Angelos“. Im selben Buch ist Theodora für H. Dopsch (Die Länder und das Reich [nt. 21], 170) eine „Enkelin des Kaisers Isaak II. Angelos“. Auch in der unlängst erschienenen Monographie von K. Brunner, Leopold der Heilige. Ein Portrait aus dem Frühling des Mittelalters, Wien– Köln–Weimar 2009, herrscht ein beträchtliches Durcheinander. Auf S. 34 lesen wir von Theodora, der Ehefrau Leopolds VI. Im Index (S. 246) ist diese als „Theodora Komnena, F[rau] Hg. Heinrichs II.“ verzeichnet; in der Zeittafel (S. 237) erfahren wir zum Jahr 1203: „Hochzeit Leopolds VI. mit Theodora Angeloi“. Cf. C. M. Brand, Byzantium confronts the West 1180–1204, Cambridge, Mass., 1968; M. Angold, The Byzantine Empire, 1025–1204. A political history, London–New York 21997, 295–328; P. Magdalino, The empire of the Komnenoi (1118–1204), in: J. Shepard (ed.), The Cambridge History of the Byzantine Empire. 500–1492, Cambridge 2008, 646–663. Rhoby, ‚Zweite‘ Theodora (nt. 37), 391–395. Für Isaak II. trat zuletzt ein Scheibelreiter, Babenberger (nt. 9), 278. Ibid., 392 sq., 396. M. M. Rückert, Irene-Maria, Gemahlin Philipps von Schwaben, und ihre Kinder, in: Frauen der Staufer, Göppingen 2006, 74–89. Cf. P. Csendes, Philipp von Schwaben. Ein Staufer im Kampf um die Macht (Gestalten des Mittelalters und der Neuzeit), Darmstadt 2003, 27–38; cf. auch id., Aspekte der Biographie Philipps von Schwaben, in: A. Rzihacek/R. Spreitzer (eds.), Philipp von Schwaben. Beiträge der internationalen Tagung anläßlich seines 800. Todestages, Wien, 29. bis 30. Mai 2008 (Forschungen zur Geschichte des Mittelalters 19), Wien 2010, 73–84; Weller, Heiratspolitik (nt. 9), 155–167; R. Hiestand, Die erste Ehe Isaaks II. Angelos und seine Kinder, in: Jahrbuch der Österreichischen Byzantinistik 47 (1997), 199–208. E. Zöllner, Geschichte Österreichs. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Wien–München 81990, 73. E. g. G. Juritsch, Geschichte der Babenberger und ihrer Länder, Innsbruck 1894, 496; Lechner, Babenberger (nt. 25), 213, 276; Barzos, Genealogía (nt. 4), II 179 etc.
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einer Frau verheiratet war, die er laut den Quellen50 auf Geheiß seines Vaters Leopold VI. – vermutlich weil die Ehe kinderlos geblieben war – verstieß51. Ihr Name wird in den Quellen nicht genannt und das vielleicht auch mit Absicht. Trotzdem hält sich in der Literatur bis heute das hartnäckige Gerücht, sie habe Sophia geheißen52. Selbst im ,Oxford Dictionary of Byzantium‘ aus dem Jahre 1991 lesen wir unter dem Lemma ‚Austria‘ (R. B. Hitchner, I, 233 sq.), daß Friedrich II. die Byzantinerin Sophia geheiratet habe. Dabei weiß die Forschung schon längst, daß der Name Sophia auf eine von Chrysostomus Hanthaler um die Mitte des 18. Jahrhunderts erstellte Fälschung zurückgeht53. Der Name Sophia fand auch Eingang in das von Georg Zappert Mitte des 19. Jahrhunderts gefälschte Geschenksverzeichnis (‚Liber dativus‘) des Wiener Schottenklosters; demnach habe Herzogin Sophia dem Kloster ein mit Edelsteinen geschmücktes goldenes Kreuz und eine wertvolle Kasel vermacht 54. War diese anonyme Ehefrau Friedrichs überhaupt eine Byzantinerin? In den Quellen wird sie eher als „Schwester der ungarischen Königin“ bezeichnet 55. In einer Quelle, der fast zeitgenössischen, kompilierten (Welt)chronik des Aubri (Alberich) von Trois-Fontaines (‚Chronica Albrici Monachi Trium Fontium‘)56, er50
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Continuatio Praedicatorum Vindobonensium, a. 1229 (MGH, Scriptorum tomus IX [nt. 7], 726): „Dux Fridericus Austrie repudiavit uxorem suam neptem regis Ungarie consentiente patre suo Leopoldo, et postea duxit filiam ducis Merannie“; Continuatio Scotorum, a. 1230 (sic!) (ibid., 626 d. h. 637): „Idem dux Fridericus duxit uxorem filiam ducis Merannie post repudiacionem sororis regine Ungarie“; Continuatio Sancrucensis prima (d. h. Continuatio Claustroneoburgensis tertia), a. 1229 (ibid., 627 d. h. 636): „Fridericus filius ducis Austrie neptem regine Ungarie repudiavit, que copulata ei erat in coniugio.“ Cf. Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich, IV/2 (nt. 40), 187 sq. Friedrich heiratete daraufhin Agnes, die Tochter Herzog Ottos VII. von Meranien. Zuletzt e. g. E. Giarenes, H sugkróthsh kai h edraíwsh thß autokratoríaß thß Níkaiaß. O autokrátoraß Jeódwroß A´Komnhnóß Láskariß (Ethniko Idryma Ereunon, Instituto Byzantinon Spudon, Monographies 12), Athen 2008, 162; P. Csendes, Wien, Byzanz und die islamische Welt, in: G. Heiss/K. P. Lissmann (eds.), Das Millennium. Essays zu tausend Jahren Österreich, Wien 1996, 42; cf. auch Scheibelreiter, Babenberger (nt. 9), 299: „Daß sie Sophia geheißen habe, ist eine Spekulation, die aber nicht unwahrscheinlich ist.“ Zöllner, Geschichte Österreichs (nt. 48), 76 bemerkt immerhin, daß der Name Sophie (!) nur unzuverläßig überliefert sei. A. Ficker, Herzog Friedrich II. der letzte Babenberger, Innsbruck 1884, 166, nt. 1 (cf. aber 8, 168); M. Tangl, Die Fälschungen Chrysostomus Hanthalers, in: Mittheilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 19 (1898), 1–54, hier 24–26; cf. auch Heilig, Ostrom (nt. 4), 222, nt. 1; Rhoby, ,Zweite‘ Theodora (nt. 37), 388; zu einer möglichen Anregung der Fälschung cf. Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich, IV/2 (nt. 40), 187. Ein Detail am Rande: Sophia hieß auch die Tochter des ungarischen Königs Bela I. (1060/61–1063). Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich, IV/2 (nt. 40), 142 (Nr. 1102); cf. auch Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich. Vorbereitet von O. Frh. v. Mitis. Bearbeitet von H. Fichtenau u. E. Zöllner, IV/1: Ergänzende Quellen 976–1194 (Publikationen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung III), Wien 1968, 192 sq. (Nr. 869). Cf. H. Fichtenau, Die Fälschungen Georg Zapperts, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 78 (1970), 444–467, hier 454 sqq. Annales Sancti Rudberti Salisburgenses, a. 1226 (MGH, Scriptorum tomus IX [nt. 7], 783): „ Junior filius ducis duxit uxorem sororem regine Ungarie“; cf. auch die nt. 50 zitierten Quellen. Cf. M. Schmidt-Chazan, Aubri de Trois-Fontaines, un historien entre la France et l’Empire, in: Annales de l’Est, 5e série, 36 (1984), 163–192.
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folgt der Hinweis darauf, daß sie eine Tochter des byzantinischen Kaisers (im Exil in Nikaia) Theodoros I. Laskaris gewesen sei; insgesamt erwähnt Aubri vier Töchter 57. Die byzantinische Hauptquelle dieser Zeit, der sonst gut informierte Historiker Georgios Akropolites, kennt jedoch nur drei Töchter des Laskariden und seiner ersten Frau Anna; eine mit dem dux Austrie verheiratete Tochter ist bei ihm nicht genannt 58. Auf welche Quelle Aubris Feststellung von den vier Töchtern des Theodoros und der nach Österreich verheirateten Tochter zurückgeht, kann nicht bestimmt werden. War es eine sonst nicht bekannte, vielleicht sogar illegitime Tochter des Theodoros, die seine Tochter Maria zu Bela IV. noch Ungarn begleitet hatte? Tatsächlich weilten Bela IV. und seine byzantinische Gattin 1224 am Babenberger-Hof zu Wien, weil es zu einem Zerwürfnis zwischen Bela und seinem Vater Andreas gekommen war. Andreas wollte die Ehe zwischen Bela und Maria, die er selbst auf der Rückreise vom Fünften Kreuzzug (1217/18) nach Ungarn gebracht hatte59, wieder auflösen, vielleicht deshalb, weil ihm eine Tochter des Herrschers von Nikaia nicht würdig genug erschien60. K. J. Heilig bemerkte zur Frau Friedrichs II. – jedoch ohne näher darauf einzugehen – folgendes:
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Chronica Albrici Monachi trium fontium, a. 1221 (sic) (MGH, Scriptorum tomus XXIII, ed. G. H. Pertz, Hannover 1874, 911): „Praedictus siquidem Lascarus plures habuit filias de prima uxore, Andronici filia, quarum unam habuit iste catholicorum devastator Vastachius, aliam duxit dux Austrie [Pertz ergänzte in der Anmerkung zur Stelle: Sophiam uxorem Friderici II. ducis Austriae], tertiam rex Bela, regis Andree filius primogenitus, quartam Anselmus de Kiev, de Pontivo natus.“ Die erste Frau (prima uxor) des Theodoros I. Lasakris namens Anna (Angelina) ist nicht die Tochter des Andronikos (Andronici filia), sondern des Alexios III. Angelos (cf. Giarenes, Sugkróthsh [nt. 52], 49). Hinter dem catholicorum devastator Vastachius verbirgt sich Ioannes Dukas Batatzes, der spätere Kaiser, der Eirene, die älteste Tochter des Theodoros und der Anna, heiratete; für Eirene war es die zweite Ehe (ibid. 38, [fehlerhaft] 52; R. Macrides, George Akropolites. The History. Introduction, translation and commentary [Oxford Studies in Byzantium], Oxford 2008, 149 sq.). Der rex Bela, ab 1214 rex iunior (cf. Th. v. Bogyay, Bela IV., in: Lexikon des Mittelalters I [1980], 1833 sq.), ist der Sohn des ungarischen Königs Andreas II.; er heiratete die zweitgeborene Tochter des Theodoros und der Anna, Maria (Giarenes, Sugkróthsh [nt. 52], 52). Mit Anselmus de Kiev ist schließlich der Kreuzritter Anseau de Cahieu gemeint, der die jüngste Tochter des Theodoros und der Anna, Eudokia, heiratete (ibid., 53; zur problematischen Prosopographie Macrides, George Akropolites, 177 sq.). Georgii Acropolitae opera rec. A. Heisenberg. Editionem anni MCMIII correctiorem curavit P. Wirth, Stuttgart 1978, I, 10, 19–21: „u™pñrcon gàr au¬tøı jugátria tría. w© n h™ mèn pråth Ei¬ränh, h™ dè deutéra María, h™ dè tríth Eu¬dokía katwnomázonto.“ 26, 11–13: „ou©toß gàr e k¬ tñß au¬toû gametñß ºAnnhß, w™ ß e f ¢ hn, treîß e p ¬ oiäsato jugatéraß, Ei¬ränhn, Marían kaì Eu¬dokían.“ Das gleiche berichtet auch Georgios Pachymeres am Beginn des 14. Jahrhunderts: Georges Pachymérès. Relations historiques II. Livres IV–VI. Édition et notes par A. Failler, traduction française par V. Laurent (Corpus Fontium Historiae Byzantinae XXIV/2), Paris 1984, 411, 26 sqq. Z. J. Kosztolnyik, Hungary in the Thirteenth Century (East European Monographs CDXXXIX), New York 1996, 67 sq., 86. Ibid., 86 sq.; Dopsch, Die Länder und das Reich (nt. 21), 184; cf. Auch Lechner, Babenberger (nt. 25), 213, 214.
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„Die erste, später geschiedene Frau Herzog Friedrichs II. […] war eine Tochter der Philippa, der zweiten Frau des Kaisers Theodor Laskaris, aus anderer Ehe und stammte aus dem Geschlecht der armenischen Rubeniden. Ich kann hier den umständlichen Beweis, zu dem arabische und armenische Quellen beigezogen wurden, nicht führen.“61
Was hier Heilig ohne Angaben von Quellen behauptet, kann nicht verifiziert werden62. Dem byzantinischen Historiker Akropolites zufolge nahm sich Theodoros Laskaris nach dem Tod Annas tatsächlich eine Armenierin zur Frau63. Nach armenischen Quellen (Chronist Smbat Sparapet)64 hieß sie Philippa und war wahrscheinlich die Nichte (Smbat Sparabet) des armenischen Königs Leon65; Akropolites berichtet, daß Theodoros und Philippa einen gemeinsamen Sohn hatten, der zum Zeitpunkt des Todes des Kaisers (1221) im achten Lebensjahr stand66. Darüber, daß Philippa eine später an Friedrich II. verheiratete Tochter „aus anderer Ehe“ mitgebracht habe, berichten weder byzantinische noch armenische Quellen67. Die Angaben bei Smbat Sparapet lassen vielmehr den Schluß zu, daß keine der Verbindungen der Philippa vor Theodoros Laskaris vollzogen wurden, was bedeutet, daß daraus kein legitimes Kind entstehen konnte68. Kann man es überhaupt für bare Münze nehmen, daß die Ehefrau des Babenbergers Friedrich eine Schwester der ungarischen Königin Maria war? Immerhin wird sie in der ‚Continuatio Sancrucensis prima‘ als „neptem regine Ungarie“ bezeichnet 69. In der ‚Continuatio Praedicatorum Vindobonensium‘ wird sie sogar „neptem regis Ungarie“ genannt70, wodurch ein Bezug zum ungarischen König, 61 62
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Heilig, Ostrom (nt. 4), 222, nt. 1. An Heiligs Theorie, so auch noch bei Rhoby, ‚Zweite‘ Theodora (nt. 37), 388 und (davon abhängig) J. Koder, Vienna and Byzantium – Past, Present, Future Perspectives, in: H. Kröll (ed.), Austrian-Greek Encounters over the Centuries. History, Diplomacy, Politics, Arts, Economics, Innsbruck–Wien–Bozen 2007, 107–115, hier 107 kann somit nicht mehr festgehalten werden. Georgii Acropolitae (nt. 58), I, 26, 23sq.: „[…] h¬gágeto dè e x¬ ∫Armeníwn gunaîka o™ basileúß“ Cf. A. Heisenberg, Zu den armenisch-byzantinischen Beziehungen am Anfang des 13. Jahrhunderts, in: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, philosoph.-philolog. u. histor. Klasse, Jahrgang 1929, 6, 3–20 (d. h. id., Quellen und Studien zur spätbyzantinischen Geschichte. Gesammelte Arbeiten ausgewählt von H.-G. Beck [Variorum Reprints], London 1973, III). Zu dessen Nachrichten über Byzanz cf. C. M. Bartikian, Tò Buzántion ei¬ß tàß a¬rmenikàß phgáß (Byzantina keimena kai meletai 18), Thessalonike 1981, 123–126. La chronique attribuée au connétable Smbat. Introduction, traduction et notes par G. Dédéyan (Documents relatifs à l’histoire des croisades XIII), Paris 1980, 92. Englische Übersetzung: http://rbedrosian.com/cssint.htm Georgii Acropolitae (nt. 58), I, 30, 15–17: „[…] e k¬ dè tñß e x¬ ∫Armeníwn w™rmhménhß eÇn paidíon a¢rren pepoíhken, oçper o¬ktaetèß h®n, h™níka o™ basileùß kaì patær au¬toû e t¬ ejnäkei.“ Cf. Macrides, George Akropolites (nt. 57), 158 sq. Cf. W. H. Rüdt-Collenberg, The Rupenides, Hethumides and Lusignans. The Structure of the Armeno-Cilician Dynasties (Calouste Gulbenkian Foundation Armenian Library), Paris 1963, Stammtafeln nach 32, 48. Cf. Preiser-Kapeller, Von Ostarrichi an den Bosporus (nt. 2), 75. Cf. nt. 50. Cf. nt. 50.
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nicht zur Königin vorliegt. Auch ist in diesen beiden Quellen nicht von einer soror (Schwester) die Rede, sondern von einer neptis, was nicht nur „Enkelin“ (s. o. S. 596), sondern auch „Nichte“ bedeuten kann71. Wurde den Babenbergern vielleicht eine Frau übergeben, von der die Ungarn behaupteten, daß sie mit Maria verwandt sei? Geschah dies im Zusammenhang mit dem Friedensschluß zwischen Leopold VI. und dem ungarischen König Andreas II. im Juni 122572 ? Das Ganze läßt sich – zumindest gegenwärtig – nicht klären. Daher: Ob die Ehefrau des Babenbergers Friedrich überhaupt eine „Byzantinerin“ war, bleibt mehr als fraglich73; aus der Literatur zu tilgen ist jedenfalls ihr Phantomname Sophia. III. Soweit zu den Aussagen in dem am Beginn dargebotenen Zitat aus dem ‚Bildatlas zur Geschichte Österreichs‘. Kaum eine der dort angeführten Behauptungen konnte einer wissenschaftlichen Überprüfung standhalten. Was ist nun in den Quellen zu den babenbergisch-byzantinischen Kontakten des 12./13. Jahrhunderts zu erfahren? Es ist wenig überraschend, daß die Quellenbelege für die erste Theodora am ausführlichsten sind. Sie begegnet nicht nur in westlichen Quellen, sondern auch in byzantinischen, so zunächst in dem oben (S. 591) zitierten Hochzeitsgedicht aus der Feder des Hofdichters Manganeios Prodromos. Sie wird aber auch noch in zumindest drei weiteren Gedichten des Manganeios Prodromos erwähnt, die nach dem Hochzeitsgedicht von 1148/49 zu datieren sind 74. War das Hochzeitsgedicht noch voll des Lobes für das Hochzeitspaar, so auch für Heinrich II. Jaso-
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Cf. Rhoby, ‚Zweite‘ Theodora (nt. 37), 391. Dazu Dopsch, Die Länder und das Reich (nt. 21), 184; Lechner, Babenberger (nt. 25), 214 sq.; Juritsch, Geschichte der Babenberger (nt. 49), 496. Barzos, Genealogía (nt. 4), II, 181, nt. 46 berichtet von einem Brief des ungarischen Gelehrten Gyula Moravcsik, in dem dieser behauptet, daß die von Friedrich verstoßene Sophia Laskarina (!) nach Esztergom zu ihrer Schwester Maria geflohen sei. In Parenthese sei auf ein Detail hingewiesen, das sowohl (Klein)armenien als auch Ungarn ins Spiel bringt. Auf der Rückreise vom Heiligen Land im Zuge des Fünften Kreuzzuges gelangte der ungarische König Andreas II. auch zum armenischen König Leon III. Dabei wurde eine Heirat zwischen Andreas’ jüngstem Sohn, der ebenfalls Andreas hieß, und (der späteren Königin) Zabel, der Tochter des Leon, vereinbart, die jedoch nach dem Tod des Leon nicht zustande kam; cf. La chronique attribuée au connétable Smbat (nt. 65), 91–93; J. Schmitt, Die Balkanpolitik der Arpaden in den Jahren 1180–1241, in: Ungarn-Jahrbuch. Zeitschrift für die Kunde Ungarns und verwandte Gebiete 17 (1989), 42 sqq. Für diese Gedichte, cf. Magdalino, Empire (nt. 5), 496 (Nr. 41, a. 1149/50), 497 (Nr. 55, a. 1149/50; Nr. 55, a. 1150); von Gedicht Nr. 41 ist bislang am wenigsten ediert (vier Verse bei [E. Miller], Recueil des historiens des croisades. Historiens grecs, vol. II, Paris 1881 [Reprint Westmead 1967] 572B, fünf Verse bei Papadimitriou, Pródromoß [nt. 8], 128; zu diesem Gedicht auch Magdalino, Empire [nt. 5], 209 und nt. 71). Eine Gesamtedition aller Gedichte des Manganeios Prodromos durch E. and M. Jeffreys befindet sich seit langem in Vorbereitung; cf. auch Rhoby, Verschiedene Bemerkungen (nt. 7), 317–319.
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Andreas Rhoby
mirgott, der unter anderem als doùx o™ megalódoxoß (hochgepriesener Herzog [von Bayern]) bezeichnete wurde75, so zeichnen die anderen Gedichte ein ganz anderes Bild. Das erste Gedicht, wahrscheinlich aus dem Jahr 1149/5076, ist ohne Titel überliefert, richtet sich aber an die Sebastokratorissa Eirene77, die Mutter Theodoras. Theodora wird zwar nicht namentlich erwähnt, doch erkennt man an den die Gefühle der Sebastokratorissa ausdrückenden Klagen des Dichters, daß es sich nur um die in den Westen verheiratete Tochter handeln kann78: 77 O mir hyazinthenähnliches Veilchen des Sebastokrators [i.e. Theodora], o mir erlesene Rose der berühmten Rosenhecke [i.e. Eirene].
Einige Verse davor bringt Manganeios Prodromos sein Leid über Theodora in der Fremde zum Ausdruck79: Wer wird die klagende Stimme der Nachtigall hören, und wer wird jenen Spatz, den fremden, den umherirrenden, der bitter wehklagt, ein wenig trösten, 70 den unglücklichen, den vom Haus vertriebenen, den ganz verwaisten, den allein gelassenen, den von euch (i.e. von Eirene) entfernten?
Beruht diese Darstellung der in der Fremde unglücklich alleine gelassenen, ganz verwaisten80 Tochter auf Berichten, die Theodora ihrer Mutter in Konstantinopel zukommen ließ81, oder sind es die sorgvollen mütterlichen Gedanken der Sebastokratorissa Eirene, die Manganeios Prodromos hier zum Ausdruck bringt? Wenig später vergleicht der Dichter die Sebastokratorissa mit Hekabe, der Frau des trojanischen Königs Priamos, die alle ihre Kinder verlor82:
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Cf. nt. 9. Magdalino, Empire (nt. 5), 496 (Nr. 41). Zur Person cf. Barzos, Genealogía (nt. 4), I, 357–379 (Nr. 76); E. Jeffreys/M. Jeffreys, Who was Eirene the Sevastokratorissa?, in: Byzantion 64 (1994), 40–68; Rhoby, Verschiedene Bemerkungen (nt. 7), 306–321. Codex Marcianus Graecus XI 22 (s. XIII), fol. 44v: „w¢ moi sebastokrátoroß u™akinjízon i o¢ n / w¢ moi kleinñß r™odwniâß e x¬ hırhménon r™ódon.“ Ibid.: „tíß e p¬ akoúsetai fwnñß jrhnoúshß a¬hdónoß / kaì tíß ek¬ eínhn tæn stroujòn tæn xénhn tæn planñtin / pikròn a¬pololúzousan mikròn parhgoräsei / tæn a¬tucñ tæn a¢poikon tæn pantwrfanisménhn / tæn monwjeîsan ex¬ u™møn tæn a¬pomakrunjeîsan.“
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Hinweis darauf, daß Theodora nun auch ihrer Mutter entbehrt, nachdem ihr Vater schon im Jahr 1142 verstorben war (cf. nt. 10). Zu den Motiven in aus dem Exil gesandten byzantinischen Briefen cf. M. Mullett, Originality in the Byzantine Letter: The Case of Exile, in: A. R. Littlewood, Originality in Byzantine Literature, Art and Music, Oxford 1995, 39–58 (d. h. M. Mullett, Letters, Literacy and Literature in Byzantium [Variorum Collected Studies Seris CS889], Aldershot–Burlington 2007, IV). Codex Marcianus Graecus XI, 22 (s. XIII), fol. 44v: „a¬xía pántwß o¬durmoû kaì páshß tragwıdíaß / w™ ß e x¬ ¿Ekábhß tñß e m¬ ñß despoínhß e™lkoménh / ou¬k ei¬ß fagæn a¬ll∫ ei¬ß polloùß kaì suneceîß janátouß.“
Byzanz und „Österreich“ im 12./13. Jahrhundert: Mythos und Realität
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85 Sie [i.e. Theodora] ist gänzlich der Klage und des ganzen Tragödiengesangs [ würdig, die wie der Hekabe meiner Herrin entzogen wurde, nicht zur Schlachtung, aber zum langen und andauernden Tod.
Vers 87 bezieht sich auf den Mythos der Kassandra83, der Tochter der Hekabe, die nach dem trojanischen Krieg von Agamemnon nach Mykene entführt und dort von Klytämnestra ermordet wurde. Theodoras Aufenthalt in Österreich wird als lang andauernder Tod – im Griechischen wird sogar der Plural („janátouß“) verwendet – gedeutet. Das nächste, wahrscheinlich ebenfalls um 1149/50 84 zu datierende Gedicht ist eine an die Sebastokratorissa Eirene gerichtete ‚Klagerede‘, als ihr jüngster, damals vielleicht 14 bis 15 Jahre alter Sohn Alexios85 auf Befehl des Kaisers Manuel I. ins Feldlager geschickt wurde86. In den Eirene von Manganeios Prodromos in den Mund gelegten Worten bedauert diese mit Nachdruck und noch heftiger als im vorangegangenen Gedicht den Verlust ihrer Kinder, besonders der Theodora87: Ich bin eine neue Hekabe geworden, da ich meiner Kinder beraubt bin. Ich habe das unglückliche Kind als zweite Polyxene gesehen, die mit Gewalt aus meiner Umarmung gerissen und mit Charon vermählt wurde – o welch ein Frevel gegen die Gesetze, 115 welch ungeziemende Verbindung, welche falsche Ehe! Wann hat je eine solche Mischung von Gegensätzen stattgefunden? Wann hat eine Jungfrau mit einem fleischfressenden wilden Tier [ zusammengehaust? Wann hat sich je ein so sanftes Mädchen mit einem Drachen vereinigt? Wann wurde ein sehr furchtsames Kalb mit einem wilden Eber verbunden?
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Die Gleichsetzung mit Theodora erfolgt in Vers 84, wo diese als „neue Kassandra“ („néa Kasándra“) bezeichnet wird.
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Magdalino, Empire (nt. 5), 497 (Nr. 47); Barzos, Genealogía (nt. 4), II, 193. Zur Person ibid., II, 189–218 (Nr. 132). Miller, Recueil (nt. 74), 768A: „Ei¬ß tæn sebastokratórissan jrhnhtikòß lógoß, oçti o™ basileùß prosétaxen e x¬ eljeîn tòn loîsjon u™iòn toû sebastokrátoroß tòn Komnhnòn kuròn ∫Aléxion e t¢ i neòn o¢nta, ei¬ß tò taxeídion.“
87
Ibid., 768A–B; Rhoby, Verschiedene Bemerkungen (nt. 7), 318 sq.; cf. auch E. Jeffreys/M. Jeffreys, The ‚Wild Beast from the West‘: Immediate Literary Reactions in Byantium to the Second Crusade, in: A. E. Laiou/R. P. Mottahedeh (eds.), The Crusades from the Perspective of Byzantium and the Muslim World, Washington, D.C. 2001, 101–116, hier 116, nt. 67; Jeffreys/Jeffreys, Who was Eirene the Sevastokratorissa? (nt. 77), 66, nt. 65: „¿Ekábh néa gégona, tøn paídwn e s¬ teräjhn· / ei®don kaì paîda dústhnon w™ ß a¢llhn Poluxénhn, / a¬narpasjeîsan e¬x e m¬ ñß a¬gkálhß metà bíaß / kaì suzeucjeîsan Cárwni, babaì paranomíaß, / kaì sunafeíaß a¬prepoûß kaì nójou suzugíaß· / póte toiaúth gégone tøn e¬nantíwn míxiß; / póte jhrì sunåıkhse parjénoß w¬mobórwı; / póte sunñlje drákonti maljakwtáth kórh; / póte sunäfjh moniøı truferwtáth kórh; / a¬llà kaì toûto gegonòß u™pésthn ou¬c e™koûsa, / kaì tò terpnòn jugátrion lelumasménon ei®don, / o™pótan jær e™spérioß e k¬ eínhı sunhnåjh, / kaì zøsan a¬pejränhsa katà nekràn tæn paîda.“
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Andreas Rhoby
120 Aber das alles hatte ich unfreiwillig zu ertragen, und ich sah, wie mein liebes Töchterlein geschändet wurde, als sich das wilde Tier aus dem Westen mit dieser vereinigte, und ich klagte über meine lebende Tochter, als ob sie bereits tot wäre!
Manganeios Prodromos bedient sich hier eines bekannten mythologischen Exempels, um Eirenes Leid zu demonstrieren: Eirene vergleicht sich auch hier mit Hekabe, die aller Kinder beraubt wurde, so auch der Polyxene, die hier als Synonym für Theodora steht. Mit dem „wilden Tier aus dem Westen“88 ist Theodoras Ehemann, der Babenberger Heinrich, gemeint. Das dritte Gedicht wurde verfaßt, als Theodora in Begleitung ihrer Schwester entweder 1150 89 oder 1150/5190, somit ebenfalls nicht sehr lange nach der Hochzeit, nach Konstantinopel zurückkehrte und dabei ihre Mutter Eirene im Pantokrator-Kloster besuchte – wie der Titel des Poems verrät 91. Es ist anzunehmen, daß sich Theodora wegen Heiratsvermittlung auf offizieller Mission befand; ihre Schwester könnte sie schon von Wien aus begleitet haben, wahrscheinlicher aber ist, daß sie sie erst im Heerlager des Kaisers traf 92. Die Interpretation ist davon abhängig, wie man das im Titel des Gedichtes genannte „taxeídion“ – das sowohl „(See)reise“ 93 als auch „Heerlager“ 94 bedeuten kann – übersetzt 95. Während R. Hiestand davon ausging, daß sich Eirene im Pantokrator-Hospital aufhielt96, bedeutet die Wendung „e n¬ tøı Pantokrátori diagoúshß “ im Titel des Gedichtes
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Cf. E. Kislinger, Von Drachen und anderem wilden Getier. Fremdenfeindlichkeit in Byzanz?, in: I. Radová (ed.), Laetae segetes iterum, Brünn 2008, 389–404, hier 403. Magdalino, Empire (nt. 5), 497 (Nr. 55). R. Hiestand, ‚Neptis tua‘ und ‚fastus Graecorum‘. Zu den deutsch-byzantinischen Verhandlungen um 1150, in: Deutsches Archiv für die Erforschung des Mittelalters 49 (1993), 501–555, hier 537; Jeffreys/Jeffreys, Wild beast (nt. 87), 116 (ca. 1151). Miller, Recueil (nt. 74), 772B: „Prosfwnhmatikòß ei¬ß tæn sebastokratórissan, oçte h™ kurà Jeodåra h™ jugáthr au¬tñß, h™ suzeucjeîsa tøı a¬delføı toû r™hgòß ∫Alamaníaß e p ¬ anézeuxen a¬pò toû taxeidíou metà tñß au¬tadélfhß au¬tñß tñß Komnhnñß, e t¢ i mhtròß au¬tøn e n¬ tøı Pantokrátori diagoúshß.“
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Cf. Hiestand, Neptis tua (nt. 90), 534–544. H. u. R. Kahane, Abendland und Byzanz, Sprache, in: Reallexikon der Byzantinistik, vol. I, Amsterdam 1968–1976, 345–640, hier 421 (Nr. 185). Hiestand, Neptis tua (nt. 90), 542 und nt. 134 und Jeffreys/Jeffreys, Wild beast (nt. 87), 116, nt. 65 deuten taxeídion als ,Feldlager‘ und meinen, daß es keinen Hinweis darauf gebe, daß sich die Schwester der Theodora ebenfalls in Wien aufgehalten habe. Dies ist umso wahrscheinlicher, wenn man bedenkt, daß taxeídion auch in der Überschrift zu dem in nt. 86 genannten Gedicht ,Feldlager‘ bedeutet. Im Lexikon zur byzantinischen Gräzität besonders des 9.–12. Jahrhunderts, 7. Faszikel (prospélasiß – tariceutikóß). Erstellt von E. Trapp et al., Wien 2011, s. v. taxeídion ist neben ,Reise‘ die Bedeutung ,Heerlager‘ nicht genannt, allerdings ist die Bedeutung ,militärische Expedition‘ angeführt. Kam Theodora zusammen mit ihrer Schwester aus dem Westen und nicht erst vom ,Feldlager‘ nach Konstantinopel, dann hält es Hiestand, Neptis tua (nt. 90), 543 für möglich, daß Theodora ihre Schwester, die als Braut für Heinrich (VI.), den Sohn Konrads III., vorgesehen war, nach dem Tod des zukünftigen Bräutigams (1150) nach Konstantinopel zurückbegleitete. Ibid., 535; cf. auch Weller, Heiratspolitik (nt. 9), 360.
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nicht viel mehr, als daß sie in dem von ihren Schwiegereltern gegründeten Pantokrator-Kloster weilte97. Zwar ist eine (psychische ?) Krankheit Eirenes zur gleichen Zeit bezeugt98, doch könnte der Aufenthalt im Pantokrator-Kloster auch mit der von Kaiser Manuel verfügten Internierung (ca. 1143 u. 1147) zusammenhängen99. Immerhin lesen wir im Titel des Gedichtes ja auch, daß sich Eirene „noch“ (e ¢ti) im Pantokrator-Kloster aufhielt100. Zu Theodora lesen wir in dem Gedicht nun folgendes101: Das Kalb, das einst der jungen Kuh entrissen wurde, tanzt jetzt wieder neben der jungen Kuh, nachdem es vom wilden Tier befreit [ wurde! Du siehst das Wunderwerk, erwarte auch Größeres! Der Hades hat diese verschlungen, der Bauch des Hades hielt sie gefangen, 15 aber der starke, allschaffende und mächtige Arm hat sie unversehrt aus dem Schlund des Hades gerissen und stellt sie dir wieder lebendig zur Seite, nachdem sie schon aufgegeben worden war.
Als Kalb wird Theodora bezeichnet, als junge Kuh ihre Mutter Eirene. Mit dem „wilden Tier“ ist abermals der Babenberger Heinrich gemeint, als der Hades sein Herrschaftsgebiet. In Vers 14 liegt eine Anspielung auf Christus vor, der ebenfalls vom Hades verschlungen wurde102. Christus verbirgt sich auch hinter
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Zum Pantokrator-Hospital (xenån) cf. G. Schreiber, Byzantinisches und abendländisches Hospital. Zur Spitalordnung des Pantokrator und zur byzantinischen Medizin, in: Byzantinische Zeitschrift 42 (1943), 116–149, 373–376; R. Volk, Gesundheitswesen und Wohltätigkeit im Spiegel der byzantinischen Klostertypika (Monumenta Byzantina Monacensia 28), München 1983, 136– 174; T. Miller, The Birth of the Hospital in the Byzantine Empire (The Henry E. Sigerist supplements to the Bulletin of the history of medicine N.S. 10), Baltimore, MD 1985, 12–21. Nach dem Jahr 1200 dürfte das Pantokrator-Hospital nicht mehr bestanden haben, cf. E. Kislinger, Das Pantokrator-Xenon, ein trügerisches Ideal?, in: Jahrbuch der Österreichischen Byzantinistik 37 (1987), 173–179. M. Jeffreys/E. Jeffreys, Immortality in the Pantokrator?, in: Jahrbuch der Österreichischen Byzantinistik 44 (1994) (d. h. W. Hörandner/J. Koder/O. Kresten [eds.], ANDRIAS. Herbert Hunger zum 80. Geburtstag, Wien 1994), 193–201, hier 198. Ibid.; cf. auch Papadimitriou, Pródromoß (nt. 8), 127. Die Internierung Eirenes, die vielleicht normannischer Abstammung war, steht jeweils im Zusammenhang mit einer normannischen Bedrohung für das byzantinische Reich, cf. Rhoby, Verschiedene Bemerkungen (nt. 7), 308 sqq. In den xenån gingen in der Regel nur solche Leute, die sich Hausbesuche von Ärzten nicht leisten konnten (cf. E. Kislinger, Xenon und Nosokomeion – Hospitäler in Byzanz, in: Historia hospitalium 17 [1986/88], 7–16, hier 13). Bei Eirene verhält es sich so, daß das Pantokratorkloster eine Gründung der Dynastie war, der sie angehörte. Edition der folgenden Verse bei Hiestand, Neptis tua (nt. 90), 536, nt. 113; cf. auch Rhoby, Verschiedene Bemerkungen (nt. 7), 317: „¿H móscoß tñß damálewß h™ prìn a¬pospasjeîsa / skirtâı parà tæn dámalin r™usjeîsa toû jhríou· / o™râıß tò jaumatoúrghma, prosdóka kaì tò meîzon· / √Adhß au¬tæn katépien, √Adou gastær sunéscen, / a¬ll∫ o™ sterròß kaì pantourgòß kaì panalkæß bracíwn / e x¬ √Adou fáruggoß au¬tæn a¬pämanton a™rpásaß / zøsan soi pálin paristâı tæn prìn a¬pognwsjeîsan.“
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Rhoby, Verschiedene Bemerkungen (nt. 7), 317.
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dem „starken, allschaffenden und mächtigen Arm“ 103, der Theodora dem „Schlund des Hades“ entreißen konnte. Nach E. u. M. Jeffreys könnte die in den zitierten Gedichten zum Ausdruck gebrachte Wut der Eirene damit zusammenhängen, daß ihre Tochter Theodora als politisches Faustpfand verwendet wurde, um eine bereits geschlossene und vertraglich abgesicherte Koalition104 zwischen Byzantinern und Staufern gegen den gemeinsamen Feind, die Normannen in Unteritalien105, zu festigen106. Dies wird umso verständlicher, weil davon auszugehen ist, daß Eirene normannischen Ursprungs war107. Für Österreich interessant ist die Tatsache, daß somit mit Theodora dorthin wahrscheinlich eine halbe Normannin verheiratet wurde, wenn auch eine in Byzanz aufgewachsene und sozialisierte. Theodora begegnet uns in byzantinischen Quellen ein weiteres Mal, nämlich bei dem über die Jahre 1118–1176 berichtenden Historiker Ioannes Kinnamos und zwar im fünften Buch seiner Geschichte: Im Jahre 1166 unternahmen Heinrich und Theodora zusammen mit dem Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach eine diplomatische Mission im Auftrag Kaisers Friedrich I. Barbarossa ins Heerlager des byzantinischen Kaisers Manuel I. nach Serdika (Sofia) mit dem Ziel, eine Beilegung der Konflikte zwischen Ost und West zu erreichen, was aber scheiterte. Heinrich, der Herzog der Österreicher, kam mit seiner Gattin Theodora, einer Nichte des Kaisers nach Sofia, um Friedrich, den König der Deutschen, mit dem Kaiser zu versöhnen108. Heinrich wird hierbei als „∫Erríkoß ∫Ostricíwn doúx “
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Cf. G. W. H. Lampe, A Patristic Greek Lexicon, Oxford 121995, s. v. bracíwn. Cf. H. Vollrath, Konrad III. und Byzanz, in: Archiv für Kulturgeschichte 59 (1977), 321–365; J. P. Niederkorn, Die Mitgift der Kaiserin Irene. Anmerkungen zur byzantinischen Politik König Konrads III., in: Römische Historische Mitteilungen 28 (1986), 125–139; Hiestand, Neptis tua (nt. 90), 502–506; F. Tinnefeld, Byzanz und die Herrscher des Hauses Hohenstaufen (1138– 1159), in: Archiv für Diplomatik, Schriftgeschichte, Siegel- und Wappenkunde 41 (1995), 105– 127, hier 110–114; Ziegler, König Konrad III. (nt. 3), 403 sq. und nt. 3118. Cf. E. Tourta, Süditalien als Konflikt- und Kontaktzone zwischen Staufern und Byzanz, in: B. Schneidmüller/St. Weinfurter/A. Wieczorek (eds.), Verwandlungen des Stauferreiches. Drei Innovationsregionen im mittelalterlichen Europa, Darmstadt 2010, 432–445. Jeffreys/Jeffreys, Who was Eirene the Sevastokratorissa? (nt. 77) 66; id., Wild beast (nt. 87), 115; Rhoby, Verschiedene Bemerkungen (nt. 7), 320. Jeffreys/Jeffreys, Who was Eirene the Sevastokratorissa? (nt. 77), passim; Rhoby, Verschiedene Bemerkungen (nt. 7), 309–320. Ioannis Cinnami epitome rerum ab Ioanne et Alexio Comnenis gestarum, rec. A. Meineke (Corpus Scriptorum Historiae Byzantinae), Bonn 1836, 261, 12 sq.: „[…] ∫Erríkoß ∫Ostricíwn doùx sùn tñı gunaikì Jeodåraı tñı basiléwß a¬delfidñı e¬pì Sardikæn h®lje […].“ Cf. Barzos, Genealogía (nt. 4), II, 183 sq.; Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich, IV/1 (nt. 54), 170 (Nr. 827); W. Georgi, Friedrich Barbarossa und die auswärtigen Mächte. Studien zur Außenpolitik 1159–1180 (Europäische Hochschulschriften, Reihe III: Geschichte und Hilfswissenschaften 442), Frankfurt am Main–Bern–New York–Paris 1990, 169–171; Scheibelreiter, Babenberger (nt. 9), 220, 222; cf. auch P. Classen, Das Konzil von Konstantinopel 1166 und die Lateiner, in: Byzantinische Zeitschrift 48 (1955), 339–368, hier 345 und nt. 2.; F. Chalandon, Les Comnène. Études sur l’empire byzantin au XIe et au XIIe siècles, II: Jean II Comnène (1118–1143) et Manuel I Comnène (1143–1180), Paris 1912, 594 sq.
Byzanz und „Österreich“ im 12./13. Jahrhundert: Mythos und Realität
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bezeichnet, womit der Name „Österreich“/„Österreicher“ erstmals Eingang in griechische Quellen findet109. Kinnamos hatte Heinrich und Theodora auch schon vorher erwähnt, nämlich um 1164 anläßlich eines geplanten Angriffs auf Ungarn: „Auch wollte Heinrich bei diesem Kampf nicht fehlen, der mit der Nichte des Kaisers verheiratet war, wie schon oft gesagt wurde […]“ 110. An dieser Stelle verwundert das „wie schon oft gesagt wurde“, da bei Kinnamos selbst davon nichts zu lesen ist; Kinnamos bezieht sich hier vielleicht auf eine heute nicht mehr vorhandene Quelle, in der Theodora und vielleicht auch ihr Mann Heinrich öfters erwähnt wurden. Die Nennungen in den westlichen Quellen sind viel zu spärlich, um ein Bild der Theodora oder gar der Ehe von Heinrich und Theodora zeichnen zu können. Somit ist auch die Aussage von P. K. Enepekides in einem auch heute noch gern zitierten Aufsatz „Es ist sicher, daß Theodora sich in Wien wohlgefühlt hat“ ebenso unfundiert wie die Feststellung, daß die Ehen der ‚zweiten‘ Theodora und der vermeintlichen Sophia „zerrüttet“ gewesen seien111. Theodora erscheint in erster Linie in Klosterurkunden, in denen sie mit ihrem Ehemann ihre Zustimmung zu Schenkungen erteilt112. Erwähnung findet Theodora auch im berühmten ‚Privilegium minus‘ von 1156, durch welches – vereinfacht gesagt – Österreich aus dem Lehnsverbund mit dem bayerischen Dukat gelöst und als Kompensation für den Verlust von Bayern zum Herzogtum erhoben wurde113: Theodora wurde mitbelehnt – es handelte sich dabei um eine Belehnung „zu gesamter Hand“114 –, aber nicht aus dem besonderen Grund, weil sie eine Byzantinerin war, wie mitunter immer noch zu lesen ist115; auch gehen die 109
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Bei Georgii Acropolitae (nt. 58), I, 58, 8 wird „tò ∫Ostríkion“ erwähnt, durch welches im Jahr 1240 die angeblichen französischen Verstärkungstruppen zur Belagerung von Tzurulon in Ostthrakien gezogen seien; cf. Macrides, George Akropolites (nt. 57), 204 sq.; Heilig, Byzantinische Einflüsse (nt. 4), 17. Ioann. Cinn. epit. (nt. 108), 237, 13–15: „ou¬ mæn ou¬dè ∫Erríkoß taúthß a¬peînai h¢melle tñß máchß, oÇß Jeodåraı tñı basiléwß xunåıkei a¬delfidñı, wçsper h¢dh pollákiß e r¬ räjh […].“ Cf. Barzos, Genealogía (nt. 4), II 183 sq.; Heilig, Ostrom (nt. 4), 235–237; Preiser-Kapeller, Pilger und Prinzessinnen (nt. 2), 49. Enepekides, Byzantinische Prinzessinen (sic) (nt. 31), 371 sq. E. g. Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich, I (nt. 25), 23–25 (Nr. 17, a. 1149–1156), 35 sq. (Nr. 26, a. 1156), 40–42 (Nr. 28, a. 1159), 53 sq. (Nr. 38, a. 1170); Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich, IV/1 (nt. 54), 142 (Nr. 794), 178 sq. (Nr. 844, a. 1174–1182); cf. Heilig, Ostrom (nt. 4), 270. Cf. H. Appelt, Privilegium minus. Das staufische Kaisertum und die Babenberger in Österreich (Böhlau-Quellenbücher), Wien 21976; id., Das Herzogtum Österreich. Der Streit um Bayern und das Privilegium minus, in: A. M. Drabek (ed.), Österreich im Hochmittelalter (907 bis 1246) (Österreichische Akademie der Wissenschaften, Veröffentlichungen der Kommission für die Geschichte Österreichs 17), Wien 1991, 271–330; Dopsch, Die Länder und das Reich (nt. 21), 137–141 und die zuletzt publizierten Beiträge im Sammelband Schmid/Wanderwitz, Die Geburt Österreichs (nt. 13); cf. auch Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich, IV/1 (nt. 54), 137–139 (Nr. 787); 147–157 (Nr. 803 und 804); Heilig, Ostrom (nt. 4), passim. R. Deutinger, Das Privilegium minus, Otto von Freising und der Verfassungswandel des 12. Jahrhunderts, in: Schmid/Wanderwitz, Die Geburt Österreichs (nt. 13), 179–199, hier 186. E. g. Weller, Heiratspolitik (nt. 9), 362.
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Bestimmungen im Privilegium nicht auf byzantinische Vorbilder zurück116. Die Mitbelehnung erfolgte deshalb, weil es galt, die Erbfolge im neu gegründeten Herzogtum Österreich abzusichern. Im Jahr 1156 war nämlich Heinrich und Theodora noch kein Sohn geboren, sondern nur die noch minderjährige Tochter Agnes. Aus diesem Grund wurde das Lehen auch nicht nur in männlicher, sondern auch in weiblicher Linie gewährt117. Es war eine realpolitische Entscheidung, die weibliche Erbfolge und die Hervorhebung Theodoras sind somit nicht auf byzantinischen Einfluß zurückzuführen118. Immerhin aber wird Theodora im Text des Privilegiums besonders hervorgehoben, da sie als „praenobilissima uxor “ bezeichnet wird119, der zusammen mit Heinrich das Herzogtum Österreich als Lehen übertragen wurde. Heinrich und Theodora hatten drei Kinder, die schon erwähnte Agnes (* 1151), den 1157 geborenen Leopold (V.) und Heinrich (* 1160). Es ist fraglich, ob Theodora überhaupt erwähnt worden wäre, wäre Leopold120 schon vor der Ausstellung des ‚Privilegium minus‘ geboren worden121. Theodora überlebte ihren rund 25 Jahre älteren Ehemann, der einem Reitunfall erlag, um ca. sechs Jahre. Sie starb 1182/83 und ist zusammen mit Heinrich († 1177) in dem von diesem im Jahr 1155 gegründeten Schottenkloster in Wien begraben122. IV. Noch weniger zu erfahren gibt es zur ‚zweiten‘ Theodora, der Ehefrau Leopolds VI.123. Sie begegnet uns in den Quellen gelegentlich als Unterzeichnerin 116
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Appelt, Privilegium minus (nt. 113), 51–54. Man beachte die romantische, jedoch historisch unhaltbare Vorstellungen von W. Sas-Zaloziecky, Österreich und Byzanz in der Babenbergerzeit, in: Die Warte. Blätter für Literatur, Kunst und Wissenschaft, Beilage zu Die Furche. Kulturpolitische Wochenschrift, 2. Jahrgang, Nr. 39 (28. September 1946), 1–2, hier 1: „Es liegt sogar die Vermutung nahe, […] daß byzantinische Gesandte oder Rechtsberater auf die Abfaßung des sogenannten privilegium minus einen Einfluß ausgeübt haben“. Deutinger, Privilegium minus (nt. 114), 186 sq. Ibid., 187; Appelt, Herzogtum Österreich (nt. 113), 283 sqq. In anderen Urkunden wird Theodora unter anderem als „illustris“ (Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger, I [nt. 25], 46 [Z. 40 sq.], 53 [Z. 37]) und „venerabilis“ (ibid., 44 [Z. 24 sq.]) bezeichnet. In der Continuatio Claustroneoburgensis tertia lesen wir zum Jahr 1183 (falso 1182) (MGH, Scriptorum tomus IX [nt. 7], 632): „Theodora ducissa Austrie, femina prime nobilitatis et fortune.“ Bemerkenswert ist die Charakterisierung Leopolds V. bei Juritsch, Geschichte der Babenberger (nt. 49), 293: „Man merkt es: in seinen Adern rollt von mütterlicher Seite südländisches Blut. Wenn nicht alle Anzeichen trügen, hat er von Theodora die warme Empfindung geerbt“. H. Appelt, Die Babenberger und das Imperium im 12. Jahrhundert, in: E. Zöllner (ed.), Das babenbergische Österreich (976–1246), Wien 1978, 43–53, hier 48; Appelt, Privilegium minus (nt. 113), 52 sq. Barzos, Genealogía (nt. 4), II 187 sq.; Heilig, Ostrom (nt. 4), 270 sq. Der bei G. Gerhartl, Wiener Neustadt. Geschichte, Kunst, Kultur, Wirtschaft, Wien 21993, 12 erwähnte Aufenthalt Leopolds VI. und Theodoras in Neustadt im Jahre 1211 und die Geburt des Sohnes Friedrich (II.) ebenda ist durch keine Quelle belegt (zitiert wird J. Mayer, Geschichte von
Byzanz und „Österreich“ im 12./13. Jahrhundert: Mythos und Realität
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von Urkunden und Stifterin124, manchmal auch zusammen mit ihrem Ehemann125; immerhin ist von ihr ein Siegel überliefert126. Erwähnt sei, daß für Leopold VI. ursprünglich eine andere Byzantinerin als Frau vorgesehen war, nämlich eine namentlich nicht bekannte Tochter des „Tyrannen“ von Zypern, Isaak Komnenos127, der mit Leopold verwandt war, da die beiden den gleichen Urgroßvater (Kaiser Ioannes II. Komnenos) hatten. Diese Dame wurde von König Richard Löwenherz gefangen gehalten, hätte jedoch aufgrund des zwischen dem deutschen König Heinrich VI. und Leopold V. getroffenen Vertrages von Würzburg (1193), in dem das Lösegeld für den gefangen genommenen Richard festgesetzt wurde, an Leopold übergeben werden sollen, ebenso wie eine Nichte Richards, die für Leopolds ältesten Sohn Friedrich († 1198) vorgesehen war. Durch den Tod Leopolds V. (im Dezember 1194) wurde dieser Plan jedoch hinfällig. Die Prinzessinnen befanden sich bereits auf dem Weg in Richtung Wien, wurden aber wieder zurückgeschickt128. Leopold VI. und Theodora gerieten in Erbkonflikt mit ihrem Sohn Heinrich († 1228), der später mit dem Beinamen der Grausame versehen wurde; dieser vertrieb Theodora auch von ihrer Burg Hainburg129. Theodora überlebte nach dem Tod ihres Mannes († 1230) alle ihre Söhne, so auch ihren jüngsten Sohn Fried-
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Wiener Neustadt, vol. I, Wiener Neustadt im Mittelalter. 1. Teil: Werden und Wachsen der Stadt [bis 1440], Wiener Neustadt 1924, 131, wo ebenfalls keine Quelle genannt wird). In Wahrheit wurde Friedrich (II.) um 1208/09 geboren, cf. Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich, IV/2 (nt. 40), 187. E. g. H. Dienst, Regionalgeschichte und Gesellschaft im Hochmittelalter am Beispiel Österreichs (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsband XXVII), Wien–Köln 1990, 171 (a. 1225/30: Seelgerätstiftung); Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich. Vorbereitet von O. Frh. v. Mitis. Bearbeitet von H. Fichtenau und E. Zöllner, II: Die Siegelurkunden der Babenberger und ihrer Nachkommen von 1216 bis 1279 (Publikationen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung III/2), Wien 1955, 35 sq. (Nr. 231, a. 1221–1230: Erwähnung der Stiftung eines Altars), 130 sq. (Nr. 293: a. 1232–1238: Theodora als Vermittlerin), 142 sq. (Nr. 305, a. 1232: Bestätigung eines Ausgleichs), 147 sq. (Nr. 310, a. 1233), 254 (Nr. 406a, a. 1242); Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich, IV/2 (nt. 40), 195 (Nr. 1164, a. 1230–1236). E. g. Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich, II (nt. 124), 86 sq. (Nr. 257, a. 1226). Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich, III: Die Siegel der Babenberger, von O. Frh. v. Mitis (Publikationen des Institutes für Österreichische Geschichtsforschung III/3), Wien 1954, 68 (Nr. 67). Zu diesem cf. C. M. Brand, Isaac Komnenos, in: Oxford Dictionary of Byzantium 2 (1991), 1012 sq. H. Fichtenau, Akkon, Zypern und das Lösegeld für Richard Löwenherz, in: Archiv für österreichische Geschichte 125 (1966), 11–32; W. H. Rudt de Collenberg, L’empereur Isaac de Chypre et sa fille, in: Byzantion 38 (1968), 123–179; Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger, IV/1 (nt. 54), 223–225 (Nr. 926), 232 sq. (Nr. 938); Rhoby, ‚Zweite‘ Theodora (nt. 37), 388, nt. 4; cf. auch D. Berg, Richard Löwenherz (Gestalter des Mittelalters und der Renaissance), Darmstadt 2007, 187–210. Juritsch, Geschichte der Babenberger (nt. 49), 493; Lechner, Babenberger (nt. 25), 215, 377, nt. 111; Scheibelreiter, Babenberger (nt. 9), 303.
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rich II., mit dem sie ebenfalls in Streit gelegen war130. Ihren Witwensitz nahm Theodora in Klosterneuburg, seit etwa 1240 lebte sie in der Burg Kahlenberg (Kahlenbergerdorf )131. Bald nachdem Friedrich II. im Sommer 1246 vor Neustadt den Tod auf dem Schlachtfeld gegen die Ungarn gefunden hatte132, starb auch die wieder versöhnte Theodora – an gebrochenem Herzen, wie die Quellen berichten133. V. Die Aufarbeitung aller Spuren, welche die Byzantinerinnen in ‚Österreich‘ in den Quellen hinterlassen haben, möge an anderer Stelle erfolgen134. Es sind aber doch so wenige Hinweise, die es nicht erlauben, Spekulationen über ihr Leben und ihr Umfeld zuzulassen, wie dies in der Literatur bislang immer wieder geschehen ist. Die Quellenarmut war offensichtlich auch der Grund, weswegen im Laufe der Zeit die verschiedenen Mythen entstanden, die bis heute in der Literatur tradiert werden. Zu schließen ist mit einem Zitat, das zum gerade behandelten Thema sehr gut paßt. Der vor einigen Jahren verstorbene bekannte Byzantinist Donald Nicol begründete die Auswahl von zehn Byzantinerinnen für sein bekanntes Buch ‚The Byzantine Lady‘ wie folgt135: „One cannot construct biographies of persons who left no records but their names“.
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Juritsch, Geschichte der Babenberger (nt. 49), 553; Lechner, Babenberger (nt. 25), 280; Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich, IV/2 (nt. 40), 215 sq. (Nr. 1190, a. 1235/36); Scheibelreiter, Babenberger (nt. 9), 318, 321. Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich, IV/2 (nt. 40), 3, 215; W. Brauneis, Die Burg auf dem ‚Kahlenberg‘, in: Wiener Geschichtsblätter 27/4 (1972), 409–413. Cf. H. Dienst, Die Schlacht an der Leitha 1246 (Militärhistorische Schriftenreihe 19), Wien 1972. Cf. Juritsch, Geschichte der Babenberger (nt. 49), 676 sq.; Rhoby, ‚Zweite‘ Theodora (nt. 37), 396; Scheibelreiter, Babenberger (nt. 9), 347 sq. Cf. jetzt auch A. Rhoby, Byzanz und Österreich. „Griechische“ Prinzessinnen in ‚Windopolis‘, in: Das goldene Byzanz und der Orient. [Katalog zur Ausstellung], Schallaburg 2012, 189–199. D. M. Nicol, The Byzantine Lady. Ten Portraits, 1250–1500, Cambridge 1994, 2.
Die Hussiten und Byzanz um die Mitte des 15. Jahrhunderts* I Hˇ (Prag) Der Hussitismus gilt als ein komplexes Phänomen sowohl der böhmischen als auch der gesamteuropäischen Geschichte. Der Hussitismus läßt sich nicht auf kriegerische Ereignisse, auf die früher so sehr betonte Verschärfung nationaler tschechisch-deutscher Spannungen, auf eine soziale Bewegung oder auf bis dahin kaum vorstellbare theologische Kontroversen und Aktivitäten in Theorie und Praxis im Schoß der abendländischen Kirche, in die öfter auch die breiteren Bevölkerungsschichten, vornehmlich die des tschechischen Volkes, aktiv involviert waren, reduzieren, sondern ist ein komplexes Phänomen sowohl der böhmischen als auch der gesamteuropäischen Geschichte. Aus dieser breiten Palette der Probleme waren es in gewissem Sinn eben auch die kirchenpolitischen Fragen, die die besondere Aufmerksamkeit des damaligen Abendlandes weckten. Und auch die moderne Forschung sucht und findet wohl in diesen Ereignissen einen der Kerne damaligen Zeitgeschehens. Die große kirchliche Spaltung, die Verweltlichung der kirchlichen Hierarchie mit allen begleitenden Unsitten und nicht zuletzt der Kampf des Papsttums mit dem Konziliarismus boten und bieten für den Mediävisten sowohl von gestern als auch von heute eine fast unerschöpfliche Themenbreite. Und was für das Titelthema wichtig ist: einerseits beeinflußte dies alles die Ereignisse im böhmischen Königreich in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, andererseits wirkten die hussitischen Geschicke und Ereignisse, auch die ‚innerparteilichen‘, mehr oder weniger auf ganz Europa. Obwohl die Hussitologie auch international intensiv gepflegt wird, sind wohl wegen der breiten Themenpalette lange nicht alle Aspekte des All- und Festtags dieser Epoche trotz gewaltigem Arbeitsaufwand entsprechend erforscht. Deshalb ist dieses Forschungsthema im Großen und Ganzen auch für die zukünftige Forschung ergiebig genug. Denn trotz zahlreicher umfassender Arbeiten, die sich dieser Problematik widmen, gibt es mit Bezug auf das diplomatische Material, besonders aber hinsichtlich der literarischen Handschriften immer noch eine große Anzahl kaum berührten Quellengutes. Dieses eröffnet die Chance, verschiedene wichtige bisher unbekannte Fäden zu entdecken, die bisher kaum erahnte Verbindungen offenlegen und folglich auch Konsequenzen für die Forschung haben können. Das wiederum erfordert neues Durchdenken und neue Interpretations*
Der Aufsatz entstand im Rahmen des Forschungsvorhabens des tschechischen Schulwesenministeriums MSMJi 3/112100004-206415 an der Philosophischen Fakultät der Karls-Universität Prag.
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versuche. Daß sich dabei die Geschichte des Hussitismus mit der allgemeinen verschiedentlich kreuzt und durchdringt, braucht nicht allzu sehr betont werden. Nur sollte man bei dieser Gelegenheit ein Paradoxon unterstreichen, nämlich daß der Ausschluß des hussitischen Böhmen von den westlichen kirchlichen (und zum Teil auch politischen und wirtschaftlichen) Strukturen und deren Ostrazismus gleichzeitig ein gesteigertes Interesse der anliegenden Staaten an Böhmen mit sich brachte1. Das in der katholischen Kirche tobende Schisma, das zu einer der Wurzeln des Hussitismus wurde, hat darüber hinaus die Empfindsamkeit der westlichen Gesellschaft in alle denkbaren Richtungen exponentiell gesteigert. Die „Meisterung“ des „großen“ abendländischen Schismas bedeutete jedoch keinesfalls das Ende der tiefen Krise der Gesellschaft im allgemeinen und der Kirche im besonderem, wobei europaweit der Konziliarismus und im böhmischen Königreich der inzwischen siegreiche gemäßigte Hussitismus dem Papsttum noch eine Zeit lang fast existenzielle Sorge bereiteten. Ein anderes Schisma, eine jahrhundertelange Wunde im Körper der Kirche, war zwar stets latent vorhanden, doch die Versuche um Verständigung beziehungsweise Wiedervereinigung des Westens mit der Ostkirche nahmen in dieser Zeit ihren Anfang. Eine zwar nicht umwälzende, jedoch interessante internationale Episode des späteren Hussitismus (womit hier die Mitte des 15. Jahrhunderts gemeint ist) spielte sich zwischen drei Parteien ab: den Hussiten, der Kirche bzw. dem Papsttum und der Ostkirche. Dieser Kontakt war zwar im allgemeinen eher marginal, im engeren Rahmen jedoch nicht ganz unbedeutend, da er konzeptionelle Aspekte der hussitischen Lehre zum Ausdruck brachte. Eine Vorgeschichte, die zum Verständnis der Sache, das heißt der böhmischen Byzanzkontakte nötig ist, muß vorangestellt werden. Sie birgt in sich manche Probleme und offene Fragen, die kaum eindeutig beantwortet werden können. Denn im Kontrast zur oben erwähnten Materialfülle im allgemeinen, ist die konkrete Quellenlage mehr als mißlich und es scheint, daß kaum neue Quellenfunde zu erwarten sind, die auf die Sache ein neues Licht werfen könnten. Es sollen also einleitend die Bemühungen der gemäßigten Hussiten kurz umrissen werden, die mit der Ostkirche engere Beziehungen knüpfen wollten, um dadurch eigene kirchliche Probleme lösen zu können, wenn der Diskurs mit der offiziellen römischen Kirche im Königreich in dieser Zeit ins Leere führte. Eine knappe Retrospektive aus böhmischer Sicht erscheint unvermeidlich, da die Hussiten mit ihren Anforderungen nicht die einzigen waren und dem all-
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Es hätte wenig Sinn, langatmig die diesbezügliche und schon uferlose allgemeine Literatur anzuführen, die mit modernen Hilfsmitteln leicht nachzublättern ist. Leider ist der jüngste Sammelband A Companion of the Great Schisme of Occident (1378–1417), ed. by Joëlle Rollo-Koster and Thomas M. Izbicki (Brill’s Companions to the Christian Tradition vol. 17), Leiden–Boston 2009 kein Handbuch, das dieser Rolle gerecht werden kann. Konkrete Literatur direkt ad rem soll freilich im folgenden Apparat angeführt werden. Ansonsten sind Sˇ mahel, Hussitische Revolution (nt. 2) und Cˇornej, Velké deˇjiny (nt. 23) stets zu vergleichen.
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gemeineren Trend folgten, eine gründliche Umgestaltung der kirchlichen Strukturen zu initiieren 2. Die Griechen, das heißt im Mittelalter die Byzantiner oder besser das Byzantinische Reich, genossen in Böhmen schon sehr früh einen guten Ruf. Vergegenwärtigen wir uns nur das Wichtigste. Schon die allerersten Anfänge der großmährischen (und zugleich also der westslawischen) Staatlichkeit und Christianisierung sind mit dem osteuropäischen Kaiserreich und dessen Kirche sehr eng verknüpft gewesen3. Es genügt in diesem Kontext, die beiden Namen der slawischen Glaubensboten Kyrill-Konstantin und Method zu erwähnen. Ihr Vermächtnis blieb trotz des infolge der ungarischen Einfälle und der anknüpfenden und sich letzten Endes durchsetzenden westlichen Christianisierungswelle jähen Verfalls des „Großmährischen Reiches“ 4 verschiedentlich in Erinnerung, jedoch nicht in so kontinuierlicher Stärke, wie es vornehmlich nicht nur alte, vorrevolutionäre russische sowie etliche tschechische Slawisten präsentierten. Diese Tradition hat sich unter Karl IV. einer, freilich eher künstlichen, Wiederbelebung erfreut 5. Die dazwischen liegende Zeit der Prˇemyslidenherrschaft bietet zwar nicht allzu viele Anhaltspunkte zu den beidseitigen Kontakten, doch ist zu sagen, daß die Kenntnisnahme der byzantinischen Kultur und Kirche in den kirchlichen, jedoch auch in höchsten weltlichen Kreisen nie ganz zum Erliegen kam, auch dank verschiedener verwandtschaftlicher Beziehungen des Osten mit dem Westen, die selten unmittelbarer, häufiger jedoch mittelbarer Natur waren6. Es gab aber auch Kontakte auf niedrigeren Ebenen, sei es im Rahmen der Kreuzzüge oder aber in Form der frommen Pilgerreisen ins Heilige Land, die nicht selten auch zu Fuß unternommen wurden und deshalb die Möglichkeit boten, die Verhältnisse im Osten genauer zu betrachten7. 2
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Es genügt nur das Handbuch von F. Sˇmahel, Die Hussitische Revolution 1–3 (Schriften der Monumenta Germaniae Historica 43), Ostfildern 2002 und aus dortiger Schlußbibliographie die Arbeiten von F. Seibt und W. Eberhard zur Kenntnis zu nehmen. Da sind vornehmlich die Arbeiten von Frantisˇek (Francis) Dvorník anzuführen, nach ihm dann vornehmlich die Arbeiten von Vladimír Vavrˇ ínek. (Auswahlbibliographie zit. in nt. 4 und 6). Grundlegende Zusammenstellung der diesbezüglichen Quellen bringt das Werk Magnae Moraviae fontes historici 1–5, Brno 1966–1972. Dazu steht P. Sommer/D. Trˇesˇtík/J. Zˇemlicˇka/Prˇemyslovci (eds.), Praha 2009 zur Verfügung, der auch reichlich Literatur anführt. Vgl. F. Seibt (ed.), Karl IV. Kaiser und Mäzen, München 1978, 186 sqq. (M. Turczynski). Über das Prager Slavenkloster braucht man kein Wort zu verlieren, da es sich dabei um Mönche aus Dalmatien handelte, die dem westlichen Ritus folgten. Sonst könnte auch Karls Episode mit dem König Petrus von Zypern erwähnt werden, der in Böhmen, freilich vergeblich, um Unterstützung für einen Kreuzzug gegen die Türken warb. Ohne eine Bibliographie anbieten zu wollen, soll nur die neueste Publikation, die direkt weiterführen kann, angeführt werden. Als außergewöhnlich gelten die ‚Jahrbücher Böhmens‘ von V. Novotny´ , nämlich seine Cˇeské deˇjiny I-1/4, Praha 1912–1937, die buchstäblich keine schriftliche Nachricht außer Acht ließen (man orientiert sich leicht an dem Register). Ganz neu resümiert die Thematik J. Pánek (ed.), Enzyklopedie cˇesky´ ch deˇjin, vol. 1, Praha 2009, jedoch nur im Kontext der cyrillomethodianischen Mission (374 sqq.). Als erster hat F. Tadra, Kulturní styky Cˇech s cizinou azˇ do válek husitsky´ ch, Praha 1897 die Nachrichten gesammelt. In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts während der Pilgerfahrt ins
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Von Karl IV. (1346–1378) ist schon die Rede gewesen, doch es bestanden nicht nur diplomatische Kontakte mit dem Südosten, sondern auch solche wirtschaftlicher und kultureller Art. Ähnliches gilt auch für den Beginn der darauf folgenden Zeit von Karls Sohn Wenzel (1363/76–1419), wobei weitere Verbindungen nicht nur angenommen werden können, sondern direkt bezeugt sind. Beispielsweise sei die Gestalt des katholischen Mönchs Johann Hieronymus erwähnt, dessen bunte Lebensgeschichte erst vor kurzem in die allgemeinen Zusammenhänge eingebettet worden ist8, dessen Wirken jedoch für die böhmisch-einheimische Entwicklung kaum von größerer Bedeutung und Einflußnahme war. Einflußreicher waren jedoch die „Ostgeschicke“ seines Namensgenossen und engen Gefährten Hieronymus’ von Prag, der als Hussit auch die Ostkirche aus eigener Erfahrung kennengelernt hat9. Am wichtigsten scheinen mir jedoch die literarischen Zeugnisse über die Verbindungen zur Ostkirche zu sein, die man häufiger ab dem Ende des 14. Jahrhunderts besonders im Diskurs innerhalb der Reformbewegung verfolgen kann, die auf die Ostkirche und ihre Aktivitäten in verschiedenen Werken deutlich und positiv reagierte. Das Wichtigste sei andeutungsweise erwähnt10.
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Heilige Land hat z. B. der Olmützer Bischof Heinrich Zdík in Konstantinopel längere Zeit verbracht, doch dieser mögliche Ertrag wurde durch den eindrucksvollen Jerusalemaufenthalt überdeckt (vgl. J. Zˇemlicˇka in: J. Hrbácˇová [ed.], Jindrˇ ich Zdík (1126–1150), Olomouc 2009, 17sq. A. Stejskal, Podivuhodny´ prˇ íbeˇh Jana Jerony´ ma, Praha 2003. F. Sˇmahel, Zˇivot a dílo Jerony´ ma Prazˇského, Praha 2010, 61 sqq. Verschiedentlich, z. T. gar systematisch, hat darauf die alte russische vorrevolutionäre Historiografie hingewiesen (so besonders A. F. Gilferding [Hilferding] und I. Palmov), deren Ergebnisse vornehmlich durch R. Urbánek und M. Paulová sowie z. T. von F. M. Bartosˇ (s. unten) reflektiert wurden. Sie werden deshalb nicht direkt im Folgenden zu Wort gebracht. Jedoch auch die tschechische Literatur versuchte diesem Phänomen Rechnung zu tragen. Nach etlichen Bemerkungen bei J. Goll und K. Krofta (sie werden durch die anknüpfende und hier zitierte Literatur in die Forschung völlig integriert) sind es besonders folgende Beiträge: F. M. Bartosˇ, Neˇmeckého husity Petra Turnova spis o rˇ ádech a zvycích církve vy´ chodní, in: Veˇstník Královské cˇeské spolecˇnosti nauk, trˇ ída histor. 1915, Nr. I; id., M. Petr Englisˇ v zápase husitské revoluce, in: J. Polisˇensky´ (ed.), Universitas Carolina, vol. 3, 1957 (IX) Historica No. 1, Sborník prˇ ednásˇek veˇnovany´ ch zˇivotu a dílu anglického husity Petra Payna – Englisˇe 1456–1956, 25–48; id. Dveˇ studie o husitsky´ ch postilách, in: Rozpravy Cˇeskoslovenské akademie veˇd 65, 1955, H. 4. Andere unten benutzte und öfter zitierte Arbeiten sind: R. Urbánek, Cˇeské deˇjiny III-2, Praha 1918, M. Paulová, Styky cˇesky´ ch husitu˚ s carˇ ihradskou církví na základeˇ církevních pomeˇru˚ byzantsky´ ch, in: Cˇasopis Národního musea 92 (1918), 1–20, 111–121, 215–228, 306–316 und ibid. 93 (1919), 17–33 sowie nach Jahrzehnten in umgearbeiteter Fassung als: L’Empire Byzantin et les Tchèques avant la chute de Constantinople, in: Byzantinoslavica 14 (1953), 158–225, sowie A. Salacˇ, List církve carˇ ihradské prazˇsky´ m utrakvistu˚m z 18. ledna 1452, in: Listy filologické 76 (1953), 236– 248; id., Odpoveˇd’ prazˇsky´ ch utrakvistu˚ na list carˇ ihradské církve, datovany´ , 18. I. 1452; ibid. 77 (1954), 219–236, sowie id., Constantinople et Prague en 1452 (Rozpravy Cˇ eskoslovenské akademie veˇd, Rˇada spolecˇensky´ ch veˇd 68, 1958, Nr. 11). Der letztgenannte Titel gilt als erweiterte Fassung beider vorhergehenden tschechischen Studien. Zu Salacˇs Arbeiten ist zu sagen, daß der Kommentar aus historischer Sicht leider zu viel außer Acht läßt, ja sich teilweise selbst widerspricht. Bartosˇ versprach, sich nach dem Erscheinen der Studien Salacˇs’ zu dieser Sache zu äußern; soweit ich weiß, ist das jedoch nicht der Fall gewesen. Desweiteren F. Sˇmahel, Curriculum vitae Magistri Petri Payne, in: In memoriam Josefa Macka (1922–1991), M. Polívka/
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Als primum movens gilt hier, also in Böhmen, der ziemlich früh rezipierte englische Reformer John Wycliff, der in mehreren seiner Werke die griechische Kirche lobte, da sie die Bräuche der primitiven Kirche bedeutend mehr und in reinerer Form bewahrt haben soll als die westliche11. Wycliff folgten dann verschiedene anerkennende Erwähnungen des kirchlichen Ostens seitens der hussitisch gesinnten Autoritäten des Landes in mehreren Traktaten und andere Äußerungen, die zum Teil jedoch in die Zeit der eigentlichen Revolution fallen12. Doch auch der Gegenpartei muß diese Frage gestellt werden, nämlich wie – und ob überhaupt – die Griechen, das heißt die Ostkirche, sich zu dieser geistigen Nähe positioniert haben. Aus der hussitischen Zeit besitzen wir eigentlich nur einen deutlichen Beleg, aus dem hervorgeht, daß die griechische Kirche bei offiziellen Anlässen eher zurückhaltend war. So hatten sich zwar ihre Vertreter auf dem Basler Konzil von der hussitisch-böhmischen Partei distanziert, was nicht völlig in Vergessenheit geriet13, da die Ostkirche im Jahre 1452 „Selbstkritik“ geübt hatte14. Doch ein wichtiger gemeinsamer Nenner in dieser Richtung war der Empfang des Leibes Christi unter beiderlei Gestalt in der Ostkirche, den Jacobell von Mies, Hussens jahrelanger enger Mitstreiter, in der Zeit Hussens in Konstanz als liturgische Neuerung eingeführt hatte und der sich später als das Aushängeschild des Hussitismus erweisen sollte15. Andererseits darf auch nicht vergessen werden, daß eine große Menge konkreter Belege nicht nur die Verbreitung der hussitischen Lehre bezeugt, sondern auch die direkte Anwesenheit der hussitischen Priester auf dem Balkan, vornehmlich auf dem Territorium von Siebenbürgen, eindeutig nachweist. In diesem Zusammenhang muß betont werden, daß es sich hierbei stets nur um zufällig erhaltene Nachrichten handelt, die auf das Existieren von weitaus intensiveren Beziehungen verweisen und mit ein wenig Übertreibung gesprochen wohl lediglich die Spitze des Eisbergs ausmachen dürften16.
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F. Sˇmahel (eds.), Praha 1996, 141–159, der zur Idenfizierung Paynes mit dem Anglicus zurückhaltend ist. Berühmt ist besonders sein Zitat aus dem Brief der Ostkirche an Papst Johannes XXII.: „potenciam tuam summam supra tuos subditos firmiter credimus, superbiam tuam tolerare non possumus, avariciam tuam saciare non intendimus. Dominus tecum, quia nobiscum est “, das Jakobell von Mies in seiner Predigt im Jahr 1415 benutzt hat (zit. bei Bartosˇ, Neˇmeckého husity Petra Turnova 2, wo auch andere Belege der Neigung verschiedener führender hussitischer Reformer zum griechischen Ritus und seinen Vorteilen zu finden sind; besonders bemerkenswert dann die dort 9 sqq. gedruckten Sympathieäußerungen in der Traktatliteratur der anfangenden 20er Jahre des 15. Jh.). Auch Hus selbst spricht über seine direkten persönlichen Kontakte mit den Griechen, was wohl so ausgelegt werden kann, daß diese Kontakte bei Gelegenheit einer griechischen Mission an westliche Höfe angeknüpft werden mußten (cf. V. Novotny´ , Mistr Jan Hus I-2, Praha 1921, 309). Zit. bei Paulová, Styky (nt. 10), 315 und ead., L’ Empire (nt. 10), 208. Im Schreiben, das „Anglikos“ im J. 1452 nach Prag brachte, heißt es ausdrücklich: „Etsi dubiam ante de vobis famam habebamus“ (Salacˇ, List církve, 245). cf. unten Text C. S. dazu P. de Vooght, Jacobellus de Strˇ íbro († 1429) premier théologien du hussitisme (Bibliothèque de la Revue d´histoire ecclésiastique 54), Louvain 1972, 122 sqq. Darüber unter Hinzuziehung auch der rumänischen Literatur J. Macu˚rek, Husitství v rumunsky´ ch zemích, in: Cˇasopis Matice moravské 51 (1927), 1 sqq.
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Dabei müssen stets die zeitgenössischen Beziehungen zwischen West- und Ostkirche auf höchster Ebene im Gedächtnis bleiben, da in den Spitzenkreisen beider Kirchen die Unionsfrage sehr lebendig diskutiert wurde. Im Westen geschah dies sowohl im konziliaristischen als auch im kurialen Flügel, im Osten jedoch nur innerhalb der kaiserlichen Partei. Wie weit diese Verhandlungen oder aber nur die Absichten in breiteren Kreisen des Westens bekannt waren, ist jedoch fraglich. Darüber hinaus ist festzustellen, daß sich diese Aktivitäten hier wie dort verschiedentlich überschnitten und miteinander konkurrierten. Dies zu untersuchen, kann hier jedoch nicht weiter verfolgt werden, zumal hierüber bereits umfangreiche moderne Literatur existiert17. Das ist in unserem Kontext insoweit von Bedeutung, da hier die Hussiten eigentlich ein verzerrtes Beispiel vor Augen hatten. Das Ost-West Schisma, das damals schon vier Jahrhunderte andauerte, galt stets als offene Wunde im Leib der Kirche, die geheilt werden sollte, wobei freilich auch machtpolitische Überlegungen im Spiel waren. Trotz allem boten sich scheinbar gute Vorbedingungen und es wurde beiderseits bereits an einer Lösung gearbeitet, wenngleich dabei verschieden wichtige außerkirchliche machtpolitische Momente eine Rolle spielten18. In Bezug auf Böhmen gilt, daß es besonders die communio sub utraque der Ostkirche war, die für die böhmischen Utraquisten große Anziehungskraft besaß. Dies um so mehr, da die katholische Kirche sich davon distanzierte, obwohl es als einer der Punkte der Vier Prager Artikel nach langwierigen Verhandlungen mit dem Basler Konzil in den sogenannten Basler Kompaktata zu Beginn der dreißiger Jahre des 15. Jahrhunderts verankert wurde. So kann es kaum verwundern, daß im hussitischen Böhmen der revolutionären Zeit hier und da diese Auffassung zum Ausdruck kommt, vornehmlich im Traktatgut19. Verschiedene informelle Kontakte mit dem christlichen Osten auf verschiedenen Ebenen sind daher auch in dieser Zeit nicht von vornherein zu verneinen, auch wenn darüber keine schriftlichen Unterlagen existieren beziehungsweise diese als verloren gelten müssen20. Damit sind wir schon in der Zeit der Existenz der eigenständigen hussiti17
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Es genügt die Passagen bei W. Brandmüller, Das Konzil von Konstanz 1414–1418, 1–2, Paderborn 1991–1997, A. Frenken, Die Erforschung des Konstanzer Konzils (1414–1418) in den letzten 100 Jahren, in: Annuarium Historiae conciliorum 25 (1993), 176 sqq. und J. Helmrath, Das Basler Konzil 1431–1449. Forschungsstand und Probleme, Köln–Wien 1987 anzuführen. Über die allgemeinen Züge der Entwicklung vgl. H. Jedin (ed.), Handbuch der Kirchengeschichte, vol. III-2, Vom kirchlichen Hochmittelalter bis zum Vorabend der Reformation, Freiburg–Basel– Wien 1968; M. Borgolte, Die mittelalterliche Kirche (Enzyklopädie deutscher Geschichte 17), München 1992; H. Müller/J. Helmrath (eds.), Die Konzilien von Pisa (1409), Konstanz (1414– 1418) und Basel (1431–1449) (Vorträge und Forschungen 67), Ostfildern 2007, wo die Literatur reichlich vermittelt wird. Es genügt nur an die Konzile in Florenz bzw. Siena und besonders Ferrara hinzuweisen. Hier ist Bartosˇ, Dveˇ studie o husitsky´ ch postilách (nt. 10) grundlegend. Auch die Ostreise des Hieronymus von Prag, Hussens Busenfreund und späteren Mitmärtyrers in Konstanz, der von dem vorgehenden zu unterscheiden ist, war in gewissem Sinne des Wortes
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schen Kirche angekommen, die sich mit der Formulierung der berühmten Vier Prager Artikel konstituiert hat. Diese galten zu Beginn des Ausbruchs der eigentlichen hussitischen Revolution zwar als gemeinsames Programm der verschiedenen hussitischen Flügel, wurden durch die einzelnen Fraktionen jedoch unterschiedlich interpretiert 21. Die dogmatischen Streitigkeiten der hussitischen Parteien sollen hier nicht interessieren, nur ihr Fazit sei in der Weise formuliert, daß sich innerhalb der hussitischen Kirche zwei Hauptrichtungen herauskristallisiert hatten, die zur allgemeinen Kirche unterschiedlich Stellung nahmen: die radikale taboritische Kirche und die der gemäßigten Hussiten. Während sich die erste völlig verselbständigt hat, wollte der gemäßigte Flügel mehrheitlich Teil der allgemeinen Kirche bleiben. Die Utraquisten hatten zwar auf dem Basler Konzil ihre Grundsätze verteidigt und zum Teil auch durchgesetzt, die in die Geschichte als sogenannte Basler Kompaktata eingetreten sind. Von den Prager Artikeln blieben nur Trümmer übrig, nämlich die Bewilligung der Kommunion unter beiderlei Gestalt, deren Einhaltung beziehungsweise Akzeptanz freilich zum Zankapfel wurde, sowohl innerhalb beider Lager als auch zwischen ihnen. Letzten Endes mußte sich der radikale Flügel der Hussiten nach der Schlacht bei Lipany und auch sonst dem gemäßigten hussitischen Hauptstrom unterordnen. Ähnliches geschah aber auch in der allgemeinen Kirche, wo die kuriale Partei gegenüber den letzten Spuren des Konziliarismus stets an Kraft gewann und deshalb dessen Verpflichtungen nicht übernommen hat. Ein Verbot der Kommunion unter beiderlei Gestalt seitens der Kurie wurde jedoch erst nach dieser Phase aufgestellt. Tschechischer- beziehungsweise utraquistischerseits hat man mit dem liturgischen Inhalt des Gottesdienstes auch eine wichtige Personalfrage verknüpft, nämlich die kirchenrechtlich ordentliche Ernennung des hussitischen Erzbischofs und folglich der Klerisei, oder besser gesagt die Ernennung des längst schon als „gewählter“ hussitischer Erzbischof amtierenden Priesters Johann Rokycana, der auch als enger Mitarbeiter des Landesverwesers Georg von Podiebrad galt22. Diese Forderung war schon an sich von grundlegender Bedeutung, sie wurde jedoch von Jahr zu Jahr dringlicher, da die hussitische Kirche unter einem Mangel kirchlich ordinierter Priester litt. Die zufälligen Ordinationen im christlichen Osten waren eher Ausnahmen, die die Situation nicht verbessern konnten, ähnlich wie die der wenigen lateinischen Weihbischöfe, die man für dieses Ritual gewinnen konnte, beziehungsweise die fremden, vornehmlich polnischen Priester, denen die hussitischen Ideen nahestanden. Da die böhmische utraquistische Kirche stets als ein Teil der allgemeinen Kirche betrachtet werden wollte und da die
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unter dieser Ägide unternommen worden (cf. F. Sˇ mahel, Jerony´ m Prazˇsky´ , Praha 2010, 61 sqq. und 99 sqq. Vgl. auch Macu˚rek, Husitství v rumunsky´ ch zemích [nt. 16], 1 sqq.) Es genügt, auf Sˇ mahel, Hussitische Revolution (nt. 2), vol. 3, Register 2213 hinzuweisen. Die katholische Kirche hat zwar verschiedene eigene Kandidaten für die Prager erzbischöfliche Würde vorgelegt bzw. gar ihre Tätigkeit ins Leben gerufen, doch waren diese Personen – wenn überhaupt – nur marginal im Lande zur Kenntnis genommen worden.
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Kurie ihre Forderungen nicht akzeptierte und eine völlige Unterordnung, ja Unterwerfung forderte, überdies mit verschiedenen Obstruktionen, da sie sich nicht durch „Basel“ gebunden fühlte, gerieten die böhmischen Utraquisten mehr und mehr in eine sehr mißliche, wenn nicht verzweifelte Lage. Damit konnte und wollte sich die majoritäre hussitische Kirche auf Dauer freilich nicht zufrieden geben und drängte immer intensiver darauf, die Kompaktata, die den Kelch sanktionierten, kirchlicherseits zu halten beziehungsweise umzusetzen. Man muß sich zugleich vergegenwärtigen, daß dies alles in einer auch für die Kirche sehr turbulenten Zeit geschah. Auch für die Hussiten war diese zum Teil königslose Epoche nicht eben einfach23. Obwohl die laufenden Kontakte der Hussiten mit den kirchlichen Gesandten im Lande vonseiten der Kirche kaum Positives versprachen, hatte der repräsentative Pilgramer Landtag im Jahre 1446 beschlossen, nach Jahren doch eine offizielle Gesandtschaft mit diesen Forderungen zum Papst nach Rom zu schicken, was an dem kurz darauf folgenden Martinstag in Prag präzisiert wurde24, wo auch die Auswahl der Delegationsmitglieder stattfand. Unter ihnen befanden sich sowohl Weltliche als auch Geistliche, zu einem guten Teil schon aus der jüngeren hussitischen Generation. Folgende Namen sind überliefert 25: Von den Weltlichen waren es der kleinadelige Johann Malovec von Pacov, der von den radikalen Taboriten zu den „Zentristen“ wechselte 26, der Gönner der Prager Universität Mathias Louda von Chlumcˇany 27 und der Kuttenberger Bürger- und Hofmeister Martin Kucˇka28. Von den Geistlichen nahmen teil der hochbetagte Gefährte Hussens aus Konstanz und zugleich Biograph seiner Konstanzer Tage Peter aus Mladoniowicz 29, der schließlich wahrscheinlich aber nicht mitgereist ist, ferner der Pole 23
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Dazu besonders Urbánek, Cˇeské deˇjiny (nt. 10), passim und id. Konec Ladislava Pohrobka, Praha 1924, neu im breiten Kontext auch P. Cˇornej in: id./M. Bartlová (eds.), Velké deˇjiny zemí Koruny cˇeské 6, Praha 2007, 102 sq. Deutscherseits, soweit ich sehe, reflektieren die nachkriegszeitlichen deutschen Darstellungen diese Episode kaum. Cf. e.g. F. Seibt, Revolution und Hussitenkriege 1419–1436, in: K. Bosl (ed.), Handbuch der Geschichte der böhmischen Länder, vol. 1, Stuttgart 1967. Eine ausführliche Schilderung der Verhandlungen, die an dieser Tagung zu Wort kamen, sowie folgender Ereignisse liest man bei Urbánek, Cˇeské deˇjiny (nt. 10) 77 sq. und dann öfter nach Register (Stichwort „Sjezdy“, 1031). In verschiedenen, jedoch nicht allen Handschriften der sog. ‚Alten böhmischen Annalen‘ (vgl. z. B. die sog. Breslauer Hs. in der Edition von F. Sˇimek/F. M. Bartosˇ (eds.), Staré letopisy cˇeské z vratislavského rukopisu, Praha 1937, 104 findet man konkret angeführt nur die Geistlichen, nicht näher eingereihten Jakob und Nikolaus Zacheus und den Ritter Malovec, der Autor führt aber fort, daß auch andere dabei waren. Der Geleitbrief des Papstes spricht gar über ein Gefolge von bis zu 100 Mann (vgl. Urbánek, Cˇeské deˇjiny [nt. 10], 161 nt. aus den Vatikanischen Registern). Sˇmahel, Hussitische Revolution (nt. 2), 1605 und 1630, sowie J. Hejnic/M. Polívka, Plzenˇ v husitské revoluci, Praha 1987, 345. Über ihn M. Svatosˇ, Listiny k pocˇátku˚m koleje Matyásˇe Loudy z Chlumcˇan, in Historia Universitatis Carolinae Pragensis 17–1 (1977), 71–96. Urbánek, Cˇeské deˇjiny (nt. 10), 100, der auch sonst Wichtiges zur Zusammensetzung der Gesandtschaft bringt. Cf. auch J. Kejrˇ, Právní zˇivot v husitské Kutné Horˇe, Praha 1958, 62. Über ihn Z. Fiala, O zˇivoteˇ a díle Petra z Mladonˇovic, in: Petra z Mladonˇovic Zpráva o mistru Janu Husovi v Kostnici, Praha 1965, 9–30.
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Nikolaus Zacheus und ein gewisser Jakob, den erst F. M. Bartosˇ mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit mit einem literarisch tätigen südmährischen Pfarrer identifizieren konnte30. Ihm fiel in Rom die Schlüsselrolle des Delegationssprechers zu. Aus mehreren subjektiven, wie auch objektiven Gründen finden wir hier den Namen Rokycanas nicht, der schon früher den Versuch, nach Rom zu fahren, gewagt hat, schließlich jedoch aus Deutschland nach Hause zurückkehrte. Von allen diesen Leuten interessieren uns vornehmlich Zacheus und Jakob. Überraschenderweise tauchen diese Priester in anderen schriftlichen Quellen so gut wie nicht auf, obwohl sie sicher auch sonst eine wichtige Rolle im utraquistischen Zeitgeschehen gespielt haben müssen. Nur über den Polen Nikolaus Zacheus konnten wir bisher eine gesicherte Information erhalten, nämlich daß er von kleiner Gestalt und beispielhaften Lebens war, was nicht eben umwälzend ist 31. Doch kann man mit ihm höchstwahrscheinlich noch eine andere Handschrift von aktuellem theologischen Inhalt verknüpfen, die zudem eine massive polnische Teilnahme in der hussitischen Priesterschaft bezeugt, zugleich aber, was mir wichtig erscheint, Zacheus’ tiefere theologische Bildung ausweist 32. Daß er im Besitz einer Bibliothek sein mußte, steht außer Zweifel. Die utraquistische Gesandtschaft 33 erfuhr über das Ableben Eugens IV., über den Wechsel in Rom sowie über die Thronbesteigung Nikolaus’ V. wohl erst, als sie schon unterwegs war34. Die Gesandtschaft wurde an der Kurie mit Mißtrauen empfangen, da ihr die Delegation der böhmisch-katholischen Partei vorausging,
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Das geschah in seinen, Dveˇ studie o husitsky´ ch postilách (nt. 10), 65, wo er ihn mit dem Priester Jakob von Jemnice zu identifizieren versucht. Die diesbezügliche Postille ist in einer einzigen Abschrift erhalten geblieben. Das geht aus dem knappen „Drei-Mann-Nekrolog“ in der Handschrift A 69-1 der Prager Metropolitankapitelbibliothek hervor. Der Zacheus-Eintrag wurde bei A. Patera–A. Podlaha, Soupis rukopisu˚ knihovny metropolitní kapitoly prazˇské 1, Praha 1910, 65 gedruckt, der wohl Pfarrer im mittelböhmischen Kondrac war und 1467 starb. Cf. auch J. Marek, Husitské postily prˇ ipisované mistru Václavovi z Dráchova, in: Národní knihovna Cˇeské republiky. Miscellanea oddeˇlení rukopisu˚ a stary´ ch tisku˚ 18 (2003–2004), 5 sq. Die Hs. nennt zwar als ersten bekannten Besitzer den katholischen Büchersammler und Prager Kanoniker Johann Herttemberger von Elbogen († um 1498), doch nach den nekrologischen Einträgen hat sie ursprünglich sicher irgendjemandem aus dem utraquistischen Umkreis gehört, obwohl ihr Inhalt traditionell ist. Zwei kyrillische Glossen – inhaltlich indifferent – können doch schon durch ihre Existenz von Interesse sein. Es handelt sich mit höchster Wahrscheinlichkeit um die Hs. D 52 derselben Bibliothek (Nr. 618, 362), die nach dem Besitzeintrag einem weiteren polnischen Priester, Jakob Costa, gehört hat und die Zacheus lebenslänglich zur Verfügung gestellt wurde. Die Hs. beinhaltet nicht nur ein polnisches sermo, sondern auch zwei damals aktuelle Texte. Einen polemischen Traktat gegen einen griechischen Theologen namens Athanasius, der das Fegefeuer negierte sowie einen Katalog der durch die Taboriten verteidigten Irransichten eines mir nicht näher bekannten Deutschen, Nikolaus von Czerucz betrifft dasselbe Thema. Übrigens muß die wichtige Rolle der polnischen Priester in böhmischer Reformation hoch geschätzt werden, wie auch die reine Gestalt des Michael von Polen bezeugt: vgl. Bartosˇ, Dveˇ studie (nt. 10), 68 sqq. Ausführliche Darstellung dieser Romreise findet sich bei Urbánek, Cˇeské deˇjiny (nt. 10), 160–187. So nach den ‚Alten böhmischen Annalen‘, ibid., 160, während Cˇornej meint, daß die Gesandten davon schon in Prag benachrichtigt wurden, cf. Cˇornej, Velké deˇjiny (nt. 23), 93.
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die nicht nur zu Distanz, sondern eher zu hartem Widerstand riet. Da ihr wichtigstes Mitglied, Prokop von Rabenstein, sogar ein enger Freund des neuen Papstes war (er führte beispielsweise auch dessen Schimmel vom Konklave nach St. Peter am Zügel!), standen die Chancen für das Anliegen der Hussiten äußerst schlecht. Darüber hinaus gelang es der Kurie noch vor Eugens Tod auch die Frage des unbequemen Basler Konzils zu meistern, da auch die letzten wichtigen, bisher neutralen beziehungsweise dem Basler Papst zugeneigten Mächte die römische Obödienz anerkannten. Damit fielen für die Kurie auch die letzten Hürden, die der rigorosen Behandlung der sogenannten Basler Kompaktata35 im Wege standen. Die hussitische Gesandtschaft erreichte Rom am 1. Mai 1447. Sie wurde zwar entgegenkommend empfangen, jedoch erst nach vier Wochen zur Audienz vorgelassen. Schon die dieser Audienz vorausgehenden Äußerungen der Kurialen, wie Kardinal Johann Karvajal oder Heinrich Kalteisen, ließen vermuten, daß weder der Kelch noch Rokycanas erzbischöfliche Würde eine Chance auf Erfolg haben würden. Kardinal Karvajal drohte den Hussiten gar mit einem neuen Kreuzzug. Das Audienzergebnis war also gleich Null, so daß es kaum überrascht, daß der Sprecher der Hussiten Priester Jakob in seiner Stellungnahme formulierte: „Sie zwingen uns, uns vom römischen Stuhl zu trennen“. Für weitere Überlegungen ist es wichtig zu wissen, daß die Utraquisten dabei mit dem Ritus der Griechen argumentierten, so daß die Meinung, sie bezögen sich auf Felix V. und das Konzil von Basel, kaum standhält. Die zurückgekehrte Delegation erstattete bei dem Treffen im südböhmischen Neuhaus über ihre Romreise im September desselben Jahres Bericht. Ohne die verwickelten und sich stets wandelnden innenpolitischen Verhandlungen verfolgen zu müssen, ist es jedoch nötig, sich der politisch und kirchlich grundlegenden Frage nach der Kommunion unter beiderlei Gestalt und der Ordination des Prager Erzbischofs zu widmen. Die Ankündigung, an die Südostkontakte anknüpfen zu wollen, war keine leichtsinnige Drohung und eigentlich überhaupt keine Drohung, sondern ein Versuch, einen Ausweg aus der Sackgasse zu finden. Übrigens war es auch die Kurie selbst, die wiederholt Kontakt mit der Ostkirche suchte. Freilich galt das auch umgekehrt und umso intensiver aufgrund der Hoffnung, daß sich der Westen politisch und militärisch engagieren und den Fall des politisch und militärisch schwachen byzantinischen Kaisertums, das von den türkischen Muslimen gefährlich eingekreist war, verhindern werde. Die kurzsichtigen kirchlichen wie weltlichen Kreise des Westens engagierten sich freilich kaum in entsprechender Weise, so daß der allmähliche Verfall Konstantinopels kaum zu verhindern war. Inwieweit die Hussiten imstande waren, dies einzuschätzen, ist
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Knappe Rekapitulation neuerdings bei J. Válka, Kompaktáta a kapitulace. Charta stavovsky´ ch svobod, in: Cˇasopis Matice moravské 129 (2010), 19–43. Eine neue Arbeit über die Kompaktata von F. Sˇmahel, Basilejská kompaktáta, Praha 2011 ist soeben erschienen.
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freilich kaum zu entscheiden, doch muß ihnen die Situation im allgemeinen bekannt gewesen sein. Und vor diesem Hintergrund spielt sich ein seltsamer Akt politischer und kirchlicher Verzweiflung ab, eine bemerkenswerte Episode am Schachbrett der spätmittelalterlichen Geschichte, die leider nur allzu wenig und einseitig dokumentiert ist, wobei Privates von Institutionellem nicht immer leicht zu unterscheiden ist. Vom Eindringen der hussitischen Lehre auf den Balkan und sicher auch zumindest mittelbar in Konstantinopel ist schon die Rede gewesen36. Die Aktivitäten der späten vierziger Jahre des 15. Jahrhunderts erwuchsen unmittelbar aus der negativen Erfahrung der Romreise und dem ständig wachsenden Bedürfnis der Utraquisten nach einem ordinierten Klerus, denn die Episode der ganz wenigen italienischen Weihbischöfe, die sich überreden ließen, die hussitischen Priester zu weihen, hatte nur kurz Bestand 37. Von utraquistischer Seite konnte man aus mehreren Gründen keine offiziellen Verhandlungen beginnen, so daß man zuerst vorsichtig sondieren mußte, da in Byzanz die kirchenpolitische Situation ganz anders war und sich dort zwei tief verfeindete Flügel gegenüberstanden. Wir wissen zwar nicht ausdrücklich, wer auf hussitischer Seite konkret hinter dieser Mission stand, und wir sind auch nicht sicher, wer der direkte Kontaktmann war, doch muß es sich um eine Mission gehandelt haben, die nicht ohne Wissen der höchsten utraquistischen Kreise unternommen worden sein konnte. Obwohl man den bescheidenen und zuerst diskreten Weg gewählt hatte, einen einzelnen Mann zu schicken, so ist doch klar, daß es sich um einen Mann handeln mußte, der sowohl erfahren und gebildet als auch repräsentativ genug war. Auch weiß man leider nichts über den konkreten Verlauf dieses Auftrags, dessen Existenz jedoch nicht angezweifelt werden kann. So kann man vermuten, daß er doch zumindest mit dem stillschweigenden Segen der führenden Utraquisten stattgefunden hat, was auch der anknüpfende Briefwechsel beweist. Und eben das kann zur Diskussion über den Namen und besonders über die Persönlichkeit des Boten, oder eher Kontaktmannes nicht unbedeutend beitragen, dessen Identität immer noch weitgehend unbekannt ist. Sein Name erscheint in den Quellen unerwartet und ohne entsprechenden Kontext in der zweiten Hälfte des Jahres 1451 und direkt im Zusammenhang mit Konstantinopel. Er heißt dabei Konstantin Anglicus oder Anglikos (die verballhornte Form Angelicus wird längst nicht mehr akzepiert). Da sich dieser Name 36
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Besonders Macu˚rek, Husitství (nt. 16). Cf. auch Macek (ed.), Mezinárodní ohlas husitství, Praha 1958, der jedoch sehr durch den marxistischen Schematismus belastet ist. Zu unserer Problematik direkt äußert sich jedoch dieser Band nicht, da es sich um die Spätzeit handelt, die dort nicht behandelt wird. Dagegen ist auch vor dem zweiten Extrem zu warnen, das sich jetzt durchzusetzen beginnt, wenn nämlich die positiven auswärtigen Einflüsse des Hussitismus minimalisiert werden. In der Tat ist nur ein Fall des entführten katholischen Weihbischofs bekannt, der die Priester der Taboriten, jedoch nur in ihren allerersten Anfängen geweiht hat; es handelte sich um Hermann von Mindelheim (cf. Sˇmahel, Hussitische Revolution [nt. 2], vol. 2, 650).
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im bisher bekannten und relativ gut erforschten hussitischen Milieu nicht findet, haben sich in der Forschung zwei auseinandergehende Ansichten entwickelt. Der ersten nach ist es unmöglich, Konstantin eindeutig zu identifizieren. Das war auch der Grund dafür, warum man darauf verzichtete, es auch nur zu versuchen38. Nach der zweiten aber könnte es sich um den profilierten hussitischen Politiker, Theologen und Priester handeln, der nach seiner englischen Heimat Anglicus (auf Tschechisch Petr Englisˇ) benannt war, nämlich um den ursprünglich Oxforder Wycliffianer Peter Payne, der aus kirchenpolitischen Gründen nach Böhmen fliehen mußte, wo er seine zweite Heimat fand. Er hat in Böhmen mit aller Macht in den Reihen der gemäßigten Utraquisten gearbeitet und gedient und auf dem Basler Konzil sogar einen der Punkte der Vier Prager Artikel verteidigt. Es könnte also durchaus sein, daß er schon bald den oben erwähnten Beinamen erhalten hat 39. Nach Constantin Höfler, der diese Lösung zunächst im Jahr 1866 noch vorsichtig als Hypothese anbot, war es vornehmlich Frantisˇek M. Bartosˇ, der sie in mehreren Arbeiten als gut gesichert präsentierte, wobei alle – auch seine eigenen – Argumente immer nur indirekt sind, obwohl die positiven Anzeichen bedeutend schwerer wiegen40. Übrigens ist diese Frage nicht von entscheidender Bedeutung, wenn man weiß, daß die offiziellen Utraquistenstrukturen dahinter standen. Die Wichtigkeit, die die Utraquisten diesen Beziehungen beigemessen haben, erhellt auch daraus, daß sie ihrem Bevollmächtigten als diplomatisches Geschenk für die Ostkirche einen wertvollen Kodex anvertraut haben, das später sogenannte Reimser Krönungsevangeliar der französischen Könige. Es handelte sich um ein kirchenslavisches Evangeliar aus dem Besitz des einzigen dem Hussitentum zugeneigten Klosters. Der Kodex stammte aus der Bibliothek des sogenannten slavischen Emausklosters, das von Karl IV. in der Prager Neustadt gegründet worden war. Der Haupttext dieses Kodex, in glagolitischer Schrift verfasst, wurde für den Autograf des einzigen tschechischen Heiligen slavischen Ritus, nämlich des Gründers des Klosters Sazava, des Heiligen Prokop, gehalten41. Die hussitischen Tschechen haben auf diese Weise das zu realisieren versucht, was sie in größter liturgisch-kirchenpolitischer Not schon mindestens zweimal
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Hier sind die Protagonisten Rudolf Urbánek und Milada Paulová und z. T. auch die Forschung von Antonín Salacˇ (cf. nt. 10) zu nennen. Es hätte wenig Sinn den Gang der Forschung in dieser Richtung darbieten zu wollen. Das umso weniger, da es in der entsprechenden oben und folgend zit. Literatur in reichlicher Weise geschieht. Zum oben nt. 10 Angeführten vgl. noch F. M. Bartosˇ, Literární cˇinnost M. Jana Rokycany, M. Jana Prˇ íbrama, M. Petra Payna (Sbírka pramenu˚ k poznání literárního zˇivota cˇeskoslovenského III-9), Praha 1928, 90–111. Bartosˇ, M. Petr Englisˇ (nt.10), 41. Vgl. dazu K. Stejskal, Malby v klásˇterˇe Na Slovanech a jejich vztah k evropskému umeˇní, in: Emauzy. Benediktinsky´ klásˇter Na Slovanech v srdci Prahy, hg. von K. Benesˇovská und K. Kubínová, Praha 2007, 223 mit weiterführender Literatur. Gegen Urbánek, Cˇeské deˇjiny (nt. 10), 544, nt. 1, der diese Tatsache für nichtig hält, bin ich der Überzeugung, daß sie wichtig ist, wenn wir über enge Beziehungen Paynes mit diesem Kloster, in dem er auch längere Zeit wohnte, wissen.
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öffentlich – wie oben skizziert – deklarierten. Man muß jedoch die Frage stellen, was in der Zeit zwischen Mitte 1447 und 1452, als die hussitisch-byzantinischen Verhandlungen ans Tageslicht traten, im Lande geschah. Denn die Zeitspanne zwischen der konkreten Überlegung bis zum Versuch, wirklich Kontakte mit Byzanz zu knüpfen, scheint wegen der schon erwähnten Aktualität, ja Dringlichkeit der Sache ziemlich groß zu sein. Man kann jedoch gut verstehen, daß die Entscheidung zu einem solchen schicksalhaften Schritt nicht Hals über Kopf zu treffen war. Darüber hinaus muß man auch die innere Geschichte Böhmens dieser Jahre in Betracht ziehen. Dann ist die Antwort eigentlich nicht allzu kompliziert. Denn die innenpolitische Lage dieser Jahre war sehr dynamisch, geradezu turbulent. Es fand der erbarmungslose politische und gelegentlich gar bewaffnete Kampf um die Herrschaft im Land statt, in dem es Georg von Podiebrad schließlich gelang sich durchzusetzen. Doch auch Rokycana, der noch persönlich nach Rom reisen wollte, jedoch aus Bayern zurückkehrte, sowie Payne saßen wieder fest im Sattel, nachdem sie mit Geord von Podiebrad in Prag die Oberhand gewonnen hatten, so daß man wieder langfristiger denken und handeln konnte. Darüber hinaus darf man nicht vergessen, daß die konkrete Entscheidung zu solchen von tschechischer Seite tiefgreifenden Verhandlungen die geläufigen Horizonte überschritt. Diese mußten wenigstens in ihren Anfängen, wenn nicht geheim, so mindestens vertraulich gehalten werden, da solche Verhandlungen nur als Aufstand gegen die herrschende Macht verstanden werden konnten. Dies um so mehr, da in Böhmen eine gewichtige katholische Partei tätig war, die eng an die Kurie gebunden war. Übrigens sind zaghafte Verhandlungen mit der Kurie auf verschiedenen Ebenen niemals erloschen. Aber das ceterum autem censeo des „los von Rom“ hat der beharrliche päpstliche Gesandte Juan Carvajal in Prag wiederholt hören müssen, diesmal aus dem Mund Peters von Mladionowicz. Nachdem der böhmische Landesverweser Georg von Podiebrad (ab 1458 böhmischer König) im Jahr 1448 die böhmische Hauptstadt Prag beherrscht hatte, festigte sich innenpolitisch auch die Stellung des profilierten kirchlichen hussitischen Staatsmannes Johann Rokycana, der viele Jahre der hussitische Kandidat für den Prager erzbischöflichen Stuhl war. Doch die außenpolitische Situation war lange nicht so günstig und verschlechterte sich, je mehr Unterstützung sowohl der geistlichen wie der weltlichen Mächtigen das Basler Konzil verlor. Das spiegelte sich auch in den diesbezüglichen Verhandlungen wider42, die um diese Zeit das hussitische Böhmen mit der kurialen Partei führte. Wenn man davon ausgeht, daß Peter Payne in diesen Verhandlungen eine Rolle spielte, ist die Frage nach seinem Itinerar legitim. Diesbezüglich gibt es leider nur ganz wenige Anhaltspunkte. Die letzte Nachricht über ihn als Peter Payne vor den oben skizzierten Ereignissen stammt aus dem Jahr 1443, als er an einer hussitischen Synode teilnahm. Ansonsten lebte er im Exil im nordwestböhmischen Saaz.
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Cf. besonders die oben angeführten Arbeiten von Urbánek, Cˇeské deˇjiny (nt. 10) und Sˇmahel, Hussitische Revolution (nt. 2).
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Wenn wir der Identifizierung dieses anonymen Gesandten nach Byzanz mit Payne Glauben schenken wollen, so war er in diesen Jahren im Rahmen einer Art von Mission in Moldawien43. Eindeutig als Peter Payne wird er in englischen Handschriften jedoch nur noch im Jahr 1456 als tot erwähnt. In der Zwischenzeit finden sich keine Aufzeichnungen über ihn. Es bietet sich daher der sonst unbekannte Konstantinos Anglikos an, der mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit Peter Payne identisch ist. Dieser Mann gilt dann in der Kommunikation des hussitisches Böhmen mit Byzanz als eine Schlüsselgestalt. Die politische und kirchenpolitische Lage in Europa war damals mehr als sonst voll von Paradoxien, derer man sich bei kritischer Bewertung der hussitischen Denkweise und Strategie stets bewußt sein muß. Das erste Paradox war, daß zu dieser Zeit jahrelange Verhandlungen zwischen Ost und West über die Möglichkeit einer Union stattfanden44, freilich mit verschiedenen Unterbrechungen und Akzenten, nachdem die in Florenz schon im Jahr 1439 verabredete Union gescheitert war. Da alle interessierten Parteien mehr oder weniger verzweigt waren, konnte keine einhellige und deshalb autoritative und der Gegenpartei imponierende Stellungnahme in Konstantinopel formuliert werden: in der westlichen Kirche Papst und Konziliarismus, in Byzanz der Kaiser und der oppositionelle Flügel der Klerisei unter der Führung Gennadios’, der die Unionsversuche des Kaisers Konstantinos torpedierte; in Böhmen dann die gemäßigten Hussiten unter der Führung Johann Rokycanas und die Klerisei der Taboriten; die Katholiken hingegen besaßen über diese Verhandlungen, die geheim gehalten wurden, wohl längere Zeit überhaupt keine Kenntnis. Über eventuelle vorhergehende unverbindliche Orientierungskontakte ist nichts bekannt, sie werden wohl auch kaum stattgefunden haben, so daß man vermuten kann, daß hier sozusagen va banque zu spielen begonnen wurde. Als deus ex machina erscheint vor der Wende der Jahre 1451–1452 in Konstantinopel die Person, die sich Konstantinos Platris45 (Cesis) Anglikos nennt und die
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Nach seiner in Konstantinopel proklamierten Konfession, die mehrmals in der Literatur, auch der russischen, interpretiert wird und zuletzt von Salacˇ analysiert und auch herausgegeben wurde, cf. den entsprechenden Hinweis unten nt. 52 und Urbánek, Cˇeské deˇjiny (nt. 10), 542 sowie Paulová in ihren beiden parallelen Studien l. c. Es genügt nur auf Helmrath, Das Basler Konzil (nt. 17), 372 sqq. hinzuweisen. Aus Versehen schreibt Salacˇ in der tschechischen Zusammenfassung von id., Constantinople et Prague (nt. 10), 96, daß sich dieser Mann Peter Platris nenne. Der Name Peter taucht jedoch in keinem der Dokumente auf. Cf. ibid., 28. Der für enigmatisch gehaltene Name, der den ursprünglichen Vornamen des tschechischen Emissärs bezeichnen sollte, wurde von der Forschung nicht identifiziert. Nur Bartosˇ, Neˇmeckého husity (nt. 10), 6 nt. 1 spricht davon, daß es sich wohl um eine Verballhornung der Vorlage im griechischen Text handelt, jedoch die eventuelle ursprüngliche Form nicht erwähnt. Urbánek sagt dann nur sehr zurückhaltend, daß der Name „schwer zu vermuten“ sei (542 sq.). Doch scheint mir, daß man sich die Verballhornungsform Platris leicht aus Petrus vorstellen kann.
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Salacˇ, sicher zu unrecht, aufgrund des Zeugnisses eines fanatischen lateinischen Reimschmiedes, als einen bemitleidenswerten Pilger präsentiert46. Zum byzantinischen Gesprächspartner des tschechischen Emissärs47 wurde der Vorstand des Pantokratorklosters Gennadios (Georgios Scholarios), der nach Salacˇ diesen armen Mann mißbraucht hat und der in einer ähnlichen Lage wie Johann Rokycana in Böhmen war. Er wurde nämlich ebenfalls nicht formell und offiziell zum Patriarchen auserkoren, galt aber innerhalb der byzantinischen Kirche als eigentliches theologisches Haupt, zugleich als Anführer der kirchlichen Opposition dem Kaiser gegenüber, der die Erfüllung einer kirchlichen West-OstUnion anstrebte. Das bedeutet mit anderen Worten, daß er kaum zu einem offiziellen Kontakt befähigt war. Das hat Anglikos im Gewirr buchstäblich todbringender Kämpfe der byzantischen Gesellschaft und Kirche wohl kaum sofort, wenn überhaupt, begreifen können. Dies umso weniger, da Gennadios während seiner Anwesenheit in Konstantinopel doch über das bis zu einem gewissen Grad benötigte kirchliche Hinterland verfügte. Übrigens galt dasselbe auch für die Ostkirche selbst, die kaum eine klare Vorstellung über die konkrete Lage in Böhmen gehabt hatte. Die Verhandlungen wurden deshalb vonseiten der Griechen zu Beginn sicher zurückhaltend geführt, zunehmend jedoch immer intensiver und entgegenkommender, besonders als Gennadios’ Partei alsbald erkannte, daß sie die ganze causa im Kampf mit dem kaiserlichen unionistischen Flügel zum eigenen Vorteil nutzen konnte. So geschah es zum Beispiel, daß Anglikos zur Orthodoxie übertrat; ob freiwillig oder unter Druck Gennadios’ sei dahin gestellt. Anglikos’ Gesprächspartner, die in vehementer Opposition zum „caesaropapistischen“ Hauptstrom standen, bereiteten dem hussitischen Boten große Schwierigkeiten. So zwangen sie ihn nicht nur, die „westlichen Irrlehren“ abzulehnen, sondern auch zum Eintritt in die Ostkirche und schließlich zur Annahme des neuen Namens Konstantinos. Man kann diesbezüglich nur konstatieren, daß Peter zum Erreichen seines Ziels alle Mittel für geeignet hielt, obwohl es von einer gewissen Ironie zeugt, daß er eben nicht an die richtige Tür schlug, sondern mit der byzantinischen Kirchenopposition verhandelte. Im Zuge der turbulenten Verhältnisse während der tödlichen Bedrohung der Stadt, die als letzte Festung der christlichen Kultur galt, war die Lage jedoch völlig unübersichtlich, selbst für die Einheimischen und dann umso mehr für einen Neuankömmling. Daß Gennadios auf diese Weise einen 46
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Es handelt sich um einen gewissen Ubertino Puscolo (wohl kaum ein Augenzeuge, wie Paulová, Styky [nt. 10], 316 oder id., L’Empire [nt. 10], 208 will, höchstens ein ziemlich naher Zeitgenosse) hat ihn nicht eben allzu freundlich vorgestellt: „hereticus quidam Boemius, monstrum hominis, lapidumque lupum velabat,, toto vollosus corpore, barbarus“ (zit. nach Salacˇ, Constantinople et Prague [nt. 10], 95 sq., besonders expressiv ibid. 98). Da er dabei auch über seine Haut spricht „mit dem ganz behaarten Körper“ ist klar, daß es sich um rauhe dichterische Lizenz handelt, die den hussitischen Ketzer demütigen sollte, freilich ähnlich seine griechischen Gesprächspartner. Cf. auch Anm. 48. Freilich wird Peter so nicht tituliert, aber aus dem Kontext ist klar, daß es sich dabei um keine private Sache handelte.
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Verbündeten, wenn auch einen schwachen, gewinnen wollte, scheint aber wahrscheinlich zu sein. Peters öffentliche Erklärung, das erste Dokument, das uns über diese Geschichte überhaupt informiert, ist ein theologischer Text 48, so daß wir darin leider nur ganz wenige historische Fakten und kaum konkrete Hintergründe finden, die den Sinn seiner Mission begründen könnten, von einem eventuellen Auftrag ganz zu schweigen. Diesen können wir erst aus der Antwort der Konstantinopolitaner ableiten. Die Verhandlungen standen unter dem ständigen Druck der kaiserlichen Gruppierung, die laufende Kontakte mit der Kurie pflegte und es war griechischerseits höchstwahrscheinlich Kaiser Konstantinos selbst, der sich um das Scheitern der hussitisch-griechisch/byzantinischen Union seiner „Konkurrenzpartei“ bemühte. Inwieweit dies alles Anglikos zur Kenntnis genommen hat, ist mehr als fraglich, denn es war nicht im Sinne der Partei des Gennadios, mit Bezug auf die inneren Zwistigkeiten innerhalb der byzantinischen Kirche zu vermitteln. Der konkrete Verlauf der Verhandlungen kann leider nicht rekonstruiert werden, da keine historiographischen Anhaltspunkte zur Verfügung stehen. Doch besitzen wir etliche Texte von beiden Seiten, die schon zu verschiedenen Zwekken benutzt worden sind, jedoch noch immer einer systematischen Einordnung bedürfen: seitens der Ostkirche drei sowie utraquistischerseits zwei sich sehr nahe stehende Fassungen eines einzigen Briefs, mit dem die ganze Episode abbricht. Ob dieser Brief überhaupt in die Hände des Gennadios beziehungsweise seiner Gefährten gelangte, ist mehr als fraglich, denn die politisch militärische Lage hatte sich in und um Konstantinopel so sehr zugespitzt, daß schon die Reise selbst als sehr gefährliches Unternehmen bezeichnet werden kann49. Jedoch nimmt Urbánek an, daß sie zustande kam und erst bei dieser Gelegenheit das sogenannte Reimser Evangeliar von den Utraquisten der orthodoxen Kirche übergeben wurde50. Es handelt sich um die folgenden Texte: A – Die auf griechisch verfasste Glaubenserklärung (Díbelloß tæß pístewß) Konstantins51, die als das Jahresdatum die Zahl 6960 angibt. Wenn man diese Angabe auf unsere Jahreszählung umrechnet, so erhalten wir die Zeitspanne zwischen dem 1. Oktober 1451 und dem 30. September 145252. 48 49 50
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Cf. nt. 41. Cf. noch konkreter unten. Urbánek, Cˇeské deˇjiny (nt. 10), 610 sq. obwohl es dafür keine Anzeichen gibt. Aus dem unten Gesagten geht jedoch hervor, daß es zu einer Übergabe während des ersten Kontaktes kommen mußte, wie oben geschildert wurde. Letzte Edition der Originalfassung mit französischer Spiegelübersetzung bei Salacˇ, Constantinople et Prague (nt. 10), 28–39 mit berechtigter kritischer Stellung zu bisherigen Editionen. Cf. auch ibid., 25 sq. und 98 sq. Tschechische Übersetzung ibid., 82–86. Die Datierung vom 18. Januar 1451, was jedoch in der byzantinischer mittelalterlicher Datierungsweise das Jahr 1452 bedeutet, hat schon F. Palacky´ , Deˇjiny národu cˇeského v Cˇechách a v Moraveˇ IV-1, Praha 21877, 259 nt. 244 geklärt. Ansonsten cf. G. Friedrich, Rukoveˇt’ krˇest’anské
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B – Die auf griechisch verfaßte ausführliche Auslegung (ºEkjesiß) der Theologie der orthodoxen Kirche Konstantinopels als eine Art Vervollständigung beziehungsweise als Nachtrag zur Glaubenserklärung Konstantins zur Belehrung der Utraquisten53. C – Der griechisch-lateinische Originalbrief der Konstantinopolitaner Kirche, adressiert an die Gemeinde der Stadt Prag sowie an alle Rechtgläubigen in partibus transmontaneis, der dem Doktor und Priester Konstantin Anglikos zur Überbringung anvertraut wurde. Datiert wird das Schriftstück auf den 18. Januar 1451, was jedoch wegen des damals verschobenen Jahresanfangs das Jahr 1452 bedeutet54. Da – die Antwort der böhmischen Utraquisten in der Fassung des utraquistischen Konsistoriums vom 29. September 1452, konzipiert also einen Tag nach dem Verdikt im Streit zwischen den Taboriten und Utraquisten zugunsten letzterer55.
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chronologie, Praha 1934, 72 sowie H. Grotefend, Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit, vol. 1, Hannover 1891, zweite Paginierung, Tafel XXX, 132). Die Quelle vermittelt relativ fehlerhaft nur die Edition des Jahres 1698, die nur ganz allgemein anführt, daß als Vorlage ein „sehr altes Buch“ diente (Salacˇ, Constantinople et Prague [nt. 10], 26). Da jedoch mit dem Auftauchen des Anglikos in Konstantinopel um die Jahreswende 1451–1452 zu rechnen ist und da sich der Brief der „Kirche“ Gennadios’ zum 18. Januar 1452 meldet (C), ist so gut wie sicher, daß diese Glaubenserklärung relativ knapp vor den 18. Januar einzureihen ist und aus der Logik der Sache geht hervor, daß sie dem Stück B zusteht. Als einzige chronologische Angabe gilt die Feststellung, daß Anglikos durch Gennadios im „mehrtägigen Verhör“ als rechtgläubig befunden worden war. Letzte Edition mit französischer Spiegelübersetzung bei Salacˇ, Constantinople (nt. 10), 40–61. Tschechische Übersetzung ibid. 86–94. Schon die eher unwillkürliche Bezeichnung Peters als „ehrwürdiger Priester und Lehrer“ schließt die Charakteristik des Ubertino Pusculus kurzerhand aus (vgl. nt. 45). Was die chronologische Einreihung betrifft, so scheint es logisch zu sein, daß der Text dem Stück C knapp vorangeht. Auch für die Überlieferung dieses Stückes gilt dasselbe, was in voriger Anm. über den Text A mitgeteilt wurde. Nach Publikation mehrerer unkritischer bzw. teilweiser Auszüge steht die Edition von A. Salacˇ, gleich zweimal, beidesmal mit begleitendem Faksimile, zur Verfügung. Zuletzt in: List církve carˇ ihradské (nt. 10), 244 sqq. mit anknüpfender moderner tschechischer Übersetzung und mit vorgehendem Apparat zur abschriftlichen Überlieferung und zur originellen Fassung, sowie in: id., Constantinople et Prague (nt. 10), 16–19 mit anknüpfendem philologischen Kommentar sowie mit französischer Übersetzung des griechischen Texts. Obwohl ursprünglich im Archiv des Karlskollegs der Prager Universität verwahrt, liegt das Original heutzutage nach mehreren Irrwegen im Archiv des Nationalmuseums in Prag (sign. (A) 43a). Die Information von Bartosˇ, M. Petr Payne (nt. 10.), 43, daß das Dokument im Archiv der Karlsuniversität aufbewahrt wird, ist deshalb irrig. Cf. auch nt. 51. Hg. von F. Palacky´ , Urkundliche Beiträge zur Geschichte Böhmens und seiner Nachbarländer im Zeitalter Georgs von Podiebrad (Fontes rerum Austriacarum II-20), Wien 1860, Nr. 38, 51 sqq., neulich bei Salacˇ, Odpoveˇd’ prazˇsky´ ch utrakvistu˚ (nt. 10), 220 sq. sowie wiederholt id., Constantinople et Prague (nt. 10), 63 sq. mit vor- und nachgehendem Kommentar aus einer neuzeitlichen Abschrift in der Nationalbibliothek in Prag im Fonds der Prager Lobkowiczer Bibliothek, Signatur XXIII C 5/3. Es handelt sich um einen Band der sonst umfangreichen Reihe der Memorabilien des T. A. Putzlacher († 1796), der Syndicus der Prager Universität war, leider ohne Angabe über die Vorlage, obwohl die Annahme, daß die universitären Fonds zur Verfügung standen nahe liegt.
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Db – die Antwort der böhmischen Utraquisten in der Fassung des utraquistischen Konsistoriums vom 14. November 1452, wobei es in der Überschrift heißt, es handele sich um Revocacio Rokyczane a papa ad Grecos 56. Die Texte A und B sind eigentlich fast ausschließlich theologischen Charakters mit nur wenigen näheren historischen Anhaltspunkten, so daß sie aus rein politisch-historischer Sicht neben den Angaben über Anglikos’ Aufenthaltsorte eigentlich nur mit ihren Einführungsformeln von gewissem Interesse sein können. Text A kann nur bis zu einem gewissen Grad als authentische Aussage Konstantins betrachtet werden, da wir keine lateinische, also durch ihn, Anglikos, kontrollierbare Fassung besitzen. Darüber hinaus ist ihre Überlieferungslage sehr schlecht. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurde dieser Text zusammen mit Text C nach Prag gebracht, obwohl es sich um einen internen Text der Konstantinopolitaner Kirche handelte. Zudem ist der Text nur in einer alten, nicht ganz verläßlichen Edition aus dem Jahr 1698 erhalten. Der Hinweis auf die nicht mehr existierende Vorlage im Archiv des Konstantinopolitaner Patriarchats ist wohl so zu deuten, daß es sich entweder um einen Entwurf oder um eine Abschrift handeln muß, während das Original nach Prag geschickt wurde. Mit Text B sieht es ein wenig anders aus. Ähnlich wie Text A basiert er auf einen Entwurf aus dem Konstantinopolitaner Archiv, während die Originalüberlieferung durch Anglikos nach Prag gelangt ist57. Dort verschwand es aber spurlos. Dabei ist zu vermuten, daß es höchstwahrscheinlich durch eine lateinische 56
57
Nach Bartosˇ, wohl durch Versehen 12. November (M. Petr Payne [nt. 10], 43). Es handelt sich ebenfalls um eine Abschrift, die vom eifrigen Kopisten der 2. Hälfte des 15. Jh. Ulrich Crux aus Telcz, der sein Lebensende als. Augustinerchorherr in Wittingau verbrachte, stammt. Sie befindet sich ebenfalls in der Prager Nationalbibliothek, Signatur I F 18, fol. 251v. Wie er zum Text gelangen konnte ist ziemlich einfach zu klären, da er als Student an der Prager Universität sicher Zugang zu Verschiedenem auch aus dem utraquistischen Lager besaß. Konkretes über die Vorlage ist leider nicht zu vermitteln, doch scheint es , daß ihn zum Abschreiben des Texts eher sein Sammeleifer als sonst etwas anderes führte (cf. J. Kadlec, Oldrˇich Krˇ ízˇ z Telcˇe, in: Listy filologické 79 (1956), 91–102 und 234–238, besonders 101. Ediert ist der Text bei Salacˇ, Odpoveˇd’ (cf. die vorige nt.) 222. Wiederholte Edition id., Constantinople et Prague (nt. 10), 65 sq., der im Kommentar (62) konfus schreibt, daß der Eintrag zwar vom Schreiber herrührt, der 1504 starb, die Handschrift jedoch zum Jahr 1609 gehört. Interessieren kann vielleicht auch, daß unmittelbar darauf Ulrich Visio der hl. Birgitta über die Griechen notiert hat („Visio beate Brigitte. De Grecis optimum contra Hussitas ubi obiciunt“ mit Hinweis auf das 7. Buch 20. Kapitel ihrer ‚Revelationes‘). Die von Salacˇ erwähnte und ibid., 229 edierte tschechische Übersetzung ist in unserem Kontext belanglos. Die Nachricht des ein wenig jüngeren Chronisten, daß der Text in die Hand der böhmischen katholischen Partei aus Konstantinopel über Rom/Papst gekommen ist, hat Salacˇ mit Recht als Fabel bzw. politisches Kalkül abgewiesen (Salacˇ, Constantinople et Prague [nt. 10], 74 und 100). Es steht im Text buchstäblich: „recepitque doctrinam vere fidei ab ea sibi in qua omnes docent concordare vel quam ad vestram caritatem hic reddet.“ (ibid., 46). In Salacˇs Edition fehlt das in der Hs. stehende „sibi“; darüberhinaus liest Salacˇ irrigerweise „docet“ anstelle von „docent“. Salacˇ meint, daß auch A mit C nach Prag wanderte, da er diese Konfession (auch ins Lateinische übersetzt) als Beilage von A betrachtet. Nur kann überraschen, daß das Dokument C allein im Original erhalten geblieben ist während A und B im böhmischen Gedächtnis völlig in Vergessenheit geraten sind, obwohl alle drei sozusagen ein einziges Dossier schufen.
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und in Byzanz hergestellte Übersetzung ergänzt wurde. Einerseits stand in Prag kaum jemand zur Verfügung, der die griechische Sprache ausreichend beherrschte, und auch wenn es eine solche Person gegeben hätte, wäre bei der Prager Übersetzung die dogmatische Exaktheit nicht geboten. Fast dasselbe gilt auch für Text B, der neben den theologischen Auslegungen doch einige Informationen über viele Anhänger des reinen Glaubens in Moldawien, Ungarn, Böhmen sowie in den deutschen Landen und England brachte. Was Text C, also den zweisprachig griechisch-lateinisch verfassten Brief der Gennadios-Partei an die Hussiten betrifft, gilt es zunächst, den konkreten Empfänger festzustellen. Salacˇ meint58, daß dieses Dokument die Prager Universität als Adressaten hatte. Das kann jedoch nicht der Fall sein, denn die lateinische Adresse heißt „boemorum sublimi universitati urbis Pragensis et ingenuis viris atque strenuis principibus, capitaneis, ducibus, baronibus, militibus preclaris, ac viris spiritualibus, fidei zelatoribus doctoribus, magistris et cunctis ecclesiarum prepositis nec non civilibus officialibus […]“. Es wird also keinesfalls die Prager Universität angesprochen. „Universitas“ bedeutet hier, obwohl der Text im 15. Jahrhundert wirklich im Archiv des Karlskollegs aufbewahrt wurde, die Gemeinschaft der Prager Städte, der dann weitere Empfänger namenlos nur den Titulaturen nach folgen. Denn niemals galt die Universität als eine städtische Anstalt, obwohl diesbezüglich gegenseitige enge Kontakte bestanden. Tatsächlich bedeutet diese Anschrift, daß die ganze utraquistische communitas angesprochen wird. Welchen Widerhall dieser Brief und die Referenz des Anglikos in Prag gehabt haben, können wir nur vermuten beziehungsweise aus dem Inhalt der hussitischen Antwort Da und Db wenigstens teilweise zu rekonstruieren versuchen. Bevor man dazu übergeht, muß man noch zu zwei damit zusammenhängenden Punkten kurz Stellung nehmen: zur Relevanz der beiden Texte, die weitgehend identisch sind, einerseits und zur Öffentlichkeit der gesamten Angelegenheit andererseits. Zum ersten Punkt hat Salacˇ bereits Grundsätzliches beigesteuert59, als er im mühsamen Vergleich beider Texte feststellen konnte, daß im griechischen Text ein Passus steht, der im Lateinischen keine Parallele hat, nämlich daß sich die Konstantinopolitaner Kirche nach der Union um utraquistische Priester und Bischöfe kümmern wird, während im Lateinischen nur von spirituales pastores die Rede ist, wobei das wichtige Wort episcopus nicht vorkommt. Ob daraus so weitgehende Schlußfolgerungen gezogen werden können, wie Salacˇ will, möchte ich jedoch bezweifeln. Zum zweiten Punkt, inwieweit nämlich die Verhandlungen geheim oder wenigstens vertraulich geführt wurden, kann folgendes festgestellt werden: Zu Beginn waren die Verhandlungen sicher geheim und nur einem engen Kreis 58
59
Salacˇ, Constantinople et Prague (nt. 10), 11 sq. und id., List církve (nt. 10), 241 sq. mit gleicher, jedoch stets unüberzeugender Argumentation. Mit gleichem Atemzug wird uns jedoch mitgeteilt, daß der Brief nicht nur der Prager Gemeinde, sondern allen denen, die ihn guten Willens lesen werden, gewidmet ist. Salacˇ, List církve (nt. 10), 243 und knapper in id., Odpoveˇd’ (nt. 10), 234 sq.
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von Eingeweihten bekannt. Man mußte dabei an die Verläßlichkeit des Anglikos glauben, der wohl keine schriftliche Beglaubigung besaß. Die Sache wurde dann in Byzanz öffentlich, nachdem der Emissär, der mit den oben genannten Dokumenten ausgerüstet war, nach Prag zurückgekehrt war. Eine Geheimhaltung war nicht länger möglich, obwohl konkrete Informationen nur dem engen Kreis der Kompetenten um Rokycana zugänglich waren. Deshalb ist die Novemberantwort der Utraquisten auch relativ allgemein gehalten worden und das wichtigere dem vertraulichen persönlichen Kontakt vorbehalten. Daß es dazu nicht mehr kam, ist eine vis maior gewesen. Nun wieder zurück zum Herbst 1452. Um die öfter erwähnte Antwort der Utraquisten zu verstehen, muß man sich dessen bewusst sein, daß sie im Abstand von gut acht bis neun Monaten formuliert wurde, auch wenn man einkalkuliert, daß der Text erst irgendwann in der zweiten Hälfte des Februar oder gar im März nach Prag gelangen konnte. Hierbei muß die politische Entwicklung in Böhmen dieser Monate mitbedacht werden. In dieser Zwischenzeit wuchs allmählich die Macht Georgs von Podiebrad, der als Landesverweser allgemein (das heißt auch von der katholischen Partei) anerkannt wurde. Unter seiner Ägide wurde auch die Auseinandersetzung zwischen den gemäßigten Utraquisten und denen von Tabor zu Ende gebracht. Das Enigma von zwei Fassungen der utraquistischen Antwort auf den Brief der Konstantinopolitaner „Antiunionisten“ ist kaum mit letzter Sicherheit zu lösen. Eigentlich handelt sich um zwei Fragen. Erstens: warum gibt es zwei Fassungen des Textes (Da und Db), die inhaltlich fast identisch sind und nur formell etliche Unterschiede aufweisen, und zweitens: was passierte mit diesen Fassungen? Bevor man zum ersten Punkt übergeht, ist es nützlich, sich nochmals der Frage zuzuwenden, inwieweit die Korrespondenz geheim oder zumindest vertraulich geführt wurde. Es ist wahrscheinlich, daß die ursprünglich utraquistischerseits geführten Verhandlungen geheim waren. Seit der Rückkehr des Anglikos nach Prag mußten sie zumindest teilweise den breiteren Kreisen der utraquistischen Klerisei zugänglich gemacht werden60. Der Hauptunterschied besteht in der Änderung des Adreassaten beziehungsweise der Ansprache des byzantinischen Kaisers, die den Usanzen der byzantinischen Courtoisie angeglichen wurde. Über die weiteren Geschicke der Liaison Prag – Konstantinopel beziehungsweise über den damit verbundenen „Geschäftsgang“ gibt es zwei Ansichten. Die erste rechnet damit, daß die zweite Mission Konstantins stattgefunden, der Bote Konstantinopel erreicht, die Botschaft übergeben, ja wohl gar Kaiser Konstantin direkt getroffen hat. Dieser sollte dann den Text dem Papst nach Rom schicken lassen und dieser ihn daraufhin den Katholiken nach Böhmen weiterleiten. Allerdings ist das Schriftstück auf den 14. November datiert. Der Gesandte konnte
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Da hieß es in der Adresse des diesbezüglichen Dokuments „cum universo clero sibi subiecto“ (vgl. unten Dokument C).
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also frühestens in der zweiten Hälfte des Monats die Reise antreten, in der Zeit der immer kürzer werdenden Tage und sich verschlechternden Wetterbedingungen. Die Luftlinie61 Prag–Konstantinopel zählt rund 1450 Kilometer, die Straßenentfernung sicher mehrere Dutzend Kilometer mehr. Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 30 Kilometern pro Tag (wenn man mit guten Bedingungen rechnet), wenn man Umwege einkalkuliert und schließlich auch damit rechnet, daß der Bote kein junger Mann mehr war, muß man mindestens mit sieben bis acht Wochen rechnen. Das heißt, Konstantin konnte die Stadt frühestens in den ersten Januarwochen 1453 erreichen. In einer Zeit also, als sich alles in extremer Weise auf die entscheidende, ja schicksalshafte, Auseinandersetzung mit den Türken konzentrierte und man wohl andere Sorgen hatte, als an den höchsten kirchlichen und staatlichen Stellen die eventuellen Unionsprobleme mit den Tschechen zu besprechen. Man kann zwar einwenden, daß das Kirchliche damals zugleich Weltliches war, wenn man etwa bedenkt, daß noch um und nach Mitte Dezember 1452 die Frage der „großen“ kirchlichen Union die Volksmassen in Bewegung brachte. Verschiedene Tumulte in der Stadt, besonders um das Pantokratorkloster, beweisen das mehr als deutlich. Trotzdem hat diese Angelegenheit einen anderen Stellenwert. So liegt es auf der Hand, daß die zweite Reise der utraquistischen Mission scheitern mußte. Wo der Bote (oder die Gesandtschaft) stecken blieb oder ob man überhaupt nicht aufbrach, muß genauso offen bleiben, wie das Schicksal des Originals von Text Db. Denn verläßliche Quellen fehlen vollkommen, so daß der konkrete Verlauf der Dinge nicht zu verfolgen ist. Salacˇ 62 schlägt einen anderen Verlauf vor, nämlich daß die Katholiken durch Indiskretion den Text in Böhmen in die Hand bekommen haben. Diese Annahme scheint mir der Wirklichkeit näher zu stehen, auch wenn man den oben erwähnten Ulrich vielleicht noch näher mit dem Texttransfer verknüpfen kann, da ihm das Archiv des universitären Karlskollegs, wo entweder das Original selbst oder wenigstens seine Abschrift (sein Entwurf) in der Nähe des den Utraquisten geltenden Briefs vom 18. Januar 1452 aufbewahrt werden konnte. Das Original des Briefs der utraquistischen Priesterschaft ist auf unbekannte Weise verloren gegangen und es ist, wie bereits erwähnt, nur je eine Abschrift der vorläufigen und der definitiven Version erhalten geblieben63. Die ganze Episode der Hussiten und der orthodoxen Kirche scheiterte letztendlich zwar wegen des Falls des Byzantinischen Reichs, doch zeugt sie davon, daß die hussitische Mitte mit aller Kraft ihre Probleme europaweit lösen wollte. Ob dieses Streben in den für die Ostkirche weniger turbulenten Zeiten zum Ziel hätte führen können oder das Ergebnis unter anderen Bedingungen das gleiche gewesen wäre, ist eine Frage, die außerhalb der Kompetenz eines Historikers liegt. 61 62 63
Freilich kann man auch über die Schiffahrt nachdenken, damit wären jedoch wieder andere Schwierigkeiten verbunden, so daß die Festlandroute fast mit Sicherheit vorauszusetzen ist. Salacˇ interpretiert geistreich auch die Fame des zeitnahen Historiografen Valecˇovsky´ (cf. id., Odpoveˇd’ (nt. 10), 230 sq., doch mit etlichen unakzeptablen Erwägungen. Cf. oben nt. 54 sq.
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Das Ringen um das Überleben der regionalen utraquistischen Kirche setzte sich jedoch, wenn auch unter erschwerten Bedingungen, fort. Und auch das Ringen Georgs von Podiebrad und seines nicht geweihten Erzbischofs Rokycana ging weiter, wenn auch auf einem anderen Feld. Man änderte nur die Dekorationen – ein Wechsel vom Geistlichen zum Weltlichen – und versuchte, eine Liga europäischer Herrscher gegen die türkische Gefahr aus dem Osten zu organisieren64.
64
Vgl. neuerdings dazu F. Sˇmahel, Antoine Marini de Grenoble et son Mémorandum sur la nécesité d’une alliance anti-turque, in: M. Nejedly´ /J. Svátek (eds.), La noblesse et la croissade à la fin du Moyen Âge (France, Bourgogne, Bohême), Toulouse 2009, 205–231 sowie M. Nejedly´ , Traité de paix et ambassades de bonne volonté de Georges, le ‚roi hussite‘, in: D. Péricard-Méa (ed.), De la Bohême jusqu’à Compostelle. Aux sources de l’idée d’union européenne. Projet du roi Georges de Podebrady (1464). Récit du voyage en Europe du seigneur Léon de Rozmital (1465–1467), Biarritz 2008, 11–72.
X. Heilige und Reliquien
Brighter than the Sun: Saints, Relics, and the Power of Art in Byzantium H A. K (New York) From late antiquity through the middle ages and beyond, relics of Christ, his mother, certain biblical figures, and Christian saints and martyrs were collected and treasured by individuals and Christian communities in both the Byzantine Empire and Western Europe. Christian devotion to relics and attitudes towards certain sites considered more holy than others gave rise to new forms of piety and monumental architecture, supported extensive pilgrimage networks that stretched from the western shores of Europe across the Italian peninsula to the eastern borders of the Byzantine Empire, led to armed conflicts, robberies, and crusades, and prompted important changes in the visual arts. This essay is about relics and the power of artistic imagination in the late antique and the early medieval world. It is also more specifically about reliquaries, the special containers made to hold the remains of Christian saints and objects sanctified by physical contact or association with holy figures and events in the history of salvation. While attitudes towards relics tended to differ in various parts of the Roman Empire already during the fourth century, it was the forceful impact of the iconoclastic controversy in Byzantium (726–843) that ultimately led to a parting of the ways between Byzantine and Western medieval responses to sacred matter and the mediation of the divine presence on earth. Yet, in both cultural contexts reliquaries were used to affirm the extraordinary status of seemingly mundane bits of bone, flesh, blood, and other substances while their formal appearance and decoration emerged as important tools to communicate the relics’ identity and make visible their past and present miracle-working power. Given the theme of this volume – Intersection Byzantium – I would like to focus on the role and development of reliquaries in the Late Roman and Byzantine world but will conclude with a brief assessment of its relevance for Western artists before and shortly after 1204. Despite the fact that Roman authorities tried to discourage Christians from seeking martyrdom by various means such as burning and scattering the earthly remains of those unwilling to give up their Christian faith or to perform requested sacrifices, early accounts relating the stories of Christian martyrs often stress the futility of such attempts. The passio of a group of Christians who were martyred near modern-day Lyon in Roman Gaul around 177 AD, for instance, relates that
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“the bodies of the martyrs, after having been exposed and insulted in every way for six days, and afterwards burned and turned to ashes, were swept by the wicked into the river Rhône which flows near by, so that not even a relic of them might still appear upon the earth. And this they did as though they could conquer God and take away their rebirth in order, as they said, ‘that they might not even have any hope of resurrection […].” 1
Similar stories of the scattering of ashes and bodies of Christian martyrs are known from a number of early saints’ lives and accounts of Christian martyrdom, most famously perhaps from the second-century narrative of the martyrdom of St. Polycarp of Smyrna, whose body was burned in the city’s stadium around 156 AD to prevent his fellow Christians from venerating his remains and “worshiping him like Christ” 2. Prudentius’s description of the martyrdom of St. Hippolytus, whose body was torn apart and scattered by wild horses, paints an equally vivid picture of the violent dismemberment and scattering of a Christian martyr’s body 3. However, both narratives also stress how the martyrs’ disciples eagerly collected the bones and body parts of their masters. While St. Polycarp’s companions “took up his bones which they considered more valuable than precious stones and finer than refined gold, and laid them in a suitable place” 4, the disciples of Hippolytus, “stunned with sorrow, went along with searching eyes, and in their garments’ folds gathered his mangled flesh” 5. Intimately tied to concepts of wholeness, corporeal integrity, and the resurrection of the body, the collecting of bones and body parts of holy martyrs was an important aspect of what we might want to call early Christian group identity and the emerging cult of the saints6. But despite the fact that the mangled bodies or ashes of many Christian martyrs of the first centuries were buried by Christian 1
2
3 4 5
6
Cf. Eusebius, Ecclesiastical History, 5.1.62–63, in: Die Kirchengeschichte (Die Griechischen Christlichen Schriftsteller, Neue Folge 6), ed. F. Winkelmann, 3 voll., Berlin, 21999, vol. 1, 426. Translation adapted from Eusebius, Ecclesiastical History, trans. K. Lake, 2 voll., London 1965, vol. 1, 437. Cf. The Martyrdom of Polycarp, in: The Apostolic Fathers II/3, ed. J. B. Lightfoot, London 21889 (repr. Hildesheim 1973), 351–403 (transl.: 477–87). For another English translation, see The Apostolic Fathers I (Loeb Classical Library 24), ed. B. D. Ehrman, Cambridge, Mass. 2003, 355–401. Cf. Prudentius, Carmina (Corpus Christianorum, Series Latina 126), ed. M. P. Cunningham, Turnhout 1966, 370–78. Cf. Martyrdom of Polycarp (nt. 2), 396 (transl.: 484). See also Ehrman, Apostolic Fathers (nt. 2), 393. Cf. Prudentius, Carmina (nt. 3), 135–136, 374. Translation adapted from The Poems of Prudentius (The Fathers of the Church 43), trans. M. C. Eagan, Washington, D.C. 1962, 251, and M. Malamud, A Poetics of Transformation. Prudentius and Classical Mythology, Ithaca 1989, 85. On Prudentius, relics, and rhetoric, see also P. Cox Miller, The Little Blue Flower is Red: Relics and the Poetizing of the Body, in: Journal of Early Christian Studies 8.2 (2000), 213–236; P. Cox Miller, Visceral Seeing: The Holy Body in Late Ancient Christianity, in: Journal of Early Christian Studies 12.4 (2000), 391–411; P. Cox Miller, Relics, Rhetoric, and Mental Spectacles, in: G. de Nie/ K. F. Morrison/M. Mostert (eds.), Seeing the Invisible in Late Antiquity and the Early Middle Ages (Utrecht Studies in Medieval Literacy 14), Turnhout 2005, 25–52. Cf. C. W. Bynum, The Resurrection of the Body in Western Christianity, 200–1336, New York 1995, 21–108.
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communities in cemeteries or other “suitable places,” few burial sites were in fact marked by so-called tropaia, literally victory monuments, or developed into memoriae, places at which Christians gathered to commemorate the life and death of Christ’s most distinguished followers and martyrs, for instance St. Peter on the Vatican Hill and St. Paul at the Via Ostiense7. More often than not, as was the case with the protomartyr St. Stephen, the resting places of early Christian martyrs remained unrecorded or were forgotten soon after their death8. In such cases, the saints themselves had to make their earthly presence known and communicate their wishes for proper burial and veneration to chosen individuals in dream visions or through other forms of divine inspiration 9. In 385 or 386 AD, Bishop Ambrose of Milan was thus inspired to dig in front of the chancel screen of the Basilica of Sts. Felix and Nabor outside Milan, where he promptly discovered the intact bodies and “much blood” of the previously unknown martyrs Sts. Gervasius and Protasius10. Despite longstanding prohibitions against disturbing the dead and the enactment, in February 386, of a law stipulating that “no person shall transfer a buried body to another place […] sell the relics of a martyr […] or traffic in them,” 11 Ambrose moved the remains of the two martyrs first to the Basilica of Fausta and on the following day transferred them to a new basilica, where he laid them to rest under the altar12. Such transgressions of imperial law were not restricted to the bishop and the diocese of Milan. Other bishops such as Eusebius of Bologna and Exuperius of Toulouse were likewise able to channel and obey the wishes of long-forgotten martyrs and become, as Peter Brown has shown, important impresarios of their 7
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Cf. Eusebius (nt. 1), 2.25.7 in: Winkelmann, vol. 1, 178 (Lake, 183). Christian communities were not generally prohibited or hindered from burying the remains of their martyrs. Cf. Acts of the Martyrdom of St. Ignatius (Roman Acts) in: The Apostolic Fathers II/2 (nt. 2), 537–538 and 587 (translation). For early evidence of the commemoration of martyrs in Rome, compare the so-called Calendar of 354. On the lists of martyrs and bishops, see M. R. Salzmann, Roman Time. The CodexCalendar of 354 and the Rhythms of Urban Life in Late Antiquity, Berkeley 1990, 44–47. For the relics of the protomartyr St. Stephen and their discovery, see E. D. Hunt, The Traffic in Relics: some Late Roman Evidence, in: S. Hackel (ed.), The Byzantine Saint, Birmingham 1981, 171–180, here 171. Cf. Ambrose, Letter XXII, ed. J.-P. Migne (Patrologia Latina 16), col. 1019–1025. For an English translation, see Saint Ambrose, Letters, trans. Mary M. Beyenka, The Fathers of the Church. A New Translation 26, Washington, D.C. 1987, 376–384, here 376. On the significance of blood in this context, see G. Clark, Bodies and Blood. Martyrdom, Virginity, and Resurrection in Late Antiquity, in: D. Montserrat (ed.), Changing Bodies, Changing meanings: Studies on the Human body in Antiquity, London 1997, 99–115. Theodosiani libri XVI cum Constitutionibus Sirmondianis et Leges novellae ad Theodosianum pertinentes, ed. T. Mommsen with P. Meyer and P. Krüger, 2 voll., Berlin 1905 (repr. 1967), 9.17.7 (issued at Constantinople, 26 February 386), vol. I.2, 466. For an English translation, cf. The Theodosian code and novels, and the Sirmondian constitutions, trans. C. Pharr, New York 21969, 240. Ambrose, Letter XXII (nt. 10), 1020. For an English translation, cf. Beyenka, The Fathers of the Church (nt. 10), 376.
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cult. But not every place was blessed in the same way by the presence of holy martyrs’ relics. Unlike Rome, which could boast the corporeal remains of numerous high-profile Christian martyrs, Constantinople, the Roman Empire’s new administrative center and imperial residence on the Bosporus, was lacking such mighty presence and powerful protection. In the eyes of Bishop Paulinus of Nola, it was therefore only proper that Emperor Constantine the Great had decided to remove the remains of the apostles Andrew from Greece and Timothy from Asia to fortify his new city “with twin towers, vying with the eminence of great Rome, or rather resembling the defenses of Rome in that God has counterbalanced Peter and Paul with a protection as great, since Constantinople has now gained the disciples of Paul and the brother of Peter” 13. Paulinus and his like-minded colleagues could see nothing wrong in the exhumation and translation of holy bodies. On the contrary, it was Christ himself, who they considered to have “graciously decided both by inspiring princes and by making a revelation to his servants to summon martyrs from their former homes and transfer them to fresh lodgings on earth”14. Sharing the blood, bones, and ashes of Christian martyrs among themselves and with less fortunate colleagues, eager to consecrate the altars of their churches with sacred matter, increased the number of holy bodies at their own local shrines and cult centers and helped to spread the martyrs’ sacred presence throughout the empire – and thus fortify it. Paulinus’s colleague Victricius of Rouen celebrated the arrival of such a gift of relics with a well-known sermon, in which he addressed one of the fundamental questions that had resulted from the new and widespread practice of disseminating saintly bodies, namely whether a saint’s healing and intercessory power was as great in a small fragment of his bones, flesh, or blood as it was in the saint’s whole and undivided body. Arguing that a saint’s relics are united in substance with the spirit and that the part therefore implies the whole, Victricius described the problem as one rooted in human sight and perception, a “confusion of the eyes,” as he says: “The vision of reason is clearer. We see small relics and a little blood. But truth perceives that these tiny things are brighter than the sun, for the Lord says in the gospel ‘My saints shall shine like the sun in the kingdom of the Father’”15. 13
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Paulinus of Nola, Carmina (Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum 30), ed. W. von Hartel, Vienna 1894, 19.338–342. Translation after The Poems of St. Paulinus of Nola, trans. P. G. Walsh, New York 1975, 142. The translatio of the bodies of Sts. Andrew and Timothy is likely to have occurred on March 3, 357, and also included the remains of the Evangelist Luke. Cf. Mango 1990. Ibid. 19.320–324. Translation after C. Mango, Constantine’s Mausoleum and the Translation of Holy Relics, in: Byzantinische Zeitschrift 83 (1990), 51–62 with 434, here 53. Victricius of Rouen, De Laude Sanctorum (CCL 64), edd. R. Demeulenaere et J. Mulders, Turnhout 1985, 67–93, here 86. English translation after G. Clark, Vitricius of Rouen, Praising the Saints, in: Journal of Early Christian Studies 7.3 (1999), 393. “Oculorum est ista deceptio. Clariora sunt lumina rationum. Cernimus paruas reliquias, nonnihil sanguinis. Sed has minutias clariores esse quam sol est, ueritas intuetur, Domino in euangelio dicente: Sancti mei fulgebunt sicut sol in regno Patris. Et tunc sol amplius quam nun clariusque lucebit.”
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Paulinus of Nola seems to have shared Victricius’s sentiments, advising his friend Sulpicius Severus that he should cherish the gift of a tiny fragment of the True Cross: “In this almost indivisible particle of a small sliver,” so Paulinus says, “take up the protection of your immediate safety, and the guarantee of your eternal salvation. Let not your faith shrink because the eyes behold evidence so small; let it look with the inner eye on the whole power of the cross in this tiny segment. Once you think that you behold the wood on which our Salvation, the Lord of Majesty, was hanged with nails while the world trembled, you, too, must tremble, but you must also rejoice” 16. If a tiny fragment of the True Cross was considered to contain the whole power of the cross, and the ashes of Christian martyrs were considered “more precious than precious stones, and finer than refined gold,” then the containers of such sacred matter held the potential to function not only as markers of wholeness and authenticity, but also as indicators of divine favor and social status. Little survives in terms of material evidence for the earliest shrines made to contain the bodies of Christian martyrs. Texts, such as the already cited Martyrdom of St. Polycarp, usually tell us little or nothing about the size, material make-up, and formal appearance of the relics’ container. Did the urn for the ashes of St. Polycarp look different from urns that held the remains of less privileged Christian dead? How was the body of St. Babylas enshrined when it was transferred from a cemetery outside Antioch to the suburb of Daphne in 354? How were the relics of Sts. Andrew, Luke, and Timothy, carried to Constantinople in 356 before they were interred underneath the altar of the church of the Holy Apostles? In these and most other cases, the relic containers are not described in any detail, but as they were intended for re-burial, one may assume that they were shaped like simple stone or marble sarcophagi, or coffins made of wood or lead. Later depictions in Byzantine manuscripts such as the Menologion of Emperor Michael IV at the Walters Art Museum (Plate 1) and the Menologion of Basil II in the Vatican (Plate 2) preserve a distant memory of such shrines, but few identifiable examples have actually survived or have been recorded17. A replica
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Paulinus of Nola, Epistulae (Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum 29), ed. W. von Hartel, Vienna 1894, Ep. 31, 268.11–19. Translation after The Letters of St. Paulinus of Nola, trans. P. G. Walsh, 2 voll., Westminster, Maryland 1966–67, vol. 2, 126. For the Walters Menologion (Baltimore, Walters Art Museum, W. 521), cf. M. Bagnoli/H. A. Klein/ C. G. Mann/J. Robinson (eds.), Treasures of Heaven. Saints, Relics, and Devotion in Medieval Europe, Baltimore 2010, Nr. 31, 47; G. Parpulov, A Catalogue of the Greek Manuscripts at the Walters Art Museum, in: Journal of the Walters Art Museum 62 (2004), 71–183 (with full bibliography); N. P. Sˇevcˇ enko, The Walters ‘Imperial’ Menologion, in: Journal of the Walters Art Gallery 51 (1993), 43–64. For the Vatican Menologion (Vatican, Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. gr. 1613), cf. H. Evans/W. Wixom (eds.), The Glory of Byzantium: Art and Culture of the Middle Byzantine Era, AD 843–1261, New York 1997, Nr. 55, 100–101; J. M. Plotzek/ K. Winnekes/S. Kraus (eds.), Biblioteca Apostolica Vaticana. Liturgie und Andacht im Mittelalter, Stuttgart 1992 Nr. 19, 114–15 (with further bibliography).
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Fig. 1: Replica of the Cedar Coffin of St. Paulinus. Trier, Erzbischöfliches Diözesanmuseum.
of the much disintegrated cedar coffin found during excavations at the church of St. Paulinus in Trier (Fig. 1), preserves the shape and decoration of what may indeed have been the wooden chest, in which the holy corpse of St. Paulinus (d. 358), the exiled bishop of Trier, was carried back from his Phrygian exile and interred in a cemetery just outside the city in 39518. The burial or re-burial of a martyr’s entire body, however, was probably the exception rather than the rule. Unfortunately, contemporary sources are not very chatty when it comes to describing how traces of blood, bits of dust, and fragments of bones were enshrined for either burial inside an altar or personal adornment and protection. Jerome, in his polemic against Vigilantius, gives us a hint when he rhetorically asks “are all the bishops to be considered not only sacrilegious but silly, because they carried that most worthless thing: dust and ashes, wrapped in silk in golden vessels” 19? 18
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Paulinus, who succeeded Maximinus as bishop of Trier in 346, was sent into exile in Phrygia following the synod of Arles in 353. After his death, his body was allegedly brought back to Trier by Bishop Felix (d. ca. 400) and interred in a cemetery outside the city, above which the first church of St. Paulinus was built shortly thereafter. The stone sarcophagus and cedar wood casket containing the saint’s remains was first opened in 1402 under Probst Friedrich Schaward, and once again in 1883 under Pastor Friedrich von Kloschinsky. For Schaward’s detailed description of the first opening of the sarcophagus, cf. Ph. Schmitt, Die Kirche des h. Paulinus in Trier, ihre Geschichte und ihre Heiligthümer, Trier 1853, 182–184; F. Hettner, Der Fund im Grab des “heiligen Paulinus” zu Trier. Eine vorläufige Notiz, in: Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst 3 (1884), 30–35. Cf. Jerome, Contra Vigilantium, ed. J.-P. Minge (Patrologia Latina 23), 353–368, here col. 362. English translation after A Select Library of Nicene and Post Nicene Fathers of the Christian Church. Second Series, edd. Ph. Schaff et H. Wace, vol. 6, New York 1890 (repr. Grand Rapids 1952), 419.
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Indeed, contemporary authors such as John Chrysostom, Gregory of Nyssa, and Paulinus of Nola attest that smaller relic fragments were often enclosed in ‘rings’ or ‘tubes’ of gold or other metals and carried on a necklace around the neck. Gregory’s sister Macrina is known to have worn such a necklace with an iron ring that contained a fragment of the True Cross20, and Paulinus tells us that the relic of the True Cross he sent to his friend Sulpicius was enclosed in a similar manner: “I have enclosed this relic […] in a tubular golden casing (tubello aureolo),” he says and continues to elaborate that “in this adornment I have imitated your faith. I sent you your own exemplar clothed with gold, for I know that you have within you, like gold tried in the fire, the kingdom of God – in other words, faith in the cross, by which we enter the kingdom of heaven” 21. Golden casings similar to the one described by Paulinus have survived in considerable number either independently or as part of necklaces. A fifth- or early sixth-century necklace, now in the Cleveland Museum of Art (Fig. 2), shows two hexagonal tubes together with a cross and circular pendant, both of which are decorated with a central garnet22. Other examples, which served either as receptacles for relics, magical texts, or other substances, are preserved in the Dumbarton Oaks Collection in Washington D.C.23, the Archäologische Staatssammlung in Munich24, and in various private collections25. In a Christian context, such phylacteries were meant to assure their wearer of saintly protection and intercession in times of need and crisis. While their form, content, and decoration could vary, their function differed little across time and throughout the regions of the late Roman and Byzantine Empire26.
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Cf. Gregory of Nyssa, Vie de Sainte Macrine (Sources Chrétiennes 178), ed. P. Maraval, Paris 1971, here 240–243. For an English translation, cf. V. Woods Callahan, The Life of St. Macrina, in: Saint Gregory of Nyssa, Ascetical Works (Fathers of the Church 58), Washington D.C. 1967, here 184–185. Paulinus of Nola, Epistulae (nt. 16), Ep. 31, 269. Translation after P. G. Walsh, Letters (nt. 16), vol. 2, 126. Cleveland, The Cleveland Museum of Art, purchase from the J. H. Wade Fund, 1954.3. Cf. Bagnoli/Klein/Mann/Robinson, Treasures of Heaven (nt. 17), Nr. 26, 44–45; H. A. Klein (ed.), Sacred Gifts and Worldly Treasures, Cleveland 2007, Nr. 15, 64–65 (with further bibliography). Washington, D.C., Dumbarton Oaks Collection, Acc. no. 38.2 and Acc. no. 56.12. Cf. M. C. Ross. Catalogue of the Byzantine and Early Medieval Antiquities in the Dumbarton Oaks Collection, vol. 2: Jewelry, Enamels, and Art of the Migration Period, addendum by S. A. Boyd and S. R. Zwirn, Washington, D.C. 22005, Nr. 6, 10–12 and Nr. 26, 27–28 (each with further bibliography). Munich, Archäologische Staatssammlung, Inv. 1975,368. Cf. L. Wamser and G. Zahlhaas, eds., Rom und Byzanz. Archäologische Kostbarkeiten aus Bayern, Munich 1998, Nr. 305, 206 (with further bibliography). Ibid., Nr. 306, 206. For the use of such objects and their decoration, cf. B. Pitarakis, Objects of Private Devotion and Protection, in: D. Krueger (ed.), Byzantine Christianity, Minneapolis 2006, 164–181; ead., Les croix-reliquaires pectorales byzantines en bronze, Paris 2006.
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Fig. 2: Gold Necklace with Pendants. Cleveland, The Cleveland Museum of Art, purchase from the J. H. Wade Fund, 1954.3
Depositing relics within, underneath, or in front of the altar of a church was, as we have seen, a common practice during the fourth and fifth centuries and continued in Byzantium and the Western world throughout the centuries27. Written sources do not usually comment on the ways relics were enshrined prior to their re-burial, but Paulinus once again does. Among the verses he composed for his church at Fundi, one described its relics: “Under the lighted altar a royal slab of purple marble covers the bones of holy men. […] Here lie father Andrew, the gloriously famed Luke, and Nazarius, a martyr glorious for the blood he shed; here are Protasius and his peer Gervasius […]. One simple casket embraces here this holy band, and in its tiny bosom embraces names so great” 28.
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On relic deposits in or under a consecrated altar, cf. most recently U. Peschlow, Altar und Reliquie. Form und Nutzung des frühbyzantinischen Reliquienaltars in Konstantinopel, in: M. Altripp/C. Nauerth (eds.), Architektur und Liturgie. Akten des Kolloquiums vom 25. bis 27. Juli in Greifswald, Wiesbaden 2006, 175–202; H. Brandenburg, Altar und Grab. Zu einem Problem des Märtyrerkultes im 4. und 5. Jh., in: M. Lambergitis/P. van Deun (eds.), Martyrium in Multidisciplinary Perspective. Memorial Louis Reekmans, Leuven 1995, 71–98. Paulinus of Nola, Epistulae (nt. 16), Ep. 32, 292–293. Translation after P. G. Walsh, Letters (nt. 16), vol. 2, 150–151.
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Fig. 3: So-called Capsella di Samagher. Venice, Museo Archaeologico Nazionale, Inv. Nr. 1952-279
Paulinus chose his words for maximum rhetorical effect, contrasting the greatness of the names assembled with the smallness and simplicity of the casket chosen to hold them. However, his words bring to mind such ‘simple’ caskets as the miniature sarcophagus excavated in the sanctuary of an early Christian church at Varna (Bulgaria), which, upon closer inspection, revealed what was ultimately deemed appropriate to hold the sacred content (Plate 3)29. In more than one instance, two or three precious reliquaries were found to be placed inside one another, with the largest one made of wood or marble, indicating not only an effort to safeguard the precious relic by surrounding it with several protective layers but also revealing a clear sense of the hierarchy of materials, which get more refined and less earthbound the closer they are to the precious matter they ultimately contain. While the more simple stone or wood containers are not always preserved or exhibited in a museum context, this hierarchy of forms, materials, and decoration is characteristic of a number of late antique reliquaries
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Varna, Museum of Archaeology, Inv. Nr. III.766–68. Cf. Bagnoli/Klein/Mann/Robinson, Treasures of Heaven (nt. 17), Nr. 15a–c, 38–39; A. Minchev, Early Christian Reliquaries from Bulgaria, 4th–6th Century AD, Varna 2003, Nr. 1–3, 15–18 (both with further bibliography).
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such as the marble, silver, and gold containers excavated at the Cathedral of Pola (Istria) in 1860, now in the Kunsthistorisches Museum in Vienna30. But not only silver and gold were materials deemed appropriate for the re-burial of sacred relics or things that had become sacred matter by way of contact with relics. Ivory, too, was considered a material worthy to provide a suitable ‘outer skin’ for the precious remains of a saint’s physical body, as the ‘Capsella di Samagher’ (Fig. 3) likewise found near Pola, betrays31. Whether the famous ‘Brescia Casket’ likewise served a reliquary function cannot be determined with ultimate certainty, but has often been assumed 32. It is regrettable that the casket’s iconographic program has long dominated scholarly interest while the material make-up and meaning of the medium remains little explored 33. It should be borne in mind that flesh-colored ivory, an organic and luminous substance, provides an especially fitting medium to enshrine the very bones and ashes, whose materiality is considered to defy the laws and strictures of nature. Despite their often stunning, visual decoration, these and other reliquaries were deposited within the fabric of altars thus removing them from the eyes of the faithful34. Others, however, remained more or less accessible to local communities and pilgrims, who sometimes traveled long distances to embrace, as Gregory of Nyssa says, the living body of a saint with all their senses, and to address him or her with humble prayers for intercession35. Especially in Syria, but also in other parts of the region such as on the island of Cyprus, large and small-scale reliquary sarcophagi were often displayed in the side chapels of churches and were thus able to play a more active role in the devotional and liturgical life of a community. As drill holes on the lid and lower front of many reliquaries – here an example from Syria (Fig. 4), now in Berlin36 – attest, the practice of infusing oil
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Vienna, Kunsthistorisches Museum, Antikensammlung, Inv. Nr. VII 760–761. Cf. J. Spier (ed.), Picturing the Bible. The Earliest Christian Art, Fort Worth 2007, Nr. 74, 251–252. Venice, Museo Archeologico Nazionale, Inv. Nr. 1952–279. Cf. Bagnoli/Klein/Mann/Robinson. Treasures of Heaven (nt. 17), Nr. 16, 40; M. D’Onofrio (ed.), Romei e Giubilei. Il pellegrinaggio medievale a San Pietro (350–1350), Rome 1999, Nr. 256, 436 (both with further bibliography). Cf. J. Kollwitz, Die Lipsanothek von Brescia, Studien zur spätantiken Kunstgeschichte 7, Berlin 1933; R. Delbrück, Probleme der Lipsanothek in Brescia, Bonn 1952. Cf. C. Brown Tkacz, The Key to the Brescia Casket. Typology and the Early Christian Imagination, Christianity and Judaism in Antiquity Series 14, Notre Dame 2002; C. J. C. Watson, The Program of the Brescia Casket, in: Gesta 20 (1981), 283–298. For a recent evaluation of this question, cf. G. Noga-Banai, The Trophies of the Martyrs. An art historical Study of Early Christian Silver Reliquaries, Oxford 2008, whose study, however, falls short of addressing the problem of the function of these objects and their decorative programs in sufficient depth. Cf. Gregory of Nyssa, In Praise of the Blessed Theodore, the Great Martyr, in: Gregorii Nysseni Opera, vol. 10.1, Sermones II, ed. J. P. Cavarnos, Leiden 1990, 61–71. Berlin, SMPK – Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst, Inv. Nr. 1/88. Cf. Bagnoli/Klein/Mann/Robinson, Treasures of Heaven (nt. 17), Nr. 4, 32 (with further bibliography).
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Fig. 4: Reliquary with Libation Opening. Berlin, Museum für Byzantinische Kunst, Inv. Nr. 1/88
with the curative power of a saint was fairly wide spread during the fifth and sixth centuries, allowing direct access to a saint’s relics within the framework of a particular shrine or church37. While the reliquaries themselves often remained sparsely decorated, contemporary authors such as Paulinus of Nola, Gregory of Nyssa, Prudentius and others indicate the important contribution of the visual arts in creating a ‘wrap-around environment’ in which, as Patricia Cox Miller and others have emphasized, mere bones could become relics38. It is more difficult to assess the situation for portable reliquaries that were either destined for liturgical use inside churches or for ceremonial use in urban processions. While we know from textual evidence that such objects existed in Constantinople, Jerusalem, and other parts of the empire both before and after the iconoclastic controversy, pre-iconoclastic reliquaries have either not survived,
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Cf. D. Krueger, The Religion of Relics in Late Antiquity and Byzantium, in: Bagnoli/Klein/ Mann/Robinson, Treasures of Heaven (nt. 17), 5–17, here 9–10. Cf. Cox Miller, The Little Blue Flower is Red, Relics and the Poetizing of the Body (nt. 5), 213–236. Cf. also L. James/R. Webb, ‘To Understand Ultimate Things and Enter Secret Places’: Ekphrasis and Art in Byzantium, in: Art History 14 (1991), 1–17.
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Fig. 5: Cruciform Reliquary (?). Vatican, Musei Vaticani, Museo Sacro, Inv. Nr. 61910
or, if they have survived, are not easily identifiable as such39. Whether or not a cruciform wooden box inscribed with the words FWS and ZWH in the Vatican’s Museo Sacro40 (Fig. 5) was, in fact, a reliquary for a portion of the True Cross is as difficult to determine as the question whether an ivory panel in Trier (Fig. 6) 39
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The blessed Egeria attests the use of a gilded silver casket for the portion of the True Cross kept and venerated in the church of the Holy Sepulcher in Jerusalem in the later fourth century, and the pilgrimage account of Bishop Arkulf, recorded by Adamnanus of Iona at the end of the seventh century, describes a wooden reliquary with a lid, stored in a larger shrine inside the church of Hagia Sophia in Constantinople, as the receptacle for a portion of the True Cross used in the Good Friday liturgy. For the respective sources and further examples, cf. H. A. Klein, Byzanz, der Westen und das ‘wahre’ Kreuz, Spätantike, frühes Christentum, Byzanz 17, Wiesbaden 2004, 19–47, 93–103. Vatican, Musei Vaticani, Museo Sacro, Inv. Nr. 61910. Cf. P. Lauer, Le trésor du “Sancta Sanctorum“ au Lateran, in: Revue de l’art ancienne et moderne 20 (1906) 19; id., Le trésor du Sancta Sanctorum, Monuments et Mémoires 15, Paris 1906/07, 94–95; H. Grisar, Die römische Kapelle Sancta Sanctorum und ihr Schatz, Freiburg im Breisgau 1908, 117–118; W. F. Volbach, Il tesoro della Capella Sancta Sanctorum, Biblioteca Apostolica Vaticana, Museo Sacro, Guida IV, Città del Vaticano 1941, 19. Cf. more recently, M.-M.Gauthier, Straßen des Glaubens. Reliquien und Reliquiare des Abendlandes. Aschaffenburg – Fribourg 1983, 41; Klein, Byzanz, der Westen und das ‘wahre’ Kreuz, (nt. 39), 100–101.
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Fig. 6: So-called Trier Ivory. Trier, Domschatz
depicting the reception of a chest of relics in Constantinople, formed indeed part of a reliquary shrine such as the one depicted on it41. The existence of reliquary crosses containing fragments of the True Cross is attested both by literary sources and artifacts, one of the earliest surviving examples being the Cross of Emperor Justin II in the Treasury of St. Peter’s in Rome (Fig 7)42. Around the same time the Cross of Emperor Justin II was gifted to the city and citizens of Rome, the anonymous pilgrim from Piacenza, who visited the Holy Land around 570, records that he saw in the basilica of Sion in Jerusalem, “a human head, which they say is that of Saint Theodota the martyr, enclosed in a reliquary of gold and adorned with gems” and that “many drink out of it to gain a blessing, and so I did”43. Unfortunately, no early Byzantine head reliquary has survived that would allow us to reconstruct the form of the one described by 41
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Trier, Domschatz. Cf. Bagnoli/Klein/Mann/Robinson, Treasures of Heaven (nt. 17), Nr. 14, 38; A later date was suggested by L. Brubaker, The Chalke Gate, the Construction of the Past, and the Trier Ivory, in: Byzantine and Modern Greek Studies 23 (1999), 258–285. Vatican, Treasury of St. Peter’s. Cf. most recently J. Spier (ed.), Picturing the Bible. The earliest Christian Art, Fort Worth – New Haven, 2007, Nr. 83, 283–285. Cf. also Klein, Byzanz der Westen und das ‘wahre’ Kreuz (nt. 39), 70, 96, 177; C. Belting-Ihm, Das Justinuskreuz in der Schatzkammer der Peterskirche zu Rom, in: Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz 12 (1965), 142–166; V. H. Elbern, Das Justinuskreuz im Schatz von St. Peter zu Rom, in: Jahrbuch der Berliner Museen N.F. 6 (1964), 24–38. Antonini Placentini Itinerarium (Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum 175), ed. P. Geyer, Turnhout 1965, 127–174, here 165: “Ibi est monasterium puellarum, et ibi uidi testam hominis inclusam in loculo aureo ornate gemmis, quae dicunt esse capud martyris Theodote. In qua multi aquam pro benedictione bibebant et ego bibi.” Translation after: J. Wilkinson, Jerusalem Pilgrims before the Crusades, rev. ed., Warminster 2002, 140.
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Fig. 7: Reliquary Cross of Justin II. Vatican, Tesoro di San Pietro (Capitolo di San Pietro in Vaticano).
our pilgrim. Of the many head relics that were looted during the sack of Constantinople in 1204 and made their way to Halberstadt, Amiens, Venice, and elsewhere in the West, none seems to have preserved its original container 44. The heads of St. George and St. John the Baptist, which Walon de Sarton, a canon of St. Martin at Picqigny, ‘discovered’ in Constantinople and donated to Amiens Cathedral in 1206, are described by Bishop Richard de Gerberoy as having arrived in “two large and round silver discs”45, but whether these are, in fact, the relics’ original Byzantine containers remains unclear46. Another relic from Constantinople, 44
45 46
For the relic of St. John the Baptist in the treasury of San Marco in Venice, cf. H. A. Klein, Refashioning Byzantium in Venice, ca. 1200–1400, in: R. Nelson/H. Maguire (eds.), San Marco, Byzantium, and the Myths of Venice, Washington D.C. 2010, 193–225, with references to previous literature. For the relic of the head of St. Mammes in Langres, cf. J. Durand, Les reliques de Saint Mammès au trésor de la cathédrale de Langres, in: Mélanges Gilbert Dagron, Travaux et Mémoires 14, Paris 2002, 181–200. For a more general assessment of Byzantine head reliquaries, cf. R. Rückert, Zur Form der byzantinischen Reliquiare, in: Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst, 3. Folge, 8 (1957), 7–36. Cited after P. Riant, Exuviae Sacrae Constantinopolitanae, 2 voll., Geneva 1877–1878, repr. Paris 2004, vol. 1, 40: “[…] duos discos argenteos magnos, rotundos […]”. On the relic and reliquary of the head of St. John in Amiens, cf. J. Durand, Reliques et reliquaires constantinopolitains du chef de saint Jean-Baptiste apportés en Occident après 1204, in: Conta
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Fig. 8: Skull of St. James. Halberstadt, Domschatz, Inv. Nr. 19.
namely the skull of the Apostle St. James (Fig. 8), reached Halberstadt in 1208 by way of its own crusading Bishop Konrad of Krosigk47. Its original Byzantine container, however, is likewise not preserved and thus provides no information about pre- or post-iconoclastic principles guiding Byzantine head reliquary design. In Rome, a silver vessel of uncertain date was either re-used or newly made to enshrine the head of St. Sebastian during the ninth century (Fig. 9)48.
47
48
218 (2007), 188–221; Byzance. L’art byzantine dans les collections publiques françaises, Paris 1992, Nr. 240, 325–326; The reliquary did not survive the French Revolution, but its original appearance is recorded in a print included in C. Du Cange’s ‘Traité historique du chef de Saint Jean Baptiste’ of 1665. Cf. P. Janke, Ein heilbringender Schatz. Reliquienverehrung am Halberstädter Dom im Mittelalter, München – Berlin 2006, Nr. 22a, 220–222; G. Toussaint, Die Sichtbarkeit des Gebeins im Reliquiar – eine Folge der Plünderung Konstantinopels?, in: B. Reudenbach/G. Toussaint (eds.), Reliquiare im Mittelalter, Hamburger Forschungen zur Kunstgeschichte 5, Berlin 2005, 89–106. Vatican, Musei Vaticani, Museo Sacro, Inv. Nr. 60864. Cf. most recently Bagnoli/Klein/Mann/ Robinson, Treasures of Heaven (nt. 17), Nr. 19, 42; 799. Kunst und Kultur der Karolingerzeit. Karl der Große und Papst Leo III. In Paderborn, edd. C. Stiegemann et M. Wemhoff, 3 voll., Paderborn 1999, vol. 2, Nr. IX.31, 648–649 with additional bibliography.
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Fig. 9: Head Reliquary of St. Sebastian. Vatican, Musei Vaticani, Museo Sacro, Inv. Nr. 60864
But can we trust that contemporary Byzantine head reliquaries looked anything like it? A reliquary shrine that used to hold and present to the faithful the head of St. Glykeria at the provincial Thracian capital of Herakleia may provide further insights into the question of Byzantine head reliquary design and attitudes towards sacred body-parts. The object, a re-carved architectural fragment (Plate 4), now in the museum of Tekirdag˘ , has been associated with the re-building of the church of St. Glykeria under emperor Basil I 49. Below a semi-circular cavity that presumably once held the head of St. Glykeria, an inscription reads: “This lovely stone encloses like a shrine, the divine head of the miracle-working martyr Glykeria. From it flows a steady stream of miracles that gives strength to the suffering. May everyone approach this holy heart with faith, and quickly you will see your wishes fulfilled. Like a fountain of bubbling life, you will all experience her mercy”50. This inscription sums up in a poignant way the main tenets of the medieval devotion to saints and their relics as it emphasizes the life-giving and miracle-working qualities of the saintly body enshrined and presented to those 49
50
Tekirdag˘ , Museum of Archaeology and Ethnography, Inv. Nr. 671. Cf. M. Hamdi Sayar, Perinthos-Herakleia (Marmara Ereg˘ lisi) und Umgebung. Geschichte, Testimonien, Griechische und Lateinische Inschriften (Veröffentlichungen der Kleinasiatischen Kommission 9), Vienna 1998, Nr. 243, 383–385. See also J. H. Mordtmann, Zur Epigraphik von Thracien, in: ArchäologischEpigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn 8 (1884), Nr. 62, 226–227; E. Kalinka/ J. Strygowski, Cathedrale von Herakleia, in: Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien 1 (1898), Beiblatt 13–28. For the Greek text, cf. Sayar, Perinthos-Herakleia (nt. 49), 383.
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who approach it with faith. What is interesting here is that the shrine presents the relic to the beholder in an open loculus once secured with iron bars. Above the loculus, a series of holes indicates that the likeness of the saint’s head was once featured there, probably as a metalwork appliqué. Relic and image are thus brought in close proximity to each other and enhance the saint’s physical presence in both likeness and substance. The inscription is adding a third dimension by explaining the shrine’s function and the miracle-working qualities of the saint, whose simultaneous presence in heaven and on earth made her a powerful intercessor on behalf of the faithful. Of course, we cannot be sure how the relic was presented to the beholder inside the loculus or during the weeklong festival celebrated annually by the whole city. Perhaps the saint’s skull was further enshrined in a simple silver reliquary such as the one for the head of St. Sebastian in Rome? Perhaps it was further adorned with pearls and precious stones as the account of the anonymous from Piacenza indicates? We will never know. What we do know, however, is that the saint sometimes smiled at its pious beholders as described in the Greek vita of the fifth-century St. Elizabeth the Younger, written anywhere between the eleventh and thirteenth century51. Describing how this saint’s parents went to Herakleia to attend the annual festival in honor of St. Glykeria, the Life relates that whenever Eunomianos, Elizabeth’s father, “gazed at he noticed her sometimes smiling slightly as though happy and sometimes with a sad an gloomy expression. He considered this to be a visible symbol of his trust in the martyr and he found his soul divided between happiness and sadness.” 52
It seems evident that, from the point of view of the vita’s Middle Byzantine author, Eunomianos did not look at the relic itself, but rather, at an image of the saint placed on the relic or above the cavity of the reliquary shrine. The story seems to highlight a development that – gradually but forcefully – took shape in Byzantium roughly between the sixth and ninth centuries and witnessed over time an ever more direct and meaningful way of connecting images visibly with sacred substances and objects that contained them. While a clear tendency towards the reflexive conjunction of images and sacred matter can already be observed in works of the sixth century, such as the Vatican Box with Stones from the Holy Land (Plate 5)53, in which earth and stones from places in and around Jerusalem were connected with scenes from the Life and Passion of Christ to create a meaningful bond between the experience of the pilgrim and the history of salva51
52 53
Cf. Life of St. Elizabeth the Wonderworker, trans. by V. Karras, in: Holy Women of Byzantium. Ten Saints’ Lives in English Translation (Byzantine Saints’ Lives in Translation 1), ed. A.-M. Talbot, Washington, D.C. 1996, 117–135. Ibid., 124. Vatican, Musei Vaticani, Museo Sacro, Inv. Nr. 61883.2.1–2. Cf. most recently Bagnoli/Klein/ Mann/Robinson, Treasures of Heaven (nt. 17), Nr. 13, 36–37 with further bibliography. Cf. also the earliest studies by P. Lauer, Le trésor du Sancta Sanctorum, Paris 1907, 97–99, and H. Grisar, Die Römische Kapelle Sancta Sanctorum und ihr Schatz, Freiburg 1908, 113.
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Fig. 10: Reliquary of the True Cross. Cortona, Church of San Francesco.
tion, such strategies become a distinct and carefully calibrated mechanism of Byzantine reliquary design after the end of Iconoclasm. Reliquaries such as the ivory staurotheke of the skeuophylax Stephanos in Cortona (Fig. 10) or the staurotheke of Proedros Basil present the precious relic of the True Cross in a well-crafted ‘kosmos’ of images that provide meaningful decoration and function as a commentary gloss to explicate the relic’s importance as well as the hopes and wishes of those who took charge to adorn and honor it through the commission of a precious container54. 54
Cortona, Church of San Francesco. Cf. most recently H. A. Klein, Die Staurothek von Cortona im Kontext mittelbyzantinischer Kreuzreliquiarproduktion, in: G. Bühl/A. Cutler/A. Effen-
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Fig. 11: Reliquary of Ste. Foy, Conques, Trésor de l’abbatiale Sainte-Foy
Only a couple of decades after a Byzantine artist in Herakleia decided to turn an ancient door jamb or lintel into a shrine for the head of St. Glykeria and decorated it with an icon of the saint’s bust portrait, artists in the Auvergne region of Western Europe likewise started to experiment with ancient spolia, deciding to turn a Roman military mask into a reliquary of three-dimensional anthropomorphic shape. The resulting reliquary of St. Foy in Conques, a bold yet
berger (eds.), Byzantinische Elfenbeine im Diskurs (Spätantike–Frühes Christentum–Byzanz. Reihe B: Studien und Perspektiven 24), Wiesbaden 2009, 167–190, with further bibliography.
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powerful solution previously deemed unthinkable for its obvious risk of provoking idolatrous behavior55. Despite obvious concerns and even outrage among members of the ecclesiastical and secular elite, encapsulated in the famous question “Brother, what do you think of this idol? Would Jupiter or Mars consider himself unworthy of such a statue?” 56, posed by Bernard of Angers in his ‘Liber de Miraculis Sanctae Fidis’, the new reliquary format was not only tolerated, but emphatically embraced by Western artists and patrons during the following centuries, leading to spectacular and most impressive creations (Fig. 11) 57. The powerful idea to present the fragmented remains of a saint or martyr in a three-dimensional object that literally embodied and gave material presence to his or her divine persona set Western European art and visual culture on a course that was radically different from the one it had long shared with its Christian neighbors in the Byzantine Empire, yet the two cultures should remain intricately linked. During much of the twelfth and especially in the thirteenth century, relics of Eastern saints and martyrs migrated in great numbers from East to West, some by means of peaceful exchange or trade, others by force and what one Byzantine commentator once called the “law of booty” 58. Many of these relics, like the arm of an unnamed apostle from the Guelph Treasure (Plate 6), which may have been brought to Saxony by Duke Henry the Lion as a gift of Emperor Manuel I, were given new, handsomely crafted “bodies” and stayed in the West59. Others, however, like the right arm of St. John the Baptist (Plate 7) now in the Topkapı Museum in Istanbul, eventually returned back home 60. Dressed in Western clothes, likely made by an Italian artist, but identified by Greek inscriptions, it defies a simple classification as either Byzantine or Western, yet it still shines bright and somehow even “brighter than the sun”.
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On the statue of Sainte-Foy and the question of idolatry, cf. most recently B. Fricke, Ecce Fides. Die Statue von Conques, Götzendienst und Bildkultur im Westen, Munich 2007. Cf. also Le trésor de Conques, Paris 2001, Nr. 1, 18–29 with further bibliography. Liber Miraculorum Sancte Fidis, ed. L. Robertini (Biblioteca di “Medioevo Latino” 10) Spoleto 1994, 113. Translation after The Book of Sainte Foy, trans. P. Sheingorn, Philadelphia 1995, 77. For other statues of this kind, cf. Bagnoli/Klein/Mann/Robinson, Treasures of Heaven (nt. 17), Nr. 105–106, 191–193; La France Romane au temps des premiers Capétiens (987–1152), Paris 2005, Nr. 292–295, 380–385. Cf. Les “Mémoires” du grand ecclésiarque de l’Église de Constantinople Sylvestre Syropoulos sur le Concile de Florence (1438–1439), ed. V. Laurent, Paris 1971, 222.19–224.4. Cleveland, Cleveland Museum of Art, Inv. Nr. On the transfer of relics and reliquaries from Byzantium to Western Europe, cf. H. A. Klein, Eastern Objects and Western Desires: Relics and Reliquaries between Byzantium and the West, in: Dumbarton Oaks Papers 58 (2004), 283–314. On Henry’s acquisition of arm relics from Emperor Manuel I, ibid., 284–286. For the relic arm of St. John the Baptist in the Topkapı Sarayi Müsezi, cf. N. Bayraktar, Topkapı Sarayi Müsezi’nde Hagios Ioannes Prodromos’a (Vaftizei Yahya) Ait Rölikler, in: Topkapı Sarayi Müsezi 1 (1985), 9–20; I. Kalavrezou, Helping Hands for the Empire: Imperial Ceremonies and the Cult of Relics at the Byzantine Court, in: H. Maguire (ed.), Byzantine Court Culture from 829 to 1204, Cambridge 1997, 53–79.
Schöne Schädel. Die Häupter der Heiligen in Ost und West G T (Hamburg) In seinem Kompendium über Reliquiare im christlichen Kult bemerkt Joseph Braun: „Die Entwicklung der Reliquiare erreichte im Osten entsprechend der geringeren Entfaltung, die der Reliquienkult dort erfuhr, zu keiner Zeit auch nur annähernd einen Formenreichtum wie im Westen. […] Zahlreiche Formen, die uns immer wieder im späteren Mittelalter im Westen begegnen, sind den Reliquiaren im Osten fremd. Insbesondere gibt es unter diesen keine bursa-, scheiben- und ziboriumförmigen Reliquiare, keine Büsten- und Statuettenreliquiare, keine Reliquiare von Becher- und Pokalform, keine Reliquienhörner, keine Straußeneier- und Kokosnußreliquiare und erst recht keine Ostensorien.“ 1
So sehr Brauns Einschätzung für die Gestaltung der byzantinischen Reliquiare zutrifft 2, so wenig überzeugt ihre Begründung. Denn es war wohl kaum die schwächere Ausprägung des Reliquienkults, welche die offenkundige Zurückhaltung der künstlerischen Ausgestaltung von Reliquiaren im Osten bedingte. Allein der Reliquienschatz in Konstantinopel umfaßte nach heutiger Berechnung 3.600 Reliquien von 476 Heiligen; die tatsächliche Zahl könnte noch höher gewesen sein3. Die byzantinische Reliquienverehrung stand im Einflußfeld historisch-politischer Prozesse, so der expandierenden islamischen Kultur, später auch der kaum minder ausgreifenden Kreuzzugsbewegung. Für Palästina fanden die blühende Reliquienverehrung sowie das Wallfahrtswesen in der ersten Hälfte des 7. Jahr-
1 2
3
J. Braun, Die Reliquiare des christlichen Kultes und ihre Entwicklung, Freiburg im Breisgau 1940, 4 sq. Den Befund faßt beispielsweise I. Kalavrezou, Helping Hands for the Empire: Imperial Ceremonies and the Cult of Relics, in: H. Maguire (ed.), Byzantine Court Culture from 829 to 1204, Washington, D.C. 1997, 53–79, hier 68 sq. zusammen: „The Byzantines preferred to leave the bones exposed (what better proof for their existence) and apply a silver or gold band on their ends or joints, often with an inscription identifying the relic.“ Cf. R. Rückert, Zur Form der byzantinischen Reliquiare, in: Münchner Jahrbuch der Bildenden Kunst 3. Folge 8 (1957), 7–36, hier 26. Cf. G. Toussaint, Kreuz und Knochen. Reliquien zur Kreuzfahrerzeit, Berlin 2011, 147–162. Kalavrezou, Hands (nt. 2), 53; cf. K. Ciggaar, Une Description de Constantinople traduite par un pèlerin anglais, in: Revue des Etudes Byzantines 34 (1976), 211–267.
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hunderts ihr Ende, als nach kurzer persischer Herrschaft Jerusalem im Jahr 638 durch die Muslime erobert wurde. Damit verlor das Oströmische Reich ein wichtiges Land, und Konstantinopel avancierte zum konkurrenzlosen Zentrum der Reliquienverehrung. Aber auch dort veränderten die politischen Verhältnisse den Kult um die menschlichen Überreste einschneidend. Mit der Plünderung der Stadt während des Vierten Kreuzzugs im Jahr 1204 wurde die Metropole am Bosporus ihres Reliquienschatzes beraubt. Viele Heiltümer gingen verloren, Reliquien und Reliquiare wurden getrennt und erlitten unterschiedliche Schicksale. Als Beutegut wurden sie in die Heimatländer der Kreuzfahrer geschafft: nach Italien, Frankreich und Deutschland, wo wiederum die Entwicklung vor Ort, wie die Reformation, Französische Revolution oder Säkularisation für hohe Verluste sorgte. Was an Reliquien nach 1204 noch in Konstantinopel verblieben war, ging spätestens mit der osmanischen Herrschaft endgültig unter. Die meisten byzantinischen Reliquien sind heute in westlichen Museen oder Kirchenschätzen aufbewahrt und haben eine lange, oftmals verwickelte Biographie. Nur selten sind Reliquie und das ursprünglich dazu angefertigte Reliquiar als Ensemble erhalten. Jahrhundertelang, bis zur Plünderung Konstantinopels im Jahr 1204, war Byzanz das unumstrittene Zentrum des Reliquienkults. Hier befanden sich nicht nur die meisten, sondern auch die wichtigsten Reliquien der Heilsgeschichte. Alle diese Partikel mußten verwahrt, geschützt und entsprechend der zahlreichen liturgischen Anlässe auch handhabbar sein. Ebenso wie im Westen stellte sich im Osten die Frage nach adäquaten Hüllen für die begehrten Heiltümer. Das Fehlen der Gestaltungsvielfalt, das Fehlen beispielsweise der im Westen breit vertretenen Gattung der anthropomorphen Reliquiare, kann nicht mangelnder Kunstfertigkeit geschuldet sein, waren doch die byzantinischen Goldschmiede Meister ihrer Kunst, wie ihre vorzüglichen Emailarbeiten überzeugend vor Augen stellen. Der Grund muß also ein anderer sein. Um diesen zu finden, soll zunächst ein Blick auf die westliche Reliquienverwahrung, ihre Darstellungsmodi und die damit verbundenen Intentionen geworfen werden. In einem zweiten Schritt wird gezeigt, wie grundlegend anders in Byzanz Fragen der Aufbewahrung und Präsentation beantwortet wurden, um zuletzt die unterschiedlichen Beweggründe darzulegen. I. Der Westen Die erstaunlichste und aufsehenerregendste Reliquiarform, die das westliche Mittelalter hervorgebracht hat, ist das anthropomorphe Reliquiar, das in Byzanz bis zum Beginn des Lateinischen Kaiserreichs nicht nachzuweisen ist. Ob als Büste, Kopf, Arm oder Fuß – die oft lebensgroßen, zumeist aus Edelmetallen gefertigten Körperteilreliquiare üben mit ihrem Verismus und ihrer leiblichen Präsenz noch heute eine Faszination aus. Joseph Braun bezeichnet diese Gattung als „redende Reliquiare“ und meint damit die auf den Inhalt verweisende Form4. Die 4
Braun, Reliquiare (nt. 1).
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Forschung der 1990er Jahre hat jedoch gezeigt, daß diese Feststellung die tatsächliche Situation nur vereinfacht und verkürzt erfaßt 5. Ein Büsten- oder Kopfreliquiar enthält nicht zwingend das Stück eines Schädels, genauso wenig wie ein Armreliquiar einen Armknochen beherbergen muß 6. Außerdem beinhalten die wenigsten dieser Reliquiare nur eine Reliquie, sondern oft eine ganze Sammlung verschiedener Heiligenpartikel. Gleichwohl gibt es häufig ein dominantes Heiltum, zumeist eine größere Partikel, etwa ein Körperglied, das namengebend für das Reliquiar wirkt. So enthält beispielsweise das in der Stiftskirche von St-Maurice d’Agaune (Wallis, Schweiz) aufbewahrte Candidushaupt neben anderen Reliquien einen Teil des Schädels des heiligen Candidus, jenem Hauptmann der Thebaischen Legion, der in St-Maurice den Tod gefunden haben soll (Tafel 8)7. Das im 3. Viertel des 12. Jahrhunderts entstandene lebensgroße Büstenreliquiar besteht aus einem Holzkern, der mit einer silbernen, teilvergoldeten Edelmetallhaut überzogen ist. Der Kopf besticht durch klare Linienführung: Niellierte Augen und Augenbrauen verleihen dem Reliquiar eine starke körperliche Präsenz. Der kurz geschorene, vergoldete Vollbart mit S-förmig angelegten Lockenbändern deutet die Barttracht ornamental an; das Haupthaar liegt in glatten Strähnen flach am Oberkopf und wird von einer vergoldeten, mit Edelsteinen besetzten Bügelkrone bekränzt. Um den Hals liegt ein ebenfalls vergoldeter Kragen, der wie die Schulteransätze auf einen Sockel stößt, auf dem der Kopf befestigt ist. Der aus der Hirnschale des Candidus und zahlreichen anderen, in der Schädelkalotte ruhenden Reliquien bestehende Schatz ist im Inneren des Holzkerns fest verschlossen. Ohne Beschädigung konnte man nicht an den wertvollen Inhalt gelangen8. Bei Restaurierungsmaßnahmen zu Beginn der 1960er Jahre kamen die Sicherungsvorrichtungen des Reliquiars zum Vorschein9. Um an den Reliquienschatz zu gelangen, war es zunächst nötig, das fest mit Nägeln fixierte Diadem zu entfernen. Die in der Mitte der Kreuzbügel befindliche Platte ist zwar als Tür5
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Grundlegend zur Problematik der redenden Reliquiare cf. C. Hahn, The Voices of the Saints: Speaking Reliquaries, in: Gesta 36 (1997), 20–31 und Barbara Drake Boehm, Body-Part Reliquaries: The State of Research, in: Gesta 36 (1997), 8–19. B. Falk, Bildnisreliquiare. Zur Entstehung und Entwicklung der metallenen Kopf-, Büsten- und Halbfigurenreliquare im Mittelalter, in: Aachener Kunstblätter 59 (1991/93), 99–238, hier 125. Cf. in dem von Falk erarbeiteten Katalog das Kopfreliquiar des heiligen Justus, in dem die Reliquien des heiligen Innozenz geborgen waren. Daß dies beabsichtigt war, belegt eine Quelle des 12. Jahrhunderts: Capud S. Iusti martyris bene ornatum auro et lapidibus pretiosis et eodem sunt reliquii unius Innocenti, Falk, op. cit., 161 (Nr. 22). Auch der Pauluskopf in der Domkammer Münster enthielt keine Knochenrelikte des Apostels, sondern lediglich seinen Zahn, Falk, op. cit., 162–165 (Nr. 27). Zu dem Reliquiar cf. grundlegend R. Schnyder, Das Kopfreliquiar des heiligen Candidus in St. Maurice, in: Zeitschrift für schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 24 (1965/66), 65–127 sowie Falk, Bildnisreliquiare (nt. 6), 198 sqq. (Nr. 48); D. Thurre, L’atelier roman d’orfèvrerie de l’Abbaye de Saint-Maurice, Sierre 1992. Cf. Falk, Bildnisreliquiare (nt. 6), 126. Zu den Restaurierungsmaßnahmen cf. Schnyder, Kopfreliquiar (nt. 7), 73 sqq.
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Abb. 1: Schädelkalotte des heiligen Candidus
klappe angelegt, heute jedoch fest verschlossen; sie wurde im Rahmen der Untersuchung entfernt10. In einem nächsten Schritt löste man die vier Metallsegmente zwischen den bereits abgenommenen Kronbügeln. Unter ihnen wurde eine Holzkalotte sichtbar, die wie ein großer Deckel das Reliquiengelaß schützt. Dieser Deckel war ursprünglich dauerhaft mit Wachs versiegelt. Nach Abheben dieses Holzdeckels wurden schließlich die Schädelkalotte des Heiligen und weitere Reliquienpäckchen mit Authentiken sichtbar (Abb. 1)11. Streng unter Verschluß befand sich auch der Schädel des heiligen Oswald, der einige Verletzungen aufweist und dem der Unterkiefer fehlt (Abb. 2)12. Er ruht in einem zentralbauförmigen Kuppelreliquiar aus dem letzten Drittel des 12. Jahr10
11 12
Es mag sein, daß diese Klappe geöffnet wurde, ein Herausnehmen der Schädelreliquie war jedoch unmöglich; allenfalls konnte man das Gebein sehen. Da der Knochen an dieser Stelle keinerlei Verfärbungen oder sonstige Beschädigungen aufweist, ist davon auszugehen, daß es – wenn überhaupt – nur zu Sichtkontakten kam. Häufig durchgeführte verehrende Gesten, wie etwa Küssen oder andere Berührungen hätten sichtbare Spuren hinterlassen und den Klappmechanismus nachhaltiger geschädigt. Zu den weiteren Reliquien cf. das Reliquien- und Fundverzeichnis von Schnyder, Kopfreliquiar (nt. 7), 121–127. Der Oswald-Schädel wurde für die Aufnahme auf das Schädeldach gelegt, so daß das Hinterhauptloch und eine Verletzung des Hinterhauptbeins sichtbar sind. Man erkennt Teile des Oberkiefers, das Gaumenbein und ein Jochbein; die Schläfenbeine sind weggebrochen.
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Abb. 2: Schädel des heiligen Oswald
hunderts, das etwas später um einen Kopf und eine Krone ergänzt wurde (Abb. 3, Dom-Museum, Hildesheim)13. Eine auf dem Reliquiar angebrachte Inschrift verweist auf den Inhalt: „(+) REX PIUS OSWALDUS SESE DEDIT ET SVA CHRISTO LICTORIQUE CAPVT QVOD IN AVRO CONDITVR ISTO“ „König Oswald der Fromme gab sich und das Seinige Christus, dem Henker aber sein Haupt, das hier im Gold verborgen ist.“
Der kurze Text bezieht sich auf Oswald, König von Northumbria, der 642 im Kampf gegen seinen heidnischen Gegner Penda zu Tode kam14. Zwar erläutert die Inschrift wie der König zu Tode kam und daß sein Haupt, d. h. sein Schädel in dem Reliquiar ruht, doch bleibt auch in diesem Fall das Gebein dem Betrachterauge unzugänglich. Erst beim Entfernen der Kuppel während der Restaurierungsarbeiten wurde man des Hauptes und seiner Hüllen ansichtig. Sorgfältig ist es in mehrere Textilschichten eingeschlagen. Den Schädel selbst umgibt ein weißes Lei-
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Ausführlich zu dem Reliquiar und dessen Restaurierung cf. Aust.-Kat. Kirchenkunst des Mittelalters. Erhalten und erforschen, ed. M. Brandt, Hildesheim 1989, 135–160; Falk, Bildnisreliquiare (nt. 6), 178. Ibid., 135.
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Abb. 3: Kuppelreliquiar des heiligen Oswald
nengewebe, es folgt eine Watteschicht, der als äußere Hülle ein rotes Seidentuch dient (Abb. 4). Ähnlich fest in Stoffe verpackte Schädel treten bei Restaurierungsmaßnahmen häufiger zutage15. Auch der Welfenschatz birgt von kostbaren Textilien umhüllte 15
Außer Acht gelassen werden die zahlreichen Schädel vom ager ursulanus, die vor allem im Spätmittelalter besonders in Köln und Umgebung verehrt wurden und deren Zahl in die Hunderte geht. Viele dieser Schädel wurden nicht mehr in festen Reliquiaren aufbewahrt, sondern in Textilien gehüllt und auf einem Kissen präsentiert; dieses Ensemble wurde dann in einem Altarretabel verschlossen; cf. R. Karrenbrock, Heilige Häupter in textiler Zier. Das spätgotische Hochaltarretabel der Zisterzienser-Klosterkirche Marienfeld und sein verlorener Reliquienschrein, in: Westfalen 85/86 (2007/08), 263–300.
Schöne Schädel. Die Häupter der Heiligen in Ost und West
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Abb. 4: Eingehüllter Schädel des heiligen Oswald im geöffneten Reliquiar
Schädel – die Häupter der Heiligen Barbara und Walpurgis. Beide ruhen nicht mehr in den ursprünglich für sie vorgesehenen Reliquiaren16. Der Barbaraschädel befindet sich in dem sog. Kasten mit Wappenmalerei, das Walpurgishaupt im Walpurgisschrein, dessen Verbindung zum Schädel trotz des Namens allerdings vage ist17. Auch dieser Schädel lag zumindest im 17. Jahrhundert ebenfalls in dem
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Zu den Schädeln cf. R. Schorta, Reliquienhüllen und textile Reliquien im Welfenschatz, in: J. Ehlers/D. Kötzsche (eds.), Der Welfenschatz und sein Umkreis, Mainz 1998, 139–176 und P. Springer, Der Schrein der heiligen Walpurgis als ‚persona mixta‘, in: Ehlers/Kötzsche (eds.), Welfenschatz, op. cit., 287–308. Springer, op. cit., 288.
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Kasten mit Wappenmalerei18. Beide Schädel verbindet nicht nur ihre gemeinsame zeitweilige Einlagerung in demselben Kästchen, auch ihre textile Verkleidung stammt von gleicher Hand19. Ebenso wie beim Oswaldhaupt fehlt diesen Schädeln der Unterkiefer, und ebenso wie bei Oswald umfängt zunächst eine Leinenhülle den Knochen, die in einer nächsten Schicht von einem Seidentuch bedeckt ist. Während der Barbaraschädel relativ schlicht gefaßt ist, ziert ein seidenes Haarnetz in Filetarbeit das Haupt der Walpurgis. Haarnetze zur Einfassung von Reliquienschädeln sind im Kölner Raum mehrfach nachweisbar; sie wurden im Spätmittelalter in Frauenklöstern gefertigt (Tafel 9)20. Wie an den kostbaren Textilhüllen deutlich erkennbar, war ein Enthüllen der Reliquien nicht vorgesehen21. Kam es dennoch zu einem solchen (Ausnahme)akt, mußten die Stoffe bzw. deren Nähte aufgetrennt werden. Das geschah beispielsweise als Hugo von Lincoln zu Besuch im Kloster Fécamp war und sich widerrechtlich ein Stück einer Reliquie aneignen wollte: „In dem berühmten Kloster von Fécamp brach er zwei kleine Fragmente aus dem Armknochen der […] Maria Magdalena. Dieser Knochen war niemals zuvor vom Abt oder einem der anwesenden Mönche nackt (nudus) gesehen worden, denn er war in drei unterschiedliche Stoffe fest eingenäht, zwei aus Seide und einen aus gewöhnlichem Leinen. Nicht einmal auf Einladung des Bischofs wagten sie [i. e. die Mönche] heranzutreten, um zu schauen. Er aber griff nach dem Federmesser eines seiner Schreiber, zerschnitt flugs die Fäden, streifte die Stoffhüllen ab und führte den hochheiligen Knochen in verehrender Geste an Mund und Augen“ 22. Nach diesem Akt brachen die Mönche in Wehgeschrei und Klagen aus, denn der Vorgang war weder abgesprochen noch in angemessener Weise vorbereitet worden. Es handelte sich um einen Übergriff, der lediglich damit zu entschuldigen war, daß Hugo selbst als heilig eingeschätzt wurde23. 18 19 20
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Ibid., und Schorta, Reliquienhüllen (nt. 16), 151. Schorta, op. cit., 151. A. Legner, Kölnische Hagiophilie. Die Domreliquienschränke und ihre Nachfolgeschaft in Kölner Kirchen, in: Kölner Domblatt 51 (1986) 195–274, hier 225 sq. und Karrenbrock, Häupter (nt. 15), 22–55. Schädel mit Gravuren christlicher Symbolik, wie der von Henk van Os vorgestellte „Kultschädel“ erwiesen sich schnell als Fälschung; vgl. dazu zusammenfassend G. Toussaint, Die Sichtbarkeit des Gebeins im Reliquiar – Eine Folge der Plünderung Konstantinopels, in: B. Reudenbach/ G. Toussaint (eds.), Reliquiare im Mittelalter, Berlin 2005, 89–106. Apud Fiscamni quoque insigne monasterium, de osse brachii beatissime Christi dilectricis Marie Magdalene duo mordicitus excussit frustra. Ipsum autem os nullus tunc presentium uel abbas uel monachus aliquando inspexerat tegmine nudum. Erat enim duplicibus pannis sericis et lineo simplici artissime insutum. Cuius inspectionem dum episcopo flagitanti exhibere nullus auderet, ille a quodam notario suo scalpellum arripiens, fila festinanter dissecuit, atque inuolucrum illud dissuens, sacratissimum os ori et oculis suis reuerenter applicuit. Magna Vita Sancti Hugonis 5, cap. XIV, in: Magna Vita Sancti Hugonis, edd. D. Douie/D. H. Farmer, tom. 2, Oxford 1985, 169–170. Das bezeugt die Episode in Bellay, wo er die Finger von Johannes d. T. entblößte. Die Mönche ließen dies nur zu, weil sie ihn für einen Heiligen hielten und er sich zuvor Disziplinarmaßnahmen unterzogen hatte. Magna Vita Sancti Hugonis 5, cap. XIV (op. cit. 172–174). Hugos Heiligsprechung erfolgte kurz nach seinem Tod (1200) im Jahr 1220.
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In der westlichen Welt bot sich vor 1200 kaum die Gelegenheit, eine Reliquie nackt zu sehen, d. h. bar ihrer schützenden Hüllen aus Textil und Metall. Nur mit technischen Aufwand war es möglich die Reliquiare und die textilen Hüllen zerstörungs- und verlustfrei zu öffnen, sollte der Heilige selbst doch möglichst selten in seiner Totenruhe gestört werden. Erforderten besondere Umstände dennoch eine Öffnung, bedurfte es umfangreicher spiritueller Vorbereitungen, wie beispielsweise mehrtägiges Fasten, Beichte und den Vollzug bestimmter Gebete 24. Bei Auffindung, Umbettung oder Überführung (translatio) von Reliquien, aber auch um sich der Unversehrtheit der Gebeine zu vergewissern, wurden die vasa sacra geöffnet. Besonders bei den translationes, die sich, wenn weite Entfernungen zu überbrücken waren, über Wochen hinziehen konnten, wurde auch dem Volk die Möglichkeit gegeben, sich den exponierten Gebeinen verehrend zu nähern, an den Gnadenerweisen des Heiligen teilzuhaben und etwa von einer Krankheit geheilt zu werden. Daß es bei den Öffnungen der Reliquiare zu Verwechselungen von Gebeinen kommen konnte, ist leicht nachvollziehbar. Meistens lagen die kleinen Reliquienpäckchen dicht gedrängt in ihrem Schutzbehälter, und die Authentiken, zumeist kleine, beschriebene Pergamentstreifen, waren nur dürftig mit einem Faden an den die Gebeine umhüllenden Stoffen fixiert. Manchmal wurden die kleinen cedulae auch nur in den Stoff geschoben. Durch lange Lagerzeiten konnten sie herausfallen, oder die Befestigungsfäden wurden ebenso marode wie das Pergament selbst. Während der Inspektionen bot sich die Gelegenheit, Authentiken zu erneuern, die Hüllen zu überprüfen und gegebenenfalls zu reparieren oder zu ersetzen. Wie zahlreiche Restaurierungsbefunde zeigen, weist deshalb der Inhalt fast aller Reliquienbehälter cedulae unterschiedlicher Epochen auf. II. Der Osten Ganz anders und schon viel länger als im Westen hütete man in Byzanz die Relikte der Heiligen. Das dort seit der Spätantike übliche Gefäß war ein kastenartiger Behälter (jäkh), der sich durch einen (Schiebe-)Deckel oder eine Lade verhältnismäßig leicht öffnen ließ. Vor allem für die Aufbewahrung von Kreuzreliquien hatte sich diese Aufbewahrungsform etabliert. Die Staurothek ermöglichte die Zurschaustellung der im Inneren liegenden Kreuzreliquie an Festtagen. Den Gläubigen wurde dann die Möglichkeit geboten, das in Edelmetall eingefaßte, doch sichtbar bleibende, unbedeckte Kreuzesholz zu betrachten und zu verehren. Beispielhaft ist die Schilderung Egerias anläßlich ihres Besuchs der Kar24
Der Austausch von Reliquien diente auch dem Schließen von Gebetsverbrüderungen zwischen Klöstern. Erst wenn diese geschlossen war, wurde die Reliquie herausgegeben. So geschah es beispielsweise im Jahr 1181, als französische Mönche aus Grammont Köln aufsuchten, um in verschiedenen Kirchen Reliquien für ihr Kloster zu erbitten. Cf. Legner, Hagiophilie (nt. 20), 218–223, der einen längeren Abschnitt des ‚Itinerarium Fratrum Grandimontesium‘ wiedergibt.
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freitagsliturgie in Jerusalem im späten 4. Jahrhundert 25. Ebenso wie die Kreuzreliquie wurde auch das heilige Gebein in Kästchen oder Schreinen verwahrt, die sich bei besonderen (liturgischen) Anlässen öffnen ließen, so daß der vollkommen entblößte nackte Knochen visuell und haptisch verehrt werden konnte. Schon früh, im 4. Jahrhundert, ist der sorglose Umgang mit nacktem Gebein nachweisbar. So hatte eine einflußreiche Witwe in Karthago, Lucilla, die Angewohnheit, vor dem Empfang der Eucharistie den Knochen eines Märtyrers zu küssen, den sie offenbar bei sich trug. Sie zog sich den Tadel des Archidiakons nicht etwa zu, weil sie den Knochen verehrte, sondern weil sie ihn der Eucharistie vorgezogen habe: „Diese Frau (i. e. Lucilla) vermochte sich nicht mit dem Tadel abzufinden, den sie vom Archidiakon Caecilianus erhalten hatte. Sie hatte nämlich, wie es heißt, die Gewohnheit, vor dem Empfang der geistlichen Speise und des geistlichen Tranks den Knochen irgendeines Märtyrers (wenn es denn einer gewesen sein sollte) zu küssen. Auf diese Weise hat sie den Knochen eines Toten, vielleicht eines Märtyrers, der aber noch nicht anerkannt war, dem Kelch des Heiles vorgezogen.“ 26
Der im christlichen Osten relativ häufig mögliche und unkomplizierte sinnliche Kontakt zu heiligem Gebein unterschied sich von den antiken Traditionen. Sowohl im Judentum als auch – mit Einschränkungen – im antiken Heidentum 27 galt nicht nur das Berühren, sondern bereits das Betrachten von Totengebeinen als ein Akt, der Schauder erzeugte, „Unreinheit“ vermittelte und daher vermieden wurde 28. Wurden die Leichen Verstorbener in Gegenwart der Menschenmenge feierlich durch die Straßen getragen, so sah Kaiser Julian Apostata (361–363) aller „Augen durch den Böses ankündigenden Anblick der Toten befleckt“ 29. Allmählich verblaßte bei den Christen des Ostens diese Auffassung. Sind es zunächst noch die Leichen, deren Berührung das Stigma der Unreinheit nach sich zieht, so gelten im 4. Jahrhundert nur noch Sünder und verwerfliche Weltanschauungen als 25
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Itinerarium Egeriae 36,4–37,4, in: Itinerarium – Reisebericht, ed. Georg Röwekamp (Fontes Christiani 20), Freiburg 1995. Byzantinische Staurotheken sind in größerer Zahl überliefert. Für eine ausführliche Darstellung dieser Objekte, ihrem Aussehen und ihrer Verwendung, cf. H. Klein, Byzanz, der Westen und das ‚wahre‘ Kreuz. Die Geschichte einer Reliquie und ihrer künstlerischen Fassung in Byzanz und im Abendland, Wiesbaden 2004. Optatus von Mileve, Contra Parmenianum Donatistam 1, 16, in: Optat de Milève, Contra Parmenianum Donatistam – Traité contre les Donatistes; ed. M. Labrousse (Sources chrétiennes 412), vol. 1, Paris 1995, 208: „Nescio quam feminam factiosam quae ante concussam persecutionis turbinibus pacem […], cum correptionem archidiaconi Caeciliani ferre non posset, quae ante spiritalem cibum et potum, os nescio cuius martyris, si tamen martyris, libare dicebatur, et cum praeponeret calici salutari os nescio cujus hominis mortui, et si martyris sed necdum vindicati, correpta cum confusione, discessit irata discessit.“ Eine besondere Wertschätzung mumifizierter Leichname durch die Ägypter seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. fiel bereits antiken Autoren auf. Sie berichten von dem Brauch, Verstorbene nicht nur zu mumifizieren, sondern die Mumien auch im Haus aufzubewahren, statt sie, wie in früherer Zeit, zu bestatten. J. Wortley, The Origins of Christian Veneration of Body-Parts, in: Revue de l’histoire des religions 223 (2006), 5–28 führt Gründe zur Annahme an, dieses neue ägyptische Brauchtum habe auf die Entstehung christlichen Reliquienkults eingewirkt. Ibid., 8–10. Vgl. auch Num 19,16. Flavius Claudius Iulianus, Epistulae et leges, ed. J. Bidez/F. Cumont. Paris 1922, 195 (Nr. 136a).
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unrein30. Nun kann Gregor von Nyssa (331–395) die für das östliche Christentum gegenüber den Reliquien gültige Auffassung formulieren, indem er beschreibt, wie und mit welcher Haltung sich die Christen dem toten Leib näherten: „Jene, die ihren Blick [auf die Reliquien richten], umarmen und küssen sozusagen den lebendigen, in voller Blüte stehenden Leib, wobei sie Auge, Mund, Ohr, ja alle Sinne mit ins Spiel bringen. Sie vergießen Tränen der Frömmigkeit und Liebe, als erscheine ihnen der Märtyrer jetzt, völlig unverletzt, um als ihr Fürsprecher zu wirken. Wie einen Begleiter Gottes rufen sie ihn an, wie einen, der Geschenke annimmt, wenn er will“ 31. Auch die um 390 n. Chr. redigierten Apostolischen Konstitutionen räumen Bedenken gegen den Umgang mit den Verstorbenen und den Reliquien der Heiligen aus: „Kümmert euch nicht um das, was durch natürliches Recht geregelt ist. Meint nicht, daß euch das verunreinigt, sorgt euch nicht um die jüdischen Bräuche wie die Verbote, die ständigen Waschungen und die Reinigungen nach der Berührung eines Toten. Versammelt euch ohne Scheu in den Friedhöfen zur Lesung der heiligen Schriften und zum Psalmengesang für die dort ruhenden Märtyrer und alle Heiligen seit Anbeginn, und für eure Brüder, die im Herrn ruhen. […] Die Reliquien derer, die bei Gott leben, sind also nichts Unehrenhaftes. […] Darum, ihr Bischöfe, und ihr übrigen [Gläubigen], kümmert euch um eure Toten ohne Scheu und glaubt nicht, daß euch das verunreinigt. Wendet euch von ihren sterblichen Resten nicht ab und meidet jene [jüdischen] Bräuche, die nur töricht sind.“ 32
Welche Konsequenzen hatten diese Formen der Verehrung für die Reliquienaufbewahrung im Osten? Anders als die verhältnismäßig gut überlieferten Staurotheken sind nur sehr wenige byzantinische Kästchen zur Aufbewahrung von Heiligengebein erhalten, so daß wir uns nur eine ungefähre Vorstellung von deren Aussehen verschaffen können33. Neben zahlreichen bildlichen Darstellungen34 30
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A. Samellas, Death in the Mediterranean (50–600 A. D.), Tübingen 2002, 148–155. Einen Überblick über diese Entwicklung gibt auch B. Caseau, Sacred Landscapes, in: G. W. Bowersock/ P. Brown/O. Grabar (eds.), Late Antiquity. A Guide to the Postclassical World, Cambridge, Mass. 1999, 21–59, hier 36–37. Gregor von Nyssa, Oratio laudatoria sancti ac magni martyris Theodori, in: PG 46, 735–748, hier 740. Apostolische Konstitutionen 30, 1–7, in: Les Constitutions apostoliques, ed. M. Metzger (Sources chrétiennes 329), vol. 2, Paris 1986, 388–393. Es werden im Folgenden nur transportable Reliquiare behandelt, keine schweren Stein- oder Marmorsarkophage, die stationär verehrt wurden. Oft haben diese massiven Schreine Ein- und Ausgußöffnungen, die der Berührung des heiligen Leichnams mit Ölen dienten, die dann als Sekundärreliquien an die Gläubigen gegeben wurden. Zu diesen Darstellungen gehört z. B. das sog. Trierer Elfenbein (Domschatz, Trier), das wohl in Konstantinopel in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts geschaffen wurde und vielleicht selbst Bestandteil eines Reliquienkästchens war; zum Trierer Elfenbein grundlegend: K. G. Holum/ G. Vikan, The Trier Ivory, ‚Adventus‘ Ceremonial, and the Relics of St. Stephen, in: Dumbarton Oaks Papers 33 (1979), 113–133. Auch die Buchmalerei hält zahlreiche Beispiele bereit, so u. a. die Chronik des Johannes Skylitzes, Biblioteca Nacional, Madrid; V. Tsamakda, The Illustrated Chronicle of Iohannes Skylitzes in Madrid – Leiden 2002, 336, Abb. 492 und 494 und Kalavrezou, Hands (nt. 2), 66–70.
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sind einige schlichte kasten- oder schreinförmige Gefäße überliefert, die zur Aufnahme heiliger Gebeine dienten. Es handelt sich dabei um Metallscrinia und um Holzkästchen mit Elfenbein- oder Emailschmuck35. Aus Silber getriebene kleine Kästchen, die als Reliquiar dienten, sind aus dem gesamten Mittelmeerraum sowie aus Konstantinopel bekannt 36. Auch mit Email verzierte vergoldete Kästchen sind erhalten, zum Beispiel das aus dem 11. Jahrhundert stammende, mit mehreren Emails und Treibarbeiten ausgestattete Praxedes-Reliquiar, das den Schädel der Heiligen birgt (Abb. 5). Im Gegensatz zu diesem Reliquiar hat zwar der etwas größere, im 10.–11. Jahrhundert gefertigte Felixschrein seinen Emailschmuck eingebüßt, doch veranschaulicht dieser mit einem Schiebedeckel versehene Schrein, wie Reliquien in Konstantinopel und im byzantinischen Einflußbereich aufbewahrt worden sind (Domschatz, Aachen)37. Schriftliche Quellen wie die ‚Hystoria Constantinopolitana‘ bestätigen die Aufbewahrung von Reliquien in Kästen bzw. Truhen. Nach einem Bericht über die Plünderung Konstantinopels während des Vierten Kreuzzuges (1204) vergreift sich der Kreuzfahrer Abt Martin von Pairis in einer der Kirchen an leicht zu öffnenden vasa sacra, nachdem er einen alten Priester gezwungen hat, ihm die Reliquien zugänglich zu machen. Mit den Worten: „Los, treuloser Alter, zeige mir, was du an wertvollen Reliquien verwahrst, oder du sollst wissen, daß du sofort des Todes bist, [fuhr er den Greis an, der in Todesangst eine] eisenbeschlagene Truhe öffnete und ihm den ersehnten Schatz zeigte, der dem Abt willkommener und erwünschter schien als alle Schätze Griechenlands. Sowie der Abt ihn zu Gesicht bekam, tauchte er beide Hände eilig und begehrlich hinein, und
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Vgl. beispielsweise das byzantinische Elfenbeinkästchen aus dem 10. Jahrhundert in New York, Metropolitan Museum of Art; Ch. T. Little, Reliquary Casket with the Deesis, Archangels, and the Twelve Apostels, in: Aust. Kat. The Glory of Byzantium. Art and Culture of the Middle Byzantine Era, A.D. 843–1261, edd. H. C. Evans/W. D. Wixom, New York 1997, 131 (Nr. 78). Auch die Elfenbeinkästchen in Kairo und Pola vermitteln einen Eindruck vom Aussehen dieser Kästchen; H. Buschhausen, Die spätrömischen Metallscrinia und frühchristlichen Reliquiare, Wien 1971, Nr. B 9 und B 10. Weitere Kästchen aus Marmor, Silber und Bronze sind im Aust. Kat. Die Welt von Byzanz – Europas östliches Erbe. Glanz, Krisen und Fortleben einer tausendjährigen Kultur, ed. L. Wamser, München 2004, 187–189 (Nr. 247–251) publiziert. Nicht mehr erhalten sind jene silbernen Behälter, in denen Teile der aus Konstantinopel stammenden Beute Konrad von Krosigks nach Halberstadt gelangten. Von den Reliquien hieß es, sie seien „in argenteis receptaculis honorifice repositas“; Urkundenbuch des Hochstifts Halberstadt und seiner Bischöfe, ed. G. Schmidt (Publikationen aus den K. Preußischen Staatsarchiven 17), vol. 1, Leipzig 1883, Nr. 449 (401). Vgl. beispielsweise die Silberkästchen aus dem 6. und 7. Jahrhundert, zuletzt untersucht von G. Noga-Banai, The Trophies of the Martyrs. An Art Historical Study of Early Christian Silver Reliquaries, Oxford 2008, Nr. 13, 15 und 16. Zum Felixschrein vgl. M.-M. Gauthier, Émaux du moyen âge occidental, Fribourg 1972, 42 (Nr. 21) und E. G. Grimme, Der Dom zu Aachen. Architektur und Ausstattung, Aachen 1994, 115 (Nr. 9).
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Abb. 5: Kästchen mit Schädel der heiligen Praxedes
kräftig geschürzt wie er war, füllte er den Bausch der Kutte mit dem heiligen Kirchenraub, und ebenso der Kaplan. Was ihm am wertvollsten erschien, versteckte er findig und ging dann hinaus“38.
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Gunther von Pairis, Hystoria Constantinopolitana 19, in: id., Hystoria Constantinopolitana, ed. P. Orth, Hildesheim 1994, 159–160: „‚Age‘, inquit, ‚perfide senex, ostende michi, quas pociores servas reliquias, vel scias te statim mortis supplicio puniendum.‘ […] ferratam ei archam aperuit ostendens ei thesaurum desiderabilem, quem super omnes gazas Grecie Martinus abbas sibi gratum et desiderabilem iudicabat. Quem videns abbas festinanter et cupide utrasque manus inmersit et, uti strennue succinctus erat, sacro sacrilegio sinus suos implens tam ipse quam cappellanus ea, que sibi potissima videbantur, sagaciter occultavit et protinus egressus est.“ – Am Ende der Hystoria Constantinopolitana (cap. 24) wird eine lange Reliquienliste aufgeführt, die jene Reliquien aufzählt, die Martin sich aneignen konnte. Obwohl über vierzig verschiedene Gebeine, Herren- und Ortsreliquien aufgeführt werden, ist heute kein Stück dieser Beute mehr erhalten.
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Weitere Berichte bestätigen diese Art der Aufbewahrung. Im Jahr 1200 bereiste Erzbischof Antonius von Novgorod die Metropole am Bosporus und schildert seine Eindrücke in einem Pilgerbericht 39. Zahlreich sind seine Bemerkungen über die während kultischer Handlungen aufgestellten aufgeklappten Kästchen mit ihren Reliquien40. So ruhten die Gebeine der heiligen Theodosia in einem Silberkästchen, das man zur Verehrung öffnete. Die Reliquien nahm man zur Prozession heraus und legte sie Kranken zur Heilung auf 41. Dem tatsächlichen Aussehen eines derartigen Kästchens mag das ebenfalls aus Konstantinopel stammende Praxedes-Reliquiar nahekommen, das sich heute in der Kapelle Sancta Sanctorum in Rom befindet (Abb. 5)42. Das Reliquiar, das ein caput S. Praxedis integrum – also einen vollständigen Schädel – enthält, ist schon in einem Inventar des 11. Jahrhunderts erwähnt; es gelangte wohl als Schenkung nach Rom. Hartmann Grisar hatte vor hundert Jahren die Möglichkeit, das Kästchen näher zu betrachten; er beschreibt den Anblick des Schädels bei geöffnetem Deckel: „Nachdem der gewölbte Deckel zurückgeschlagen, hatte ich einen zweiten Deckel vor mir, der durch eine große Öffnung in der Mitte den obersten runden Teil des darin bewahrten Schädels erscheinen ließ. Die Durchlochung diente offenbar dazu, die Reliquie küssen zu lassen, ohne daß sie herausgenommen zu werden brauchte. Der hier sichtbare Teil des Hauptes ist denn auch durch die vielen Küsse ganz geglättet. Das Haupt selbst bietet die merkwürdige Erscheinung dar, daß die Haut fast überall in eingeschrumpftem Zustande, selbst an den Augen, übrig geblieben ist“43. Alle Belege deuten darauf hin, daß die byzantinischen Reliquien relativ leicht zugänglich und, anders als ihre westlichen Gegenstücke, nicht in Stoffhüllen eingenäht und permanent unsichtbar waren. Wie nun aber sahen die in diesen Kästchen lagernden Reliquien selbst aus? Soweit rekonstruierbar, waren die Gebeine der Heiligen nicht, wie im Westen üblich, mit Textilien umkleidet. Vielmehr wiesen die Knochen fest montierte 39
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Von diesem Text liegen zwei ältere französische Übersetzungen vor: Antonius von Novgorod, Le Livre de pèlerin, übers. von B. de Khitrowo, Genf 1889 sowie Le Livre du pèlerin d’Antoine de Novgorod, übers. von Marcelle Erhard, in: Romania 58 (1932), 44–65. Im weiteren wird die ältere, allerdings manchmal etwas paraphrasierende Übersetzung von de Khitrowo zitiert. Zu den russischen Pilgern in Konstantinopel und ihre Begegnung mit den dort verehrten Reliquien vgl. G. Majeska, Russian Pilgrims and the Relics of Constantinople, in: Alexei Lidov (ed.), Eastern Christian Relics, Moskau 2003, 387–397. Cf. beispielsweise Antonius von Novgorod, Le Livre de pèlerin, op. cit, 103–104. Ibid., 104: „Dans un couvent de femmes se trouvent les reliques de sainte Théodosie, dans une châsse ouverte en argent; on porte ces reliques en procession et on le impose aux malades et ils guérissent.“ Zum Reliquiar cf. zuletzt G. Cornini, Reliquiar für den Schädel der heiligen Praxedis, in: AK Byzanz. Pracht und Alltag, ed. Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, München 2010, 161–162 (Nr. 39) mit einem Überblick über die gesamte ältere Literatur. Für weitere, nur schriftlich belegten Behältnisse von Schädelreliquien vgl. die Zusammenstellung von nicht mehr erhaltenen Kästchen bei Rückert, Form (nt. 2), 18–20. H. Grisar, Die römische Kapelle Sancta Sanctorum und ihr Schatz, Freiburg im Breisgau 1908, 107.
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(Edel-)Metallbeschläge mit eingravierten Authentiken auf, die auch bei häufigem Hantieren mit dem Heiligtum nicht abhanden kommen konnten. Solche Beschläge verhinderten mögliches Vertauschen von Gebein und stellten die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Heiligen sicher. Wie viele Beispiele zeigen, waren die Knochen der Heiligen, wenn es sich um Röhrenknochen handelt, vorzugsweise an ihren Enden von einer Metallmanschette mit eingravierter Namensnennung des Heiligen umschlossen44. Schädelkalotten hingegen waren oft von einem über Kreuz gelegten Metallband eingefaßt, das zusätzlich mit einem authentifizierenden Medaillon mit dem Bildnis des Heiligen geschmückt sein konnte; daneben war noch weiterer Zierrat, etwa Edelsteinschmuck, üblich. Die auf diese Weise ausgestatteten Knochen lagerten, solange sie nicht liturgisch verwendet wurden, in ihren Gefäßen, also den schon beschriebenen, leicht zu öffnenden Kästchen und Schreinen. Diese Form der Aufbewahrung und Sicherung mit Authentiken macht Sinn, wenn es Brauch war, die Reliquien zur Verehrung hervorzuholen. Im byzantinischen Osten unterlag das Zeigen von Reliquien nicht den strengen Sanktionen der westlichen Kirche. Der Umgang war offensichtlich wesentlich freier und unkomplizierter. Schon im 6. Jahrhundert erwähnt der sog. Pilger von Piacenza einen Schädel, den er in einem Frauenkloster neben der Zionsbasilika in Jerusalem sehen und sogar als Trinkgefäß benutzen konnte: „Ich sah einen mit Gold und Edelsteinen verzierten Menschenschädel in einem goldenen Kasten eingeschlossen. Es heißt, er stamme von der heiligen Märtyrerin Theodota. Viele trinken daraus zur Segnung, und auch ich habe daraus getrunken“ 45. Sicher diente nicht jeder Heiligenschädel als Trinkschale, doch wurden, wie Antonius von Novgorod zu berichten weiß, Reliquien an Festtagen in dem Konvent des heiligen Elias für alle Anwesenden sichtbar auf Tischen ausgebreitet: „Près dede Plaquote, se trouve le couvent du saint prophète Elie, et il contient une église et une quantité de reliques de saints; les jours de fête on met des tables partout dans l’église et l’on y expose les reliques des saints“ 46. Doch nicht nur das Auge erfreute sich an der Schau des Gebeins; es konnte auch geküßt werden, wie Antonius an anderer Stelle berichtet: „Et nous baisâmes beaucoup d’autres saintes reliques dans le Palais d’Or“ 47. Andernorts wird er konkreter, wenn er das Küssen der Gebeine des heiligen Paulus schildert: „Là se trouve aussi la maison du saint confesseur Paul, et, sous l’autel, on baise ses reliques, son omophorion et son
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Cf. die Beispiele von Toussaint, Kreuz und Knochen (nt. 2). Pilger von Piacenza, Itinerarium 22, in: Itinera Hierosolymitana saeculi IIII–VIII, ed. P. Geyer (CSEL 175), Wien 1898, 157–218, hier 174: „Ibi est monasterium feminarum. Vidi testam de homine inclausam in locello aureo ornatam ex gemmis, quae dicunt quia de sancta martyra Theodote esset [Variante: quae dicunt esse capud martyris theodote], in qua multi pro benedictione bibunt et ego bibi.“ Antonius von Novgorod, Le Livre de pèlerin, (nt. 39), 106. Ibid., 99.
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étole“ 48. Zahlreich sind die Heiligenschädel, die Antonius zu Gesicht bekam49. Er berichtet nicht nur von dem Akyndinos-Schädel (Abb. 7, s. u.), der nach der Plünderung Konstantinopels nach Rosières verschleppt worden war, sondern auch von den Häuptern Johannes des Täufers, des Apostels Johannes, des Herrnbruders und des Matthäus, wobei die drei letzteren in silbernen Kästchen aufbewahrt wurden50. Einige von diesen Schädeln sind – wenn auch nur fragmentarisch – bis heute erhalten. III. Der Osten im Westen Die ‚Biographie‘ des hochverehrten Schädels Johannes des Täufers läßt sich trotz der unterschiedlichen, komplexen Überlieferungen von seiner Verehrung in Emesa über Konstantinopel nach Amiens rekonstruieren51. Im 6. Jahrhundert konnte ihn bereits der Pilger von Piacenza in Emesa in einem kristallenen Gefäß betrachten: „Von dort gingen wir nach Heliopolis und weiter nach Emesa, wo das Haupt des heiligen Johannes des Täufers in einem Kristallgefäß aufbewahrt wird. Wir schauten den darin liegenden (Schädel) an und verehrten ihn“ 52. Der Schädel gelangte später an den Hof von Konstantinopel, wurde dort vom Herrscher selbst verehrt und rangierte in seiner Bedeutung gleich nach den Christusreliquien53. Noch in Byzanz wurde das Haupt des Täufers geteilt. Zunächst wurden wohl beide Teile, so sah es zumindest Antonius von Novgorod, im Studioskloster aufbewahrt54. Später kam ein Teil in das Dionysioskloster auf dem Athos, während der vordere Teil des Schädels, also die Gesichtsknochen, in Konstantinopel verblieb55. Nach der Eroberung der Stadt brachte im Jahr 1206 der Kreuzritter Walon de Sarton dieses Stück in die Kathedrale von Amiens56.
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Ibid., 105. Cf. auch das Schatzverzeichnis von Ciggaar, Description (nt. 3), in dem zahlreiche capita oft an erster Stelle genannt werden. Antonius von Novgorod, Le Livre de pèlerin, (nt. 39), 100 und 101. Cf. die umfassende Darstellung von Ch. du Cange, Traité historique du chef de S. Iean Baptiste, Paris 1665 sowie die Zusammenfassung von J. Ebersolt, Sanctuaires de Byzance. Recherches sur les anciens trésors des églises de Constantinople, Paris 1921, 79–84 und 134–137. Pilger von Piacenza, Itinerarium 46, in: Itinera Hierosolymitan (nt. 45), 217: „Deinde Heliopoli, et inde uenimus Emiza, ubi est caput sancti Iohannis baptistae in doleo uitreo, et nos ibi eum intus uidimus et adorauimus.“ Ebersolt, Sanctuaires (nt. 51), 82. Antonius von Novgorod, Le Livre de pèlerin, (nt. 39), 100. Ebersolt, Sanctuaires (nt. 51), 136. Das Teilen des Schädels ist auch noch in anderen Fällen belegt. So berichtet Antonius von Novgorod, Le Livre de pèlerin, (nt. 39), 105, daß in der Kirche der vierzig Märtyrer der Schädel des heiligen Anicius aufbewahrt werde. In der nur wenig entfernten Kirche des heiligen Prokop hingegen verwahrte man die Gesichtsknochen. Teile des Täuferschädels fanden sich auch an anderen Orten, wie z.B. in Gandersheim, vgl. H. Röckelein, Gandersheimer Reliquienschätze – erste vorläufige Beobachtungen, in: Martin Hoernes/ead. (eds.), Gandersheim und Essen. Vergleichende Untersuchungen zu sächsischen Frauenstiften,
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In Amiens zog die Johannesreliquie Pilger an, denen sie, auf einer Schale befestigt, gezeigt wurde – so nach Ausweis einer schlichten Darstellung auf einem Pilgerzeichen aus dem 14. Jahrhundert 57. Noch im 17. Jahrhundert konnte sich Charles du Cange vom mittelalterlichen Aussehen des Reliquiars überzeugen (Abb. 6) 58. Seine Beschreibung und der beigefügte Stich vermitteln eine Vorstellung von der ursprünglichen Gestaltung des Reliquiars. Wie bei byzantinischen Schädeln üblich, ist ein wesentliches Stück des blanken Gebeins freigelegt; in diesem Fall die kraniofazialen Knochen vom Oberkiefer bis zur Mitte der Stirn. Diese Knochenpartie wird von einer Edelmetallhülle eingefaßt. Eine Art Diadem mit Edelsteinbesatz bezeichnet den Übergang der Metallhülle zum nackten unteren Stirnknochen. Die vergoldete silberne Fassung, welche die Schädelkalotte im vorderen Stirnbereich bedeckt, ist mit einem Medaillon geschmückt, das ein emailliertes Brustbild des Täufers zeigt. In seiner linken Hand hält der Täufer ein Kreuz, während er mit seiner Rechten auf eine kleine Christusfigur weist. Die Namen Christi und des Täufers sind zusätzlich in griechischen Buchstaben inschriftlich fixiert. Offenbar stellt diese Schädeleinfassung den originalen byzan-
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Essen 2006, 33–80, hier 64 Anm. 152. – Die Vielzahl der Täuferschädelfragmente veranlaßte Reformatoren wie Calvin zu beißender Kritik an der Reliquienverehrung, in dem er aufzählt, wo sich überall Stücke des Schädels befinden: „Touchant de la tête, Sozomenus, un autre chroniqueur, dit qu’elle fut emportée par l’empereur Théodose auprès de la ville de Constantinople. Par quoi, selon les histoires anciennes, tout le corps fut brûlé, excepté la tête; et tous les os et les cendres perdus, excepté quelque petite portion que prirent les ermites de Jérusalem à la dérobée. Voyons maintenant ce qu’il s’en trouve. Ceux d’Amiens se glorifient d’avoir le visage; et en la masque qu’ils montrent, il y a la marque d’un coup de couteau sur l’œil, qu’ils disent qu’Hérodias lui donna; mais ceux de Saint-Jean d’Angeli y contredisent, et montrent la même partie. Quant au reste de la tête, le dessus, depuis le front jusques au derrière, étoit à Rhodes, et est maintenant à Malte, comme je pense; au moins les commandeurs ont fait accroire que le Turc leur avoit rendu. Le derrière est à Saint-Jean de Nemours; sa cervelle est à Nogent-le-Rotrou. Nonobstant cela, ceux de Saint-Jean de Maurienne ne laissent point d’avoir une partie de la tête. Sa mâchoire ne laisse point à être à Besançon, à Saint-Jean le Grand: il y en a une autre partie à Saint-Jean de Latran, à Rome; et à Saint-Flour en Auvergne, un bout de l’oreille; à Saint-Salvador en Espagne, le front et des cheveux; il y en a aussi bien quelque lopin à Noyon, qui s’y montre fort authentiquement; il y en a semblablement une partie à Lucques, je ne sais de quel endroit. Tout cela est-il fait? Qu’on aille à Rome et au monastère de Saint-Sylvestre, et on orra dire, voici la tête de saint Jean-Baptiste. […] Je ne les veux point presser de si près que de leur demander comment la tête s’est déchiquetée pour être départie en tant de lieux, et si divers, ni comment c’est qu’ils l’ont eue de Constantinople: seulement, je dis qu’il faudroit que saint Jean eût été un monstre, ou que ce sont abuseurs effrontés de montrer tant de pièces de sa tête.“ J. Calvin, Traité des reliques, 1543, in: J. Calvin, Avertissement contre l’astrologie – Traité des reliques, Paris 1962, 74–75. Zur Geschichte des Täuferschädels in Amiens vgl. J. Durand, Reliques et reliquaires constantinopolitains du chef de saint Jean-Baptiste apportés en Occident après 1204, in: Contacts. Revue française de l’orthodoxie 218 (avril–juin 2007), 188–221 und du Cange, Traité (nt. 51), 115–131. Das Pilgerzeichen aus Blei-Zinn befindet sich im Kunstgewerbemuseum, Berlin; es ist katalogisiert und abgebildet in: H. Kühne e.a. (eds.), Das Zeichen am Hut im Mittelalter. Europäische Reisemarkierungen, Frankfurt 2008, 306 (Nr. 101). Du Cange, Traité (nt. 51) reproduziert den Stich auf S. 132.
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Abb. 6: Stich der ursprünglichen Fassung der Schädelreliquie Johannes des Täufers
tinischen Befund dar. Umschlossen und überwölbt wird der Knochen von einem Bergkristall, dessen hufeisenförmige Fassung auf dem Stich deutlich erkennbar ist. Dieser noch heute vorhandene Bergkristall ist zwar mittelalterlich, jedoch nicht byzantinisch. Ursprünglich erreichte der aus Konstantinopel kommende Schädel Amiens auf einem Silberteller. Ähnlich wie man in Halberstadt die Stephanus- und Nikolausreliquien hinter Bergkristall ausstellte, schnitt man auch in Amiens einen Bergkristall so zu, daß er die kostbare byzantinische Reliquie schützte und zugleich sichtbar machte 59. Der silberne Teller wurde später, zur 59
Zu den Halberstädter Reliquien cf. P. Janke, Ein heilbringender Schatz. Die Reliquienverehrung am Halberstädter Dom im Mittelalter. Geschichte, Kult und Kunst, München 2006, 177–182.
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Zeit Karls VII., durch einen massiv goldenen ersetzt, der, darauf weist das Wappen am unteren Rand, wahrscheinlich von der französischen Königin Elisabeth von Bayern (Isabeau de Bavière), der Gemahlin Karls VI., gestiftet wurde60. Das Originalreliquiar sowie der Schmuck des Schädels gingen in der Französischen Revolution verloren; lediglich die Reliquie selbst und der sie abdeckende Bergkristall überlebten die Wirren jener bewegten Zeit. Nach dem Stich von du Cange wurde im 19. Jahrhundert das Reliquiar nachgebildet; noch heute ist es im Schatz der Kathedrale von Amiens zu sehen (Tafel 10, Notre Dame d’Amiens) 61. Deutlich sichtbar sind unter dem polierten Kristall die vorderen Gesichtsknochen mit Augenhöhlen, Nase und Oberkiefer. Die Höhlenöffnungen sind mit einer ähnlichen Füllmasse versehen wie der Halberstädter Jacobusschädel, was darauf schließen läßt, daß die Schädel bereits in Byzanz in dieser Weise geschlossen wurden. Während die Füllung des Jacobusschädels im Bereich der Augenhöhlen deutliche Risse aufweist, ist die Oberfläche der Füllmasse des Johannesschädels noch sehr gut erhalten. Sie wurde waagerecht eingeritzt, so daß der Eindruck von geschlossenen Lidern entsteht. Ein weiterer Schädel, das Haupt des heiligen Akyndinos, wurde ebenfalls Opfer der Zeitläufte. Sein Schicksal läßt sich von SS. Cosmas und Damian in Konstantinopel über Rosières im Jura bis nach Arbois verfolgen, wo er heute aufbewahrt wird (Abb. 7; Saint-Just, Arbois)62. Bei der Schädelreliquie des heiligen Akyndinos handelt es sich um eine kreuzförmig von vergoldeten Kupferbändern eingefaßte Kalotte. Im Scheitelpunkt befindet sich ein gut erhaltenes Medaillon aus vergoldetem Silberblech, das den Heiligen als Halbfigur wiedergibt. Eine griechische Inschrift dokumentiert den Namen: „O A(giov) AKUNDINO◊ “ (der heilige Akyndinos). Wie der Täuferschädel weist auch jener des heiligen Akyn-
Abb. 7: Schädelkalotte des heiligen Akyndinos
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Du Cange, Traité (nt. 51), 133–134. J. Durand, Reliquaire du chef de saint Jean Baptiste, in: AK Byzance. L’art byzantin dans les collections publiques françaises, ed. M.-C. Bianchini, Paris 1992, 325–326 (Nr. 240). Eine ausführliche Beschreibung des Akindinosschädels in ibid., 313 (Nr. 226) sowie Rückert, Form (nt. 2), 9–10.
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dinos ein Bildnis mit namentlicher Nennung des Heiligen auf. Ähnliche Einfassungen finden sich auch bei anderen byzantinischen Schädelreliquien, so bei dem Mamasschädel und dem Jacobusschädel in Halberstadt. Der Schädel des heiligen Mamas ist lediglich durch schriftliche Zeugnisse bekannt. Dieser ebenfalls aus Konstantinopel stammende Schädel befand sich bis ins 18. Jahrhundert in Langres. Petrus Capuanus erwähnt in seinem Schreiben aus dem Jahr 1205 an den Bischof von Langres die für westliche Verhältnisse ungewöhnliche silberne Einfassung: „Der Name des Heiligen war in griechischen Buchstaben auf Silber(bänder) geschrieben, die den Schädel umspannten“ 63. 1209 schildert ein anonymer Kanoniker von Langres die inventio (Auffindung) des Hauptes und beschreibt einen nackten Schädel, der kreuzförmig mit Silberbändern eingefaßt war, auf denen in griechischen Lettern „AGIOS MAMAS“ (heiliger Mamas) stand 64. Der Mamasschädel erinnert damit sehr an das Jacobushaupt in Halberstadt, dessen Inschrift allerdings abhanden gekommen ist. Auch das runde Schädelfragment des heiligen Simeon Stylites ist in dieser Weise eingefaßt. Von dem heute in Arezzo (Chiesa dell’Archicenobio di Camaldoli) aufbewahrten und in eine Monstranz des 18. Jahrhunderts eingefügten Objekt sind noch die vier kreuzförmigen Bänder mit griechischer Inschrift erhalten (Abb. 8) 65. Den Mittelpunkt bildet auch hier ein Medaillon, dessen Inschrift aber nicht ursprünglich ist, wird die Reliquie doch in lateinischer Schrift als „CAPVT S. SYMEONIS STYLITAE“ (Haupt des heiligen Simeon Stylites) ausgewiesen. Auffällig bei allen diesen Schädelreliquien ist, daß sie über die Kalotte gelegte Kreuzbänder aufweisen. Ob damit eine Krone angedeutet wird, wie Schnyder meint, läßt sich allenfalls vermuten66. Tatsächlich tragen viele westliche Kopfreliquiare Kronen oder Diademe, deren Bänder wie beim Candidushaupt kreuzförmig über die Haarkalotte gelegt sind. Der Domschatz zu Halberstadt verwahrt einen prominenten Schädel aus dem byzantinischen Beutegut: den Schädel des Apostels Jacobus (Tafel 11, Domschatz, Halberstadt), der in einem heute verlorenen silbernen Behälter (receptaculum) Halberstadt erreichte67. Eine Urkunde von 1208 dokumentiert die durch den Halber63 64
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P. Riant, Exuviae sacrae Constantinopolitanae, vol. 2, Genf 1878, 71: „Titulum subscriptum grecis litteris in argento ipsi capiti circumducto.“ Ibid., vol. 1, Genf 1877, 28–29: „Inter quas inventum est caput gloriosi martyris, nudum quidem, nisi quod circulus argenteus ipsi capiti circumductus erat, et supra in modum crucis extensus, totum comprehendebat, in quo erat scriptum in antiquis literis grecis, que adhuc ibi apparent: AGIOS MAMAS, quod interpretatur sanctus Mamas.“ Zu der byzantinischen Reliquie und ihren Inschriften umfassend: E. Follieri, Un reliquiario bizantino di S. Simeone Stilita, in: Byzantion 35 (1965), 62–82 mit Abbildungen. Schnyder, Kopfreliquiar (nt. 7), 119. Im Jahr 1208 befand sich der Schädel mit anderen aus Konstantinopel stammenden Reliquien in argenteis receptaculis honorifice repositas; Urkundenbuch des Hochstifts Halberstadt und seiner Bischöfe (nt. 35), Nr. 449 (401). Zu dem Schädel vgl. zuletzt G. Toussaint, Schädel des Jacobus minor, in: Der heilige Schatz im Dom von Halberstadt, edd. H. Meller u. a., Regensburg 2008, 66–67 (Nr. 10); Janke, Schatz (nt. 59), 220–222; G. Toussaint, Konstantinopel in Halberstadt. Alte Reliquien in neuem Gewand, in: Das Mittelalter 10 (2005), 38–62.
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Abb. 8: Schädelfragment des heiligen Simeon Stylites
städter Bischof und Kreuzfahrer Konrad von Krosigk drei Jahre zuvor (1205) erfolgte Übergabe eines caput Jacobi apostoli minoris, auro et gemmis ornatum (Haupt des Apostels Jacobus des Jüngeren, mit Gold und Edelsteinen geschmückt), an anderer Stelle als caput totale Iacobi fratris Domini (vollständiges Haupt von Jacobus, dem Bruder des Herrn) benannt, an das Halberstädter Domkapitel 68. Bei der Zuweisung des ohne Inschrift überlieferten Halberstädter Schädels hilft uns außer der Angabe der Übergabeurkunde nur der Hinweis weiter, daß sich in der geplünderten kaiserlichen Kapelle zu Konstantinopel ein caput Jacobi minoris (Haupt von
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Urkundenbuch des Hochstifts Halberstadt und seiner Bischöfe (nt. 35), 400–403, hier: 401 (Nr. 449); Gesta Episcoporum Halberstadensium, ed. L. Weiland, in: MGH Scriptores, vol. 23, Hannover 1874, 73–123, hier 120.
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Jacobus dem Jüngeren) befand; zweifellos ist der Halberstädter Schädel mit dem Jacobushaupt identisch69. Die bis auf den fehlenden Unterkiefer fast vollständige Schädelreliquie weist eine bemerkenswerte Deformation auf, stehen doch die Kalottenteile so zueinander, als wäre der Schädel einer Druckeinwirkung von oben ausgesetzt gewesen. Alle Nähte sind seitlich offen bzw. gespreizt, auch das Hinterhauptsbein ist etwas nach hinten abgeklappt. In natürlicher Stellung wäre der Schädel wahrscheinlich um ein Viertel schmaler als er heute erscheint. Vermutlich wurden sowohl die Lehmfüllung als auch das Eisenband, das innen zwischen den Knochen und die Füllmasse geschoben ist, zur Stabilisierung des deformierten Objekts angebracht. Offenbar ist diese Montage ursprünglich. Nur durch eingehende Untersuchung – etwa eine Computertomographie – läßt sich ermitteln, ob in der Lehmmasse noch weitere Reliquien verborgen sind. Ursprünglich war der Schädel reich geschmückt. Dafür sprechen neben der Notiz in der Übergabeurkunde des Bischofs an das Domkapitel, der Schädel sei auro et gemmis ornatum, vor allem die zahlreichen, von üppigen Applikationen zeugenden Nagellöcher an der Schädelaußenseite. Heute sind nur noch jene silbernen Bänder erhalten, die, kreuzförmig über die Kalotte gelegt, den Knochen an seiner Unterseite einfassen. Das einzige zusätzliche Schmuckelement bildet das Fragment einer Silberplakette, das früher mit farbigem Email ausgelegt war 70. Es handelt sich um die linke Hälfte des Brustbildes eines liturgisch gewandeten Heiligen, der seine Rechte zum Segensgestus erhebt. Leider sind der Kopf sowie die rechte, vielleicht eine Inschrift tragende Hälfte der Plakette weggebrochen, so, daß eine Identifikation der dargestellten Gestalt nicht möglich ist. Von den meisten byzantinischen Heiligenschädeln zeugen heute nur noch schriftliche Quellen71. Berühmte Stücke wie ein Teil des Annenhauptes in Chartres, aber auch zahlreiche andere Schädel, sind unwiederbringlich verloren72.
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Riant, Exuviae (nt. 63), vol. 2, 217: „caput Iacobi minoris;“ Gesta Episcoporum Halberstadensium, l. c.: „caput totale Iacobi fratris Domini.“ Ulrich Sieblist zufolge, der den Halberstädter Domschatz restauratorisch betreut, war die Stola des Heiligen mit weißem, das Gewand mit blauem und der Gewandsaum mit grünem Email ausgelegt. Vgl. Rückert, Form (nt. 2), 13–15. F. de Mély, Le Trésor de Chartres 1310–1793, Paris 1886, 70 und 68, Anm. 4. Die Schädelreliquie der heiligen Anna, die Ludwig von Blois aus Konstantinopel nach Chartres brachte, erhielt als eine der Hauptreliquien der Kathedrale ein eigenes Offizium und ein eigens bewachtes Schatzkabinett. Wurden Kanoniker neu ins Kapitel aufgenommen, schworen sie auf diese Reliquie. Dem Schädel der Heiligen fehlte der Unterkiefer und ein Stück vom Oberkiefer; ob auch die Schädelkalotte schadhaft war, wird nicht beschrieben. Aufbewahrt wurde die Reliquie in einer Büste, in der auch ein Finger der Heiligen ruhte; dieser war durch einen applizierten Kristall sichtbar. Da das Annenhaupt in der Französischen Revolution verloren gegangen ist, läßt sich nichts mehr über die Fassung dieser kostbaren, aus Konstantinopel stammenden Reliquie sagen. Weitere Schädel überliefert die Liste von P. Riant, Des dépouilles religieuses enlevées à Constantinople au XIIIe siècle et des documents historiques nés de leur transport en Occident, in: Mémoires de la Société nationale des Antiquaires de France 36 (1875), 3–85, 176–213.
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Andere Reliquien, etwa ein Stück der Hirnschale der heiligen Anna, das als – spätmittelalterliches – Annenhaupt in Düren aufbewahrt wird, sind ihrer originalen Fassung verlustig gegangen73. IV. T hesen Im Westen gehen Reliquiare in ihrer originellen Gestalt und differenzierten Bildsprache über die Funktion eines Gefäßes weit hinaus. Als Medien des Heils hatten Reliquiare im Westen vor allem die Funktion, (im liturgischen Vollzug) betrachtet und verehrt zu werden. Im oströmischen Kulturkreis, wo Ikonen den Bedarf an Bildmedien nahezu monopolisierten, stellen Reliquiare hingegen oft nicht mehr als Behälter dar. In Byzanz ist das Kästchen, gerade wenn es Gebeine beherbergt, verglichen mit seinen westlichen Gegenstücken, eine verhältnismäßig schlichte Kiste, die zwar in angemessener Weise durch Edelmetall und Emailleschmuck gestaltet ist, aber in der Regel nicht wie die westlichen Gegenstücke durch Bilddarstellungen und opulenten Edelsteinbesatz besticht. Die Schmuckapplikationen gelten in Byzanz der Reliquie selbst, weniger dem Reliquiar. Edelsteinschmuck, wie beim Halberstädter Schädel fest auf dem Knochen montiert, vermittelte den hohen Wert der an sich materiell wertlosen Reliquie. Die unmittelbar auf dem Gebein aufgebrachten Applikationen – Edelsteine, Edelmetallplaketten mit emailliertem Heiligenbild und Inschrift – lassen die mediale Funktion des Reliquiars, das in der westlichen Reliquienverehrung eine entscheidende Rolle spielt, in den Hintergrund treten74. Trotz des Schmucks ging von byzantinischen vasa sacra nur eine geringe visuell-didaktische Steuerung aus – ganz im Unterschied zu den westlichen Reliquiaren, denen, wie beispielsweise bei den Reliquienkästchen aus Limoges, häufig Bilderzählungen aufgeprägt waren. Stattdessen waren byzantinische Reliquiare performativ aufgeladen, denn sie dienten nicht nur als schützende Hüllen; ihnen war durch leicht zu öffnende Deckel und Laden ein bestimmtes Handlungsprogramm eingeschrieben. So konnte der Gläubige nach dem Öffnen der Gefäße durch den Klerus das darin ruhende Gebein sehen. Im zweiten Schritt bestand die Möglichkeit, die Knochen ihren Kästchen zu entnehmen – ein Vorgang, den Antonius von Novgorod eindrücklich schildert. Bestätigt werden seine Beobachtungen durch den Brauch, authentifizierende Merkmale, beispielsweise Plaketten mit Inschriften und Heiligendarstellungen,
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H. Appel, Annareliquiar und Annaschatz, in: E. Gatz (ed.), St. Anna in Düren, Mönchengladbach 1972, 113–138, hier 114–117 (Nr. 4 und 5). Zur Medialität westlicher Reliquiare vgl. B. Reudenbach, Körperteil-Reliquiare. Die Wirklichkeit der Reliquie, der Verismus der Anatomie und die Transzendenz des Heiligenleibes, in: H. Bleumer/H.-W. Goetz/e. a. (eds.), Zwischen Wort und Bild. Wahrnehmungen und Deutungen im Mittelalter, Köln – Weimar – Berlin 2010, 11–31 sowie B. Reudenbach/G. Toussaint, Die Wahrnehmung und Deutung von Heiligen. Überlegungen zur Medialität von Reliquiaren, in: Das Mittelalter 8 (2003), 34–40.
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direkt auf den Knochen zu nageln. Die Identität des Heiligen und seiner Gebeine war dadurch dauerhaft gewährleistet. Im Westen hingegen war die Reliquie selbst in der Regel sakrosankt, d. h. unberührbar und unsichtbar. Die Reliquienverehrung stand auf den Säulen der bildhaften Gestaltung des Reliquiars sowie dessen sinnlicher Wahrnehmung. Vorrangig wurde dabei der Gesichtssinn privilegiert, wenn es natürlich auch weiterhin möglich war, das Glänzend-Metallische des Reliquiars zu spüren, es anzufassen, es eventuell auch zu küssen. Dieser adorierende Umgang mit dem Behältnis wäre in Byzanz auf Unverständnis gestoßen. Hier kam es für den Gläubigen darauf an, den direkten Weg zum Heiltum zu suchen. Die im Reliquiar ruhende Reliquie verschwand nicht unter mehrfachen Stoff- und Metallhüllen. Auf anthropomorphe Reliquiare, deren Semiotik die Funktion hat, den direkten Anblick des Heilspartikels zu substituieren, konnte verzichtet werden. Auch ist davon auszugehen, dass in Byzanz nicht von einer Priorität des Gesichtsinns gesprochen werden kann; vielmehr bleibt derselbe eng mit dem Tastsinn verbunden. Anders als im Westen bis ins hohe Mittelalter üblich, waren demnach in Byzanz die Reliquien nicht permanent der sinnlichen Wahrnehmung entzogen. Waren es im Westen nur seltene und besondere Anlässe (wie Translationen), die die Möglichkeit des direkten Kontaktes zum Heiltum boten, so wurde es in Byzanz regelmäßig zu Festtagen aus den Behältern entnommen und visuell und haptisch verfügbar gemacht. Das Gebein des Heiligen und sein direkt darauf appliziertes Bildnis traten dem Gläubigen unmittelbar vor Augen und waren mit Händen zu greifen.
Die Dornenkrone für den König von Frankreich. Quellen zur translatio von Passionsreliquien aus Konstantinopel: zwei Texte aus den ‚Grandes Chroniques de France‘ und eine Predigt aus der Zeit Ludwigs IX. B S (Bonn) In den Jahren 1239 und 1241 werden mehrere bedeutende Passionsreliquien von Konstantinopel nach Frankreich überführt und von der Bevölkerung mit ekstatischem Jubel in Empfang genommen1. Die Dornenkrone, die Jesus in seiner Leidenszeit trug, ist das erste der instrumenta passionis, die der nach seinem Tod heilig gesprochene König Ludwig IX. erwirbt 2. Sie wird von Chronisten und Historiographen mehrfach erwähnt und als Zeichen der engen Beziehung zwischen dem Königtum und dem triumphierenden Christus verstanden. Auf abenteuerlichen Wegen und nach verwickelten Verhandlungen und Transaktionen kann die Dornenkrone am 10. August 1239 in Villeneuve-l’Archevêque von Ludwig IX. und seinem Gefolge in Empfang genommen werden. Damit erfüllt sich der jahrhundertealte Wunsch der fränkischen Könige, ein sicht-und greifbares Objekt zu besitzen, mit dem Jesus Christus während seiner Passion in Berührung gekommen ist und das zur Erlösung der Gläubigen beigetragen hat. Alle Reliquien hält man für einen „aktiven Schatz“, der Schutz bietet und Wohlergehen verheißt 3. Dies trifft in besonderem Maße für die instrumenta passionis zu, deren Erwerb oder Eroberung seit der legendären Kreuzesauffindung durch Helena, die Mutter des Kaisers Konstantin4, als ein Zeichen der Auserwählung gedeutet werden. Nach Auffassung der Gläubigen garantieren die Partikel
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Als Passionsreliquien oder Herrenreliquien bezeichnet man Objekte, die mit Jesus Christus in seiner Passion in Berührung gekommen sind. Im folgenden Text werden sie entweder ‚Passionsreliquien‘ oder ‚instrumenta passionis‘ genannt. Ludwig IX. (1214–1270 / fz. Louis IX oder Saint Louis) führt durch eine überaus erfolgreiche Politik sein Land zu höchstem Ansehen. Er schließt mit den Nachbarländern Frieden und sorgt für innenpolitische Reformen. Während seiner Regierungszeit erreicht das Land einen kulturellen und intellektuellen Höhepunkt. Beim 7. Kreuzzug, zu dem er sich als vorbildlicher christlicher Herrscher berufen fühlt, erleidet er eine Niederlage in Ägypten. Ein weiterer Kreuzzug nach Nordafrika endet mit Ludwigs Tod. Auf Grund seiner vorbildlichen christlichen Lebensführung und zahlreicher Wundertaten wird Ludwig im Jahr 1297 heilig gesprochen. J. LeGoff, Héros du Moyen Âge, le Saint et le Roi, Paris 2004, 292. Zur Legende von der Kreuzauffindung cf. H. Klein, Byzanz, der Westen und das ,wahre Kreuz‘, Wiesbaden 2004, 21–27.
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vom Wahren Kreuz Christi wie auch die Lanze des Longinus und weitere Passionsreliquien den Fortbestand des Reiches und schützen es gegen feindliche Mächte. Im Besitz der Dornenkrone, die ein konkretes Andenken an die Hoheit des leidenden Gottessohnes und an seinen Triumph über den Tod ist, sieht man einen Hinweis auf den göttlichen Segen, der auf dem Herrscher und seinem Land ruht. I. Überliefer ung und Deutung der Dor nenkrönung Die Tradition der Verehrung der Dornenkrone wird durch Nachrichten aus den Evangelien und apokryphen Schriften begründet. Nach dem Urteilsspruch des Pilatus wird Jesus von den Soldaten zum Spott mit einer Dornenkrone gekrönt und als „König der Juden“ angebetet. „Tunc milites praesidis suscipientes Iesum in praetorium, congregaverunt ad eum universam cohortem, et exuentes eum, chlamydem coccineam circumdederunt ei, et plectentes coronam de spinis, posuerunt super caput eius, et arundinem in dextera eius. Et genu flexo ante eum, illudebant ei, dicentes: Ave rex Iudaeorum.“ (Mt 27,27–29).
Diese Szene wird bei Marcus (15,16–19) und Johannes (19,2) in ähnlicher Weise dargestellt 5. Der Evangelist Lucas erwähnt die Dornenkrone nicht. Die Überlieferung, daß Jesus unmittelbar vor der Kreuzigung mit Dornen gekrönt wurde, geht auf die Pilatus-Akten zurück 6. Nach Joh 19,2 folgt die Dornenkrönung der Geißelung. Anders als die von Pilatus angeordnete Geißelung war die Huldigungsparodie keine gerichtliche Vollstreckung sondern ein Spottakt der römischen Soldaten als Ausdruck ihrer Verachtung für den machtlosen „König der Juden“ 7. Die Exegeten der Passionsgeschichte erkennen schon in frühchristlicher Zeit die zweifache Bedeutung der Szene: auf dem Hintergrund äußerster Demütigung erscheint Christus als wahrhaftiger König, der den Tod überwinden wird. Die Dornenkrone, der Purpurmantel und das Rohr als vermeintliches Zepter sind die Sinnbilder seines zukünftigen Sieges über den Tod, wie es in Apg 14,14 angedeutet wird: „Et vidi … super nubem sedentem similem Filio hominis, habentem in capite suo coronam auream.“ Tertullian8 beschreibt das Elend des Gekreuzigten, der die Dornenkrone trägt. Er deutet den Dornenstrauch, in dem sich der Widder bei Isaaks Opferung ver-
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Marc 15, 16–19: „Milites autem duxerunt eum in atrium praetorii, et convocant totam cohortem, et induunt eum purpura, et imponunt ei plectentes spineam coronam. Et coeperunt salutare eum: Ave rex Iudaeorum. Et percutiebant caput eius arundine; et conspuebant eum, et ponentes genua, adorabant eum.“ Acta Pilati, in: Apokryphen zum Alten und Neuen Testament, ed. A. Schindler, Zürich 1988, cap. 10, 509. G. Nitz, Artikel ‚Dornenkrönung‘, in: Lexikon für Theologie und Kirche, vol. 3, Freiburg 1995, col. 345. Tertullian, De Spectaculis, ed. J.-P. Migne (Patrologia Latina 2), 636.
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fing, als eine Praefiguration der Dornenkrone Jesu. Auch Augustinus erwähnt mehrfach die Dornenkrone als Zeichen der Demütigung und der Schande: „Quantacumque patiaris, non pervenies ad illas insultationes, ad illa flagella, ad illam ignominiosam vestem, ad illam spineam coronam, ad illam postremo crucem non pervenies, quia jam et de poena generis humani sublata est. Cum enim sub antiquis scelerati crucifigerentur, modo nullus crucifigitur. Honorata est, et finita. Finita est in poena, manet in gloria.“ 9
Der Triumph Christi am Kreuz und durch das Kreuz wird am Ende der Textstelle hervorgehoben. In einer Reihe von schriftlichen Dokumenten und bildlichen Darstellungen kommt diese widerspruchsvolle Deutung zum Ausdruck. Das vermutlich älteste Bild der Dornenkrönung befindet sich auf einem Sarkophag der Domitilla-Katakombe (ca. 1./2. Jhd. n. Chr.). Es zeigt „Christus mit der Rolle des princeps in seiner rechten Hand. Der Soldat, der ihm den Dornenkranz aufsetzen will, erhebt ihn wie eine Krone über dem Haupte des Herrn, wie es der Soldat tat, der den siegreichen Imperator für den Triumph mit dem Lorbeerkranze schmückte“ 10. Auf drei weiteren Arkaden des Sarkophags wiederholt sich das Motiv des Kranzes. P. Thomas Michels geht davon aus, daß dies das „einzige plastische Beispiel der Dornenkrönung als eines Triumphs“ in der christlichen Antike sei. Erst in drei mittelalterlichen Handschriften, ist – nach seiner Überzeugung – der „offensichtliche Einfluss von der Darstellung des Sarkophags in Auffassung und Gestus“ erkennbar11. Bei seiner Untersuchung von Predigten und Kommentaren der Kirchenväter kommt P. Michels zu dem Ergebnis, daß es besonders die griechischen Theologen sind, die sich mit dem Thema beschäftigen. Unter vielen anderen Beispielen zitiert er einen Text von Kyrillos von Jerusalem, den er für „die erhabenste Interpretation der Heilsbedeutung des ganzen Vorgangs, den wir als Dornenkrönung bezeichnen“, hält. Der typologische Verweis auf das Hohe Lied wird in späteren Texten wieder aufgenommen: „Die Legionäre im Ring um ihn verspotteten ihn. Man führt eine Art von Königsherrschaft vor. Sie verspotten, aber beugen das Knie. Die Legionäre kreuzigen ihn. Aber vorher ziehen sie ihm den Purpurmantel an und setzen ihm die Krone aufs Haupt. Was tut’s, daß sie von Dornen ist? Als ganzer König wird er von den Soldaten angesprochen. So war es nötig, Jesus symbolisch von den Soldaten krönen zu lassen, weshalb denn auch die Schrift im Hohenliede sagt: ‚Geht hinaus und sehet, Töchter Jerusalems, den König Salomon, den Kranz, mit dem ihn seine Mutter bekränzte.‘ Auch der Kranz war ein Mysterium, Lösung von den Sünden war er, Erlösung vom Richterspruch der Verwerfung.“12 9 10 11 12
Augustinus, Enarrationes in Psalmos, edd. D. E. Dekkers/J. Fraipont (Corpus Christianorum 38), 36, 2, 350. P. Th. Michels, Die Dornenkrönung als Triumph Christi, in: Festschrift W. Sas-Zalowsky, Graz 1956, 119. Ibid. Ibid., 122.
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II. Fr ühe Zeugnisse für die Verehr ung der Dor nenkrone Der Ausgangspunkt der Verehrung ist Jerusalem, die Stadt der Passion Christi. Von der Auffindung der Dornenkrone gibt es keine Berichte. Sie wird nicht unter den Reliquien genannt, die die Heilige Helena auf dem Kalvarienberg fand. Eine Dornenkrone, die mit anderen Reliquien von Pilgern in Jerusalem verehrt wird, erscheint zum ersten Mal in einem Brief von Paulinus von Nola zu Beginn des 5. Jahrhunderts13. Im 6. Jahrhundert wird sie bei Gregor von Tours erwähnt14. Nach der Überlieferung wurden den Kaisern von Konstantinopel schon in den ersten Jahrhunderten Dornen der Krone geschenkt. Aimon de Fleury nimmt an, daß der Heilige Germanus (S. Germain), der Bischof von Paris, um 561 auf seiner Rückkehr aus dem Heiligen Land den Kaiser Justinian in Konstantinopel besuchte und von diesem unter anderen Reliquien einen Teil der Dornenkrone erhielt15. Wann die Dornenkrone von Jerusalem nach Konstantinopel gebracht wurde, ist nicht bekannt. Die frühesten Dokumente, in denen sie erscheint, stammen aus dem 10. Jahrhundert. Wie wir dem ‚Liber de ceremoniis‘ des Kaisers Konstantin Porphyrogenitus entnehmen können16, besaßen die Kaiser in dieser Epoche eine wachsende Zahl von Reliquien, die an bestimmten Festtagen enthüllt und öffentlich verehrt wurden. Diese Sammlung wurde in der Pharos-Kirche, der Kapelle, die zum Kaiserpalast gehörte, aufbewahrt und konnte auch hohen Staatsgästen gezeigt werden. Die Dornenkrone ist in den ersten Texten eine unter mehreren Passionsreliquien. Mehrfach wird sie im Anschluß an die Partikel des Wahren Kreuzes genannt. Daher kann man von einem Zusammenhang der Verehrung der Dornenkrone und der des Wahren Kreuzes ausgehen. Aus dem 11. und 12. Jahrhundert stammen einige Reisebeschreibungen und Berichte von Pilgerfahrten, in denen alle Reliquien erwähnt werden, die man nach 1241 in Paris in der Sainte-Chapelle finden wird. Eine besonders detaillierte Darstellung des Reichtums an heiligen Objekten in der Palastkapelle hat Nikolaos Mesarites um 1200 verfaßt. Er war für diese Schätze verantwortlich und konnte sie täglich betrachten. „Die erste Reliquie, die sich für die Verehrung anbietet, ist die Dornenkrone. Sie ist noch grün und unversehrt, denn – da sie das Haupt des Christus-Königs berührt hat – ist sie nicht der Vergänglichkeit unterworfen. Sie sieht nicht grob und verletzend aus und ist nicht unangenehm anzufassen. Falls man sie berühren darf, ist sie nur biegsam und weich. Ihre Blüten sind nicht denen an den Hecken um die Weinberge ähnlich, die 13 14
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Paulinus de Nola, Epistulae, ed. G. Harrel (Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum 29), 402. Divi Georgii Florentis gregorii Episcopi Turonic, Operum piorum, Parisiis MDCXL, De gloria Martyrium, 18. Cf. B. Arnaud, L’Office de la Couronne d’épines dans l’archidiocèse de Sens, Thèse Paris Sorbonne 2008, 32. Ibid., 32. Constantini Porphyrogeniti Imperatoris Constantinopolitani Libri duo de Ceremoniis Aulae Byzantinae, ed. J. Reiske, T. I, Lipsiae MDCCLI, cap. XXII, 74.
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wie die Räuber Säume und Fransen der Kleider an sich reißen oder manchmal sogar die Haut an den Füßen der Spaziergänger aufreißen und verletzen, so daß sie sie mit ihren wilden Dornen blutig machen: nein, überhaupt nicht, sie sind vielmehr wie die Blüten des Weihrauchbaums, die zu Beginn wie winzige Triebe, wie Weidenkätzchen, wie hervorbrechende Knospen aussehen.“ 17
Die ursprünglichen verletzenden Eigenschaften, so wie sie in den Evangelien überliefert sind, sind der Dornenkrone offenbar nicht mehr anzusehen. Einen weiteren Katalog der instrumenta passionis findet man in der Chronik des pikardischen Ritters Robert de Clari über die Eroberung Konstantinopels durch die Kreuzfahrer (1204): ein ganzes Kapitel wird einer „unsagbar schönen edlen Kapelle“ gewidmet, in der sich folgende Reliquien befinden: zwei Stücke des Wahren Kreuzes, die Lanze des Longinus und zwei Nägel, mit denen der Herr ans Kreuz geheftet wurde, eine Fiole mit seinem Blut, die Tunika, in der er auf den Kalvarienberg geführt wurde, die Dornenkrone, ein Kleid der heiligen Jungfrau und das Haupt Johannes’ des Täufers. Diese Aufzählung stimmt im Wesentlichen mit früheren Dokumenten überein18. III. Drei Berichte über die translatio der Dor nenkrone und anderer Passionsreliquien und ihr en ad ventus in Frankreich Über den Weg der Dornenkrone von Konstantinopel nach Frankreich gibt es mehrere Berichte, die sich in ihrem Umfang und Inhalt, im Stil und der Auswahl der Details auffallend voneinander unterscheiden. Drei dieser Texte werde ich einer genaueren Untersuchung unterziehen: die Nachricht, die Guillaume de Nangis in den ‚Grandes Chroniques de France‘ überliefert, die Predigt, die der Erzbischof von Sens, Gautier Cornut, am Jahrestag des adventus der Dornenkrone hielt, und eine legendäre Erzählung, die von Primat aus dem Lateinischen übertragen und ebenfalls in den ‚Grandes Chroniques‘ veröffentlicht wurde. Weitere Textstellen, in denen translatio und adventus der Dornenkrone ebenfalls erwähnt werden, wie die Reimchronik von Philippe Mousket 19, die Biographie Ludwigs IX. von Geoffroi de Beaulieu 20 und die lateinische Fassung der Biographie von Guillaume de Nangis21, werden in der vorliegenden Arbeit auf Grund ihrer Kürze nicht berücksichtigt.
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Cf. J. Durand, La Couronne et la croix: deux reliques de la Sainte-Chapelle à Notre-Dame de Paris, Notre-Dame de Paris-Cahiers du Chapitre no 2–oct. 2001, 2. Robert de Clari, La Conquête de Constantinople, ed. P. Lauer, Paris 1924, par. XXXII, 81. Fragment de la Chronique rimée de Philippe Mousket, in: Recueil des Historiens des Gaules et de la France, T. XXII, edd. J. de Wailly et L. Delisle, Paris 1865, 34 sqq. Vita Ludovici Noni auctore Gaufrido de Belloloco, in: Recueil (nt. 19), 1 sqq. Gesta Sanctae Memoriae Ludovici Regis Franciae; auctore Guillelmo de Nangiaco, in: Recueil (nt.19), 309 sqq.
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1. Der Bericht vom Empfang der Dornenkrone durch Ludwig IX. in den ‚Grandes Chroniques de France‘ 1.1. Die Ereignisse der Jahre 1239 und 1241 Sowohl der adventus und die susceptio der Dornenkrone als auch der adventus des Wahren Kreuzes und weiterer Passionsreliquien werden in dem knappen Kapitel XXI des 7. Bandes der ‚Grandes Chroniques‘ zusammengefaßt, obgleich etwa zwei Jahre zwischen diesen beiden Ereignissen liegen 22. Der Chronist ordnet sie in zeitlich korrekter Reihenfolge in die politischen Nachrichten ein, die er für erwähnenswert hält: In Kapitel XX wird von einem Hinterhalt berichtet, den Kaiser Friedrich II. im Jahr 1237 dem französischen König zu bereiten versucht, in Kapitel XXI vom Empfang der Passionsreliquien in den Jahren 1239 und 1241, in Kap. XXII vom vergeblichen Aufstand des Albigensers Raymond Trencavel gegen den französischen König im Jahr 1240. Im ersten Teil des 21. Kapitels erfährt der Leser, daß Ludwig IX. aus Dankbarkeit für einen vier Jahre währenden Frieden bereit gewesen sei, dem „Kaiser von Konstantinopel“ gegen die griechischen Belagerer Beistand zu leisten. Im Gegenzug habe ihm dieser die Dornenkrone versprochen. „Der König sah, daß Gott ihm in seinem Königreich im Zeitraum von vier oder mehr Jahren Frieden gegeben hatte und daß seine Feinde ihn in Ruhe ließen. Und er vergaß nicht das Gute und die Auszeichnungen, die Gott der Herr ihm erwies. Daher tat er soviel für den Kaiser von Konstantinopel, der damals nach Frankreich gekommen war, und ließ ihm soviel an Hilfe zukommen gegen die Griechen, daß dieser ihm die heilige Dornenkrone, mit der unser Herr in seiner Passion und seinem Leiden gekrönt wurde, schenkte und anvertraute.“ 23
Daraufhin werden „sichere und feierliche Boten“ nach Konstantinopel gesandt, die die Überführung der Dornenkrone veranlassen sollen. Weiter wird berichtet, daß der König der Dornenkrone bis Sens entgegengeht, sie mit großer Freude und Frömmigkeit in Empfang nimmt und bis zum Wald von Vincennes bei Paris bringen läßt. Barfüßig, ungegürtet und nur mit einer Tunika bekleidet tragen der König und seine Brüder die heilige Reliquie mit einem großen Gefolge und unter feierlichen Gesängen zur Kathedrale Notre-Dame in Paris. An der Prozession nimmt der Abt von Saint-Denis mit seinem gesamten Kloster teil: jeder Ordensbruder trägt eine seidene Cappa und hält eine Kerze in der Hand. Von 22
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Les Grandes Chroniques de France, ed. par J. Viard, T. 7, Paris 1932, cap. XXI, 72–75: „Comment la sainte couronne d’espines et grant partie de la sainte croiz et le fer de la lance vindrent en France.“ Ibid., 72–73: „Le roy vit que Dieu li avoit donné pais en son reamme par l’espace de IV anz ou de plus, et le lessierent ses anemis en repos. Si n’oublia pas les biens et les honneurs que Nostre Sires li fist, quar il fist et pourchaça tant vers l’empereor de Constantinoble, qui lors estoit venus en France pour avoir secours contre ceus de Grèce, qu’il li donna et otroia la sainte couronne d’espines dont nostre Sires fut couronnez en sa passion et en son torment.“
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Notre-Dame aus gehen alle Prozessionen – wieder unter feierlichem Gesang – bis zu der Kapelle, in der die Reliquie niedergelegt wird 24. „Etwas später“ erfährt Ludwig IX., daß sich die Leute des Kaisers von Konstantinopel auf Grund der Belagerung gezwungen sähen, das Wahre Kreuz, den Schwamm, mit dem der Gekreuzigte getränkt wurde, und die Lanze des Longinus zu verpfänden. Beunruhigt durch die Aussicht, daß diese Schätze für ihn verloren gehen könnten, löst sie der französische König – wie er es Kaiser Baudouin II. zugesagt hat – mit seinem persönlichen Vermögen aus. Er veranlaßt, daß die Reliquien nach Frankreich gebracht werden und läßt sie in großen feierlichen Prozessionen begleitet von Erzbischöfen, Bischöfen und Geistlichen nach Paris in seine (Palast-)Kapelle überführen und mit anderen Reliquien in einen wundervollen, mit Gold, mit Silberarbeiten und wertvollen Steinen verzierten Schrein legen. Er setzt Stiftsherren, Kapläne und Geistliche ein, die in dieser Kapelle Tag und Nacht Gottesdienst halten, und stiftet Renten und Besitz für deren Versorgung 25. 1.2. Andeutung und Präzision Der Bericht über den Weg der Dornenkrone aus Konstantinopel und die vorausgegangenen Verhandlungen läßt einige Fragen offen. Die meisten Akteure werden nicht namentlich genannt, und selbst den Namen Baudouins II. erfährt man erst im zweiten Teil des Kapitels. Daß dieser vom französischen König auch auf Grund enger familiärer Beziehung unterstützt wird, setzt der Chronist vermutlich als bekannt voraus; ebenso verfährt er mit der Vorgeschichte des oströmischen Reiches und der aktuellen politischen Situation. Erst im zweiten Teil des Kapitels ergänzt er seinen Bericht, indem er mitteilt, daß es sich um eine finanzielle Hilfe handelt, die der französische König aus seinem Privatvermögen leistet und für die er die Passionsreliquien in zwei Sendungen erhält; die Abmachungen zu der Finanzierung werden nur angedeutet. Der einzige konkrete Zeitpunkt, den Guillaume nennt, ist das Jahr 1239 und der Freitag nach Mariä Aufnahme in den Himmel26. Geographische Angaben sind zunächst sehr vage. Das Itinerar der Reliquie beginnt erst mit ihrer Ankunft in Frankreich. Je näher die Prozesssion der Hauptstadt Paris kommt, desto konkreter wird der Weg beschrieben. Der Chronist übergeht den kleinen Ort Villeneuve-l’Archevêque (Yonne), der sich den Besuch des Königs und den Empfang der Dornenkrone noch heute als Ehre anrechnet 27 und verlegt den adventus nach Sens, an den Sitz des Metropoliten. Auch die Beschreibung des 24 25 26 27
Ibid. 73–74. Ibid. 74–75. Der Herausgeber J. Viard bemerkt, daß das korrekte Datum Donnerstag, 18. August 1239 lauten muss. Ibid., 74. Louis IX et la couronne d’épines, in: Villeneuve-l’Archevêque. Bulletin d’informations municipales. Oct. 2007–No 27, 22.
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Wegs von Sens nach Paris beschränkt sich auf wenige Etappen: Vincennes, wo sich ein königliches Schloss befindet, die Kathedrale Notre-Dame in Paris und die Palastkapelle 28. Bei der Beschreibung der Prozessionen anläßlich des adventus werden zweimal Gesang und Musik erwähnt 29. Die prachtvolle Ausstattung der Reliquienschreine wird erst bei der zweiten translatio gepriesen. Insgesamt ist die Chronik angesichts der Bedeutung, die die Ereignisse für König und Volk haben, von großer Nüchternheit, und es fehlen eine Reihe nicht unwesentlicher Details, die in anderen Dokumenten überliefert sind. 1.3. Die zweifache Funktion Ludwigs IX. Die hervorragende Rolle des Königs wird dem Leser eindringlich vermittelt. Ihm allein werden die Initiative zum Erwerb der Dornenkrone und die Sorge um das Schicksal der übrigen Passionsreliquien zugeschrieben. Im Vordergrund stehen die Entscheidungen, Taten und Gesten des Königs, der siebenmal erwähnt wird, der Name Gottes – auch im Zusammenhang mit den Passionsreliquien – erscheint nur viermal. Das Volk wird bei den beiden Prozessionen je einmal genannt, Geistliche und Ordensleute allerdings achtmal. Der Chronist beschreibt die großen öffentlichen Auftritte und die Prozessionen anläßlich des adventus. Ludwig IX. zeigt sich mit seinen Brüdern und hochrangigen Geistlichen und Ordensleuten auf dem Hintergrund einer großen Volksmenge: „Im Jahr des Heils 1239, am Freitag nach der Aufnahme Marias in den Himmel kam der König ganz barfüßig und ohne Gürtel, nur mit einem Hemd bekleidet mit seinen drei Brüdern Robert, Alphons und Karl, und sie trugen die heiligen Reliquien mit großen Ehren in Begleitung vieler Geistlicher und des Volkes und der Ordensleute. Sie sangen süße und traurige Gesänge in einer Prozession bis zur Kathedrale Notre-Dame von Paris.“30
In diesem Kapitel der ‚Grandes Chroniques‘ werden einige Personen wie in einer Nahaufnahme gezeigt, indem sie namentlich genannt werden: der König und seine vier Brüder und das – bereits erwähnte – Kloster Saint-Denis mit seinem Abt und den Geistlichen. Die Bedeutung der wichtigsten Protagonisten wird auch durch die Beschreibung von Gewändern und Accessoires betont. Allerdings 28 29 30
Der Name der Kapelle wird nicht genannt; es handelt sich um die Chapelle Saint-Nicolas, die 1242 durch die Sainte-Chapelle ersetzt wurde. Zu Ehren der translatio der Dornenkrone wurden mehrere Offizien komponiert. Cf. Arnaud, L’Office (nt. 14). Les Grandes Chroniques (nt. 22), 73–74: „En l’an de grâce mil CC XXXIX, le vendredi après L’Assumpsion Nostre Dame, le roy vint touz nus piez et desçaint, en pure sa cote, et ses III freres, Robert, Alphons et Karle, et aporterent les saintes reliques moult honorablement a grant compaignie du clergé et du pueple et des genz de religion, faisant grant melodie de douz chanz et de piteus, et vindrent à porcession jusque à Nostre Dame de Paris.“
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nutzt der Autor nicht die Gelegenheit, die anwesenden Frauen der königlichen Familie und ihre Kleidung zu beschreiben oder auch nur zu erwähnen31. Über die Motivation für den Erwerb der Reliquien erhält der Leser nur einen kurzen Hinweis: am Anfang des 21. Kapitels wird Ludwigs Dankbarkeit für den Frieden als ein starker Beweggrund genannt, zweimal erinnert der Chronist an die Notwendigkeit, den Bewohnern von Konstantinopel beizustehen, dagegen wird der Gedanke an den Prestigegewinn und die Auszeichnung des eigenen Landes ausgespart. Die Freude und Frömmigkeit beim adventus der Dornenkrone wird an den Reaktionen des Königs sichtbar. Die Emotionen der übrigen Protagonisten werden übergangen: die Reaktionen Ludwigs stehen offenbar stellvertretend für die des gesamten Volkes. Die einzigartige Rolle und Stellung Ludwigs kommt in allen seinen Gesten, seinem Äußeren und seinem Auftreten zum Ausdruck. Umgeben von hohen Geistlichen darf er die Passionsreliquie in Empfang nehmen und tragen. Dadurch erkennen alle Anwesenden, daß er als König neben seiner politischen Funktion dank der Krönung und Salbung auch das Amt des Priesters innehat 32. Im Gegensatz zu den Würdenträgern in ihren Festgewändern verzichtet er auf die Pracht, die man von einem König erwarten könnte, und zeigt sich dem Volk ohne Schuhe, ohne Gürtel und nur mit einem Hemd, d.h. mit einer Tunika auf der bloßen Haut bekleidet. Den Triumph des adventus feiert er in königlicher Demut. Das Ablegen der Schuhe erinnert die Anwesenden an biblische Szenen, an Augenblicke, in denen die heilige Anwesenheit Gottes erfahren wurde. Der König handelt vor seinem Volk so wie Moses, als er sich dem brennenden Dornbusch näherte und Gott ihm zurief: „Solve calceamentum de pedibus tuis: locus enim, in quo stas, terra sancta est“ (Ex 3,5). Der adventus der Dornenkrone wird durch diese Geste des Königs als ein Akt der Gnade gedeutet, die Gott dem Land schenkt 33.
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In der Reimchronik von Philippe Mousket (nt. 19) werden folgende Personen erwähnt: die „Königin“ ohne Namensnennung (d.h. Marguerite de Provence, die Gemahlin Ludwigs IX.), die Königinmutter Blanche und die Witwe von Ludwigs Großvater, Ingeburg von Dänemark, die zu diesem Zeitpunkt schon drei Jahre tot war. In der Predigt des Gautier Cornut werden nur der Bruder Robert und die Mutter Blanche de Castille erwähnt. Zur ‚Klerikalisierung‘ des königlichen Amtes, mit Hincmar von Reims und Karl dem Kahlen beginnend, cf. P. E. Schramm, Der König von Frankreich, Weimar 1939, 17 sqq, 26 sqq. Der vielleicht bedeutendste Traktat zu dieser Theorie wurde von einem normannischen Anonymus verfaßt: ‚De consecratione pontificum et regum‘. Er vertritt den Gedanken des geistlichen Kerns eines Christus-artigen Königtums. Cf. E. H. Kantorowicz, Die zwei Körper des Königs, Stuttgart 1992, 65 und nt. 7. Ein typologischer Vergleich Ludwigs IX. mit Moses geht auf Guillaume de Chartres (De Vita et de miraculis) zurück: „Und so wie der Herr zu Moses sprach: ‚Handle nach dem Gebot, das ich dir auf dem Berg gegeben habe‘, so wurde jedem von uns gezeigt, was er auf diesem hohen Berg zu tun habe, das heißt die einzigartige Würde und die edlen Taten dieses berühmten Königs, seine offensichtliche Güte und seine herausragende Lebensweise.“ Cf. J LeGoff (nt.3), 505.
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1.4. Der Verfasser der Chronik und seine Adressaten Der Verfasser dieses Teils der ,Grandes Chroniques‘, Guillaume de Nangis, ist ein Mönch der Abtei Saint-Denis, der auch eine Biographie Ludwigs IX. in lateinischer Sprache geschrieben hat 34. Die Arbeit an der Chronik setzt Guillaume nach dem Prinzip seines Vorgängers Primat 35 fort, indem er Fakten systematisch ordnet und möglichst objektiv aufzeichnet. Von Wundern und Heilungen erfährt der Leser nichts. Die knappe Berichterstattung erklärt sich auch aus der zeitlichen Distanz. Guillaume hat den adventus mit großer Wahrscheinlichkeit nicht persönlich miterlebt 36. Die Beziehung zwischen Konstantinopel und Okzident ist in diesem Text reduziert auf die Solidarität, die auf enger Verwandtschaft zwischen dem französischen Königshaus und den Eroberern Konstantinopels beruht. Die Bedeutung Konstantinopels als Vermittlerin zwischen dem Heiligen Land und Westeuropa wird nicht thematisiert, doch ist zu vermuten, daß sie dem König und den übrigen Lesern der Chronik bewußt war, da diese hochgestellte Persönlichkeiten waren, die keiner Erläuterung zu den politischen Zusammenhängen bedurften. Die enge Verbindung des Klosters Saint-Denis und des Königshauses, der beiden „Pfeiler des Königreiches“, ist ein Leitmotiv der ‚Grandes Chroniques‘ 37. Sie wird von Guillaume durch die Auswahl und Anordnung der Informationen hervorgehoben und propagiert. Da der Text zwischen 1275 und 1280 verfaßt wurde, d.h. in der Regierungszeit Philipps III., des Sohnes und Nachfolgers Ludwigs IX., liegt auch die Vermutung nahe, daß die Mönche von Saint-Denis mit diesem Bericht ein Votum für die – erst 1297 erfolgte – Kanonisierung Ludwigs abgeben wollten.
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Guillaume de Nangis, Mönch der Benediktiner-Abtei Saint-Denis, wurde um 1285 custos cartarum der Abteibibliothek. Er arbeitete an der ursprünglich lateinischen Fassung der ‚Grandes Chroniques‘ mit und übersetzte sie z.T. ins Französische. Guillaume starb im Juni 1300. Cf. auch nt. 21. Primat war ebenfalls Mönch der Abtei Saint-Denis. Um das Jahr 1250 vertraute ihm Abt Matthäus im Auftrag von Ludwig IX. die Übersetzung mehrerer Königsviten vom Lateinischen in die Volkssprache an. Damit begründete er die offizielle Historiographie in französischer Sprache. Primat starb nach 1277. Das Geburtsdatum Guillaumes ist nicht bekannt. Aus seinem Todesjahr läßt sich schließen, daß er zum Zeitpunkt des adventus mit Sicherheit noch sehr jung war; cf. nt. 34. Die Tatsache, daß Saint-Denis das einzige Kloster ist, dessen Name hier aufgezeichnet wird, läßt ebenfalls auf eine enge Verbindung zwischen dem Königshaus und der Abtei schließen. Doch auch hier ist die Information nicht vollständig: die Zeremonie, die die Abtei Saint-Denis bei der Ankunft der Dornenkrone in Paris veranstaltet, wird übergangen, sie ist uns nur aus anderen Quellen bekannt. Durch diese praeteritio soll die Einmaligkeit der Ereignisse möglicherweise relativiert werden, denn in der Abtei Saint-Denis befanden sich bereits einige Passionsreliquien, u.a. ein Stück der Dornenkrone.
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2. Die Predigt des Gautier Cornut in der Kathedrale von Sens Wesentlich früher als der Bericht in den ‚Grandes Chroniques‘ entstand eine erste und sehr viel genauere Dokumentation der translatio und susceptio der Dornenkrone in Frankreich. In einem sermo concionalis, einer öffentlichen Predigt in lateinischer Sprache, feierte der Erzbischof Gautier Cornut 38 in der Kathedrale von Sens den ersten Jahrestag des großen Ereignisses. Die Predigt wird auf den 10. August 1240 datiert, da Gautier bereits im folgenden Jahr starb. Zunächst bringt der Prediger den Jubel des gesamten Volkes zum Ausdruck und den Dank an den Schöpfer, den „Vater des Lichts“, der das Land mit dem adventus der Reliquie ausgezeichnet hat: „[…] Patri luminum (a quo omne datum optimum, et omne donum perfectum) sursum cordibus elevatis, gratias referamus […] 39 Im langen Hauptteil der Predigt erläutert er den Zuhörern die Vorgeschichte und den Ablauf der translatio mit der Genauigkeit eines Historiographen. Jede Einzelheit ist erwähnenswert, und immer wieder wird das Handeln Gottes hervorgehoben. 2.1. Die Hintergründe der translatio nach Frankreich Die Zuhörer erfahren, daß der junge Baudouin, ein Cousin Ludwigs IX. und zukünftiger Kaiser des lateinischen Reiches von Konstantinopel, im Jahr 1237 nach Frankreich geschickt wurde, um den König und alle Christen des Okzidents um Hilfe gegen die Griechen zu bitten, die Konstantinopel belagerten, um die an die Kreuzfahrer verlorene Herrschaft zurückzugewinnen40. Da Baudouin zur Zeit seines Aufenthaltes in Frankreich noch nicht volljährig war, führte sein Schwiegervater Jean de Brienne (1144–1237), der frühere König von Jerusalem, für ihn die Regierungsgeschäfte. Unter dem Ansturm der Belagerer, die weitere Verbündete gewinnen konnten, geriet die gesamte Bevölkerung des „lateinischen Kaiserreichs“ in höchste Bedrängnis. Während sich Baudouin in Frankreich aufhielt, starb Jean de Brienne am 23. März 1237. In dieser Notsituation sahen sich die Belagerten gezwungen, ihren
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Gautier Cornut war von 1221 bis zu seinem Tod 1241 Erzbischof von Sens. Er gehörte zum engsten Beraterkreis von Philipp August, später von dessen Sohn Ludwig VIII. und seiner Frau Blanche de Castille und von deren Sohn Ludwig IX. 1234 vermittelte er dessen Ehe mit Marguerite de Provence. Gautier Cornut, Historia susceptionis coronae spineae Iesu Christi, in: Recueil des Historiens des Gaules et de la France, T. XXII, edd. J. de Wailly et L. Deslisle, Paris 1865, 27 A. Der junge Baudouin II de Courtenay (1217–1273) war der Neffe von Baudouin IX von Flandern, der nach der Eroberung Konstantinopels durch die lateinischen Kreuzfahrer (1204) dort bis zu seinem Tod 1206 der erste lateinische Kaiser wurde. Er war der Sohn der Kaiserin Yolande und des Pierre de Courtenay, der von 1216 bis 1219 den Kaiserthron von Konstantinopel innehatte, und wurde 1237 nach dem Tod seines Schwiegervaters Jean de Brienne der letzte lateinische Kaiser von Konstantinopel. 1261 wurde er von Michael VIII. Paleologus abgesetzt.
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wertvollsten Besitz, die Dornenkrone an die Venezianer zu verpfänden: „Corona Domini quae totius Imperii titulus erat et gloria specialis“ 41. Um zu verhindern, daß die Reliquie in fremde Hände fiel, bat Baudouin die katholischen Herrscher und Papst Gregor IX. im Jahr 1238 um finanzielle und militärische Unterstützung: „[…] humiliter interpellans miserabiliter obsecrat ut sibi subveniant, et Imperium Romaniae, quod per Francos potenter et gloriose fuerat acquisitum, non permittant rursus in Graecorum infidelium redigi servitutem“ 42. Der Papst wirbt daraufhin für einen neuen Kreuzzug, und Ludwig IX. und seine Mutter unterstützen Baudouin, indem sie Geld zur Verfügung stellen und hervorragende Ritter anwerben. Aus Dankbarkeit bietet Baudouin dem französischen König die Dornenkrone, die als incomparabilis thesaurus bezeichnet wird, als Geschenk an. Einen „Handel“ vorzuschlagen scheint ihm unmöglich, da er das Gewissen Ludwigs dadurch nicht belasten will. Der König sieht in Baudouins Vorschlag eine Fügung Gottes: „[…] rex prudenter intelligens id a Domino fieri, gavisus est in hoc quod ille qui Coronam eandem pro nobis gesserat in opprobrium, volebat eam a suis fidelibus pie et reverenter honorari in terris, donec ad judicium veniens eam suo rursus imponeret capiti judicandis omnibus ostendendam.“43
Mit großer Sensibilität spricht Gautier von den Abmachungen, die zwischen den beiden Herrschern getroffen werden: der französische König akzeptiert Baudouins Angebot, da er begreift, daß Gott selbst die translatio der Dornenkrone ermöglicht, damit sie von den Gläubigen bis zum Jüngsten Tag verehrt werde. Der Prediger schreibt dem König eine tiefe Einsicht in die Heilsgeschichte zu, indem er behauptet, Ludwig sehe in der Dornenkrone nicht nur das schmachvolle Marterinstrument, das Jesus in seiner längst vergangenen Passionszeit trug, sondern auch ein Zeichen des zukünftigen Triumphes bei seiner Rückkehr zum Weltgericht. Die große Freude des Königs wird zweimal ausdrücklich erwähnt und auch begründet: Ludwig IX. ist davon überzeugt, daß sein Land auf Grund des starken Glaubens von Gott für diese besondere Gnade auserwählt wurde: „Gaudebat igitur quod ad exhibendum honorem hujusmodi suam Deus praeelegerat Galliam, in qua per ipsius clementiam fides viget firmiter, et cultu devotissimo salutis nostrae mysteria celebrantur.“ 44
2.2. Die Überführung der Dornenkrone von Konstantinopel nach Venedig Nachdem er seinem Gast überschwänglich gedankt hat, sendet Ludwig zwei Dominikaner als Unterhändler nach Konstantinopel. Gautier überliefert auch die Namen dieser Männer: Andreas und Jacobus. Der letztere ist für diese Mission besonders geeignet, da er früher Prior seines Ordens in Konstantinopel war und 41 42 43 44
Gautier Cornut, Historia (nt. 39), 29 F. Ibid., 29 D. Ibid., 29 H. Ibid., 29 J.
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die Dornenkrone an ihrem Aufbewahrungsort häufig gesehen hat. Mit diesem Hinweis wird zum ersten Mal – indirekt – das Problem der Echtheit der Reliquie angesprochen 45. Auch Baudouin schickt einen Sonderbotschafter an seine Barone, der die Übergabe der heiligen Krone veranlassen soll. Als Andreas und Jacobus nach vielen Umwegen Konstantinopel erreichen, stellen sie fest, daß die Dornenkrone inzwischen für eine unermessliche Summe an die Venezianer verpfändet wurde und bis zu einer termingerechten Auslösung nach Venedig gebracht werden soll. Laut einer vertraglichen Abmachung soll die Reliquie endgültig den Venezianern gehören, wenn sie nicht an einem bestimmten Tag, dem Fest der heiligen Märtyrer Gervasius und Prothasius46 ausgelöst wird. Die Venezianer akzeptieren, daß die Reliquie von Botschaftern des französischen Königs und des Kaisers nach Venedig begleitet wird. Man verschließt den Schrein mit den Siegeln der Würdenträger und bringt ihn „non sine lacrimarum fluviis et ejulato publico“ 47 auf ein Schiff. Auf der Überfahrt von Konstantinopel nach Venedig drohen winterliche Stürme und hartnäckige Verfolger aus Konstantinopel, doch „nunciis venientibus in nomine Domini nihil contrarietatis obsistit“ 48. Mit Beifall werden sie von den Bewohnern Venedigs empfangen, die Reliquie stellt man mit ihrem versiegelten Schrein in der Kapelle von San Marco aus. Bruder Jacobus eilt – begleitet von kaiserlichen Botschaftern – nach Frankreich, wo er dem König und seiner Mutter Bericht erstattet und die Geheimen Gesandten mit dem Lösegeld für die Dornenkrone abholt. Für die translatio von Venedig erbittet Ludwig von Kaiser Friedrich II. freies Geleit. Währenddessen haben procurante divina clementia französische Kaufleute, die in Venedig ansässig sind, auf Grund des königlichen Schreibens ein beliebig hohes Darlehen für die Reliquie zur Verfügung gestellt. Das sanctum pignus wird zum Leidwesen der an den Vertrag gebundenen Venezianer zurückgekauft. Man über45
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Vorsichtsmaßnahmen, die die Echtheit der Reliquien sicherstellen sollen, werden mehrfach erwähnt. Sie scheinen für Gautier sehr wichtig zu sein, denn er spricht davon, daß das heilige Objekt, das man in einem speziell angefertigten Schrein transportiert, auf jeder Etappe der translatio sorgfältig überprüft wird. Eine „Kritik“ des Reliquienkultes, die im 11. und 12. Jahrhundert aufkam, wurde von dem Benediktinermönch Guibert de Nogent in seiner berühmten Abhandlung ‚De pignoribus sanctorum‘ (1119/1129) zusammengefaßt. J. LeGoff bemerkt, daß die moderne Geschichtswissenschaft Guibert de Nogent fälschlicherweise als einen frühen Vertreter des modernen kritischen Geistes angesehen habe. Die Abhandlung beweise jedoch, daß die Intellektuellen des Mittelalters auf Grund ihrer Überzeugung, daß viele Reliquien echt seien, Unterscheidungskriterien erarbeitet haben, die die Historiker nicht nur dazu zwingen, den Vorwurf der „Leichtgläubigkeit“ gegenüber den Menschen des Mittelalters zurückzunehmen, sondern auch die traditionellen Gemeinplätze betreffs der „mittelalterlichen Mentalität“ zu revidieren (LeGoff, Héros (nt. 3), 293–294, nt. 21.) Cf. auch K. Schneider, „Discrimen veri et falsi“, Ansätze und Formen der Kritik an der Heiligen- und Reliquienverehrung des Mittelalters, Archiv für Kulturgeschichte 48 (1966), 1–53. Das Fest wurde am 19. Juni gefeiert. Gautier Cornut, Historia (nt. 39), 30 C. Ibid., 30 D.
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prüft noch einmal die Siegel der Würdenträger, die Gesandten nehmen den Schrein in Empfang und treten die Reise nach Frankreich an. 2.3. Der Weg von Venedig nach Frankreich Beamte des Kaisers sorgen für die Sicherheit des Geleitzuges; doch vor allem schützt sie die Gegenwart des divinum munus gegen Unwetter und Gefahren. Schon melden Boten die Ankunft des sacratissimum munus in Troyes, da eilt ihm Ludwig IX. mit seiner Mutter und seinen Brüdern entgegen. In ihrer Begleitung befinden sich Gautier, der Erzbischof von Sens, Bischof Bernhard von Auxerre und andere Edelleute und Ritter, die der König schnell um sich sammeln konnte. In Villeneuve-l’Archevêque, fünf Meilen von Sens entfernt, nimmt er den begehrten Schatz in Empfang. Der versiegelte Holzschrein wird geöffnet, es erscheinen die Siegel der Würdenträger rings um den Silberschrein. Die oben genannten Gesandten überbringen auch die Siegel der Würdenträger mit offiziellen Briefen an den König und an Baudouin. Man vergleicht diese mit den Siegeln am Schrein und stellt fest, daß sie echt sind 49. Nun bricht man alle Siegel auf – auch das des Venezianischen Dogen, das man zur Sicherheit hinzugefügt hatte –, öffnet das silberne Gefäß und findet einen herrlichen Schrein aus purem Gold, in dem die heilige Krone sichtbar wird. Überwältigt von ihren Gefühlen, mit Tränen und Seufzern sehen König, Königin und alle anderen sie an. Es ist ihnen, als ob sie durch die gegenwärtigen Dornen den gekrönten Herrn erblickten. Kurz darauf schließen sie die Krone wieder in den Schrein ein, der mit dem königlichen Siegel gesichert wird. Dies geschah am Tag des Heiligen Laurentius, d. h. am 10. August 1239. 2.4. Der adventus und die Verehrung in Sens Als der Schatz (hujus pretiosae gemmae thesaurus) am folgenden Tag nach Sens gebracht wird, wird er von einer jubelnden Volksmenge erwartet. Der König, begleitet von seinem Bruder Robert, nimmt das sacrum onus in Empfang. Beide sind barfüßig und nur mit einer Tunika bekleidet. Auch die Ritter, die vor und hinter ihnen gehen, haben die Schuhe ausgezogen. In festlicher Stimmung kommt ihnen die Bevölkerung entgegen, die Klöster bilden Prozessionen, und die Kleriker sind in seidene Gewänder gekleidet. Mönche und andere Geistliche bringen Reliquien mit, es scheint, als ob die Heiligen ihrem kommenden Herrn entgegen gingen. Die Stadt ist reich geschmückt mit Teppichen und gestickten Decken, und mit dem Beifall des begeisterten Volkes erklingen Lobgesänge, Glocken und Blasinstrumente. Der Schrein wird in die Kathedrale S. Étienne gebracht, geöffnet und „die Ursache des großen Jubels“ wird für alle sichtbar.
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cf. nt. 45.
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Die Kirchenmusik hatte in Sens zur Zeit Gautiers schon eine lange Tradition. An ein Werk, das eigens zu Ehren der Dornenkrone geschaffen wurde, soll in diesem Zusammenhang erinnert werden: kurz nach dem adventus wurde ein Stundengebet auf der Grundlage von Gautiers Predigttext geschaffen. Die Lesungen sind entgegen der üblichen Praxis weder Auszüge aus der Bibel noch Texte von Kirchenvätern, sondern ausnahmslos Passagen aus der Gedenkpredigt des Erzbischofs. Dagegen bestehen die Texte der Hymnen z. T. aus Anleihen aus bereits vorhandenen Stücken. Der Autor der gesungenen Gebetstexte ist nicht bekannt. In den Antiphonen und Responsorien werden Ludwig IX. und die Francia gepriesen, der Ruhm des Königs wird mit dem des Erlösers verglichen und die Verbindung zwischen Jerusalem und Paris gefeiert. Auch eine typologische Beziehung zwischen der Bundeslade und der Dornenkrone wird hervorgehoben 50. 2.5. Die translatio nach Paris, adventus und Verehrung Schon am nächsten Tag bricht der König mit dem insigne vasculum nach Paris auf. Das Benedictus, das von allen angestimmt wird, weist auf die besondere Gnade hin, die dem Königreich widerfährt: „Benedictus qui venit in honore Domini, cujus ministerio regnum Franciae tanti praesentia muneris exaltatur“ 51. Acht Tage später wird vor den Toren von Paris neben der Kirche des Heiligen Antonius ein hohes pulpitum (Gerüst) aufgebaut. Es kommen mehrere hohe Geistliche und Klostergemeinschaften, alle in seidene Gewänder gekleidet. Eine große Menschenmenge drängt sich aus Paris heran, und man stellt die Reliquien der Ortsheiligen aus. Zuerst wird der Schrein mit der Dornenkrone von dem pulpitum aus gezeigt und dann vom König und seinem Bruder in die Stadt getragen. Wie zuvor haben beide ihre Schuhe und alle Gewänder bis auf eine Tunika abgelegt, die geistlichen Würdenträger, Ordensleute und Ritter gehen barfuß vor ihnen her. Unter unbeschreiblichem Jubel trägt man die Reliquie in die Kathedrale Notre-Dame, wo man Gott und seine heilige Mutter demütig lobt. Dann kehrt man feierlich in die Kapelle Saint-Nicolas des Königspalastes52 zurück und legt dort die Corona Domini nieder. Das Gerücht von diesem erhabenen Schauspiel verbreitet sich bis in weit entfernte Ortschaften, daher eilen viele herbei, um die „causa felicitatis praesentium tem-
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In ihrer musikwissenschaftlichen Dissertation stellt Brigitte Arnaud das Officium und die Messe in ausführlichen Transkriptionen aus dem Manuskript der Pariser Bibliothèque Nationale vor und analysiert die musikalischen und die Textvarianten in acht Manuskripten. Arnaud, L’Office (nt. 14). Gautier Cornut, Historia (nt. 39), 31 E. Der Lobgesang für die Gnade, die Gott dem Volk erweist, geht zurück auf die Worte des Zacharias (Lk 1, 68 sqq.) und die Worte des Simeon (Lk 2, 29–32). cf. nt. 28.
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porum et totius regionis“ 53 zu sehen. Doch von nun an wird die Reliquie nicht mehr öffentlich gezeigt. Aus mehreren Gründen hält man sie verborgen und streng versiegelt. Die Menschen laufen immer noch auf das Feld und küssen mit Leidenschaft das pulpitum, auf dem der Schrein aufgestellt war. An diesem Ort hat Jesus Christus – wenn man vertrauenswürdigen Menschen Glauben schenken darf – durch die Kraft des sacrum diadema und die Frömmigkeit der Gläubigen viele Wunder und Heilungen bewirkt 54. 2.6. Der Prediger Gautier Cornut und die Intention seiner Predigt In seiner Eigenschaft als Erzbischof von Sens und Berater Ludwigs IX. war Gautier als Augenzeuge beim adventus der Dornenkrone in Villeneuve-l’ Archevêque und Sens anwesend und hat mit Sicherheit selbst an der Überprüfung der Echtheit der Reliquie teilgenommen. Auf Grund seiner hohen Stellung kennt er auch die Vorgeschichte der translatio in allen Einzelheiten. Der zeitlichen Nähe zu den Berichten, die er gehört, und zu den Ereignissen, an denen er teilgenommen hat, verdanken wir die Präzision seiner Erinnerungen. Den Augenblick, in dem die Dornenkrone aus mehreren ineinander verpackten und versiegelten Behältern zum Vorschein kommt, beschreibt er mit besonderer Meisterschaft. Eine Klimax wird nicht nur durch die Superlative „auro purissimo“ und „loculus pulcherrimus“ erreicht, sondern auch durch die Steigerung im Wert des Materials: beim ersten Schrein wird nur die Echtheit der Siegel erwähnt, der zweite ist aus Silber, der dritte aus reinstem Gold enthält die „Perle“, d. h. die Reliquie 55. Mit großer Überzeugungskraft kann er am Gedenktag des adventus über seine Beobachtungen sprechen und seinen Zuhörern den unbeschreiblichen Jubel und die Freude mitteilen, die den König, das gesamte Volk und ihn selbst erfaßt hatten. Seine Begeisterung verrät sich in zahlreichen überraschenden Stilfiguren, beispielsweise in den poetischen Metaphern, die er anstelle des Wortes „Dornenkrone“ verwendet wie „pretiosissimum munus“, „thesaurus nobilis“, „inaestimabilis margarita“ und weiteren Variationen, die auf verschiedene Möglichkeiten der Wahrnehmung der Reliquie hinweisen. Unter den übrigen rhetorischen Mitteln fällt die große Zahl der Adjektive auf, häufig in Verbindung mit einem Hyperbaton und klangvollen Allitterationen, z.B. in „protectos insuper divini muneris praesentia, nihil in via contrarium contristavit“ 56. Die große Freude und Begeisterung kommt durch die Häufigkeit des Verbs gaudere und der bedeutungsverwandten Verben exsultare und laetari, die Substantive
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Gautier Cornut, Historia (nt. 39), 31 H. cf. ibid., 31 I. Ibid., 30 K–L. Ibid., 30 H.
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gaudium und jucunditas und das Adjektiv exhilaratus zum Ausdruck. Beim Einzug der Dornenkrone in Sens beispielsweise „exultat omnis coetus hominum sine differentia sexuum et aetatum “ 57. Den Äußerungen der Freude wird die Darstellung heftiger Rührung gegenübergestellt, die den König und seine Begleiter beim Öffnen des Schreins überwältigt: „Quanta itaque devotione, quantis fletibus et suspiriis inspecta fuerit a rege et regina et aliis, vix posset perpendi “ 58. Doch die Freude überwiegt, und während der Chronist nur den König und dessen Freude und Frömmigkeit erwähnt, spricht Gautier sehr oft und ausdrücklich von der Freude des gesamten Volkes. Die kollektive Erfahrung beruht auf der Überzeugung, daß sich mit dem adventus der Reliquie die Heilsgeschichte in der gegenwärtigen Zeit und im eigenen Land fortsetzt und fortsetzen wird. Daher fordert Gautier auch die Zuhörer seiner Predigt auf, an dieser Freude teilzunehmen und dafür zu danken: „[…] laudes ejus toto cordis affectu et vocis ministerio personemus“ 59. Gott hat durch den französischen König den Erwerb der Dornenkrone ermöglicht und dem Land „durch einen Blitz der göttlichen Gnade“ ein Zeichen seiner Auserwählung geschenkt: „Gratias tibi, Deus, cujus immensa bonitas, oculis consuetae misericordiae saecula nostra respiciens, hanc mundi et vitae nostrae vesperam coelestis gratiae fulgure perfudit “ 60. In einem vergleichbaren Bild spricht der Evangelist Lukas vom adventus des Herrn am Jüngsten Tag: „sicut fulgor coruscans de sub caelo in ea quae sub caelo sunt, fulget: ita erit Filius hominis in die sua“ (Lk 17, 24). Gautier bezieht sich möglicherweise auf diesen Satz. Indem er den adventus der Dornenkrone als dramatisches Erscheinen des Herrn, als Theophanie in der unmittelbaren Gegenwart darstellt, setzt er das geschichtliche Ereignis in Beziehung zu Texten des Alten und Neuen Testaments. 2.7. Die Gleichzeitigkeit von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Während sich der Verfasser der ‚Grandes Chroniques‘ auf den Erwerb der Reliquien als in sich geschlossenes historisches Faktum konzentriert, ordnet der Prediger den adventus in den weiten Zeitraum des göttlichen Heilsplans ein: für Gautier reicht die Geschichte der Dornenkrone von einer vorchristlichen Weissagung zum Kommen des Erlösers über die Evangelien bis zur aktuellen Präsenz Gottes in der Reliquie. In einer von Lactanz überlieferten sibyllinischen Prophezeiung sieht er einen Hinweis auf die Dornenkrönung Jesu: „In manus infidelium postea veniet. Dabunt autem Deo alapas manibus incestis, et impurato ore expuent venatos sputos. Dabit vero ad verbera simpliciter sanctum dorsum, et colaphos accipiens 57 58 59 60
Ibid., 31 B. Ibid., 30 L. Ibid., 27 B. Ibid.
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tacebit, ne quis agnoscat quod verbum, vel unde venit quod inferis loquitur, et Corona spinea coronetur […].“ 61
Eine weitere Präfiguration der Dornenkrone erkennt er im Diadem Salomons, denn Christus sei der „wahre Salomon“, d. h. „Friedensbringer“ 62. Im Gegensatz zum Bericht der Chronik, in dem der König, seine Reaktionen, Aktionen und Gesten im Vordergrund stehen, werden in der Predigt immer wieder die Pläne und das Wirken Gottes erwähnt, denen der König untergeordnet ist: „ut […] ipse Dominus ac Redemptor noster suae sacratissimae passionis sancta transmitteret instrumenta“ 63. Zwar mißt Gautier den Verdiensten Ludwigs eine große Bedeutung bei, doch läßt er keinen Zweifel daran, daß die komplizierte translatio zwar von Menschen gewünscht und beschlossen werden konnte, doch daß sie selbst für den König ohne Gottes Hilfe unmöglich gewesen wäre. Der Vergleich der beiden Berichte zeigt, daß sie in wesentlichen Fakten übereinstimmen, jedoch auffallende Unterschiede im Umfang und in den Details aufweisen, Unterschiede, die einerseits durch die Gattung der Texte, andererseits durch den Zeitpunkt der Entstehung bedingt sind. Bei der 1240 verfaßten Predigt könnte man von einer rhetorischen amplificatio des Ereignisses sprechen, die die Erinnerung lebendig erhalten soll; die Chronik, die 35 bis 40 Jahre später geschrieben wurde, bietet eine Zusammenfassung der Fakten, die man im Rückblick für unverzichtbar hielt und die dem Ruhm des Königs und und seiner Kanonisierung dienen sollten. Der Chronist hat mit großer Wahrscheinlichkeit die Predigt sowie andere französische und lateinische Biographien Ludwigs als Vorlage verwendet 64. Die hervorragende Rolle Konstantinopels als Nachfolgerin Jerusalems und als Ort, an dem die Passionsreliquien jahrhundertelang aufbewahrt und in großen Ehren gehalten wurden, tritt in beiden Texten hinter dem Ruhm Frankreichs als dem neuen Auserwählten Land zurück. Sowohl die Predigt als auch die Chronik zeigen Ludwig IX. in seinem Amt als König und als Priester, d. h. in einer doppelten Funktion, die die Tradition der Könige des Alten Testaments fortsetzt. Wunder, die anläßlich des adventus der Passionsreliquien geschahen, werden in der Chronik nicht überliefert; Gautier äußert sich mit großer Zurückhaltung: „[…] si credendum est personis fide dignissimis, per virtutem sacri diadematis et propter devotionem fidelium, circa languentes operatus est multas virtutes et miracula Dominus Jesus Christus, cui est laus, honor et imperium in saecula saeculorum. Amen.“ 65
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Ibid., 27 E–G. Ibid., 28 H. Ibid., 27 H. Les Grandes Chroniques, cf. nt. 22, 72. Gautier Cornut, Historia (nt. 39), 31 I.
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2.8. Die Bedeutung des adventus für die Stadt Paris Die Sainte-Chapelle, die Ludwig IX. und seine Mutter in den Jahren 1244–1246 an Stelle der alten Palastkapelle S. Nicolas errichten lassen, ist ein weithin sichtbares Andenken an den adventus der Passionsreliquien, ein Sinnbild des Triumphes und der Verehrung. Der hohe Innenraum der neuen Kapelle ist von vollendeter Schönheit, so daß ein Besucher im Jahr 1323 sich überwältigt fühlte, „als sei er in den Himmel entrückt“ (quasi raptus ad celum) 66. In einem kürzlich gehaltenen Vortrag wird die Frage nach der Beziehung zwischen der bekannten Predigt von Gautier Cornut – ihren rhetorischen Figuren, Metaphern und Tropen – und dem Bildprogramm, der architektonischen Struktur und dem locus sanctus gestellt 67. Ludwig IX. orientiert sich beim Bau der Kapelle und ihrer Nutzung vielfach an der bestehenden Praxis. Mit seiner Entscheidung, die Reliquien in der Palastkapelle aufzubewahren, setzt er die Tradition von Konstantinopel und Aachen fort 68. In den Jahren 1244–1246 begründet er drei Feste, die jeweils an den adventus von Reliquien erinnern: Am 11. August die Susceptio Coronae sanctae, am 30. September das „Fest der Heiligen Reliquien“, ein weiteres am 3. August. Dazu kommt das „Fest der Weihe der Sainte-Chapelle“ 69. Aus einer Reihe von offiziellen Anlässen veranstaltet man Prozessionen in Paris, allerdings werden die Reliquien der Sainte-Chapelle nur angesichts besonderer Bedrohung mitgeführt. Noch im 20. Jahrhundert wurde die Dornenkrone in einer Prozession durch Paris getragen. Um den Einmarsch der deutschen Truppen abzuwenden, veranstaltet man am 19. Mai 1944 in Gegenwart der französischen Regierungsmitglieder und des diplomatischen Corps eine religiöse Zeremonie70. Aus mehreren Dokumenten geht hervor, daß die Kapelle sowohl für den privaten Bereich der Königsfamilie als auch für große Besucherzahlen vorgesehen war. Papst Innozenz IV. verspricht in einem Edikt vom 3. Juni 1244 allen Gläubigen Ablass, sofern sie in der Passionszeit, am Fest der susceptio und an anderen festgelegten Tagen bei den Kulthandlungen anwesend sind. Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts nimmt die Bevölkerung von Paris an der ostensio der Passionsreliquien am Karfreitag teil. Noch heute wird die Dornenkrone an den Freitagen während der Fastenzeit in der Vesper und den ganzen
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M. Cohen, An Indulgence for the Visitor. The Public and the Sainte-Chapelle of Paris, Speculum 83, 2008, 882. E. Davenport Guerry, Crowning Paris: The Translation of the Crown of Thorns relic and the Decoration of the Sainte-Chapelle. Symposium of the International Medieval Society, 24–26.6.2010 in Paris, in: H-Soz-u-Kult, 18.9.2010, http://hsozkult. geschichte.hu-berlin.de/ tagungsberichte/d=3277. C. Billot, Le Message spirituel et politique de la Sainte-Chapelle de Paris, Revue Mabillon 63, 1991, 121. Arnaud, L’Office (nt. 14), 126. J.-P.Azema, ‚1939–1940‘. L’année terrible, VI, Le Monde, 25.7.1989, 2.
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Karfreitag lang gezeigt. Auch an jedem ersten Freitag im Monat wird die Dornenkrone verehrt. Allerdings befindet sie sich nicht mehr in der Sainte-Chapelle. Nach den Wirren und Zerstörungen der französischen Revolution wurde sie in die Kathedrale Notre-Dame gebracht71. 3. Die Legende von der Eroberung der Dornenkrone durch Karl den Großen Das Bild eines fränkischen Herrschers, der die Dornenkrone gewinnt und sich durch sie als Stellvertreter Christi auf Erden und als Nachfolger der römischen Kaiser legitimiert, wird lange vor der Zeit Ludwigs IX. entworfen. Es entspricht dem Wunsch des Okzidents nach einem Kaiser, der das gleiche Ansehen genießt wie der Kaiser von Byzanz. In einer legendären Erzählung der ‚Grandes Chroniques‘ ist es Karl der Große, dem die Eroberung der Dornenkrone und anderer bedeutender Passionsreliquien zugeschrieben wird. Der französische Text wurde wahrscheinlich von Primat aus einer lateinischen Fassung übersetzt, die im 11. Jahrhundert entstanden war und sich in der Abtei Saint-Denis befand 72. Ein großer Teil der darin beschriebenen Ereignisse ist nicht historisch nachweisbar oder eindeutig falsch. Es stellt sich die Frage, warum Primat die Erzählung trotz seiner strengen Orientierung an nachprüfbaren Fakten dennoch in die ‚Grandes Chroniques de France‘ aufgenommen hat. 3.1. Die Not der Christen im eroberten Jerusalem Die Schauplätze der umfangreichen Erzählung 73 sind Jerusalem, Konstantinopel und das Reich der Franken mit Paris, Reims, Saint-Denis und Aachen. In Konstantinopel sucht der Patriarch von Jerusalem nach der Eroberung der Heiligen Stadt Zuflucht. Er hofft, daß der byzantinische Kaiser Konstantin die Christen in Jerusalem und Syrien im Kampf gegen die Sarazenen, die die Christen verfolgen, unterstützen wird74. Gemeinsam senden der Kaiser, dessen Sohn Leon und der Patriarch vier Botschafter zum „Kaiser der Römer“, d. h. zu Karl dem Großen, und bitten um Hilfe. Die Gesandtschaft besteht aus zwei Christen, Jo-
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Zum Schicksal der Dornenkrone cf. Durand, La Couronne (nt. 17). Der gebräuchliche Titel der lateinischen Vorlage ‚Descriptio‘ ist eine Kurzfassung von ‚Descriptio qualiter Karolus Magnus clavum et coronam Domini a Constantinopoli Aquis Grani detulerit, qualiterque Carolus Calvus hec ad Sanctum Dionysium retulerit’. Cf. J. Viard, Les Grandes Chroniques de France, vol. 3, Paris 1923, XIII und 161–162, nt. 1. Im Gegensatz zu dem kurzen Text der Chronik, die in der Zeit Ludwigs IX. entstand (cf. nt. 22) umfaßt dieser translatio-Bericht die Seiten 160–198 im 3. Band der ‚Grandes Chroniques‘ (nt. 72). Jerusalem war schon lange vor der Zeit Karl des Großen erobert worden. Cf. Viard, Les Grandes Chroniques (nt. 72), 161, nt. 1.
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hannes, dem Bischof von Neapel, und David, dem Erzpriester von Jerusalem, und aus zwei Juden, Isaak, einem weisen Rechtsgelehrten, und Samuel, einem Schriftgelehrten, der „beide Sprachen“ (vermutlich Hebräisch und Griechisch) spricht75. Diese überbringen Karl zwei Briefe, die wörtlich zitiert werden. Der Patriarch klagt über den Verlust seines Sitzes, den schon der Apostel Jacobus innehatte76 und über die Entweihung des Heiligen Grabes. Er fordert Karl zu einem Kreuzzug auf und droht ihm mit ewigen Strafen, falls er den Auftrag ablehnt. Kaiser Konstantin versichert Karl, daß er ihn nicht aus einer militärischen Notlage heraus oder mangels persönlicher Tapferkeit um Beistand bitte. Er beruft sich auf eine Traumvision, in der ihm Karl als der von Gott bestimmte Verbündete von einem Engel gezeigt wurde. Karl mache sich schuldig, wenn er dem Willen Gottes nicht gehorche77. 3.2. Die Entscheidung für einen Kreuzzug Die Boten gelangen über Reims nach Paris und warten einige Tage in SaintDenis, bis der Kaiser von einem Feldzug heimkehrt und die Briefe liest. Der Verlust des Heiligen Grabes erfüllt den Kaiser mit heftiger Trauer, zugleich empfindet er große Freude, da er sieht, daß Gott ihn für einen Kreuzzug ausersehen hat. Die Briefe, die von einem Bischof namens Turpin übersetzt werden, entfachen unter den anwesenden Rittern große Begeisterung. Sie erklären sogar, falls Karl nicht sofort bereit sei, ohne ihn „unter Gottes Führung“ unverzüglich aufzubrechen78. Karl verpflichtet jeden, der nicht an der Expedition teilnehmen könne oder wolle, eine lebenslängliche Kopfsteuer zu zahlen. Auf dem Weg nach Konstantinopel erleben die Franken viele Abenteuer, von denen nur eins ausführlich berichtet wird: als das Heer in einem undurchdringlichen Wald verloren scheint, sendet Gott auf Karls Gebete hin einen Vogel, der ihnen den Weg zeigt.
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Der Herausgeber Viard (nt. 72, 16, nt.1) weist daraufhin, daß die meisten Namen in dieser Erzählung erfunden sind. Beispielsweise gab es zur Zeit Karls des Großen in Neapel keinen Bischof namens Johannes. In einer anderen Legende wird das Grab des Apostels Jacobus durch Karl d. Gr. von den Mauren zurückerobert. Cf. R. Renitz, Die Grandes Chroniques de France und der Pseudo-Turpinus, Diss. Würzburg 1940. Karl wird in diesem Text als „Kaiser“ bezeichnet. Dagegen wird er in den Briefen aus Konstantinopel als „König des Okzidents“ angesprochen, während Konstantin selbst sich „Kaiser“ nennt. Cf. Les Grandes Chroniques (nt. 72), 165. Die überschwängliche Reaktion der Franken angesichts eines heiligen Krieges und die Formulierung „Dieux veut estre nostres duitres“ (Gott will unser Führer sein) (Les Grandes Chroniques [nt. 72], 169) könnte die Begeisterung widerspiegeln, die bei den ersten Kreuzzugspredigten ausbrach. Zu derselben Zeit – Ende des 10. Jahrhunderts – wurde vermutlich die lateinische Vorlage der Erzählung niedergeschrieben).
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3.3. Gemeinsamer Feldzug und Eroberung der Reliquien In Konstantinopel werden der fränkische Kaiser und seine Ritter mit großen Ehren empfangen. Beide Kaiser ziehen gemeinsam nach Jerusalem, verjagen die Sarazenen, befreien die Stadt und setzen den Patriarchen wieder ein. Ehe Karl in die Heimat zurückkehrt, bietet Konstantin ihm und seinen Leuten reiche Schätze aus der Kriegsbeute an: Pferde, Falken, wertvolle Stoffe und Edelsteine. Doch niemand will etwas davon annehmen, da die Franken den Vorwurf fürchten, sie hätten die Stadt Jerusalem um ihres Reichtums willen erobert. Von Konstantin gedrängt, wenigstens ein Erinnerungsstück an den errungenen Sieg zu akzeptieren, erklärt sich Karl bereit, eine Reliquie (santuaire) als Zeichen der Verbindung zu Gott und als Objekt der Liebe und Frömmigkeit mitzunehmen. Er bittet Konstantin, ihm die Passionsreliquien zu überlassen, damit die Bewohner des Okzidents, die keine Pilgerfahrt nach Jerusalem unternehmen könnten, durch ein sichtbares Andenken an die Passion zur Buße geführt würden. „Ich bitte dich, daß du mir die Reliquien der Passion anvertraust, die unser Herr Jesus Christus für uns Sünder am Kreuz erlitten hat, damit diejenigen aus unseren Landesteilen im Westen, die nicht hierher nach Jerusalem zur Vergebung ihrer Sünden kommen können, ein Andenken an die Passion Jesu Christi haben und mit ihren Sinnen wahrnehmen. Dadurch sollen ihre Herzen in reiner Frömmigkeit gerührt werden, und Mitgefühl und Mitleiden mit dem Tod unseres Retters möge sie zur Frucht der Buße leiten.“ 79
Mit dem Entschluß, die instrumenta passionis als einzige „Beute“ zu erbitten und mit in sein Reich zu nehmen, unterstreicht Karl den Wert der Objekte für die Gläubigen, die weit entfernt von den heiligen Stätten wohnen, und erfüllt den Wunsch vieler seiner Untertanen, die den Mangel an Reliquien im Okzident beklagen. 3.4. Die Wunderkraft der Passionsreliquien Während griechische Geistliche und Ritter nach dem Ort suchen, an dem die Heilige Helena die instrumenta passionis aufbewahrt hat, fastet und beichtet Karl mit seinen Leuten drei Tage lang, um die Reliquien würdig empfangen zu können. Zwölf Priester, die ausgewählt wurden, die Schreine zu öffnen, kommen überein, daß sie zuerst die Dornenkrone berühren wollen, da diese das Haupt Jesu berührt habe und Jesus unser aller Haupt sei. Beim Öffnen des Schreins verbreitet sich ein 79
Les Grandes Chroniques (nt. 72), 176–177: „Je te requier que tu m’otroies des paines de la passion que Nostres Sires Jhesu Criz soufri en la croiz pour nous pecheors, pour ce que cil de noz parties d’Occident, qui pour la remission de lor pechiez ne puent ça venir en Jerusalem, aient et voient sensiblement aucune remembrance de la passion Jhesu Crist, par quoi lor cuer soient amollié par pure devotion et que la pitiez et la compassion de la mort Nostre Sauveor les amaint à fruit de penitance.“
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wunderbarer Duft; dieser ist ein Zeichen für die Heiligkeit und den unvergänglichen Wert der Dornenkrone80. Tief bewegt spricht Karl ein langes Gebet, in dem er sich zum rechten Glauben bekennt. Durch mehrere Wunder zeigt Gott, daß er Karls Gebet erhört hat: vom Himmel fällt Tau, der das Holz der Dornenkrone benetzt, bis diese Blüten trägt, deren süßer Duft alle Anwesenden aus ihrer irdischen Existenz entrückt und sie von ihren Krankheiten heilt. Als Daniel, der Bischof, das trockene Holz der Krone anschneidet, wird dieser frisch und grün wie eine in der Erde verwurzelte Pflanze und beginnt zu blühen wie einst der Aaronsstab. Der Vergleich mit dem Wunder, das Gott an Moses und Aaron vollbrachte, bewegt alle Anwesenden zutiefst. Als nun Karl die Blüten und Dornen, die von der Krone abfallen, in einen Handschuh sammelt, schwebt dieser eine Stunde lang in der Luft, ohne auf den Boden zu fallen. „Dann nahm der Kaiser den Handschuh und zog das Stück Brokatstoff heraus, in das er die Blüten eingewickelt hatte. Er knotete den Stoff auf, um die Reliquie an einen ehrenvolleren Ort zu legen, doch da fand er, daß die Blüten schon durch die Kraft unseres Herrn in Manna verwandelt waren. Er empfand eine wunderbare große Freude und begann mit dem Propheten David zu sagen: Quam magnificata sunt opera tua Domine. Das heißt: ‚Wie groß und wunderbar sind deine Werke, Herr Gott.‘ Dieses Manna wickelte er von neuem in den Brokat, der bis heute würdig in der Kirche Saint-Denis in Frankreich aufbewahrt wird, zusammen mit einem Teil des anderen Manna, das Gott den Kindern Israels sandte, als sie in der Wüste waren.“ 81
In dem Bericht von einem Manna-Wunder, das die Kaiser in Jerusalem erfahren, wird eine Beziehung zwischen den Zeichen Gottes im Alten Testament und der Reliquienverehrung in der Abtei Saint-Denis sichtbar gemacht: die Blüten an der Dornenkrone verwandeln sich in Manna, das in Saint-Denis noch zur Zeit des Autors die gleiche Verehrung genießt wie Manna aus der Zeit Mose, das ebenfalls in Saint-Denis aufbewahrt wird. Neben dieser Variante typologischer Auslegung zieht die Beschreibung vom Umgang mit den Reliquien die Aufmerksamkeit des Lesers auf sich. Nach vielen Lobgesängen und Psalmen steckt man die Reliquien einzeln in kleine Säcke, In einem größeren Sack aus Büffelleder, der am Hals des Kaisers befestigt wird, verstaut man die kleinen Säcke. Diese Praxis garantiert eine relativ
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Der Duft ist ein sinnlich wahrnehmbares Zeichen von Heiligkeit und Unsterblichkeit. Cf. J.-P. Albert, Odeurs de Sainteté, La mythologie chrétienne des aromates, Paris 1990, chap. X–XII. Les Grandes Chroniques (nt. 72), 183: „Lors prist li empereres le gant, et traist hors la piece du paile en quoi il avoit les flors envolepées. Le paile desnoua pour metre le saintuere plus honestement, mès il trova que eles estoient ja converties en manne par la vertu Nostre Seigneur. Lors fu merveilleusement plains de grant joie, et comença à dire ovec David le prophete: Quam magnificata sunt opera tua Domine. C’est-à-dire: ‚Biaus sire Diex, com tes ovres sont granz et merveilleuses.‘ Cele manne envelopa derechief ou paile, qui jusques au jor d’ui est gardée dignement en l’eglise Saint Denys de France ovec une partie de l’autre manne que Diex envoia aus fiuz Israël, quant il estoient ou desert.“
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sichere translatio der wertvollen Objekte, die ihre segensreiche Wirkung auf den Träger entfalten können. In den Säckchen, die Karl transportiert, befinden sich die Dornenkrone, der Heilige Nagel, ein Stück vom Stamm des Heiligen Kreuzes, das Schweißtuch des Herrn, das Hemd, das die Gottesmutter trug, als sie den Herrn ohne Schmerzen auf die Welt brachte, der Gurt, mit dem sie das Jesuskind in der Wiege befestigte und der rechte Arm des Simeon, der den Erlöser bei der Darbringung im Tempel umfing . Der fränkische Kaiser nimmt nun Abschied von Konstantin und den Geistlichen der Ostkirche. Auf dem Rückweg ereignen sich weitere Wunder und Krankenheilungen, die zuweilen an magische Praktiken erinnern. Durch die Kraft der Reliquien wird sogar ein totes Kind zum Leben erweckt. An diesem Wunder wirkt der Kaiser aktiv mit. Sein Mitleid mit den trauernden Eltern wird mit ähnlichen Worten beschrieben wie das Verhalten Jesu bei der Auferweckung des Jünglings zu Nain (Luc 7,13). 3.5. Der adventus in Aachen Nach sechs Monaten und einem Tag zieht Karl weiter. In Aachen läßt er zu Ehren der Jungfrau Maria eine prächtige Kirche errichten, in der die Reliquien aus Jerusalem und Konstantinopel aufbewahrt und gezeigt werden. Sie werden noch einmal in derselben Reihenfolge wie vorher genannt, doch in der neuen Aufzählung ist nicht mehr von der „Dornenkrone“ (corone d’espines) die Rede, sondern von „ acht Dornen der Heiligen Krone, die unser Herr am Tage seiner Passion auf seinem Haupt trug, und einem Teil des Stammes, an dem sie befestigt war“. Offenbar hat der Kaiser auf seiner Reise einige Teile der Dornenkrone an Kirchen und Klöster verschenkt. 3.6. Die Einführung des Lendit Eine unübersehbare Zahl von Gläubigen kommt, von Karl eingeladen, nach Aachen, um die Reliquien zu verehren. An 30 verschiedenen Orten wird gepredigt und die Beichte abgenommen. Dann enthüllt der Kaiser die Reliquien und zeigt sie dem Volk. Am selben Tag richtet er das Fest des ‚Lendit‘ (von lat. indictum) ein: in einer Beratung mit seinen Geistlichen legt er das Fest auf einen Fastentag in der zweiten Juniwoche. Dieses Datum erscheint ihnen sehr passend, da jeder, der Reliquien von so hohem Rang berühren will, vorher fasten, beichten und seine Sünden bereuen muss. Anläßlich des Festes wird ein neuer Ablaß gestiftet: jedem Gläubigen, der am Fest des ‚Lendit‘ die heiligen Reliquien verehrt, werden – wenn er gebeichtet und Reue gezeigt hat – unabhängig von der Art der Sünde zwei Drittel der Buße erlassen. Daran können auch seine Frau und seine Freunde teilhaben, wenn sie die Bedingungen – Beichte und Reue – erfüllen. Zahlreiche geistliche Würdenträger –
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darunter Papst Leo –82 unterzeichnen diese Abmachung mit ihrem Siegel. Nachdem sich ein weiteres Wunder – die Auferweckung eines Toten durch das Schweißtuch des Herrn – ereignet hat, beschließt man, die Reliquien noch einen Monat und drei Tage öffentlich zu zeigen. Bevor die Würdenträger abreisen, nimmt Karl ihnen das Versprechen ab, daß er später in Aachen und an keinem anderen Ort begraben werde und daß sein Begräbnis eines Kaisers würdig sei 83. Abschließend wird berichtet, wie der ‚Lendit‘ unter Karl dem Kahlen84, einem Enkel Karls des Großen, nach SaintDenis verlegt wird. Zum Dank für die Unterstützung im Krieg gegen seine Brüder läßt Karl der Kahle die Passionsreliquien nach Saint-Denis bringen. Seitdem findet das Fest mit einem Markt dort statt und der Ablaß wird von der Abtei Saint-Denis gewährt. 3.7. Kreuzungspunkt Konstantinopel Die historische Bedeutung Konstantinopels als Kreuzungspunkt und Vermittlerin zwischen Orient und Okzident wird gleich in den ersten Sätzen der Erzählung erkennbar: Konstantinopel ist der Zufluchtsort der Christen, die aus dem eroberten Jerusalem geflohen sind. Der byzantinische Kaiser vermittelt die militärische Unterstützung des Frankenkaisers und sorgt zugleich dafür, daß der Okzident am Reichtum der Passionsreliquien teilhaben kann. Die translatio der Dornenkrone und weiterer instrumenta passionis beginnt in ihrem Ursprungsort Jerusalem. Sie wird vom Kaiser persönlich begleitet und gelangt daher sicher in den Westen Europas. Nach einem Aufenthalt der Reliquien in Aachen finden den endgültigen Ort ihrer Verehrung in Saint-Denis. Dort entstand die legendäre Erzählung, die die Herkunft der Objekte erklärte, welche in der Abtei gezeigt und verehrt wurden. 3.8. Vom Kreuzzugsepos zur translatio-Legende Am Anfang der Erzählung 85 stehen die Leiden der Christen in der von Sarazenen eroberten Stadt Jerusalem und der gemeinsame Entschluß der ranghöchsten christlichen Herrscher, die Heilige Stadt und das Grab Christi zu befreien. In 82
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Die etwa eineinhalb Seiten lange Aufzählung der Würdenträger ist frei erfunden. Les Grandes Chroniques (nt. 72), 194, nt. 1. Dagegen ist Papst Leo III. ein Zeitgenosse Karls. Er krönte ihn Weihnachten 800 zum römischen Kaiser. Karl ließ seine Mutter Bertrada in Saint-Denis begraben. Einhard, Vita Caroli Magni, ed. E. Scherabon Firchow, Stuttgart 1981, cap. 18, 38: „Quam ille in eadem basilica, qua pater situs est, apud Sanctum Dionisium, magno cum honore fecit humari.“ Karl der Kahle (823–877) erhielt beim Vertrag von Verdun (843) zum Westteil des Frankenreiches das Gebiet seines Bruders Lothar. Er war somit der erste König „Frankreichs“. 875 wurde er vom Papst zum Kaiser gekrönt. Les Grandes Chroniques (nt. 72), 160–161.
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dieser Ausgangssituation könnte man ein Heldenepos oder die Chronik eines Kreuzzugs erwarten. Tatsächlich treten die epischen Elemente in den Hintergrund: die Kämpfe und der Sieg über die Sarazenen werden in aller Kürze dargestellt. Nur das Ergebnis des Feldzugs, der Sieg der christlichen Kaiser, ist von Bedeutung. Im Mittelpunkt des Interesses steht die Eroberung der Reliquien: ihre susceptio in Jerusalem, ihre Kraft, Wunder zu bewirken, die translatio durch Karl den Großen, der adventus und die Verehrung im Reich der Franken. Die zahllosen Wunder und die Frömmigkeit Karls und seiner Begleiter verleihen der Erzählung einen legendären Charakter. 3.9. Karl der Große als Auserwählter unter den christlichen Herrschern Kaiser Konstantin und der Patriarch Johannes, die Absender der beiden Briefe aus Konstantinopel, erkennen in Karl einen von Gott bestimmten Verbündeten, da seine Eigenschaften ihn unter allen Herrschern auszeichnen. Konstantin schreibt: „Und da wir zuverlässig erforscht haben, was für ein Mann du bist, welche guten Eigenschaften du besitzt und welche Taten du vollbracht hast, freuen wir uns im Herrn über deine außerordentlichen Taten, deine Demut und deine Geduld. So bin ich gewiß in der Hoffnung, daß das gefährliche Vorhaben durch deine Verdienste und deine Anstrengung glücklich zu Ende geführt werden wird. Denn du bist der Verteidiger des Friedens und suchst ihn mit großer Sehnsucht, und wenn du ihn gefunden hast, hegst du ihn mit großer Liebe und mit großer Nächstenliebe.“ 86
Ähnliche Tugenden schreibt der Patriarch Johannes dem Kaiser zu: er führt Karls Friedensliebe auf die „vertu de son cuer“ (Kraft seines Herzens) und seine „soverane charité“ (höchste Nächstenliebe) zurück 87. Die großen militärischen Erfolge (merveilleus faiz) werden kurz erwähnt; sie prädestinieren den Kaiser ebenso für die Expedition nach Jerusalem wie seine christlichen Tugenden, doch sind sie für die fromme Erzählung von geringer Bedeutung. Karl nimmt das Lob und die captatio benevolentiae, die in den Briefen zum Ausdruck kommen, ganz wörtlich und erkennt in der Bitte der Absender einen Fingerzeig Gottes: „Nun sah und verstand er wohl, daß Gott ihn erwählt hatte, dieses gefährliche Vorhaben zu vollenden und daß der Ruhm seiner Taten schon bis in den Orient gedrungen war“ 88. Bevor Konstantin den Brief schrieb, hatte er von
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Ibid., 166–167: „Et pour ce que nous avons certainement enquis quiex hons tu es, de quiex mors et de quiex faiz, nous nous esjoissons en Nostre Seigneur et li rendons grâces en tes merveilleus faiz, en t’ umilité et en ta pacience. Si sui en certaine esperance que la besoigne sera finée en prosperité par tes merites et par ton travail, car tu es defendierres de pais et la quiers par grant desir, et quant tu l’as trovée tu la gardes et norris en grant amor et en grant charité.“ Ibid., 163. Ibid., 168: „Lors vit bien et entendi que Diex l’avoit esleu à parfaire sa besoigne et que la renomée de ses faiz et de sa proece estoit ja espandue jusques en Orient.“
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einem Engel erfahren, daß Karl der von Gott erwählte Verbündete sei. Daraufhin zeigt ihm der Engel eine geheimnisvolle Rittergestalt. „Dann zeigte er mir einen Ritter von Kopf bis Fuß gerüstet in einem Panzerhemd und eisernen Beinschienen. An seinem Hals trug er einen Schild, er war gegürtet mit einem Schwert, das einen roten Griff hatte. In der Faust hatte er eine weiße Lanze, und es schien manchmal, daß aus der Spitze eine brennende Flamme schlug. In seiner Hand hielt er einen goldenen Helm. Dem Anschein nach war er alt, und er hatte einen langen Bart, ein sehr schönes Antlitz und war von hoher Statur. Sein Haupt war weiß und ergraut und die Augen strahlend wie Sterne. Daher darf man nicht glauben, daß dies nicht nach dem Willen Gottes geschehen und angeordnet war.“ 89
Nur wenige Züge stimmen mit dem von Einhard überlieferten Porträt des historischen Karl überein: der hohe Wuchs, die männliche Haltung und die strahlenden Augen 90, doch gehört diese Erscheinung des Ritters offenbar einer überirdischen Sphäre an. Der Ritter mit der flammenden Lanze erinnert an Gestalten der Apokalypse. Dieses Bild trägt zum Mythos des großen Kaisers bei und bereitet seine Heiligsprechung vor. 3.10. Die Rechtgläubigkeit Karls Die Charakteristik Karls als eines christlichen Herrschers und zukünftigen Heiligen erfordert auch einen Nachweis seiner Rechtgläubigkeit angesichts von Häresien, die die Kirche bedrohen. In dem Gebet, das der Kaiser bei der susceptio der Dornenkrone spricht, bekennt er sich zu der Leiblichkeit Christi und zu Gott als Schöpfer der Welt und Herrn über den Teufel. Dies sind Glaubenssätze, die von den Katharern in Frage gestellt werden: „Damit ich dem Volk im Okzident wirklich deine Passionsinstrumente zeigen kann, daß auf diese Weise kein Zweifel herrscht, Herr, und kein Ungläubiger mehr zu zweifeln wagt, daß du für uns in der Hülle unserer zerbrechlichen Menschlichkeit am Heiligen Kreuz leiblich gepeinigt worden bist. Du bist der Herr aller Dinge und hast sie geschaffen, als sie noch nicht existierten. Hinab geworfen in den tiefen See des Höllenschlundes hast du die bösen Engel, die gegen dich aus Hochmut gesündigt haben. Dort sind sie und dort werden sie in Ewigkeit gequält.91 89
90 91
Ibid., 166: „Lors me monstra un chevalier tot armé de hauberc et de chauces, I escu à son col, I espée ceinte, dont la heudeure estoit vermeille, une lance blance en son poing; si sembloit à chief de piece que la pointe rendist flambe tout ardant, et si tenoit en sa main un hiaume d’or. Par semblant estoit vieuz, si avoit longue barbe, de moult bel vout et de grant estature. Le chief avoit blanc et chanu et les ieuz resplendissanz come estoiles. Dont l’en ne doit pas cuidier que ces choses ne soient faites et ordenées par la volonté Nostre Seigneur.“ Einhard, Vita (nt. 83), cap. 22, 44. Les Grandes Chroniques (nt. 72), 179–180: „[…] que je puisse monstrer au pople d’Occident de tes paines vraiement et sanz nule doute, en tele maniere, sire, que aucuns mescreanz n’ose plus douter que tu n’aies soufert paines en la sainte croiz corporement, pour nous, souz la coverture de nostre fraile humanité. Tu es sires de tot et formas toutes choses quant eles n’estoient pas. Tu plunjas ou parfont lac du puiz d’enfer les mauvès angels qui contre toi pechierent par orguel. Là sont et seront tormenté perpetuement.“
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3.11. Ein Bündnis der christlichen Kaiser Die Präsenz der Reliquien bewirkt eine Annäherung an das Reich Gottes, das von den Gläubigen sehnsüchtig erwartet wird. Karl erscheint als der Herrscher, der die Hoffnungen erfüllt und den Wunschvorstellungen des Volkes entspricht. Das Waffenbündnis, das die christlichen Kaiser zur Verteidigung der verfolgten Glaubensbrüder schließen, steht im Widerspruch zu dem Mißtrauen zwischen den großen Herrschern, das Einhard folgendermaßen beschreibt: „Imperatores etiam Constantinopolitani, Niciforus, Michahel et Leo, ultro amicitiam et societatem eius expetentes conplures ad eum misere legatos. Cum quibus tamen propter susceptum a se imperatoris nomen et ob hoc eis, quasi qui imperium eis eripere vellet, valde suspectum foedus firmissimum statuit, ut nulla inter partes cuiuslibet scandali remaneret occasio. Erat enim semper Romanis et Grecis Francorum suspecta potentia.“ 92
Aus der Rivalität zwischen dem Frankenreich und Byzanz wird in der Legende eine enge Verbindung christlicher Reiche. Infolge der Vision ist Konstantin bereit, Karl den höheren Rang zuzubilligen, obgleich er ihn in seinem Brief nicht mit dem Titel „empereres“ (Kaiser), sondern mit „très renommé roi des parties d’Occident“ (hochberühmter König der westlichen Landesteile) angeredet hat 93. Gemeinsam führen die beiden Kaiser den Krieg gegen die „Ungläubigen“ und Konstantin erweist sich als außerordentlich großzügig, indem er Karl die begehrten Passionsreliquien überläßt. Die Franken lehnen einen materiellen Vorteil aus ihrem Sieg über Jerusalem ab – was keineswegs mit den historischen Ereignissen übereinstimmt –, doch sie akzeptieren die Geschenke Konstantins als ein Zeichen der Freundschaft und der ritterlichen Freigebigkeit . Diese legendäre Überlieferung verändert die historische Wahrheit und ordnet sie den gattungstypischen Intentionen unter. Dagegen scheint das gute Einvernehmen, das in der Legende zwischen Karl und den Vertretern der Kirche herrscht, auch durch historische Quellen, beispielsweise in Einhards ‚Vita Caroli Magni‘, belegt zu sein. 3.12. Nachrichten aus der Zeit Karls des Großen Pilgerreisen oder militärische Expeditionen Karls des Gr. an die Heiligen Stätten gehören ins Reich der Legende oder der literarischen Fiktion, die an die Tradition der Epen um Karl den Großen anknüpft. In Frankreich wurde beispielsweise eine fiktive ‚Pèlerinage Charlemagne‘ verfaßt. Die Entstehung dieses merkwürdigen Epos, das Karl und seine Gefährten meist in erfundenen burlesken Szenen darstellt, wird auf das X. bzw. XII. Jahrhundert datiert94. Dagegen sind diplomatische Beziehungen des Frankenreichs zum Orient mehrfach nachgewiesen und 92 93 94
Einhard, Vita (nt. 83), cap. 16, 34. Les grandes Chroniques (nt. 72), 165. Le Pèlerinage de Charlemagne, ed. E. Koschwitz, Heilbronn 1879, Leipzig 71923.
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werden in Einhards ‚Vita Caroli Magni‘ beschrieben. Der Kaiser engagierte sich für die Christen im Orient und zeigte großes Interesse an guten Beziehungen zu den dortigen Herrschern. Pilger aus dem Westen trafen in Jerusalem auf so viele Stiftungen Karls, daß sie annehmen konnten, er habe sich dort persönlich aufgehalten95. „[…] ubi Christianos in paupertate vivere conpererat, penuriae illorum conpatiens pecuniam mittere solebat; ob hoc maxime transmarinorum regum amicitias expetens, ut Christianis sub eorum dominatu degentibus refrigerium aliquod ac relevatio proveniret.“96
Einhard berichtet auch, daß Haroun al-Raschid auf Grund freundschaftlicher Beziehungen zu Karl diesem den Zugang zum Heiligen Grab gewährt und sogar die Herrschaft über diesen „heiligen und gesegneten Ort“ geschenkt habe 97. 3.13. Die Genealogie der volkssprachlichen Legende Die Kapitel über Karl den Großen gehören zum ersten Teil der volkssprachlichen Chronik, die der Mönch Primat im Auftrag Ludwigs IX. schrieb bzw. aus lateinischen Vorlagen übersetzte98. Er legte seiner ‚Geschichte der französischen Könige‘ lateinische Quellen zu Grunde, die entweder in Saint-Denis geschrieben wurden oder sich in der dortigen Bibliothek befanden, beispielsweise die ‚Gesta Dagoberti‘, die ‚Vita Caroli Magni‘ von Einhard und die Chronik des Pseudo-Turpinus 99. Die Passagen über die translatio der Dornenkrone sind nach Auffassung von Jacques Doublet 100 eine Übersetzung der lateinischen Legende aus dem Manuskript 12710 der Bibliothèque Nationale. Jules Viard, der Herausgeber der ‚Grandes Chroniques‘, teilt diese Auffassung. Robert Folz101 identifiziert die lateinische Vorlage mit der ‚Descriptio‘, die am Ende des 11. Jahrhunderts in SaintDenis verfaßt wurde. Er datiert sie auf die Zeit vor 1095 und unterstützt die These, daß die Mönche die Echtheit ihrer Passionsreliquien nachweisen wollten. Die französische Fassung der Erzählung beruht demnach auf mehreren Vorbildern: zunächst sind es zeitgenössische lateinische Biographien Karls des Großen (742–814), aus denen einige Informationen in die späteren Texte übernommen werden. Im 11. Jahrhundert wurde eine fiktive lateinische Erzählung vom Feldzug Karls nach Palästina geschrieben. In der Zeit Ludwigs IX. schließ-
95 96 97 98 99 100 101
Cf. Les Grandes Chroniques (nt. 72), 160, nt. 1. Einhard, Vita (nt. 83), cap. 27, 50. Ibid., cap. 16, 34. Auf diese Stelle gründet sich möglicherweise die Sage von Karls Feldzug nach Palästina. Les Grandes Chroniques (nt. 72), cap. IV–XII, 169–198. Cf. Artikel ‚Chroniques de France‘, in: Dictionnaire des Lettres françaises, Le Moyen Âge, Paris 1992, 296 sqq. Les Grandes Chroniques (nt. 72), 160, nt. 1. R. Folz, Le Souvenir et la Légende de Charlemagne, Paris 1950, 179, nt. 110, 111.
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lich übersetzte Primat den lateinischen Text ins Französische und nahm ihn in das 3. Buch der Chronik über Karl’s den Großen auf 102. Primat ist die Bedeutung seiner Arbeit als Übersetzer offenbar bewußt. Das läßt sich aus einer Reihe von zweisprachigen Passagen schließen, in denen er Texte aus der Bibel – meist handelt es sich um Gebete des Kaisers – im Wortlaut der Vulgata zitiert und dann in die Volkssprache überträgt. Daß Karl Lateinisch spricht und Griechisch versteht 103, erscheint ihm für die legendäre Reisebeschreibung nicht erwähnenswert. Dagegen hebt er die Zweisprachigkeit des jüdischen Schriftgelehrten hervor, der aus Konstantinopel zu Karl geschickt wird. 3.14. Intentionen des Historiographen Primat Primat nimmt legendäre Texte der Karls-Überlieferung in seine Chronik auf, obgleich diese nicht auf Augenzeugenberichten und objektiver Beobachtung beruhen. Die Darstellung Karls als zukünftiger Heiliger und großer Vorgänger des gegenwärtigen Königs ist mit den Theorien des 13. Jahrhunderts über Thronanspruch und Rangordnung der Dynastien eng vernetzt. Sie entspricht nicht allein einer kollektiven Wunschvorstellung vom „idealen Herrscher“. Zum einen ist es wahrscheinlich, daß Primat mit der idealisierten Präsentation Karls des Großen auch an Ludwig IX. denkt, den König, der ihm den Auftrag für die Chronik gegeben hat. Ludwig unterscheidet sich von den meisten Machthabern durch eine erfolgreiche Friedenspolitik und seine Bemühungen um ein gutes Verhältnis zu Papst und Kirche. Dieses von den Zeitgenossen hoch geschätzte Engagement wird u. a. zur Heiligsprechung Ludwigs IX. im Jahr 1297 beitragen. Es ist zu vermuten, daß der Autor Ludwigs Affinität zu dem großen Frankenkaiser hervorheben will. Abgesehen von der angenommenen geistigen Verwandtschaft der beiden großen Herrscher ist die Genealogie der Kapetinger, zu denen Ludwig IX. gehört, sowohl für die Legitimierung des Thronanspruchs als auch für die Heiligsprechung von höchster Bedeutung. Die Dynastie der Kapetinger zählt durch die mütterliche Linie zu den direkten Nachkommen Karls des Großen104. Sie hat daher nach Ansicht von zeitgenössischen Juristen Anspruch auf den gleichen Rang wie der Römische Kaiser.
102
103 104
Der Chronist beschreibt die Expedition Karls nach Jerusalem im Anschluß an die Informationen über Karls Familienleben, die Förderung der Kirche und der Wissenschaften und setzt sie vor den Bericht über den (historischen) Spanienfeldzug. Einhard, Vita (nt. 83), cap. 25, 48. R. Folz, Le Couronnement de Charlemagne, Paris 1964, 249 sqq.
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3.15. Geographische „Achsen“ Auf dem Hintergrund der juristischen Argumentation ist es folgerichtig, daß die translatio über Aachen nach Saint-Denis führt. Der länderübergreifende Weg von Jerusalem in den Okzident hat in der Legende ein anderes Ziel als in der Chronik, in der Sens und Paris die letzten Etappen sind. Mit dem Itinerar der Reliquie verändert sich auch die Perspektive und die Intention des Textes, der auf die hervorragende Stellung der Abtei Saint-Denis verweist. Bei der letzten translatio von Aachen nach Saint-Denis wird die enge Beziehung zwischen dem Herrscherhaus und der Abtei offenbar. Zugleich wird die Verlegung des ‚Lendit‘ begründet, an dem die ostentatio der Reliquien stattfindet und der einen Teil der Einkünfte der Abtei sichert. Eine weitere Achse innerhalb des Frankenreiches zwischen Reims, Paris und Saint-Denis wird anläßlich der Ankunft der Boten aus Konstantinopel erwähnt. Sie hebt die Bedeutung der drei „Säulen des Königreichs“ hervor: Reims als Krönungsstätte der Könige, Paris als Sitz des Königs, Saint-Denis als geistliche Hauptstadt, in der die beiden Achsen zusammentreffen. Zusammenfassend läßt sich in den drei Texten über die Ankunft der instrumenta passionis trotz großer inhaltlicher Abweichungen und stilistischer Unterschiede eine gemeinsame Intention erkennen: die Darstellung göttlichen Handelns, das dem König und seinem gesamten Volk zugute kommt. In den demütigen Gesten Ludwigs IX. und seines Vorfahren Karls des Großen sieht man einen Akt der imitatio Christi, der als Triumph des rechten Glaubens gedeutet wird und die Heiligsprechung des jeweiligen Herrschers vorbereiten soll.
XI. Herrscherzeremoniell und translatio imperii
Der Sternenmantel bei Herrschern des Westens. Ein Beispiel der Aneignung des spätantiken Erbes von Byzanz im Hochmittelalter und seine geistigen Implikationen W C S (Hildesheim) Dem Gedenken an Johannes Zahlten (Gottesberg/Schlesien 25. 1. 1938 – Braunschweig 11. 7. 2010)
Im Oktober 1018 erlitt Ismahel, der Herzog von Apulien, trotz der Unterstützung durch normannische Krieger, bei Cannae eine vernichtende Niederlage durch die byzantinischen Truppen. Er sah sich gezwungen, sein Land zu verlassen, und zog zu Heinrich II. Dieser war 1014 in Rom zum Kaiser gekrönt worden und damit auch in Nachfolge der Ottonen in die Ansprüche des westlichen Imperiums eingetreten. Schon Otto I. hatte nach der Kaiserkrönung in Süditalien zu Lasten des oströmischen Reiches eingegriffen, und damit den Streit um die staatsrechtlichen Gegebenheiten nach der Erneuerung des weströmischen Imperiums wiederbelebt. Wir wissen davon durch den Gesandtschaftsbericht Liudprands von Cremona1. Der langobardische Bischof spottete, wieso sich ein Reich „Römisches Reich“ nennen wolle, wo es doch nicht die Herrschaft über Rom innehabe. Zweifellos wußte man davon, daß Süditalien ebenso wie Sizilien einst zu dem durch Rom bestimmten weströmischen Reich gehört hatten. Otto II. hatte in Süditalien gekämpft, um die auf Grund der langen Machtabstinenz des oströmischen Reiches vordringenden Sarazenen zurückzudrängen, und er trat dort mit seiner Gemahlin, der Byzantinerin Theophanu, als Imperator Augustus auf. Sein Sohn Otto III., der Halbbyzantiner auf dem westlichen Kaiserthron, hatte dem Selbstbild dieses erneuerten Imperiums durch die Aufnahme des Titels Imperator Romanorum unverrückbar Ausdruck verliehen. Der Weg des apulischen Herzogs zu Heinrich, zum Imperator Romanorum, war somit folgerichtig: Er schmiegte sich in die von den Ottonen vertretenen imperialen Ansprüche des Westlichen Imperiums ein, um so seine verlorene Stellung zurückzuerhalten. Um seinem 1
Liudprandi Legatio ad Imperatorem Constantinopolitanum Nicephorum Phocam bes. c. 4–7, 12, 15–18; cf. W. Ch. Schneider, Liudprand, Bishop of Cremona, the Ambassador of Western Emperor Otto I at the Court of the Eastern Emperor in Constantinople, in: Glasnik. ZRS Koper (International Scientific Meeting: Interpreters of Cultures) 5 (2007), Koper 2007, 148–149. Zur kognitiven Disposition Liudprands: W. Ch. Schneider, Ruhm, Heilsgeschehen, Dialektik. Drei kognitive Ordnungen in Geschichtsschreibung und Buchmalerei der Ottonenzeit (Historische Texte und Studien 9), Hildesheim 1988, 147–177.
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Abb. 1: Sternenmantel Kaiser Heinrichs II., Bamberg, heutiger Zustand
Hilfsbegehren Nachdruck zu verleihen, gab er – wahrscheinlich in Regensburg – einen repräsentativen Mantel für den Herrscher, der ihn aufgenommen hatte, in Auftrag: den Mantel, der noch heute in Bamberg aufbewahrt wird 2 (Abb. 1). Im unteren Saumbereich bringt eine große Inschrift, zwei binnenreimende leoninische Hexameter, die Huldigung des apulischen Herzogs gegenüber Kaiser Heinrich zum Ausdruck:
2
Sternenmantel Kaiser Heinrichs II. Stickereien: Regensburg, um 1018–1024, Trägerstoff: Italien, um 1453; Diözesanmuseum Bamberg (2728/3–6). Cf. R. Baumgärtel-Fleischmann, in: J. Kirmeier/B. Schneidmüller/St. Weinfurter/E. Brockhoff (eds.), 1002–1024 Kaiser Heinrich II., Katalog zur Bayerischen Landesaustellung 2002, 382–383; ead., Die Kaisermäntel im Bamberger Domschatz, in: Bericht des Historischen Vereins für die Pflege der Geschichte des ehemaligen Fürstbistums Bamberg 133 (1997), 93–126, hier 94; ead., Sternenmantel Kaiser Heinrichs II.; in: ead. (ed.), Diözesanmuseum Bamberg. Ausgewählte Kunstwerke, Bamberg 1992, 12–15; ead., Der Sternenmantel Kaiser Heinrichs II. und seine Inschriften; in: Walter Koch (ed.), Epigraphik 1988. Fachtagung für Mittelalterliche und Neuzeitliche Epigraphik, Graz 10.–14. Mai 1988 (Österreichische Akademie der Wissenschaften, Phil.-Hist. Kl., Denkschriften 213) Wien 1990, 105–125. R. Eisler, Weltenmantel und Himmelszelt. Religionsgeschichtliche Untersuchungen zur Urgeschichte des antiken Weltbildes, 2 voll., München 1910 (ND Hildesheim 2002), 5–21. P. E. Schramm/F. Mütherich, Denkmale der deutschen Könige und Kaiser, vol. 1, München 1962, 2. erg. Auflage 1981, 163, 485. W. Messerer, Der Bamberger Domschatz in seinem Bestande bis zum Ende der Hohenstaufenzeit, München 1952. Cf. auch E. Maas, Inschriften und Bilder des Mantels Kaiser Heinrichs II., in: Zeitschrift für Christliche Kunst 11 (1899), col. 321 sqq., 361 sqq., hier 368.
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⁄ , ⁄⁄ ⁄ 3. „Zierde Europas, Kaiser Heinrich, sei beglückt, Dir mehre das Imperium der König, der herrscht auf ewig!“
In kleineren Buchstaben liegen darüber zwei weitere nicht ausgezierte Inschriften, die Bildgegenstand und Auftraggeber des Mantels nennen: auf der linken Seite , auf der rechten . „Beschreibung des vollen Himmelskreises; Friede dem Ismahel, der dies anordnete.“ 4 I. Der Bamberg er Ster nenmantel Ismahels für Heinrich II. Zwar ist dieser Mantel, wie eingehende Untersuchungen deutlich machten, zwischen 1452 und 1455 einschneidend restauriert worden, bietet also auf den ersten Blick in Vielem die Erscheinung dieser Zeit, doch ist das ursprüngliche Aussehen hinreichend rekonstruierbar. Vollständig aus dem 15. Jh. stammt der heutige Grundstoff des Mantels, ein blauer Damast. Der ursprüngliche Trägerstoff bestand aus purpurgefärbter Seide, sie dürfte im 15. Jh. schon recht zerschlissen gewesen sein, was wohl den Anstoß zu der sehr aufwendigen Restauration gegeben hatte. Im Zuge dieser Arbeit wurden alle gestalteten Bereiche aus
Abb. 2: Rekonstruktion des ursprünglichen Zustandes des Heinrich-Mantels von Baumgärtel-Fleischmann
3
4
So der Text in MGH Poet. Lat. V 362. Der Text ist am Ende gestört; die zweite Zeile lautet auf dem Mantel () ⁄ . Auch Baumgärtel-Fleischmann (1990) setzt beare (von beo), üblicher wäre beate. Angesichts des wechselseitigen Friedenswunsches in jeder Messe ist es nicht zweifelsfrei erwiesen, daß die Inschrift erst nach dem Tode Ismahels gearbeitet wurde.
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dem seidenen Trägerstoff herausgeschnitten – mitsamt ihrem Untergrund, so daß Reste des seidenen Grundstoffs erhalten blieben – und dann auf einen neuen Trägerstoff aufgenäht. Vollständig zum ursprünglichen Bestand gehören somit alle irgendwie gestalteten Teile, wenngleich, wie Einzelbeobachtungen zeigen, ihre Anordnung nur in groben Zügen der ursprünglichen Gestalt folgte. Doch diese läßt sich mit großer Sicherheit rekonstruieren5 (cf. Abb. 2). Während heute die einzelnen Schmuckteile bei nur geringer Regelhaftigkeit verhältnismäßig frei im Raum verteilt sind, waren sie im ursprünglichen Zustand des Mantels in ein festes, aus der Halbkreisform des Mantels entwickeltes Gerüst einbezogen. Ausgehend vom Nackenbereich des Mantels bestand ein Netz von (abwechselnd in breiterem und schmaleren Abstand gesetzten) radialen Strahlen und Kreisbögen, die dabei entstehenden viereckigen Flächen von zwei parallelen Kreislinien und zwei Geraden waren wechselweise (und versetzt) mit Bildstücken und Textstücken gefüllt. Von innen nach außen nahm also die Größe dieser Flächen zu, was grundsätzlich auch in der lockeren Anordnung des 15. Jh. erhalten blieb. Die Textflächen bestanden aus vier Zeilen, von denen jeweils zwei dem nebenstehenden Bezugsbild galten und in ihrem Schriftbild auf dieses ausgerichtet waren6, die verschiedene Schriftrichtung halbierte also den Schriftblock und veranschaulichte so die Scheidung des inhaltlichen Bezugs. Wie bei den Bildflächen nahm auch bei den Schriftflächen die Größe nach außen zu: so daß die Buchstaben der nackennahen Kreisringe kleiner sind als die in der Nähe des Mantelsaumes. Leider sind die Inschriftzeilen zu Seiten der Sterne schwerwiegend gestört. Von den von Baumgärtel-Fleischmann errechneten bis zu 60 Buchstaben je Sternumschrift sind bestenfalls 45 erhalten7. Es fehlen anscheinend vor allem die kleineren Buchstaben, die den Sternen in der Nähe des Nackenbereichs zugehörten. Sie verlangten bei der Wiederverwertung im Zuge der restaurierenden Reorganisation des Mantels im 15. Jh. größere Mühe und wurden daher teilweise ausgeschieden. Die vorhandenen Inschriften, die auf eine lateinische Übersetzung der Sternbilder des Aratos zurückgehen, sind also nur noch eingeschränkt aussagekräftig, etwa insoweit, daß die einzelnen Sternbilder erläutert wurden. Der ursprüngliche Wortlaut der Inschriften scheint – wie die einzig erhaltene Inschrift zum Krebs zeigt 8 – keinem der bekannten sternkundlichen Schriftwerke gefolgt 5 6 7 8
Vgl. Baumgärtel-Fleischmann, Sternenmantel (nt. 2), 114–116. Nachvollziehbar ist das noch beim Sternbild des Krebses (ibid., 114 sqq., Abb. 13), sowie bei einem der Cherubim. Ibid., 117. Wie häufig die Beischriften zu den Animalia der Evangelisten in der Ottonenzeit ist sie in sich gereimt, „Hoc sidus cancri fert nociva mundi“. Ibid., 118 erwägt einen astrologischen Gehalt der Inschriften, der im 15. Jh. missfallen hätte und Anlass zur Auflösung bzw. zu einfacher orthodoxer „Verchristlichung“ der Inschriften gegeben habe. Das könnte tatsächlich der Fall sein, aber nur in dem Sinne, dass im 15. Jh. (einer Blütezeit der neueren Astrologie) die gegebene Verschränkung von Sternkundlichem und Theologischem nicht mehr recht verstanden und daher als schlichte „Astrologie“ missverstanden wurde.
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zu sein, möglicherweise waren sie eigens neu geschaffen und setzten Siderisches und Theologisches in Beziehung. Die Bildflächen waren auf jeweils einem Kreisbogenring gleichartig gestaltet: entweder war die annähernd quadratische Fläche mit Medaillons belegt oder mit Achtecksternen (aus zwei ineinandergewirkten Quadraten), deren Spitzen geringfügig in die jeweils untere der zugehörigen Zeilen einschnitten. Nur auf dem dritten Kreisbogenring bestanden ungefähr in der Mitte der rechten und der linken Mantelhälfte zwischen den Sternen größere Flächen, da dort an der Stelle der beiden Sterne in einem durch den Ausfall der Schrift-Rahmen vergrößerten Raum große vielfigurige Kreisflächen standen. Als grundlegend für den Rapport läßt sich damit eine durchaus vertraute Form bestimmen: Vier Medaillons in den Ecken sind durch vier (in sich halbiert und entgegengesetzt gebotene) vierzeilige Texte verbunden, der Bereich in der Mitte ist mit einem Achteckstern gefüllt (Abb. 3). In dieser strengen gitterförmigen Gestaltung entspricht der Mantel Heinrichs annähernd zeitgleichen oströmischen Herrschermänteln in Byzanz, wie sie etwa in den Mosaiken der Hagia Sophia in Konstantinopel bei den Kaisern Alexander, Konstantin IX. Monomachos und dem jungen Alexios begegnen9 (Abb. 4).
Abb. 3: Rekonstruktion einer Sternbild-Form im Heinrich-Mantel von Baumgärtel-Fleischmann
9
Südempore Konstantin IX. Monomachos mit Zoe und daneben (stark fragmentiert) Alexios: H. Kähler, Die Hagia Sophia. Mit einem Beitrag von Cyril Mango über die Mosaiken, Berlin 1967: Abb. 89; 92. Romanos IV. auf Elfenbein (mit Eudokia) in Paris, Bibl. Nat. Vgl. aber auch die Miniaturen von Nikephoros III., Nikephoros III. und Maria von Alania, Nikephoros III. (oder Manuel VII.) mit Hofstaat, Predigtsammlung des Hl. Johannes Chrysostomus (Paris, Bibl. Nat. (Paris Bibl. Nat. Coislin 79, fol. 2r, 2v. und 2bis).
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Abb. 4: Konstantin IX. Monomachos mit Zoe, Konstantinopel, Hagia Sophia
Die Sternformen sind alle mit Figuren von Sternbildern gefüllt, nur die beiden links und rechts unterhalb der Maiestas stehenden zwei großen Kreisformen zeigen jeweils Darstellungen des gesamten Zodiakus. So ist die Bezeichnung des Mantels als „Sternenmantel“ wie als „Himmelsmantel“ begründet. Die den Sternfeldern zugeordneten Medaillons sind in zwei Gruppen geschieden, die kleineren, die sämtlich eine Viertelteilung aufweisen, deren vier Kreissektoren mit den Animalia (Adler, Mensch, Löwe, Stier) gefüllt sind, dürften wegen ihrer verminderten Größe auf den beiden ersten engeren Kreisbögen gelegen haben (auf dem inneren Bogen wohl sechs Medaillons, auf dem nach außen folgenden wohl acht Medaillons), während die 22 größeren Medaillons mit nicht näher bezeichneten Büsten auf den beiden äußeren Kreisbögen lagen. Heute sind 22 Büstenmedaillons erhalten; es fragt sich aber, ob nicht ursprünglich 24 vorhanden waren. Denn in der ansonsten gut durchdachten Rekonstruktion von BaumgärtelFleischmann fällt auf, daß der Rapport an den Enden des Halbkreises gestört ist, und dort geradezu eine Leerstelle liegt (vgl. Abb. 2). Ich denke daher, daß an beiden Enden des Mantels durch den Gebrauch früh jeweils ein Büstenmedaillon verloren gegangen ist und daher bei der Restauration des Mantels im 15. Jh. nur noch die verminderte Anzahl von 22 Medaillons vorlag. Dem größeren Radius entsprechend dürften daher auf dem (über den Inschriften liegenden) äußersten
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Kreisbogen ursprünglich 13 Büsten gelegen haben und auf dem nach innen anschließenden engeren Kreisbogen 11 Büsten. Neben den Medaillons und den Sternbildern treten einige weitere Figuren auf dem Mantel auf, vor allem im Nackenbereich, der nur locker in die strenge gitterförmige Anordnung eingebunden ist und in seinem heutigen Zustand offenkundig in Vielem, aber nicht vollständig die ursprünglichen Gegebenheiten wahrt. Besonders hervor tritt dort ein rankengesäumtes Quadrat, das eine Maiestas Domini mit den Animalia in sich schließt, ein und ein w umgeben es. Ihm sind weitere Gestalten zugeordnet, oben zwei stehende Gestalten, an die sich – in veränderter Lage – zu beiden Seiten drei weitere annähernd gleichartige Figuren anschließen. Darüber hinaus ist ein Agnus Dei vorhanden, das sich heute zwar innerhalb eines Achtecksterns befindet, wohin es aber – wie der Befund zeigt – erst sekundär eingesetzt wurde, um ein zerstörtes Sternbild zu ersetzen10. Das bestimmende Moment des Mantels sind also die Sternbilder, die freilich nicht als Einzelbilder gedacht, sondern – wie die Inschrift „descriptio totius orbis“ besagt – in ihrer Gesamtheit, als Darstellung des Orbis, der himmlischen Sphaira aufgefaßt sind11. Es geht also um den Sternenhimmel als Ganzes. Doch es ist ein christlicher Sternenhimmel. Und so sind mit der Darstellung des Sternenhimmels Bilder des endzeitlichen christlichen Heilsgeschehens verschränkt, die Maiestas Christi und das Agnus Dei. Ergänzt wird dies von Bildelementen aus den Visionen des Isaias und Ezechiels im Alten Testament, die inschriftlich bestimmten Seraphim und Cherubim, sowie die Animalia, die zwar schon früh auf Grund der beiden alttestamentlichen Visionen mit neutestamentlichen Endzeitsdarstellungen verbunden wurden, aber doch einen eigenen Sinngehalt einbringen. Im Programm des Mantels sind damit Vorstellungen des antiken kosmischen Denkens von Bildern des christlichen Heilsgedankens überformt, der seinerseits Alttestamentlich-Jüdisches einschließt. So ergibt sich letztlich eine schon in der Spätantike vertraute Gesamtgestalt: Auf einem – teilweise figurativ gegebenen – Sternenhintergrund erscheint die Maiestas Christi der Apokalypse12.
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Baumgärtel-Fleischmann, Sternenmantel (nt. 2), 111. Wenn ead. den Mantel – in Wendung gegen die Charakterisierung als „Himmelsmantel“ – auf einen blossen „Sternenmantel“ beschränken will, so geht das an dem im Mantel selbst gebrauchten Begriff orbis vorbei, der eindeutig den Fixsternhimmel als Ganzes bezeichnet. Insgesamt freilich folgt die Sterndarstellung den Selbstverständlichkeiten der jeweiligen Mode, auch der geistigen Mode. Cf. das Elfenbein in Baltimore: K. Weitzmann (ed.), Age of Spirituality, Late Antique and Early Christian Art, New York 1977, Nr. 475.
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II. Der Ster nenmantel Justinians Es stellt sich die Frage, warum der apulische Fürst für den Kaiser einen solchen Mantel herstellen ließ, was wollte er in dem Geschenk zum Ausdruck bringen, ja, was enthielt dieses Geschenk? Eine erste Antwort gibt die Gestalt des Gewands: Einen Sternenmantel besaß Justinian I.; wie Nikephoros Gregoras berichtet, trug der Kaiser auf dem Reiterstandbild auf dem Augusteion in Konstantinopel eine mit Sternen belegte Chlamys (paludamentum)13. Die mit Sternen belegte Chlamys der Kaiserin Ariadne des Elfenbeins in Wien, vermag das kaiserliche Gewand des Reiterstandbilds annähernd zu veranschaulichen.14 Justinian scheint damit in einer schmal belegten Tradition früherer römischer Kaiser gestanden zu haben. Denn ein Statue Kaiser Trajans in Samos zeigt den Kaiser mit einem rottonigen paludamentum, das mit Goldsternen belegt war 15 (Tafel 12). In der schriftlichen Überlieferung läßt sich ein solcher Mantel weiter zurückverfolgen. Sueton etwa klagt, daß Nero bei der Rückkehr von den olympischen Spielen mit dem Wagen, in dem Augustus einst triumphierte und in einer mit goldenen Sternen gezierten purpurnen Chlamys einherfuhr16. Auf denselben Sinnzusammenhang bezieht sich wohl Domitian, wenn er, wie Statius berichtet, seine – heute nur im Grundriß erhaltene – Audienzhalle auf dem Palatin mit einem Sternenhimmel ausgestalten ließ. In beiden Fällen ist dies wohl so zu verstehen, daß sich die Kaiser als in einer höheren Region befindend sahen. In vollem Umfang zum Tragen aber kommt das Motiv des Sternenmantels nach der Ausbildung einer kosmologischen Herrschaftstheologie in Rom am Ende des 3. Jh. und mit dem Eintritt des Christentums in die römische Staatlichkeit. In Aufnahme der kosmologischen Vorstellungen, die die Herrschaftsauffassung der römischen Kaiser durchdrungen hatte, sowie der Bildsprache der großen Gottesvisionen des Alten Testaments und des jüdischen Kultes, aber auch der neutestamentlichen Apokalypse baute die Kirche neben der bislang vorherrschenden soteriologischen Thematik zur Darstellung des Wesens Christi eine kosmo-
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Nikephoros Gregoras, Historia Rhomaïke. Nicephori Gregorae Byzantina historia graece et latine, ed. L. Schopen, vol. 1 (Corpus Scriptorum Historiae Byzantinae 4), Bonn 1829, 275 sqq. Cf. R. H. W. Stichel, Die römische Kaiserstatue am Ausgang der Antike. Untersuchungen zum plastischen Kaiserporträt seit Valentinian I. (364–375 n. Chr.), Rom 1982, Nr. 132. W. Volbach, Elfenbeinarbeiten der Spätantike und des frühen Mittelalters, Mainz 21952: Abb. 52; Weitzmann, Age of Spirituality (nt. 12), Nr. 25. Die Sterne sind in Gold aufgemalt. B. Freyer-Schauenburg, Die Statue des Trajan auf Samos, in: Athenische Mitteilungen 117 (2002), 257–295. B. Freyer-Schauenburg, Il mantello stellato dell’ imperatore Traiano, in: I colori del Bianco. Policromia nella scultura antica. Musei Vaticani, Collana di studi e documentatione 1, Rom 2004, 269–274. Sueton Nero c. 25. Dahinter stehen möglicherweise hellenistische Gewänder: von dem Diadochen Demetrios Poliorketes wird überliefert, daß er eine Chlamys besaß, die mit goldenen Sternen und dem Zodiakus geziert war. Athenaios (nach Duris) XII 50 p. 535 (ed. G. Kaibel III p. 181). Nach dem Bericht Appians, Punica 66 triumphierte Scipio mit einem goldsternbesetzten Purpurmantel nach väterlicher Sitte. Cf. insgesamt: Eisler, Weltenmantel (nt. 2), bes. 38 sqq.
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logisch-spekulative Ikonographie auf, in die auch bald der Kaiser, der Repräsentant der irdischen Ordnung einbezogen wurde. Damit kam ein Austausch zwischen der Ikonographie des Kaisers und der Ikonographie Christi in Gang. Von besonderer Bedeutung war dabei der Orbis, die Sphaira, die als Teil des römischen Staatsinsigne (der geflügelten Victoria auf dem Orbis) immer wieder für die Kaiserikonographie genutzt worden war17. Im Sinne von Ciceros Äußerung, daß die Sphaira, der Fixsternhimmel, der Sitz der höchsten Gottheit sei18, wird Christus auf die Sphaira bezogen, er steht auf ihr, thront auf ihr19. Und so erhält der Sternenmantel des Kaiser eine neue, entscheidende Bedeutung: Der Kaiser trägt den Mantel des Fixsternhimmels, auf dem Christus thront – ganz so, wie der Sternenmantel Heinrichs II. sich gibt. Geradezu exemplarisch – und dann für lange Zeit vorbildhaft – traten diese mit dem Sternmantel verbundenen Gegebenheiten bei Justinian in Erscheinung, und zwar an den hohen Festen, an denen der Kaiser am Gottesdienst in der Hagia Sophia teilnahm20. Nach Ende des Wortgottesdienstes, zieht der Kaiser, gekleidet in die Chlamys (paludamentum), also in eben das Gewand, das nach Nikephoros Gregoras mit Sternen belegt war, mit seinem Gefolge von dem Metatorion, dem ihm vorbehaltenen Raumbereich im Seitenschiff neben dem Altar, bis zur Mitte der Seitenhalle, um dort in den Hauptraum zu treten und in dessen Mitte, unter dem Kuppelscheitel, den von der Gegenseite in gleichartiger Weise heranziehenden Zuge der Diakone mit den Gaben Brot und Wein in Empfang zu nehmen. Beide Züge vereinen sich dort, der Kaiser geht mit einem brennenden Licht voran, um den Gabenzug zum Altar zu geleiten, wo dann der Opfergottesdienst beginnt. Während dieses Aktes erklingt von Sängern, die dem Blick entzogen
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W. Ch. Schneider, Victoria sive Angelus Victoriae. Zur Gestalt des Sieges in der Zeit des Übergangs von der antiken Religion zum Christentum, in: A. Mehl/W. Ch. Schneider (eds.), Reformatio et Reformationes. Festschrift für Lothar Graf zu Dohna zum 65. Geburtstag, Darmstadt 1989, 29–64; T. Hölscher, Victoria Romana. Archäologische Untersuchungen zur Geschichte und Wesensart der römischen Siegesgöttin von den Anfängen bis zum Ende des 3. Jahrhunderts n. Chr., Mainz 1967, 22 sqq. Cf. dazu die „toga picta“ des Gallus im Calendarium (im Chronographen) von 354, die deutlich erkennbar mehrere Sternzeichen (etwa Fische und Steinbock) bietet; cf. H. Stern, Le Calendrier de 354. Étude sur son texte et ses illustrations, Paris 1953. Cicero, De re publica, 6,17 (Somnium Scipionis); das Somnium Scipionis blieb (im Gegensatz zur ‚De re publica‘ als Ganzes) durch Macrobius immer bekannt. Stehen: Baptisterium, Neapel, B. Brenk, Spätantike und frühes Christentum, Franfurt a. M. 1985: Abb. 22a; Thronen: S. Vitale, Ravenna und S. Lorenzo, Rom: Volbach, Elfenbeinarbeiten (nt. 14), Abb. 158 bzw. 185. Cf. W. Ch. Schneider, Christus Victor in der Roma Caelestis. Antike Siegesmotivik im ottonischen Kölner ‚Thebäer-Elfenbein‘; in: Kaiserin Theophanu. Begegnung des Ostens und Westens um die Wende des ersten Jahrtausends, 2 voll., Köln 1991, vol. 1, 227–249; bes. 235 sqq. Der Ablauf ist im Zeremonienbuch Konstantins VII. Porphyrogenetos überliefert; cf. dazu W. Ch. Schneider, Der spätantike Kaiser zwischen Palast und Altarraum. Akte der Grenzsetzung und Grenzüberschreitung als Identitätserweis und Autorisierungsstrategie; in: E.Fischer-Lichte et al. (eds.), Ritualität und Grenze (Theatralität vol. 5), Tübingen 2003, 351–379.
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sind, der erstmals im Jahre 573/574 belegte21 ‚Cherubische Hymnus‘, der den Gehalt des Vorgangs zu eröffnen vermag und die Auftretenden in ihrem Wesen bestimmt 22: Die wir die Cherubim geheimnishaft darstellen und der lebensspendenden Dreifaltigkeit den dreifachheiligen Lobpreis singen [darbringen] 23, laßt uns [nun] alle Sorge um das Leben abtun, da wir doch den König des Alls (basiléa tøn oçlwn) jetzt empfangen [empfangen werden], den nicht sichtbar die speertragenden Engelheere geleiten, Halleluja.
Die im Zug Auftretenden verstehen sich demnach als geheimnishafte Verkörperung der Cherubim, der Wesen, die in der großen Vision des Ezechiel (Ez 1,4 sqq.) den Thron Gottes tragen, die mit den Seraphim gleichgesetzt werden, da der erwähnte „dreifachheilige Lobpreis“ zweifellos das von Isaias (Jes 6,1 ff.) beschriebene „Hagios! Hagios! Hagios!“ der Seraphim meint und der Hinweis auf die Engelheere als Paraphrase des von Isaias genannten Gottestitel Sabaoth zu gelten hat, der „Heerscharen“ bedeutet 24. Und wenn der Kaiser mit einem brennenden Licht dem Zug vorangeht, so entspricht er wesenhaft einem Seraph, denn Seraph bedeutet „der Brennende“. Der damit gegebene gleichzeitige Aufruf von Isaias- und Ezechiel-Vision vergegenwärtigt eine herrschaftliche Situation, beide Bezugstexte reden von herrschaftlichem Thron und Thronen. Zugleich aber spricht der Hymnus von Bewegung, vom Geleit, so daß der Hymnus insgesamt einen Herrscheradventus veranschaulicht, und zwar Einzug und Ankunft des
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Nach einer von Georgios Kedrenos (11./12. Jh.) zitierten älteren Quelle wurde der Gesang im 9. Regierungsjahr Justins II. als Teil des Gottesdienstes in der Hagia Sophia, der Hauptkirche des oströmischen Reiches verordnet; Kedrenos Hist. Compendium Migne PG 121: 748. Griech. Text mit Behandlung der bedeutsamen Lesarten: R. F. Taft, The Great Entrance. A History of the Transfer of Gifts and other Preanaphoral Rites of the Liturgy of St. John Chrysostom, Rom 1975, 54 sqq., sowie: N. K. Moran, The Musical ‚Gestaltung‘ of the Great Entrance Ceremony in the 12. Century in Accordance with the Rite of Hagia Sophia, in: Jahrbuch der Österreichischen Byzantinistik 28 (1979), 167–193, hier 171 sqq. W. Ch. Schneider/ R. H. W. Stichel, Der ‚Cherubinische Einzug‘ in der Hagia Sophia Justinians. Aufführung und Ereignis; in: E. Fischer-Lichte et al. (eds.), Performativität und Ereignis, Tübingen 2003, 377–394; bes. 389 sq. Zu den – in eckigen Klammern angegebenen offensichtlich späteren – Korrekturen cf. Schneider/Stichel, Performativität (nt. 22), 389, nt. 32. Stein des Anstoßes, dem die Korrekturen zu begegnen suchen, ist die Beteiligung des Kaisers; denn allein das fehlt der auf lange Zeit unwidersprochen gültigen Jakobusliturgie (5. Jh.), während diese die Epiphanie des Herrn beim Gabeneinzug (also schon „vor“ der Wandlung) und das Engelsgeleit deutlich anspricht. Die Verschmelzung von Cherubim und Seraphim geschieht schon im Judentum; Nachweise aus Philo bei G. Kretschmar, Studien zur frühchristlichen Trinitätstheologie, Tübingen 1956, 82 sqq.; cf. auch Art. ‚Engel‘, LCI 1, 626–642, hier 634 sq. Dementsprechend wird in der Gottesvision der Apokalypse 4,7–8 das Dreimalheilig der Seraphim den im Sinne der Ezechielvision aufgefaßten Cherubswesen zugeordnet. Cf. noch O. Wulff, Cherubim, Throne und Seraphim. Ikonographie der ersten Engelshierarchie in der christlichen Kunst, Diss., Leipzig – Altenburg 1894.
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„Himmelsherrschers“, des „Allherrschers“, wie es der Hymnus mit Bezug auf Platons Benennung des Weltenganzen ausdrücklich sagt: basiléa tøn oçlwn 25. In ihm stellen die Seraphim und Cherubim – mit den speertragenden Engelheeren – nicht nur den Hofstaat des Himmelsherrschers dar, sondern sie tragen und geleiten ihn auch. Und dies führen in dem vom Kaiser geführten Zug mehrere Umstände vor Augen. Der Archidiakon trägt das den Leib des Gottmenschen anzeigende Brot über seinem Kopf, den das Blut darstellenden Wein trägt dann hinter ihm ein anderer Diakon vor der Brust, sie beide Teil des cherubischen Zuges. Darüber hinaus begleiten, wie bildliche Darstellungen späterer Zeit belegen, weitere Geistliche „Brot und Wein“ mit auf Stangen aufgesetzten Scheiben, die jeweils das Bild eines Cherub oder Seraphs zeigen26: Rhipidia, die die Ophanim (die throni) vergegenwärtigen. All dies geschieht in einem Raum, dessen kosmischen Bezug Paulos Silentiarios in seinem Preisgedicht zur Einweihung der Hagia Sophia herausstellt; für ihn „strebt die Kuppel in den unermeßlichen Raum empor und krümmt sich allseits kugelig (sfairhdòn e l¬ íssetai), umfängt wie lichter Himmel die Decke des (Tempel-)Baues“ (Ekphrasis 489 sqq.)27, und „sie bietet dabei den Eindruck einer in Lüften schwebenden (runden) Polkappe“ (Ekphrasis 495 sq.), auf deren Innenseite im Scheitelpunkt der Halbkugel (sfaírhv h™mitómoio) das Kreuz des ‚Heilands des Kosmos‘ (oçlou kósmoio sawtär) schwebt (Ekphrasis 506 sqq.). Die Innenansicht der Kuppel wird man sich nach Art der Darstellungen in Ravenna vorstellen müssen, etwa der Vierung des Mausoleums der Galla Placidia, den Apsiskalotten in der Erzbischöflichen Kapelle und in S. Apollinare in Classe oder im Sinne der Deckengewölbe in den Baptisterien in Neapel (Abb. 5), Albenga oder Casaranello28.
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Das oçlon [bzw. oçlwn] (Lysis 214b; Politeia VI, 486a; Philebos 28d; Nomoi X, 903b) ist für Platon gleichbedeutend mit ou¬ranóv und kósmov: vgl. Timaios 28b: o™ dæ pâv ou¬ranòv – h£ kósmov h£ kaì a¢llo oçti potè o¬nomazómenov málist’ a£n décoito […]). Die Bestimmung tøn oçlwn erscheint in den biblischen Schriften nur einmal in einem Gottestitel – was keinen Zweifel an der Bewußtheit des Bezugs erlaubt – und zwar im Ausdruck „kúriov tøn oçlwn “ in dem schon ursprünglich griechisch verfaßten zweiten Makkabäerbuch 14,35, der zweifellos auf den Einfluß der griechischen Philosophie zurückgeht. Cf. die beiden (wohl aus Riha, Syrien stammenden) Scheiben (Rhipidia) aus der Zeit Justins II., von denen das in Istanbul (Archäologisches Museum) einen Seraph zeigt (D. T. Rice, Kunst aus Byzanz, München 1959, Taf. 69), das in Dumbarton Oaks einen Cherub (Weitzmann, Age of Spirituality [nt. 12], Nr. 553). Im Ritus der kretischen Kirche waren Rhipidia noch im 19. Jh. in Gebrauch, vgl. die Exemplare im Kloster Toplu. Text der Ekphrasis des Paulus Silentiarios in: O. Veh, Prokopios : Die Bauten, Paulos Silentiarios, Beschreibung der Hagia Sophia (Prokopios, Werke vol. 5), München 1977. Die Übersetzung Vehs 331 läßt die (durch mén … dé, betonte) Gleichsetzung von Kuppelrund und Himmel nicht recht deutlich werden. F. W. Deichmann, Frühchristliche Bauten und Mosaiken von Ravenna, Baden-Baden 1958, Abb. 19, 219, 387. Brenk, Spätantike (nt. 19), Albenga: Abb. 20; Casaranello, S. Maria della Croce: 19a.
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Abb. 5: Baptisterium, Neapel, Deckengewölbe
Innerhalb dieses geschlossenen Sinnzusammenhangs gibt sich nun auch der Sternenmantel des christlichen Imperator Romanorum, des Basileúv tøn Rwmaíwn zu erkennen: er stellt das Weltall dar, das oçlon, den Kosmos, der Gott trägt, er ist Himmelsmantel. Das, was der kaiserliche Bau der Hagia Sophia in seiner Baugestalt vergegenwärtigt, eben das bringt auch der Sternenmantel des Kaiser im Rahmen des cherubischen Einzugs zum Ausdruck: beide tragen die Gottheit – ganz so, wie die Sternenhimmel der Mosaiken von Ravenna oder Neapel im Sinne Ciceros das Kreuz tragen. In der Ausstattung des Kaisers mit dem Mantel steckt somit ein umfassender Anspruch: in der visuellen Inszenierung stellt sich der Kaiser in Konstantinopel – gleichsam im Sinne der Stellung als Pontifex Maximus in der alten römischen religio – als der maßgebliche Träger und Gewährleister der göttlichen Heilsordnung dar. Und er bringt damit einen Ausschließlichkeitsanspruch zum Ausdruck. Der Sternenmantel, den Ismahel von Apulien für Kaiser Heinrich herstellen ließ, vergegenwärtigt also die Tradition der Sternenmäntel, die die christlichen Kaiser Ostroms trugen, deren Gehalt und Anspruch das Kaiserzeremoniell des spätantiken Byzanz zu erkennen gibt. Heinrichs Sternenmantel erläutert in seinem Bildprogramm diese Vorstellungen lediglich etwas breiter. So bietet der in großen Teilen erhalten gebliebene blaurote purpurne Mantel des westlichen Imperators zwischen den Sternbildern die Darstellung der Seraphim und Cherubim, die ja im liturgischen Geschehen in der Hagia Sophia auftreten. Das entspricht ganz Philon von Alexandrien, der bei der Erläuterung der Cherubim vor dem Paradies in
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Gen 3,24 den einen Cherub als die den Fixsternen zugehörige äußerste Sphaira erklärt, den anderen Cherub aber als den nach innen gewandten Bereich mit den sieben Planetenbahnen deutet 29, dabei aber selbstverständlich auch deren liturgischen Gehalt kennt und weiß, daß der Vorhang des Tempels in Jerusalem mit Cherubim besetzt ist 30. Darüber hinaus aber sind auf dem Mantel Heinrichs sogar die – im Gabeneinzug in der Hagia Sophia in den Scheiben mit den Cherubim angezeigten – Ophanim (throni) aufgenommen, die in der himmlischen Hierarchie des Dionysius Areopagita nach den Seraphim und Cherubim den dritthöchsten Rang besetzen. Denn die in der Art eines Rades aufgegliederten runden Medaillons des Mantels, in deren Viertelsektoren die Animalia erscheinen, stellen nicht einfach die Evangelisten dar, sondern die Ophanim, die schon im hellenistischen Judentum verselbständigten cherubischen Räder der Ezechielvision31. Aus den dort beschriebenen Gesichtern der Cherubim waren schließlich die Animalia der Evangelisten entwickelt worden. In all diesen Momenten erweist sich der besternte Mantel Heinrichs II. als Himmelsmantel nach den in Ostrom gepflegten Vorstellungen. Die Ablehnung einer Deutung von Heinrichs Sternenmantel als Himmelsmantel durch Baumgärtel-Fleischmann geht somit fehl 32, sie verkennt den römisch-byzantinischen Bezug, übersieht den philosophischen und theologischen Gehalt der Gestirne, des Fixsternhimmels, der Gott trägt, mißversteht daher auch die Verschränkung von Siderisch-Kosmischem und Apokalyptischem. Der Mantel ist nicht geteilt in christliche und profane Elemente, sondern bietet als Einheit die siderisch verankerte christlich-kosmische Vorstellungswelt der Spätantike, die in Ostrom fortlebte. Verbunden mit der Darstellung des Fixsternhimmels ist auf Heinrichs Mantel eine Darstellung der Apokalypse, denn auch sie ist im Text ja als siderisches Geschehen aufgefaßt, und gerade daher enthält sie die kosmisch gedeuteten Gestalten der Vision des Ezechiels. Das zum alten Bestand gehörige, jedoch offensichtlich nachträglich in einen Achteckstern gesetzte Lamm Gottes, das dem Text entsprechend unter der Perspektive des endzeitlichen Geschehens zu
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Diese offensichtlich schon ältere Deutung in De Cherubim 21–24 (7) verbindet die mittelplatonistische Auffassung der Fixstern-Sphaira als Sitz der höchsten Gottheit (cf. nt. 18) mit den die Gottheit auf der Bundeslade tragenden Cherubim. Eine weitere für Philon nachrangige Deutung der Cherubim als kosmische Halbkugeln findet sich 25 sq. (8); schließlich bietet Philon noch seine eigene Deutung der beiden Cherubim als ‚Allmacht‘ und ‚Güte‘ Gottes 27–30 (9), die für die Kabbalah folgenreich wurde. Cf. 2 Chronik 3,10 sqq. und 5,7 sqq.; Josephus Flavius Antiquitates 8,72 sqq. Zur Eigenständigkeit der Ophanim vgl. 1 Henoch 71,7 (P. Riessler, Altjüdisches Schrifttum außerhalb der Bibel, Augsburg 1928, 402 sq.), zu den Ophanim als Verselbständigung der Räder der Ezechielvision cf. Wulff, Cherubim (nt. 24), 7. Wenn Baumgärtel-Fleischmann, Sternenmantel (nt. 2), 116 die Rad-Medaillons auf „Evangelistensymbole“ verkürzt, verschließt das den Aussagegehalt des Mantels. Cf. Baumgärtel-Fleischmann, Sternenmantel (nt. 2), 111 und 124 (unter Kritik an Eisler, Weltenmantel [nt. 2], 22 sqq. und P. E. Schramm, Herrschaftszeichen und Staatssymbolik II [Schriften der MGH 13,2], Stuttgart 1955, 578 sq.).
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betrachten ist, unterstreicht diesen siderisch-apokalyptischen Gehalt, der mit dem Erscheinen der Maiestas Christi anbricht, dessen überzeitliche Wesenheit und w anzeigen. Auch hierin führt der Mantel Heinrichs aus, was in Zeremoniell und Liturgie des Großen Einzugs in der Hagia Sophia enthalten ist. Denn in seiner auf Dionysius Areopagita aufbauenden ‚Mustagogía‘ (um 630) sieht Maximos Homologetes (Maximus Confessor, um 580–662) in dem vom Kaiser angeführten ‚Großen Einzug‘ der Gaben die Wiederkunft Christi vergegenwärtigt und das Eintreten der Gerechten in das mystische Gemach der Brautschaft mit Christus (cap. 14–16). Das nachfolgende eucharistische Geschehen im Altarraum ist dann Zeichen und Vorgeschmack der auf die Parusie folgenden ‚neuen ewigen Welt‘ 33. Vor diesem Hintergrund dürften dann die Büstenmedaillons zunächst auf das Lamm zu beziehen sein und die endzeitliche Verehrung des Lammes durch die 24 Ältesten darstellen (freilich müßte der Mantel dann – wie erläutert – zwei Medaillons mehr besessen haben als heute noch erhalten sind), dann aber können sie insgesamt als die Vertreter der Gerechten verstanden werden, von denen Maximos spricht. Somit spiegelt der für Heinrich II. geschaffene Sternenmantel in wesentlichen Momenten Liturgie und Kaiserzeremoniell Ostroms und kann in seinem Gehalt ohne den Blick nach Konstantinopel nicht vollständig verstanden werden. Damit ist auch der politische Gehalt der Schenkung des Sternenmantels durch Ismahel umrissen: der apulische Fürst, dessen Herrschaft in einem ursprünglich weströmischen, seit den Zeiten Justinians aber von Ostrom beanspruchten (aber auf längere Zeit hin nicht mit hinreichenden Machtmitteln behaupteten) Gebiet lag, war bei dem Versuch, sich den tatkräftig erneuerten oströmischen Herrschaftsansprüchen zu entziehen, gescheitert. Angesichts des Gehalts des Sternenmantels muß die Schenkung an Heinrich als huldigende Anerkennung des weströmischen Kaisers in seinem umfassenden Rang und zugleich als Anerkennung seiner weströmischen Herrschaft über die apulischen Gebiete Ismahels gelten – und dies in Konkurrenz zu Ostrom. Das heißt, Ismahel, der dem Druck der oströmischen Herrschaftsansprüche ausgesetzt gewesen war, wußte um die einem solchen Sternenmantel innewohnenden Ansprüche, wußte um den Insigne-charakter des Sternenmantels, und er nutzte das: Mit der Übergabe des Mantels an Kaiser Heinrich weist er diesem Herrscher eben die Stellung zu, die der oströmische Kaiser für sich beanspruchte: und zwar ausschließlich beanspruchte, und er suchte damit offenkundig, Heinrich zu entsprechenden Herrschaftshandlungen in Süditalien zu bewegen, die – natürlich – zu seinen Gunsten ausfallen mußten. Wenn Heinrich den ihm zugedachten Mantel dem Dom von Bamberg stiftete, so bedeutet diese Schenkung keineswegs, daß der Kaiser in die mit dem Mantel verbundenen Ansprüche nicht eintreten wollte oder sie gar ablehnte. Denn die Schenkung von Insignien an geistliche Orte ist im frühen Hochmittelalter keine 33
Maximus Confessor PG 91, 657–717, 687, 691 sqq.; cf. R. F. Taft, The Liturgy of the Great Church: An initial Synthesis of Structure and Interpretation on the eve of Iconclasm, in: Dumbarton Oaks Papers 34/35 (1980–1981), 45–75, hier 71.
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Seltenheit, und diese Akte bezeugen – das macht der Kontext der jeweiligen Stiftungen deutlich – geradezu das Gegenteil von Verzicht: Mit der Übergabe von Insignienteilen an geistliche Orte für den liturgischen Gebrauch wird vielmehr der in dem Insigne enthaltene Anspruch gesichert: Es wird eine wahrende Anheimgabe an das Göttliche vollzogen. Eben diesen Gehalt haben ja auch die vielen Stiftungen von liturgischen Büchern, in deren Widmungstexten, Widmungsgedichten dieser Wirkzusammenhang immer wieder ausgesprochen wird. Es ist also zu vermuten, daß Heinrich diesen Mantel tatsächlich trug und ihn dann – wie die Inschrift besagt – nach einmaliger oder kurzer Nutzung dem Gottesdienst zubestimmte, um so die im Sternenmantel enthaltenen Ansprüche auf eine umfassende imperiale weströmische Herrschaft im Göttlichen zu verankern. Heinrich seinerseits nämlich mußte diese Aufforderung und Herrschaftszuweisung verstanden haben: nicht nur, weil er schon bald nach Herrschaftsantritt 1002 den Romanorum-Zusatz in seine Herrschaftstitulatur aufgenommen hatte, den Namen eines Rex Romanorum führte 34, und dann auch spätestens seit der Kaiserkrönung in Rom 1014 in Konkurrenz zu den Rangansprüchen Ostroms auftrat, sondern vor allem, weil er solche imperialen Sternenmäntel kannte: von seinem Vetter und Herrschaftsvorgänger her. Otto III. nämlich trug solche Sternenmäntel. Zwar blieb keiner von ihnen erhalten, doch sie sind auf andere Weise belegt. So ist überliefert, daß Otto III. dem Kloster S. Alessio auf dem Aventin in Rom seinen Krönungsmantel schenkte, auf dem die Apokalypse dargestellt war 35 – freilich offenkundig nicht nur die Apokalypse, von der der geistliche Verfasser allein spricht. Denn die Graphia aurea urbis Romae beschreibt neben Anderem den Festtagsmantel des ottonischen Kaisers und erwähnt dabei einen goldenen Zodiakus mit Perlen und kostbaren Steinen36, es dürfte sich dabei um eben ein solches Gewand gehandelt haben, wie es der Kaiser an S. Allessio gab. Die Nachricht über einen solchen himmlischen Sternenmantel – sicherlich aus guter stadtrömischer Überlieferung – ist glaubwürdig. Denn es gibt Bilder Ottos III. im Sternenmantel. Das wichtigste findet sich in einem Kölner Codex: im Evangeliar aus St. Gereon – und es ist zu hoffen, daß dieses Bild noch existiert, hat doch fahrlässigstes Handeln der Kölner Verwaltung wie andere über die Jahrhunderte wohlverwahrte Werke auch diese Kostbarkeit des Historischen Archiv in die Tiefen des Rheinkieses stürzen lassen. In einer bemerkenswerten textlich-bild34
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W. Ch. Schneider, Heinrich II. als Romanorum Rex; in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 67 (1987) 421–446. Byzanz versuchte zwar, diesen Titel wörtlich als r™äx aufzunehmen, was aber das Problem nur geringfügig milderte, da klar war, daß die eigentliche Übersetzung von r™äx eben basileúv war (was seinerseits im Westen auch mit rex übersetzt wurde), zumal der Romanorum-Zusatz den auf Rom zielenden Herrschaftsanspruch unmittelbar abbildete. MG SS IV 620 Ex miraculis S. Alexii: „(…) mantum, quo tegebatur coronatus, in quo omnis apocalypsis erat auro Phrygio“. Nach Eisler, Weltenmantel (nt. 2), 22. Schramm, Herrschaftszeichen (nt. 32), 578 sq., 602, III 902. Graphia aurea Urbis Romae, ed. Ozanam in: Documents inéditspour servir à l’histoire littèraire d’Italie, Paris 1850, 175.
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Abb. 6: Kaiserin Irene, Pala d’oro, Venedig, Markus-Kirche
lichen Überblendung zeigt das Evangeliar aus St. Gereon (Tafel 13) eine außerordentliche herrschaftstheologische Gesamtkonzeption: Innerhalb der Generatio Christi, die der Text des Matthäus-Evangeliums bietet, tritt in der Umrahmung des Textbeginns Otto III. mit seiner mütterlichen Generatio auf (ein Codex in Manchester und ein Codex in Giessen ergänzen dies auf gleiche Weise durch die väterliche und die geistliche Generatio des Kaisers)37. Deutlich ist zu erkennen, daß 37
W. Ch. Schneider, Die Generatio Imperatoris in der Generatio Christi. Ein Motiv der Herrschaftstheologie Ottos III. in Trierer, Kölner und Echternacher Handschriften; in: Frühmittelalterliche Studien 25 (1991), 226–258, Taf. XVI–XXIV.
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Abb. 7: Konstantin Monomachos, Zoe und Theodora, Krone in Budapest
Otto III. auf dieser – wohl aus Anlaß seines unmittelbaren Regierungsantritts 994 geschaffenen – Darstellung ein sternbesetztes Gewand trägt, aber nicht nur er, sondern auch seine Mutter, Kaiserin Theophanu und seine Großmutter Kaiserin Adelheid – beide waren ja nicht nur Ehefrauen von Kaisern, sondern tatsächlich auch kaiserliche Regenten: „Theophanius gratia divina imperator augustus“ nennt sich Theophanu in einer Urkunde38. Was der Miniaturist zeigt, entspricht ganz dem, was bei Irene auf der Pala d’Oro (Abb. 6), bei Konstantin Monomachos, sowie bei Zoe und Theodora auf der Krone in Budapest zu sehen ist (Abb. 7). Schon die Ottonen also haben – in Angleichung und Konkurrenz zu Ostrom – einen Sternenmantel nicht nur getragen, sondern diesen auch als Herrschaftsinsigne gesehen. Dabei muß zugleich das Wissen um den kosmischen Gehalt gegenwärtig gewesen sein, denn Theophanu kam aus Kontantinopel, kannte als Nichte von Kaiser Johannes I. Tzimiskes (zugleich Verwandte von dessen Vorgänger Nikephoros II. Phokas) die Kaiserliturgie in der Hagia Sophia und ihren himmlisch-kosmischen Bezug. So können die Zweifel von Baumgärtel-Fleischmann: „Es ist […] sehr fraglich, ob es wirklich eine ottonische Tradition für 38
In der Ravennater Urkunde vom 1. April 990; MGH DD II 2, DOIII, 876 sq.; der Ort Ravenna ist in diesem Zusammenhang wohl bezeichnend: Es war der Vorort des oströmischen Exarchat in Italien.
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solche Himmelsmäntel gab“ als beseitigt gelten39. Ein Detail macht das noch sicherer: Die Darstellungen der Byzantinischen Herrscher bieten im Bereich von Schulter bzw. Oberarm große Rundformen, an einer Stelle, die der entspricht, an der Heinrichs Mantel die beiden Zodiak-Kreise zeigt. Wenn Heinrich den Mantel umlegte, trug er die Zodiakus-Kreise auf seinen Schultern und Armen: den Sternenhimmel. Die Bilder von besternten Himmelsmänteln der drei kaiserlichen Personen im Evangeliar von St. Gereon stehen aber wohl nicht ganz einzigartig da. Denn es ist davon auszugehen, daß die kaiserlichen Mäntel ihre Tönung durch Purpur erhielten, der Saft der Purpurschnecken aber erzeugt je nach Wahl der Schneckenart, ihrer Menge und Verarbeitung, verschiedene Farbtönungen, die zwischen Tiefrot, Lilarot, Blaurot und Blau spielen40, schon in der Bibel (Ex 28,52; 2 Chr 3,14) kommt das zum Ausdruck: bei der Beschreibung der Priestergewandung und des Vorhangs im Tempel zu Jerusalem aus blauem und roten Purpur. Und tatsächlich zeigen die (auf den blauen Damast mit den Schmuckbildern aufgesetzten) originalen Reste des Mantels von Heinrich II. einen dunkel-purpurfarbenen bläulichen Rotton41. Da aber die Buchmalerei des Westens für die Herstellung der Purpurtönungen meist keine Schneckensaft einsetzte, war sie zu genauerer Scheidung gezwungen, mußte sie entweder entschieden blaue oder entschieden rote Farbtöne wählen. Daraus folgt wiederum, daß hinsichtlich der Bewertung und Deutung der Wiedergabe von kaiserlichen Sternenmänteln Blau- und Rotfärbungen gleicherweise zu berücksichtigen sind 42. Auch die Bilder, die Otto III. in rotem Mantel zeigen, besitzen demnach im Hinblick auf Frage nach dem Gebrauch von Sternenmänteln Aussagekraft. Tatsächlich zeigen die roten Kaisermäntel auf zwei der drei Thronbilder Ottos III. einen Besatz mit goldenen Sternen, das Doppelblatt in Bamberg (Abb. 8) und das Einzelblatt in Chantilly (Tafel 14)43. Das Bild in Chantilly läßt den Zusammenhang der Farbproblematik noch durchschimmern, indem es die üblicherweise Blau gegebene Sphaira in der Hand des Kaisers ebenfalls rot darbietet. Im Bamberger Codex hat der Maler die Sterne auf den rotpur-
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Baumgärtel-Fleischmann, Sternenmantel (nt. 2), 124. H. Zollinger, Welche Farbe hatte der antike Purpur, in: Textilveredelung 24 (1989), 207–212. P. Imming/M. Zentgraf/I. Imhof, Welche Farbe hatte der antike Purpur, in: Textilveredelung 9/10 (2000), 22–24. Beispielhaft tritt die blau-rote Tonigkeit im purpurnen Hintergrund des Brustbild Christi in der Decke der Zenokapelle von S. Prassede in Rom in Erscheinung. Baumgärtel-Fleischmann, Sternenmantel (nt. 2), 110. Während das Blau durch die Farbe des Himmels bestätigt wird, stützt die antike Überlieferung das Rot als Farbe des Imperators (die religionsgeschichtlich wohl Blut vorstellt). W. Ch. Schneider, Imperator Augustus und Christomimetes. Das Selbstbild Ottos III. in der Buchmalerei, in: A. Wieczorek/H.-M. Hinz (eds.), Europas Mitte um 1000. Beiträge zur Geschichte, Kunst und Archäologie, vol. 2, Stuttgart 2000, 798–808, Abb. 514, 516. Die Thronbilder bieten – etwa in der Fibelung auf der rechten Schulter – eine von den gleichzeitigen Kaiserdarstellungen Ostroms abweichende Kaiserinszenierung, die Traditionen des spätantikweströmischen Kaiserdarstellungen aufzunehmen scheinen.
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Abb. 8: Otto III (später inschriftlich benannt als Heinrich), Herrscherseite des Doppelblatts in Bamberg, in Class. 79
purnen Vorhang und das rote Tuch über dem Thron gesetzt, was von ihm wohl als semantisch gleichwertig angesehen wurde (Abb. 9). Angesichts dieser Befunde für Otto III. erhält auch die repräsentative Darstellung Ottos II. auf dem Elfenbein in Paris Bedeutung für die vorliegende Frage (Abb. 10). Denn an mehreren Stellen bietet das Schnitzwerk auf dem Ornat des Kaisers Sternformen, so steht in der Mitte des Mantels von oben nach unten eine Folge von Sternen, denn nicht Blüten sondern Sterne zeigt der Schnitzer, wie der Blick auf die ähnlich gestalteten Sterne auf dem Mantel Trajans in Samos verdeutlicht. Auch erscheinen Sterne auf Schultern bzw. Oberarmen der Herrschergestalten und unten an der Tunika des Kaisers. Die Selbstdarstellung der west-
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Abb. 9: Otto III., Bamberger Codex, München, clm 4453
lichen Kaiser im Sternenmantel setzt, diesem Kunstwerk zufolge, also schon mit Otto II. ein. Allerdings wurde die Echtheit der Tafel, ihre Herstellung im 10. Jh., nach frühen Verdächtigungen im 19. Jh. jüngst erneut in Zweifel gezogen44. Doch die angeführten Argumente vermögen nicht zu überzeugen, und sie verkennen gerade die Besonderheiten der Wirkungsweise oströmisch-byzantinischen Formguts im weströmisch-lateinischen Raum. Denn wenngleich tatsächlich eine größere Zahl von Abweichungen innerhalb des Otto-Theophanu-Elfenbeins gegenüber den byzantinischen Herrscher-Tafeln vorliegt, so bedeutet dies doch keinesfalls, daß das Schnitzwerk damit als Arbeit des 10. Jh. ausscheiden müßte. Denn es reicht nicht hin, die beobachteten Eigenheiten auf Grund der Abweichung von den beiden byzantinischen Vergleichsstücken (einerseits der Tafel von Romanos und Eudokia, andererseits der fragmentierten Tafel Konstantins VII.) als nicht authentisch zu bewerten, ohne nach einem möglichen Grund und dem Zusammenhang für derartige Abweichungen zu fragen. Die Abweichungen der ottonischen Tafel lassen sich nämlich dadurch erklären, daß sie als Darstellung des weströmischen Imperiums anderen Formabsichten als in Ostrom unterlagen. Tatsache ist die Heterogenität innerhalb der Inschriften, die Vermischung lateinischer und griechischer Schreibgewohnheiten. Doch abgesehen davon, dass
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D. Gerstl, Die Tafel mit Otto und Theophanu im Musée de l’Hôtel de Cluny in Paris. Ein Elfenbein der Nikephoros-Gruppe?, in: Zeitschrift des deutschen Vereins für Kunstwissenschaft 59/60 (2005–2006), 9–33. Im Übrigen stammt die eingeritzte Zahl 937 nach dem Duktus der Ziffern zweifellos aus dem 18. Jh., und ist als solche als frühe Sammlungsnummer dieser Zeit aufzufassen, was eine Fälschung im späten 18. Jh. weiter unwahrscheinlich macht; die Ausführungen von Gerstel, op. cit., 18 dazu gehen fehl.
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Abb. 10: Otto II., Elfenbein, Paris, Musée Cluny
selbst in Ostrom wiederholt lateinisch-griechische Mischformen in der Titulatur erscheinen, finden diese sich nicht selten in Italien (und in Deutschland) im 10. und 11. Jh., aber auch in den normannischen Denkmälern (dazu unten)45, und das Elfenbein ist aller Wahrscheinlichkeit nach in Italien entstanden, in einem Bereich, der gleicherweise oströmisch-byzantinischen wie weströmisch-italischen Einflüs45
Im Übrigen zeigen auch oströmische Goldmünzen wiederholt partiell griechisch gestaltete lateinische Aufschriften, so dass man hinsichtlich dieser Problematik kaum allgemein von einem festen epigraphischen Kanon im Byzanz der frühen makedonischen Herrscher ausgehen kann. Zu bedenken ist zudem, dass das oströmische Reich sich immer als Imperium Romanum verstand und daher auch die lateinische Sprache die Titualturen mitbestimmte, so dass es auch in Ostrom häufiger zu einem lateinisch-griechischen Sprachgemisch kam.
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sen ausgesetzt war und wiederholt entsprechende Mischformen in der Schrift bietet. Darüber hinaus ist zu bedenken, daß auch der Westen eigene Üblichkeiten im Herrscherornat entwickelt hatte, die, als Byzanz als zusätzlicher Formgeber in den Blick kam, nicht einfach außer Acht gelassen werden konnten, sondern auf je besondere Weise mit den „neuen“ östlichen Formanstössen verbunden wurden. Beispielhaft zeigt das die Fibelung des Mantels auf der Schulter 46, die – ursprünglich antike Norm – im oströmischen Reich unterging, im weströmischen Raum aber, wie karolingische Bilder und gerade auch die Thronbilder Ottos III. zeigen, beibehalten wurde. Auch das Elfenbein wahrt sie, ebenso wie weitere Eigenarten, trotz des weitgehenden Bezugs der Tafel auf die byzantinische Kaiserinszenierung. Es ist die auf neue Weise handgreiflich gewordene Nähe zu dem in vielen Bereichen als Vorbild gesehenen Ostrom, das im Westreich eine Suche nach angemessenen Formgebungen auslöst, die die bislang gepflegte Formungen partiell in Frage stellten, mitunter sogar überlagerten. Dabei wurde aber oströmisches „Vorbildhaftes“ nicht unverändert übernommen, sondern es entstanden zunächst östlich-westliche Mischformungen und formale Experimente 47. Auf diese Weise kommt es zu den vermerkten Ungewöhnlichkeiten, mitunter auch Unstimmigkeiten – und das ist möglich, weil vor allem eben im italienischen Raum, in dem das Elfenbein entstanden ist, im 10. Jh. erhebliche politische Umbrüche zu beobachten sind, nicht nur durch Ostrom, sondern auch durch die Sarazenen und bald auch die Normannen im Süden und durch das Eingreifen der Sachsenkaiser in Nord- und Mittelitalien. Wenngleich also sicherlich von einer hinlänglich (unmittelbar oder mittelbar) byzantinisch geschulten Hand geschaffen spiegeln sich in der Gestalt des Elfenbeins von Otto und Theophanu die ambivalenten kulturellen und politischen Gegebenheiten in Italien, das machtvolle Ausgreifen der deutschen Herrscher, die in Wettbewerb mit den byzantinischen Herrschern treten – und dies vor allem in dem vielseitig umstrittenen Raum Süditaliens, so daß sehr verschiedene Formtraditionen gleichzeitig zum Tragen kommen, Gestalt gewinnen. Eben dadurch tritt die katalysatorische Anziehungskraft von Byzanz als „Knotenpunkt“ kultureller Einflüsse in Erscheinung. Ein Fälscher des späten 18. Jh. dürfte all dies kaum gewusst, verstanden und absichtsvoll eingesetzt haben, was wiederum bedeutet, daß gerade die von den byzantinischen Stücken abweichenden Eigenarten der ottonischen Herrscherdarstellung als Beleg für eine Echtheit gelten müssen. Bemerkenswert ist bei all dem, daß die kauernde Figur vor Christi Thronschemel seinerseits ein Sternengewand trägt, was darauf
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Sie wird von Gerstl, Tafel (nt. 44), 22 als ein Falschheitskriterium genannt. Dazu gehört eben auch der Versuch, den seinerzeit umkämpften Romanorum-Zusatz gut lesbar in ein Kaisermonogramm (wie es etwa das Mosaik Kaiser Alexanders in der Hagia Sophia zeigt) einzubeziehen, was der Osten so nicht kannte und nicht kennen musste, da der RomanorumZusatz unumstrittener Teil der oströmischen Selbstauffassung war. Das gleiche gilt für den Rückgriff auf die – wenig später an anderen Orten belegte – Worttrennung und die Getrenntschreibung der Wörter, durch die eben die wichtigen zu vermittelnden Bedeutungseinheiten besonders deutlich hervortreten.
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schließen läßt, daß es sich ebenfalls um eine herrscherliche Person handeln dürfte, die wohl – vielleicht in ähnlicher Weise wie Ismahel von Apulien unter Druck gekommen – dem weströmischen Herrscherpaar in der szenischen Darstellung und in der Gabe als solcher huldigt und zugleich sich durch die Huldigung gegenüber Christus einen gewissen Rückhalt sichert 48. Zu denken wäre etwa an einen der süditalischen Großen, die angesichts des verstärkten Auftretens Ostroms zur Selbstdarstellung der eigenen Stellung das kaiserliche Sternengewand usurpatorisch beanspruchten. Die unklare Verkürzung des Endes der Inschrift verbietet freilich jede genauere Bestimmung. Der Bezug des sternbesetzten Himmelsmantels auf Byzanz und das oströmische Kaiserzeremoniell liegt im Falle Ottos II. und Ottos III. auf der Hand: Was der Auftritt des Kaisers in Ostrom enthielt, muß Theophanu, der Gattin Ottos II. und Mutter Ottos III. genau bekannt gewesen sein, und sie wird es ihrem Mann vermittelt, schließlich für sich selbst genutzt und ihrem Sohn Otto überliefert haben. Äußeren Ausdruck fand das in der Erweiterung der Kaisertitulatur: Nachdem der Rombezug schon bei Otto I. in Erscheinung tritt 49, nennt Otto III. sich in seinen Urkunden Imperator Romanorum 50, ganz so, wie der Herrscher Ostroms, der Basileúv tøn Rwmaíwn . Die Nutzung eines Sternenmantels durch die Kaiserinnen Theophanu und Adelheid und durch Kaiser Otto III. ist also unmittelbar Zeugnis von Angleichung und Konkurrenz zwischen Ostrom und Westrom: dies freilich nicht einfach im Sinne einer einfachen Übernahme aus möglichen Unterlegenheitsempfindungen (wie das zuweilen von Byzantinisten gesagt wird). Ostrom vergegenwärtigt vielmehr den auch im Westen gegebenen Hintergrund des antiken Rom: Die Existenz Ostroms ruft im westlichen Imperium die – auch dort gegebene – römische Identität auf, veranlaßt, das Römische im Eigenen aufzusuchen, und dies bis hin zu einer wacheren Rezeption des im Westen überlieferten römischen Erbes, etwa auch in der künstlerischen Überlieferung, die ja in vielen Städten – zumal am Rhein – durchaus noch vorhanden waren. Die translatio imperii ist nicht einfach nur eine rechtliche Fiktion der Karolingerzeit, sie ist
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Diese verdoppelte Verehrung (gegenüber dem Herrscher als einem von Christus Erwählten) erklärt die von Gerstl monierte rein frontale Stellung des Herrscherpaares. Auch mir scheint die Benennung der Figur als Johannes Philagathos unwahrscheinlich. Cf. dazu das Streitgespräch zwischen Liudprand (Ottos Gesandten) und dem oströmischen Kaiser (oben nt. 1). In der Buchmalerei belegt dasselbe die Umschriften um die Münzmedaillons im ottonischen Codex in Manchester: Um das Bildnis Ottos III. zu beiden Seiten: (ei) (ublice) (erator) (ustus) oben den Vater Otto II. (Inschrift: (e) (ei) (ublice) (ator) (ustus) und unten den Großvater Otto I. (Inschrift: (ei) (ublice) (orie) (ator)(ustus); cf. nt. 37. Z. B. 996: MGH OIII 198; 203–206; 209. Seit 996/997 siegelt Otto III. mit der Bestimmung Romanorum. Schon Otto II. erscheint in Urkunden der Jahre 976/977 und 982/983 als Romanorum Imperator Augustus: MGH OII 142; 150; 272; 273; 276; 277; 278; 281; 282; 286; 288; 291; 301; 304; 305; 306. Gerstl, Tafel (nt. 44), 16 spricht nur von insgesamt 12 Urkunden Ottos II. mit dem Romanorum-Titel.
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durchaus auch eine realistische Beschreibung der Vorgänge in der Spätantike: Die Staatenwerdung im lateinischen Westen wurde wesentlich durch Übertragungsakte von Seiten der römischen Autoritäten bestimmt. Das Königtum der Merowinger etwa geht auf Bescheide und Insignien-Übergaben der römischen Kaiser an die Führer der fränkischen Foederati zurück. So durch Ostrom bewußt gemacht und bewußt gehalten, entwickelte die Wahrnehmung der eigenen römischantiken Identität eine Eigendynamik: löste ein Bemühen um die Vergangenheit aus. Es ist ja keinesfalls so, daß die Schriftkundigen der Karolinger- und Ottonenzeit, die die Texte der antiken Schriftsteller abschrieben, damit schlicht antiquarisch-wissenschaftliche Fragen verfolgten – so etwas gab es kaum. Den Schriftkundigen ging es vielmehr um die eigene Identität, sie sahen in dem in diesen Texten Überlieferten Eigenes, die eigene Vergangenheit, nicht im Sinne heutiger Wissenschaft, sondern im Sinne einer kreativen, formenden Aneignung des tatsächlich Gegebenen. So gelangen reale antike Münzen auf die Einbände von Evangeliaren, so gelangen antike geschnittene Steine in die Gegenstände der christlichen Liturgie, etwa der Augustus-Kameo als Bildnis Ottos III. in das Lotharskreuz, der Livia-Kopf in das Kölner Kreuz51, so gelangen die Makedonen in die Sachsengeschichte Widukinds. In der Zeit der Ottonen-Kaiser vergegenwärtigen dies schlaglichtartig Liudprands Argumentation mit der ottonischen Herrschaft in Rom gegenüber Kaiser Nikephoros Phokas sowie die vom damaligen Byzanz nicht unmittelbar ableitbare Fibelschließe auf der Schulter des Kaisers und die Aufnahme der res-publica in die Kaiser-Titulatur des Generatio-Blattes in Manchester. Träger von Austausch und Aneignung, Gleichheitsanspruch und Konkurrenz mit Ostrom waren zunächst wesentlich die ottonischen Imperatoren, die Rom beherrschten – und eben daher den Rombezug des Kaisertitels rechtfertigen konnten: Sie waren es daher auch, die vor allem den Sternenmantel übernahmen. Allerdings scheinen bald auch andere Herrscher versucht zu haben, sich mit diesem imperatorischen Insigne auszustatten. So wird berichtet, daß der französische König Hugo Capet einen Sternenmantel besaß52. Sein Gleichrangigkeitsanspruch aber dürfte vor allem dem westlichen Imperator gegolten haben, mit dem er auch als Großneffe Ottos I. verwandt war. Das Fehlen weiterer Aussagen zu diesem Mantel macht freilich weitere Überlegungen zur Nutzung des Sternenmantels in Westfranken unmöglich.
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U. Bracker-Wester, Der Christuskopf vom Herimannkreuz – ein Bildnis der Kaiserin Livia, in: A. Legner (ed.), Rhein und Maas. Kunst und Kultur 800–1400, vol. 2, Köln 1973, 177–180 mit Tafel 7. Die Witwe Adelheid schenkte dieses Gewand (ornamentum […] quod vocatur Orbis terrarum) dem Kloster St. Denis: Helgaldi Floriacensis monac. Vita Roberti regis c. 14. Duchesne Hist. Franc. Script. IV, 68. M. Bouquet, Recueil des historiens de la Gaule IX, Paris 17857 = 1874, 37. Hugo Capet war Neffe Ottos I., mithin Großonkel Heinrichs II. Cf. Schramm, Herrschaftszeichen (nt. 32), 578 sq.
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III. Die Ster nenmäntel der Nor mannen-König e Nach der Zeit der Sachsenkaiser fehlen für längere Zeit Belege für Sternenmäntel im Römisch-Deutschen Imperium. Den Darstellungen in den Codices nach scheinen die salischen Kaiser monochrome rotviolette Purpurmäntel mit reichen Goldborten bevorzugt zu haben. Die Machtentfaltung des weströmischen Imperiums war unter Konrad II. und Heinrich III. offenbar so unangefochten, daß der Gedanke eines Wettbewerbs mit Ostrom zurücktrat. Und unter Heinrich IV. änderten sich durch die Entsakralisierung des Herrschers im Zuge des Investiturstreites die Gegebenheiten grundsätzlich. Die Problematik jedoch, die im Sternenmantel Heinrichs II. zum Ausdruck kam, die Auseinandersetzung um die weströmischen Gebiete Ostroms, dauerte fort und ließ weitere herrscherliche Sternenmäntel entstehen – an anderem Ort. Die militärischen Erfolge unter den Kaisern Nikephoros Phokas und Johannes Tzimiskes im Osten veranlaßte das Oströmische Imperium auch in den westlichen Restgebieten erneut tatkräftiger aufzutreten: Im Zuge dessen warben die Byzantiner Söldner an, darunter auch Normannen, die mit ihren kleinen schnellen Booten im Mittelmeer aufgekreuzt waren. Mit deren Hilfe machten sie sich daran, die mit dem westlichen Imperium locker verbundenen langobardischen Fürsten Süditaliens zu unterwerfen – es sind eben diese Umstände, die Ismahel von Apulien an den Hof Heinrichs fliehen und den Bamberger Mantel in Auftrag geben ließen. Sehr bald aber – auch auf Grund von Verrat auf Seiten der oströmischen Heerführer – wurden aus den Söldnern Konkurrenten. In ebenso langwierigen wie kleinteiligen Kämpfen unter rivalisierenden Führern setzten sich die Normannen in Sizilien und Süditalien fest. Nach und nach verdrängten sie in größeren Bereichen einerseits die Sarazenen, andererseits die Oströmer. 1071 konnte Robert Guiskard Bari erobern, die letzte Besitzung Ostroms auf der italienischen Halbinsel. In Sizilien konnte sich sein jüngerer Bruder Roger I. († 22. Juni 1101) durchsetzen und vollendete 1091 mit der Unterwerfung des muslimisch beherrschten Noto die normannische Eroberung Siziliens. Die Normannenfürsten hatten ihre Stellung wesentlich gegen Byzanz errungen, herrschten über eine Bevölkerung, die – wenn sie nicht muslimisch war – als Untertan des oströmischen Reiches überwiegend orthodox war und daher die mit dem Kirchlichen verschränkte byzantinische Staatsauffassung teilte. So blieb Byzanz und das oströmische Kaisertum, wenngleich machtpolitisch verdrängt, ideell doch gegenwärtig – und wurde zum wesentlichen Bezugspunkt der normannischen Identität. Schon Robert Guiskard hatte dem entsprochen, wenn er mit der Verlobung seiner Tochter Olympia mit Konstantin, dem Sohn des oströmischen Kaisers Michael VII. Dukas versuchte, unmittelbar Anschluß an Ostrom zu gewinnen. Und auch hinter seinem vergeltendem Angriff auf Ostrom im Jahre 1081, nachdem dort Michael VII. gestürzt worden war, steht dieses Bemühen. Noch entscheidender aber tritt dies beim Neffen Robert Guiskards in Erscheinung: bei Roger II., der nach der Erwerbung von Apulien (1125) und Tarent (1128) die normannischen Lande in Süditalien und Sizilien vereinte und 1130
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Abb. 11: Konstantin VII., Elfenbein, Moskau, Puschkin Museum
durch den von der Kardinalsmehrheit gewählten Anaklet II. das Königtum gewann, in der griechischen Sprache seiner Untertanen die ‚basileia‘ 53. Roger inszenierte sich in seiner Herrschaft ganz nach dem Vorbild der oströmischen Basileis (cf. Abb. 11). In der Martorana in Palermo, in der Privatkirche von Rogers ammiratus (Admiral) Georg von Antiochien tritt der normannische König nach Art der oströmischen Basileis auf: Er trägt den Loros und er trägt das Sternengewand, wie
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Nach dem Tode Papst Anaklets II. (1138) zwang Roger den – bei Kämpfen gefangen genommenen – verbliebenen Gegenpapst Innozenz II. 1139 zur Anerkenntnis dieses Aktes. Cf. insgesamt H. Houben, Roger II. Herrscher zwischen Orient und Okzident, Darmstadt 22010.
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Abb. 12: Roger II., Martorana
die oströmischen Kaiser wird er von Christus gekrönt (Abb. 12). Dieser unmittelbare Bezug der Herrschaft auf ein direktes Tun Gottes, der bei westlichen Kaisern zum letzten Mal bei Heinrich III. begegnet 54, ist Ausfluß des oströmischen Staatsverständnisses, das auch im Verhältnis Rogers zur Kirche hervor tritt. Die vielfach erkennbare distanzierte, ja geradezu respektlose Behandlung des römischen Papstes und des Papsttums insgesamt erklärt sich in diesem Sinne als Anschluß an die oströmische Vorstellungswelt, als oströmisches Erbe. Roger II.,
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In der Buchmalerei von Echternach, die – wie die Mitarbeit griechischer Maler am Speyrer Codex im Escorial belegt – unter griechischem Einfluß stand.
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Abb. 13: Wilhelm II. mit Christus, Monreale
der neben dem neuen lateinischen Episkopat den orthodoxen Episkopat bestehen ließ, sah den weströmischen Patriarchen so, wie der oströmische Basileus in Byzanz den oströmischen Patriarchen sah: als einen ranghohen Geistlichen, der aber dem Basileus unverrückbar nachgeordnet war. Das Gesamt der Herrschaftsdarstellung Roger II. in der Martorana ist nicht mehr erhalten. Das Bild des normannischen Basileus mußte bei der nachtridentinischen barocken Umgestaltung des Apsisraumes weichen, wurde abgelöst und
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befindet sich heute (wie sein Gegenstück, das Bild Georgs von Antiochien) vereinzelt im Narthex. Die in der Matorana hervortretende Bildformel und damit die Inszenierung des normannischen Herrschers mit dem Sternenmantel blieb jedoch für Rogers Nachfolger verbindlich, das zeigt die Darstellung von König Wilhelm II., Rogers Enkel, in Monreale. Dort ist das Krönungsbild in seinem ursprünglichen bildlichen Zusammenhang erhalten geblieben und bietet nicht nur die gleichen Grundprinzipien, wie das Bild Rogers in der Martorana, sondern es gibt auch die staatsrepräsentativen und herrschaftstheologischen Implikationen der Krönungsdarstellung des normannischen Basileus zu erkennen (Abb. 13). In einen Sternenmantel gehüllt steht Wilhelm II. mit verehrend geöffneten Händen vor dem thronenden Christus, der ihm mit seiner Rechten die Krone aufsetzt, während zwei herbeischwebende purpurbeschuhte Engel in Vollendung des göttlichen Tuns dem König zwei weitere Insignien bringen, der eine ein goldrotes Skeptron oströmischer Art 55, der zweite eine reichgezierte bekreuzte Sphaira. Die über der Krönungshandlung geschriebenen Wörter bringen die unmittelbare Zuwendung Christi gegenüber dem Erhobenen zum Ausdruck: Sie entstammen dem Ps 88,22: [et brachium meum confirmabit eum]. Freilich muß da der ganze Aussagenzusammenhang des Psalmverses mitgehört werden: „(20) […] posui adiutorium in potentem exaltavi electum de plebe mea (21) inveni David servum meum in oleo sancto meo linui eum und dann eben (22) [et brachium meum confirmabit eum]“ ((20) Ich lege Hilfe auf den Starken, erhöhe den von meinem Volk Erwählten. (21) Ich habe David ersehen, meinen Knecht, mit meinem heiligen Öl salbte ich ihn). (22) Denn meine Hand wird ihm helfen (und mein Arm ihn stärken)). Das dem Buch aufgeschriebenen Wort: (non ambulabit in tenebris sed habebit lucem vitae), Jesu Selbstoffenbarung in Joh 8,12, führt den weiteren Zusammenhang des Erhebungssituation vor Augen. Die Erläuterung zu Bild und Text bietet der weitere Zusammenhang des Krönungsbildes. Denn eben dieses Wort auf dem Buch Christi im Königsbild ist auch dem Buch in der Linken des Pantokrator in der Apsiskalotte aufgeschrieben, das in unmittelbarer Sichtbeziehung zur Erhebungsszene Wilhelms steht. In gleicher Weise enthält das gegenüberliegende Herrschaftsbild des Basileus, das gleichsam die Antworthandlung Wilhelms auf den Gnadenerweis Christi zeigt, die segnende Rechte des Christusbildes in der Apsiskalotte: In geneigter Haltung übergibt auf diesem zweiten Herrschaftsbild Wilhelms der König im Sternenmantel der thronenden Gottesmutter den Bau von Monreale (Abb. 14). Und aus dem blauen Himmelsrund senkt sich, begleitet von zwei Engeln mit annehmendem Gestus
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Das zeigt das abschließende querliegende Täfelchen, das im Westen völlig unüblich ist. Ein nahezu gleichartiges Skeptron (genaugenommen ein ‚Eutychion‘) trägt Konstantin IX. auf der Krone in Budapest und der Kaiser auf dem Gunthertuch im Bamberger Domschatz. Die Sternform mag auf dem Bild der Krönung durch Christus unklar erscheinen, doch zeigt das gegenüberliegende Mosaik der Schenkung an Maria die Sterne in Deutlichkeit.
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Abb. 14: Wilhelm II. vor Maria, Monreale
die Hand Christi herab – in einem Segensgestus, wie ihn der Pantokrator in der Apsiskalotte mit seiner Rechten vollzieht, wiederum in Sichtbeziehung zur Übergabeszene (Abb. 15). Das bedeutet, daß die Königsbilder mit den wechselseitigen Akten von Christus und Herrscher, Herrscher und Gottesmutter in das Heilswirken Christi einbezogen sind. Und dieses Handeln und die Wesenheit aus der es entspringt, werden im Gewölbe vor der Apsis und auf dem Bogensaum der Apsiskalotte weiter entfaltet. Das Gewölbe im Bogen vor der Apsiskalotte zeigt im Scheitel um-
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Abb. 15: Apsis, Monreale
geben von einem herrscherlichen Kranz, die Etoimasia, den leeren endzeitlichen Thron Christi mit den Leidenswerkzeugen; diesem Thron zugeordnet, ja ihn gleichsam tragend, wie es die Ezechielvision sagt, sind zwei Cherubim (auf den Rädern stehend) und zwei Seraphim, ihr dreifacher Ruf: „S, S, S, D D S steht zwischen ihren Flügeln. Im Anschluß an diese endzeitliche und kosmologische Situation zeigen die Medaillons auf dem Bogensaum um den Pantokrator den Weg des Heilswirkens in die Welt, an deren Ende die Gesamtinszenierung Wilhelm II. setzt: Es treten bedeut-
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Abb. 16: David, Apsisboden, Monreale
same Personen des Alten Bundes auf, angeführt von den beispielhaften Königen des alten Israel, die ganz nach Art oströmischer Basileis gegeben sind, deutlich ist bei David das blaue Sternengewand zu erkennen (Abb. 16) und auch bei Salomon scheint es unter dem goldenen Überwurf angedeutet. Jede der Büsten präsentiert einen Text, eine ihrer Kernaussagen nach dem Wortlaut der Bibel. Auf der linken Seite zeigten sich (von oben nach unten): König David: [prae filiis hominum diffusa est gratia in labiis tuis propterea benedixit te Deus in aeternum] (Ps 44,3) Elias: [häufiger belegt, gemeint aber wohl: vivit Dominus exercituum ante cuius vultum sto] (1 Kön 18,15) Daniel: [filii hominis ] (Dan 10,16 ) Nathan: [i.e. Dominus Deus Israhel ego unxi te in regem super Israhel ] (2 Sam 12,7)
Auf der rechten Seite folgen (wiederum von oben nach unten) König Solomon: (Weish 2,13) Samuel: [in omni corde vestro] (1 Sam 12,20) Gideon: [facie ad faciem] (Ri 6,22) Elisäus: (2 Kön 9,3)
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Alle von den Auftretenden in den Rotuli getroffenen Aussagen aber sprechen von Auserwähltheit und Salbung, bieten also Texte, die nicht einfach nur auf Christus passen, sondern ebenso auf den von Christus auserwählten König. So ist davon auszugehen, daß diese Aussagen absichtsvoll nach beiden Seiten spielen, daß der Basileus im kosmischen Sternengewand, der unten von Christus gekrönte Wilhelm II., als der „Gesalbte des Herrn“ in die Entfaltung des Heilsgeschehens eingeschlossen ist, so daß die Herrschaft des normannischen Königs als Ausfluß der Herrschaft Christi erscheint. Das aber entspricht ganz der Herrschaftstheologie Ostroms, wie sie schon in der Kaiserliturgie in der Hagia Sophia in Erscheinung trat. Obwohl mit dem Zitat der Engelswesen zu Seiten des Thrones zweifellos das von Jes 6,1–3 geschilderte Visionsgeschehen gemeint ist, zeigt die Formulierung (vor allem das abschließende „“ von ) doch an, daß die Mosaizisten das Gesicht des Isaias nicht im Wortlaut der Bibel fassen (sanctus sanctus sanctus Dominus exercituum plena est omnis terra gloria eius), sondern den das siderische einschließenden Wortlaut der liturgischen Nutzung von Isaias’ Gotteserscheinung im Sanctus des lateinischen Messordos aufrufen: „[…] pleni sunt coeli et terra […].“ So werden Bildinszenierung und die in diesem Bildraum immer wieder vollzogene Liturgie synästhetisch in ihrem Gehalt ineinandergeschoben. In die bildlich vor Augen geführten alttestamentlichen Gotteserscheinungen sind die Teilhaber des festtäglichen liturgischen Vollzugs im Presbyterium einbezogen, innerhalb dessen auch der Thron des Königs steht, über dem das Herrschaftsbild Wilhelms steht: die Krönung des Königs im Sternenmantel durch Christus. Und so öffnet sich ein semantischer Raum, der ganz dem eingangs beschriebenen Geschehen der Liturgie in der Hagia Sophia entspricht – und so auch im Westen den geistigen Zusammenhang des Sternenmantels der Basileis zeigt: Was in Ostrom seit der Spätantike der cherubische Einzug und der dabei gesungene Hymnus ausdrückt: die geheimnishafte Vergegenwärtigung des Einzugs des überweltlichen Herrn, der vom irdischen Herrn gleitet wird, eben das bringt die bildliche Inszenierung in Monreale, die unverkennbar auf das oströmische Kaisertum Bezug nimmt, zum Ausdruck: es ist der Basileus, der mit Gott einherzieht, der wie ein Cherub Gott (auf seinem Gewand) trägt, brennend ihm vorangeht, der als Vertreter Christi das Volk lenkt, es anführt auf dem Weg des Heils, der die Gaben hinführt zum heiligen Erinnerungsgeschehen am Altar, zu dessen Raum er als Einziger Nichtpriester Zutritt hat, wo auch der Thron des normannischen Basileus steht. So zeigt sich in Monreale die Gegenwärtigkeit dessen, was Byzanz ausmacht. All das wurde noch einmal auf höchster Ebene wirkmächtig, als der Vetter Wilhelms II., der normannische Basileus und weströmische Imperator Friedrich II., sein Kaisertum im Sinne solcher Vorstellungen wahrnahm und sich in Jerusalem selbst krönte 56. Die Bedeutung von Byzanz, das was Byzanz einen geistigen Kno56
Ein insgesamt folgenloser Spätling des Sternenmantels (nach dem Sturz des oströmischen Kaisertums 1204) ist schließlich der Krönungsmantel des von der päpstlichen Partei gestützten welfischen deutschen Gegenkönigs Richard von Cornwall in Aachen, Eisler, Weltenmantel (nt. 2), 26 sq. mit Fig. 4, der in einer strengen Gitterstruktur Sterne bietet.
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tenpunkt werden ließ, liegt darin, daß es auf Jahrhunderte hin den römischgriechischen Sinnhorizont gegenwärtig hielt: sicherlich in der christlichen Anverwandlung, gleichwohl doch so, daß unter dem Christlichen die ganz Tiefe der Antike aufscheint. So ist Ostrom, Byzanz einer der entscheidenden Traditionsströme Europas. Im Sternenmantel des Kaisers finden sich gleichsam verdichtet die Grundbausteine des europäischen Selbstverständnisses, die römisch-griechische philosophische Spekulation und die jüdisch-christliche Religiosität.
Fragen zur Rolle des Faltstuhls im byzantinischen Kaiserzeremoniell * J-C K (Utrecht) I. Einleitung Bei der Auseinandersetzung mit mittelalterlichen Darstellungen der dritten Versuchung Christi nach Mt 4, 1–11 hat sich der Blick auch auf jene Illustrationen zu richten, die im Laufe der Jahrhunderte im byzantinischen Osten erdacht wurden. Die Übersicht zu dieser Thematik widerlegt aufs Neue das alte Vorurteil, die byzantinische Kunst sei allzeit statisch und somit an ikonographischen Varianten arm gewesen. Wenn es „die Reiche der Welt mit ihrer Pracht“ (regna mundi et gloria eorum) – wie diese vom Teufel dem Menschensohn von dem „sehr hohen Berg“ aus als verlockend gezeigt werden – zu illustrieren galt, wurden unterschiedliche Bildzeichen für Macht und Pracht erfunden, im lateinischen Westen ebenso wie auch im griechischen Osten1. Im Folgenden ist auf drei Beispiele italo-byzantinischen oder rein byzantinischen Ursprungs einzugehen, die einen Faltstuhl (faldistorium) als Insignie der Herrschaft wiedergeben oder als solche wenigstens wiederzugeben scheinen. Diese drei Bilddokumente laden zu einer allgemeineren Auseinandersetzung mit der in der Überschrift dieses Beitrages genannten Problemstellung ein.
*
1
Dankbar erinnere ich mich der nach meinem Vortrag geführten – für mich lehrreichen – Diskussion, zum Beispiel in der Frage, ob die Verleihung des Faltstuhls (sella) an den Venezianischen Dogen – nach den Mitteilungen des Johannes Diaconus – von dem Basileus in Konstantinopel oder aber von dem neuen Kaiser des Westens in Aachen ausgegangen zu denken ist. Die von A. S. Anca (Universität Bamberg) gegebenen Hinweise auf die im 12. Jahrhundert absichtsvoll eingehaltene Rangordnung der Sitzmöbel gegenüber westlichen Herrschern erfahre ich als aufschlussreich und wichtig. Schließlich bin ich V. Tsamakda (Universität Mainz) zu Dank verbunden, mit der ich die im Folgenden vorgetragenen Fragen ausführlich besprechen konnte. J.-Chr. Klamt, Verführerische Ansichten. Mittelalterliche Darstellungen der Dritten Versuchung Christi, Regensburg 2011. Zu dem hier vorgetragenen Problem bereits früher: id., De betekenis van de vouwstoel als teken van macht in het Oosten en het Westen, in: J.-Chr. Klamt/K. Veelenturf (eds.), Representatie. Kunsthistorische bijdragen over vorst, staatsmacht en beeldende kunst (feestbundel R. W. Scheller), Nijmegen 2004, 136–157.
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II. Der Faltstuhl des Do g en in Venedig Bevor auf diese drei Beispiele eingegangen wird, seien einige historische Nachrichten und kommentierende Bemerkungen vorausgeschickt: Bis zum Ende der Republik Venedig (Serenissima Repubblica di San Marco) im Jahre 1797 wurde dem Dogen eine sella vorangetragen, wenn dieser bei feierlichen Staatsakten als dux der ‚Erlauchtesten Republik‘ auftrat, zum Beispiel bei der feierlich inszenierten Prozession am Palmsonntag. Ein um 1560 angefertigter Holzschnitt des Mattia Pagan zeigt denn auch zwei Notabelen, die auf ihren Schultern einen Faltstuhl dem Dogen vorantragen2. Es ist bekannt, daß Papst Alexander III. im Jahre 1177 dem Dogen Sebastiano Ziani und seinen Nachfolgern das Recht verlieh, bei öffentlichen Staatsakten ein faldistorium – versehen mit einem goldenen Kissen – mit sich zu führen3. Es fragt sich jedoch, ob es sich hierbei um ein gänzlich neu erteiltes Privileg handelt oder nur um die Bestätigung älterer Rechte, von wem auch immer einst verliehen. Denn eine Nachricht des Venezianischen Chronisten Johannes Diaconus (gestorben 1108) läßt aufhorchen. Er schrieb, der Doge Johannes Parteciacus (bekannt auch unter dem Namen Participacius/Participacio) habe im Jahre 887 Petrus Candianus als seinen Nachfolger eingesetzt, indem er diesem „Schwert, Stab und Stuhl“ als Insignien übergab: „Johannes dux […] spatam fustemque ac sellam ei contradidit eumque sibi successorem constituens […]“ 4. Diesen Bericht aus der frühen Geschichte der Republik Venedig hat P. E. Schramm vor mehr als einem halben Jahrhundert mit folgenden Worten kommentiert: „Es ist müßig, zu erwägen, ob es sich hier um Investiturzeichen handelt, die aus der byzantinischen Welt entnommen waren oder aus der abendländischen. Denn alle diese Zeichen wurden zu diesem Zwecke sowohl im Osten als auch im Westen verwandt.“ Es geht also um eine lapidare Bemerkung eines erfahrenen Historikers, der sich mit Details nicht – jedenfalls nicht an dieser Stelle – aufzuhalten wünschte 5. Es läßt sich nur mutmaßen, welche Zeitspanne Schramm im Kopf hatte. Möglicherweise ist an die Jahre bald nach 800 zu denken, in denen die Republik Venedig sich in ihrer „embryonalen“ Phase – wie J. J. Norwich 6 formulierte – befand und mit erheblichem Selbstbewußtsein sich als politischer Machtfaktor zwischen Ost und West zu etablieren suchte. Nicht zum Vergnügen des Basileus am Bosporus, dem Venedig nominell noch immer unterstand. In Konstantinopel hatte man allmählich zu akzeptieren gelernt, daß das Gemeinwesen in der fernen Lagune an der Adria eigene Wege zu gehen beanspruchte.
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M. Langewiesche, Venedig. Geschichte und Kunst, Köln 31979, 69. O. Wanscher, Sella curulis: the folding stool, an ancient symbol of dignity, Kopenhagen 1980, 254. P. E. Schramm, Herrschaftszeichen und Staatssymbolik: Beiträge zu ihrer Geschichte vom dritten bis zum sechzehnten Jahrhundert, 4 voll., Stuttgart 1954–1978, hier: vol. 1, 536–537. Ibid., vol. 3, 860. J. J. Norwich, A History of Venice, London 21983, 17.
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Mit zähneknirschendem Wohlwollen geschah dies gegenüber der einst als treu und gehorsam gewußten ‚Kolonie‘. Zu dieser ‚Realpolitik‘ gehörte auch, den Kaiser im Westen – Karl d. Großen – als neue Macht hinzunehmen und mit diesem zu einem politischen Ausgleich zu kommen. Aber auch von Aachen aus waren die in Venedig sich zunehmend manifestierenden Ambitionen nicht unbemerkt geblieben7. Vor diesem historischen Hintergrund ist – bei sorgfältigen Abwägungen – davon auszugehen, daß eher der Herrscher in Konstantinopel das Recht auf den Faltstuhl seinem ‚Konsul‘ (hypatos) in Venedig verliehen haben könnte, um ihn als Untergebenen zu ehren und damit zugleich auch warnend auf seine schließlich eingeschränkte Position hinzuweisen. Es sei deutlich, daß es sich hierbei nur um Spekulationen handelt. III. Forschungsstand Die Forschungsliteratur gibt einige Hinweise auf den Faltstuhl als eine im Westen geläufige Insignie. Es sei an die inzwischen berühmt gewordene, über zwei Seiten sich erstreckende Anmerkung erinnert, die W. Vöge 1891 seiner Dissertation beifügte, um über sein eigentliches Thema weit ausgreifend auf den Faltstuhl in mittelalterlichen Darstellungen zu sprechen zu kommen8. Von Vöges’ Erläuterungen machte A. A. Schmid dankbaren Gebrauch, als er den 1973 erschienenen Artikel ‚faldistorium‘ für das ‚Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte‘ verfaßte. Hierin merkte er auch an: „Im Zeremoniell der byzantinischen Herrscher und in der Liturgie der Ostkirche scheint der Faltstuhl als Thronform keine Rolle gespielt zu haben“ 9. Dagegen formulierte P. E. Schramm etwas optimistischer: „Die Benutzung des solium (d. h. im Sinne von ‚Thron‘) schloß nicht aus, daß sich die Kaiser auch nach Errichtung des Dominats der sella (d. h. im Sinne der römischen sella curulis) weiterhin bedienten. Sicherlich taten sie das auf Reisen. Aus dem Bedürfnis, einen Prachtstuhl jederzeit zur Hand zu haben, diesen aber leicht transportieren zu können, ergab sich ein zusammenklappbarer Stuhl, die sella plicabilis, gewöhnlich faldistorium genannt – die Erfindung ist uralt“10.
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Zu den politischen Ambitionen Venedigs und seiner Position vor und nach dem Auftreten Karls d. Gr. als Kaiser des Westens cf. ibid., 15–34. W. Vöge, Eine deutsche Malerschule um die Wende des ersten Jahrtausends. Kritische Studien zur Geschichte der Malerei im 10. und 11. Jahrhundert (Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst, Ergänzungsheft 7), Trier 1891, 18–19, nt. 2. Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, vol. 7, Stuttgart u. München 1973, coll. 1219–1237 (hier: col. 1222). Im Folgenden wird nicht weiter auf die Rolle des Faltstuhls ‚in der Liturgie der Ostkirche‘ eingegangen. Es bedürfte dann einer Auseinandersetzung mit dem in griechischen Kirchen geläufigen ‚Synthronon‘. Der aus dem 6. Jahrhundert stammende Thron des Maximianus in Ravenna (Museo Vescovile) nimmt eine Ausnahme-Position ein. Schramm, Herrschaftszeichen (nt. 4), vol. 1, 319.
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Soweit zu sehen ist, sind keine griechischen Quellenbeläge erschlossen, die sich auf irgendeine Weise für eine zeremonielle Funktion des faldistorium in Anspruch nehmen lassen können. Ganz zu schweigen von den wenigen materiellen Zeugen. Das fragmentarische Exemplar in den Sammlungen des British Museum in London ist nur unter erheblichem Vorbehalt als ‚byzantine‘ anzuerkennen. Das reich verzierte, durch ausgezeichnete Tauschiertechnik gekennzeichnete Gestell eines Faltstuhls, das 1949 in Pavia aus den Wassern des Ticino geborgen wurde, gibt – ebenso wie das Exemplar in London – Rätsel hinsichtlich seines Entstehungsorts, seiner Datierung und Funktion auf. Bei nüchterner Einschätzung ist dieses nicht ohne weiteres mit einem religiösen oder liturgischen Hintergrund in Verbindung zu bringen, auch nicht als Insignie für weltliche oder geistliche Herrschaft11. Das äußerst ausführliche Opus, das O. Wanscher im Jahre 1980 mit dem Titel ‚Sella curulis: The folding stool, an ancient symbol of dignity‘ publizierte, übergeht die byzantinische Welt gänzlich. Offenbar teilte der dänische Autor die pessimistische Einschätzung, die A. A. Schmid wenige Jahre zuvor geäußert hatte, wohl nicht zuletzt auch angesichts der Quellenlage sowie des Fehlens für Byzanz gesicherter faldistoria. Anders dagegen im Westen, in dem markante Exemplare mittelalterlicher Faltstühle – stets als Insignien in Ehren gehalten – die Zeiten überdauert haben12. Für den Westen, dem der Faltstuhl als Würdezeichen für Kaiser und König, für Bischof, Abt oder gar Äbtissin – und nicht zuletzt auch für Darstellungen Christi selbst – immer vertraut war13, läßt sich keine Darstellung zur dritten Versuchung nachweisen, die den Faltstuhl als Symbol verlockender, durch den Teufel versprochener Herrschaft über den Erdkreis kennt. Wohl aber – je nach Wahl – goldenes Geschirr, Krone, Schwert, magische und machtverheißende Trinkhörner oder gar kostbare, mit Hermelin gefütterte Mäntel, die vielleicht als Krönungsmäntel, jedoch auch nur als Zeichen eitler Prachtentfaltung zu deuten sein könnten. Die Illustration aus dem um 1170 im nördlichen England entstandenen ‚York-Psalter‘ möge hier für viele andere stehen (Abb. 1)14.
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Beide Exemplare besprochen in: Chr. Stiegemann u. M. Wemhoff (ed.), ,Ausstellungskatalog 799 – Kunst und Kultur der Karolingerzeit. Karl der Große und Papst Leo III. in Paderborn‘ (Paderborn, Kaiserpfalz, Diözesanmuseum u. Städtische Galerie), Mainz 1999, vol. 1, Kat.-Nr. II. 12 (53–54). Zum Beispiel: Faltstuhl in Salzburg (2. Viertel des 12. Jh., Benediktinerinnen-Stift Nonnberg) sowie Faltstuhl aus Kloster Admont (um 1230, Wien, Österreichisches Museum für angewandte Kunst). Beide Exemplare besprochen in: H. Fillitz/M. Pippal, Schatzkunst. Die Goldschmiedeund Elfenbeinarbeiten aus österreichischen Schatzkammern des Hochmittelalters, Salzburg u. Wien 1987, Kat.-Nr. 79 (284–309) sowie Kat.-Nr. 80 (310–317), jeweils mit mehreren DetailAbbildungen sowie ausführlicher Bibliographie. Umfassend: Schramm, Herrschaftszeichen (nt. 4), vol. 1, 316–334. Glasgow, Universtity Library, ms. Hunter U 3. 2, fol. 11v. Cf. C. M. Kauffmann, Romanesque manuscripts 1066–1190 (A survey of manuscripts illuminated in the British Isles, vol. III), London 1975, Nr. 95 (117–118 und Abb. 260–267).
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Abb. 1: Glasgow, University Library, ms. Hunter U 3. 2, fol. 11v
IV. Drei Beispiele italo-byzantinischer bzw. byzantinischer Herkunft Um auf die drei Illustrationen zur dritten Versuchung zurückzukommen, die dem 11. und 12. Jahrhundert entstammen: Auf einem weißen Tuch ausgebreitet – und in dieser ostentativen Inszenierung einmalig – sind die ‚Herrlichkeiten der Welt mit ihrer Pracht‘ in einem Mosaik der Kathedrale von Monreale wiedergegeben. Zu sehen sind drei goldene Gefäße verschiedener Form, dazu ein goldener Löffel (?), einige Münzen, ein Szepterstab (in der Bedeutung von baculus?), eine Krone und schließlich ein Faltstuhl, der mit Löwenköpfen und mit Löwenklauen versehen ist (Abb. 2)15. Die Mosaik-Dekoration der unter dem normannischen Herrscher Wilhelm II. (um 1153–1189) im Jahre 1174 gegründeten erzbischöf-
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E. Kitzinger, I mosaici di Monreale, Palermo 1960, 93 u. Farbtaf. (ohne Zählung).
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Abb. 2: Monreale, Kathedrale, Mosaik (Detail)
lichen Kathedrale wurde wohl nicht vor 1185 in Angriff genommen. Die Arbeiten dürften sich bis in die frühen Jahre des nachfolgenden Jahrzehnts hingezogen haben. Aus Konstantinopel oder aus Thessaloniki gerufene Fachkräfte waren mit der Ausführung beauftragt. Daß diese Spezialisten ihre aus dem Osten mitgebrachten Bildmuster weitgehend umsetzen konnten, gilt als unbestritten. Die Mosaiken haben viele, bisweilen auch unsachgemäß ausgeführte Restaurierungen über sich ergehen lassen müssen16. An der Originalität der hier für uns so relevanten Darstellung der regna mundi ist jedoch nicht zu zweifeln. Umso weniger, als die folgenden beiden Beispiele aus der Buchmalerei entstammen und damit über jeden Zweifel späterer Eingriffe erhaben sind. 16
O. Demus, The mosaics of Norman Sicily, London 1950, 108–112 u. 161 mit nt. 262.
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Abb. 3: London, BL, ms. Egerton 1139, fol. 4r
Einem Faltstuhl ist erneut im ‚Psalter der Königin Melisende‘ der British Library zu begegnen, der um 1135 im lateinischen Kreuzfahrer-Staat in Jerusalem angefertigt wurde (Abb. 3)17. Mehrere Illuminatoren haben zum Bildschmuck dieser Handschrift beigetragen, darunter ein gewisser Basilios. Die vierundzwanzig Vollbilder zu den großen Festtagen des Kirchenjahres – darunter die Darstellung der drei Versuchungen Christi – sind ihm zuzuschreiben. Darin zeigt sich Basilios mit älteren, aus Konstantinopel entlehnten Bildvorlagen vertraut. Daß er ein Grieche war, steht jedoch nicht fest. Er könnte auch ein aus dem Westen stammender Immigrant gewesen sein, der im ‚Lateinischen Königreich von Jerusalem‘ zu Brot 17
London, BL, ms. Egerton 1139, fol. 4r.
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und Ansehen zu kommen suchte. Bei der Darstellung der drei Versuchungen Christi verfuhr er nicht eben geschickt. Oben ist Christus ‚auf dem sehr hohen Berg‘ im Gespräch mit seinem Widersacher wiedergegeben. Mit seiner Linken weist der Teufel gleichsam ins Leere. Die dazu gehörigen regna mundi – einschließlich eines Faltstuhls – sind dagegen in die untere rechte Bildfläche verwiesen. H. Buchthal sprach denn auch unumwunden von einer gänzlich mißglückten Komposition18. Das dritte und älteste Beispiel stammt aus Konstantinopel selbst. Es handelt sich um eine Miniatur aus dem reich angelegten Tetra-Evangelion ms. gr. 74 in Paris19, das im Scriptorium des Studios-Klosters um 1050/60 geschrieben und illuminiert worden sein dürfte (Abb. 4) 20. Die Darstellung bezieht sich auf die – anders als bei Mt 4,1–11 und Lk 4,1–13 – sehr kurz gehaltenen Schilderung der Versuchungen bei Mk 1,12–13. Hierin begegnen wir neben Münzen und goldenen Gefäßen von allerlei Form und Funktion einem prominent vor die Augen gerückten Faltstuhl, der mit einem Kissen (pulvinar) versehen ist. Hierbei ist von einer rein byzantinischen Bildformel auszugehen, deren Erfindung jedoch nicht unbedingt erst im 11. Jahrhundert erfolgt sein muß. Die Inspirationsquelle ist wohl in einem narrativ ausführlich angelegten Bilderzyklus zum Leben Christi aus post-ikonoklastischer Zeit zu vermuten, und zwar in einer der großen Kirchen der byzantinischen Metropole. Es ist an die Apostel-Kirche zu denken, aber auch die Bild-Dekoration im Studios-Klosters selbst ist nicht auszuschließen, zumal dessen Vorsteher in den bewegten Jahren des Bilderstreits sich stets vehement als Verfechter des Bildes und seiner didaktischen Rolle eingesetzt hatten21. Unter diesen Prämissen stellte sich die Frage, wann der inventor intellectualis dieser hier als maßgebend postulierten Inszenierung lebte und welche politischtheologischen Intentionen – wenn diese überhaupt eine Rolle gespielt haben sollten – hierbei zum Ausdruck kommen sollten.
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H. Buchthal, Miniature painting in the Latin kingdom of Jerusalem. With liturgical and palaeographical chapters by Francis Wormald, Oxford 1957, 6 u. Taf. 12 b. Cf. auch: D. Buckton (ed.), Ausstellungskatalog ,Byzantium: Treasures of Byzantine Art and Culture from British Collections‘ (London, British Museum), London 1994, Nr. 180 (164–165). Paris, BnF, ms. gr. 74, fol. 65r. H. Omont, Évangiles avec peintures byzantines du XIe siècle: Réproductions des 361 miniatures du manuscrit grec 74 de la Bibliothèque Nationale, 2 voll., Paris 1908, vol. 1, Taf. 59. Cf. auch S. Dufrenne, Deux chefs-d’œuvre de la miniature du XIe siècle, in: Cahiers archéologiques 17 (1967), 177–191; Ausstellungskatalog ,Byzance: l’art byzantin dans les collections publiques françaises‘ (Paris, Louvre), Paris 1992, Kat.-Nr. 265 (354–355). Eine prägnante, umfassende Zusammenfassung der Klostergeschichte, in: M. Restle, Istanbul (Reclams Kunstführer), Stuttgart 1976, 143–144.
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Abb. 4: Paris, BnF, ms. gr. 74, fol. 65r
V. Weitere Umschau in der byzantinischen Bilderwelt Es bietet sich an, zu anderen byzantinischen Darstellungen als denen der drei Versuchungen Zuflucht zu nehmen, um ein möglicherweise differenzierteres Bild zu gewinnen. In dem bereits genannten Tetra-Evangelion ms. gr. 74 in Paris ist auf fol. 3v die Darstellung des Herodes anzutreffen, der sich mit seinen Ratgebern über den neugeborenen König der Juden berät. Herodes ist nimbiert, er sitzt auf einem Faltstuhl. Hinter ihm ein Schwertträger. Beide Personen sind von einem Ziborium überragt. In der direkt darauf folgenden Illustration auf fol. 4r ist Herodes im Gespräch mit den Drei Weisen anzutreffen22. Wiederum ist der römische Vasallenkönig Herodes durch einen Nimbus gekennzeichnet. Wiederum steht ein Schwertträger an seiner Seite, beide wiederum unter einem Ziborium. Hier jedoch ist Herodes auf einem Thron sitzend anzutreffen, also auf dem kastenförmigen Möbel mit hoch aufragender Rückenlehne, wie aus manch einer Wiedergabe des byzantinischen Kaisers vertraut. Ein und dieselbe Gestalt hier auf einem Faltstuhl, dort auf einem Thron. Zu fragen ist, ob der Illuminator bei dieser Unterscheidung sich einer im Zeremoniell begründeten Absicht verpflich22
Omont, Évangiles avec peintures (nt. 20), vol. 1, Taf. 5 u. 6.
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tet sah oder aber ob er nur dem seit antiken Zeiten propagierten Motto ‚variatio delectat‘ folgte, also ohne daß weiter nach tieferen Hintergründen zu suchen wäre. VI. Einig e Darstellung en in der Chronik des Ioannes Sk ylitzes in Madrid Probeweise seien auch die vielen Darstellungen in der um 1150–1175 auf Sizilien (Messina) angefertigten Abschrift der Chronik des Ioannes Skylitzes (geb. nach 1045, gest. im 1. Viertel des 12. Jh.) befragt 23. Diese sind seit 2002 in der ausführlich von V. Tsamakda edierten Faksimile-Ausgabe erschlossen 24. So vergnüglich die Durchsicht der nicht weniger als 574 zählenden Szenen auch ist, sie bleibt für die an dieser Stelle diskutierten Fragen unbefriedigend. Hierzu zwei Beispiele: Auf fol. 47r ist wiedergegeben, wie Kaiser Theophilos (829–842) seinen Lehrer Ioannes Synkellos an den Hof des Kalifen al-Ma¯ < mu¯n (813–833) entsendet (Tafel 15) 25. Der durch einen Turban gekennzeichnete syrische Emir in der linken Bildhälfte sitzt auf einem Faltstuhl, im Gegensatz dazu der christliche Basileus rechts auf einem Thron. Jede Erwartung einer bewußt angelegten WürdeAbstufung in der Form der Sitzgelegenheiten wird jedoch wiederholt enttäuscht. In einer anderen Szene (fol. 75v) zum Beispiel, die den Briefwechsel zwischen Kaiser Theophilos und dem Kalifen al-al-Ma¯ < mu¯n zum Thema hat (Tafel 16)26. Beider Häupter sind von einem Nimbus umgeben, beide sitzen jeweils auf einem festen, soliden und goldenen Stuhl, versehen mit purpurnem Sitzkissen und ebenso gefärbtem Fußkissen. Beide halten sich in einem Zelt auf. Das Zelt des Kaisers aber, der – anders als sein Gegenpart – mit seiner Linken ein Schwert umfaßt hält, ist zusätzlich durch einen purpurnen, gerafften Vorhang akzentuiert. Die Erfahrung lehrt, dass Illustrationen bisweilen Rückschlüsse auf die mittelalterliche Realität erlauben, zumal dann wenn verschiedenste Quellenbelege und zeitgenössische Aussagen diese stützen oder wenigstens zu stützen scheinen. Die Erfahrung lehrt aber auch, daß Künstler sich in den Dienst der Bild-Propaganda ihrer Auftraggeber zu stellen bereit waren, die allzu oft – bei weitem nicht immer eingelöste – Ansprüche politischer Art erhoben. Und die Erfahrung lehrt auch, daß begabte oder weniger begabte Künstler ihren eigenen Ideen folgten, ohne daß sie sich in dem einen oder anderen Sinn verpflichtet fühlten und vielmehr ihren eigenen Ideen folgten. Als verläßlich erweisen sie sich nicht immer. Es ist davon auszugehen, daß dem ‚thronos‘ ein höherer Rang als dem Faltstuhl zukam. Man wird sich schließlich auch des ‚Leeren Throns’ (Hetoimasia) zu 23 24 25 26
Madrid, Biblioteca Nacional, ms. Vitr. 26–2. V. Tsamakda, The illustrated chronicle of Ioannes Skylitzes in Madrid, Leiden 2002. Ibid., 89–90 (Übersetzung des griechischen Textes und historischer Kommentar) sowie Abb. 107. Ibid., 118 sowie Abb. 184.
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erinnern haben, den zahlreiche byzantinische Denkmäler als den Stuhl des kommenden Weltenrichters Christus wiedergeben27. Frei spekulierend mag man sich in die Gedankenwelt des präsumtiven auctor spiritualis versetzen, der einst den Faltstuhl in die byzantinische Ikonographie der dritten Versuchung einführte; etwa in folgendem Sinne: Der Teufel wagte dem in Verführung gesuchten Menschensohn eben nur einen Faltstuhl anzubieten, gleichsam wissend um die allumfassende Machtfülle Christi als Gottessohn und Pantokrator 28. Gerade so also, als wäre der Teufel sich seiner beschränkten Verfügungsgewalt und der ihm durch Ehrfurcht gesetzten Grenzen dann doch bewußt gewesen29. VII. Ein Seitenblick auf zwei ar menische Illustrationen zur dritten Versuchung Christi Ist die Lage an sich schon ungeklärt, so wird sie noch problematischer, wenn wann zwei Denkmäler aus der armenischen Bilderwelt mit einbezieht: Als der Illuminator eines im Auftrag des armenischen Königs Gagik II. von Kars zwischen 1045 und 1054 angefertigten Evangeliars die dritte Versuchung Christi darstellte, ersann er eine Lösung, die schon B. Narkiss als bemerkenswert hervorhob. Hierin wird dem Menschensohn ein wahrer Thron mit aufragender Rückenlehne und purpurnem Sitzkissen als Symbol der regna mundi – ohne andere Gegenstände, die als verführerisch zu denken wären – gezeigt (Tafel 17)30. Und weiter: Für die 1320 vollendete ‚Acht-Meister-Handschrift‘ (ein Evangeliar) in Yerewan entwarf einer der hieran beteiligten Illuminatoren ein komplexes Bild der drei Versuchungen, das sich über zwei Blätter erstreckt. In der Darstellung der ersten Versuchung (Mt 4, 2–4) wollte er den Menschensohn als einen in der Wüste residierenden Herrscher sehen, der auf einem Faltstuhl mit purpurnem Kissen sitzt, mit einem purpurnen Kissen zu seinen Füßen31. Es wäre leichtfertig, sich von diesen armenischen Bildern abzuwenden und diese mit dem Makel des Unverständnisses für die ‚reine byzantinische Lehre‘ zu belegen – wenn denn eine solche überhaupt für die zeremonielle Rolle des Faltstuhls einst gegolten haben sollte.
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Cf. Th. v. Bogyay, Lemma ‚Thron‘, in: E. Kirschbaum e. a. (eds.), Lexikon der Christlichen Ikonographie, vol. 4, coll. 305–313. Cf. Kirschbaum, Lexikon (nt. 27), vol. 1 (Lemma ‚Christus, Christusbild‘), coll. 355–454 (hier: coll. 392–394, Autor: E. Lucchesi Palli). Spekulationen ähnlicher Art waren schon den frühen Vätern nicht fremd. Cf. e.g. M. Steiner, La tentation de Jésus dans l’interprétation patristique de Saint Justin à Origène, Paris 1962. Jerusalem, Bibliothek des Armenischen Patriarchats, ms. 2556, fol. 244 v, cf. B. Narkiss, Armenian art treasures of Jerusalem, New Rochelles, N.Y. 1979, 33 sowie Farbabb. 46. Yerewan, Matenaderan, cod. 7651, fol. 15v–16r. Cf. Ausstellungskatalog ,Armenien. Wiederentdeckung einer alten Kulturlandschft‘ (Museum Bochum), Bochum u. Tübingen 1995, Kat.-Nr. 163 (244) sowie 200–201, mit Farbabb. auf 201 (H. u. H. Buschhausen).
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VIII. Schluß Rückblickend mag man sich der pessimistischen Einschätzung eines A. A. Schmid anschließen oder aber die Frage offen lassen, wie Schramm dies tat. Vor kurzem hat A. S. Anca sich mit dem Zeremoniell des byzantinischen Kaiserhofs – soweit im 12. Jahrhundert geltend, jedoch älteren Reglements verpflichtet – auseinandergesetzt 32. Es kommt hier der Symbolgehalt des kaiserlichen Zeltes zur Sprache, das unter bestimmten Umständen dem Wertungsgehalt der kaiserlichen Palast-Aula nicht nachstand33. Schließlich ist es in unserem Kontext nicht ohne Belang, wenigstens einen Einblick in die fein abgestufte Rangordnung der Sitzgelegenheiten zu nehmen: Als Manuel I. Komnenos 1147 den französischen König Ludwig VII. – dieser als Kreuzfahrer auf dem Weg nach Jerusalem – in Konstantinopel empfing, war dem respektablen Gast aus dem Westen ein ‚Sattelhocker‘ (sellion) angewiesen, wie auch immer man sich diesen vorzustellen hat 34. Der Abstand gegenüber den Gästen lateinischer Abkunft sollte gewahrt sein. Als König Balduin III. von Jerusalem 1159 mit Manuel I. zusammentraf, erwartete ihn – nach dem Austausch des Friedenskusses – ein dicht an den Thron des Kaisers herangerückter und ehrenvoller, jedoch niedrigerer Sitz („[…] secus eum in sede honesta, humiliore tamen, locatus est.“) 35.
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A. S. Anca, Herrschaftliche Repräsentation und kaiserliches Selbstverständnis. Berührung der westlichen mit der byzantinischen Welt in der Zeit der ersten Kreuzzüge (Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme. Schriftenreihe des Sonderforschungsbereichs 496, Bd. 31), Münster 2010. Ibid., 71. Ibid., 68. Ibid. – Eine Publikation, auf die ich erst sehr spät aufmerksam wurde, liefert nicht die erhofften Aufschlüsse bezüglich des Begriffes ‚diphros‘ (Stuhl): J. Koder u. Th. Weber, Liutprand von Cremona in Konstantinopel. Untersuchungen zum griechischen Sprachschatz und zu realienkundlichen Aussagen in seinem Werk (Byzantina Vindobonensia, vol. XIII), Wien 1980.
XII. Kulturelle Wechselbeziehungen und byzantinische Kunst
Byzanz: Knotenpunkt und Schmelzpunkt. Reflexionen über die Begriffe ,Einfluß‘ und ,Rezeption‘ an ausgewählten Beispielen des Kunsthandwerks U K (Zürich) Der vorliegende Beitrag konzentriert sich auf Objekte des Kunsthandwerks, die Gestaltungselemente und Zierformen aus dem islamischen und aus dem byzantinischen Kulturkreis aufweisen. Sie gelten fast alle als einzigartig, da unter den Erzeugnissen der Kunstproduktion des östlichen Mittelmeergebietes nichts Vergleichbares erhaltenen ist. Sie zeugen davon, daß Byzanz einen Knotenpunkt und bezüglich dieser Objekte vielleicht sogar einen Schmelzpunkt bildete. Doch wird diese spezielle Eigenschaft den Objekten selten attestiert. Es wird vielmehr die Zuordnung zu einem Kulturkreis vorgenommen und das Andersartige mit einem Einfluß erklärt1. Der Begriff ‚Einfluß‘ kommt in der Kunstgeschichte bei der Bewertung der Denkmäler zum Tragen, wenn im Kontext der behandelten kulturellen Norm sich etwas Anderes, etwas Fremdes zu erkennen gibt. Einfluß bedeutet in einem sehr allgemeinen und weitgefaßten Verständnis eine einmalige auslösende Wirkung, die zu einem Aufnehmen, einer Rezeption führen kann 2. Doch der unscharfe Begriff umschreibt dieses eigentlich viel komplexere Phänomen nur vordergründig3. Der Versuch einer eindeutigen Zuweisung kann diesen Denkmälern dabei oftmals nicht gerecht werden. 1
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Zu diesem Tatbestand tragen u. a. die Vorgaben zur Verfassung von Beiträgen in Katalogen bei. Autoren sind dazu angehalten, im Formular die Zeile zum Stichwort „Herkunft“ auszufüllen. Folglich wird oftmals einem Kulturkreis die Präferenz gegeben und der andere mit fremdem Einfluss erklärt. Eine solche eindeutige Zuweisung wird nicht immer den historischen Umständen gerecht; vergleiche dazu die in nt. 92 angeführte Literatur. – Exemplarisch sei hier auf den Beitrag von André Grabar verwiesen, der bei einigen Werken aus der Zeit der Makedonenherrschaft „influences orientales“ konstatiert; A. Grabar, Les Succès des Arts Orientaux à la cour byzantine sous les Macedoniens, in: Münchner Jahrbuch der Bildenden Kunst 3/2 (1951), 32–60, hier 32. Vergleiche hierzu die Einleitung in dem Aufsatz mit dem einschlägigen Titel von A. Walker, Cross-cultural Reception in the Absence of Texts. The Islamic Appropriation of a Middle Byzantine Rosette Casket, in: Gesta 47 (2009), 99–122, bes. 99 und den grundsätzlichen Beitrag von O. Grabar, Patterns and Ways of Cultural Exchange, in: Vladimir P. Goss/Ch.Verzár Bornstein (eds.), The Meeting of the Two Worlds. Cultural Exchange between East and West during the Period of the Crusades (Studies in Medieval Culture XXI), Kalamazoo, Michigan 1986, 441–445. H. Bader, Art. ‚Einfluss‘, in: U. Pfister (ed.), Metzlers Lexikon für Kunstwissenschaft. Ideen, Methoden, Begriffe, Darmstadt 2003; T. Hölscher, Griechische Formensprache und römisches Wertesystem, in: T. W. Gaethgens (ed.), Künstlerischer Austausch/Artistic Exchange (Akten des XXVIII. Internationalen Kongresses für Kunstgeschichte), Berlin 1993, vol. 1, 79–92; B. Schim-
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Mit Überlegungen zur Konzeption und zum Herstellungsprozeß dieser kunsthandwerklichen Erzeugnisse wird nun im folgenden versucht, die Vorgänge der Aufnahme andersartiger Elemente etwas genauer zu erfassen. Wie darf man sich in den Werkstätten die Annahme fremder Gestaltungsweisen und Ausdrucksformen vorstellen? Weiterhin wird überprüft, ob eine bestimmte Absicht mit der Aufnahme des Fremden verbunden ist. Handelt es sich womöglich um eine bewußte Instrumentalisierung des Anderen, des Fremden? Überlegungen zu den Verfahrensweisen im vielfältigen Herstellungsprozeß und Fragen nach den Gründen für die Wahl der verschiedenen Gestaltungsweisen treten hier erstmals in den Vordergrund. Bei fünf hinlänglich bekannten und bereits vielfach bearbeiteten Beispielen der Kleinkunst werde ich diese Fragen stellen, eigene Beobachtungen ergänzen und Überlegungen erörtern, die Anregungen zu weiterführenden Diskussionen bieten. Die gewählten Artefakte zeigen die Problematik deutlich auf. I. Das sog. Anastasiusreliquiar im Aachener Domschatz Zu Anfang steht eine Silberschmiedearbeit, die sich bestens eignet, in die Überlegungen einzuführen4. Boris Marschak beschreibt sie als Meisterwerk, bei dem „christliche Kreuzform auf arabische Spitzbögen trifft“ 5. In diesem speziellen Fall gibt eine Inschrift Hinweise auf die Entstehungsumstände und den Entstehungsort: Dieses Behältnis in Form einer Architektur (Tafel 18) wurde um 969/970 wohl in Antiochien gefertigt 6. Das 39 cm hohe und fast quadratische Kirchenmodell mit einer Seitenlänge von etwa 20 cm besteht aus einem Kubus, ist an einer Seite mit einer Apsis ver-
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melpfennig, Renaissance/Proto-Renaissance, Renovatio/Renewal, Rezeption. Bericht über eine Begriffs-Diskussion, in: Kontinuität und Transformation der Antike im Mittelalter, Sigmaringen 1989, 383–390; K. Cramer, Rezeptionsgeschichten, in: Jahrbuch der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (2009), 385–392; H. R. Jauß, Art. Rezeption, Rezeptionsästhetik, in: J. Ritter/ K. Gründer (eds.), Historisches Wörterbuch der Philosophie, vol. 8, Basel 1992, 996–1004, bes. 996 sq. Aachen, Domschatzkammer Inv.-Nr. G 31. B. I. Marschak, Niellierte Silberarbeiten in der islamischen Kunst des 11. Jahrhunderts, in: C. Stiegemann/H. Westermann-Angerhausen (eds.), Schatzkunst am Aufgang der Romanik. Der Paderborner Dom-Tragaltar und sein Umkreis, München 2006, 197–206 hier 197; A. Grabar, Le reliquaire byzantine de la Cathédrale d‘Aix-La-Chapelle, in: Karolingische und ottonische Kunst. Werden – Wesen – Wirkung (Forschungen zur Kunstgeschichte und Christlichen Archäologie), Wiesbaden 1957, 282–297, hier 283 schreibt die Form und Technik einer griechisch-syrischen Kunst zu, „qui se laisse influencer par des modèles asiatiques, chrétiens et musulmans.“ C. Stiegemann/M. Wemhoff (eds.), 1077 Canossa. Erschütterung der Welt. Geschichte Kunst und Kultur am Anfang der Romanik, 2 voll., München 2006, 450–451 Kat.-Nr. 537 (H. A. Klein); H. Evans/W. D. Wixom (eds.), The Glory of Byzantium. Art and Culture of the Middle Byzantine Era, A.D. 843–1261, New York 1997, 460–461 Kat.-Nr. 300 (R. Ousterhout); Byzanz. Pracht und Alltag, ed. Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, München 2010, 159–160, Kat.-Nr. 37 (M. Angar).
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sehen und trägt über einem mit Rundbogenarkaden versehenen Tambour eine Schirmkuppel. Bei dem aus vergoldetem Silber mit verschiedenen Techniken gearbeiteten Behältnis kontrastieren glatte, vergoldete Flächen mit niellierten, reich ornamentierten Silberpartien. Die Materialbearbeitung unterstreicht die Formen der Architekturglieder. An drei Seiten des Kubus sitzen große zweiflügelige Tore, deren breite Rahmung fast die gesamte Wandfläche einnimmt. An diesen Rahmen sind massive Türflügel in stabile Scharniere eingehängt. Die Türen lassen sich mit einem kleinen Drehverschluß öffnen und dank eines detailliert ausgearbeiteten Mechanismus fest verschließen. Außen sind sie mit je vier Kreuzen und – entsprechend realer Türflügel – mit rosettenartigen Türklopfern besetzt. Die Innenseiten der Türen sind ebenfalls sorgfältig bearbeitet und auf den glatten Silberflächen mit eingravierten, vergoldeten Kreuzen geschmückt. Seitlich der Portale und darüber – dort durch dünne Rahmenlinien abgesetzt – verbleibt nur noch der Raum für die relativ groß und sehr sorgfältig in gravierter Majuskel ausgeführten Inschriften. Diese fast auch dekorativ eingesetzten Schriftzeilen umrahmen die Zugänge zum Inneren des Behältnisses. Die Spitze des Kielbogens durchbricht die dünne obere Rahmenlinie mittig und die Inschrift nimmt mit dem gesetzten Abstand Rücksicht auf die Architekturformen. Man könnte das Zitat von Marschak noch präzisieren: Kielbogenspitze unterbricht griechische Inschrift. Drei Psalmverszitate spielen auf Jerusalem an. Gepriesen wird die Stadt Gottes, Zion als erwählter Sitz des Herrn und auf der Seite gegenüber der Apsis heißt es: „Erheb dich, Herr, komm an den Ort deiner Ruhe, du und deine machtvolle Lade“. Der Inhalt dieser Inschriften enthält Hinweise auf die originäre Zweckbestimmung des Objektes. Es diente als Artophorion, als Behältnis zur Verwahrung der geweihten Hostie7. Dies erklärt auch die gewählte Form der Architektur. Sie dürfte den Aufbauten über dem verehrten Grab Christi in Jerusalem nachempfunden sein8. 7
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J. Braun, Die Reliquiare des christlichen Kultes und ihre Entwicklung, Freiburg im Breisgau 1940, 496 Taf. 150, Abb. 577 stellt in seiner Arbeit über die Reliquiare das Objekt aufgrund seiner Inschrift als Behältnis zur Aufbewahrung der Eucharistie vor: „Inschrift, der zufolge es kaum zweifelhaft erscheint, daß es ursprünglich zur Aufbewahrung der Eucharistie diente und erst nachträglich zum Reliquiar wurde.“ Bereits Grabar, Le reliquaire (nt. 5), 284 betont den Bezug zum Hl. Grab in Jerusalem und zog weitere Werke der Kleinkunst zum Vergleich heran. W. B. R. Saunders, The Aachen Reliquary of Eustathius Maleinus, 969–970, in: Dumbarton Oaks Papers 36 (1982), 211–219, bes. 215–217; J. Wilkinson, The Tomb of Christ. An Outline of its Structural History, in: Levant 4 (1972), 83–97; G. Toussaint, Jerusalem. Imagination und Transfer eines Ortes, in: B. Reudenbach, Jerusalem Du Schöne. Vorstellungen und Bilder einer heiligen Stadt (Vestigia Bibliae. Jahrbuch des Deutschen Bibel-Archivs Hamburg 28), Bern e. a. 2008, 33–60, bes. 50 sq.; G. Toussaint, Imagination von Architektur. Das Halberstädter Tafelreliquiar als Bild des himmlischen Jerusalem, in: C. Kratzke/U. Albrecht (eds.), Mikroarchitektur im Mittelalter. Ein gattungsübergreifendes Phänomen zwischen Realität und Imagination, Leipzig 2008, 213–223, bes. 215–217; Mabi Angar, Stiftermodelle in Byzanz und bei christlich-orthodoxen Nachbarkulturen, in: C. Kratzke/U. Albrecht (eds.), op. cit., 433–453, bes. 445 sq.
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An die vierte Seite ist zudem noch eine Apsis angesetzt, die den Rahmen nahezu sprengt. Der Apsiszylinder ist mit drei hohen Rundbogenarkaden versehen und mit einer halben Schirmkuppel bedeckt. Um die Apsis herum verläuft die Stifterinschrift mit einer Fürbitte. Eusthatios, Proconsul, Patrizier und Strategos von Antiochien und Lykandos bittet: Der Herr möge seinem Diener gnädig sein. William Saunders konnte Eustathios unter Hinzuziehung historischer Quellen identifizieren9. Es ist der Strategos Eusthatios Maleinos aus Kappadokien, ein Cousin des Kaisers Nikephoros II. Phocas. Er war kurze Zeit nach der Rückeroberung Antiochiens durch die Byzantiner dort Befehlshaber. Damit ist ein Entstehungszeitraum um 970 wahrscheinlich, also unmittelbar nach diesem Ereignis. Ist das Auftreten islamischer Bauformen und Ornamentik im Zitat der Jerusalemer Grabeskirche mit dem historischen Entstehungskontext zu erklären? Es wird angenommen, daß Eustathios dieses Behältnis in Antiochien bei einem ortsansässigen Silberschmied in Auftrag gab. Nach Saunders war der ausführende Handwerker ein Christ, der wahrscheinlich aus dem Kaukasus stammte, und nach Ansicht von Robert Ousterhout ein Georgier, der die Silberschmiedetechnik in die Stadt am Orontes importiert habe 10. Für eine dort beheimatete Werkstatt sprechen nach Marschak der niellierte Ornamentdekor – insbesondere der auf den Kuppelsegmenten – und die Kielbogenform der Portale 11. Dieser einheimische Silberschmied war nach seiner Meinung ebenfalls in der Lage, die Inschriften auszuführen, denn die Einwohner Antiochiens sprachen griechisch12. Da der Handwerker unter arabischer Herrschaft in der Stadt gelebt und wohl auch gearbeitet hatte, „umfasste jedenfalls sein künstlerisches Repertoire sowohl alte christliche Motive als auch zeitgenössische islamische Ornamente“ 13. Die Vermutung, daß zugewanderte Handwerker tätig waren, liegt nahe und es ist ebenso anzunehmen, daß mehrere Silberschmiede unterschiedlicher Herkunft und diverser Handwerkstraditionen zusammen arbeiteten. Denn es ist die Frage, ob derjenige, der so perfekt die Nielloornamentik in die gewölbten Segmente der Schirmkuppeln einbinden konnte, gleichfalls in der Lage war, die Inschriften einzugravieren. Dafür war wahrscheinlich ein weiterer Handwerker verantwortlich. Denn die Inschriften sind nicht zufällig oder nachträglich aufgebracht worden. Die hohe 9 10
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Saunders, Reliquary (nt. 8), 211–214. Ibid. 218; Ousterhout, in: Evans/Wixom (eds.), Glory (nt. 6), 461. Zur Ansiedlung von georgischen Mönchen im Gebiet um Antiochia und zu ihrem Dienst in der Kurie siehe auch K.-P. Todt, Region und griechisch-orthodoxes Patriarchat von Antiocheia in mittelbyzantinischer Zeit (969–1084), in: Byzantinische Zeitschrift 94 (2001), 239–267, bes. 264. Marschak, Silberarbeiten (nt. 5), 197 sq. Ibid. Zur Bevölkerungssituation nach der Rückeroberung vgl. Todt, Region (nt. 10), 254 sq. Siehe auch das Geschichtswerk des Yahya von Antiochia, das die Jahre 937/938 bis 1033/1034 umfaßt; I. Kratchkovsky/A. Vasiliev (eds.), Histoire de Yah.y>a¯ibn-Sa>ïd d’Antioche, continuateur de Sa>ïdibn-Bitriq, II., (PO 18,5, Paris 1957, 699–833, bes. 822–833 und PO 23.3, Turnhout 1976, 345–520, bes. 349–351). Marschak, Silberarbeiten (nt. 5), 197 sq.
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Qualität ihrer Ausführung, ihre stimmige Einbindung in die Gesamtgestaltung als rahmende Ornamentform, und der Umstand, daß sie dem Behältnis erst seinen Sinn geben, sprechen für einen anspruchsvollen Konzeptionsprozeß, der vermutlich von Eustathios stammt. Der Stifter und Initiator dieses kostbaren Behältnisses hatte vielleicht die unterschiedlichen Fähigkeiten der verfügbaren Silberschmiede einkalkuliert und das Objekt zur Fertigung möglicherweise bewußt in verschiedene Hände gegeben. Manche „Arbeitsteilung“ war durch die Organisation und Reglementierung der Handwerksbetriebe bedingt. Diese Reflexionen über den Herstellungsprozeß dieses Objektes lassen es plausibel erscheinen, daß mehrere Handwerker unterschiedlicher Herkunft und mit verschiedenen Arbeitstraditionen an diesem Werk mitwirkten. Wenn sich auf diese Weise das Zusammentreffen der verschiedenen kunsthandwerklichen Techniken und Formvorstellungen erklären läßt, so ist damit noch keine Begründung für diese Zusammenstellung gefunden und die Frage, inwieweit es eine bewußte war, steht an. Die Form des Behältnisses mit Anspielung auf die Grabeskirche in Jerusalem ist in seiner Funktionsbestimmung als Artophorion begründet. Doch die Wahl der Nielloornamentik und der Kielbögen erschließt sich in diesem Fall weder über eine inhaltliche noch funktionale Ebene. Bei diesem Beispiel führen weitere Überlegungen ins Leere. Heute wird das Behältnis als sog. Anastasius-Reliquiar im Aachener Domschatz verwahrt. Die Benennung beruht auf seiner sekundären Nutzung als Behältnis für den Schädel eines BEATI ANASTASII. Es ist unklar, zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Umständen das Behältnis nach Aachen gelangte14. Auf die neue Funktionsbestimmung gehen wohl einige nachträgliche Veränderungen zurück15. Bild- und Textquellen erlauben die Rekonstruktion eines vormaligen, vielleicht sogar noch ursprünglichen Zustandes. Nach einer älteren Beschreibung saßen in den Rundbogenarkaden der Apsis mit Kreuzen besetzte Türen16. Die Apsiswand war also einst geschlossen. Die drei Spitzbogenöffnungen in den hohen Rundbogenarkaden der Apsiswandung sind vielleicht nachträglich eingeschnitten. Dies könnte erklären, weshalb sich hier Spitzbögen in Rundbögen einfügen. Auch die alternierenden Öffnungen in den Rundbogenarkaden
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Bisher unbegründet sind die Annahmen, daß dies schon vor 1204 erfolgte. So aber H. Wentzel, Das byzantinische Erbe der ottonischen Kaiser. Hypothesen über den Brautschatz der Theophanu II, in: Aachener Kunstblätter 43 (1972), 80–82 Abb. 84, hier 80 im Sinne seiner sog. Brautschatzthese und wiederholt von E. G. Grimme, Goldschmiedekunst im Mittelalter. Form und Bedeutung des Reliquiars von 800 bis 1500, Köln 1972, 126. – Siehe weiterhin Toussaint, Jerusalem (nt. 8), 51, nt. 48. – In ihrem Vortrag „Neue Erkenntnisse zum Anastasiusreliquiar im Aachener Dom“ am 26. Februar 2011 auf der Tagung der Arbeitsgemeinschaft zur Förderung Byzantinischer Studien in Leipzig führte Mabi Angar aus, daß dieses Behältnis ein Reliquiar sei und von Anbeginn das Haupt des hl. Anastasius des Persers, der 628 enthauptet wurde, berge. Dieser kleine Exkurs zum Objekt basiert auf Untersuchungen, die ich vor einigen Jahren am Original vornehmen durfte – wofür Herta Lepie herzlich gedankt sei – und in Köln im September 2010 erstmals vorstellte. Diese zeigt auch das Pilgerblatt des Gerhard Altzenbach aus dem Jahre 1615.
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des Tambours könnten erst später eingeschnitten sein. Mit diesen Beobachtungen ist die vormals vermutete originäre Funktion des Behältnisses als Weihrauch- oder Lichtspender – also mit einem brennbaren Innenleben – wegen der fehlenden Abzugsmöglichkeiten des Rauches gänzlich auszuschließen17. Ebenso spricht die sehr sorgfältige Ausarbeitung der inneren Türflügel mit vergoldeten Kreuzen dagegen. Näher liegt die Bestimmung als ein angemessenes und kostbares Aufbewahrungsobjekt für einen verehrten, hochgeschätzten Gegenstand. Reliquiare sind selten im Inneren derart aufwendig ausgekleidet, da die Reliquie selbst meist eine kostbare Umhüllung erhielt 18. Auf die Neubestimmung des Behältnisses geht wohl ein Eingriff an der Bodenplatte zurück: Sie ist abnehmbar, denn die Schädelreliquie benötigte eine entsprechend große Öffnung19. Die in einen Stoff eingewickelte und mit einer Authentik in gotischer Schrift versehene Reliquie legte man in ein Glasgehäuse 20, so daß sie durch die Bogenöffnungen in der Apsis sichtbar blieb. II. Der Duftspender im Schatz von San Marco in Venedig Als „ein einmaliges Objekt, an dem sowohl byzantinische als auch westliche Einflüsse sichtbar werden“ wird das kostbare Behältnis im Schatz von San Marco (Tafel 19) im Katalog der Bonner Byzanz-Ausstellung 2010 vorgestellt 21. Die Er17
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Wentzel, Erbe (nt. 14), 80: „diente als Lampe, Räuchergerät oder Oblatenbehälter“; Grimme, Goldschmiedekunst (nt. 14), 126 nahm eine Funktion als Weihrauchspender oder Lampe an. Skeptisch bereits Saunders, Reliquary (nt. 8), 216. Reliquienpartikel wurden meist mehrfach in kostbare Seidenstoffe eingehüllt; R. Schorta, Textilreliquien und textile Reliquienhüllen, in: Kunst und Liturgie im Mittelalter (Kunst + Architektur in der Schweiz 56), Bern 2005, 12–19; R. Schorta, Reliquienhüllen und textile Reliquien im Welfenschatz, in: Joachim Ehlers/D. Kötzsche (eds.), Der Welfenschatz und sein Umkreis, Mainz 1998, 139–176. H. Röckelein, Die ‚Hüllen der Heiligen‘ Zur Materialität des Haghiographischen Medium, in: B. Reudenbach/G. Toussaint (eds.), Reliquiare im Mittelalter (Hamburger Forschungen zur Kunstgeschichte. Studien, Theorien, Quellen V, ed. Kunstgeschichtliches Seminar der Universität Hamburg), Berlin 2005, 75–88. Die heutige Bodenplatte besteht aus Messing und stammt wohl aus dem 19. Jahrhundert. Die Standfüße sind offensichtlich noch original, die Gewinde wurden hingegen erneuert. Für einen längeren Zeitraum war das Anastasiusreliquiar auf dem Felixschrein montiert. Die Demontage zog offensichtlich einige Maßnahmen nach sich. Es ist auch damit zu rechnen, daß die Seitenwände des Reliquiars im Laufe der Geschichte anders montiert waren, so daß nicht gesichert ist, daß sie heute in ihrer ursprünglichen Anordnung erscheinen. Ein bei J. H. Kessel, Geschichtliche Mitteilungen über die Heiligtümer der Stiftskirche zu Aachen, Köln – Neuss 1874, 111 abgedruckter Stich zeigt eine Versetzung der Seiten, die nicht der heutigen entspricht. Der Pergamentstreifen trägt die Inschrift: „CAPUT BEATI ANASTASII“. Das Glasgehäuse besteht aus einem Holzgerüst mit eingekitteten Scheiben; 1874 wurde es als modern bezeichnet. Byzanz. Pracht und Alltag, ed. Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, München 2010, 349–350, Nr. 496, Abb. S. 17 (M. Da Villa Urbani). – Von der umfangreichen Literatur zu dem Objekt und den zahlreichen Katalogbeiträgen wird hier nur eine Auswahl angeführt: A. Grabar, Il tesoro di San Marco II. Il Tesoro e il Museo, Firenze 1971, 86–88 Kat.Nr. 109 Taf. LXXVII–LXXX; Der Schatz von San Marco in Venedig, ed. D. Gaborit-Chopin,
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wähnung der westlichen Einflüsse, die ohne weitere Erklärung im Raum stehen, geht wohl auf die über einige Jahrzehnte gängige Lokalisierung des Werkes nach Sizilien oder Venedig zurück 22. Bei der Einordnung folgt Maria da Villa Urbani der nun vorherrschenden Meinung einer Entstehung in Byzanz am Ende des 12. Jahrhunderts23. Dieses 36 × 30 × 30 cm große Behältnis aus teilvergoldetem Silber hat ebenfalls die Form einer Architektur. Über einem eingezogenen flachen Sockelfundament aus glattem, unbearbeitetem Silberblech erhebt sich das quadratische, an allen vier Seiten mit Exedren versehene Gebäude. Eine höhere Kuppel mit Tambouraufsatz im Zentrum und dreiviertelrunde Kuppeln sowie Spitzdächer bekrönen das Gehäuse. Die sakrale Funktion des Objekts, die sich in den nachträglich aufgesetzten Kreuzen zu erkennen gibt, ist eindeutig eine sekundäre Zweckbestimmung 24. Das Objekt ist seit 1283 im Schatz von San Marco in Venedig nachweisbar und diente dort einer Heilig-Blut-Reliquie als kostbares Behältnis. Die Griffe wurden nachträglich angesetzt, um das Reliquiar, das seitdem „Chiesola“ genannt wird 25, bei Prozessionen tragen zu können. In der schon längeren Forschungsgeschichte wurden verschiedene Meinungen zur ursprünglichen Funktion vertreten: Es könnte sich um eine Prozessionslampe gehandelt haben, um ein Artophorion oder um einen Duftspender 26. Letzteres ist aufgrund der Beschaffenheit des Objektes die plausibelste Lösung. Die Untertei-
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Ausstellungskatalog Köln 1984, Mailand 1984, 251; G. Grassi, L’ecclesiola nel Tesoro di San Marco a Venezia. Indagine preliminare, in: C. Da Barsanti (ed.), Bisanzio e l’Occidente. Arte, archeologia, storia. Studi in onore di Fernanda de’Maffei, Roma 1996, 231–246, ibid. 231–237 mit knappen Überblick über die Forschungsmeinungen; Evans/Wixom (eds.), Glory (nt. 6), 251 Kat.-Nr. 176 (I. Kalavrezou); M. Angar, Vom ‚Argyrokastron‘ zur ‚Ecclesia argenti‘. Über eine architekturimitierende Silberschmiedearbeit im Kirchenschatz von San Marco, in: Mitteilungen zur spätantiken Archäologie und Byzantinischen Kunstgeschichte 6 (2009), 137–169; der ibid. 153, nt. 80 zitierte einschlägige Beitrag von A. Walker, The San Marco Censer in Context. Literary and Artistic Depictions of the Middle Byzantine Garden Pavillon, Byzantine Studies Conference November 2006 ist bibliographisch noch nicht zu erfassen. Dies seit Grabar, Les Succès (nt. 1) 50–53; Grabar, Il tesoro (nt. 21), 87; Gaborit-Chopin, in: Schatz (nt. 21), 251: „gegen Ende 12. Jahrhundert in einer Gegend gearbeitet worden, deren Kunst stark von byzantinischen Einflüssen geprägt war, die aber gleichermaßen für orientalische und abendländische Einwirkungen offen war, so wie es Sizilien oder das Gebiet um Bari sein könnten, vielleicht aber auch Venedig selbst.“ Da Villa Urbani, in: Byzanz (nt. 21), 349 Kat.-Nr. 496. Im Katalog zur Londoner Ausstellung 2008 hieß es allerdings noch „Constantinople or Italy“; Byzantium. 330–1453, Exibition Royal Academy of Arts 25 October 2008–22 March 2009, edd. R. Cormack/M. Vassilaki, London 2008, 423 Nr. 176 (M. Da Villa Urbani). – Grassi, L’ecclesiola (nt. 21), 232–235 mit Argumenten gegen die bisherige Zuordnung; Kalavrezou, in: Evans/Wixom (eds.), Glory (nt. 6), 251 Nr. 176; Angar, Argyrokastron (nt. 21), 158–160. Grassi, op. cit., 232 hob bereits die Bedeutung der Architekturform hervor; Kalavrezou in: Evans/Wixom (eds.), Glory (nt. 6), 251; Angar, Argyrokastron (nt. 21), 139. Zu dieser und zu weiteren Benennungen siehe Grassi, op. cit., 231–233. Bei Angar, Argyrokastron (nt. 21), 139, nt. 7 eine Zusammenfassung der Forschungsmeinungen zur ursprünglichen Funktion.
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lung der Wände dieses Behältnisses in ein flaches, etwas eingezogenes Fundament aus Silberblech, in eine untere geschlossene Zone aus massiven Metallstreifen, eine durchbrochen gearbeitete obere Zone und die ebenfalls in Ausschnitttechnik gearbeitete Dachzone, ist offensichtlich in der Funktion des Objektes begründet. Durch die beiden Türen in der Hauptapsis konnte man das Räucherwerk ins Innere auf ein Gestell legen oder einhängen. Durch die zahlreichen oberen Öffnungen entwichen die Duftstoffe 27. Die Asche oder Brennabfälle fielen nach unten in das geschlossene Fundament. Das Bildprogramm der unteren Zone präsentiert einige figürliche Darstellungen. Die großen Hauptfiguren, die regelrecht vor den beiden Türflügeln stehen, sind mit Inschriften benannt: links die männliche Figur in Rüstung ist ‚andreia‘ – die Tapferkeit, rechts die weibliche Figur verkörpert ‚phronesis‘ – die (lebenspraktische) Klugheit. In den Wandsegmenten der Sockelzone erscheinen verschiedene Fabelwesen: Ein Löwengreif, ein Löwe, ein kleiner Erot, der in einen Korb hineinkriecht, ein Mann und eine Frau, ein Kentaur, ein sich aufbäumender Löwe, zwei gegenständige Löwengreife, zwei weitere Löwen, zwei Sirenen, ein Löwengreif und schließlich wieder ein Löwe. Es sind Motive, die in den Reliefbildprogrammen byzantinischer Elfenbeinkästen anzutreffen sind 28. In diesem Werk treffen ein byzantinisches Bildprogramm29 – ausgeführt in der in Byzanz so beliebten und häufig vertretenen Technik der Treibarbeit – und die Dreiviertelkuppeln mit der durchbrochen gearbeiteten vegetabilen Ornamentik zusammen, die eher dem islamischen Bereich angehören 30. Nach André Grabar imitiere diese Architekturform einen orientalischen Kiosk 31. Wo könnte diese Silberschmiedearbeit entstanden sein? Ioli Kalavrezou bekennt, daß der Entstehungsort nicht leicht zu bestimmen sei 32. Die hohe Qualität des Luxusobjektes spräche für Konstantinopel, eine Meinung, die nun meist vertreten wird 33. In diesem Fall bietet sich nun eine Erklärung für diese Symbiose an. Bisher wurde nicht davon ausgegangen, daß die Wahl der heterogenen Gestaltungselemente einer bestimmten Intention folgt. Doch könnte diese Wahl nicht bewußt im Hinblick auf die Funktion des Behältnisses erfolgt sein? Das Behältnis diente als Duftspender orientalischen Parfums 34. Mabi Angar verortet das Objekt
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Kalavrezou in: Evans/Wixom (eds.), Glory (nt. 6), 251; Grassi, L’ecclesiola (nt. 21), 233. Grabar, Il tesoro (nt. 21), 87; Grassi, L’ecclesiola (nt. 21), 234 sq. Dafür sprechen die griechischen Inschriften, wenn auch einige der Fabelwesen dem größeren Kulturraum des östlichen Mittelmeergebietes zuzuordenen sind; Grassi, L’ecclesiola (nt. 21), 235. Grassi, L’ecclesiola (nt. 21), 240. Der Vergleich mit der gemalten Architektur einer wohl Konstantinopler Kirche in den Homilien des Mönches Johannes Kokkinobaphos überzeugt nicht, da es sich nicht um Dreiviertelkuppeln handelt; so Da Villa Urbani, in: Byzantium (nt. 23), 423 Nr. 176; siehe ibid. 206 Nr. 175. Grabar, Les Succés (nt. 1), 32 sq. Kalavrezou in: Evans/Wixom (eds.), Glory (nt. 6), 251, nr. 176. Ibid; Grassi, L’ecclesiola (nt. 21), 241 sq.; Angar, Argyrokastron (nt. 21), 158. Dies indizieren die Durchbruchsarbeit und der Einbau entsprechender Stellagen im Inneren; Grassi, op. cit., 241; Kalavrezou in: Evans/Wixom (eds.), Glory (nt. 6), 251; Angar, Argyro-
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unter Einbeziehung literarischer Quellen in den Kontext luxuriöser aristokratischer Lebensführung35. Zeitgenössische byzantinische Liebesromane enthalten Beschreibungen von Architekturen und Ausstattungen, die Parallelen zur formalen architektonischen Gestaltung des Behältnisses und zu seinem Schmuck aufweisen36. Ebenso belegen die Quellen die Beliebtheit derartiger Duftspender in einer gehobenen Wohnkultur. Das Bildprogramm und die Inschriften indizieren, daß es von Byzantinern und wohl auch für Byzantiner in Auftrag gegeben wurde. Die Bestimmung als Duftspender orientalischer Aromen mag zur Konzeption der orientalisch anmutenden Idealarchitektur geführt haben und zur Ausgestaltung der Durchbruchsarbeit mit dem vegetabilen Ornament, das Parallelen in den Mosaikausstattungen der Großen Moschee von Damaskus und im Felsendom in Jerusalem hat 37. Auch hier ist wieder über den Versuch der Lokalisierung der Werkstatt hinaus die Frage zu stellen, wie die Anfertigung dieses Objektes erfolgte. Waren Silberschmiede verschiedener Herkunft tätig, darunter solche, denen die formale Struktur derartiger Architekturen vertraut war und ebenso die elaborierte vegetabile Ornamentik? Oder befanden sich vergleichbare Duftspender, die diese Ausfertigung angeregt haben könnten, bereits im Besitz des Auftraggebers? Denn zahlreich sind die Gastgeschenke, die zwischen den Höfen im Zuge der Gesandtschaften ausgetauscht wurden. Auch über andere Medien, wie beispielsweise die Buchmalerei, könnte das Modell für die Architekturform übertragen worden sein. Diesem Modell wurde dann in der Sockelzone ein Figurenfries appliziert, der in Byzanz vor allem in der Elfenbeinschnitzerei geläufig war und – wie weiter unten ausgeführt wird – ebenfalls auf Luxusobjekten mit entsprechender Zweckbestimmung der figürlichen Darstellungen auftritt. Ergänzt wurde dieser Zyklus um das Tugendpaar auf den Türflügeln, denen wohl eine bestimmte Rolle im Funktionszusammenhang dieses Objektes zukommt, wie im folgenden ausgeführt wird. Denn es kann m. E. neben der praktischen Nutzung des Behältnisses als Duftspender noch eine weitere, bedeutende Funktion des Objektes erschlossen werden. Das kostbare Material und die hochwertige kunsthandwerkliche Ausführung machen das Behältnis zu einem Luxusobjekt der aristokratischen Schicht.
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kastron (nt. 21), 156–158. Zum Gebrauch der Aromastoffe und zur langen Tradition des Einsatzes von Duftstoffen bei Hochzeitszeremonien siehe B. Caseau, Incense and Fragrances. From House to Church. A Study of the Introduction of Incense in the Early Byzantine Christian Churches, in: Material culture and well-being in Byzantium (400–1453), Proceedings of the International Conference (Cambridge, 8.–10. September 2001), ed. M. Grünbart e. a. (Denkschriften Österreichische Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse 356), Wien 2007, 75–92, bes. 80 sq. Angar, Argyrokastron (nt. 21), 140–160. Nach Ansicht von T. Tanoulas, ºOram´ e r¬ ateinón. Architecture and Rhetoric (Eleventh–Fifteenth Centuries), in: C. Angelidi (ed.), Byzantium matures. Choices, Sensitivities and Modes of Expression (Eleventh–Fifteenth Centuries), Athens 2004, 313–339, bes. 330, Fig. 12 wurden die Romanautoren von realer Architektur inspiriert. O. Grabar/S. Nuseibeh (eds.), The Dome of the Rock, New York 1996, 73–133.
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Das Bildprogramm diente – ähnlich den Elfenbeinkästen38 – vermutlich dazu, als unterhaltendes Medium eingesetzt zu werden. Die einzelnen Bildchiffren konnten Rezitationen bekannter literarischer Werke memorieren und somit zu ausschmückenden Erzählungen animieren. Darüber hinaus demonstriert der Bildschmuck den gehobenen Bildungsstatus der Auftraggeber und/oder Empfänger. Dieser Umstand macht das Objekt nicht allein zum materiellen Statussymbol seiner Besitzer, sondern demonstriert darüber hinaus seine ‚paideia‘, der ein hoher Stellenwert in der byzantinischen Gesellschaft eingeräumt wurde. Der Umstand, daß die Personifikation der Tapferkeit als männliche Figur dargestellt ist, mag ebenfalls in der Zweckbestimmung des Objektes begründet sein. Sollte es sich – wie angenommen – um einen luxuriösen Duftspender handeln, der als Hochzeitsgeschenk an ein Brautpaar gedacht war 39, dann böten die beiden geschätzten Tugenden den Empfängern eine ideale Identifikationsmöglichkeit. III. Die Glasschale im Schatz von San Marco in Venedig Die 17 cm hohe und auch im Durchmesser ohne Henkel 17 cm messende Schale aus purpurfarben eingetöntem Glas erweist sich durch Material und Dekor ebenfalls als Unikum (Tafel 20) 40. Die Pretiose diente lange als Paradebeispiel für die Kunstfertigkeit der sog. makedonischen Renaissance 41. Datiert wird sie ins 10. oder beginnende 11. Jahrhundert. Die pseudo-kufische Inschrift wurde als dekoratives Element eingestuft, so daß sie einer Lokalisierung nach Konstantinopel nicht im Wege stand 42. Kurt Weitzmann bemühte sich in seinen umfangreichen Untersuchungen zur sog. makedonischen Renaissance um die Bestim-
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Zu derartigen Formen der Rezeption byzantinischer Elfenbeinkästen siehe E. Simon, Nonnos und das Elfenbeinkästchen aus Veroli, in: Jahrbuch Deutsches Archäologisches Institut 79 (1964), 279–336; J. Hanson, Erotic Imagery on Byzantine Ivory Caskets, in: L. James (ed.), Desire and Denial in Byzantium, Aldershot 1999, 173–184; H. C. Evans, Digenis Akritis and a Middle byzantine Rosette Casket in The Metropolitan Museum of Art, in: G. Bühl/A. Cutler/A. Effenberger (eds.), Spätantike und byzantinische Elfenbeinbildwerke im Diskurs, Wiesbaden 2008, 97–111. Grassi, L’ecclesiola (nt. 21), 241. Tesoro di San Marco, Inv.-Nr. 142. A. Cutler, The Parallel Universes of Arab and Byzantine Art (with special reference to the Fatimid Era), in: M. Barrucand (ed.), L’Egypte Fatimide. Son art et son histoire. Actes du Colloque organisé à Paris les 28, 29 et 30 mai 1998, Paris 1999, 635–648, bes. 638; K. Weitzmann, Greek Mythology in Byzantine Art, Princeton 1951, 203. A. Cutler, The Mythological Bowl in the Treasury of San Marco in Venice, in: D. K. Kouymjian (ed.), Near Eastern Numismatics, Iconography, Epigraphy and History, Studies in Honor of G. C. Miles, Beirut 1974, 235–254; I. Kalavrezou-Maxeiner, The Cup of San Marco and the ‚Classical‘ in Byzantium, in: K. Bierbrauer/P. K. Klein/W. Sauerländer (eds.), Studien zur mittelalterlichen Kunst 800–1250, Festschrift für F. Mütherich zum 70. Geburtstag, München 1985, 167–174. Zur sog. makedonischen Renaissance siehe nt. 45. Cutler, Bowl (nt. 41), 238 sq., 254; A. Walker, Meaningful Mingling. Classizising Imagery and Islamic Script in a Byzantine Bowl, in: The Art Bulletin 90 (2008), 32–53, bes. 32.
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mung antiker Vorbilder43. Die farbigen kleinen Blütenrosetten in den Medaillonrahmen und die Profilbüsten in den Rundmedaillons der Zwickel lassen sich mit dem charakteristischen Dekor einer anderen Gattung, die relativ zahlreich erhaltenen Rosettenkästen aus Elfenbein, in Verbindung bringen44. Ungelöst blieb lange das Rätsel um die eindeutige Bestimmung der ähnlich der Grisaillemalerei Ton in Ton aufgemalten Statuen in den sieben großen Medaillons an der Außenwand. Alle Erklärungen für diese ungewöhnlichen Bildfindungen sind hypothetisch und eine schlüssige Deutung des gesamten Programms blieb erfolglos. Die plausibelste und auch anerkannte Erklärung war ihre Verbindung zur Antikenrezeption in der Epoche der Makedonendynastie, die unter dem wenig geeigneten Begriff der ‚Makedonischen Renaissance‘ bekannt ist 45. Ein von Anthony Cutler hergestellter Bezug zur Gemmensammlung Kaiser Konstantins VII. Porphyrogennetos, die für die Bildentwürfe Pate gestanden haben sollte, bestärkte diese Annahme46. Mit der Konzentration auf die Interpretation der Figurenmotive wurden über lange Zeit die mit arabischen Schriftzeichen gestalteten Inschriftenbänder am inneren Abschlußrand und am Fuß wenig beachtet 47. Die Einbeziehung dieser Pseudo-Kufi in den Gesamtkontext des Dekors führte nun Alicia Walker zu einer plausiblen Lösung der Rätsel 48. Sie kann nicht nur das Auftreten der arabischen Inschrift in einem ansonsten eindeutig byzantinischen Bild- und Dekorensemble erklären, sondern findet darüber hinaus eine Deutung für die besondere Ikonographie der statuenartigen Figuren. Die Funktion dieses äußerst kostbaren Gefäßes führte zur Integration der fremdartigen Inschrift. Der Entwurf sah von vornherein die Kombination der arabischen Schrift mit den klassischen Figurenmotiven vor 49. Denn die Schale diente wahrscheinlich okkulten Ritualen, die mit dem Orient in Verbindung gebracht wurden. In diesem Zusammenhang finden auch die Statuen in ihren individuellen Kompositionen eine Erklärung. Ihre Reihe beginnt mit einem Auguren, der mit einer eindeutigen Geste auf die Leserichtung hinweist: es folgen Ares, Apollo, und Zeus, weiterhin Hermes, und dann wohl Odysseus und Herakles. Ihre Anordnung und ihre Komposition sind einem Verweissystem untergeordnet und somit auf ihre Funktion
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Weitzmann, Mythology (nt. 40), 203; K. Weitzmann, Geistige Grundlagen und Wesen der makedonischen Renaissance, Köln – Opladen 1963; K. Weitzmann, The Classical in Byzantine Art as a Mode of Individual Expression, Athens 1966, 149–177; Cutler, Bowl (nt. 41), 239–254. Cutler, op. cit., 237. Kalavrezou, Cup (nt. 41), 167, 172 sq. – Kritisch zum Begriff der „Makedonischen Renaissance“ P. Schreiner, ‚Renaissance‘ in Byzanz?, in: Schimmelpfennig, Renaissance (nt. 3), 389–390 und im Bereich der Literatur J. O. Rosenqvist, Die byzantinische Literatur vom 6. Jahrhundert bis zum Fall Konstantinopels 1453, Berlin 2007, 58–66. Cutler, Bowl (nt. 41), 254; dagegen Walker, Mingling (nt. 42), 50, nt. 23. Eine Ausnahme ist Cutler, Bowl (nt. 41), 235–239, der die Inschriften zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen macht. Walker, Mingling (nt. 42), 32–53. Ibid. 32.
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im Ritual abgestimmt. Die Bildchiffren waren darauf angelegt, im Rahmen okkulter Zeremonien komplettierende verbale Äußerungen zu evozieren50. Hier bereitet die Zuordnung zu einer byzantinischen Werkstatt keine Probleme, gehörten doch die Pseudo-Kufi zum Repertoire byzantinischer Kunsthandwerker und Steinmetzen51. Doch auch in diesem Fall wäre die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, daß in der Glasbläserwerkstatt Handwerker unterschiedlicher Herkunft tätig waren und arbeitsteilig diese Glasschale dekorierten. Der Auftraggeber oder Konzepteur dieses kostbaren Luxusobjektes hat offensichtlich bewußt in Hinblick auf die Funktion des Gefäßes dieses angepaßte Figurenrepertoire wie auch die Randgestaltung mit den Pseudo-Kufi geplant und entsprechend ausführen lassen. Eindeutig findet sich hier in der Funktion des Objektes die Begründung für die bewußte Wahl der unterschiedlichen Gestaltungsweisen. IV. Die Ar tukiden-Schale im Ferdinandeum in Innsbr uck Die 26,75 cm breite und 5 cm hohe Kupferschale, die sich heute im Ferdinandeum in Innsbruck befindet 52, ist beidseitig mit Email verziert und nimmt nicht allein aufgrund dieser Beschaffenheit eine Sonderstellung im überlieferten Denkmälerbestand ein (Tafel 21) 53. Eine weitere Besonderheit dieser Schale sind die Inschriften: eine arabische am inneren Schalenrand, die den Adressaten der kostbaren Emailarbeit nennt, und eine persische am äußeren Schalenrand, die nicht aufzulösen ist. Das Bildprogramm zeigt mit den Darbietungen von Musikern, Tänzern, Akrobaten und Mundschenk die Unterhaltung einer höfischen Gesellschaft in einem Festambiente. Begleitet wird dieses Programm von Adlern und Pfauen und einigen Tierpaaren. Die prominent im Mittelmedaillon positionierte Greifenfahrt Alexanders bietet diesen Herrschaftsanspielungen einen Bezugspunkt. Einige Untersuchungen gehen der Frage nach, ob die Schale islamisch, christlich oder byzantinisch sei 54. Die Vorschläge für die Einordnung 55 variierten zwi50 51 52 53
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Ibid. 37–44 mit überlieferten Beispielen zur Praxis derartiger okkulter Rituale in Byzanz. G. C. Miles, Byzantium and the Arabs. Relations in Crete and the Aegean Area, in: Dumbarton Oaks Papers 18 (1964), 1–32; Cutler, Universes (nt. 40), 639; Walker, Mingling (nt. 42), 32. Innsbruck, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, ohne Inv.-Nr. O. Grabar, The Crusades and the Development of Islamic Art, in: A. E. Laiou/R. P. Mottahedeh (eds.), The Crusades from the Perspective of Byzantium and the Muslim World, Washington 2001, 235–245, hier 243, Fig 4. S. Redford, How Islamic is it? The Innsbruck Plate and its Setting, in: Muqarnas 7 (1990), 119–135; Th. Steppan, Die Artuqiden-Schale. Emailkunst im Spannungsfeld byzantinischer und islamischer Kultur, in: Die Artuqiden-Schale im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum Innsbruck. Mittelalterliche Emailkunst zwischen Orient und Occident, Ausstellung Innsbruck 4.–13. 5.1995, ed. Institut für Kunstgeschichte der Universität, Innsbruck, 1995, 13–35. Für eine Zusammenstellung der verschiedenen Zuschreibungen bis 2007 siehe U. Koenen, Die Artukiden-Schale im Innsbrucker Ferdinandeum als Zeugnis der ‚Grenzgänge‘ im östlichen Mittelmeergebiet. Bemerkungen zur Methodik der byzantinischen Kunstgeschichte, in: U. Koenen/
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schen Konstantinopel, Georgien, Mesopotamien und der Levante56. Auch bei diesem Objekt waren es die selten im Gesamtkontext beachteten und daher nicht hinreichend erklärten Inschriften, die das Rätsel um die Herkunft des Objektes lösten. Neslihan Asutay-Effenberger machte nun unter Einbeziehung der Sprache der Inschriften und vor allem ihres Inhaltes einen überzeugenden Vorschlag für den Anlaß ihrer Entstehung und für ihre Herkunft: Die Schale wurde wohl vor 1130 in einer Werkstatt in Anatolien gefertigt 57. Adressat war der inschriftlich genannte Davut (Rükn ed Dvele Davut), von 1114–1144 Herrscher der Artukiden, denen die Schale ihren Namen verdankt. Hergestellt wurde sie im Auftrag der Rum-Seldschuken anlässlich der Hochzeit der Tochter des Seldschukensultans Kilic Arslan I. (1092–1107), Sacide Hatun, mit Davut. Das Bildprogramm der Schale entspricht ihrem Entstehungsanlaß. Die Auftraggeberschaft bietet eine Erklärung für die persische Inschrift, denn am Hof der Seldschuken wurde die persische Sprache gepflegt 58. Wie ist nun in diesem Fall das Zusammentreffen von byzantinischer Emailletechnik und persischer sowie arabischer Inschrift zu erklären? Asutay-Effenberger denkt an eine griechische, respektive byzantinische Werkstatt in Anatolien. Ein Grund für die Annahme einer griechischen Werkstatt lag in der mangelnden Kenntnis der korrekten Genealogie des Adressaten, des Artukidenfürsten (Nasir ed din) Rükn ed Dvele Davut (1114–1144) 59. Die Werkstatt stand sicher in byzantinischer Tradition, was allein schon die technische Kenntnis und Erfahrung des Emaillierens nahelegt. Vielleicht war die Werkstatt ethnisch durchmischt? Sollte man überhaupt dezidiert von einer „griechischen“ Werkstatt sprechen? Wer war fähig, die persische und arabische Inschrift zu verfassen und auszuführen? Wenn die Konzeption auf einen hochgestellten seldschukischen Auftraggeber zurück-
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M. Müller-Wiener (eds.), Grenzgänge im östlichen Mittelmeergebiet. Byzanz und die islamische Welt vom 9.–13. Jahrhundert, Wiesbaden 2008, 121–146, bes. 136–140. Ibid. 140 sq. die Feststellung, daß sich dies Objekt einer Einordnung entzieht. Ähnlich Walker, Cross-cultural Reception (nt. 2), 115 „[…] its place of origin – a debate that may never be resolved […]“. Für die verschiedenen Lokalisierungen sind hier stellvertretend nur die jüngeren Arbeiten angeführt: Steppan, Artuqiden-Schale (nt. 54), 13–35; Redford, Plate (nt. 54), 127–135; M. MüllerWiener, Im Kontext gesehen – Die Artukiden-Schale und das „classical revival“ in Nordsyrien ˘ azı¯ra, in: U. Koenen/M. Müller-Wiener (eds.), Grenzgänge im östlichen Mittelmeerund der G gebiet. Byzanz und die islamische Welt vom 9.–13. Jahrhundert, Wiesbaden 2008, 147–167, bes. 154–164; M. E. Frazer, The Alexander Plate in Innsbruck and ist companion-pieces: east of Byzantium?, in: Jewellery Studies 3 (1989), 86. N. Asutay-Effenberger, Überlegung zur Datierung und Lokalisierung der Innsbrucker Artukiden-Schale, in: Byzantion. Revue Internationale des Études Byzantines 79 (2009), 37–47. Ibid., 44. – Für den Beibehalt der persischen Sprache siehe C. Cahen, The Formation of Turkey. The Seljukid Sultanate of Ru¯m. Eleventh to Fourteenth Century (translated and ed. P. M. Holt), London 2001, 159 sq. Nach mündlicher Mitteilung von Neslihan Asutay-Effenberger mag die fehlerhafte Genealogie auch durch das begrenzte Format des Inschriftenträgers bedingt sein, das die Aufzählung der Abstammung nicht in der Vollständigkeit ermöglichte.
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geht, wer hat die technische Ausführung umgesetzt? Es ist auch in diesem Fall anzunehmen, daß mehrere Handwerker unterschiedlicher Herkunft zusammen arbeiteten. Bei diesem Beispiel findet die Einfügung der arabischen und persischen Inschrift eine Erklärung in der Auftraggeberschaft, vor allem aber in der Zweckbestimmung des Objektes. Als Teil der Mitgift einer Seldschuken-Prinzessin wurde mit Einbeziehung des Persischen die Tradition der Rum-Seldschuken betont. Es ist quasi eine Legitimierung ihrer Dynastie, die sich auf ihre persischen Traditionen beruft 60. Sie ist zugleich identitätsstiftend und diente letztlich einer Nobilitierung der Braut, wenn es sich tatsächlich – wofür Vieles spricht – um eine Hochzeitsgabe handelte. Die Zusammenführung verschiedener Elemente ist auch bei diesem Beispiel in der Funktion des Objektes begründet. V. Die Tafeln eines Elfenbeinkastens im Hessischen Landesmuseum in Dar mstadt Das Bildprogramm der vier Tafeln, die einst einen ca. 10 cm hohen, 23 cm langen und ca. 17 cm breiten Kasten bildeten, gibt immer noch Rätsel auf 61. Innerhalb der Gattung der Elfenbeinkästen gilt er als Unikum 62. Dies zum einen 60 61
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Asutay-Effenberger, Überlegung (nt. 57), 43. Darmstadt, Hessisches Landesmuseum Inv.-Nr. KG 54: 215 a–d; A. Goldschmidt/K. Weitzmann, Die byzantinischen Elfenbeinskulpturen des X.–XIII: Jahrhunderts, vol. I, Kästen Berlin 1930, 66–67 Nr. 125 a–d, Taf. 76; Evans/Wixom (eds.), Glory (nt. 6), 227 sq., nr. 151 (M. Georgopoulos) mit der Einordnung als byzantinisch, aber mit Verweis auf die Entfaltung verschiedener kultureller Traditionen (klassisch, byzantinisch und sasanidisch) in diesem Werk; A. Cutler, The Hand of the Master. Craftsmanship, Ivory, and Society in Byzantium (9th–11th centuries), Princeton 1994, 155; I. Spiliopoulou-Donderer, Das Darmstädter Elfenbeinkästchen. Ein Geschenk des Konstantinos VII. Porphyrogennetos an Otto den Großen, in: Nova Graecia, Festschrift H. A. Richter, Mannheim 2004, 17–34; A. W. Walker, Exotic elements in middle byzantine secular art and aesthetics. 843–1204 C. E., Diss. Harvard University Cambridge, Mass., Ann Arbor 2004, 317–367; Th. Jülich, Die mittelalterlichen Elfenbeinarbeiten des Hessischen Landesmuseums Darmstadt, Regensburg 2007, 38–45 Nr. 3. – Die im Mitteilungsheft der AGCA 21 (2006), 32 als 2005 abgeschlossen gemeldete Magisterarbeit scheint nicht veröffentlicht zu sein: I. Pallasch, Das sog. Darmstädter Elfenbeinkästchen – Darmstadt LM Inv.-Nr. 54:215 a–d; N. S. Trahoulias, The Venice ‚Alexander Romance‘, Hellenic Institute Codex Gr. 5. A study of Alexander the Great as an imperial paradigm in Byzantine art and literature, Harvard Univ. Diss., Cambridge, Mass. 1997; id., The Greek Alexander romance. Venice Hellenic Institute codex gr. 5, Facsimile ed., Athens 1997. Goldschmidt/Weitzmann, Elfenbeinskulpturen (nt. 61), 66–67 Nr. 125 a–d Taf. 76; A. von Euw, Elfenbeinarbeiten von der Spätantike bis ins Hohe Mittelalter. Aus der Sammlung Hüpsch des Hessischen Landesmuseums Darmstadt, Frankfurt am Main, Liebighaus Museum alter Plastik, 5.11.1976–27. 2.1977, Frankfurt am Main 1976, Nr. 7; Werdendes Abendland an Rhein und Ruhr, Ausstellung in der Villa Hügel, Essen, 18. Mai bis 15. September, Essen 1956, 235 sq., Kat.Nr. 405 ‚Unikum innerhalb der byzantinischen Elfenbeinkunst‘; J. Lafontaine-Dosogne (ed.), Splendeur de Byzance, exposition 2 octobre–2 décembre 1982, Musée Royaux d’Art et d’Histoire, Bruxelles 1982, 118 sq., nr. Iv. 26 (C. Heller); Walker, Exotic elements (nt. 61), 319.
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Abb. 1: Längswand eines Elfenbeinkastens, Hessisches Landesmuseum Darmstadt (Jülich, Elfenbeinarbeiten, 38, Kat.-Nr. 3)
hinsichtlich der architektonischen Gliederung der Kastenwände, die von spätantiken Sarkophagen angeregt sein dürfte 63, aber vor allem motivisch. Auch hier wurde – ähnlich wie bei der Glasschale – vornehmlich nach Vorlagen und Vorbildern für die szenischen Darstellungen gesucht. Demnach setzt sich das Bildprogramm versatzstückartig aus verschiedenen Motiven zusammen, denen ein gemeinsamer Nenner und damit eine verbindende Sinnebene fehlt 64: Statuennachbildungen, allegorische Herrscherbilder bzw. Darstellungen aus dem Herrscherzeremoniell und eine Theaterszene seien vertreten. Für die in diesem Kontext auffälligste Darstellung mit dem Lautenspieler (Abb. 2) machte Kurt Weitzmann eine sasanidische Vorlage verantwortlich, ohne die Wahl dieses Motivs zu begründen65. Die anderen Vorbilder stammten aus der Spätantike und aus dem südöstlichen Bereich des Mittelmeerraumes. Diese eigenwillige Zusammenstellung begründete er mit rein dekorativen Prinzipien 66. Im Kontext der anderen Darstellungen diente das Lautenspielerrelief als Paradebeispiel für den Einfluß
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So bereits H. Graeven, Mittelalterliche Nachbildungen des Lysippischen Herakleskolosses, in: Bonner Jahrbücher 108/109 (1902), 252–397, bes. 270, 275, Taf. 9; Goldschmidt/Weitzmann, Elfenbeinskulpturen (nt. 61), 67; Spiliopoulou-Donderer, Elfenbeinkästchen (nt. 61), 26 sq. Zur Rahmung ausführlich Walker, Exotic elements (nt. 61), 321–324. Goldschmidt/Weitzmann, Elfenbeinskulpturen (nt. 61), 66 sq. „Doch bleibt immer die Frage offen, ob nicht manches Unverständliche bei uns liegt, die wir die Literatur der Zeit nicht genügend kennen.“ Werdendes Abendland (nt. 62), 235 sq. „aus noch nicht gedeuteten Zusammenhängen“. Goldschmidt/Weitzmann, Elfenbeinskulpturen (nt. 61), 67 führen die Verdopplung des Löwen auf eine textile Vorlage zurück. Sasanidisch sei vor allem der bänderartige Kopfschmuck. Ibid. 67 „willkürlich Füllung des Bildfeldes nach rein ornamentalen Gesichtspunkten“. Nach Cutler, Hand (nt. 61), 155 könne man nicht entscheiden, ob ein Programm hinter den Reliefbildern stünde, oder ob sie rein ornamental seien.
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Abb. 2: Schmalseite eines Elfenbeinkastens, Hessisches Landesmuseum Darmstadt (Jülich, Elfenbeinarbeiten, 40, Kat.-Nr. 3)
islamischer Kunst in Byzanz 67. Eine Erklärung für die Aufnahme dieses exotischen Motivs in diesem Bildprogramm stand lange aus 68, denn – wie oben bereits mehrfach ausgeführt – wurde bisher selten nach den Gründen für die Zusammenführung der verschiedenen Ausdrucksformen gefragt. Wiederholt wird der Schlüssel zum Verständnis der Reliefbilder in der literarischen Tradition des Alexanderromans gesucht 69. Nachdem bereits 1902 der Philologe Hans Graeven eine Szene des Kastens mit dem Alexanderroman in Verbindung gebracht hatte70, erklärte Wolfgang Christian Schneider weitere Darstellungen des Reliefprogramms mit einer Überlieferung des Alexanderromans71. 67 68 69
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J. Beckwith, The Influence of Islamic Art on Western Medieval Art, in: Apollo 103 (1976), 270–281, bes. 270–272. Er erkannte in der Sitzfigur allerdings eine Lautenspielerin. Walker, Exotic elements (nt. 61), 317 sq. zu der immer wieder vorgenommenen Separierung dieser Tafel von den übrigen Szenen dieses Kastens. Da auch der Alexanderstoff keine schlüssige, durchgängige Lesart der Darstellungen bietet, wird auch eine verlorene literarische Vorlage vermutet, die eine Verbindung zwischen den disparaten Komponenten herstelle; L. Rodley, Byzantine Art and Architecture. An Introduction, Cambridge 1994, 176 sq., Fig. 137. Vergleiche auch nt. 64. Graeven, Nachbildungen (nt. 63), 275. – Zur Verbreitung des Alexanderstoffes cf. S. Gero, The Alexander legend in Byzantium. Some literary Gleanings, in: Dumbarton Oaks Papers 46 (1992), 83–96; A. Demandt, Alexander der Grosse. Leben und Legende, München 2009, bes. 424 sq.; F. Doufikar-Aerts, Alexander Magnus Arabicus. A Survey of the Alexander Tradition through Seven Centuries. From Pseudo-Callisthenes to Suri (Mediaevalia Groningana New Series 13), Leuven 2010. W.-Ch. Schneider, Mit Alexander in den Orient, in: Exotische Welten – Europäische Phantasien, Ausstellungskatalog Stuttgart 1987, 230–235, bes. 232–234; Walker, Exotic elements (nt. 61), 334.
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Abb. 3: Schmalseite eines Elfenbeinkastens, Hessisches Landesmuseum Darmstadt (Jülich, Elfenbeinarbeiten, 41, Kat.-Nr. 3)
Auf der Basis der Alexanderthematik benennt Theo Jülich die Szenen wie folgt 72: Auf einer Längsseite (Abb. 1) zähme Alexander das menschenfressende Roß Bukephalas. Dabei käme das Darstellungsmotiv der Bändigung der Rosse des Diomedes durch Herakles zum Tragen, ein Sujet, das auch die literarische Vorlage biete73. Es folge eine Theaterszene mit einem Gelehrten – vielleicht Aristoteles – der den Gordischen Knoten halte74. Rechts stehe Olympias, die Mutter Alexanders, mit dem Haupt des ermordeten Philipp, König von Makedonien. Dazwischen erscheine die zweite Frau Philipps oder die Schwester Alexanders. Die Begegnung Alexanders mit dem Drachen beschließe die Seite75. Es sei eine verbreitete Darstellung der Bezwingung des Untiers, die auch der ikonographischen Formel des Drachentöters Georg entspräche 76. Auf der Schmalseite folgt die 72 73 74 75
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Jülich, Elfenbeinarbeiten (nt. 61), 44 sq. Weitzmann, Mythology (nt. 40), 162 fig. 194; E. Stier, Art. ‚Alexander (III) der Große‘, in: Reallexikon für Antike und Christentum, vol. 1 (1950), Sp. 261–270, bes. 269. Nach Walker, Exotic elements (nt. 61), 325–328 ist hier die Ausbildung des Herakles durch seinen Lehrer Linos dargestellt. Nach dem Alexanderroman erfolgt die Tötung nicht durch heroische Stärke, sondern durch List, indem Alexander zwei Ochsenhäute mit Pech und Schwefel füllte, denn zwei Ochsen wurden dem Drachen immer zum Fraß vorgeworfen; Demandt, Alexander (nt. 70), 252. Walker, Exotic elements (nt. 61), 338. O. Pangarog˘ lu, The Itinerant Dragon-Slayer. Forging Path of Image and Identity in Medieval Anatolia, in: Gesta 43,2 (2004), 151–164, bes. 155 sq. – Zum Aufkommen des Drachentötermotivs im Zusammenhang mit dem Hl. Georg siehe K. J. Dorsch, Der Drachentöter Georg – Korrektur eines Heiligenbildes, in: Das Münster 39 (1986), 297–300.
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Abb. 4: Längswand eines Elfenbeinkastens, Hessisches Landesmuseum Darmstadt (Jülich, Elfenbeinarbeiten, 42, Kat.-Nr. 3)
Greifenfahrt des Alexander (Abb. 3). Auf der anderen Schmalseite sei in dem sasanidischen Lautenspieler der Perserkönig Darius zu erkennen, der durch Bessos und einen Gefährten ermordet wird (Abb. 2) 77. Auf der anderen Längsseite (Abb. 4) finde sich links eine Adventusdarstellung, die die Weissagung des Todes Alexanders beinhalte. Im Mittelfeld erscheine eine weitere Todesvoraussagung in der Höhle des Serapis78, der dann im rechten Feld der Tod Alexanders in Anwesenheit Roxanes folge. Mit diesem Deutungsvorschlag liegt immer noch keine schlüssige Interpretation der Reliefdarstellungen vor. Denn einige Reliefbilder werfen weiterhin Fragen auf 79. Eine durchgängige Identifizierung der handelnden Figuren mit Alexander ist nicht gegeben, da die Deutung der Darstellung der Bändigung des Bukephalas nicht überzeugt. Der Held erscheint nicht als jugendlicher Königssohn, sondern bärtig und zudem nackt mit dem in typischer Weise auf der Brust verknoteten Löwenfell, so daß in ihm doch Herakles zu erkennen sein dürfte 80. Zudem findet nur so die Zweizahl der Pferde eine plausible Erklärung. Buke-
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Eine entsprechende Deutung bei Walker, Exotic elements (nt. 61), 346, 350 sq., die vor allem den durch die Komposition zum Ausdruck gebrachten Kontrast der beiden ansonsten analog angelegten Schmalseitenreliefs herausstellt. In der Sitzfigur wird meist eine Wiedergabe der Heraklesstaue des Lysipp auf dem Hippodrom in Konstantinopel erkannt. Zu diesem Statuentyp siehe J. Floren, Zu Lysipps Statuen des sitzenden Herakles, in: Boreas 4 (1981), 47–60, bes. 53. In der Diskussion im Anschluß an den Vortrag wurde auf einige der noch bestehenden Unstimmigkeiten verwiesen, wie z. B. die Nacktheit einiger Figuren. Ob einige von ihnen mit den nackten Weisen, den Gymnosophisten, zu erklären sind, denen Alexander auf seinem Weg nach Indien begegnet, muß offen bleiben; Demandt, Alexander (nt. 70), 252–255. Den antiken Beispielen liegt meist der Bildtyp der Bezwingung der Pferde durch das Greifen in die Nüstern zugrunde. Für Beispiele siehe P. F. B. Jongste, The twelve labours of Hercules on roman sarcophagi (Studia Archaeologica 59), Rome 1992, 19 sq., nr. 9.
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phalas ist laut Überlieferung ein übergroßes Pferd mit Hörnern. Im zweiten Pferd den Schatten des Bukephalas zu erkennen, den Alexander zur Bezwingung des Tieres einkalkuliert, ist angesichts der Haltung dieses offensichtlich niedergestreckten Pferdes wenig überzeugend. Ioanna Spiliopoulou-Donderer deutet die meisten Szenen mit dem Heraklesmythos81. Ohne nun bei jeder einzelnen Szene das Für und Wider auszudiskutieren ist vielmehr festzustellen, daß hier ein Geflecht aus der Herakles- wie auch aus der Alexanderthematik vorliegt. Und nach Ansicht von Alicia Walker liegen dieser Darstellungsfolge auch noch weitere zeitgenössische literarische Inhalte zugrunde 82. Dies ist offensichtlich eine zielgerichtete Intention des Konzepteurs dieses Bildprogramms. Wenn also Wert auf eine Vielschichtigkeit der Aussagen der Reliefbilder gelegt wurde, kann dies nur in einer besonderen Funktion des Kastens begründet sein. Dazu treten eindeutige Anspielungen auf den regierenden Kaiser, wie an dessen zeitgenössischer offizieller Staatstracht in der Adventus- und Himmelfahrtsszene deutlich wird. Macht, Heldentum und Bildung sind die Grundaussagen der Darstellungen. Alexander diente den byzantinischen Herrschern als Identifikationsfigur, Herakles verkörperte die wichtige Herrschertugend der Stärke83. Die sog. Theaterszene spielt möglicherweise auf die Bildung an, die ein unverzichtbarer Ausweis des Kaisers war. Dieses sehr heterogene Bildprogramm84 hält bewußt mehrere Sinnebenen bereit85, die uns heute nicht mehr alle erkenntlich sind. Für das Drachentötermotiv wurde dies bereits von Oya Pangarog˘ lu vorgeschlagen86. Zieht man einen möglichen Gebrauch des Kastens nicht nur als kostbares Behältnis zur Aufbewahrung einiger Pretiosen in Betracht, sondern unterstellt der dargebotenen Bilderzählung auch eine inspirierende Funktion, die dazu diente, daß ein gelehrter Kreis unter Erzählung und vielleicht auch beliebiger Ausweitung die Bildgeschichten delektierte, dann könnte dies erklären, daß die Darstellungen ganz bewußt nicht nur einem bestimmten literarischen Text folgen, wie es meist bei derartigen Bildprogrammen angenommen wird. Vielmehr stellen sie eine eigene, vielschichtige und variantenreiche Bilderzählung dar, die für die Betrachter geschaffen wurde, um quasi als Ideengeber zu individuellen Erweiterungen und
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Spiliopoulou-Donderer, Elfenbeinkästchen (nt. 61), 19–30. Alexander wird in der bildenden Kunst u. a. Herakles angeglichen; siehe Stier, Alexander (nt. 73), Sp. 269. Nach Walker, Exotic elements (nt. 61), 317–319 basieren die klassizierenden Szenen auf dem Heraklesmythos, dem Alexanderepos und weiteren zeitgenössischen literarischen Komponenten. Nach ibid., 340–342 handelt es sich bei beiden Heroen um Prototypen der byzantinischen Herrscher. Nach ibid., 338: „an amalgamation of classical, Byzantine and hagiographic figures“. Diese Mixtur verschiedener Stoffe finde in der zeitgenössischen Literatur eine Parallele; ibid. 353. An dieser Stelle sei für die regen Diskussionsbeiträge im Anschluß an den Vortrag gedankt, die unmittelbar zur Ausweitung einer ersten Idee führten. Pangarog˘ lu, Dragon-Slayer (nt. 76), 155. Sie stellt bei dem Motiv des Drachentöters verschiedene Identifikationsmöglichkeiten heraus.
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Ausschmückungen verschiedener literarischer Stoffe anzuregen. Die Bildchiffren werden dargeboten, um die Fabulierlust der Rezipienten zu stimulieren. Die Organisation der Darstellungen auf dem Kasten basiert nach Walker auf einer visuellen Strategie, die Parallelen in den rhetorischen Strategien der zeitgenössischen byzantinischen Literatur habe 87. Mit diesen Darstellungen könnte eine gleichnishafte Rezitation des Alexander- und Heraklesmythos und weiterer literarischer Themen angeregt worden sein, als eine Folie, auf der sich die Qualitäten des Herrschertums zeigen. Der Inhalt der Darstellungen, wie auch das kostbare Material sprechen für einen Auftraggeber respektive für einen Adressaten im höfischen Umfeld, wenn es nicht gar der Kaiser selbst war. Und wie oben bereits vermerkt, waren derartige Objekte nicht nur kostbare und wertvolle Statussymbole, die den materiellen Reichtum ihres Besitzers demonstrierten, sondern dienten auch der Zurschaustellung seiner Bildung, die ein ebenso bedeutendes, da distinguierendes Merkmal in der byzantinischen Gesellschaft war. Je nachdem ob der Auftraggeber mit dem Besitzer des Kastens identisch war, oder ob der Auftraggeber den Elfenbeinkasten verschenkte, oder ob im Auftraggeber auch der Konzepteur zu vermuten ist, in jedem Fall konnte mit der erläuternden Betrachtung dieses hochanspruchvollen Bildprogramms die versammelte Gesellschaft in einen Wettbewerb treten, in dem der Höchstgebildete ermittelt wurde. Der Konzepteur und/oder Auftraggeber hat mit dem Entwurf dieses vielschichtigen Programms die künftigen Betrachter bereits herausgefordert. Das fremdartige Wesen in dem typisch orientalischen Sitzmotiv auf dem Löwenthron kennzeichnet wohl den Perserkönig Darius oder weitere Herrscher. Dann hätte bei dem Elfenbeinkasten die Aufnahme des Lautenspielermotivs – das exotische Motiv im Bildprogramm – also ebenfalls eine identitätsstiftende Funktion, hier jedoch eher als Einsatz einer Bildformel, um einen orientalischen Herrscher zu kennzeichnen. Und dieses in einer negativen Weise, die sich in der Darstellung der Nacktheit ausdrückt. Hier wurde eine bekannte islamische Bildchiffre des musizierenden Herrschers in der Weise verändert, daß dieser der Lächerlichkeit preisgegeben ist 88. Diese Bildformel wurde im Hinblick auf den Rezipientenkreis modifiziert. Es ist wahrscheinlich, daß dieses Bildprogramm in einer byzantinischen Werkstatt ausgearbeitet wurde 89. Die Bildformel für den sasanidischen Herrscher war im geläufigen Bildrepertoire verfügbar. Es ist in diesem Fall nicht davon auszugehen, aber auch nicht auszuschließen, daß verschiedene Handwerker tätig waren.
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Walker, Exotic elements (nt. 61), 349–355. Die Bildformel zeigt den bekleideten Herrscher; Walker, Exotic elements (nt. 61), 361 sq. Die Negativdarstellung des islamischen Herrschers ist für Walker eine entscheidendes Gegenargument gegen die von Cutler, Hand (nt. 61), 155 und Spiliopoulou-Donderer, Elfenbeinkästchen (nt. 61), vertretene Annahme, es handele sich bei dem Kasten um ein diplomatisches Geschenk; Walker, Exotic elements (nt. 61), 364 sq. Für Walker, Exotic elements (nt. 61), 361 kann der Kasten aufgrund der Nacktheit des islamischen Herrschers nur in Byzanz gefertigt worden sein.
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Auf welche Weise der Auftraggeber und/oder Entwerfer dieses hohe Konzeptionsniveau des Bildprogramms den ausführenden Elfenbeinbearbeitern vermitteln konnte, bleibt eine offene Frage. Wahrscheinlich handelt es sich bei diesem Reliefbildprogramm um eine Neukonzeption. Die vom Auftraggeber und/oder Entwerfer vermittelten Vorgaben setzte der Elfenbeinschnitzer mit dem ihm vertrauten Bildrepertoire um. Geläufige Bildformeln wurden eingesetzt, um auf die intendierten Aussageebenen anzuspielen. Die Deutungsschwierigkeiten, mit denen wir heute konfrontiert sind, waren vom Auftraggeber beabsichtigt und der ausführende Schnitzer trug mit der Verwendung bekannter Ideogramme in eigenwilliger Komposition dazu bei, die heutigen Interpreten regelrecht hinters Licht zu führen. Zur Funktion des Kastens ist zusammenfassend festzustellen, daß er seinen wohlhabenden Besitzern wahrscheinlich nicht nur als Luxus- und Prestigeobjekt diente, sondern – wie oben ausgeführt – ebenso der Unterhaltung und dem Zeitvertreib. Mit Rezitation der Episoden des Alexanderromans, des Heraklesmythos oder weiterer literarischer Sujets konnte man seine hohe Bildung in einem größeren Kreis demonstrieren90. Bei diesem Kasten, ebenso wie bei der Glasschale in Venedig, zeigt sich, daß mit der Aufnahme fremder Elemente auch vielfach die Rezeption älterer Bildmotive einhergeht. Dies aber in einer jeweils individuellen, auf den Zweck ausgerichteten Umformung. Auch hier lag die Einbeziehung und Instrumentalisierung der islamischen Bildformel – die Spekulationen über die möglichen Einflüsse auslöste – eindeutig in der Funktion des Kastens begründet. Neben diesen prominenten Werken gibt es noch zahlreiche Objekte – und deren Zahl ist kaum abzuschätzen – die genauso deutlich von den kulturellen Wechselbeziehungen zeugen91. Sie sind bisher nur weniger bekannt und fristen oft ein unscheinbares Dasein in den Magazinen der großen Sammlungen. Ihnen wird seltener Aufmerksamkeit geschenkt, da sie als einfachere Werke aus Bronze im Schatten der prominenteren und kunsthandwerklich exquisiteren Vertreter aus Gold oder Silber stehen. Sie rücken seltener in den Fokus der Publikationen, da sie Probleme bereiten: denn mit ihrer Mélange aus verschiedenen Kulturkreisen entziehen sie sich einer Einordnung. Wenn wir bei den behandelten Beispielen über die Herkunft der beteiligten Akteure – seien es nun die Konzepteure oder die ausführenden Handwerker – nur spekulieren können, so erfahren wir aus anderen historischen Quellen mehr und mehr über Wanderkünstler, von Fremdarbeitern oder Gefangenen, die hand-
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Vergleiche auch ibid., 349. Für zwei Beispiele siehe A. Cutler, A Christian Ewer with Islamic Imagery and the Question of Arab Gastarbeiter in Byzantium, in: R. Favreau/M. H. Debiès (eds.) Iconographica. Mélanges offerts à P. Skubiszewski (Civilisation médiévale 7), Poitiers 1999, 63–69; O. Grabar, About a Bronze Bird, in: E. Sears/Th. K. Thomas (eds.), Reading Medieval Images. The Art Historian and the Object, Ann Arbor, Michigan 2002, 117–125.
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werkliche Berufe ausübten92. Es sind verschiedene gesellschaftliche Kräfte, die diese Wechselbeziehungen und den Kulturaustausch bewirken. An prominenten Beispielen habe ich nun versucht aufzuzeigen, daß mit der unverbindlichen Erklärung eines Einflusses noch viele Fragen offen bleiben. Ich hoffe nun mit meinen Ausführungen dazu angeregt zu haben, den Tatbestand einer Durchmischung verschiedener kulturellen Erscheinungen in den überlieferten Kunstwerken etwas genauer zu betrachten und Überlegungen dazu anzustellen, wie sich ein solcher Prozeß vollzogen haben könnte. Die Entstehung derartiger Kunstwerke ist vor dem Hintergrund der sozio-kulturellen gesellschaftlichen Entwicklungen zu sehen und entsprechend einzuordnen93. Die Kunsthistoriker sollten im Gleichschritt mit der historischen Forschung gehen. Mit einer eindeutigen Etikettierung der Werke wäre behutsamer zu verfahren. Die Untersuchung führt zu dem Ergebnis, daß nicht allein ästhetische Gründe oder der Reiz des Fremdartigen zur Aufnahme der fremden Elemente führen, sondern es sich meist um eine bewusste, ziel- und zweckorientierte Aneignung handelt. Der sogenannte Einfluß anderer, fremder Kulturen im Bereich des Kunsthandwerks erweist sich somit als äußerst facettenreich. Die Begriffe ‚Einfluss‘ und auch ‚Rezeption‘ sind in dem untersuchten Zusammenhang in ihrem allgemeinen Sinn wohl nicht gänzlich falsch, verschleiern aber oft die vielfältigen Aspekte der Aufnahme fremder kulturelle Merkmale. Es hat sich bei den hier erneut untersuchten Beispielen gezeigt, daß in erster Linie die Funktion, die den Objekten bei Auftragsvergabe zugedacht ist und eine bestimmte Konzeption der formalen, materiellen oder künstlerischen Beschaffenheit vorgibt, zur bewußten Zusammenführung unterschiedlicher Gestaltungsweisen oder verschiedener Sprachen der Inschriften führt. Nicht allein der Reiz des Fremden oder ein ästhetischer Aspekt führen zur Herstellung derart heterogener Objekte, sondern es hat sich vielmehr gezeigt, dass in fast allen Fällen eine offenkundige Absicht dahinter stand. Derartige Erscheinungsformen sind nicht länger als mehr oder weniger zufälliger „Einfluss“ anzusehen, sondern vielmehr als bewußte Instrumentalisierung des Anderen in Hinblick auf die zugedachte Funktion des Artefaktes zu werten. Die Herstellungsprozesse vollzogen sich in Werkstätten, die arbeitsteilig arbeiteten und in denen Handwerker verschiedener Erfahrungshorizonte und 92
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G. Dagron, Minorités ethniques et religieuses dans l’Orient byzantin à la fin du Xe et au XIe siècle. L’immagination syrienne, in: Traveaux et Mémoires. Centre de Recherches d’Histoire et Civilisation byzantines 6 (1976), 177–216 bes. 179–184. Todt, Region (nt. 14), 254 sq. 262sq; Cahen, Formation (nt. 58) 112–133, 167–167, und auch 157 sq. über die Dauer der Akkulturationsprozesse, Ch. M. Brand, The Turkish Element in Byzantium, Eleventh–Twelfth Centuries, in: Dumbarton Oaks Papers 43 (1989), 1–25; A. Y. Ocak, Social, cultural and intellectual life, 1071–1453, in: K. Fleet (ed.), Byzantium to Turkey 1071–1453 (The Cambridge History of Turkey 1), Cambridge 2009, 353–422. Siehe dazu auch Grabar, Patterns (nt. 2), 441–445 und R. Outserhout/D. F. Ruggles, The Medieval Mediterranean Expierience. Art, Material Culture, and Cultural Interchange, in: Gesta 43,2 (2004), 83–85 exemplarisch für einige weitere Appelle in diesem Sinne.
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kunsthandwerklicher Traditionen zusammenkamen. Diese organisierten Handwerksbetriebe mit dem Zusammentreffen verschiedener kultureller kunsthandwerklicher Fähigkeiten waren die Schmelztiegel, die derart vielfältige Erzeugnisse hervorbrachten. Wenn Objekte – wie die Behältnisse im Schatz von San Marco und im Domschatz in Aachen, oder der Elfenbeinkasten in Darmstadt – inspirierend auf die Konzeption westlicher Reliquiare wirkten94, dann bezeugt dies einmal mehr, daß Byzanz einen Knotenpunkt bildete, an dem die Fäden aus verschiedenen Richtungen zusammenliefen und dann weiterwirkend wieder in verschiedene Richtungen ausstrahlten.
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Grimme, Goldschmiedekunst (nt. 14), 126; E. G. Grimme, Anastasiusreliquiar, in: Ornamenta Ecclesiae 3, Katalog zur Ausstellung des Schnütgen-Museums in der Josef-Haubrich Kunsthalle, Köln 1985, 88–90, nr. H 12, hier 88; J.-H. Baumgarten, Die Kuppelreliquiare aus dem Welfenschatz und von Hoch-Elten: eine vergleichende Untersuchung (Bochumer Schriften zur Kunstgeschichte 20), Frankfurt am Main – Bern 1995, 158–165, bes. 159. Die Tektonik des Darmstädter Elfenbeinkastens, oder eines ähnlichen Kastens, könnte inspirierend auf die architektonische Gliederung einer Längsseite eines Bein- und Elfenbeinreliquiars des 10. oder 11. Jahrhunderts gewirkt haben, der heute nach einer Neumontierung des 19. Jahrhunderts im SchnütgenMuseum in Köln als Leihgabe der Sammlung Ludwig verwahrt wird; J.-H. Baumgarten, Reliquienkästchen, in: Ornamenta Ecclesiae vol. 3, op. cit., 99 sq. Kat.-Nr. H 21.
Der westliche Einfluß in Byzanz am Beispiel neutestamentlicher Ikonographie * M A (Greifswald) Unter dem Begriff ‚Byzantinische Frage‘ versteht man den Einfluß, den die byzantinische Kultur auf den Westen ausgeübt hat. Während allerdings die Einflüsse byzantinischer Kunst im Westen seit Jahrzehnten wohlbekannt sind 1, erscheint die byzantinische Kunst in ihren angestammten Regionen des ehemaligen oströmischen Reiches als überwiegend homogen und weitestgehend frei von äußeren Einflüssen. Selbstverständlich ist seit langem bekannt, daß islamische Einflüsse aus dem Osten Eingang in die byzantinische Kunst gefunden haben; dafür stehen u. a. die verschiedenen Darstellungen auf den Seiden-Stoffen und die in allen Gattungen auftretende pseudo-kufische Ornamentik 2. Diese östlichen Einflüsse aus der früh- und mittelbyzantinischen Periode werden in der spätbyzantinischen Zeit durch solche aus dem Westen abgelöst. Obwohl allerdings die Kontakte zwischen Byzanz und dem Westen bis in die Spätantike zurückreichen und durch die im Jahre 1082 von Kaiser Alexios der Lagunenstadt Venedig gewährten Handelsprivilegien eine verstärkte Präsenz von Westlern im oströmischen Reich nach sich zogen 3, lassen sich für diese frühe Phase kaum Einflüsse aus dem Westen nachweisen. Das ändert sich erst mit der Eroberung oströmischer Gebiete, in deren Folge nun die Franken massiv im Osten präsent wurden 4.
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Mein besonderer Dank gilt Fedor Schlimbach, der einige Abbildungen besorgt hat, die mir ansonsten unzugänglich geblieben wären. Cf. jüngst dazu J.-M. Spieser, Art byzantin et influence: pour l’histoire d’une construction à paraître, in: M. Balard/E. Malamut/J.-M. Spieser/P. Pagès (eds.), Byzance et le monde extérieur: Contacts, relations, echanges, Paris 2005, 271–288; H. A. Klein, Aspekte der Byzanz-Rezeption im Abendland, in: M. Brandt/A. Effenberger (eds.), Byzanz. Die Macht der Bilder, Hildesheim 1988, 122–153. Cf. dazu P. Schreiner, Byzanz und der Osten. Zur Frage politischer und kultureller Gewichtungen einer mittelalterlichen Großmacht, in: M. Altripp (ed.), Byzanz in Europa. Europas östliches Erbe, Turnhout 2011 (im Druck). Cf. M. Mullett/D. Smythe (eds.), Alexios I. Komnenos. Papers of the Second Belfast Byzantine International Colloquium, 14–16 April 1989, Belfast 1996; sowie C. Head, Alexios Komnenos and the English, in: Byzantion 47 (1977), 186–198. Cf. J.-B. De Vaivre/Ph. Plagnieux, L’art gothique en Chypre, Paris 2006; H. E. Grossmann, Building identity. Architecture as Evidence of Cultural Interaction between Latins and Byzantines in Medieval Greece. Ph. D. dissertation, University of Pennsylvania 2004.
Der westliche Einfluß in Byzanz am Beispiel neutestamentlicher Ikonographie
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Dennoch bleibt die Handelsbilanz im Kulturtransfer unausgeglichen 5: Auch wenn man – wie ich vermute – mit mehr Byzantinern im Westen als bisher rechnen muß, ist der Einfluß byzantinischer Kultur im Westen weitaus dominanter als jener aus dem Westen in Byzanz. Denn trotz der nachweislichen Anwesenheit zahlreicher Franken auf dem Gebiet des oströmischen Reiches ist deren Einfluß auf das dortige künstlerische Leben vergleichsweise wenig ausgeprägt. Die insgesamt geringe Zahl fränkischer Denkmäler im Osten hat andererseits in der Vergangenheit kaum das Interesse der Byzantinischen Kunsthistoriker auf sich gezogen6. Diese Tatsache ist ganz sicher auch der Grund dafür, daß die Frage nach dem Einfluß westlicher Kultur im Osten in der bisherigen Forschung wenig Beachtung gefunden hat. Erst in jüngster Zeit sind einige Arbeiten erschienen, die sich eigens diesem Phänomen widmen7. Das Thema jedoch ist ein wichtiges Desiderat, das im Kontext des Kulturtransfers zwischen dem lateinischen Westen und dem griechischen Osten in der Zukunft verstärkte Beachtung verdient 8. Ich möchte im folgenden einen kursorischen Überblick über dieses Phänomen bieten und mich dann der Ikonographie zum Neuen Testament zuwenden. Die Beschränkung auf die neutestamentlichen Bilder ermöglicht es zum einen, das Material in Bezug auf die übergeordnete Fragestellung einzugrenzen und zum anderen einen Befund in den Blick zu nehmen, der in gesellschaftlicher und theologischer Hinsicht besonders aussagefähig ist. Davon ausgehend werden sich dann die wichtigsten Fragen beantworten lassen: (1) Wo und wann treten die westlich beeinflußten Darstellungen auf ? (2) In welchen Gattungen treten sie auf ? 5 6
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Cf. R. S. Nelson, Byzantine Art and the West. An Asymmetrical Relationship, in: XXe Congrès international des études byzantines. Pré-Actes, vol. I: Séances plénières, Paris 2001, 107–110. Cf. dazu die Dissertation von Grossmann (nt. 4) sowie B. Kitsiki-Panagopoulos, Cistercian and Mendicant Monasteries in Medieval Greece, Chicago–London 1979, und P. Lock/G. Sanders (eds.), The Archaeology of Medieval Greece, Oxford 1996. Cf. neben den in nt. 6 genannten Titeln die Arbeiten von S. Kalopissi-Verti, Relations between East and West in the Lordship of Athens and Thebes after 1204: Archaeological and Artistic Evidence, in: P. Edbury/S. Kalopissi-Verti (eds.), Archaeology and the Crusades. Proceedings of the round table, Nicosia, 1 February 2005, Athen 2007, 1–34, und Ch. Bouras, The impact of Frankish Architecture on Thirteenth-Century Byzantine Architecture, in: A. Laiou/R. P. Mottahedeh (eds.), The Crusades from The Perspective of Byzantium and the Muslim World, Washington 2001, 247–262. Der Begriff ‚Kulturtransfer‘ ist mittlerweile stark strapaziert; siehe hierzu grundlegend H.-J. Lüsebrink, Interkulturelle Kommunikation, Stuttgart 22008; er soll hier ausschließlich im Sinne seiner ureigensten Bedeutung als Transfer von Kultur und ohne theoretische oder methodologische Überfrachtung verwendet werden. Es geht im folgenden auch zunächst einmal darum, den Befund herauszuarbeiten und darzustellen; im Ansatz soll versucht werden, die Frage nach den Ursachen des Transfers zu beantworten. Eine detaillierte Analyse nach e.g. den Personen hinter dem Kulturtransfer kann und soll mit dem vorliegenden Artikel nicht geleistet werden; es ist ohnehin schon jetzt deutlich, daß die bisher bekannte Quellenlage viele Fragen unbeantwortet lassen wird.
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(3) Welche ikonographischen Themen betreffen diese? (4) Welche Rückschlüsse lassen sich für die Bedeutung der Ikonographie ziehen? (5) Welche Aussagen ergeben sich daraus für die Theologie? (6) Gibt es ikonographische Veränderungen bei der Übernahme von westlichen Themen und Motiven? Zunächst soll jedoch noch ein kurzer Blick auf die Architektur sowie die Bauplastik geworfen werden, um den Kontext westlicher Einflüsse deutlich zu machen. Wenn im Westen – außerhalb der Kerngebiete byzantinischer Präsenz in Süditalien und Rom – byzantinische Bauten existieren sollten, dann geben sie sich – wie in Paderborn – als solche nicht zu erkennen9. Ganz anders verhält es sich im Osten. Dort haben die „Franken“ gotische Bauten in reinster Form errichtet. Das trifft vor allem für Zypern und das südliche Griechenland 10, in späterer Zeit aber auch für Rhodos und Kreta11 zu. Auf Euboia12 ist dagegen trotz der starken venezianischen Präsenz außer der Umbauphase der Hg. Paraskeue in Chalkida kaum reine westliche Architektur erhalten. In allen genannten Gebieten läßt sich aber in der Folgezeit ein Eingang gotischer Formensprache in die byzantinische Architektur feststellen, so daß in vielen Fällen kaum noch eine westliche oder byzantinische Urheberschaft zu entscheiden ist13. Während in diesen Gebieten westliche Architektur durch die zugewanderten Franken eingeführt worden ist, vollzog sich der Transfer z. B. in Rasˇka auf andere Weise 14. Dorthin wurden romanische Elemente durch das dalmatinische Küstengebiet 15 vermittelt und gingen im südslavischen Kerngebiet eine äußerst harmonische Synthese mit der byzantinischen Malerei ein. Dies ist übrigens – mehr oder weniger – der einzige Fall, bei dem romanische Motive mit der byzantinischen Kunst verschmolzen; ansonsten haben wir es fast ausschließlich mit gotischen Elementen zu tun.
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13 14 15
Cf. hierzu G. Mietke, Die Bautätigkeit Bischof Meinwerks von Paderborn und die frühchristliche und byzantinische Architektur, Paderborn 1991. Cf. nt. 4. Cf. hierzu M. Georgopoulou, Venice’s Mediterranean Colonies: Architecture and Urbanism, Cambridge 2001; G. Gerola, Benetiká mnhmeía thv Kräthv (Ekklhsíev), Erakleio 1993. Cf. dazu J. Koder, Negroponte. Untersuchungen zur Topographie und Siedlungsgeschichte der Insel Euboia während der Zeit der Venezianerherrschaft, Wien 1973; Th. Skouras, Cristianiká mnhmeía thv Euboíav, Chalkida 1998; Ch. A. Maltezou/Ch. E. Papakosta (eds.), Benetía – Eúboia, Venedig – Athen 2006 (war Verf. nicht zugänglich). Cf. hierzu Ch. Bouras, The Impact of Frankish architecture (cf. dazu nt. 7). Cf. S. Radojcˇ ic´, Geschichte der serbischen Kunst. Von den Anfängen bis zum Ende des Mittelalters, Berlin 1969, 21 sqq. Zur Entwicklung der Kunst Dalmatiens cf. J. Höfler, Die Kunst Dalmatiens. Vom Mittelalter bis zur Renaissance (800–1520), Graz 1989; die Bedeutung Dalmatiens für den gegenseitigen Kulturaustausch belegt auch das Bild von Trogir: C. Thieme, Das Tafelbild aus der Kathedrale von Trogir, Wiesbaden 2007.
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Die Bauplastik bietet ein ähnliches Bild: In dieser Gattung stellt die Anbringung der Geburts-Darstellung ganz oben im Bereich der Kuppel der Paregoritissa in Arta ein Unikum dar. Die ganze Formensprache ist durch und durch romanisch und läßt sich auf Einflüsse aus Apulien zurückführen16. Eine Synthese byzantinischer und fränkischer Elemente findet sich am skulptierten Bogen in der Hg. Georgios im Kastron von Geraki 17, der zwar mit seinen Flechtbändern und den geknoteten Säulen eindeutig byzantinische Elemente besitzt, sich in seinem gesamten Erscheinungsbild jedoch klar als franko-byzantinische Arbeit zu erkennen gibt. Das Verschmelzen westlicher bzw. venezianischer und byzantinischer Formen läßt sich dagegen vor allem auf Kreta besonders gut nachvollziehen. Hier wird sehr anschaulich, daß der westliche Stil zumindest in der Bauplastik fast vollständig absorbiert worden ist, so daß eine Unterscheidung zwischen den rein venezianischen und den nur venezianisch beeinflußten Denkmälern kaum noch möglich ist 18. In der Buchmalerei liegen die Verhältnisse ein wenig anders, da die Kodices leicht transportabel und in vielen Fällen deren genaue Herkunft nicht zu ermitteln ist. Viele Handschriften mit einem byzantinisch-westlichen Mischstil werden daher gerne Süditalien oder Sizilien zugeschrieben, wie z. B. die Skylitzes-Handschrift in Madrid 19 oder die Sacra Parallela in Paris 20. In dieser Hinsicht ist die Hiob-Handschrift in Paris von besonderer Bedeutung, da wir deren Kopist kennen; es handelt sich um Manuel Tzykandylés, der von 1362 bis 1370 in Mystras auf der Peloponnes weilte 21. Wenn wir uns jetzt der Ikonographie zuwenden, dann sei vorweggeschickt, daß eine entsprechende Untersuchung des Materials auf die hier gestellte Frage nach dem Einfluß der westlichen auf die byzantinische Ikonographie zum Neuen Testament bislang fehlt. Darüber hinaus kann auf Grund der zahlreichen und zu großen Teilen noch nicht publizierten Denkmäler nur eine vorläufige Aussage gemacht werden. Allerdings dürfte das von mir zusammengestellte Material für eine repräsentative Schlußfolgerung genügen. Hinsichtlich der zu untersuchenden Bilder werde ich zwischen den eigenständigen Themen, die ich zuerst behandeln möchte, und den Motiven unterscheiden.
16 17 18 19 20 21
B. N. Papadopoulou, H Buzantinä ’Arta kai ta mnhmeía thv, Athen 2002, Abb. 171; das Stück wird in das ausgehende 13. Jh. datiert. Cf. A. J. B. Wace, Frankish Sculpture at Parori, Geraki, in: Annual of the British School of Athens 11 (1904–1905), 139–145. Cf. hierzu nt. 11. Cf. dazu jüngst V. Tsamakda, The Illustrated Chronicle of Ioannes Skylitzes in Madrid, Leiden 2002. Cf. hierzu K. Weitzmann, The Miniatures of the Sacra Parallela, Parisinus graecus 923, Princeton 1979. Cf. den Ausstellungskatalog Byzance. L’art byzantin dans les collections publiques françaises. Musée du Louvre 3 novembre 1992 – 1er février 1993, Paris 1992, Kat. Nr. 354.
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Abb. 1: Par.gr. 74, fol.205v, 11. Jahrhundert, Geißelung (H. Omont, Évangiles avec peintures Byzantines du XIe siècle, Reproduction du manuscrit gr. 74 de la Bibliothèque Nationale, Paris 1908, Taf. 176).
Zunächst sei auf die sogenannte Geißelung 22 verwiesen, die bereits seit dem 9. Jh. in dem Stuttgarter 23 (Stuttgarter Landesbibliothek, cod. 23, fol. 79) sowie dem Utrechter 24 Psalter (Utrechter Universitätsbibliothek, cod. 484, fol. 85v) und dann vor allem in der romanischen und gotischen Malerei auftritt. In der byzantinischen Kunst hatte die Wiedergabe dieser entwürdigenden Ereignisse zwischen der Befragung durch Pilatus und der Kreuztragung keinen Platz 25. Sie läßt sich daher nur ein einziges Mal – nämlich im Par. gr. 74, fol. 205v aus dem 11. Jh. – nachweisen 26. Hier allerdings fehlt die im Westen so typische Säule, an der der Gegeißelte mit gekreuzten Armen festgebunden wird. Es gibt drei weitere Beispiele 27 für dieses Thema, die aber alle aus dem Balkan stammen: da ist zum einen das Evangelium des bulgarischen Zaren Joan Aleksander 28 (1371–1393) aus dem 14. Jh. zu nennen, sodann aus derselben Zeit die Wie-
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25 26
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Cf. hierzu A. Frenzel, Die Darstellung der Geißelung Christi in der italienischen Kunst von den Anfängen im 11. Jh. bis ins 17. Jh. Eine ikonographische Studie, o. O. 1998; P. D. Running, The Flagellation of Christ (Diss. State University of Iowa 1951) (war Verf. nicht zugänglich). A. Frenzel, Die Darstellung der Geißelung (cf. ibid.), 75. Ibid.; cf. zudem Utrecht-Psalter. Vollständige Faksimile-Ausgabe im Originalformat der Handschrift 32 aus dem Besitz der Bibliotheek der Rijksuniversiteit te Utrecht, Graz 1982, fol. 85v (war Verf. nicht zugänglich), und K. van der Horst/W. Noel/M. Wüstenfeld, The Utrecht-Psalter in Medieval Art. Picturing the Psalms of David, Utrecht 1996. A. Frenzel, Die Darstellung der Geißelung (nt. 22), 75. H. Omont, Évangiles avec peintures Byzantines du XIe siècle, Reproduction du manuscrit gr. 74 de la Bibliothèque Nationale, Paris 1908, Taf. 176; zum Par. gr. 74 cf. S. Der Nersessian, Recherches sur les miniatures du Parisinus graecus 74, in: Jahrbuch der Österreichischen Byzantinistik 21 (1972), 109–117. Ein übrigens läßt sich für den Narthex der Soteros-Kirche in Hagia Eirene auf Kreta nachweisen. Die schlecht erhaltenen Fresken datieren aus dem 15. Jh.; gut erkennbar sind noch die Geißelung sowie der Einzug nach Jerusalem. Der Kontext ist hier nicht das Jüngste Gericht, sondern ein christologischer Zyklus. Cf. dazu I. Spatharakis, Dated Byzantine Wall Paintings of Crete, Leiden 2001, 104. B. Filov, Les miniatures de l’Évangile du Roi Jean Alexandre, Sofia 1934, Taf. 127.
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Abb. 2: Decˇ ani, Christi-Himmelfahrts-Kirche, 2.V. 14. Jahrhundert, Kluge und Törichte Jungfrauen (P. J. Müller, Gotteslob und Königsruhm. Die faszinierende Bilderwelt der jugoslawischen Fresken, Freiburg 1986, 109).
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dergabe im Markov Manastir 29 in der ehemaligen jugoslawischen Republik Makedonien sowie aus dem 16. Jh. das Bild an der Außenseite der Klosterkirche von Voronet¸30 in Rumänien. Interessant an dem Befund ist die Tatsache, daß das Thema – mit der Ausnahme des Par. gr. 74 – lediglich an der nördlichen Peripherie des byzantinischen Kulturkreises auftritt, wo westlicher Einfluß seit jeher nachzuweisen ist. Als zweites ist die Darstellung der Klugen und Törichten Jungfrauen31 anzuführen. Dieses Thema erscheint zwar im griechischen Codex Rossanensis, fol. 2v (6. Jh.)32, sowie wiederum im Par. gr. 74, fol. 49v (11. Jh.) 33, fehlt aber in der byzantinischen Wandmalerei fast vollständig. Dort begegnet es ausnahmsweise in sechs Kirchen auf Kreta34 sowie in der Kloster-Kirche von Decˇani35, die überwiegend in das 14. Jh. datiert werden. Interessanterweise wird das Bild bei seiner Übernahme auf Kreta durch den thronenden Christus so verfremdet, daß es sich – ähnlich den zeitgleichen Akathistos-Darstellungen36 – wie eine Neuschöpfung ausnimmt. Das gleiche gilt für die Wiedergabe in Decˇani, wo lediglich der biblische Text umgesetzt wird. Aber sowohl in Decˇani als auch in den kretischen Kirchen steht die Darstellung – wie auch im Westen häufig – im Zusammenhang mit dem Jüngsten Gericht. Im Westen wird es durch Alkuin37 für die Klosterkirche von Gorze bei Metz, die 765 geweiht wurde, im Zusammenhang mit dem Gerichtsbild in der dortigen Apsis bezeugt und wird wieder in der spanischen Farfa-Bibel 38 (Vat. lat. 5729, fol. 368v) aus dem 11. Jh. überliefert. In der Romanik finden wir es dann in Süd29 30 31
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35 36 37 38
L. Mirkovic´ /Z. Tatic´ , Markov Manastir, Novi Sad 1925, Abb. 60. Zu Voronet¸ cf. A. Ogden, Revelations of Byzantium: The Monasteries and Painted Churches of Northern Moldavia, Ias¸ i 2002, 246 sqq. Cf. hierzu H. Heyne, Das Gleichnis von den klugen und törichten Jungfrauen. Eine literarischikonographische Studie zur altchristlichen Zeit, Leipzig 1922; R. Körkel-Hinkfoth, Die Parabel von den klugen und törichten Jungfrauen in der bildenden Kunst und im geistlichen Schauspiel, Frankfurt 1994. Cf. P. Sevrugian, Der Rossano-Codex und die Sinope-Fragmente. Miniaturen und Theologie, Worms 1990, Taf. 8+9. Cf. H. Omont, Évangiles (cf. nt. 26), Taf. 39. (Es gibt noch fünf weitere Beispiele aus der Buchmalerei (Mailand, Ambrosiana E24 (9. Jh.), Vat. gr. 752 (11. Jh.), Florenz, Laurenziana, VI, 23 (11. Jh.), Izmir, B. 8 (um 1100), Par. gr. suppl. 27 (12. Jh.)), die an anderer Stelle Berücksichtigung finden sollten.) Hg. Michael Strategos in Astrategos (K. D. Kalokyres, The Byzantine Wall Paintings of Crete, New York 1973, BW 72); Balsamonero (K. Gallas/K. Wessel/M. Borboudakis, Byzantinisches Kreta, München 1983, 321); Hagios Georgios, Hg. Georgios (ibid., 442); Kamargiotes, Panagia (ibid., 345); Kritsa, Panagia Kera (ibid., 432 sq.); Pediada, Panagia Kera (Kardiotissa) (ibid., 418). P. J. Müller, Gotteslob und Königsruhm. Die faszinierende Bilderwelt der jugoslawischen Fresken, Freiburg 1986, 109. A. Pätzold, Der Akathistos-Hymnos. Die Bilderzyklen in der byzantinischen Wandmalerei des 14. Jahrhunderts, Stuttgart 1989. J. v. Schlosser, Schriftquellen zur Geschichte der karolingischen Kunst, Hildesheim 1988, 312 sq. W. Neuß, Die katalanische Bibelillustration um die Wende des 1. Jahrtausends und die altspanische Buchmalerei, Bonn 1922, Abb. 148.
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Abb. 3: Pelendri (Zypern), Stauros (ed.), Heimsuchung 3.V. 14. Jahrhundert, Heimsuchung (A. Stylianou/J. A. Stylianou, The Painted Churches of Cyprus. Treasures of Byzantine Art, Nikosia 21997, Abb. 132).
tirol u. a. in der Kirche der Burg von Hocheppan39 (um 1210) sowie z. B. beim Basler Münster 40 (E. 12. Jh.). Dies sind – soweit man das bisher sagen kann – die einzigen Bild-Themen, die in die byzantinische Ikonographie Eingang gefunden haben. Mit Blick auf die ikonographischen Motive sei zunächst auf die Heimsuchung verwiesen, bei deren Wiedergabe in der Heilig-Kreuz-Kirche in Pelendri 41 auf 39 40 41
H. Stampfer/Th. Steppan, Die Burgkapelle von Hocheppan, Bozen 1998, Abb. 16 u. 17. Cf. hierzu B. Borner, Überlegungen zum Programm der Basler Galluspforte, in: Kunst und Architektur in der Schweiz 45, 3 (1994), 238–246. A. Stylianou/J. A. Stylianou, The Painted Churches of Cyprus. Treasures of Byzantine Art, Nikosia 21997, Abb. 132; cf. zum Marien-Zyklus I. Christoforaki, Cyprus between Byzantium and the Levant: The Cycle of the Life of the Virgin in the Church of the Holy Cross at Pelendri, in: Epethrída Kéntrou Episthmonikån Ereunån Kúprou 22 (1996), 215–255.
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Zypern die beiden Föten von Jesus und Johannes so dargestellt werden, als ob man mit einem Röntgen-Gerät in die Körper sehen könnte. Dieses Detail ist in Byzanz einzigartig, findet dagegen im Westen zahllose Parallelen42; von ihnen seien die Darstellung im Antiphonar aus Seligenthal 43 (Regensburg, um 1290/ 1300), die Malereien in der Georgskirche von Rhäzüns44 und der Teppich in Freiburg 45 genannt. Die westlichen Vergleichsstücke datieren zwar aus dem Ende des 14. Jhs. und sind damit etwas später als die zyprische Malerei, dennoch spricht allein die Zahl der Beispiele im Westen für eine dortige Entstehung. Bei einer Reihe von ikonographischen Themen gibt es Unterschiede in den Details zwischen Ost und West. So werden bei der Kreuzigung im Westen häufig drei Nägel, im Osten aber immer vier Nägel wiedergegeben. In den meisten Fällen – wie in jenem bezüglich der Zahl der Nägel – bleiben diese Differenzen nebeneinander bestehen; es sei denn, daß im Westen Anleihen aus Byzanz genommen werden. Bei den nächsten beiden Beispielen ist das jedoch anders. Im Falle der Fußwaschung 46 nämlich wird in der byzantinischen Kunst fast durchweg der Moment wiedergegeben, in dem Christus die Füße des Petrus mit einem Tuch abtrocknet 47. Im Westen hingegen wird Christus im Gespräch mit dem Apostelfürsten gezeigt 48. Dieser Moment wird wiederum auch in der Andreas-Kirche von Treska bei Skopje49 sowie in der Enkleistra bei Paphos 50 auf Zypern gezeigt. Allerdings weist auch die Darstellung im Chludov-Psalter, fol. 50v aus der Mitte des 9. Jhs. diesen Typus auf 51, während im Rossano-Kodex, fol. 3r aus dem 6. Jh. das dem Abtrocknen vorausgehende Waschen der Füße wiedergegeben wird 52. Es steht außer Frage, daß das Abtrocknungs-Motiv in Byzanz
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Zur Maria Gravida G. M. Lechner, Maria Gravida. Zum Schwangerschaftsmotiv in der bildenden Kunst, München 1981. Die Darstellung der Heimsuchung datiert später, nach 1392 (Einf. des Festes in Regensburg); die Handschrift befindet sich heute in der Bayerische Staatsbibliothek (Clm 23046, fol. 1r) in München; cf. Regensburger Buchmalerei, Ausstellungskatalog, Taf. 57. H. Batz, Die Kirchen und Kapellen des Kantons Graubünden, Vol. 6, 2004, 166 sqq. F. A. von Metzsch, Johannes der Täufer. Seine Geschichte und seine Darstellung in der Kunst, München 22001, Bild 12. Cf. H. Giess, Die Darstellung der Fußwaschung Christi in den Kunstwerken des 4.–12. Jh., Rom 1962. Cf. hierzu die Darstellung im Katholikon von Hosios Loukas (N. Chatzedake, ’Osiov Loukáv, Athen 1996, Abb. 21). Cf. hierzu die Darstellung im Egbert-Kodex, fol. 78r: G. Franz (ed.), Der Egbert-Codex. Das Leben Jesu – Ein Höhepunkt der Buchmalerei vor 1000 Jahren, Darmstadt 2005, Abb. S. 153. Cf. hierzu J. Prolovic´ , Die Kirche des heiligen Andreas an der Treska. Geschichte, Architektur und Malerei einer palaiologenzeitlichen Stiftung des serbischen Prinzen Andreas, Wien 1996, Abb. 54. C. Mango/E. J. W. Hawkins, The Hermitage of St. Neophytos and Its Wall Paintings, in: Dumbarton Oaks Papers 20 (1966), 119 sqq. u. fig. 26. M. Sˇ cˇ epkina, Miniatjuri Hludovskoj Psaltyri. Grecˇeskij illustrirovannyj kodeks IX veka, Moskau 1977, 50. Cf. P. Sevrugian, Der Rossano-Codex (cf. nt. 32), Taf. 10.
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überwiegt, fraglich bleibt nur die Bewertung solcher Ausnahmen wie der Chludov-Psalter. Trotzdem gibt die Kirche Hg. Stauros in Pelendri offenbar einen Hinweis, wenn sie nicht nur die Heimsuchung, sondern auch die Fußwaschung in dem im Westen üblichen Typus zeigt. Das letzte Bild, das hier vorzustellen ist, gehört zwar nicht zum Kanon neutestamentlicher Darstellungen, ist aber exegetisch vom Neuen Testament abhängig und daher diesem zuzurechnen. Es handelt sich um die Darstellung der Dreieinigkeit, von der Braunfels im Lexikon der christlichen Ikonographie schreibt 53, daß seine Übernahme aus dem Westen in Byzanz nicht gesichert sei. Dieser Hypothese kann man bei differenzierter Betrachtung des Materials allerdings doch zustimmen. Zunächst einmal ist es wichtig mit Theodor Nikolaou 54 festzustellen, daß die griechischen Kirchenväter eine Wiedergabe Gottes und der Trinität grundsätzlich abgelehnt haben. Johannes von Damaskus55 ist hierfür der wichtigste Gewährsmann. Tatsächlich finden sich keine Bilder Gottes in der spätantiken und frühmittelalterlichen Kunst im Osten. Im Westen dagegen scheint man weniger Skrupel besessen zu haben; jedenfalls finden sich entsprechende Bilder auf den beiden sogenannten Dogmatischen Sarkophagen56 aus der ersten Hälfte des 4. Jhs.; zudem wird Gott in den Mose-Szenen auf dem Kasten von Brescia 57 aus der Zeit um 380 sowie dreimal im alttestamentlichen Zyklus an der Nordwand von Santa Maria Maggiore 58 in anthropomorpher Gestalt gezeigt. Schließlich findet sich eine
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W. Braunfels, Dreifaltigkeit, in: Lexikon der Christlichen Ikonographie, vol. 1, Sp. 536; cf. dazu auch A. Hackel, Die Trinität in der deutschen Kunst Berlin 1931; zum theologischen Aspekt der Trinität cf. N. Scholl, Das Geheimnis der Drei. Kleine Kulturgeschichte der Trinität. Darmstadt 2006. Th. Nikolaou, „Du sollst dir kein Gottesbild machen“. Die Undarstellbarkeit Gottes bzw. der Heiligen Trinität, in: Orthodoxes Forum 15 (2001), 5–15. Des heiligen Johannes von Damaskus genaue Darlegung des orthodoxen Glaubens, Kempten 1923; H. Menges, Die Bilderlehre des hl. Johannes von Damaskus, Münster 1938; D. J. Olewinski, Um die Ehre des Bildes. Theologische Motive der Bilderverteidigung bei Johannes von Damaskus, St. Ottilien 2004. Rom, Museo Pio Cristiano, 2. V. 4. Jh., Dogmatischer Sarkophag (G. Bovini/H. Brandenburg/ F. W. Deichmann, Repertorium der Christlich-antiken Sarkophage, vol. 1: Rom und Ostia, 1998, Kat. 43, 39 sqq. u. Taf. 14), Arles, Musée de l’Arles antique (B. Christern-Briesenick, Repertorium der christlich-antiken Sarkophage, Vol. 3: Frankreich, Algerien, Tunesien, Mainz 2003, 23 sqq., Kat. nr. 38, Taf. 12 sq.). Vgl. als weiteres Beispiel den zweizonigen Säulensarkophag in Saint Trophime in Arles, auf dessen linker Schmalseite der sitzende Gott-Vater die Gaben von Kain und Abel entgegennimmt (zum Sarkophag vgl. G. Koch, Frühchristliche Sarkophage, München 2000, 294). P. Metz, Elfenbein der Spätantike, München 1962, Taf. 8. Melchisedek segnet Abraham (cf. J. G. Deckers, Der alttestamentliche Zyklus von S. Maria Maggiore in Rom. Studien zur Bildgeschichte, Bonn 1976, 35 sqq.), Gott spricht zu Jakob (ibid., 97sq.), Gott im Gespräch mit Mose (ibid., 173 sqq.), Mose und Gott beim Quell-Wunder oder der Verwandlung des Wassers (ibid., 180 sqq.), Josua im Gespräch mit Gott (ibid., 250 sqq.).
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Trinität auch in dem vor 716 datierten Codex Amiatinus59, so daß sich immerhin eine gewisse Tradition für diese Gottes-Bilder ergibt, der nichts Vergleichbares aus dem Osten an die Seite zu stellen wäre. Umso erstaunlicher ist es, daß dann um 1100 in der Handschrift mit dem Text des Johannes Klimakos 60 ein Trinitätsbild in Byzanz auftritt, für das sich zumindest kein Vorbild erhalten hat. Zwar wird hier die als Gott-Vater zu deutende ältere Gestalt als der Alte der Tage tituliert, aber es bleibt das Problem bestehen, daß nicht nur die Trinität wiedergegeben, sondern die väterliche Hypostase (also Person) eindeutig identifizierbar ist. Dieser Bild-Typus begegnet im 12. Jh. ein weiteres Mal in einer vielleicht aus Grottaferrata61 stammenden Handschrift, bei der die Dreieinigkeit auch unzweideutig als Hagia Trias bezeichnet wird. In der zweiten Hälfte des 13. Jhs. wird derselbe Typus schließlich im Narthex-Gewölbe der Koumpelidike in Kastoria 62 angebracht. Da dieser Typus – nach meiner Kenntnis – nicht im Westen nachzuweisen ist 63, muß es sich um eine genuin byzantinische Neuschöpfung handeln, die möglicherweise sogar in hauptstädtischen Kreisen ihren Ausgang genommen hat. Dafür würde nicht nur die Klimakos-Handschrift sprechen, sondern auch das Auftreten des Bildes in Grottaferrata, das eines der wichtigsten Zentren byzantinischer Kultur in Italien gewesen ist. Eine andere Variante aus byzantinischer Zeit sei ebenfalls noch angeführt, weil sie den byzantinischen Typus in seiner liturgischen Kontextualität vor Augen führt. Es handelt sich um das Bild in dem nördlichen Apsisnebenraum der Peribleptos-Kirche in Mystras 64, in dem zu sehen ist, wie Gott in Gestalt Christi das Opfer am Altar darbringt, als Heiliger Geist wandelt und als Vater im Himmel annimmt. Hier wird ganz im Sinne des byzantinischen Liturgie-Exegeten Niko-
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Florenz, Biblioteca Medicea-Laurenziana, Cod. amiat. I., viell. um 700, aus Britannien, fol. VIIr ([urspr. 6r] Vater), fol. VIr ([urspr. 7r ] Sohn), fol. VIII (Geist); R. Sörries, Christlich-antike Buchmalerei (cf. nt. 32), Taf. 16. Vat. gr. 394, fol. 7r, um 1100; cf. dazu J. R. Martin, The Illustration of the Heavenly Ladder of John Climacus, Princeton 1954, Abb. 70. Wien, Suppl. Gr. 52, fol. 1v, 12. Jh; cf. dazu W. Braunfels, Die Heilige Dreifaltigkeit, Düsseldorf 1954, Abb. 41. M. Chatzidakis, Mosaics – Wall Paintings. Kastoria, Athen 1985, 90 Abb. 7. Je nach ihrer Interpretation stellt eine ähnliche Darstellung im Harley MS 603, fol. 1r (angelsächsisch, 1. Jz. 11. Jh.) im British Museum in London eine Ausnahme dar. Aber sie unterscheidet sich nicht nur deutlich vom byzantinischen Typus, sondern ist zugleich ohne jede Parallele in der westlichen Kunst; cf. dazu E. H. Kantorowicz, The Quinity of Winchester, in: The Art Bulletin 29 (1947), 73 sqq., Abb. 35; cf. auch B. C. Raw, Trinity and Incarnation in Anglo-Saxon Art and Thought, Cambridge 1997, Taf. XVa. S. Dufrenne, Les programmes iconographiques des églises byzantines de Mistra, Paris 1970, Pl. 29 (Nr. 54) u. Fig. 62; cf. auch B. Schnitzer, Zum Verhältnis von Bild und Ritus in der spätbyzantinischen Wandmalerei. Anastasis und Stiftungskomposition der Peribleptoskirche von Mistra, in: Lakwnikaí Spoudaí 13 (1996), 237–276.
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laos Kabasilas65 das inner-trinitarische Handeln auf das gottesdienstliche Wirken bezogen und das Bild somit in einen ganz realen Handlungskontext eingebunden. Etwas ganz anderes scheint dagegen ein anderer Trinitäts-Typus zum Ausdruck bringen zu wollen, der in Byzanz zum ersten Mal in der ersten Hälfte des 15. Jhs. in der Pantanassa-Kirche in Mystras66 auftritt. Dieser zeigt Gott-Vater und den Sohn nebeneinander sitzend, während die Taube des Heiligen Geistes zwischen beiden schwebt. Ebenfalls im 15. Jh. taucht derselbe Typus ein weiteres Mal in der Palaia Enkleistra bei Souskia67 auf Zypern auf, wobei Vater und Sohn mit dem Kreuz-Nimbus versehen werden und so das Problem der Nicht-Darstellbarkeit des Vaters vermeintlich umgangen zu sein scheint. Im 16. Jh. begegnet das Bild noch einmal in der rumänischen Klosterkirche von Moldovit¸a68, wo es aus dem Jahre 1532 datiert, sowie in der Koimesis-Kirche von Ligourio in der Nähe von Epidauros 69. Etwas befremdlich wirkt dagegen das Auftreten dieses Typus in der Kuppel der Kirche des Athos-Klosters Dochiariou70 (16. Jh.). In der russischen Ikonen-Malerei schließlich wirkt der Bild-Entwurf vielfach weiter. Im Gegensatz zum ersten lassen sich für diesen zweiten Trinitäts-Typus nicht nur Parallel-Beispiele im Westen nachweisen, sondern diese sind darüber hinaus auch wesentlich früher zu datieren. Das früheste findet sich im Brüsseler Manuskript 470 aus der Zeit um 1200 71, das der Maas-Region zugeschrieben wird. Ein zweites ist in einem etwa 40 Jahre jüngeren Psalter in Cambridge72 enthalten, und das dritte ist in einer Berliner Handschrift aus der Zeit um 1380 73 zu sehen. Alle drei nehmen sich wie Vorläufer der byzantinischen Beispiele aus und dürften tatsächlich als Vorbilder angesprochen werden. Das gleiche gilt auch für den Gnadenstuhl, der am Triumphbogen in der inschriftlich in das Jahr 1390/91 datierten Soteros-Panagia-Kirche in Roustika74 auf Kreta zu sehen ist. Diese typisch westliche Trinitätsdarstellung 75 findet sich erst-
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Zur Deutung cf. Nikolaos Kabasilas (um 1322/3–nach 1391), Ermeneía thv jeíav leitourgíav (Die Auslegung der göttlichen Liturgie), PG 150, 477C (S. Salaville, Nicolas Cabasilas. Explication de la Divine Liturgie, Paris 1967, 280); zum liturgisch-theologischen Kontext W. Völker, Die Sakramentsmystik des Nikolaos Kabasilas, 1977. S. Dufrenne, Les programmes (cf. nt. 64), Pl. 23 (Nr. 2) u. Fig. 49; M. Aspra-Bardabake/ M. Emmanuel, Monä thv Pantánassav ston Mustrá. Oi toicogafíev tou 15 ou aiåna, Athen 2005, 63. A. Stylianou/J. A. Stylianou, The Painted Churches of Cyprus. Treasures of Byzantine Art, London 21997, Abb. 237. Zu Moldovit¸a cf. A. Ogden, Revelations of Byzantium (cf. nt. 30), 156 sqq. Eigene Beobachtung. P. Huber, Die Kunstschätze der Heiligen Berge. Sinai – Athos – Golgota, Augsburg 1987, Abb. 183. Brüssel, Bibl. Royale, Ms.470, fol. 4r: W. Braunfels, Die Heilige Dreifaltigkeit (cf. nt. 61), Abb. 35. Cambridge, Privatbesitz Sir S. Cockerell, fol. 11r, um 1240: ibid., Abb. 34. Französische Miniatur, um 1380, Berlin, Staatsbibl., Phill. 1906, fol. 8r: ibid., Abb. 33. I. Spatharakis, Dated Byzantine Wall Paintings (cf. nt. 27), 137. F. Buchheim/Chr. Schütz, Der Gnadenstuhl. Darstellung der Dreifaltigkeit, Würzburg 1984.
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mals im 12. Jh. in einem Missale in Cambrai76 aus der Zeit um 1120 und tritt von da an in dichter Folge in der westlichen Bildkunst auf. Es ist demnach deutlich geworden, daß man in Byzanz, nachdem erst einmal ein eigener Trinitätstypus entwickelt und damit das Verbot bezüglich der Darstellung Gottes durchbrochen worden war, bereit für die Übernahme eines zweiten westlichen Trinitätsbildes gewesen ist. Es fällt allerdings dabei auf, daß sich alle diesbezüglichen Denkmäler – mit Ausnahme von Mystras – im Einflußbereich westlicher Kultur – d. h. auf der Peloponnes, auf Zypern, auf Kreta und in der Moldau – befinden77, während der byzantinische Typus in ostkirchlichen Zentren nachzuweisen ist. Dafür könnte eine bildimmanente Bedeutung ausschlaggebend gewesen sein. Während nämlich der byzantinische Trinitätstypus weitestgehend deutungsneutral ist, kann man den westlichen Typus mit den beiden nebeneinander sitzenden Hypostasen im Sinne des filioque verstehen. Das filioque 78 ist eine Interpolation zum Nikaino-Konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnis und meint ergänzend, daß der Heilige Geist nicht nur aus dem Vater, sondern auch aus dem Sohn hervorgeht. Im Gegensatz zur byzantinischen Trinitätslehre, nach der der Sohn vom Vater gezeugt wird, und der Heilige Geist aus dem Vater hervorgeht 79, und somit der Vater der Hauptgrund des innertrinitarischen Seins ist – was dem byzantinischen Bild entspräche –, führt das filioque zu einer gewissen Gleichrangigkeit von Vater und Sohn. Hierzu paßt entsprechend das westliche Bild der nebeneinander sitzenden Personen. Das filioque wurde erstmals im zweiten Kanon des dritten Konzils von Toledo im Jahre 589 für den liturgischen Gebrauch festgeschrieben und dann während des zweiten Konzils von Lyon 1245 und auf dem Konzil von Florenz 1439–45 bestätigt. Die drei angeführten westlichen Denkmäler für den entsprechenden Bild-Typus gehören auch tatsächlich dem gleichen Zeitraum an. Den angesprochenen Beispielen westlicher Einflüsse auf die mit dem Neuen Testament verbundenen Ikonographie lassen sich selbstverständlich noch weitere aus anderen Bereichen an die Seite stellen. So begegnet im 16. Jh. eine Wiedergabe des Noli me tangere auf einer kretischen Ikone 80, und eine andere Ikone variiert den Basileus tes doxes um das Pietà-Motiv 81. Daneben lassen sich Einflüsse in den Darstellungen der Bekleidungen feststellen, und in einigen Regionen finden westliche Heilige Eingang in die jeweiligen Zyklen – wie z. B. der hl. Franziskus 76 77 78
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W. Braunfels, Die Heilige Dreifaltigkeit (cf. nt. 61), Abb. 38. B. Arbel/B. Hamilton/D. Jacoby (eds.), Latins and Greeks in the Eastern Mediterranean After 1204, London 1989; P. Lock, The Franks in the Aegean 1204–1500, London – New York 1995. Cf. P. Gemeinhardt, Die Filioque-Kontroverse zwischen Ost- und Westkirche im Frühmittelalter, Berlin 2002; R. M. Haddad, The stations of the filioque, in: St. Vladimir’s Theological Quaterly 46 (2002), 209–268. Zur Trinitätslehre bei Johannes: Des heiligen Johannes von Damaskus genaue Darlegung des orthodoxen Glaubens, Kempten 1923, XXXII sqq. E. Haustein-Bartsch (ed.), Kreta. Kunst und Kultur im Mittelalter, Recklinghausen 2007, Abb. 44. Athos, Iviron, Pietà, 16. Jh.: A. A. Karakatsanis (ed.), Treasures of Mount Athos, Thessalonike 1997, 104 sq.
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auf Kreta 82. Dieser Bereich ist allerdings ein eigenes Thema, das eine separate Behandlung verdient. Trotz der umfangreichen Bilder-Sammlung, die als Grundlage für diese Untersuchung herangezogen werden konnte, stehen die gemachten Aussagen unter einem gewissen Vorbehalt, solange noch so viele Kirchen und deren Bildausstattung unpubliziert sind, wie das im Bereich der byzantinischen Kunst der Fall ist. Dennoch ist die Basis tragfähig genug, um abschließend festzustellen, daß insbesondere die Bildkunst im oströmischen Reich äußerst resistent gegenüber westlichen Einflüssen gewesen ist. Solche Einflüsse lassen sich zudem vor allem an der Peripherie nachweisen, wohin sie entweder durch die topographische Nähe und Handelsbeziehungen – wie im Falle des Epiros und des südslavischen Raumes – oder durch Eroberungen – wie im Falle der Peloponnes, Kretas und Zyperns – gelangt sind. Die einzige Ausnahme bildet hier die westliche Trinitäts-Darstellung im Athos-Kloster Dochiariou und in der Pantanassa in Mystras. Das bedeutet nicht, daß sich Byzanz gänzlich äußeren Einflüssen verschlossen hätte; dagegen sprechen z. B. die Ritterspiele, die Niketas Choniates im 12. Jh. und Gregoras im 14. Jh. ausführlich beschreiben83. Aber gerade diejenige Ikonographie, die die Heilsverkündigung zum Gegenstand hatte, wurde in reiner Form bewahrt, und selbst dort, wo es wie im Falle der Himmelfahrt 84 einen westlichen Gegenentwurf zur östlichen Darstellung gab, blieb er unberücksichtigt. Wie gezeigt, haben lediglich die Geißelung und die Klugen und Törichten Jungfrauen den Weg zumindest in die Ikonographie der Provinz gefunden. Dabei wurden sie allerdings einer Veränderung unterworfen, so daß bei der Geißelung die Säule und bei den Jungfrauen die symmetrische Anordnung verloren ging. Die übrigen Beispiele galten lediglich solchen eher nachrangigen Motiven wie die Wiedergabe der Ungeborenen in der Heimsuchung 85. Zwar gilt das Gesagte im 82 83
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Cf. Kritsa (1. H. 14. Jh.; K. Gallas u. a., Byzantinisches Kreta (cf. nt. 34), 428 sqq.), Sampas (um 1400; ibid., 395) und Sklaberochori (15. Jh.; ibid., 395 sqq.). W. Puchner, Zum Ritterspiel in griechischer Tradition, in: Byzantinische Zeitschrift 91 (1998), 435 sqq.; P. Schreiner, Ritterspiele in Byzanz, in: Jahrbuch der Österreichischen Byzantinistik 46 (1996), 227–241. Cf. H. Gutberlet, Die Himmelfahrt Christi in der bildenden Kunst von den Anfängen bis ins hohe Mittelalter. Versuch zur geistesgeschichtlichen Erfassung einer ikonographischen Frage, Straßburg 1935. Während die byzantinische Ikonographie den auferstehenden Christus ausschließlich in einer Mandorla oder Aureola zeigt, wird er im Westen typischerweise „aufsteigend“ bzw. „von Gott heraufziehend“ wiedergegeben; diesem westlichen Motiv wird aber schon sehr früh der östliche Typus an die Seite gestellt. In diesem Zusammenhang wäre noch die stillende Maria in der Geburtsszene zu erwähnen. Zwar hat die Maria Lactans östliche Wurzeln und als Galaktotrophousa eine gewisse Verbreitung in Byzanz erfahren (cf. dazu A. Cutler, The Cult of the Galaktotrophousa in Byzantium and Italy, in: Jahrbuch der Österreichischen Byzantinistik 37 [1987], 335–350), aber am stärksten wurde sie im Westen rezipiert und wohl auch dort in das Bild der Geburt integriert (cf. e. g. San Giusto in Triest (A. 14. Jh.; cf. G. Cuscito, La Cattedrale di San Giusto a Trieste, Triest 2003, Fig. 48). Von hier aus dürfte die Lactans in der Geburt auch ihren Weg in die byzantinische Ikonographie
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wesentlichen auch für die beiden westlichen Darstellungen der Trinität; trotzdem überrascht deren Auftauchen selbst in den byzantinischen Randgebieten, weil zumindest das Bild mit den nebeneinander angeordneten Vater und Sohn eine Deutung im Sinne des in Byzanz heftig bekämpften filioque zu implizieren scheint. Daß überhaupt ein Trinitätsbild Akzeptanz gefunden hat, kann nur mit einem entsprechenden, in Byzanz selbst entwickelten Entwurf erklärt werden. Wir müssen demnach hinsichtlich des westlichen Einflusses in Byzanz sehr genau unterscheiden zwischen jener Ikonographie, die in ein dogmatisches und liturgisches Funktionskonzept integriert und damit weitestgehend sakrosankt gewesen ist, und all den übrigen Bereichen, die mehr in den Bereich von Stilistik und Motivik gehören. Genau diese Unterscheidung entfällt beim Einfluß der byzantinischen auf die westliche Kultur, der wesentlich umfassender gewesen ist. Aber auch der westliche Einfluß in Byanz ist in den definierten Bereichen sicher größer als bisher allgemein bewußt. Es wäre eine lohnende Aufgabe, diesen Kulturtransfer zwischen Ost und West vor allem zunächst unter besonderer Beachtung der Bildkunst in interdisziplinären Projekten weiter zu erforschen, um eines Tages zu einem differenzierten Blick auf das Phänomen zu gelangen86.
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gefunden haben, wo sie e.g. in der Hg. Nikolaos tes steges in Kakopetria (M. 14. Jh.; cf. A. Stylianou/J. A. Stylianou, The Painted Churches [cf. nt. 41], Abb. 28) sowie in der Omorphe Ekklesia auf Aigina (13. Jh.; cf. Ch. Pennas, Das byzantinische Ägina, Athen 2005, Abb. 29 sq.) nachzuweisen ist. In diesem Zusammenhang wären auch die Wege der Vermittlung zu untersuchen, die hier bewußt ausgeblendet worden sind, da es primär um die Befunddarstellung ging. An dieser Stelle sei zumindest kurz auf den Fall der Trinitätsdarstellung in der Pantanassa in Mystras verwiesen, deren Stifter Ioannes Phraggopoulos Minister unter dem Despoten Manuel Kantakouzenos gewesen ist. Dieser war mit Isabella-Maria von Lusignan verheiratet, wodurch sich der starke westliche Einfluß, der sich in der Architektur, aber auch in der Ikonographie – wie beispielsweise bei der Trinität – so überdeutlich zeigt, vielleicht erklären ließe (cf. St. Runciman, Mistra. Byzantine Capital of the Peloponnese, London 1980, 50 sqq.). Im übrigen besteht in diesem Kontext noch Forschungsbedarf für die Geschichtsschreibung, um die historischen Hintergründe dereinst besser verstehen zu können.
Byzantinische (griechische) Künstler und ihre Auftraggeber im seldschukischen Anatolien * N A-E (Berlin) I. „Von La¯dikı¯ya (Latakkia) aus machten wir uns mit einem Handelsschiff, das einem Genuesen namens Martelmin gehörte, in Richtung auf das türkische Land, das auch Ru¯m genannt wird (barr al-turkı¯ya al-ma>ru¯f bi-bila¯d-i Ru¯m), da das Land früher den Ru¯m [Griechen bzw. Rhomaioi] gehörte. Ru¯m und Yu¯na¯nı¯ [Ionier, d. h. Griechen] gehören auch zum eigentlichen Volk [des Landes].“ 1
Zu der Zeit, als Ibn Bat. t. u¯t. a diese Zeilen niederschrieb (um 1332), existierte das Seldschukenreich in Anatolien schon seit fast dreißig Jahren nicht mehr. Dennoch erhalten wir klare Auskünfte, weshalb das Land als Ru¯m bezeichnet wurde 2 und Griechen einen wichtigen Bestandteil der Landesbevölkerung bildeten3. Der Autor berichtet noch des öfteren über die Griechen, die seit ca. 1071 mit den
*
1 2
3
Der vorliegende Beitrag basiert auf 2008 an der Universität Mainz und 2010 auf der 37. Mediaevistentagung in Köln gehaltenen Vorträgen. Um Wiederholungen zu vermeiden, verwende ich Begriffe wie „Griechen“, „griechisch“ im Sinne des von den Seldschuken verwendeten „Ru¯m“, worunter sie die in oder außerhalb ihrer Staatsgrenzen lebenden Griechen (Ex-Byzantiner bzw. Byzantiner) verstanden haben. Weiterhin benutze ich „Türken“, „türkisch“ im Sinne byzantinischer Autoren wie Niketas Choniates, der die Seldschuken u. a. als Toûrkoi bezeichnete, cf. nt. 64. Für Ru¯m bzw. Ru¯mı¯ als geographische Referenz cf. unten nt. 2. Für die Sultansnamen und die Namen der anderen Individuen aus dem Seldschukenreich verwende ich die türkische Schreib- bzw. Transkriptionsweise. Voyages d’Ibn Batoutah, Texte arabe, accompagné d’une traduction par C. Defrémery et le Dr. B. R. Sanguinetti, vol. 2, Paris 51944, 254–255. D. Jacoby, Late Byzantium between the Mediterranean and Asia: Trade and Material Culture, in: Sarah T. Brooks (ed.), The Metropolitan Museum of Art Symposia. Byzantium: Faith and Power (1261–1557). Perspectives on Late Byzantine Art and Culture, New York 2006 abgekürzt, 20–41, bes. 36, nt. 2: „Rum as a geographical and political term was used for Rome, Byzantium and Asia Minor as well as for the Seljuk Sultanate in the latter region.“ Für eine spätere Verwendung des Begriffs cf. Ebû Abdullah Muhammed I˙bn Battûta Tancî. I˙ bni Battûta Seyahatnamesi, Çeviri, I˙ nceleme ve Notlar: A. S. Aykut, I˙stanbul 2000, 75, nt. 28; cf. C. Kafadar, A Rome of One’s Own: Reflections on Cultural Geography and Identity in the Lands of Rum, in: Muqarnas 24 (2007), 7–25. Bereits gegen Ende des 13. Jahrhundert wurden in Anatolien türkische Fürstentümer gegründet, darunter auch das der Osmanen.
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Neslihan Asutay-Effenberger
Abb. 1: Georgskirche im Ihlara-Tal (Photo: Verfasserin)
Türken in Anatolien zusammenlebten, und beschreibt ihre Bräuche4. Welche Konsequenzen dieses Zusammenleben für die künstlerischen Tätigkeiten hatte, und welchen Weg die byzantinische Kunst seither im seldschukischen Anatolien nahm, wird bis heute kontrovers diskutiert. Besonders deutlich wird dies bei der Beurteilung der Malereien in etlichen Höhlenkirchen Kappadokiens, die häufig in die Zeit vor 1071, also vor der Ankunft der Seldschuken, datiert werden5. Die retardierenden Stiltendenzen in einigen inschriftlich in das 13./14. Jahrhundert datierten Kirchen wie z. B. in der Georgskirche im Ihlara-Tal (Abb. 1) 6 werden 4
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Hier sollen besonders folgende Standardwerke erwähnt werden: V. Gordlevski, Gosudarstvo Selçukidov Maloy Azil, Moskva – Leningrad 1941; S. Vryonis, The Decline of Medieval Hellenism in Asia Minor and the Process of Islamization from the Eleventh through the Fifteenth Century, Berkeley 1971; C. Cahen, La Turquie pré-ottomane, I˙ stanbul 21988. Auch die Kirchen, die Stifterinschriften aufweisen und sicher in die seldschukische Zeit zu datieren sind, bewertet man öfter so, als seien sie nur an abgelegenen Orten entstanden, wo lediglich einige wenige Griechen oder Mönche gelebt hätten. Das gilt für mehrere Kirchen in Kappadokien seit den Forschungen von G. de Jerphanion, Les églises rupestres de Cappadoce, 4 Textbände und 3 Tafelbände, Paris 1925–1942. Hier werden beide Auftraggeber, der Emir Giorgupe, wohl mit einem Turban, und (seine?) Frau Thamar auf einem Wandbild dargestellt. Auch die Namen des byzantinischen Kaisers Andronikos II. Palaiologos (1282–1328) und des Seldschukensultans Mesut (1281–1304) sind inschriftlich erwähnt, cf. N. Thierry und M. Thierry, Nouvelles églises rupestres de Cappadoce, Région de Hasan Dag˘ ı, Paris 1963, 201–213. Zum Problem der unterschiedlichen Lesungen der Inschrift und zur Genealogie des Basileios Giorgupe cf. R. M. Sˇukurov, Jagupy: tjurkskaja familija na vizan-
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gern verallgemeinert und dienen als Beleg, um zu beweisen, daß die griechischen Künstler im seldschukisch beherrschten Teil Anatoliens jeglichen Kontakt mit den byzantinischen Kunstzentren verloren hätten und daher von neueren Stiltendenzen nichts mehr wußten7. So wird die byzantinische Kunst in Anatolien häufig nach dieser vorgefaßten Meinung beurteilt, und viele offene Fragen, die sich für die Zeit nach der Ankunft der Seldschuken stellen, werden kaum berücksichtigt. Es ist nicht meine Absicht, hier eine neue Diskussion über die Malereien Kappadokiens zu eröffnen. Die erwähnten Auffassungen wurden bereits durch Marcell Restle anhand mehrerer Beiträge in Frage gestellt, und etliche Wissenschaftler sind ihm darin gefolgt 8. Restle konnte zeigen, daß in Kappadokien sowohl vor als auch nach der Ankunft der Seldschuken gleichzeitig und bis in die palaiologische Zeit immer wieder unterschiedliche Stilrichtungen vorkommen und retardierende Tendenzen nicht allein in der Kunst des seldschukischen Anatolien zu beobachten sind 9. Ich möchte im folgenden der Frage nachgehen, ob es im seldschukischen Anatolien noch immer byzantinische Künstler bzw. byzantinische Werk-
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tijskoj sluzˇ be, in: Vizanstijskie ocˇerki [Iagoupai: a Turkish Family in the Byzantine Service], St.-Petersburg 2006, 205–229; für eine türkische Übersetzung cf. R. M. Sˇukurov, Yakuplar: Bizans Hizmetindeki Türk Soyu, in: Ankara Üniversitesi Osmanlı Tarihi Aras¸tırma ve Uygulama Merkezi Dergisi 21 (2009), 221–243; zu einer ähnlichen Inschrift in Sille bei Konya cf. S. Eyice, Akmanastır (S. Chariton) in der Nähe von Konya und die Höhlenkirche, in: Polychordia. Festschrift Franz Dölger zum 75. Geburtstag, Amsterdam 1967, 162–183, bes. 166–167; Beispiele anderer inschriftlich datierter Kirchen des 13. Jahrhunderts sind Kars¸ı Kilise in Güls¸ehir (1212), Jerphanion, op. cit., vol. 2, 1, 4 und die Kirche der Vierzig Märtyrer in S¸ahinefendi (1216–1217), Jerphanion, op. cit., 159; cf. unten nt. 21. Beispiele: A. Wharton-Epstein, Rock-cut Chapels in Göreme Walley, Cappadocia: The Yilanli Group and the Column Churches, in: Cahiers Archéologiques 25 (1975), 115–135, bes. 126: „As Jerphanion and Mme Thierry have emphasized, the eleventh century was a period in Cappadocian history of relative security and considerable patronage. Both ended with Seljuk expansion after the fall of Manzikert in 1071“; A. J. Wharton, Art of Empire. Painting and Architecture of the Byzantine Periphery, University Park and London, 1988, 52: „In terms of the artistic production of the province, however, it seems that once isolated from the rest of the Empire by the Turkish conquest of central Anatolia, Orthodox Christians in Cappadocia had neither the material resources nor the links to the imperial core that would allow them to continue to adapt metropolitan artistic ideas to local circumstances“. M. Restle, Zum Datum der Karabas¸ Kilise im Sog˘ anlıdere, in: Jahrbuch der Österreichischen Byzantinischen Gesellschaft 19 (1979), 261–266, bes. 266: „Immerhin ist Kappadokien und das Sog˘ anlı dere in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts in der Malerei immer noch kein völlig vom Hauptstrang der Entwicklung abgeschlossenes Ghetto“; cf. id., Die Byzantinische Wandmalerei in Kleinasien, vol. 1, Recklinghausen 1967, 64–66; R. Warland, Deesis – Emmanuel – Maria. Bildkonzepte kappadokischer Höhlenkirchen des 13. Jahrhunderts, in: G. Koch (ed.), Byzantinische Malerei. Bildprogramme – Ikonographie – Stil, Wiesbaden 2000, 365–386. M. Restle, Kappadokien, in: Reallexikon für Byzantinische Kunst, vol. 3, Stuttgart 1978, coll. 968–1115, bes. col. 1107: „Die Qualität jedoch ist von unterschiedlicher Höhe, doch ist bei fast allen eine gewisse Rezeption spätkomnenischer, frühpalaiologischer oder hochpalaiologischer Formenelemente erkennbar, die zeigen, daß der Kontakt zur Hauptstadt u. einstigen Regierungszentrale Konstantinopel auch während der Seldschukenherrschaft nicht abgebrochen ist“.
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stätten gab10, die einerseits zeitgenössische Tendenzen kannten und andererseits seldschukische Anregungen übernommen haben, und ob die christlichen Künstler hinsichtlich der Auftragslage sich unter den Seldschuken in einer Notsituation befanden, wie häufig unterstellt wird. II. Ein berühmter islamischer Gelehrter des 13. Jahrhunderts, und zwar Ibn >Arabı¯ aus Andalusien, der zwischen 1205 und 1222 in Anatolien weilte, berichtet über eine Begegnung mit einer griechischen Malerwerkstatt in Konya, wo besonders naturnahe Bilder angefertigt worden seien11. Damit wird nicht nur das Vorhandensein eines griechischen Malerateliers in der seldschukischen Hauptstadt belegt, sondern auch das Bemühen des Malers verdeutlicht, möglichst naturgetreue Bilder anzufertigen. In seinem Werk ‚Mesnevi‘ berichtet uns der wohl bekannteste islamische Mystiker Mevlâna Celâleddin Rûmî (gestorben 1273) von verschiedenen Häusern in Konya, die mit Wandmalereien mit figürlichen Darstellungen ausgestattet waren12. Derartige Malereien müssen des Öfteren im Mittelpunkt theologischer Disputationen gestanden haben, wie aus dem Werk eines anderen Mystikers, S¸emseddin Ahmed al Afla¯kı¯ (im Folgenden Eflâkî) hervorgeht. Durch Eflâkî gewinnen wir nämlich eine Vorstellung von der gesellschaftlichen Stellung der christlichen Künstler und erfahren auch die Namen zweier christlicher Maler, Kaloyan-ül Konevî, also Johannes aus Konya, und Ayn-ül Devle. Beide gehörten dem Kreis um Mevlâna Celâleddin Rûmî an. Über ihre Herkunft unterrichtet uns Eflâkî: „Die Maler Kaloyan und Ayn-ül Devle waren Griechen“13. Jeder, der mit 10
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Es sollen hierzu zwei neuere Beiträge erwähnt werden: A. Eastmond, Art and Frontiers between Byzantium and Caucasus, in: Brooks (ed.), The Metropolitan Museum (nt. 2), 154–169 (mit weiterer Literatur); S. Redford, Byzantium and the Islamic World, 1261–1557, in: H. C. Evans (ed.), Byzantium. Faith and Power (1261–1557), New York 2004, 389–396. In dem kürzlich erschienenen Symposiumsband A. Ödekan/E. Akyürek/N. Necipog˘ lu (eds.), Change in the Byzantine World in the Twelfth and Thirteenth Centuries, Fist International Sevgi Gönül Byzantine Studies Symposium, Proceedings, I˙stanbul 2010, wurden in mehreren Beiträgen die Koexistenz und die künstlerischen Wechselwirkungen in Anatolien behandelt. Ich danke Scott Redford ganz herzlich für die Schenkung dieses Bandes. Muh.yı¯ al-Dı¯n Ibn >Arabı¯, Al-Futu¯hat al-Makkı¯ya, Cairo H. 1329, vol. 2, 424, zitiert nach M. Duggan, Naturalistic Painting and Drawing from Life in 13th Century in Konya, in: O. Eravs¸ar (ed.), I. Uluslararası Selçuklu Kültür ve Medeniyeti Kongresi, Bildiriler, vol. 1, Konya 2001, 257–262. Duggan beschäftigt sich in seinem Artikel mit der Frage der naturalistischen Malerei im 13. Jahrhundert in Anatolien und kommt zu dem Schluß: “but what matters is that happened and that preceeded the naturalism of the early Renaissance and may have influenced the initial stages of the Italian Renaissance through works of Seljuck drawing and painting reaching Italy through the well established trade links between Rum Seljuck Anatolia and the city states of 13th century Italy”. Ibid., 260. Ahmed Eflâkî, Ariflerin Menkıbeleri [Manâkibu‘l Ârifîn], Farsçadan çeviren: Tahsin Yazıcı, I˙stanbul 2006, 429, § 537.
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der seldschukischen Kunst vertraut ist, wird den Namen Kaloyan-ül Konevî sofort erinnern, da dieser in mehreren Bauinschriften Anatoliens als Architekt vorkommt, so am Portal der Gök Medrese in Sivas aus dem Jahr 1271, die im Auftrag des Großwesirs Fahreddin Ali Sâhip Ata erbaut worden war 14. Der Meister Kaloyan aus Konya war offensichtlich eine vielseitige Künstlerpersönlichkeit, da er sowohl als Maler als auch als Architekt arbeitete, was wir von Byzanz nicht kennen. Über Ayn-ül Devle berichtet Eflâkî etwas ausführlicher: „Damals [zur Zeit von Mevlâna Celâleddin Rûmî] gab es einen Maler, der in seiner Malkunst ein zweiter Mani war. Er sagte über seine eigene Kunst, ‚Mani wäre gegenüber meiner Kunst ratlos‘. Man nannte ihn Ayn-ül Devle, der Grieche“ 15. Den eigentlichen Namen des Malers erfahren wir nicht, doch sein auf den ersten Blick muslimisch klingender Beiname darf nicht als ein nach der Konvertierung zum Islam angenommener Name mißverstanden werden, sondern ist ein Titel, der seine hohe Position am Seldschukenhof erkennen läßt. Den Beinamen „Devle“ führten nur hohe Beamte und die Verleihung war vermutlich gesetzlich geregelt 16. Ayn-ül Devle bedeutet „Augen des Staates“ und weist m. E. darauf hin, daß er ein am Hof tätiger Maler war und womöglich die höfische Malerwerkstatt geleitet hatte17. Seine hohe Stellung bei Hofe geht aus einer weiteren Passage von Eflâkî hervor, und zwar im Zusammenhang mit dem Auftrag der georgischen Prinzessin Thamar bzw. dem ihres Mannes, des Sultans Gıyâseddin Keyhüsrev II. (1237–1245), ein Bild (Porträt) von Mevlâna Celâleddin Rûmî zu malen18. Ob Kaloyan oder Ayn-ül Devle auch zu den von Ibn‘ Arabı¯ besichtigten Werkstätten oder zu den in Kappadokien tätigen Künstlern irgendwelche Beziehungen hatten, wissen wir nicht. 14
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Kaloyan-ül Konevî wird in der Literatur des öfteren mit einem anderen Architekten, und zwar mit Kölük bin Abdullah verwechselt. Diskussion dazu bei S. Dilaver, Bünyan Ulu Camii – Erbaa/Akçaköy (Fidi) Silahdâr Ömer Pas¸a Camii, in: Sanat Tarihi Yıllıg˘ ı II, I˙stanbul 1968, 184–199; cf. Z. Sönmez, Bas¸ langıcından 16. Yüzyıla Kadar Anadolu Türk-I˙slam Mimarisinde Sanatçılar, Ankara 1995, 283–284. Für die Fayencedekorationen in Bauten von Kaloyan-ül Konevî und Kölük bin Abdullah cf. M. Meinecke, Fayencedekoration seldschukischer Sakralbauten in Kleinasien, vol. 1, Text und Tafeln, Tübingen 1976, 51–59. Eflâkî, Ariflerin Menkıbeleri (nt. 13), 348, § 371. Cf. das Politikhandbuch des Großseldschuken-Wesirs Niz.¯am al-Mulk [Siya¯sat-na¯ma¯] aus dem 11. Jahrhundert. Ich zitiere hier die türkische Übersetzung: Nizamülmülk Siyasetname, I˙stanbul 2000, 181–192, bes. 191; für eine deutsche Übersetzung cf. Nizâmulmulk, Siya¯satna¯ma: Gedanken und Geschichten, ins Deutsche übertragen und eingeleitet von K. E. v. Schowingen, Freiburg – München 1960; cf. R. Shukurov, The Byzantine Turks: An Approach to the Study of Late Byzantine Demography, in: L’Europa dopo la caduta di Costantinopoli: 29 maggio 1453, Spoleto 2008, 73–108, bes. 94. Shukurov, op. cit., 92–95, cf. P. M. Sˇukurov, Anatavly: tjurkskaja familija na vizantijskoj sluzˇbe [Anataulai: a Turkish Family in the Byzantine Service], in: Vizantijskij Vremennik 66 (2007), 193–207, machte auf mehrere Individuen mit Nachnamen ’Antaulâv = Ayn-ül Devle aufmerksam, die in spätbyzantinischer Zeit auf dem Gebiet des heutigen Griechenland angesiedelt wurden. Dem Autor zufolge waren ihre Vorfahren Türken aus Anatolien, die vielleicht zusammen mit Sultan I˙zzeddin Keykâvus II. (1246–1262) nach Byzanz gekommen sind. Ob Personen dieses Namens mit dem Maler Ayn-ül Devle irgendwelche Beziehung hatten, entzieht sich unserer Kenntnis; cf. unten nt. 19. Eflâkî, Ariflerin Menkıbeleri (nt. 13), 429, § 537.
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Eflâkî gibt uns aber Auskunft darüber, daß beide Maler Kontakt zu Konstantinopel unterhielten: „Kaluyan erzählte eines Tages folgenderweise: ‚In ˙Istanbul [Konstantinupolis] befand sich ein Bild von Maria und Christus auf einer Tafel. Dieses Bild war genau wie Christus und Maria unvergleichbar. Überall aus der Welt kamen die Maler dorthin, doch keiner schaffte solch ein Bild. Daraufhin machte sich Ayn-ül Devle auf den Weg, um das Bild zu sehen. Er kam zu dem Kloster in ˙Istanbul [Konstantinupolis], wo dieses Bild aufbewahrt wurde, und blieb dort ein Jahr. Er diente den Priestern dort‘.“ 19
Das war vermutlich nach 1261, nachdem die Byzantiner Konstantinopel von den Lateinern zurückerobert hatten 20. Es ist daraus zu ersehen, daß im seldschukischen Teil Anatoliens lebende Künstler nicht nur mit der Hauptstadt von Byzanz in Beziehung standen, sondern ganz genau wußten, was dort passierte, und sich in einer Art Wettstreit mit den dortigen Malern befanden. Obwohl uns kein einziges Werk überliefert ist, das man mit den erwähnten Werkstätten in Konya bzw. mit den dort tätigen Malern in Zusammenhang bringen könnte 21, unterrichten uns die behandelten Quellen, daß im seldschukischen Anatolien Ikonen- bzw. Porträtmaler oder Wandmaler auch außerhalb Kappadokiens immer noch aktiv waren und zum Teil mit Konstantinopel Beziehungen pflegten. Die unterschiedlichen Qualitäten bzw. Stiltendenzen in den Malereien der Höhlenkirchen Kappadokiens lassen sich also nicht auf fehlende Kontakte zu Konstantinopel zurückführen, sondern können allenfalls mit unterschiedlichen Fähigkeiten der dort tätigen Künstler erklärt werden 22. 19
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Ibid. Die Geschichte endet damit, daß Ayn-ül Devle nach einer Diskussion mit Mevlâna Celâleddin Rûmî zum Islam übergetreten sei. Die Passage wurde auch von Eastmond, op. cit., 164–165, mit weiteren Stellen aus Eflâkî behandelt. Angenommen, Ayn-ül Devle war nach seinem Gespräch mit Mevlâna Celâleddin Rûmî wirklich zum Islam übergetreten, ändert das nichts an der Tatsache, daß er bis zu diesem Zeitpunkt als Christ im Dienst des Sultans gearbeitet hatte. Falls Ayn-ül Devle tatsächlich mit der von Shukurov, The Byzantine Turks (nt. 16) genannten Familie ’Anataulâv irgendwelche Beziehung hatte, müssen seine Nachfolger wieder zum Christentum zurückgekehrt sein. Es soll hier auf einen anderen Nichtmuslimen mit Beinamen Devle, und zwar den jüdischen Râs¸ id-üd Devle aufmerksam gemacht werden, der im Dienst des ilhanidischen Sultans Gaichatu (1291–1295) stand, cf. Ö. Rıza Dog˘rul (Übs.), Greogory Abû’ l-Farac (Bar Hebraeus). Abû’ l-Farac Tarihi, vol. 2, Ankara 1999, 644; für eine englische Übersetzung cf. E. A. Wallis Budge, The Chronicle of Gregory Abu’l Faraj, Bar Hebraeus, Oxford 1932. Zutreffend schrieb Eastmond, op. cit., 165: „The painting described immediately calls to mind the great miraculous icons of the Mother of God, such as the Blachernitissa or the Hodegetria, that resided in Constantinople“. S¸. Uzluk, Mevlana’nın Ressamları, Konya 1954, 13–14, berichtet, daß seine Familie eine spätere Kopie eines Bildes von Ayn-ül Devle besitzen soll, was jedoch nicht nachgeprüft werden kann. Wie unsicher Datierungen nach stilistischen Kriterien sein können, zeigte die wichtige Entdeckung von T. Uyar, Thirteenth Century Byzantine Painting in Cappadocia: New Evidence, in: A. Ödekan/E. Akyürek/N. Necipog˘ lu (eds.), Change in the Byzantine World (cf. nt. 10), 616–625, bes. 617. Die bisher zwischen dem 11. und 14. Jahrhundert hin und her datierte Erzengelkirche von Cemilköy muß nach der Entdeckung dieser Inschriften in das Jahr 1217/18 datiert werden.
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III. In den Diskussionen über die byzantinische bzw. christliche Malerei im seldschukischen Anatolien wird kaum die Frage gestellt, ob in diesem islamischen Milieu auch illustrierte christliche bzw. griechische Handschriften produziert wurden und welche Stiltendenzen hier begegnen. Hinsichtlich der Buchmalerei, besonders im 13. Jahrhundert, werden in den mir bekannten Auseinandersetzungen nur die zwischen 1204 und 1261 noch in byzantinischer Hand verbliebenen Territorien, vor allem Nikaia berücksichtigt. Es scheint aber, daß die Lokalisierung dieser Handschriften bereits in den siebziger Jahren des vorherigen Jahrhunderts als problematisch empfunden wurde. So wurde bereits 1971 geäußert: „The current theory dates the majority of these manuscripts in the first half and even the first quarter of the thirteenth century and places their production in Nicaea, host city to the exiled Imperial Court (1204–1261). It is also possible that they were made in Trebizond or some other artistic center that was active during the period of exile“ 23. Das gilt besonders für jene Handschriften, deren zeitliche Einordnung seit der Umdatierung des immer wieder als Vergleichsbeispiel herangezogenen Musterbuchs von Wolfenbüttel 24 ins Schwanken geraten war, wie kürzlich Kathleen Maxwell geäußert hat: „A definitive chronology for thirteenth-century Byzantine illustrated manuscripts remains elusive“ 25. Die Frage, ob „some other artistic center“ sich im seldschukischen Anatolien befunden haben könnte, blieb dabei völlig ausgeklammert. Hingegen hielt man an der von Ann Wharton Epstein und Alexander Kazhdan vertretenen Ansicht fest: „In Asia Minor, despite the Seljuk invasions book continued to be made through the third quarter of the eleventh and into the twelfth century, although after 1072 Anatolian towns no longer appeared in the colophons of Greek manuscripts“ 26. Doch vermittelt uns ein Tetraevangeliar in der Gennadios-Bibliothek zu Athen ein anderes Bild 27. Die bisher kaum berücksichtigte Handschrift besitzt nämlich
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T. Jirat-Wasiutyn´ski, S. Gardner, New Testament, in: G. Vikan (ed.), Illuminated Greek Manuscripts from American Collections. An Exhibition in Honor of Kurt Weitzmann, Princeton 1973, 162–165, bes. 163. H. Buchthal, The „Musterbuch“ of Wolfenbüttel and its position in the Art of Thirteenth Century, Wien 1979. K. Maxwell, Paris, Bibliothèque National de France, Codex Grec 54: Modus Operandi of Scribes and Artists in Palaiologan Gospel Book, in: Dumbarton Oaks Papers 54 (2000), 53–138, bes. 122. A. P. Kazhdan, A. W. Epstein, Change in Byzantine Culture in the Eleventh and Twelfth Centuries, Berkeley – Los Angeles – London 1985, 42. Die Handschrift wurde bisher in folgenden mir bekannten Werken kurz erwähnt: K. Aland, Kurz gefaßte Liste der griechischen Handschriften des Neuen Testaments, Berlin 1963, 154; R. L. Wolff, The Lascarid’s Asiatic Frontiers Once More, in: Orientalia Christiana Periodica 15 (1949), 195–197; G. P. Schiemenz, Zur politischen Zugehörigkeit des Gebietes um Sobessos und Zoropassos in den Jahren um 1200, in: Jahrbuch des Österreichischen Byzantinistik 14 (1965), 208; H. Wiemer-Enis, Die Wandmalerei einer kappadokischen Höhlenkirche: Die Neue Tokalı in Göreme, Frankfurt am Main 1992, 12.
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Abb. 2: Frontispiz (Übergabe des Buches), Dioskurides, Materia Medica. Topkapı Sarayı, III. Ahmet Kütüphanesi, Inv.-Nr. 2127, fol. 2a (Courtesy of Topkapı Sarayı)
ein Kolophon, in dem das Entstehungsjahr 1226 sowie die Namen des Seldschukensultans Âlâeddin Keykûbat I. (1219–1236) und des Schreibers Basileios Melitiniotis erwähnt werden. Darüber hinaus gibt das Kolophon als Entstehungsort der Handschrift Kayseri an, die zweitwichtigsten Stadt der Seldschuken neben ihrer Hauptresidenz Konya. Die Handschrift umfaßt 175 Folios, die beiden letzten stammen von einer unbekannten Hand. Der Kodex wurde in der sogenannten Perlschrift geschrieben und besitzt ganzseitige Miniaturen. Abgesehen von den 28
Cf. L. Komaroff, ‚De materia medica‘ by Dioskorides, in: H. C. Evans/W. D. Wixom (eds.), The Glory of Byzantium. Art and Culture of the Middle Byzantine Era A. D. 843–1261, New York 1997, 429–433.
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illuminierten Kanonentafeln (foll. 1–7) enthält er Bilder der vier Evangelisten (foll. 9, 55, 85, 132) und die Apostelsymbole (foll. 10, 56, 86, 133). Da ich das Buch noch nicht in Augenschein nehmen konnte, darf ich mir über die hier erkennbaren Stiltendenzen keine Aussage erlauben. Trotzdem erfahren wir anhand dieses Kodex, daß im 13. Jahrhundert in Anatolien immer noch illuminierte griechische christliche Handschriften produziert wurden. Ob der Seldschukensultan Âlâeddin Keykûbat I. der Auftraggeber oder Empfänger war, kann nicht gesagt werden, ist aber möglich. Zwei Malereien der in arabischer Sprache verfaßten Kopie der „Materia medica“ des Dioskurides, die 1229 für die Bibliothek des islamischen Statthalters S¸emseddin Ebu’l Fidâ Muhammed in Nordmesopotamien bzw. Anatolien angefertigt worden war, soll in diesem Zusammenhang ebenfalls erwähnt werden28. Das Buch befindet sich in der Bibliothek des Topkapı Sarayı in I˙ stanbul (Inv.-Nr. 2127) und ist unter den seldschukischen Manuskripten registriert. Uns ist nur der Name des Kopisten Abu¯ Yu¯suf Bihna¯m ibn Mu¯sa¯ ibn Yu¯suf al-Maws.ulı¯ (bzw. auf zwei foll. ˇ abbar ibn >Alı¯ ) überliefert. Den Namen des Malers kennen wir nicht. >Abd al-G Das doppelseitige Frontispiz zeigt auf dem linken Blatt zwei stehende Männer in orientalischen Gewändern (Abb. 2). Der linke hält ein Buch im Arm, der rechte neigt sich vor und ist im Begriff, einen geöffneten Kodex dem auf der rechten Seite sitzenden Dioskurides zu überreichen. Dioskurides sitzt auf einem Thron mit hoher Rückenlehne und Suppedaneum (Abb. 3). Er trägt die üblichen griechischen Philosophengewänder Tunika und Pallium, doch ist sein nimbiertes Haupt mit einem Turban bedeckt. Seine geöffnete rechte Hand ist in einer Geste des Empfangens ausgestreckt. Vor ihm befindet sich ein Tisch mit Schreibutensilien. Für das Autorenbild des Arztes Dioskurides soll der Maler nach Meinung der Forschung ein Evangelistenbild wie das des Matthaios im Codex graecus 195 der Pariser Nationalbibliothek (10. Jahrhundert) als ikonographische Vorlage benutzt haben, wobei lediglich der Turban als Innovation vermerkt wird (Abb. 4) 29. Doch unabhängig davon, auf welches Vorbild der Maler zurückgegriffen hat, sind die stilistischen Unterschiede zwischen dem Matthaiosbild und dem Autorenporträt deutlich zu erkennen: Während die Gestalt des Matthaios ziemlich flach wirkt, ist bei Dioskurides eine beginnende Dreidimensionalität deutlich zu erkennen, eine Tendenz, die in der spätbyzantinischen Malerei ihren Höhepunkt erreichte. Es mag sein, daß der Maler ein Evangelistenporträt des 10. Jahrhunderts als ikonographische Vorlage benutzt hat, doch kannte er zweifellos die zeitgenössischen Stiltendenzen, weshalb das Bild im Kontext der byzantinischen Buchmalerei der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts betrachtet werden muß, auch wenn die Handschrift für einen muslimischen Auftraggeber hergestellt worden war. 29
K. Weitzmann, The Study of Byzantine Book Illumination, Past, Present, and Future, in: K. Weitzmann/W. C. Loerke/E. Kitzinger/H. Buchthal, The Place of Book Illumination in Byzantine Art, Princeton 1975, 38; E. R. Hoffmann, The Autor Portrait in Thirteenth-Century Arabic Manuscripts: A New Islamic Context for a Late-Antique Tradition, in: Muqarnas 20 (2003), 6–20, bes. 6.
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Abb. 3: Frontispiz (Dioskurides), Dioskurides Materia Medica. Topkapı Sarayı, III. Ahmet Kütüphanesi, Inv.-Nr. 2127, fol. 1b (Courtesy of Topkapı Sarayı)
Eine andere Handschrift, und zwar ein in arabischer Sprache geschriebenes Tetraevangeliar in der Bibliothek des Topkapı Sarayı in I˙ stanbul (Inv.-Nr. 3519), soll hier nur kurz erwähnt werden. Sie wurde erst in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts von Jules Leroy 30 und Yıldız Demiriz 31 untersucht und seither in der späteren Forschung mehrmals erwähnt. Laut Kolophon wurde das
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J. Leroy, Un évangéliaire arabe de la bibliothèque de Topqapı Sarayı à décor byzantin et islamique, in: Syria 44 (1967), 119–130, Taf. IX–XII. Y. Demiriz, Topkapı Sarayı III. Ahmed Kütüphanesinde bir Arapça I˙ncil, in: Sanat Tarihi Yıllıg˘ ı II, I˙stanbul 1968, 87–101. Ich danke dem Direktorat des Topkapı Sarayı und der stellvertretenden Direktorin Gülendam Nakipog˘ lu für ihre Hilfsbereitschaft.
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Abb. 4: Evangelistenporträt (Matthaios). Paris, Bibliothèque nationale de France, cod. Coislin 19 f, fol. 9v (Courtesy of Bibliothèque nationale de France, Paris)
Buch für die Bibliothek des christlichen Sohnes eines gewissen Fahreddin Ebu’l Âl’â angefertigt. Das Tetraevangeliar befand sich bereits zur Zeit des osmanischen Sultans Bâyezıt II. (1481–1508) in der Bibliothek des Topkapı Sarayı32. Damit gewinnt man einen ungefähren terminus ante quem für die Entstehungszeit des Buches, doch könnte es sich bereits seit Sultan Mehmet II. (1451–1481) im Palast befunden haben. Viele Bücher, die zweifelslos Mehmet II. gehörten, wurden nämlich erst unter seinem Sohn Bâyezıt gestempelt 33. Das Manuskript beinhaltet 32 33
Seine Siegel befinden sich auf den beiden letzten Seiten der Handschrift, cf. ibid., 88. Siehe J. Raby, Mehmed the Conqueror’s Greek Scriptorium, in: Dumbarton Oaks Papers 37 (1983), 15–34, bes. 22.
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heute 225 Blatt, ca. zehn Blatt fehlen 34. In der Handschrift sind, abgesehen von geometrischen und vegetabilen Dekorationen, vier ganzseitige Bilder auf Goldgrund erhalten: Eine Deesis (fol. 1b), die Evangelisten Matthaios (fol. 4a) (Tafel 22), Markos (fol. 68a) und Ioannes Theologos mit Prochoros (fol. 177a) (Tafel 23 a). Nur das Gesicht von Matthaios ist vollständig bewahrt. Das Bild des Evangelisten Lukas befand sich möglicherweise auf einem der verlorenen Blätter. Die Darstellung der Deesis zeigt extrem überlängte Figuren. Matthaios und Markos sitzen jeweils auf einem bankartigen Schemel, ihre Füße ruhen auf einem Suppedaneum. Matthaios hält das Buch auf seinem Schoß und taucht den Federkiel in ein Tintenfaß. Markos liest in einer geöffneten Schriftrolle. Ioannes und Prochoros sitzen einander gegenüber vor einer felsigen Landschaft (Tafel 23 a)35. Ioannes wendet sein Haupt nach links oben zu dem hier in blauer Farbe angegebenen göttlichen Lichtstrahl, der von dem Himmelssegment ausgeht und auf seine göttliche Inspiration hinweist. Prochoros schreibt in einer Rolle auf seinen Knien. Alle Personen sind nimbiert. Sämtliche Namensbeischriften sind in griechischer Sprache angegeben. Die Bilder und die Titelseiten werden von einem Rahmen aus farbigen Linien umgeben, die Spitzen der Ecken enden in einer Palmette. Durch Vergleiche mit anderen islamischen Handschriften werden die Miniaturen in das 14. Jahrhundert datiert 36. Demiriz stellte die Bilder byzantinischen Beispielen gegenüber und datierte sie auf Grund der Plastizität der Figuren, ihrer Dreidimensionalität und der Farbgebung in die Mitte des 14. Jahrhunderts und wies darauf hin, daß die Darstellungen die in den byzantinischen Kunstzentren üblichen palaiologischen Stiltendenzen aufweisen 37. Als mögliche Entstehungszentren werden in der Literatur das seldschukische Anatolien, Syrien oder Ägypten vorgeschlagen38. Doch schrieb kürzlich Lucy Ann Hunt zutreffend: „An avenue which needs further exploration, taking into account the Istanbul Gospel’s figural evangelist portraits as well“ 39. Wichtig ist die Erkenntnis, daß zumindest der Maler der Evangelistenporträts die zeitgenössischen byzantinischen Kunsttendenzen kannte. Die Ornamente scheinen die islamische Geschmacksrichtung
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Demiriz, Topkapı (nt. 31), 89. Cf. G. Schäfer, Malerhandbuch des Malermönchs Dionysios vom Berge Athos, München 1960, 133, Nr. 402 [Neudruck von 1855]; für eine weitere Handschrift von 1334/35, wo Iohannes und Prochoros vor einer Felslandschaft dargestellt sind, cf. V. N. Zalesskaja, Tetraevangelion (Four Gospel), in: H. C. Evans (ed.), Byzantium, Faith and Power (1261–1557), New York 2004, 280. Leroy, Un évangéliaire (nt. 30), 130 (Anfang des 14. Jahrhunderts); R. S. Nelson, An Icon at Mt. Sinai and Christian Painting in Muslim Egypt during the Thirteenth and Fourteenth Centuries, in: Art Bulletin 65/2 (1983), 201–218, bes. 216 (Mitte oder zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts) [wieder abgedruckt in: E. R. Hoffmann (ed.), Late Antique and Medieval Art of Mediterranean World, Oxford 2007, 242–269]. Demiriz, Topkapı (nt. 31), 94. Leroy, Un évangéliaire (nt. 30), 129 (Anatolien); Demiriz, Topkapı (nt. 31), 89 (Syrien); Nelson, An Icon (nt. 36), 216 (Syrien oder Ägypten). L. A. Hunt, A Christian Arab Gospel Book: Cairo, Coptic Museum Ms Bibl 90 in its Mamluk Context, in: Mamlûk Studies Review 13/2 (2009), 105–131, bes. 117.
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dieser Zeit widerzuspiegeln. Die Fragen der Datierung und der Bestimmung des Entstehungsortes der Handschrift bedürfen einer eingehenden Untersuchung auch im Rahmen der byzantinischen Buchmalerei. Die Schriftquellen und erhaltene Werke erlauben die Feststellung, daß im türkisch-islamischen Anatolien eigentlich kein Mangel an griechischen Malern sowie an Auftraggebern geherrscht hatte. Einige Künstler, zumindest Kaloyan und Ayn-ül Devle, standen einerseits mit Konstantinopel in Verbindung. Andererseits war Kaloyan als Architekt in der Lage, eine bedeutende islamische Medrese in einer völlig islamischen Architektursprache zu errichten. Kaloyan war natürlich nicht der einzige griechische Architekt, der den seldschukischen Eliten gedient hatte. Mehrere Inschriften in Anatolien verraten uns die Namen anderer Glaubensgenossen Kaloyans wie Siryanus, der als Architekt am Bau einer Moschee in Nadir Köyü bei Aks¸ehir mitwirkte40, oder Sebastos aus Kayseri, der an der Innenmauer der Zitadelle von Sinop tätig war 41. Die an zahlreichen seldschukischen Bauten in Erscheinung tretenden Mauertechniken bestätigen, wie intensiv griechische Meister hieran beteiligt gewesen sein müssen42. IV. Doch die Frage, ob Kaloyan oder andere griechische Architekten auch an christlichen Bauten mitgewirkt haben, läßt sich nicht beantworten. Abgesehen von einigen sicherlich erst in seldschukischer Zeit hinzugefügten Anbauten43 sind die Datierungsprobleme der Kirchen, die keine Bauinschrift aufweisen, noch nicht endgültig geklärt. Das ist z. B. bei der Çanlı Kilise in Çeltek bei Aksaray (datiert zwischen 10. und 13. Jahrhundert) der Fall 44. Obwohl sich an dieser Kirche zeitgenössische Tendenzen des 13. Jahrhunderts ablesen lassen wie polychrome Fassadenbildung und getreppte Nischen, die durch Halbsäulen voneinander getrennt sind (Abb. 5 und 6)45, muß ich mich zurückhalten, anhand noch nicht sicher datierter Gebäude vorläufige Schlußfolgerungen ziehen zu wollen. Der bereits oben erwähnte islamische Gelehrte Ibn‘ Arabı¯ gibt uns aber indirekte Hinweise,
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Sönmez, Bas¸ langıcından (nt. 14), 236. Ibid., 211. M. Restle, Studien zur frühbyzantinischen Architektur Kappadokiens, vol. 1, Wien 1979, 139: „Die Übernahme der Emplekton-Technik durch die seldschukische Architektur steht vermutlich im Zusammenhang mit der Beschäftigung kappadokischer und lykaonischer, also einheimischer, Haustein-vertrauter Werkstätten durch die neuen politischen Herren des Landes seit dem 11. Jahrhundert“. R. Ousterhout, A Byzantine Settlement in Cappadocia (Dumbarton Oaks Studies 62), Washington D. C. 2005, 27, 31–33. Ibid., 42, 51. Cf. N. Asutay-Effenberger, Rezension zu ‚R. Ousterhout, A Byzantine Settlement in Cappadocia (Dumbarton Oaks Studies 62), Washington D.C. 2005‘, in: Jahrbuch der Österreichischen Byzantinistik 58 (2008), 263–265.
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Abb. 5: Çanlı Kilise. Südfassade (Rainer Warland)
Abb. 6: Çanlı Kilise. Zeichnung der Ostfassade (nach R. Ousterhout, A Byzantine Settlement in Cappadocia [Dumbarton Oaks Studies 62], Washington D.C., 2005, 252, Abb. 16)
daß besonders im 13. Jahrhundert zahlreiche Kirchen erbaut worden seien46. Das bestätigen auch Beispiele der Bauplastik, darunter eine Platte in Konya (Inv.-Nr. 893), die für die Frage nach den künstlerischen Wechselbeziehungen zwischen griechi46
M. E. Kılıç, I˙bnu’l Arabî’nin I. I˙zzeddin Keykâvus’a Yazdıg˘ ı Mektubun Is¸ıg˘ ında Dönemin Dînî ve Siyâsi Tarihine Bakıs¸, in: O. Eravs¸ar (ed.), I. Uluslararası Selçuklu (nt. 11), vol. 2, 11–28.
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Abb. 7: Schrankenplatte (Vorderseite). Konya, I˙nce Minareli Medrese, Inv.-Nr. 893 (nach Y. Demiriz, Konya Müzesinde Özel Durumdaki bir Kabartma Hakkında, in: Sanat Tarihi Yıllıg˘ ı 3, I˙stanbul 1970, 223, Abb. 1)
schen und türkischen Meistern sowie ihren Werkstätten von großer Bedeutung ist. Die Platte befindet sich in der I˙ nce Minareli Medrese in Konya und wurde erstmals durch Yıldız Demiriz kunsthistorisch untersucht47. Das Fragment weist an der Vorderseite eine glatte Fuß- und Kopfleiste auf und ist mit einem Kreisbandgeflecht aus dreifach profilierten und verknoteten Bändern verziert, die Medaillons bilden (Abb. 7). In den unteren Medaillons sind an Ranken fressende Hirsche 47
Y. Demiriz, Konya Müzesinde Özel Durumdaki bir Kabartma Hakkında, in: Sanat Tarihi Yıllıg˘ ı 3, I˙stanbul 1970, 221–230, Abb. 1–2; S. Y. Ötüken, The Lion Plaque from Myra and Stylistic and Iconographic Changes in the Medieval Stonework of the Twelfth and Thirteenth Centuries, in: A. Ödekan/E. Akyürek/N. Necipog˘ lu (eds.), Change in the Byzantine World (nt. 10), 554–562, bes. 557, zitiert zwar den Artikel von Demiriz, redet jedoch von einer völlig anderen Platte.
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Abb. 8: Schrankenplatte (Rückseite). Konya, I˙nce Minareli Medrese, Inv.-Nr. 893 (nach Demiriz, Konya Müzesinde Özel Durumdaki bir Kabartma Hakkında, in: Sanat Tarihi Yıllıg˘ ı 3, I˙stanbul 1970, 223, Abb. 2)
dargestellt, ein Motiv, das auch in Byzanz sehr beliebt war 48. Doch die beiden oberen Medaillons enthalten Sphingen mit der typischen dreispitzigen seldschukischen Krone, wie sie etwa an den Engelfiguren von der Stadtmauer in Konya aus dem 13. Jahrhundert begegnet49. Auch der Drachenschweif findet seine Parallele auf zahlreichen seldschukischen Objekten, so auf einigen Fliesen aus dem seldschukischen Palast von Kubadabad bei Konya50. Auf der Rückseite der Platte
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Demiriz, Konya Müzesinde (nt. 47), 228, Abb. 10. Für eine Detailaufnahme cf. S. Ögel, Anadolu Ag˘ aç Oymacılıg˘ ında Mail Kesim, in: Sanat Tarihi Yıllıg˘ ı, I˙stanbul 1965, 110–115, bes. 113, Abb. 3. R. Arık, Kubad Abad, I˙stanbul 2000, 125, Abb. 168.
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sind griechische Kreuze mit geschweiften, perlenförmigen Enden dargestellt, die sich über Stufen erheben und von Pfauen flankiert werden (Abb. 8). Eine zeichnerische Rekonstruktion zeigt, daß es auf der Rückseite mindestens drei gleiche Bildfelder gegeben haben muß 51. Die Machart beider Seiten läßt Demiriz zufolge ausschließen, daß Vorder- und Rückseite zu unterschiedlichen Zeiten entstanden sind. Ohne Zweifel stammt die gesamte Platte aus dem 13. Jahrhundert und gehörte zu einem christlichen Gebäude bzw. einer Kirche. Wir haben damit ein Objekt vor uns, das für einen christlichen Zweck bestimmt war und einen ausgeprägten Mischgeschmack aufweist, da neben bekannten byzantinischen Motiven auch seldschukisches Bildrepertoire begegnet. Dieses in einem Mischstil hergestellte Objekt vermittelt uns eine Vorstellung davon, welche dekorativen Elemente im 13. Jahrhundert in den Kirchen vorhanden waren und welche Synthese hier stattgefunden hat. Es ist daher sehr wohl möglich, daß in der Steinmetzwerkstatt türkische und griechische Meister gemeinsam gearbeitet haben. Ein im Archäologischen Museum von Konya aufbewahrter Marmorsarkophag, der für einen Nachkommen der christlichen Familie Mavrozomes angefertigt worden war, kann bei der Beantwortung der Frage der Zusammenarbeit von griechischen und türkischen Meistern weiterhelfen (Abb. 9)52. Der Sarkophag befand sich einst in Akmanastır (Kloster des Heiligen Chariton) in Sille bei Konya, ein Ort, der auch von islamischen Mystikern hin und wieder besucht wurde53. Abgesehen von der in drei Registern angebrachten griechischen Inschrift ist der Sarkophag völlig im seldschukischen Stil hergestellt („sandukaförmig“) 54. Es ist sehr wohl möglich, daß auch hier griechische und türkische Steinmetze gemeinsam tätig waren. Diese Annahme findet m. E. auf einem weiteren Sarkophag aus Sille, heute im Archäologischen Museum von Konya, einen eindeutigen Beleg: Die darauf befindliche Inschrift bezeichnet den Inhaber des Sarkophags als Aci (Ahi) 55. Das Wort bedeutet auf Arabisch „mein Bruder“, doch wird damit ein Mitglied einer bestimmten Institution bezeichnet 56. Unter dem Begriff „Ahi“ ver51 52
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Demiriz, Konya Müzesinde (nt. 47), 224, Abb. 3 und 4. Eyice, Akmanastır (nt. 6), 169 (mit weiterer Literatur) und Taf. 21. Der zur komnenischen Familie gehörende Manuel Mavrozomes wird auch in seldschukischen Quellen, vor allem von Ibn-i Bibi mehrfach erwähnt. Er war der Schwiegervater des Sultans Gıyâseddin Keyhüsrev I. (1192–1196 bzw. 1205–1210) und Inhaber hoher Ämter. Cf. zuletzt S. Redford, Maurozomes in Konya, in: A. Ödekan/E. Akyürek/N. Necipog˘ lu (eds.), Change in the Byzantine World (nt. 10), 48–49. Kürzlich vertrat M. Bayram, Uç Beyi Mehmed Bey Kimdir?, in: O. Eravs¸ar (ed.), I. Uluslararası Selçuklu (nt. 11), 155–162, die Meinung, der spätere Gouverneur von Honaz (Honai), Mehmet Bey († 1263), sei ein Nachkomme von Manuel Mavrozomes gewesen. Eflâkî, Ariflerin Menkıbeleri (nt. 13), 662, § 51; Redford, op. cit., 50, erwog, ob die Kirche als Grabstätte für die Familie Mavrozomes gedient haben könnte. Zu einigen seldschukischen Sandukas cf. R. Arık, O. Arık, Tiles Treasures of Anatolian Soil. Tiles of the Seljuk and Beylik Periods, I˙stanbul 2008, 118, Abb. 77. Ich danke beiden Arık’s ganz herzlich für die Schenkung dieses Buches. Eyice, Akmanastır (nt. 6), 167, Anm. 14. Cf. N. Çag˘ atay, Bir Türk Kurumu Olan Ahilik, Ankara, 1997 (türkisch mit englischer und französischer Zusammenfassung).
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Abb. 9: Sarkophag aus Sille (nach S. Eyice, Akmanastır [S. Chariton] in der Nähe von Konya und die Höhlenkirche, in: Polychordia. Festschrift Franz Dölger zum 75. Geburtstag, Amsterdam 1967, Taf. 21)
steht man einen Künstler oder Gewerbetreibenden, der einer zunftartigen Bruderschaft angehörte, wie sie in Anatolien erst zu Beginn des 13. Jahrhunderts allenthalben gegründet wurden. Zu den Idealen dieser Bruderschaften gehörten das solidarische Einstehen füreinander und die Sorge um die gemeinsame Ausbildung des Nachwuchses. Der mit einer ethischen und mystischen Bildung geschmückte Ahi, dessen erste Referenz „fütüvvet“ (Ehrlichkeit, Bescheidenheit, Gutmutigkeit, Großzügigkeit, Gastfreundlichkeit usw.) sein sollte, mußte unbedingt Inhaber eines Gewerbes sein. Es wird angenommen, daß nur Muslime Mitglieder dieser Bruderschaft sein durften, wie auch aus den ‚Fütüvvetnâme‘ genannten Richtlinien hervorgeht 57. Nes¸et Çag˘ atay meinte, daß diese Vorschrift dazu gedient habe, um mit den griechischen Gewerbetreibenden rivalisieren zu können58. Doch anhand der Sarkophaginschrift läßt sich vermuten, daß auch Griechen bzw. Christen in diese sozio-kulturellen und künstlerischen Vereinigungen eintreten durften, was für die gegenseitigen Beziehungen von erheblicher Bedeutung gewesen sein wird, aber noch einer umgehenden Untersuchung bedarf. Dies erklärt auch, weshalb gerade die Kirche in Sille ein Treffpunkt für islamische Mystiker war. V. In einem Aufsatz über die sogenannte Artukidenschale habe ich vermutet, daß dieser Gegenstand und weitere Beispiele der Emailkunst im seldschukischen Anatolien angefertigt worden sein könnten, und zwar in einer griechischen Email-
57 58
Ibid., 187–202, Abhandlung über die Futuvvetnâme („What are the Futuwwatnamas and why were they written?“). Ibid., 85.
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werkstatt, die sowohl für islamische als auch für christliche Auftraggeber tätig war (Tafel 21) 59. In jüngster Zeit haben gleichermaßen Forscher mit dem Schwerpunkt byzantinische 60 oder islamische Kunstgeschichte 61 hinsichtlich der Kunst Anatoliens und der östlichen Grenzgebiete die Frage gestellt, ob alle dort entstandenen Kunstgegenstände sich eindeutig als christlich oder islamisch kategorisieren lassen. Tatsächlich sind die Grenzen in vielen Fällen fließend, wie gezeigt wurde: In einem Atelier konnten die Künstler zusammen gewirkt, gemeinsam den Nachwuchs ausgebildet und gemeinsam Auftraggeber mit unterschiedlichen Religionen bedient haben. Die erwähnten Beispiele sowie die Ahi-Inschrift auf dem Sarkophag aus Sille untermauern diese Annahme. Die griechischen und türkischen Bewohner Anatoliens haben während ihres langen Zusammenlebens einen gemeinsamen Geschmack entwickelt, der sich aus unterschiedlichen Quellen speiste62. Dazu müssen selbstverständlich auch andere Ethnien bzw. Religionsgruppen beigetragen haben. Wichtig ist die Feststellung, daß die christliche bzw. byzantinische Kunst in Anatolien in dieser oder jener Form sich weiter entwickeln konnte, ohne von den byzantinische Kunstzentren und den dortigen Stiltendenzen völlig abgeschnitten zu sein. Speros Vryonis schrieb: „The Christian strand of their culture remained constant, even during the long night of Muslim Turkish rule“ 63. Ob die im seldschukischen Anatolien lebenden Christen das Zusammenleben mit ihren islamisch-türkischen Mitbürgern tatsächlich als „long night“ empfunden haben, könnten eigentlich nur Persönlichkeiten wie der Architekt Kaloyan-ül Konevi oder der Gouverneur des Seldschukenstaates, Manuel Mavrozomes, beantworten. Wie sie ihre Situation selbst empfunden haben, geht indirekt aus Niketas Choniates hervor, der über ein Ereignis berichtet, das sich 1141 in der Gegend des heutiger Beys¸ehir bei Konya zugetragen haben soll:
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N. Asutay-Effenberger, Überlegungen zur Datierung und Lokalisierung der Innsbrucker Artukiden-Schale, in: Byzantion 79 (2009), 37–47. Dieser Aufsatz blieb H. Maguire, Alexander and the Lambs: Imitation Byzantine Spolia at San Marco, in: A. Ödekan/E. Akyürek/N. Necipog˘ lu (eds.), Change in the Byzantine World (nt. 10), 123–129, unbekannt. Ulrike Koenen, Die Artukidenschale im Innsbrucker Ferdinandeum als Zeugnis der „Grenzgänge“ im östlichen Mittelmeergebiet. Bemerkungen zur Methodik der byzantinischen Kunstgeschichte, in: U. Koenen/M. Müller-Wiener (eds.), Grenzgänge im östlichen Mittelmeerraum. Byzanz und die islamische Welt vom 9. bis 13. Jahrhundert, Wiesbaden 2008, 121–146, bes. 140–141. Auch dieser Aufsatz blieb H. Maguire, op. cit., 123–129, unbekannt. S. Redford, Kinet Höyük’te bulunan bir Kase, in: O. Eravs¸ar/H. Karpuz (eds.) Konya Kitabı 10, Özel Sayı, Konya, Aralık 2007, 537–542, bes. 538 (ich danke Osman Eravs¸ar herzlich für die Schenkung dieses Buches). Eine Feststellungen wie die von P. Soucek, Byzantium and the Islamic East, in: Evans/Wixom (ed.), Glory (nt. 28), 411, wonach „(t)he Seljuks also made marriage alliance with nearby Christian Rulers, such as the Georgians and aspects of Byzantine visual Culture may have reached Anatolian Turks indirectly through such contacts“, sollte daher mit Vorsicht betrachtet werden. S. Vryonis, Byzantine Civilization, a World Civilization, in: A. E. Laiou/H. Maguire (eds.), Byzantium. A World Civilization, Washington, D. C. 1992, 19–35, bes. 31.
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„Die Bewohner der kleinen, stark befestigten Inseln, die an manchen Orten aus seinem Wasser aufragen, waren zur damaligen Zeit zwar Christen, aber sie unterhielten mit ihren Kähnen einen lebhaften Verkehr mit den Türken (scil. Seldschuken) von Ikonion. So kam es, daß sich nicht bloß eine feste Freundschaft zwischen ihnen und den Türken entwickelt hatte, sondern daß sie in ihren Lebensgewohnheiten selbst beinahe Türken geworden waren. Deshalb stellten sie sich auch auf die Seite ihrer Grenznachbarn und sahen die Rhomäer als ihre Feinde an; langjährige Gewöhnung ist eben stärker als Volkstum und Religion.“ 64
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Niketae Choniatae Historia, rec. Ioannes A. van Dieten (Corpus Fontium Historiae Byzantinae 11), Berlin – New York 1972, 37.85–93. Deutsche Übersetzung: Die Krone der Komnenen. Die Regierungszeit der Kaiser Joannes und Manuel Komnenos (1118–1180) aus dem Geschichtswerk des Niketas Choniates. Übersetzt, eingeleitet und erklärt von F. Grabler, Graz – Wien – Köln 1958, 70. Wie die byzantinischen Autoren die Begegnung empfunden haben, zeigt der Aufsatz von A. Beihammer, Die Ethnogenese der Seldschukischen Türken im Urteil christlicher Geschichtsschreiber des 11. und 12. Jahrhunderts, in: Byzantinische Zeitschrift 102 (2009), 589–614.
Body of Bliss: Radiant Holiness in Eastern Pre-Christian Sources and the Mandorla Motif in Art along the Silk Road to Byzantium C C (New York) This paper examines Jain, Buddhist, and Brahman sources for the mandorla motif – the artistic representation of the zone of light emanating from the body of a divine or holy person. The mandorla first appeared in imperially commissioned art along the Silk Road in the East and later in Christian art, first in the catacombs in Rome and then in imperially commissioned art of the West Roman and the Byzantine Empires1. The earliest datable artistic representation of the mandorla motif in Christian art occurs in the mosaic of Christ with the apostles Peter and Paul dated ca. AD 366–384 at the Catacomb of S. Domitilla in Rome. In this mosaic, the image of Christ is represented entirely surrounded by a mandorla of light 2. The earliest, clearly datable artistic representation of the mandorla anywhere occurs in the first datable figural representation of the Buddha with halo and mandorla on a gold coin of King Kanishka (r. AD 110–126 or 126–146)3. Despite the fact that the existence of this coin has been known for some time, this image has rarely been discussed in the context of the development of the mandorla motif. However, recent reinterpretations of early Christian art attribute the origins of the mandorla motif to Buddhist art of India and Central Asia. These interpretations signal the importance of this earliest image of the Buddha to the develop-
1 2
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For a comprehensive history of the Silk Road which includes recent archaeological finds, cf. J. Tucker, The Silk Road: Art and History, London 2003. This mosaic was discovered in 1742. Cf. T. F. Mathews, The Clash of Gods: A Reinterpretation of Early Christian Art, Princeton 2003, 117 sq. and 122, fig. 92. Cf. also: A. Ferrua, “Qui filius diceris et pater inveneris” mosaico novelamente scoperto nella catacomba di S. Domitilla, Atti della pontificia Academia Romana di Archeologia, Rendiconti 33 (1960–1961), 209–224. In addition to being described as a mandorla, the light emanating from or surrounding a holy person is also sometimes described as an aureole, a nimbus, or simply a “glory”. The mandorla usually surrounds the entire image of the holy person. A halo is usually a circle, but sometimes a square of light around the head of the holy person. For a singularly comprehensive history of various motifs which describe light emanating from a holy person, beginning with ancient “pre-nimbic” solar archetypes, cf. M. Collinet-Guérin, Histoire du nimbe des origines aux temps modernes, Paris 1961.
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ment of the mandorla motif along the Silk Road4. In this context of cultural exchange between the East and the West, an important first step to understanding the original meaning of the mandorla is an examination of textual sources for this motif of light around the figure of the divinity in Buddhist art in India. I. Origins of the Mandorla 1. Traditional Views There are many theories about the origins of the mandorla and many interpretations of the meaning of the mandorla, which is also variously described. Otto Brendel points out that the mandorla motif has been adapted to a variety of interpretations because the descriptive label “mandorla” suggests only an almond shape. He suggests that the contrast between the neutral, simple shape of the mandorla, on the one hand, and the complex idea of divine light which it represents as a motif, on the other hand, may account for the mandorla’s very different interpretation in Christian art through the centuries – from a space within which light emanates from the divine figure of Christ to the enclosure in which Christ is accompanied or lifted into heaven by angels 5. William Loerke and Hans Urs von Balthasar explore the origins of the Christian use of the mandorla in the Hebrew idea of kabod – the luminous thick cloud which signifies God’s presence in the Old Testament. Loerke suggests that early Christian artists looking to an artistic model for the visual representation of Christ’s luminosity had a dilemma: The New Testament idea of God’s glory – dóxa – was an adaptation of the Old Testament kabod, for which artistic representation was traditionally forbidden. On the other hand, the Graeco-Roman tradition lacked a conceptual equivalent of kabod and therefore offered early Christian artists no artistic model for dóxa6. Von Balthasar has proposed that an
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5 6
The mandorla in Christian art is studied in numerous sources. Cf. entry: Mandorla, in: K. Wessel (ed.), Reallexikon zur byzantinischen Kunst, vol. 6, Stuttgart 1966, 1–17; cf. also: Nimbus, in: E. Kirschbaum (ed.), Lexikon der Christlichen Ikonographie, vol. 3, Freiburg 1971, 323–331; A. Grabar, The Virgin in a Mandorla of Light, in: A. Grabar (ed.), L’Art de la fin de l’antiquité et du moyen âge, vol. 1, Paris 1968, 535–542; O. Brendel, Origin and Meaning of the Mandorla, in: Gazette des beaux arts 25 (1944), 5–24; M. Schapiro, The Image of the Disappearing Christ: The Ascension in English Art around the Year 1000, Gazette des beaux arts (Series 6) 23 (1943), 133–152. Cf. Brendel, Origin (nt. 4), 6; cf. also: Schapiro, Image (nt. 4), passim. W. C. Loerke, Observations on the Representation of Doxa in the Mosaics of S. Maria Maggiore, Rome, and St. Catherine’s, Sinai, in: Gesta 20.1 (1981), 15; cf. also: C. Hecht, Die Glorie, Regensburg 2003, 23–25, 65–68 et passim. The importance for the early Christians of the metaphysics of light in speaking about Christ is discussed in: J. Pelikan, Imago Dei: The Byzantine Apologia for Icons (Bollingen Series 35, 36), Princeton 1990, 114 et passim.
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idea of divine radiance based on kabod is beyond form. As such, the sensory experience of divine light includes the witness 7. A Romano-Egyptian inspiration for the ethereal quality of milky light, which first appears ca. AD 400 in Christian mosaics, has been proposed by F. van der Meer 8. Jaroslav Pelikan identifies a nimbus motif in pre-Christian Greek and Roman art where it represents “preternatural light and glory” 9. Paul C. Finney has examined the tensions between iconodules and iconoclasts which challenged the earliest Christian artists caught between the rejection of all figural representation of divinity and the challenge of visually representing an invisible God10. André Grabar advances the widely promulgated idea that the mandorla is a Christian adaptation of the Roman imago clipeata – an ancestral or honorific portrait on an oval shield or in a round frame11. As such, the clipea is not part of the divine person; rather it is the space in which the divine person is portrayed. 2. An Alternative View However, in an important study of the Magi illumination in the Armenian Etschmiadsin Gospels (ca. AD 600) Thomas Mathews rejects the idea that the mandorla is a clipeatic setting for the divine image. Instead, he points to the consistently dynamic character of the radiant zone in the mandorla of Christian art from its inception in the catacombs, as evidenced in the 4th century mosaic of Christ in a mandorla at S Domitilla introduced earlier in this paper12. In his analysis, early Christian iconography required a radiant space which moves with its divine source, the image of Christ. Mathews concludes that the clipea – a framed static space – is not the source for the early Christian mandorla. He suggests, instead, that the mandorla has an Indian Buddhist origin. This alternative idea of a Buddhist source for the mandorla motif in early Christian art comes as no surprise to scholars who explore cultural exchange between the East and the West along the Silk Route since pre-Christian times. 7 8
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H. U. von Balthasar, The Glory of the Lord: A Theological Aesthetics, vol. 3, E. Leiva-Merikakis (trans.), San Francisco 2009, 293 sq. F. van der Meer, Maiestas Domini: Théophanies de l’Apocalypse dans l’art chrétien, Rome – Paris 1938, 265. Van der Meer cites, for example, the mandorla around Christ in the 5th c. apse mosaic which was discovered in 1927 in the church of Hosios David in Salonika; op. cit., 260 sqq. and fig. 59. J. Pelikan, Imago (nt. 6), 100. P. C. Finney, The Invisible God: The Earliest Christians on Art, New York 1994. A. Grabar, Imago clipeata chrétienne, in: Comptes-rendus des séances de l’Académie des Inscriptions et Belles-Lettres 101.2 (1957), 209–213. Etschmiadsin Gospels (Ms. 2734, fol. 229r) Cf. T. F. Mathews, The Early Armenian Iconographic Program of the E¯jmiacin Gospel, in: T. F. Mathews, Art and Architecture in Byzantium and Armenia, London – New York 1995, 208–209. For the mosaic at S. Domitilla, cf. nt. 2 above; cf. also: J. Spier, Picturing the Bible: The Earliest Christian Art, New Haven – London 2007, 151–152; S. Der Nersessian, Études byzantines et arméniennes, Louvain 1973, 529.
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II. T he Silk Route Motifs do not travel. People travel. And the evidence is abundant that the Silk Road was indeed a much travelled road with a rich commerce in goods and ideas. Although many exotic goods from the East – including not only Persia, Egypt, Syria, Mesopotamia, and Armenia, but also India, Central Asia and China – are known to have reached the West after the reign of Alexander the Great (336–326 BC), it was not until the 1st century BC that trade routes over land and sea were developed 13. In fact, two trade routes developed at this time: one trade route by land and the other trade route by sea. In the northern region, the Silk Road over land stretched from China across Central Asia and Persia to the Roman Empire. The trade route by sea from Canton China crossed the Indian Ocean and the Persian Gulf and joined the Silk Road on land in Mesopotamia. All these trade routes intersected Byzantium even as they had connected with the Roman Empire for centuries (Fig. 1).
Fig. 1: Silk Road (1st Century AD)
13
Various aspects of Byzantine trade along the Silk Road are examined in the following sources: R. Foltz, Religions of the Silk Road: Overland Trade and Cultural Exchange from Antiquity to the Fifteenth Century, New York 1999. Cf. also: M. M. Mango (ed.), Byzantine Trade, 4th to 12th Centuries: The Archaeology of Regional, Local, and International Exchange (Papers of the 38th Spring Symposium of Byzantine Studies, St. John’s College, University of Oxford March 2004), Society for the Promotion of Byzantine Studies 14, Farnham – Burlington 2009; M. Loewe, Spices and Silk: Aspects of World Trade in the First Seven Centuries of the Christian Era, in: Journal of the Royal Asiatic Society of Great Britain and Ireland 2 (1971), 166–179.
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In fact, gold coins issued by Caesar Augustus have been found in India together with gold coins of nearly equal weight issued by the Kushan King Kadphises (ca. AD 30–80)14. The Graeco-Roman historian Cassius Dio (ca. AD 164–post 229) reports that Caesar shielded himself from the sun with curtains made of imported silk15. Porphyry from Egypt and Tyrian purple were exclusive to the imperial household16. By the reign of the Emperor Constantine in the early 4th century, Byzantine coins began to appear in Indian markets. These coins, which have been found in North and South India, were carried by Persian and Abyssinian merchants. The coins bear the names of such 4th- and 5th-century Byzantine emperors as Arcadius, Theodosius, Marcian, Leo I, Athanasius I, and Justin I 17. Throughout the ancient world, robes of murex dyed silk were a royal prerogative and silk was frequently used as currency18. According to Justinian’s historian Procopius, silkworm eggs were first brought, hidden in a hollow cane, to the court of Justinian ca. AD 552 by monks from Serindia, which was probably Khotan19. Shortly thereafter, sericulture, the cultivation of silk, became a state monopoly in the Byzantine court. However, the Silk Road was more than a grouping of trade routes; it was also a vast network of cultural exchange with merchants acting as agents. The towns along these trade routes also became centers of cultural exchange where ideas and iconographic motifs in art were transmitted and transferred. As such, Byzantine art was itself at the intersection of trade in ideas and motifs from along the Silk Route.
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P. Gardner, The Coins of the Greek Scythic Kings of Bactria and India in the British Museum, London 1886, liii. Gardner characterizes these gold Scytho-Bactrian coins as a “remarkable phenomenon”. There had been no such gold coins issued in the region for nearly two centuries. Gardner attributes these gold coins to the arrival in India of Roman gold coinage. Cassius Dio Cocceianus, Hist. Rom., 43, 24. Cf. Thorley, The Silk Trade between China and the Roman Empire at its Height ca. AD 90–130, in: Greece and Rome (2nd Series), 18 (1971), 71–80. D. Janes, God and Gold in Late Antiquity, New York 1998, 20, 27 et passim. R. Sewell, Roman Coins in India, in: Journal of the Royal Asiatic Society 35 (1904), 620–621; cf. also: E. Warmington, Commerce between the Roman Empire and India (1928), 140; M. Khustov, History of Oriental Commerce in Greco-Roman Egypt, Kazan (1907), 230. For a comprehensive history the Byzantine silk industry, Cf. A. La Barre Starensier, An Art Historical Study of the Byzantine Silk Industry, vol. 1 (Columbia University Dissertation, 4 voll.), New York 1982, 90sq. Cf. also: C. Elliott, Purple Pasts: Color Codification in the Ancient World, in: Law and Social Inquiry 33.1 (2008), 173–194. Procopius, De Bello gothico 33, 17.1–8 et passim. Cf. Starensier, Byzantine Silk 1 (nt. 18), 90, nt. 65; cf. also N. Oikonomides, Silk Trade and Production in Byzantium from the Sixth to the Ninth Century: The Seals of Kommerkiarioi, in: Dumbarton Oaks Papers 40 (1986), 33–53; H. B. Feltham, Justinian and the International Silk Trade, in: Sino-Platonic Papers 194 (2009), also http://www.sino-platonic.org/. Cf. also: A. Muthesius, The Byzantine Silk Industry: Lopez and Beyond, in: Journal of Medieval History 19.1–2 (1993), 1–67; A. Muthesius, A Practical Approach to the History of Byzantine Silk Weaving, in: Jahrbuch der österreichischen Byzantinistik 34 (1984), 235–254; A. Stauffer, Bestaunt und Begehrt: Seide aus Byzanz, in: Byzanz: Pracht und Alltag (Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn 26. Feb.–13. Juni 2010), München 2010, 94–101.
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III. T he Buddhist Tradition of the Mandorla In the Buddhist tradition, the mandorla represents a radiant zone of glory, a circle of light which emanates from the divine or holy person himself 20. As such, the divine person and the mandorla are inseparable. In fact, the scripturally based motif of the mandorla of light which surrounds the image of a divine person was in circulation along the Silk Road in the East well before it was expressed in Christian art. The earliest datable representation of the Buddha in human form surrounded by halo and mandorla appears on a coin of King Kanishka in the early 2nd century 21. 1. Early Sources for the Halo and the Mandorla: Symbolic Representation of the Buddha For many centuries after his departure from this earth (Nirvana), the Buddha (ca. 563–483 BC) was not represented as human because he was considered by his followers to be a divine reincarnation. In fact, the Buddha himself expressed his wish to be memorialized through relics of his human remains and by symbols. In the Buddhist scripture Dighanikaya, under the heading “The Book of the Great Decease of Buddha”, instructs his chief disciple Ananda 22. The Buddha tells Ananda that after his demise his remains should be honored in the same way as those of the “king of kings,” the Vedic divine cosmic ruler Chakravartin 23. Accordingly, for the next several hundred years, the Buddha’s relics were enshrined in mounds called stupas and the Buddha was worshipped by his followers through symbols which included the following: the burial mound (stupa), the “Wheel of Law” (Cakra), the Buddha’s footprints (Buddhapada), and an empty seat 24. Occasionally, the symbolic empty seat also contained the footprints of the Buddha as an additional symbol of his presence. Three of the many extant early symbolic representations of the Buddha are examples of the power of these symbolic images as objects of worship in the minds of the faithful and at the hands of rulers. (1) The Great Stupa at Sanchi is
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On the meaning of mandorla in Buddhist art, see the three-part article by A. C. Soper, Aspects of Light Symbolism in Gandharan Sculpture, in: Artibus Asiae 12 (1949), 252–283, 314–330, and 13 (1950), 63–85. Cf. A. Cunningham, Coins of the Indo-Scythians, Sakas and Kushans, Delhi 1971, 42, plate 18. Reprinted from Numismatic Chronicle 8, 47–58 and 12, 98–159. Dihga-Nikaya 16, Mahaparinibbana-sutta (“The Book of the Decease”), in: A. Barua (trans.), vol. 2, Delhi (2008), 5, 10–12. The Sanskrit word “chakravartin” derives from the word “chak(ra)” meaning wheel. The Chakravartin is one who turns the wheel of the law, i.e., governs the cosmos. Cf. H. Alabaster, Wheel of the Law: Buddhism, Varanasi 1972, 169, 181 et passim. In Buddhist tradition, the wheel of the law is a flaming wheel. Cf. T. B. Karunaratne, The Buddhist Wheel Symbol (Wheel Kandy Series, Sri Lanka) 137–138), Kandy 1969, 14 sqq; cf. also: S. Huntington, Early Buddhist Art and the Theory of Aniconism, in Art Journal 49.4 (1990), 401–408.
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Fig. 2: Sanchi Stupa (3rd Century BC)
the most notable among the stupas with relics of the Buddha 25 (Fig. 2). This monument was originally built by the Indian king Asoka (269–232 BC) to commemorate the Buddha 26. (2) King Asoka is also responsible for the construction of another important symbolic representation of the Buddha at Sarnath, the site of the Buddha’s first sermon which took place some two centuries before King Asoka. The monument at Sarnath which dates to ca. 250 BC is known as the
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Originally, most of the stupas created during the reign of King Asoka (r. BC 273–242) were humble brick and plaster structures surrounded by a wooden railing with open gateways facing the cardinal points. Cf. A. H. Longhurst, Story of the Stupa, New Delhi 1992, 13. The Sanchi stupa is a dome made of stone and brick which measures ca. 16m H and 37m in diameter. On the apex of the dome is a terrace measuring 10m in diameter. The terrace is surrounded by a stone railing. Cf. A. Cunningham, Bhilsa Topes: Or Buddhist Monuments of Central Asia, London 1854, reprint 1966, 184. King Asoka erected four great stupas to mark the four critical sites in Buddha’s life: his birth, his enlightenment, his first sermon and his parinirvana. Cf. J. Przyluski, La légende de l’empereur Asoka, Paris 1923, 260–261. Cf. also: U. Singh, The History of the Patronage of an Ancient Buddhist Establishment, in: The Indian Economic and Social History Review 33.1 (1996), 1–35.
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Fig. 3: Capitol with four Lions. Sarnath (3rd Century BC)
Lion Capitol (Fig. 3). On the capitol at Sarnath Buddha is represented by the Wheel of the Law, the symbol of the Buddha’s teaching 27. (3) A sculpture now housed at the Madras Museum in India, which dates to the 2nd-century BC, symbolizes the Buddha’s presence in the form of an empty throne. On the seat of the throne is carved a second symbol of the Buddha – his two footprints which are called the Buddhapada (Fig. 4). The Buddhapada without the throne are represented in a sculpture from Amaravati now at the British Museum28.
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The Sarnath capitol containing the Wheel of Law was adopted as the national emblem of India when India became a republic on January 26, 1950. The blue dharma Cakra, the 24 spoke Wheel of Law, is found on the Indian flag. British Museum No. 1800.0709.57.
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Fig. 4: Buddhapada (3nd Century BC) Madras Museum
2. The Buddha in Human Form It is only in the 2nd century AD, that we see the representation of the Buddha in human form. The first such datable representation occurs on a gold coin of King Kanishka I of the Kushan Empire (Plate 23 b) 29. The Kushans were a
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K. Tanabe, A New Gold Dinar of Kanishka I with the Buddha Image, in: Oriental Culture 55 (1975), 88–107; cf. also: J. Rowland, A Note on the Invention of the Buddha Image, in: Harvard Journal of Asiatic Studies 11.1–2 (1948), 181–186. Cf. also: J. Cribb, Kanishka’s Buddha Image Coin Revisited, in: Silk Road Art and Archaeology, vol. 6, Kamakura 1999–2000, 151. There are apparently six extant gold coins of King Kanishka with the image of Buddha on the reverse. These coins are found in the following collections: (1) British Museum BMC 16b, Accession no. IOC289, cf. J. Rosenfield, The Dynamic Arts of the Kushan, Berkeley 1967, 88; (2) Hirayama Collection, Japan, cf. K. Tanabe, in: Studies in Silk Road Coins and Culture: K. Tanabe et al. (eds.), Papers in Honour of Professor Ikuo Hirayama, Kamakura 1997; (3) The former Skanda Collection; (4) The Cabinet des médailles at the Bibliothèque Nationale de France, Paris, cf. G. Fussman, Monnaie d’or de Kaniska inédite, au type du Buddha, in: Revue numismatique, (6e série) 24 (1982), 155–169; (5) A Private Collection, London, cf. O. Bopearachchi et al (eds.), De l’Indus à l’Oxus: archéologie de l’Asie central (Catalogue de l’Exposition), Lattes 2003, 181 and figs. 158a,b; and (6) The specimen formerly at the Museum of Fine Arts, Boston, cf. B. Rowland, Art of Gandhara, in: The Bulletin of the Museum of Fine Arts 63.333 (1965), 147. The Boston specimen which was acquired in 1931 was stolen in 1978.
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nomadic tribe known as the Yuezhi in China30. Sometime after 128 BC, they followed in the tracks of the Scythians and moved southward into Sogdia and Bactria in the former territory of Alexander the Great. The Kushan tribe consolidated their power for about two centuries. Around the middle of the 1st-century AD, they advanced into Kashmir and then into northwest India. The Kushan kingdom soon extended over much of Northern India. The Silk Road passed through the northern part of the Kushan Empire. The Kushans were avid consumers of Roman goods, as well as goods from China and Central Asia. King Kanishka I established his greatness as emperor by securing the Central Asian region of the trade routes that stretched from the Chinese capital of Chang-an through Central Asia to Rome31. In the Buddhist tradition, however, Kanishka is best known as an avid patron of Buddhism who built temples, collected Buddhist texts, and promoted the worship of Buddha. It was during Kanishka’s reign that the 4th Great Buddhist Council, which was convened by him, officially decided to honor Buddha as a divine being 32. On the obverse of the gold coin which contains image of Buddha, the figure of King Kanishka is clearly identified by an inscription in Greek, as was customary in the Bactrian region33. As might be expected in a coin of the realm, King Kanishka is shown in full royal regalia. He wears a king’s bonnet and a
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Much of what we know about the Kushans comes from the Han dynasty historian Sima Qian (ca. AD 145–190). Sima referred to the Kushans as Yuezhi; cf. Sima Qian, Shiji 110, Taipei 1995, 2894, in which Kushans are called Yuezhi. Kushan is the Indian label for this nomadic tribe. Cf. also Thorley, Silk (nt. 16), 72. The dates of Kanishka’s reign have been the subject of recent study based on new archaeological finds. These finds have revealed some hitherto unknown predecessors of Kanishka. In 1993, in the Rabatak region of Afghanistan, an inscription in Greek on the face of a large limestone block was discovered. The inscription identifies Kanishka I as the son of Vima Kadphises and the grandson of Vima Tak, a previously unknown ruler. This inscription enabled scholars to identify coins associated with Vima Tak and to reassess the dates of Kanishka’s reign as AD 110–126 or 126–146; cf. N. Sims-Williams/J. Cribb, A New Bactrian Inscription of Kanishka the Great, in: Silk Road Anthropology 4 (1995–1996), 76–142; cf. also: D. Hitch, The Special Status of Turfan, in: Sino-Platonic Papers 186 (2009), 13 sq. The 2006 discovery of a hoard of coins in Peshawar in Pakistan has shed further light on the chronology of Kanishka, as well as the chronologies of his father Vima Kadphises (AD 100–127 or 105–127), and of his great-grandfather Vima Tak (r. AD 95–100 or 90–95). For a discussion of the new Peshawar find and for an updated chronology on which the dates given in this paper are based, cf. O. Bopearchchi, Some Observations on the Chronology of the Early Kushans, in: R. Gyselen (ed.), Des Indo-Grecs aux Sassanides: données pour l’histoire et la géographie historique (Res Orientales 17) Bures-sur-Yvette (2007), 41–54. The numismatic evidence that Kanishka I was the immediate successor of Vima Kadphises is corroborated by paleographic evidence in some Brahmi inscriptions from Mathura which can be dated to the time of Kanishka and Vima Kadphises; cf. C. Mani, A Macro Study of Early Indian Coins, Delhi (1999), 75, nt. 23. H. Zimmer, The Philosophies of India, New York 1960, 508. Cf. W. W. Tarn, The Greeks in Bactria and India, Chicago 31997, 352 sqq; cf. also: Cribb, Buddha Image (nt. 29), 151.
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diadem and he holds a spear in one hand and an elephant goad in the other hand. Transcribed, the Greek inscription reads, “Shaonanoshao Kanishki Kushano”, which translated reads, “King of Kings, Kanishka Kushan” 34. On the reverse of the coin is the first image of the Buddha as human being. He stands facing frontally, his right hand in the Abhaya mudra signifying, “fear not”. The Buddha is identified by the Greek inscription, transcribed “Boddo,” which reads counterclockwise starting at 10 o’clock and ending at 7 o’clock. To the right, is the innovative monogram or “tamga” of King Kanishka which resembles a trident35. Most significantly, the image of the Buddha on this coin depicts him with both a halo and a mandorla36. Actually, it was from King Kanishka’s time that the canonical literature of Buddhism in Sanskrit expressed the view that the Buddha was to be revered as a divine being37. The obvious challenges to the artist were to find a way to visualize not only the invisible quality of holiness, but also the character of divinity itself, specifically light. In the case of King Kanishka’s coin, the artist represented the divinity of the Buddha through the symbolic use of the halo and mandorla which represent his luminosity. 3. The Buddha and Radiating Light In traditional Buddhist literature of India, Buddha is associated with light. A vision of the Buddha is described in the Suvarnaprabhasa-sutta as follows, “The Boddhisattva Ruciraketu in a dream state had a vision of a golden drum and of the innumerable Buddhas sitting on the throne made of cat’s eye gems and shining forth with dazzling splendor” 38. The highest level of enlightenment
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The character for “sh”, for which there is no equivalent in Greek, is supplied in this inscription in the Karosthi script. Cf. Cribb, Bactrian (nt. 31), loc. cit. Cf. also: R. Salomon, On the Origin of the Early Indian Scripts, in: Journal of the American Oriental Society 115.2 (1995), 271–279; cf. also: J. Brown, The Coins of India (Heritage of India), Calcutta – London – New York 1922, 36 and plate 4, 3. Brown says that Kanishka introduced the title “Sha¯ona¯shao” to replace the Greek “Basileo¯s Basileo¯n”. Kanishka’s tamga replaced the enigmatic monograms of the Graeco-Bactrian coinage. Cf. R.B. Whitehead, Pre-Mohammedan Coinage of Northern India, New York 1922, 6. The tamga may signify Kanishka’s individuality and his independence of earlier coinage. Cf. Journal of the Numismatic Society of India 59 (1997). Depending on the particular coin, the Buddha’s halo is either single or double. King Kanishka convened the 4th Great Buddhist Council whose deliberations gave consistency and official sanction to the doctrines of Mahayana Buddhism. Cf. Zimmer, Philosophies (nt. 32), 508. Cf. also: S. Dietz, Buddhism in Gandhara, in: A. Heirman/S. P. Bumbacher (eds.), The Spread of Buddhism, Leiden 2007, 49–74. Suvarnaprabhasasutra 3, S. Bagchi (ed.), (Buddhist Sanskrit Texts 8), Dharbhanga, India 1967, 29.
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causes light to emanate from Buddhas in the form of a halo around the head and an aura of light from the back of the figure. According to Buddhist tradition, this is the way in which Buddhas assume the “Body of Bliss” 39. The association of the Buddha with light, specifically the light produced by fire, is attributable to a particular episode in the Buddhas’s life which occurred as he meditated on a mountain. The Indian scripture “Abhidharma-vith(d)asa” describes the Buddha as having a “fire trance” while he sat in meditation on the mountain40. The text goes on to say that he was radiant as if on fire for seven days and seven nights. The Vaipulya-Mahavyuha Sutra 6 describes the future Buddha’s departure from his earthly home and family to search for enlightenment. Here we read that when he left his home that night, a great light from his body illuminated the farthest reaches of the universe. The sutra goes on to say that in his radiance and surrounded by countless divine hosts, the Bodhisattva Gautama emerged into the world to save all people41. A comprehensive account of light emanating from the body is contained in the traditional Jain scripture which was taught in India by the spiritual master or Tirthankara called Mahavira, who was a contemporary of the Buddha42. Mahavira preached the radiance of the “life-monad”, the karmic matter which radiates from the pores of the body. He explained this phenomenon as follows: “the luminosity of the monad pervades the whole organism and is thought of as emanating even beyond the strict circumference of the bodily frame in such a way as to form around it a subtle halo, invisible to the average mortal but clearly perceptible to the enlightened saint” 43. This amazing ideal of enlightenment was widely accepted in India and interpreted quite literally. In Canto 14 of the Brahman Baghavad Gita, we read the following highly lucid description of luminosity around the enlightened person: “When through all the doors of this body/, light radiates knowledge/, then know sattva (enlightenment)
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Body of Bliss, or “Samboghakaya” in Sanskrit, is the second of the three bodies of the Buddha in the Mahayana Buddhist doctrine of Trikaya. According to this doctrine, it is from the Body of Bliss that the body of the historical Buddha emanates. Cf. Zimmer, Philosophies (nt. 32), 530. Cf. also: X. Guang, The Concept of the Buddha: Its Evolution from Early Buddhism to the Trikaya Theory (Routledge Curzon Critical Studies in Buddhism), London – New York 2005; cf. also: The Life of Buddha as Legend and History, London 1949, 263 et passim for a description of the light with colors emanating from the body of the Buddha. Cf. Soper, Aspects (nt. 20), 12 (1949), 254–255, nt.7. This version of the Indian sutra was translated into Chinese by Divahara in AD 683; cf. Z. Daizokyo (Buddhist Tripitaka in Chinese) 3, 575c; cf. also: Soper, Aspects (nt. 20), 13 (1950) 80, nt. 164. Mahavira (599–527 BC) was the last of 24 master teachers of Jain; cf. K. C. Jain, Lord Mahavira and His Times, Delhi 1991; cf. also: J. E. Cort, Framing the Jina: Narratives of Icons and Idols in Jain History, Oxford 2010, 155 sqq. Cf. also: Idem, Note on Language, Transliteration, Names, and Mendicant Titles, xi–xiv, for the use of simplified transliterations accessible to the general audience where possible, with which this author agrees. Trans. Zimmer, Philosophies (nt. 32), 231, nt. 52.
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surely waxes/ […] In the sky, if a thousand suns/ are together risen/, light like that, might perhaps compare/ with the splendor of that great being” 44. The Jain, Buddhist, and Brahman authorities cited thus far in this paper all indicate clearly the idea of luminosity around the enlightened person. In the case of Buddhism, the idea of radiance around the Buddha “to the ends of the universe” clearly signifies his divine identity. The fact that the halo and mandorla as representations of such divine identity were already in circulation at the time of King Kanishka indicates that these motifs circulated long before Christian art made use of them to signify Christ’s divinity. It is probable therefore that the Buddhist idea of the halo and mandorla as a radiance or zone of glory emanating from the sacred person is a source for the same motif in Christian art. The 4th century mosaic at S. Domitilla – introduced at the beginning of this paper – representing Christ in a luminous green mandorla may be such a case in point. The artistic representation of the Buddha in human form on the Kanishka coin with a clearly recognizable halo and mandorla successfully conveys the abstract and invisible reality of the Buddha’s divinity. The fact that this image occurs on a coin with Kanishka links the king to the historical Buddha and to the Divine Buddha portrayed here in human form45. The art historical question of the relationship of style of this coin relief of the Buddha to the contemporary Buddhist sculptures of the Kushan period is beyond the scope of this paper. However, this datable relief image of the Buddha is clearly an important starting reference point with respect to the mandorla and halo in Gandharan art. In fact, from this point on, it is the mandorla and the halo which figure prominently in imperially commissioned projects, first in the East and then in the Byzantine Empire. IV. Fusion of Divine and Ear thly Authority: Imperial Ar t along the Silk Road The image of King Kanishka on the obverse side of a coin which represents the divine Buddha on the reverse clearly signifies the king’s special relationship with the divine. In fact, like the Roman emperors, Kushans used coins as vehicles for official propaganda46. It is not uncommon to see coins which depict the ruler on one side and an identifiable divinity on the reverse side47.
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Baghavad Gita Canto 14, 11–12 as contained in: R. Menon (trans.), Srimad Baghavad Gita, New Delhi (2007). It is important to remember that Buddha himself was a prince and that he is considered to be a reincarnation of a king. Cf. M. Carter, A Treasury of Indian Coins, Bombay 1944, 31. Cf. M. Blet-Lemarquand, Analyse élémentaire de monnaies Kouchanes, in: Bopearchchi, Indus (nt. 29), 180–183.
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The iconography of light, as signified by the halo and mandorla however, is particular to the representation of the Buddha on this Kanishka coin. In the case of this coin – the first datable representation of the Buddha with halo and mandorla – the royal figure of King Kanishka with flames emanating from his shoulders is literally fused to the image of the divine Buddha radiating light. As we have seen, the significance of the mandorla and the power of this visual representation of divine light is rooted in the belief that the Buddha is a reincarnated king. In the Suvarnaprabhasa-sutta, the light of the Buddha’s Body of Bliss in which he is reincarnated reaches to the ends of the earth48. Only those persons initiated through enlightenment can see this light. The placement of this representation of Buddha on the coin signifies that the light of the Buddha protects the king and his dynasty. It is in this spirit that rulers would fuse their identity with the divine Buddha in such a way as to join themselves to this divine being. The projection of political authority in portraits of the emperor personified as a divine figure can be found in many of the most important imperially commissioned art projects along the Silk Road east of the Byzantine Empire. Examples of these projects appear in a Zoroastrian relief in Iran and in Buddhist monuments in India, Central Asia, and China. At Taq-i-bustan, the religious and funerary center of the Achaemanians, Ardashir II (r. AD 379–383) had a carving made of his Investiture49. Taq-i-bustan, once the sacred place of the Achaemanians, was now taken over by Sassanians (Fig. 5). Here, the Zoroastrian deity Ahura Mazda – the cosmic creator mounted on a horse – hands the crown to the king who is also on a horse. A priest stands holding the ritual borsam branch, which symbolizes the connection between the spiritual and the material realms50. The two horses are trampling two archenemies of the god and the king, namely, the evil spirit Ahrinan and the last of the Parthian kings, Artabanus V. As was customary to the Achamaenians, the inscription is in three languages: Greek, Pahlavi-Sassanian, and Pahlavi Parthian51. Buddhism spread from India along the Silk Road. In the 1st century AD Buddhism entered China through the far eastern end of the Silk Road, at the time of Emperor Ming-ti (r. 57–75) of the Han Dynasty. It is said that in the third year of his reign Emperor Ming-ti had a dream. In his dream he saw a vision of a
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Cf. Bagchi, Suvarnaprabhasasutra (nt. 38), 29. For the Body of Bliss, cf. also: nt. 39 above. Cf. R. Ghirshman, Persian Art: The Parthian and Sassanian Dynasties 249 BC–AD 651, New York 1962, 133 and fig. 168; cf. also: Ghirshman, Notes iraniennes III. A propos des bas-reliefs rupestres sassanides Taqui-Bostan. A la mémoire de E. Herzfeld, in: Artibus Asiae 13 (1950), 86–98. Borsam branches are carried by Parsee priests in liturgical observances. In ancient times, borsam branches may have been a particular part of the prayer of grace at the royal table; cf. J. J. Modi, Asiatic Papers II, Bombay 1917, 255; cf. also: Modi, The Religious Ceremonies and Customs of the Parsees, Bombay 1922, reprint 1997, 277 sqq. Ghirshman, Persian (nt. 49), 133.
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Fig. 5: Stone Relief with Investiture of Ardashir II (AD 379-383). Taq-i-Bustan, Iran
flying golden figure above whose head was a glory of sun and moon52. The emperor was told by a sage that the figure in his dream was Buddha, whereupon he immediately sent an emissary to India. In AD 67, this emissary returned from India to the capital city of Luo-yang, bringing with him the two Buddhist masters, Matanga and Dharmananda, Buddhist texts, and a statue of the Buddha53. These events mark the traditional beginning of the history of Buddhism in China. However, due to the strong influence of the traditional Chinese belief in the Daoist teachings of Lao-zi (6th c. BC), the new doctrine of Buddha was not readily accepted by the Chinese54. It was not until the Toba Tartars conquered China and established the new dynasty of Northern Wei (AD 386–534) that Buddhism was actively promoted in Northeast China. 52
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S. Beal, Buddhist Literature in China (Bibliotheca Indo-Buddhica 46) London 1882 and Delhi 1988, 3; cf. also Beal, Buddhism in China, Delhi 1980, 51 sqq; cf. also: K. L. Reichelt, Truth and Tradition in Chinese Buddhism. A Study of Chinese Mahayana Buddhism, K. V. W. Bugge (trans.), reprint New York 1968, 11. Cf. S. Beal, Abstract of Four Lectures on Buddhist Literature Delivered at University College, reprint Delhi 1988, 5–6. S. R. Bokenkamp and P. S. Nickerson, Early Daoist Scriptures, London 1997, xiii et passim.
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1. Toba Tartars and the Northern Wei Dynasty The new Toba rulers converted to Buddhism and, for the first time, Buddhism was established as the state religion. As a result, the revered Central Asian, Buddhist scholar Kumarajiva (AD 343–413) was invited to China to translate some 300 Mahayana Buddhist texts from Sanskrit to Chinese. The renowned Chinese Buddhist monk Fa Xian (AD 337–422) was sent to India to deepen his insights into Buddhism at the sacred Buddhist sites55. In AD 398, the new Toba Tartar rulers of China moved the capital from Shenglo in Inner Mongolia to Ping Cheng, the present-day city of Datung. The Toba rulers of the Northern Wei continued to conquer the rest of Northern China. In AD 442, they conquered the oasis town of Dunhuang in the northwest, China’s gateway to and from the Silk Road. The population of Dunhuang included many artisans who adhered to the Buddhist tradition dating to the 4th century AD of building caves dedicated to Buddha. From the Dunhuang area, the Toba rulers forcibly relocated some 30,000 residents to the new capital at Ping Cheng. Among these newly relocated people were many artisans well trained in Buddhist arts and crafts, as well as all the Buddhist priests under 50 years of age who had been defrocked by the Toba rulers during the resettlement. With this massive infusion of artistic talent and manpower into the capital of Ping Cheng, the Toba emperors of Northern Wei began a massive project of building Buddhist caves in the sandstone cliffs at a nearby site called Yunkang 56. 2. The Toba Emperor as Buddha at Yunkang Between the years ca. AD 450 and 494, 53 caves containing some 50,000 images were carved out of sandstone cliffs at Yunkang 57. Notably, the first five of these caves which were completed by AD 454 were made to house five colossal images of five Toba predecessors personified as Buddha58. The five Buddhas the 55 56
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Cf. Travels of Fah-hian [sic] and Sung-yun: Buddhist Pilgrims, from China to India (400 A.D. to 518 A.D.), S. Beal (trans.), London 1964. For a definitive study of the Yunkang caves, Cf. S. Mizuno, Unko sekkutsu 㞼ᒸ ▼❍ (Kyoto Daigaku Jinbun Kagaku Kenkyujo kenkyu hokoku), voll. 1–15, Kyoto 1951–1956. (Yun-kang, the Buddhist cave-temples of the fifth century AD in North China: Detailed report of the archaeological survey carried out by the mission of the Tohobunka Kenkyusho 1938–45). Cf. also: Yunkang hsiku 㞼ᒸ ▼❍ , Beijing 1977. Cf. C. Chang, The Yunkang Sculptures: Symbols of Toba Imperial Power, in: B. H.-K. Luk (ed.), Contacts between Cultures, Eastern Asia, Literature and Humanities (33rd International Congress of Asian and North African Studies Toronto 1990) 3, Lewinston 1992, 389–392. There is no unanimity on the question of the identity of the Tan Yao Buddha sculptures. A comprehensive discussion of the different theories about the identity of the Buddhas in the five Tan Yao caves is found in: M. Rhie, Early Buddhist Art of China and Central Asia, vol. 3, Leiden – Boston 2010, 467–480; cf. also: J. Huntington, The Iconography and Iconology of the Tan Yao Caves at Yungang, Oriental Art 23 (1986), 142–160. Rhie proposes her own original
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Fig. 6: Seated Buddha. Yunkang Cave 20 Tanyao Cave (460–465 AD)
Emperor Wen Cheng wished to represent as himself and his four predecessors are the traditional Chinese Mahayana Buddhist pantheon of five dhyani Buddhas. Each of these Buddhas is a personification of cosmic forces59. These caves are known as the Tan Yao caves, a reference to the monk Tan Yao who counseled the Emperor on this project. Each of the five Buddha statues measures an average 15 meters in height. In particular, the Emperor Wen-cheng (r. 425–465) commissioned a statue of himself as a Buddha. This statue has a
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theory about the identity of the Buddha statues according to which the Vairocana Buddha is the sculpture in Cave 18 which has the thousand Buddha motif on the robe. Rhie’s argument is based on two major Buddhist scriptural sources which name the Buddhas of the four cardinal directions. These scriptures had recently been translated into Chinese when Tan Yao was advising the project. The sculpture in Cave 20 described in this paper has the motif of numerous Buddhas on the mandorla and halo. The concept of five dhyani Buddhas in Mahayana Buddhism was developed at the renowned Indian Buddhist school at Nalanda ca. AD 300. The five dhyani Buddhas are: Vairocana, Aksobhya, Ratnasambawa, Amitabha, and Amoghasiddhi; cf. H. A. Van Oort, The Iconography of Chinese Buddhism in Traditional China, vol. 1 (Iconography of Religions 12, 5,1), 5.
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black stone on the face and on one foot, so as to replicate the moles on the emperor’s own body. The best known and most important sculpture of the Buddha commissioned by Emperor Wen-cheng at the Yunkang cave site is the colossal sculpture (13.7m H) in Cave 20 (Fig. 6). The original wooden structure in front of the cave has been destroyed, exposing the sculpture. Represented here is the Buddha of the Present, Sakyamuni, flanked by two smaller size Buddhas representing the Buddhas of the Past and of the Future60. The right attendant Buddha was also destroyed with the collapse of the wall. The main Buddha of the Present is shown with flaming halo and mandorla and is seated at the center. The motif of numerous Buddhas carved on the inner ring of the flaming halo and mandorla identify this image as the Sakyamuni Buddha, the Buddha of the Present. The full-faced Buddha with massive shoulders conveys the mighty presence of this divine person and by extension the power of the Toba emperors who built these caves. 3. Toba and T ’ang Emperors as Buddha at Lungmen In AD 494 after solidifying their political base in the northern region of China, the Toba rulers of the Wei Dynasty once again moved the capital, this time to Luoyang in the heartland of Chinese culture. At this new capital of Luoyang, they undertook yet another large scale Buddhist cave project at the site known as Lungmen. At this site, the project produced 2,300 caves containing some 100,000 images on the limestone cliffs. These cave shrines were so popular with native Chinese Buddhists that the expansion of the caves continued after the fall of Northern Wei in AD 53461. A century later, during the golden age of the Tang Dynasty, Emperor Gao Zong (r. AD 647–683) in a show of his political and economic power, commissioned a gigantic statue of the cosmic Buddha Vairocana at Lungmen (Fig. 7). This statue stands over 17 meters tall with pedestal. In fact, this heavy set, sensuous Buddha resembled the emperor’s consort Wu Zetian, who financed the construction of the project.
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Cf. D. Wong, The Mapping of Sacred Space: Images of Buddhist Cosmographies in Medieval China, in: P. Forêt/A. Kaplony (eds.), The Journey of Maps and Images on the Silk Road, Leiden 2008, 73 et passim. B. Su ᐟ ⓑ, Longmen shi ku diao ke 㱟㛛 ▼❍ 㞩้ , (Zhongguo mei shu quan ji. Diao su bian; 11), Beijing, (1988).
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Fig. 7: Vairocana. Tang (672–675 AD). Lungmen Henan (Height 17.14 m, with pedestal)
4. Tang Emperor and Empress as Buddha at Dunhuang Even at the remote Buddhist site of Dunhuang in the Northwest of China, Wu Zetian’s political influence was dramatically and systematically demonstrated in Cave 96 which was built in AD 695, five years after Wu Zetian, who had been Gao Zong’s consort, had declared herself Empress (r. AD 690–705)62. To assert her position, she commissioned a colossal statue personifying herself as a female Maitreya Buddha of the Future (Fig. 8). This statue of the seated Buddha at Cave 96 is 33m high. She used the Buddhist manuscript which is called ‘Commentary on the Meaning of the Prophecy about the Divine Emperor in the Great Cloud Sutra’ 63 to assert that she was the “Daughter of Heaven”, named in the manuscript, and to declare that she was the incarnation of the Buddha and emperor of China. This manuscript was discovered at Dunhuang 64. 62
63 64
Q. Ning, Art, Religion and Politics in Medieval China: The Dunhuang Cave of the Zhai Family, Honolulu (2004), 111–118. Concerning Wu-Zetian, cf: C. P. Fitzgerald, Empress Wu, London 1968. Cf. also: R. W. L. Guisso, Wu Tse-tien and the Politics of Legitimation in T’ang China, Bellingham 1978 (Occasional papers – Program in East Asian Studies, Western Washington University 11). Cf. also: J. E. Willis, Mountains of Fame: Portraits in Chinese History, Princeton 1994, 127–148. Dayunjing Shenhuang Shouji Yishu 㞼⥂⚄ⓚᤵグ⩏ . Cf. Ning, Art (nt. 63), 112. Dunhuang ms. S 6520.
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Fig. 8: Buddha Maitreya (AD 695). Dunhuang Cave 96 (Height 33 m)
The artistic and financial influence of the T’ang Dynasty capital of Changan reached to the outermost site of Dunhuang, the gateway to and from the Silk Road. In addition to being a truly monumental religious project, the Dunhuang caves contain some of the most sophisticated art of the period. The high level of artistry at Dunhuang is evidenced by the superior quality and the cosmopolitan character of the paintings and sculptures in the caves 65. One such example is a painted sculpture of a seated Buddha (2.19m H) with his disciples Ananda and Kasyapa, two Boddhisattvas, and two guardians, in Cave 45 (Fig. 9). The cave is dated to the 8th c. AD.
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Between AD 366, after the forcible relocation of the Northern Wei Dynasty, and the 14th century, caves continued to be built. In all, Dunhuang is the site of 492 caves containing 45,000 sq. meters of murals and 2000 sculptures in mixed Indian, Greco-Roman, Iranian and Chinese artistic styles. The sculptures are made of clay on wooden armatures and are painted. Because they were buried in the sand, the sculptures and murals are preserved.
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Fig. 9: Dunhuang Cave 45 (8th Century AD) (Height 2.19 m)
The execution of these life-sized painted sculptures represents the highest level of artistry and skill in painting and sculpture of the Tang Dynasty. The figures are comfortably gathered around the throne of the seated Buddha. Most notable, however, is the fact that the figures of the two human disciples Ananda and Kasyapa are welcomed into the heavenly circle as initiates. The cosmopolitan character of this Tang Buddhist cave site is further evidenced by the fact that royalty from neighboring kingdoms joined the ranks of the donor worshippers depicted on the walls. On the wall of Cave 98 is a portrait of the king of Khotan – a country along the Silk Road – as a royal donor. On the cartouche alongside the king, the inscription identifies him as King Li Shengtien of Khotan and gives the date as AD 938. The king is shown wearing a robe with Chinese symbols of royalty, i.e. the sun, the moon, and dragons66. A royal donor from the neighboring kingdom of Western Xia (Tangut) can be seen on the wall of Cave 409. This king wears the felt crown and boots identifying him as from a nomadic tribe. On his robe are Chinese dragons, an indication that the spread of Buddhism and the cultural domination of China throughout the region was complete67.
66 67
Dunhuang Institute for Cultural Relics, Art Treasures of Dunhuang, Hongkong 1981, 234, plate 99. Ibid., 236, plate 109.
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5. The Uighur Kings at Bezeklik and the Radiant Buddha 68 In the town of Bezeklik, some 55 km east of Turfan along the Silk Road, the ruling Uighur Turkish royal family built a group of some 60 caves dedicated to Buddha69. Soon after foreign explorers discovered these caves at Bezeklik in the early 20th century, they carried off most of the wall paintings which date to the 9th century AD. An important group of paintings which were taken away represent the theme of Pranidhi 70. The Pranidhi subject of these paintings, is the Buddha’s vows which he made in his former births71 Among these former births, is his birth as a king which may be seen in the painting which was formerly in the Museum für Indische Kunst, Berlin (Plate 24 a)72. The Pranidhi subject is identified by a Sanskrit inscription above the Buddha’s head. Translated, the inscription reads as follows: “Once when I was king, I made an offering to the Buddha known as Lion King; to this deity I made an offering of a parasol”73. The painting is hierarchically composed. The main Buddha, who is the largest figure in the painting, is shown in a much larger scale than the young king, the future Buddha. On the upper left is a heavenly being with a halo. On the upper right of the main Buddha are two monks with haloes. These two monks are included in the heavenly circle as initiates. Near the foot of the Buddha on the lower left side is a tiny figure, perhaps a donor, depicted next to the young king. What is most striking about this painting is the radiant mandorla which encircles the main Buddha. Vibrant wavy rays of flaming red, blue-gray and beige-yellow light emanate from the body of the Buddha. The halo over the main Buddha’s head has a lotus in the center surrounded by light blue rays of light. The colors of the halo and mandorla create an aura around the Buddha which recalls
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Bezeklik means “where there are paintings and ornaments”. The count of caves varies from 57 to 63. Among those who removed wall paintings from Bezeklik were the following (with expedition dates): A. Gruenwedel (1902–3, 1906), A. von LeCoq (1905), S. F. Oldenburg (1909–10), Otani (1909, 1910, 1912) and A. Stein (1907, 1914). Of the paintings which were removed from Bezeklik, the only painting which survived WWII is the painting taken by Oldenburg which is in the Hermitage Museum in St. Petersburg. The painting discussed here was in the Berliner Museum für Indische Kunst before being destroyed in WWII. Buddha’s former births are to be distinguished from Buddha’s earlier incarnations which are called Jataka. Jataka include animals as former incarnations. S. Murakami, すᇦ 䛾 ᩍ: 䝧䝊䜽䝸䜽ㄋ㢪 ⏬ ⪃ (The Pranidhi Scenes of the Cave Temple of Bezeklik in Chinese Turkestan), Tokyo 1984, 97–100, plate 6. Author’s English translation of the Chinese translation from the Sanskrit; cf. Daizokyo (nt. 41), 24,74a. The parasol is a mark of honor and signifies royalty. For a full discussion of this Bezeklik group of 13 Pranidhi paintings, cf. A. von Le Coq, Chotscho, Berlin 1913; cf. also: Murakami (nt. 72). For the Bezeklik inscriptions, Cf. H. Lüders, Die Pranidhibilder im neunten Tempel von Bäzäklik (Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin), Berlin 1913, 2, 864–884.
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the teaching of the Jain master Mahavira. Mahavira associated the various qualities of the soul with the colors of the aura around a person74. V. New Insight on Byzantine Ar t The Indian scriptural sources studied thus far in this paper clarifies our understanding of the iconography of the mandorla and halo in Byzantine art. The Indian scriptural sources which have been discussed above emphasize the idea that light emanates from the body of the enlightened person and that this light can only be perceived by initiates – enlightened individuals. In the Indian scripture, this light has the power of a cosmic force. These ideas of light and power were adapted by rulers in the East who promoted the iconography of the mandorla and the halo. These rulers disseminated this iconography of enlightenment through imperially sponsored projects along the Silk Road. In these imperially commissioned projects they represented themselves as divine, i.e. possessing cosmic authority and they allowed the initiates to be enclosed in their new sphere of authority. By the time King Kanishka’s coins were minted and circulating ca. AD 120, the images of the Buddha with halo and mandorla were seen and known to many people traveling along the trade routes which crossed into the Byzantine Empire. More importantly, the ideas which informed these images would also have been transmitted. It is quite probable that the idea of light emanating from the body of an enlightened person, as well as the inclusion of initiates in the holy circle, were transmitted to Byzantine artists. As a result, there is a need for a reevaluation of imperially commissioned early Byzantine art. For this purpose, three examples will now be discussed. The first and most important example of this kind is the 6th century mosaic of the Transfiguration in the isolated monastery of St. Catherine in the Sinai desert (Plate 24 b). This mosaic was designed precisely to express the luminosity of Christ. It is the earliest example of Christ within a mandorla and with rays of light emanating from his body75. The mosaic is the first known example of such a representation of the Transfiguration, and subsequently became the model for all other depictions of this subject. This monumental apse mosaic commissioned by Emperor Justinian I in the mid 6th c. was photographed for the first time in 195576. Prior to this date, the mosaic had only been known from the account of pilgrims to the monastery. The 74 75 76
Zimmer, Philosophies (nt. 32), 229. A. Andreopoulos, Metamorphosis: The Transfiguration in Byzantine Theology and Iconography, New York 2005, 67, 76. The mosaic and the monastery’s collection of icons, the largest such collection in the world, were photographed successfully for the first time by the Alexandria-Michigan-Princeton Archaeological expedition to the monastery between 1958 and 1965. During the expedition, the mosaic was restored for the first time. Cf. G. H. Forsyth/K. Weitzmann et al., The Monastery of St. Catherine at Sinai: The Church and Fortress of Justinian, Ann Arbor 1973.
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isolated location of the monastery and, later, the partially obstructed view of the mosaic accounted for its relative obscurity77. The mosaic is by far the most important remnant of pre-iconoclastic Christian art and a rare example of imperially commissioned art from this period. As such it provides an opportunity for the new assessment78. A striking aspect of this mosaic of the Transfiguration is the rays of light that emanate directly from the body of Christ. Another striking feature is that the mosaic clearly defines the three apostles and two prophets who are the initiates chosen to perceive the light. A final feature which distinguishes this mosaic is the placement of the image of the Emperor Justinian. In this mosaic, we see the transfigured Christ with a halo within a mandorla. His body is so luminous that his white clothing appears to be transparent. Even his left hand appears veiled in light; the physical characteristics of the hand are obscured by the radiating light. The idea of light emanating from the body of the transfigured Christ is here represented by eight rays of light 79. This is the earliest known example of a mosaic of Christ with rays of light 80. Five of the rays target the five initiates in the Transfiguration scene – three of the apostles Peter, James, and John, and the prophets Moses and Elias 81. Beneath Peter, the successor of Christ on whom rests a ray of Christ’s light, is the framed portrait of King David of the Old Testament 82. Here, in this mosaic, the Byzan77
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At the time of its installation and into the Middle Ages, the mosaic dominated the monastery basilica. A large cross erected ca. 18th century now partially obstructs the view of the mosaic so that it can only be seen from oblique angles. Cf. R. S. Nelson, Where God Walked and Monks Pray, in: R. S. Nelson/K. M. Collins (eds.), Holy Image Hallowed Ground: Icons from Sinai (The J. Paul Getty Museum), Los Angeles 2006, 10. Among scholars who have signaled the need for a re-examination of early Christian art based on the newly publicized Sinai mosaic is: K. Weitzmann, The Mosaic in St. Catherine’s Monastery on Mount Sinai, in Proceedings of the American Philosophical Society 110.6 (1966), 392–405, 397. In the Synoptic gospels on which this Transfiguration scene is based, the evangelist Mark (9, 2–10) describes Christ’s garment as glistening and white. Matthew (17, 1–9) writes that Christ’s face shone like the sun”. Luke (9, 28–36) says that Christ’s raiment became white. None of these accounts, however, mention rays of light as emanating from the body of Christ or as touching the witnesses. Cf. J. Miziolek, Transfiguratio Domini in the Apse at Mount Sinai and the Symbolism of Light, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 53 (1990), 44. Miziolek remarks that neither a mandorla nor rays of light appear in the two earlier representations of the Transfiguration, namely, the Transfiguration scene on the Brescia Casket and on the wooden doors of Santa Sabina in Rome. Among the early Church Fathers, discussion centered around whether the Transfiguration represents the metamorphosis of Christ himself or whether, at that moment, the initiated apostles were permitted to “see him as he is”. Cf. Andreopoulos, Metamorphosis (nt. 75), 71. Of the Byzantine theology of the Transfiguration, Andreopoulos says, “The real transfiguration was not the change of Christ into something he was not before, but the change of the perceptive capabilities of the apostles”. Indeed, this mosaic commissioned by Justinian I is a biblical narrative of history. Prophets of the Old Testament line the lower rim of the Transfiguration scene. The apostles and the evangelists of the New Testament line the upper rim. Above the entire scene, are two mosaics which depict
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Fig. 10: Prophet David. Transfiguration Mosaic at Sinai (6th Century AD) Published through the courtesy of the Michigan-Princeton-Alexandria Expeditions to Mount Sinai.
tine idea of invoking the holy person for spiritual benefit achieves particular expression. The portrait of David is none other than the portrait of the young Justinian dressed in the signature royal purple robe and wearing the distinctive crown (Fig. 10, 11) 83.
83
respectively the apparition of God to Moses in the Burning Bush and the Sinai apparition of God to Moses with the scroll of the Pentateuch. The image of the prophet David is at the center of the row of prophets which line the lower rim of the mosaic and it is centrally aligned with the figure of Peter and above, with the transfigured Christ. A comparison of this young David image with the portrait of Justinian in the mosaic at San Vitale in Ravenna at a later age, shows the clear resemblance (Figs. 10, 11). All three known mosaics of the Transfiguration were commissioned by Justinian and were located in the apse of the commissioned churches in which they were installed. In addition to the Transfiguration mosaic at Sinai discussed here, Justinian commissioned the Transfiguration mosaic at San Vitale at Ravenna and the Transfiguration mosaic in the Church of the Holy Apostles, Constantinople. The mosaic in Constantinople was destroyed. For a 12th-century eyewitness description of this mosaic, Cf. G. Schiller, Iconography of Christian Art, vol. 1, 147. According to this eyewitness description, “The Lord stood in the middle of a light cloud from which rays burst forth”. For a discussion of the date of this mosaic, Cf. A. Andreopoulos, Metamorphosis (nt. 75), 169 sqq.
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Fig. 11: Justinian in Procession. Mosaic San Vitale, Ravenna (6th Century AD)
In the cathedral of St. Vitale in Ravenna, which was also built during the reign of Justinian (AD 565), two mosaics depict the Emperor Justinian and the Empress Theodora as patrons and participants in the divine liturgy 84. These mosaics show the emperor and the empress as they carry the offertory gifts in an imperial procession into the sanctuary 85. At the moment depicted in the mosaic, the emperor and empress turn to face the congregation as they proceed. Most notable is that Justinian and Theodora each have a golden halo around their crowned heads. In their lifetimes, they are already depicted as saints. 84
85
P. A. Martinelli (ed.), La Basilica di San Vitale a Ravenna, 2 voll. Modena 1997, 1, plates 421, 427; 2, 207–210 (Justinian); 211–214 (Theodora). For Justinian’s halo and royal garb, Cf. D. M. Deliyannis, Ravenna in Late Antiquity, Cambridge – New York 2010, 138–139; cf. also: Janes, Gold (nt. 16), 31–32. The royal procession with the liturgical offerings, called oblatio Augusti et Augustae, took place at Easter and on other great feasts. Cf. G. Bovini, Ravenna Mosaics, G. Scaglia, trans., Oxford – New York (1978), 45 sq. Cf. also the interpretation of these two Ravenna mosaics in: C. Mango, Byzantium: The Empire of New Rome, London 1980, 263. Mango contrasts the “conservative” three-dimensional and naturalistic setting in the mosaics in San Vitale with the “progressive”, abstract setting of the Transfiguration mosaic in Sinai.
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Fig. 12: Otto III Liuthar Gospels (ca. AD 900). Münsterschatz, Aachen
This attitude of the Byzantine Emperor Justinian I is characterized by the contemporary epic poet Flavius Cresconius Corippus. The poet describes the dedication of the cathedral of Hagia Sophia by Justinian in AD 537: “Christ gave earthly lords power over all. He is omnipotent and the earthly king is the image of the omnipotent” 86. A graphic example of the personification of God as the emperor with halo and mandorla can be seen in the manuscript of the Liuthar Gospels (ca. AD 990)87. In this dedicatory illumination, Emperor Otto III (r. AD 983–1002) is enthroned in a mandorla in the manner of the Carolingian image of Christ in Majesty (Fig. 12). His hands are outstretched in the manner of the crucified Christ. In his right hand, Otto clutches the royal orb. Above him, the hand of God reaches from a cloud to place the imperial crown on his head. A crouched figure symbolizing the 86 87
Corippus, Flavius Cresconius, “In laudem Iustini Augusti minoris”, Libri 4, A. Cameron (ed.), London, 1976, 2, 428; cf. also: commentary, in: op. cit., 198–199. Münsterschatz Aachen, fol. 16r. Cf. E. Garrison, Otto III at Aachen, in Peregrinations 3.1 (2010), 83–137. Cf. also: F. Mütterich, Zur Datierung des Aachener ottonischen Evangeliars, in: Aachener Kunstblätter 32 (1966), 66–69.
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earth supports his elevated throne. By this time, apparently, the idea of a deified king had absorbed the characteristics of Christian iconography 88. VI. Conclusion In this inquiry into the source of the motif of the mandorla/halo which is so characteristic of Byzantine art, the Buddha image with halo and mandorla on the coin of King Kanishka (ca. AD 120) is particularly significant. This coin was discovered along the active trade route that is known to have reached the Byzantine empire. The search for the source of the halo and mandorla as a representation of radiant holiness led to the classical Indian scripture of Jainism, Brahmanism, and Buddhism. All three of these sources emphasize the idea of light emanating from the body of the enlightened person. The outward sign of light was associated with the invisible, inner state of spiritual wisdom. When it became possible and necessary to represent the divinity of the Buddha in visual form, this radiation of light from the holy person was represented by the artistic motif of halo and mandorla on King Kanishka’s coin. This representation is particular to Buddhist art of this time and predates the Christian use of the same motif. The motif of the halo and mandorla was immediately adopted by rulers to project their power and to establish their link with the divine order of the universe. As we have seen, the halo and mandorla was adopted by rulers in Iran, Central Asia, and China to project their power and to establish a link with the divine order of the universe. Furthermore, the evidence suggests that the idea of light emanating from the body of the holy person, which was originally expressed in the mandorla and halo of pre-Christian non-Byzantine art, was indeed transmitted to Byzantium along the Silk Road. In particular, the evidence highlights the importance of the mosaic of the Transfiguration in St. Catherine’s Monastery at Sinai which is the only major surviving example of Byzantine pre-iconoclastic art. This mosaic communicates the encounter with the divine, by the use of penetrating rays of light which emanate from the luminous body of the transfigured Christ. In fact, although the description of pilgrims through the centuries was the only account of this mosaic until its publication some fifty years ago, the specific manner of representing the Transfiguration scene was known and transmitted so as to become the model for all subsequent representations of the Transfiguration. Thus, the transmigration of the art motifs mandorla and halo as a vision of the light around a holy person came full circle along the Silk Road to Byzantium. 88
The Byzantine influence on art of the Latin West is discussed in, among others: R. McKitterik, Ottonian Intellectual Culture in the Tenth Century and the Role of Theophanu, in: Early Medieval Europe 2.1 (1993), 53–74. Cf. also, K. Weitzmann, Various Aspects of Byzantine Influence on the Latin Countries from the Sixth to the Twelfth Century, in: Dumbarton Oaks Papers 20 (1966), 3–24.
Verzeichnis der Handschriften
Aachen, Domschatzkammer Grimme Nr. 25: 845
Frankfurt, Stadt- und Universitätsbibliothek Fragm. lat. I 36: 188
Bamberg, Staatsbibliothek Msc. Hist. 2: 188
Glasgow, University Library Ms. Hunter U 3.2: 750–751
Berg Athos, Bibliothek des Klosters Iveron Cod. 4459 (Iberon 339): 347, 352
Göttingen, Staats- und Universitätsbibliothek Ms. philos. 35: 481
Berlin, Staatsbibliothek Ms. Phill. 1906: 795
Istanbul, Bibliothek des Topkapı Sarayı Inv.-Nr. 2127: 806–808 Inv.-Nr. 3519: 808
Bern, Bürgerbibliothek Cod. 611: 179 Bernkastel-Kues, Bibliothek des Hospitals Cod. Cus. 43: 493 Cod. Cus. 44: 493 Cod. Cus. 45: 493 Cod. Cus. 96: 490 Brüssel, Bibliothèque royale de Belgique Ms. 470: 795 Ms. 18239: 529 Cambridge, Corpus Christi College Ms. 335: 188 Cambridge, Pembroke College Ms. 34: 193 Cambridge, Privatbesitz Sir S. Cockerell ohne Signatur: 795 Dunhuang, Akademie Ms. S 6520 Florenz, Biblioteca Laurenziana Cod. 28,17: 255 Cod. VI, 23: 790 Cod. XII Plut. V: 433, 435–437 Cod. amiat. I: 794 Cod. gr. Plut. 59, 17: 445 Cod. Plut. 74, 10: 443
Izmir, Nationalbibliothek B. 8: 790 Jerusalem, Bibliothek des Armenischen Patriarchats Ms. 2556: 757 Karlsruhe, Badische Landesbibliothek Aug. CXCVI: 180 K 2217: 188 Kopenhagen, Det Kongelige Bibliotek Cod. GKS 1985 4°: 434 Leiden, Universitätsbibliothek BPG 74 E: 256 London, British Library Add. 19967 Ms. Egerton 1139: 753 London, British Museum Ms. Harley 603: 794 Or. 6669: 255 Madrid, Biblioteca Nacional Cod. Matritensis gr. 4591: 277 Ms. Vitr. 26-2: 756 Mailand, Biblioteca Ambrosiana Ms. E24: 790 Ms. 693 (Q 94 sup.): 254
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Verzeichnis der Handschriften
Mantua, Biblioteca Comunale Ms. 354: 77 Ms. 457: 77 Montecassino, Abbazia Ms. 6: 188 Moskau, Bibliothek des Synods Ms. 423 (Vlad. 245): 445, 456 Moskau, Historisches Museum Ms. gr. 129d: 792 München, Bayrische Staatsbibliothek Clm 4453: 732 Clm 23046: 792 Ms. gr. 70: 226 Ms. gr. 214: 415 Ms. gr. 547: 476 Oxford, Bodleian Library Cod. Baroccianus gr. 90: 445–450 Cod. Baroccianus gr. 166: 256 Ms. Cromwell 12: 257 Oxford, Corpus Christi College Ms. 184: 188 Paris, Bibliothèque de l’Arsenal Ms. 1162: 188 Paris, Bibliothèque nationale de France Coislin 19: 809 Coislin 79: 717 Ms. gr. 54: 805 Ms. gr. 74: 754–755, 788, 790 Ms. gr. 195: 807 Ms. gr. 1213: 340, 364, 366, 377, 384–385 Ms. gr. 1277: 277 Ms. gr. 1284: 434 Ms. gr. 2194: 253 Ms. gr. 2239: 225–226 Ms. gr. 2425: 255–256 Ms. lat. 34: 1649: 188 Ms. lat. 4939: 531 Ms. lat. 6064: 188 Ms. lat. 6113: 186 Ms. lat. 12710: 707 Ms. lat. 13348: 179–180 Ms. lat. 14503: 188 Ms. lat. 14593: 530 Paris, Bibliothèque Sainte-Geneviève Ms. 80: 180
Poitiers, Bibliothèque muncipal Ms. 121: 180 Prag, Archiv des Nationalmuseums sign. (A) 43a: 627 Prag, Metropolitankapitelbibliothek Ms. A 69-1: 619 Ms. D 52: 619 Prag, Nationalbibliothek I F 18: 628 XXIII C 5/3: 627 Rom, Biblioteca Vallicelliana F 30 (90): 104 Rossano, Diözesanmuseum Codex purpureus: 790, 792 Schweinfurt, Stadtbibliothek Cod. fragm. Nr. 2: 188 St. Gallen, Stiftsbibliothek Cod. 225: 179 St. Petersburg, Russische Nationalbibliothek Ms. gr. 721: 453 Stuttgart, Landesbibliothek Cod. 23: 788 Toledo, Biblioteca Capitular Caj. 26-24: 186 Trier, Stadtbibliothek Ms. 24: 792 Utrecht, Universitätsbibliothek Cod. 484: 788 Vatikanstadt, Biblioteca Apostolica Vat. ar. 761: 255 Urb. gr. 1435: 471 Vat. gr. 211: 255 Vat. gr. 282: 227 Vat. gr. 299: 253 Vat. gr. 394: 794 Vat. gr. 609: 373, 377–379, 382, 417 Vat. gr. 614: 337, 344, 351, 358, 364–365, 367–372, 375, 383, 404, 445 Vat. gr. 616: 384, 443 Vat. gr. 696: 277 Vat. gr. 752: 790
Verzeichnis der Frühdrucke Vat. gr. 1056: 256 Vat. gr. 1085: 255 Vat. gr. 1096: 100 Vat. gr. 1102: 443 Vat. gr. 1103: 445 Vat. gr. 1109: 433, 437 Vat. gr. 1426: 277 Vat. gr. 1594: 255 Vat. gr. 1595: 256 Vat. gr. 1613: 639 Vat. gr. 1756: 445 Vat. gr. 1768: 278 Vat. gr. 1945: 277 Pal. lat. 826: 188 Pal. lat. 909: 188 Vat. Barb. lat. 671: 179 Vat. lat. 1960: 531–532 Vat. lat. 4072: 188–189 Vat. lat. 5729: 790 Vat. reg. lat. 1046: 189
849
Cod. Marc. gr. 157: 445 Cod. Marc. gr. 198: 471 Cod. Marc. gr. 199: 470, 473 Cod. Marc. gr. XI, 22: 602 Cod. Marc. gr. Cl. II 108 (Nanianus 130): 456 Cod. Marc. gr. Z 162 (402): 103 Cod. Marc. lat. VI, 61 (2592): 474 Wien, Österreichische Nationalbibliothek Ms. med. gr. 21: 227, 253–254 Ms. med. gr. 25: 254 Ms. med. gr. 27: 227, 254 Ms. med. gr. 30: 226 Ms. med. gr. 32: 254 Ms. med. gr. 47: 254 Ms. phil. gr. 190: 255 Ms. suppl. gr. 52: 794 Ms. theol. gr. 103: 453 Ms. theol. gr. 260: 445 Yerewan, Matenaderan Ms. 2734: 821 Ms. 7651: 757
Venedig, Biblioteca Marciana Cod. Marc. gr. 155: 415
Verzeichnis der Frühdrucke apud J. Gretzer 1616 Prochori De essentia et operatione Dei: 415
Straßburg 1488 Nicolaus de Cusa, Opera Omnia: 475
Cortemaggiore 1502 Nicolaus de Cusa, Opera Omnia: 475
Rom 1469 Basilius Bessarion, In Calumniatorem Platonis: 469–470, 473
Florenz 1529 Andrea Cambini, Libro […] della origene de turchi et imperio delli ottoman: 555 Genf 1543 Jean Calvin, Traité des reliques: 671 Paris 1665 Charles du Cange, Traité historique du chef de S. Iean Baptiste: 649, 670, 673 Paris 1717 Boivin le Cadet, Querelles des philosophes du quinzième siècle: 493 Rom 1458 Georgius Trapezuntius, Comparatio philosophorum Aristotelis et Platonis: 467
Sabbioneta 1554 Joseph ha-Kohen, Divrei ya-yamim: 554–555 Venedig 1503/1513 Basilius Bessarion, In Calumniatorem Platonis: 469–470 Venedig 1523 Georgius Trapezuntius, Comparationes philosophorum Aristotelis et Platonis: 320 Venedig 1541 Commentarii delle cose de’ tvrchi di Pavlo Giovio et Andrea Gambini con gli fatti et la vita de Scanderbeg: 555
Namenregister
Aaron, bibl. 176, 701 >Abd al-Karı¯m al-Sˇirwa¯ni al-Fahha¯d 255 >Abd al-Malik 128 Abel, A. 137, 175 Abel, bibl. 236, 794 Abicht, R. 565 Abraham, bibl. 124, 149, 237, 530, 793 ı¯l al-Asˇ>arı¯ 116 Abu¯ Ma>sˇar 249, 257 Abu¯ Sufya¯n 542 Abu¯ Yu¯suf ibn Mu¯sa¯ ibn Yu¯suf al-Maws.ulı¯ 807 Achilleus Tatios 70 Adam, bibl. 160, 170, 177, 184, 236, 274, 277–279, 362, 377–378, 405, 532 Adamnanus v. Iona, Bischof 646 Adamson, P. 199 Adb al-Djarbar 120 Adelheid, Ehefrau Hugo Capets 736 Adelheid, Kaiserin 729 Adhemar v. St. Ruf 234 Adler, A. 149 Adler, W. 131 Adso v. Montier-en-Der 179, 186, 528 Aeneas v. Paris 74–75 Aerts, W. J. 135, 173, 180 Aertsen, J. A. 24, 478 Aetius v. Amida 66 Afaya, M. 547 Agamnon, myth. 603 Agapitos, P. A. 68, 130 Agatho, Papst 80 Agnes, Ehefrau Friederichs II. 608 Ah.mad ar-Ra¯zı¯ 185, 252 Isa¯ S.abı¯h. al-Murda¯r 120 Isaak Argyros 100–104 Isaak ben Salomon Israeli 226 Isaak II., Kaiser 543, 596–597 Isaak Komnenos Sebastokrator 161 Isaak v. Ninive 85–108, 237 Isaak, bibl. 149 Isabella-Maria v. Lusignan 798 Iskandarus, Patrirch v. Alexandria 538 Ismael Boulliau 255 Ismael, bibl. 175, 180 Ismahel, Herzog v. Apulien 713, 715, 723–724, 726, 735 Isoaho, M. 582 Isokrates 379–381, 405 Isˇo>yahb d. Große, nestorianischer Patriarch 130 Issawi, Ch. 537, 539, 543 Ivan III., Zar 585 Ivan IV, Zar 578 Ivánka, E. von 124, 335, 388, 501, 519 Ivanova, K. 571 Izbicki, T. M. 497, 499, 612 Izquierdo, J. A. 382 I˙zzedin Keykâvus II., Sultan 803 al-Jabiri, M. 534 Jackson, S. W. 390 Jacob Trikanas 414, 419 Jacobell v. Mies 615 Jacobs, M. 549, 551–555 Jacoby, D. 550, 796–797 Jacquart, D. 98, 230, 253 Jaeger, W. 372, 378, 388, 394, 407, 460 Jain, K. C. 830
Namenregister Jakob Baradäus 129 Jakob Costa 619 Jakob v. Edessa 130 Jakob v. Sierck 506 Jakob v. Venedig 8 Jakob Zacheus 618 Jakob, Apostel 649, 673–676, 722 Jakob, bibl. 149, 793 Jakobos Koukounares 294–295 James, L. 47–48, 58, 64, 68, 192, 645, 770 Jan Hus 611–632 Janes, D. 823, 844 Janin, R. 211 Janke, P. 649, 672, 674 Jaroslav der Weise, Heiliger 583, 585 Jaspert, N. 194 Jean de Mailly 530–531 Jeauneau, É. 488, 494 Jeck, U. R. 48 Jeffreys, E. 47, 70, 247, 591, 601–606 Jeffreys, M. 601–606 Jenkins, D. 152, 252, 383 Jenkins, R. J. H. 565 de Jerphanion, G. 800–801 Jesaia, bibl. 108, 719, 722, 745 Jesus Christus 51, 61, 67, 70, 75, 118, 122, 143, 149–150, 168, 172, 175, 177, 194, 267–269, 271–272, 277, 298, 300–301, 303–304, 337, 359, 402, 413, 449, 485, 497, 511–512, 519, 522, 538–539, 552, 583, 615, 636–638, 658, 662, 679–683, 689, 694–696, 700, 702–703, 709, 719–721, 724, 726, 728, 730, 734–736, 739, 742, 745, 748, 750, 753–754, 757–758, 763, 787, 789, 792, 794, 797, 804, 819–821, 841, 846 Jiménez Pedrajas, R. 183 Jirat-Wasiutyn´ski, T. 805 Jiricˇek, K. 560 Joan Aleksander, Zar v. Bulgarien 788 Joannou, P. 151, 166 Jogste, P. F. B. 778 Johann Exarch 569, 572 Johann Herttemberger vom Elbogen 619 Johann Hieronymus 615–616 Johann Karvajal, Kardinal 620, 623 Johann Malovec v. Pacov 618 Johann Rokycana 617, 619, 623–625, 628–629, 632 Johann v. Brienne 689 Johanna, angebl. Päpstin 530 Johannes Argyropulos 14, 230 Johannes aus Konya cf. Kaloyan-ül Konevî Johannes Böhm 554 Johannes Cabrol 440
863
Johannes Calybita 82 Johannes Cameniata 564, 566 Johannes Chortasmenos 13 Johannes Chrysostomos 8, 64, 269, 271, 279, 366, 374, 388, 398, 400, 464, 483, 641, 717, 722 Johannes Cyparissiota 98, 104 Johannes d. Almosengeber 78 Johannes d. Täufer 211, 464, 483, 641, 717, 722 Johannes Diakonos 76, 82, 187–188, 747–748 Johannes I., Kaiser 543, 729, 737 Johannes II., Kaiser 609, 817 Johannes III., Kaiser 299, 599 Johannes III., Patriarch 137 Johannes Italos 146, 151, 153, 155, 164, 334–336, 342 Johannes IV., 417–419, 421, 423, 427–428, 498 Johannes Kinnamos 591, 606–607 Johannes Klimakos 94, 105, 107, 794 Johannes Kokkinobaphos 768 Johannes Kyparissiotes 26, 421 Johannes Malalas 570 Johannes Mesue senior cf. Yu¯hanna¯ ibn Ma¯sawayh Johannes Moschos 76, 82, 387 Johannes Partecianus, Doge 748 Johannes Philagathos, Gegenpapst 735 Johannes Philoponos 41, 151–152, 162, 202, 207, 212, 243, 339, 472 Johannes Phraggopoulos 798 Johannes Plousiadenos 454 Johannes Sambucus 453 Johannes Saracenus 493 Johannes Scotus Eriugena 44–45, 71, 83, 245, 488, 491, 511 Johannes Skylitzes 564, 568, 756–757 Johannes Sophianos 477–478 Johannes Stobaios 162 Johannes Synkellos 756 Johannes Theologos 810 Johannes v. Antiochien 269 Johannes v. Biclaro 195 Johannes v. Damaskus 8, 27, 47, 53, 61–62, 64–67, 96, 111–122, 138–140, 147–150, 157, 160, 161, 164, 169, 173–178, 183–184, 189, 190, 191–194, 217, 225–226, 232, 234–235, 237, 239, 241–242, 244–245, 279, 342–343, 378, 382, 390, 423, 444, 460, 793, 796 Johannes V., Kaiser 428–429, Johannes v. Karpathos 94 Johannes V. Palaiologos 440, 552 Johannes v. Segovia 167–168 Johannes v. Skythopolis 35, 41–42, 76–77
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Namenregister
Johannes VI. Kantakuzenos, Kaiser 24, 353–354, 359–360, 362–363, 365, 391, 393, 396–397, 397, 402–403, 439, 441–442, 454, 462, 464 Johannes VII. Grammatikos, Patriarch v. Konstantinopel 50–51, 54–55 Johannes VII., Kaiser 432 Johannes VII., Patriarch v. Konstantinopel 704 Johannes VIII., Papst 187, 189, 454 Johannes VIII., Kaiser 432 Johannes von Ragusa 167 Johannes XI. Bekkos, Patriarch v. Konstantinopel 453 Johannes XIII., Papst 6, 71, 75, 81 Johannes XXII, Papst 615 Johannes Zacharias 227 Johannes, Apostel 670, 842 Johannes, Bischof v. Neapel 698–699 Johannes, Erzbischof v. Trani 266, 268, 270 Johannes, Evangelist 78, 101, 223, 442, 461, 488, 680, 741 John Sutton 474 John Wycliff 615, 622 Jokob v. Jemnice 618 Jones Stedman, G. 53 Jones, A. 255 Jones, M. 69 Jordan, M. D. 337 Jordanov, I. 563, 568 Joseph ha-Kohen 549–556 Joseph v. Kreta 295 Joseph v. Methone s. Johannes Plousiadenos Josephus Flavius 725 Josephus Genesius 561 Joshua Stylites 132 Josua, bibl. 793 Jouanna, J. 229 Jourjon, M. 66, 398 Jugie, M. 173, 192, 199, 312, 360, 404, 411, 436 Julian Apostata, Kaiser 664 Julian, Kaiser 538 Jülich, Th. 774, 776–778 Jungck, C. 158 Jungmann, J. A. 271 Juritsch, G. 597, 608–610 Jurukova, J. 563, 568 Justin I., Kaiser 4, 37–38, 129, 823 Justin II., Kaiser 647–648, 723 Justin, Heiliger 757 Justinian I., Kaiser 37–39, 43, 280, 440, 720–737, 841–845 Justinian II., Kaiser 173 Justus, Heiliger 657 Juynboll, G. H. A. 171
Kadlec, J. 628 Kadphises, König v. Kushan 823 Kaegi, W. E. 131, 169 Kafadar, C. 126, 799 Kahane, H. 604 Kahane, R. 604 Kaibel, G. 720 Kaimakis, D. B. 93 Kain, bibl. 793 Kakoulides, E. 437 Kalavrezou, I. 654–655, 665, 767–768, 770–771 Kalbfleisch, K. 200–201 Kaldellis, A. 249, 250 Kalinka, E. 650 Kallen, G. 498 Kallistos Angelikoudes 24, 427 Kallistos I., Patriarch v. Konstantinopel 19, 295, 347–349, 351–352, 354–355 Kalokyres, K. D. 790 Kalopissi-Verti, S. 785 Kaloyan-ül Konevî 802–804, 811, 817 Kalpakidi, M. 291 Kampmüller, O. 595 Kanaan, bibl. 552 Kandler, K.-H. 265–273 Kanishka, ind. König 819, 824, 827–829, 831–832, 841, 846 Kannengiesser, C. 61 Kantorowicz, E. H. 687, 794 Kaplaneres, S. 432 Kaplony, A. 836 Kapriev, G. 3–31, 57, 289, 414 Karakatsanis, A. A. 796 Karamanolis, G. 17, 20, 30 Karl d. Große, Kaiser 4–5, 8, 43, 182, 532, 649, 689–709, 749–750 Karl d. Kahle 44–45, 71, 83, 187, 687, 698, 703 Karl IV., Kaiser 613–614, 622 Karl VI., König v. Frankreich 673 Karl VII., König v. Frankreich 673 Karl, Bruder Ludwigs IX. 686 Karla, G. 591 Karpuz, H. 817 Karras, V. 651 Karrenbrock, R. 660 Karunaratne, T. B. 824 Kassandra, myth. 603 Kästner, A. G. 481 Kasyapa, Jünger Buddhas 838–839 Kauffmann, C. M. 750 Kazhdan, A. 78, 128, 130, 171, 173, 177–178, 246, 441, 575, 805 Kedar, B. Z. 169, 182, 185 188 Kehayióglou, G. 258
Namenregister Kehlmann, D. 481 Kejrˇ , J. 618 Keller, C. 58 Kelly, L. 219 Kennedy, K. 73 Kerger, T. 508 Kerner, M. 530 Kessel, J. H. 766 Kessler, E. 493 Khalidi, T. 535–536, 547 Khalil, S. 116, 137 de Khitrowo, B. 668 Khordakovsky, M. 582 Khoury, A. 114, 138, 141, 145, 149–150, 169, 175–177 Khustov, M. 823 Kianka, F. 414, 419, 428 Kilic Arslan I., Sultan 773 Kılıç, M. E. 811 al-Kindı¯ 121, 137, 189 Kiprian Cˇ amblak 579, 586 Kirmeier, J. 714 Kirschbaum, E. 757, 820 Kislas, P. T. 341, 353, 418–419, 430–431, 439, 443–445, 459 Kislinger, E. 593, 595, 604–605 Kitsiki-Panagopoulos, B. 785 Kittel, H. 246 Kitzinger, E. 63, 751, 807 Klamt, J.-Chr. 747–758 Klein, H. A, 635–654, 664, 679, 784 Klein, P. K. 770 Klemens v. Alexandria 41 Klibanov, A. I. 584 Klibansky, R. 477, 482, 484–485, 508, 510–511 Klier, K. M. 595 Kliment v. Ochrid 569 von Kloschinsky, Fr. 640 Klueting, E. 194 Klytämnestra, myth. 603 Kmoskó, M. 170–171, 186 Knapas, R. 578 Knöll, P. 486 Knorr, O. 174 Koch, G. 793, 801 Koch, J. 487, 516 Koch, W. 714 Koder, J. 179, 593–594, 596, 600, 605, 758, 786 Koenen, U. 761–783, 817 Kolbaba, T. 464 Kolias, T. G. 595 Kollwitz, J. 644 Koltsiousaloniki, A. 369 Kölük bin Abdullah 803
865
Komaraoff, L. 806 Komecˇ , A. I. 575 Konrad II., Kaiser 737 Konrad III., König v. Burgund 590, 604, 606 Konrad v. Krosigk, Bischof 649, 675 Konstaninus Plastris Anglicus 624–625, 627–628, 630–631 Konstantin Anglicus 621–622, 624, 627 Konstantin d. Afrikaner 226 Konstantin I., Kaiser 124, 345 Konstantin IV., Kaiser 565, 682 Konstanin V., Kaiser 139, 679, 698–700, 702, 704 Konstantin VII., Kaiser 148, 566, 569, 721, 732, 738, 771, 774 Konstantin IX., Kaiser 717–718, 729, 741 Konstantin XI., Kaiser 206, 312, 624–627, 629 Konstantin Kostenezki 80 Konstantin Meliteniotes 228, 254 Konstantin v. Cˇ ernigov 583 Konstantin v. Memphis 225–226 Konstantin v. Reggio 227 Konstantin, Kaiser 532, 537–540, 552, 555, 638, 823 Konstantin, Sohn Michaels VII. 737 Konstantin-Kyrill, Missionar 562, 613 Konstantinos Dukas 565 Konstantinovsky, J. 60 Kontouma-Conticello, V. 279 Körkel-Hinkforth, R. 790 Korobeinikov, D. A. 534 Korpela, J. 574–588 Kortekaas, G. A. A. 135, 179–180 Koselleck, R. 126 Kosmos v. Majuma, Bischof 174 Kostova, R. 560 Kotter, B. 52, 112, 114–116, 138, 147, 157, 173–176, 193, 239, 342–343 Kottje, R. 180 Kotzabassi, S. 155 Kötzsche, D. 661, 766 Kousis, A. 252–254, 256 Koutsas, S. 427 Koutsores, D. 433 Kouymjian, D. K. 770 Kraft, E. 576 Krämer, H. J. 512 Krämer, W. 498, 503 Kratchkovsky, I. 764 Kratzke, C. 763 Kraus, S. 639 Kraye, J. 192 Kresten, O. 215, 253–254, 605 Kretschmar, G. 722
866 Kretzmann, N. 404 Kristeller, P. O. 469, 478, 493 Kritzeck, J. 167, 178 Krofta, K. 614 Kröll, H. 600 Krueger, D. 641 Krüger, P. 39, 136, 637 Krumbacher, K. 274, 284, 340, 440 Kübel, W. 147 Kubínová, K. 622 Kudlien, F. 433 Kuhlmann, J. 306 Kühn, C. G. 166 Kühne, H. 671 Kuinoel, Chr. Th. 340 Külzer, A. 593 Kumarajiva 834 Kunitzsch, P. 255–256 Kupfer, E. 553 Kurze, F. 562 Kuzés, A. 227 Kuznetsov, V. A. 54 Kyriakus Bar Shamauna 36 La Barre Starensier, A. 823 Labowsky, L. 471 Labrousse, M. 664 Lackner, Chr. 596 Ladner, G. 48 Ladoceur, P. 27 Laehr, G. 187, 189 Lafontaine, G. 351–352 Lafontaine-Dosogne, J. 774 Laga, C. 417 Lagarde, B. 309 Lagerlund, H. 333, 350 Laiou, A. E. 129, 213, 603, 772, 785, 817 Lake, K. 636 Lamagna, M. 253 Lambergitis, M. 642 Lamoreaux, J. 111, 172, 390 Lampe, G. W. H. 143, 458, 606 Lampert v. Hersfeld 188 Landau, U. 595 Landolfus Sagax 188 Lang, D. M. 259 Lange, G. 48 Langewiesche, M. 748 Langkavel, B. 224, 254 Lanne, E. 87 Lao Tse 833 Laourdas, C. 335 Larchet, J.-C. 27, 51 Larentzakis, G. 507
Namenregister Lascaris, M. 561 Lattes, M. 551 Lauer, P. 646, 651, 683 Laurent, M. H. 282 Laurent, V. 214, 276, 284, 341, 417, 453, 599 Laureys, M. 179–180, 182 Lawrence, B. B. 536 Lawrence, G. 307 Lazar, M. 554 Lazarij Muromskij, Heiliger 577 Le Cadet, B. 493 Le Coz, R. 175–176, 178 Leanza, S. 48 Lechner, G. M. 792 Lechner, K. 590, 594–595, 597, 599, 601, 609–610 Leclerc, L. 253 Leclercq, H. 173 von LeCoq, A. 840 Legner, A. 662–663, 736 LeGoff, J. 679, 687, 691 Legrande, E. 322, 406 Leib, B. 269 Leidl, A. 503–504, 507 Leiva-Merikakis, E. 821 Lemerle, P. 10, 56, 285 Lenhoff, G. 581 Leo Grammaticus 564, 566, 568–569 Leo I., Kaiser 823 Leo III., König v. Armenien 600 Leo III., Papst 4, 77, 649, 703, 750 Leo IV., Kaiser 564–565, 706 Leo IV., Papst 187 Leo V., Kaiser 43 Leo VI., Kaiser 248 Leo Medicus 66 Leo Tuscus 8 Leo v. Chalcedonia 165 Leon Atrapes 434 Leon Magentinos 155, 207 Leon v. Ochrid 7 Leon v. Rozmital 632 Leon, Erzbischof v. Achrida 266–267, 270–272 Leonard, E. R. 329 Leonardi, C. 81 Leone, P. L. M. 335, 345, 361–362, 388 Leonitades, I. G. 432 Leontij Rostovskij, Heiliger 581 Leontios v. Neapel 76–77 Leontius Scholasticus 38 Leontsinis, G. 362, 375 Leopold IV., Markgraf v. Österreich 593, 596–598
Namenregister Leopold V., Herzog v. Österreich 608–609 Leopold VI., Herzog v. Österreich 608–609 Lepage, Y. G. 192 Lepie, H. 765 Leppin, H. 178 Leroy, J. 808, 810 Lesmueller-Werner, A. 561 Letteris, M. 554 Leurquin, R. 256 Lévi-Provençal, É. 185 Levison, W. 187, 189 Lewis, B. 130, 173, 537 Li Shengtien, König v. Khotan 839 Lieberknecht, O. 137, 225 Lightfoot, J. B. 636 Lihacheva, D. S. 569, 581–582, 585, 587 Lilie, R.-J. 5 Lindner, M. 590 Linos, myth. 777 Lision, K. 135 Lissmann, K. P. 598 Little, Ch. T. 666 Littlewood, A. R. 602 Liudprand v. Cremona, Bischof 6–7, 14, 559, 562–563, 713, 735, 758 Livingstone, E. A. 172 Livius Andronicus 170 Lock, P. 785, 796 Loenertz, R.-J. 42, 346–347, 355–357, 359, 363, 366, 382, 428–429, 441, 443, 464 Loerke, W. C. 807, 820 Loew, M. 822 Lohrmann, D. 187 Lohrmann, K. 596 Longhurst, A. H. 825 Longinus, Heiliger 683, 685 López, J. E. 183 Lorenzo Valla 329 Losacco, M. 476 Lothar I., Kaiser 703 Lothar III., Kaiser 590 Loud, G. A. 280–282 Lourié, B. 50 Louth, A. 53, 56, 60–61, 173–174, 177, 184, 294, 352, 414 Lowe, E. A. 179 Löwe, H. 187, 189 Lucá, S. 282 Lucilla 664 Lucius Apuleius 200 Lüders, H. 840 Ludwig d. Fromme 43 Ludwig II., Kaiser 71–72 Ludwig IX., König v. Frankreich 679–709
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Ludwig v. Blois 676 Ludwig VII., König v. Frankreich 8, 758 Ludwig VIII., König v. Frankreich 689 Ludwig, C. 5 Ludwig, F. 593 Ludwig, U. 562 Luigi Lollino, Bischof v. Belluno 278 Luk B. H.-K. 834 Lukas, Evangelist 585, 638–639, 642, 671, 680, 693, 695, 702, 754, 810, 842 Lüling, G. 133, 144 Lumb, T. W. 68 Lur’e, Ja. S. 585 Luscombe, D. 280 Lüsebrink, H.-J. 785 Luther, A. 132 Luther, M. 287, 297, 359, 478 Luxenberg, Ch. 133–134, 143–144 Luzzatto, S. D. 554 Lysipp 778 Maas, E. 714 Macarios Makres 342 Macarios v. Korinth 386 Macarius, Bischof v. Jerusalem 538, 540 Macé, C. 385 Macka, J. 614 Macrides, R. 599, 607 Macrina, Schwester Gregorius’ v. Nyssa 58–60, 357, 641 Macrobius 471 Macůrek, J. 615, 617, 621 de’Maffei, F. 48, 52 Magdalino, P. 248, 256, 276, 285–286, 590–591, 602–604 Maguire, H. 47, 65, 648, 654–655, 817 Mahavira 830 al-Mahdı¯ 121, 136, 256 Mahdi, M. 535–536, 547 Mai, A. 141, 156, 274, 277 Maillon, J. 68 Mainardi, A. 87 Maioli, B. 239 Majeska, G. P. 575, 668 Makarij Koljazinskij, Heiliger 580–581 Makarij, Erzbischof 578 Malamud, M. 636 Malamut, E. 220, 784 Malingoutides, J. 569 Malingrey, A.-M. 400 Malinin, V. N. 570 Mallett, A. 145 Maltese, E. v. 313 Maltezou, Chr. 436, 476, 786
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Namenregister
Mammas, Heiliger 648, 674 al-Ma¯ u¯dı¯ 536–537, 539, 541–542 Mathaeos Kamariotis 322–328 Mathew, G. 48 Mathews, T. F. 819, 821 Mathias Louda v. Chlumcˇany 618 Matteo di Volterra 310 Matthäus Angelos Panaretos 342, 452–465 Matthäus v. Ephesus 417 Matthäus, Evangelist 459, 670, 723, 748, 754, 757, 809–810, 842 Matthew, D. 280 Mau, J. 392 Mavrodinov, N. 572 Mavroudi, M. 212, 247–248, 250, 256, 258 Maxentius, Kaiser 538 Maximinus, Bischof v. Trier 640 Maximos Planudes 127, 215–216, 367, 441, 445 Maximos v. Ephesos 200 Maximus Confessor 44, 58–59, 61–63, 66, 76, 78, 118, 165, 191, 235, 279, 423, 724 Maxwell, K. 805 Mayer, H. E. 182 Mayer, J. 608 Mayer, Th. 590 Mazal, O. 177 McCabe, A. E. 254 McCormick, M. 129 McDonough, J. 388 McEvoy, J. 192–193 McGinn, B. 170
Namenregister McKitterik, R. 846 Mehl, A. 721 Mehmed II:, Sultan v. Konstantinopel 508, 552, 555 Meier, M. 131 Meinecke, M. 803 Meinrinhos, J. F. 57 Meinwerk v. Paderborn, Bischof 786 Meister Eckhart 495, 511, 522 Melchisedech, bibl. 272, 793 Meletius von Antiochien 64 Melisende, Königin v. Jerusalem 753 Melissus 472 Meller, H. 188 de Mély, F. 676 de Mendieta, E. A. 377 Menges, H. 793 Menon, R. 831 Mercati, G. 15, 22, 98, 100, 102, 226, 274, 276–277, 340, 344, 346, 355–356, 366, 414–420, 428–429, 433, 442 Mercier, R. 255 Mercken, H. P. F. 156 Merrill, J. E. 174 Messerer, W. 714 Mesut, Sultan 800 Metcalfe, A. 281–282 Method, Missionar 561, 613 Methodius v. Konstantinopel 42, 50, 77, 172 Metz, P. 793 Metzger, M. 665 von Metzsch, F. A. 792 Meuthen, E. 483–484, 487, 496–497, 499, 502, 504–505, 512 Mevlâna Celâleddin Rûmî 802–804 Meyendorff J. 10, 13, 88, 93, 113, 129, 175–176, 287, 289–292, 297, 306–307, 428 Meyer, P. 637 Meytsky, F. 596 Michael Andreopoulos 259 Michael Apostolios 17 Michael I. Kerullarios, Patriarch v. Konstantinopel 7, 268–270, 272 Michael I., Kaiser 5 Michael III., Kaiser 73, 252 Michael IV. der Paphlagonier, Kaiser 639, 706 Michael VII., Kaiser 224, 737 Michael VIII., Kaiser 127, 211, 214–215, 439, 457, 544–545, 689 Michael IX., Kaiser 202 Michael Palaiologos 210 Michael Psellos 105, 108, 146, 163, 202, 207–209, 249, 253, 279, 284, 317, 335, 369, 388 Michael Strategos, Heiliger 790
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Michael Synkellos 42 Michael v. Ephesus 154, 388–389 Michael, byz. Patrizier 544 Michael, Zar v. Bulgarien cf Boris, Zar v. Bulgarien Micheau, F. 193, 225 Michell, R. 9 Michels, P. T. 681 Mietke, G. 786 Migliardi Zingale, L. 39 Miglio, M 476 Migne, J.-P. 38–39, 42–43, 45, 59–60, 62–64, 74, 76–77, 82, 141, 252, 274, 338–339, 346, 349, 351, 354, 356–357, 365–366, 378, 388–389, 393, 400, 444, 637, 640, 680, 722 Mihajlov, St. 570 Mikkola, J. J. 570 Miklosich, F. 88 Miles, C. G. 770, 772 Miller, D. B. 578, 581–582, 604–605 Miller, T. 6, 66 Millet-Gérard, D. 183–184 Minar Jr., E. L. 68 Mincˇeva, A. 570 Minchev, A. 643 Mingarelli, G. L. 456 Ming-ti, chin. Kaiser 832 Minos, myth. 149 Mioni, E. 98, 471, 473 Miquel, P. 86 Mı¯rak Sˇams al-Dı¯n al-Buha¯rı¯ 255 ˘ Miriam, bibl. 176 Mirkovic´, L. 790 Mis.rayim, bibl. 552 Mitcham, C. 373 von Mitis, O. Frh. 594, 596, 609 Miziolek, J. 842 Mizuno, S. 834 Modi, J. J. 832 Moffatt, A. 56 Mogenet, J. 255 Mohammed 10, 125–126, 132, 139, 145, 148–149, 153, 155–156, 170, 172, 175–178, 183, 184, 185, 187–189, 190, 192, 300–301, 303, 541 Mohler, E. 406 Mohler, L. 311, 319, 382, 469–473, 475 Möhring, H. 171, 179–181, 186 Molendijk, A. L. 172 Molle, A. 333, 455 Momigliano, A. 79 Mommsen, T. 136, 637 Monchizade, A. 559 Mondrain, B. 85, 98, 229–230
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Namenregister
Monfasani, J. 333, 436, 469–480, 503 Monferrer Sala, J. P. 179, 184 Monnot, G. 190 Montserrat, D. 637 Mooney, M. 469 Moorhead, J. 137 Morales, H. 69 Moran, N. K. 722 Morani, M. 65, 378 Moravcsik, G. 148, 565, 570 Mordek, H. 73, 180 Mordtmann, J. H. 650 Moreschini, C. 243, 388 Morgan, J. R. 69 Morrison, K. F. 636 Morton Braund, S. 49 Moses ben Elia Capsalis 550–551 Moses Maimonides 409 Moses v. Bergamo 8 Moses, bibl. 41, 149, 176, 386, 399, 686, 701, 793, 842–843 Moskov, M. 570 Mossay, J. 351–352 Mostert, M. 636 Mottahedeh, R. 535, 603, 772, 785 Moutsopoulos, E. 63 Moutzourès, J. 453 Mu>a¯wiya, Kalif 125 Muh.ammad ibn Ish. a¯q 176, 183 Muh.i al-Dı¯n ibn >Arabi 802, 811–812 Mühlenberg, E. 358 al-Muktafi 565 Mulders, J. 638 Müller, C. D. G. 136 Müller, H. 616 Müller, P. J. 789–790 Müller-Wiener, M. 773, 817 Mullett, M. 602, 784 Munitiz, J. A. 130, 139 Muñoz Sendino, J. 189 al-Muqtadir 565 Murakami, S. 840 al-Musabbahı¯ 538, 540 Musca, G. 282 Mussner, F. 56 al-Mutasim 542 Mütherich, F. 714, 845 Muthesius, A. 823 Mutschmann, H. 371, 392 Muyldermans, J. 91 Nadal Cañellas, J. 96, 97 Najib ad-Din al-Samarqandı¯ 253
Napoli, F. A. 274 Narkiss, B. 757 Nas.¯ı r al-Dı¯n al-T.u¯sı¯ 255, 257 Nasrallah, J. 139 Nathan, bibl. 744 Nau, M. F. 137, F. 170 Nauerth, C. 642 Naukratios 48–56 Naum 569 Nazarenko, A. V. 575–576 Nazarius, Heiliger 642 Necipog˘lu, N. 804, 813, 815, 817 Neil, B. 73, 82 Neilos Doxapatres 274–286 Neilos Kabasilas 101, 336–337, 340–342, 344–345, 350–351, 353–354, 359–361, 368–369, 373–375, 379, 389, 391, 393–395, 397–398, 400–402, 406, 418, 427, 430–431, 433–434, 436–437, 439, 442–453, 455, 457, 460, 464, 794–795 Neirynck, S. 274 Nejedly´ , M. 632 Nelson, J. 73 Nelson, R. 648, 785, 810, 842 Nemesios von Emesa 8, 64–65, 279, 378, 382, 389 Neophytos Prodromenos 229, 230 Nero, Kaiser 720 Nestorius cf. Sergius-Bahrı¯a¯ Nestorius, Patriarch v. Konstantinopel 119, 444 Neugebauer, O. 255–256 Neumann, C. 591 Neuß, W. 790 Neuwirth, A. 124–125, 133–134, 139, 142–143 Niccolò Capranica 310 Nicetas v. Heraclea 166 Nickel, H. L. 61 Nickerson, P. S. 833 Nicodemus vom heiligen Berg 386 Nicol, D. M. 412, 418, 428–429, 462, 610 Nicolas Doxapatres 284 Niederkorn, J. P. 606 de Nie, G. 636 Niehoff-Panagiotidis, J. 123–144 Nielsen, J. 116, 136 Nielsen, L. O. 239, 241 Niewöhner, F. 173, 291 Nikephoros Gregoras 26–27, 88, 97–98, 104, 295, 335–336, 345, 348, 361–363, 376, 383, 388, 392, 397, 411–412, 417, 439, 444, 720–721, 797 Nikephoros I., Patriarch v. Konstantinopel 47, 50, 56–58, 64–65, 187, 296, 569
Namenregister Nikephoros II., Kaiser 6–7, 543, 706, 729, 736–737, 764 Nikephoros III., Kaiser 717 Nikephorus Blemmydes 339 Niketas Choniates 9–10, 13, 463, 496, 797, 818 Niketas Rhetor 42 Niketas Stethatos 87, 164–165, 267, 268, 270–272 Niketas v. Nikomedia 8 Nikita, Bischof v. Novgorod 583 Nikitas v. Byzanz 141, 143, 145, 150, 156–158, 163, 165, 252 Nikitas, D. 214, 221 Nikitin, P. 148 Nikolaos Kabasilas 13, 26–28, 101, 337–338, 340, 345, 361–363, 371, 437, 443 Nikolaos Mesarites 682 Nikolaos Myrepsos 229 Nikolaos Mystikos 126 Nikolaos Mystikos, Patriarch v. Konstantinopel 565–569 Nikolaos v. Damaskus 257 Nikolaos, Bischof v. Methone 163 Nikolaou, Th. 793 Nikolaus I., Papst 5–6, 44, 71, 73–75 Nikolaus II, Papst 86 Nikolaus v. Czerucz 619–620 Nikolaus v. Kues 45, 167–168, 223, 469–523 Nikolaus v. Salerno 229 Nikolaus V., Papst 475, 619 Nikolaus Zacheus 618–619 Nikolaus, Heiliger 672 Nikolov, A. 10 Nilos v. Italien 292 Ning, Q. 837 Nip, R. I. A. 179 Nitz, G. 680 Niz. a¯m al-Mulk 803 Noble, T. F. X. 65, 83 Nock, A. D. 388 Noel, W. 788 Noga-Banai, G. 644, 666 Nöldeke, Th. 133 Noonan, Th. 582 Norwich, J. J. 748 Noth, A. 123 Novotny´ , V. 613, 615 Nunez, L. 69 Nuseibeh, S. 769 Nutton, V. 251 O’Meara, D. J. 335, 388 O’R. Boyle, M. 488
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Obolensky, D. 13, 129, 295 Ocak, A. Y. 782 Ödekan, A. 802, 804, 813, 815, 817 Odo v. Cambrai 232 Odorico, P. 130 Odysseus, myth. 771 Oehler, K. 520 Ogden, A. 790, 795 Ögel, S. 814 Ogerius 215–216 Ogle, M. B. 186 Ohlig, K.-H. 133–134, 139, 144 Oikonomides, N. 534, 562, 564, 823 Oikonomos, S. K. 88, 89–90, 347, 389 Oldenburg, S. F. 840 Olewinski, D. J. 47, 65, 793 Olga, russ. Großfürstin 575, 579, 583, 587 Olivieri, A. 66 Olympia, Mutter Alexander d. Großen 777 Olympia, Tochter Robert Guiskards 737 Olympiodor d. Jüngere 460 Olympiodor v. Theben 373 Olympos, Bischof. v. Patara 171–172 Omarchevski, A. 4 Omont, H. 434, 754–755, 787, 790 Opll, F. 592, 594, 596 Ordoño II., König v. Asturien 181 Orhan I., Emir 296, 299 Origenes 39, 60–62, 166, 473, 757 Orlov, A. S. 570 Orphanos, M. 392 Orpheus, myth. 472 Orth, P. 667 Osborne, R. 69 Oswald, Heiliger 658–662 Otto I., Kaiser 6–8, 713, 735–736, 774 Otto II., Kaiser 713, 731–733, 735 Otto III., Kaiser 713, 727–732, 734–736, 845 Otto v. Freising 527–528, 592, 607 Otto v. Wittelsbach, Pfalzgraf v. Bayern 606 Otto VIII., Herzog v. Meranien 598 Otto, J. C. T. 342 Otüken, S. Y. 813 Ousterhout, R. G. 48 762, 764, 782, 811–812 Ovcˇarov, D. 571 Ovcˇarov, N. 571 Ovid 216, 445 Ozanam, F. 727 Pacheco, M. C. 57 Pade, M. 473 Pagès, P. 784 Pahomij Serb 580–581 Palacky´ , P. 626–627
872
Namenregister
Pallasch, I. 774 Palmov, I. 614 Panagiotis Zepos 129 Panagopoulos, G. D. 392 Pánek, J. 613 Pangarog˘lu, O. 777, 779 Pannartz, A. 476 Papadakis, A. 433 Papadimitriu, S. 591, 605 Papadopoulos, S. G. 18, 333, 353, 411, 414, 416, 424, 427, 429, 432, 456 Papadopoulos-Kérameus, A. 453 Papadopoulou, B. N. 787 Papadopoulou, E. 595 Papakosta, Ch. E. 786 Papandreou, D. 497, 501 Papathomopoulos, M. 216 Paret, R. 141 Pargoire, J. 49, 292 Parmenides 472, 483 Parppei, K. 574, 576, 585 Parpulov, G. 639 Parry, K. 51, 61 Parthey, G. 276 Paschalis I., Papst 77 Pasikles 372 Pasiourtides, V. 127, 401 431–438 Pasnau, R. 248, 333 Patera, A. 619 Patlagean, E. 80 Pätsch, G. 131 Patterson, L. G. 172 Pätzold, A. 790 Paul v. Smyrna 462 Paul V., Papst 433 Paul VI., Papst 265 Paul, lat. Metropolit v. Konstantinopel 420–421, 428 Paulinus Minorita v. Venedig 531–533 Paulinus v. Nola 638–639, 641–642, 645, 682 Paulinus v. Trier, Heiliger 640 Paulos Silentiarios 723 Paulová, M. 614–615, 622, 625 Paulus Albarus 183–184, 194 Paulus Orosius 537–538, 541 Paulus Persa 248 Paulus v. Populonia, Bischof 5 Paulus, Apostel 64, 74, 95, 266, 269–270, 359, 405, 462, 487, 638, 669 Paulus, Bischof v. Kalabrien 19 Payne, P. 614–615, 622–626, 628 Pedanios Dioscurides 224–226, 228–229, 213 Peers, G. 53, 64 Pelikan, J. 820–821
Pellissier, A. 406 Penchev, V. 563, 568 Penelas, M. 184 Pennas, Ch. 798 Pentcheva, B. V. 47 Pentogalos, E. G. 226 Perels, E. 72–73, 187, 189 Pérez Martín, I. 183 Perger, R. 594 Péricard-Méa, D. 632 Périchon, P. 336 Perotti, N. 473, 475–476 Perria, L. 276 Perrone, L. 60 Persinna v. Äthiopien, 68 Pertusi, A. 135 Pertz, G. H. 562, 590, 599 Peschlow, U. 642 Peter Abaelard 233, 237, 239, 244–245 Peter aus Mladoniowicz 618 Peter v. Erkelenz 512–513 Peter v. Pavia 236 Peter v. Mladionowicz 623 Peter Wimmer cf. Peter v. Erkelenz Peter, Sohn Symeons des Großen 561 Petit, L. 14, 24–25, 312, 360, 404 Petr Moskovskij, Metropolit 578–579 Petrarca, F. 486 Petros III., Patriarch v. Antiochien 267, 269, 272 Petrov, P. 560 Petrus Alfonsi 190 Petrus Aureoli 474 Petrus Candianus, Doge 748 Petrus Capuanus 674 Petrus Comestor 186 Petrus Hispanus 29 Petrus Lombardus 139, 191, 237, 321 Petrus v. Amalphi 7 Petrus v. Corbie 179–180 Petrus v. Toledo 190 Petrus v. Wien 8, 234–235 Petrus Venerabilis 140, 144, 167, 178, 188–190 Petrus, Apostel 476, 638, 792, 842 Petrus, Patriarch v. Antiochien 268, 270 Petrusˇevski, M. D. 415, 422 Pseudo-Mesue cf. Yu¯hanna¯ ibn Ma¯sawayh Pfister, U. 761 Phanourgakes, B. 391 Pharr, C. 637 Phidias 204–205 Philipp II. August, König v. Frankreich 689 Philipp III., König v. Frankreich 688 Philipp v. Schwaben 597 Philipp, König v. Makedonien 777
Namenregister Philippe Mousket 683, 686 Phillipart, G. 530 Philo v. Alexandrien 379–381, 383, 392, 405, 407, 473, 490, 722–726 Philostratus d. Ältere 68 Philostratus d. Jüngere 67–68 Philotheos Kokkinos, Patriarch v. Konstantinopel 18–21, 86, 88, 90, 291, 293–296, 306, 339–340, 345, 352, 354, 369, 391, 414–415, 417–418, 420, 423–428, 439–440, 580 Philotheos v. Selymbria 88 Philoxenos v. Mabbug 105, 107 Phocos Bar Sergius v. Edessa 36 Photios I., Patriarch v. Konstantinopel 5–6, 57, 71–72, 75, 129, 141, 265, 271, 285, 288–289, 335, 342, 348, 353, 454, 500 Picard, Chr. 192 Pickavé, M. 24 Pico della Mirandola G. 479–480 Pieralli, L. 215, 220 Pierre v. Courtenay 689 Pinborg, J. 208 Pindar 42 Pingree, D. 228, 254–257 Pippal, M. 750 Pirenne, H. 126, 126 Pirqe de Rabbi Eliezer 130 Pitarakis, B. 641 Pitra, J. P. 269, 266 Pius II., Papst 503–504, 506, 512 Pizzone, A. 47–70 Plagnieux, Ph. 784 Platon 15, 17, 19, 26, 29, 35, 40–41, 47, 51, 57, 59, 61, 63, 68, 152, 158–161, 162, 163, 165–166, 201, 238–240, 308–312, 314, 317–322, 328–329, 334, 340, 343, 346, 348, 364–366, 373, 376, 380, 383–385, 387, 389, 398, 403, 405–409, 469–480, 483, 488, 493–494, 510–515, 518–520, 723 Plesner Horster, C. 473 Plethon 14, 17, 19–20, 30, 308–317, 322–328, 333, 341, 343, 350–351, 356, 360–361, 368, 370, 372, 382, 384, 388, 401, 404–410, 478, 483, 493–494 Pletnyov, V. 560 Plotin 57, 63, 66, 151, 201, 472–473, 488, 510, 519 Plotzeck, J. M. 6390 Plutarch 68, 128, 367, 392, 407–408 Pochoshajew, I. 174–175, 185 Podlaha, A. 619 Podskalsky, G. 17, 29–30, 127, 163, 186, 284–285, 287–289, 291, 306–307, 341, 350, 414, 431, 437, 440–441, 445, 450, 560–561, 569–571, 575
873
Pohlenz, M. 378, 380, 392 Polemis, I. D. 87, 289, 337, 339, 417, 419–420, 422, 425, 430 Polisˇensky, J. 614 Polívka, M. 614, 618 Polykarp I., Patriarch v. Konstantinopel 40 Polykarp v. Smyrna, Heiliger 636, 638 Polyxene, myth. 603–604 Pontius Pilatus 680, 788 Ponyriko, N. V. 569 Poortman, E. L. J. 217, 257 Popkonstaninov, K. 560 Popova, I. 16, 22 Popp, V. 127, 133 Poppe, A. 575, 580–581 Porgés, N. 551 Porphyrios 199–201, 206, 208, 218–219, 222, 243–245, 519 Porretani, I. 234 Poseidon, myth. 494 Poseidonios 66, 378, 380 Post, G. 234 Pouchet, J. R. 58 Pouderon, B. 66 Pratsch, T. 5 Praxedes, Heiliger 666–668 Preiser-Kapeller, J. 589, 595, 600 Preus, A. 364 Priamos, myth. 602 Primat, Chronist 683, 688, 698, 707–709 Primov, B. 560 Prinz, O. 135, 179, 181 Prinzing, G. 582 Priskianos Lydos 162, 387 Pritsak, O. 570 Prochoros Kydones 18, 21, 338–341, 344–354, 346, 353–356, 359–360, 365, 367–369, 372, 393, 402, 411–430, 439, 441, 447, 452, 810 Proedros Basilios 652 Prohorova, G. M. 569, 581 Proklos 41, 152, 159, 161–162, 350, 381, 386, 391, 396, 472–473, 475–479, 483, 491, 511, 513, 519 Prokop v. Rabenstein 620 Prokop, Heiliger 622, 670 Prokopij Ustjuzˇskij, Heiliger 582 Prokopios v. Caesarea 723 Prolovic´ , J. 792 Protasius, Heiliger 637, 642, 691 Prudentius 636, 645 Przyluski, J. 825 Ps.-Alexander v. Aphrodisias 335, 349 Ps.-al-Kindı¯ 137, 175, 184, 188, 190
874
Namenregister
Ps.-Ibn Sı¯na¯ 253 Ps.-Kyrill von Alexandria 351 Ps.-Plutarch 366 Ps.-Athanasius 172 Ps-Dionysius Areopagita 35–46, 53, 57, 60–62, 80, 83, 106, 132, 407–408, 444, 492–493, 510, 515, 725–726 Ps.-Ephremian 179 Ps.-Euklid 257 Ps.-Hermogenes 447 Ps.-Justin 342 Ps.-Kallisthenes 776 Ps.-Kodinos 454 Ps.-Leontius v. Byzanz cf. Leontius Scholasticus Ps.-Longinos 67–68 Ps.-Ma¯sˇa¯< Alla¯h 256 Ps.-Methodius 44–45, 169–173, 179–182, 185–186, 195 Ps.-Nilus Ancyranus 91 Ps.-Platon 309, 406–407 Ps.-Theodotus 64–65 Ps.-Turpin 707 Publius Papinius Statius 720 Puche, B. 351 Puchner, W. 797 Pugliese Carratelli, G. 476 Puin, G. R. 133, 139, 144 Purcell, N. 126 Putnam, H. 136 Putzlacher, T. A. 627 Pyrrhos, Patriarch v. Konstantinopel 423 Pythagoras 374, 472, 490 Qala¯wu¯n, Sultan 544 Quintilian 67–68, 471 Quintus Ennius 132 Rabe, H. 338 Raby, J. 809 Radermacher, L. 67 Radojcˇic´ , S. 786 Radulfus Brito 207–208 Raimundus Martini 194 Ramelli, I. 59 Randa, A. 528 Rapp, S. 131 Ras¸ id-üd Devle 804 Ratramnus v. Corbie 74 Rattenbury, R. M. 68 Rauh, H. D. 171 Raven, W. 133 Raw, B. C. 794 Raymond Tranceval 684 al-Ra¯zı¯ 121
Reardon, B. P. 68 Redford, S. 772, 802, 815, 817 Reeds, K. M. 229 Rees, V. 480 Reeve, M. D. 68 Regoliosi, M. 475–476 Reichelt, K. L. 833 Reimarus, H. S. 322 Reinhardt, K. 380 Reinink, G. 135–136, 171–173, 179 Reinle, A. 179 Reinsch, D. R. 141, 143 Reiske, 682 Renehan, R. 66 Renitz, R. 699 Repgen, K. 502 Restle, M. 754, 801, 811 Reudenbach, B. 649, 662, 677, 766 Reuter, J. H. 190 Reuter, T. 560, 562 Reynolds, R. 234 Rhie, M. 834 Rhoby, A. 589–610 Riant, P. 648, 674, 676 Riccoldo v. Montecroce 168, 442 Rice, D. T. 723 Richard de Gerberoy 648 Richard Löwenherz, König v. England 609 Richard v. Cornwall, deutscher König 745 Richard, M. 130, 139 Richter, H. A. 774 Ricoldo da Monte Croce 144 Ridgeon, L. 117, 122 Riemann, A. D. 478 Rigo, A. 18–19, 85–105, 145–146, 148, 156–157, 275, 279, 293, 345, 348, 353, 388, 414, 424, 463 Rigotti, G. 216 de Rijk, L. M. 239 Riley-Smith, J. 182, 280, 546 Ring, M. 500 Risso, P. 453–459, 462–464 Rist, J. M. 68, 519 Ritter, A. M. 40 Ritter, H. 486 Ritter, J. 762 Rıza Dog˘rul, Ö. 804 Robert de Clari 683 Robert Grosseteste 139, 147, 156, 160, 169, 192–193, 195, 485, 493 Robert Guiskard 280, 737 Robert I., König v. Neapel 280, 531–532 Robert v. Auxerre 530 Robert v. Clary 9
Namenregister Robert v. Ketton 144 Robert, Bruder Ludwigs IX. 686–687 Robertini, L. 654 Robinson, J. 639, 641, 643–645, 647, 649, 651, 654 Robinson, R. 372 Rochow, I. 5, 173 Röckelein, H. 670, 766 Rodley, L. 776 Rodrigo Sánchez de Arévalo 502, 506 Roger I., König v. Sizilien 737 Roger II., König v. Sizilien 276, 280–283, 737–741 Roggerma, B. 171, 179 Roisse, Ph. 184 Roldán Castro, F. 185 Röll, J. 476 Rollo-Koster, J. 612 Romanik, F. 589, 595 Romanus I., Kaiser 542, 567–569 Romanus IV., Kaiser 717, 732 Romeyer Dherbey, G. 67 Roques, R. 38 Roscelin v. Compiègne 233 Rosenfield, J. 827 Rosenqvist, J. O. 221, 771 Rosenthal, F. 129, 257, 535, 546–547, 565 Rosovskzy, N. 125 Ross, M. C. 641 Ross, W. D. 372, 404 Rossi, V. 486 Rostagno, E. 433 Roth, C. P. 59, 550 Rotter, E. 187 Rotter, G. 176, 188 Roueché, M. 199 Rousseau, J.-J. 486 Röwekamp, G. 664 Rowland, B. 827 Rowland, J. 827 Rown, W. 59 Roxane, myth. 778 Rückert, M. M. 597 Rückert, R. 648, 655, 668, 673, 676 Rudberg, S. Y. 377, 386 Rüdt-Collenberg, W. H. 600, 609 Ruelle, E. 252 Rufinus v. Aquileia 83 Ruggeri, G. 146 Ruggles, D. F. 782 Ruh, K. 85 Rükn ed Dvele Davut 773 Runciman, S. 10–14, 17–18, 293, 433, 567, 798 Running, P. D. 788
875
Russell, D. A. 68, 192, 352, 380 Russell, N. 414, 420, 423–426 Rutherford, J. E. 91, 94–97, 103, 105 Ryder, J. R. 347, 441 Rzihacek, A. 597 Sachau, E. 137 Sacide Hatun, Tochter Kilic Arslans I. 773 Sackur, E. 179–180 Saffrey, H. D. 386, 476 Sahas, D. J. 52, 138, 148, 173, 175–176, 184, 190, 297 al-Sˇahrasta¯nı¯ 540 Sahl ibn Bisˇr al-Umar ibn al-Hat. t. a¯b 124–125 Uphus, J. B. 61˘
Urbánek, R. 614, 618–619, 622–624, 626 Usacˇev, A. S. 578 Uyar, T. 804 Uzluk, S¸. 804 Vacant, A. 274, 417 Vacˇkova V. 570 Vailhé, S. 274 Vaillant, A. 561, 572 de Vaivre, J.-B. 784 Valentinian I., Kaiser 136, 351,720 Válka, J. 620 Valkenberg, P. 174–175 Valla, L. 475–476, 494 Vallejo-Girvés, M. 180 Vallet, H. 498, 505 van Bekkum, W. J. 172 van de Vorst, C. 50 van der Eijk, P. J. 65 van der Horst, K. 788 van der Horst, P. W. 175 van der Meer, F. 821 van Deun, P. 274, 345, 417, 642 van Dieten, J. A. 818 van Dyke, Chr. 333 van Elswijk, H. C. 239 van Ess, J. 140 van Koningveld, P. S. 190 van Oort, H. A. 835 van Os, J. 171 van Riel, G. 385 van Rossum, J. 413 Vandecasteele, M. 190 Vansteenberghe, E. 512 Vanstiphout, H. L. J. 171 Vasiliev, A. 764 Vasilievskij, V. 148 Vassilaki, M. 767 Vassiliev, A. A. 131 Vavrˇínek, V. 613 Vázquez de Parga, L. 185 Veelenturf, K. 747 Veglery, A. 567 Veh, O. 723 Veinstein, G. 125 Verbeke, G. 381 Verbeke, W. 172, 179 Verhelst, D. 172, 179–180, 182, 186 Vernet, A. 168 Veronese, M. 51 Verpeaux, J. 454 Verzár Bornstein, Ch. 761 Veyne, P. 124 Viard, J. 684–685, 698–699, 707
879
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Namenregister
Vicaire, M.-H. 190 Victoria, myth. 721 Victricius v. Rouen 638–639 Vigilantius 640 Vikan, G. 665, 805 Vima Kadphises 828 Vima Tak 828 Vincenz v. Beauvais 530 Vinel, F. 61 Violet, B. 138 Vircillo-Franklin, C. 78, 83 Vladimir Jaroslavicˇ 582–583, 586 Vladimir Monomah, Zar 583 Vladimir Rasate 562 Vladimir Svjatoslavicˇ, Heiliger 579–580, 583, 587 Vobbe, J. 500 Vöge, W. 749 Vogel, F. 149 Volbach, W. F. 646, 720 Volk, R. 605 Völker, W. 795 Vollers, K. 133 Vollrath, H. 606 Volp, U. 393 von den Brincken, A.-D. 527–533 Voodeckers, E. 359, 417, 419, 421 de Vooght, P. 615 Vorgrimler, E. 501 Voronin, N. N. 575 Vryonis, S. 126, 800, 817 Wace, A. J. B. 787 Wace, H. 640 Wachmuth, C. 162 Wade, J. H. 641–642 Wagner, W. J. 589, 595 Wahlgren, S. 564 de Wailly, J. 683, 689 Waitz, G. 530–531 Wakil, A. 540 Walker, A. 761, 767, 770–771, 773–780 Wallace-Hadrill, D. S. 390 Wallies, M. 151, 154, 155, 204, 354–355 Wallis Budge, E. A. 804 Wallis, F. 225 Wallraff, M. 131, 528, 530 Walon de Sarton 648 Walpurgis, Heilige 661–662 Walsh, P. G. 638, 641–642 Walter v. St. Viktor 234 Walther v. der Vogelweide 596 Wamser, L. 641, 666 Wandbrough, J. 133
Wanderwitz, H. 592, 607 Wanscher, O. 748, 750 Ware, K. 24 Warland, R. 801, 812 Warmington, E. 823 Wasilewski, J. 184 Watanabe, M. 497 Watson, C. J. C. 644 Watt, J. W. 132 Wattenbach, W. 187, 189 Webb, R. 48–49, 68, 645 Weber, Th. 758 Wegener, L. 251 Wehrli-John, M. 291 Weiland, L. 675 Weinfurter, St. 194, 606, 714 Weinstock, S. 257 Weiss, R. 192 Weitzmann, K. 719–720, 723, 770–771, 774–775, 777, 787, 807, 841–842, 846 Weliki Nowgorod 9 Welkenhuysen, A. 172, 179 Weller, T. 591, 593, 597, 604, 607 Wemhoff, M. 649 Wen Cheng, chin. Kaiser 835–836 Wendebourg, D. 287, 307 Wenderholm, I. 486 Wendland, P. 379, 383, 490 Wenger, A. 400 Wentzel, H. 765–766 Wenzel IV., König v. Böhmen 614 Wessel, K. 790, 820 Westerink, L. G. 148, 163, 335, 342, 373, 386, 476, 566, 568 Westermann-Angerhausen, H. 762 Westley, E. J. 239 Wharton, A. J. 801 Wharton-Epstein, A. 801, 805 Whitehead, R. B. 829 Whitehouse, R. 126 Whitemarsh, T. 69 Wickam, L. R. 59 Widmer, B. 486 Wieczorek, A. 188, 606, 730 Wiemer-Enis, H. 805 Wilhelm II., König v. Sizilien 740–743, 745, 751 Wilhelm v. Champeaux 244 Wilhelm v. Hauteville 280 Wilhelm v. Moerbeke 161 Wilkinson, J. 647 Will, C. 266, 269 Williams, A. 182, 288 Willis, J. E. 837 Wilpert, P. 478
Namenregister Winkelmann, F. 135, 636–637 Winnekes, K. 639 Wirmer, D. 333, 447, 579 Wirth, P. 297, 348, 567, 599 Wisknovsky, R. 225 Witteks, P. 125, 297, 305 Wixom, W. 639, 666, 762, 764, 767–768, 774, 806, 817 Woesthuis, M. M. 173 Wohlmuth, J. 503, 507 Wolff, R. L. 805 Wolfger v. Passau, Bischof 596 Wolter, A. 31 Wolter, H. 187 Wong, D. 836 Wood, D. 47 Woodhouse, C. M. 483, 494 Woods Callahan, V. 641 Wormald, F. 754 Wortley, J, 664 Wright, W. 132 Wu Zetian 836–837 Wulff, O. 722 Wüstenfeld, M 788 Xenophanes 370, 379, 380, 406–407 Yah. y>a¯ ibn-Sa>ïd v. Antiochien 764 Yannaras, C. 287 Yannopoulos, P. 178 Yerushalmi, Y. H. 555 Yolande, Kaiserin 689 Yu¯hanna¯ ibn Ma¯sawayh 225–226, 253 Yunkang hsiku 834 Zabel, Tochter Leons III. 601 Zacchi, G. 476
Zachariä v. Lingenthal 129 Zacharias, bibl. 693 Zacharopoulos, G. Th. 420 Zacos, G. 567 Zahlhaas, G. 641 Zahlten, J. 713 Zaid ibn >Amr 149–150 Zainab bint Muhammad 139–150 Zakythinos, D. A. 123 Zalesskaja, V. S. 810 al-Zamah sˇarı¯ 121 ˘ al-Zana¯tı¯ 258 Zani de Ferranti Abrahamse, D. 171, 179 Zappert, G. 598 ˇ emlicˇka, J. 613–614 Z Zenon, Kaiser 37 Zentgraf, M. 730 Zervos, Chr. 388 Zeus, myth. 315, 478, 654, 771 Ziegler, W. 590, 606 Ziemann, D. 559–573 Zimmer, H. 828–830, 841 Zimmermann, A. 493 Zimmermann, B. 68 Zintzen, C. 519 Zippel, G. 494 Zlatarski, V. 295, 561–563, 565–570 Zoë, Kaiserin 566, 569, 717–718, 729 Zographides, G. 61 Zollinger, H. 730 Zöllner, E. 594, 597–598, 609 Zoroaster 314 Zorzi, M. 476 zu Dohna, L. Graf 721 ˇ ucˇkova, I. L. 585 Z Zuqnı¯n 132 Zwirn, S. R. 641
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Tafelteil
Plate 1: Imperial Menologion. Baltimore, The Walters Art Museum, W. 521, fol. 203v
Plate 2: So-called Menologion of Basil II. Vatican, Biblioteca Apostolica Vaticana, Cod. gr. 1613, 353.
Plate 3: Set of Three Reliquaries. Varna, Museum of Archaeology, Inv. Nr. III.766–68.
Plate 4: Reliquary Stele. Tekirdag˘, Museum of Archaeology and Ethnography, Inv. Nr. 671.
Plate 5: Box with Stones from the Holy Land. Vatican, Musei Vaticani, Museo Sacro, Inv. Nr. 61883.2.1–2
Plate 6: Reliquary Arm of the Apostles. Cleveland, Cleveland Museum of Art, gift of the John Huntington Art and Polytechnic Trust, 1930.739.
Plate 7: Arm Reliquary of John the Baptist. Istanbul, Topkapı Sarayı Museum, Inv. Nr. 2/2742
Tafel 8: Büstenreliquiar des heiligen Candidus
Tafel 9: Walpurgisschädel
Tafel 10: Heutige Fassung der Schädelreliquie Johannes’ des Täufers
Tafel 11: Jacobus-Schädel
Tafel 12: Kaiser Trajan, Samos, Detail des Mantels
Tafel 13: Gereon-Evangeliar, Köln, Historisches Archiv
Tafel 14: Otto III., Einzelblatt, Chantilly
Tafel 15: Madrid, Biblioteca Nacional, ms. Vitr. 26-2, fol. 47r
Tafel 16: Madrid, Biblioteca Nacional, ms. Vitr. 26-2, fol. 75v
Tafel 17: Jerusalem, Bibliothek des Armenischen Patriarchats, ms. 2556, fol. 244v
Tafel 18: Anastasiusreliquiar, Domschatz Aachen (Byzanz. Pracht und Alltag, 84, Kat.-Nr. 37)
Tafel 19: Duftspender, Tesoro di San Marco Venedig (Byzanz. Pracht und Alltag, 17, Kat.-Nr. 496)
Tafel 20: Glasschale, Tesoro di San Marco Venedig (Byzantium, 122, Abb. 62)
Tafel 21: Artukiden-Schale, Ferdinandeum Innsbruck (Grenzgänge, Farbabb. 5)
Tafel 22: Evangelistenporträt (Matthaios). Topkapı Sarayı, III. Ahmet Kütüphanesi, Inv-Nr. 3519, fol. 68a (Courtesy of Topkapı Sarayı)
Tafel 23 a: Evangelistenporträt (Ioannes und Prochoros). Topkapı Sarayı, III. Ahmet Kütüphanesi, Inv.-Nr. 3519, fol. 177a (Courtesy of Topkapı Sarayı)
Plate 23 b: King Kanishka I (l) Gold Dinar Buddha (r). Former Skanda Collection (ca. AD 120)
Plate 24 a: Pranidhi Scene. Wall Painting. Bezeklik (9 th Century AD)
Plate 24 b: Apse Mosaic of the Transfiguration (mid-6 th Century AD). Holy Monastery of St. Catherine at Sinai. After G. Forsyth and K.Weitzmann, The Monastery of Saint Catherine at Mount Sinai: The Church and Fortress of Justinian, Plates, Ann Arbor 1973, Plate CIII