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German Pages 154 Year 2011
Band 636
Thomas Pratsch
Theodora von Byzanz Kurtisane und Kaiserin
Verlag W. Kohlhammer
Umschlag: Theodora von Byzanz. Mosaik Ravenna. 6. Jahrhundert.
Alle Rechte vorbehalten © 2011 W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Karten: Peter Palm, Berlin Umschlag: Gestaltungskonzept Peter Horlacher Gesamtherstellung: W. Kohlhammer Druckerei GmbH + Co. KG, Stuttgart Printed in Germany ISBN 978-3-17-019919-4
Inhalt
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9 9
1.1 Konstantinopel am Anfang des 6. Jahrhunderts . . . . . 1.2 Das Byzantinische Reich in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Der Historiker: Prokopios von Kaisareia . . . . . . . . . . 1.4 Sonstige historische Quellen zu Theodora . . . . . . . .
12 13 15
2 Die Schauspielerin und Kurtisane . . . . . . . . . . . . . . 16 2.1 Die denunzierende Darstellung bei Prokop . . . . . . . . 2.2 Andere Quellen und Rückschlüsse . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Versionen irriger und späterer Quellen . . . . . . . . . . .
16 24 31
3 Theodora als Ehefrau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 3.1 Auf dem Weg zur Augusta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Die von Gott gegebene allerfrömmste Ehefrau . . . . . 3.3 Familienpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35 39 42
4 Die Politikerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6
Der Nika-Aufstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Außenpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Innenpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Religionspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bau- und Stiftungstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49 52 57 65 74 77
6
Inhalt
5 Die Restitutio Imperii . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5
Die Vorgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Die (Rück-)Eroberung Nordafrikas . . . . . . . . . . . . . . 84 Die (Rück-)Eroberung Italiens . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Der schwelende Konflikt mit Persien . . . . . . . . . . . . 103 Theodora und die Restitutio Imperii . . . . . . . . . . . . . . 108
6 Das Ende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 6.1 Krankheit und Tod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 6.2 Beisetzung und Grabstätte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
7 Nachleben und Rezeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 7.1 Die bildliche(n) Darstellung(en) . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 7.2 Die Verehrung in der Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 7.3 Spätere Rezeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
8 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 9 Zeittafel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 10 Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 11 Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 11.1 11.2 11.3 11.4
Siglen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quellen in Textausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quellen in Übersetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
132 132 134 135
Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 Abbildungsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 Personen-, Sach- und Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . 147
Vorwort
Der Wunsch und die Intention des Verfassers dieses Buches war von Anfang an zweigeteilt: Zum einen sollte das Buch die Lebensgeschichte der Theodora so weit als möglich stringent und in chronologischer Abfolge neu erzählen, denn seit dem Erscheinen der deutschen Ausgabe (1980) des letzten einigermaßen ernstzunehmenden und eigenständigen Buches über diese faszinierende Frauengestalt der Spätantike aus der Feder von Antony Bridges sind drei Jahrzehnte vergangen. Zum anderen sollte aber auch die jüngere kritische und vor allem quellenkritische Forschung von Hans-Georg Beck (1986) über Lynda Garland (1999) und andere bis zu Hartmut Leppin (2002) mit in die Darstellung eingearbeitet werden, um so ein neues Bild oder zumindest eine neue Facette des Bildes der Theodora zeigen zu können. Dieses neue Bild ist nun möglicherweise zwar weit weniger spektakulär als die blühende und ins Kraut schießende Phantasie des byzantinischen Historikers Prokop, dennoch ruft die Lebensgeschichte der Theodora beim Leser immer wieder und immer noch und je nachdem, wie man sich selbst zu dieser Figur ins Verhältnis setzt, Erstaunen, Spannung, Interesse, Bewunderung, Neid, Verachtung, Zuneigung oder Mitgefühl hervor. Für Anregung und Unterstützung hinsichtlich der Realisierung dieses Buches bin ich vor allem drei Personen zu allergrößtem Dank verpflichtet. Da wäre zunächst mein verehrter Lehrer und Kollege zu nennen, Prof. Dr. Ralph-Johannes Lilie, der die Entstehung dieses Buches nicht nur angeregt, sondern durch zahlreiche Gespräche stets aufmunternd begleitet hat. An zweiter Stelle gilt mein herzlicher Dank den Lektoren des Verlages W. Kohlhammer GmbH, nämlich
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Vorwort
Dr. Alexander Schweickert und dessen Nachfolger Dr. Daniel Kirn, von denen der eine das Exposé dieses Buches für die Reihe der Urban-Taschenbücher angenommen hat, der andere schließlich die tatsächliche Entstehung des Manuskripts und die Gestaltung des Buches immer wieder mit sachkundigem Rat und Tat und vor allem mit überaus großer Geduld betreut hat. Berlin, den 26. Oktober 2010
Thomas Pratsch
1
Einleitung
1.1
Konstantinopel am Anfang des 6. Jahrhunderts
Die hügelige Halbinsel zwischen Marmarameer und Goldenem Horn, deren östliche Spitze über den Bosporus nach Asien blickte, besitzt eine strategisch äußerst günstige Lage. Zum einen lag sie an der Nahtstelle zwischen Europa und Asien, zum anderen an der Verbindungsstraße zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer. Dies erkannten auch die griechischen Kolonisten aus Megara, die bereits um 660 v. Chr. die Stadt Byzantion gründeten. Im Verlaufe ihrer wechselvollen Geschichte brachte die hervorragende strategische Position der Stadt sowohl Vor- als auch Nachteile. Zum einen kontrollierte Byzantion mehrere äußerst bedeutsame Handelswege und profitierte von den damit verbundenen Zoll- und Steuereinnahmen nicht unwesentlich. Zum anderen gab es keine militärische Auseinandersetzung in der Region, von der die Stadt aufgrund ihrer Lage nicht unmittelbar betroffen gewesen wäre. Am Anfang des 4. nachchristlichen Jahrhunderts ließ der römisch-byzantinische Kaiser Constantinus I. (Alleinherrschaft: 324 – 337), genannt Konstantin der Große, die Stadt zwischen 324 und 330 großzügig und prachtvoll zur neuen Residenz- bzw. Hauptstadt ausbauen und gab ihr auch einen neuen, nämlich seinen Namen: Konstantinupolis (dt. »Konstantinsstadt«). Beim Ausbau der Stadt ließ dieser Kaiser, der in vielfacher Hinsicht als ein Förderer des jungen Christentums auftrat, zwar zahlreiche christliche Kirchen errichten (Apos-
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Einleitung
telkirche, Hagia Sophia, Hagia Eirene), aber auch traditionelle Monumente antiker Gottheiten (Tyche, Nike, Gaia u. a.). Konstantin selbst ließ sich statuarisch als Sonnengott (Helios, Apollo), sol invictus (dt. »die unbesiegbare Sonne«), abbilden. Er stand somit zwar auf dem Boden der antiken Tradition, implantierte darin jedoch nachdrücklich und erfolgreich das junge Christentum, das zu einem bestimmenden Merkmal des neuen, byzantinischen Reiches werden sollte.
Abb. 1: Die theodosanische Landmauer in Istanbul heute.
Hatte bereits Konstantin der Große bei seinem Ausbau der Stadt in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts deren Wachstum und zukünftige Größe vorausschauend recht großzügig bemessen, so zeigte sich bereits Kaiser Theodosios II. noch optimistischer und ließ, möglicherweise gedrängt durch ein rasantes Wachstum der Bevölkerung im mittleren und späten 4. Jahrhundert, die Fläche der Stadt am Anfang des 5. Jahrhunderts durch eine neue Landmauer noch einmal um ein Drittel vergrößern. Dadurch wurden nun auch zahlreiche
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Konstantinopel am Anfang des 6. Jahrhunderts
land- und weidewirtschaftliche Nutzflächen dem Stadtgebiet einverleibt, was sich bei späteren Belagerungen als vorteilhaft erweisen sollte. Außerdem wurde so viel Bauland umschlossen, dass die Stadt – Schätzungen zufolge – über eine halbe Million Menschen beherbergen konnte. Für damalige Verhältnisse waren dies gewaltige, ja nachgerade gigantische Dimensionen. Mauer des Kaisers Manuel
(unsicherer Mauerverlauf) Tore
Blachernenkirche
(1143 –1180)
Theodosianische Landmauer
Chorakloster
(413 – 439 n. Chr.)
Goldenes Horn
GALATA (PERA)
Pammakaristoskloster
Bosporus s
ko
Ly
Konstantinische Landmauer
Kette
Pantokratorkloster
Apostelkirche
Valensaquädukt
Akropolis
(330 n. Chr.)
M
Bous-Forum
es
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Theodosiusforum (386 – 393) Hagia Eirene
se Me raße) tst aup
(H
Arkadiosforum
Konstantinsforum (4. Jh.)
Hafen Hafen
Peribleptoskloster
Hippodrom
Hagia Sophia Hodegonkloster Zeuxipposbad
Großer Palast Studioskloster
M a r m a r a - M e e r
Goldenes Tor
0
500
1000
1500 m
Abb. 2: Plan der Stadt Konstantinopel
Im 6. Jahrhundert war die Stadt am Bosporus, Konstantinopel, das frühere Byzantion, der unbestrittene Mittelpunkt des byzantinischen Weltreiches, das nach wie vor Anspruch auf die gesamte von Christen bewohnte Welt, die Oikumene, erhob.
12
1.2
Einleitung
Das Byzantinische Reich in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts
Nach den schweren militärischen Einfällen nichtrömischer Volksgruppen in das römische Reichsgebiet und die damit verbundenen sozialen Erschütterungen innerhalb der Gesellschaft während der Völkerwanderungszeit im 4. und 5. Jahrhundert beruhigte sich die Lage gegen Ende dieses Zeitraums wieder. Während der langen Herrschaft des Kaisers Anastasios (491 – 518) war der Osten relativ fest und sicher in römischbyzantinischer Hand. Das Reich beschränkte sich hier im Wesentlichen auf die Befestigung der Grenzen und die Festschreibung des Status Quo. Im Westen waren die Verluste zwar enorm, die negative Entwicklung kam aber schließlich auch hier zu einem Stillstand. Die Goten übernahmen 493 die Herrschaft in Italien. Ihr König Theoderich residierte in Ravenna als eine Art kaiserlicher Statthalter, als rex Italiae unter Verwendung der vom Kaiser verliehenen herrscherlichen Insignien, also mit Billigung und im Auftrag Konstantinopels. Unter Kaiser Justin I. (518 – 527) kehrte auf den früheren Kriegsschauplätzen wieder eine gewisse Ruhe ein. Auf dem Gebiet der Kirchenpolitik blieb die Situation allerdings angespannt. Kaiser Justin I. beendete zwar im Jahre 519 durch die Rücknahme des Henotikon die dreieinhalb Jahrzehnte (von 484 bis 519) währende Kirchenspaltung zwischen Rom und Konstantinopel und rückte wieder näher an Italien heran, beschwor aber damit gleichzeitig neue Konflikte mit den Monophysiten im Osten des Reiches herauf. Monophysitismus (neuerdings häufiger auch »Miaphysitismus«) leitet sich ab von griech. monos (dt. einzig, allein) und physis (dt. Natur). Es ist eine spätere (verwendet etwa von Anastasios Sinaites im 7. Jahrhundert und Ioannes von Damaskus im 8. Jahrhundert) und zusammenfassende Bezeichnung für christliche theologische Strömungen, welche die Lehre von den zwei Naturen Christi (einer
Der Historiker: Prokopios von Kaisareia
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göttlichen und einer menschlichen Natur), wie sie auf dem Konzil von Chalkedon im Jahre 451 beschlossen und für verbindlich erklärt worden war, nicht akzeptierten. Sie bestanden auf nur einer Natur Christi mit einer Bandbreite von nur einer dominierenden göttlichen Natur bis hin zu einer neuen göttlich-menschlichen Natur Christi. Die Monophysiten waren besonders im Osten des Reiches (insbesondere in Syrien und Ägypten) verbreitet und galten für Rom und Konstantinopel als Ketzer. Um die eigene Position auch in der Konfrontation mit Persien zu stärken, suchten die Kaiser im 4. und 5. Jahrhundert des Öfteren die Annäherung an die Monophysiten. Wenn sie aber den Monophysiten zu sehr entgegenkamen, gerieten sie regelmäßig in Konflikt mit Rom wie auch mit der eigenen Reichskirche in Konstantinopel1.
1.3
Der Historiker: Prokopios von Kaisareia
Die wichtigsten und für bestimmte Abschnitte und Ereignisse im Leben der Theodora auch einzigen Quellen sind die Werke des Schriftstellers Prokopios von Kaisareia. Prokop wurde um das Jahr 500 in der Küstenstadt Kaisareia (Caesarea maritima) in Palästina in einer hellenisierten Familie geboren. Er genoss eine rhetorische und wohl auch eine juristische Ausbildung vermutlich an der Rechtsschule von Berytos (dem heutigen Beirut). Im Jahre 527 finden wir ihn in Konstantinopel als Berater, Rechtsbeistand und persönlichen Adjutanten (consiliarius und assessor) des oströmischen Feldherren Belisarios. Als solcher nahm er auch persönlich an den Feldzügen dieses Generals gegen die Perser, die Vandalen und die Ostgoten teil. Über diese Feldzüge schrieb er später – der genaue Zeitpunkt der Abfassung ist umstritten: um 550 bis 553 oder erst um 560 – »Kriegsberichte« (Bella) in acht Bänden. Seine Schrift »Über die Bauten« (De aedificiis) in sechs Bänden, in denen er die
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Einleitung
Bautätigkeit des Kaisers Justinian in Konstantinopel und in der Provinz beschreibt und den Kaiser in den höchsten Tönen lobt, war sicherlich eine Auftragsarbeit des byzantinischen Hofes. In beiden Werken wird Theodora gelegentlich erwähnt und werden teilweise äußerst interessante Informationen über sie mitgeteilt. In beiden Werken ist Theodora allerdings zwar bedeutsam, sie bleibt aber eben doch eine Nebenfigur. Unmittelbar im Zentrum steht sie dagegen in einer eher problematischen und viel diskutierten Quelle, nämlich der sogenannten »Geheimgeschichte«. Im griechischen Original trägt diese Schrift den Titel Anekdota, die »unveröffentlichte Geschichte«. Es handelt sich dabei um eine Schmähschrift, einen Psogos, ein zutiefst denunziatorisches Pamphlet gegen Kaiser Justinian, seine Frau Theodora sowie deren Freundin Antonina, die Frau Belisars. Es richtet sich im Grunde genommen generell gegen alle Frauen, denen Prokop einen negativen Einfluss auf ihre Männer unterstellt. Die Kaiserin und die Frau des berühmten Feldherren werden dafür gleichsam als zwei prominente Beispiele angeführt. Prokop schrieb also in drei ganz unterschiedlichen Werken, von einer jeweils anderen Warte aus und mit jeweils ganz unterschiedlicher, ja sogar gegensätzlicher Intention über Theodora. Dennoch ist es nicht so, dass die mitunter widersprüchlichen Nachrichten dieser drei Quellen sich gegenseitig ausschließen würden. Sie lassen sich durchaus in einen sinnvollen Zusammenhang stellen, wenngleich dabei freilich einige Fragen offen bleiben müssen oder nur spekulativ beantwortet werden können. Es ist zunächst nicht überraschend, dass die beiden »offiziellen« Schriften des Prokop über die Kriege und über die Bauten es in keiner Weise am gebührenden Respekt gegenüber der Majestät der Kaiserin fehlen lassen. Im Gegenteil wird sie als Unterstützerin und Weggefährtin des erfolgreichen Kaisers Justinian herausgestellt. Auf der anderen Seite ist ebenfalls nicht zu leugnen, dass die sogenannte »Geheimgeschichte« von einem tiefen Hass auf die Kaiserin geprägt ist. Die genauen Daten und die Reihenfolge der Abfassung dieser drei Werke sowie die Gründe für den Sinneswandel bzw. die
Sonstige historische Quellen zu Theodora
15
verschiedenen Standpunkte des Prokop sind Gegenstand einer ausgedehnten und keineswegs abgeschlossenen Diskussion2, die über die rein wissenschaftliche auch in die künstlerische Sphäre hinausreicht.
1.4
Sonstige historische Quellen zu Theodora
Eine ganze Reihe von zeitnahen griechischen und auch nichtgriechischen Quellen – im wesentlichen Chroniken, Kirchengeschichtsschreibung, Gesetzestexte und Inschriften – bestätigen des Öfteren punktuell und mitunter in stark abgeschwächter Form den Kern der Geschichte der Theodora, so wie Prokop sie in den Anekdota erzählt. Man wird also den historischen Kern der Geschichte – Theodoras einfache Herkunft von der Bühne, ihre Nähe zur Prostitution in ihrer Jugend usw. – nicht völlig in Abrede stellen können, auch wenn sich der Nachweis führen lässt, dass Prokop einen Großteil seiner Informationen nur aus zweiter oder dritter Hand haben kann und daher vieles sicherlich stark von seiner Phantasie ausgeschmückt und stark übertrieben sein dürfte. Auf der anderen Seite tritt in diesen anderen Quellen auch spätere und regionale Legendenbildung um die Person der Kaiserin zu Tage. So wird Theodora in einigen späten Quellen nach ihrem Nordafrika-Abenteuer, über das weiter unten noch ausführlicher zu reden sein wird, zur frommen Büßerin stilisiert. Andere Quellen berichten von ihrer Herkunft aus Zypern oder lassen sie gar aus der Familie eines monophysitischen Priesters in Syrien stammen. Jedoch können all diese Nebenstränge der Erzählung als deutlich erkennbare spätere Zusätze und Umformungen weitgehend unberücksichtigt bleiben. Das grobe historische Gerüst liefert Prokop und die ihn punktuell bestätigenden oder ergänzenden Quellen, auch wenn wir den bei Prokop berichteten Details vielfach nicht trauen dürfen.
2
Die Schauspielerin und Kurtisane
2.1
Die denunzierende Darstellung bei Prokop
Über die Kindheit und Jugend der zukünftigen Kaiserin wissen wir in aller Ausführlichkeit im Wesentlichen nur aus den Anekdota des Prokop, der diese Lebensphase dort mit großer Liebe zum Detail beschreibt. Diese Darstellung zeichnet etwa folgendes Bild1: Theodora wurde ca. 497 in Konstantinopel als Tochter des Akakios, des Bärenwärters der Grünen – einer der beiden Zirkusparteien im Hippodrom von Konstantinopel – geboren2. Sie hatte zwei Schwestern, die ältere Komito und die jüngere Anastasia. Die Tätigkeit des Vaters ermöglichte der Familie ein bescheidenes Auskommen und Unterkunft, denn zu den Vergünstigungen des Postens gehörte wohl auch eine Art Dienstwohnung, die in der Quelle vielleicht etwas übertrieben als Haus (Oikia) bezeichnet wird. Diese gesellschaftliche Stellung geriet in Gefahr, als der Vater unter Kaiser Anastasios I. plötzlich an einer Krankheit verstarb. Die älteste Tochter Komito war damals noch nicht einmal sieben Jahre alt, Theodora dementsprechend vielleicht vier bis fünf (also ca. 501/02). Die Mutter heiratete zwar bald wieder einen anderen Mann, der auch bereit war, den Posten des Bärenwärters der Grünen zu übernehmen, dazu kam es allerdings nicht. Denn der Chef der Schausteller der Grünen namens Asterios hatte sich von einem anderen Mann bestechen lassen und gab diesem den Posten; um die Witwe des Akakios kümmerte er sich keinen Deut. Denn die Schaustellerchefs verfuhren damals in diesen Angelegenheiten ganz nach eigenem Gutdünken. Die Mutter, die ja ebenfalls große Erfahrung mit der Bühne und
Die denunzierende Darstellung bei Prokop
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dem Showgeschäft hatte, verfiel daraufhin auf eine letzte, verzweifelte Idee. Als beim nächsten Mal eine Tierhatz vor großem Publikum im Hippodrom veranstaltet wurde, setzte sie ihren Töchtern Blumenkränze auf das Haupt und gab ihnen Kränze in die Hand und führte sie so vor das Volk mit der Bitte um Hilfe. Die Grünen ließ das freilich völlig ungerührt. Die Blauen aber, die andere Zirkuspartei, deren Tierwärter gerade überraschend verstorben war, gaben daraufhin der Familie diesen Posten. Auf diese Art und Weise blieben Mutter und Töchter der Bühne verbunden. »Als ihre Töchter langsam älter wurden, brachte ihre Mutter sie alsbald auf die Bühne, weil sie recht schön von Angesicht und von Wohlgestalt waren. Nicht jede der Töchter wurde im selben Alter auf die Bühne geschickt, sondern jeweils wenn sie für die entsprechende Aufgabe geeignet erschienen. Während sich also die älteste, Komito, bereits unter den Huren einen Namen machte, lief ihr während ihrer schauspielerischen Auftritte Theodora in einem kurzen Hemdchen mit Ärmeln wie eine kleine Haussklavin gekleidet auf der Bühne hinterher und trug auf ihren Schultern den Schemel, auf den sich ihre Schwester während der Darbietungen zu setzen pflegte. Vorerst war Theodora noch zu unreif, um mit einem Mann den Beischlaf auszuüben und wie eine Frau zu verkehren. Daher gab sie sich schamlosen Kerlen in der Art eines Mannes hin, und zwar den Sklaven, die mit ihren Herren ins Theater gekommen waren und sich diese Gelegenheit zur Unzucht nicht entgehen ließen. Sie verbrachte viel Zeit im Bordell und beschäftigte ihren Körper mit dieser widernatürlichen Arbeit. Als sie aber ihre Reife erlangte und in Schönheit erstrahlte, betrat sie die Bühne und wurde sogleich eine Hure von der Art, die man die Bordsteinschwalben nannte. Weder konnte sie Flöte spielen oder Harfe, noch war sie in irgendeinem anderen der Dinge spezialisiert, die zu einer schönen Darbietung gehören, nein, sie verkaufte einfach ihre Schönheit an diejenigen, die danach verlangten, und setzte dabei alle Körperteile ein. Dann verkehrte sie mit den Schauspielern und lernte von ihnen all die Dinge, die zum Theater gehörten, und nahm an ihren Beschäftigungen teil, indem sie in irgendwelchen komischen und lächerlichen Possenspielen mitspielte. Sie war nämlich außer-
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Die Schauspielerin und Kurtisane
gewöhnlich spöttisch und lustig und kam so recht schnell zu zweifelhaftem Ruhm. Es war nämlich keinerlei Scham in dieser Frau, und niemand hatte sie jemals vor etwas zurückschrecken gesehen. Sie erlaubte sich kein Zaudern vor den schamlosesten Diensten. Wenn sie geschlagen und geohrfeigt wurde, konnte sie darüber Witze machen und in lautes und gellendes Gelächter ausbrechen. Sie zog sich aus und zeigte sich von vorne und von hinten nackt all denen, die gerade zugegen waren. Sie entblößte also all das, was vor den Männern der Sitte nach verborgen und verhüllt bleiben sollte. Diejenigen aber, die sich in sie verschossen hatten, ließ sie leiden und schmoren, indem sie sich mit immer neuen Tricks des Umgangs mit ihnen entzog, während sie mit ihrer Art die zügellosen Gemüter stets ganz für sich einnehmen konnte. Niemals nämlich ließ sie sich verführen von einem, der sich ihr näherte, sondern ganz im Gegenteil machte sie selbst mit ihrem Lachen, ihren Bewegungen und ihrem Hüftschwung alle schwach, die vor ihr standen, besonders aber die Jünglinge, denen noch nicht einmal ein Bart wuchs. Es gab keinen Menschen, der sich der Lust so hemmungslos hingab wie sie. Es kam oft vor, dass sie zu einem abendlichen Gelage ging mit zehn jungen Männern oder sogar noch mehr, die kräftig waren und in der Blüte ihres Lebens standen und die sich die Wollust zu ihrer Aufgabe gemacht hatten. Sie schlief dann mit allen diesen Trinkgenossen die ganze Nacht hindurch. Wenn aber alle schließlich von diesem Treiben genug hatten, wandte sie sich deren Dienern zu, es konnten 30 sein oder mehr, und schlief mit einem jeden von ihnen. Sie wurde vom Sex niemals wirklich satt. Und einmal, als sie in das Haus eines der Vornehmen eingeladen war, konnten inmitten des Trinkgelages alle ihre Trinkkumpane ringsum sie sehen, so erzählt man sich, wie sie auf die Lehne einer Liege stieg, dort die Kleider sich einfach so hochraffte und keine Hemmungen hatte, ihre Lüsternheit darzubieten. Obwohl sie sich aller drei Öffnungen ihres Körpers bediente, machte sie doch der Natur Vorwürfe, weil sie nicht auch ihre Brüste üppiger geformt hatte, als sie waren, so dass sie auch damit noch den Verkehr hätte ausüben können. Oftmals wurde sie schwanger, brachte es aber immer wieder fertig, schnell abzutreiben. Häufig zog sie sich im Theater vor dem gesamten Publikum fast ganz nackt aus und trug lediglich um Lenden und Busen ein Tuch, nicht etwa, weil sie sich geschämt hätte, dies dem Publikum zu
Die denunzierende Darstellung bei Prokop
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zeigen, sondern weil es niemandem gestattet war, sich ganz nackt und ohne ein Tuch um die Lenden zu präsentieren. So angetan, lehnte sie sich zurück und legte sich rücklings auf den Boden. Diener, die mit dieser Aufgabe betraut waren, streuten ihr nun Gerstenkörner auf die Scham, die dann von Gänsen, die eigens dafür abgerichtet waren, einzeln mit ihren Schnäbeln aufgesammelt und gefressen wurden. Wenn sie sich dann wieder erhob, wurde sie nicht nur nicht einmal rot, sondern schien auf diese Darbietung auch noch stolz zu sein. Sie war ja nicht nur selbst schamlos, sondern wollte andauernd alle anderen zur Schamlosigkeit verführen. Oft stand sie nur leicht bekleidet mitten unter den Schauspielern auf der Bühne und schob entweder ihre Hüfte nach vorn oder streckte ihr Hinterteil heraus und bildete sich auf ihre üblichen Turnübungen auch noch etwas ein. So zügellos gab sie ihren Körper den Ausschweifungen hin, dass es schien, als trage sie ihre Vagina nicht an dem natürlichen Ort, an dem die anderen Frauen sie tragen, sondern mitten im Gesicht. Daran wurde schon deutlich, dass die, die sich ihr näherten, keinen normalen und natürlichen Verkehr mit ihr hatten. Wenn anständige Leute ihr auf der Straße begegneten, änderten sie eiligst ihren Weg und hielten sich von ihr fern, damit sie nicht etwa die Kleider dieser Frau berührten und so der Eindruck entstünde, dass dadurch vielleicht etwas von dem Schmutz auf sie abfärbe. Denen, die sie zu Gesicht bekamen, besonders am Morgen, galt dies als ein schlechtes Vorzeichen für den ganzen Tag. Ihren Schauspielerkolleginnen gegenüber führte sie sich sehr gehässig und stets wütend auf, denn sie war ja voller Neid und Eifersucht.«
Soweit die plastische und recht drastische Darstellung bei Prokop. Bereits vor über zwei Jahrzehnten hat Hans-Georg Beck in aller Deutlichkeit herausgearbeitet, dass diese Darstellung schon aus rein chronologischen Gründen zu 90 bis 95 % auf Wissen aus zweiter und dritter Hand, also auf Tratsch und Klatsch, und eben auf der Phantasie des Verfassers beruhen muss. Denn der etwas jüngere Prokopios stammte aus Caesarea maritima an der Küste Palästinas und kam wohl erst gegen Ende der 20er Jahre des 6. Jahrhunderts in die Hauptstadt Konstantinopel. Zu diesem Zeitpunkt aber war Theodora bereits Kaiserin.
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Die Schauspielerin und Kurtisane
Trotz erheblicher Zweifel an den von Prokop so minutiös und pornographisch dargestellten Einzelheiten zweifelte auch Beck nicht im geringsten an zwei grundlegenden Fakten: Das ist zum einen die Herkunft der Theodora aus dem niederen Stand der Schausteller, zum anderen die spätantike Verbindung von Bühne und Prostitution. Mithin kann es als sicher gelten, dass Theodora sich in ihrer Jugend als eine wohl sehr attraktive und erfolgreiche Bühnenschauspielerin betätigte, die sich auch zu Liebesdiensten an wohlhabenden Theaterbesuchern bereitfand, die ihr dafür im Gegenzug gewisse Vergünstigungen und finanzielle oder geldwerte Zuwendungen, etwa wertvollen Schmuck, zuteilwerden ließen. Nachdem Theodora Kaiserin geworden ist, darf das so freilich (abgesehen eben von der »unveröffentlichten Geschichte«) nicht mehr straflos geäußert werden. Hinweise darauf finden sich jedoch zur Genüge, vor allem in ihrer eigenen besonderen Fürsorge und Wohltätigkeit, die sie insbesondere Prostituierten angedeihen ließ3. Die Darstellung bei Prokop, so sehr sie auch auf pikantem Tratsch und Klatsch beruht, zeichnet dennoch eine gewisse Entwicklung nach, genauer gesagt, einen Aufstieg: Am Anfang musste Theodora sich noch mit den Sklaven begnügen, die ihre Besitzer ins Theater begleiteten, dann besuchte sie mit wohl freien jungen Männern Trinkgelage, auf denen sexuelle Orgien gefeiert wurden, schließlich wurde sie sogar in die Häuser der Vornehmen eingeladen. Zwar kann Prokop diese Informationen nicht aus erster Handhaben, unwahrscheinlich ist diese Entwicklung deshalb aber nicht. Es ist gut vorstellbar, dass die offenbar sehr attraktive und begehrenswerte junge Frau im Zuge ihres körperlichen Heranreifens einen gewissen sozialen Aufstieg innerhalb der engen Grenzen ihres Standes erlebte. Theodora wurde bald zur begehrten Kurtisane, die es sich leisten konnte, ihre Liebhaber oder Mäzene nach dem Vermögensstand und der Macht, die sie besaßen, auszuwählen. Jedenfalls legt die weitere Entwicklung einen solchen oder ähnlichen Verlauf nahe: Theodora wurde – etwa um 518 – die persönliche Geliebte eines gewissen Hekebolos, eines Mannes aus Tyros, der zum Gouverneur der Pentapolis ernannt wurde, dem heutigen
Die denunzierende Darstellung bei Prokop
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Libyen4. Mit diesem Mann ging sie nun nach Nordafrika. Theodora überwarf sich aber bald darauf mit Hekebolos und wurde von ihm verstoßen. Allein und mittellos blieb ihr nichts anderes übrig, als sich wieder - das ist Prokop-Stil - der Prostitution hinzugeben. Zunächst begab sie sich nach Alexandreia und durchstreifte dann auf ihrem Weg nach Konstantinopel den gesamten Osten des Reiches. Nach der Darstellung bei Prokop übte sie auf diesem Wege an jeder Station und in jeder Stadt ihr anrüchiges Gewerbe aus. So kam sie dann auch nach Antiocheia in Syrien. Dort wurde sie von Makedonia aufgenommen, der Solotänzerin der Schaustellertruppe der Zirkuspartei der Blauen in dieser Stadt. Diese nahm die unglückliche und völlig abgebrannte Theodora auf und verhalf ihr laut Prokop in kurzer Zeit zu viel Geld. Damit meint der böswillige Verfasser natürlich, dass sie Theodora jede Menge Aufträge als Prostituierte vermittelte. Etwa um 520 traf Theodora schließlich wieder in Konstantinopel ein.
Abb. 3: Ein Paar byzantinischer Ohrringe wahrscheinlich aus der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts, bestehend aus Gold, Zellenschmelz-Email und Perlen.
Prokop kann sich nicht enthalten, gleich an mehreren Stellen zu erwähnen, dass Theodora aufgrund ihrer Tätigkeit als Prostituierte des Öfteren schwanger wurde. Sie habe diese Kinder dann in der Regel abgetrieben oder nach der Geburt
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Die Schauspielerin und Kurtisane
getötet bzw. sterben lassen. Dennoch hat sie bereits vor ihrer Bekanntschaft und späteren Ehe mit Justinian auch wenigstens zwei Kinder geboren: eine Tochter, deren Namen wir nicht kennen, und den Sohn Ioannes5. Prostitution im frühen Byzanz Unter Prostitution (von lat. prostituere = dt. nach vorn stellen, zur Schau stellen, feilbieten, preisgeben) versteht man die Vornahme sexueller Handlungen an anderen oder das Preisgeben des eigenen Körpers zum Zwecke der Vornahme sexueller Handlungen durch andere gegen Entgelt. Diese Art der Erwerbstätigkeit auf dem Dienstleistungssektor war in praktisch allen Kulturen seit Menschengedenken verbreitet und wird daher auch häufig als »ältestes Gewerbe der Welt« bezeichnet. Wie schon im alten Rom hatte daher auch im frühen Byzanz die Prostitution, ungeachtet des aufkommenden, der Prostitution feindlich gegenüberstehenden Christentums, ihren festen Platz. In der Frühzeit ist die Prostitution auch noch als Strafe verbreitet, so werden insbesondere in der Verfolgungszeit christliche Jungfrauen, aber auch Ehebrecherinnen zur Prostitution verurteilt Das Gewerbe hatte schon damals vielfältige Formen ausgebildet: Prostituierte arbeiteten in durchorganisierten Bordellen unterschiedlichster Größe und unterschiedlichsten Niveaus, aber auch in den öffentlichen Bädern (Thermen), Theatern, Zirkussen und Hippodromen. Sie boten sich aber auch auf den öffentlichen Straßen und Plätzen an oder in ihren eigenen Wohnungen oder gar Häusern. Die käuflichen Liebesdienerinnen arbeiteten ferner in den Gasthäusern und Herbergen entlang der Poststraßen. Die Bandbreite des Niveaus der Prostituierten reichte dabei von einfachen und preiswerteren »Huren« (griech. pornai) bis zu kultivierten und teureren »Begleiterinnen« (griech. hetairai). Die Zuhälterei kam ebenso vor wie die selbstständige Tätigkeit der Frauen.
Die denunzierende Darstellung bei Prokop
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Die Einkünfte der Prostituierten fielen dabei sehr unterschiedlich aus. Einige von ihnen schafften es kaum, damit ihren Lebensunterhalt zu sichern, andere gelangten zu einem gewissen Wohlstand und konnten sich teure Kleider und Schmuck, einen aufwändigen Lebensstil und sogar Diener und Immobilien leisten. Zentren der Prostitution waren Orte, an denen sich eine große Zahl an Menschen einfand, also vor allem die Städte und vorzugsweise Hafenstädte wie Korinth, Antiocheia, Alexandreia und vor allem Konstantinopel, aber auch Herbergen und Gasthöfe an stark frequentierten Reiserouten und viel besuchten Pilgerstätten. Sogar auf Schiffen bestimmter stark nachgefragter Linien waren Prostituierte tätig. Aufgrund der begrenzten Möglichkeiten der Empfängnisverhütung kam es immer wieder zu Schwangerschaften unter Prostituierten, denen in der Regel mit einer Abtreibung begegnet wurde. Mitunter wurden die Kinder jedoch auch ausgetragen. Auch dürften Geschlechtskrankheiten unter Prostituierten recht verbreitet gewesen sein. Von Seiten der – weltlichen und kirchlichen – Gesetzgebung gab es immer wieder Versuche, die Prostitution einzudämmen und zu beschränken oder zumindest grobe Missbrauchsfälle auszuschließen, jedoch ohne durchgreifenden Erfolg. Auch regionale Einschränkungen der Prostitution auf bestimmte Stadtteile oder Lokalitäten (etwa dem heutigen »Rotlichtviertel« entsprechend) wie unter Kaiser Konstantin dem Großen (Alleinherrschaft 324 – 337) blieben ohne dauerhafte Wirkung. In der Heiligenliteratur floriert in dieser Zeit der Typus der reuigen Prostituierten, die ihr vorheriges Leben bereut und aufgibt um durch Enthaltsamkeit und gute Taten zur Asketin und Heiligen zu werden. Die wohl bekanntesten Vertreterinnen dieses Typs sind Pelagia und Maria von Ägypten. Auch sind Geschichten im Umlauf über heilige Männer, die in Bordelle gehen, um die dort
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Die Schauspielerin und Kurtisane
tätigen Prostituierten zur Aufgabe ihres sündigen Lebenswandels zu überreden. Über die Altersversorgung der Prostituierten ist kaum etwas bekannt. Wir wissen jedoch, dass einige Heime für ehemalige Prostituierte existierten, das bekannteste davon war das Kloster der Reue (griech: Metanoia), das von Kaiserin Theodora im 6. Jahrhundert gegründet und eingerichtet worden war. Generell stand es den Prostituierten jederzeit offen, in den Nonnenstand zu treten und dadurch ihren Lebensunterhalt auch im Alter zu sichern.6
2.2
Andere Quellen und Rückschlüsse
Auch wenn wir zahlreiche Gründe haben, an den Informationen und Einzelheiten der detailreichen, voyeuristisch-pornographischen Schilderung aus Prokops Geheimgeschichte zu zweifeln, so haben wir dennoch keinen Anlass, dieses Zeugnis in Bausch und Bogen zu verwerfen. Dies vor allen Dingen deshalb nicht, weil wir noch über andere Quellen verfügen, welche die Darstellung Prokops zumindest im Kern und zum Teil nur indirekt bestätigen. Zunächst sind dies die Maßnahmen der Theodora zur Eindämmung der Prostitution und ihre Fürsorge für vor allem reuige und ehemalige Prostituierte. Der Chronist Ioannes Malalas berichtet darüber etwa folgendes7: »Zu dieser Zeit fügte die fromme Theodora ihren anderen guten Taten noch diese hinzu: Die sogenannten Bordell-Betreiber pflegten an jedem Ort herumzugehen und sich nach Armen umzusehen, die Töchter hatten. Und sie machten ihnen, so sagt man, Versprechungen und gaben ihnen ein wenig Geld und nahmen diese Töchter, als hätte man einen Vertrag, und stellten sie öffentlich aus und schmückten sie, wie ihr elendes Los es erforderte, und nahmen von ihnen den erbärmlichen Preis ihrer Körper und zwangen diese zur Prostitution. All diese BordellBetreiber befahl sie mit größter Dringlichkeit festzunehmen. Nachdem diese nun zusammen mit den Mädchen herbeigeschafft
Andere Quellen und Rückschlüsse
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worden waren, befahl sie einem jeden von ihnen, unter Eid auszusagen, welchen Preis sie den Eltern der Mädchen gezahlt hatten. Und sie sagten aus, dass sie jeweils fünf Goldmünzen gezahlt hätten. Und nachdem sie alle unter Eid ausgesagt hatten, gab ihnen dieselbe fromme Kaiserin das Geld zurück und befreite die Mädchen so von dem Joch der elenden Sklaverei und befahl, dass es von nun an keine Bordell-Betreiber mehr geben solle. Sie schenkte den Mädchen jeweils einen Satz Kleider und gab jeder eine Goldmünze und entließ sie.«
Nach Darstellung des Malalas kaufte Theodora also Prostituierte aus ihrer Abhängigkeit frei und versuchte außerdem, Maßnahmen gegen die Prostitution im Allgemeinen zu ergreifen. Diese Maßnahmen werden auch in Gesetzesform greifbar etwa in einer Novelle des Kaisers Justinian gegen die Zuhälterei, wo es heißt8: »Schon in früheren Gesetzen galten Name und Tätigkeit der Zuhälter als infam. Wir selbst haben die Strafen für sie erhöht. Jetzt aber sind wir in dieser Sache neuerdings angegangen worden, und wir erfuhren von besonders verwerflichen Geschäften in dieser unserer Stadt. Es wurde gemeldet, wie Leute, die sich außerhalb der Gesetze bewegen, ruchlos Gewinne machen. Sie bereisen die Provinzen und machen Jagd auf junge Mädchen, die sie mit dem Versprechen von Schuhwerk und Kleidung täuschen. Dann verfrachten sie sie in die Stadt und bringen sie in ihren Häusern unter, wo sie spärlich ernährt und notdürftig bekleidet werden. Sodann zwingen sie sie zur Unzucht mit jedem Beliebigen, und den ganzen Erlös stecken sie selbst ein. Sie lassen diese jungen Frauen sogar Verträge unterzeichnen, in denen sie sich für eine ganz bestimmte Zeit, die der Zuhälter bestimmt, ihm verpflichten. So gibt es jetzt diese Hurenhäuser über die ganze Stadt verstreut und in den Vororten, ja sogar in nächster Nähe der Kirchen. Und wenn sich jemand eines dieser Mädchen erbarmt, es herausholen und heiraten möchte, erlauben sie es ihm nicht, es sei denn gelegentlich und gegen hohe Ablösungssummen. Dabei sind unter diesen Mädchen solche, die kaum zehn Jahre zählen.«
Anschließend verbot Kaiser Justinian diese Praxis der Zuhälterei unter Androhung schwerer Strafen auch für diejenigen,
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Die Schauspielerin und Kurtisane
die die Zuhälterei unterstützten oder auch nur deckten. Mit anderen Worten heißt das, dass auch die potentiellen Freier einer Strafe entgegensehen mussten. Prokop selbst bestätigt ganz ohne böse Absicht in seiner durch und durch schmeichelhaften Schrift »Über die Bauten« (De aedificiis) diese Maßnahmen und die Darstellung des Ioannes Malalas und fügt außerdem noch ein weiteres Steinchen zu dem Mosaik hinzu. Dort heißt es nämlich im neunten Kapitel des ersten Buches über das »Kloster« der Metanoia und seine Vorgeschichte9: »An diesem Ufer lag seit alter Zeit ein stattlicher Kaiserpalast. Justinian hatte Gott den ganzen Bau geweiht und tauschte als Lohn seiner Frömmigkeit die augenblicklich gewährte Freude ein. Dies geschah auf folgende Weise: In Byzanz lebten zahlreiche Frauen im Freudenhaus. Sie führten nicht freiwillig, sondern gezwungen dies unzüchtige Dasein; denn bittere Armut zwang sie, sich von einem Kuppler aushalten zu lassen und jederzeit und Tag für Tag dem Laster zu dienen, und so mussten sie jählings dem nächstbesten, unbekannten Manne beischlafen. Schon lange bestand ja in Byzanz eine große Genossenschaft von Kupplern, die in ihren Räumen Unzucht als Geschäft betrieben und in der Öffentlichkeit des Marktes fremde Jugendschönheit verkauften und die Ehrbarkeit knechteten. Kaiser Justinian und Kaiserin Theodora aber – in frommem Zusammenwirken vollbrachten sie ja alles – ersannen folgende Abhilfe: Sie verbannten das Wort Kuppler und reinigten so den Staat vom Fluche der Freudenhäuser, zugleich befreiten sie die bitterarmen Frauen von ihrem Sklavendasein als Huren, indem sie ihnen einen selbstständigen Lebensunterhalt und die Ehrbarkeit als freien Besitz verschafften. Zu diesem Zwecke trafen sie nun folgende Einrichtungen. Am Ufer des Meeresarms, das bei Einfahrt Richtung Schwarzes Meer zur Rechten liegt, befand sich ein früherer Kaiserpalast. Diesen richtete das Herrscherpaar als prächtiges Kloster ein, um all den Frauen, die ihr früheres Leben bereuten, als Asyl zu dienen; sie sollten dort durch ein Gott und der Frömmigkeit geweihtes Leben die Sünden ihres Aufenthalts im Freudenhaus büßen können. Diesen Aufenthaltsort der Frauen nennt man daher seinem Zweck entsprechend Metanoia. Das Herrscherpaar beschenkte dieses Kloster auch mit vielen Einkünften und ließ – den Frauen zur Freude – zahlreiche
Andere Quellen und Rückschlüsse
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ausnehmend schöne und kostspielige Gebäude errichten, damit sie nichts mehr zwinge, sich irgendwie einer ehrbaren Beschäftigung zu entziehen. Damit steht es nun so.«
In der »Geheimgeschichte« stellt er denselben Sachverhalt dann allerdings folgendermaßen dar10: »Auch wegen sittlicher Vergehen war Theodora eifrig bemüht Strafen auszusinnen. Sie sammelte mehr als 500 Huren, die mitten auf dem Marktplatz für drei Obolen ihren Lebensunterhalt verdienten, schickte sie ans jenseitige Ufer und sperrte sie in das Kloster Metanoia, damit sie ihre Lebensweise änderten. Einige davon stürzten sich nachts von der Höhe herab und entzogen sich so der unfreiwilligen Besserung.« Damit bestätigt Prokop aber so oder so den Freikauf von Prostituierten durch Theodora und berichtet ferner von der Einrichtung eines Asyls »der Reue« für ehemalige Prostituierte. Sowohl in der Darstellung des Malalas als auch in der des Prokop werden gesetzgeberische Maßnahmen gegen die Prostitution erwähnt: Theodora »befahl, dass es von nun an keine Bordell-Betreiber mehr geben solle« bzw. (Justinian und Theodora) »verbannten das Wort Kuppler und reinigten so den Staat vom Fluche der Freudenhäuser«.
Diese legislativen Maßnahmen lassen sich, wie oben bereits erwähnt, durchaus konkret benennen: In seiner Novelle 14 vom Dezember des Jahres 535 verbot Kaiser Justinian die Zuhälterei im gesamten römisch-byzantinischen Reich. Das Gesetz trägt die Überschrift »Darüber, dass keine Zuhälter an keinem Ort des Staates der Römer sein sollen« und stellt die Zuhälterei unter schwere Strafen. In seiner Novelle 51 vom September 537 legte er fest, dass Schauspielerinnen keine Bürgschaften oder Eide abverlangt werden dürften, die diese an die Bühne banden. Das Gesetz ist überschrieben »Darüber, dass den Schauspielerinnen weder Bürgschaften noch Eide des Verbleibens abverlangt werden«. Schließlich dürfte auch die Novelle 117 über die Möglichkeit der Eheschließung zwischen hohen Würdenträgern und Schauspielerinnen und Prostituierten zu einer Verbesserung der Situation für diesen Stand beigetragen haben11.
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Die Schauspielerin und Kurtisane
Außerdem nahm Theodora wohl auch ehemalige Prostituierte in ihren persönlichen Dienst, wie Prokop in den Anekdota quasi nebenher mitteilt, wenn die Rede auf eine gewisse Chrysomallo (wörtlich: »Goldhaar« oder »Goldmähne«) und deren Gefährtinnen kommt12: »Diese Chrysomallo war früher Tänzerin und außerdem Hetäre gewesen. Damals lebte sie zusammen mit einer anderen Chrysomallo und einer gewissen Indaro im Kaiserpalast. Ihre Hurerei und sonstige Tätigkeit im Theater hatten die drei Weiber aufgegeben und besorgten nun die Geschäfte der Kaiserin.«
In diesem Zusammenhang erwähnt Prokop auch13, dass sich die Fürsorge der Theodora sogar auf die Kinder der ehemaligen Prostituierten erstreckte. Nach der Darstellung des Prokop habe Theodora es erzwungen oder jedenfalls dafür gesorgt, dass ein vornehmer junger Mann, ein gewisser Saturninos, der Sohn des Magisters Hermogenes, die Tochter der obengenannten Chrysomallo ehelichte, obwohl er doch angeblich bereits mit einem Mädchen edler Herkunft verlobt gewesen war. Als dann Saturninos seine Braut in der Hochzeitsnacht bereits entjungfert vorfand, habe er sich öffentlich darüber beklagt. Daraufhin habe Theodora ihn mit Hieben bestrafen lassen und ihm bei Strafe verboten, die Tochter der Chrysomallo weiterhin zu verleumden. So oder ähnlich sei die Kaiserin auch noch in zahlreichen weiteren Fällen verfahren. Prokop drückt das so aus14: »Auch alle Ehen bestimmte sie mit einer Art göttlicher Allmacht, und niemand ging daher vor der Heirat von sich aus eine Verlobung ein. Plötzlich bekam da jeder eine Frau, nicht weil sie ihm gefiel, was doch auch bei Barbaren Sitte ist, sondern weil es Theodora so paßte. Ähnlich erging es den heiratsfähigen Frauen. Sie wurden ganz gegen ihren Willen zu einer Ehe gezwungen.«
Was Prokop hier wie völlig planlose Willkür der Theodora aussehen lassen möchte, spricht in Wirklichkeit für eine geschickte Heiratspolitik als Mittel der Verteilung sozialer Vergünstigungen, in die eben auch ehemalige Prostituierte und sogar deren Kinder mit einbezogen wurden.
Andere Quellen und Rückschlüsse
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In ähnlicher Weise hat sich Theodora auch um junge Mädchen gekümmert, die sich lediglich in der drohenden Gefahr befanden, einen sozialen Abstieg zu erleben. Die Auswahl erfolgte entweder durch persönliche Bekanntschaft oder indem sich die Bittstellerinnen persönlich an die Kaiserin wandten. Ioannes Malalas berichtet etwa von dem Beispiel der drei Töchter des Eulalios, der durch einen Brand verarmt war. Theodora rettete diese jungen Frauen vor dem sozialen Abstieg, indem sie sie als Kammerfrauen in ihr Gefolge aufnahm und für ihren Lebensunterhalt Sorge trug15. Generell scheint Theodora auch laut Aussage des Prokop in das Schicksal von Frauen eingegriffen zu haben, wann immer sie meinte, diese Frauen dadurch vor einer Gefahr bewahren oder ihnen anderweitig helfen zu können. So berichtet Prokop in den »Gotenkriegen« von einer jungen Witwe namens Preiekta, die ein gewisser Artabanes, immerhin kaiserlicher Statthalter in Libyen, zur Frau nehmen wollte. Theodora griff ein und vereitelte diese Eheschließung, weil sie wusste, dass Artabanes bereits verheiratet war und seine erste Frau verstoßen hatte16: »Doch die Ehe mit Preiekta blieb ihm versagt; denn er war schon zuvor mit einer Frau, einer Verwandten von ihm, vermählt, die bereits von Jugend an das Bett mit ihm teilte. Irgendein Anlass vielleicht, wie er eben Frauen ihren Männern entfremdet, hatte den Artabanes schon Jahre zuvor bestimmt, sich von seiner Gattin zu trennen. Solange er sich noch keiner besonderen Stellung erfreute, lebte sie völlig zurückgezogen zu Hause und trug still ihr Schicksal. Als er aber durch seine Leistungen schon zu Ruhm gelangt und auf der Stufenleiter des Glücks hoch empor gestiegen war, gab sich die Verstoßene nicht mehr zufrieden, sondern ging nach Byzanz und bat flehentlich die Kaiserin, ihr wiederum zu ihrem Manne zu verhelfen. Theodora, die unglücklichen Frauen gerne half, zwang Artabanes ganz gegen den Willen, seine Gemahlin wieder anzunehmen, indessen sie Preiekta dem Johannes, dem Sohn des Pompeius und Neffen des Hypatius, zur Ehe gab.«
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Die Schauspielerin und Kurtisane
Es ist nun zwar sicherlich verfehlt, die alles in allem relativ frauenfreundliche Gesetzgebung Justinians17 ganz auf den Einfluss Theodoras zurückzuführen, dennoch wird man ihr die Rolle einer Ratgeberin zugestehen müssen, wie sie ja von Justinian in seiner Novelle 8 gegen den Kauf öffentlicher Ämter selbst eingeräumt wird. Dort heißt es nämlich18, dass der Kaiser, nachdem er sich selbst seine Gedanken gemacht hatte, auch den Rat seiner ihm von Gott gegebenen allerfrömmsten Ehefrau eingeholt habe. Der syrische Kirchenhistoriker und monophysitische Bischof Johannes von Ephesos, der ein Zeitgenosse, Günstling und Bewunderer der Theodora war und erst auf Anregung der Kaiserin zum Bischof von Ephesos erhoben wurde, bezeichnet sie an einer Stelle seiner Werke als Theodora »aus dem Bordell«19. Da Johannes erst nach Konstantinopel kam, als Theodora bereits Kaiserin war, zeigt dies, dass Gerüchte über ihre skandalumwitterte Vergangenheit bereits zu ihren Lebzeiten und auch zu ihrer Zeit als Herrscherin in der Hauptstadt kursierten. Es gibt also eine ganze Reihe von Indizien, die darauf hindeuten, dass die Erfahrungen ihres früheren Standes sie zutiefst geprägt hatten. Dies dürfte auch der Hintergrund sein für ihr besonders starkes soziales Engagement, wenn es um Prostitution, Schauspielerinnen und insbesondere um die Situation mittelloser und abhängiger Frauen ging. Zwar war die Fürsorge für »gefallene Mädchen« ganz allgemein ein integraler Bestandteil des wohltätigen Wirkens von Kaiserinnen, dennoch wird dieses spezifische Engagement gerade bei Theodora – wohl im Wissen um ihre Vergangenheit – stets besonders herausgestellt. Dies bestätigt zwar noch nicht die Einzelheiten der Darstellung des Prokop in den Anekdota, aber doch indirekt den wahren Kern ihrer Herkunft aus dem niederen Stand der Schauspieler und wohl auch ihre Vergangenheit als Kurtisane oder Geliebte reicher und einflussreicher Männer. Ein Weg, der sie schließlich bis in den byzantinischen Kaiserpalast und zum potentiellen Thronfolger Justinian führen sollte.
Versionen irriger und späterer Quellen
2.3
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Versionen irriger und späterer Quellen
Theodora hat sich Zeit ihres Lebens stets unbeirrbar für den monophysitischen Klerus eingesetzt, diesen auch gegen den Willen ihres Mannes begünstigt und beschützt, soweit es in ihrer Macht stand. Daher nimmt es nicht wunder, dass es in der monophysitischen (also syrisch-ägyptischen bzw. orientalischen) Tradition zu einer ganz eigenen Legendenbildung um diese Kaiserin kam. Der syrische Chronist Michael der Syrer schreibt im 12. Jahrhundert diese Legende aus20: Nach seiner Version stammte Theodora aus der Ortschaft Daman nahe der nordsyrischen Stadt Callinicum und war die Tochter eines (monophysitischen) Priesters. Sie wird dort fromm erzogen, besucht häufig ein Kloster und lebt in großer Keuschheit. Als Justinian als General im Auftrag des Kaisers Justin I. Syrien bereist, begegnet sie dem künftigen Kaiser, der sie später heiratet. Andere Chroniken aus dem Nahen Osten übernehmen diese Darstellung21. In der griechischen Kirchengeschichte des Nikephoros Kallistos Xanthopulos vom Anfang des 14. Jahrhunderts wird am Rande vermerkt22, dass der Kaiser Justinian auf Zypern eine Stadt namens Justiniana gegründet und diese zum Erzbistum erhoben habe. Dies alles sei zur Ehre seiner Frau Theodora geschehen, die ja von dort stamme. Ob irgendwelche Vorfahren der Theodora möglicherweise aus Zypern stammten, bleibt offen. Die Notiz der Patria Konstantinupoleos23, einer Schrift über die Baudenkmäler Konstantinopels, die wohl ursprünglich im 10. Jahrhundert kompiliert, aber später noch um Zusätze ergänzt wurde, wonach Theodora aus der Provinz Paphlagonien am Südufer des Schwarzen Meeres kam, bezieht sich nicht auf ihre Herkunft, sondern möglicherweise auf ihre Rückkehr von ihrem Aufenthalt aus Afrika und dem Nahen Osten24. Oder aber es handelt sich um eine Verwechslung mit der ca. 300 Jahre jüngeren Kaiserin Theodora (II.), der Gemahlin des Kaisers Theophilos aus dem 9. Jahrhundert, die tatsächlich aus Paphlagonien stammte25.
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Die Schauspielerin und Kurtisane
Abb. 4: Modell des Hippodroms von Konstantinopel.
Circus und Zirkusparteien Bereits seit dem 5. Jh. vor Christi Geburt spielten Circi und deren Veranstaltungen eine bedeutende Rolle im gesellschaftlichen Leben Roms und des Römischen Reiches. Mit der Zeit entstanden immer größere Stadien für Sport- und andere Veranstaltungen (Circus Maximus,
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Kolosseum in Rom, Hippodrom in Konstantinopel) mit einem Fassungsvermögen von bis zu 145 000 Zuschauern. Zum Kernprogramm der tagelangen Zirkusveranstaltungen gehörten Wagenrennen, die in den Pausen ergänzt wurden durch schauspielerische und clowneske Einlagen, Tiervorführungen und Tierhatzen und anderes mehr. Zur römischen Kaiserzeit waren Gladiatorenkämpfe eine Zeitlang sehr beliebt (insbesondere im Kolosseum in Rom). Die Zirkusveranstaltungen fanden auch in byzantinischer Zeit ihre Fortsetzung bis etwa in das 12. Jahrhundert hinein. Die Zirkusparteien (oder Demen) sind im Kern Sportvereine, die jeweils einen Wagen bei den Wagenrennen im Circus bzw. Hippodrom ausstatten und unterstützen. Sie unterscheiden sich durch verschiedene repräsentative Farben (blau, grün, weiß, rot), ähnlich den heutigen Fußballvereinen. In Konstantinopel bilden die Blauen mit den Weißen und die Grünen mit den Roten Renngemeinschaften. In byzantinischer Zeit stehen die Blauen und Grünen daher viel stärker im Vordergrund, während die Weißen und Roten nur selten erwähnt werden. Sie bleiben aber bis zum Ende der Wagenrennen im 12. Jh. existent. Inschriften und erzählende Quellen bezeugen ihre große Bedeutung im gesellschaftlichen Leben: Sie errichten Statuen für herausragende Wagenlenker, beschäftigen Funktionäre, Schausteller und Schauspieler und verfügen über nicht unerhebliche finanzielle Mittel. Die Identifikation mit den Demen reicht dabei über die eigentlichen Wagenrennen hinaus; so werden bestimmte Stadtviertel vorzugsweise von Anhängern der einen oder anderen Partei bewohnt. Insbesondere im Hippodrom von Konstantinopel erhalten die Demen über die Akklamationen (gereimte Hochrufe oder auch Spottverse auf den Kaiser oder seine Würdenträger) auch eine zeremonielle und politische Funktion. Sie können die Zustimmung oder Ablehnung des Volkes zum Ausdruck bringen. Mitunter führen diese Artikulationen der Volks-
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Die Schauspielerin und Kurtisane
meinung – teilweise in Kombination mit der latent vorhandenen Rivalität – auch zu schweren Ausschreitungen (Nika-Aufstand 532). Als Vertreter des Volkes werden sie aber auch zu einem der drei Konstituenten kaiserlicher Macht (Senat, Heer, Volk) und spielen bei der Ausrufung von Kaisern eine wichtige Rolle. Vom 7. Jh. an werden die Demen mehr und mehr in die kaiserliche Beamtenschaft eingebunden und verlieren ihre relative Unabhängigkeit. Die Anführer der Demen werden als Demarchen zu kaiserlichen Würdenträgern und stehen in kaiserlichem Sold. Fortan beschränkt sich ihre Rolle im Wesentlichen auf das Zeremoniell. In dieser Funktion sind sie bis in das 12. Jh. nachweisbar.
3
Theodora als Ehefrau
3.1
Auf dem Weg zur Augusta
Wie wir gesehen haben, verklärt ein Nebenstrang der Erzählung Theodora zur frommen Tochter eines monophysitischen Priesters in Syrien, wo sie angeblich auch Justinian begegnete, als dieser der Gegend als General einen Besuch abstattete1. Einer Nachricht in den Patria Konstantinupoleos zufolge lebte sie nach ihrer Rückkehr aus Afrika in der Gegend der HagiosPanteleimon-Kirche in Konstantinopel, wo sie ein bescheidenes und frommes Leben führen konnte, indem sie Wolle spann und diese verkaufte2. Später habe sie dann dort die Hagios-Panteleimon-Kirche bauen lassen. Beide Versionen sind wohl in den Bereich frommer Legendenbildung zu verweisen. Auch entbehrt die Annahme der Forschung, Makedonia, die Solotänzerin der Zirkuspartei der Blauen in Antiocheia, habe Theodora den Kontakt zu Justinian vermittelt3, jedweder Grundlage in den Quellen. Wahrscheinlicher ist es doch, dass sie nach ihrer Rückkehr in die Hauptstadt zunächst alte Kontakte wieder aufnahm und alsbald Justinian kennenlernte.
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Theodora als Ehefrau
Abb. 5: Porträt des Kaisers Justinian I. im Apsismosaik der Kirche San Vitale in Ravenna.
Dieser Mann war wenigstens 15 Jahre älter als Theodora und allen Abbildungen und Beschreibungen zufolge nicht unbedingt eine ausgesprochene Schönheit. Prokop etwa beschreibt ihn folgendermaßen4: »Ich halte es für angezeigt, auch das Aussehen dieses Mannes zu schildern. Er war weder groß noch klein, sondern von mittlerer Statur, nicht mager, eher etwas beleibt, und hatte ein rundliches, gar nicht unangenehmes Gesicht; selbst nach zweitägigem Fasten erschien er noch rosig.«
Aber er war der zweitmächtigste Mann im Staate und der wahrscheinliche Thronfolger. Selbst Prokop in seiner Geheimgeschichte beschreibt ihn allerdings – freilich mit dem Zweck, ihn anschließend der Falschheit zu bezichtigen – als freundlich5:
Auf dem Weg zur Augusta
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»Justinian aber war in seiner Art so wie geschildert; er zeigte sich auch gegen jedermann zugänglich und freundlich. Niemand war von einer Audienz ausgeschlossen, ja selbst denen, die nicht der Hofordnung entsprechend vor ihm standen oder sprachen, erwies er sein Wohlwollen.«
Während Theodora auch von Prokop als außergewöhnlich attraktiv beschrieben wird6: »Theodora war übrigens schön von Angesicht und auch sonst anmutig, von kleiner Statur und von nicht ausgesprochen, sondern leicht blasser Hautfarbe; ihr Blick war immer wild und scharf.« Wie auch immer Theodora und Justinian sich kennengelernt haben mögen, fest steht lediglich, dass sie zunächst seine Geliebte wurde. Dabei scheint zumindest Justinian Theodora von Anfang an wirklich geliebt zu haben. Zeuge dafür ist wiederum Prokop7:»Nach ihrer Rückkehr nach Byzanz verliebte sich Justinian maßlos in sie und erhob sie ins Patriziat, obschon er sie zunächst nur als Geliebte gehabt hatte.« Theodoras Rückkehr aus Afrika über Alexandreia, Antiocheia und Kleinasien nach Konstantinopel war möglicherweise 520/21 erfolgt. Bald darauf wurde sie die Geliebte Justinians, der sie nach einiger Zeit in den Rang einer Patrikia erhob. Um sie jedoch ehelichen zu können, war eine Gesetzesänderung notwendig, da es Senatoren bis dahin verboten war, Schauspielerinnen zu heiraten. Dieser Gesetzesänderung stellt sich nach dem Zeugnis des Prokop allerdings zunächst noch Euphemia, die Frau Kaiser Justins I., entgegen, die ja selbst eine frühere Sklavin unter dem Namen Lupicinia gewesen war8: »Solange die alte Kaiserin noch am Leben war, war es für Justinian völlig unmöglich, Theodora zu seinem ehelichen Weibe zu machen. Denn in diesem einzigen Punkte blieb jene unnachgiebig, während sie ihm sonst keinen Widerstand leistete.«
Euphemia muss demnach 523/24 gestorben sein, denn das entsprechende Gesetz (CJ 5. 4. 23), das Justin I. schließlich doch erließ, um Justinian den Weg zur Eheschließung mit
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Theodora als Ehefrau
Theodora zu ermöglichen, datiert spätestens vom 19. November 5249. Prokop beschreibt die Siuation so10: »Nach einer Weile starb die Kaiserin. Justinos aber, ein Schwachkopf und uralter Mann, ward zum Gespötte seiner Untertanen, und da er die Vorgänge nicht verstand, so übergingen ihn alle voll Geringschätzung, doch vor Justinian zitterten sie und waren ihm zu Diensten. Denn unstet und neuerungssüchtig wie er war, zerstörte er alle Ordnung. Um diese Zeit entschlöss sich Justinian, sich mit Theodora zu verloben. Da aber ein Senator keine Hetäre heiraten durfte – die ältesten Gesetze verboten dies –, veranlasste er den Kaiser, ein neues Gesetz zu geben, und seitdem war er mit Theodora als seiner rechtmäßigen Gattin vermählt. Auch allen anderen gestattete er die Heirat mit Hetären.«
Da nicht anzunehmen ist, dass zwischen dem Erlass dieses Gesetzes – das zwar allgemein gehalten, aber eigentlich auf den konkreten Fall von Justinian und Theodora zugeschnitten war – und der tatsächlichen Eheschließung allzu viel Zeit vergangen ist, dürften der Thronfolger und die Schauspielerin gegen Ende 524 oder wahrscheinlicher am Anfang des Jahres 525 geheiratet haben.
Abb. 6: Goldmedaillon mit dem Bildnis Kaiser Justinians, um 535, Abguss nach dem verlorenen Original.
Die von Gott gegebene allerfrömmste Ehefrau
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Ebenfalls noch im Jahre 525 wurde ihr Mann Justinian von Kaiser Justinus I. in den Rang eines Caesars erhoben. Er wurde damit – nun auch dem Rang entsprechend – zum höchsten Würdenträger und mächtigsten Mann im Reich nach dem Kaiser. Der Caesar Justinian wurde bereits als Thronfolger gehandelt, noch bevor er im Namen des Kaisers Justinus vom Patriarchen Epiphanios am 4. April 527 mit dem üblichen Zeremoniell zum Mitkaiser gekrönt wurde. Als sein Onkel Justin dann am 1. August 527 starb, war Justinian I. alleiniger Kaiser des römisch-byzantinischen Reiches. Wenig später verlieh er seiner Frau Theodora den Titel einer Augusta und machte sie damit auch offiziell zur Kaiserin und Mitregentin. Theodora hatte es geschafft: Aus dem niederen Stand der Schauspieler stammend war sie aufgestiegen zur mächtigsten Frau Europas und des gesamten Mittelmeerraumes, mithin der gesamten damals bekannten bewohnten Welt.
3.2
Die von Gott gegebene allerfrömmste Ehefrau
Bereits der Umstand, dass Justinian seine Geliebte Theodora nicht einfach im Stand einer Hetäre oder Kurtisane beließ und sie nicht nur zur Patrikia erhob, sondern sogar eine Gesetzesänderung erwirkte, die ihm erst die Ehe mit dieser Frau ermöglichte, um sie schließlich zu seiner rechtmäßigen Ehefrau zu machen, ist ein mehr als hinreichender Beleg dafür, dass er in dieser Frau wesentlich mehr gesehen haben muss als nur ein sexuelles Lustobjekt11. In der Forschung herrscht darüber im Grunde auch keine Uneinigkeit: Justinian hat Theodora aufrichtig und vorbehaltlos geliebt, und zwar sein ganzes Leben lang und sogar bis über ihren Tod hinaus! Man kann zwar bereits die Tatsache, dass er nach ihrem Tod keine zweite Ehe einging, in dieser Hinsicht interpretieren. Noch überzeugender ist allerdings die Schilderung eines feierlichen Einzugs (lat.: adventus) des Kaisers Justinian in die
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Theodora als Ehefrau
Hauptstadt nach dem Sieg über die Kutriguren (ein Turkvolk) vom Jahre 559, dessen Protokoll in der Exzerptensammlung des Konstantinos Porphyrogennetos erhalten ist. Der greise Justinian (er musste zu diesem Zeitpunkt um die 77 Jahre alt sein) besuchte und verehrte dabei das Grab seiner bereits verstorbenen Frau12: »Nun am 11. August, einem Montag, im 33. Jahr, trat der fromme Kaiser Justinian um die erste Stunde durch das Charisios-Tor in Konstantinopel ein, wo der Senat und der Stadtpräfekt ihm begegneten, ohne Kronen. Und als er in den zweiten Distrikt kam, betete er in der Apostelkirche und entzündete Kerzen zum Gedenken an die Kaiserin (Theodora) und ging weiter bis zum Kapitolion.«
Mischa Meier hat in dieser Szene vor allem den Kulminationspunkt der Verchristlichung des römisch-byzantinischen Protokolls durch Justinian ausgemacht13. Dies ist natürlich zutreffend, dennoch meine ich hier auch ein deutliches Zeichen persönlicher Devotion erkennen zu können. Auch die Sachverhalte, dass Theodora in der noch nicht ganz fertiggestellten Apostelkirche in Konstantinopel beigesetzt wurde, und dass diese Kirche dann am 28. Juni des Jahres 550, dem zweiten Todestag der Theodora, feierlich eingeweiht wurde, darf man wohl als Zeichen einer postumen Verehrung werten14. Es ist wohl auch als ein Zeichen der Liebe und Ehrerbietung zu verstehen, wenn Justinian mehrere Städte, Festungen und Provinzen nach seiner Frau benannte. Überliefert ist der Fall der in den Vandalenkriegen schwer in Mitleidenschaft gezogenen nordafrikanischen Stadt Olbia (des heutigen Qasr Libya in Libyen), die er ab 539 unter dem Namen seiner Frau als Neapolis Theodorias prächtig wieder aufbauen ließ15. Eine andere Stadt, die er nach Angabe des Prokop in seinem Werk »Über die Bauten« Justinians ebenfalls befestigte und in Theodorias umbenannte, lag gleichfalls in Africa proconsularis (der Einflussbereich der Byzantiner in Afrika) und hieß zuvor Baga (Bagai)16. Ferner berichtet der Chronist Ioannes Malalas, dass
Die von Gott gegebene allerfrömmste Ehefrau
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Justinian die Festung Anasarthon in Syrien nach dem Namen seiner Frau in Theodorias umbenannte17. Eine vierte Siedlung dieses Namens, die dem dortigen Bericht zufolge im Hinterland von Trapezunt und Rhizaion im Pontosgebiet gelegen haben muss, wird in dem Geschichtswerk des Agathias von Myrina für etwa 557/58 erwähnt18. Bereits zum Jahre 529 berichtet derselbe Chronist weiterhin über die Einrichtung der Provinz Theodorias durch Justinian19: »Derselbe Kaiser aber trennte nun von Antiocheia im ersten Syrien20 (sc. die Städte) Laodikeia, Gabala und Psaltos ab und von Apameia im zweiten Syrien21 die Stadt Balaneai und schuf so eine Provinz, die er Theodorias benannte. Und er gab dieser auch den Status einer Metropolis; den Bischof von (sc. der Metropolis) Laodikeia aber löste er nicht aus seiner Unterordnung unter den Patriarchen der Stadt Antiocheia heraus.«
In seinem Werk über die Bauten (De aedificiis) erwähnt Prokop weitere Befestigungen und Gründungen von Städten und Kastellen in Thrakien, die der Kaiser nach seiner Frau benannt oder umbenannt haben soll. Ein solches Kastell im thrakischen Hinterland hieß etwa Pulchra Theodora (dt.: »Schöne Theodora«)22. Vielleicht ist diese identisch mit der an anderer Stelle erwähnten Festung an der Donau namens Theodora23; vielleicht ist dies aber auch ein anderes Kastell. Eine von ihm neugegründete Stadt in Mösien (auf dem Balkan gelegen) nannte er zu Ehren seiner Frau Theodoropolis24: Diese könnte auch für weitere Festungen und Kastelle an der Donau, im Rhodopegebiet und in Thrakien mit dem Namen Theodoropolis bzw. Theodorupolis zutreffen25. Die auffällige Präsenz der Augusta Theodora in den Gesetzen und Dedikationsinschriften, ihre prominente Rolle im Protokoll und die Tatsache, dass ihr nicht unwichtige diplomatische, innen- und außenpolitische Aufgaben übertragen wurden, ist wohl ebenso in dem Lichte der Wertschätzung und des Respekts zu sehen, die ihr Mann und Kaiser ihr entgegenbrachte.
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Theodora als Ehefrau
Es gibt vice versa auch keinen stichhaltigen Grund, an der Ehrlichkeit der Gefühle Theodoras übermäßige Zweifel zu hegen. Wahrscheinlich erwiderte sie seine Gefühle schon allein deshalb, weil sie erkannte, wie sehr sich Justinian in ihrem Sinne und zu ihrem Wohl engagierte und damit – siehe Prokop – ohne Zweifel auch der Kritik aussetzte.
3.3
Familienpolitik
Aus kürzeren oder längeren Verbindungen vor ihrer Beziehung zu Justinian hatte Theodora, wie schon erwähnt, auch mehrere Kinder. Mindestens eine Tochter, deren Namen wir nicht kennen, und wenigstens ein Sohn namens Ioannes sind eindeutig belegt, es könnten aber auch mehr gewesen sein26. Die unbekannte Tochter wird in Prokops »Geheimgeschichte« nur indirekt erwähnt, wenn an zwei Stellen davon die Rede ist, dass sich Theodora darum bemühte, eine verwandtschaftliche Verknüpfung zur Familie des erfolgreichen Generals Belisarios aufzubauen, indem sie den Sohn ihrer Tochter (griech.: thygatridous27) namens Anastasios mit Belisars einziger Tochter Ioannina verheiraten möchte. Dazu heißt es einmal bei Prokop28: »Sie verabredeten nämlich eine Familienverbindung und Johannina, die einzige Tochter Belisars, wurde die Braut des Anastasios29, des Enkels (wörtl.: Tochtersohnes) der Kaiserin.« Anscheinend kommt in dieser Mitteilung die bodenlose Durchtriebenheit und Gier Theodoras für den Geschmack Prokops noch nicht hinreichend zur Geltung. Deshalb setzt er an anderer Stelle noch einmal nach30: »Die Kaiserin Theodora, eifrig bemüht, möglichst schnell ihren Tochtersohn mit Belisars Tochter zu vermählen, belästigte durch wiederholte Briefe die Eltern des Mädchens. Doch diese waren einer verwandtschaftlichen Bindung abgeneigt und schoben die Heirat bis zu ihrer persönlichen Anwesenheit hinaus. Die Kaiserin berief sie daraufhin nach Byzanz, sie entschuldigten sich indessen mit dem Vorwand, derzeit in Italien unabkömmlich zu sein.
Familienpolitik
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Theodora aber gab nicht nach und wollte ihrem Enkel (wörtl.: Tochtersohn) auf jeden Fall Belisars Reichtum verschaffen; denn sie wusste nur zu gut, dass die Tochter in Ermangelung sonstiger Nachkommenschaft den gesamten Besitz erben werde. Auf Antoninas (sc. der Frau Belisars und Mutter der Ioannina) Ergebenheit konnte sie dabei keineswegs bauen, sie musste vielmehr befürchten, diese möchte sich nach ihrem, Theodoras Tode, unerachtet der in schwersten Stunden geleisteten Dienste ihrem Hause gegenüber treulos erweisen und die Abrede brechen. Darum entschloss sich Theodora zu einer ruchlosen Tat. Gegen alle Sitte brachte sie das Mädchen mit dem jungen Manne zusammen. Sie soll das Mädchen sogar ganz wider seinen Willen heimlich dazu gezwungen haben, und so sei nach ihrer Defloration die Ehe tatsächlich zustande gekommen, damit der Kaiser das Geschehene nicht mehr verhindern konnte. Als es nun so weit war, entbrannten Anastasios und das Mädchen in feuriger Liebe zueinander, und so lebten sie volle acht Monate beisammen. Nach dem Tode der Kaiserin kehrte Antonina nach Byzanz zurück. Jetzt wollte sie von all dem, was ihr Theodora jüngst angetan hatte, nichts mehr wissen und nahm auch keine Rücksicht darauf, dass das Mädchen, wenn sie es mit einem anderen Manne vermählte, ja als Dirne erscheinen musste. Theodoras Enkel (griech.: ekgonos) wurde in beleidigender Weise als Schwiegersohn abgewiesen und die Tochter ganz wider ihren Willen von dem geliebten Manne getrennt.«
Das ist dann schon eher nach dem Geschmack Prokops, wenn er Theodora kurz vor ihrem Tod noch einmal als die durchtriebene Kupplerin darstellen kann, die sie seiner Ansicht nach sicher war. Er bleibt dabei allerdings nicht ganz konsequent, denn am Ende erscheint es ja fast so, als hätte Theodora nur die natürlichen Impulse der jungen Leute befördert, während Antonina in selbstsüchtiger Weise einen Keil zwischen die Liebenden treibt. Im Übrigen darf man natürlich wieder fragen, wo Prokop denn die sehr intimen Details, wie etwa die Entjungferung der Ioannina, überhaupt erfahren haben will. So etwas blieb gewöhnlich sehr vertraulich oder wenigstens in der Familie, und zu der gehörte Prokop nun eben nicht. Wenn er die Gier als treibende Kraft hinter den kupplerischen Bemühungen der Theodora ausmachen will, die es ja angeblich nur auf den Besitz Belisars abgesehen hat, erscheint dies
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Theodora als Ehefrau
jedenfalls einigermaßen absurd. Sie will den Besitz ja nicht für sich selbst, sondern höchstens für ihren Enkel, den sie aber auch selbst hätte sehr gut versorgen können. Zwei Dinge können wir jedoch als historische Informationen dem Prokop’schen Pamphlet an diesen Stellen entnehmen: Erstens, Theodora hatte eine Tochter, deren Namen wir nicht kennen, und diese hatte einen Sohn namens Anastasios. Zweitens, Theodora kümmerte sich um ihren Enkel, indem sie versuchte, ihn standesgemäß, aber wohl auch entsprechend dem eigenen Wunsch zu verheiraten. Daraus lässt sich mit einiger Sicherheit schließen, dass Theodora ganz offen und öffentlich die Fürsorge für ihre Nachkommen, wohl nicht nur für ihren Enkel Anastasios, sondern auch bereits zuvor für ihre namenlose Tochter und eventuelle andere Kinder und Enkel, übernahm31. Dies setzt in jedem Fall voraus, dass dieses Verhalten von Justinian toleriert wurde. Das heißt aber, dass der Kaiser ihre vorehelichen Kinder quasi anerkannte, freilich nicht als seine Kinder und potentielle Thronfolger, aber doch als im weiteren Sinne zur kaiserlichen Familie gehörig. In einer syrischen Überlieferung, die sich bei Johannes von Ephesos, Michael dem Syrer und Bar Hebraeus greifen lässt, wird ebenfalls ein »Tochtersohn« der Theodora namens Athanasios erwähnt32. Dieser soll im Osten des Reiches gelebt, verschiedene theologische Schulen besucht haben und Mönch geworden sein. Er soll auch verschiedenen häretischen Strömungen angehangen haben33. Die Existenz dieses Enkels der Theodora bleibt umstritten und fraglich. Er könnte ganz und gar ein Produkt der syrischen Chronisten sein. Wenn wir seine Existenz aber annehmen, bleibt weiterhin unklar, ob er ein Bruder des Anastasios und damit ein Sohn derselben Tochter der Theodora war, oder ob wir in seiner Mutter eine weitere Tochter der Theodora zu sehen haben. Die moderne Forschung lehnt seine Existenz aufgrund der allgemein geringen Zuverlässigkeit und Legendenhaftigkeit der syrischen Quellen überwiegend ab. Ebenso fraglich bleibt die Existenz eines weiteren, in den syrischen Quellen erwähnten Enkels namens
Familienpolitik
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Ioannes, der ein Gesandter und Konsul und möglicherweise Patrikios (= Patricius, ein Ehrentitel) war34. Er soll in eine reiche monophysitische Familie in Syrien eingeheiratet haben. Der Sohn der Theodora namens Ioannes taucht ebenfalls in der »Geheimgeschichte« des Prokop auf. Und natürlich muß auch hier am Ende eine Denunziation der Theodora herauskommen35: »Als sie (sc. Theodora) noch auf der Bühne tätig war, wurde sie durch einen ihrer Liebhaber schwanger. Zu spät merkte sie das Malheur und tat nun wie gewöhnlich alles Mögliche, um eine Fehlgeburt herbeizuführen. Sie konnte jedoch den Embryo nicht töten, da dieser fast schon zur Menschenähnlichkeit herangereift war. Wie sie keinen Erfolg sah, gab sie ihren Versuch auf und musste nun gebären. Der Vater des Kindes sah ihre Bedrängnis, er hörte auch ihre Klage, dass sie als Mutter nicht mehr in gleicher Weise ihrem bisherigen Gewerbe nachgehen könne. Da er nun sah, wie sie allen Ernstes den Säugling beseitigen wollte, nahm er ihn zu sich, gab ihm – es war ein Knabe – den Namen Johannes und reiste mit ihm nach seinem Ziele Arabien. Vor seinem Tode erzählte er dem Johannes, der damals schon ein junger Mann war, die ganze Geschichte mit seiner Mutter. Dieser erwies dem toten Vater die gebührenden Ehren, einige Zeit darauf aber ging er nach Byzanz und erzählte die Sache dem Empfangspersonal seiner Mutter. Dieses dachte nicht daran, dass die Frau etwas Unmenschliches planen könne, und meldete daher der Mutter, ihr Sohn Johannes sei gekommen. Doch das Weib bekam Angst, ihr Mann möge von der Sache erfahren, und beschied den Jüngling zu sich. Sie sah ihn an, dann übergab sie ihn einer ihrer Kreaturen, die gewöhnlich solche Aufträge auszuführen hatte. Wie der Unglückliche aus der Welt verschwand, kann ich nicht sagen, jedenfalls bekam ihn niemand mehr zu sehen, auch nicht nach dem Tode der Kaiserin.«
Prokop unterstellt also damit Theodora, sie habe, angeblich aus Angst, dass ihr Mann, der Kaiser, davon erfahren könnte, ihren Sohn schlicht und einfach ermorden lassen. Diese Angst wäre aber mehr als unbegründet gewesen, denn Justinian wusste doch bereits von ihrer Tochter bzw. ihren Töchtern. Außerdem dürfte er generell über das Vorleben der Theodora unterrichtet gewesen sein. Wie könnte der Kaiser es denn auch nicht
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Theodora als Ehefrau
wissen, wenn doch sogar Prokop davon erfahren hatte. Gegen ein solches Vorgehen spricht auch die Fürsorge, die Theodora ihrem Enkel Anastasios und wohl auch schon zuvor ihrer Tochter angedeihen ließ. Warum sollte sie nun einen Sohn, den sie noch dazu seit seinen Kindertagen nicht gesehen hatte, grundsätzlich anders und feindselig behandeln? Immerhin gibt Prokop doch zumindest indirekt preis, dass sie ihren Sohn nicht schnöde am Palasttor abweisen ließ, sondern ihm eine persönliche Audienz gewährte. Dass er später nicht wieder gesehen wurde, ließe sich recht leicht damit erklären, dass er ja, wie auch schon sein Vater, wahrscheinlich in Arabien lebte, was der Text nahelegt. Auch die Schwestern der Theodora wurden offenbar gut versorgt. Zumindest für die ältere von beiden, Komito, kann dies als gesichert gelten. Obwohl sie zu diesem Zeitpunkt bereits die 30 überschritten haben muss (* vor 497), berichtet Ioannes Malalas für das Jahr 528 folgendes36: »In dem vorgenannten Jahr der Herrschaft Justinians wurde ein Mann namens Sittas37 als Stratelates von Armenia (magister militum per Armeniam) ausgesandt. In den früheren Zeiten hatte nämlich Armenia selbst keinen Stratelates, sondern Satrapen und Duces und Archonten und Komites. Der Kaiser gab nun diesem Stratelates Einheiten von Soldaten aus den Kontingenten der zwei magistri militum praesentales und dem des magister militum per Orientem. Sittas rekrutierte einheimische scriniarii und machte sie zu seinen eigenen, direkt dem Feldherren unterstellten scriniarii entsprechend einem kaiserlichen Erlass, nachdem er den Kaiser gebeten hatte, mit Einheimischen zu Felde ziehen zu dürfen, da sie die Gebiete von Armenien besser kannten. Der Kaiser gewährte ihm dies und ebenso die Rechte der Duces und Komites von Armenia und ihrer Hypatoi, die vorher nun milites castrensiani gewesen waren. Die früheren Ämter waren aber abgeschafft worden. Er nahm aber auch von dem magister militum per Orientem vier Einheiten und wurde von da an ein großes Bollwerk für die Römer. Er war auch ein stattlicher und kriegerischer Mann, der die Schwester der Augusta Theodora namens Komito vor den Traualtar führte. Die Hochzeitsfeierlichkeiten fanden im Antiochospalast nahe dem Hippodrom von Konstantinopel statt.«
Familienpolitik
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Wenn es Theodora sogar gelungen war, ihrer älteren, nicht mehr ganz jungen und ebenfalls mit einer Vorgeschichte als Schauspielerin und Prostituierte belasteten Schwester Komito zu einer so noblen und prominenten Eheschließung zu verhelfen, dürfte es nicht zu gewagt sein, wenn man annimmt, dass ihr dies auch im Falle ihrer jüngeren Schwester Anastasia gelungen war, auch wenn uns darüber keine Nachrichten vorliegen. Aber auch andere Verwandte der Theodora gelangten zu hohen Ehren und erhielten einträgliche Ämter. Zum Jahre 564 etwa berichtet Theophanes folgendes38: »Und im Monat Mai, am 4., wurde Anklage erhoben gegen Zemarchos, den Kurator des Plakidia-Palastes, der viele und schreckliche Dinge über den Kaiser gesagt hatte, von Georgios, dem Kurator des Marina-Palastes, und Ioannes, den Ex-Konsul, zweier Verwandter (griech.: syngeneis) der Kaiserin Theodora.«
Mehr erfahren wir aus unserer Quelle über diesen Fall zwar nicht, aber die Notiz macht dennoch hinreichend deutlich, dass auch andere Verwandte, nicht nur ihre Schwestern, Kinder und Enkel, einen bedeutenden Aufstieg erlebten, während sie als Augusta an der Seite Justinians stand. Theodora und Justinian hatten keine eigenen Kinder. Ein wirkliches dynastisches Problem stellte dies zu dieser Zeit noch nicht dar, da die Möglichkeit der Adoption noch weidlich genutzt wurde. So war ja Justinian selbst auf den Thron gekommen, und so sollte er auch seinen eigenen Nachfolger Justinus II., den Sohn seiner Schwester Vigilantia und Ehemann der Sophia, einer Nichte der Augusta Theodora, bestimmen. Die Ursachen für die Kinderlosigkeit des Paares waren möglicherweise gar nicht bekannt, jedenfalls sind sie nirgendwo festgehalten. Dennoch ist über diese Frage auffallend viel diskutiert worden, meistens auf der Grundlage der fragwürdigen Informationen aus Prokops Anekdota. So hat man etwa angenommen, die Kinderlosigkeit des Paares sei vielleicht bedingt durch Geschlechtskrankheiten oder die zahlreichen Abtreibungen, die Theodora nach Aussage Prokops aufgrund
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Theodora als Ehefrau
ihrer Tätigkeit als Prostituierte erleiden musste. Oder man hat angenommen, Justinian sei vielleicht aufgrund seines Alters oder Schlafmangels oder einer Erkrankung nicht zeugungsfähig gewesen. Alle diese Überlegungen gehören jedoch ausschließlich in das Reich der Spekulation. Wir wissen, dass Theodora zwar mit Justinian keine gemeinsamen Kinder hatte, was die dynastische Folge allerdings nicht wirklich gefährdete, aber dennoch mit Kindern aus früheren Beziehungen und eigener Verwandtschaft eine Art »Patchwork-Familie« besaß, der sie auch ihre kaiserliche Fürsorge angedeihen ließ.
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Die Politikerin
Theodora war nicht nur Ehefrau und Mutter, sondern als Augusta und Mitregentin ihres Mannes, des Kaisers, auch Politikerin. Dabei reichten ihre Aufgaben und Vollmachten scheinbar über rein repräsentative und karitative Funktionen hinaus, die sie selbstverständlich auch wahrnahm. Sie traf wichtige Entscheidungen und leitete bedeutsame diplomatische Missionen. Sie übernahm die Rolle einer engen kaiserlichen Beraterin und wird in den Gesetzen als Mitautorin genannt. Es ist hier zum einen zu untersuchen, ob das Bild der Theodora nicht auch in diesem Punkt vielleicht zu stark von der Darstellung Prokops in der »Geheimgeschichte« geprägt ist. Zum anderen ist zu klären, inwieweit ihre bemerkenswerte Präsenz und scheinbare Mitwirkung bei kaiserlichen Entscheidungen nicht einfach auf ein respektvolles Zugeständnis ihres Mannes Justinian zurückgehen. Zu diesem Zweck sollen im folgenden die einzelnen politischen Tätigkeitsfelder der Theodora etwas genauer beleuchtet werden.
4.1
Der Nika-Aufstand
Im Januar des Jahres 532 stand Konstantinopel an mehreren Stellen in Flammen. Zehn Tage lang plünderte ein großer Teil der einfachen Bevölkerung die Hauptstadt. Brandschatzend zog der Mob durch die Straßen. Markante Gebäude und Wahrzeichen der Stadt gingen dabei in Flammen auf. Schließlich erreichte die Auflehnung gegen die Herrschaft Justinians ihren Höhepunkt: Eine große Menge versammelte sich im Hippodrom, das an den Palastbezirk grenzte, und präsentierte
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Die Politikerin
dort Hypatios, einen Neffen des früheren Kaisers Anastasios (reg. 491 – 518), als Thronprätendenten. Über die Ursachen des Aufstands ist viel und kontrovers diskutiert worden. Eine Vielzahl von möglichen sozialen und ökonomischen Ursachen wurde dabei erwogen. Diese mögen zusammengefallen sein mit einem aristokratischen (senatorischen) Widerstand gegen die Person und Ziele des Emporkömmlings Justinian, der eben nicht einer der angestammten aristokratischen Familien entstammte. Dies deckte sich mit dem Wunsch des Kaisers, ebendiesen Widerstand auszuschalten1. Nach der Darstellung dieser Ereignisse durch Prokop, der darüber in seinen »Perserkriegen« ausführlich berichtet2, soll just in dieser heiklen Situation, als das Volk sich im Hippodrom versammelt und Hypatios in der kaiserlichen Loge Platz genommen hatte, im Kaiserpalast eine Art Krisensitzung abgehalten worden sein. Während der Kaiser und seine Umgebung bereits über Flucht nachgedacht haben sollen, habe Theodora laut Prokop folgende Rede gehalten3: »Ob eine Frau vor Männern kühn auftreten oder vor Zauderern große Worte sprechen darf, lässt meiner Ansicht nach der gegenwärtige Augenblick nicht entscheiden, und niemand weiß, ob man es so oder anders halten soll. Wo sich nämlich der Staat in äußerster Gefahr befindet, gibt es offensichtlich nur eine wichtige Aufgabe: die drängenden Nöte möglichst gut zu meistern. Ich bin der Meinung, dass Flucht, mag sie auch Rettung schaffen, gerade im jetzigen Augenblick Nachteile bringt; denn wie ein Mensch, einmal geboren, dem Tode nicht entgehen kann, so muss jedem, der einmal den Kaiserpurpur trug, ein Flüchtlingsdasein unerträglich erscheinen. Niemals möchte ich daher dieses Purpurkleid verlieren und auch jenen Tag nicht erleben, an dem jene, die vor mir hintreten, mich nicht mehr als Herrin ansprechen werden. Mein Kaiser, wenn du dich in Sicherheit bringen willst, so macht dies keine Schwierigkeit. Wir verfügen ja über viel Geld, und dort ist das Meer und hier sind die Schiffe. Sieh aber zu, ob nach glücklicher Rettung du nicht am liebsten den Tod fürs Leben eintauschen würdest! Mir jedenfalls gefällt ein altes Wort, dass das Kaisertum ein schönes Totenkleid ist!«
Der Nika-Aufstand
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Nicht zuletzt aufgrund dieser Rede soll sich Kaiser Justinian dann zu einem harten und blutigen Durchgreifen entschlossen haben: Er schickte seinen besten Feldherren Belisar mit seinen Elitesoldaten und den Heermeister von Illyrien, Mundos, mit einem Kontingent herulischer Söldner in das Hippodrom und ließ den Aufstand blutig niederschlagen. Zwischen 30 000 und 35 000 Menschen sollen dabei hingemetzelt worden sein. Zahlreiche namhafte Senatoren wurden hingerichtet oder verbannt und ihr Vermögen konfisziert. Vor diesem Hintergrund, indem also die Rede der Theodora als historisch betrachtet wurde, kam es zu einer Interpretation ihrer Persönlichkeit als einer entschlossenen, gleichzeitig aber auch machtversessenen und rücksichtslosen Herrscherin. Inzwischen ist man aber von dieser Deutung weitgehend abgerückt4. Vielmehr passt die Rede hervorragend in den Kontext der vielfachen Anzeichen von Unentschlossenheit und Schwäche. Mischa Meier hat zuletzt herausgearbeitet5, dass die Gerüchte wohl vom Kaiser selbst bewusst gestreut worden waren, um den Konflikt eskalieren zu lassen6 und dadurch die senatorische Opposition aus der Reserve zu locken. Dieser Plan ging auf, denn von einem senatorischen Widerstand ist in der Folgezeit zunächst keine Rede mehr. Prokop kannte wohl das Gerücht von der beabsichtigten Flucht des Kaisers, das während der Tage des Aufstands die Runde machte, und legte es im Rahmen seiner Darstellung der Theodora in den Mund. Die Kaiserin selbst möchte er aber – in der ihm eigenen Doppelbödigkeit – vor allen Dingen dadurch denunzieren, dass er sie durch die Rede, die sie in aus seiner Sicht unpassender Weise, wie er sie ja auch in der Rede selbst erwägen lässt, als Frau vor dem Kaiser und dem Gremium seiner männlichen Berater hält, als vorlaut, anmaßend und machtversessen herausstellt. Dabei mag es durchaus in Theodoras ureigenstem Interesse gelegen haben, sich möglichst nicht wieder vom kaiserlichen Purpur zu trennen. Aber den Entschluss zur blutigen Niederschlagung des Nika-Aufstands fasste – wahrscheinlich nach intensiven Beratungen mit seinen
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Die Politikerin
Abb. 7: Die Kirche der heiligen Weisheit (Hagia Sophia) in Konstantinopel war die größte Kuppelkirche ihrer Zeit und das gewaltigste Bauwerk, das zurzeit von Justinian und Theodora entstand. Ihr Bau (532 – 537) wurde erst dadurch ermöglicht, dass ihr Vorgängerbau während des Nika-Aufstandes zerstört worden war.
engsten Mitarbeitern und Vertrauten, darunter auch mit seiner Frau Theodora – am Ende ganz allein der Kaiser.
4.2
Außenpolitik
Auf der anderen Seite wurde Theodora von Anfang an von ihrem Mann Justinian mit wichtigen außenpolitischen Aufgaben betraut und in die Politik mit einbezogen. Es dürfte allerdings wesentlich zu weit gehen, wollte man ihr in dieser Hinsicht ein relativ selbstständiges oder gar völlig unabhängiges Handeln bescheinigen. Dies lässt sich besonders gut anhand der Darstellung der Wirren um den ostgotischen Königsthron in Italien nach dem Tode Theoderichs des Großen in den verschiedenen historischen Quellen nachweisen:
Außenpolitik
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Bevor Theoderich der Große, der mit Billigung des byzantinischen Kaisers als König von Italien (rex Italiae) regierte, am 30. August 526 in Ravenna im Alter zwischen 70 und 75 Jahren starb, hatte er seinen Enkel Athalarich zu seinem Nachfolger eingesetzt. Da der Enkel jedoch erst zehn Jahre alt war, sollte seine Mutter Amalasuntha (oder auch: Amalaswintha), die Tochter des Theoderich, die Regentschaft übernehmen. Dies entsprach nicht der gotischen Tradition, nach der stets ein erwachsener Mann regieren sollte, und man musste mit Widerständen seitens des gotischen Adels rechnen. Bereits kurz nach dem Tod Theoderichs kam es zu ersten Spannungen. Als König Athalarich im Jahre 534 im Alter von nur 18 Jahren verstarb, wurde Amalasuntha Königin der Ostgoten. Sie glaubte aber offenbar, ihre Position nur halten zu können, wenn sie einen Mann, nämlich Theodahad, ihren Cousin und Neffen Theoderichs, zum Mitkönig erheben würde. Schon bald nachdem dies geschehen war, kam es jedoch zu einem zähen Ringen um die Macht zwischen Amalasuntha und Theodahad. Im Zuge dieser Auseinandersetzung wandten sich die ostgotische Königin und der ostgotische König mehrfach an das byzantinische Kaiserhaus in Konstantinopel, entweder um sich des Rückhalts der Schutzmacht zu versichern oder um sie zu beschwichtigen und von einem Eingreifen in Italien abzuhalten. Der Kaiser ließ dabei stärkere Sympathien für Königin Amalasuntha erkennen. Dennoch ließ König Theodahad Amalasuntha schließlich in Ravenna verhaften und internierte sie auf der Insel Martana im Bolsenasee, auf seinen Ländereien in Tuscien. Dort wurde Amalasuntha dann von Vertretern des ostgotischen Adels im Jahre 535 im Bad erwürgt. Damit war der Anlass für die Gotenkriege Justinians gegeben7. Der Gesandtschaftsverkehr zwischen dem ostgotischen Königshaus und dem byzantinischen Kaiserhaus aus dieser Zeit ist etwa bei Cassiodor, der lange Zeit die Zivilverwaltung der Ostgoten in Italien leitete, sehr gut bezeugt8. Man kann daran ablesen, dass auf byzantinischer Seite auch die Augusta Theodora stark involviert war, ebenso auf ostgotischer Seite
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Die Politikerin
Abb. 8: Porträtbüste der Gotenkönigin Amalasuntha
selbstverständlich Königin Amalasuntha, aber auch die dort ebenfalls als Königin (regina) bezeichnete Gudeliva, die Frau des Königs Theodahad9. Man kann ferner erkennen, dass es nur eine byzantinische Position im Rahmen dieser Kommunikation gibt. Es finden sich keinerlei Anhaltspunkte für etwaige inhaltliche Unterschiede in den Standpunkten zwischen Justinian und Theodora. Die genannten Ereignisse werden dann von Prokop gleich zweimal dargestellt. Zunächst schrieb er eine ausführliche und detaillierte Schilderung im Rahmen seiner Kriegsgeschichte, wo er diese Dinge als Vorspiel und Auslöser der Gotenkriege erläuterte10. Diese Darstellung ist noch wesentlich ausführlicher, deckt sich aber im Grunde mit dem oben geschilderten Verlauf der Ereignisse. In dieser Darstellung handelt für die byzantinische Seite allein der Kaiser Justinian – Theodora kommt nicht vor. Dann kommt Prokop später aber auch in seinen Anekdota noch einmal auf diese Ereignisse zurück und ergänzt sie nun um eine pikante Einzelheit11:
Außenpolitik
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»Als Amalasuntha sich entschlossen hatte, unter Abbruch ihrer Beziehungen zu den Goten ihr Leben zu verändern und nach Byzanz überzusiedeln – ich habe davon schon früher berichtet12 –, da fuhr es Theodora durch den Sinn, dass jene Frau ja patrizischer Herkunft und eine Königin sei, gar schön anzusehen und wild entschlossen in der Ausführung ihrer Pläne. Ihre imponierende Erscheinung und ausgesprochen männliche Sinnesart weckten das Misstrauen der Kaiserin, zugleich bangte diese vor der Unbeständigkeit ihre Gemahls. So ließ Theodora ihre Eifersucht nicht in Nadelstichen fühlen, sondern bestand darauf, die Frau bis in den Tod zu verfolgen. Sogleich veranlasste sie ihren Mann, Petros allein als Gesandten nach Italien zu schicken. Bei seiner Abreise gab ihm der Kaiser die Aufträge mit, die ich schon an den entsprechenden Stellen erwähnte13; ich konnte dort freilich nicht die wirklichen Vorgänge berichten, und zwar aus Angst vor der Kaiserin. Sie befahl ihm nämlich nur das eine, die Frau möglichst schnell aus dem Wege zu räumen, und stellte bei Erfolg dem Petros reiche Entschädigung in Aussicht. Nach seiner Ankunft in Italien – die Menschennatur versteht sich ja unbedenklich zu Mord, wenn etwa ein Amt oder viel Geld winkt – richtete dieser Mann irgendeine Aufforderung an Theodahad und bestimmte ihn dadurch, Amalasuntha zu beseitigen.«
Wir erkennen hier wieder die typische Arbeitsweise, die Prokop fortlaufend in den Anekdota verwendet, um Theodora zu verunglimpfen14: Er unterstellt, dass ausschließlich niedere menschliche Triebe – in diesem Falle die Eifersucht – Beweggründe ihres Handelns gewesen seien, weiterhin habe sie natürlich keinerlei Skrupel gehabt und sei nicht einmal vor Mord zurückgeschreckt. Abgesehen davon, dass Prokop selbst die Ereignisse an anderer Stelle ganz anders dargestellt hat, und abgesehen auch davon, dass ein solcher Mord keineswegs im politischen Interesse Konstantinopels gelegen hätte, liegt doch auf der Hand, dass diese Interpretation (um nicht zu sagen: böswillige Phantasie) Prokops in den Anekdota hinsichtlich des Todes der Amalasuntha nicht den geringsten Quellenwert besitzt. Dennoch hat man in der Forschung oft genug gerade diese Stelle herangezogen um den vermeintlichen Nachweis zu führen, dass Theodora mitunter eine eigene, selbstständige und von Justinian deutlich unterscheidbare, ja mitunter sogar den
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Die Politikerin
Absichten ihres Mannes entgegengesetzte Politik betrieben habe. Dafür gibt es jedoch – abgesehen von Prokops übler Unterstellung – sonst keinerlei Anzeichen. Zwei Beispiele aus den Chroniken illustrieren wohl viel besser die übliche Rolle Theodoras in außenpolitischen Angelegenheiten, die dort die Politik ihres Mannes sozusagen auf weiblicher Ebene ergänzt. Zum einen berichtet die Chronik des Ioannes Malalas wohl zum Jahre 530/31 ganz kurz und bündig Folgendes15: »In diesem Jahr wurden Geschenke gesandt vom Kaiser der Römer an den Großkönig der Perser. In gleicher Weise sandte die Augusta (sc. Theodora) Geschenke an die Großkönigin der Perser, die dessen (sc. des Großkönigs) Schwester war.«
Zum anderen berichtet die Chronik des Theophanes zum Jahre 534/35 ganz ähnlich16: »In diesem Jahr kam der König der Iberer (sc. Georgier) Zamanarzos nach Konstantinopel zum allerfrömmsten Kaiser Justinianos mit seiner Frau und seinen Beratern und bat diesen darum, ein aufrichtiger Freund und Verbündeter der Römer zu werden. Der Kaiser aber billigte eine derartige Gesinnung und ehrte ihn und seine Beratern mit vielen Geschenken. In gleicher Weise schenkte auch die Augusta seiner Frau Schmuckstücke, die ganz aus Perlen waren. Und er entließ sie in Frieden in das eigene Königreich.«
In den Anekdota berichtet Prokop ferner von einem Brief der Theodora, den die Kaiserin wohl im Jahre 540 an Zaberganes geschrieben habe, einen vornehmen und einflussreichen Perser aus der Umgebung des Großkönigs, der als Gesandter in Byzanz gewesen war. Der persische Großkönig Chosroes I. war selbst wegen militärischer Misserfolge in Bedrängnis geraten und las nun den Brief angeblich selbst vor, um damit die Schwäche der Römer aufzuzeigen17: »Wie hoch ich von dir denke, Zaberganes – sehe ich doch in dir einen Freund unseres Staates –, das weißt du seit deiner kürzlichen Gesandtschaftsreise zu uns. Dein Handeln dürfte dieser meiner Wertschätzung entsprechen, wenn du den König Chosroes für eine friedliche Politik gegenüber unserem Lande gewinnen wolltest.
Innenpolitik
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Denn in diesem Falle könnte ich dir große Belohnungen durch meinen Gemahl in Aussicht stellen, der nichts ohne meinen Willen tut.« Chosroes verlas das Schreiben und hielt dann den persischen Adeligen vor, ob sie denn so etwas für einen Staat hielten, wo eine Frau regiere. Auf diese Art vermochte der König die Erregung der Männer zu beschwichtigen.«
Vorausgesetzt der Brief ist echt oder wenigstens annähernd zutreffend referiert, was jedoch möglich erscheint18, gelingt es Prokop hier wieder hervorragend, eine an sich »normale« und sinnvolle außenpolitische Aktivität der Theodora ins Negative umzudeuten: Die Perser hätten nämlich aus dem Schreiben gefolgert, dass das Byzantinische Reich von einer Frau regiert werde. Der implizierte Vorwurf ist zwar absurd, aber er eignet sich dennoch zur Denunziation. In Wahrheit teilt Theodora lediglich mit, dass ihr Schreiben mit dem Kaiser abgesprochen und abgestimmt ist. Man erkennt an all diesen Beispielen sehr gut, dass Theodora im Rahmen der Außenpolitik im Grunde lediglich die üblichen Repräsentationspflichten versah, die für römisch-byzantinische Kaiserinnen üblich waren. Dabei pflegte sie vorzugsweise den Kontakt zu den Gemahlinnen ausländischer Herrscher, mit denen ihr Mann in Verhandlungen stand. Bisweilen agierte sie auch stellvertretend für den Kaiser, etwa im Falle des Schreibens an Zaberganes, aber nie ohne Absprache und Abstimmung mit Justinian. Das Zeugnis des Prokop über ihren angeblichen Befehl zur Ermordung der Amalasuntha ist eindeutig zu verwerfen. Damit fällt aber gleichzeitig auch die These von einer selbstständigen und unabhängigen Außenpolitik der Kaiserin.
4.3
Innenpolitik
Eine wesentlich größere Selbstständigkeit und Unabhängigkeit Theodoras vom Kaiser in den eigenen Forderungen und Entscheidungen lässt sich dagegen auf dem Gebiet der Innen-
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Die Politikerin
politik und vor allem der Personalpolitik feststellen. Auf diesem Gebiet zeigte Theodora des Öfteren ein offenbar eigenwilliges Engagement, bisweilen anscheinend sogar gegen die vermeintlichen Intentionen ihres Mannes. Das bekannteste Beispiel dafür ist wohl ihr nachdrückliches Eintreten für eine Entmachtung des Ioannes Kapadox (oder: Johannes des Kappadokers): Nachdem Ioannes bereits als Skriniarios (dt.: Schreiber) im Militär gedient hatte und später als Illustrios (dt.: »der Glänzende, Berühmte«, ein hoher Rangtitel) in die Finanzverwaltung versetzt worden war, wurde er im Jahre 530 von Kaiser Justinian zum praefectus praetorio ernannt19, einem der höchsten Würdenträger im Reiche, dem insbesondere die Aufsicht über die Finanzen und die delikate Aufgabe der Steuererhebung und -eintreibung oblag. Diese für die Solidität der Staatsfinanzen ganz zentrale Aufgabe erfüllte er offenbar sehr genau und effektiv. Von der alteingesessenen senatorischen Aristokratie – deren Ansichten etwa bei Johannes Lydus und Prokop widergespiegelt werden – wurde dies freilich sehr kritisch gesehen, da diese selbstredend von der Besteuerung stark betroffen war. Eine rigide Steuereintreibung konnte ihr also keinesfalls entgegenkommen. Das Wirken des Ioannes wird daher etwa bei Johannes Lydus folgendermaßen dargestellt20: »So nun, wie ich bereits sagte, führte der elende Kappadoker, nachdem er die Macht übernommen hatte, großes Unglück herbei. Zunächst einmal stellte er Ketten und Fußfesseln und Fußblöcke und Eisen bereit und richtete so im Hof der Prätorianer im Verborgenen ein privates Gefängnis ein zur Bestrafung derer, die sich in seiner Gewalt befanden. [. . .] Dort hielt er die Bedrängten gefangen und nahm keinen, welches Schicksal er auch immer erlitten hatte, von den Misshandlungen aus und hängte ohne Umschweife und ohne Untersuchung die, denen nur nachgesagt wurde, dass sie Gold besitzen, und er entließ sie nur entweder mittellos oder tot.«
Recht wahrscheinlich handelt es sich bei der wohl stark übertrieben und ausgeschmückt dargestellte Maßnahme um eine Art Beugehaft zur Erzwingung der finanziellen Offen-
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barung und anschließender entsprechender Besteuerung. Es liegt auf der Hand, dass dies gerade der Senatsaristokratie ganz und gar nicht gefallen konnte. Derselbe Sachverhalt, nämlich eine effiziente Steuereintreibungspolitik des Ioannes, wird auch von Prokop erwähnt, und zwar nicht in den Anekdota, sondern in der höchstoffiziellen Kriegsberichterstattung. Sie wird dort aber noch stärker mit einer persönlichen Herabsetzung des Ioannes Kappadox verbunden21: »Johannes wusste nichts von feinerer Bildung und Erziehung; er hatte in der Schule eines Elementarlehrers nur das Schreiben und auch dies schlecht genug gelernt, war aber allen, die wir kennen, an natürlicher Fähigkeit überlegen. Ihm eignete eine außerordentliche Geschicklichkeit, das Notwendige zu erkennen und eine Lösung für Schwierigkeiten zu finden. Dabei war er aber der allerschlechteste Charakter und gebrauchte seine natürlichen Kräfte nur zu diesem Zweck. Er kümmerte sich weder um Gott noch schämte er sich vor den Menschen, sein Dichten und Trachten ging vielmehr einzig darauf hin, aus Gewinnsucht viele Leben auszulöschen und ganze Städte zu vernichten. In kurzer Zeit erwarb er sich große Reichtümer und überließ sich nun grenzenloser Trunkenheit, wobei er bis zur Frühstückszeit den Besitz der Untertanen ausplünderte, den Rest des Tages aber in Rausch und körperlichen Ausschweifungen hinbrachte. Er kannte keine Beherrschung, sondern fraß bis zum Erbrechen. Stetswarer bereit, das Gut anderer zu stehlen, noch lieber aber verschleuderte und verprasste er diesen Erwerb. Ein solcher Mensch etwa war Johannes.«
Ioannes betrieb also offenbar eine sehr effiziente Steuereintreibungspolitik, die selbstredend vielen Leuten – unter anderem auch der Senatsaristokratie, aber nicht nur Vertretern dieser sozialen Schicht – ein Dorn im Auge war. Da liegt es freilich ganz nahe, einem solchen Menschen in einer solchen Position Gier, Maßlosigkeit, Korruption, persönliche Bereicherung und Verschwendung vorzuwerfen bzw. anzudichten. Dem Kaiser allerdings und seinen ehrgeizigen und teuren Plänen aber spielte die effiziente Finanzpolitik des Johannes optimal in die Hände. Nach all dem wundert es nicht allzu sehr, dass bereits im Verlaufe des Nika-Aufstandes zu Beginn des
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Die Politikerin
Jahres 532 von den aufständischen Demen bzw. Zirkusparteien auch die Absetzung des Johannes gefordert wurde. Der Kaiser kam damals diesem Wunsch zunächst auch nach, wie Prokop in den Perserkriegen zu berichten weiß22: »Damals war Johannes der Kappadoker praefectus praetorio, Tribonianos aber, ein geborener Pamphylier, juristischer Beirat des Kaisers – Quästor heißt er bei den Römern. [. . .] Der Kaiser, der das Volk zu gewinnen suchte, entließ beide Männer sogleich aus ihren Ämtern und bestellte zum praefectus praetorio Phokas, einen Patrikier und sehr verständigen wie auch rechtlich gesinnten Mann, während er mit der Leitung der Quästur den Basileides betraute.«
Einige Zeit nach der Niederschlagung des Nika-Aufstandes wurden die beiden Würdenträger dann jedoch wieder in ihre früheren Ämter als Quästor und praefectus praetorio eingesetzt23: »Tribonianos und Johannes, die, wie berichtet, entlassen worden waren, kehrten beide nach einiger Zeit in ihre alten Ämter zurück. Noch viele Jahre erfreute sich Tribonianos seiner Würde und starb, ohne dass er von irgendeiner Seite etwas Böses erfahren hätte, an einer Krankheit24. Er war nämlich umgänglich und auch sonst liebenswürdig und wusste sein Laster, die Habsucht, durch überragende Bildung sehr geschickt zu verbergen. Johannes dagegen zeigte sich gegen alle Menschen ebenso hart wie bösartig, versetzte den Bittstellern Schläge und raubte bedenkenlos ganze Vermögen. So erlitt er im zehnten Jahre seiner Amtsführung wegen seines ungesetzlichen Verhaltens die gerechte und wohlverdiente Strafe«
So sah es jedenfalls Prokop, denn im Jahre 541 trat nun Theodora auf den Plan und fädelte eine großangelegte Intrige gegen Ioannes Kappadox mit dem Ziel seiner Diskreditierung und Absetzung ein. Damit handelte sie ganz offensichtlich gegen die Interessen ihres Mannes, dem an der effizienten Tätigkeit seines Finanzbeamten in hohem Maße gelegen war. Dies sah wohl bereits Prokop ebenfalls so25: »Kaiserin Theodora war über diesen Mann ganz besonders erbittert; denn obwohl seine Vergehen bei der hohen Frau Anstoß erregt hatten, war er doch keineswegs bereit, sie durch Schmeichelei und Gefälligkeit zu versöhnen, im Gegenteil, er spann in
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aller Offenheit gegen sie Ränke und verleumdete sie beim Kaiser. Dabei empfand er weder Ehrfurcht vor ihrer Würde noch Scheu vor der Liebe, die ihr der Kaiser in höchstem Maße schenkte. Als nun die Herrscherin von seinem Tun und Treiben hörte, wollte sie ihn beseitigen, konnte dies aber, da der Kaiser große Stücke auf ihn hielt, keineswegs erreichen.«
Schließlich entwickelte Theodora laut Prokop aber doch einen finsteren Plan, wie sie Ioannes endlich zu Fall bringen könnte, den sie anschließend auch mit Hilfe ihrer Freundin Antonina in die Tat umsetzte. Zu diesem Zwecke suchte Antonina zunächst die Nähe und Freundschaft des einzigen Kindes des Ioannes, seiner noch sehr jungen Tochter namens Euphemia. Nachdem Antonina dann das Vertrauen der Euphemia gewonnen hatte, teilte sie ihr unter vier Augen mit, dass sie und auch ihr Mann, der General Belisarios, angeblich unzufrieden mit der Herrschaft Justinians seien, da dieser sich äußerst undankbar gegenüber dem erfolgreichen Feldherrn verhalte. Euphemia, die aus anderen Gründen ebenfalls unzufrieden mit der Kaiserherrschaft war, ging ohne Zögern darauf ein und bemerkte, dass Belisarios doch die Macht besäße, diesen Zustand zu ändern. Antonina versicherte ihr nun, dass ihr Mann ja sehr gern einen Umsturz ausführen würde, dass ihm aber bisher die geeigneten Verbündeten in der Hauptstadt und bei Hofe gefehlt hätten. Wenn aber ihr Vater, Ioannes, sich den Verschwörern anschließen würde, könnte man durchaus an die Durchführung des Vorhabens denken. Euphemia überbrachte all dies nun sogleich ihrem Vater. Dieser nahm die Nachricht angeblich erfreut auf und willigte ein, sich mit Antonina zu treffen um diese Dinge zu bereden. Antonina schlug vor, sich in einer Vorstadt, in Rufinianai, wo Belisarios einen Palast besaß, zu treffen. Und man vereinbarte für das Treffen einen Termin. Inzwischen hatte aber Antonina alles der Kaiserin berichtet, die von dem Plan begeistert war und den Eifer ihrer Freundin nur noch mehr anstachelte. Als der entscheidende Tag gekommen war, verabschiedete sich Antonina von Theodora, verließ die Stadt und begab sich nach Rufinianai, wo sich dann nach der Darstellung des Prokop folgendes ereignete26:
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»Dort fand sich gegen Abend auch Johannes ein und wollte die Vereinbarungen zum Abschluß bringen. Die Kaiserin aber hinterbrachte ihrem Manne alles, was Johannes an Vorbereitungen für den Umsturz traf, und schickte den Eunuchen Narses und Markellos, den Befehlshaber der Palastwache, mit vielen Soldaten nach Rufinianai, damit sie dort die Vorgänge genau beobachteten, Johannes aber, falls sie ihn als Empörer fänden, sogleich töteten und dann zurückkehrten. Und man schickte sie also dazu ab. Der Kaiser jedoch soll, wie es heißt, gleich nachdem er von den Geschehnissen erfahren hatte, einen Vertrauten an Johannes gesandt und ihm verboten haben, sich heimlich mit Antonina zu treffen. Das Schicksal aber wollte sein Verderben. Daher schlug er die Warnung des Kaisers in den Wind und traf sich um Mitternacht mit Antonina, dicht bei einem Vorhang, hinter dem sie Narses und Markellos samt ihrer Begleitung hatte Platz nehmen lassen, damit sie die Aussprache mit anhörten. Hier berichtete Johannes in aller Offenheit von seinen feindlichen Absichten und bekräftigte sie mit heiligsten Eiden, als ihm plötzlich Narses und Markellos entgegentraten. Dabei entstand natürlich ein Tumult, worauf die Doryphoren (Leibwache)27 des Johannes, die ganz in der Nähe standen, ihrem Herr sogleich zu Hilfe kamen. Einer von ihnen verwundete sogar den Markellos mit dem Schwerte, ohne zu wissen, wer er sei. Auf diese Weise konnte Johannes mit seinen Leuten entkommen, und eilends kehrte er in die Stadt zurück. Hätte er so viel Mut gehabt und wäre gleich zum Kaiser gegangen, ihm wäre meiner Ansicht nach von dieser Seite nichts Schlimmes widerfahren. So aber suchte er Zuflucht in einer Kirche und gab dadurch der Kaiserin freie Hand, gegen ihn vorzugehen. Damals wurde nun Johannes aus einem praefectus praetorio zu einem Privatmann gemacht und nachdem er die Kirche verlassen hatte, in eine andere gebracht, die in der Vorstadt von Kyzikos liegt, in Artake, wie der Ort bei den Einwohnern heißt. Hier wurde er gegen seinen Willen als Priester eingekleidet, nicht jedoch als Bischof, sondern nur als sogenannter Presbyter. Johannes weigerte sich indessen aufs entschiedenste, seine Tätigkeit als Geistlicher zu versehen, damit ihm dadurch kein Hindernis entstehe, jemals wieder in die Ämter zurückzukehren; denn seine Hoffnungen wollte er keineswegs aufgeben. Was das Vermögen anlangte, so wurde es alsbald zugunsten des Staates eingezogen, doch überließ ihm der Kaiser, der den Mann immer noch schonen wollte, einen beträchtlichen Teil davon28«
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Das Beispiel macht deutlich, dass Theodora ihre Personalpolitik unter Umständen auch gegen die Intentionen und Interessen ihres Mannes betrieb. Auf diesem Gebiet agierte sie also anscheinend relativ unabhängig und eigenständig. Ein anderer hoher Würdenträger, der bei Theodora in Ungnade fiel, war Priskos. Die Chronographie des Theophanes berichtet darüber zum Jahre 533/34 (a. m. 6026) nur relativ lapidar29: »In diesem Jahre erregte Priskos, der Hypatos und ehemalige Notarios des Kaisers, den Zorn der Kaiserin Theodora. Er wurde auf Befehl des Kaisers enteignet und zum Diakon von Kyzikos geweiht.«
Anders – aber wohl weniger wahrheitsgemäß, da Prokop hier wieder mit allen Mitteln die Protagonisten verunglimpfen möchte – wird die Geschichte in den Anekdota erzählt. Dort heißt es dann30: »Justinian hatte einen gewissen ›ab epistulis‹31 mit Namen Priskos, einen Paphlagonier und vollendeten Schurken, der in seiner Wesensart seinem Herrn und Meister gar wohl gefallen musste, ihm auch sehr ergeben war und gleiches von ihm erwarten durfte. Er wurde denn auch über Nacht unrechtmäßigerweise Herr über viel Besitz. Diesen Priskos schwärzte nun Theodora bei ihrem Gemahle an: Er sei zu selbstbewusst und versuche sogar ihm entgegenzuarbeiten. Zunächst richtete sie nichts aus, doch ließ sie bald darauf den Mann mitten im Winter auf ein Schiff bringen, an einen bestimmten Platz schaffen und wider seinen Willen zum Priester scheren. Der Kaiser tat daraufhin so, als habe er von dem Geschehen keine Ahnung. Er unterließ jede Nachforschung über den Verbleib des Mannes, erwähnte ihn auch nicht weiter, sondern verharrte in einer Art von gleichgültigem Schweigen. Das hinderte ihn freilich nicht, den ganzen Besitz zu plündern, von dem aber nur noch herzlich wenig übrig war.«
In jedem Fall sollte die Darstellung Prokops den Eindruck erwecken, dass der Kaiser in bestimmten personellen Fragen einfach den Wünschen seiner Gemahlin entsprach. Ebenfalls machtpolitisch und weniger religionspolitisch motiviert war auch Theodoras Intervention in die Besetzung
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des Heiligen Stuhls in Rom zum Jahre 536/37. Nach dem Tod des Papstes Agapet I. im Jahre 536 wurde auf Veranlassung des ostgotischen Königs Theodahad der römische Subdiakon Silverius zum neuen Papst gewählt. Dies war ein klarer Affront gegen das Kaiserhaus in Konstantinopel, das in dieser Angelegenheit völlig übergangen worden war, obwohl es doch ein deutliches Mitspracherecht bei der Besetzung des Stuhles Petri beanspruchte. Papst Silverius kam den Byzantinern zwar weit entgegen, um sich deren nachträgliche Anerkennung zu sichern, indem er im Dezember 536 die Stadt Rom kampflos dem byzantinischen Feldherren Belisarios übergab. Dennoch wurde er auf Betreiben der Kaiserin Theodora des Hochverrats beschuldigt und im März 537 verhaftet und abgesetzt. Zu seinem Nachfolger wurde ein Günstling der Theodora, Vigilius, erhoben und am 29. März desselben Jahres geweiht. Auf Weisung des Kaisers Justinian wurde Silverius noch einmal nach Rom gebracht, dort von Belisarios an Vigilius übergeben, zum Amtsverzicht gezwungen und anschließend auf die Insel Pontia (heute Ponza) im Golf von Gaeta verbannt, wo er im Dezember 537 starb. Damit war die byzantinische Oberhoheit in Rom bei der Besetzung des päpstlichen Stuhles wiederhergestellt worden. Weiterhin finden sich verschiedentlich knappe Hinweise auf Theodoras Interventionen in Personalangelegenheiten. So berichten etwa die Chronographie des Theophanes32 und andere Geschichtswerke für das Jahr 547 vom Besuch des Papstes Vigilius in Konstantinopel. Nach der Darstellung des Theophanes wurde der Papst zunächst vom Kaiser mit allen ihm zustehenden Ehren empfangen. Er geriet dann aber in eine theologische Auseinandersetzung mit dem Patriarchen von Konstantinopel namens Menas, den er im Verlaufe des Disputs schließlich exkommunizierte. Im Gegenzug exkommunizierte Menas Papst Vigilius. Die Streitigkeiten konnten schließlich beigelegt werden, weil die Augusta Theodora persönlich auf eine Rücknahme des gegenseitigen Banns und eine baldige Aussöhnung der beiden Kirchenoberhäupter drängte. Es lässt sich also wohl mit einiger Sicherheit konstatieren, dass Theodora auf dem Gebiet der Innenpolitik und insbeson-
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dere in Fragen der Personalpolitik ihr Mitspracherecht als Augusta weidlich nutzte und bisweilen auch eigenständige, mitunter sogar den Absichten ihres Mannes zuwiderlaufende Ziele verfolgte.
4.4
Religionspolitik
Ein besonderer Ausdruck einer gemeinsamen (oder vielleicht zutreffender: geteilten) Regierung von Justinian und Theodora findet sich auf dem Gebiet der Religionspolitik. Auf der einen Seite vertrat der Kaiser die offiziell gültige, dyophysitische Doktrin (die Lehre von den zwei Naturen Jesu Christi, einer göttlichen und einer menschlichen), wie sie auf dem 4. Ökumenischen Konzil von Chalkedon33 im Jahre 451 für verbindlich erklärt und durch kaiserlichen Erlass festgeschrieben worden war. Auf der anderen Seite zeigte Theodora ganz offen Sympathien für die häretische monophysitische Lehre (die nur eine göttlich-menschliche Natur Christi, freilich in unterschiedlicher Zusammensetzung, annahm) und unterstützte deren Vertreter aktiv. In der Forschung hat man als Begründung für den abweichenden Glauben Theodoras regelmäßig ihre Bekanntschaft mit dem Patriarchen von Alexandreia, Timotheos (Amtszeit 517 – 535), herangezogen, den Theodora auf ihrer Reise von Libyen nach Konstantinopel in den Jahren 520/21 bei ihrem Aufenthalt in Alexandreia kennengelernt und als geistlichen Vater akzeptiert haben soll34. Diese Episode wird so jedenfalls in der Chronik des Johannes von Nikiu, eines Bischofs aus Ägypten, kolportiert. Diese ist jedoch, wie alle orientalischen Quellen über Theodora mit größter Vorsicht zu interpretieren, da diese Quellen in der Regel versuchen, Theodora für ihre monophysitische Sache zu vereinnahmen35. Es bleibt hier also im Dunkeln, was Ursache und was Wirkung ist: Wurde Theodora durch Timotheos von der monophysitischen Lehre überzeugt, oder besuchte sie Timotheos und hatte ein freundschaftliches Verhältnis zu ihm, weil sie bereits der mono-
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physitischen Lehre anhing. Genauso gut könnte sie nämlich an der Wende vom 5. zum 6. Jahrhundert und insbesondere unter Kaiser Anastasios, der ja selbst eine deutliche Vorliebe für die monophysitische Glaubensrichtung erkennen ließ, auch noch in Konstantinopel in einer Familie mit monophysitischer Überzeugung erzogen worden sein. Fest steht jedenfalls, dass sie der monophysitischen Lehre bereits vor ihrer Krönung zur Augusta und auch vor ihrer Eheschließung mit Justinian anhing. Wohl bereits zum Jahre 523, also noch zur Zeit der Herrschaft des Kaisers Justinus I., berichtet Johannes von Ephesos von einer Intervention Theodoras für die monophysitische Partei36: Der monophysitische Bischof von Amida (dem heutigen Diyarbakır in der östlichen Türkei), namens Mare, war nach Petra (im heutigen Jordanien) verbannt worden. Von dort sandte er seinen Diakon und Notarios Stephanos nach Konstantinopel, der bei Hofe Fürsprache für ihn einlegen sollte. Gott führte den tugendsamen Stephanos nun zu Theodora, »die, die aus dem Bordell kam«, aber zu dieser Zeit bereits Patrikia war und später auch Königin wurde mit dem König Justinian. Theodora setzte sich dann bei Justinian, der damals Heermeister war und Patrikios, für den Bischof Mare ein. Justinian wandte sich seinerseits an seinen Onkel und Kaiser Justin, und zu guter Letzt erhielten die Monophysiten daraufhin Hafterleichterungen, Bischof Mare selbst wurde nach Alexandreia verlegt. Wie wir ebenfalls von Johannes von Ephesos erfahren, nutzte Theodora den Hormisdas-Palast in Konstantinopel, der dem Kaiserpaar gehörte und ihm früher als Wohnstätte gedient hatte, um dort monophysitische Flüchtlinge und Besucher der Hauptstadt unterzubringen. Dies war zweifellos erst nach dem Umzug des Paares vom Hormisdas-Palast in den eigentlichen Kaiserpalast möglich, der im Jahre 527 entweder bereits nach der Krönung Justinians zum Mitkaiser am 4. April oder erst nach dem Tod Justins I. am 1. August stattfand37. An einer Stelle dieser Quelle heißt es nämlich im Hinblick auf einen Mönch namens Hala aus Edessa folgendermaßen38:
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»Er trat in die Gemeinschaft ein, die zu jener Zeit von der Königin (sc. Theodora) eingerichtet worden war, die verfolgte Männer aus allen Himmelsrichtungen dort versammelt hatte und sich um sie kümmerte, indem sie sie in dem Palast namens Hormisdas unterbrachte, wo viele notleidende und arme Leute vor der Pforte standen Tag und Nacht.«
An einer anderen Stelle wird bei Johannes von Ephesos diese Gemeinschaft noch genauer und mit zahlreichen Einzelheiten beschrieben39. Laut Johannes lebten in der von Theodora begründeten Gemeinschaft über 500 verfolgte Monophysiten. Sie kamen aus Syrien und Armenien, Kappadokien und Kilikien, Isaurien und Lykaonien, Asien, Alexandreia und Byzanz. Um diese große Zahl von Menschen angemessen unterbringen zu können, wurden die großen Hallen des Hormisdas-Palastes durch Bretter und Vorhänge in kleine, improvisierte Mönchszellen unterteilt. Theodora, die das alles finanzierte, pflegte die Gemeinschaft alle zwei bis drei Tage zu besuchen. Sogar Justinian kam manchmal vorbei, um sich von den heiligen Männern segnen zu lassen, obwohl er doch eine andere religiöse Überzeugung hatte. Der gute Ruf der Mönche zog eine Gemeinde von mehreren Tausend (sc. monophysitischen!) Gläubigen an, die sich dort zum Gottesdienst einfanden. Nach Theodoras Tod verlegte Justinian die Gemeinschaft auf einen anderen Besitz der Krone, in das Haus des Urbicius. Johannes von Ephesos berichtet weiterhin davon, dass Theodora derartige Einrichtungen auch für monophysitische Nonnen unterhielt. In einigen dieser Institutionen sollen mehr als 300 Nonnen gelebt haben40. Im Jahre 531 besuchte auch ein bedeutender Vertreter der chalkedonensischen Orthodoxie, der Mönch und Asket und später als Heiliger verehrte Sabas aus Palästina, die Hauptstadt Konstantinopel. Nach der Darstellung in seiner Lebensgeschichte, die aus der Feder des Zeitgenossen Kyrillos von Skythopolis (* um 525; † nach 559) stammt, wurde er aus diesem Anlass auch beim Kaiserpaar vorstellig. Nachdem der
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Kaiser ihn fußfällig verehrt hatte und von ihm gesegnet worden war, wurde Sabas auch zur Kaiserin geführt. Dort soll sich dann folgendes abgespielt haben41: »Er (sc. der Kaiser) überzeugte ihn, hineinzugehen und die Augusta Theodora zu segnen. Und der Greis42 nun ging hinein, die Augusta aber empfing ihn mit Freude. Und nachdem sie ihn fußfällig verehrt hatte, richtete sie eine Bitte an ihn indem sie sagte: ›Bete für mich, Vater, damit Gott mir eine Frucht des Leibes schenkt.‹ Und der Greis sprach: ›Gott, der Schöpfer aller Dinge, wird Eure Herrschaft beschützen.‹ Und es sagte wiederum die Augusta: ›Bete, Vater, auf dass Gott mir ein Kind schenkt.‹ Er antwortete und sprach: ›Gott in seiner Herrlichkeit wird Eure Herrschaft fromm und siegreich bewahren.‹ Da wurde aber die Augusta betrübt, weil er ihre Bitte nicht erfüllt hatte. Nachdem er nun aus ihrem Gemach sich entfernt hatte, stellten ihn die Väter in seiner Begleitung zur Rede und sagten: ›Warum hast Du die Augusta traurig gemacht, indem Du nicht gebetet hast, wie sie es verlangt hatte?‹ Und der Greis sagte zu ihnen: ›Glaubt mir, Väter, dass niemals aus dem Leib jener Frau ein Kind geboren wird, damit es nicht etwa mit den Lehren des Severos (sc. eines prominenten Vertreters des Monophysitismus43) gesäugt werde und nicht weniger als (sc. Kaiser) Anastasios die Kirche erschüttern werde‹«.
Nach dieser Darstellung verweigerte also der streng orthodoxe Sabas seinen Segen für den Kinderwunsch der Theodora aus der Befürchtung heraus, die monophysitische Mutter könne ihr Kind im monophysitischen Sinne erziehen und das Reich hätte dann einen weiteren monophysitischen Kaiser zu erwarten, wie schon Anastasios einer gewesen war. Da sei Gott vor! Und der Heilige selbstredend auch. Gleichzeitig steckt in dieser Episode natürlich, wie schon Hans-Georg Beck bemerkt hatte, eine negative Prophezeiung: Sabas sagt die Kinderlosigkeit der Theodora voraus und zeigt damit seine prophetische Gabe44. Nach Abzug aller hagiographischen Topik bleiben hier lediglich die für uns allerdings nicht uninteressanten Informationen übrig, dass zum einen die Tatsache, dass Theodora der monophysitischen Glaubensrichtung anhing, um die Mitte des 6. Jahrhunderts wohl in der Öffentlichkeit allgemein bekannt war, dass es zum anderen aber zwischen Orthodoxen und
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Monophysiten kein absolutes Kontaktverbot gab. Man liebte einander zwar nicht und war dezidiert verschiedener Meinung, aber man blieb doch im Gespräch miteinander. Im Jahre 533 glaubte Kaiser Justinian wohl, eine Kompromissformel gefunden zu haben, der sich beide Seiten, also Dyophysiten und Monophysiten, würden anschließen können. Zu diesem Zweck griff er die theopaschitische Doktrin, eine Spielart des Monophysitismus, in seinem Glaubensbekenntnis auf. Die Doktrin besagt, dass einer aus der heiligen Dreieinigkeit »im Fleische gelitten« habe. Offenbar ging der Kaiser davon aus, dass man mit dieser Aussage kein Problem haben dürfte, wenn man an zwei Naturen Gottes glaubte, dann habe eben die menschliche Natur gelitten und die göttliche selbstverständlich nicht. Wenn man aber von nur einer Natur Gottes ausgeht, dann impliziert diese Aussage zwangsläufig, dass auch die Natur Gottes im Fleische gelitten habe. Dies wiederum konnte aber weder von den dyophysitischen Orthodoxen, noch von zahlreichen Monophysiten akzeptiert werden. Das Wort »theopaschitisch« setzt sich zusammen aus den griechischen Wörtern »theos« (= Gott) und »paschein« (= leiden). Deshalb wurden die Anhänger dieser Doktrin von ihren Gegnern als »Theopaschiten« beschimpft, als die, »die glaubten, dass Gott gelitten habe«. Was Justinian also zunächst für eine vernünftige und tragfähige Kompromissformel gehalten und sogar als Gesetz promulgiert hatte45, stieß also sofort auf heftigsten Widerstand und wurde später vom Kaiser nicht mehr weiterverfolgt. In der Kirchengeschichte des Euagrios Scholastikos findet sich die Mitteilung, Theodora habe ihren Mann dazu überredet, den monophysitischen Theologen und abgesetzten Bischof von Antiocheia, Severos, in die Hauptstadt einzuladen. Severos suchte dann im Jahre 535 Konstantinopel auf46: »Sie (sc. Theodora) war es auch, die Justinian überredete, Severus kommen zu lassen. Von Severus sind Briefe an Justinian und Theodora erhalten, denen man entnehmen kann, dass er zunächst die Reise in die Kaiserstadt hinauszögerte, nachdem er den Bischofsthron von Antiochien verlassen hatte, dass er sie aber später
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unternahm. Er schrieb, dass er, als er in die Kaiserstadt gekommen war, Anthimus (sc. dem Patriarchen von Konstantinopel) begegnet sei und gefunden habe, dass er den gleichen Glauben wie er selbst und die gleiche Vorstellung von Gott hatte, und ihn überredet habe, seinen Bischofsstuhl aufzugeben. Er hat darüber Briefe an Theodosius, den Bischof von Alexandrien, geschrieben, in denen er sich auch rühmt, dass er Anthimus überredet hat, wie gesagt, diese Dogmen höher zu achten als irdischen Ruhm und seinen Bischofsstuhl. Es gibt darüber auch Briefe von Anthimus an Theodosius und von Theodosius an Severus und Anthimus, die ich übergehe und denen überlasse, die sie lesen wollen, um nicht eine unendliche Masse auf das vorliegende Werk zu wälzen.«47
Der bei Euagrios Scholastikos genannte Anthimos, Patriarch von Konstantinopel, war Monophysit. Er war im Jahre 535 von Justinian zum Patriarchen ernannt worden, und man wird wohl eine gewisse Mitwirkung Theodoras bei seiner Wahl annehmen dürfen. Allerdings wurde Anthimos ein Jahr später, 536, durch die energische Intervention des Papstes Agapetus wieder abgesetzt. Der ebenfalls bei Euagrios Scholastikos genannte monophysitische Patriarch von Alexandreia, Theodosios, blieb sogar bis 537 im Amt, wurde dann aber ebenfalls abgesetzt. Am Ende, um 536/37, setzte sich also der kompromisslose Dyophysitismus und die bedingungslose Anerkennung des Konzils von Chalkedon durch, am Anfang des 6. Jahrhunderts, aber auch während des ersten Jahrzehnts der Herrschaft Justinians war dies durchaus noch nicht so klar. Auch nach 536/37 unterstützte Theodora weiterhin die monophysitische Sache. Der Hormisdas-Palast in Konstantinopel blieb ein monophysitisches Zentrum. Auch unterstützte die Kaiserin monophysitische Missionsunternehmungen bei den ghassanidischen Arabern in Nubien und Syrien. Im Jahre 541 wandte sich der ghassanidische Emir Harith direkt an Theodora mit der Bitte um Entsendung monophysitischer Bischöfe für sein Volk. 542 wurde Jakob Baradaios monophysitischer Metropolites von Edessa in Syrien und Theodoros Metropolites von Bostra, der Hauptstadt der Provinz Arabia48. Insbesondere Jakob Baradaios entfaltete eine solche Wirkung, dass die syrische monophy-
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sitische Kirche bald nach ihm als jakobitische Kirche bezeichnet wurde. Ein weiteres monophysitisches Missionsgebiet war Nubien. Dorthin, zum Volk der Nobatai entsandte das Kaiserpaar ca. 541 zunächst laut Johannes von Ephesos parallel konkurrierende, orthodoxe und monophysitische, Missionare. Theodora habe daraufhin den monophysitischen Missionaren unter Leitung des Julian einen Vorteil verschafft, indem sie in einem Brief den Dux (Statthalter) der südlichsten, byzantinisch kontrollierten ägyptischen Provinz, Thebais, anwies, die monophysitischen Missionare zu unterstützen. Der Dux leistete dem Befehl Folge, und Julian und sein Gefolge bekehrten Silko, den König der Nobatai, die übrigen Edlen der Nobatai und das Volk selbst zum monophysitischen Christentum49. Johannes von Ephesos selbst, der ein strenger Monophysit war, wurde nach eigener Aussage noch 542 von Kaiser Justinian zur Missionierung der verbliebenen Heiden in Kleinasien entsandt. Er habe dann in den Provinzen Asia, Karien, Phrygien und Lydien angeblich 80 000 Einwohner getauft, 98 Kirchen gebaut, zwölf Klöster gegründet und weitere sieben Synagogen in Kirchen umgewandelt50. Vielleicht steht Justinians Name hier nur stellvertretend für das Kaiserpaar, und es war eigentlich Theodora, die dieses Programm angeregt hatte. Es ist denkbar, dass Johannes von Ephesos hier die Kaiserin nicht zu sehr als Unterstützerin des Monophysitismus herausstellen wollte51. Die von Johannes angegebenen Zahlen gemahnen natürlich zur Vorsicht. Mehrere Quellen behaupten bzw. unterstellen, dass das Kaiserpaar die religionspolitischen Zuständigkeiten – Justinian war für die chalkedonensische Fraktion zuständig, Theodora für die monophysitische – sich ganz bewusst derart aufgeteilt hätte. Euagrios Scholastikos etwa schreibt dazu ohne Umschweife folgendes52: »Justinian hielt sich ganz strikt an die in Chalcedon versammelten Väter und an die von ihnen verkündeten Bestimmungen, Theodora aber, seine Gemahlin, an die, die eine Natur behaupten, entweder weil sie wirklich so dachten – denn wenn es um den Glauben geht, stellen sich die Väter gegen die Kinder und die
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Kinder wiederum gegen die Eltern, die Frau gegen ihren eigenen Mann, der Mann wieder gegen seine eigene Frau –, oder weil sie eine bestimmte Abmachung getroffen hatten, dass der eine sich an die halte, die zwei Naturen in Christus unserem Gott nach der Einigung annehmen, die andere an die, die eine Natur verehren. Dennoch gaben sie einander nicht nach, sondern der eine hielt sich mit großem Eifer an die Bestimmungen von Chalcedon, die andere hielt sich an die Gegenseite und sorgte auf vielfältige Weise für die Anhänger der einen Natur, sie kümmerte sich um die Einheimischen und die Auswärtigen unterstützte sie mit großen Geldsummen.«
Nicht ganz so deutlich drückt sich Prokop in seiner »Geheimgeschichte« aus, schlägt aber dennoch in die gleiche Kerbe, wenn er behauptet53: »Nun muss ich ihr und ihres Mannes Wirken in Kürze darlegen; denn solange sie lebten, tat keiner etwas ohne den andern. Lange Zeit bestand ja bei allen der Eindruck, sie verfolgten in ihrem Denken und Handeln gegensätzliche Richtungen, späterhin musste man freilich darin einen wohlüberdachten Plan erkennen, darauf abgestellt, dass die Untertanen nicht gemeinsame Sache gegen sie machten; die Einstellung gegen sie sollte vielmehr geteilt sein.«
Diese in den Quellen greifbaren Behauptungen bzw. Unterstellungen einer Art bewusst geplanten »Arbeitsteilung« auf dem Gebiet der Religionspolitik wird man durchaus in Zweifel ziehen dürfen. Wenn man diese »Arbeitsteilung« konstatieren kann, dann dürfte sie eher das Ergebnis der eigenen Überzeugungen der beteiligten Protagonisten gewesen sein. Mit einiger Sicherheit zu greifen sind dagegen zwei andere, relativ bemerkenswerte Sachverhalte: 1. Die religionspolitische Haltung Justinians war vor allem in der ersten Dekade seiner Herrschaft durchaus nicht immer konsequent. Zwar stand er offiziell für das dyophysitische Credo des Konzils von Chalkedon, aber hin und wieder war er auch bereit zu mitunter weitgehenden Zugeständnissen an die monophysitische Fraktion. Er wollte ihr etwa mit dem Aufgreifen der theopaschitischen Doktrin wohl zunächst entgegenkommen, ehe er aufgrund starker
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Widerstände dann wieder davon abrückte; er besetzte wichtige Bistümer zunächst mit monophysitischen Bischöfen, darunter sogar den Patriarchenstuhl von Konstantinopel (!), ehe er sie später auf Drängen des Papstes wieder absetzte. Der Kaiser wirkt in dieser Phase seiner Religionspolitik etwas unsicher und/oder taktierend. Wahrscheinlich versuchte er lediglich, die Grenzen des Machbaren auszuloten und Schnittmengen für einen möglichen Kompromiss zwischen Dyophysiten und Monophysiten zu finden. Anscheinend hatte er seine monophysitischen Untertanen im Osten des Reiches und in Ägypten am Beginn seiner Herrschaft noch nicht aufgegeben. Man konnte dies freilich auch für wankelmütig, jedenfalls für nicht konsequent orthodox halten54. 2. Die Auseinandersetzung zwischen den beiden Fraktionen scheint in dieser Zeit noch nicht so radikal und erbittert geführt worden zu sein, wie dies in der Rückschau der späteren Chroniken dargestellt wurde. Man befand sich vielmehr im Dialog miteinander. Wir müssen uns wohl für diese Zeit noch eine größere Toleranz und offenere Atmosphäre zwischen den beiden Lehren und wesentlich weniger Feindseligkeit und klare Frontstellungen vorstellen, als bisher allgemein angenommen. Nur in einem solchen, eher toleranten Umfeld war eine Ehe zwischen Orthodoxen und Monophysiten, wie sie das erste Paar des Reiches der Bevölkerung ja selbst vorlebte, überhaupt möglich. Was Theodoras eigene religionspolitische Rolle angeht, so lasst sich feststellen, dass sie die monophysitische Lehre nach besten Kräften, in vielfältiger Weise und mit großem Erfolg unterstützte und zu einer gewissen Blüte brachte. Man wird aber gleichzeitig betonen müssen, dass dies wahrscheinlich niemals gegen den Willen ihres Gatten Justinian, sondern wohl stets mit dessen Billigung oder zumindest Duldung geschah. Vermutlich erwies sich dieses Verfahren in der Tat mit der Zeit als ein praktikabler Weg, auch der monophysitischen Bevölkerung im Osten des Reiches kaiserliche Aufmerksamkeit und Fürsorge
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angedeihen zu lassen, ohne dass der Kaiser selbst die offizielle Position des Chalcedonense hätte aufgeben müssen55.
4.5
Gesetzgebung
Mit einer der größten und nachhaltigsten Leistungen ihres Mannes Justinian, nämlich der Kodifikation des Römischen Rechts56, hatte Theodora höchstwahrscheinlich gar nichts oder jedenfalls nicht viel zu tun. Diese Aufgabe war vom Kaiser angeregt worden, und der Fortgang der Arbeiten wurde von ihm überwacht. Die Verantwortung lag aber im Wesentlichen in den Händen seiner beschlagenen Rechtsgelehrten, allen voran des Quästors Tribonianus. Etwas anders sieht es in der erhaltenen Gesetzgebung des Kaisers Justinian, seinen Novellen, aus. Oben ist bereits erwähnt worden, dass an einigen wenigen Stellen dieser Gesetzgebung auch Theodora oder doch zumindest ihr möglicher Einfluss greifbar werden. Von den erhaltenen 168 Novellen Justinians gibt es aber nur eine einzige, in der die Augusta Theodora expressis verbis Erwähnung findet. Dies ist die bereits erwähnte Novelle 8 gegen den Ämterkauf. Hier bemerkt Kaiser Justinian eingangs im ersten Absatz, dass er sich nach reiflicher eigener Überlegung anschließend auch mit seiner ihm von Gott gegebenen Ehefrau, also Theodora, über diese Fragen beraten habe57. Diese Novelle überliefert an anderer Stelle auch den Amtseid, den die neuernannten Würdenträger bei ihrer Amtseinführung zu leisten hatten und zwar auf Justinian und Theodora, den Kaiser und die Kaiserin58. Aufgrund dieser Tatsache hat man gelegentlich versucht, eine besondere Machtposition und Mitwirkung der Theodora in Fragen der Politik zu unterstellen. Angesichts der Lückenhaftigkeit der Überlieferung bleibt dies jedoch reine Spekulation. Es ist sehr viel eher wahrscheinlich, dass sich das Kaiserpaar auch in Hinsicht auf den zu leistenden Amtseid der Würdenträger ganz im Rahmen der Normalität und des bereits Üblichen bewegte.
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Wenn schon in Novelle 8 gegen den Ämterkauf von einer beratenden Funktion der Theodora ausdrücklich die Rede ist, so liegt eine solche Funktion bei mindestens zwei Novellen aufgrund ihres Inhalts besonders nahe. Es sind dies die bereits erwähnte Novelle 14 gegen die Zuhälterei und die Novelle 51 gegen die vertragliche Verpflichtung von Schauspielerinnen an die Bühne59. In beiden Novellen wird Theodora jedoch nicht als Beraterin genannt. Dennoch kann man ihr allgemein, insbesondere im Hinblick auf diese beiden Novellen und auch auf weitere Gesetze Justinians, die auf die Verbesserung der Stellung der Frau in der Gesellschaft abzielen, wohl eine beratende Funktion zutrauen und zugestehen. Dies gilt unter Umständen etwa auch für die Novelle 78 über ehemalige Sklavinnen, Eheschließungen mit ihnen und die Rechtsstellung der aus diesen Verbindungen hervorgehenden Kinder60. Ganz allgemein aber bleiben die Hinweise auf eine Mitwirkung Theodoras an der Gesetzgebung rar und flüchtig. Sie wird überhaupt nur in einer Novelle erwähnt, bei einigen Novellen kann man eine ratgeberische Funktion annehmen, in der ganz überwiegenden Mehrheit aber der von Justinian erlassenen Gesetze spielte sie keinerlei Rolle. In der Regel ist auch unter Kaiser Justinian die Gesetzgebung und deren Umsetzung eine Sache unter Männern. Sie betrifft in erster Linie den Kaiser und seine ausführenden Beamten. Justinians Kodifikation des Römischen Rechts (Codex Iustinianus/Corpus Iuris Civilis) In der Rückschau bestand eine der größten kulturellen Leistungen der justinianischen Epoche in der später berühmt gewordenen Kompilation des Römischen Rechts. Das Projekt begann damit, dass Kaiser Justinian I. im Jahre 528 eine Kommission einsetzte, die mit der Zusammenstellung der kaiserlichen Gesetze (Konstitutionen) nach dem Vorbild vorangegangener Zusammenstellungen wie dem Codex Gregorianus und dem Codex Hermogenianus (beide aus dem späten 3. Jahrhundert) sowie
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dem Codex Theodosianus (aus der Mitte des 5. Jahrhunderts) beauftragt wurde. In einem entsprechenden Erlass, in dem der Kaiser diese Zusammenstellung in Auftrag gab, der sogenannten Inaugurationskonstitution, vom 13. Februar 528 nannte er die Namen und Titel von zehn höheren Würdenträgern, die daran mitwirken sollten. Nach etwa einem Jahr waren die Arbeiten abgeschlossen und die später als Codex Iustinianus bezeichnete Gesetzessammlung wurde durch einen kaiserlichen Erlass, der sogenannten Promulgationskonstitution, vom 7. April 529 in Kraft gesetzt. Bereits kurze Zeit später wurde die Sammlung jedoch noch einmal überarbeitet und der Codex Iustinianus wurde in einer zweiten Ausgabe (Codex repetitae praelectionis) noch einmal herausgegeben und mit einer Promulgationskonstitution vom 16. November 534 veröffentlicht. Weiterhin gab der Kaiser die sogenannten Institutionen in Auftrag, ein kaiserliches Lehrbuch für römisches Recht mit Gesetzeskraft, das am 21. November 533 veröffentlicht wurde. In einem weiteren Gesetz zur Reform des Studiums des römischen Rechts vom 16. Dezember 533 werden die mit der Zusammenstellung der Institutionen betrauten drei Rechtsexperten mit Namen und Titeln angeführt. An einer anderen Stelle dieser Konstitution findet sich eine verkürzte Erwähnung der insgesamt siebzehnköpfigen Kommission, die mit der Zusammenstellung der Digesten, einer Zusammenstellung von Auszügen aus den Werken römischer Rechtsgelehrter, betraut war. Hier wird allerdings nur der Leiter der Kommission, nämlich Tribonianus, namentlich genannt; die übrigen Kommissionsmitglieder werden nur als Gruppe und ohne Namen erwähnt. Schließlich erschien die Zusammenstellung der Digesten (Digesta bzw. Pandektai) am 16. Dezember 533. Ebenfalls zu dem später unter der Bezeichnung Corpus Iuris Civilis bekannt gewordenen Rechtskorpus gehören die Novellen, also die Gesetze, die Justinian selbst noch nach der Publikation des Codex repetitae praelectionis, das heißt nach dem Abschluss
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der Kodifikation des Codex Iustinianus, erließ. Während der Codex Iustinianus, die Institutionen und die Digesten in lateinischer Sprache abgefasst waren, wurden die meisten dieser Einzelgesetze in griechischer Sprache, nur eine Minderzahl in lateinischer und einige wenige in beiden Sprachen abgefasst. Dies lässt einige Schlüsse in Bezug auf den Übergang von der lateinischen zur griechischen Verwaltungssprache im byzantinischen Reich zur Zeit Justinians zu. Da ist vor allem die Erkenntnis, dass die Verwendung der griechischen Sprache notwendig geworden war, zum anderen aber auch die Einsicht, dass das byzantinische Reich Justinians mit dem alten römischen Reich nicht mehr alles gemein hatte.
4.6
Bau- und Stiftungstätigkeit
Ganz allgemein gehörten neben Repräsentationspflichten auch wohltätige Werke, Bau- und Stiftungstätigkeit, zu den zentralen Aufgaben einer Augusta. Wir haben oben bereits ausführlich Theodoras besonderen Einsatz für Prostituierte betrachtet, ihr soziales Engagement ging jedoch darüber noch weit hinaus. So berichtet beispielsweise die Chronik des Ioannes Malalas an einer Stelle zunächst von den Bauten und Stiftungen des Kaisers Justinian, um dann zu denen der Augusta überzugehen61: »In gleicher Weise wiederum erwies sich auch die sehr fromme Theodora ihrerseits als vielfache Stifterin für die Stadt (sc. Antiocheia in Syrien): So gründete sie auch eine Kirche des Erzengels Michael, die sehr stattlich war. Sie führte auch die Basilika auf, die nach Anatolios benannt ist, wobei er (sic!) die Säulen aus Konstantinopel herbeischaffen ließ. Die gleiche Augusta Theodora aber ließ ein kostbares, mit Perlen besetztes Kreuz herstellen und übersandte es nach Jerusalem.«
Wie wir dieser Mitteilung entnehmen können, erstreckte sich das Stiftungswesen der Theodora über Konstantinopel hinaus
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Die Politikerin
auch auf das übrige Reichsgebiet. Insbesondere Antiocheia scheint sich großer Aufmerksamkeit erfreut zu haben, wie auch Theophanes anlässlich des Erdbebens vom 29. November 528 und seiner Folgen vermeldet62: »In demselben Jahr, am Mittwoch, dem 29. November, in der dritten Stunde, in der siebten Indiktion, litt das große Antiocheia erneut unter dem göttlichen Zorn, zwei Jahre nach seinem ersten Unglück. Das große Erdbeben dauerte eine Stunde und war begleitet von furchtbarem Lärm aus dem Himmel. Alle Gebäude fielen zu Boden und auch die Mauern; und auch die alten Gebäude, die bei dem ersten Beben nicht eingestürzt waren, wurden jetzt zerstört. Und all die Herrlichkeit, mit der die Stadt ausgestattet war durch die großzügigen Werke des Kaisers und durch die Gebäude, die die Bürger aus eigenen Mitteln errichtet hatten, wurde ganz und gar zerstört. Als dies die benachbarten Städte erfuhren, hielten sie Trauerprozessionen ab. Es starben bei diesem Einsturz 4870 Menschen. Die Überlebenden flohen in die anderen Städte und in die Berge, wo sie in Hütten wohnten. Dann kam ein langer und sehr schwerer Winter. Und alle, die dies überstanden, nahmen an Prozessionen teil, barfuß und weinend warfen sie sich mit dem Gesicht in den Schnee und schrien: ›Herr, erbarme dich!‹ Einem frommen Mann wurde in einer Vision offenbart, dass er allen Überlebenden sagen solle, dass sie über ihren Türsturz schreiben sollten: ›Christus ist mit uns. Halte ein.‹ Nachdem dies getan war, kam der Zorn Gottes zum Erliegen. Und wiederum gaben der Kaiser und die Augusta viel Geld zur Erneuerung und zum Wiederaufbau der Stadt der Antiochener. Und sie benannten sie um in Theupolis (dt.: Gottesstadt).«
Beide Chronisten, sowohl Ioannes Malalas als auch Theophanes, berichten von einem Ausflug der Kaiserin mit großem Gefolge zu den Thermalquellen von Pythia, dem heutigen Yalova am Golf von Izmit/Nikomedeia, und den wohltätigen Werken, die sie unterwegs leistete. Theophanes bietet die etwas detailliertere Darstellung (zu den Titeln vgl. Glossar)63: »In diesem Jahr (sc. 532/33) zog Theodora, die allerfrömmste Augusta, hinaus zu den heißen Quellen von Pythia, um dort zu baden. Und mit dieser reisten der Patrikios Menas, der Eparchos und der Patrikios Helias, der comes largitionum, und andere Patrikioi,
Bau- und Stiftungstätigkeit
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Kubikularioi und Satrapen, insgesamt 4000. Und sie zeigte große Freigebigkeit gegenüber den Kirchen, den Armenhäusern und den Klöstern.«
Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass die Bau- und Stiftungstätigkeit der Theodora noch weit umfangreicher war, als dies die erhaltenen Belege noch erkennen lassen. Aber wahrscheinlich stand sie auch in dieser Hinsicht, zumindest was die Berichte in den Chroniken angeht, doch stark im Schatten ihres Mannes Justinian.
5
Die Restitutio Imperii
Eine der größten Leistungen des justinianischen Zeitalters – wenn auch nicht von nachhaltiger Wirkung und aus der Rückschau heraus in der Forschung auch recht unterschiedlich bewertet – stellt ohne Zweifel die Restitutio Imperii oder auch Renovatio Imperii dar, die Wiederherstellung des Römischen Reiches (annähernd) in seinen alten Grenzen. Denn am Beginn seiner Regierungszeit herrschte Kaiser Justinian nur noch über die Osthälfte des früheren Reiches, denn in Italien, in Gallien, in Spanien und in Nordafrika hatten sich germanische Reichsbildungen angesiedelt und die römische Herrschaft verdrängt. Wie war es dazu gekommen? BRETAGNE
Atlantik
Slawen
Trier Loire
Franken
Do
Lan
Cordoba
Barcelona
Balearen
Rom
Thessalonike Athen
Caesarea
Berber
Sinope
Adrianopel
Sardinien
Sizilien
Konstantinopel Nikomedeia Nikaia Pergamon Smyrna
Mittelmeer
Tigris
Euphra
t
Antiocheia
Sparta
Vandalen
Trapezunt
Ikonion
Ephesos
Karthago
Zypern
Kreta
Kyrene
Jerusalem Alexandreia Memphis
»Reichsteilung« 395 Ausdehnung des Byzantinischen Reiches 527 Eroberungen Justinians I.
N
il
0
300
600
Abb. 9: Das römische Reich in der Spätantike.
LAZIKE
Schwarzes Meer
Donau
Ostgoten Korsika
Alanen
Gepiden
Ravenna
Marseille
Westgoten Toledo
Aquileia
u
go ba r n de
Bordeaux
Sueben
Awaren
na
900 km
Theben
Die Vorgeschichte
5.1
81
Die Vorgeschichte
Noch unter Kaiser Theodosios I., dem Großen (reg. 379 – 395), erstreckte sich das gewaltige Römische Reich von Britannia und Gallia im Norden bis nach Africa und Ägypten im Süden und von Hispania im Westen über Italien, das Illyricum, den Balkan und Kleinasien bis zur persischen Grenze, nach Syrien und Palästina im Osten. Die von diesem Kaiser im Jahre 395 verfügte Aufteilung des Reiches in ein West- und ein Ostreich, die dann jeweils von seinen Söhnen Honorius und Arkadios regiert wurden, stellte keine wirklich markante Innovation dar, sondern stand ganz in der Tradition der Verfügungen Kaiser Diokletians (reg. 284 – 305), die von Konstantin I., dem Großen (reg. 306 – 337), modifiziert worden waren, dass das Reich von mehreren Kaisern (Augusti) mit Residenzen in verschiedenen Reichsteilen regiert werden sollte. Bald nach dem Tod dieses Kaisers im Jahre 395 geriet zunächst insbesondere das Westreich unter zunehmenden Druck umherziehender germanischer Stämme, der sogenannten »Völkerwanderung«, die gegen die Grenzen des Reiches drängten oder diese überschritten. Das Reich verfügte nicht mehr über ausreichende militärische Mittel, um diesem Druck überall wirkungsvoll zu begegnen. Aus Britannien wurden Legionen abgezogen und die Provinz schließlich geräumt und aufgegeben. Dennoch überschritten im Westen die Germanen die Rheingrenze und flammten in Gallien Aufstände auf. Im Osten führte man fortdauernd Krieg mit den Persern. Im Jahre 410 eroberten die Westgoten unter ihrem König Alarich die Stadt Rom und plünderten sie. Dann zogen sie weiter nach Süditalien, wo Alarich starb. Die Germanen, insbesondere Goten und Vandalen blieben nun dauerhaft im Reichsgebiet präsent. Teilweise erhielten sie Siedlungsrechte, teilweise wurde ihre Friedfertigkeit auch mit jährlichen Zahlungen erkauft, teilweise dienten sie auch als Foederaten, als verbündete Verbände der römischen Armee. Bei der Schlacht auf den
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Die Restitutio Imperii
Katalaunischen Feldern vom Jahre 451 standen sich weströmische Legionen und Westgoten unter ihrem Feldherrn Aëtius auf der einen und Ostgoten und Hunnen unter ihrem König Attila auf der anderen Seite gegenüber. Einige Germanen oder Nachfahren von Germanen machten auch in der römischen Armee selbst Karriere. Die bekanntesten Beispiele dafür sind die (halb-)germanischen Heermeister Stilicho am Anfang und Odoaker in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts. Im Verlaufe des 5. Jahrhunderts bildeten sich nach mehreren Wanderungen und Verschiebungen der Völkerschaften schließlich germanische Reiche in Nordafrika, auf der iberischen Halbinsel und in Gallien heraus. Westrom blieb praktisch nur noch die Herrschaft über Italien, Raetien, das Noricum und Dalmatien. Am 31. Oktober des Jahres 475 gelangte der junge Mann (geb. ca. 460) Romulus Augustus (von seinen Gegnern mit dem Spottnamen »Augustulus« bedacht, dt. »kleiner Kaiser, Kaiserlein«) als letzter weströmischer Kaiser auf den Thron in Rom. Ihn hatte sein Vater, der weströmische Heermeister Orestes, noch als Kind von den Truppen zum Kaiser ausrufen lassen. Dagegen erhoben sich nun die Foederatentruppen unter ihrem Heermeister Odoaker, der ein Gegner und Konkurrent des Orestes war. Odoaker setzte sich mit Gewalt durch. Er tötete im August 476 Orestes und setzte Romulus Augustus ab. Die kaiserlichen Insignien sandte Odoaker zu Kaiser Zenon nach Konstantinopel, um sich dadurch von dem Verdacht der Usurpation zu befreien. Er ließ Zenon gleichzeitig mitteilen, dass Rom keinen neuen Augustus benötige. Zenon nahm zwar die Insignien an, verwies aber auf den rechtmäßigen weströmischen Kaiser Julius Nepos, der sich noch in Dalmatien im Exil befand. Dennoch ließ sich Odoaker am 22. August 476 von seinen Truppen zum rex Italiae (dt.: König von Italien) wählen und ausrufen. Er war damit der eigentliche Herrscher auf der Apenninhalbinsel. Im Jahre 480 ließ er schließlich auch Julius Nepos in Dalmatien ermorden und war damit faktisch offiziell und nach dem Protokoll der unangefochtene kaiserliche Statthalter und mächtigste Mann in Italien.
Die Vorgeschichte
83
Abb. 10: Grabmal Theoderichs des Großen im Theoderich-Park (Parco di Teodorico) in Ravenna, Italien.
Kaiser Zenon in Konstantinopel scheint aber mit dieser Lösung keineswegs einverstanden gewesen zu sein. Er setzte allerdings keinen neuen Kaiser in Westrom ein, sondern mobilisierte die Rugier gegen Odoaker, die zwischen 482 und 488 in das Noricum einfielen. Schließlich wurden sie aber 487/88 von Odoaker vernichtend geschlagen und ihr König Frethelius gefangengenommen. Zenon traf daraufhin im Jahre 488 mit dem Ostgotenkönig Theoderich eine Vereinbarung, die beinhaltete, dass die Ostgoten, die bis dahin auf dem Balkan siedelten und latent eine gewisse Bedrohung für Konstantinopel und Ostrom darstellten, nach Italien ziehen und sich mit Billigung des Kaisers in Konstantinopel das Königreich des Odoaker aneignen würden. Anschließend zogen die Ostgoten vereinbarungsgemäß nach Italien, wo sie in jahrelange Gefechte mit den Truppen Odoakers verwickelt wurden, ehe Theoderich schließlich im Jahre 493 in Ravenna Odoaker durch eine List ermorden konnte. Der Ostgotenherrscher Theo-
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Die Restitutio Imperii
derich herrschte nun als rex Italiae, als König Italiens, über das neue Ostgotenreich, das genau wie sein Vorläufer, das Reich Odoakers, Italien, Raetien, das Noricum, Teile Pannoniens und Dalmatien umfasste. Im Jahre 497 übersandte ihm Anastasios, inzwischen Kaiser des oströmischen (byzantinischen) Reiches, die ornamenta palatii, also die kaiserlichen Insignien, zurück nach Rom, die Odoaker einst nach Konstantinopel geschickt hatte. Theoderich trug in der Folge zwar den Purpur, führte aber stets nur den Titel des Königs und betrachtete sich zeitlebens als Statthalter des Kaisers in Italien. Theoderich herrschte bis zu seinem Tode im Jahre 526 in relativ gutem Einvernehmen mit Konstantinopel als König des Ostgotenreiches in Ravenna, wo sich auch sein Grabmal befindet.
5.2
Die (Rück-)Eroberung Nordafrikas
In der Gestalt des Theoderich hatte der Kaiser in Konstantinopel also in gewisser Weise bereits wieder nach Italien ausgegriffen, indem er dort einen loyalen König und Statthalter installierte, ohne tatsächlich mit eigenen militärischen Mitteln eingreifen zu müssen. Dies änderte sich nun unter Justinian und Theodora. Im Jahre 530 wurde im nordafrikanischen Königreich der Vandalen der rechtmäßige König Hilderich, der recht gute Beziehungen zu Byzanz unterhielt, aber eine militärische Niederlage gegen die Mauren erlitten hatte, von seinem kriegerischen Verwandten Gelimer gestürzt und zusammen mit seinen nächsten Verwandten gefangengesetzt1. Einer Bitte des byzantinischen Kaisers um Entlassung des Hilderich und dessen Verwandter nach Konstantinopel kam Gelimer keineswegs nach, sondern wies alle Forderungen und Ansprüche der Byzantiner schroff zurück. Justinian musste einige innenpolitische Widerstände überwinden, konnte dann aber Ende Juni 533 eine Streitmacht von über 15 000 Soldaten unter dem Kommando des Feldherrn Belisarios mit der Flotte nach Karthago gegen das Vandalenreich aussenden. Etwa drei
Die (Rück-)Eroberung Nordafrikas
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Monate später, also Ende September 533, traf die Flotte in Nordafrika ein, und die aus Byzantinern und Foederaten bestehende Truppe ging in Libyen an Land. Als den König der Vandalen und Alanen Gelimer die Kunde erreichte, dass General Belisar mit einem großen Heer gegen Karthago marschierte, ließ er kurzerhand den abgesetzten König Hilderich und dessen mit ihm inhaftierten nächsten Verwandten durch seinen Bruder Ammatas in Karthago ermorden. Belisar zog unterdessen durch Libyen und versuchte dabei, das Vertrauen und die Unterstützung der einheimischen, also libyischen Bevölkerung zu gewinnen, was ihm auch weitgehend gelang. Er vertraute dabei wohl mit Erfolg auf die vormals römische Prägung der Nordafrikaner. In der Nähe von Dekimon (lat.: Ad Decimum), einer Ortschaft knapp 30 Kilometer vor Karthago, kam es dann schließlich zu ersten militärischen Auseinandersetzungen zwischen Byzantinern und Vandalen. Dabei gingen die Vandalen jedoch nach dem Bericht des Prokop in so schlechter räumlicher und zeitlicher Koordination vor, dass sie in mehreren Scharmützeln geschlagen und in großer Zahl getötet wurden. Auch Ammatas, der Bruder des Vandalenkönigs Gelimer, fand in einem dieser Gefechte den Tod; das Hauptheer des Gelimer wurde vertrieben und in die Flucht geschlagen. Am nächsten Tag marschierte der siegreiche Feldherr Belisar – der auf diesem Feldzug von seiner Ehefrau Antonina, einer engen Freundin der Kaiserin Theodora, begleitet wurde – an der Spitze seines Heeres nach Karthago, der Hauptstadt des Vandalenreiches. Die Stadttore standen weit offen, aber der General wagte erst nach zahlreichen Sicherheitsvorkehrungen einen Tag später den Einzug in die Stadt, da er immer noch einen Hinterhalt der Vandalen befürchtete. Schließlich hielt er Einzug, stieg zum königlichen Palast empor und ließ sich auf dem Thron des Vandalenkönigs nieder2. Auch in Karthago war Belisar klug genug, mit aller Schärfe gegen Plünderungen vorzugehen und streng darauf zu achten, dass seine Soldaten stets als Befreier auftraten und nicht als Eroberer. Überdies gewährte er den Vandalen, die sich noch in
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Die Restitutio Imperii
der Stadt befanden und sich dort überall schutzsuchend in die Kirchen geflüchtet hatten, Schonung und Straffreiheit. Dieses umsichtige Vorgehen brachte ihm viele Sympathien ein. Nebenher ließ er aber auch die Stadtmauer wiederherstellen und die Wehranlagen der Stadt verbessern sowie vandalische Boten abfangen, um so an mehr Informationen zu gelangen. In der Zwischenzeit sammelte der Vandalenkönig Gelimer seine verbliebenen Truppen in der Ebene von Bulle, etwa vier Tagesmärsche von Karthago entfernt. Weiterhin schrieb er an seinen Bruder Tzazon, der sich in Sardinien aufhielt, und bat ihn, mit seinen Truppen zu ihm zu kommen. Tzazon segelte sogleich mit der vandalischen Flotte und seinen Männern nach Libyen und stieß dort zu dem vandalischen Hauptheer in der Ebene von Bulle. Das vereinte vandalische Heer unter König Gelimer marschierte nun gegen Karthago. Bei Trikamaron (lat.: Tricamarum), einer Ortschaft knapp 60 Kilometer von Karthago entfernt, kam es schließlich Mitte Dezember 533 zur entscheidenden Schlacht, in der die Byzantiner einen überwältigenden Sieg erstritten und viele Vandalen töteten oder gefangen nahmen. Der Vandalenkönig Gelimer selbst aber konnte entfliehen. Belisar ließ nun sämtliche Gebiete des Vandalenreiches, Libyen, Numidien, Mauretanien und Sardinien, durch byzantinische Truppen in Besitz nehmen und die Vandalen entwaffnen. Als die Byzantiner auch den vandalischen Stützpunkt Lilybaion auf Sizilien besetzen wollten, wurden sie allerdings von den Ostgoten abgewiesen, die die Insel in ihrer Gesamtheit beanspruchten. Belisar verfolgte Gelimer bis nach Hipponeregion, einer Küstenstadt in Numidien. Dort fiel ihm auch der Königsschatz der Vandalen in die Hände, den Gelimer auf ein Schiff verladen und aus Karthago hatte fortschaffen lassen. Der Vandalenkönig selbst verschanzte sich auf dem Berg Papua in der Nähe von Hipponeregion, wo Belisar eine auserlesene Truppe unter dem Befehl des Herulers Pharas damit betraute, den Berg zu belagern. Nach drei Monaten der Belagerung, also Mitte bis Ende März 534, gab Gelimer schließlich aufgrund von Hunger und Aussichtslosigkeit seiner Lage auf und begab
Die (Rück-)Eroberung Italiens
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sich in byzantinische Gefangenschaft. Damit war auch der letzte vandalische Widerstand beseitigt und das Vandalenreich nach knapp 100 Jahren Vandalenherrschaft in Nordafrika in Gänze wieder dem byzantinischen Kaiserreich einverleibt. Für seine besonderen Verdienste wurde Belisar in Konstantinopel mit einem Triumphzug geehrt; außerdem wurde ihm das Konsulat verliehen.
5.3
Die (Rück-)Eroberung Italiens
Bereits ein Jahr darauf wurde schon der nächste Kriegsschauplatz eröffnet. Wie wir gesehen haben, hatte es bereits im Verlaufe des Nordafrikafeldzuges Belisars Reibungen mit den Ostgoten auf Sizilien gegeben, als die Byzantiner den vandalischen Stützpunkt Lilybaion besetzen wollten, was ihnen aber von den Ostgoten verwehrt wurde3. Außerdem gab es noch weitere Reibungspunkte, aber eben auch – insbesondere im Umfeld des sich wohl frühzeitig abzeichnenden Todes des rechtmäßigen Ostgotenkönigs Athalarich – Verhandlungen über ein mögliches Eingreifen der Byzantiner in Italien wohl zugunsten der ostgotischen Königin Amalasuntha, der Tochter Theoderichs des Großen. Wie bereits erwähnt, lieferte schließlich die Tatsache, dass der ostgotische König Theodahad Amalasuntha auf der Insel Martana im Bolsenasee, gelegen auf seinen Ländereien in Tuscien, zunächst internieren und am 30. April 535 auch ermorden ließ, den Vorwand für einen Feldzug der Byzantiner nach Italien4. Prokop schreibt darüber in seinen »Gotenkriegen«5: »Um diese Zeit war Belisar im Kampf mit Gelimer und den Vandalen zu Ruhm und Ansehen gelangt. Doch als der Kaiser vom Schicksal Amalasunthas erfahren hatte, begann er sogleich mit dem Kriege; dies war im neunten Jahre seiner Regierung6. Mundus, der magister militum (Oberbefehlshaber) von Illyrien – seiner Abkunft nach ein Barbar, jedoch der Sache des Kaisers treu ergeben, dazu ein vorzüglicher Soldat –, erhielt Befehl, die gotische Provinz Dalmatien sowie Salonae (Split) anzugreifen. Indessen sollte Belisar
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Die Restitutio Imperii
zur See vorgehen, und zwar mit 4000 Mann stehender Truppen und Föderaten, außerdem etwa 3000 Isauriern. Die namhaftesten Führer waren Konstantinus und Bessas, beide aus Thrakien, ferner Peranius aus Iberien an der persischen Grenze – er entstammte den vom Perserkönig abhängigen Iberern, war aber aus Feindschaft gegen die Perser zu den Römern übergegangen –; die Reiterabteilungen befehligten Valentinus, Magnus und Innocentius, das Fußvolk Herodianus, Paulus, Demetrius und Ursicinus, die Isaurier Ennes. Auch 200 Hunnen und 300 Maurusier dienten als Bundesgenossen im Heer. Oberfeldherr aber war Belisar, der viele ausgezeichnete Männer als Doryphoren (gr. Speerträger) und Hypaspisten (gr.: Schildträger) bei sich hatte. Ihn begleitete auch Photius, der Sohn seiner Gemahlin Antonina aus früherer Ehe, ein noch junger Mann, dem eben der erste Bart sprosste, doch ein recht kluger Kopf und über seine Jahre hinaus kräftig. Der Kaiser beauftragte nun Belisar, angeblich nach Karthago zu fahren, nach der Ankunft in Sizilien jedoch wie aus einer Notlage heraus an Land zu gehen und sich der Insel zu bemächtigen. Könne dies mühelos geschehen, so sollten sie die Insel besetzt halten und nicht mehr herausgeben, bei unvorhergesehenen Schwierigkeiten jedoch schnell Kurs auf Libyen nehmen und von ihrer wahren Absicht nichts merken lassen.«
Außerdem schickte der Kaiser eine Gesandtschaft an die Franken, durch die er sie auch mit Geschenken für eine militärische Allianz gegen die Ostgoten zu gewinnen beabsichtigte. Ein Argument war dabei auch der Arianismus7 der Ostgoten, den ja beide, sowohl Franken als auch Byzantiner, als eine Häresie, eine abweichende Lehre, betrachteten. Justinian stellte weitere Gaben in Aussicht, wenn die Franken sich an dem Unternehmen beteiligen würden. Die Franken sagten ihre Hilfe als Bundesgenossen auch zu. Entsprechend den Befehlen des Kaisers fiel Mundus mit seinen Truppen in Dalmatien ein, schlug die dortigen Ostgoten und nahm die Hauptstadt Salonae (das heutige Split) ein. Belisar landete mit seiner Flotte auf Sizilien und nahm nacheinander Katana, Syrakus und andere Städte und schließlich auch Panormus (das heutige Palermo) ein. Damit hatte er ganz Sizilien wieder als tributpflichtige Provinz dem Kaiser unterstellt.
Die (Rück-)Eroberung Italiens
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Folgt man der Darstellung des Prokop, kam es nun zu diplomatischen Verhandlungen und Gesandtschaften zwischen dem byzantinischen Kaiser und dem ostgotischen König Theodahad. Darin ging es vor allem um den Preis, den die Byzantiner bezahlen müssten, wenn der ostgotische König ihnen Italien und das Ostgotenreich kampflos übergäbe. Während die Verhandlungen noch im Gange waren, kam es jedoch in Dalmatien zu einer Erhebung der Ostgoten gegen die vor kurzem erneuerte römische Herrschaft, in deren Verlauf der byzantinische Befehlshaber Mundus und auch dessen Sohn Mauricius den Tod fanden. Durch diese Ereignisse anscheinend in seinem Selbstvertrauen bestärkt, brach Theodahad daraufhin die Verhandlungen mit Konstantinopel ab. Folgerichtig eskalierten nun die kriegerischen Auseinandersetzungen. Kaiser Justinian schickte Verstärkung unter Konstantianus als neuen Befehlshaber nach Dalmatien und befahl gleichzeitig dem Feldherren Belisar, nunmehr das italienische Festland anzugreifen. Konstantianus konnte in kurzer Zeit Dalmatien für das Reich in Besitz nehmen und die Goten vertreiben. Belisar aber setzte nach Italien über und marschierte mit seinem Heer auf dem Landweg ungehindert bis nach Neapel. Dort trat er mit Vertretern der Stadt in Verhandlungen ein, die jedoch die Übergabe am Ende ablehnten. Belisar begann daher mit der Belagerung, hatte zunächst aber aufgrund der Lage der Stadt keine große Aussicht auf Erfolg. Nach 20 Tagen Belagerung gelang es jedoch einem Vorauskommando der Byzantiner durch den Aquädukt in die Stadt vorzudringen. Im Anschluss erfolgte die Erstürmung der Stadt. Belisar achtete nach der Einnahme jedoch streng darauf, dass sich die nicht völlig vermeidbaren Plünderungen doch sehr in Grenzen hielten. Nach dem Fall Neapels hielten die Ostgoten in Regata eine Ratsversammlung ab, auf der sie Wittigis zum neuen König der Ostgoten und Italiker wählten. Wittigis stammte zwar nicht aus einem gotischen Adelsgeschlecht, hatte sich aber im Krieg mit den Gepiden bei den Kämpfen um Sirmium (Sremska Mitrovica) unter Theoderich dem Großen einen Namen gemacht.
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Die Restitutio Imperii
Theodahad, der der Feigheit beschuldigt wurde, verließ daraufhin Rom und wollte sich nach Ravenna absetzen. Wittigis ließ ihn jedoch durch den Goten Optaris verfolgen und umbringen. Der neue ostgotische König Wittigis eilte zunächst zusammen mit den übrigen Goten nach Rom, entschied sich dann aber für den Rückzug nach Ravenna, da er glaubte, diese Stadt besser verteidigen zu können. Belisar unterdessen marschierte mit seinem Heer weiter in Richtung Rom. Als die gotische Besatzung der Stadt vom Herannahen der byzantinischen Armee erfuhr, verließ sie Rom und setzte sich in Richtung Ravenna ab. Lediglich ihr Befehlshaber Leutharis blieb auf seinem Posten, wurde später gefangengenommen und nach Konstantinopel überstellt. Belisar zog mit dem kaiserlichen Heer am 9. Dezember 537, im elften Jahr der Herrschaft Justinians8, durch die Porta Asinaria in Rom ein und nahm nach 60 Jahren ostgotischer Herrschaft die Stadt wieder für den Kaiser in Besitz. Ungeachtet der Tatsache, dass Rom aufgrund seiner Größe, der Vielzahl der Tore und die geographische Lage in einer Ebene an sich schwer zu verteidigen war, ließ Belisar als eine der ersten Maßnahmen die Wehranlagen ausbessern und erweitern. Ferner ließ er Getreidevorräte herbeischaffen und in der Stadt in Speichern einlagern. Anschließend sandte er Kommandos aus, um die festen Plätze in der Umgebung Roms zu besetzen. Dabei kam es vor Perusia (dem heutigen Perugia) bereits zu einer ersten Schlacht zwischen Byzantinern und Goten, die die Byzantiner für sich entscheiden konnten. Wittigis zog daher nun mit seiner gesamten Streitmacht gegen Belisar nach Rom. Laut Prokop soll er 150 000 Mann befehligt haben9. Bei einem Ausritt aus der Stadt stieß Belisar auf die Vorhut der Ostgoten, von deren Ankunft er noch nichts wusste, und wurde sogleich in Gefechte mit den Goten verwickelt und geriet dabei in große Gefahr. Schließlich konnte er sich mit seinen Leuten aber wieder in die Stadt zurückziehen. Zu Beginn der nun folgenden Belagerung Roms durch die
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Ostgoten fanden zwar Verhandlungen zwischen gotischen Gesandten und Belisar statt, blieben aber ohne den geringsten Erfolg. Wittigis empfahl dem Feldherrn Belisar den Abzug aus Rom; Belisar versicherte, er werde die Stadt Zeit seines Lebens halten. Dies waren scheinbar unüberbrückbare Gegensätze. Aufgrund der Größe der Stadt und der Länge der Ringmauer war es den Goten nicht möglich, vor allen 14 Toren und kleineren Pforten Roms Stellung zu beziehen. Sie legten daher lediglich sechs Verschanzungen an und bezogen Position. Am 18. Tage der Belagerung begannen sie den Sturm auf Rom an verschiedenen Stellen, die sie für Schwachpunkte in den Wehranlagen hielten. Sie konnten aber von Belisar jedes Mal mit den unterschiedlichsten Mitteln abgewehrt werden und erlitten große Verluste. In der Folgezeit belauerten sich die Parteien. Die Byzantiner unternahmen mit ausgewählten Elitetruppen, etwa hunnischen Bogenschützen, einzelne, nadelstichartige, aber sehr wirkungsvolle Ausfälle gegen die Verschanzungen der Goten. Die Goten ihrerseits versuchten, sich mit kleineren Abteilungen den Wehranlagen zu nähern, wurden aber von Belisar und den Byzantinern jedes Mal mit einer zahlenmäßig überlegenen Truppe abgewehrt. Eines Tages – so die Darstellung der Quelle – nahmen auch die gesamten Heere, das der Goten und das der Römer und Byzantiner, vor den Toren der Stadt einander gegenüber Aufstellung und fochten eine große Schlacht aus, in der die Byzantiner unterlagen. Von da an verlegte sich Belisar wieder auf kleinere Ausfälle und Geplänkel, in denen die Byzantiner sich besser schlugen. Laut Prokop sollen während der Belagerung insgesamt 69 solcher Gefechte stattgefunden haben. Nach zwei Jahren Krieg, nach dem 21. Juni des Jahres 537, kam es in Rom zu Hunger und Krankheiten. Die Goten hatten inzwischen ihren Belagerungsring vervollkommnet und sichergestellt, dass keine größeren Mengen an Lebensmitteln mehr in die Stadt gelangen konnten. Solange noch das Getreide auf den Feldern der Umgebung stand, ritten nachts einzelne mutige Männer mit Beipferden hinaus, schnitten das Korn, beluden damit ihre Pferde und brachten ihre Ernte, von
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Die Restitutio Imperii
den Feinden unbemerkt, in die Stadt. Als aber das Getreide abgeerntet war, wurde es noch schlimmer. Die Soldaten hatten nun nur noch Brot; die Einwohner Roms ernährten sich von Kräutern und Gemüse, das in der Stadt wuchs, sowie von verendeten Pferden und Eseln.
Abb. 11: Die Eroberung einer Stadt durch die Byzantiner (genau genommen wird hier die Einnahme von Berroia durch das byzantinische Heer unter Kaiser Nikephoros II. Phokas [963 – 969] dargestellt).
Belisar unternahm nun zahlreiche kleinere Maßnahmen, um die Situation zu entschärfen. Unter anderem entsandte er seinen Adjutanten Prokopios und auf anderem Wege seine Frau Antonina nach Neapel, um von dort Verstärkung und Lebensmittel vor allem auf dem Seewege heranzuführen. Des Weiteren verlegte er einzelne kleinere Verbände in Kastelle weit außerhalb der Stadt, so dass sie zum einen nicht die Lebensmittelvorräte Roms belasteten, zum anderen nunmehr im Rücken des Gegners lagen. Auch ließ er erfolgreiche Angriffe und Überfälle auf Lebensmittellieferungen der Belagerer durchführen, um sich dadurch Lebensmittel zu beschaffen und die Goten zu schwächen. In der Tat herrschte auch bei den Goten Lebensmittelknappheit und machten sich auch dort Krankheiten breit. Wohl im Dezember 537 kam es zu erneuten Verhandlungen, die zumindest zum Abschluss eines 3-mona-
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tigen Waffenstillstands führten, der durch die gegenseitige Gestellung von Geiseln abgesichert wurde. Belisar verstand es ausgezeichnet, die Zeit des Waffenstillstands zu nutzen, um seine eigene Situation Stück für Stück und unauffällig zu verbessern: Er konnte nun die herbeigeschafften Lebensmittelvorräte in Ruhe ausschiffen und in die Stadt bringen lassen. Frische Truppen trafen zur Verstärkung ein. Die Hafenstädte Portus (Stadtteil Roms) und Centumcellae (Civitavecchia), die von den Goten geräumt worden waren, wurden von den Byzantinern besetzt. Belisar verlegte weitere Truppen in Garnisonen im Hinterland und damit in den Rücken des Gegners. Eine Reitereinheit erhielt den Befehl, mit Plünderungen der gotischen Siedlungen zu beginnen, sobald der Waffenstillstand gebrochen werde oder zu Ende gehe. Denn Belisar wusste inzwischen, dass die Goten im Hinterland kaum noch über Truppen verfügten und ihre Frauen und Kinder und ihr ganzer Besitz daher relativ ungeschützt waren. Die Besitztümer der einheimischen Italiker sollten dabei allerdings in jedem Falle verschont werden. Schließlich erreichte ihn noch eine Gesandtschaft aus Mailand. Datius, der Bischof von Mailand, und andere angesehene Bürger der Stadt waren nach Rom gekommen und baten darum, ihnen Truppen zu senden, die Mailand und ganz Ligurien von der Gotenherrschaft befreien sollten. Belisar sagte die Erfüllung der Bitte zu und behielt die Gesandtschaft für den Rest des Winters bei sich in Rom. Gegen Ende der 3-monatigen Frist des Waffenstillstands flammten die Feindseligkeiten jedoch wieder auf. Die Goten unternahmen einige vergebliche Angriffe auf die Stadtmauer von Rom. Im Hinterland wurde nun die Reitereinheit unter Johannes aktiv und begann mit den Plünderungen gotischer Siedlungen und mit dem Ausheben schwacher gotischer Besatzungen. Weil seine Besatzung geflohen war, fiel dem Johannes die Stadt Ariminum (das heutige Rimini) kampflos in die Hände, die nur einen Tagesmarsch von Ravenna entfernt lag. Als Wittigis und die Goten vor Rom erfuhren, dass ein byzantinisches Heer praktisch vor Ravenna stand, beschlossen
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Die Restitutio Imperii
sie, ihre Belagerung aufzugeben. Während der Aufhebung der Belagerung unternahm Belisar mit seiner gesamten vorhandenen Streitmacht einen Ausfall und fügte den bereits abziehenden Goten noch schwere Verluste zu. Wittigis marschierte nun mit dem gesamten Gotenheer in Richtung Ravenna. Auf dem Wege dorthin legte er in die befestigten Plätze, die noch in gotischer Hand waren, starke Besatzungen. Dann rückte er nach Ariminum vor und begann mit der Belagerung der Stadt. Die Erstürmung der Mauern wurde jedoch von den Byzantinern einfallsreich und mutig abgewehrt. Wittigis wollte die Stadt nun aushungern. Auch nach Mailand hatte Belisar eine 1000 Mann starke Abteilung unter Mundilas entsandt, die die Stadt und ganz Ligurien kampflos für die Byzantiner in Besitz nahm. Doch Wittigis schickte ein starkes Heer unter seinem Neffen Uraias, und auch die Franken schickten burgundische Söldner zur Unterstützung der Goten. Diese Truppen riegelten Mailand ab und begannen mit der Belagerung. Dies geschah am Ende des Winters und des dritten Kriegsjahres, also etwa im März des Jahres 538. Erst etwa drei Monate später marschierte Belisar von Rom aus mit seinen Truppen gegen Wittigis und das gotische Heer. Auf dem Weg dorthin nahm er die Städte Clusium (das heutige Chiusi) und Tudera ein, deren gotische Besatzungen sich ohne Gegenwehr ergaben. Inzwischen erreichte Belisar die Nachricht von der Ankunft eines weiteren Feldherren, nämlich des Narses, in Italien mit einer Truppe von 5000 Soldaten. Belisar und Narses vereinigten ihre Heere bei der Stadt Firmum (dem heutigen Fermo) an der Adriaküste und hielten Kriegsrat. Sie beschlossen, zunächst zum Entsatz der hart bedrängten Stadt Ariminum zu schreiten. Die vereinigten Truppen des Belisar und des Narses kreisten das gotische Belagerungsheer um Ariminum ein, bis die Goten, als sie dies bemerkten, in großer Panik die Flucht ergriffen. In der Folgezeit kam es zu Reibungen und Differenzen zwischen den beiden byzantinischen Feldherren Belisar und Narses. Durch ein kaiserliches Schreiben war zwar bestimmt
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worden, dass Belisar weiterhin den Oberbefehl innehabe und Narses ihm nunmehr unterstellt sei, jedoch wollte Narses sich dieser Bestimmung nicht fügen, indem er sich darauf berief, dass die Entscheidungen Belisars nicht zum Wohle des Reiches seien und er deshalb das Recht zum Widerspruch habe. Bei der Belagerung von Urbinum (dem heutigen Urbino) kam es schließlich zum offenen Streit. Während Belisar die Belagerung fortsetzte und die Stadt schließlich einnahm, zog Narses mit seinen Truppen ab und marschierte in die Region Aemilia, um dort weitere Gebiete für den Kaiser zu gewinnen. Die Einnahme von Urbinum geschah um die Wintersonnenwende, also etwa im Dezember des Jahres 538. Anschließend machte sich Belisar an die Belagerung von Urbibentus (dem heutigen Orvieto). Diese Stadt bot sich aufgrund ihrer Lage nicht gerade für eine Belagerung an, aber Belisar war zugetragen worden, dass die gotische Besatzung nur über unzureichende Lebensmittelvorräte verfügte. Dennoch zog sich die Belagerung über ein Jahr hin und blieb letzten Endes ohne Erfolg. Gegen Ende des Jahres 539 kam es im gesamten Kriegsgebiet Italien zu Hungersnöten, weil man sich im Laufe des Jahres nur eingeschränkt um Aussaat und Ernte hatte kümmern können und weil außerdem große Heere mit Proviant versorgt werden mussten. Es soll laut Prokop dabei sogar zu Fällen von Kannibalismus gekommen sein. Ende 539 ist auch die byzantinische Besatzung von Mailand unter Mundilas zur Aufgabe gezwungen, da kein Entsatz eintrifft. Die Byzantiner übergeben die Stadt an die Goten und die mit ihnen verbündeten Franken, die harte Vergeltung an der Bevölkerung Mailands üben. Damit hatten die Goten ganz Ligurien zurückgewonnen. Als Kaiser Justinian von der Rivalität zwischen den Feldherren Belisar und Narses erfuhr, berief er umgehend den Narses vom Kriegsschauplatz ab und bekräftigte noch einmal den Oberbefehl des Belisar. Im Frühjahr 540 begann Belisar mit den Vorbereitungen für die Einnahme Ravennas. Um sich für diese Operation den Rücken frei zu halten, wollte er zunächst die Städte Auximum
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(das heutige Osimo) und Faesulae (das heutige Fiesole) einnehmen, die noch unter gotischer Besatzung standen. Außerdem entsandte er eine Einheit an den Fluss Po, die dort ihr Lager aufschlagen und dadurch verhindern sollte, dass der Gote Uraias, der Neffe des Gotenkönigs Wittigis, mit seinem Heer unbemerkt von Mailand aus einfallen könne. Dann begann er mit der Belagerung von Auximum und Faesulae. In der Zwischenzeit war ein großes Heer der Franken unter ihrem König Theudibert in Ligurien einmarschiert. Bei Ticinum (dem heutigen Pavia) schlugen die Franken sowohl gotische als auch byzantinische Verbände. Anschließend erkrankten jedoch viele Franken an der Ruhr, sahen sich deshalb zum Rückzug gezwungen und kehrten in ihre Heimat zurück. Nach einiger Zeit der Belagerung und verlustreichen Kämpfen, und weil keine Hilfe aus Ravenna kam, gaben schließlich die gotischen Besatzungen von Auximum und Faesulae noch im Frühjahr 540 auf und übergaben diese Plätze an die Byzantiner. Nun zog das byzantinische Heer unter Belisar nach Ravenna, schloss die Stadt ein und nahm Verhandlungen mit Wittigis auf. Das gotische Heer des Uraias wurde derweil auf einem Nebenkriegsschauplatz, nämlich beim Kampf um einzelne Grenzfestungen in den Kottischen Alpen, mehr oder weniger aufgerieben. Jedenfalls war sein verbliebener Haufen nicht mehr stark genug, Ravenna Hilfe leisten zu können, und blieb in Ligurien. An den Verhandlungen zwischen Ostgoten und Byzantinern nahmen auch zwei Gesandte des Kaisers, nämlich die Senatoren Dominicus und Maximinus, teil, die die kaiserliche Vollmacht hatten, mit Wittigis einen Frieden zu schließen, der vorsah, dass die Goten die Gebiete nördlich des Po als eigene Herrschaft sowie den hälftig geteilten Königsschatz der Goten behalten dürfen, der andere Teil des Königsschatz sollte aber so wie die Gebiete südlich des Po an den oströmischen Kaiser Justinian fallen. Die Goten waren mit diesem Vorschlag einverstanden, aber Belisar weigerte sich, diesen Vertrag zu unterzeichnen. Er wollte ganz Italien für den Kaiser gewinnen und mit dem ungeteilten Königsschatz der Goten und deren König Wittigis als Gefan-
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genen triumphal in Konstantinopel einziehen, so wie dies nach dem Vandalenfeldzug der Fall gewesen war. Belisar hielt dieses Vorhaben für durchaus machbar. Als die Goten nun den Vorschlag ins Spiel brachten, Belisar könne doch als weströmischer Kaiser herrschen, dann würden sich ihm die Goten in Gänze unterwerfen, lehnte er diesen Vorschlag nicht sofort entschieden ab, sondern versuchte auf diplomatischem Wege Bedingungen der Kapitulation der Goten auszuhandeln, die ihm mehr zusagten. Prokop gibt sich alle Mühe, es so darzustellen, als ginge Belisar quasi zum Schein auf den gotischen Vorschlag ein und könne dadurch andere Kapitulationsbedingungen aushandeln, nämlich dass der ganze Königsschatz und der gefangene König Wittigis nach Konstantinopel überführt werden sowie dass ganz Italien, auch die Gebiete nördlich des Po, der kaiserlichen Verwaltung unterworfen werden. Am Ende erklären sich die gotischen Edlen mit diesen Bedingungen einverstanden, aber wohl immer noch in dem Glauben, dass Belisar weströmischer Kaiser werden würde, was dieser insgeheim natürlich weit von sich wies. Diese Verhandlungen und das empfindliche Thema des Kaisertums erregten anscheinend einiges Misstrauen bei etlichen der kommandierenden byzantinischen Offiziere, oder sie boten zumindest die Gelegenheit, den erfolgreichen, aber nicht bei allen beliebten Feldherren beim Kaiser zu verleumden. Der Kaiser jedenfalls berief, als er diese Dinge erfuhr, Belisar sofort aus Italien ab mit der Begründung oder unter dem Vorwand, dass er ihn an der persischen Front benötige. Belisar schiffte sich also mit seiner Beute, dem Königsschatz der Goten und deren gefangenen König Wittigis, nach Konstantinopel ein. Das war am Ende des Winters nach fünf Kriegsjahren, also etwa Ende März oder April des Jahres 540. In Konstantinopel wurde Belisar vom Kaiser freundlich empfangen, aber es wurde ihm kein Triumph gewährt wie noch nach seinem Sieg über die Vandalen. In Italien hatten die Goten inzwischen Ildibad zum neuen König gewählt, einen Neffen des Westgotenkönigs Theudis. Nach der Abreise Belisars scharte Ildibad besonders diejenigen
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Kräfte unter den Goten um sich, die sich mit dem Ende der Gotenherrschaft in Italien noch nicht abfinden wollten. Eine rigide kaiserliche Steuerpolitik und eine korrupte Verwaltung erleichterten diese Entwicklungen. Es kam auch wieder zu militärischen Konfrontationen zwischen Goten und Byzantinern. In einem solchen Gefecht bei Tarvisium (dem heutigen Treviso) konnte König Ildibad die byzantinischen Truppen des Vitalius, des Kommandeurs von Venetien, besiegen. In der Folge ließ König Ildibad zunächst Uraias, den Neffen des früheren Königs Wittigis, ermorden und wurde dann selbst bei einem Gastmahl von einem gepidischen Leibwächter enthauptet. Dies geschah am Ende des Winters nach sechs Kriegsjahren, also im März/April des Jahres 541. Nur fünf Monate lang hatte Erarich die Königswürde der Ostgoten inne, dann wurde er ermordet, und Totila, der Neffe des Ildibad, wurde zum neuen Gotenkönig gewählt. Totila griff von Anfang an die kriegerische Politik seines Onkels Ildibad wieder auf und begann eine Art »Befreiungskrieg« der Goten gegen die Byzantiner. Gefecht für Gefecht und Kastell für Kastell weitete er den Einflussbereich der Goten in Italien wieder beständig aus. Im Jahre 542 marschierte er südwärts nach Kampanien und Samnium, nahm ohne Mühe Benevent ein und belagerte Neapel. Seine Verbände streiften in Bruttium, Lukanien, Apulien und Kalabrien umher und zogen die dortigen Steuern, Zölle und sonstigen Abgaben ein. Als Reaktion darauf verstärkte der Kaiser die byzantinischen Kontingente in Italien mit neuen Truppen. Dennoch scheiterten alle Versuche eines Entsatzes von Neapel und im Frühjahr 543 wurde die Stadt an die Goten übergeben. Im Jahre 544 begannen die Goten dann mit der Belagerung von Hydrus (dem heutigen Otranto). In dieser Situation entschloss sich der Kaiser, den Feldherren Belisar, obwohl dieser an der persischen Front auch dringend gebraucht wurde, ein zweites Mal nach Italien zu entsenden. Da Belisar seine eigenen Truppen hatte in Persien lassen müssen, musste er zunächst in Thrakien neue Truppen anwerben. Dann setzte er in Begleitung des Heermeisters des
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Illyricum, Vitalius, nach Italien über und landete in Ravenna. Eine seiner ersten Maßnahmen war es, die notleidende Besatzung von Hydrus auszutauschen und durch frische Kräfte zu ersetzen sowie die Stadt mit Proviant zu versorgen. Dies geschah auf dem Seewege. Als die Goten aber die herannahenden byzantinischen Schiffe sahen, nahmen sie wohl an, weitere Truppen würden in die Stadt geschafft und die Besatzung verstärkt werden. Daher hoben sie die Belagerung von Hydrus ganz auf und zogen sich zurück. In den folgenden zwei Jahren folgten wechselvolle Kämpfe zwischen byzantinischen Truppen und den Goten unter Totila, wobei die Byzantiner zahlreiche feste Plätze hielten, sich aber nur selten hinauswagten, während die Goten durch das Land zogen und gelegentlich die eine oder andere Stadt manchmal ohne, manchmal mit Erfolg belagerten. Im Jahre 546 fiel den Goten dann sogar Rom in die Hände, das sie allerdings, nachdem sie die einheimische Bevölkerung aus der Stadt vertrieben und die Wehranlagen teilweise zerstört hatten, vollkommen unbewohnt zurückließen. Belisar allerdings besetzte Rom bald wieder und setzte die Wehranlagen notdürftig instand, so dass die Einwohner Roms wieder in ihre Wohnungen und Häuser zurückkehren konnten. Rasche und wütende Versuche der Goten, die Stadt wieder einzunehmen, scheitern am erbitterten Widerstand der Verteidiger. Am Ende des Winters und nach zwölf Kriegsjahren, also im März bzw. April 547, war Rom wieder fest in byzantinischer Hand. Auf Belisars vielfaches Drängen hin schickte der Kaiser weitere byzantinische Truppen zur Verstärkung nach Italien. In diesem Zusammenhang kommt in den »Gotenkriegen« des Prokop auch einmal Theodora ins Spiel, wenn dort nach dem Ende des Winters und des dreizehnten Kriegsjahres, also nach März bzw. April 548, folgendes berichtet wird10: »Zu dieser Zeit begab sich Antonina, die Gattin Belisars, nach Byzanz, um die Kaiserin zu bitten, es möchten für die Kriegführung mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden. Doch war die Kaiserin Theodora schon an einer Krankheit gestorben, nachdem sie 21 Jahre und drei Monate ihre hohe Würde bekleidet hatte.«
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Das führt uns in die Zeit nach dem 28. Juni 54811. In dieser Zeit setzten sich die zahlreichen und wechselvollen Gefechte fort, die beiden Seiten hohe Verluste abverlangten. Antonina soll bei dem besagten Besuch in Konstantinopel dann Kaiser Justinian gebeten haben, ihren Mann Belisar – vielleicht aus gesundheitlichen Gründen – aus Italien abzuberufen. Der Kaiser habe dieser Bitte dann auch entsprochen. Kurze Zeit nachdem Belisar abberufen worden und nach Konstantinopel zurückgekehrt war, nahm Totila mit seinem Gotenheer die Belagerung Roms wieder auf. Im Jahre 549 gelang ihm nochmals die Einnahme der Stadt unter Mithilfe bestechlicher isaurischer Wachmannschaften, die ihm heimlich die Tore öffneten. Im Anschluss bemühte sich Totila durch eine Gesandtschaft um die Anerkennung seiner Herrschaft durch Justinian, doch wurde diese weiterhin konsequent verweigert. Nicht einmal die Gesandten wurden vom byzantinischen Kaiser empfangen. In der Folge nahm Totila Regium (das heutige Reggio di Calabria) ein und durchzog und verwüstete Sizilien. Nach einigem Hin und Her bestellte Justinian schließlich seinen Neffen Germanus zum neuen Feldherren in Italien mit unbeschränkten Vollmachten und stellte ihm beträchtliche Geldmittel zur Verfügung. Germanus gelang es, damit ein schlagkräftiges Heer aufzustellen und auszurüsten. Weiterhin heiratete er in zweiter Ehe Matasuntha, die Witwe des Ostgotenkönigs Wittigis, Tochter der Amalasuntha und Enkelin Theoderichs, die aus dem amalischen Königsgeschlecht stammte. Damit brachte er die Goten zum Teil in eine gewisse Verlegenheit, was die Rechtmäßigkeit ihres künftigen Kampfes gegen ihn und damit auch gegen Matasuntha betraf. Dazu kam es allerdings gar nicht mehr, weil Germanus noch in Dalmatien überraschend erkrankte und verstarb. Dies geschah nach dem Ende des Winters und des fünfzehnten Kriegsjahres, also nach März bzw. April des Jahres 550. Kaiser Justinian übergab das Kommando über das marschbereite Heer zunächst dem Johannes, einem Schwager des Germanus, und Justinian, einem der Söhne des Germanus.
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Weil es schon spät im Jahr war, bezogen diese zunächst Winterquartier in Salonae (Split), wo sie den Winter 550/ 551 verbrachten. Im Frühjahr 551, als der Abmarsch des byzantinischen Invasionsheeres unmittelbar bevorstand, setzte Kaiser Justinian den Eunuchen Narses zum obersten Feldherren von Italien mit unbeschränkten Vollmachten ein. Narses war bereits früher, zurzeit von Belisars erstem Feldzug, in Italien gewesen. Das Heer des Narses blieb aber vorerst noch in Thrakien gebunden, weil die Hunnen dort eingefallen waren. In einem Seegefecht vor dem von den Goten belagerten Ancona erfochten die Byzantiner einen glänzenden Sieg und zerstörten praktisch die gesamte gotische Kriegsflotte. Die Goten zogen daher ihr Belagerungsheer vor Ancona ab und gaben die Stadt frei. Auf der einen Seite konnten die Byzantiner auf Sizilien weitere feste Plätze einnehmen und fast die ganze Insel in ihre Gewalt nehmen, auf der anderen Seite verloren sie aber Korsika und Sardinien an die Goten. Erst im Frühjahr 552 konnte Narses nach Italien aufbrechen. Der Gotenkönig Totila ließ die Küsten und Landungsplätze in Italien engmaschig bewachen, weil er damit rechnete, dass das gewaltige Heer des Narses aufgrund des Fehlens einer ausreichend großen Invasionsflotte in kleinen Gruppen nacheinander über die Adria setzen und in Italien landen werde. Diese Gruppen könnte das Gotenheer dann jeweils einzeln vernichten. Aus diesem Grunde führte Narses aber das gesamte Heer auf dem Landweg durch Venetien nach Italien und ließ es entlang der Marschroute um die nördliche Adria vor der Küste von einer Flotte begleiten, die beim Übersetzen über die zahlreichen Flußmündungen hilfreich wäre. Auf diese Weise erreichte er mit seinem Heer zunächst Ravenna und durchbrach wenig später die gotische Sperre bei Ariminum. Nun lag der Weg nach Rom offen vor ihm und seinem Heer. Als der Gotenkönig Totila dies erfuhr, zog er den Byzantinern von Rom aus entgegen. Beide Heere trafen im Apenningebirge bei Bustagallorum in der Nähe von Taginae (Perugia) aufeinander. Am 30. Juni oder 1. Juli des Jahres 552 standen sich dort 30 000
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Byzantiner und Foederaten und etwa 20 000 Goten und zu den Goten übergelaufene Legionssoldaten gegenüber. Laut Prokop waren die Byzantiner unter Narses nicht nur zahlenmäßig überlegen, sondern auch hinsichtlich ihrer Bewaffnung, Disziplin und Kampferfahrung. Die gotische Reiterei preschte im Sturm auf die byzantinischen Stellungen zu und wurde dabei bereits von den auf beiden Flanken postierten byzantinischen Bogenschützen stark dezimiert, ehe sie überhaupt die byzantinischen Linien erreichten. Bei ihrem Rückzug, der panisch und planlos erfolgte, ritten die gotischen Reiter direkt in das hinter ihnen postierte gotische Fußvolk und trampelten mit ihren Pferden die eigenen Leute nieder. Nun wandte sich das gesamte gotische Heer zur planlosen Flucht, im Pfeilhagel der byzantinischen Bogenschützen und dicht verfolgt von byzantinischen Heeresverbänden, die sich die Panik zunutze machten und alle Goten niederhieben, die nicht schnell genug waren. In dieser Schlacht oder auf der anschließenden Flucht kam auch der Gotenkönig Totila ums Leben. Über den genauen Hergang seines Todes gab es, so kann man Prokops Bericht entnehmen, bereits zu Prokops Zeiten verschiedene Versionen: Entweder wurde er während der Schlacht unabsichtlich von einem verirrten Pfeil getroffen oder auf der Flucht vom Speer eines Verfolgers. Die Goten, die der Schlacht bei Bustagallorum hatten entkommen können, flohen nach Norden bis über den Fluss Po, wo sie sich sammelten und Teja zu ihrem neuen König wählten. Unterdessen nahmen byzantinische Verbände nach und nach weitere italienische Städte ein; so fielen alsbald Narnia (Narni), Spoletium (Spoleto) und Perusia (Perugia) an den Kaiser. Narses marschierte mit dem Hauptheer nach Rom und konnte die Stadt nach kurzer Zeit einnehmen. Totila hatte den größten Teil des gotischen Königsschatzes nach Cumae (Cuma) in Kampanien bringen lassen und in der dortigen Festung unter starke Bewachung gestellt. Narses wusste davon und marschierte mit seinem Heer nach Kampanien, um die Festung einzunehmen und den Königsschatz zu erbeuten. Teja aber wollte dies verhindern und zog mit seinem
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Gotenheer ebenfalls nach Kampanien. Dort begegneten sich die feindlichen Heere in der Nähe des Vesuv und lagerten einander gegenüber auf beiden Ufern des Flusses Drakon. Schließlich kam es zur entscheidenden Schlacht am Mons Lactarius (dt.: Milchberg), in der die Goten erneut geschlagen wurden und in der nach heldenhaftem Kampf auch ihr letzter König Teja den Tod fand. Nach verbissenem Kampf nahm man schließlich Verhandlungen auf, in denen die Goten freien Abzug aus Italien in germanische Stammesgebiete unter Mitnahme ihrer Wertsachen aushandeln konnten. Der Königsschatz in Cumae aber fiel an die Byzantiner. Dieser endgültige Sieg über die Goten ereignete sich im Sommer des Jahres 553. Damit war auch Italien für das Reich zurückgewonnen.
5.4
Der schwelende Konflikt mit Persien
Mit den Auseinandersetzungen und Kriegen an der Grenze zum persischen Großreich hatte Kaiser Justinian einen militärischen Konflikt geerbt, der auf eine lange und vielschichtige Tradition zurückblickte. Am 1. August des Jahres 527, als Justinian seine Alleinherrschaft antrat, befand sich das Reich bereits wieder im Krieg mit Persien12. Justinian ernannte den Feldherren Belisar zum neuen Oberbefehlshaber des Ostens (magister militum per Orientem) und betraute ihn mit dem Krieg gegen Persien. Sogleich entspannen sich heftige Kämpfe um die byzantinische Grenzfestung Daras, die die Perser nur zu gern eingenommen hätten, da sie von größter strategischer Bedeutung war. Mit einem großen Heer zog der persische Feldherr Perozes gegen die Stadt. In der nun folgenden Schlacht errangen die zahlenmäßig unterlegenen Byzantiner und ihre Verbündeten unter ihrem Feldherrn Belisar vor allem durch Disziplin und Taktik einen überwältigenden Sieg. Der persische Großkönig Kabades entsandte daraufhin ein weiteres Heer unter dem Feldherren Mermeroes in die persischen Gebiete Armeniens (nach Persarmenien). Dieses Heer
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hatte den Befehl, in die byzantinischen Gebiete Armeniens einzufallen. Die Byzantiner unter ihrem Befehlshaber Sittas, dem magister militum per Armeniam13, kamen dem jedoch zuvor und griffen die Perser in ihrem Lager an. Beide Seiten, besonders aber die zahlenmäßig weit überlegenen Perser erlitten in diesen Kämpfen große Verluste und zogen sich anschließend auf persisches Gebiet zurück. Verhandlungen zwischen byzantinischen Gesandten und dem persischen Großkönig Kabades, die im Sommer des Jahres 530 stattfanden, blieben aufgrund überzogener persischer Forderungen14 ohne Ergebnis. Daher fiel auch im kommenden Frühjahr 531 erneut ein persisches Heer unter dem Feldherren Azarethes und verbündete sarazenische Truppen unter Alamundaros in das byzantinische Territorium ein, und zwar nach Kommagene. Belisar zog ihnen mit einem byzantinischen Heer und verbündeten sarazenischen Truppen unter Arethas entgegen und zwang die Perser zur Umkehr. Anschließend folgte er dem abziehenden persischen Heer im Abstand von einem Tagesmarsch. Schließlich trafen sie am Ufer des Euphrat, gegenüber der Stadt Kallinikos, auf die Feinde. Gegen den Willen Belisars kam es nun doch zur Schlacht, die die Perser nur unter großen Verlusten für sich entscheiden konnten. Der persische Großkönig Kabades war darüber keineswegs begeistert, und der Feldherr Azarethes fiel daraufhin in Ungnade. Auch Belisar wurde nach dieser Niederlage von der persischen Grenze abberufen und nach Konstantinopel einbestellt. Der Oberbefehl an der Ostfront wurde dem bereits erwähnten Sittas, Oberbefehlshaber von Armenien, übertragen. Jedenfalls war Belisar Anfang 532 in Konstantinopel maßgeblich an der blutigen Niederschlagung des Nika-Aufstandes beteiligt. Im Sommer 533 wurde er wie bereits erwähnt dann mit einem Heer nach Nordafrika gegen die Vandalen ausgeschickt. Kurz darauf erkrankte der persische Großkönig Kabades und verstarb schließlich. Zuvor hatte er noch seinen Sohn Chosroes testamentarisch zu seinem Nachfolger auf dem persischen Thron erklärt. Mit diesem trat nun Kaiser Justinian
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in Friedensverhandlungen. Nach langen und zähen Verhandlungen und unter großen Zugeständnissen der Byzantiner – unter anderem wurde die Zahl der in Daras stationierten Truppen stark reduziert, gegenseitige Eroberungen wurden zurückerstattet, und es wurden hohe Tributzahlungen des Kaisers an den persischen Großkönig vereinbart – wurde schließlich im Jahre 532 ein »Ewiger Friede« geschlossen. In den folgenden Jahren kam es nicht zu militärischen Auseinandersetzungen an der persischen Grenze. Nach der Darstellung des Prokop in den »Perserkriegen« soll der persische Großkönig Chosroes aber nach der Eroberung des Vandalenreiches durch die Byzantiner, also nach März 534, Gesandte nach Konstantinopel geschickt haben, die seinen Anteil an der Beute des Afrikafeldzuges forderten. Denn ohne den Frieden mit den Persern hätten die Byzantiner den Krieg mit den Vandalen niemals gewinnen können. Justinian soll den Gesandten Geld geschenkt und sie wieder in ihre Heimat entlassen haben. Dennoch gab es immer wieder Spannungen zwischen den beiden großen Reichen. So soll sich etwa auch der Gotenkönig Wittigis, also zwischen 536 und 540, an den persischen Großkönig Chosroes gewandt haben, um die Perser zum Krieg gegen Byzanz zu veranlassen. Schließlich fasste der persische Großkönig Chosroes nach eingehender Beratung mit den persischen Edlen im Herbst 539 den Entschluss, den »Ewigen Frieden« zu brechen. Im Frühjahr 540 marschierte er mit seinem Heer auf byzantinisches Gebiet gegen Syrien und Kilikien, rückte bis vor Zenobia vor und eroberte die Stadt durch eine List. Er ließ Zenobia plündern und zerstören, um Angst und Schrecken zu verbreiten, und erpresste im Anschluss von verschiedenen Städten und festen Plätzen der Region Geldbeträge in Silber und Gold. Dann marschierte er, ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen, nach Antiocheia am Orontes. Dort angekommen, begann er mit der Belagerung der Stadt. Der zunächst erbitterte Widerstand der dort stationierten Soldaten und der Einwohner brach jedoch bald zusammen, die Perser konnten mit ihren Sturm-
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leitern die Brustwehren erklimmen und ermöglichten zunächst der byzantinischen Besatzung der Stadt die Flucht. Anschließend nahmen sie die Stadt ein. Antiocheia wurde geplündert, die Einwohner versklavt und nach Persien verschleppt. Schließlich wurde die Stadt in Brand gesteckt und zerstört. In der Folge erpresste Chosroes mit dem persischen Heer auf dem Rückmarsch durch Nordsyrien und Mesopotamien weitere hohe Geldsummen sowie wertvolles Kirchengerät, anderes Edelmetall und sonstige Wertgegenstände von den dortigen Städten, unter anderem von Apameia, Edessa und auch Daras. Zurück in Persien, siedelte der Großkönig die zahlreichen gefangenen Antiochener in einer von ihm eigens zu diesem Zweck gegründeten und nach ihm benannten Stadt nahe Ktesiphon (Seleukia am Tigris) an. Er nannte die Stadt »das Antiocheia des Chosroes« (bzw. Chosroantiocheia) und ließ wohl verschiedene Wahrzeichen des originalen Antiocheia, das er ja hatte zerstören lassen, in dieser Stadt modellhaft nachbauen; die verschleppten Antiochener betrachtete er als seine persönlichen Sklaven, die einen privilegierten Status genossen. Dann zog der Großkönig weiter nach Lazika, dem früheren Kolchis, und eroberte dort die byzantinische Festung Petra und die umliegenden Gebiete. Inzwischen war der byzantinische Feldherr Belisar in Daras eingetroffen und hielt dort Kriegsrat mit seinen Unterfeldherren. Gemeinsam beschloss man den Angriff auf persisches Territorium, zunächst gegen die Stadt Nisibis. Zwar kam es zu einem Geplänkel vor Nisibis, die Stadt selbst konnte aber angesichts ihrer starken Befestigung und guten Besatzung nicht eingenommen werden. Belisar zog weiter und konnte die Stadt Sisauranon nach einiger Zeit der Belagerung durch Verhandlungen einnehmen. Von Sisauranon aus schickte er die sarazanischen Foederaten unter Arethas sowie ein byzantinisches Kontingent in die persischen Gebiete jenseits des Tigris um dort zu plündern und zu verwüsten. Als er von diesen Einheiten in der Folge längere Zeit keine Nachricht erhielt und außerdem viele seiner Soldaten infolge der großen Hitze erkrankten,
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beschloss er den Rückzug auf byzantinisches Gebiet. Den Winter 540/41 verbrachte Belisar in Konstantinopel. Im folgenden Frühjahr 541 unternahm Chosroes, der inzwischen aus Lazika zurückgekehrt war, zunächst erneut einen Einfall nach Nordsyrien. Belisar aber zog bei Europos am Euphrat sein Heer aus Byzantinern und Foederaten zusammen. Als der persische Großkönig dies erfuhr, schickte er zunächst einen Unterhändler zum Lager der Byzantiner, um die Lage zu sondieren. In den Verhandlungen gelang es Belisar, die persische Gesandtschaft mit den Mitteln der Diplomatie zu beeindrucken, so dass der Großkönig sich im Anschluss nach Persien zurückzog, von wo aus er die Verhandlungen fortsetzte, die sich bis zum Herbst hinzogen. Zum Winter wurde Belisar von Kaiser Justinian wiederum nach Konstantinopel einbestellt. Im Jahre 542 erreichte die Pest, die sich von Ägypten ausgehend zunächst im östlichen Mittelmeerbecken und später auch darüber hinaus ausbreitete, die Hauptstadt des Byzantinischen Reiches, Konstantinopel. Dort erkrankte sogar der Kaiser Justinian persönlich. Dann breitete die Seuche sich aber über Armenien auch nach Persien aus, so dass die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Byzanz und dem Perserreich zwangsläufig vorübergehend mehr oder weniger zum Erliegen kamen. Schließlich glaubten aber doch die Byzantiner, aus dieser Situation Kapital schlagen zu können. Unter verschiedenen Feldherren – Belisar war nicht dabei – marschierten sie in Persarmenien ein und griffen die dort stationierten persischen Truppen an, erlitten jedoch eine schwere Niederlage gegen die Perser unter ihrem Kommandeur Nabedes, die ihre zahlenmäßige Unterlegenheit durch kluge Ausnutzung der Gegebenheiten des Geländes und taktisches Geschick wettmachten. Im Jahre 543 entschloss sich daher der persische Großkönig Chosroes zu seinem vierten großen Feldzug gegen Byzanz. Im Verlaufe dieses Feldzuges belagerte er längere Zeit die Stadt Edessa, konnte sie jedoch nicht einnehmen. Nach Verhand-
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lungen und hohen Lösegeldzahlungen durch die Einwohner von Edessa zog das persische Heer schließlich ab. Nach einigen kleineren Geplänkeln in Lazika und sonstiger relativer Waffenruhe in der Folgezeit gelang es Kaiser Justinian im 19. Jahr seiner Regierung, also zwischen April 545 und März 546, gegen byzantinische Zahlungen in Höhe von 20 Kentenaria (640 kg) Gold einen 5-jährigen Frieden mit dem persischen Großkönig auszuhandeln. Drei Jahre nach diesem Friedensschluß, also wohl 548, wurden jedoch die Kämpfe um Lazika wieder aufgenommen und 549 in verschärfter Form fortgeführt. Mit diesen Ereignissen endet der Bericht Prokops über die »Perserkriege«15, der an anderer Stelle, nämlich in einem exkursreichen Abschnitt innerhalb der »Gotenkriege« lose fortgesetzt wird16. Da Theodora jedoch bereits 548 gestorben war, stehen die nun folgenden Ereignisse in keinerlei Zusammenhang mehr mit der Kaiserin. Daher können wir sie hier außer Acht lassen.
5.5
Theodora und die Restitutio Imperii
Welche Rolle spielte nun Theodora im Rahmen der justinianischen Restitutio Imperii? Darüber lasst sich nicht viel und mit Sicherheit sagen. Es ist wahrscheinlich, dass sie den Plänen ihres Mannes und Kaisers in den allermeisten Fällen loyal und unterstützend gegenüberstand, also wohl auch im Falle seiner militärischen Unternehmungen. Es ist allerdings weniger wahrscheinlich, dass sie in diese Dinge stark involviert war oder gar in irgendeiner Weise als Initiatorin betrachtet werden kann. Es gibt allerdings auch einen vereinzelten Hinweis auf die potentielle Möglichkeit einer tatsächlichen Intervention ihrerseits, wenn nämlich in den »Gotenkriegen« zum Jahre 548 berichtet wird, dass Antonina, die Frau des Feldherren Belisar, sich an Theodora mit der Bitte um Truppenverstärkungen in Italien habe wenden wollen, sie habe diese aber nicht mehr angetroffen, weil sie inzwischen verstorben war. Dies zeigt, dass
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es zumindest prinzipiell möglich war, dass die Kaiserin auch in diesen militärischen Fragen bisweilen eigene Entscheidungen traf und Befehle erteilte. Wie häufig sie allerdings von dieser Möglichkeit tatsächlich Gebrauch machte, wissen wir nicht. Es ist auch vermutet worden, dass Theodora während der Pestepidemie von 542 und der Erkrankung des Kaisers das militärische Oberkommando an beiden byzantinischen Fronten, also in Italien und in Persien, innegehabt habe. Dies scheint zwar denkbar, bleibt aber trotzdem eine reine Vermutung, denn konkrete Hinweise darauf gibt es nicht.
6
Das Ende
6.1
Krankheit und Tod
Einige Zeit vor ihrem Tod erkrankte Theodora. Sie war zu diesem Zeitpunkt an die 50 Jahre alt. Über diese Krankheit verlautet in den byzantinischen Quellen nur sehr wenig. Bei unserem wichtigsten Zeugen, nämlich Prokop, wird lediglich der Umstand, dass sie an einer Krankheit verstarb, in den »Gotenkriegen« sozusagen nebenher vermerkt1. Die byzantinischen Chroniken verzeichnen nur ihren Tod. In der zeitgenössischen Chronik des Ioannes Malalas heißt es beinahe lakonisch2:»Und am 29. dieses Monats (sc. des Juni), in der 10. Indiktion, verschied die Augusta Theodora.« Die spätere Chronik des Theophanes berichtet zwar etwas genauer, aber nicht wesentlich ausführlicher3: »In demselben Jahr, im Monat Juni, in der 11. Indiktion, entschlief in frommer Weise die Basilissa Theodora.« Nur in der ebenfalls etwa zeitgenössischen lateinischen Chronik des Victor, Bischof von Tunnuna in Nordafrika, wird die todbringende Krankheit näher bezeichnet. Nach Aussage dieser Quelle sei Theodora an Krebs (canceris plaga) gestorben, der ihren ganzen Körper befallen und zu einem unnatürlichen Tod geführt habe4: »Nachdem die Augusta Theodora, die Gegnerin des Konzils von Chalkedon, vom Elend des Krebses am ganzen Körper befallen war, hat sie ihr Leben auf unnatürliche Weise5 beendigt.« Angesichts dieser insgesamt eher dürftigen Quellenlage und der spärlichen Informationen über die Erkrankung, die zum Tod der Theodora führte, ist über diese Frage erstaunlich viel diskutiert und vor allem spekuliert worden6. Insbesondere hat
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man verschiedentlich versucht, ihre Erkrankung in irgendeiner Weise mit ihrem Vorleben als Prostituierte in Verbindung zu bringen. So hat man den recht eindeutigen Krebs (cancer) des Victor von Tunnuna auch als eine Gangrän deuten wollen und hatte dabei wohl vornehmlich die gangraena acuta genitalium im Sinn, die gangränöse Entzündung (das »fressende Geschwür«) der Geschlechtsorgane. Oder man hat zumindest die Krebserkrankung in der Körperregion des Unterleibs vermuten wollen. Alle diese Interpretationen und Spekulationen entbehren jedoch einer konkreten Quellengrundlage! Wir verfügen lediglich über die Nachricht des Victor von Tunnuna, dass Theodora an Krebs erkrankte, und zwar am ganzen Körper, und daran schließlich starb. Offenbar hatte sie also zahlreiche und verschiedenartige Metastasen entwickelt, so dass der Eindruck entstehen konnte, sie sei »am ganzen Körper« erkrankt. Der Sitz des primären Tumors ist jedoch nicht bekannt und war möglicherweise auch mit den damaligen Mitteln der medizinischen Diagnostik gar nicht auszumachen. Die Möglichkeiten der Primärerkrankung bleiben also sehr vielfältig. Fest steht dagegen, dass Theodora schließlich im Alter von etwa 50 Jahren verstarb7. Auch im Hinblick auf den Zeitpunkt des Todes der Theodora weisen die überlieferten Quellen wieder leichte Differenzen und Ungenauigkeiten auf: Zunächst notiert die Chronik des Ioannes Malalas, wie wir gesehen haben, ihren Tod am 29. Juni, in der 10. Indiktion, dem Zeitraum vom 1. September 546 bis zum 31. August 547. Malalas bestätigt den Tag auch kurz darauf noch einmal, wenn er die Einweihungsfeierlichkeiten der Apostelkirche, die Justinian hatte renovieren lassen und in der Theodora schließlich an ihrem zweiten Todestag ihre letzte Ruhe fand, ebenfalls auf einen 29. Juni setzt. Die Chronik des Theophanes hat dagegen nur den Monat Juni und die 11. Indiktion, also den Zeitraum vom 1. September 547 bis zum 31. August 548. Große Bedeutung hat man in diesem Zusammenhang Prokop beigemessen, der in seinen »Gotenkriegen« den Tod der Theodora vermerkt und bei dieser Gelegenheit folgendes fest-
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Das Ende
stellt8:»Doch war die Kaiserin Theodora schon an einer Krankheit gestorben, nachdem sie 21 Jahre und drei Monate ihre hohe Würde bekleidet hatte.« Prokop rechnet zweifellos den Zeitraum vom April 527, der Mitkaiserkrönung Justinians, bis zu ihrem Tod und kommt damit in den Juni des Jahres 548. Prokop bestätigt also durch die Angabe der Amtsdauer der Theodora die Angabe ihres Todesjahres in der 11. Indiktion bei Theophanes und lässt somit die chronologischen Angaben bei Theophanes insgesamt vertrauenswürdiger erscheinen als die bei Ioannes Malalas. Folglich können wir uns auch in Bezug auf den Todestag eher auf Theophanes verlassen als auf Ioannes Malalas. Theophanes erwähnt zwar anlässlich der Erwähnung des Todes der Theodora kein Datum, dafür aber bei der feierlichen Einweihung der Apostelkirche, die, darüber ist man sich im Grunde einig, am zweiten Todestag der Theodora stattfand9: »Im Monat Juni, am 28. Tag, einem Dienstag, fand die Weihe der Apostelkirche statt und die Niederlegung der heiligen Reliquien des Andreas, des Lukas und des Timotheos, der Apostel. Bischof Menas machte eine Prozession mit den heiligen Reliquien, bei der er einer goldenen kaiserlichen und mit Edelsteinen geschmückten Kutsche saß und die drei Reliquiare der heiligen Apostel auf seinen Knien hielt. Und auf diese Art und Weise fand die Kirchweihe statt.«
Aus all dem ergibt sich als Todestag der Theodora der 28. Juni des Jahres 548.
6.2
Beisetzung und Grabstätte
Sind die Mitteilungen über die Umstände ihres Todes bereits sehr spärlich, so fehlen die Nachrichten über die Beisetzung der Theodora zunächst völlig. Weder der Ort noch der Zeitpunkt ihrer Bestattung, die vermutlich in der ersten Hälfte des Monats Juli des Jahres 548 erfolgte, wird von den Chroniken und sonstigen Quellen einer Erwähnung für wert gehalten.
Beisetzung und Grabstätte
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Es ist jedoch äußerst wahrscheinlich, dass sie in der offiziellen Grablege der byzantinischen Kaiser und Kaiserinnen, dem Komplex der Apostelkirche in Konstantinopel bestattet wurde, auch wenn die unter Justinian in Angriff genommene Renovierung und Erweiterung dieser Kirche zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen war. Die Darstellung dieser Renovierung und Erweiterung durch Prokop in seinen »Bauten« darf man dabei wieder einmal nicht allzu wörtlich nehmen10:
Abb. 12: Man erkennt die basilikale Grundform mit der eingeschriebenen Kreuzkuppelkirche sowie das kaiserliche Mausoleum, das zirkulare sogenannte Heroon Konstantins aus dem 4. Jahrhundert.
»Aus hoher Verehrung für sämtliche Apostel tat Justinian weiterhin folgendes: Diese besaßen zwar schon seit alters in Byzanz eine Kirche, doch war diese durch die Länge der Zeit baufällig und drohte bald einzustürzen. Kaiser Justinian riss sie nun ab und ließ sich nicht nur ihren vollständigen Neubau, sondern auch eine angemessene Vergrößerung und Verschönerung angelegen sein.«
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Das Ende
Prokop möchte hier die Leistung des Kaisers natürlich möglichst groß erscheinen lassen und erklärt daher das Vorgängerbauwerk für völlig verfallen und ruinös und lässt Justinian somit praktisch – und sagt dies ja auch expressis verbis – einen Neubau durchführen. Tatsächlich ist das aber völlig ausgeschlossen. Der Komplex der Apostelkirche im Herzen der Hauptstadt Konstantinopel hatte den byzantinischen Kaisern seit Kaiser Konstantios (reg. 337 – 361), der hier als ersten seinen Vater, Konstantin den Großen beisetzen ließ, bis in die justinianische Zeit ununterbrochen als kaiserliche Grablege gedient. Es ist völlig unvorstellbar, dass man dieses Bauwerk hätte verfallen lassen. Wir dürfen daher Prokops Mitteilung nicht für bare Münze nehmen. Das Bauwerk war sicherlich einigermaßen intakt und funktionstüchtig, wenn auch möglicherweise inzwischen erneuerungsbedürftig und zu klein geworden für die vielen kaiserlichen Grabstätten, als Justinian seine Renovierung und Erweiterung in Angriff nahm. Im sogenannten Zeremonienbuch des Kaisers Konstantinos VII. Porphyrogennetos aus dem 10. Jahrhundert findet sich eine genauere Beschreibung der kaiserlichen Grablege im Komplex der Apostelkirche11. Nach dieser Beschreibung gab es insgesamt vier Orte im Komplex der Apostelkirche, die als kaiserliche Grabstätten dienten. Da waren einmal zwei Mausoleen, also Gebäude, die ausschließlich als Grablege dienten und sich wohl im Norden an die Apostelkirche anschlossen und mit dieser verbunden waren. Dies war einmal das sogenannte Heroon (= Kultbau) Konstantins des Großen, ein kreisrundes Gebäude, das von diesem im 4. Jahrhundert errichtet worden war, und in dem dieser auch beigesetzt war. Zum anderen das kreuzförmige, eben von Kaiser Justinian errichtete sogenannte Heroon Justinians. Neben diesen reinen Grabgebäuden dienten aber auch zwei »Hallen« (Stoai) im Süden und im Norden der Apostelkirche als kaiserliche Grabstätten. Dabei dürfte es sich entweder um die im Süden und Norden gelegenen Kreuzesarme der Kreuzkuppelkirche handeln oder um die Seitenschiffe des zentralen dreischiffigen basilikalen Baukörpers.
Beisetzung und Grabstätte
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Abb. 13: Byzantinische Kaisersarkophage aus Porphyr, dessen Verwendung dem Kaiser vorbehalten war. Sie befinden sich heute im Innenhof des Archäologischen Museums Istanbul. Vgl. dazu N. Asutay-Effenberger – A. Effenberger, Die Porphyrsarkophage der oströmischen Kaiser, Wiesbaden 2006 (Spätantike – Frühes Christentum – Byzanz. Kunst im ersten Jahrtausend; Reihe B: Studien und Perspektiven, Bd. 15).
Theodora wurde wohl als erste Kaiserin selbstverständlich in dem neu errichteten Heroon Justinians in einem Sarkophag aus hierapolitanischem Marmor (aus Hierapolis stammend) beigesetzt, sobald dies eben fertiggestellt war. In jedem Falle dürfte feststehen, dass sie zwei Jahre später, am 28. Juni 550, bei der feierlichen Einweihung der frisch renovierten Apostelkirche dort ihre letzte Ruhestätte gefunden hatte. Wie wir oben bereits gesehen haben, befand sich ihr Grab auch am 11. August 559 dort, als Kaiser Justinian auf seinem Adventus nach dem Sieg über die Kutriguren an der Apostelkirche Station machte, um das Grab seiner verstorbenen Frau zu verehren. Auch in der Mitte des 10. Jahrhunderts war das Grab der Theodora nach Aussage des Zeremonienbuches des Konstantinos Porphyrogennetos noch im Heroon Justinians an der Apostelkirche – jetzt neben dem Sarkophag ihres Mannes Justinian – anzutreffen.
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Das Ende
Bereits die Teilnehmer des 4. Kreuzzuges vom Jahre 1204 hatten die kaiserlichen Gräber im Komplex der Apostelkirche geplündert, darunter auch das Grab des Kaisers Justinian und wohl auch das der Theodora. Einige Zeit nach der Eroberung Konstantinopels durch die osmanischen Türken unter Sultan Mehmet II. Fatih im Jahre 1453 wurde der Komplex der Apostelkirche abgerissen und an seiner Stelle die FatihMoschee errichtet, in der Mehmet II. auch begraben wurde12. Vom Grab der Theodora selbst sind daher keinerlei Spuren erhalten.
7
Nachleben und Rezeption
7.1
Die bildliche(n) Darstellung(en)
Bereits Richard Delbrueck hatte den weiblichen Kopf einer marmornen Statue, der im Museo d’Arte Antica im Castello Sforzesco in Mailand erhalten ist, und von dem sich auch eine Kopie im Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz befindet, mit Theodora identifiziert. Diese Identifizierung wird oft und gern übernommen1. Sie beruht allerdings nur auf stilistischen Kriterien, die eine Datierung des Kopfes in die Spätantike nahelegen. Sicher ist auf der Grundlage des erkennbaren Kopfschmucks bzw. der kaiserlichen Insignien lediglich, dass es sich um eine Kaiserin handeln muss. Es kommen daher noch eine ganze Reihe anderer Frauen im Zeitraum vom 4. bis zum 6. Jahrhundert in Frage. Auch bieten in diesem Zusammenhang Vermutungen hinsichtlich des Aussehens der Theodora bzw. des kaiserlichen Kopfes kein tragfähiges Fundament. Es ist allerdings sehr gut möglich und in gewisser Weise sogar relativ wahrscheinlich, dass es sich bei dem Porträt tatsächlich um den Kopf der Theodora handelt, aber es ist eben nicht einwandfrei gesichert2. Daher ist die einzige gesicherte bildliche Darstellung der Theodora, über die wir verfügen, das Mosaik im unteren Apsisgewände in der Kirche San Vitale in Ravenna, das sie neben ihrem Mann Justinian als Stifterin dieses Bauwerks zeigt. Während der Kaiser dem Bischof von Ravenna, Maximianus, eine Patene, eine Abendmahlsschüssel, darbringt, überreicht sie ein Poterion, einen Abendmahlskelch. Das kaiserliche Paar überbringt also die beiden wichtigsten Stücke des Kirchenschatzes, nämlich die wertvollen Gefäße für die eucharistischen
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Nachleben und Rezeption
Abb. 14: Kopf einer spätantiken Kaiserin, der unter anderem Theodora zugewiesen wurde. Dies ist jedoch nicht wirklich erwiesen.
Gaben Brot und Wein. Theodora ist größer dargestellt als ihre Begleitung, obwohl sie in Wirklichkeit wohl eher zierlich war, und strahlt Erhabenheit und Würde aus. Sie ist im edelsten kaiserlichen Ornat und mit Nimbus abgebildet. Das Meisterwerk von Ravenna bietet keine realistische Darstellung, sondern stellt vor allen Dingen den Glanz und die Würde des Kaisertums heraus. San Vitale wurde im Jahre 547 geweiht, also nicht allzu lange vor dem Tod der Theodora.
7.2
Die Verehrung in der Kirche
Die byzantinischen Kaiser und gegebenenfalls auch die Kaiserinnen genossen in der Regel, sofern sie nicht als Häretiker betrachtet wurden wie etwa die ikonoklastischen Kaiser der syrischen Dynastie, Leon III., Konstantinos V. und Leon IV. im 8. Jahrhundert, nach ihrem Tode eine liturgische Verehrung in
Die Verehrung in der Kirche
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der Kirche. Zu diesem Zwecke wurde während des Gottesdienstes ihr Gedenken (griech.: Mneme) verlesen, und sie wurden als fromm und heilig gepriesen. Die verstorbenen, frommen und rechtgläubigen (= orthodoxen) byzantinischen Kaiser wurden also nach ihrem Tode als Heilige zumindest im Patriarchat von Konstantinopel betrachtet und behandelt. Diese Art der Heiligenverehrung wurde auch Theodora zuteil, dafür hatte sicherlich noch Kaiser Justinian selbst gesorgt: Das Synaxar (Heiligenkalender) von Konstantinopel ist eine Zusammenstellung und synoptische Ausgabe verschiedener Heiligenkalender aus Konstantinopel, die eben die liturgischen Gedenkeinträge (griech.: Mnemai) der Heiligen enthalten3. Das Synaxar gibt, nach der Datierung der verschiedenen Handschriften zu urteilen, etwa den Stand der Heiligenverehrung in Konstantinopel zwischen dem 10. und dem 12. Jahrhundert wieder. In diesem Synaxar finden sich zwei Gedenkeinträge der Theodora, jeweils gemeinsam mit ihrem Mann Justinian. Dort heißt es einmal zum Datum des 14. November4: »Und Gedenken sei Justinian und Theodora, den frommen Kaisern. (Es wird gefeiert in der Großen Kirche am Tage des Herrn.)« Nach einer Handschrift des Synaxars sollte das Gedenken an Justinian und Theodora also im Sonntagsgottesdienst der Hagia Sophia in Konstantinopel erfolgen. Eine andere Handschrift hat diesen Zusatz nicht und erwähnt nur das Gedenken an sich am 14. November. Zum anderen heißt es zum Datum des 15. November schlicht5:«Gedenken den frommen Kaisern Justinian und Theodora.« An dieser Tatsache hat sich im Grunde bis heute nichts geändert. Schlägt man in den aktuellen orthodoxen Kirchenbzw. Heiligenkalendern nach, findet sich dort vielfach auch heute noch zum 14. November des alten kalendarischen Stils (Julianischer Kalender), das entspricht dem 27. November des neuen kalendarischen Stils (Gregorianischer Kalender), ein ähnlicher Eintrag wie der folgende6: (Sc. Gedenken dem) »rechtgläubigen Kaiser Justinian († 565) und Kaiserin Theodora († 548).«
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Nachleben und Rezeption
Auch Theodora kam also in den Genuss des liturgischen Gedenkens in der byzantinischen Kirche und dies gänzlich ungeachtet ihrer Herkunft und ihres möglicherweise nicht ganz so tugendhaften Vorlebens. Und auch die Tatsache, dass sie zeitlebens die monophysitische, also aus Sicht der chalkedonensischen Orthodoxie häretische Glaubensrichtung tatkräftig unterstützt hatte, konnte ihre postume Verehrung nicht verhindern7. Aus zwei Gründen könnte man nun auf den Gedanken kommen, dass Theodora vielleicht stets nur gemeinsam mit ihrem Mann Justinian und also erst nach dessen Tod im Jahre 565 die liturgische Verehrung genoss. Zum einen, weil die früheste Notiz des Synaxars erst aus dem 10. Jahrhundert stammt und damit um vier Jahrhunderte nach dem Ableben des Kaiserpaares angefertigt wurde. Zum anderen, weil das liturgische Gedenken Justinians und Theodoras gemeinsam nur am Todestag Justinians8, dem 14. November, und nicht auch an dem der Theodora, dem 28. Juni, stattfand. Gegen diese These spricht allerdings auch einiges: Wie wir gesehen haben, ließ Justinian die Weihe der von ihm renovierten und ausgebauten Apostelkirche am 28. Juni des Jahres 550, also genau am zweiten Todestag der Theodora, durchführen. Damit schuf er spätestens zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit, ein feierliches Gedenken der Theodora vorzunehmen. Wie wir weiterhin gesehen haben, hatte Justinian am 11. August des Jahres 559 dem Grab der Theodora seine Verehrung erwiesen. Damit aber hatte Kaiser Justinian genau die beiden hagiographischen Koordinaten fixiert, die nach Ansicht von Hippolyte Delehaye die Grundlagen der kultischen Verehrung und Heiligkeit bildeten. Dies sind zum einen das Datum, also der Todes- bzw. Gedenk- und Festtag des Heiligen und zum anderen der Ort der Verehrung, vorzugsweise das Grab9. Daher ist die Annahme durchaus gut begründet, dass bereits Kaiser Justinian schon recht bald nach dem Tod der Theodora im Jahre 548 das ganze Gewicht seiner Persönlichkeit und seiner Position in die Waagschale legte, um einen Heiligenkult der Theodora auf den Weg zu bringen.
Spätere Rezeption
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Zumindest zu seinen Lebzeiten dürfte er diesen auch durchgesetzt und gepflegt haben. Erst nach seinem Tod im Jahre 565 mag dann die Verehrung der verstorbenen Augusta Theodora nach und nach in den Schatten seiner eigenen kultischen Verehrung getreten sein, so dass ihrer späterhin nur noch gemeinsam mit ihm und nur an seinem Gedenktag gedacht wurde (und wird). Nicht unerwähnt bleiben darf hier auch die besondere Verehrung, die Theodora aufgrund ihrer offenen Unterstützung der monophysitischen Glaubensrichtung in den monophysitischen Kirchen des Orients, von Armenien über Persien und Syrien bis nach Ägypten, genoss. Dort setzte eine besonders starke hagiographische Legendenbildung ein, die – freilich völlig losgelöst von der Realität – Theodora gar aus einem frommen monophysitischen Priestergeschlecht stammen ließ und ihre guten Taten über alle Maßen verherrlichte. Diese Literatur lässt sich zwar nur noch bruchstückhaft greifen, aber sie bildete zumindest den Grundstock eines weiteren wichtigen Bestandteils der kultischen Heiligenverehrung, nämlich einer Heiligenvita10.
7.3
Spätere Rezeption
Sämtliche Reflexe der historischen Figur der Theodora in der modernen Kunst und Literatur hier wiedergeben zu wollen, scheint ein aussichtsloses Unterfangen. Es sollen daher nur die wichtigsten Rezeptionswege kurz skizziert werden11. Die spätere Rezeption der überlieferten Informationen über das Leben der Theodora hängt ganz wesentlich davon ab, ob der Rezipient die »Geheimgeschichte« des Prokop als Tatsachenbericht akzeptiert wie Edward Gibbon (1737 – 1794) oder als bloße Phantasie des Verfassers gänzlich verwirft wie Franz Leopold von Ranke (1795 – 1886), ob er die Skandalkolportage gar noch ausschmückt wie Charles Diehl (1859 – 1944) oder einen Mittelweg sucht, indem er die Details für übertrieben hält, aber einen wahren Kern annimmt, wie Karl
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Nachleben und Rezeption
Gustav Dieterich (1869 – 1935). Im Jahre 1909 konstatierte Dieterich hinsichtlich der pikanten Inhalte der Anekdota: »es ist das einzige, was von der byzantinischen Geschichte, [. . .], wirklich ›populär‹ geworden ist.« Damit hat er, jedenfalls was den Grad der Popularität angeht, nicht ganz Unrecht. Im Jahre 1884 wurde im Pariser Théâtre de la Porte SaintMartin das Stück Théodora von Victorien Sardou uraufgeführt. Die Hauptrolle spielte die damals weltberühmte Schauspielerin Sarah Bernhardt. Das Stück war ein orientalisches Sittengemälde, das durch seine opulente Ausstattung und prunkvolle Kostüme auffiel und sämtliche Vorurteile über Byzanz bediente, aber mit dem wirklichen Leben der Theodora nur wenig Übereinstimmungen aufwies. Dennoch wurde das Stück an verschiedenen Theatern weltweit bis wenigstens 1918 mit großem Erfolg immer wieder aufgeführt. Auf diesem Stück basieren weiterhin auch eine Oper und ein Ballet12. Theodora taucht ferner in so eigenartigen literarischen Erzeugnissen vom Anfang des 20. Jahrhunderts auf wie der Tragödie La Nave des spätromantischen italienischen Dichters Gabriele D'Annunzio, uraufgeführt in Mailand im Jahre 1908, oder dem pathetischen Text Upravda des futuristischen russischen Schriftstellers Velimir Chlebnikov, erschienen im Jahre 1912. Diese Werke legen allerdings keinerlei Wert auf historische Genauigkeit und gehen eher experimentell und spielerisch mit der Figur und den überlieferten Tatsachen um. Im Jahre 1954 fand Theodora auch Eingang in das moderne Medium des Films. In diesem Jahr entstand nämlich unter der Regie von Roccardo Freda der italienische Film Teodora, imperatrice di Bisanzio mit Gianna Maria Canale in der Hauptrolle. Auch in der zweiteiligen monumentalen Verfilmung »Kampf um Rom I und II« von Felix Dahns seinerzeit sehr populärem Roman unter der Regie von Robert Siodmak aus den Jahren 1968 und 1969 kommt Theodora natürlich vor. Mit Felix Dahns Roman »Ein Kampf um Rom« vom Jahre 1876 beginnt vielleicht auch die moderne literarische Auseinandersetzung mit der Figur der Theodora, auch wenn der Verfasser dieses »Professorenromans« in seinem Erzählstrang
Spätere Rezeption
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Abb. 15: Sarah Bernhardt als Theodora in dem gleichnamigen Theaterstück von Victorien Sardou (Uraufführung 1884).
zum einen gewissermaßen zwischen historischen Fakten und reiner Fiktion oszilliert und zum anderen Theodora nur ganz am Rande erwähnt. Prominenter ist ihre Rolle dann schon in dem historischen Roman »Count Belisarius« des britischen Schriftstellers und Dichters Robert Graves, erschienen im Jahre 1938, auch wenn sie hier nicht die Hauptrolle spielt. Ausschließlich der Figur der Theodora widmen sich dann die USamerikanische Autorin Gillian Bradshaw in ihrem 1987 erschienenen Roman »The Bearkeeper's Daughter« sowie
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Nachleben und Rezeption
die deutsche Schriftstellerin Tessa Korber in ihrem im Jahre 2000 veröffentlichten historischen Roman »Die Kaiserin«. Die letztere Autorin versucht sich in ihrem Buch auch an einer phantasievolle Erklärung für das auch in der Forschung diskutierte Problem der gegensätzlichen Attitüden des Prokop von Kaisareia in seiner »Kriegsgeschichte« und den »Bauten« und in seiner »Geheimgeschichte«. Zu diesem Zwecke dichtet sie Prokop und Theodora eine Liebesbeziehung an, die Theodora dann beendet habe. Aus dieser persönlichen Verletzung und Erbitterung heraus habe Prokop dann die »Geheimgeschichte« geschrieben, um Theodora bewusst zu diffamieren, nachdem er zuvor bereits die »Kriegsgeschichte« und die »Bauten« verfasst hatte. Schließlich gehört wohl auch das 2001 in der italienischen Originalausgabe und 2004 in der deutschen Übersetzung erschienene Buch »Theodora. Herrscherin von Byzanz« von Paolo Cesaretti wohl eher in den Bereich der belletristischen Literatur, denn der Verfasser lässt, obwohl er zahlreiche historische Sachverhalte durch die Angabe von Quellenstellen belegt, überaus viel eigene Interpretation und Phantasie in seine Darstellung einfließen.
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Zusammenfassung
Theodora war sicherlich eine ganz herausragende, vielleicht sogar die mit Abstand bekannteste weibliche Herrscherfigur des römisch-byzantinischen Kaisertums. Sie verdankte ihre Berühmtheit jedoch nicht etwa dem Umstand, dass sie als Frau selbstständig die Regierungsgeschäfte führte wie andere Kaiserinnen vor und nach ihr, wie dies etwa Pulcheria (5. Jh.), Martina (7. Jh.), Eirene (8./9. Jh.) oder ihre Namensvetterin Theodora II. (9. Jh.) taten, sondern sie verdankte ihre Berühmtheit eigentlich einem Mann, der ohne jeden Zweifel des versuchten Rufmords für schuldig befunden werden muss, nämlich dem Historiker Prokop von Kaisareia. Es ist seine bösartig detaillierte Darstellung der erotischen Eskapaden der jungen Theodora in seiner »Geheimgeschichte«, die die Phantasie der Leser beflügelt und ein enormes Interesse auf diese Kaiserin gezogen hat. Dabei ist diese wohl ausführlichste und freizügigste Darstellung von Sexualität in der gesamten christlich-byzantinischen Zeit auch dann von sehr großem sozial- und kulturgeschichtlichem Interesse, wenn es als erwiesen gelten kann, dass die Einzelheiten lediglich der Vorstellungskraft und Erfahrung des Verfassers entspringen. Die Darstellung bleibt dennoch ein wertvolles Zeugnis für Sexualität und/oder sexuelle Phantasie im frühen 6. Jahrhundert. Sein eigentliches Ziel aber, nämlich die völlige Bloßstellung und Diffamierung der Augusta Theodora vor der gesamten Nachwelt, hat Prokop mit seiner Schmähschrift jedenfalls nicht erreicht. Der Umstand, dass Theodora aus dem niederen Stand der Schausteller und Schauspieler stammte und wohl auch eine nicht ganz so tugendhafte Jugend durchlebt hatte, war ohnehin
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Zusammenfassung
nicht zu leugnen. Diese Tatsache war allgemein bekannt, und auch der Caesar und spätere Augustus Justinian wusste selbstverständlich von Anfang an darüber Bescheid. Gerade die Tatsache, dass Theodora bereits die Geliebte des Hekebolos und eventuell anderer höher stehender Würdenträger gewesen war, hätte es Justinian leicht und ohne weitere moralische Rechtfertigungen ermöglicht, seine persönliche Konkubine Theodora in eben diesem Stand einer Kurtisane zu belassen. Dass er es nicht dabei beließ, sondern auch gegen größere Widerstände den sozialen Aufstieg und die gesellschaftliche Anerkennung Theodoras kontinuierlich vorantrieb, macht es mehr als wahrscheinlich, dass er diese Frau ungeachtet ihrer Vorgeschichte sehr geliebt hat. Es ist daher eine weitere Besonderheit, die Theodora heraushebt aus der Schar der byzantinischen Kaiserinnen, dass es ihr gelungen ist trotz ihrer niederen Herkunft und ihrer unrühmlichen Vorgeschichte, also mit sehr beschränkten Mitteln, die Liebe des Caesars und zukünftigen Kaisers zu gewinnen. Schließlich hat sie gewiss nicht, wie dies mitunter behauptet wurde, die Politik ihres Mannes und Kaisers bestimmt. Aber sie war auch keine Kaiserin, die sich mit der bescheidenen Rolle zufriedengab, lediglich die Begleitung ihres Mannes zu sein und völlig in seinem Schatten zu stehen. Sie hatte zum einen das Interesse und verfügte zum anderen über die intellektuellen Voraussetzungen, sich in die verschiedenen Gebiete der Politik einzuarbeiten und dort dann aktiv mitzuwirken. Dabei achtete sie meines Erachtens stets peinlich genau darauf, sich niemals in den Vordergrund zu spielen, sondern stets als eine Ergänzung und Entlastung der Politik ihres Mannes zu erscheinen. So ließ sie etwa keine eigenen Münzen prägen, obwohl dies traditionell möglich gewesen wäre und es dafür Vorbilder gab, und es existiert auch nur eine sicher zugewiesene Darstellung ihrer Person in der Kunst, nämlich die Mosaikdarstellung in San Vitale in Ravenna. Überdies nahm sie freilich auch eine Reihe von karitativen und diplomatischen Aufgaben war, die traditionell ohnehin eher in das Ressort der Augusta fielen: etwa die Protektion schutzbedürftiger Frauen oder die Korrespondenz
Zusammenfassung
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mit den Gattinnen ausländischer Herrscher. Dennoch ist es die aktive Mitwirkung der Theodora an der Politik ihres Mannes – die auch dazu geführt hat, dass man Justinian und Theodora in verstärktem Maße gemeinsam als quasi zusammengehöriges »Herrscherpaar« wahrgenommen hat – die eine weitere Besonderheit dieser Augusta darstellt. Es bleibt das besondere Verdienst von Hans-Georg Beck, durch seine scharfsinnige und sezierende Kritik an der Darstellung des Prokopios von Kaisareia vor allem in den Anekdota den Blick auf Theodora innerhalb der byzantinistischen Forschung einer grundlegenden Revision unterzogen zu haben. In jüngerer Zeit haben vor allem Mischa Meier und Hartmut Leppin wertvolle Ergänzungen und weitere Relativierungen beigesteuert. Seit Beck geht das Bemühen vor allen Dingen dahin, in scharfem Gegensatz zu Prokops Darstellung Theodora eine wesentlich größere »Normalität« zuzugestehen als dies in der Vergangenheit der Fall war. Das eigentlich Besondere an ihr war doch ihre Herkunft und die Schilderung ihrer angeblich skandalösen Jugend durch Prokop, die wir nur dem Zufall der Überlieferung verdanken1. Als Kaiserin dagegen blieb Theodora stets im Rahmen des Protokolls und des Üblichen. Ja, wie Hartmut Leppin zutreffend bemerkte, reizte sie die ihr durchaus zustehenden Möglichkeiten noch nicht einmal völlig aus2. Dennoch werden alle Versuche, das Bild der Theodora auf ein normales menschliches Maß zu reduzieren, nicht sehr viel daran ändern können, dass die »Kurtisane und Kaiserin« eine der interessantesten Frauengestalten der byzantinischen oder sogar der gesamten spätantiken bzw. frühmittelalterlichen Geschichte bleiben wird.
9
Zeittafel
ca. 497 ca. 503 – 510 ca. 511 – 518 ca. 518 ca. 518 – 521 518 – 527 ca. 521 521/22 523/24
1. April 527 1. August 527 527 – 565 528
Theodora in Konstantinopel geboren Bühnenerfahrungen als Assistentin ihrer Schwester Komito Tätigkeit als Schauspielerin und Kurtisane Reise mit Hekebolos in die Pentapolis nach Nordafrika als dessen Geliebte Ende der Beziehung zu Hekebolos, Rückreise über Alexandreia und Antiocheia nach Konstantinopel Kaiser Justin I., er bezieht von Anfang an seinen Neffen und späteren Nachfolger Justinian mit in die Regierung ein Begegnung Theodoras mit Justinian, dessen Geliebte sie wurde Ernennung Theodoras zur Patrikia auf Betreiben Justinians Änderung des Eherechts auf Betreiben Justinians: Schauspielerinnen dürfen jetzt, wenn sie sich von ihrem Stand losgesagt haben, auch Senatoren heiraten; Eheschließung Theodoras mit Justinian; Zerstörung Antiocheias durch ein Erdbeben Krönung Justinians zum Mitkaiser durch den schwerkranken Justin Tod Justins I., Beginn der Alleinherrschaft Justinians, Verleihung des Titels einer Augusta an Theodora Kaiser Justinian I. Beginn der Kodifikation des Römischen Rechts im Codex Iustinianus (später Corpus Iuris Civilis) in lateinischer Sprache; später erläßt Justinian Novellen in griechischer Sprache (Sprachwandel)
Zeittafel
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129
Schließung der Philosophenschulen in Athen (Akademie) als Maßnahme gegen die heidnischen Kulte und zur Förderung des Christentums 532 »Nika-Aufstand« in Konstantinopel 532 – 537 Neubau der Hagia Sophia in Konstantinopel 533 – 534 Eroberung des Vandalenreichs in Nordafrika durch den Feldherrn Belisar 535 – 540 Sieg Belisars über die Ostgoten und Unterwerfung fast ganz Italiens 540 Eroberung und Plünderung Antiocheias durch die Perser, anschließender Wiederaufbau als Theupolis (»Gottesstadt«) 541 – 542 Pestepidemie im Reich, an der wohl auch der Kaiser selbst erkrankt, starker Bevölkerungsrückgang 542 Abschaffung des Konsulats als Maßnahme gegen die Macht der senatorischen Elite 544 – 549 Belisar kämpft erneut in Italien gegen die Ostgoten mit wechselndem Erfolg 28. Juni 548 Tod Theodoras 548 Beisetzung Theodoras im Komplex der Apostelkirche 28. Juni 550 feierliche Einweihung der renovierten und erweiterten Apostelkirche 11. August 559 Kaiser Justinian macht auf seinem feierlichen Einzug in die Hauptstadt nach dem Sieg über die Kutriguren Station am Komplex der Apostelkirche und verehrt das Grab der Theodora
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Glossar
Archon Augusta comes largitionum Diakon Doryphoren Dux Eparchos Episkopos Hypatos Illustrios Komes Konzil
Kubikularios Kurator magister militum
Anführer, Befehlshaber, Fürst byzantinische Kaiserin Verwalter der öffentlichen kaiserlichen Finanzen Weihestufe innerhalb der kirchlichen Hierarchie, unterhalb des Priesters wörtl.: Speerträger, Leibwache, das persönliche bewaffnete Gefolge eines byzantinischen Edlen in justinianischer Zeit militärischer Rang, auch kaiserlicher Statthalter Präfekt, lat.: praefectus, gewöhnlich der Eparchos poleos, der Stadteparch von Konstantinopel Bischof Konsul hoher Rangtitel, dt.: »der Glänzende, der Berühmte« militärischer Rang oder Rang bei Hof, lat.: comes wörtl.: Zusammenkunft, Versammlung, gemeint ist in der Regel das Ökumenische Konzil, die höchste Ratsversammlung der christlichen, rechtgläubigen und allumfassenden (orthodoxen und katholischen) Kirche, an der in der Theorie sämtliche Bischöfe teilnahmen kaiserlicher Kammerdiener, gewöhnlich ein Eunuch Verwalter einer Liegenschaft Heermeister, griech.: Stratelates oder Strategos, höchster militärischer Rang
Glossar
milites castrensiani
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Soldaten, die im Feldlager standen, im Unterschied zu fest stationierten Soldaten in einer Garnison Notarios Rechtskundiger, etwa dem heutigen Rechtsanwalt oder Notar vergleichbar Patrikios byzantinischer Rangtitel, lat.: patricius, oberster Hofrang nach dem Magistros praefectus praetorio Prätorianerpräfekt, der höchste zivile Verwaltungsbeamte in der Spätantike, dem unter Justinian auch die Aufsicht über die Finanzen und die Steuererhebung unterstellt waren Presbyter Priester quaestor Quästor, der höchste juristische Beamte am byzantinischen Hof, dem heutigen Justizminister vergleichbar Satrap Statthalter (eigentlich: des persischen Großkönigs) Skriniarios Schreiber, lat.: scriniarius, militärischer Funktionstitel Strategos, Stratelates Heermeister, entspricht dem lat. magister militum Subdiakon griech.: Hypodiakonos, die niedrigste Weihestufe innerhalb der kirchlichen Hierarchie
11
Quellen und Literatur
11.1 Siglen BBA BBS BHG CFHB CSCO CSHB CIC CJ MGH ODB PLRE PO
Berliner Byzantinistische Arbeiten Berliner Byzantinistische Studien Bibliotheca Hagiographica Graeca Corpus Fontium Historiae Byzantinae Corpus Scriptorum Christianorum Orientalium Corpus Scriptorum Historiae Byzantinae Corpus Iuris Civilis Codex Justinianus Monumenta Germaniae Historica Oxford Dictionary of Byzantium Prosopography of the Later Roman Empire Patrologia Orientalis
11.2 Quellen in Textausgaben Agathias, Agathiae Myrinaei historiarum libri quinque, rec. R. Keydell, Berlin 1967 (CFHB 2) Bar Hebraeus, Chron., E. A. W. Budge, The chronography of Gregory Abû'l-Faraj 1225 – 1286, the Son of Aaron, the Hebrew physician commonly known as Bar Hebraeus being the first part of his political history of the world, transl. from the Syriac with an historical introduction, apparatus, and an index accompanied by reproduction of the Syriac texts in the Bodleian Manuscript, I, London 1932 (Ndr. Amsterdam 1976) Cassiodor, Variae, Cassiodori Senatoris Variae, rec. Th. Mommsen, MGH, Auctores Antiquissimorum 12, Berlin 1894 Chron. 1234, I: Chronicon anonymum ad annum Christi 1234 pertinens, interpretatus est I.-B. Chabot, Louvain 1937 (Ndr. Louvain 1965) (CSCO, vol. 109, Scriptores Syri 56), 17 – 266
Quellen in Textausgaben
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(= cap. 1 – 186); II: Anonymi auctoris Chronicon ad annum Christi 1234 pertinens, traduit par A. Abouna, introduction, notes et index par J.-M. Fiey, Louvain 1974 (CSCO, vol. 354, Scriptores Syri 154), 1 – 181 (= cap. 187 ff.) Chronicon Paschale, Chronicon paschale, ed. Ludwig Dindorf, I–II, Bonn 1832 (CSHB 4 – 5) Codex Justinianus, Codex Justinianus, ed. P. Krueger, 11. Aufl., Berlin 1954 Eccl. Hist. (Cramer), Anecdota Graeca e codd. manuscriptis Bibliothecae Regiae Parisiensis, vol. II: Excerpta historica et chronologica, ed. J. A. Cramer, Oxford1839 Euagrios Scholastikos, Evagrius Scholasticus, Historia Ecclesiastica. Kirchengeschichte, übers. und eingel. von Adelheid Hübner, I–II, Turnhout 2007 (Fontes Christiani) Johannes Lydus, Ioannis Lydi de magistratibus populi Romani libri tres ed. R. Wuensch, Leipzig 1903 Johannes Lydus, Ioannes Lydus on Powers or the Magistracies of the Roman State. Introduction, Critical Text, Translation, Commentary, and Indices by A. C. Bandy, Philadelphia 1983 Johannes von Ephesos, HE, Iohannis Ephesini Historiae Ecclesiasticae Pars Tertia, ed. E. W. Brooks, CSCO 106, Scr. Syr. 54 – 55, Louvain 1935 – 36 Johannes von Ephesos, Vitae, John of Ephesus, Lives of the Eastern Saints. Edited and translated by E. W. Brooks, in: PO 17 – 19, Paris 1923 – 25 Johannes von Nikiu, Chronique de Jean, évêque de Nikiou. Texte éthiopien publié et traduit par H. Zotenberg, Paris 1883 (2. Aufl. 1935) (Notices et extraits des manuscrits de la Bibliothèque nationale, XXIV, 1) Kedrenos, Georgius Cedrenus Ioannis Scylitzae ope ab I. Bekkero suppletus et emendatus, I-II, Bonn 1838. 1839 Konst. Porph., De cerim., De cerimoniis aulae Byzantinae, ed. J. J. Reiske, in: Constantini Porphyrogeniti imperatoris De cerimoniis aulae Byzantinae libri duo, graece et latine e recensione Io. Iac. Reiskii cum eiusdem commentariis integris, I-II, Bonn 1829. 1830 Malalas, Ioannis Malalae Chronographia, rec. I. Thurn, Berlin – New York 2000 (CFHB 35) Michael Syrus, Chronique de Michel le Syrien, patriarche jacobite d'Antioche (1166 – 1199), ed. J. B. Chabot, I-III, Paris 1899 – 1904
134
Quellen und Literatur
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11.3 Quellen in Übersetzungen Agathias (Engl.), Agathias, The Histories, translated with an introduction and short explanatory notes by Joseph D. Frendo, Berlin– New York 1975 (CFHB 2A)
Literatur
135
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11.4 Literatur Ashbrook Harvey, Asceticism, Ashbrook Harvey, Susan, Asceticism and Society in Crisis. John of Ephesus and The Lives of the Eastern Saints, Berkeley – Los Angeles – London 1990 Beck, Theodora, Beck, Hans-Georg, Kaiserin Theodora und Prokop. Der Historiker und sein Opfer, München 1986 Berger, Patria, Berger, Albrecht, Untersuchungen zu den Patria Konstantinupoleos, Bonn 1988 (POIKILA BUZANTINA 8) Bridge, Theodora, Bridge, Antony, Theodora. Aufstieg und Herrschaft einer byzantinischen Kaiserin, München 1980 Browning, Justinian, Browning, Robert, Justinian and Theodora, New York 1971
136
Quellen und Literatur
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Literatur
137
Meier, Zeitalter, Meier, Mischa, Das andere Zeitalter Justinians. Kontingenzerfahrung und Kontingenzbewältigung im 6. Jahrhundert n. Chr., Göttingen 2003 (Hypomnemata. Untersuchungen zur Antike und zu ihrem Nachleben 147) Moorhead, Justinian, Moorhead, John, Justinian, London – New York 1994 Pratsch, Topos, Pratsch, Thomas, Der hagiographische Topos. Griechische Heiligenviten in mittelbyzantinischer Zeit, Berlin – New York 2005 (Millennium-Studien 6) Prinzing, Bild Justinians, Prinzing, Günter, Das Bild Justinians I. in der Überlieferung der Byzantiner vom 7.–15. Jhdt., in: Fontes Minores VII, hrsg. von Dieter Simon, Frankfurt a. M. 1986 (Forschungen zur byzantinischen Rechtsgeschichte 14) Rubin, Prokopios, Rubin, Berthold, Prokopios von Kaisareia, Stuttgart 1954 Rubin, Zeitalter I, Rubin, Berthold, Das Zeitalter Iustinians, Erster Band, Berlin 1960 Rubin, Zeitalter II, Rubin, Berthold, Das Zeitalter Iustinians, Zweiter Band, aus dem Nachlaß herausgegeben von Carmelo Capizzi, Berlin – New York 1995 Schubart, Justinian, Schubart, Wilhelm, Justinian und Theodora, München 1943 Tinnefeld, Kaiserkritik, Tinnefeld, Franz Hermann, Kategorien der Kaiserkritik in der byzantinischen Historiographie von Prokop bis Niketas Choniates, München 1971
Anmerkungen
Kapitel 1 Einleitung 1 Literatur: W. H. C. Frend, The Rise of the Monophysite Movement, Cambridge 1972; R. C. Chesnut, Three Monophysite Christologies, Oxford 1976. 2 Vorschläge: Abfassung der offiziellen Schriften: um 550 bis 553 Kriegsgeschichte, zwischen 553 und 555 Baugeschichte; »Geheimgeschichte«: wohl 558 oder später.
Kapitel 2 Die Schauspielerin und Kurtisane 1 Prokop, Anekdota IX, 1 – 26. Paraphrase vom Verfasser. Vgl. auch Leontsini, Prostitution 80 f. 2 Prokop, Anekdota XXVI, 8. 3 Siehe dazu noch unten in diesem Kapitel. 4 Prokop, Anekdota cap. IX, 27 – 28 und XII, 28 – 32. 5 Prokop, Anekdota 9,19. 6 Literatur: Stavroula Leontsini, Die Prostitution im frühen Byzanz, Wien 1989 (Dissertationen der Universität Wien 194). 7 Malalas 18, 24 (p. 368 Thurn). Übers. vom Verfasser. Vgl. auch Johannes von Nikiu 93.3. Zur Stelle vgl. Leontsini, Prostitution 78 f. 8 Nov. XIV. Übers. von H.-G. Beck, in: Beck, Theodora 142 f. 9 Prokop, De aedif. I, 9. Übers. von O. Veh. Vgl. ferner zu dem Kloster Janin, Églises 332; Berger, Patria 659; Leontsini, Prostitution 151 – 153. 10 Prokop, Anekdota XVII, 5 – 6. Übers. von O. Veh. 11 Vgl. Leontsini, Prostitution 178. 12 Prokop, Anekdota XVII, 34 – 36. Übers. von O. Veh. Vgl. auch Leontsini, Prostitution 48 – 50. 13 Prokop, Anekdota XVII, 31 – 37. 14 Prokop, Anekdota XVII, 28 – 30. Übers. von O. Veh. 15 Vgl. Malalas 18, 23. 16 Prokop, BG III, 31, 10 – 14.
Anmerkungen Kap. 3
139
17 Vgl. Garland, Theodora 15 – 18; H. Krumpholz, Über sozialstaatliche Aspekte in der Novellengesetzgebung Justinians, Bonn 1992 (Habelts Dissertationsdrucke, Reihe Alte Geschichte 34) 191 – 201. 18 Nov. VIII, 1. 19 John of Ephesus, The Lives of the Eastern Saints, in: Patrologia Orientalis 17 (1923) 188 f. 20 Michael Syrus XI, 5 (t. II, p. 419 f. trad. Chabot). 21 Chron. 1234, LV; Bar Hebraeus, Chron. p. 73 f., beide aus dem 13. Jahrhundert. 22 Nikephoros Kallistos Xanthopulos, Ecclesiastica Historia XVII, 28 (in: PG 147, col. 292B). 23 Patria Konstantinupoleos III, 93. 24 Mit Rubin, Theodora 105, gegen Martindale, Theodora 1240. 25 Vgl. dazu Beck, Theodora 99.
Kapitel 3 Theodora als Ehefrau 1 Seit 521 war Justinian magister equitum et peditum praesentalis, das ist der Oberkommandierende der in der Hauptstadt stationierten (Kavallerie- und Infanterie-) Truppen. 2 Patria Konstantinupoleos III, 93. 3 Vgl. etwa Evans, Justinian 37. 4 Prokop, Anekdota VIII,12. Übers. von O. Veh. Weitere, relativ ähnliche Beschreibungen von Justinians äußerer Erscheinung finden sich auch in zwei zeitgenössischen Chroniken: Malalas 18,1 und Chronicon Paschale 688. Vgl. dazu auch Rubin, Justinian 90 – 93. 5 Prokop, Anekdota XIII, 1. Übers. von O. Veh. 6 Prokop, Anekdota X, 11. Übers. von O. Veh. 7 Prokop, Anekdota IX, 30. Übers. von O. Veh. 8 Prokop, Anekdota IX, 47. Übers. von O. Veh. 9 Vgl. Garland, Theodora 14. 10 Prokop, Anekdota X, 49 – 51. Übers. von O. Veh. 11 Vgl. etwa auch Beck, Theodora 100. 106; Leppin, Theodora 449 – 451. 12 Konst. Porph., De cerim. (Reiske) 497,13 – 20; Konst. Porph., De cerim. (Haldon) 138,707 – 712; Übers. vom Verfasser. Vgl. dazu Leppin, Theodora 437; Meier, Zeitalter 304 f. 13 Meier, Zeitalter 304 f. 14 Vgl. Beck, Theodora 148. 15 Diese Stadt ist teilweise ausgegraben worden, wobei zwei Kirchen mit prächtigem Mosaikschmuck identifiziert werden konnten. 16 Prokop, De aedif. VI, 5. 14.
140
Anmerkungen
17 Malalas 18,31. Auch von dieser Festung sind Ruinen erhalten, östlich von Quinnasrin, ca. 56 km nördlich von Isriya. 18 Agathias V,1,4. 19 Malalas 18,39. 20 Provincia Syria Prima. 21 Provincia Syria Secunda. 22 Prokop, De aedif. IV, 11. 23 Prokop, De aedif. VI, 6. 18. 24 Prokop, De aedific. IV, 7. 5. 25 Vgl. Prokop, De aedif. IV, 6. 18 und IV, 11 (2 Kastelle). 26 Zur Familienpolitik allgemein vgl. Garland, Theodora 37 f. 27 O. Veh übersetzte das Wort irrigerweise an beiden Stellen als »Schwestersohn«, also Neffen, es handelt sich aber eindeutig um den »Tochtersohn«, also Enkel. Ich habe dies in der Wiedergabe von Vehs Übersetzungen verbessert. 28 Prokop, Anekdota IV, 37. Übers. von O. Veh. Vgl. dazu auch Beck, Theodora 136 f. 29 Vgl. Martindale, in: PLRE IIIA, p. 63 s. v. »Anastasius 8« 30 Prokop, Anekdota V, 18 – 24. Übers. von O. Veh. 31 Vgl. dazu auch Leppin, Theodora 446. 32 Johannes von Ephesos, HE 5.1; Michael Syrus IX 30, X 1; Bar Hebraeus, Chron. I 46 (p. 226); 47 (p. 236). Vgl. Martindale, in: PLRE IIIA, p. 147 s. v. »Athanasius 5« 33 Vgl. J. M. Schönfelder, Die Kirchen-Geschichte des Johannes von Ephesus, München 1862, 269 – 286. 34 Johannes von Ephesos, HE 2, 11. 35 Prokop, Anekdota XVII, 16 – 23. 36 Malalas 18,10 (p. 358 f. Thurn). Übers. vom Verfasser. Vgl. auch Theophanes 175,5 – 11; Kedrenos I, 643. Zu den militärischen Titeln und Funktionen s. im Glossar. 37 Er war einer der zahlreichen fähigen Generäle Justinians und möglicherweise gotischer Herkunft. Die Schreibung seines Namens variiert in den Quellen: Sittas, Ztittas, Tzittas, Zittas, Tzitta, Tzitas. Vgl. PLRE III, 1160 – 1163. 38 Theophanes 237,1 – 4.
Kapitel 4 Die Politikerin 1 Bei Meier, Justinian 47 – 55, trägt der entsprechende Abschnitt bezeichnenderweise auch die Überschrift »Konsolidierung der Herrschaft«. 2 Prokop, BP I, 24, 1 – 58. 3 Prokop, BP I, 24, 33 – 37. Übers. durch O. Veh.
Anmerkungen Kap. 4
141
4 Leppin, Kohabitation 75 – 85. 5 Meier, Justinian 47 – 51. 6 Wenn er ihn nicht ganz und gar provoziert hatte, vgl. Meier, Justinian 50 f. 7 S. dazu ausführlich unten, Kap. 5. 8 Vgl. etwa Cassiodor, Variae X, 126; zu Cassidor vgl. A. S. Christensen, Cassiodorus, Jordanes and the History of the Goths. Studies in a Migration Myth, Kopenhagen 2002; G. Hafner, Cassiodor, Stuttgart 2002. 9 Cassiodor, Variae X, 24. 10 Prokop, BG I, 2, 1 – I, 4, 31. 11 Prokop, Anekdota XVI, 1 – 5. Übers. von O. Veh. 12 Nämlich in Prokop, BG I, 2, 20 – 29, wo davon berichtet wird, dass Amalasuntha Vorkehrungen für eine Flucht nach Byzanz traf für den Fall, dass ein Mordanschlag auf drei gotische Adlige, den sie befohlen hatte, mißlingen sollte. Der Mordanschlag war jedoch erfolgreich, und Amalasuntha rief daher ihr königliches Schiff mit dem Königsschatz aus dem Hafen von Epidamnos, wo es vorsorglich in Sicherheit gebracht worden war, zurück nach Ravenna. 13 Prokop, BG I, 4, 12 – 21, wo die Gesandtschaftsreise des Petros beschrieben wird. An dieser Stelle freilich kein Wort von Theodora! 14 S. dazu schon Beck, Theodora 127 – 129. 15 Malalas 18, 61. 16 Theophanes 216,7 – 14. Übers. vom Verfasser. Vgl. dazu Mango–Scott, Theophanes 313 Anm. 1. 17 Prokop, Anekdota II, 32 – 36. 18 Vgl. O. Veh, in: Prokop, Anekdota 286. 19 Johannes Lydus cap. 57, p. 220,10 – 21 (Bandy). 20 Johannes Lydus cap. 57, p. 220,28 – 222,6 (Bandy). Übers. vom Verf. 21 Prokop, BP I, 24, 11 – 15. Übers. von O. Veh. 22 Prokop, BP I, 24, 11 – 12 und 17 – 18. Übers. von O. Veh. 23 Prokop, BP I, 25, 1 – 3. Übers. von O. Veh. 24 Wahrscheinlich starb er im Jahre 542 an der Pest. Cf. J. R. Martindale, in: PLRE III,2, 1335 – 1339 (s. v. »Tribonianus 1«). 25 Prokop, BP I, 25, 4 – 5. Übers. von O. Veh. 26 Prokop, BP I, 25, 23 – 33. Übers. von O. Veh. 27 Wörtlich: »Speerträger«, gemeint sind hier die Leibwächter, die persönliche Garde. 28 Überhaupt ist die Bestrafung des Ioannes für Hochverrat – und darum handelt es sich ja doch – ausgesprochen milde zu nennen! 29 Theophanes 186,15 – 17. Übers. vom Verf. 30 Prokop, Anekdota XVI, 6 – 10. Übers. von O. Veh. 31 Es handelt sich um einen kaiserlichen Privatsekretär. 32 Theophanes 225,12 – 28; vgl. dazu Mango–Scott, Theophanes 327 f.
142
Anmerkungen
33 Der Ort liegt gegenüber von Konstantinopel auf der asiatischen Seite des Bosporos. 34 Vgl. dazu beispielweise Garland, Theodora 23. 35 Johannes von Nikiu 90, 87 (Zotenberg); 144 (Charles). 36 Johannes von Ephesos, Vitae, in: PO 17, 189. 37 Vgl. C. Mango, in: JÖB 21 (1972) 190. 38 Johannes von Ephesos, Vitae, in: PO 18, 600. Übers. vom Verfasser nach C. Mango, in: JÖB 21 (1972) 191. 39 Johannes von Ephesos, Vitae, in: PO 18, 676 ff. Vgl. C. Mango, in: JÖB 21 (1972) 191 f. 40 Johannes von Ephesos, HE 1, 10. 41 Vita Sabae (BHG 1608) p. 173,27 – 174,11. Übers. vom Verfasser. 42 Sabas ist zu diesem Zeitpunkt ungefähr 92 Jahre alt! Vgl. ODB 3, 1823. 43 Severos war unter Kaiser Anastasios von 512 bis 518 monophysitischer Patriarch von Antiocheia. Unter Kaiser Justinus I. wurde er 518 abgesetzt, blieb aber einer der prominentesten und einflussreichsten monophysitischen Theologen. 44 Vgl. Beck, Theodora 115; zur Rolle von Prophezeiungen in Heiligenviten vgl. Th. Pratsch, Der hagiographische Topos. Griechische Heiligenviten in mittelbyzantinischer Zeit, Berlin – New York 2005 (Millennium-Studien 6), 290 – 297. 45 CJ I. 1.6. 46 Euagrios Scholastikos 4, 10 – 11. Übers. von A. Hübner. Vgl. zu dem Besuch A. Hübner, in: Euagrios Scholastikos S. 470 Anm. 514. 47 Der Briefwechsel zwischen Severos, Anthimos und Theodosios findet sich bei Ps.-Zacharias Rhetor, Historia Ecclesiastica 9, 21 – 26 (2, 96 – 117 Brooks). 48 Johannes von Ephesos, Vitae, in: in: PO 19, 153 f. 49 Johannes von Ephesos, HE 4, 6. 50 Johannes von Ephesos, Vitae, in: PO 18, 681. 51 Vgl. auch Garland, Theodora 29. 52 Euagrios Scholastikos 4, 10. Übers. von A Hübner. 53 Prokop, Anekdota 10, 13 – 14. Übers. von O. Veh. 54 Garland, Theodora 25, spricht für die Zeit von 531 bis 536 sogar von einer Entspannung zwischen Orthodoxen und Monophysiten. 55 Vgl. auch die Zusammenfassung des religionspolitischen Wirkens Theodoras und Justinians bei Garland, Theodora 29. 56 Vgl. dazu den kurzen Überblick bei Th. Pratsch, in: Jahrbuch der Österreichischen Byzantinistik 51 (2001) 135 – 138 (dort weitere Literatur) und 154 – 156. 57 Nov. VIII, 1. 58 Nov. VIII, Iusiurandum. 59 Nov. XIV und LI.
Anmerkungen Kap. 5
60 61 62 63
143
Nov. LXXVIII. Malalas 17, 19. Übers. von J. Thurn (†) und M. Meier (Bearb.). Theophanes 177,22 – 178,7. Übers. vom Verfasser. Theophanes 186,8 – 13 (Übers. vom Verfasser); Malalas 18, 25.
Kapitel 5 Die Restitutio Imperii 1 Wir folgen hier weitgehend der ausführlichen Darstellung des Prokop in seinen »Vandalenkriegen«: Prokop, BV. 2 Dies gab später Anlass zu Vorwürfen, Belisar habe sich herrscherliche Befugnisse anmaßen wollen. Eine leichte Verstimmung zwischen ihm und Kaiser Justinian war wohl die Folge. 3 Wir folgen hier weitgehend der ausführlichen Darstellung des Prokop in seinen »Gotenkriegen«: Prokop, BG. 4 Vgl. Prokop, BG I, 3 – 4. 5 Prokop, BG I, 5, 1 – 7. 6 Das neunte Regierungsjahr Justinians dauerte vom 4. 4. 535 bis zum 3. 4. 536. Der Zeitraum kann eingegrenzt werden auf die Zeit nach dem Tod der Amalasuntha. Die Gotenkriege begannen also nach dem 30. 4. 535. 7 Eine christliche theologische Lehre, die die Trinität ablehnt und sowohl vom Papst in Rom als auch vom Patriarchen in Konstantinopel als häretisch betrachtet wird. 8 Das elfte Regierungsjahr Justinians dauerte vom 4. 4. 537 bis zum 3. 4. 538; daher fällt der bei Prokop angegebene 9. Dezember in das Jahr 537. 9 Wir wissen nicht, wie viele Männer insgesamt im Gotenreich Wittigis unterstellt waren, aber die Stärke des gotischen Belagerungsheeres ist von Prokop mit Sicherheit stark übertrieben worden, schon allein um die Leistung seines Idols Belisar noch weiter herauszuheben. Vgl. dazu auch den Kommentar von O. Veh, in: Prokop, BG, S. 1029: »höchstens 25 000 bis 30 000 Mann«. 10 Prokop, BG III, 30, 3 – 5. Übers. von O. Veh. 11 S. dazu noch unten S. x 12 Wir folgen hier weitgehend der ausführlichen Darstellung des Prokop in seinen »Perserkriegen«: Prokop, BP. 13 Es handelt sich um den Schwager der Kaiserin Theodora, den Ehemann ihrer älteren Schwester Komito, s. dazu bereits oben S. (Kap. 3) 14 Unter anderem verlangte die persische Seite die Übergabe der Festung Daras, deren gewaltsame Eroberung gerade von Belisar abgewehrt worden war. 15 Prokop, BP.
144
Anmerkungen
16 Prokop, BG IV, 1 – 17.
Kapitel 6 Das Ende 1 Prokop, BG III, 30, 4: »an einer Krankheit gestorben«. Übers. von A. Veh. 2 Malalas 18, 104. Übers. von M. Meier. Gar nicht erwähnt wird Theodoras Tod im Chronicon Paschale aus dem 7. Jh. 3 Theophanes 226,8 f. Übers. vom Verfasser. 4 Victor Tonnenensis, Chronica, ed. Th. Mommsen, MGH, Auctores Antiquissimi 11, Berlin 1894, Ndr. 1961, sub anno 549: »Theodora Augusta Chalcedonensis synodi inimica canceris plaga corpore toto perfusa vitam prodigiose finivit«. 5 Dies bezieht sich sehr wahrscheinlich auf die Vorzeitigkeit ihres Todes. 6 Vgl. Garland, Theodora 38 mit Anm. 159; Leontsini, Prostitution 116 f. mit Anm. 132. 7 Vgl. Beck, Theodora 148; Leppin, Theodora 477. 8 Prokop, BG III, 30, 4. Übers. von A. Veh. 9 Theophanes 227,10 – 15. Übers. vom Verfasser. 10 Prokop, De aedif. I, 4, 9 – 10. Übers. von A. Veh. Insgesamt zum Bau und der Renovierung und Erweiterung vgl. ebenda I, 4, 9 – 24. 11 Konst. Porph., De cerim. II, 42. 12 Zu dieser Problematik der Bedeutung und Kontinuität von Grabstätten vgl. auch O. B. Rader, Grab und Herrschaft. Politischer Totenkult von Alexander dem Großen bis Lenin, München 2003.
Kapitel 7 Nachleben und Rezeption 1 Vgl. Rubin, Zeitalter I, 533; Leppin, Theodora 476. 2 Vgl. etwa F. de’Maffei, La mimesi dal tardo antico al bizantino nei ritratti imperiali, in: La mimesi bizantina, hrsg. von F. Conca u. R. Maisano, Neapel 1998, 81 – 84. 3 Synax. Cpl. 4 Synax. Cpl. 224,1 f. Übers. vom Verfasser. 5 Synax. Cpl. 227,46. Übers. vom Verfasser. 6 Hier beispielsweise nach Orthodoxer Kirchenkalender 1987, hrsg. von der Russischen Orthodoxen Kirche zu Dresden, Dresden 1987, oder auch unter http://www.orthodoxe-kirche.de/Sonstiges/heiligenkalender/heiligenkalender07.html.
Anmerkungen Kap. 8
145
7 Vgl. dazu auch schon Leppin, Theodora 476, bezüglich des Apsismosaiks von Ravenna: »Das Mosaik befindet sich im Gewände der Apsis, jenes Teils der Kirche also, zu dem eigentlich nur Priester Zutritt hatten. Die monophysitische Kaiserin jedoch darf hier im Bilde am orthodoxen Gottesdienst teilnehmen.« 8 Als Festtag der Heiligen wird stets der Todestag betrachtet, der auch als »Geburtstag«, lateinisch als dies natalis, bezeichnet wird, weil – so die zugrundeliegende Annahme – die Heiligen zu diesem Zeitpunkt ins Himmelreich einziehen. 9 Vgl. H. Delehaye, Les coordonnées hagiographiques, in: Cinq leçons sur la méthode hagiographique, Brüssel 1934, Ndr. 1981 (Subsidia hagiographica 21), 7 – 17. 10 Vgl. dazu Pratsch, Topos bes. 372 – 407. 11 Vgl. u. a. P. Cesaretti, Theodora. Herrscherin von Byzanz, aus dem Italienischen von Roland Pauler, Düsseldorf – Zürich 2004, 431 – 433. 12 S. dazu bei Cesaretti, a. a. O. 433.
Kapitel 8 Zusammenfassung 1 Die drei maßgeblichen Handschriften stammen aus dem 14. Jahrhundert, vgl. J. Haury – G. Wirth, in: Procopii Caesariensiss Opera Omnia, rec. J. Haury, Vol. III, Historia Quae Dicitur Arcana, Leipzig 1963 (Bibliotheca Teubneriana), VII–XX. 2 Vgl. Leppin, Theodora 481.
Abbildungsnachweis
Abb. 1: Abb. 2: Abb. 3: Abb. 4: Abb. 5: Abb. 6: Abb. 7: Abb. 8: Abb. 9: Abb. 10: Abb. 11: Abb. 12: Abb. 13: Abb. 14: Abb. 15:
Wikipedia. Peter Palm, Berlin. British Museum, London. Thomas Pratsch. The Yorck Project/Wikipedia. Abguss nach dem verlorenen Original, British Museum London. Markus Mark. Unbekannt. Peter Palm, Berlin. Wilfred Krause, CC-by-sa 3.0/de. Codex Vitr. 26-2, Nationalbibliothek von Madrid. Tayfun Öner/Byzantium1200.com. Max Ritter. Giovanni Dall’Orto. Gaspard-Félix Tournachon.
Personen-, Sach- und Ortsregister
ab epistulis 63 Abtreibung 18, 21, 23, 47 ad Decimum 85 Adria 94, 101 adventus 39, 115 Aemilia 95 Afrika 15, 21, 31, 35, 37, 40, 84, 80 – 82, 85, 87, 104 – 105, 110 Agapetus I. 64, 70 Agathias von Myrina 41 Ägypten 13, 65, 71, 73, 81, 107, 121 Akakios 16 Akklamationen 33 Alamundaros 104 Alarich 81 Alexandreia 23, 37, 65 – 67, 70 Amalasuntha 53 – 55, 87, 100 Amida 66 Ammatas 85 Anasarthon 41 Anastasia 16, 47 Anastasios I. 12, 16, 42 – 44, 46, 50, 66, 68, 84 Anastasios Sinaites 12 Anatolios 77 Ancona 101 Andreas 112 Anekdota 14 – 16, 24, 27 – 28, 30, 36, 42, 45, 47, 49, 54 – 56,
59, 63, 72, 122, 124 – 125, 127 Anthimus 70 Antiocheia 21, 23, 37, 41, 43, 69, 77 – 78, 105 – 106 Antiochospalast 46 Antonina 14, 61, 85, 88, 92, 99 – 100, 108 Apameia 41, 106 Apennin 82 Apollo 10 Apostelkirche 9, 40, 111 – 115, 120 Apulien 98 Araber, Arabien 45 – 46, 70, 104, 106 Archonten 46 Arethas 104, 106 Arianismus 88 Ariminum (Rimini) 93, 94, 101 Arkadios 81 Armenien 46, 67, 103, 107, 121 Artabanes 29 Artake 62 Asien 9, 67, 71 Asterios 16 Atalarich 53, 87 Athanasios 44 Attila 82 Aufstand 51
148 Augusta 39, 41, 46 – 47, 49, 53, 56, 64 – 66, 68, 74, 77 – 78, 110, 121, 125 – 127 Auximum (Osimo) 95 – 96 Baga 40 Balaneai 41 Balkan 41, 81, 83 Bar Hebraeus 44 Basileides 60 Basilika 77 Beirut 13 Belisar 14, 42 – 43, 61, 85 – 88, 90 – 97, 99 – 101, 104, 107 Benevent 98 Bessas 88 Bolsenasee 53, 87 Bordell 17, 25 – 26, 30, 66 Bosporus 9, 11 Bostra 70 Bruttium 98 Bühne 15 – 17, 20, 27, 45, 75 Bustagallorum 101 – 102 Caesarea maritima 13, 19 Callinicum 31 Cassiodor 53 Centumcellae (Civitavecchia) 93 Chalcedon (Kadiköy) 71 – 72, 74 Charisios-Tor 40 Chosroantiocheia 106 Chosroes I. 56 – 57, 104 – 107 Christentum 9 – 11, 13, 22, Chroniken 15, 24, 31, 40 – 41, 44, 56, 63 – 65, 73, 77 – 79, 110 – 112 Chrysomallo 28 Circus Maximus 32 Civitavecchia 93
Personen-, Sach- und Ortsregister
Clusium (Chiusi) 94 Codex Gregorianus 75 Codex Hermogenianus 75 Codex Iustinianus 75 – 77 Codex repetitae praelectionis 76 Codex Theodosianus 76 Constantinus I. 9 Corpus Iuris Civilis 75 Cumae (Cuma) 102 – 103 Dalmatien 82, 84, 87 – 89, 100 Daman 31 Daras 103, 105 – 106 Datius 93 Dekimon 85 Demarchen 34 Demetrius 88 Digesten 76 – 77 Diokletian 81 Diplomatie 41, 49, 89, 97, 107, 126 Diyarbakır 66 Doktrin, theopaschitische 69, 72 Donau 41 Doryphoren 62, 88 Drakon 103 Duces 46, 71 Dyophysiten 65, 69 Edessa 66, 70, 106 – 107 Ennes 88 Eparchos 78 Ephesos 30 Epiphanios, Patriarch 39 Erarich 98 Euagrios Scholastikos 69 – 71 Eulalios 29 Euphemia 37, 61 Euphrat 104, 107 Europos 107
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Personen-, Sach- und Ortsregister
Faesulae (Fiesole) 96 Feldherr 46, 91, 94, 97, 100 – 101, 107 – Aëtius 82 – Azarethes 104 – Belisar 13, 51, 64, 84, 89, 98, 103, 106, 108 Finanzen 58 – 60 Firmum (Fermo) 94 Flotte 84 – 86, 88, 101 Foederaten 81 – 82, 85, 88, 106 – 107 Franken 88, 94 – 96 Frethelius 83 Gabala 41 Gaia 10 Gallien 80 – 82 Gangrän 111 Gelimer, König der Vandalen 84 – 87 Georgier 56 Georgios 47 Gepiden 89, 98 Germanen 81 – 82 Germanus 100 Gesandtschaften 55 – 56, 88 – 89, 91, 93, 100, 104 – 105, 107 Geschlechtskrankheiten 23 – 47 Gesetzgebung 15, 23, 25, 27, 30, 37 – 39, 41, 49, 69, 74 – 76 Gladiatorenkämpfe 33 Goldenes Horn 9 Golf von Gaeta 64 Golf von Izmit/Nikomedeia 78 Goten 12, 52 – 55, 64, 81 – 82, 89, 92 – 99, 101 – 103 – -könig Totila 101 – 102
– -könig Wittigis 89 – 91, 93 – 94, 96 – 98, 100, 105 Grabmal 84 Großkönig 56, 105 – 108 Gudeliva 54 Hagia Eirene 10 Hagia Sophia 10 Hagios-Panteleimon-Kirche 35 Hala 66 Häresien 44, 65, 88, 118, 120, Harith 70 Heermeister 51, 66, 98 Hekebolos 20, 126 Helios 10 Henotikon 12 Herodianus 88 Heroon Konstantin I. 114 Heroon Justinians 114 – 115 Heruler 51, 86 Hilderich 84 – 85 Hippodrom 16 – 17, 22, 33, 46, 49 – 51 Hipponeregion 86 Honorius 81 Hormisdas-Palast 66 – 67, 70 Hunnen 82, 88, 91, 101 Hydrus (Otranto) 98 – 99 Hypaspisten 88 Hypatios 29, 46, 50, 63 Iberien 56, 82, 88 Ildibad 97 – 98 Illustrios 58 Illyrien 51, 81, 87, 98 Inaugurationskonstitution 76 Indaro 28 Innocentius 88 Inschriften 15, 33 Insignien 12 Institutionen 76 – 77
150 Ioannes 22, 29, 42, 44 – 45, 47, 59 – 62, 93, 100 Ioannes Kappadox 58 – 60 Ioannes Malalas 24, 26, 29, 40, 46, 56, 77 – 78, 110 – 112 Ioannes von Damaskus 12 Ioannina 42 Isaurien 67, 88, 100 Italien 12, 42, 52 – 53, 55, 80 – 84, 87, 89, 93 – 100, 103, 108 – 109 Jakob Baradaios 70 Jerusalem 77 Johannes Lydus 58 Johannes von Ephesos 30, 44, 66 – 67, 71 Johannes von Nikiu 65 Jordanien 66 Julian 71 Julius Nepos 82 Justin I. 12, 31, 37, 66 Justinian 14, 22, 25 – 27, 30 – 31, 35 – 40, 42, 44, 46 – 49, 51 – 58, 63 – 67, 69 – 77, 79 – 80, 84, 88 – 89, 95 – 96, 100 – 101, 103 – 105, 107 – 108, 111 – 115, 117, 119 – 120, 126 – 127 Justinus II. 47 Kabades 103 – 104 Konstantios 114 Kalabrien 98 Kallinikos 104 Kampanien 98, 102 Kapitolion 40 Kappadokien 58, 67 Karien 71 Karthago 84 – 86, 88 Katalaunische Felder 81
Personen-, Sach- und Ortsregister
Katana 88 Kilikien 67, 105 Kirchengeschichte 12, Kodifikation des Römischen Rechts 74 – 75, 77 Kolchis 106 Kolosseum 32 Komites 46 Komito 16 – 17, 46 – 47 Kommagene 104 Königsschatz 86, 96 – 97, 102 – 103 Konstantianus 89 Konstantin der Große 10, 23, 81, 114 Konstantinos V. 118 Konstantinos VII. Porphyrogennetos 40, 114 – 115 Konstantinus (Militär) 88 Konsulat 87 Konzil von Chalkedon 13, 65, 70, 72, 74, 110 Korinth 23 Korsika 101 Kottische Alpen 96 Ktesiphon (Seleukia am Tigris) 106 Kubikularios 78 Kurator 47 Kutriguren 40, 115 Kyrillos von Skythopolis 67 Kyzikos 62 – 63 Landmauer 10 Laodikeia 41 Lazika 106 – 108 Legende 15, 31, 35, 44 Leon III. 118 Leon IV. 118 Leutharis 90
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Personen-, Sach- und Ortsregister
Libyen 20, 29, 40, 65, 85 – 86, 88 Ligurien 93 – 96 Lilybaion 86 – 87 Lukanien 98 Lukas 112 Lupicinia 37 Lydien 71 Lykaonien 67 magister militum 28, 46, 87, 103 – 104 Magnus 88 Mailand 93 – 96, 117, 122 Mainz 117 Makedonia 21, 27, 35 Mare 66 Maria von Ägypten 23 Marina-Palast 47 Markellos 62 Marmarameer 9 Martana 53, 87 Matasuntha 100 Mauren 84 Mauretanien 86 Mauricius 89 Maurusier 88 Maximianus 117 Megara 9 Menas 64, 112 Mermeroes 103 Mesopotamien 106 Metanoia 24, 26 Michael der Syrer 31, 44 milites castrensiani 46 Monophysiten 12 – 13, 15, 30 – 31, 35, 45, 65 – 68, 70 – 73, 120 – 121 Mons Lactarius 103 Mösien 41 Mundilas 94 – 95
Mundos 51, 87 – 89 Nabedes 107 Narnia (Narni) 102 Narses 62, 94 – 95, 101 – 102 Neapel 89, 92, 98 Neapolis Theodorias 40 Nika-Aufstand 34, 49, 51, 59 – 60, 104 Nikephoros Kallistos Xanthopulos 31 Nisibis (Nusaybin)106 Nobatai 71 Noricum 82 – 84 Notarios 63, 66 Novelle 25, 27, 30, 74 – 76 Nubien 70 – 71 Numidien 86 Odoaker 82 – 84 Olbia 40 Optaris 90 Orestes 82 Orontes 105 Palästina 13, 19, 67, 81 Pamphylier 60 Pannonien 84 Panormus (Palermo) 88 Paphlagonien 31, 63 Papua 86 Paris 122 Patene 117 Patrikia 31, 35, 37, 39, 45, 55, 60, 66, 78 Paulus 88 Pelagia 23 Pentapolis 20 Peranius 88 Perozes 103 Persarmenien 103, 107
152 Perser, Persien 13, 56 – 57, 81, 88, 97 – 98, 103 – 104, 106 – 109, 121 Perusia (Perugia) 90, 102 Pest 107, 109 Petra 66, 106 Petros 55 Pharas (Heruler) 86 Phokas 60 Photius 88 Phrygien 71 Plakidia-Palast 47 Po 96 – 97, 102 Pompeius 29 Pontia 64 Pontosgebiet 41 Ponza 64 Porta Asinaria 90 Portus (Stadtteil Roms) 93 Poterion 117 praefectus praetorio 58, 62 Preiekta 29 Priskos 63 Prokop 13, 15 – 16, 19 – 21, 24, 26 – 28, 30, 36 – 38, 41 – 47, 49 – 51, 54 – 61, 63, 72, 85, 87, 89 – 92, 95, 97, 99, 102, 105, 108, 110 – 114, 121, 124 – 125, 127 Promulgationskonstitution 76 Prostituierte 20 – 21, 23, 28, 38, 47 – 48, 77, 111 Prostitution 15, 20 – 22, 24, 27, 30 Protokoll 40 – 41, 82 Psaltos 41 Psogos 14 Purpur 51, 84 Purpurkleid 50 Pythia 78
Personen-, Sach- und Ortsregister
Qasr Libya 40 Quästor 60, 74 Raetien 82, 84 Ravenna 12, 53, 83 – 84, 90, 93 – 96, 99, 101, 117 – 118 Regata 89 Regium (Reggio di Calabria) 100 rex Italiae 12, 53, 82, 84 Rhein 81 Rhizaion 41 Rhodopegebiet 41 Rom 12 – 13, 22, 32 – 33, 64, 81 – 82, 84, 90 – 94, 99, 101 – 102 Romulus Augustus 82 Rufinianai 61 – 62 Rugier 83 Sabas 67 – 68 Salonae (Split) 87 – 88, 101 Samnium 98 San Vitale (Ravenna) 117 – 118, 126 Sardinien 86, 101 Sarkophag 115 Satrapen 46, 79 Saturninos 28 Schauspieler 30, 37, 33, 39, 47, 75, 125 Schwarzes Meer 9, 26, 31 Senat, Senator 34, 37 – 38, 40, 50 – 51, 58 – 59 Severos 68 – 69 Silko 71 Silverius, Subdiakon 64 Sirmium (Sremska Mitrovica) 89 Sisauranon 106 Sittas 46, 104 Sizilien 86 – 88, 100 – 101
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Personen-, Sach- und Ortsregister
Skriniarios 46, 58 Sophia 47 Spoletium (Spoleto) 102 Stephanos 66 Steuern 9, 58, 98 Stilicho 82 Stratelates 46 Sultan 116 Synagogen 71 Synaxar 119 – 120 Syrakus 88 Syrien 13, 15, 21, 31, 35, 41, 45, 67, 70, 77, 81, 105 – 107, 118, 130, 156 Taginae (Perugia) 101 Tarvisium (Treviso) 98 Teja 102 – 103 Theater 18, 20, 22 Thebais 71 Theodahad 53 – 55, 64, 87, 89 Theoderich der Große 12, 52 – 53, 83 – 84, 87, 89, 100 Theodora (II.) 31 Theodorias 40 – 41 Theodoropolis 41 Theodosios, Patriarch 70 Theodosios I. 81 Theodosios II. 10 Theophanes 47, 56, 63 – 64, 78, 110 – 112 Theophilus 31 Theudibert 96 Theudis 97 Thrakien 41, 88, 98, 101 Ticinum ( Pavia) 96 Tigris 106 Timotheos 65, 112 Totila 98 – 100 Trapezunt 41 Tribonianos 60, 74, 76
Triumphzug 87 Tudera 94 Türkei, Türken 66, 116 Tuscien 53, 87 Tyche 10 Tyros 20 Tzazon 86 Uraias 94, 96, 98 Urbibentus (Orvieto) 95 Urbicius 67 Urbinum (Urbino) 95 Ursicinus 88 Valentinus 88 Vandalen 13, 40, 81, 84, 86 – 87, 97, 104 – 105 Venetien 98, 101 Vesuv 103 Victor, Bischof von Tunnuna 110 – 111 Vigilantia 47 Vigilius 64 Vitalius 98 – 99 Völkerwanderung 12, 81 Wagenrennen 33 Yalova 78 Zaberganes 56 – 57 Zamanarzos 56 Zemarchos 47 Zenobia 105 Zenon 82 – 83 Zeremoniell 33, 39 Zeremonienbuch 114 – 115 Zirkuspartei 16 – 17, 21, 32, 35, 60 Zolleinnahmen 9 Zypern 15, 31