Klopstocks Werke: Band 4 Der Messias, Band 2 [Reprint 2020 ed.]
 9783112342947, 9783112342930

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VI. G.

V.

1

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19.

W i e dem sterbenden Weisen , indem des Todes Gefühl ihm Jede Nerve beschleicht, die festlichen Augenblicke Theurer w e r d e n , als Tage vordem; denn der Richter gebietet N u n den letzten Gehorsam, und T u g e n d , w e l c h e , geboren Noch aus brechendem H e i z e n , ihn auf erhabnere Stufen Seiner Vollendung erhebt: er zählt die bessern Minuten T i e f a n b e t e n d , und krönt mit Thaten sie, Thaten der Seele, Die durch ewigen L o h n der schauende Richter begnadigt. Also wurden die Stunden des grofsen, mystischen Sabbaths Festlicher, schauervoller, und Gott selbst theurer, je näher Z u dem Altare das Opfer t r a t , je mehr der Versöhner Eilte zu bluten, u n d : W e r d e ! der neuen Schöpfung zu rufen L a u t an dem K r e u z ; in die Mitternacht sein blutendes Antlitz D a n n zu neigen.

E l o a , vom AVerth der heiligen Stunden

Hingerissen, sie waren ihm m e h r , als die jauchzenden Stunden Seiner frühen Geburt! so ergriffen, hüllt' er sein Antlitz Gegen Gabriel a u f , und sprach zu dem göttlichen F r e u n d e : Sahst du ihn leiden ? Ich bebe noch! Gabriel, sahst du ihn leiden Keine Namen im H i m m e l , und keine Sprache der Engel

4 VI.

G.

V.

20

.

.

43.

N e n n t mir, w a s ich e m p f a n d !

D u hast ihn selber g e s e h e n !

U n d w a s w i r d er noch leiden!

A n jedem Augenblick hangen

Ewigkeiten!

E r schwieg.

U n d Gabriel sprach : I c h v e r t i e f t e

M i c h Jahrtausende s c h o n , das künftige W u n d e r z u l e r n e n , D u n k e l es nur zu s e h n , nicht a u s z u f o r s c h e n ; doch irrt* i c h ! L a i s uns s c h w e i g e n !

E s ist rund um uns h e i l i g !

Zwar

L i e g e n auch um uns h e r : doch w e r d e n dort E n g e l Schlummert in F r i e d e n !

Gräber

erwachen!

Aber o s i e h , w e r drüben im D u n k e l n

W i l d mit der Flamme sich naht. W e l c h ein niedriger H a u f e n !

E u c h sandte die Holl*, E m p ö r e r ! Allein der Schöpfer des Sandkorns

U n d der Sonnen, der E w i g e herrscht, durch den W u r m , und den S e r a p h ! U n d ihr F ü h r e r , ihr F ü h r e r !

Eloa . . So w i r d er nicht w a n d e l n ,

W e n n die Posaune den Staub aus jenen Hügeln hervorruft, D i e vor dem Richter ihn deckten, so f r o h w i r s t dann du nicht wandeln, D u V e r r ä t h e r ! E r sprachs.

D e r H a u f e n nahte sich w ü t h e n d ,

T r u g die Flammen e m p o r , und irrte mit suchendem A u g e D u r c h s L a b y r i n t h der B ä u m ' und der Nacht. I h n sähe- der Gottmensch. N u n erhub sich die dunkelste N a c h t , die über ihn herhirig, W o l k i c h t e m p o r , und als sie sich h u b , entflossen ihr Schauer. E i n e r ergriff den Verräther. U n d so rüstet' er sich:

E r trotzte der mächtigen W a r n u n g ,

W o ist e r ?

D i e L i e b l i n g e sahn i h n ,

W i e sie s a g e n , auf T a b o r in H i m m e l s w o l k e n g e k l e i d e t , A b e r in Banden noch n i c h t !

So sollen sie jetzo ihn s e h e n ,

U n d sich Hütten der F r e u d e z u baun v e r g e s s e n ! D o c h bebst d u ,

5 V I . G. Schauerndes H e r z !

v. 44

.

.

67.

Kann Kühle der Nacht auch Männer erschüttern?

S c h w e i g , E m p ö r e r ! bald ist es getlian! Dann will ich mir Hütten, Nicht in Traume n u r , baun! E r dacht's, und er eilte von neuem. Als der Mittler die kommenden s a h , da betet' er also I n sich selber: E s ist w e i t , w e i t von den ewigen Höhen Bis zu diesen Sündern herunter.

O W e g ' in dem Staube,

D i e ich wandle! Ich will sie wandeln! Sie werden einst glänzen, W e n n , in diesen T i e f e n , die Auferstehung erwacht i s t , Und nun ganz das Gericht es enthüllet, warum sie Gott ging. Judas Iscliariot.führte den Haufen.

D e r Priester Befehl w a r :

Männer zu w a f f n e n , und Jesus bey seinen Gräbern zu suchen, Ihn zu binden, und vor die Versammlung zu führen.

E s kannte

Judas den Ort des stillen Gebets, und der nächtlichen Sorge F ü r die Menschen.

E r hatte der Schaar ein Zeichen gegeben:

Welchen ich k ü s s e , der ist es! Allein noch erbarmt des Verräthers Sich die N a c h t , und läfst ihm noch nicht den entsetzlichen K u f s zu. Aber nicht l a n g ' , und es fiel mit ungeduldigem Grimme Auf die schlafenden Jünger die Schaar.

D a ging der Erlöser

Gegen die Sünder, und sprach mit seiner Hoheit: W e n sucht i h r ? Sie ergrimmten, und r u f t e n , und schwangen die bebenden F a c k e l n : J e s u s , den N a z a r ä e r !

Nun waren die übrigen Jünger

Alle gekommen; nun schauten auf ihn die geflohenen Engel. Und mit göttlicher R u h ' , als w e n n er dem W u r m e , zu sterben, Oder dem kommenden M e e r e , vor ihm zu schweigen, geböte,

6 V I . G.

v. 68

.



91.

Sprach er zur Schaar: Ich bins! Sie ergriff des Sohnes Allmacht, Und sie sanken betäubt vor seiner Stimme danieder. Judas sank mit ihnen. Todte;

So liegen im Felde des Treffens

so- wälzet sich unter den Todten der Grimmigsten einer,

W e n n aus der stilleren Mitte der Schlacht der denkende Feldherr Um sich herum, ihm gebot es Gott! Verderben versendet. Aber itzt w a r die Betäubung vorüber; itzt hub der Verräther Von der E r d e sich auf : nun w a r die schrecklichste Stunde Seiner E r s c h a f f u n g , und er ganz nah dem Gerichte gekommen. Uber ihm rauscht' ein Todesengel mit nächtlichem Flügel. Voll verborgenes Grimms, mit aufgeheiterter M i e n e , Trat er zu dem M e s s i a s , und küfst' ihn! E r hatt' es vollendet! Und der Thaten schwärzeste schlich , w i e ein Schatten zur Hölle. Aber der Gottmensch sah dem Verräther mitleidig ins Antlitz: Judas!

und du verräthst, durch einen K u f s , den M e s s i a s ?

Ach mein F r e u n d , wärst du nicht gekommen! So sagte der beste Unter den M e n s c h e n , und gab sich der S c h a a r , sich binden zu lassen. Petrus sah es.

D e n kühneren weckt der A n b l i c k , er reifst sich

Durch die Jünger h e r v o r , und verwundet im muthigen Angriff Einen der Schaar.

D e m heilet der Menschenfreund die W u n d e ,

Schaut auf Petrus herüber, und sagt: S e y r u h i g , mein Jünger. Bat' ich meinen Vater um S c h u t z ;

es würden vom Himmel

Mächtige Legionen erscheinen, dem Sohne zu dienen. Aber w i e würden alsdann der Propheten W o r t e vollendet?

7 V I . G.

v. 92

.

.

115.

Und zu der Schaar, die ihn band: I h r seyd gerüstet gekommen, M i c h zu f a h e n , als w a r ' ich ein M ö r d e r , der Wüthenden einer, D i e dem Tode bestimmt, und durch der Unmenschlichkeit Thaten Uber andere Sünder erhöht sind! Immer um euch g e w e s e n !

Ich bin ja im Tempel

hab' euch die W e g e des Lebens

Und des Todes gelehrt; ihr liefset ruhig mich lehren! Aber eure Stund' ist gekommen, der Finsternifs W e r k e Auszuführen.

E r schwieg , und w a r an dem Bache der Cedern.

Unterdefs stand in dem hohen Pallast die Versammlung der Priester, W i e auf W o g e n der zweifelnden Hoffnung. Ihr sorgendes Murmeln Stieg von der Höh des innersten Saals die Marmorgelender Zum vielhörenden Ohr des fürchtenden Pöbels hinunter. Dieser staunte mit starrendem B l i c k ;

sprach von dem Propheten

Zitterndes L o b , und stammelnde F l ü c h e ; vergafs der Bewundrung Und der goldenen L e u c h t e r , die flammend die Säulen umgaben. Aber die Priester besprachen sich unter einander: D i e Bothen Kommen noch nicht! w o bleiben die Bothen ? Vielleicht, dafs sie Judas Und den Haufen verfehlten! Vielleicht w i r d der schwarze Verräther Auch zum Verräther an u n s ? Ach vielleicht verleitet, w i e vormals, Durch Blendwerke des Schreckens der Nazaiäer die M ä n n e r ! Also besprachen sie sich.

D a kam ein B o t h e ! die Haare

Flogen i h m , und die W a n g e w a r bleich; Uber sein Antlitz;

erkaltender Schweifs lief_

er rang die bebenden Hände.

So sprach er:

Hoherpriester! w i r kamen dahin, und fanden ihn endlich

8 V I . G.

v. 1x6

.

.

Uber dem Bache, nicht fern von den Gräbern.

139. Das Grauen der Gräber

Schrecket' uns nicht; allein es hingen schwärzere Wolken, Als ein Mensch noch gesehn hat, am ganzen Himmel herunter. Und doch drangen die Männer hinein; ich blieb in der Fern stehn. Aber ich sah den Propheten! Da liefen, ich kanns nicht erzählen, W i e es geschah, da liefen mir Schauer durch alle Gebeine! Doch sie erkannten ihn nicht, so nah er auch dastand, und drangen Auf die Männer um ihn.

Da sprach er gewaltig: Wen sucht ihr ?

Unsere Männer fürchteten nichts, und ruften mit Grimme: J e s u s , den Nazaräer!

Da sprach e r , noch hör' ichs, noch sinken

Alle Gebeine mir hin! er rief mit der Stimme des Todes Gegen uns her:

Ich bins!

So sprach die Stimme.

Sie stürzten

Auf ihr Angesicht hin! Sie liegen todt da! Nur ich bin Ihm entronnen, damit ich die Todesbothschaft euch brächte! Und die Priester hörten des Schreckens Worte den Bothen Sagen, und standen entfärbt, und blieben starr, wie ein Fels steht, Stehn.

Nur Philo vermag, unüberwältigt vom Schrecken,

Diese Worte zu zürnen: D u bist sein Jünger, Verwegner! Oder dich täuschte die bildende Nacht! Geöffnete Graber Sandten dir Schwindel, und Todte. Die Todten sahst du! Die Männer, Welche wir sendeten, leben, und fallen vor Worten nicht nieder! Als er noch redete, kam ein anderer Bothe: Wir haben Viel gelitten! wir sind vor ihm zu der Erde gesunken! Denn sein Blick war entsetzlich, und Tod in des redenden Stimme.

9 V I . G.

v. 140

.

.

163.

_A.ber dennoch führen wir ihn gebunden.

Er gab uns

Selbst die'Hände, sich binden zu lassen.

Sie führen ihn bebend,

Wissen nicht, ob sie von neuem gebietende W o r t e des Schreckens Hören werden.

Allein er geht mit geduldiger Stille,

Und ist schon in den Mauren Jerusalems.

Also der Bothe.

Und der dritte kam an, und rief: Gott segne die Väter! Aber so müssen sie alle verderben, die wider euch aufstehn, Alle Feinde des Herrn, wie der Galiläer, verderben! D e n n wir führen gebunden ihn her mit Banden, die W o r t e Nicht auflösen, noch lächelnde Mienen. Alle verlassen.

E r naht dem Pallast.

Ihn haben die Seinen

Gott gebe sein Blut euch!

Als der wüthende schwieg, trat Satan in die Versammlung, Und die Freude der Hölle mit ihm.

Sie fasset die Priester

Schwindelnd; umflattert ihr Auge mit Bildern quellender W u n d e n , Und des bleichen kommenden Todes; umströmt mit der Stimme • Seiner Qualen ihr Ohr.

Er verstummt nun e w i g , und über

Seinem Gebein empor erhebt der Heiligen Fufs sich! L a n g ' ergriff sie der Taumel; allein noch blieb der Prophet aus: Und sie wütheten sehr, und sandten das zweytemal Bothen. Philo ging mit den Männern.

Es hatte die Schaar den Messias

A u f dem W e g e zu Hannas, dem Hohenpriester, geführet. D e n n es war der Greis in der Nacht schwerduftenden Stunden Aufgestanden, zu sehn den M a n n , der Juda verwirrte! Und Johannes folgte von fern. K i o r s i . Wr. I V . B.

M E S S .

D e r friedsame Schlummer

II. B.

£

io VI.

G.

v. 164

.

.

187.

War von dem Aug' ihm entflohn, der Wehmuth Kummer bedeckt' es, Deckte die bleichere Wange; zuletzt (er kannte den Priester, Dafs er kein Wüthrich wie Kaiphas w a r , ) bezwang er die Wehmuth Seines Herzens, ging in den Richtsaal, sah den Messias, Wie er vor Hannas stand.

Der Hohepriester befragt' ihn:

Kaiphas wird dich richten! O wärst du so schuldlos , als , was du Thatest, ruchtbar ward; so würden die Völker der E r d e , Würde Abrahams Gott und seiner Kinder dich segnen! Sag nun selber, was hast du gelehrt? was hast du für Jünger? Lehrtest du Moses Gesetz ? und thatst du es ? tbaten's die Jünger ? Hannas sprachs , und bewunderte Jesus, der mit der Geberde Eines Propheten vor ihm dastand, mit bescheidener Hoheit, Unentheiligt vom Stolze! Der Gottmensch würdigt ihn, also Ihm zu erwiedern:

Ich lehrt' in dem Tempel, frey vor dem Volke,

Frey vor den Lehrern im Volk! D u fragst mich! frage die Hörer! Als er noch sprach, drang Philo herein.

Da fuhr die Versammlung

Ungestüm auf; da that ein Knecht, mit knechtischer Seele, Eine That, die niedrig genug war Unmenschlichkeiten Anzukündigen.

Philo gebot, den Empörer zu nehmen,

Und ihn entgegen zu führen dem Todesurtheil.

Sie thatens.

Als ihn Johannes in Philo's Gewalt sah, deckt' ihm des Todes Blässe die Wang', und Dunkel sein Auge; da zittert' e r , brach ihm In der Wehmuth das Herz! Zuletzt, da er aus dem Pallaste Wankete, sieht er von fern die wehenden Fackeln: Ich folge,

11 V I . G.

V.

188





2x1.

N e i n , ich folge dir nicht, ich bete dir nach, o du bester Unter den Menschen! D o c h ist in Gottes Rath* es beschlossen, M u f s t du sterben; so l a f s , den meine Seele geliebt hat, D e n ich liebe, mit viel mehr L i e b e , wie L i e b e der Brüder, L a i s mit dir mich sterben, du Heiligster! Nur dafs mein Auge Nicht dein brechendes A u g e , nicht deine Todesangst seh! Ich des verstummenden Segen, den letzten, letzten, nicht höre! W ü r g e r , w o bin ich ? Ist hier kein Retter ? kein Retter auf Erden ? Keiner im Himmel? und schlummert ihr auch, die über ihm sangen, A l s sie dem T o d e , das dachtest du nicht, du liebende Mutter! Diesem entsetzlichen Tod* ihn gebar! D u allein bist Retter, D u bist Helfer allein, o der Todten und Lebenden Helfer! Vater der Menschen, erbarme dich meiner, und lafs ihn nicht sterben, L a f s ihn nicht sterben, den besten der Kinder Adams! Den Priestern, Gieb den grausamen Würgern ein H e r z , das Menschlichkeit fühle ! A c h , ich seh' ihn nicht mehr! die hohen Flammen verschwinden! 1 N u n , nun richten sie ihn! Dafs ihre grimmige Seele Schaure beym Anblick der leidenden Tugend! sich Einmal, nur Einmal, Einmal im Leben nur das Gericht, das kommen soll, denke! Doch wer wandelt im Dunkeln herauf? Ist es Petrus? vernahm er, W i e sie zum Tod' ihn verdammten ? So schnell! Nun steht er! W e n sah ich? Keines Fufstritt hör' ich nicht mehr! Wie so stumm die entsetzliche Nacht! Welche Mengen stürmen da h e r !

W i e ist es hier öde! D o c h die Stille verliert sich.

Ach sie eilen, und reifsen

12 V I . G.

V. 2 X 2

.

.

235.

I h n in der deckenden Nacht zu dem T o d e , damit ihn des Volkes Menschlichkeit nicht errette! damit an rinnenden Steinen, Oder herunter am triefenden S c h w e r t , nur Engel sein. Blut sehn! A c h , erbarme dich meiner! erbarme dich m e i n e r , und lafs i h n , Vater des Mitleids und deiner Erschaffenen, lafs ihn nic^ht sterben:! 1

Also dacht' e r , und sprachs mit gebrochnen W o r t e n , und wankte Gegen des Hohenpriesters P a l l a s t , und blieb in der Nacht stehn. Aber der Führer der Schaar, die Jesus begleitete, Philo Reifset sich w ü t h e n d v o r a n , eilt in die Versammlung, und alle Sehns an seinem T r i u m p h , und dem hohen flammenden A u g e , D a f s der Todtenerwecker gebunden, und dicht am Pallast sey! Doch sie hatten nicht Z e i t , dafs sie Philo jauchzten. T r a t herein.

D e r Gottmensch

Sie sahn den k o m m e n d e n , trauten dem Anblick

Kaum die Wirklichkeit z u , und bebten vor W u t h , und Entzückung. Aber er trat die Stufen h e r a u f , und stand vor dein Richtstuhl. Alle H o h e i t , so. gar die Hoheit des sterblichen W e i s e n Leget' er a b , und w a r nur r u h i g , als sah' er den Abfall Einer Quelle vor sich, und dächte nur sanfte Gedanken, Nach erhabnem an G o t t , die Augenblicke zu ruhen. W e n i g e leise Züge nur behielt er von seinem Göttlichen Ernst.

Doch konnte sie kein Engel nicht h a b e n ,

Rang er danach: allein auch nur ein Engel vermochte Dieser Göttlichkeit M i e n e n , und ihren Geist zu bemerken. Also stand er.

Philo und Kaiphas hefteten grimmig

V I . G. Ihren Blick auf die Erde.

V.

236

.

.

259.

Dem gab die Würde das Vorrecht,

Erst zu reden, jenem der Eifer.

Noch schwiegen sie beyde.

Aber es zog im Seitenpallast, von einsamen Lampen Halb durchdämmert, ein kreisender Gang sich hinüber zum Richtsaal. D o r t , an ein Marmorgelender gebückt, stand unter den Frauen Portia, jugendlich schön, das W e i b Pilatus des Römers. Aber ihr Geist war nicht jung.

D i e Blume blühte, mit Früchten,

W i e die Mutter der Grachen, die ausgearteten Römer Z u bereichern:

allein in dem ernsten Rathe der Wächter

W a r Roms Untergang, und kein Erretter beschlossen. Hingerissen von der Begier, den grofsen Propheten Endlich zu s e h n , w a r , nur von wenigen Sklaven begleitet, Portia eilend gekommen.

Sie hatte diefsmal die W ü r d e

Einer herrschenden Römerin , jeden Z w e i f e l der Hoheit L e i c h t vergessen!

Es leitete sie des E w i g e n Vorsicht!

Und sie stand, und sah i h n , der Todte w e c k t e ; des Priesters Mutliigen Hafs noch muthiger trug, und entschlossen genug w a r , Unter einem so niedrigen Volk' unerkannt, unbewundert, Grofs zu handeln.

Sie sah den erhabnen M a n n , mit B e w u n d r u n g ,

Heifs von Erwartung, und f r o h , dafs mit dieser Ruh' er vor seinen Hassern, und vor dem gezückten Schwerte des Todesurtheils Dastand.

D o c h so kannt' ihn nicht P h i l o ; es sagte der Heuchler:

Bringt ihn näher, und bindet ihn fester. Hebt auch heilige Hände zu G o t t ,

D o c h eh wir ihn richten,

dafs er endlich sein Urtheil

i

4

V I . G.

v. 620

.

.

283-

Ausgesprochen, und uns nicht länger durch Schweigen geprüft h a t ! H ö r e ferner der Deinen Gebet!

So müssen sie alle,

D i e sich empören, verderben, und keiner müsse die S t a t e , W o sie standen, bemerken, und keiner ihrer gedenken, A u f s e r , w o bey entfleischtem Gebein der Getödteten Schädel L i e g e n , und w o das Blut der Empörer der Hügel hinabtrank, D a f s er d a m p f t e ! Ja D a n k ! D a n k ! laute festliche W o n n e Bey den Altären! und Israel soll ein Jubelgesang seyn! D u wirst bluten! Bis jetzt schlofs Juda die A u g e n , und sähe! Hielt sein Ohr z u , und hörte! Doch ; s t der schwindelnde Taumel Endlich vorübergerauscht.

Sie sehen n u n , h ö r e n , was da ist,

D e n , so vor Abraham w a r , in der Todeskette! Z w a r oftmals Sahn sie ihn schon, und w a r f e n , auf Augenblicke, des Irrthums Eiserne Bande von s i c h , mit freyem männlichen Arme Heilige Steine zu f a s s e n , den Lästerer Gottes zu tödten! Aber sie wurden von neuem getäuscht.

Doch heut ist das E n d e

Ihrer Verblendung, u n d deines Betrugs, E m p ö r e r , gekommen! W i e auch in kleinen H a u f e n das Volk dastehet; so werden Aus den wenigen doch sehr viele wider dich z e u g e t , W e n n w i r sie rufen.

D a s wird der Hohepriester gebieten.

Aber ich klage dich a n , und ich nehme Juda zum Z e u g e n , E r d ' und Himmel zum Richter: D u bist ein E m p ö r e r ! D u hast dich Selbst zum Gotte gemacht, d u , der in der Krippe geweint h a t ! Schläfer wecktest du a u f , und keine T o d t e !

Doch Mütter,

15 V I . G.

v. 234

• •

307.

Selbst die Mütter und Schwestern, die sahn ja die Sterbenden sterben! A u f ! dich trifft nun die R e i h ' ; erwecke dich selbst! doch es werden Männer in Tode dich sehn.

Der soll so leise nicht schlafen !

L i e g dann bey den Erwürgten, die Gott verworfen hat! Schlaf dort, Dort den eisernen S c h l a f , dort, w o die kommende Sonne Und der wandelnde Mond den Dampf der Verwesungen auftrinkt, Bis der Tod r e i f t , und von Gebeinen Golgatha weifs w i r d ! Also liege! ja s o ! Und ist noch irgend ein gröfsrer, Heifserer Fluch, der siebenfältig Verwünschungen hinströmt, Dem die Mitternacht aufhorcht, Grabheulen mit ausspricht, Dieser treffe . . Hier starrte die schwellende Lippe dem Lästrer, Und sein Antlitz herunter ergofs sich Todesblässe. Denn in dem Augenblicke der Nacht, in dem er der Flüche Schrecklichsten auszusprechen begann, und umsonst das Gewissen Ihm sich empört', ihn nun selbst nicht der Allmächtige schreckte, W a n d t ' ein Todesengel, der w a r sein E n g e l , er wandte Seinen Blick, den Verderber, auf Philo, und trat vor den Sünder: O der Fluch, den du fluchest, der w i r d dich selber ergreifen, Du entsetzlicher M a n n !

Ich hebe mein Auge zu Gott a u f ,

Zu dem Vergelter mein (lammendes Schwert, und schwöre den Tod dir! Soll ich ihn jetzt, Allmächtiger, schlagen ? Noch nicht! doch die dunkle, Schwarze, blutende Stunde, die Todesstunde beflügelt Ihren kommenden Schritt!

Bald stehet sie d a !

Ich schwöre,

W i e ihn jemals ein Sterblicher starb, den furchtbarsten Tod dir,

16 V I . G.

v. 308

• -'•

33i •

Du Verruchter! und ihn leer, leer der letzten Erbarmung! Ohne Gnad', ohn' Eine von dem, der schuf, und Gericht hält! Wenn um dich die Mitternacht dann liegt, und des Todes Stunde durch sie herwandelt, und dir mit dem Heulen Gomorra's Furchtbar rufet, der Tod den grofsen Schlag gethan hat, Und dein Geist nun röchelnd entflieht; dann sollst du mein Antlitz , « Dort bescheid' ich dich hin, in dem Thal Benhinnon erblicken! Also droht' ihm der Todesengel, und zog auf der Stirne Zorn, wie Wolken, zusammen. Strömet' er Rache,

Vom hohen treffenden Auge

Sein Haupthaar sank in Locken der Nacht gleich

Auf die Schultern, es stand sein Fufs, wie ein ruhender Fels da! Aber noch schlug der Verderber ihn nicht.

Er liei's nur die ¡Stimme

Seiner Schrecken, liefs den Todeston um sich rauschen. Philo empfand des Unsterblichen Schrecken, wie Menschen empfinden, W a s Unsterbliche thun.

Er fühlt' es im mächtigen Angriff

Schauervoller und schneller, als je ein Mensch es gefühlt hat. Denn es war ein Schrecken' von Gott. Und noch zittert' er laut.

Noch entsank ihm dasLeben,

Doch, was er noch athmete, waren

Flüche wider sich selber, dafs ihn ein Schauer, so täusche. Und er kam zu sich selbst.

Doch trafen die Schrecknisse Gottes

Noch sein Gebein, und bebten ihm noch in dem innersten Marke. W i e ein Wurm, der unter des Wanderers Fufse sich windet, Krümmt' er sich auf, und sagte: W a s ich mit Schweigen bedeckte, Denn ich entsetzte mich sehr vor des Sünders Verbrechen! das alles

V I . G. Hüllet der Ausgang auf. Hoherpriester!

V. 3 3 2

.

.

355-

Beschleunige du ihn, und richte,

Er sprachs, und starrt', und konnte nicht zürnen.

Aber die Stille ward stiller.

Und Portia sah den Propheten,

W i e er gegen die Rede des Todfeinds dastand.

Freude

Funkelt' ihr Blick, und ihr Herz schlug lauter, und hohe Gedanken Strömten herauf in ihr Haupt. Hohe Gefühl sie empor.

Ihr w a r , als hübe das neue

Dann forscht sie mit feurigem Auge

Um sich herum, ob sie unter der Menge nicht edlere fände, Welche mit ihr den Propheten bewunderten.

Aber sie suchte

Gute Seelen umsonst, in einem Volke, das reif war Bald gerichtet zu werden, zu stehn auf der flammenden Trümmer Seines Tempels, in welchem nun nicht Jehovah mehr wohnte. Einen bemerkte sie nur, der fern in dem untern Pallaste Mit dem Haufen am Feuer sich wärmte.

Sie schauten ihn wild an,

Und sie stritten mit ihm: er widerlegte sie feurig. Endlich schien ihm der Muth zu entsinken, und bleich und verwildert Schaut' er um sich herum, dann wieder auf den Propheten. Ach, der Mann ist sein Freund, so dachte die Heidin, er strebet Ihn zu retten, und w i l l , dafs dieser Pöbel die W e g e , Welche der Weise wandelt, begreife: wie edel er lebte, Und wie menschlich er w a r , und Gutes ohne Geräusch that. Aber sie fassen ihn nicht, und dröhn, ihn auch vor den Pöbel, Der dort richtet, zu führen. Davor erschrak er, und bebte Vor dem Tode zurück, den ihm die Wüthenden drohten. K L O F S T . W . IV.B.

M I S S . II.B.

3

18 V I . G.

v. 3 5 6

.

.

379.

Und ihn sandte vielleicht des Bedrängten M u t t e r , und fleht' i h m , Hingesunken in Thränen vor ihm, dafs er ging', und vom T o d e , Ach vom Tode befreyte der Söhne besten und liebsten ! O w i e wird sie vor Schmerz, die liebenswürdige M u t t e r , (Liebenswürdig ist sie, sonst hätte sie ihn nicht geboren, Diesen W e i s e n ! ) w i e wird sie vor Schmerz und Jammer versinken , W e n n sie vernimmt, w i e der wütliende Pharisäer geredt hat ! Aber was ist es in m i r , dafs zu so zärtlichen Sorgen Für die Unbekannte mein Herz mit Empfindungen a u f w a l l t , D i e ich niemals empfand?

Sind es W ü n s c h e , den edlen g e b o r l n ,

Ihn der Erde gegeben zu h a b e n ? Dein L e b e n verfliefse, M u t t e r , zu glückliche Mutter ! voll Stolzes auf ihn ! und dein Auge Seh* ihn nicht sterben ; obgleich sein Tod die E r d e w i r d lehren ! Jetzo erhub der Hohepriester sich auf den Gerichtsstuhl, Also sagt' er: Obgleich ganz Juda die Lasten empfindet, D i e auf aller Schùltern der M a n n , den w i r richten, gelegt hat ; Und so sehr die E r d ' ihn auch kennt, dafs er wider den hohen, Rächenden Gott auf M o r i a , des Allerheiligsten Priester, Und den grofsen Cäsar in Rom sich wüthend emporté ; Ob ganz Israel gleich ihm das Todesurtheil mit ausspricht; Und nicht Kaiphas nur dem Schwerte gebeut, dafs es schlage: Dennoch wollen w i r ihn mit Zeugen richten , und hören ! Z w a r ist Israel jetzt nicht versammelt, die meisten der Zeugen Decket die Mitternacht; ( B a l d werdet i h r , selige V ö l k e r ,

1

V I . G.

V.

38»

• •

9

403-

Unentweihteren Festen erwachen, als die der Empörer Noch mit b e g i n g ! ) allein so wenige Menschen auch hier sind, W i r d es an Zeugen uns doch nicht mangeln. Es komme, wer Recht thut, Und das Vaterland liebt, und spricht, w a s lauter und wahr ist! Also sagte der Hohepriester.

Da traten belohnte,

Unterrichtete Männer herauf, und zeugten.

Vor allen,

Hatte mit Schmähsucht Philo, und erdekriechender Bosheit, Ihre schon kleinen beweglichen Herzen erfüllt.

Mit entflammten

Wildem Blick, sah einer der Männer seitwärts, und sagte: W i e er den Tempel entweiht, das wissen w i r alle. Doch hat er Nie so sehr ihn entheiligt, als damals, da er der Opfer Fromme Verkäufer vertrieb.

Ihr wart versammelt zu beten;

Aber er trieb mit Grimm der Opferthiere Verkäufer Aus der geweihten Halle.

Gewifs, er ehret den Gott nicht,

Dem ihr die Opfer zu heiligen kamt: er hätte die Opfer Sonst nicht verdrungen, noch diesen Raub an dem Tempel begangen! Also zeugt' er.

Nach ihm erschien ein andrer, erklärte

Jesus göttlichen Eifer mit gleichem Unsinn:

O damals

Wollt' er den Tempel nehmen, von dort auf Jerusalem fallen! Aber der Schwärm, der ihn wohl in der fernen W ü s t e zum König Ausrief, blieb ihm hier nicht getreu.

Er mufste zuriickfliehn.

Drauf erhub ein L e v i t sich, und that, als könnt' er verachten, Zeugete: Hat er nicht Gott gelästert, weil er voll Stolzes W ä h n t , er könne die Sünde verzeihn?

An dem Sabbath erlaubt er

20 V I . G. Ähren zu lesen!

V.

404

.

.

427.

belebt an dem Sabbatb verdorrende Hände!

Und doch wälint der Verbrecher, er könne Sünden vergeben! Jetzo sprach der Vierte.

D i e wilde L a c h e des Hohns stieg

Ihm in die Mienen empor, und tönt' in des redenden Stimme. Also sagt' er: Ich mufs zwar zeugen; doch brauchet ihr, V ä t e r , Zeugnisse wider den M a n n , der von Unternehmungen schwindelt, D i e auf solchen Träumen erbaut sind? E r hat es geredet, Und das V o l k , so ihm gleichet, vernahms mit starrendem A u g e : Brecht den Tempel; drey Tag', und es hebt sich ein neuer vom Staube Wieder empor.

Ich bau' ihn! Das war er fähig zu sagen.

Auch ein Greis entehrt sein A l t e r , und sagt: Z u den Zöllnern, Diesen Sündern, gesellt, (ich bin ein Zöllner g e w e s e n ) Hat er jene Weisheit erfunden, die Moses verachten, U n d , durch sündiger Kranken Heilung, den Sabbath entweihn lehrt. Also zeugten die Z e u g e n ; und ringsum strömt, der Erwartung Blick auf Jesus, wie sich der Empörer vertheidigen werde. Also stehn um den sterbenden Christen, mit bleichen Gedanken, Und mit halber Freude, die gern sich freute , die Haufen Niedriger Spötter, und athmen leis', und stammeln Erwartung: Auch ihm wird der muthige Traum vom unsterblichen L e b e n , W i e er selber, vergehn.

E r bekennts noch!

Aber der W e i s e

Betet für sie, und für sich, und lächelt die Gräber vorüber. Also starrt ihn das wartende V o l k an. Schweiget.

Aber der Gottmensch

Kaiphas reifst geflügelter Grimm f o r t , er saget:

21 V I . G.

V.

428

.

.

451.

F r e v l e r , schweigst du zu dem, was diese wider dich zeugen ? Aber der Gottmensch schwieg. D a ergrimmte der Priester von neuem : R e d e ! beym lebenden Gott beschwör' ich dich: Bist du Christus? Christus, des Angebeteten Sohn ? E r hatt' es gesprochen; Und nun stand er emporgerichtet, und schaute Verderben. Satan schaute mit ihm.

D e r Todesengel Obaddon,

Philo's E n g e l , dacht' entflammt auf die Sünder herunter: W ü r d i g t er einer Antwort die W ü r g e r , so ist es Erbarmung. Aber es rüstet sich schon mit allen Schrecken der R a c h e , D i e Gott schreckte, seitdem an dem Thron der Donner gerollt h a t , S i e h , er w e c k t das Gericht, und kommt, der letzte der T a g e ! D u n k l e r , schwarzer, tödtender T a g , du T a g der Entscheidung! Sey mir in deiner furchtbaren Schöne gegrüfst, o du schönster Unter der E w i g k e i t Söhnen!

du festlicher T a g der Vergeltung !

T a g des richtenden M a i s e s , der tönenden W a g e ! dann schallen Kommende W e l t e n umher in die Silbertöne der W a g s c h a l ! Sey mir gegrüfst, du T a g ! es verbirgt dann unter den Schaaren D e r e r , die Palmen tragen, die Gnade sich!

Diesen Gehörnen

Aus der E r d e , den Staub, den sterblichen Sünder seit gestern, W e l c h e r wider den E w i g e n schwillt! und jenen Gehörnen Unseres Himmels , der seit der Erschaffung Empörungen aufthürmt! Heil mir!

es wird sie beyde der T a g , der Donnerer, fassen,

D a f s er sie ganz verderbe!

Drum hüll' ich mich ein, und verstumme.

Aber mein Schweigen ist T o d ! mein Verstummen des Rächenden B o t h e !

22 VI. G.

V.

452

.

.

475.

Also dacht* er in eilendem Flug der Gedanken, und sähe A u f den Priester, der schon des Messias Antwort verdammte. Aber der Gottmensch schaute gen Himmel. Die Seraphim staunten, Als er es t h a t ; so sehr sahn sie an seiner Geberde, W i e er zurück die Gottheit hielt, und in menschlicher Ruhe D a s verbarg, was Welten erschuf.

So hält er noch jetzt a u f ,

Fürchterlicher durch Säumen, sein W e l t g e r i c h t , und erduldet's, D a f s der Empörungen Strom, mit langen Jahrhunderten, ströme. Jetzo sah er dem Priester ins Antlitz, sagt' ihm: Ich bin e s , W a s du sagtest!

und w i s s e , dafs ich jetzt Thaten vollende,

W e l c h e der Anfang sind des Gerichts!

D e n Menschen von E r d e ,

D e n auch eine Mutter gebar, ihr werdet ihn sehen Sitzen zur Rechte Gottes, und kommen in W o l k e n des Himmels ! Also öffnete der, der mit dem letzten.der Tage Schreckenvoller wird kommen, als je ein Engel des Todes Ihn in der Nächte tiefsten den stürmenden Psalter herabsang: Also ölfnet' er Einem geflügelten Blicke die Z u k u n f t ; Schlofs dann schnell dem erstaunenden Blick den furchtbaren Schauplatz. Kaiphas, denn nun schleuderten ihn die Ströme des Grimms f o r t , Undnunkannt'er kein Mafs, nicht Schranken, nicht zwingende Schranken! Kaiphas schritt entflammter hervor! trug Tod auf der Stirne! Zitterte laut! zerrifs sein G e w a n d ! mit glühendem Auge Starrt' er fürchterlich h i n , rief in die verstummende M e n g e : Redet! E r lästerte Gott! W a s brauchen w i r Z e u g e n ? Ihr hörtet's !•

23 V I . G. Redet!

v. 476

.

.

499.

w a s denkt i h r ? E r lästerte Gott! Sie r u f t e n : E r sterbe!

Philo schwoll empor: E r sterb', er sterbe!

D i e Fülle

Meines Heizens ergeufst sich! E r sterbe den T o d der Verfluchten ! Oben am K r e u z , den langsamqn Tod der eisernen W u n d e n ! D a f s sein modernd Gebein kein Grabmahl linde! kein Hügel Uber ihm mit Blumen bewachse!

V e r w e s ' an der S o n n e ,

H a der offenen S o n n e , Gebein! und hör' an dem T a g e , W e n n dem verdorrten Gebein Gott r u f t , die Stimme des Herrn nicht! Also sagte der M a n n , so dem Tode reif war.

E r sagt' e s !

Angefeuert von i h m , drang nun in wüthendem T a u m e l , N u n das Volk auf den Göttlichen zu!

O gieb mir die Hülle,

Sionitin, mit d e r , wenn du vor dem E w i g e n schwebest, Stil] du dich deckest, dafs ich mit den Engeln mein Auge bedecke. Gabriel und E l o a enthüllten sich seitwärts, und sagten: Gabriel!

Gottes Geheimnifs w i e t i e f , wie den Endlichen allen

Unergründbar ist Gottes Geheimnifs!

Ich sah sie geboren

W e r d e n , die Orione, ich w e i f s , was jedes Jahrtausend Auf den Orionen vor Wunder geschahn! doch ein W u n d e r , W i e die Erniedrung des Sohns zu dieser T i e f e , geschah nicht! E r , den erst Jehovah vom donnernden Tabor herunter Richtete! der das Gericht mit dieser Göttlichkeit aushielt! M w j mit Einem B l i c k , der Unsterblichen Schimmer zurückschuf! Er!

G. Und E r , E l o a ! vor dem die Gebeine der T o d t e n ,

Vom weitherrschenden Sturm der neuen Schöpfung ergriffen,

24 V I . G.

V.

500

.

.

523.

Einst erstehen, dafs rings in ihren W e h e n die Erde L a u t , mit einer Gebärerin A n g s t , dem Allmächtigen zuruft! D e r alsdann mit der Donnerposaune, mit zeugenden E n g e l n , Mit• hinsinkenden Sternen, zum Weltgerichte wird kommen! E . ' S i e h , er rief i h m , da wurde das L i c h t !

D u , Gabriel, sähest,

W i e es hervorrifs! E r ging voll tausendmal tausend Gedanken, Tausendmal tausend Leben an seiner Rechte versammelt, Und beseelender Sturm vor ihm h e r ! Da rollten die Sonnen! D a erklang's um die jauchzenden Pole! da schuf er die Himmel! G. Sieh, er gebot der ewigen N a c h t , die stellte sich jenseit Seiner Himmel!

E l o a , du sahst, w i e er über der Nacht stand!

Und er ruft' ihr, da ward ein ungeheurer, ein todter Klumpen!

D e r lag vor ihm, w i e eine zertrümmerte Sonne,

Oder wie Leichname hundert zusammengeworfener E r d e n ! Und er gebot der Flamme; da strömte die nächtliche Flamme Durch des Todes Gefild! da ward das E l e n d ! da tönten Seine Tiefen Jammer herauf! da erschuf er die Hölle! Also sprachen sie.

1

Portia sah den Göttlichen leiden;

Konnte den bangen Anblick nicht mehr ertragen; erhub sich Auf den Söller.

M i t aufgehobenen ringenden Händen,

Stand sie, mit Augen, die starr zu dem dämmernden Himmel hinaufsahn, Und so zweifelt* ihr H e r z : O d u , der erste der Götter! Der die W e l t aus N ächten erschuf, und dem Menschen ein Herz gab! W i e dein Namen auch heifst, Gott! Jupiter! oder Jeliovah!

V I . G.

V.

524

.

.

547.

Romulus, oder Abrahams Gott! nicht einzelner Menschen, N e i n ! du Aller Vater und Richter! darf ichs dir w e i n e n , W a s mir meine Seele zerreifst ? W a s hat er verbrochen, Dieser friedsame M a n n , dafs ihn Unmenschliche tödten? Ist er dir so festlich der Anblick, die leidende T u g e n d , Gott! von deinem Olympus zu sehn? Er ist es den Menschen! Süfs und schauervoll ist den Menschen die stolze Bewundrung! Aber der die Sterne gemacht hat, kann der bewundern? N e i n ! du kannst nicht bewundern! Allein ein hohes Gefühl ists Für den Gott der Götter ; es könnte sein göttliches Auge Sonst nicht s e h n , dafs der Schuldlose litte!

W i e wirst du belohnen,

D e r dir diesen festlichen Pomp der Menschheit aufführt. M i r , mir rinnt das Mitleid die W a n g ' herunter; allein du Kennest nur an der leidenden Tugend die bebende T h r ä n e ! Gott der Götter, belohn*, und, ist es dir möglich, bewundr' ihn ! Als sie jetzt sich gebückt, und geneigt hat über den Söller, Hört sie am untern Pallast wie eines Verzweifelnden Stimme. Petrus w a r es. Stehn geblieben.

D e r fromme Johannes w a r an dem Thore Er hörte den jammernden Petrus , erkannt' ihn ,

Rief ihm entgegen: A c h lebet er, Petrus ? D u weinst! du verstummest Rede!

P. L a f s mich, Johannes, ach lafs mich im Einsamen sterben

Sterben will ich! E r ist verloren! Ich bin noch verlorner! Judas, Judas ! entsetzlicher Jünger! du hast ihn verrathen! Ich verrieth ihn mit dir! V o r allen , welche mich fragten, K

l

o p s r . W . I V . B.

M

e

s s. II. B.

26 V I . G.

v. 548





57i-

H a b ' ich ihn a c h ! in meinem zu tiefen Elend verleugnet! F l e u c h , Beucli, w e n d e dich w e g , J o h a n n e s , lafs mich im Stillen Sterben!

S t i r b , stirb a u c h ! E r ist zu dem Tode verurtlieilt!

U n d , ich treuloser! hab' ihn vor allen Sündern verleugnet! Petrus riefs dem verstummenden z u , u n d rifs sich von dannen! Aber er blieb im einsamen D u n k e l am thauenden Eckstein Stehn, und schwankt' an den Stein, und hielt sich, und sank an ihm nieder, Neigte sein müdes H a u p t , und weinete l a n g ' , und verstummte ! Endlich strömte sie aus in brechende W o r t e , die volle Tieferschütterte Seele: L a i s ab mit des Todes Gestalten Mich zu schrecken! sie dringen, w i e S c h w e r t e r , mir in die Gebeine, Meine zermalmten Gebeine, lafs ab! und w e n d ' , o wende Diese tödtenden Blicke von m i r , w o m i t du mich a n s a h s t , Als die schreckliche T h a t , der T h a t e n tiefste geschehn. war. Ach, was that ich ! Mein Freund, mein F r e u n d ! dich hab* ich verleugnet! D e n ich liebte, der mich, wie sonst kein L e h r e r , geliebt h a t , D e r ein göttlicher M a n n w a r ! zu kleine Seele, w a s tbatst du ! Siehe, nun wird er mich auch in dem W e l t g e r i c h t e , vor seinen Frömmeren J ü n g e r n , vor seinen erhabenen E n g e l n , nicht k e n n e n ! Kenne mich n i c h t , ich verdien' e s ! O kenne mich w i e d e r !

erbarme

Meiner Angst dich! W a s hab' ich gethan! J e mehr ichs empfinde, Desto tiefer gräbt es mir in die Gebeine den T o d ein. Stirb! o könnt' ich sterben! Ich w e r d e s t e r b e n , doch langsam! Hier verstummt' e r , u n d weint', u n d verdiente, weinen zu können.

27 V I . G.

v. 5 7 2

.

.

595.

Neben ihm stand sein Hüter, O r i o n , sah i h n , und fühlte Mitleid z w a r , doch auch Engelfreuden.

D a wandte sich P e t r u s ,

Hub sich empor, und schaute gen Himmel: D u furchtbarer Richter! Vater der Menschen und E n g e l , und deines S o h n e s !

du kennest

Mein erschüttertes H e r z , und das Beben des tiefsten Gedankens. Dein Kind Jesus hab' ich verleugnet!

Erbarme dich meiner!

A c h , erbarme dich meiner, du Vater des göttlichen K i n d e s ! E r soll sterben! Ich bin es nicht w e r t h , mit dem theuren zu sterben ! Aber lafs mich ihn noch, eh' er zu dem Grabe sein Haupt neigt, E h ' e r , unter die treueren J ü n g e r , den S e g e n , die letzte L i e b e vertheilt; lafs dann mich noch den liebenden sehen, D a f s sein sterbender Blick mir verzeih! D a n n fleh' ich nur G n a d e , Keinen Segen! zu b a n g , zu sehr V e r b r e c h e r , zu r u f e n : Hast du nur Einen S e g e n ? nur Einen f ü r diese Gerechten? Ach wenn ich nur Vergebung e r w e i n e , so w i l l ich hingehn, Ihn vor allen Menschen bekennen.

So l a n g e , mein S c h ö p f e r ,

D u mir Tage des Menschen gebeutst zu leben, so lange Sey's mein theures G e s c h ä f t : Ich will die g u t e n , die frommen, Alle .reinen H e r z e n , ich will sie suchen, und ihnen Unaufhörlich mit W e l i m u t h , und diesen Thränen erzählen: J a ! ich kannt' i h n , den guten, den theuren, den besten der Menschen! J e s u s , des Allerheiligsten Sohn! und ich w a r es nicht w ü r d i g , I h n zu kennen!

Ich w a r sein erkohrner J ü n g e r ! E r liebte

Seinen J ü n g e r ! D o c h w a r ich nicht w ü r d i g , ihn wieder zu lieben.

28 VI. G.

v. 596

.

.

606.

Denn ich liebt' ihn nicht mehr, in der trüben Stunde, den besten Unter den Menschen!

E r war der beste, beste!

Sein Leben

W a r für Andre, nicht sein, voll Menschlichkeiten! Die Armen Speist* e r , heilte die Kranken, rief aus dem Grabe die Todten! Darum tödteten ihn der Menschlichkeit Hasser/ Erhebt euch, Kommt, ihr Männer, und lasset uns gehn zu dem todten, und weinen A c h , zu fürchterlich ist der Gedanke von seinem Grabe! J e s u s , du göttlicher Mann! w o wird es seyn ? w o wirst du Schlummern im Stillen? wofern der Wüther Wuth dir ein Grab läfst! Also flehte der Mann, den der Erde Sünder in Worten Kennen, verleugnen in Thun; er erweinte der Märtyrer K r o n e ! .

D

E

R

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S I E B E N T E R

E

S

S

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A

S

G E S A N G .

.

V I T . G.

v. i

.

D u , Eloa! standst auf der Morgenröthe. Hüter standen um ihn.

.

19.

Der Erde

Er sang in die mächtige Harfe:

Siehe, so werden die Auferstehungen jauchzen! so sang er! Ewige Wirkung dir! komm, werd', o werde geboren, Opfertag! Er wandelt herauf! Sein Nain' ist Erbarmer. I h n , ihn segnen die Orione, und rufen den kleinern Sonnen umher, die Sonnen den Erden: Du T a g ! du Versöhner! Theurer, schöner, blutender Tag, dich sandte die Liebe! Harfe, töne darein!

Er schafft zu Engeln den Staub u m !

Ewigkeiten der Ruh sind Gefolge seiner Triumphe! Sieh, ich erhebe mein Aug', und seh'! Ein Hügel der Erde Ist der Altar!

Der Altar erbebt vor dem kommenden Opfer!

Hätte der Auszusöhnende Sterne, wie Stein' aus den Bächen, Aufgenommen, erbaut die Sterne dem Sohn zum Altare: Dennoch hätt' auch dieser gebebt dem kommenden Opfer! Ringsum schau' ich.

W i e lächeln der Erde die helleren Sonnen!

Und wie schwimmet ihr leichter Gefolg' umher in den Himmeln! O du Ruhe des festlichsten unter den Festen! du Sabbath! Sabbath des Vaters und Sohns! Ich hör', ich höre,

die Jubel

32 V I I . G.

v. 20

.

.

43.

Tönen von allen Harfen herüber! Der Seraphim Kronen Sinken alle!

Sie ist, die Schöpfung ist Sabbath geworden!

O du G e d a n k e G e d a n k e !

Jahrtausende gehen vorüber,

E h e von fern in dein heiliges lacht der Seraph hinaufblickt, D u : Der Sohn des Vaters starb! Also sango Eloa.

Der E w i g e denkt dich.

Die Himmel hallten es wieder.

Doch von der Sünde geblendet, und ihrem Gericht belastet, Dacht' auf der Erde viel anders ein Haufen Sterblicher. Dachte wie sie.

Satan

Des Ewigen Vorsicht liefs die Verbrecher

Ganz ihr Mais anfüllen. All' in dem inneren Saal. Wider den Ewigen sich.

Der Hohepriester versammelt Dort halten sie R a t h , und verschwören Sie hatten das Opfer dem Tode

Lang geweiht: sie halten nur Rath von Pilatus, vom Volke, Und wie er sterben soll. Bluten!

An dem Kreuz auf Golgatha sollst du

Philo verachtet, von ihrem Rathe zu lernen;

Bricht schnell aus der Versammlung, und sucht den Messias, und findet Ihn bey der Wach' am sinkenden Feuer.

Hier geht er mit wildem

Drohenden Schritt vor ihm auf und nieder.

Sein treffendes Auge

Heftete sich ungewandt auf den Mittler, und funkelte Rache. Aber so sehr ihn die Wuth auch beherrschte, so sann er doch sorgsam Und scharfsichtig die Reihri der Schwierigkeiten herunter, Stellte jeder Entschlufs, Beredsamkeit, priesterlich Ansehn, Oder das Aufserste selbst entgegen, liefs keine dem Zufall. Einmal, er dacht' an das V o l k , erhebt sein Herz sich zu beben;

VIT. G.

v . 44

.

.

67.

Aber er zwingts, entschlossen, zu tödten, oder zu sterben! Und noch Einmal, er dachte, was er zu vollenden bereit w a r , .Zittert das Herz ihm, doch schnell besiegt er sein zeugend Gewissen! J e t z o , voll von den heifsen Entschlüssen, ein luftig Gewebe, Leicht zu entweben, hätte Gott nur Winke gesendet! Jetzt eilt Philo zurück zur Versammlung: Noch säumen w i r , Väter? Brach die Dämmrung nicht an ? und soll er am Abend noch leben ? Philo bewegte sie leicht.

Sie eileten, nahmen, und führten

Z u Pilatus den ewigen Sohn, ein furchtbarer Haufen, Hohepriester, Gesetzerklärer, die Ältesten Juda's. Und der Morgen athmete kalt.

Da Jesus den Tempel,

Der nun, wenige Stunden nur noch, des Versöhnenden Opfer Bilden soll^, durch die Däinmrungsscliöne des Tages enthüllt sieht, Schaut er vom Tempel gen Himmel. Sie eilten; es eilte schon Volk mit Denn es hatte der Ruf die Geschichte der Nacht nicht verschwiegen. Einige waren vorausgesandt, und hatten Pilatus Schon die kommenden angekündet.

Sie kamen.

E r staunte,

D a f s ganz Juda vor ihm erschien, um Einen Gefangnen Anzuklagen.

Sie gingen mit ihm die erhabenen Stufen

Drängend hinauf, und blieben am Thor auf Gabbatha stehen. Hier war der Richtstuhl jetzt. Nicht in die Halle zu gehn.

Die Gebräuche des Festes geboten,

Pilatus safs auf dem Richtstuhl,

Jener entartete Römer, ein weicher Kenner der Wollust, Stolz und grausam dabey; doch klug genug, von der Römer fltr.o*ST.

W . I V . B.

M i s s . I I . B.

34 V I I . G.

y. 68





Alten Gerechtigkeit einige Mienen zu zeigen.

91. E r sprach jetzt:

Wessen beschuldigen diesen Verklagten die Altesten Juda's ? Und selbst Kaiphas seh' ich ! E r sprachs mit H o h e i t , und schaute M e h r auf J e s u s , als auf die Versammlung.

D e r Hohepriester

Trat nun näher hinzu, und sprach: W i r glauben, Pilatus K e n n ' uns s o , und fälle fliefs Urtheil von Israels Vätern, D a f s sie Diesen vor ihn nicht führen w ü r d e n , wofern er Nicht ein Schuldiger w a r ' ! E r i s t , Pilatus , er ist es M e h r , w i e es einer noch w a r , seitdem du Israel richtest! Diesen Gram verbergen in sich die Väter J u d ä a ' s , Können ihn dir nicht erklären, w i e sehr der Jesus sich auflehnt W i d e r unsers Propheten Gesetz, und den heiligen Tempel! W i e er, in blendenden Reden, durch täuschende Wunder, ein Zaubrer, Unser V o l k uns verführt! Schon l a n g , Pilatus, ach lange Hat er zu sterben verdient! Hier unterbrach ihn der R ö m e r : Aber so richtet ihn denn nach eurem Gesetze! W i e beutst du D i e f s , P i l a t u s , uns a n ? Keinen tödten!

D u w e i f s t j a , R ö m e r , w i r dürfen

E r hält hier i n n e , den Zorn zu verbergen,

D a f s Pilatus sie an die entrissene Freyheit erinnre! Aber itzt redet er w e i t e r : D u w e i f s t , mit welchem Gehorsam, Welchem tiefen Gehorsam, w i e unerschütterter Treue-, W i r Tiberius , dem Beherrscher, dem Vater der V ö l k e r , D e r stets glücklicher s e y !

w i e w i r Ihm gehorchen! D e r J e s u s ,

D e n d u , P i l a t u s , vor dir erblickest, rottet die Völker

35 V I I . G.

v. 92

I n den Wüsten Juda zusammen 1

.

.

115.

E i n mächtiger R e d n e r ,

Uberredet er sie, der Oberherrschaft des Casars Sich zu entreifsen, und ihn zum König zu wählen. D e n die Propheten verkündeten!

Ich bin e s ,

Ich der Erlöser in J u d a !

U n d damit er noch mehr die kleinen Seelen gewinne; Jedes Gesinnung erforsche, sie alle kenne; sie alle Sich v e r f ü h r e :

behält er sie in den W ü s t e n , und speist sie!

Und w i e sehr gewapn er sie nicht! I n Jerusalem.

D e f s Zeug* ist der Einzug

Doch ich beschreibe den P o m p , und das J a u c h z e n ,

Dieses Tages Entweihungen nicht!

D u warst ja zugegen,

Hörtest der Völker Geschrey, ihr Hosanna, den taumelnden J u b e l , Diesen T r i u m p h , dafs davon selbst dieses dein Richthaus einsank. Aber Pilatus lächelte.

Philo bezwang sich, und sagte:

Könnt* ich glauben, Herrscher, du liefsest der biegsamen Sanftmuth i Miene dich täuschen, und hieltst f ü r ununternehmend den Stolzen, Welcher sie h a t ; so schwieg* ich: allein du kennest die M e n s c h e n ! Dieser J e s u s , so klein er dir scheinet, jetzt da ihn J u d a In der Kette dem Richter bringt;

er w a r es nicht, R ö m e r ,

Als er noch in der Ode von Galiläa herumzog. Sieh das G e w e b e seines E n t w u r f s : E r s t lockt er die Menge Durch die Künste, die dir der Hohepriester genannt hat; Drauf versucht e r , w i e weit er die schwindelnde Menge beherrsche. Und es gelang ihm der stolze Versuch!

Gespräche des Z u t r a u n s ,

Hohe Beredsamkeit, jetzt verstummt sie! erkünstelte Wunder

36 V I I . G.

v. 116

.

.

139.

W a r e n bisher ihm gelungen. I t z t reizt' er auf Einmal das Volkheer, I h n zum König zu machen.

Sie eileten, drängten sich, ruften

Schon um ihn her. E r sahs, und e n t w i c h , noch mehr sie zu reizen. U n d es gelang i h m , sie suchten ihn auf. Neue Ströme zu sich.

D e r reifsende Strom zog

Z u l e t z t , nun waren die Völker

Mächtig genug, nun entwich er nicht mehr! kam er in Triumphe Nach Jerusalem.

Aber so sehr das Volk ihm auch anhing,

W a r es dennoch zu f u r c h t s a m , Jerusalems Väter zu z w i n g e n , Seinem König entgegen zu gehn.

Und w a r ' e s , P i l a t u s ,

Auch entschlossen gewesen zu T h a t ; so hätten die V ä t e r , Alle die grauen H ä u p t e r , die d u , Pilatus, hier siehest, Alle wir Diener des gröfsten der T e m p e l , hätten mit Freuden D a n n f ü r unseren Cäsar geblutet!

Also der Priester.

Aber der Gottmensch stand tiefsinnig; der grofsen Erlösung Leiden ruhten auf ihm. Z u dem Altar. Opferer nur.

D e r Tode tödtlichster rief ihn

Die M e n s c h e n , die neben ihm w ü t h e t e n , waren E r bemerkte sie kaum.

So bemerket der F e l d h e r r ,

Welchem das Vaterland gebot, den Erobrer zu s t r a f e n , Und die zürnende T h r ä n e der Freygebornen den stolzen Fühlen zu lassen!

er merket den Staub der würgenden Schlacht n i c h t !

Aber so sehr er Römer auch i s t , so bewundert Pilatus Doch den schweigenden Mittler. Und du schweigest ?

D u hörst die mächtige Klage,

Vielleicht willst du vor dieser Versammlung

Dich nicht vertheidigen. K o m m ! D e r Gottmensch folgt'ihm ins Richthaus.

37 V I I . G.

v. 140

.

.

163.

Damals irrte die Ungewifsheit mit wankendem Schritte U m die Priester, und zeichnet' ihr Antlitz mit bebender Blässe. Doch ein verworfnerer Sünder als s i e , der schwarze Verräther Seines göttlichen F r e u n d e s , als er den kommenden T o d sah, D e m den Gerechten die Priester entgegen führten; erhub er Schnell sich, und eilt' auf Gabbatha zu. Hielt ihn mächtig zurück; Z u dem Tempel.

D i e stürmende Menge

er mufste sich wenden.

Itzt floh er

E s hatte dahin, aus Sorge vor A u f r u h r ,

Kaiphas Priester gestellt.

D e r Verräther w u f s t ' es.

E r ging schon

I n den schweigenden Hallen der hohen Tempelgewölbe. Als er die hangende Hülle des All erheiligsten w a h r n a h m , Wandt* er sich w e g , w a r d bleicher, und zitterte laut! Dann erhub er Sich zu den Priestern, und sprach mit wüthender R e u e : D a habt ihr E u e r Silber! und w a r f s zu ihren F ü f s e n !

Der Fromme,

D e n ich verrieth, sein Blut ist Blut der Unschuld! Das kommt nun Über mein Haupt!

E r sprachs, und rollte die offneren A u g e n ,

G i n g , und eilet' und floh der Menschen Anblick, und rifs sich Aus Jerusalem, stand; drauf ging e r , stand n u n , dann floh e r , Schaute mit wildem Antlitz umher, ob er Menschen erblicke? Als er keinen erblickte, der Stadt nun stummes Getöse Ganz sich dem Ohre verlor, beschlofs er zu sterben!

Sie kann nicht,

N e i n , sie k a n n , nach dem T o d e , nicht fürchterlicher mich fassen , Diese namlose Q u a l !

Z u entsetzliche Qualen, o w ü t h e t ,

Wüthet, so lang' ihr noch könnt! W e n n diefs Auge sich schliefst, und w e n n alles

38 V I I . G.

v. 164

.

.

i87-

Diesem Ohre verstummet; seh' ich sein Blut nicht, so hör' ich Seine brechende Stimme nicht mehr! Doch der auf Horeb Sprach j a : D u sollst nicht tödten! E r ist mein Gott nicht! Ich habe Keinen Gott mehr! E l e n d ! du bist mein Gott! D u gebietest, L a u t gebietest du mir den T o d ! ich gehorche!

So stirb denn,

Stirb, Verlorner! D u bebst? hier stürmts! Noch Einmal empöret Sich das Leben in dir, und ringt zu leben! D u willst l e b e n ?

Verräther!

vor allen, die je verriethen, gebrandmarkt,

D u ? E r breitet vor mir, wie ein weiteröffnetes Grab, sich Fürchterlich aus! er ist der bängste der bangen Gedanken, D i e ein Sterbender jemals empfand:

Ich hab' ihn verrathen!

Stirb! Die Seele, die dir nach dem Tode noch elend zurückbleibt, Tödt' auch, sie!

O die du in mir, als wärest du ewig,

Dich erhebest, vernimm dein Schicksal, Seele des Todten : Sieh, ich verwünsche dich auch der Vernichtung!

So rufet e r , schauet

Starrend hin , und mischt zu der tiefgestürzten Verzweiflung Gegen d e n , der ewig i s t , R a c h e !

Dem Gang des verworfnen

Folgten Ithuriel, und der Todesengel Obaddon. Alsr jetzt still Ischariot steht, und mit jeder Geberde Mehr dem Gerichte sich w e i h t ; spricht feuriger E i l zu Obaddon Seraph Ithuriel: S i e h , er geht zu dem T o d e !

Noch Einmal

W o l l t ' ich ihn sehn, denn ich war sein Engel. Itzt lass' ich den Sünder D i r , und der R a c h e !

Ich bin sein Hüter, gewesen; doch nimm i h n ;

Feyerlich Übergeb' ich dir, Todesengel, das O p f e r !

39 V I I . G.

v. 188

.

.

211.

Nimm i h n , er opfert sich seihst, und führ' ihn zum ewigen T o d e ! W i e es geschehn soll, davon weifst du des Richters Befehl auch. Aber ich hülle mich ein, und wende mein Antlitz! Er eilte M i t dem fliegenden Worte davon. Schon den Ort des Todes sich aus.

Ischariot wählte Als Obaddon den Hügel

Sähe, da trat er herauf auf die Höh, und hüb die Rechte M i t dem flammenden Schwert empor, und hielt sie gen Himmel; Sprach die feyrlichen W o r t e , die Engel des Todes sprechen; Füllet ein Mensch der Empörungen Mafs , und tödtet sich selber: Tod, bey dem furchtbaren Namen des grofsen Unendlichen! Tod, komm Uber den Mann von E r d e ! Sein Blut sey über ihm selber! Siehe, du löschest die Sonne dir aus.

Der T o d , und das Leben

Lagen vor dir, dafs du wähltest. Du Sterblicher, wähltest den Tod dir ! Sonne, verlisch! komm, Todesangst! und thue dich weit a u f , Grab! und nimm i h n , V e r w e s u n g ! Sein Blut ist über ihm selber! Judas vernahm des Unsterblichen Stimme.

So hört ein Verirrter

Stimmen im einsamen W a l d e voll Nacht, wenn über den Bergen Meilenferne Gewitter die Ceder der W ö l k ' entstürzen. Und er rief in der W u t h der Verzweiflung: o Ich kenne das Rauschen Deiner Stimme zu w o h l ! du bist der todte M e s s i a s ! Du verfolgst mich, und forderst dein Blut. Hier bin ich • hier bin i c h ! Judas riefs mit starrendem B l i c k , und erwürgte sich! Staunend Trat Obaddon selber zurück, da er starb! Die ergriffne, Schwankende Seele schütterte dreymal noch, als ihm das Herz brach;

4° V I I . G.

V. 2 X 2

.

.

235.

Aber das viertemal trieb sie der Tod von des sterbenden Stime Siegend empor.

Sie schwebte dahin.

Leichtfliefsendes Leben,

Unseres Seyns Urkraft, sie unauflösbar dem Tode, Folgt' ihr aus dem Leichname nach, und bewegte sich schneller Als Gedanken um sie, und ward zum schwebenden Leibe, Dafs sie mit hellerem Auge den Abgrund sähe, mit feinerm Und geschreckterem Ohr des Richtenden Donner vernähme. Aber es war ein Leib unausgeschaffen, voll Schwäche, Nur empfindlich der Qual, und menschenfeindlich von Bildung. Jetzo hatte sich von der Betäubung des Todes die Seele Schnell besonnen, indem begann sie zu denken: Ich fühle Wieder ? W e r bin ich geworden ? W i e leichthinschwebend erheb' ich Mich in die Höh! Doch sind das Gebeine? Sind nicht Gebeine! Aber es ist doch ein L e i b ! W i e dunkel seh* ich! W e r bin ich ? Aber, entsetzlich ist mein Gefühl! ich fühl', ich bin elend! Bin ich Judas, der starb? W o bin ich? W e r ist auf dem Hügel Jene lichte Gestalt, die immer furchtbarer herglänzt? Wärst du, mein Auge, dunkel geblieben! Aber sie wird stets Heller! noch heller! ach fürchterlichheller! Judas, entfliehe! Weh mir!

es ist der Richter der W e l t !

Ich kann nicht entfliehen!

Das ist mein abscheulicher Leichnam! Er schwebte verzweifelnd Dicht an dem Boden.

Erhebe dich! rief von dem Hügel Obaddon,

Schwebe nicht erdwärts! Ich bin der Richter der Welt nicht. Ich bin nur Einer der Bothen von ihm, der Todesengel Obaddon!

/fl V I I . G. Höre dein Urtheil! E w i g e r Tod dir!

236

V.

.

.

259.

Es ist dein erstes; und trübere folgen. D u hast den Gottversöhner verrathen,

Hast dich wider Jehovah empört, und dich selbst getödtet! Also saget, der in der furchtbaren Rechte die Wagschal H ä l t , in der Linken den T o d : Es ist kein M a f s , sie zu messen, Keine Z a h l , so sie zählt, die Q u a l e n , die auf des Verräthers Haupt sich sammeln!

Erst zeig' ihm am Kreuz den blutenden Mittler;

Drauf die Hütten der W o n n e von f e r n ; dann führ' in den Abgrund. Also sagte der Engel das Urtheil.

Der bebende Todte

W u r d e dunkler vor Schrecken , und folgt' in der Ferne dem Seraph. Unterdels w a r der ewige Sohn bey Pilatus im Richthaus, Und Pilatus befragt ihn: D u bist der König Judäa's? Jesus schaut mit gelinderem Ernst dem Römer ins A n t l i t z : W a r ' ich ein König der E r d e , wie ihr besiegtet, so hätt' ich V ö l k e r ; die stritten für mich!

Ich bin kein König der Erde!

Aber so bist du denn doch ein König ? Ich bin es! Ich liefs mich Z u der Erd' herunter, ich ward geboren, die Menschen Wahrheit zu lehren.

W e r sich der heiligen w e i h t e , versteht mich!

Hier bricht Pontius a b , und sagt mit de.r Miene des Weltmanns, Der kurzsichtig, doch lächelnd, des Ernstes Sache verurtheilt: W a s ist W a h r h e i t ?

Er hatt' es gesagt, und begleitet' ihn wieder

In die Versammlung zurück.

Ich finde, sagt' er den Priestern,

Keine Schuld des Todes an ihm.

Ihr nanntet vorher mir

Galiläa.

Drum sehet, ich send' ihn

K L O I S T .

Dort lehnt' er sich auf. W .

I V . B.

M E S S .

II. B.

6

42 V I I . G. Zu Herodes.

v. 260

Es ist sein Gebiet.

.

.

283-

Er bestraf ihn!

Und sollte,

W i e mir es scheint, die Frage vielmehr von eurem Gesetze, Als von Empörungen seyn ; so ist es wieder Herodes, Der sie besser entscheidet als ich.

So gebot Pilatus.

Unterdefs kam die Mutter des liebsten unter den Söhnen, Nach durchwachter einsamer Nacht, mit dem Schauer der Dämmrung, Nach Jerusalem; fand ihn im Tempel nicht, wo sie ihn suchte, Fand den göttlichen Sohn nicht! Versenkt in ängstliches Staunen, Höret sie von den Pallästen der Römer herüber ein dumpfes Tiefaufsteigend Getöse.

Sie gipg dem Getös* entgegen,

Ohne daran zu denken, woher es entstünde ? Nun geht sie Unter dem Volke , das rings durch Jerusalem gegen den Richtstuhl Drang.

Beklommen, allein noch ruhig wegen des Aufruhrs

Ursach, naht sie dem Richtstuhl sich.

Hier sieht sie Lebbäus.

Doch kaum sah Lebbäus die Mutter, da floh er. Warum wendet er sich? So dachte Maria.

Ach flieht er ?

Die Vorsicht

Zückt' auf sie mit diesem Gedanken das Schwert, das bestimmt w a r , Ihr durch die Seele zu gehn.

Maria erhub sich, und sähe

Jesus ! Ihr Engel, als er die Todesblässe, mit der sie Bleich w a r d , als er die starrenden Augen der Mutter erblickte, Wandt' er sein Antlitz.

Doch sie, da ihrem Auge das Dunkel,

Ihrem Ohr die Betäubung entsank, ging vorwärts, und bebte Näher zum Richtstuhl hin, und sah noch Einmal den Sohn stehn, Sah die mächtigen Kläger um ihn, und den richtenden Römer!

43 V I I . G.

v. 284



• 37•

H ö r t e die Stimme des V o l k s , die rings mit W u t h von dem Tode Wiedelhallte.

W a s sollte sie thun ? Zu welcher Erbarmung

Sollte sie flehn ? Sie schaute sich u m , da w a r kein E r b a r m e r ! Schaute gen Himmel empor, auch er verstummte der M u t t e r ! Jetzo betet ihr blutendes H e r z : O, der ihn durch Engel M i r verkündigen liefs, mir ihn in Bethlehems Thal gab, D a f s ich mit Mutterfreuden mich f r e u t e , mit denen der Mütter Keine sich jemals f r e u t e , mit F r e u d e n , die selber die Engel I n dem L i e d e von seiner Geburt nicht alle besangen! D u , der Samuels Mutter erhörte, da sie am Altare S t a n d , u n d weint', und betet*, erhör', E r b a r m e r , den Jammer Meiner Seele, vernimm die A n g s t , die mehr mich erschüttert, Als der Gebärerin Angst! Das mütterlichste der Herzen Gäbest du m i r , und den besten der S ö h n e , den besten vor allen Erdegebornen!

L a i s ihn nicht sterben, ist anders mein Flehen

Deinem göttlichen Willen gemäfs, o d u , der die Himmel S c h u f , und der T h r ä n e gebot, zu dir um Erbarmung zu Hier verstummt ihr Herz.

flehen!

D e r Strom der kommenden Schaaren

Trieb sie seitwärts, und nahm ihr des Sohns Anblick.

Sie entrifs sich

J e t z t dem Gedränge, sie s t a n d , sie ging, sie suchete, fand n i c h t , Nicht die J ü n g e r ! Sprachlos.

Zuletzt verhüllte sie sich, und weinte

Als sie darauf ihr Aug' a u f h e b t , da erblickt sie

Sich an dem Seitenpallaste des Römers. Vielleicht, dafs hier Menschen W o h n e n , denkt sie, vielleicht, dafs selbst in der Schwelger Pallästen

44

V I I . G.

v. 308

• •

33i.

Eine Mutter gebar, der es, Mutterliebe zu fühlen, Nicht zu klein ist.

O wenn es w ä r e , was viele der Mütter

Von dir, Fortia, sagen, dafs du ein menschliches Herz hast, O ihr Engel-, die ihr bey der Krippe seiner Geburt sangt, Wenn das w ä r e ! Sie denkts.

Schon eilt sie die Marmorgelender

Unverhüllter hinauf, und geht in den schweigenden Sälen. Aber nicht lang, so kommt, aus einem fernen Gewölbe, In des Pallastes Seite, die sich zu dem Richtstuhl hinzog, Eine Römerin her, und sieht Maria.

Die junge,

Bleiche Römerin blieb, so wie gelöst ihr das Haar flofs, Und das leichte Gewand die bebenden Glieder herunter, Voll Bewunderung stehn.

Denn die Mutter des Unerschaffnen

Zeigte, wiewohl der Schmerz sie verhüllte, in ihren Geberden Eine Hoheit, von Engeln, weil die auch dann sie verstanden, Noch bewundert: verhüllt vom Schmerze, stieg sie am tiefsten Zu den Menschen hinab, von ihnen bewundert zu werden; Denn die kannten nicht, was an der heitren die Himmlischen sahen. Endlich redet die Römerin: Sag', o sage, wer bist du? W e r du auch seyst; noch nie hab' ich diese Hoheit gesehen, Diesen göttlichen Schmerz! Da unterbrach sie Maria: Wenn du wirklich das Mitleid, das du in deinem Gesicht hast, Auch in dem Herzen empfindest; so komm, o Römerin, führe Mich zu Portia! Mehr noch erstaunt, antwortet mit leiser Sanfter Stimme die Römerin: Ich bin Portia.

Du bist

45 V I I . G.

v. 332

.

.

355-

Portia selbst? Ein geheimes, ein linderndes, stilles Verlangen Wünschte mir Portia so, da ich dich sähe. Also selber, o Römerin?

Du bist es

Zwar du kennest die Schmerzen

Einer Mutter nicht ganz, die zu einem Volke gehöret, Welches ihr hafst; doch Israelitinnen selber erzählen, Dafs dein Herz voll Menschlichkeit s e y ! Der M a n n , den Pilatus Richtet! er hat kein Übel gethan! den Tyrannen verklagen! Ich bin seine M u t t e r !

Maria hatt' es gesprochen.

Portia blieb vor ihr stehn, und sah mit sanftem Erstaunen, M i t Entzückung sie an.

Denn über den Kummer des Mitleids

Siegte der höhre Gedanke.

Sie konnte jetzt nur bewundern.

Endlich rief s i e : Er ist dein Sohn ?

Glückselige, du bist

Dieses Göttlichen M u t t e r ? du bist M a r i a ? Dann wendet Sie sich von i h r , und richtet gen Himmel ihr staunendes Auge. Sie ist seine M u t t e r , ihr Götter! Euch mein* i c h , ihr höhern, Besseren Götter, die mir, in dem Traume voll Ernst, sich entdeckten. Jupiter heifst ihr nicht, ihr heifset nicht Phöbus Apollo! Aber w i e euer Namen auch heifst, ihr seyd e s , ihr sandtet Mir die Mutter des gröfsten der Menschen, wenn er ein Mensch i s t ! Und mich bittet s i e ? mich? Nein, bitte mich nicht! o führe Mich vielmehr zu ihm h i n , zu deinem erhabenen Sohne, Dafs er der Dunkelheit mich, den Zweifeln entreifse! von fern nur Auf mich blicke, und mir die Lehre der Gottheit entfalte. Portia hatte zuletzt sich gewandt.

M i t Augen voll Liebe

46

V I I . G.

v. 35