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German Pages 272 [280] Year 1801
K L O P S T O C K S
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B A N D
M E S S I A S
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Georg
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Göschen.
1800.
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M E S S I A S .
S E C H S T E R
G E S A N G .
KLOPST.VV. I Y . B . MESS. I I . B.
x
V I . G. Wie
dem
sterbenden
V.
1
—
13.
Weisen,
indem
des Todes
Gefühl ihm Jede Nerve beschleicht, die festlichen Augenblicke Theurer w e r d e n , als Tage vordem; denn der Richter gebietet Nun den letzten Gehorsam, und Tugend,welche,geboren Noch aus brechendemHerzen, ihn auf erhabnere Stufen Seiner Vollendung erhebt: er zählt die bessern M i n u t e n Tiefanbetend,
und krönt mit Thaten sie, Thaten der Seele,
Die
durch
ewigen
Lohn
der
schaii^qde
Richter
begnadigt. Also wurden
die Stunden
des grolsen,
mystischen
Sabbatbs Festlicher, schauervoller,undGott selbst theurer, je näher Z u dem Altare das Opfer trat, je mehr der Versöhner Eilte zu bluten, u n d : W e r d e ! der neuen Schöpfung zu rufen L a u t an dem K r e u z ; in die Mitternacht sein blutendes Antlitz
4 VI. G.
V.
14 —
27.
Dann zu neigen. Eloa, vom W e r t h der heiligen Stunden Hingerissen, sie waren ihm mehr, als die jauchzenden Stunden Seiner frühen Geburt! so ergriffen, hüllt'er sein Antlitz Gegen Gabriel a u f ,
und sprach zu dem
göttlichen
Freunde: Sahst du ihn leidfen? Ich bebe noch! Gabriel, sahst du ihn leiden? Keine Namen im Himmel, xind keine Sprache der Engel Nennt m i r , was ich empfand! D u
hast ihn selber
gesehen! Und was wird er ndch leiden! An jedem Augenblick hangen o E w i g k e i t e n ! E r schwieg;
Und Gabriel sprach: Ich
vertiefte M i c h Jahrtausende schon, das künftige Wunder zu lernen, Dunkel es nur zu sehn, nicht auszuforschen ; doch irrt' i c h ! Lafs uns schweigen! Es ist rund um uns heilig! Z w a r Gräber Liegen auch um uns h e r :
doch werden dort Engel
erwachen! Schlummert in Frieden! Aber o sieh, wer drüben im Dunkeln
5 V I . G.
v. 2ß — 42.
W i l d mit der Flamme sich naht.
Euch
sandte die
H o l l ' , Empörer! Welch ein niedriger Haufen ! Allein der Schöpfer des Sandkorns U n d der Sonnen, der E w i g e herrscht, durch den W a r m , und den Seraph! Und
ihr Fiihrer, ihr F ü h r e r !
Eloa . . So w i r d
er
nicht wandeln, W e n n diePosaune denStaub aus jenenHügeln hervorruft, D i e vor dem Richter ihn deckten, so froh w i r s t dann du nicht wandeln, D u Verräther!
E r sprachs.
D e r Haufen nahte sich
wütbend, T r u g die Flammen empor, und irrte mit suchendem Auge Durchs L a b y r i n t h der Bäum* und der Nacht. I h n sähe der Gottmensch. N u n erhrb sich die dunkelste N a c h t ,
die über ihn
herging, Wolkicht empor, und als sie sich h u b , entflossen ihr Schauer. E i n e r ergriff den Verräther.
E r trotzte der mächtigen
Warnung, U n d so rüstet' er sich: W o ist er ? D i e Lieblinge sahn ihn, W i e sie sagen, a u f T a b o r in Himmelswolken gekleidet, Aber in Banden noch n i c h t ! So sollen sie jetzo ihn sehen,
6 V I . G.
v. 43 — 56.
Und sich Hutten der Freude zu baup vergessen! Doch bebst du, Schauerndes Herz! Kann Kühle der Nacht atich Männer erschüttern? S c h w e i g , Empörer! bald ist es gethan! Dann will ich mir Hütten, Nicht in Traume n u r , baun ! E r dacht's, und er eilte von neue.m. Als der Mittler die kommenden sah, da betet' er also I n sich
selber; E s
ist w e i t , weit von den ewigen Höhen
Bis zu diesen Sündern herunter. O W e g ' in dem Staube, D i e ich wandle! Ich' will sie wandeln!
Sie werden
einst glänzen, W e n n , in diesen Tiefen, die Auferstehung erwacht ist, Und nun ganz das Gericht es enthüllet,
warum sie
Gott ging. Judas Ijschariot führte den Haufen.
Der
Priester
Befehl w a r : Männer zu waffnen, und Jesus bey seinen Gräbern zu suchen, Ihn zu binden, und vor die Versammlung zu führen. E s kannte Judas den Ort des stillen Gebets, und der nächtlichen Sorge
7 VI. G. Für die Menschen.
v. 57 —
7o.
ET hatte der Schaar ern Zeichen gegeben:
Welchen ich küsse, der ist es! Allein noch erbarmt des Verräthers Sich die Nacht, und täfst ihm noch nicht den entsetzlichen Kuis zu. Aber nicht lang', und es fiel mit ungeduldigem Grimme Auf die schlafenden Jünger die Schaar.
Da ging der
Erlöser Gegen die Sünder, und sprach mit seiner Hoheit: Wen sucht ihr ? Sie
ergrimmten, und ruften, und
schwangen die
bebenden Fackeln: Jesus, den Nazaräer! Nun waren die übrigen Jünger Alle gekommen; nun schauten auf ihn die geflohenen Engel. Und mit göttlicher Ruh', als wenn er dem Wurme, zu sterben, Oder dem kommenden Meere, vor ihm zu schweigen, geböte, Sprach er zur Schaar: Ich binsi Sie ergriff des Sohnes Allmacht, Und sie sanken betäubt vor seiner Stimme danieder. Judas
sank
mit
ihnen.
So
liegen im Felde des
Treffens
3 VI. G.
v. 71
84-
T o d t e ; so wälzet sjcb.unter den T o d t e n der Grimmigsten einer, W e n n aus der stilleren M i t t e de,r Schlacht der denkende Feldherr Um sich herum, ihm gebotes G o t t ! Verderben versendet. Aber itzt w a r die Betäubung v o r ü b e r ; itzt hub der Verräther Von der E r d e sich a u f : n u n w a r die schrecklichste Stunde Seiner E r s c h a f f u n g , und er ganz nah dem Gerichte gekommen. Uber ihm rauscht' ein Todesengel mit
nächtlichem
Flügel. Voll verborgenes Grimms, mit aufgeheiterter Miene, T r a t er zu dem Messias, und käfst' i h n ! E r h a u ' es vollendet! Und der T h a t e n schwärzest^ schlich, w i e ein Schatten zur Hölle. Aber der Gottmensch sah dem Verräther mitleidig ins A n t l i t z : J u d a s ! und du verräthst, durch einen Kufs, den Messias ? Ach mein Freund, wärst du nicht .gekommen! So sagt« der beste Unter den M e n s c h e n , und gab sich der Schaar, sich binden zu lassen.
0 VI. G. Petrus sah es.
V.
85 — 99-
Den kühneren weckt der Anblick, er reifst sich
Durch die Jünger hervor, und verwundet im mutliigen Angriff Einen der Schaar.
Dem heilet der Menschenfreund die Wunde,
Schaut auf Petrus herüber,'und sagt: S e y ruhig, mein Jünger. Bat' ich meinen Vater um Schutz; es w ü r d e n ' v o m Himmel Mächtige Legionen erscheinen, dem Sohne zu dieoen. Aber w i e
würden
alsdann
der Propheten
Worte
vollendet? Und zu der Schaar, die ihn. band: Ihr seyd gerüstet gekommen, M i c h z u f a h e n , als w a r ' ich ein Mörder, der Wüthenden einer, Die dem Tode bestimmt, und durch der Unmenschlichkeit Thaten Uber andere Sünder erhöht sind! Ich bin ja im Tempel Immer um euch gewesen! hab* euch die Wege des Lebens Und des Todes gelehrt; ihr liefset ruhig mich lehren • Aber eure Stund' ist gekommen, derFinsternifs Werke Auszuführen.
Er schwieg, und w a r an dem Bache der Cedern.
io
VI. G.
v. 100 — 113.
Unterdefs stand in dem hohen Fallast die Versammlung der Priester, Wie
auf W o g e n
dei
zweifelnden Hoffnung.
Ihr
sorgendes M u r m e l n Stieg von derHöh desinnersteoSaals dieMarmorgelender Z u m vielhörenden Ohr des fürchtenden Pöbels h i n u n t e r . Dieser staunte mit starrendem Blick; spraoh von dem Propheten Zitterndes L o b , und stammelnde F l ü c h e ; vergafs der Bewundrung Und der goldenen L e u c h t e r , die flammend die Säulen umgaben. Aber die Priester besprachen sich unter e i n a n d e r : D i e Bothen Kommen noch n i c h t ! w o bleiben die Bothen ? Vielleicht, dafs sie Judas Und den H a u f e n
verfehlten?
Vielleicht w i r d
der
schwarze Verräther Auch zum Verräther an u n s ? Ach vielleicht verleitet, w i e vormals, D u r c h Blendwerke des Schreckens der Nazaräer die Männer! Also besprachen sie sich. Da kam e i n B o t h e ! die Haare Flogen i h m , u n d die W a n g e w a r bleich; Schweifs lief
erkaltender
11 VI. G.
v. 1 1 4 — 126.
Über sein Antlitz j er rang die bebenden Hände.
Se
sprach er: IToherpriester! wir kamen dahin, und fanden ihn endlich Uber dem Baclie, nicht fern von den Gräbern.
Das
Grauen der Gräber Schrecket' uns nicht;
allein es hingen
schwärzere
Wolken, Als ein Mensch noch gesehn hat, am ganzen Himmel herunter. Und doch drangen die Männer hinein; ich blieb in der Fern stehn. Aber ich sah den Propheten! Da liefen, ich kanns nicht erzählen, Wie es geschah,da liefen mir Schauer durch alle Gebeine! Doch sie erkannten ihn nicht, so nah er auch dastand, und drangen Auf die Männer um ihn.
Da sprach er gewaltig:
Wen sucht ihr? Unsere Männer fürchteten nichts, und ruften mit Grimme: Jesus, den Nazaräer! Da sprach er, noch hör' ichs, noch sinken Alle Gebeine mir hin! er rief mit der Stimme des Todes
la V I . G.
v. 127 —
142.
Gegen uns h e r : Ich bins! So sprach die Stimme.
Sie
stürzten A u f ihr Angesicht h i n ! Sie liegen todt da ! N u r ich bin Ihm entronnen, damit ich die Todesbothschaft euch brächte! U n d die Priester hörten des Schreckens Worte den Botlien S a g e n , und standen entfärbt, und blieben starr, w i e ein Fels steht, Stehn. N u r Philo vermag,unüberwältigt vomSchrecken, Diese Worte zu zürnen : D u bist sein Jünger, Verwegner! Oder dich täuschte die bildende Nacht! Geöffnete Gräber Sandten dir Schwindel, und Todte.
D i e Todten sahst
du! Die Männer, /
W e l c h e w i r sendeten, leben, und faillen vor Worten nicht nieder! Als er noch redete, kam ein anderer B o t h e : W i r haben Viel gelitten ! w i r sind vor ihm zu der E r d e gesunken ! Denn sein Blick war entsetzlich, u n d - T o d in des redenden Stimme. Aber dennoch führen w i r ihn gebunden. E r gab uns Selbst die H ä n d e , sich binden zu lassen.
Sie führen
ihn bebend, Wissen nicht,
1
ob sie von neuem gebietende Worte des Schreckens
i
VI. G.
,
H
v. 145 — i57-
Hören wterden. Allein er g e h t mit geduldiger Stille, Und ist schon in den Mauren Jerusalems. Also derBothe. Und der dritte kam an, u n d r i e f : Gott segne die V ä t e r ! Aber so müssen sie alle verderben, die wider
euch
aufstehn, Alle Feinde des Herrn, w i e der Galiläer, verderben! D e n n w i r f u h r e n gebunden ihn her mit B a n d e n , die "Worte N i c h t auflösen; noch lächelnde Mienen.
I h n haben
die Seinen Alle verlassen.
E r naht dem Pallast.
Gott gebe sein
Blut euch! Als der w ü t h e n d e
schwieg,
trat Satan
in
die
Versammlung, Und die Fredde der Hölle mit ihm.
Sie fasset die
Priester S c h w i n d e l n d ; umflattert ihr Auge mit Bildern quellender Wunden, U n d des bleichen kommenden T o d e s ; umströmt mit der Stimme Seiner Qualen ihr Ohr.
E r verstummt nun e w i g , u n d über
Seinem Gebein empor erhebt der Heiligen Fufs sich ! L a n g ' ergriff sie der T a u m e l ;
allein noch blieb der
Prophet a u s ;
i4 Y I . G.
v. 158 —
173-
Und sie wüthcten sehr, und sandten das zweytemal Bethen.
Philo ging mit deo Männern.
Es hatte die Schaar den
Messias Auf dem W e g e zu Hannas, dein Hohenpriester, geführet. Denn es w a r der Greis in der Nacht schwerduftendea Stunden Aufgestanden, zu sehn den M a n n , der Juda v e r w i r r t e ! U n d Johannes folgte von fern. Der friedsame Schlummer W a r von dem Aug* ihm entflohn, der Wehmuth Kummer bedeckt' es, Deckte die bleichere W a n g e ; zuletzt ( e r kannte den Priester, Dafs er kein W ü t h r i c h w i e Kaiphas w a r , ) bezwang er die Wehmuth Seines Herzens, ging in den Riclitsaal, sah den Messias, W i e er vor Hannasstand. DerHohepriester befragt' i h n : Kaiphas w i r d dich richten! O wärst du so schuldlos, als, w a s du Thatest, ruchtbar ward ; so würden die Völker der Erde, W ü r d e Abrahams Gott und seiner Kinder dich segnen! Sag nun selber, was hast du gelehrt? was hast du für Jünger? Lehrtest du Moses Gesetz? und thatst du es? thaten's die J ü n g e r ?
iä Y I . G.
v. 174 — iÖ7.
Hannas sprachs, und bewunderte J e s u s , d«r mit der Geberde,. Eines Propheten vor ihm dastand, mit bescheidener Hoheit, Unentheiligt vom Stolze!
D e r Gottmensch würdigt
ihn, also Ihm zu erwiedern:
Ich lehrt' in dem T e m p e l , frey vor dem Volke,
F r e y vor.den Lehrern im V o l k ! D u fragst mich! frage die H ö r e r ! Als er noch sprach,, drang Philo herein.
D a fuhr
die Versammlung Ungestüm a u f ; da that einKnecht, mit knechtischer Seele, E i n e That, die niedrig genug war Unmenschlichkeiten Anzukündigen. Philo gebot, den Empörer zu nehmen, Und ihn entgegen zU führen dem Todesurtheil.
Sie
thatens. Als ihn Johannes in Philo's Gewalt s a h ,
deckt
ihm des Todes Blässe die W a n g ' , und Dunkel sein A u g e j da zittert' er, brach ihm In der Wehmuth das H e r z ! Zuletzt, da er aus dem Pallaste Wankete, sieht er von iern die wehenden Fackeln: Ich folge,
16 VI. G.
v. 188
202-
Nein, ich folge dir nicht, ich bete dir nach, o da bester Unter den M e n s c h e n ! Doch ist in Gottes Rath' es beschlossen, M u f s t d u s t e r b e n ; so lafs, den meine Seele geliebt hat, Den ich liebe, mit viel mehr Liebe, w i e Liebe der Brüder, L a f s mit dir mich sterben, du Heiligster! Nur dafs mein Auge Nicht dein brechendesAuge, nicht deineTodesangst seh ! Ich des verstummenden S e g e n , den letzten, letzten, nicht höre ! W ü r g0e r ,' wo; bin i c h ? Ist hier kein Retter ? kein Retter auf Erden ? Keiner im H i m m e l ? und schlummert ihr a u c h , die über ihm sangen, Als sie dem T o d e , das dachtest du n i c h t , du lieb«nde Mutter! Diesem entsetzlichen Ted* ihn gebar! D u allein bist Retter, D u bist Helfer allein, o derTodten und Lebenden H e l f e r ! Vater der Menschen, erbarme dich meiner, und lafs ihn nicht sterben, Lafs ihn nicht sterben, den besten der Kinder'Adams! Den Priestern, Gieb den grausamen W ü r g e r n ein H e r z , das Menschlichkeit f ü h l e !
17 VI. G.
v. 203 — 2 1 5 .
Ach, ich seh' ihn nicht mehr! die hohen Flammen verschwinden! Nun, nun richten sie ihn! Dafs 'ihre grimmige Seele Scliaure beym Anblick der leidenden Tugend!
sich
Einmal, nur Einmal, Einmal im Leben nur das Gericht, das kommen soll, denke! Doch wer wandelt im Dunkeln herauf? Ist es Petrus? vernahm er, W i e sie zum Tod* ihn verdammten? So schnell! Nun steht er! Wen sah ich? Keines Fufstritt hör* ich nicht mehr!
Wie
ist es
hier öde! W i e so stumm die entsetzliche Nacht! Doch die Stille verliert sich. Welche Mengen stürmen da her! Ach sie eilen, und reifsen Ihn in der deckenden Nacht zu dem Tode, damit ihn des Volkes Menschlichkeit nicht errette!
damit
an rinnenden
Steinen, Oder herunter am triefenden Schwert, nur Engel sein Blut sehn! Ach, erbarme dich meiner! erbarme dich meiner, und lafs ihn, KLOPST. W .
I V . B.
M E S S . II. B.
2
i8 VI. G.
v. 2 1 6 —
229.
Vater des Mitleids und deiner Erschaffenen, lafs ihn nicht sterben! Also dacht' e r , und sprachs mit gebrochnen W o r t e n , und wankte Gegen des Hohenpriesters Pallast, und blieb in der Nacht stehn. Aber der Führer der Schaar, die Jesus begleitete, Philo R e i f s e t sich wütliend v o r a n , eilt in die Versammlung, und alle Selms an seinem Triumph, und dem hohen flammenden Auge, D a f s der Todtenerwecker
gebunden, und dicht am
Pallast s e y ! D o c h sie hatten nicht Z e i t , dafs sie Philo jauchzten. D e r Gottmensch Trat herein.
Sie sahn den kommenden, trauten dem Anblick
Kaum die Wirklichkeit zu, und bebten vor W u t h , und Entzückung. Aber er trat die Stufen h e r a u f , und «tand vor dem Richtstuhl. Alle Hoheit, so gar die Hoheit des sterblichen W e i s e n L e g e t ' er ab, und w a r nur ruhig, als sah* er den Abfall Einer Quelle vor sich, und dächte nur sanfte Gedanken,
• VI. G.
i v . 230 —
9
247.
N a c h erhabnem an Gott, die A u g e n b l i c k e zu ruhen. W e n i g e leise Z ü g e nur behielt er von seinem Göttlichen Ernst.
D o c h konnte sie kein E n g e l nicht haben,
R a n g er danach: allein auch nur ein E n g e l vermochte Dieser
Göttlichkeit
Mienen,
und
ihren
Geist
zu
bemerken. Also stand er.
P h i l o u n d Kaiphas hefteten grimmig
Ihren Blick auf die E t d e .
D e m gab die W ü r d e das
Vorrecht, E r s t zu reden, jfinem der E i f e r .
N o c h s c h w i e g e n sie
beyde. A b e r es zog im Seitenpallast, v o n einsamen L a m p e n H a l b durchdämmert, ein kreisender G a n g sich hinüber zum Richtsaal. Dort,
an ein M a r m o r g e l e n d e r g e b ü c k t ,
stand unter
den. F r a u e n Portia, jugendlich schön, das W e i b Pilatus des Römers. Aber
ihr Geist w a r nicht jung.
D i e Blume
blühte,
mit F r ü c h t e n , W i e die M u t t e r der Grachen, die ausgearteten R ö m e r Z u bereichern : allein in dem ernsten R a t h e der W ä c h t e r W a r R o m s Untergang, und kein E r r e t t e r beschlossen. Hingerissen von der Begier, den grofsen Propheten E n d l i c h zu sehn, w a r , nur von w e n i g e n Sklaven begleitet,
26 V I . G.
v. 24g —
263.
Portia eilend gekommen. Sie hatte diefsmal die W ü r d e Einer herrschenden Römerin, jeden Z w e i f e l der Hoheit Leiclit vergessen! Es leitete sie des E w i g e n Vorsicht! Und sie stand, und sah i h n , der Todte w e c k t e ; des Priesters Muthigen Hafs noch muthiger t r u g , und entschlossen genug war, Unter einem so niedrigen Volk' unerkannt, unbewundert, Grofs zu handeln.
Sie sah den erhabnen M a n n , mit Bewundrung,
Heifs von E r w a r t u n g , und f r o h , da£s mit dieser Ruh* er vor seinen Hassern ,
und
vor
dem
gezückten
Schwerte
des
Todesurtheils Dastand.
D o c h so kannt' ihn nicht P h i l o ; es sagte der Heuchler:
Bringt ihn näher, und bindet ihn fester.
D o c h eh
w i r ihn richten, Hebt auch heilige Hände zu Gott, dafs er endlich sein Urtheil Ausgesprochen, und uns nicht länger durch Schweigen geprüft hat! Höre ferner der Deinen Gebet! So müssen sie alle, D i e sich empören, verderben, und keiner müsse die State, W o sie standen, bemerken, und keiner ihrer gedenken,
£1
VI. G.
v. 264 — 273.
Aüfser, wo bey entfleischtem Gebein der Getödteten Schädel L i e g e n , und wo das Blut der Empörer der Hügel hinabtrank, Dafs er dampfte! Ja Dank! Dank Haute festliche Wonne Bey den Altären ! und Israel »oll Ein Jubelgesang seyn! Du wirst bluten! Bis jetat schlofs Juda die Augen, und sähe! Hielt sein Ohr zu, und hörte! Doch ist der schwindelnde Taumel Endlich vorübergerauscht.
Sie sehen nun, hören,
was da ist, D e n , so vor Abraham w a r , in der Todeskette!
Zwar
oftmals Sahn sie ihn schon, und w a r f e n , auf Augenblicke, des Irrthums Eiserne Bande von sich, mit freyem männlichen Arme Heilige Steine zufassen, den Lästerer Gottes zu tödten ! Aber sie wurden von neuem getäuscht.
Doch heut ist
das Ende Ihrer Verblendung, und deines Betrugs,
Empörer,
gekommen! W i e auch in kleinen Haufen das Volk dastehet; so werden Aus den wenigen doch sehr viele wider dich 2eugen,
£2 VI. G. Weiin
wir
sie
V.
rufen.
279 —
293.
Das wird
der Hohepriester
gebieten. A b e r ich klage dich an, u n í ich nehme Juda zum Z e u g e n , E r d ' und Himmel z u m R i c h t e r : D u bist ein E m p ö r e r ! D u hast d i c h Selbst
zum
Gotte
g e m a c h t , d u , der in
der -Krippe
geweint hat! S c h l ä f e r w e c k t e s t du auf, und k e i n e T o d t e ! D o c h M ü t t e r , Selbst die M ü t t e r u n d S c h w e s t e r n ,
die sahn ja die
Sterbenden s t e r b e n ! A u f ! dich trifft nun die R e i h ' ; e r w e c k e dich selbst! doch es w e r d e n M ä n n e r in T o d e dich sehn.
D e r soll so leise n i c h t
schlafen ! L i e g dann b e y den E r w ü r g t e n ,
die G o t t v e r w o r f e n
h a t ! Schlaf dort, D o r t den eisernen Schlaf, dort, w o die kommende Sonne U n d der wandelnde M o n d den D a m p f der V e r w e s u n g e n auftrinkt, Bis derTod reift, u n d von Gebeinen Golgatha w e i f s w i r d ! A l s o l i e g e ! ja s o ! Und ist noch irgend ein grofsrér, Heifserer
Fluch,
der
siebenfältig
Verwünschungen
hinströmt, Dem
die
Mitternacht
aufhorcht, ausspricht,
Grabheulen
mit
23 V I . G.
v. 294 — 3pß.
Dieser treffe . . Iiier starrte die schwellende L i p p e dem Lästrer, Und sein Antlitz herunter ergofs sich Todesblässe. D e m i in dem Augenblicke der N a c h t , in dem er der Fluche Schrecklichsten auszusprechen begann, und umsonst das Gewissen Ihm sich empört', ihn nun selbst nicht der Allmächtige schreckte, Wandt' ein Todesengel, der w a r sein Engel, er wandte Seinen B l i c k , den Verdeiber, auf P h i l o , und trat vor den S u n d e r : O der F l u c h , den du fluchest, der w i r d dich selber ergreifen, D u entsetzlicher M a n n ! Ich hebe mein Auge zu Gott a u f , Zu
dem Vergelter mein
flammendes
Schwert,
und
schwöre den T o d dir! Soll ich ihn jetzt, Allmächtiger, schlagen? Noch nicht! doch die dunkle, Schwarze, blutende Stunde, die Todesstunde, beflügelt Ihren kommenden Schritt! Bald stehet sie d a !
Ich
schwöre, W i e ihn jemals ein Sterblicher starb, den furchtbarsten Tod dir, D u Verruchter! und ihn leer, leer der letzten E r b a r m u n g i
V I . G.
v. 309 .— 322.
OhneGnad', ohnEine von dem, der schuf, und Gericht hält! Wenn um dich die Mitternacht dann liegt, und des Todes Stunde durch sie herwandelt, und dir mit dem Heulen Gomorra's Furchtbar rufet, der Tod den grofsen Schlag gethan hat, Und dein Geist nun röchelnd entflieht; dann sollst du mein Antlitz, Dort bescheid* ich dich hin, in dem Thal Benhinnon erblicken! Also droht' ihm der Todesengel, und zog auf der Stirne Zorn, w i e Wolken, zusammen.
Vom hohen treffenden
Auge Strömet* -er Rache.
Sein Haupthaar sank in Locken der Nacht gleich
Auf die Schultern, es stand sein Fufs, wie ein ruhender Fels da! Aber noch schlug dej Verderber ihn nicht.
E r lief»
nur die Stimme Seiner Schrecken, liefs den Todeston um sich rauschen. Philo empfand des Unsterblichen Schrecken, wie Menschen empßuden, Was Unsterbliche thun.
E r fühlt' es im mächtigen Angriff
V I . G.
V.-323 — 336.
Schauervoller und schneller, als je ein Mensch es gefühlt hat. Denn es war ein Schrecken von Gott.
Noch entsank
ihm da»' Leben, Und noch zittert' er laut.
Doch, was er noch athmete, waren
Flüche wider »ich selber, dafs ihn ein Schauer so täusche. Und er kam zu sich selbst. Doch trafen die Schrecknisse Gottes Noch sein Gebein, und bebten ihm noch in dem innersten Marke. Wie ein Wurm
der unter des Wanderers Fufse sich windet,
Krümmt' er sich auf, und sagte: Was ich mit Schweigen bedeckte, Denn ich entsetzte mich sehr vor des Sünders Verbrechen! das alles Hüllet der Ausgang auf. Beschleunige du ihn,und richte, Hoherpriester! Er sprachs, und starrt', und konnte nicht zürnen. Aber die Stille ward stiller.
Und Portia sah den
Propheten, W i e er gegen die Rede des Todfeinds dastand. Freude Funkelt' ihr Blick, und ihr Herz schlug lauter, und hohe Gedanken
26 VI. G.
v. 337 — 35i-
Strömten berauf in ihr Haupt.
Ihr war,
als h ü b e
das n e u e H o h e G e f ü h l sie empor. D a n n f o r s c h t sie m i t f e u r i g e m Auge U m sich h e r u m , ob sie u n t e r der M e n g e n i c h t edlere fände, W e l c h e m i t ihr den P r o p h e t e n b e w u n d e r t e n .
Aber
sie s u c h t e G u t e Seelen u m s o n s t , in e i n e m V o l k e , das reif w a r Bald g e r i c h t e t zu w e r d e n , z u stehn a u f der f l a m m e n d e n Trümmer Seines T e m p e l s , in w e l c h e m n u n n i c h t J e h o v a h m e h r wolinte. E i n e n b e m e r k t e sie n u r , der f e r n in dem u n t e r n I'allaste M i t dem H a u f e n am F e u e r sich w ä r m t e .
Sie s c h a u t e n
i h n w i l d an, U n d sie s t r i t t e n m i t i h m : er w i d e r l e g t e sie f e u r i g . E n d l i c h schien i h m d e r M u t h zu e n t s i n k e n , u n d bleich und verwildert S c h a u t ' er u m sich
herum,
dann
wieder
auf
den
so. dachte
die
Propheten. A c h , der M a n n ist sein F r e u n d ,
H e i d i n , er s t r e b e t I h n zu r e t t e n , u n d w i l l , dafs dieser P o b e l die W e g e , W e l c h e der W e i s e w a n d e l t , b e g r e i f e : w i e edel e r l e b t e ,
l i n d w i e menschlich er w a r , u n d G u t e s o l m e G e r ä u s c h that. Aber sie fassen i h n n i c h t , u n d d r ö h n , i h n a u c h vor den P ö b e l , D e r d o r t r i c h t e t , zu f ü h r e n .
D a v o r erschrak e r , u n d
bebte V o r dem T o d e z u r ü c k , den i h m die W ü t h e n d e n d r o h t e n . U n d ilm s a n d t e vielleicht des B e d r ä n g t e n M u t t e r , u n d fleht'
ihm,
H i n g e s u n k e n in T h r ä n e n vor i h m , dafs er g i n g ' ,
und
vom Tode, Ach vom T o d e b e f r e y t e der S ö h n e besten u n d liebsten ! O w i e w i r d sie vor Schmerz, die l i e b e n s w ü r d i g e IVIutter, (Liebenswürdig
ist s i e ,
sonst
h ä t t e sie i h n
nicht
geboren, D i e s e n W e i s e n ! ) w i e w i r d sie vor S c h m e r z u n d J a m m e r versinken, Wenn
sie v e r n i m m t ,
wie
der w ü t h e n d e
Fharisäer
geiedt h a t ! Aber w a s ist es in m i r , dafs zu so z ä r t l i c h e n S o r g e n F ü r die U n b e k a n n t e
mein
Ilerz
mit Empfindungen
aufwallt, Die
ich
niemals
e m p f a n d ? Sind es W ü n s c h e ,
den
edlen g e b o r e n , I h n der E r d e D "ejieben zu h a b e n ? D e i n L e b e n verfliefse,' O
23 V I . G.
v. 3 6 7 —
332.
M u t t e r , zu glückliche M u t t e r ! voll Stolzes auf ihn! und dein Auge Seh' ihn nicht sterben;
obgleich sein T o d die E r d e w i r d lehren!
Jetzo
erhub
der
Hohepriester
sich
auf
den
Gerichtsstuhl, Also s a g t ' e r : Obgleich g a n z j u d a die Lasten empfindet, D i e auf Aller Schultern der M a n n , den w i r richten, gelegt h a t ; U n d so sehr die E r d ' ihn auch k e n n t , dafs er w i d e r den hohen, Rächenden Gott auf Moria, des Allerheiligsten Priester, U n d den grofsen Cäsar in R o m sich wüthend empörte ; Ob ganzlsrael gleich ihm dasTodesurtheil mit ausspricht; Und nicht Kaiphas nur dem Schwerte gebeut, dafs es schlage: Dennoch wollen w i r ihn mit Zeugen richten, und hören ! Z w a r ist Israel jetzt nicht versammelt, die
meisten
der Z e u g e n Decket d i e M i t t e r n a c h t ; ( B a l d werdet ihr, selige Völker, Unentweihteren Festen erwachen, als die der Empörer Noch mit b e g i n g ! ) allein so w e n i g e Menschen auch hier sind, W i r d es an Zeugen uns doch nicht mangeln. E s komme, w e r R e c h t thut,
Ü9 VI. G.
v. 383 — 390-
Und das Vaterland l i e b t , und spricht, w a s lauter und wahr ist! Also sagte der Hohepriester.
Da traten belohnte,
Unterrichtete Männer herauf, und zeugten. Vor allen, Hatte mit Schmähsucht P h i l o , und
erdekriechender
Bosheit, Ihre schon kleinen beweglichen Herzen erfüllt.
Mit
entflammten W i l d e m Blick, sah einer der Männer seitwärts , und sagte: W i e er den Tempel e n t w e i h t , das wissen w i r alle. Doch hat ei Nie so sehr ihn entheiligt, als damals, da er der Opfer Fromme Verkäufer vertrieb.
Ihr wart versammelt zu
beten; Aber er trieb mit Grimm der Opferthiere Verkäufer Aus der geweihten Halle.
Gewifs,
er ehret den
Gott nicht, Dem ihr die Opfer zu heiligen k a m t : er hätte die Opfer Sonst nicht verdrungen, noch diesen Raub an dem Tempel begangen! Also zeugt* er. Nach ihm erschien ein andrer, erklärte Jesus göttlichen Eifer mit gleichem Unsinn : O damals Wollt* er den Tempel nehmen, von dort auf Jerusalem fallen!
VI. G.
v . 399 — 4xx.
Aber der Schwärm, der ihn wohl in der fernen Wüste zum K ö n i g Ausrief,
blieb ihm hier nicht getreu.
E r mufstc
zurückfliehn. D r a u f erhub ein L e v i t sich, und that, als könnt* er verachten, Z e u g e t e : Hat er nicht Gott gelästert, weil er voll Stolzes' W ä h n t , er könne die Sünde verzeihn? A n demSabbath erlaubt er Ähren zu lesen! belebt an dem Sabbath verdorrende Hände! Und doch wähnt der Verbrecher,
er könne Sünden
vergeben! Jetzo sprach der Vierte.
Die
w i l d e L a c h e des
Hohns stieg Ihm in die Mienen empor, und tönt' in de« redenden Stimme. Also sagt* er: Ich mufs zwar zeugen; doch brauchet i h r , Väter, Zeugnisse w i d e r den M a n n , der von Unternehmungen schwindelt, Die
auf solchen Träumen erbaut sind? E r
hat es
geredet, Und J a s V o l k , so ihm gleichet, vernahms mit starrendem Auge:
VI. G.
v. 412 — 426.
Brecht den Tempel; d r c y T a g * , und es hebt sich ein neuer vom Staube W i e d e r empor. Ich bau* i h n ! Das war er fähig zusagen. Auch ein Greis e n t e h r t sein Alter, u n d sagt: Z u den Zöllnern, Diesen Sündern, gesellt, ( i c h bin ein Zöllner gewesen.) H a t er jene Weisheit erfunden, die Moses verachten, U n d , durch sündiger Kranken H e i l u n g , den Sabbatli entweihn lehrt. Also zeugten die Zeugen ; und ringsum strömt der Elfwartung Blick auf Jesus, w i e sich der Empörer vertheidigen werde. Also- stehn um den sterbenden Christen, mit bleichen Gedanken, Und mit halber Freude, die gern sich freute, die Haufen Niedriger Spötter, und athmen leis', u n d stammeln Erwartung: Auch ihm wird der inuthige Traum vom unsterblichen Leben, W i e er selber, vergebn.
E r bekennts n o c h ! Aber der Weise
Betet für sie, und f ü r sich, und lächelt dieGraber vorüber. Also starrt ihn das w a r t e n d e Volk an. Gottmensch
Aber
der
V I . G. Schweiget.
V.
427 —
441.
Kaiphas reifst geflügelter Grimm f o r t , er saget:
Frevler, schweigst du zu dem, w a s diese wider dijch zeugen ? Aber der Gottmensch schwieg.
D a ergrimmte der
Priester von neuem: R e d e ! beym lebenden Gott beschwör* ich d i c h : Bist du Christus? Christus, des Angebeteten Sohn ? Er hatt' es gesprochen ; Und nun stand er emporgerichtet, und schaute Verderben. Satan sjchaute mit ihm. Der Todesengel Obaddou, Philo's Engel, dacht* entflammt auf die Sünder herunter: W ü r d i g t er einer Antwort die W ü r g e r , so ist es Erbarmung. Aber es rüstet sich schon mit allen Schrecken der Rache, D i e Gott schreckte, seitdem an dem Thron der Donner gerollt hat, S i e h , er w e c k t das Gericht, und kommt, der letzte der T a g e ! Dunkler,
schwarzer,
tödtender T a g ,
du Tag der
Entscheidung! Sey mir in deiner furchtbaren Schöne gegrüfst-, o du schönster Unter der E w i g k e i t Söhnen! du festlicher T a g der Vergeltung!
oo VI. G.
v . 442 — 455.
Tag des richtenden M a f s e s , der tönenden W a g e ! dann schallen Kommende Welten
umher
in
die
Silbertöne
der
Wagschal! Sey mir gegrüfst, du T a g ! es verbirgt dann unter den Schaaren Derer,
die Palmen
t r a g e n , die Gnade sich! Diesen Gebornen
Aus der E r d e , den S t a u b , den sterblichen Sünder seit gestern, Welcher
wider
den E w i g e n
schwillt!
und
jenen
Gebornen Unseres Himmels, der seit der Erschaffung Empörungen aufthürmt! Heil mir! es wird siebeyde der Tag, der Donnerer, fassen, D a f s er sie ganz verderbe! Drum hüll' ich mich ein, und verstumme. Aber mein Schweigen ist T o d ! mein Verstummen de» Rächenden B o t h e ! Also dacht' er in eilendem Flug der Gedanken, und sähe Auf den Priester,
der schon de» Messias
Antwort
verdammte. Aber der Gottmensch schaute gen Himmel.
Die
Seraphim staunten, Als er es that; so sehr sahn sie an seiner Geberde, KXOFST. W
IV. ß.
MESS.
TI.B.
3
V I . G.
v. 456 — 469.
W i e er zurück die Gottheit hielt, und in menschlicher Ruhe Das verbarg, w a s W e l t e n erschuf.
So hält er noch
jetzt auf, Fürchterlicher durch Säumen, sein W e l t g e r i c h t , und erduldet's, D a f s der Empörungen Strom,
mit langen Jahrhun-
derten , ströme. Jetzo sbh er dem Priester ins A n t l i t z , sagt' i h m : Ich bin es, W a s du sagtest!
und w i s s e ,
dafs ich jetzt Thaten
vollende, W e l c h e der A n f a n g sind des Gerichts! Den Menschen von Erde, D e n auch eine Mutter gebar, ihr werdet ihn sehen Sitzen zur Rechte G a t t e s , upd kommen in
Wolken
des Himmels! Also öffnete der, der mit dem letzten der T a g e Schreckenvoller w i r d kommen, als je ein Engel des Todes Ihn in der Nächte tiefsten den stürmenden
Psalter
herabsang: Also öffnet* er Einem geflügelten Blicke die Z u k u n f t ; Sclilofs
dann
schnell
dem erstaunenden Blick furchtbaren Schauplatz.
den
Kaiplias, denn nun schleuderten ihn die Ströme des Grimms fort, Und nun kannt* er kein Mafs, nicht Schranken, nicht zwingende Schranken! Kaiphas schritt entflammter hervor! trug Tod auf der Stime! Zittertelaut! zerrifs sein Gewand ! mit glühendem Auge Starrt* er fürchterlich hin, rief in die verstummende Menge: Redet! Er lästerte Gott! Was brauchen wir Zeugen? Ihr hörtet's! Redet! was denkt ihr? Er lästerte Gott! Sie ruften; Er sterbe! Philo schwoll empor: Er sterb', ersterbe ! Die Fülle Meines Herzens ergeufst sich! Er sterbe den Tod der Verfluchten! Oben am Kreuz,den langsamenTod der eisernen Wunden! Dals sein modernrlGebein kein Grabmahl finde! kein Hügel Uber ihm mit Blumen bewachse ! Verwes' an der Sonne, Ha der offenen Sonne, Gebein! und hör* an dem Tage, Wenn dem verdorrten Gebein Gott ruft, die Stimme des Herrn nicht! Also sagte der Mann, so dem Tode reif war.
Er
sagt* es! Angefeuert von ihm, drang nun in wüthendem Taumel,
56
VI. G.
v. 406 — 5 0 1 .
N u n dasVolk auf denGöttlichen z u ! 0 gieb mir die Hülle, Sionitin, mit der, w e n n du vor dem E w i g e n schwebest, Still du dich deckest, clafs ich mit den Engeln mein Auge bedecke. Gabriel und Eloa enthüllten sich s e i t w ä r t s ,
und
sagten: Gabriel 1 Gottes Geheimnifs wie tief, wie den Endlichen allen Unergründbar ist Gottes Geheimnifs! Ich sah sie geboren W e r d e n , dieOrione, i c h w e i f s , was jedes Jahrtausend Auf den Orionen vor W u n d e r geschahn! doch ein Wundpr, Wie
die
Erniedrung
des Sohns
zu dieser Tiefe,
geschah n i c h t ! E r , den erst Jehovab vom donnernden Tabor herunter Richtete!
der
das Gericht mit dieser
Göttlichkeit
aushielt! M i r , mit Einem Blick, der Unsterblichen Schimmer zurückschuf! E r ! G. Und Er, Eloa 1 vor dem die Gebeine der Todten, Vom weitherrschenden Sturm der neuen
Schöpfung
ergriffen, E i n s t erstehen, dafs rings in ihren W e h e n die E r d e L a u t , mit einer Gebärerin Angst, dem Allmächtigen zuruft!
37 VI. G.
v. 502 — 5 1 6 .
D e r alsdann mit der Donnerposaune, mit zeugenden Engeln, M i t hinsinkenden Sternen, zum Weltgerichte w i r d kommen! E . Sieb, er rief ihm, da w u r d e das L i c h t ! D u , Gabriel, sähest, W i e es h e r v o r r i f s ! E r ging voll tausendmal tausend Gedanken, Tausendmal tausend Leben an seiner Rechte versammelt, Und beseelender Sturm vor ihm h e r ! D a rollten die Sonnen! Da erklang's um die jauchzenden P o l e ! da schuf er die Himmel! G. S i e h , er gebot der ewigen N a c h t , die stellte sich jenseit Seiner Himmel! E l o a , du sahst,
wie
er über der
Nacht stand! Und er ruft' ihr, da ward ein ungeheurer, ein todter Klumpen! Der lag vor ihm, w i e eine zertrümmerte Sonne, Oder w i e Leichname
hundert zusammengeworfener Erden !
Und er gebot der Flamme; da strömte die nächtliche Flamme Durch des Todes Gefild! da ward das E l e n d ! da tönten Seine Tiefen Jammer herauf! da erschuf er die H ö l l e !
V I . G.
V. 5 1 7 —
533-
Also sprachen sie. P o r t i a sah den G ö t t l i c h e n l e i d e n ; K o n n t e den b a n g e n
Anblick
nicht
mehr
ertragen;
erliub sich Auf den Söller.
M i t aufgehobenen ringenden Händen,
S t a n d s i e , mit A u g e n , die starr zu dem d ä m m e r n d e n Himmel hinaufsahn, U n d so zweifelt* i h r H e r z : O d u , der erste der G ö t t e r ! D e r die W e l t aus N ä c h t e n e r s c h u f , u n d dem M e n s c h e n ein H e r z g a b ! Wie
dein
Namen
auch
h e i f s t , G o t t ! J u p i t e r ! oder Je)hovah!
Romulus,
oder
Abrahams
Gott!
nicht
einzelner
Menschen, N e i n ! du Aller V a t e r u n d R i c h t e r ! darf iclis dir w e i n e n , W a s mir meine Seele zerreifst ? W a s h a t er v e r b r o c h e n , D i e s e r f r i e d s a m e M a n n , dafs i h n U n m e n s c h l i c h e t ö d t e n ? I s t er dir so festlich der Anblick, die l e i d e n d e T u g e n d , G o t t ! von deinem O l y m p u s z u s e h n ?
E r ist es d e n
Menschen! Suis u n d
schauervoll
ist d e n
Menschen
die stolze
Bewundrung! Aber der die S t e r n e gemacht h a t , k a n n der b e w u n d e r n ? N e i n ! du k a n n s t n i c h t b e w u n d e r n ! Allein ein hohes G e f ü h l ists F ü r d e n G o t t der G ö t t e r ; es k ö n n t e sein g ö t t l i c h e s Auge
39 VR. G.
v. 5 v t —
547.
Sonst nicht s e h n , dafs der Schuldlose litte! W i e wirst du belohnen, Der dir diesen festlichen Pomp der Menschheit aufführt. M i r , mir rinnt das Mitleid die Wang' herunter; allein du Kennest nur an der leidenden Tugend die bebende Thräne! Gott der Götter, belohn', u n d , ist es dir möglich, bewundr' ihn ! Als sie jetzt sich gebückt, und geneigt hat über den Söller, Hört sie am untern Pallast w i e eines Verzweifelnden Stimme. Petrus w a r es.
D e r fromme Johannes w a r an den» Thore
Stehn geblieben.
E r hörte den jammernden Petrus» erkannt' ihn,
R i e f ihm entgegen: Ach lebet e r , P e t r u s ? D u w e i n s t ! du verstummest! Rede!
P. I/afs mich,
Johannes,
ach lafs mich im
Einsamen sterben ! Sterben
will
ich!
Er
ist verloren!
Ich
bin
noch
verlorner! Judas,
Judas!
entsetzlicher
Jünger!
du
hast
ihn
verrathen! Ich verrieth ihn mit dir! Vor allen, welche mich fragten,
4° VI. G.
v. 548 — 561.
Hab' ich ihn ach ! in meinem zu tiefen Elend verleugnet ! Fleuch, fleuch, wende dich w e g , Johannes, lafsmich im Stillen Sterben!
Stirb,
stirb auch! Er ist zu
dem Tode
verurtheilt ! Und,
ich
treuloser!
hab' ihn
vor allen Sündern
verleugnet! Petrus riefs dem verstummenden z u , und rifs sich von dannen ! Aber er blieb im einsamen Dunkel am
thauenden
Eckstein S t e h n , ' u n d schwankt' an den S t e i n , und hielt sieb, und sank an ihm nieder, Neigte sein müdes H a u p t , und weinete lang", und verstummte! Endlich strömte sie aus in brechende W o r t e , die volle Tieferschütterte Seele : Lafs ab mit des Todes Gestalten M i c h zu schrecken ! sie dringen, w i e Schwerter, mir in die Gebeine, M e i n e zermalmten Gebeine,
lafs ab !
und wend',
o wende Diese tödtenden Blicke von m i r ,
womit du mich
ansahst, Als die schreckliche That, der Thaten tiefste geschehn war.
V I . G.
v. 562 — 574.
A c h , was thjit ich! M e i n F r e u n d , mein F r e u n d ! . d i c h liab' ich verleugnet! D e n ich liebte, der m i c h , w i e
sonst kein L e h r e r ,
geliebt hat, D e r ein göttlicher Mann w a r ! zu kleine S e e l e , was thatst d u ! S i e h e , nun w i r d er mich auch in dem Weltgerichte, vor seinen Frömmeren J ü n g e r n , vor seinen erhabenen
Engeln,
nicht kennen! Kenne mich nicht, ich verdien' es!
O kenne
mich
w i e d e r ! erbarme M e i n e r Angst d i c h ! W a s hab' ich gethan! J e mehr ichs empfinde, Desto tiefer gräbt es mir in die Gebeine den T o d ein. Stirb! o könnt' ich sterben! Ich werde sterben, doch langsam! H i e r verstummt' er, und weint', und verdiente, weinen zu können. Neben ihm stand sein H ü t e r , O r i o n , sah i h n , und fühlte M i t l e i d z w a r , doch auch Engelfreuden.
D a wandte
sich Petrus, Ilub
sich
empor,
und schaute gen H i m m e l : furchtbarer R i c h t e r !
I}u
42 V I . G.
v. 5 7 5 — 5C7-
V a t e r der M e n s c h e n u n d E n g e l , u n d deines S o h n e s ! du kennest M e i n erschüttertes H e r z , u n d das B e b e n des tiefsten Gedankens. D e i n K i n d J e s u s h a b ' i c h v e r l e u g n e t ! E r b a r m e dich meiner! A c h , erbarme dich m e i n e r , d u V a t e r des göttlichen Kindes! E r soll s t e r b e n ! I c h bin/ es n i c h t w e r t h ,
mit dein
theuren zu sterben! Aber lafs mich i h n noch , eh' er z u dem Grabe sein H a u p t neigt, E h ' e r , u n t e r die t r e u e r e n J ü n g e r , den S e g e n , die letzte L i e b e v e r t h e i l t ; lafs d a n n mich n o c h den liebenden sehen, D a f s sein sterbender Blick m i r v e r z e i h ! D a n n fleh' ich nur Gnade, K e i n e n Segen ! zu b a n g , zu sehr V e r b r e c h e r , zu r u f e n : Hast
du
nur Einen
Segen?
nur Einen
für
diese
Gerechten ? Ach w e n n ich n u r Vergebung e r w e i n e ,
so w i l l ich
hingehn, I h n vor allen M e n s c h e n b e k e n n e n . Schöpfer,
So l a n g e ,
mein
43 VI. G.
v. 588 — 600.
Du mir Tage des Menschen gebeutst zu leben, so lange Sey's mein tbeures Geschäft: Ich w i l l die guten, die frommen, Alle reinen Herzen, ich w i l l sie suchen, und ihnen Unaufhörlich mit W e h m u t h ,
u n d diesen Thränen
erzählen: J a ! ich kannt' ihn, den guten, den theuren, den besten der M e n s c h e n ! J e s u s , des Allerheiligsten Sohn! und ich w a r es nicht würdig, Ihn zu kennen! Ich w a r sein erkohrner J ü n g e r ! Er liebte Seinen Jünger! Doch war ich nicht w ü r d i g , ihn wiede? zu lieben. Denn ich liebt' ihn nicht mehr, in der trüben Stunde, den besten Unter den Menschen! Er w a r der beste, beste! Sein Leben W a r für Andre, nicht s e i n , voll
Menschlichkeiten!
Die Armen Speist' e r , heilte die Kranken, rief aus dem Grabe die Todten! Darum
tödteten
ihn
der
Menschlichkeit
Erhebt euch,
Hasser J
44 V I . G.
v. 601 — 606.
K o m m t , ihr M ä n n e r , und lasset uns gelin zu dem todten , und w e i n e n ! Ach, zu fürchterlich ist der Gedanke von seinem Grabe ! Jesus,
du göttlicher M a n n !
w o wird es s e y n ?
wo
wirst du Schlummern im Stillen? w o f e r n der W ü t h e r
Wuth
dir ein Grab läfst! Also flehte der M a n n , den der Erde Sünder in Worten Kennen, verleugnen in Thun ; er erweinte der Märtyrer Krone!
D E R
M E S S I A S .
S I E B E N T E R
G E S A N G .
V I I . G.
V. 1 —
15.
D u , E l o a ! standst a u f der M o r g e n r ö t h e . Hilter standen uin ihn. Siehe,
Der Erde
E r sang in die mächtige H a r f e :
so w e r d e n die A u f e r s t e h u n g e n
jauchzen!
so
sang e r ! E w i g e W i r k u n g dir ! komm, w e r d ' , o w e r d e geboren, O p f e r t a g ! E r w a n d e l t h e r a u f ! Sein N a m ' i s t E r b a r m e r . I h n , ihn segnen d i e ' O r i o n e , und rufen den kleinern Sonnen u m h e r ,' die S o n n e n den E r d e n :
D u T a gD! du
Versöhner! T h e u r e r , schöner, b l u t e n d e r T a g , dich sandte die L i e b e ! H a r f e , töne darein ! E r schafft zu E n g e l n den Staub um ! E w i g k e i t e n der R u h sind G e f o l g e seiner T r i u m p h e ! Sieh,
ich erhebe mein A u g ' ,
und s e h ' !
E i n Hügel
der E r d e I s t der A l t a r ! D e r A l t a r erbebt v o r dem kommenden Opfer! H ä t t e der Auszusöhnende S t e r n e ,
w i e S t e i n ' aus den
Bächen, A u f g e n o m m e n , e i b a u t die Sterne dem S o h n zum A l t a r e : D e n n o c h hätt* auch dieser gebebt dem k o m m e n d e n O p f e r !
48 V I I . G. Ringsilm schau' ich.
v . 16 — 32.
W i e lächeln der Erde die helleren Sonnen!
Und w i e schwimmet ihr leichter Gefolg' umher in den Himmeln! O du R u h e des festlichsten unter den Festen! duSabbath ! Sabbath des Vaters und Sohns! Ich hör' ich höre, die J ubel Tönen von allen Harfen herüber! Der Seraphim Kronen Sinken alle! Sie ist, die Schöpfung ist Sabbath geworden ! O du Gedanke, Gedanke! Jahrtausende gehen vorüber, Ehe
von fern
in
dein heiliges L i c h t der
Seraph
hinaufblickt, D u : Der Sohn des Vaters starb! D e r E w i g e denkt dich. Also sang Eloa. D i e Himmel hallten es wieder. D o c h von der Sünde geblendet, und ihrem Gericht belastet, Dacht'"auf der Erde viel anders ein Haufen Sterblicher. Satan Dachte w i e sie. Des E w i g e n Vorsicht liefs dieVerbrecher Ganz ihr M a f s anfüllen. D e r Hohepriester versammelt All' in dem inneren Saal.
D o r t halten sie R a t h , und verschwören
Wider den E w i g e n sich.
Sie hatten das Opfer dem Tode
L a n g g e w e i h t : sie halten nur R a t h von P i l a t u s , vom Volke,
49 VII. G. Und w i e er sterben soll.
v. 3