Großindustrie, Staat und NSDAP 1930-1933: Paul Silverberg und der Reichsverband der Deutschen Industrie in der Krise der Weimarer Republik 9783666357039, 9783647357034, 3525357036, 9783525357033


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German Pages [315] Year 1981

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Großindustrie, Staat und NSDAP 1930-1933: Paul Silverberg und der Reichsverband der Deutschen Industrie in der Krise der Weimarer Republik
 9783666357039, 9783647357034, 3525357036, 9783525357033

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KRITISCHE STUDIEN ZUR GESCHICHTSWISSENSCHAFT

Herausgegeben von Helmut Berding, Jürgen Kocka, HansrUlrich Wehler

Band 45 Reinhard Neebe Großindustrie, Staat und NSDAP 1930-1933

GÖTTINGEN .VANDENHOECK & RUPRECHT . 1981 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Großindustrie, Staat und NSDAP 1930-1933 Paul Silverberg und der Reichsverband der Deutschen Industrie in der Krise der Weimarer Republik

von REINHARD NEEBE

GÖTTINGEN · VANDENHOECK & RUPRECHT · 1981 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

CIP-Kurztitelaufiiahtne der Deutschen Bibliothek Neebe, Reinhard:

Grossindustrie, Staat und NSDAP 1930-1933 [neunzehnhundertdreissig bis neunzehnhundertdreiunddreissig]: Paul Silverberg u. d. Reichsverb. d. Dt. Industrie in d. Krise d. Weimarer Republik/von Reinhard Neebe. - Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1981. (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft; Bd. 45) ISBN 3-525-35703-6 NE: GT © Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1981. - Pnnted in Germany. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, das Buch oder Teile daraus auf foto- oder akustomechanischem Wege zu vervielfältigen. Satz und Druck: Guide-Druck GmbH, Tübingen. Schrift: 10/11 ρ Bembo, gesetzt auf Linotron 202 System 3 (Linotype). Bindearbeit: Hubert & Co., Göttingen

© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Inhalt Einleitung

9

I. 1918-1925: Revolution und Interventionsstaat. Das Silverberg-Frogramm von 1923

24

II. Die Dresdener Rede 1926. Stabilisierung und Arrangement . . 1. Das Dresdener Konzept 2. Reaktion von Regierung, Parteien und Gewerkschaften 3. Die Industrieverbände und die Silverberg-Rede

35 37 41 43

III. Weltwirtschaftskrise und Restaurationskonzepte 1. Die RDI-Tagung vom 12. Dezember 1929 . . .' 2. Young-Plan und Große Koalition 3. Präsidialsystem und personelle Alternativen

50 51 53 57

IV. Politische Offensive und bürgerliche Sammlung im Sommer 1930 1. „Hinein in die Politik“ 2. Die Reorganisation des RDI 3. Bürgerliche Sammlung, Gewerkschaften und Große Koalition . .

60 60 64 67

V. Die Reichstagswahl vom 14. September 1930 1. Die Auflösung des Reichstags vom 18. Juli 1930 2. Wahlergebnis und Koalitionsmöglichkeiten 3. Brünings Konzept 4. Die politische Formierung der Industrie 1930/31 VI. Die Bankenkrise 1. Die Tagung des Langnam-Vereins vom 3. Juni und die Notverordnung vom 5. Juni 1931 2. Der Reichsverband und Brüning im Juni 1931 3. Das Hoover-Moratorium

73 73 76 78 80 90 90 93 95 5

© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

VII. Wendepunkt Herbst 1931: Die Abkehr von Brüning 1. Die Erklärung der Industrieverbände vom 29. September 1931 . . 2. Die Umbildung der Brüning-Regierung 3. Der Sturz Brünings VIII. Die Deflationspolitik Brünings

99 99 103 107 111

IX. Großindustrie und NSDAP in der Ära Brüning 1. August Heinrichsbauer und der Strasser-Flügel der NSDAP . . . . 2. Die Industrieclub-Rede Hitlers und das Wahlkampfabkommen mit Paul Reusch 3. Die Arbeitsstelle Schacht

117 117

X. Die Regierung der ,,Nationalen Konzentration“ 1. Das Programm der Regierung von Papen und die Industrieverbände 2. Der autoritäre Staat als Alternative zum faschistischen System . . .

127

XI. Das Kabinett von Schleicher 1. Die Ruhrindustrie, Schleicher, Strasser, Papen und Hitler 2. RDI und DIHT 1932/33 XII. Die Sonderrolle Silverbergs 1932/33 1. Die „Deutschen Führerbriefe''alspublizistisches Organ Silverbergs 2. Silverberg und Brüning 1932 3. Von der Sozialdemokratie zum Nationalsozialismus 4. Schleichers ,,Strasser-Lösung'' und die Politik Silverbergs 5. Die Kölner Unterredung zwischen Papen und Silverberg XIII. Die Großindustrie und die nationalsozialistische Diktatur im Frühjahr 1933 1. Die Industrie und der 30. Januar 1933 2. Der Konflikt mit der Hitler-Regierung in der Wirtschaftspolitik. . 3. Die „Reorganisation“ des Reichsverbandes XIV. Die Ausschaltung Silverbergs 1933 1. Die Rheinbraun-Krise 1932/33 2. Die,,Gleichschaltung''der IHK Köln 3. Die ,,Judenpolitik'' des Dritten Reiches und die Haltung der Großindustrie 4. Silverberg in der Emigration 6 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

119 122

127 131 140 142 148 153 154 155 159 168 171

174 174 176 181 189 189 191 193 196

Ergebnisse

200

Anmerkungen

204

Abkürzungsverzeichnis

283

Quellen- und Literaturverzeichnis I. Ungedruckte Quellen II. Mündliche und schriftliche Auskünfte III. Gedruckte Quellen und Literatur

286 285 292 293

Personenregister

306

Sachregister

310

7 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

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Einleitung In einem Artikel der „Deutschen Führerbriefe“ vom Herbst 1932 wird als Kernproblem der zukünftigen politischen Entwicklung in Deutschland die Frage herausgestellt, ob es für den Nationalsozialismus eine „spezifische soziale Möglichkeit“ gebe, durch die er „aus einer fascistischen Bewegung in ein Teilorgan der bürgerlichen Herrschaft verwandelt“ werden könne. Die Abhandlung mit dem Titel „Die soziale Rekonsolidierung des Kapitalismus“ hat seinerzeit beträchtliches Aufsehen erregt und ist in den letzten Jahren erneut in den Mittelpunkt intensiver Erörterungen gerückt.1 Das Votum der aus großindustrieller Perspektive urteilenden Führerbriefe, dem Nationalsozialismus die bisherige Rolle der Sozialdemokratie in ihrer Funktion als „Massenstützpunkt für die Herrschaft des Bürgertums“ anzutragen, verweist auf einen auch aus zeitgenössischer Sicht evidenten Systemzusammenhang zwischen Faschismus und Kapitalismus. Das vieldiskutierte Wort Max Horkheimers „Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen“,2 wird hier anscheinend unmittelbar bestätigt. Die gegenwärtig in der deutschen Geschichtswissenschaft neu auflebende Kontroverse über die Verwendbarkeit und Legitimität der Begriffe „Totalitarismus“ und „Faschismus“ zur Kennzeichnung der nationalsozialistischen Diktatur und ihrer Voraussetzungen deutet demgegenüber an, daß Interpretationen, die sich auf den Zusammenhang von Kapitalismus und Nationalsozialismus beschränken, offenbar bis heute wichtige Problembereiche nicht befriedigend zu erfassen vermögen3. So wenden Vertreter eines modifizierten Totalitarismuskonzepts wie ζ. Β. Κ. D. Bracher oder Ernst Nolte ein, daß ein allgemeiner Faschismusbegriff die „primäre Frage nach dem totalitären Charakter politischer Systeme“ außer acht lasse und „das entscheidende Kriterium zur Beurteilung des modernen Staates: das Kriterium der politischen Freiheit und des ,limited government' “ zugunsten einer sozio-Ökonomischen Klassifizierung übergehe.4 Klaus Hildebrand, Andreas Hillgruber u. a. wollen ihrerseits den strukturgeschichtlichen Ansatz durch einen „biographischen Zugang“ ergänzt wissen, da sich die Persönlichkeit Hitlers „jedem Reduzierungsversuch aufs Funktionale“ entziehe und „auf gar keinen Fall als austauschbar“ anzusehen sei.5 Hans Mommsen wiederum macht geltend, daß das Totalitarismusmodell „tendenziell von den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Vorbedingungen abstrahier[e], die die Durchsetzung totalitärer Strukturen ermögli9 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

chen“, und daß eine bloß auf Hitler orientierte Interpretation u. a. Gefahr laufe, „die Mitverantwortung der konservativen Machteliten nicht nur in der Machteroberungsphase, sondern auch für die mittelfristige Stabilisierung des NS-Herrschaftssystems in den Hintergrund zu rücken''. 6 Der Versuch Jürgen Kockas, die unterschiedlichen Interpretationsansätze zusammenzufassen und in eine übergreifende Erklärung der „Ursachen des Nationalsozialismus'' zu bringen, 7 zeigt die Dimensionen des Themas eindringlich auf und verweist zugleich auf die Notwendigkeit eines breiter gefaßten sozialgeschichtlichen Zugriffs. Diesem erweiterten, verschiedene Ansatzpunkte aufnehmenden Faschismusbegriff, den Kocka, Mommsen, W. Schieder u. a. mit jeweils besonderen Akzentuierungen verwenden,8 steht die orthodox-marxistische Definition entgegen, die im Faschismus ,,die offene, terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ erblickt.9 Die nationalsozialistische Diktatur stellt sich hier als eine Form bürgerlicher Herrschaft dar, die sich in ihren Wescnsmerkmalen von der liberalen Demokratie nicht grundsätzlich unterscheidet. Der Widerspruch zwischen diesem engen, dogmatischen Faschismusbegriff und einer offeneren, sozialgeschichtlich orientierten Faschismusinterpretation leitet sich in seiner theoretischen Begründung vor allem aus einer wesentlich anderen Bewertung des Verhältnisses von Ökonomie und Politik ab. Darauf ist zunächst ausführlicher einzugehen: Bereits in der älteren Faschismusdebatte, die in der Großen Krise 1929-1933 vor der nationalsozialistischen Machteroberung geführt wurde, bildete die Beurteilung der spezifischen Qualität des Bündnisses zwischen Großbürgertum und Nationalsozialismus einen zentralen Punkt der Kontroverse. Das nach wie vor aktuelle Monitum August Thalheimers aus dem Jahre 1930, man müsse sich ,,die Entwicklung nicht so kindlich vorstellen, daß die Bourgeoisie den Nationalsozialisten freiwillig' die Macht übergebe, weil die Faschisten eine großkapitalistische konterrevolutionäre Partei'' seien,10 richtete sich vor allem gegen die offizielle KPD-Linie und die von ihr verfochtene Sozialfaschismusthese.11 Thalheimers Auseinandersetzung mit der Sozialfaschismustheorie zielte im Kern darauf, aus einer den ökonomischen, gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen der ausgehenden Weimarer Republik tatsächlich angemessenen und zugleich theoretisch reflektierten Analyse eine realitätsorientierte antifaschistische Strategie abzuleiten. ,,Blindheit'', so Thalheimer in Zurückweisung der Thälmannschen These, daß der Faschismus in Gestalt der ,,sozialfaschistischen Regierungsbande“ Hermann Müllers bereits die Herrschaft ausübe, sei ,,keine Entschuldigung vor der Geschichte“.12 Hiergegen, aber auch gegen die simplifizierende Auffassung der unmittelbaren Identität von Finanzkapital und Faschismus, setzte Thalheimer ein weit komplizierteres Interpretationsmodell, das in Anlehnung an die Marxsche Bonapartismusanalyse die Entstehungsvorausset10 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

zungcn des Faschismus neben den ökonomischen Bedingungen vor allem an die Klassenlage knüpfte. Das faschistische System sei insbesondere durch das Auseinandertreten von sozialer und politischer Herrschaft bei Verselbständigung der Exekutive charakterisiert, es stelle „eine“ Form der „offenen Diktatur des Kapitals“ dar und sei wie der Bonapartismus gekennzeichnet durch die „politische Unterwerfung aller Massen, einschließlich der Bourgeoisie selbst, unter die faschistische Staatsmacht bei sozialer Herrschaft der Großbourgeoisie und der Großgrundbesitzer“.13 Im Weimarer Staat sah Thalheimer mit dem Präsidialsystem Brünings die „Aushöhlung des bürgerlich-parlamentarischen Regimes“ forciert einsetzen. Dabei unterstütze ein Teil der Bourgeoisie die Nationalsozialisten „aktiv und planmäßig“, ein anderer jedoch kämpfe gegen sie, führe diesen Kampf aber so, daß er objektiv, „wider ihre Absicht“, den Faschisten in die Hände arbeite und die antifaschistischen Kräfte zermürbe und lähme. Auch in Deutschland gebe die Bourgeoisie also ihre eigene politische Macht ,niemals freiwillig4 zugunsten des Nationalsozialismus auf, kraft der »inneren Logik' ihrer Handlungen schaffe sie aber, subjektiv vielfach ungewollt, die Voraussetzungen für seinen Erfolg. Der Prozeß der „Faschisierung“ vollziehe sich also in einer komplizierten Dialektik von ökonomischen Bedingungen, gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen und politischem System, er laufe stufenförmig, in teilweise „verwickelter, aber darum nicht weniger folgerichtiger“ Logik ab, sei aber insofern nicht dem Automatismus einer Unvermeidlichkeit unterworfen, als keine gesellschaftliche Kraft ihm „Halt“ gebieten könne. 14 Trotz ihres offensichtlichen Interpretation swertes hat die orthodoxmarxistische Forschung von der Bonapartismus-Thematik keine Notiz genommen: Hier setzte sich die anfangs mit der Sozialfaschismusthese konkurrierende und ihr zeitweilig unterlegene Auffassung vom Faschismus als der offenen Diktatur des Finanzkapitals nach 1933 endgültig durch. Die Dimitroff-These ist, wie auch jüngste Äußerungen belegen, bis heute die verbindliche Grundlage der offiziellen marxistischen Historiographie geblieben.15 Der im wesentlichen auf Jürgen Kuczynski zurückgehende Versuch, die empirisch vorfindbaren Gegensätze innerhalb der Großbourgeoisie durch das Wirken von „Monopolgruppen“ zu erklären, hat wohl gewisse Differenzierungen ermöglicht, den durch die Definition des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale vorgegebenen Rahmen aber nicht gesprengt.16 Die Monopolgruppentheorie hält an der These des staatsmonopolistischen Kapitalismus und der Verschmelzung von ökonomischer und politischer Herrschaft fest, unterscheidet aber zwischen verschiedenen „Fraktionen“ des Kapitals, die sich aus einem Wechselverhältnis zwischen dem ökonomisch-technologischen Entwicklungsstand eines Industriezweiges und seiner politisch-gesellschaftlichen Orientierung bestimmten: Dabei stehe der älteren, schwerindustriell bestimmten Monopolgruppe Kohle-Eisen-Stahl mit ausgesprochen kon11 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

servativ-autoritärer Grundhaltung eine relativ jüngere Gruppierung der Chemie- und Elektroindustrie gegenüber, die einen vergleichsweise flexiblen, reformistischen Kurs verfolge. Durch die Arbeiten Kurt Goßweilers,17 der die Rolle des Finanzkapitals als dritte, der Industriegruppierung quer zugeordnete Größe betont, hat dieses Schema eine Aktualisierung erfahren, ohne daß die prinzipiellen methodischen und theoretischen Einwände hätten ausgeräumt werden können. Der Monopolgruppenansatz ist vor allem dort problematisch, wo den Fraktionen des Monopolkapitals vorab eine grundsätzliche Intercssengemeinsamkeit unterstellt wird, die sie befähige, als bestimmendes Subjekt im historischen Gesamtprozeß aufzutreten.18 So verkürzt auch Goßweilers Analyse „Großbanken, Industriemonopole, Staat“ (1914-1932) ,,die kapitalistische Gesellschaft auf Aktionen und Optionen der Kapitalisten bzw. der in den Monopolgruppen organisierten »Monopolherren' “. 19 Dies gilt im gleichen Sinne für die Darstellung Eberhard Czichons,20 der die Annäherung der verschiedenen industriellen Gruppierungen - die hier übrigens anders als bei Kuczynski und Goßweiler bestimmt sind - zwar empirisch ableitet und im einzelnen z. Τ. r echt differ enzier t beschr eibt, die sozio­ ökonomische Gesamtentwicklung aber fast völlig ausblendet, so daß der Faschismus schließlich doch als ,,monokausaler Kaufakt''einzelner Industrieller, Bankiers und Großagrarier erscheint.21 Wolfgang Ruge, der sich zuletzt mit dieser Thematik befaßt hat, fügt wohl einige neue Aspekte hinzu, fällt aber insgesamt gesehen eher noch hinter Czichon zurück.22 Der theoretische Bezugsrahmen und die Ergebnisse der DDRGeschichtsschreibung zur Genese des Nationalsozialismus blieben in der Auseinandersetzung mit der neomarxistischen Forschung der Bundesrepublik, die Mitte der 60er Jahre vor allem in der Zeitschrift ,,Das Argument“ geführt wurde, zunächst nicht ohne Widerspruch. Die DDR-Historiker Czichon, Eichholtz und Goßweiler hielten dabei an ihrer These vom ,,Primat der Ökonomie“ fest und kennzeichneten den Faschismus erneut als eine Entwicklungsstufe des „Staatsmonopolistischen Kapitalismus“, auf der es den „reaktionärsten und aggressivsten Elementen des deutschen Finanzkapitals . . . ausgangs der Weltwirtschaftskrise“ im Interesse ihrer imperialistischen Zielsetzung angeraten schien, ,,ihre faschistische Herrschaft über das deutsche Volk zu errichten, das heißt, ihre Macht mit den Potenzen eines faschistischen Regimes zu verschmelzen“.23 Demgegenüber galt z. B. R. Griepenburg, Κ. Η. Tjaden oder ander en Thalheimer s Bonapartismusansatz und seine Anwendung auf Deutschland in den Jahren 1930 bis 1933, tr otz partieller Kr itik an Einzelaspekten dieses theor etischen Modells, als die weitaus tr effendste zeitgenössische Darstellung und als der „begrifflich differenzierteste und am ehesten noch historisch bestätigte“ Versuch, die „Transformierung“ der Weimarer Republik in die faschistische Diktatur zu erklären und zu prognostizieren.24 T. W. Mason betonte die Verselbständigung des Staatsapparates in der nationalsozialistischen 12 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Diktatur und kritisierte die „Überbewertung“ der unmittelbaren Rolle des „Wirtschaftlichen“ in der DDR-Historiographie, die auf das „mangelnde Verständnis für den gesellschaftlichen und politischen Rahmen, in dem die Industrie zu handeln hatte“, zurückzufuhren sei. 25 Auch im „Staatsmonopolistischen Kapitalismus“ gebe es, wie insbesondere von Eike Hennig26 hervorgehoben worden ist, keine Identität von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft. - Die gegenwärtig vorherrschenden Theorien der „neuen Linken“ zum Nationalsozialismus haben indes den Bonapartismusansatz weitgehend verdrängt und eine immer deutlicher werdende Annäherung an orthodox-marxistische Positionen sichtbar werden lassen. Zur politisch-ideologischen Instrumentalisierung historischer Aussagen für „vorgefaßte Gegenwartszwecke“ im Konzept dieser Gruppierungen hat sich zuletzt Η. Α. Winkler umfassend geäußert. 27 Für die Geschichtsschreibung der Bundesrepublik lag der Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Faschismus lange außerhalb eines besonderen Forschungsinteresses. Die Sozialgeschichte schenkte dieser Problemstellung in den letzten Jahren allerdings zunehmend Aufmerksamkeit und erkannte dabei an, daß die Analyse der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung auch in der Weimarer Republik und der Übergangsphase zum Nationalsozialismus ohne ein heuristisch praktikables und zugleich theoretisch reflektiertes Rahmcnmodell nicht recht zu leisten ist: Dem Monopolgruppenansatz wurde zunächst das Konzept des „Organisierten Kapitalismus“ gegenübergestellt, dessen Interpretation des Zusammenhangs von Ökonomie und Politik an Rudolf Hilferding anknüpft. Hilferding erkannte im Übergang zum „Organisierten Kapitalismus“, der sich vor allem in der Zeit des Ersten Weltkrieges und den Anfangsjahren der Weimarer Republik vollzogen habe, „den prinzipiellen Ersatz des kapitalistischen Prinzips der freien Konkurrenz durch das sozialistische Prinzip planmäßiger Produktion“ und leitete daraus die politische Herausforderung ab, „mit Hilfe des Staates, mit Hilfe der bewußten gesellschaftlichen Regierung diese von den Kapitalisten organisierte und geleitete Wirtschaft in eine durch den demokratischen Staat geleitete Wirtschaft umzuwandeln“. 28 Demgegenüber geht das vor allem von H.-U. Wehler, Winkler und Kocka für eine sozialgeschichtliche Forschungsperspektive aktualisierte Konzept des „Organisierten Kapitalismus“29 von dem Versuch aus, „die Veränderungen im Produktionssystem selbst. . . mit bestimmten Veränderungen, die durch die Entstehung neuer sozialer Gruppen und durch die Verschiebung ihrer Beziehung zueinander, nicht zuletzt in Form von Klassenkonflikten auftreten und Veränderungen des Verhältnisses von Gesellschaft und Staat zusammenzubringen“.30 Im Unterschied zu der Auffassung vom „Staatsmonopolistischen Kapitalismus“ deutet dieser für die Epoche des verstärkten Staatsinterventionismus entwickelte Ansatz die Verknüpfung von Ökonomie und Politik nicht als „Verschmelzung“ und erblickt im Staat nicht ausschließlich das Herrschaftsmittel der Monopole, sondern läßt die 13 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Abgehobenheit des politischen EntScheidungsprozesses in spezifischen Situationsfeldern vom Prinzip her zu. Insbesondere vermeidet er die vom Stamokap-Ansatz ausgehende, in diesem Punkt an die Sozialfaschismustheorie erinnernde gefährliche Verwischung der grundsätzlichen Unterschiede zwischen liberal-parlamentarischen und faschistischen Herrschaftsmethoden.31 Die Umsetzung des Modells vom „Organisierten Kapitalismus“ in eine praktikable Methode zur Aufarbeitung der beschriebenen Zusammenhänge bleibt allerdings problematisch, da es auf die zentrale Frage nach den Vermittlungsinstanzen zwischen den Polen Ökonomie und Politik keine präzise Antwort zu geben weiß und insbesondere nicht klärt, wie diese empirisch greifbar sind.32 Vor allem G. D. Feldman, der in Fortsetzung seiner früheren Studien inzwischen mit einer richtungsweisenden Untersuchung zur Politik der deutschen Unternehmer 1916-1923 hervorgetreten ist33 und damit maßgeblich dazu beigetragen hat, Defizite in der Aufarbeitung der Anfangsphase der Weimarer Republik abzubauen, zeigte sich skeptisch gegenüber allzu weit gefaßten Theoremen: Der Begriff des „Organisierten Kapitalismus“ sei empirisch nicht anwendbar; um weiterzukommen, müsse man vielmehr mit „relativ eng gefaßten, praktikablen Konzepten“ operieren, man müsse „gewissermaßen erst die Bausteine haben, um dann das Verständnis für ein übergreifendes System zu gewinnen“. 34 Andererseits ist anzuerkennen, daß dieser Ansatz, wie ζ. Β. Arbei­ ten von Kocka, P uhle oder Ulimann zeigen, für eine sozialgeschichtlich orientierte Fragestellung durchaus fruchtbar war. 35 So ist vielleicht auch das von Winkler inzwischen gezogene Fazit zu verstehen, daß der Versuch, Hilferdings Theorie des „Organisierten Kapitalismus“ wiederzubeleben, ein ,Irrweg“ gewesen sei, der sich allerdings „als wissenschaftlich produktiv“ erwiesen habe.36 Die Diskussion über das Verhältnis von Industrie und Politik in der Weimarer Republik ist, worauf auch Feldman abgehoben hat, immer noch durch eine bemerkenswerte Diskrepanz zwischen ausufernder Theoriebildung einerseits und empirischer Detailforschung andererseits bestimmt: Auf einer vergleichsweise kurzen Materialdecke historisch abgesicherter »Fakten1 hat sich, vor allem für die Phase 1929-33, eine tendenzielle Verselbständigung der Theorie vollzogen. Im Unterschied zur Epoche des Deutschen Kaiserreiches von 1871, wo beispielsweise Kaclble, Mielke oder die eben genannten Autoren37 systematische Arbeiten zur Politik wichtiger wirtschaftlicher Interessenorganisationen vorgelegt haben, stehen für die erste deutsche Republik immer noch grundlegende Untersuchungen, auch über die Industrieverbände, aus. In diesem Zusammenhang kommt der kürzlich erschienenen, breit angelegten Studie Bernd Weisbrods38 zur Rolle der Schwerindustrie in der Stabilisierungsphase der Weimarer Republik von 1924-29 eine besondere Bedeutung zu. Auch Weisbrod vermeidet einen zu abgehobenen Ansatz und orientiert seine Analyse, die auf einer 14 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

umfassenden Aufarbeitung der in Industriearchiven zugänglichen Materialien basiert, an dem von Ch. S. Maier in die Theoriedebatte eingebrachten Idealtypus vom „Korporativen Pluralismus''. 39 Der „Korporative Pluralismus“, wie ihn Maier versteht, nimmt wohl allgemeine Strukturmerkmale des Modells vom „Organisierten Kapitalismus“ auf, verfeinert und spezifiziert diese aber für die Zwischenkriegszeit. Dieser Ansatz hebt die „qualitative Umwandlung“ des politischen EntScheidungsprozesses hervor, der sich nicht mehr im Rahmen des liberal-parlamentarischen Prinzips vollziehe, sondern durch eine „korporative Interessenintegration zwischen sog. J/ffogruppen“ bestimmt sei.40 Weisbrod versucht, in seiner Arbeit nachzuweisen, daß die Schwerindustrie in der Weimarer Republik eine solche Gruppe dargestellt habe, die mit Hilfe ihrer „Veto-Position“ dem politischen System „restriktive Bedingungen“ auferlegen konnte, „die dessen Integrationskraft und Steuerungsfähigkeit ernsthaft bedrohten und zur Aushöhlung seiner sozialstaatlichen Inhalte sowie seiner demokratischen Struktur entscheidend beitrugen“. 41 Für die Krise des Weimarer Staates liegen gleichwertige Studien, die zugleich strukturelle und dynamische Faktoren verbinden und das Verhältnis von Ökonomie und Politik im Vorfeld des nationalsozialistischen Deutschlands präzisieren, bisher nicht vor, wenn auch wichtige Detailprobleme und Einzclbereiche, wie Untersuchungen z. Β. von Gessner, Hent­ schel, Mommsen, Tammen, Wengst, Winkler oder Wolffsohn zeigen, inzwischen genauer behandelt worden sind.42 Dieses Defizit, überlagert von der durch politische Implikationen belasteten Theoriedebatte, bestimmt den Rahmen der Dauerkontroverse über den Zusammenhang von Großindustrie und Herausbildung der nationalsozialistischen Diktatur 1930-3343 und ist auch im Hintergrund der Auseinandersetzung Dirk Stegmanns mit den Arbeiten Η. Α. Turners zu „Faschismus und Kapitalis­ mus in Deutschland“ zu sehen. Η. Α. Turner hat unter der Zielsetzung, der in eine Sackgasse geratenen Diskussion „neue Anregungen“ zu geben, den Weg unmittelbar in die westdeutschen Firmenarchive beschritten und damit die Erschließung neuer, wichtiger Quellen zum Verhältnis von Großindustrie und NSDAP vor 1933 eingeleitet. Seine zunächst in amerikanischen Fachzeitschriften veröffentlichten, 1972 in einem Sammelband in deutscher Sprache vorgelegten Arbeiten sind zunehmend in den Vordergrund des wissenschaftlichpolitischen Interesses gerückt und haben eine heftige, teilweise polemisch geführte Kontroverse ausgelöst. Turners zentrale, vor allem gegen die orthodox-marxistische Agenten-Theorie gerichtete These, daß die „große Mehrheit der deutschen Großunternehmer Hitlers Triumph weder gewünscht noch materiell zu ihm beigetragen“ habe, wird mit quellenmäßig präzise recherchierten Hinweisen zur Politik führender Industrieller in der Krise belegt.44 Methodisch problematisch ist, daß eine über die Analyse der Verhaltensmuster einflußreicher Unternehmerpersönlichkeiten 15 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

hinausgehende Absicherung dieser weitreichenden Aussage auf struktureller Ebene bisher nicht erfolgt ist. Im einzelnen glaubt Turner nachweisen zu können, daß sich in der Weimarer Republik „wirtschaftliche Macht nicht ohne weiteres in politische Macht umsetzen“ ließ, sondern sich vielmehr die „politische Impotenz des Geldes'' bei vielen Gelegenheiten erwiesen habe.45 Dabei konzediert er jedoch, daß die Großindustriellen, wenn sie die ,Machtergreifung' auch nicht „aktiv'' vorbereitet haben, insgesamt gesehen keineswegs ,freizusprechen' seien: „Indirekt trugen die Wirtschaftsführer auf verschiedene Weise zum Aufstieg des Nationalsozialismus bei: sie unterließen es, die demokratische Republik zu unterstützen, sie bekämpften die Sozialdemokraten und die Gewerkschaften mit blinder Feindseligkeit, sie halfen den reaktionären Kräften und besonders dem Papen-Regime, schließlich verliehen sie Hitler durch den Umgang mit ihnen Respektabilität.“46 Die Gesamtinterpretation des Nationalsozialismus als politische Erscheinungsform des „utopischen Anti-Modernismus'', 47 die Turner an anderer Stelle vorgenommen hat, bestätigt gleichwohl, daß der Verfasser seine Ergebnisse letztlich als einen Beleg für die Nichtidentität von Kapitalismus und Faschismus verstanden wissen will. Während H. A. Winkler48 in den Arbeiten Turners den „glänzend'' gelungenen Versuch gesehen hat, darzulegen, daß die bisherige Literatur im Verhältnis von Industrie und Nationalsozialismus in wichtigsten Tatsachen und Zusammenhängen „erstaunlich lückenhaft, fehlerhaft und irreführend'' sei, und seine Forschungsergebnisse als „Herausforderung an die Theoretiker'' begreift, stellt z. Β. Joachim Radkau49 Turners Resultate in eine Reihe mit dem „apologetischen Charakter'' der in der Nachkriegszeit erschienenen Schriften von Lochner,50 Heinrichsbauer51 u. a. und bestreitet ihren wissenschaftlichen Wert überhaupt. Radkaus eigene, in Arbeitsteilung mit Hallgarten verfaßte Darstellung52 über die „Deutsche Industrie und Politik von Bismarck bis heute“ (1974) hat für sich zwar explizit in Anspruch genommen, eine Gegenposition zu Turner zu beziehen,53 dies im einzelnen aber nur wenig überzeugend leisten können. Sie stellt wenig mehr als eine oberflächlich kompilierte, zudem handwerklich unbefriedigende Zusammenfassung altbekannter Versionen dar und erreicht nicht den Stellenwert der älteren, immer noch lesenswerten Studie Hallgartens „Hitler, Reichswehr und Industrie''.54 Als eigentliche Antwort auf den von Turner hingeworfenen „Fehdehandschuh'' haben demgegenüber die Arbeiten Dirk Stegmanns55 zu gelten. In deutlicher Antithese zu Turners ganz „in der Tradition einer personalistisch eingefärbten politischen Ideengeschichte''verbleibender Methode, aber auch in Absetzung von der „mit einer relativ engen, dogmatisch akzentuierten Monopolgruppentheorie'' operierenden DDR-Historiographie und der durch „einseitige Blickrichtung“ auf theoretische Rahmenanalysen unfruchtbaren neomarxistischen westdeutschen 16 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Geschichtsschreibung stellt Stegmann einen neuen methodischen Ansatz in Aussicht, um „am Beispiel der sozialökonomischen Option der deutschen Großunternehmer die gesellschaftlichen Hintergründe für den Aufstieg des Nationalsozialismus aufzuhellen“.56 Die vor allem auf der Basis des Reusch-Nachlasses (GHH) neu in die Diskussion gebrachten, vielfach in Erstpublikation abgedruckten Materialien machen Stegmanns Arbeiten, wie auch die bisherige Rezeption in der einschlägigen Literatur zeigt, 57 zu einem wichtigen Forschungsbeitrag. Methodologisch verbleibt Stegmann jedoch ,,noch im Umkreis eines ,historischen Positivismus''' (Hennig),58 insbesondere kommt die Verknüpfung von wirtschaftlicher Entwicklung, politischem System und Option der Großindustrie zu kurz. Die Exemplifizierung seiner zentralen These der „Kontinuität der deutschen Industrie von Bismarck bis Hitler“ gerät Stegmann überwiegend zur Monographie der ununterbrochenen Annäherung zwischen Wirtschaft und NSDAP von Beginn der Republik an. Dabei verliert sich der Kontakt zur ökonomischen, sozialen und politischen Gesamtentwicklung weitgehend: So bleiben die Konjunkturlagen 1918-1933, die Weltwirtschaftskrise und die vorausgegangene Konsolidierungsphase weitgehend unbeachtet.59 Ebenso tritt die Politik der Präsidialkabinette Brüning, Papen und Schleicher und ihre spezifische Wirtschaftsprogrammatik zugunsten der Herausarbeitung einer recht geradlinig gesehenen Kontinuität unangemessen in den Hintergrund. Ein besonderes Problem ergibt sich insofern, als Stegmanns Untersuchung sich der Zuordnung zu einer theoretisch und begrifflich präziser bestimmbaren Faschismusinterpretation entzieht: So disqualifiziert Stegmann einerseits den Monopolgruppenansatz der DDR-Historiographie als ,,Prokrustesbett“, in das die Industrie künstlich eingezwängt werde, 60 benutzt aber andererseits selbst dieses Modell zur Aufgliederung der Industriegruppen recht großzügig.61 Er diskreditiert - gegen Turner gewendet die These vom ,,Primat der Politik“ vor 1933 generell als rein ideengeschichtlichen Ansatz,62 übernimmt diese Sichtweise aber für die eigene Beurteilung des nationalsozialistischen Herrschaftssystems nach 1936.63 Stegmann verwendet nebeneinander den Begriff des ,,Organisierten Kapitalismus“ für die 20er Jahre, spricht nach 1933 vom „staatsmonopolistischen Kapitalismus“ in Deutschland64 und deutet dessen ungeachtet diesen Abschnitt zugleich als eine ,,Sonderform traditioneller autoritärer Herrschaftstechnik“.65 In Anlehnung an Fraenkel ist dies für Stegmann hier die Phase der faschistisch-konservativen „Doppelherrschaft“,66 die an anderer Stelle wiederum als durch eine ,,Restituierung des Primats der Großindustrie“ gekennzeichnet erscheint.67 Die Vermischung alternativer theoretischer Konzepte läßt das entscheidende „wie“ des Zusammenhangs zwischen Kapitalismus und Faschismus in zentralen Punkten offen. Dies spiegelt sich substantiell darin wider, daß Stegmann zur schließlich ausschlaggebenden Frage nach dem Anteil der 17 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

deutschen Industrie an der Errichtung der faschistischen Diktatur keine definitive Aussage macht und, wie schon von Turner kritisiert worden ist, ,,jegliche systematische Einschätzung des Anteils der verschiedenen sozialökonomischen Gruppen“ unterläßt.68 Auch bei Stegmann bleibt die - von Mason in seiner Kritik an Czichon bereits 1968 aufgeworfene - Frage, wie es zu einer ,, Verständigung“ der Industriegruppen im Januar 1933 gekommen sei und ob diese überhaupt die „Voraussetzung sine qua non der Machtergreifung'darstelle“, 69 weitgehend unbeantwortet. Er kann so für seine These der sich während der Schleicher-Episode herausbildenden Kongruenz der bisher divergierenden Monopolgruppierungen, die überlagert sei von einem sich gleichzeitig vollziehenden Interessenausgleich zwischen Industrie und Landwirtschaft,70 keine neuen, beweiskräftigen Quellen beibringen. Stegmanns materialmäßig ungenügend abgesicherte Skizzierung des industriellen Spektrums dahingehend, daß sich das ,,Schleicher-Lager“ innerhalb der Ruhrindustric ,,allein auf Paul Silverberg“ stützen konnte, der auch bereit gewesen sei, ,,in ein SchlcicherStrasser-Kabinett einzutreten“,71 ist weniger differenziert als z. Β. der ältere Gruppierungsversuch Czichons und bedarf einer quellenkritischen Überprüfung.72 Die Interpretation der Machtergreifung als scheinbarer Erfolg einer konservativen Einrahmungsstratcgic deutet allerdings darauf hin, daß Stegmann die zuvor postulierte Identität von Unternehmerinteresse und nationalsozialistischer Herrschaftsausübung im Rückgriff abschwächen will. 73 Obwohl Stegmann die abwartende Politik der Großindustrie 1932/33 ähnlich wie Turner sieht und beide übereinstimmend die alte These vertreten, daß die schließlichc Umorientierung wichtiger Wirtschaftskreisc zur NSDAP erst durch Schleichers ,,Staatssozialismus“ ausgelöst worden sei, erscheint, wie die Auseinandersetzung über die „Arbeitsstelle Schacht“ exemplarisch zeigt, eine Verständigung auch im Bereich quellenmäßig erschließbarer ,Faktizität' kaum möglich. Während Turner die „Arbeitsstelle“ als „totgeborenes Kind“ bezeichnet,74 nimmt dieses Gremium bei Stegmann eine Schlüsselrolle in der Ausformung der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik vor 1933 ein. 75 Auch in diesem Zusammenhang zeichnet sich die Tendenz ab, daß von den Quellen her eindeutig abklärbare Sachverhalte erneut in eine vergröberte, ideologisch verzeichnete Frontstellung76 eingebracht werden. 77 Im Rahmen der nach wie vor durch erhebliche empirische Defizite gekennzeichneten, politisch stark aufgeladenen Kontroverse über die Ursachen des Scheiterns der Weimarer Republik verfolgt die vorliegende Untersuchung die Absicht, zu einer differenzierteren Sicht des Verhältnisses von Großindustrie, politischem System und Nationalsozialismus in Deutschland vor 1933 beizutragen. Sie erhebt nicht den Anspruch, dies unter Verwendung eines neuen Theorieansatzes oder eines bisher für dieses 18 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Problemfeld nicht hinreichend realisierten sozialgeschichtlichen Konzepts zu tun, sondern will vielmehr Material ausbreiten, mit dem die Interaktionen zwischen Industrie und Politik in der Endphase der Weimarer Republik präziser umschrieben werden können. Der aus einer isolierten Aufarbeitung des Fragenkreises ,,Großindustrie und Nationalsozialismus“ erwachsenden, auch in der Stegmann-Turner-Kontroverse sichtbar werdenden Gefahr, „einzelne Begründungszusammenhänge überzuinterpretieren und aus dem Gesamtzusammenhang herauszulösen“,78 soll durch eine Einbettung dieser Thematik in eine perspektivisch wesentlich breiter angelegte Analyse begegnet werden. Nur so erscheint es möglich, eine durch die Methode vorgegebene einseitige Überbetonung oder Verabsolutierung von einzelnen Dimensionen des Gesamtkomplexes' der sozialen, ökonomischen und politischen Entwicklung, zumindest vom Ansatz her, zu vermeiden.79 Die Vermittlungsproblematik zwischen den Polen Ökonomie und Politik stellt sich für eine empirisch orientierte Studie unmittelbar und verlangt nach einer praktikablen Handhabung. Die immer noch lesenswerte Abhandlung von Fritz Klein „Zur Vorbereitung der faschistischen Diktatur durch die deutsche Großbourgeoisie“ (1953), 80 die Untersuchungen von Feldman, Böhret, Winkler, Weisbrod oder Wolffsohn81 verweisen nachdrücklich auf die Heranziehung der wirtschaftlichen Interessenverbände und -Organisationen. Die Auffassung, daß sich die Beschäftigung mit den Industrieverbänden in der Weimarer Republik einem „Grenznutzen“82 nähere und zudem aus methodischen Gründen abzulehnen sei, da die Interessenhistorie nichts anderes tue, ,,als das große Individuum durch den Verband zu ersetzen“ (Mason),83 ist, wie auch Weisbrod betont hat,84 als Vorabdiskreditierung dringend benötigter empirischer Fallstudien zu Politik und Interessenlage einzelner Branchen, Industriezweige sowie deren Organisationsformen zu kritisieren. Unabhängig von der empirischen Praktikabilität, die gegen eine Ausklammerung der Verbände spricht, muß gegen Mason, Petzina u. a. auch theoretisch eingewendet werden, daß der industriellen Verbandsorganisation in der Weimarer Republik durchaus die Funktion zukam, gesellschaftliches Interesse institutionell zu erfassen und zu repräsentieren: Die großen Industrieverbände waren ,,organisationsfähig“, da sie eine relativ homogene Statusgruppe mit jeweils relativ homogener Bedürfnisstruktur zusammenfaßten, und sie waren ,,konfliktfähig“, d. h. sie verfugten über politische Einflußchancen, die sich aus der Fähigkeit der Unternehmerorganisationen bestimmte, „kollektiv die Leistung zu verweigern bzw. eine systemrelevante Leistungsverweigerung glaubhaft zu machen“. 85 Der direkte Zugang der Interessenverbände zu Reichsregierung und Ministerialbürokratie war überdies, wie vielfach übersehen worden ist, durch die gemeinsame Geschäftsordnung der Reichsministerien (GGO RMIN II) garantiert und damit fest institutionalisiert.86 §27 der GGO 19 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

bestimmte, daß bei der Vorbereitung von Gesetzen und wichtigen Verordnungen ,,möglichst die Vertretungen der Fachkreise rechtzeitig heranzuziehen“ seien, deren Einschaltung von der in §29 der GGO bestimmten Geheimhaltungspflicht der Gesetzentwürfe im übrigen ausdrücklich unberührt blieb. Die Kooperation zwischen der bei den häufigen Kabinettswechscln des Weimarer Staaates relativ autonomen Ministcrialbürokratie und der Führung der Spitzenverbände war zudem durch unmittelbare personelle Verschränkungen ausgesprochen eng: Die Geschäftsfuhrenden Präsidialmitglieder des RDI und DIHT, Geheimrat Ludwig Kastl und Reichsminister a.D. Eduard Hamm, hatten z.B. vor ihrer industriellen Tätigkeit jeweils führende Positionen im Staatsapparat eingenommen: Hamm als Staatssekretär in der Reichskanzlei und dann Reichswirtschaftsminster 1922-25, Kastl als Ministerialrat im Reichsfinanzministerium und Leiter der Reparationsabteilung 1921-25; die offizielle Berufung Kastls in die ständige Mandatskommission des Völkerbundes 1927 und in den Sachverständigenausschuß zur Regelung der Reparationsfrage 1929 galt als durchaus ,normaler' Vorgang: Seine Unterschrift unter den Young-Plan, von Teilen der Wirtschaft heftig befehdet,87 belegt die Kohärenz zwischen Staatsverwaltung und industrieller Interessenorganisation in der Weimarer Republik anschaulich und zeigt zugleich, wie auch der Reichsverband in gesamtpolitische Verantwortung eingebunden werden konnte. Eine empirische Analyse zum Verhältnis von Ökonomie und Politik in der Endphase der Weimarer Republik darf bei der Abklärung der entscheidungsrelevanten Zusammenhänge also die Rolle der großen Industrieverbände nicht übergehen. Die vorliegende Darstellung bemüht sich, von willkürlich herausgegriffenen Einzelpunkten oder -Vorgängen abzusehen, und sucht statt dessen, die Intcressenpolitik des ,,Reichsverbandes der Deutschen Industrie'*88 (RDI) systematischer aufzuschlüsseln. Sie geht dabei auf die interne Struktur, programmatische Konzeption und konkrete Aktion der Spitzenorganisation der Wirtschaft ein. Daneben findet der „Deutsche Industrie- und Handelstag“89 (DIHT), vor allem aber der mächtige Regionalverband der Ruhrindustric, der sog. ,,Langnam-Verein“, 90 ausführliche Berücksichtigung.91 Neben der Untersuchung der großen Unternehmerverbändc als den institutionalisierten Gremien industrieller Intcressenpolitik bedient sich die vorliegende Analyse eines zweiten Ansatzes, um die Verflechtungen zwischen Ökonomie und Politik in der Weimarer Republik präziser zu veranschaulichen und die Spannung zwischen individuellem und kollektivem Handeln92 zu verdeutlichen. Im Rahmen einer vergleichenden Darstellung führender Unternehmerpersönlichkeiten wie Duisberg, Krupp oder Reusch ist hier die Konzeption und politische Strategie des rheinischen Braunkohlenindustriellen Paul Silverberg zusammenhängend herausgearbeitet worden. Die intensivere Behandlung Silverbergs leitet sich zunächst ab aus seinen Spitzenpositionen im RDI, dem DIHT und Langnam-Verein 20 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

sowie seiner Zugehörigkeit zur ,,Ruhrlade“, dem ,,Geheimkabinett''der Schwerindustrie in der Weimarer Republik, 93 und knüpft damit an den verbandsgeschichtlichen Ansatz an. Eine tiefer ansetzende Begründung wird darauf verweisen können, daß Silverberg, den bereits Mariaux als ,,schärfste kritische Intelligenz“ im Unternehmerlager gesehen hat,94 zu den wenigen wirklich,politischen' Großindustriellen zahlte, die über das eng begrenzte Betriebsinteresse der eigenen Unternehmungen weit hinausblickend die makro-ökonomischen Zusammenhänge stets vergegenwärtigten und zugleich die konstituierenden Rahmenbedingungen der industriellen Entwicklung der Zwischenkriegszeit angemessen zu berücksichtigen wußten. Die Quellenlage ist allerdings, trotz der breit gestreuten Materialien im Nachlaß des Unternehmers, nicht ganz unproblematisch, da der überwiegende Teil des persönlichen Schriftwechsels Silverbergs aus den Akten entnommen und vernichtet worden ist. 95 Einige wenige Hinweise zur Person erscheinen an dieser Stelle notwendig:96 Der Vater Adolf Silverberg, der einer jüdischen Kaufmannsfamilie niederländisch-spanischer Herkunft entstammte, hatte in der Hochkonjunktur der Gründerjahre im Kölner Raum eine Wollspinnerei errichtet und dort vor der Jahrhundertwende eine Linoleumfabrik und ein Braunkohlenwerk aufgebaut. In Bedburg, dem Sitz der Unternehmungen der Familie, wurde Paul Silverberg am 6. Mai 1876 geboren. Die Eltern ließen Paul und die anderen Kinder nach der Geburt taufen, hielten aber selbst am jüdischen Glauben fest. (Silverbergs späteres ,,elementares, fast missionarisches Verlangen nach öffentlicher, amtlicher, direkter Verantwortung“97 mag auch vor diesem soziokulturellen Hintergrund zu sehen sein.) Nach dem frühen Tode des Vaters im Jahre 1903 übernahm der inzwischen promovierte Jurist, der zunächst eine Professur für Öffentliches Recht angestrebt hatte, die Leitung der Braunkohlengrube ,,Fortuna AG“, die er mit benachbarten Werken 1908 zur ,,Rheinischen Aktiengesellschaft für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation“ (RAG) Köln zusammenschloß. Paul Silverberg entwickelte die RAG zum größten und technisch modernsten Braunkohlenunternehmen der damaligen Zeit, gründete, die Zukunftschancen der Braunkohle im Verbundsystem der Energiewirtschaft früh erkennend, 1910 das ,,Rheinische Elektrizitätswerk im Braunkohlenrcvicr AG“ (REW) und übernahm 1914 den Vorsitz im AR des neugebildeten ,,Rheinisch-westfälischen Kohlensyndikats“. Von dieser Basis aus konnte Silverberg Mitte der 20er Jahre maßgeblichen Einfluß im »Revier* selbst geltend machen (AR-Mitglied bei RWE, Harpen, Gelsenkirchen, VESTAG etc.) und in der Weltwirtschaftskrise seine Machtstellung durch die vergleichsweise stabile Geschäftsentwicklung der Rheinischen Braunkohle weiter ausbauen. Als Hauptvertreter der These vom staatsfreien Kapitalismus brachte Silverberg die strategisch-taktische Zielprojektion der Großindustrie in den verschiedenen Phasen der Weimarer Republik jeweils in meist unübertrof21 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

fener Direktheit auf den Begriff und war gleichzeitig an den entscheidenden Wendepunkten der Entwicklung in vorderster Linie aktiv politisch tätig: Schon im Kriege das Konzept der späteren Zentralarbeitsgemeinschaft von 1918 verfechtend, verhinderte er zusammen mit Hugo Stinnes 1920 in der Sozialisierungskommission die Vergesellschaftung der Schlüsselindustrien, formulierte auf dem Höhepunkt der Inflationskrise 1922/23 das radikalste Programm unternehmerischer Reaktion, um dann in der Stabilisierung sein berühmt gewordenes Dresdener Konzept (1926) einer neuen Zusammenarbeit mit Sozialdemokratie und Gewerkschaften bei „Anerkennung der Republik“ durch das Unternehmertum vorzulegen. An der Offensive gegen die Große Koalition 1929/30 maßgeblich beteiligt, propagierte Silverberg später erneut den Arbeitsgemeinschaftsgedanken und die „Einspannung“ der SPD. Er gehörte zu den wichtigsten industriellen Beratern Brünings und war eigentlicher Initiator der OsthilfeAktion, lehnte aber im Herbst 1931 die Übernahme eines Ministeramtes ab, um sich nicht zu stark zu binden. Für die Frage nach dem Verhältnis von Großindustrie und Nationalsozialismus vor der Machtergreifung 1932/33 kommt der präzisen Abklärung der Rolle Silverbergs eine gewisse Schlüsselfunktion zu: Seine Politik in den letzten Monaten der Weimarer Republik wird in der Literatur zunehmend kontrovers beurteilt. Einerseits als Mitstreiter Schleichers und dessen wichtigster Bündnispartner in der Ruhrindustrie geltend, wird Silverberg andererseits zu den führenden Protagonisten der Hitler-Lösung gerechnet. Eine genaue Bestimmung der Silverberg-Position gewinnt für die tatsächliche Orientierung der industriellen Fraktionen vor der Machtergreifung maßgebliche Bedeutung, zumal diese in den verschiedenen Faschismusinterpretationen immer noch strittig und empirisch bislang nicht hinreichend aufgearbeitet ist. 98 Der Versuch Silverbergs, die von ihm propagierte Bündnisstrategie gegenüber der NSDAP aus einer gesellschaftlichen Analyse abzuleiten und theoretisch zu begründen, muß besonderes wissenschaftliches Interesse beanspruchen. Die Frage, ob es möglich sei, die nationalsozialistische Bewegung in ein ,,Teilorgan der bürgerlichen Herrschaft“ zu verwandeln, wurde in den Silverberg nahestehenden „Deutschen Führerbriefen“ ab Sommer 1932 ausführlich diskutiert und in eine konkrete politische Strategie eingebracht.“ Die von den ,Führerbriefen' entwickelte, in der Papen/Schleicher-Ära vielbeachtete und neuerdings wieder erörterte politische Linie zeichnet sich dadurch aus, daß sie die nach wie vor im Mittelpunkt der Faschismus-Kontroverse stehende Bündnisproblematik aus zeitgenössischer, industrieller Perspektive thematisiert und im Umfeld der sich verändernden Rahmenbedingungen über Monate kontinuierlich verfolgt. Auch hier liegt, trotz zunehmenden, bisweilen zusammenhanglosen Wiederabdrucks von Einzelbciträgen der Korrespondenz, 100 eine hinreichend systematische Untersuchung noch nicht vor. 101 Vor allem die Konzeption Silverbergs und der ,Führerbriefe' gegenüber 22 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

dem Strasser-Flügel der NSDAP ist deshalb bisher nicht richtig gesehen worden. 102 Eine Nachzeichnung der politischen Strategie der ,Führerbriefe' auf der Basis einer Gesamtauswertung dieses Organs von 1932 bis Frühjahr 1933 erschien hier unerläßlich, auch hinsichtlich einer Überprüfung ihres spezifischen Stellenwertes für die politische Orientierung der Großindustrie. Eine Analyse großindustrieller Interessenpolitik in der Krise der Weimarer Republik verlangt neben der Sichtung von Firmen- und Verbandsarchiven sowie von Privatnachlässen führender Unternehmer und anderer entscheidungsrelevanter Persönlichkeiten die Heranziehung ausgewählter staatlicher Akten. Gemäß der sich in der Ära der Präsidialkabinette zunehmend verselbständigenden Exekutive und einer damit verbundenen Verlagerung der Handlungskompetenzcn innerhalb des Weimarer Systems kommt vor allem der Auswertung der Bestände der Reichskanzlei 1930-1933 (BA Koblenz) vorrangige Bedeutung zu. Dies erscheint auch notwendig, um die einzelnen Problemfelder angemessen gewichten und um Konsens oder Divergenz in den Elementen industrieller und staatlicher Krisenstrategie herausarbeiten zu können. 103 Der spezifische Stellenwert der immer noch kontrovers diskutierten Deflationspolitik Brünings und seines Reparationsplans,104 des Steuergutscheinprogramms Papens oder auch von Schleichers Arbeitsbeschaffungskonzeption ist anders nur unvollkommen zu bestimmen und in den Kontext der politisch-wirtschaftlichen Gesamtentwicklung bis 1933 einzuordnen. Die strukturellen Untersuchungsfelder der vorliegenden Arbeit leiten sich ab aus der Verknüpfung von Staatsbegriff, Demokratievorstellung, ideologischer Konzeption und politischer Aktion der Großindustrie mit den Hauptthemen der Systemdebatte der 20er Jahre: nämlich Staatsinterventionismus und ökonomischer Strukturwandel; Sozialpolitik, Gewerkschaften, Zentralarbeitsgemcinschaft; Steuer- und Finanzpolitik, Reparationen, Konjunkturpolitik und nicht zuletzt Außenhandels- und Agrarpolitik. In der thematischen Präzisierung der skizzierten Arbeitsschwerpunkte soll insbesondere die Stellung der Großindustrie zwischen parlamentarischem System, autoritärem Staat und Faschismus in einer empirischchronologischen Verfahrensweise herausgearbeitet werden. Im Verhältnis zum Nationalsozialismus sind ausgehend von der Interessenlage Annäherungen, Übereinstimmungen und Divergenzen auf programmatischer und politischer Ebene im einzelnen näher zu bestimmen, um schließlich den Anteil der Großindustrie an der Zerstörung der Weimarer Republik richtig gewichten zu können. Dazu ist vor allem notwendig, auf einer erweiterten Materialgrundlage neu abzuklären, welches Bündniskonzept die Großbourgeoisie dem Nationalsozialismus gegenüber tatsächlich verfolgte und unter welchen spezifischen, möglicherweise widersprüchlichen Bedingungen sich die Machtergreifung' Hitlers schließlich vollziehen konnte. 23 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Ι. 1918-1925: Revolution und Interventionsstaat. Das Silverberg-P rogramm von 1923 Mit der Revolution von 1918 und dem Zusammenbruch des Wilhelmini­ schen Reiches gestaltete sich das Verhältnis von Großindustrie und Staat scheinbar grundlegend um. Die Wirtschaft, die in der alten Gesellschaft zwar nicht politisch führend war, von ihr aber in ihren Belangen respektiert und protegiert wurde, sah sich plötzlich in einer ungewohnten Defensivstellung. Der neue Staat nahm nunmehr für sich in Anspruch, lenkend in den Wirtschaftsprozeß einzugreifen und Orientierungspunkte für Planung, Produktion und Verteilung zu setzen. Gleichzeitig mit der Republik war so aus Sicht der Industrie der „Interventionsstaat“1 geschaffen, demgegenüber die überkommene liberal-kapitalistische Ordnung verteidigt werden mußte. Der Kampf um die Sozial- und Wirtschaftsordnung in Weimar empfing von hier sein zentrales Moment: die Trennung von Staat und Wirtschaft, unantastbares Credo großindustrieller Ordnungspolitik, wurde zum Dogma erhoben und zum Hauptpunkt der Unternehmerideologie der 20er Jahre stilisiert. Tatsächlich war der ,,Intervcntionsstaat“ nicht, wie die Industrie behauptete, die Erfindung der Republik und der sie anfangs regierenden Sozialdemokratie, sondern eine Folge langfristiger Änderungen im ökonomischen System selbst und eines damit verbundenen Funktionswandels des Staates.2 Diese Entwicklung war durch die zentrale Planung der Kriegswirtschaft entscheidend forciert worden; eine qualitative Vorbestimmung der nachfolgenden Friedenswirtschaft leitete sich daraus jedoch nicht unbedingt ab. Dem Abbau dieses im Krieg weiter ausgebildeten „Interventionsstaates“ und seines Instrumentariums galt das vordringliche Interesse der Unternehmer nach dem Zusammenbruch. Unter der Parole ,,Kampf gegen die Sozialisierung“ vollzog sich die Befreiung von einer Zwangswirtschaft, für die das Kaiserreich in erster Linie verantwortlich zu zeichnen hatte. Es ergab sich dabei die paradoxe, aber politisch kennzeichnende Situation, daß die Unternehmer der Republik die Folgen der Kriegswirtschaft anlasteten - genauso wie ihr von der politischen Rechten die Verantwortlichkeit für den militärischen Zusammenbruch und seine Konsequenzen zugeschoben worden war. 3 Bündnispartner der industriellen Revisionspolitik waren die Gewerkschaften, für die das Stinnes-Legien-Abkommen vom 15. November 1918 24

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bzw. die satzungsmäßige Fixierung der „Zentralarbeitsgemeinschaft der industriellen und gewerblichen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Deutschlands“ (ZAG) am 4. Dezember 1918 nicht zuletzt eine Rückversicherung gegenüber den Ansprüchen der revolutionären Arbeiter- und Soldatenräte darstellte. Den Unternehmern erschien der 1918 zu zahlende Preis, nämlich Anerkennung der Gewerkschaften als Vertretung der organisierten Arbeiterschaft sowie sozialpolitische Zugeständnisse, insbesondere der langumkämpfte Achtstundentag, noch gering. 4 Ihre plötzliche Bereitschaft zur gleichberechtigten Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften auf paritätischer Grundlage macht deutlich, daß sich die Arbeiterschaft im Herbst 1918, vom sozial-konservativen, autoritären System des Kaiserreichs bisher stets in die Defensive verwiesen, in einer strategisch günstigen Position befand.5 Das der Sozialisierungskommission des Vorläufigen Reichswirtschaftsrates (RWR) zwei Jahre später vorgelegte Gutachten zur Vergesellschaftung der Schlüsselindustrien zeigte indes in aller Deutlichkeit, nach welcher Seite sich die Gewichte inzwischen verschoben hatten. Eine grundlegende Neuordnung des wirtschaftlichen und sozialen Systems in Deutschland, wie sie z. Β. von Moellendorf und Rathenau in ihren Gemeinwirtschafts­ konzeptionen vorgesehen hatten, war nicht erfolgt. Die Durchführung der Dcmobilmachung hatte im Gegenteil durch einen ansatzweisen Abbau des staatlichen Interventionismus die Rückorientierung auf die überkommene Wirtschaftsordnung eingeleitet.6 Offen geblieben war schließlich nur die Frage der Sozialisicrung der Schlüsselindustrien, die nach dem Scheitern der 1. Sozialisierungskommission Anfang 19197 im Herbst 1920, nicht zuletzt in Rückwirkung des gescheiterten Kapp-Putsches, erneut in den Mittelpunkt der Diskussion rückte.8 Das in einer Klausurtagung in Essen (November 1920) vom sogenannten „Siebener-Ausschuß“ des Reichswirtschaftsrates erarbeitete Gutachten zur Vergesellschaftung der Schlüsselindustrien9 zog einen Schlußstrich auch unter diese Phase der Auseinandersetzung. Das Thema Sozialisierung war damit für die Republik von Weimar tot, erst während des Höhepunktes der Großen Krise im Jahre 1931/32 tauchte es erneut auf, ohne allerdings wirkliche politische Bedeutung zurückzugewinnen.10 Entwurf und Formulierung des Gutachtens entstammten im wesentlichen der Feder Paul Silverbergs.11 Als Vertreter des größten deutschen Braunkohlenunternehmens, der „Rheinischen Aktiengesellschaft für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation“ (RAG), direkt betroffen, gelang es ihm in den Beratungen der Sozialisierungskommission zusammen mit Hugo Stinnes,12 die „Freiheit der Schlüsselindustrien“ erfolgreich zu verteidigen. Der Ausschuß hatte, ohne auf besonderen Widerspruch bei den Arbeitnehmervertretern zu stoßen,13 den brisanten Begriff,Sozialisierung' durch eine elegante Sprachregelung entschärfen und sogar in ein Instrument zur Durchsetzung großindustrieller Interessenpolitik umwan25 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

deln können: Unter ,Sozialisierung' verstand die Essener Kommission nunmehr die „Sicherstellung, daß alle Produktionsmittel im höchsten gesamtwirtschaftlichen Interesse der Volksgesamtheit so vollständig und so rationell wie möglich ausgenutzt werden unter gleichberechtigter vollwertiger Mitbeteiligung und dementsprechend Mitbestimmung und Mitverantwortung aller an der Produktion Beteiligten.''14 Der Begriff Sozialisierung hatte damit eine Interpretation erfahren, die eine problemlose Einordnung in das überkommene privatkapitalistische System ermöglichte. Hinter der geforderten Konzentration der Produktionsmittel, Kernpunkt der Rationalisicrungsdebatte der 20er Jahre, stand die Absicht, Großkonzernc Stinnes'schen Ausmaßes als offizielle Leitbilder deutscher Wirtschaftspolitik zu fixieren. Stinnes selbst wies in aller Offenheit auf diesen Zusammenhang hin, indem er der Kommission die eigenen Unternehmungen als vorbildhaft für eine zukünftige Wirtschaftsordnung anempfahl.15 Konkret gemeint war damit die Errichtung von überdimensionierten Gesellschaften der Kohle-, Gas-, Wasser- und Verkehrswirtschaft unter privatwirtschaftlichen Vorzeichen.16 Die verbleibende Mitbestimmung wurde unterlaufen durch die Bindung an die übliche Basis der Kapitalbeteiligung. Von unternehmensrechtlichen Eingriffen absehend, wollte die Kommission durch die Ausgabe von Kleinaktien an Arbeiter ,,die Grundlage zur wirksamen Vertretung im Aufsichtsrat'' und die ,,Mitwirkung aller an der Produktion Beteiligten“ gewährleistet sehen.17 Silverberg empfand aus der persönlichen Bewertung den Erfolg vom Herbst 1920 als einen „Höhepunkt'' seines Lebens,18 freilich sah er, daß die Gemeinwirtschaftspläne schon deshalb zum Scheitern verurteilt waren, weil die ,,Verteidiger der sogenannten Sozialisicrung sich untereinander am allerwenigsten darüber klar waren, was sie eigentlich wollten und auch heute zum größten Teil nicht imstande sind, die Frage zu beantworten, was Sozialisierung ist.'' 19 Mit Ausgang der Sozialisierungsdcbatte Ende 1920 war jedenfalls der Anspruch durchgesetzt, daß nur ein von Staatsintervention freies, auf privatkapitalistischer Grundlage organisiertes Wirtschaftssystem Wachstum und Prosperität gewährleiste, und daß deshalb diesem System, solchermaßen legitimiert, Alternativen grundsätzlicher Art nicht mehr gegenüberzustellen seien. Die nach Abschluß der Übergangsphase von der Kriegs- zur Friedenswirtschaft wiedererlangte relative Autonomie gab die Basis ab, von der aus die Großindustrie den Versuch zur Wiederaufrichtung ihrer alten Machtposition in Staat und Gesellschaft unternehmen konnte. Zum entscheidenden Hebel wurde dabei die sich 1922/23 überstürzende Inflation.20 Der Reichsverband der Deutschen Industrie (RDI) leitete im Herbst 1922 eine programmatisch-ideologische Offensive ein, 21 die unverhüllt auf die Restauration der überkommenen Unternehmerherrschaft gerichtet war. Initiiert wurde dieser Vorstoß vor allem von Silverberg, für den im August 26 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

1922 „der richtige Moment gekommen'' war, um „die allgemeine Stimmung, die gegenüber der sozialistischen Wirtschaftsführung doch bedenklich geworden ist, auszunutzen''.22 In dem vom RDI im Sommer des Jahres bestellten „Sonderausschuß für ein Wirtschaftsprogramm“23 machte Silverbcrg in Übereinstimmung mit der Programmkommission deutlich, daß es vor allem darauf ankommen müsse, „klare Richtlinien ohne Kompromiß-Charakter“ aufzustellen, an denen sich der Reichsverband in Zukunft orientieren könne.24 Dazu gehöre zunächst die Klarlegung des Kardinalfehlers der nachrevolutionären Wirtschaftspolitik, daß nämlich „eine geringer werdende Arbeitsleistung dem einzelnen Menschen mit immer mehr Geld bezahlt“ werde. 25 Als zentrales Argumentationsmoment diente dabei die These, daß eine „übersteigerte“ Lohn- und Sozialpolitik am volkswirtschaftlichen Kapital „zehre“ und so jede „Gesundung“ der Wirtschaft von vorneherein unmöglich sei. 26 Daß der hier geforderte grundlegende wirtschafts- und sozialpolitische Kurswechsel nur in einem von den gesamtgesellschaftlichen Kräften mitbestimmten politischen Umfeld vollziehbar war, wußte Silverbcrg wohl: Bei aller Kompromißlosigkeit im prinzipiellen müsse deshalb, wenn „zur Öffentlichkeit“ geredet werde, dies getan werden „unter Berücksichtigung der Strömungen, die im deutschen Volke vorhanden sind; dazu gehört vor allen Dingen die Fühlungnahme mit den Arbeiterführern“.27 In diesem Sinne erteilte Silverberg anläßlich der a.o. Mitgliederversammlung der VDA am 12. Oktober 1922 jeder Katastrophenpolitik, sowohl nach innen als auch nach außen, eine entschiedene Absage. 28 Erfolgreiche Revisionspolitik setze vielmehr, so Silverbergs Argumentation, ein Arrangement mit dem bestehenden System voraus. Seine Aufforderung zur Stärkung des „gegenwärtigen“ Staates durch das Unternehmertum erfolgte allerdings unter der Bedingung, daß der Privatwirtschaft die „Bewegungsfreiheit“ zur Austragung sozialer Kämpfe zurückgegeben werde. 29 Ein grundsätzliches Bekenntnis zur Republik war dies sicher nicht, immerhin verblieb aber eine gewisse, auch positiv deutbare Ambivalenz, wenn Silverberg mahnte: ,,. . . wir können im Grunde unseres Herzens Republikaner oder Monarchisten sein: Wir haben augenblicklich in unserem Vaterlande nur eine Staatseinrichtung, und das ist die auf der Weimarer Verfassung beruhende Republik. Und da wir nichts anderes haben, müssen wir die Autorität dieses Staates stützen.“30 Dem „starken Staat“ kam die Aufgabe zu, den Rahmen für formal geordnete Wirtschaftskämpfe zu garantieren. Ein bloß neutraler Einsatz seines Machtapparates war gleichwohl nicht intendiert: Silverberg merkte dazu an, daß der soziale Konflikt für die Unternehmer nur im Zusammengehen „mit dem Staate“, nicht aber „gegen“ ihn positiv zu lösen sei. 31 Andererseits sah Silverberg in der staatlichen Repression nicht das Allheilmittel zur Austragung gesellschaftlicher Konflikte. In Konsequenz der strikten Ablehnung jeglichen staatlichen Interventionismus mußten Kapital 27 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

und Arbeit seiner Auffassung nach auf Dauer allein zu tragbaren Lösungen kommen. Das verlangte aber auch von den Unternehmern die Bereitschaft zum Kompromiß, darüber hinaus die Bereitschaft, mit den Gewerkschaften als den Vertretern der Arbeiterschaft zusammenzuarbeiten. Wie Silverberg richtig sah, stellten die Gewerkschaften und die Sozialdemokratie als deren politische Vertretung notwendige Bündnispartner der Unternehmer dar, wenn das Konzept der Autonomie der Wirtschaft gegenüber dem Staat verwirklicht werden sollte. Gewerkschaften und Sozialdemokratie konnten dann zwar eine Artikulation der Interessen der Arbeiterklasse vollziehen, gleichzeitig aber stellten sie das Instrument dar, mit welchem die Massen zu lenken und zu disziplinieren waren.32 Hier das alte System des Obrigkeitsstaates Bismarckscher Prägung hinter sich lassend, rief Silverberg das Unternehmertum ,,zu völliger Umkehr'' gegenüber Staat und auch Sozialdemokratie auf. Die Zeit der Sozialistengesetze schien historisch überholt. „Ich bin immer mehr zu der Überzeugung gekommen, daß ein großer Teil der Schuld das Unternehmertum trifft . . . eine solche gewaltige geistige Bewegung wie die Sozialdemokratie ist ein Faktor, mit dem man rechnen muß; den kann man nicht einfach damit ausradieren, daß man den Marxismus in einer Hauptversammlung der Vereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände tötet.“33 Eigentliche Zielrichtung dieser Auslassung - über den engeren sozialpolitischen Kontext hinaus - war der Versuch, die organisierte Arbeiterschaft als Bündnispartner zu erhalten. Silverberg, von falschem Standesdünkel frei, hatte bereits im Kriege beim Reichskommissar für Kohlcnverteilung im Juli 1917 erklärt, daß man „mit Verhandlungen am weitesten“ komme, „wo die Arbeiter organisiert seien.“ „Die Industrie müsse hier umlernen und sehen, daß es am besten sei, wenn die Arbeiter straff organisiert seien und damit unter gewerkschaftlicher Disziplin stünden.“34 Er hatte richtig erkannt, daß die breite Masse der Arbeiterschaft, aber auch ihre politische Führung nicht eigentlich revolutionär waren, sondern sich vielmehr einem „überholten“ Programm (Erfurt 1891) ideologisch verpflichtet fühlten und nicht zuletzt durch das Fehlverhalten weiter Kreise der Industrie, die auch nach der Revolution 1918 vom „Herr im Hause“-Standpunkt nicht abgerückt seien, in eine unternehmerfeindliche Frontstellung gedrängt würden. In der zwiespältigen, zumindest distanzierten Haltung der Gewerkschaften dem privatkapitalistischen Wirtschaftssystem gegenüber sah Silverberg in erster Linie ein Bildungsproblem. Hier müsse sich das Unternehmertum den Vorwurf gefallen lassen, daß es sich zu wenig um eine Zusammenarbeit mit den Organisationen der Arbeiterschaft bemüht und den dort vorhandenen „neuen Elementen“ zu wenig geholfen habe, „sich die Ausbildung zu verschaffen, die ihnen heute noch fehlt“.35 Silverberg sah sich in dieser Auffassung bestätigt, als er zehn Jahre später feststellen konnte, „daß in bemerkenswerter Weise eine ernstere Auffassung der 28 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

großen Zusammenhänge auch in diese Kreise gedrungen ist, auf deren nationale Hilfe und Mitwirkung und auf deren Hilfe in der Arbeit wir unbedingt angewiesen sind.'' 36 Im Oktober 1922 votierte Silverberg mit dem Appell, die Arbeitnehmerorganisationen zur Mitarbeit heranzuziehen, letztlich gegen die Aufkündigung der Zentralarbeitsgemeinschaft, die für weite Kreise der Industrie ihre Funktion offenbar schon verloren hatte. In Verfolg des Konzeptes der Autonomie der Wirtschaft gegenüber dem Staate zielte Silverberg allerdings auf einen Rollenwandel der Arbeitsgemeinschaft. Die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften war jetzt nicht mehr das Mittel zur Verhinderung der Sozialisierung, sondern das geeignete Instrument zur „Organisierung“ des Kapitalismus in Eigenregie.37 Diese Umbestimmung der ZAG, bei der das alte Konzept „Sozialpolitik gegen Verzicht auf Sozialisierung“ gegen die Formel „Anerkennung und untergeordnete Mitarbeit der Gewerkschaft gegen Freiheit im Wirtschaftskampf''eingetauscht worden war, 38 deutete Silverberg vor der VDA am 12. Oktober 1922, wohl aus taktischer Zurückhaltung gegenüber der Öffentlichkeit, allerdings nur vorsichtig an. 39 Die grundsätzliche Position der Industrie im Spannungsfeld Sozialpolitik-Gewcrkschaften-Staat dokumentiert mit unübertroffener Deutlichkeit das von Silverberg Ende Dezember 1922 verfaßte und am 1. Januar 1923 einem engeren Kreise, darunter auch dem amtierenden Reichswirtschaftsminister Becker, zugänglich gemachte Programm zum „Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft“,40 in dem frei von taktischer Rücksichtnahme gegenüber den Arbeitnehmerorganisationen die prinzipielle Zielrichtung unternehmerischer Revisionspolitik aufgezeigt wurde. 41 Das Silverberg-Programm war, wie von Unternehmerseite selbst konstatiert, nichts anderes als ein „kraftvolles und machtvolles Diktat“, 42 das eine „völlige Durchbrechung des in den letzten Jahren gehandhabten und nach der Revolution entstandenen Verhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer“ bzw. „einen völligen Umsturz aller nach der Revolution geschaffenen Arbeitsverhältnisse“ beinhaltete.43 Auch in der Reichskanzlei wurde vermerkt, daß Silverberg an innenwirtschaftlichen Maßnahmen „ungleich mehr“ verlange, „als ein Kabinett jemals befürworten könnte und ein Parlament jemals annehmen würde. Die Überspannung seiner Forderungen“ sei „an einzelnen Stellen geradezu grotesk.“44 Ohne wirklich neue Gedankengänge zum Verhältnis von Industrie und Staat zu entwickeln, hatte Silverberg eine Zusammenstellung altbekannter Formeln vorgenommen, die an Schärfe kaum zu überbieten waren und insgesamt den Klassenkampf von oben bedeuteten. Der sehr eng gehaltene Verteilerkreis sicherte dem Papier die Diskretion zu, die es benötigte.45 Die wichtigsten Forderungen lauteten:

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Α. 4. B. 1. B. 2, B. 6.

B. 7.

B. 8. B. 9. C. V. 1. C. V. 3. C. V. 7. C. VI. 2. C. VII. 3. C. VI. 4.

„Grundsätzlicher Verzicht auf Eingreifen aller öffentlichen Gewalt und Verwaltung in Güter-Erzeugung und Verteilung“ „Aufhebung aller Dcmobilmachungsverordnungen und der aus ihnen entstandenen Behörden und Einrichtungen (Ausnahme: Fürsorge für Kriegsbeschädigte)“ „Restlose und endgültige Aufhebung aller Überbleibsel der Kriegswirtschaft . . .“ „Verbot jeder Behinderung des Rechts auf Arbeit und der Arbeitsleistung auf Arbeitnehmerscite. Hierzu: Stärkung der Betriebsvertretungen, Ausschaltung der Gewerkschaften aus den Vertretungen und Sitzungen der Einzelbetriebe. Verbot sogenannter centraler Lohnund Preisregelung . . .“ „Grundsätzliche freie Vereinbarung über Lohn- und Arbeitszeit zwischen Unternehmer und Angestellten und Arbeitern. Auch wenn Tarifverträge bestehen, müssen Sondcrvercinbarungen zwischen Einzelunternehmer und Betriebsvertretung nach den Notwendigkeiten des Gewerbes oder Unternehmens zulässig sein. Vorübergehende Verlängerung der vereinbarten Normalarbeitszeit kann, wenn eine Einigung nicht zustande kommt, durch richterliche Entscheidung festgesetzt werden „Verbot des Coalitionszwanges“ „Aufhebung aller Sondergerichte und Schlichtungsausschüssc . . .“ „Entstaatlichung und Ent-Communalisicrung aller öffentlichen Betriebe“ „Aufhebung aller lebenslänglichen Anstellungen von Beamten öffentlicher Betriebe und Vereinbarung privatwirtschaftlicher Dienstverträge“ „Streik-Verbot“ „Vereinigung von Wirtschafts- und Arbeitsministerium. Sozialpolitik kann nicht Selbstzweck sein.“ „Freigabe der Honorar-Vereinbarungen für freie Berufe, Ärzte, Rechtsanwälte. Festsetzung von Mindesthonoraren“ „Für Klein-Rentncr und alte Leute: Aufnahme in die Sozialversicherung unter Annahme einer Versichcrungsdauer vom 18. Lebensjahr ab. Voraussetzungen: Nachweis, daß Vermögen aufgezehrt ist (Hausrat ausgenommen) und daß kein zahlungsfähiger gesetzlich Unterhaltspflichtiger vorhanden ist. . .“ 4 6

Die Rigorosität dieses Katalogs, gerade im Vergleich zu den gemäßigten Tönen auf der Mitgliederversammlung der VDA am 12. Oktober 1922, findet zunächst ihre Erklärung im internen Charakter des Papieres. Hinzu kommt, wie schon von Feldman bemerkt, der ,,Einfluß der Ideen“ von Stinnes, 4 7 demgegenüber sich der sonst so „kritische, skeptische, scharfsichtige“ Silverberg in ein ,,knappenschaftliches Verhältnis'' begeben hatte. 4 8 Von Felix Pinner deshalb als der ,,kleine Stinnes“ apostrophiert, 49 gelang es Silverberg erst nach dem Tode von Stinnes im April 1924, aus seinem Schatten herauszutreten, er empfand sich aber weiterhin als dessen

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wirtschafts- und sozialpolitischer Nachlaßverwalter.50 Wichtiger für die Ausformung des Silverberg-Programms war indes der tiefgreifende Wandel der politisch-ökonomischen Rahmenbedingungen. Die übersteigerte Inflation und der damit verbundene wirtschaftliche Einbruch hatten im November 1922 der „Katholischen Demokratie“ unter Reichskanzler Wirth ein Ende gesetzt. Mit der Bildung einer „Regierung des Großkapitals“, geführt von dem Generaldirektor der Hamburg-Amerika-Linie, Wilhelm Cuno, war eine wesentlich veränderte Ausgangssituation für die Interessenpolitik der Industrie geschaffen.51 Jetzt ging Silverberg zum offenen Angriff auf einen Zentralpunkt des Kompromisses von 1918, den Achtstundentag, über.52 Nicht ohne dem Kabinett Cuno öffentlich die „Unabhängigkeit“ von der Wirtschaft bescheinigt zu haben — freilich unter gleichzeitiger Hervorhebung der Verpflichtung der Regierung, sich zum „Besten des Reiches zu bestimmten großen Zielen“ der Mitarbeit der Unternehmerschaft bzw. ihrer Organisationen zu versichern und zu „bedienen“ -, 5 3 verlangte er anläßlich einer Besprechung bei Reichsfinanzminister Hermes am 16. Dezember 1922 den „Abbau der sozialistischen Wirtschaft der letzten vier Jahre“ sowie die „Lösung unserer inneren Probleme, besonders bezüglich der Arbeitszeit.“54 Silverbergs Entwurf „Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft“ vom 26. Dezember 1922 faßte diese Forderungen noch einmal zusammen und präzisierte sie in kompromißloser Schärfe. Die schriftlichen Rückäußerungen zum Silvcrberg-Programm bewegten sich zwischen geschäftsmäßiger Unverbindlichkeit, vorsichtiger Distanzierung und scheinbar deutlicher Ablehnung.55 Das Geschäftsführende Präsidialmitglied des RDI, Geheimrat Bücher, sicherte Silverberg wohl die Behandlung auf der nächsten Sitzung der Programmkommission des Reichsverbandes zu, vermied aber jede inhaltliche Stellungnahme.56 Der Generaldirektor der Deutsch-Luxemburgischen Bergwerks- und Hütten AG und nachmalige Vorstandsvorsitzende der Vereinigten Stahlwerke, Albert Vögler, beschränkte sich auf die Feststellung, daß man sich darüber klar werden müsse, „ob man überhaupt mit der Sozialpolitik auf dem richtigen Wege war, und ob nicht eine grundsätzliche andere Einstellung von Nöten ist.“ 57 Die detaillierten Exposes Reuschs (GHH) und Duisbergs (IG-Farben) waren dagegen deutlich ablehnend. Reusch brachte die Kritik auf den entscheidenden Punkt, indem er Silverberg vorhielt, mit seinen Vorschlägen an der Realität, wie sie durch die Revolution von 1918 und Versailles 1920 geschaffen worden war, vorbeizugehen. „Ihr Programm sieht von den außenpolitischen Einwirkungen auf das innere Wirtschaftsleben ab und gelangt infolgedessen zu Forderungen, denen eine praktische Bedeutung nicht zukommt, solange das Deutsche Reich unter dem Druck des Versailler Friedensvertrages steht. Auch scheint mir, daß Sie gewisse durch die innerpolitischen Veränderungen der Nachkriegszeit geschaffene Verhältnisse in 31 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

manchen Dingen als nicht vorhanden ansehen, infolgedessen in absehbarer Zeit mit der Verwirklichung Ihrer Forderungen nicht gerechnet werden kann.''58 In gleicher Richtung argumentierend, wies Duisberg darauf hin, daß die ,,Aufhebung des Versailler Vertrages'' gewissermaßen die „Prämisse'' des Programms darstelle.59 Nach innen habe der Entwurf, wie die wirtschaftspolitische Abteilung der IG-Farben bemerkte, den Fehler einer ,,so schroffe[n] Hervorkehrung des Arbeitgeberstandpunkts, daß der Effekt einer Gesundung der deutschen Wirtschaft durch die entstehenden politischen und Klassengegensätze unmöglich gemacht würde.4460 Carl Duisberg erhob den Vorwurf: „Sie kehren in Ihren Forderungen m. E. zum Manchestertum zurück, ohne das gute zu behalten und in Ihr Programm aufzunehmen, was die letzten Jahrzehnte uns gebracht haben. Auch wenn Ihr Programm vom wirtschaftlichen Standpunkt aus richtig ist und von mir in den meisten Punkten geteilt wird, so dürfte doch manche Ihrer Forderungen, politisch und taktisch gewertet, unangebracht sein.“61 Duisberg machte somit, nach außen wohl die taktische Seite in den Vordergrund schiebend, grundsätzlichere Einwände geltend. Während Paul Reusch dem Programminhalt selbst zustimmte- ,,Hier wird das Übel unserer inneren Wirtschaftslage an der Wurzel angefaßt'' -, aber den Zeitpunkt und die Umstände des Vorstoßes kritisierte, galten Duisberg die von Silverberg in weitgehender Konsequenz der Trennung von Staat und Wirtschaft erstellten Richtlinien als Rückfall ins ,,Manchestertum''. Richtig war dieser Vorwurf insofern, als Silverberg tatsächlich die Funktion des Staates auf vorbismareksche Ausmaße reduziert wissen wollte; unzutreffend aber deshalb, weil als Alternative nicht das Prinzip des ,,Laissez faire'' gesetzt wurde, sondern die Organisierung des Kapitalismus durch die Wirtschaft selbst. Daß der so ,organisierte Kapitalismus' auf sozialpolitischem Gebiet manchesterliche Züge trug und tragen mußte, stand dazu nicht im Widerspruch, sondern zeigte vielmehr die Ideologieträchtigkeit der Forderung nach ,,Freiheit der Wirtschaft'' auf. In jedem Falle war das Programm vom 26. Dezember 1922 nicht als Forderung des Tages gedacht; vielmehr sollte es den Orientierungsrahmen zukünftiger industrieller Politik abgeben. Wie von O. Funcke, einem Mitglied der Programmkommission des RDI, zutreffend bemerkt wurde, ist im Reichsverband ,,in den Jahren 1921-22 beharrlich daran gearbeitet worden, neben der Stellungnahme zu den akuten Tagesfragen eine allgemeine Kenntnis der wirtschaftspolitischen Probleme zu gewinnen, nicht als Wissenschaft, sondern als Sammlung solcher Gesichtspunkte, an denen die politische Orientierung erfolgen konnte. Es ist eine ganze Ideologie geschaffen worden, die in wirtschaftlichen Kreisen lange Jahre gegolten hat.'' 62 Mit dem Programm vom Dezember 1922, dessen sozialpolitische Ausrichtung Silverberg in der Rede vor der VDA am 12. Oktober 1922 im 32 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

wesentlichen antizipiert hatte, war in einem allerdings ausschlaggebenden Punkt die Basis der bisherigen Konzeption verlassen. Der ZentralangrifF auf die Gewerkschaften, die Wiederbelebungsversuche der „Gelben“ und die Infragestellung des Kompromisses von 1918 entzog der Kooperation mit den Arbeitnehmerorganisationen die Grundlage.63 Silverberg hatte damit eine unübersehbare Annäherung an die überkommenen Vorstellungen vom „starken Staat“ auf der Seite der Unternehmerschaft vollzogen. Als Exponent dieser im Unternehmerlager weithin verbreiteten Konzeption hatte Paul Reusch bereits im August 1922 Silverberg gegenüber argumentiert: ,,Nicht durch gemeinsames Zusammenwirken von Arbeitgeber und Arbeitnehmern kann die Arbeitsunlust bekämpft werden, sondern nur durch eine starke Regierung, die den Mut hat, energisch und rücksichtslos durchzugreifen.“64 Silverberg blieb schwankend und vermied, trotz des Dezember-Programms, die völlige Konversion. Freilich zeigten sich deutlich die Spannungen und Widersprüchlichkeiten, die aus der Lehre der völligen Trennung von Staat und Wirtschaft in Verbindung mit einer rigorosen Sozialpolitik für Theorie und Praxis resultieren mußten. 65 Der im Januar 1923 einsetzende Ruhrkampf stoppte die Arbeiten der Programmkommission des Reichsverbandes, die nur noch einmal am 25. April 1923 zu einem „Gedankenaustausch über die allgemeine Lage“ zusammengerufen werden konnte. Der Entwurf Silverbergs wanderte so, ohne überhaupt in der Kommission diskutiert worden zu sein, in die Schubladen und war damit praktisch erledigt. 66 Nach der persönlichen Seite hin war die Arbeit jedoch nicht ohne Nutzen geblieben, „präsidiabel“ geworden, rückte Silverberg bereits am 9. März 1923 in das Führungsgremium des RDI auf, nachdem er knapp ein Jahr zuvor in den Vorstand gewählt worden war. 67 Es dauerte immerhin beinahe drei Jahre, bis der Reichsverband, nunmehr schon unter der Führung Carl Duisbergs, die Arbeit des Sonderausschusses wieder aufnehmen konnte und schließlich im Dezember 1925 mit einem umfassenden Programm an die Öffentlichkeit trat. 68 Gleichzeitig trug eine Abordnung des Verbandes dem neugewählten Reichspräsidenten von Hindenburg die verfassungspolitischen Zielvorstellungen vor, 69 die die Kurswende zu einer „autoritären“ Politik einleiten sollten. Wie Geheimrat Kastl, das neue Geschäfts fuhren de Präsidialmitglied des RDI, Silverberg am 30. Dezember 1925 über einen Empfang beim Reichspräsidenten mitteilen konnte, schien dieser „besonders angenehm berührt von unserem Wunsche eines Vetorechts für den Reichsfinanzminister auf dem gesamten Gebiete der öffentlichen Ausgaben . . . Der Reichspräsident meinte . . . zustimmend zu den Ausführungen des Herrn Reusch, daß die Not der Zeit eine stärkere Anwendung des Artikel 48 auf der Grundlage eines Ermächtigungsgesetzes notwendig mache. Wenn die Regierung keine Dummheiten macht, soll mir ein Ermächtigungsgesetz und der Artikel 48 sehr 33 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

recht sein. Dann muß sie aber mehr als bisher auf das hören, was die Wirtschaft verlangt.“70 Die einsetzende Konjunktur entzog diesen Plänen den Boden, der grundlegende Schnitt am staatlichen Organismus, wie von Reusch und anderen Industriellen gefordert, war in dieser Krise nicht erfolgt. Die beginnende Prosperität verlangte Stabilität auf der Basis des Arrangements und des sozialen Kompromisses und leitete über in eine neue Phase des Verhältnisses von Großindustrie, Gewerkschaften und Staat.

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II. Die Dresdener Rede 1926. Stabilisierung und Arrangement Der Versuch zur Neuformulierung des Verhältnisses von Großindustrie und Staat in der Konsolidierungsphase der Weimarer Republik, den Silverberg in der berühmt gewordenen Dresdener Rede vom 4. September 19261 vor der Mitgliederversammlung des RDI unternommen hat, brachte die im Unternehmerlager latent schwelende Kontroverse über die grundsätzliche Einstellung gegenüber Republik, Sozialdemokratie und Gewerkschaften zum offenen Ausbruch. Silverberg, inzwischen aus dem Schatten von Stinnes herausgetreten2 und wirtschaftlich durch die Verbindung der RAG mit der Harpener Bergbau AG auch im Revier selbst zu einer respektierten Größe geworden,3 erregte mit seiner Aufforderung, sich auf den Boden der Weimarer Verfassung zu stellen, die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften wieder aufzunehmen und die Sozialdemokratie an der Regierung zu beteiligen, außerordentliches Aufsehen. Weit über die Dresdener Reichsverbandstagung hinaus beachtet, wurde die Silverberg-Rede zum Diskussionsgegenstand von Regierung, Parteien und Gewerkschaften und geriet sofort in den Mittelpunkt einer heftigen, öffentlich ausgetragenen Auseinandersetzung im Unternehmerlager selbst.4 Der Vorstoß Silverbergs ordnet sich ein in eine Neuorientierung der RDI-Politik im Jahre 1925/26: Unter seinem neuen Vorsitzenden Carl Duisberg schlug der RDI vor dem Hintergrund einer immer deutlicher werdenden konjunkturellen Erholung und einer ansatzweisen Stabilisierung des ökonomischen und politischen Systems, die durch die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund auch außenpolitisch bestätigt wurde, nunmehr eine auf Kompromiß und Ausgleich gestimmte Linie ein.5 Duisberg hatte bereits in seiner ersten Rede als neugewählter Präsident des RDI auf der Mitgliederversammlung 1925 vorsichtige Andeutungen in dieser Richtung gemacht.6 In einer Art Glaubensbekenntnis'forderte Duisberg dort den ,,machtvolle[n] Staat“ und eine „starke Regierung“, bekundete aber gleichzeitig eine positive Einstellung gegenüber der bestehenden Ordnung: „Ich stehe zur Verfassung, wie sie in Weimar beschlossen ist, und wünsche nur, daß sie sich den Zeitverhältnissen entwicklungsgemäß anpaßt, daß die Verwaltung immer besser und vollkommener wird. ,Der bestverwaltete Staat ist nun einmal der beste Staat*. Dabei hängt das Staatswohl nicht davon ab, ob monarchisch oder republikanisch regiert wird, sondern davon, wie er regiert wird . . .''7 35 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

In Fortsetzung dieser Politik war die Mitgliederversammlung des Jahres 1926 in Dresden als Forum gedacht, das Arrangement des Reichsverbandes mit der republikanischen Staatsform auch nach außen hin demonstrativ zu unterstreichen. Auf besonderen Wunsch Duisbergs sollte dabei auch ein Vertreter der westlichen Industrie zu Wort kommen.8 Vögler, der schon zugestimmt hatte, sagte schließlich doch aus „gesundheitlichen“ Gründen ab. 9 So trat das Geschäftsführende Präsidialmitglied Geheimrat Kastl im Juli 1926 an Silverberg heran, um ihn um die Übernahme eines Referats freier Themenwahl zu bitten. Allerdings machte er die wenig verklausulierte Einschränkung, von der Behandlung des in der letzten Zeit in den Vordergrund gerückten „Kampfes“ gegen die ,,Kalte Sozialisierung“ nach Möglichkeit absehen zu wollen. 10 Unter der Parole „Kalte Sozialisierung“ hatte sich nach erfolgreicher Abwendung der Vergesellschaftung der Schlüsselindustrien und einem weitgehenden Abbau der Kriegswirtschaft eine neue Sammlung vollzogen, die gegen jeden staatlichen Interventionismus, insbesondere aber die Konkurrenz der öffentlichen Unternehmungen, gerichtet war. 11 Silverberg war an der Schaffung dieses zentralen Kampfbegriffs einer offensiven Unternehmerpolitik während der Stabilisierungsphase nicht unbeteiligt und hatte mit seinen Ausführungen vor dem Präsidium des RDI am 11. März 1926 das besondere Interesse Sogemeiers hervorgerufen,12 der als Leiter des „Zweckverbandes Nordwestdeutscher Wirtschaftsvertretungen e. V.“ die „Aktionen“ gegen die „Kalte Sozialisierung“ steuerte und koordinierte.13 Im Juli 1926, zum Zeitpunkt der Anfrage Kastls, stand zu entscheiden, ob die geplanten Aktionen offen und frontal eingeleitet werden sollten, wie die Ruhrindustrie wünschte, oder ob eine eher subtile Form des Vorgehens zu wählen sei, wie die Führung des Reichsverbandes meinte.14 Die Bedenken Kastls hinsichtlich der taktischen Position Silverbergs in dieser Frage waren unbegründet. Auf eine offensive Propagierung der heiklen Thematik verzichtend, sagte Silverberg, der zunächst „wirklich keine Freude“ hatte und sich erst auf Zureden Gustav Brechts und Hermann Büchers entscheiden konnte, die Übernahme des Hauptreferates für die RDI-Mitgliederversammlung am 3. September 1926 in Dresden zu. 15 Von Verbandsseite waren daneben Redebeiträge des RDI-Vorsitzenden Duisberg und Geheimrat Kastls vorgesehen. Ende August, gut eine Woche vor der Dresdener Mitgliederversammlung, nahm Kastl die abschließende Redaktion der inzwischen als Manuskripte vorliegenden Referate vor, wobei er der von Silverberg herausgestellten Linie einer neuen Kooperation zwischen Großindustrie, Gewerkschaften und Staat uneingeschränkt zustimmte.16 Der Vorsitzende des RDI hatte demgegenüber in seinen vorbereiteten Notizen die „sozialistischen Lehren“ der Arbeiterschaft in gewohnter Terminologie angeprangert.17 Auf Anregung Kastls schwächte Duisberg diese Passagen ab, um seine Billigung des Silvcrberg-Kurscs zu 36 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

unterstreichen18 und eine gemeinschaftliche Linie der Reden sicherzustellen. Im Präsidium selbst wurden die Manuskripte wie üblich nicht behandelt, wohl aber im Präsidial- und Vorstandsbeirat für Allgemeine Wirtschaftspolitik, der den „Hauptpunkten“ des Silverberg-Referates seine Zustimmung gab. 19

1. Das Dresdener Konzept Mit dem vielfach als Wendepunkt im Verhältnis von Großindustrie und Weimarer Staat begriffenen Bekenntnis zur demokratisch-parlamentarischen Ordnung setzte Silverberg gleich zu Beginn seiner Rede vor der Mitgliederversammlung des RDI am 4. September 1926 in Dresden ein Zeichen, das den Beginn einer grundsätzlich neuen Unternehmerpolitik zu signalisieren schien. Silverberg überspielte zunächst nicht ungeschickt die Aufkündigung der Zentralarbeitsgemeinschaft und die eigene Konfliktstrategie vor allem der Jahre 1922/23, indem er darauf verwies, daß die Wirtschaft sich in der ersten Phase der Ausgestaltung der Republik nach der Revolution 1918 ,,plötzlich als Objekt des politischen Kampfes“ gesehen habe und deshalb dem neuen Staat gegenüber zunächst eine „geschlossen ablehnende Haltung“ einnehmen mußte. Vor allem Reparationen und Ruhrkampf hätten Unternehmertum und „nachrevolutionäre Regierungen“ jedoch allmählich zu „aktiver Zusammenarbeit“ geführt: Heute sei ein Punkt erreicht, an dem ohne Einschränkung festgestellt werden könne, daß das deutsche Unternehmertum „restlos auf staatsbejahendem Standpunkt“ stehe und damit auch auf dem „Boden des heutigen Staates und der Reichs Verfassung“. Relativierend ergänzte Silverberg, daß allerdings alle „extremen Kräfte rechts und links“ abzulehnen seien, deren Ziel die „verfassungswidrige, gewaltsame Änderung der Reichsverfassung“ sei: In diesem Sinne müsse sich auch die Industrie denjenigen „Verteidigern“ der Republik entgegenstellen, „die in der Verfassung heute noch vornehmlich ein Instrument wirtschaftsrevolutionärer Ziele“ sähen.20 In dem Hauptteil seiner Rede erteilte Silverberg dem staatlichen Interventionismus eine grundsätzliche Absage und verwies statt dessen auf die Selbstorganisationsfähigkeit der Wirtschaft: Durch „Selbsthilfe“ und planmäßige Weiterentwicklung der industriellen Organisationsstruktur sei es gelungen, die großen Konzernzusammenbrüche 1925/26 zu bewältigen und „eine Katastrophe in Deutschland“ zu verhindern.21 Der Staat habe sich auch in diesem Zusammenhang als unfähig erwiesen, über die von ihm zu gewährleistenden Rahmenbedingungen hinaus22 konstruktive Entscheidungen zur Überwindung der Krise zu treffen. Für die Industrie liege die Alternative zum Interventionsstaat gleichwohl nicht in einer Wiederbele37 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

bung des Manchester-Liberalismus,23 sondern in der „Organisierung“ des Kapitalismus durch die Wirtschaft selbst, die sich durch „systematische“ Zusammenschlüsse zu Kartellen, Syndikaten, Trusts und auch Aktiengesellschaften bereits brauchbare Instrumentarien geschaffen habe. Die vorsichtige Formulierung „mißverstandener Sozialismus“ wählend, gestand Silverberg der Öffentlichen Hand nur dann die Einrichtung von Unternehmungen zu, „wenn es sich um besondere Zwecke handelt, die die Privatwirtschaft nachgewiesenermaßen nicht oder nicht mehr erfüllen kann.“ 24 Damit hatte Silverberg sich dem zentralen Argumentationspunkt seiner Rede, nämlich der Kritik an der Sozialpolitik des Weimarer Staates, genähert. Die politische Revolution von 1918 nicht in Frage stellend, konterkarierte Silverberg deren wirtschaftliche und soziale Komponente.25 Er erhob den Vorwurf, daß die Republik im Begriffe sei, in den „Fürsorgestaat hineinzuschliddern“ und durch eine „quantitative Überspannung sozialer Fürsorge“ die „Selbstverantwortung“ zu töten. Während sich die Unternehmenswirtschaft den Verhältnissen angepaßt habe, laufe die Sozialpolitik in den „alten Gleisen behördlicher Fürsorge und Bevormundung der Arbeitszeit und Lohnregelung“.26 Das neue strategische Konzept gegen Staatsinterventionismus und Sozialpolitik, das Silverberg am Schluß seiner Dresdener Ausführungen vorstellte, setzte bei einer Revision des Verhältnisses der Großindustrie gegenüber Sozialdemokratie und Gewerkschaften an. Hier habe sich die Wirtschaft selbst schwere Versäumnisse zuschulden kommen lassen, indem sie sich „zu spät“ entschlossen habe, ,,in den Gewerkschaften die Vertretung der Arbeiterschaft anzuerkennen und den Führern den Rücken gegen die eigenen Freunde zu stärken . . . Dieser Fehler des Unternehmertums lieg[e] wesentlich in der Vorkriegszeit. Aber er hatte zur Folge, daß nach dem Kriege die Führung der Arbeiterschaft, wirtschaftspolitisch ungeschult, politisch stark nach links und ganz darauf eingestellt war, daß auch Notwendiges und Richtiges nur im Kampf erreicht werden könnte und erreicht werden müsse, einseitig, ohne Rücksicht auf größere wirtschaftliche Zusammenhänge und die Auswirkung sogenannter Erfolge auf die Gesamtwirtschaft.“27 Das eigentliche Problem bestehe darin, daß Zentrum und SPD sich gegenseitig in sozial- und lohnpolitischen Forderungen überböten, wobei die „Zeche“ vom Unternehmer zu zahlen sei. Während die Sozialdemokratie als die politische Vertretung der „überwiegenden Mehrheit der deutschen Arbeiterschaft“ in der „verantwortungsfreien Opposition“ stehe, trete das Zentrum, gerade weil es nur eine Minderheit der organisierten Arbeiter repräsentiere, mit um so höheren sozialpolitischen Zugeständnissen hervor und veranlasse wiederum SPD und Gewerkschaften zu weiteren Forderungen. Deshalb sei es ,,eine auf die Dauer in höchstem Maße allgemeinpolitisch und wirtschaftspolitisch unerträgliche und schädigende Lage, wenn eine große Partei wie die Sozialdemo38 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

kratie in einer im deutschen Parlamentarismus mehr oder weniger verantwortungsfreien Opposition steht. Man sagte einmal, es kann nicht gegen die Arbeiterschaft regiert werden. Das ist nicht richtig; es muß heißen: Es kann nicht ohne die Arbeiterschaft regiert werden. Und wenn das richtig ist, muß man den Mut zur Konsequenz haben, es soll nicht ohne die Sozialdemokratie, in der die überwiegende Mehrheit der deutschen Arbeiterschaft ihre politische Vertretung sieht, regiert werden.''28 Die entscheidende Einschränkung nachfügend, sprach Silverberg der „sozialen Demokratie“29 aber die ,,Macht und die Kraft und die Fähigkeit“ ab, ,,den Staat zu beherrschen und zu führen“, machte ihr zur Bedingung, daß sie „den radikalen Doktrinarismus und die immer zerstörende, nie aufbauende Politik der Straße und der Gewalt ablehnt“, und verlangte die Führung durch das Unternehmertum, Unterordnung seitens der Arbeiterschaft.30 Auch „stürmischer, langanhaltender, immer wiederholt einsetzender Beifall“31 der über 3000 Delegierten in Dresden vermochte nicht darüber hinwegzutäuschen, daß Silverberg mit seinen Forderungen kaum den meisten Unternehmern ,,aus dem Herzen“ gesprochen hatte, wie der RDIVorsitzende Duisberg überschwenglich festzustellen glaubte.32 Aus der Mitgliederversammlung selbst trat Silverberg sofort der nachmalige ARVorsitzende der AEG, Geheimrat Bücher, entgegen.33 Bis 1925 Geschäftsführendes Präsidialmitglied des RDI, leitete Bücher jetzt den Präsidialbeirat für Allgemeine Wirtschaftspolitik, der von der Silverberg-Rede bereits zustimmend Kenntnis genommen hatte.34 Nach außen hin direkte Kritik vermeidend und die Übereinstimmung mit Silverberg betonend, wendete Bücher dessen Klage über die ,,Verantwortungsfreiheit“ der jeweiligen Opposition ins Generelle, indem er das Fehlen der persönlichen Verantwortung als das Hauptcharakteristikum der Demokratie hervorhob. Die parlamentarische Demokratie gleiche einem Schiffe ohne Kapitän, das ,,schwer steuerbar“ sei, ,,weil die Ruderleute, die erkannt haben, daß die Ruder herumgeworfen werden müßten, zu viel Leute um ihre Meinung zu fragen haben, ehe sie neuen Kurs nehmen können. Dadurch geht kostbare Zeit verloren, und oft kommt ein Zickzackkurs zustande. Wenn das Schiff auch nicht gerade untergeht, so befindet es sich doch in dauernder Gefahr.“35 In Anknüpfung an die autoritären Konzepte, wie sie im Dezember 1925 dem Reichspräsidenten Hindenburg vorgestellt worden waren, 36 forderte Bücher deshalb, wo ,,irgend angängig“, ,,die Verantwortung aus der Hand der Gremien in diejenige einer Persönlichkeit“ zu legen. J . Reichert, Mitglied der Reichstagsfraktion der DNVP und rühriger Hauptgeschäftsfuhrer des VDEStI, wies demgegenüber zwar auf die Kontrollfunktion des Parlaments hin, bestritt aber, daß Sozialdemokratie und Zentrum die politische Vertretung der Arbeiterschaft darstellten. Im übrigen habe, so Reichert, die „sozialdemokratisch-kommunistische Obstruk39 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

tion des Jahres 1925“ die beste Antwort gegeben, daß eine wirtschaftsfreundliche Zoll- und Handelspolitik, aber auch Finanzpolitik mit ,,Links“ nicht durchführbar sei. 37 Silverberg, der noch einmal das Wort ergriff, betonte gegen Bücher gewendet die Notwendigkeit des Parlaments an sich, das zur Kontrolle der Finanzwirtschaft der Öffentlichen Hand gar nicht entbehrt werden könne. Seinem Kontrahenten Reichert hielt Silverberg entgegen, daß es eine ,,Verkennung der Wirklichkeit“ sei, wolle man sich vormachen, die Arbeiterschaft sei nicht vornehmlich in der Sozialdemokratie repräsentiert: Deshalb dürfe gerade die SPD ,,nicht verantwortungslos neben der Regierung einhermarschieren“, sondern müsse „unbedingt zur verantwortlichen Mitarbeit“ herangezogen werden.38 Eine Einordnung der Silverberg-Rede in die von der Großindustrie in den 20er Jahren geführte Systemdebatte zeigt, daß der spezifische Stellenwert der zunächst im Vordergrund des Interesses stehenden „Anerkennung der Republik“ und der damit verbundenen Forderung nach „Regierungsbeteiligung der Sozialdemokratie“ nur im Zusammenhang von „Kalter Sozialisierung“, sich „organisierendem Kapitalismus“ und „Sozialpolitik“ hinreichend klar gemacht werden kann: Im Silverbergschen Konzept bildeten Unternehmerverbände und Gewerkschaften die beiden Säulen eines Großkartells, das die Organisation und Steuerung des Wirtschaftsprozesses in eigener Verantwortung und autonom gegenüber dem Staat und anderen gesellschaftlichen Gruppierungen vollziehen sollte. Im Grunde handelte es sich dabei um ein halbparlamentarisches, mit ständischen Elementen durchsetztes System, in dem den bürgerlichen Parteien auf der einen und der Sozialdemokratie auf der anderen Seite nurmehr die Funktion zukam, den in einer neuen, von den Unternehmern dominierten „Zentralarbeitsgemeinschaft“ jeweils vorab gefundenen Kompromiß in die politische Praxis umzusetzen. In der Propagierung dieses Konzeptes war Silverberg fortschrittlich und reaktionär zugleich. Fortschrittlich insofern, als er sich mit der Anerkennung der Republik und den in ihr wirkenden Kräften auf den Boden der Tatsachen stellte, reaktionär insofern, als ihm dieser Schritt vor allem das geeignete Mittel war, die tendenzielle Entwicklung zum Interventions- und Sozialstaat aufzufangen. Der Theoretiker des „Organisierten Kapitalismus“, Rudolf Hilferding, wertete demgegenüber die Erklärung Silverbergs als Zeichen eines grundlegenden Wandels: „Der Reichsverband will die Fortsetzung einer verständigen Außenpolitik der Verständigung, er will eine ungestörte Entwicklung im Innern und deshalb keinen Kampf um die Staatsform, er erkennt die Änderung der sozialen Machtverhältnisse an. Die Utopie der Stumm, Bueck und Kirdorf, Gewerkschaften und Sozialdemokratie zu vernichten, ist erledigt. Nur das Kompromiß erscheint verwirklichbar.1*39 Bei genauerer Betrachtung muß sich diese Analyse, die den inneren Argumentationszusammenhang und damit einen wesentlichen Kern des 40 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Dresdener Konzepts zu wenig berücksichtigt, als zumindest verkürzt erweisen. In Wirklichkeit beinhaltete die Silverberg-Rede eben nicht die Anerkennung der „Änderung der sozialen Machtverhältnisse“, wie Hilferding glaubte, sondern sie formulierte die eigentliche Gegenposition zu seiner Theorie eines unlösbaren Zusammenhangs von sich organisierendem Kapitalismus und der Entwicklung zu Sozialstaat und Wirtschaftsdemokratie.40 Der zentrale Punkt in Silverbergs Konzept bestand gerade darin, unter Einspannung der Sozialdemokratie in die politische Verantwortung den Abbau des Fürsorgestaates um so besser vorwärts zu treiben;41 ein System, das später Brüning, mitberaten von Silverberg, perfekt beherrschte.42 Andererseits ist Hilferding darin zuzustimmen, daß Silverberg und der Reichsverband auf eine „Außenpolitik der Verständigung“ und eine „ungestörte Entwicklung im Innern“ setzten. Dies war aus der Sicht von 1926 mehr als ein nur taktisches Manöver und beinhaltete die Bereitschaft zu Kompromiß und Arrangement. Dabei bildete die mit der Aufnahme des Deutschen Reiches in den Völkerbund erreichte Konsolidierung des Internationalen Systems und die Stabilisierung im Innern der Republik den Hintergrund einer langfristig gedachten Strategie, die sich an den gegebenen politischen Machtverhältnissen orientierte. Dazu gehörte für Silverberg auch die Einsicht, daß Unternehmerpolitik ohne organisatorisch fest verankerte Integrationsinstrumentarien gegenüber der Arbeiterschaft auf Dauer keine Perspektive mehr hatte.

2. Reaktion von Regierung, Parteien und Gewerkschaften Die Reaktion von Öffentlichkeit, Regierung, Parteien und Gewerkschaften auf die als sensationell empfundene „Anerkennung“ der Republik durch Silverberg und sein Bündnisangebot an die Sozialdemokratie war, je nach politischem Standort, von vorbehaltloser Zustimmung bis entschiedener Ablehnung gekennzeichnet. Im demokratischen Lager freudig, wenn auch mit einem Rest von Skepsis begrüßt,43 stieß die Silverberg-Rede bei den Konservativen auf Unverständnis und Kritik.44 Der amtierende Reichskanzler Marx (Zentrum), dem Silverberg auf ausdrücklichen Wunsch einen Abdruck der Rede übersandt hatte, 45 ließ die optimistische Erklärung übermitteln, daß das „Bekenntnis zum sozialen Frieden zwischen beiden Trägern der Wirtschaft, den Arbeitgebern und Arbeitnehmern, für alle Zukunft als ein Wendepunkt in den sozialen und politischen Auffassungen maßgebender Teile unseres Volkes gewertet“ werde, auch wenn koalitionspolitische Konsequenzen noch nicht sofort vollzogen werden sollten.46 Der DVP nahestehende Kreise begrüßten zwar die Wiederbelebungsversuche der ZAG, opponierten aber offen gegen die 41 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Bildung einer Großen Koalition unter Einschluß der Sozialdemokratie47. Reichsaußenminister Stresemann, die maßgebliche Persönlichkeit der Partei, vermied Erklärungen vor der Öffentlichkeit48, traf allerdings nach seiner Rückkehr von den Genfer Völkerbundsverhandlungen mit Silverberg persönlich zusammen, um die aufgeworfenen Fragen zu erörtern.49 Scharf ablehnend reagierte die DNVP, die im Silverbergschen Vorstoß zutreffend eine Attacke auf die intransigente Haltung der Partei in der inneren Politik erkannte. 50 In einer Versammlung der deutschnationalen Industriellen in Köln wurde der Parteiführung demonstrativ das Vertrauen für den bisherigen Kurs ausgesprochen und gleichzeitig gefordert, den „für richtig erkannten Weg nicht zu verlassen“ und am Ziel ,,einer großen bürgerlichen Rechten“ festzuhalten.51 Auch das Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei, der ,Vorwärts', stellte den Silverbergschen Vorbedingungen ein „klares Nein“ entgegen.52 Das Abgehen vom „Klassenkampf hieße konkret Verzicht auf „jede Handlung, die zur Hebung des Massenwohlstandes dient“, hieße Verzicht auf „Kampf um den Arbeitstag, um den Schutz der Schwachen, um die Geltung im Staat und in der Gesellschaft“ und wäre „gleichbedeutend mit dem Verzicht auf Fortschritt“. Ebenso könne die Arbeiterschaft dem Unternehmertum nicht das Recht auf die „Führung der Wirtschaftspolitik“ zugestehen. Auch wenn es die Industrie im Moment noch nicht erkennen könne oder wolle, so sei doch mit der Gemeinwirtschaft die Zukunft des Kapitalismus vorgezeichnet.53 Wohl anerkennend, daß das Unternehmertum den „Mut“ gefunden habe, „den Staat, so wie er ist, zu bejahen“, beharrte die Sozialdemokratie auf der für sie unabdingbaren Forderung partnerschaftlicher Kooperation: „Wenn es eine politische Zusammenarbeit zwischen Arbeitern und Unternehmern geben kann, so nur auf der Grundlage wahrhafter Demokratie. Nicht Führer und Geführte treten einander gegenüber, sondern Menschen und Sachwalter von Organisationen, die wissen, wo ihre Interessen auseinandergehen und welches Stück Weges für gemeinsame Arbeit frei ist.“54 Eine ähnliche Position nahmen die Freien Gewerkschaften ein, die die Silverbergsche Offerte zur Wiederbelebung der ZAG ihrerseits mit konkreten Gegenforderungen beantworteten.55 Im gleichen Sinne reagierte der Gewerkschaftsring deutscher Arbeiter-, Angestellten- und Beamtenverbände, der sich nur unter folgenden Voraussetzungen zur Verständigung mit dem RDI bereit zeigte: „Vorbehaltlose Anerkennung der Gewerkschaften als Vertreter der Arbeitnehmer, endgültige Verzichtleistung auf Unterstützung und Begünstigung der sogenannten wirtschaftsfriedlichen Verbände und Werksgemeinschaften, Anerkennung des Tarifvertragsgedankens und des Schlichtungswesens, Anerkennung der Erhaltung und Weiterführung der Sozialpolitik.“ 56 Der Führer der Christlichen Gewerkschaften, Stegerwald, sah dagegen 42 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

in der Erklärung Silvcrbergs, bei aller Kritik im Detail, eine historische Parallele zum „Neuen Kurs“ Kaiser Wilhelms II. „Ich messe dem Schritt des Reichsverbandes der deutschen Industrie, in dessen Namen Silverberg ja gesprochen haben soll, eine ähnliche Bedeutung zu, wie der sozialen Botschaft, mit der der junge Kaiser Wilhelm II. im Jahre 1890 die Arbeiterschaft für den Staat gewinnen wollte . . . Jetzt spricht kein Monarch, sondern die Industrie bietet in großen, in manchen Punkten allerdings noch der Klärung bedürftigen Grundrissen die Hand, auf dem Boden des heutigen Staates und der Reichsverfassung zusammen mit der bedeutungsvollen Schicht der Arbeiter das Zerstörte wiederaufzubauen und das deutsche Volk wieder zur Weltgeltung zu bringen. ''57 Im Gesamtecho reagierten die Christlichen Gewerkschaften damit am positivsten,58 obwohl gerade ihr Einfluß durch die Bildung einer Großen Koalition beschnitten werden sollte. Die Resonanz bei Sozialdemokratie und bürgerlicher Mitte (DVP), den Hauptelementen in Silverbergs Konzeption, blieb indes so, daß praktische Folgerungen zumindest auf kürzere Sicht nicht zu erwarten waren.

3. Die Industrieverbände und die Silverberg-Rede Entscheidend für das Ausbleiben konkreter Schritte war auch die Uneinigkeit innerhalb der Industrie selbst. Dabei standen sich zwei Hauptgruppierungen gegenüber, die bereits auf der Dresdener Mitgliederversammlung ansatzweise erkennbar geworden waren. Prellers Hinweis, daß es ,,im wesentlichen die Kreise der Export-, der großen Chemie- und der elektrotechnischen sowie Fertigwarenindustrie“ waren, ,,die hier sprachen''59 und die das Silverberg-Konzept unterstützten, bedarf im Einzelfall wohl der Differenzierung,60 entspricht aber der insgesamt vorherrschenden Tendenz. Der Wille des Reichsverbandes zum Arrangement wurde so u. a. vom ,,Verein Deutscher Maschinenbauanstalten1 (VDMA) nachdrücklich begrüßt. Wie der Geschäftsführer des VDMA, Lange, dem RDI mitteilen konnte, seien ,,aus seinem Vorstands- wie Mitgliederkreis ausschließlich zustimmende Stellungnahmen zu der Rede des Dr. Silverberg an ihn gelangt.“ 61 Auch in Berliner Bank-Kreisen wurde die neue RDI-Linie allgemein gebilligt und mit der Hoffnung verbunden, „daß durch dieses scheinbare Entgegenkommen der Industrie gegenüber der Sozialdemokratie die Deutschnationalen sich entschließen würden, aus ihrer bisherigen Stellung herauszugehen und sich offen unter Fallenlassen des Kampfes gegen die Weimarer Verfassung an die Seite der bürgerlichen Parteien stellen würden.“ 62 Auf der anderen Seite formierte sich unmittelbar im Anschluß an die Reichsverbandstagung, auf der eine vorsichtige Distanzierung schon 43 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

bemerkbar geworden war, unter Führung Jacob Reicherts und Paul Reuschs innerhalb und außerhalb des RDI eine gewichtige Opposition,63 die einen grundsätzlich anderen Kurs unternehmerischer Orientierung verfolgte. Auf Verbandsebene schaltete die sich hier artikulierende Schwerindustrie zunächst die Industrie- und Handelskammer für die Kreise Essen, Mülheim/Ruhr und Oberhausen ein, die bereits am 8. September 1926 durch Dr. Rechlin ihr ablehnendes Votum verkündete.64 Am 16. September schloß sich der Hauptvorstand und Fachgruppenausschuß des VDEStI unter Leitung des schon in Dresden opponierenden Reichert an, der hervorhob, daß Silverberg „weder auf die in der Industrie und Lanwirtschaft noch auf die in nationalen Arbeiterkreisen herrschende Stimmung“ Rücksicht genommen habe und die innerpolitischen Verhältnisse somit ,,keine Klärung“ erfahren hätten.65 Silverberg, der durch ein vertrauliches Schreiben des Hauptgeschäftsfuhrers des Langnam-Vereins, Max Schlenker, auf den sich organisierenden Widerstand aufmerksam gemacht worden war, 66 hatte Reichert noch vor der Hauptvorstandssitzung des VDEStI eine Interpretationshilfe seiner Dresdener Erklärung zukommen lassen.67 Durchschläge gingen an Duisberg und Schlenker.68 Mit Reusch, der sicherlich Kenntnis vom Schreiben an Reichert hatte, vereinbarte Silverberg für den Abend des 16. September 1926 eine Zusammenkunft in dessen Berliner Büro. 69 In dem Brief an Reichert begründete Silverberg erneut die Notwendigkeit einer „Einspannung“ der Sozialdemokratie, die sich vor allem aus der konjunkturellen Entwicklung ergebe.70 ,,Wenn auch langsam fortschreitend, - wir sind in einer aufsteigenden Konjunktur. Und jede Konjunktur bringt nach alter Erfahrung Arbeitskämpfe, die geeignet sind, die Aufwärtsentwicklung empfindlich zu stören. Deshalb und für alle Zukunft ist mein Ziel - Friede mit der Arbeiterschaft, friedliche und schnelle Lösung der Auseinandersetzungen um Lohn und Arbeitszeit. . . Das war der Zweck meiner Rede, und wenn mich die Industrie nicht im Stich läßt und die politischen Parteien, die dies können, die sozialdemokratische Partei so einspannen, daß ihr verantwortungsfreies rein parteitaktisches Treiben aufhört, dann hoffe ich für die deutsche Industrie in den nächsten Jahren eine gesunde und ruhige Aufwärtsentwicklung, die wir sehr nötig haben.''71 Der Beschwichtigungsversuch Silverbergs hatte wenig Erfolg. Die Opposition um Reusch und Reichert hielt es aber immerhin für opportun, zunächst ein allzu offenes Vorgehen von seiten der Schwerindustrie zu vermeiden.72 Die vom 8. September bis Anfang Oktober 1926 im Vorfeld der Präsidial- und Vorstandssitzungen des RDI vom 14. Oktober bei der Geschäftsführung des Reichsverbandes eingehenden Proteste73 dokumentierten nur bei oberflächlicher Betrachtung, daß sich gegen die SilverbergLinie eine breite Front von Industrieunternehmungen aller Branchen sowie von zahlreichen Regional- und Fachverbänden gebildet hatte. Die genauere 44 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Durchsicht der Eingänge zeigt, daß es sich dabei im wesentlichen nicht um spontane Kritik handelte,74 sondern um eine gesteuerte Aktion gegen die neue Politik des Reichsverbandes. Initiator des organisierten Protestes war die „Norddeutsche Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei, Delmenhorst“, die ihren Einspruch hektographierte und im ganzen Land verschickte. Teilweise ersparten sich die so angesprochenen Firmen und Verbände die Mühe einer eigenen Stellungnahme und verwiesen schlicht auf die Eingabe des Delmenhorster Unternehmens.75 Im Reichsverband erkannte man diese, für die Gewichtung der Proteste aufschlußreichen Zusammenhänge76 wohl, und Kastl verwies noch 1931, nach dem Zusammenbruch des ,,Nordwolle“-Konzerns, gegenüber Reichskanzler Brüning darauf, daß dieses Unternehmen ,,seit Jahren in einem offenen Kampf mit dem Reichsverband gelebt und den Versuch gemacht habe, diesen Verband zu beseitigen.''77 Die Taktik, die die RDI-Führung dem organisierten Protest entgegensetzte, war einfach: Erklärungen oder Dementis zur in der Öffentlichkeit verbreiteten Auffassung, das Präsidium habe den neuen Kurs einstimmig gebilligt, wurden (obwohl in den Eingaben verlangt) nicht abgegeben, um, wie Duisberg formulierte, ,,eine Abschwächung des Eindrucks der Silverbergschen Rede zu vermeiden.''78 Das Geschäfts fuhren de Präsidialmitglied Kastl schlug darüber hinaus vor, eine a. o. Präsidialsitzung einzuberufen, auf welcher „nicht nur zu den Ausführungen von Silverberg kritisch Stellung genommen werden [sollte], sondern es müßte auch gleichzeitig völlige Klarheit darüber geschaffen werden, welche positiven Schritte seitens des Reichsverbandes in der nahen Zukunft zu unternehmen sind, denn die ganze Sache darf doch nicht wie das Hornberger Schießen ausgehen.“79 Duisberg hingegen hielt es für sinnvoller, die turnusmäßige Präsidialsitzung abzuwarten, gab der Geschäftsführung aber weitgehende Rückendeckung für die neue Reichsverbandspolitik.80 In diesem Sinne instruierte Kastl dann die Geschäftsführer der Fachgruppen des Reichsverbandes81 und beantwortete die eingegangenen Proteste.82 Der offene Vorstoß der Schwerindustrie gegen die Silverberg-Konzeption sollte auf der 54. Mitgliederversammlung des Langnam-Vereins am 1. Oktober 1926 in der Städtischen Tonhalle, Düsseldorf, erfolgen. Zuvor hatten der Hauptgeschäftsführer des Vereins, Max Schlenker, sowie der 1. Vorsitzende, Paul Reusch, den vergeblichen Versuch unternommen, Silverberg vom Kernpunkt seiner Dresdener Ausführungen abzubringen. Das Bündnisangebot an die Sozialdemokratie und die Gewerkschaften sollte ihrer Vorstellung nach dadurch unterlaufen werden,83 daß Silverberg die schon in Dresden genannten „Vorbedingungen“ wie Absage an den „Klassenkampf und die „Politik der Straße“ zu einer auch für den bestmeinenden Arbeitervertreter unüberwindlichen Barriere ausbaute.84 Der Reichsverband sah wohl, was in Düsseldorf auf dem Spiel stand, und schickte deshalb statt Frowein85 den Präsidenten Duisberg selbst, um 45 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

die Silverberg-Position zu verteidigen. Dieser Schritt war durchaus ungewöhnlich, denn Duisberg, sonst einer der redefreudigsten Unternehmer der Weimarer Republik, hatte das Forum des Langnam-Vereins bisher stets gemieden. 86 Paul Reusch, der die auch in der Öffentlichkeit mit großer Spannung erwartete Sitzung eröffnete, ging jedoch nur in wenigen Sätzen auf die Dresdener Tagung des Reichsverbandes ein und stimmte Silverberg überraschenderweise darin zu, „daß nicht gegen und nicht ohne die Arbeiterschaft regiert werden soll'', kritisierte aber, daß dessen Ausführungen nicht von den offiziellen Gremien des RDI, dem Präsidium und dem Vorstand, gebilligt worden seien.87 Silverberg, der seine Konzeption in durchaus offensiver Weise verteidigte, verwies demgegenüber auf die Selbstverantwortlichkeit der Referenten, deren Vorträge in den Hauptlinien zwar in den Beiräten und Ausschüssen abgestimmt würden, die aber nie einer offiziellen Beschlußfassung unterlägen.88 Dem Vorwurf, er habe sich zu weit auf politisches Gebiet begeben, hielt er die Feststellung entgegen, daß Reusch selbst mit seiner Überlegung, ,,ob . . . nicht vielleicht eine Reform in der Richtung zweckmäßig ist, daß die schaffenden Stände Handel und Industrie, Landwirtschaft, Handwerk und Kleingewerbe sich in besonderen Wirtschaftskammern zusammenschließen . . .“ für nichts weniger als eine Verfassungsänderung zugunsten der Errichtung eines berufsständischen Systems plädiert habe. 89 Nur Fritz Thyssen wagte den offenen Widerspruch gegen Silverberg, indem er eine Mitregierung der Sozialdemokratie kategorisch ablehnte, weil die „Seele des Arbeiters. . . weder eine sozialistische noch eine klerikale, sondern eine deutsche Seele“ sei. 90 Der Vorsitzende des Reichsverbandes, Duisberg, der abschließend das Wort ergriff, stellte sich demgegenüber eindeutig hinter Silverberg und erteilte dessen Kritikern eine unmißverständliche Abfuhr. Er habe, so Duisberg zu den Versammelten, „eine gewisse Freude gehabt, einmal zusehen zu können, wie es denn wirken wird, wenn ein Mann wie Dr. Silverberg, auf eigene Verantwortung hin, in den Teich der öffentlichen Meinung einen schweren, politisch dicken Stein hineinwirft. Ich war gespannt, zu hören und zu sehen, wie dann vor allem die Frösche quaken werden, und sie haben lauter als je gequakt“. 91 Ohne Frage hatte sich die Opposition auf der Düsseldorfer Tagung des Langnam-Vereins eine zumindest taktische Niederlage eingehandelt. Eine „Vorentscheidung zugunsten der Gegner der Silverbergschen Initiative“92 war hier jedenfalls nicht gefallen; bis auf Fritz Thyssen hatte sich keiner der führenden Schwerindustriellen zu einer klar ablehnenden Stellungnahme bereit gefunden. Die direkte Auseinandersetzung wurde nicht gewagt, offenbar, weil man erkannt hatte, daß im Oktober 1926 die Kräfteverhältnisse innerhalb der Wirtschaft ein „Veto“ gegen eine reformistische Politik nicht zuließen, ohne die Schwerindustrie in eine Abseitsposition zu manövrieren. Dies bedeutete angesichts der zur Disposition stehenden Alternati46 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

ven, daß Duisberg und Silverberg durchaus gestärkt das Kampffeld verließen.93 Für die vom Verlauf der Düsseldorfer Langnam-Vereinstagung am 1. Oktober 1926 enttäuschte Opposition gegen den Silverberg-Kurs verblieb nicht mehr viel Zeit, um vor der wichtigen Präsidial- und Vorstandssitzung des RDI am 14. Oktober 1926 auch öffentliche Positionsgewinne zu verbuchen. Der ,, Verein für die bergbaulichen Interessen“ trat jetzt endlich sichtbar hervor und setzte der von Silverberg in Düsseldorf bekräftigten Forderung nach Regierungsbeteiligung der Sozialdemokratie die Formel entgegen: „Es darf nicht ohne die Unternehmerschaft regiert werden.'' 94 Der Bergbau-Verein sah zwar von seiner später geübten Praxis der Austrittsdrohung aus dem RDI ab, 95 warnte aber davor, die neue politische Linie weiter zu verfolgen, weil sie die „Geschlossenheit des Reichsverbandes und seiner Unterverbände gefährden'' würde. Die härteste Opposition gegen den neuen Kurs des Reichsverbandes kam von seiten des „Verbandes Sächsischer Industrieller“ (VSI). Die im VSI überwiegend organisierten klein- und mittelbetrieblichen Unternehmen hatten richtig erkannt, daß für sie im Silverberg-Konzept kein Platz mehr blieb, 96 und fürchteten nicht zu Unrecht, beim Zusammenspiel von Großindustrie und Gewerkschaften übergangen zu werden. Der VSI kritisierte wie der Bergbauverein den Verlauf der Düsseldorfer Versammlung 97 und warnte davor, nach einem „Fall Silverberg“ nun auch noch einen „Fall Duisberg“98 zu schaffen. Der Geschäftsführer der Ortsgruppe Plauen, Rechtsanwalt Dr. Schlegel, hielt dem RDI entgegen: ,,Bei uns marschiert, wie wohl kaum irgendwo in Sachsen, der Gedanke der Werksgemeinschaft ganz mächtig . . . In diese Entwicklung hinein platzt wie eine Bombe die Silverberg-Rede, die von Werksgemeinschaft nichts kennt, die einen Pakt mit der Gewerkschaft, dem größten Gegner der Werksgemeinschaft, sucht. . . Wir im Vogtland mit in der Hauptsache mittleren und kleineren Betrieben können den Gedanken Dr. Silverbergs nicht folgen. Wir wollen weg von Tarifvertrag und Gewerkschaft. Wir lassen uns nichts aufoktroyieren, was wir bekämpfen . . .“99 Diese Stellungnahme bildete den Gegenpol zu der von Silverberg geforderten Kooperation mit den Gewerkschaften, zur Wiederbelebung der Zentralarbeitsgemeinschaft und zur Regierungsbeteiligung der Sozialdemokratie. Die hier formulierte radikale Alternative zu Kompromiß und Ausgleich lautete: Kampf gegen alle überregionalen Arbeitnehmerorganisationen, Zerschlagung des Tarifsystems und Propagierung der Werkgemeinschaftsideologie. Die Erörterung der Silverberg-Rede in den Gremien des RDI am 14. Oktober 1926100 bestätigte die zuvor sichtbar gewordenen Spannungen im industriellen Lager. Nach längerer Debatte101 im Präsidium wurde dem Vorstand ein Resolutionsentwurf vorgelegt, der zwischen den Parteien zu vermitteln suchte. Abgesehen von Hartong (Nordwolle) und Blohm, die 47 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

den Reichsverband auf eine prinzipiell antigewerkschaftliche Linie festlegen wollten, überwog der Wille zum Arrangement. Selbst der VSI, der durch Retzmann noch einmal seinen Protest kundtat, sah sich in der Pflicht, alles zu vermeiden, ,,das nach außen den Schein einer Spaltung des Unternehmertums in dieser Frage hervorrufen könnte.“102 Für die Schwerindustrie stimmte Vogler dieser Linie ausdrücklich zu, hielt aber gleichzeitig an der substantiellen Abgrenzung gegenüber Silverberg fest.103 Borsig, der sich als Vorsitzender der ,,Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände“ (VDA) ebenfalls für den in der Entschließung gefundenen Minimalkonsensus aussprach, brachte die im Vorstand herrschende Auffassung auf die Formel: „Einigkeit in der Industrie und zugleich Abbrechen der Spitzen.“ 104 In der schließlich einstimmig verabschiedeten Resolution105 wurde hervorgehoben, „daß sowohl das Bekenntnis der Unternehmerschaft zum Staat als auch die Aufforderung zur Zusammenarbeit zwischen Unternehmern und Arbeitern nur eine neue Betonung der auch bisher von den Spitzenorganisationen der Industrie verfolgten Ziele darstellen. Präsidium und Vorstand des Reichsverbandes der Deutschen Industrie begrüßen alle Bestrebungen, die geeignet sind, die Zusammenarbeit zwischen Unternehmern und Arbeitern zu fördern.''106 Dies war zwar keine klare Entscheidung zugunsten einer neuen Reichsverbandspolitik, verbaute ihr aber auch nicht den Weg. Blieben die Anhänger einer neuen Zentralarbeitsgemeinschaft mit diesem Ergebnis tatsächlich „ganz isoliert“, wie behauptet worden ist? 107 Richtig ist, daß der Ausgang der Kontroverse eine überwiegend konservative Orientierung des Unternehmerlagers aufzeigte, wobei die Exponenten einer reformistischen Politik numerisch in der Minderheit blieben. So trifft auch zu, daß Silverberg aus dem Präsidium des RDI ausdrückliche Zustimmung nachweisbar nur von Duisberg, Kastl, Kraemer,108 Frowein109 und Lammers110 erhielt. Andererseits waren dies jedoch die Industriellen, die die Politik des Reichsverbandes maßgeblich bestimmten. In dem später gebildeten exklusiven Führungsgremium des RDI, dem ,,Engeren Präsidium“, 111 hat sich dieser auf Kompromiß gestimmte Unternehmerflügel ein äußerst schlagkräftiges Instrument schaffen können. Mit Duisberg, Kastl, Silverberg, Kraemcr, Frowein und Müller-Oerlinghausen112 war die zentrale Entscheidungsebene des Reichsverbandes ausschließlich von Vertretern einer reformistischen Linie besetzt. Der Reichsverband stellte in der Folge recht eigentlich das Forum und die Bühne der gemäßigten Industriellen dar, denen geeignete Fach- und Regionalverbände zur Vertretung ihrer politischen Auffassungen fehlten.113 Für die industrielle Interessenorganisation ergab sich so das Problem, daß der RDI als der übergeordnete Dachverband tendenziell eine andere Politik vertrat als die angeschlossenen Unterverbände. Gleichwohl bedeutete das nicht die Versclbständigung der RDI-Führung, sondern entsprach den in der Industrie tatsächlich herrschenden Gewichtun48 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

gen. Die modernen exportorientierten Wirtschaftszweige konnten innerhalb des Reichsverbandes sehr wohl ihr starkes ökonomisch-politisches Potential in die Waagschale werfen, wenn sie auch nach außen hin scheinbar keinen größeren Einfluß besaßen.114 1926 blieb die Entscheidung über die zukünftige Politik der Industrie gegenüber Staat und Gewerkschaften offen. Unverkennbar standen sich zwei Lager gegenüber, die beide nicht stark genug waren, ihre Position gesamtverbindlich durchzusetzen. Die Zukunft mußte zeigen, wohin die Entwicklung tendierte.

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III. Weltwirtschaftskrise und Restaurationskonzepte Der große New Yorker Börsenkrach vom 24. Oktober 1929 markierte scheinbar abrupt das Ende der weltwirtschaftlichen Stabilisierung der Zwischenkriegszeit.1 Noch im August 1929 hatte das Institut für Konjunkturforschung einen anhaltenden Wirtschaftsaufschwung prognostiziert,2 und im September 1929 meinte der Präsident der New Yorker Börse feststellen zu können, „daß es mit den Wirtschaftszyklen, wie wir sie erlebt haben, heute vorbei ist. Ich bin jedenfalls von der wesentlichen und fundamentalen Dauerhaftigkeit der amerikanischen Prosperität überzeugt. Und das ist wohl die Meinung der gewaltigen Mehrheit der Geschäftsleute in den Vereinigten Staaten und zweifellos in der ganzen Welt.“ 3 Ähnliches galt für den theoretischen Kopf der deutschen Sozialdemokratie, Rudolf Hilferding, nach dessen Auffassung mit dem „Organisierten Kapitalismus“ eine qualitativ neue Stufe der politisch-Ökonomischen Entwicklung erreicht und die zyklischen Störungen des Wirtschaftsprozesses endgültig überwunden seien.4 Tatsächlich hatten sich aber bereits im Laufe des Jahres 1929 latente Anzeichen eines Konjunkturumschwungs auch in Deutschland bemerkbar gemacht. Die Bruttoinlandsinvestitionen, verläßliche Indikatoren des gesamtwirtschaftlichen Trends, gingen 1929 um 3,6 Mrd. RM bzw. 22,8% gegenüber dem Vorjahr sichtbar zurück und deuteten zumindest auf eine mögliche Stagnationsphase hin. 5 Die deutsche Wirtschaft fiel also nicht ,,aus Träumen ewiger Prosperität“, 6 als die Krise im Herbst 1929 offen zutage trat. Strukturfehler im Nachkriegsaufbau, das Zusammentreffen längerfristiger Stagnationstendenzen mit akuten Kontraktionsbewegungen 1929/30 vor dem Hintergrund einer durch Reparationen und Kreditverflechtungen zunehmend kohärenter gewordenen internationalen Geldwirtschaft bewirkten eine besondere Sensibilität, so daß schließlich, verstärkt durch eine allgemeine Agrarkrise, der Zusammenbruch der Weltwirtschaft und des Weltwährungssystems erfolgte.7 Die Auswirkungen der Großen Depression 1929-1933 in Deutschland, so gravierend sie im einzelnen sein mochten, stellten im internationalen Vergleich gesehen keine Besonderheit dar. Der Rückgang der industriellen Produktion betrug wohl 40% gegenüber „nur“ 26% in Frankreich, er blieb damit aber zugleich deutlich unter dem Wert von 48% für die USA. 8 Der häufige Verweis auf die übergroße Belastung des Deutschen Reiches durch Versailler Vertrag und Reparationen ist rein ökonomisch gesehen unzutreffend.9 Nicht das Ausmaß der 50 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Betroffenheit an sich war für die deutsche Sonderentwicklung bestimmend, sondern die hier zum Tragen kommende spezifische Krisenstrategie, die vorrangig nicht an der Überwindung der wirtschaftlichen Probleme orientiert war, sondern die Revision der inneren und äußeren Folgen des verlorenen Krieges, insbesondere der Revolution von 1918, zum leitenden Ziel der Politik erhob. Die Rückwirkung der Krise auf die deutsche Innenpolitik wurde zunächst sichtbar in den wachsenden Spannungen innerhalb der vom sozialdemokratischen Reichskanzler Hermann Müller geführten Großen Koalition. Das prinzipielle Problem - einen ausgeglichenen Haushalt10 bei steigenden Sozialausgaben und gleichzeitig sinkenden Steuereinnahmen vorzulegen, ohne die Substanz der sozialpolitischen Leistungen anzugehen, aber auch ohne die Wirtschaft neuerlich zu belasten - führte zu einer zwangsläufigen Polarisierung zwischen den die Koalition tragenden Parteien. Der Konfliktstoff war vorgegeben, nur bei entsprechender Kompromißbereitschaft von SPD und DVP verblieb der Weimarer Koalition eine Chance. 11

1. Die RDI-Tagung vom 12. Dezember 1929 Die Großindustrie bezog in dieser Frage unmißverständlich Stellung. Auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung des Reichsverbandes vom 12. Dezember 1929 in Berlin wurde der Großen Koalition unter Führung der Sozialdemokratie die offene Kampfansage gemacht. Der Vorsitzende des RDI, Carl Duisberg, der 1926 noch das Ausgleichskonzept Silverbergs unterstützt hatte,12 erteilte jetzt jeglicher Kompromißbereitschaft eine Absage: ,,Es darf nicht halbe, es muß ganze Arbeit sein, die gemacht wird. Kompromisse helfen nicht mehr. Es geht ums Prinzip, ums ganze System. “ 13 Während der amtierende Reichswirtschaftsminister Moldenhauer (DVP) noch um die Zustimmung der Industrie zum Finanzprogramm der Regierung warb und darauf verwies, daß eine Wirtschaftspolitik, die das ,,soziale Moment“ übersehe, ,,schließlich an den sozialen Spannungen zerschellen“ werde, 14 stellten die Hauptredner der Veranstaltung, Müller-Oerlinghausen15 und insbesondere Silverberg,16 in ihren Referaten klar, daß für die Unternehmer nur solche Reformmaßnahmen akzeptabel seien, die eine grundlegende Kurswende der in den letzten Jahren praktizierten Steuer-, Finanz- und Sozialpolitik beinhalteten. Silverberg spann dabei die 1922 in seinem Programm zum „Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft“17 sowie 1926 in Dresden entwickelten Vorstellungen von der Autonomie der Wirtschaft weiter und forderte neben einer generellen Ausgabenkürzung um 5% die „Errichtung einer Finanzwirtschaft“, bei welcher die Finanzho51 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

heit des Reiches zugunsten von Banken und Industrie eingeschränkt werden sollte.18 Eine Schlüsselrolle hatte Silverberg dabei der Reichsbank zugedacht, der in einer neu zu errichtenden Finanzkontrollstellc maßgebliche Entscheidungsbefugnis eingeräumt werden sollte. Silverberg hatte diese Pläne zuvor mit dem ihm freundschaftlich verbundenen Reichsbankpräsidenten Hjalmar Schacht abgesprochen,19 wozu der ,,Vorwärts“ nicht ganz zu Unrecht bemerkte, daß hier offenbar der Steigbügel für einen „Finanzdiktator“ Schacht gehalten würde. 20 Auch der Bankier Max Warburg äußerte Bedenken gegenüber derartigen Plänen,21 und Felix Pinner charakterisierte die von Silverberg konzipierte ,,Finanzwirtschaft'' als eine „ausgesprochene Finanzplanwirtschaft, bei der praktisch die Privatwirtschaft zu diktieren und der Staat stillzuhalten und zu parieren hätte“. Bei Verwirklichung der Vorschläge Silverbcrgs würde „eine Art negativer Finanzdiktatur über das Reich organisiert werden, die es ihm überhaupt unmöglich machen würde, fürderhin noch eine selbständige Finanzpolitik zu betreiben.“22 Das Projekt Silverbergs, die nach der Verabschiedung des Young-Plans frei werdende Industrieaufbringung einem Sonderfonds zugunsten der Landwirtschaft zuzuführen, wobei der Wirtschaft die autonome Verwaltung der Gelder zufallen sollte, lag auf der gleichen Linie.23 Es handelte sich hier letztlich um den Plan, eine öffentliche Reichssteuer zu erheben, deren Umverteilung der Privaten Hand vorbehalten blieb. Dieses gut ein Jahr später gegen erbitterte Widerstände auch aus der Industrie verwirklichte Konzept bildete die finanzielle Unterlage der verfehlten „Osthilfe“-Aktion der Jahre 1931-33. In der zur Abwicklung der Entschuldung des ostelbischen Großgrundbesitzes geschaffenen „Bank für Industrie-Obligationen“ (Bafio) hatte die Privatwirtschaft den ausschlaggebenden Einfluß. Aufsichtsratsvorsitzender der Bank wurde Silverberg, der „Vater der Osthilfe“, dem damit ein exzellentes Instrument zur Umsetzung seiner Vorstellung vom „Organisierten Kapitalismus“ zur Verfügung stand.24 Wie schon in Dresden 1926, geriet Silverberg mit den im Dezember 1929 propagierten Plänen in das Kreuzfeuer der Kritik, die sich insbesondere auf die in Aussicht gestellte Weitererhebung der Industriebclastung konzentrierte.25 Mit diesen Vorstellungen hatte sich Silverberg insofern vom Programm des RDI26 entfernt, als er dem Gedanken der Kapitalbildung nicht mehr die absolute Priorität eingeräumt wissen wollte. Vielmehr dominierte das Bestreben, den staatlichen Interventionismus jetzt entscheidend zurückzuschrauben und dafür auch, trotz Krise und Kostendruck, erhebliche finanzielle und organisatorische Vorleistungen der Großindustrie zu bringen.27 Die sozialpolitischen Implikationen einer solchen „Finanzdiktatur“ der Privatwirtschaft äußerten sich darin, daß auch für Silverberg der in der Defensive opportune Gedanke einer Kooperation mit Sozialdemokratie und Gewerkschaften in der Krise zunächst keine Geltung mehr hatte. Gegenüber seinem Hauptwidersacher von 1926, Paul Reusch, 52 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

leistete Silverberg im Anschluß an die Reichsverbandstagung den definitiven Abschwur vom Dresdener Konzept: Er erklärte, daß das Jahr 1930 sicher noch „Klarheit“ bringen müsse, „ob wir den collectivistischen Kram mit kleinen Teilerfolgen für diese und dauernde Kompromisse fortfuhren müssen oder nicht. Nachdem meine Absicht, mit dem verständigen und, wie ich glaubte politisch einflußreichen Teil der Arbeiterschaft zusammen Ordnung zu schaffen (Dresden), von beiden Seiten mißlungen ist, müssen wir allein arbeiten. Daher mein starker Vorstoß in Fragen der Finanzpolitik, worin ich mich im Einvernehmen mit Schacht wissentlich exponiert habe.“28 Daß Silverberg mit der expliziten Abwendung vom Arbeitsgemeinschaftsgedanken eine prinzipielle Wendung vollzogen habe, wie die „Düsseldorfer Nachrichten“ meinten,29 trifft nur bedingt zu. Seit Beginn der Republik war für ihn der Kampf gegen Sozialisierung, Interventionsstaat und Wirtschaftsdemokratie der zentrale Orientierungspunkt, den er auch 1926 nicht verleugnet hatte. Form und Intensität einer Kooperation mit der organisierten Arbeiterschaft, aber auch die Wahl einer Konfliktstrategie wie 1929/30 bestimmten sich demnach für Silverberg aus den spezifischen gesamtpolitischen Rahmenbedingungen und lagen jenseits einer grundsätzlich fest umrissenen Position.30

2. Young-Plan und Große Koalition Das Ziel, die Große Koalition zu Fall zu bringen, war auf der Reichsverbandstagung vom 12. Dezember 1929 wohl erkennbar geworden; eine gewisse Zwiespältigkeit in der konkreten Aktion gegenüber dem Kabinett Hermann Müller blieb jedoch vorerst noch konstatierbar. Immerhin hatte die RDI-Führung dem amtierenden Reichswirtschaftsminister Moldenhauer Gelegenheit gegeben, das Finanzprogramm der Regierung zu verteidigen, und so zumindest die totale Konfrontation vermieden.31 Bestimmend für diese abwartende Linie waren vor allem reparationspolitische Überlegungen. Dabei bildete der vom Reichstag noch nicht verabschiedete Young-Plan32 die Klammer,33 die eine vorzeitige Sprengung der Koalition verhinderte. Trotz massiver Opposition aus Kreisen der Schwerindustrie überwog im industriellen Lager insgesamt die Zustimmung zu dem neuen Zahlungsplan, der eine erhebliche Verringerung der Annuitäten gegenüber dem Dawes-Plan und damit eine merkliche Entlastung der Wirtschaft brachte.34 Auch im Langnam-Verein konnte sich die radikale Position Thyssens und Vöglers, die auf Ablehnung bestanden, nicht durchsetzen. Dieser Streit hatte innerhalb der Industrie besondere Brisanz dadurch erhalten, daß 53 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Geheimrat Kastl vom RDI nach dem spektakulären Ausscheiden Vöglers aus der Pariser Verhandlungsdelegation (Mai 1929) dessen Beispiel nicht gefolgt war 35 und am 7. Juni 1929 in Übereinstimmung mit Duisberg den Young-Plan mitunterzeichnet hatte. 36 Durch geschickte Regieführung Reuschs und Schlenkers unter Mitwirkung Silverbergs37 konnte auf der Mitgliederversammlung des Langnam-Vercins vom 8. Juli 1929 der-offene Bruch vermieden werden, wenn die Risse im Industrieturm auch nach außen hin sichtbar wurden. Gegenüber einer Katastrophenpolitik, wie sie Thyssen38 und tendenziell auch Vögler verfolgten, entschied sich die breite Mehrheit der Industrie39 für den realpolitischen Kurs auf der Basis der neuen Reparationsregelung. Paul Reusch, bis 1930 Vorsitzender des Langnam-Vereins, bestand folgerichtig auf dem Austritt seines Berliner Vertreters, Dr. Martin Blank, aus dem Vorbereitungskomitee für das Volksbegehren gegen den Young-Plan, 40 wobei dessen Argumentation nichts fruchtete, „daß es hier gelungen ist, eine politische Front auf der Rechten aufzubauen, wie es sie in dieser Breite seit langem nicht mehr gegeben hat. Nach der Ansicht der Stahlhelmführung muß nun alles getan werden, um diesen - auch zahlenmäßig großen - Block beisammenzuhalten für andere Entscheidungen, die vielleicht einmal heranreifen könnten, ohne daß man jetzt schon weiß, auf welchem Gebiet das sein würde.“ 41 Auch Silverberg sprach sich in einem Presseaufruf öffentlich gegen das Volksbegehren aus42 und wiederholte in einem Vortrag vor der „Vereinigung für rechts- und staatswissenschaftliche Fortbildung“ in Köln, daß man nicht „bewußt“ auf eine „Katastrophe“ hintreiben könne. 43 Im Dezember 1929 waren parlamentarische Verabschiedung des YoungPlans und Sprengung der Großen Koalition zu konkurrierenden Zielen geworden. Einerseits schien der geforderte grundlegende innenpolitische Kurswechsel mit der Sozialdemokratie nicht durchführbar, andererseits war deren Zustimmung zum neuen Reparationsplan auch deshalb unabdingbar, weil dadurch die „hinter den Kulissen bereitstehende“ Rechtskoalition von der Verantwortlichkeit wenn nicht völlig frei, so doch zumindest nur teilweise belastet blieb. 44 Die Lösung dieses Problems war denkbar einfach: Nach der Verabschiedung des Young-Plans mit Hilfe der Sozialdemokratie konnte der bewußte Bruch der Koalition bzw. die Eliminierung der nunmehr entbehrlich gewordenen SPD angegangen werden. Schon ganz im Zeichen dieser Strategie standen die Ausführungen Duisbergs vor der Geschäftsführerkonferenz des RDI am 2. Dezember45 und der Mitgliederversammlung am 12. Dezember 1929.46 Daß das Ende der Koalition vorbereitet wurde, hatte Werner von Alvensleben, Vertrauensmann General von Schleichers und beherrschende Intrigantenfigur der Präsidialregimezeit,47 Duisberg bereits im November 1929 persönlich darlegen können. In Bestätigung der Unterredung schrieb Alvensleben: „Ich kann eine parlamentarische Lösung der Schwierigkeiten nicht sehen und bin überzeugt, daß in Kürze mit dem § 48 regiert werden muß. Der 54 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Herr Rp. [Reichspräsident] wird niemals die Sozialdemokratie mit dieser Aufgabe betrauen. Es kommt die Arbeitsgemeinschaft der Mitte.'' 4 8 Zur Förderung dieser Sammlungsbewegung stellte Duisberg zunächst 20 000 RM zur Verfügung, die Alvensleben von der Geschäftsführung des RDI ausgehändigt wurden. 4 9 Mit diesen Geldern versprach Alvensleben, Hugenberg innerhalb der DNVP so zu isolieren, daß die Partei ihm schließlich die „Gefolgschaft“ versagen und zur Zusammenarbeit mit der bürgerlichen Mitte fähig werde. 5 0 Der eigentliche Ansatzpunkt für die politischen Interventionsversuche der Großindustrie war jedoch die Reichstagsfraktion der DVP. 5 1 Die Versuche, die Deutsche Volkspartei aus dem Bündnis mit den Sozialdemokraten zu lösen und auf eine „andere L i n i e ' ' z u bringen, vollzogen sich insbesondere über den Abgeordneten Erich von Gilsa, der zugleich als politischer Vertreter des GHH-Konzcrns in der DVP fungierte. 52 Im Januar und Februar 1930 fanden verschiedene vertrauliche Besprechungen statt, auf denen die Kurswende der DVP unter Fühlungnahme mit der Industrie intern vorbereitet wurde. 5 3 Den endgültigen Krisenfahrplan mit den Stationen: Young-Plan-Ratifizicrung, Bruch mit der Sozialdemokratie und schließlich Koalitionsverhandlungcn mit Brüning, Treviranus und Schiele legte der Fraktionsvorsitzende der DVP, Scholz, am 4. Februar 1930 offen: Wie von Gilsa seinem Auftraggeber Paul Reusch zu berichten wußte, hatten sich die maßgebenden Kreise der DVP auf folgendes taktisch-strategisches Konzept geeinigt: „Nach Erledigung des Youngplanes sollen dann die innerpolitischen Dinge mit größter Beschleunigung in Ordnung gebracht werden. Hier steht Scholz völlig auf dem von mir Ihnen schon öfter vorgetragenen Standpunkt. Er beabsichtigt, in ultimativer Form an das Kabinett die Aufforderung zu richten, gesetzlich festgelegte Bindungen für die Finanz- und Steuerreform vorzunehmen. Dabei sagte Scholz uns vertraulich, daß er hierbei bewußt auf einen Bruch mit der Sozialdemokratie hinarbeiten wolle. Er hat im Ausblick auf diesen Bruch auch schon Verbindungen mit Schiele, Treviranus und Brüning aufgenommen. Die Gefahr, daß es trotz eines solchen Vorgehens nicht zum Bruch mit der Sozialdemokratie kommt..., liegt darin, daß Moldcnhaucr immer noch daran festhält, im Jahre 1930 nur zu sanieren und erst im Jahre 1931 Steuersenkungen vorzunehmen . . . Es ist durchaus möglich, daß die Sozialdemokratie nach einigem Geschrei sich mit diesem Plan einverstanden erklärt . . . Aus diesem Grunde . . . verlangen wir, daß schon im Jahre 1930 mit einer fühlbaren Steuersenkung begonnen wird.“ 54 Das Geschäfts fuhren de Präsidialmitglied des RDI, Geheimrat Kastl, war mit diesem, jetzt auch von Silverberg vertretenen Konfrontationskurs nicht vorbehaltlos einverstanden, hatte aber kaum noch eine Basis für seine abweichende Auffassung. Kastl hatte auf dem Höhepunkt der Krise um das Hilferdingsche Finanzprogramm die Haltung der Spitzenverbände gegenüber der DVP-Fraktion dahingehend präzisiert, daß es darauf ankomme,

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„die ablehnende Politik der Volkspartei gegenüber dem Programm der Regierung so lange wie nur irgend möglich fortzusetzen, sie aber nicht so weit zu treiben, als damit nicht die Sozialdemokratie in ihrem offensichtlichen Bestreben, aus der Verantwortung für den Youngplan und für das Reformprogramm herauszukommen, unterstützt wird.'' 55 Nicht zu Unrecht argwöhnte von Gilsa, daß Kastl die Aufforderung zur Beibehaltung der Koalition nicht nur taktisch meinte.56 Von Reusch deshalb zur Rede gestellt,57 der schon im Dezember eine Ablehnung der Kompromißpolitik durch die DVP begrüßt hätte, verteidigte sich Kastl geschickt,58 konnte aber seine zunehmende Isolierung nicht verhindern. Gezielte Pressemeldungen über ein angeblich bevorstehendes Ausscheiden Kastls aus der Reichsverbandsfuhrung zeigten,59 wie umstritten seine Position inzwischen geworden war. Die latenten Spannungen mündeten auf der RDIVorstandssitzung vom 16. Januar 1930 in einer offenen Kontroverse: Ausgangspunkt einer erregten Diskussion zwischen Kastl und Reichert (VDEStl) bildete die abweichende Interpretation der Rolle der bürgerlichen Parteien bei der ,, Miß Wirtschaft“ seit 1924/25. Kastl widersprach dabei entschieden der These Reicherts, daß die Sozialdemokratie allein verantwortlich zu machen sei und daraus heute politische Konsequenzen gezogen werden müßten. 60 Im Februar und März 1930 versuchte Kastl der Koalition durch ein Junktim zwischen Steuerreform und Young-Plan ein einigendes Band zu erhalten,61 stieß aber mit diesem Bemühen, soweit zu sehen, nur bei Schäffer (BVP) auf Resonanz.62 Die glatt ablehnende Stellungnahme der Spitzenverbände zum Steuer- und Finanzprogramm der Regierung vom 7. März 193063 bestätigte die Schwäche der um Ausgleich bemühten Industriekreise.64 Diese Erklärung hatte, im übrigen parallel geschaltet mit dem demonstrativen Rücktritt Schachts vom Präsidium der Reichsbank,65 als letzte politische Konsequenz eine Regierungskoalition ohne Sozialdemokratie im Auge. 66 Reichswirtschafts- und Finanzminister Moldenhaucr reagierte mit Bestürzung auf die Ablehnung seines Programms durch den RDI und kündigte, verbittert über die Desavouierung durch die Großindustrie, seine Demission an. 67 Kastl hatte sich diesmal im RDI mit seiner Politik nicht durchsetzen können und verhielt sich, angeblich im ,»Urlaub'', zumindest nach außen hin in demonstrativer Passivität.68 Die von dem RDI-Geschäftsfuhrer Jacob Herle vertretene harte Linie entsprach demgegenüber einem weitgehenden Konsensus im industriellen Lager. Auch Silverberg bestätigte ausdrücklich, daß er mit dem Vorgehen Herles im Zusammenhang der RDI-Erklärung vom 7. März 1930 gegen das Programm der Großen Koalition ,,in vollem Umfange einverstanden''69 sei und jede ,,Abschwächung“ kritisieren müsse.70 Mit der Verabschiedung des Young-Plancs am 11. März 1930 durch den Reichstag war endgültig die Klammer zerbrochen, die die Große Koalition noch zusammengehalten hatte. Der jetzt entbehrlich gewordenen Sozialde56 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

mokratie blieb keine Schonfrist mehr, wenn auch Scholz auf dem Mannheimer Parteitag der DVP (20.-22. März) noch einmal eine taktische Wende vollzog, indem er eine Regierung gegen oder ohne die SPD als auf Dauer kaum möglich bezeichnete.71 Eine Woche später bereits stürzte das Kabinett Müller über Meinungsverschiedenheiten in der Finanzierung der Arbeitslosenversicherung.72 Der Bruch der Großen Koalition am 27. März 1930 stellt, rückblickend betrachtet, eine grundlegende politische Weichenstellung dar. Wie zu zeigen ist, bedeutete er aber im unmittelbaren zeitgeschichtlichen Zusammenhang noch nicht das unwiderrufliche Ende der parlamentarischen Demokratie in Deutschland.73

3. Präsidialsystem und personelle Alternativen Mit der konservativen Wende zum autoritären Staat und einer vom Parlament weitgehend abgelösten Exekutive erlangte das Amt des Reichspräsidenten eine politische Schlüsselstellung.74 Der Inhaber des Amtes, Generalfeldmarschall von Hindenburg, hatte schon im Jahre seiner Wahl 1925 einer Delegation des Reichsverbandes der Deutschen Industrie gegenüber zu erkennen gegeben, daß eine ,,stärkere Anwendung des Artikel 48 auf der Grundlage eines Ermächtigungsgesetzes“ angesichts der „Not der Zeit“ durchaus von ihm unterstützt werde. 75 Die Stabilisierungsphase der Republik bedeutete nur einen Aufschub dieser Pläne, denn schon eine Woche nach dem ,,Schwarzen Freitag“ an der New Yorker Börse vom Oktober 1929 wußte Martin Blank, der politische Vertreter der GHH in Berlin, zu vermelden, daß angesichts „der fortschreitenden Verschlechterung der Lage . . . natürlich auch wieder die Rede von einem ,HindenburgKabinett' mit Ermächtigungsgesetz“ sei. Freilich, so Blank, erscheine dieser Plan ,,im Augenblick . . . nicht so sehr aktuell“, sondern es werde „wohl noch einer weiteren Zuspitzung der Lage bedürfen, ehe diese Frage akut wird“. 76 Das System der Präsidialregierungen 1930-33 wies der Reichswehr als der Garantin einer parlamentarisch nur unvollkommen legitimierten Herrschaft eine Schlüssclrolle zu77, die ihr politischer Kopf, General Kurt von Schleicher, überaus geschickt zu nutzen wußte. Sein Handlungsspielraum wuchs mit der Anwendung des Artikel 48 WRV und einer von der parlamentarischen Basis abgehobenen, nur vom Vertrauen des Reichspräsidenten getragenen Regierung fast automatisch.78 Da die Verfassung die politische Ingerenz der Reichswehr aber nicht abdeckte, war die Intrige als Methode gleichsam vorgegeben. Dies zeigte sich bereits beim Sturz Hermann Müllers: Der Adjutant Schleichers, Noeldechen, hatte in einer internen Studie die Ablösung der Großen Koalition und die Ersetzung 57 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

durch ein Hindenburg-Kabinett unter Brüning79 als Reichskanzler „mit dem Auftrage, ohne Befragung der Fraktionen und ohne irgendwelche Koalitionsbindungen eine Regierung von Persönlichkeiten zu bilden, die bereit sind, die wirtschaftliche und finanzielle Sanierung ohne Rücksicht auf Parteien und Länder80 durchzuführen“, schon im Januar 1930 präzise vorgezeichnet.81 Die Reichswehrfuhrung ging dabei davon aus, daß sich die „gesamte Grüne Front“ sowie „Industrie-, Bank- und Handelskreise“ hinter diese Regierung stellen würden.82 In Heinrich Brüning hatte Schleicher die Person gefunden, die bereit war, die Wiedererrichtung eines autoritären Staates und einer vom Parlament weitgehend unabhängigen Regierung in die politische Praxis umzusetzen. Vom Selbstverständnis her gelangte Brüning nie über das Bewußtsein hinaus, sein Amt im Auftrage des Reichspräsidenten83 und in Verpflichtung der ihm anvertrauten Mission zu fuhren. Hier liegt auch der eigentliche Schlüssel zum Verständnis seiner posthum erschienenen Memoiren,84 die im Grunde eine verspätete Rechtfertigungsschrift gegenüber jener konservativ-aristokratischen Führungsschicht darstellen, die Brüning berief und, wie dieser subjektiv zu Recht empfand, unverdientermaßen kurz vor Erreichen des Ziels fallen ließ. Die äußerliche Verselbständigung der Brüningschen Politik 1930/31 widerspricht diesen Rahmenbedingungen nicht: Brünings Handlungsspielraum umfaßte nur Methode und Taktik der Restaurationspolitik; über die in der Verfassung festgeschriebene Richtlinienkompetenz verfugte dieser Reichskanzler aber sicher nicht.85 Während Brünings Vorstellungen auf die Errichtung einer konstitutionellen Monarchie zielten,86 vertrat der insbesondere von der Industrie protegierte frühere Reichskanzler Hans Luther ein in der Tendenz nicht unähnliches, aber doch eher diffuses Konzept eines autoritär-elitären Systems.87 Der 1927/28 gegründete „Bund zur Erneuerung des Reiches“ (BER),88 auch „Luther-Bund“ genannt, hatte über die Vorbereitung der „Reichsreform“ hinaus vor allem die Aufgabe, Luther als Kandidaten einer zukünftigen Rechtskoalition aufzubauen.89 Versuche Paul Reuschs, Luther in der Nachfolge Stresemanns zum Parteiführer der DVP zu machen, hatten im Dezember 1929 zwar keinen Erfolg,90 aber die Übernahme der Rcichsbankfuhrung im März 1930 schaffte eine Plattform, von der aus die Rückkehr in die Regierungsverantwortung vollzogen werden sollte. Gegenüber dem befreundeten Journalisten Dr. Walter Jänecke91 erklärte Luther am 9. März 1930, daß die Zeit für ein „Kampfkabinett“ unter seiner Führung noch nicht gekommen sei, denn „Brüning dränge zur Regierung, erst wenn er erledigt sei, sei die Bahn frei.“ Das Amt des Reichsbankpräsidenten verschaffe ihm, Luther, die Stellung eines „finanziellen Beraters“ gegenüber dem Kabinett, wobei er sich als „politischer Vertrauensmann der Wirtschaft“ verstehe.92 In der Tat hatten zahlreiche Persönlichkeiten aus Bank- und Industriekreisen, u. a. Paul Reusch, Gustav Krupp und J . 58 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Goldschmidt, Luthers weitgesteckte Ziele gebilligt und ihn in der Übernahme zunächst der Reichsbankfuhrung bestärkt.93 Das Verhältnis von Brüning und Luther während der Jahre 1930 bis 1932 war zumindest bis zur Bankenkrise im Sommer 1931 von einer subtilen Rivalität bestimmt.94 Luther, als der Politiker in ,,Reserve“, stand bereit, einen scheiternden Brüning abzulösen, ohne dabei wirklich alternative Konzepte im wirtschaftlichen oder politischen Bereich anbieten zu können.95 Die sachliche Differenz bestand im wesentlichen darin, daß Luther auch nach außen hin gegen Parlament und Sozialdemokratie regieren wollte, dabei aber anerkannte, daß Brüning zunächst notwendige unpopuläre Vorarbeiten erledigen mußte.96 Dieser Brüning-Luther-Konzeption der pragmatischen, etappenweisen Restauration stand die Radikallösung der ,,Nationalen Opposition“ gegenüber, die jeden Kompromiß ablehnte. Während die Hugenbergsche Variante der intransigenten Opposition bei der Industrie insbesondere wegen ihrer einseitig agrarischen Orientierung auf weitgehende Verständnislosigkeit stieß,97 fand eine ,,Katastrophenpolitik“, wie sie Hjalmar Schacht98 verstand, zunehmenden Beifall. Schacht verkörperte für die Großindustrie seit seiner Harzburger Rede im Herbst 1931 die faschistische Krisenlösung und fungierte im Frühjahr 1932 als wichtige Schaltstelle in der Annäherung an den Nationalsozialismus.99 Eher noch als Brüning und Hitler bildeten Luther und Schacht die eigentlichen Pole der politischen Orientierung der Industrie zwischen autoritär-elitärem und bonapartistisch-faschistischem System. Ein in Methode und Zielrichtung übereinstimmendes Restaurationskonzept der Republikgegner lag 1929/30 nicht vor. Gleichwohl herrschte im rechts-konservativen Lager ein weitverbreiteter Konsensus, daß der Hauptfehler der deutschen Entwicklung seit 1918 im parlamentarischdemokratischen System an sich und insbesondere der politischen Mitverantwortung von Sozialdemokratie und Gewerkschaften begründet liege.

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IV. Politische Offensive und bürgerliche Sammlung im Sommer 1930 1. ,,Hinein in die Politik'' Die Großindustrie, an Krise und Auflösung der Weimarer Koalition nicht unbeteiligt, begegnete der im Frühsommer 1930 zunehmend in Bewegung geratenden politischen Landschaft mit einer wohlabgestimmten Offensivstrategie. Hinter dem jetzt wiederholt propagierten Schlagwort ,,Politik ist Schicksal·', 1 verstanden als Antithese zu dem Rathenau-Wort ,,Wirtschaft ist Schicksal·',2 stand kaum verhüllt der politische Führungsanspruch des Unternehmertums, den der Hauptgeschäftsfuhrer des Langnam-Vereins, Max Schlenker, wie folgt präzisierte: „Nach unserer Überzeugung kann es nur wieder aufwärts gehen, können Wirtschaft und Staat nur dann wieder in geordneten Bahnen wirken und arbeiten, wenn der deutsche Unternehmer . . . nunmehr auch politisch in die Bresche springt und sich den ihm gebührenden Platz am Steuer des Staates sichert.“3 Bereits Ende Januar 1930 hatte Paul Reusch dazu aufgerufen, gegen die „unselige Zersplitterung“ der bürgerlichen Kräfte mit ,,aller Macht anzukämpfen'*, da ,,mit uns das deutsche Volk verloren'' sei, ,,wenn wir nicht endlich hinter die Vertretung unserer wirtschaftspolitischen Belange das notwendige Gewicht an innerpolitischer Durchschlagskraft stellen können.“ 4 In Anknüpfung an alte Pläne von 19235 verlangte Reusch die konsequente politische Instrumentalisierung des DIHT, der wegen seiner spezifischen Organisationsstruktur vor allen anderen Industrieverbänden dazu aufgerufen sei, den Forderungen der Wirtschaft gegenüber dem Staat die benötigte Stoßkraft zu verleihen.6 Das öffentliche Signal7 zur politischen Offensive des Unternehmertums setzte die 58. Mitgliederversammlung des Langnam-Vercins am 4. April 1930: Springorum, Schlenker und Silverberg forderten zum aktiven Eingreifen in den politischen Entscheidungsprozeß auf. Während der neue Vorsitzende des Langnam-Vereins, F. Springorum, die Notwendigkeit eines geschlossenen Vorgehens der Industrieverbände und der von der Wirtschaft in die Parlamente entsandten Persönlichkeiten betonte,8 regte Schlenker an, den großen Unternehmungen einen „politischen Direktor'' beizuordnen, „dessen Aufgabe darin zu bestehen hätte, nach aller Möglichkeit zu verhindern, daß durch die Politik mit einem Schlage wieder alles 60 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

weggewischt wird, was in zähem Ringen und durch Einsatz aller Fähigkeiten auf technischem und kaufmännischem Gebiet erreicht wurde“. 9 Silverberg, der die Rednerliste abschloß, lenkte demgegenüber die Aufmerksamkeit auf das „ungelöste'' Preußenproblem. Die „Überspannung der Demokratie“, die sich auch in Form eines zu partikularistischen Reichsaufbaus äußere, verlange nach einer ,,organisatorische[n] Änderung“, nämlich, so Silverberg weiter, ,,daß an die Grundlagen unseres Staatsseins, an die Verfassung, an die Organisation des Staates im ganzen herangegangen werden muß“. 10 Der politische Hintergrund dieses Ansatzes war offensichtlich: Solange in Preußen eine sozialdemokratisch geführte Regierung amtierte, waren Legislative und Exekutive des Reiches, auch nach dem Sturz der Großen Koalition, nicht in dem gewünschten Maße autonom und unabhängig vom „Renten- und Verteilungsmarxismus“ sozialdemokratischer Provenienz.11 Da entscheidende parlamentarische Veränderungen in Preußen nicht möglich schienen, bot sich nur der Ausweg der „Verfassungsreform“, wie sie auch vom „Bund zur Erneuerung des Reiches“ (BER) angestrebt wurde. 12 Nach Vordiskussion im DIHT und Langnam-Verein griff der Reichsverband im Rahmen der Hauptausschußsitzung vom 23. Mai 1930 das Thema „Wirtschaft und Politik“ auf.13 In einer programmatisch gehaltenen Erklärung rechtfertigte der Präsident des RDI, Duisberg, die sich verstärkende politische Aktivität der Industrie mit dem Umstand, daß seit dem „Umsturz“ von 1918 die „letzte Entscheidung in wirtschaftlichen Dingen“ in die „Hände der Massen“ gelegt worden sei, während vor der Revolution „ein gut geschulter und sachkundiger Beamtenapparat vom Gesichtspunkte des Gemeinwohls aus die Staatsaufgaben zu lösen versuchte.“ In der modernen Demokratie sei die Ebene der „Sachlichkeit“ verlassen und mit der der „Politik“ vertauscht worden. Daraus folge die unumgängliche Notwendigkeit, daß „die Wirtschaft mit allen zu Gebote stehenden Mitteln aktiv handelnd in die Politik eingreift und so aus der Sphäre der Warner und Mahner zur Selbsthilfe und aktiven Tat fortschreitet . . . Es gilt, in aktiver politischer Arbeit für die Durchsetzung und Berücksichtigung wirtschaftlicher Notwendigkeiten bei politischen Entscheidungen zu kämpfen.“14 Durchaus in Anknüpfung an den „temperamentvollen Vorstoß“ des Langnam-Vereins und dessen „Heroldsruf'vom 4. April 193015 forderte Duisberg das industrielle Unternehmertum auf, „sich noch viel mehr als bisher eine zuverlässige Querverbindung“ in der Politik zu sichern. Insofern mit dem Langnam-Verein übereinstimmend, lehnte Duisberg es allerdings eindeutig ab, den Reichsverband oder eine andere Spitzenorganisation „direkt“ einzuschalten oder in einem Sinne zu politisieren, wie es Paul Reusch für den DIHT verlangt hatte.16 Nicht auf der Ebene des Reichsverbandes könne die „Querverbindung“ zwischen Wirtschaft und Politik geschaffen werden, sondern jede Persönlichkeit, die in der Wirtschaft 61 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Verantwortung trage, müsse sich selbst um aktiven politischen Einfluß, d. h. um ein Mandat im Gemeinderat, Kreistag, Provinzialausschuß, Landtag oder Reichstag bemühen. Nur so sei es möglich, daß ,,in der Politik wirtschaftliche Angelegenheiten von wirtschaftlichen Sachverständigen maßgeblich beeinflußt werden“ könnten.17 Wenn Duisberg die Wurzel des Übels auch vornehmlich in der „modernen Demokratie“ zu erkennen glaubte, so sprach er sich mit seinem Aufruf zu verstärktem persönlichen Engagement ,,im Rahmen unserer heutigen Staatsverfassung“ jedoch nicht eindeutig für eine Systemüberwindung der ungeliebten Republik aus. Der Präsident der VDA, Borsig, betonte, daß es über die Vorschläge Duisbergs hinaus notwendig sei, einen Weg zu suchen, ,,auf dem wir mit den Politikern aller bürgerlichen Parteien Fühlung gewinnen in der Weise, daß diese nicht nur die Wünsche der Verbände ohne eigene Stellungnahme entgegennehmen, sondern gezwungen werden, die bei ihnen und ihren Fraktionen bestehenden Bedenken darzulegen, damit wir auch Gelegenheit haben, diese zu zerstreuen oder gemeinsam mit den Politikern der verschiedenen Fraktionen einen Weg des erträglichen Kompromisses zu suchen.“18 Als Lösungsmodell hatte Borsig dabei die Einrichtung eines „interfraktionellen Gremium[s] für wirtschaftspolitische und sozialpolitische Fragen“ beim RDI und der VDA im Auge. 19 Bei der Arbeit dieses „Parlamentarischen Ausschusses“, dessen Abgeordnete von den Wirtschaftsverbändcn(!) gewählt werden sollten, müsse im Interesse „sachgerechter“ Entscheidungen eine „klare Scheidung“ zwischen wirtschafts- und sozialpolitischen auf der einen und parteipolitischen Fragestellungen und Argumentationen auf der anderen Seite vollzogen werden. Dabei gehe es nicht um theoretische Diskussionen, sondern um die Findung von „praktischen Lösungen“, die die Entscheidung des Parlaments vorformten. Hier komme es auf das Geschick der Persönlichkeiten aus der Industrie an, im Sinne ihrer Vorstellungen auf die Abgeordneten einzuwirken. Borsig hielt es darüber hinaus sogar für möglich, zu erreichen, daß die Abgeordneten, die in diesen Ausschuß gewählt sind, „die moralische Verpflichtung fühlen, an allen Sitzungen teilzunehmen“, wobei denjenigen, die sich den Sitzungen fernhalten, „nachdrücklich zum Bewußtsein“ gebracht werden müßte, „daß sie in der Zukunft für die Spitzenverbände als Wirtschaftsvertreter nicht mehr existieren“. Es sei dann auch denkbar, daß bei den Parteien selbst das „lebhafteste Interesse“ entstehen könne, in diesem Ausschuß vertreten zu sein. 20 Silverberg, der abschließend das Wort ergriff, hielt Borsig entgegen, daß die Idee einer solchermaßen fest institutionalisierten und straff geführten Lobby-Organisation an der politischen Wirklichkeit vorbeigehe.21 Wenn die Wirtschaft tatsächlich politischen Einfluß gewinnen wolle, bleibe keine Alternative, als „persönlich in die Parteipolitik hineinzugehen“. Auch die „Politisierung“ des RDI biete keine Lösung: „Daß unsere Verbände objektiv bleiben müssen, ist eine Existenzfrage für sie: wir sind objektiv 62 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

oder wir sind überhaupt nicht.'' Dabei war für alle Versammelten klar, daß die hier gemeinte „Objektivität“ sich darauf reduzierte, von Verbandsseite eine feste politische Option für eine bestimmte Partei im bürgerlichen Lager nach Möglichkeit zu vermeiden. Im Gegensatz zu Duisberg boten für Silverberg jedoch nicht die Parlamente den eigentlichen Ansatzpunkt für das „Hinein in die Politik“, sondern vielmehr die Exekutive, „wo wir unendlich viel wirken können“. Wenn auch ein Mitwirken in der Parteiarbeit notwendig bleibe, komme es doch vor allem darauf an, „in die kleinen Gremien der Selbstverwaltung und der übrigen Verwaltungen ein[zu]dringen und da unsere korrigierende Stimme und unsere korrigierende Hand mit aller Energie und Rücksichtslosigkeit ein[zu]setzen.“22 Eine Bestätigung dieses Ansatzes erhielt Silverberg von der Fachgruppe Bergbau im RDI, die ihm beipflichtete: „Die einzige Art, das Problem praktisch anzufassen, ist die Methode des Hinein in die Politik', und gerade da, wo man im engeren Bezirk Einfluß nehmen kann. Die Demokratisierung unseres Parteiwesens ist so fest, daß nur der letzten Endes Einfluß hat, der praktisch an der Front mitarbeitet. Unsere Industriellen verfallen in den großen Fehler, zu glauben, daß sie mit dem Ausschreiben von Schecks für politische Fonds und für Wahlen und mit der Kritik an parlamentarischen Handlungen das an politischer Arbeit tun, was man von ihnen erwarten kann.“23 Das Votum der Fachgruppe Bergbau unterstreicht andererseits, daß die im Frühjahr 1930 auf höherer Reichsverbandsebene diskutierten Strategien einer politischen Offensive der Großindustrie von der Existenz eines nach wie vor funktionierenden parlamentarischen Systems ausgingen. Dieser Pragmatismus war allerdings durchaus ambivalent: Nicht dazu im Widerspruch stand, weitergehende verfassungspolitische Zielvorstellungen anzusprechen, die eine tendenzielle Überwindung des Weimarer Kompromisses beinhalteten.24 So gesehen, zeichnete sich ein deutliches Spektrum ab, das vom RDI über den Langnam-Verein bis zum „Verband Sächsischer Industrieller“ (VSI) reichte. Während die Reichsverbandsführung den „Rahmen unserer heutigen Staatsverfassung“ als verbindlich für ihre Operationen ansah,25 forderte der schwerindustriell dominierte Langnam-Verein eine tiefgreifende Verfassungsrevision,26 die im einzelnen freilich nicht exakt definiert war. Als Vertreter einer überwiegend mittelständisch strukturierten Industrie verfocht der Vorsitzende des VSI, Wittke, die radikalste Linie:27 Seine vielzitierten Ausführungen auf der Mitgliederversammlung des RDI am 12. Dezember 1929 in Berlin beleuchteten, auch wenn ihnen eine verbindliche Repräsentativität fehlte, schlaglichtartig die gesamte Szenerie: ,,Ist das Parlament seiner Aufgabe nicht gewachsen, kann es sie nicht meistern, dann wird gar nichts anderes übrig bleiben, als wieder einmal, wie es ja bereits 1923/24 der Fall gewesen ist, sich auf das Gebiet der Verordnungen zu begeben, was im übrigen eine durchaus zulässige, verfassungsmäßige Sache ist. Man muß 63 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

versuchen, durch Verordnungen den Zustand zu schaffen, den die fehlende Gesetzgebung nicht schaffen kann. - Ich stehe durchaus nicht isoliert da, wenn ich sage: ein Ermächtigungsgesetz kann vielleicht noch die einzige Hilfe sein, die uns aus diesem Elend herausfuhrt.''28 Die großen politischen Alternativen waren damit bereits zu Beginn der Staats- und Wirtschaftskrise in Deutschland in ihren Umrissen angedeutet.

2. Die Reorganisation des RDI Die politische Offensivstrategie der Großindustrie war begleitet von personell-organisatorischen Veränderungen innerhalb der Führungsgremien des Reichs Verbandes. Durch die Neuschaffung eines ,, Engeren Präsidiums“ im Mai 1930 erfuhr der Verbandsapparat eine energische Straffung, welche die Zusammenarbeit zwischen Geschäftsführung und Präsidium optimieren und die Schlagkraft des RDI nach außen erhöhen sollte.29 Die für die Willensbildung und Entscheidungsfindung des RDI maßgebenden Organe entsprachen in ihrem Aufbau im wesentlichen einem pyramidenförmigen Schema.30 An der Basis befand sich die in der Regel jährlich einzuberufende Mitgliederversammlung, die dem Vorstand Entlastung zu erteilen hatte. Diese Versammlungen, die durchschnittlich von 2000-300031 Unternehmern besucht wurden, hatten in erster Linie Akklamationsfunktion und dienten der „öffentlichen Demonstration“.32 Bedeutsamer war der Hauptausschuß (HAS), der nur mehr aus 200 Mitgliedern bestand. Der HAS setzte sich entsprechend der Struktur des Reichsverbandes aus 140 von den Fachgruppen und 30 von den landschaftlichen Verbänden zu entsendenden Vertretern sowie aus 15 Repräsentanten von Einzelunternehmungen und 15 weiteren Einzelpersönlichkciten zusammen. Der Hauptausschuß bestellte den 105 Mitglieder zählenden Vorstand, der laut Satzung die Führung der Geschäfte überwachte und aus seiner Mitte das Präsidium wählte, dem 36 Personen angehörten. Das Präsidium des Reichsverbandes, ,,eine erlauchte Versammlung bekanntester Köpfe der Industrie“,33 hatte faktisch Entscheidungskompetenz in allen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung, soweit sie der offiziellen Billigung der Organe des RDI bedurften. Daneben konnten die Präsidialmitglieder ihren vorherrschenden Einfluß in den Präsidial- und Vorstandsbeiräten sowie den Sonderausschüssen, dem „elastischen Organisationsmoment“ 34 im Aufbau des RDI, geltend machen, in denen sie meist Schlüsselpositionen einnahmen. Die auf der Hauptausschußsitzung am 23. Mai 1930 beschlossene Neubildung eines ,,Engeren Präsidiums“35 beinhaltete mehr als eine bloße Reorganisation der Führungsspitze des RDI. Vordergründiges Ziel36 war zunächst, die Kooperationsbedingungen innerhalb des Reichsverbandes, 64 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

d. h. zwischen der ehrenamtlich tätigen Verbandsführung und der zur Verselbständigung neigenden Bürokratie, 37 zu verbessern. Dazu wurden dem Präsidenten jetzt fünf statt bisher zwei Stellvertretende Vorsitzende beigeordnet, die über genau festgelegte Zuständigkeitsbereiche verfügten. 38 Die maßgebende Entscheidungskompetenz des ,,Engeren Präsidiums“ wurde in einer schriftlichen Erläuterung zu Aufgaben und Funktionen des neuen Gremiums unterstrichen: Danach waren die Mitglieder des ,,Oberpräsidiums“ gehalten, ,,dem Vorsitzenden, dem Geschäftsführenden Präsidialmitgliede und dem Geschäftsführer jederzeit mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und auch in Fragen der Repräsentation zu unterstützen“. Die Geschäftsführung ihrerseits war verpflichtet, die Stellvertretenden Vorsitzenden des RDI in ,,allen wichtigen und bedeutsamen Angelegenheiten des Reichsverbandes . . . zu hören und auch bei Besprechungen in den Ministerien imd bei Beratungen der Spitzenorganisationen aufzufordern, teilzunehmen.“39 Im ,,Engeren Präsidium“, dessen satzungsmäßig nicht abgedeckte Sonderrolle gegenüber Präsidium, Vorstand und Hauptausschuß offiziell stets in Abrede gestellt wurde, 40 fielen fortan die wichtigsten Entscheidungen innerhalb des RDI und erfolgten die maßgeblichen Vorabsprachen über die Politik des Verbandes. Äußerlich wurde der Gang des Meinungsbildungsprozesses von oben nach unten auch schon dadurch verdeutlicht, daß das ,,Engere Präsidium“ in der Regel eine halbe Stunde vor der Sitzung des Gesamtpräsidiums zusammentrat,41 und die Präsidialsitzungen selbst, meist am Vormittag gelegen, den am Nachmittag stattfindenden Sitzungen des Vorstands bei jeweils gleicher Tagesordnung vorausgingen. Die personalpolitischen Entscheidungen im Frühjahr 1930 hatten durchaus programmatischen Charakter: So manifestierte sich in der personellen Zusammensetzung des ,,Engeren Präsidiums“ ein gemäßigter Kurs, der auch als bewußte Abgrenzung gegenüber dem radikalen Lager innerhalb der Schwerindustrie verstanden werden konnte. Während im LangnamVerein der deutschnational orientierte Friedrich Springorum den im Gesamtspektrum eher gemäßigten Paul Reusch im Vorsitz ablöste,42 fand die Ruhrindustrie in der neuen Führungsspitze des RDI keinen ihrem wirtschaftlichen oder politischen Gewicht entsprechenden Platz. Als einziger Vertreter des ,,Westens“, wenn diese Kategorisierung in diesem Zusammenhang überhaupt möglich ist, rückte Paul Silverberg ins „Enge Präsidium“ auf. Personelle Alternativen aus der Schwerindustrie waren dabei in Absprache mit dem Geschäftsführenden Präsidialmitglied Kastl durch eine Scheinkandidatur Paul Reuschs von vornherein ausgeschaltet worden.43 Die übrigen stellvertretenden Vorsitzenden Frowein, Kraemer und Müller-Oerlinghausen44 gehörten der verarbeitenden Industrie an (Textil und Papier) und vertraten einen realpolitischen Kompromißkurs. 45 Der politische Stellenwert der Zusammensetzung der neuen RDI-Führungsspitze war somit unverkennbar: Im „Engeren Präsidium“ waren jene 65 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Industriellen versammelt, die die von Silverberg 1926 verkündete „Anerkennung der heutigen Staatsform“ aktiv vertraten. Der reformorientierte, kompromißbereite Unternehmerflügel hatte sich damit unter der Führung Duisbergs und Kastls im Spitzengremium des RDI eine wirkungsvolle Plattform geschaffen, von der aus einer Katastrophenpolitik, wie sie von Teilen der mittelständischen und schwerindustriellen Unternehmerschaft verfolgt wurde, wirksam entgegengetreten werden konnte.46 Innerhalb des Reichsverbandes wurden die Führer der Opposition nicht nur bei der Besetzung des ,,Engeren Präsidiums“ übergangen, sondern auch aus anderen Organen ausgeschaltet. Während Ernst Brandi in seiner Eigenschaft als Vorsitzendem des „Vereins für Bergbauliche Interessen“ kompensatorisch ein Platz im Präsidium zugestanden wurde, „rückten“ Fritz Thyssen, Ernst Poensgen und Gustav Krupp in den Senat „auf*.47 Da dem Senat, dem sonst nur noch die Industriellen v. Siemens, Fischer und Rosenthal angehörten, zugleich mit Entzug des bisher verbrieften Stimmrechts auf Präsidialebene jede Funktion genommen wurde, 48 war die Wahl in dieses Gremium gleichbedeutend mit der »Kaltstellung1 in der aktiven Verbandspolitik. Offener Widerstand gegen diese Umgruppierung im Reichsverband kam nur von Clemens Lammers,49 hinter dem offenbar Kreise um Hermann Bücher und Gustav Krupp standen. Thyssen hatte sich zuvor telegraphisch aus Wien gemeldet, um eine Verschiebung der Wahlen vom 23. Mai zu erreichen.50 Nach der Erfolglosigkeit ihres Einspruchs legten Lammers und Bücher demonstrativ die Mitgliedschaft im wichtigsten Sonderausschuß, dem Präsidial- und Vorstandsbeirat für Allgemeine Wirtschaftspolitik, nieder. Die latenten Spannungen zwischen Reichsverband und westlicher Industrie mündeten bereits hier in einer deutlich erkennbaren Polarisierung. Der Versuch, im Herbst 1931 nach dem altersbedingten Rücktritt Duisbergs durch die Wahl Krupps zum neuen Präsidenten des RDI eine feste Klammer zwischen den Industrieflügeln zu schaffen, war schon vom Ansatz her problematisch. Die substantiellen Divergenzen konnten nicht grundlegend ausgeräumt werden, so daß die Auseinandersetzung in die Verbandsfuhrung selbst getragen wurde. Der schon früher angelegte, aber insbesondere nach dem Amtsantritt Krupps zum Tragen kommende Gegensatz innerhalb der Bürokratie des RDI zwischen dem Geschäftsfuhrenden Präsidialmitglied Ludwig Kastl für die verarbeitende Industrie auf der einen und dem Geschäftsführer Jacob Herle für die Schwerindustrie auf der anderen Seite stellte für die Integrationskraft des Reichsverbandes eine besondere Belastung dar, konnte die Position des RDI als der gesamtindustriellen Spitzenorganisation aber nicht ernsthaft gefährden.

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3. Bürgerliche Sammlung, Gewerkschaften und Große Koalition Die Aktionen der Industrie im Rahmen ihres neuen Offensivkonzepts vom Frühjahr 1930 konzentrierten sich zunächst auf die Neuformierung der bürgerlichen Parteien und deren Zusammenschluß in einer ,,Arbeitsgemeinschaft der Mitte“. 51 Durchaus am pragmatischen Ansatz des ,,Hinein in die Politik“ orientiert, ging es darum, das nach der Sprengung der Großen Koalition entstandene Vakuum zu füllen und die konservativautoritäre Kurswende politisch dauerhaft abzusichern. Der im Dezember 1929 einsetzende Versuch einer „Bürgerlichen Sammlung“ 52 kam nach einigen spektakulären Anfangserfolgen, zu denen die Abspaltung der Treviranus-Gruppe von der DNVP, die Umorientierung der DVP unter Scholz und nicht zuletzt der Sturz der Regierung Müller zählten, allerdings schon recht bald ins Stocken. Die strategisch-taktischen Divergenzen im bürgerlichen Lager versagten den insbesondere von Paul Reusch mit aller Energie betriebenen Versuchen,53 ,,das nichtmarxistische Bürgertum zu einer gemeinsamen Front zusammenzufassen“,54 den erhofften Erfolg. Anfänglicher Euphorie folgte Ernüchterung und Ratlosigkeit. Zwar war die Ausschaltung der Sozialdemokratie, das vermeintliche Hindernis einer am industriellen Interesse orientierten Politik, gelungen, aber eine akzeptable Alternative im Sinne einer arbeitsfähigen Reichstagsmehrheit schien bereits im Mai 1930 nicht mehr zu gewinnen zu sein. 55 Grundsätzlich boten sich nur zwei Wege: Entweder schwenkte die Wirtschaft voll auf den Kurs der insbesondere vom rechten Flügel der Schwerindustrie (Thyssen, Springorum, Vögler) ventilierten Strategie einer vom Parlament unabhängigen Regierung auf der Basis einer Notverordnungsdiktatur ein, oder es blieb der gewiß bittere Wiederbelebungsversuch einer Großen Koalition. Bereits in den ersten Tagen der Regierung Brüning hatte der „Centralverband des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes“ (Bernstein) gegenüber der westlichen Industrie deutlich gemacht, daß eine vorzeitige Reichstagsauflösung ,,unter allen Umständen“ vermieden werden müsse und einer antiparlamentarischen Regierungsfuhrung insbesondere mit Rücksicht auf die amerikanischen Dollarkredite nicht zugestimmt werden könne.56 Auch in Konsequenz dieses Zusammenhangs formierten sich nach dem vorläufigen Scheitern der „Bürgerlichen Sammlung“ die gemäßigten Kräfte der Industrie und suchten nach neuen Wegen einer parlamentarischen Lösung der Krise. Wie der politische Beauftragte der GHH, von Gilsa mit Bedauern zu berichten wußte, „hört man leider schon wieder allzu oft das Wort von einer kommenden ,Großen Koalition*“. Es sei bemerkenswert, so von Gilsa weiter, ,,daß einer der prominentesten Wirtschaftsführer des Industrie-Reviers bei einer Besprechung sich ganz offen dahin ausgedrückt haben soll, die nötigen Finanz-, Steuer- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen seien doch nur mit Unterstützung der Sozialdemokratie durchzuführen.“57 Anscheinend war damit Silverberg 67 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

gemeint, der seit 1926, der berühmten Dresdener Rede, als Hauptverfechter dieses Gedankens galt. 58 Diese Überlegungen, die auch von anderer Seite bestätigt wurden, 59 fanden ihren konkreten Ansatzpunkt in den im Mai/Juni 1930 aufgenommenen Kontakten zwischen den Spitzenverbänden der Wirtschaft und den Gewerkschaften.60 In Wiederanknüpfung an den Zentralarbeitsgemeinschaftsgedanken von 1918 bemühte sich auf Initiative Hans von Raumers61 eine Kommission des RDI und der VDA zusammen mit den Gewerkschaften, eine Grundsatzerklärung zu den Prinzipien der künftigen Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik auszuarbeiten. Die Industrie hatte ihr Konzept zuvor mit Reichskanzler Brüning und Reichsarbeitsminister Stegerwald in einer getrennten Besprechung abgestimmt62 und verfolgte den Gedanken, die zu findende Übereinkunft mit den Gewerkschaften in betont demonstrativer Form als ,,Pfingstbotschaft“ durch den Reichspräsidenten verkünden zu lassen.63 Die eigentliche Brisanz dieser Verhandlungen lag darin, daß damit implizit die Rückkehr der Sozialdemokratie in die Regierungsverantwortung verknüpft war. 64 Diese, insbesondere vom ,,Engeren Präsidium'' des Reichsverbandes vertretene Linie stieß allerdings in Präsidium und Vorstand von RDI und VDA, wie sich im Rahmen der Sitzungen vom 3. Juni 1930 zeigte, auf deutlichen Widerstand.65 Während Kastl, Müller-Oerlinghausen, Frowein und von Raumer für die Fortsetzung der Gespräche mit den Gewerkschaften auf der Basis der bisherigen Verhandlungen eintraten und einen baldigen gemeinsamen Schritt gegenüber dem Reichspräsidenten befürworteten, opponierten Borsig, Braun, Blohm, Thyssen und Wittke gegen eine Verständigung mit der Arbeitnehmervertretung. Bücher und Vögler vermieden eine klare Stellungnahme, tendierten aber eher zur Zurückhaltung. Damit zeichnete sich in etwa das gleiche Spektrum ab, das schon im Zusammenhang der Dresdener Rede von 1926 deutlich geworden war. 66 Diesmal aber war es Silverberg, der vermittelnd eingriff und mit seinem Kompromißvorschlag, die Verhandlungen wohl fortzusetzen, aber gleichzeitig die Vorbedingungen zu präzisieren und zu bekräftigen, die aufgebrochenen Gegensätze im Industrielager oberflächlich zu überbrücken wußte. Nach Überarbeitung des Resolutionsentwurfs (wobei Borsig mit seiner Forderung, die Aufhebung der Verbindlichkeit von Schiedssprüchen mit im Text aufzunehmen, nicht durchdringen konnte)67 kam es am 6. und 13. Juni zu erneuten Verhandlungen mit den Gewerkschaften, die durchaus in einer ,,guten Atmosphäre“ verliefen.68 Zwar verhinderte die „überarbeitete“ Vorlage der Unternehmerseite das Zustandekommen eines gemeinsam gebilligten Grundsatzprogramms, aber die Fäden waren nicht abgerissen und die Basis für eine weitere Zusammenarbeit blieb gewahrt. In der diesen Verhandlungen folgenden Präsidial- und Vorstandssitzung von RDI und VDA am 13. Juni 193069 begrüßten insbesondere Borsig, Thyssen und 68 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Blohm das Scheitern einer gemeinschaftlichen Resolution mit den Gewerkschaften, während Frowein und von Raumer die Entscheidung der Arbeitgeber vom 3. Juni, nicht sofort zu einer Einigung mit den Vertretern des ADGB zu kommen, nachdrücklich bedauerten. 70 Immerhin aber passierte das gemeinsame Pressekommunique der Besprechungen vom 13. Juni, wonach Gewerkschaften und Unternehmer zur Überzeugung gekommen seien, „daß weitere Besprechungen der einzelnen praktischen Fragen zu einer Verständigung über positive Maßnahmen und zu nützlichen Ergebnissen für unser Volk fuhren können“, 7 1 ohne Widerspruch die Sitzung. Einer Fortsetzung der Verhandlungen stand damit zumindest grundsätzlich nichts im Wege. Die Präsidialsitzung selbst endete in einer offenen Kontroverse zwischen dem Geschäfts fuhren den Präsidialmitglied des RDI, Kastl, und dem Vorsitzenden des VSI, Wittke, der schon die Mitgliederversammlung des RDI vom 12. Dezember 1929 zum Anlaß genommen hatte, um von dieser Bühne aus in aller Öffentlichkeit nach der Errichtung einer Diktatur zu rufen. 72 Die Vorschläge Kastls zur Bilanzierung des Reichsetats lehnte Wittke mit der Begründung, es sei nicht Aufgabe des RDI, sich über Schwierigkeiten im Reichstag den Kopf zu zerbrechen, rundweg ab. Kastl, der die dahinter stehende Forderung nach einer ,Katastrophenpolitik' unter Ausschaltung des Reichstags wohl begriff, konterte in ungewohnter Schärfe: ,,Es ist nicht damit getan, daß ich dauernd schreie und schreie: die Ausgaben müssen gesenkt werden. Selbstverständlich ist es richtig, daß die Ausgaben gesenkt werden müssen. Aber ich muß doch auch die Kirche im Dorf lassen . . . Und ich garantiere Ihnen, Herr Wittke, wenn sie heute auf den Stuhl des Diktators des deutschen Reiches gehoben werden sollten und Sie werden vor die Frage gestellt, den Haushalt zu bilanzieren, dann sind Sie nicht in der Lage, an dem gegenwärtigen Haushalt, ohne die ganze Geschichte in Grund und Boden zusammenstürzen zu lassen, mehr als 100 Millionen mit sofortiger Wirkung zu sparen. Ich wollte, es könnte einmal das Exempel statuiert werden. Ich möchte denjenigen sehen, der an diese Stelle kommt. Es ist ganz unmöglich. Ich habe vorhin ausdrücklich gesagt: wenn man die parlamentarischen Möglichkeiten abwägt, dann kommt man etwa bis zu einer Größe von 100 Millionen. Wenn ich die Sache vom Piedestal der Diktatur aus ansehe, dann wird die Sache vorübergehend mit ungefähr 300 Millionen billiger werden. Aber ich garantiere Ihnen, nach 6 Monaten sehen Sie auf einmal gar keine Möglichkeit, die Sache anders zu machen.'' 73 Damit war zum Abschluß der Debatte unmißverständlich zum Ausdruck gekommen, worum es in den Verhandlungen mit den Gewerkschaften eigentlich ging: Es standen sich gegenüber die Konzepte der auf Kompromiß der Sozialpartner bemühten parlamentarisch-demokratischen und der auf Konfrontation und Klassenkampf gerichteten diktatorischen Lösung der Krise. Die Führung des Reichsverbandes, das „Engere Präsidium“, unterstützte dabei einmütig den Versuch und das Bemühen seines 69 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Geschäftsfuhrenden Präsidialmitglieds, der Regierung Brüning nicht zuletzt durch die Einbeziehung der SPD in die Regierungsverantwortung eine stabile parlamentarische Basis zu geben. Das galt schon nicht mehr, wie die Sitzung vom 13. Juni gezeigt hatte, für das Gesamtpräsidium; auch innerhalb der Geschäftsführung des Reichsverbandes bildete sich eine Opposition gegen den Verständigungskurs heraus, die sich um den langjährigen Geschäftsführer Jacob Herle scharte. Bereits Mitte Mai hatte Herle den Versuch unternommen, die Zusammenarbeit mit Gewerkschaften und Sozialdemokratie zu unterlaufen. In einer an führende Mitglieder des RDI gerichteten Anfrage griff Herle die Frage der Inseratenwerbung in SPDnahen oder gewerkschaftlichen Blättern auf74 und forderte, auch unter Bezugnahme auf einen Artikel Sydows im ,,Arbeitgeber'', 75 dazu auf, die „Frage klar und eindeutig zu beantworten, ob die deutsche Industrie sich ihre Metzger selbst großzüchten soll und darf.“ 76 Wie Herle in einem Rundschreiben vom 18. Juni 1930,77 also zur Zeit der intensiven Verhandlungen zwischen Industrie und Gewerkschaften, eingestehen mußte, hatte sich aber nur ein Teil der befragten Reichsverbandsmitglieder für eine zentrale Boykottaktion entschließen können, während die überwiegende Mehrheit auf die Unzweckmäßigkeit eines solchen Vorgehens hingewiesen hatte. Von besonderem Interesse erscheint dabei ein reformistisches Argument, das offenbar den Gedankengängen Silverbergs entstammt: ,,Wenn sozialdemokratische Blätter regelmäßige Einnahmen aus Industrie-Inseraten haben, so seien sie fortan an der Blüte der Industrie unmittelbar interessiert, was gewisse Auswirkungen haben könne, die der Reichsverband durch Einnahme einer Kampfstellung nicht unnötigerweise stören sollte.“ Die Aktion gegen eine Inseratenwerbung unterblieb, auch weil die Einsicht vorherrschte, daß ein solcher Versuch „politisch zweifellos mehr schaden als nutzen'' würde. 78 Mitte Juni 1930 jedenfalls schien es tatsächlich so, als gehe die Entwicklung, vorbereitet durch die Verhandlungen von Industrie und Gewerkschaften, wieder zur Großen Koalition hin. Dies bestätigt auch ein Bericht Blanks (GHH) vom 19. Juni 1930; dort heißt es: „Ich erhalte soeben aus vertrauenswürdiger Quelle [gemeint ist offenbar Reichsminister Treviranus] die Nachricht, daß die politische Entwicklung in Deutschland wieder auf die Große Koalition hintreibt. . . Man scheint sogar zu glauben, daß es möglich ist, den zur Zeit unzweifelhaft vorhandenen Widerstand des Reichspräsidenten gegen eine Wiederhereinnahme der Sozialdemokratie in die Reichsregierung überwinden zu können. Sollte diese Entwicklung sich tatsächlich vollziehen, so wäre darin ein außerordentlich großer Erfolg der Sozialdemokratie zu erblicken, die von sich würde behaupten können, daß das Kabinett Brüning den Beweis geliefert habe, daß es ,ohne die Sozialdemokratie nicht gehe' ''. 79

In einer Nachschrift konnte Blank noch mitteilen, daß am Abend des 19. Juni eine Besprechung Brünings mit Müller-Franken und Breitscheid stattgefunden habe, wobei folgende Möglichkeit diskutiert worden ist: 70 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

„Die Sozialdemokraten werden die Regierung am Leben lassen und auch gegebenenfalls einem Ermächtigungsgesetz zustimmen, wenn sie zwei Vertreter in die Reichsregierung entsenden [können].'' 8 0 Der Rücktritt des Reichsfinanzministers Moldenhauer am 20. Juni offenbarte das Dilemma der bürgerlichen Parteien noch deutlicher, so daß schließlich Silverberg in der Präsidialsitzung des RDI vom 25. Juni den entscheidenden Vorstoß wagte und, in offensichtlicher Abkehr von seiner im Dezember 1929 verfolgten Linie, nunmehr ohne jede Verklausulierung zur Wiederaufnahme der Großen Koalition aufrief: „politisch gedacht, ist für meine Auffassung das bedauerlichste Ereignis, daß wir durch den Sturz Hilferdings die Sozialdemokratie aus der Verantwortlichkeit für die Mißwirtschaft entlassen haben (Zustimmung), nicht, weil ich mir von Hilferding versprochen hätte, daß er, der an sich ein sehr verständiger und kluger Mann ist, . . . eine Ordnung des Etats herbeigeführt hätte. Aber er war der Exponent der Gesamtverantwortung von einem Drittel des Parlaments, von 152 Abgeordneten . . . Ob es aber gelingt, die Sozialdemokratie in die Verantwortung einzuspannen, das weiß ich nicht, ich will aber für meine Person sagen, daß meiner Ansicht nach hier jede Prestige-Politik, auch in unserem Kreise, beiseite gesetzt werden muß. (Sehr richtig!) Wenn die Sozialdemokratie wieder in die Regierung einbezogen würde und triumphierend schrie: man sieht wieder einmal, ohne uns geht es nicht, dann würde ich dieses Triumphgeschrei ruhig in Kauf nehmen und würde sie mit der Verantwortung für die Dinge belasten, die kommen müssen, denn, meine Herren, sie wird auch keinen anderen Weg gehen können als die Wege, die Wirtschaftspolitik und Finanzpolitik der gesamten Welt in einer Tradition von 100 Jahren ihr vorschreibt . . .“ 8 1 Silverberg griff damit bewußt auf die 1926 in Dresden entwickelte Konzeption zurück: Dies erforderte aber eine begrenzte Bereitschaft zum sozialpolitischen Kompromiß. In Übereinstimmung mit Kastl erteilte Silverberg so jeder , Katastrophenpolitik' im Kreise des RDI eine entschiedene Absage 82 und verlangte von Vorstand und Präsidium freie Hand, um im geeigneten Moment gegenüber der Regierung mit konstruktiven Vorschlägen zur Bilanzierung des Etats hervortreten zu können. Gegen den Widerstand Büchers und Wittkes (VSI) 8 3 ging Silverberg so weit, einer Erhöhung(!) der Einkommens- und Umsatzsteuer zuzustimmen, um die gefiirchtete ,,dette allemande“ und damit auch das Scheitern des YoungPlans abwenden zu können. 84 Silverberg war damit von der kompromißlosen Linie des Dezemberprogramms des RDI, wie es in der Denkschrift ,, Aufstieg oder Niedergang“ formuliert worden war, 8 5 sichtbar abgerückt. Die damals von ihm selbst vertretene Forderung nach einem „Finanzdirektorium“ Schacht stellte jetzt nur mehr die ,,ultima ratio“ der abgelehnten ,Katastrophenpolitik' dar, 8 6 der in jedem Falle die Neuauflage der Großen Koalition vorzuziehen sei. Trotz deutlich erkennbarer Widersprüche gelang es dem aufgeschlossenen Unternehmerflügel in den Sitzungen vom 2 5 . 6 . 1930, seine Position 71 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

durchzusetzen und dem „Engeren Präsidium“ den benötigten Handlungsspielraum für die Besprechungen mit Gewerkschaften, Sozialdemokratie und Regierung zu verschaffen. Angesichts dieser grundsätzlichen Entscheidung bedeutete die in einer Presseveröffentlichung vom 26. Juni 1930 vorgenommene „Klarstellung“ des Reichsverbandes zum bisherigen Verlauf der Gespräche mit den Gewerkschaften nicht das Signal zum Abbruch der begonnenen Zusammenarbeit,87 sondern war vielmehr als Versuch zu werten, die Verhandlungsposition der Unternehmervertreter weiter zu verbessern und gleichzeitig den Befürwortern einer Ausgleichspolitik mit der Arbeiterschaft im Präsidium und Vorstand des RDI den Rücken frei zu halten. Anfang Juli 1930 war damit eine relativ offene politische Situation gegeben, die die Chance zum Kompromiß bis hin zur Wiederaufnahme der Großen Koalition umfaßte. Wohl waren Widerstände deutlich bemerkbar, aber die Führung des Spitzenverbandes der deutschen Wirtschaft vertrat im Sommer 1930 unverkennbar das Konzept, eine Lösung der wirtschaftlichen und politischen Probleme im Rahmen der bestehenden Staatsordnung zu suchen.

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V. Die Reichstagswahl vom 14. September 1930 1. Die Auflösung des Reichstags vom 18. Juli 1930 Die im Juni 1930 sichtbar gewordene Bereitschaft der Großindustrie zu neuerlicher Zusammenarbeit mit Sozialdemokratie und Gewerkschaften wurde durch die Maßnahmenpolitik des amtierenden Reichskanzlers Brüning unterlaufen. Mit der nach außen hin überstürzten, trotzdem aber wohlkalkulierten Auflösung des Reichstags vom 18. Juli setzte Brüning ein Zeichen, das recht eigentlich den verhängnisvollen „Wendepunkt“ 1 auf dem Weg vom parlamentarisch-demokratischen zum autoritär-bürokratischen System bedeutete. Das Bemühen der Regierung ging gerade nicht dahin, eine tragfähige parlamentarische Mehrheit, wie sie u. a. der Reichsverband durch sein Kompromißprogramm möglich machen wollte, 2 für die im Reichstag eingebrachten Deckungsvorlagen zu finden,3 sondern der Kanzler verfolgte kompromißlos den vom Reichspräsidenten Hindenburg beim Amtsantritt erhaltenen „Auftrag“, 4 unter keinen Umständen die Sozialdemokratie erneut zur Regierungsbildung hinzuzuziehen.5 Nicht immanente „Sachzwänge“, unüberwindliche soziale Spannungen und politischer „Notstand“ führten zu Präsidialregime und Notverordnungsdiktatur, sondern die erklärte Absicht Brünings, 6 auf diesem Wege die schrittweise Restauration des alten obrigkeitlichen Systems zu vollziehen. Die Grundsatzentscheidung vom 18. Juli, nämlich ohne und gegen den Reichstag regieren zu wollen, wirkte unmittelbar auf das Verhältnis von Industrie und Politik zurück. Für den rechten, schwerindustriell bestimmten Unternehmerflügel wurde Brüning durch die unerwartete antiparlamentarische Kurswende, deren Ausnahmecharakter richtig erkannt wurde, nunmehr zu einer akzeptablen politischen Größe. Die Vorbehalte gegen die parlamentarische Bindung des Kabinetts, wie sie insbesondere von Springorum geltend gemacht worden waren, 7 erwiesen sich jetzt als gegenstandslos. Zudem versicherte Reichsminister Treviranus, der „Vertrauensmann“ der westlichen Industrie im Kabinett Brüning, 8 dem befreundeten Blank (GHH), daß auch nach den Reichstagswahlen im September nicht an eine Rückkehr zum parlamentarischen System zu denken sei: Es sei seine Überzeugung, „daß der nächste Reichstag überhaupt keine Grundlage für eine bürgerliche Mehrheitsregierung ergeben werde und daß man infolgedessen damit rechnen müsse, daß auch weiterhin außerparlamentarisch 73

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regiert werden müsse. Möglicherweise würden noch verschiedene Reichstagsauflösungen folgen. “ 9 Springorum gab jetzt sein Placet für die Vergabe von Wahlgeldern an die im Kabinett Brüning vertretenen ,,Richtungen'', machte die Unterstützung aber nicht zuletzt davon abhängig, in welchem Maße die Regierung ,,Entschlossenheit“ zeige, „auf dem Verordnungswege alle diejenigen Maßnahmen in Kraft [zu] setzfen], die parlamentarisch schon vorbereitet waren und denen nur der formale Akt der Annahme in der dritten Lesung fehlte.“10 Am 24. Juli suchten Blank und Dr. Erdmann (VDA) General von Schleicher, zu dieser Zeit Chef im Ministeramt des Reichswehrministeriums, auf, um, ,,soweit das noch erforderlich ist, für die durchgreifende Anwendung des Artikels 48 Stimmung zu machen.“11 Die Aussprache ergab, wie Blank nicht ohne Befriedigung konstatierte, ,,daß das Reichswehrministerium durchaus für eine möglichst weitgehende Anwendung des Verordnungsrechtes eingestellt ist.“ 12 Auch Geheimrat Kastl vom RDI, der am gleichen Tage eine ausführliche Besprechung mit Reichskanzler Brüning hatte, bat jetzt, nach der Ausschaltung des Reichstags, darum, daß die „Reformen“ der Sozialgesetze auf dem Verordnungswege durchgeführt würden. ,,Nichts“, so Kastl, ,,sei im Sinne einer richtigen Anwendung des Art. 48 zur Beseitigung des gegenwärtigen finanziellen und wirtschaftlichen Notstandes dringender als gerade das.“ 13 Andererseits machte Kastl aber starke Bedenken geltend, ,,mit obrigkeitlichen Maßnahmen“ eine Antikartellpolitik einzuleiten14 oder auf einen Preisabbau hinzuwirken. Die sozial- und ordnungspolitischen Implikationen des geforderten Notverordnungsrechts waren somit eindeutig am großindustriellen Interesse orientiert: Hier ging es nicht mehr um den gesellschaftlichen Kompromiß und um eine gleichmäßige Verteilung der Lasten der Krise, sondern um die Abwälzung auf diejenigen Schichten der Bevölkerung, deren politische Vertretung mit der Ausschaltung des Parlaments ihren Einfluß weitgehend eingebüßt hatte. Insgesamt gesehen, herrschte im industriellen Lager im Juli/ August 1930 weitgehende Übereinstimmung, daß das Kabinett Brüning die derzeit optimale politische Lösung darstelle. Die vor der Reichstagsauflösung vom 18. Juli von antiparlamentarisch orientierten Unternehmerkreisen diskutierten personellen Alternativstrategien, Brüning durch Luther oder auch Schacht ablösen zu lassen,15 hatten nun zumindest vorübergehend ihre Grundlage verloren. Jedenfalls versicherte der Hauptprotektor Luthers, Paul Reusch, daß er ,,bisher aus Kreisen der Wirtschaft keine Stimme gehört [habe], welche im gegenwärtigen Zeitpunkt es für wünschenswert hielte, Herrn Brüning durch Luther zu ersetzen; wohl aber wird daran gedacht, wenn - was wahrscheinlich - auch diese Regierung einmal abgewirtschaftet haben wird, Luther in den Sattel zu heben.“ 16 Damit war aber auch klar, daß das Kabinett Brüning nur als Zwischenstufe begriffen wurde: In der Vorbereitung der „Reformen“, wie sie u. a. im ,,Bund zur 74 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Erneuerung des Reiches“17 konzipiert worden waren, kam der jetzigen Regierung durchaus eine wichtige Übergangsfunktion zu: die schließliche Vollendung der erhofften konservativen Revolution sollte jedoch anderen Kräften vorbehalten bleiben. Nach dem 18. Juli und dem Auslaufen der Verhandlungen mit den Gewerkschaften und der Sozialdemokratie trat das Dilemma der zersplitterten Mittelparteien erneut in aller Schärfe hervor. Die intensiven Bemühungen der Industrie, die Sammlungspolitik einer ,,Krisennotgemeinschaft der Mitte“ 18 zu fördern und eine „bürgerliche Einheitspartei“ zu gründen, erwiesen sich abermals als erfolglos und scheiterten nicht zuletzt an den Interessengegensätzen innerhalb des Bürgertums. Der besonders engagierte Paul Reusch berichtete: ,,Ich fuhr [sofort nach der ReichstagsauflÖsung] nach Berlin und habe sowohl mit den Parteiführern als auch mit aktiven Parteiministern verhandelt und bei diesen Verhandlungen die stärksten Druckmittel angewendet, die überhaupt anzuwenden waren, um die einzelnen Parteigrößen zur Vernunft zu bringen. Das Ergebnis der Verhandlungen erschien nicht aussichtslos, als plötzlich Herr KochWeser mit der Gründung seiner Staatspartei dazwischen platzte. Dann machten sich im Landvolk wieder selbstherrliche Einflüsse geltend und der Plan der Gründung einer Einheitspartei mußte vorläufig begraben werden.“19 Während die DNVP unter Hugenberg an ihrem intransigenten Kurs einer ,,Nationalen Opposition'' festhielt und eher die in der Großindustrie noch durchweg abgelehnte Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten20 als den bürgerlichen Parteien suchte, 21 blockierte die Neugründung der ,,Deutschen Staatspartei“, wie Reusch richtig notierte, eine Kooperation zwischen DDP und DVP. Versuche, das Zentrum und die BVP einzubeziehen, wurden so erst gar nicht ernsthaft unternommen.22 Das ,,Engere Präsidium“ des Reichsverbandes machte in einem am 17. August in der Presse veröffentlichten Wahlaufruf23 deutlich, daß die gegenwärtigen wirtschaftlichen und finanziellen Probleme nur durch einen Reichstag gemeistert werden könnten, der über eine „arbeitsfähige Mehrheit“ verfuge. Dazu sei es „höchste Zeit, alle aufbauenden Kräfte zu sammeln und in einer Regierung zur Auswirkung zu bringen, die das Gebot der Stunde begreift und entschlossen ist, mit durchgreifenden Maßnahmen Ordnung in unsere Finanz- und Wirtschaftsführung zu bringen.“ Der Reichsverband erwarte deshalb von seinen Mitgliedern, daß sie ihre Unterstützung ,,durch Mitarbeit und Stimmabgabe“ nur solchen Parteien zuwendeten, ,,die auf dem Boden der Verfassung stehen und die unzweideutig für die Erhaltung und Entwicklung der Privatwirtschaft sowie für das Privateigentum eintreten.“24 Das Verlangen nach Verfassungskonformität der zu wählenden Parteien, das in einen zweiten Wahlaufruf vom 3. September erneut aufgenommen wurde, 25 und die erklärte Absicht, mit der Wahlentscheidung eine Fortsetzung der parlamentari75 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

schen Arbeit im Reichstag zu ermöglichen, unterstreichen nachdrücklich, daß das Führungsgremium des Reichsverbandes die prinzipielle verfassungspolitische Intention der Auflösung des Reichstags vom 18. Juli als einer Vorstufe zur Überwindung des demokratisch-parlamentarischen Systems bisher nicht nachvollzogen hatte. 2. Wahlergebnis und Koalitionsmöglichkeiten Die Reichstagswahlen vom 14. September 1930, notwendig geworden durch die vorzeitige Auflösung des Parlaments im Juli 1930, brachten für die Parteien der „bürgerlichen Mitte11 ein katastrophales Ergebnis. Der große Sieger dieser Entscheidung war die NSDAP, der es gelang, ihren Stimmenanteil von 2,6 auf 18,3% zu steigern und die mit nunmehr 107 Abgeordneten (zuvor 12) hinter der SPD (143 Mandate) die zweitstärkste Fraktion stellte. Das politische Spektrum hatte sich damit entscheidend verändert, fast die Hälfte der im Reichstag sitzenden Parlamentarier gehörte jetzt Parteien an, die Verfassung und Republik offen und entschieden bekämpften.26 Die unmittelbare Reaktion der Wirtschaft war weitgehend von Ratlosigkeit gekennzeichnet; die Verunsicherung durch den überwältigenden Erfolg der Nationalsozialisten führte zu Kursstürzen und Devisenverlusten, die sich bis Anfang Oktober immerhin auf 500 Mill. RM bezifferten.27 In den ersten Überlegungen zu den durch die Sitzverteilung im Reichstag vorgezeichneten Koalitionsmöglichkeiten schälten sich deutlich die beiden scheinbar einzig möglichen Alternativen heraus, wobei der von Brüning dann tatsächlich beschrittene Weg von Präsidialregime und Artikel 48 zunächst nicht in Erwägung gezogen wurde. Erich von Gilsa (GHH), der beim Sturz der Großen Koalition im Frühjahr 1930 eine nicht unmaßgebliche Rolle gespielt hatte, konstatierte nicht ohne Bitterkeit, daß das Bürgertum die Wahlschlacht ,,gegen den Sozialismus von rechts und links41 verloren habe. Da die Nationalsozialisten eine Politik betrieben, die nichts anderes sei als „Marxismus in Reinkultur“, sei eine Koalition nach rechts unmöglich. Es bleibe deshalb nur eine Große Koalition „neuer Auflage“, in welcher die Sozialdemokratie „maßgebenden Einfluß bekommt oder eine Art Weimarer Koalition, die noch weiter links stände.“28 Zur gleichen Lagebeurteilung gelangte Jakob Reichert vom VDEStI, einer der Hauptopponenten gegen den Silverberg-Kurs von 1926. Reichert hielt eine Regierungsbildung nach rechts, so erwünscht diese an sich sei, für ausgeschlossen, solange nicht die Nationalsozialisten „ihr halb sozialistisches und halb nebelhaftes Parteiprogramm“ aufgeben und „in wahrhaft konservativem Sinne“ arbeiten würden. Sollte die NSDAP, so Reichert, weiterhin „in ihrem Radikalismus mit den Kommunisten zusammengehen, dann bleibt nur eine Große Koalition übrig.“ 29 76 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Angesichts der zugespitzten Lage entschloß sich der RDI unmittelbar nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses zur direkten Aktion und verlangte vom amtierenden Reichskanzler in konsequenter Fortsetzung seiner Bündnisstrategie vom Sommer 1930 die Wiedererrichtung der Großen Koalition. Im Namen des Präsidiums der Spitzenorganisation der deutschen Wirtschaft intervenierte Geheimrat Kastl noch am Mittag des 15. September „aus Sorge um die weitere politische Entwicklung'' in der Reichskanzlei und wies gegenüber Staatssekretär Pünder mit aller Entschiedenheit darauf hin, daß der Reichsverband „absolut der Auffassung sei, daß die Regierung dafür sorgen müsse, ihr gutes Reformprogramm parlamentarisch im neuen Reichstag zu verankern. Das sei aber nach Lage der Dinge nur nach links hin möglich.'' Pünder reagierte ausweichend und entgegnete, daß es ihm ,,sehr zweifelhaft*4 sei, ,,ob eine große Koalition der alten Form möglich sei, da hiergegen doch von verschiedensten Seiten die schwersten Bedenken bestehen würden.**31 Auf Pressemitteilungen hin, daß eine Regierungskoalition nach rechts (unter Einschluß der NSDAP) möglich werden könne, meldete sich Kastl am Abend des 15. September erneut in der Reichskanzlei und unterstrich noch einmal eindringlich die Forderung des RDI nach einer Großen Koalition, zu der sich neben dem Präsidenten Duisberg sowie den Stellvertretenden Vorsitzenden Frowein, Kraemer, Müller-Oerlinghausen und Silverberg auch der Hamburger Bankier Max Warburg ausdrücklich bekannt hätten.32 Ein paralleler Vorstoß des preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun (SPD) machte den politischen Stellenwert der Reichsverbandsinitiative noch deutlicher. In einem Interview gegenüber der ,,United Press“ erklärte Braun: ,,Ich halte trotz dieses Wahlergebnisses weder die Verfassung, noch die öffentliche Sicherheit, noch den Kurs unserer Außenpolitik auch nur einen Augenblick für bedroht. Es ist ganz ausgeschlossen, daß die radikalen Parteien, die bei diesen Wahlen gewonnen haben, in die Lage kommen werden, ihre Regierungskonzepte praktisch zu erproben. Ich halte es vielmehr für sicher, daß eine große Koalition aller Vernünftigen sich zusammenschließen wird, um mit einer zweifellos ausreichenden Regierungsmajorität zunächst energisch alle Kräfte auf Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und auf die Verbesserung der wirtschaftlichen Existenzbedingungen der breiten Massen zu konzentrieren.''33 Eine parlamentarische Mehrheitsbildung im neuen Reichstag war also, trotz des enormen Stimmengewinns der NSDAP, durchaus möglich: Immerhin verfugten die Parteien der Großen Koalition mit ca. 300 Mandaten bei einer Gesamtzahl von 577 Abgeordneten über die absolute Mehrheit der Stimmen. Da zudem sowohl der Reichsverband als auch die SPD, trotz des von Brüning in ,,scharfer Frontstellung**34 geführten Wahlkampfes, die Bereitschaft signalisierten, in einer auf dieser Basis zu bildenden Regie77 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

rung verantwortlich mitzuarbeiten, schien sich eine parlamentarische Lösung der Krise anzudeuten.35

3. Brünings Konzept Brüning, an dem es nun lag, auf die verschiedenen Initiativen zu reagieren, sah jedoch in einer Großen Koalition einen der „größten Gefahrenherde des Augenblicks.'' 36 Sich seiner Gelassenheit rühmend, wies er die Vorstellungen des Ministerpräsidenten Braun und auch des Reichsverbandes der Deutschen Industrie zurück, weil, wie Brüning im nachhinein bekannte, das „für mich bei der Einstellung des Reichspräsidenten schon an sich ganz unmöglich“ war und dem Auftrage, keineswegs eine feste Koalition nach links einzugehen, widersprochen hätte.37 In der Ministerbesprechung vom 16. September, dem ersten Zusammentritt des Kabinetts nach der Reichstagswahl, ging Brüning folglich auf diese Möglichkeit gar nicht ein, sondern sprach nur davon, daß die „Verantwortung“ Hugenberg und Hitler aus „staatspolitischen Gründen“ ,jetzt“ nicht überlassen werden könne. 38 In der Kabinettssitzung vom 23. September betonte der Kanzler dann, daß die mit den Parteien notwendigen Verhandlungen nur unter dem Aspekt eines zu verabschiedenden Reformprogramms zu fuhren seien. 39 Die hinter dem vorsichtigen Lavieren des Kanzlers stehende Strategie erläuterte General von Schleicher in der ihm eigenen Präzision. Auf Anfrage Graf von Schulenburgs, der nur die alternativen Koalitionsmöglichkeiten der „Großen Rechten“ oder der „Reform mit den Linken“ sah40 (von einer abermaligen Auflösung des Reichstags abgesehen), legte Schleicher in Übereinstimmung mit Brüning41 einen Stufenplan vor, in dem die endgültige Abkehr vom parlamentarischen System hin zu Präsidialregime und Notverordnungsdiktatur exakt vorprogrammiert war. 42 Wie die unmittelbaren Reaktionen auf das Wahlergebnis bewiesen hatten, gab es im September 1930 gute Chancen für eine parlamentarische Regierungsbildung. In den ersten Wochen nach der Reichstagswahl galt daher das wichtigste Bemühen Brünings der Verbreitung einer „Notstandsideologie“, deren Durchsetzung auch deshalb so gut gelang, weil dies für die politischen Parteien, die durch die radikale Rechte und Linke zum Kompromiß einer „Großen Tolerierungskoalition“43 verurteilt waren, zweifellos den bequemsten Ausweg darstellte. Das galt auch für die Sozialdemokratie, die in der informellen Kooperation mit Brüning eher in der Lage war, ihre internen Spannungen zu überbrücken. Ausschlaggebend für das Scheitern einer Neuauflage der Großen Koalition blieb aber die Weigerung von Reichspräsident, Reichswehrführung und Reichskanzler, sich erneut mit der Sozialdemokratie zu verbinden. Keine drei Wochen 78 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

nach der Reichstagswahl jedenfalls konnte Reichsminister Treviranus, der schon im Juli eine parlamentarische Lösung der Krise ausgeschlossen hatte, 44 vermelden, daß die „sachlich notwendige Arbeit“ „mit oder ohne Reichstag“ durchgezogen werde; im übrigen beabsichtige er, sein Abgeordnetenmandat im Parlament auch deshalb niederzulegen, ,,da die Entscheidung in der Politik zweifellos nicht in diesem Reichstag fallen wird.'' 45 Brünings Politik gegen den Reichstag ordnete sich ein in ein Gesamtkonzept, dessen Endziel die monarchische Restauration in Deutschland war. Diese, auf konstitutioneller Basis gedachte Verfassungsreform, die sich substantiell gegen den sozialen und politischen Kompromiß von 1918 richtete, stand zudem in einem außenpolitischen Verflechtungszusammenhang, der letztendlich aus den Verpflichtungen des Reiches im Rahmen des Versailler Vertrages herrührte. Erst nach Lösung der Reparationsfrage, der Wiedergewinnung der Souveränität des Reiches und nicht zuletzt der Unabhängigkeit vom amerikanischen Dollarkredit war, wie Brüning meinte, der äußere Freiraum gegeben, um die innere ,,Reform“ zu vollziehen. 46 Die Weltwirtschaftskrise bot den Ansatzpunkt, um mit einer primär an der Streichung der Reparationen orientierten Wirtschafts- und Finanzpolitik dem großen Ziele näher zu kommen. 47 Dazu war notwendig die grundlegende Sanierung der Öffentlichen Finanzen, eine weitgehende Dcflationspolitik sowie eine auf dieser Basis gründende „Exportoffensive“, um ,,das Gefüge des gesamten Weltmarkts auseinanderzubrechen“. Brüning veranschlagte den Zeitraum, der notwendig sei, „um auf diese Weise den Ruf nach Streichung der Reparationen in der Welt zu wecken“, auf 12 bis 14 Monate und glaubte, daß innerhalb von anderthalb bis zwei Jahren auch der gesamte Versailler Vertrag „ins Wanken“ gebracht werden könnte.48 Die eigentliche Problematik dieses Konzeptes lag in seiner innerpolitischen Absicherung, zumindest in der ersten Phase bis zur Ablösung der Reparationen. Mit Rücksicht auf eine glaubwürdige Politik des Reiches, insbesondere unter dem Aspekt der dringend benötigten Dollarkredite, war es zunächst notwendig, nach außen hin an einem formalparlamentarischen System festzuhalten.49 Von entscheidender Bedeutung während dieses taktischen Zwischenspiels war dabei, die Brücken zur nationalen Rechten, die die große innere „Reform“ der zweiten Phase zu tragen hatte, nicht nur nicht abreißen zu lassen, sondern allmählich so aufzubauen, daß später ein problemloses Zusammengehen möglich würde. In Vorbereitung seines großen Planes suchte Brüning deshalb konsequenterweise die Nationalsozialisten für eine langfristige, gegen Parlament und Republik gerichtete Kooperation zu gewinnen. Am 6. Oktober 1930 kam es zu einer ersten Begegnung zwischen Brüning und Hitler, 50 in deren Verlauf der Reichskanzler sein Konzept der schrittweisen Restauration mit den Etappen: Sanierung, Ablösung der Reparationen und Wiedererrich79 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

tung der Monarchie offen vorlegte und schließlich die Nationalsozialisten ersuchte, auf der Grundlage dieses Programms in „loyaler Weise, erst versteckt und dann offen, mitzuarbeiten“, wobei in der ersten Phase eine „schärfere außenpolitische Opposition seitens der NSDAP44 durchaus „das zweckmäßigste'' wäre. 51 Hitler ging, wie zu erwarten, auf diesen Pakt nicht ein. Wenn auch parteitaktische Motive im Vordergrund standen, so wurden doch bei dieser ersten Begegnung schon die entgegengesetzten politischen Konzepte deutlich: Während Brüning eine vorsichtige, abgestufte Revisionspolitik, die durchaus in der Kontinuität Stresemannscher Außenpolitik stand, verfolgte, verfocht die NSDAP zusammen mit der „Nationalen Opposition“ eine rigorose „Katastrophenpolitik“, die die Frontallösune des Reparationsproblems zum Ansatz hatte.52 Wenn der Reichskanzler auch einsehen mußte, daß sein Angebot „auf den ersten Anhieb gescheitert“ war, so bedeutete das nicht, daß die NSDAP forthin aus seinen Kalkulationen ausgeschlossen blieb: Immerhin durften die Fäden, „mit Rücksicht auf das nunmehr beginnende Wagnis“, nicht abreißen. Brüning bot deshalb, auch um die Ernsthaftigkeit seiner Absichten zu unterstreichen, an, während der ersten Phase der versteckten Vorbereitung der Young-Plan-Revision in all den Länderparlamenten, wo die zahlenmäßigen Voraussetzungen bestünden, persönlich auf eine koalitionsmäßige Zusammenarbeit zwischen Zentrum und NSDAP hinzuwirken, „um so die Brücken für die zweite Phase zu bilden.“ 53 Da sich die Nationalsozialisten zu einer Tolerierung des Brüning-Kabinetts nicht bereit fanden, blieb der Kanzler, ob gewollt oder nicht, zunächst von der Unterstützung der Sozialdemokraten abhängig. Dabei genügte der Hinweis auf die „staatspolitische Verantwortung“ der Partei, um die Zustimmung zu den jetzt zur regelmäßigen Praxis werdenden Notverordnungen zu erzwingen. Im Rahmen der Gesamtkonzeption Brünings stellte diese Zusammenarbeit unter der Fiktion, es gehe um die Bewahrung einer demokratischen Restsubstanz, aber nur ein kurz- bis mittelfristig gedachtes taktisches Manöver dar, an dessen Ende der Abbau der republikanischen Verfassung stehen sollte.

4. Die politische Formierung der Industrie 1930/31 Das Wahlergebnis vom 14. September 1930, das die politische Landschaft grundlegend verändert hatte, wirkte maßgeblich auf die Industrie und ihre Haltung gegenüber Staat und Politik zurück. Dabei stellt die Aussage Brachers, daß mit „den Opportunisten, die auf die neue Machtverteilung auf ihre Weise reagierten, . . . die Interessenverbände aller Schattierungen Anschluß an die geänderten Machttrends“ suchten und der NSDAP jetzt „fast mühelos . . . Querverbindungen und Positionen zu[wuchsen], die ihrer 80 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

weiteren Ausbreitung und Festigung erheblichen Vorschub leisteten“,54 eine wenn auch in der Grundtendenz nicht falsche, so doch insgesamt zu einseitige Betrachtungsweise dar. Richtiger ist, daß der Wahlerfolg der Nationalsozialisten zu einer deutlichen Polarisierung innerhalb der Industrie und ihrer Verbände führte, wobei die teilweise nur mit Mühe kontrollierten inneren Spannungen endgültig erst im März/April 1933 im Zuge der „Gleichschaltung“ der Wirtschaft durch staatlichen Zwangseingriff „aufgehoben“ wurden. Schon in der Präsidialsitzung des Reichsverbandes vom 18. September 193055 kam es zu einem Aufeinanderprallen der konträren Positionen: Dabei blieb die vom „Engeren Präsidium“ verfolgte Linie in der Koalitionsfrage, nämlich einer Regierungsbildung nach links unter Einschluß der Sozialdemokraten den Vorzug vor einer Machtbeteiligung der NSDAP zu geben, nicht ohne dezidierten Widerspruch. Geheimrat Kastl, der vom Reichskanzler die Erneuerung der Großen Koalition gefordert hatte, 56 war jedenfalls über einige Ausführungen während der Sitzung „außerordentlich erschüttert“, weil sie der „blühendste Unsinn“ seien, den er je gehört habe. Angesichts der politischen Entwicklung, die „noch keine Möglichkeit für eine Majoritätsregierung weder nach links noch nach rechts“ erkennen lasse, zeigte sich Kastl stark beunruhigt und befürchtete ein Mißtrauensvotum gegen den Kanzler, bei dessen Annahme man vor einem „völligen Trümmerhaufen“ stehe und „noch nicht einmal eine Idee für die Zukunft“ habe, an der man sich „aufrichten“ könne. 57 In den Sitzungen von Vorstand und Hauptausschuß vom 19. September58 beschränkte sich das Geschäftsführende Präsidialmitglied darauf, die alternativen Möglichkeiten einer Regierungsbildung mit SPD und NSDAP aufzuzeigen. Indirekt ließ Kastl aber keinen Zweifel, daß für die RDIFührung nur eine Verbindung mit der Sozialdemokratie in Frage komme: Das Verlangen nach einer parlamentarischen Absicherung des Kabinetts59 und einer der demokratischen Verfassung konformen Krisenstrategie machte deutlich, daß die NSDAP im politischen Konzept des RDI 1930 nicht als der gewünschte Partner erschien. Vor dem Vorstand beschwor deshalb Kastl die dort versammelten Wirtschaftsvertreter in aller Eindringlichkeit, der Demokratie eine „letzte Chance“ zu geben, bevor der „Versuch“ auf „anderem Wege“ gemacht werden dürfe und müsse: „Ich glaube, man muß aus dem Ergebnis der letzten Wahlen den Schluß ziehen, daß nunmehr die Demokratie die allerletzte Chance hat, zu zeigen, ob sie in der Lage ist, die Geschicke des deutschen Volkes zu fuhren. (Sehr richtig!) Wenn sie diese Chance verpaßt und wenn sie nicht glücklich operiert und wenn ihr dabei nicht noch dieser oder jener andere Glückszufall in den Schoß fällt und ihr zu Hilfe kommt, so wird sie wahrscheinlich nicht in der Lage sein, die Dinge zu meistern und dann muß auf einem anderen Wege der Versuch gemacht werden. Aber es darf auch nach unserer Auffassung - wenigstens ist diese Auffassung gestern im Präsidium auch zum Ausdruck gekommen, mit aller Deutlichkeit zum 81 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Ausdruck gekommen - kein Mittel unversucht bleiben, um diese letzte Chance zu nutzen. Denn es hat keinen Zweck, ohne irgendeinen Grund vorzeitig mit offenen Augen in eine Katastrophe hineinzulaufen und sich hinterher die Frage vorzulegen: wäre es nicht besser gewesen, man hätte noch einmal auf der Grundlage der durch die Verfassung gegebenen Verhältnisse den Versuch gemacht, mit radikalen Mitteln das zu tun, was bisher nicht geschehen ist und wofür die Wahlen ein deutliches Zeichen gegeben haben, daß es von der gesamten Bevölkerung in Deutschland gewünscht wird.“60 Die Führung des Reichsverbandes nahm somit den Wahlsieg der NSDAP zum Anlaß, ihr Festhalten am republikanisch-parlamentarischen System noch einmal unmißverständlich zu unterstreichen. Reichskanzler Brüning kam dabei zugute, daß er in der innenpolitischen Konstellation vom Herbst 1930 als der Garant dieser Konzeption erscheinen mußte, obwohl sein Restaurationskonzept den koalitionspolitischen Zielen des RDI entschieden widersprach. Die Position Brünings innerhalb der Wirtschaft wurde zudem durch die Vorlage seines großen „Sanierungsplanes“ vom 1. Oktober 193061 nachdrücklich gestärkt. Das Reformprogramm der Regierung trug der von der Industrie seit langem geforderten grundsätzlichen Umkehr in der Finanz-, Steuer- und Sozialpolitik weitgehend Rechnung. 62 Neben einem umfassenden Sparprogramm, das Kürzungen in der Arbeitslosenversicherung, aber auch Gehaltsabzüge für Beamte vorsah, stand ein Katalog vielfältiger steuerlicher Entlastungen für die Industrie. Der Reichsverband sah in seiner eigens zur Behandlung des Regierungsprogramms anberaumten außerordentlichen Präsidialsitzung vom 8. Oktober 1930 folglich wesentliche Forderungen verwirklicht und bezeichnete den Brüning-Plan als geeignet, ,,das öffentliche Vertrauen wiederherzustellen.“ 63 Auch der DIHT stellte sich auf seiner Hauptausschußsitzung vom 9. Oktober hinter das Konzept Brünings64 und distanzierte sich gleichzeitig ausdrücklich von der radikalen Rechten, indem er in deutlicher Anspielung auf die erstarkte NSDAP davor warnte, ,,die Gefahren wirtschaftspolitischer Schwarmgeisterei zu unterschätzen.“65 Allerdings formierte sich im Hintergrund eine erst schwache, dann aber immer mächtigere Opposition,66 die auf die große Alternative zum abgestuften Restaurationsplan Brünings setzte. Schon auf der Hauptausschußsitzung des DIHT am 9. Oktober waren Stimmen laut geworden, die sich dafür aussprachen, das ,,heiße Eisen“ der Reparationsfrage sofort „anzufassen“ und damit innere Sanierung und Young-Revision zu koppeln.67 Diese Forderung implizierte faktisch eine Option für das Programm der radikalen Rechten, das eine Abschnürung von den lebenswichtigen Dollarkrediten und den Verlust der Welthandelsposition des Reiches in Konsequenz einer einseitigen Aufkündigung des Versailler ,,Diktats“ bewußt in Rechnung stellte. Gerade an dieser Frage waren bereits Brünings Kooperationsverhandlungen mit Hitler vom 6. Oktober 1930 gescheitert.68 Wenn sich auch die ,,große Majorität“ der Hauptausschußmitglieder des DIHT 82 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

für das von der Führung des Verbandes verfolgte, mit dem BrüningKonzept übereinstimmende etappenweise Vorgehen aussprach,69 so war es doch unumgänglich, den Hinweis auf eine spätere Revision der Reparationsregelung, entgegen der ursprünglichen taktischen Linie des DIHT, in die Resolution zum Wirtschafts- und Finanzplan der Regierung mit aufzunehmen. 70 Bedeutsamer und nicht ohne politische Brisanz war der Vorstoß des Langnam-Vereins anläßlich der außerordentlichen Mitgliederversammlung am 4. November 1930 in Düsseldorf. Schon im Vorfeld der Tagung hatten sich Spannungen innerhalb der westlichen Industrie bemerkbar gemacht, 71 die aus einer gespaltenen Haltung dem Kabinett Brüning gegenüber herrührten. Der Hauptgeschäftsführer des Langnam-Vereins, Max Schlenker, hatte deshalb zu bedenken gegeben, ob sich nicht eine Verschiebung der Veranstaltung empfehle, da immerhin die Möglichkeit bestehe, daß „Porzellan“ zerschlagen werden könne. „Mahnrufe“ an Brüning seien nicht nötig, da der Kanzler „wirklich seine Pflicht zu tun versucht“.72 Zwar konnte Schlenker eine Absage der Tagung nicht durchsetzen,73 wußte aber durch die Rednerliste doch von vornherein sicherzustellen, daß ein eindeutiges Votum gegen Brüning unterblieb.74 Die erwartet reservierten Stellungnahmen von Springorum und Poensgen wurden durch die Beiträge von Müller-Oerlinghausen („Engeres Präsidium“ RDI), Kehl (Deutsche Bank, Berlin) und Schreiber (Preuß. Handelsminister) relativiert, die um Zustimmung für den abgestuften Kurs Brünings warben und vor einer Unterstützung der nationalen Rechten und deren Frontalprogramm in der Reparationsfrage warnten. 75 Insbesondere Kehl als Vertreter der Berliner Banken machte nachdrücklich darauf aufmerksam, daß eine Regierung mit der NSDAP als Alternative zum BrüningKabinett nicht akzeptabel sei, da die Industrie „keine Experimente“ wolle und vertrage und zwar auf keinem Gebiete, „weder auf dem der Politik noch auf dem der Wirtschaft selbst“.76 Der Ruf nach dem „Führer“, „der unser Volk wieder einheitlich und zielbewußt fuhren möge“, mit dem Poensgen die Versammlung konfrontierte,77 deutete demgegenüber eine andere Tendenz an. Auch sein Beharren auf der von Kehl zuvor überzeugend widerlegten These von der angeblichen Schlüsselrolle der Reparationsfrage78 unterstrich dies. Zudem bezweifelte Poensgen, ob die Regierung Brüning „wirklich den Mut und die Kraft“ habe, dem „als richtig erkannten Weg unbeirrt zu folgen“. 79 Das die Debatte abschließende Referat des renommierten Staatsrechtlers Carl Schmitt, der auf besondere Einladung Schlenkers nach Düsseldorf gekommen war, 80 rückte die verfassungspolitische Seite der diskutierten Alternativkonzepte unmittelbar in den Mittelpunkt. Schmitt warnte eindringlich, jetzt an eine „fundamentale Verfassungsreform“ heranzugehen, da es sich dabei um ein gefährliches und schwer kalkulierbares Experiment handele, das in einer „Katastrophe“ enden müsse. Dem Machtanspruch 83 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

der radikalen Rechten setzte Schmitt die verfassungspolitische Interimslösung des Präsidialsystems gegenüber: Erhebe man die Anwendung von Artikel 48 und die bisherige Ausnahmepraxis der Notverordnungen zur Norm, dann stelle sich bei Perpetuierung dieser Methode der Qualitätswandel der Verfassung von selbst ein. 81 Der zunehmenden Bereitschaft in der Industrie zu einer „Katastrophenpolitik'', wie sie auf der Tagung des Langnam-Vereins vom 4. November andeutungsweise zum Ausdruck gekommen war, setzte Silverberg in einer weithin beachteten Rede vor dem Überseeclub in Hamburg82 das Postulat einer „evolutionären'' Entwicklung von Staat und Wirtschaft entgegen. Wie der „Vorwärts''notierte, bewies Silverberg einen „gewissen Mut“, wenn er sich deutlich von den „nationalökonomischen Phantasien der »äußersten Rechten' '' absetzte83 und vor einem überzogenen Konservatismus, der nur auf die Restauration der Zustände von gestern gerichtet sei, warnte: „Wir können nicht die Dinge, die sich in und nach dem Kriege entwickelt haben, beseitigen und die Verhältnisse auf den Zustand zurückbringen, der vorher bestanden hat. Das ist ein Traum von Leuten, die sich national nennen und solche Phantasterei produzieren. Damit sollte sich ein vernünftiger Wirtschaftler nicht abgeben. Ich möchte also davor warnen zu glauben, man könnte mit irgend einer Gewalt durch eine Revolution oder durch einen Staatsstreich die Zustände von gestern wieder herbeiführen. Wer es mit dem deutschen Volke gut meint, muß dazu beitragen, daß auf evolutonärem Wege bessere Verhältnisse geschaffen werden.“84 Unter ausdrücklicher Anknüpfung an die Dresdener Rede forderte Silverberg erneut die Kooperation mit der Arbeiterschaft, ohne deren verantwortliche Mitarbeit ein Wiederaufbau Deutschlands nicht möglich sei. Silverberg bekräftigte damit die Bemühungen vom Sommer 1930 und den RDI-Vorstoß vom 15. September, die Große Koalition unter Einschluß der Sozialdemokratie neuerlich zustande zu bringen.85 Seine Auffassung, daß dieses Konzept im Gegensatz zu 1926, wo manche ihn die Wege eines „Sonderlings**86 hatten gehen sehen, heute der „Stimmung der übergroßen Mehrzahl''des Unternehmertums entspreche, entbehrte allerdings jeder Grundlage. So hatten sich bereits anläßlich der Ruhrladcsitzung vom 14. Oktober 1930 Widerstände bemerkbar gemacht, dem Kabinett Brüning die notwendige Unterstützung der Ruhrindustrie zukommen zu lassen, von einer aktiven Bereitschaft zur Großen Koalition gar nicht zu reden. Silverberg und Fickler war es im Verlauf der Sitzung zwar gelungen, die Diskrepanzen für den Augenblick zu überbrücken, aber die gemeinsam vereinbarte Strategie, einmal Brüning zu stützen und zum anderen auf einen Zusammenschluß von Zentrum bis einschließlich der NSDAP(!) hinzuwirken, zeigte deutlich, daß die Spannweite dieses Kompromisses zu groß war, um in der aktuellen Tagespolitik die Einigkeit auch nur der Schwerindustrie zu gewährleisten.87 84 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Zum ersten offenen Streit zwischen gemäßigtem und radikalem Industrieflügel kam es anläßlich der Vorstandssitzung des RDI vom 26. November 1930.88 Während Kastl in seiner Eigenschaft als Geschäftsführendes Präsidialmitglied energisch für eine Zustimmung des Reichsverbandes zum Regierungsprogramm vom 1. Oktober eintrat,89 lehnte Fritz Thyssen, nicht ohne Beifall bei einem Teil der Versammlung zu finden, jede Hilfestellung für das Brüning-Kabinett ab. 90 Gleichzeitig erhob Thyssen schwere Vorwürfe gegen die bisherige Politik des RDI in der Reparationsfrage und kritisierte insbesondere Kastl, der 1929 den Young-Plan für das Reich mitunterzeichnet hatte.91 Gerade auf diesem Gebiet dürfte der Reichsverband fortan keinen „halben Maßnahmen'' mehr zustimmen. Der Präsident des RDI, Duisberg, griff daraufhin persönlich in die Debatte ein und stellte sich, in Übereinstimmung mit der überwiegenden Mehrheit des Vorstandes,92 hinter die Linie der Geschäftsführung.93 Die Versammlung votierte schließlich bei nur einer Gegenstimme für eine positiv-neutrale Haltung zum Brüning-Programm; die vereinzelten Bravorufe, von denen Thyssens Ausführungen begleitet waren, signalisierten indes unüberhörbar, daß sich auch innerhalb des RDI eine Opposition formierte, die auf eine radikale Kurswende setzte. Der Verlauf der Hauptausschußsitzung vom 27. November 1930 bestätigte diese Tendenz.94 Besondere Bedeutung kam dieser Veranstaltung durch die Anwesenheit des Reichskanzlers Brüning zu, der sich allerdings erst nach eindringlichen Bitten Kastls zur Teilnahme hatte entschließen können.95 Gleich in der Eröffnungsrede machte Duisberg die Übereinstimmung des RDI mit dem wirtschaftspolitischen Kurs des Kanzlers klar, indem er der Regierung bescheinigte, daß ,,sie alles, was in ihrer Macht steht, tun will, um die sichere Basis für den Wiederaufstieg zu schaffen.''96 Noch deutlicher äußerte sich Kastl, der sich „gegenüber dem Regierungsprogramm in seiner Gesamtheit'' bei allen Bedenken in Einzelheiten dafür aussprach, daß es ,,der erste Anfang einer Umkehr nach einer Zeit von zehn Jahren falscher Wirtschafts- und Finanzpolitik'' sei. Zur Reparationspolitik erklärte Kastl in sorgfältiger Abstimmung mit den Thesen des Kanzlers, daß ein sofortiges Transfermoratorium der ,,größte Fehler“ sei, der im Augenblick begangen werden könne. Erfolgreiche Revisionsverhandlungcn setzten die innere Sanierung voraus und müßten aus einer Position der Stärke heraus, die von einer ,,Exportoffensive“ getragen werde, geführt werden. 97 Brüning betonte in seiner Erklärung98 die feste Absicht der Regierung, eine Revision des Young-Plans einzuleiten, machte aber auf die besonderen innen- und außenpolitischen Verflechtungen aufmerksam, die ein abgestuftes und taktisch kalkuliertes Vorgehen erforderten. Entscheidend bei der Aufrollung der Reparationsfrage sei die Wahl des rechten Augenblicks, deshalb müsse er in diesem Punkte die Industrie um Zurückhaltung und Geduld bitten. Der Kanzler ließ keine Zweifel daran, daß der vorbereitete 85 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Wirtschafts- und Finanzplan der Regierung, der am 1. Dezember als die erste „Notverordnung zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen“99 in Kraft gesetzt wurde, eine überwiegend reparationspolitische Stoßrichtung habe, wobei diese Dinge ,,sehr sorgfältig überlegt“ seien, ,,um gewisse Bahnen in der Außenpolitik freizumachen und bloßzulegen.“100 Zumindest der Führungsspitze des Reichsverbandes hatte Brüning dabei Einblick in sein außenpolitisches Revisionskonzept gegeben: Diese Kooperation wurde personell insbesondere durch Kastl und Silverberg getragen, die in wiederholten Aussprachen mit dem Reichskanzler eine Harmonisierung der Konzepte von RDI und Regierung sicherzustellen wußten. 101 Gerade in der Behandlung der Reparationsfrage, dem Kernstück der Brüningschen Planungen ab Herbst 1930, manifestierte sich der Einfluß Kastls, des Reparationssachverständigen der Young-Konferenz von 1929, in überraschender Deutlichkeit.102 In einer kurzen Erwiderung auf die Ausführungen Brünings bekräftigte Duisberg noch einmal die grundsätzliche Übereinstimmung des RDI mit der Politik des Kanzlers. Er versicherte, daß der Verband ,,positiv zu dem Versuch der Regierung“ stehe, ,,eine Gesamtlösung auf der Grundlage des vorgelegten Entwurfs durchzuführen.“103 Zum Eklat kam es, als Fritz Thyssen das Wort ergriff und mit der herablassenden Bemerkung ,,die Botschaft höre ich wohl; allein mir fehlt der Glaube“ das politische Konzept Brünings generell in Zweifel zog. Unter Hinweis auf das Volksbegehren gegen den Young-Plan verlangte Thyssen die Frontallösung der Reparationsfrage, die innenpolitisch ein Zusammengehen mit den Nationalsozialisten erfordere: ,,. . . die politische Führung, die wir bisher hatten, war keine glückliche.104 Man kann sich nicht wundern, wenn angesichts dieser Tatsache eine Bewegung im Reiche entsteht, wie sie sich bei den letzten Wahlen gezeigt hat. Ich möchte nur wünschen, Herr Reichskanzler, daß bei den guten Absichten, die Sie haben, es Ihnen gelingt, die Bewegung aller nationalen Kreise hinter sich zu ziehen; denn ich glaube, daß erst dann Sie vollen Erfolg mit Ihren Absichten haben werden.''105 Dieser unprogrammgemäße Aufruf zur Regierungsbeteiligung der NSDAP, den ein anderer Industrieller durch die rigorose Absage an den ,,Marxismus''in Form der das Kabinett Brüning gegenwärtig stützenden Sozialdemokratie ergänzte, 106 wurde, wie das Protokoll vermerkt, mit ,,Beifall und Zischen“ aufgenommen.107 Thyssen fand bei der Mehrheit der Reichsverbandsmitglieder ,,noch keinen Widerhall“;108 allerdings wurde immer offensichtlicher, wie sehr sich diejenigen Kreise, die schon zuvor mit dem Nationalsozialismus sympathisiert hatten, durch die Wahlentscheidung vom 14. September 1930 bestärkt fühlten.109 Silverberg, der nach dem unvorhergesehenen Zwischenfall im Schlußwort der Veranstaltung die Dinge wieder ins rechte Lot zu bringen hatte, ließ keinen Zweifel an der positiven und loyalen Einstellung der Reichsver86 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

bandsfiihrung. Zum „erstenmal seit 12 Jahren“ höre man auf Regierungsseite auf „alle die Warnungen, alle die Wünsche und alle die Forderungen, die von unserer Seite aufgestellt worden sind“, und zum erstenmale habe man den Mut, „auf Grund der gewonnenen Erkenntnis zu handeln.“ Jedoch sei es mit der Erfüllung der wirtschaftspolitischen Forderungen des RDI durch die Regierung nicht getan, vielmehr komme es darauf an, der „Psychologie des Unternehmertums“, die man bis jetzt ,,mit Füßen getreten“ habe, gerecht zu werden und ihr das Bewußtsein in die „staatliche Rechtsordnung“ zurückzugeben. Silverberg schloß mit der ausdrücklichen Erklärung, daß man dem Reichskanzler das „Vertrauen“ entgegenbringe, auch diese Aufgabe lösen zu können. 110 Ende 1930 bestand zweifellos eine fast nahtlose Übereinstimmung zwischen der offiziellen Regierungspolitik und den Zielvorstellungen der Reichsvcrbandsfuhrung. Dem entsprach auch der Tenor des Neujahrsrundschreibens des RDI vom 31. Dezember 1930, 111 in dem „die ersten Schritte einer Umkehr von den bisherigen Methoden der Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik“ gewürdigt wurden und die Richtigkeit der Grundsätze, „mit denen die überaus schwierigen Fragen einer Lösung entgegengebracht werden sollen“, lobende Anerkennung fanden. Die zunehmende Polarisierung der Industrie erreichte mit dem Austrittsbeschluß des Bergbaulichen Vereins aus dem Reichsverband im Dezember 1930 einen vorläufigen Höhepunkt. Der Bergbau-Verein wollte auf diesem Wege eine grundlegende politische Umorientierung des RDI erzwingen, 112 indem er mit der Sprengung des Verbandes drohte und gleichzeitig die Tätigkeit der VDA als auch des Langnam-Vereins in Frage stellte. 113 Anlaß des Austrittsbeschlusses war die politische Bindung des RDI an das Konzept Brünings, insbesondere in der Reparationsfrage. Gegenüber Geheimrat Kastl wurden die alten Vorwürfe wegen seiner Unterzeichnung des Young-Plans erneut erhoben,114 ein Vorgang, durch den der RDI sich „vor der deutschen Öffentlichkeit und namentlich vor der immer stärker anschwellenden nationalen und nationalsozialistischen Bewegung . . . eine außerordentlich große Verantwortung“ aufgeladen habe. Es waren also die aus den November-Sitzungen des Reichsverbandes schon bekannten Anwürfe Thyssens, die sich der Bergbau-Verein zu eigen gemacht hatte. Kastl freilich sah ganz richtig, „daß in dieser Entwicelung nicht nur das Auftreten Thyssens vor Präsidium, Vorstand und Hauptausschuß des Reichsverbands der Deutschen Industrie eine Rolle spiele, sondern daß eigentlich im Wesentlichen der Einfluß von Adolf Hitler hier unverkennbar hervorgetreten sei. Er, Kastl, sei davon unterrichtet, wie Adolf Hitler im Revier bei den führenden Herren aufgetreten sei und welchen starken Eindruck das hinterlassen habe.''115 Der einflußreiche Geschäftsführer des VDEStI, J . Reichert, der in der Vorstandssitzung des RDI vom 26. November schon verdeckt für Thyssen 87 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Stellung genommen hatte, erblickte in der möglichen Spaltung der Industrie in eine schwer- und eine leichtindustrielle Verbandsorganisation, wie sie vor dem Kriege bestanden hatte, die interessenpolitisch schlechteste Lösung. Gegenüber Poensgen, Springorum und Schlenker verwies Reichert deshalb darauf, daß nicht organisatorische, sondern personelle Konsequenzen zu ziehen seien: Geheimrat Duisberg wolle im September 1931 nach Erreichung seines 70. Lebensjahres sowieso zurücktreten. „Stärker belastet“ sei natürlich das Geschäfts fuhren de Präsidialmitglied Kastl, das am besten „freiwillig“ ausscheide und den freien Posten des Reichswirtschaftsministers übernehme. 116 Da es sich bei der Austrittsdrohung des Bergbau-Vereins um eine Angelegenheit von „allergrößter Bedeutung“ handelte, schaltete sich die Ruhrlade, die ,Clearing'-Stelle der westlichen Kohle- und Eisenindustrie, direkt ein. Auf ihrer Sitzung vom 2. Februar 1931117 fällte sie gegen die Stimme Fritz Thyssens die grundlegende Entscheidung, an einer einheitlichen Spitzenorganisation der deutschen Industrie „unter allen Umständen festzuhalten“.118 Die Gefahr einer organisatorischen Spaltung der Industrie war damit zunächst abgewendet, die personalpolitische Debatte aber noch nicht ausgestanden:119 In der Präsidialsitzung des Reichs Verbandes vom 19. Februar 1931 erhob E. Brandi in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Bergbau-Vereins erneut massive Vorwürfe, so daß sich Duisberg schließlich gezwungen sah, zu einer außerordentlichen Zusammenkunft der westlichen Eisen- und Kohlenindustrie sowie der Geschäftsführung des Reichsverbandes zu laden. 120 Nach einer Vorabsprache der Ruhrindustrie am 1. April sowie der Ruhrlade am 4. Mai kam es dann am 5. Mai 1931 zur entscheidenden Zusammenkunft in Bochum: Im Endergebnis zeigte sich, daß die von Thyssen und Brandi angeführte Opposition auch innerhalb der Schwerindustrie zu schwach war, um die politische Ausrichtung des Reichsverbandes grundlegend zu ändern. Mehr als die Zusage des RDI, in Zukunft größere politische „Zurückhaltung“ üben zu wollen, hatte der Bergbau-Verein nicht erreichen können. 121 Zudem war die Position Kastls, der sich „geschickt“ verteidigt hatte,122 eher gefestigt als geschwächt, weil mit der Beilegung des Konfliktes am 5. Mai zugleich die Voraussetzung für die Präsidentschaft Gustav Krupps in Nachfolge des aus Altersgründen im Herbst 1931 ausscheidenden Carl Duisberg geschaffen wurde. 123 Der Versuch der Opposition im RDI, bei dieser günstigen Gelegenheit die Person des Geschäftsfuhrenden Präsidialmitgliedes mit auszuwechseln, hatte keinen Erfolg gehabt. Für das Verhältnis von Ökonomie und Politik 1931 bedeutete dieser Ausgang der Kontroverse, daß sich wie bisher zwei Industricflügel gegenüberstanden, deren Pole vom Bergbau-Verein sowie VDEStI für die schwerindustriell bestimmte Kohle- und Eisenindustrie sowie vom RDI und DIHT124 für die verarbeitende, exportorientierte Industrie gebildet wurden. Der Langnam-Verein nahm innerhalb dieses Spektrums eine eher 88 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

mittlere Position ein und zeigte trotz seiner Tendenz zur schwerindustriellen Opposition das auch für den Reichsverband charakteristische Phänomen eines gegenüber der Basis nach links verschobenen Managements. 125 Die Industrie insgesamt befand sich im Frühjahr 1931 dem Kabinett Brüning gegenüber in einer abwartenden Reserve, die allerdings, wie auch die Kontroverse zwischen RDI und Bergbau-Verein deutlich gemacht hatte, teilweise schon in prinzipielle Opposition umgeschlagen war. Das Dilemma 1930/31 war offensichtlich: Für eine Vereinigung der konservativen Rechten fand sich noch keine tragfähige Basis, 126 während zugleich für eine Neuauflage der Großen Koalition zunehmend weniger Neigung bestand,127 vor allem nachdem Brüning den bequemeren Ausweg der indirekten Einbindung der Sozialdemokratie in die Verantwortung aufgezeigt hatte. Nach dem Scheitern der bürgerlichen Sammlungspolitik in der Reichstagswahl vom 14. September und den folgenden Monaten machte sich daher in rechtsstehenden Industriekreisen weitgehende Ratlosigkeit breit.128 Die zuvor betriebene Kandidatur des Reichsbankpräsidenten Luther für ein autoritär geführtes Kabinett versprach jetzt keine prinzipielle Überwindung des von Brüning gesteuerten Kompromißkurses mehr und wurde deshalb nur noch halbherzig verfolgt. 129 So blieb als wirkliche Alternative nur eine Kooperation mit dem Nationalsozialismus, eine Bündnisperspektive, die im Frühjahr 1931 innerhalb der Großindustrie noch weitgehend auf Ablehnung stieß. 130

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VI. Die Bankenkrise 1. Die Tagung des Langnam-Vereins vom 3. Juni und die Notverordnung vom S.Juni 1931 Der 1930/31 abgewehrte Vorstoß des Bergbau-Vereins, die Industrie auf ein Bündnis mit der „Nationalen Rechten'' zu verpflichten, war durchaus als ein Erfolg der gemäßigten Unternehmerkreise im RDI, aber auch in Langnam-Verein und Ruhrlade zu begreifen.1 Selbst Wittke vom VSI, der „Rechtsaußen“ im deutschen Verbandswesen, suchte noch ein Einvernehmen mit der amtierenden Regierung.2 So konnten RDI und D1HT im Frühjahr 1931 ihre Politik der konstruktiven Zusammenarbeit mit dem Kabinett Brüning zunächst ungestört fortsetzen.3 Im Vorfeld der Tagung des Langnam-Vereins vom 3. Juni 1931 zeigte sich allerdings, daß die AntiBrüning-Front der Industrie sich nach dem Zurückstecken des Bergbaus keineswegs geschlagen gab. Bereits anläßlich der Ruhrladesitzung vom 13. April regte so Fritz Springorum an, in absehbarer Zeit eine „Protestkundgebung“ des Langnam-Vereins gegen die „Verschleppungspolitik“ der Regierung abzuhalten.4 Nach Rückversicherung bei Paul Reusch5 deutete Springorum gegenüber Sogemeier, Blank und Heinrichsbauer, dem Verbindungsmann zur „Nationalen Opposition'' und NSDAP, an, daß er entschlossen sei, „in geeigneter Form in die Opposition zur Regierung Brüning zu treten“, und daß seine Pläne dahingingen, „gegebenenfalls nach Erlaß der bevorstehenden Notverordnung eine Mitgliederversammlung des Langnamvereins einzuberufen, um von dieser Plattform aus in aller Form und mit größter Entschlossenheit gegen die Politik der Regierung zu protestieren.'' Allerdings sei dieser Schritt, wie Springorum ausdrücklich betonte, nur möglich, wenn zuvor „unter den maßgebenden Herren des Ruhrgebietes Einigkeit über die Richtigkeit eines solchen Vorgehens herbeigeführt sei.“ 6 Der Reichskanzler, im übrigen durch einen Artikel Fritz Kleins in der DAZ 7 gewarnt, 8 sah die von der geplanten Tagung ausgehende Gefahr rechtzeitig und bemühte sich, der bedrohlich werdenden Opposition der westlichen Industrie in geeigneter Form entgegenzuwirken. Vor allem von Silverberg9 und Graf Quadt10 wurde Springorum als Vorsitzender des Langnam-Vereins intensiv gedrängt, das Gespräch mit Brüning zu suchen. Springorum gab schließlich, wenn auch widerstrebend,11 seine Zustimmung zu einer persönlichen Zusammenkunft mit dem Reichskanzler.12 90 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Die von Silverberg arrangierte und in seinem Beisein geführte Unterredung am 20. Mai 1931 hatte immerhin zum Ergebnis, daß von einem Sturz des Reichskanzlers jetzt nicht mehr die Rede war 13 und auch in der Reparationsfrage eine flexiblere Haltung eingenommen wurde. Der ursprüngliche Resolutionsentwurf für die Tagung vom 3. Juni 1931, 14 dem Thyssen und Reusch bereits zugestimmt hatten,15 erfuhr durch den Kompromißvorschlag Albert Vöglers16 eine entscheidende Korrektur: Gegenüber den zuvor zentral stehenden Anklagen gegen die Auswirkungen des ,,Versailler Diktats“ und der ,,Tributzahlungen“ sowie der grobschlächtigen Forderung nach „Schluß mit den Reparationen“ fand sich jetzt die prinzipielle Anerkenntnis, daß ein demonstrativer Willkürakt, wie von der „Nationalen Opposition“ verlangt, nicht zur wirtschaftlichen Gesundung führe, sondern daß letztendlich nur Verhandlungen über einen neuen Zahlungsmodus den richtigen Weg wiesen. 17 Wenn sich der Langnam-Verein damit reparationspolitisch noch in Zurückhaltung übte, so steuerte er insgesamt doch einen „ausgesprochenen Rechtskurs.“18 Während der Tagung vom 3.Juni schlugen Springorum, Reusch und Thyssen eine Sprache an, wie sie die Regierung bisher nicht zu hören bekommen hatte.19 Da wurde vom Reichskanzler verlangt, „daß er sich mit den besten und tüchtigsten Männern des Volkes umgebe“, da forderte Thyssen in Anknüpfung an seine Ausführungen vor dem RDI20 die Errichtung einer „nationalen Volksgemeinschaft“ und die „Beseitigung der Nebenregierung der Gewerkschaften und der Parteiauswüchse“, 21 da beklagte schließlich Paul Reusch den fehlenden Mut zur „notwendigen Rücksichtslosigkeit“.22 Die Forderungen Silverbergs nach einer „Neuordnung des Staates im Sinne einer Vereinheitlichung und Verbilligung der Verwaltung“23 nahmen sich im Gesamtkontext der Tagung noch ausgesprochen maßvoll aus. Die schroffe Haltung des Langnam-Vereins ordnete sich ein in einen allgemeinen Proteststurm gegen die zweite „Notverordnung zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen“ vom S.Juni 1931. 24 Vom gesamten Parteienspektrum des Reichstages einschließlich Sozialdemokratie und Zentrum bildete sich über die Gewerkschaften bis zu den Arbeitgeberverbänden und dem RDI eine Einheitsfront gegen die neue Notverordnung, noch bevor diese überhaupt veröffentlicht war. 25 Daß dem Reichskanzler dieser Ansturm außenpolitisch gar nicht unwillkommen war, ja bewußt einkalkuliert wurde, ist gleichwohl nicht zu übersehen.26 Am Tage der Veröffentlichung der Notverordnung befand sich Brüning nämlich bereits auf dem Wege nach England, um einer Einladung des englischen Premierministers MacDonald Folge zu leisten. Die rigorosen Maßnahmen vom S.Juni waren nicht zuletzt als Nachweis des aufrichtigen Bemühens der Reichsregierung dem Ausland gegenüber gedacht, den Reparationsverpflichtungen nachzukommen, allerdings in der klaren Zielsetzung, durch den Nachweis der Zahlungsunfähigkeit Deutschlands Revisionsverhand91 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

lungen in Gang zu bringen und die vollständige Aufhebung der Reparationszahlungen zu erreichen.27 Eine erste öffentliche Verlautbarung, die diesen Zusammenhang in vorsichtiger Form andeutete, erfolgte am S.Juni parallel zur Bekanntgabe der neuen Notverordnung.28 Diese Erklärung reichte innenpolitisch nicht aus, die Erregung über die Notverordnung zu beschwichtigen, rief aber im Auslande, besonders in Frankreich, außerordentliche Empörung hervor. Brüning gelang es in den Gesprächen von Chequers auch noch nicht, die englische Regierung, wie eigentlich erhofft,29 für die Revision des YoungPlans zu gewinnen, aber ohne Frage war das Reparationsproblem nach Abschluß des England-Besuchs in den Vordergrund der internationalen Diskussion gerückt. Die massiven Gold- und Devisenverluste der Reichsbank, die durch den Reparationsaufruf der Reichsregicrung ausgelöst worden waren, nahm der Kanzler deshalb recht gelassen hin, unterstrichen sie doch die Zahlungsunfähigkeit Deutschlands nachdrücklich.30 Bedrohlicher war die Zuspitzung der innenpolitischen Lage, wo insbesondere die DVP-Fraktion auf einer Einberufung des Reichstags bestand, um zugleich mit der Abänderung der Notverordnung eine Kabinettsumbildung zu erzwingen. 31 Erst nach langen, dramatischen Verhandlungen, in deren Verlauf Brüning mit der Demission des Kabinetts drohte,32 gelang es, diese gefährliche Entwicklung abzuwenden. Die westliche Industrie war insofern nicht unbeteiligt, als die von ihr unterstützten Abgeordneten der DVP bis zuletzt unter Verweis auf die Ergebnisse der Langnam-VereinsTagung vom S.Juni 1931 auf einer Einberufung des Reichstags bestanden und damit einen Sturz des Kabinetts Brüning bewußt in Kauf nahmen. Silverberg forderte im nachhinein eindeutige Konsequenzen gegenüber diesen Parlamentariern, konnte damit aber bei Springorum und Reusch nicht durchdringen.33 Die schließliche Entscheidung des Ältestenrats vom 16. Juni, auf einen Zusammentritt des Parlaments zu verzichten, rettete wohl das Kabinett Brüning vor einem Mißtrauensvotum, vermochte aber nicht mehr, den anhaltenden Abzug der kurzfristigen Auslands-Kredite wirkungsvoll zu stoppen. Die Rückwirkungen besonders auf die Teile der Industrie, die im Langnam-Verein ihren wirtschaftspolitischen Standort hatten, blieben nicht aus. So tauchte der Gedanke eines „Schwcrindustriellcndirektoriums“ auf, ,,für das bereits alle Vorbereitungen durch eine Gruppe von Wirtschaftsfiihrern mit Dr. Schacht an der Spitze, die auch schon zu Hugenberg und Hitler Fühlung gesucht hätten, getroffen worden seien.'' 34 Die Gerüchte um angebliche Diktaturpläne der Schwerindustrie verdichteten sich schließlich so weit, daß der VDEStI sich am 17. Juni genötigt sah, ein öffentliches Dementi abzugeben. Der Vorsitzende des Vereins, Poensgen, wandte sich dabei ,,gegen die Behauptung, daß die Ruhrindustrie ein Direktorium und die Diktatur verlangt habe. Die westliche Industrie wolle keine Diktatur, sie wolle eine Führung der Wirtschafts- und Finanzpolitik, 92 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

die die deutsche Wirtschaft vor dem drohenden Zusammenbruch bewahrt/' 35 Richtig an dieser Erklärung war, daß selbst erklärte Parteigänger einer faschistischen Krisenlösung wie Heinrichsbauer an eine unmittelbare Machtergreifung durch die ,,Nationale Opposition'' noch nicht dachten: Vielmehr bot sich der Mittelweg eines Übergangskabinetts „starker und entschiedener Persönlichkeiten1* an, welches zunächst die notwendigen unpopulären Sanierungsmaßnahmen zu Ende zu fuhren hatte. 36 Entscheidend war auch, daß die „Nationale Opposition'' zu dieser Zeit noch über kein praktikables politisches und wirtschaftliches Programm verfugte und so als ernsthafte Alternative ausfiel. Die gleichzeitigen Bemühungen Heinrichsbauers, den kapitalfreundlichen Flügel der NSDAP zu stärken und eine entsprechende Ausrichtung der Wirtschaftsauffassung der Partei durchzusetzen,37 zeigten jedoch, daß in einer längerfristigen Perspektive durchaus an einer Machtübernahme durch Hitler und Hugenberg gearbeitet wurde. 38 Der Trumpf Brünings im Sommer 1931 bestand in seiner Unentbehrlichkcit: Während im Innern die Wirtschaftskrise auf ihren absoluten Höhepunkt hinsteuerte und sich deshalb die Opposition nicht bereit fand, jetzt die unpopuläre und risikovolle Verantwortung zu übernehmen, zeichnete sich in der Außenpolitik nach den Gesprächen von Chequers ein erster konkreter Ansatzpunkt zur Lösung der Reparationsfrage ab, der freilich an die Person Brünings und dessen internationalen Kredit gebunden blieb. 39 Die Wirkungszusammenhänge, die die Stärke des Reichskanzlers ausmachten, waren zugleich seine entscheidende Schwäche: Besserte sich die binnenwirtschaftliche Lage und waren die außenpolitischen Voraussetzungen für eine grundlegende Revision des Young-Plans hergestellt, dann stand die Person des Kanzlers zu Disposition. Der Sturz Brünings war also, so paradox es erscheinen mag, mit einem sich abzeichnenden Erfolg der Wirtschaftspolitik im Innern und der Revisionspolitik im Äußeren untrennbar verbunden und insofern schon zu diesem Zeitpunkt deutlich vorgezeichnet.40

2. Der Reichsverband und Brüning im Juni 1931 Aktiven Rückhalt fand der Kanzler in jenen kritischen Tagen des Juni/Juli 1931, als die Devisenverluste ein katastrophales Ausmaß annahmen und die Krise in Deutschland ihrem „dramatischen Höhepunkt“41 zustrebte, nur noch bei den in der Führung des RDI und DIHT tätigen Unternehmerkreisen. In den Vorstands- und Hauptausschußsitzungen des Reichsverbandes vom 19. Juni 42 war es vor allem Paul Silverberg, der mit aller Eindringlichkeit appellierte, sich jetzt hinter die Regierung zu stellen und dem Reichskanzler das „Vertrauen*4 entgegenzubringen, das er für die Durchführung 93 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

seiner Politik benötige. Silverberg ging dabei soweit, den Verlauf der Langnam-Vereins-Tagung vom 3. Juni und die dort von einzelnen Rednern erhobenen Forderungen an die Regierung offen zu kritisieren: „Meine Herren, welche Verpflichtungen haben wir, wenn wir von uns aus . . . die Regierung angreifen und von ihr verlangen, innenpolitisch die schwerwiegendsten Eingriffe zu machen, von denen die breiten, erregten, nervösen Massen des Volkes betroffen werden, wenn wir außenpolitische Aktionen schwerwiegendster Art verlangen - welche Verpflichtungen haben wir dann? Zuerst dem Führer der Regierung nicht nur das Vertrauen auszusprechen, sondern auch es durch die Tat zu bekunden, daß wir überall, vor allen Dingen die Regungen des Mißtrauens und der Kritik unterdrücken und sagen: sie mögen vielleicht berechtigt sein, aber sie sind jedenfalls jetzt nicht am Platze. Wir müssen demjenigen, der in solcher Situation kämpfen muß, eine Lage schaffen, daß er rückenfrei kämpfen kann. Das ist unsere Pflicht, wenn wir einen innenpolitischen und einen noch schwierigeren außenpolitischen Gang von ihm verlangen. Meine Herren, ich gehe noch einen Schritt weiter. Bei aller Kritik an der Reichsregierung oder einzelnen - ich will ganz deutlich sein - Mitgliedern der Reichsregierung, die ich auch in meinen Ausführungen nicht verschwiegen habe, halte ich die augenblickliche Situation für eine Ministerstürzerei oder für grundlegende Änderung der Reichsregierung nicht für geeignet (sehr richtig!). Meine Herren! Vergessen Sie doch eines nicht: Verantwortlich auch für die personelle Zusammensetzung der Regierung ist der Reichskanzler; und jedes zu schroff ausgedrückte Verlangen enthält auch wieder eine starke, vielleicht die stärkste Kritik an dem Reichskanzler. Wir wollen über die persönliche Einstellung uns hier nicht unterhalten; es ist nicht der Ort dazu. Aber jedenfalls möchte ich bitten, wenn wir - und das wollen wir alle ernstlich - das Vertrauen zur Persönlichkeit und zum Handeln des Reichskanzlers beweisen wollen, dann auch die Konsequenz ziehen: Im Augenblick ist bei aller Notwendigkeit von Änderungen keine Zeit, kein Raum und keine geeignete Gelegenheit, das zu verlangen, selbst wenn es an anderer Stelle von uns selbst verlangt worden ist. Zwischen dem 3. Juni - da war eine Versammlung in Düsseldorf- und heute ist auch allerhand passiert und allerhand, das uns auch verpflichtet, nach dieser Richtung hin Ruhe zu halten, kühlen Kopf zu behalten und die Nerven nicht zu verlieren.“43 Vor dem Vorstand des RDI hatte Silverberg zuvor auf das sich als politische Alternative immer deutlicher abzeichnende, von parlamentarischen Koalitionen nach rechts oder links weithin unabhängige Präsidialsystem verwiesen, eine Entwicklung, die zugegebenermaßen nach einer „schweren Geburt“ zustande gekommen sei. 44 Diese Option Silverbergs entsprach seiner Mittlerfunktion zwischen rechtem und linkem Unternehmerflügel, zwischen Langnam-Verein und RDI, zwischen Schwerindustrie und verarbeitender Industrie. Jetzt, im Sommer 1931, noch eine formelle Koalition mit der Sozialdemokratie zu fordern, hätte bedeutet, den zur Verfügung stehenden Kompromißbereich zu sprengen. In Erwiderung auf Silverberg machte Thyssen allerdings klar, daß weder die auf einer Tolerierung durch die SPD gründende Basis des Brüning-

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Kabinetts noch die in der Reparationsfrage verfolgte etappenweise Revisionspolitik die Billigung der von ihm vertretenen Industriekreise finde: Innenpolitisch habe ein Zusammengehen mit der „Nationalen Opposition“ zu erfolgen und außenpolitisch bleibe, wie Schacht gefordert habe, nur der Weg eines einseitigen, sofortigen Transferstops. Vor dem Winter müßten noch ,,ganz andere politische Voraussetzungen“ geschaffen werden. Immerhin stelle er mit Befriedigung fest, ,,daß selbst hier im Kreise des Reichsverbandes insofern eine große Wendung eingetreten ist, als . . . das Vertrauen zur Demokratie kolossal gelitten (Heiterkeit) und daß das Vertrauen zu einer Art Diktatur wesentlich zugenommen hat (Heiterkeit). Ich hoffe mit allen Kreisen, auf diesem Weg fortzuschreiten. Vielleicht kommt dann doch noch etwas heraus (Heiterkeit und Beifall)“. 45 In den Gremien des Reichsverbandes blieb Thyssen mit seiner Meinung allerdings nach wie vor isoliert.46 In Übereinstimmung mit dem Hauptausschuß faßte Carl Duisberg die Auffassung des RDI in einer Presseerklärung wie folgt zusammen: „Der Reichsverband der Deutschen Industrie ist sich darüber klar, daß die Vermeidung eines wirtschaftlichen und finanziellen Zusammenbruchs in allererster Linie eine Frage des Vertrauens in die Führung der Reichsgeschäfte ist. Der Person des Reichskanzlers bringt die Industrie dieses Vertrauen entgegen. An dem Inhalt der Notverordnung vom S.Juni 1931 wurde ernste Kritik geübt. . . Eine dringende Aufgabe ist ferner das entschlossene Anfassen der Reparationsfrage. Ein Zögern der Reichsregierung in dieser Frage wird von der überwältigenden Mehrheit . . . nicht mehr verstanden. Die Reichsregierung muß im geeigneten Augenblick die kraftvolle Initiative ergreifen, die notwendig ist, um neue Verhandlungen in Gang zu setzen . . ,“47 Darüber hinaus kam es auf Initiative des Reichsverbandes48 im Anschluß an die Beratungen von Präsidium, Vorstand und Hauptausschuß am Abend des 19. Juni zu einem Empfang bei Brüning, in dessen Verlauf die Abordnung des RDI, Duisberg, Silverberg, Kraemer und Herle, noch einmal das ,, Vertrauen der Industrie in die Person des Reichskanzlers“ zum Ausdruck brachte.49

3. Das Hoover-Moratorium Die völlig überraschende Ankündigung des Hoover-Moratoriums vom 20. Juni 1931, das einen zunächst einjährigen Aufschub aller Reparationszahlungen vorsah, bedeutete den ersten großen Erfolg für die Politik Brünings. Damit war der entscheidende Wendepunkt50 in der Reparationsfrage erreicht, da die Aussetzung der Zahlungen faktisch einer Aufhebung des Young-Plans gleich kam. Innenpolitisch hatte der Schritt des amerikanischen Präsidenten zur Folge, daß das Revisionskonzept der „Nationalen 95 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Opposition“, wie es tags zuvor noch von Thyssen und Blohm innerhalb des RDI vertreten wurde, 51 gegenstandslos geworden war: Nur Brünings Weg der schrittweisen Überwindung der Reparationen durch Verhandlungen blieb als einzig gangbare Methode bestehen.52 Die Stellung des Kanzlers war so enorm gestärkt, da die endgültige Lösung der Reparationsfrage nunmehr noch stärker als zuvor an seine Person geknüpft war. Trotz dieses Erfolges ließ die Kritik jener Kreise am Kanzler, die schon vorher mit dem Gedanken eines ,,Schwerindustriellendirektoriums'' gespielt hatten, nicht nach. So protestierte Kirdorf in einem Schreiben vom 21. Juni an Duisberg gegen die Unterstützung Brünings durch den Reichsverband in der Hoffnung, den Präsidenten des RDI für die ,,nationale Bewegung zu gewinnen“. 53 Duisberg, der auch an anderer Stelle für den Reichskanzler geworben hatte, und dafür dessen ausdrückliche Belobigung erhalten hatte,54 wies dieses Ansinnen in aller Form zurück. Brüning, nach Bismarck der ,,beste Kanzler“, den Deutschland bisher gehabt habe, sei an eine Mehrheit im Reichstage gebunden, die er ,,nur in Verbindung mit Zentrum und Sozialdemokratie und nicht mit den wirtschaftlich durchaus unklaren Nationalsozialisten, auch nicht mit den auf einem sturen Standpunkt verharrenden Deutschnationalen finden'* könne.55 Der Kohlenbergbau, der schon am 16. Juni in einem großaufgemachten Artikel in der DAZ 56 gegen die Unterstützung der Regierung Brüning im Zusammenhang der Notverordnung vom 3. Juni Front gemacht hatte, beharrte auch in einer Besprechung in der Reichskanzlei vom 25. Juni auf der Forderung, daß eine Preissenkung für Kohleprodukte in jedem Falle von einer Lohnsenkung begleitet werden müsse. Der Reichskanzler erklärte unter ausdrücklichem Hinweis auf die eigentliche politische Intention dieses Verlangens, daß gegenwärtig eine Lohnsenkung ,,nicht in Frage“ komme. ,,Die politischen Folgen müßten dem Bergbau klar sein. Die Strömungen im Ruhrbergbau gingen dahin, den Regierungen möglichst große politische Schwierigkeiten zu machen und an den eigenen Preisen festzuhalten, Ermäßigungen aber immer auf die Arbeitnehmer abzuschieben.“57 In schon gewohnter Übereinstimmung mit diesem Teil der Schwerindustrie meldete sich Wittke vom „ Verband Sächsischer Industrieller“ zu Wort, der unumwunden erklärte, daß die ,,gegenwärtige Regierung“ der Grundforderung der Politik, nämlich die ,,Kunst des Möglichen“ zu erfüllen, ,,in ihrer gegenwärtigen Zusammensetzung“ nicht gerecht werde. 58 Demgegenüber wiederholte Silverberg vor dem Hauptausschuß des DIHT am 23. Juni 1931 in Düsseldorf den Appell, der Reichsregierung Vertrauen entgegenzubringen und Kritik zurückzustellen. Gerade in den jetzt anlaufenden Verhandlungen um das Hoover-Moratorium erweise sich wieder, daß nicht ,,Wirtschaft“, sondern ,,Politik“ „Schicksal“ sei. Unter diesem Gesichtspunkt müsse man auch die Notverordnung vom 3. Juni verstehen, weil das Ausland darin den „sinnfälligen Beweis“ gesehen habe, 96 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

„daß Deutschland bestrebt und willens ist, seine Verhältnisse selbst zu ordnen“. Im übrigen sei es jetzt aber das Gebot der Stunde, durch Verzicht auf Forderungen nach Änderung der Notverordnung oder auch der Zusammensetzung des Kabinetts „für Ruhe und Stabilität der Regierung zu sorgen“. 59 Auch Paul Reusch, der Anfang Juni noch heftig gegen die Regierung Brüning und ihr Programm opponiert hatte, 60 sprach sich jetzt, nach dem Schritt Hoovers, dafür aus, die Kritik an der Notverordnung ,,auf das äußerste [zu] beschränken“61 und an der Wiederherstellung des „Vertrauens im Inlande“ zu arbeiten.62 Im weiteren Verlauf der Bankenkrise bestätigte sich dieser Stimmungswandel bei Teilen der westlichen Industrie gegenüber dem Kabinett Brüning. Der Gedanke eines GarantieSyndikats der deutschen Industrie, d. h. der Übernahme einer Ausfallbürgschaft von 500 Mio. RM durch große Industrieunternehmungen unter Führung der Deutschen Golddiskontbank, entsprang so den gemeinsamen Überlegungen von Reichsbank und Unternehmervertretern auch des Westens.63 Pünder nennt hier auf industrieller Seite an erster Stelle Silverberg und Vögler, die neben Kastl und Kraemer die Verhandlungen in der Reichskanzlei und der Reichsbank führten.64 Aber auch diese Aktion konnte den Zusammenbruch des deutschen Kredits am 13. Juli 1931 nicht mehr verhindern. Die Wirtschaftskrise in Deutschland hatte ihren absoluten Höhepunkt erreicht. Überblickt man das Verhältnis von Industrie und Politik während der schwierigen Monate im Sommer 1931, dann ist zusammenfassend festzustellen, daß Bankenkrise und Hoover-Moratorium zunächst durchaus zu einer Festigung des Kabinetts beitrugen. Der tendenzielle Solidarisierungseffekt wurde dadurch erleichtert, daß mit der Aussetzung des Young-Plans zugleich der Streit über die alternativen Restaurationskonzepte zugunsten der Brüningschen Strategie entschieden worden war. 65 Trotz allem blieben deutliche Divergenzen sichtbar: Während RDI und DIHT der amtierenden Regierung uneingeschränkt „Vertrauen“ entgegenbrachten, blieben Ruhrbergbau und mittelständische Industrie (VSI) in distanzierter Opposition. Der Langnam-Verein als Forum der Schwerindustrie nahm eine eher indifferente Haltung ein: An die Stelle massiver Kritik, wie sie auf der Mitgliederversammlung vom 3. Juni vorgebracht worden war, trat jetzt die Taktik des „Burgfriedens“. Das von der Ruhrlade und führenden Vertretern der Berliner Großindustrie unter Federführung Paul Reuschs verfaßte große Schreiben an den Reichskanzler vom 30. Juli 193166 entsprach ganz dieser Linie: Die Unterzeichner der Eingabe, Krupp, Klöckner, Silverberg, Vögler, Springorum, C. F. v. Siemens, Bücher, Borsig und Reusch,67 bescheinigten Brüning, daß er die Bürde seines Amtes mit „vorbildlichem sittlichen Ernst“ auf sich genommen habe, weil er sich „grundsätzlich jeder Rücksichtnahme auf Popularität“ versagt habe und entschlossen sei, „sich auf weite Sicht nur von sachlichen Gründen leiten zu lassen“. Der bisherige Weg der Regie97 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

rung einer „Umleitung der Wirtschaftspolitik in gesundere Bahnen“ sei grundsätzlich richtig, jetzt komme es aber vor allem darauf an, „das Tempo der Umstellung so zu beschleunigen, daß sie der weiteren Entkräftung der Wirtschaft zuvorkommt und ihr so die Möglichkeit zur Gesundung und zum Aufstieg gewährt. Das ist auch der allein wirksame Weg zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Man muß der Wirtschaft die Fesseln abnehmen und ihr das Wirtschaften nach den ewig gültigen Ökonomischen Gesetzen wieder frei geben, damit sie ihre Kräfte entfalten kann. Dann wird sie ganz von selbst immer größere Massen von brachliegenden Arbeitskräften aufsaugen.''68 Die Unterzeichner des Schreibens hielten also an der überkommenen Lehre von den Selbstheilungskräften der Wirtschaft fest. Nicht gezielter Staatsinterventionismus und eine antizyklische Konjunkturpolitik, wie Keynes sie später theoretisch formulierte, sondern im Gegenteil Reduzierung der Ausgaben und Rückzug der öffentlichen Hand aus dem Wirtschaftsprozeß stellten ihrer Meinung nach die Voraussetzung zur Überwindung der Krise dar. Die sich daraus ableitenden konkreten Forderungen richteten sich in Wiederholung altbekannter Thesen gegen die Grundclementc des Weimarer Kompromisses von 1918, Achtstundentag und Tarifrecht, Sozialsystem und Mitverantwortung des Staates in der Wirtschaft.69 Die Durchsetzung dieses Katalogs verlangte innenpolitisch eine Schwenkung des Kabinetts Brüning nach rechts. Die nicht nur von Paul Reusch zum Kriterium erhobene Trennung Brünings von der Sozialdemokratie mußte deshalb für die Ruhrlade zum Prüfstein ihrer zukünftigen Haltung gegenüber der amtierenden Regierung werden.70

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VII. Wendepunkt Herbst 1931: Die Abkehr von Brüning 1. Die Erklärung der Industrieverbände vom 29. September 1931 Nach einer ersten Konsolidierung des deutschen Kapitalmarktes zeigte sich, daß der Annäherung zwischen westlicher Industrie und Reichsregierung, die auf dem Höhepunkt der Bankenkrise konstatiert werden konnte, keine Dauer beschieden war. Als Brüning zögerte, die in der Eingabe der Ruhrlade vom 30. Juli 1 implizit geforderte Wende nach rechts gegen die Sozialdemokratie und die Gewerkschaften zu vollziehen, und sich gleichzeitig eine grundlegende Besserung der Konjunktur nicht abzuzeichnen begann, drängte die Ruhrindustrie massiv auf den endgültigen Bruch mit dem amtierenden Reichskanzler. Anfang September forderte Paul Reusch als die maßgebende Unternehmerpersönlichkeit in Ruhrlade und Langnam-Verein den Reichsverband auf, den Kampf gegen Brüning und die Gewerkschaften jetzt offen und in aller Schärfe aufzunehmen. Gleichzeitig solle ein Vorstoß beim Reichspräsidenten erfolgen, um auch von dieser „obersten Stelle des Reiches“ aus aktiv zu werden. „Ich bin“, so Reusch, ,,der unmaßgeblichen Meinung, daß Herr Brüning, nachdem die Erwartungen, die wir auf ihn gesetzt haben, sich nicht erfüllt haben und nachdem er nicht den Mut hat, sich von der Sozialdemokratie zu trennen, von der Wirtschaft und vom Reichsverband auf das allerschärfste bekämpft werden muß und daß ihm die Industrie ganz offen ihr Mißtrauen aussprechen soll. Weiter wäre es notwendig, bei dem Herrn Reichspräsidenten [um] eine Unterredung nachzusuchen und ihm in aller Offenheit die trostlose wirtschaftliche Lage zu schildern, die, wenn die bestehende Zwangswirtschaft beibehalten wird, unter keinen Umständen gesunden kann . . . Im weiteren bin ich der Ansicht, daß wir endlich einmal unsere Taktik den Gewerkschaften gegenüber ändern müssen. Die Industrie war bisher zu feige, den Kampf mit den Gewerkschaften mit aller Schärfe aufzunehmen. Das ganze Unheil, das über uns gekommen ist, ist nicht zum geringsten Teil auf die Gewerkschaften zurückzuführen, von denen sich seit den Revolutionstagen alle Regierungen mehr oder weniger beeinflussen ließen und die im Hintergrunde tatsächlich regiert haben. Wir haben den Fehler gemacht, in der Vergangenheit die Regierungen zu bekämpfen, statt daß wir die Gewerkschaften mit aller Schärfe bekämpft haben und sollten aus diesem Fehler der Vergangenheit nunmehr die entsprechenden Folgerungen ziehen.''2 99

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Die Reichsverbandsführung, die demgegenüber weiterhin an Brüning festhalten wollte, weil sie eine geeignete programmatische und personelle Alternative nicht zu erkennen vermochte,3 kam durch diesen Vorstoß in eine schwierige Lage: Gegen die gemäßigten Kräfte der Schwerindustrie, wie sie Paul Reusch verkörperte, konnte der RDI nicht offen angehen, ohne seinen Anspruch als gesamtindustrieller Spitzenverband in Frage zu stellen. Kastl wählte einen vorsichtigen Kompromißkurs, indem er den RDI in die geforderte antigewerkschaftliche Kampfstrategie wohl mit einspannte,4 aber eine direkte Opposition gegenüber dem Reichskanzler vermied.5 Der Ende September, Anfang Oktober von allen Seiten einsetzende Ansturm auf das Kabinett Brüning stand unter dem Vorzeichen der Einberufung des Reichstages für den 13. Oktober 1931. In Verbindung mit der zuvor erwarteten 3.,, Not Verordnung zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen'' (veröffentlicht am 6. Oktober) sowie der Tagung der „Nationalen Opposition“ in Harzburg am 11. Oktober stellte sich für die amtierende Regierung nurmehr die Frage, ob sie im Widerstreit mit den Intercsscntengruppen aller Schattierungen die nächsten Tage politisch überleben könne. Die im Langnam- und Bergbau-Verein organisierten Industriellen waren in dieser Situation entschlossen, Brüning jede Unterstützung zu verweigern und so ihren Teil zum Sturz des Kabinetts beizutragen. In den laufenden Verhandlungen zur Beilegung des Tarifkonflikts im Ruhrbergbau beharrten die Arbeitgeber auf einer extremen Lohnsenkung von 12%, was, wie Reichsarbeitsminister Stegerwald offen aussprach, „unerfüllbar“ sei, weil das Einkommen der Belegschaft ,,schon jetzt teilweise unter dem Satze der Wohlfahrtserwerbslosenfürsorge liege“ und deshalb „Unruhen“ im Ruhrgebiet nicht ausgeschlossen werden könnten.6 Der Reichskanzler, dessen Vermittlungsvorschlag, die bestehende Lohnregelung für 1-2 Monate zu verlängern, auf die entschiedene Ablehnung der Unternehmervertreter stieß, sah sich schließlich gezwungen, den am 1. Oktober eintretenden tariflosen Zustand im Ruhrbergbau durch eine Notverordnung zu regeln,7 die wiederum Proteste der sächsischen Industrie (Wittke),8 aber auch Kritik Paul Reuschs hervorrief.9 Der Hauptgeschäftsführer des Langnam-Vercins, Max Schlenker, konstatierte, daß die „ernste Sprache“ der Eingabe vom 30. Juli 1931 „durchaus nicht aufrüttelnd“ gewirkt habe und Brüning nach seiner festen Überzeugung das „Steuer nicht mehr herumwerfen“ werde. 10 Eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem amtierenden Kabinett stand daher, wie auch Springorum anläßlich einer Besprechung mit dem Reichskanzler unterstrich,11 für den Langnam-Vcrcin im September 1931 nicht mehr zur Debatte. Demgegenüber suchte der Reichsverband in Fühlung mit der Regierung zu blieben und nicht „in der Richtung eines offenen Angriffs“ zu verfahren, wie Paul Reusch wünschte.12 Die erst auf massiven Druck Kastls13 zustande gekommene Unterredung der RDI-Führungsspitze mit dem 100 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Reichskanzler am 18. September 193114 bestätigte diese flexiblere, tendenziell kooperative Linie des gemäßigten Industriellenflügels. Duisberg scheute sich dennoch nicht, unverhohlen zum Ausdruck zu bringen, daß das „Vertrauen“, das die Industrie Brüning wiederholt ausgesprochen habe, ,,in den letzten zwei Monaten bedenklich zurückgegangen“ sei und sich „teilweise schon in die Überzeugung umgewandelt“ habe, „daß der Reichskanzler nicht mehr in der Lage sei, der fortgesetzt sich verschlechternden Entwicklung unserer Lage Herr zu werden.“ 15 Brüning entgegnete nicht ohne Schärfe, daß erst schwere Fehler der Privatwirtschaft (Nord wolle-Skandal u. a.) zum völligen Zusammenbruch des deutschen Kredits geführt hätten und daß im übrigen das ,,Tempo der Liquidation der Fehler der Vergangenheit“ durch die „politische Tragfähigkeit“ bestimmt würde. Ein umfassendes Gesamtprogramm könne die Regierung aus taktischen Gründen nicht veröffentlichen, weil sich sonst eine zu starke Opposition herausbilde. Sie sei aber „fest entschlossen, einen richtigen und auch unpopulären Weg zu gehen.“ Mit einer deutlichen Warnung an die Adresse der Industrie wies der Reichskanzler dann auf die Konsequenzen seines möglichen Sturzes hin: „Komme es dazu, daß gewisse Kreise glauben, seine Zeit sei vorbei und es müsse ein anderer die Verantwortung übernehmen, dann müßten auch die Verantwortlichkeiten schon in dem Augenblick festgelegt werden, damit die Zukunft entscheiden könne, wer die Katastrophe geschaffen habe. Er werde Mittel und Wege finden, die Verantwortlichen in dem geeigneten Augenblick so zu verhaften, daß sie niemals in der Lage seien, sich später durch eine Irreführung des Volkes dieser Verantwortung zu entziehen.“16 Kastl, wie Duisberg von dem Monitum Brünings nicht unbeeindruckt,17 betonte, daß der Reichsverband nach wie vor zur ,,weitgehenden Mitarbeit“ und ,,zur Übernahme der Mitverantwortung“ bereit sei, nur müsse die Regierung ihrerseits, da sie ,,durch die weitgehende Ausschaltung der politischen Parteien auf die Mitwirkung der einzelnen Wirtschaftsstände angewiesen“ sei, diese auch hören und ihnen Gelegenheit geben, ,,ihre Ansicht zu sagen.“18 Die Teilnahme des Reichskanzlers19 an der Abschiedsfeier für den scheidenden Präsidenten des Reichsverbandes, Duisberg, am 25. September 1931 unterstrich das Interesse der Regierung an einer konstruktiven Zusammenarbeit. Brüning nutzte die Gelegenheit, um erneut für die Politik seines Kabinetts zu werben und bat um Verständnis, daß nicht sofort ,,Radikallösungen“ im Innern und in der auswärtigen Politik ergriffen werden könnten. Für die großen Erfolge komme es darauf an, ,,den richtigen Zeitpunkt zu wählen, die Einsicht in der Bevölkerung wachsen zu lassen, manchmal etappenweise, manchmal wiederum schlagartig mit Reformen, die alle Kreise der Bevölkerung betreffen, hervorzutreten“, ohne dabei freilich ,,das Endziel“ aus dem Auge zu verlieren.20 Brüning 101 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

beschrieb damit exakt den taktischen Weg seines Restaurationskonzeptes, ließ aber seine eigentlichen politischen Ziele, wie auch sonst, im unklaren. Die wachsende Distanz zwischen Großindustrie und Reichskabinett vermochte dieser Appell deshalb auch nicht mehr entscheidend zu überbrücken. In die durch die englische Pfundabwertung vom 20. September weiter verschärfte innenpolitische Spannungssituation platzte am 29. September 1931 jene ,,Gemeinsame Erklärung deutscher Wirtschaftsverbände'',21 die nicht ganz zu Unrecht als „Generalangriff'22 gegen Brüning und sein Regierungssystem begriffen worden ist. Unbeschadet einer mäßigenden Rolle des Reichsverbandes23 übten die zehn bedeutendsten Wirtschaftsverbände „schärfste Kritik“ an einem „politisch diktierten Wirtschaftssystem“, das zwischen Kapitalismus und Sozialismus hin und her schwanke und zur Folge habe, „daß dem Kapitalismus die Fehler des Sozialismus zur Last gelegt werden“. Die deutsche Politik müsse erkennen, daß es zwischen sozialistischen und kapitalistischen Wirtschaftsmethoden „keinen Kompromiß“ geben dürfe, und sie habe sich deshalb „offen und rückhaltlos“ zum „individualistischen“ Wirtschaftssystem zu bekennen. Im einzelnen verlange dies einen „weitere[n] umfangreiche[n] Aufgaben- und Ausgabenabbau in der gesamten öffentlichen Hand“, eine „individuelle Lohngestaltung“ durch Beseitigung der Verbindlichkeitserklärungen, eine „Anpassung der weit überhöhten Belastungen an das wirtschaftliche Mögliche“ und schließlich die „endgültige Beseitigung aller Reste der Zwangswirtschaft.“ „Wenn die Regierung“, so die Erklärung der Wirtschaftsverbände abschließend, „in der gekennzeichneten Richtung schnell handelt, dann, aber nur dann kann sie der Gefolgschaft aller verantwortungsbewußten, an die Zukunft des deutschen Vaterlandes glaubenden deutschen Staatsbürger sicher sein.“ 24 Im Prinzip waren diese Forderungen also nicht neu. Wenn es sich auch schon zu einer Art Pflichtübung herausgebildet hatte, unmittelbar vor Erscheinen einer neuen Notverordnung, wie sie jetzt wieder für Anfang Oktober erwartet wurde, 25 einen pointierten Interessenstandpunkt zu beziehen, so mußte doch die ungewöhnlich massive Form der Eingabe aufmerken lassen. Brüning selbst versuchte die Flucht nach vorn und ließ am 30. September erklären, er betrachte „das große Manifest der deutschen Wirtschaftsverbände nicht als eine Kampfansage an das Kabinett, sondern als eine weitgehende Unterstützung der Regierungspolitik“.26 Auf Druck von SPD und Gewerkschaften sah sich der Kanzler allerdings schon am folgenden Tage veranlaßt, von dieser Position abzurücken und ergänzend mitteilen zu lassen, daß er „in keiner Weise“ erklärt habe, „daß die in der Eingabe der Verbände enthaltenen Grundsätze das Programm der Reichsregierung darstellten.“27

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2. Die Umbildung der Brüning-Rcgierung Die weitere Entwicklung im Oktober 1931 zeigte, daß der Aufruf der Wirtschaftsverbände vom 29. September nur eine vergleichsweise harmlose Attacke gegen das Kabinett Brüning darstellte. Im Vorfeld der Tagung der „Nationalen Opposition“ in Harzburg am 11. Oktober wurden flankierende Maßnahmen eingeleitet, die das Vertrauen Hindenburgs in den Kanzler erschüttern sollten. In den Tagen vom 29. September bis Anfang Oktober gingen bei Hindenburg „waschkorbweise“ Briefe der „besten Männer im Deutschen Reiche“ ein, die sich übereinstimmend gegen Brüning und seine Politik aussprachen und in Aktionseinheit mit der ,,Harzburger Front“ einer nationalen Rechtsregierung den Weg freizumachen suchten.28 Der Reichsverband hielt sich im Hintergrund und blieb der Harzburger Tagung, wenn auch nach „heftiger Auseinandersetzung“, fern.29 Demgegenüber kündigten die um den Bergbau-Verein gruppierten Kreise der rheinisch-westfälischen Schwerindustrie unter Führung von E. Brandi der DVP schwerste Pressionen an, falls die Partei sich nicht endgültig von Brüning trenne. In einem dem Partei Vorsitzenden Dingeldey am 3. Oktober 1931 überreichten „Ultimatum“ verlangte Brandi von der DVP für die am 13. Oktober beginnenden Reichstagsverhandlungen nicht weniger als: ,,a) Aufgabe der bisherigen Stellung zur Regierung und Übertritt in die Opposition, b) Schluß mit den einseitigen Notverordnungen, c) Beteiligung an dem Mißtrauensvotum gegen die Regierung.“ 30 Sollte die DVPFraktion diesen Bedingungen nicht Folge leisten, dann würden die industriellen Initiatoren der Aktion den sofortigen Austritt ihrer Gruppe aus der Volkspartei vollziehen. Zur Unterstreichung dieser Forderungen war für den 8. Oktober eine persönliche Unterredung zwischen Brandi und Dingeldey anberaumt worden.31 Auf höchster Ebene setzte ein Vorstoß Wilhelm Cunos, des ehemaligen Reichskanzlers und jetzigen Vorsitzenden des Direktoriums der HamburgAmerika-Linie, an. Über den Sohn Hindenburgs verschaffte sich Cuno am 5. Oktober Zugang zum Reichspräsidenten und machte detaillierte Vorschläge für eine Kabinettsumbildung, die den Interessen der Wirtschaft Rechnung tragen sollte. Die Kabinettsliste, die Cuno vorlegte, sah unter der Kanzlerschaft Brünings von Neurath oder von Hassell als Außenminister, den Essener Oberbürgermeister Bracht als Innenminister, Vögler oder Springorum als Wirtschaftsminister und von Schlieben oder Schmitz (IG-Farben) als Finanzminister vor. 32 Parallel dazu verfaßte Cuno ein Wirtschaftsmanifest, das als Grundlage für die zukünftige Regierungsarbeit dienen sollte. Im wesentlichen deckten sich die in dieser Denkschrift zum Ausdruck kommenden Gedanken mit der Erklärung der Wirtschaftsverbände vom 29. September 1931 und stellten somit ein reines Unternehmerprogramm dar. Zur Durchführung dieser 103 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Politik schlug Cuno außerdem die Einrichtung eines „Wirtschaftsbeirates“ vor, 33 der als eine Art „Kronrat“ beim Reichspräsidenten34 fungieren und „die Unterstützung und Beratung durch die führenden Kräfte der Wirtschaft“ sicherstellen sollte. Für dieses Gremium waren 15 Persönlichkeiten in Vorschlag gebracht, die im wesentlichen die Prominenz der westlichen Industrie darstellten, aber auch Repräsentanten der Chemie- und Elektroindustrie, der Banken, der Landwirtschaft u. a. umfaßten.35 Insgesamt dominierte die Großindustrie allerdings eindeutig: Immerhin gehörten neun der fünfzehn Kandidaten von Cunos ,,Wirtschaftsbeirat“ dem Präsidium oder Senat des RDI an. Trotzdem ist wenig wahrscheinlich, daß Cuno in direkter Abstimmung mit der Führungsspitze des RDI oder der westlichen Wirtschaft handelte:36 Eine Ministerkandidatur etwa Springorums oder Vöglers unter der Kanzlerschaft Brünings konnte im Oktober 1931 nicht mehr ernsthaft zur Debatte stehen.37 Auch die Nennung von Graf Roedern als Minister ohne Portefeuille für Aufgaben der ,,Reichsreform“ muß aufmerken lassen: Nach Spannungen innerhalb des insbesondere von Reusch geförderten „Bund zur Erneuerung des Reiches“ während der Jahre 1930/31 war Roedern inzwischen zugunsten Gesslers von der Führung zurückgetreten und konnte nunmehr schwerlich als der Kandidat der Industrie gelten.38 Richtiger ist wohl, daß Cuno im wesentlichen auf eigene Faust und nicht ohne persönlichen Ehrgeiz39 handelte, wie auch seine Berufung in den später tatsächlich gebildeten Wirtschaftsbeirat bestätigte. Mit ähnlichen Plänen trat Freiherr v. Brandenstein an den Reichskanzler heran: Nach seinen Vorstellungen müsse vor dem Zusammentritt der Harzburger Front am 11. bzw. des Reichstages am 13. Oktober „unbedingt . . . etwas geschehen . . . in der Richtung eines Auffangens der starken Unzufriedenheit, die sich in den weitesten Kreisen . . . fühlbar macht“. Aus diesem Grunde sei eine ,,oberste Wirtschaftsleitung“ zu bilden, die der Regierung als ,,beratendes und mitarbeitendes Organ“ zur Verfügung stehe. An der verfassungspolitischen Beschaffenheit dieser Institution ließ v. Brandenstein keinen Zweifel: ,,Ich möchte nicht das Wort Diktatur gebrauchen, würde auch diese Bezeichnung nach außen hin für bedenklich halten, aber dem Sinne nach ist es gemeint.“ Diese ,,OWL“ sollte nicht mehr als 4—5 Persönlichkeiten umfassen, für die mit Warmbold oder v. Knebel-Döberitz, Geheimrat Schmitz, von Moellendorf und Geheimrat Bachern wieder konkrete Vorschläge gemacht wurden. 40 Diesem Ansturm von allen Seiten41 konnte das Kabinett Brüning nichts mehr entgegensetzen. Der Reichskanzler reichte deshalb am 7. Oktober 1931 seine Demission ein, die vom Reichspräsidenten Hindenburg auch angenommen wurde. Die Wiederbetrauung des alten Kanzlers mit der Regierungsbildung zeigte allerdings, daß den Versuchen, Brüning ganz auszuschalten, noch kein sofortiger Erfolg beschieden war. Es blieb jedoch unübersehbar, daß Brünings Stellung gegenüber dem Reichspräsidenten 104 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

entscheidend geschwächt und die Grundlage für eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr gegeben war. 42 Die am 9. Oktober abgeschlossene Kabinettsumbildung verwirklichte auch kaum die geforderte Verlagerung der Regierungsbasis nach rechts: Mit Ausnahme des „Fachmanns“ Warmbold (IG-Farben), der das Wirtschaftsministerium übernahm, wurden keine neuen Minister in die Regierung aufgenommen, sondern nur die Hindenburg ungenchmen Curtius, Wirth und von Guérard aus ihren Ämtern entlassen.43 Die neue Kabinettsliste blieb daher hinter den Wünschen der Kreise um den Reichspräsidenten weit zurück, war aber möglich, weil Brüning noch vom Bonus seiner reparationspolitischen Schlüsselstellung zehren konnte. Eben diesem Ziel der endgültigen Ablösung der Reparationen entsprach auch das Bemühen des Kanzlers, zunächst noch an einem pseudodemokratischen Parlamentarismus festzuhalten und deshalb auch die Verbindung zur Sozialdemokratie nicht abreißen zu lassen.44 Die Kandidatur Gesslers als Innenminister scheiterte nicht zuletzt an diesem Punkt,45 wenn auch formale Bedenken des Reichspräsidenten und Rivalitätsgefiihle der Reichswehr (Schleicher und Groener) schließlich den Ausschlag geben mochten.46 Daß der Rückhalt der Regierung auch in gemäßigten Industriekreisen inzwischen auf ein Minimum geschrumpft war, zeigte nicht zuletzt Brünings vergeblicher Versuch, Paul Silverberg als führenden Vertreter der westlichen Industrie für eine Mitarbeit im Kabinett zu gewinnen. Schon im Juni 1931 waren Meldungen laut geworden, nach denen Silverberg mit dem Wirtschafts- oder Finanzministerium betraut werden sollte.47 Silverberg war offenbar zu dieser Zeit zur Übernahme öffentlicher Verantwortung durchaus bereit.48 Brüning, der zu Silverberg ,,sehr großes Vertrauen“ hatte, befürchtete jedoch Mitte 1931 durch seine Hereinnahme in das Kabinett eine Verstärkung des „hochgehenden Antisemitismus“ und stellte diese Bedenken angesichts einer bedrohlich werdenden Opposition erst zu spät zurück. 49 Am Donnerstag, den 8. Oktober, wurde Silverberg zum Reichskanzler „befohlen“, der ihm „unmittelbar und fast ohne Einleitung“ die Frage vorlegte, ob er bereit sei, als Verkehrsminister ins Kabinett einzutreten. Wohl habe das Verkehrsministerium „an sich . . . keine erhebliche Bedeutung“, die Hauptsache sei, Silverberg „als Vertreter der Wirtschaft für das Kabinett zu gewinnen“. Auf die Frage nach den Grundsätzen der zukünftigen Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik reagierte der Kanzler eher ausweichend und unbestimmt und vermied die Festlegung auf ein genau umrissenes Programm. Silverberg stellte dann „als notwendig dar“, daß er „nur mit Zustimmung und Unterstützung [seiner] industriellen Freunde im Westen in ein Kabinett eintreten könne“, daß er aber „nicht die Überzeugung habe, [seine] industriellen Freunde, insbesondere die westliche Wirtschaft, hinter [sich] zu wissen; daß [er] insbesondere nicht die Überzeugung habe, dem Reichskanzler das bringen zu können, was er 105 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

wünsche, nämlich zumindest die Neutralität der westlichen Industrie ihm gegenüber; daß [er] ferner [sich] auch nicht stark genug fühle, als einziger Industrieller in die Regierung einzutreten, sondern den dringenden Wunsch hätte, wenn die not des Landes den Eintritt in die Regierung erforderlich mache, keinesfalls allein zu sein.'' Silverberg war somit nicht bereit, im neuen Kabinett eine bloße Alibifunktion auszuüben und fürchtete zu Recht einen mangelnden Rückhalt von ruhrindustrieller Seite. Am folgenden Tage wurden deshalb Vögler und Schmitz zu den Beratungen bei Brüning hinzugezogen und sogar die Möglichkeit erörtert, Dorpmüller als vierte Persönlichkeit aus der Wirtschaft in die Regierung zu nehmen. Vögler wies in diesen Gesprächen jedoch darauf hin, daß die ,, Verstimmung . . . zu groß“ sei und er selbst bei einer gleichzeitigen Kandidatur Silverbergs nicht wisse, ,,ob er insbesondere die westliche Industrie absolut hinter sich hätte.'' 50 So blieben die Bemühungen Brünings, Silverberg zur Absicherung seiner Politik gegenüber der schwerindustriellen Opposition für das Kabinett zu gewinnen, erfolglos. Dessen Konzept wiederum, wenn überhaupt, dann nur mit drei oder vier anderen Industrievertretern, namentlich Schmitz und Vögler, zusammen in die Regierung einzutreten, um so eine ,,genügend starke Position gegenüber rein politischen Bestrebungen nach der wirtschafts-, finanz- und sozialpolitischen Seite zu besitzen.''51 widersprach der Grundlinie der Brüningschen Politik, sich trotz klarer privatkapitalistischer Orientierung von einer reinen ,,Interessentenpolitik'' freizuhalten. Auch rief die Benennung von Vogler und Schmitz wegen der kritischen Lage der von ihnen vertretenen Unternehmungen die Reserve des Kanzlers hervor. 52 Die internen Vorgänge bei der Kabinettsumbildung vom Herbst 1931 bestätigten die unüberbrückbar gewordene Distanz zwischen Regierung und westlicher Industrie. Selbst Silverberg, der auf dem Höhepunkt der Bankenkrise gegenüber dem Langnam-Verein noch für eine aktive Stützung Brünings bei Anerkennung des Primats der Politik plädiert hatte, sah sich jetzt nicht mehr in der Lage, durch einen Eintritt ins Kabinett offen Position zu beziehen, immerhin aber sagten Silverberg und Schmitz ihre Mitwirkung in dem von Brüning in den Verhandlungen vom 8. und 9. Oktober 1931 ins Gespräch gebrachten ,,Wirtschaftsbeirat“ sofort zu, während sich Vögler abwartend, wenn auch nicht grundsätzlich ablehnend verhielt.53

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3. Der Sturz Brünings Der anläßlich der großen Demonstration der „Harzburger Front“ vom 11. Oktober 1931 vorgetragene Generalangriff der „Nationalen Opposition“ auf die Regierung Brüning wurde von der Schwerindustrie zumindest indirekt mitunterstützt. Während der Reichsverband von einer Teilnahme an der Harzburger Versammlung absah,54 schickten der LangnamVerein sowie der Arbeitgeberverband Nord-West ihre Syndici Schlenker und Grauert,55 die neben anderen führenden Lobbyisten wie Blank, 56 von Gilsa57 und Heinrichsbauer58 ihr Interesse am Zustandekommen einer Einheitsfront gegen das gegenwärtige „System“ bekundeten. Die führenden Repräsentanten der westlichen Industrie wie Reusch, Springorum oder Poensgen stimmten wohl mit der Grundlinie der „Nationalen Opposition“ überein,59 waren aber nicht bereit, offen-hervorzutreten.60 Schacht, dessen Harzburger Rede schnell in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt war, 61 zögerte nicht, deshalb scharfe Kritik zu üben: ,,Es war schade, daß die Industrie in Harzburg fehlte. Das dauernde Mitgehen mit dem derzeitigen System und der Mangel an Bekennermut wird die Industrie ihr innerstes Leben kosten.“ 62 Auch von Gilsa bedauerte, „daß kein einziger der wirklichen Industrieführer zugegen war“. Für alle in der Industrie an „führender Stelle Stehenden“ ergebe sich die „Notwendigkeit“, „sich auch persönlich mehr als bisher um die politischen Dinge zu kümmern. Ein Hervortreten erst im letzten Augenblick, wenn die Würfel bereits gefallen sind, dürfte zu spät sein.“ 63 Die nach außen hin demonstrierte „Zurückhaltung“ der Schwerindustrie hatte eine doppelte Ursache: Zunächst war eine gewisse Furcht der Industrie vor direkten wirtschaftlichen Pressionen der Reichsregierung nicht zu übersehen. Die Abhängigkeit von Staatsaufträgen hielt die Repräsentanten der großen Konzerne des Westens davon ab, offen gegen das Kabinett zu Felde zu ziehen.64 Im Vorfeld der Bildung der „Harzburger Front“ ließ so auch Treviranus, offensichtlich im Auftrage Brünings, gegenüber Reusch und Springorum durchblicken, „daß für die künftigen Entschlüsse des Kanzlers natürlich viel davon abhängen werde, wer sich etwa aus der Wirtschaft an der Zusammenkunft in Harzburg beteilige.“ 65 Hinzu kam die kaum verhüllte Drohung Brünings, im Falle seines Sturzes Einzelheiten über skandalöse Vorgänge innerhalb der Großindustrie und des Bankwesens an die Öffentlichkeit weiterzugeben.66 Im übrigen stand dem jetzt deutlicher erkennbaren,67 abgestuften Revisionskonzept Brünings immer noch keine personelle bzw. programmatische Alternative gegenüber, wie auch in weit rechts stehenden Industriekreisen anerkannt wurde. 68 Insbesondere zeichnete sich die Rolle der NSDAP innerhalb des antirepublikanischen Bündnisses noch nicht in der erwünschten Präzision ab; die unübersehbaren Dissonanzen während der Tagung der „Nationalen Opposition“ in Harzburg am 11. Oktober bestätigten diesen Eindruck.69 107 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Auch die verstärkten Bemühungen ζ. Β. Funks, die Zweifel an dem wirtschaftspolitischen Kurs der NSDAP auszuräumen, hatten, wie u. a. die Reaktion auf seinen Vortrag im Berliner Herrenclub am 16. Oktober zeigte, noch keinen merklichen Erfolg. 70 Dies alles bedeutete für den Kanzler jedoch nur eine Schonfrist bis zum reparationspolitischen Durchbruch: Wie Graf von Westarp richtig sah, war das innen- und außenpolitische Risiko einer Regierungsübernahme durch die ,,Nationale Opposition“ im Herbst 1931 noch zu groß: „Wer sich der Regierungsfähigkeit der Rechtsopposition nicht sicher ist, . . . muß den Preis eines solchen Versuchs zurzeit f ü r zu teuer halten. Der Versuch setzt nicht nur

das Gelingen der außenpolitischen Arbeit Brünings durch einen inmitten einer einheitlich angelegten Aktion vorgenommenen Führerwechsel auf das Spiel, sondern beschwört Verschärfungen der Krise von außen her herauf Im Innern kann niemand die Gefahr in Abrede stellen, daß eine Regierung Hitler-Hugenberg mit den Gewerkschaften und der sozialdemokratischen Partei auch sehr große Massen der Arbeiterschaft auf die Straße und an die Seite der Kommunisten treiben würde. Würde schließlich die Rechtsopposition, wie ich ganz bestimmt fürchte, unter Führung Hitlers bei diesem Versuche und jetzt scheitern, so würde das auf lange Zeit hinaus ein unwiderbringlicher Schade auch für die nationale Bewegung selbst

sein. Erst nach Gläubigerakkord und Tributrevision und nach Beginn besserer Verhältnisse wird der Versuch einer nationalsozialistisch gefiihrten Rechtsregierurig - die deutschnationale Führung kommt praktisch leider kaum noch in Betracht - durchgeßihrt werden müssen und können.'' 7 1

Der sich im April 1932 72 anbahnende Erfolg Brünings in der Reparationsfrage war deshalb zugleich sein Ende: 73 Nachdem der Kanzler die Wiederwahl Hindenburgs gesichert hatte, die „sozialistische“ Parlamentsherrschaft in Preußen (Landtagswahlen vom 24. April 1932) gebrochen war und damit die Umstellung auf eine Rechtskoalition im Reich unter Einschluß der NSDAP in den Bereich des Möglichen rückte, mußte nur noch der Anlaß gefunden werden, die Regierung auszuwechseln. In dieser Situation genügte der Vorstoß der Großagrarier gegen das als „Agrarbolschewismus“ gebrandmarkte Siedlungsprogramm, um die Kabinettskrise auszulösen und die Demission Brünings am 30. Mai 1932 herbeizuführen. 7 4 Wie in den strategischen Planungen der Reichswehrführung und des Reichspräsidenten vorgesehen, blieb es dem neuen Reichskanzler Franz von Papen vorbehalten, das Ziel der zähen Revisionspolitik Brünings, nämlich die Ablösung der Reparationen, 75 als Erfolg für sich und seine Regierung der ,,nationalen Konzentration'' zu verbuchen. 76 Verfassungspolitisch gesehen, war der Sturz Brünings eine Konsequenz seiner absoluten Bindung an den Reichspräsidenten bzw. das Präsidiale System. 7 7 Eine Emanzipation des Kanzlers von der ihm zugedachten Rolle als Beauftragter des Reichspräsidenten hätte die Situation vielleicht grundlegend verändern können. 7 8 Die Mehrheitsfrage im Reichstag war vor der Juliwahl 1932, wie auch die andauernde Tolerierung des Kabinettcs zeigte, 108 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

jedenfalls nicht völlig ausweglos: Ein solcher Versuch hätte allerdings eine tendenzielle Rückorientierung auf das Parlament bedeutet, schied für Brüning also von vorneherein aus. In diesem Zusammenhang ist nicht ohne Interesse, daß die Führungsspitze des Reichsverbandes, die im Herbst 1931 fast allein noch bereit war, den Kanzler zu stützen,79 bis zuletzt an dieser Linie festhielt. Das Geschäftsfuhrende Präsidialmitglied Kastl bemühte sich ζ. Β. im April 1932 noch einmal intensiv, den inzwischen ins nationalsozialistische Lager gewechselten P aul Reusch aus seinem Bündnis mit Hitler zu lösen und zumindest auf eine neutrale Haltung der Brüning-Regierung gegenüber zu verpflichten.80 Anläßlich einer Besprechung mit Brüning und Stegerwald am 13. Mai 1932, in der grundlegende Fragen der Arbeitsbeschaffung, Siedlung, Steuer- und Finanzpolitik erörtert wurden, 81 gewannen führende Vertreter des RDI und der VDA (Kastl, Kraemer, Brauweiler und Kötigen) ein überaus positives Bild vom Kanzler und seinen Plänen.82 Den Verhandlungen, die in ,,bestem Einvernehmen“83 zu Ende geführt wurden, folgte am 17. Mai eine mehrstündige Unterredung zwischen Kastl und Brüning, von der das Geschäftsfuhrende Präsidialmitglicd des RDI wiederum den ,,allerbesten Eindruck“ mitnahm. 84 Brüning selbst berichtet, daß er bei dieser Gelegenheit insbesondere vor den Intrigen General von Schleichers gegen das Kabinett gewarnt worden sei: Kastl und Bücher85 versicherten den Kanzler der Rückendeckung der ,,besonnenen Männer der Wirtschaft“, wenn er persönlich den Kampf gegen Schleicher aufnehmen wolle. 86 Während der Langnam-Verein, in Fortsetzung seiner Politik vom Herbst 1931, das Kabinett zu diesem Zeitpunkt schon aufgegeben hatte und auf Goerdeler, der als Nachfolger des Anfang Mai 1932 zurückgetretenen Wirtschaftsministers Warmbold im Gespräch war, einzuwirken versuchte, die Übernahme des Ministeramtes abzulehnen und den ,,Sirenenklängen“ Brünings nicht zu folgen,87 wünschte der ,,Bayerische Industriellen-VerBand“ (BIV) mit aller Dringlichkeit einen Besuch des Reichskanzlers in München, da dies ,,zu Stärkung und Verbreitung des Vertrauens in das gegenwärtige Reichskabinett von überaus großer Bedeutung“ sei. Auch das jüngste Wahlergebnis zeige, so der BIV, daß ,,weite Kreise noch im allgemeinen an der gegenwärtigen Reichspolitik festhalte[n]“.88 Der überraschende Sturz Brünings fand so auch, in Konsequenz der bisherigen Linie des RDI, die offene Mißbilligung des neuen Reichsverbandspräsidenten Krupp von Bohlen und Halbach. Damit war zugleich eine deutliche Reserve gegenüber der neuen Regierung von Papen verbunden.89 Die Haltung der hier genannten, vorwiegend exportorientierten Industrickreise belegt, daß die überstürzte Ablösung des Kanzlers nicht der Politik der Gesamtindustrie entsprach. Dem konfliktträchtigen Interessenkartell von Großlandwirtschaft und Schwerindustrie stand eine ökonomisch gewichtige Industriegruppe gegenüber, die, insbesondere nach 109 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Lösung der Reparationsfrage und einer Umstellung der Währungspolitik, 90 durchaus eine Basis für den Fortbestand des Kabinetts Brüning hatte abgeben können.

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VIII. Die Deflationspolitik Brünings Die spezifische Zielsetzung der Wirtschafts- und Finanzpolitik Brünings hat maßgeblich dazu beigetragen, die Abwendung wichtiger Industriekreise von der Regierung zu verstärken. So rigoros die in Übereinstimmung mit der herkömmlichen volkswirtschaftlichen Theorie und den offiziellen Verlautbarungen der Wirtschaftsverbände verfolgte prozyklische Konjunkturpolitik auch zur Anwendung kam, eine Überwindung der Krise zeichnete sich nicht ab, eher war das Gegenteil der Fall. Der Reichskanzler nahm die inneren Rückwirkungen seiner Sparpolitik, die mit der sozialen Verelendung der Massen das Fundament für den Aufstieg des Nationalsozialismus verbreiterte, in Abwägung seines ehrgeizigen Ziels, die Hohenzollern-Monarchie nach Lösung der Reparationsfrage zu restaurieren, dabei spätestens seit Mitte 1931 bewußt in Kauf.1 Nachdem der ursprüngliche Plan, über eine „Exportoffensive“ eine Revision der Reparationen und des Versailler Vertrages zu erzwingen, infolge des Scheiterns der deutsch-österreichischen Zollunion sowie schließlich des Zusammenbruchs des deutschen Kredits in der Bankenkrise gegenstandslos geworden war, 2 ging das Bestreben des Kanzlers dahin, durch Nachweis der Zahlungsunfähigkeit Deutschlands den Revisionsmechanismus des YoungPlans in Gang zu bringen. Im Innern verlangte dieser Weg ein striktes Festhalten an der Deflationspolitik. Andererseits hatte aber insbesondere die Bankenkrise Zweifel an der überkommenen liberalen Wirtschaftstheorie aufkommen lassen: Die weitverbreitete These, daß 1931 noch keine alternativen Konzepte im Sinne der später von Keynes theoretisch begründeten antizyklischen Konjunkturpolitik vorlagen oder zumindest Brüning nichts davon wußte, ist, wie auch das Aktenmaterial bestätigt, unzutreffend. So sprach sich z. B. Silverberg bereits auf der Präsidial- und Vorstandssitzung des RDI vom 29. Juli 1931 für eine Bekämpfung der Deflation durch eine ,,vorübergehende Vermehrung der zirkulierenden Zahlungsmittel“ aus und übte an der zögernden Politik der Reichsbank deutliche Kritik.3 Im Rahmen der Ministerbesprechung vom 3. August, zu der auch Sachverständige aus der Wirtschaft hinzugezogen worden waren, entwickelte Silverberg darüber hinaus einen Plan zur Entlastung der Gemeinden von ihrer kurzfristigen Verschuldung. Zu diesem Zwecke sollten Schatzanweisungen des Reichs oder der Länder in einem Gesamtbetrage von 2 Milliarden Reichsmark ausgegeben werden.4 Der spätere Reichswirtschaftsminister Warmbold wies in der glei111 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

chen Besprechung auf das Problem der Belebung des Binnenmarktes hin und setzte sich für kurzfristige Inlandskredite gegen Warendeckung ein, da, wie er richtig sah, der nach Abzug des Auslandskredites entstandene Mangel an Umlaufmitteln die Produktion „fessele“ und zusätzliche Arbeitslosigkeit zur Folge habe.5 Auch Geheimrat Schmitz (IG-Farben) trat dafür ein, das Kreditvolumen ,,ohne Inflationserscheinungcn“ zu erweitern. Silverberg unterstützte diese Überlegungen und unterstrich, daß es notwendig sei, „reale Werte zu realisieren. Eine vorübergehende Inflation dürfe keine Dauererscheinung werden.“ Von Industrieseite hielt nur Vögler daran fest, daß der Deflationstiefpunkt und damit der Moment zum aktiven Gegensteuern noch nicht gekommen sei. 6 Hier knüpfte Brüning an, dem aus reparationspolitischen Gründen an einer antizyklischen Konjunkturpolitik noch nicht gelegen sein konnte. Kennzeichnend ist, daß der Reichskanzler dabei selbst die Annahme langfristiger Auslandskredite ablehnte, obwohl er sich bewußt war, daß Deutschland mit dem „gegenwärtigen Kapitalsumlauf nicht auskommen'' konnte. „Würde“, so Brüning, „auf Angebote eingegangen, so würde das die Lösung des Reparationsproblems unmöglich machen. Er würde jede Mitwirkung ablehnen.“7 Auch gegenüber Reichsfinanzminister Dietrich, der in einer Sitzung in der Reichskanzlei am 22. August 1931 vor der Fortsetzung der Deflationspolitik warnte und auf die sich daraus ergebenden Gefahren für Wirtschaft und Banken hin weis, beharrte Brüning auf dem Primat der Reparationspolitik. Der Kanzler sagte in dieser Besprechung „sehr deutlich, daß wir“, wie Luther berichtet, „und zwar aus außenpolitischen Gründen, den jetzigen Weg der Sparsamkeit nicht verlassen dürften.“8 Brüning war sich dabei über die binnenwirtschaftlichen Folgen einer forcierten Deflationspolitik und deren immanenter krisenverschärfender Auswirkung zumindest ansatzweise im klaren: Bereits anläßlich einer Besprechung mit Vertretern des Kohlenbergbaus am 25.Juni 1931 hatte der Reichskanzler so deren Forderung nach weiteren Lohnsenkungen mit dem zutreffenden Argument abgelehnt, daß „dadurch die Kaufkraft weiter sinken würde . . . In der verarbeitenden Industrie rege sich die Erkenntnis, daß bei fortgesetzten Lohnsenkungen sich die Absatzverhältnisse immer weiter verschlechtern würden.“ 9 Brüning kannte also den Deflationsmechanismus genau: Seine mehrfach belegte Absicht, nach Lösung der Reparationsfrage die Reichsmark um 20% abzuwerten,10 bestätigt im übrigen, daß die Wirtschaftspolitik nicht primär am Ziel der Krisenbekämpfung und der Behebung der Arbeitslosigkeit orientiert war, sondern sich dem Primat der Außenpolitik unterordnete. Daher mußte auch der wichtige Vorstoß des RDI vom 25. Juli 1931, eine elastischere Geldpolitik der Reichsbank zu erwirken, von vorneherein scheitern.11 Die Vorschläge des Reichsverbandes wurden mit dem Verweis darauf, daß jede Maßnahme zu vermeiden sei, „die in der breiten Öffentlichkeit als eine Rückkehr zu den Gepflogenheiten der Inflationszeit gedeu112 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

tet werden könnte“, kurzerhand abgetan.12 Kastl mahnte daraufhin noch einmal eindringlich, die von der Reichsbank angeführte deflationistische Politik zu korrigieren: „Wenn die deutsche Wirtschaft durch die Ereignisse der letzten Wochen nicht unabsehbaren Schaden erleiden will, dann muß ihr in der Kreditgewährung bei sorgfältiger Prüfung der Zweckbestimmung der einzelnen Kredite weitgehendes Entgegenkommen erwiesen werden . . . Wenn wir diese Tendenzen verfolgen, so geschieht es letzten Endes deshalb, weil wir glauben, daß eine übertriebene Kreditbeschränkung . . . nichts anderes erzeugen kann, als die Stillegung von weiteren Betrieben. Es kommt aber darauf an, die leistungsfähigen Arbeitsstätten zu erhalten, um die vorhandenen Arbeitsmöglichkeiten nicht einzuschränken, sondern auszuweiten. Nur auf diesem Wege kann ein verhängnisvolles Anschwellen der Arbeitslosenziffer verhindert werden. Wenn wir diesen Standpunkt vertreten, so bedeutet das keine inflatonschen Maßnahmen, sondern nur eine vernünftige Regelung des Kredit- und Zahlungsverkehrs, an dem jeder einzelne Teil der Wirtschaft und nicht zuletzt die Regierung des Reiches selbst in hervorragendem Maße interessiert sind . . .“13 Die Antwort der Regierung auf diesen ernsthaften Appell war unverbindlich und ausweichend; jeder konkrete Schritt unterblieb.14 Im Oktober 1931 wurde die in Gang gekommene währungspolitische Debatte, die durch die aus den Jahren 1920-23 herrührende „Inflationspsychose“15 unglücklich belastet war, weiter ideologisiert. Die Protagonisten einer antizyklischen Konjunkturpolitik sahen sich, insbesondere nach dem sensationellen Auftreten Hjalmar Schachts in Harzburg, der die geldpolitische Alternative einseitig mit der Bewegung der ,,Nationalen Opposition“ verknüpfte, pauschal dem Lager der extremen Rechten und der dort vertretenen „Katastrophenpolitik“ zugeordnet.16 Die „Frankfurter Zeitung“ sprach so am 11. Oktober 1931 von einem „Komplott“ zwischen westlicher Industrie und „Nationaler Opposition“ zur Herbeiführung der Inflation.17 Die herbe und sachlich durchaus gerechtfertigte Entgegnung Kastls18 änderte nichts daran, daß die Währungsdiskussion zumindest in der Öffentlichkeit zunehmend tabuisiert wurde. Dem Reichskanzler kam diese Entwicklung gar nicht ungelegen, entzog sie doch seine fehlorientierte Wirtschafts- und Finanzpolitik der grundsätzlichen Kritik selbst gemäßigter Kreise. Hinzu kam, daß in erster Linie die Reichsbank für die in der Währungsfrage eingeschlagene Richtung verantwortlich gemacht wurde und so die sachlich begründeten Zweifel an der Richtigkeit der Regierungspolitik in einer offenen Opposition gegen Luther mündeten. Die Rufe nach der Ablösung Luthers durch Schacht mehrten sich, 19 und selbst Paul Reusch, der Hauptverbündete Luthers innerhalb der westlichen Schwerindustrie, suchte seit Herbst 1931 verstärkt Kontakte zu dem früheren Reichsbankpräsidenten Schacht.20 Intern wurde die Währungsdebatte allerdings unvermindert fortgeführt. Silverberg nutzte die Verhandlungen des im Oktober/November 1931 113 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

tagenden Wirtschaftsbeirats, um erneut für eine ansatzweise antizyklische Krisenpolitik zu werben. Brüning hatte diesem Gremium, bei dessen Konstituierung neben Schmitz, Vögler, Bücher und Wolff auch Silverberg entscheidend mitwirkte, 21 freilich bloß die Funktion zugedacht, die Notverordnung vom 8. Dezember 1931 vorzuberaten, wobei die Opposition aus dem Unternehmerlager mit in die Verantwortung eingespannt werden sollte.22 Die hochgespannten Erwartungen, wie sie beispielsweise Ernst Brandi hegte, der in dem Wirtschaftsbeirat ,,eine Art Kronrat beim Reichspräsidenten'' sehen wollte, wurden daher nicht erfüllt.23 Andererseits konnte die Regierung nicht verhindern, daß alternative Vorstellungen diskutiert wurden. So legte Silverberg in den Verhandlungen vom 10. bis 12. November 1931 einen detaillierten Plan vor, mit dem eine Kreditschöpfung im Umfang von 1-2 Milliarden Reichsmark realisiert werden sollte.24 Auf Wunsch der Reichsbank arbeitete Silverberg seinen Vorschlag schriftlich aus, hatte damit aber keinen Erfolg: In den Beratungen des Wirtschaftsbeirats vom 16. November wurden seine Überlegungen insbesondere auf Betreiben Luthers, aber auch des Reichskanzlers und des Reichswirtschaftsministers, zurückgewiesen.25 Anläßlich der Hauptausschußsitzung des DIHT vom 3. Dezember 1931 kam es zum offenen Streit zwischen den „Reformern“ und den Anhängern der Deflationspolitik, der durch das Eingreifen der Reichsregierung einen besonderen Akzent erhielt. In einem direkten, nicht ohne persönliche Schärfe geführten Rededuell mit dem Reichsbankpräsidenten Luther forderte Silverberg erneut und mit aller Eindringlichkeit die Erweiterung des Kreditvolumens.26 Die Reichsregierung reagierte auf die ihr allmählich gefährlich werdende Opposition in ungewöhnlicher Weise. Gegenüber der DIHT-Führung bestand der Kanzler auf einer kompletten Zensur der Presseverlautbarung über die Hauptausschußsitzung, soweit sich diese auf die kreditpolitischen Alternativpläne Silverbergs bezog.27 Silverberg, dem die Intervention Brünings offenbar nicht bekannt geworden war, beschwerte sich daraufhin bei Hamm (Geschäftsführendes Präsidialmitglied DIHT), daß seine Ausführungen „offenbar durch nachträgliche Korrekturen . . ., vor allen Dingen aber . . . durch Kürzungen sinnentstellend zur Wiedergabe gekommen“ seien: „Ich habe in meinen Ausführungen im ausdrücklichen Gegensatz zu Herrn Reichsbankpräsident Dr. Luther festgestellt, daß Zinsermäßigungen nicht imstande sind, eine abgleitende Konjunktur im Abgleiten zu hemmen, daß sie dagegen notwendig sind, um von einem Tiefstand der Konjunktur wieder einen Aufschwung der Wirtschaft herbeizuführen. Ich habe ferner gesagt, daß meines Erachtens jetzt dieser Zeitpunkt gekommen ist . . . und das ist auch der entscheidende Punkt vom Standpunkt der Wirtschaft aus gesehen in Bezug auf die notwendige Erweiterung des Kreditvolumens und die Senkung des Diskonts. Wenn wir uns nicht endlich entschließen, den Binnenmarkt wieder zu beleben, wird es uns nicht möglich sein, die Arbeitslosen in den Arbeitsprozeß einzufügen. Dazu gehört ein 114 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

unbedingtes Zusammenwirken wirtschaftspolitischer mit monetären Maßnahmen.“28 War es Brüning hier noch einmal gelungen, die ihm unbequeme Diskussion durch das Mittel der Pression zu unterbinden, so kam es innerhalb der Regierung wenige Tage später wegen dieser Frage zu einer vor der Öffentlichkeit vertuschten Kabinettskrise. In Übereinstimmung mit den Vorstellungen, wie sie Schmitz und Silverberg entwickelt hatten, erhob der erst im Oktober 1931 ins Kabinett berufene Reichswirtschaftsminister Warmbold Einspruch gegen die deflationistische Notverordnung vom 8. Dezember 1931. 29 Reichsbankpräsident Luther als Vertreter der „reinen Lehre“ hielt dem entgegen, daß zur Privatwirtschaft „nun einmal eine selbständige Währungspolitik“ gehöre, ,,die sich nur den wirtschaftlichen Gegebenheiten anpassen und nicht umgekehrt die wirtschaftlichen Gegebenheiten schaffen könne.“30 Als Brüning, der demgegenüber durchaus die Notwendigkeit einer aktiven Konjunkturpolitik, allerdings erst nach Lösung der Reparationsfrage, anerkannte,31 sich weigerte, auf Warmbolds Bedenken einzugehen, reichte dieser seine Demission ein (8. Dezember 1931) und verlangte die Zurückziehung seiner Unterschrift von der Notverordnung, der der Kanzler auch stattgeben mußte(!). 32 Mit Rücksicht auf die Gefährdung der Regierung und auch die bevorstehende Reichspräsidentenwahl verblieb Warmbold jedoch zunächst im Kabinett.33 Die Ende Januar 1932 veröffentlichte Denkschrift ,,Geld- und Kreditreform“ des Präsidenten des Statistischen Reichsamtes und Leiters des Instituts für Konjunkturforschung, Ernst Wagemann, stellte den vorläufigen Höhepunkt in dieser Entwicklung dar. Der in Abstimmung mit Schmitz, Moellendorf, Bachern und Warmbold34 entwickelte Plan Wagemanns35 zielte auf eine Erhöhung der Liquidität der Banken und implizierte eine neue Form der Geldschöpfung.36 Der Reichskanzler, in höchste Verlegenheit gebracht, versuchte deshalb nicht ohne Erfolg, vor der Öffentlichkeit die Vorschläge Wagemanns, der als führender Kopf der „Reformer“ eine noch unbestrittene Autorität besaß, herunterzuspielen. Intern lehnte Brüning den Wagemann-Plan unter Hinweis auf die Reparationspolitik kategorisch ab: ,,Das Ausland würde glauben, daß Deutschland nun versuchen werde, durch künstliche Kreditschöpfung seine Wirtschaft zu verbessern und den Reparationszahlungen zu entgehen.'' 37 Warmbold und Dietrich, die in der Denkschrift durchaus einen richtigen Ansatz erblickten, stimmten der Grundlinie des Kanzlers, momentan von einer Verfolgung der Vorschläge abzusehen, zu. 38 Grundsätzliche, aus einer fehlerhaften volkswirtschaftlichen Theorie abgeleitete Opposition kam nur vom Reichsbankpräsidenten Luther, der in dem Wagemann-Plan die „Inflation“ schlechthin erblickte.39 Eben dies Argument, das für die ablehnende Haltung des Kabinetts nicht bestimmend war, wurde der Öffentlichkeit gegenüber als Hauptpunkt für die zögernde Haltung der Regierung genannt.40 115 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Noch einmal war es gelungen, den Vorstoß der „Reformer“ aufzuhalten. Silverberg, der dem Wagemann-Kreis nahestand41 und nach eigener Aussage als „der Exponent der Forderung nach Erhöhung des Kreditvolumens“ galt, 42 hatte mit seinen Bemühungen, im März/April 1932 eine Umorientierung der Geldpolitik herbeizuführen, ebenfalls keinen entscheidenden Erfolg.43 Auch der Hinweis, daß ,,mit keinem Wort. . . mehr Mißbrauch getrieben wird wie mit dem permanenten An-die Wand-malcn einer Inflation“,44 vermochte innerhalb des Reichsverbandes, in dem der VDMA (Lange) die Gegenposition vertrat,45 nicht zu überzeugen. Wesentliche Ursache des relativen Mißerfolges der „Reformer“ war die Tatsache, daß die Vertreter einer keynesianischen Politik ihr Vorgehen nicht immer optimal abzustimmen wußten und, wie ζ. Β. der Reichswirt­ schaftsminister Warmbold, teilweise widersprüchlich agierten.46 Das gilt auch für Silverberg, der zeitweilig den Primat der Außenpolitik zu Lasten der Konjunkturpolitik ganz im Sinne Brünings mitverfocht und es damit an letzter Konsequenz mangeln ließ. 47 Ausschlaggebend war aber, daß der Reichskanzler die richtigen alternativen Vorschläge vor der Öffentlichkeit mit dem Odium der „Inflation“ belastete,48 um so den Freiraum für seine reparationspolitischen Ziele abzusichern. Eine unmittelbare Rückwirkung der intransigenten Haltung Brünings und Luthers bestand darin, daß der „Nationalen Opposition“ aus freien Stücken ein neues, wirkungsvolles Agitationsfeld überlassen wurde: Während der Rückhalt Brünings und Luthers in der westlichen Industrie auf Grund der fehlgesteucrten Wirtschaftspolitik fast völlig geschwunden war, bot sich als scheinbar einzig mögliche Alternative der ehemalige Reichsbankpräsident Schacht immer deutlicher an. Auch in gemäßigten Kreisen der Wirtschaft gewann Schacht unbeschadet seiner Harzburger Rede zunehmend an Einfluß,49 so daß die Silverberg nahestehenden „Deutschen Führerbriefe“ im Frühjahr 1932 sogar für seine Kandidatur zum Reichspräsidenten eintraten.50 Brünings überzogene Deflationspolitik entsprach also nicht, wie neuerdings wieder behauptet worden ist, einem „Konsens“, in dem sich die divergierenden gesellschaftlichen Kräfte der Weimarer Republik zuletzt noch trafen,51 sondern arbeitete im Gegenteil dem Nationalsozialismus direkt in die Hände: Zunächst trug diese Politik wesentlich zu den großen Erfolgen der NSDAP in den Wahlen 1931/32 bei, indem sie durch die soziale Bedrohung breiter Bevölkerungsgruppen das Stimmenreservoir der Partei vergrößerte. Dann aber verschaffte sie der NSDAP durch das künstlich aufrechterhaltene währungspolitische Diskussionsdefizit eine potentielle programmatische Alternative, die die Nationalsozialisten für führende Repräsentanten der Wirtschaft attraktiver werden ließ. Die Annäherung von Unternehmertum und Nationalsozialismus, die im Frühjahr 1932 einen ersten Höhepunkt erreichte, muß nicht zuletzt vor diesem Hintergrund gesehen werden. 116 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

IX. Großindustrie und NSDAP in der Ära Brüning 1. August Heinrichsbauer und der Strasser-Flügel der NSDAP Die ersten sporadischen Kontakte zwischen Großindustrie und Nationalsozialismus reichen weit in die 20er Jahre zurück. Das wohl wichtigste Dokument aus der Frühzeit dieser Verbindungen ist die Denkschrift „Der Weg zum Wiederaufstieg“ aus dem Jahre 1927, die Hitler auf besonderen Wunsch Emil Kirdorfs verfaßt und diesem zur Verteilung in Unternehmerkreisen zur Verfügung gestellt hatte. 1 In dieser Geheimbroschüre war die Doppelstrategie radikal-sozialistischer Propaganda nach außen und privatkapitalistischer Systemorientierung nach innen bereits klar angelegt.2 Eine intensivere Beobachtung des NSDAP-Programms setzte in der Wirtschaftskrise 1929/30 ein:3 Bei führenden Großindustriellen fand vor allem die Analyse des RDI-Syndikus Hans Reupke „Das Wirtschaftssystem des Faschismus'' vom Sommer 1930 starke Beachtung.4 Nach der Reichstagswahl vom 14. September verdichteten sich die Kontakte erheblich, blieben aber noch an einen beschränkten Personenkreis gebunden. Eine wichtige Rolle spielte hier August Heinrichsbauer, der als Herausgeber des ,,Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsdienstes“ der Schwerindustrie, insbesondere dem Bergbau, eng verbunden war, ohne freilich deren Sprachrohr darzustellen.5 Durch die vor allem auf Initiative des Bergbau-Vereins6 beim RDI im Oktober 1930 neu eingerichtete ,,Wirtschaftspropagandistische Abteilung“, der u.a. die Arbeitsgebiete ,,Wirtschaftsprogramm der politischen Parteien, insbesondere der nationalsozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands“ sowie ,,Das Wirtschaftssystem des Faschismus“ zugeordnet waren,7 verbreitete Heinrichsbauer wiederholt diverse Exposes, in denen kaum verdeckt für eine ständisch-faschistische Ordnung geworben wurde. 8 Im Dezember 1930 legte er einen internen Bericht über „Besprechungen mit Führern der nationalen Opposition“9 vor, den u. a. Reusch und Luther erhielten. In der bisher unbeachtet gebliebenen Aufzeichnung skizzierte Heinrichsbauer die radikalere Position von Goebbels und der Berliner NSDAP, der er die gemäßigtere Auffassung des Reichsorganisationsleiters Gregor Strasser und des Wirtschaftspolitischen Referenten der NSDAP, Dr. Wagener,10 gegenüberstellte: „Dr. Goebbels, der Berliner Führer der NSDAP und bekannt als Vertreter der schärferen Richtung innerhalb dieser Partei, ist der festen Überzeugung, daß der NSDAP in kurzer Zeit die absolute Mehrheit im Parlament zufallen wird. Er lehnt 117 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

alle sog. halben Lösungen ab, geht vielmehr unbedingt und konsequent auf das Ziel der Erringung der Gesamtmacht durch die NSDAP los, die er mit allen Mitteln durchzusetzen und zu behaupten entschlossen ist. . . Das Verhältnis zur Wirtschaft bzw. zum Unternehmertum sieht er rein politisch. Für den Fall, daß das Unternehmertum mit der nationalen Opposition geht, ist er zu seiner Anerkennung und Förderung gerne bereit, setzt sich das Unternehmertum jedoch für die Unterstützung des jetzigen Systems ein, wird er es auf das Schwerste bekämpfen. Goebbels sagte, daß es nicht zu verantworten sei, Lohnkürzungen zu Gunsten des jetzigen innerpolitischen Systems und zu Gunsten einer Reparationserfullung durchzuführen; eine Unterstützung derartiger Maßnahmen müsse er unbedingt ablehnen. Dagegen stelle er sich dem Unternehmertum restlos zur Verfügung, falls dieses beispielsweise erkläre, daß es jede Finanzierung des jetzigen Systems (auch durch Steuerzahlung) ablehne und sich mit der Arbeiterschaft gemeinsam gegen die Fortsetzung der Ausblutung der Wirtschaft wende . . . “ Die Reichsleitung der NSDAP in München und vor allem Gregor Strasser nahmen nach Darstellung Heinrichsbauers demgegenüber einen ,,gemäßigteren Standpunkt“ ein: Man sehe dort „die Gefahren der unbedingten Durchsetzung der Ziele der NSDAP sehr wohl und lehn[e] infolgedessen die Unterstützung durch andere Gruppen nicht ab.'' In wirtschaftlichen Fragen vertrete Strasser folgenden Standpunkt: ,,Voraussetzung eines sauberen Staates ist das Eigentum; ich bekenne mich vorbehaltlos zu ihm, wobei ich allerdings die durch die Börsenspekulationen erzielten Gewinne nicht zum Eigentumsbegriff rechne . . . Die NSDAP beruht auch in wirtschaftlichen Dingen auf dem Prinzip der Leistung und der Verantwortung; aus diesem Grunde ist sie gegen Wirtschaftsdemokratie. Wer mehr kann und mehr arbeitet, soll auch mehr haben; wer glaubt, die persönliche Initiative ausschalten zu können, ist ein Narr. Ich bin Gegner der Konzerne und Trusts, die die persönliche Verantwortung ausschalten und die teilweise mächtiger geworden sind als der Staat; diese Konzerne und Trusts muß man beseitigen, um die freie Unternehmerpersönlichkeit wieder in den Mittelpunkt stellen zu können. Erzeuger und Verbraucher werden sich nie ganz einig sein können; über beiden muß deshalb ein ehrlicher Makler stehen, der unparteiisch beiden hilft, das ist aber ein sauberer Staat. Bisher hat die Industrie den Hauptnachdruck ihrer Kraft auf eine Oberexpansion der Ausfuhr abgestellt und dabei den Binnenmarkt geschädigt. Der liberale Traum der Weltwirtschaft ist aber vorbei; das Gesicht der Wirtschaft muß deshalb vom Weltmarkt zum Binnenmarkt gedreht werden; das ist aber gleichbedeutend mit Belebung neuer Kraft für die Landwirtschaft. Ich bekenne mich zur Autarkie in der möglichen Form und zur Zerschlagung unnötiger Ausfuhr. Es handelt sich hier um die Durchsetzung der Schaffung neuer Kraft zur Gewinnung neuen Raumes; darauf beruht auch das Bekenntnis zur Nationalwirtschaft. . .“11 Über Heinrichsbauer, ab Mitte 1931 auch Funk, vollzog sich eine zunehmende Einflußnahme auf das Wirtschaftsprogramm des Nationalsozialismus, 1 2 um die Koalitionsfähigkeit der NSDAP mit der bürgerlichen Rechten vorzubereiten. Diese Bündnisperspektive versuchte Heinrichsbauer schon im Dezember 1930 als allein verbleibende Alternative herauszustellen. In dem Bericht an Reusch heißt es resumierend: 118 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

„Es wäre dringendst zu wünschen, wenn die Wirtschaft, die bisher in vielen ihrer führenden Persönlichkeiten auf die bürgerlichen' Parteien gehofft hat, in ihren Erwartungen aber enttäuscht wurde, zur nationalen Opposition bald ein innigeres Verhältnis gewänne, das über gelegentliche Aussprachen, Vorträge usw. hinausgehen müßte. Dabei ist vor allem wichtig die Überlegung, wie durch eine richtig angesetzte Verbands- und Wirtschaftspolitik die Wirtschaft die politische Führung wieder bekommen kann, die ihr verloren gegangen ist. Allerdings hat es wenig Zweck, sich in grundsätzlichen Fragen von dem jetzigen ,System' abzusetzen, ohne gleichzeitig in entsprechende Fühlung mit der nationalen Opposition zu treten. Die Zeit des ,Sowohl als auch' dürfte vorüber sein; es naht der Zeitpunkt der grundsätzlichen politischen Entscheidung.''13 Mitte 1931 besaß die „Nationale Opposition“, wie Heinrichsbauer zu diesem Zeitpunkt selbst einräumte, noch kein brauchbares „politisches und wirtschaftliches Sanierungsprogramm“ und war zur Übernahme der Regierungsverantwortung nicht in der Lage. 14 Die im August 1931 vom Bergbau-Verein unter Mitwirkung Heinrichsbauers initiierten Bemühungen zur „Aufstellung eines deutschen Wirtschaftsmanifestes“ hatten deshalb das ausdrückliche Ziel, diese Lücke zu füllen und die „Vorarbeiten“ für eine Synthese von Unternehmerinteresse und programmatischer Ausrichtung der „Nationalen Opposition“ „im Hinblick auf vielleicht zu erwartende politische Umstellungen“ zu leisten.15

2. Die Industrieclub-Rede Hitlers und das Wahlkampfabkommen mit Paul Reusch Im Prozeß der schrittweisen Annäherung von Großindustrie und Nationalsozialismus16 markierte das Auftreten Hitlers vor dem renommierten Düsseldorfer Industrieclub am 26. Januar 193217 eine wichtige Stufe. Der endgültige „Durchbruch bei den westdeutschen Industriekapitänen“-war Hitler, der in geschickter Abstimmung auf die Mentalität der dort versammelten Unternehmer den „Kampf gegen die Gewerkschaften“ und die „Rolle der Persönlichkeit“18 in den Mittelpunkt seiner Ausführungen gestellt hatte, damit zwar noch nicht gelungen; aber „das Eis war gebrochen, der nationalsozialistische Gedanke hatte in wichtigen und einflußreichen Kreisen des Systems fruchtbaren Boden gefunden“.19 Der Andrang zur Veranstaltung und das Interesse an der Politik der NSDAP und ihres „Führers“ war immerhin so groß, 20 daß Gustav Krupp von Bohlen bei Karl Haniel, dem Organisator des Hitler-Auftritts, persönlich intervenieren mußte, um einen Platz für Jacob Herle, den Geschäftsführer des Reichs Verbandes, reservieren zu lassen. Gerade in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des RDI und als Leiter der Krupp-Unternehmungen müsse er „über derartige Fragen aufs Genaueste unterrichtet bleiben“. 21 Dies bedeu119 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

tete keine generelle Zustimmung zum Programm der NSDAP und implizierte für Krupp und die RDI-Führung auch nicht die endgültige Abwendung von Brüning, zeigte aber, daß der Nationalsozialismus inzwischen zu einem wichtigen Faktor in den strategischen Planungen der Großindustrie geworden war. Silverberg, der Anfang 1932 dem Nationalsozialismus als möglichem Garanten der bürgerlichen Herrschaft in Deutschland noch skeptisch gegenüberstand, blieb, wie auch Otto Wolff und Carl Duisberg, der Veranstaltung fern22 und gab in den ihm nahestehenden ,,Deutschen Führerbriefen“ seiner abwartenden Distanz Ausdruck.23 Demgegenüber durfte Thyssen, der schon seit Herbst 1930 offen für die NSDAP geworben hatte, einen großen Erfolg verbuchen, als er am 27. Januar 1932, also am Tage nach der Industrieclub-Veranstaltung, Vögler und Ernst Pocnsgen auf seiner Besitzung Landsberg mit Hitler, Göring und Röhm zusammenbringen konnte.24 Von entscheidender Bedeutung im Neuorientierungsprozeß der Ruhrindustrie war der Positionswechsel Paul Reuschs, der im August/September 1931 in Opposition zum Kabinett Brüning getreten war. 25 Anläßlich der Reichspräsidentenwahl vom Frühjahr 1932, die durch die Alternative Hindenburg oder Hitler gekennzeichnet war, schlug sich Reusch auf die Seite der „Nationalen Opposition“ und trat erstmals offen für eine Kooperation mit der NSDAP ein. Eine Aufforderung Sahms, dem HindenburgAusschuß für die Wiederwahl des Reichspräsidenten beizutreten, lehnte Reusch ebenso entschieden ab 26 wie die Bitte Duisbergs, die Wahlkampagne Hindenburgs finanziell zu unterstützen.27 Innerhalb der westlichen Industrie trug der Sinneswandel Reuschs maßgeblich dazu bei, daß die Ruhrlade weder im ersten noch im zweiten Wahlgang Gelder für die Wiederwahl Hindenburgs zur Verfügung stellte,28 Von der Schwerindustrie fand sich schließlich nur noch Silverberg bereit, aktiv für Hindenburg einzutreten,29 und selbst Krupp, der aus seiner Rückendeckung für Brüning bisher kein Hehl gemacht hatte, versagte sich im zweiten Wahlgang.30 Vor diesem Hintergrund gesehen, kam dem erstmaligen Zusammentreffen der führenden Autorität des Westens, Paul Reusch, mit Adolf Hitler in München am 19. März 1932 (also zwischen dem ersten und dem zweiten Durchgang der Reichspräsidentenwahl) eine Signalfunktion zu. 31 In der zweistündigen Unterredung suchte Reusch vor allem die Tragweite der sozialistischen und antikapitalistischen Tendenzen innerhalb der NSDAP auszuloten32 und brachte im Sinne seiner neuen Einrahmungsstrategic zum Ausdruck, ,,daß er [Hitler] nicht nur eine erste Kraft für die Wirtschaftspolitik, sondern auch eine solche für die Finanz-, Außen- und Innenpolitik benötige, denen ausschließlich die Aufgabe überwiesen werden müsse, ganz fest umrissene Programme auszuarbeiten. Bei der Auswahl dieser Männer käme es weniger darauf an, ob sie nun 120 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Mitglieder der Nationalsozialistischen Partei wären, viel wichtiger sei die sachliche und fachliche Eignung.''33 Obwohl Reusch die Kandidatur Hitlers für das Amt des Reichspräsidenten nicht als optimale Lösung für die „Nationale Opposition“ betrachtete,34 fand er sich dennoch zu einem weitreichenden Wahlkampfabkommen mit der NSDAP bereit. Reusch gestand Hitler zu, in den jeweils zur Verfügung stehenden Presseorganen eine Art „Burgfrieden“ innezuhalten: Konkret bedeutete diese Vereinbarung, daß die vom Haniel-Konzern abhängigen Zeitungen „Schwäbischer Merkur'', „Fränkischer Kurier“ sowie die „Münchner Neuesten Nachrichten''(MNN) Weisung erhielten, der Kandidatur Hitlers zumindest „positiv-neutral“ gegenüberzustehen, also von einer etwaigen publizistischen Unterstützung Hindenburgs, wie dies teilweise im ersten Wahlgang geschehen war, in jedem Falle Abstand zu nehmen.35 Die eindringliche, auch in der Reichskanzlei registrierte Bitte der Hauptgeschäftsstelle Bayern des Hindenburg-Ausschusses, Reusch möge den „Fränkischen Kurie''zu einem Frontwechsel gegen Hitler veranlassen,36 mußte deshalb von vorneherein erfolglos bleiben. In Erfüllung des Wahlkampfabkommens mit der NSDAP intervenierte Reusch dagegen auf eine Beschwerde des Privatsekretärs Hitlers, Rudolf Hess, die MNN setzten „niederträchtige Angriffe und Verdächtigungen fort1' (während der „Völkische Beobachter'' „absolute Disziplin'' halte), 37 umgehend beim Verlagsdirektor der MNN, Betz, 38 um eine positivere Haltung der Zeitung gegenüber der Kandidatur Hitlers durchzusetzen. Innerhalb der Ruhrlade ließ Reusch zur gleichen Zeit auf besonderen Wunsch Fritz Thyssens eine Publikation über den Nationalsozialismus verteilen.39 Die Reichsregierung, die über diese Vorgänge recht genau unterrichtet war, unternahm über Geheimrat Kastl vom RDI den vorsichtigen Versuch, Reusch zum Überdenken seiner Position zu bewegen, hatte damit aber keinen Erfolg mehr.40 Reusch, aus seinem Herzen „keine Mördergrube“ machend, bestätigte seine Oppositionshaltung gegenüber dem Kabinett Brüning ausdrücklich und setzte den Versuch, mit den Nationalsozialisten in ein Arbeitsverhältnis zu kommen, mit unverminderter Intensität fort.41 Die Strategie der westlichen Industrie lief dabei darauf hinaus, die bisher von Zentrum und Sozialdemokratie getragene „Links“-Regierung durch eine dezidierte „Rechts''-Regierung nach Harzburger Muster zu ersetzen. In Übereinstimmung mit den maßgeblichen Kräften in der Ruhrlade und dem Langnam-Verein postulierte Springorum am 22. März 1932, drei Tage nach dem Zusammentreffen Reuschs und Hitlers, eine aktive Bündnispolitik zwischen Bürgertum und NSDAP: ,,. . . Daß wir bei der Schaffung einer Rechtsregierung uns der Mitarbeit der NSDAP nicht begeben können und diese einbeziehen müssen, ergibt sich schon aus 121 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

der Bedeutung dieser Partei und aus dem Umstand, daß wir nur durch aktive Mitarbeit (nebenbei auch gestützt auf finanzielle Interessierung) eine starke staatliche Mitverpflichtung der NSDAP erreichen können, die uns auch den Versuch gestattet, die allzu radikale Strömung innerhalb der NSDAP in etwa abzubiegen . ..“ 4 2 Diese Linie forderte zweierlei: Zunächst einmal die Schaffung eines politisch handlungsfähigen „Bürgerblocks“ als Gegengewicht zu Hitler, dann die Festlegung der NSDAP auf ein nichtsozialistisches, privatkapitalistisches Wirtschaftskonzept. Dabei erwies sich schon die erste Aufgabe als außerordentlich problematisch: Die Diskussion um den umstrittenen Parteivorsitzenden der DNVP, Hugenberg, entflammte erneut. Reusch, Wilmowsky und Krupp konnten sich mit ihrer Auffassung, Gessler oder Goerdeler an die Spitze der DNVP zu setzen, gegenüber Springorum, Vögler und Thyssen nicht durchsetzen;43 es war noch nicht einmal möglich, eine von Wilmowsky und Krupp angeregte Zusammenkunft im engsten Kreise der Großindustrie zustande zu bringen, weil die Auffassungen im einzelnen zu stark divergierten.44

3. Die Arbeitsstelle Schacht Unbeschadet dieser Mißhelligkeiten riß der Faden zur NSDAP nicht ab: Der unmittelbar im Anschluß an die Besprechung mit Hitler vom 19. März 1932 anlaufende Versuch eines Industriellenkreises um Paul Reusch, die programmatische Ausrichtung der NSDAP dem privatkapitalistischen Interessenstandpunkt anzupassen, konkretisierte sich in der von der neueren Forschung zu Recht hervorgehobenen, in ihrer tatsächlichen Bedeutung aber umstrittenen Einrichtung der sog. ,,Arbeitsstelle Schacht“.45 Diese Bemühungen standen durchaus in Kontinuität der ersten tastenden Versuche Heinrichsbauers und Funks von 1931 ; 46 sie erhielten aber durch einen fest institutionalisierten Rahmen und die Einschaltung Hjalmar Schachts einen qualitativ anderen Stellenwert. Schon äußerlich machte die Zusammenarbeit mit Schacht, einem spätestens seit der Harzburger Tagung auch öffentlich bekannten Parteigänger Hitlers, die Annäherung der Reusch-Gruppe an den Nationalsozialismus deutlich. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, daß Schacht sich wegen seiner Opposition gegen den Young-Plan zunächst den Unwillen des RDI, DIHT und auch Langnam-Vereins zugezogen hatte47 und seitdem insbesondere bei Geheimrat Kastl auf ein kaum überwindbares Mißtrauen gestoßen war. 48 Im Laufe der Bankenkrise, als die fachliche Inkompetenz Luthers immer offensichtlicher geworden war, mehrten sich die Rufe nach einer Rückkehr Schachts an die Spitze der Reichsbank.49 Diese Forderungen scheiterten vor allem an Brüning, der wohl zu Schachts Fähigkeiten als Bankfachmann ,,bedin122 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

gungsloses Vertrauen“ hatte, aber negative innen- und außenpolitische Konsequenzen fürchtete.50 Nach dem Harzburger Auftritt war noch deutlicher geworden, daß das reparationspolitische Alternativkonzept, wie es Schacht in seiner Schrift „Das Ende der Reparationen“51 propagiert hatte, mit einem grundlegenden innenpolitischen Kurswechsel nach rechts und einem Zusammengehen mit den Nationalsozialisten verknüpft war. Schacht, der am S.Januar 1931 erstmals eine Begegnung mit Hitler hatte, 52 setzte auf einen Erfolg der NSDAP und verband damit persönlich die Erwartung, nach einer Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wieder in öffentliche Verantwortung zurückkehren zu können. Unter diesen Voraussetzungen signalisierten die Versuche der Industrie im Herbst 1931, in ein engeres Arbeitsverhältnis mit Schacht zu kommen, das endgültige Abrücken von Brüning. Selbst Paul Reusch, der bis dahin treue Verbündete Luthers in der westlichen Industrie, suchte seit September/ Oktober 1931 verstärkten Kontakt zum ehemaligen Reichsbankpräsidenten und nahm im Dezember 1931 den Vorschlag Wilmowskys, nunmehr Hjalmar Schacht als neue Kristallisationsfigur der bürgerlichen Sammlungsbewegung aufzubauen, mit prinzipiell zustimmendem Interesse zur Kenntnis.53 Damit war auch Luthers Rolle im ,,Bund zur Erneuerung des Reichs** zunächst ausgespielt. In Konsequenz dieser Entwicklung suchte der Geschäftsführer des BER, Adametz, jetzt über Gregor Strasser bzw. dessen Adjutanten Paul Schulz Kontakte zur NSDAP, um unter Einspannung des nationalsozialistischen Potentials einer Verwirklichung der Reichsreformpläne näherzukommen.54 Der amtierende Reichsbankpräsident erhielt schließlich nicht einmal mehr Gelegenheit, einen für März 1932 in Aussicht genommenen Vortrag vor der westlichen Industrie zu halten, weil eine solche Veranstaltung, wie Springorum erläuterte, „aus politischen Gründen'' lieber nicht stattfinden sollte. 55 Vor diesem Hintergrund gesehen, stieß die Anregung Schachts vom 18. März 1932, ,,die nationalsozialistischen Wirtschaftsideen im vernünftigen Sinne zu beeinflussen“ und dazu ,,auf zunächst etwa 2 Jahre einen finanz- und wirtschaftspolitisch außerordentlich versierten und von mir erprobten Herrn ein[zu]spannen, um durch ihn die Verbindung mit den wirtschaftspolitischen Organisationen Hitlers aufzunehmen und die Probleme mit den Herren so durchzuarbeiten und zu formen, daß daraus sich ein wirtschaftspolitisches Programm für die Nationalsozialistische Partei ergeben kann, welches Industrie und Handel mitmachen können,“56 auf uneingeschränkte Zustimmung der führenden Köpfe der westlichen Industrie.57 Paul Reusch, den Schacht direkt angesprochen hatte, konnte dabei auf seine Unterredung mit Hitler vom 19. März 1932 verweisen, in der er ähnliche Gedankengänge entwickelt hatte. 58 Die mit großem Aufwand ins Werk gesetzte ,,Arbeitsstelle“ blieb freilich, nachdem sie sich schließlich im Juni 1932 formell konstituiert hatte, in 123 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

politischer Hinsicht ein ,,Torso'' 59 und erfüllte auch nicht ansatzweise die Aufgaben, die ihr ursprünglich zugedacht waren: In der endgültigen Fixierung der Ziele der ,,Arbeitsstelle'', die Schacht der Ruhrlade nach der prinzipiellen Einigung über die Konstituierung dieses Gremiums zukommen ließ, war jetzt nur mehr die Rede von einer „im Stillen und in bescheidenem Umfange arbeitendefn] Einrichtung“, deren „Arbeiten'' zunächst nur den Beteiligten ,,zugängig“ gemacht werden sollten, wobei über ihre „Verwertung“ gemeinsam zu beschließen sei. Ferner sei beabsichtigt, ,,mit zwei von Herrn Adolf Hitler beauftragten Herren (Wilhelm Keppler und Leopold Plaichinger) Fühlung zu halten, um nach Möglichkeit sicherzustellen, daß die wirtschaftspolitischen Auffassungen, die in der Arbeitsstelle zum Ausdruck kommen werden, mit den von nationalsozialistischer Seite vertretenen Ansichten in Einklang sich befinden . . '.'60 Schacht hatte damit den ursprünglichen Auftrag der Arbeitsstelle vom März 1932, nämlich das Wirtschaftsprogramm der NSDAP auf die Bedürfnisse der Industrie auszurichten, in das genaue Gegenteil verkehrt. Im Hintergrund der Aushöhlung der „Arbeitsstelle“ stand u. a. die Entscheidung Schachts, den zunächst verfolgten Gedanken einer eigenen Aktion zugunsten der aktiven Mitarbeit im sich gleichzeitig konstituierenden „Keppler-Kreis“ fallen zu lassen.61 Gleichwohl stellte die im Frühjahr 1932 projektierte „Arbeitsstelle“ für Schacht keinen bloßen Irrweg dar: vielmehr erleichterte sie seinen Zugang zu den maßgeblichen Gremien der NSDAP erheblich.62 Die finanziellen Förderer und Mitgründer der „Arbeitsstelle“, Reusch, Vogler, Thyssen, Springorum und Krupp, die einen einmaligen Beitrag von je 3000 RM zeichneten,63 ließ Schacht über seine Abwendung weitgehend im unklaren, so daß der Kreis dem Anschein nach wie geplant seine Tätigkeit aufnahm. Dr. Carl Krämer vom „Hamburger Wirtschaftsdienst“,64 den Schacht für die „Arbeitsstelle“ engagiert hatte, lieferte Mitte Juli 1932 eine erste Ausarbeitung über „Erfahrungen mit der Devalvation in England“,65 konnte dabei aber noch auf vorliegende Manuskripte zurückgreifen.66 Symptomatisch für den Funktionsverlust der „Arbeitsstelle“ war, daß der Wunsch Reuschs nach einer Erweiterung und Ergänzung des Papiers durch Krämer67 sowie insbesondere seine Forderung nach einer umgehenden Gegendarstellung zu dem von der Industrie vehement bekämpften „Wirtschaftlichen Sofortprogramm der NSDAP“, 68 um „den Herren in München die entsprechende Aufklärung zu geben“,69 von Schacht weitgehend ignoriert wurde. 70 Eine zweite Ausarbeitung Krämers vom Dezember 1932 über „Einführung von Handelsmonopolen“71 entstand wiederum ohne Abstimmung mit den Mitgliedern der „Arbeitsstelle“ und befaßte sich abermals mit einer Thematik, die in keinem direkten Zusammenhang mit der ursprünglichen Zielsetzung des Gremiums stand. Dieses Bild wird komplettiert dadurch, daß die in der Dezember-Ausarbeitung vorgeschla124 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

genen Maßnahmen auf die einhellige Ablehnung in der gesamten westlichen Industrie stießen.72 Da der „Schacht-Kreis** überdies nicht einmal zu einer konstituierenden Sitzung zusammentrat - geschweige denn zu intensiven Diskussionsrunden -, erschöpfte sich seine gesamte Tätigkeit in der einmaligen Erhebung der genannten Umlage von je 3000 RM, die Schacht zur Finanzierung seines Büros bzw. Dr. Krämers zu verwenden versprach.73 So nimmt es nicht wunder, daß Krupp, einer der nachweislichen Beitragszcicher zur Unterhaltung der „Arbeitsstelle'', im Dezember 1932 nicht einmal mehr von der Existenz eines solchen Gremiums bzw. der Funktion Dr. Krämers innerhalb dieses Kreises wußte. 74 Der Versuch, der „Arbeitsstelle Schacht*' eine Schlüsselrolle im Verhältnis von Großindustrie und Nationalsozialismus 1932/33 beizumessen, geht aus den genannten Gründen fehl. Dabei basiert die These, daß die „Arbeitsstelle Schacht'' und der „Keppler-Kreis'' im Sommer 1932 „koordiniert''worden seien und in beiden Gremien, in engem Austausch miteinander, „die Keimzelle für wichtige Grundsatzentscheidungen nationalsozialistischer Wirtschaftspolitik''75 zu suchen sei, auf einer doppelt falschen Voraussetzung: Wie das Quellenmaterial ausweist, kann sowohl von einer echten „Koordinierung“ beider Gremien76 als auch von einer programmatischen Pionierarbeit, selbst im „Keppler-Kreis“,77 keine Rede sein. Hierauf wird unten noch ausführlicher einzugehen sein. 78 Dies alles bedeutet freilich nicht, daß die „Arbeitsstelle Schacht“ gänzlich ohne Funktion gewesen sei: Die Präsenz Dr. Krämers in einer Berliner Bürogemeinschaft am Schöneberger Ufer 35, auf die sich die Tätigkeit der „Arbeitsstelle'' faktisch reduzierte, sicherte Schacht, was bisher unbeachtet geblieben ist, eine kontinuierliche Abstimmung mit dem auf der gleichen Etage residierenden „MitteleuropäischenWirtschaftstag**(MWT), über dessen Rolle im Interessenausgleich zwischen Industrie und Landwirtschaft Sohn-Rethel zu berichten weiß. 79 Noch bedeutsamer war die Zusammenarbeit Schachts mit der Redaktion der „Deutschen Führerbriefe'' die ebenfalls der Bürogemeinschaft angehörte. Die DPB, eine in Wirtschaft und Politik viel beachtete Privatkorrespondenz, von Franz Reuter (dem späteren Biographen Schachts) und Otto Meynen (dem Berliner Sekretär Paul Silverbergs) redigiert,80 propagierten so seit Juli 1932 die Hereinnahme der NSDAP in die Regierungsverantwortung und standen damit in einem auffälligen, auch in der Öffentlichkeit registrierten Widerspruch zur allgemeinen ,Papenbegeisterung' im industriellen Lager. 81 Die tiefere Ursache für den Funktionsverlust der „Arbeitsstelle Schacht'' ist damit angedeutet: Der Versuch des Brüning-Nachfolgers von Papen, autoritäre Konzepte zur ,Sanierung' von Staat und Wirtschaft unabhängig und gegen die Mehrheit der Bevölkerung durchzusetzen, stieß auf eine breite Zustimmung innerhalb der Wirtschaft. Die Alternative zum System Brüning konkretisierte sich hier, ohne daß eine Einbeziehung der mit bleibender Skepsis betrachteten nationalsozialistischen Bewegung notwen125 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

dig zu werden schien. So beobachtete die Industrie auch die „Arbeitsstelle“ nach dem Sturz Brünings nicht mehr mit der gleichen Intensität wie zuvor. Papen schien eine neue Lösung vorzuzeichnen, die zumindest im Spätsommer 1932 das Interesse an der NSDAP in den Hintergrund treten ließ.

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X. Die Regierung der ,,Nationalen Konzentration“ 1. Das Programm der Regierung von Papen und die Industrieverbände Nach der Entlassung Brünings und der Gesamtdemission seines Kabinetts trat am l.Juni 1932 die Regierung der „nationalen Konzentration“ unter Franz von Papen als Reichskanzler ihr Amt an. Von den 21 Kabinetten der Weimarer Republik war das „Kabinett der Barone“ das einzige, in dem alle Ministerposten einschließlich der Leitung der Reichskanzlei neu besetzt wurden. 1 Die „grundsätzlich neue Richtung der Staatsführung“,2 nämlich die Umstellung von der Tolerierung durch die Sozialdemokratie auf die Zustimmung der „Nationalen Opposition“, dokumentierte sich so schon in der äußeren Form der Regierungsbildung. Die strukturierenden Elemente des „Neuen Staates“, wie ihn Papen anstrebte, wurden von der Industrie zu Recht als Orientierungsgrundlage einer unternehmerfreundlichen Gesamtkonzeption begriffen: Papen ließ in seinen ersten programmatischen Äußerungen keinen Zweifel an der selbständigen und eigenverantwortlichen Rolle der Privatwirtschaft aufkommen und bezeichnete es als „grundlegende[n] Irrtum, daß der omnipotente, unpersönliche Staat an die Stelle der persönlichen Verpflichtung des Arbeitgebers treten könne. Die Verantwortlichkeiten, die aus der gottgewollten organischen Regelung der Dinge erwachsen, müssen wieder aufgerichtet, die Verbundenheit von Arbeitgeber und Arbeitnehmer wiederhergestellt werden.“ 3 Ein allgemeines Wohlwollen im industriellen Lager bestätigte,4 daß Papen damit den richtigen Ton getroffen hatte. Basis der breiten Zustimmung zu Papen bildete zunächst einmal der außenpolitische Erfolg in der Reparationsfrage. Die auf der Konferenz von Lausanne (16. Juni bis 8. Juli 1932) erzielte internationale Vereinbarung über die Einstellung aller Reparationszahlungen mit Wirkung vom 1. Juli 1932 (nachdem ursprünglich Zahlungen bis 1988 vorgesehen waren) hatte, abgesehen von der propagandistischen Bedeutung für Papen,5 eine nicht immer genügend beachtete Rückwirkung auf die industrielle Fraktionierung. Die durch den Streit um die „Tributverträge“ eskalierte Konfliktsituation innerhalb der Industrieverbände, die zu einer Polarisierung zwischen Befürwortern und Gegnern des „Young-Plans“ geführt und 1931/32 beinahe zur Sprengung des Reichsverbandes Anlaß gegeben hatte, 6 war durch die vollständige Liquidierung der Reparationen im Juli 1932 gegenstandslos geworden. Der RDI konnte somit erstmals seit Einbruch der Weltwirtschaftskrise erklären, daß die gesamte deutsche Wirtschaft 127 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

„geschlossen hinter der Reichsregierung in ihrem Kampf um die außenpolitischen Ziele, insbesondere in der Abrüstungs- und Reparationsfrage“ stehe.7 Auch die Entscheidungen Papens in der Konjunkturpolitik erleichterten die tendenzielle Annäherung der unter Brüning stark divergierenden Industriegruppierungen: Die Wiederbetrauung des Reformers Warmbold mit dem Wirtschaftsressort, nach dessen vorübergehendem Ausscheiden aus der Brüning-Regierung Anfang Mai 1932, signalisierte eine Abkehr von der überzogenen Deflationspolitik der Jahre 1930-32 und bestärkte die Erwartungen der Unternehmer auf einen grundsätzlichen Umschwung in der Währungspolitik.8 Gleichwohl reagierte der RDI nach außen hin zunächst äußerst vorsichtig auf den neuen Kurs der Regierung: Die in der Notverordnung vom 14.Juni 19329 angekündigten größeren Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, die in der Öffentlichkeit mit Interesse zur Kenntnis genommen worden waren, wurden in der Presseverlautbarung des RDI vom 24. Juni 1932 geflissentlich übergangen. 10 Intern allerdings setzte das Präsidium einen „Ausschuß für Arbeitsbeschaffung''ein, der auf verschiedenen Sitzungen im Juli und August eine Grundsatzposition für den Reichsverband erarbeitete, 11 die in der Präsidialsitzung vom 17. August abschließend beraten wurde. Danach wählte der RDI einen vorsichtigen Mittelkurs und gab seiner Auffassung Ausdruck, daß auf,,dem Wege einer öffentlichen Arbeitsbeschaffung eine konjunkturförderndc Beeinflussung nicht erreicht“ werden könne und „alle uferlosen Pläne“ für Milliardenprojekte nach wie vor abzulehnen seien. Gleichzeitig aber befürwortete der Verband begrenzte Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der Reichsbahn und Reichspost, ,,und zwar in einem erheblich erweiterten Umfange, als bisher vorgesehen ist.“ 12 Dem entsprach auch eine der Regierung bereits am 2. August 1932 zugestellte Eingabe des RDI, 13 das bisher vorgesehene Konjunkturprogramm von 135 Mio. RM, entsprechend den Plänen des Reichswirtschaftsrats vom Frühjahr 1932, wesentlich aufzustocken. In Fortsetzung dieser Linie begrüßte der RDI das von Papen am 28. August in seiner Rede in Münster vorgelegte Programm 14 aufs lebhafteste. Der Papenplan, der fortan zur Richtschnur des Reichsverbandes wurde, sah Maßnahmen zur Wiederbelebung der Konjunktur insbesondere durch die Ausgabe von Steueranrechnungsscheinen vor. Diese von der Reichsbank entwickelte Konzeption hielt insofern an der liberalen Wirtschaftsauffassung fest, als die im Vorgriff auf die von der Wirtschaft zu entrichtenden Steuern gewährten „Rückvergütungen“ formal dem tradierten Selbsthilfegedanken entsprechen mochten. Tatsächlich jedoch wurde mit diesen, in den Notverordnungen vom 4. und 5. September konkretisierten Maßnahmen eine Kreditschöpfung von insgesamt 2 Milliarden RM realisiert und damit eine Dimension erreicht, die einen ,,neue[n] Abschnitt staatlicher Wirtschaftspolitik“15 einleitete. 128 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Reichsbank und Reichsregierung hatten sich bei Beschreiten dieses Weges zuvor der Rückendeckung des RDI versichert, dessen grundsätzliche Bedenken gegen „Inflationsprogramme“ und staatlichen Interventionismus16 bekannt waren. Der Vorsitzende Krupp sowie die Präsidialmitglieder von Siemens und Bosch wurden am 25. August 1932, in der entscheidenden Vorbereitungsphase des Papenplans, in die Beratungen der Regierung direkt eingeschaltet,17 um der Wirtschaft den neuen Kurs plausibel zu machen. Der Reichsverband konstatierte folgerichtig, daß das Programm von Münster ,,als ernster Versuch der Regierung zu betrachten“ sei, ,,eine Belebung der Wirtschaft von der Seite der persönlichen Initiative her auszulösen“; die Industrie habe allen Anlaß, sich zu diesem Versuch ,,positiv und aktiv“ einzustellen.18 Die von Papen gleichzeitig vorgenommenen Eingriffe in das Tarifwesen, nämlich die Möglichkeit zur Unterschreitung von Tariflöhnen bei Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze, fanden gleichfalls die uneingeschränkte Billigung der Wirtschaft.19 Gleichwohl bereitete der Industrie das Eintreten für eine aktive Konjunkturpolitik der öffentlichen Hand, wie sie auch in einer Eingabe an die Reichsregierung vom 24. September (Forderung nach Einbeziehung auch der Einkommens- und Körperschaftsteuer in die Steuergutscheinregelung) 20 zum Ausdruck kam, außerordentliche ideologische Schwierigkeiten. Das in der Praxis wohl akzeptierte, in der Theorie aber nicht nachvollzogene Eingeständnis eines im zunehmenden Umfange notwendigen staatlichen Interventionismus21 wurde weiterhin als ,,Staatssozialismus“ oder „Staatskapitalismus“ gebrandmarkt;22 die vorsichtigen und zurückhaltenden Verlautbarungen des RDI, sobald sie die prinzipiellen Grundlagen des Papenplans berührten, spiegeln diesen Konflikt deutlich wider. Gleichwohl zeigen interne Diskussionen und Überlegungen, daß hier eine allmähliche Neuorientierung begann, die aber im Winter 1932/33 noch keine präzise Linie erkennen ließ. 23 Die allgemeine Zustimmung der Industrieverbände zum Programm von Münster konnte den latenten Konfliktstoff im Bereich der Handelspolitik jedoch nur unzureichend überdecken.24 Schon Papens erste öffentliche Erklärung zu den Leitzielen seiner Regierung deutete an, daß das Kabinett den Interessenkonflikt zwischen Industrie und Landwirtschaft eher zugunsten der Großagrarier entscheiden würde. Den Grundsätzen seiner christlich-konservativen Wertordnung entsprechend sah Papen ,,eine starke zielbewußte Agrarpolitik“ als „Fundament jeder gesunden Entwicklung, die in sorgsamer Abwägung der Interessen auch der anderen Berufsstände der Gesamtheit der deutschen Wirtschaft gerecht“ werde. 25 Zu dem vom Reichskanzler im gleichen Zusammenhang apostrophierten „organischen Umbau“ der Wirtschaft ließ der RDI verlauten, daß er nur einverstanden sein könne, wenn damit „die Beseitigung aller die individualistische Wirtschaftsordnung verfälschenden Fesseln der Nachkriegszeit“ gemeint sei. 129 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

„Dagegen müßte sich die deutsche Industrie einem organischen Umbau der Wirtschaft im Sinne zunehmender und ausgesprochener Autarkietendenzen oder im Sinne der bewußten Preisgabe exportwirtschaftlicher Interessen zugunsten einer zu weitgehenden Bevorzugung einzelner Wirtschaftszweige entschieden zur Wehr setzen.“26 Mit dieser Erklärung hatte der RDI das Grundproblem der Papenschen Wirtschaftspolitik aufgedeckt: Während die Agrarier zum Schutz ihrer konkurrenzbedrohten Erzeugnisse immer rigoroser nach Abschluß vom Weltmarkt verlangten, setzte die Industrie auf eine Exportoffensive, die die Beibehaltung einer liberalen Handelspolitik unter Zugrundelegung des Prinzips der Meistbegünstigung erforderte.27 Nicht zu Unrecht sah der RDI die Gefahr, daß das Kabinett Papen, entsprechend seiner politischen Fundierung, den Wünschen der Landwirtschaft nachgeben und damit die Exportindustrie vor unlösbare Probleme stellen würde. Das Präsidium des Verbandes setzte daher umgehend einen Ausschuß für Handelspolitik ein,28 der die Aufgabe hatte, die Aktionen der Industrie gegen eine drohende Handclskontingentierung vorzubereiten und zu steuern. 29 Die beständige Fühlungnahme mit dem Wirtschaftsministerium (Warmbold, Posse) sicherte dem RDI einen optimalen Informationsfluß und garantierte zugleich eine weitgehende Kooperation zwischen Ministerialbürokratie und industrieller Interessenvertretung gegen Autarkie und Handelsdirigismus.30 In verschiedenen Eingaben, so u. a. vom 7. September, 22. September und 19. Oktober 1932, unterstrich der RDI seine Position;31 persönliche Interventionen Krupps bei Papen am 13. Juli 32 und bei Reichspräsident Hindenburg am 23. Oktober 1932,33 flankiert von einem Vorstoß der Spitzenverbände am 16. September,34 machen deutlich, daß sich der Zielkonflikt zwischen agrarischer oder industrieller Interessenförderung inzwischen zur Schlüsselfrage der Wirtschaftspolitik entwickelt hatte. Die bisher nicht ganz erfolglosen Versuche der Industrie, in direkten Vereinbarungen mit der Landwirtschaft zu einem Interessenausgleich oder Arrangement zu kommen,35 erwiesen sich Ende 1932 als immer problematischer. Die Radikalisierung des Reichslandbundes, in Verbindung mit dessen offener Parteinahme für die NSDAP seit der Reichspräsidentenwahl vom Frühjahr 1932, führte schließlich zur offenen Auseinandersetzungen zwischen Industrie und Landwirtschaft; einen absoluten Höhepunkt erreichte der Konflikt schließlich im Januar 1933.36 Papen, der im Widerstreit der Interessen und angesichts der labilen innerpolitischen Situation im Herbst 1932 keine Entscheidung einseitig zugunsten der Großindustrie oder Agarier fällen konnte, verlegte sich auf Zeitgewinn und schob endgültige Beschlüsse immer wieder hinaus. Ein überzeugendes Konzept zur Lösung des Konflikts, etwa im Sinne einer Kompensation der industriellen Verluste durch rigorose Kostensenkungen bei Löhnen und Sozialleistungen, 37 stand nicht zur Verfügung. Der Reichsverband, der über die prinzi130 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

pielle Tendenz des Kanzlers zugunsten der Landwirtschaft informiert war, 38 blieb somit in abwartender Distanz und vermied die vorbehaltlose Zustimmung zum Gesamtprogramm Papens. Dabei war klar, daß im Moment der handelspolitischen Entscheidung dies zur Kardinalfrage für die Haltung der Industrie gegenüber der Regierung werden mußte.

2. Der autoritäre Staat als Alternative zum faschistischen System Programmatik und ideologisches Konzept der Papen-Regierung war für diejenigen Industriellen von besonderer Attraktivität, die sich in der Endphase der Brüning-Ära aus Mangel an politischen Alternativen dem Nationalsozialismus zugewendet hatten. Paul Reusch, der im Herbst 1931 und im Frühjahr 1932 Zeichen für den gemäßigten Schwerindustriellenflügel durch seine rigide Opposition gegen das Brüning-System sowie die demonstrative Unterstützung Hitlers im Reichspräsidentenwahlkampf gesetzt hatte, 39 wurde jetzt erneut richtungsweisend: In enger Abstimmung mit Springorum betrieb er nunmehr eine Rückorientierung der im Langnam-Verein organisierten Industriekreise auf den autoritären Kurs Papens. So wies Reusch die vom Haniel-Konzern gelenkte Presse umgehend an, ,,der neuen Regierung gegenüber eine wohlwollende Haltung einzunehmen“.40 Die Aufforderung, Papen ,,auf das Wärmste zu unterstützen“, wurde dabei nicht als Votum für eine schließliche, jetzt nur noch nicht zu verwirklichende Machtübertragung an die Nationalsozialisten begriffen, sondern ordnete sich ein in ein Konzept, das eine autoritärkonservative Staatsverfassung als Dauerlösung vorsah. In diesem Sinne formulierte Reusch: „Wir kommen in Deutschland nur weiter, wenn die Parteien bei der Regierungsbildung in Zukunft ausgeschaltet werden. Das vorzunehmende Reformwerk ist so ungeheuerlich groß, daß man vorläufig nicht daran denken kann, die Parteien im Reich und Preußen irgendwie wieder an die Regierung heranzulassen.“41 Trotzdem schloß diese Strategie eine Bündnispolitik der bürgerlichen Parteien mit der NSDAP nicht unbedingt aus: Reusch wollte sie allerdings im August 1932, im Gegensatz zu seiner Haltung im Frühjahr,42 nur auf Länderebene und nur dort realisiert sehen, wo „vorläufig keine Möglichkeit“ bestehe, „eine außerparlamentarische Regierung zu schaffen.''43 In den Verhandlungen nach der Reichstagswahl vom 31. Juli 1932, in der die NSDAP ihren Stimmenanteil von 18,3% auf 37,4% steigern konnte und mit 230 Mandaten erstmals die stärkste Fraktion im Reichstag bildete, unterstützten die gemäßigten Schwerindustriellen folgerichtig das Konzept Papens und Hindenburgs, Hitler die Übernahme der Regierungsverantwortung zu verweigern.44 Springorum war deshalb, nachdem Hitler am 131 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

13. August eine schwere Niederlage erlitten hatte,45 keineswegs enttäuscht, sondern zeigte sich „über die Entwicklung, die die Regierungsbildung genommen hat, sehr befriedigt.''46 Die zunehmende Distanzierung der Industrie vom Nationalsozialismus dokumentierte sich vor allem in einer verstärkten Kritik der Unternehmer am Wirtschaftsprogramm der Partei.47 Die Versuche der NSDAP, dieser Tendenz entgegenzuarbeiten und insbesondere durch die Einschaltung Walter Funks, der durch seine frühere Tätigkeit beim „Berliner BörsenCourier'' als privatwirtschaftlich zuverlässig ausgewiesen war, 48 die Verbindung zur Industrie zu intensivieren, waren so von wenig Erfolg begleitet. 49 Tilo von Wilmowsky notierte anläßlich eines Vortrages von Funk (der sich bei dieser Gelegenheit als „erster wirtschaftlicher Berater“ Hitlers vorgestellt hatte) vor dem „Mitteldeutschen Wirtschaftsverband44 am 23.Juni 1932: „Es war das alte Bild: Soweit er [Funk] überhaupt positive Ziele irgendwie formulierte, konnte man sich nur in jeder Hinsicht mit ihm einverstanden erklären; ich habe betont, daß diese Ziele sich ja völlig mit den von der gesamten Wirtschaft seit Jahren geforderten Maßnahmen deckten. In der Praxis entferne sich indes die Haltung der NSDAP immer mehr von diesen Bestrebungen. Es würden dadurch Wünsche und Hoffnungen bei der Masse erweckt, die, wenn überhaupt, dann nur sehr schwer zurückzudämmen wären. Herr Funk gab dies in vollem Umfange zu, entschuldigte es mit der Notwendigkeit der Agitation und stellte sich für die Wirtschaft als Mittelsmann zur Verfugung. Ich persönlich habe nicht den geringsten Anstand, diese Vermittlung zu benutzen, worüber übrigens bei den maßgebenden Leuten des Wirtschaftsverbandes völlige Einigkeit herrscht.“50 In die Schußlinie der Unternehmer geriet vor allem das von Gregor Strasser in seiner viel beachteten Reichstagsrede vom 10. Mai 1932 vorgestellte „Wirtschaftliche Sofortprogramm der NSDAP“, 51 das als „verbindliche Richtschnur“ der Parteiredner im Reichstagswahlkampf vom Sommer 1932 zu gelten hatte.52 Neben der generellen Kritik, wie sie die DIHT53 oder der Hansa-Bund54 vorbrachten, war die Stellungnahme des Reichsverbandes zum „Sofortprogramm“ von besonderer Bedeutung: Die NSDAP hatte durch Adrian von Renteln, der in der Wirtschaftspolitischen Abteilung (WPA) der Partei als Stellvertreter Wageners fungierte und auch für das Strasser-Programm verantwortlich zeichnete, im Juli persönlichen Kontakt mit der Geschäftsführung des RDI aufgenommen,55 in der erklärten Absicht, „eine direkte wirtschaftspolitische Verbindung zwischen dem RDI und der Wirtschaftsabteilung der NSDAP herzustellen.“ 56 In einem Gespräch mit dem Geschäftsführer des RDI, Jacob Herle, am 1. August 1932 wurde vereinbart, zunächst in einen „schriftlichen Gedankenaustausch“ über die wichtigsten wirtschaftspolitischen Fragen einzutreten. „Im Anschluß“ daran „könnten dann in einem Gremium mit möglichst beschränkter Teilnehmerzahl die aufgeworfenen Fragen zwi132 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

schen Vertretern der Industrie und der Reichsleitung der NSDAP weiter diskutiert werden.“ 57 Von Renteln verzichtete jedoch auf die zugesagte schriftliche Fixierung der in der NSDAP-Wirtschaftsabteilung vertretenen Auffassungen und schickte Herle statt dessen das für die Reichstagswahl vom Juli entworfene „Sofortprogramm“. Der Geschäftsführer des RDI, für den dieses Programm nicht die „Unterlage für eine sachliche Auseinandersetzung“ sein konnte, verfaßte daraufhin eine umfassende Entgegnung, 58 die in ihrer äußeren Konzilianz wohl weitere Gesprächsbereitschaft andeutete, in der Sache aber einer „vernichtenden Kritik“59 gleichkam. Im gleichen Zusammenhang war bereits Dr. Reupke, der Faschismus-Referent in der Geschäftsführung des RDI, tätig geworden. Reupke hatte einen Gegenentwurf zu den Thesen Renteins angefertigt und diesen der NSDAP über Gregor Strasser „zur endgültigen Beratung im engsten Führerkreis“ zur Verfügung gestellt.60 Eine Initiative Paul Reuschs gegen das „Sofortprogramm“ und den „vielen Unsinn, der darin steht“, rundete das Bild ab. Reusch forderte Schacht, mit dem die Industrie seit Frühjahr 1932 in engstem Kontakt stand, auf, „den Herren in München“ anhand einer Denkschrift die entsprechende Aufklärung“ zu geben.61 Die Abkühlung des Verhältnisses von Unternehmertum und Nationalsozialismus im Herbst 1932 wirkte naturgemäß auch auf die Kooperation mit Schacht zurück.62 So nahm die gemeinsam finanzierte „Arbeitsstelle“ ihre eigentliche Tätigkeit gar nicht auf und blieb ein „totgeborenes Kind“.63 Das entsprach andererseits auch ganz der Intention Schachts, der Hitler eindringlich mahnte: „Bringen Sie möglichst kein detailliertes Wirtschaftsprogramm. Es gibt kein solches, worüber sich die 14 Millionen einigen könnten. Wirtschaftspolitik ist keine partcibildende Kraft, sondern sammelt bestenfalls Interessenten. Überdies schwanken Wirtschaftsmaßnahmen nach Zeit und Umständen.“64 Gleichzeitig beklagte sich Schacht bei Hitler offen über den „Abfall der Konjunkturmitläufer“65 und konfrontierte Paul Reusch mit dem Vorwurf, „daß die Führer der deutschen Wirtschaft immer nur hinter der jeweiligen Regierung herlaufen“, selbst wenn diese, wie Papen es jetzt tue, ihr „Verstaatlichung“ androhe.66 Reusch wies dies für seine Person von sich, machte aber „kein Hehl“ daraus, „daß mich die Nationalsozialisten, denen ich durchaus sympathisch gegenüberstand, in den letzten Wochen sehr enttäuscht haben.“67 Die Versuche der NSDAP, der wohl bemerkten Entfremdung zwischen Industrie und Nationalsozialismus entgegenzuwirken, dokumentierten sich zunächst in der Entscheidung Hitlers, das „Wirtschaftliche Sofortprogramm“ zurückzuziehen.68 Offenbar von besonderem Gewicht in diesem Zusammenhang war der Einspruch des RDI; jedenfalls führte Herle die gleichzeitig vollzogene Umorganisation der Wirtschaftsabteilung der NSDAP vom 17. September 1932, die auf eine Stärkung der Position 133 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Funks zuungunsten Wageners und Renteins hinauslief, nicht zuletzt auf die Intervention des Verbandes vom 8. September zurück.69 Gleichwohl konnte die NSDAP mit diesen Maßnahmen die Krise, in die das Verhältnis zur Industrie geraten war, nicht überwinden. Der Reichsverband legte die bereits geknüpften Kontakte zur NSDAP auf Eis und verfolgte die vereinbarten Gespräche, unbeschadet der organisatorischen Veränderungen in der Wirtschaftsabteilung der Partei, nicht weiter. 70 Das gleiche negative Resultat zeigte die Aufnahme des nach der Zurückziehung des „Sofortprogramms“ im Oktober 1932 diesmal unter maßgeblicher Mitwirkung Funks neu herausgebrachten „Wirtschaftlichen Aufbauprogramms“. 71 Wohl wurden „Fortschritte . . . im wirtschaftlichen Denken“, verglichen mit früheren Entwürfen, konzediert, insgesamt überwog aber eine ablehnende Haltung, die auch durch die intensiven Vermittlungsversuche Heinrichsbauers nicht abgebaut werden konnte.72 Die vernichtende Abstimmungsniederlage Papens in der Reichstagssitzung vom 12. September 1932, in der von 513 Abgeordneten nur noch eine verschwindende Minderheit von 32 Parlamentariern der Regierung das Vertrauen aussprach, verdeutlichte einerseits das Zerwürfnis zwischen Konservativen und Nationalsozialisten, zeigte andererseits aber ebenso klar das Dilemma der bürgerlichen Rechten auf: Autoritäre Politik ohne Massenbasis war auf Dauer nicht durchführbar. Diese nicht neue,73 aber doch wieder schmerzlich ins Bewußtsein gerückte Erkenntnis führte zunächst einmal zu Wiederbelebungsversuchen der bürgerlichen Sammlungsbewegung. Paul Silverberg, der im Herbst 1932 eine Sonderrolle spielte und bereits ein eigenes Konzept zur Lösung der politischen Krise in Deutschland entwickelt hatte, 74 stimmte hierin mit dem gemäßigten Schwerindustriellenflügel, aber auch der exportwirtschaftlich orientierten Industrie, überein. In einem Schreiben an Paul Reusch vom 5. September 1932 konstatierte Silverberg: „Es ist dringend erforderlich, die Deutschnationale Volkspartei zur Aufnahme aller politisch heimatlosen Angehörigen des Bürgertums aufnahmefähig zu machen und ich glaube, wir sollten überlegen, ob wir nicht alle in die Deutschnationale Volkspartei eintreten, um dann als Parteimitglieder Herrn Hugenberg mürbe zu machen. Selbst Vögler wird nach dieser Richtung hin schwankend, trotz seiner unbedingten Anhänglichkeit an Hugenberg . . .'' 75 In Verfolg dieser Strategie unternahm Krupp von Bohlen und Halbach, offenbar in enger Abstimmung mit Silverberg und Reusch,76 den Versuch, die Industrie auf eine einheitliche politische Linie zurückzuführen. Eine zu diesem Zweck arrangierte Besprechung, zu der Silverberg, Reusch, Springorum, Brandi, Vögler, Wilmowsky, Frowein, C. F. von Siemens und Carl Bosch geladen waren, 77 hatte jedoch nicht den gewünschten Erfolg, sondern scheiterte abermals an dem nicht zu überbrückenden Gegensatz in der Hugenberg-Frage. Eine parallel laufende Initiative des Düsseldorfer Oberbürgermeisters Karl Jarres zeigte das gleiche negative Resultat.78 134 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Krupp sah sich deshalb gezwungen, von einer bereits geplanten persönlichen Intervention bei Hugenberg zugunsten eines Wechsels in der Parteiführung der DNVP abzusehen: „Das hätte ich“, so Krupp gegenüber Reusch, ,,nur tun können, wenn ich wenigstens unser Revier geschlossen hinter mir gehabt hätte.“ 79 Der somit erneut offenbar gewordene Mißerfolg bürgerlicher Sammlungspolitik hatte jedoch nicht zur Konsequenz, daß die Unternehmer nunmehr in einer Machtübertragung an die Nationalsozialisten die einzig verbleibende Möglichkeit zur Stabilisierung der innerpolitischen Verhältnisse erblickt hätten.80 Dies zeigte sich insbesondere bei einer Zusammenkunft der führenden deutschen Industriellen am 19. Oktober 1932 im Club von Berlin. 81 Auf der Veranstaltung, die zur Vorbereitung der Reichstagswahl vom 6. November 1932 gedacht war, erhielt Staatssekretär Planck, dessen direkte Einschaltung in die Besprechungen vom 19. Oktober die enge Kooperation zwischen Papen-Regime und industrieller Elite unterstrich, ausdrückliche Zustimmung für die Zielsetzung der amtierenden Regierung, den Wahlkampf ganz auf die Brechung der Majorität von NSDAP und Zentrum zur Verhinderung einer Kanzlerschaft Hitlers auf einer derartigen Koalitionsbasis abzustellen.82 In der Industrie bestehe, wie Geheimrat Kastl vom RDI in lange Zeit nicht gekannter Übereinstimmung mit den verschiedenen politischen Gruppierungen der Wirtschaft ausführen konnte, „wohl Einverständnis darüber, daß es erwünscht sei, die gegenwärtige Reichsregierung in ihrer überparteilichen Form zu erhalten, wobei man sich auf die personelle Zusammensetzung des Kabinetts im einzelnen nicht festzulegen brauche. Gerade vom Standpunkt der Industrie sei das Verbleiben eines solchen Kabinetts von größter Bedeutung, damit es Zeit gewinne, die unbedingt erforderlichen Reformen in die Tat umzusetzen.''83 Die mangelnde politische Basis der Papen-Regierung, die sich im übrigen ,,nicht völlig vom Parlament trennen wolle“, wurde von Kastl wohl gesehen und auch für die kommende Legislaturperiode nicht günstiger beurteilt. Es seien deshalb, so das Geschäftsfuhrende Präsidialmitglied des RDI, „neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Regierung und Parlament erforderlich, und dafür müsse Propaganda gemacht werden.“ 84 Kastl nahm damit einen Gedanken auf, der insbesondere vom ,,Bund zur Erneuerung des Reiches“ ideologisch vorbereitet worden war 85 und den Papen in seiner aufsehenerregenden Rede vor dem ,,Bayerischen Industriellen-Verband“ eine Woche zuvor (12. Oktober 1932) in Fortsetzung seiner »Reformpolitik' (vor allem dem Staatsstreich gegen Preußen vom 20. Juli 1932) präzisiert hatte. Als Ziel eines bereits in der Grundkonzeption erstellten neuen Verfassungsentwurfs, der dem Reichstag sofort bei seinem Zusammentritt vorgelegt werden sollte, nannte Papen ein Zweikammersystem, das die „Unabhängigkeit“ der autoritären Regierung vom demokra135 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

tisch gewählten Parlament weiter verfestigen und endgültig staatsrechtlich sanktionieren solle: „Wir wollen eine machtvolle und überparteiliche Staatsgewalt schaffen, die nicht als Spielball von den politischen und gesellschaftlichen Kräften hin und her getrieben wird, sondern über ihnen unerschütterlich steht. . . Die Reichsregierung muß unabhängiger von den Parteien gestellt werden, ihr Bestand darf nicht Zufallsmehrheiten ausgeliefert sein. Das Verhältnis von Regierung und Volksvertretung muß so geregelt werden, daß die Regierung und nicht das Parlament die Staatsgewalt handhabt. Als Gegengewicht gegen einseitige, von Parteiinteressen herbeigeführte Beschlüsse des Reichstags bedarf es in Deutschland einer besonderen Ersten Kammer mit fest abgegrenzten Rechten und mit starker Beteiligung an der Gesetzgebung . . .“ 86 Die im gleichen Zusammenhang vollzogene scharfe Wendung Papens gegen den Führungsanspruch Hitlers, als ,,mystischer Messiasglaube an den wortgewaltigen Führer als den einzigen zur Leitung der Geschicke Berufenen“ abgetan,87 verdeutlichte, daß die NSDAP in den Konzeptionen der konservativen Rechten nicht mehr unbedingt die Schlüsselrolle einnahm und höchstens als Juniorpartner akzeptiert wurde. 88 Die diesbezüglichen, durchaus provokanten Passagen der Münchener Rede führten zu einer öffentlich ausgetragenen Kontroverse zwischen Papen und Hitler89 und dokumentierten den tiefgreifenden Dissens von national-konservativer und faschistischer Krisenstrategie im Herbst 1932. Die überwiegende Mehrheit der Industrie setzte dabei auf die antiparlamentarisch-konservative Konzeption Papens90 und lehnte die Übertragung der Regierungsverantwortung auf die Nationalsozialisten entschieden ab. Albert Vögler, der in der Versammlung vom 19. Oktober 1932 im Club von Berlin den Hitler-Flügel der Industrie repräsentierte, blieb deshalb mit seiner Forderung, die NSDAP zur Konsolidierung des Papen-Kabinetts in die Regierung mit aufzunehmen und noch vor der Reichstagswahl vom 6. November eine Einigung zwischen Hitler und Papen herbeizuführen,91 isoliert.92 Diesem Bild entsprach auch die Haltung des Düsseldorfer Industrieclubs, der noch im Januar 1932 den spektakulären Auftritt Hitlers vor den führenden westdeutschen Unternehmern organisiert und damit nicht zuletzt gesellschaftliche Barrieren auf dem Weg der NSDAP in die Reichskanzlei beiseite geräumt hatte. 93 Die Mitglieder des renommierten Industrieclubs stünden, wie der Vorsitzende der Vereinigung, Karl Haniel, Reichskanzler von Papen in einem persönlich gehaltenen Handschreiben mitteilen konnte, ,,im wesentlichen politisch auf der Basis Ihres Kabinetts“. 94 Der Industrieclub bemühte sich so auch im September und Oktober 1932 intensiv um eine Rückendeckung Papens und forderte den Reichskanzler mehrmals eindringlich auf, im geschlossenen Kreise vor den Mitgliedern zu sprechen, um diese darin zu bestärken, ,,werbend für das heutige System einzutreten“. Die „Popularität“ Papens in Düsseldorf sei 136 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

„so gross'', daß auf das persönliche Erscheinen des Kanzlers besonderer Wert gelegt werden müsse.95 Das Wahlergebnis vom 6. November 1932 bedeutete somit keine unmittelbare Zäsur für die politische Orientierung der Industrie: Die erstmaligen massiven Stimmenverluste der NSDAP, die eine Reduzierung der Reichstagsfraktion von 230 auf 196 Abgeordnete zur Folge hatten, zeigten vielmehr, daß das Abnutzungskonzept Papens nicht völlig erfolglos geblieben war: Nach der Novemberwahl mußten die Nationalsozialisten ihre Hoffnung, allein die Mehrheit zu erringen, endgültig aufgeben; eine schwere Krise innerhalb der Partei in der Frage der Bündnispolitik folgte zwangsläufig,96 nachdem der ,,Zauber ihrer Unwiderstehlichkeit“197 gebrochen war und Hitler seinen „politischen Zenit“98 scheinbar schon überschritten hatte. Die bekannte, in ihrer tatsächlichen Bedeutung vielfach falsch eingeschätzte Eingabe vom 19. November 1932 an den Reichspräsidenten Hindenburg, alle bisherigen persönlichen Vorbehalte zurückzustellen und die ,,Übertragung der verantwortlichen Leitung eines mit den besten sachlichen und persönlichen Kräften ausgestatteten Präsidialkabinetts an den Führer der größten nationalen Gruppe'' nunmehr zu vollziehen,99 ist somit vor allem als der angestrengte Versuch der nationalsozialistisch orientierten Großlandwirtschaft und des Hitler-Flügels der Industrie zu interpretieren, die ,,letzte Chance'' 100 einer faschistischen Krisenlösung wahrzunehmen und zu realisieren. Die werbenden Bemühungen insbesondere Schachts, Kepplers und Schroeders bei der Großindustrie für eine Unterzeichnung der Eingabe waren in dieser Situation wenig erfolgreich. Die Enttäuschung Schachts über den schon zuvor beklagten „Abfall der Konjunkturmitläufer''101 wuchs weiter an. 102 In einem Schreiben an Hitler kritisierte er dabei besonders die Schwerindustrie, die bei der Aktion, wie Schacht richtig voraussah, ,,kaum mitmachen** werde und ihren Namen „deshalb mit Recht von ihrer Schwerfälligkeit'' trage. 103 Tatsächlich beharrte die Ruhrindustrie im November 1932 mehrheitlich auf ihrer wieder erneuerten Konzeption einer autoritären Regierungsfuhrung. Nicht einmal Albert Vögler, der neben Fritz Thyssen104 dem Nationalsozialismus innerhalb der Ruhrindustrie am nächsten stand und auch als Mitglied im „KepplerKreis geführt105 wurde, konnte sich zur Unterschrift entschließen; das von Vögler vorgebrachte Argument, seine Zurückhaltung sei notwendig, um die „Gegensätze im Revier'' nicht noch weiter zu verschärfen,106 bestätigt, daß von einer „Verbreiterung der Hitlerkoalition innerhalb der konservativen Führungsschichten'', soweit es die Ruhrindustrie betraf, im November 1932 nicht die Rede sein konnte. 107 Auch die gleichzeitige Mitteilung Vöglers, Paul Reusch und Fritz Springorum teilten ,,an und für sich“ die in der Eingabe niedergelegte Auffassung und sähen „nur darin eine wirkliche Lösung der jetzigen Krise**, wollten aber mit ihrer Stellungnahme jetzt 137 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

nicht politisch hervortreten,108 ist kritisch zu behandeln. So wies ζ. B. Paul Reusch t rot z der Zuspit zung der innerpolit ischen Lage im Januar 1933, auch nach der Übereinkunft von Papen und Hitler in Köln, den Führungsanspruch der NSDAP weiterhin zurück und bezeichnete es als „ausgeschlossen“, der Forderung Hitlers nach dem Reichskanzleramt nachzugeben; nicht einmal das Reichswehrministerium wollte er ihm überantwortet wissen.109 Der Langnam-Verein stellte folglich seine in der Öffentlichkeit stark beachtete Tagung vom 23. November 1932 ganz in den Dienst der Propaganda für Papen und die im Kabinett entwickelten Verfassungsreformpläne, die die Unterlage für eine Perpetuierung des autoritären Systems liefern sollten. Als Hauptredner der Versammlung waren zunächst Reichsinnenminister v. Gayl und Reichskommissar Bracht vorgesehen, die aber angesichts der gespannten innerpolitischen Lage absagen mußten. 110 Daraufhin ersuchte der Geschäftsführer des Langnam-Vereins, Schlenker, den Reichskanzler persönlich, an der Tagung teilzunehmen, und sei es auch nur ,,als stummer Zuhörer“. Es solle so zum Ausdruck gebracht werden, daß Papen ,,mit den im Langnam-Verein zusammengeschlossenen Wirtschaftskreisen herzliche Beziehungen“ unterhalte.111 Die politische Stoßrichtung der Veranstaltung war durch den Auftritt des renommierten Staatsrechtlers Carl Schmitt, der grundsätzliche Aspekte der angestrebten Reichs- und Verfassungsreform aufzeigte,112 sowie durch die Benennung des amtierenden Reichsbankpräsidenten Hans Luther für die Aussprache genau vorgezeichnet. Vor allem die Einladung Luthers unterstrich die Absage an Schacht und die nationalsozialistisch orientierten Wirtschaftskreise.113 Papen, der an der Langnam-Tagung nicht teilnehmen konnte, 114 ging im übrigen bereits andere Wege. Sein Optimismus, über eine Verfassungsreform eine Stabilisierung des autoritären Systems zu erreichen, hatte sich seit dem Leipziger Preußen-Urteil vom 25. Oktober- das eine ambivalente Position zum Staatsstreich vom 20. Juli einnahm und die alte Regierung unter Otto Braun (SPD) formell wieder in ihr Amt einsetzte, ohne allerdings den Reichskommissar zu beseitigen - zunehmend verflüchtigt, wenn auch Reichsinnenminister v. Gayl vor der Berliner Presse demonstrativ an den alten Plänen festhielt.115 Als Schleicher in der Kabinettssitzung vom 9. November 1932 schließlich deutlich machte, daß angesichts der ,,außerordentlich gespannten Situation“ die Reform der Reichsverfassung zurückgestellt werden müßte und als tragbare politische Lösung jetzt nicht in Frage kommen könne,116 drohte Papen, trotz des Rückhalts bei der Industrie, eine weitgehende politische Isolierung. Die zunehmende Distanzierung Schleichers117 und auch die ablehnende Haltung der bürgerlichen Parteien bewogen Papen nunmehr zu einer wachsenden Kompromißbereitschaft gegenüber der NSDAP, wobei er auch eine Kanzlerschaft Hitlers nicht mehr prinzipiell ausgeschlossen wissen wollte. 118 Für die Industrie blieb diese Sinnesänderung Papens zunächst 138 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

unbemerkt. Immerhin aber mehrten sich auch hier die Stimmen, die zur Stabilisierung des Papen-Kurses eine Einbeziehung der NSDAP - freilich als Juniorpartner - nunmehr wieder als mögliche Alternative ansahen. Auch der RDI und der DIHT äußerten sich auf ihren Tagungen vom 24. und 25. November in dieser Richtung. Es komme darauf an, ,,die gegenwärtige Unsicherheit durch ein stabiles Regierungsfundament zu ersetzen“,119 wobei allerdings die Fortführung des Papen-Programms gewährleistet sein müsse. 120 Das Mißtrauen gegenüber Hitler121 und dem Wirtschaftsprogramm der NSDAP122 war also nicht geschwunden: Der hier gemeinte Weg basierte vielmehr auf einer neuen Strategie, die die „vernünftigen“ Elemente im Nationalsozialismus mit dem national-konservativen Bürgertum zu verbinden suchte: Als Exponent dieses Flügels der NSDAP bot sich für die Industrie zunehmend Gregor Strasser an. 123

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XI. Das Kabinett von Schleicher In der Kontroverse über das Verhältnis von Industrie und Nationalsozialismus in der Ära der Weimarer Präsidialkabinette 1930-1933 besteht weitgehend Übereinstimmung, daß die Kanzlerschaft Schleichers die letzten Barrieren beseitigt habe, die einem Votum der Wirtschaft für eine Regierungsübertragung auf Hitler im Wege standen. So konzediert auch Turner einen ,,Gesinnungsumschwung , . . bei den meisten Großunternehmern'' im Dezember 1932, ausgelöst durch Schleicher, dessen „scheinbare Gleichgültigkeit gegenüber orthodoxen ökonomischen Prinzipien und den traditionellen Klassengegensätzen“ „schwerste Bestürzung“ hervorgerufen habe: Mehr aus dem Wunsch, ,,ihn loszuwerden, als aus Begeisterung für seinen Nachfolger“ habe die Industrie die Ereignisse des Januar 1933 begrüßt, ohne dabei jedoch ,,aktiv“ an den Intrigen des Monats beteiligt gewesen zu sein.1 Demgegenüber betont Stegmann, in bewußter Absetzung von Turner, die zielgerichtete Politik der agrarischen und industriellen Eliten für eine Kanzlerschaft Hitlers.2 Die Verständigung dieser Gruppen sei im Januar 1933 einem „Höhepunkt“ zugesteuert, nachdem die unter dem Dach des „Mitteleuropäischen Wirtschaftstages“ (MWT) konzipierte „Agrarkartellierung“ 3 der politischen Kooperation von Großindustrie und Großlandwirtschaft ein neues, bisher nicht dagewesenes Fundament verschafft habe. Die Machtübernahme durch Hitler müsse vor dem Hintergrund dieses Bündnisses gesehen werden, wenn auch Industrie und „Keppler-Kreis“ „unmittelbar“ daran nicht beteiligt gewesen seien. Marxistische Interpretationen sehen diese Formation noch geschlossener und unterstreichen, daß die Phase „unmittelbar vor der Errichtung der faschistischen Diktatur“ geprägt sei „durch den hohen Grad der Kongruenz der Interessen und Ziele aller monopolkapitalistischen Fraktionen.“ Dabei habe auch Krupp nach seiner Distanzierung von Schleicher im Januar 1933 für eine Kanzlerschaft Hitlers votiert, während aus der Industrie allein Silverberg Schleichers Versuch einer Frontbildung gegen Hitler unterstützt habe.4 Dieses Schema steht partiell in Widerspruch zu der in der jüngeren marxistischen Literatur zunehmend vernachlässigten und verdrängten Analyse Czichons,5 der die Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Monopolbourgeoisie vor der Machtergreifung stärker hervorhebt. Nach Czichon hat eine „linkskeynesianistische“ Gruppierung um den RDI-Vorsitzenden Krupp, das Geschäftsfuhrende Präsidialmitglied Kastl, 140 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Freiherr v. Wilmowsky, Otto Wolff u. a. das Schleicher-Programm einer Stabilisierung der bürgerlichen Ordnung in Deutschland durch eine „flexible Überwindung“ der Wirtschaftskrise, nicht aber die Errichtung einer nationalsozialistischen Diktatur, gestützt und mitgetragen. Diese Gruppe sei aber schließlich zu schwach gewesen, um ,,den sich anbahnenden Sturz des nur von ihr getragenen Kabinetts zu verhindern“. Für die „rechten Keynesianer“, repräsentiert durch Papen und Silverberg, habe dieses Konzept Schleichers eine „bolschewistische Gefahr“ dargestellt, so daß sie nun „alle Vorbehalte“ gegenüber einer Kanzlerschaft Hitlers aufgegeben und sich der Gruppe der „Nazi-Industriellen“ um Thyssen und Kirdorf untergeordnet und mit ihren Zielen identifiziert hätten. Hitler sei, jetzt auch von Silverberg unterstützt, nach dem Bündnis mit Papen vom 4. Januar 1933 „der politische Exponent einer Majorität innerhalb der industriellen Führungsschicht der herrschenden Klasse geworden“, die seine Kanzlerschaft „gewollt und organisiert“ habe.6 Diese wenigen, im übrigen nicht untypischen Beispiele verdeutlichen, daß einerseits wohl Einigkeit über die Umorientierung wichtiger Industriegruppen im Dezember 1932/Januar 1933 besteht, daß andererseits aber die Zuordnung der diesen Prozeß repräsentierenden Unternehmerpersönlichkeiten sichtlich Probleme bereitet. Während z. Β. Czichon namentlich den RDI-Vorsitzenden Krupp als wichtigen Verbündeten Schleichers benennt, im Gegensatz zu Silverberg, der die Ernennung Hitlers aktiv betrieben habe, sieht Hörster-Philipps, nicht unbeeinflußt von Stegmann, dieses Verhältnis genau umgekehrt. Genauso reduziert sich bei den zuletzt genannten Autoren die industrielle Opposition gegen Hitler, in sonst gerügter personalistischer Verengung, allein auf Silverberg, während Czichon hier den „linkskeynsianistischen“, exportwirtschaftlich orientierten Industrieflügel insgesamt anführt und damit die Heterogenität der Monopolgruppierungen vor dem 30. Januar 1933 betont.7 Ebenso bleiben die Motive, die für die Hinwendung der Unternehmer zum Nationalsozialismus letztlich ausschlaggebend gewesen sind, kontrovers. Während die marxistischen Darstellungen übereinstimmend die langfristig geplante, bewußte Herbeiführung des Faschismus „als der offenen terroristischen Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ hervorheben,8 leiten „bürgerliche“ Historiker die Bereitschaft der Industriellen, „auf die nationalsozialistische Karte zu setzen“, vornehmlich aus deren Bedenken gegenüber der Wirtschaftspolitik Schleichers ab. Interessant ist dabei der besonders von Winkler, aber auch Stegmann betonte Aspekt, daß die Unternehmer, als erste Tendenzen einer Reparlamentarisierung unter Schleicher erkennbar wurden, das von Papen inaugurierte autoritär-diktatorische System durch die Einspannung des Nationalsozialismus hätten stabilisieren wollen. 9 Die skizzierten Positionen zur Formation der Industriegruppen und zu 141 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

den bestimmenden Faktoren ihrer Orientierung im Januar 1933 dokumentieren bei Übereinstimmung in Teilaspekten insgesamt Widersprüchlichkeit und zeigen, daß die Diskussion sich auf einem noch recht unsicheren, empirisch ungenügend abgesicherten Terrain bewegt. 10 Eine differenziertere, schärfer konturierte Herausarbeitung der industriellen Gruppierung 1932/33 ist deshalb unabdingbar. Dies schließt eine kritische Überprüfung des traditionellen Silverberg-Bildes und der vielzitierten Schlüsselrolle dieses Industriellen in der Frontbildung Schleichers gegen Hitler ein11 und bedeutet auch eine Neuinterpretation der sogenannten „Strasser-Lösung“, welche bisher zu pauschal als tendenziell links anzusiedelnde Alternative begriffen worden ist. 12 Dabei wurde übersehen, daß auch eine rechtskonservative, insbesondere von der Schwerindustrie verfolgte Variante im Gespräch war, die Strasser als „Kanzler der nationalen Sammlung'' aufbauen wollte, 13 um einem autoritär-ständischen Ordnungsprinzip von Staat und Gesellschaft die benötigte Massenbasis bereitzustellen.

1. Die Ruhrindustrie, Schleicher, Strasser, Papen und Hitler Der Kompromißcharakter des autoritären Papen-Regimes zwischen Demokratie und Faschismus, zwischen Wirtschaftsliberalismus und Staatsinterventionismus, zwischen Agrarprotektionismus und Industriepolitik hatte die Gegensätze innerhalb der Wirtschaft merklich gemindert und weitgehend überdeckt: jedoch konnte das auf ein labiles Gleichgewicht gegründete, ohne substantielle Machtbasis operierende Papen-System die oberflächliche Kongruenz der Interessen nur bis zum »Moment der auf Dauer nicht aufzuschiebenden Grundentscheidungen im wirtschaftlichen und politischen Bereich garantieren. Dies bestätigte die Reaktion auf das Schleicher-Kabinett: Während der ehemalige Brüning-Flügel, repräsentiert durch RDI und DIHT, das Konzept Schleichers ausdrücklich billigte und stützte, war für die gemäßigte Schwerindustrie um Paul Rcusch und Friedrich Springorum (Langnam-Verein) die Betrauung Schleichers mit dem Kanzleramt, der schon zuvor als suspekt galt14 und dem „keinerlei Vorschußlorbeeren“15 zugestanden wurden, Anlaß genug, auf betonte Distanz zu gehen. Für die vorbehaltlos nationalsozialistischen Industriellen um Thyssen und Schacht schließlich bedeutete die Kanzlerschaft Schleichers noch weniger als das mit Skepsis betrachtete Papen-Kabinett16 eine Verwirklichung ihres Zieles, die Regierung auf Hitler zu übertragen. Die vom ,,Keppler-Kreis“ unter Assistenz von Hjalmar Schacht im Dezember und Januar 1932/33 verfolgte Politik konzentrierte sich deshalb, in Fortsetzung des mit der Eingabe an den Reichspräsidenten vom 19. November eingeschlagenen Weges, darauf, den Widerstand Hindenburgs gegen eine Ernennung Hitlers zu brechen: Dabei bot sich jetzt als 142 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Vermittler Franz von Papen an, dessen Ehrgeiz, in der deutschen Politik wieder eine führende Rolle spielen zu dürfen, sich mit der Forderung der Nationalsozialisten, endlich in die Reichskanzlei einziehen zu können, in idealer Weise verband.17 Die historische Zusammenkunft von Papen und Hitler am 4. Januar im Hause des Kölner Bankiers von Schroeder, von der Forschung zu Recht als ,,Geburtsstunde des ,Dritten Reiches'“ gewürdigt, 18 stellte die entscheidenden Weichen für den 30. Januar 1933. An Vorbereitung und Vermittlung der Unterredung waren, wie hinlänglich erwiesen, der „Keppler-Kreis“ und auch Schacht maßgeblich beteiligt. 19 Zu prüfen bleibt jedoch, inwieweit die anderen Gruppierungen der Industrie an diesen Vorgängen Anteil hatten und ob sich diese, wie z. Β. von Czichon behauptet, in ihrer überwiegenden Mehrheit nunmehr den HitlerIndustriellen unterordneten und sich mit ihren Zielen identifizierten.20 Die gemäßigte Schwerindustrie um Paul Reusch vollzog, nachdem sie im Herbst 1932 zusammen mit dem RDI und DIHT gegen die HitlerLösung votiert hatte,21 jetzt eine tendenzielle Annäherung an die ThyssenGruppe, ohne allerdings deren Konzept zu übernehmen. Schleichers scheinbarer Pragmatismus22 in tabuisierten Bereichen der Unternehmeridcologic, vor allem sein ,,ketzerisches“ Eingeständnis, weder ,,Anhänger des Kapitalismus noch des Sozialismus“ zu sein, 23 verstärkte die Oppositionshaltung gegen die amtierende Regierung. Nach Schleichers programmatischer, vom Rundfunk übertragener Regierungserklärung vom 15. Dezember 1932 konzentrierte sich die schwerindustrielle Kritik dabei auf drei Hauptpunkte: 1. Sozialpolitik, 2. Staatsinterventionismus und 3. Stillstand der ,,Verfassungsreform“. In der Aufhebung des sozialpolitischen Teils der Notverordnung vom 4. September sowie der Tariflockerungsverordnung vom 5. September von Schleicher durchgesetzt in der Absicht, durch eine Öffnung nach ,,links“ die Gewerkschaften zur Mitarbeit zu bringen und so die Basis seines Kabinettes zu verbreitern - sah Reusch wie die Mehrheit der westlichen Industrie nur „Nachgiebigkeit“ gegenüber Parteien und Gewerkschaften. Angesichts der sich abzeichnenden konjunkturellen Erholung berge dies die große Gefahr in sich, ,,den richtigen Moment“ für „steuerliche und sozialpolitische Entlastungsmaßnahmen durchgreifender Natur“ . . . „endgültig zu verpassen“.24 In dem neuen Konzept des auf direkter Staatshilfe basierenden Arbeitsbeschaffungsprogramms des Reichskommissars Gereke zeichnete sich zudem eine neue Qualität der „Vermischung von Staats- und Privatwirtschaft“ ab, die der unvermindert propagierten „Doktrin von der Nichtintervention des Staates“ entschieden zuwiderlief.25 Trotzdem waren die wirtschaftspolitischen Argumente gegen Schleicher sekundär: zentraler Angriffspunkt der Schwerindustrie war der Vorwurf, die Chance zur „Verfassungsreform“ nach den hoffnungsvollen Ansätzen Papens nunmehr ungenutzt verstreichen zu lassen. Die Rückkehr Schlei143 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

chers zu einer Art kryptoparlamentarischem System 2 6 bildete für Reusch und andere Industrielle, die die republikanische Ordnung von 1918/19 als zwar nicht zu verhinderndes, aber doch vorübergehendes Übel begriffen hatten, das schließlich ausschlaggebende Kriterium 27 ihrer Opposition: Nach Auffassung Reuschs hätte deshalb „auf das allerschärfste dagegen protestiert werden müssen, dass die Regierung die Reform wieder ad Kalendas Graecas vertagen will. Gerade jetzt in der Krise noch müssen die entscheidenden Schnitte am staatlichen Organismus gemacht werden! Der Reformwille lässt sich nicht beliebig lange auf Eise legen! Wenn nach einer Besserung der Wirtschaftslage der finanzielle Druck erst wieder so weit von unserem staatlichen Organismus genommen ist, dass dieser wieder einigermassen tief Luft holen kann, dann ist der stärkste Impuls für die Durchführung einer wahrhaft grosszügigen Reform unwiederbringlich dahin.“28 Die politische Alternative zu den Reparlamentarisierungsversuchen Schleichers sah die Reusch-Gruppe nach wie vor in einer autoritär bestimmten Staatsverfassung. Personeller Ansatzpunkt der gemäßigten Schwerindustrie blieb der zurückgetretene Reichskanzler von Papen, der noch in seiner „Abschiedserklärung'' vor dem Reichskabinett am 3. Dezember 1932 der Genugtuung Ausdruck gegeben hatte, in einer Zeit an der Spitze der Reichsregierung gestanden zu haben, die das „Ende des liberalen Zeitalters“ in Deutschland bedeutet habe. 2 9 Parallel zur kompromißlosen Aburteilung Schleichers durch Paul Reusch Ende Dezember 1932 30 nahm der Vorsitzende des Langnam-Vereins, Fritz Springorum, die alten Fäden zu Papen neu auf, nicht ohne dessen politische „Taten“ in der Regierungsverantwortung nachdrücklich zu würdigen: „Ihnen verdanken wir es, dass wir nach Jahren schwerer seelischer Not wieder aufatmen und Mut fassen konnten, an den Wiederaufstieg zu glauben. Wenn Ihnen bei dieser Arbeit die grössten Schwierigkeiten in den Weg gelegt und Sie persönlich von rechts und links angegriffen und verunglimpft wurden, so können Sie daran ermessen, wie gross die Verkommenheit der deutschen Parteiwirtschaft gewesen ist. Der Grund für all die hasserfüllten Angriffe auf Ihre Person lag allein darin, dass Sie es gewagt haben, die Parteiherrschaft im Reich und in Preussen auszuschalten . . . Durch Ihr Dazwischenfahren ist das einträgliche Geschäft zerstört, das man hierzulande Demokratie nennt. . . Ihnen aber kann niemand das Verdienst schmälern, endlich neue, für uns allein brauchbare Wege in der Führung der inneren Politik eingeschlagen zu haben.“31 Die von dem Industriellen angeregte Aussprache über „mancherlei Fragen'', die „ungelöst'' blieben und „heute'' wieder anfingen, ihren „alten Schrecken'' zu bekommen, fand am 7. Januar 1933, wenige Tage nach Papens historischer Zusammenkunft mit Hitler, in der Dortmunder Privatwohnung Springorums statt. Neben Papen und Springorum nahmen ferner Paul Reusch, Gustav Krupp von Bohlen und Halbach, Albert Vögler und Fickler an der Besprechung teil. 32 Im Mittelpunkt der Ver144 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

handlungen mit Papen33 stand die Frage einer „Konzentration im bürgerlichen Lager'1. Die westliche Industrie ging dabei auf die von Papen gewiesene Bündnisperspektive des 4. Januar 1933, also die „Engagierung“ Hitlers als Reichskanzler,34 nicht ein. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, daß Silverberg, der, wie wir noch sehen werden, 1932/33 als Anhänger der Hitler-Lösung galt und den Papen unmittelbar nach seiner Kölner Unterredung aufgesucht hatte, offenbar um einen Verbündeten für seine Pläne zu gewinnen,35 zu der Dortmunder Besprechung nicht hinzugezogen worden war. Aus Sicht der Ruhrindustriellen stellte das Gespräch mit Papen also nicht die logische Fortsetzung der Einigung Hitler-Papen vom 4. Januar 1933 dar. In diesem Sinne machte Reusch im Anschluß an das Dortmunder Treffen unmißverständlich klar, daß eine Kanzlerschaft Hitlers „ausgeschlossen“ sei, so sehr die Heranziehung der nationalsozialistischen Bewegung ,,an den Staat“, insbesondere aus außenpolitischen Gründen, wünschenswert erscheine.36 Statt dessen wurde der alte Plan ventiliert, Hugenberg aus der Parteiführung der DNVP zu verdrängen und Papen an seine Stelle zu setzen.37 Daneben verfolgte die westliche Industrie auf ihrer Suche nach einer Massenbasis eine neue Variante, die bei den „vernünftigen“ Elementen in der NSDAP bzw. dem Strasscr-Flügel der Partei ansetzte. Die überraschend positive Beurteilung Gregor Strassers in den Reihen der Ruhrindustriellen war nicht zuletzt das Resultat der Arbeit August Heinrichsbauers, der seit 1930 systematisch dessen Bild als Exponent des bürgerlich-konservativen Flügels der NSDAP aufgebaut hatte.38 Hier mochte sich auch der Einfluß Silverbergs und der „Deutschen Führerbriefe“ geltend machen, denen Strasser als der „beste, jedenfalls staatsmännischste Kopf der NSDAP“ erschien.39 Als die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler im November 1932 abermals auf den Widerstand des Reichspräsidenten stieß, ventilierte der Langnam-Verein folgerichtig eine Hereinnahme Strassers in das Papen-Kabinett, um auf diesem Weg eine Stabilisierung des autoritären Kurses zu erreichen.40 Die Thyssen-Gruppe lehnte eine derartige Kompromißlösung, wie sie Schlenker anstrebte, entschieden ab, da nur Hitler das „wahre Gedankengut“ des Nationalsozialismus „in die Tat umzusetzen“ vermöge. 41 Wie Thyssen später berichtete, machte er Hitlers Privatsekretär Rudolf Hess zur gleichen Zeit Mitteilung über die fortschreitenden Verhandlungen zwischen Ruhrindustrie und Strasser.42 Heinrichsbauer geriet dabei zunehmend in die Schußlinie der NSDAP-Führung, die seine Aktivitäten „gegen“ die Bewegung gerichtet sah.43 In seiner Schrift „Schwerindustrie und Politik“ aus dem Jahr 1948 betont Heinrichsbauer, daß die Zusammenarbeit mit Gregor Strasser dem „Aufbau einer Oppositionsstellung innerhalb der Partei“ gegen Hitler gedient habe. Kulminationspunkt dieser Entwicklung sei das Angebot Schleichers gewesen, Strasser die Vizekanzlerschaft zu übertragen. Nur durch eine Indiskretion (Thyssen) seien die erfolgversprechenden Verhandlungen 145 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

zwischen Schleicher und Strasser, die von der westlichen Industrie (Vögler, Springorum, Brandi) „gebilligt“ worden seien, Hitler bekannt geworden, der daraufhin Strasser und seinen Adjutanten Schulz aus ihren Parteiämtern entfernt habe.44 Tatsächlich lehnte Heinrichsbauer jedoch eine Spaltung der NSDAP, wie sie Schleicher anstrebte, ab. 45 Seine Politik stellte vielmehr eine taktische Variante dar, die darauf zielte, eine Machtübernahme durch den Nationalsozialismus nicht am Problem ,,Hitler'' scheitern zu lassen. Auch in seiner Schrift von 1948 findet sich eine scheinbar nebensächliche Entgleisung, die auf die von ihm in Wirklichkeit angestrebte Einbindung Strassers in ein neu aufgelegtes Papen-Kabinett verweist: Heinrichsbauer berichtet dort, daß nach dem Mißlingen der Strasser-Aktion im Dezember 1932 die ,,an ihr beteiligten Personen . . . den schwersten Verfolgungen ausgesetzt“ waren. Neben Strasser (sowie seinem Adjutanten Paul Schulz) führt Heinrichsbauer nun nicht General von Schleicher auf, sondern nennt merkwürdigerweise allein die Person Edgar Jungs. 46 Dies verweist nun allerdings auf Franz von Papen, als dessen Chefideologe Jung 1932/34 gelten kann. 47 Während die Reusch-Gruppe das Zusammengehen mit Strasser unter dem Vorzeichen der konservativen Erneuerung sah, erblickte Heinrichsbauer hier umgekehrt die Möglichkeit, den Nationalsozialismus auf diesem Wege in die Regierungsverantwortung zu bringen. Dem entspricht auch, daß Hitler nach der Machtergreifung persönlich entschied, für ihn gebe es, trotz der aufgetretenen taktischen Differenzen, keinen ,,Fall Heinrichsbauer“. Staatssekretär Funk bestätigte Heinrichsbauer im gleichen Zusammenhang, ,,in dem Kampfe für den deutschen Nationalsozialismus stets in der vordersten Front“ gestanden zu haben.48 Der Versuch der Ruhrindustrie, Papen durch Vermittlung Heinrichsbauers zur Kontaktaufnahme mit Strasser zu bewegen,49 stellte aus ihrer Perspektive eine logische Fortsetzung der Dortmunder Verhandlungen vom 7. Januar 1933 dar. Papen wies dies Ansinnen jedoch kühl zurück: Wohl sei er gern bereit, Heinrichsbauer zu empfangen, mache im übrigen aber darauf aufmerksam, daß die „Angelegenheit“ Strasser ,,endgültig erledigt“ sei. 50 Auch das Insistieren der Industrie auf seinem Eintritt in die DNVP und einer „Sammlung der Rechten'' unter seiner Führung überging Papen, obwohl er am 7. Januar offenbar eine diesbezügliche Zusage gegeben hatte. 51 Im Hintergrund des Sinneswandels bei Papen stand offenbar seine Einigung mit Hitler, die wohl im Verlaufe der Verhandlungen vom 18. Januar erfolgt war. 52 Jedenfalls votierte Papen jetzt offen für eine Kanzlerschaft Hitlers, die er der Industrie als die allein verbleibende Alternative schmackhaft zu machen versuchte: „Ich habe mich inzwischen nach allen Richtungen bemüht, die nationale Konzentration zu fordern, stosse aber bei Hitler in Folge der Lippeschen Wahlen erneut auf grössten Widerstand als Juniorpartner in ein Kabinett einzutreten. Es bestehen nun zwei Möglichkeiten: 146 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Auflösung und Wiederwahl, was für die Wirtschaft höchst abträglich ist und eine politische Änderung kaum erbringen dürfte . . . 2. Möglichkeit: Umbildung der Regierung mit Hitler. Ermächtigungsgesetz und ungestörte politische Arbeit. Auch für diesen Fall Zusammenschluss der bürgerlichen Kräfte als Gegengewicht gegen Hitler dringendst notwendig.''53 Springorum ging, wie nach den bisherigen Verhandlungen nicht anders zu erwarten, auf die hier propagierte Lösung mit Hitler nicht ein und bestand, ganz offenbar von einer längerfristigen Perspektive der politischen Entwicklung ausgehend, auf einem persönlichen Eintritt Papens in die DNVP, da nur so eine „grosse Chance“ gegeben sei, daß eine „starke nationale Bewegung*4 entstehe, ,,die die Gewähr für eine stabile Regierung mit Einschluß der NSDAP bieten würde.“ 54 Die These, die Zusammenarbeit der Ruhrindustrie mit Hjalmar Schacht habe entscheidende personelle, programmatische und politische Brücken zwischen Wirtschaft und Nationalsozialismus geschlagen und den 30. Januar substantiell möglich gemacht,55 steht dazu in offenbarem Widerspruch. Tatsächlich zeigt sich, daß die Übereinstimmung zwischen westlicher Industrie und Hjalmar Schacht, einem der konsequentesten Parteigänger Hitlers auch in der Krise der NSDAP, 56 im Januar 1933 auf dem Nullpunkt angelangt war: Eine von Schacht als mögliches Konzept späterer nationalsozialistischer Wirtschaftspolitik verbreitete Denkschrift über die ,,Einführung von Handelsmonopolen“ verfiel der einhelligen Kritik der ehemaligen Förderer der „Arbeitsstelle''. 57 Nachdem Papens Alleingang in der Frage einer Kanzlerschaft Hitlers offenbar geworden war, spannte Paul Reusch sogar Geheimrat Kastl vom RDI ein, der auch prompt die völlige Unbrauchbarkeit der Schachtschen Pläne, die auf „Planwirtschaft und Kollektivismus“ hinausliefen, bescheinigte.58 Die mit der Kaltstellung Schachts parallel verlaufende „Renaissance“ des amtierenden Reichsbankpräsidenten Luther in der westlichen Industrie komplettiert das Bild des Stimmungsumschwunges59 gegen die NSDAP: Nachdem Luther im Frühjahr 1932, also zum Zeitpunkt der größten Annäherung zwischen Ruhrindustrie und Nationalsozialismus, aus „politischen Gründen'' ein Auftritt vor der westlichen Wirtschaft verweigert worden war, 60 wurde ihm eine Woche vor dem 30. Januar 1933 Gelegenheit gegeben, vor den Spitzenvertretern des Langnam-Vereins und Bergbau-Vereins zu Fragen der Währungspolitik Stellung zu nehmen, vor allem aber das programmatische Konzept Schachts, ganz in Übereinstimmung mit den versammelten Industriellen, kritisch zu beleuchten und zurückzuweisen. 61 Die wenige Tage später vollzogene Übertragung der Regierungsverantwortung auf Hitler entsprach in dieser Form schwerlich den Vorstellungen der gemäßigten Ruhrindustrie, deren Plan, Papen auf der Grundlage einer bürgerlichen Sammlungsbewegung um die DNVP erneut an die Spitze des Reiches zu bringen, nur unvollkommen realisiert worden war. 147 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

2. RDI und DIHT 1932/33 Der Reichsverband und der Deutsche Industrie- und Handelstag suchten unbeirrt von der Kritik aus den Reihen der Schwerindustrie62 und Großlandwirtschaft die konstruktive Zusammenarbeit mit der Regierung Schleicher. Die Politik des inneren Ausgleichs fand hier ebenso wie die Wende Schleichers gegen die überzogenen Autarkieforderungen der Landwirtschaft nicht nur Tolerierung, sondern ausdrückliche Billigung: Für die Exportindustrie hatte, wie jetzt offenbar wurde, der Papensche Versuch, den einkalkulierten Verlust von Weltmarktpositionen durch sozialpolitische „Entlastungen41 zugunsten der Industrie zu kompensieren, keine praktikable Alternative zu einer offensiven Handelspolitik darstellen können. Der DIHT akzeptierte deshalb auch die von Schleicher eingeleitete Revision in der Sozialpolitik und der Verfassungsfrage, obwohl der Verband im ,,Bund zur Erneuerung des Reiches“ stark engagiert war und sich mit seinen Zielen durchaus identifizierte. Der DIHT versäumte dabei nicht, auf,,Fehler“ Papens ,,in den Fragen der Handelspolitik und in der psychologischen Art der Behandlung gewisser, namentlich sozialer Fragen“ hinzuweisen.63 Bereits Anfang Oktober 1932 hatte auch Silverberg im Vorstand des DIHT „Bedenken zu den sozialpolitischen Maßnahmen des Regierungsprogramms“ geäußert. „Das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sei überaus ungünstig. Die Maßnahmen der Regierung auf lohnpolitischem Gebiet seien zum Teil wenig glücklich. Die Einkommen würden hierdurch unter bestimmten Voraussetzungen auf ein Mindestmaß gedrückt, was, so verhängnisvoll die mißverstandene Kaufkrafttheoric sei, bedenklich sei.“64 Das Bemühen Schleichers um eine innerpolitische Entspannung fand dementsprechend die „volle Billigung“ des DIHT und zwar „gerade unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Entwicklung“.65 Seine Regierungserklärung vom 15. Dezember wurde hier, ganz im Gegensatz zum schwerindustriell geprägten Industrieflügel, als „klug abgewogene Darlegung einer vorsichtigen, auf Experimente und Wundertaten verzichtenden, ganz und ausschließlich auf die Überwindung der augenblicklich brennenden Not abgestellten Wirtschaftspolitik“66 gewürdigt, die auf Unterstützung durch den DIHT rechnen könne. Bei Gelegenheit einer „sehr eingehenden und vertraulichen“ Aussprache mit dem Präsidenten des DIHT, Dr. Bernhard Grund, sowie dem Geschäfts führen den Präsidialmitglied, Minister a. D. Eduard Hamm, Mitte Dezember 1932 versicherte Schleicher zudem, daß seine Regierung das Wirtschaftsprogramm Papens in „seinen wesentlichen Grundgedanken“ übernehmen und eine Politik gegen die Industrie vermeiden werde. 67 Auch im Arbeitsbeschaffungsprogramm Schleichers sah der DIHT keine gravierende Bedrohung des wirtschaftlichen Gesamtsystems, da der Kanzler die „hohe Bedeutung der privatwirt148 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

schaftlichen Initiative und des Wertes der freien Unternehmertätigkeit“ durchaus würdige 68 und im übrigen für den Übergang zur direkten Staatshilfe „erhebliche Gründe“ geltend machen könne.69 Auch später bescheinigte der DIHT dem Reichskanzler, „noch keinen Schritt“ unternommen zu haben, in dem man eine „ernsthafte Abweichung von dem Kabinett von Papen erblicken müsste“.70 Das wichtigste Plus Schleichers bei der exportorientierten Industrie war seine „klare Linie“ in der Handelspolitik:71 Die Wende gegen die Autarkiebestrebungen der Großlandwirtschaft schaffte der Regierung einen natürlichen Verbündeten innerhalb der Industrie. Die RDI-Führung um den Vorsitzenden Krupp von Bohlen sowie das Geschäftsfuhrende Präsidialmitglied, Geheimrat Kastl, stand dem Schleicher-Kabinett ähnlich positiv gegenüber.72 Allerdings dokumentierte sich diese Position sowohl in den internen Verlautbarungen des Reichsverbandes als auch in den öffentlichen Pressemitteilungen in einer zurückhaltenderen Form. Hier spiegelte sich deutlich die innere Spannung des RDI wider, der sowohl den Schwerindustriellenflügel als auch die modernen Wachstumsindustrien zu repräsentieren hatte. Die äußere Klammer bildete der im Vergleich zum DIHT stärker betonte Bezug auf das Papen-Programm, dessen unbedingte Kontinuität gefordert wurde. Auf der Hauptausschußsitzung des RDI am 14. Dezember 1932 rekapitulierte deshalb Krupp ausführlich73 das von Papen in Münster vorgelegte Programm und unterstrich die dort „verkündete Grundtendenz“ der Stärkung der Privatinitiative, „die »schlagartig' eine gewisse allzu lang entbehrte Vertrauenswelle74 hervorgerufen“ habe: „Gegenüber der Regierung Schleicher sprechen wir den Wunsch aus, daß sie sorgfältig darauf bedacht sein möge, die Grundlinien des Programms Papen zu wahren, Abänderungswünsche dieser oder jener Gruppe mit aller Vorsicht zu behandeln und vor allen Dingen gefährliche kredit- und währungspolitische Experimente zu verhindern. In diesem Zusammenhang liegt es mir am Herzen auszusprechen, daß Herr von Papen für die Leistungen während seiner Amtszeit den größten Dank verdient, - nicht nur der Industrie im engeren Sinne des Wortes, sondern auch der weitesten Volkskreise.“75 Im Neujahrsrundschreiben 1932/33 wurden erneut die Verdienste Papens gewürdigt, gleichzeitig aber vor „wirtschaftsfremden und wirtschaftsfeindlichen Strömungen und Kräften“ gewarnt, denen gegenüber der Reichsverband und die deutsche Industrie „doppelt auf der Hut sein müss[t]en, um jeden Bruch in der Linie zu verhindern“.76 In einer Ansprache vor der „Gemeinschaft Neußer Industrieller“ am 2. Januar 1933 machte der Geschäftsführer des Reichsverbandes, Jacob Herle, der den rechten Flügel im RDI anführte,77 unmißverständlich deutlich, wo diese „wirtschaftsfeindlichen“ Kräfte seiner Auffassung nach zu suchen seien: Herle bezog sich dabei ausdrücklich auf den Protest Paul Reuschs gegenüber dem DIHT78 und übte „erhebliche Kritik“ an der Weigerung des Reichskanz149 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

die Bemühungen Papens im Januar 1933, zu einer Verständigung mit Hitler zu kommen, unmittelbar und aktiv unterstützt habe. Er müsse eine solche Behauptung als „ein schmerzliches Unrecht'' empfinden.156 Tatsächlich hatte Papen jedoch an Silverberg geschrieben, daß er am 4. Januar 1933 in Köln ,,zu tun“ habe, und sich für den Abend bei dem Industriellen angemeldet. Papen suchte Silverberg auch an diesem Tag, wie zuvor vereinbart, in dessen Privatwohnung nur wenige Schritte vom Hause des Bankiers von Schroeder entfernt auf und blieb zum Abendessen. Über den Inhalt der bisher nicht bekannt gewordenen Unterredung liegt nur eine kurze Äußerung Silverbergs vor: Danach habe Papen ihm gegenüber seine schicksalhaften Verhandlungen mit Hitler vom Mittag ,,mit keinem Worte erwähnt“. Der Gast habe im Verlaufe der Unterhaltung vielmehr den Vorschlag gemacht, eine ,,neue Politische Partei“ zu gründen. Dieser Gedanke sei von ihm aber als „unnütz“ abgelehnt worden. 157 Die Darstellung Silverbergs geht, zumindest was den Zweck des Gespräches betrifft, am Kern des Problems vorbei: Der politische Sinn der Unterredung wird für Papen zweifellos darin bestanden haben, für sein neues Konzept einer Regierungsbildung mit Hitler als Reichskanzler die westliche Industrie als Bündnispartner zu gewinnen. Silverberg, der bereits im Sommer und Herbst 1932 im Gegensatz zur gemäßigten Schwerindustrie kompromißlos für eine Übertragung der Regierungsverantwortung auf den Nationalsozialismus eingetreten war, mußte dabei als gegebener Ansatzpunkt erscheinen. Wie der Verlauf der bereits oben dargestellten Dortmunder Besprechung und die sich daran anschließenden Verhandlungen vom Januar 1933 zeigten, kam aber auch auf diesem Wege eine Einigung zwischen Papen und der Reusch-Gruppe in der Frage einer Kanzlerschaft Hitlers nicht zustande.158 Immerhin setzte sich in den Führerbriefen, gewiß ein publizistischer Erfolg für Papen, jetzt erstmals eine positive Wertung seiner politischen Rolle durch. So konzedierte die Korrespondenz im Anschluß an den 4. Januar, daß Papen „ehrlich dem Ziel der Eingliederung der Nationalsozialisten in die nationale Konzentration hat dienen wollen, deren Notwendigkeit damit nur erneut anerkannt ist“. 159 Als Ende Januar 1933 die Krise um das Kabinett Schleicher ihrem Höhepunkt zustrebte und in der Öffentlichkeit Spekulationen über die Wiederberufung von Papens als Reichskanzler auftauchten, gaben sich die Führerbriefe gelassen und bescheinigten ihm, ,,in den beiden letzten Monaten viel zu starke Proben seines selbstlosen nationalen Wollens abgelegt“ zu haben, als daß angenommen werden könnte, er würde persönlich nach dem Kanzleramt greifen.160 Zur Linie der Führerbriefe bleibt anzumerken, daß die Korrespondenz Mitte Januar 1933 neben der bisher ausschließlich verfochtenen Zielsetzung, den Nationalsozialismus in „seiner Gesamtheit mit in die Regierung zu nehmen“, eine neue, jetzt ebenfalls denkbare Alternative aufzeigte, nämlich „vorübergehend ganz ohne Parlament zu regieren.“ 161 Parallel zu 172 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

tums schwer verletzenden Angriffen'' des RLB Kenntnis, der in seiner Entschließung vom 11. Januar 1933 unverblümt von der ,,Ausplünderung der Landwirtschaft zugunsten der allmächtigen Geldbeutelinteressen der international eingestellten Exportindustrie und ihrer Trabanten“ gesprochen86 hatte. Der RDI wies „derartige, wider besseres Wissen erhobene, vaterländische Interessen auf das schwerste gefährdende Beschimpfungen eines unentbehrlichen Teils der deutschen Wirtschaft auf das schärfste zurück“ und prophezeite der Führung des Reichslandbundes, ,,dass sie auf Granit beiss[e], wenn sie glaub[e], die Einheitsfront der deutschen Industrie durch eine derartige Verhetzung auch nur lockern zu können.“ 87 In der Tat wurde die Handelspolitik der Regierung Schleicher, vom RLB erbittert bekämpft und zur Schicksalsfrage stilisiert, von einer breiten Industriefront, die vom DIHT, RDI, VDEStI,88 BIV89 und Langnam-Verein90 bis hin zu Teilen des Kohlebergbaus,91 dem christlichen Metallarbeiterverband und der ADGB-Führung92 reichte, gebilligt und mitgetragen. Der teilweise behauptete Interessenausgleich zwischen Industrie und Landwirtschaft vor der Machtergreifung, u. a. in Form der sogenannten „Agrarkartellierung“, steht in krassem Widerspruch zur tatsächlichen Konstellation im Januar 1933.93 Die Machtergreifung Hitlers stellt sich aus dieser Perspektive gerade nicht als Ausfluß eines Roggen-Eisen-Kartells Bismarckscher Prägung dar, auch wenn der rührige Geschäftsführer des VDEStI, Jakob Reichert, dafür im Dezember 1932 noch einmal geworben hatte.94 Als im Vorfeld der Kabinettsbildung vom 30. Januar 1933 erste Gerüchte über ein Doppelministerium Wirtschaft und Ernährung unter Hugenberg kursierten, lancierten interessierte Kreise aus der Ministerialbürokratie entsprechende Hinweise an den RDI, um eine solche Kombination mit Hilfe der Industrie zu verhindern.95 In diesem Sinne beklagte der RDI auf seiner Präsidialsitzung vom 19. Januar, deren Haupttagesordnungspunkt die Aussprache über die Wirtschaftspolitik des Kabinetts Schleicher bildete, ,,daß von der Politik her neue Unruhe in die Wirtschaft getragen'' werde, und bezeichnete es als ,,höchst verhängnisvoll“, „wenn auf diese Weise die bestehenden Ansätze zu einer Rückkehr des Vertrauens und zu einer wirtschaftlichen Besserung wieder zunichte gemacht würden''. „Insbesondere“, so das RDI-Präsidium, bedürfe „die Handelspolitik unbedingt einer Beruhigung und stabiler Führung . . .“ 9 6 Nachdem Krupp bereits am 12. Januar 1933 zu einer Unterredung mit Schleicher zusammengetroffen war, 97 schaltete die RDI-Führung jetzt vor allem Staatssekretär Planck ein, um ihre diesbezüglichen Vorstellungen geltend zu machen. Ende Januar intervenierte der RDI mit allen zu Gebote stehenden Mitteln gegen eine Übertragung des Wirtschaftsministeriums an Hugenberg sowie eine grundlegende Umbildung der Regierung Schleicher überhaupt. Der Versuch Geheimrat Kastls, noch in letzter Minute die Kabinettsbildung vom 30. Januar 1933 zu verhindern,98 entsprach der Linie 151 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

des RDI im Demzember 1932 /Januar 1933. In einem von der Forschung bisher nicht genügend beachteten Schreiben an Krupp vom 26. Januar 1933 berichtete Kastl, daß er „die Entwicklung der politischen Ereignisse“ in Berlin „nicht ohne Sorge“ verfolge: „Bei Erörterung der politischen Lage [mit Staatssekretär Planck] erfuhr ich“, so Kastl, „als neuesten Stand das Bestreben der Dcutschnationalen und der Nationalsozialisten, die Harzburger Front wieder herzustellen. Man spricht von einem Kampf-Kabinett Papen-Hitler-Schacht, bei dem Papen die Spitze darstellen soll und Hitler Wehrministerium und Ministerium des Innern erhalten soll, Schacht Finanzministerium, Hugenberg Wirtschafts- und Landwirtschaftsministerium. Ich halte diese Kombination, an der sich keiner der gegenwärtigen Minister beteiligen wird, für äusserst bedenklich und gehe so weit zu befürchten, dass eine derartige Kombination als offene Kampfansage gegen den grössten Teil der Bevölkerung angesehen würde und man nicht ohne Unruhen durchkommen würde, wenn es tatsächlich dazu käme. Im Augenblick bestehen noch immer erhebliche Zweifel, ob der Herr Reichspräsident sich auf einen solchen Vorschlag einlassen wird. Andeutungen sprechen dafür, dass man nicht ganz ohne Erfolg ihm klar gemacht haben soll, dass ein solches Kabinett ein ganz grosses Kabinett werden würde mit grössten Aussichten auf Stabilität. Man hat sogar von einem sogenannten Bombenkabinett gesprochen, worauf ich scherzweise bemerkte, dass mir bedauerlicherweise der Nachdruck mehr auf Bomben als auf Kabinett zu liegen scheine. Das Zentrum ist entschiedener Gegner und die Sozialdemokraten selbstverständlich erst recht. Ein anderer Ausweg, der versucht wird, ist der, den Reichstag am 31. d. M. zusammentreten zu lassen - die Regierung wird kurzen Vertagungen widersprechen - und einmal abzuwarten, was bei dem Zusammentritt des Reichstags herauskommt. Bleibt dann nichts anderes übrig als eine Auflösung, so soll hinterher die Frage erneut geprüft werden, ob man die Neuwahl bis zum November verschieben kann. Der Reichspräsident soll sich angeblich nur dann für einen solchen Weg entscheiden, wenn ein derartiger Vorschlag entweder von den Parteien selbst gebracht oder toleriert würde, sodass konkrete gesetzliche Notmassnahmen unterbleiben könnten. In diesem Falle würde das Kabinett Schleicher bleiben. Vom Standpunkt der Wirtschaft aus gesehen, würde natürlich ein solcher Ausweg weitaus jedem anderen vorzuziehen sein . . .“99 Die vielfach kolportierte These einer geschlossenen Industriefront für eine Machtübertragung auf Hitler im Januar 1933 100 kann, wie auch dieses Dokument belegt, nicht weiter aufrechterhalten werden. Tatsächlich trat nur der Thyssen-Flügel vorbehaltlos für die Kanzlerschaft Hitlers ein, während die gemäßigte Schwerindustrie um Reusch und Springorum (Langnam-Verein) in einer Neuauflage des Papen-Kabinetts auf verbreiterter Grundlage (Strasser) die ihr genehme Lösung erblickte. RDI und DIHT sprachen sich demgegenüber nachdrücklich für ein Verbleiben des amtierenden Reichskanzlers von Schleicher aus und warnten eindringlich vor Kombinationen, die eine Wiederherstellung der Harzburger Front und die Hereinnahme der NSDAP in die Regierungsverantwortung zum Ziel hatten. 152 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

XII. Die Sonderrolle Silverbergs 1932/33 Silverberg erscheint in der neueren Literatur als einer der wenigen Industriellen, die bis zuletzt aktiv gegen den Nationalsozialismus gearbeitet und auch gewagtes persönliches Engagement nicht gescheut hätten, um eine Kanzlerschaft Hitlers zu verhindern.1 Diese Sichtweise basiert auf der These, daß Silverberg in Fortsetzung seiner 1926 in Dresden entwickelten Konzeption2 an der Verwirklichung der „Strasser-Lösung“ mitgewirkt 3 und im Bündnis mit Schleicher die Errichtung einer Achse von den sozialdemokratisch orientierten Gewerkschaften bis zum linken Flügel der NSDAP unter Einschluß von Teilen des Unternehmertums angestrebt habe.4 Silverberg sei dabei sogar, wie Mariaux zu berichten weiß, ,,zum öffentlichen, verantwortlichen Mittun - als Reichswirtschafts- oder Reichsfinanzminister“ bereit gewesen. 5 Zu einer ähnlichen Wertung gelangt die ältere Unternehmerforschung,6 während Turner vorsichtiger urteilt und Silverbergs Kontakte zu Strasser als einen im übrigen gescheiterten Versuch begreift, der Schwerindustrie einen „Verbündeten“ in der NSDAP zu gewinnen.7 Im Gegensatz zu diesen Interpretationen steht Czichons Wertung. Czichon ordnet Silverberg einer sogenannten „rechts-keynesianistischen“ Gruppierung zu, deren politisches und wirtschaftliches Konzept durch Papen repräsentiert gewesen sei und die im Schleicher-Programm, ganz wie die ,,Nazi-Industriellen“ um Thyssen und Kirdorf nurmehr eine „bolschewistische Gefahr“ erblickt und im Dezember 1932 alle Vorbehalte gegen eine Kanzlerschaft Hitlers fallen gelassen habe.8 Schleicher sei, so Czichon, lediglich von einer ,,links-keynesianistischen“ Minderheit um den RDI-Vorsitzenden Krupp gestützt worden, eine Gruppe, die in sich allerdings zu heterogen und insgesamt zu schwach gewesen sei, um dem gemeinsamen Angriff des Papen-Silverberg-Flügels, der Hitler-Industriellen und nicht zuletzt der Großlandwirtschaft erfolgreich Widerstand entgegensetzen zu können.9 Die widersprüchliche Beurteilung der politischen Strategie Silverbergs ist zunächst auf die problematische Quellenlage für den Zeitraum 1932/33 zurückzführen. Das Fehlen leicht greifbarer Aktenstücke, etwa eines kontinuierlichen Schriftwechsels Silverbergs mit politisch relevantem Inhalt,10 läßt Spielraum für Interpretationen, die dem Anspruch seriöser Forschung nicht immer hinreichend genügen können. Hinzu kommt, daß Fehleinschätzungen, die aus anderen Zusammenhängen, insbesondere 153 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

einem Mißverständnis der Dresdener Konzeption herrühren, im Intcrpolationsverfahren auf das Ende der Weimarer Republik übertragen werden11 und so zu einem schiefen Bild fuhren. Schließlich ist eine weitere Ursache der Unsicherheit darin zu sehen, daß zentrale Vorgänge im Bereich von Wirtschaft und Politik in der Phase unmittelbar vor der Machtergreifung bisher noch nicht hinreichend untersucht und abgeklärt worden sind.

1. Die „Deutschen Führerbriefe''als publizistisches Organ Silverbergs Als unverzichtbare Quelle zur Rekonstruktion der Silverbcrg-Position 1932/33 haben sich die gelegentlich zitierten, insgesamt aber nur bruchstückhaft verwendeten „Deutschen Führerbriefe“ (DFB) erwiesen.12 Ihre systematische Analyse13 erlaubt einen beinahe lückenlosen Einblick in die Entwicklung der politischen Konzeption Silverbergs in der Papen-Schlcicher-Ära. Die von Silverbergs Privatsekretär Otto Meynen und dem Journalisten Franz Reuter 1928 gegründete und bis zur Einstellung im Jahre 1935 gemeinschaftlich herausgegebene „Politisch-wirtschaftliche Privatkorrespondenz“ erschien zweimal in der Woche, jeweils dienstags und donnerstags mit einer Auflage von etwa 1250 Exemplaren (1932).14 Es handelte sich dabei um eine auf einem Handapparat hektographierte vierseitige Information, deren Abonnenten „den führenden Kreisen des Finanz- und Industriekapitals angehörten, einschließlich ihrer politischen Vertrauensleute: Kabinettsmitglieder, Reichswehrspitzen, führende Großagrarier, die Umgebung Hindenburgs etc.“ 15 Über die finanzielle Abhängigkeit der in einem „Verlag Hans Börner“ erscheinenden Führerbriefe von bestimmten Gruppierungen der Großindustrie sind mancherlei Vermutungen angestellt worden.16 Dabei wurde übersehen, daß die mit geringstem redaktionellen und technischen Aufwand gefertigte Korrespondenz bei einer durch Festabonnements garantierten Jahreseinnahme von 75 000.- RM (1932) einer Subvention kaum bedurfte. Dem widerspricht nicht, daß beispielsweise Paul Reusch mehrfach -jedoch ohne durchschlagenden Erfolg - Pressionen ausübte, um die Führerbriefe durch Reduzierung von Mehrfachabonnements zu einer Änderung ihrer politischen Linie zu veranlassen.17 Für den Erfolg der Führerbriefe waren weniger die Finanzierungsmodalitäten ausschlaggebend als vielmehr der anerkannt gute Informationswert der Korrespondenz. Die Herausgeber Meynen und Reuter verfügten dank ihrer Vertrauensstellungen bei Silverberg bzw. Schacht über einen ausgezeichneten Zugang zu „News“ im Bereich von Wirtschaft und Politik. Als Privatsekretär Silverbergs war Meynen zugleich für die politischen Angelegenheiten des Industriellen zuständig und beauftragt, die formellen und informellen Verbindungen zu Regierung, Bürokratie und Parteien sicher154 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

zustellen.18 Der Handlungsspielraum Meynens war somit begrenzt und durch die politische Strategie seines ,,Chefs“ in einer schmalen Bandbreite gehalten.19 Reuter verfügte als Berliner Vertreter der Pressestelle Kohle und Eisen (Langnam-Verein) im politischen Bereich formal über eine etwas größere Unabhängigkeit, blieb jedoch ebenfalls auf das Wohlwollen Silverbergs angewiesen, dem er auch seine Stellung bei dem Industrieverband zu verdanken hatte.20 Im übrigen galt Reuter nicht zu Unrecht als Parteigänger Hjalmar Schachts, in dessen „Windschatten“ er erfolgreich Karriere zu machen suchte.21 Die Querverbindungen der Korrespondenz insbesondere zur Geschäftsführung des RDI und der Pressestelle des Langnam-Vereins22 spiegelten deutlich die Einflußsphäre Silverbergs wider, dessen Zusammengehen mit Schacht vornehmlich in wirtschaftlichen Fragen 23 auch den Bezugsrahmen der Kooperation zwischen Meynen und Reuter bildete. Während die Führerbriefe in „wirtschaftlichen und sozialpolitischen Fragen“ durchweg die Auffassungen der westlichen Industrie vertraten, galt dies nicht immer hinsichtlich der politischen Artikel.24 Als typisch kann hier das Urteil Martin Blanks, des Berliner Vertreters von Paul Reusch gelten: ,,Ιn der Parteipolitik stehen die D.F.B. reichlich weit links, so treten sie vorbehaltlos für die ,grosse Koalition' im Reiche ein. Hier vertreten sie etwa die Einstellung gewisser Kreise des Präsidiums des Reichsverbandes um die Herren Silverberg, Bücher, Bosch (I.-G.), Kraemer usw. Anzuerkennen ist ihre entschieden antimarxistische und antigewerkschaftliche Einstellung.“25 In der politischen Linie der Führerbriefe konkretisierte sich somit recht deutlich der Kurs Silverbergs,26 der die Publikation benutzte, um seinen oft eigenwilligen, dem allgemeinen Konsensus im industriellen Lager zuwiderlaufenden Konzepten Gehör zu verschaffen. Silverberg verfaßte dazu auch gelegentlich eigene, allerdings namentlich nicht gekennzeichnete Artikel, die er in der Korrespondenz abdrucken ließ. 27

2. Silverberg und Brüning 1932 Silverbergs Strategie 1932/33 knüpfte in ihrer Grundlinie an die Dresdener Konzeption von 1926 an, also den Versuch, die Autonomie der Wirtschaft gegen den Interventionismus des Staates unter Einspannung der Gewerkschaften und ihrer politischen Vertretung zu sichern und auszubauen.28 So beklagte Silverberg am 3. März 1932 vor dem ,,Club von Berlin“ in einer grundsätzlich gedachten Rede über die ,,Aufgaben der Privatwirtschaft“29 in Fortsetzung seines Kampfes gegen die „Kalte Sozialisierung“30 noch einmal das „Vordringen des Staates in die Wirtschaft“31 und forderte zur ,,Aufrechterhaltung der Privatwirtschaft“ auf: „Nur die Freimachung der 155 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

privaten Wirtschaft vom Staat kann uns in Deutschland überhaupt zu einer tragfähigen Existenz verhelfen“. Wenn er auch den reinen „Nachtwächterstaat*' nicht wünsche, so müsse doch die „staatliche Ingerenz“ insbesondere auf die Preisbildung ausgeschaltet werden;32 an erster Stelle stehe dabei der „Abbau des Reallohns . . . in Grenzen, die bis an das Existenzminimum herangehen.“ Die gleichzeitig vorgebrachte massive Kritik an der Notverordnungspraxis der Regierung Brüning, die die „innerpolitische Ordnung und Rechtssicherheit“33 für das Unternehmertum zerstöre, machte deutlich, daß Silverbergs Distanzierungsprozeß von dem gegenwärtigen Kabinett weiter anhielt.34 Sein am Ende des Vortrags vor dem Herrenclub ausgesprochener „dringender Wunsch“, daß „heute eine Regierung sich findet, die heute die Parole der Befreiung der Wirtschaft für den Staat vom Staate, aber allerdings für den Staat in die Wirklichkeit umsetzt“, mußte diesen Eindruck verstärken.35 Das Brüning-Kabinett, von den Führerbriefen im Mai 1932 als „marxistisch-charitativ-plansozialistische Regierung“ diskreditiert,36 bildete jetzt auch für Silverberg nicht mehr die gewünschte Repräsentanz großindustrieller Interessenpölitik. Allerdings war Brüning unter dem ,Primat der Außenpolitik' noch eine bis zur Lösung der Reparationsfrage bemessene Schonfrist zu gewähren. Vor dem Vorstand des RDI mahnte Silverberg am 22. April 1932: „Ausser in Besprechungen des engeren Kreises öffentlich jetzt in dieser politisch bewegten Zeit eine Kampfsituation gegen die Regierung zu schaffen, halte ich von Verbandswegen für unmöglich, für unzweckmässig. Aber ich halte es für richtig . . . . an allen Stellen immer wieder zu betonen; dass die Privatwirtschaft so gestärkt und so gestützt werden muss, dass hinterher, wenn wir in Deutschland in jeder Beziehung in unseren Entschlüssen freier sind, wir in der Lage sind, . . . auf vorhandenen festen Fundamenten wieder neu aufzubauen . . . Aber. . . bis zur Entscheidung über die wichtigsten Fragen des Reichs und des Volkes, über Sein oder Nichtsein - so ernst nehme ich die Lausanncr Konferenz - kann es nur eines geben: die Ohren steif zu halten und dafür zu sorgen . . . , das Übergangsstadium [zu] erleichtern.“37 Silverbergs auch öffentlich dokumentiertes Eintreten für die Wiederwahl Hindenburgs38 war also nicht als Votum für eine andauernde Unterstützung der Brüning-Regierung zu verstehen. Allerdings zeichnete sich für Silverberg das politische Profil der ,,Nationalen Opposition“ noch nicht klar genug ab, um wie etwa für Paul Reusch und andere westliche Industrielle39 eine vertretbare Alternative darstellen zu können. Insbesondere die Einbindung der Arbeiterschaft, für Silverberg eine ,conditio sine qua non,' schien hier problematisch und ungelöst. Die kühle Distanz der Führerbriefe im Zusammenhang des viel beachteten Auftritt Hitlers vor dem Düsseldorfer Industrieclub am 26. Januar 1932 war nicht zuletzt hier begründet. Die DFB resümierten: „Bemerkenswert war, daß das ,Heil, 156 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Herr Hitler', mit dem Thyssen schloss, in der Versammlung ohne Widerhall blieb. Besonders beachtenswert erscheinen aus den Ausführungen Hitlers die scharfe Kampfansage an die Gewerkschaften und das Eintreten für die Persönlichkeit. Während über den ersten Punkt die Meinungen geteilt sind, wird man das andere aus dem Munde des Führers der Nationalsozialisten nur begrüssen können.'' 40 Im Frühjahr 1932 warb Silverberg noch einmal intensiv für die Zusammenarbeit mit der Sozialdemokratie, deren Unterstützung im übrigen für die Wiederwahl Hindenburgs benötigt wurde. Der preußische Ministerpräsident Otto Braun erschien den Führerbriefen als „Repräsentant einer autoritären Demokratie“, bei dem man eine ,,geistige Verwandtschaft zu Friedrich Wilhelm I. und den alten preußischen Junkern“ zu spüren glaube. 41 Seit Bismarck habe keiner ,,mit mehr Hochgefühl, Ernst und Selbstbewußtsein in Haltung, Handlung und Wort die Macht des Preussischen Staates innegehabt und präsentiert“ und zugleich die Einbindung der Arbeiterschaft geleistet als Otto Braun, der als der „energischste Träger“ der „sozialdemokratischen Tolerierungspolitik“ aufgetreten sei. 42 Auf der gleichen Linie der positiven Stilisierung der SPD bei Negativkritik am Nationalsozialismus43 lag der Artikel „Wandlungen in der Sozialdemokratie“ vom 26. Februar 1932.44 Paul Reusch, der mit seinem zu diesem Zeitpunkt vollzogenen endgültigen Übertritt in das Lager der „Nationalen Opposition“ Zeichen gesetzt hatte und wenig später mit Hitler persönlich ein Presseabkommen für die Reichspräsidentenwahl aushandeln sollte, 45 war über diese Ausrichtung der DFB sichtlich ungehalten.46 Sein Versuch, die Führerbriefe mittels finanzieller Pression zu einer Änderung ihrer Politik gegenüber der SPD zu veranlassen, war jedoch wenig erfolgreich.47 So lobte die Korrespondenz nach dem ersten Durchgang der Reichspräsidentenwahlen am 13. März 1932 erneut die „ausgezeichnete Disziplin“ der Sozialdemokraten,48 während die Entwicklung des Nationalsozialismus, der im Gegensatz zum preußisch-protestantischen Nationalismus nicht in der „Zucht“ wurzele, sondern vom „Rausch“ lebe, mit lebhafter Kritik bedacht wurde. 49 Dies war jedoch kein Urteil auf Dauer. Der entscheidende Wendepunkt in der Bündnisstrategie Silverbergs war durch zwei äußere Ereignisse markiert, die Preußische Landtagswahl vom 24. April und die Ankündigung der Lausanner Reparationskonferenz vom 25. April 1932.50 Während mit der Terminierung der Lausanner Verhandlungen auf den 16. Juni die Lösung des Reparationsproblems in greifbare Nähe gerückt und damit auch den Führerbriefen ein vorzeitiger Austausch des Reichskanzlers nicht mehr ausgeschlossen erschien,51 vollendete die Preußenwahl (NSDAP von 8 auf 162, DNVP von 82 auf 31, DVP von 40 auf 7, DDP von 21 auf 2 und SPD von 137 auf 93 Mandate) den „politischen Erdrutsch“, den die Septemberwahl 1930 eingeleitet hatte. Dies war in erster Linie eine Folge des Zusammenbruchs der alten bürgerlichen Parteien mit liberalem Hinter157 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

grund, deren Regeneration auch den Führerbriefen als unrealistisch erschien: „Die paar Mandatstrümmer, die sie noch aus dem Zusammenbruch gerettet haben, bedeuten nichts mehr, können auch nicht als Anklammerungspunkte für eine Wiederbelebung dieser Parteien gelten. Was sich hier vollzogen hat, ist von weittragender Bedeutung . . . Der Liberalismus, auch der wirtschaftliche, hat für die nächste Zeit keine politische Basis in Deutschland.''52 Silverbergs Abkehr von Brüning ist nicht zuletzt aus der Perspektive einer so gewandelten Parteienlandschaft und eines daraus abgeleiteten neuen Integrationskonzeptes zu verstehen. An Brünings Sturz war Silvcrberg wohl nicht unmittelbar beteiligt, wenn seine Rolle auch Beachtung verdient: Offenbar in Abstimmung mit dem zu dieser Zeit noch im Amt befindlichen Reichswirtschaftsminister Warmbold intervenierte Silverberg am 7. April 1932 in der Reichskanzlei gegen eine Rede von Finanzminister Dietrich,53 der angedeutet hatte, den „vorsichtigen Versuch einer Wirtschaftsbelebung“ machen zu wollen. Der Vorstoß Warmbolds und Silverbergs muß überraschen, weil Dietrichs Äußerungen genau auf der Linie der von beiden zuvor wiederholt geforderten Abkehr von einer überzogenen Deflationspolitik lag. 54 Die Widersprüchlichkeiten im Verhalten Silverbergs und Warmbolds lassen den Schluß zu, daß mit dem Ausbau einer Frontstellung gegen Dietrich ein Alibi für den am 6. Mai 1932 überraschend vollzogenen Rücktritt des Reichswirtschaftsministers vorbereitet werden sollte. Dieses Alibi war um so notwendiger, als Warmbold keine vier Wochen später in sein altes Amt zurückkehrte, diesmal jedoch unter Franz von Papen als Reichskanzler. Vielsagend in diesem Zusammenhang ist die Haltung der Führerbriefe, die bereits am 3. Mai die Demission Warmbolds unter der Schlagzeile ,,Das Kabinett Brüning in der Auflösung“ zu vermelden wußten. In ihrem Leitartikel ,,Was ist der politische Sinn des Rücktritts von Professor Warmbold“ wird an erster Stelle Dietrich als „eigentliche Veranlassung“ genannt. Ahnungsvoll resümiert die Korrespondenz: „Dieser Reichsfinanzminister kommt dem Kanzler teuer zu stehen.“55 In den Begründungen, die der Wirtschaftsminister später selbst für seinen demonstrativen Rücktritt anführte, erscheint demgegenüber als Hauptmotiv der Widerstand gegen die Deflationspolitik Brünings (deren Beendigung Dietrich in seiner Rede vom 6. April ja gerade angekündigt hatte), insbesondere die Notverordnung vom 8. Dezember 1931, in deren Folge Warmbold das Demissionsgesuch eingereicht habe, dessen „Genehmigung“ sich aber „aus politischen Gründen“ bis Mai 1932 verzögert habe.56 Tatsächlich datiert das Rücktrittsgesuch jedoch, wie die Akten ausweisen, erst vom 28. April 1932.57 Brünings Empfinden, daß Warmbold sich „als Werkzeug gegen das Kabinett“ gebrauchen ließ, 58 erscheint daher nicht ohne substantiellen Hintergrund. 158 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

3. Von der Sozialdemokratie zum Nationalsozialismus Die am l . Juni gebildete Regierung der ,,nationalen Konzentration'' unter Reichskanzler Franz von Papen stellte für Silverberg im Gegensatz zur westlichen Industrie, in der sich eine regelrechte „Papen-Euphorie“ verbreitete, 59 keineswegs die angestrebte Alternative zum Brüning-System dar. Wenn auch der unternehmerfreundliche Kurs der neuen Regierung bei allen Vorbehalten in der Handelspolitik - begrüßt wurde, 6 0 so vermißte Silverberg, hier klarer sehend als die am autoritären Prinzip orientierte konservative Industriellenschicht, die politische Fundierung des PapenRegimes. 6 1 In den Führerbriefen, deren Stellungnahme gegen das „Kabinett der Barone“ allgemein Aufsehen erregte, 62 wurde diese, einem breiten Konsensus im Unternehmerlager zuwiderlaufende Haltung präzise erläutert und analysiert. Für die der Entscheidung Hindenburgs vom 13. August 1932 zugrunde liegenden Beweggründe, das autoritäre System unter Führung von Papens auch gegen die überwiegende Mehrheit des Reichstags zu bestätigen, wurde wohl „weitgehendes Verständnis“ aufgebracht, jedoch konnten sich Silverberg und die Führerbrief-Redaktion ,,der Schlußfolgerung nicht anschliessen, dass deshalb mit dem Kabinett Papen weiterregiert werden soll, bis die Krise beendet und überwunden ist. Denn wir vermögen uns nicht vorzustellen, wie eine Regierung mit den Aufgaben, die ihr von dieser Zeit gestellt werden, fertig werden soll, wenn nahezu das ganze Volk ihr ablehnend, ja feindlich gegenübersteht. Wir furchten insbesondere auch, dass die Regierung, um eine Stütze zu haben, darauf Wert legen könnte, weitgehend mit der Wirtschaft, mit dem Unternehmertum identifiziert zu werden. Das würde aber bedeuten, dass das Unternehmertum in einen politischen Gegensatz zu den drei oder vier grossen Massenparteien geriete, die sich in ihrer gemeinsamen Opposition gegen die Präsidialregierung auf dem sozialpolitischen, staatssozialistischen und gewerkschaftlichen Interessengebiet wahrscheinlich am leichtesten zusammenfinden werden. Wenn dann die Regierung scheitert, dann wird es wiederum die Wirtschaft sein, die die Zeche zahlt. Es wäre für uns alle sehr viel besser, wenn die unpopulären Massnahmen man denke nur an die unvermeidliche Lohnsenkung, an die übrigen, ebenso unentbehrlichen Massnahmen zur Selbstkostenherabsetzung - wenn diese Massnahmen von einer grossen Massenpartei mitgetragen und verantwortet werden könnten, statt dass sie ihr als willkommener Anlass zu taktischer Opposition geboten werden . . '' 63 Hinter dieser grundsätzlichen Kritik verbarg sich eine neue politische Gesamtkonzeption Silverbergs, die sich bereits gegen Ende der BrüningÄra herausgebildet hatte, nun aber das Stadium konkreter Aktion gewann. Die seit Gründung der ZAG 1918 verfolgte Strategie der Einbindung der Sozialdemokratie zur Stabilisierung der bürgerlichen Herrschaft war jetzt fallengelassen worden und durch ein Modell ersetzt, in dem dem Nationalsozialismus die Rolle der SPD zugewiesen wurde. Diese Umstellung von SPD auf NSDAP fand entsprechend der veränderten Situation keine 159 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

demonstrative öffentliche Begründung wie das Bündnisangebot an die Sozialdemokratie 1926 in Dresden, sondern nur eine interne Rechtfertigung, deren theoretische Ableitung jedoch ein besonderes Interesse beansprucht. Als Publikationsebene fungierten diesmal die Führerbriefe, in denen am 16. und 20. September 1932 der wegweisende Doppelartikel „Die soziale Rekonsolidierung des Kapitalismus“ abgedruckt wurde. Diese Abhandlung gilt der marxistischen Geschichtsschreibung „als Schlüsseldokument für den Nachweis der bewußten und planmässigen Errichtung der nazifaschistischen Diktatur durch das Monopolkapital“. 64 Im ersten Teil des Aufsatzes mit dem Untertitel „Von der Sozialdemokratie zum Nationalsozialismus“ wird ausgeführt: „Das Problem der Konsolidierung des bürgerlichen Regimes im Nachkriegsdeutschland ist allgemein durch die Tatsache bestimmt, dass das führende, nämlich über die Wirtschaft verfugende Bürgertum zu schmal geworden ist, um seine Herrschaft allein zu tragen. Es bedarf für diese Herrschaft. . . der Bindung von Schichten an sich, die sozial nicht zu ihm gehören, die ihm aber den unentbehrlichen Dienst leisten, seine Herrschaft im Volk zu verankern und dadurch deren eigentlicher oder letzter Träger zu sein. Dieser letzte oder ,Grenzträger' der bürgerlichen Herrschaft war in der ersten Periode der Nachkriegskonsolidierung die Sozialdemokratie . . . Vermöge ihres sozialen Charakters als originäre Arbeiterpartei brachte die Sozialdemokratie in das System der damaligen Konsolidierung über all ihre rein politische Stosskraft hinaus das viel wertvollere und dauerhaftere Gut der organisierten Arbeiterschaft ein und verkettete diese unter Paralysierung ihrer revolutionären Energie fest mit dem bürgerlichen Staat. . .“ 65 Hier findet sich, unschwer zu erkennen, eine exakte Analyse der Silverbergschen Politik, wie sie für die 20er Jahre bestimmend war. Der zweite Teil des Artikels, betitelt „Die Eingliederung des Nationalsozialismus“, beschreibt die durch die Krise veränderte Situation, in der mit der Ausschaltung des Parlaments auch die Sozialdemokratie in ihrer Funktion als politisch-parlamentarischer Überbau der Gewerkschaften einerseits und als „Massenstützpunkt für die Herrschaft des Bürgertums in Deutschland“ andererseits überflüssig geworden sei. Die daraus resultierende Auscinanderentwicklung von Gewerkschaften und SPD schaffe aber die Voraussetzung für die „Eingliederung“ des Nationalsozialismus zur sozialen Konsolidierung der in Gefahr geratenen kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung: ,,Durch ihre Loslösung von der Sozialdemokratie entfällt für die Gewerkschaften ihre bisherige politische Repräsentation, an deren Stelle sie in einem nicht mehr oder nur sehr bedingt parlamentarischen Staat eine neue und neuartige politische Führung brauchen. Wenn es dem Nationalsozialismus gelänge, diese Führung zu übernehmen und die Gewerkschaften in eine gebundene Sozialverfassung einzubringen, so wie die Sozialdemokratie sie früher in die liberale eingebracht hat, so würde der Nationalsozialismus damit zum Träger einer für die künftige bürgerliche 160 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Herrschaft unentbehrlichen Funktion und müsste in dem Sozial- und Staatssystem dieser Herrschaft notwendig seinen organischen Platz finden.“66 Der Verfasser des Artikels, Alfred Sohn-Rethel, lieferte hier die Gründe, die für Silverbergs Hinwendung zum Nationalsozialismus bestimmend waren, und formulierte zugleich die Probleme, die bis zu einer Regierungsübernahme durch die NSDAP zu lösen blieben. Der späteren Behauptung Sohn-Rethels, der Artikel sei von ihm, einem damals unerkannten Marxisten, nach Überlistung der etwas beschränkten Führerbrief-Redaktion ,,einzig zum Zweck'' des ,,Wahlkampfs für die Kommunisten“ in die Korrespondenz eingeschleust worden, 67 ist entgegenzuhalten, daß die Abhandlung der Gesamtlinie der DFB im Herbst 1932 genau entsprach. Dies ist im übrigen bereits überzeugend nachgewiesen68 und von SohnRethel auch indirekt anerkannt69 worden. Für Silverberg hatte die Artikelserie eine doppelte Funktion: Einerseits war sie als Argumentationsunterlage gegenüber der westlichen Industrie gedacht, um deren Abkehr von der NSDAP entgegenzuwirken; andererseits sollten die Ausführungen Hitler gegenüber als Nachweis einer wohlwollenden Einstellung dienen und einer direkten Kontaktaufnahme die Wege ebnen.70 Über Werner von Alvensleben,71 im Winter 1932/33 wohl der wichtigste Mittelsmann in den Verhandlungen mit der NSDAP, nahm Silverberg Verbindung zu Hitler auf. Dabei legte er offenbar Wert darauf, in Abstimmung mit Krupp und Rcusch72 vorzugehen und sie über seinen Schritt zu informieren. Am Abend des 31. August 1932 traf Silverberg mit Alvensleben zusammen,73 um die Position der Wirtschaft gegenüber der NSDAP deutlich zu machen. Alvensleben fertigte Notizen von diesem Gespräch74 und übersandte sie, wohl mit Billigung Silverbergs,75 sowohl an Hitler als auch an Schleicher. Wie aus den Aufzeichnungen ersichtlich, galt Silverbergs vordringliches Interesse zunächst der Verhinderung einer Koalition von NSDAP und Zentrum in Preußen und im Reich.76 Er versuchte dabei, den Nationalsozialismus ausschließlich auf seine „nationale“ Komponente, der allein die ,,14 Millionen-Bewegung'* ihre Erfolge verdanke, festzulegen. Wenn die NSDAP nun aus „taktischen Gründen“ Verhandlungen mit dem Zentrum führe, lägen die Berührungspunkte höchstens dort, „wo die eigene Bewegung ohnehin durch fremde Gedankengänge gefährdet ist**. Gemeinsamkeiten mit dem Zentrum seien nämlich nur in „gewerkschaftlichen, sozialistischen und marxistischen Ideengängen'' zu finden. Lasse die NSDAP sich aber erst einmal auf solche Kombinationen ein und vollziehe nicht eine „bewusste Lossagung'' von „gelegentlich publizierte[n] marxistische[n] Forderungen“, bestehe konkrete Gefahr für die weitere Existenz der „Bewegung'', weil solche Gedankengänge dem Nationalsozialismus „völlig wesensfremd'' seien.77 Daß Silverberg die Verhinderung einer Koalition zwischen NSDAP und Zentrum ein zentrales Anliegen war, unterstrich er auch gegenüber Paul Reusch: „Die ganzen Dinge stehen und 161 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

fallen mit der Frage, auf welcher Grundlage die Koalition ZentrumNationalsozialisten im Reich zustande kommt. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, dass ich, soweit ich irgendwie konnte, ohne mich zu sehr zu exponieren, nach allen Richtungen Fühlung genommen habe um dieses Spiel zu hintertreiben.“ 7 8 Im Vordergrund der Unterredung mit Alvensleben stand neben dieser Frage vor allem Silverbergs Angebot einer Zusammenarbeit von Unternehmertum und Nationalsozialismus: Silverbcrg deutete dabei an, daß er hierzu persönlich bereit sei, warnte aber eindringlich vor einem unklaren Kurs der Partei, der zur Abwendung der Industrie führen müsse: „Die Wirtschaft braucht, um fünf Millionen Arbeitslose von der Strasse herunter in die Betriebe zu bringen, vor allem Ruhe, Ordnung und eine gleichbleibcnde politische Linie. Die Wirtschaft war bereit, mit der nationalsozialistischen Bewegung, deren nationalem Elan sie sich sofort anschloss, zusammenzugehen. Die Bewegung hat aber das Ordnungsbedürfnis der Wirtschaft bisher nicht genügend berücksichtigt, und es besteht daher die Möglichkeit, dass sie sich vom Nationalsozialismus abwendet und der Parole der Regierung Papcn folgt, weil deren Wirtschaftsprogramm ihr die Hoffnung auf die Sicherung der Ordnung und die entschiedene Abkehr von Sozialismus und Marxismus gebracht hat. Es wird für diejenigen Persönlichkeiten der Wirtschaft, die von jeher (Silvcrberg-Rede 1926 in Dresden) der Meinung waren, dass das deutsche Unternehmertum mit der Arbeiterschaft und auch einer grossen politischen Vertretung der Arbeitnehmerschaft zusammengehen müsse, daher immer schwerer, für das Zusammengehen der Wirtschaft mit dem Nationalsozialismus einzutreten. Ohne das Unternehmertum und die Wirtschaft aber wird der Nationalsozialismus ausserstande sein, die Millionen Erwerbslosen in die Betriebe zu bringen, dem Volk Arbeit und Brot zu geben und damit die Voraussetzung für die Durchführung der nationalen Ziele zu schaffen.''79 Wie 1926 in Dresden kam es Silverberg darauf an, mit ,,einer großen politischen Vertretung der Arbeitnehmerschaft“, diesmal allerdings der NSDAP anstelle der SPD, zusammenzugehen. Dies sei im übrigen auch im Interesse der NSDAP, denn ,,ohnc das Unternehmertum“ werde es der Partei nicht möglich sein, die Krise zu überwinden. Dies verlange aber vom Nationalsozialismus, das ,,Ordnungsbedürfnis der Wirtschaft“ besser als bisher zu berücksichtigen. Dem Votum einer Zusammenarbeit mit dem Nationalsozialismus entsprach, wie in Silverbergs Gespräch mit Alvensleben deutlich wird, die Notwendigkeit für die Unternehmer, ,,die Führung der N.S.D.A.P. zu einer deutlichen, unmissverständlichen Klarheit über ihr wirkliches Wirtschafts- und Sozialprogramm zu drängen.'' 8 0 So galt auch den Führerbriefen das von Strasser in seiner Reichstagsrede vom 10. Mai verkündete „Wirtschaftliche Sofortprogramm“, das in Industriekreisen allgemein mit großer Skepsis betrachtet wurde, 8 1 als eine Mischung von „gewerkschaftlichem Denken und deutscher Romantik“, mit dem „keine nüchterne und 162 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

wirklichkeitsgerechte Wirtschaftserfolgspolitik zu treiben“ sei und bei dessen tatsächlicher Anwendung ,,starke Bedenken'' nicht unterdrückt werden könnten.82 Die wiederholte Kritik an diesem Programm in den Führerbriefen im Juni, Juli und August 193283 gipfelte in dem Vorwurf, der Nationalsozialismus sei bereit, die Weltwirtschaft preiszugeben und die deutsche Exportindustrie „zu opfern“. Durch das Sofortprogramm gehe ,,ein Zug zur Primitivität, Flucht aus dem Komplizierten, aus der Arbeitsteilung und Zusammenarbeit mit anderen, fremdbestimmten Faktoren in die Einfachheit der Verhältnisse, in ihre nationale Überschaubarkeit und Reglementierung; es ist nichts anderes als ein neuer Merkantilismus, der hier heraufsteigt.**84 Eine Verbindung zwischen den Aktionen des RDI gegen das „Sofortprogramm**,85 der Intervention Paul Reuschs und dem Vorstoß Silverbergs über Alvensleben und die Führerbriefe ist wahrscheinlich: So hatte der Faschismus-Referent im RDI, Dr. Hans Reupke, 86 bereits Mitte August Fühlung mit Silverberg aufgenommen und dessen dortigem Mitarbeiter, Dr. Bauer, einen von ihm parallel zur offiziellen Zurückweisung des „Sofortprogramms'' durch den RDI (Herle-Denkschrift vom 8. September)87 gefertigten separaten Gegenentwurf „zur vertraulichen Kenntnisnahme'' überlassen.88 Reupke stellte seine vor allem gegen die „Thesen“ von Renteins gerichtete Schrift „Leitsätze für eine Wirtschaftserklärung des nationalen Unternehmertums''89 dann der NSDAP über Gregor Strasser „zur endgültigen Beratung im engsten Führerkreis“ zur Verfügung. 90 Den in dem Entwurf Reupkes zum Ausdruck kommenden Gedanken, „dass die Wirtschaft als Gegengewicht gegen die übermässige Einflussnahme des Staates eine aus ihr selbst entstehende Selbstverwaltung schaffen müsse, die dann im Verein mit der Staatsverwaltung, aber anscheinend doch wohl aus eigenem Recht die wirtschaftliche Betätigung der Nation leitet**, hielt Dr. Bauer insbesondere auch deshalb für „sehr beachtlich'', weil damit an die von Silverberg bereits vor dem Club von Berlin (3. März 1932) entwickelten Vorstellungen angeknüpft wurde. 91 Bei aller grundsätzlichen Kritik am Wirtschaftsprogramm der NSDAP war überraschend, daß die Führerbrief-Redaktion den von Parteiseite verantwortlich zeichnenden Gregor Strasser mit einer dazu scheinbar in Widerspruch stehenden, zunächst noch schwankenden, später eindeutig positiven Wertung bedachte.92 Auch Silverbergs Mitarbeiter Dr. Bauer erschien Strasser als eine Persönlichkeit, die „anscheinend recht aufgeschlossen“ ist.93 Die Führerbriefe bescheinigten Strasser einerseits, daß er „zu einem gewissen Radikalismus“ neige, „dessen Ausmass allerdings noch nicht klar“ sei,94 anerkannten aber andererseits, daß seine Rede vom 10. Mai 1932 „in ihrem Bemühen um Sachlichkeit''bereits den „Übergang der N.S.D.A.P. von der Opposition zur gouvernementalen Position'' eingeleitet habe.95 Diese zwiespältige Beurteilung resultierte nicht zuletzt aus der Mittlerrolle, die Strasser zugedacht war: Strasser bildete für Silver163 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

berg und seinen Mitarbeiterkreis den unentbehrlichen Ansatzpunkt für eine Integration der Arbeiterschaft durch die NSDAP. Die Führerbriefe registrierten in diesem Sinne mit Genugtuung, daß Strasser ,,sehr geschickt“ „einen Keil zwischen die Gewerkschaften und die Sozialdemokratie“ zu treiben96 und deren wechselseitigen Ablösungsprozess zu beschleunigen suche.97 Die verbale Radikalität des Nationalsozialismus wurde deshalb auch als notwendiger Köder für die Massen begriffen und legitimiert; in diesem Sinne fand Strassers große Rundfunkrede vom 20. Juni 1932 geradezu begeisterte Zustimmung: „Sic ist ein ausgezeichnetes Modell des wirklichen nationalsozialistischen Programms. Dieses Programm verkündet im Gegensatz zu den Zielansagen bürgerlicher Parteien nämlich keine greifbaren Aufgaben, die anzupacken und so oder so zu lösen die Partei verspricht, sondern es will nur zweierlei: eine Block von Glauben und Willen bilden und die allgemeine Zielrichtung ansagen, in die dieser Block in Bewegung gesetzt werden soll . . . Daher wurzelt das Programm in Ausschließlichkeit und gipfelt in Mystik. Daher bleibt es auch immer - nicht aus intellektueller Unterschlagung oder Doppelzüngigkeit, wie so viele Gegner meinen - im Unbestimmten haften, aber in einem Unbestimmten, das von Idealen und Illusionen bevölkert ist, das jede Hoffnung gestattet und das einfache und enttäuschte Gemüt nur zu leicht beschwingt.“98 Im September 1932 schwanden für die Führerbriefe die letzten Zweifel an einer Brauchbarkeit Gregor Strassers: Nach einer „lebhaften Auseinandersetzung“ mit Hitler (wohl direkt nach dem 12. September 1932), in der es vor allem um Strassers Verhandlungen mit Schleicher ging, 99 bekräftigte der Reichsorganisationsleiter der NSDAP seine loyale Haltung gegenüber „Führer“ und Gesamtpartei100 und entschied sich, „vor die klare und letzte Wahl“ gestellt, für den „Weg des konservativen Revolutionärs“, d. h. das „Zusammengehen mit Hitler“. 101 In einem bisher zu wenig beachteten Interview mit dem amerikanischen Journalisten H. R. Knickerbocker bestätigt sich diese Kehrtwendung: Strasser erklärte dort unmißverständlieh: „Wir erkennen das Privateigentum an. Wir erkennen die private Initiative an. Wir erkennen unsere Schulden an und unsere Verpflichtung, sie zu zahlen. Wir sind gegen die Verstaatlichung der Industrie. Wir sind gegen die Verstaatlichung des Handels. Wir sind gegen Planwirtschaft im Sowjetsinne . . . Wenn wir zur Macht kommen, wird es keine gewaltsamen Änderungen geben.“ Für Knickerbocker ergab sich aus diesem Gespräch die definitive Erkenntnis, „daß der Kapitalismus von den Nationalsozialisten nichts zu fürchten ha[be]“. 102 Ein wichtiges programmatisches Signal in diesem Zusammenhang war auch die von den DFB bereits am 16. September 1932103 gemeldete Umorganisation der „Hauptabteilung IV (Wirtschaft) der Reichsorganisationsleitung der N.S.D.A.P.“ Die Entmachtung Wageners, bei gleichzeitiger Aufwertung Walter Funks, verdeutlichte, daß zu diesem Zeitpunkt eine wichtige Vorentscheidung 164 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

über die zukünftige nationalsozialistische Wirtschaftspolitik gefallen war. 1 0 4 In der Aussprache mit Hitler von Mitte September 1932 gab Strasser, wie die Führerbriefe zu berichten wußten, im übrigen die Zusage, daß er in der Wahlkampfpropaganda „von bedenklichen, dem marxistischen Sozialismus nahekommenden Schlagworten absehen werde.'' 1 0 5 Die für die Kampagne zur Reichstagswahl vom 6. November 1932 ausgegebene Parole ,,einer Mässigung der Kampfesweise und Distanzierung von Klasscnkampfparolen“ sahen die Führerbriefe „durchweg befolgt''. So fanden auch der viel beachtete Auftritt Strassers vor 15 000 Betriebszellenleitern der NSDAP am 20. Oktober 1932 im Berliner Sportpalast und das dort verkündete neue ,,Wirtschaftliche Aufbauprogramm der N.S.D.A.P.“ ungeteilte Zustimmung: ,,Die sehr abgewogenen Ausführungen Strassers über das nationalsozialistische Wirtschafts- und Arbeitsbeschaffungsprogramm werben gleichzeitig um das Vertrauen der Wirtschaft und der breiten Arbeitnehmer- und Konsumentenschichten. Besonders bemerkenswert sind dabei die massvollen Formulierungen über den ,deutschen Sozialismus', die der privaten Initiative weitestgehenden Spielraum gewähren.“106 Das vielfältige Werben der Führerbriefe und Silverbergs für Strasser hatte gleichwohl mit der Bildung einer Front gegen Hitler wenig zu tun. Tatsächlich manifestierten sich für Silverberg und seine Mitarbeiter in Hitler und Strasser die Pole einer dem Nationalsozialismus zugewiesenen Doppelstrategie gegenüber der Massenbasis der Partei einerseits und der Interessenpolitik für die Wirtschaft andererseits. Eine erfolgversprechende Propagierung der Volksgemeinschaftsideologie verlangte nach Ansicht der Führerbriefe, daß Strasser innerhalb der nationalsozialistischen Bewegung in notwendiger Komplementärfunktion zu Hitler erscheine, dem wiederum die Gesamtleitung der Politik zu übertragen sei. Hitler selbst sei die „stärkste Hoffnung'' innerhalb eines ,,Umwandlungsprozesses“ in der NSDAP dagegen, ,,dass wir vor dem Massenrausch kapitulieren, dass eine Renaissance von Weimar anhebt, also von Demokratie, Parlamentarismus, Legalität, der gesamten Ideologie der letzten 150 Jahre.“ Deshalb gelte es, „innerhalb der NSDAP Hitlers Gedankengänge gegen die seiner Unterführer abzugrenzen und sie als die weltanschaulichen Ziele der Bewegung, die grösser sind als die parlamentarisch-politischen der Partei, zu stärken.“ 1 0 7 Im Führungsanspruch Hitlers erblickten die Führerbriefe zugleich die Garantie für eine wirtschaftsfreundliche Gesamtlinie der NSDAP: „Er ist ein Mann mit so ausgesprochenem Verantwortungsgefühl und, soviel man weiss, auch von einer so ausgesprochenen Abneigung gegen radikale Experimente und die Geltendmachung und überstürzte Verwirklichung wirtschaftlich und sozialpolitisch unvernünftiger Forderungen, dass in seiner Person schon ein sehr starkes Kontroll- und Korrektivelement gegenüber einem etwaigen, der 165 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

deutschen Gesamtheit abträglichen Radikalismus einer zukünftigen Parteipolitik liegt.“108 Das konsequente Eintreten der Führerbriefe für die „Heranziehung Hitlers und seiner Partei. . . zur vollen Verantwortung in der Führung der Reichspolitik“ vor und nach dem 13. August 1932 (bei gleichzeitig scharfer Wendung gegen das autoritäre Experiment von Papens) war somit folgerichtig109 und bestätigte die positive Beurteilung Hitlers durch Silverberg und seinen Mitarbeiterkreis. Die Kontakte Silverbergs zu Strasser liefen parallel zu seiner Fühlungnahme mit Hitler und stellten deren logisches Korrelat dar, hatten also keineswegs dessen Abtrennung von der Partei zum Ziel. Silverberg leistete dabei auch finanzielle „Subventionen“, die auf undurchsichtigen Wegen schließlich Strasser zugeleitet werden konnten. Die Information Mcyncns, daß hierbei von Alvensleben, der die ersten Kontakte zwischen Silverberg und Hitler geknüpft hatte, eine zentrale Rolle spielte,110 ist allem Anschein nach zutreffend. Als Mittelsmänner fungierten daneben Reupke und der Adjutant Strassers, Paul Schulz. 111 Die Geschäftsabwicklung erfolgte, wie bei anderen politischen Finanzierungen Silverbergs auch, offenbar über die ,,Bank für deutsche Industrieobligationen“ (Bafio).112 Trotz seines Eintretens für die Übertragung der Regierungsverantwortung auf den Nationalsozialismus kam für Silverberg eine Mitarbeit in der ,Bewegung' selbst, für die Schacht 1931 und Funk 1932 geworben hatten, 113 nicht in Frage. Wohl aber sah er die Möglichkeit, seinen Mitarbeiter Otto Meynen direkt mit Hitler verhandeln zu lassen. Wiederum vermittelte Alvensleben und bat in einem Schreiben vom 15. September 1932 an Hitler um einen Empfang Meynens. 114 Meynen, die ,,rechte Hand“ Silverbergs, habe sich als Herausgeber der Führerbriefe ,,konsequent für die Heranziehung unserer Bewegung zur vollen Verantwortung der Reichspolitik eingesetzt.“ Nun habe aber Papen ,,starken Druck eingesetzt, um die Führerbriefe zu einer Änderung ihres Standpunktes zu veranlassen.“ Da diese Briefe von einer „sehr weittragenden politischen Bedeutung“ seien, liege ihm, Alvensleben, ,,alles daran, zu verhindern, dass Papen bei den Führerbriefen durchdringt.“ Ein Empfang Meynen wäre deshalb ,,aus allen möglichen Gründen bedeutungsvoll.“ Dem Schreiben waren zwei Führerbriefe Nr. 66 vom 26. August und Nr. 68 vom 2. September 1932 als Beleg beigefügt.115 Da die für den 16. September in Aussicht genommene Unterredung zwischen Hitler und Meynen nicht zustande kam, brachte Alvensleben wenige Tage später seine Bitte erneut vor, nicht ohne Silverberg als einen Mann anzupreisen, der sich ,, auf wirtschaftlichem Gebiet ausserordentliche Verdienste erworben“ habe und ,,nur den einen Fehler“ besitze, ,,ein Judenabkömmling“ zu sein. 116 Alvensleben teilte Hitler ferner mit, daß er seinem Privatsekretär Rudolf Hess die ,,letzten Nummern“ der Führer166 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

brirfe übersandt habe: Es handelte sich dabei wohl kaum zufällig um diejenigen Exemplare, die den wegweisenden Rekonsolidicrungs-Artikel enthielten. Anfang November 1932 kam es dann tatsächlich zu dem gewünschten Zusammentreffen der „Unterhändler“ Silverbergs, Meynen und Reuter, mit Hitler im Hotel Kaiserhof, dem Berliner Standquartier der NSDAP. Die Unterredung selbst dauerte nach einem Bericht der „Welt am Montag“ „über eine Stunde . . . Hitler bestritt die Unterhaltung, seinem Temperament entsprechend, zu neun Zehnteln allein. Das lag aber zufällig auch im Sinne der Unterhändler, da sie ja seine Meinung hören wollten. Sie äußerten sich nach [ihrer] Rückkehr zuversichtlich und betonten, Hitler ,kenne jetzt die Grenzen seiner politischen Macht' ''. 117 In den Führerbriefen und fast gleichlautend den „Velten-Briefen“ beteuerten Meynen und Reuter, im übrigen sparsam mit Informationen über die Zusammenkunft, daß Hitler trotz der „Abneigung“ des Reichspräsidenten, ihn zum Kanzler zu ernennen, sich nicht „auf irgendwelche Unbesonnenheiten abdrängen lassen würde“: Sie hätten „aus einem kürzlichen Gespräch mit Hitler einen viel zu guten Eindruck von seinem klaren, nüchtern real-politischen Blick bekommen“, als daß sie annehmen könnten, „er würde nicht eine legale Möglichkeit zu ergreifen versuchen“.118 Die spätere Mitteilung Meynens, es habe sich um eine unverbindliche Erörterung wirtschaftspolitischer Prognosen „über den Verlauf der damaligen Krise“ gehandelt, ein Thema, zu dem er als durch Alvensleben empfohlener Experte von Hitler konsultiert worden sei, wird dem Vorgang kaum gerecht.119 Richtiger ist wohl die Version, daß es Hitler in erster Linie darauf ankam, die politische Sonderrolle Silverbergs und der Führerbriefredaktion, also deren Eintreten für seine Kanzlerschaft, zu bestärken. Bei Silverbcrg mag der Wunsch mitgespielt haben, „auch in der neuen Richtung wieder als ausschlaggebender Berater und wirtschaftlicher Faktor betrachtet zu werden.“ 120 Die Führerbriefe vertraten jedenfalls weiterhin die Forderung nach einer Regierungsübernahme durch Hitler und lehnten jede „Zwischenlösung“ ab. Anläßlich der für den 19. November anstehenden Verhandlungen zwischen Hindenburg und Hitler über die Bildung einer neuen Regierung könne man, so die DFB, „nicht dringend genug wünschen, dass es in dieser historischen Stunde zu einer Verständigung kommt. . . Darum soll Hindenburg Hitler zum Manne seines Vertrauens machen, es sei denn, dass dieser selbst jemand anders vorschlüge.“ 121 Dieses Plädoyer, das sich wohl die Chance eines Auswegs offenhiclt (falls Hitler nämlich Strasser benennen sollte), 122 entsprach substantiell der vom „Keppler-Kreis“ initiierten Eingabe an den Reichspräsidenten. Silverberg war offensichtlich auch persönlich bereit, die Eingabe zu unterzeichnen. Jedenfalls meldete Keppler am 14. November 1932 an Krogmann: „Selbst Silverberg will ohne Bedenken auf seine Abstammung unterschreiben.“123 Wie Silverberg spä167 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

ter bestätigte, hatte er von der Aktion Kenntnis, „aber es hat sich niemand an mich wegen meiner Unterschrift gewendet, was ja auch nach Lage der Dinge, angesichts meiner Abstammung, nicht gut möglich war.“ 124 Nachdem Hindenburg ein Hitler-Kabinett abermals abgelehnt hatte, weil es sich „zwangsläufig zu einer Parteidiktatur'' entwickeln würde, verfielen die Führerbriefe, die das „grössere Recht“ auf der Seite Hitlers sahen, in Ratlosigkeit, da sie keine tragfähige Alternative erblicken konnten: ,,. . . wir vermögen uns im Augenblick keine Lösung der Regierungskrise vorzustellen, die von längerem Bestand wäre und Aussicht auf den nötigen Erfolg der neuen Regierung böte. Die Umstände erforderten eigentlich die Berufung Schleichers zum Kanzler, der aber wohl schon vom Reichspräsidenten für diesen Zweck beim Portepee gefasst werden müsste. Für die Autorität einer Präsidialregierung am ungeeignetsten wäre die Wiederberufung Papens . . .''125

4. Schleichers ,,Strasser-Lösung“ und die Politik Silverbergs Schleichers Konzept einer Massenbasis, das wohl weiter führte als Papens Idee des „Neuen Staates“, lehnte Silverberg, soweit es vornehmlich auf einer „Querachse“ zu den Gewerkschaften beruhte, entschieden ab. In diesem Sinne hatte Silverberg bereits im September 1932, angesichts einer möglichen Koalition zwischen NSDAP und Zentrum im Reich, vor den Gefahren einer Querverbindung „aller gewerkschaftlichen und sozialistisch eingestellten Teile des Zentrums und der Nationalsozialisten“ gewarnt, die „vollkommen einig in der Absicht“ seien, „die Verstaatlichung zumindest des Bergbaues, der Schwerindustrie und angeblich auch der Großchemie durchzuführen . . . Man ha[be] Grund anzunehmen, dass diese Bestrebungen ihr zentrales Antriebsmoment im Reichswehrministerium finden, das eine vollständige wirtschaftspolitische Abteilung eingerichtet hat und von Autoritätsgedanken und der Sicherung der Landesverteidigung getragen, diese Sozialisierungsideen und die planwirtschaftlichen Ideen fördert. . .“ 1 2 6 Silverbergs Distanz zu Schleicher127 wurde verstärkt durch den offensichtlichen Einfluß des Kölner Eisenindustriellen Otto Wolff beim damaligen Reichswehrminister, der, von Schleicher protegiert, vor allem den Einstieg ins profitable Rußlandgeschäft zu finden suchte.128 Alte persönliche Animositäten zwischen Silverberg und Wolff mündeten im September 1932 in einer öffentlich ausgetragenen Pressefehde:129 dieser Kontroverse entsprach dabei auf höherer politischer Ebene die Auseinandersetzung zwischen Hitler und der Schleicher-Wolff-Gruppe in der Frage der Regierungsbeteiligung der NSDAP. 130 In Übereinstimmung mit Reusch131 befürchtete Silverberg vor allem einen Stillstand der „inneren Reform“ 168 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

unter Schleicher. Bereits im November 1932 hatten die ,Führerbriefe' die Zielrichtung Silverbergs, der sich schon zuvor als „Anhänger einer berufsständischen zweiten Kammer“ bekannt hatte, 1 3 2 genau herausgearbeitet. In einem von dem Industriellen anscheinend persönlich verfaßten Artikel „Jena oder Sedan“ erschien die grundsätzliche Alternative in der zukünftigen politischen Entwicklung dramatisch zugespitzt: „Es besteht jetzt die Chance, das tatsächliche .System', das Verhältnis von Staat und Wirtschaft, zu ändern. Aber es fehlt an Einheit und Willen in der Wirtschaft. Wir sind heute endlich soweit, ohne Sozialdemokraten zu regieren, aber der Einsatz eines bürgerlich-privatwirtschaftlichen Regimes wird zunächst geschwächt durch einen starken Gegensatz von liberalem und feudalem Kapitalismus . . ., zwischen Industrie und Landwirtschaft. . . Der Sinn der Krise müßte für das Unternehmertum sein, dies System, auch mit vorübergehenden Unbequemlichkeiten, los zu werden und den Gewerkschaften zu beweisen, daß man den Staat nicht braucht. In der Konjunkturzeit wird man es nie mehr los werden . . . Sedan oder Jena? Wirklich Reform am bisherigen System oder nur Einschrumpfungen und Verkleistern von Rissen? . . . Das ist die epochale Frage an die Wirtschaft . . .'' 133 Die Kanzlerschaft Schleichers wurde von Silverberg folgerichtig mit betonter Zurückhaltung aufgenommen. Vor dem Vorstand des DIHT versuchte er so, der sich hier herauskristallisierenden positiven Bewertung 134 des neuen Kabinetts entgegenzuwirken. In einer Replik auf eine ausgesprochen wohlwollende Würdigung der Schleicher-Regierung durch Eduard Hamm mahnte Silverberg: ,,Wir sollten keine Vorschusslorbeeren der neuen Regierung erteilen, sondern abwarten, wie die Dinge laufen. Vielleicht würden ernste Auseinandersetzungen über Planwirtschaftstendenzen oder sogar sozialistische Tendenzen notwendig sein, und man könne noch nicht übersehen, wie die neue Regierung sich solchen Fragen gegenüber einstellen werde. Auch die Taktik der Gewerkschaften sei zur Zeit nicht übersehbar. Für uns sei daher um so mehr Reserve geboten . . .“ 1 3 5 Daß Silverberg den Kurs Krupps und Kastls, die dem amtierenden Kabinett innerhalb des RDI Rückendeckung gaben, nicht teilte, zeigte auch seine Zustimmung 1 3 6 zu dem Vorstoß Herles gegen Schleicher vor Neußer Industriellen am 2. Januar 1933. 1 3 7 Silverbergs „Reserve“ gegenüber Schleicher und seinem Programm war jedoch nicht gleichzusetzen mit totaler Konfrontation: Immerhin billigte er der Regierung und ihren Ministern zu, „durch die Ablehnung der Mitarbeit in einem neuen Kabinett Papen die schlechteste aller Lösungen verhindert'' und damit Papens für die Wirtschaft nicht ungefährlichen autoritären Experimenten ein Ende gesetzt zu haben. Die Hauptaufgabe Schleichers bestand für Silverberg allerdings darin, „nichts unversucht“ zu lassen, „eine Mehrheit des Volkes und in erster Linie die Nationalsozialisten zur Mitarbeit zu bringen.“ 1 3 8 Mit dem Versuch des Reichskanzlers, die politische Krise durch eine 169 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Spaltung der NSDAP und die Herauslösung des gewerkschaftlichen Flügels unter Führung Gregor Strassers zu lösen,139 zerschlug sich die ohnehin nur theoretische Bündnismöglichkeit zwischen Silverberg und Schleicher. Die in diesem Zusammenhang von Otto Meynen nach dem Kriege verbreitete Version, Silverberg habe, um die ,,Hitlerdiktatur'' vermeiden zu helfen, den Versuch Strassers, „mit dem realpolitischen Flügel der NSDAP, den bürgerlichen Parteien und mit Unterstützung durch die Sozialdemokratie eine Regierung ohne und gegen Hitler zu bilden'', aktiv gefördert,140 gehört ebenso in den Bereich der Legende wie die These, daß das ,,Schleicher-Lager . . . sich in der Ruhrindustric allein auf Paul Silverberg stützen“ konnte, ,,der auch bereit war, in ein Schleicher-StrasserKabinett einzutreten, denn das Programm Schleichers bewegte sich auf seiner Linie der Einbindung des Nationalsozialismus in eine konstruktive Politik“. 141 Tatsächlich widersprachen sich das Spaltungskonzept Schleichers und der Ansatz Silverbergs, der den politischen Führungsanspruch Hitlers mitverfocht und die Einspannung der Gesawtpartei wollte, vollständig. Die Aktenlage bestätigt dieses Bild: Kontakte Silverbergs zu Schleicher sind dokumentarisch nicht nachweisbar,142 wohl aber finden sich Verbindungen zu Strasser und Hitler, deren Rollenverteilung innerhalb der NSDAP im Rahmen einer der Partei zugedachten Doppelstrategie gesehen wurde. 143 Das spektakuläre Ausscheiden Gregor Strassers aus der Führung der NSDAP und die Niedcrlcgung seines Amtes als Rcichsorganisationsleiter der Partei am 8. Dezember 1932 bedeutete für die Konzeption Silverbergs einen schweren Rückschlag, wenn nicht ihr Scheitern überhaupt. Die Führerbriefe, denen Strasser als der ,,beste, jedenfalls der staatsmännischste Kopf der NSDAP“ galt, 144 begriffen seine resignative Abdankung richtig als Niederlage des koopcrationswilligen, kompromißbereiten Parteiflügels, die vor allem auf die Intrigen von Goebbels, dem Exponenten des totalen Machtanspruchs der NSDAP, zurückzuführen sei. 145 In seinem bekannten Schreiben an Hitler bestätigt Strasscr dieser Version: Die NSDAP dürfe ,,nicht nur eine zur Religion werdende Weltanschauungsbewegung“ sein, „sondern eine Kampfbewegung, die die Macht im Staate in jeder Möglichkeit anstreben“ müsse. ,,Die alleinige Hoffnung auf das Chaos als die Schicksalsstunde der Partei“ halte er ,,für falsch, gefährlich und nicht im gesamtdeutschen Interesse liegend.“ 146 Der Verzicht Strassers spiegelte die schwere Krise wider, in die die Partei nach der wiederholten Ablehnung einer Kanzlerschaft Hitlers durch den Reichspräsidenten geraten war. Als in den Reichstagswahlen vom 6. November 1932 erstmals ein Rückgang der Stimmen und Mandate für die NSDAP zu verzeichnen war, schien der Elan gebrochen und der Zenit der Bewegung überschritten. Strassers Versuch, dem Abnutzungskonzept das etappenweise Heranführen der NSDAP an die Macht, insbesondere in Form der Übernahme des preußischen Ministerpräsidentenamtes, entgegenzusetzen, hatte mit einer 170 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

„Palastrevolution“, wie Goebbels glauben machen wollte, 147 nichts zu tun. Vielmehr war für Strasser, der sich vom Prinzip einer soldatisch verstandenen Subordination nicht zu lösen vermochte,148 das Einvernehmen mit Hitler Voraussetzung seiner Politik. Als dieser ihm das Vertrauen entzog, räumte Strasser kampflos das Feld. Die Führerbriefe hatten, nachdem im November 1932 der direkte Weg Hitlers ,,in die Macht“ abermals gescheitert war, die taktische Variante einer „Zwischenlösung“ mit Strasser durchaus ins Kalkül gezogen, und zwar durch seine Ernennung entweder zum preußischen Ministerpräsidenten oder sogar zum Reichskanzler, ohne dabei das Endziel einer Übertragung der politischen Macht an Hitler, dessen Autorität innerhalb der NSDAP uneingeschränkt anerkannt wurde, aus den Augen zu verlieren.149 Jetzt, nach dem 8. Dezember 1932, kam es darauf an, die Möglichkeiten einer Versöhnung zwischen Strasser und Hitler auszuschöpfen, solange der Schwebezustand innerhalb der NSDAP anhielt. Die Chance einer solchen Verständigung, die zugleich auch eine Verständigung zwischen Schleicher und dem Nationalsozialismus bedeutet hätte, wurde von den Führerbriefen aufmerksam verfolgt,150 jedoch mit angemessener Skepsis betrachtet.151 Das Scheitern der Spekulation Schleichers, eine Spaltung der NSDAP herbeiführen zu können, wie es nach dem psychologisch entscheidenden Wahlsieg der Partei in Lippe am 15. Januar 1933 offenbar geworden war, gab den Hoffnungen der Führerbrief-Redaktion auf eine Wiedereingliederung Strassers in die nationalsozialistische Bewegung noch einmal neuen Auftrieb. Erst nach den Reichstagswahlen vom 5. März 1933 und der Durchsetzung des Ermächtigungsgesetzes wurde dieser Gedanke, inzwischen von den politischen Realitäten restlos überholt, endgültig fallengelassen.152

5. Die Kölner Unterredung zwischen Papen und Silverberg Pressemeldungen vom Januar 1933, daß Silverberg bzw. die , Jungen Leute um die ,Führerbriefe' “ an dem Zustandekommen des Kölner Treffens zwischen Papen und Hitler am 4. Januar 1933 ,,nicht unbeteiligt“ gewesen sein sollen,153 erscheinen aus der Bündnisperspektive des Industriellen 1932/33 als nicht völlig unwahrscheinlich. Silverberg ließ diese Mitteilungen jedoch durch das Conti-Büro energisch dementieren: Er habe ,,mit der ganzen Angelegenheit gar nichts zu tun gehabt“ und von ,,jener Zusammenkunft zwischen den Herrn Hitler und von Papen erst tags darauf in Berlin durch die Presse erfahren.“154 In diesem Sinne wies Silverberg auch die von dem ehemaligen französischen Botschafter in Berlin, Andre Francois-Poncet, nach dem Kriege verbreitete Darstellung 155 zurück, daß er persönlich (an zweiter Stelle genannt neben Schacht, Thyssen und Vogler) 171 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

die Bemühungen Papens im Januar 1933, zu einer Verständigung mit Hitler zu kommen, unmittelbar und aktiv unterstützt habe. Er müsse eine solche Behauptung als „ein schmerzliches Unrecht'' empfinden.156 Tatsächlich hatte Papen jedoch an Silverberg geschrieben, daß er am 4. Januar 1933 in Köln ,,zu tun“ habe, und sich für den Abend bei dem Industriellen angemeldet. Papen suchte Silverberg auch an diesem Tag, wie zuvor vereinbart, in dessen Privatwohnung nur wenige Schritte vom Hause des Bankiers von Schroeder entfernt auf und blieb zum Abendessen. Über den Inhalt der bisher nicht bekannt gewordenen Unterredung liegt nur eine kurze Äußerung Silverbergs vor: Danach habe Papen ihm gegenüber seine schicksalhaften Verhandlungen mit Hitler vom Mittag ,,mit keinem Worte erwähnt“. Der Gast habe im Verlaufe der Unterhaltung vielmehr den Vorschlag gemacht, eine ,,neue Politische Partei“ zu gründen. Dieser Gedanke sei von ihm aber als „unnütz“ abgelehnt worden. 157 Die Darstellung Silverbergs geht, zumindest was den Zweck des Gespräches betrifft, am Kern des Problems vorbei: Der politische Sinn der Unterredung wird für Papen zweifellos darin bestanden haben, für sein neues Konzept einer Regierungsbildung mit Hitler als Reichskanzler die westliche Industrie als Bündnispartner zu gewinnen. Silverberg, der bereits im Sommer und Herbst 1932 im Gegensatz zur gemäßigten Schwerindustrie kompromißlos für eine Übertragung der Regierungsverantwortung auf den Nationalsozialismus eingetreten war, mußte dabei als gegebener Ansatzpunkt erscheinen. Wie der Verlauf der bereits oben dargestellten Dortmunder Besprechung und die sich daran anschließenden Verhandlungen vom Januar 1933 zeigten, kam aber auch auf diesem Wege eine Einigung zwischen Papen und der Reusch-Gruppe in der Frage einer Kanzlerschaft Hitlers nicht zustande.158 Immerhin setzte sich in den Führerbriefen, gewiß ein publizistischer Erfolg für Papen, jetzt erstmals eine positive Wertung seiner politischen Rolle durch. So konzedierte die Korrespondenz im Anschluß an den 4. Januar, daß Papen „ehrlich dem Ziel der Eingliederung der Nationalsozialisten in die nationale Konzentration hat dienen wollen, deren Notwendigkeit damit nur erneut anerkannt ist“. 159 Als Ende Januar 1933 die Krise um das Kabinett Schleicher ihrem Höhepunkt zustrebte und in der Öffentlichkeit Spekulationen über die Wiederberufung von Papens als Reichskanzler auftauchten, gaben sich die Führerbriefe gelassen und bescheinigten ihm, ,,in den beiden letzten Monaten viel zu starke Proben seines selbstlosen nationalen Wollens abgelegt“ zu haben, als daß angenommen werden könnte, er würde persönlich nach dem Kanzleramt greifen.160 Zur Linie der Führerbriefe bleibt anzumerken, daß die Korrespondenz Mitte Januar 1933 neben der bisher ausschließlich verfochtenen Zielsetzung, den Nationalsozialismus in „seiner Gesamtheit mit in die Regierung zu nehmen“, eine neue, jetzt ebenfalls denkbare Alternative aufzeigte, nämlich „vorübergehend ganz ohne Parlament zu regieren.“ 161 Parallel zu 172 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

diesem Votum für eine Notstandsdiktatur auf Zeit waren neue Töne gegenüber Hitler und dem Führungsanspruch der NSDAP zu hören, in denen die Argumentation Gregor Strassers deutlich nachklang und die durchaus als Warnung an die Partei begriffen werden konnten: „Die Häufung von inhaltlecrer Demagogie, eitlem Ehrgeiz, brutalem Strebertum, von anderen Auswüchsen ganz zu schweigen, läßt trotz der überragenden Stellung Hitlers die Partei als ein Zerrbild erscheinen, das jeden, der sich für die nationale Idee verantwortlich fühlt, mit schwerster Sorge erfüllen muß . . . Der bisherige Mißcrfolg beruhte in der von Hitler vorgenommenen Identifizierung von Ausschließlichkeit der Idee und totalem Machtanspruch . . . Für das Endziel der totalen Umgestaltung des Staates im nationalen Sinne ist aber der Einbau der NSDAP jetzt nicht mehr von der Bedeutung, die diese Frage etwa vor einem Jahr noch hatte.'' 162 Mit der Zuspitzung der politischen Lage Ende Januar 1933 waren diese Spekulationen auf ein autoritäres Übergangskabinett dann wieder ersatzlos fallen gelassen worden. 1 6 3 Anläßlich der Ernennung Hitlers konstatierten die Führerbriefe schließlich nicht ohne Genugtuung, daß die „Regierungskrise . . . durch die Berufung Hitlers zum Reichskanzler erfreulich schnell die Lösung gefunden'' habe, ,,die wir seit dem Sommer unentwegt trotz nicht geringer Kritik und Anfeindungen als die beste gefordert haben.'' 1 6 4

173 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

XIII. Die Großindustrie und die nationalsozialistische Diktatur im Frühjahr 1933 1. Die Industrie und der 30. Januar 1933 Die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler erfolgte bei gespaltener Industriefront. Dabei zeichnete sich in geringfügig modifizierter Form das gleiche Spektrum ab wie im Herbst 1931 gegenüber der Harzburger Front: Die RDI-Führungsspitze trat folglich Ende Januar 1933, als die Regierungskrise ihrem Höhepunkt zustrebte, entschieden für ein Verbleiben des Kabinetts von Schleicher ein. Sie billigte zugleich den Versuch Schleichers, durch eine Vertagung des Reichstags bis Herbst 1933 eine Entspannung der innenpolitischen Lage herbeizuführen, ohne die Nationalsozialisten mit der Regierungsverantwortung zu betrauen. Dies, und nicht die „Machtübertragung“ auf Hitler, 1 erschien dem Reichsverband in der konkreten Situation Anfang 1933 als ein „Ausweg“, der, „vom Standpunkt der Wirtschaft aus gesehen“, „weitaus jedem anderen vorzuziehen“ sei.2 In Fortsetzung dieser Linie intervenierte das Geschäftsfuhrende Präsidialmitglied des RDI, Geheimrat Kastl, gemeinschaftlich mit dem DIHT beim Staatssekretär in. der Präsidialkanzlei, Otto Meissner, offenbar, um eine Kanzlerschaft Hitlers in letzter Minute zu verhindern.3 Als die Entscheidung gefallen und das neue Kabinett unter nationalsozialistischer Führung gebildet war, kommentierte die DWZ den Sturz Schleichers mit der nicht zuletzt an die Adresse Hindenburgs gerichteten Bemerkung, es sie die „Tragik“ dieses Reichskanzlers gewesen, daß er „schließlich das Vertrauen an der Stelle verlor, von der er in erster Linie Berufung und Vollmacht hatte.“ 4 Auch Persönlichkeiten wie von Wilmowsky, der innerhalb des „Mitteleuropäischen Wirtschaftstages“ (MWT) eine Schlüsselstellung einnahm, oder der Herausgeber der DAZ, Fritz Klein, übermittelten dem General im „Augenblick des Wettkriechens um die Gunst der neuen Herren“ bemerkenswerte Solidaritätsbekundungen.5 So schrieb Wilmowsky: „Man kann innerlich zu der Regierungsumbildung stehen, wie man will, und man mag der Politik den Primat über Regungen des Gemüts voll zubilligen; vom menschlichen Standpunkt habe ich das lebhafteste Bedauern gefunden, daß eine Persönlichkeit wie Sie in dieser kritischen Stunde nicht mehr verantwortungsvoll wirken soll.“6 174 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Die gemäßigte Schwerindustrie, deren Position vor allem Paul Reusch artikulierte, schloß sich diesem Urteil nicht an. Das „Verschwinden“ Schleichers, dessen Politik der „Versöhnung'' schärfster Widerstand entgegengebracht worden war, wurde hier durchaus mit Genugtuung registriert.7 Der konservativ-autoritären Grundorientierung dieser Unternehmergruppe entsprechend bedeutete dies allerdings nicht eine vorbehaltlose Zustimmung zum Hitler-Regime. So mahnte Reusch den Hauptschriftleiter des „Fränkischen Kuriers'', Rudolf Kötter: „Ich bitte nach wie vor, sich der Regierung gegenüber abwartend und nüchtern zu verhalten. Begeisterung ist vorläufig noch nicht am Platze.'' 8 - Demgegenüber stellte die Entscheidung Hindenburgs vom 30. Januar 1933 für den Hitler-Flügel der Industrie die seit langem kompromißlos als allein richtig verfolgte Lösung dar. Sein Wortführer innerhalb der Großindustrie, Fritz Thyssen, hatte so zuvor wiederholt daraufhingewiesen, daß der Nationalsozialismus „nur einen Führer'' kenne, der „allein berufen'' sei, „Deutschland die Staatsform zu geben, die nach menschlichem Ermessen allein imstande ist, dem Umsturz und der Vernichtung der europäischen Zivilisation die Stirn zu bieten.“9 In der gemäßigten Schwerindustrie war man hier skeptischer und zeigte sich auch hinsichtlich der Erfolgsaussichten einer „konservativen Einrahmung“ nicht sicher, zumal Vizekanzler von Papen, trotz seiner engen politischen Beziehungen zu Springorum, dem Vorsitzenden des Langnam-Vereins, in den entscheidenden Vorverhandlungen mit der NSDAP im Januar 1933 den Vorstellungen der Ruhrindustrie nicht gefolgt war. 10 Insbesondere den für den S.März angesetzten Reichstagswahlen wurde mit gewisser Sorge, auch wegen einer möglichen Verschiebung des Kräftegleichgewichts zuungunsten des bürgerlichen Elements in der Regierung, entgegengeblickt: Es unterliege, so Reusch gegenüber Hamm vom DIHT, „keinem Zweifel'', daß durch die Wahlen das „Wirtschaftsleben ungünstig beeinflusst'' werde, ,,da ja vorläufig noch kein Mensch weiß, wohin die Reise geht und infolgedessen kein Vertrauen in die weitere Entwicklung der Dinge bestehen kann. - Richtig ist, dass das Bürgertum auf diese Wahlen ebensowenig vorbereitet ist wie auf die vergangenen Wahlen. Wenn es sich nicht entschliesst, sich zu einer einzigen grossen Partei zu vereinigen, wird es vorläufig im politischen Leben Deutschlands keine Rolle mehr spielen.“11 Reusch sah richtig, hatte aber kein tragfähiges Alternativkonzept bereit, um sein politisches Programm zu verwirklichen: Der im Februar/März 1933 erneut ventilierte Gedanke einer „Bürgerlichen Sammlung“ um die DNVP als Kristallisationspunkt konnte, wie Reusch wohl selbst wußte, schwerlich als realistischer Ansatz gelten. Immerhin bemühte sich die gemäßigte Schwerindustrie durch massive finanzielle Förderung der „schwarz-weiß-roten Kampffront'', die Position Papens zu stärken; gleichwohl hatte dies mit Opposition wenig zu tun, galt doch die Samm175 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

lung der Wahlgelder der Unterstützung des „politischen Einigungswerkes“ Papens insgesamt,12 zielte also faktisch auf eine Konsolidierung des NS-Systems. 2. Der Konflikt mit der Hitler-Regierung in der Wirtschaftspolitik RDI und DIHT hielten in Fortsetzung ihrer zuletzt unter Schleicher vorgebrachten Generalkritik am Wirtschaftsprogramm der NSDAP,13 aber auch an den Plänen Schachts,14 im Februar und März 1933 an ihrer auf Distanz bedachten Linie fest: Der neuen Staatsfuhrung wurde öffentlich bescheinigt, daß ihr Konzept „von letzter Klarheit noch weit entfernt“ sei, 15 eine Feststellung, die Reichskanzler Hitler im Kabinett definitiv bestätigte und mit der Notwendigkeit einer auf Breitenwirkung abgestellten Propaganda rechtfertigte.16 Im Vordergrund der Auseinandersetzung von RDI und DIHT mit der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik stand, in Kontinuität der bereits Papen und Schleicher gegenüber eingeschlagenen handelspolitischen Linie, der Kampf gegen die Autarkie.17 Unmittelbar nach der Inaugurierung des Hitler-Papen-Kabinetts trafen die Vertreter der Spitzenverbände zusammen, um angesichts der zu erwartenden Vereinigung von Wirtschafts- und Ernährungsministerium Maßnahmen einzuleiten, die einer Abkehr von einem weltmarktorientierten Handelssystem entgegenwirken sollten. Gleichzeitig kamen die industriellen Organisationen überein, auf Distanz zur Regierung zu bleiben und ,,vorläufig auch nicht offiziell um eine Audienz bei dem Reichskanzler oder Hugenberg'' einzukommen, damit, so Kastl, nicht der „Eindruck“ entstehe, ,,als ob wir uns in irgend einer Form anwerfen wollten“. 18 Anläßlich der ersten Besprechung zwischen der Industrie und dem neuen Wirtschafts- und Ernährungsminister Hugenberg am 9. Februar 1933 legte Kastl ein ausführliches Aide memoire vor, 19 in dem das Prinzip einer exportorientierten Handelspolitik für unverzichtbar erklärt wurde. In Übereinstimmung mit dem DIHT und der Internationalen Handelskammer verlangten die Vertreter des Reichsverbandes von der Regierung, die Pläne zur Einführung von Handelskontingenten, wie von der Landwirtschaft gefordert und auch von Schacht befürwortet,20 fallenzulassen. Silverberg bezeichnete in seiner Eigenschaft als Stellvertretender Vorsitzender des RDI den Versuch einer „derartigen schematischen Regelung der Handelsbeziehungen als verhängnisvoll“, 21 und Frowein betonte für die Internationale Handelskammer, ,,dass eine Sanierung der deutschen Wirtschaft ohne eine Sanierung der Weltwirtschaft nicht denkbar sei. Man sei sich international darüber einig, dass das Prinzip der Meistbegünstigung aufrechterhalten werden müsse . . . Man denke heute wirtschaftspolitisch zu bilateral und müsse sich wieder daran gewöhnen, multilateral zu denken und zu handeln.“ 22 176 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Für den DIHT wies Hamm auf die „Zusammenhänge zwischen Arbeitslosigkeit und Exportförderung“ hin und warnte dabei vor „ M a ß nahmen“, die das „handelspolitische Verhältnis zu unseren Hauptabnehmern erschüttern können“. 2 3 Die schwerwiegenden Besorgnisse der Exportindustrie 24 vor einer zunehmenden Autarkiepolitik der NS-Regierung bestimmten auch die Präsidialsitzung des RDI vom 17. Februar 1933: 25 Das Präsidium ließ in seiner ersten öffentlichen Erklärung zum Amtsantritt des Hitler-Kabinetts nur knapp verlauten, ,,daß die Stellungnahme der Industrie auch gegenüber der neuen Regierung von ihren wirtschaftspolitischen Maßnahmen abhängig bleiben müsse. Für die Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse sei es nach Auffassung der Industrie von ausschlaggebender Bedeutung, daß Störungen der inneren Ruhe und des sozialen Friedens vermieden würden, damit die vorhandenen Möglichkeiten einer organischen Gesundung, die für die Gesamtheit des deutschen Volkes lebenswichtig sei, nicht vernichtet würden. Dazu müßten Unternehmer und Arbeiter im Interesse der Allgemeinheit beitragen.''26 Diese Erklärung stimmte im Tenor mit einer bereits am 10. Februar verbreiteten Mitteilung überein, daß die Stellungnahme des RDI ,,zu dem neuen Reichskabinett ebenso wie zu früheren Regierungen lediglich durch seine wirtschaftlichen Maßnahmen bestimmt“ werde. 2 7 Krupp erhielt im Anschluß an die Präsidialsitzung den Auftrag, bei Hitler persönlich gegen eine Umstellung der Außenhandelsbeziehungen Front zu machen: Dies sollte im Rahmen der bekannten Zusammenkunft führender Industrieller mit Hitler im Hause Görings am 20. Februar 1933 geschehen. 28 Auf einem offenbar als Gedächtnisstütze für die Besprechung gedachten Handzettel hatte Krupp säuberlich notiert: ,, Vermeidung erneuter Unruhe in handelspol[itischen] Fragen . . . Weitestgehende Stärkung des Exportes zwecks Arbeitsbeschaff[ung.“ und schließlich als Nachtrag „Erschwerung des Eintretens für Regierung falls einseitige Agrarpolitik übertrieben wird.'' 2 9 Im März 1933, nach Reichstagswahl und Ermächtigungsgesetz, legte der RDI eine angesichts der weiteren Entwicklung unwirksam gebliebene, in ihrer grundsätzlichen Bedeutung aber bisher nicht beachtete programmatische Erklärung zur deutschen Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik vor, die sich vollkommen im Rahmen der liberalen Wirtschaftstheorie bewegte und auch in der Handelspolitik am Prinzip der Weltmarktorientierung festhielt. 30 In Abschnitt VII der Denkschrift wurde ausgeführt: „Die deutsche Handelspolitik ist so zu gestalten, daß auf der einen Seite der nationalen Produktion ein ausreichender Schutz gewährt wird, daß aber auf der anderen Seite der Export, von dem auch heute noch mehr als 20% der Bevölkerung leben, keine Schmälerung erfährt, sondern nach Möglichkeit wieder ausgeweitet wird. Der richtige Weg für die Rettung der Landwirtschaft liegt nicht in einseitigen Schutzmassnahmen, die ihr auf die Dauer selbst zum Schaden gereichen, sondern in einer solchen Stärkung des inneren Marktes, daß für den Absatz landwirtschaftlicher Produkte genügend Kaufkraft vorhanden ist. Jeder zusätzliche Ertrag der 177 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

deutschen Ausfuhr bedeutet eine solche erwünschte Stärkung des inneren Marktes.“31 Auch in der Finanz- und Währungspolitik stand die nationalsozialistische Programmatik im Gegensatz zu den Auffassungen der Großindustrie: So hielten RDI und DIHT, aber auch Teile der Schwerindustrie, an der überkommenen Lehre vom ausgeglichenen Haushalt fest und lehnten umfangreiche „deficit-spending“-Programme als „Währungsexperimente“ nach wie vor entschieden ab. 32 Die Absetzung Luthers vom Direktorium der Reichsbank am 16. März 1933 löste innerhalb breitester Kreise der Industrie Unruhe aus, weil in seiner Person der Garant einer soliden und auf Stabilität ausgerichteten Konjunkturpolitik erblickt wurde, dem es bisher gelungen sei, „den Ansturm der vielen falschen oder irregeleiteten Propheten und Reformatoren, die an die Stelle klug abwägender Vernunft Experimente zu setzen gewillt waren, abzuwehren“.33 Im engeren Kreis des RDI-Präsidiums waren deshalb, als sich die Wiederernennung Schachts zum Präsidenten der Reichsbank abzeichnete, vorbeugende Maßnahmen zur Sicherstellung der Lutherschcn Währungspolitik diskutiert worden. 34 Kastl, ,,der von der Entwicklung ausserordentlich betroffen war und von grossen Gefahren sprach“, wurde beim noch amtierenden Luther selbst vorstellig, ließ sich aber schließlich überzeugen, daß ,,kein anderer Weg zu gehen blieb“, Widerstand gegen die Weisungen der politischen Führung innerhalb des Generalrats der Reichsbank also zwecklos erschien.35 Der anschließende Versuch, Schacht auf die konservative Konjunkturpolitik Luthers festzulegen,36 dokumentierte eine unrealistische Einschätzung der Gesamtlage, machte aber zugleich deutlich, mit welcher Skepsis die Industrie seiner erneuten Amtsführung entgegenblickte. So nahm es nicht wunder, daß die Spitzenverbände das „Wirtschaftssystem des Faschismus“, dessen Umrisse sich zudem im Februar und März 1933 noch nicht in der gewünschten Präzision erkennen ließen, zunächst mit wenig Enthusiasmus betrachteten. Die Abkehr von den „alten abgewirtschafteten Grundsätze[n] einer liberalistischen Wirtschaftspolitik“, wie sie Thyssen in der Präsidialsitzung des RDI am 23. März verlangte, 37 war bisher nicht vollzogen: Vielmehr beharrte der Reichsverband in seiner Denkschrift vom März 1933 auf sauberer „Trennung“ zwischen Staat und Wirtschaft und erteilte, unabhängig von Zugeständnissen in der Terminologie, jeder Form des Staatsinterventionismus eine klare Absage.38 In diesem Sinne hatte auch Krupp als Forderung der Industrie an Hitler notiert: „Einschränkung der öffentlichen] Ausgaben auf die Grundlage“ vor 1900 (!)„entsprechend dem Verhältnis zum damaligen Umfange der wirtschaftl[ichen]Gesam[m]t-Produktion“.39 Die Gegnerschaft der Großindustrie gegen ein staatskapitalistisches System dokumentierte sich auch in dem Versuch, erneut die Zusammenarbeit mit der organisierten Arbeiterklasse zu suchen,40 jetzt mit der Zielset178 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

zung, ein Defensivbündnis der Unternehmerorganisationen mit den Gewerkschaften zur Abwehr der interventionistischen Politik des Nationalsozialismus zustande zu bringen. Im März 1933 sind so Anzeichen für Überlegungen vorfindbar, die Zentralarbeitsgemeinschaft zu reaktivieren: Clemens Lammers, Präsidialmitglied des RDI, schlug nach Gesprächen mit C. F. von Siemens und einem Meinungsaustausch mit Krupp vor, ,,dem Arbeitsgemeinschaftsgedanken in einer weithin sichtbaren Form“ erneut Ausdruck zu geben, um die „Pläne abzubiegen, welche bei den Nationalsozialisten hinsichtlich Umformung der Verbände und Gewerkschaften nach italienischem Muster bestehen.“41 Auch der Kölner Privatsekretär Silverbergs, Dr. Bauer, regte an, den zunächst von Siemens vor der Generalversammlung der Siemens & Halske AG am 28. Februar 1933 ausgesprochenen Gedanken über die „Arbeitsgemeinschaft zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern“ aufzugreifen.42 Es sei erklärt worden, ,,dass gerade in der augenblicklichen politischen Situation, in der sich die Gewerkschaften in einer ausserordentlich schwachen Stellung befinden, solche Worte aus dem Untcrnehmerlager stark versöhnend wirken und auch in diesem Sinne aufgefasst worden sind, und dass es eine nicht wiederkehrende Gelegenheit bedeutet, jetzt den Plan einer stärkeren Verantwortlichmachung der Arbeitnehmerschaft für den Wirtschaftsverlauf zufördern,zumal dies auch in den Rahmen der bisher von der N.S.D.A.P. vertretenen Auffassung von der Wirtschaft fällt.“ Bauer verwies dabei ausdrücklich auf die von Silverberg 1926 in Dresden entwickelte Konzeption zur Fortentwicklung der Zentralarbeitsgemeinschaft.43 In seinem Aide-memoire vom 23. März 1933 sprach der RDI zwar den Arbeitsgemeinschaftsgedanken nicht explizit an, betonte aber, daß neben der „Vermeidung innerer Unruhen“ 44 und der „Aufrechterhaltung der Rechtssicherheit“45 die Wahrung des „sozialen Friedens“ unbedingte Voraussetzung einer wirtschaftlichen Erholung sei. Der „soziale Frieden“ werde „wesentlich davon abhängen, daß zwischen Unternehmern und Arbeitern eine verständnisvolle Zusammenarbeit möglich wird, die durch eine positive Einstellung zum Staatsgedanken und durch eine Überwindung der Idee des Klassenkampfes und parteipolitischer Gesichtspunkte gekennzeichnet sein“ müsse.46 Diese gewiß interpretationsfähige Erklärung steht offenbar in Zusammenhang mit der Verlautbarung des ADGB vom 21. März 1933 zu Aufgaben und Stellung der Gewerkschaften: Die Gewerkschaften, so der ADGB, seien „von dem Willen geleitet“, „die ihnen obliegende Vertretung der Arbeiterinteressen in freier Vereinbarung mit den Unternehmern wahrzunehmen“ und „im Sinne einer Selbstverwaltung der Wirtschaft auch über das Gebiet der Lohn- und Arbeitsbedingungen hinaus dauernd mit den Unternehmerorganisationen zusammen zu wirken.“ 47 Die Vorwürfe Thyssens in der Präsidialsitzung des RDI vom 23. März 179 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

1933, der Reichsverband und andere Industrielle hätten den „Versuch einer Fronde mit den Gewerkschaften zusammen gegen die Regierung gemacht“, erscheinen aus dieser Perspektive nicht völlig aus der Luft gegriffen, zumal Krupp einräumte, daß sich „einige Herren“, darunter er selbst, „mit einigen Gewerkschaftsvertretern über die Aussichten einer künftigen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wie sie auch in der Vergangenheit bestanden habe und voraussichtlich auch in der Zukunft wieder vorhanden sein werde, unterhalten“ hätten.48 Gleichwohl können diese Gespräche mit den Gewerkschaften nicht als Versuche einer auf Opposition gegen die Hitler-Regierung gerichteten Strategie interpretiert werden: Sie entsprachen vielmehr einer auf Abwehr des Staatsinterventionismus zielenden Politik der Unternehmerverbände, wobei der „starke Staat“ sich auf die Garantierung äußerer Rahmenbedingungen wirtschaftlicher Betätigung zu beschränken hatte. Dieses noch ganz am liberalen Modell orientierte Konzept macht erklärlich, daß der Vorsitzende des RDI, Krupp, trotz erheblicher programmatischer Differenzen keinen Widerspruch darin erblickte, der neuen Staatsführung unter Hitler gleichzeitig politische Unterstützung zuzusichern. Dies wurde besonders deutlich in der bereits erwähnten Besprechung führender Industrieller mit dem Reichskanzler am 20. Februar 1933. Hitler zeigte dort eine erstaunliche Offenheit und ließ keinen Zweifel am totalen Machtanspruch der NSDAP, 49 verstand es aber andererseits, „in geschickter Wendung das eigene autoritärdiktatorische Wirtschaftskonzept mit den antidemokratischen Autoritätsansprüchen einer mehrheits- und gewerkschaftsfeindlichen Unternehmerideologie“ zu verbinden.50 Symptomatisch war, daß Hitler, dem vor allem daran gelegen war, sich der Unterstützung der Industrie für die Reichstagswahl vom 5. März 1933 zu versichern, zu „wirtschaftlichen Fragen . . . verhältnismäßig wenig“ sagte51 und im übrigen keineswegs gewillt war, das Modell einer strikten Trennung von Staat und Wirtschaft, das Krupp in seinen vorbereiteten Notizen zur Grundlage einer Kooperation mit den Nationalsozialisten gemacht hatte, zu akzeptieren. Trotzdem brachte Krupp als Sprecher der Industrie „spontan den Dank der Versammlung“ zum Ausdruck52 und hob dabei insbesondere das Bekenntnis Hitlers zum „Privateigentum“ und zur „Wehrhaftigkeit“ hervor. 53 Ebenso bezeichnete es der Reichsverband im Anschluß an die Besprechung vom 20. Februar 1933 als die „Pflicht“ seiner Mitglieder, „sich mit allen Kräften für die Gewinnung eines stabilen Regierungsfundaments und die Durchführung einer nationalen Sammlung und Konzentration aller aufbauenden Kräfte einzusetzen“.54 Die substantielle Diskrepanz zwischen einer liberal-gouvernementalen und spezifisch faschistischen Staats- und Wirtschaftsordnung blieb von diesen Erklärungen allerdings unberührt. Hier verbarg sich objektiv ein beträchtliches Konfliktpotential, das nur oberflächlich verdeckt war und von den Unternehmern nicht überall klar gesehen wurde. 180 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

3. Die „Reorganisation“ des Reichsverbandes Die Präsidialsitzung des RDI vom 23. März 1933 leitete einen grundsätzlich neuen Abschnitt im Verhältnis von Staatsgewalt und industrieller Interessenorganisation ein. 55 Der Wortführer des Hitler-Flügels, Fritz Thyssen, der zuvor im Reichsverband über keinen nennenswerten Einfluß verfugte und nicht einmal einen Sitz im Präsidium hatte, nahm die veränderten Machtverhältnisse zum Anlaß, massive Vorwürfe gegen den Reichsverband zu erheben, der ,,immer und zu jeder Zeit »Schleppenträger' des bisherigen Systems gewesen sei“. Er, Thyssen, habe demgegenüber, wie auch seinerzeit anläßlich des Empfangs von Reichskanzler Brüning im Hauptausschuß des RDI (November 1930), versucht, den Reichsverband für die „Nationale Bewegung“ zu gewinnen, sei dafür aber von der Versammlung „ausgezischt“ worden. 5 6 ,,Er habe die bekannte Sitzung im Industrieklub in Düsseldorf [26. Januar 1932] zustandegebracht 57 und in jeder Weise versucht, den Kontakt zwischen Industrie und Nationalsozialismus herbeizuführen. Er habe aber oft genug das höhnische Lächeln beobachten müssen, welches solche Versuche ausgelöst hatten.“ Nicht einmal die im Mai 1931 bei der Besprechung mit dem Bergbau-Verein in Bochum gegebene Zusage des RDI, die „Politik endlich auszuschalten“, und eine zumindest ,neutrale' Haltung der „Nationalen Bewegung“ gegenüber einzunehmen, 58 sei eingehalten worden: „So habe es das Gcschäftsführende Präsidialmitglied des Reichsverbandes fertig gebracht, noch am Tage vor der Ernennung Hitler's zum Reichskanzler beim Reichspräsidenten zu intervenieren. Selbst nach der Ernennung Hitler's zum Reichskanzler habe der Reichsverband noch den Versuch einer Fronde mit den Gewerkschaften zusammen gegen die Regierung gemacht. Am Tage vor der Ernennung des Reichsbankpräsidenten Schacht habe im Kaiserhof eine vom Reichsverband einberufene Versammlung oder eine Versammlung der Mitglieder des Generalrats der Rcichsbank stattgefunden, an der sich der Reichsverband beteiligt habe. In dieser Versammlung seien Mittel und Wege erörtert worden, wie man den früheren Präsidenten Luther halten und die Wahl des Präsidenten Schacht verhindern könne. Am 13. März habe im Reichsverband seitens der national eingestellten Mitglieder der Geschäftsführung die Leitung der Geschäftsführung darauf aufmerksam gemacht werden müssen, daß es notwendig sei, neben der Schwarz-weiss-roten Flagge auch die Hakenkreuzfiagge, die Flagge der nationalen Erhebung zu hissen. Unter dem Druck des nationalen Teiles der Geschäftsführung sei dann die Leitung gezwungen worden, eine Hakenkreuzflagge zu bestellen und diese Flagge sei dann am dritten Tage der Feier der nationalen Erhebung durch die nationalen Mitglieder der Geschäftsführung gehisst worden. Gleichwohl aber habe man im Reichsverband am 21. März nur die schwarz-weiss-rote Flagge aufgezogen. Diese Weigerung, die Hakenkreuzflagge zu ziehen, sei der Geschäftsführung aber schlecht bekommen. Es sei dann eine Abteilung S.A. bei dem Geschäftsfuhrenden Präsidialmitglied erschienen und habe die Hissung der Hakenkreuzflagge erzwungen. [Er 181 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

begrüße] diese Tat, die auch dem Reichsverband den Respekt vor der neuen Flagge beigebracht habe . . ,“ 59 Als Thyssen in der Sitzung vom 23. März schließlich unverblümt die Machtfrage stellte, deutete sich an, daß die Entscheidung über die zukünftige Politik des Verbandes nicht mehr allein und zu allererst innerhalb der zuständigen Gremien des RDI fallen würde, sondern auf oberer politischer Ebene bereits vorgezeichnet war: Nur vor diesem Hintergrund jedenfalls war Thyssen in der Lage, in ultimativer Form nicht nur die positive Mitarbeit des RDI im nationalsozialistischen Staat, sondern auch personelle Konsequenzen für die Führungsspitze des Verbandes zu fordern: „Die nationale Revolution sei noch nicht beendet, sie sei nicht über den Kommunismus gestolpert und werde auch nicht über den Strohhalm des Reichsverbandes stolpern, es sei denn, dass der Reichsverband sich eingliedere in die grosse Bewegung, und daß von diesem Gesichtspunkte aus die notwendig werdenden Neuwahlen zum Präsidium geprüft werden. Es müsse dafür gesorgt werden, daß es in Zukunft ausgeschlossen sei, daß eine Gegenströmung gegen die nationale Bewegung in Deutschland entstehen könne. Es sei dies gerade im Interesse der Industrie erforderlich.“60 Der RDI beeilte sich, Hitler umgehend eine ausdrückliche Loyalitätserklärung zu übermitteln, indem er durch Kastl (!) und Herle versichern ließ, daß durch die Wahlen die ,,Grundlage für ein stabiles Regierungsfundament geschaffen“ und damit die „Störungen beseitigt“ seien, ,,die sich aus den ständigen politischen Schwankungen der Vergangenheit ergeben und die wirtschaftliche Initiative stark gelähmt haben.“ Die Industrie sei bereit, bei dem „notwendigen tatkräftigen Wiederaufbau“ mitzuwirken und der Reichsregierung bei ,,ihrem schweren Werke zu helfen.“61 - In dem gleichzeitig verabschiedeten Aide-memoire zur deutschen Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik, das als Unterlage für die wirtschaftspolitischen Verhandlungen zwischen Regierung und Reichsverband gedacht war, 62 beharrte die Großindustrie jedoch, wie bereits vorn erörtert, auf ihren überkommenen Thesen einer liberal verfaßten Wirtschafts- und Sozialordnung. 63 Ernsthafte Besprechungen mit der Reichsregierung über das Programm vom 23. März 1933 haben niemals stattgefunden: Vielmehr setzte eine illegale, staatlich tolerierte Gewaltaktion gegen den RDI grundsätzlich neue Prämissen: Im Zuge der sog. ,,Gleichschaltungsaktion“ vom 1. April 1933 erschien der vormalige Leiter der wirtschaftspolitischen Abteilung der NSDAP, Otto Wagener, in der Geschäftsführung des RDI, während zur gleichen Zeit Krupp und Siemens im Auftrage des RDI-Präsidiums mit Hitler in der Reichskanzlei konferierten. Wagener verlangte unter Androhung von Gcwaltmaßnahmen den sofortigen Rücktritt des Geschäftsführenden Präsidialratmitglieds, Geheimrat Kastl, von seinem Amte. Dies sei notwendig, da der Reichsverband es bisher vermieden habe, ,,irgend welche Notiz von der Revolution zu nehmen“ und so tue, ,,als ob alles beim 182 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

alten gcblieben sei''. Wegen der „Unterzeichnung des Young-Plans'' sowie durch „die bisherige Ablehnung der nationalsozialistischen Bewegung'' sei vor allem Kastl untragbar für eine „Zusammenarbeit** zwischen der gegenwärtigen Regierung, den sie tragenden Kräften und den industriellen Organisationen. Ferner seien die „der Rasse nach jüdischen Mitglieder der Geschäftsführung'' nämlich Dr. Loening, Dr. Singer und Dr. Veit, „sofort zu beurlauben'' und statt dessen Dr. von Lucke und Möllers als „Vertrauensleute'' der „Bewegung44 in die laufende Verbandsarbeit einzuschalten. Beide hätten die Aufgabe, „eine Übereinstimmung zwischen der Wirtschaftspolitik des Reichsverbandes und der Weltanschauung und Wirtschaftspolitik der nationalsozialistischen Bewegung sicherzustellen''. Aus diesem Grunde sei es auch notwendig, daß die „Mitglieder jüdischer Rasse'' aus dem Präsidium ausschieden; namentlich Dr. Silverberg, Kraemer, Piatscheck, Pietrkowski, von Simson und Sobernheim.64 Reichsminister Hugenberg, den Kastl als verantwortliches Kabinettsmitglied zunächst ansprach, zeigte sich „außerordentlich bestürzt'', lehnte aber eine Intervention beim Reichskanzler, der „nur ausserordentlich ungern seine eigenen Leute desavouiere'', definitiv ab. Für Kastl, aber auch die genannten Mitglieder des Präsidiums und der Geschäftsführung „bleibe4*, so der Minister, „nichts anderes übrig, als vorläufig auszuweichen, um Schlimmeres gegenüber dem Reichsverband zu verhüten.''65 Kastl insistierte und verhandelte, nachdem er zuvor den Vorsitzenden des RDI, Krupp, gedrängt hatte, Hitler persönlich um „Hilfe'' gegen die illegale Aktion anzugehen,66 am 3. April nacheinander mit den Staatssekretären Funk, Bang, Meissner und Lammers sowie dem „Beauftragten des Führers und Reichskanzlers für Wirtschaftsfragen'', Keppler. Der Staatssekretär im Büro des Reichspräsidenten, Dr. Meissner, teilte dabei mit, dass der Herr Reichspräsident „empört'' sei über das Vorgefallene und die Absicht habe, mit dem Reichskanzler noch am gleichen Tage über den Fall zu sprechen. Der Chef der Reichskanzlei, Dr. Hans Heinrich Lammers, wußte demgegenüber zu informieren, daß Hitler, wie in einer diesbezüglichen Besprechung am Vormittag deutlich geworden sei, Geheimrat Kastl „nicht die geringste Sympathie entgegenbringe'', eine Revision der Maßnahmen also kaum erwartet werden könne. Lammers nannte dabei dieselben Vorwürfe, die Thyssen bereits in der Präsidialsitzung vom 23. März vorgebracht hatte.67 Mit der Billigung der Aktion vom 1. April durch Hitler war faktisch das Ende des alten Reichsverbandes vorgezeichnet: Die von den neuen Machthabern „verordnete** Entlassung des Geschäftsführenden Präsidialmitgliedes Kastl, der Stellvertretenden Vorsitzenden Silverberg und Kraemer sowie der Präsidialmitglieder Piatscheck, Pietrkowski, von Simson und Sobernheim, die erzwungene Lahmlegung der satzungsmäßigen Entscheidungsgremien des Verbandes und schließlich die Beaufsichtigung der „gereinigten“ Geschäftsführung durch „Vertrauensmänner'' der „Natio183 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

nalen Bewegung'' stellte dabei einen Eingriff in die Autonomie der Selbstverwaltungsorgane der Wirtschaft dar, wie er in der Geschichte des industriellen Verbandswesens in Deutschland bisher ohne Beispiel war. Es ist deshalb etwas überraschend, daß dem Konflikt zwischen Reichsregierung und RDI in der einschlägigen Literatur, abgesehen von einigen älteren Darstellungen und einer letzthin erschienenen kürzeren Abhandlung, bisher relativ wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden ist.68 So notieren beispielsweise Günther und Ohlsen in ihrer Monographie über den Reichsverband69 zwar Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Präsidiums im Anschluß an die Tagung vom 23. März, interpretieren diese jedoch aus einem Gegensatz zwischen „Monopolkapital·1 und „nichtmonopolistischen Unternehmern“. Weite Kreise des kleinen und mittleren Unternehmertums hätten, bei Unterstützung durch untergeordnete örtliche Staats- und Parteiinstanzen, mit der Forderung nach Durchsetzung ihrer Wirtschaftsinteressen zu „ständiger Beunruhigung im RDI“ beigetragen, „so daß mehrfach von Regierung und oberster Parteiführung Eingriffe in die Wirtschaft verurteilt und Strafen angekündigt wurden.“ Am 1. April schließlich sei es im Rahmen des allgemeinen Judenboykotts zu einer „zeitweiligen Besetzung“ der RDI-Geschäftsstelle durch einen „Trupp SA-Männer“ gekommen. Das „Ausscheiden“ Kastls und die Einsetzung Möllers und von Luckes als Regierungskommissare habe „in erster Linie“ das Ziel verfolgt, den RDI „vor Übergriffen abzusichern, wie sie in den ersten Monaten des faschistischen Regimes von unteren Parteiinstanzen aus zeitweilig gehegten Ressentiments gegenüber dem Großkapital vorkamen“.70 Ähnlich urteilt Stegmann, der, bei auffallend kursorischer Behandlung des Vorgangs, von einer „wilden Besetzung“ der Zentrale des RDI durch SA und klein- und mittelbetrieblich organisierte Wirtschaft spricht: „Obwohl“, so Stegmann, „die Parteiführung um Hitler sehr früh Order gab, im Interesse der ,Ruhe' in der Wirtschaft. . . solche unkontrollierten Aktionen zu verhindern, konnten diese aktivistischen Bewegungen ,νοn unten'. . . nicht gestoppt werden.“ 71 Beiden Interpretationen ist gemeinsam, daß sie nachträglich das ideologische Rüstzeug für den illegalen Eingriff in die Autonomie des Verbandes liefern und dabei den Konflikt zwischen frei organisierter industrieller Interessenvertretung und Staatsgewalt umdeuten in eine Auseinandersetzung zwischen Großunternehmertum und mittelständischer Wirtschaft. Diese Erklärungsversuche, die die objektiven Widersprüche zwischen Großindustrie und faschistischem System im Frühjahr 1933 zu umgehen versuchen,72 basieren auf einer doppelt falschen Ausgangsthese, nämlich erstens einer „wilden“ Aktion durch unkontrollierbare Kräfte aus Mittelstand und Kleinbürgertum unter Beteiligung der SA und zweitens der Ohnmacht der politischen Führung gegenüber dieser, von ihr mißbilligten, illegalen Gewaltanwendung. 184 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

In Wirklichkeit hat, wie die Protokolle und Niederschriften über die Vorgänge vom 1.-5. April beim Reichsverband zweifelsfrei ausweisen, weder eine unkontrollierte Besetzung der RDI-Geschäftsstelle stattgefunden, noch hat Hitler dem Vorgehen Wageners, der zu dieser Zeit immerhin eine führende Rolle im Verbindungsstab der NSDAP spielte, in irgendeiner Form Einhalt gebieten wollen. Tatsächlich handelte Wagener, dessen ,,Aktion'' sich in die beginnende Umorganisation und Eingliederung des industriellen Verbandswesens in den faschistischen Führerstaat bruchlos einordnete, und der nicht, wie Stegmann und Günther/Ohlsen in Übernahme nationalsozialistischer Propagandathesen behaupten, zuallererst den RDI vor angeblich radikalen Kräften der nationalsozialistischen Revolution schützen wollte, in zumindest indirekter Abstimmung mit der Parteiführung und Hitler einerseits und der Thyssen-Gruppe andererseits. Die ausdrückliche Forderung Wageners nach Entlassung Kastls (sowie eines Teiles des Präsidiums des RDI - hiervon ist in der genannten Literatur kennzeichnenderweise nicht die Rede) ist anders kaum erklärbar, zumal eine direkte Verbindung zwischen den Vorwürfen Thyssens in der Präsidialsitzung vom 23. März und der Entscheidung Hitlers im Falle Reichsverband als nachgewiesen gelten muß. 73 Auch läßt der Umstand, daß Krupp und von Siemens, vom Präsidium beauftragt, eine Klärung der durch Thyssen aufgeworfenen Fragen herbeizuführen, ausgerechnet für den 1. April in die Reichskanzlei bestellt worden waren und just zu dem Zeitpunkt mit Hitler über Form und Substanz einer zukünftigen Zusammenarbeit zwischen Reichsverband und Regierung konferierten, als Wagener die illegale Aktion gegen den RDI einleitete,74 eher auf geschickte Regieführung als unkontrollierbare Spontaneität schließen.75 Der Präsident des Reichsverbandes begegnete der Provokation der industriellen Spitzenorganisation durch die politische Führung mit derselben Mittelmäßigkeit, wenn nicht Hilflosigkeit, die seine bisherige Amtsführung ausgezeichnet hatte.76 Nicht Protest oder Widerstand war die Antwort, sondern forcierte Anpassung. In den „Verhandlungen'' mit Wagener am 4. und 5. April 1933, nachdem die Restgeschäftsführung den neuen Herren bereits das „Gelöbnis unbedingter Gefolgschaftstreue'' gegeben hatte,77 akzeptierte Krupp, ohne Rücksprache mit den Stellvertretenden Vorsitzenden oder dem Präsidium, eigentlich vorbehaltlos Wageners Konzeption eines ,,berufsständischen'' Aufbaues der Wirtschaft, obwohl hier in vielem beinahe genau das Gegenteil zu den RDI-Leitlinien vom 23. März 1933 propagiert wurde. Wageners Plan sah vor: Erstens die Auflösung der wirtschaftlichen Interessenverbände herkömmlicher Art und ihre Überführung in eine „berufsständisch** gegliederte Organisationsstruktur, damit verbunden - als Gegenstück zum Autonomieverlust der industriellen Verbände - die Zerschlagung der Gewerkschaften und eine „elastische'' Lohnpolitik, zweitens ein Konjunkturprogramm in bisher als „Inflation“ bekämpfter Dimension von 10 Mrd. RM und drittens eine eher auf Autar185 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

kie gerichtete Handelspolitik bei Kompensation zu erwartender Exportverluste durch Aufrüstung.78 Der RDI-Vorsitzende wußte Wagener nur zu antworten, daß es sich hierbei in Wirklichkeit ja nur „um die Durchsetzung alter Binsenwahrheiten“ handele, die seine Zustimmung gewiß fänden. Im übrigen stünden „wir vor wundervollen Aufgaben. . ., an die man mit dem Willen zu vertrauensvoller Zusammenarbeit herangehen müsse.“ Die erzwungene Ausschaltung des Geschäftsführenden Präsidialmitglieds Kastl, zweier Stellvertretender Vorsitzender sowie einer Reihe von Präsidialmitgliedern überging Krupp, ohne diese Thematik auch nur anzurühren, dagegen mit Stillschweigen.79 In der für den 6. April einberufenen außerordentlichen Präsidialsitzung zeigte sich indes, daß die überwiegende Mehrheit des RDIFührungsgremiums die Aktion gegen den Verband nicht widerspruchslos hingenommen wissen wollte. Doppelt peinlich für den Präsidenten war dabei, daß ausgerechnet Fritz Thyssen die überstürzte Loyalitätserklärung gegenüber Wagener scharf rügte: 80 Thyssen verwies dabei auf eine, Krupp zuvor offenbar nicht bekannte Übereinkunft zwischen Regierung und „maßgebenden Kreisen der Wirtschaft'' vom 27. März 1933, daß ein Ausschuß zur „Vereinfachung und Umgestaltung der Organisationen“ konstituiert werden solle und „vor Ablauf eines halben Jahres . . . keine endgültigen Verfügungen über die Organisation der Industrie“ zu treffen seien.81 Das Präsidium des RDI verabschiedete nach der überraschenden Erklärung Thyssens einstimmig eine auch der Presse übergebene Entschließung, daß „alle organisatorischen Massnahmen des Reichsverbandes und der industriellen Verbände überhaupt“, insbesondere auch die „Regelung sämtlicher Personalfragen, einschließlich des Präsidiums“, nur im Rahmen der Übereinkunft vom 27. März zu treffen seien, „Sonderaktionen“ dagegen abgelehnt werden müßten.82 Diese Stellungnahme schien Wagener, von Lucke und Möllers „in ihre Schranken zu verweisen“, blieb aber wirkungslos, vor allem weil Krupp und die jetzt von Herle verantwortlich geleitete Geschäftsführung in eindeutiger Überschreitung ihrer Kompetenzen die Anpassungspolitik beschleunigt fortsetzten. So blieb auch die Forderung des verbliebenen Stellvertretenden Vorsitzenden Müller-Oerlinghausen, daß von Lucke und Möllers „sofort ausziehen“ und von den zwangsweise „beurlaubten“ jüdischen Mitgliedern der Geschäftsführung zumindest zwei umgehend an ihren Arbeitsplatz zurückkehren sollten, unbeachtet,83 obwohl dies dem Präsidialbeschluß vom 6. April entsprach. Ob die Möglichkeit einer „Opposition“ gegen das nationalsozialistische Regime tatsächlich bestand, kann hier nicht geklärt werden. Jedenfalls war man sich, wie ein Appell Müller-Oerlinghausens an die Geschäftsführung des RDI zeigte, in der Spitzenorganisation der deutschen Industrie über die grundsätzliche, allgemein-politische Bedeutung der Vorgänge im Frühjahr 1933 durchaus im klaren: 186 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

„Bei der Kopflosigkeit rings im Lande muß jede Unsicherheit über die Haltung des Rv. von sehr übler Wirkung sein. Es sind schon viel zu viel Positionen aufgegeben, ohne daß es nötig gewesen wäre und ihre früheren Inhaber, soweit sie der herrschenden Partei dabei nachlaufen, müssen noch dazu die ganze Lauge des Spottes über sich ergehen lassen. Für Mangel an Mut haben gerade die maßgebenden Leute des neuen Regimes am wenigsten Verständnis . . . Solange der Weg . . . noch so unklar ist wie heute, solange wir noch keine Ahnung davon haben, ob die individualistischen . . . oder die rein staatssozialistischen [Kräfte] wirtschaftlich die Linie bestimmen werden, solange dürfen und können wir nicht optieren, wenn wir nur einen Funken Achtung vor uns selbst behalten wollen. Bis dahin dürfen wir unseren Mitgliedern draußen auch keinen Umbau und keine Gleichschaltung vortäuschen lassen . . . auch den staatlichen Stellen nicht. Gerade ihnen sind wir eine klare - aber loyale - Haltung schuldig. Politische Opposition für einen Wirtschaftsverband wäre heller Wahnsinn - verwaschenes Nachlaufen hinter irgendwelchen wirtschaftlichen Utopien aber Selbstmord, auch wenn es die Utopien der herrschenden Partei sein sollten. Wir sind dazu da, das Recht der freien Meinung zu bewahren und die staatlichen Gewalten von ihrer Notwendigkeit zu überzeugen. Dazu ist erstes Gebot: Klarheit in allen Dingen. Dazu gehört ζ. Β. die Judenfrage. Der Rv. kann und darf niemals eines Einverständnisses mit der unerhörten Disqualifikation und Bedrückung des deutschen Judentums geziehen werden, wenn er noch ein moralisches ,,standing“ beanspruchen will. Sollte wegen einer solchen Haltung wirklich einmal der Reichsverband vorübergehend oder längere Zeit nicht die Möglichkeit haben, sich bei den maßgebenden politischen Führern Gehör zu verschaffen, nun, dann müssen wir dies Schicksal tragen in der Überzeugung, das Beste gewollt zu haben . . ''84 In diesem Zusammenhang ist nicht ohne Interesse, daß auch Teile der gemäßigten Schwerindustrie Kritik an der Aktion der NSDAP gegen den RDI übten. So zeigte sich z . B . Paul Reusch ,,mit der Entwicklung der Dinge“ beim Reichsverband „durchaus nicht einverstanden“ und bedauerte, an der Präsidialsitzung vom 6. April nicht teilgenommen zu haben. 85 Der Eingriff in die Autonomie der Wirtschaftsorganisationen und die Umstellung der Unternehmerverbände auf das „neue Deutschland“ 86 widersprach dem hier vorherrschenden Verständnis von Staat und Wirtschaft entschieden. 87 Der Bergbau begegnete der Kritik an der nationalsozialistischen Reorganisationspolitik dagegen mit dem Hinweis auf die Vorteile des angestrebten berufsständischen Aufbaus, in dem die „sozialpolitische Säule . . . möglichst kurz“ sein solle und auch der Werkgemeinschaftsgedanke einer Realisierung entgegensehe. 88 Die Position der Reusch-Gruppe wurde noch einmal deutlich, als der Langnam-Verein selbst mit den Gleichschaltungsansprüchen des NS-Systems konfrontiert wurde: Um den von der NSDAP geforderten Rücktritt des Hauptgeschäftsfuhrers Max Schlenker zu verhindern, solidarisierten sich Vorsitzender und Vorstand mit der Geschäftsführung. Als Schlenker schließlich nicht mehr zu halten war, legte Springorum demonstrativ den Vorsitz des 187 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Langnam-Vereins nieder: Die Nachfolge trat nicht zufällig Hitlers treuester Verbündeter in der Schwerindustrie, Fritz Thyssen, an. 89 Für den Reichsverbands-Vorsitzenden Krupp lag demgegenüber der Gedanke an Widerstand oder Opposition gegenüber den Weisungen des Staatsapparates völlig fern. Krupp fand nicht einmal zu der skandalösen Diskriminierung der jüdischen Reichsverbandsmitglieder ein klares Wort, akzeptierte die am 3. Mai 1933 verfugte Bestellung der bisherigen ,,Vertrauensleute“ von Lucke und Möllers zu Reichskommissaren90 und nahm damit auch die staatsrechtliche Sanktionierung der Aktion gegen den RDI widerspruchslos hin. Gleichzeitig ließ er erklären, daß er in Ausübung einer angeblich vom Präsidium übertragenen „außerordentlichen Vollmacht“ das „Führerprinzip'' nunmehr auch innerhalb des RDI zur Anwendung bringen und dazu nutzen werde, um in alleiniger Verantwortlichkeit die ,,neue Organisation in Übereinstimmung mit den politischen Zielen der Reichsregierune zu bringen“. 91 Dieser Schritt bedeutete nichts anderes als die totale Kapitulation des Reichsverbandes gegenüber der politischen Führung. Krupp hatte damit ,,in schroffem Widerspruch“ zu den Entschlüssen des Präsidiums92 gehandelt, das in seiner überwiegenden Mehrheit diese Linie der Unterwerfung, ganz unabhängig von den nach wie vor bestehenden Differenzen im wirtschaftspolitischen Bereich,93 nicht billigte. Verschiedene Präsidialmitglieder stellten unter Protest ihr Amt zur Verfügung,94 so daß Krupp schließlich, um einem weiteren „Abbröckeln“ zuvorzukommen, am 22. Mai 1933 die Selbstauflösung aller Körperschaften des RDI bekanntgab. 95 Mit der am 19. Juni 1933 verfugten Vereinigung von RDI und VDA zum „Reichsstand der Deutschen Industrie“, dessen Organisationsform, Struktur und Funktion bereits klar auf die Bedingungen des faschistischen Systems zugeschnitten war, erreicht die erste Phase der Reorganisation der Wirtschafts verbände ihren Abschluß.96 Dabei vermochten auch manche Elemente der Kontinuität in der Fassade des neugegründeten „Reichsstandes“ nicht darüber hinwegzutäuschen, daß der alte Reichsverband mit der Lahmlegung und Ausschaltung seiner Führungsgremien bereits im April/ Mai 1933 untergegangen war. 97

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XIV. Die Ausschaltung Silverbergs 1933 1. Die Rheinbraun-Krise 1932/33 Silverbergs Entschluß, den Aufsichtsratsvorsitz der „Rheinischen Aktiengesellschaft für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation“ am 31. März 1933 niederzulegen und sich von jeglicher geschäftlichen Tätigkeit zurückzuziehen, dokumentierte nach außen das Ende einer der erfolgreichsten Unternehmerkarrieren der Weimarer Zeit. Der Vorgang ist in der damaligen Öffentlichkeit mit Aufmerksamkeit registriert und durchaus als Ereignis empfunden worden,1 über dessen eigentliche Ursachen mancherlei Spekulationen angestellt worden sind. Bis heute sind die Zusammenhänge nicht restlos geklärt. Dabei stehen sich im wesentlichen zwei Auffassungen gegenüber: Vor allem Silverbergs damalige engste Mitarbeiter, Dr. Otto Meynen2 und Gustav Brecht,3 betonen die ,,rein wirtschaftlichen“ Gründe und vertreten damit eine Version, die von der Unternehmerforschung weitgehend rezipiert worden ist.4 In der zeitgenössischen Publizistik,5 aber auch in einigen jüngeren wissenschaftlichen Studien, liegt der Akzent dagegen mehr auf einer primär politisch begründeten Ausschaltung Silverbergs, worauf nicht zuletzt die Koinzidenz von nationalsozialistischer Machtergreifung und Auflösung des Silverberg-Imperiums hindeute. 6 - In der Tat sind für beide Interpretationsvarianten plausible Argumente vorfindbar. Allerdings verweisen neue, hier erstmals mit hinzugezogene Dokumente zur Rheinbraun-Krise7 auf übergeordnete politische Zusammenhänge auch im Vorfeld der zunächst nur ökonomisch zu interpretierenden Kapitalüberfremdung des Silverbergschen Unternehmens. Die Rheinbraun-Krise 1932/33 steht in engem Zusammenhang mit dem in der Endphase der Regierung Brüning zustande gekommenen ,,Gelsenberg “-Geschäft:8 Friedrich Flick veräußerte dabei das sich in seinem Besitz befindliche Gelsenberg-Paket, mit dem er über die Präsenzmehrheit bei der ,,Gelsenkirchner Bergwerks-AG“ verfügte, zum Kurs von 90% bei einem Marktwert von nur 20% an das Reich. Damit war Gelsenberg faktisch zu einem Unternehmen der Öffentlichen Hand geworden. Für Silverberg war diese Transaktion insofern von Bedeutung, als die Gelsenkirchner Gesellschaft über einen erheblichen Besitz an Rheinischen Braunkohlenaktien von nominell 12-13 Millionen Mark verfugte. Um diese Aktien nicht an das Reich fallen zu lassen, das sonst mit knapp 10% an Rheinbraun beteiligt gewesen wäre, wurde das Braunkohlenpaket aus dem Gelsenberg-Handel 189 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

herausgenommen und durch Konsortial-Geschäft mit dem Flick-Konzern verankert.9 Dadurch erhielt jedoch Friedrich Flick die Position eines Großaktionärs bei der RAG, der nunmehr unter Hinzurechnung des bisher schon vorhandenen Besitzes der Charlottenhütte von nominell 8 Millionen Mark über insgesamt 21 Millionen Mark RAG-Aktien verfügte.10 Silverberg konnte darin allerdings zunächst noch keine Bedrohung der Rheinischen Braunkohle erblicken, da sich Flick (und Vögler) vor Abschluß des Geschäftes vertraglich verpflichtet hatten, zusammen mit dem AR-Vorsitzenden Silverberg und dem Vorstandsvorsitzenden Brecht „in wichtigen Fragen, die die R. A. G. betreffen, eine einheitliche Willensbildung herbeizuführen und hiernach sowohl die allgemeine Geschäftsführung zu orientieren, wie das Stimmrecht der von ihnen vertretenen Aktien in diesem Sinne einheitlich auszuüben.'' 11 Dieses sogenannte „Vierer-Abkommen“ vom 8. Juni 1932 stellte für Flick allerdings nur ein taktisches Zwischenspiel dar, um sein eigentliches Ziel, nämlich den Erwerb der ,,Harpener Bergbau AG“, zu erreichen.12 So bot Flick auch bald an, seine Anteile an der RAG gegen das 36 Millionen Paket Harpen-Aktien, über das Rheinbraun verfügte, zu tauschen, ein Handel, auf den Silverberg nicht eingehen konnte, ohne seine langfristig orientierte Unternehmenspolitik, die auf einen Verbund von Braunkohle und Steinkohle gerichtet war, ersatzlos preiszugeben. Als Silverberg sich hartnäckig weigerte, beschritt Flick einen anderen Weg, der ihn schließlich doch an das gewünschte Ziel brachte: er veräußerte seine gesamten RAG. Anteile an das „Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk AG“ (RWE), das schon lange an einer Erweiterung seiner Rohstoffbasis interessiert war und im übrigen die lästige Konkurrenz des Silverbergschen „Rheinischen Elektrizitätswerks im Braunkohlenrevier AG“ (REW) ausschalten wollte. Diese Transaktion hätte für Silverberg gleichwohl noch keine unmittelbare Gefahr bedeutet, da das RWE mit den Flick-Aktien allein in der Rolle eines Minderheitsaktionärs bei Rheinbraun verblieben wäre. Die entscheidende Wende, die den „Becher zum Überlaufen“ brachte, trat ein, als Fritz Thyssen sich ohne Not von einem noch aus der Zeit seines Vaters stammenden Traditionspaket der Rheinischen Braunkohle trennte, um dem RWE so zusammen mit dem Flickschen Anteil die angestrebte Mehrheit bei Rheinbraun zu verschaffen.13 Der Silverbergsche Konzern war damit faktisch zu einer Tochterunternehmung des RWE geworden. - Flick brauchte dann nicht lange zu warten, bis die RWE-Verwaltung ihm das Harpen-Paket der RAG, das Silverberg ihm so hartnäckig verweigert hatte, übereignete. Sicher ein überaus gelungenes Geschäft für Flick und das RWE, aber ein „tragischer Handel“ für Silverberg,14 der auf diese Weise in seinem eigenen Unternehmen die Mehrheit verloren hatte. „Was im Anfang ein Ausweichen vor der öffentlichen Hand sein sollte“, so ein interner Lagebericht der RAG, „wurde im Endeffekt ein Gesamtübergang der Rheinischen Braunkohle an ein gemischt-wirtschaftliches Unterneh190 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

men!“ 15 Der Rücktritt Silverbcrgs vom Vorsitz des AR der RAG nach der Generalversammlung des Unternehmens am 31. März 1933 war logisch und konsequent: er leitete gleich den vollständigen Rückzug des Industriellen aus allen wirtschaftlichen und geschäftlichen Betätigungen bis Ende 1933 ein. 16 Seine eigentliche politische Dimension erhält der Zusammenbruch des Silverberg-Imperiums durch die bisher unbeachtet gebliebene Rolle Fritz Thyssens. Dieser Zusammenhang ist auch in der Darstellung des Verhandlungsfuhrers der RAG, Gustav Brecht, übergangen worden. 17 In dem genannten Lage-Bericht der RAG von Mitte März 1933 wird auf diesen Punkt dagegen nachdrücklich hingewiesen: Es sei kaum ,,aufzuklären'', welche Gründe Thyssen zur Veräußerung der RAG-Aktien aus dem Erbteil seines Vaters veranlaßt hätten, insbesondere sei nicht zu sagen, ob ,,persönliche Antipathien eine Rolle spielten, oder ob Elemente anderer nicht wirtschaftlicher Art hinzutraten . . .“ 1 8 Auch Silverberg selbst, der Thyssen schon lange ein Dorn im Auge gewesen ist, 19 hat später angedeutet, daß der Intervention Thyssens gegen die Rheinische Braunkohle primär politische Motive zugrunde gelegen haben.20 Die Interpretation Brechts, daß Silverbergs „Entmachtung“ bei Rheinbraun ,,in keinerlei Zusammenhang“ mit der fast gleichzeitigen „Machtergreifung“ Hitlers stehe,21 bedarf also der Relativierung. Andererseits ist aber der Hinweis auf die Überspannung der Kapitaldecke der Rheinischen Braunkohle durch ein zu starkes Engagement bei Harpen nicht von der Hand zu weisen:22 Silverbergs Gefährdung 1932/33 resultierte gewiß auch aus seinen sehr ehrgeizigen, weitgespannten Planungen für ein großzügiges Verbundsystem von Braunkohle, Steinkohle und Energiewirtschaft; seine Niederlage jedoch ausschließlich aus einer unabwendbaren Zwangsläufigkeit gravierender unternehmerischer Fehlentscheidungen darstellen zu wollen - ,,qui trop embrasse mal étreint“ - , wie es Brecht23 und Meynen24 versucht haben, verdeckt die politischen Implikationen der RheinbraunKrise 1933. 2. Die „Gleichschaltung“ der IHK Köln Insbesondere die Vorgänge um die Ablösung Silverbergs als Präsident der IHK Köln verdeutlichen, daß die wirtschaftlichen Sachentscheidungen des Industriellen im Frühjahr 1933 und sein schließliches Resignieren nicht ohne den politischen Hintergrund der sich etablierenden nationalsozialistischen Diktatur begriffen werden können. Die Wahl zum Präsidenten der Industrie- und Handelskammer Köln am 21. Oktober 1932, in Nachfolge des verstorbenen Louis Hagen, war für Silverberg die „größte Auszeichnung“, die die Kaufmannschaft einer Stadt zu vergeben hatte und bedeutete ihm persönlich sehr viel. 25 Silverbergs 191 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

engagierte Tätigkeit in diesem Gremium26 war jedoch nur von kurzer Dauer: Schon bald nach der Machtergreifung begannen kaum verdeckte Intrigen, die auf seine Ablösung vom Präsidium der Kammer zielten. Dabei spielte Kurt Freiherr von Schroeder, in dessen Hause die entscheidende Zusammenkunft von Hitler und Papen am 4. Januar 1933 stattgefunden hatte, eine wenig rühmliche Rolle. Nachdem Schroeder, den Bracher zutreffend als „ehrgeizigen, rücksichtslosen Opportunisten'' charakterisiert,27 am 1. Februar 1933 (!) der NSDAP beigetreten war, richtete er seine weiteren Aktivitäten zunächst auf persönlichen Macht- und Prestigegewinn im engeren Kölner Raum. So erschien v. Schroeder im Anschluß an die Plenarsitzung der IHK Köln am 13. März 1933 bei Silverberg und dem 1. Geschäftsführer der Kammer, Dr. Schmitz-Sieg, um seinen Anspruch auf den Vorsitz geltend zu machen.28 Offenbar sah Schroeder nach der am gleichen Tag vollzogenen Amtsenthebung des damaligen Kölner Oberbürgermeisters Dr. Adenauer29 auch seine Stunde gekommen. Dabei ist auch ein Zusammenhang mit der Rheinbraun-Krise, die Mitte März 1933 in ihr entscheidendes Stadium trat, 30 nicht unwahrscheinlich: Immerhin ist auffällig, daß die RWE-Gruppe unter Führung Vöglers über den anhaltenden Widerstand Silverbergs gegen die Übernahme der Braunkohle durch das RWE zunehmend ungehalten war und nunmehr starken Druck einsetzte,31 um Silverberg zum Einlenken zu bewegen. Auch die Entfernung Adenauers konnte der Vögler-Gruppe nicht ungelegen kommen, führte doch der Kölner Oberbürgermeister die Opposition der freien RAG-Aktionäre gegen die Politik des RWE an. 32 Jedenfalls teilte Schroeder Silverberg und Dr. Schmitz-Sieg mit, daß am nächsten Tage, also am 14. März, ein Staatskommissar die ,,Aufsicht und Kontrolle über die laufende Arbeit der Kammer4433 übernehmen werde. Dr. Schmitz-Sieg setzte sich daraufhin mit dem Staatssekretär Dr. Claussen im Ministerium für Wirtschaft und Arbeit sowie dem Regierungspräsidenten in Köln telefonisch in Verbindung und erhielt den Bescheid, ,,daß irgendeine Sonderaktion gegen die Kammer nicht in Frage käme, insbesondere nicht, daß etwa ein Staatskommissar eingesetzt würde44. Gleichwohl erschien Schroeder am Mittag des 14. März erneut in der Geschäftsführung der Kammer und teilte mit, daß ,,die Gauleitung doch bäte, daß der Präsident von seinem Amte zurückträte, ferner, daß sie Wert darauf lege, daß v[on] Schf[roeder] das Präsidium übernehme''. Am gleichen Tage versicherte der Kölner Regierungspräsident dem Vizepräsidenten der IHK Köln, Franz Proenen, nochmals, daß keine ,,Aktionen'' gegen die Kölner Kammer geplant seien und im übrigen ein ,,Mißverständnis44 vorliegen müsse. Schroeder ließ sich jedoch nicht beirren und erkundigte sich bei Dr. Schmitz-Sieg nach in Berlin kursierenden Gerüchten, daß er, Schroeder, das Präsidium der Kammer übernommen habe. Abermals mußte der 192 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Geschäftsführer der IHK Köln Schroeder unter Hinweis auf die Stellungnahme des Staatssekretärs und des Regierungspräsidenten enttäuschen. Schroeder, der jetzt merkte, daß er zu früh losgeprescht war, zeigte sich dann verwundert darüber, „wie es denn möglich sei, daß ein solches Gerücht überhaupt aufkäme“, da er doch nie den Rücktritt Silverbergs verlangt habe. Er bitte, auch den amtierenden Präsidenten davon in Kenntnis zu setzen. Auf das Verlangen Dr. Schmitz-Siegs, Schroeder möge die Mitteilung an Silverberg ,,zur Vermeidung weiterer Missverständnisse“ wörtlich formulieren, äußerte sich dieser wie folgt: ,,Ich teile Ihnen durch Herrn Dr. Schmitz-Sieg mit, dass die Auffassung der Gauleitung, die mir durch Herrn Dr. Schmidt bekannt wird, dahin geht, dass auf die Dauer wohl die Persönlichkeit des Handelskammerpräsidenten nicht tragbar wäre, dass aber übereilte Schritte nicht vorgenommen werden sollten. Eine Bitte der Gauleitung, dass er sein Amt niederlegen sollte, ist nicht ausgesprochen worden.'' 34 Damit war klar, daß die Tage Silverbergs als Präsident der IHK Köln gezählt waren. Schroeder war Mitte März 1933 wohl noch etwas zu voreilig, als er glaubte, sich selbst im Handstreich in die begehrte Position bringen zu können. Weil die Gauleitung die Unruhe in der Bevölkerung über die Amtsenthebung Konrad Adenauers durch ein ähnliches Vorgehen gegen Silverberg nicht unnötig verstärken wollte, hielt sie den drängenden Schroeder vorerst noch zurück. 35 Der dreitägige ,,Judenboykott“ vom 1.3. April 1933 brachte auch für die Kölner IHK die Entscheidung: Im Rahmen der im ganzen Reich durchgeführten „Gleichschaltung“ der Wirtschaft traten die Präsidien der Industrie- und Handelskammern entweder geschlossen zurück oder wurden ,,durch Ausscheiden der jüdischen Mitglieder und den Eintritt von nationalsozialistischen Mitgliedern umgeschaltet.“36 Schroeder hatte sein Ziel erreicht.37 Als „Nachfolger“ Silverbergs übernahm er den Vorsitz der Kölner Kammer, den er bis 1945 innehatte.38

3. Die „Judenpolitik“ des Dritten Reiches und die Haltung der Großindustrie Auch der Rücktritt Silverbergs vom Stellvertretenden Vorsitz des Reichsverbandes ist im Zusammenhang der ersten planmäßig organisierten Aktion des NS-Systems zur Ausschaltung der jüdischen Staatsbürger in Deutschland zu sehen.39 Zwar kam Silverberg durch die Niederlegung seines RDI-Amtes bereits am 29. März 1933 der nationalsozialistischen Terrorpolitik um wenige Tage zuvor, 40 aber dies war eher von formaler Bedeutung: Staatlicher Zwang, auch im Falle Reichsverband von Hitler getragen und gebilligt, setzte der Tätigkeit der jüdischen RDI-Mitglieder 193 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

in Präsidium und Geschäftsführung ein Ende: Das von Dr. Otto Wagener aus dem Verbindungsstabe der NSDAP im Zuge der ,,Gleichschaltungsaktion'' vom 1. April vorgebrachte Ultimatum, daß neben Geheimrat Kastl wegen seiner ,, bisherigen Ablehnung der nationalsozialistischen Bewegung'' die Stellvertretenden RDI-Vorsitzenden Dr. Silverberg und Dr. Kraemer, die Präsidialmitglieder Piatscheck, Pietrkowski, von Simson und Sobernheim sowie die Syndici Dr. Loening, Dr. Singer und Dr. Veit als ,,Mitglieder jüdischer Rasse'' sofort von ihren Funktionen zu entbinden seien,41 stellte einen beispiellosen Affront der industriellen Spitzenorganisation dar.42 Der Nationalsozialismus konnte bei seiner Maßnahmepolitik gegen jüdische Unternehmer auf ein tragfähiges antisemitisches Potential innerhalb der Großindustrie nicht zurückgreifen. In den Denkschriften, Publikationen sowie internen Materialien der Industrieverbände finden sich zumindest für die Weimarer Zeit keine diesbezüglichen Anhaltspunkte. Charakteristisch ist, daß vor allem aus Kreisen konservativer Schwerindustrieller noch der energischste Protest gegen die judenfeindliche Politik des NS-Regimes laut wurde. Die Absetzung Silverbergs vom Vorsitz der Kölner Handelskammer wurde so zuallererst von Emil Kirdorf scharf angeprangert. In einem offenen Brief an die ,,Rheinisch-Westfälische Zeitung44 in Essen distanzierte sich Kirdorf, nachdem er Silverberg zuvor seine persönliche Solidarität bekundet hatte, in aller Form von der Wiederbelebung des Antisemitismus durch den Nationalsozialismus.43 Kirdorf schrieb: „Als ein Verbrechen erachte ich das unmenschliche Unmaß der fortgesetzten antisemitischen Hetze. Eine große Anzahl um Deutschland verdienter Menschen, deren Familien seit Jahrhunderten hier eingebürgert sind, hat man in grausamer Weise deklassiert und ihnen den Boden unter den Füßen weggenommen . . . Der Dolchstoß, den man diesen wertvollen Menschen versetzt hat, hat auch mich getroffen. Jetzt ist meine Hoffnung dahin, mein Vertrauen, ein neues, unbeflecktes, stolzes Deutschland noch zu erleben.“44 Paul Reusch hatte bereits in seinen ,Richtlinien'' für die „Münchner Neuesten Nachrichten44 im Frühjahr 1932 die ,»Achtung vor jeder religiösen Überzeugung'' für unabdingbar erklärt und lehnte die judenfeindliche Politik des NS-Staates ebenfalls grundsätzlich ab. 45 Kennzeichnend in diesem Zusammenhang ist auch, daß die Ruhrlade, das „Geheime Kabinett44 der Schwerindustrie der Weimarer Republik, ihre Juni-Sitzung 1933 auf den ,Hoverhof Silverbergs verlegte und damit nachdrücklich demonstrierte, daß von den hier versammelten Industriellen (unter ihnen sowohl Thyssen als auch Vögler) der Hitlersche Antisemitismus nicht vorbehaltlos akzeptiert wurde. 46 Im Reichsverband selbst sprach sich vor allem der Stellvertretende Vorsitzende Georg Müller-Oerlinghausen am entschiedensten gegen die 194 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Eingriffe des NS-Regimes aus: Der RDI könne und dürfe „niemals eines Einverständnisses mit der unerhörten Disqualifikation und Bedrückung des deutschen Judentums geziehen werden, wenn er noch ein moralisches ,standing' beanspruchen“ wolle. 47 Unter Führung des Reichsverbandsvorsitzenden Krupp setzte sich jedoch eine problematische „Appeasement“Strategie durch, die die Diskriminierung der jüdischen Industriellen kritiklos hinnahm. 48 Zwar rief Krupp am 23. Mai 1933 zu einer vertraulichen Besprechung über die ,,Rassenfrage'' zusammen, 49 irgendwelche greifbaren Ergebnisse wurden aber nicht erzielt. So blieb schließlich als einzige Form des „Widerspruchs“ die Fortführung privater Kontakte zu den öffentlich desavouierten Berufskollegen.50 Der Anpassungsprozeß an die Ideologie des Nationalsozialismus vollzog sich indes erstaunlich schnell. So ließ sich der im Juni 1933 neugegründete ,,Reichsstand der Deutschen Industrie“ ohne erkennbare Skrupel zum willfährigen Sprachrohr des Ministeriums für „Volksaufklärung und Propaganda“ machen: Dabei wurde die chemische Industrie zum Vorreiter, indem sie durch den ,,Reichsstand“ eine ausführliche Denkschrift zur „Abwehr ausländischer Boykottbewegungen“ 51 verbreiten ließ, die die ideologische Rechtfertigung der antisemitischen Aktionen vom 1. bis 3. April nachlieferte. Diese sich scheinbar seriös gebende, der Tendenz nach aber von übelster Demagogie geprägte Materialsammlung enthielt u. a. eine Zusammenstellung über den jeweiligen jüdischen Anteil in einzelnen Berufsgruppen, darunter auch die Bereiche Bankwesen und Industrie. Hier stellte die Denkschrift fest: ,,Stets ist das Bestreben der Juden stark gewesen, Eingang in die Geldwirtschaft zu finden“. So seien vor allem die Banken „in ihrer Leitung jüdisch bzw. verjudet“. Im Rahmen einer Aufstellung jüdischer Aufsichtsratsinhaber führte die Schrift neben anderen Industriellen und Bankiers auch Paul Silverberg namentlich auf, mit der Schlußfolgerung, ,,daß das Unternehmertum in starkem Umfange jüdischem Finanzeinfluss“ unterliege. 52 Die Ursache für die „ausserordentliche Ausbreitung des jüdischen Einflusses“ in Deutschland erkannte die Denkschrift in der Revolution von 1918: Seit dieser Zeit hätten sich die Verhältnisse insofern geändert, „als die Sozialdemokratie ihren politischen Machteinfluss dazu benutzt“ habe, „der Judenschaft im allgemeinen einen ihr nach ihrem Verhältnis zur Bevölkerungszahl nicht zustehenden Einfluss im öffentlichen Leben . . . zuzugestehen.“53 Der notwendige Kampf gegen „das jüdische Vordringen“ sei dabei, so die Denkschrift in bewußter Abhebung auf die antisozialistischen und antigewerkschaftlichen Grundtendenzen innerhalb der vorherrschenden Unternehmerideologie, auch die „logische Folge“ der „vielfachen Zusammenhänge zwischen Marxismus und Kommunismus einerseits und dem Weltjudentum andererseits.“ „Gegen diese Einflüsse der jüdischen Bevormundung des deutschen Geisteslebens, der Gestaltung der deutschen Politik und des Überhandnehmens der Korruption“ wende 195 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

„sich das neue Deutschland. Es wird in Zukunft nicht mehr geduldet werden, dass Juden in verhältnismässig hohem Masse Beamten-, Richter-, Lehrer- usw. Stellen einnehmen und dadurch einen ihrem Verhältnis zur Gesamtbevölkerung nicht entsprechenden Einfluss in Deutschland gewinnen. ''54 Der „ Reichsstand der Deutschen Industrie“ zeichnete wohl für die Abfassung dieser Hetzschrift nicht unmittelbar verantwortlich. Es bleibt aber bemerkenswert, daß er die Thesen der „Materialsammlung“ den angeschlossenen Organisationen als Argumentationshilfe zur Rechtfertigung von „gewissen Eingriffen“ der Reichsregierung in der „Judenfrage“ vorbehaltlos anempfahl.55

4. Silverberg in der Emigration Silverbergs Abkehr vom Arbeitsgemeinschaftsgedanken im Sommer 1932, die Fortschreibung der Dresdner Konzeption durch den Austausch von Sozialdemokratie gegen Nationalsozialismus, schließlich sein praktisches Eintreten für eine Kanzlerschaft Hitlers mag gerade aus der Perspektive der späteren persönlichen Betroffenheit als tragisch anmutender, allerdings fundamentaler politischer Irrtum erscheinen. Der objektive Widerspruch zwischen der Option für den Nationalsozialismus 1932 und den direkt erfahrenen Folgewirkungen nach 1933 wirft die Frage nach Rezeption und Verarbeitung des etablierten faschistischen Systems durch Silverberg auf. Von den wenigen Stellungnahmen Silverbergs zur Politik der NSDAP nach der Machtergreifung' verdient seine Eröffnungsrede anläßlich der Vollversammlung der IHK Köln am 13. März 1933 besondere Beachtung. Silverberg erklärte dabei in seiner Eigenschaft als Präsident der Kammer zur politischen Entwicklung in Deutschland: „Es ist. . . nicht die Aufgabe der Industrie- und Handelskammer, zu rein politischen Fragen Stellung zu nehmen. Aber es ist unsere Aufgabe, bei politischen Ereignissen, welche so große Bedeutung haben werden, hier zum Ausdruck zu bringen, daß alle Kreise der Kölner Kaufmannschaft. . . von starker Liebe zu unserem Vaterland beseelt sind und sich an nationaler Gesinnung und Einstellung auf die nationalen Notwendigkeiten unseres Landes von niemand übertreffen lassen . . . Wir stehen in diesem Sinne in vollem Umfange hinter der Erklärung des Herrn Reichskanzlers56, die dahin geht, daß das Wirtschaftsleben gefördert wird und die Ruhe aufrecht zu erhalten ist, damit Handel und Wandel gedeihen, damit unserem Lande und allen seinen Einwohnern eine glückliche Zukunft in zufriedener Lebenshaltung beschieden sein möge.“ 57 Eine gewisse Sorge klingt in diesen Worten wohl mit, ein politisches Konzept gegen die Befürchtung, in der zukünftigen Entwicklung übergangen zu werden, entwickelte Silverberg aber nicht. In diesem Zusammen196 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

hang ist von besonderem Interesse, daß sein Kölner Mitarbeiter Dr. Bauer zuvor die Anregung gegeben hatte, in Anknüpfung an die Dresdener Rede von 1926 die Veranstaltung der IHK Köln dazu zu benutzen, um von dieser Bühne öffentlich zu einer Erneuerung der Zentralarbeitsgemeinschaft aufzurufen.58 Silverberg ging darauf nicht ein und machte damit auch klar, daß für ihn der Arbeitsgemeinschaftsgedanke, der im Februar und März 1933 in RDI und DIHT erneut aufgegriffen und aktualisiert worden war, 59 keine Perspektive mehr hatte. Ende 1933 verließ Silverberg, der sich inzwischen aus allen Geschäften zurückgezogen hatte, Deutschland und nahm seinen Wohnsitz in der Schweiz. Wie viele andere deutsche Staatsbürger aus politischen' oder ,rassischen' Gründen zur Emigration gezwungen, verharrte Silverberg in andauernder Loyalität gegenüber dem Hitler-Regime, ohne jemals eine angemessene Distanz zu den Ereignissen im Reich gewinnen zu können.60 So lehnte der Industrielle auch 1934 ein durch die ,,Notgemeinschaft Deutscher Wissenschaftler im Ausland'' vermitteltes, ihn zunächst sehr interessierendes Angebot, die Oberleitung für den Wirtschaftsaufbau in der Türkei zu übernehmen, ab, weil er seine Entscheidung von einer offiziellen Zustimmung der nationalsozialistischen Reichsregierung abhängig gemacht hatte. 61 Der spätere Versuch Hermann Rauschnings, Silverbergs Mithilfe zu gewinnen, um Hitler „Einhalt'' zu gebieten, ,,bevor es zu einer totalen Zerstörung Deutschlands kommen würde“, 62 scheiterte vollständig. Silverberg entwickelte in einem durch Dr. Brettauer arrangierten Gespräch, das im Herbst 1938, nach der „Reichskristallnacht'' in seiner Villa in Lugano stattfand,63 Vorstellungen, die durchaus in Kontinuität altbekannter ideologischer Strukturmuster standen, in ihrer Pointiertheit aber überraschen müssen: Nach den dem Verfasser gegenüber bestätigten64 Aufzeichnungen Rauschnings65 rechtfertigte Silverberg dabei sowohl die innere Struktur des nationalsozialistischen Regimes, insbesondere sein Integrationskonzept gegenüber der Arbeiterklasse, als auch die militärischexpansionistischen Ziele Hitlers, die als unabdingbare Voraussetzung für das weitere Wachstum der deutschen Industrie im Rahmen eines großeuropäischen Binnenmarktsystems anerkannt wurden. Die Zerschlagung der Gewerkschaften, so Silverbergs Argumentation, wäre völlig unnötig gewesen, wenn der Marxismus die Massen nicht blind gemacht hätte. ,,We ought to have gone out for some sort of reasonable Socialism, instead of Marxism - the English variety, if you like. The workman must have his representatives; no one will objeet to that. On the contrary, we want someone to negotiate with; we are not reactionaries.“66 Aber die „indoktrinierten'' Führer der Gewerkschaften hätten immer neue Forderungen gestellt; die Unternehmer, aber auch die Arbeiter, die 197 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

zuvor immer in Unruhe gehalten worden wären, mußten diese Leute einfach loswerden. Immerhin ginge es den Arbeitern jetzt insofern besser, als die ,,Nazi-Bosse“ mit ihnen reden könnten: diese seien keine „Doktrinäre“ und wüßten, daß man Feuer nicht ohne Kohle schüren, keine Arbeit geben, Löhne zahlen könne, ohne nicht selbst etwas zu verkaufen. Im übrigen hätten die Nationalsozialisten noch etwas anderes verstanden, nämlich daß wir einen Markt brauchten für unsere Güter, und daß wir ihn nicht durch Feilschen erhielten. Die deutsche Industrie brauche Europa, sie brauche den Osten. Das bedeute ,,war to the knife“, entweder die anderen oder die Deutschen müßten untergehen. An diesem Punkte breche die Solidarität der Arbeiter genauso zusammen wie der Pazifismus. Es gebe Brot und Arbeit entweder für die deutschen Arbeiter oder für die Tschechen und Polen, aber es gebe nicht genug für alle. Die anderen müßten zurück aufs Land gehen oder etwas anderes suchen. Die Industrie bleibe deutsches Monopol, und die Arbeiter seien daran genauso interessiert, daß es so bleibe, wie wir. Der Nationalsozialismus, so Silverberg resumierend, habe ,,seine Aufgabe erfüllt, wenn er nur diesen Gedanken in ihre Köpfe hämmere.“67 Silverbergs bitter gemeintes Fazit, daß die nationalsozialistische Bewegung die Welt hätte gewinnen können, ,,if it had not persecuted the Jews“, zeigte vollends das Fehlen einer politischen Entwicklung.68 Nach 1945 lehnte Silverberg, insbesondere von Adenauer eindringlich gebeten, eine Rückkehr in die rheinisch-westfälische Industrie ab. 69 Im Nachkriegsdeutschland sah Silverberg die „apokalyptischen Reiter über das Land gehen“, 70 wie 1918/19 drohe erneut die Gefahr der Sozialisierung: Was noch übrig sei, „werde zwischen Labour und sozialistischen deutschen Theoretikern zermahlen“.71 Silverberg beklagte die „doktrinäre und totalitäre Haltung der SPD“, 72 ferner die „amerikanische Ideologie“ gegen Syndikate und Kartelle, die in Wirklichkeit nur eine Fortsetzung der „zerstörenden Politik deutscher Emigranten“ sei,73 und hielt die Lage in seiner „rheinischen Heimat“ insgesamt für „trostlos''. 74 Im Spruchkammerurteil gegen Hjalmar Schacht in Stuttgart, nach dem Freispruch in Nürnberg, erkannte Silverberg „ein politisches Verfahren“, in dem Schacht für „1928/30 u[n]d seine Gegnerschaft gegen die sozialdemokratische Finanzpolitik Hermann Müllers und Hilferdings'' büße; auf diese Weise werde im deutschen Volk die „Idee des Rechtsstaats“ nicht wieder aufgerichtet.75 1951, anläßlich seines 75. Geburtstages in Lugano, beschwor Silverberg noch einmal die Weimarer Jahre, den gemeinsamen Kampf mit Hugo Stinnes für die „Freiheit'' des Bergbaus und der Schlüsselindustrien sowie die Kreditaktion der Bank für Industrieobligationen, die sogenannte „Osthilfe**, als die „Höhepunkte1* seines Lebens.76 Für Silverberg war die Zeit anscheinend stehen geblieben, die Perspektive von 1918 galt ihm noch nach Gründung der Bundesrepublik unverändert, ganz so, als hätten Nationalsozialismus, Judenverfolgung und Hitler-Krieg nicht stattgefunden. Kurz 198 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

vor seinem Tode 1959, in einem Brief an den seit Weimarer Tagen befreundeten Adenauer, notierte Silverbergs Tochter schließlich: „Es ist furchtbar zu sehen, was aus diesem vitalen und geistig regen Menschen durch die lange Emigration und damit verbundene Arbeitslosigkeit geworden ist.“ 77

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Ergebnisse Aus der vorliegenden Studie ergibt sich für das Verhältnis von Großindustrie, Staat und NSDAP in der Krise der Weimarer Republik 1930-1933 die zusammenfassende Beurteilung: 1. Die Großindustrie verfügte in dem „pluralistischen System organisierter Interessen'' des Weimarer Staates über weitreichende politische Einflußchancen. Sie konnte ihre Bedürfnisse wirksam organisieren und besaß zugleich die Fähigkeit, dem Gesamtsystem restriktive Bedingungen aufzuerlegen. Die Chance zur Durchsetzung von solchen ökonomischen oder politischen Zielen, die jenseits eines gemeinsamen Grundkonsensus innerhalb der Industrie lagen, war allerdings wesentlich eingeschränkt. Schwerindustrie und Leichtindustrie standen sich in der Weimarer Republik trotz vielfacher organisatorischer und interessenpolitischer Verschränkungen als tendenziell antagonistische Gruppierungen gegenüber. Während die Schwerindustrie vor allem durch den Bergbau-Verein, aber auch den mächtigen Regionalverband der Ruhrwirtschaft, den Langnam-Verein, ihren Einfluß geltend machen konnte, fehlten der verarbeitenden Industrie entsprechende Organisationsfiguren. Andererseits konnte diese Industriegruppe im DIHT, vor allem aber im Präsidium des RDI, ihr tatsächliches Gewicht zunehmend zum Ausdruck bringen und ihre dortige Führungsposition zu Beginn der Weltwirtschaftskrise weiter ausbauen. Keine der beiden industriellen Hauptgruppen verfügte angesichts dieser Voraussetzungen über die Chance, im Konfliktfalle ihre Strategie zu oktroyieren und gesamtverbindlich durchzusetzen. Die Kräfteverhältnisse innerhalb des industriellen Spektrums sind demnach durch die Betonung einer ,,Veto“-Position der Schwerindustrie nur unzureichend gekennzeichnet. Tatsächlich herrschte eher eine ,,Patt“-Situation zwischen den Polen der Industrie. Diese Konstellation prägte sich in der Krise noch deutlicher aus und war überdies überlagert von einem andauernden Spannungsverhältnis zur Landwirtschaft. Die Mechanismen zur Regulierung grundsätzlicher Konflikte innerhalb der Industrie und in ihrem Verhältnis zur Landwirtschaft waren 1932/33 kaum noch funktionsfähig. Dies dokumentierte sich u. a. im Gelsenberg-Streit im Sommer 1932 oder in der öffentlich ausgetragenen Fehde zwischen RDI und Reichslandbund im Januar 1933. 2. Die relative Autonomie des Staates verstärkte sich in der Weltwirtschaftskrise und spiegelte sich innenpolitisch im System der Präsidialkabinette wider. Dabei konnte die Exekutive auch grundlegende politische 200 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Entscheidungen gegen das Votum maßgeblicher Industriekreise durchsetzen: Für das Verhältnis von Ökonomie und Politik in der Übergangsphase zum autoritären Staat ist z. B. bemerkenswert, daß der ,,Reichsverband der Deutschen Industrie*1 das weitreichende verfassungspolitische Revisionskonzept Brünings zunächst nicht teilte und an einem formal-parlamentarischen System festhielt. Der Versuch des RDI, im Sommer 1930 und dann unmittelbar nach der Reichstagswahl vom 14. September 1930 auf eine Erneuerung der Großen Koalition hinzuwirken, scheiterte vor allem am Widerspruch des Kanzlers. Zu diesem Zeitpunkt dominierten damit die Vorgaben der politischen Führung, wenn auch die Industrie zuvor entscheidend zum Rücktritt des Kabinetts Hermann Müller beigetragen hatte. Die Abgehobenheit des politischen EntScheidungsprozesses im Präsidialsystem dokumentierte sich auch in wichtigen Teilbereichen staatlicher Krisenpolitik. So wurde Brünings überzogene Deflationspolitik, die dem Primat der Außen- bzw. Reparationspolitik bedingungslos untergeordnet war und die die sozialen Voraussetzungen für die großen Wahlerfolge der NSDAP 1932 mit schuf, ab Sommer 1931 von wichtigen Teilen der Wirtschaft nachdrücklich kritisiert, ohne daß die notwendige Kursänderung erfolgt wäre. 3. In der Präzisierung des Verhältnisses der Industriegruppen zum Nationalsozialismus vor 1933 bedarf das gegenwärtig vorherrschende Sil— verberg-Bild einer grundlegenden Revision. Die Auffassung, daß Silverberg den Versuch Reichskanzlers von Schleicher, die NSDAP zu spalten und Gregor Strasser aus der Partei herauszulösen, als einziger Ruhrindustrieller aktiv unterstützt habe und auch bereit gewesen sei, in einem Schleicher-Strasser-Kabinett als Minister mitzuarbeiten, um die Machtübernahme durch Hitler zu verhindern, ist in mehrfacher Hinsicht unzutreffend: Zunächst entspricht die in diesem Zusammenhang betonte beinahe vollständige Isolierung der Schleicher-Regierung innerhalb der Industrie nicht der Quellenlage. Dies wird z. Β. auch durch das Eintreten der RDI-Führung und des DIHT für ein Verbleiben des Kabinetts Ende Januar 1933 unterstrichen. Gegenüber den gängigen Darstellungen zur politischen Position Silverbergs 1932/33 ist hervorzuheben, daß der Industrielle und die ihm nahestehenden „Deutschen Führerbriefe“ ab Sommer 1932 nachdrücklich für eine Regierungsbeteiligung der NSDAP und für eine Kanzlerschaft Hitlers votierten. Das Werben des Silverberg-Kreises um den Strasser-Flügel der NSDAP bedeutete nicht Infragestellung des Führungsanspruchs Hitlers, sondern entsprach einer wohl kalkulierten Doppelstrategie, die den Ablösungsprozeß der Gewerkschaften von der Sozialdemokratie und ihre Umorientierung auf den Nationalsozialismus zu beschleunigen suchte. Insgesamt bleibt festzuhalten, daß die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler bei gespaltener Industriefront erfolgte. Der offenbare Sieg der Thyssen-Gruppe und die Unterordnung der gemäßigten Schwerindustrie 201 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

und der Exportindustrie stellte dabei nicht Voraussetzung und Ursache der Machtergreifung dar, sondern war im Gegenteil deren Folge. 4. Für die Frage nach dem strukturellen Zusammenhang von Kapitalismus und Faschismus ist kennzeichnend, daß die Großindustrie auch in der offenkundigen Krise des überkommenen Wirtschaftssystems am Modell des liberalen Kapitalismus festhielt und die Störungen im ökonomischen Reproduktionsprozeß auf die politisch-soziale Ordnung von 1918/19 zurückführte. Dies wurde im Kampf gegen den „Staatsinterventionismus“, zuerst gegen die unmittelbare Vergesellschaftung der Schlüsselindustrien, dann gegen die ,,Kalte Sozialisierung“ zum Ausdruck gebracht. Die Gebrochenheit der liberalen Ideologie dokumentierte sich vor allem in der Haltung gegenüber den Gewerkschaften und in der Sozialpolitik. Die offene Gewerkschaftsfeindlichkeit der NSDAP, ihr Abheben auf Grundelemente der Unternehmerideologie wie „Persönlichkeit“, „Führerprinzip“ und „starker Staat“ wurde von großen Teilen der Industrie nachdrücklich begrüßt. Andererseits stieß der Nationalsozialismus als verstärkt interventionistisch agierendes System allgemein auf Ablehnung, ganz abgesehen von den massiven Gegensätzen im Bereich der Finanz- und Währungspolitik, insbesondere aber in der Frage Weltmarktorientierung oder Autarkie. Die Umstellung auf das nationalsozialistische Wirtschaftssystem im Frühjahr 1933 war Ergebnis einer „terroristischen Konsensbildung“ und erfolgte durch illegalen Eingriff des NS-Staates in die wirtschaftlichen Interessenverbände bei gleichzeitiger Ausschaltung der Industrie-Opposition. Die Einschränkung der Unternehmerkompetenz und die Neuorientierung vor allem in der Handelspolitik konnten allerdings durch die Ankündigung forcierter Rüstungsprogramme in Verbindung mit einer am Unternehmerinteresse orientierten Lohn- und Sozialpolitik beinahe reibungslos kompensiert werden. Eine Gesamtinterpretation der Auflösung der Weimarer Republik und der Herausbildung der nationalsozialistischen Diktatur, die diesen Prozeß vornehmlich aus der Perspektive struktureller Identitäten zwischen Kapitalismus und Faschismus erklären will und vor allem als Ergebnis großindustrieller Aktivitäten für eine Kanzlerschaft Hitlers sieht, greift zu kurz und verdeckt wesentliche Ursachenzusammenhänge: Hier müßten unter Hervorhebung des Primats der Politik im Entscheidungsprozeß 1930-33 vor allem Probleme im Rahmen eines gestörten gesellschaftlichen Umschichtungsprozesses in Deutschland stärker in den Vordergrund gerückt werden. Der Erfolg des Nationalsozialismus ist ohne das Bündnis mit den vom Abstieg bedrohten alten Eliten der Großlandwirtschaft, aber auch der Militäraristokratie und anderer Gruppen des Großbürgertums unter Mitwirkung von Bürokratie, Justiz und Staatsverwaltung bei ideologischer Wegbereitung durch antidemokratische und antiliberale Intellektucllenzir202 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

kel nicht zu denken. Die Machtergreifung stellt sich so nicht zuletzt als der gescheiterte Versuch dieser Kräfte dar, ihrer sozialen Deklassierung durch die „Einspannung“ der NSDAP entgegenzuwirken. Die Offensive großer Teile der Wirtschaft gegen Demokratie, Parlamentarismus und Weimarer Staat hat zum Sieg des Nationalsozialismus gewiß wesentlich beigetragen, erklärt aber nicht ursächlich die „deutsche Katastrophe'' in der Übergangsphase zur modernen Industriegesellschaft.

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Anmerkungen Einleitung 1 Deutsche Führerbriefe. Politisch-wirtschaftliche Privatkorrespondenz (DFB), Jg. 5, Nr. 72 u. 73 vom 16. u. 20. Sept. 1932. Zum Stellenwert der Führerbriefe und zur Kontroverse um Alfred Sohn-Rethel und seine Interpretation des hier genannten Artikels siehe Kap. XII, S. 159f., S. 160f. 2 M. Horkheimer, Die Juden und Europa, in: Zs. f. Sozialforschung, Jg. 8, 1939, S. 115-37, hier S. 115. 3 Siehe vor allem; Totalitansmus und Faschismus. Eine wissenschaftliche und politische Begriffskontroverse. Kolloquium im Institut für Zeitgeschichte am 24. November 1978, München 1980. Sehr guter Überblick über den Gang der Faschismusdiskussion immer noch bei W. Wippermann, Faschismustheorien. Zum Stand der gegenwärtigen Diskussion, Darmstadt 1972. Zu neueren Entwicklungen vgl. u. a. Η. Α. Winkler, Revolution, Staat, Faschis­ mus. Zur Revision des Historischen Materialismus, Göttingen 1978, S. 65 ff. oder K. Hildebrand, Das Dritte Reich, München 1979, S. 117 ff. 4 Thesenreferat von K. D. Bracher, in: Totalitarismus, S. 10-17, hier S. 16. Noch grundsätzlicher E. Nolte, in: ebd., S. 28-31, der mit der Behauptung oder Verwerfung eines vertieften Totalitarismusbegnffs das zukünftige Schicksal der „freiheitlichen Gesellschaft'' des Westens verbunden sieht. Vgl. auch: K. D. Bracher, Zeitgeschichtliche Kontroversen. Um Faschismus, Totalitarismus, Demokratie, München 1976; ders., Die Auflösung der Weimarer Republik. Eine Studie zum Problem des Machtverfalls in der Demokratie, Villingen 19715; ders., Die Deutsche Diktatur. Entstehung, Struktur, Folgen des Nationalsozialismus, Frankfurt 19796; ferner E. Nolte, Der Faschismus in seiner Epoche. Die Action française. Der italienische Faschismus. Der Nationalsozialismus, München 1963; ders., Die Krise des liberalen Systems und die faschistischen Bewegungen, München 1968 sowie ders., Marxismus, Faschismus, Kalter Krieg. Vorträge und Aufsätze 1964-1976, Stuttgart 1977. 5 Hildebrand, S. 132-46, hier S. 145. Siehe auch: A. Hillgruber, Tendenzen, Ergebnisse und Perspektiven der gegenwärtigen Hitler-Forschung, in: HZ, Bd. 226, 1978, S. 600-21. 6 Thesenreferat von H. Mommsen, in: Totalitarismus, S. 18-27, hier S. 21 u. 26. Vgl. auch ders., Die Auflösung der Weimarer Republik und die nationalsozialistische Machteroberung, in: Politische Bildung, Jg. 5, 1972, S. 1-16 sowie ders., Zur Verschränkung traditioneller und faschistischer Führungsgruppen in Deutschland bei Übergang von der Bewegungs- zur Systemphase, in: W. Schieder (Hg.), Faschismus als soziale Bewegung. Deutschland und Italien im Vergleich, Hamburg 1976, S. 157-81. 7 J . Kocka, Ursachen des Nationalsozialismus, in: APZ, Beilage 25, 1980, S. 3-15. Vgl. auch Thesenreferat, in: Totalitarismus, S. 39—44. 8 Thesenreferat von W. Schieder, in: Totalitarismus, S. 45-49. 9 Thesen und Beschlüsse des XIII. Plenums des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale vom Dezember 1933, zit. nach E. Lewerenz, Zur Bestimmung des imperialistischen Wesens des Faschismus durch die Kommunistische Internationale (1922 bis 1935), in: D. Eichholtz u. K. Goßweiler (Hg.), Faschismusforschung. Positionen, Probleme, Polemik, Köln 1980, S. 21-47, hier S. 41. 10 A. Thalheimer, Grundlagen und Wege der faschistischen Entwicklung in Deutschland,

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Anmerkungen zu Seite 10-13 in: „Gegen den Strom“, Jg. 3, 1930, Nr. 17. Abgedruckt in: Der Faschismus in Deutschland. Analysen der KPD-Opposition in den Jahren 1928-1933, Frankfurt 1973, S. 77-91, hier S. 87. 11 Vgl. K. H. Tjaden, Struktur und Funktion der „KPD-Opposition“ (KPO). Eine organisationssoziologische Untersuchung zur „Rechts“-Opposition im deutschen Kommunismus zur Zeit der Weimarer Republik, Meisenheim 1964. Rechtfertigungsversuch der Sozialfaschismusthcorie neuerdings wieder bei J . Schleifstein, Die „Sozialfaschismus“-These. Zu ihrem geschichtlichen Hintergrund, Frankfurt 1980. Vgl. im übrigen Wippermann, S. 11 ff. 12 A. Thalheimer, Die Krise des Parlamentarismus - das Vorspiel zur Krise der bürgerlichen Herrschaft, in: ,,Gegen den Strom“, Jg. 2, 1929, Nr. 10. Abgedruckt in: Faschismus, S.54. 13 A. Thalheimer, Über den Faschismus, in: „Gegen den Strom“, Jg. 3, 1930, Nr. 2, 3, 4, in: ebd., S. 28-46. Geringfügig gekürzt auch in: W. Abendroth u. a. (Hg.), Faschismus und Kapitalismus. Theorien über die sozialen Ursprünge und die Funktion des Faschismus, Frankfurt 1967, S. 19-38, hier S. 31. 14 Thalheimer, Grundlagen, S. 87/88. 15 Vgl. ζ. Β. D. Eichholtz, Faschismus und Ökonomie. Zu Problemen der Entwicklung der Produktionsverhältnisse unter der faschistischen Diktatur, in: ders. u. Goßweiler, S. 49-72, hier S. 49. 16 J . Kuczynski, Studien zur Geschichte des deutschen Imperialismus, Bd. I: Monopole und Unternehmerverbände, Berlin 1948; ders., Die Geschichte der Lage der Arbeiter unter dem Kapitalismus, Teil 1, Bd. 16: Studien zur Geschichte des staatsmonopolistischen Kapitalismus in Deutschland 1918-1945, Berlin 1963. 17 K. Goßweiler, Großbanken, Industriemonopole, Staat. Ökonomie und Politik des staatsmonopolistischen Kapitalismus in Deutschland 1914-1932, Berlin 1971. 18 Zur kritischen Auseinandersetzung mit der Monopolgruppentheorie siehe vor allem E. Hennig, Materialien zur Diskussion der Monopolgruppentheorie. Anmerkungen zu Kurt Goßwcilers „Großenbanken, Industriemonopole und Staat“, in: NPL, Jg. 18, 1973, S. 170-93. Der Versuch der vorliegenden Untersuchung, die empirisch herausgearbeiteten Positionen der verschiedenen Industrieverbände und ihrer Repräsentanten in ein Gesamtspektrum einzuordnen (vgl. z. B. Kap. II, S. 43ff.; Kap. V, S. 80ff.; Kap. XI, S. 141 ff.), steht nicht im Widerspruch zur grundsätzlichen Kritik an der orthodox-marxistischen Monopolgruppeninterpretation. 19 Hennig, Materialien, S. 191. 20 E. Czichon, Wer verhalf Hitler zur Macht? Zum Anteil der deutschen Industrie an der Zerstörung der Weimarer Republik, Köln 1967. 21 E. Hennig, Industrie und Faschismus. Anmerkungen zur sowjet-marxistischen Interpretation, in: NPL, Jg. 15, 1970, S. 432-449, hier S. 438. 22 W. Ruge, Monopolbourgeoisie, faschistische Massenbasis und NS-Programmatik in Deutschland vor 1933, in: Eichholtz u. Goßweiler, S. 125-55. Siehe auch die ältere Kritik Ruges (ZfG, Jg. 17, 1969, S. 1621), Czichon habe „relativ untergeordnete Meinungsverschiedenheiten“ innerhalb der Monopolbourgeoisie überbetont. Vgl. hierzu im übrigen Wippermann, S. 22 ff. 23 E. Czichon, Der Primat der Industrie im Kartell der nationalsozialistischen Macht, in: Das Argument, Jg. 10, 1968, Nr. 47, S. 168 ff; D. Eichholtz u. K. Goßweiter, Noch einmal: Politik und Wirtschaft 1933-1945. in: ebd.. S. 210 ff. hier S. 218. 24 R. Griepenburg u. Κ. Η. Tjaden, Faschismus und Bonapartismus. Zur Kritik der Faschismustheorie August Thalhcimers, in: Das Argument, J g. 8, 1966, Nr. 41, S. 461-72. Siehe auch Abendroth, S. 9 ff. 25 T. W. Mason, Primat der Industrie?-Eine Erwiderung, in: Das Argument, Jg. 10, 1968, Nr. 47, S. 193 ff, hier S. 204. 26 E. Hennig, Thesen zur deutschen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 1933 bis 1938,

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Anmerkungen zu Seite 13-15 Frankfurt 1973, S. 125 ff. sowie ders., Bürgerliche Gesellschaft und Faschismus in Deutschland. Ein Forschungsbericht, Frankfurt 1977, S. 37 ff., S. 227 ff. 27 Η. Α. Winkler, Die „neue Linke“ und der Faschismus: Zur Kritik neomarxistischer Theorien über den Nationalsozialismus, in: ders., Revolution, S. 65-117. Zur Gegenposition siehe z. Β. R. Kühnl, Faschismustheorien. Texte zur Faschismusdiskussion 2. Ein Leitfaden, Hamburg 1979. 28 R. Hilferding, Die Aufgaben der Sozialdemokratie in der Republik, in: Sozialdemokratischer Parteitag Kiel 1927 (Protokoll), Berlin 1927, S. 165-184. 29 Η. Α. Winkler, Einleitende Bemerkungen zu Hilferdings Theorie des Organisierten Kapitalismus, in: ders. (Hg.), Organisierter Kapitalismus. Voraussetzungen und Anfänge, Göttingen 1974, S. 9-18; J . Kocka, Organisierter Kapitalismus oder Staatsmonopolistischer Kapitalismus? Begriffliche Vorbemerkungen, in: ebd., S. 19-35. 30 So Kocka in der Diskussion des Bochumer Symposiums 1973, in: H. Mommsen u. a. (Hg.), Industrielles System und politische Entwicklung in der Weimarer Republik. Verhandlungen des Internationalen Symposiums in Bochum vom 12.-17. Juni 1973, Düsseldorf 1974, S. 958. 31 Kocka, Kapitalismus, S. 28. 32 Dies bestätigte indirekt auch der Diskussionsvcrlauf des Bochumer Symposiums und der dortige Versuch, diesen Ansatz für die Weimarer Republik zu thematisieren und die Interdependenzcn zwischen industriellem System und politischer Entwicklung in Deutschland 1918-1933 genauer zu erfassen: Zur Intention der Konferenz siehe Mommsen, System, S. 20-23, zur methodologischen Diskussion S. 949 ff. 33 G. Feldman, Iron and Steel in the German Inflation 1916-1923, Princeton 1977; vgl. auch ders. u. H. Homburg, Industrie und Inflation. Studien und Dokumente zur Politik der deutschen Unternehmer 1916-1923, Hamburg 1977. Siehe im übrigen ders., Army, Industry and Labor in Germany 1914—1918, Princeton 1966; ders., The Social and Economic Policies of German Big Business 1918-1929, in: AHR, Bd. 75, 1969/70, S. 47-55, sowie ders., Aspekte deutscher Industriepolitik am Ende der Weimarer Republik 1930-1932, in: K. Holl (Hg.), Wirtschaftskrise und liberale Demokratie. Das Ende der Weimarer Republik und die gegenwärtige Situation, Göttingen 1978, S. 103-25. 34 Mommsen, System, S. 962/63. 35 J . Kocka, Angestellte zwischen Faschismus und Demokratie. Zur politischen Sozialgeschichte der Angestellten: USA 1890-1940 im internationalen Vergleich, Göttingen 1977; H.-J. Puhle, Politische Agrarbewegungen in kapitalistischen Industriegesellschaften. Deutschland, USA und Frankreich im 20. Jahrhundert, Göttingen 1975; H.-P. Ullmann, Der Bund der Industriellen. Organisation, Einfluß und Politik klein- und mittelbetrieblicher Industrieller im Deutschen Kaiserreich 1895-1914, Göttingen 1976. 36 Η. Α. Winkler, Organisierter Kapitalismus? Versuch eines Fazits, in: ders., Liberalismus und Antiliberalismus. Studien zur politischen Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, Göttingen 1979, S. 264-71, hier S. 271. 37 H. Kaelble, Industrielle Interessenpolitik in der Wilhelminischen Gesellschaft. Ccntralverband Deutscher Industrieller 1895-1914, Berlin 1967; S. Mielke, Der Hansa-Bund für Gewerbe, Handel und Industrie 1909-1914. Der gescheiterte Versuch einer antifeudalen Sammlungspolitik, Göttingen 1976. Siehe auch H.-J. Puhle, Agrarische Interessenpolitik und preußischer Konservatismus im Wilhelminischen Reich (1893-1914). Ein Beitrag zur Analyse des Nationalismus am Beispiel des Bundes der Landwirte und der Deutsch-konservativen Partei, Hannover 1966. Vgl. im übrigen Anm. 45. 38 B. Weisbrod, Schwerindustrie in der Weimarer Republik. Interessenpolitik zwischen Stabilisierung und Krise, Wuppertal 1978. 39 Ebd., S. 17/18. 40 Ch. S. Maier, in: Mommsen, System, S. 955 ff.

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Anmerkungen zu Seite 15-16 41 Weisbrod, Schwerindustrie, S. 17/18. 42 Allgemeiner Überblick zum Forschungsstand zuletzt bei D. Gessner, Das Ende der Weimarer Republik. Fragen, Methoden und Ergebnisse interdisziplinärer Forschung, Darmstadt 1978. Immer noch unverzichtbar K. D. Bracher u. a., Die nationalsozialistische Machtergreifung. Studien zur Errichtung des totalitären Herrschaftssystems in Deutschland 1933/34, Köln 19622, hieraus vor allem G. Schulz, Die Anfänge des totalitären Maßnahmenstaates. Aus der neueren Literatur ist zu nennen: D. Gessner, Agrardepression und Präsidialregierungen in Deutschland 1930-1932/33. Probleme des Agrarprotektionismus am Ende der Weimarer Republik, Düsseldorf 1977; ders., Die Agrarverbände in der Weimarer Republik. Politische und soziale Voraussetzungen agrarkonservativer Politik in der Zwischenkriegszeit, Wiesbaden 1976; V. Hentschel, Weimars letzte Monate. Hitler und der Untergang der Republik, Düsseldorf 1978, hieraus insbesondere der Abschnitt „Nationalsozialismus und Schwerindustrie in der Endphase der Weimarer Republik“, S. 102 ff.; H. Mommsen, Der Ruhrbergbau im Spannungsfeld von Politik und Wirtschaft in der Zeit der Weimarer Republik, in: Bl. f. dt. Landcsgeschichtc, Jg. 108, 1972, S. 160-75; H. Tammen, Die I.G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft (1925-1933). Ein Chemiekonzern in der Weimarer Republik, Berlin 1978; U . Wengst, Unternchmcrverbände und Gewerkschaften in Deutschland im Jahre 1930, in: VfZ, Jg. 25, 1977, S. 99-119; ders., Der Reichsverband der Deutschen Industrie in den ersten Monaten des Dritten Reiches, in: VfZ, Jg. 28, 1980, S. 94-110; Η. Α. Winkler, Unternehmer­ verbände zwischen Ständeideologie und Nationalsozialismus, in: VfZ, Jg. 17, 1969, S. 341-371; ders., Mittelstand, Demokratie und Nationalsozialismus. Die politische Entwicklung von Handwerk und Kleinhandel in der Weimarer Republik, Köln 1972; ders., Unternehmer und..Wirtschaftsdemokratie in der Weimarer Republik, in: Probleme der Demokratie heute, Opladen 1971 (PVS Sonderheft 2), S. 308-22; schließlich die wichtige Studie von M. Wolffsohn, Industrie und Handwerk im Konflikt mit staatlicher Wirtschaftspolitik? Studien zur Politik der Arbeitsbeschaffung in Deutschland 1930-1934, Berlin 1977. 43 Siehe dazu die Literaturberichte bei: D. Petzina,Hitler und die deutsche Industrie. Ein kommentierter Literatur- und Forschungsbericht, in: G W U , Jg. 17, 1966, S. 482-91; Hennig, Industrie, S. 432—449; ders., Das Verhältnis von Industrie und Nationalsozialismus. Bemerkungen zur Literatur, in: ders., Thesen, S. 238-53; Wippermann, S. 138-48; Gessner, Ende, S. 55, S. 108 f.; Hildebrand, S. 147 ff.;Kocka, Ursachen, S. 4 fi. Vgl. auch Kühnl, Faschismustheorien, S. 167 ff., S. 213 ff. 44 Η. Α. Turner, Faschismus und Kapitalismus in Deutschland. Studien zum Verhältnis zwischen Nationalsozialismus und Wirtschaft, Göttingen 1972, hier zit. S. 30; ders., Das Verhältnis des Großunternehmertums zur NSDAP, in: Mommsen, System, S. 919-31; ders., Großunternchmertum und Nationalsozialismus 1930-1933, in: HZ, Bd. 221, 1975, S. 18-68; ders., Hitlers Einstellung zu Wirtschaft und Gesellschaft vor 1933, in: GG, Jg. 2, 1976, S. 89-117, sowie H. Matzerath u. ders., Die Selbstfinanzierung der NSDAP 1930-32, in: GG, Jg. 3, 1977, S. 59-92. 45 Turner, Faschismus, S. 12. 46 Ebd., S. 27 ff., S . 3 0 . 47 Ders., Faschismus und Antimodcrnismus, in: ebd., S. 157-82. 48 H. A. Winkler, Hitler und die Herren der Ruhr, in: Die Zeit Nr. 19 vom 4. Mai 1973, S. 15/16. 49 J . Radkau, Industrie und Faschismus, in: NPL, Jg. 18, 1973, S. 258-64. 50 L. P. Lochner, Die Mächtigen und der Tyrann. Die deutsche Industrie von Hitler bis Adenauer, Darmstadt 1955 2 . 51 A. Heinrichsbauer, Schwerindustrie und Politik, Essen-Kettwig 1948. Beiden Arbeiten (Anm. 50) ist, trotz der zugegebenermaßen tendenziösen Darstellung, ein gewisser Quellenwert nicht abzusprechen.

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Anmerkungen zu Seite 16-18 52 G. W. Hallgarten u. J . Radkau, Deutsche Industrie und Politik von Bismarck bis heute, Frankfurt 1974. 53 Ebd., S. 10 ff. 54 G. W. Hallgarten, Hitler, Reichswehr und Industrie. Zur Geschichte der Jahre 1918-1933, Frankfurt 1955 2 . 55 D. Stegmann, Zum Verhältnis von Großindustrie und Nationalsozialismus 1930-1933. Ein Beitrag zur Geschichte der sog. Machtergreifung, in: AfS, Bd. 13, 1973, S. 399-482; ders., Die Silverberg-Kontroverse 1926, Unternehmerpolitik zwischen Reform und Restauration, in: H.-U. Wehler (Hg.), Sozialgeschichte heute, Festschrift für Hans Rosenberg zum 70. Geburtstag, Göttingen 1974, S. 594—610; ders., Kapitalismus und Faschismus in Deutschland 1929-34. Thesen und Materialien zur Restituierung des Primats der Großindustrie zwischen Weltwirtschaftskrise und beginnender Rüstungskonjunktur, in: Gesellschaft, Beiträge zur Marxschcn Theorie 6, Frankfurt 1976, S. 19-91; ders., Antiquierte Personahsierung oder sozialökonomische Faschismus-Analyse? Eine Antwort auf Η. Α. Turners Kritik an meinen Thesen zum Verhältnis von Nationalsozialismus und Großindustrie vor 1933; in: AfS, Bd. 17, 1977, S. 275-96. 56 Stegmann, Verhältnis, S. 399-402. 57 Siehe z. Β. U . Hörster-Philipps, Großkapital, Weimarer Republik und Faschismus. Konzeptionen und Aktivitäten des deutschen Industrie- und Bankkapitals zur Zerstörung des bürgerlichen Parlamentarismus und zur Errichtung der faschistischen Diktatur 1918-1933, in: R. Kühnl u. G. Hardach (Hg.), Die Zerstörung der Weimarer Republik, Köln 1977, S. 38-141; Hennig, Gesellschaft, S. 260 ff.; Ruge, Monopolbourgeoisie, S. 129, S. 143 ff., S. 149. 58 E. Hennig, Was heißt und zu welchem Ende studiert man Faschismus? in: Gesellschaft, Beiträge zur Marxschen Theorie 6, Frankfurt 1976, S. 14. 59 In seiner Abhandlung: Kapitalismus, S. 21-27, hat Stegmann den Versuch unternommen, dieses Defizit durch ein vorgeschaltetes Kapitel zur Entwicklung des Kapitalismus 1918-1929 abzubauen. 60 Ders., Verhältnis, S. 399-400. 61 Vgl. z. Β. ders., Silverberg-Kontroverse, S. 601. 62 Ders., Personahsierung, S. 277 ff. 63 Ders., Verhältnis, S. 441. 64 Ders., Kapitalismus, S. 25, S. 66. 65 Ders., Verhältnis, S. 441. 66 Ders., Kapitalismus, S. 59 ff, S. 68. 67 Ebd., im Untertitel der Abhandlung zum Ausdruck kommende These. 68 Turner, Großunternehmertum, S. 65/66. 69 Mason, Primat, S. 201/02. 70 Vgl. Stegmann, Kapitalismus, S. 57 f., sowie ders., Personalisierung, S. 295/96. Ausführliche Erörterung der Handelspolitik 1932/33 siehe u. a. Kap. X, S. 129 ff. 71 Ders., Kapitalismus, S. 55. 72 Siehe ausführlich Kap. XII, S. 165 ff 73 Stegmann, Verhältnis, S. 439. Ähnlich undeutliche Beschreibung der Bündniskonstellation vor und nach dem 30. Januar 1933 bei F. Fischer, Bündnis der Eliten. Zur Kontinuität der Machtstrukturen in Deutschland 1871-1945, Düsseldorf 1979, S. 72 ff. 74 Turner, Großunternehmertum, S. 50-56. Die Interpretation Turners bestätigt bei Hentschel, S. 102 ff, vor allem S. 124 ff. 75 Stegmann, Kapitalismus, S. 45 ff 76 Vgl. z. Β. Stegmanns Replik auf die sachlich fundierten Einwendungen Turners in: Personalisierung, S. 292 f., Anm. 86. Stegmann stützt seine weitreichende Argumentation lediglich auf eine mündliche Mitteilung von Familienangehörigen Helffcrichs, eines Mitgliedes des ,,Keppler-Kreises“ (ausführliche Erörterung dieser Thematik s. Kap. XI.).

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Anmerkungen zu Seite 18-20 77 Unkritische Rezeption der Stegmann-Version ζ. Β. bei Hennig, Gesellschaft, S. 260 f., oder Hörster-Phitipps, Großkapital, S. 93 f. 78 Vgl. Hennig, Gesellschaft, S. 287 f. 79 Ebd., S. 35 ff. 80 F. Klein, Zur Vorbereitung der faschistischen Diktatur durch die deutsche Großbourgeoisie (1929-1932), in: ZfG, Jg. 1, 1953, S. 872-904. 81 C. Böhret, Aktionen gegen die ,,kalte Sozialisierung“ 1926-1930. Ein Beitrag zum Wirken ökonomischer Einflußverbände in der Weimarer Republik, Berlin 1966. 82 These C. S. Maiers in: Mommsen, System, S. 955. 83 Mason, in: ebd., S. 965/66, ähnlich Petzina, in: ebd., S. 969/71. 84 Weisbrod, in: ebd., S. 970. Vgl. zuchders., Zur Form schwerindustrieller Interessenvertretung in der zweiten Hälfte der Weimarer Republik, in: ebd., S. 674-692. 85 C. Offe, Das pluralistische System von organisierten Interessen, in: H. J . Varain (Hg.), Interessenverbände in Deutschland, Köln 1973, S. 368-71. 86 Böhret, Aktionen, S. 103 ff. 87 Vgl. Kap. V, S. 85, Kap. XIII, S. 183. 88 Die bisherige Literatur zum Reichsverband ist, wie bereits ausgeführt, recht spärlich. F. Günther u. M . Ohlsen, Reichsverband der Deutschen Industrie (RDI) 1919-1933, in: D. Fricke ( H g ) , Die bürgerlichen Parteien in Deutschland, Bd. 2, Leipzig 1970, S. 580-619, liefern eine gut informierte Darstellung, die allerdings die Herausarbeitung interner Konflikte und Interessengegensätze zugunsten der Nachzeichnung einer einheitlichen Strategie zurücktreten läßt. Immer noch wichtig ist das beigefügte Quellen- und Literaturverzeichnis. Vgl. im übrigen die Auswahlbibliographie zu den Interessenverbänden in: Varain, S. 373 ff.; ferner H.P. Ulimann, Bibliographie zur Geschichte der deutschen Parteien und Interessenverbände, Göttingen 1978. 89 Vgl. D. Schäfer, Der Deutsche Industrie- und Handelstag als politisches Forum der Weimarer Republik, Hamburg 1966. 90 Vgl. J . Winschuh, Der Verein mit dem langen Namen. Geschichte eines Wirtschaftsverbandes, Berlin 1932. 91 Die Quellenlage für den Reichsverband der Deutschen Industrie ist, obwohl sein Berliner Zentralarchiv als verschollen gelten kann, insgesamt nicht ungünstig: Wichtige Verbandsakten finden sich zunächst in den Firmenarchiven bzw. in den Nachlässen der ehemaligen RDI-Präsidcnten, also für 1924/25-1931 (Carl Duisberg) im Bayer-Archiv Leverkusen, für 1931-33/34 (Krupp von Bohlen) im Krupp-Archiv Villa Hügel. Relativ geschlossen erhalten ist der Bestand der Fachgruppe Bergbau (Bergbau Archiv, Bochum), Restakten des ,,Vereins Deutscher Eisen- und Stahlindustrieller“ (VDEStI) liegen im BA Koblenz. Als unersetzlich für die Aufarbeitung der Politik des RDI und Langnam-Vereins müssen die Privatsammlungen führender Unternehmerpersönlichkeiten in Präsidium und Vorstand der Verbände angesehen werden. Durch eine sehr gute Quellentradition zeichnet sich vor allem der Nl. Paul Reusch (Historisches Archiv der GHH, Oberhausen) aus, dessen Papiere (Schriftwechsel Reusch) die jeweilige Position der gemäßigten Schwerindustrie zwischen autoritärem Staat und Nationalsozialismus 1930-33 recht genau bestimmen helfen. Der umfangreiche Nl. Silverberg im Bundesarchiv umfaßt ein breites Kompendium zur internen Verbandsarbeit des RDI, aber auch des DIHT und Langnam-Vereins. Teilweise exklusive Materialien aus der Tätigkeit der Programmkommissionen, Ausschüsse und satzungsmäßigen Organe (Engeres Präsidium, Präsidium, Vorstand und Hauptausschuß) spiegeln die maßgebliche Rolle Silverbergs im Reichsverband und der westlichen Schwerindustrie wider. - Vgl. Summarisches Auswahlinventar von Quellen zum Thema „Industrielles System und politische Entwicklung in der Weimarer Republik“ in Archiven der Bundesrepublik Deutschland, bearbeitet von Th. Trumpp unter Mitarbeit von B. Herzog, in: Mommsen, System, S. 986-1000.

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Anmerkungen zu Seite 20-23 92 Vgl. z. Β. Ρ. Wulf, Hugo Stinnes. Wirtschaft und Politik 1918-1924, Stuttgart 1979. Vgl. besonders den Abschnitt S. 10 ff. „Probleme einer Biographie“. 93 Vgl. Turner, Faschismus, S. 114—156. 94 F. Mariaux, Paul Silverberg - ein „Letzter Mann“, in: Der Volkswirt, J g. 13, Nr. 42 vom 17. Okt. 1959, S. 2280-84. 95 Silverbcrgs Privatakten wurden nach seiner Emigration 1933/34 von seiner in Deutsch­ land verbliebenen Tochter Louise Silverberg zunächst nach München verbracht und dort eingelagert. 1957 nahm der Generalbevollmächtigte Silverbergs in Deutschland, J . H. Berndgen, im Einvernehmen mit der Familie eine Sichtung der Materialien vor und vernichtete dabei den überwiegenden Teil der privaten Korrespondenz, aber auch geschäftliche Unterlagen (vgl. das umfangreiche Verzeichnis „vernichteter Akten“ im Zentralarchiv der Rheinischen Braunkohle, Parffendorf). Nach Zwischenstation in St. Moritz (1957-61) gelangten die Akten schließlich ins Bundesarchiv Koblenz. - Auch Silverbergs Korrespondenz nach 1933 ist nicht mehr erhalten. Die wenigen Reststücke befinden sich heute im ZA Rheinbraun. 96 Zur Biographie Silverbergs siehe vor allem: F. Mariaux (Hg.), Paul Silverberg. Reden und Schriften, Köln 1951. Das Buch besitzt wegen seines umfangreichen Dokumententeils Quellcnwert. Die Darstellung von H. Kellenbenz, Paul Silverberg, in: Rheinisch-westfälische Wirtschaftsbiographien, Bd. IX, Münster 1967, S. 103-32, fällt hinter Mariaux zurück und ist handwerklich teilweise unbefriedigend. 97 Mariaux, Silverberg - ein „Letzter Mann“, S. 2282. 98 Siehe Kap. XI und XII. Dort auch detailliertere Literaturübersicht. 99 S. o. Anm. 1. 100 Z. B. Stegmann, Verhältnis, Dok. IV und XVII; U . Hörster-Philipps, Wer war Hitler wirklich? Großkapital und Faschismus 1918-1945. Dokumente, Köln 1978, Dok. Nr. 86, 104, 120; E. Berliner, Das monopolistische Problem der Massenbasis, die „Deutschen Führerbriefe“ und Alfred Sohn-Rethel, in: Bl. f. dt. und intern. Politik, Jg. 19, 1974, Dok. Nr. I-VI, S. 165-174. 101 Vgl. z. B. F. Großkurth, Die politische Position der „Deutschen Führerbriefe“ in der Schlußphasc der Weimarer Republik, Staatsexamensarbeit Marburg 1975. Diese, auf Anregung des Verfassers entstandene Untersuchung stellt wohl einen ersten Ansatz in dieser Richtung dar, zeichnet die spezifische Strategie der Führerbriefe, vor allem in der StrasserFrage, aber nicht präzise genug nach. Ausführlicher Kap. XII, S. 154f. 102 Z. B. Stegmann, Kapitalismus, S. 53 ff. 103 Turner und Stegmann, aber auch Weisbrod haben auf eine systematische Auswertung dieser Quellen verzichtet. Die Studien von Feldman, Winkler oder Wolffsohn unterstreichen demgegenüber die Relevanz dieser Materialien. 104 Vgl. zuletzt G. Schulz, Reparationen und Krisenprobleme nach dem Wahlsieg der NSDAP 1930. Betrachtungen zur Regierung Brüning, in: VSWG, Bd. 67, 1980, S. 200-22 (Vorabdruck aus: Politik und Wirtschaft in der Krise 1930-1932. Quellen zur Ära Brüning. Eingeleitet von dems., bearb. von I. Maurer u. U . Wengst, Düsseldorf 1980). Die ältere These, daß es zur Wirtschaftspolitik Brünings keine Alternative gegeben habe, neuerdings wieder vertreten bei K. Borchardt, Zwangslagen und Handlungsspielräume in der großen Wirtschaftskrise der frühen dreißiger Jahre: Zur Revision des überlieferten Geschichtsbildes, in: Bayerische Akademie der Wissenschaften, Jb. 1979, München 1979, S. 85-132. Vgl. hierzu ausführlicher Kap. VIII, S. 111 ff.

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Anmerkungen zu Seite 24-25 I. 1918-1925: Revolution und Interventionsstaat. Das Silverberg-Programm von 1923 1 Zum Zusammenhang zwischen Friedens- und Kriegswirtschaft vgl. F. Zunkel, Industrie und Staatssozialismus. Der Kampf um die Wirtschaftsordnung in Deutschland 1914-18, Düsseldorf 1974; ferner G. D. Feldman, Der deutsche Organisierte Kapitalismus während der Kriegs- und Inflationsjahre 1914-23, in: Winkler, Kapitalismus, S. 150-71. 2 Vgl. insbesondere H . - U . Wehler, Der Aufstieg des Organisierten Kapitalismus und Interventionsstaates in Deutschland, in: ebd., S. 36-57; siehe auch G. Hardach, Deutschland in der Weltwirtschaft 1870-1970. Eine Einführung in die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Frankfurt 1977, S. 133 ff., S. 143 ff. 3 Die Unterscheidungsbereitschaft zwischen Ursache und Folge, wie sie Silverberg am 12. Okt. 1922 vor der VDA zeigte, ist durchaus atypisch: „Wir müssen uns vom wirtschaftspolitischen Standpunkt darüber klar sein, daß die Revolution . . . in diesem Sinne gedacht nicht erst am 9. Nov. 1918 begonnen hat, sondern daß die wirtschaftspolitische Einstellung im Sinne dessen, was wir Revolution nennen, faktisch schon im August 1914 ihren Anfang genommen hat . . .'' Nl. Silv. Nr. 1, Bl. 2. Feldman, Policies, S. 49, sonst ein guter Kenner dieser Epoche, irrt, wenn er, allein von dieser Silverberg-Rede ausgehend, resümiert: „Businessmen frequently argued, that the real revolution took place 1914 when the government began its massive ineursions upon the autonomy of busincss.“ Feldman muß so die gegen die Republik gewendete Stoßrichtung des Verlangens nach Aufhebung der „Zwangswirtschaft“ übersehen. 4 Zur Zentralarbeitsgemeinschaft siehe: H. Kaun, Die Geschichte der Zentralarbeitsgemeinschaft der industriellen und gewerblichen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Deutschlands, Jena 1938; G. D. Feldman, German Business between War and Revolution: The Origins auf the Stinnes-Lcgien Agreement, in: Entstehung und Wandel der modernen Gesellschaft, Festschrift für Hans Rosenberg, Berlin 1970, S. 312-41; den., Die freien Gewerkschaften und die Zentralarbeitsgemeinschaft 1918-1924, in: H. O. Vetter (Hg.), Vom Sozialistengesetz zur Mitbestimmung. Zum 100. Geburtstag von Hans Böckler, Köln 1975, S. 229-52; Zunkel, Industrie, S. 172 ff.; W. Richter, Zentralarbeitsgemeinschaft der industriellen und gewerblichen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Deutschlands (ZAG) 1918-1924, in: Fricke, Bd. 2, S. 845-49; Dokumentation des Abkommens, Begleittexte und Stellungnahme der Gewerkschaften, in: G. A. Ritter u. S. Miller, Die deutsche Revolution 1918-1919. Dokumente, Hamburg, 1975 2 , S. 233-41, 243-45. 5 Vgl. A. Rosenberg, Geschichte der Weimarer Republik, Frankfurt 1961, S. 8. 6 Vgl. G. D. Feldman, Wirtschafts- und sozialpolitische Probleme der deutschen Demobilmachung 1918/19, in: Mommsen, System, S. 618-36. Siehe auch Η. Α. Winkler, Vorläufige Schlußbemerkungen, in: ders., Kapitalismus, S. 214—18, hier S. 217. 7 Zur Sozialisierungsdebatte siehe: H. Schiek, Der Kampf um die deutsche Wirtschaftspolitik nach dem Novemberumsturz 1918, Diss. Heidelberg 1958, sowie ders., Die Behandlung der Sozialisierungsfrage in den Monaten nach dem Staatsumsturz, in: E. Kolh (Hg.), Vom Kaiserreich zur Weimarer Republik, Köln 1972, S. 138-64. Ferner P. Wulf, Die Auseinandersetzungen um die Sozialisierung der Kohle in Deutschland 1920/21, in: VfZ, Jg. 25, 1977, S. 46-98, sowie ders., Stinnes, S. 221 ff. 8 Vgl. hier P. Wulf, Regierung, Parteien, Wirtschaftsverbände und die Sozialisierung des Kohlenbergbaues 1920-1921, in: Mommsen, System, S. 647-57. 9 Text des Gutachtens in: Protokolle des Unterausschusses zur Sozialisierungsfrage, 5. Sitzung vom 10. Nov. 1920, S. 90, 93, Nl. Silv. Nr. 141; gedruckt bei Mariaux, Silverberg, S. 25-30. Zum Verlauf der Verhandlungen siehe jetzt auch Wulf, Stinnes, S. 227 ff. 10 Wohl wurde am 12. Nov. 1920 die erneute Einsetzung der nunmehr verdoppelten Kommission beschlossen (u. a. Hinzuziehung Rathenaus, Bernhards, Cunos) und für den 1. Dez. 1920 einberufen (Nl. Silv. Nr. 146, Schreiben des Reichskohlenrats vom 16. Nov.

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Anmerkungen zu Seite 25-21 1920), neue Ergebnisse wurden jedoch nicht vorgelegt. Mit dem gemeinsamen Gutachten des Auswärtigen Amtes und des Reichsjustizministeriums vom 17. Febr. 1921, wonach ein sozialisierter Kohlenbergbau dem Zugriffsrecht der Allierten unterworfen wäre, fand die Sozialisierungsdebatte ihren endgültigen Abschluß. Siehe Wulf, Regierung, S. 655/56. 11 Siehe dazu Mariaux, Silverberg, S. 24, Faksimilewiedergabe des handschriftlichen Entwurfs Silverbergs. 12 Mitglieder der „Verständigungskommission“ des Unterausschusses zur Sozialisicrungsfrage des RWR: Stinnes, Vögler, Silverberg auf Unternehmerseite, Imbusch, Werner, Wagner für die Arbeitnehmer und Berthold als unabhängiger Vorsitzender. 13 Die Arbeitnehmervertreter Imbusch und Wagner äußerten Vorbehalte, stimmten aber dem Gesamteutachten zu, Werner legte ein Sondervotum vor. Nl. Silv. Nr. 141. 14 Ebd., Bl. 109; Mariaux, Silverberg, S. 25. 15 Stinnes am 25. Okt. 1920 auf der 2. Sitzung des Unterausschusses, Nl. Silv. Nr. 141, Bl. 95 R: „Ich habe den Zusammenschluß des Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerkes der Roddergrube und der Gelsenkirchener Bergwerksgescllschaft mit der Deutsch-Luxemburgischen Bergwerks-Gesellschaft im Auge. Das waren Zusammenschlüsse solcher Art, die im übrigen die Vorläufer weiterer Zusammenschlüsse sein müssen. Nur in dieser Weise kann die Wirtschaft weiterkommen.'' 16 Stinnes am 25. Okt. 1920 auf der 2. Sitzung des Unterausschusses, ebd., Bl. 96: „Wir müssen unsere Konsumenten, die die Kohle in Gestalt von Elektrizität, Gas, Wasser, Verkehr beziehen, zusammenfassen in möglichst große Bezirke, ich will sie Landcs-Elektrizitätsgesellschaften, Landes-Gasgesellschaften, Landesverkehrsgesellschaften nennen. Diese Gesellschaften müssen nach ihrer Eigenart industrielle Führung im Aufsichtsrat, kommunale und staatliche Mehrheit unter den Aktionären haben.“ 17 Im Gutachten die Abschnitte B. I. und IL, Nl. Silv. Nr. 141, BL 109 R; Mariaux, Silverberg, S. 28. Vgl. in diesem Zusammenhang die Einsetzung einer Kommission beim Verein für Bergbauliche Interessen, Essen, zur Prüfung der Frage, ob die „Beteiligung der Arbeiter am Betriebsgewinn“ eine geeignete Maßnahme zur „Abwendung der Sozialisierung“ sein könne. 26. Aug. 1920, Verein für Bergbauliche Interessen an Silverberg, NL Silv. Nr. 135. Vgl. dazu auch 17. Juni 1927, Silverberg an die Redaktion des Berliner BörsenCouriers, NI. Silv. Nr. 364. 18 Silverberg am 6. Mai 1951 in Lugano: „Wir haben Schweres zu kämpfen . . . gehabt. Ich habe zwei Höhepunkte in meinem Leben gehabt: Freiheit des Bergbaus und Freiheit der Schlüsselindustrien“ (als anderen Höhepunkt nennt Silverberg die Kreditaktion der Bank für Industrieobligationen 1931-33). ZA Rheinbraun Nr. 210/201. 19 Rede Silverbergs am 8. Jan. 1930 vor der „Volkswirtschaftlichen Gesellschaft in Zürich“, in: Mariaux, Silverberg, S. 137-58, hier S. 148. 20 Zum Gesamtzusammenhang siehe jetzt: Feldman, Iron; vgl. auch Rosenberg, S. 104 ff 21 Zur Programmdiskussion im RDI 1922-1925 siehe jetzt auch Feldman, Inflation, S. 319 ff. Vgl. auch ders., Kapitalismus, S. 163 f., S. 170; ferner Weisbrod, Schwerindustrie, S. 226-230. 22 23. Aug. 1922, Silverberg an das Geschäftsführende Präsidialmitglied des RDI, Geheimrat Bücher, späterer AR-Vorsitzender der AEG, NL Silv. Nr. 312. 23 Die Einsetzung des Sonderausschusses wurde auf der Vorstandssitzung des RDI vom 28. 6. 1922 beschlossen, es folgten verschiedene Beratungen bis Dezember 1922. Infolge der Ruhrbesetzung tagte der Ausschuß 1923 nur noch einmal am 25. April 1923; die Fortsetzung der Beratungen erfolgte im April 1925. Dokumentation zur Arbeit des Sonderausschusses jetzt bei Feldman u. Homburg, S. 313-344 (Dok. 34-39). 24 Silverberg am 6. Sept. 1922 in der Vorstandssitzung des RDI, HA/GHH Nr. 3001240/4. Abgedruckt bei Feldman u. Homburg, S. 313-23.

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Anmerkungen zu Seite 21-29 25 Am 9. Sept. 1922 in den Beratungen des Sonderausschusses. DU, Funcke, Vergangene Zeiten, Bd. 4. 26 Silverbcrg am 12. Okt. 1922 auf der a. o. MV der VDA in Berlin. Nl. Silv. Nr. 1. 27 Silverberg am 6. Sept. 1922 in der Vorstandssitzung des RDI (s. Anm. 24). 28 Nl. Silv. Nr. 1. Vgl. auch Feldman, Policies, S. 49. 29 „Wir wollen die Autorität des Staates stützen, müssen aber auch von der Autorität des Staates verlangen, daß wir frei werden, um die wirtschaftlichen Kämpfe fuhren zu können“. Nl. Silv. Nr. 1, Bl. 3 R . 30 Ebd. 31 ,, . . . wenn wir irgendwelche wirtschaftlichen Explosionen haben, seien es auch nur Streiks . . . können wir von Seiten unserer Unternehmerschaft . . . nur Erfolg haben mit dem Staate, aber nicht gegen den Staat.“ Ebd. 32 ,, . . . der Militarismus, die militärische Erziehung, die Disziplin, die in systematischer Schulung jedem einzelnen beigebracht worden ist, . . . - auf dieser militärischen Erziehung beruhen nicht nur die grossen Erfolge, die wir in der Industrie erzielt haben, sondern vor allen Dingen auch die Grundlagen der Gewerkschaften, die Möglichkeit, Massen zu regieren. Denn man kann nur disziplinierte Massen regieren, solche Massen, die für die Autorität von Vorgesetzten aufnahmefähig gemacht worden sind.“ Nl. Silv. Nr. 1, BL 2. 33 Nl. Silv. Nr. 1, Bl. 4. 34 Silverberg in der Beiratssitzung beim ,,Reichskommissar für Kohlenverteilung“ am H.Juli 1917, Niederschrift Bl. 6, BHSTA München, Bestand ,,Kriegsministerium“ MKr 14325. 35 Rede Silverbergs am 14. Okt. 1920, in: Mariaux, Silverberg, S. 7-16, hier S. 8. Im gleichen Sinne schon in einem Artikel der Κ. Z. Nr. 1171 vom 23. Dez. 1918 „Vergesellschaf­ tung“, später in dem Aufsatz „Die soziale Krise“, F. Z. Nr. 106 vom 9. Febr. 1924 sowie in der Dresdener Rede vom 4. Sept. 1926 (siehe Kap. II). 36 Rede Silverbergs am 8. lan. 1930, in: Manaux, Silverberg, S. 137-58, hier S. 148. 37 Mit der Propagierung dieses Modells von Wirtschaft, Gewerkschaften und Staat war Silverberg zum direkten Gegenspieler der Hilfcrdingschen Theorie vom „Organisierten Kapitalismus“ geworden. Breitere Erörterung dieses Zusammenhangs siehe Kap. II, S. 40f. 38 Vgl. Schiek, Behandlung, S. 155 f. 39 Zur Argumentation Silverbergs vgl. auch Feldman, Policies, S. 49. 40 Silverberg hatte dieses Programm in voller Unabhängigkeit von den Beratungen des „Sonderausschusses“ am 26. 12. 1922 erstellt und am 1. .Jan. 1923 in Umlauf gebracht (Quellennachweis siehe Anm. 46). 41 Feldman, Kapitalismus, S. 163/64, hat zuerst auf die Bedeutung dieses Programms im Rahmen der Rekonsolidierung des Privatkapitalismus aufmerksam gemacht. Ausführlichere Behandlung in: ders., Iron, S. 335 ff. (Vgl. Anm. 46). 42 12. Jan. 1923, Duisberg an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 313, Bayer-Archiv 62/10/6. 43 Internes 6seitiges Expose der Wirtschaftspolitischen Abteilung der IG-Farben, mit handschriftlicher Kopfzeile „Bemerkungen zum Silverbergschen Programm“, Vorlage zum Schreiben Duisberg an Silverberg vom 12. Jan. 1923, ebd. 44 Aktenvermerk Ministerialrats Kempner für Staatssekretär Hamm vom 6. Jan. 1923, R 43 1/1133, Bl. 170. Jetzt auch gedruckt bei Feldman u. Homburg, S. 328. 45 Nach den Unterlagen in Nl. Silv. Nr. 313 an Geheimrat Bücher, R W M Becker, Hagen, Weidtmann, Vogler, Reusch, Schlüter, Langen, Kruse. Rückaußerungen erfolgten von Bücher, Duisberg, Vögler, Reusch und Kruse. Von den genannten Adressaten gehörten nur Bücher, Duisberg, Stinnes und Vogler dem Sondcrausschuß an (DU, Funcke, Vergangene Zeiten, Bd. 4), den übrigen Mitgliedern der RDI-Programmkommission sollte eine bereits überarbeitete Fassung vorgelegt werden. Vgl. Bücher an Silverberg, 3. Jan. 1923, NI. Silv. Nr. 313.

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Anmerkungen zu Seite 30-35 46 Auszüge nach: Bayer-Archiv, Autographensammlung s. v. Silverbcrg. Jetzt auch vollständig gedruckt bei: Feldman u. Homburg, S. 324-28. Die kursiv gesetzten Tcxtstcllen sind im Original unterstrichen. 47 Feldman, Kapitalismus, S. 163. Vgl. in diesem Zusammenhang vor allem den „StinncsPlan“ vom Okt. 1922, in: Ursachen und Folgen. Vom deutschen Zusammenbruch 1918 und 1945 bis zur staatlichen Neuordnung Deutschlands in der Gegenwart. Eine Urkunden- und Dokumentensammlung zur Zeitgeschichte, hg. ν . Η. Michaelis und E. Schraepler, Bd. IV, Berlin o. J. , S. 414 ff Siehe auch Wulf, Stinnes, S. 432 ff. 48 Mariaux, Silverberg, S. LXV. 49 F. Pinner, Deutsche Wirtschaftsfiihrer, Charlottenburg 1925, S. 308/09. Pinner spricht von einer ,,Arbeits- und Seelengemeinschaft“ zwischen Stinnes und Silverberg. 50 So Silverberg am 6. Mai 1951 in Lugano, ZA Rheinbraun Nr. 210/201, oder am 4. Aug. 1925 auf der MV des Langnam-Vereins, Nl. Silv. Nr. 2. Als Mitglied des GläubigerExekutiv-Komitces suchte Silverberg zusammen mit Vögler den Stinnes-Konzern 1925/26 vor dem vollständigen Zusammenbruch zu bewahren. Nl. Silv. Nr. 551/52. 51 Rosenberg, S. 125. 52 Κ. Ζ. Nr. 802 vom 17. 11.1922 „Achtstundentag und Finanzpsychologie“. 53 Artikel Silverbergs „Industrie und politische Lage“, in: Κ. Ζ. Nr. 869 vom 14. 12. 1922. 54 Großweiler, Großbanken, S. 152/53. 55 Generell zustimmend nur Kruse (Aktenvermerk vom 4. Jan. 1923, Nl. Silv. Nr. 313), dessen Urteil jedoch durch seine Zugehörigkeit zum Mitarbeiterstab Silverbergs bei der RAG relativiert wird. 56 3. Jan. 1923, Bücher an Silverberg, Nl. Silv Nr. 313. 57 4. Jan. 1923, Vögler an Silverberg, ebd. 58 13. Jan. 1923, Reusch an Silverberg, ebd.; vgl. zum Rcusch-Schreiben auch die interne Ausarbeitung der wirtschaTtspolitischcn Abteilung der GHH (Szymanski) vom 13. 1. 1923, HA/GHH Nr. 400101290/35 a. 59 Siehe Anm. 42. 60 Siehe Anm. 43. 61 Siehe Anm. 42. 62 Zit. nach Feldman, Kapitalismus, S. 163. 63 Siehe Programmabschnitte B. 6-9. 64 30. Aug. 1922, Reusch an Silverberg, zit. nach Feldman, Kapitalismus, S. 164. 65 Vgl. Kap. II, Die Dresdner Rede 1926. 66 Siehe auch Aktennotiz in Nl. Silv. Nr. 316, Bl. 1-2. 67 31. März 1922, RDI-Schreiben Nr. 908 III an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 257, betr. Wahl in den Vorstand. 15. März 1923, Schreiben Sorge/Bücher an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 224, betr. Wahl in das Präsidium des RDI am 9. März 1923. 68 Siehe hierzu Bayer-Archiv 62/10/6 und Nl. Silv. Nr. 316-18. Publiziert als „Deutsche Wirtschafts- und Finanzpolitik“, in: Veröff. RDI Nr. 29, 1925. 69 Ausführlicher Weisbrod, Schwerindustrie, S. 242—45. 70 30. Dez. 1925, Kastl an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 235, Bl. 4f.

II. Die Dresdener Rede 1926: Stabilisierung und Arrangement 1 Vollständig mit Diskussionsverlauf der Tagung wiedergegeben nur in: Veröff. RDI Nr. 32, 1926, S. 55-65. Abdruck der Ausführungen Silverbergs in: Mariaux, Silverberg, S. 49-73. Leicht gekürzt in: Ursachen und Folgen, Bd. VI, Dok. Nr. 1280, S. 164-70, dort wertvolle Dokumentation des Berliner Presseechos, Dok. Nr. 1281 a-f. Ausführlich behandelt bei Stegmann, Silverberg-Kontroverse; siehe auch Weisbrod, Schwerindustrie, S. 246-72.

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Anmerkungen zu Seite 35-37 2 Vgl. dazu Kap. I, S. 25f. 3 Vgl. Einleitung, S. 21. 4 Die breit angelegte Abhandlung von Stegmann, Silverberg-Kontroversc, verdeutlicht gerade diesen Aspekt überzeugend, gelangt hinsichtlich Gesamtkonzeption und Stellenwert der Rede aber zu Ergebnissen, die teilweise der Korrektur bedürfen. Die notwendige Problematisierung der Ausführungen Silverbergs wird zugunsten einer harmonisierenden, zu sehr der Hilferdingschen Vision einer „sozialen Republik“ (vgl. u. S. 40f.) verhaftet bleibenden Darstellung vernachlässigt. Stegmann hat im wesentlichen nur die Materialien des Historischen Archivs der GHH bearbeitet und die für den Meinungsbildungsprozeß innerhalb der RDI-Führung unersetzlichen Quellen des Bayer-Archivs nicht herangezogen, so daß eine Antwort auf die in Präsidium, Vorstand und Geschäftsführung des RDI entwickelte tatkische Linie nicht gegeben werden kann und sich die Bewertung der Rede einseitig verschiebt. Weisbrod, Schwerindustrie, S. 246 ff., geht von einer ausgewogeneren Quellenbasis aus und gelangt zu einem angemesseneren, kritischeren Urteil, hat eine Abgrenzung seiner Interpretation jedoch unterlassen. Gegenüber Weisbrod ist vor allem darauf hinzuweisen, daß die Rezeption der Silverberg-Rede durch die industriellen Verbandsorganisationen eine andere Akzentuierung und Gesamteinschätzung der Kräfteverhältnisse innerhalb der Großindustrie und ihrer politischen Gruppierungen zuläßt (vgl. u. S. 43ff.). 5 Zur Umbildung der RDI-Führung 1924/25 siehe die umfangreichen Materialien in: Bayer-Archiv 62/10/2. Eingehendere Darstellung jetzt bei Weisbrod, Schwerindustrie, S. 220 ff. 6 In: C. Duisberg, Abhandlungen, Vorträge und Reden aus den Jahren 1922-33, Berlin 1933, S. 25-37 sowie Veröff RDI Nr. 28, 1925, S. 9-15. 7 Ebd., S. 10. Im ursprünglichen Entwurf dieser Rede war eine deutlichere Option zugunsten der Republik vorgesehen. Es hieß dort: „Unzweifelhaft ist die Demokratie nichts ideales, zumal für die Psyche unseres Volkes, und die Demokratie wird nicht das letzte Wort in der Geschichte Deutschlands sein. Aber sie ist heute für uns die Forderung des Tages.“ In einer Anmerkung war hinzugesetzt: „Vielleicht noch zu politisch. Es erscheint empfehlenswert - im Hinblick auf die politische Zusammensetzung des Reichsverbandes - die Frage Monarchie oder Republik, also die Staatsform, offen zu halten.“ Entwurf vom Juni 1925, Bayer-Archiv 62/10/2. 8 22. Juli 1926, Kastl an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 235. 9 19. Juli 1926, Vögler an Duisberg, Bayer-Archiv, Autographen-Sammlung. 10 22. Juli 1926, Kastl an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 235. 11 Grundlegend hierzu Böhret, Aktionen. 12 12. März 1926, Sogemeier an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 226. 13 24. Juli 1926, Herle an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 226. Im übrigen vgl. Böhret, Aktionen,

S. 63 ff. 14 Siehe Anm. 17; 24. Juli 1926, Herle an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 226. 15 23. Juli 1926, Silverberg an Kastl, Nl. Silv. Nr. 235. 16 28. August 1926, Kastl an Silverberg, mit der Bemerkung ,,Ia und herzlichen Glückwunsch“; 29. Aug. 1926, Silverberg an Kastl, mit ausführlicher Stellungnahme zu dessen Referat, Nl. Silv. Nr. 235. 17 30. Aug. 1926, Kastl an Duisberg, Bayer-Archiv 62/10/6 b. 18 Duisberg hatte die Rede Silverbergs noch vor der Tagung gelesen (Mitt. LangnamVercin, 1926, Heft 4, S. 19) und während der Versammlung in Dresden sowie bei späteren Anlässen seine ausdrückliche Zustimmung bekundet. Vgl. 16. Sept. 1926, Duisberg an Kastl, Bayer-Archiv 62/10/9 b. 19 24. Sept. 1926, RS RDI Nr. 1711/P Anlage „Streng vertraulich“, Kastl an die Geschäftsführer der Fachgruppen. Vgl. auch Duisberg am l . O k t . 1926 vor dem Langnam-Verein sowie am 14. Okt. 1926 vor dem Vorstand des RDI, Bayer-Archiv 62/10/4 b. Von der

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Anmerkungen zu Seite 37—41 Opposition gegen den Silverberg-Kurs ist dem Umstand, daß nur dieser Beirat, aber nicht das Gesamtpräsidium von dem Referat zustimmend Kenntnis genommen hatte, übergroßes Gewicht beigemessen worden. Hier bot sich der geeignete Ansatzpunkt, von vorneherein die Verbindlichkeit der Dresdener Erklärung in Frage zu stellen. 20 Veröff. RDI Nr. 32, 1926, S. 55-65, hier S. 55 f. 21 Ebd., S. 59. 22 Silvcrberg wollte die Funktionen des Staates auf die ,,Öffnung der Absatzmärkte im Ausland“ sowie ,,eine wirtschaftlich sich rechtfertigende und erträgliche Wirtschafts- und Finanzpolitik im Innern“ beschränkt wissen. Ebd., S. 61. 23 „Wirtschaftliche Freiheit im Sinne einer unsystematischen, unorganischen und damit im höchsten Maße Arbeit, Material und Geld verschwendenden Zersplitterung - den Luxus werden wir uns . . . nicht mehr leisten können“. Ebd., S. 59. 24 Ebd., S. 62. Auffällig bei dieser Erklärung bleibt, daß positive Beispiele nie genannt werden. Vgl. in diesem Zusammenhang: 26. Aug. 1926, Silverberg an Warburg, Nl. Silv. Nr. 6 sowie 26. Okt. 1926, Silverberg an die Geschäftsführung des RDI, Nl. Silv. Nr. 360. 25 Vgl. dazu auch Silverberg in der F. Z. Nr. 106 vom 9. Febr. 1925 ,,Die soziale Krise“ sowie den Vortrag Silverbergs am 11. Dez. 1925 auf der 44. HV des Verbandes Deutscher Leinenindustrieller, Berlin, ,,Das Kreditproblcm der deutschen Wirtschaft“, Nl. Silv. Nr. 701. 26 Veröff. RDI Nr. 32, 1926, S. 63. 27 Ebd., S. 64. 28 Ebd., S. 64. 29 Hier gebraucht als Synonym für „Sozialdemokratie“. Vgl. dazu auch Silverberg vor Langnam-Verein, in: Mitt. Langnam-Verein, 1926, Heft 4, S. 12, von Siegmann, SilverbcrgKontrovcrse, S. 602, mißverstanden im Sinne von „Sozialstaat“. 30 Veröff. RDI Nr. 32, 1926, S. 64. 31 Lt. Protokoll, ebd., S. 65. Die Version Stegmanns, der im übrigen die zitierte Quelle nicht benutzt hat, daß Silverberg nur „wenig Beifall“ erhalten habe, ist unzutreffend Stegmann, Silverberg-Kontroverse, S. 602. Siehe dazu auch die Stellungnahme Duisbergs auf der Vorstandssitzung des RDI am 14. Okt. 1926: „Wenn in einzelnen Zeitungen gesagt worden ist, es wäre kein großer Beifall gewesen, dann entspricht das nicht der Wahrheit. Es war ein stürmischer Beifall . . ., der ihm zuteil geworden ist; daran ist nicht zu rütteln . . . “ Sten. Prot, der Vorstandssitzung vom 14. 10. 26, Bayer-Archiv 62/10/4 b. 32 Veröff. RDI Nr. 32, 1926, S. 65. 33 Stegmann läßt diesen Protest unberücksichtigt. Stegmann, Silverberg-Kontroverse, S. 602. 34 Vgl. Kap. I, S. 31. 35 Veröff. RDI Nr. 32, 1926, S. 70. 36 Siehe oben Kap. I, S. 33f. 37 Veröff. RDI Nr. 32, 1926, S. 72-74. 38 Ebd., S. 74-75. 39 R. Hilferding, Politische Probleme. Zum Aufruf Wirths und zur Rede Silverbergs, in: Die Gesellschaft. Internationale Revue für Sozialismus und Politik, Jg. 3, Okt. 1926, Nr. 10, S. 289-302, hier S. 293. 40 Zur Auseinandersetzung des RDI und auch Silverbergs mit der „Wirtschaftsdemokratie“ Naphtalis (1928) siehe die Dokumentation bei Hardach, Deutschland, S. 156-67. 41 Während Stegmann, Silverberg-Kontroverse, S. 597 ff., dem Interpretationsansatz Hilferdings weithin folgt, resümiert Weisbrod, Schwerindustrie, S. 252: „Ihm [Silverberg] kam es letztlich nur darauf an, der Sozialdemokratie die Mitverantwortung für die Durchführung unpopulärer Maßnahmen unter Führung der Unternehmerschaft zu übertragen und den Druck der sozialpolitischen Kompensationsforderungen in Rechtskoalitionen zu beseitigen.“

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Anmerkungen zu Seite 41-43 Weisbrod spricht damit die sozialpolitische Zielrichtung der Silverberg-Rede zutreffend an, übersieht allerdings den zweiten Argumentationsstrang Silverbergs, nämlich den Versuch, durch ein Zusammengehen mit der organisierten Arbeiterschaft die Ansprüche des Interventionsstaates in Schranken zu weisen. 42 Siehe Kap. III ff. 43 „Herzlich Willkommen“, Theodor Wolff im Berliner Tageblatt Nr. 415 vom 5. Sept. 1926. Die Rede sei „ein Ereignis und eine Tat“, aber Bedenken bleiben: „Betreten diese Herren der Großindustrie . . . das republikanische Haus nicht nur, um es nach ihrem Geschmack einzurichten, und hofft die industrielle Oligarchie nicht, der wahre Herrscher zu werden und dem Volke ihren Willen aufzuzwängen?“ 44 Z. B. Neue Preußische Zeitung („Kreuzzeitung“) Nr. 412 vom 4. Sept. 1926, Deutsche Tageszeitung Nr. 414 vom 6. Sept. 1926. Ausführlicher dargestellt bei Stegmann, SilverbergKontroverse, S. 604. 45 5. Sept. 1926, Silverberg an Reichskanzler Marx, R 43 1/1206, Bl 173. 46 11. Sept. 1926, Der Staatssekretär in der Reichskanzlei an Silverberg (Rk 6910), R 43 1/ 1206, Bl. 185. Überdies wurde Silverberg eine vertrauliche Besprechung angeboten. 47 K. Z. Nr. 664 vom 7. 9. 1926 „Wirtschafts- und Parteipolitik in Silverbergs Rede“. 48 Jedenfalls sind exponierte Stellungnahmen nicht greifbar. Die Behauptung Friedrich Schotts, Stresemann hätte sich auf einer Tagung der DVP in Köln gegen die SilverbergKonzcption gestellt, ist unzutreffend. Es handelte sich hier vielmehr um eine Versammlung der DNVP unter Führung Hugenbergs (s. Anm. 51). 4. Okt. 1926, Geh. Kommerzienrat Fr. Schott an Kastl, Bayer-Archiv 62/10/9 b. 49 Die Unterredung fand am 3. Okt. 1926 auf Silverbergs Privatbesitzung, dem Hoverhof, statt. Eine Aufzeichnung des Gesprächs liegt offenbar nicht vor. Eintrag im Gästebuch des „Hoverhofs“ vom 3. Okt. 1926. Persönlicher Nachlaß Louise Silverberg, St. Moritz-Suvretta. 50 Zutreffend analysiert bei Hilferdingt Probleme, S. 289 ff. 51 K. Z. Nr. 673 vom 10. Sept. 1926 „Die deutschnationalen Industriellen gegen Silverberg“. Auf der Tagung riefen insbesondere Thyssen, Springorum und Haßlacher zum Widerstand auf. 52 Vorwärts Nr. 418 vom 5. Sept. 1926 „Kampf oder Gemeinschaft. Zur Rede Silverberes“. 53 Der Vorwärts verwies hier mit wohlgezieltem Seitenhieb auf die Schaffung des größten gemeinwirtschaftlichen Unternehmens in Deutschland, des RWE, durch Stinnes und Silverberg, die sich dort beide nicht daran gestoßen hätten, „daß diese Mischung von privatem und gemeinwirtschaftlichem Betrieb der Vorläufer gemeinwirtschaftlicher Unternehmensformen ist“. Vorwärts Nr. 418 vom 5. Sept. 1926. Vgl. hier auch Silverberg und Stinnes in der Sozialisierungskommission des RWR 1920, Kap. I, S. 25f. 54 Siehe Anm. 52. 55 Leipart im Vorwärts Nr. 426 vom 12. Sept. 1926. 56 Stellungnahme in der erweiterten Vorstandssitzung des Gewerkschaftsrings vom 18. Sept. 1926, in: K. Z. Nr. 698 vom 19. Sept. 1926 „Eine Gewerkschaftsstimme zur Rede Silverbergs“. 57 Stegerwald in einem Interview gegenüber der Kölnischen Zeitung, in: Κ. Ζ. Nr. 668 vom 8. Sept. 1926. „Stegerwald und Silverberg. Eine Unterredung mit dem christlichen Arbeiterführer über die Mitarbeit der Sozialdemokratie“. 58 Vgl. auch K. Z. Nr. 803 vom 28. Okt. 1926 „Ein westfälischer Zentrumsparteitag“. Gl. Lammers begrüßt Silverbere-Kurs. 59 L. Preller, Sozialpolitik in der Weimarer Republik, Stuttgart 1949, S. 203. Vgl. auch Weisbrod, Schwerindustrie, S. 268. 60 Methodisch problematische Ableitung der Industriegruppen bei Stegmann, Silverberg-

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Anmerkungen zu Seite 43-45 Kontroverse. Widersprüchlich ζ. Β. die Einschätzung der Textilindustrie und der Braunkohlenindustrie bzw. der sie repräsentierenden Unternehmer. Siehe auch Anm. 75 u. 76. 61 9. Okt. 1926, Lange an Kastl, Bayer-Archiv 62/10/9 b. 62 6. Sept. 1926, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/3 a. 63 Zur Abstimmung zwischen Reichert und Reusch siehe: 6. Sept. 1926, Reichert an Reusch, HA/GHH Nr. 400101220/3. 64 Auszug der Niederschrift bzw. der Presseerklärung der Vollversammlung der Kammer in: RS RDI Nr. 4790/VI vom 7. Okt. 1926, Bayer-Archiv 62/10/9 b. 65 R 13/1 166, Bl. 170, 172-72 R. 66 10. Sept. 1926, Schlenker an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 414, Bl. 113/14. 67 11. Sept. 1926, Silverberg an Reichert, Bayer-Archiv, Autographcnsammlung. 68 11. Sept. 1926, Bcmdgen an Duisberg, Bayer-Archiv, Autographensammlung; 11. Sept. 1926, Silverberg an Schlenker, Nl. Silv. Nr. 414, BL 115. 69 13. Sept. 1926, Büro Reusch an Silverberg, Terminbestätigung für 16. Sept. 1926, 18.30 Uhr, HA/GHH Nr. 400101290/35 a. 70 Vgl. dazu auch 26. März 1926, Silverberg an Duisberg. Silverberg äußert sich hier optimistischer zur Konjunktur als seine ,,Kollegen“. Bayer-Archiv, Autographensanimlung. 71 Siehe Anm. 67. Die kursiv gesetzten Textstellen sind im Original unterstrichen. 72 6. Sept. 1926, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/3 a. Vögler, der über die Rede „einigermaßen entsetzt“ war, hielt es für taktisch ungeschickt, den ersten Protest aus dem Westen zu starten. Dr. Freundt machte daraufhin den Vorschlag, von Bayern aus aktiv zu werden, und Blank erklärte sich bereit, ,,diese Anregung weiterzugeben“. 73 Insgesamt über 30 Äußerungen, überwiegend negativ. Vollständige Texte der Eingaben soweit zu sehen nur in: Bayer-Archiv 62/10/9 b; dort auch die von der Geschäftsführung des RDI zur Vorbereitung der Präsidialsitzung vom 14. 10. 1926 erstellte „Übersicht über die schriftlichen Äusserungen zur Rede von Dr. Silverberg auf der Dresdener Mitgliederversammlung“. RS RDI Nr. 4790/VI vom 7. Okt. 1926 „Vertraulich“. 74 Hierzu paßt gut die Bemerkung Sorges, daß während der Dresdener Versammlung außer Reichert noch niemand bereit war, seine Kritik an der Silvcrberg-Redc zu teilen. 14. Okt. 1926, Sorge vor dem Vorstand des RDI, Bayer-Archiv 62/10/4 b, Sten. Prot. S. 52/ 53. 75 Nachweislich reagierten auf Betreiben der Delmenhorster Firma: Nickelblechfabrik Hille & Müller, Porschdorf; C. A. Delius & Söhne, Bielefeld; Wirtschaftsverband der hannoverschen Industrie; Augsburger Kammgarnspinnerei. Gleichzeitig wurde die Norddeutsche Wollkämmerei gegenüber der Vereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (VDA) tätig (12. Okt. 1926, VDA an RDI, Tgb. Nr. Z/27739). Die dort eingehenden Proteste sind ebenfalls in einen Zusammenhang mit dem Wirken der Norddeutschen Wollkämmerei zu bringen, beispielsweise schloß sich die R. & O. Lux Metallwaren- und Maschinenfabrik, Maricnthal, deren Eingabe in „vollem Umfange“ an. Bayer-Archiv 62/10/9 b. Zur Rolle des Delmenhorster Unternehmens siehe auch: 24. Sept. 1926, Kastl an die Geschäftsführer der Fachgruppen des RDI, RS Nr. 1711 /P: „ . . . An die Geschäftsführung des Reichsverbandes sind nur eine geringe Anzahl von Anfragen und auch von Protesten gerichtet worden. Die letzteren sind im wesentlichen von einer bestimmten Firma veranlasst . . .“ Bayer-Archiv 62/10/ 3 a. Am 25. Okt. 1926 meldete sich die Delmenhorster Firma erneut und übermittelte wiederum im Rundschreibverfahren ihre Stellungnahme zu der inzwischen vom Präsidium und Vorstand des RDI verabschiedeten Resolution. Ein Exemplar dieses Schreibens findet sich im DII, Nl. Steinmüller, 1926. 76 Stegmann, Silverberg-Kontroverse, S. 604 ff, hat diesen Zusammenhang nicht bemerkt und unternimmt den Versuch, diese Proteste überwiegend strukturschwacher kleiner und mittlerer Unternehmungen im Rahmen eines großindustriellcn Monopolgruppenmodells zu ordnen.

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Anmerkungen zu Seite 45—47 11 18. Sept. 1931, „Aufzeichnung über eine Besprechung beim Reichskanzler“, streng vertraulich, Bayer-Archiv, 62/10/8. 78 16. Sept. 1926, Duisberg an Kastl, Bayer-Archiv 62/10/9 b. 79 14. Sept. 1926, Kastl an Duisberg, ebd. 80 16. Sept. 1926, Duisberg an Kastl, ebd. Tendenziell andere Bewertung bei Weisbrod, Schwerindustrie, S. 257/58. 81 24. Sept. 1926 (RS 1711/P), Kastl an die Geschäftsführer der Fachgruppen, BayerArchiv 62/10/3 a. 82 Vgl. Schreiben Kastl-Duisberg vom 21. Sept. 1926, Tgb. Nr. 1659/P, Bayer-Archiv 62/ 10/9 b. 83 Insbesondere 21. Sept. 1926, Schlenker an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 414. Reusch und Silvcrberg trafen am 16. Sept. 1926 in Berlin zu einer Unterredung zusammen. 13. Sept. 1926, Büro Reusch an Silverberg, HA/GHH Nr. 400101290/35 a. 84 Vgl. hier auch den wohlgezielten Artikel der Κ. Z. Nr. 717 vom 26. Sept. 1926 ,,Silverbergs Bedingungen''. 85 10. Sept. 1926, Schlenker an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 414. Der Langnam-Verein hatte ursprünglich daran gedacht, neben Silverberg lediglich Frowein Gelegenheit zur Behauptung des Dresdener Konzeptes zu geben. 86 Siehe dazu: Duisberg, Abhandlungen, sowie Mitt. Langnam-Verein, Jg. 1916-1926. 87 Mitt. Langnam-Verein, 1926, Heft 4, S. 5/6. Auch zuvor hatte Reusch dem RDI gegenüber im wesentlichen nur die mangelnde Information von Präsidium und Vorstand bemängelt. 13. u. 26. Sept. 1926, Reusch an RDI, HA/GHH Nr. 400101220/3. 88 Mitt. Langnam-Verein, 1926, Heft 4, S. 10-13. In Übereinstimmung mit der Weisung Duisbergs vom 16. Sept. 1926 (Bayer-Archiv 62/10/9 b) sowie dessen Ausführungen vor dem Langnam-Verein am 1. Okt., in: Mitt. Langnam-Verein, 1926, Heft 4, S. 16. Ausgenommen davon war allein die Stellungnahme des Geschäftsfuhrenden Präsidialmitgliedes Kastl. 89 Ebd., S. 8 u. 11. 90 Ebd., S. 14-15. 91 Ebd., S. 17-20, hier S. 19. Die Auslassung Duisbergs über das „Quaken der Frösche“ wurde insbesondere beim Verband Sächsischer Industrieller (VSI) übel vermerkt. 9. Okt. 1926, VSI an Präsidium des RDI, RS RDI Nr. 4870/VI vom 12. Okt. 1926, Bayer-Archiv 62/ 10/9 b. 92 Vgl. Weisbrod, Schwerindustrie, S. 264. 93 Tendenziell andere Bewertung auch bei Feldman, Policies, S. 53, und Stegmann, Silverberg-Kontroverse, S. 606. Vgl. hier die Auslassung Hartongs (Nordwolle) in der Vorstandssitzung des RDI vom 14. Okt. 1926: „Durch Düsseldorf ist die Klarheit nicht gefördert worden (Zuruf: Das ist richtig)“, Sten. Prot., S. 48, Bayer-Archiv 62/10/4 b. 94 6. Okt. 1926, Schreiben des Vereins für Bergbauliche Interessen an den RDI, Tgb. Nr. Ι Α 1192, Bayer-Archiv 62/10/9 b, betr. Vorstandssitzung des Vereins vom 6. Okt. 1926. 95 Siehe unten Kap. V, S. 87 f. 96 Siehe auch Preller, S. 340. 97 Gesamtvorstandssitzung des VSI am 6. Okt. 1926. „Auszug aus der protokollarischen Niederschrift“ am 9. Okt. 1926 dem Präsidium des RDI übersandt, Abdruck in: RS RDI Nr. 4870/VI vom 12. Okt. 1926 an die Präsidialmitglieder des RDI, Bayer-Archiv 62/10/9 b. 98 Dr. Schneider in der Vorstandssitzung des VSI am 6. Okt. 1926, ebd. 99 Dr. Schlegel in der Vorstandssitzung des VSI am 6. Okt. 1926. Der VSI maß dieser Stellungnahme solches Gewicht bei, daß er - im Nachgang zu seinem Schreiben vom 9. Okt. (Anm. 97) - die betreffenden Protokollauszüge in einer separaten Mitteilung vom 11. Okt. zur Kenntnis brachte und den Reichsverband gleichzeitig aufforderte, diese Äußerungen in den Sitzungen von Vorstand und Präsidium am 14. Okt. 1926 angemessen zu verwerten. BayerArchiv 62/10/9 b.

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Anmerkungen zu Seite 47-50 100 Von der Präsidialsitzung ist ein Protokoll offenbar nicht erhalten, wohl aber von der darauf folgenden Vorstandssitzung. Bayer-Archiv 62/10/4 b. 101 Lt. Duisberg 2 1/2 Stunden, Sten. Prot. Vorstandssitzung RDI vom 14. Okt. 1926, S. 31, Bayer-Archiv 62/10/4 b. 102 Ebd., S. 36. 103 Ebd., S. 41/42. 104 Ebd., S. 39. 105 Texte (Vorlage und letzte Fassung) in Bayer-Archiv 62/10/4 b. 106 Ursprünglich war jeweils von ,,Unternehmerschaft“ und „Arbeiterschaft“ die Rede, in der Debatte hatte Blohm allerdings die Streichung von ,,-schaft“ durchsetzen können. Im Präsidium war bereits der dem obigen Text folgende Passus: „Der Rcichsverband wird sich seinerseits für die Verwirklichung dieser Ziele nachdrücklich einsetzen' 1 der Zensur zum Opfer gefallen. Ebd. 107 Vgl. z. B. Stegmann, Silvcrberg-Kontroverse, S. 606. 108 14. Okt. 1926 im Vorstand RDI, Bayer-Archiv 62/10/4 b. 109 16. Sept. 1926, Frowein an Delhis, Bayer-Archiv 62/10/9 b. 110 28. Okt. 1926 Κ. Ζ. Nr. 803 „Ein westfälischer Zentrumsparteitag''. Lammers begrüßt Silverberg-Rede ausdrücklich. 11. Dez. 1926 HAS RDI. Lammers sowie Rousselle (Vorstand) verteidigen Silvcrberg-Konzcption gegen Vielhaber. Sten. Prot., Bayer-Archiv 62/10/5 a. 111 Siehe unten Kap. IV, S. 64ff 112 Nicht aufgetührt hier Hilger, der als Schatzmeister des RDI aber keinen Einfluß auf die politische Ausrichtung des Verbandes nahm. 113 Stegmann, der die interne Struktur des Reichsverbandes nicht analysiert, sieht das „Silverbcrg-Lager“ dagegen in der eindeutig unterlegenen Position. Stegmann, SilverbergKontroverse, S. 606/07; vgl. auch Anm. 114. 114 Weisbrod, Schwerindustrie, S. 268 f., analysiert, im Unterschied zu Stegmann, die unterschiedlichen organisatorischen Voraussetzungen der Industriegruppicrungen, neigt aber zur Überschätzung dieses Faktors. Seine Schlußfolgerung, daß die Schwerindustrie „als relativ geschlossener Block“ „durch das Forum des Langnamvereins gegen eine Mehrheit des Reichsverbandes Öffentlich Stellung nehmen und damit Entscheidungen des Reichsverbandes präjudizieren konnte“, bedarf einer Relativierung. III. Weltwirtschaftskrise und Restaurationskonzepte 1 Zur Weltwirtschaftskrise siehe u. a.: W. Grotkopp, Die Große Krise. Lehren aus der Überwindung der Wirtschaftskrise 1929/32, Düsseldorf 1954; G. Kroll, Von der Weltwirtschaftskrise zur Staatskonjunktur, Berlin 1958; W. Conze u. H. Raupach (Hg.), Die Staatsund Wirtschaftskrise des Deutschen Reiches 1929/33, Stuttgart 1967; Ch. P. Kindleberger, Die Weltwirtschaftskrise, München 1973; vgl. auch die entsprechenden Abschnitte bei: K. Borchardt, Wachstum und Wechsellagen 1914-1970, in: H. Aubin u. W. Zorn (Hg.), Handbuch der deutschen Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Bd. 2, Stuttgart 1976, S. 685-720, sowie W. Fischer, Bergbau, Industrie und Handwerk 1914—1970, in: ebd., S. 802-32; ferner D. Petzina, Die deutsche Wirtschaft in der Zwischen-Kriegszeit, Wiesbaden 1977. 2 Vjh. f. Konjunkturforschung, Jg. 4, 1929, Heft 2, S. 41. 3 Zit. nach W. Breuer, Deutschland in der Weltwirtschaftskrise 1929/1932, Köln 1974, S. 5 f. 4 Vgl. Einleitung, S. 13. Siehe im übrigen Winkler, Bemerkungen, in: ders., Kapitalismus, S. 12. 5 D. Keese, Die volkswirtschaftlichen Gesamtgrößen für das Deutsche Reich in den Jahren 1925-1936, in: Conze u. Raupach, S. 43, Konto 1.

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Anmerkungen zu Seite 50-52 6 Borchardt, Wachstum, S. 706. 7 Zur Interpretation der Krise vgl. auch Hardach, Deutschland, S. 39 ff, oder K. Borchardt, Grundriß der deutschen Wirtschaftsgeschichte, Göttingen 1978, S. 62 ff. Zur Währungspolitik und zum Zusammenbruch des Weltwährungssystcms siehe G. Hardach, Weltmarktorientierung und relative Stagnation. Währungspolitik in Deutschland 1924—1931, Berlin 1976. 8 Hardach, Deutschland, S. 53. 9 Vgl. Keese, S. 50/52. 10 Diskussion der Konjunkturpolitik in der Krise siehe unten Kap. VIII. Der Grundsatz einer ausgeglichenen, d. h. prozyklischen Haushaltspolitik galt relativ unangefochten bis zur Bankenkrise im Sommer 1931. Die dann einsetzende Umorientierung zum ,,deficit spending“ wurde erst von Papen konkretisiert. 11 Zum Konflikt in der Großen Koalition 1929/30 siehe H. Timm, Die deutsche Sozialpolitik und der Bruch der Großen Koalition im März 1930, Düsseldorf 1952, S. 149 ff.; I. Maurer, Rcichsfinanzcn und Große Koalition. Zur Geschichte des Reichskabinetts Müller (1928-1930), Bern 1973, S. 95 ff; W. Conze, Die politischen Entscheidungen in Deutschland 1929-1933. in: ders. u. Raupaeh. S. 190 ff.: ferner Bracher. Auflösung S. 262 ff. 12 Siehe oben Kap. II. 13 Veröff. RDI Nr. 50, lan. 1930, S. 6. 14 Ebd., S.7f. 15 Ebd., S . 9 - 2 1 . 16 Ebd., S. 22-36. 17 Siehe oben Kap. I, S. 29ff. 18 Veröff. RDI Nr. 50, Jan. 1930, S. 26. Die Pläne Silverbergs sahen u. a. die Abschaffung der Lohnsteuer als einer dem Reiche zufließenden Einnahme vor. Statt dessen forderte Silverberc die Ausweitung der Steuerhoheit für Länder und Gemeinden. 19 25. Nov. 1929, Silverberg an Schacht, Nl. Silv. Nr. 19. Silverberg bittet um Zahlenmaterial der Rcichsbank und verspricht, sein Referat ,,zur Zensur“ vorzulegen. Bestätigung der Abstimmung mit Schacht im Schreiben Silverberg an Reusch vom 24. 12. 1929, HA/GHH 400101290/35 a. 20 Vorwärts vom 13. 12. 1929. Schacht nahm an der RDI-Tagung persönlich teil und erhielt demonstrativen Beifall. Eine vom Bayerischen Industriellen-Verband (BIV) geplante besondere Vertrauenskundgebung für Schacht konnte nach Intervention Reuschs und Kastls allerdings abgewendet werden. 10. Dez. 1929, Reusch an Kastl; 12. Dez. 1929, Kastl an Reusch, HA/GHH 400101220/7. Zu den Absichten Schachts vgl. Hardach, Weltmarktorientierung, S. 109 f. 21 2. Jan. 1930, M. Warburg an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 19 „Sie wissen, dass ich die Zuziehung der Reichsbank nur bedingt für richtig halte . . . Man muss vergessen, dass wir augenblicklich einen sehr temperamentvollen und bedeutenden Präsidenten der Reichsbank in Schacht haben, der aber . . . noch zu sehr mit Politik und anderen Aufgaben anstatt nur mit der Sorge für die Währung und den Geldmarkt belastet wird.“ 22 Berliner Tageblatt vom 13. Dez. 1929 (F.P.): ,,Silverbergs Extratour. Zerfahrenheit im Reichsverband''. 23 Veröff. RDI Nr. 50, Jan. 1930, S. 31/32 und S. 36. 24 Zum hier nicht näher behandelten Osthilfekomplex siehe vor allem die Materialien im Nl. Silv. Nr. 565-80 sowie im Bestand R 43 1/1801-14. Wertvolle Übersicht zur Osthilfegesetzgebung in Veröff. RDI Nr. 59 vom Sept. 1931 ,,Die Osthilfegesetze“. 25 Zur Kontroverse siehe Schriftwechsel mit Lammers/Vielhaber, in: Nl. Silv. Nr. 19. 26 Denkschrift RDI „Aufstieg oder Niedergang“, in: Veröff. RDI Nr. 49, Dez. 1929. Silverberg gehörte dem Redaktionsbeirat des Programms an; vgl. 22. Nov. 1929, Herle an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 320. 27 Vgl. F. Z. Nr. 929 vom 13. 12. 1929 ,, . . . interessant als Beleg dafür, . . . welche

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Anmerkungen zu Seite 53-54 Kapitalbildungskraft sie [die Industrie] sich (über den eigenen Bedarf hinaus) . . . zutraut und welche Machtgedanken in ihren klügsten Köpfen umgehen“. 28 24. Dez. 1929. Silverberg an Reusch (handschriftlich), HA/GHH Nr. 4001012907/35 a. 29 Düsseid. Nachr. Nr. 632 vom 13. 12. 1929 „Die Wiedergeburt des Kapitalismus. Silverbergs Wandlung“. Edgar J . Jung, führender Kopf der „konservativen Revolution“ und späterer Berater Franz von Papens, wertete die Rede Silverbcrgs vor dem RDI als Hinwendung ins Lager derjenigen, die die „Unzulänglichkeit des gegenwärtigen Öffentlichen Lebens empfinden“, und sah Anlaß, seine programmatische Zukunftsvision ,,Die Herrschaft der Minderwertigen, ihr Zerfall und ihre Ablösung durch ein neues Reich“ zu übersenden. 22. Dez. 1929, Jung an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 19. 30 Vgl. hier auch Stegmann, Silverberg-Kontroverse. Stegmann übersieht den partiell taktischen Charakter der Dresdener Rede, indem er unterstellt, Silverberg habe das Konzept der ZAG ununterbrochen verfolgt. 31 Siehe Kap. III, S. 51. 32 Zum Young-Plan siehe vor allem: Die Entstehung des Youngplans, dargestellt vom Reichsarchiv 1931-33. Durchgesehen und eingeleitet von M. Vogt, Boppard 1970. 33 Dieser Zusammenhang ist übersehen bei: Maurer, S. 108 ff., insbesondere S. 126, „Stimmungsunischwung“ Hindenburgs zwischen 11. und 18. März 1930. Richtigere Einschätzung bei Timm, S. 201. Pointierte, aber angemessene Betonung bei Mommsen, Ruhrbergbau, S. 175, sowie ders., Auflösung, S. 10. Siehe auch Hardach, Weltmarktoricntierung, S. 109. 34 Durchschnittliche Senkung von 2,5 Mrd. auf 2,05 Mrd. RM jährlich. Maurer, S. 112. Nach einer Publikation des VDMA (Lange) „Belastungsvcrgleich zwischen Dawcsplan und Youngplan“ vom Nov. 1929 betrug die effektive Entlastung ca. 50%. R 13 I/277. 35 28. Mai 1929, Kastl an Reusch: „Es wäre für mich natürlich nichts leichter gewesen, als dem Beispiel Vöglers zu folgen. Trotzdem habe ich es nicht verantworten können, das gleiche zu tun, weil das gleichzeitig auch den Zusammenbruch der Konferenz mit allen seinen Nachteilen für uns zur Folge gehabt hätte.“ Vgl. dazu auch Schriftwechsel Herle, Duisberg, Vögler, Thyssen vom 28. Mai - 5. Juni 1929, in: HA/GHH Nr. 200101220/6 b. 36 8. Juni 1929, Kastl an Duisberg, Bayer-Archiv, Autographensammlung. 37 Umfangreiche Materialien zur Young-Plan-Kontroversc, die hier nur randlich behandelt werden kann, in: Nl. Silv. Nr. 415, Krupp-Archiv IV Ε 915, HA/GHH Nr. 400101221/ 9 b. 38 Vgl. die angebliche Äußerung Thyssens „diese Krise brauche ich jetzt“ anläßlich einer Zusammenkunft in Essen, Villa Hügel. Zur diesbezüglichen Privatklage Bernhards (Voss. Zeitung) gegen Ernst Poensgen siehe die Materialien in: HA/GHH Nr. 400101293/9. 39 Vorstandssitzung RDI vom 20Juni 1929, Bayer-Archiv 62/10/4 c. Nach langer Debatte einigte sich die Versammlung darauf, „dass jeder der Sachverständigen nach bestem Wissen und Gewissen bestrebt gewesen ist, das nach Lage der Verhältnisse günstigste Ergebnis für die Zukunft des deutschen Volkes zu erreichen“. Zit. nach RS RDI Nr. 760/I vom 20. 6. 1929. Insgesamt blieb die Haltung des Reichsverbandes aber nach außen hin etwas verschwommen. Ähnlich votierten der DIHT, der Ccntralverband des dt. Bank- und Bankiergewerbes, der RV des Dt. Groß- und Überseehandels, die jeweils grundlegende innere Reformen an die Verwirklichung des Young-Planes knüpften. G. M. RDI Nr. 15, 1929, Lfd. Nr. 269 vom 12. Juli 1929 „Die wirtschaftlichen Spitzenverbände zum Young-Plan“. 40 Schriftw. Reusch-Blank 22.-29. Juli 1929, in: HA/GHH Nr. 4001012024/6. Vgl. auch 27. Juli 1929, Reusch an von Miquel, HA/GHH Nr. 40010124/2. 41 26. Juli 1929, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/6. 42 Κ. Ζ. Nr. 570 vom 17.10. 1929 Mitunterzeichner u . a . L. Hagen, Brecht, von Oppenheim, Pfcrdmenges.

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Anmerkungen zu Seite 54—56 43 Vortrag vom 11. Nov. 1929 „Wirtschaftliches und Finanzielles zum Young-Plan“, Nl. Silv. Nr. 18. 44 Vgl. Mommsen, Auflösung, S. 10. 45 Duisberg unterstrich dort den momentanen Zwang zum Kompromiß mit der SPD wegen der Young-Plan-Ratifizicrung, ließ aber keinen Zweifel daran, daß auf Dauer eine „ganz andere Fahrrichtung im kapitalistischen Sinne, nicht im sozialistischen Sinne“ erforderlich sei. Bayer-Archiv 62/10/7 b. 46 Veröff. RDI Nr. 50, 1930, S. 6. 47 Zur Charakterisierung von Alvensleben siehe u. a. S. Delmer, Die Deutschen und ich, Hamburg 1963, S. 171 ff. Offiziell stand Alvensleben dem „Deutschen Bund zum Schutz der abendländischen Kultur'' vor, der jedoch nicht mehr als den äußeren Rahmen seiner Intrigantentätigkeit abgab. Bei aller Undurchsichtigkeit von Alvenslebens Aktionen im einzelnen ist aber unverkennbar, daß eine enge Kooperation mit General v. Schleicher die Basis bildete. Siehe dazu Schriftwechsel Alvcnsleben-Schleicher, in: Ν 42/21, 22, 23, 25, 29; Ν 97/1 sowie NS 20/122. 48 28. Nov. 1929, Alvensleben an Duisberg, Bayer-Archiv, Autographensammlung. 49 29. Nov. 1929, Duisberg an Alvensleben, ebd. 50 Die erste große Spaltung der DNVP und der Auszug der Treviranus-Gruppe aus der Reichstagsfraktion in der Zeit vom 27. 11.—4. 12. 1929 stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Aktion Alvenslebens. Vgl. Bracher, Auflösung, S. 276 ff., 284 ff. Die oft verbreitete Version, die DNVP und vor allem der Hugenberg-Flügel der Partei erfreuten sich der besonderen Gunst der Großindustrie, ist unzutreffend. In diesem Sinne auch K.-P. Hoepke, Alfred Hugenberg als Vermittler zwischen großindustriellen Interessen und Deutschnationaler Volkspartei, in: Mommsen, System, S. 907 ff, S. 916 ff. 51 Vgl. L. Döhn, Politik und Interesse. Die Interessenstruktur der Deutschen Volkspartei, Meisenheim 1970. 52 E. von Gilsa, offiziell „Abteilungsleiter“ der GHH/Sterkrade, fungierte als politischer Beauftragter P. Reuschs. Siehe dazu Schriftwechsel Gilsa-Reusch, in: HA/GHH Nr. 400101293/4 a u. b. Mit Martin Blank, der das besondere Vertrauen Reuschs besaß und der zu den bedeutenden Lobbyisten der Weimarer Zeit (aber auch der frühen Bundesrepublik) zählt, führte Gilsa das Berliner Büro der GHH. 53 Wichtig insbesondere die streng vertrauliche Besprechung rechter Kreise der DVP am 24. Jan. 1930 in Berlin. Berichte sowie Ergebnisprotokoll der Zusammenkunft siehe: 25. Jan. 1930, Gilsa an Reusch, 29. Jan. 1930, Gilsa an Reusch (mit Protokoll), HA/GHH 400101293/ 4 a. 54 Bericht über Verlauf der Besprechung siehe: 5. Febr. 1930, Gilsa an Reusch, ebd. Vgl. in diesem Zusammenhang auch 6. Febr. 1930, Reusch an Fritz Schäffer, HA/GHH 400101293/

10 a.

55 56 1930, 57 58

17. Dez. 1929, Kastl an Reusch, Nl. Silv. Nr. 235, Bl. 148 ff. Vgl. 16. Dez. 1929, Reusch an Gilsa, HA/GHH Nr. 400101293/4 a. Vgl. auch: 9. März Gilsa an Reusch, ebd. 16. Dez. 1929, Reusch an Kastl, Nl. Silv. Nr. 235. 17. Dez. 1929, Kastl an Reusch, ebd. Antwort Reuschs vom 19. 12. 1929, HA/GHH Nr.

400101220/7. 59 20. Dez. 1929 Κ. Ζ. „Staatssekretär Schmid und Langnamverein“. Nach der Notiz in der Κ. Ζ. seien Überlegungen im Gange, Kastl durch Schlenker vom Langnam-Verein zu ersetzen. Vgl. dazu 21. Jan. und 24. Jan. 1930, Schlenker an Reusch, HA/GHH Nr. 400101221/11 a; siehe auch 9. März 1930, Gilsa an Reusch, HA/GHH Nr. 400101293/4 a. 60 Sten. Prot.. Baver-Archiv 62/10/4 d, S. 43 ff 61 8. Febr. 1930, Kastl an Moldenhauer, HA/GHH Nr. 400101293/10 a; RS RDI Nr. 498/P vom 27. Febr. 1930 an nahestehende RT-Abgeordnete, HA/GHH Nr. 400101220/8 a.

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Anmerkungen zu Seite 56-57 62 Schriftwechsel Schäffer-Reusch, in: HA/GHH Nr. 400101293/10 a. Ob Schäffer durch dieses Junktim auch den Bestand der Koalition retten wollte, ist allerdings fraglich. Vgl. 4. und 8. Febr. 1930, Schäffer an Reusch, ebd. 63 RS RDI Nr.l843/S v o m 7 . März 1930, HA/GHH Nr. 400101220/8 a. Vgl. auch RS RDI Nr. 1895/S vom 8. März 1930, Nl. Silv. Nr. 337. 64 Siehe aber die Stellungnahme Kalle (IG-Farben) sowie Dr. Schneider in der Fraktionssitzung der DVP vom 11. März 1930: Insbesondere Kalle betonte, daß die Erklärung der Spitzenverbände im wesentlichen nur von den Syndici gedeckt sei. Die widersprechende Information Gilsas, daß Reusch, Müller-Oerlinghausen und Silverberg der Resolution zugestimmt hätten und daß der Entwurf auf Frowein, Flechtheim, Lammers und Bücher zurückgehe, ist, soweit Überprüfungen möglich sind, offenbar zutreffend. 13. März 1930, Gilsa an Reusch, HA/GHH Nr. 400101293/4 a. 65 8. März 1930, Aktennotiz Herle über Telephonat mit Moldenhauer, Nl. Silv. Nr. 337, von Herle am 10. März an Reusch, Silverberg u. a. übersandt. 66 Zutreffende Einschätzung der DFB Nr. 19 vom 7. März 1930: ,,Diese [die Regierungskoalition ohne Sozialdemokratie] muss die Wirtschaft ja als letzte politische Konsequenz im Auge haben, wenn sie dem Programm des Kabinetts, dessen Finanzminister der Deutschen Volkspartei angehört, ihre Zustimmung versagt.“ Zum Hintergrund der „Führerbnefe“ siehe Kap. XII, S. 154f. 67 10. März 1930, Moldenhauer an Duisberg, Bayer-Archiv, Autographensammlung: „Ich habe die Entschliessung der Spitzenverbände, die mit einer Handbewegung meine ganze Arbeit beiseite schiebt, ausserordentlich bitter empfunden . . . Mehr konnte im Augenblick nicht geschaffen werden. Nichts ist für die Zukunft verdorben, aber ein guter Anfang gelegt. Über diese mühsame Arbeit, die im schwersten Kampf der Sozialdemokratie abgerungen wurde, geht die Erklärung der Spitzenverbände einfach hinweg. Ich habe Herrn Dr. Herle und Herrn Hamm erklärt, ich glaube kaum, dass sich noch einmal ein Mann aus unsern Kreisen finden werde, der bereit ist, das grosse persönliche Opfer zu bringen, um im entscheidenden Augenblick im Stich gelassen zu werden. Diese Erklärung hat die letzte Möglichkeit einer Verständigung beseitigt, weil nun die Fraktion, die unter Führung von Scholz das Joch der Sozialdemokratie brechen und unter Umständen für die nächsten vier Jahre in fruchtlose Opposition gehen will, in der Erklärung der Spitzenverbände eine Anerkennung ihres Verhaltens findet . . .“ Vgl. auch 15. März 1930, Moldenhauer an Duisberg, ebd. 68 Zur Sonderrolle Kastls siehe RS RDI Nr. 1843/S vom 7. März 1930, HA/GHH Nr. 400101220/8 a; 9. März 1930, Gilsa an Reusch, HA/GHH Nr. 400101293/4 a; 15. März 1930, Meynen an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 337; 20. März 1930, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/6. 69 11. März 1930, Silverberg an Herle, Nl. Silv. Nr. 337. 70 16. März 1930, Telegramm Silverberg an RDI, ebd. 71 C. Horkettbach, Das Deutsche Reich von 1918-hcutc (1918-1930), Berlin 1930, S. 304. Vgl. auch den Schriftwechsel Gilsa-Rcusch vom 23. und 25. März 1930. Reusch äußerte seine Enttäuschung: ,,Sehr bedauert habe ich, dass keine scharfe Trennungslinie zwischen der Deutschen Volkspartei und der Sozialdemokratie gezogen worden ist. Wenn die Deutsche Volkspartei nicht die Parole zum Kampf gegen den Sozialismus ausgibt, dann wird die anzustrebende grosse Bürger-Partei niemals geschaffen werden können.“ HA/GHH Nr. 400101293/4 a. 72 Die Reform der Arbeitslosenversicherung wurde als möglicher Anlaß des Bruches der Koalition bereits am 24. Jan. 1930 auf einer internen Sitzung rechter DVP-Kreise ins Auge gefaßt. HA/GHH Nr. 400101293/4 a. 73 Vgl. azzuConze, Entscheidungen, S. 176-252, insbes. S. 178/79.

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Anmerkungen zu Seite 57-58 74 Vgl. Bracher, Auflösung, S. 43-57, dort auch Diskussion des Kompromisses zwischen monarchischem Konstitutionalismus und demokratischem Parlamentarismus. 75 30. Dez. 1925, Kastl an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 235. 76 30. Okt. 1929, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/6. Weitere Hinweise auf ein kommendes „Hindcnburg-Kabinett“ u. a. 28. Nov. 1929, Alvensleben an Duisberg, Bayer-Archiv, Autographensammlung; Schriftwechsel Gilsa-Reusch, Dez. 1929-März 1930, in: HA/GHH Nr. 400101293/4 a. 77 Zu von Schleicher und zur Reichswehr vor allem: Th. Vogelsang, Reichswehr, Staat und NSDAP. Beiträge zur deutschen Geschichte 1930-1932, Stuttgart 1962; wichtig immer noch: O. E. Schüddekopf, Das Heer und die Republik. Quellen zur Politik der Reichswehrfuhrung 1918 bis 1933, Hannover 1955. Aus der zeitgenössischen Literatur siehe: K. Caro u. W. Oehme, Schleichers Aufstieg. Ein Beitrag zur Geschichte der Gegenrevolution, Berlin 1933. 78 Vgl. auch Bracher, Auflösung, S. 246 ff. 79 Die Alternativ-Kandidatur des Parteivorsitzenden der DVP, Scholz, war nur als Notlösung konzipiert. Ν 42/29, Denkschrift Noeldechen. 80 Anspielung auf die ,,Große Koalition“ in Preußen unter dem Sozialdemokraten Otto Braun. 81 In: Ν 42/29. Dort auch weiteres Material zur Rolle der Reichswehr beim Sturz der Großen Koalition. Denkschrift Noeldechen gedruckt bei Vogelsang. Reichswehr. S. 414/15. 82 Ebd., S. 415. Siehe im gleichen Zusammenhang auch die Niederschrift Westarps vom 15. Jan. 1930 zu dem Plan eines ,,Hindenburg-Kabinetts“, wiedergegeben bei W. Conze, Die Krise des Parteienstaates in Deutschland 1929/30, in: HZ, Bd. 178, 1954, S. 79/80. 83 H. Schacht, 1933. Wie eine Demokratie stirbt, Düsseldorf 1968, S. 63, charakterisiert Brüning so: ,,Er war der Beauftragte, der Angestellte eines Diktators, des Reichspräsidenten.“ 84 H. Brüning, Memoiren 1918-1934, Stuttgart 1970. 85 Bei K. D. Bracher, Brünings unpolitische Politik und die Auflösung der Weimarer Republik, in: VfZ, Jg. 19, 1971, S. 118, gekennzeichnet als „zutiefst abhängige Stellung zu Hindenburg und zur Reichswehrfuhrung“. Zum gegenwärtigen Brüning-Bild siehe vor allem H. Mommsen, Heinrich Brünings Politik als Reichskanzler: Das Scheitern eines politischen Alleingangs, in: Hall, S. 16-45. 86 Ausführlicher Kap. V, S. 78ff. 87 Die politische Rolle Luthers 1930-33 ist in der Forschung bisher nicht hinreichend gewürdigt worden. Vgl. aber G. Schulz, Erinnerungen an eine mißlungene Restauration, in: Der Staat, Bd. 11, 1972, S. 65, Anm. 7; siehe jetzt auch ders. Reparationen, S. 214-18. 88 Eine Untersuchung zum BER fehlt bisher. Wertvolle Materialien zur politischen Wirksamkeit des Bundes in den Beständen: HA/GHH 400101293/9, 15, 16 a, 17 und 400101290/29-31; BA, Nl. Luther. Zur Einführung siehe K. Goßweiler, Bund zur Erneuerung des Reiches (BER) 1928-1933, in: Fricke, Bd. 1, S. 195-200. 89 1929/30 wird Luther wiederholt als Kanzlerkandidat der im BER vereinigten wirtschaftlichen und politischen Kräfte genannt: 4. Dez. 1929, Reusch an Luther, HA/GHH Nr. 400101290/29 b; 25. und 29. Jan. 1930, Gilsa an Reusch, HA/GHH Nr. 400101293/4 a; 18. Juni 1930, Gattineau an Duisberg, Bayer-Archiv 62/10/3 b; 5. Juli 1930, 5. Aug. 1930, 13. Aug. 1930, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/7. 90 25. Okt. und 9. Nov. 1929, Reusch an Gilsa, HA/GHH Nr. 400101293/4 a; 22. Nov. 1929, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/6. Vgl. Bericht über die Tagung des Reichsausschusses der DVP von Anfang Dezember 1929, Anlage zum Schreiben Reusch-Luther vom 4. Dez. 1929, HA/GHH Nr. 400101290/29 b. Der nicht genannte Berichterstatter schreibt: ,,Auch eine Kandidatur Luthers als Parteiführer wurde erörtert . . . Bei der gestrigen Sitzung kam jedoch sehr stark der lebhafte Wille, man kann ruhig sagen der Mehrheit zum Ausdruck, die wertvollen Kräfte Luthers für andere große Aufgaben aufzusparen und Luther

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Anmerkungen zu Seite 58-60 inzwischen enger an die Partei heranzuführen. Luther wird am 14. d. Mts. in den Zentralvorstand der Partei mithinein gewählt werden. Für seine spätere Verwendung denke ich mir Luther als Spardiktator, Finanz- oder Innenminister, vielleicht auch wieder als Kanzler. Jedenfalls zeigte der gestrige Tag, dass die poltische Arbeit, die für Luther den Rückweg zur aktiven Politik erleichtern sollte, schon recht gute Früchte getragen hat.“ 91 Vgl. H. Luther, Vor dem Abgrund. 1930-1933. Reichsbankpräsident in Krisenzeiten, Berlin 1964, S. 37/39. 92 ,,Vertrauliche Niederschrift über eine am 9. 3. 1930 stattgefundene Unterredung mit Dr. Luther“. Die 4seitige Gesprächsskizze findet sich im Nl. Luther Nr. 365 und ist mit dem handschriftlichen Signum „gez. Jänecke“ versehen. Zu den Plänen Luthers vgl. auch Hardach, Weltmarktorientierung, S. 118 f. 93 Lt. Niederschrift vom 9. 3. 1930. Die dortigen Mitteilungen bestätigt im Schreiben Reusch-Edgarlung vom 20. März 1930, HA/GHH Nr. 400101293/10 a. 94 Indirekte Bestätigung bei Luther, Abgrund, S. 128-30. Vgl. auch die recht kritische Charakterisierung Luthers in den Memoiren Brünings, deren tatsächlicher Hintergrund dort allerdings im unklaren bleibt. Aufschlußreich in diesem Zusammenhang die Schilderung Blanks vom 13. Aug. 1930: ,,Ιn einer Rücksprache mit Herrn Treviranus habe ich heute festgestellt, dass tatsächlich beim Reichskanzler eine sehr starke Nervosität gegenüber dem Reichsbankpräsidenten bestanden hat. Herr Treviranus, der seinerseits davon überzeugt war, dass diese Nervosität in einem solchen Umfang nicht berechtigt war, hat inzwischen sehr ausgleichend gewirkt. Er steht weiter mit Herrn Luther in Verbindung und es dürfte ihm auch gelungen sein, den Kanzler darüber zu beruhigen, dass auf Seiten von Herrn Luther keine feindlichen Absichten gegenüber dem gegenwärtigen Kabinett bestehen.“ Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/7. 95 Bestätigt auch bei Luther, Abgrund, S. 131-57; ,,Es gab keine Alternative“. 96 Siehe Niederschrift Jänecke vom 9. März 1930, Nl. Luther Nr. 365. 97 Vgl. Anm. 50. 98 Programmatisch: H. Schacht, Das Ende der Reparationen, Oldenburg 1931; ders., Grundsätze deutscher Wirtschaftspolitik, Oldenburg 1932. Daneben von besonderer politischer Brisanz die Rede Schachts anlaßlich der Bildung der ,,Harzburger Front“ am 11. Okt. 1931. Zur Politik Schachts vgl. auch Hardach, Wcltmarktoricntierune. 99 Siehe Kap. IX, S. 122 ff. IV. Politische Offensive und bürgerliche Sammlung im Sommer 1930 1 Von Mendelssohn am 9. April 1930 vor dem Langnam-Verein; Duisberg am 23. Mai 1930 vor dem RDI; Silverberg am 4. April 1930 vor dem Langnam-Verein, am 19. Juni 1931, 27. Nov. 1931 und 22. April 1932 vor dem RDL am 23. Juni 1931 vor dem DIHT. 2 Vgl. dazu insbesondere O. Funcke (Hagen) vor dem ,,Verein der märkischen Kleineisenindustrie“ zum Thema „Industrie und Politik“ am 4. Dez. 1931, in: Funcke, Vergangene Zeiten, Politik; DU Manuskriptsammlung. So auch Winschuh, S. 138/39. 3 Mitt. Langnam-Verein, Heft 2, 1930, S. 134: „Unternehmer an die Front“. 4 Ausführungen in der Hauptausschußsitzung des DIHT am 30. Jan. 1930, gedrucktes Protokoll in: Verhandl. des DIHT, Heft 1, 1930, S. 10-14. 5 Vgl. Weishrod, Form, in: Mommsen, System, S. 674-92. 6 Daran anknüpfend der Artikel „Sammeln“ (Schlenker) in der Κ. Ζ. Nr. 120 vom 2. März 1930; Schlenker am 4. April vor dem Langnam-Verein, in: Mitt. Langnam-Verein, Heft 2, 1930, S. 145; Hamm am 9. April 1930 in der 50. Vollversammlung des DIHT, in: Verhandl. DIHT. Heft 3. 1930. S. 122. 7 Vorbereitend der Artikel „Sammeln“ (s. Anm. 6). Der Inhalt des Aufrufs war zuvor mit Paul Reusch abgestimmt; siehe dazu 26. Febr. 1930, Schlenker an Reusch, HA/GHH Nr.

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Anmerkungen zu Seite 60-64 400101221/11 a. Indem Artikel heißt es u. a.: „Die Wirtschaft hat sich zu sehr in die Defensive drängen lassen und muß, wenn sie die Zeichen der Zeit erkennt und nicht zu Grunde gehen will, nunmehr zur Offensive übergehen. Sie muß sich vor allem darüber klar werden, daß sie ihren Gegnern, die mit politischen Waffen kämpfen, auch auf politischem Gebiet ein Paroli bieten muß . . . Es wird freilich hohe Zeit zum Handeln“. 8 Mitt. Langnam-Verein, Heft 2, 1930, S. 142/43. 9 Ebd., S. 147. 10 Ebd., S. 179 ff., hier S. 183. Vgl. auch die Tischrede Silverbergs im Düsseldorfer Industrieclub am 1. April 1930, Nl. Silv. Nr. 21. 11 Vgl. auch die Ausführungen Wielands vor dem Hauptausschuß des RDI am 23. Mai 1930, der die Frage der ,,Reichsreform“ im Zusammenhang eines notwendigen bürgerlichen Gegengewichts gegenüber der Sozialdemokratie anspricht. Sten. Prot., Bayer-Archiv 62/10/ 5 b, S. 8-12. 12 Vgl. oben Kap. III, S. 58. 13 Sten. Prot. HAS RDI vom 23. Mai 1930, Bayer-Archiv 62/10/5 b, hier S. 1-7. 14 Ausführungen Duisbergs auch gedruckt in: Duisberg, Abhandlungen, S. 102-05. Hier zit. nach Sten. Prot., S. 1 ff. 15 Siehe oben Kap. IV, S. 60. 16 Ebd. 17 Sten. Prot. HAS RDI vom 23. Mai 1930, Bayer-Archiv 62/10/5 b, S. 1-7. 18 Ebd., S. 13-17. Hier zit. nach Protokollauszug in Nl. Silv. Nr. 274, Bl. 26-28. 19 Dieser Gedanke war nicht ganz neu, sondern stand schon einmal im Jahr 1925 zur Diskussion, als der Versuch gemacht wurde, die ,,Parlamentarischen Abende“ beim RDI, zu denen sich ca. 25 bis 50 und mehr Abgeordnete in lockerer Form einfanden, in einen ständigen „Parlamentarischen Beirat“ umzuwandeln. Mit diesem Vorhaben stieß der RDI jedoch auf „Ablehnung bei den meisten Abgeordneten, die diese Bindung als zu eng und einseitig empfanden“. Böhret, Aktionen, S. 126/27. 20 Sten. Prot. HAS RDI vom 23. Mai 1930, Bayer-Archiv 62/10/5b, S. 13-17 (s. Anm. 18). 21 Ebd., S. 18-22, hier S. 19: „Ja, damit locken Sie keinen Hund hinter dem Ofen hervor, und am andern Morgen, wenn die anderen wieder im Parlament und in der Politik sind, dann ist der ganze Abend mit dem schönen Essen usw. vergessen, und dann ist wieder die nüchterne Parteipolitik das, was den Ausschlag gibt.“ Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Schreiben Borsigs an die Βeschäftsführung des RDI sowie an Silverberg vom 26. Mai 1930, Nl. Silv. Nr. 274, Bl. 23-28. 22 Sten. Prot. HAS RDI vom 23. Mai 1930, Bayer-Archiv 62/10/5 b, S. 18 ff. 23 23. Mai 1930, Fachgruppe Bergbau (Pinkerneil) an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 274, Bl. 22. 24 In diesen Zusammenhang gehört die Forderung Wielands nach Reichsreform und Wahlrechtsänderung, ebenfalls erhoben auf der HAS RDI am 23. Mai 1930. Sten. Prot., S. 8-12. Dazu Borsig im Schreiben vom 26. 5. 1930 an die Geschäftsführung des RDI, Nl. Silv. Nr. 274, Bl. 24/25: „Mir ist . . . klar, dass die Ausführungen des Herrn Kommerzienrat Wieland, dass es nicht besser werde, ehe nicht das Wahlsystem geändert würde, durchaus richtig sind; ich möchte aber sagen, dass hier das Bessere des Guten Feind ist und wohl noch lange Zeit vergehen wird, bis das Wahlsystem geändert wird. Auch ich glaube, dass noch sehr viel anderes geschehen muss, aber das Gute nicht zu tun, weil vielleicht noch in Zukunft etwas Besseres gemacht werden kann, erscheint mir durchaus verfehlt.“ 25 Duisberg am 23. Mai 1930 im HAS des RDI. 26 Siehe insbesondere Tagung vom 4. April 1930, Kap. IV, S. 60f. 27 Vgl. auch die exponierte Stellung des VSI im Zusammenhang der Silverberg-Kontroverse von 1926 (Dresden). Kao. IL S. 47. 28 Veröff. RDI Nr. 50, 1930, S. 38.

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Anmerkungen zu Seite 64—65 29 In diesem Sinne auch Frowein am 23. Mai 1930 bei der Begründung der Satzungsänderung vor dem HAS des RDI, Sten. Prot., Bayer-Archiv 62/10/5 b, S. 24. 30 Zur Organisation des RDI siehe Sonderdruck „Der Reichsverband der Deutschen Industrie und sein Aufbau“, Stand Nov. 1932 sowie „Arbeitsplan der Geschäftsführung des RDI“, Stand März 1924, Nl. Silv. Nr. 221. Siehe im übrigen die Satzung des RDI, nach Stand vom 21. Sept. 1929 abgedruckt in: Der Weg zum industriellen Spitzenverband, hg. v. BDI, Darmstadt 1959, S. 139 ff. Interpretierte Satzungsauszüge bei H. Brettner, Die Organisation der industriellen Interessen in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung des „Reichsverbandes der deutschen Industrie“, Berlin 1924, S. 52-57. 31 Ab 1927 nur noch alle zwei Jahre. Vgl. Weg, S. 130. 32 Ebd., S. 129. 33 Ebd., S. 131. 34 Brettner, S. 55. 35 Sten. Prot. HAS RDI vom 23. Mai 1930, Bayer-Archiv 62/10/5 b, S. 24 ff. Ergebnisse der Sitzung auch mitgeteilt in G.M. RDI Nr. 13 vom 3. Juni 1930, S. 127-28. 36 Vgl. 26. Mai 1930, Duisberg an Rcusch, HA/GHH Nr. 400101290/10. Die Erweiterung der Führungsspitze des RDI sei vorgenommen worden, „um eine innigere Fühlungnahme zwischen Präsidium und Geschäftsführung in allen wirtschaftspolitischen Angelegenheiten herbeizuführen. “ 37 Vgl. 11. Juni 1931, Duisberg an Krupp, Bayer-Archiv 62/10/2. Duisberg lobt Kastl als „sehr fähiges, tüchtiges und geeignetes“ Geschäftsfuhrendes Präsidialmitglied, allerdings sei er gelegentlich „allzu selbständig“ geworden. „ A u s diesem Grunde sah ich mich deshalb auch genötigt, Ende vorigen Jahres die Zahl der stellvertretenden Vorsitzenden um zwei zu vermehren und eine weitgehende Arbeitsteilung, an die Herr Geheimrat Kastl gebunden ist, durchzuführen.“ 38 Richtliniencntwurf vom 2. Juni 1930, in einer Besprechung des „Engeren Präsidiums“ vom 11. Dez. 1930 endgültig bestätigt. Bayer-Archiv 62/10/1. (Der Entwurf vom 2. Juni auch in: Nl. Silv. Nr. 268, S. 183/84) Die „Arbeitsteilung“ im „Engeren Präsidium“ sah vor: Duisberg: Geschäftsführung und innere Organisation, Sozialpolitik, Gewerblicher Rechtsschutz, VDA, DIHT. Frowein: Kartellwesen, Internat. Handelskammer, Groß- und Überseehandel, Einzelhandel, Handwerk. Hilger: Etat des RDI, Industriefonds. Silverberg: Finanzpolitik, Agrarpolitik, Verkehrspolitik, Rechtsfragen. Müller-Oerlinghauscn: Handelspolitik. Kraemer: Reichswirtschaftsrat, Rußland und Ostfragen, Exportförderung, Messen und Ausstellungen. (nach Aufstellung in: Bayer-Archiv 62/10/1 vom 11. Dez. 1930). 39 Ebd. 40 Siehe hier die Ausführungen Froweins in der Begründung der Satzungsänderung vor dem HAS RDI am 23. Mai 1930, Bayer-Archiv 62/10/5 b. Der Terminus „Engeres Präsidium“ wurde im offiziellen Sprachgebrauch des RDI stets vermieden, war aber intern durchaus gängig. Vgl. u. a. 12. Aug. 1930, Herle an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 268, S. 206. Siehe auch Registratur des Silverbergschen Nachlasses; Bd. 234 trägt die Aufschrift: „Engeres Präsidium 1930-33“. Siehe in diesem Zusammenhang auch 27. Sept. 1932, Krupp an Lammers, Krupp-Archiv IV Ε 1023: Krupp stellt dort in Abrede, daß die Stellvertretenden Vorsitzenden ein besonderes Gremium darstellten. 41 Gepflogenheit, die auch unter dem späteren Vorsitzenden Krupp beibehalten wurde. 10. März 1932, Krupp an Silverberg, Krupp-Archiv IV Ε 177. 42 Winschuh, S. 79/80, interpretiert den Führungswechsel im Langnam-Vercin eher gegenteilig.

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Anmerkungen zu Seite 65-67 43 Reusch hatte bereits vor der Sitzung vorn 23. Mai 1930 definitiv gegenüber Kastl und Lammers abgelehnt, den 2. Stellv. Vorsitz zu übernehmen. Auch ein Drängen von Vögler und Reuter half nicht. 25. Mai 1930, Reusch an Blank, HA/GHH Nr. 4001012024/6. Zur engen Kooperation Reuschs mit Kastl im Zusammenhang der Reorganisation des RDI siehe 21. März 1930, Reusch an Kastl, HA/GHH Nr. 400101220/8 a. Vgl. hierzu auch Beschluß des Wahlausschusses und der Satzungskommission vom 14. Mai 1930, Bayer-Archiv 62/10/1; Frowein am 23. Mai 1930 auf der HAS RDI, Bayer-Archiv 62/10/5 b; 31. Mai 1930, Reusch an Silverberg, HA/GHH Nr. 400101290/35 a. 44 Nicht aufgeführt hier E. Hilger von der sächsischen Braunkohlenindustrie, der als ,,Schatzmeister“ des RDI jedoch keinen Einfluß auf die Politik des Verbandes nahm. 45 Belege für die Positionen der Mitglieder des „Engeren Präsidiums“ siehe u. a. Kap. II, S. 48, Kap. V. S. 77. 46 Anders Steemann, Silverberg-Kontroverse, S. 606/07. 47 G.M. RDI Nr. 13 vom 3. Juni 1930, S. 127/28. 48 Ebd. 49 Umfangreicher Schriftwechsel mit Duisberg in: Bayer-Archiv 62/10/1; vgl. auch Schriftwechsel mit Reusch in: HA/GHH Nr. 400101220/8 a sowie 2. April 1930, Reusch an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 574 und 16. April 1930, Kastl an Duisberg, Nl. Silv. Nr. 235. 50 23. Mai 1930, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/6. 51 Vgl. 28. Nov. 1929, Alvensleben an Duisberg, Bayer-Archiv, Autographensammlung. 52 Zum Gesamtproblem siehe L.E.Jones, The Dying Middle: Weimar Germany and the Fragmentation of Bourgeois Politics, in: GEH, Bd. 5, 1972, S. 23-54; sowie ders., Sammlung oder Zersplitterung? Die Bestrebungen zur Bildung einer neuen Mittelpartei in der Endphase der Weimarer Republik 1930-1933, in: VfZ, Jg. 25, 1977, S. 265-304. 53 Ausführungen Reuschs am 30. Jan. 1930 vor dem HAS des DIHT in Berlin, in: Verhandl. DIHT, Heft 1, 1930, S. 10ff.; Abstimmung Reuschs und Schlenkers über Artikel „Sammeln“ in Κ. Ζ. Nr. 120 vom 2. März 1930, HA/GHH Nr. 400101221/11 a; im übrigen Schriftwechsel Reusch - v. Gilsa sowie Reusch-Blank in: HA/GHH Nr. 400101293/4 a bzw. 4001012024/6-7; siehe auch 5. Sept. 1930, Reusch an Weinling, HA/GHH Nr. 400101293/ 10 b. Angemessene Herausarbeitung des industriellen Einflusses bei den bürgerlichen Sammlungsversuchen (insbesondere im Zusammenhang der »Volkskonservativen Vereinigung' Treviranus) bei W. Methfessel, Volkskonservative Vereinigung 1930-1933, in: Fricke, Bd. 2, S. 799 ff. 54 1. Mai 1930, v. Gilsa an Reusch, HA/GHH Nr. 400101293/4 a. 55 Ebd.; v. Gilsa berichtet: ,,Die Bestrebungen, das nichtmarxistische Bürgertum zu einer gemeinsamen Front zusammenzufassen, sind in der letzten Zeit nicht recht vorwärts gekommen. Abgesehen davon, dass Hugenberg eine intensive Tätigkeit entfaltet, den Boden, den er in der Reichstagsfraktion verloren hat, wiederzugewinnen, sind die Bestrebungen der Herren Brüning, Treviranus und Scholz ins Stocken geraten . . . Tatsache ist jedenfalls, daß die Stimmung des Zueinanderkommenwollens innerhalb des deutschen Bürgertums nicht mehr so vorhanden ist wie noch vor einigen Wochen, sodaß die Bestrebungen Einzelner, sei es aus sachlichen Gründen, sei es aus persönlichem Ehrgeiz, noch weiter neue Parteien zu gründen, leider wieder mehr an Boden gewinnen.“ 56 1. April 1930, Blank an Reusch, dort Wiedergabe der telefonisch übermittelten Auffassung Bernsteins: ,,Es sei unbedingt erforderlich, die sich gerade anbahnende vernünftigere Gestaltung der Verhältnisse auf dem Geld- und Kapitalmarkt nicht durch neue politische Beunruhigung zu stören.“ Blank seinerseits bezweifelte Bernstein gegenüber, ,,ob es richtig sei, das Kabinett Brüning durch wechselnde parlamentarische Mehrheiten künstlich am Leben zu erhalten, wodurch es zweifellos in seiner Aktionsfähigkeit aufs schwerste bedrängt werde.“ Weitere Belege hierzu siehe Kap. V, Anm. 49. 57 21. Mai 1930, v. Gilsa an Reusch, HA/GHH Nr. 400101293/4 a.

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Anmerkungen zu Seite 68-70 58 Genauere Angaben zu Zeit und Ort der berichteten Äußerungen fehlen. Zu Silverbergs Rolle im Rahmen der politischen Entwicklung im Sommer 1930 siehe vor allem die Ausführungen vor dem Präsidium des RDI vom 25. Juni 1930, Kap. IV, S. 71. 59 U. a. 24. Mai 1930, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/6. 60 Vgl. auch M. Schneider, Unternehmer und Demokratie. Die freien Gewerkschaften in der unternehmerischen Ideologie der Jahre 1918 bis 1933, Bonn 1975, S. 126 ff. Schneider reduziert die Verhandlungen unzutreffend auf den „begrenzten Sektor der Lohn- und Arbeitszeitfragen“, übersieht die politischen Dimensionen hinsichtlich einer Wiederbelebung der „Großen Koalition“ vollständig und gibt den Unternehmern insgesamt die Schuld am Auslaufen dieser Gesprächsansätze. Wesentlich richtigere Darstellung bei Wengst, Unternehmerverbände, S. 99—119. - Zum Problem gewerkschaftlicher Orientierung in der Krise siehe auch die Literaturübersicht in Kap. XII, Anm. 66. 61 Darstellung der Vorgeschichte der Verhandlungen vom Sommer 1930 durch Pietrkowski in einer Besprechung von Präsidium des RDI und Vorstand der VDA am 3. Juni 1930, zusammenfassende Niederschrift, Bayer-Archiv 62/10/3 b sowie Nl. Silv. Nr. 457. 62 Genaues Datum der Zusammenkunft, die bei v. Raumer stattfand, nicht zu ermitteln. Aus allem ergibt sich jedoch ein Termin in der letzten Maiwoche. Teilnehmer der Besprechung waren: Brüning, Stegerwald, Kastl, Brauweiler, Pietrkowsky, Müller-Oerlinghausen; Borsig, Silverberg und Poensgen fehlten entschuldigt. Lt. Mitteilungen Pietrkowskis am 3. luni 1930. siehe Anm. 61. 63 Gedanke, der insbesondere von Kastl (RDI) verfolgt wurde. Siehe Aktennotiz vom S.Juni 1930, HA/GHH Nr. 400101293/10 b. „Mitteilungen von Herrn Kastl“. 64 Siehe Kap. IV, S. 71 f., Präsidialsitzung RDI vom 25. Juni 1930. 65 Siehe Anm. 61. 66 Siehe oben Kap. II. 67 Erklärung der Arbeitgeber am 4. Juni in einer kleineren Kommission unter Vorsitz Büchers gemäß den Besprechungen vom 3. Juni redigiert (Text in RS Nr. 918/VI vom 4. Juni 1930, Bayer-Archiv 62/10/3 b) und am 5. Juni in einer gemeinsamen Besprechung zwischen RDI und VDA nochmals überarbeitet. Nicht ohne Interesse ist, daß die schließlich gebilligte Erklärung vom S.Juni (Aktennotiz Kastl, HA/GHH Nr. 400101293/10 b) wesentlich konzilianter als die Vorlage gehalten ist. 68 10. Juni 1930, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/71; siehe auch Anm. 69. 69 Sten. Prot, der Sitzung, Bayer-Archiv 62/10/3 b. Aufzeichnungen über den Verlauf der Sitzung auch in: HA/GHH Nr. 4001012024/7, 400101293/10 b, Bayer-Archiv 62/10/3 b sowie Nl. Silv. Nr. 457. 70 Siehe insbesondere die herbe Kritik Raumers an der Haltung der Arbeitgeber: „In vieler Hinsicht könnten die Gewerkschaften, deren Wunsch nach Zusammenarbeit viel größer sei als auf der eigenen Seite, Bundesgenossen werden. Die einzige Lösung der Finanzfrage sei der allgemeine Gehaltsabbau bei den Beamten, das sei alles mit den Gewerkschaften zusammen zu haben gewesen, vorläufig aber nunmehr zerschlagen,“ zit. nach Kurzprotokoll, Bayer-Archiv 62/10/3 b. 71 Text der Pressemitteilung in: G.M. RDI Nr. 15, 21. 6. 1930, Lfd. Nr. 366. 72 Siehe oben Kap. IV, S. 63f. 73 Sten. Prot., Bayer-Archiv 62/10/3 b, S. 80/81. 74 Zur politischen Bedeutung dieser Aktion siehe auch Vorwärts Nr. 305 vom 3. Juli 1930: „Scharfmacher gegen Arbeiterpresse“. In diesem Artikel findet sich ein vollständiger Abdruck des Schreibens von Herle vom 9. Mai 1930 „Inseratenwerbung durch die Sozialdemokratie“ verbunden mit der Aufforderung an das Präsidium des RDI, „Farbe [zu] bekennen, ob es diesen Scharfmacherstreich mitmachen will“. 75 B. Sydow, Sozialdemokratie und Industrie, in: Der Arbeitgeber, Jg. 20, Nr. 7, 1. April 1930, S. 176-78.

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Anmerkungen zu Seite 70-73 76 9. Mai 1930, Herle an Silverberg, „persönlich“, NL Silv. Nr. 268. 77 Ebd. 78 Ebd. 79 19. Juni 1930, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/7. 80 Ebd. 81 Zit. nach Sten. Prot, der Präsidial- und Vorstandssitzung des RD1 vom 25. 6. 1930, Bayer-Archiv 62/10/3 c, S. 92/93. 82 „Wir haben wiederholt in unseren Kreisen jede Katastrophenpolitik abgelehnt . . . Ich möchte auch für den Reichsverband und für jeden von uns gerne sagen können: wir haben alles getan, um die Katastrophe zu verhindern. Man weiss . . ., was mit der Katastrophe zerschlagen wird. Man weiss aber nicht, wie es wieder aufgebaut werden soll. Das ist mein Standpunkt, an dem ich unweigerlich festhalte, mag die Kritik sagen, ich sei Defaitist, ich gehe den Regierungen zu weit entgegen - das mag gesagt werden; ich nehme den Vor wurf auf mich“. Sten. Prot., ebd., S. 89. 83 Silverberg in der Replik auf Ausführungen Büchers, der jedem Kompromiß in der Finanz- und Steuerpolitik widersprach; es sei, so Bücher, „nur notwendig, rücksichtslos zu sparen, vielleicht 15% bei den Etats. Aber dazu brauche man einen Mann, eine wirkliche Persönlichkeit im Kabinett und bis es so weit sei, habe es keinen Sinn, sich in Details mit dem Finanzproblem zu befassen.“ Zit. nach zusammenfassendem Bericht über die RDI-Sitzungen vom 25. 6. 1930, ebd. 84 Sten. Prot., ebd., S. 103. 85 „Aufstieg oder Niedergang“? Deutsche Wirtschafts- und Finanzreform 1929. Eine Denkschrift des Präsidiums des RDI, Berlin 1929. 86 So erblickte Silverberg jetzt in der von Bücher propagierten Politik des „Alles oder Nichts“ in letzter Konsequenz den Trend zu „einem deutschen Finanzdirektorium, das auf Grund des Ermächtigungsgesetzes autonom wird regieren müssen“. Sten. Prot., BayerArchiv 62/10/3 c, S. 102. 87 RS RDI Nr. 3663/IV vom 27. Juni 1930, HA/GHH Nr. 400101220/8 b. - In der Pressemitteilung wurde die Fortsetzung weiterer unmittelbarer Verhandlungen ausdrücklich befürwortet. In einem Beischreiben beklagte Herle allerdings die Darstellung des „Vorwärts“ vom 26. 6. 1930, die darauf ziele, „die einzelnen Industrien gegeneinander auszuspielen“.

V. Die Reichstagswahl vom 14. September 1930 1 Bracher, Auflösung, S. 302. 2 Vgl. u. a. 2. Juli 1930, Kastl an Silverberg, NI. Silv. Nr. 235: Kastl legt hier nahe, auf eine explizite Stellungnahme des RDI zum Finanzprogramm Dietrich vor den Parlamentsferien zu verzichten, um die Kompromißfähigkeit der Parteien (SPD) nicht zu beeinträchtigen und der Regierung „gar keine Schwierigkeiten“ zu machen. Vgl. auch die Diskussion auf der Präsidialsitzune des RDI vom 25. Juni 1930, siehe oben Kap. IV, S. 71 f. 3 Siehe auch Bracher, Auflösung, S. 301: „Obwohl der Reichstag noch immer eine klare republikanische Mehrheit besaß und sich Brünings Pläne einer Rechtskoalition dieser Tatsache gegenüber ganz offensichtlich als irreale Spekulation erwiesen, beschritt der Reichskanzler nun zur Verwirklichung seiner starr festgehaltenen Reformkonzepte den oft angedrohten autoritären Weg gegen oder ohne das Parlament“. 4 Siehe vor allem Niederschrift des Grafen Westarp vom 15. Jan. 1930, in: Vogelsang, Reichswehr, S. 70. 5 Vgl. auch Conze, Entscheidungen, S. 215-17: „So enthielt er sich bewußt eines entgegenkommenden Angebots an die Sozialdemokratie und ging damit der fast sicheren Niederlage im Reichstag entgegen . . . Hinter all dem stand aber vor allem als der eigentlich

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Anmerkungen zu Seite 73-77 ausschlaggebende Grund . . . die Auflage Hindenburgs vom 28. März. Mit der SPD sollte nach dem Fall der Großen Koalition nicht mehr regiert werden“. 6 Vgl. Brüning, Memoiren, S. 192 ff. 7 1. und 3. April 1930, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/6. 8 Siehe dazu die Materialien in: HA/GHH Nr. 4001012024/6-7. 9 21. Juli 1930, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/7. 10 23. Juli 1930, Blank an Reusch, ebd. 11 Ebd. 12 24. Juli 1930, Blank an Reusch, ebd. 13 25. Juli 1930, Kastl an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 235. 14 Siehe auch die Verhandlungen betr. Kartellpolitik im Sept./Okt. 1930 zwischen RDI und Reichskanzlei, in: R 43 I/1203. 15 Siehe u. a. die Materialien in: HA/GHH Nr. 4001012024/7. Für Luther siehe insbesondere Niederschrift vom 9. 3. 1930, Nl. Luther Nr. 365. 16 7. Aug. 1930, Reusch an Blank, „Vertraulich“, HA/GHH Nr. 4001012024/7. 17 Siehe oben Kap. III, S. 58. 18 Conze, Entscheidungen, S. 218. 19 5. Sept. 1930, Reusch an Weinlig, HA/GHH Nr. 400101293/106. Neben Reusch beteiligte sich z . B . auch Silverberg an diesen Verhandlungen, der am 31.Juli zu einer Unterredung mit Scholz (DVP) zusammenkam. 29. Juli 1930, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/7. Vgl. u. a. auch 28. Juli 1930, Hamm an Reusch, HA/GHH Nr. 40010123/ 25 b. 20 G.M. RDI Nr. 19 vom 5. Aug. 1930, Lfd. Nr. 434 „Falschmeldungen über die Beteiligung des Reichsverbandes der Deutschen Industrie am Wahlkampf'. Dort Gegendarstellung zu Pressemeldungen in der „Welt am Abend“ Nr. 168 vom 22. Juli, der RDI habe Hugenberg den gesamten Wahlfonds zur Verteilung überlassen, wobei den Nationalsozialisten der „Löwenanteil“ zugefallen sei. Richtig sei vielmehr, daß die westl. Industrie alle bürgerlichen Parteien von der Staatspartei bis zur DNVP gleichmäßig bedenken wollte, wobei Vogler zuvor mit Hugenberg verhandeln und diesem mitteilen sollte, „dass von ihm erwartet wird, dass er keine Beziehungen zu den Nationalsozialisten unterhält“. 29. Juli 1930, Blank an Spnngorum, HA/GHH Nr. 4001012024/7. 21 Zur Kritik der Wirtschaft an der DNVP unter Hugenberg siehe vor allem: 8. Sept. 1930, Reichert an Krupp mit Expose „Warum fort von Hugenberg“, Krupp-Archiv IV Ε 962. 22 Vgl. Bracher, Auflösung, S. 318. 23 Allen Mitgliedern des Reichsverbandes mitgeteilt in dem RS (o. Nr.) „Industrie und Reichstagswahlen“ vom 16. Aug. 1930, NL Silv. Nr. 268. Abgedruckt auch in: G.M. RDI Nr. 21 vom 25. Aug. 1930, Lfd. Nr. 484. An der Redaktion des Wahlaufrufes waren neben der Geschäftsführung vor allem die Mitglieder des „Engeren Präsidiums“ beteiligt (Duisberg, Kastl, Frowein, Silverberg, Kraemer, Müller-Oerlinghausen und Hilger), die auch mit ihrer Unterschrift verantwortlich zeichneten. Siehe dazu 12. und 16. Aug. 1930 Schriftwechsel Herle-Silverberg, in: Nl. Silv. Nr. 268; vgl. auch 13. Aug. 1930, Herle an Reusch, HA/GHH Nr. 400101220/9 a. 24 G.M. RDI Nr. 21 vom 25. Aug. 1930, Lfd. Nr. 484. 25 3. Sept. 1930, Kastl an Reusch, HA/GHH Nr. 400101220/9 a; 3. Sept. 1930, Hamm (DIHT) an Reusch, HA/GHH Nr. 40010123/25 b. 26 Vgl. Bracher, Auflösung, S. 323 ff. 27 Keese, S. 323 ff. 28 15. Sept. 1930, v. Gilsa an Reusch, HA/GHH Nr. 400101293/4 b. 29 15. Sept. 1930, Aufsatz Reicherts „Der erste Eindruck von der Reichstagswahl 1930“. 3seitiger hektographierter Umdruck, Krupp-Archiv IV Ε 962. 30 Mehrseitiger Aktenvermerk Pünders vom 15. Sept. 1930, R 43 I/1308, Bl. 597 ff Auf

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Anmerkungen zu Seite 77-80 diesen bisher nicht genügend beachteten Vorgang verweist bereits J . Becker, Brüning, Prälat Kaas und das Problem einer Regierungsbeteiligung der NSDAP 1930-1932, in: HZ, Bd. 196, 1963, S. 78. 31 R 43 I/1308, Bl. 598. 32 Ebd., Bl. 598/99. 33 Horkenbach, 1918-1930, S. 319. 34 E. Matthias, Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands, in: ders. u. R. Morsey (Hg.), Das Ende der Parteien 1933. Darstellungen und Dokumente, Düsseldorf 1960, S. 103 ff. 35 Siehe dazu auch die Berichte der britischen Botschafter in Paris, R. H. Campbell sowie in Berlin, Sir H. Rumbold vom 16. und 18. Sept. 1930 an Außenminister Henderson. In diesen Berichten gehen die Botschafter jeweils von der „Großen Koalition'' als der erwarteten Lösung der Parlamentskrise in Deutschland aus. Ursachen und Folgen, Bd. VIII, S. 92-95, Dok. 1680 b und 1680 c. 36 Brüning, Memoiren, S. 187. 37 Ebd., S. 187: „Mein Auftrag wäre gescheitert, wenn ich mich irgendwie auf Koalitionsversicherungen eingelassen hätte.'' 38 R 43 I/1308.

39 R 43 I/1446.

40 21. Sept. 1930, Schulenburg an Schleicher, Ν 42/21. 41 Vgl. Vogelsang, Reichswehr, S. 95. 42 26. Sept. 1930, Schleicher an Schulenburg, versendet als „Einschreiben“, Ν 42/21. Auch gedruckt bei Vogelsang, Reichswehr, Dok. 6, S. 415, und R. Kühnl, Der deutsche Faschismus in Quellen und Dokumenten, Köln 1975, S. 142. 43 Conze, Entscheidungen, S. 220. 44 21. Juli 1930, Aufzeichnung Blank, HA/GHH Nr 4001012024/7. Siehe Zitat Kap. V, S.

73 f. 45 1. Okt. 1930, Treviranus an Blank, HA/GHH Nr. 4001012024/7. 46 Vgl. Brüning, Memoiren, S. 192 ff. 47 Ausführliche Erörterung des Zusammenhangs zwischen Reparationen und Deflationspolitik bei Brüning siehe Kap. VIII. Dort auch zahlreiche archivalische Belege für die hier vertretene These. 48 Brüning, Memoiren, S. 193/94. 49 Siehe u. a. 5. Dez. 1930, von Gilsa an Reusch, HA/GHH Nr. 400101293/4 b: „Bei dem Abschluß des letzten Überbrückungskredits in Höhe von 125 Millionen Dollar soll nach meinen Informationen die Reichsregierung bereits erhebliche Zugeständnisse an Amerika gemacht haben. Einmal soll die Regierung sich verpflichtet haben, in der nächsten Zeit kein Moratorium auf Grund des Neuen Planes auszusprechen, und zum andern habe das Kabinett versprechen müssen, die Krise in Deutschland nicht auf ausserparlamentarischem, sondern auf parlamentarischem Wege zu lösen . . . Eigentlich ist es ja nicht recht verständlich, warum das Ausland gegen eine ausserparlamentarische Lösung sein sollte. Es müsste doch nur daran interessiert sein, daß bei uns endlich Ordnung geschaffen würde, damit dem Ausland die von ihm bei uns angelegten Gelder nicht verloren gingen. Die Psyche der Völker ist ja manchmal eigentümlich. In den westeuropäischen Ländern und auch in Nordamerika ist der Parlamentarismus ja ganz anders gestaltet und im Volksempfmden eingewurzelt als bei uns. Dort sieht man vielleicht in einem Bruch mit der parlamentarischen Form zugleich den Anfang des drohenden Chaos.“ Vgl. auch 1. Okt. 1931, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/9; Kap. VII, Anm. 44. 50 Zum Gespräch siehe u. a. Becker, S. 74. 51 Brüning, Memoiren, S. 192 ff. 52 8. Okt. 1930, Vortrag Brünings beim Reichspräsidenten, R 43 I/678: Brüning schildert hier seine Verhandlungen mit Hitler und dessen Forderung „auf sofortige Reparationsrevi-

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Anmerkungen zu Seite 80-83 sion unter Erklärung des Moratoriums'', wohingegen der Kanzler an der Ansicht, ,,Reparationsverhandlungen nur nach Durchführung des Reformprogramms“ in Angriff zu nehmen, festgehalten habe. 53 Brüning, Memoiren, S. 196. 54 Bracher, Auflösung, S. 328. 55 Sten. Prot, der Prädidialsitzung liegt nicht vor. Über den Verlauf orientiert ein Schreiben Kastls an Silvcrberg vom 19. Sept. 1930, Nl. Silv. Nr. 235. KastI schreibt dort u. a.: ,,Im Präsidium . . . war eine sehr lange Debatte, bei der ich über einige Ausführungen eines unserer Freunde, weil sie der blühendste Unsinn waren, den ich bisher gehört habe, ausserordentlich erschüttert war. Noch schlimmer war dabei allerdings, dass ihm sogar einige zustimmten. Reusch hat noch stundenlang unter dem gleichen Eindruck wie ich gelitten, während Kraemer hilfesuchend die Blicke schweifen ließ.“ 56 15. Sept. 1930, Aktenvermerk Pünder, R 43 I/1308. Siehe oben Kap. V, S. 77. 57 19. Sept. 1930, Kastl an Silverberc, Nl. Silv. Nr. 235. 58 Sten. Prot. Vorstand, Bayer-Archiv 62/10/4 d; Sten. Prot. HAS, Bayer-Archiv 62/10/5 b. 59 Vorstandssitzung vom 19. Sept. 1930, Bayer-Archiv 62/10/4 d, S. 6-7. Bei Nichtzustandekommen einer Regierungskoalition sah Kastl ein sicheres Mißtrauensvotum und die Aufhebung der Notverordnungen vom 27. Juli. Es sei deshalb eine ,,völlige Unmöglichkeit“, ,,daß die Regierung vor den Reichstag tritt, wenn er am 13. oder 16. Okt. zusammenkommt, ohne aus den Ergebnissen, die sich in den Wahlen ausdrücken, die entsprechenden Folgerungen zu ziehen . . . “ 60 Ebd., S. 10/11. 61 Horkenbach, 1918-1930, S. 322-23. 62 Siehe dazu vor allem: ,»Aufstieg oder Niedergang“, Veröff. RDI Nr. 49, Dezember 1929; 4. Juni 1930, Schreiben der Spitzenverbände an die Reichsregierung betr. Deckung des Defizits im Reichshaushalt 1930, in: G.M. RDI Nr. 14 vom 13. Juni 1930, lfd. Nr. 342. Siehe auch programmatische Erklärung des RDI im Zusammenhang der Verhandlungen mit den Gewerkschaften vom 26. Juni 1930, in: G.M. RDI Nr. 16 vom 2. Juli 1930, lfd. Nr. 382. 63 ,,Stellungnahme des Präsidiums zum Wirtschafts- und Finanzplan der Reichsregierung“, abgedruckt in: G.M. RDI Nr. 25 vom 10. Okt. 1930, lfd. Nr. 552. Ein auf Grund der Verhandlungen des Wirtschaftspolitischen Beirats des RDI vom 8. Okt. erstellter Entwurf zur Entschließung in: Bayer-Archiv 62/10/3 c. 64 Verhandl. DIHT, Heft 12, 1930, S. 141/42 „Zum Wirtschafts- und Finanzplan der Reichsregierung“; siehe auch Bericht Dr. Grunds, ebd., S. 13 ff. 65 Ausführungen des Präsidenten des DIHT, von Mendelssohn, im Rahmen der Hauptausschußsitzung des DIHT vom 9. Okt., ebd., S. 12. 66 Brüning, Memoiren, S. 198, deutet dies unzutreffend als einen ,,νοn Herrn Hugenberg vorbereiteten Generalangriff gegen die Regierung“. 67 Siehe insbesondere Ausführungen von Dr. Jacobshagen, in: Verhandl. DIHT, Heft 12, 1930, S. 43/44. 68 Siehe oben Kap. V, S. 79f. bzw. Anm. 52. 69 Verhandl. DIHT, Heft 12, 1930, S. 50. Neben der Geschäftsführung (Hamm/Frentzel) hatte sich auch der Präsident der IHK Köln, Louis Hagen, für eine Ausklammerung der Reparationsfrage zum jetzigen Zeitpunkt eingesetzt. 70 Vgl. Resolutionsentwurf und endgültige Stellungnahme des DIHT zum Programm der Reichsregierung, ebd., S. 42/43 und S. 141/42. 71 Siehe Ruhrladesitzung vom 14. Okt. 1930. Bericht im Schreiben Karl Haniel an Reusch vom 15. 10. 1930, HA/GHH Nr. 4001012000/3 a. Siehe unten Kap. V, S. 84. 72 18. Okt. 1930, Schlenker an Reusch, HA/GHH Nr. 400101221/11 a. 73 20. Okt. 1930, Spnngorum an Reusch, HA/GHH Nr. 400101290/36 a; 21. Okt. 1930, Schlenker an Reusch, HA/GHH Nr. 400101221/11 a.

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Anmerkungen zu Seite 83-86 74 Brüning, Memoiren, S. 206, sah darin nur einen ,,sinnlose[n] Vorstoß“, der in eine „günstige Atmosphäre“ beim Reichsrat hineinplatzte und an „allem Kritik übte, ohne auch nur einen einzigen positiven Gedanken zu bringen“. Auch die pointierte Zusammenfassung in Schultheß, 1930, S. 227, „In Düsseldorf tagt der Langnamverein“, legt eine derartige Einschätzung nahe, die jedoch vom Tagungsprotokoll nicht gedeckt wird. 75 A. o. MV Langnam-Verein vom 4. Nov. 1930, Beiträge gedruckt in: Mitt. LangnamVerein, Heft 19, 1930. 76 Ebd., S.432. 77 Ebd., S.443. 78 Immerhin gestand Poensgen zu, daß einer erfolgreichen Inangriffnahme der Reparationsfrage die innere Sanierung vorangehen müsse. Ebd., S. 449. 79 Ebd., S.447. 80 25. Okt. 1930, Schlenker an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 416. 81 Mitt. Langnam-Verein, Heft 19, 1930, S. 458-64. 82 6. Nov. 1930, Vortrag „Wirtschaftslage und Öffentliche Hand“, im Überseeclub Hamburg, gedruckt bei: Manaux, Silverberg, S. 159-76. 83 Vorwärts vom 7. 11. 1930 „Silverberg als Ankläger“. Gegen die nationalökonomischen Phantasien der ,äußersten Rechten'. In der Gesamttendenz unzutreffende Einschätzung der Silverberg-Rede bei W. v. Alvensleben, 7. Nov. 1930, Alvensleben an Silverberg. Vgl. auch 10. Nov. 1930, Silverberg an Alvensleben, Nl. Silv. Nr. 25. 84 Mariaux, Silverberg, S. 168/69. 85 Ebd., S. 176. 86 Ebd. 87 Zum Verlauf der Ruhrladesitzung siehe 15. Okt. 1930, K. Haniel an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012000/3 a. 88 Sten. Prot., Bayer-Archiv 62/10/4 d. 89 Ebd., S. 21-40), insbesondere S. 39/40. 90 Ebd., S. 44/45: Thyssen: „Ich für meinen Teil werde dagegen Einspruch erheben, wenn hier etwa die deutsche Wirtschaft herangezogen wird, um Hilfestellung der jetzigen Regierung zu leisten (Lebhafter Beifall bei einem Teil der Versammlung)“. 91 Ebd., S. 53/54. 92 Neben Duisberg sprachen sich innerhalb der Debatte für den Kompromißkurs Brünings aus: Müller-Oerlinghausen, Dr. Braun - Frankfurt, Dr. Kalle und auch E. Borsig. Hinter Thyssen ansatzweise Reichert (VDEStI) (ebd., S. 64-66). 93 Ebd., S. 46, 71. 94 Sten. Prot., Bayer-Archiv 62/10/5 b, gedruckt in: Veröff. RDI Nr. 55, Dez. 1930. 95 R 43 I/2367 Aktenvermerke Reichskanzlei vom 15. und 17. Nov. 1930. Vgl. auch 26. Nov. 1930, Kastl an Brüning und 1. Dez. 1930, Kastl/Herle an Brüning, ebd. 96 Veröff. RDI Nr. 55, Dez. 1930, S. 7. 97 Ebd., S. 19-23. Zum Konzept der „Exportoffensive“ als Hebel der Reparationspolitik siehe Brüning, Memoiren, S. 193/94 (vgl. oben Kap. V, S. 79). Zu den Ausführungen Brünings und Kastls vor dem HAS RDI am 27. Nov. 1930 siehe jetzt auch Schulz, Reparationen, S. 205/06. 98 Veröff. RDI Nr. 55, Dez. 1930, S. 23-26. 99 Hotkenbach, 1918-20, S. 337 ff. 100 Veröff. RDI Nr. 55, Dez. 1930, S. 25/26. 101 Aktenkundlich nachweisbare Gespräche zwischen Silverberg und Brüning im Herbst 1930 haben stattgefunden am 24. Sept., 30. Okt., 20. Nov. und 23. Dez. 1930, siehe R 43 I/ 2128, 2056. Zur Propagierung des Brüning-Kurses durch Silverberg siehe u. a. 27. Nov. 1930, Silverberg vor dem Vorstand des DIHT, Nl. Silv. Nr. 640; 4. Dez. 1930, Vortrag Silverberg im Club von Berlin, Nl. Silv. Nr. 26. Für Kastl siehe vor allem die Materialien in R 43 1/2367.

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Anmerkungen zu Seite 86—88 102 Die Vermutung, daß die reparationspolitische Konzeption Brünings von Kastl mitgeprägt ist, bedarf gewiß einer breiteren Materialabsicherung. Ansatzpunkte für diese Hypothese bilden die Ausführungen Kastls und Brünings vom 27. Nov. 1930 vor dem HAS RDI sowie die später in den Memoiren dargestellte Grundkonzeption des Kanzlers: Vcröff. RDI Nr. 55, Dez. 1930, S. 19-26; Brüning, Memoiren, S. 192 ff., S. 221. 103 Veröff. RDI Nr. 55, Dez. 1930, S. 26. 104 Hier zitiert nächsten. Prot., Bayer-Archiv 62/10/5 b. In den Vcröff. RDI Nr. 55, Dez. 1930, heißt es abweichend: ,,. . . die politische Führung, die wir bisher hatten, hat versagt“. In der Literatur bisher zitiert nach dem gedruckten Text in den Veröffentlichungen. 105 Sten. Prot., Bayer-Archiv 62/10/5 b, S. 67/68. 106 Veröff. RDI Nr. 55, Dez. 1930, S. 27. Ausführungen von Kommerzienrat Krawinkel. 107 Siehe Anm. 105. 108 Czichon, Hitler, S. 19. Die Schlußfolgcrung, daß Hitler mit diesem Appell „salonfähig, d. h. regierungsfähig'' geworden sei, kann freilich nicht geteilt werden. 109 Vgl. Kap. IX, S. 117. 110 Veröff. RDI Nr. 55, Dez. 1930, S. 27-28. 111 RS RDI Nr. I/VI vom 31. Dez. 1930 (DII. 112 Siehe dazu die Schreiben Reicherts vom 4. Dez. 1930 an Schlenker; 4. Dez. an Poensgen und Springorum; 6. Dez. an Poensgen, Springorum und Schlenker, R 13 I/602. 113 So auch Reichert im Schreiben vom 4. Dez. an Poensgen und Springorum, ebd. 114 Siehe in diesem Zusammenhang auch den Disput Kastls mit August Heinrichsbauer, Herausgeber des Rheinisch-westfälischen Wirtschaftsdienstes. Heinrichsbauer war mit der Schwerindustrie, insbesondere dem Bergbau, eng verbunden und knüpfte 1930 die ersten Fäden zu den Nationalsozialisten. Zu Person und Wirken Heinrichsbauers siehe Kap. IX, S. 117ff. Ausgangspunkt der Kontroverse vom Dez./Jan. 1930/31 war ein Artikel Heinrichsbauers ,,Young-Revision? - Versailler Revision!'' in: Wirschaftspolitischer Pressedienst ( WPD), Nationalsozialistische Wirtschaftskorrespondenz, hrsg. v. Dr. O. Wagener, Nr. 13, 24. Dez. 1930. Kastl glossierte die dortigen Ausführungen Heinrichsbauers mit der Bemerkung: ,,H. kann sofort Geschäftsführer vom Grobblechverband werden!“ Der Kritik Kastls hielt Heinrichsbauer entgegen, daß anstelle der etappenweisen Revisionspolitik Strcscmannscher Provenienz nunmehr ein ,,Risiko“ gewagt werden müsse, um im gegebenen Moment die Totalrevision des Versailler Vertrages zu erzwingen. Materialien in: Nl. Kastl Nr. 9, 3. und 13. Jan. 1931, Kastl an Heinrichsbauer, 5. Jan. 1931, Heinrichsbauer an Kastl. 115 4. Dez. 1930, Reichert an Schlenker, R 13 1/602. Über die erwähnte Zusammenkunft Hitlers mit verschiedenen Ruhnndustriellcn wohl im Nov. 1930 ist näheres nicht bekannt. Wie aus dem weiteren Zusammenhang hervorgeht, fand sie offenbar auf Kirdorfs Besitzung, dem ,,Streithof', statt. Vgl. auch Stegmann, Verhältnis, S. 417, Anm. 80. 116 4. Dez. 1930, Reichert an Schlenker, R 13 1/602. 117 Protokoll der Ruhrladesitzung nicht erhalten. Hinweise zur Tagesordnung in: HA/ GHH Nr. 40010124/14, P. 3 „Reichs verband der Deutschen Industrie“. Über den Verlauf der Sitzung orientiert ein Schreiben Herlcs an Duisberg vom 9. Febr. 1931, Bayer-Archiv, Autographensammlung: ,, ,1m Westen' insofern ,alles beim alten*, als sich die Ruhrlade in der letzten Sitzung bis auf Herrn Th[yssen] einmütig dahin geäußert hat, daß man gegen den Reichsverband als solchen nicht nur nichts tun will[?], sondern daß man die Notwendigkeit anerkennt, diese Spitzenorganisation der deutschen Industrie unter allen Umständen zu halten. Es geht also alles wieder in Ordnung.“ 118 9. Febr. 1931, Herle an Duisberg, ebd. Vgl. auch 28. Jan. 1931, Reusch an Blank, HA/ GHH Nr. 4001012024/8 a: „Wir haben hier die bindende Erklärung vorliegen, dass der Bergbau-Verein nicht kündigen wird.“ 119 Dazu passen die Meldungen von einem angeblichen Ausscheiden Geheimrat Kastls aus dem RDI ,,im Hinblick auf die Differenzen mit gewissen Kreisen der westlichen Industrie, die

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Anmerkungen zu Seite 88-89 man kaum auf die Dauer glaubt ausräumen zu können.“ Nach einer Mitteilung Blanks habe Staatssekretär Schäffer vom Reichsfinanzministerium Kastl den Posten eines Vorstandsmitgliedes in der Reichskreditanstalt angeboten. 10. und 27. März 1931, Blank an Reusch, HA/ G H H N r . 4001012024/8 a. 120 2. März 1931, Duisberg an Brandi; 3. März, Thyssen an Duisberg; 4. März, Brandi an Duisberg etc., Bayer-Archiv 62/10/8. Weiterer Schriftwechsel in Vorbereitung der Bochumer Zusammenkunft vom 5. Mai siehe Nl. Silv. Nr. 234, Krupp-Archiv IV Ε 915, HA/GHH Nr. 400101220/10 b. 121 Erst im März 1933 war es möglich, das schon 1930/31 geforderte „Revierement“ durchzusetzen. In der Präsidialsitzung vom 23. März 1933 erinnerte Thyssen an die Bochumer Zusammenkunft und verlangte, da die Geschäftsführung die damals zugesagte „Zurückhaltung“ nicht befolgt habe, den Rücktritt Kastls. Prot. Kastl vom 27. 3. 1933, Krupp-Archiv IV Ε 885. Siehe Kap. XIII, S. 181 ff. 122 5. Mai 1931, Reusch an Krupp, Krupp-Archiv IV Ε 176. 123 Siehe Schriftwechsel 5. Mai - 11. Juni 1931, in: ebd., insbesondere 5. Mai, Reusch an Krupp sowie 11. luni, Duisberg an Krupp. Siehe auch die Materialien in:Bayer-Archiv 62/10/2. 124 Für den DIHT 1930/31 siehe ζ. Β. Vorstandssitzung vom 20. Jan. 1931, zusammenfas­ sendes Protokoll HA/GHH Nr. 40010123/33 a. 125 Der Hauptgeschäftsfuhrer Max Schlenker sorgte wiederholt dafür, daß ein Abgleiten des Langnam-Vereins ins allzu radikale Fahrwasser vermieden werden konnte. Vgl. ζ. Β. Vorbereitung der Mitgliederversammlung vom 4. Nov. 1930, Kap. V, S. 83. 126 Eine für April/Mai 1931 geplante Zusammenkunft der „Nationalen Opposition“ wurde durch wachsende Spannungen zwischen DNVP und NSDAP unmöglich gemacht. 22. April 1931, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/8 a. 127 Das ,,Engere Präsidium“ des RDI, namentlich Kastl und Silverberg sowie Vertreter der Berliner Banken, insbesondere J . Goldschmidt, hielten an dem Gedanken einer Großen Koalition auch nach der ersten Phase der Notverordnungspolitik fest: Silverberg am 4. Dez. 1930 vor dem Club von Berlin, Nl. Silv. Nr. 26; 18. Febr. 1931, Kastl an Stegerwald, R 43 1/ 2039; 17. Jan. 1931, v. Gilsa an Reusch, HA/GHH Nr. 400101293/4 b. 128 Kennzeichnend dafür sind auch die Bestrebungen Paul Reuschs in Zusammenarbeit mit Wegbereitern der ,Konservativen Revolution' wie Edgar Jung und Friedrich Glum, eine „Bewegung“ zu bilden, die, an der Programmatik des BER orientiert, sich „Stützpunkte“ im Lande verschaffen müsse, um von dort aus die Bildung einer „nationalen Rechten“ voranzutreiben. Schriftwechsel Reusch-Jung in: HA/GHH Nr. 400101293/11, insbesondere S.Jan. 1931, Reusch an Jung. Material zum Aktionskreis Glum in: Krupp-Archiv IV Ε 152, 776. 129 Immerhin unternahm die Luther nahestehende Wochenschrift „Der Ring“ parallel zur verstärkten Reserve der Schwerindustrie im April/Mai 1931 einen gezielten Vorstoß gegen das „System Brüning“. Der Reichskanzler war so beunruhigt, daß er Silverberg gegenüber auf den Vorgang zu sprechen kam. 21. Mai 1931, Meyncn an Silverberg, Nl. Silv. 578. Der Herausgeber des „Ring“, H. v. Gleichen, unternahm im Juni 1931 einen letzten Versuch, Luther zu bewegen, endlich mit Brüning zu brechen und aus der Reserve herauszutreten. Luther werde wohl noch von Reusch gestützt, aber bereits bei Springorum verschiebe sich die Front. 15. Juni 1931, Gleichen an Luther, Nl. Luther Nr. 336. 130 Reusch ζ. Β. stimmte mit der Einschätzung Edgar Jungs, daß der Nationalsozialismus eine in seiner „psychischen Haltung und politischen Dynamik unbedingt begrüssenswerte Erscheinung“ sei, nicht überein. Wenn auch außerpolitisch eine nicht „unerwünschte“ Erscheinung, so sei das Wirken der NSDAP innerpolitisch doch „höchst unerfreulich“. Auch Vogler, der am rechten Flügel der Ruhrindustrie anzusiedeln ist, sah im Frühjahr 1931 in der NSDAP noch keine Alternative. Vgl. 27. April 1931, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/8 b. Zur Entwicklung des Verhältnisses zwischen Großindustrie und Nationalsozialismus 1931/32 siehe Kap. IX.

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Anmerkungen zu Seite 90 VI. Die Bankenknse 1 Siehe oben Kap. V, S. 87 ff. 2 Anläßlich eines Empfanges von Vertretern des VSI durch den Reichskanzler am 6. März 1931 legte Wittke dar, daß es insbesondere im Hinblick auf die Kundgebung des Verbandes vom 23. März in Chemnitz dringend notwendig sei, „dem sächsischen Notstandgebiet sofortige Hilfe zu bringen.“ Brüning seinerseits erklärte die Bereitschaft, „engste Fühlung“ mit der sächsischen Industrie zu halten, weil er glaube, daß dies der geeignetste Weg sei, die zur Zeit bestehenden Schwierigkeiten zu beseitigen. Aktenvermerk Reichskanzlei, R 43 I/ 2311, S. 122 ff. 3 Für den DIHT siehe Vorstandssitzung vom 20. Jan. 1931, zusammenfassendes Protokoll, HA/GHH Nr. 40010123/33 a; für den RDI u. a. Hauptausschußsitzung vom 20. Febr. 1931, . Prot. Bayer-Archiv 62/10/5 b (Ausführungen Büchers und Duisbcrgs); dann auch Eingabe des RDI vom 4. Mai 1931 an den Reichskanzler, R 43 I/1138, Bl. 216 ff. Im Begleitschreiben Kastls wird ein verstärkter Druck auf den RDI allerdings schon deutlich: „Ich b i n . . . verpflichtet, darauf hinzuweisen, daß trotz der günstigen Beurteilung, die der Reichsverband . . . den bisherigen Schritten der Reichsregierung entgegenbringt . . . , das Vertrauen zu der Reichsregierung auf die Dauer nur aufrechterhalten werden kann, wenn sich an die bisherigen Schritte eine schnelle und umfassende Durchführung der weiteren notwendigen Maßnahmen anschliesst.“ 4 Protokoll der Sitzung liegt, wie üblich, nicht vor. Datierung nach Materialien in: HA/ GHH Nr. 40010124/14. 20. April 1931, Springorum an Reusch, HA/GHH Nr. 400101290/ 36 a. 5 22. April 1931, Reusch an Springorum, ebd. 6 25. April 1931, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/8 a. Krupp und Vogler hatten bereits Bedenken angemeldet und „hielten es auch aus Loyalitätsgründen für nötig, zunächst einmal privat festzustellen, was der Reichskanzler nun zu tun vor hat.“ 20. April 1931, Springorum an Reusch, HA/GHH Nr. 400101290/36 a. 7 Vgl. W. Ruge, Die „Deutsche Allgemeine Zeitung“ und die Brüning-Regierung. Zur Rolle der Monopolbourgeoisie bei der Vorbereitung des Faschismus, in: ZfG, Jg. 16, 1968, S.19-53. 8 12. Mai 1931, Gespräch Kastl-Pünder, Aktenvermerk Reichskanzlei, R 43 I/2381, Bl. 341 f. In der Unterredung vom 12. Mai versicherte Kastl auf entsprechende Bemerkungen Pünders wohl, „dass alle massgeblichen Führer der deutschen Industrie den Herrn Reichskanzler unter keinen Umständen in politische Abenteuer stürzen wollten“, sprach damit aber eewiß nur für die Führungsspitze des Reichsverbandes. 9 14. Mai 1931, Silverberg an Springorum, Nl. Silv. Nr. 416. Silverberg fordert Springorum dringlichst auf, dem von Brüning ausgesprochenen Wunsch nach einer Unterredung am 20. Mai, also noch vor der Vorbesprechung der Langnam-Vereins-Tagung am 21. 5., Folge zu leisten. 10 13. Mai 1931, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/8 b. Nach dem auf Mitteilung Quadts beruhenden Bericht Blanks sei Brüning „ausserordentlich besorgt wegen der geplanten Tagung des Langnamvereins, die offensichtlich . . . den Zweck verfolge, durch scharfe Angriffe gegen die Politik der Reichsregierung das Kabinett und besonders ihn selbst, d. h. den Reichskanzler, zu stürzen.“ Quadt sprach dann die Meinung aus, daß es „ausserordentlich gut und förderlich“ wäre, wenn einmal ein „massgebender Herr der westlichen Industrie“ den Kanzler aufsuchen würde. Damit gemeint war offenbar Springorum, dem Blank auch einen Durchschlag des Schreibens zugehen ließ. 11 15. Mai 1931, Springorum an Blank, ebd.; vgl. in diesem Zusammenhang 16. Mai 1931, Reusch an Springorum, HA/GHH Nr. 400101290/36 a. 12 15. Mai 1931, Springorum an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 416.

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Anmerkungen zu Seite 91—92 13 Dreiseitige Aktennotiz Blank/Sogemeier vom 20. Mai 1931 im Anschluß an zwei Gespräche mit Springorum vor und nach dessen Unterredung beim Reichskanzler, HA/GHH Nr. 4001012024/8 b. 14 Entwurf vom 21. Mai 1931, Nl. Silv. Nr. 416, Bl. 273 f. 15 27. Mai 1931, Springorum an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 416, Bl 275/275 R. 16 Entwurf vom 26. 5. 1931, ebd., Bl 276. Identisch mit der Resolution vom 3. Juni 1931 in: Mitt. Langnam-Verein, Heft 1, 1931, S. 49-51. 17 Vgl. auch die Mitteilung Vöglers an Springorum, in: Schreiben Springorum an Silverberg vom 27. 5. 1931, Nl. Silv. 416: „Wir sind uns ja alle darüber einig, daß der Wunsch, die sogenannten Reparationen zu streichen, unerfüllbar ist''. Vögler entwickelte dann einen eigenen Zahlungsplan, der eine zehnjährige Transferpause vorsah. 18 F.Z. Nr. 409 vom 4. Juni 1931. 19 Protokoll in: Mitt. Langnam-Verein, Heft 1, 1931. 20 HAS RDI vom 27. Nov. 1930, siehe oben Kap. V, S. 86. 21 Die Essener ,,Nationalzeitung“ kommentierte unter deutlicher Bezugnahme auf die Ausführungen Thyssens: ,,Zum ersten Male seit langen, langen Jahren hat sich auf der gestrigen Wirtschaftstagung in Düsseldorf ein Ansatz zu dem gezeigt, was der Nationalsozialismus vom ersten Tage seiner Gründung an erstrebt und was ihm als unverrückbares Ziel vor Augen steht“. Zit. nach einem Artikel des „Vorwärts“ vom 13. 7. 1932: ,,NSDAP Partei des Kapitals. Hitler ist die Hoffnung der reaktionären Scharfmacher“. 22 Zit. nach Horkenbach, 1931, S. 189/90. 23 Mitt. Langnam-Verein, Heft 1, 1931, S. 41. 24 Horkenbach, 1931, S. 194—98. Eine Verschärfung der Oppositionshaltung des LangnamVereins auf Grund der Notverordnung unterstrichen in einem Brief Paul Reuschs an Bücher, 2. Juni 1931, HA/GHH Nr. 400101290/5 a. 25 Vgl. Horkenbach, 1931, S. 189/90 ,,Der Kampf um die Ausgestaltung der Notverordnung“. Für den RDI siehe RS RDI Nr. 1160/P vom 3. Juni 1931 „Vorläufige Stellungnahme zu der neuen Notverordnung der Reichsregierung“, Abdruck auch in: G.M. RDI Nr. 12 vom 4, Juni 1931, lfd. Nr. 245: Wie der RDI in der auch der Presse übergebenen Verlautbarung mitteilte, „hat der bisher bekannt gewordene Inhalt der bevorstehenden Notverordnung in allen Kreisen der Industrie eine starke Enttäuschung und schwere Besorgnisse hervorgerufen. Man sieht in der Absicht, im Wege einer Krisensteuer eine neue direkte Belastung des Einkommens zu schaffen, einen überaus verhängnisvollen Entschluß, der sich dahin auswirken muß, daß zum Nachteil aller schaffenden Stände weitere Mittel der Kapitalbildung entzogen werden . . . “ 26 Brüning, Memoiren, S. 194, S. 278 ff. Wichtig in diesem Zusammenhang die Mitteilung Seldtes, daß das Protesttelegramm der „Nationalen Opposition“ nach London mit Brüning „vorher verabredet“ war und dort „gut gewirkt“ habe. 3. August 1931, v. Gilsa an Reusch, HA/GHH Nr. 400101293/4 b. 27 Vgl. Brüning, Memoiren, S. 278 ff. Κ. Ε. Born, Die deutsche Bankenkrise 1931. Finanzen und Politik, München 1967, S. 69/70, sieht diesen Zusammenhang nicht, sondern spricht vom „Primat der Innenpolitik“, der die Abfassung der Notverordnung und auch der Zusatzerklärung bestimmt habe. Ebenso H. Köhler, Arbeitsbeschaffung, Siedlung und Reparationen in der Schlußphase der Regierung Brüning, in: VfZ, Jg. 17, 1969, S. 276-307, hier S. 300/01. Richtig dagegen W. Helbich, Die Reparationen in der Ära Brüning. Zur Bedeutung des Young-Plans für die deutsche Politik 1930 bis 1932, Berlin 1962, S. 38/39. Detaillierte Darstellung der Reparationspolitik in der Krise vom Juni 1931 bei Hardach, Weltmarktorientierung, S. 124 ff. Zum Gesamtzusammenhang siehe ausführlich Kap. VIII, S. 111 f., dort auch weitere Literatur. 28 Abgedruckt in: Ursachen und Folgen, Bd. VIII, S. 160/61. Im Schlußabsatz der Erklärungen der Reichsregierung heißt es: „Wir haben alles angespannt, um unseren Ver-

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Anmerkungen zu Seite 92-96 pflichtungen aus dem verlorenen Kriege nachzukommen . . . Die Einsetzung der letzten Kräfte und Reserven aller Bevölkerungskreise gibt der deutschen Regierung das Recht und macht es ihr dem eigenen Volk gegenüber zur Pflicht, vor der Welt auszusprechen: Die Grenze dessen, was wir unserem Volke an Entbehrungen aufzuerlegen vermögen, ist erreicht!“ 29 Brüning, Memoiren, S. 278 ff. Vgl. auch Helbich, S. 81 ff. 30 Devisenabzüge im Juni 1931 insgesamt 1174 Mill. RM, davon in den ersten 11 Tagen des Monats allein 564 Mill. RM. Keese, S. 69. Vgl auch Hardach, Weltmarktorientierung, S. 128; in dieser Untersuchung auch detaillierte Darstellung des strukturellen Problems der Auslandskredite. 31 Siehe auch Bericht Blank an Reusch vom 12. Juni 1931, HA/GHH Nr. 4(X)101024/8 a sowie ,,Wirtschaftspolitischer Informationsdienst“ vom 13. 6. 1931 (Hg. W. Funk), ebd. 32 Brüning, Memoiren, S. 287 ff. 33 26. Juni 1931, Silverberg an Reusch, HA/GHH Nr. 400101290/35 a; 26. Juni 1931, Schlenkeran Silverberg; 29. Juni 1931, Silverberg an Schlenker, Nl. Silv. Nr. 416. Nicht ganz fehlerfreier Abdruck der beiden letzten Dokumente bei Döhn, S. 422/23, Dok. Nr. 1. Vgl. auch 14. Juni 1931, Kalle an Dingeldey, Nl. Dingeldey Nr. 34 (ebd., S. 436, Dok. Nr. 19). 34 Horkenbach, 1931, S. 209. 35 Poensgen auf der Mitgliederversammlung des VDEStI am 17. Juni 1931, Horkenbach, 1931, S. 213. Inhaltlich gleichlautendes Dementi im Vorwort des gedruckten Tagungsprotokolls vom 3. Juni 1931, in: Mitt. Langnam-Verein, Heft 1, 1931, S. 2. 36 12. Juni 1931, Heinrichsbauer an Gleichen, Nl. Luther Nr. 336. 37 10. und 19. Juni 1931, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/8 b. Um diese Zeit setzt die Verdrängung Dr. O. Wageners durch Walter Funk ein. Siehe Kap. IX. 38 12. Juni 1931, Heinrichsbauer an Gleichen, Nl. Luther Nr. 336 ,,Ich bin fest davon überzeugt, dass das ganze jetzige System des anonymen, demokratischen Parlamentarismus im Laufe der Zeit von einem neuen System abgelöst wird, . . . das erhebliche Anklänge an den italienischen Faschismus haben wird . . . Es kommt mir nur darauf an, diesem künftigen neuen System den Weg zu erleichtern und ihn ihm nicht unnötig zu erschweren.'' 39 So auch von Heinrichsbauer gesehen, vgl. Heinrichsbaucr an Gleichen, 12. Juni 1931, Nl. Luther Nr. 336. 40 Exakt formuliert bei Westarp, dem früheren Parteivorsitzenden der DNVP, in einer Erklärung vom Okt. 1931 ,,Warum ich für Brüning stimmte“, hektographiert in den ,,Volkskonservativen Führerbriefen“. Siehe Zitat Kap. VII, S. 108. 41 Born, S. 7. 42 Sten. Prot., Bayer-Archiv 62/10/4 e und 62/10/5 b. Auszugsweises Prot, der Ausführungen Silverbergs vor dem Hauptausschuß des RDI auch in: Nl. Silv. Nr. 30. 43 Ebd., S. 19/20. 44 Vorstand RDI 19. Juni 1931, Sten. Prot., Bayer-Archiv 62/10/4 e, S. 28. 45 Ebd., S. 42/43. 46 Vgl. den vergeblichen Einspruch Thyssens gegen eine den Brüning-Kurs stützende Presseverlautbarung des RDI, ebd., S. 58. Im Hauptausschuß stellte sich lediglich Blohm hinter die reparationspolitischen Forderungen Thyssens. Sten. Prot., Bayer-Archiv 62/10/5 b, S. 87 ff. 47 Abgedruckt in G.M. RDI Nr. 14 vom 26. Juni 1931. 48 Aktenvermerk Reichskanzlei, R 43 I/2128, Bl. 187. 49 Kurzbericht in G.M. RDI Nr. 14 vom 26. Juni 1931, lfd. Nr. 290 „Besuch beim Reichskanzler“. Die Darstellung bei Brüning, Memoiren, S. 293, wird den Tatsachen nicht ganz gerecht. Eine Erklärung der Industrie, daß Brüning im Gegensatz zum Reichsbankpräsidenten Luther das Vertrauen der Industrie besitze, ist nicht abgegeben worden. 50 Helbich, S. 81 ff. 51 Siehe oben Kap. VI, S. 94f.

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Anmerkungen zu Seite 96-100 52 Schon am 12. Juni von Heinrichsbauer so begriffen. 12. Juni 1931, Heinrichsbauer an Gleichen, Nl. Luther Nr. 336. 53 Schreiben Kirdorf an Duisberg vom 21. Juni und 5. Juli 1931, Bayer-Archiv, Autographensammlung. 54 24. Juni 1931, Der Staatssekretär in der Reichskanzlei, Pünder, an Duisberg, R 43 I/ 1170; siehe auch Bayer-Archiv, Autographensammlung. Brüning läßt für Ausführungen Duisbergs auf der 100-Jahrfeier der IHK Düsseldorf danken. 55 26. Juni 1931, Duisberg an Kirdorf, Bayer-Archiv, Autographensammlung. 56 ,,Der Kohlenbergbau lehnt ab'* von Dr. A. Pinkerneil, in: DAZ Nr. 268 vom 16. Juni

1931. 57 Aktenvermerk Reichskanzlei „Betrifft die Besprechung mit Vertretern des Kohlenbergbaus am 25. Juni 1931“, R 43 1/2178, Bl. 188 ff. Siehe auch Brüning, Memoiren, S. 286, S. 297. 58 Wittke am 26. Juni 1931 vor dem VSI, R 43 I/1204, Bl. 98. 59 Verhandl. DIHT, Heft 7, 1931, S. 67 ff. 60 2. Juni 1931, Reusch an Bücher, HA/GHH Nr. 400101290/5 a. Vgl. auch die Ausführungen Reuschs auf der Tagung des Langnam-Vereins vom 3. Juni 1931, in: Mitt. LangnamVerein, Heft 1, 1931, S. 9 ff. 61 22. Juni 1931 vor dem Vorstand des DIHT, hektographiertes Protokoll, S. 5, HA/GHH Nr. 40010123/33 a. 62 23. Juni 1931 vor dem Hauptausschuß des DIHT, in: Verhandl. DIHT, Heft 7, 1931, S. 62. Siehe dazu auch Schriftwechsel Silverberg-Rcusch vom 26. und 29. Juni 1931, betr. Revidierung der Position des Langnam-Vereins vom 3. luni, in: Nl. Silv. Nr. 274, Bl. 106 ff. 63 Born, S. 89/90; vgl. auch Horkenbach, 1931, S. 237. Die Darstellung Borns, der nur die Initiative des Reichsbankpräsidenten Luther hervorhebt, ist insoweit nicht ganz zutreffend. 64 H. Pünder, Politik in der Reichskanzlei. Aufzeichnungen aus den Jahren 1929-1932, hg. v. Th. Vogelsang, Stuttgart 1961. S. 154/55. 65 Vgl. Köln. Tagebl. Nr. 316 vom 25. 6. 1931 mit Rückblick auf die Langnam-VereinsTagung vom 3. Juni 1931 „Streit im schwerindustriellen Lager“. 66 Original in R 43 I/1139, Bl. 305 ff Die Initiative zur Abfassung der Eingabe ging von Paul Reusch aus, die Ruhrlade behandelte das Schreiben auf ihrer Sitzung vom 27. Juli 1931 auf dem Hoverhof Silverbergs. Vgl. u. a. 19. Aug. 1931, Fickler an Reusch, HA/GHH Nr. 400101290/12. 67 Symptomatisch ist, daß von der Ruhrlade u. a. E. Poensgen und F. Thyssen nicht unterzeichneten und daß auch von den sonst angesprochenen Industriellen Fr. Flick die Unterschrift nicht leistete. 6. Aug. 1931, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/9. 68 R 43 I/1139, Bl. 318/19. 69 In der Diktion der Eingabe „Zwangsbewirtschaftung der Arbeitszeit und der Löhne“, „Versorgungsstaat“, ,,lohnpolitische[r] Irrgarten“ etc., ebd., Bl. 305 ff. 70 9. Aug. 1931, Reusch an Bücher, HA/GHH Nr. 400101290/5 a: „Solange der Reichskanzler sich nicht von der Sozialdemokratie trennt, werden die Wege, die zur Gesundung der Wirtschaft notwendig sind, nicht beschritten werden. Das ist meine feste Überzeugung!“

VII. Wendepunkt Herbst 1931: Die Abkehr von Brüning 1 R 43 I/1139, Bl. 305ff. Siehe oben Kap. VI, S. 97f. 2 6. Sept. 1931, Reusch an Kastl, HA/GHH Nr. 400101220/11 b. 3 11. Sept. 1931, Kastl an Reusch, ebd. Vgl. auch die Einladung des Reichskanzlers zum Festakt anläßlich der Verabschiedung Duisbergs als Präsidenten des RDI am 25. Sept.; 5. Sept., Kastl an Brüning, R 43 I/1206, Bl. 249/50. 4 14. Sept. 1931, RS RDI Nr. 1772/P, betr. Frankfurter Gewerkschaftskongreß vom

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Anmerkungen zu Seite 100-103 31. Aug. bis 4. Sept. 1931; 1. Okt. 1931, Kastl/Herle an den Preuß. Min. Präs. Braun, Abschrift in HA/GHH Nr. 100101220/11 b; 2. Okt. 1931, Kastl an Brüning, ebd.; 16. Okt. 1931, Kastl an Brüning, R 43 1/1204, Bl. 185 ff. Zur antigewerkschaftlichen Strategie im Sept./Okt. 1931 siehe auch Schriftwechsel Reusch-Schlenker in: HA/GHH Nr. 400101221/ 11 b sowie Reusch-Kastl/Herle in: HA/GHH Nr. 400101220/11 b. 5 Schriftwechsel Reusch-Kastl in: HA/GHH Nr. 400101220/11 b. 6 Besprechung in der Reichskanzlei vom 22. Sept. 1931, Aktenvermerk, R 43 I/2178, B1.366ff. 7 Besprechung in der Reichskanzlei vom 24. Sept. 1931, Kabinettssitzungen vom 25. Sept. und 30. Sept. 1931, R 43 I/2178, Bl. 355 ff., 369 f., 395 ff. 8 Protesttelegramm des VSI vom 2. Okt. 1931, R 43 1/2178, Bl. 384. 9 4. Okt. 1931, Mitteilung Reusch für Blank, HA/GHH Nr. 4001012024/9. 10 21. Sept. 1931, Schlenker an Reusch, HA/GHH Nr. 400101221/11 b. 11 Besprechung der westl. Industrie (Poensgen, Klotzbach, Springorum) mit Brüning am 18. Sept. 1931 über öffentliche Aufträge für die Eisenindustrie, Vorbericht Blank an Reusch, 18. Sept. 1931, HA/GHH Nr. 4001012024/9. 12 17. Sept. 1931, Kastl an Reusch, HA/GHH Nr. 400101220/11 b; vgl. dazu 16. Sept. 1931, Reusch an Blank, HA/GHH Nr. 4001012024/9: „Ich bin der Ansicht, dass das Memorandum so schnell als möglich veröffentlich werden muss. Von einer Aussprache mit dem Reichskanzler verspreche ich mir nichts mehr.“ Zu dem hier angesprochenen „Memorandum“ siehe Kap. VII, S. 102. 13 „Ultimatum“ Kastls vom 15. Sept. 1931; siehe 15. Sept. 1931, Blank an Reusch, HA/ GHH Nr. 4001012024/9. 14 Für den RDI nahmen teil Duisberg, Frowein, Kraemer, Kastl und Herle, für die Regierung neben dem Reichskanzler die Staatssekretäre Pünder, Schäffer und Trendelcnburg sowie die Min. Dir. Weigert und Fessler. Von Kastl und Herle inspirierter Bericht über die Unterredung in einer Mitteilung Blank an Reusch, 18. Sept. 1931, ebd.; 19seitige „streng vertrauliche“ Aufzeichnung in Bayer-Archiv 62/10/8. 15 Ebd., S. 2 der Aufzeichnung. 16 Ebd., S. 15/16. 17 Vgl. auch 18. Sept. und 22. Sept. 1931, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/9; 20. Sept. 1931, Reusch an Kastl, HA/GHH Nr. 400101220/11 b. 18 Bayer-Archiv 62/10/8, Aufzeichnung, S. 17 ff. 19 Auf Einladung Kastls vom 5. Sept. 1931, R 43 I/1206, Bl. 249-50. 20 Rede Brünings vom 25. Sept. 1931, abgedruckt in: Abschiedsfeier für . . . Carl Duisberg, hg. v. RDI, Bayer-Archiv 62/10/2. 21 Original in R 43 1/1140, Bl. 145 ff. nebst Beischreiben an den Reichskanzler. Abdruck u. a. in: Horkenbach, 1931, S. 318-20; RS RDI Nr. 1892/P vom 29. Sept. 1931. Falsch datierte Wiedergabe in: Ursachen und Folgen, Bd. VIII, S. 101 ff. 22 Klein, Vorbereitung, S. 895. 23 In Verfolg der Besprechung mit dem Reichskanzler vom 18. Sept. 1931, siehe oben Kap. VII, S. l00 f. 24 Horkenbach, 1931, S. 318-20. 25 3. Notverordnung zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen, veröffentlicht am 6. Okt. 1931. 26 Vgl. Brüning, Memoiren, S. 419. Dort abweichende Bewertung der Eingabe. 27 Texte der Erklärungen im Anhang der Anlage des RS RDI Nr. 1974/P vom 7. Okt. 1931 (DU). 28 Brüning, Memoiren, S. 417. 29 Mitteilung Kastls an Brüning: Brüning, Memoiren, S. 425. Aufspannungen im Vorstand des RDI, ausgelöst durch den der NSDAP nahestehenden Rud. Blohm (Hamburg),

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Anmerkungen zu Seite 103-105 weist hin der Schriftwechsel Herle-Blohm vom 1. und 6. Okt. 1931, in: HA/GHH Nr. 400101220/11 b. 30 Vertrauliche Aktennotiz von Otto Steinbrinck (Vorstandsmitgl. der Mitteidt. Stahlwerke AG) für Friedrich Flick vom 5. Okt. 1932, abgedruckt in: D. Eichhohz u. W. Schumann (Hg.), Anatomie des Krieges. Neue Dokumente über die Rolle des deutschen Monopolkapitals bei der Vorbereitung und Durchführung des zweiten Weltkrieges, Berlin 1969, S. 89/90. 31 Ebd. 32 Einzelheiten und Dokumentation zum Vorstoß Cunos vom 5. Okt. bei Klein, Vorbereitung, S. 897-901. 33 Ebd. 34 Siehe dazu Schriftwechsel Brandi-Bernhard vom 19. und 23. Okt. sowie Brandi-Schlenker vom 20. Okt. 1931, ebd., S. 900 f. 35 Von Cuno namentlich aufgeführt: Schwenndustrie: Vogler, Reusch, Thyssen, Krupp, Klöckner; Chemie/Elektro/Textil: Bosch, Siemens, Frowein; Banken: Solmssen, v. Mendelssohn; Handel: Petersen, Grünfeld; Landwirtschaft: v. Wilmowsky, v. Oppen. 36 Vgl. 19. Okt. 1931, Brandi an Bernhard, zit. bei Klein, Vorbereitung, S. 900: Aus dem Schreiben geht hervor, daß Brandi über die Aktion Cunos nur ungefähr orientiert war und daß eine vorherige Abstimmung offenbar nicht erfolgt ist. 37 Siehe Kap. VII, S. 106. 38 Siehe dazu die Materialien in: HA/GHH Nr. 400101290/36 u. 39, Schriftwechsel Wilmowsky-Roedern im Juli/Aug. 1931. 39 Darauf weist auch Klein, Vorbereitung, S, 899/900, hin: ,,Aus jeder Zeile der Vorschläge Cunos spricht der bewußte politische Ehrgeiz und das Machtstreben eines führenden Kapitalisten . . .** 40 Eingabe v. Brandensteins an Brüning vom 4. Okt. 1931. Dem Schreiben voraus ging eine persönliche Unterredung am 29. Sept. 1931. Ν 42/52, Bl. 92-96. Vgl. auch Brüning, Memoiren, S. 423. 41 Brüning benennt in der Kabinettssitzung vom 7. Okt. 1931 als treibende Kräfte in erster Linie den „alldeutschen Verband'' sowie „gewisse Wirtschaftskreise“, R 43 I/1453, Bl. 75. 42 Siehe auch Brüning, Memoiren, S. 417 ff. 43 So auch Bracher, Auflösung, S. 370; Conze, Entscheidungen, S. 232; Vogelsang, Reichswehr, S. 129 ff. Fehleinschätzung u. a. bei W. Braatz, Die agrarisch-industrielle Front in der Weimarer Republik 1930-32, in: Schmollers J b . , Jg. 91, 1971, S. 541-65, hier S. 550, und D. Petzina, Germany and the Great Depression, in: Journal of Contemporary History, Nr. 4, 1969, S. 59-74, hier S. 65 f. 44 Siehe oben Kap. V, Anm. 49. Wichtig in diesem Zusammenhang eine Aufzeichnung Blanks über ein Gespräch mit Treviranus am 1. Okt. 1931, HA/GHH Nr. 4001012024/9. „Ich [Blank] fragte Herrn Treviranus, warum der Kanzler sich jetzt wieder - unseres Erachtens ohne Not - den Reichstag auf den Hals lade und sich seinem Votum unterwerfe. Herr Treviranus antwortete mir, dass er sich auch vergeblich frage, warum der Kanzler sich selbst diese Schwierigkeiten mache. Er könne es sich nur so erklären, dass besonders von amerikanischer Seite durch den hiesigen . . . Botschafter auf ihn eingewirkt werde, den Anschein parlamentarischer Regierungsweise aufrecht zu erhalten. Herr Hoover habe Herrn Brüning telegraphisch wissen lassen, dass er eine reibungslose Erledigung der bevorstehenden Reichstagsverhandlungen als ein gutes Omen für den Verlauf der Kongressverhandlungen (in denen bekanntlich über das Hoover-Feierjahr noch abgestimmt werden muss) ansehen würde . . . Bezüglich der vielberufenen Abhängigkeit des Kanzlers von der Sozialdemokratie betonte Herr Treviranus, dass eine solche effektiv nicht bestehe. Die Situation der Sozialdemokratie sei durch ihre inneren Streitigkeiten sehr schwach, und ,sie fräßen gewissermassen aus der Hand' . . . Sehr viel schwerer sei es dem Kanzler, mit gewissen Strömungen im Gewerkschaftsflügel des Zentrums fertig zu werden, der ausserordentlich rebelliere und damit

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Anmerkungen zu Seite 105-107 gedroht habe, wenn jetzt die sozialen Errungenschaften preisgegeben würden, würde er sich unbedenklich mit den Kommunisten verbünden . . .“ 45 Siehe dazu 18. März 1947, Gessler an Rud. Pechel, in: O. Gessler, Reichswehrpolitik in der Weimarer Zeit, hg. ν . Κ. Sendtner, Stuttgart 1958, S. 509 f. ,,Mich hat von der damaligen Führung der Reichspolitik meine Auffassung grundsätzlich getrennt, daß die Verfassungskrise nicht mehr mit parlamentarischen Mitteln, sondern chirurgisch, das heißt, durch eine anständige Diktatur, . . . gelöst werden kann.“ 46 Brüning, Memoiren, S. 426 ff. 47 15. Juni 1931, Gleichen an Luther, Nl. Luther Nr. 336. Nach Mitteilungen v. Gieichens trete F. Klein (DAZ) für eine Regierungsumbildung und die Übernahme des Reichsfinanzministeriums durch Silverberg ein. Siehe auch Pressemeldungen vom 20. Juni 1931 ,,Silverberg Wirtschaftsminister?“, Nl. Silv. Nr. 702. 48 Vgl. auch DFB Nr. 46 u. 47 vom 16. bzw. 19, Juni 1931. In den von dem Privatsekretär Silverbergs, Otto Meynen, mitherausgegebenen Führerbriefen ist die Rede von einer internen Vereinbarung zwischen der DVP und Brüning, die Position des RFM neu zu besetzen. Interessanterweise enthalten sich die Führerbriefe, die diese Entwicklung durchaus begrüßen, entgegen sonstiger Gewohnheit jeder Erörterung der personalpolitischen Aspekte einer möglichen Kabinettsumbildung. 49 Brüning, Memoiren, S. 370. 50 Lt. Bericht über die Verhandlungen vom 8. und 9. Okt. 1931, 12. Okt. 1931, Silverberg an Krupp, Nl. Silv. Nr. 234, Bl. 23 ff. Jetzt mit fehlerhafter Quellenangabe gedruckt bei Hentschel, S. 163-65. In Einzelheiten abweichende Darstellung bei Brüning, Memoiren, S. 425 ff. Gut informierte Meldung ,.Absagen und nur eine Zusage“, in: Κ. Ζ. Nr. 550 vom 9. Okt. 1931. Vgl. auch DFB Nr. 79 vom 9. Okt. 1931. 51 Interne Nachbesprechung zwischen Silverberg, Vögler, Schmitz, Dorpmüllcr und Kastl, Nl. Silv. Nr. 234, Bl. 24/25. 52 Nach einer Mitteilung Fritz Kleins (DAZ) äußerte Brüning in einem Telefonat am 8. Okt. 1931: ,,Vögler als Minister sei unmöglich. Die Vereinigten Stahlwerke befinden sich in schwerster Krise, und wenn vielleicht in kurzer Zeit daraus die Notwendigkeit entstehe, daß das Reich eingreifen müsse, so werde sich ,ein furchtbares Geschrei in der Öffentlichkeit' erheben.“ - Vögler später dazu: Der Kanzler sei ein „infamer Lügner“, er habe selbst ausgeschlagen, weil er ,,zu weit nach rechts abgestempelt“ sei und auf „tödliche Gegnerschaft“ der Gewerkschaften stoßen würde. Aktennotiz Klein vom 9. Okt. 1931, in: Ruge, „DAZ“, S. 42, Anm. 110. Zu Schmitz siehe Brüning, Memoiren, S. 425 f. 53 12. Okt. 1931, Silverberg an Krupp, Nl. Silv. Nr. 234. 54 Mitteilung Kastls an Brüning, 7. Okt. 1931, in: Brüning, Memoiren, S. 425. Die Opposition im Vorstand des RDI wurde von Rud. Blohm, Hamburg, angeführt, der auch an der Harzburger Tagung teilnahm. Vgl. 6. Okt. 1931, Herle an Blohm, HA/GHH Nr. 400101220/11 b. 55 Nach Bracher, Auflösung, S. 362, und Czichon, Hitler, S. 23. 56 12. Okt. 1931, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/9. 57 13. Okt. 1931, Gilsa an Reusch, HA/GHH Nr. 400101293/4 b. 58 Heinnchsbauer, Schwerindustrie, S. 41. In einem Interview vom 21. Juli 1975 in Bonn betonte Heinrichsbauer gegenüber dem Verfasser, daß er, Heinrichsbauer, in Schreiben an Strasser, Hugenberg und Seldte die Initiative zur Bildung der „Harzburger Front“ ergriffen habe. 59 Siehe z. B. 11. Okt. 1931, Reusch an Betz ( M N N ) : „ . . . Ob der Standpunkt Ihrer Berliner Redaktion, die Regierung Brüning unter allen Umständen noch zu stützen, richtig ist, möchte ich für meine Person stark bezweifeln. Ich habe an den Mann bis vor kurzem auch geglaubt. Nachdem er aber den großen Kredit, den er im deutschen Volke besaß, nicht zur richtigen Zeit ausgenützt hat und durch seine Zauderpolitik die Wirtschaft immer mehr und

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Anmerkungen zu Seite 107-108 mehr dem Abgrund zuführte, bedauere ich für meine Person, nichts mehr für ihn übrig zu haben, trotzdem er zweifellos ein Mann von ehrlichem Wollen und hoher Intelligenz ist. Da er jedoch nicht den Mut hat, seine Erkenntnis in die Tat umzusetzen und sich von der Sozialdemokratie zu trennen, wäre es besser, wenn er die Zügel der Regierung bald einem anderen übertragen würde, der diese Bindungen gegenüber der Sozialdemokratie wie Brüning nicht hat. . .“ Abdruck bei K. Koszyk, Paul Reusch und die „Münchner Neuesten Nachrichten“, in: VfZ, Jg. 20, 1972, S. 75-103, hier S. 86/87. Vgl. auch ders., Deutsche Presse 1914-1945, Geschichte der deutschen Presse, Teil III, Berlin 1972, S. 195 ff. 60 Mißverständlich hier Stegmann, Verhältnis, S. 420/21, der davon spricht, daß die genannten Industriellen ,,sich in d i e . . . Harzburger Front einreihten“ und, wie Turner, Großunternehmertum, S. 56-58, zu Recht anmerkt, den falschen Eindruck erweckt, diese Unternehmer hätten an der Tagung der „Nationalen Opposition“ persönlich teilgenommen. 61 Für die Stellungnahme der Industrie zur Schacht-Rede siehe: 16. Okt. 1931, Kastl an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 235 und 23. Okt. 1931, Reusch an Schacht, HA/GHH Nr. 400101290/33 a. Während Reusch „kein rechtes Verständnis für den Sturm, der im Anschluß an diese Rede in Berlin entfesselt wurde'', zeigte, äußerte sich Kastl sarkastisch: „Das Programm, das eine nationale Regierung durchzuführen haben wird, beruht auf einigen ganz wenigen Grundgedanken. Es ist das Programm Friedrichs des Grossen nach dem siebenjährigen Krieg: sich fest auf die heimische Wirtschaft stellen und aus dem heimischen Boden herauszuholen, was nur irgend herauszuholen ist; und im übrigen sich für eine Generation bescheiden, sparen und arbeiten.“ 62 20. Okt. 1931, Schacht an Reusch, HA/GHH Nr. 400101290/33 a. 63 13. Okt. 1931, v. Gilsa an Reusch, HA/GHH Nr. 400101293/4 b. 64 Gilsa berichtet über diesbezügliche spöttische Zurufe während der Harzburger Veranstaltung: „Ihre industriellen Freunde scheinen ausserordentlich viel Angst vor Brüning zu haben und davor, dass sie keine Aufträge mehr von ihm bekommen.“ 13. Okt. 1931, Gilsa an Reusch, HA/GHH Nr. 400101293/4 b. 65 5. Okt. 1931, Blank an Springorum (Durchdruck an Reusch), HA/GHH Nr. 4001012024/9. Trcviranus, der schon am 1. Oktober eine ausführliche Aussprache mit Blank hatte, um die Stimmung innerhalb der Industrie zu erkunden, meldete sich am 5. Oktober erneut und wollte Genaueres über die Vorbereitung der Harzburger Tagung in Erfahrung bringen. 66 18. Sept. 1931, Besprechung der RDI-Führung mit Brüning, Aufzeichnung, BayerArchiv 62/10/8, siehe oben Kap. VII, S. 101; Brünings Drohungen im Reichstag am 13. Okt. 1931 führten zu Beunruhigung bei Blank (14. Okt. 1931 an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/9) und auch den DFB Nr. 80 vom 13. Okt. 1931: , böse Entgleisung, dass er gegenüber den Angriffen der Rechten mit Enthüllungen über Hintergründe oder Zusammenhänge der Bankenkrisc drohte.“ Vgl. hierzu die Schilderungen Brünings über den „Abgrund der Korruption und des Leichtsinns in der Wirtschaft“, in: Brüning, Memoiren, S. 442—450. 67 Vgl. DFB Nr. 79 vom 9. Okt. 1931 „Aktive Passivität“. 68 So stützte beispielsweise Reichert (VDEStI) die Politik Brünings im Oktober 1931 im Sinne des Aufrufs Westarps „Warum ich Brüning wählte“; siehe Anm. 70 und 71. 69 Vgl. hier auch die Berichte Blanks und v. Gilsas vom 12. und 13. Okt. 1931, HA/GHH Nr. 4001012024/9 u. 400101293/4 b. Blank, der das Konzept der „Nationalen Opposition“ als Stahlhelmer durchaus begrüßte, konzedierte gewisse Probleme: „Dass in der Person des Herrn Hitler . . . gewisse Unsicherheitsmomente liegen, ist leider nicht zu leugnen. Man muss hoffen, dass es seinen Mitarbeitern gelingt, ihn für die Zukunft fest bei der Stange zu halten.“ 70 19. Okt. 1931, Reichert an Flick, abgedruckt bei Czichon, Hitler, S. 60/61. Reichert bezeichnet den Vortrag Funks „Nationalsozialismus und Wirtschaft“ vom 16. Okt. vor dem Herrenclub in Berlin als „Enttäuschung“. Von Finanzfragen, Reparationspolitik etc. scheine Funk „keine genügende Vorstellung zu haben“. Im übrigen sei zu bedenken, „daß eine

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Anmerkungen zu Seite 108-109 völlige Einstellung der Außenzahlungen für Tributzwecke und andere wirtschaftliche Kredite, wie es Herr Funk angedeutet hatte, ohne vorausgehende Vereinbarungen mit dem Ausland zu einer Erschütterung unserer Ausfuhr fuhren müsse . . .“ Vgl. auch 24. Okt. und 1. Nov. 1931, Schriftwechsel Springorum-Funk. Dort ebenfalls Kritik oder zumindest Skepsis der Wirtschaft gegenüber dem Programm der NSDAP. Siehe Turner, Faschismus, S. 141, Anm. 79. 71 ,,Volkskonservative Führerbriefe“ Nr. 11, 2 0 . 1 0 . 1931. Darin: Graf von Westarp ,,Weshalb ich für Brüning stimmte“. (Kursiv gesetzte Zeilen sind im Original unterstrichen) Reichert (VDEStI), mit der taktischen Linie Westarps offensichtlich übereinstimmend, übersandte am 22. Okt. 1931 einen vollständigen Abzug an Krupp. 22. Okt. 1931, Reichert an Krupp, Krupp-Archiv IV Ε 962. Auszugsweise Wiedergabe in: Zur Entstehung und zur Geschichte der faschistischen Diktatur, Wiss. Zs. der Humboldt-Universität, Gesellschaftsund sprachwissenschaftliche Reihe, Je. 12, 1973, Heft 1/2, S. 34/35. 72 Siehe u. a. Englische Note vom 25. April 1932, Erklärung Brünings vom 8. Mai 1932 ,,Wir können nicht mehr warten“ sowie die Reichstagsrede vom 11. Mai 1932 „Die letzten 100 Meter vor dem Ziel“; Horkenbach, 1932, S. 131, 141 f., S. 146 f. 73 Das außen- bzw. reparationspolitische Kalkül im Zusammenhang der Entlassung Brünings ist insbesondere in Arbeiten, die nach dem Einfluß der Industrie auf die politischen Entscheidungen in der Endphase der Weimarer Republik fragen, vernachlässigt und übersehen. Vgl. z. B. Stegmann, Verhältnis, S. 421/22; Hörster-Philipps, Großkapital, S. 102/03. Die Rolle der Industrie bei der Inaugurierung des Papen-Kabinetts bleibt hier folglich verschwommen und unscharf Richtigere Gewichtung dagegen bei Klein, Vorbereitung, S. 901/ 02; siehe auch Mommsen, Auflösung, S. 13. 74 Die näheren Umstände der Entlassung anschaulich dargestellt bei Brüning, Memoiren, S. 590-603. Interessant sind die Versuche Meissners und Schleichers, in internen Aktenstükken die „historische Wahrheit“ im Zusammenhang der Demission des Kabinetts Brüning „festzustellen“ und von ihrer eigenen Verantwortlichkeit abzulenken: Siehe dazu u. a. Schriftwechsel Meissner-Schleicher vom 4. Juni und 9. Juni 1932, betr. „Niederschrift über die Entwicklung der Krise und Demission des Kabinetts Brüning'', in: Ν 42/91; vgl. auch undatierten Entwurf der Abwehrabteilung v. Bredow vom J uni 1932, in: Ν 97/1, sowie Schriftwechsel Schleicher-Brünine vom 18. Juni und 1. Juli 1932, in: Ν 42/22. 75 Konferenz von Lausanne vom 16. Juni-10. Juli 1932. Internationale vertragliche Verein­ barung über das Ende der Reparationen mit Wirkung vom 1. Juli 1932. 76 Siehe u. a. Rundfunkansprachen von Papens aus Lausanne über alle Reichssender vom 18. Juni und 10. Juli 1932. Horkenbach, 1932, S. 202, S. 232. 77 Siehe Kao. III. S. 58. 78 Vgl. Conze, Entscheidungen, S. 237 f.; pointiert G. Mann, Deutsche Geschichte 1919-1945, Frankfurt 1964, S. 120. 79 Siehe Kap. VII, S. 100f. 80 Schriftwechsel Blank-Reusch vom 15. und 17. April 1932, in: HA/GHH Nr. 4001012024/10; siehe Kap. IX, S. 120ff. 81 Materialien und Gesprächsunterlagen der Verhandlungen vom 13. Mai 1932: Aktenvermerk Reichskanzlei (5 Seiten) vom 13. Mai 1932, R 43 I/2045; 14. Mai 1932, Kastl an Krupp, Krupp-Archiv IV Ε 178; RS RDI Nr. 1084/P vom 20. Mai 1932, Nl. Silv. Nr. 232. RDI und ADGB-Vorstand hatten sich zuvor darauf verständigt, „getrennt beim Reichskanzler vorstellig zu werden und auf Berücksichtigung des Arbeitsbeschaffungsprogramms des Reichs wirtschaftsrats zu drängen.“ An der diesbezüglichen Besprechung vom 4. Mai 1932 nahmen teil Kraemer für den RDI sowie Leipart, Graßmann und Eggert für den ADGB. Siehe Vorstandssitzungen des ADGB vom 28. April 1932 und 4. Mai 1932, Protokolle, DGB-Archiv, Vorstandsprotokolle, N B 4, S. 64 u. 72. 82 14. Mai 1932, Kastl an Krupp (1036/P), Krupp-Archiv IV Ε 178; zum Verhältnis

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Anmerkungen zu Seite 109-111 Reichsregierung - RDI siehe auch Eingabe des RDI vom 10. Mai 1932, Krupp-Archiv IV Ε 213 sowie Antwortentwurf der Reichskanzlei vom 19. Mai 1932, R 43 I/1141. 83 Aktenvermerk Reichskanzlei vom 13. Mai 1932, R 43 I/2045. 84 18. Mai 1932, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/10. 85 Zu Büchers Position im Frühjahr 1932 vgl. auch dessen Ausführungen vor der Generalversammlung der AEG vom 22. März 1932 sowie das Beischreiben an Reusch, HA/GHH Nr.

400101290/5 a.

86 Brüning, Memoiren, S. 590/91. 87 12. Mai 1932, Schlcnker an Reusch, HA/GHH Nr. 400101221/11 b; vgl. auch 20. Mai 1932, Wilmowsky an Reusch, HA/GHH Nr. 400101290/39. 88 10. Mai 1932, BIV an Staatssekretär Pünder, Reichskanzlei, R 43 I/1204. 89 3. Juni 1932, 18. Juni 1932, Krupp an Herle, Krupp-Archiv IV Ε 178; 1. Juli 1932, v. Bülow an Krupp, Krupp-Archiv IV C 203. 90 Siehe Kap. VIII, Deflationspolitik Brünings.

VIII. Die Deflationspolitik Brünings 1 In der Kontroverse über die Zielsetzung der Wirtschafts- und Finanzpolitik Brünings zeichnete sich bis vor kurzem die Tendenz ab, die lange bestrittene oder nicht gesehene Fixierung auf die Reparationsfrage zunehmend anzuerkennen und kritischer zu beurteilen. Für die alte Auffassung einer primär auf die unmittelbare Krisenüberwindung gerichteten restriktiven Wirtschaftspolitik siehe u. a.: Bracher, Auflösung, S. 385/86; Kroll, S. 361 ff.; Born, S. 69/ 70; Köhler, Arbeitsbeschaffung, S. 276 ff., S. 300/01; etwas abgeschwächt Petzina, Wirtschaft, S. 102/03. W. Jochmann, Brünings Deflationspolitik und der Untergang der Weimarer Republik, in: D. Stegmann u. a. (Hg.), Industrielle Gesellschaft und politisches System. Beiträge zur politischen Sozialgeschichte. Festschrift für Fritz Fischer zum siebzigsten Geburtstag, Bonn 1978, S. 97-112, versucht, das starre Festhalten an der Deflationspolitik vornehmlich aus der Persönlichkeitsstruktur Brünings abzuleiten. - Demgegenüber betonen den Primat der Außen- bzw. Reparationspolitik rechtfertigend Heibig sowie F. Hermens, Das Kabinett Brüning und die Depression, in: ders. u. Th. Schieder (Hg.), Staat, Wirtschaft und Politik in der Weimarer Republik. Festschrift für Heinrich Brüning, Berlin 1967, S. 287-310. Kritischer H. Sanmann, Daten und Alternativen der deutschen Wirtschafts- und Finanzpolitik in der Ära Brüning, in: Hamburger Jb. f. Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, Bd. 10, 1965, S. 109-40. Deutlich ablehnend G. Ziemer, Inflation und Deflation zerstören die Demokratie. Lehren aus dem Schicksal der Weimarer Republik, Stuttgart-Degerloch 1971. Siehe auch Mommsen, Brünings Politik, S. 22 ff. Hardach, Weltmarktorientierung, S. 124 ff. Systematisch zu Brünings Währungspolitik jetzt J . Schiemann, Die deutsche Währung in der Weltwirtschaftskrise 1929-1933. Währungspolitik und Abwertungskontroverse unter den Bedingungen der Reparationen, Bern 1980, insbesondere S. 136/37. - Die kürzlich erschienene Darstellung von Borchardt, Zwangslagen, zielt dagegen auf eine „Revision“ der bisherigen Forschungsergebnisse und betont die „wahrhaft schicksalhaften Verstrickungen“ (S. 108), in denen der Regierung Brüning kein Handlungsspielraum verblieben sei. Zur These Borchardts, daß alternative Konzepte weder von relevanten wirtschaftlichen Interessengruppen vertreten wurden noch solche Überlegungen überhaupt realisierbar gewesen seien, wiederum kritisch Schulz, Reparationen, S. 202. 2 Brüning, Memoiren, S. 193/94. Vgl. auch die Ausführungen von Brüning und Kastl am 27. Nov. 1930 vor dem HAS des RDI, in: Veröff. RDI Nr. 55, Dez. 1930. 3 Sten. Prot., Nl. Silv. Nr. 32, Bl. 2-19. Die Darstellung bei Bracher, Auflösung, S. 349, der die Tagung im Rahmen einer Frontbildung gegen Brüning interpretiert, ist unzutreffend.

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Anmerkungen zu Seite 111-114 Herbe Kritik an der Reichsbankfuhrung auch im Schreiben Silverberg an Stolper vom 19. 7. 1931, Nl. Silv. Nr. 707. 4 R 43 I/1451, Bl. 18-31, insbesondere Bl. 22 ff. Silverberg veröffentlichte diesen Plan wenig spater im Volkswirt Nr. 48 vom 28. Aug. 1931, S. 1615-17 unter dem Titel „Konsolidierung der öffentlichen Finanzen''. Siehe dazu auch die Meldung des Berliner BörsenCourier Nr. 400 vom 28. Aug. 1931 „Konvertierung der öffentlichen Schulden. Ein Plan Silverbergs“. 5 Ministerbesprechung vom 3. Aug. 1931, R 43/1451, Bl. 29/30. 6 E b d . , B l . 30. 7 Ebd., Bl. 30-31. 8 Sitzung des Sachverständigenausschusses („Neunerausschuß“) in der Reichskanzlei vom 22. Aug. 1931, Nl. Luther Nr. 365, Bl. 165. 9 R 43 I/2178, Bl. 188 ff. 10 Brüning, Memoiren, S. 221; H. Brüning, Briefe und Gespräche 1934-1945, hg. v. Cl. Nix, Stuttgart 1974, S. 33/34: Gespräch mit Montagu Norman, Gouverneur der Bank von England, vom September 1934. 11 Gemeinsame Eingabe des RDI, DIHT, des Centralverbands des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes sowie der Hauptgemein schaff des Deutschen Einzelhandels an den Reichskanzler vom 25. Juli 1931, Bayer-Archiv 62/10/7 a. 12 6. Aug. 1931, St. S. in der Reichskanzlei Pünder an RDI, R 43 I/2372, Rk. 7948, Bl. 47 ff. Kennzeichnend für die Haltung der Regierung ist, daß sie sich selbst mit dem Argument „inflationärer“ Gefahren bei einer Ausweitung des Kreditvolumens nicht identifiziert, sondern die Auffassung vielmehr nur bei der „breiten Öffentlichkeit“ vermutet. Die „Inflation“ bleibt auch hier nur ein vorgeschobenes Argument, das die reparationspolitische Zielsetzung des Reichskanzlers überdecken soll. 13 14. Aue. 1931, Kastl an Pünder, Tgb. Nr. 1564/P, R 43 I/2372, Bl. 627 f. 14 2. Sept. 1931, Reichskanzlei an RDI (Kastl), Rk. 8704, R 43 I/2372, Bl. 631. 15 Vgl. u. a. 5. Mai 1932, Schacht an Reusch, HA/GHH Nr. 400101290/33 a. 16 Siehe auch Grotkopp, S. 24 ff, Anm. 2. Grotkopp spricht von einer „demagogischen Hetze“ gegen alle Vertreter einer aktiven Konjunkturpolitik. 17 F.Z. Nr. 757/59 vom 11. Okt. 1931 „Das Komplott“. 18 Abdruck in: G. M. RDI Nr. 23 vom 21. Okt. 1931, lfd. Nr. 501 „Abwehr der Pressehetze gegen die Industrie“. Siehe im gleichen Zusammenhang: K.Z. Nr. 558 vom 13. 10. 1931 „Gegen das Inflationsgerede. Eine entschiedene Erklärung des Langnamvcreins“; Wirtschaftspolitischer Betriebsdienst des Langnam-Vereins Nr. 4 vom 16. Okt. 1931. 19 Unterredung Silverberg-Brüning vom 29. Juni 1931, Brüning, Memoiren, S. 300; Eingabe Dingeldey an Brüning vom 15. Juli 1931, R 43 I/2372, Bl. 509 f.; Vorstoß Solmssen vom 15. Juli 1931 in der Reichskanzlei, Born, S. 110/11. 20 Siehe Schriftwechsel Reusch-Schacht 7. Okt., 20. Okt. und 23. Okt. 1931, in: HA/ GHH Nr. 400101290/33 a. Reusch versuchte zunächst, zwischen Schacht und Luther zu vermitteln, ging aber später von diesem Gedanken ab und wandte sich ganz Schacht zu. Siehe auch Schriftwechsel Wilmowsky-Reusch vom 17./18. Dez. 1931, in: HA/GHH Nr. 400101290/39. 21 Siehe dazu die Materialien in: R 43 I/1165-66, R 43 I/1308, R 43 I/1453, Nl. Silv. Nr. 234. Vgl. auch Berliner Börsenzeitung Nr. 481 vom 15. Okt. 1931 sowie Brüning, Memoiren, S. 458. 22 Ebd., S. 457. Vgl. auch Ministerbesprechungen vom 27. und 28. Okt. 1931, R 43 I/ 1165, Bl. 155 f., Bl. 176 ff. 23 Zur Vorgeschichte des Wirtschaftsbeirats siehe oben Kap. VII, S. 104ff. Einzelheiten und Dokumentation bei Klein, Vorbereitung, S. 897-901. Vgl. auch Siegmann, Kapitalismus, Dok. Nr. IV.

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Anmerkungen zu Seite 114—116 24 R 43 I/1166, Bl 120 ff., Bl. 77 ff. Silverberg hatte seine Vorstellungen bereits zuvor in der Sitzung vom 29. Okt. 1931 in die Beratungen eingebracht, R 43 I/1165, Bl. 220 R ff. 25 R 43 I/1166. Bl. 75 ff 26 Sten. Prot., Nl. Silv. Nr. 35, S. 67-71. Vgl. auch Nl. Luther Nr. 367, S. 68; R 43 I/ 1170, Bl. 148. 27 Aktenvermerk Reichskanzlei vom 4. Dez. 1931, R 43 I/1170, Bl. 163. Bei den Akten findet sich ein Entwurf der Pressemitteilung des DIHT, den Hamm am 3. Dez. übersandt hatte. Dort sind alle die Passagen, in denen Silverberg von einer notwendigen Erweiterung des Kreditvolumens spricht, mit Rotstift eingeklammert bzw. ausgestrichen. R 43 I/1170, Bl. 155/56. 28 5. Dez. 1931, Silverberg an Hamm, Nl. Silv. Nr. 35, Bl. 30-31. 29 Darstellung dieser Vorgänge in einer Eingabe Warmbolds an die FAZ Nr. 242 vom 17. Okt. 1968, wiedergegeben bei Ziemer, S. 144/45. Siehe auch Nl. Luther Nr. 367, Tagesbericht vom 7. Dezember 1931, S. 96-98. 30 Nl. Luther Nr. 367, Bl. 98. 31 Brüning, Memoiren, S. 503 f. 32 Ebd., S. 479. 33 28. April 1932, Warmbold an Hindenbure, R 43 I/1309, Bl. 5. 34 Aktennotiz Respondek vom 29. Febr. 1932, Nl. Luther Nr. 151. 35 Material zur Kontroverse um den Wagemann-Plan, in: Nl. Luther Nr. 151, 339, 341, 367, 368; R 43 I/2438; HA/GHH Nr. 4001012024/10. 36 Grotkopp, S. 179 ff 37 Besprechungen in der Reichskanzlei vom 28. und 29. Jan. 1932, R 43 I/2438, Bl. 54 ff. Als weiteres Argument nennt Brüning, daß es „nicht möglich“ sein würde, ,,die sozialen Reformen durchzuführen, wenn die Arbeiterschaft glaube, daß durch künstliche Schöpfung von Krediten in Höhe von 2 Milliarden RM eine Besserung der Lage erreicht würde.'' Reparationspolitische Argumentation in der Ablehnung des Wagemann-Plans auch bei Brüning, Memoiren, S. 503/04. 38 R 43 I/2438, Bl. 54 ff. 39 Luther in der Besprechung in der Reichskanzlei vom 28. Jan. 1932, R 43 1/2438, Bl. 55. 40 Pressenotiz vom 28. 1. 1932 für W . T . B . , ebd., Bl. 59-60. Die Diskrepanz zwischen Kabinettsdiskussion und Pressenotiz vom 28. Jan. 1932 übergeht Köhler, Arbeitsbeschaffung S. 296/97. Das in den Akten immer vorfindbare reparationspolitische Argument sieht Köhler als Versuch zur „Rationalisierung der Inflationsangst“ an, ohne darauf einzugehen, daß der Reichskanzler, wie mehrfach belegt, die Deflationspolitik als vorübergehende Etappe begriff. 41 27. Jan. 1932, Gleichen an Luther, Nl. Luther Nr. 339; Berliner Börsen-Courier Nr. 77 vom 15.2. 1933. 42 Silverberg am 3. März 1932 vor dem Club von Berlin, in: Mariaux, Silverberg, S. 205. 43 Siehe vor allem die Ausführungen am 3. März 1932 vor dem Club von Berlin (ebd.) sowie am 22. April 1932 vor dem Vorstand des RDI, Sten. Prot., Nl. Silv. Nr. 37. 44 22. April 1932 vor dem Vorstand des RDI, ebd., Bl. 4 ff. 45 Vgl. auch Grotkopp, S. 34 ff, Anm. 2. 46 Siehe hier insbesondere den Vorstoß des Wirtschaftsministers Warmbold vom 7. April 1932 gegen eine Rede Reichsfinanzminister Dietrichs vom 6. April 1932, in der dieser die Bereitschaft der Regierung, „den vorsichtigen Versuch einer Wirtschaftsbelebung zu machen“, erklärt. Auffällig ist, daß im gleichen Zusammenhang Silverberg (über seinen Privatsekretär Meynen) intervenierte! R 43 I/1141, Bl. 40ff. Ausführlicher Kap. XII, S. 158. 47 Siehe Ausführungen vor dem Vorstand des RDI vom 22. April 1932, Nl. Silv. Nr. 37, sowie Intervention gegen die Wirtschaftsbelebungspläne Dietrichs vom 7. April 1932, R 43 I/ 1141, Bl. 40 ff.

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Anmerkungen zu Seite 116-117 48 Als Beispiele seien hier noch einmal genannt die Abwehr der Initiative des RDI vom 25. Juli 1931, R 43 I/2372, sowie die Haltung zum Wagemann-Plan, R 43 I/2438. 49 Selbst Geheimrat Kastl vom RDI, der gegenüber Schacht ganz erhebliche Vorbehalte hatte, orientierte Briining Ende 1931, ,,daß nunmehr der Zeitpunkt für die Beseitigung von L. gekommen sei“, und forderte die Berufung Schachts. 26. Dez. 1931, Kastl an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 235. Siehe auch Kap. IX, S. 122 ff. 50 DFB Nr. 14 vom 19. Febr. 1932. 51 Borchardt, Zwangslagen, S. 97. Vgl. Kap. VIII, Anm. 1. IX. Großindustrie und NSDAP in der Ära Briining 1 Abgedruckt bei Turner, Faschismus, S. 40 ff Zum Verhältnis von Großindustrie und Nationalsozialismus vor 1930 siehe vor allem Stegmann, Verhältnis; ferner G. Schulz, Aufstieg des Nationalsozialismus. Krise und Revolution in Deutschland, Frankfurt 1975. Zur Wirtschaftsauffassung der NSDAP vor der Machtergreifung ausführlicher A. Barkai, Das Wirtschaftssystem des Nationalsozialismus. Der historische und ideologische Hintergrund 1933-1936, Köln 1977. Zum Verhältnis zwischen Reichsregierung und NSDAP in der Brüning-Zeit siehe auch: Staat und NSDAP 1930-1932. Quellen zur Ära Briining. Eingel. von G. Schulz, bearb. v. I. Maurer und U . Wengst, Düsseldorf 1977. 2 Im wesentlichen übereinstimmende Interpretationen bei Turner, Faschismus, S. 31 ff., S. 68 ff; Stegmann, Verhältnis, S. 412 ff. und Kühnl, Faschismus, S. 87. 3 Im Nov. 1929 übersandte z. Β. Blank (GHH) mehrere Exemplare des Feder-Programms von 1920 sowie zwei weitere Broschüren, die neuere Stellungnahmen der NSDAP enthielten, an Reusch. Blank betonte ausdrücklich, daß das von Feder verfaßte Programm ,,heute als überholt angesehen“ werde, der im übrigen „auch nicht mehr als der einzige Theoretiker der Partei“ gelte. 23. Nov. 1929, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/6. 4 H. Reupke, Das Wirtschaftssystem des Faschismus, Berlin 1930. Zur Konzeption Reupkes vgl. H. P. Hoepke, Die deutsche Rechte und der italienische Faschismus. Ein Beitrag zum Selbstverständnis und zur Politik von Gruppen und Verbänden der deutschen Rechten, Düsseldorf 1968, S. 181 ff. Zur Resonanz der Schrift in der Industrie siehe u. a.: 1. und 2. Juli 1930, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/7; ferner die Ausarbeitung Scherer (GHHAbt. W.) vom 12. Juli 1930, HA/GHH Nr. 400127/2: Scherer kommt zu dem Urteil, daß der Faschismus in Italien als Versuch zu verstehen sei, die Privatwirtschaft unter vorsichtiger Benutzung korporativ- und planwirtschaftlicher Ideen noch auf ,,einige Jahrhunderte“ zu sichern und er deshalb auch für die deutsche Wirtschaft „höchste Bedeutung“ habe. 5 Problematisierung der Rolle Heinrichsbauers bei Turner, Großunternehmertum, S. 47-50. Während Stegmann, Verhältnis, S. 416/17, S. 431, Anm. 167, S. 432/33, Anm. 173, in der entscheidenden Phase vom Herbst 1932 in Heinrichsbauer den Sprecher des Ruhrbergbaus sieht, betont Turner die „undurchsichtige“ Rolle des Leiters des RWD. Winkler, Unternehmer, S. 314, bezeichnet Heinrichsbauer wohl richtig als ,,führende[n] Publizist[en]“ der Schwerindustrie. - In seiner Eigenschaft als Mittler zwischen Schwerindustrie und Nationalsozialismus spielte Heinrichsbauer eine recht eigenständige Rolle. Auch der Finanzierungsmodus des RWD belegt diese relativ unabhängige Position. Verschiedene Unternehmungen der Kohle- und Eisenindustrie brachten im Umlageverfahren durchschnittlich 40 000 RM jährlich auf, die von einer Vertrauenskommission, der je ein Vertreter von GHH, Krupp, Hoesch, VESTAG sowie des Kohlensyndikats angehörte, verwaltet wurden. Materialien in: HA/ GHH Nr. 400106/58. 6 Heinrichsbauer, Sogemeicr und Blank hatten bereits im Herbst 1929 versucht, Herle von der Geschäftsführung des RDI für ein „Industrielles Kulturamt“ zu gewinnen. Schriftwechsel Blank-Reusch vom 15. und 17. Nov. 1929, in: HA/GHH Nr. 4001012024/6. Im RS RDI Nr.

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Anmerkungen zu Seite 117-119 633 III vom 16. Juni 1930, Nl. Silv. Nr. 268, griff Herle diesen Gedanken erneut auf, stieß damit aber immer noch auf Reserve innerhalb des Reichsverbandes. Vgl. 19. Juli 1930, Reusch an GF RDI, HA/GHH Nr. 400101220/9 a; 21. Juni 1930, Silverberg an Herle, Nl. Silv. Nr. 268. 7 Mitgeteilt in RS RDI Nr. 1529 VI vom 2. Okt. 1930, Nl. Silv. Nr. 234. Vgl. auch 11. Aug. 1930, Herle an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 254. 8 RS RDI Nr. W.A./25 vom 25. Nov. 1930 an Senat und Präsidium. In der Anlage Ausarbeitung Heinrichsbauers „Disposition der Arbeiten betreffs Stellungnahme der Unternehmerwirtschaft in der öffentlichen Meinung''. Nach Auffassung des Verfassers müsse das Verhältnis von Wirtschaft und Staat einer Überprüfung unterzogen werden, wobei sich Heinrichsbauer gewissen „Planwirtschaftszielen“ im Rahmen einer „organisierten Wirtschaftsfreiheit“ nicht abgeneigt zeigte. Reusch äußerte sich skeptisch-zurückhaltend und hielt am liberalen Modell der weitgehenden Trennung von Staat und Wirtschaft fest. 23. Dez. 1930, Reusch an Herle (nebst Ausarbeitung Scherer von der Abt. W . ) , HA/GHH Nr. 400101220/10 a. 9 Zwölfseitiger Bericht vom 9. Dez. 1930, HA/GHH Nr. 400101293/11. Die Darstellung ist namentlich nicht gekennzeichnet, stammt aber, wie auch an den handschriftlichen Korrekturen zu erkennen ist, zweifelsfrei von Heinrichsbauer. Reusch leitete die Aufzeichnung am 9. Dez. 1930 an Luther weiter, HA/GHH Nr. 400101290/29. Zu den Verbindungen zwischen Heinrichsbauer und der NSDAP 1930-33 vgl. den., Schwerindustrie, S. 39 ff. 10 Zu Otto Wagener siehe jetzt Η. Α. Turner (Hg.), Hitler aus nächster Nähe. Aufzeichnungen eines Vertrauten 1929-1932, Frankfurt 1978. 11 Bericht Heinrichsbauer, S. 1-3, siehe oben Anm. 9. 12 Der Wandel der Wirtschaftskonzeption der NSDAP von 1929 bis 1933 ist im Gegeneinander und Nebeneinander der verschiedenen Programme allein nur schwer zu erkennen. Wichtiger ist die Beachtung der personalpolitischen Komponente dieses Prozesses, die in der Kaltstellung Feders durch Wagener Anfang 1931 und der Verdrängung Wageners durch Funk 1932/33 sinnfällig zum Ausdruck kommt. Vgl. dazu: 9. Dez. 1930, Bericht Heinrichsbauer, HA/GHH Nr. 400101293/11; 31. März 1931, Informationsbericht Büchner an Reusch, 10. Juni, 19. Juni 1931, Blank an Reusch, ebd. Zur Tätigkeit der „Wirtschaftspolitischen Abteilung“ der NSDAP unter Wagener 1931-32 siehe A. Barkai, Die Wirtschaftsauffassung der NSDAP, in: APZ, Beilage 9, 1975, S. 3 ff.; ferner ders., Wirtschaftssystem, S. 31 ff. 13 Siehe oben Anm. 9. 14 12. Juni 1931, Heinrichsbauer an Gleichen, Nl. Luther Nr. 336. Kirdorf sprach sich jedoch schon zu diesem Zeitpunkt für ein Regieren mit der NSDAP aus. Schriftwechsel Kirdorf-Duisberg, 21. J u n i - 5 . Juli 1931, in: Bayer-Archiv, Autographensammlung. 15 Besprechung in Hannover vom 2 9 . - 3 1 . 8 . 1931. Eingeladen hatte Holthöfer vom Bergbau-Verein, Teilnehmer waren außerdem Herle (RDI); Blank (GHH); Sogemeier (Zweckverband Wirtschaftsvertretungen); Heinrichsbauer (RWD); Reusch jr.; Winkhaus jr.; die Univ. Ass. Dr. Sauermann und Dr. Jost sowie informatorisch Dr. Bauer als Privatsekretär Paul Silverbergs. 11 seitige Aufzeichnung Bauers vom 7. 9. 1931, Nl. Silv. Nr. 181, S. 54—64. 16 Vgl. auch Kap. V, S. 86 ff.; Kap. VII, S. 107 f., Kap. VIII, S. 116. 17 Auszugsweise Abdruck bei H. Domarus, Hitler. Reden und Proklamationen 1932-1945, Bd. I, Wiesbaden 1973, S. 68-90. Dort, wie auch andernorts falsch datiert auf 27. Jan. 1932. 18 Vgl. dazu auch DFB Nr. 10 vom 5. 2. 1932 „Hitler in Düsseldorf'. 19 O. Dietrich, Mit Hitler in die Macht, München 1934, S. 49. Vgl. Bracher, Auflösung, S. 389/90, zur Hitler-Rede: „Ihre Bedeutung für Hitlers weiteren Weg ist im einzelnen schwer zu präzisieren, sicher aber kaum zu überschätzen.“ Stegmann, Kapitalismus, S. 44/45, mißt der Düsseldorfer Rede, hier mit Turner übereinstimmend, demgegenüber einen geringeren Stellenwert zu. 20 20. Jan. 1932, K. Haniel an Krupp, Krupp-Archiv IV Ε 789: „Der Andrang . . . zum

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Anmerkungen zu Seite 119-120 Hitler-Vortrag übersteigt tatsächlich meine kühnsten Erwartungen und der größte Saal im Parkhotel ist leider nicht größer zu machen als er nun einmal ist.“ 21 Siehe Schriftwechsel Haniel-Krupp vom 12., 15., 19., 20. und 23. Jan. 1932, in: ebd. Vgl. auch Schriftwechsel Krupp-Herle vom 21. und 24. Jan. 1932, in: Krupp-Archiv IV Ε 177. 22 Meldung der Düsseldorfer Lokalzeitung vom 30. Jan. 1932, Nl. Silv. Nr. 703. Die Aussage Grauens [GF des Arbeitgeber-Verbandes Nord-West] vom 23. 1. 1946, Record Group 238, Pre-Trial Interrogations, Silverberg habe an der Industrieclub-Veranstaltung teilgenommen, ist allem Anschein nach unzutreffend. 23 DFB Nr. 10 vom 5. Febr. 1932: „Bemerkenswert war, daß das ,Heil, Herr Hitler1 mit dem Thyssen schloß, in der Versammlung ohne Widerhall blieb.'' Vgl. in diesem Zusammenhang auch Heinrichsbauer, Schwerindustrie, S. 47, sowie eine masch. schriftl. Zusammenstellung „Presseberichte über die Rede Adolf Hitlers vor dem Industrie-Club in Düsseldorf am 26. 1. 1932“, R 7/2001. Für die Position Silverbergs im Febr. 1932 siehe auch DFB Nr. 16 vom 26. Febr. 1932 „Wandlungen in der Sozialdemokratie“. 24 E. Poensgen, Hitler und die Ruhrindustriellen. Ein Rückblick, 1945, S. 5, DU, Bibliothek Β 67/2138. 25 Siehe vor allem Schriftwechsel Reusch-Kastl vom Sept./Okt. 1931, in: HA/GHH Nr. 400101220/11b. Vgl. oben Kap. VII, S. 99f. 26 8. Febr. 1932, Büro Reusch an Sahm, HA/GHH Nr. 400101293/12. 27 28. Febr. und 26. März 1932, Reusch an Duisberg, HA/GHH Nr. 400101290/10. 28 Ruhrladesitzungen vom 7. März und 4. April 1932 (zur Datierung siehe auch HA/GHH Nr. 400101124/14). Zu den dortigen Entscheidungen gegen Hindenburg siehe 2. März 1932, Vögler an Duisberg, 29. März 1932, Krupp an Duisberg, Bayer-Archiv, Autographensammlung. 29 Wahlaufruf im Kölner Tageblatt Nr. 100 vom 27. Febr. 1932. Zu den Mitunterzeichnern gehörten neben Silverberg OB Dr. Adenauer, Geheimrat Brecht (RAG), Louis Hagen (Präsident der IHK Köln), Bankier Pferdmenges u. a. 30 29. März 1932, Krupp an Duisberg, Bayer-Archiv, Autographensammlung; siehe auch 7. April 1932, Wilmowsky an Reusch, HA/GHH Nr. 400101290/39. Krupp hatte im 1. Wahlgang immerhin RM 10 000 zur Verfügung gestellt sowie einen Aufruf zur Wiederwahl Hindenburgs unterzeichnet. Krupp-Archiv IV Ε 1195 sowie 29. Febr. 1932, Krupp an Duisberg, Bayer-Archiv, Autographensammlung. Bestätigung dieser Angaben jetzt durch die von Tammen, S. 178 u. S. 181, veröffentlichten Spendenlisten zum 1. und 2. Wahleane. 31 Stegmann, Kapitalismus, S. 45, datiert das Gespräch auf den 19. April 1932. Auch die Angabe, es handele sich um die „dritte“ Unterredung zwischen Reusch und Hitler, entspricht nicht der Aktenlage. An anderer Stelle (Verhältnis, S. 424) spricht Stegmann, der hier das Gespräch richtig datiert, von einer „zweiten“ Begegnung. Koszyk, Reusch, S. 79, berichtet über ein „erstes“ Zusammentreffen am 23. Februar 1932. Wie Hentschel, S. 122, Anm. 15, jetzt mitzuteilen weiß, beruhen die unterschiedlichen Darstellungen auf mündlichen Mitteilungen des Archivars der GHH, Bodo Herzog, sowie des Reusch-Mitarbeiters Dr. Martin Blank. - Zur politischen Bewertung bleibt anzumerken, daß Stegmann der genannten Unterredung einen merkwürdig geringen Stellenwert beimißt und auch über die Wahlkampfabsprachc zwischen Reusch und Hitler nicht berichtet. 32 Reusch orientierte sich dabei an einem im „Nationalsozialistischen Parlamentsdicnst“ vom Febr. 1932 und im „Ring“ Nr. 9 vom 26. Febr. 1932, S. 139/40, auszugsweise wiedergegebenen Frage-Antwort-Katalog. Hitler sprach sich dort u. a. ausdrücklich gegen einen Lohnabbau und für die Beibehaltung des Tarifsystems und der Gewerkschaften sowie eine Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Staat und Wirtschaft aus. Vgl. 20 März 1932, Reusch an Wilmowsky, HA/GHH Nr. 400101290/39.

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Anmerkungen zu Seite 120-123 33 20. März 1932, Reusch an Schacht, HA/GHH Nr. 400101290/33 a. Abgedruckt auch bei Stegmann, Verhältnis, S. 451/52. 34 20. März 1932, Reusch an Kötter, HA/GHH Nr. 4001012007/15 a. 35 Siehe 25. Febr., 5. März 1932, Reusch an Dörge, HA/GHH Nr. 4001012007/13; 20. März 1932, Reusch an Kötter, HA/GHH Nr. 4001012007/15 a; 24. März 1932, Cossmann an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012007/6; 8. April 1932, Betz an Reusch, ebd. Vgl. im übrigen Koszyk, Reusch, S. 79/80, und A. Betz, Die Tragödie der ,,Münchner Neuesten Nachrichten“ 1932/33, in: Journalismus, Bd. 2, Düsseldorf 1961, S. 30 ff. Betz gibt aus der Perspektive eines an diesen Vorgängen direkt Beteiligten interessante Hinweise zur Haltung Reuschs gegenüber der NSDAP. Im Detail und auch in der Bewertung sind allerdings Unrichtigkeiten und Fehleinschätzungen nicht zu übersehen. 36 R 43 I/586, dort Schriftwechsel Reusch-Hindenburg-Ausschuß Bayern vom 23. und 24. März 1932. Vgl. auch 15. April 1932, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/10. 37 6. April 1932, Empfangsbestätigung Büro Reusch an Hess, HA/GHH Nr. 400101293/ 12. 38 8. April 1932, Betz an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012007/6, Antwort auf diesbezügliche Anfrage Reuschs vom 7. April 1932. 39 31. März 1932, Reusch an Silverberg u. a., HA/GHH Nr. 40010124/14. 40 15. April 1932, Blank an Reusch, 17. April 1932, Reusch an Blank, HA/GHH Nr. 4001012024/10. 41 17. April 1932, Reusch an Blank, ebd. Siehe auch Unterredung Reusch-Cossmann (Knorr & Hirth) vom 10. Juni 1932: Bestätigung und Festhalten an der Vereinbarung mit der NSDAP, 16. Juni 1932, Reusch an Cossmann, HA/GHH Nr. 4001012007/6. 42 22. März 1932, Sprineorum an Wilmowskv, HA/GHH Nr. 400101290/36 b. 43 Siehe Schriftwechsel Wilmowsky-Reusch 18. März 1932 ff., in: HA/GHH 400101290/ 39; Schriftwechsel Springorum-Reusch 22723. März 1932, in: HA/GHH Nr. 400101290/36 b. 44 7. April 1932, Wilmowskv an Reusch, HA/GHH Nr. 400101290/39. 45 Zur diesbezgl. Kontroverse zwischen Stegmann und Turner siehe Kap. IX, S. 125. 46 Siehe oben Kap. IX, S. 117 ff. 47 Vgl. oben Kap. III, S. 53f. 48 Schacht hatte insbesondere durch die Veröffentlichung seines Memorandums vom 6. Dez. 1929 die deutsche Verhandlungsdelegation [Kastl(!) und Melchior] desavouiert. Diese übermittelten daraufhin der Reichsregierung eine eigene Stellungnahme, in der sie das Verhalten Schachts aufs schärfste kritisierten. Vgl. dazu: Die Entstehung des Young-Plans, S. 348 ff; siehe auch J . Curtius, Der Young-Plan. Entstellung und Wahrheit, Stuttgart 1950, S. 78 ff; H. Schacht, 76 fahre meines Lebens, Bad Wörishofen 1953, S. 322/23. 49 Siehe oben Kap. VIII, S. 116. Für Kastl siehe 26. Dez. 1931, Kastl an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 235. 50 Brüning, Memoiren, S. 300. 51 Schacht, Ende. Zur Vorgeschichte und Intention des Buches siehe auchders., 76 Jahre, S. 342 ff. 52 Ebd., S. 350-52. Teilnehmer der Besprechung, zu der Göring geladen hatte, waren neben Hitler, Schacht und Göring noch Goebbels und Fritz Thyssen. 53 Schriftwechsel Reusch-Schacht vom 7., 20. und 23. Okt. 1931, in: HA/GHH Nr. 400101290/33 a; sowie Wilmowsky-Reusch vom 17. und 18. Dez. 1931, in: HA/GHH Nr. 400101290/39. 54 29. Febr. 1932, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012014/10; 1. März 1932, Adametz an Reusch, HA/GHH Nr. 400101293/17. Ein vorbereitendes Gespräch mit Schulz, dem Adjutanten Strassers und übrigens auch einem engen Vertrauten August Heinrichsbauers, bezeichnete Adametz vom BER als „sehr positiv“. Schulz habe sich „durchaus zustim-

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Anmerkungen zu Seite 123-124 mend über unsere Pläne geäußert und den Wunsch ausgesprochen . . ., weiter in enger Verbindung mit mir zu bleiben . . . “ 55 13. und 21. Febr. 1932, Reusch an Luther, HA/GHH Nr. 400101290/30 b; 21. Febr. 1932, Reusch an Springorum, HA/GHH Nr. 400101290/36 a, sowie insbesondere 4. März 1932, Tagesbericht Luther über eine Unterredung mit Springorum, Nl. Luther Nr. 368, Bl. 147. 56 18. März 1932, Schacht an Reusch, HA/GHH Nr. 400101290/33 a, auch abgedruckt bei Stegmann, Verhältnis, S. 450/51. 57 20. März 1932, Reusch an Schacht, HA/GHH Nr. 400101290/33 a, 22. März 1932, Springorum an Reusch, HA/GHH Nr. 400101290/36. 58 20. März 1932, Reusch an Schacht, HA/GHH Nr. 400101290/33 a. Siehe Zitat Kap. IX, S. 120f. 59 Turner, Großunternehmertum, S. 53. 60 6. Juni 1932, Schacht an Reusch, HA/GHH Nr. 400101290/33 a. 61 Ausführliche Dokumentation hierzu bei Turner, Großunternehmertum, S. 50-56. Die endgültige Entscheidung Schachts zugunsten des „Keppler-Kreises“ fiel in einem Gespräch mit dem Bankier von Schroeder am 4. Juni 1932, nachdem Schacht zuvor auf der Selbständigkeit seiner ,,Arbeitsstelle“ Keppler gegenüber bestanden hatte. Vgl. dazu E. Helfferich, 1932—46. Tatsachen. Ein Beitrag zur Wahrheitsfindung, Jever 1969, S. 8 ff. Zum „KepplerKreis“ siehe auch Anm. 77. 62 Helfferich, S. 8 ff. 63 Nach den Angaben Schachts umfaßte die „Arbeitsstelle“ insgesamt neun Mitglieder. Davon sind als tatsächliche Beitragszeichner jedoch nur die oben aufgeführten Ruhrindustrieilen nachweisbar, während für die noch genannten Rosterg, von Schroeder und v. Stauss entsprechende Belege fehlen. Vgl. 6. Juni 1932, Schacht an Reusch, 9. und 25. Juni 1932, Reusch an Schacht, HA/GHH Nr. 400101290/33 a. 64 Carl Krämer gehörte der Gruppe der „Reformer“ um Dalberg, Dräger, Grävell und Grotkopp an und trat in diesem Zusammenhang 1932 als Übersetzer der programmatischen Schrift J. M. Keynes' „Vom Gelde“ hervor. Vgl. Grotkopp, S. 39/41, S. 207, S. 235. Zur Tätigkeit C. Krämers siehe auch A. Sohn-Rethel, Ein Kommentar nach 38 Jahren, in: Kursbuch, Nr. 21, September 1970, S. 23-35, hier S. 26. 65 Siehe hierzu die Abhandlungen Krämers im Hamburger Wirtschaftsdienst vom 25. Sept. und 16. Oktober 1931. 66 Ausarbeitung vom 18. Juli 1932 „Erfahrung mit der Devalvation in England“, 14seitiger Umdruck, Krupp-Archiv IV Ε 1124 sowie HA/GHH Nr. 400101290/33 a. In einem Beischreiben bestätigt Schacht ausdrücklich, daß diese Studie das erste Ergebnis der Arbeitsstelle sei. 67 26. Juli 1932, Reusch an Schacht, HA/GHH Nr. 400101290/33 a. Da Schacht bzw. Krämer nicht reagierten, ließ Reusch die gewünschten Ergänzungen zur Denkschrift vom 18. Juli schließlich von der Wirtschaftsabteilung der GHH selbst anfertigen und übersandte die Ergebnisse am 2. Okt. 1932 an Schacht. HA/GHH Nr. 400101290/33 a. 68 Wirtschaftliches Sofortprogramm der NSDAP, ausgearbeitet von der Hauptabteilung IV (Wirtschaft) der Reichsorganisationsleitung der NSDAP, Kampfschrift 16, München 1932. 69 27. Juli 1932, Reusch an Schacht, HA/GHH Nr. 400101290/33 a. 70 Die Darstellung Stegmanns, Verhältnis, S. 429, daß die „Arbeitsstelle“ „als erstes“ eine Gegendarsteilung zum Sofortprogramm lieferte und daß Hitler „aufgrund der scharfen Kritik Schachts und seiner Hintermänner die offizielle Weiterverbreitung dieser Broschüre im Herbst 1932 verbot“, entbehrt jeder Grundlage. Siehe auch Turner, Großunternehmertum, S. 55. 71 „Einführung von Handelsmonopolen“ (15 Seiten) vom 20. Dez. 1932, Krupp-Archiv IV Ε 1124 und HA/GHH Nr. 400101290/33 a.

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Anmerkungen zu Seite 125-128 72 2. Jan. 1933, Reusch an Schacht, HA/GHH Nr. 400101290/33 a, 6. Jan. 1933, Kastl an Krupp, Krupp-Archiv IV Ε 185, 10. Jan. 1933, Krupp an Schacht, HA/GHH Nr. 400101290/ 27, 26. lan. 1933, Kastl an Reusch, HA/GHH Nr. 400101220/14 a. 73 Die ursprüngliche ins Auge gefaßte Zusammenkunft vom 4. Juli 1932 sagte Schacht kurzfristig ab. Als Teilnehmer waren übrigens nur die wichtigsten Mitglieder der Ruhrlade vorgesehen, nicht aber die außerhalb stehenden v. Schroeder, v. Stauss und Rosterg. Ein neuer Termin kam nicht zustande, da von beiden Seiten kein besonderes Interesse mehr vorlag. Vgl. Schriftwechsel Reusch-Schacht 1932/33, in: HA/GHH Nr. 400101290/33 a. 74 Siehe Schriftwechsel Krupp-Herle vom 26. und 28. Dez. 1932, in: Krupp-Archiv IV Ε 202, sowie 27. Dez. 1932, Hahn (MWT) an Wilmowsky, Krupp-Archiv IV Ε 1124. 75 Stegmann, Kapitalismus, S. 46—48. 76 Stegmann leitet diese These aus der isolierten Betrachtung des Schreibens SchachtReusch vom 6. Juni 1932 (HA/GHH Nr. 400101290/33 a) ab, ohne die tatsächliche Tätigkeit der Arbeitsstelle und des „Keppler-Kreises“ 1932/33 im Auge zu behalten. 77 Selbst Helffench, S. 14 ff., kommt nicht umhin, die Ineffizienz der wirtschaftspolitischen Bemühungen des „Keppler-Kreises“ zu konzedieren. Als Begründung fuhrt HelfTerich, dem als Mitglied dieses Kreises im übrigen an einer Hervorhebung seiner Bedeutung gelegen ist, an, daß Keppler und Schacht sich „noch nicht auf ein bestimmtes Programm festlegen wollen“, da nach Keppler ,,die Wirtschaftsfragen (praktisch) erst akut werden, wenn wir an der Macht sind“. Vgl. in diesem Zusammenhang auch 29. Aug. 1932, Schacht an Hitler, in: Ursachen und Folgen, Bd. VIII, S. 620/21: ,,. . . Bringen Sie möglichst kein detailliertes Wirtschaftsprogramm. Es gibt kein solches, worüber sich 14 Millionen einigen könnten . . . Überdies schwanken Wirtschaftsmaßnahmen nach Zeit und Umständen.“ - Siehe auch R. Vogelsang, Der Freundeskreis Himmler, Göttingen 1972, S. 29-34. 78 Siehe Kap. X, S. 132ff. 79 Sohn-Rethel, Kommentar, S. 23 ff., hier S. 29 ff.; ders., Ökonomie und Klassenstruktur des deutschen Faschismus. Aufzeichnungen und Analysen, hg. u. eingeh v. J . Agnoli u. a., Frankfurt 1973, S. 27 ff. 80 Zu den Führerbriefen siehe Kap. XII, S. 154ff. 81 Vgl. Kap. XII, S. 159ff.

X. Die Regierung der „Nationalen Konzentration“ 1 Bei allen Regierungsumbildungen 1920-1933 verblieben jeweils mindestens vier Minister im Amt. Das gilt auch für das Kabinett Hitler vom 30. 1. 1933. 2 Papen am 1 1 . 6 . 1932 in seiner Programmrede vor dem Deutschen Landwirtschaftsrat in Berlin, Horkenbach, 1932, S. 181. 3 Ebd. 4 Siehe z. B . 7. Juni 1932, Reusch an Dörge, HA/GHH Nr. 4001012007/13. 5 Siehe oben Kap. VII, S. 108. 6 Siehe oben Kap. V, S. 87ff.: Austrittsdrohung des Bergbau-Vereins aus dem RDI 1930/ 31. 7 Präsidial-, Vorstands- und Hauptausschußsitzungen des RDI vom 24. und 25. Juni 1932, Krupp-Archiv IV Ε 184 (in: Unterlagen für die a. o. Präsidialsitzung vom 17. Aug. 1932).' Vgl. auch RS RDI Nr. 651/I vom 25. Juni 1932, Bayer-Archiv 62/10/5 b, sowie Horkenbach, 1932, S. 210. 8 Siehe oben Kap. VIII, S. 115f. Vgl. auch Horkenbach, 1932, S. 163: „Gerüchte über Währung“. 9 Ebd., S. 183-91. 10 RS RDI Nr. 651/I vom 25. Juni 1932 (s. Anm. 7).

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Anmerkungen zu Seite 128—130 11 Materialien hierzu in: HA/GHH Nr. 400101220/12 b und 13 b sowie Krupp-Archiv IV Ε 178, insbesondere 23. Juli 1932, Kastl an Krupp. 12 RS RDI Nr. 407/VI/P ,,streng vertraulich“ vom 18. Aug. 1932, HA/GHH Nr. 400101220/13 b. 13 2. Aug. 1932, RDI (Kastl) an Papen, Tgb. Nr. 3815/IV, R 43 I/2045. 14 Horkenbach, 1932, S. 296-98. 15 D. Petzina, Hauptprobleme der deutschen Wirtschaftspolitik 1932/33, in: VfZ, J g. 15, 1967, S. 24/25. Vgl. u. a. L. Graf Schwerin v. Krosigk, Staatsbankrott. Die Geschichte des Deutschen Reiches von 1920 bis 1945, geschrieben vom letzten Reichsfinanzminister, Göttingen 1974, S. 140ff. 16 Vgl. z. B. Vorstandssitzung des RDI vom 22. April 1932, Ausführungen Silverbergs, Nl. Silv. Nr. 37. 17 Empfang von Vertretern des RDI beim Reichskanzler am 25. Aug. 1932, 14 seitige Aufzeichnung, R 43 I/1141, Bl. 234 ff. Siehe auch RS RDI Nr. 422/VI/P vom 26. Aug. 1932, DII. 18 Präsidium und Vorstand des RDI am 22. Sept. 1932, RS RDI Nr. 1082 I vom 23. Sept. 1932, Nl. Silv. Nr. 265. Siehe auch RS RDI Nr. 2000/P vom 16. Sept. 1932. 19 Ebd. 20 RS der Steuerstelle des RDI, Nr. 6256 S vom 27. Sept. 1932, Anlage, HA/GHH Nr. 400101220/13 b. 21 Vgl. Petzina, Hauptprobleme, S. 22/23. 22 Vgl. ζ. Β. den Protest von RDI, DIHT etc. gegen die Wagemann-Denkschrift ,,Was ist Geld“, R 43 I/2438, Bl. 277 ff. 23 Siehe z. Β. ,,Leitsätze zur deutschen Wirtschaftspolitik“, l0seitiges Arbeitspapier des RDI für die Präsidialsitzung am 17. Aug. 1932, Krupp-Archiv IV Ε 184. Vgl. auch Diskussion über „Unternehmer und Staat“ in der Κ. Ζ. im Okt./Nov. 1932, insbesondere den Artikel J . Herles in: K. Z., Handelsbl. Nr. 608 vom 6. Nov. 1932: ,,Freie organisierte­ bürokratische Konkurrenz“. Herle in diesem Aufsatz abschließend: ,,Freie organisierte Konkurrenz oder organisierte Wirtschaftsfreiheit ist ein Weg des Wiederaufstiegs.“ 24 Grundlegend hier: Petzina, Hauptprobleme. 25 Programmrede Papens am 11. Juni 1932 vor dem Deutschen Landwirtschaftsrat (!) in Berlin, Horkenbach, 1932, S. 181. Neben Papen sprach Reichsernährungsminister Frhr. v. Braun. 26 Erklärung des RDI vom 23724. Juni 1932, zit. nach Horkenbach, 1932, S. 210. 27 Siehe u. a. Silverberg am 20. April 1932 im Präsidialbeirat des RDI für allgemeine Wirtschaftspolitik, Sten. Prot., Nl. Silv. Nr. 249. Vgl. Anm. 29 ff. 28 Präsidialsitzung vom 23. Juni 1932, Krupp-Archiv IV Ε 184. 29 Siehe u. a. 29. Juni 1932, Kastl an Krupp, ebd. 30 Siehe insbesondere Aktenvermerk über Besprechung vom 27. Sept. 1932 zwischen Min. Dir. Posse (RWM) und Dr. Spitta und v. Brackel (RDI), Krupp-Archiv IV Ε 180, Tätigkeitsbericht 20/32. Die 8seitige Aufzeichnung trägt den Vermerk ,,Geheim“. vom 22. Sept. sowie Eingabe Krupp vom 19. Okt. 1932, R 43 I/1176, Bl. 187 f. 32 12. Juli 1932, v. Brackel an Krupp, Krupp-Archiv IV Ε 184. 33 Czichon, Hitler, S. 138. 34 Aktenvermerk Reichskanzlei vom 20. Sept. 1932, R 43 I/1176, Bl. 206-07. Teilnehmer der Besprechung von industrieller Seite: Hamm, Vögler, Keinath, Petersen, Solmssen, Kraemer, Kastl und Bernstein. 35 Besprechungen im ,,Esplanade-Kreis“, Vermittlungsversuche v. Wilmowskys (MWT), Osthilfe-Plan Silverbergs etc. Materialien insbesondere in: HA/GHH Nr. 400101290/39 und 40, Nl. Silv. Nr. 363-67.

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Anmerkungen zu Seite 130-132 36 Siehe unten Kap. XI, S. 150f. 37 Petzina, Hauptprobleme, S. 33. 38 Aktenvermerk vom 27. Sept. 1932 über Besprechung Min. Dir. Posses mit Spitta und v. Brackel (RDI), Krupp-Archiv IV Ε 180. 39 Siehe oben Kap. VII, S. 99f., und Kap. IX, S. 120 ff. 40 7. J uni 1932, Reusch an Dörge, HA/GHH Nr. 4001012007/13. 41 4. Aug. 1932, Reusch an Dörge, HA/GHH Nr. 4001012007/13. Siehe auch Richtlinien Reuschs für die „Münchner Neuesten Nachrichten“ (MNN), Abschnitt Ι Β Innenpolitik, Punkt 6: ,,Das demokratisch-parlamentarische System von Weimar ist die letzte Wurzel vieler Übel. Es ist deshalb auch für Deutschland als ungeeignet abzulehnen. Die M N N erstreben deshalb: a) eine wesentliche Stärkung der Stellung des Reichspräsidenten; b) eine Stärkung der Reichsregierung in dem Sinne, daß der Sturz der Regierung durch den Reichstag ganz wesentlich erschwert wird.“ Zit. nach Koszyk, Reusch, S. 92. 42 Siehe oben Kap. IX, S. 121 f. 43 Siehe Anm. 41. 44 Siehe z. Β. 8. Aug. 1932, Reusch an Kötter, HA/GHH Nr. 4001012007/15 b; 8. Aug. 1932, Reusch an Gessler, HA/GHH Nr. 400101290/15 a. 45 Vgl. auch J . Goebbels, Vom Kaiserhof zur Reichskanzlei. Eine historische Darstellung in Tagebuchblättern, Berlin 1934, S. 144 ff 46 18. Aug. 1932, Springorum an Silverberg, Nl. Silv. Nr. 417; vgl. auch 14. Aug. 1932, Reusch an Kötter, HA/GHH Nr. 4001012007/15 b: „Die Verhandlungen zwischen Hindenburg und Hitler sind gescheitert. Ich lege Wert darauf, daß an dem Verhalten der Nationalsozialisten bei den Verhandlungen mit dem Reichspräsidenten und dem Reichskanzler entsprechende Kritik geübt wird.“ 47 Typisch etwa der Bericht Gilsas über eine Versammlung, zu der der Vorsitzende des Gauwirtschaftsrats Essen, Dir. Hoffmann, eingeladen hatte. Gilsa faßte seine Kritik wie folgt zusammen: „Entweder wollte Herr Hoffmann nicht über den großen entscheidenden Gegensatz zwischen Eigenwirtschaft und sozialistischer Wirtschaft sprechen, oder ihm schwebt, wie so manchem anderen, ein unklares Vermengen dieser beiden sich ausschließenden wirtschaftlichen Auffassungen vor. Beides stellt nach meiner Ansicht eine große Gefahr dar für die wenigen Reste der Eigenwirtschaft, die wir überhaupt noch in Deutschland haben . . . “ 8. Juli 1932, Gilsa an Reusch, HA/GHH Nr. 400101293/4 b. 48 Siehe oben Kap. IX, S. 118. Vgl. W. Funk, Ein Leben für die Wirtschaft, München 1940, S. 80 ff. 49 Vgl. Heinnchsbauer, Schwerindustrie, S. 42 f., S. 47/48. Am 20. Sept. 1932 wendete sich Heinrichsbauer in einem lOseitigen Schreiben an Gregor Strasser und gab ein „ungeschminktes Stimmungsbild“ aus der Sicht der Ruhrindustrie. Anläßlich eines Vortrages von W. Funk in Essen am 19. Sept. 1932 vor führenden Wirtschaftsvertretern „platzten dieses Mal die Geister ziemlich aufeinander; von den anwesenden Herren, die sich bisher immer in besonders starkem Maße für die NSDAP eingesetzt haben, wurde einhellig sehr scharfe Kritik an dem Verhalten der Partei geübt; . . .“ NS 20/122. 50 27. Juni 1932, Wilmowsky an Reusch, HA/GHH Nr. 400101290/39. Vgl. auch Anm. 49. 51 Wirtschaftliches Sofortprogramm der NSDAP, ausgearbeitet von der Hauptabteilung IV (Wirtschaft) der Reichsorganisationsleitung der NSDAP, Kampfschrift Nr. 16, München 1932. 52 Zur Genese des Programms siehe Barkai, Wirtschaftsauffassung, S. 14 ff. 53 Siehe die Fortsetzungsveröffentlichung „Das Wirtschaftsprogramm des Nationalsozialismus“ in der DWZ Nr. 33-40 vom 18. Aug.-6. Okt. 1932, im Dezember 1932 zusammenhängend veröffentlicht: K. Rieker, Das Wirtschaftsprogramm des Nationalsozialismus, Berlin 1933.

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Anmerkungen zu Seite 132-135 54 9. Aug. 1932, Ernst Mosich (Direktor des Hansa-Bundes) an Staatssekretär Planck, nebst Anlage, R 43 I/1141, Bl. 126 ff. 55 19. Juli 1932, Unterredung zwischen v. Renteln und von Buxhoeveden (RDI, Mitarbeiter Herles), undatierte Aufzeichnung Buxhoevedens von Ende Juli 1932, HA/GHH Nr. 400101220/13 a. 56 Aktenvermerk Herles vom 1. Aug. 1932 über „Besprechung zwischen Herrn von Renteln und den Herren Dr. Herle und Dr. von Buxhoeveden'', ebd. 57 Ebd. 58 8. Sept. 1932, Herle an Renteln, Nl. Silv. Nr. 232 (nebst Beischreiben). Gedruckt bei Stegmann, Verhältnis, S. 452 ff. 59 Ebd., S. 430. 60 24. Aug. 1932, Aktennotiz Dr. Bauer für Silverberg, Nl. Silv. Nr. 232. Ebd. das Expose Reupkes „Leitsätze für eine Wirtschaftserklärung des nationalen Unternehmertums (Entwurf)“ (22 Seiten). Siehe auch Kap. XII, S. 163. 61 27. Juli 1932, Reusch an Schacht, HA/GHH Nr. 400101290/33 a. 62 Vgl. Kap. IX, S. 122ff. 63 Turner, Faschismus, S. 143/44. Siehe Kap. IX, S. 123ff. 64 29. Aug. 1932, Schacht an Hitler, in: Ursachen und Folgen, Bd. VIII, S. 620f. 65 Ebd. 66 12. Sept. 1932, Schacht an Reusch, HA/GHH Nr. 400101290/33 a. 67 29. Sept. 1932, Reusch an Schacht, ebd. 68 Schacht informierte Reusch am 12. Sept. (s. Anm. 66): „Hitler teilte mir mit, daß er das berüchtigte Heft 16 habe einstampfen lassen. Es wird also garnicht mehr verbreitet.'' 69 23. Sept. 1932, Herle an Reusch, HA/GHH Nr. 400101220/13 a. Die These Stegmanns, der von einem besonderen Gewicht der „Arbeitsstelle“ Schacht in diesem Zusammenhang ausgeht, wird vom Material nicht gestützt. Siehe auch Kap. XII, S. 164f., zu den Vorgängen in der NSDAP. 70 Schriftwechsel Reusch/Herle vom 22. und 23. Sept. 1932, in: HA/GHH Nr. 400101220/ 13 a. 71 Das wirtschaftliche Aufbauprogramm der NSDAP. Eine Rede Gregor Strassers am 20. Okt. 1932, Berlin 1932. Vgl. Funk, S. 81 f. 72 Stellungnahme Dr. Scherers (GHH, Abteilung W.) zum Aufbau-Programm vom 24. Okt. 1932, HA/GHH Nr. 400127/3. Heinrichsbauer hatte das Programm am 17. Okt. nebst einem um Verständnis für die taktische Position der NSDAP in offiziellen Wirtschaftsmanifesten bittenden Begleitkommentar übersandt. 73 Für 1932 (Frühjahr) siehe oben Kap. IX, S. 121 f. 74 Ausführlich dargestellt in Kap. XII. 75 5. Sept. 1932, Silverberg an Reusch, HA/GHH Nr. 400101290/35 a. 76 Siehe Schreiben Silverberg-Reusch vom 5. Sept. 1932, ebd. 77 Aktennotiz vom 19. 9. 1932 für Besprechung am 21. 9. 1932 in Berlin, Krupp-Archiv IV Ε 202. Die Zusammenkunft fand dann tatsächlich am 3. Okt. 1932 in Essen/Villa Hügel statt (s. Anm. 79). 78 Jones, Sammlung, S. 295/96. 79 3. Okt. 1932, Krupp an Reusch, Krupp-Archiv IV Ε 1186; vgl. auch 27. Sept. 1932, Krupp an Glum (Freiherr vom Stein-Bund), Krupp-Archiv IV Ε 776. 80 Zu dieser in der Literatur vor allem im Zusammenhang der November-Eingabe an den Reichspräsidenten häufig vertretenen These siehe Kap. X, S. 137. 81 12seitige Aufzeichnung über Teilnehmer und Verlauf der Besprechung am 19. Okt. 1932 von Dr. M. Blank, HA/GHH Nr. 4001012024/10. Abgedruckt bei Siegmann, Verhältnis, S. 468-75 (Dok. Nr. XV).

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Anmerkungen zu Seite 135-138 82 Vgl. auch den diesbezüglichen Vorstoß Silverbergs bei Hitler (über Alvensleben) vom 31. Aug. 1932. Siehe Kap. XII, S. 161 ff. 83 Aufzeichnung Blank vom 19. Okt. 1932, HA/GHH Nr. 4001012024/10, Bl. 3/4 84 Ebd., Bl. 8. 85 Siehe oben Kap. III, S. 58. 86 Papen am 12. Okt. 1932 vor dem Bayerischen Industriellen-Verband, in: Ursachen und Folgen, Bd. VIII, S. 657 ff. (Dok. Nr. 18%). Vgl. auch Horkenbach, 1932, S. 342/43. 87 Ebd. 88 Siehe auch 1. Okt. 1932, Papen an Schröder, NS 20/76. 89 Völkischer Beobachter vom 14. Okt. 1932, in: Ursachen und Folgen, Bd. VIII, S. 659/ 60 (Dok. Nr. 1897 b). „Offener B r i e f Hitlers an Papen vom 16. Okt. 1932 sowie Replik des Reichskanzlers, in: Horkenbach, 1932, S. 343/44 (Briefentwurf, NS 20/122, Bl. 11447 ff.). 90 Siehe z. B . Stellungnahme der IHK Essen zur Rede Papens vom 16. Okt. 1932 vor dem Zweckverband der Kammern Bochum, Dortmund, Essen und Münster in Dortmund, in: DWZ Nr. 43 vom 27. Okt. 1932. 91 Aufzeichnung Blank, HA/GHH Nr. 4001012024/10, Bl. 2. 92 Vgl. hier auch die Absage Krupps für die Teilnahme an einer für den 21. Okt. 1932 von Thyssen arrangierten Zusammenkunft mit Hitler in dessen Landhaus in Mülheim/Ruhr. Schriftwechsel Thyssen-Krupp vom 20. Okt. 1932, in: Krupp-Archiv IV Ε 1129. 93 Siehe oben Kap. IX, S. 119f. 94 30. Sept. 1932, Haniel an Papen, R 43 I/1204, Bl. 312 ff. 95 Schriftwechsel Ιndustrieclub-Papen/Reichskanzlei vom 30. Sept., 1. Okt., 10. Okt., 14. Okt. und 20. Okt. 1932, in: R 43 I/1204, Bl. 312-22. 96 Vgl. auch Goebbels, S. 206 ff., S. 218 ff. 97 Fritz Klein in der DAZ Nr. 524 vom 7. Nov. 1932. 98 Czichon, Hitler. S. 41. 99 Eingabe abgedruckt u. a. in: Ursachen und Folgen, Bd. VIII, S. 687/88. 100 Czichon, Hitler, S. 41. 101 29. Aug. 1932, Schacht an Hitler, in: Ursachen und Folgen, Bd. VIII, S. 620/21. 102 26. Okt. 1932, Keppler an Helfferich (Auszüge bei Helfferich, S. 16). In dem genannten Schreiben Wiedergabe einer Äußerung Schachts, die das gespannte Verhältnis zur Industrie widerspiegelt: Es gebe, so Schacht, „kaum etwas mit weniger Intelligenz und Charakter als die deutschen Industriellen in der Politik“. 103 12. Nov. 1932, Schacht an Hitler, in: Ursachen und Folgen, Bd. VIII, S. 672. 104 Thyssen, der als einziger führender Ruhrindustrieller die Eingabe unterzeichnet hatte, unternahm gleichzeitig den Versuch, Papen für die Hitler-Lösung zu gewinnen, indem er dem Reichskanzler am 18. Nov. 1932 die Broschüre ,,Hitler und die deutsche Aufgabe“ übersenden ließ. Aktenvermerk Reichskanzlei, R 43 I/2684. 105 Helfferich, S. 13/14. Vögler nahm an der konstituierenden Sitzung des Kreises am 20. Juni 1932 allerdings nicht teil. 106 21. Nov. 1932, Vögler an Schröder, NS 20/76, abgedruckt bei Czichon, Hitler, S. 72. 107 Zu Vöglers Position im Nov. 1932 siehe auch die Information Dr. Scholz an Bracht, datiert vom 30. 11. 1932 [?], DZAP, Nl. Bracht, Bd. 2, Bl. 167: „Die Rede Vöglers beim Eisenhüttentag, die man als Bekenntnis zum Nationalsozialismus werten will, zeigte für den Zuhörer sowenig Geschlossenheit, man kann sogar sagen, soviel Fahrigkeit im Aufbau und in der Durchführung der Gedanken, wie man sie von Vögler nicht gewohnt ist. Tatsächlich waren die einzelnen Überlegungen absolut zusammenhanglos und nur die Sätze über den Nationalsozialismus einigermaßen prägnant und interessant. Daher kommt es wohl, daß man grade diese Ausführungen so besonders hervorhebt.“ 108 21. Nov. 1932, Vögler an Schröder, NS 20/76. Vgl. in diesem Zusammenhang auch

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Anmerkungen zu Seite 138-140 Fr. Reinhart an Staatssekretär Meißner, 21. Nov. 1932, gedruckt bei Czichon, Hitler, S. 71/ 72. 109 8 J a n . 1933, Reusch an Kötter, HA/GHH Nr. 4001012007/16. „Der Ehrgeiz Hitler's erstreckt sich gegenwärtig noch auf die Forderung, Reichswehrminister zu werden. Auf die Reichskanzlerschaft scheint er bereits innerlich verzichtet zu haben. Daß es ausgeschlossen ist, die Forderung Hitler's in dieser Richtung zu erfüllen, braucht nicht besonders hervorgehoben zu werden.“ 110 11. Nov. 1932, Schlenker an Reusch, HA/GHH Nr. 400101221/11 b. 111 18. Okt. und 11. Nov. 1932, Schlenker an Papen, R 43 I/1204, Bl. 331 ff. 112 15. Nov. 1932, Schlenker an Silverbere, Nl. Silv. Nr. 417, Bl. 72 f. 113 Zur ,Renaissance' Luthers in der westlichen Industrie parallel zur Abwendung von Schacht/Hitler siehe u. a. 24. Aug. 1932, Gilsa an Reusch, HA/GHH Nr. 400101308/9 sowie insbesondere den erfolgreichen Vermittlungsversuch Reuschs beim Bergbaulichen Verein im Dezember 1932, Schriftwechsel Reusch-E. Brandi, in: Nl. Luther Nr. 151. Ausführlichere Darstellung des politischen Zusammenhangs siehe Kap. XI, S. 147. 114 Der Reichskanzler schickte der Versammlung statt dessen ein betont freundliches Grußtelegramm. Reichsdiensttelegramm vom 22. Nov. 1932, R 43 I/1204, Bl. 338. 115 Horkenbach, 1932, S. 353/54. 116 Ministerbesprechune am 9. Nov. 1932, R 43 I/1309. 117 Vgl. Vogelsang, Reichswehr, S. 311 ff. 118 13. Nov. 1932, Papen an Hitler, wiederabgedruckt in: Ursachen und Folgen, Bd. VIII, S. 675 f. Siehe auch Vogelsang, Reichswehr, S. 312/13; Helfferich, S. 16/17. 119 Silverberg in der Präsidialsitzung des RDI am 24. Nov. 1932, in: G. M. RDI Nr. 26 vom 12. Dez. 1932; dto. Pressemitteilung vom 25. Nov. 1932. Zur Position des RDI vgl. auch den Vortrag Herles „Aktive Industriepolitik in der Krise“ vom 18. Nov. 1932, wo eine eher autoritäre Lösung befürwortet wird. 23. Nov. 1932, Herle an Reusch, HA/GHH Nr. 400101220/13 a. 120 DWZ Nr. 47 vom 24. Nov. 1932 „Zur Frage der Regierungsumbildung“. 121 Dies gilt auch für diejenigen Industriellen, die sich nach einem Bericht von Dr. Scholz an Bracht am Rande der Langnam-Vereins-Tagung für eine Kanzlerschaft Hitlers ausgesprochen hätten: „Dabei scheint es sich weniger um einen Stimmungswandel zugunsten Hitlers als vielmehr um die Auffassung zu handeln, daß um eine Regierung Hitler nicht mehr herumzukommen ist. Unter diesen Umständen müsse man aber den Regierungsantritt Hitlers beschleunigen, auch wenn er sich nicht bewähre, und seine Regierung, wie Skeptiker in der Industrie annehmen, nur wenige Wochen dauert . . .“ 26. Nov. 1932, Scholz an Bracht, DZAP, Nl. Bracht, Bd. 2. Czichon unterschlägt diesen für das Gesamtverständnis des Berichtes zentralen Passus in seiner Dokumentation; siehe Czichon, Hitler, S. 73. 122 Siehe hier vor allem die Artikel Riekers in der DWZ Nr. 33-40 bzw. die im Dez. 1932 vom DIHT herausgegebenen Gesamtpublikationen „Das Wirtschaftsprogramm des Nationalsozialismus“. Vgl. dazu auch 14. Dez. 1932, Scherer für Reusch, HA/GHH Nr. 400127/7. 123 Siehe Kap. XI, S. 145f. Kap. XII, S. 163ff., S. 170f.

XI. Das Kabinett Schleicher 1 Turner, Faschismus, S. 26/27. 2 Stegmann, Kapitalismus, S. 53 ff. 3 Stegmann, ebd., S. 57, übernimmt hier die Version von Sohn-Rethel, Ökonomie, S. 78 ff. Nach Sohn-Rethel bildete die vor allem im Büro Dr. Max Hahns (Geschäftsführer des Mitteleuropäischen Wirtschaftstages, MWT) konzipierte „Agrarkartellierung“ die ökonomi-

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Anmerkungen zu Seite 140-144 sche Unterlage für die Interessenharmonisierung der verschiedenen Wirtschaftsgruppen vor der Machtergreifung. - Sohn-Rethels Ausführungen leiden unter einer weitgehenden Überzeichnung der Rolle des M W T 1932/33 sowie der Tätigkeit Dr. Max Hahns, eine Fehleinschätzung, die wohl nicht zuletzt aus der zeitweiligen Beschäftigung Sohn-Rethels als Hilfskraft Dr. Hahns abzuleiten ist. 4 Hörster-Philipps, Großkapital, S. 112 ff., insbesondere S. 120. 5 Czichon, Hitler, S. 47 ff. Zur Kritik an Czichon und seiner differenzierten Monopolgruppendarstellung siehe vor allem die Rezension von W. Ruge, in: ZfG, Jg. 17, 1969, S. 1621. 6 Zur Politik Silverbergs siehe Kap. XII. 7 Czichon, Hitler, S. 52-54. 8 Vgl. Wippermann, S. 16, 19 ff. 9 Winkler, Unternehmerverbände, S. 368/69. Vgl. Stegmann, Kapitalismus, S. 54. 10 Vgl. Hennig, Thesen, S. 238/39. 11 Siehe Kap. XII. 12 Diese Version ist insbesondere nach der Ermordung Gregor Strassers im Sommer 1934 von seinem Bruder Otto Strasser in verschiedenen Schriften verbreitet worden; z. Β . O. Strasser, Die deutsche Bartholomäusnacht, Zürich 1935, oder ders., Mein Kampf, Frankfurt 1969. Eine versteckte Kritik an der passiven Haltung Strassers im Dezember 1932 wird aufgefangen durch eine theoretische Ableitung, die die Ausschaltung Strassers als historische Voraussetzung der Machtergreifung begründet: Strasser verkörpert dabei den Unken Flügel der NSDAP, der einer Machteinsetzung Hitlers durch das Großkapital entgegengestanden habe. Übernahme dieser Sichtweise gängig, ζ. Β . R. Kühnl, Deutschland zwischen Demokratie und Faschismus. Zur Problematik der bürgerlichen Gesellschaft seit 1918, München 1969 2 , S. 50/55. Zur Strasser-Frage siehe jetzt U . Kissenkoetter, Gregor Strasser und die NSDAP, Stuttgart 1978. Ausführlicher Kap. XII, Anm. 145. 13 Vgl. vor allem Heinnchsbauer, Schwerindustrie. Siehe aber auch O. Meynen, Paul Silverberg, in: Der Volkswirt, Jg. 1951, Nr. 18, S. 11 [Zitat]. 14 Vgl. Turner, Faschismus, S. 26/27. Im einzelnen siehe: 30. Aug. 1932, Reusch an Luther, Nl. Luther Nr. 347; 5. Sept. 1932, Silverberg an Reusch, HA/GHH Nr. 400101290/ 35 a; ferner die Auseinandersetzungen über die Tägl. Rundschau, Schriftwechsel Schleicher, Wolff, Vögler, in: Ν 42/22, 2. 11.-17. 11. 1932. 15 5. Dez. 1932, Reusch an Dörge, HA/GHH Nr. 4001012007/13; vgl. auch 3. Dez. 1932, Reusch an Kötter, HA/GHH Nr. 4001012007/15 b. 16 Eine gewisse Mittlerrolle zwischen der Thyssen- und Reusch-Gruppe spielte Vogler, der in der Besprechung vom 19. Okt. 1932 das Papen-Regime als Übergangsform zu einer Hitler-Regierung sehen wollte, siehe oben Kap. X, S. 136f. 17 Siehe Schriftwechsel in: NS 20/76 und NS 20/122, teilweise publiziert bei Czichon, Hitler. Wichtig vor allem 19. Dez. 1932, Keppler an Hitler und 13. Nov. 1932, Keppler an Schroeder. 18 Bracher, Auflösung, S. 604. 19 Vgl. u. a. Vogelsang, Freundeskreis, S. 41 ff. 20 Vgl. Kap. XII, S. 153. 21 Vgl. Kap. X, S. 135ff. 22 Zu Schleichers tatsächlicher Einstellung siehe auch Schreiben Schleichers vom 23. Febr. 1932, Ν 42/30: „Die Frage .Wirtschaft oder Sozialismus' beantworte ich aus vollstem Herzen mit den Worten .Wirtschaft' “. 23 Rundfunkerklärung Schleichers vom 15. Dez. 1932, in: Horkenbach, 1932, S. 420-21. 24 22. Dez. 1932, Reusch an Hamm, HA/GHH Nr. 40010123/25 b; vgl. dazu auch Entwurf Scherer vom 22. 12. 1932, HA/GHH Nr. 400127/7. 25 Petzina, Hauptprobleme, S. 18 ff., hier S. 26. 26 Siehe auch Schleichers Regierungserklärung vom 15. Dez. 1932: ,,. . . Denen aber, die

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Anmerkungen zu Seite 144—146 da meinen, eine autoritäre Staatsfuhrung könne des Rückhalts im Volke entbehren, die darüber hinaus sogar jede Zusammenarbeit mit einem Parlament ablehnen, möchte ich entgegenhalten, daß Wille und Mut allein zum Regieren nicht genügen, daß auch Verständnis für das Empfinden des Volkes und das Erkennen des psychologischen Momentes dazu gehören . . .“ Horkenbach, 1932, S. 421. 27 Anders akzentuiert bei Turner, Kapitalismus, S. 26/27: ,,. . . Den Ausschlag gab Schleichers scheinbare Gleichgültigkeit gegenüber orthodoxen Ökonomischen Prinzipien und den traditionellen Klassengegensätzen.“ Richtig ist Turners Hinweis auf das positive Gegenbild Papens. 28 Siehe Anm. 24. 29 Papen in der Ministerbesprechung am 3. Dez. 1932, R 43 I/1458. 30 Siehe Anm. 24. 31 23. Dez. 1932, Springorum an Papen, Hoesch-Archiv Β 1 a 82. 32 Vgl. Turner, Faschismus, S. 150-52; Stegmann, Kapitalismus, S. 58/59. 33 F. v. Papen, Vom Scheitern einer Demokratie. 1930-1933, Mainz 1968, S. 343/44. Papen datiert die Zusammenkunft falsch auf den 4. J an. 1933, verwechselt den Termin offenbar mit seiner Besprechung mit Silverberg in Köln. Siehe hierzu Kap. XII, S. 171 f. 34 Zur Politik Papens gegenüber der NSDAP vgl. Kap. X, S. 138 f. 35 Siehe Kap. XII, S. 171 f. 36 8. Jan. 1933, Reusch an Kötter, HA/GHH Nr. 4001012007/16. 37 Vgl. Schriftwechsel Springorum-Papen vom 14. 1., 20. 1., 24. 1. 1933, in: HoeschArchiv Β 1 a 8 2 ; R e u s c h - V ö g l e r v o m l 0 . 1., 18. l . , 2 3 . 1. 1933, in: HA/GHH Nr. 400101290/ 37; 10. 1. 1933, Reusch an Lehr, HA/GHH Nr. 400101293/12; 13. 1. 1933, Springorum an Lehr, Hoesch-Archiv Β 1 a 76. 38 Vgl. Kap. IX, S. 117 ff., insbesondere Bericht Heinrichsbauers über „Besprechungen mit Führern der nationalen Opposition“ vom 9. Dez. 1930. 39 DFB Nr. % vom 9. Dez. 1932 ,,Gregor Strasser“. 40 Schriftwechsel Thyssen-Schlenker vom 10. und 11. Nov. 1932, Abdruck des Schreibens Thyssen-Schlenker vom 11. Nov. bei Czichon, Hitler, S. 67. 41 Ebd. 42 F. Thyssen, I Paid Hitler, New York 1941, S. 138. Thyssen übersandte Hess dabei offenbar eine Kopie seines Schreibens vom 11. Nov. 1932 an Schlenker. 43 28. Nov. 1932, Keppler an Schroeder, NS 20/76. Abgedruckt bei Czichon, Hitler, S. 73/ 74. 44 Heinrichsbauer, Schwerindustrie, S. 45 ff., S. 48-50. 45 Auch in zwei längeren Gesprächen mit dem Verfasser am 5. 3. und 21. 7. 1975 in Bonn bestätigte Heinrichsbauer ungewollt diese Interpretation. Heinrichsbauer berichtete u. a. von folgendem Geschehnis: Bei einem seiner Besuche in Berlin Anfang Dezember 1932 sei er von Paul Schulz, dem Adjutanten Strassers, vom Bahnhof abgeholt worden. Schulz sagte: „Wissen Sie, wo Strasser jetzt ist? Bei Schleicher!“ Darauf Heinrichsbauer: „Seid ihr total verrückt geworden.“ 46 Heinrichsbauer, Schwerindustrie, S. 50. 47 Zur Rolle Edgar Jungs bei Papen vgl. Papen, Scheitern, S. 401, Anm. 135. 48 5. Dez. 1933, Heinrichs bau er an Reusch; 7. Dez. 1933, Aktennotiz Dr. Holthöfer betr. ,Fall Heinrichsbauer'; 19. Dez. 1933, Staatssekretär W. Funk an Heinrichsbauer, HA/GHH Nr. 400101290/20 a. 49 Schriftwechsel Springorum-Papen vom 14. und 20. Jan. 1933, in: Hoesch-Archiv Β 1 a 92. Hinweise auf die Vermittlertätigkeit Heinrichsbauers zwischen Strasser und dem Kronprinzen siehe Schreiben vom 16. Dez. 1932, Ν 42/23. 50 20. Jan. 1933, Papen an Springorum, Hoesch-Archiv Β 1 a 92. 51 Vgl. 23. Jan. 1933, Reusch an Vögler, HA/GHH Nr. 400101290/37.

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Anmerkungen zu Seite 146-149 52 Datierung nach Vogelsang, Reichswehr, S. 368. In Anlehnung an Goebbels, S. 244, spricht Vogelsang allerdings von einer „Stagnation“ in der politischen Entwicklung. 53 20. Jan. 1933, Papen an Springorum, Hoesch-Archiv Β 1 a 76. Die Interpretation von Turner, Faschismus, S. 150/51, daß Papen mit diesem Schreiben den Industriellen zu verstehen gab, „daß es sein Ziel sei, Hitler zur Annahme der Stellung eines Juniorpartners' in einer Koalitionsregierung zu bewegen“, wird vom Verfasser, auch in Verbindung mit dem Antwortschreiben Springorums vom 24. Jan. [Anm. 54], nicht geteilt. 54 24. Jan. 1933, Springorum an Papen, Hoesch-Archiv Β 1 a 82. 55 Stegmann, Kapitalismus, S. 45 ff. 56 Vgl. z. B. Goebbels, S. 208, Eintragung vom 21. Nov. 1932; 6. Jan. 1933, Schacht an Schroeder, NS 20/76. 57 Zum Funktionsverlust der „Arbeitsstelle“ s. Kap. X, S. 133. Die Denkschrift „Einführung von Handelsmonopolen“ (15 Seiten) wurde von Schacht am 20. Dez. 1932 u. a. an Reusch und Krupp übersendet, HA/GHH Nr. 400101290/33 a sowie Krupp-Archiv IV Ε 1124. Zur Ablehnung des Schacht-Plans durch die Gründungsmitglieder der „Arbeitsstelle“ siehe u. a. Schriftwechsel Krupp-Herle vom 26, Dez. und 28. Dez. 1932, in: Krupp-Archiv IV Ε 202; 6. Jan. 1933, Kastl an Krupp, Krupp-Archiv IV Ε 185; 10. Jan. 1933, Krupp an Schacht, Krupp-Archiv IV Ε 1124; 2. Jan. 1933, Reusch an Schacht, HA/GHH Nr. 400101290/33 a. 58 Schriftwechsel Reusch-Kastl vom 22. und 26. Jan. 1933, in: HA/GHH Nr. 400101220/ 14 a. 59 Ein Indiz für die Trendwende innerhalb der westl. Industrie mag auch der vom Geschäftsführer des „Zweckverbandes Nordwestdeutscher Wirtschaftsvertretungen e. V.“ (Handelskammern des Ruhrbezirks, Langnamverein, Bergbau-Verein), Martin Sogemeier, intensiv unterstützte Versuch Reichskanzler v. Schleichers sein, Ende Jan. 1933 mit F. Springorum ins Gespräch zu kommen. Springorum lehnte eine Zusammenkunft mit Schleicher nicht grundsätzlich ab, konnte jedoch wegen auswärtiger Terminverpflichtungen erst ab 7. Febr. 1933 zur Verfügung stehen. Die Unterredung kam somit nicht mehr zustande. 25. Jan. 1933, Sogemeier an Springorum, Nl. Springorum F 1 i 5. Vgl. im übrigen Turner, Faschismus, S. 152, Anm. 117. 60 Siehe oben Kap. IX, S. 123. Tagesbericht Luther vom 4. März 1932, Nl. Luther Nr. 368, Bl. 147. 61 Zur .Renaissance' Luthers in der westl. Industrie siehe vor allem Schriftwechsel ReuschBrandi vom 1.-22. 12. 1932, in: Nl. Luther Nr. 151. Zur Vorbereitung der Aussprache mit Luther im Werksgasthaus der GHH siehe Schriftwechsel Reusch-Luther vom 28. 12. 1932-20. 1. 1933, in: HA/GHH Nr. 400101290/31. 62 Vgl. Schriftwechsel Reusch-Kastl vom 22. und 30. 12. 1932, in: HA/GHH Nr. 400101220/13 a. Reusch übersandte Kastl eine Durchschrift seiner grundlegenden Kritik an Schleicher vom 22. 12. 1932 (DIHT). 63 Ausführungen Hamms in der Vorstandssitzung des DIHT am 6. 12. 1932, HA/GHH Nr. 40010123/33 b. Siehe dazu auch DWZ Nr. 49 vom 8. Dez. 1932: „Verzicht auf eine sofortige Staatsreform notwendig“ für „dauerhafte innerpolitische Entspannung“. 64 Vorstandssitzune des DIHT am 5. Okt. 1932. NL Silv. Nr. 641. 65 DWZ Nr. 49 vom 8. Dez. 1932 „Reichskanzler v. Schleicher“. 66 DWZ Nr. 51/52 vom 22. Dez. 1932. Neben dieser öffentlichen Stellungnahme von grundsätzlicher Bedeutung das interne Rundschreiben Nr. Ρ 310/32 vom 19. Dez. 1932 an die Mitglieder des DIHT, HA/GHH Nr. 40010123/33 b. 67 RS DIHT vom 19. Dez. 1932, Anm. 66. 68 Ebd., S. 2. 69 Siehe auch Eingabe des DIHT an Reichskanzler Schleicher, die Reichs minister sowie den Reichspräsidenten vom 8. Dez. 1932, Abschnitt II, R 43 I/1145, Bl. 205 ff.

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Anmerkungen zu Seite 149-151 70 Vorstandssitzung des DIHT am 18. Jan. 1933, Ausführungen Ed. Hamms, Nl. Silv. Nr. 642. 71 Vgl. oben Kap. X, S. 129ff 72 Czichon, Hitler, S. 47. Vgl. auch Günther u. Ohlsen, S. 610. 73 In Korrespondenz „Reichsindustrie“ vom 13. Dez. 1932, Nl. Silv. Nr. 274, S. 159-61. Auf der Tagung vom 14. Dezember sprachen außerdem Wirtschaftsminister Warmbold und Finanzminister von Krosigk. 74 Vgl. auch den Kommentar der DAZ zum Programm Papen: „Die Absicht, die Initiative des Individuums in der Wirtschaft aller Grade wieder zu befreien und zu neuen Leistungen anzuspornen, ist psychologisch von höchster Bedeutung. Es besteht die berechtigte Hoffnung, daß die Idee der Steueranrechnungsscheine und der Prämien für Vermehrung der Arbeitsgelegenheiten zum zündenden Funken wird.'' Horkenbach, 1932, S. 298. 75 Korrespondenz „Reichsindustrie'' 13. Dezember 1932, S. 2. Vgl. auch die Rede Köttgens, des Vors, der VDA, vom 14. Dez. 1932 mit gleichlautendem Tenor; Hinweis bei W. Treue, Der deutsche Unternehmer in der Weltwirtschaftskrise 1928 bis 1933, in: Conze u. Raupach, S. 124. 76 RS RDI vom 31. Dez. 1932 (DII). 77 Zur Position Herles innerhalb der RDI-Führung siehe auch Kap. IV, S. 70. 78 Schriftwechsel Herle-Reusch vom 4. und 10. Jan. 1933, in: HA/GHH Nr. 400101220/ 14 a. Siehe auch Stellungnahme Scherer (Abt. W.) zum Vortrag Herles vom 10. Jan. 1933, HA/GHH Nr. 400127/4 a. 79 Auszüge der Rede Herles nebst Begleitschreiben an Silverberg vom 5. Jan. 1933, Nl. Silv. Nr. 233, S. 10-16, hier S. 14. 80 9. Jan. 1933, Duisberg an Herle, Bayer-Archiv 62/10/7 a. 81 9. Jan. 1933, Silverberg an Herle, Nl. Silv. Nr. 269. 82 Schriftwechsel Kastl-Schleicher vom 13. und 28. 12. 1932, in: R 43 I/1206. Das Schreiben Kastls wurde offenbar erst nach der Schleicher-Rede vom 15. Dez. und nach den Besprechungen des Kanzlers mit dem DIHT parallel zu dessen Rundschreiben vom 19. Dez. 1932 (siehe oben Anm. 66) abgeschickt, da es erst am 21. 12. in der Reichskanzlei einging. 83 15. Dez. 1932, Krupp an Duisberg, Bayer-Archiv, Autographensammlung. Reden des RDI-Vorsitzenden sowie der Minister Warmbold und Schwerin v. Krosigk vor dem RDIHauptausschuß in: G.M. RDI Nr. 27 vom 23. Dez. 1932, Anl. I, Bl. l-6. Vgl. auch Zusammenfassung bei Horkenbach, 1932, S. 418. 84 Zur Unterredung der Spitzenverbände mit RWM Warmbold vom 19. Dez. 1932 siehe Aufzeichnung Heinecke (19. Dez.), Krupp-Archiv IV Ε 185 (11 Seiten). Dazu Schriftwechsel Herle-Krupp vom 20. und 26. Dez. 1932. Krupp antwortete: ,, . . . freue mich, daß die Besprechung . . . doch manche Punkte klargelegt hat/“, ebd. 85 Bagatellisierung u. a. bei Stegmann, Kapitalismus, S. 57. 86 Presseerklärung des RDI vom 12. Jan. 1933. Dokumentation der Kontroverse zwischen RLB und RDI/Schleicher in: Ursachen und Folgen, Bd. VIII, S. 512-16. 87 Ebd. 88 Materialien u. a. in: HA/GHH Nr. 40010124/4, insbesondere Schriftwechsel ReichertKalckreuth vom 21. und 23. Dez. 1932. Dort auch div. Stellungnahmen des VDEStl. 89 Material zum sog. „Duell Heim-BIV“ vom 7. 1., 1. 2. und 9. 2. 1933, in: HA/GHH Nr. 400101221/3 b. 90 Vgl. 22. Dez. 1932, Reusch an Hamm, Abschn. 4 des Schreibens, HA/GHH Nr. 40010123/25 b; 2. Jan. 1933, Reusch an Schacht, HA/GHH Nr. 400101290/33 a. Reusch lehnt Schachts Vorschlag, eine dirigistische Handelspolitik auf der Basis von „Einfuhrmonopolen“ zu errichten, kompromißlos ab. Damit würde auch in der Handelspolitik eine „Zwangswirtschaft“ eingeführt. 91 10. Okt. 1932, Protesttelegramm des Kohlensyndikats Essen an RK Papen gegen

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Anmerkungen zu Seite 151-154 Kontingentierungspläne, R 43 I/1144; 19. Dez. 1932, Ordentliche Generalversammlung des RWKS, Geschäftsbericht 1931/32, S. 10, dort Wendung gegen „übersteigerte Kontingentierungspolitik“. 92 2. Jan. 1933, Christi. Metallarbeiterverband an Schleicher, R 43 I/2360; Besprechung ADGB (Graßmann/Eggert) mit Schleicher am 26. Jan. 1933, Aufzeichnung, DGB-Archiv, NB 112, S. 73-77. 93 Vgl. Kap. ΧI, S. 140. 94 23. Dez. 1932, Reichert an Graf Kaikreuth, HA/GHH Nr. 40010124/3. 95 14. Jan. 1933, Loening an Krupp, Krupp-Archiv IV Ε 203. 96 G.M. RDI Nr. 2 vom 31. Jan. 1933, Bericht über Präsidialsitzung vom 19. 1. 1933. Vgl. auch Horkenbach, 1933, S. 21 ,,Industrieverband gegen politische Störungen“. 97 G.M. RDI Nr. 2 vom 31. Jan. 1933, S. 11. Im Rundschreiben Nr. 98/VI vom 13. Jan. 1933 wird die Unterredung Krupp-Schleicher offenbar fälschlich auf den 12. Dez. 1932 datiert, HA/GHH Nr. 400101220/14 a. 98 Vorwurf Thyssens in der Präsidialsitzung des RDI vom 23. 3. 1933, Auszugsprotokoll Kastl vom 27. März 1933, Krupp-Archiv IV Ε 885. Siehe Kap. XIII, S. 184f. 99 26. J an. 1933, Kastl an Krupp, Tgb. Nr. 181, aus Krupp-Akte „Reichsverband“ KC1084, Bd. V 1. 1. 33-30. 6. 33 (zit. nach Dokumentenbuch von Bülow I, Record Group 238, Case 10, N.A.). Vgl. auch 31. Jan. 1933, Kastl an Krupp, Krupp-Archiv IV Ε 203. 100 Siehe oben Kap. XI, S. 140ff. XII. Die Sonderrolle Silverbergs 1932/33 1 Vor allem Stegmann, Kapitalismus, S. 53-55. 2 Siehe oben Kap. II. 3 Siehe vor allem die diesbezüglichen Mitteilungen Otto Meynens, des früheren Privatsekretärs Silverbergs, in: Volkswirt Nr. 18, 1951, S. 11. Bisher zuverlässigste Darstellung der Kontakte Silverbergs zur NSDAP bei Turner, Faschismus, S. 146—48. 4 In diesem Sinne zuerst P. Merker, Deutschland Sein oder Nicht Sein, Bd. 1, Mexiko 1944, S. 280, S. 284-85. Im Anschluß an Stegmann ebenso Hörster-Philipps, Großkapital, S. 112/13. 5 Mariaux, Silverberg, S. LXXXII. Im Anschluß daran: Kellenbenz, S. 127/28, ferner Stegmann und Hörster-Philipps (Anm. 1 und 4). 6 Treue, Unternehmer, S. 124. 7 Turner, Faschismus, S. 147/48. 8 Czichon, Hitler, S. 48. 9 Ebd., S. 51/52. Silverberg habe im übrigen nach dem 4. Jan. 1933 auch den „Freundeskreis“ finanziell unterstützt. 10 Siehe oben Einleitung, S. 21 bzw. S. 210, Anm. 95. 11 Vgl. z. B . Stegmann, Silverberg-Kontroverse, S. 607. 12 „Deutsche Führerbriefe. Ρolitisch-wirtschaftliche Privatkorrespondenz“. Verlag Hans Börner, Berlin. Vollständig gesammelt in: Bestand „Deutsche Führerbriefe“ (1928-1935), Institut für Zeitgeschichte, München. 13 Eine umfassende Monographie zu den „Deutschen Führerb riefen“ ist bis heute nicht erschienen. Hinzuweisen ist jedoch auf die Staatsexamensarbeit von Großkurth (vgl. Einleitung, Anm. 101). Wichtig und informativ ferner: Berliner, Problem, S. 154 ff.; Sohn-Rethel, Kommentar, S. 23-26 sowie ders., Ökonomie, S. 27/28, S. 33/35. 14 Einzelheiten in: Schriftwechsel Meynen-Turner vom 15. 4. und 1 1 . 6 . 1969, von Prof. Turner freundlicherweise zur Verfügung gestellt. 15 Sohn-Rethel, Kommentar, S. 25. Vgl. auch 15. Sept. 1932, Alvensleben an Hitler, NS

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Anmerkungen zu Seite 154—155 20/122 sowie 11. Juni 1969, Meynen an Turner. Einzelheiten über den Bezugskreis der DFB bei Großkurth, S. 26 ff. 16 Vgl. W. Müller u. J . Stockfisch, Die „Veitenbriefe''. Eine neue Quelle über die Rolle des Monopolkapitals bei der Zerstörung der Weimarer Republik, in: ZfG, Jg. 17, 1969, S. 1565 ff. Vgl. im übrigen Großkurth, S. 29 ff. 17 Schriftwechsel Reusch-Schlenker vom 21. 4. 1931, 12. 3. und 15. 3. 1932, in: HA/GHH Nr. 400101221/11 b. Zu Einzelheiten des Vorgangs siehe Kap. XII, S. 157. 18 Vgl. z . B . 27. Okt. 1930, Meynen an O.Reg.Rat Walther, R 43 I/2056, Bl. 78/79; Aktenvermerk Reichskanzlei vom 7. April 1932, R 43 I/1141, Bl. 40-41. Siehe auch 6. März 1966, Meynen an Turner. 19 So rügte Silverberg z. Β . große Verselbständigungstendenzen Meynens im Zusammenhang der Osthilfe-Beratungen 1930/31 und mahnte seinen Mitarbeiter, nicht zu vergessen, ,,daß Sie [Meynen] durch Ihre Arbeit mich binden'', 5. März 1931, Silverberg an Meynen, Nl. Silv. Nr. 574. Siehe auch Zurechtweisung Meynens wegen eines Artikels in den ebenfalls von ihm mit herausgegebenen „Velten-Briefen“, hier Ausgabe vom 11. Dez. 1930. Diesbezüglicher Schriftwechsel vom 12.-15. Dez. 1930 in: Nl. Silv. Nr. 574. 20 18. Mai 1929, Silverberg an Reusch, HA/GHH Nr. 400101290/35 a. Zur Tätigkeit Reuters bei der Pressestelle siehe: 12. Juni 1930, Steinberg an Reusch, HA/GHH Nr. 400101221/3 a. Zum Verhältnis Meynen/Reuter-Silverberg vgl. auch eine Information des Tatkreises Nr. 43 vom 1. 12. 1932 „Pressebeeinflussungen durch die Wirtschaft“: ,,Die Deutschen Führerbriefe 4 streiten eine Herausgabe oder den Verlag der Führerbriefe betreffende Verbindung zu Dr. Silverberg ab, können wohl allerdings die engen persönlichen Beziehungen des Herausgebers Dr. Reuter sowohl zu Dr. Meynen als auch zu Dr. Silverberg nicht leugnen.'' Diese Mitteilung bezieht sich unmittelbar auf eine Darstellung der Führerbriefe Nr. 91 vom 22. 11. 1932, wo ein besonderer Einfluß des Industriellen in Abrede gestellt und die Eigenständigkeit des Herausgebers betont wird. 21 Vielfache zeitgenössische Hinweise, z. B. 20. Jan. 1932, Gleichen an Luther, Nl. Luther Nr. 339; Tägl. Rundschau Nr. 199 vom 25. 8. 1932; vgl. auch Sohn-Rethel, Kommentar, S. 24 ff, der den Einfluß Schachts freilich überschätzt. Biographische Notizen zu Reuter und Meynen siehe im übrigen: Müller u. Stockfisch, S. 1568 ff; vgl. auch: Die Zeit Nr. 10 vom 10. März 1967, S. 35, Nachruf für Franz Reuter. 22 Zur Qualität dieser Verbindung: 12. März 1932, Schlenker an Reusch, HA/GHH Nr. 400101221/11 b. 23 Vgl. oben Kap. III, S. 51 f. 24 Vgl. Kontroverse der Herausgeber der Führerbriefe mit Paul Reusch wegen des Artikels „Wandlungen in der Sozialdemokratie“ in: DFB Nr. 16 vom 26. Febr. 1932; Schriftwechsel in: HA/GHH Nr. 400101221/11 b. 25 24. Aug. 1928, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/4b. 26 Abweichend Großkurth, S. 33/44: die DFB können nicht als Beleg für den Kurs Silverbergs und der IG Farben genommen werden, da sich in den DFB vielmehr die Absicht eines anderen Teils der Industrie artikulierte.'' Großkurth will, anders als Müller u. Stockfisch, S. 1566, insbesondere die Beziehungen zu den Vereinigten Stahlwerken (VESTAG) „deutlicher . . . genannt'' wissen, bestätigt aber andererseits, in Widerspruch zu obiger Einschätzung, die enge Bindung zwischen Silverberg, Meynen und Reuter (S. 33/34, S. 43—45). Sohn-Rethel, Kommentar, S. 24, überschätzt seinerseits den Einfluß Schachts, der angeblich die Führerbriefe zu seinem „politischen Instrument 41 gemacht habe. Richtig dagegen Berliner, Problem. S. 162. Silverberg wird dort als „Spiritus Rector'' der DFB gekennzeichnet. 27 Nachweislich von Silverberg persönlich geschrieben ist der Artikel „Der Weg des Zentrums 44 , in: DFB Nr. 84 vom 28. 10. 1930. Meynen ließ die Abhandlung, die sich positiv mit der Wandlung des Zentrums zu einer durch „aristokratische Führung'' bestimmten Massenpartei auseinandersetzte, der Reichskanzlei zukommen, u. a., um eine Unterredung

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Anmerkungen zu Seite 155-157 zwischen Silverberg und Brüning in die Wege zu leiten. 27. Okt. 1930, Meynen an O.Reg. Rat Walther, R 43 I/2056, Bl. 78/79. 28 Siehe oben Kap. II. 29 Gedruckt bei Manaux, Silverberg, S. 190-213. 30 Siehe oben Kap. II, S. 36, S. 40. 31 Grundsätzliche Ausführungen Silverbergs hierzu in der Sitzung des Reichskohlenrats vom 18. März 1932: ,,Meine feste Überzeugung ist die, daß es das Unheil der gesamten Wirtschaftslage der Welt ist, daß die politische und wirtschaftliche Ingerenz des Staates auf die Wirtschaft in der ganzen Welt zu sehr gestiegen ist als Folge des Krieges, als Folge internationalen Geldeintreibens, des Geldverschiebens, internationaler Kapitalverflechtungen und -Verschiebungen ohne Gegenwerte. Als Folge des Krieges ist die handelspolitische Atomisierung oder Balkanisierung Europas festzustellen, die die Volkswirtschaften in der größten Weise hemmt und den freien Handelsverkehr erschwert. Infolgedessen ist ganz natürlich in allen Ländern eine starke Ingerenz des Staates auf die Volkswirtschaften entstanden.'' Problemlösung nach Silverberg im März 1932 durch ,,Revision dieses Aufbaues des Staatseinflusses'', Nl. Silv. Nr. 157. 32 Vgl. hier u. a. Silverberg-Programm von 1923, Abschn. Β 7. Kap. I, S. 30. 33 Alle Zitate nach Manaux, Silverberg, S. 190 ff. 34 Siehe oben Kap. VII, S. 105f. 35 Treue, Unternehmer, S. 118, merkt dazu an, daß der „Gedanke des starken, von Parteiinteressen unabhängigen Verwaltungsstaates'', wie Silverberg hier ,,das einfache alte Prinzip wenig attraktiv und etwas nebulos formulierte“, „keine Anhänger'' mehr fand. 36 DFB Nr. 34 vom 3. Mai 1932, Leitkommentar. 37 Silverberg am 22. April 1932 vor dem Vorstand des RDI, Sten. Prot., Nl. Silv. Nr. 37, S. 12-14 (bzw. S. 63-65 des Protokolls). Zum Gesamtzusammenhang siehe oben Kap. VII, S. 108. 38 Wahlaufruf in Köln. Tageblatt Nr. 100 vom 27. Febr. 1932. Nach den bei Tammen, S. 178 u. 181, abgedruckten Spendenlisten unterstützte Silverberg die Wiederwahl Hindenburgs im 1. Wahlgang mit insgesamt 12 000 RM und im 2. Wahlgang mit insgesamt 7000 RM. 39 Siehe oben Kap. IX, S. 120ff. 40 DFB Nr. 10 vom 5. 2. 1932 ,,Hitler in Düsseldorf. 41 DFB Nr. 9 vom 2. Febr. 1932 „Ist Otto Braun am Ende?'' Vgl. auch die positive Darstellung Brauns bei Meynen, Silverberg, S. 10/11. Im Hintergrund ist u. a. die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Braun und Silverberg auf dem Gebiet der ,Osthilfe' zu sehen. 42 Ebd. 43 Siehe unten Anm. 49. 44 In: DFB Nr. 16 vom 26. Febr. 1932. 45 Zum Treffen Hitler-Reusch vom 19. März 1932 siehe oben Kap. IX, S. 120ff. 46 Lt. Blank war Reusch nach Durchsicht des Artikels der Auffassung, daß „die Führerbriefe doch manchmal gefährlich weit nach links abbiegen**. 29. Febr. 1932, Blank an Schlenker, HA/GHH Nr. 4001012024/10. 47 Siehe Schriftwechsel Reusch-Schlenker vom 12. und 15. März 1932, in: HA/GHH Nr. 400101221/11 b. 48 DFB Nr. 21 vom 15. März 1932, Leitkommentar. 49 Insbesondere Artikel „Strukturwandel des Nationalsozialismus?'' in: DFB Nr. 22 vom 18. März 1932, dem Gegenstück zu dem Aufsatz über die „Wandlungen der Sozialdemokratie“ in: DFB Nr. 16 vom 26. Febr. 1932. Bereits zuvor war Hitlers Kandidatur für die Reichspräsidentschaft mit einer negativen Wertung bedacht worden. Siehe DFB Nr. 14 vom 19. Febr. 1932 „Das Versagen der nationalen Opposition''. Vgl. auch DFB Nr. 13 vom 16. Febr. 1932: Dort wird Hjalmar Schacht als adäquater Gegenkandidat Hindenburgs genannt. 50 Horkenbach, 1932, S. 131.

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Anmerkungen zu Seite 157-161 51 DFB Nr. 39 vom 24. Mai 1932 „Nun endlich eine neue Reichsregierung!'' Vgl. DFB Nr. 35 vom 6. Mai 1932 „Die letzten Maßnahmen des Kabinetts Brüning“; hier wird Brüning noch eine Schonfrist bis Ende Juni konzediert. Vgl. auch die Rede Silverbergs am 22. April 1932 vor dem Vorstand des RDI, siehe oben Kap. XII, S. 156. 52 DFB Nr. 33 vom 29. April 1932 „Der Zusammenbruch der Mittelparteien“. Eine Anregung von Prof. Dr. E. Horneffer (Gießen) „zur Bildung einer politischen Gruppe, die zwischen den großen Zusammenschlüssen rechts und links sowie dem Zentrum stehen soll'', griff Silverberg nicht auf, jedenfalls kam eine von Horneffer gewünschte persönliche Unterredung nicht zustande. Siehe Schriftwechsel Horneffer-Silverberg vom 25. Mai und 27. Mai sowie Sekretariat Silverberg (Bauer) an Herle vom 31. Mai 1932, in: Nl. Silv. Nr. 269, Bl. 33-37. Nicht auszuschließen ist, daß Horneffer sich zu der Initiative gegenüber Silverberg im Anschluß an den Artikel „Morgenröte einer neuen Mitte?“, in: DFB Nr. 39 vom 24. 5. 1932 entschlossen hatte. Vgl. auch DFB Nr. 43 vom 7. 6. 1932 „Die Mitte vor dem Wahlkampf''. 53 Aktenvermerk Reichskanzlei vom 7. April 1932, R 43 I/1141, B. 40/41. Während Warmbold „sehr ungehalten“ war und sich „aufs äußerste betroffen“ zeigte, ließ Silverberg [durch Meynen] auf „die bedenklichen Ausführungen des Herrn Minister Dietrich“ hinweisen. Vgl. auch Köhler, Arbeitsbeschaffung, S. 293. 54 Siehe oben Kap. VIII. Vgl. auch Nachruf auf Hermann Warmbold, FAZ vom 20. 3. 1976. 55 DFB Nr. 34 vom 3. Mai 1932. Ein Exemplar dieses Artikels findet sich übrigens in Nl. Luther Nr. 342. 56 Leserzuschrift Warmbolds an die FAZ Nr. 242 vom 17. Okt. 1968, abgedruckt bei: Ziemer, S. 144/45. 57 Demissionsgesuch Warmbold an Reichspräsident Hindenburg vom 28. April 1932, R 43 I/1309, VI. 5. Dort ebenfalls der Versuch, den Rücktritt von den „tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten“ im Zusammenhang der 4. Notverordnung vom 8. Dezember 1931 abzuleiten. 58 Brüning, Memoiren, S. 568. G. R. Treviranus, Das Ende von Weimar. Heinrich Brüning und seine Zeit, Düsseldorf 1968, S. 134/35, deutet an, daß Schleicher der „Drahtzieher“ beim vorzeitigen Ausscheiden Warmbolds aus dem Briining-Kabinett in Vorbereitung einer erneuten Amtsführung in der Papen-Regierung gewesen sei. 59 Siehe oben Kap. X. 60 Vgl. auch 30. Aug. 1932, Reusch an Luther, Nl. Luther Nr. 347. Dort Wiedergabe einer Äußerung Silverbergs zur Gesamtrichtung der Wirtschaftspolitik Papens, insbesondere der Rolle Luthers in den Verhandlungen um das Programm von Münster: „Der Luther ist doch ein Kerl, er hat die Privatwirtschaft gerettet“. 61 Manaux, Silverberg, S. LXXXII, formuliert knapp, aber treffend: „Reichskanzlertum wie Person eines Franz von Papen liegen ihm nicht.“ 62 Vgl. z. B . 11. Okt. 1932, Information Scholz an Bracht, DZAP, Nl. Bracht, Bd. 2, Bl. 185; oder 15. Sept. 1932, Alvensleben an Hitler, NS 20/122. Siehe auch Pressekampagne gegen Silverberg im Artikel „Exkursion ins Politische“, 8 Uhr-Abendblatt vom 9. Sept. 1932, Nl. Silv. Nr. 703. 63 DFB Nr. 67 vom 30. Aug. 1932 „Das Präsidialkabinett Papen und die Wirtschaft“, im gleichen Sinne DFB Nr. 65 vom 23. Aug. 1932 „Die Aussichten für ein Reichskabinett Hitler“. 64 Berliner, Problem, S. 154. Siehe auch Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd. 4, Berlin 1966, S. 593 ff. 65 DFB Nr. 72 vom 16. Sept. 1932 „Die soziale Rekonsolidierung des Kapitalismus I“. 66 DFB Nr. 73 vom 20. Sept. 1932 „Die soziale Rekonsolidierung des Kapitalismus II“. Zum Gesamtproblem gewerkschaftlicher Orientierung in der Krise siehe: U. Hüllbüsch, Gewerkschaften und Staat. Ein Beitrag zur Geschichte der Gewerkschaften zu Anfang und ZL

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Anmerkungen zu Seite 161 Ende der Weimarer Republik, phil. Diss. Heidelberg 1958 (Ms.); dies., Die deutschen Gewerkschaften in der Weltwirtschaftskrise, in: Conze u. Raupach, S. 126-54; H. Heer, Burgfrieden oder Klassenkampf. Zur Politik sozialdemokratischer Gewerkschaften 1930-33, Neuwied 1971; Schneider, Unternehmer; ders., Tolerierung-Opposition-Auflösung. Die Stellung des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes zu den Regierungen Brüning bis Hitler, in: W. Luthardt (Hg.), Sozialdemokratische Arbeiterbewegung und Weimarer Republik. Materialien zur gesellschaftlichen Entwicklung 1927-1933, Bd. 1, Frankfurt 1978, S. 150-219; H. Mommsen, Die deutschen Gewerkschaften zwischen Anpassung und Widerstand 1930-1944, in: ders., Arbeiterbewegung und Nationale Frage. Ausgewählte Aufsätze, Göttingen 1979, S. 366-83. - Zur Kontroverse über die Verhandlungen des ADGB mit Papen und Schleicher am 30. Juli bzw. die angeblichen Verhandlungen mit Schleicher und Strasser am 9. Sept. 1932 siehe H. Skrypczak, Fälscher machen Zeitgeschichte, in: IWK, Jg. 11, 1975, S. 452-71, sowie vor allem D. Emig u. R. Zimmermann, Das Ende einer Legende: Gewerkschaften, Papen und Schleicher. Gefälschte und echte Protokolle, in: IWK, Jg. 12, 1976, S. 19-43. Für die Führerbriefe siehe insbesondere: DFB Nr. 51 vom 5. 7. 1932 „Gregor Strasser und die Gewerkschaften“; Nr. 73 vom 20. 9. 1932 ,,Die soziale Rekonsolidierung des Kapitalismus ΙI; Nr. 94 vom 2. 12. 1932 „Gewerkschaften zwischen Partei und Staat“. 67 Sohn-Rethel, Kommentar, S. 32-34. Dort übrigens auch Nachdruck des Rekonsolidierungsartikels. 68 Berliner, Problem. 69 A. Sohn-Rethel, Zum Artikel von E. Berliner: Das monopolkapitalistische Problem der Massenbasis, die „Deutschen Führerbriefe“ und Alfred Sohn-Rethel. Die vollkommene Selbstenthüllung eines Anonymus, in: Bl. für dt. und intern. Politik, Jg. 19, 1974, S. 1285-96, insbesondere S. 1293. 70 Vgl. Empfang Meynen und Reuters durch Hitler, Kap. XII, S. 166f. 71 Bei Bracher, Auflösung, S. 55, Anm. 153, und S. 630 ff., wird v. Alvensleben als „betriebsamer Zwischenträger“ und „undurchsichtiger Verbindungsmann“ gekennzeichnet. 72 Am 20. August trafen Reusch und Silverberg mit Krupp in dessen Jagdhaus Blühnbach (bei Salzburg) zusammen (siehe 20. Aug. 1932, Krupp an Herle, Krupp-Archiv IV Ε 178). Nach Krupps Zwischenaufenthalt in Berlin zu Verhandlungen mit von Papen am 25. August 1932 über das Programm von Münster (R 43 I/1141) sowie Silverbergs dortiger Unterredung mit Alvensleben am 31. August kamen beide am 2. und 3. Sept. 1932 wieder in Blühnbach zusammen (25. Aug. 1932, Silverberg an Krupp, Krupp-Archiv IV Ε 894). Silverberg berichtete anschließend mit Schreiben vom 5. Sept. 1932 Reusch (HA/GHH Nr. 400101290/ 35 a): Die dort enthaltenen Hinweise auf die Unterredungen in Blühnbach sowie der Gesamtkontext des Briefes (Bündnisstrategie der Wirtschaft gegenüber NSDAP, Zentrum und DNVP) deuten auf eine intensive gegenseitige Fühlungnahme hin. Interessant ist auch, daß Reusch in die Verhandlungen Silverbergs mit Hitler offenbar indirekt eingeschaltet war. Reusch empfing nämlich unmittelbar vor dem Zusammentreffen Meynens mit Hitler den ebenfalls an der Unterredung teilnehmenden Franz Reuter zu einer auf den 27. Okt. angesetzten Besprechung. Es handelte sich dabei, soweit aus den Akten ersichtlich, anscheinend um die erste Begegnung zwischen Reusch und Reuter, angesichts der Terminierung also keinesfalls um ein Routinetreffen. Vgl. 24. Okt. 1932, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/10. 73 Silverbergs erste Kontakte zu Alvensleben datieren vom Herbst 1930, als dieser im Anschluß an Silverbergs Rede vom 6. Nov. 1930 um die Mitarbeit des Industriellen für die Ziele des von ihm geführten „Deutschen Bundes zum Schutz der abendländischen Kultur“ warb. Schriftwechsel Alvensleben-Silverberg vom 7. und 10. Nov. 1930, in: Nl. Silv. Nr. 25, Bl. 161-69. 74 2. Sept. 1932, Alvensleben an Schleicher, Ν 42/22, Bl. 125-27. Auszugsweiser Abdruck bei Bracher, Auflösung, S. 55, jetzt auch vollständig bei Stegmann, Kapitalismus, S. 84/85.

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Anmerkungen zu Seite 161-165 75 Substantieller Gehalt und spezifische Begrifflichkeit der Notiz Alvensleben weisen direkt auf Silverberg hin. In diesem Zusammenhang ist auch zu bemerken, daß Alvensleben die Notizen erst zwei Tage nach dem Gespräch weiterleitete, in der Zwischenzeit also genügend Zeit entweder zur Korrektur oder möglicherweise sogar eigenhändigen Abfassung durch Silverberg verblieb. Skeptischer Turner, Faschismus, S. 146/47, 76 Zur politischen Bedeutung der Koalitionsverhandlungen siehe: D.Junker, Die Deutsche Zentrumspartei und Hitler 1932/33. Ein Beitrag zur Problematik des politischen Katholizismus in Deutschland, Stuttgart 1969, S. 86-108, insbesondere S. 105/06. Junker vertritt im Unterschied zu Bracher, Auflösung, S. 544, und R. Morsey, Die deutsche Zentrumspartei, in: Matthias u. ders., S. 317, die Auffassung, daß die Verhandlungen nicht „taktisch“, sondern „wirklich ernst gemeint“ waren. 77 Zitate nach der Aufzeichnung v. Alvenslebens vom 31. 8. 1932, Ν 42/22, Bl. 126/27. 78 5. Sept. 1932, Silverberg an Reusch, HA/GHH Nr. 400101290/35 a. 79 Siehe Anm. 77. 80 DFB Nr. 38 vom 20. Mai 1932 „Strassers deutscher Sozialismus“. 81 Siehe oben Kap. IX, S. 124, Kap. X, S. 132ff. 82 Siehe Anm. 80. 83 U . a. DFB Nr. 47 vom 21. Juni 1932 „Strasser am Rundfunk“; vor allem DFB Nr. 66 vom 26. Aug. 1932 „Zwiespalt in der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik“. 84 DFB Nr. 66 vom 26. Aug. 1932, s. Anm. 83. 85 Siehe oben Kap. X, S. 132f 86 Ebd. 87 8. Sept. 1932, Herle an Renteln, Nl. Silv. Nr. 232, S. 197-226. 88 Handschriftliche Notiz Reupkes vom 16. 8. 1932, ebd., Bl. 162. 89 Ebd., Bl. 162-83. Vgl. auch H. Reupke, Unternehmer und Unternehmerverbände im Aufbau einer deutschen Nationalwirtschaft. Vortrag vor dem Arbeitgeberverband Düsseldorf 1932/33, maschinenschriftl. Ausfertigung, Personalakte Herle, DII. 90 Begleitschreiben Bauer an Silverberg zu dem Entwurf Reupkes vom 24. Aug. 1932, Nl. Silv. Nr. 232, Bl. 160/61. 91 Ebd., Bl. 161. 92 Zum Verhältnis Großindustrie-Strasser siehe Kap. IX, S. 117f, Kap. XI, S. 145f. 93 Siehe Anm. 90. 94 DFB Nr. 51 vom 5. Juli 1932 „Gregor Strasser und die Gewerkschaften“. 95 DFB Nr. 38 vom 20. Mai 1932 „Strassers deutscher Sozialismus“. 96 Ebd. 97 Zum Gewerkschaftsproblem siehe oben Anm. 66. 98 DFB Nr. 47 vom 21. Juni 1932 „Strasser am Rundfunk“. 99 Vgl. auch 25. Sept. 1932, Reusch an Kötter, HA/GHH Nr. 4001012007/15 b. Dort Bericht über die Verhandlungen Schleicher/Strasser. 100 Daß für Strasser eine Lösung von Hitler nie ernsthaft zur Debatte stand, bestätigt eine Information Cordemanns für v. Bredow vom 6. 9. 1932. „Strasser täte nie etwas ohne Hitler, auch würde er sich nie, wie behauptet würde, von ihm trennen.“ Ν 97/1. 101 DFB Nr. 72 vom 16. Sept. 1932 „Informationen des Tages“ 102 H. R. Knickerbocker, Kommt Europa wieder hoch?, Berlin 1932, S. 204-14, hier S. 205. 103 Siehe Anm. 101. 104 Vgl. u. a. Winkler, Unternehmerverbände, S. 361/62. Winkler datiert die Umgliederung der Wirtschaftsabteilung der NSDAP wie auch sonst üblich auf den 17. Sept. 1932. Vgl. Kap. X, S. 133f. 105 DFB Nr. 84 vom 28. Okt. 1932 „Die Nationalsozialisten vor dem 6. November“. 106 Ebd. 107 DFB Nr. 42 vom 3. Juni 1932 „Die weitere Aufgabe des Nationalsozialismus“.

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Anmerkungen zu Seite 166-169 108 DFB Nr. 51 vom 5. Juli 1932 „Gregor Strasser und die Gewerkschaften“. 109 Siehe auch DFB Nr. 65 vom 23. Aug. 1932 „Die Aussichten für ein Reichskabinett Hitler''. 110 Turner, Faschismus, S. 147, Anm. 101. 111 Schriftwechsel Bauer-Reupke-Meynen vom 3.-15. Nov. 1932, in: Nl. Silv. Nr. 580. Zur Finanzierung des Arbeitsdienstlagers „Hammerstein“ siehe Kissenkoetter, S. 126. 112 Z. B . 16. Dez. 1932, Alvensleben an Silverberg betr. Finanzierung des „Deutschen Bundes zum Schutz der abendländischen Kultur“ durch die Bafio, NL Silv. Nr. 580. 113 30. Dez. 1946, Silverberg an François-Poncet, handschriftl. Briefentwurf, ZA Rheinbraun 210/201. 114 15. Sept. 1932, Alvensleben an Hitler, NS 20/122, Bl. 11338-39. 115 Ebd. 116 21. Sept. 1932, Alvensleben an Hitler, NS 20/122, Bl. 11334-36. 117 „Welt am Montag“ vom 21. 11. 1932, Nl. Silv. Nr. 703. Vgl. auch den an dieser Meldung orientierten Bericht der „Münchener Zeitung“ Nr. 321 vom 21. 11. 1932. 118 „Veitenbriefe“ vom 7. 11. 1932, dto. DFB Nr. 87 vom 8. 11. 1932 „Was soll werden?“ Hier zit. nach Müller u. Stockfisch, S. 1571, Anm. 53. 119 15. April 1969, Meynen an Turner. Von Prof. Turner dem Verfasser freundlichst zur Verfügung gestellt. 120 Information Dr. Scholz an Bracht vom 9. Nov. 1932, DZAP, Nl. Bracht, Bd. 2, Bl. 177/78. Vgl. zum Gesamtzusammenhang: Turner, Faschismus, S. 146-48. 121 DFB Nr. 90 vom 18. 11. 1932. 122 Zu einer möglichen Kanzlerschaft Strassers als „Ersatz“, nicht Alternative zu Hitler siehe Kap. XI, S. 145f. (Heinrichsbauer-Position). 123 14. Nov. 1932, Keppler an Krogmann, Forschungsstelle Hamburg Nr. 913. Im Text steht, wohl ein Schreibfehler, statt „Abstammung“ das Wort „Abstimmung“. Den Hinweis auf dieses Schriftstück verdanke ich Prof. Η. Α. Turner. 124 28. Sept. 1953, Silverberg an v. Witzleben, ZA Rheinbraun 210/201. 125 DFB Nr. 92 vom 25. Nov. 1932 „Abermals gescheitert“. 126 5. Sept. 1932, Silverberg an Reusch, HA/GHH Nr. 400101290/35 a. 127 Vgl. auch Silverbergs Ausführungen am 6. Okt. 1932 vor dem Präsidial- und Vorstandsbeirat zu Zwangskartellen, Nl. Silv. Nr. 249: Silverberg hob dort die „Gefahr der Politisierung“ innerhalb der Kartelle der Kohlenwirtschaft hervor, die durch eine „ausgesprochene Parteipolitik“ der Arbeitervertretung, namentlich der „Strasser-, Leipart-, ImbuschFront“ heraufbeschworen würde. 128 Zum Verhältnis Schleicher-Wolff siehe u. a.: Aktenvermerk vom 22. Aug. 1932 betr. Lieferung von 2 Mio. t Eisenerzeugnisse für 250 Mio. RM an Rußland, Nl. Luther Nr. 346; Finanzierung der „Tägl, Rundschau“, Schriftwechsel 2. 11.-17. 11. 1932, in: Ν 42/22; siehe auch Neujahrsglückwunschtelegramm Schleicher an Wolff vom 1. Jan. 1933, Ν 42/80. 129 Zur Kontroverse Silverberg-Wolff vgl. 5. Sept. 1932, Silverberg an Reusch, HA/GHH Nr. 400101290/35 a; 21. Sept. 1932, Alvensleben an Hitler, NS 20/122; „Düsseldorfer Lokalzeitung“ vom 17, Sept. 1932 „Hie Wolff, hie Silverberg“, Nl. Silv. Nr. 703; „Tägl. Rundschau“ vom 2. 11. 1932 „Wie steht Otto Wolff?“, Ν 42/22; sowie Korrespondenz Pressebüro WolfT-Dr. Scholz-Bracht 1932, in: DZAP, Nl. Bracht, Bd. 2. Zum ökonomischen Hintergrund der Auseinandersetzung siehe Konflikt zwischen der Flick-Gruppe und Rheinischen Braunkohle und die Haltung Otto Wolffs, 29. Juni 1932, Aktennotiz Brückner für Silverberg, Nl. Silv. Nr. 637. 130 Vgl. u. a. 9. Nov. 1932, Scholz an Bracht, DZAP, Nl. Bracht, Bd. 2; 15. und 21. Sept., W. v. Alvensleben an Hitler, NS 20/122. 131 Vgl. 22. Dez. 1932, Reusch an Hamm, HA/GHH Nr. 40023/25 b. 132 Vorstandssitzung des DIHT vom 5. Okt. 1932, Ergebnisprotokoll, Nl. Silv. Nr. 641.

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Anmerkungen zu Seite 169-171 133 DFB Nr. 85 und 86 vom 1. und 4. Nov. 1932, wieder abgedruckt bei Berliner, Problem, S. 169-71; Auszüge in: W. Rüge u. W. Schumann (Hg.), Dokumente zur deutschen Geschichte 1929-33, Frankfurt 1977, S. 81/82. Für Silverberg als Verfasser des Artikels sprechen neben sprachlichen und allgemein inhaltlichen Anhaltspunkten spezifische Details des Aufsatzes, die von Silverberg an anderer Stelle gleichlautend behandelt worden sind: Ζ. Β. negative Behandlung des Zollunionsvorstoßes: Silverberg am 23. Juni 1931 vor dem RDI, Nl. Silv. Nr. 31, Bl. 2-3 bzw. am 3. März 1932 vor dem Club von Berlin, Manaux, Silverberg, S. 195. Zu Restauration und Föderalismus: Silverberg am 6. Nov. 1930 vor dem Oberseeclub Hamburg, ebd., S. 168; 1. April 1930 Tischrede Silverbergs vor dem Düsseldorfer Industrieclub, Nl. Silv. Nr. 21, S. 11-13; 4. April 1930, Silverberg vor dem Langnam-Verein, Nl. Silv. Nr. 23, S. 6-7. Zur Kontingentierung: Hier teilweise wörtliche Übereinstimmung mit Rede vor der IHK Köln am 21. Okt. 1932, Nl. Silv. Nr. 115 bzw. DWZ Nr. 43 vom 27. Okt. 1932 ,,Silverberg zu Fragen der Wirtschaftspolitik''. Der unübliche Hinweis der Führerbriefredaktion, der Artikel stamme von „besonders geschätzter Seite“, verstärkt die Vermutung, daß Silverberg persönlich für die Ausführungen verantwortlich zeichnete. 134 Siehe oben Kap. XI, S. 148 f 135 Silverberg in der Vorstandssitzung des DIHT vom 6. Dez. 1932, zusammenfassendes Protokoll, HA/GHH Nr. 40010123/33 b. 136 9. Jan. 1933, Silverberg an Herle, Nl. Silv. Nr. 269. Vgl. auch Ausführungen Silverbergs in der Plenarsitzung der IHK Köln am 9. Jan. 1933, Nl. Silv. Nr. 115. 137 Siehe oben Kap. XI, S. 149f. 138 DFB Nr. 94 vom 2. Dez. 1932 „Endlich Beauftragung Schleichers“. 139 Vgl. u. a. Vogelsang, Reichswehr, S. 337 ff., Schwerin von Krosigk, Staatsbankrott, S. 155 ff. Nach Schwerin v. Krosigk, damals Reichsfinanzminister, war die .Strasser-Lösung' „nicht nur ein tatsächlich angestrebtes und ernstgemeintes Konzept Schleichers, sondern es war die Grundlage seiner Tätigkeit als Kanzler.“ 25. Juli 1975, Schwerin v. Krosigk an den Verfasser. 140 Meynen, Silverberg, S. 11. Vgl. auch Schriftwechsel Meynen-Turner 1966-71 bzw. Turner. Faschismus, S. 147. 141 Stegmann, Kapitalismus, S. 55, im Anschluß u. a. an Manaux, Silverberg, S. LXXXII. 142 Der damalige Reichsfinanzminister Schwerin v. Krosigk bestätigt in einem Schreiben vom 25. Juli 1975 an den Verfasser dieses Bild. Von einer Kandidatur Silverbergs für das Amt des Finanz- oder Wirtschaftsministers unter Schleicher habe er „nie etwas gehört“. Siehe auch diesbezgl. Dementi Silverbergs vor dem Vorstand des DIHT am 6. Dez. 1932, HA/GHH Nr. 40010123/25 b. 143 Siehe oben Kap. XII, S. 165f. 144 DFB Nr. % vom 9. Dez. 1932 „Gregor Strasser“. 145 Der Goebbels-Flügel galt der Industrie als ausgesprochen radikal und unberechenbar, während Strasser als kooperations- und kompromißbereit eingestuft wurde. Die Tagebucheintragungen von Goebbels spiegeln die Auseinandersetzung zwischen Goebbels und Strasser deutlich wider und verweisen auf den eigentlichen Hintergrund der Kontroverse, der nicht in einer divergierenden Wirtschaftsauffassung, sondern allein in der unterschiedlichen Bündnisstrategie beruhte. Typisch z . B . die Eintragung vom 1.12. 1932: „Strasser vertritt den Standpunkt einer Tolerierung des Kabinetts Schleicher. U m diesen Standpunkt zu begründen, malt er die Situation der Partei schwarz in schwarz. . . . Der Führer wendet sich sehr scharf gegen diese Miesmacherei. Er bleibt konsequent bis zum letzten, und wir sekundieren ihm auf das Stärkste dabei“. Zusammenfassende Darstellung jetzt bei: Kissenkoetter, S. 123 ff. 146 8. Dez. 1932, Strasser an Hitler, abgedruckt bei: J . H. Dixon, Gregor Strasser and the Organization ofthe Nazi Party 1925-32, Stanford University, Ph. D. 1965, S. 233-35. Jetzt auch bei: Kissenkoetter, S. 202 ff. 147 Goebbels, Eintragungen vom 8. und 9. Dez. 1932.

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Anmerkungen zu Seite 171-174 148 Siehe Anm. 100. 149 Vgl. DFB Nr. 90 vom 18. 11. 1932 „ N u r keine Zwischenlösung“ bzw. „Hitler und Hindenburg“ DFB Nr. 94 vom 2. 12. 1932; Nr. 100 vom 23.12. 1932 „Innenpolitische Perspektiven II“. 150 DFB Nr. % vom 9. Dez. 1932 „Gregor Strasser“; Nr. 97 vom 13. 12. „Informationen des Tages''; Nr. 99 vom 20. 12. und Nr. 100 vom 23. 12. „Innerpolitische Perspektiven I und II“; DFB Nr. 1 v o m 3 . 1. 1933 „Das Entscheidungsjahr für den Nationalsozialismus . . .“; Nr. 3 vom 10. 1. „Informationen des Tages“; Nr. 4 vom 13. 1. „Kommt es zu einer weiteren Vertagung des Reichstags?“; Nr. 5 vom 17. 1. „Informationen des Tages“; Nr. 7 vom 24. 1. „Informationen des Tages“; Nr. 8 vom 27. 1. „Informationen des Tages“ und schließlich Nr. 17 vom 28. 2. 1933 „Informationen des Tages“. Es heißt dort: „Die Aussichten einer Wiedereingliederung Gregor Strassers in die Arbeit des Nationalsozialismus sollen zunehmen.“ 151 DFB Nr. 100 vom 23. 12. 1932 „Innenpolitische Perspektiven II“. 152 Siehe Anm. 150. 153 Rheinische Zeitung Nr. 5 vom 6. 1. 1933 „ S c h r ö d e r - d e r Manichäer Leys“; vgl. auch Rhein. Ztg. Nr. 6 vom 7. 1. 1933; Rhein.-westf. Ztg. Nr. 11 vom 6. 1. 1933; Welt am Sonnabend vom 14. 1. 1933; Köln. Kurier vom 13. 1. 1933; in: Pressesammlung, Nl. Silv. Nr. 703 sowie Bestand Silverberg, ZA Rheinbraun. 154 Sieheu. a. Rhein. Ztg. Nr. 7 vom 9. 1. 1933; Berliner Börsen-Courier Nr. 13 vom 8. 1. 1933; Berliner Tageblatt Nr. 13 vom 8. 1. 1933, Nl. Silv. Nr. 703. 155 A. François-Poncet, Souvenirs d'une ambassade à Berlin, 1931-1938, Paris 1946, S. 66. 156 30. Dez. 1946, Silverberg an François-Poncet, handschr. Briefentwurf, ZA Rheinbraun 210/201. Silverberg bat darum, bei Neudruck, Neuauflage oder Übersetzung des Buches von der Aufführung seines Namens in diesem Zusammenhang abzusehen. FrançoisPoncet ging, wie aus den Folgeauflagen ersichtlich, auf den Wunsch Silverbergs ein. - In einem Schreiben an den Verfasser vom 5. 2. 1975 betont François-Poncet, daß er sein Buch allein aus der Erinnerung niedergeschrieben habe und über keine weiterführenden Materialien mehr verfuge. 157 Mitteilung Silverberg an François-Poncet vom 30. 12. 1946, siehe Anm. 156. 158 Siehe oben Kap. XI, S. 144ff. 159 DFB Nr. 2 vom 6. 1. 1933 „Kritische Situation für Nationalsozialismus und Regierung“. 160 DFB Nr. 8 vom 27. 1. 1933 „Die Regierungskrise akut“. 161 DFB Nr. 6 vom 20. 1. 1933 „Noch keine Entscheidung, aber notwendige Alternative“. Vgl. auch DFB Nr. 5 vom 17. 1. 1933 ,,Die verschiedenen Möglichkeiten“. 162 DFB Nr. 4 vom 13. 1. 1933 „Die Krise der nationalen Bewegung II''. Die Artikelserie, die die schwankende Position der Führerbriefe widerspiegelt, erschien in 3 Folgen in Nr. 3 vom 10. 1., Nr. 4 vom 13. 1. und Nr. 6 vom 20. 1. 1933. 163 Siehe Leitkommentar der DFB Nr. 8 vom 27. 1. 1933, vor allem aber DFB Nr. 9 vom 3 1 . 3 . 1933. 164 DFB Nr. 9 vom 31. 1. 1933 „Endlich die gegebene Lösung“.

XIII. Die Großindustrie und die Nationalsozialistische Diktatur im Frühjahr 1933 1 Vgl. oben Kap. XI, S. 151 f. 2 26. Jan. 1933, Kastl an Krupp, zit. nach Dokumentenbuch von Bülow I, Record Group 238, Case 10, N.A. Vgl. Zitat Kap. XI, S. 152. 3 Von Thyssen in der Präsidialsitzung des RDI vom 23. März 1933 erhobener Vorwurf. Protokoll, Krupp-Archiv IV Ε 885. Sicher ist, daß Kastl und Hamm vor dem 30. Jan. 1933

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Anmerkungen zu Seite 174-177 mit Genehmigung des RDI-Präsidenten Krupp beim Staatssekretär in der Reichskanzlei, Meissner, eine Eingabe des RDI und DIHT zur Regierungsbildung vorlegten. Der Text des Schreibens liegt nicht vor, entspricht aber offenbar dem Tenor der Mitteilungen Kastls vom 26. Jan. 1933 an Krupp (siehe Anm. 2). 4 DWZ Nr. 5 vom 2. Febr. 1933 „Neue Staatsfuhrung - Neuwahlen“. 5 4. Febr. 1933, Fritz Klein an Schleicher, Ν 42/92. 6 1. Febr. 1933, Wilmowsky an Schleicher, ebd. 7 Vgl. 28. Jan. 1933, Reusch an Krupp, Krupp IV Ε 1186. 8 3. Febr. 1933, Reusch an Kötter, HA/GHH Nr. 4001012007/16; vgl. auch 9. Febr. 1933, Reusch an Kötter, ebd. 9 11. Nov. 1932, Thyssen an Schlenker, abgedruckt bei Czichon, Hitler, S. 66/67. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Eingabe an den Reichspräsidenten vom November 1932, Kap. X, S. 137 f. 10 Siehe oben Kap. XI, S. 144ff 11 4. Febr. 1933, Reusch an Hamm, HA/GHH Nr. 40010123/25 b. 12 21. Febr. 1933, Springorum an Reusch, HA/GHH Nr. 400106/105; Aufzeichnung Blank vom 21. Febr. 1933, HA/GHH Nr. 4001012024/11; 4. März 1933, Reusch an Lersner, HA/GHH Nr. 400101293/12; vgl. auch 25. März 1933, Springorum an Papen, R 53/76. 13 Rieker, Wirtschaftsprogramm. Vgl. dazu auch 14. Dez. 1932, Scherer für Reusch, HA/ GHH Nr. 400127/7. 14 Siehe oben Kap. XI, S. 147. 15 DWZ Nr. 5 vom 2. Febr. 1933 „Neue Staatsführung - Neuwahlen“. 16 In der Ministerbesprechung vom 8. Febr. 1933 führte Hitler u. a. aus, daß ,,bei der Wahlpropaganda nach Möglichkeit alle genaueren Angaben über ein Wirtschaftsprogramm der Reichsregierung zu vermeiden“ seien. „Die Reichsregierung müsse 18-19 Millionen Wählerstimmen hinter sich bringen. Ein Wirtschaftsprogramm, das die Zustimmung einer derartig großen Wählermasse finden könne, gebe es auf der ganzen Welt nicht“, R 43 I/1459. 17 H.-E. Volkmann, Das außenwirtschaftliche Programm der NSDAP 1930-1933, in: A ß , Bd. 17, 1977, S. 251-74, hält trotz einiger Differenzierungen (S. 270) letztlich an der verbreiteten These fest, daß das Wirtschaftsprogramm der NSDAP einschließlich des Autarkiekomplexes von der Großindustrie „begrüßt“ wurde, kann dafür aber keine repräsentativen und aussagekräftigen Belege anführen. Anders Barkai, Wirtschaftssystem, S. 135 ff. 18 31. Jan. 1933, Kastl an Krupp, Krupp-Archiv IV Ε 203. An der Besprechung nahmen neben Kastl für den RDI Hamm vom DIHT, Bernstein vom Centralverband des DeutschenBank- und Bankiergewerbes, Keinath vom Reichsverband des Deutschen Groß- und Überseehandels e. V. und Tiburtius von der Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels teil. 19 „Aide-memoire für die Besprechung bei Herrn Minister Hugenberg am 9. Febr. 1933“, angefertigt von der Geschäftsführung des RDI (Spitta, von Brackel) am 8. Febr. 1933, Nl. Silv. Nr. 235, Bl. 272-79. 20 Denkschrift Schacht vom 20. Dez. 1932, „Einführung von Handelsmonopolen“, Krupp-Archiv IV Ε 1124. Vgl. oben Kap. XI, S. 147. 21 Aktenvermerk über die Besprechung bei Minister Hugenberg am 9. Febr. 1933, Nl. Silv. Nr. 235, Bl. 268-270 R; identisch mit Niederschrift in Tätigkeitsbericht Nr. 73 vom 10. Febr. 1933, Krupp-Archiv IV Ε 181, S. 16-22. 22 Ebd. 23 Ebd. 24 Siehe u.a. 16. J an. 1933, Herle vor der Handelskammer Stockholm, „Krise und Gesundung der deutschen Wirtschaft“, R 43 I/1145; DWZ Nr. 7 vom 16. Febr. 1933 „Um die Handelspolitik der neuen Reichsregierung“; RS RDI Nr. 1287 II (nicht für die Presse) vom 20. Febr. 1933, Nl. Silv. Nr. 368; 4. März 1933, Krupp an Herle, Krupp-Archiv IV Ε 203; RS RDI Nr. 2133 II „Handelspolitische Lage“ vom 31. März 1933.

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Anmerkungen zu Seite 177-179 25 G.M. RDI Nr. 5 vom 28. Febr. 1933, lfd. Nr. 73 und 74; RS RDI Nr. 67/VIII vom 18. Febr. 1933 (DU). 26 Schuhhess, 1933, S. 48 (Auszug). Die vollständige Presseerklärung im Anhang des RS RDI Nr. 67/VIII vom 18. Febr. 1933 (DU). 27 RS RDI Nr. 210/VI vom 10. 2. 1933, Nl. Silv. Nr. 274. 28 20. Febr. 1933, RS RDI 1287 II, Nl. Silv. Nr. 368. 29 Krupp-Archiv IV Ε 203. Zum Verlauf der Besprechung am 20. Febr. 1933 siehe vor allem Bracher, Machtergreifung, S. 69-72 und S. 629/30. 30 „Aide-memoire des Reichs Verbandes der Deutschen Industrie zur deutschen Wirt­ schafts-, Finanz- und Sozialpolitik“, 3seitige maschinenschriftl. Aufzeichnung nebst Entwurf, Krupp-Archiv IV Ε 203; vgl. auch Beischreiben Kastl-Krupp vom 24. März 1933, ebd. 31 „Aide-mémoire“ des RDI, S. 2/3 (Anm. 30). 32 Ebd., Abschnitt IV, S. 2: „Die Industrie schließt sich den Erklärungen der Reichsregierung, in denen sie von allen Währungsexperimenten abrückt, in vollem Umfang an . . . Nur bei unbedingtem Vertrauen in die Beständigkeit der Währung ist auch Vertrauen in die Zukunft möglich . . .“ In Abschnitt V hieß es: „In der Finanzpolitik ist oberstes Gebot der Ausgleich der öffentlichen Haushalte auf der Grundlage einer sparsamen Ausgabenwirtschaft in allen Zweigen der Staatsverwaltung . . .“. 33 20. März 1933, RDI an Luther (nebst Entwurf), Nl. Kastl Nr. 38. Zur Haltung der westl. Industrie vgl. Schriftwechsel Reusch-Luther 1933, in: HA/GHH Nr. 400101290/31. Siehe auch Kap. XI, S. 147. Besprechung der westl. Industrie mit Luther am 23. Jan. 1933. 34 Hinweise auf eine diesbezügliche Besprechung im engeren Kreise des RDI-Präsidiums in: Protokoll der Präsidialsitzung vom 23. März 1933, Krupp-Archiv IV Ε 885. 35 Tagesbericht Luther vom 16. März 1933, Nl. Luther Nr. 371, Bl. 1-5. 36 20. März 1933, RDI an Schacht, Nl. Kastl Nr. 38. Aufschlußreich zum Verhältnis RDI/ Kastl-Luther-Schacht auch Schreiben Kastl-Krupp vom 12. Juni 1933, Krupp-Archiv IV Ε 210. 37 Protokoll der Präsidialsitzung vom 23. März 1933, S. 8, Krupp-Archiv IV Ε 885. 38 „Aide-memoire“ des RDI vom 23. März 1933, Abschnitt III: „Ebenso wenig wie in der Staatsverwaltung die Sauberkeit, kann in der Privatwirtschaft Treu und Glauben entbehrt werden. Die Industrie ist der Auffassung, daß dieses Ziel umso schneller erreicht werden kann, je schärfer die Trennung zwischen Staat und Wirtschaft, zwischen Geschäft und Verwaltung, durchgeführt wird.“ Krupp-Archiv IV Ε 203; vgl. auch 15. April 1933 MüllerOerlinehausen an Herle, Krupp-Archiv IV Ε 1026. 39 Handschriftl. Notiz Krupps für die Besprechung am 20. Febr. 1933, Punkt 7, KruppArchiv IV Ε 203. 40 Siehe oben Kap. I, S. 24f. 41 20. März 1933, Lammers an Krupp, Krupp-Archiv IV Ε 1024. Lammers bezweifelte allerdings, ob es noch möglich sein würde, die nationalsozialistischen Vorstellungen „abzubiegen“. 42 Aktennotiz Dr. Bauer für Silverberg vom 3. März 1933, Nl. Silv. Nr. 115, Bl. 130/31. Vollständiger Text der Siemens-Rede in: Siemens-Archiv, SAA 4/Lf. 874, Reden und Aufsätze von Dr. C. F. v. Siemens, Bd. IV, BL 92-105. 43 Siehe oben Kap. IL 44 Vgl. in diesem Zusammenhang Eingabe des RDI/VDA an Reichsinnen min ister Frick sowie Staatssekretär Lammers vom 10. März 1933, R 43 11/362 BL 12 ff. Die Eingabe bezieht sich auf Besorgnisse der Industrie wegen möglicher innerer Unruhen und Störungen des sozialen Friedens durch Eingriffe der Regierung. 45 Vgl. auch Krupp-Notizen vom 20. Febr. 1933, Krupp-Archiv IV Ε 203. 46 „Aide-memoire“ des RDI vom 23. März 1933, Abschnitt II, Krupp-Archiv IV Ε 203.

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Anmerkungen zu Seite 179-183 47 Erklärung des ADGB vom 21. März 1933, in: Gewerkschafts-Zeitung, Jg. 43, 1933, Nr. 12, S. 177. Abgedruckt auch bei Luthardt, Bd. 1, S. 207/08. 48 Protokoll der Präsidialsitzune vom 23. März 1933, Krupp-Archiv IV Ε 885, hier S. 2/3. 49 Auszug der Rede bei Czichon, Hitler, S. 82, Dok. 26: „Wir müssen erst die ganzen Machtmittel in die Hand bekommen, wenn wir die anderen Gegner zu Boden werfen wollen. Solange man noch an Kraft gewinnt, soll man den Kampf gegen den Gegner nicht aufnehmen. Erst wenn man weiß, daß man auf dem Höhepunkt der Macht angelangt ist, daß es keine weitere Aufwärtsentwicklung gibt, soll man losschlagen. Wir müssen in Preußen noch 10, im Reichstag noch 33 Mandate erringen. Das ist, wenn wir alle Kräfte einsetzen, nicht unmöglich. Dann beginnt erst die zweite Aktion gegen den Kommunismus.“ Vgl. auch die Redepassagen bei Bracher, Machtergreifung, S. 70/71. 50 Ebd., S. 70. 51 21. Febr. 1933, Blank an Reusch, HA/GHH Nr. 4001012024/11, abgedruckt bei Stegmann, Verhältnis, S. 479/80, Dok. XVIII. 52 21. Febr. 1933, Springorum an Reusch, HA/GHH Nr. 400106/105, ebenfalls abgedruckt bei Stegmann, Verhältnis, S. 480/81, Dok. Nr. IX. Springorum berichtet: ,,Ιn dieser Besprechung hat Herr Hitler eine Darstellung der politischen Entwicklung der letzten vierzehn J ahre gegeben und seine grundsätzliche Einstellung zu den politischen Geschehnissen, sowie zur Wirtschaft, Einzelpersönlichkeit und zum Privateigentum in einer Weise dargelegt, daß er wohl die restlose Zustimmung aller 27 Herren, die zugegen waren, erhalten hat.'' 53 Lt. Mitteilung Blank, siehe oben Anm. 51. Siehe auch Aktennotiz Krupp vom 22. Febr. 1933, abgedruckt in: Eichholtz u. Schumann, S. 106. 54 G.M. RDI Nr. 5 vom 28. Febr. 1933, Lfd. Nr. 71 „Industrie und Wahlen“. 55 Auszugsprotokoll der Präsidialsitzung vom 23. März 1933, Krupp-Archiv IV Ε 885. Vgl. Beischreiben Kastl an Krupp vom 27. März 1933. Zu den Vorgängen im RDI im Frühjahr 1933 siehe jetzt die auf ähnlicher Materialgrundlage basierende Abhandlung von Wengst, Reichsverband. 56 Ebd., S. 1. Zum Auftritt Thyssen in der HAS RDI am 27. Nov. 1930, siehe oben Kap. V, S. 86. 57 Siehe oben Kap. IX, S. 119f. 58 Siehe oben Kap. V, S. 88. 59 Protokoll vom 23. 3. 1933, Krupp-Archiv IV Ε 885, S. 1/2. 60 Ebd., S. 2. Vgl. im übrigen Lochner, S. 182. 61 Originalschreiben, von Kastl und Herle unterzeichnet, R 43 II/362, Bl. 17 f. Dankschreiben von Staatssekretär Lammers an RDI vom 25. März 1933, ebd., Bl. 19. 62 Siehe auch 28. März 1933, Kastl an Krupp, Krupp-Archiv IV Ε 203. 63 Siehe oben Kap. XIII, S. 177 ff. 64 5seitige Aktennotiz über die Vorgänge vom 1. April 1933, Krupp-Archiv IV Ε 193. 65 Aufzeichnung Kastl vom 20. Mai 1933 über die am 1. April und den folgenden Tagen „aus Anlaß der Aktion der Herren Wagener, von Lucke und Möllers geführten Besprechungen und Unterhaltungen“, Krupp-Archiv IV Ε 210. In der Ministerbesprechung vom 4. April 1933 schnitt Hugenberg die Gleichschaltung der Handelskammern und die Verhaftung selbst deutsch-nationaler Mitglieder der Organisation an, gab sich dann aber mit der Erklärung Görings, daß die Handelskammern nicht mehr entsprechend den gegenwärtigen politischen Verhältnissen besetzt seien, zufrieden. R 43 I/1461. 66 2. April 1933, Schreiben (handschriftlich) Kastl an Krupp, Krupp-Archiv IV Ε 210. Krupp wandte sich daraufhin am 4. April an Hitler, bedankte sich überschwenglich für die Audienz am 1. April und fragte im Zusammenhang der Aktion Wageners lediglich an, ,,an wen ich mich in allen das Problem der Neuorganisation des Reichsverbandes der Deutschen Industrie berührenden Fragen als Ihren Beauftragten wenden könnte“. Eine Antwort der

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Anmerkungen zu Seite 183-186 Reichsregierung erfolgte nicht, so daß Krupp die Präsidialsitzung vom 6. April ohne definitive Weisung Hitlers eröffnen mußte. Schriftwechsel RDI-Reichsregierung, in: R 43 II/ 362. 67 Aufzeichnung Kastl vom 20. Mai 1933, Bl. 5/6, Krupp-Archiv IV Ε 210. 68 Aus der älteren Literatur siehe vor allem Lochner, S. 184 ff. Der Verfasser verfugte offenbar über die Protokolle und Unterlagen, die jetzt im Krupp-Archiv lagern und auch Grundlage der hier vorgelegten Abhandlung darstellen. Lochner ist in Einzelheiten durchaus zuverlässig, vernachlässigt jedoch die strukturellen Ursachen des Konfliktes; vgl. im übrigen Bracher, Machtergreifung, S. 189 ff., S. 630 ff. Unter Vernachlässigung der inneren Machtstruktur bzw. der relevanten Entscheidungsebene des Verbandes, die auf die Geschäftsführung und ein kollegial arbeitendes ,,Engeres Präsidium“, nicht aber auf den Vorsitzenden Krupp zugeschnitten war, wird hier in der personellen Kontinuität an der Spitze des RDI und dem bis zum 27. Febr. 1934 bewahrten äußeren Organisationsschema ein Zeichen für die Behauptung des RDI gegen die „Gleichschaltung“ erkannt: „Für die Chronik der nationalsozialistischen Machtergreifung bleibt es eine bemerkenswerte Tatsache, daß der Reichsverband vor rigorosen Gleichschaltungsmaßnahmen, wie sie andere Verbände über sich ergehen lassen mußten und die zumeist von den Verbandsinteressen nur sehr wenig oder gar keine Substanz übrigließen, als erster freigekommen ist und dann selbständig, freilich ständig überwacht von den Beobachtern der NSDAP, Schritt für Schritt seine Transformation in die Organisationsfiguren des totalitäten Verwaltungsstaates vornehmen konnte . . .“ (S. 630/31). Siehe zuletzt Wengst, Reichsverband (Anm. 72). 69 Günther u. Ohlsen, S. 611-13. 70 Ebd., S. 612. 71 Stegmann, Kapitalismus, S. 64/65. 72 Auch Wengst, Reichsverband, stellt den Konfliktcharakter der Auseinandersetzungen innerhalb des Reichsverbandes bzw. zwischen RDI und nationalsozialistischem Staat nicht deutlich genug dar. Die Ausschaltung des Geschäftsführenden Präsidialmitglieds Kastl und der jüdischen RDI-Mitglieder oder die weitreichenden programmatischen Divergenzen zwischen der RDI-Mehrheitsfraktion und dem Thyssen-Flügel bzw. der NSDAP werden kaum angemessen gewürdigt. 73 Siehe oben Kap. XIII, S. 181, S. 183. 74 Siehe oben Kap. XIII, S. 182f 75 Auf die Koinzidenz der Vorgänge verweist auch Krupp in dem Schreiben an Hitler vom 4. April 1933, R 43 II/362, Bl. 13/14. 76 Durchaus zutreffende Charakterisierung Krupps durch Hermann Büchers bei Lochner, S. 197/98: „In normalen Zeiten war er ein hervorragender Präsident. Aber den Verhältnissen, wie sie sich im Jahre 1932/33 entwickelten, war er nicht gewachsen. Er war kein Unternehmertyp. Er konnte die Erziehung im Obrigkeitsstaate und in seiner früheren Laufbahn nicht abschütteln, sondern fühlte sich - wie er selbst des Öfteren zum Ausdruck brachte - als Verwalter des Vermögens seiner Frau und als Wahrer der Tradition des Kruppschen Hauses. Obwohl starrköpfig und durch Dritte nahezu unbeeinflußbar, war er keine Kämpfernatur. Nachdem Hitler zur Macht gekommen war, ordnete er sich unter, obwohl er - wie mir bekannt - Hitler vorher strikt abgelehnt hatte.“ 77 Niederschrift „Streng vertraulich!“ über Besprechung im RDI vom 3. April 1933 (7 Seiten), Krupp-Archiv IV Ε 193. 78 Niederschrift „Streng vertraulich!“ über Besprechung im RDI vom 4. und 5. April 1933 (6 bzw. 7 Seiten), ebd. 79 Niederschrift „Streng vertraulich!“ über Besprechung im RDI am 5. April 1933, ebd. 80 Vgl. Schriftwechsel Herle-Krupp vom 7. und 8. April 1933, in: Krupp-Archiv IV Ε 209. Zur Rolle Thyssens in der Präsidialsitzung vom 6. April siehe auch Lochner, S. 186/87. Ein Protokoll der Sitzung ist offenbar nicht erhalten.

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Anmerkungen zu Seite 186-188 81 Vgl. Presseerklärung des Präsidiums vom 6. April, in: Horkenbach, 1933, S. 162; identisch mit Verlautbarung in: G. M. RDI Nr. 8 vom 29. April 1933, Lfd. Nr. 146. Siehe im übrigen Lochner, S. 187. 82 Ebd. 83 13. April 1933, Müller-Oerlinghausen an Krupp, 13. April 1933, Müller-Oerlinghausen an Herle, Krupp-Archiv IV Ε 1026. Vgl. im übrigen Schriftwechsel Müller-Oerlinghausen-Krupp vom 7. 4.-3. 6. 1933, in: ebd. 84 13. April 1933, Müller-Oerlinghausen an Herle, ebd. 85 8. April 1933, Reusch an Hamm, HA/GHH Nr. 40010123/25 b. 86 Zur Umformung der Unternehmerideologie auf die Bedingungen des faschistischen Systems siehe u. a. Besprechung am 23. Aug. 1933 (Blank, Heinrichsbauer, Holthöfer, Herle, Heinecke). Wegweisend die Abhandlung Herles vom 1. Sept. 1933 ,,Die Unternehmerverbände im neuen Deutschland“, in: Der Volkswirt Nr. 48 vom 1. Sept. 1933; vgl. auch BayerArchiv 62/10/7 a. 87 Vgl. u. a. Schriftwechsel Herle-Reusch vom 20. Juli, 22. Juli und 25. Juli 1933 sowie die RS RDI Tgb. Nr. 1999 VI vom 15. Juli, Nr. 349/VIII (G. M.) vom 15. Juli, Nr. 92 IX vom 22. Juli nebst Anlage und Nr. 2123/VI vom 24. Juli 1933. Siehe auch 25. Juli 1933, Reuschan Herle, HA/GHH Nr. 400101220/14 b. 88 Sitzung der Fachgruppe Bergbau beim RDI vom 22. Mai 1933, Dr. Brandi in Replik auf die vorsichtige Kritik Hilgers (Schatzmeister RDI) an der NS-Politik, Nl. Silv. Nr. 384, Bl. 57 ff. 89 Materialien zur „Gleichschaltung“ des Langnam-Vercins in: HA/GHH Nr. 400101221/ 3 b, 221/11 b, 290/36 b; insbesondere Nl. Silverberg Nr. 417. 90 G.M. RDI Nr. 9 vom 17. Mai 1933, Lfd. Nr. 180 „Reorganisation der Wirtschaftsverbände“, S. 61. 91 Ebd.. S. 63. 92 Siehe u. a. 6. Mai 1933, Müller-Oerlinghausen an Krupp, Krupp-Archiv IV Ε 1026; 4. Mai 1933, Lammers an Krupp, Krupp-Archiv IV Ε 1024. 93 Siehe „Aide-memoire“ des RDI vom 23. März 1933. Auch nach der Sitzung vom 6. April hielt die Mehrheit des Präsidiums, trotz der verfügten Ausschaltung Kastls und anderer Mitglieder, an der dort formulierten programmatischen Position fest. Thyssen lehnte es deshalb ab, einem Ausschuß des RDI zur Regelung der Organisationsprobleme beizutreten: „Ich würde es daher vorziehen, zunächst abzuwarten, bis die Ansichten der Regierung über die Neubildung des Präsidiums bekannt sind. Die Auffassung der Mehrheit des Präsidiums war mit Bezug auf eine Reihe von grundsätzlichen Fragen, wie zum Beispiel Young-Plan, Handelsvertragspolitik, Kontingentfragen, von der meinigen so verschieden, daß ich nicht glaubte, daß der ins Auge gefaßte Ausschuß eine einheitliche Linie, was doch nötig ist, einhalten würde.“ 14. April 1933, Thyssen an Krupp, Krupp-Archiv IV Ε 1129. 94 So der Stellvertr. Vorsitzende G. Müller-Oerlinghausen, das Präsidialmitglied Cl. Lammers u. a., Krupp-Archiv IV Ε 1024/26. 95 Vgl. 19. Mai 1932, Krupp an Müller-Oerlinghausen, Krupp-Archiv IV Ε 1026. 96 Grundlegend hier J . Herle, „Die Unternehmerverbände im neuen Deutschland“, in: Der Volkswirt Nr. 48 vom 1. Sept. 1933. Siehe dazu auch RS RDI Nr. 480/VIII (Herle) vom 2. Sept. 1933. Vgl. Anm. 86. 97 Vgl. auch 20. Juli 1933, Reusch an Herle, HA/GHH Nr. 400101220/14 b: „Es wäre mir von Interesse, von Ihnen zu hören, welche Aufgaben der Reichsstand der Deutschen Industrie übernehmen kann und übernehmen wird. Ich kann mir — offen gestanden — nicht denken, daß er eine irgendwie für die Wirtschaft nützliche Tätigkeit noch entfalten kann. Die notwendigen Ratschläge wird ja wohl der Generalrat der Wirtschaft geben. Einflußnahme auf die Gesetzgebung sowie die Verwaltungsorgane erscheint mir zurzeit unmöglich. Was bleibt also noch zu tun übrig?“

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Anmerkungen zu Seite 189-191 XIV. Die Ausschaltung Silverbergs 1933 1 Vgl. u. a. Horkenbach, 1933, S. 153. 2 Meynen, Silverberg, S. 9/10; im Anschluß daran auch Müller u. Stockfisch, S. 1568/69. 3 G. Brecht, Dr. Paul Silverberg und die Kohlenwirtschaft nach dem ersten Weltkrieg, in: Mitt. der IHK Köln Nr. 9, 1956, S. 220-22; ders., Erinnerungen, München o. J . (Privatdruck), S. 45-47. 4 Vgl. K. Pntzkoleit, Wem gehört Deutschland. Eine Chronik von Besitz und Macht, Wien 1957, S. 310/11; F. Ogger, Friedrich Flick der Große, München 1973, S. 102-05. 5 Siehe vor allem 14. Jan. 1933 Welt am Sonnabend, „Silverberg“, sowie ebd., 18. Febr. 1933, ,,Dr. Paul Silverberg“, Nl. Silv. Nr. 703. 6 Vgl. z. Β. Wolffsohn, S. 200. Mariaux deutet in seinem Nachruf „Paul Silverberg ein ,Letzter Mann 1 “, S. 2280-84, vage einen Zusammenahng an, nachdem er, wohl auf Wunsch des Industriellen, zunächst die Version des vom Nationalsozialismus völlig .unabhängigen Ausscheiden Silverbergs vertreten hat. Vgl. ders., Silverberg, S. LXXX, LXXXII, LXXXVI. 7 Aktenstücke in: ZA Rheinbraun, vor allem Nr. 210/713 und 210/041. 8 Vgl. G. Volkland, Hintergründe und politische Auswirkungen der Gelsenkirchen-Affäre im Jahre 1932, in: ZfG, Jg. 11, 1963, S. 289-318; H. Köhler, Zum Verhältnis Friedrich Flicks zur Reichsregierung am Ende der Weimarer Republik, in: Mommsen, System, S. 878-883. Zu den hier erörterten Vorgängen s. Pntzkoleit, S. 310 ff.; Ogger, S. 102 ff. 9 Siehe Ausruhrungen Silverbergs in der Aufsichtsratssitzung der RAG am 14. 1. 1933, ZA Rheinbraun Nr. 210/041; RAG-Lagebericht („Zusammenfassende Darstellung zur Lage der RAG z. Zt. der Umwandlungsbestrebungen durch RWE-Roddergrube und der Verdrängung von Dr. Silverberg aus der RAG“), Ende März 1933, S. 2, ZA Rheinbraun Nr. 210/713. 10 Lt. Bericht „Rheinbraun 1924-1933“ (21 Seiten), ZA Rheinbraun Nr. 210/041. 11 Entwurf und ausgefertigtes Abkommen, ebd. 12 Vgl. Pntzkoleit, S. 310. 13 Siehe „RAG-Lagericht“, ZA Rheinbraun Nr. 210/713, Bl. 6/7; sowie „Rheinbraun 1924-1933“, ebd. Nr. 210/041, Bl. 10. 14 .Pritzkoleit, S. 311. 15 ZA Rheinbraun Nr. 210/713, Bl. 6 des Berichts. 16 Vgl. 2. Aug. 1933, Silverberg an Reusch, HA/GHH Nr. 400101290/35 b: „Heute habe ich meine Stelle im Verwaltungsrat der Reichsbahn niedergelegt; nächste Woche mache ich bei der Bank für Deutsche Industrieobligationen im Wege der ,Gleichschaltung' Schluß und dann trete ich bei Harpen aus, weil der Actienbesitz der Rheinischen Braunkohle auf die Charlottenhütte übergeht. Ich habe dann so ziemlich die Tafel abgewischt oder meine ist abgewischt worden“. 17 Brecht, Erinnerungen, S. 45—49. 18 „RAG-Lagebericht“, ZA Rheinbraun Nr. 210/713, Bl. 7. 19 Vgl. 14. Jan. 1933, Welt am Sonnabend „Silverberg“, Nl. Silv. Nr. 703. 20 30. Dez. 1946, Silverberg an François-Poncet, handschriftl. Entwurf, ZA Rheinbraun Nr. 210/201. Silverberg klagte, daß er 1932/33 durch Thyssen die „besondere Feindschaft“ der Nationalsozialisten erfahren mußte: „Schon Ende 1932 habe ich mich von Th[yssen] und Vögfler] im Streit getrennt und bin in der Zeit aus allen Verwaltungen, Aufsichtsräten, Verbänden in Dtld. ausgetreten.“ 21 Brecht, Erinnerungen, S. 48. 22 Vgl. auch Unterlagen über die Entwicklung des Harpen-Besitzes der RAG, in: ZA Rheinbraun Nr. 201/041. Die RAG verfugte nach einem größeren Aktientausch im März 1930 und weiteren Ankäufen 1930-32 schließlich über nominell 36 382 800 RM HarpenAktien, mußte dafür aber eigene Aktien herausgeben, die sich schließlich bei Flick und dann dem RWE konzentrierten.

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Anmerkungen zu Seite 191-193 23 Siehe oben Anm. 3. 24 Siehe oben Anm. 2. 25 Silverberg anläßlich seiner Wahl in der Vollversammlung der IHK Köln am 21. Okt. 1932. Bericht in: Westdeutsche Wirtschafts-Zeitung Nr. 44 vom 28. Okt. 1932, S. 545-47. Vgl. auch Silverberg am 6. Mai 1951 anläßlich seines 75. Geburtstages in Lugano, ZA Rheinbraun Nr. 210/201. 26 Vollversammlungen der IHK Köln am 21. Okt. 1932, 19. Dez. 1932, 9. Jan. 1933, 13. Febr. 1933, 13. März 1933; Berichte jeweils in: Westdeutsche Wirtschafts-Zeitung, Nr. 44, 52, 2, 7, 8, 11, 1932/33. Sten. Auszugsprotokolle der Ausführungen Silverbergs, Nl. Silv. Nr. 114/15. 27 Bracher, Auflösung, S. 603/04, Anm. 17. 28 Über die Vorgänge Mitte März 1933 sind detaillierte Aktenvermerke des loyal zum gewählten Präsidenten stehenden Syndikus Dr. Schmitz-Sieg erhalten geblieben, die ein anschauliches Bild von den Methoden vermitteln, wie gegen unliebsame Persönlichkeiten in fuhrenden Stellungen vorgegangen wurde. Aktenvermerke Schmitz-Sieg vom 14. und 15. März 1933, Nl. Silv. Nr. 114, Bl. 133-39, hier Bl. 133. 29 Horkenbach, 1933, S. 111. Amtsenthebungen der Oberbürgermeister erfolgten ebenfalls in Berlin, Frankfurt a. Main, Magdeburg, Altona und Kiel. Zu den Kölner Vorgängen siehe Stadt-Anzeiger Nr. 132 vom 13. März 1933 „Oberbürgermeister Adenauer abgesetzt“. 30 Aufsichtsratssitzungen der RAG vom 8. 3. und 16. 3. 1933, Berichte, ZA Rheinbraun Nr. 210/041. 31 Vgl. 18. Febr. 1933, Gustav Brecht an Silverberg; 13. März 1933, Vögler an Brecht, ebd. 32 Brecht, Erinnerungen, S. 46 ff. Silverberg und Adenauer standen in durchaus freundschaftlichem Verhältnis zueinander. Vgl. dazu auch das Glückwunschschreiben Adenauers an Silverberg anläßlich seiner Wahl zum Präsidenten der IHK Köln: ,,. . . Ich begrüße es mit besonderer Genugtuung, daß die Wahl in Ihnen auf einen Mann gefallen ist, der, wie kaum ein anderer, berufen erscheint, ein wirklicher Führer der Kölner und der westdeutschen Wirtschaft zu sein, und von dem man annehmen kann, daß durch ihn die Kölner Wirtschaft wieder zur fuhrenden Stellung im Westen Deutschlands gelangen wird . . .“, ZA Rheinbraun Nr. 210/ 201. 33 Aktenvermerke Schmitz-Sieg vom 14. und 15. März 1933, Nl. Silv. Nr. 114, Bl. 133-39. 34 Ebd. 35 Siehe Hinweis in den Notizen Schmitz-Siegs, ebd. Bl. 136/37. 36 Horkenbach, 1933, S. 154. Vgl. unten Anm. 39. 37 Silverberg übersandte der Geschäftsführung der Kammer am 3. April 1933 eine undatierte Rücktrittserklärung mit der ausdrücklichen Anweisung, davon nur Gebrauch zu machen, wenn ,,unter besonderen Begleiterscheinungen“ sein Rücktritt verlangt werde. Der Plenarversammlung der IHK am 10. April wurde dann erklärt, daß Silverberg mit Wirkung vom 5. April 1933 seine Ämter zur Verfügung gestellt habe: 3. April 1933, Silverberg an Schmitz-Sieg, Nl. Silv. Nr. 114, Bl. 140/41. Vgl. Lochner, S. 184: In Köln rufe der Pöbel nach der Absetzung Silverbergs als Präsident der IHK Köln (1. April 1933). Westdeutsche Wirtschafts-Zeitung Nr. 15/16 vom 15. April 1933, Bericht über Vollversammlung vom 10. April 1933. Siehe auch Aktennotiz Dr. Bauer für Silverberg über den Verlauf der Plenarsitzung vom 10. April: Der Stellvertr. Vors. Proenen gibt Mitteilung von Silverbergs Amtsniederlegung und schließt „einige sehr würdige Worte des Dankes für Ihre Amtsführung an, die von der Versammlung mit starkem Beifall und Bravorufen aufgenommen wurden.“ Nl. Silv. Nr. 114, Bl. 142. 38 Siehe Sonderausgabe der Mitteilungen der IHK Köln aus Anlaß des 175jährigen Jubiläums der Kammer, November 1972, S. 701.

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Anmerkungen zu Seite 193-197 39 V g l . H. Genschel, Die Verdrängung der Juden aus der Wirtschaft im Dritten Reich, Göttingen 1966. Genschel kommt demgegenüber in der Beurteilung des Boykotts zu dem Ergebnis, daß jeder Hinweis darauf fehle, „daß von Seiten der Parteileitung oder gar Reichsregierung 1933 Pläne zu wirtschaftlichen Umwandlungen, ja auch nur zu einer systematischen Zurückdrängung der Juden in der Wirtschaft bestanden“ (S. 55). 40 29. März 1933, Silverberg an Krupp, Krupp-Archiv IV Ε 894; 30. März 1933, Krupp an Silverberg, ebd. 41 Aktennotiz über die Vorgänge vom 1. April im Reichsverband, Krupp-Archiv IV Ε

193. 42 Zum Gesamtzusammenhang siehe oben Kap. XIII, S. 182ff. 43 Vgl. Η. Α. Turner, Emil Kirdorf und die NSDAP, in: ders., Faschismus, S. 60-86. 44 Lochner, S. 202/03. Siehe auch Turner, Faschismus, S. 78, Anm. 71. 45 Entwurf der „Richtlinien“ vom 17. März 1932, Abschn. III, 1 „Kultur“. Siehe auch 1. Juni 1932, Reusch an Haniel, HA/GHH Nr. 4001012007/6. Vgl. im übrigen Koszyk, Reusch. 46 Materialien zur Ruhrlade-Sitzung vom 12. Juni 1933 in: HA/GHH Nr. 40010124/15. In den verschiedenen Berichten wird deutlich, daß die Ruhrindustriellen der von Krupp verfolgten Appeasement-Politik kritisch und ablehnend gegenüber standen und u. a. auch auf eine Weiterverwendung Geheimrat Kastls innerhalb der Industrie-Organisationen drängten. 47 13. April 1933, Müller-Ocrlinghausen an Herle, Krupp-Archiv IV Ε 1026, siehe oben Kap. XIII, S. 187. 48 Siehe oben Kap. XIII, S. 186ff. 49 19. Mai 1933, Krupp an Bosch, Krupp-Archiv IV C 205. Ein Bericht über die Sitzung vom 23. Mai im Berliner Bankhaus Mendelssohn liegt nicht vor. 50 Siehe z. B. Schriftwechsel Krupp-Silverberg 1933/34, in: Krupp-Archiv IV Ε 894. 51 Achtzehnseitige Denkschrift nebst Beischreiben des „Vereins zur Wahrung der Interes­ sen der Chemischen Industrie Deutschlands e. V . “ , Tgb. Nr. 6423 Dr. E/R vom 29. J uni 1933, HA/GHH Nr. 400101220/14 a. 52 Ebd., Bl. 10/11. Der Name Silverbergs ist mit Farbstift angestrichen, offenbar von Reusch. 53 Ebd., „Vorbemerkung“, Bl. 1. 54 Ebd., S. 17/18. 55 Beischreiben des Chemieverbandes bzw. des „Reichsstandes“, ebd. 56 Auszüge der Kanzlerrede vom 11. März 1933, in: Horkenbach, 1933, S. 109, sowie Domarus, S. 219/20. Veröffentlicht in: VB Nr. 72 v. 13. 3. 1933. 57 Zit. nach Bericht über die Vollversammlung der IHK Köln vom 13. März 1933, in: Westdeutsche Wirtschafts-Zeitung, Nr. 11 vom 17. März 1933, S. 127. 58 Aktennotiz Dr. Bauers für Dr. Silverberg vom 3. März 1933, Nl. Silv. Nr. 115, Bl. 130/ 31. Siehe Zitat Kap. XIII, S. 179. 59 Siehe oben Kap. XIII, S. 178ff. 60 Silverberg beantragte so ζ. Β. das „Ehrenkreuz für Frontkämpfer“, das ihm „Im Namen des Führers und Reichskanzlers“ durch das Deutsche Generalkonsulat Zürich am 28. Febr. 1935 verliehen wurde. Im Begleitschreiben der Urkunde hieß es: „ . . . Mögen Sie das Ehrenkreuz tragen als ein Zeichen Ihrer Liebe und Treue zur Heimat im stolzen Bekenntnis zu Deutschland und seinem Führer, dessen Bestreben es ist, das gesamte deutsche Volk zu einer großen Volksgemeinschaft zusammenzuschließen. Die Möglichkeit, an diesem hohen Ziele mitzuarbeiten, ist auch Ihnen gegeben dadurch, daß Sie die Bestrebungen der deutschen nationalsozialistischen Bewegung nach Ihren Kräften unterstützen.“ Silverberg nahm die Auszeichnung an. ZA Rheinbraun Nr. 210/201. 61 ZA Rheinbraun Nr. 210/201. Siehe hier vor allem 7. April 1934, Silverberg an Staatssekretär von Bülow, 13. April 1934, Bötzkes an Silverberg.

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Anmerkungen zu Seite 197-199 62 Schriftwechsel Hermann Rauschning - Verfasser vom 8. Aug. 1974 - 20. Nov. 1974, hier Schreiben Rauschnings vom 10. Okt. 1974. 63 Ergänzende Mitteilungen Rauschnings an den Verfasser vom 10. Okt. 1974. In seinem Buch: Men of Chaos, New York 1942, S. 207-11, referiert Rauschning die wesentlichen Aspekte des Gesprächs. Silverberg ist ebenso wie der die Unterredung vermittelnde Dr. Erwin O. Brettauer, namentlich nicht voll gekennzeichnet: Rauschning begnügt sich mit dem Hinweis ,,Dr. S.“ und , , B “ . 64 Siehe Anm. 62/63. 65 Rauschning, S. 207-211. 66 Ebd., S. 208. 67 Ebd., S. 210. 68 Ebd., S. 211. 69 Schriftwechsel Silverberg-Adenauer 1945-1952, in: ZA Rheinbraun Nr. 210/201. 70 25. April 1946, Silverberg an Reusch, HA/GHH Nr. 400101290/35 b. 71 28. März 1947, Silverberg an Reusch, ebd. 72 13. Dez. 1946, Brüning an Silverberg, Brüning schrieb u. a. ,,. . . Ich teile Ihre Auffassungen in Bezug auf die Emigration und die doktrinäre und totalitäre Haltung der SPD völlig. Leute wie Sollmann sind sehr besorgt. Aber Schumacher ist auch hier der Kandidat für den leitenden Posten in einer späteren Reichsregierung. Ich wünsche ihm alles Gute . . .'' ZA Rheinbraun Nr. 210/201. 73 4. Nov. 1951, Silverberg an Paul Ring (Direktor der Gelsenkirchcner Bergwerke AG). Silverberg spricht sich hierbei gegen den Schumann-Plan aus, ebd. 74 Ζ. Β . 28. März und 18. April 1947, Silverberg an Reusch, HA/GHH Nr. 400101290/ 35 b. 75 17. Mai 1947, Silverberg an Reusch, ebd. 76 Festakt am 6. Mai 1951 in Lugano. Aktennotiz betr. Dankadresse Silverbcrgs, ZA Rheinbraun Nr. 210/201. 77 16. Mai 1958, Louise Silverberg an Adenauer, ebd.

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Abkürzungsverzeichnis ADGB AEG AfS AHR APZ AR BA BA-MA Bdl BER BIV CDI CEH DAZ DFB DIHT DII DWZ DZAP F. Z. GF GG GHH G. M. RDI GWU HA/GHH ΗAS Hg., hg. HZ IHK IWK Jb. Jg. Κ. Ζ.

Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund Allgemeine Elektrizitäts-Gcsellschaft AG, Berlin Archiv für Sozialgeschichte American Historical Review Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament“ Aufsichtsrat Bundesarchiv Bundesarchiv-Militärarchiv Bund der Industriellen Bund zur Erneuerung des Reiches Bayerischer Industriellen-Verband Centralverband Deutscher Industrieller Central European History Deutsche Allgemeine Zeitung Deutsche Führerbriefe Deutscher Industrie- und Handelstag Deutsches Industrie-Institut Deutsche Wirtschafts-Zeitung Deutsches Zentralarchiv, Potsdam Franfurter Zeitung Geschäftsführung Geschichte und Gesellschaft Gutehoffnungshütte AG, Oberhausen Geschäftliche Mitteilungen des RDI Geschichte in Wissenschaft und Unterricht Historisches Archiv der Gutehoffnungshütte Hauptausschuß-Sitzung Herausgeber, herausgegeben Historische Zeitschrift Industrie- und Handelskammer Internationale Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung Jahrbuch Jahrgang Kölnische Zeitung

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Langnam-Verein Mitt. MNN MV Nl. NPL PVS RAG RDI REW Rheinbraun RS RWE RWKS RWR VDA VDEStI VDMA Veröff. VESTAG VfZ VSI VSWG ZA ZAG ZfG Zs.

Verein zur Wahrung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen in Rheinland und Westfalen Mitteilungen Münchner Neueste Nachrichten Mitgliederversammlung Nachlaß Neue Politische Literatur Politische Vierteljahresschrift Rheinische Aktiengesellschaft für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation, Köln Reichsverband der Deutschen Industrie Rheinisches Elektrizitätswerk im Braunkohlenrevier AG Rheinische Braunkohlenwerke AG, Köln Rundschreiben Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk AG, Essen Rheinisch-Westfälisches Kohlcnsyndikat Reichswirtschaftsrat Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände Verein Deutscher Eisen- und Stahlindustrieller Verein Deutscher Maschinenbauanstaltcn Veröffentlichungen Vereinigte Stahlwerke AG, Düsseldorf Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte Verband Sächsischer Industrieller Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Zentralarchiv Zentralarbeitsgemeinschaft der gewerblichen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Deutschlands Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Zeitschrift

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Quellen- und Literaturverzeichnis I. Ungedruckte Quellen 1. BUNDESARCHIV KOBLENZ

(BA)

R 7 Reichswirtschaftsministerium 2001 Presseberichte über Hitler-Rede vom 26. 1. 1932 3402 Allgemeine Wirtschaftslage und dt. Außenhandel 1927-38 R 13 I Verein Deutscher Eisen- und Stahlindustrieiler 35 Vorbereitungen von Mitgliederversammlungen der Norddt. Gruppe des VDEStI 253 Handakten Tossc 1929-34 277 Dawes- und Youngplan: Meinungsstreit 1929-33 283 Bestrebungen zur Sozialisierung der Großindustrie, 1918-22, 1932-33 602 Vertrauliche persönliche Korrespondenz Dr. Reichert R 43 I Akten der Reichskanzlei 580-81 Reichspräsident 585-86 Reichspräsidentenwahl 1932 678 Innere Politik 1930-33 771 Bund zur Erneuerung des Reiches 1928-33 1138-41, 1144-45 Wirtschaftspolitik 1930-33 1148 Lohn-, Preis- und Tarifpolitik 1165-66 Wirtschaftsbeirat 1931

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1170 Handelskammern 1931-33 1176 Eingaben zur Einfuhrkontingentierung 1932 1203-04 Industrielle Gesellschaften, Unternehmungen, Kar 1206 Reichsverband 1308-10 Kabinettsbildungen 1928-35 1446-61 Kabinettsprotokolle 1930-33 1801-14, 1824 Osthilfe 2039, 2045 Arbeitslosenfursorge 1930-32 2056 Tarifverträge 2128 Besprechungen 1924-32 2178-79 Bergwerke 2311 Sachsen, VSI 1930-32 2360 Finanz-, Zoll-, Steuerpolitik 1927-33 2367-68, 2372, 2376 Reichsfinanzen 2381, 2385 Notverordnungen 1931 2401 Steuerpolitik 2422 Allg. Zollangelegenheiten 1931-33 2426-27 Landwirtschaftl. Zölle 1930-33 2437-38 Währung 1923-32 2684 NSDAP, April 1932-Febr. 1933 R 43 II 362 Reichsverband

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R 53 Stellv. Reichskanzler von Papen 1933-35 76-77, 150 Schriftwechsel, Verschiedenes NS 20 Kleine Erwerbungen 76, 102, 111, 122 Regierungsbeteiligung der NSDAP 1932/33. Schriftwechsel von Schroeder, Keppler, von Papen, Strasser-Frage NS 26 NSDAP-Hauptarchiv 83, 325, 597, 1363, 1368, 1370 Walther Stennes, Otto und Gregor Strasser Nl. Kastl

5, 7-9, 29, 38 Finanz- und wirtschaftspolitisches Wirken, Mitwirken bei der Beratung des Young-Plans Nl. Luther

151 Schriftwechsel 1931-33 336-59 Reichsbank 1931-33 365-71 Tagesberichte Luther 1931-33 Nl. Silverberg 1-43 Persönliches, Vorträge, Reden, Aufsätze

58, 63-64 Rheinisches Braunkohlen Syndikat GmbH

66-67 Gewerkschaft Fortuna/RAG

114-15

Industrie-und Handelskammer Köln, Allgemeiner Schriftwechsel 1932-33 135-36, 139, 141-42 Soziali sierang des Bergbaus 1920/21 146, 157, '.81 Reichskohlenrat 1920-33 187 Reichskohenverband, Allg. Schriftwechsel 1929-33 221-37, 241-74, 300-27, 340-48, 360-85 Reichsvertand der Deutschen Industrie 1921-33 414-17, 453 Langnam-Verein 1925-33 457-58 Vereiniguig Deutscher Arbeitgeberverbände e. V.

287 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

551-52 Hugo Stinnes GmbH „Kohle“, Mülheim/Ruhr 564-80 Bank für Deutsche Industrie-Obligationen 1924-33 582-87 RWE, Essen 593, 596, 599, 600-01 Rheinisch-Westfäl. Kohlensyndikat 636-37 Gelsenkirchener Bergwerks AG, Essen 640-46 Deutscher Industrie- und Handelstag, Berlin 1930-33 658 Rheinischer Provinziallandtag, Düsseldorf 1932 701-06 Presseveröffentlichungen 1910-33 707 Versprengte Unterlagen, Schriftwechsel Stolper

2. BUNDESARCHIV - MIUTÄRARCHIV, FREIBURG ( B A - M A )

Ν 42 Nl. von Schleicher 21-23 Innenpolitik und Parteien, März 1930 bis Januar 1933 25 NSDAP 1924-32 26 Rechtsparteien/-verbände 29 Kanzlerwechsel im März 1930 30 Reichspräsidentenwahl 1932 31 Bildung des Kabinetts Schleicher 17. 11.-2. 12. 1932 52 Wirtschaft und Weltwirtschaftskrise 80 Politischer und geschäftlicher Schriftwechsel 1923-34 91-92 Ergänzungen 98 Generalmajor von Holtzendorff zur Politik Schleichers gegenüber der NSDAP 1930-1933 (1946)

288 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Ν 97 Nl. von Bredow 1-3 Orientierungsberichte und Korrespondenz 1932-33 3. BAYERISCHES HAUPTSTAATSARCHIV, MÜNCHEN

MKr 14325 Bestand ,,Kriegsministerium“: Beiratssitzung beim Reichskommissar für Kohlenverteilung am H.Juli 1917 4. DEUTSCHES ZENTRALARCHIV, POTSDAM (DZAP)

Nl. Bracht, Bd. 2, Informationen Scholz an Bracht, 1932 5. INSTITUT FÜR ZEITGESCHICHTE, MÜNCHEN

Bestand „Deutsche Führerbriefe“ 1928-1933 6. DEUTSCHES INDUSTRIEINSTTTUT - BÜCHEREI, KÖLN (DU)

Restnachlaß Herle 1932-57 Restnachlaß Steinmüller Sammlung O. Funcke: „Vergangene Zeiten“ 7. DEUTSCHER INDUSTRIE- UND HANDELSTAG - ARCHIV-BIBLIOTHEK, BONN

Protokolle des Vorstandes 1930-33 8. BAYER-ARCHIV, LEVERKUSEN

62/10.1-11 Reichsverband der Deutschen Industrie 271/0 Allgemeine Personalia o. Nr. Autographensammlung Carl Duisberg

9. HISTORISCHES ARCHIV DER GUTE HOFFNUNGSHÜTTE, OBERHAUSEN (HA/GHH)

4001012000/3-4 Nl. Paul Reusch, Schriftwechsel mit Aufsichtsratsmitgliedern, Karl Haniel 4001012007/6-7, 13, 15-16 Beteiligungen und Erwerbungen, Presse 4001012024/3-14 a Verwaltungsstelle Berlin, Dr. Martin Blank, 1926 bis 1933 400101220/3, 6-14 b Reichsverband 1926, 1929-1933/34

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400101221/3 a-11 b Langnam-Verein 1930-33 400101222/11 b Verein deutscher Eisen- und Stahlindustrieller 400101223/6 Rheinisch-Westfälisches Kohlen-Syndikat 40010123/25 b, 33 a-b DIHT 1929-41 40010124/2-3 Industrie und Landwirtschaft 1929-36 40010124/11-15 Ruhrlade 1927-35 40010128/11 Reden und Aufsätze Reusch 1908-37 400101290/off Schriftwechsel mit Einzelpersonen 400101290/35 a-b Schriftwechsel mit Silverberg 1922-50 400101293/1, 4 a-b Politische Angelegenheiten, v. Dryander, v. Gilsa 400101293/9-12 Politische Angelegenheiten 1928-33 400101293/15-17 Bund zur Erneuerung des Reiches, 1927-32 400101308/9 Schriftwechsel v. Gilsa-Kellermann 4001059/6 RDI 1929-35 (Industriefonds) 400106/47, 58, 84, 104, 105 Rheinisch-Westfälischer Wirtschaftsdienst, Unterstützungen, Wirtschaftshilfe, Wahlen 400123/9 Erwerb Gelsenberg 1932 400123/10 Verhinderung der Inflation 1932 400127/2-7 Persönl. Berichte Dr. Scherer, Abt. W., 1930-1933 10. ARCHIV DER HOESCH AG,

DORTMUND

Β 1 a 76, 82 Schriftwechsel Springorum F1 i5 Zweckverband Nordwestdeutscher Wirtschaftsvertretungen e.V., Sogemeier

290 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

11. HISTORISCHES ARCHIV DER FRIED. KRUPP G M B H , ESSEN

IV C 369 Korrespondenz Dr. Hermann Schmitz, 1928-44 IV Ε 152 Selbstkostensenkung, Behebung der Arbeitslosigkeit, 1930/31 IV Ε 173 RDI: Berichte der Geschäftsführung über Eingaben, 1931-33 IV Ε 176-78, 202-03 Briefwechsel mit der Geschäftsführung RDI 1929-33 IV Ε 180/81 Tätigkeitsberichte der Geschäftsführung RDI. 1931-1934 IV Ε 184-85 Beratungen über die Wirtschaftslage, Handelspolitik, 1932-34 IV Ε 193 Ständischer Aufbau, April 1933 bis Januar 1934 IV Ε 209 Korrespondenz mit Mitgliedern der Geschäftsführung des RDI, 1931-37 IV Ε 210 Schriftwechsel mit Kastl, 1933-34 IV Ε 212-14 Umdrucke für den Vorsitzenden des Reichsverbandes, 1931-33 IV Ε 776-1186 Schriftwechsel mit Einzelpersonen IV Ε 894 Schriftwechsel mit Silverberg, 1925-34 12. ZENTRALARCHIV RHEINISCHE BRAUNKOHLENWERKE AG KÖLN IM SCHLOSS PAFFENDORF (ZA RHEINBRAUN)

210/201 Vorstandsbiographie Dr. P. Silverberg 210/041 Unterlagen über die Entwicklung des Kaufs von Harpener Aktien. Eindringen des RWE bei Rheinbraun (Persönl. Notizen von Herrn Geheimrat Brecht 1924-33) 210/713 RAG-Lagebericht (März 1933) 13. WERNER-VON-SIEMENS-INSTTTUT FÜR DIE GESCHICHTE DES HAUSES SIEMENS, MÜNCHEN (SIEMENS-ARCHIV)

SAA 4/Lf 874 Reden und Aufsätze von Dr. C. F. von Siemens, Bd. IV

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14. DGB-ARCHIV, DÜSSELDORF

NB 4-5 ADBG Vorstandsprotokolle 1932 NB 63 Gefälschte Protokolle über Verhandlungen mit der Reichsregierung und den Nationalsozialisten 1932/33 NB 112 Verhandlungen mit der Reichsregierung 1932/33 o. Nr. ADGB-Vorstandskorrespondenz 15. SONSTIGES Nl. Fritz Klein, im Besitz von Dr. Fritz Klein, Berlin (DDR) Schriftwechsel Henry Ashby Turner - Dr. Otto Meynen, März 1966 bis August 1971, im Besitz von Prof. Η. Α. Turner, Yale University, New Haven (USA) Persönlicher Nachlaß Louise Silverberg, St. Moritz-Suvretta

II. Mündliche und schriftliche Auskünfte 1. MÜNDLICHE AUSKÜNFTE

Marianne Hauer, St. Moritz/Schweiz (11. 11. 1973) August Heinrichsbauer, Bonn (10. 3. 1975/21. 7. 1975) Dr. Franz Mariaux, Königswinter (26. 2. 1975) Prof Dr. Edgar Salin, Basel (12. 11. 1973) Walther Stennes, Lüdenscheid (17. 12. 1974) 2. SCHRIFTLICHE AUSKÜNFTE

Dr. Hanns-Joachim Engels, Aachen (24. 9. 1974/28. 10. 1974) Andre Fançois-Poncet, Paris (5. 2. 1975) Marlene Graziani, München (20. 8. 1974) Marianne Hauer, St. Moritz/Schweiz (30. 11. 1973) August Heinrichsbauer, Bonn (22. 10. 1974) Dr. Franz Mariaux, Königswinter (28. 11. 1974/17. 3. 1975) Dr. Hermann Rauschning, Portland (USA) (13. 9. 1974/10. 10. 1974) Prof. Dr. Edgar Salin, Basel (21. 11. 1973) Graf Schwerin von Krosigk, Essen (25. 7. 1975) Walther Stennes, Lüdenscheid (14. 1. 1975)

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III. Gedruckte Quellen und Literatur Abendroth, W. u. a. (Hg.), Faschismus und Kapitalismus. Theorien über die sozialen Ursprünge und die Funktion des Faschismus, Frankfurt 1967. Agnoli,J., Die bürgerliche Gesellschaft und ihr Staat, in: Das Argument, Jg. 8, 1966, Nr. 4 1 , S. 449-61. Ansorge, E., Das Zentralarchiv der Rheinischen Braunkohlenwerke A.G. in Köln, Im Schloß Paffen dorf bei Bergheim (Erft), in: Tradition, Jg. 14, 1969, S. 53-55. Aubin, H. u. Zorn, W. (Hg.), Handbuch der deutschen Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Bd. 2, Stuttgart 1976. Barkai, Α . . Die Wirtschaftsauffassung der NSDAP, in: APZ, Beilage 9, 1975, S. 3-16. Ders., Das Wirtschaftssystem des Nationalsozialismus. Der historische und ideologische Hintergrund 1933-1936, Köln 1977. Baudis, D. u. a., Der Unternehmer in der Sicht der westdeutschen Firmen- und Wirtschaftsgeschichte, in: ZfG. Jg. 11, 1963, S. 78-103. Becker, J . , Brüning, Prälat Kaas und das Problem einer Regierungsbeteiligung der NSDAP 1930-1932, in: HZ, Bd. 196, 1963, S. 74-111. Berliner, E., Das monopolistische Problem der Massenbasis, die „Deutschen Führerbriefe“ und Alfred Sohn-Rethcl, in: Bl. f. dt. und intern. Politik, Jg. 19, 1974, S. 154-74. Ders., Anmerkungen zu Sohn-Rethels Philippika, in: Bl. f. dt. und intern. Politik, Jg. 19, 1974, S. 1297-1301. Bermbach, U . , Organisierter Kapitalismus. Zur Diskussion eines historisch-systematischen Modells, in: GG, Jg. 2, 1976, S. 264-73. Betz, Α., Die Tragödie der „Münchner Neuesten Nachrichten“, in: Journalismus, Bd. 2, Düsseldorf 1961. Böhme, H., Emil Kirdorf, Überlegungen zu einer Unternehmerbiographie, in: Tradition, Jg. 13, 1968, S. 282-300; Jg. 14, 1969, S. 21-48. Böhret, C., Aktionen gegen die „kalte Sozialisierung“. Ein Beitrag zum Wirken ökonomischer Einflußverbände in der Weimarer Republik, Berlin 1966. Ders., Institutionalisierte Einflußwege der Verbände in der Weimarer Republik, in: Varain, S. 217-27. Bötzkes.W., Aus der Lebensarbeit von Dr. Paul Silverberg, in: Mitt. der IHK Köln, Jg. 11, 1956, Nr. 9, S. 224-226. Borchardt, K., Wachstum und Wechsellagen 1914-1970, in: Aubin u. Zorn, S. 685-720. Ders., Grundriß der deutschen Wirtschaftseeschichte, Göttingen 1978. Ders., Zwangslagen und Handlungsspielräume in der großen Wirtschaftskrise der frühen dreißiger Jahre: Zur Revision des überlieferten Geschichtsbildes, in: Bayerische Akademie der Wissenschaften, Jb. 1979, München 1979, S. 85-132. Born, Κ. E., Die deutsche Bankenkrise 1931. Finanzen und Politik, München 1967. Braatz, W., Die agrarisch-industrielle Front in der Weimarer Republik 1930-32, in: Schmollers Jb., Jg. 91, 1971, S. 541-65. Bracher, K. D., Die Auflösung der Weimarer Republik. Eine Studie zum Problem des Machtverfalls in der Demokratie, Villineen 1971 5 . Ders., Die deutsche Diktatur: Entstehung, Struktur, Folgen des Nationalsozialismus, Frankfurt 1979 (Um die Einl. zur 6. Aufl. u. bibl. Erg. erw. Aufl.). Ders., Brünings unpolitische Politik und die Auflösung der Weimarer Republik, in: VfZ, Jg. 19, 1971, S. 113-23. Ders., Zeitgeschichtliche Kontroversen. U m Faschismus, Totalitarismus, Demokratie, München 1976. Bracher, Κ D. u. a., Die nationalsozialistische Machtergreifung. Studien zur Errichtung des totalitären Herrschaftssystems in Deutschland 1933/34, Köln 1962 2 . Braun, O., Von Weimar zu Hitler, Hamburg 1949.

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Personenregister Adametz, Walter 123 Adenauer, Konrad 192f., 198f., 252 Alvensleben, Werner von 54f, 161-63, 166f., 223, 235 Bachern, Heinrich 104, 115 Bauer, Hellmut 163, 179, 197, 25\ Becker, Johann 29, 213 Berndgen, Johann Heinrich 210 Bernhard, Georg 211, 222 Bernstein, Otto 67, 211 Berthold, Franz 212 Betz, Anton 121 Bismarck, Otto Fürst von 17, 28, 96, 151, 157 Blank, Martin 54, 57, 70, 73f., 90, 107, 155, 218, 223, 278 Blohm, Rudolf 48, 68f., 96, 220, 240, 242f. Böhret, Carl 19 Borsig, Ernst von 48, 62, 68, 97, 235 Bosch, Carl 129, 134, 155, 243 Bracher, Karl Dietrich 9, 80, 192 Bracht, Franz 103, 138 Brandenstein, Joachim Werner Frhr. von 104 Brandi, Ernst 66, 88, 103, 114, 134, 146 Braun, Otto 68, 77f., 138, 157, 225, 242 Braun, Waldcmar 235 Brauweilcr, Roland 109 Brecht, Gustav 36, 189, 191, 222, 252 Breitscheid, Rudolf 70 Brettauer, Erwin 197, 282 Brüning, Heinrich 11, 17, 22f., 41, 45, 55, 58f., 67f., 70, 73f., 76-79, 82-87, 89, 93, 95f, 99-116, 122f, 125, 127f., 131, 142, 155-58, 181, 201, 229, 282 Bücher, Hermann 31, 36, 39 f., 66, 68, 71, 97, 109, 114, 155, 213, 224, 277 Bueck, Henry Axel 40 Campbell, Ronald Hugh 233 Claussen, Bruno 192 f. Cuno, Wilhelm 31, 103f. 211 Curtius, Julius 105 Czichon, Eberhard 12, 18, 140 f. 143, 153 Dietrich, Hermann 112, 115, 231

Dimitroff, Georgi 11 Dingeldey, Eduard 103 Dorpmüller, Julius 106 Duisberg, Carl 20, 31-33, 35f., 39, 44-48, 51, 54f., 61 f., 66, 77, 85-87, 95f.. 101, 120, 150, 228,232 Eggert, Wilhelm 246, 264 Eichholtz, Dietrich 12 Erdmann, Gerhard 74 Feder, Gottfried 250f. Feldmann, Gerald D. 14, 19, 30 Fickler, Erich 84, 144 Fischer, Fritz 66, 208 Flechtheim, Julius 224 Flick, Friedrich 189f., 241, 243, 2 Ί Fraenkel, Ernst 17 Fraçois-Poncet, Andre 171 f., 2 1 : Freund, Cajetan 218 Frick, Wilhelm 275 Friedrich II., der Große 245 Friedrich Wilhelm I. 157 Frowein, Abraham 45, 48, 65, 68f., 77, 134, 176, 224, 228, 232, 243 Funcke, Oscar 32 Funk, Walther 108, 118, 122, 132, :34, 146, 164, 166, 183, 245f., 251 Gayl, Wilhelm Frhr. von 138 Gereke, Günther 143 Gessler, Otto 104f., 122 Gessner, Dieter 15 Gilsa, Erich von 55f., 67, 76, 107. 223 Gleichen, Heinrich Frhr. von 231 Glum, Friedrich 231 Goebbels, Josef 117f., 170f., 253 Goerdeler, Carl Friedrich 109, 12? Göring, Hermann 120, 177, 253, 216 Goldschmidt, Jacob 58f, 237 Goßweiler, Kurt 12 Graßmann, Peter 246, 264 Grauert, Ludwig 107, 252 Griepenburg, Rüdiger 12 Groener, Wilhelm 105 Grünfeld, Heinrich 243

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Grund, Bernhard 148 Günther, Fritz 184f., 209 Guérard, Theodor von 105 Hagen, Louis 191, 213, 222, 234, 252 Hahn, Max 260f. Hallgarten, George W. F. 16 Hamm, Eduard 20, 114, 148, 169, 175, 177, 224, 214 Hamel, Karl 119, 136 Hartong, (Nordwolle) 47 Haßlacher, Johann Jacob 217 Hassell, Ulrich von 103 Heinecke, Dr. (GF RDI) 150, 278 Heinrichsbauer, August 16, 90, 93, 107, 117-19, 122, 134, 145f., 236, 250, 253, 278 Helffench, Emil 208, 255 Henderson, Arthur 233 Hennig, Eike 13, 17 Hcntschel, Volker 15 Herle, Jacob 56, 66, 70, 95, 119, 132f, 149f., 163, 169, 182, 186, 224, 251, 278 Hermes, Andreas 31 Herzog, Bodo 252 Hess, Rudolf 121, 145, 166 Hildebrand, Klaus 9 Hilferding, Rudolf 13, 40f., 50, 55, 71, 198 Hilger, Ewald 220, 228, 232 Hillgruber, Andreas 9 Hindenburg, Oskar von Beneckendorff und von 103 Hindenburg, Paul von Beneckendorff und von 39, 57, 103, 105, 108, 120f, 130f, 137, 142, 154, 156f, 159, 167f, 174 f. Hitler, Adolf 9f., 17, 22f., 59, 79f., 82, 87, 92f., 108f, 117, 119-24, 131 f., 135-47, 151-53, 156f, 161, 164-68, 170-78, 180-83, 185, 188, 192f., 196, 201, 245 Hörster-Philipps, Ulrike 141 Holthöfer, Robert 251, 218 Hoover, Herbert Clark 95-97, 243 Horkheimer, Max 9 Horneffer, Ernst 268 Hugenberg, Alfred 55, 59, 75, 92f., 108, 122, 134f, 145, 151, 176, 183, 223, 228, 232 Imbusch, Heinrich 212, 271 Jänecke, Walther 58 Jarres, Karl 134 Jung, Edgar J . 146, 222, 237 Kaelble, Hartmut 14

Kalle, Wilhelm 223, 235 Kastl, Ludwig 20, 33, 36, 45, 48, 54-56, 65f, 68-71, 74, 77, 81, 85-88, 97, 100f, 109, 113, 121 f., 135, 140, 147, 149, 151 f., 169, 174, 176, 178, 181-86, 194, 232 Kehl, Werner 83 Keinath, Otto 274 Keppler, Wilhelm 124, 137, 167, 183 Keynes, John Maynard 98, 111, 254 Kirdorf, Emil 40, 96, 117, 141, 153, 194 Klein, Fritz (jun.) 19 Klein, Fritz (sen.) 90, 174 Klöckner, Peter 97, 243 Knebel-Döberitz 104 Knickerbocker, Hubert Renfro 164 Koch-Weser, Erich 75 Kocka, Jürgen 10, 13f Kötter, Rudolf 175 Köttgen, Carl 109, 264 Kraemer, Hans 48, 65, 77, 95, 97, 109, 150, 155, 183, 194, 228, 232, 234, 246 Krämer, Carl 124 f. Krogmann, Carl Vincent 167 Krupp von Bohlen und Halbach, Gustav 20, 58, 66, 88, 97, 109, 119f., 122, 124f., 129f, 134f., 140f., 144, 149-53, 161, 169, 177f., 180, 182f., 185f., 188, 195, 243, 277 Kruse, Friedrich 213f. Kuczynski, Jürgen 11 f. Lammers, Clemens 48, 66, 179, 217, 221, 224 Lammers, Hans Heinrich 183, 275f. Lange, Karl 43, 116, 222 Langen, Arnold 213 Legien, Carl 24 Leipart, Theodor 2/7, 246, 271 Lochner, Louis P. 16, 277 Loening, Hermann 183, 194 Lucke, Hans von 183f, 186, 188 Luther, Hans 58f., 74, 89, 112-17, 122f., 138, 147, 178, 181, 225 Mac Donald, James Ramsey 91 Maier, Charles S. 15 Mariaux, Franz 21, 153 Marx, Karl 10 f. Marx, Wilhelm 41 Mason, Timothy W. 12, 18f Meissner, Otto 174, 183, 246 Mendelssohn, Franz von 243 Meynen, Otto 125, 154f, 166f, 170, 189, 191

307 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Mielke, Siegfried 14 Moellendorf, Wichard von 25, 104, 115 Möllers, Alfred 183f., 186, 188 Moldenhauer, Paul 51, 53, 55f., 71 Mommsen, Hans 9, 15 Müller, Hermann 10, 51, 53, 57, 67, 70, 198, 201 Müller-Oerlinghausen, Georg 48, 51, 65, 68, 77, 83, 186f., 194f., 224, 228, 232, 235 Naphtali, Fritz 216 Neurath, Konstantin Frhr. von 103 Noeldechen, Ferdinand 57 Nolte, Ernst 9 Norman, Montagu 248 Ohlsen, Manfred 184f., 209 Oppen, Joachim von 243 Oppenheim, Alfred Frhr. von 222 Papen, Franz von 16f., 23, 108f., 125-28, 130f., 134-38, 141-59, 166, 168, 171 f., 175f., 192 Petersen, Carl 243 Petzina, Dietmar 19 Pferdmenges, Robert 222, 252 Piatscheck, Konrad 183, 194 Pietrkowski, Edmund 183, 194 Pinner, Felix 30, 52 Plaichinger, Leopold 124 Planck, Erwin 135, 151 f. Poensgen, Ernst 66, 83, 88, 92, 107, 120, 222 Posse, Hans Ernst 130 Preller, Ludwig 43 Proenen, Fritz 192 Pünder, Hermann 77, 97 Puhle, Hans-Jürgen 14 Quadt zu Wykradt und Isny, Eugen Graf von 90 Radkau, Joachim 16 Rathenau, Walther 25, 60, 211 Raumer, Hans von 68 f. Rauschning, Hermann 197 f. Rechlin, Wilhelm 44 Reichert, Jakob Wilhelm 39f., 44, 56, 76, 87 f., 151,235,245 Renteln, Adrian von 132-34, 163 Retzmann, Heinrich 48 Reupke, Hans 117, 133, 163, 166, 250 Reusch, Paul 17, 20, 31-33, 44-46, 52, 54, 56, 58, 60f., 65, 67, 74f., 90f., 97-100, 104, 107, 109, 113, 117f, 120-24, 131,

133-35, 137f, 142-44, 146 f., 149, 152, 154-57, 161, 163, 168, 172, 175, 187, 194, 213, 224, 234, 243, 252 Reuter, Franz 125, 154 f., 167 Roedern, Siegfried Graf von 104 Röhm, Ernst 120 Rosenthal, Philipp 66 Rosterg, August 254 f. Rousselle, Udo 220 Ruge, Wolfgang 12 Rumbold, Sir Horace 233 Sahm, Heinrich 120 Schacht, Hjalmar 18, 52f, 56, 59, 71, 74, 92, 95, 107, 113, 116, 122-24, 133, 137 f., 142f, 147, 152, 154f, 166, 171, 176, 178, 181, 198 Schäffer, Hans 56, 237 Schieder, Wolfgang 10 Schiele, Martin 55 Schlegel, Dr. (VSI) 47 Schleicher, Kurt von 17f., 22f., 54, 57, 74, 78, 105, 109, 138, 140-46, 148-54, 161, 164, 168-76, 201, 223, 225 Schlenker, Max 44 f., 54, 60, 83, 88, 100, 107, 138, 145, 187, 223 Schlieben, Otto von 103 Schütter, Oskar 213 Schmid, Carl Christian 223 Schmitt, Carl 83, 138 Schmitz, Hermann 103f., 106, 112, 114f. Schmitz-Sieg, Dr. (IHK Köln) 192 f. Schneider, Rudolf 224 Scholz, Ernst 55, 57, 67, 224f., 229f., 232 Schreiber, Walter 83 Schroeder, Kurt Frhr. von 137, 143, 172, 192f, 254f Schulenburg, Friedrich Graf von der 78 Schulz, Paul 123, 146, 166 Schumacher, Kurt 282 Schwerin von Krosigk, Lutz Graf 150 Seldte, Franz 239 Siemens, Carl Friedrich von 66, 97, 129, 134, 179, 182, 185, 243 Silverberg, Adolf 21 Silverberg, Louise 199, 210 Silverberg, Paul 18, 20-22, 25-33, 35-48, 51-55, 60-68, 70 f., 76 f., 84, 86f, 90f., 93, 95-97, 105f., 111-16, 120, 125, 134, 140-42, 145, 148, 150, 153-73, 176, 179, 183, 189-99, 201, 210, 224, 228, 232 Simson, Ernst von 150, 183, 194 Singer, Dr. (GF RDI) 183, 194 Sobernheim, Walter 183, 194

308 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Sogemeier, Martin 36, 90, 251, 263 Sohn-Rethel, Alfred 125, 161 Sollmann, Wilhelm 282 Solmssen, Georg Adolf 243, 248 Sorge, Kurt 218 Spnngorum, Fritz 60, 65, 83, 88, 90f., 100, 103 f. , 107, 121-24, 131, 134, 137, 142, 144, 146f, 152, 175, 187f, 217, 263 Stauss, Emil Georg von 254 f. Stegmann, Dirk 15-19, 140f, 184f. Stegerwald, Adam 42f, 68, 100, 109 Steinbrinck, Otto 243 Stinncs, Hugo 22, 24-26, 30, 35, 198, 212, 217 Strasser, Gregor 18, 23, 117f., 123, 132f., 139, 142, 145f, 153, 162-67, 170 f., 173, 201, 261, 271 Strasser, Otto 261 Stresemann, Gustav 42, 58, 80, 236 Stumm, Carl Ferdinand von 40 Sydow, Bruno 70 Tammen, Helmuth 15 Thalheimer, August 10-12 Thälmann, Ernst 10 Thyssen, Fritz 46, 53f., 66, 68, 85f., 88, 91, 94-96, 120-22, 124, 137, 141-43, 145, 152f, 157, 171, 175, 178-83, 185f, 188, 190f, 194, 201, 217, 243, 253, 259 Tiburtius, Joachim 274 Tjaden, Κ. Η. 12 Treviranus, Gottfried Reinhold 55, 67, 70, 73, 79, 107, 226, 229, 243 Turner, Henry Ashby 15-19, 140, 153

Ulimann, Hans-Peter 14 Veit, Dr. (GF RDI) 183, 194 Vielhaber, Heinrich 220f. Vogler, Albert 31, 36, 48, 53f., 68, 91, 97, 103 f., 106, 112, 114, 120, 122, 124, 134, 136f., 144, 146, 171, 190, 192, 194, 212f., 218, 232, 243f, 259 Wagemann, Ernst 115f Wagener, Otto 117, 132, 134, 164, 182, 185f., 194, 236,251 Wagner, Richard 212 Warburg, Max 52, 77 Warmbold, Hermann 104f.. 109, 1 1 l f , 115f, 128, 130, 150, 158 Wehler, Hans-Ulrich 13 Weidtmann, Joseph Victor Wolfgang 213 Weisbrod, Bernd 14f., 19 Wengst, Udo 15 Werner, August 212 Westarp, Kuno Graf von 108, 225 Wieland, Philipp 227 Wilhelm II. 43 Wilmowsky, Tilo Frhr. von 122f., 132, 134, 174, 243 Winkler, Heinrich August 13-16, 19, 141 Wirth, Joseph 31, 105 Wittke, Wilhelm 63, 68f., 71, 90, 96, 100 Wolff, Otto 114, 120, 141, 168 Wolff, Theodor 217 Wolffsohn, Michael 15, 19

309 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Sachregister Abwertung des engl. Pfundes 102, 124 Abwertung der Reichsmark 112 Abrüstung 127 f. Agrarkrise 50 Agrarpolitik 23, 108, 129, 140, 142, 151, 177, 228 Alldeutscher Verband 243 Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund (ADGB) 42, 69, 151, 179, 246 Allgemeine Elektizitäts-Aktiengesellschaft AG 39 Arbeiter- und Soldatenräte 25 Der Arbeitgeber 70 Arbeitgeberverband Nordwest 107 Arbeitsbeschaffung 23, 109, 128f, 143, 148f., 165, 176 Arbeitsgemeinschaftsgedanke (s. ZAG) Arbeitslosigkeit 77, 98, 112-14, 163, 177 Arbeitslosenversicherung 57, 82 Arbeitsstelle Schacht 18, 122-26, 133, 147 Arbeitszeitregelung 25, 30f., 38, 42, 44, 98 Aufrüstung 186, 202 Außenpolitik 40f., 77, 79f., 85f., 91-96, 101, 108, 112, 116, 120, 126f., 145, 156, 201 Autarkie 118, 130, 148f., 176f., 185f., 202 Autoritärer Staat 23, 25, 27, 33, 35, 39, 57-59, 73, 131, 134-36, 138, 141, 144f., 159, 166, 169, 180, 200 Bank für deutsche Industrieobligationen (Bafio) 52, 166, 198 Bankenkrise 59, 90-99, 106, 111f. Bayerische Volkspartei (BVP) 56, 75 Bayerischer Industriellen-Verband (BIV) 109, 135, 151, 221 Berliner Börsen-Courier 132 Berliner Herrenclub 108, 135f., 155f., 163 Binnenmarkt 112, 114 f., 177 f., 197 Bolschewismus 141, 153 Börsenspekulation 118 Bund zur Erneuerung des Reiches (BER) 58, 61, 74f., 104, 123, 135, 148 Centralverband des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes 67, 222, 214

Charlottenhütte AG 190 Conti-Büro 171 Dawes-Plan 53 Deflation 23, 79, 111-16, 128, 158, 201, 241 Demobilmachung 25, 30 Deutsche Allgemeine Zeitung 90, 96, 174 Deutsche Bank, Berlin 83 Deutsche Demokratische Partei (DDP), seit 1930 Deutsche Staatspartei 75, 157 Deutsche Führerbriefe 9, 22f., 116, 120, 125, 145, 154-73, 201 Deutsche Golddiskontbank 97 Deutsche Voikspartei (DVP) 41, 43, 51, 55-58, 67, 75, 92, 103, 157, 224 Deutsche Wirtschafts-Zeitung 174 Deutsch-Luxemburgische Bergwerks- und Hütten AG, Bochum 31, 212 Deutschnationale Volkspartei (DNVP) 39, 42f., 55, 65, 67, 75, 96, 108, 122, 134f., 145-47, 152, 157, 175, 223 Deutsches Kaiserreich 14, 24, 28 Deutsches Landvolk 75 Deutscher Bund zum Schutze der abendländischen Kultur 223, 271 Deutscher Industrie- und Handelstag (DIHT) 20, 60f., 82f., 88, 90, 93, 96f., 114, 122, 132, 139, 142f, 148-52, 169, 174-78, 197, 200f., 222, 228, Devisenabzug 76, 91-93 Düsseldorfer Industrieclub 119f., 136, 156, 181, 221 Düsseldorfer Nachrichten 53 Eingabe an den Reichspräsidenten (Nov. 1932) 137f., 142, 167f. Ermächtigungsgesetz 33, 57, 64, 71, 147, 171, 177, 231 Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale (EKKI) 11 Finanz-und Steuerpolitik 23, 40, 51-53, 55f., 67f., 71, 75, 79, 82, 85, 87, 92, 105f., 109, 113, 118, 120, 128f, 143, 177f, 182, 202, 221, 228, 231, 239 Fortuna AG 21

310 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Frankfurter Zeitung 113 Fränkischer Kurier 120, 131, 175 Friedenswirtschaft 24, 26 Garantiesyndikat der deutschen Industrie 97 Gelsenkirchener Bergwerks AG 21, 189, 212 - Gelsenberg-Geschäft 1932 189-91, 200 Gemeinschaft Neußer Industrieller 149, 169 Gcneralrat der Wirtschaft 278 Gewerkschaften 16, 22-25, 28-30, 33-49, 52, 59, 68-73, 75, 91, 99, 102, 108, 119, 143, 151, 153, 155, 157, 159-61, 164, 168-70, 178-81, 185, 197f., 201 f., 243, 268f. - Christliche Gewerkschaften 42f., 151 - Freie Gewerkschaften (s. ADGB) - Gewerkschaftsring deutscher Arbeiter-, Angestellten- und Beamtenverbände 42 Gleichschaltung 81, 181-88, 191-94 Großagrarier 11 f., 52, 108f., 129, 137, 148f., 153f., 202 Große Koalition 22, 42f., 51, 55-57, 60f., 67, 70-72, 76-78, 81, 84, 89, 155, 201, 225 Grüne Front 58 Gutehoffnungshütte AG, Oberhausen 31, 55, 57, 67, 70, 73 Hamburg-Amerika-Linie (Hapag) 31, 103 Hamburger Wirtschaftsdienst 124 Handelspolitik 23, 40, 118, 129-31, 148-51, 159, 176-78, 185f., 202, 228 Haniel-Konzern 121, 131 Hansa-Bund 132 Harpener Bergbau AG 21, 35, 190 f. Harzburger Front 100, 103f., 107, 121 f., 152, 174 - Harzburger Rede Schachts 59, 107, 113, 116, 123 Hindenburg-Kabinett 57f., 225 Hoover-Moratorium 95-97, 243 IG Farbenindustrie AG 31 f., 103, 112, 223 Industrie- und Handelskammer Essen, Mülheim/Ruhr und Oberhausen 44 Industrie- und Handelskammer Köln 191-94, 196f. Inflation 22, 26, 31, 112f, 115f, 129, 185 Institut für Konjunkturforschung 50, 115 Internationale Handelskammer 176, 228 Judentum 21, 105, 166-68, 183f., 186-88, 194-96, 198 Kapp-Putsch 25 Kartellwesen 37f., 74, 118, 198, 228

Kaufkraft 112, 177 - Kaufkrafttheorie 148 Keppler-Kreis 124f., 137, 140, 142f., 167, 208, 254f. Koalitionsrecht 30 Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) 10, 39f., 76, 108, 161, 182, 195, 244, 276 Konjunktur 17, 44, 50, 99, 143f., 169 Konjunkturpolitik 23, 98, 112-16, 128f., 178, 185 Korporativer Pluralismus 15 Kreditpolitik 50, 67, 79, 82, 85, 92, 95, 101, 111-15, 128, 149 Kriegswirtschaft 24, 26, 30, 36 Fried. Krupp AG Essen 119 Landwirtschaft, Verhältnis zwischen Industrie und 18, 52, 104, 118, 125, 129-31, 140, 148-51, 169, 176f., 200 Langnam-Verein 20, 44-47, 53f., 60f., 63, 65, 83f., 87-92, 94, 97, 99f., 106f., 109, 121 f., 131, 138, 142, 144f, 147, 151 f., 155, 175, 187f., 200, 223 Lausanner Konferenz 127, 156 f. Lippe 146, 171 Lohnpolitik 27, 30, 38, 44, 82, 102, 129, 148, 179, 185, 202 Lohnsenkung 96, 100, 112, 118, 129f., 156, 159 Manchesterliberalismus 32, 38 Merkantilismus 163 Mitbestimmung 26 Mitteldeutscher Wirtschaftsverband 132 Mitteleuropäischer Wirtschaftstag 125, 140, 174 Monarchie 35, 58, 79 f, 111 Münchner Neueste Nachrichen (MNN) 120, 131, 194, 244f., 257 Nationale Bewegung 86, 88, 96, 108, 147, 181-84 Nationale Opposition 59, 75, 80, 83f., 90f., 93, 95f., 100, 103, 107f., 113, 116-19, 127, 156f. Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) 9f., 12f., 15-17, 22f., 59, 75f.,77, 79-84, 86, 89f., 93, 107f., 111, 113, 117-27, 130-41, 145-47, 152f., 157, 159-68, 170-73, 175, 179 f., 183-85, 187, 192, 194-96, 200-03 - Reichsleitung 118, 133, 165, 170, 184f., 194 - Sturmabteilung (SA) 181, 184

311 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

- Hauptabteilung IV (Wirtschaft) 117, 132-34, 164f, 182 - Wirtschaftsprogramm 18, 76, 82f., 93, 96, 108, 116-25, 132-34, 139, 147, 161-66, 176-80, 183, 185f., 202, 250f. - Strasser-Flügel 23, 117, 139, 142, 145, 153, 168, 170f, 201, 261, 212 - Koalitionsverhandlungen mit Zentrum 80, 161 f., 168, 270 NS-Staat 141, 175f, 182, 186, 191, 194-97 New Yorker Börse 57 Nordwolle-Konzern 45, 47, 101, 218f. Notgemeinschaft Deutscher Wissenschaftler im Ausland 197 Notverordnungen 86, 90-92, 95-97, 100, 102, 114f, 128, 143, 152, 158 Osthilfe 22, 52, 198, 221, 261 Parlamentarismus 23, 39f., 54, 57, 59, 61-64, 67, 69f, 73f, 77 f.. 105, 135 f., 141, 144, 165, 201, 203 Parteien, bürgerliche 40, 43, 56, 62 f., 71, 119, 131, 157f, 164, 170 - Finanzierung 55, 63, 74, 120, 122, 166, 175f, 232 Pazifismus 198 Präsidialsystem 11, 23, 54, 57-59, 73f., 76, 78f, 84, 94, 108f, 137, 140, 200f Preisabbau 74, 96 Preußen 61, 77, 83, 108, 131, 157 f., 161, 170f., 225, 242 - Staatstreich 1932, 135, 138, 144 Rationalisierung 26 Rechtssicherheit 156, 179, 198 Reichsbahn 128 Reichsbank 52, 56, 58f., 89, 92, 97, 111-15, 122f, 128f, 138, 147, 178, 181 Reichshaushalt 51, 69, 71, 178 Reichskristallnacht 197 Reichslandbund (RLB) 130, 150f., 200 Reichspräsident 33, 39, 55, 57f., 68, 70, 78, 99, 103-05, 108, 114, 137, 145, 152, 167 f., 170, 181, 183 - Präsidialkanzlei 174, 183 - Wahl 1932, 108f., 115f, 120f, 130f, 156f., 261 Reichsreform 58, 104, 123, 138 Reichsregierung (s. a. Brüning, von Papen, von Schleicher, Hitler) - Kabinettssitzungen 78, 1 1 l f , 138, 144 - Umbildungen 92, 103, 105f, 174 - Programme 56, 77f., 82f., 85f, 91, 102,

111, 128-31, 139, 141, 143,148-51, 153, 162, 169 - Reichskanzlei 20, 23, 29, 77, 97, 112, 121, 127, 135f, 143, 151, 158, 182f, 185 Reichsministerien (s. a. Reichsregierung) 19f, 65, 127 - Auswärtiges Amt 103, 212 - Reichsministerium des Innern 103, 105, 138, 152 - Reichsfinanzministerium 20, 31, 33, 56, 71, 103, 105, 112, 150, 152 f., 158 - Reichswirtschaftsministerium 20, 29f., 51,53,56,88, 103, 105,109,114,116, 128, 130, 150-54, 158, 176 - Reichsarbeitsministerium 30, 68, 100 - Reichsjustizministerium 212 - Reichswehrministerium 74, 152, 168 - Reichsverkehrsministerium 105, 138 - Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft 151 f., 176 - Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda 195 - Ministerialbürokratie 19f, 130, 151, 154 Reichsstand der Deutschen Industrie 188, 195f Reichstag 53, 56, 62, 67, 69, 77, 79, 91 f., 96, 100, 103f, 108f., 132, 134, 136, 152, 159, 162, 174, 243 - Auflösung 67, 73-76, 147, 152 - Mißtrauensvotum 81, 92, 103, 234 - Tolerierung 71, 78, 80, 94, 108f., 127, 157 - Vertagung 174 - Wahlen 73, 75 f, 78, 80-82, 86, 89, 117, 131, 133, 135-37, 147, 152, 157, 161, 165, 170f, 175, 177, 180, 182, 201, 227 Reichsverband der Deutschen Industrie (RDI) 20, 26f., 31 f., 87, 90, 96f., 99, 103, 107, 116, 122, 127, 129 f., 132-34, 139, 142f, 147-52, 163, 174, 176-88, 193-95, 197, 200f., 228 - Geschäftsführung 31, 33, 36, 39, 44f., 54-56, 65f., 70, 85, 88, 117, 132, 155, 181-86, 194, 228 - Vorsitz, stellv. Vorsitz 56, 64—66, 81 f., 86-88, 100, 104, 109, 119f, 149, 151, 174, 185-88, 193, 201 - Engeres Präsidium 48, 64-66, 68f., 72, 75f., 83, 178, 228 - Präsidium 36 f, 44-48, 64 f, 68-72, 77, 81 f., 87f., 95, 104,111,128, 130, 151, 155, 177-88, 194, 200, 228 - Senat 66, 104 - Vorstand 44, 46-48, 56, 64 f, 68, 71 f, 81, 85, 87, 93-95, 111, 156

312 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

- Hauptausschuß 61-65, 81, 85, 87, 93-95, 149f, 181, - Mitgliederversammlungen 35-40, 51-53, 63 f. - Beiräte 37, 64, 66, 128 - Fachgruppen 45, 64 - Programme 29-33, 52, 71, 177-82, 184f. - Eingaben, Vorsprachen und Stellungnahmen 33, 56 f. 65, 74, 77, 85, 100f, 112f, 128-30, 150f, 177, 180, 185 - Gemeinschaftliche Stellungnahmen der Spitzenverbände 56, 68, 102, 130, 176, 178 Reichsverband des Deutschen Groß- und Überseehandels 222 Reichswehr 57 f, 78, 105, 108, 154 Reichswirtschaftsrat, Vorläufiger 25f., 128, 228 Reparationen, Reparationsverhandlungen 20, 23, 37, 50, 53f., 79f., 82, 85-87, 91-93, 95f., 105, 108, 110-12, 115f., 118, 123, 127f, 156f, 201 Revolution von 1918 24, 28f., 31, 37, 39, 51, 61, 99, 195 Rheinische Aktiengesellschaft für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation, Köln (RAG) 21, 25, 189-92, 271 Rheinisches Elektizitätswerk im Braunkohlenrevier AG (REW) 21, 190 Rheinisch-Westfälisches Elektizitätswerk AG (RWE) 21, 190, 192, 212, 217 Rheinisch-Westfälisches Kohlensyndikat 21 Rheinisch-Westfälischer Wirtschaftsdienst 117, 236,250 Rheinisch-Westfälische Zeitung 194 Roddergrube 212 Ruhrkampf 33, 37 Ruhrlade21, 84, 88, 90, 97, 99, 121, 124, 194 Rundfunk 164 Rußlandhandel 168, 228 Sammlung, bürgerliche 36, 55, 67, 75, 89, 122 f., 134f, 145-47, 175 Schiedssprüche, Verbindlichkeitserklärung von 68, 102 Schlichtung 30, 42 Schumann-Plan 282 Schwäbischer Merkur 120, 131 Selbsthilfe 37, 61, 128 Siedlungsprogramm 108 f. Siemens & Halske AG 179 Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) 9, 16, 22, 24, 28, 35-47, 50-52, 54-59, 61, 67, 69-73, 75-78, 80 f. 84, 86, 89, 91, 94, 96, 98f., 102, 105, 108, 121,

127, 138, 152f., 157, 159 f.. 162, 164, 169f, 195f, 198, 201 f., 243 Sozialisierung 22, 24-26, 42, 53, 133, 164, 168, 198, 202 - Kalte Sozialisierung 36, 40, 155, 202 Sozialismus 36, 38, 76, 102, 143, 150, 161 f., 165, 168f, 197 Sozialistengesetze 28 Sozialpolitik 23, 25f., 27, 29-33, 38-42, 51 f., 68, 74, 82, 87, 98, 105f, 130, 143, 148, 155, 159, 165, 177, 179, 182, 187, 202, 228, 243f. Staatsaufträge 107 Staatsinterventionismus 13, 23-28, 36f, 40, 52f, 98, 129, 142f., 155f, 178, 180, 202 Staatshilfe, direkte 149 Staatssozialismus 18, 129, 159, 187 Staatsstreich 84, 135 Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten 54 Stände, berufsständischer Aufbau 40, 46, 117, 142, 169, 185, 187 Statistisches Reichsamt 115 Steueranrechnungsscheine 23, 128f, 264 Streikrecht 30, 213 Tarifverträge 30, 42, 47, 98, 100, 129, 143 Tägliche Rundschau 271 Überseeclub Hamburg 84 United Press 77 Velten-Bhefe 167, 266 Verband Sächsischer Industrieller (VSI) 47f., 63, 69, 71, 90, 96f., 100, 219 Verein Deutscher Eisen- und Stahlindustrieller (VDEStI) 39, 44, 56, 76, 87f., 92, 151 Verein Deutscher Maschinenbauanstalten (VDMA) 43, 116, 222 Verein für die bergbaulichen Interessen (Bergbau-Verein) 47, 66, 87—90, 100, 103, 117, 119, 147, 181, 200, 212 - Fachgruppe Bergbau (RDI) 63 - Ruhrbergbau 96f., 100, 112, 117, 151, 168, 187, 198 Vereinigte Stahlwerke AG 21, 31, 244, 266 Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (VDA) 27-30, 32, 48, 62, 68, 74, 87, 91, 109, 188, 228, 264 Verein zur Wahrung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen in Rheinland und Westfalen (s. Langnam-Verein) Verein zur Wahrung der Interessen der Chemischen Industrie Deutschlands 281 Verlag Hans Börner 154

313 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4

Versailler Vertrag 31 f., 50, 79, 82, 91, 111. 236 Volksbegehren gegen den Young-Plan 54, 86 Völkerbund 20, 35, 41 f. Völkischer Beobachter 121 Vorwärts 42, 52, 84 Währungspolitik 50, 110, 112-116, 128, 147, 149, 178, 202 Wagemann-Plan 115 Weimarer Reichsverfassung 27, 35, 37, 43, 46, 57f., 61-63, 75f., 80-82 - Verfassungsrevision 61, 63, 79, 83f., 135f., 138, 143f, 148, 201 - Art. 48, Notverordnungen 33f., 54, 57, 63f., 67, 73f., 76, 78, 80, 84, 103, 156, 173 Welt am Montag 167 Weltkrieg 151, 84 Weltkrieg II 198 Weltwirtschaft, Weltmarkt 50f., 79, 82, 118, 148, 163, 176f., 202

Weltwirtschaftskrise 17, 50f., 93, 97 Werksgemeinschaften, wirtschaftsfriedliche Verbände 30, 33, 42, 47 Wirtschaftsbeirat 104, 106, 113 f. Wirtschaftsdemokratie 41, 53, 118 Wirtschaftspolitik 67f., 71, 75, 79, 85, 87, 92f, 105f, 112f., 119, 130, 133, 141, 143, 148, 167, 177, 182f., 188 Young-Plan 20, 52-56, 71, 80, 82f., 85-87, 91-93, 95-97, 108, 111, 122, 127, 183 Zentralarbeitsgemeinschaft der gewerblichen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Deutschlands (ZAG) 22-25, 29, 37, 40-42, 47f., 53, 68-72, 159, 179f., 196f. Zentrum 38f., 41, 75, 80, 84, 96, 121, 135, 152, 161 f., 168, 243f., 266 Zweckverband Nordwestdeutscher Wirtschaftsvertretungen 36, 263 Zweikammersystem 135, 169 Zollunion, deutsch-österreichische 111

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KRITISCHE STUDIEN ZUR GESCHICHTSWISSENSCHAFT 1. Wolfram Fischer . Wirtschaft und Gesellschaft im Zeitalter der Industrialisierung. Aufsätze - Studien - Vorträge. 1972.

15. Reinhard Rürup · Emanzipation und Antisemitismus. Studien zur Judenfrage der bürgerlichen Gesellschaft. 1975.

2. Wolfgang Kreutzberger . Studenten und Politik 1 9 1 8 - 1 9 3 3 . Der Fall Freiburg im Breisgau. 1972.

16. Hans-Jürgen Puhle · Politische Agrarbewegungen in kapitalistischen Industriegesellschaften. 1975.

3. Hans Rosenberg Politische Denkströmungen im deutschen Vormärz. 1972. 4. Rolf Engelsing · Zur Sozialgeschichte deutscher Mittel· und Unterschichten. 2. Aufl. 1978. 5. Hans Medick . Naturzustand und Natur geschichte der bürgerlichen Gesellschaft. Die Ursprünge der bürgerlichen Sozialtheorie als Geschichtsphilosophie und Sozialwissenschaft bei Sam. Pufendorf, John Locke und Adam Smith. 2. Aufl. 1981. 6. Heinrich August Winkler (Hg.) · Die große Krise in Amerika. 7 Beiträge. 1973. 7. Helmut Berding · Napoleonische Herrschafts- und Gesellschaftspolitik im Königreich Westfalen 1807-1813. 1973. 8. Jürgen Kocka . Klassengesellschaft im Krieg. Deutsche Sozialgeschichte 1914 bis 1918. 2. Aufl. 1978. 9. Heinrich August Winkler (Hg.) Organisierter Kapitalismus. Voraussetzungen und Anfänge. 11 Beiträge. 1974. 10. Hans-Ulrich Wehler · Der Aufstieg des amerikanischen Imperialismus. Studien zur Entwicklung des Imperium Americanum 1865-1900. 1974. 11. Hans-Ulrich Wehler (Hg.) · Sozialgeschichte Heute. 33 Beiträge. 1974. 12. Wolfgang Köllmann . Bevölkerung in der industriellen Revolution. Studien zur Bevölkerungsgeschichte Deutschlands im 19. Jh. 1974. 13. Elisabeth Fehrenbach Traditionale Gesellschaft und revolutionäres Recht. Die Einführung des Code Napoleon in den Rheinbundstaaten. 2. Aufl. 1978. 14. Ulrich Kluge · Soldatenräte und Revolution. Studien zur Militärpolitik in Deutschland 1918/19. 1975.

17. Siegfried Mielke . Der Hansa-Bund für Gewerbe, Handel und Industrie 1909-1914. Der gescheiterte Versuch einer antifeudalen Sammlungspolitik. 1976. 18. Thomas Nipperdey · Gesellschaft, Kultur, Theorie. Gesammelte Aufsätze zur neueren Geschichte . 1976. 19. Hans Gerth . Bürgerliche Intelligenz um 1800. Mit einer Einführung und einer ergänzenden Bibliographie von Ulrich Herrmann. 1976. 20. Carsten Küther · Räuber und Gauner in Deutschland. Das organisierte Bandenwesen im 18. und frühen 19. Jahrhundert. 1976. 2 1 . Hans-Peter Ulimann · Der Bund der Industriellen. Organisation, Einfluß und Politik klein- und mittelbetrieblicher Industrieller im Deutschen Kaiserreich 1895-1914. 1976. 22. Dirk Blasius · Bürgerliche Gesellschaft und Kriminalität. Zur Sozialgeschichte Preußens im Vormärz. 1976. 23. Gerhard A. Ritter · Arbeiterbewegung, Parteien und Parlamentarismus. 10 Aufsätze. 1976. 24. Horst Müller-Link · Industrialisierung und Außenpolitik. Preußen-Deutschland und das Zarenreich 1860-1890. 1977. 25. Jürgen Kocka · Angestellte zwischen Faschismus und Demokratie. Zur politischen Sozialgeschichte der Angestellten: USA 1890-1940 im internationalen Vergleich. 1977. 26. Hans Speier - Die Angestellten vor dem Nationalsozialismus. Ein Beitrag zum Verständnis der deutschen Sozialstruktur 1 9 1 8 - 1 9 3 3 . 1977.

VANDENHOECK & RUPRECHT IN GÖTTINGEN UND ZÜRICH © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35703-4