Exekutionsintervention und Haftung: Haftung wegen unbegründeter Geltendmachung von Drittrechten in der Zwangsvollstreckung 9783161512087, 9783161494048

In der zivilprozessualen Einzelzwangsvollstreckung gilt das Zweiparteienprinzip. Dennoch werden nicht selten Dritte in i

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German Pages 646 [653] Year 2008

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Table of contents :
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Widmung
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Rechtsprechungsverzeichnis
I. Bundesverfassungsgericht
II. Bundesgerichtshof
III. Reichsgericht
IV. Bayerisches Oberstes Landesgericht
V. Kammergericht, Oberlandesgerichte
VI. Landgerichte
VII. Amtsgerichte
VIII. Bundesarbeitsgericht
IX. Arbeitsgericht Hamm
Einführung
Erstes Kapitel: Aufgabenstellung
A. Untersuchungsgegenstand
B. Drittrechte
I. Veräußerungshindernde Rechte
II. Pfand- und Vorzugsrechte
III. Vertragliche Ansprüche
C. Haftung
Zweites Kapitel: Drittrechte in der Zwangsvollstreckung
A. Zielkonflikt zwischen Beschränkung und Schlagkraft der Zwangsvollstreckung
B. Formalisierung der Zugriffstatbestände und Gefährdung von Drittrechten
Drittes Kapitel: Gang der Untersuchung
Erster Hauptteil: Geltendmachung veräußerungshindernder Rechte und vertraglicher Ansprüche gegenüber dem Vollstreckungsgläubi
Viertes Kapitel: Außergerichtliche Rechtsverfolgung
A. Geltendmachung
B. Wirkungen
I. Unterlassen
II. Ruhenlassen
III. Freigabe
1. Erwirkung
2. Bewirkung
IV. Zwischenvergleich
V. Schiedsvereinbarung
Fünftes Kapitel: Prozessuale Rechtsverfolgung
A. Drittwiderspruchsprozess
I. Zulässigkeit und Begründetheit eines Drittwiderspruchsbegehrens
1. Zulässigkeit
a) Drittwiderspruchsklage
b) Einstweilige Anordnung bis zum Urteilserlass
2. Begründetheit
a) Fehlendes veräußerungshinderndes Recht
aa) Ursprünglich fehlendes veräußerungshinderndes Recht
bb) Verlorenes veräußerungshinderndes Recht
b) Fehlendes Widerspruchsrecht
aa) (Vorrangige) Belastung des Vollstreckungsgegenstandes
bb) Schuldrechtliche Mithaftung, Arglist, abredewidrige Intervention
II. Einstweilige Anordnung bis zum Urteilserlass
1. Entscheidung
2. Vollziehung und Anordnungswirkung kraft Gesetzes
a) Vollziehung
aa) Einstellung
bb) Fortsetzung gegen Sicherheitsleistung
cc) Aufhebung
b) Anordnungswirkung kraft Gesetzes
III. Urteilsanordnungen
1. Entscheidung
2. Vollziehung und Anordnungswirkung kraft Gesetzes
IV. Vorläufig vollstreckbare Drittwiderspruchsurteile
1. Vollstreckungsfähigkeit des Hauptsacheausspruchs von Anordnungsurteilen
2. Zeitgenössisches Schrifttum – Vollstreckbarerklärung der Hauptsache
3. Vorläufige Vollstreckung, vorläufige Rechtsgestaltung und Rechtssicherheit
4. Aufgedrängte Haftung
5. Vorläufige Vollstreckbarkeitserklärung und einstweilige Anordnungen
a) Meinungsstand im Schrifttum
b) Kritik des heutigen Meinungsstandes
aa) Schutz des Intervenienten
bb) Ratio der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO
cc) Abstimmung der Anwendungsbereiche
aaa) Inhaltsgleiche Entscheidungen
bbb) Entscheidungen unterschiedlichen Inhalts
dd) Folgerungen
c) Rückbesinnung und Neubestimmung
aa) Auslegung der §§ 708 ff., 771 Abs. 3, 770 ZPO
aaa) Wortlaut
(a) Tatbestand
(b) Rechtsfolge
(aa) Entschließungsermessen
(bb) Auswahlermessen
bbb) Historische Auslegung
(a) Gesetzgebungsmaterialien
(aa) Vorläufige Vollstreckbarkeit
(bb) § 605 E I CPO 1871
(cc) § 639 E III CPO 1874
(dd) Folgerungen
(b) Normgeschichte der §§ 771, 770, 769 ZPO; Ausdruck der rechtspolitischen Zwecksetzung
ccc) Gesetzessystematik; Bedeutungswandel
(a) Normgefüge der ZPO
(aa) §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO als Sonderregelungen
(bb) Einstweilige Anordnungen in Vorzugsurteilen, §§ 805 Abs. 4, 770 ZPO
(b) Bedeutungswandel
(aa) Antrag
(bb) Haftung
ddd) Auslegungsergebnis
bb) Teleologische Reduktion (§§ 708 f. ZPO) und Extension (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO)
d) Ergebnis
V. Rechtskräftige Drittwiderspruchsurteile
1. Vollstreckung
2. Urteilswirkung kraft Gesetzes
VI. Aufhebung und einstweilige Einstellung des Verfahrens in der Liegenschaftsvollstreckung durch Zwangsversteigerung und -verwaltung
1. Anfängliche Eintragung des Dritten
2. Nachträgliche Eintragung des Dritten
a) Vollstreckung gegen den als Eigentümer eingetragenen Schuldner und nachträgliche Eintragung des Dritten
b) Dritteigentum als grundbuchersichtliches Gegenrecht
c) Maßnahmen des Vollstreckungsgerichts
d) Verteidigungsmöglichkeiten des Gläubigers
3. Konkurrenz zwischen Drittwiderspruchsprozess und Verfahren gem. § 28 ZVG
B. Andere gerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten
I. Auf Leistung gerichtete Rechtsbehelfe
1. Hauptsacheverfahren
a) Vertragliche Ansprüche
aa) Unterlassung
bb) Freigabe
b) Hauptintervention
c) Negatorischer Rechtsschutz vor Vollstreckungsbeginn
2. Verfügungsverfahren
a) Anordnungsverfügung vor Vollstreckungsbeginn
b) Vertragliche Ansprüche
c) Hauptintervention
II. Vollstreckungserinnerung
C. Rechtskraft
I. Drittwiderspruchsurteil
II. Leistungsurteil
III. Einstweilige Verfügung
IV. Feststellungsurteil
V. Keine Präjudizialität bei Verletzung der Stillhalteverpflichtung
Sechstes Kapitel: Schiedsrechtliche Rechtsverfolgung
A. Gerichtliche einstweilige Anordnungen und einstweilige Verfügungen
B. Schiedsgerichtliche Maßnahmen einstweiligen Rechtsschutzes
C. Schiedsspruch
D. Inhalt schiedsgerichtlicher Entscheidungen
E. Rechtskraft
Siebtes Kapitel: Zusammenfassung
Zweiter Hauptteil Haftung gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger wegenunbegründeter Geltendmachung veräußerungshindernder Rechte und vertraglicher Ansprüche
Achtes Kapitel: Haftung der Intervenientensicherheit
A. Intervenientensicherheit
B. Sicherungszweck prozessualer und schiedsrechtlicher Sicherheiten
I. Überblick
1. Gegenstand der Sicherung prozessualer Sicherheiten gem. §§ 709 ff., 936, 921 ZPO
2. Gegenstand der Sicherung prozessualer Sicherheiten gem. § 771 Abs. 3 ZPO und schiedsrechtlicher Sicherheiten gem. § 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO
II. Auslegung der §§ 771 Abs. 3, 769, 770, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO
1. Rechtsbegriff der Sicherheitsleistung
a) Begriffsverständnis des Schrifttums
b) Würdigung und Präzisierung
c) Abweichende Auffassungen bei Intervenientensicherheiten gem. § 771 Abs. 3 ZPO
d) Zwischenergebnis
2. Art der Sicherheit, § 108 ZPO
3. Ermessen
4. Schuldnersicherheit (§§ 707, 719, 767, 769 ZPO)
a) Rechtsprechung des RG zur Haftung der Schuldnersicherheit gem. §§ 707, 719 ZPO
b) Äußerliche Gemeinsamkeit des Erwirkungszwecks und strukturelle Unterschiede
5. Herausgabeverfügung, §§ 12, 13 HintO
6. Auslegungsergebnis
III. Dingliche Surrogation
1. Gesetzliche Bestandsschutzanordnung
2. Rechts- oder Gesetzesanalogie
a) Rechte des Pfandgläubigers bei drohendem Verderb, § 1219 Abs. 2 Satz 1 BGB
b) Erlös aus dem Pfand, § 1247 Satz 2 BGB
c) Wirkung der Leistung, § 1287 BGB
3. Alternativität von dinglicher Surrogation und Sicherheitsleistung
4. Ergebnis
IV. Ansprüche auf und durch die Bestellung einer Intervenientensicherheit
1. Anspruch auf die Bestellung einer haftenden Intervenientensicherheit
a) Prozessuale Verpflichtung
b) Sicherungswirkung
2. Ansprüche durch die Bewirkung einer Intervenientensicherheit
a) Garantie kraft Rechtsnatur der Intervenientensicherheit
b) Erklärungswert der Bewirkung des Sicherungsmittels
c) § 801 Abs. 2 Satz 1 CPO, § 921 Satz 1 ZPO
d) Ergebnis
C. Ergebnis
Neuntes Kapitel: Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen
A. Interventionswirkung
I. Gerichtliche Entscheidungen
II. Umsetzung gerichtlicher Entscheidungen und gerichtliche Maßnahmen
1. Erstwirkung
2. Fortwirkung
a) Umsetzung gerichtlicher Entscheidungen
b) Gerichtliche Maßnahmen
III. Willensbetätigung des Vollstreckungsgläubigers
1. Erstwirkung
2. Fortwirkung
B. Schaden des Vollstreckungsgläubigers
I. Begleitschaden des Interventionsaktes
II. Schaden der Interventionswirkung
1. Durchsetzungsschaden
a) Verzögerungs- und Erschwerungsschaden
b) Ausfall- und Erschwerungsschaden
2. Begleitschaden
C. Verschiebungen
I. Interventionswirkung „für den Intervenienten“
1. Herbeiführen durch den Vollstreckungsgläubiger
2. Hoheitliche Herbeiführung
II. Veränderung der rechtlichen und tatsächlichen Lage des Vollstreckungsgegenstandes
1. Geldvollstreckung und dinglicher Arrest
a) Geldvollstreckung in das bewegliche Vermögen
aa) Geldvollstreckung in bewegliche Sachen
aaa) Beschränkung und Unterlassen
bbb) Einstellung und Stillstand
ccc) Aufhebung
ddd) Fortwirkung
bb) Geldvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte
aaa) Geldvollstreckung in Geldforderungen
(a) Erstwirkung
(b) Fortwirkung
bbb) Geldvollstreckung in Sachansprüche
(a) Beschränkung und Unterlassen
(b) Einstellung und Stillstand
(c) Aufhebung
(d) Fortwirkung
b) Geldvollstreckung in das unbewegliche Vermögen
aa) Zwangshypothek
aaa) Erstwirkung
bbb) Fortwirkung
bb) Zwangsversteigerung
aaa) Beschränkung und Unterlassen
bbb) Einstellung und Stillstand
ccc) Aufhebung
ddd) Fortwirkung
cc) Zwangsverwaltung
aaa) Erstwirkung
bbb) Fortwirkung
2. Herausgabevollstreckung und Sicherungsverfügung
a) Beschränkung und Unterlassen
b) Einstellung und Stillstand
c) Aufhebung
d) Fortwirkung
3. Ergebnis
Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung
A. Einleitung
B. Tatbestandswirkung
I. Aufhebung und Abänderung
II. Ungerechtfertigtheit
C. Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung bei einstweiligen Anordnungen gem. § 771 Abs. 3 ZPO
I. Methodische Annäherung
1. Analogie als Mittel der Rechtsfortbildung
a) Methodische Schritte der Rechtsfortbildung durch Analogie
b) Maßstäbe und Mittel zur Feststellung der Planwidrigkeit
aa) Maßstäbe
bb) Mittel
2. Funktionale Unterschiede einstweiliger Anordnungen
3. Analogiefähigkeit der Risikohaftungsvorschriften
II. Schadensersatzansprüche analog § 945 ZPO bei einstweiligen Anordnungen vor Urteilserlass gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO
1. Ungeregeltheit
2. Planwidrigkeit der Ungeregeltheit
a) Wortlaut
b) Gesetzesmaterialien
aa) Entwurfsbegründung Novelle 1898
bb) Risikohaftung wegen Außerordentlichkeit des Rechtsbehelfs
c) Gesetzessystematik
aa) Bezeichnung der Maßnahme; Sonderregelung
bb) Haftungssymmetrie
cc) Sicherheitsleistung
dd) Vollziehungsmaßnahme
ee) Außenseiterstellung
ff) Rechtsschutzverkürzung
gg) Aufopferung
hh) Negatorische Ansprüche
ii) Zwischenergebnis
3. Lückenausfüllung; Ergebnis
III. Schadensersatz- und Erstattungsansprüche analog § 717 Abs. 2, 3 ZPO bei Urteilsanordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO
1. Schadensersatzanspruch, § 717 Abs. 2 ZPO
a) Ungeregeltheit
b) Planwidrigkeit der Ungeregeltheit
aa) Wortlaut
bb) Gesetzesmaterialien
cc) Gesetzessystematik
c) Lückenausfüllung
2. Erstattungsanspruch, § 717 Abs. 3 ZPO
IV. Ergebnis
D. Rechtsfolgen
I. Schadensersatz
1. Prozessuale Veranlassung
a) Vollstreckungs- und Vollziehungsschaden
b) Abwendungsschaden
aa) Sicherheitsleistung
bb) Andere Leistung
2. Schadensersatz gem. § 717 Abs. 2 ZPO
a) Prozessuale Veranlassung
aa) Drittwiderspruchsurteil
bb) Leistungsurteil
aaa) Freigabe
bbb) Unterlassen und Ruhenlassen der Vollstreckung
(a) Vollstreckungsschaden
(b) Abwendungsschaden
(c) Ergebnis und Folgerungen
b) Schadensumfang
3. Schadensersatz analog § 717 Abs. 2 ZPO
a) Prozessuale Veranlassung
aa) Vollziehungsschaden
bb) Abwendungsschaden
b) Schadensumfang
4. Schadensersatz gem. § 945 ZPO
a) Prozessuale Veranlassung
b) Schadensumfang
5. Schadensersatz analog § 945 ZPO
a) Prozessuale Veranlassung
aa) Vollziehungsschaden
bb) Abwendungsschaden
b) Schadensumfang
6. Schadensersatz gem. § 1041 Abs. 4 ZPO
a) Prozessuale Veranlassung
aa) Vollziehungsschaden
bb) Abwendungsschaden
b) Schadensumfang
7. Mitverschulden
a) Standhaftigkeit
b) Unzulängliche Rechtsverteidigung
c) Hinweisobliegenheit
d) Zwangs- und Ordnungsmittel
e) Unterbliebene Sicherheitsleistung
f) Wahrnehmung anderweitiger Vollstreckungsmöglichkeiten und Vermeidung zusätzlicher Vollstreckungskosten
g) Schäden im Zusammenhang mit einer Sicherheit
8. Ergebnis
II. Erstattung
1. Prozessuale Veranlassung
a) Veranlassung
b) Bewirkung
c) Ergebnis
2. Anspruchsinhalt
a) Das Erlangte
b) Herausgabe
aa) Unterlassen
bb) Abwendung durch Freigabe
cc) Vollstreckung und Vollziehung
dd) Sicherheitsleistung
ee) Haftungsverschärfung
c) Wertersatz
aa) Unterlassen, Freigabe, Beschränkung und Aufhebung
bb) Einstellung und Stillstand
Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren und Recht auf Irrtum bei der Intervention
A. Rechtswidrigkeit und Verschulden als Voraussetzungen der Verschuldenshaftung
I. Verschuldenshaftung
II. Rechtswidrigkeit
III. Verschulden
B. Rechtswidrigkeit
I. Erfolgs- und Handlungsunrecht
II. Bestimmungs- und Bewertungsfunktion haftungsrechtlicher Normen
III. Gesetzlicher Rechtswidrigkeitsbegriff
IV. Ergebnis
C. Rechtsprechung zur Rechtswidrigkeit von Rechtsverletzungen infolge Inanspruchnahme staatlicher Verfahren und Intervention mittels staatlicher Verfahren
I. Rechtswidrigkeit von Rechtsverletzungen infolge der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren
1. Einleiten und Betreiben eines gerichtlichen Rechtsstreits
2. Einleitung eines nichtstreitigen Verfahrens
3. Verteidigung in einem gerichtlichen Rechtsstreit
4. Äußerungen in gerichtlichen Verfahren
5. Anzeigen und Beschwerden
6. Betreiben und Aufrechterhalten der Zwangsvollstreckung
II. Rechtswidrigkeit von Rechtsverletzungen infolge Exekutionsintervention mittels staatlicher Verfahren
D. Kritik der Rechtsprechung
I. Handlungsunrecht und offener Tatbestand
1. Handlungsunrecht
2. Offener Tatbestand
II. Verfahrensrechtmäßigkeit
1. Rechtfertigungsgrund
2. Zweischichtigkeit des Rechts
III. Staats- und Verfassungsrecht
1. Staatliches Gewaltmonopol und Justizanspruch
a) Gewaltmonopol und Selbsthilfeverbot, Schutzpflicht und Justizanspruch
b) Gewaltmonopol
c) Justizanspruch
2. Funktionsfähigkeit der Rechtspflege
a) Parallel- und Folgeverfahren
b) Verfahrenszwecke
IV. Verfahrensrechtlicher Schutz des Gegners
1. Strukturell fragmentarischer und strukturell unzulänglicher verfahrensrechtlicher Schutz
2. Konkurrenz der Regelungskomplexe
a) Haftungsausschluss durch Schutz im Verfahren
b) Haftungsausschluss durch Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung
3. Ergebnis
V. Haftungsrechtliche Waffengleichheit
1. Waffengleichheit durch Haftungsrecht
2. Waffengleichheit im Haftungsrecht
E. Ergebnis
Zwölftes Kapitel: Verschuldenshaftung und Vertretenmüssen
A. Grundlagen
I. Vertretenmüssen, Verschulden und Unbegründetheit der Intervention
II. Prozessrisiko
III. Anwaltliche Beratung und Vertretung
B. Vorsatz
I. Wissen
II. Wollen
C. Fahrlässigkeit
I. Tatsachenirrtum und tatsächliche Zweifel
1. Vorhersehbarkeit
2. Vermeidbarkeit
II. Rechtsirrtum, Rechtszweifel und Fehleinschätzung des rechtlichen Prozessrisikos
1. Verlässlich zu beurteilende Rechtslage
2. Zweifelhafte Rechtslage
a) Gleichstellung des rechtlichen Prozessrisikos mit Rechtsirrtum und -zweifel
b) Meinungsstand
c) Kritik
aa) Entschuldigungswirkung rechtlicher Auseinandersetzung
bb) Unzumutbarkeit der Aufgabe von Rechten und Rechtspositionen
cc) Zumutbarkeit der Vermeidung und Ausnahmen
dd) Ergebnis
d) Vertretenmüssen bei anwaltlicher Beratung und Vertretung
D. Tatsächliches Prozessrisiko; Darlegungs- und Beweislast
I. Interventionsbegründende Tatsachen
1. Darlegungs- und Beweislast des Vollstreckungsgläubigers
2. Verteilte Darlegungs- und Beweislast
a) Leistungsstörungsrecht
b) Eigentümer-Besitzer-Verhältnis
II. Einwendungstatsachen
Dreizehntes Kapitel: Vertragliche Ansprüche und Ansprüche auf vertraglicher Grundlage
A. Vertragliche Ansprüche
B. Ansprüche auf vertraglicher Grundlage
I. Herausgabepfl icht des Mandatars
1. Zur Ausführung des Auftrags Erhaltenes
a) Entstrickung
b) Pfändungspfandrecht
c) Besitz
2. Aus der Geschäftsbesorgung Erlangtes
II. Schadensersatz wegen Leistungsstörung
C. Vertragsschluss
Vierzehntes Kapitel: Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und unerlaubte Handlung
A. Eigentümer-Besitzer Verhältnis
I. Ansprüche des Eigentümers und des Pfändungspfandgläubigers gegen den Besitzer
II. Voraussetzung: Herausgabeanspruch
1. Eigentum oder Pfändungspfandrecht des Vollstreckungsgläubigers
2. Besitz des Intervenienten
a) Intervenientenbesitz von Gläubigereigentum
b) Intervenientenbesitz eines Pfändungspfandes
3. Unrechtmäßigkeit des Besitzes
a) Relative Besitzrechte
b) Absolute Besitzrechte
c) Besitzrechtskette
III. Ergebnis
B. Unerlaubte Handlung
I. Verletzung von Rechten und Rechtsgütern
1. Geschützte Rechte
2. Psychisch vermittelte Kausalität
II. Verletzung von Schutzgesetzen
1. (Prozess-)Betrug
2. Urkundenfälschung
3. Prozessuale Wahrheitspflicht
4. Aussagedelikte
III. Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung
IV. Schaden und Mitverschulden
Fünfzehntes Kapitel: Ungerechtfertigte Bereicherung
A. Ausgangspunkt
I. Herausgabeansprüche und Ansprüche bei Fehlzuordnungen
II. Bereicherungsrechtlicher Grundtatbestand
B. Etwas erlangt
C. Auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers
I. Rechtswidrigkeits- und Zuweisungstheorien
II. Unmittelbarkeit
D. Ohne Rechtsgrund
E. Anspruchsinhalt
I. Herausgabe
1. Unterlassen
2. Freigabe
3. Vollstreckung und Vollziehung
4. Sicherheitsleistung
5. Haftungsverschärfung
II. Wertersatz
Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung
A. Schuldverhältnis
B. Interventionsbegleitende Schuldverhältnisse
I. Vertragliche primäre Leistungspflichten
II. Vertragliche Schutzpflichten
III. Gesetzliche primäre Leistungspflichten
1. Allgemeines Leistungsstörungsrecht bei Ansprüchen gem. §§ 717, 945, 1041 Abs. 4 ZPO, §§ 812 ff., 823 ff., 985 ff., 1227 BGB
2. Negatorische Ansprüche
a) Negatorisch geschützte Rechte
b) Beeinträchtigung
aa) Rechtsanmaßung und Bestreiten von Rechten
bb) Erwirkung und Umsetzung einer Interventionsentscheidung
c) Duldungspflicht und Rechtswidrigkeit
d) Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch
aa) Beseitigungsanspruch
bb) Unterlassungsanspruch
e) Negatorische Ansprüche als Schuldverhältnis i. S. v. § 280 Abs. 1 BGB
aa) Beseitigungsanspruch
bb) Unterlassungsanspruch
aaa) Folgen der Anwendung von § 280 Abs. 1 BGB bei negatorischen Unterlassungsansprüchen
bbb) Widerspruch zum gesetzlichen Anspruchssystem
ccc) Rechtsfortbildung durch teleologische Reduktion von § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB
3. Duldungspflicht mithaftender Intervenienten
IV. Gesetzliche Schutzpflichten
1. Vollstreckungszugriff
2. Rechtsanmaßung
a) Schutzpflichten befürwortende Stimmen
b) Konsequenzen bei rechtsanmaßender Intervention
aa) Anspruchsumfang
bb) Grundlage der Schutzpflicht
c) Kritik
aa) Unberührtheit der Leistungstreuepflicht; Begründungsbedürftigkeit
bb) Allgemeinheit der Vorprüfungspflicht
cc) Vorrang der Wahrung eigener Interessen
dd) Ausnahmen
d) Ergebnis
3. Prozessrechtsverhältnis
a) Prozessrechtsverhältnis als rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis
b) Kritik
aa) Schuldverhältnis
aaa) Gesteigerter sozialer Kontakt
bbb) Gewährung und Inanspruchnahme von Vertrauen
ccc) Erweiterung des Integritätsschutzes und Schadensersatzsanktion
4. Vollstreckungsrechtsverhältnis
a) Begriff, Struktur und Inhalt
b) Sonderverbindung
aa) Befürwortende Stimmen
bb) Kritik
c) Ergebnis
Dritter Hauptteil Haftung gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger wegen unbegründeter Geltendmachung von Pfand- und Vorzugsrechten
Siebzehntes Kapitel: Geltendmachung von Pfand- und Vorzugsrechten
A. Außergerichtliche Rechtsverfolgung
B. Prozessuale Rechtsverfolgung
C. Schiedsrechtliche Rechtsverfolgung
D. Rechtskraft
Achtzehntes Kapitel: Haftung wegen unbegründeter Geltendmachung von Pfand- und Vorzugsrechten
A. Haftung der Intervenientensicherheit
B. Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren und Recht auf Irrtum bei der Vorzugsintervention
C. Verschuldenshaftung und Vertretenmüssen
D. Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen
I. Interventionswirkung
II. Schaden des Vollstreckungsgläubigers
III. Verschiebungen
1. Interventionswirkung „für den Intervenienten“
2. Den Erlös betreffende Verschiebungen
E. Vertragliche Ansprüche und Ansprüche auf vertraglicher Grundlage
F. Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung
G. Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und Delikt
I. Eigentümer-Besitzer Verhältnis
II. Delikt
1. Verletzung von Rechten und Rechtsgütern
2. Schutzgesetzverletzung
3. Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung
4. Schaden und Mitverschulden
H. Ungerechtfertigte Bereicherung
I. Etwas erlangt
II. Auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers
III. Ohne Rechtsgrund
IV. Anspruchsinhalt
J. Schadensersatzansprüche wegen Leistungsstörung
I. Vertragliche primäre Leistungspflichten
II. Gesetzliche primäre Leistungspflichten
III. Gesetzliche Schutzpflichten
Ergebnisse und Thesen
I.
II.
III.
IV.
V.
VI.
VII.
VIII.
IX.
X.
XI.
Literaturverzeichnis
Sachregister
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JUS PRIVATUM Beiträge zum Privatrecht Band 131

Lutz Haertlein

Exekutionsintervention und Haftung Haftung wegen unbegründeter Geltendmachung von Drittrechten in der Zwangsvollstreckung

Mohr Siebeck

Lutz Haertlein, geboren 1964; Studium der Rechtswissenschaften in Tübingen und München; Vorbereitungsdienst in Stuttgart und Berlin; 1994–1998 wissenschaftlicher Mitarbeiter, Humboldt-Universität zu Berlin; 1998 Promotion; 1998–2000 Rechtsanwalt in einer internationalen Wirtschaftskanzlei; 2000–2006 wissenschaftlicher Assistent, Universität Bonn; 2006 Habilitation; Privatdozent für Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht; Lehrstuhlvertretungen in Heidelberg und Leipzig.

e-ISBN PDF 978-3-16-151208-7 ISBN 978-3-16-149404-8 ISSN 0940-9610 (Jus Privatum) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2008 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfi lmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen aus der Stempel-Garamond gesetzt, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.

Für Anja und Caroline

Vorwort Die vorliegende Untersuchung wurde im Sommersemester 2006 von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen FriedrichWilhelms-Universität Bonn als Habilitationsschrift angenommen. Rechtsprechung und Schrifttum befinden sich auf dem Stand von Mai 2007. Meinem verehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Eberhard Schilken, danke ich von Herzen. Er war mir ein Habilitationsvater, wie man ihn sich nur wünschen kann. Herrn Professor Dr. Walter Gerhardt danke ich für die zügige Erstellung seines Gutachtens. Danken möchte ich auch Herrn Professor Dr. Dr. h. c. Hans Friedhelm Gaul, der die Entstehung der Arbeit stets mit Interesse und Förderung begleitet hat. Dank gebührt ferner den (ehemaligen) Mitarbeitern am Lehrstuhl von Professor Schilken, die ebenfalls dazu beigetragen haben, dass ich meine Zeit in Bonn als gut und wertvoll in Erinnerung behalte, und denen ich mich verbunden fühle: Professor Dr. Caroline Meller-Hannich, Dres. Hans-Jörg Schultes, Jens Schmidt, Daniel Seebach und Dr. Kim J. Müller. Stuttgart, im Juni 2007

Lutz Haertlein

Inhaltsübersicht Inhaltsverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XI

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXVII Rechtsprechungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXI Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

Erstes Kapitel: Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

Zweites Kapitel: Drittrechte in der Zwangsvollstreckung. . . . . . . .

9

Drittes Kapitel: Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

Erster Hauptteil: Geltendmachung veräußerungshindernder Rechte und vertraglicher Ansprüche gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

Viertes Kapitel: Außergerichtliche Rechtsverfolgung . . . . . . . . . .

25

Fünftes Kapitel: Prozessuale Rechtsverfolgung . . . . . . . . . . . . .

32

Sechstes Kapitel: Schiedsrechtliche Rechtsverfolgung. . . . . . . . . .

125

Siebtes Kapitel: Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

129

Zweiter Hauptteil: Haftung gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger wegen unbegründeter Geltendmachung veräußerungshindernder Rechte und vertraglicher Ansprüche .

135

Achtes Kapitel: Haftung der Intervenientensicherheit . . . . . . . . .

137

Neuntes Kapitel: Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen

179

Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung . . . .

221

Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren und Recht auf Irrtum bei der Intervention . . .

316

Zwölftes Kapitel: Verschuldenshaftung und Vertretenmüssen . . . . .

387

X

Inhaltsübersicht

Dreizehntes Kapitel: Vertragliche Ansprüche und Ansprüche auf vertraglicher Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

422

Vierzehntes Kapitel: Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und unerlaubte Handlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

433

Fünfzehntes Kapitel: Ungerechtfertigte Bereicherung . . . . . . . . .

454

Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung. . . . . . . . . . . . . . . . . .

480

Dritter Hauptteil: Haftung gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger wegen unbegründeter Geltendmachung von Pfand- und Vorzugsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

547

Siebzehntes Kapitel: Geltendmachung von Pfand- und Vorzugsrechten

549

Achtzehntes Kapitel: Haftung wegen unbegründeter Geltendmachung von Pfand- und Vorzugsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

555

Ergebnisse und Thesen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

571

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

577

Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

601

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

IX

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXVII Rechtsprechungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXI Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

Erstes Kapitel: Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

A. Untersuchungsgegenstand . . . . . . B. Drittrechte . . . . . . . . . . . . . . . I. Veräußerungshindernde Rechte . II. Pfand- und Vorzugsrechte . . . . III.Vertragliche Ansprüche . . . . . C. Haftung . . . . . . . . . . . . . . . .

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1 2 3 3 4 7

Zweites Kapitel: Drittrechte in der Zwangsvollstreckung. . . . . . . .

9

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A. Zielkonflikt zwischen Beschränkung und Schlagkraft der Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Formalisierung der Zugriffstatbestände und Gefährdung von Drittrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

14

Drittes Kapitel: Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

Erster Hauptteil: Geltendmachung veräußerungshindernder Rechte und vertraglicher Ansprüche gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

Viertes Kapitel: Außergerichtliche Rechtsverfolgung . . . . . . . . . .

25

A. Geltendmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Wirkungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unterlassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25 25 26

9

XII II. Ruhenlassen . . . . . III.Freigabe . . . . . . . 1. Erwirkung . . . . 2. Bewirkung . . . . IV. Zwischenvergleich . V. Schiedsvereinbarung

Inhaltsverzeichnis

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Fünftes Kapitel: Prozessuale Rechtsverfolgung . . . . . . . . . . . . .

32

A. Drittwiderspruchsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zulässigkeit und Begründetheit eines Drittwiderspruchsbegehrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zulässigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Drittwiderspruchsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einstweilige Anordnung bis zum Urteilserlass . . . . . 2. Begründetheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fehlendes veräußerungshinderndes Recht . . . . . . . . aa) Ursprünglich fehlendes veräußerungshinderndes Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verlorenes veräußerungshinderndes Recht . . . . . b) Fehlendes Widerspruchsrecht . . . . . . . . . . . . . . . aa) (Vorrangige) Belastung des Vollstreckungsgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Schuldrechtliche Mithaftung, Arglist, abredewidrige Intervention. . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einstweilige Anordnung bis zum Urteilserlass . . . . . . . . 1. Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vollziehung und Anordnungswirkung kraft Gesetzes. . . a) Vollziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Fortsetzung gegen Sicherheitsleistung . . . . . . . . cc) Aufhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anordnungswirkung kraft Gesetzes . . . . . . . . . . . III.Urteilsanordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vollziehung und Anordnungswirkung kraft Gesetzes. . . IV. Vorläufig vollstreckbare Drittwiderspruchsurteile . . . . . . 1. Vollstreckungsfähigkeit des Hauptsacheausspruchs von Anordnungsurteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zeitgenössisches Schrifttum – Vollstreckbarerklärung der Hauptsache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorläufige Vollstreckung, vorläufige Rechtsgestaltung und Rechtssicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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33

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33 33 34 35 36 37

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39 41 41 42 42 42 43 44 45 46 46 48 50

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51

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52

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53

Inhaltsverzeichnis

4. Aufgedrängte Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vorläufige Vollstreckbarkeitserklärung und einstweilige Anordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Meinungsstand im Schrifttum. . . . . . . . . . . . . . . . b) Kritik des heutigen Meinungsstandes. . . . . . . . . . . . aa) Schutz des Intervenienten . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ratio der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO . . . . . . . . . . . cc) Abstimmung der Anwendungsbereiche . . . . . . . . aaa) Inhaltsgleiche Entscheidungen . . . . . . . . . . bbb) Entscheidungen unterschiedlichen Inhalts . . . dd) Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rückbesinnung und Neubestimmung . . . . . . . . . . . aa) Auslegung der §§ 708 ff., 771 Abs. 3, 770 ZPO . . . . aaa) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Entschließungsermessen . . . . . . . . (bb) Auswahlermessen . . . . . . . . . . . . bbb) Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . (a) Gesetzgebungsmaterialien . . . . . . . . . . (aa) Vorläufige Vollstreckbarkeit . . . . . . (bb) § 605 E I CPO 1871 . . . . . . . . . . . (cc) § 639 E III CPO 1874 . . . . . . . . . . (dd) Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . (b) Normgeschichte der §§ 771, 770, 769 ZPO; Ausdruck der rechtspolitischen Zwecksetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . ccc) Gesetzessystematik; Bedeutungswandel . . . . (a) Normgefüge der ZPO. . . . . . . . . . . . . (aa) §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO als Sonderregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Einstweilige Anordnungen in Vorzugsurteilen, §§ 805 Abs. 4, 770 ZPO . . . . (b) Bedeutungswandel . . . . . . . . . . . . . . (aa) Antrag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . ddd) Auslegungsergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Teleologische Reduktion (§§ 708 f. ZPO) und Extension (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Rechtskräftige Drittwiderspruchsurteile . . . . . . . . . . . . .

XIII 57 57 59 62 62 63 65 65 66 67 69 69 70 70 71 71 74 78 79 79 80 84 87

89 91 91 91 92 95 96 97 100 100 102 103

XIV

Inhaltsverzeichnis

1. Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Urteilswirkung kraft Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Aufhebung und einstweilige Einstellung des Verfahrens in der Liegenschaftsvollstreckung durch Zwangsversteigerung und -verwaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anfängliche Eintragung des Dritten . . . . . . . . . . . . . . 2. Nachträgliche Eintragung des Dritten. . . . . . . . . . . . . a) Vollstreckung gegen den als Eigentümer eingetragenen Schuldner und nachträgliche Eintragung des Dritten . . . b) Dritteigentum als grundbuchersichtliches Gegenrecht . . c) Maßnahmen des Vollstreckungsgerichts . . . . . . . . . . d) Verteidigungsmöglichkeiten des Gläubigers . . . . . . . . 3. Konkurrenz zwischen Drittwiderspruchsprozess und Verfahren gem. § 28 ZVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Andere gerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten. . . . . . . . . . . I. Auf Leistung gerichtete Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . 1. Hauptsacheverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vertragliche Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unterlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Freigabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Hauptintervention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Negatorischer Rechtsschutz vor Vollstreckungsbeginn. . 2. Verfügungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anordnungsverfügung vor Vollstreckungsbeginn . . . . b) Vertragliche Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Hauptintervention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vollstreckungserinnerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Rechtskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Drittwiderspruchsurteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Leistungsurteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.Einstweilige Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Feststellungsurteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Keine Präjudizialität bei Verletzung der Stillhalteverpflichtung

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Sechstes Kapitel: Schiedsrechtliche Rechtsverfolgung. . . . . . . . . .

125

A. Gerichtliche einstweilige Anordnungen und einstweilige Verfügungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Schiedsgerichtliche Maßnahmen einstweiligen Rechtsschutzes C. Schiedsspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Inhalt schiedsgerichtlicher Entscheidungen . . . . . . . . . . . E. Rechtskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

125 125 125 126 127

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103 104

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Inhaltsverzeichnis

XV

Siebtes Kapitel: Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

129

Zweiter Hauptteil Haftung gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger wegen unbegründeter Geltendmachung veräußerungshindernder Rechte und vertraglicher Ansprüche .

135

Achtes Kapitel: Haftung der Intervenientensicherheit . . . . . . . . .

137

A. Intervenientensicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Sicherungszweck prozessualer und schiedsrechtlicher Sicherheiten I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gegenstand der Sicherung prozessualer Sicherheiten gem. §§ 709 ff., 936, 921 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gegenstand der Sicherung prozessualer Sicherheiten gem. § 771 Abs. 3 ZPO und schiedsrechtlicher Sicherheiten gem. § 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Auslegung der §§ 771 Abs. 3, 769, 770, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO 1. Rechtsbegriff der Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . a) Begriffsverständnis des Schrifttums . . . . . . . . . . . . b) Würdigung und Präzisierung . . . . . . . . . . . . . . . . c) Abweichende Auffassungen bei Intervenientensicherheiten gem. § 771 Abs. 3 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Art der Sicherheit, § 108 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Schuldnersicherheit (§§ 707, 719, 767, 769 ZPO). . . . . . . . a) Rechtsprechung des RG zur Haftung der Schuldnersicherheit gem. §§ 707, 719 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . b) Äußerliche Gemeinsamkeit des Erwirkungszwecks und strukturelle Unterschiede . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Herausgabeverfügung, §§ 12, 13 HintO . . . . . . . . . . . . 6. Auslegungsergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.Dingliche Surrogation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesetzliche Bestandsschutzanordnung . . . . . . . . . . . . 2. Rechts- oder Gesetzesanalogie . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechte des Pfandgläubigers bei drohendem Verderb, § 1219 Abs. 2 Satz 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erlös aus dem Pfand, § 1247 Satz 2 BGB . . . . . . . . . . c) Wirkung der Leistung, § 1287 BGB. . . . . . . . . . . . . 3. Alternativität von dinglicher Surrogation und Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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XVI

Inhaltsverzeichnis

IV. Ansprüche auf und durch die Bestellung einer Intervenientensicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anspruch auf die Bestellung einer haftenden Intervenientensicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Prozessuale Verpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sicherungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ansprüche durch die Bewirkung einer Intervenientensicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Garantie kraft Rechtsnatur der Intervenientensicherheit . b) Erklärungswert der Bewirkung des Sicherungsmittels . . c) § 801 Abs. 2 Satz 1 CPO, § 921 Satz 1 ZPO . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Neuntes Kapitel: Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen

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A. Interventionswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gerichtliche Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Umsetzung gerichtlicher Entscheidungen und gerichtliche Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erstwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fortwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Umsetzung gerichtlicher Entscheidungen . . . . . . . b) Gerichtliche Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . III.Willensbetätigung des Vollstreckungsgläubigers . . . . . . 1. Erstwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fortwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Schaden des Vollstreckungsgläubigers . . . . . . . . . . . . . . I. Begleitschaden des Interventionsaktes . . . . . . . . . . . . II. Schaden der Interventionswirkung . . . . . . . . . . . . . . 1. Durchsetzungsschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verzögerungs- und Erschwerungsschaden . . . . . . . b) Ausfall- und Erschwerungsschaden. . . . . . . . . . . 2. Begleitschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verschiebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Interventionswirkung „für den Intervenienten“ . . . . . . . 1. Herbeiführen durch den Vollstreckungsgläubiger . . . . 2. Hoheitliche Herbeiführung. . . . . . . . . . . . . . . . . II. Veränderung der rechtlichen und tatsächlichen Lage des Vollstreckungsgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Geldvollstreckung und dinglicher Arrest . . . . . . . . . a) Geldvollstreckung in das bewegliche Vermögen. . . . aa) Geldvollstreckung in bewegliche Sachen . . . . .

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179 179

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192 192 192 193

169 169 170 171

XVII

Inhaltsverzeichnis

aaa) Beschränkung und Unterlassen . . . . . . bbb) Einstellung und Stillstand . . . . . . . . . ccc) Aufhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . ddd) Fortwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Geldvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Geldvollstreckung in Geldforderungen . . (a) Erstwirkung . . . . . . . . . . . . . . . (b) Fortwirkung . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Geldvollstreckung in Sachansprüche . . . (a) Beschränkung und Unterlassen . . . . (b) Einstellung und Stillstand . . . . . . . (c) Aufhebung . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Fortwirkung . . . . . . . . . . . . . . . b) Geldvollstreckung in das unbewegliche Vermögen . aa) Zwangshypothek. . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Erstwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Fortwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zwangsversteigerung . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Beschränkung und Unterlassen . . . . . . bbb) Einstellung und Stillstand . . . . . . . . . ccc) Aufhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . ddd) Fortwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zwangsverwaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Erstwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Fortwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Herausgabevollstreckung und Sicherungsverfügung. . a) Beschränkung und Unterlassen . . . . . . . . . . . . b) Einstellung und Stillstand . . . . . . . . . . . . . . . c) Aufhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Fortwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung . . . .

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A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Tatbestandswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Aufhebung und Abänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ungerechtfertigtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung bei einstweiligen Anordnungen gem. § 771 Abs. 3 ZPO. . . . . . . . . . . . . . . . I. Methodische Annäherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Analogie als Mittel der Rechtsfortbildung . . . . . . . . .

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221 223 223 225

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226 227 227

XVIII

Inhaltsverzeichnis

a) Methodische Schritte der Rechtsfortbildung durch Analogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Maßstäbe und Mittel zur Feststellung der Planwidrigkeit aa) Maßstäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Funktionale Unterschiede einstweiliger Anordnungen . . . 3. Analogiefähigkeit der Risikohaftungsvorschriften . . . . . . II. Schadensersatzansprüche analog § 945 ZPO bei einstweiligen Anordnungen vor Urteilserlass gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO . 1. Ungeregeltheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Planwidrigkeit der Ungeregeltheit . . . . . . . . . . . . . . . a) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gesetzesmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Entwurfsbegründung Novelle 1898 . . . . . . . . . . bb) Risikohaftung wegen Außerordentlichkeit des Rechtsbehelfs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gesetzessystematik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bezeichnung der Maßnahme; Sonderregelung . . . . bb) Haftungssymmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Vollziehungsmaßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Außenseiterstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Rechtsschutzverkürzung . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Aufopferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hh) Negatorische Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . ii) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Lückenausfüllung; Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.Schadensersatz- und Erstattungsansprüche analog § 717 Abs. 2, 3 ZPO bei Urteilsanordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO . 1. Schadensersatzanspruch, § 717 Abs. 2 ZPO . . . . . . . . . . a) Ungeregeltheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Planwidrigkeit der Ungeregeltheit . . . . . . . . . . . . . aa) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gesetzesmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gesetzessystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Lückenausfüllung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erstattungsanspruch, § 717 Abs. 3 ZPO . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prozessuale Veranlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

227 228 228 230 230 232 232 232 233 233 234 234 235 239 239 240 243 245 245 247 249 250 252 252 252 252 252 253 253 254 256 257 258 259 259 259 259

Inhaltsverzeichnis

2.

3.

4.

5.

6.

7.

a) Vollstreckungs- und Vollziehungsschaden . . . . . . . . . b) Abwendungsschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Andere Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schadensersatz gem. § 717 Abs. 2 ZPO . . . . . . . . . . . . a) Prozessuale Veranlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Drittwiderspruchsurteil. . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Leistungsurteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Freigabe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Unterlassen und Ruhenlassen der Vollstreckung (a) Vollstreckungsschaden . . . . . . . . . . . . (b) Abwendungsschaden . . . . . . . . . . . . . (c) Ergebnis und Folgerungen . . . . . . . . . . b) Schadensumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schadensersatz analog § 717 Abs. 2 ZPO . . . . . . . . . . . a) Prozessuale Veranlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vollziehungsschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abwendungsschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schadensumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schadensersatz gem. § 945 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . a) Prozessuale Veranlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schadensumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schadensersatz analog § 945 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . a) Prozessuale Veranlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vollziehungsschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abwendungsschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schadensumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schadensersatz gem. § 1041 Abs. 4 ZPO . . . . . . . . . . . . a) Prozessuale Veranlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vollziehungsschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abwendungsschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schadensumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitverschulden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Standhaftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unzulängliche Rechtsverteidigung . . . . . . . . . . . . . c) Hinweisobliegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwangs- und Ordnungsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . e) Unterbliebene Sicherheitsleistung. . . . . . . . . . . . . . f) Wahrnehmung anderweitiger Vollstreckungsmöglichkeiten und Vermeidung zusätzlicher Vollstreckungskosten g) Schäden im Zusammenhang mit einer Sicherheit . . . . .

XIX 260 261 262 263 265 265 265 266 266 266 267 268 270 271 275 276 276 276 280 282 283 285 286 287 287 288 289 289 290 290 290 292 292 292 293 293 294 294 295 295

XX

Inhaltsverzeichnis

8. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Erstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prozessuale Veranlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Veranlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bewirkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anspruchsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Erlangte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Herausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unterlassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abwendung durch Freigabe. . . . . . . . . . . . . . . cc) Vollstreckung und Vollziehung. . . . . . . . . . . . . dd) Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Haftungsverschärfung . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wertersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unterlassen, Freigabe, Beschränkung und Aufhebung bb) Einstellung und Stillstand. . . . . . . . . . . . . . . .

296 297 297 299 300 304 304 306 307 307 308 310 311 311 311 312 315

Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren und Recht auf Irrtum bei der Intervention . . . . . . . . . .

316

A. Rechtswidrigkeit und Verschulden als Voraussetzungen der Verschuldenshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verschuldenshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Rechtswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Erfolgs- und Handlungsunrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bestimmungs- und Bewertungsfunktion haftungsrechtlicher Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.Gesetzlicher Rechtswidrigkeitsbegriff . . . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Rechtsprechung zur Rechtswidrigkeit von Rechtsverletzungen infolge Inanspruchnahme staatlicher Verfahren und Intervention mittels staatlicher Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtswidrigkeit von Rechtsverletzungen infolge der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren . . . . . . . . . . . . . 1. Einleiten und Betreiben eines gerichtlichen Rechtsstreits . . 2. Einleitung eines nichtstreitigen Verfahrens . . . . . . . . . . 3. Verteidigung in einem gerichtlichen Rechtsstreit . . . . . . . 4. Äußerungen in gerichtlichen Verfahren . . . . . . . . . . . . 5. Anzeigen und Beschwerden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Betreiben und Aufrechterhalten der Zwangsvollstreckung .

317 317 318 320 320 321 323 324 329

329 330 330 336 338 339 342 344

XXI

Inhaltsverzeichnis

II. Rechtswidrigkeit von Rechtsverletzungen infolge Exekutionsintervention mittels staatlicher Verfahren . . . . . . . . . . . . D. Kritik der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Handlungsunrecht und offener Tatbestand . . . . . . . . . . . 1. Handlungsunrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Offener Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verfahrensrechtmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtfertigungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zweischichtigkeit des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.Staats- und Verfassungsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Staatliches Gewaltmonopol und Justizanspruch . . . . . . . a) Gewaltmonopol und Selbsthilfeverbot, Schutzpfl icht und Justizanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gewaltmonopol. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Justizanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Funktionsfähigkeit der Rechtspflege. . . . . . . . . . . . . . a) Parallel- und Folgeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verfahrenszwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verfahrensrechtlicher Schutz des Gegners . . . . . . . . . . . . 1. Strukturell fragmentarischer und strukturell unzulänglicher verfahrensrechtlicher Schutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konkurrenz der Regelungskomplexe . . . . . . . . . . . . . a) Haftungsausschluss durch Schutz im Verfahren. . . . . . b) Haftungsausschluss durch Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Haftungsrechtliche Waffengleichheit . . . . . . . . . . . . . . . 1. Waffengleichheit durch Haftungsrecht . . . . . . . . . . . . 2. Waffengleichheit im Haftungsrecht . . . . . . . . . . . . . . E. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

350 352 353 353 355 356 356 359 364 364 364 365 368 371 371 373 376 377 379 379 380 383 383 384 384 385

Zwölftes Kapitel: Verschuldenshaftung und Vertretenmüssen . . . . .

387

A. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vertretenmüssen, Verschulden und Unbegründetheit der Intervention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Prozessrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.Anwaltliche Beratung und Vertretung . . . . . . . . . . . B. Vorsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Fahrlässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Tatsachenirrtum und tatsächliche Zweifel . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

1. Vorhersehbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vermeidbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsirrtum, Rechtszweifel und Fehleinschätzung des rechtlichen Prozessrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verlässlich zu beurteilende Rechtslage. . . . . . . . . . . . 2. Zweifelhafte Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gleichstellung des rechtlichen Prozessrisikos mit Rechtsirrtum und -zweifel. . . . . . . . . . . . . . . . . b) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Entschuldigungswirkung rechtlicher Auseinandersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unzumutbarkeit der Aufgabe von Rechten und Rechtspositionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zumutbarkeit der Vermeidung und Ausnahmen . . dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vertretenmüssen bei anwaltlicher Beratung und Vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Tatsächliches Prozessrisiko; Darlegungs- und Beweislast . . . . I. Interventionsbegründende Tatsachen . . . . . . . . . . . . . . 1. Darlegungs- und Beweislast des Vollstreckungsgläubigers 2. Verteilte Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . a) Leistungsstörungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eigentümer-Besitzer-Verhältnis. . . . . . . . . . . . . . II. Einwendungstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Dreizehntes Kapitel: Vertragliche Ansprüche und Ansprüche auf vertraglicher Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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A. Vertragliche Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . B. Ansprüche auf vertraglicher Grundlage . . . . . I. Herausgabepflicht des Mandatars . . . . . . . 1. Zur Ausführung des Auftrags Erhaltenes . a) Entstrickung . . . . . . . . . . . . . . . b) Pfändungspfandrecht. . . . . . . . . . . c) Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aus der Geschäftsbesorgung Erlangtes . . II. Schadensersatz wegen Leistungsstörung . . . C. Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vierzehntes Kapitel: Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und unerlaubte Handlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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A. Eigentümer-Besitzer Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I. Ansprüche des Eigentümers und des Pfändungspfandgläubigers gegen den Besitzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Voraussetzung: Herausgabeanspruch . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eigentum oder Pfändungspfandrecht des Vollstreckungsgläubigers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besitz des Intervenienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Intervenientenbesitz von Gläubigereigentum . . . . . . . b) Intervenientenbesitz eines Pfändungspfandes . . . . . . . 3. Unrechtmäßigkeit des Besitzes . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Relative Besitzrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Absolute Besitzrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Besitzrechtskette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Unerlaubte Handlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verletzung von Rechten und Rechtsgütern . . . . . . . . . . . . 1. Geschützte Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Psychisch vermittelte Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verletzung von Schutzgesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. (Prozess-)Betrug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Urkundenfälschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Prozessuale Wahrheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Aussagedelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung . . . . . . . . . . . . . . IV. Schaden und Mitverschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Fünfzehntes Kapitel: Ungerechtfertigte Bereicherung . . . . . . . . .

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A. Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Herausgabeansprüche und Ansprüche bei Fehlzuordnungen II. Bereicherungsrechtlicher Grundtatbestand . . . . . . . . . . B. Etwas erlangt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers . . . . . . . . . . . . . I. Rechtswidrigkeits- und Zuweisungstheorien . . . . . . . . . II. Unmittelbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Ohne Rechtsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Anspruchsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Herausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unterlassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Freigabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vollstreckung und Vollziehung. . . . . . . . . . . . . . . . 4. Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Haftungsverschärfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wertersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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XXIV

Inhaltsverzeichnis

Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung. . . . . . . . . . . . . . . . . .

480

A. Schuldverhältnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Interventionsbegleitende Schuldverhältnisse . . . . . . . . . . . . . I. Vertragliche primäre Leistungspflichten . . . . . . . . . . . . . II. Vertragliche Schutzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.Gesetzliche primäre Leistungspflichten . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines Leistungsstörungsrecht bei Ansprüchen gem. §§ 717, 945, 1041 Abs. 4 ZPO, §§ 812 ff., 823 ff., 985 ff., 1227 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Negatorische Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Negatorisch geschützte Rechte . . . . . . . . . . . . . . . b) Beeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsanmaßung und Bestreiten von Rechten . . . . bb) Erwirkung und Umsetzung einer Interventionsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Duldungspflicht und Rechtswidrigkeit. . . . . . . . . . . d) Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch. . . . . . . . . aa) Beseitigungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unterlassungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Negatorische Ansprüche als Schuldverhältnis i. S. v. § 280 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Beseitigungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unterlassungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Folgen der Anwendung von § 280 Abs. 1 BGB bei negatorischen Unterlassungsansprüchen . . bbb) Widerspruch zum gesetzlichen Anspruchssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ccc) Rechtsfortbildung durch teleologische Reduktion von § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB . . . . . 3. Duldungspflicht mithaftender Intervenienten . . . . . . . . IV. Gesetzliche Schutzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vollstreckungszugriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsanmaßung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schutzpflichten befürwortende Stimmen . . . . . . . . . b) Konsequenzen bei rechtsanmaßender Intervention . . . . aa) Anspruchsumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Grundlage der Schutzpflicht . . . . . . . . . . . . . . c) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unberührtheit der Leistungstreuepflicht; Begründungsbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . bb) Allgemeinheit der Vorprüfungspflicht. . . . . . . . .

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XXV

Inhaltsverzeichnis

cc) Vorrang der Wahrung eigener Interessen . . . . dd) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Prozessrechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Prozessrechtsverhältnis als rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schuldverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Sonderverbindung ohne Leistungspflichten. . . aaa) Gesteigerter sozialer Kontakt . . . . . . . bbb) Gewährung und Inanspruchnahme von Vertrauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ccc) Erweiterung des Integritätsschutzes und Schadensersatzsanktion . . . . . . . . . . . 4. Vollstreckungsrechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff, Struktur und Inhalt . . . . . . . . . . . . . . b) Sonderverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Befürwortende Stimmen . . . . . . . . . . . . . bb) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Dritter Hauptteil: Haftung gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger wegen unbegründeter Geltendmachung von Pfand- und Vorzugsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

547

Siebzehntes Kapitel: Geltendmachung von Pfand- und Vorzugsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

549

A. B. C. D.

549 550 552 553

Außergerichtliche Rechtsverfolgung Prozessuale Rechtsverfolgung . . . . Schiedsrechtliche Rechtsverfolgung. Rechtskraft . . . . . . . . . . . . . .

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Achtzehntes Kapitel: Haftung wegen unbegründeter Geltendmachung von Pfand- und Vorzugsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Haftung der Intervenientensicherheit. . . . . . . . . . . . . . . . . B. Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren und Recht auf Irrtum bei der Vorzugsintervention . . . . . . . . . C. Verschuldenshaftung und Vertretenmüssen . . . . . . . . . . . . . D. Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen . . . . . . . . I. Interventionswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schaden des Vollstreckungsgläubigers . . . . . . . . . . . . . . III.Verschiebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

555 555 555 556 556 556 557 557

XXVI

Inhaltsverzeichnis

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Ergebnisse und Thesen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

571

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

577

Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

601

E. F. G.

H.

J.

1. Interventionswirkung „für den Intervenienten“ . . 2. Den Erlös betreffende Verschiebungen . . . . . . . Vertragliche Ansprüche und Ansprüche auf vertraglicher Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung . . . . . . . Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und Delikt . . . . . . . . I. Eigentümer-Besitzer Verhältnis . . . . . . . . . . . . . II. Delikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verletzung von Rechten und Rechtsgütern . . . . . 2. Schutzgesetzverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung . . . . . . . 4. Schaden und Mitverschulden . . . . . . . . . . . . . Ungerechtfertigte Bereicherung . . . . . . . . . . . . . . . I. Etwas erlangt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers . . . . . . . III.Ohne Rechtsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Anspruchsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schadensersatzansprüche wegen Leistungsstörung . . . . I. Vertragliche primäre Leistungspflichten . . . . . . . . II. Gesetzliche primäre Leistungspflichten . . . . . . . . III.Gesetzliche Schutzpflichten . . . . . . . . . . . . . . .

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Abkürzungsverzeichnis

a. A. a.a.O. a. E. a. F. abl. Abs. AcP AG AK AktG allg. Alt. AnfG Anh. Anm. AnwBl ArbG ArbGG arg. Art. AT Aufl. BAG BayObLG BB Bearb. Beil. Beschl. betr. BetrVG Bf. BGB BGBl. BGH BGHZ Bsp. BT-Drucks BVerfG bzw.

Andere Ansicht am angegebenen Ort am Ende alte Fassung ablehnend Absatz Archiv für die civilistische Praxis (Zeitschrift) Amtsgericht Alternativkommentar Aktiengesetz allgemein Alternative Anfechtungsgesetz Anhang Anmerkung Anwaltsblatt (Zeitschrift) Arbeitsgericht Arbeitsgerichtsgesetz argumentum Artikel Allgemeiner Teil Auflage Bundesarbeitsgericht Bayerisches Oberstes Landesgericht Der Betriebs-Berater (Zeitschrift) Bearbeitung Beilage Beschluss betreffend Betriebsverfassungsgesetz Beschwerdeführer Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (Entscheidungssammlung) Beispiel Drucksachen des Deutschen Bundestages Bundesverfassungsgericht beziehungsweise

XXVIII cic CPO d. h. DAR DB ders. DGVZ DRiZ E EGBGB Einf. Einl. ErbbauVO EWiR f., ff. FamRZ FGPrax Fn. GBO gem. GenG GG ggf. GKG GmbH GmbHG GmbHR Gruch. GRUR GVG GVGA GvKostG GWG h.M. Halbs. HE HGB HintO HRR Hrsg. i.E. i. e. S. i.d.R. i. S. i. S. v. i. V. m. i. w. S. InsO InVo

Abkürzungsverzeichnis

culpa in contrahendo Civilprozeßordnung das heißt Deutsches Autorecht (Zeitschrift) Der Betrieb (Zeitschrift) derselbe Deutsche Gerichtsvollzieher-Zeitung (Zeitschrift) Deutsche Richterzeitung (Zeitschrift) Entwurf Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche Einführung Einleitung Erbbaurechtsverordnung Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) folgende Zeitschrift für das gesamte Familienrecht (Zeitschrift) Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zeitschrift) Fußnote Grundbuchordnung gemäß Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Grundgesetz gegebenenfalls Gerichtskostengesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau (Zeitschrift) Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts (Zeitschrift) Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Zeitschrift) Gerichtsverfassungsgesetz Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher Gesetz über Kosten der Gerichtsvollzieher Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz) herrschende Meinung Halbsatz Höchstrichterliche Entscheidungen (Entscheidungssammlung) Handelsgesetzbuch Hinterlegungsordnung Höchstrichterliche Rechtsprechung (Entscheidungssammlung) Herausgeber Im Ergebnis im engeren Sinne in der Regel im Sinne im Sinne von in Verbindung mit im weiteren Sinne Insolvenzordnung Insolvenz und Vollstreckung (Zeitschrift)

Abkürzungsverzeichnis

JA JBeitrO JBl jew. JR JurBüro JuS JW JZ KG Kap. Kfz KTS LAG LG LM LMK LZ m m. m. w. N. MDR Mitt MüKo N. n.v. NJW NJW-RR Nr. o.V. OHG OLG OLGR OLGRspr. OLGZ pp. pVV Red. RegE RG RGRK RGZ RdNr., Rn. Rpfleger RpflG

XXIX

Juristische Arbeitsblätter (Zeitschrift) Justizbeitreibungsordnung Juristische Blätter (Zeitschrift) jeweils Juristische Rundschau (Zeitschrift) Das juristische Büro (Zeitschrift) Juristische Schulung (Zeitschrift) Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Juristenzeitung (Zeitschrift) Kammergericht Kapitel Kraftfahrzeug Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen (Zeitschrift) Landesarbeitsgericht Landgericht Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs (Entscheidungssammlung) Kommentierte BGH-Rechtsprechung Lindenmaier-Möhring (Zeitschrift) Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht (Zeitschrift) Meter mit mit weiteren Nachweisen Monatsschrift für Deutsches Recht (Zeitschrift) Mitteilungen der deutschen Patentanwälte (Zeitschrift) Münchener Kommentar Nachweis nicht veröffentlicht Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) NJW-Rechtsprechungs-Report (Entscheidungssammlung) Nummer ohne Verfasserangabe Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht OLG-Report: Zivilsrechtsprechung der Oberlandesgerichte (Entscheidungssammlung) Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Zivilrechts (Entscheidungssammlung) Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen einschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Entscheidungssammlung) perge, perge positive Vertragsverletzung Redaktion Regierungsentwurf Reichsgericht Reichsgerichtsrätekommentar Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (Entscheidungssammlung) Randnummer Der Deutsche Rechtspfleger (Zeitschrift) Rechtspflegergesetz

XXX Rt-Drucks. S. sc. SchuldRModG SeuffArch sog. SpuRt StGB str. StudK u. a. Urt. usw. v. Verf. VersR vgl. Vorbem. WEG WG WM WpHG WRP WuB z. B. z.Zt. ZfS ZHR ZIP zit. ZPO, dZPO ZRP zust. ZV ZVG ZwVerst. ZwVerw. ZZP

Abkürzungsverzeichnis

Drucksachen des Reichstages Seite, Siehe scilicet Schuldrechtsmodernisierungsgesetz Seufferts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten (Entscheidungssammlung) sogenannt Zeitschrift für Sport und Recht (Zeitschrift) Strafgesetzbuch strittig Studienkommentar unter anderem Urteil und so weiter vom, von, vor Verfasser Versicherungsrecht (Zeitschrift) vergleiche Vorbemerkung Wohnungseigentumsgesetz Wechselgesetz Wertpapier-Mitteilungen (Zeitschrift) Gesetz über den Wertpapierhandel Wettbewerb in Recht und Praxis (Zeitschrift) Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht (Entscheidungssammlung) zum Beispiel zur Zeit Zeitschrift für Schadensrecht (Zeitschrift) Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) zitiert Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik (Zeitschrift) zustimmend Zwangsvollstreckung Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung Zwangsversteigerung Zwangsverwaltung Zeitschrift für Zivilprozeß (Zeitschrift)

Rechtsprechungsverzeichnis I. Bundesverfassungsgericht Beschl. v. 08. 01. 2004 – 1 BvR 864/03, NJW 2004, 1371 Beschl. v. 28. 08. 2003 – 1 BvR 2194/02, NJW 2004, 354 Beschl. v. 12. 02. 1992 – 1 BvL 1/89, BVerfGE 85, 337 Beschl. v. 18. 10. 1989 – 1 BvR 1013/89, JR 1990, 102 m. Anm. Kluth, JR 1990, 104 Beschl. v. 28. 02. 1989 – 1 BvR 649/88, BVerGE 79, 372 Beschl. v. 25.02. 1987 – 1 BvR 1086/85, BVerfGE 74, 257 Beschl. v. 11. 02. 1987 – 1 BvR 475/85, BVerfGE 74, 228 Urt. v. 11. 06. 1980 – 1 PbvU 1/79, NJW 1981, 39 Beschl. v. 11. 10. 1978 – 1 BvR 84/74, BVerfGE 49, 304 Beschl. v. 09. 08. 1978 – 2 BvR 831/76, NJW 1979, 151 Beschl. v. 12. 01. 1960 – 1 BvL 17/59, BVerfGE 10, 264

II. Bundesgerichtshof Urt. v. 26. 10. 2006 – IX ZR 147/04, WM 2007, 27 Urt. v. 25. 10. 2006 – VIII ZR 102/06, NJW 2007, 428 m. Anm. Klees, NJW 2007, 431 Urt. v. 21. 12. 2005 – X ZR 72/04, BGHZ 165, 311 m. Anm. Haedicke, JZ 2006, 578 Urt. v. 24. 10. 2005 – II ZR 329/03, NJW 2006, 689 Beschl. v. 15. 07. 2005 – GSZ 1/04, BGHZ 164, 1 m. Anm. Faust, JZ 2006, 365 Urt. v. 12. 11. 2004 – V ZR 322/03, Rpfleger 2005, 135 m. Anm. Demharter, Rpfleger 2005, 185 Beschl. v. 12.08. 2004 – I ZR 98/02, ZIP 2004, 1919 m. Anm. Lindacher, EWiR 2004, 1123 Beschl. v. 19. 05. 2004 – IXa ZB 224/03, NJW 2004, 2452 Beschl. v. 21. 04. 2004 – XI ZB 279/03, InVo 2004, 368 Urt. v. 16. 03. 2004 – XI ZR 335/02, BGHZ 158, 286 m. Anm. Pohlmann, LMK 2004, 174; K. Schmidt, JuS 2005, 274 Beschl. v. 12. 12. 2003 – IX ZR 120/02, BGHZ 157, 195 Urt. v. 27. 11. 2003 – IX ZR 310/00, InVo 2004, 331 m. Anm. Walker, WuB VI E. – § 771 – ZPO 2.04 Urt. v. 11. 11. 2003 – VI ZR 371/02, NJW 2004, 446 m. Anm. Diehl, ZfS 2004, 111 Urt. v. 11. 04. 2003 – V ZR 323/02, InVo 2003, 447 Urt. v. 25. 03. 2003 – VI ZR 175/02, BGHZ 154, 269 = NJW 2003, 1934 m. Anm. Bernsau, LMK 2003, 136; Lange, WuB IV A. – § 826 BGB – 1.03 Urt. v. 16. 04. 2002 – VI ZR 227/01, NJW 2002, 2232 Urt. v. 07. 03. 2002 – IX ZR 293/00, InVo 2002, 333 Urt. v. 12. 12. 2001 – IV ZR 47/01, WM 2002, 279 Urt. v. 26. 06. 2001 – IX ZR 209/98, BGHZ 148, 175 Urt. v. 10. 05. 2001 – XII ZR 60/99, ZIP 2001, 1329

XXXII

Rechtsprechungsverzeichnis

Urt. v. 18. 12. 1997 – I ZR 79/95, NJW 1998, 2144 Urt. v. 03. 07. 1997 – IX ZR 122/96, JR 1998, 282 m. Anm. Probst, JR 1998, 286 Beschl. v. 28. 11. 1996 – III ZR 45/96, NJW-RR 1997, 778 Urt. v. 12. 03. 1996 – VI ZR 12/95, BGHZ 132, 164 Urt. v. 21. 12. 1995 – V ZB 4/94, BGHZ 131, 346 Urt. v. 14. 12. 1995 – I ZR 210/93, BGHZ 131, 308 Urt. v. 30. 11. 1995 – IX ZR 115/94, BGHZ 131, 233 m. Anm. Walker, EWiR 1996, 237 Urt. v. 02. 11. 1995 – IX ZR 141/94, BGHZ 131, 141 m. Anm. Gleußner, MDR 1996, 453 Urt. v. 12. 07. 1995 – I ZR 176/93, BGHZ 130, 288 Urt. v. 24. 06. 1994 – V ZR 19/93, NJW 1994, 2755 Urt. v. 05. 04. 1993 – VI ZR 81/92, NJW 1993, 2992 Urt. v. 01. 04. 1993 – I ZR 70/91, NJW 1993, 2685 Urt. v. 20. 11. 1992 – V ZR 279/91, BGHZ 120, 261 Urt. v. 02. 07. 1992 – IX ZR 274/91, BGHZ 119, 75 Urt. v. 16. 06. 1992 – XI ZR 302/90, NJW-RR 1992, 1339 Urt. v. 12. 05. 1992 – VI ZR 257/91, BGHZ 118, 201 = NJW 1992, 2014 Urt. v. 26. 03. 1992 – IX ZR 108/91, NJW 1992, 2297 Urt. v. 12. 02. 1992 – XII ZR 7/91, BGHZ 117, 200 Urt. v. 28. 11. 1991 – I ZR 297/89, NJW-RR 1992, 998 Urt. v. 17. 09. 1991 – VI ZR 2/91, VersR 1991, 1293 Urt. v. 23. 10. 1990 – VI ZR 105/90, BGHZ 112, 345 Urt. v. 15. 03. 1990 – III ZR 131/89, BGHZ 111, 14 Urt. v. 29. 11. 1989 – VIII ZR 228/88, BGHZ 109, 240 Urt. v. 02. 11. 1989 – IX ZR 197/88, BGHZ 109, 171 Urt. v. 10. 10. 1989 – VI ZR 78/89, BGHZ 109, 19 Urt. v. 10. 10. 1989 – KZR 22/88, NJW 1990, 1531 Urt. v. 27. 09. 1989 – IV a ZR 156/88, NJW-RR 1990, 160 Urt. v. 08. 06. 1989 – IX ZR 234/87, NJW 1989, 2542 Urt. v. 13. 04. 1989 – IX ZR 148/88, NJW 1990, 122 Urt. v. 09. 03. 1989 – I ZR 189/86, BGHZ 107, 117 Urt. v. 02. 11. 1988 – IV b ZR 102/87, BGHZ 105, 365 Urt. v. 07. 06. 1988 – IX ZR 278/87, JZ 1988, 977 m. Anm. Stolz, JZ 1988, 979 Urt. v. 26. 05. 1987 – IX ZR 201/86, NJW 1988, 495 Urt. v. 25. 02. 1987 – VIII ZR 47/86, BGHZ 100, 95 Urt. v. 05. 02. 1987 – IX ZR 161/85, BGHZ 100, 36 Urt. v. 03. 02. 1987 – VI ZR 32/86, BGHZ 100, 13 Urt. v. 30. 01. 1987 – V ZR 32/86, BGHZ 99, 385 Urt. v. 03. 12. 1986 – IV b ZR 80/85, BGHZ 99, 143 m. Anm. Schwab, ZZP 100 (1987), 456 Urt. v. 09. 10. 1986 – I ZR 158/84, NJW-RR 1987, 288 Urt. v. 10. 06. 1986 – VI ZR 154/85, NJW 1986, 2502 Urt. v. 30. 04. 1986 – VIII ZR 112/85, NJW 1986, 2243 Urt. v. 29. 04. 1986 – IX ZR 163/85, BGHZ 98, 6 Urt. v. 20. 03. 1986 – IX ZR 42/85, JZ 1986, 686 m. Anm. Baumgärtel, JZ 1986, 688 Urt. v. 23. 05. 1985 – IX ZR 132/84, BGHZ 95, 10 = NJW 1985, 1959 m. Anm. Gerhardt, JR 1985, 511; Messer, WuB VI E. – § 717 Abs. 2 ZPO – 1.85 Urt. v. 19. 04. 1985 – V ZR 152/83, BGHZ 94, 160 Urt. v. 19. 12. 1984 – IVb ZR 51/83, BGHZ 93, 183 Urt. v. 30. 10. 1984 – VI ZR 25/83, NJW 1985, 3080

Rechtsprechungsverzeichnis

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Urt. v. 24. 10. 1984 – IV b ZR 43/83, NJW 1985, 486 Urt. v. 09. 05. 1984 – IVb ZR 7/83, NJW 1984, 2095 Urt. v. 11. 01. 1984 – VIII ZR 255/82, BGHZ 89, 296 Urt. v. 26. 01. 1983 – IV b ZR 351/81, NJW 1983, 2318 Urt. v. 19. 01. 1983 – VIII ZR 315/81, NJW 1983, 1111 Urt. v. 05. 10. 1982 – VI ZR 31/81, BGHZ 85, 110 m. Anm. Gerhardt, JR 1983, 247 Urt. v. 02. 06. 1981 – VI ZR 28/80, NJW 1981, 2184 Urt. v. 13. 05. 1981 – VIII ZR 117/80, NJW 1981, 1835 m. Anm. K. Schmidt, JuS 1982, 137 Urt. v. 05. 05. 1981 – VI ZR 184/79, BGH LM BGB § 823 (Ah) Nr. 74 Urt. v. 23. 02. 1981 – II ZR 123/80, WM 1981, 648 Urt. v. 23. 09. 1980 – VI ZR 165/78, BGHZ 78, 127 Urt. v. 15. 05. 1979 – VI ZR 230/76, BGHZ 74, 281 Urt. v. 20. 03. 1979 – VI ZR 30/77, BGHZ 75, 1 = NJW 1980, 189 Urt. v. 13. 03. 1979 – VI ZR 117/77, BGHZ 74, 9 m. Anm. Emmerich, JuS 1979, 743 Urt. v. 20. 11. 1978 – VIII ZR 201/77, BGHZ 72, 334 Urt. v. 09. 10. 1978 – VIII ZR 176/77, NJW 1979, 42 Urt. v. 16. 06. 1978 – V ZR 73/77, NJW 1978, 2157 Urt. v. 23. 11. 1977 – VIII ZR 107/76, NJW 1978, 426 Urt. v. 25. 10. 1977 – VI ZR 166/75, BGHZ 69, 373 Urt. v. 18. 10. 1977 – VI ZR 171/76, NJW 1978, 751 Urt. v. 28. 09. 1977 – VIII ZR 51/77, BGHZ 69, 270 Urt. v. 14. 06. 1977 – VI ZR 111/75, NJW 1977, 1681 Urt. v. 31. 03. 1977 – VII ZR 336/75, BGHZ 68, 276 Urt. v. 19. 01. 1977 – VIII ZR 42/75, JR 1978, 18 m. Anm. Baumgärtel/Wittmann, JR 1978, 20 Urt. v. 08. 12. 1976 – VIII ZR 108/75, BGHZ 67, 378 = NJW 1977, 384 m. Anm. Merz, LM HGB § 346 (Ea) Nr. 20 Urt. v. 28. 09. 1976 – VI ZR 113/76, JZ 1977, 178 Urt. v. 09. 06. 1976 – VIII ZR 19/75, BGHZ 66, 394 Urt. v. 13. 01. 1976 – VI ZR 41/75, NJW 1976, 568 Urt. v. 26. 11. 1975 – VIII ZR 112/74, NJW 1976, 238 Urt. v. 09. 10. 1975 – III ZR 31/73, NJW 1977, 38 Beschl. v. 16. 04. 1975 – V ZB 22/74, BGHZ 64, 194 Urt. v. 27. 02. 1975 – II ZR 111/72, BGHZ 64, 52 Urt. v. 12. 12. 1974 – III ZR 76/70, BGHZ 63, 319 Urt. v. 12. 12. 1974 – IV ARZ 9/75, WM 1976, 134 Urt. v. 29. 10. 1974 – VI ZR 168/73, BGHZ 63, 189 Urt. v. 08. 04. 1974 – KZR 6/73, NJW 1974, 1903 Urt. v. 18. 12. 1973 – VI ZR 113/71, BGHZ 62, 54 Urt. v. 11. 12. 1973 – X ZR 14/70, BGHZ 62, 29 m. Anm. Blaurock, JZ 1974, 620 Urt. v. 04. 12. 1973 – VI ZR 213/71, BGHZ 62, 7 Urt. v. 18. 10. 1973 – VII ZR 8/73, BGHZ 61, 289 Urt. v. 14. 11. 1972 – VI ZR 102/71, DB 1973, 813 Urt. v. 07. 03. 1972 – VI ZR 169/70, NJW 1972, 1045 Urt. v. 07. 03. 1972 – VI ZR 158/70, BGHZ 58, 207 m. Anm. Bähr, JuS 1972, 475; Henckel, JZ 1973, 32; Pehle, LM ZPO § 771 Nr. 8 Urt. v. 24. 02. 1972 – VII ZR 207/70, BGHZ 58, 184 Urt. v. 14. 10. 1971 – VII ZR 313/69, BGHZ 57, 137 Urt. v. 13. 07. 1971 – VI ZR 125/70, BGHZ 57, 25

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Urt. v. 13. 07. 1971 – VI ZR 275/69, NJW 1971, 1749 Urt. v. 05. 07. 1971 – II ZR 176/68, BGHZ 56, 339 Urt. v. 25. 02. 1971 – III ZR 122/67, MDR 1971, 378 Urt. v. 07. 01. 1971 – VII ZR 9/70, BGHZ 55, 128 m. Anm. Canaris, JZ 1971, 560; Medicus, FamRZ 1971, 250 Urt. v. 24. 11. 1970 – VI ZR 70/69, NJW 1971, 284 Urt. v. 11. 11. 1970 – VIII ZR 242/68, BGHZ 55, 20 Urt. v. 07. 10. 1970 – VIII ZR 207/68, BGHZ 54, 319 Urt. v. 01. 10. 1970 – VII ZR 171/68, WM 1970, 1513 Urt. v. 17. 12. 1969 – VIII ZR 10/68, LM BGB § 812 Nr. 90 = NJW 1970, 463 Urt. v. 12. 03. 1969 – VIII ZR 118/67, BB 1969, 464 Urt. v. 03. 12. 1968 – VI ZR 140/67, NJW 1969, 463 Urt. v. 30. 05. 1968 – VII ZR 2/66, BGHZ 50, 227 Urt. v. 03. 02. 1967 – VI ZR 115/65, JZ 1967, 639 m. Anm. Deutsch, JZ 1967, 641 Urt. v. 13. 07. 1965 – VI ZR 70/64, NJW 1965, 1803 Urt. v. 15. 06. 1965 – VI ZR 35/64, WM 1965, 863 Urt. v. 19. 11. 1964 – VII ZR 8/63, BGHZ 42, 313 Urt. v. 17. 11. 1964 – VI ZR 181/63, NJW 1965, 294 Urt. v. 27. 04. 1964 – III ZR 128/63, VersR 1964, 749 Urt. v. 24. 03. 1964 – VI ZR 33/63, NJW 1964, 1363 Urt. v. 31. 10. 1963 – VII ZR 285/61, BGHZ 40, 272 Urt. v. 31. 01. 1963 – III ZR 138/61, NJW 1963, 853 Urt. v. 18. 12. 1962 – I ZR 54/61, BGHZ 38, 356 Urt. v. 05. 11. 1962 – I ZR 39/61, BGHZ 38, 200 m. Anm. Moser v. Filseck, GRUR 1963, 260 Urt. v. 24. 10. 1962 – V ZR 27/61, WM 1963, 219 Urt. v. 10. 10. 1962 – V ZR 189/60, NJW 1963, 154 Urt. v. 15. 03. 1962 – III ZR 17/61, VersR 1962, 548 Urt. v. 19. 02. 1962 – III ZR 200/60, BGHZ 36, 344 Urt. v. 14. 11. 1961 – VI ZR 89/59, NJW 1962, 243 m. Anm. Weitnauer, JZ 1962, 489 Urt. v. 03. 10. 1961 – VI ZR 242/60, BGHZ 36, 18 m. Anm. Baur, JZ 1962, 95; Hauss, LM BGB § 823 (Ai) Nr. 18 Urt. v. 15. 05. 1961 – VII ZR 181/59, BGHZ 35, 165 Beschl. v. 19. 12. 1960 – GZS 1/60, BGHZ 34, 99 Urt. v. 25. 02. 1960 – II ZR 125/58, BGHZ 32, 76 Urt. v. 22. 12. 1959 – VI ZR 175/58, BGHZ 31, 308 Urt. v. 14. 10. 1959 – V ZR 101/59, BGHZ 31, 77 Urt. v. 25. 05. 1959 – III ZR 39/58, BGHZ 30, 123 m. Anm. Pagendarm, LM ZPO § 945 Nr. 3 Urt. v. 05. 05. 1959, VIII ZR 180/58, KTS 1959, 156 Urt. v. 22. 04. 1958 – I ZR 67/57, BGHZ 27, 264 Urt. v. 22. 01. 1958 – V ZR 27/57, BGHZ 26, 256 Urt. v. 08. 10. 1957 – VI ZR 212/56, NJW 1957, 1926 = VersR 1957, 753 Urt. v. 19. 09. 1957 – VII ZR 423/56, NJW 1957, 1759 Beschl. v. 04. 03. 1957 – GSZ 1/56, BGHZ 24, 21 Urt. v. 10. 03. 1956 – IV ZR 336/55, BGHZ 20, 198 Urt. v. 07. 03. 1956 – V ZR 106/54, BGHZ 20, 169 Urt. v. 23. 02. 1956 – II ZR 207/54, BGHZ 20, 109 Urt. v. 18. 01. 1956 – VI ZR 327/54, VersR 1956, 176 Urt. v. 18. 05. 1955 – I ZR 8/54, BGHZ 17, 266

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Urt. v. 28. 02. 1955 – III ZR 136/54, BGHZ 16, 366 Urt. v. 29. 01. 1955 – IV ZR 125/54, NJW 1955, 671 Urt. v. 10. 07. 1954 – VI ZR 120/53, BGHZ 14, 222 Urt. v. 05. 11. 1953 – IV ZR 95/53, BGHZ 11, 37 Urt. v. 28. 10. 1953 – II ZR 78/53, BGHZ 11, 16 Urt. v. 03. 06. 1953 – II ZR 236/52, NJW 1953, 1426 Urt. v. 01. 06. 1953 – IV ZR 196/52, LM ZPO § 771 Nr. 2 Urt. v. 09. 04. 1953 – III ZR 77/52, BGHZ 9, 209 Urt. v. 20. 06. 1952 – V ZR 34/51, BGHGZ 6, 330 Urt. v. 06. 03. 1952 – IV ZR 80/51, BGHZ 5, 240 Urt. v. 28. 06. 1951 – IV ZR 93/50, BGHZ 2, 379 Urt. v. 19. 06. 1951 – I ZR 77/50, BGHZ 2, 394 Urt. v. 27. 02. 1951 – I ZR 51/50, BGH LM ZPO § 926 Nr. 1 Urt. v. 09. 02. 1951 – I ZR 35/50, NJW 1951, 398

III. Reichsgericht Urt. v. 03. 10. 1941 – I 32/41, GRUR 1942, 54 Urt. v. 05. 01. 1940 – VII 80/39, HRR 1940 Nr. 419 Urt. v. 17. 08. 1939 – V 49/39, RGZ 161, 109 Urt. v. 28. 03. 1939 – I 221/38, GRUR 1939, 787 Urt. v. 21. 01. 1938 – VII 106/37, RGZ 156, 395 Urt. v. 15. 01. 1938 – VI 190/37, RGZ 157, 14 Urt. v. 16. 11. 1935 – I 59/35, RGZ 149, 321 Urt. v. 25. 06. 1935 – II 264/34, RGZ 148, 225 Urt. v. 21. 01. 1935 – IV 261/34, RGZ 146, 334 Urt. v. 09. 11. 1934 – VII 185/34, RGZ 145, 328 Urt. v. 02. 02. 1934 – VII 284/33, RGZ 143, 275 Urt. v. 08. 01. 1934 – VI 274/33, RGZ 143, 118 Urt. v. 23. 06. 1933 – II 34/33, RGZ 141, 266 Urt. v. 19. 06. 1933 – IV 116/33, RGZ 141, 194 Urt. v. 20. 02. 1933 – VIII 474/32, HRR 1933 Nr. 1541 Urt. v. 06. 04. 1932 – IX 306/31, RGZ 140, 392 Urt. v. 06. 03. 1931 – II 281/1930, GRUR 1931, 640 Urt. v. 21. 01. 1931 – IX 337/30, RGZ 131, 185 Urt. v. 22. 09. 1930 – IV 493/29, RGZ 130, 23 Urt. v. 09. 10. 1929 – I 63/29, RGZ 125, 391 Urt. v. 06. 11. 1928 – VI 222/28, RGZ 122, 320 Urt. v. 24. 05. 1928 – VI 193/27, RGZ 121, 180 Urt. v. 29. 10. 1927 – I 88/27, RGZ 118, 288 Urt. v. 04. 06. 1926 – VI 518/25, LZ 1926, 1013 Urt. v. 02. 01. 1926 – V 479/25, RGZ 112, 260 Urt. v. 22. 12. 1924 – IV 470/24, HRR 1925 Nr. 141 Urt. v. 14. 12. 1923 – VII 169/23, RGZ 108, 260 Urt. v. 06. 11. 1923 – III 344/23, RGZ 108, 253 Urt. v. 12. 02. 1923 – IV 304/22, RGZ 106, 289 Urt. v. 21. 12. 1921 – V 539/21, RGZ 103, 352 Urt. v. 17. 02. 1921 – VI 473/20, RGZ 101, 335 Urt. v. 14. 10. 1919 – VII 92/19, RGZ 96, 335

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Urt. v. 10. 01. 1919 – II 220/18, RGZ 94, 271 Urt. v. 04. 10. 1918 – III 139/18, RGZ 94, 5 Urt. v. 12. 04. 1918 – III 496/17, RGZ 92, 376 Urt. v. 19. 11. 1914 – V 257/14, RGZ 86, 36 Urt. v. 05. 02. 1913 – V 408/12, RGZ 81, 288 Urt. v. 10. 01. 1913 – VII 30/12, RGZ 81, 190 Urt. v. 21. 12. 1912 – V 361/12, RGZ 81, 146 Urt. v. 26. 01. 1912 – VII 362/11, RGZ 78, 202 Urt. v. 24. 11. 1911 – VII. 615/10, JW 1912, 201 Nr. 28 Urt. v. 30. 09. 1911 – VI 438/10, JW 1911, 978 Urt. v. 29. 06. 1911 – VI 336/10, RGZ 77, 24 Urt. v. 09. 02. 1911 – VI 699/09, JW 1911, 368 Nr. 25 Urt. v. 08. 10. 1910 – IV 638/09, RGZ 74, 249 Urt. v. 03. 11. 1908 – III 44/08, RGZ 70, 25 Urt. v. 10. 01. 1908 – VII 203/07, RGZ 67, 310 Urt. v. 07. 12. 1905 – IV 286/05, SeuffArch 61 (1906), 206 = JW 1906, 89 = Gruch 50, 1105 Urt. v. 07. 11. 1905 – VII 53/05, RGZ 61, 430 Urt. v. 31. 01. 1905 – VII 321/04, RGZ 60, 70 Urt. v. 05. 01. 1905 – VI 38/04, RGZ 60, 6 Urt. v. 19. 12. 1904 – VI 36/04, RGZ 59, 355 Urt. v. 06. 06. 1904 – VI 444/03, RGZ 58, 236 Urt. v. 18. 03. 1904 – VII 575/03, RGZ 57, 323 Urt. v. 27. 02. 1904 – I 418/03, RGZ 58, 24 Urt. v. 28. 04. 1903 – VII 32/03, RGZ 55, 140 Urt. v. 09. 02. 1903 – VI 331/1902, Gruch 47, 659 Urt. v. 02. 02. 1901 – V 331/00, RGZ 48, 293 Urt. v. 02. 12. 1899 – I 381/99, JW 1900, 80 Nr. 23 Urt. v. 05. 07. 1897 – VI 207/97, RGZ 39, 94 Urt. v. 27. 08. 1896 – IV 146/96, RGZ 37, 430 Urt. v. 02. 02. 1893 – VI 262/92, RGZ 30, 418 Beschl. v. 20. 11. 1890 – VI 127/90, RGZ 27, 364 Urt. v. 17. 10. 1890 – III 107/90, RGZ 26, 204 Urt. v. 18. 02. 1890 – III 304/89, RGZ 25, 396 Urt. v. 11. 01. 1890 – I 283/89, RGZ 25, 373 Urt. v. 17. 12. 1884 – V 166/84, RGZ 12, 394 Urt. v. 08. 02. 1883 – IV 342/82, RGZ 8, 397 Urt. v. 20. 09. 1882 – I 266/82, RGZ 7, 374

IV. Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschl. v. 06. 05. 1999 – 22 BR 47/99, InVo 1999, 321 Beschl. v. 15. 02. 1996 – 2Z BR 17/96, InVo 1996, 216 Beschl. v. 23. 04. 1987 – BReg. 2 Z 134/86, NJW-RR 1987, 1040

V. Kammergericht, Oberlandesgerichte KG, Urt. v. 03. 06. 2002 – 23 U 1267/00 (n.v.) KG, Beschl. v. 14. 04. 1987 – 21 W 1899/87, Rpfleger 1987, 510

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KG, Beschl. v. 02. 12. 1977 – 1 W 1349/77, NJW 1978, 1440 KG, Urt. v. 01. 12. 1972 – 9 U 473/72, NJW 1973, 860 KG, Urt. v. 09. 06. 1928 – 5 U 3415/28, JW1929, 149 m. Anm. Oertmann, JW 1929, 149 KG, Beschl. v. 09. 01. 1922 – 17 W 29/22, JW 1922, 1047 m. Anm. Oertmann, JW 1922, 1047 OLG Bamberg, Urt. v. 18. 12. 1915 – L 33/15, SeuffArch 71 (1916), 296 OLG Brandenburg, Beschl. v. 04. 11. 1994 – 5 Wx 50/94, MDR 1995, 745 OLG Braunschweig, 2. Senat, Urt. v. 18. 06. 1903 i. S. Frerichs w. Gemeinde Evessen, SeuffArch 59 (1904), 156 OLG Celle, Beschl. v. 07. 01. 2003 – 4 W 240/02, InVo 2004, 27 OLG Celle, Beschl. v. 10. 06. 1960 – 8 U 25/60, NJW 1960, 2196 OLG Dresden, Beschl. v. 24. 03. 1937, 6 W 44/37, HRR 1937 Nr. 1130 OLG Düsseldorf, Urt. v. 01. 02. 2002 – 16 U 1/01, NJW-RR 2003, 566 OLG Düsseldorf, Urt. v. 11. 01. 2001 – 14 U 111/00, OLGR Düsseldorf 2001, 302 OLG Düsseldorf, Urt. v. 08. 12. 1999 – 11 U 23/99, GmbHR 2000, 283 m. Anm. Emde, GmbHR 2000, 285 OLG Düsseldorf, Urt. v. 16. 12. 1998 – 11 U 33/98, InVo 1999, 354 OLG Düsseldorf, Urt. v. 18. 04. 1997 – 22 U 238/96, WM 1997, 1593 m. Anm. Brehm, WuB VI F – § 57c ZVG – 1.98 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01. 06. 1989 – 1 Ws 456/89, NJW 1989, 2901 OLG Düsseldorf, Urt. v. 21. 05. 1969 – U 134/68, AnwBl 1969, 446 OLG Frankfurt, Urt. v. 18. 05. 2000 – 13 W 29/00, NJW-RR 2000, 1117 OLG Frankfurt, Beschl. v. 12. 01. 1978 – 20 W 909/77, Rpfleger 1978, 267 OLG Frankfurt, Urt. v. 16. 10. 1954 – 3 U 166/53, MDR 1954, 686 OLG Hamburg, Urt. v. 19. 09. 2002 – 3 U 54/99, NJW-RR 2003, 857 OLG Hamburg, Beschl. v. 18. 10. 2000 – 2 Wx 120/98, FGPrax 2001, 60 OLG Hamburg, Urt. v. 20. 06. 1990 – 12 U 37/90, NJW-RR 1991, 382 OLG Hamburg, Urt. v. 07. 06. 1984 – 6 U 4/84, MDR 1984, 940 OLG Hamburg, Beschl. v. 17. 05. 1973 – 3 W 32/73, MDR 1974, 52 OLG Hamburg, Urt. v. 25. 07. 1947 – 1 U 44/47, MDR 1947, 266 OLG Hamm, Beschl. v. 05. 02. 2004 – 6 W 11/04, ZfS 2004, 403 OLG Hamm, Urt. v. 15. 05. 1986 – 4 U 326/85, NJW 1987, 138 OLG für Hessen, Kasseler ZS, Beschl. v. 17. 10. 1947 – 2 W 67/47, HE 1947, 47 OLG Jena, Beschl. v. 28. 05. 2002 – 1 W 267/02, InVo 2003, 159 OLG Jena, Urt. v. 08. 11. 1900 – II. ZS, OLGRspr. 2 (1901), 267 OLG Karlsruhe, Urt. v. 07. 12. 1977 – 1 U 210/77, NJW 1978, 274 OLG Koblenz, Urt. v. 08. 02. 2001 – 5 U 433/00 OLG Koblenz, Urt. v. 02. 10. 1979 – 9 U 347/79, NJW 1980, 948 OLG Köln, Urt. v. 31. 05. 1995 – 2 U 182/94, NJW 1996, 1290 OLG Köln, Urt. v. 10. 05. 1991 – 19 U 265/89, VersR 1992, 706 OLG Köln, Urt. v. 28. 02. 1989 – 4 U 39/88, NJW-RR 1989, 1396 OLG Köln, Urt. v. 19. 01. 1977 – 2 U 32/76, VersR 1977, 577 OLG Köln, Urt. v. 27. 11. 1974 – 16 U 124/74, NJW 1975, 454 OLG Köln, Beschl. v. 24. 08. 1967 – 4 W 63/66, JZ 1967, 762 m. Anm. Baur, JZ 1967, 763 OLG Köln, Urt. v. 18. 09. 1964 – 9 U 62/64, MDR 1965, 134 OLG München, Beschl. v. 19. 12. 2000 – 21 W 3174/00, NJW-RR 2001, 765 OLG München, Urt. v. 15. 11. 1988 – 23 U 4324/86, NJW-RR 1989, 1471 = MDR 1989, 552 OLG München, Urt. v. 28. 03. 1985 – 26 U 5082/84, DAR 1985, 382

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OLG München, Beschl. v. 30. 11. 1971 – 8 W 1363/71, MDR 1972, 698 OLG München, Urt. v. 05. 11. 1953 – 3 U 1295/53, NJW 1954, 1124 OLG Nürnberg, Urt. v. 28. 07. 1972 – 6 U 91/71, OLGZ 1973, 45 OLG Stettin, Urt. v. 28. 08. 1925 – 3 U 31/25, ZZP 50 (1926), 411 m. Anm. Pick, ZZP 50 (1926), 412 OLG Stuttgart, Urt. v. 15. 02. 1973 – 10 U 106/72, NJW 1973, 908 OLG Stuttgart, Urt. v. 10. 11. 1967 – 2 U 108/67, BB 1967, 1393 OLG Stuttgart, Urt. v. 07. 09. 1966 – 1 Ss 314/66, NJW 1967, 122 OLG Stuttgart, Beschl. v. 13. 07. 1962 – 2 W 12/62, MDR 1962, 995 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 21. 05. 1999 – 3 W 115/99, InVo 1999, 254

VI. Landgerichte LG Berlin, Urt. v. 04. 11. 1999 – 104 O 118/99 (n.v.) LG Berlin, Urt. v. 06. 12. 1983 – 20 O 410/83, NJW 1984, 1760 LG Berlin, Beschl. v. 19. 08. 1976 – 81 T 308/76, DGVZ 1976, 185 LG Berlin, Urt. v. 18. 01. 1972 – 13 O 106/71, NJW 1972, 1675 m. Anm. Berg, NJW 1972, 1996 LG Berlin, Beschl. v. 07. 07. 1959 – 81 T 409/59, DGVZ 1959, 140 LG Berlin, Urt. v. 28. 04. 1956 – 54 S 39/56, NJW 1956, 1762 LG Dresden, Beschl. v. 11. 04. 1900, ZZP 44 (1914), 274 LG Düsseldorf, Beschl. v. 05. 08. 2003 – 4 O 107/02, Rpfleger 2003, 677 LG Frankfurt, Urt. v. 02. 02. 1982 – 2/16 S 225/81, NJW 1982, 1056 LG Frankfurt, Urt. v. 21. 01. 1980 – 2/24 S 181/79, MDR 1980, 409 LG Hamburg, Urt. v. 03. 12. 1970 – 71 O 281/70, MDR 1971, 851 LG München I, Urt. v. 29. 02. 2000 – 7 O 3106/00, SpuRt 2000, 155 LG Rostock, Beschl. v. 27. 03. 2003 – 2 T 129/03, InVo 2004, 34 LG Zweibrücken, Urt. v. 10. 02. 1998 – 3 S 178/97, NJW-RR 1998, 1105 m. Anm. Wedel, JurBüro 2000, 35

VII. Amtsgerichte AG Bad Homburg, Urt. v. 02. 07. 1986 – 2 C 321/86, MDR 1986, 1028 AG Bonn, Urt. v. 22. 12. 1998 – 12 C 302/98, MDR 1999, 347 m. Anm. Wedel, JurBüro 2000, 35 AG Celle, 1. Senat, Urt. v. 18. 04. 1879 i. S. Graven w. Specht wegen Schadensersatzes, SeuffArch 35 (1880), 12 AG Düren, Urt. v. 07. 09. 2001 – 41 C 359/01, Kammerforum 2002, 200 AG Gummersbach, Urt. v. 02. 11. 2000 – 1 C 358/00, JurBüro 2001, 144 AG Heidelberg, Urt. v. 24. 10. 1968 – 23 C 422/68, MDR 1969, 391 AG Herford, Urt. v. 09. 12. 1980 – 9 C 693/80, JurBüro 1981, Sp. 425 AG Memmingen, Beschl. v. 09. 03. 1988 – M 313/88, DGVZ 1989, 27 AG Münster, Urt. v. 04. 05. 1994 – 48 C 9/94, NJW-RR 1994, 1261

VIII. Bundesarbeitsgericht Urt. v. 23. 09. 1999 – 8 AZR 791/98 (n.v.) Urt. v. 23. 09. 1999 – 8 AZR 792/98 (n.v.)

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Urt. v. 27. 05. 1999 – 8 AZR 322/98 (n.v.) Urt. v. 11. 06. 1997 – 10 AZR 613/96, BAG AP Nr. 1 zu § 291 Urt. v. 17. 01. 1991 – 8 AZR 483/89, NJW 1991, 2589 Urt. v. 06. 12. 1989 – 5 AZR 53/89, NJW 1990, 2579 Urt. v. 040. 04. 1989 – 8 AZR 427/87, JZ 1990, 194 m. Anm. Münzberg, JZ 1990, 194 Urt. v. 16. 12. 1986 – 3 AZR 198/85, ZIP 1987, 1339 Urt. v. 12. 08. 1976 – 2 AZR 237/75, NJW 1977, 167 Urt. v. 14. 07. 1961 – 1 AZR 278/60, NJW 1961, 1989

IX. Arbeitsgericht Hamm Beschl. v. 16. 12. 1965 – 2 Ca 948/65, MDR 1966, 272 m. Anm. Schneider, MDR 1966, 272

Einführung Erstes Kapitel:

Aufgabenstellung A. Untersuchungsgegenstand Die zivilprozessuale Einzelzwangsvollstreckung ist ein Zweiparteienverfahren, an dem der Vollstreckungsgläubiger und der Vollstreckungsschuldner beteiligt sind, die durch den Titel (§ 750 Abs. 1 ZPO) und die Klausel (Umschreibungsfälle, §§ 727 ff., 742, 744 f., 749 ZPO) bestimmt werden. Das Zweiparteienprinzip schließt es indes nicht aus, dass Dritte ohne ihren Willen vom Vollstreckungsverfahren betroffen werden; das Vollstreckungsrecht bedingt und erfordert derlei Betroffenheit vielmehr. So trifft es bei der Forderungspfändung den Drittschuldner, die „bedauernswerteste Person in unserem ganzen Rechtsleben“1. Vollstreckungsrechtliche Drittbetroffenheit entsteht auch, weil das Vollstreckungsrecht der Gefahr des Zugriffs auf Gegenstände, die nicht oder nicht unbelastet dem haftenden Schuldnervermögen zugehören, oder in die wegen Ansprüchen Dritter gegen den Vollstreckungsgläubiger nicht vollstreckt werden soll, nur sehr schwach vorbeugt. Betroffenen Dritten mutet das Recht zu, zur Wahrung ihrer Rechte aktiv gegen die Zwangsvollstreckung vorzugehen (Exekutionsintervention) 2 . Die Intervention ist gegen den veranlassenden Vollstreckungsgläubiger zu richten.3 Im Verlauf der Intervention kann ein Intervenient Einwirkungen auf die angegriffene Vollstreckung erwirken. Bei ei1

Stein, S. 42. Im Folgenden wird der Kürze wegen zumeist von Intervention die Rede sein. Der Begriff der Intervention ist im Prozessrecht allgemein für Drittbeteiligungen gebräuchlich (Hauptintervention, Nebenintervention). Im Rahmen dieser Untersuchung bezeichnet er (als Einzelakt oder als Inbegriff) die Geltendmachung der Vollstreckung entgegenstehender Drittrechte gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger. 3 Der Dritte kann zwar auch gegen den Vollstreckungsschuldner vorgehen; damit wendet er sich aber nicht gegen die Zwangsvollstreckung (missverständlich: §§ 771 Abs. 2, 805 Abs. 3 ZPO). – Die Beteiligten einer Intervention betreffend ist ferner folgende terminologische Klarstellung angezeigt: Die Grundkonstellation einer Intervention besteht darin, dass ein Vollstreckungsgläubiger (Gläubiger) in das Vermögen seines Vollstreckungsschuldners (Schuldner) vollstrecken lässt, und dass ein Dritter (Intervenient) gegen den Vollstreckungsgläubiger vorgeht, um ein Recht an einem Vollstreckungsgegenstand oder einen vertraglichen Anspruch zur Geltung zu bringen. Die Benennung der Beteiligten in der skizzierten Ausgangssituation wird im folgenden weitestgehend beibehalten, also auch, wenn etwa der Vollstreckungsgläubiger im Interventionsrechtsstreit Vollstreckungsschuldner des Dritten (und dieser Vollstreckungsgläubiger) ist. Wo Missverständnisse entstehen können, wird auf die gegenwärtige Rechtsposition eines Beteiligten hingewiesen. 2

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Erstes Kapitel: Aufgabenstellung

ner materiellrechtlich unberechtigten Intervention erhebt sich die Frage, nach welchen Regeln der Intervenient dem Vollstreckungsgläubiger für die Folgen haftet. Im Vordergrund des Haftungsrechts steht gemeinhin die Ausgleichsfunktion der Haftung. In Anbetracht des seit langem beklagten4 und heute noch begegnenden Missbrauchs von Interventionsmöglichkeiten erhält dabei aber auch die haftungsrechtliche Präventionsfunktion gesteigerte Bedeutung. Untersuchungsgegenstand sind die haftungsrechtlichen Konsequenzen gegen den Vollstreckungsgläubiger gerichteter Einwirkungen Dritter auf die Zwangsvollstreckung, wenn dem Dritten das behauptete Recht nicht zusteht, oder er zwar berechtigt ist, ihm aber versagt ist, seine Berechtigung gegen die Vollstreckung zur Geltung zu bringen (unbegründete Intervention). Im Schrifttum und in der Rechtsprechung sind bislang nur Ausschnitte aus dem größeren Zusammenhang dieses Gegenstandes behandelt worden, namentlich die Haftung eines Intervenienten gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger analog §§ 717 Abs. 2, 945 ZPO nach der Vollziehung materiell unbegründeter einstweiliger Anordnungen gem. § 771 Abs. 3 ZPO sowie der Einfluss gerichtlicher Geltendmachung von Drittrechten auf die Deliktshaftung. Die Auffassungen gehen auseinander, die Streitpunkte reichen bis in die Grundlagen. Andere Rechtsfragen, deren scheinbar gesicherte Beantwortung gerichtlichen Entscheidungen und Schrifttumsäußerungen zur Haftung eines Intervenienten zugrunde liegen, bedürfen kritischer Vertiefung, so etwa die vorläufige Vollstreckbarkeit des Ausspruchs zur Hauptsache eines Drittwiderspruchsurteils und die Haftung einer Sicherheitsleistung eines Intervenienten. Zu weiteren Fragen schließlich, die der Untersuchungsgegenstand aufwirft, fi nden sich in der Rechtsprechung und im Schrifttum keine Befassungen, so z. B. zur Bereicherungshaftung eines Intervenienten.

B. Drittrechte Die Haftung wegen unbegründeter Geltendmachung eines Drittrechts wird beeinflusst von der Art der Geltendmachung des (behaupteten) Rechts. Die Art der (gerichtlichen) Geltendmachung hängt wiederum von der Art des behaupteten Drittrechts ab. Daher ist die Unterscheidung verschiedener Arten von Drittrechten für die Untersuchung grundlegend. Bei behaupteter Betroffenheit eines veräußerungshindernden Rechts gewährt die Drittwiderspruchsklage 4

Cohn, S. 25: es gelte den „Übelständen, die sich vielerorts geradezu zu Massenerscheinungen entwickelt haben“, beizukommen; ders., S. 26: es sei „gar nicht zu bezweifeln, daß . . . eine verhältnismäßig große Anzahl aller Einstellungsanträge [sc. gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO] materiell nicht gerechtfertigt ist“; Oertmann, JW 1929, 149, wonach mit der „bloßen, unbeglaubigten Behauptung des Dritteigentums . . . bekanntlich im Leben . . . nur zu oft ein wahrhaft skandalöser Unfug getrieben wird“.

B. Drittrechte

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(§ 771 ZPO) Rechtsschutz (I.); bei behaupteter Beeinträchtigung eines Pfandoder Vorzugsrechts ist die Klage auf vorzugsweise Befriedigung (Vorzugsklage, § 805 ZPO) statthaft (II.); vertragliche Ansprüche sind schließlich mit der Leistungsklage zu verfolgen (III.).

I. Veräußerungshindernde Rechte Behauptet ein Dritter, ihm stehe am Vollstreckungsgegenstand ein „die Veräußerung hinderndes Recht“ zu, so ist der Widerspruch gegen die Zwangsvollstreckung im Wege der Drittwiderspruchsklage geltend zu machen (§ 771 Abs. 1 ZPO). Die gesetzliche Formulierung „ein die Veräußerung hinderndes Recht“ ist missglückt. Ihr Bedeutungsinhalt ist vom gesetzgeberischen Gedanken aus zu bestimmen, mit diesem Tatbestandsmerkmal den statthaften Rechtsbehelf bei der Betroffenheit bestimmter Rechte festzulegen. 5 Gemeint sind Rechte Dritter, deren Gegenstand der Vollstreckungsschuldner im Verhältnis zum Rechtsinhaber nicht veräußern darf. Der Gegenstand eines solchen Rechts ist dann rechtlich nicht dem Schuldnervermögen zugeordnet, und das Recht steht der Vollstreckung aus einem gegen den Vollstreckungsschuldner gerichteten Titel entgegen. Ziel der Drittwiderspruchsklage ist es, den betreffenden Gegenstand der Vollstreckung zu entziehen und so die Integrität des Rechts und seines Gegenstandes zu bewahren oder wiederherzustellen. Dementsprechend ermöglichen Drittwiderspruchsurteile und der flankierende Interimsrechtsschutz durch einstweilige Anordnungen (§§ 771 Abs. 3, 769, 770 ZPO) frühzeitige und einschneidende gestaltende Einwirkungen auf die Vollstreckung.

II. Pfand- und Vorzugsrechte Die Vorzugsklage (§ 805 ZPO) findet bei der Geldvollstreckung in bewegliche Sachen statt. Sie bezweckt nicht, die Verwertung des Vollstreckungsgegenstandes zu verhindern, sondern lediglich die Sicherung der vorrangigen Befriedigung eines nichtbesitzenden Pfand- oder Vorzugsgläubigers. Die Klage zielt darauf, das gegenüber dem Pfändungspfandrecht rangbessere Recht auf den Erlös bei dessen Verteilung vorab zu berücksichtigen. 6 Der Interimsrechtsschutz (§§ 805 Abs. 4, 769, 770 ZPO) richtet sich auf die Hinterlegung des Erlöses und bezweckt, die Realisierung eines etwaigen stattgebenden Urteils zu sichern. 7 Entscheidungen in Vorzugs- und in Drittwiderspruchsverfahren können einerseits gleichartige Wirkungen hervorrufen, andererseits können Drittwider5 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 664 f.; Kleinfeller, S. 628 f.; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 16. 6 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 700; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 805, Rn. 24; Schilken, in: MüKo ZPO, § 805, Rn. 1. 7 U. Gottwald, § 805, Rn. 21; Schilken, in: MüKo ZPO, § 805, Rn. 26.

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Erstes Kapitel: Aufgabenstellung

spruchsentscheidungen weitergehende Wirkungen hervorbringen als Vorzugsentscheidungen. Anders als in Drittwiderspruchsentscheidungen kommen in Vorzugsentscheidungen weder eine Unzulässigerklärung der Vollstreckung8 noch die Anordnung der Vollstreckungseinstellung oder der Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln9 in Betracht. Gemeinhin wird die Vorzugsklage gegenüber der Drittwiderspruchsklage als ein minus bezeichnet,10 und zwar zutreffend, weil mit der Vorzugsklage einerseits wie mit der Drittwiderspruchsklage Drittrechte in der Zwangsvollstreckung geltend gemacht werden, die aber andererseits nicht zur weiterreichenden und wirkungsvolleren Drittwiderspruchsklage berechtigen. Die Interventionsmöglichkeiten und -wirkungen bei der Geltendmachung eines Pfand- oder Vorzugsrechts scheinen Teilmengen der Interventionsmöglichkeiten und -wirkungen bei der Geltendmachung veräußerungshindernder Rechte zu bilden. Dieser Anschein begründet die Annahme, dass die Haftung von Vorzugsintervenienten aus der Rechtslage der Haftung Dritter, die veräußerungshindernde Rechte geltend machen, entwickelt werden kann. Die folgende Untersuchung wird sich daher zunächst mit der Haftung wegen der Geltendmachung veräußerungshindernder Rechte befassen. Auf der Grundlage der Ergebnisse wird sodann die Haftungsrechtslage bei Pfand- und Vorzugsrechten erarbeitet werden.

III. Vertragliche Ansprüche Gegen die Vollstreckung gerichtete vertragliche Ansprüche eines Dritten gegen den Vollstreckungsgläubiger entstehen typischerweise aufgrund eines Zwischenvergleichs zur einstweiligen Regelung der Vollstreckung in einen Gegenstand, an dem der Dritte ein veräußerungshinderndes Recht geltend macht. Solche Ansprüche sind gerichtlich mit der Leistungsklage zur Geltung zu bringen; Eilrechtsschutz gewähren einstweilige Verfügungen (§§ 935, 940 ZPO). Die Entstehung vertraglicher Ansprüche Dritter gegen den Vollstreckungsgläubiger steht praktisch durchweg im engen Zusammenhang mit einem Drittwiderspruchsrechtsstreit. Bevor die (zumindest unmittelbar bevorstehende) Vollstreckung in den betreffenden Gegenstand den Vollstreckungsgläubiger und den Dritten im Streit über die Zulässigkeit der Vollstreckung zusammenführt, besteht häufig kein Anlass zu privatautonomer Regelung der Vollstre-

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Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 701; Schilken, in: MüKo ZPO, § 805, Rn. 23. Brox/Walker, Rn. 1464; U. Gottwald, § 805, Rn. 21; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 805, Rn. 28; Schilken, in: MüKo ZPO, § 805, Rn. 23. 10 Baumbach/Lauterbach, § 805, Rn. 1; Brox/Walker, Rn. 1399, 1453; dies., JA 1987, 57, 58; U. Gottwald, § 805, Rn. 3; W. Lüke, in: Wieczorek/Schütze, § 805, Rn. 6; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 805, Rn. 14; Schilken, in: MüKo ZPO, § 805, Rn. 3; Schlosser, Gestaltungsklagen, S. 96; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 11. 9

B. Drittrechte

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ckung in diesen Gegenstand. Solcher Anlass entsteht aber typischerweise mit der Streitigkeit über die Zulässigkeit der Vollstreckung. Beispiel 1.1: VG lässt bei VS, der ein Bekleidungsgeschäft betreibt, die Frühjahrskollektion pfänden. D, Lieferant des VS, erhebt gegen VG Drittwiderspruchsklage mit der Behauptung, er sei Vorbehaltseigentümer. Da die hochmodischen Kleidungsstücke bald wertlos sein werden, kommen VG und D überein, dass VG die Sachen freigibt, damit sie im normalen Geschäftsgang veräußert und die Einnahmen einem Treuhänder übergeben werden können.

Auch die Unbegründetheit der Geltendmachung eines veräußerungshindernden Rechts und die Unbegründetheit der Geltendmachung einer vertraglichen Anspruchs hängen typischerweise eng zusammen. Beispiel 1.2: Fortsetzung von Bsp. 1.1: VG vermutet, dass D sein Vorbehaltseigentum nur vorgespiegelt hat; er ficht den Vergleich daraufhin wegen arglistiger Täuschung an und weigert sich, die Freigabe zu erklären. D verfolgt seine vermeintlichen Rechtspositionen – Eigentum und Freigabeanspruch – weiter. Auf sein behauptetes Eigentum gestützt erwirkt er im Drittwiderspruchsrechtsstreit eine einstweilige Aufhebungsanordnung (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO); gestützt auf den Vergleich erwirkt er den Erlass einer einstweiligen Verfügung (§§ 935, 940 ZPO), dass die Sachen freizugeben sind. Beide Interventionen sind unbegründet, wenn D sein Eigentum vorgespiegelt hat.

Die engen Zusammenhänge zwischen dem inmitten stehenden veräußerungshindernden Recht und der Entstehung eines vertraglichen Drittrechts, und zwischen den Umständen, auf denen die Unbegründetheit der Intervention im Drittwiderspruchs- und im Leistungsrechtsstreit beruht, erlauben und veranlassen es, die Haftung wegen unbegründeter Geltendmachung vertraglicher Ansprüche im Rahmen der Haftung wegen unbegründeter Geltendmachung veräußerungshindernder Rechte zu untersuchen. Der gemeinsamen Untersuchung kommt vor allem ein heuristischer Wert bei der Ermittlung der Haftung wegen unbegründeter Geltendmachung veräußerungshindernder Rechte zu. Der gesetzliche Normalfall gerichtlicher Geltendmachung von Drittrechten in der Zwangsvollstreckung ist die Geltendmachung eines veräußerungshindernden Rechts im Drittwiderspruchsrechtsstreit oder eines Pfand- oder Vorzugsrechts im Vorzugsrechtsstreit, der dem Drittwiderspruchsrechtsstreit verwandt ist. Die gerichtliche Geltendmachung eines gegen die Vollstreckung gerichteten vertraglichen Anspruchs ist die Ausnahme, weil vertragliche Ansprüche überhaupt erst im Zusammenhang mit einem Drittwiderspruchsrechtsstreit entstehen; gegen die Vollstreckung gerichtete vertragliche Drittrechte scheinen daher eine Randerscheinung zu sein. Indes kehrt sich das gesetzliche Verhältnis von Regel und Ausnahme um, wenn die gerichtliche Geltendmachung von Drittrechten in der Zwangsvollstreckung als Ausschnitt aus dem gesamten Prozessrecht gesehen wird. Das Klagesystem der ZPO knüpft an das materielle Recht an.11 Subjektive 11

Schilken, Zivilprozess, Rn. 178 ff.

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Erstes Kapitel: Aufgabenstellung

private Rechte sind zu unterteilen in Ansprüche (§§ 194 Abs. 1, 241 BGB), Gestaltungs- und Beschlussfassungsrechte sowie absolut wirkende Rechte. Ansprüche sind mit der Leistungsklage zu verfolgen. Bei Gestaltungs- oder Beschlussfassungsrechten bedarf es keiner gerichtlichen Geltendmachung, es sei denn, das Recht ist als Gestaltungsklagerecht ausgestaltet, das dann mit der Gestaltungsklage zur Geltung zu bringen ist. Absolut wirkende subjektive Rechte (z. B. das Eigentum, § 903 BGB) schließlich können nicht gerichtlich zur Geltung gebracht werden, sondern allenfalls Gegenstand eines Feststellungsrechtsstreits sein. Nur Ansprüche, die aus dem absoluten Recht resultieren (z. B. beim Eigentum die Ansprüche aus §§ 985, 1004 BGB), können gerichtlich geltend gemacht werden, und zwar wie stets bei Ansprüchen mit der Leistungsklage. In diesem Klagesystem bildet die gerichtliche Geltendmachung von Drittrechten in der Zwangsvollstreckung durch Drittwiderspruchs- und Vorzugsklage eine eigenartige Ausnahme. Veräußerungshindernde Rechte (Eigentum, Inhaberschaft einer Forderung oder eines sonstigen pfändbaren Rechts, bestimmte beschränkte dingliche Rechte und Nutzungsrechte sowie obligatorische Ansprüche auf Herausgabe einer überlassenen schuldnerfremden Sache) 12 sowie Pfandrechte (z. B. gem. §§ 559, 581 Abs. 2, 704, 1204 BGB), Vorzugsrechte (z. B. die in den §§ 50 Abs. 2, 51 InsO aufgeführten) und gleichstehende Rechte (Anfechtungsrechte gem. § 11 AnfG, § 143 InsO) 13 sind entweder absolute Rechte, die weder eine Leistungs- noch eine Gestaltungsklage zu begründen vermögen, oder Ansprüche, die mit der Leistungsklage zu verfolgen sind. Vom Klagesystem der ZPO ausgehend können demnach absolute veräußerungshindernde sowie Pfand- und Vorzugsrechte gerichtlich nur mittelbar, aber wirkungsvoll zur Geltung gebracht werden, indem aus ihnen resultierende Ansprüche mit der Leistungsklage verfolgt werden. Die genannten Anfechtungsrechte sind unmittelbar mit der Leistungsklage zu verfolgen, und das veräußerungshindernde, gegen den Vollstreckungsschuldner gerichtete Recht auf Herausgabe einer überlassenen Sache begründet eine Leistungsklage nur gegen den Vollstreckungsschuldner. Mit diesem Systemverständnis bricht die ZPO beim Rechtsschutz gegen Übergriffe in der Zwangsvollstreckung (§§ 771, 805 ZPO). An diesem Rechtsschutz ist nicht so sehr bemerkenswert, dass obligatorische Herausgabeansprüche einen Drittschutz genießen, der ihnen außerhalb der Zwangsvollstreckung nicht zuteil wird. Die hauptsächliche Besonderheit des Drittrechtsschutzes in der Zwangsvollstreckung durch Drittwiderspruchs- und Vorzugsklage ist vielmehr, dass Gestaltungsklagen zur Geltendmachung subjektiver Rechte eröffnet werden, die keine Gestaltungsrechte sind.

12 Übersicht z. B. bei Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 667 ff.; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 16 ff., jew. m. w. N. 13 Übersicht z. B. bei Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 703 ff.; Schilken, in: MüKo ZPO, § 805, Rn. 10 ff., jew. m. w. N.

C. Haftung

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Damit sind zwei Sichtweisen auf das Verhältnis der gerichtlichen Geltendmachung veräußerungshindernder Rechte sowie von Pfand- und Vorzugsrechten gegen Übergriffe in der Zwangsvollstreckung durch Drittwiderspruchsund Vorzugsklage einerseits und der gerichtlichen Geltendmachung gegen die Vollstreckung gerichteter vertraglicher Ansprüche durch Leistungsklage andererseits eröffnet. Im Kleinen der gerichtlichen Geltendmachung von Drittrechten in der Zwangsvollstreckung, dessen Haftungsrecht Gegenstand dieser Untersuchung ist, ist die Rechtsverfolgung durch Leistungsklage die Ausnahme vom gesetzlichen Regelfall der Rechtsverfolgung durch Gestaltungsklage. Im Großen der gerichtlichen Geltendmachung von Rechten im Klagesystem der ZPO ist dagegen die Verfolgung von Ansprüchen und absoluten Rechten durch Gestaltungsklage die Ausnahme von der Regel, dass absolute Rechte nicht, und dass Ansprüche nur durch Leistungsklage eingeklagt werden können; die gerichtliche Geltendmachung gegen die Vollstreckung gerichteter vertraglicher Ansprüche folgt dieser Regel. Unter diesem Blickwinkel liegt der Schwerpunkt auf der Untersuchung des Haftungsrechts von Ausnahmefällen im Klagesystem der ZPO; prozessuale Fallgestaltungen, die im Klagesystem der ZPO der Regel entsprechen, nehmen eine Randlage ein. Diese Exposition verspricht Erkenntnisgewinn bei der im Zentrum der Untersuchung stehenden Ermittlung des Haftungsrechts wegen unberechtigter Geltendmachung von Drittrechten in der Zwangsvollstreckung durch die Gestaltungsklageverfahren gem. §§ 771, 805 ZPO. Indem der Regelfall des Klagesystems der ZPO am Rande der Untersuchung mitverfolgt wird, werden für die Haftungsrechtslage der im Zentrum stehenden Ausnahmefälle Kontroll- und Vergleichserwägungen anhand der Haftungsrechtslage in den Regelfällen gerichtlicher Geltendmachung von Rechten ermöglicht.

C. Haftung Der Rechtsbegriff „Haftung“ ist mehrdeutig.14 Er wird in seiner Bedeutungsvielfalt Verwendung finden. „Haftung“ kann soviel wie „Verantwortlichkeit“ einer Person bedeuten, aus der eine Schadensersatzpfl icht resultieren kann. In diesem Sinne wird der Haftungsbegriff im Zuge der Untersuchung verwendet, wenn Schadensersatzansprüche gegen einen Intervenienten inmitten stehen. Bisweilen bezeichnet „haften“ indes nichts anderes als „schulden“, d. h., das rechtliche Leistensollen einer Person. Derart übergreifend wird von der Haftung eines Intervenienten mithin nicht nur die Rede sein, wenn es um seine

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S. zum Ganzen Larenz, Schuldrecht AT, S. 21 ff.

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Erstes Kapitel: Aufgabenstellung

schadensersatzbewehrte Verantwortlichkeit für die Intervention geht, sondern auch, wenn andere Leistungsverpfl ichtungen in Bezug genommen werden. Schließlich versteht die Rechtswissenschaft „Haftung“ als „Vermögenshaftung“ und meint damit das Unterworfensein des Vermögens einer Person unter den Zugriff der Gläubiger in der Zwangsvollstreckung. Bei der Vermögenshaftung ist zwischen unbeschränkter und beschränkter Haftung zu unterscheiden. Unbeschränkte Vermögenshaftung heißt, dass einem Gläubiger, dem der Schuldner i. S. des Leistensollens haftet, in der Zwangsvollstreckung grundsätzlich das ganze Schuldnervermögen zur Verfügung steht; beschränkt ist die Haftung, wenn nur auf bestimmte Vermögensgegenstände zugegriffen werden kann. Der Zusammenhang zwischen „schulden“ und unbeschränkter Vermögenshaftung ist eng: Wer schuldet, haftet auch. Der Schuldner hat für seine Leistungspflicht mit seinem gesamten Vermögen einzustehen, es sei denn, eine gegenständliche Beschränkung der Haftung ist vereinbart oder gesetzlich angeordnet. Es ist daher unschädlich, als „Haftung“ eines Intervenienten synonym sein „Schulden“ und seine (unbeschränkte) „Vermögenshaftung“ zu bezeichnen; denn das Vermögen eines Intervenienten ist unbeschränkt der Vollstreckung unterworfen, wenn er schuldet, und indem er schuldet, ist sein Vermögen der Vollstreckung unterworfen. Begrifflich zu unterscheiden sind indes die unbeschränkte und die beschränkte Vermögenshaftung. Denn ein Intervenient muss nicht durchweg mit seinem gesamten Vermögen haften. Leistet ein Intervenient im Zuge der Intervention Sicherheit, dann bildet der Leistungsgegenstand haftungsrechtlich ein Sondervermögen, auf das der Zugriff gegenständlich durch Vereinbarung oder Gesetz beschränkt sein kann. Der durch den Sicherungszweck bestimmte Gegenstand dessen, wofür eine Sicherheit des Intervenienten haftet, kann deckungsgleich sein mit dem Gegenstand der unbeschränkten Vermögenshaftung des Intervenienten, seinem Leistensollen; er kann aber auch enger (nur für bestimmte Leistungspflichten) oder weiter (Haftung ohne persönliche Leistungspflicht des Intervenienten) sein, so dass er gesondert zu bestimmen ist. In diesem Zusammenhang wird von der (beschränkten) „Haftung der Sicherheit“ die Rede sein. Zur Abgrenzung von der Haftung der Sicherheit als Sondervermögen wird der Einklang von persönlichem Leistensollen und unbeschränkter Vermögenshaftung kurz, wenngleich entwicklungsgeschichtlich nicht ganz zutreffend (dem geltenden Recht ist, anders als alten Rechtordnungen, eine Haftung des Schuldners buchstäblich mit seiner Person fremd), als „persönliche Haftung“ des Intervenienten zusammengefasst.

Zweites Kapitel:

Drittrechte in der Zwangsvollstreckung Drittrechte bleiben in der Zwangsvollstreckung weitestgehend unbeachtet und müssen mit vollstreckungsexternen Rechtsbehelfen zur Geltung gebracht werden. Zur Geltendmachung veranlassen die Rücksichtslosigkeit des Vollstreckungsverfahrens gegenüber Drittrechten (A.) und die Gefahren und Nachteile, die Drittrechten und Vermögensgegenständen zu Rechten Dritter in der Vollstreckung drohen (B.).

A. Zielkonflikt zwischen Beschränkung und Schlagkraft der Zwangsvollstreckung Im Hinblick auf die Zwangsvollstreckung in Gegenstände, an denen nicht (nur) der Vollstreckungsschuldner, sondern (auch) ein Dritter Rechte hat, wird die Rechtslage durch den Konflikt zwischen der Durchsetzung der Rechte des Vollstreckungsgläubigers und der Beachtung von Drittrechten beherrscht. In der Zwangsvollstreckung haftet der Schuldner – vorbehaltlich materiellrechtlicher Haftungsbeschränkungen (z. B. §§ 1629a Abs. 1 Satz 2, 1990 BGB) und des prozessualen Pfändungsschutzes (§§ 850 ff. ZPO) – mit seinem gesamten Aktivvermögen, verstanden als die Summe der ihm rechtlich zugeordneten Rechte und Güter. Andererseits bezweckt das Zwangsvollstreckungsrecht die Befriedigung des Gläubigers grundsätzlich allein auf Kosten des Schuldnervermögens; nur Vermögensgüter des Vollstreckungsschuldners sollen Gegenstand der Zwangsvollstreckung sein.1 Gegenstände, die dem Schuldner nicht gehören oder die er aus sonstigen Grunde im Verhältnis zu einem Dritten nicht veräußern darf, sollen auch nicht der Befriedigung seiner Gläubiger dienen und zu diesem Zweck nicht veräußert werden. Würde der Schuldner selbst durch die Veräußerung des Vollstreckungsgegenstandes widerrechtlich in den Rechtskreis des Dritten eingreifen, und könnte daher der Dritte den Schuldner an der Veräußerung hindern, dann soll er auch dessen Gläubiger daran hindern kön1 BGHZ 119, 75, 84; BGHZ 95, 10, 15; BGHZ 55, 20, 26; BGHZ 11, 37, 41; BGH LM § 771 ZPO Nr. 2; Gaul, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Band III, S. 521; ders., in: Rosenberg/Gaul/ Schilken, S. 59, 656; ders., AcP 173 (1973), 323, 336; ders., Rpfleger 1971, 81, 91; Grunsky, Grundzüge, Rn. 130; Jauernig/Berger, § 13, Rn. 1; § 16, Rn. 28; Picker, Drittwiderspruchsklage, S. 1; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 1; Stein, S. 37.

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Zweites Kapitel: Drittrechte in der Zwangsvollstreckung

nen, den Gegenstand im Wege der Zwangsvollstreckung zu verwerten. 2 Das Zwangsvollstreckungsrecht kennzeichnet den Kreis solcher Rechte Dritter als veräußerungshindernde Rechte (§ 771 Abs. 1 ZPO).3 Pfand- und Vorzugsrechte Dritter stehen der Vollstreckung nicht entgegen, sind aber bei der Befriedigung vorrangig zu beachten (§ 805 Abs. 1 ZPO). Neben der Beschränkung der Zwangsvollstreckung auf das Schuldnervermögen besteht eine weitere Zielsetzung des Vollstreckungsrechts darin, die Vollstreckung effektiv zu gestalten. So wird in den Materialien zur CPO (Entwurfsbegründung des Achten Buches, Zwangsvollstreckung) „die Nothwendigkeit einer raschen und energischen Rechtshülfe für den Gläubiger . . . als der letzte Zweck einer rationellen Exekutionsgesetzgebung“4 herausgestellt. Die Vollstreckung soll wirkungsvoll und zügig zur Befriedigung des Gläubigers führen. Diesem Ziel kommt das Vollstreckungsverfahren desto näher, je durchsetzungskräftiger es ist, je weniger Rücksicht die Vollstreckungsorgane mithin zu nehmen brauchen. Der Grundsatz der Beschränkung auf das Schuldnervermögen und die Zielsetzung durchsetzungskräftiger Vollstreckung konfligieren. Eine weitgehende Beachtung von Drittrechten läuft der Effektivität des Verfahrens zuwider, eine durchsetzungskräftige Vollstreckung kann (einstweilen) keine Rücksicht auf Drittrechte nehmen. Mögliche gesetzliche Regelungsmodelle spiegeln diesen Konflikt wieder. 5 Vollstreckungsmaßnahmen könnten von der Klärung der Rechtsverhältnisse des jeweiligen Vollstreckungsgegenstandes abhängig gemacht werden. Auf diese Weise wären zwar Drittrechte weitestgehend gewahrt, das Verfahren wäre aber übermäßig aufwendig. Die Vollstreckung wäre lahmgelegt und würde keinen Erfolg versprechen. Eine Erleichterung brächte es zwar, wenn der Schuldner vor Vollstreckungsbeginn über seine Vermögensverhältnisse erklärungspflichtig wäre und der Nachweis ausschließlicher Schuldnerberechtigung 2 Interventionsgrundlage ist damit das Rechtsverhältnis zwischen Vollstreckungsschuldner und Drittem, BGHZ 55, 20, 26; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 665. A. A. Picker, Drittwiderspruchsklage, S. 1 f., der zur Begründung der Beschränkung auf das Schuldnervermögen in erster Linie auf die Beeinträchtigung durch den Vollstreckungsgläubiger unter Inanspruchnahme staatlicher Hilfe abstellt (Rechtsverhältnis Vollstreckungsgläubiger – Dritter). Nach der hier vertretenen Konzeption ist das Rechtsverhältnis Vollstreckungsgläubiger – Dritter nur dann Interventionsgrundlage, wenn der Vollstreckungsgläubiger dem Dritten vertraglich verpfl ichtet ist, aus einem gegen den Vollstreckungsschuldner gerichteten Titel nicht in einen bestimmten Gegenstand vollstrecken zu lassen. 3 BGHZ 55, 20, 26; Henckel, JuS 1985, 836; Jauernig/Berger, § 13, Rn. 10. Zur Unzulänglichkeit des gesetzlichen Begriffs und zu seiner Auslegung Gaul, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Band III, S. 521, 536 ff.: Das veräußerungshindernde Recht soll „im Grunde nur eine Rechtsposition bezeichnen, die auf die Nichtzugehörigkeit des Vollstreckungsgegenstandes zum haftenden Schuldnervermögen hinweist“; Stein, S. 38: „Zusammenfassung sehr verwickelter Verhältnisse“. 4 Hahn, S. 422 = Entwurfsbegründung, S. 389. 5 Ausdruck fi ndet der Zielkonflikt bei Sohm, S. 39: eine Pfändung könne zwar „korrekt“, aber „unzulässig“ sein bzw. zwar „ordnungsmäßig“, aber „deshalb nicht schon ‚zulässig‘“.

A. Zielkonfl ikt zwischen Beschränkung und Schlagkraft der Zwangsvollstreckung

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hinsichtlich solcher Gegenstände als erbracht gelten würde, die der Schuldner als uneingeschränkt zu seinem Vermögen gehörig benennt. Aber auch der Arbeitsaufwand für ein solches Verfahren könnte die Vollstreckung erheblich verzögern. Im übrigen droht auch eine solche Regelung zur Wahrung von Drittrechten unzureichend zu sein, weil der Schuldner fremde Vermögensgegenstände der Vollstreckung preisgeben könnte (Verschweigen von Sicherungsübereignungen und -abtretungen). Das Gesetz (§§ 807 Abs. 1, 836 Abs. 3, 883 Abs. 2 ZPO) sieht die Durchführung eines Offenbarungsverfahrens erst als ultima ratio vor, wenn die Zwangsvollstreckung unternommen wurde und ergebnislos geblieben ist, oder wenn der Schuldner die gebotene Mitwirkung verweigert. 6 Eine andere Regelungsmöglichkeit bestünde darin, die Vollstreckung auf den äußeren Anschein der Zugehörigkeit zum Schuldnervermögen zu stützen, und sie ohne Prüfung der Berechtigung durchzuführen, solange keine Drittberechtigung behauptet wird. Ein Widerspruch (des Schuldners oder eines Dritten) wäre allerdings beachtlich und würde den Beginn oder die Fortsetzung der Vollstreckung bis zur Klärung der Rechtsverhältnisse verhindern. Auf diese Weise würde eine frühzeitige und damit effektive Beachtung von Drittrechten erreicht. Ein solches Verfahren hätte indes die Schwäche, dass die Vollstreckung durch die Behauptung nicht bestehender Rechte gravierend verzögert werden könnte.7 Vollstreckungsinterne Geltendmachung von Drittrechten ist daher keine taugliche Verfahrensgestaltung, um zwar Drittrechte zu wahren, gleichzeitig aber die Durchsetzungsfähigkeit der Vollstreckung aufrecht zu erhalten.

6 Die gesetzliche Regelung der Sachaufklärung ist als Grundlage erfolgversprechender Vollstreckung (also unter dem Blickwinkel der Effektivität, nicht des Drittrechtsschutzes) unzulänglich, und zwar nicht zuletzt, weil der Schuldner erst gegen Ende des Vollstreckungsverfahrens offenbarungspfl ichtig ist, Gaul, JZ 1973, 473, 481; Schilken, DGVZ 1990, 97; Schnigula, S. 110 f. De lege ferenda besteht die zentrale Frage darin, wie die Effektivität der Zwangsvollstreckung erhöht werden kann. Es bedarf geeigneter gesetzlicher Mittel zur Sachaufklärung durch Vermögensoffenbarung des Schuldners. Eine gesetzliche Regelung zur Sachaufklärung verspricht desto mehr Erfolg, je frühzeitiger die Verpfl ichtung des Schuldners (sowie Dritter) zur Auskunftserteilung über das Schuldnervermögen einsetzt, Gaul, ZZP 108 (1995), 3, 30 ff.; Schilken, ZZP 109 (1996), 315, 332; ders., in: Vorträge, S. 307, 324 f.; ders., DGVZ 1991, 97, 100; ders., Rpfleger 1994, 138, 143; Schnigula, S. 209 ff. Mit entsprechenden Verfahrensänderungen müsste indes zwingend eine maßgebliche Verkürzung der Bearbeitungszeit für Vollstreckungsaufträge einhergehen. Darin liegt allerdings ein Problem, das vordringlich durch Erhöhung der Personaldichte bei den Vollstreckungsorganen zu lösen ist. 7 Hahn, S. 436 = Entwurfsbegründung S. 406: „Die richtige Behandlung der von dem Schuldner in der Zwangsvollstreckungsinstanz geltend zu machenden Einwendungen ist ein dringendes Bedürfniß, damit nicht nutzlose Shikanen und Verzögerungen zur Kraftlosigkeit des Exekutionsverfahrens führen.“; Oertmann, Zivilprozessrecht, S. 267: „Wegen bloßer . . . Behauptungen des Schuldners kann er [sc. der Gerichtsvollzieher] sie [sc. Gegenstände im Gewahrsam des Schuldners] keineswegs von dem Zugriff freilassen. Andernfalls würden die ohnedies nur zu häufigen Schiebungen der Schuldner zum Nachteil ihrer Gläubiger vollends zur unerträglichen Landplage werden“.

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Zweites Kapitel: Drittrechte in der Zwangsvollstreckung

Wirkungsvoller Präventivschutz von Drittrechten in der Vollstreckung ist demnach allenfalls um den Preis jeglicher Vollstreckungseffektivität möglich (Vorverfahren), und präventive Beachtung von Drittrechten (Widerspruch) eröffnet die Möglichkeit zu erheblicher Obstruktion, die der Vollstreckung ebenfalls ihre Schlagkraft nimmt. Gibt das Zwangsvollstreckungsrecht aber seine Durchsetzungsfähigkeit preis, kann es seine Aufgabe, ein Verfahren zur Rechtsdurchsetzung zu gewährleisten, nicht erfüllen. Die staatliche Zwangsvollstreckung – und damit die Geltungskraft der Rechtsordnung und der Verbindlichkeitsanspruch ihrer Normen 8 – wäre grundlegend in Frage gestellt. Wo die staatliche Zwangsvollstreckung ihre Aufgabe nicht erfüllen kann und daher in den halb- und illegalen Bereich hinein privatisiert wird, droht die „Erosion des Rechtsstaats“.9 Daher muss das Primat der Durchsetzungsfähigkeit der Vollstreckung gelten. Drittrechte sind nach Maßgabe der Durchsetzungsfähigkeit zu wahren. Folglich ist es notwendig, die Durchführung der Vollstreckung allein vom Anschein der Zugehörigkeit zum Schuldnervermögen (Besitz, Grundbuch) abhängig zu machen, und die Vollstreckung ganz weitgehend ungeachtet etwaiger Drittrechte und vollstreckungsinterner Einwände und Widersprüche fortzusetzen. Der erforderliche Schutz von Drittrechten ist durch ein vollstreckungsexternes Verfahren zu gewährleisten, in dem Dritte Rechte mit der Wirkung zur Geltung bringen können, dass die Zwangsvollstreckung einzustellen ist und getroffene Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben sind, wenn überprüft wurde, ob ein veräußerungshinderndes Recht besteht, und eine dahingehende Entscheidung ergangen ist (Vollstreckungsklageverfahren). Eine solche vollstreckungsexterne Verfahrensgestaltung setzt das Postulat durchsetzungsfähiger Vollstreckung um, während sie Drittvermögensgegenstände der Gefahr aussetzt, in die Zwangsvollstreckung einbezogen und in ihr verwertet zu werden. Die Wahrung Dritter Rechte wird von der Initiative des jeweiligen Drittberechtigten abhängig gemacht. Als Vollstreckungsverfahrensunbeteiligter erhält er vom (drohenden) Zugriff auf sein Vermögen nicht zwangsläufig Kenntnis. Daraus entsteht die Gefahr, dass sein Rechtsschutzbegehren während der laufenden Vollstreckung zu spät kommt, oder dass er überhaupt erst nach Ende der Vollstreckung von der Inanspruchnahme erfährt. Eine vollstreckungsexterne Verfahrensgestaltung muss daher zweierlei gewährleisten, um die Verteidigung von Drittrechten nicht dem Zufall anheim zu stellen. Zum einen müssen in dem Verfahren zur Vermeidung der Rechtsschutzlosigkeit einstweilige Entschei8

Gaul, ZZP 112 (1999), 135 f. Paulus, ZRP 2000, 296. S. auch Tagesspiegel Nr. 17 568 v. 25. 10 2001, S. 14 („Juristen sehen Justiz ‚vor dem Abgrund‘“), wo der Vorsitzende des Landesverbandes Berlin im Deutschen Richterbund zitiert wird: „Das Urteil ist ja erst der Anfang. Wenn man ‚russisches Inkasso‘ vermeiden will, braucht man auch noch Gerichtsvollzieher – und daran fehlt es.“ S. auch Christmann, DGVZ 1985, 33, 36: „Würde er [sc. der Gerichtsvollzieher] den Gläubiger rechtlos stellen, kämen Geschäftsverkehr, Handel und Kredit zum Erliegen“. 9

A. Zielkonfl ikt zwischen Beschränkung und Schlagkraft der Zwangsvollstreckung

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dungen auf vorläufiger Grundlage ergehen können, mit denen die Vollstreckung hinausgeschoben werden kann, damit eine rechtzeitige Intervention möglich ist. Außerdem muss kompensatorischer Rechtsschutz bestehen, wenn der verfahrensunbeteiligte Drittberechtigte die Geltendmachung seiner Rechte vor Ende der Vollstreckung versäumt.10 Unter diesen Voraussetzungen ist vollstreckungsexterner Drittrechtsschutz gerechtfertigt, der ganz von der Initiative des Betroffenen abhängt, mit dem also erhebliche Gefährdungen Dritter Rechte in Kauf genommen werden. Die Rechtfertigung ergibt sich aus dem Gebot eines durchsetzungsfähigen Vollstreckungsverfahrens, aus der hinter dem Drittrechtsschutz stehenden Kompensationsregelung, sowie schließlich daraus, dass der Schein der Rechtszuständigkeit (§§ 891, 1006 BGB) geläufiger Anknüpfungspunkt für Rechtsnachteile des Berechtigten im Verkehrsinteresse (§§ 894, 932, 935 BGB) ist. Zwar reicht das Auseinanderfallen von Recht und Anschein der Berechtigung nicht hin, um den betreffenden Gegenstand ein für allemal der Vollstreckung zu unterwerfen.11 Der Rechtsschein ist aber hinreichende Grundlage, die Zwangsvollstreckung bis zur erfolgreichen gerichtlichen Geltendmachung der Berechtigung zu betreiben. Das geltende zivilprozessuale Einzelzwangsvollstreckungsrecht schützt Rechte Dritter weitgehend im Rahmen vollstreckungsexterner Verfahren (Ausnahme: § 28 ZVG). Das Zwangsvollstreckungsverfahren ist nicht auf Rechtsfindung, sondern auf Rechtsdurchsetzung zugeschnitten. Mit der Rechtsdurchsetzung, also -verwirklichung, erfüllt das Zwangsvollstreckungsrecht seine Aufgabe komplementär zum Recht des Erkenntnisverfahrens; im Erkenntnisverfahren wird das Recht zuerkannt, mit dem Vollstreckungsverfahren wird es durchgesetzt.12 Die Vollstreckungsorgane wären überfordert und die Vollstreckung könnte ihren Zweck nicht verwirklichen, wenn die Zugehörigkeit zum Schuldnervermögen jeweils geprüft werden müsste. Daher geht das Vollstreckungsrecht der ZPO vom Grundsatz der „Formalisierung der Zugriffstatbestände“ aus, indem es den Zugriff an leicht überschaubare äußere Merkmale knüpft, die, entsprechend materiellrechtlichen Vermutungen (§§ 891, 1006 10 Gaul, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Band III, S. 521, 522. Zum Rechtsschutz Dritter im Anschluss an die beendete Zwangsvollstreckung s. RGZ 156, 395, 399 f.; LG Berlin NJW 1972, 1675 m. Anm. Berg, NJW 1972, 1996; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 698 ff.; Jauernig/Berger, § 19, Rn. 25; Lackmann, Rn. 643 ff.; Mohrbutter, S. 136 f.; Stein, S. 94 ff. 11 Es gibt kein allgemeines Prinzip, wonach in einem solchen Fall der Berechtigte weniger schutzwürdig ist als der Vollstreckungsgläubiger, Gaul, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Band III, S. 521, 523; ders., AcP 173 (1973), 323, 336. 12 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 1. An der Aufgabe des Vollstreckungsrechts ändert es nichts, wenn der Zwangsvollstreckung, etwa in den Fällen des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, kein Erkenntnisverfahren vorausgegangen ist. Die Unterwerfungserklärung entzieht dem Schuldner nicht den Rechtsschutz, sondern bürdet ihm die Last rechtzeitiger Verteidigung auf, Münzberg, in: Stein/Jonas, § 794, Rn. 105.

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Zweites Kapitel: Drittrechte in der Zwangsvollstreckung

BGB), regelmäßig den Schluss auf die Rechtszugehörigkeit des Vollstreckungsobjekts zum Schuldnervermögen zulassen; 13 die Zugehörigkeit des Vollstreckungsobjekts zum Schuldnervermögen ist nicht zu prüfen. Ein daraus resultierender Übergriff in nicht haftendes Drittvermögen macht die Vollstreckungsmaßnahme nicht unzulässig oder unwirksam. Dies gilt nicht nur für den Zugriffsakt selbst, sondern zumal für das Verwertungsrecht der Vollstreckungsorgane; so vollzieht sich etwa der Eigentumserwerb des Erstehers unabhängig von materiellrechtlichen Voraussetzungen allein aufgrund derjenigen vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen, die innerhalb der Prüfungskompetenz und Verantwortlichkeit der Vollstreckungsorgane liegen.14

B. Formalisierung der Zugriffstatbestände und Gefährdung von Drittrechten Die Formalisierung der Zugriffstatbestände im Vollstreckungsrecht bewirkt folgende Gefährdungen und Beeinträchtigungen von Vermögensgegenständen Dritter. Bei der Geldvollstreckung15 in Fahrnis ist es für die Pfändung ausreichend, dass der Vollstreckungsschuldner eine Sache im Gewahrsam hat (§ 808 Abs. 1 ZPO). Ob Rechte Dritter an der Sache bestehen, hat der Gerichtsvollzieher nicht zu prüfen. Die Pfändung im Gewahrsam des Schuldners befi ndlicher Sachen unterbleibt, von allfälligen Pfändungsbeschränkungen abgesehen, nur, wenn die Sachen offensichtlich nicht dem Schuldner, sondern einem Dritten gehören (vgl. § 119 Nr. 2 GVGA).16 Ansonsten darf sich der Gerichtsvollzieher durch den Widerspruch des Schuldners oder Dritter grundsätzlich nicht von der Durchführung der Vollstreckung abhalten lassen (vgl. § 112 Nr. 1 GVGA).17 Nur wenn die sonst vorhandene Habe des Schuldners zur Deckung der beizu13

Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 59; ders., Rpfleger 1971, 81, 91; Müller, DGVZ 1976, 1, 2; Schilken, in: MüKo ZPO, § 808, Rn. 1; Stein, S. 39 betr. den Gewahrsam (§ 808 ZPO): „ein in aller Regel gewichtiges Indiz für die Vermögenszugehörigkeit, von dem ja auch § 1006 BGB nach anderer Richtung hin Gebrauch macht“. Rechtspolitische Kritik an der Verlässlichkeit des Ausweises der Vermögenszugehörigkeit bei Gaul, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Band III, S. 521. 14 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 59 f., 655 f. 15 Bei der Vollziehung eines dinglichen Arrests (§§ 916 ff. ZPO) hat gem. § 928 ZPO grundsätzlich (mit den Abweichungen gem. §§ 929 ff. ZPO) wie die Zwangsvollstreckung zu verlaufen. Die folgenden Ausführungen gelten daher mutatis mutandis auch für die Arrestvollziehung. 16 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 793; ders., Rpfleger 1971, 81, 91, Fn. 405; Müller, DGVZ 1976, 1, 3; Münzberg, ZZP 78 (1965), 287, 304, Fn. 43; Prütting/Weth, JuS 1988, 505, 506; Schilken, in: MüKo ZPO, § 808, Rn. 11; Stürner, ZZP 99 (1986), 291, 317. Bsp. bei Stein, S. 40. 17 Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 776, Rn. 1.

B. Formalisierung der Zugriffstatbestände und Gefährdung von Drittrechten

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treibenden Forderung ausreicht, darf der Gerichtsvollzieher die Pfändung der Sachen, auf die sich ein Widerspruch erstreckt, unterlassen (vgl. § 136 Nr. 2 Satz 1 GVGA). Gepfändetes Geld ist auf einen glaubhaften Widerspruch hin zwar einstweilen zu hinterlegen; die Vollstreckung wird aber fortgeführt, sofern nicht binnen zweiwöchiger Frist eine anderslautende gerichtliche Entscheidung vorgelegt wird (§ 815 Abs. 2 ZPO). Die Pfändung bewirkt die staatliche Sicherstellung (Verstrickung) der Sache,18 unabhängig davon, ob sie dem Schuldner gehört oder schuldnerfremd ist. Demzufolge ist ein Drittberechtigter unter Strafandrohung (§ 136 StGB) von der tatsächlichen Verwendung der Sache ausgeschlossen. Außerdem sind Verfügungen über eine verstrickte Sache, die sich im unmittelbaren Besitz des Gerichtsvollziehers befindet (§ 808 Abs. 1 ZPO), oder an der ein Pfandsiegel angebracht ist (§ 808 Abs. 2 ZPO), de facto19 erheblich erschwert. An schuldnerfremden Sachen entsteht zwar kein Pfändungspfandrecht. 20 Allerdings wird die Vollstreckung in eine schuldnerfremde Sache auf der Basis der Verstrickung unbeeinflusst vom Fehlen des Pfandrechts weiterbetrieben. 21 Insbesondere beruht die Verwertungsbefugnis nicht auf dem Pfändungspfandrecht, sondern auf der Verstrickung. 22 Die Ablieferung gepfändeten Geldes (§ 815 Abs. 1 ZPO) verschafft dem Gläubiger Eigentum, unabhängig davon, ob der Vollstreckungsschuldner Eigentümer des Geldes war23 oder Rechte Dritter an den Geldzeichen bestanden. Bei der Verwertung einer gepfändeten Sache (§§ 814, 817a Abs. 3, 821, 825 ZPO) erlangt der Ersteher bzw. Erwerber jeweils auf hoheitliche Weise unbelastetes Eigentum, 24 und zwar unbeeinflusst durch die materiellrechtliche Rechtslage. 25 Folglich verliert ein Dritter durchweg sein Eigentum und sonstige Rechte an einer gepfändeten Sache. Pfand- und Vorzugsrechte, die mit der Vorzugsklage zur Geltung zu bringen sind, bleiben angesichts der Formalisierung der Vollstreckungsvoraussetzungen und mangels eines äußerlich erkennbaren Besitztatbestandes in der 18

Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 770. Bei der Pfändung schuldnerfremder Sachen bewirkt die Verstrickung kein Verfügungsverbot, Schilken, in: MüKo ZPO, § 803, Rn. 29; ders. in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 771. 20 Str. Die zutreffende Rechtsansicht verneint dies auf der Grundlage der gemischt privatöffentlich-rechtlichen Pfandrechtstheorie, z. B. BGHZ 119, 75, 82 ff. m. w. N. auch zu anderen Auffassungen; Baur/Stürner/Bruns, Rn. 27.13; Brox/Walker, Rn. 383, 393; Bruns/Peters, S. 127; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 656, 659; Schilken, in: MüKo ZPO, § 804, Rn. 15; ders., in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 782 f. A. A. z. B. Baumann/Brehm, S. 291; A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 177; W. Lüke, in: Wieczorek/Schütze, § 804, Rn. 19; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 804, Rn. 10; K. Schmidt, ZZP 87 (1974), 316, 330 f. Dagegen BGHZ 119, 75, 87 f. 21 Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 784. 22 Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 789. 23 Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 815. 24 Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 818, 822, 823 f. 25 Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 820. 19

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Zweites Kapitel: Drittrechte in der Zwangsvollstreckung

Vollstreckung gänzlich unbeachtet. Pfand- und Vorzugsgläubiger sind daher von vornherein auf die Rechtsbehelfe des § 805 ZPO angewiesen. Bei Rechten, die nicht in einem Wertpapier verbrieft sind 26 , besteht kein äußerlich erkennbarer Anknüpfungspunkt für die Zuordnung zum Schuldnervermögen. Sie werden aufgrund eines Pfändungsgesuchs des Vollstreckungsgläubigers und der in ihm enthaltenen Angaben ohne Gehör des Vollstreckungsschuldners (§ 834 ZPO) gepfändet. Ein Pfändungsbeschluss ist zu erlassen, wenn dem Vollstreckungsschuldner das angebliche Recht nach den als wahr unterstellten Angaben des Vollstreckungsgläubigers zustehen kann (Plausibilitätsprüfung). Abzulehnen ist die Pfändung nur, wenn feststeht, dass das Recht nicht existiert oder dem Vollstreckungsschuldner nicht zusteht. 27 Ist der Vollstreckungsschuldner nicht (mehr) Rechtsinhaber (z. B. als Zedent einer wirksamen, oder als Zessionar einer unwirksamen Abtretung), so ist die Pfändung gegenstandslos und damit unwirksam. 28 Gleichwohl kann auch eine nur scheinbar wirksame Pfändung das Recht eines Dritten gefährden. 29 In Zessionsfällen (der Vollstreckungsschuldner hatte die Forderung vor der Pfändung abgetreten) erschwert die Pfändung die Einziehung.30 Da der Drittschuldner das Risiko trägt, seine Leistung gegenüber dem falschen Empfänger zu erbringen,31 hat er Anlass, die Zahlung an den Dritten als Zessionar zu verweigern, es sei denn, der Vollstreckungsschuldner hatte vor der Pfändung die Abtretung angezeigt (§ 409 BGB) oder der Dritte weist eine Abtretungsurkunde vor (§ 410 BGB). Denn andernfalls würde der Drittschuldner ohne Schuldnerschutz auf eigene Gefahr leisten.32 Ferner droht einem Zessionar, der die Forderung vor der wirkungslosen Pfändung erworben hat, Forderungsverlust durch befrei-

26 Wertpapiere i. e. S. sind gem. §§ 808, 831 ZPO wie bewegliche Sachen durch Inbesitznahme zu pfänden; Schilken, in: MüKo ZPO, § 808, Rn. 2. 27 Brehm, in: Stein/Jonas, § 829, Rn. 37 f.; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 2; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 842. Ferner Gaul, Rpfleger 1971, 81, 91; Stein, S. 41: Schlüssigkeitsprüfung. 28 BGH WM 2002, 279; Brehm, in: Stein/Jonas, § 829, Rn. 67; Gaul, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Band III, S. 521, 530, Fn. 53; ders., in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 502; Prütting/Weth, JuS 1988, 505, 509. Zur Gegenmeinung s. Gierlach, S. 215 ff. 29 BGH WM 1981, 648, 649; BGH NJW 1977, 384, 385 (nicht abgedruckt in BGHZ 67, 378); Brox/Walker, Rn. 615; Canaris, in: Festschrift für Erich Steffen, S. 85, 92; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 664; Gierlach, S. 57 f.; Hellwig, System 2, S. 275; John, S. 45; Jurgeleit, Rn. 171; Prütting/Weth, JuS 1988, 505, 509; Stein, in: Festschrift für Adolf Wach, S. 449, 481 f.; Stöber, Forderungspfändung, Rn. 745. Kritisch Serick, Eigentumsvorbehalt III, S. 234 f. 30 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 662; John, S. 45; Prütting/Weth, JuS 1988, 505, 509; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 30; Stein, S. 48. 31 Hellwig, System 2, S. 275; Smid, in: MüKo ZPO, § 829, Rn. 50. 32 Brehm, in: Stein/Jonas, § 829, Rn. 107; Stein, S. 48.

B. Formalisierung der Zugriffstatbestände und Gefährdung von Drittrechten

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ende Leistung des Drittschuldners an den Vollstreckungsgläubiger (§ 408 Abs. 2 BGB).33 Bei der Pfändung von Sachforderungen treten die Erschwernisse und Risiken des Rechtsverlusts sowohl der Sachpfändung als auch der Geldforderungspfändung auf. Ist ein Dritter Gläubiger der Forderung, so droht ihm der Rechtsverlust infolge Schuldnerschutzes (§ 408 Abs. 2 BGB). Ist ein Dritter Eigentümer der Sache, auf die sich der Anspruch bezieht, so droht der Rechtsverlust wie bei der Vollstreckung in Sachen. Denn die Pfändung eines Anspruchs auf Herausgabe beweglicher Sachen ergreift diese selbst. 34 Zwar verstrickt die Anspruchspfändung noch nicht die Sache, aber der Drittschuldner darf nur an den Gerichtsvollzieher leisten, 35 und mit der Herausgabe der Sache durch den Drittschuldner ist die Sache verstrickt, 36 die anschließend nach den Vorschriften über die Geldvollstreckung in Fahrnis zu verwerten ist (§ 847 Abs. 2 ZPO). Ähnlich verhält es sich bei Ansprüchen auf Herausgabe von Liegenschaften (§ 848 ZPO), bei denen das Grundstück an einen Sequester herauszugeben ist (§ 848 Abs. 1 ZPO), der den Schuldner bei einer etwaigen Auflassung zu vertreten (§ 848 Abs. 2 Satz 1 ZPO) und sodann die Eintragung der entstandenen (§ 848 Abs. 2 Satz 2 ZPO) Sicherungshypothek zu bewilligen hat (§ 848 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Bei der Vollstreckung in andere Vermögensrechte gelten die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in Forderungen entsprechend (§ 857 Abs. 1 ZPO); die Schuldnerschutzbestimmungen (§§ 407 ff. BGB) sind bei anderen Rechten als Forderungen (§ 413 BGB) anwendbar, wenn aus dem Recht eine dem Schuldner vergleichbare Person verpfl ichtet ist.37 Folglich bestehen bei der Vollstreckung in andere Vermögensrechte für Dritte grundsätzlich dieselben Erschwernisse und Risiken wie bei der Vollstreckung in Forderungen. Die Liegenschaftsvollstreckung wegen Geldforderung findet statt durch Zwangsversteigerung (§§ 15 ff., 162 ff. ZVG), Zwangsverwaltung (§ 146 ff. ZVG) und Eintragung einer Zwangshypothek (§§ 867 f., 870a ZPO). Grundlage der Vollstreckung durch Zwangsversteigerung ist ein Zeugnis des Grundbuchamts38 (§ 17 ZVG). Die Zwangsversteigerung ist gegen den im 33 BGH NJW 1988, 495, 496; BGHZ 66, 394, 396; Brehm, in: Stein/Jonas, § 829, Rn. 122; § 836, Rn. 6; Gierlach, S. 57 f.; Löwisch, S. 187; Oerke, DGVZ 1993, 147, 150; Reetz, S. 59; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 861. 34 RGZ 48, 293, 295. 35 Der Drittschuldner wird bereits wegen des gegen ihn ergangenen Arrestatoriums die Herausgabe an den Dritten verweigern, BGHZ 67, 378, 382; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 663. 36 BGHZ 67, 378, 383; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 883. 37 Roth, in: MüKo BGB, § 413, Rn. 14. 38 Das Zeugnis des Grundbuchamts gibt im Zeitpunkt der Anordnung der Zwangsversteigerung (§ 22 ZVG) keine aktuelle Auskunft über die Eigentumslage nach Maßgabe des Grundbuchs, sondern teilt nur den Stand im Zeitpunkt der Zeugniserstellung mit. Daraus resultiert eine Fehlerquelle, die auch besteht, wenn das Grundbuch richtig ist, im Zeitraum

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Zweites Kapitel: Drittrechte in der Zwangsvollstreckung

Grundbuch als Eigentümer eingetragenen Vollsteckungsschuldner zulässig. Das Vollstreckungsgericht ist formell an die Eintragung gebunden; es darf nicht prüfen, ob das Grundbuch richtig ist und die Eintragung mit der materiellen Rechtslage übereinstimmt.39 Nach dieser Maßgabe stehen der Durchführung der Zwangsversteigerung nur Rechte entgegen, die aus dem Grundbuch ersichtlich sind (§ 28 ZVG); Rechte Dritter, die sich nicht aus dem (falschen) Grundbuch ergeben, hindern die Durchführung der Zwangsversteigerung nicht (vgl. § 37 Nr. 5 ZVG). Mit dem Zuschlag in der Versteigerung wird der Ersteher Eigentümer des Grundstücks sowie der Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt hat (§ 90 ZVG). Ein Dritteigentümer verliert mit dem Zuschlag sein Eigentum. 40 Ebenso knüpft die Zwangsverwaltung an das Grundbuch an; darüber hinaus findet sie statt, wenn der nicht im Grundbuch eingetragene Vollstreckungsschuldner das Grundstück in Eigenbesitz hat (§ 147 ZVG). Die Anordnung der Zwangsverwaltung wirkt als Beschlagnahme, die außer dem Grundstück alle der Hypothekenhaftung unterworfenen Gegenstände ergreift 41 ; gegen Drittschuldner ergehen Zahlungsverbote (§ 22 Abs. 2 ZVG). Soweit von der Zwangsverwaltung erfasste Rechte Dritten zustehen, vereitelt das Zahlungsverbot die Einziehung, und im Zuge der Verteilung droht einem Dritten der Entgang ihm zustehender Erträgnisse. Die Zwangshypothek wird ebenfalls auf der Grundlage der Eintragung des Vollstreckungsschuldners als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Zwar ist bei der Eintragung einer Zwangshypothek auf einem schuldnerfremden Grundstück kein gutgläubiger Erwerb möglich; 42 eine solchermaßen nicht entstandene, ausweislich des Grundbuchs aber scheinbar bestehende Zwangshypothek kann aber durch Verfügung gutgläubig erworben werden, wenn die gesicherte Forderung besteht. 43 Folglich droht die Belastung von Dritteigentum. Wird wegen Individualansprüchen in Fahrnis vollstreckt (§§ 883 Abs. 1, 884 ZPO), entsteht mit der Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher die Verstrickung; 44 insoweit treten dieselben Beeinträchtigungen Drittberechtigter ein wie bei der Fahrnisvollstreckung wegen Geldforderungen. Die Wegnahme ersetzt die zum Eigentumserwerb oder zum Erwerb eines beschränkt dinglichen Rechts erforderliche Übergabe (§ 897 ZPO); folglich droht der Rechtsverlust Drittberechtigter. zwischen Erteilung und Anordnung aber ein neuer Eigentümer eingetragen wurde, Stein, S. 39. In solchen Fällen ist nach § 28 ZVG zu verfahren. 39 Stöber, ZVG, § 17, Rn. 2. 40 Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 945. 41 Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 953. 42 BGHZ 64, 194, 197; BGH WM 1963, 219; Wacke, in: MüKo BGB, § 892, Rn. 33. A. A. Dümig, Rpfleger 2004, 1, 15. 43 BGHZ 64, 194, 197; Wacke, in: MüKo BGB, § 892, Rn. 33. 44 Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 963.

B. Formalisierung der Zugriffstatbestände und Gefährdung von Drittrechten

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Bei der Vollstreckung in Grundstücke wegen Individualansprüchen, die auf rechtsgeschäftliche Verpflichtung des Schuldners zurückzuführen sind, ist analog § 898 ZPO gutgläubiger Erwerb (§ 892 BGB) möglich; ebenso kann ein Recht aufgrund einer Vormerkung gutgläubig erworben werden, die infolge vorläufig vollstreckbaren Urteils (§ 895 ZPO) eingetragen ist. 45

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Wacke, in: MüKo BGB, § 892, Rn. 34.

Drittes Kapitel:

Gang der Untersuchung In den ersten beiden Hauptteilen werden die Interventionsrechtslage bei Geltendmachung veräußerungshindernder Rechte und vertraglicher Ansprüche (Erster Hauptteil, Kap. 4–7) sowie die Haftung des Intervenienten gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger wegen unbegründeter Geltendmachung veräußerungshindernder Rechte und vertraglicher Ansprüche (Zweiter Hauptteil, Kap. 8–16) erarbeitet. Gegenstand des dritten Hauptteils (Kap. 17, 18) ist die Haftung des Intervenienten gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger wegen unbegründeter Geltendmachung von Pfand- und Vorzugsrechten. Die Haftung knüpft an die Geltendmachung veräußerungshindernder Rechte und von Ansprüchen gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger an. Die Interventionsrechtslage (Erster Hauptteil) ist daher für die Haftungsrechtslage maßgebend, die sich auf der Interventionsrechtslage entfaltet. Von Grund auf sind außergerichtliche (Kap. 4), prozessuale (Kap. 5) sowie schiedsrechtliche (Kap. 6) Interventionen zu unterscheiden. Die aus ihnen resultierenden Interventionsmöglichkeiten sind nach Art, Intensität und Wirkung vielgestaltig (Kap. 7). Im Zuge der Intervention kann es einem Intervenienten obliegen, Sicherheit zu leisten, damit die Zwangsvollstreckung nicht begonnen oder fortgesetzt wird, oder damit Vollstreckungsmaßnahmen aufgehoben werden. Mit der Sicherheitsleistung schafft der Intervenient ein haftungsrechtliches Sondervermögen, dessen gesetzliche Haftung neben der persönlichen Haftung des Intervenienten zu bestimmen ist (Kap. 8). Anschließend geht es um die persönliche Haftung eines Intervenienten, und zwar zunächst übergreifend um Interventionswirkungen, Schäden und Verschiebungen (Kap. 9), und sodann um die Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung (Kap. 10), die von Rechtswidrigkeit und Verschulden unabhängig ist. Anschließend werden im Hinblick auf die Verschuldenshaftung der Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren und das Recht auf Irrtum (Kap. 11) sowie das Vertretenmüssen (Kap. 12) untersucht. Die weiteren Kapitel des Ersten Hauptteils befassen sich mit den in Betracht kommenden vertraglichen Ansprüche und Ansprüchen auf vertraglicher Grundlage (Kap. 13), Ansprüchen aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und wegen unerlaubter Handlung (Kap. 14), Ansprüchen wegen ungerechtfertigter Bereicherung (Kap. 15) und schließlich Schadensersatzansprüchen wegen Leistungsstörung (Kap. 16).

Drittes Kapitel: Gang der Untersuchung

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Der dritte Hauptteil behandelt auf der Grundlage der Erkenntnisse der ersten beiden Hauptteile die Haftung eines Vorzugsintervenienten gegenüber einem Vollstreckungsgläubiger wegen unbegründeter Geltendmachung von Pfand- und Vorzugsrechten (Kap. 17, 18). Abschließend werden die wichtigsten dogmatischen Einzelergebnisse und Thesen zusammengestellt.

Erster Hauptteil

Geltendmachung veräußerungshindernder Rechte und vertraglicher Ansprüche gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger Intervention ist einerseits Folge einer gesetzliche Verfahrensgestaltung, die – aus dem übergeordneten, legitimierenden Grund der Durchsetzungsfähigkeit der Zwangsvollstreckung – von Freigiebigkeit gegenüber dem Gläubiger und Rücksichtslosigkeit gegenüber Dritten geprägt ist. Drittrechte bleiben von den Vollstreckungsorganen weithin unbeachtet, und betroffene Dritten können ihre Rechte vollstreckungsintern nicht wahren, so dass Interventionsmöglichkeiten zur Geltendmachung von Drittrechten geboten sind. Andererseits ist die Intervention Auslöser etwaiger Haftung des Intervenienten gegenüber dem interventionsbetroffenen Vollstreckungsgläubiger. Da das Recht Dritten unterschiedliche Einwirkungsmöglichkeiten zur Verfügung stellt, hat eine Untersuchung der Interventionshaftung nicht von „der Intervention“ als Inbegriff auszugehen, sondern die Vielgestaltigkeit von Interventionsmöglichkeiten zugrunde zu legen und bei der rechtlichen Ausgestaltung und Wirkung einer jeweiligen Intervention anzusetzen. Einige Beispiele sollen dies andeuten. Für die Verschuldenshaftung ist es unter dem Blickwinkel des Rechtfertigungsgrundes der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren entscheidend, ob eine Intervention mithilfe eines gerichtlichen Verfahrens betrieben oder ob außerprozessual interveniert wird. Weiter ist im Hinblick auf die Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung (insbesondere §§ 717, 945 ZPO) danach zu differenzieren, ob ein Intervenient ein Urteil vollstrecken lässt (§ 717 ZPO), ob er eine einstweilige Verfügung vollziehen lässt (§ 945 ZPO), oder ob er mit einer einstweiligen Anordnung (§ 771 Abs. 3 ZPO) vorgeht, deren Vollziehung keiner Risikohaftungsvorschrift unmittelbar zugeordnet werden kann. Bei der anschließenden Frage nach analoger Anwendung von Risikohaftungsnormen ist im Hinblick auf die funktionalen Unterschiede zwischen einstweiligen Anordnungen im Verfahren bis zum Urteil (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) und Urteilsanordnungen (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) zu differenzieren. Ferner determiniert die Reichweite der Wirkung einer jeweiligen Interventionsmöglichkeit (Aufhebung, §§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO, oder i.d.R. nur Einstellung, §§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO) Art und Schwere drohender Schäden, die für den Grund und den Umfang der Ersatzfähigkeit maßgeblich sind. Ähnlich verhält es sich bei Herausgabeansprüchen: was ein Intervenient durch die Einstellung der Voll-

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Erster Hauptteil: Geltendmachung veräußerungshindernder Rechte

streckung erlangen kann, unterscheidet sich grundlegend von dem, was ihm die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln zukommen lässt. Schließlich begründen unterschiedliche Interventionsmöglichkeiten unterschiedlich Näheverhältnisse zwischen Intervenient und Vollstreckungsgläubiger, die als Grundlage einer Sonderverbindung und damit einer Haftung wegen Leistungsstörung (§ 280 Abs. 1 BGB) in Betracht zu ziehen sind. Die verschiedenen Interventionsmöglichkeiten sind mithin Ausgangspunkt der Erarbeitung der Haftungsrechtslage. Der Untersuchung der Haftungsrechtslage hat folglich die Klärung der Interventionsrechtslage vorauszugehen. Dritte können zur Wahrung veräußerungshindernder Rechte und zur Durchsetzung gegen den Vollstreckungsgläubiger gerichteter Ansprüche außergerichtlich (Kap. 4), mit gerichtlichen Schritten (Kap. 5) oder schiedsrechtlich (Kap. 6) intervenieren.

Viertes Kapitel:

Außergerichtliche Rechtsverfolgung Bereits mit der außergerichtlichen Geltendmachung eines Rechts (A.) kann ein Dritter beim Vollstreckungsgläubiger Wirkungen erzielen (B.).

A. Geltendmachung Ein Dritter, der davon Kenntnis erlangt, dass in einen Gegenstand vollstreckt wird oder werden soll, den er zu seinem Vermögen zählt, kann dem Vollstreckungsgläubiger außergerichtlich seine Sicht der Sach- und Rechtslage unterbreiten und ihn zur Beachtung des Drittrechts in der Vollstreckung auffordern.1 Damit bringt sich ein Drittberechtigter gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger in eine aussichtsreiche Rechtsposition. Denn nach der Rechtsprechung des BGH2 ist ein Vollstreckungsgläubiger Drittberechtigten schadensersatzpflichtig, wenn er die Vollstreckung (weiter) betreibt oder die Freigabe ohne genügenden Grund verzögert, obwohl er, namentlich aufgrund genügender Aufklärung durch den Dritten, das Drittrecht kannte oder kennen musste.

B. Wirkungen Wegen des Haftungsrisikos kann bereits eine schlüssige außergerichtliche Geltendmachung eines Drittrechts den Vollstreckungsgläubiger veranlassen, die Vollstreckung in den betreffenden Gegenstand zu unterlassen (I.), sie ruhen zu lassen (II.), oder die Freigabe des reklamierten Gegenstandes zu erklären (III.). Im übrigen kann das Auftreten der Streitigkeit Anlass zum Abschluss eines Zwischenvergleichs (IV.) oder einer Schiedsvereinbarung (V.) geben.

1 Vgl. BGHZ 58, 207, 214, wo angenommen wird, dass „die außergerichtliche Verständigung über die Freigabe die Regel bildet“. 2 BGHZ 118, 201; BGHZ 58, 207 m. Anm. Henckel, JZ 1973, 32; ebenso bereits RG JW 1911, 368; KG JW 1929, 149 m. Anm. Oertmann, JW 1929, 149; OLG Jena OLGRspr. 2 (1901), 267. Kritisch Baur/Stürner/Bruns, Rn. 46.25; Gaul, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Band III, S. 521, 522 f., 566 f.; ders., ZZP 110 (1997), 3, 14 ff.; ders., in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 698 ff.; Götz, S. 73 f.; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 88 ff.

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Viertes Kapitel: Außergerichtliche Rechtsverfolgung

I. Unterlassen Die Vollstreckung in den betreffenden Gegenstand kann unterlassen werden, solange das Vollstreckungsorgan noch nicht auf ihn zugegriffen hat. Hat der Gläubiger noch keinen Vollstreckungsantrag gestellt, unterlässt er die Vollstreckung in den Gegenstand, indem er davon absieht, einen Vollstreckungsantrag zu stellen, der den Gegenstand betrifft. Unproblematisch ist dies bei Vollstreckungsverfahren, bei denen die Vollstreckungsgegenstände durch den Antrag oder den zu vollstreckenden Titel spezifiziert sind, wie dies bei der Geldvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte, 3 der Geldvollstreckung in Grundstücke4 sowie der Herausgabevollstreckung in bestimmte bewegliche Sachen (§ 883 Abs. 1 Alt. 1 ZPO) 5 und Grundstücke (§ 885 ZPO) 6 der Fall ist. Bei der Geldvollstreckung in bewegliche Sachen (§§ 808 ff. ZPO) hingegen brauchen Sachen, die gepfändet werden sollen, im Vollstreckungsauftrag nicht bezeichnet zu werden. Der Gerichtsvollzieher hat von Amts wegen pfändbare Sachen aufzufinden und die Vollstreckung, soweit nötig, in alle pfändbaren Sachen des Schuldners durchzuführen. Die Auswahl zu pfändender Gegenstände trifft der Gerichtsvollzieher. 7 Allerdings kann der Vollstreckungsgläubiger den Gerichtsvollzieher anweisen, nur bestimmte Gegenstände oder bestimmte Gegenstände nicht zu pfänden. 8 Durch eine derartige Beschränkung des Vollstreckungsauftrags kann der Vollstreckungsgläubiger die Unterlassung der Vollstreckung in Gegenstände sicherstellen, an denen Drittrechte geltend gemacht sind. Gleiches wie bei der Geldvollstreckung in bewegliche Sachen gilt bei der Herausgabevollstreckung wegen begrenzter Gattungsschulden (§ 883 Abs. 1 Alt. 2 ZPO) und wegen vertretbarer Sachen oder Wertpapieren (§ 884 ZPO). Wenn der Vollstreckungsgläubiger bereits einen Vollstreckungsantrag gestellt, das Vollstreckungsorgan aber noch nicht auf den Gegenstand zugegriffen hat, dann kann der Vollstreckungsgläubiger die Vollstreckung in den Gegen3 Pfändungsgesuch unter Angabe des zu pfändenden Rechts nach Gläubiger und Schuldner, Inhalt und Grund, Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 841. 4 Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung: Antrag, §§ 16 Abs. 1, 146 ZVG; Zwangshypothek: Antrag, § 867 Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. § 28 GBO. Der Haftungsverband wird ohne weiteres kraft Gesetzes erfasst, §§ 1120 ff. BGB, § 20 Abs. 2 ZVG. 5 Bezeichnung des Gegenstandes im Titel (Walker, in: Schuschke/Walker, § 883, Rn. 7) oder im Vollstreckungsauftrag (Heßler, in: MüKo ZPO, § 754, Rn. 23). 6 Bezeichnung des Grundstücks im Titel. 7 Baumann/Brehm, S. 187; Heßler, in: MüKo ZPO, § 754, Rn. 22. 8 AG Memmingen DGVZ 1989, 27; Heßler, in: MüKo ZPO, § 753, Rn. 25; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 753, Rn. 9; Oerke, S. 47; Putzo, in: Thomas/Putzo, Vorbem. § 704, Rn. 30; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 753, Rn. 11; Stürner, ZZP 99 (1986), 291, 301; Walker, in: Schuschke/Walker, Vor §§ 753–763, Rn. 5; Wieser, NJW 1988, 665, 668. Ferner LG Berlin DGVZ 1976, 185, 186; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 424: Anregung, an die sich der Gerichtsvollzieher i.d.R. halten wird.

B. Wirkungen

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stand unterlassen, indem er den Antrag zurücknimmt,9 ihn auf andere Gegenstände beschränkt10 oder das Vollstreckungsorgan zum Zuwarten veranlasst. Solange und soweit die Vollstreckung aus dem Titel noch zulässig ist, kann der Vollstreckungsgläubiger einen Vollstreckungsantrag erstmalig stellen, einen zurückgenommenen Antrag (bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs) wiederholen,11 einen beschränkten Antrag erweitern und einen zurückgestellten Antrag aktivieren.

II. Ruhenlassen Nach der ersten Vollstreckungsmaßnahme des Vollstreckungsorgans (Vollstreckungsbeginn) 12 kann der Vollstreckungsgläubiger die Vollstreckung in den Gegenstand ruhen lassen, indem er sie nicht weiterbetreibt und das Vollstreckungsorgan veranlasst, weitere Vollstreckungsmaßnahmen zu unterlassen.13 Ruhen der Vollstreckung auf Gläubigerveranlassung ist keine förmliche Einstellung, sondern ein bloß tatsächlicher Stillstand.14 Bestehende Vollstreckungsmaßnahmen bleiben mit allen Wirkungen erhalten, solange aber der Stillstand dauert, dürfen keine weiteren Maßnahmen vorgenommen werden, und eingeleitete, aber noch nicht vollzogene Maßnahmen sind abzubrechen. Der Vollstreckungsgläubiger kann dem Vollstreckungsorgan jederzeit erklären, dass der Stillstand zu beenden und die Vollstreckung nunmehr weiter zu betreiben ist. In der Geldvollstreckung in Grundstücke durch Zwangsversteigerung und -verwaltung ist das Ruhen der Vollstreckung aufgrund Gläubigerbewilligung besonders geregelt. Bewilligt der Gläubiger eine einstweilige Einstellung des 9

Im Zwangsversteigerungs- und verwaltungsverfahren s. §§ 29, 161 Abs. 4 ZVG. Die Antragsrücknahme ist auch bei den anderen Vollstreckungsarten zulässig, Baumann/Brehm, S. 27; A. Blomeyer, AcP 165 (1965), 481, 487; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 65; Münzberg, in: Stein/Jonas, Vor § 704, Rn. 76; Wieser, NJW 1988, 665, 666. 10 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 449 (betr. Gerichtsvollzieher); Münzberg, in: Stein/Jonas, Vor § 704, Rn. 76; § 775, Rn. 4; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 775, Rn. 6. 11 Münzberg, in: Stein/Jonas, Vor § 704, Rn. 76: Wieser, NJW 1988, 665, 666. 12 Arendt, S. 24 ff.; Baumann/Brehm, S. 188; Baur/Stürner/Bruns, Rn. 9.2; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 30; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 766, Rn. 44. A. A. Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 724: Vollstreckungsbeginn mit dem Vollstreckungsantrag. 13 Dass derlei Veranlassung von den Vollstreckungsorganen zu beachten sind, ist als Ausfluss der Dispositionsbefugnis des Gläubigers über das Verfahren anerkannt, Baumann/ Brehm, S. 188; Baur/Stürner, Band I, Rn. 9.11; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 65, 727 f.; Münzberg, in: Stein/Jonas, Vor § 704, Rn. 76; § 775, Rn. 4; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 775, Rn. 6; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 775, Rn. 3. Ferner RGZ 161, 109, 115; LG Berlin DGVZ 1976, 185, 186; AG Memmingen DGVZ 1989, 27; A. Blomeyer, AcP 165 (1965), 481, 487; Oerke, S. 47; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 753, Rn. 11; § 776, Rn. 3; Walker, in: Schuschke/Walker, § 753, Rn. 8, alle betr. Gerichtsvollzieher. 14 Baumann/Brehm, S. 194; Baur/Stürner/Bruns, Rn. 9.3, 9.11; Gaul, in: Rosenberg/ Gaul/Schilken, S. 727 f. Terminologisch abweichend Münzberg, in: Stein/Jonas, Vor § 704, Rn. 76; § 775, Rn. 4, Fn. 17; Wieser, NJW 1988, 665, 667.

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Viertes Kapitel: Außergerichtliche Rechtsverfolgung

Zwangsversteigerungsverfahrens oder die Aufhebung des Versteigerungstermins, so ist das Verfahren durch Gerichtsbeschluss förmlich einstweilen einzustellen (§ 30 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZVG). Das Verfahren ist auf Antrag des Gläubigers fortzusetzen; stellt der Gläubiger nicht innerhalb von sechs Monaten den Antrag, so ist das Verfahren aufzuheben (§ 31 ZVG). Im Wiederholungsfall der Einstellungsbewilligung gilt die dritte Einstellungsbewilligung als Rücknahme des Versteigerungsantrags (§ 30 Abs. 1 Satz 3 ZVG); das Verfahren ist aufzuheben (§ 29 ZVG). Im Zwangsverwaltungsverfahren gilt § 30 ZVG entsprechend.15 Allerdings findet § 31 ZVG keine entsprechende Anwendung; die Einstellung ist aufzuheben, wenn die für die Einstellung maßgeblichen Gründe weggefallen sind, das Verfahren darf nicht wegen Fristversäumung aufgehoben werden.16

III. Freigabe Der Vollstreckungsgläubiger kann schließlich die Freigabe eines Gegenstandes, der sich unter dem Vollstreckungszugriff befindet, durch Erklärung erwirken (a)) oder bewirken (b)). 1. Erwirkung Bei allen Vollstreckungsarten kann der Gläubiger den Gegenstand freigeben, indem er den Vollstreckungsantrag zurücknimmt. Die dem Vollstreckungsorgan zu erklärende Rücknahme wirkt sich nicht unmittelbar auf Stand und Wirkungen der Vollstreckung aus. Es bedarf der Aufhebung getroffener Vollstreckungsmaßnahmen durch das Vollstreckungsorgan.17 Nach einer Antragsrücknahme ist das Vollstreckungsorgan zur Aufhebung verpflichtet.18 Ebenso kann ein Vollstreckungsgläubiger vollzogene Vollstreckungsmaßnahmen aufheben lassen,19 den Vollstreckungsantrag aber aufrecht erhalten. Eine solche Freigabeerklärung kann sich auf alle oder auf bestimmte einzelne Vollstreckungsgegenstände beziehen 20 . Für bestehende Vollstreckungsmaßregeln wirkt die Freigabeerklärung wie die Rücknahme des Vollstreckungsan15

Bötticher, § 146, Rn. 78. Bötticher, § 146, Rn. 81. 17 Zwangsversteigerung und -verwaltung betr. s. §§ 29, 161 Abs. 4 ZVG. Allgemein Baur/ Stürner/Bruns, Rn. 9.16. Einzelfragen sind umstritten. 18 Münzberg, in: Stein/Jonas, § 776, Rn. 1; Paulus, in: Wieczorek/Schütze, Vor § 704, Rn. 21; Stürner, ZZP 99 (1986), 291, 298; Walker, in: Schuschke/Walker, § 753, Rn. 8 (betr. Gerichtsvollzieher). 19 BGHZ 58, 207, 214; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 65; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 776, Rn. 3; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 775, Rn. 3. Ferner LG Berlin DGVZ 1976, 185, 186; A. Blomeyer, AcP 165 (1965), 481, 487; Oerke, S. 47, alle betr. Gerichtsvollzieher. 20 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 65 betr. Geldvollstreckung in bewegliche Sachen. 16

B. Wirkungen

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trags: Die Freigabeerklärung gegenüber dem Vollstreckungsorgan hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Stand und die bestehenden Wirkungen der Vollstreckung; die Vollstreckungsmaßnahmen sind durch das Vollstreckungsorgan aufzuheben. Die Aufhebungsmaßnahmen und -wirkungen sind je nach Art der aufzuhebenden Vollstreckungsmaßregel unterschiedlich. Eine aufgehobene Vollstreckungsmaßregel ist endgültig beseitigt; zur Wiederherstellung ist die Neuvornahme erforderlich. Es steht dem Vollstreckungsgläubiger frei, die Vollstreckung jederzeit wiederholen zu lassen. 2. Bewirkung In einigen Fällen kann der Vollstreckungsgläubiger unmittelbar Freigabewirkungen herbeiführen. Bei der Geldvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte kann der Gläubiger auf die durch Pfändung und Überweisung zur Einziehung erworbenen Rechte unbeschadet seines Anspruchs durch eine dem Schuldner zuzustellende Erklärung verzichten (§ 843 ZPO). 21 Bei der Geldvollstreckung in Grundstücke durch Eintragung einer Zwangshypothek kann der Vollstreckungsgläubiger durch Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt oder dem Vollstreckungsschuldner als eingetragenem Eigentümer auf die Hypothek verzichten, die zur Eigentümergrundschuld wird, sobald der Verzicht im Grundbuch eingetragen ist (§§ 1168, 1177 BGB). 22 Bei der Geldvollstreckung in bewegliche Sachen kann der Vollstreckungsgläubiger mit dinglicher Wirkung durch Erklärung gegenüber dem Vollstreckungsschuldner23 auf das (gemischt privat-öffentlich-rechtliche) Pfändungspfandrecht verzichten (§ 1255 BGB). 24 Umstritten ist, ob der Vollstreckungsgläubiger die Verstrickung einer gepfändeten Sache durch Erklärung gegenüber dem Vollstreckungsschuldner (und dessen betätigtem Einverständnis) aufheben kann. Die Rechtsprechung und ein Teil des Schrifttums vertreten die Auffassung, die Verstrickung entfalle, wenn der Vollstreckungsschuldner im Einvernehmen mit dem Vollstreckungsgläubiger das Pfandzeichen (§ 808 Abs. 2 Satz 2 ZPO) entfernt. 25 Im Schrifttum wird dem überwiegend und mit Recht

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Einzelheiten BGH InVo 2002, 333, 335. Münzberg, in: Stein/Jonas, § 868, Rn. 7; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 776, Rn. 3. 23 Nicht: Gegenüber dem Gerichtsvollzieher (so aber LG Berlin DGVZ 1959, 140). 24 Brox/Walker, Rn. 385; Bruns/Peters, S. 126; Schilken, in: MüKo ZPO, § 804, Rn. 21; ders., in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 785. 25 BGH KTS 1959, 156, 157 f. im Anschluss an RGZ 161, 109, 114; RGZ 57, 323, 325 f.; A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 197. Weitergehend LG Berlin DGVZ 1959, 140: Beendigung der Verstrickung bereits durch Erklärung der Freigabe; der Entfernung der Pfandzeichen bedürfe es nicht. 22

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Viertes Kapitel: Außergerichtliche Rechtsverfolgung

widersprochen. 26 Auch nach einer Freigabeerklärung des Gläubigers muss die Entstrickung noch durch den Gerichtsvollzieher vollzogen werden. Selbst gerichtliche Entscheidungen über die Aufhebung der Vollstreckung müssen bei der Gerichtsvollziehervollstreckung vom Gerichtsvollzieher vollzogen werden (§§ 775, 776 ZPO). Die Rechtssicherheit gebietet umso mehr, den Fortbestand des öffentlich-rechtlichen Gewahrsamsverhältnisses nicht allein vom Verzicht des Gläubigers abhängen zu lassen; zur Aufhebung bedarf es eines actus contrarius zur Pfändung. Die bewirkte Freigabe ist endgültig; zur Wiederherstellung bedarf es der Neuvornahme der betreffenden Vollstreckungsmaßnahme, deren jederzeitige Wiederholung im Belieben des Vollstreckungsgläubigers steht.

IV. Zwischenvergleich Vor allem bei der Geldvollstreckung kann die Entstehung der Streitigkeit über die Zulässigkeit der Vollstreckung durch außergerichtliche Geltendmachung des Drittrechts Anlass zum Abschluss eines Zwischenvergleichs geben. Beiden Beteiligten kann daran gelegen sein, eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden, während deren Dauer der Vollstreckungsgegenstand durch Zeitablauf wertlos zu werden droht, so dass, gleichgültig, welcher der Beteiligten sich im gerichtlichen Rechtsstreit durchsetzen wird, beide verlieren würden. Im übrigen können die drohende Haftung des Vollstreckungsgläubigers wegen verspäteter Freigabe und die weithin ungeklärte Haftung des Intervenienten die Beteiligten einer einvernehmlichen Lösung zuneigen lassen, die soweit möglich werterhaltend und damit schadensvermeidend ist. Je weniger wertbeständig ein Vollstreckungsgegenstand, und je weniger eindeutig die Rechtslage ist, desto mehr entspricht es wirtschaftlicher und kaufmännischer Vernunft, eine Vereinbarung zur einstweiligen Regelung der Angelegenheit treffen. Ein solcher Zwischenvergleich kann typischerweise vorsehen, dass der Vollstreckungsgläubiger innehält oder freigibt und der Intervenient im Gegenzug Sicherheit leistet; der Gegenstand kann dann freihändig verwertet und der Rechtsstreit kann über den Erlös geführt werden. Umgekehrt kann auch vereinbart werden, dass sich der Intervenient verwertungsbehindernder einstweiliger oder vorläufiger Interventionsmaßnahmen enthält, damit der Gegenstand zügig in der Vollstreckung verwertet und der Streit in der Hauptsache sodann um den Erlös geführt werden kann.

26 Brox/Walker, Rn. 369; Bruns/Peters, S. 126; W. Lüke, in: Wieczorek/Schütze, § 803, Rn. 38; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 803, Rn. 18; Schilken, in: MüKo ZPO, § 803, Rn. 35; ders., in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 775; Oerke, S. 47, Fn. 35; Walker, in: Schuschke/Walker, Vor §§ 803, 804, Rn. 8.

B. Wirkungen

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V. Schiedsvereinbarung Die Beweggründe für den Abschluss eines Zwischenvergleichs können die Beteiligten auch veranlassen, eine Schiedsvereinbarung über das bestimmte Rechtsverhältnis (§ 1029 ZPO) des Drittwiderspruchsrechts zu schließen. Der Streitgegenstand einer Drittwiderspruchsklage ist schiedsfähig 27.

27 Baumbach/Lauterbach, § 1030, Rn. 5; Münch, in: MüKo ZPO, § 1029, Rn. 36; Schlosser, in: Stein/Jonas, § 1030, Rn. 2; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 56; Schütze, Rn. 138; Voit, in: Musielak, § 1030, Rn. 7. A. A. Germelmann, in: Germelmann/Matthes/Prütting, § 102, Rn. 5 (betr. § 101 ArbGG); Schwab/Walter, Kap. 7, Rn. 15.

Fünftes Kapitel:

Prozessuale Rechtsverfolgung Die Einleitung eines Interventionsprozesses hat keinen unmittelbaren Einfluss auf die Vollstreckung, gegen die sich die Intervention richtet. Grundsätzlich (Ausnahme § 28 ZVG) darf ein Vollstreckungsorgan die Vollstreckung erst beschränken, einstellen oder ruhen lassen, oder getroffene Vollstreckungsmaßnahmen aufheben, wenn die Ausfertigung einer Entscheidung (oder eine bestimmte andere Urkunde) entsprechenden Inhalts vorgelegt wird (§§ 775 f. ZPO), oder wenn der Vollstreckungsgläubiger entsprechende Anweisung erteilt. Auch dort, wo es zur Verwirklichung des Rechtsschutzbegehrens keiner Mitwirkung des Vollstreckungsorgans bedarf, verwirklicht nicht die Einleitung des Interventionsprozesses das Begehren, sondern eine gerichtliche Entscheidung (§ 868 ZPO) oder ein Verzicht des Vollstreckungsgläubigers. Ziel der Einleitung eines Interventionsprozesses ist der Erlass einer gerichtlichen Entscheidung, damit das Rechtsschutzbegehren verwirklicht wird. Mehr noch als die Einleitung sonstiger Prozesse zielt die Einleitung eines Interventionsprozesses typischerweise zugleich darauf, den Verfahrensgegner zu einem Verhalten zu veranlassen, das dem Begehren ganz oder einstweilen abhilft und den Rechtsstreit gegenstandslos macht oder verlagert. Der typische Verlauf von Interventionsprozessen ist dadurch gekennzeichnet, dass das Verfahren kaum noch wirklich durchgefochten wird; sobald der Dritte sein Recht hinreichend glaubhaft gemacht hat, lenkt der Vollstreckungsgläubiger ein, um das Schadensersatzrisiko wegen verspäteter Freigabe1 zu vermeiden. 2 Selbst ein Vollstreckungsgläubiger, der außergerichtlicher Geltendmachung eines Drittrechts standhält, wird geneigt sein, seinen Widerstand aufzugeben, wenn der Dritte seinem Ansinnen durch Klage oder einen Eilantrag Nachdruck verleiht. In ähnlicher Weise (drohende Haftung) wie außergerichtliche Geltendmachung eines Drittrechts, aber in stärkerem Maße (Nachdrücklichkeit), ist daher die Einleitung eines Interventionsprozesses geeignet, den Vollstreckungsgläubiger zu veranlassen, die Vollstreckung in den betreffenden Gegenstand zu unterlassen, sie ruhen zu lassen, die Freigabe zu erklären, oder mit dem Abschluss eines Zwischenvergleichs oder einer Schiedsvereinbarung einverstanden zu sein – je-

1 2

S. 25. Gaul, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Band III, S. 521 ff.

A. Drittwiderspruchsprozess

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denfalls dann, wenn die Rechtslage zweifelhaft ist oder andere Vollstreckungsgüter zur Verfügung stehen. Veräußerungshindernde Drittrechte sind in der Zwangsvollstreckung vornehmlich im Drittwiderspruchsprozess (§§ 771 ff. ZPO) geltend zu machen (A.). Daneben oder stattdessen kommen weitere gerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten in Betracht (B.). Die materielle Rechtskraft gerichtlicher Interventionsentscheidungen kann in Haftungsprozessen präjudiziell wirken (C.). Ein materiellrechtlich gegebener Anspruch des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten kann gerichtlich undurchsetzbar sein, weil im Haftungsprozess haftungsausschließende Feststellungen zwingend zugrunde zu legen sind, die zwar unzutreffend, aber von der materiellen Rechtskraft einer im vorausgegangenen Interventionsprozess ergangenen Entscheidung erfasst sind.

A. Drittwiderspruchsprozess Der Drittwiderspruchsprozess (§ 771 ZPO) gleicht die Vernachlässigung von Drittrechten im Vollstreckungsverfahren aus. Der Dritte ist gehalten, ein „die Veräußerung hinderndes Recht“ an dem Gegenstand der Vollstreckung als „Widerspruch gegen die Zwangsvollstreckung im Wege der Klage . . . geltend zu machen“ (§ 771 Abs. 1 ZPO). Ein Drittwiderspruchsbegehren ist grundsätzlich von der ersten Vollstreckungsmaßnahme an zulässig; begründet ist es, wenn der Intervenient ein veräußerungshinderndes Recht am Gegenstand der Zwangsvollstreckung hat und widerspruchsberechtigt ist (I.). Der Drittwiderspruchsprozess eröffnet dem Dritten verschiedene Interventionsmöglichkeiten. Bis zum Urteilserlass können einstweilige Anordnung (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) ergehen (II.). Ferner können Urteilsanordnungen (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) ergehen (III.). Ganz herrschender Meinung im zeitgenössischen Schrifttum zufolge ist ein stattgebendes Drittwiderspruchsurteil im Ausspruch zur Hauptsache für vorläufig vollstreckbar zu erklären (IV.). Rechtskräftige stattgebende Drittwiderspruchsurteile sind im Ausspruch zur Hauptsache vollstreckbar (V.). Besonderheiten des Rechtsschutzes Dritter gelten in der Liegenschaftsvollstreckung durch Zwangsversteigerung und -verwaltung (VI.).

I. Zulässigkeit und Begründetheit eines Drittwiderspruchsbegehrens 1. Zulässigkeit Bei der Zulässigkeit eines Drittwiderspruchsbegehrens gem. § 771 ZPO ist zwischen der Erhebung einer Drittwiderspruchsklage (§ 771 Abs. 1 ZPO) (a)) und

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Fünftes Kapitel: Prozessuale Rechtsverfolgung

der Stellung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bis zum Urteilserlass (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) (b)) zu unterscheiden. a) Drittwiderspruchsklage Das Rechtsschutzbegehren einer Drittwiderspruchsklage besteht darin, dass mit dem Urteil bestimmte Vollstreckungsmaßnahmen aus einem bestimmten Titel in den betreffenden Gegenstand für unzulässig erklärt werden; die Drittwiderspruchsklage ist eine Gestaltungsklage, das Drittwiderspruchsurteil, das die zulässige Vollstreckung unzulässig macht, ist ein Gestaltungsurteil.3 Der „Widerspruch gegen die Zwangsvollstreckung“ (§ 771 Abs. 1 ZPO) ist grundsätzlich von der ersten Vollstreckungsmaßnahme an zulässig. 4 Mit dem Vollstreckungsbeginn steht der Vollstreckungsgegenstand fest, und der Dritte hat ein Rechtsschutzinteresse an der Rechtsgestaltung. Ausnahmsweise besteht das Rechtsschutzinteresse bereits vor Vollstreckungsbeginn, 5 und zwar, wenn die Vollstreckung von vornherein auf einen bestimmten Gegenstand gerichtet ist. 6 Daher ist die Drittwiderspruchsklage nach einer Vorpfändung (§ 845 ZPO) zulässig. 7 Bei der Vollstreckung in Sachansprüche ist eine Drittwiderspruchsklage eines die Sache in Anspruch nehmenden Dritten ab Erlass des Pfändungsbeschlusses (§§ 847 Abs. 2, 848 Abs. 3 ZPO) zulässig. 8 Bei der Herausgabe- und Räumungsvollstreckung (§§ 883, 885 ZPO), bei der eine Intervention nach Vollstreckungsbeginn regelmäßig zu spät käme, ist die Drittwiderspruchsklage 3 K. Blomeyer, S. 51; Brox/Walker, Rn. 1448; Furtner, DRiZ 1955, 190; Gaul, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Band III, S. 521, 524; ders., in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 657 ff.; Gerhardt, Grundbegriffe, Rn. 192; ders., Vollstreckungsrecht, S. 214; Hellwig, System 2, S. 277 f.; Herget, in: Zöller, § 771, Rn. 4; Lackmann, in: Musielak, § 771, Rn. 1; Lippross, Rn. 716; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 5; ders../Brehm, in: Festschrift für Fritz Baur, S. 517, 519; Pfeifer, S. 58 ff.; Putzo, in: Thomas/Putzo, § 771, Rn. 1; Rosener, S. 13 ff.; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 4; Schlosser, Gestaltungsklagen, S. 96 ff.; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 3, 77; Schmitz, S. 28; Sohm, S. 33 ff.; Staab, S. 46; Stein, S. 47. A. A. RGZ 61, 430, 431 f.; Falkmann/Mugdan, S. 411 f., 450; Kleinfeller, S. 630: Klage auf Freigabe durch den Vollstreckungsgläubiger. A. A. auch R. Schmidt, S. 1030 ff.: (negative) Feststellungsklage. 4 BGH InVo 2004, 331, 332; A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 159; Gaul, in: Rosenberg/ Gaul/Schilken, S. 685; Herget, in: Zöller, § 771, Rn. 5 f.; Lackmann, in: Musielak, § 771, Rn. 9; Münzberg/Brehm, in: Festschrift für Fritz Baur, S. 517, 531; Oertel, S. 41 f.; Putzo, in: Thomas/Putzo, § 771, Rn. 10. A. A. Jauernig/Berger, § 13, Rn. 6: begründet. 5 Münzberg/Brehm, in: Festschrift für Fritz Baur, S. 517, 531; Putzo, in: Thomas/Putzo, § 771, Rn. 10; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 58. A. A. Hezel, S. 43. 6 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 685; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 31. 7 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 685; Herget, in: Zöller, § 771, Rn. 6; Lackmann, in: Musielak, § 771, Rn. 9; Putzo, in: Thomas/Putzo, § 771, Rn. 10; Salzmann, in: Wieczorek/ Schütze, § 771, Rn. 31; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 58. 8 BGHZ 72, 334, 337; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 663, 685; Oertel, S. 18 f.; Preuss, JR 2004, 465; Putzo, in: Thomas/Putzo, § 771, Rn. 10; Salzmann, in: Wieczorek/ Schütze, § 771, Rn. 31.

A. Drittwiderspruchsprozess

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zulässig, sobald die Klausel erteilt, spätestens, sobald der Vollstreckungsantrag gestellt ist.9 b) Einstweilige Anordnung bis zum Urteilserlass Auf Antrag können das Prozess- und in dringenden Fällen auch 10 das Vollstreckungsgericht anordnen, dass bis zum Erlass des Drittwiderspruchsurteils die Vollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde und dass Vollstreckungsmaßregeln gegen oder ohne Sicherheitsleistung aufzuheben seien (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO). Anders als § 771 Abs. 1 ZPO fordern die §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO, dass die Vollstreckung bereits begonnen hat (§ 771 Abs. 3 Satz 1: „Einstellung der Zwangsvollstreckung“, § 769 Abs. 1 Satz 1: „Zwangsvollstreckung . . . eingestellt . . . fortgesetzt . . . Vollstreckungsmaßregeln . . . aufzuheben“, § 769 Abs. 2: Satz 2 „Zwangsvollstreckung . . . fortgesetzt“). Denn eingestellt oder fortgesetzt werden kann nur, was bereits begonnen hat.11 Dass dieses Begriffsverständnis und die Unterscheidung zwischen begonnener und bevorstehender Vollstreckung dem Gesetz zugrunde liegen, bezeugen § 751 Abs. 2 ZPO („begonnen oder . . . fortgesetzt“) sowie § 707 Abs. 1 Satz 1 ZPO („eingestellt werde oder nur . . . stattfinde“). Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO ist demnach erst statthaft, sobald die Vollstreckung begonnen hat.12 Es besteht folglich vor Vollstreckungsbeginn auch dann kein Eilrechts9 Bruns/Peters, S. 102; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 685; U. Gottwald, § 771, Rn. 13; Mohrbutter, S. 136; Münzberg/Brehm, in: Festschrift für Fritz Baur, S. 517, 531; Putzo, in: Thomas/Putzo, § 771, Rn. 10; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 31. Ferner A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 159 f.; Lackmann, in: Musielak, § 771, Rn. 9: mit Vorliegen des Titels. 10 Nach umstrittener Meinung soll auch das Prozessgericht (§ 769 Abs. 1 ZPO) bereits vor Anhängigkeit in dringenden Fällen Anordnungen nach § 769 ZPO erlassen können; § 769 Abs. 2 ZPO begründe nur eine zusätzliche Zuständigkeit in Dringlichkeitsfällen, Münzberg, in: Stein/Jonas, § 769, Rn. 7 f.; Staub, JW 1888, 295, 297. A. A. K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 769, Rn. 11 (h.M., ebenso Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 769, Rn. 8) unter Hinweis auf die Möglichkeit, die Vollstreckung lahm zu legen, ohne je Klage zu erheben. 11 Ebenso Brox/Walker, Rn. 174; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 727; Staab, S. 46. A. A. K. Blomeyer, S. 23; Guyot, S. 7 f.; Lackmann, in: Musielak, § 775, Rn. 11; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 776, Rn. 4; Sambraus, S. 16 f.; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 775, Rn. 4: Vollstreckungseinstellung bedeute, dass die Vollstreckung nicht fortgesetzt oder erst gar nicht begonnen werden darf. 12 Hein, S. 146; Sydow/Busch/Krantz, § 771, Anm. 9 (betr. Geldvollstreckung). A. A. U. Gottwald, § 769, Rn. 5; Guyot, S. 23 f.; Hezel, S. 36. A.A: auch Moeller, in: Dunkl, Rn. J 80; Putzo, in: Thomas/Putzo, § 769, Rn. 6, die für die Zulässigkeit auf das Rechtsschutzbedürfnis abstellen. – Es geht aber nicht um das Rechtsschutzbedürfnis für den Eilrechtsschutz nach § 769 ZPO, sondern um dessen Statthaftigkeit. Das Rechtsschutzbedürfnis ist nicht die Lösung, sondern das Problem. Zwar besteht das Rechtsschutzbedürfnis (wie bei der Drittwiderspruchsklage, wenn nachträgliche Maßnahmen zu spät kämen oder die Sache in sonstiger Weise bereits von der Vollstreckung erfasst ist), aber einstweilige Anordnungen sind nicht statthaft.

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Fünftes Kapitel: Prozessuale Rechtsverfolgung

schutz gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO, wenn die zugehörige Drittwiderspruchsklage bereits zulässig ist. Indes verbürgt der verfassungsrangige13 Justizanspruch tatsächlich wirksamen Rechtsschutz.14 Vor Vollstreckungsbeginn ist folglich Eilrechtsschutz geboten, wenn für die Klage und damit auch für einstweiligen Rechtsschutz ein Rechtsschutzinteresse besteht.15 In solchen Fällen besteht eine Regelungslücke im Recht der Drittwiderspruchsklage, die den Rückgriff auf allgemeine Regelungen des Eilrechtsschutzes erlaubt. Vor Vollstreckungsbeginn ist daher Eilrechtsschutz durch einstweilige Verfügungen (§§ 935 ff. ZPO) zu gewährleisten.16 Ein etwaiger Vorrang von § 769 ZPO gegenüber den §§ 935 ff. ZPO (sub B. I. 2.) steht der Anwendung der §§ 935 ff. ZPO nicht entgegen, weil der Vorrang endet, wo die Vorschrift unanwendbar ist.17 Vor Vollstreckungsbeginn ist daher eine einstweilige Verfügung statthaft, die den Beginn der Zwangsvollstreckung in den umstrittenen Gegenstand verhindert. 2. Begründetheit Ein Drittwiderspruchsbegehren ist begründet, wenn dem Intervenienten aufgrund des im entscheidungserheblichen Zeitpunkt zugrunde zu legenden Sachverhalts ein veräußerungshinderndes Recht am Vollstreckungsgegenstand zusteht und er außerdem widerspruchsberechtigt ist. Unbegründet ist ein Drittwiderspruchsbegehren, wenn dem Intervenienten kein veräußerungshinderndes Recht am Vollstreckungsgegenstand zusteht (a)), oder wenn ihm ein solches Recht zwar zusteht, er aber dennoch nicht widerspruchsberechtigt ist (b)). Richtet sich die Intervention gegen eine Herausgabevollstreckung (§§ 883 ff. ZPO), bei der die Wegnahme keine Pfändung ist,18 ist es einerlei, ob die Intervention mangels veräußerungshindernden Rechts oder mangels Widerspruchsrechts unbegründet ist. Dagegen stehen bei der Vollstreckung wegen Geldforde13

Rosenberg/Schwab/Gottwald, S. 17. Rosenberg/Schwab/Gottwald, S. 17; Walker, Rn. 60. 15 I. E. ebenso Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 769, Rn. 11 (Rechtsschutzbedürfnis entsprechend dem korrespondierenden Klageverfahren); § 771, Rn. 76 (bei Vollstreckung von Herausgabe- und Räumungsansprüchen ausnahmsweise bereits vor Vollstreckungsbeginn Rechtsschutzbedürfnis für eine einstweilige Anordnung gem. § 769 ZPO); K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 769, Rn. 20 (Rechtsschutzbedürfnis, sobald die Vollstreckung droht; sinngemäße Geltung der Kriterien für das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage). 16 Münzberg, in: Stein/Jonas, vor § 704, Rn. 96: unabweisbares Bedürfnis nach provisorischer Regelung gemäß §§ 935 ff. ZPO, falls einstweilige Anordnungen nicht erwirkt werden können. A. A. Maurer, Anordnungen, S. 9 ff. 17 I. E. Ebenso OLG Stettin ZZP 50 (1926), 411, 412 m. zust. Anm. Pick, ZZP 50 (1926), 412, 414 f. betr. die Zulässigkeit in die Vollstreckung eingreifender einstweiliger Verfügungen im Verhältnis zu einstweiligen Anordnungen gem. §§ 707, 719 ZPO: unzulässig, wenn einstweilige Anordnungen gem. §§ 707, 719 ZPO ergehen können; zulässig, wenn die §§ 707, 719 ZPO unanwendbar sind. 18 RGZ 77, 24, 27; Schilken, in: MüKo ZPO, § 883, Rn. 20. 14

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rungen, die dingliche (§§ 804, 867 ZPO) oder ähnliche (§ 10 ZVG) Rechte (Gläubigerrechte) hervorbringen kann, der Grund der Unbegründetheit eines Drittwiderspruchsbegehrens (kein veräußerungshinderndes Recht oder [nur] kein Widerspruchsrecht) und die Wirkung des Vollstreckungszugriffs im Zusammenhang. Denn bei der Geldvollstreckung in das bewegliche Vermögen entsteht auf der Grundlage der zutreffenden gemischt privat-öffentlich-rechtlichen Pfandrechtstheorie grundsätzlich nur dann ein Pfändungspfandrecht (§ 804 ZPO), wenn der Vollstreckungsschuldner Eigentümer oder Forderungsinhaber ist (und nicht der Intervenient). Bei der Geldvollstreckung in Grundstücke durch Zwangsversteigerung und -verwaltung entsteht ein Befriedigungsrecht (§ 10 ZVG) grundsätzlich nur, wenn der Vollstreckungsschuldner Grundstückseigentümer ist. Eine Zwangshypothek (§ 867 ZPO) entsteht ebenfalls grundsätzlich nur, wenn sich das Grundstück im Schuldnereigentum befindet.19 a) Fehlendes veräußerungshinderndes Recht Ein Drittwiderspruchsbegehren ist unbegründet, wenn dem Intervenienten kein veräußerungshinderndes Recht am Vollstreckungsgegenstand zusteht. Im entscheidungserheblichen Zeitpunkt steht dem Intervenienten kein veräußerungshinderndes Recht zu, wenn ihm bereits z.Zt. des Vollstreckungszugriffs kein solches Recht am Vollstreckungsgegenstand zugestanden hat (und er zwischenzeitlich keines erworben hat) (aa)), oder wenn ihm zwar z.Zt. des Vollstreckungszugriffs ein veräußerungshinderndes Recht zugestanden hatte, er es aber zwischenzeitlich verloren hat 20 (z. B. Übergang des Vorbehaltseigentums an den Vollstreckungsschuldner durch Zahlung der Abschlussrate nach Pfändung; Verzicht auf ein Grundpfandrecht) (bb)). aa) Ursprünglich fehlendes veräußerungshinderndes Recht War der Intervenient zu keinem Zeitpunkt Inhaber eines veräußerungshindernden Rechts, und gehörte der Vollstreckungsgegenstand im maßgeblichen Zeitraum zwischen Vollstreckungsbeginn und Beendigung des Drittwiderspruchsrechtsstreits jederzeit unbelastet zum Vermögen des Vollstreckungsschuldners, dann ist infolge des Vollstreckungszugriffs ein Gläubigerrecht entstanden. bb) Verlorenes veräußerungshinderndes Recht Hatte der Intervenient z.Zt. des Vollstreckungszugriffs ein beschränkt dingliches veräußerungshinderndes Recht, und war der Vollstreckungsschuldner Vollrechtsinhaber des Vollstreckungsgegenstandes, dann ist infolge des Voll19 20

BGHZ 64, 194, 196 f.; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 958 m. w. N. Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 771, Rn. 31.

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Fünftes Kapitel: Prozessuale Rechtsverfolgung

streckungszugriffs ein nachrangiges Gläubigerrecht entstanden, das mit dem Rechtsverlust des Intervenienten nachrückt. War schließlich der Intervenient z.Zt. des Vollstreckungszugriffs Inhaber des veräußerungshindernden Vollrechts am Vollstreckungsgegenstand, das er aber sodann an den Vollstreckungsschuldner verloren hat, dann war mit dem Vollstreckungszugriff auf den schuldnerfremden Gegenstand kein Gläubigerrecht entstanden. Der Vollrechtserwerb des Vollstreckungsschuldners führt aber analog § 185 Abs. 2 BGB zur Heilung und damit zur Entstehung des Gläubigerrechts. 21 b) Fehlendes Widerspruchsrecht Unbegründet ist ein Drittwiderspruchsbegehren auch, wenn der Intervenient (zwar Inhaber eines veräußerungshindernden Rechts, aber dennoch) nicht widerspruchsberechtigt ist. Die Widerspruchsberechtigung kann aus verschiedenen Gründen fehlen. aa) (Vorrangige) Belastung des Vollstreckungsgegenstandes Wegen (vorrangiger) dinglicher Belastung nicht widerspruchsberechtigt ist der Intervenient, wenn der Vollstreckungsgläubiger ein besseres Recht am Vollstreckungsgegenstand hat. Ein besseres Recht des Vollstreckungsgläubigers besteht, wenn der Intervenient als Vollrechtsinhaber die Vollstreckung genehmigt hat und dadurch analog § 185 Abs. 2 BGB das Gläubigerrecht entstanden ist. 22 Besser als der Intervenient ist der Vollstreckungsgläubiger auch berechtigt, wenn er ein beschränkt dingliches Recht am Vollstreckungsgegenstand erworben hat, bevor der Intervenient sein veräußerungshinderndes Recht erworben hat. 23 Dies ist der Fall, wenn auf den Vollstreckungsgegenstand zugegriffen wurde, als er noch im Vollrecht des Vollstreckungsschuldners stand, und der Intervenient sein veräußerungshinderndes Recht am Vollstreckungsgegenstand erst anschließend erworben hat, ohne dass dabei das infolge des Vollstreckungszugriffs entstandene Recht des Vollstreckungsgläubigers am Vollstreckungsgegenstand untergegangen ist; 24 ebenso, wenn der Vollstreckungsgläubiger aus 21

RGZ 60, 70, 73; Schilken, in: Müko ZPO, § 804, Rn. 17; ders., in: Rosenberg/Gaul/ Schilken, S. 785 m. w. N.; Stratmann, S. 44 f., jew. betr. Pfändung beweglicher Sachen. A. A. betr. die „ins Leere gehende[n] und daher schlechthin nichtige[n] Forderungspfändung“ BGHZ 56, 339, 351; i.E. ebenso Stratmann, S. 89 ff. Dagegen überzeugend OLG München NJW 1954, 1124; A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 229 f.; Brox/Walker, Rn. 615; Denck, DB 1980, 1396, 1398 f.; K. Schmidt, JZ 1987, 889, 893; ders., ZZP 87 (1974), 316, 326 ff.; Tiedtke, NJW 1972, 746, 748 f. 22 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 689. 23 Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 57. 24 Solche Fälle sind möglich. Zwar entstehen infolge der Pfändung (Fahland, S. 43 ff.; Schilken, in: MüKo ZPO, § 803, Rn. 38 m. w. N.) und Beschlagnahme (§ 23 ZVG) Veräuße-

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einem Titel auf der Grundlage eines beschränkt dinglichen Rechts vollstreckt, das er erworben hat, bevor der Intervenient sein veräußerungshinderndes Recht erworben hat 25 (und es nicht kraft Rechtsscheins belastungsfrei oder vorrangig erworben hat). bb) Schuldrechtliche Mithaftung, Arglist, abredewidrige Intervention Dem Intervenienten kann wegen schuldrechtlicher Mithaftung das Widerspruchsrecht fehlen. Hauptfälle sind, dass er den Vollstreckungsgegenstand anfechtbar erworben und daher die Vollstreckung in den Gegenstand zu dulden hat, 26 oder dass er als Bürge 27 oder Gesellschafter28 selbst für die titulierte Forderung haftet. In solchen Fällen soll allerdings nicht bereits die materiellrechtliche Mithaftung zur Aberkennung des Widerspruchsrechts führen, sondern erst die Tituliertheit der Mithaftung. 29 Selbst ohne schuldrechtliche Mithaftung rungsverbote (§§ 135 f. BGB), so dass ein Rechtserwerb des Intervenienten relativ unwirksam ist (es sei denn der Rechtsscheinerwerb [§ 135 Abs. 2 BGB] des Intervenienten zerstört das Recht des Vollstreckungsgläubigers, so dass das Drittwiderspruchsbegehr begründet ist). Bei der Geldpfändung in bewegliche Sachen sind aber nur solche Verfügungen gem. §§ 135 f. BGB relativ unwirksam, die den Gegenstand der Vollstreckung entziehen würden. Ein Dritter kann daher eine gepfändete Sache gem. § 931 BGB ungehindert durch das Veräußerungsverbot zu Eigentum erwerben, Münzberg, in: Stein/Jonas, § 803, Rn. 5 mit Fn. 10. Das Eigentum ist dann mit dem Pfändungspfandrecht belastet. Es ist daher nicht ganz zutreffend, wenn im Schrifttum (Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 56; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 64; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 771, Rn. 32) darauf hingewiesen wird, der Gläubiger könne gegen das veräußerungshindernde Recht des Intervenienten nicht das Pfändungspfandrecht einwenden. 25 BGHZ 117, 200 (Vorrang des Vermieterpfandrechts vor später erworbenem Sicherungseigentum); RGZ 143, 275 (Vorrang des Verpächterpfandrechts vor später erworbenem Eigentum); RGZ 81, 146 (Vorrang der Hypothek vor später erworbenem Nießbrauch); OLG Düsseldorf InVo 1999, 354 (Vorrang des Vermieterpfandrechts vor später erworbenem Sicherungseigentum); Büchler, S. 53 ff.; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 689; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 57; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 68 f.; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 48; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 771, Rn. 32. 26 BGHZ 100, 36, 42; BGHZ 98, 6, 10; BGHZ 55, 20, 28 ff.; A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 161; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 689; Lackmann, Rn. 606; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 65; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 48; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 771, Rn. 31, 33; Stratmann, S. 138 f. 27 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 690; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 61; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 71; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 49; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 771, Rn. 35. Zum umgekehrten Fall – Drittwiderspruchsklage des Hauptschuldners gegen die Vollstreckung, die gegen den Bürgen betrieben wird – s. OLG Celle InVo 2004, 27, 28. 28 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 690; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 61; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 71; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 49; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 771, Rn. 36. 29 BGH InVo 2004, 331, 332 m. zust. Anm. Walker, WuB VI E. – § 771 ZPO – 2.04 (Einrede der Anfechtbarkeit nur bei Vorliegen eines rechtskräftigen und vorbehaltlosen Titels gegen den Intervenienten); Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 689 f.; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 59. Im einzelnen str., s. Gaul, a.a.O, S. 690, Fn. 347 m. w. N.

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Fünftes Kapitel: Prozessuale Rechtsverfolgung

– und ohne Titel – soll dem Intervenienten die Widerspruchsberechtigung fehlen können, und zwar, wenn der Widerspruch gegen die Zwangsvollstreckung arglistig ist.30 Die Fälle schuldrechtlicher Mithaftung und der Arglist kennzeichnet, dass der Vollstreckungsgegenstand unbelastet zum Vermögen des Intervenienten gehört, so dass der Vollstreckungszugriff aus dem Titel gegen den Vollstreckungsschuldner allenfalls den Vollstreckungsgegenstand zu verstricken vermag, aber kein gegen den Intervenienten gerichtetes Gläubigerrecht hervorbringt, und bisweilen, von der Herstellung eines Rechtsscheinsträgers abgesehen, völlig wirkungslos ist. Die Behandlung der (titulierten) Mithaftung als Einwendung gegen das Widerspruchsrecht des Intervenienten ist daher bedenklich.31 Die Aberkennung des Widerspruchsrechts bedeutet, dass die Vollstreckung in Vermögensgegenstände des Dritten behandelt wird, als würde gegen den Dritten vollstreckt werden. Begründen lässt sich dies mit der Erwägung, dass über die persönliche Haftung des Dritten dessen Vermögen dem Vollstreckungsgläubiger mitverhaftet ist.32 Zumal bedenklich ist die Behandlung der Arglist als Ausschlussgrund für das Widerspruchsrecht. Mit der Aberkennung des Widerspruchsrechts wird eine Vollstreckung ohne Titel gutgeheißen, und der Dritte muss sich (seiner Arglist wegen) behandeln lassen, als ob er persönlich hafte und damit sein Vermögen dem Vollstreckungsgläubiger verhaftet sei. Dieser erheblichen Bedenken ungeachtet werden im Verlauf dieser 30 BGHZ 100, 95 (endgültiger Wegfall des Sicherungszwecks einer Sicherungsübereignung nach Schuldtilgung); BGH NJW 1981, 1835, 1836; OLG Celle NJW 1960, 2196 (Widerspruch des Sicherungseigentümers gegen Drittleistung des Vollstreckungsgläubigers gem. § 267 Abs. 2 BGB); Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 674, 689; Lackmann, Rn. 607; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 58; Noack, DGVZ 1972, 81, 83; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 66; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 771, Rn. 40. Zu weitgehend OLG Düsseldorf GmbHR 2000, 283, 284 f. (m. abl. Anm. Emde, GmbHR 2000, 285 ff.), das für das Widerspruchsrecht auf die Schutzwürdigkeit des Intervenienten abstellt und diese verneint, wenn der Intervenient Zahlungsschuldner des Vollstreckungsschuldners ist, und zwar, weil der Intervenient die Möglichkeit gehabt hätte, den in seinem Eigentum stehenden Vollstreckungsgegenstand zu veräußern, um mit dem Erlös den Zahlungsanspruch des Vollstreckungsschuldners zu erfüllen, so dass der Vermögenswert des Vollstreckungsgegenstandes „eigentlich“ dem Vollstreckungsschuldner zustehe. 31 S. Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 59 („Trotzdem . . . vertretbar“); K. Schmidt, JuS 1982, 137. 32 In Anlehnung an die haftungsrechtliche Theorie, wie sie zur dogmatischen Grundlegung der Gläubigeranfechtung vertreten wird (s. dazu Gerhardt, Gläubigeranfechtung, S. 153 ff.; Paulus, AcP 155 [1956], 277, 294 ff.; w.N. bei Huber, AnfG, Einf., Rn. 24), vgl. K. Schmidt, JuS 1970, 545, 547 ff. Ein anderer Begründungsansatz könnte aus einer Erwägung entwickelt werden, wie sie im Schrifttum zur Grundlegung der Geldvollstreckung in Gläubigereigentum angestellt wird: danach ist es nicht wesentlich, ob als Verwertungsgrundlage ein Pfändungspfandrecht entsteht oder – wie bei der Vollstreckung in Gläubigereigentum – ob nicht; entscheidend sei vielmehr, dass die Pfändung nicht im Wege des § 771 ZPO beseitigt werden kann, so Baur/Stürner, Sachenrecht, § 59, Rn. 42; Schilken, in: MüKo ZPO, § 804, Rn. 16; ders., in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 784.

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Untersuchung die ständige Rechtsprechung und die herrschende Schrifttumsauffassung zugrundegelegt werden, wonach die Drittwiderspruchsklage unbegründet ist, wenn dem Intervenienten zwar ein veräußerungshinderndes Recht zusteht, aber der Intervenient für die titulierte Forderung mithaftet oder arglistig vorgeht (und der Vollstreckungsgläubiger dies geltend macht). Eine Vereinbarung zwischen dem Vollstreckungsgläubiger und dem Dritten, wonach der Dritte keine verwertungsbehindernden einstweiligen oder vorläufigen Maßnahmen ergreifen wird (Zwischenvergleich zur einstweiligen Regelung des fortbestehenden Streits), hat auf das Widerspruchsrecht des Intervenienten und die Begründetheit eines Drittwiderspruchsbegehrens in der Hauptsache keine Auswirkungen. Derlei Vereinbarungen sollen sicherstellen, dass die Vollstreckung bis zur Verwertung betrieben wird, damit der Streit nicht zur Entwertung des umstrittenen Gegenstandes führt; sie enthalten aber keinen Verzicht auf das geltendgemachte Recht. Vielmehr sind sich die Kontrahenten einig, dass der Streit in der Hauptsache auf der Grundlage des Streitstandes durchgeführt werden soll, nur dass anstatt über den Vollstreckungsgegenstand über den surrogierenden Erlös gestritten werden soll. Die Stillhaltevereinbarung bezieht sich damit nur auf die Veranlassung von Maßnahmen, mit denen die Verwertung während des Rechtsstreits über die Hauptsache behindert wird; entsprechende gerichtliche Entscheidungen dürfen daher nicht erlassen oder vollzogen werden, wenn der Vollstreckungsgläubiger die Stillhalterverpflichtung des Intervenienten einwendet. Abgesehen davon bleibt dem Intervenienten die Durchführung eines Drittwiderspruchsrechtsstreits unbenommen.

II. Einstweilige Anordnung bis zum Urteilserlass 1. Entscheidung Das Prozessgericht, und in dringenden Fällen auch das Vollstreckungsgericht, können auf Antrag durch Beschluss anordnen, dass bis zum Erlass des Drittwiderspruchsurteils die begonnene Vollstreckung (sub A. I. 1. b)) gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde, und dass Vollstreckungsmaßregeln gegen oder ohne Sicherheitsleistung aufzuheben seien (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO). Einstweilige Anordnungen gem. § 769 ZPO sind zuzustellen (§ 329 Abs. 3 ZPO) und sodann 33 sofort vollziehbar.34 Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 33

OLG München MDR 1972, 698; Reichold, in: Thomas/Putzo, § 329, Rn. 8. Böttcher, § 28, Rn. 61; U. Gottwald, § 769, Rn. 8; Lackmann, in: Musielak, § 769, Rn. 7; 775, Rn. 5; Münzberg, in: Stein/Jonas, vor § 704, Rn. 49; Putzo, in: Thomas/ Putzo, § 775, Rn. 8; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 776, Rn. 20; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 769, Rn. 25, 32. 34

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Abs. 1 ZPO gelten „bis zum Erlass des Urteils“ und treten mit der Urteilsverkündung ohne weiteres außer Kraft.35 Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 Abs. 2 ZPO treten mit Fristablauf außer Kraft.36 Eine Aufhebung (§ 770 ZPO) im Urteil ist nur deklaratorisch. Die Anordnung kann im Urteil abgeändert oder bestätigt werden (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO), wobei Abänderung und Bestätigung jeweils der Neuerlass einer Urteilsanordnung ist. Das Gericht des nächsthöheren Rechtszugs kann erneut eine Anordnung gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO erlassen.37 2. Vollziehung und Anordnungswirkung kraft Gesetzes a) Vollziehung Einstweilige Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO bedürfen grundsätzlich der Vollziehung. Dazu ist eine Ausfertigung der Entscheidung (sowie ggf. der Nachweis geleisteter Sicherheit) dem Vollstreckungsorgan vorzulegen, das sodann nach Maßgabe der §§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO im Einklang mit dem Anordnungsinhalt zu verfahren hat. aa) Einstellung Ist die Vollstreckungseinstellung angeordnet, dann ist das Vollstreckungsorgan verpflichtet, die begonnene Zwangsvollstreckung nicht fortzusetzen. 38 Bereits erfolgte Vollstreckungsmaßnahmen bleiben bestehen, es dürfen aber keine weiteren Maßnahmen vorgenommen werden. Eingeleitete, aber noch nicht vollzogene Maßnahmen sind abzubrechen.39 Es ist keine Einstellung, sondern (ausschließlich) eine Beschränkung der Vollstreckung, wenn sie (gegen den Antrag des Gläubigers) nicht eingeleitet wird. 40 Eine solche Vollstreckungsbeschränkung ist durch § 769 ZPO nicht vorgesehen. Im übrigen wirkt eine gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO angeordnete Einstellung der Vollstreckung regelmäßig nur be35 BGH InVo 2004, 368, 369; Brox/Walker, Rn. 1362; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 647, 696, 733; U. Gottwald, § 769, Rn. 8; Herget, in: Zöller, § 769, Rn. 9; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 769, Rn. 2; § 770, Rn. 1; Putzo, in: Thomas/Putzo, § 769, Rn. 17; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 769, Rn. 25; § 770, Rn. 1; § 771, Rn. 77; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 769, Rn. 28; § 770, Rn. 4. Ferner Lackmann, in: Musielak, § 770, Rn. 2: gegenstandslos. 36 Münzberg, in: Stein/Jonas, § 769, Rn. 16; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 769, Rn. 32. 37 Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 769, Rn. 25. 38 K. Blomeyer, S. 23; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 727; Guyot, S. 7 f.; Lackmann, in: Musielak, § 775, Rn. 11; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 776, Rn. 4; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 775, Rn. 4. 39 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 732 f. 40 Ebenso Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 727. A. A. die h.M., K. Blomeyer, S. 23; Guyot, S. 7 f.; Lackmann, in: Musielak, § 775, Rn. 11; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 776, Rn. 4; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 775, Rn. 4.

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schränkend, weil sich die Einstellung nicht schlechthin auf die Vollstreckung aus dem Titel bezieht. Nur die Vollstreckung in bestimmte Gegenstände soll nicht fortgesetzt werden, während die Vollstreckung in das übrige Vermögen des Schuldners von der Anordnung unberührt bleibt. 41 Umfassend ist die Einstellung in den Fällen der §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO nur bei der Vollstreckung aus einem Herausgabetitel, der sich auf einen bestimmten Gegenstand bezieht. Die vollzogene Einstellung (§ 775 Nr. 2 ZPO) steht der Fortsetzung der Vollstreckung entgegen, solange die Anordnung in Kraft ist. Der Einstellung (§ 775 ZPO) ist ein Fortsetzungsverbot immanent. 42 Einstellung ohne Fortsetzungsverbot wäre nicht mehr als ein symbolischer Akt, der keinen einstweiligen Rechtsschutz gewähren würde. Vollstreckungseinstellung bedeutet daher, dass die Vollstreckung bis auf weiteres eingestellt wird. § 769 ZPO bestätigt dieses Rechtsverständnis. Danach kann das Gericht entweder anordnen, dass die Vollstreckung eingestellt werde, oder dass sie (eingestellt und) nur gegen Sicherheitsleistung des Vollstreckungsgläubigers fortgesetzt werde (dazu sofort). Aus diesen beiden Entscheidungsalternativen ist zu schließen, dass die eingestellte Vollstreckung eingestellt zu bleiben hat, bis ihre Fortsetzung zugelassen oder die Anordnung außer Kraft ist. bb) Fortsetzung gegen Sicherheitsleistung Ordnet das Gericht an, dass die Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde, so bedeutet dies nicht, dass die Vollstreckung fortzusetzen und der Vollstreckungsgläubiger als Anordnungsschuldner zur Sicherheitsleistung verpflichtet ist. § 769 Abs. 1 Satz 1 ZPO gibt den Anordnungsinhalt sprachlich unvollständig und verkürzt wieder. Die Anordnung, „daß . . . die Zwangsvollstreckung . . . nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde“, bedeutet, dass die Vollstreckung einzustellen ist, wenn und solange der Vollstreckungsgläubiger nicht Sicherheit geleistet hat, und dass sie erst und nur dann fortzusetzen ist, wenn der Vollstreckungsgläubiger (analog § 775 Nr. 3 ZPO nachzuweisende) Sicherheit geleistet hat. Die Leistung der Sicherheit steht dem Vollstreckungsgläubiger frei. Die vollzogene Einstellung der Vollstreckung, die nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werden darf, steht der Fortsetzung der Vollstreckung zunächst in gleicher Weise entgegen wie die unbedingte Einstellung. Das Fortsetzungsverbot entfällt, wenn der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit leistet.

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Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 727. Schlosser, Gestaltungsklagen, S. 415 f. betr. Drittwiderspruchsurteile: „Darin, daß auch die Einstellung der Zwangsvollstreckung . . . angeordnet ist, kommt zum Ausdruck, daß der Gerichtsvollzieher oder sonstige Vollstreckungsorgane auch künftig gehindert sind, die Zwangsvollstreckung in den fraglichen Gegenstand zu betreiben“. 42

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Fünftes Kapitel: Prozessuale Rechtsverfolgung

cc) Aufhebung Die Anordnung, dass Vollstreckungsmaßregeln aufzuheben seien, bedeutet, dass bereits getroffene Vollstreckungsmaßnahmen und ihre Wirkungen zu beseitigen sind. 43 Die erforderlichen Aufhebungsmaßnahmen sind je nach Vollstreckungsmaßregel unterschiedlich. Die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßregel ist endgültig; Wiederherstellung erfordert eine Neuvornahme. Der Aufhebungsanordnung ist zwar kein Verbot wiederholender Vollstreckung immanent. § 776 Satz 2 ZPO verbindet aber die Aufhebung mit der Einstellung gem. § 775 Nr. 2 ZPO („in den Fällen der Nummer 2 . . . auch“) 44 . Rechtskonstruktiv geht mit einer Aufhebung gem. § 776 ZPO stets eine Einstellung gem. § 775 ZPO einher. § 775 ZPO und § 776 ZPO stehen nicht im Verhältnis entweder Einstellung (§ 775 ZPO) oder Aufhebung (§ 776 ZPO), sondern im Verhältnis entweder Einstellung (§ 775 ZPO) oder Einstellung (§ 775 ZPO) und Aufhebung (§ 776 ZPO). 45 Dieses Rechtsverständnis liegt auch der Regelung in § 868 Abs. 2 ZPO zugrunde („und zugleich“). Das Nebeneinander von Einstellung und Aufhebung in den Fällen der §§ 775, 776 ZPO lässt erkennen, dass die Aufhebung gem. § 776 ZPO mit Einstellungswirkungen gem. § 775 ZPO verbunden sein soll. Eine Einstellungsanordnung hat zwei Wirkungen: Erstens ist die Vollstreckung einzustellen, zweitens hat sie eingestellt zu bleiben. Die erste Einstellungswirkung ist neben der Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln gegenstandslos. Folglich kann die Einstellung neben der Aufhebung nur durch das fortwirkende Fortsetzungsverbot zum Tragen kommen, das nach vollzogener Aufhebung zum Wiederholungsverbot wird. 46 Diese Erwägung wird bestätigt durch eine Gegenüberstellung der §§ 775, 776 ZPO einerseits und des § 28 ZVG andererseits. In § 28 ZVG („entweder . . . aufzuheben oder . . . einzustellen“) besteht im Gegensatz zu den §§ 775, 776 ZPO („zugleich“, „auch“) kein Nebeneinander von Einstellung und Aufhebung, sondern Alternativität. Der Grund für die unterschiedliche Regelung ist, dass Drittberechtigte in der Vollstreckung nach dem ZVG im Anschluss an die Aufhebung vor wiederholender Vollstreckung durch § 17 ZVG geschützt sind, während in der Vollstreckung nach der ZPO ein solcher Schutz fehlt. Das Gesetz stellt diesen Schutz in § 776 ZPO durch die Kombination von Aufhebung und Einstellung her. Nach einer Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln aufgrund einstweiliger Anordnung gem. §§ 771 Abs. 3, 769, 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO kann der Vollstreckungsgläubiger die Vollstreckung folglich nicht wiederholen lassen, solange die Anordnung in Kraft ist. 43

Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 734; Guyot, S. 9; Salzmann, in: Wieczorek/ Schütze, § 776, Rn. 8; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 775, Rn. 6. 44 Ebenso verbindet § 776 Satz 1 ZPO Aufhebung und Einstellung gem. § 775 Nr. 1, 3 ZPO: „zugleich“. 45 Sambraus, S. 19. 46 I. E. ebenso Bötticher, in: Festschrift für Hans Dölle, S. 41, 60.

A. Drittwiderspruchsprozess

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b) Anordnungswirkung kraft Gesetzes Ausnahmsweise wirken Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO kraft Gesetzes auf die angegriffene Vollstreckung. Wenn bei der Vollstreckung in ein (schuldnereigenes) Grundstück durch Eintragung einer Sicherungshypothek (§ 867 ZPO) durch eine gerichtliche Entscheidung die einstweilige Einstellung der Vollstreckung und zugleich die Aufhebung der erfolgten Vollstreckungsmaßregeln angeordnet wird, erwirbt der Eigentümer des Grundstücks die entstandene Zwangshypothek (§ 868 Abs. 2 ZPO) und damit regelmäßig eine Eigentümergrundschuld (§ 1177 BGB). Zu den Entscheidungen i. S. v. § 868 Abs. 2 ZPO zählen Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO, die nicht nur die Einstellung der Zwangsvollstreckung, sondern auch (§ 776 Satz 2 ZPO) die Aufhebung der Vollstreckungsmaßregeln anordnen.47 Die Zwangshypothek wird mit dem Wirksamwerden der Entscheidung in eine Eigentümergrundschuld umgewandelt. 48 Es bedarf keiner Mitteilung an das Grundbuchamt und keiner Grundbucheintragung. Die Umwandlung ist endgültig, bei Außerkrafttreten der Aufhebungsentscheidung erwirbt der Vollstreckungsgläubiger keine Zwangshypothek zurück. 49 § 868 Abs. 2 ZPO bringt eine einstweilige Einstellungs- und Aufhebungsanordnung allerdings nur beschränkt zur Geltung. Die Hypothek wird in den Fällen des § 868 Abs. 2 ZPO außerhalb des Grundbuchs in eine Eigentümergrundschuld umgewandelt. Solange das Grundbuch weiterhin eine Zwangshypothek des Vollstreckungsgläubigers ausweist, ist dieser grundbuchrechtlich nicht daran gehindert, auf der Grundlage des falschen Grundbuchs, zu dessen Beachtung das Grundbuchamt verpflichtet ist, aus der scheinbar fortbestehenden Hypothek die Vollstreckung zu betreiben. Auch vollstreckungsrechtlich ist er dazu ohne weiteres in der Lage, solange der Vollstreckungsschuldner als Grundstückseigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Denn gem. § 867 Abs. 3 ZPO gilt der Titel, aus dem der Vollstreckungsgläubiger durch Eintragung der Zwangshypothek in das Grundstück vollstreckt hat, als Duldungstitel aus der Zwangshypothek, wenn auf ihm ordnungsgemäß (§ 867 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 ZPO) die Eintragung der Hypothek vermerkt ist. Aber auch, wenn der Intervenient inzwischen auf Bewilligung des voreingetragenen Vollstreckungsschuldners hin (die Anordnung gibt insofern keine Handhabe) als Grundstückseigentümer eingetragen ist, kann der Vollstreckungsgläubiger aus der im Grundbuch ausgewiesenen Hypothek vollstrecken, ohne einen Titel gegen den Intervenienten erwirken zu müssen. Denn der gem. § 867 Abs. 3 ZPO als Duldungstitel geltende Titel gegen den Vollstreckungsgläubiger kann gem. § 727 ZPO (bei Eintragung des Intervenienten als Eigentumserwerber vom Vollstreckungs47 48 49

Münzberg, in: Stein/Jonas, § 868, Rn. 5. Walker, in: Schuschke/Walker, § 868, Rn. 6. Eickmann, in: MüKo ZPO, § 868, Rn. 18.

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Fünftes Kapitel: Prozessuale Rechtsverfolgung

schuldner) oder analog § 727 ZPO (bei Grundbuchberichtigung) 50 gegen den Intervenienten umgeschrieben werden.51 Ein Intervenient ist daher im eigenen Interesse veranlasst, dem Grundbuchamt eine Ausfertigung der Anordnung vorzulegen. Die Vorlage bewirkt als Vollziehung der Anordnung (§ 775 Nr. 2 ZPO), dass das Grundbuchamt als Vollstreckungsorgan ein Ansinnen des Vollstreckungsgläubigers auf Vollstreckung aus der Hypothek zurückzuweisen hat. Wenn die Hypothek als Eigentümergrundschuld auf den Vollstreckungsschuldner umgeschrieben ist, bewirkt die Vorlage außerdem, dass eine Pfändung der Eigentümergrundschuld für den Vollstreckungsgläubiger nicht eingetragen (§§ 857 Abs. 6, 830 Abs. 1 Satz 3 ZPO) werden darf, solange die Anordnung in Kraft ist. 52 Ist die Hypothek nicht auf den Vollstreckungsschuldner umgeschrieben, kann der inzwischen als Grundstückseigentümer im Grundbuch eingetragene Intervenient durch die Vorlage die Unrichtigkeit des Grundbuchs (betr. die Hypothek) zum Zweck der Berichtigung nachweisen (§ 22 GBO). Mit der Umschreibung der Hypothek auf den Intervenienten (als Eigentümergrundschuld) kann aus dem Titel des Vollstreckungsgläubigers nicht mehr in das Grundpfandrecht vollstreckt werden. Wenn schließlich die Anordnung nicht auf die Vollstreckung durch Eintragung einer Sicherungshypothek beschränkt, sondern schlechthin die Aufhebung der Vollstreckung in das Grundstück angeordnet ist (wie typischerweise, wenn der Intervenient Grundstückseigentum geltend macht), verhindert die Vorlage, solange der Vollstreckungsschuldner im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist, dass der Vollstreckungsgläubiger anderweitig als aus der Hypothek (aus dem Duldungstitel gem. § 867 Abs. 3 ZPO) in das Grundstück vollstreckt (z. B. durch Zwangsversteigerung aus dem Zahlungstitel gegen den Vollstreckungsschuldner).

III. Urteilsanordnungen 1. Entscheidung Das Prozessgericht kann in dem stattgebenden oder abweisenden 53 Drittwiderspruchsurteil Anordnungen gem. § 769 ZPO erlassen oder die bereits erlassenen Anordnungen aufheben, abändern oder bestätigen (§§ 771 Abs. 3, 770 Satz 1 ZPO). Die Aufhebung einer erlassenen Anordnung gem. § 769 ZPO ist nur klarstellend, da einstweilige Anordnungen gem. § 769 ZPO mit Urteilserlass ohne weiteres außer Kraft treten. Aus diesem Grund ist auch die Abänderung 50

Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 727, Rn. 23. A. A. Eickmann, in: MüKo ZPO, § 867, Rn. 57; Walker, in: Schuschke/Walker, § 867, Rn. 25. 52 I. E. ebenso Eickmann, in: MüKo ZPO, § 868, Rn. 18; Putzo, in: Thomas/Putzo, § 868, Rn. 2. 53 U. Gottwald, § 770, Rn. 2; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 770, Rn. 4. 51

A. Drittwiderspruchsprozess

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einer Anordnung gem. § 769 ZPO der Neuerlass einer Anordnung anderen Inhalts und die Bestätigung der Neuerlass einer Anordnung gleichen Inhalts. Die Entscheidung ist wie eine einstweilige Anordnung, die unmittelbar auf § 769 ZPO gestützt ist, sofort ohne Erklärung der vorläufigen Vollstreckbarkeit vollziehbar.54 Urteilsanordnungen (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) bleiben als Urteilsbestandteil bis zur Aufhebung bzw. Rechtskraft bestehen. 55 Die Anwendungsbereiche der §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO („bis zum Erlaß des Urteils“) und der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO („in dem Urteil“) schließen in der ersten Instanz bündig aneinander an. Die Abgrenzung bereitet daher bei Anordnungen des Eingangsgerichts keine Schwierigkeiten. Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO bieten Rechtsschutz bis zum Urteil erster Instanz, Urteilsanordnungen ermöglichen Rechtsschutz durch das Urteil. Im Rechtsmittelverfahren können einstweilige Anordnungen des Rechtsmittelgerichts gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO56 neben Urteilsanordnungen des Untergerichts treten, die im Rechtsmittelverfahren in Kraft bleiben, solange sie nicht durch Vorabentscheidung (§ 718 ZPO) aufgehoben sind (§§ 771 Abs. 3, 770 Satz 2 ZPO). Bei einem solchen Nebeneinander ist ein Vorrang der einstweiligen Anordnung des Rechtsmittelgerichts vor der Anordnung des Untergerichts nicht begründbar. 57 Erlässt das Rechtsmittelgericht eine einstweilige Anordnung gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO neben einer untergerichtlichen Urteilsanordnung, wirken die Entscheidungen vielmehr unabhängig voneinander. Es steht dem Intervenienten frei, von der Urteilsanordnung oder von der einstweiligen Anordnung des Rechtsmittelgerichts Gebrauch (§§ 775 f. ZPO) zu machen. Zwar wird eine einstweilige Anordnung des Rechtsmittelgerichts (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) neben einer Urteilsanordnung nur dann Wirkung entfalten, wenn sie zugunsten des Intervenienten weiter geht als die Urteilsanordnung. Das Rechtsmittelgericht kann aber mit einer aufhebenden Vorabentscheidung (§§ 770 Satz 2, 718 ZPO) eine (weniger weitgehende) einstweilige Anordnung gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO erlassen.58

54 Brox/Walker, Rn. 1367; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 648; Herget, in: Zöller, § 770, Rn. 1; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 770, Rn. 2; J. W. Planck, S. 683; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 770, Rn. 7. 55 Münzberg, in: Stein/Jonas, § 770, Rn. 2 mit der Einschränkung (Fn. 7), dass die Anordnung gem. § 770 ZPO außer Kraft trete, wenn eine anderweitige Entscheidung des Rechtsmittelgerichts nach § 769 ZPO ergeht. Dazu sofort. 56 Ist ein Rechtsmittel eingelegt, kann auch ein Rechtsmittelgericht als Prozessgericht Anordnungen gem. § 769 ZPO erlassen, Münzberg, in: Stein/Jonas, § 769, Rn. 8; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 769, Rn. 12; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 769, Rn. 12. 57 So aber Münzberg, in: Stein/Jonas, § 770, Rn. 2, Fn. 7; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 770, Rn. 3: Außerkrafttreten der erstinstanzlichen Urteilsanordnung. 58 Brox/Walker, Rn. 1368. A. A. Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 770, Rn. 4: Die Vorabentscheidung sei für die jeweilige Instanz endgültig, daher ende mit ihrem Erlass die gerichtliche Befugnis, gem. § 769 ZPO Anordnungen zu erlassen.

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Fünftes Kapitel: Prozessuale Rechtsverfolgung

2. Vollziehung und Anordnungswirkung kraft Gesetzes Urteilsanordnungen bedürfen grundsätzlich (Ausnahme § 868 Abs. 2 ZPO) der Vollziehung gem. §§ 775, 776 ZPO. Zweifelhaft ist, ob Urteilsanordnungen gem. § 775 Nr. 1 ZPO59 oder gem. § 775 Nr. 2 ZPO 60 zu vollziehen sind. Die Frage, welche Art von Entscheidungen zum Anwendungsbereich von § 775 Nr. 1 ZPO und § 775 Nr. 2 ZPO gehören, war im Gesetzgebungsverfahren in der Beratung des § 640 Nr. 1, 2 E III CPO61 klärungsbedürftig geworden62 : „Zu demselben beantragt Abg. Struckmann: a) in der Nr. 1 statt der Worte: ‚daß das – – aufgehoben‘ zu setzen: ‚daß das zu vollstreckende rechtskräftige Urtheil aufgehoben‘, b) in der Nr. 2 nach dem Worte ‚ergibt‘ einzuschalten: ‚daß das zu vollstreckende vorläufig vollstreckbare Urtheil oder dessen vorläufige Vollstreckbarkeit aufgehoben, oder‘ Antragsteller: Er beziehe Nr. 1 des § 640 auf die Vorlegung für vollstreckbar erklärter Entscheidungen, durch welche ausdrücklich das zu vollstreckende Urtheil aufgehoben sei: dann paßten die Fälle, daß ein vorläufig für vollstreckbar erklärtes Erkenntniß aufgehoben oder die Vollstreckbarkeitserklärung beseitigt sei, nicht unter Nr. 1, da in denselben die abändernde Entscheidung nicht die Vollstreckbarkeitsklausel zu enthalten brauche. Geh. Justizrath Kurlbaum: Der Vorredner verwechsele ‚Ausfertigung einer vollstreckbaren Entscheidung‘ und ‚vollstreckbare Ausfertigung einer Entscheidung‘. Ersteres sei die Ausfertigung entweder einer rechtskräftigen, jedoch nicht nothwendig für vollstreckbar erklärten, oder einer für vorläufig vollstreckbar erklärten Entscheidung; maßgebend sei hier, daß die Vollstreckung derselben nachgesucht werden könne; auf die Vollstreckbarkeitsklausel komme es hier nicht überall an. Dagegen sei das Zweite eine mit der Vollstreckbarkeitsklausel versehene Ausfertigung. Abg. Struckmann fragt, weshalb dann in Ziffer 2 die Ausfertigung einer gerichtlichen Entscheidung der einer vollstreckbaren Entscheidung in Ziffer 1 gegenübergestellt sei? Geh. Justizrath Kurlbaum: Ziffer 1 beziehe sich auf die defi nitive Aufhebung der Exekution in Folge eines Urtheils; da Urtheile an sich der Berufung unterlägen und diese den Effekt suspendiere, müsse noch das Erforderniß der Vollstreckbarkeit aufgestellt werden, damit die Beseitigung der Zwangsvollstreckung erfolgen könne. Ziffer 2 dagegen betreffe die vorläufige Einstellung der Vollstreckung. Diese erfolge

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So Furtner, DRiZ 1955, 190. Ferner J. W. Planck, S. 683; Reincke, S. 701, beide betr. §§ 689, 691 Nr. 1 CPO (Vorgänger der §§ 770, 775 Nr. 1 ZPO). 60 So Baumbach/Lauterbach, § 770, Rn. 2; Böttcher, § 28, Rn. 61; Lackmann, in: Musielak, § 775, Rn. 5; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 775, Rn. 15 i. V. m. § 707, Rn. 32; Putzo, in: Thomas/ Putzo, § 770, Rn. 2; § 775, Rn. 8; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 767, Rn. 67; § 770, Rn. 2; § 776, Rn. 20; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 775, Rn. 14; Stöber, in: Zöller, § 775, Rn. 5. 61 § 640 Nr. 1, 2 E III CPO ist wortgleich mit § 691 Nr. 1, 2 CPO und weitestgehend inhaltsgleich mit § 775 Nr. 1, 2 ZPO – § 775 Nr. 2 ZPO letzter Halbs. wurde durch die Vereinfachungsnovelle 1976 (BGBl. 1976 I, S. 3281) durch Anfügung der Worte „oder daß die Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werden darf“ geändert. 62 Hahn, S. 821 f. = Protokolle, S. 366 f.

A. Drittwiderspruchsprozess

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durch andere gerichtliche Entscheidungen, gegen welche nur die Beschwerde stattfinde, der eine Suspensivwirkung nicht beiwohne. Abg. Struckmann zieht sein Amendment zurück, § 640 wird angenommen.“

Wenn die im Gesetzgebungsverfahren unwidersprochen gebliebene 63 Erläuterung von § 640 Nr. 1, 2 E III CPO durch Kurlbaum, in deren Anschluss die Vorschrift ohne weitere Wortmeldung angenommen wurde, als authentische Interpretation des historischen Gesetzgebers verstanden werden darf, gilt folgendes. § 775 Nr. 1 ZPO (§ 640 Nr. 1 E III CPO) bezieht sich auf die definitive Aufhebung der Vollstreckung infolge eines Urteils, § 775 Nr. 2 ZPO (§ 640 Nr. 2 E III CPO) betrifft dagegen die vorläufige Einstellung der Vollstreckung durch andere gerichtliche Entscheidungen, die mit der Beschwerde anzufechten sind. Urteilsanordnungen erfüllen jeweils eines dieser Kriterien. Die Entscheidung ergeht im Urteil und ist nicht mit der Beschwerde, sondern (gemeinsam mit dem Ausspruch zur Hauptsache) mit der Berufung anzufechten (§§ 771 Abs. 3, 770 Satz 2, 718 ZPO). Andererseits ist die Entscheidung nicht endgültig, sondern wie einstweilige Anordnungen gem. § 769 ZPO vorläufig. Die Zuordnung ist daher widersprüchlich. Zur Lösung führt die systematische Auslegung von § 775 Nr. 1, 2 ZPO. Zur Anordnungswirkung gem. § 775 Nr. 1 ZPO gehört ohne weiteres und ausnahmslos die Aufhebung getroffener Vollstreckungsmaßregeln (§ 776 Satz 1 ZPO), bei § 775 Nr. 2 ZPO gilt dies nur, wenn die Entscheidung die Aufhebung bisheriger Vollstreckungshandlungen anordnet (§ 776 Satz 2 ZPO). §§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO differenzieren mithin im Gegensatz zu den §§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO nach Maßgabe des Entscheidungsinhalts. Anordnungsentscheidungen, die aufgrund inhaltlich differenzierender gesetzlicher Regelung ergehen, sind daher nach § 775 Nr. 2 ZPO zu vollziehen, weil nur so die Differenzierung zur Geltung gebracht werden kann. Urteilsanordnungen können (ausdrücklich) gebieten, Vollstreckungsmaßregeln aufzuheben (§§ 770, 769 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Schweigt die Anordnung zu getroffenen Vollstreckungsmaßregeln, dann sollen sie aufrechterhalten bleiben (weil ihre Aufhebung entgegen §§ 770, 769 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht angeordnet ist). Würden Urteilsanordnungen nach § 775 Nr. 1 ZPO vollzogen werden, so würde die differenzierende gesetzliche Anordnungsregelung in den §§ 770, 769 Abs. 1 Satz 1 ZPO durch § 776 Satz 1 ZPO missachtet werden, und der Vollzug könnte im Widerspruch zur richterlichen Entscheidung stehen. Die gesetzlich eröffneten Entscheidungsmöglichkeiten können nur bei einem Vollzug gem. §§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO zur Geltung gebracht werden. Folglich sind Urteilsanordnungen aufgrund der §§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO zu vollziehen. Vollziehung und Vollziehungswirkungen von Urteilsanordnungen entsprechen der Vollziehung und den Vollziehungswirkungen einstweiliger Anordnungen bis zum Urteil (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) (sub A. II. 2. a)). Ebenfalls wie 63

Kritik an der Auslegung des Entwurfs bei Guyot, S. 14.

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Fünftes Kapitel: Prozessuale Rechtsverfolgung

bei einstweiligen Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO gilt bei Urteilsanordnungen, dass bei der Zwangsvollstreckung in ein Grundstück durch Eintragung einer Sicherungshypothek (§ 867 ZPO) der Grundstückseigentümer von Gesetzes wegen die entstandene Zwangshypothek als Eigentümergrundschuld erwirbt (§ 868 Abs. 2 ZPO, § 1177 BGB), wenn die Anordnung auch (§ 776 Satz 2 ZPO) die Aufhebung der Vollstreckungsmaßregeln anordnet (und wenn nicht die Rechtsfolge des § 868 Abs. 2 ZPO bereits durch eine einstweilige Anordnung gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO eingetreten ist). Hier wie dort ist der Intervenient aus vollstreckungs- und grundbuchrechtlichen Gründen veranlasst, vorsorglich dem Grundbuchamt eine Ausfertigung vorzulegen, um den Vollstreckungsgläubiger verlässlich an weiterer Vollstreckung zu hindern (sub A. II. 2. b)).

IV. Vorläufig vollstreckbare Drittwiderspruchsurteile Drittwiderspruchsurteile müssen schon allein wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden (§§ 708 ff. ZPO). So hat etwa ein stattgebendes erstinstanzliches Drittwiderspruchsurteil regelmäßig (Ausnahme § 712 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 ZPO) zu lauten: 1. Die von dem Beklagten durch [Vollstreckungsorgan] aus [Titel] betriebene Zwangsvollstreckung in [Vollstreckungsgegenstand] wird für unzulässig erklärt. 2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. [Sicherheitsleistung] [4. Einstweilige Anordnung gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO]

Der Vollstreckbarkeitserklärung ist es allerdings nicht ohne weiteres anzusehen, auf welche Teile des Tenors sie sich bezieht. Der pauschale Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit trifft keine ausdrückliche Aussage darüber, ob das Urteil in allen Punkten vorläufig vollstreckbar ist oder nur im Kostenpunkt. 64 Ist das Urteil nur im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar, so kommt eine vorläufige Vollstreckung des Ausspruchs zur Hauptsache nicht in Betracht, obwohl „das Urteil“ für vorläufig vollstreckbar erklärt ist. Denn der Hauptsacheausspruch ist vom Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit nicht be64

Es empfiehlt sich daher, in den Ausspruch zu 3. ggf. klarstellend „hinsichtlich der Kosten“ einzufügen, Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 198. Der Inhalt des Ausspruchs eines erlassenen Urteils ist im Wege der Urteilsauslegung zu ermitteln (BGHZ 5, 240; Rosenberg/Schwab/Gottwald, S. 372). Der Umfang der vorläufigen Vollstreckbarkeit kommt mittelbar in der Höhe der Sicherheitsleistung zum Ausdruck, die sich an den Kosten des Rechtsstreits und – wenn auch die Hauptsache vollstreckbar ist – am Wert des Vollstreckungsgegenstandes zu orientieren hat, für dessen Verlust der Kläger bei letztendlichem Unterliegen nach dem Wortlaut von § 717 Abs. 2 ZPO Ersatz zu leisten hat, vgl. Lackmann, in: Musielak, § 771, Rn. 37; ders. Rn. 616: Der Wert der Sachen, deren Vollstreckung für unzulässig erklärt wird, sei in die Klägersicherheit oder die Abwendungsbefugnis des Beklagten einzubeziehen.

A. Drittwiderspruchsprozess

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troffen. 65 Damit ist die Frage aufgeworfen, ob stattgebende Instanzurteile auf Drittwiderspruchsklagen von Gesetzes wegen auch in der Hauptsache für vorläufig vollstreckbar erklärt werden sollen. Diese Frage ist von prozessrechtlicher Bedeutung für das Verständnis des gesetzlichen Rechtsschutzsystems bei der Betroffenheit veräußerungshindernder Drittrechte durch die Zwangsvollstreckung. Die Beantwortung der Frage nach der Vollstreckbarkeitserklärung von Drittwiderspruchsurteilen im Hauptsacheausspruch verspricht auch Aufschluss über Funktion und Zweck von Urteilsanordnungen. Das daraus resultierende Verständnis der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO verleiht der inmitten stehenden Frage einen haftungsrechtlichen Belang, der über die Feststellung hinausgeht, ob § 717 Abs. 2, 3 ZPO bei Drittwiderspruchsurteilen einen die Hauptsache betreffenden Anwendungsbereich hat. Erkenntnisse über den Gesetzeszweck von § 771 Abs. 3 ZPO (hier: betreffend § 770 ZPO) helfen, die Frage nach rechtsfortbildender Risikohaftung zu beantworten, indem sie die Beurteilung der für die Lückenfeststellung und -ausfüllung maßgebliche Rechtsähnlichkeit der geregelten mit den ungeregelten Fällen ermöglichen. Stattgebende Drittwiderspruchsurteile sind Anordnungsurteile, deren Hauptsacheausspruch einen vollstreckbaren Inhalt hat (1.). Im Schrifttum wird heute nahezu einmütig die Auffassung vertreten, stattgebende Drittwiderspruchsurteile seien auch im Ausspruch zur Hauptsache für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§§ 708 ff. ZPO), weil andernfalls vor Eintritt der Rechtskraft keine Umsetzung des Hauptsacheausspruchs gem. §§ 775 f. ZPO möglich wäre (2.). Grundlegende Bedenken gegen die vorläufige Vollstreckbarkeit von Gestaltungsurteilen, die aus der Abträglichkeit vorläufiger Gestaltungswirkung für die Rechtssicherheit (3.) und der Gefahr aufgedrängter Haftung (4.) resultieren, sind bei Drittwiderspruchsurteilen nicht durchschlagend. Dagegen sprechen systematische Erwägungen aus dem Recht der Drittwiderspruchsklage zwingend gegen die vorläufige Vollstreckbarkeitserklärung des Hauptsacheausspruchs eines Drittwiderspruchsurteils (5.). 1. Vollstreckungsfähigkeit des Hauptsacheausspruchs von Anordnungsurteilen Drittwiderspruchsurteile sind Gestaltungsurteile. Zum prozessrechtlichen Allgemeingut gehört, dass Gestaltungsurteile (im Hauptsacheausspruch) keinen vollstreckungsfähigen Inhalt haben. 66 Die Erklärung vorläufiger Vollstreckbarkeit des Hauptsacheausspruchs eines Drittwiderspruchsurteils wäre demnach überflüssig und gegenstandslos, zwar unschädlich, aber wirkungslos. Der Satz, Gestaltungsurteile hätten im Hauptsachausspruch keinen vollstre65 Zum „Prinzip der Teilbarkeit der vorläufigen Vollstreckbarkeit“ Gmelin, S. 19 f. Dagegen Gottschalk, ZZP 53 (1928), 147. 66 S. z. B. Gerhardt, Grundbegriffe, Rn. 33; Grunsky, Grundzüge, Rn. 258; Mohrbutter, S. 34, 41.

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Fünftes Kapitel: Prozessuale Rechtsverfolgung

ckungsfähigen Inhalt, ist aber in seiner Allgemeinheit ungenau. Er trifft nur auf die sog. Vollstreckbarkeit im engeren Sinne zu. Vollstreckbar i. e. S. ist die zwangsweise durchsetzbare Verurteilung, 67 die nur Leistungsurteilen eigen ist 68 . Der Vollstreckbarkeit i. e. S. steht die sog. Vollstreckbarkeit im weiteren Sinne (Anordnungswirkung) 69 gegenüber. Sie kennzeichnet Urteile, die staatlichen Handlungen ohne Zwang gegen den Schuldner zugrunde liegen.70 Die vorläufige Vollstreckbarkeitserklärung eines gestaltenden Hauptsacheausspruchs mit Anordnungswirkung ist nicht gegenstandslos. Sie lässt die Fähigkeit des Urteils, Grundlage realer Wirkungen zu bilden, die ansonsten von der formellen Rechtskraft des Urteils abhängig ist, vorläufig eintreten. 71 Die Anordnungswirkung eines Drittwiderspruchsurteils, mit dem in der Hauptsache die Vollstreckung für unzulässig erklärt wird, besteht darin, dass das Vollstreckungsorgan auf Vorlage des Urteils hin nach Maßgabe der §§ 775 f. ZPO zu verfahren hat.72 Stattgebende Drittwiderspruchsurteile sind daher als Anordnungsurteile73 im Hauptsacheausspruch vollstreckungsfähig i. w. S. 74 Der Intervenient ist im Vollstreckungsverfahren des Drittwiderspruchsrechtsstreits Vollstreckungsgläubiger, der Vollstreckungsgläubiger des Ausgangsrechtsstreits (Drittwiderspruchsbeklagter) ist im Vollstreckungsverfahren des Drittwiderspruchsrechtsstreits Vollstreckungsschuldner. 2. Zeitgenössisches Schrifttum – Vollstreckbarerklärung der Hauptsache Nach heute nahezu einhelliger Meinung sind stattgebende Drittwiderspruchsurteile auch im Hauptsacheausspruch für vorläufig vollstreckbar zu erklären 67

Gottschalk, ZZP 53 (1928), 147; Münzberg, in: Stein/Jonas, vor § 704, Rn. 47. Gottschalk, ZZP 53 (1928), 147; Rosener, S. 13. 69 Münzberg, in: Stein/Jonas, vor § 704, Rn. 47; Rosener, S. 20. 70 Gottschalk, ZZP 53 (1928), 147, 148; Münzberg, in: Stein/Jonas, vor § 704, Rn. 48; Rosener, S. 16 ff. 71 Münzberg, in: Stein/Jonas, § 708, Rn. 18. 72 Münzberg, in: Stein/Jonas, vor § 704, Rn. 48; Paulus, in: Wieczorek/Schütze, Vor § 704, Rn. 56; Rosener, S. 17; Sohm, S. 43 ff.; Stein, S. 49; Wieser, S. 99 ff. 73 Kuttner, S. 21 ff. 74 S. auch die Begründung der §§ 640, 641 E III CPO (§§ 691, 692 CPO, §§ 775, 776 ZPO) bei Hahn, S. 442 = Entwurfsbegründung, S. 414: „Neben den Vorschriften über das Recht des Schuldners auf Einstellung des Verfahrens und das Verfahren zur Geltendmachung dieses Rechts (§§ 617, 634, 638) [§§ 732, 766, 770 ZPO, Verf.] dienen die Vorschriften des § 640 Nr. 1, 2 in ihrer unmittelbaren Wirkung auf die Vollstreckungsorgane zur Durchführung der erlangten Entscheidung. Daß in Nr. 1 die Ausfertigung einer vollstreckbaren Entscheidung verlangt wird, enthält keine Einschränkung der Vorschrift des § 607 [§ 717 Abs. 1 ZPO, Verf.], nach welcher rücksichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit eines Urtheils jede das Urtheil oder die Vollstreckbarkeit aufhebende Entscheidung sofort und ohne weiteres wirkt; insoweit ist diese Entscheidung eben vollstreckbar. In jedem anderen Falle, also . . . bei dem Widerspruche eines Dritten gegen die Vollstreckung (§ 639) [§ 771 ZPO, Verf.], ist dagegen, abgesehen von dem Falle des Nr. 2, die Vollstreckbarkeit der vorgelegten Entscheidung nach den allgemeinen Regeln festzustellen“. 68

A. Drittwiderspruchsprozess

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(§§ 708 ff. ZPO). 75 Die vorläufige Vollstreckbarkeitserklärung eines vollstreckungsfähigen Hauptsacheausspruchs wird zum einen zwanglos aus den §§ 708 f. ZPO gefolgert. Ferner wird im Schrifttum nahezu durchweg angeführt, der Hauptsacheausspruch müsse vorläufig vollstreckbar sein, damit bereits vor Eintritt der Rechtskraft die Vollstreckungseinstellung und die Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen gem. §§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO möglich sei. Diese Erwägung ist – für sich genommen – zutreffend. Wenn der Hauptsacheausspruch eines nicht rechtskräftigen Drittwiderspruchsurteils durch Vorlage beim Vollstreckungsorgan gem. §§ 775 f. ZPO zur Geltung gebracht werden soll, dann ist die vorläufige Vollstreckbarkeitserklärung erforderlich. Denn die Anordnungswirkung stattgebender Drittwiderspruchsurteile ist gem. § 775 Nr. 1 ZPO herbeizuführen. 76 Es fragt sich allerdings, ob nicht einer vorläufigen Anordnungswirkung infolge vorläufiger Vollstreckbarkeit grundlegende Bedenken entgegenstehen, die so schwer wiegen, dass Drittwiderspruchsurteile im Ausspruch zur Hauptsache nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären sind (im Ausspruch zur Hauptsache wären dann nur rechtskräftige stattgebende Drittwiderspruchsurteile vollstreckbar gem. §§ 775 f. ZPO). Eines dieser Bedenken betrifft die Rechtssicherheit, ein anderes die aufgedrängte Haftung. Im übrigen ist das Verhältnis der vorläufigen Vollstreckbarkeit zu Urteilsanordnungen (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) zu bestimmen. 3. Vorläufige Vollstreckung, vorläufige Rechtsgestaltung und Rechtssicherheit Die Vollstreckbarkeit ist von der Gestaltungswirkung zu unterscheiden. 77 Die Gestaltungswirkung eines Drittwiderspruchsurteils besteht darin, dass die Vollstreckung in den betreffenden Gegenstand unzulässig wird. Die Vollstreckbarkeit eines solchen Urteils besteht dagegen darin, dass auf seine Vorlage hin gem. §§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO die Vollstreckung auf andere Gegenstände 75

Baumann/Brehm, S. 193; Brox/Walker, Rn. 1447; dies., JA 1986, 113, 121; Furtner, Urteil, S. 99; ders., DRiZ 1957, 184, 187; ders., DRiZ 1955, 190, 191; ders., Vollstreckbarkeit, S. 69; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/ Schilken, S. 198 f.; U. Gottwald, § 771, Rn. 47; Grau, S. 409; Jauernig/Berger, § 2, Rn. 17; König, JuS 2004, 119, 120; Krüger, in: MüKo ZPO, § 704, Rn. 7; Lackmann, in: Musielak, § 771, Rn. 37; ders., Rn. 616; Lindemann, S. 30; Lippross, Rn. 763; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 708, Rn. 18; § 771, Rn. 66; Prütting/Stickelbrock, S. 251; Putzo, in: Thomas/Putzo, § 771, Rn. 24 i. V. m. § 767, Rn. 30; Renkl, JuS 1981, 666, 669, Fn. 37; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 770, Rn. 2; § 771, Rn. 73; § 776, Rn. 18; Schilken, JuS 1990, 641, 642; Schlosser, Gestaltungsklagen, S. 244; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 72; § 775, Rn. 11; Schmidt-v. Rhein, in: AK ZPO, § 771, Rn. 29; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 771, Rn. 44; ders., in: Vorwerk, S. 951; Wolf, in: Hintzen/Wolf, S. 351. A. A. aus jüngerer Zeit K. Blomeyer, S. 24, 50; Mohrbutter, S. 146. 76 Böttcher, § 28, Rn. 60; Brox/Walker, Rn. 175, 1447; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 8; Putzo, in: Thomas/Putzo, § 775, Rn. 6; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 776, Rn. 18; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 775, Rn. 12; Stöber, in: Zöller, § 775, Rn. 4. 77 Gottschalk, ZZP 53 (1928), 147, 152 ff.; Münzberg, in: Stein/Jonas, vor § 704, Rn. 47.

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beschränkt, dass die Vollstreckung in den Drittrechtsgegenstand eingestellt und dass getroffene Maßnahmen aufgehoben werden. Gestaltungswirkung und Vollstreckbarkeit hängen aber eng zusammen. Einerseits bedarf die Rechtsgestaltung der Umsetzung gem. §§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO (gestreckter Gestaltungstatbestand) 78 . Andererseits ist mit der Umsetzung die Unzulässigkeit der Vollstreckung verbunden. Die Gestaltungswirkung eines Drittwiderspruchsurteils ist eine Vollstreckbarkeitswirkung i. w. S., 79 und die vorläufige Vollstreckung schließt vorläufige Rechtsgestaltung ein. 80 Bedenken gegen die Zulässigkeit vorläufiger Rechtsgestaltung durch Gestaltungsurteile richten sich daher auch gegen die vorläufige Vollstreckbarkeit eines Anordnungsurteils wie des Drittwiderspruchsurteils. Durch vorläufige Gestaltungswirkung von Gestaltungsurteilen tritt ein Schwebezustand ein, der mit der gebotenen Rechtssicherheit als unvereinbar angesehen wird. Daher dürfe die Gestaltungswirkung nur einmal und endgültig eintreten, und zwar mit der formellen Rechtskraft. 81 Die Berechtigung dieses Einwands erweist sich am Beispiel der gesellschaftsrechtlichen Auflösungs- 82 und Ausschließungsklagen83 (§§ 133, 140 HGB, § 61 GmbHG). Es ist der Rechts- und Verkehrssicherheit offenbar abträglich und würde zu erheblichen Verwicklungen führen, wenn eine Gesellschaft zwischenzeitlich (nach einem stattgebenden, vorläufig vollstreckbaren Instanzurteil) aufgelöst, und dann (nach einem abweisenden rechtskräftigem Urteil) wiederhergestellt wäre. Die Wiederherstellung ist rechtsdogmatisch nicht begründbar, und die Gesellschaft mag inzwischen liquidiert und gelöscht sein, so dass die Auflösung rechtlich und tatsächlich irreversibel geworden ist. Der vorläufige Ausschluss eines Gesellschafters bringt ähnliche Unzuträglichkeiten mit sich. 84 Irreversible Folgen vorläufiger Vollstreckbarkeit sollen möglichst vermieden werden (vgl. §§ 712, 895 ZPO und das auf diesem Gedanken beruhende Vorwegnahmeverbot im einstweiligen Rechtsschutz). In Fällen der genannten Art ist daher anstelle vorläufiger Vollstreckbarkeit der Erlass einer einstweiligen Verfügung (§ 940 ZPO)

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Henckel, AcP 174 (1974), 97, 109. So Wieser, ZZP 102 (1989), 261, 263. 80 Ähnlich Münzberg, in: Stein/Jonas, vor § 704, Rn. 47: einige i. w. S. vollstreckbare Entscheidungen mit Anordnungswirkung, darunter solche nach § 771 ZPO (Fn. 281), seien mit Gestaltungswirkungen verbunden. – Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769, 770 ZPO bringen demgegenüber nur Vollstreck- bzw. Vollziehbarkeitswirkungen hervor, aber keine Gestaltungswirkungen. Denn sie enthalten nur Gebote (Einstellung, Beschränkung, Aufhebung), anders als Drittwiderspruchsurteile aber keinen Ausspruch der (umfassenden) Unzulässigkeit der Vollstreckung aus dem betreffenden Titel in den betreffenden Gegenstand. 81 Gottschalk, ZZP 53 (1928), 147, 152 f.; Janke, S. 129. Ähnlich Schilken, Zivilprozess, Rn. 997, betr. materiellrechtliche Gestaltungswirkungen. 82 Dazu z. B. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1198 f., 1516 ff. 83 Dazu z. B. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1062 f., 1461 f. 84 Dazu Jauernig, ZZP 79 (1966), 321, 335 f.; Littbarski, S. 6 ff. 79

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vorzuziehen. 85 So könnte etwa in einem Ausschließungsstreit das Ruhen der mitgliedschaftlichen Verwaltungsrechte des beklagten Gesellschafters verfügt werden. 86 Vorläufige Gestaltungswirkung läuft folglich in bestimmten Fällen der Rechtssicherheit zuwider, und die vorläufige Vollstreckbarkeit bestimmter Gestaltungsurteile kann unzulässig sein. Aus dieser Feststellung resultiert aber noch keine Gemeingültigkeit der These von der Unzulässigkeit vorläufiger Vollstreckbarkeit von Gestaltungsurteilen wegen Rechtsunsicherheit. Die Zulässigkeit vorläufiger Gestaltungswirkung hängt vielmehr von der Funktion des jeweiligen Gestaltungsklageverfahrens ab. Besteht der Zweck einer Gestaltungsklage darin, gegenüber einer materiellrechtlichen Lösung (Gestaltungsrecht oder Beschluss) Rechtssicherheit zu gewinnen, würde mit der vorläufigen Gestaltungswirkung eines Gestaltungsurteils die Unsicherheit über die Wirksamkeit der privatrechtlichen Rechtsgestaltung gegen die Unsicherheit über die Beständigkeit des Gestaltungsurteils eingetauscht werden. Ein Gewinn an Rechtssicherheit wäre damit nicht verbunden, so dass die Herbeiführung vorläufiger Gestaltungswirkung ausgeschlossen ist. Bei Gestaltungsurteilen, deren Funktion nicht in der Vermeidung von Ungewissheiten über die Rechtslage liegt, ist eine vorläufige Gestaltungswirkung dagegen nicht ausgeschlossen. 87 Rechtssicherheit steht als gesetzgeberisches Motiv im Vordergrund, wenn die Möglichkeit zur außerprozessualen Rechtsänderung durch das Erfordernis eines Gestaltungsurteils ersetzt wurde. Diese Erschwernis findet ihre Rechtfertigung in der Gewährleistung präventiver Prüfung und Publizität, die außerprozessualer Rechtsänderung nicht eigen ist. 88 Dieser Gesichtspunkt trifft bei den materiellrechtlichen Gestaltungsurteilen zu, nicht aber bei prozessualen Gestaltungsurteilen wie der Drittwiderspruchsklage, die auf die Herbeiführung der Unzulässigkeit der Vollstreckung gerichtet sind. Ein Intervenient hat kein Gestaltungsrecht, mit dem er außerprozessual die Unzulässigkeit der Vollstreckung bewirken kann. Allenfalls hat er einen Anspruch auf Unterlassung der Vollstreckung und Beseitigung von Vollstreckungsfolgen gegen den Vollstreckungsgläubiger, der mittels Leistungsklage (und einem vorläufig vollstreckbaren Leistungsurteil) durchzusetzen ist. Die Erwägung, das Gestaltungsurteil diene mit seiner Richtigkeitsgewähr und Publizität vorrangig der 85 Zur Zulässigkeit einstweiliger Verfügungen im Gestaltungsklagestreit Schlosser, Gestaltungsklagen, S. 233 ff. Ferner K. Schmidt, in: Schlegelberger, § 133, Rn. 55 betr. Auflösungsklage (§ 133 HGB). 86 Jauernig, ZZP 79 (1966), 321, 334; Littbarski, S. 178 ff. betr. den Entzug der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis eines OHG-Gesellschafters, gegen den ein Ausschließungsprozess schwebt, durch Regelungsverfügung. Zum einstweiligen Rechtsschutz bei Auflösungsklagen Littbarski, S. 3 ff., 141 f. 87 Grau, S. 412. 88 Zum rechtspolitischen Hintergrund der Gestaltungsurteile Grau, S. 365 ff.; Schlosser, Gestaltungsklagen, S. 28 ff.; K. Schmidt, Gestaltungsprozesse, S. 3 ff.

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Rechtssicherheit, die außerprozessualer Rechtsgestaltung fehlt, trägt bei Drittwiderspruchsurteilen nicht. Gesetzgeberischer Grund für die Ausgestaltung der Drittwiderspruchsklage als Gestaltungsklage ist vielmehr, dass der Dritte sein Widerspruchsrecht (mangels Gestaltungsrecht) anderweitig nicht zur Geltung zu bringen vermag, oder dass es dafür zwar andere Möglichkeiten geben mag (Anspruch), ihm aber die Konstruktion gem. §§ 771, 775 f. ZPO einen kurzen Weg zur Beendigung und Unterlassung der Vollstreckung in sein Vermögen eröffnet, der namentlich den Umweg, die Mühen, Kosten und Unsicherheiten der Durchsetzung gegen den Vollstreckungsgläubiger gerichteter Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche erspart. 89 Ziel der Klage ist es mithin, den Vollstreckungsgläubiger daran zu hindern, seinen Willen zur Rechtsbeeinträchtigung zu realisieren,90 und es ist nicht vordringlich die Rechtssicherheit, sondern es sind pragmatische Motive, die den Hintergrund für die Einrichtung eines Gestaltungsverfahrens bilden.91 Ob und in welchem Maße dabei im Verfahren einer Drittwiderspruchsklage vorläufige Vollstreckbarkeitswirkungen zulässig sind, darüber gibt das Gesetz selbst Aufschluss. § 771 Abs. 3 Satz 1 ZPO ordnet die entsprechende Anwendung der §§ 769 f. ZPO an, aufgrund derer vor (§ 769 ZPO) und in einem nicht rechtskräftigen Urteil (§ 770 ZPO) Anordnungen getroffen werden können, deren Vollzug gem. §§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO der Vollstreckung eines vorläufig vollstreckbaren Urteils gem. §§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO gleichkommt (Aufhebung). Aufhebungsanordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 f. ZPO können den beklagten Vollstreckungsgläubiger im Vergleich zur vorläufigen Vollstreckbarkeit eines Urteils sogar härter treffen, weil die Anordnung einer Sicherheitsleistung im Gegensatz zum Regelfall des § 709 ZPO nicht zwingend ist, sondern stets im Ermessen des Gerichts steht (§ 771 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Die gesetzliche Ausgestaltung des Drittwiderspruchsklageverfahrens zeigt folglich, dass die Herbeiführung der Wirkungen vorläufiger Vollstreckbarkeit durch einstweilige Anordnungen zulässig ist. Daher steht auch der vorläufigen Vollstreckbarkeitserklärung des Hauptsacheausspruchs eines Drittwiderspruchsurteils nicht der Einwand entgegen, vorläufige Gestaltungswirkungen (die bei der Drittwiderspruchsklage Teil der Wirkungen vorläufiger Vollstreckbarkeit sind und mit ihnen eintreten) seien unzulässig.

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Henckel, AcP 174 (1974), 97, 115. Henckel, AcP 174 (1974), 97, 115. 91 S. Bruns/Peters, S. 105: die prozessuale Gestaltungswirkung stelle die Drittwiderspruchsklage nicht in eine Reihe mit den Klagen auf Gestaltung eines materiellen Rechtsverhältnisses, denen ein materielles Gestaltungsrecht zugrunde liegt. S. auch Grau, S. 412, der von der Einordnung der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) als prozessuale Gestaltungsklage nicht auf deren Funktion zum Ausschluss von Ungewissheiten schließt. A. A. Janke, S. 129, der begründungslos den rechtspolitischen Hintergrund verallgemeinert. 90

A. Drittwiderspruchsprozess

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4. Aufgedrängte Haftung Gestaltungsurteile dürfen grundsätzlich nur dann gem. §§ 708 ff. ZPO im gestaltenden Ausspruch für vorläufig vollstreckbar erklärt werden, wenn ihre Vollstreckung noch von einem Willensakt des Prozesssiegers abhängt; denn andernfalls würde ihm die Gefahr der Schadensersatzpfl icht gem. § 717 Abs. 2 ZPO aufgedrängt.92 Das Erfordernis der Umsetzung eines Entschlusses des Prozesssiegers steht der vorläufigen Vollstreckbarkeitserklärung von Drittwiderspruchsurteilen im gestaltenden Ausspruch nicht entgegen. Denn grundsätzlich setzt die Umsetzung eines Drittwiderspruchsurteils die Vorlage (§ 775 ZPO) voraus, so dass es dem Kläger anheim steht, das Risiko des § 717 Abs. 2 ZPO auf sich zu nehmen. Ausnahmsweise (§ 868 Abs. 1 ZPO) tritt eine Urteilswirkung zwar unabhängig von einem Willensakt des Klägers kraft Gesetzes ein. Da die Rechtsfolge von § 868 Abs. 1 ZPO aber gerade nicht durch Vollstreckung herbeigeführt wird, droht in solchen Fällen kein Haftungsrisiko aus § 717 Abs. 2 ZPO.93 5. Vorläufige Vollstreckbarkeitserklärung und einstweilige Anordnungen Bis zur Rechtskraft eines Drittwiderspruchsurteils kommen drei verschiedene prozessuale Interventionsmöglichkeiten aufgrund von § 771 ZPO in Betracht. Im Verlauf des Rechtsstreits kann das Gericht einstweilige Anordnungen vor Urteilserlass (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) und Urteilsanordnungen (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) erlassen, und es hat außerdem obsiegende Drittwiderspruchsurteile im Hauptsacheausspruch für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§§ 708 ff. ZPO). Die Anwendungsbereiche der §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO, §§ 708 ff. ZPO und der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO sind im Wege der Gesetzesauslegung zu bestimmen, in Einklang zu bringen und abzugrenzen. Die Anwendungsbereiche einstweiliger Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO und der vorläufigen Vollstreckbarkeit von Drittwiderspruchsurteilen im Hauptsacheausspruch (§§ 708 ff. ZPO) stehen in demselben Verhältnis wie die Anwendungsbereiche einstweiliger Anordnungen bis zum Erlass des Urteils (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) und von Urteilsanordnungen (sub A. III. 1.). In der ersten Instanz gewähren Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO bis zum Urteil einstweiligen Rechtsschutz, die vorläufige Vollstreckbarkeit (§§ 708 ff. ZPO) gewährt Rechtsschutz durch das Urteil. Treten im Rechtsmittelverfahren einstweilige Anordnungen des Rechtsmittelgerichts (§§ 771 Abs. 3, 92

Schlosser, Gestaltungsklagen, S. 242 f. BGH MDR 1971, 378; Eickmann, in: MüKo ZPO, § 868, Rn. 19; Gaul, in: Rosenberg/ Gaul/Schilken, S. 240; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 28; Krüger, in: MüKo ZPO, § 717, Rn. 30; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 30, 53; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 717, Rn. 26. 93

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Fünftes Kapitel: Prozessuale Rechtsverfolgung

769 ZPO) neben die Vollstreckbarkeitserklärung durch das Untergericht (§§ 708 ff. ZPO), wirken beide Entscheidungen unabhängig voneinander. Das Rechtsmittelgericht kann die vorläufige Vollstreckbarkeit gem. § 718 ZPO aufheben. Unabgestimmt erscheint dagegen das Nebeneinander vorläufiger Vollstreckbarkeit der Hauptsache und von Urteilsanordnungen. Die vorläufige Vollstreckung der Hauptsache zieht durchweg und zwingend die Aufhebung getroffener Vollstreckungsmaßregeln nach sich (§§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO), während getroffene Vollstreckungsmaßregeln bei der Vollziehung von Urteilsanordnungen aufrecht erhalten bleiben, es sei denn, das Gericht hat ausdrücklich anders entschieden (§§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO). Angesichts dessen erschließt sich der Zweck von Urteilsanordnungen neben der Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteilsausspruchs zur Hauptsache nicht ohne weiteres. Eine Gegenüberstellung der §§ 708 ff. ZPO und der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO vermittelt den ersten Eindruck, dass die Vollstreckung (§§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO) eines vorläufig vollstreckbaren Urteils dem Rechtsschutzziel des Drittwiderspruchsklägers i.d.R. (Ausnahmen §§ 711 f. ZPO) näher kommt als die Vollziehung von Urteilsanordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO, die häufig weniger wirkungsvoll sein werden (§§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO). Im übrigen sind obsiegende Instanzurteile nach Maßgabe der §§ 708 ff. ZPO nahezu ausnahmslos (Ausnahme: § 712 Abs. 1 Satz 2 ZPO) für vorläufig vollstreckbar zu erklären, und das Gericht ist in seiner Entscheidung über das Wie der Vollstreckbarkeit sehr weitgehend gebunden (§§ 708 ff., 776 Satz 1 ZPO, Ermessen nur in §§ 712 Abs. 2 Satz 2, 713 ZPO). Dagegen hat das Gericht bei Entscheidungen aufgrund der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO ein Entschließungs- und ein Auswahlermessen (§§ 771 Abs. 3, 769, 770, 776 Satz 2 ZPO). Die Erklärung vorläufiger Vollstreckbarkeit von Drittwiderspruchsurteilen im Ausspruch zur Hauptsache scheint demnach der Regelfall zu sein, während für Urteilsanordnungen neben der Erklärung vorläufiger Vollstreckbarkeit des Hauptsachetenors kein breiter Anwendungsbereich zu bestehen scheint. Andererseits entspricht die Funktion von Urteilsanordnungen weitgehend der Funktion vorläufiger Vollstreckbarkeit eines Urteils im Ausspruch zur Hauptsache. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO verfolgen offensichtlich einen ähnlichen Zweck wie die vorläufige Vollstreckbarkeit. Diesen Eindruck bestätigt die Verweisung auf § 718 ZPO in § 770 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Als Sondervorschrift des Rechts der Drittwiderspruchsklage könnte § 771 Abs. 3 ZPO daher die §§ 708 ff. ZPO verdrängen. Eine Sichtung des Meinungsstandes im zeitgenössischen Schrifttum bekräftigt den ersten Eindruck, wonach die §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO neben den §§ 708 ff. ZPO nur einen schmalen Anwendungsbereich haben; im älteren Schrifttum herrschte die gegenteilige Auffassung (a)). Dieser wechselvolle Meinungsstand bedarf kritischer Würdigung (b)) und der Überprüfung (c)).

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a) Meinungsstand im Schrifttum Im jüngeren Schrifttum besteht weitgehend Einigkeit, dass die §§ 708 ff. ZPO auf den Hauptsacheausspruch stattgebender Drittwiderspruchsurteile anwendbar sind, und dass bei Drittwiderspruchurteilen die Anwendungsbereiche der §§ 708 ff. ZPO einerseits und der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO andererseits in Übereinstimmung zu bringen sind. Uneins sind die Meinungsäußerungen in der Art und Weise der Abgrenzung. Je älter allerdings das ins Auge gefasste Schrifttum ist, desto mehr Bedeutung wird der heute offenbar nicht mehr in Betracht gezogenen Fragestellung nach der Anwendbarkeit der §§ 708 ff. ZPO beigemessen. Gemeiner Ausgangspunkt des jüngeren Schrifttums ist, dass der Ausspruch in der Hauptsache für vorläufig vollstreckbar zu erklären ist, weil der Dritte die Einstellung oder Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen nur erreichen kann, wenn er dem Vollstreckungsorgan eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils vorlegt (§§ 775 Nr. 1, 776 ZPO).94 Umstritten ist, nach welcher Maßgabe die Erklärung vorläufiger Vollstreckbarkeit des Hauptsachetenors und Urteilsanordnungen nebeneinander oder alternativ auszubringen sind. Einerseits sollen sich Maßnahmen nach § 770 ZPO nicht erübrigen, wenn das Urteil gem. § 709 ZPO gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt werde. Denn eine Urteilsanordnung könne günstiger sein, weil sie ohne Sicherheitsleistung vollzogen werden könne.95 Danach soll also der Intervenient wahlweise von der vorläufigen Vollstreckbarkeit oder der einstweiligen Anordnung Gebrauch machen können. Auf dieser Linie liegt auch die Erwägung, es sollten nur solche Anordnungen nach § 770 ZPO ergehen, die sich nicht schon aus der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeben.96 Nach a. A. sollen die Erklärung vorläufiger Vollstreckbarkeit und Urteilsanordnungen nur alternativ ausgebracht werden. So soll das Urteil (ausnahmsweise) nur hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären sein, wenn das Gericht gleichzeitig Maßnahmen nach §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO treffe.97 Schließlich wird die Auffassung vertreten, dass das Urteil zwar beide Aussprüche enthalten, der Intervenient aber nicht von der vorläu94 So Brox/Walker, Rn. 1447; dies., JA 1986, 113, 121. Ferner Baumann/Brehm, S. 193; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 198 f.; U. Gottwald, § 771, Rn. 47; Lackmann, in: Musielak, § 771, Rn. 37; ders., Rn. 616; Lippross, Rn. 763; Putzo, in: Thomas/Putzo, § 771, Rn. 24 i. V. m. § 767, Rn. 30; Renkl, JuS 1981, 666, 669, Fn. 37; Schilken, JuS 1990, 641, 642; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 770, Rn. 1; § 771, Rn. 72. 95 So Brox/Walker, Rn. 1444, 1367. Ferner Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, 696, 648; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 770, Rn. 1 mit Fn. 3; § 771, Rn. 55; Salzmann, in: Wieczorek/ Schütze, § 770, Rn. 2; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 770, Rn. 2. 96 So K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 770, Rn. 1. Ferner Putzo, in: Thomas/Putzo, § 770, Rn. 2; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 770, Rn. 2. A. A. Münzberg, in: Stein/Jonas, § 770, Rn. 1: „auch neben etwaigen Einschränkungen, die sich ohnehin schon aus seiner Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeben“. 97 So Lippross, Rn. 763.

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figen Vollstreckbarkeit Gebrauch machen kann, wenn die Urteilsanordnung für ihn ungünstiger ist als die vorläufige Vollstreckbarkeit.98 Die Urteilsanordnung soll dann die vorläufige Vollstreckbarkeit gleichsam sperren. Furtner hat sich in seiner Abhandlung über die „[v]orläufige Vollstreckbarkeit von Urteilen in Vollstreckungsabwehr- und Widerspruchsklagen“99 mit dem Verhältnis der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO zur Vollstreckbarkeitserklärung näher befasst. Er gelangt zu dem Ergebnis, dass das Gericht entweder das Urteil im Hauptsacheausspruch für vorläufig vollstreckbar zu erklären oder eine Urteilsanordnung zu erlassen habe.100 Dabei soll § 770 ZPO zur Anwendung kommen, wenn die §§ 708 ff. ZPO die nach Meinung des Gerichts angemessene Rechtsfolgenanordnung nicht ermöglichen (z. B. wenn es das Gericht für angemessen hält, die Vollstreckung einzustellen, aber für unvertretbar, Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben, wie dies gem. § 776 Satz 1 ZPO bei vorläufiger Vollstreckbarkeit zwingend wäre). Mache das Gericht von der Möglichkeit aus §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO Gebrauch, dann sei das stattgebende Urteil (nur) im Kostenpunkt für vorläufig vollstreckbar zu erklären.101 Umgekehrt würden Urteilsanordnungen neben einem Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils im Ausspruch zur Hauptsache als überflüssig erscheinen.102 Die Wahlmöglichkeit zwischen der Erklärung vorläufiger Vollstreckbarkeit des Urteilsausspruchs zur Hauptsache gem. §§ 708 f. ZPO und dem Erlass einstweiliger Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO erklärt Furtner wie folgt. Durch § 770 ZPO sei es nicht ausgeschlossen, das stattgebende Urteil (im Hauptsacheausspruch) für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Ein solcher Ausschluss könne nur dann angenommen werden, wenn die Urteilsanordnungen zwingend vorgeschrieben und nicht dem Ermessen des Gerichts anheim gestellt wären. Werde nämlich von der Möglichkeit aus § 770 ZPO kein Gebrauch gemacht (Entschließungsermessen), und werde das Urteil auch nicht für vorläufig vollstreckbar erklärt (unterstellter Ausschluss der §§ 708 ff. ZPO), dann sei der klagende Dritte bis zum Zeitpunkt des Rechtskrafteintritts gegen weitere Vollstreckungsmaßnahmen schutzlos, da vorläufige Maßnahmen gem. § 769 ZPO bereits mit der Urteilsverkündung außer Kraft treten.103 Ferner leitet Furtner 104 98 So K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 770, Rn. 3; § 771, Rn. 73; § 776, Rn. 10; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 771, Rn. 44. Ferner Lackmann, in: Musielak, § 770, Rn. 1; § 771, Rn. 37; ders., Rn. 616. 99 Furtner, DRiZ 1955, 190. 100 Furtner, DRiZ 1955, 190, 191. 101 Furtner, DRiZ 1955, 190, 191. Anders aber ders., Vollstreckbarkeit, S. 69: Vollstreckbarkeitserklärung des Hauptsacheausspruchs auch neben Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO, „weil die Möglichkeit nach §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO in vielen Fällen . . . einen einfacheren Weg bedeutet“. 102 Furtner, DRiZ 1955, 190, 191. 103 Furtner, DRiZ 1955, 190. 104 Furtner, DRiZ 1955, 190, 191 unter Hinweis auf Motive, S. 410 ( = Hahn, S. 409 f., Begründung des § 635 E III CPO 1874 [inhaltsgleich mit § 686 CPO, § 767 ZPO]), 534 sowie

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das Nebeneinander von §§ 708 ff. ZPO und § 770 ZPO historisch her und erklärt dabei auch, warum § 770 ZPO heute keinen nennenswerten Anwendungsbereich mehr neben §§ 708 ff. ZPO habe. „Daß die Vollstreckbarkeitserklärung durch die Bestimmung des § 770 ZPO ersetzt und damit bei Klagen der hier erörterten Art unzulässig sein soll, ist auch aus den Gesetzesmaterialien nicht zu ersehen. . . . Die Schaffung des § 770 ZPO liegt offensichtlich darin begründet, daß bis zur Novelle des Jahres 1924 die vorläufige Vollstreckbarkeit von Amts wegen nur in den Fällen des § 708 ZPO, sonst aber nur auf Antrag angeordnet werden durfte. Sofern der Kläger einen dahingehenden Antrag nicht stellte, sollte das Gericht unabhängig von einem Parteiantrag die Möglichkeit haben, die nach § 769 ZPO vorgesehenen vorläufigen Maßregeln ‚in wesentlicher Übereinstimmung mit der Entscheidung in der Hauptsache aufrechtzuerhalten oder aufzuheben‘. Nachdem aber nunmehr auch in den Fällen der §§ 709 und 710 Satz 1 ZPO ein Parteiantrag für den Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit nicht mehr erforderlich ist, hat die Bestimmung des § 770 ZPO an praktischer Bedeutung verloren.“

Die wenigen Schrifttumsäußerungen aus jüngerer Zeit105 , denen zufolge stattgebende Drittwiderspruchsurteile im Hauptsacheausspruch nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären sein sollen, begründen diese Rechtsansicht nicht näher, sondern folgern den Ausschluss der §§ 708 ff. ZPO offenbar zwanglos aus den §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO. Im Schrifttum aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg herrschte die Meinung vor, § 770 ZPO schließe die §§ 708 ff. ZPO betr. den Hauptsacheausspruch aus.106 So stellt Reincke107 in seiner Kommentierung des § 689 CPO (§ 770 ZPO) unter Hinweis auf die Begründung des E III CPO108 fest, es sei von „einer allgemeinen vorläufigen Vollstreckbarkeit solcher Urtheile . . . Abstand genommen“ worden. In der Kommentierung von § 690 CPO (§ 771 ZPO) weist Reincke unter der Überschrift „Fortgang der Vollstreckung“ auf die Regelung gem. §§ 690 Abs. 3, 688, 689 CPO (§§ 771 Abs. 3, 769, 770 ZPO) hin, die §§ 648 ff. CPO (§§ 708 ff. ZPO) erwähnt er in diesem Zusammenhang nicht.109 J. W. Begründung zum Entwurf einer Zivilprozessordnung §§ 602–604, S. 445 ( = Dahlmanns, Bd. 2, S. 701, Begründung der §§ 602–604 E I CPO 1871 [Vorgänger der §§ 635, 637, 638 E II CPO 1874, §§ 686, 688, 689 CPO, §§ 767, 769, 770 ZPO]). 105 K. Blomeyer, S. 24, 50; Mohrbutter, S. 146. 106 S. z. B. Hellwig, System 2, S. 283 f.; Siebenhaar, S. 644, die im Zusammenhang mit § 771 ZPO (§ 690 CPO) hinsichtlich Einstellung und Freigabe nur auf die §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO abstellen, die §§ 708 ff. ZPO hingegen überhaupt nicht erwähnen. A. A. Sambraus, S. 40 ff. – A. A. auch Falkmann/Mugdan, S. 347 f., allerdings auf der Grundlage eines Verständnisses der Drittwiderspruchsklage als Leistungsklage. Wird die Drittwiderspruchsklage als Leistungsklage auf Freigabe verstanden, so besteht kein Wirkungsgleichklang und damit auch keine Konkurrenz zwischen einstweiligen Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO und der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Verurteilung gem. §§ 708 ff. ZPO. 107 Reincke, S. 700 f. 108 Entwurfsbegründung, S. 410 = Hahn, S. 438 f. 109 Reincke, S. 706.

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Planck110 vertritt ebenfalls unter Berufung auf die Begründung des E III CPO111 die Auffassung, eine vorläufige Vollstreckbarkeitserklärung (des Hauptsacheausspruchs) von Urteilen auf Gegenklage finde nicht statt. Denn das Gesetz habe in § 689 CPO (§ 770 ZPO) für das Interesse der Parteien in anderer Weise Vorsorge getroffen. Einstweilige Anordnungen im Urteil seien „die in Urtheilsform ergehende Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit“. Dezidiert befasst Hein112 sich mit dem Verhältnis der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO zur Erklärung der vorläufigen Vollstreckbarkeit von Drittwiderspruchsurteilen im Hauptsacheausspruch. „Die Frage, wieweit Urteile über den Widerspruch für vorläufig vollstreckbar erklärt werden können, ist streitig. Die praktische Bedeutung einer Vollstreckbarkeitserklärung würde sich darin erschöpfen, daß der Kl. . . . durch Vorlegung des vorläufig vollstreckbaren Urteils sich schützen könnte, wenn der Bekl. versuchte, die Zw.V. in die Streitsache fortzusetzen (§ 775 Ziff. 1). . . . Die . . . Möglichkeit, daß der Kl. das vollstreckbare Urteil nach § 775 benutzen könnte, bietet einen besonderen Vorteil für den Kl. nicht. Nach den §§ 769–771 kann der Kl. sich vollkommen genügend dagegen sichern, daß der Bekl. weiter vollstreckt. § 770 sieht ausdrücklich vor, daß im Urteil derartige Anordnungen für die Zeit bis zur Rechtskraft getroffen werden. Eines weiteren Schutzes bedarf der Kl. nicht.“

b) Kritik des heutigen Meinungsstandes Die Begründungen der Erklärung vorläufiger Vollstreckbarkeit von Drittwiderspruchsurteilen im Hauptsacheausspruch und die Bestimmungen des Verhältnisses der §§ 708 ff. ZPO zu den §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO im jüngeren Schrifttum sind in ihren verschiedenen Varianten nicht frei von Ungereimtheiten, und sie können insgesamt nicht überzeugen. aa) Schutz des Intervenienten Das Ausgangsargument, wonach der Hauptsacheausspruch für vorläufig vollstreckbar zu erklären sei, um die Einstellung und Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen gem. §§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO zu ermöglichen,113 übersieht, dass Einstellung und Aufhebung auch in Vollziehung einer Urteilsanordnung möglich sind (§§ 771 Abs. 3, 770, 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO). Zutreffend ist allerdings, dass Einstellung und Aufhebung bei Urteilsanordnungen nur vorzunehmen sind, wenn das Gericht sein Entschließungs- und das 110

J. W. Planck, S. 682. Entwurfsbegründung, S. 410 = Hahn, S. 438 f. 112 Hein, S. 124 f. 113 Baumann/Brehm, S. 193; Brox/Walker, Rn. 1447; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 198 f.; U. Gottwald, § 771, Rn. 47; Lackmann, in: Musielak, § 771, Rn. 37; ders., Rn. 616; Lippross, Rn. 763; Putzo, in: Thomas/Putzo, § 771, Rn. 24 i. V. m. § 767, Rn. 30; Renkl, JuS 1981, 666, 669, Fn. 37; Schilken, JuS 1990, 641, 642; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 770, Rn. 1; § 771, Rn. 72. 111

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Auswahlermessen dementsprechend ausgeübt hat, und dass daher der Schutz des Intervenienten durch die §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO hinter dem durch die weithin zwingenden §§ 708 ff. ZPO bewirkten Schutz zurückbleiben kann. Vor diesem Hintergrund steht die Auffassung Furtners114 , die vorläufige Vollstreckbarkeitserklärung stattgebender Drittwiderspruchsurteile im Hauptsacheausspruch hätte durch § 770 ZPO nur dann ausgeschlossen sein können, wenn der Erlass von Urteilsanordnungen nicht im Ermessen des Gerichts stünde; andernfalls drohe dem Intervenienten bei einem Ausschluss der §§ 708 ff. ZPO bis zum Rechtskrafteintritt Schutzlosigkeit. Unausgesprochen liegt dem die Erwägung zugrunde, dass es geboten ist, Intervenienten (nahezu) durchweg eine sehr weitreichende (auch Aufhebung) Einflussmöglichkeit auf die Vollstreckung zu eröffnen. Es kommt demnach darauf an, ob der Rechtsschutz, der einem Intervenienten zwischen Urteil und Rechtskraft von Gesetzes wegen zuteil werden soll, derjenige ist, den die Anwendung der §§ 708 ff. ZPO gewährleistet, und nicht (nur) derjenige, den § 771 Abs. 3 ZPO bewirkt. Da die §§ 708 ff. ZPO im Hinblick auf Drittwiderspruchsurteile keine Einschränkungen enthalten, ist die Argumentationslast für und wider die Anwendbarkeit der §§ 708 ff. ZPO prima vista so verteilt, dass die Unanwendbarkeit der §§ 708 ff. ZPO besonderer Begründung bedarf (dazu ausführlich sub A. IV. 5. c)). Sofern allerdings die §§ 708 ff. ZPO neben § 771 Abs. 3 ZPO nicht anwendbar sind, ist der Schutz des Intervenienten durch die §§ 708 ff. ZPO nicht gesetzlich vorgesehen, und wenn der Intervenient vom Urteil bis zur Rechtskraft nur durch einstweilige Anordnungen gem. § 771 Abs. 3 ZPO (und nicht durch die §§ 708 ff. ZPO) zu schützen ist, so ist dieser gesetzliche Schutz nicht dadurch gefährdet, dass der Erlass einstweiliger Anordnungen im Ermessen des Gerichts steht. Denn richterliches Ermessen ist nicht Beliebigkeit der Entscheidung,115 sondern pflichtgemäßes, gesetzlich gebundenes (Art. 20 Abs. 3 GG) Ermessen. Das Prozessgericht hat somit das durch § 770 ZPO eingeräumte Entschließungs- und Auswahlermessen in einer dem Zweck der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO entsprechenden Weise auszuüben. Fehlerfreie Ermessensausübung gewährt dem Intervenienten den ihm zustehenden Schutz. bb) Ratio der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO Ein Nebeneinander der §§ 708 ff. ZPO und der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO wird ferner auf die aus der Gesetzgebungsgeschichte und den Materialien zu folgernde ratio der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO gestützt. § 770 ZPO habe bis zur Emmingerschen Reform „offensichtlich“ dazu dienen sollen, es dem Gericht zu ermöglichen, auch ohne Parteiantrag vorläufige Maßregeln „in wesentlicher 114 115

Furtner, DRiZ 1955, 190. S. nur Stickelbrock, S. 12 ff.

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Übereinstimmung mit der Entscheidung in der Hauptsache aufrechtzuerhalten oder aufzuheben“. Den Gesetzesmaterialien seien eine Ersetzung der Vollstreckbarkeitserklärung durch § 770 ZPO und die Unzulässigkeit der Vollstreckbarkeitserklärung eines Drittwiderspruchsurteils im Hauptsacheausspruch nicht zu entnehmen.116 Die Begründung der §§ 602 ff. E I CPO,117 aus der Furtner zitiert, trägt seine Schlussfolgerung nicht. Die Möglichkeit, durch Urteilsanordnungen unabhängig von einem Parteiantrag vorläufige Maßregeln anzuordnen, beruht nach der Begründung der §§ 602 ff. E I CPO nicht darauf, dass neben den Vorschriften über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf Urteilsanordnungen gem. § 604 E I CPO zurückgegriffen werden können soll, wenn der erforderliche Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung nicht gestellt wurde. Vielmehr sprechen die Materialien zu §§ 602 ff. E I CPO dafür, dass eine der Vollstreckbarkeitserklärung gleichstehende Entscheidung ohne Antrag getroffen werden können sollte, weil sich diese Entscheidung nur nach § 604 E I CPO richten sollte (dazu ausführlich sub A. IV. 5. c) aa) bbb) (a) (bb)). Im übrigen ist der Ausgangspunkt Furtners118 zweifelhaft, die Schaffung von § 770 ZPO (§ 689 CPO) liege „offensichtlich“ im seinerzeitigen Antragserfordernis für die vorläufige Vollstreckbarkeitserklärung begründet. Die Vermutung, § 770 ZPO habe vordringlich, wenn nicht ausschließlich (so ist „offensichtlich“ im Zusammenhang gemeint) dem Antragserfordernis der §§ 649 f. CPO Abhilfe schaffen sollen, wirft die Frage auf, warum nur bei Urteilen auf Vollstreckungsgegen- und Drittwiderspruchsklagen der Ausweg des § 770 ZPO geschaffen wurde, nicht aber bei sonstigen Urteilen, zu deren vorläufiger Vollstreckbarkeitserklärung damals ebenfalls ein Antrag erforderlich war. Mit dem besonderen Schutzbedürfnis des am Vollstreckungsverfahren unbeteiligten Dritten ist diese Beschränkung nicht erklärbar. Denn § 770 ZPO gilt auch bei (Vollstreckungsgegen-)Klagen von Vollstreckungsschuldnern. Selbst wenn aber ein Grund ersichtlich sein sollte, vom Antragserfordernis nur bei Klagen nach den §§ 767 f., 771 ff. ZPO abzusehen, deutet die gesetzgeberische Technik, in § 770 ZPO Urteilsanordnungen vorzusehen, auf eine weitergehende ratio dieser Vorschrift hin. Hätte bei Klagen gem. §§ 767 f., 771 ff. ZPO nur auf das Antragserfordernis verzichtet werden sollen, so hätte es nahegelegen, dies in § 689 CPO deutlich zum Ausdruck zu bringen, etwa folgendermaßen: „Abweichend von den §§ 649 f. sind Urteile ohne Antrag für vorläufig vollstreckbar zu erklären“. Stattdessen wurde in § 689 CPO aber nicht nur (betr. das Ob der Vollstreckbarkeit) das Antragserfordernis durch richterliches Entschließungsermessen ersetzt, sondern auch das Wie der Anordnung wurde anders gestaltet, 116

So Furtner, DRiZ 1955, 190, 191. Begründung zum Entwurf einer Zivilprozessordnung §§ 602–604, S. 445 (= Dahlmanns, Bd. 2, S. 701). Ganz ähnlich Begründung § 638 E III CPO, S. 410 = Hahn, S. 438 f. Näher zu den Gesetzgebungsmaterialien S. 80 ff. 118 Furtner, DRiZ 1955, 190, 191. 117

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indem im Gegensatz zu den weithin gebundenen Vorschriften über die Erklärung vorläufiger Vollstreckbarkeit (648 ff. CPO) in § 689 CPO – ferner in den ergänzenden §§ 688, 690 Abs. 3 Satz 2 CPO (§§ 769, 771 Abs. 3 Satz 2 ZPO) – ein richterliches Auswahlermessen normiert wurde. Die sich daraus allem Anschein nach ergebende weitergehende ratio von § 770 ZPO wird im Schrifttum weder definiert, noch wird sie bei der Bestimmung des Verhältnisses der §§ 708 ff. ZPO zu den §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO in Betracht gezogen. Die Behauptung, § 770 ZPO sei durch den Wegfall des Antragserfordernisses in den §§ 708 ff. ZPO bedeutungslos geworden, erfasst den Gesetzeszweck von § 770 ZPO folglich unvollständig und ist daher keine tragfähige Grundlage, um die Anwendungsbereiche der Vorschriften zutreffend abzustimmen. cc) Abstimmung der Anwendungsbereiche Das herrschende Rechtsverständnis baut auf zwei Prämissen auf: Erstens müssten Drittwiderspruchsurteile (sowie Urteile auf Vollstreckungsgegenklage) auch im Hauptsacheausspruch nach den Regeln der §§ 708 ff. ZPO für vorläufig vollstreckbar erklärt werden; zweitens sei § 770 ZPO neben den §§ 708 ff. ZPO durch den Wegfall des Antragserfordernisses eine bedeutungslose Vorschrift geworden119. Wenn die §§ 708 ff. ZPO und die §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO als nebeneinander anwendbare Vorschriften ins Verhältnis gesetzt werden, wird die Unstimmigkeit dieser Prämissen deutlich. aaa) Inhaltsgleiche Entscheidungen Unproblematisch scheint es, dass Urteilsanordnungen nicht ergehen sollen, deren Inhalt bereits von der vorläufigen Vollstreckbarkeit umfasst ist.120 Das richterliche Entschließungsermessen wird in solchen Fällen davon geleitet, keine überflüssigen Anordnungen zu treffen. Wenn sich der Inhalt der Urteilsanordnung mit der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Hauptsacheausspruchs decken würde, könnte allerdings ebenso gut die Vollstreckbarkeitserklärung des Hauptsachetenors unterbleiben und statt ihrer eine Urteilsanordnung ergehen.121

119 Ganz bedeutungslos ist § 770 ZPO nicht. Denn einstweilige Anordnungen können nicht nur in einem stattgebenden, sondern auch in einem klageabweisenden Urteil ausgesprochen werden, Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 77; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 73. 120 Putzo, in: Thomas/Putzo, § 770, Rn. 2; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 770, Rn. 2; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 770, Rn. 1. A. A. Münzberg, in: Stein/Jonas, § 770, Rn. 1. 121 Dafür Furtner, DRiZ 1955, 190, 191; Lippross, Rn. 763.

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bbb) Entscheidungen unterschiedlichen Inhalts § 770 ZPO soll neben den §§ 708 ff. ZPO eine bedeutungslose Vorschrift sein. Von diesem Ausgangspunkt stimmt das Schrifttum die Anwendungsbereiche der Vorschriften formal in einem Verhältnis der Vor- und Nachrangigkeit aufeinander ab. Zum förmlichen Anwendungsvorrang der §§ 708 ff. steht allerdings im Kontrast, dass § 770 ZPO wegen der Differenziertheit und Flexibilität seiner Rechtsfolgenanordnung der inhaltliche Anwendungsvorrang zukommt. Gelungen erscheint eine Abstimmung, wonach der Intervenient wahlweise von der vorläufigen Vollstreckbarkeit oder einer Urteilsanordnung Gebrauch machen können soll, so dass Maßnahmen nach § 770 ZPO anzuordnen seien, wenn sie für den Intervenienten günstiger sind als die vorläufige Vollstreckbarkeit, namentlich wegen der Sicherheitsleistung.122 In solchen Fällen besteht ein Anwendungsbereich für Urteilsanordnungen, in dem sie Wirkung entfalten. Die Erklärung vorläufiger Vollstreckbarkeit ist in solchen Fällen allerdings wirkungslos und verzichtbar. Ungelöst ist die Konkurrenz zwischen den §§ 708 ff. ZPO und den §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO, wenn die Wirkung der Urteilsanordnung geringer sein soll als die Vollstreckungswirkung, namentlich dann, wenn das Gericht nur die Vollstreckungseinstellung für angezeigt hält, nicht aber die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln. Die abgestuft differenzierenden Entscheidungsmöglichkeiten bei Urteilsanordnungen ermöglichen sowohl die Einstellung und Aufhebung (§§ 770, 769 Abs. 1 Satz 1 a. E., 776 Satz 2 Halbs. 2 ZPO) als auch die Einstellung ohne Aufhebung (§ 776 Satz 2 Halbs. 1 ZPO). Dagegen geht mit der zwingenden (kein Entschließungsermessen) Erklärung vorläufiger Vollstreckbarkeit ausnahmslos das Gebot der Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln einher (§ 776 Satz 1 ZPO). Neben der Vollstreckbarkeitserklärung müsste eine Urteilsanordnung maßvollen Inhalts keine Wirkung entfalten können, weil der Intervenient sich ungeachtet der Urteilsanordnung der Vollstreckbarkeitserklärung bedienen kann. Der Erlass einer schwächer wirkenden Urteilsanordnung ist bei Anwendbarkeit der §§ 708 ff. ZPO folglich bedeutungslos. Das Schrifttum gelangt bei solcher Konstellation indes durchweg zum gegenteiligen Ergebnis, dass sich der schwächere Inhalt der Urteilsanordnung als der angemessenere durchsetzt. Die rechtskonstruktive Umsetzung dieses Wertungsvorrangs durch den Anwendungsvorrang der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO entbehrt dogmatischer Herleitung. Die Korrektur der zwingenden Rechtsfolge des § 776 Satz 1 ZPO durch die Urteilsanordnung bedarf aber der Begründung. Soll der Intervenient nicht von der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Hauptsacheausspruchs Gebrauch machen können, wenn das Urteil außerdem eine 122 So Brox/Walker, Rn. 1444, 1367; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, 696, 648; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 770, Rn. 1 mit Fn. 3; § 771, Rn. 55; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 770, Rn. 2; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 770, Rn. 2.

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einstweilige Anordnung enthält, die für ihn ungünstiger ist123 , so bedeutet dies, dass die ungünstigere Anordnung Sperrwirkung gegenüber der vorteilhafteren Vollstreckbarkeitserklärung entfaltet. Eine solche Sperrwirkung ist unvereinbar mit dem Postulat eines unbeeinflussten Nebeneinander der vorläufigen Vollstreckbarkeit und einstweiliger Anordnungen. Auf diesem Postulat beruht aber das einhellige Rechtsverständnis im jüngeren Schrifttum, wonach es dem Intervenienten anheim steht, von welchem Ausspruch er Gebrauch macht, wenn die Urteilsanordnung wirkungsvoller ist (ohne Sicherheitsleistung, § 771 Abs. 3 Satz 2 ZPO) als der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit (gegen Sicherheitsleistung, § 709 ZPO). Die Abstimmung der Anwendungsbereiche einerseits der §§ 708 ff. ZPO, andererseits der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO bei divergierendem Entscheidungsinhalt ist daher dogmatisch widersprüchlich. Keine Überzeugungskraft hat schließlich der Gedanke, Drittwiderspruchsurteile seien zwar grundsätzlich auch im Hauptsachetenor nach Maßgabe der §§ 708 ff. ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären, sie seien aber nur hinsichtlich der Kosten vollstreckbar, wenn das Gericht eine Urteilsanordnung erlasse, die nur die Vollstreckungseinstellung vorsieht.124 Dieses Ergebnis steht mit den §§ 708 ff. ZPO nicht im Einklang, die eine solche Differenzierung nicht vorsehen. dd) Folgerungen Das Prinzip vom Anwendungsvorrang der §§ 708 ff. ZPO gegenüber den §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO, welches den jüngeren Schrifttumsbefassungen durchweg zugrunde liegt, erlaubt es nicht, die Anwendungsbereiche der §§ 708 ff. ZPO und der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO kohärent, schlüssig und dogmatisch begründet aufeinander abzustimmen. Der Grund hierfür scheint darin zu liegen, dass die Abstimmung der Anwendungsbereiche zwar verdeckt, aber durchgängig und nachweisbar, auf dem entgegengesetzten Prinzip vom Vorrang der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO beruht. In der Konkurrenz zwischen vorläufiger Vollstreckbarkeit und Urteilsanordnungen erlangen stets letztere Geltung. Führt die Ermessensausübung gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO dazu, dass eine Urteilsanordnung (ohne Sicherheitsleistung, § 771 Abs. 3 Satz 2 ZPO) zu erlassen ist, deren Wirkungen über die der Vollstreckbarkeitserklärung (gegen Sicherheitsleistung, § 709 ZPO) hinausgehen, so soll die Urteilsanordnung erlassen werden, und der Intervenient soll sie ungehindert durch die Vollstreckbarkeitserklärung ausnützen können. Die Vollstreckbarkeitserklärung ist bedeutungslos.

123 So Lackmann, in: Musielak, § 771, Rn. 37; ders., Rn. 616; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 73; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 771, Rn. 44. 124 So Furtner, DRiZ 1955, 190, 191; Lippross, Rn. 763.

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Ist infolge der Ermessensausübung gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO eine Urteilsanordnung (nur Einstellung, § 776 Satz 2 ZPO) zu erlassen, die schwächer wirkt als die Vollstreckbarkeitserklärung (Einstellung und Aufhebung, § 776 Satz 1 ZPO), so soll die Urteilsanordnung erlassen werden, und der Ausspruch zur Hauptsache soll entweder überhaupt nicht für vorläufig vollstreckbar erklärt werden, oder die Vollstreckbarkeitserklärung soll nach Maßgabe der Urteilsanordnung kupiert sein. Die Vollstreckbarkeitserklärung unterbleibt, oder sie ist wiederum bedeutungslos. Decken sich die Wirkungen der Vollstreckbarkeitserklärung und der Urteilsanordnung, besteht mithin keine inhaltliche, sondern nur eine formelle Anwendungskonkurrenz, so soll die Vollstreckbarkeitserklärung vorgehen. Auch in solchen Fällen wird aber dem Ergebnis der Ermessensausübung gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO Geltung verschafft, das die Vollstreckbarkeitserklärung als Statthalter der andernfalls zu erlassenden deckungsgleichen Urteilsanordnung verwirklicht. Nach Maßgabe der h.M. im jüngeren Schrifttum bestimmen die §§ 708 ff. ZPO folglich nie darüber, wie der Intervenient von einem obsiegenden Drittwiderspruchsurteil Gebrauch machen kann. Die Erklärung vorläufiger Vollstreckbarkeit des Hauptsacheausspruchs eines Drittwiderspruchsurteils hat keine inhaltliche Wirkung. Sie hat auch keine eigenständige funktionelle Bedeutung, weil die Vollstreckbarkeitserklärung in der einzigen Fallgruppe, in der sie überhaupt umgesetzt wird (inhaltsgleiche Entscheidungen), stets durch eine inhaltsgleiche Urteilsanordnung zu ersetzen wäre, wenn sie unterbliebe. Zur Probe soll die Anwendung der Schrifttumsgrundsätze auf eine Konstellation dienen, die im Schrifttum nicht behandelt wird: Eine Urteilsanordnung der Einstellung ohne Sicherheitsleistung ist gegenüber einer vorläufigen Vollstreckbarkeitserklärung (Einstellung und Aufhebung, § 776 Satz 1 ZPO) gegen Sicherheitsleistung (§ 709 ZPO) für den Intervenienten teils vorteilhaft (ohne Sicherheitsleistung), teils nachteilig (keine Aufhebung). Soweit die Anordnung vorteilhaft ist, kann der Intervenient von ihr neben der Vollstreckbarkeitserklärung Gebrauch machen und die Einstellung der Vollstreckung ohne Sicherheitsleistung erwirken. Soweit die Anordnung nachteilig ist, sperrt sie die Vollstreckbarkeit, so dass der Intervenient keine Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen erwirken kann. Im Ergebnis wird allein die Anordnung vollzogen. Der Vollstreckbarkeitserklärung kommt bei Anwendung der Schrifttumsgrundsätze mithin auch dann keine formelle und inhaltliche Bedeutung zu, wenn die Wirkungsunterschiede in verschiedene Richtungen gehen. Diese Feststellungen widerlegen die Prämisse vom Vorrang der Vollstreckbarkeitserklärung gegenüber Urteilsanordnungen. Die vorstehenden Ausführungen zeigen zudem, dass die Vollstreckbarkeitserklärung des Hauptsachetenors neben Urteilsanordnungen auch keinen gleich-, und nicht einmal einen nachrangigen Anwendungsbereich besitzt. Im Gegenteil bringt die Vollstreck-

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barkeitserklärung des Hauptsachetenors ungelöste dogmatische Schwierigkeiten bei der Umsetzung der inhaltlich allein maßgeblichen Urteilsanordnung hervor. Damit steht grundlegend in Frage, ob Drittwiderspruchsurteile im Hauptsacheausspruch für vorläufig vollstreckbar zu erklären sind, oder ob nicht die §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO gegenüber den §§ 708 ff. ZPO verdrängende Spezialvorschriften sind. c) Rückbesinnung und Neubestimmung Die Frage, ob die §§ 708 ff. ZPO hinsichtlich der Hauptsache von Drittwiderspruchsurteilen durch die §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO ausgeschlossen sind, erhält weiteren Nachdruck durch das Rechtsverständnis, das im älteren Schrifttum stark vertreten war. Dort war der Ausschluss der §§ 708 ff. ZPO aus den Gesetzgebungsmaterialien zu § 689 CPO (§ 770 ZPO) 125 sowie aus dem systematischen Zusammenhang und der ratio des § 770 ZPO126 hergeleitet worden. Der Befund, dass das heute herrschende Rechtsverständnis von der Anwendbarkeit der §§ 708 ff. ZPO keine widerspruchsfreie, bündige Rechtsanwendung ermöglicht, und dass ihm erforderliche dogmatische Begründungen fehlen, sowie die Feststellung, dass dieses Rechtsverständnis eine Rechtsauffassung abgelöst hat, welche die §§ 708 ff. ZPO für unanwendbar hielt, erfordern es, die gesetzliche Konzeption des Weges neu zu bestimmen, auf dem ein Vollstreckungsgegen- und ein Drittwiderspruchskläger sein Rechtsschutzbegehren zwischen stattgebendem Instanzurteil und Rechtskraft zu sichern und durchzusetzen vermag. Die §§ 708 ff. ZPO und die §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO regeln dieselben Sachverhalte auf unterschiedliche Weise. Die Frage, ob derart konkurrierende Normen nebeneinander gelten, oder ob der eine Rechtssatz durch den anderen ausgeschlossen wird, ist durch Gesetzesauslegung oder ergänzende Rechtsfindung zu beantworten.127 aa) Auslegung der §§ 708 ff., 771 Abs. 3, 770 ZPO Ziel der Gesetzesauslegung ist es, den Sinn des Gesetzes aus seiner rechtspolitischen Zwecksetzung zu deuten.128 Kriterien der Auslegung sind im wesentlichen der Wortsinn (aaa)), die Vorstellungen der an der Gesetzgebung beteiligten Personen (bbb)) sowie die gesetzliche Systematik (ccc)). Zur Ermittlung, ob die §§ 708 ff. ZPO auf den Hauptsachetenor von Drittwiderspruchsurteilen anwendbar sind, oder ob Drittwiderspruchsurteile bis zur Rechtskraft nur Interventionsmöglichkeiten nach Maßgabe der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO eröffnen

125 126 127 128

Reincke, S. 700 f., 706. Hein, S. 124 f. Enneccerus/Nipperdey I, S. 351; Larenz, Methodenlehre, S. 207. Bartholomeyczik, S. 40.

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sollen, ist es zweckmäßig, die Normkomplexe der §§ 708 ff. ZPO und der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO gemeinsam auszulegen. aaa) Wortlaut Die Wortlautuntersuchung der auszulegenden Vorschriften verfolgt zwei Zwecke. Der mögliche Wortsinn begrenzt die Auslegung und scheidet sie von der Rechtsfortbildung. Ferner ist die Auslegung des Wortlauts erste Erkenntnisquelle zur Ermittlung des gemeinten Wortsinnes, in dem die maßgebliche rechtspolitische Zwecksetzung zum Ausdruck gelangt ist.129 (a) Tatbestand Die Hauptsache eines nicht rechtskräftigen Drittwiderspruchsurteils betreffend, decken sich die tatbestandlichen Anknüpfungen der §§ 708 ff. ZPO und der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO sehr weitgehend. Nach dem Wortlaut der §§ 708 ff. ZPO sind grundsätzlich jegliche (Ausnahmen: § 704 Abs. 2 ZPO) nicht rechtskräftige (§ 704 Abs. 1 ZPO: „rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt“) Urteile (§§ 708 f. ZPO) für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Allerdings sind klageabweisende Urteile im Hauptsacheausspruch nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären, weil die Vollstreckung eines klageabweisenden Urteils im Ausspruch zur Hauptsache nicht in Betracht kommt.130 Die vorläufige Vollstreckbarkeit bezieht sich in solchen Fällen nur auf die Kostenentscheidung. Demnach ist der Hauptsachetenor stattgebender Drittwiderspruchsurteile für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Der klageabweisende Hauptsacheausspruch eines Drittwiderspruchsurteils ist nicht für vollstreckbar zu erklären. Die Vollstreckbarkeitserklärung wäre im übrigen wirkungslos, weil das Urteil im Hauptsachetenor nicht ausspricht, „daß die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt oder ihre Einstellung angeordnet ist“ (§ 775 Nr. 1 ZPO). Einstweilige Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO werden ebenfalls „in dem Urteil“ (§ 770 Satz 1 ZPO) erlassen. Im Gegensatz zur vorläufigen Vollstreckbarkeit können einstweilige Anordnungen im Hinblick auf den Streitgegenstand einer Drittwiderspruchsklage nach dem Wortlaut der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO auch in klageabweisenden Urteilen erlassen werden. Da Urteilsanordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO selbst die Maßnahmen enthalten, die gem. §§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO durchzuführen sind, wirken sie unabhängig vom Inhalt des Hauptsachetenors. Die §§ 708 ff. ZPO und die §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO verhalten sich dem Wortlaut nach zueinander so, dass einige Fälle der §§ 708 ff. ZPO auch Fälle der 129 Zum Gesetzesverständnis als „Einheit von menschlichem Willen als Substanz und von Text als Form“ s. Bydlinski, in: Einheit, S. 27, 46 ff. 130 Krüger, in: MüKo ZPO, § 704, Rn. 6.

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§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO sind (und vice versa), und dass einige Fälle nur solche entweder der §§ 708 ff. ZPO oder der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO sind. Die §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO gelten nur für Drittwiderspruchsurteile, allerdings für stattgebende und für abweisende. Die §§ 708 ff. ZPO kommen bei (nahezu) allen Urteilen zur Anwendung, einschließlich Drittwiderspruchsurteilen, den Hauptsacheausspruch betreffend aber nur bei stattgebenden Urteilen. Ihrem jeweiligen Wortlaut nach sind die §§ 708 ff. ZPO und die §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO daher Vorschriften, deren Tatbestände sich bei stattgebenden Drittwiderspruchsurteilen überschneiden. Bei sich überschneidenden Normen ist die Frage, ob die Rechtsfolgen der in einem konkreten Sachverhalt zusammentreffenden Tatbestände nebeneinander (entweder kumulativ oder alternativ) gelten, oder ob die eine Norm die andere ausschließt, nicht nach strengen logischen Regeln zu beantworten.131 Ein Anwendungsvorrang oder -ausschluss eines der Normkomplexe ist dem Wortlaut ihrer Tatbestände folglich nicht zu entnehmen. (b) Rechtsfolge Sowohl die vorläufige Vollstreckbarkeitserklärung des Hauptsacheausspruchs von Drittwiderspruchsurteilen als auch einstweilige Anordnungen in solchen Urteilen enthalten Entscheidungen über „die Einstellung der Zwangsvollstreckung und die Aufhebung der bereits getroffenen Vollstreckungsmaßregeln“ (§ 771 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1, 775 Nr. 1, 2, 776 ZPO). Die Normenkomplexe unterscheiden sich allerdings erheblich darin, wie sie dem Gericht die Entscheidung über eine Einwirkungsmöglichkeit des Klägers auf die Vollstreckung vorschreiben. Die Unterschiede betreffen sowohl das Ob ((aa)) als auch das Wie ((bb)) der Entscheidung. (aa) Entschließungsermessen Urteile „sind“ (§§ 708, 709 Satz 1 ZPO) für vorläufig vollstreckbar zu erklären, es sei denn, die Vollstreckung würde dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen, und der Schuldner ist zur Abwendung der Vollstreckung nicht in der Lage (§ 712 Abs. 1 ZPO). In einem solchen Fall „ist“ das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären oder die Vollstreckung auf die in § 720a Abs. 1, 2 ZPO bezeichneten Maßregeln zu beschränken. Letztere Alternative kommt bei Drittwiderspruchsurteilen nicht in Betracht, weil Maßnahmen gem. § 720a Abs. 1, 2 ZPO nur Verurteilungen zur Leistung von Geld betreffen. Ein Drittwiderspruchsurteil ist mithin in den Fällen des § 712 Abs. 1 ZPO nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Eine Ausnahme davon gilt, wenn ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Dann „ist“ dem Antrag des Schuldners gem. § 712 Abs. 1 ZPO nicht zu entsprechen (§ 712 131

Enneccerus/Nipperdey I, S. 351; Larenz, Methodenlehre, S. 208.

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Abs. 2 Satz 1 ZPO), das Urteil ist folglich für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Die Entscheidung über das Ob der vorläufigen Vollstreckbarkeit ist demnach stets eine gebundene Entscheidung, das Gericht hat bei der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit in keinem Fall ein Entschließungsermessen. Dagegen „kann“ das Gericht in Drittwiderspruchsurteilen einstweilige Anordnungen erlassen (§ 770 Satz 1 ZPO).132 Dem Gericht ist ein Entschließungsermessen über den Erlass einer Urteilsanordnung anheim gegeben. Der Wortlaut der Vorschrift unterscheidet nicht zwischen einstweiligen Anordnungen in stattgebenden und in abweisenden Urteilen. Das Entschließungsermessen besteht demnach sowohl bei abweisenden Urteilen, bei denen regelmäßig keine einstweiligen Anordnungen zu erlassen sein werden, als auch bei stattgebenden Urteilen, bei denen zumeist eine einstweilige Anordnung zu ergehen haben wird.133 Der ermessensleitende Gesichtspunkt des Einklangs mit der Hauptsache (intendiertes Ermessen) rückt das Entschließungsermessen bei der Entscheidung über den Erlass einer einstweiligen Anordnung im Urteil (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) in die Nähe der gebundenen Entscheidungen aufgrund der §§ 708 ff. ZPO. Die Bedeutung gesetzlichen Ermessens134 begründet zwischen den gebundenen Vorschriften der §§ 708 ff. ZPO und den Entschließungsermessen eröffnenden §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO gleichwohl Unterschiede, die nicht nur den Vorgang der Entscheidungsfindung betreffen, sondern auch das Ergebnis der Rechtsanwendung selbst beeinflussen können. Das Ermessen dient vor allem der Einzelfallgerechtigkeit. Der Adressat einer Ermessensvorschrift wird in die Lage versetzt, unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks einerseits und der konkreten Umstände andererseits, eine dem Einzelfall angemessene und 132 Die Alternativen „aufheben“, „abändern“ und „bestätigen“ in § 770 Satz 1 ZPO haben keine rechtskonstitutive Bedeutung, S. 46 f. 133 Die Hauptsacheentscheidung leitet das Entschließungsermessen, s. Dahlmanns, Bd. 2, S. 701 = Entwurfsbegründung S. 445 (Begründung der §§ 602–604 E I CPO 1871, Entwurfsfassungen der §§ 686, 688, 689 CPO, §§ 767, 769, 770 ZPO): „werden die vorläufig getroffenen Maßregeln regelmäßig in wesentlicher Übereinstimmung mit der Entscheidung der Hauptsache aufrecht erhalten oder aufgehoben werden“. Ebenso Hahn, S. 439 = Entwurfsbegründung, S. 410 (Begründung der §§ 635, 638 E III CPO 1874, Entwurfsfassungen der § 686, 689 CPO, §§ 767, 770 ZPO): „wird das Urtheil regelmäßig über die vorläufig angeordneten Maßregeln in wesentlicher Übereinstimmung mit der Entscheidung der Hauptsache Bestimmung zu treffen haben“. Die Begründung des § 639 E III CPO 1874 (Entwurfsfassung von § 690 CPO, § 771 ZPO) verweist auf die Rechtslage im Falle des § 635 E III CPO, Hahn, S. 442 = Entwurfsbegründung S. 414. 134 Zum richterlichen Ermessen eingehend Stickelbrock, S. 219 ff. Ferner zum Verwaltungsermessen z. B. Maurer, Verwaltungsrecht, § 7, Rn. 13; Ossenbühl, in: Erichsen/Ehlers, § 10, Rn. 13 f. Zur Übertragbarkeit der verwaltungsrechtlichen Ermessenslehre auf das richterliche Ermessen Stickelbrock, S. 342: „Ein struktureller Gegensatz zwischen zweckmäßigem Handeln der Verwaltung und rechtmäßigem Handeln der Gerichtsbarkeit besteht nicht . . . Das verwaltungsbehördliche und das richterliche Ermessen haben sich . . . nicht gegenläufig entwickelt“.

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sachgerechte Lösung zu finden.135 Gesetzlicher Zweck der Ermesseneinräumung in den §§ 771 Abs. 3, 770, 769 ZPO ist es, zwischen dem Schutzbedürfnis der Parteien und den ihnen drohenden Risiken abgewogene Entscheidungen zu erzielen.136 Das Schutzbedürfnis wird maßgeblich von den Erfolgsaussichten des Rechtsstreits und Härten des Einzelfalls bestimmt. Das Entschließungsermessen (und umso mehr noch das Auswahlermessen) der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO erlaubt eine Entscheidung, die den Umständen des Einzelfalls stärker gerecht wird, als dies die §§ 708 ff. ZPO ermöglichen. Bei stattgebenden Drittwiderspruchsurteilen können insbesondere die Erfolgsaussichten des Rechtsstreits zu einer Anordnungsentscheidung veranlassen, die von der Hauptsacheentscheidung und der gem. §§ 708 ff. ZPO zu treffenden Entscheidung abweicht. Beispiel 5.1: Der Kläger erhebt eine schlüssige Drittwiderspruchsklage. Im schriftlichen Vorverfahren zeigt der Beklagte seine Verteidigungsbereitschaft an und erwidert auf die Klage. In der Klageerwiderung bestreitet er substantiiert Vortrag des Klägers, erhebt substantiiert Einwendungen und bietet dafür Beweis an. Der Kläger repliziert, bestreitet aber nicht alle Einwendungen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist der Beklagte säumig. Es ergeht Versäumnisurteil gegen den Beklagten (§ 331 Abs. 1, 2 ZPO). Gem. § 708 Nr. 2 ZPO ist das Urteil ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären, und zwar ohne Abwendungsbefugnis gem. § 711 ZPO. Dagegen ermöglicht es das Entschließungsermessen (§§ 771 Abs. 3, 770, 769 ZPO) dem Gericht, bei der Prüfung des Schutzbedürfnisses der Parteien die Erfolgsaussichten nach Aktenlage zu berücksichtigen und aufgrund dessen keine einstweilige Anordnung zu erlassen, wenn nach Aktenlage (§ 331a ZPO) zuungunsten des erschienenen Klägers zu entscheiden gewesen wäre.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Hauptsache würde verhindern, dass abweichende Anordnungsentscheidungen zur Geltung kommen. Bei Anwendbarkeit der §§ 708 ff. ZPO würde daher der mit der Einräumung richterlichen Entschließungsermessens verfolgte Zweck der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO vereitelt werden.137 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO dem Gericht durch das Entschließungsermessen („kann“) Entscheidungsalternativen eröffnen, deren Wahl am Gesetzeszweck zu orientieren ist, während die §§ 708 ff. ZPO durchweg gebundene Entscheidungen enthalten („sind“, „ist“). Im Regelfall ist das Entschließungsermessen im Einklang mit der Hauptsache135

S. Stickelbrock, S. 342 betr. richterliches Ermessen. Münzberg, in: Stein/Jonas, § 769, Rn. 11; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 769, Rn. 17; K. Schmidt, MüKo ZPO, § 771, Rn. 68; § 769, Rn. 16. 137 Anders nur, wenn ein obsiegendes Urteil ausnahmsweise (§ 712 ZPO) nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären ist, in Ausübung des Entschließungsermessens aber eine einstweilige Anordnung zu erlassen wäre. Dieser Fall ist freilich rein theoretisch: Bedeutet die Vollstreckung für den Beklagten eine überwiegende Härte (§ 712 ZPO), dann erlauben auch §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO, bei deren Anwendung das Entschließungsermessen auch vom Schutzbedürfnis der Parteien geleitet zu sein hat, nicht den Erlass einer einstweiligen Anordnung. 136

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entscheidung, und damit auch weitestgehend im Einklang mit den §§ 708 ff. ZPO auszuüben. Seine eigentliche Bedeutung – Herstellung vom Schutzbedürfnis geleiteter Einzelfallgerechtigkeit – erhält das Entschließungsermessen allerdings nicht in den Regelfällen, sondern wenn vom Regelfall abweichende Umstände eine abweichende Entscheidung über den Erlass einer einstweiligen Anordnung fordern. Denn in solchen Fällen wirkt sich die gesetzliche Ermessenseröffnung aus, indem sie die geforderte Entscheidung ermöglicht. Die §§ 708 ff. ZPO und die §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO können in solchen Fällen kollidieren, indem die Hauptsache für vorläufig vollstreckbar zu erklären ist, die Ausübung des Entschließungsermessens aber dazu führt, dass keine einstweilige Anordnung zu erlassen ist. Der Kläger erhält dann durch die Vollstreckbarkeit gem. §§ 708 ff. ZPO eine (infolge des § 776 Satz 1 ZPO umfassende) Einwirkungsmöglichkeit auf die streitgegenständliche Vollstreckung, die ihm durch die Entscheidung aufgrund der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO mit Bedacht vollständig verwehrt bleiben soll. Die Anwendung der §§ 708 ff. ZPO führt mithin gerade in Fällen, in denen das Entschließungsermessen in den §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO Wirkung entfaltet, zur Wirkungs- und Bedeutungslosigkeit dieser Normen. Da die Rechtsfolge des Entschließungsermessens in §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO neben den §§ 708 ff. ZPO funktionslos ist, wenn die Vorschriften zusammentreffen, wird der Geltungsanspruch der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO bei stattgebenden Drittwiderspruchsurteilen nur erfüllt, wenn diese Vorschriften die §§ 708 ff. ZPO – im Einzelfall oder stets – verdrängen. (bb) Auswahlermessen Die §§ 708 ff., 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO und die §§ 771 Abs. 3, 770, 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO sind einerseits auf gleichartige Rechtsfolgen gerichtet. Entscheidungen aufgrund der genannten Vorschriften ermöglichen es dem Kläger zu erwirken, dass die Vollstreckung eingestellt wird,138 dass Vollstreckungsmaßregeln aufgehoben werden,139 sowie, dass die Vollstreckung (eingestellt wird und) nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werden kann.140 Andererseits unterscheiden sich die Normkomplexe im Hinblick auf das Wie der Einwirkungsmöglichkeiten erheblich. Die Unterschiede der Rechtsfolgenanordnungen betreffen sowohl die Reichweite der Einwirkung als auch die 138 Hier §§ 708–710, 775 Nr. 1 ZPO; dort § 770 Satz 1 ZPO („die in dem vorstehenden Paragraphen bezeichneten Anordnungen“) i. V. m. § 769 Abs. 1 Satz 1 ZPO („die Zwangsvollstreckung . . . eingestellt . . . werde“) i. V. m. § 775 Nr. 2 ZPO. 139 Hier §§ 708–710, 776 Satz 1 ZPO; dort § 770 Satz 1 ZPO i. V. m. § 769 Abs. 1 Satz 1 ZPO („Vollstreckungsmaßregeln . . . aufzuheben . . . seien“) i. V. m. § 776 Satz 2 ZPO. 140 Hier Abwendungsbefugnis, §§ 711 Satz 1, 712 Abs. 1 Satz 1 ZPO; dort § 770 Satz 1 ZPO i. V. m. § 769 Abs. 1 Satz 1 ZPO („die Zwangsvollstreckung . . . nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde“).

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Voraussetzungen, unter denen der Kläger vom Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit bzw. einer einstweiligen Anordnung Gebrauch machen kann. Wenn ein Drittwiderspruchsurteil im Hauptsacheausspruch für vorläufig vollstreckbar erklärt ist, dann „ist“ (ggf. nach Leistung der Sicherheit und vorbehaltlich der Abwendung durch den Beklagten) die Vollstreckung einzustellen (§ 775 Nr. 1 ZPO), und bereits getroffene Vollstreckungsmaßnahmen „sind“ aufzuheben (§ 776 Satz 1 ZPO). Das Gesetz sieht bei der Vollstreckbarkeitserklärung keine Abstufung der Einwirkung auf die angegriffene Vollstreckung vor, und es ermöglicht dem Gericht keine Entscheidung, die zur Einstellung ohne Aufhebung führt. Die §§ 708 ff. ZPO differenzieren einzig bei den Voraussetzungen, unter denen der Kläger das Urteil vorläufig vollstrecken lassen kann. Gem. § 708 ZPO „sind“ bestimmte Urteile ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären, unter den Voraussetzungen des § 712 Abs. 2 Satz 2 ZPO „kann“ das Gericht anordnen, dass ein solches Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vollstreckbar ist. Andere Urteile „sind“ gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 709 ZPO), ausnahmsweise „ist“ ein solches Urteil ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 710 ZPO). Bisweilen „hat“ das Gericht anzuordnen oder zu gestatten, dass die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abgewendet werden kann (§§ 711, 712 ZPO). Solche Schutzanordnungen „sollen“ aber nicht ergehen, wenn das Urteil unanfechtbar ist (§ 713 ZPO). Die in der Vollstreckbarkeitserklärung enthaltenen Vollstreckungsmodalitäten – Sicherheitsleistung als Voraussetzung oder zur Abwendung der Vollstreckung – beeinflussen in keinem Fall die in den §§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO geregelte Vollstreckungsreichweite, sondern sie betreffen stets nur die Frage, ob der Kläger schon (Sicherheitsleistung des Klägers), oder ob er nicht mehr (Sicherheitsleistung des Beklagten) vorläufig vollstrecken kann. Die §§ 708 ff., 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO verwirklichen damit im Hinblick auf das Wie der vorläufigen Vollstreckung streng und ausnahmslos den Grundsatz des Ganz-oder-Garnicht. Vollstreckungsmodalitäten (Sicherheitsleistung) im Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit sind, von zwei Ausnahmen (§§ 712 Abs. 2 Satz 2, 713 ZPO) abgesehen, zwingend in die Vollstreckbarkeitserklärung aufzunehmen, und sie stellen ausschließlich vom Kläger oder dem Beklagten zu erfüllende Voraussetzungen auf, unter denen die erklärte vorläufige Vollstreckung (ganz) betrieben oder (gar) nicht betrieben werden kann. Die Rigorosität der Ganz-oder-Garnicht-Regelung wird auf der Ebene der Sicherheitsleistung kompensatorisch abgemildert. Im Gegensatz dazu eröffnen die §§ 771 Abs. 3, 770, 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO ein umfassendes richterliches Auswahlermessen („kann“, § 770 ZPO i. V. m. § 769 Abs. 1 Satz 1 ZPO; „ist . . . zulässig“, § 771 Abs. 3 Satz 2 ZPO; „sofern nicht . . . angeordnet ist“, § 776 Satz 2 Halbs. 2 ZPO), das sowohl die Reichsweite der Einwirkung des Anordnungsvollzugs als auch die Vollzugsvorausset-

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zung der Sicherheitsleistung einschließt. Das Gesetz richtet damit für Drittwiderspruchsurteile ein fein abgestuftes System inhaltlicher Entscheidungsmöglichkeiten beim Erlass einstweiliger Anordnungen ein, von denen bei der Ermessenausübung diejenige auszuwählen ist, die den gesetzlichen Zweck der Ermessensnorm – Herstellung von Einzelfallgerechtigkeit nach Maßgabe des Schutzbedürfnisses der Parteien – am besten verwirklicht. Durch Kombination von Anordnungen auf der Primärebene der Vollzugsreichweite und solchen auf der Sekundärebene der Sicherheitsleitung stehen dem Gericht die folgenden Alternativen von Anordnungsinhalten zur Verfügung: (i) (ii) (iii) (iv) (v) (vi)

(Einstellung und) Fortsetzung der Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung; Einstellung der Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung; Einstellung der Vollstreckung ohne Sicherheitsleistung; Einstellung der Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung und Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung; Einstellung der Vollstreckung ohne Sicherheitsleistung und Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung; Einstellung der Vollstreckung ohne Sicherheitsleistung und Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln ohne Sicherheitsleistung.

Die Entscheidungsalternativen der Vollstreckbarkeitserklärung gem. §§ 708 ff., 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO – Einstellung und Aufhebung gegen oder ohne Sicherheitsleistung, Abwendungsbefugnis –, die nur auf der Sekundärebene differenzieren, werden von den Anordnungsmöglichkeiten (iv) (vi) (i) weitestgehend abgedeckt. Einzig die Entscheidung konkurrierender Sicherheitsleistungen des Klägers zur Ermöglichung, und des Beklagten zur Abwendung der Vollstreckung (§ 711 ZPO), ist als Anordnungsinhalt nicht möglich. Allerdings gleichen die Anordnungsinhalte (ii) (iii) (v), die bei den §§ 708 ff., 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO keine Entsprechung finden, bereits auf der Primärebene die widerstreitenden Parteiinteressen aus, die bei der Vollstreckbarkeitserklärung infolge des strikten Ganz-oder-Garnicht erst in § 711 ZPO auf der kompensatorischen Sekundärebene Berücksichtigung finden. Einen Interessenausgleich auf der Primärebene der Vollstreckungsreichweite sehen die §§ 708 ff. ZPO nur bei der arrestähnlich wirkenden141 Sicherungsvollstreckung (§ 720a ZPO) vor, die bei Urteilen gem. §§ 771 ff. ZPO ausgeschlossen ist. Funktional entspricht der Sicherungsvollstreckung bei Drittwiderspruchsurteilen die einstweilige Anordnung der Einstellung ohne Aufhebung (ii) (iii). Die Entsprechungslosigkeit einer Entscheidung gem. § 711 ZPO bei den Anordnungsmöglichkeiten der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO weist folglich nicht auf einen eigenständigen Regelungsgehalt der §§ 708 ff. ZPO bei Drittwiderspruchsurteilen hin. Vielmehr bezeugen die Entsprechungslosigkeit der Anordnungsinhalte (ii) (iii) (v) bei der Vollstreckbarkeitserklärung sowie die fehlende Sicherungsvollstreckung bei Drittwiderspruchsurteilen, dass die §§ 708 ff. ZPO nicht auf Drittwiderspruchsurteile 141

Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 218 f.

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abgestimmt sind, während das Auswahlermessen der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO zu angemessenen, differenzierenden Entscheidungen führt. Wie das Entschließungsermessen wird das Auswahlermessen von der Schutzbedürftigkeit der Parteien geleitet. Anders als beim Entschließungsermessen ist die Entscheidung in der Hauptsache allerdings nicht leitend bei der Bestimmung des Schutzbedürfnisses. Die Entscheidung in der Hauptsache, die entweder stattgebend oder abweisend ist, kann das Ermessen leiten, ob eine einstweilige Anordnung zu erlassen ist (bei Stattgabe) oder nicht (bei Abweisung). Der Hauptsachetenor bietet aber keine Unterscheidungsmöglichkeit zur Auswahl unter der Vielzahl abgestufter Entscheidungsmöglichkeiten gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO. Wäre die Entscheidung in der Hauptsache bei der Auswahl ermessensleitend, so müsste, wenn keine besonderen Härten auf Seiten des Beklagten bestehen, stets Einstellung und Aufhebung ohne Sicherheitsleistung angeordnet werden, weil der Kläger in der Hauptsache obsiegt hat. Ein intendiertes Auswahlermessen, wonach die gravierendste Maßnahme der Regelfall sein soll, entspricht aber nicht dem Wortlaut der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO i. V. m. § 769 ZPO. Die zurückhaltende Formulierung von § 771 Abs. 3 Satz 2 ZPO („ist . . . zulässig“) spricht gegen eine Regelfallaufhebung ohne Sicherheitsleistung. Aus der Reihenfolge der Aufzählung in § 769 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die offenbar nicht an der Reichweite der Einwirkung orientiert ist (zuerst die sichernde Einstellung, dann die kompensatorisch wirkende Fortsetzung gegen Sicherheitsleistung, schließlich die am schwersten wiegende Aufhebung), ist eher zu entnehmen, dass die erstgenannte Einstellung (ohne Aufhebung) der Regelfall sein soll. Dieses Verständnis wird durch § 769 Abs. 2 ZPO bestätigt, wonach dem Vollstreckungsgericht zwar die gesamte Bandbreite der Auswahlmöglichkeiten zur Verfügung steht (§ 769 Abs. 2 Satz 1 ZPO: „eine solche Anordnung“), die Vollstreckung aber nach Fristablauf „fortgesetzt“ wird (§ 769 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Den Regelfall soll demnach eine Anordnung bilden, die die Vollstreckung anhält, aber ihre Fortsetzung erlaubt. Hierfür kommt nur die Einstellung in Betracht. Denn nach der Aufhebung der Vollstreckungsmaßregeln muss neu vollstreckt werden, die ursprüngliche Vollstreckung lebt nicht wieder auf,142 so dass ihre Fortsetzung ausgeschlossen ist. Für die Einstellung ohne Aufhebung als Regelfall der Ausübung des Auswahlermessens spricht außerdem, dass diese Maßnahme von den Entscheidungsalternativen auf der Primärebene eine mittlere Wirkung hat,143 die ausgewogen ist, weil sie bei begonnener Vollstreckung keiner der Parteien das Risiko zumutet, den umstrittenen Vollstreckungsgegenstand endgültig entzogen zu bekommen. Das Gericht hat daher das Auswahlermessen gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO dahingehend auszuüben, dass es im Urteil die einstweilige Einstellung der Vollstreckung (gegen 142

K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 776, Rn. 7 m. w. N. Über die Tendenz zu mittleren Lösungen und deren Rationalität im juristischen Kontext s. Bydlinski, AcP 204 (2004), 309 ff. (336 ff. zur Gesetzgebung insbesondere). 143

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oder ohne Sicherheitsleistung) anordnet, es sei denn, Umstände des Einzelfalles verdichten das Ermessen in Richtung (Einstellung und Ermöglichung der) Fortsetzung oder (Einstellung und) Aufhebung. Die Anwendung der §§ 708 ff. ZPO vereitelt auch beim Auswahlermessen den gesetzlichen Zweck der Ermessenseinräumung in den §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO bei stattgebenden Drittwiderspruchsurteilen. Die vorläufige Vollstreckbarkeitserklärung ermöglicht durchweg Einstellung und Aufhebung (§ 776 Satz 1 ZPO) (ggf. abgemildert durch Abwendungsbefugnis), während das Auswahlermessen regelmäßig dahingehend auszuüben ist, dass die Vollstreckung nur einzustellen ist. Stehen beide Aussprüche nebeneinander, dann überspielt die Vollstreckbarkeitserklärung die abgewogene, der Einzelfallgerechtigkeit dienende einstweilige Anordnung. Beim Zusammentreffen der Vorschriften erlangt die Rechtsfolge des Auswahlermessens in §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO neben dem Ganz-oder-Garnicht der §§ 708 ff. ZPO nahezu keine Geltung (Ausnahme: Aufhebung ohne Sicherheitsleistung, § 771 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Dies ist mit dem besonderen Zuschnitt der Rechtsfolgenanordnungen der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO, die bei Urteilen gem. §§ 771 ff. ZPO eine größere Angemessenheit des Ausspruchs gewährleisten, unvereinbar. Die §§ 708 ff. ZPO müssen daher neben den §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO entweder im Einzelfall oder generell unanwendbar sein. bbb) Historische Auslegung Die Gesetzesmaterialien ((a)) und die geschichtliche Entwicklung ((b)) der auszulegenden Vorschriften sind das Erkenntnismittel zur Ermittlung des Willens des Gesetzgebers (Normvorstellungen der Gesetzesverfasser und Kommissionsmitglieder). Soweit dieser Wille im Gesetz einen erkennbaren, wenn auch unvollkommenen Ausdruck gefunden hat und in ihm noch fortbesteht, bestimmt er als Gesetz gewordene rechtspolitische Zwecksetzung die Bedeutung des Gesetzes. Die Entwicklungsgeschichte der §§ 708 ff., 771 Abs. 3, 770, 769 ZPO wird chronologisch untersucht, und zwar beginnend mit den Vorarbeiten zur CPO von 1877, wie sie in den Gesetzgebungsmaterialien niedergelegt sind. Die reichseinheitliche Kodifikation des Zivilprozessrechts bedeutete nach den bis dahin geltenden Prozessordnungen der Länder eine Zäsur. Einige Entwicklungslinien der verschiedenen Prozessordnungen wurden aufgenommen und fortgeführt, andere wurden abgebrochen, bisweilen wurden ganz neue Wege beschritten. Vor den Vorarbeiten zur CPO anzusetzen würde daher das Risiko bergen, sich auf tote Äste zu begeben, und es bestünde die Gefahr von Fehlschlüssen, weil Kontinuität vermutet wird, wo sich die CPO von einer bis dahin bestehenden Regelung abwendet.

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Aus den Gesetzgebungsmaterialien zur CPO kann sich der gesetzgeberische Wille erschließen lassen, und damit die rechtspolitische Zwecksetzung, wie sie seinerzeit im Gesetz zum Ausdruck gelangt ist und dadurch Rechtsgeltung erlangt hat. Ist die rechtspolitische Zwecksetzung ermittelt, die der Gesetzgeber der CPO 1877 zur Rechtsgeltung gebracht hat, dann schließt sich die Aufgabe an zu untersuchen, ob diese Bedeutung fortgilt. Die rechtsverbindliche Bedeutung von Normen kann sich auf zweierlei Weise ändern. Zum einen kann der Gesetzgeber die Bedeutung einer Vorschrift ändern, indem er die Vorschrift selbst ändert und damit die bisherige rechtspolitische Zwecksetzung durch eine neue ablöst. Es ist daher als zweiter Schritt der historischen Auslegung die Normgeschichte der §§ 708 ff., 771 Abs. 3, 770, 769 ZPO zu untersuchen. Zum anderen kann sich die rechtspolitische Zwecksetzung einer Vorschrift ohne Änderung der Norm wandeln, indem Änderungen des tatsächlichen (gesellschaftlichen) oder des rechtlichen (systematischen) Umfelds einer Norm ihr eine neue Bedeutung zumessen (Bedeutungswandel). Da ein Bedeutungswandel aus den Umständen resultiert, innerhalb derer sich eine Norm befindet, wird diese Frage im Rahmen der systematischen Auslegung zu beantworten sein. (a) Gesetzgebungsmaterialien Dem Erlass der Civilprozeßordnung von 1877 gingen drei Entwürfe voraus. E I (Justizministerialentwurf) wurde 1871 veröffentlicht.144 Ein zweiter Entwurf (E II), der 1872 veröffentlicht wurde, weicht nur in Einzelheiten von E I ab. Aus den Überarbeitung von E II in den Verhandlungen und Beratungen im Bundesrat ging schließlich der „Entwurf einer Civil=Prozeßordnung“ hervor, der dem Reichstag in der Herbstsession 1874 vorgelegt wurde (E III). Nach weiteren Änderungen durch die vom Reichstag eingesetzte Reichsjustizkommission wurde dieser Entwurf schließlich am 21. 12. 1876 vom Reichstag angenommen. Der Bundesrat stimmte am 22. 12. 1876 zu, und die CPO wurde am 30. 01. 1877 publiziert.145 (aa) Vorläufige Vollstreckbarkeit Die Entwurfsbegründungen der Vorschriften über die vorläufige Vollstreckbarkeit (§§ 572 ff. E I, §§ 601 ff. E III) treffen keine Aussage über das Zusammentreffen dieser Vorschriften mit den Vorschriften über einstweilige Anordnungen in einem Drittwiderspruchsurteil. 144 Der Justizministerialentwurf hat für die ZPO herausragende Bedeutung, s. Dahlmanns, S. 32, unter Hinweis auf Hellweg, AcP 61 (1878), 78, 115: „Inhaltlich nimmt er die künftige ZPO in einem Maße vorweg, daß ‚alle noch folgenden Vorarbeiten, die Tätigkeit der Reichskommission, des Bundesrats und endlich der Justizkommission des Reichstags nur die Bedeutung nochmaliger Überarbeitung beanspruchen können‘“. 145 Historischer Abriss bei Hellweg, AcP 61 (1878), 78 ff.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, S. 30 f.; Schönke, in: Stein/Jonas (17/18), Einl. A, § 2, IV.–VI.

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(bb) § 605 E I CPO 1871 § 605 E I, die Entwurfsfassung der Vorschrift über die Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO), lautet146 : „Der Widerspruch eines Dritten gegen die Zwangsvollstreckung, welcher auf die Behauptung gestützt wird, daß ihm an einem gepfändeten oder der Zwangsversteigerung unterworfenen Gegenstand ein die Veräußerung desselben hinderndes Recht zustehe, ist im Wege der Klage bei dem Gericht geltend zu machen, in dessen Bezirk die Zwangsvollstreckung erfolgt. Wird die Klage gegen den Gläubiger und den Schuldner gerichtet, so sind diese als Streitgenossen anzusehen. Auf die Einstellung der Zwangsvollstreckung und die Aufhebung der bereits getroffenen Vollstreckungsmaßregeln fi nden die Vorschriften des §. 603. entsprechende Anwendung. Die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßregel ist auch ohne Sicherheitsleistung zulässig.“

Im Zusammenhang mit dem hier zu untersuchenden Gegenstand unterscheidet sich § 605 E I in einem wesentlichen Punkt vom heute geltenden § 771 ZPO. § 605 Abs. 3 Satz 1 E I verweist nur auf § 603 E I147 (§ 769 ZPO), nicht aber auf § 604 E I148 (§ 770 ZPO). Vermutlich handelte es sich hierbei aber um ein Redaktionsversehen. Denn in der Begründung von § 605 Abs. 3 E I ist folgendes ausgeführt149 : „Ueber den Einfluß der Klage auf den Fortgang der Vollstreckung gelten dieselben Grundsätze wie im Falle des §. 602. Nur ist die Aufhebung der bereits erfolgten Vollstreckungsmaßregeln auch ohne Sicherheit gestattet, weil gegen den Dritten die Zwangsvollstreckung überhaupt nicht gerichtet ist.“

Das Zitat bezieht sich auf § 605 Abs. 3 E I. Denn § 605 Abs. 3 E I regelt „die Einstellung der Zwangsvollstreckung und die Aufhebung der bereits erfolgten 146

Dahlmanns, S. 409. § 603 E I lautet (Dahlmanns, S. 408 f.): „Das Prozeßgericht kann auf Antrag anordnen, daß bis zur Erlassung des Urtheils die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einzustellen oder nur gegen Sicherheitsleistung fortzusetzen und daß die erfolgten Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Die thatsächlichen Behauptungen, welche den Antrag begründen, sind glaubhaft zu machen. In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht eine solche Anordnung erlassen, unter Bestimmung einer Frist, innerhalb welcher die Entscheidung des Prozeßgerichts beizubringen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird die Zwangsvollstreckung fortgesetzt. Die Entscheidung über diese Anträge kann ohne vorgängige mündliche Verhandlung erfolgen.“ 148 § 604 E I lautet (Dahlmanns, S. 409): „Das Prozeßgericht kann in dem Urtheil, durch welches über die Einwendungen entschieden wird, die in dem vorstehenden Paragraphen bezeichneten Anordnungen erlassen oder die bereits erlassenen Anordnungen aufheben, abändern oder bestätigen. In Betreff der Anfechtung einer solchen Entscheidung fi nden die Vorschriften des §. 577 [betr. die Vorabentscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit, Verf.] entsprechende Anwendung.“ 149 Dahlmanns, S. 702 = Entwurfsbegründung S. 446. 147

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Vollstreckungsmaßregeln“, also „den Fortgang der Vollstreckung“ (Zitat Satz 1). Außerdem nimmt Satz 2 des Zitats deutlich Bezug auf die Besonderheit, die in § 605 Abs. 3 Satz 2 E I geregelt ist. Die Einstellung der Vollstreckung und die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln richtete sich bei § 602 E I (§ 767 ZPO) nach den §§ 603, 604 E I (§§ 769, 770 ZPO). In dem Zitat wird mithin auf die §§ 603, 604 E I als diejenigen Grundsätze über den Einfluss der Klage auf die Vollstreckung Bezug genommen, die bei der Drittwiderspruchsklage dieselben seien. Der einzige Unterschied (Aufhebung ohne Sicherheitsleistung, § 605 Abs. 3 Satz 2 E I) wird in der Begründung besonders erläutert. Hätte bei der Drittwiderspruchsklage außerdem der Unterschied zur Rechtslage bei der Vollstreckungsgegenklage herrschen sollen, dass keine einstweiligen Anordnungen im Urteil erlassen werden können sollten (keine Verweisung auf § 604 E I in § 605 Abs. 3 Satz 1 E I), so wäre zu erwarten gewesen, dass dieser Unterschied in der Entwurfsbegründung ebenso herausgestrichen worden wäre. Da im übrigen keine Gründe für die Unanwendbarkeit des § 604 E I bei der Drittwiderspruchsklage ersichtlich sind, liegt es nahe, dass in § 605 Abs. 3 Satz 1 E I auch auf § 604 E I verwiesen werden sollte („dieselben Grundsätze“). § 605 E I ist zusammenhängend wie folgt begründet150 : „Ueber den Einfluß der Klage auf den Fortgang der Vollstreckung gelten dieselben Grundsätze wie im Falle des §. 602. Nur ist die Aufhebung der bereits erfolgten Vollstreckungsmaßregeln auch ohne Sicherheit gestattet, weil gegen den Dritten die Zwangsvollstreckung überhaupt nicht gerichtet ist. Eine unbedingte Hemmung der Vollstreckung durch die Klage (hannov. Proz.Ordn. §. 584) wird man ohne Beeinträchtigung des Gläubigers nicht zulassen können (Proz. Ordn. Von Bayern Art. 874. und Oldenburg Art. 347. §. 2, preuß. Allg. Ger. Ordn. Th. I. Tit. 24. §. 77.)“.

Mit der „Klage“, von deren Einfluss auf die streitgegenständliche Vollstreckung die Rede ist (Zitat Sätze 1, 3), ist nicht die Klageerhebung, sondern der Drittwiderspruchsrechtsstreit gemeint; denn die Klageerhebung hat gerade keine Auswirkungen auf die Vollstreckung. Satz 3 des Zitats („unbedingte Hemmung der Vollstreckung . . . nicht zulassen“) ist dann ein Hinweis darauf, dass die Vorschriften über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den Hauptsacheausspruch („Einfluß . . . auf den Fortgang der Vollstreckung“) nicht angewandt werden sollen. Zwar war nach § 573 E I151 die Erklärung vorläufiger Vollstreckbarkeit von Urteilen in das Ermessen des Gerichts gestellt oder von der Glaubhaftmachung einer Härte abhängig, so dass keine „unbedingte Hemmung der Vollstreckung“ eintreten würde, wenn diese Vorschrift bei Drittwiderspruchsurteilen angewandt würde; denn die Einstellung der Vollstreckung und die Aufhebung von Zwangsmaßregeln gem. §§ 606 Nr. 1, 607 Satz 1 E I (§§ 775 150 151

Dahlmanns, S. 702 = Entwurfsbegründung S. 446. Dahlmanns, S. 401.

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Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO) hätten unter der Bedingung der Ermessensausübung oder der Glaubhaftmachung gestanden. Nach § 572 E I152 sollten aber bestimmte Urteile, unter ihnen namentlich die amtsgerichtlichen (§ 572 Nr. 1 E I), durchweg und ohne Antrag für vorläufig vollstreckbar erklärt werden. Amtsgerichtliche Drittwiderspruchsurteile hätten daher „eine unbedingte Hemmung der Vollstreckung“ gem. §§ 606 Nr. 1, 607 Satz 1 E I herbeigeführt, die ausweislich der zitierten Entwurfsbegründung unzulässig sein sollte. Es sollen hinsichtlich des Vollstreckungsfortgangs – mit Ausnahme des § 605 Abs. 3 Satz 2 E I – dieselben Grundsätze gelten wie bei § 602 E I, der § 767 ZPO entsprechenden Bestimmung über die Vollstreckungsgegenklage (Zitat Satz 1). Diese Grundsätze werden in der Begründung der §§ 602–604 E I wie folgt dargelegt153 : Zunächst wird die Vorschrift über einstweilige Anordnungen bis zum Urteil (§ 603 E I) begründet.154 Sodann fährt die Entwurfsbegründung fort155 : „Ebenso ist es nicht erforderlich, für das über die Einwendungen ergehende Urtheil die vorläufige Vollstreckbarkeit (hannov. Proz. Ordn. §. 580., bayer. Proz. Ordn. Art. 876., preuß. Verordn. v. 1. Juni 1833 §. 3.) allgemein anzuordnen, welche schon dem Ausdrucke nach das Rechtsverhältnis nicht völlig korrekt bezeichnen würde, da es sich nicht um Vollstreckung dieses Urtheils, sondern um dessen Einfluß auf die Vollstreckung eines anderen Urtheils handelt. Auch bei freiem Ermessen des Gerichts, welches der freieren Stellung desselben bei der Entscheidung über zu gewährende Vollstreckbarkeit sachlich entspricht, werden die vorläufig getroffenen Maßregeln regelmäßig in wesentlicher Übereinstimmung mit der Entscheidung der Hauptsache aufrecht erhalten oder aufgehoben werden. Die bezüglichen Bestimmungen stehen der Entscheidung über vorläufige Vollstreckbarkeit eines Urtheils gleich und unterliegen deshalb nur in gleicher Weise wie diese der Anfechtung.“

Dieses Zitat nimmt auf § 604 E I Bezug und weist dahin, dass die Vorschriften über die vorläufige Vollstreckbarkeit neben dieser Norm nicht auf den Hauptsachetenor anwendbar sein sollen. Es sei nicht erforderlich, für das Urteil die vorläufige Vollstreckbarkeit „allgemein“ anzuordnen (Zitat Satz 1 Halbs. 1). § 572 E I enthält das Gebot einer allgemeinen Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit, so dass die Anwend-

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Dahlmanns, S. 400 f. Dahlmanns, S. 700 f. = Entwurfsbegründung S. 444 f. 154 Dahlmanns, S. 700 f. = Entwurfsbegründung S. 444 f.: „Rücksichtlich des Einflusses der hiernach zulässigen Einwendungen . . . (Gesetz, betreffend die Gewährung der Rechtshülfe, §. 9.)“. Dass dort § 603 E I begründet ist, ergibt sich aus dem Wortlaut, wonach „das zu vollstreckende Urtheil über die zur Verhandlung kommenden Einwendungen noch nicht ergangen“ ist (Bezugnahme auf § 603 Abs. 1 Satz 1 E I: „bis zur Erlassung des Urtheils“), und wo das „Glaubhaftmachen der den Einwendungen zu Grunde liegenden Thatsachen“ (Bezugnahme auf § 603 Abs. 1 Satz 2 E I) sowie „das Eingreifen des am leichtesten zugänglichen Vollstreckungsgerichts“ (Bezugnahme auf § 603 Abs. 2 Satz 1 E I) angesprochen ist. 155 Dahlmanns, S. 701 = Entwurfsbegründung S. 445. 153

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barkeit dieser Vorschrift dem Postulat der Entwurfsbegründung widersprechen würde. Es gehe zwar der Sache nach (i. w. S.), aber nicht streng begriffl ich um vorläufige Vollstreckbarkeit (Zitat Satz 1 Halbs. 2). Die Zurückhaltung, den Einfluss des Urteils auf die angegriffene Vollstreckung „vorläufige Vollstreckbarkeit“ zu nennen, deutet ebenfalls an, dass sich dieser Einfluss nach den Vorstellungen der Kommission nur nach § 604 E I richten sollte, der inhaltlich die vorläufige Vollstreckbarkeit i. w. S. regelt, sie aber nicht als solche bezeichnet. Satz 2 des Zitats grenzt die einstweiligen Anordnungen im Urteil gem. § 604 E I von den Vorschriften über die vorläufige Vollstreckbarkeit ab. Bereits getroffene vorläufige Maßregeln würden aufrecht erhalten oder aufgehoben (Zitat Satz 2 Halbs. 2). Bereits vor dem Urteil getroffene vorläufigen Maßregeln sind solche gem. § 603 E I, die nach dem Entwurfswortlaut nur durch einstweilige Anordnungen im Urteil gem. § 604 E I aufrechterhalten oder (deklaratorisch) aufgehoben werden können, nicht aber durch die Erklärung vorläufiger Vollstreckbarkeit. Von den Vorschriften über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist demnach in der Entwurfsbegründung nicht die Rede, wenn es um den Einfluss des Urteils auf die angegriffene Vollstreckung geht. Dies ergibt sich auch daraus, dass freies richterliches Ermessen bei der Aufrechterhaltung oder Aufhebung von Maßregeln gem. § 603 E I richterlichem Ermessen bei der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit „entspricht“ (Zitat Satz 2 Halbs. 1). Die Rechtslage bei der vorläufigen Vollstreckbarkeitserklärung wird damit als vergleichbare Rechtslage („entspricht“) zur Erläuterung der Rechtslage bei Urteilen gem. § 602 E I (§ 767 ZPO) herangezogen. Das Zitat deutet an, dass die Rechtslage bei solchen Urteilen durch § 604 E I bestimmt wird, und dass die Vorschriften über die vorläufige Vollstreckbarkeit zwar ähnliche, aber im Regelungszusammenhang der Vollstreckungsgegenklage nicht einschlägige Regelungen enthalten. In diesem Sinne ist auch Satz 3 des Zitats zu verstehen, wonach „die bezüglichen Bestimmungen“, also § 604 E I, der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit eines Urteils gleich stehen. Der Hinweis auf die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit verdeutlicht im übrigen, dass die Kommission die Rechtslage bei stattgebenden Urteilen im Sinn hatte. Denn nur bei stattgebenden Urteilen kann der Hauptsachetenor („Einfluß auf die Vollstreckung eines anderen Urtheils“) für vorläufig vollstreckbar erklärt werden. Der Anwendungs- und Wirkungsbereich von § 604 E I sollte mithin nicht überwiegend auf abweisende Urteile beschränkt sein, bei denen kein Nebeneinander mit der vorläufigen Vollstreckbarkeitserklärung besteht. Einstweilige Anordnungen sollten vielmehr vorwiegend in stattgebenden Urteilen erlassen werden und Wirkung entfalten. Die Wirkungslosigkeit einstweiliger Anordnungen im Urteil durch den Ausspruch vorläufiger Vollstreckbarkeit des Hauptsachetenors entspricht folglich nicht der Intention der Entwurfsverfasser.

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(cc) § 639 E III CPO 1874 § 639 E III, aus dem § 771 ZPO hervorging, hat folgende Fassung156 : „Behauptet ein Dritter, daß ihm an dem Gegenstande der Zwangsvollstreckung ein die Veräußerung hinderndes Recht zustehe, so ist der Widerspruch gegen die Zwangsvollstreckung im Wege der Klage bei dem Gerichte geltend zu machen, in dessen Bezirke die Zwangsvollstreckung erfolgt. Wird die Klage gegen den Gläubiger und den Schuldner gerichtet, so sind diese als Streitgenossen anzusehen. Auf die Einstellung der Zwangsvollstreckung und die Aufhebung der bereits getroffenen Vollstreckungsmaßregeln fi nden die Vorschriften der §§ 637, 638 entsprechende Anwendung. Die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßregel ist auch ohne Sicherheitsleistung zulässig.“157

Soweit die Begründung von § 639 E III auf dessen Abs. 3 Bezug nimmt, lautet sie158 : „Ueber den Einfluß der Klage auf den Fortgang der Vollstreckung gelten dieselben Grundsätze wie im Falle des § 635 (A. A. ohne ausreichenden Grund Olshausen, Die Einsprüche dritter Personen in der Exekutionsinstanz nach gemeinem und preußischem Rechte sowie vom Standpunkte der Gesetzgebung, Berlin 1874, S. 106 ff.). Nur ist die Aufhebung der bereits erfolgten Vollstreckungsmaßregeln unter Umständen auch ohne Sicherheit gestattet, weil gegen den Dritten die Zwangsvollstreckung überhaupt nicht gerichtet ist. Eine unbedingte Hemmung der Vollstreckung durch die Klage (hannov. Proz. Ordn. § 584) wird ohne Beeinträchtigung des Gläubigers nicht zugelassen werden können (Proz. Ordn. v. Bayern Art. 874 und Oldenburg Art. 347 § 2, preuß. A. G.O I. 24 § 77, v. Reumayr a.a.O. S. 367, nordd. Entw. § 919)“159

Die Begründung von § 639 Abs. 3 E III stimmt mit der Begründung von § 605 Abs. 3 E I nahezu wörtlich überein. Folglich führt auch die Auslegung der Textstelle zum selben Ergebnis wie zuvor bei der Begründung von § 605 Abs. 3 E I.160 Wie die Begründung von § 605 E I verweist auch die Begründung von § 639 E III auf die Grundsätze, die bei der Vollstreckungsgegenklage (§ 602 E I, § 635 E III) über den Einfluss des Rechtsstreits auf den Fortgang der Vollstreckung gelten. Die Ausführungen zu diesen Grundsätzen in der Begründung von § 635 E III sind eine Fortschreibung der Begründung von § 602 E I. Sie handeln zu-

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Hahn, S. 81 = Entwurf, S. 107. §§ 637, 638 E III sind die Entwurfsfassungen der heutigen §§ 769, 770 ZPO. 158 Hahn, S. 442 = Entwurfsbegründung S. 414. 159 § 635 E III entspricht § 602 E I, § 686 CPO, § 767 ZPO. 160 Den §§ 572, 573 E I (Erklärung vorläufiger Vollstreckbarkeit) entsprechen die §§ 601, 602 E III (durchgängige Vollstreckbarkeitserklärung bestimmter Urteile, einschließlich der amtsgerichtlichen Urteile; Vollstreckbarkeitserklärung anderer Urteile auf Antrag und bei Glaubhaftmachung einer Härte), Hahn, S. 76 f. 157

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nächst die Regelung einstweiliger Anordnungen bis zum Urteil (§ 637 E III) 161 ab162 und fahren anschließend betreffend § 638 E III163 (§ 770 ZPO) fort164 : „Ebenso ist es nicht erforderlich, für das über die Einwendungen ergehende Urtheil (§ 638) die vorläufige Vollstreckbarkeit (Hannov. § 580, Bayern Art. 876, preuß. Verordn. v. 1. Juni 1833 § 3) generell anzuordnen. Auch bei freiem Ermessen des Gerichts, welches der Stellung desselben bei der Entscheidung über zu gewährende Vollstreckbarkeit sachlich entspricht, wird das Urtheil regelmäßig über die vorläufig angeordneten Maßregeln in wesentlicher Übereinstimmung mit der Entscheidung der Hauptsache Bestimmung zu treffen haben. Das erlassene kontradiktorische bezw. Versäumnisurteil unterliegt in Betreff der Hauptsache dem Angriffe nach allgemeinen Grundsätzen; soweit es jedoch Vollstreckungsanordnungen trifft, wegen der sich darbietenden Parallele mit einem über die vorläufige Vollstreckbarkeit eines Urtheils geführten Streite, nicht über die Berufungsinstanz hinaus (§§ 638, 608).“

Satz 1 des Zitats, wonach es nicht erforderlich ist, die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils „generell“ anzuordnen, ist offenbar eine Fortschreibung der Begründung von § 602 E I. Allerdings wird der Begriff der vorläufigen Vollstreckbarkeit in der Begründung von § 635 E III nicht mehr erläutert. Hätte ein anders Begriffsverständnis als in der Begründung von § 602 E I zum Ausdruck 161 § 637 E III hat folgende Fassung (Hahn, S. 81 = Entwurf, S. 107): „Das Prozeßgericht kann auf Antrag anordnen, daß bis zur Erlassung des Urtheils über die in den §§ 635, 636 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde und daß die erfolgten Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Die thatsächlichen Behauptungen, welche den Antrag begründen, sind glaubhaft zu machen. In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht eine solche Anordnung erlassen, unter Bestimmung einer Frist, innerhalb welcher die Entscheidung des Prozeßgerichts beizubringen sei. Nach fruchtlosem Ablaufe der Frist wird die Zwangsvollstreckung fortgesetzt. Die Entscheidung über diese Anträge kann ohne vorgängige mündliche Verhandlung erfolgen.“ §§ 635, 636 E III sind die Entwurfsfassungen der §§ 686, 687 CPO, die heute als § 767 ZPO (unverändert) und § 768 ZPO (mit Anpassungen und Änderungen betr. die mit der Novelle 1898 geänderte Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus der erteilten Vollstreckungsklausel) gelten. 162 Hahn, S. 438 = Entwurfsbegründung S. 409 f.: „Rücksichtlich des Einflusses der hiernach zulässigen Einwendungen . . . (Reichs=Rechtshülfegesetz, § 9)“ mit Bezugnahme auf § 637 Abs. 2 Satz 1 E III (§ 769 Abs. 2 Satz 1 ZPO). 163 § 638 E III hat folgende Fassung (Hahn, S. 81 = Entwurf, S. 107): „Das Prozeßgericht kann in dem Urtheile, durch welches über die Einwendungen entschieden wird, die in dem vorstehenden Paragraphen bezeichneten Anordnungen erlassen oder die bereits erlassenen Anordnungen aufheben, abändern oder bestätigen. In Betreff der Anfechtung einer solchen Entscheidung fi nden die Vorschriften des § 608 entsprechende Anwendung.“ § 608 E III ist die Entwurfsfassung von § 656 CPO, der mit der Novelle 1898 als § 718 CPO neugefasst wurde. § 608 E III, § 656 CPO 1876 sowie § 718 CPO 1898 enthielten drei Absätze, deren zweiter eine Vorschrift über die Vertagung der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren für unanwendbar erklärte (zuletzt § 524 CPO). § 524 CPO und § 718 Abs. 2 CPO wurden 1924 aufgehoben, RGBl. 1924 I, S. 135. 164 Hahn, S. 438 f. = Entwurfsbegründung S. 410.

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gebracht werden sollen, so hätte es nähergelegen, darauf hinzuweisen. Da ein solcher Hinweis fehlt, darf angenommen werden, dass Satz 1 des Zitats aus der Begründung von § 635 E III eine Straffung der betreffenden Textstelle in der ihr zugrundeliegenden Begründung von § 602 E I ist, mit der keine inhaltliche Abweichung beabsichtigt war. Im Begründungszusammenhang ist der Begriff der vorläufigen Vollstreckbarkeit zumal wie in der Begründung von § 602 E I als Einfluss des Urteils auf die Vollstreckung des angegriffenen Titels gem. §§ 640, 641 E III (§§ 775, 776 ZPO) zu verstehen, da Satz 1 des Zitats auf § 638 E III hinweist, aus dessen Anwendung zwar keine vorläufige Vollstreckbarkeit, aber ein Einfluss des Urteils gem. §§ 640, 641 E III resultiert. Ein solcher Einfluss soll folglich nicht generell angeordnet werden. Gem. § 601 E III sollten bestimmte Urteile, insbesondere solche der Amtsgerichte aber generell (i. S. v. ausnahmslos) für vorläufig vollstreckbar zu erklären sein, so dass es dem in der Entwurfsbegründung enthaltenen Gebot widerspräche, diese Vorschrift anzuwenden. Indem Satz 1 des Zitats „für das über die Einwendungen ergehende Urtheil“ ausschließlich § 638 E III angibt, gibt die Entwurfsbegründung einen weiteren, deutlichen Hinweis darauf, dass die Vorschriften über die vorläufige Vollstreckbarkeit (§§ 601 ff. E III) auf den Hauptsachetenor nicht anwendbar sein sollen. Der Verweis auf § 638 E III macht klar, dass mit dem Urteil nur der Ausspruch gemeint ist, der die einstweilige Anordnung enthält. In Satz 1 des Zitats geht es darum, nach welcher Maßgabe „die vorläufige Vollstreckbarkeit“ anzuordnen ist, und nicht, ob „eine“ Art oder Möglichkeit zu vollstrecken generell anzuordnen ist. Es sollte daher offenbar auf sämtliche Möglichkeiten hingewiesen sein, mit dem Urteil gem. §§ 640, 641 E III Einfluss auszuüben. Sollte neben einstweiligen Anordnungen gem. § 638 E III außerdem das Urteil im Ausspruch zur Hauptsache gem. §§ 601 ff. E III für vorläufig vollstreckbar zu erklären sein, so wäre der Hinweis auf § 638 E III unzutreffend. Sollte mit der Verweisung auf § 638 E III dagegen nur eine von mehreren Möglichkeiten erläutert werden, mit dem Urteil gem. §§ 640, 641 E III vorzugehen, dann wäre die Verweisung irreführend. Die Kommission hätte § 635 E III mithin fehlerhaft oder ungenau begründet. Näher als die Annahme solcher Unzulänglichkeiten liegt es, dem Satz zu entnehmen, dass im Urteil nur durch einstweilige Anordnungen gem. § 638 E III Einfluss auf die angegriffene Vollstreckung gem. §§ 640, 641 E III (vorläufige Vollstreckbarkeit i. w. S.) gewährt werden soll, und nicht durch vorläufige Vollstreckbarkeit des Hauptsacheausspruchs.165 Satz 2 des Zitats grenzt die einstweiligen Anordnungen im Urteil gem. § 638 E III – dass diese gemeint sind, ergibt sich daraus, dass nur dort freies richterliches Ermessen eingeräumt ist (anders §§ 601, 602 E III), und dass nur durch einstweilige Anordnungen „über die vorläufig angeordneten Maßregeln“ gem. 165

A. A. Sambraus, S. 43.

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§ 637 E III „Bestimmung zu treffen“ ist – von den Vorschriften über die vorläufige Vollstreckbarkeit ab („entspricht“). Die Abgrenzung des Einflusses des Urteils auf die Vollstreckung des angegriffenen Titels gem. § 638 E III von der vorläufigen Vollstreckbarkeit wird verstärkt, indem die Rechtslage beim vorläufig vollstreckbarem Urteil zur Erläuterung der Rechtslage bei Urteilen auf Vollstreckungsgegenklage als „Parallele“ herangezogen wird. (dd) Folgerungen Die Begründungen von § 605 E I (i. V. m. der Begründung der §§ 602 ff. E I) sowie von § 639 E III (i. V. m. der Begründung der §§ 635 ff. E III) beschäftigen sich eingehend mit dem Einfluss eines Rechtsstreits der Drittwiderspruchsund Vollstreckungsgegenklage auf den Fortgang der angegriffenen Vollstreckung. Als einflussnehmende Entscheidungen werden nur einstweilige Anordnungen behandelt. Die Entwurfsfassungen der Regelungen über einstweilige Anordnungen werden erläutert, abgewogen und aufeinander abgestimmt. Die Entwurfsbegründungen befassen sich insbesondere auch mit Einzelheiten und Besonderheiten der Regelungen sowie mit dem Verhältnis der Normen zueinander. Stattgebende Urteile sollen ausweislich der Entwurfsbegründungen durch einstweilige Anordnungen Einfluss auf den Fortgang der Vollstreckung eröffnen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wird als Einflussnahmemöglichkeit nicht erwähnt. Die Begründungen sagen allerdings auch an keiner Stelle ausdrücklich, dass Urteile auf Vollstreckungsgegen- und Drittwiderspruchsklage im Hauptsacheausspruch nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären sind. Dieses Schweigen der Entwurfsbegründungen lässt sich in zwei Richtungen deuten. Entweder befassen sich die Begründungen von § 605 E I und § 639 E III nur mit der Besonderheit, dass neben der Vollstreckbarkeitserklärung des Hauptsachetenors einstweilige Anordnungen erlassen werden können. Ein Hinweis auf die Anwendbarkeit der Vorschriften über die vorläufige Vollstreckbarkeit würde dann fehlen, weil es den Kommissionsmitgliedern als selbstverständlich erschien, dass Urteile auf Vollstreckungsgegen- und Drittwiderspruchsklage wie sonstige Urteile nach allgemeinen Regeln im Hauptsacheausspruch für vorläufig vollstreckbar zu erklären sein sollten. Oder die Entwurfsbegründungen behandeln sämtliche Entscheidungen, die bis zum Eintritt der Rechtskraft Einfluss auf den Fortgang der Vollstreckung nehmen. Urteile auf Vollstreckungsgegen- und Drittwiderspruchsklage sind dann im Ausspruch zur Hauptsache nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Die erstgenannte Folgerung – Vollstreckbarkeitserklärung des Hauptsacheausspruchs neben einstweiligen Anordnungen – setzt voraus, dass die Kommissionen die aus einem unmodifizierten Nebeneinander resultierenden Schwierigkeiten nicht erkannt haben. Denn es ist anzunehmen, dass aus den Entwürfen oder den Entwurfsbegründungen andernfalls die erforderlichen Abstimmun-

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gen hervorgehen würden. Die Annahme, die Abstimmungsbedürftigkeit beim Erlass einstweiliger Anordnungen im Urteil neben der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Hauptsacheausspruchs sei nicht erkannt worden, findet in den Entwurfsbegründungen keinen Anhalt. Die Entwurfsbegründungen vollziehen die rechtliche Konstruktion der Einflussnahme auf die angegriffene Vollstreckung klar und mit Bedacht nach. Es wird darauf hingewiesen, dass die Eröffnung richterlichen Ermessens der Anordnung vorläufiger Vollstreckbarkeit vorzugswürdig und die „unbedingte Hemmung der Vollstreckung“ unzulässig ist. Nichts spricht für die Annahme, die Kommissionen hätten es in dem zutage getretenen Bewusstsein, eine konstruktiv klare, in der Rechtsfolge fein differenzierende Regelung zu schaffen, übersehen, dass sie Vorschriften entwerfen, die neben den Vorschriften über die vorläufige Vollstreckbarkeit wirkungslos und damit im intendierten Hauptanwendungsbereich stattgebender Urteile belanglos sind. Aus den Entwurfsbegründungen geht im Gegenteil deutlich hervor, dass sich die vorläufige Vollstreckbarkeit, die erläuternd als Entsprechung und Parallele herangezogen wird, im Blickfeld der Kommissionen befand. Da die Kommissionen demnach den Regelungskomplex von Entscheidungen, die auf die angegriffene Vollstreckung Einfluss nehmen, vollständig und unter Einschluss der Erklärung vorläufiger Vollstreckbarkeit des Hauptsachetenors überblickt und bedacht haben, wäre ihnen kaum der Konflikt entgangen, der aus einem unmodifizierten Nebeneinander der Vorschriften über die vorläufige Vollstreckbarkeit und über einstweilige Anordnungen im Urteil resultiert. Würde es den Kommissionen nicht entgangen sein, dass es erforderlich ist, die Anwendungsbereiche der Vorschriften abzustimmen, wenn sie nebeneinander anwendbar sind, dann wäre dieses Erfordernis in den Entwurfsbegründungen zur Sprache gekommen. Aus dem Schweigen der Entwurfsbegründungen zum Nebeneinander der Vorschriften ist folglich zu schließen, dass es nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung der Kommissionen kein abstimmungsbedürftiges Nebeneinander gibt. Hinzu kommt, dass die Entwurfsbegründungen, wo sie Hinweise auf die Anwendbarkeit oder Unanwendbarkeit der Vorschriften über die vorläufige Vollstreckbarkeit enthalten, darauf hindeuten, dass der Hauptsachetenor nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären ist (Unzulässigkeit unbedingter Hemmung der Vollstreckung; keine allgemeine bzw. generelle Anordnung vorläufiger Vollstreckung; „vorläufige Vollstreckbarkeit“ als unkorrekte Bezeichnung der Urteilswirkung; Vorschriften über die vorläufige Vollstreckbarkeit als den Vorschriften über einstweilige Anordnungen nur entsprechende, parallele oder gleichstehende Regelungen; Verweisung nur auf § 638 E III). Zusammenfassend ist den Entwurfsbegründungen die rechtspolitische Zwecksetzung zu entnehmen, dass in nicht rechtskräftigen Drittwiderspruchsurteilen nur dann Einfluss auf die angegriffene Vollstreckung gewährt werden soll, wenn das Prozessgericht die Gewährung aufgrund der Umstände des Einzelfalles für angemessen hält, und dass der Einfluss nur so weit gehen soll, wie

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ihn das Gericht in Anbetracht der Einzelfallumstände für angemessen hält. Diese Zwecksetzung wird zum einen mit der Rechtsfolgenanordnung zweifachen Ermessens, zum anderen mit dem Ausschluss solcher Vorschriften verwirklicht, die generell weitgehenden Einfluss des Urteils auf die angegriffene Vollstreckung anordnen. (b) Normgeschichte der §§ 771, 770, 769 ZPO; Ausdruck der rechtspolitischen Zwecksetzung Die rechtspolitische Zwecksetzung, wie sie den Entwurfsbegründungen aus den Jahren 1871 und 1874 zu entnehmen ist, muss im Gesetz zum Ausdruck gelangt sein, um – nach Maßgabe der betreffenden Vorschriften – Rechtsverbindlichkeit erlangt zu haben. Das Mittel zur Verwirklichung der festgestellten rechtspolitischen Zwecksetzung ist die Anordnung eines Entschließungs- sowie eines breiten Auswahlermessens. Die Rechtsfolge eines Entschließungsund Auswahlermessens bringt die rechtspolitische Zwecksetzung zum Ausdruck. §§ 605, 603, 604 E I, §§ 639, 637, 638 E III enthielten solche Ermessensanordnungen. Aus den §§ 605, 603, 604 E I, §§ 639, 637, 638 E III gingen inhaltlich unverändert die §§ 690, 689, 688 CPO 1877 hervor.166 §§ 690, 689, 688 CPO 1877 gelten heute (seit der CPO-Novelle 1898) 167 mit ausschließlich redaktionellen Änderungen als §§ 771, 770, 769 ZPO. § 639 E III (Drittwiderspruchsklage) wurde als § 690 CPO in das Gesetz übernommen. Der Verweis auf die §§ 637, 638 in Abs. 3 Satz 1 wurde der veränderten Zählung angepasst und lautete dementsprechend „§§ 688, 689“. Mit der Novelle 1898 wurde § 690 CPO zu § 771 CPO. Wiederum war in Abs. 3 Satz 1 die Zählung anzupassen (§§ 769, 770 statt §§ 688, 689). Die Entwurfsfassung des § 638 E III (einstweilige Anordnungen im Urteil) wurde als § 689 CPO in das Gesetz übernommen. Der Verweis auf § 608 in Satz 2 wurde der veränderten Zählung entsprechend in „§ 656“ abgeändert. Mit der Novelle 1898 wurde aus § 689 CPO § 770 CPO, mit der Anpassung an die neue Zählung in Satz 2 (§ 718 anstelle von § 656). Die Entwurfsfassung § 637 E III (einstweilige Anordnungen) wurde als § 688 CPO in das Gesetz übernommen. Der Verweis auf die §§ 635, 636 in Abs. 1 Satz 1 wurde der veränderten Zählung angepasst (§§ 686, 687). Die Novelle 1898 machte aus § 688 CPO den § 769 CPO, mit Anpassung der Zählung in Abs. 1 Satz 1 (§§ 767, 768 anstatt §§ 686, 687). Abs. 3 („Die Entscheidung über diese Anträge kann ohne vorgängige mündliche Verhandlung erfolgen“) wurde durch das Zivilprozessreformgesetz 2001168 neugefasst („Die Entscheidung 166 167 168

RGBl. 1877, S. 83. RGBl. 1898, S. 410. BGBl. 2001 I, S. 1887.

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über diese Anträge ergeht durch Beschluss“), ohne dass damit eine inhaltliche Änderung verbunden ist (§ 128 Abs. 4 ZPO). §§ 771, 770, 769 ZPO, aus denen sich die gesetzliche Regelung einstweiliger Anordnungen im Drittwiderspruchsurteil zusammensetzt,169 waren weitestgehend bereits im Justizministerialentwurf 1871 angelegt. Wie die Entwurfsfassungen bringen sie die rechtspolitische Zwecksetzung zum Ausdruck, vor Rechtskraft nur unter Berücksichtigung des Einzelfalles (nach Ermessen) Einfluss auf die angegriffene Vollstreckung zu gewähren. In der geltenden gesetzlichen Regelung einstweiliger Urteilsanordnungen wirkt mithin die rechtspolitische Zwecksetzung fort, die den Begründungen der Entwürfe zu entnehmen ist, aus denen die CPO 1877 hervorging. Die in den Entwurfsbegründungen zutage tretende rechtspolitische Zwecksetzung, wonach in Drittwiderspruchsurteilen einstweilige Anordnungen erlassen werden können, und solche Urteile im Hauptsacheausspruch nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären sind, hat im Gesetz zwar Ausdruck gefunden (Ermessensanordnungen in den §§ 771 Abs. 3, 770, 769 ZPO), aber nur unvollkommen. Denn die §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO ordnen die Unanwendbarkeit der Vorschriften über die vorläufige Vollstreckbarkeitserklärung auf den Hauptsachetenor von Drittwiderspruchsurteilen mit keinem Wort an, und die §§ 708 ff. ZPO sprechen durchweg von „Urteilen“, so dass Drittwiderspruchsurteile nicht nur hinsichtlich der Kosten, sondern auch betreffend den Hauptsacheausspruch für vorläufig vollstreckbar zu erklären zu sein scheinen. Die bindende Kraft der rechtspolitischen Zwecksetzung des Gesetzgebers für die Auslegung170 setzt aber nicht voraus, dass die rechtspolitische Zwecksetzung im Gesetz vollkommenen Ausdruck gefunden hat. Andernfalls wäre die Heranziehung der Gesetzesmaterialien für die Auslegung überflüssig, weil sich die Bedeutung des Gesetzes bereits vollständig aus seinem Wortlaut ergeben würde. Die Gesetzesmaterialien sind vielmehr auch insoweit zu berücksichtigen, als die rechtspolitische Zwecksetzung überhaupt einen, sei es auch unvollkommenen, aber immerhin erkennbaren Ausdruck gefunden hat.171 Wo die Unvollkommenheit des Ausdrucks den Wortlaut des Gesetzes in Widerspruch zur rechtspolitischen Zwecksetzung setzt, bedarf es der Rechtsfortbildung praeter legem. Wo wie hier (§§ 708 ff. ZPO: „Urteil“, also auch der Hauptsachetenor von Drittwiderspruchsurteilen) das Gesetz eine Einschränkung vermissen lässt, derer es zur Verwirklichung der erkennbaren rechtspolitischen Zwecksetzung (Ausschließlichkeit der Ermessensentscheidung gem. §§ 771 Abs. 3, 770,

169 § 771 Abs. 3 Satz 1 ZPO verweist auf § 770 ZPO; § 770 Satz 1 eröffnet das Ermessen, im Urteil Anordnungen gem. § 769 ZPO zu erlassen; § 769 Abs. 1 ZPO eröffnet das Entschließungs- und das Auswahlermessen; § 771 Abs. 3 Satz 2 ZPO erweitert dieses Ermessen. 170 Bartholomeyczik, S. 59. 171 Bartholomeyczik, S. 53.

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769 ZPO) bedarf, ist diese sog. verdeckte Lücke auszufüllen, indem die geforderte Einschränkung hinzugefügt wird (teleologische Reduktion).172 ccc) Gesetzessystematik; Bedeutungswandel Die systematische Auslegung kann aus der Stellung von Vorschriften im Gesamtzusammenhang der Rechtsordnung Erkenntnisse der rechtlichen Bedeutung vermitteln. Die §§ 708 ff., 771 Abs. 3, 770 ZPO werden nachfolgend in zwei Schritten systematisch ausgelegt. Zunächst werden die Vorschriften im Zusammenhang des geltenden Zivilprozessrechts untersucht (Stellung im Normgefüge der ZPO) ((a)). Sodann wird der Frage nachgegangen werden, ob die zur Zeit der reichseinheitlichen Kodifizierung des Zivilprozessrechts bestehende rechtspolitische Zwecksetzung der §§ 771 Abs. 3, 770, 769 ZPO, die in diesen Vorschriften seither unverändert ihren Ausdruck findet, durch Änderungen des tatsächlichen und rechtlichen Normumfeldes verändert wurde (Bedeutungswandel) ((b)). (a) Normgefüge der ZPO (aa) §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO als Sonderregelungen Die §§ 708 ff. ZPO und § 771 Abs. 3 ZPO stehen im Ersten Abschnitt „Allgemeine Vorschriften“ des Achten Buches „Zwangsvollstreckung“ der ZPO. § 771 Abs. 3 ZPO ist Teil der Grundnorm über die Drittwiderspruchsklage. Einstweilige Anordnungen im Urteil sollen demnach eine besondere Möglichkeit eröffnen, die nur und gerade dem Drittwiderspruchsrechtsstreit eigen ist. Daher liegt es nahe, dass § 771 Abs. 3 ZPO mit der Verweisung auf § 770 ZPO einen besonderen, dem Rechtsbehelf der Drittwiderspruchsklage eigentümlichen, und auf diesen Rechtsbehelf zugeschnittenen Gesetzeszweck verfolgt. Dagegen ist in den Vorschriften über die Erklärung vorläufiger Vollstreckbarkeit (§§ 708 ff. ZPO) eine Möglichkeit interimistischer Rechtsdurchsetzung allgemeiner Art normiert, die bei jeglichen Urteilen (Ausnahme: § 704 Abs. 2 ZPO) besteht, unter anderem auch bei Drittwiderspruchsurteilen. Die Zwecksetzung der §§ 708 ff. ZPO, ein Gegengewicht gegen die Zulassung der Rechtsmittel herzustellen,173 ist eine allgemeine, weil alle Urteile betreffende. Die §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO könnten wegen ihrer besonderer Zwecksetzung als Sonderregelungen die allgemeinen §§ 708 ff. ZPO verdrängen, wenn die Zwecke konfligieren. Die Anwendungsbereiche der §§ 708 ff. ZPO und der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO verhalten sich zueinander wie sich schneidende Kreise, so dass kein strenges Spezialitätsverhältnis besteht. Das Verhältnis der Anwen172

S. Larenz, Methodenlehre, S. 369. Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 196 f.; Krüger, in: MüKo ZPO, § 704, Rn. 2; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 708, Rn. 1. 173

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dungsbereiche der Vorschriften ist dem der Spezialität aber nahe, weil außerhalb der Überschneidung zwar ein weiter Anwendungsbereich der §§ 708 ff. ZPO besteht (alle anderen stattgebenden Urteile, Kosten), aber nur ein sehr enger Anwendungsbereich für die §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO (abweisende Drittwiderspruchsurteile). In Anbetracht dessen kann von den §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO als Sonderregelungen gesprochen werden. Aus dieser Bezeichnung darf allerdings nicht mechanisch der Schluss gezogen werden, die Sonderregelung schließe die allgemeinen Normen aus, wenn sich die Anwendungsbereiche überschneiden. Denn selbst bei einem reinen Spezialitätsverhältnis verdrängt die spezielle Norm nicht automatisch die allgemeine. Die spezielle Norm verdrängt nur dann zwingend die allgemeine, wenn sich die Rechtsfolgen wechselseitig ausschließen. Denn dann muss eine Norm vorgehen. Dies muss die spezielle Vorschrift sein, weil sie andernfalls niemals anwendbar wäre, und die völlige Unanwendbarkeit mit ihrem Geltungsanspruch unvereinbar wäre.174 So verhält es sich hier aber nicht. Die Rechtsfolgen der §§ 708 ff. ZPO und der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO schließen einander nicht aus, und selbst wenn die §§ 708 ff. ZPO die §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO verdrängen würden, bliebe diesen Vorschriften ein eigener (schmaler) Anwendungsbereich. Die Stellung der §§ 708 ff., 771 Abs. 3, 770 ZPO im Zivilprozessrecht und das sich daraus ergebende Verhältnis allgemeiner und besonderer Zwecksetzung, demzufolge die §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO als Sonderregelungen bezeichnet werden können, lässt daher für sich genommen keinen Schluss auf ein Vorrangverhältnis zu. (bb) Einstweilige Anordnungen in Vorzugsurteilen, §§ 805 Abs. 4, 770 ZPO Bei der Klage auf vorzugsweise Befriedigung ordnet § 805 Abs. 4 ZPO, der wie § 771 Abs. 3 ZPO auf § 770 ZPO verweist, den Erlass einstweiliger Anordnungen im Urteil an. Funktional und regelungstechnisch scheinen sich § 805 Abs. 4 ZPO und § 771 Abs. 3 ZPO zu entsprechen, so dass die Rechtslage bei Urteilen auf Vorzugsklage Schlüsse auf die Rechtslage bei Drittwiderspruchsurteilen erlauben könnte. Zwischen § 771 Abs. 3 ZPO und § 805 Abs. 4 ZPO bestehen Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Wie § 771 Abs. 3 Satz 1 ZPO verweist § 805 Abs. 4 Satz 1 ZPO auf die §§ 769, 770 ZPO. Hier wie dort können folglich einstweilige Anordnungen im Urteil ergehen. Urteile gem. § 805 ZPO sollen im Ausspruch zur Hauptsache für vorläufig vollstreckbar zu erklären sein.175 Folglich besteht auch bei Urteilen auf Vorzugsklage ein potentieller Konfl ikt zwischen der Erklärung vorläufiger Vollstreckbarkeit des Hauptsachetenors und einer einstweiligen Anordnung. Die Verweisung in § 805 Abs. 4 Satz 2 ZPO reicht aber 174

S. Larenz, Methodenlehre, S. 208 f. So Brox/Walker, Rn. 1467; dies., JA 1987, 57, 65; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 805, Rn. 24; Prütting/Stickelbrock, S. 257. 175

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weniger weit als in § 771 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Denn § 771 Abs. 3 Satz 1 ZPO erklärt § 770 ZPO vollständig – einschließlich der Rechtsfolge Entschließungsund Auswahlermessen (erweitert durch § 771 Abs. 3 Satz 2 ZPO) – für entsprechend anwendbar, während § 805 Abs. 4 Satz 2 ZPO die entsprechende Anwendung von § 770 ZPO nur hinsichtlich der Verfahrensregeln176 anordnet. Die Rechtsfolge des Entscheidungsmodus’ und -inhaltes enthält § 805 Abs. 4 Satz 1 ZPO. Danach ist das Gericht bei der Entscheidung sowohl des Ob („hat . . . anzuordnen“) als auch des Wie („Hinterlegung des Erlöses“) gebunden. Die Unterschiedlichkeit der anzuordnenden Maßnahmen entspricht der Unterschiedlichkeit der Rechtsschutzziele der Klagearten. Die Drittwiderspruchsklage richtet sich gegen die Durchführung der Vollstreckung in den umstrittenen Gegenstand, so dass eine Interimsanordnung, die gegen die Fortführung der Vollstreckung oder auf deren Aufhebung gerichtet ist, in die Richtung des Rechtsschutzziels geht. Dagegen wendet sich die Vorzugsklage nicht gegen die Durchführung der Vollstreckung, sondern sie macht dem Vollstreckungsgläubiger den Vorzug bei der Verwertung streitig. Ein interimistischer Eingriff in den Vollzug der Vollstreckung würde mithin nicht dem Klageziel entsprechen, einstweilige Anordnungen müssen vielmehr den Verbleib des Erlöses bis zur endgültigen Entscheidung über den Vorzug regeln. Wie bei den §§ 771 Abs. 3, 770, 769 ZPO wäre allerdings auch bei § 805 Abs. 4 ZPO die Anordnung eines Entschließungsermessen sowie der Auswahl aus einer Bandbreite von Entscheidungen möglich gewesen, die dem Klageziel mehr oder weniger nahe kommen, oder es sogar einstweilen verwirklichen (Auskehrung an den Vollstreckungsgläubiger gegen Sicherheitsleistung, Hinterlegung, Auskehrung an den Vorzugskläger ohne oder gegen Sicherheitsleistung).177 §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO und § 805 Abs. 4 ZPO unterscheiden sich im Hinblick auf die Rechtsfolgenanordnung des Entscheidungsmodus’ – zweifaches Ermessen hier, gebundene Entscheidung dort – und die dadurch im Gesetz zum Ausdruck gebrachte rechtspolitische Zwecksetzung. Der Entscheidungsmodus des § 805 Abs. 4 ZPO stimmt dagegen mit dem der Rechtsfolgenanordnungen der §§ 708 ff. ZPO (gebundene Entscheidungen) überein, so dass bei Urteilen auf Vorzugsklagen zwischen einstweiligen Anordnungen und der Erklärung vorläufiger Vollstreckbarkeit des Hauptsacheausspruchs kein Konflikt über das Ob besteht. Indes besteht zwischen den §§ 771 Abs. 3, 770, 805 Abs. 4 ZPO eine maßgebliche Gemeinsamkeit, und den §§ 771 Abs. 3, 770, 805 Abs. 4 ZPO ist ein maß176

Maurer, Anordnungen, S. 233; Schilken, in: MüKo ZPO, § 805, Rn. 26; Walker, in: Schuschke/Walker, § 805, Rn. 13. Ebenso Münzberg, in: Stein/Jonas, § 805, Rn. 28, der in seiner Verweisung die Ausführungen zum Anordnungsinhalt bei § 769 ZPO ausnimmt. 177 Die Gesetzgebungsmaterialien geben keine Auskunft über die Gründe, aus denen in § 805 Abs. 4 ZPO im Gegensatz zu den §§ 771 Abs. 3, 770, 769 ZPO kein Ermessen eingeräumt ist.

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geblicher Unterschied zu den §§ 708 ff. ZPO gemein. Gem. §§ 805 Abs. 4, 770 ZPO hat das Prozessgericht im Urteil die Hinterlegung des Erlöses anzuordnen, wenn der Anspruch glaubhaft gemacht ist. Gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO hat das Prozessgericht sein Ermessen regelmäßig dahin auszuüben, in einem stattgebenden Drittwiderspruchsurteil die Vollstreckungseinstellung unter Aufrechterhaltung der bestehenden Vollstreckungsmaßnahmen anzuordnen (intendiertes Ermessen). Mit beiderlei Anordnungen soll der umstrittene Gegenstand keiner der Parteien zugesprochen, sondern für die Dauer des Rechtsstreits gesichert werden. Die Anordnungen wirken (wie die Sicherungsvollstreckung, § 720a ZPO) arrestähnlich. Den Vorschriften ist damit die gemeinsame rechtspolitische Zwecksetzung zu entnehmen, dass ein Drittwiderspruchsoder Vorzugskläger, dessen Klage nach dem Stand der Dinge begründete Aussicht auf Erfolg hat, zwar (regelmäßig) die Sicherstellung des umstrittenen Gegenstandes erwirken können soll, dass er aber dem beklagten Vollstreckungsgläubiger diesen Gegenstand nicht entziehen können soll. Die gemeinsame Zwecksetzung der §§ 771 Abs. 3, 805 Abs. 4, 770 ZPO ist anscheinend konzeptionell. Sie beruht auf der übergreifenden Erwägung, dass bei gerichtlicher Geltendmachung von Drittrechten in der Zwangsvollstreckung vor Eintritt der Rechtskraft (grundsätzlich) nur Sicherung, nicht aber Verwirklichung des Drittrechts gewährt werden soll. Daraus resultiert zwischen den §§ 708 ff. ZPO und den §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO der Konflikt, dass die vorläufige Vollstreckbarkeit des Hauptsachetenors wegen der zwingenden Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen (§ 776 Satz 1 ZPO) den Anordnungszweck vereiteln würde. Derselbe Konfl ikt entsteht zwischen den §§ 708 ff. ZPO und Anordnungen im Urteil gem. §§ 805 Abs. 4, 770 ZPO. Da die vorläufige Vollstreckung der Hauptsache eines stattgebenden Vorzugsurteils durch Auszahlung des Erlöses an den Kläger zu vollziehen ist,178 wäre die sichernde einstweilige Anordnung bei stattgebenden Urteilen neben der Möglichkeit zur Rechtsverwirklichung durch vorläufige Vollstreckung stets bedeutungslos. Das Kollisionsproblem zwischen der vorläufigen Vollstreckbarkeit und einstweiligen Anordnungen tritt bei der Vorzugsklage stärker hervor als bei der Drittwiderspruchsklage. Bei Drittwiderspruchsurteilen entfaltet die einstweilige Anordnung Wirkung, wenn sie weiter geht als die vorläufige Vollstreckbarkeit (Aufhebung ohne Sicherheitsleistung, § 771 Abs. 3 Satz 2 ZPO), der Erlass einer schwächer wirkenden und daher wirkungslosen Anordnung kann unterbleiben (Entschließungsermessen), und bei gleichem Inhalt scheint das Nebeneinander ohne Bedeutung zu sein. Der Konflikt offenbart sich nur in dem scheinbaren Ausnahmefall (der wegen des intendierten Ermessens den Re178 Brox/Walker, Rn. 1467; U. Gottwald, § 805, Rn. 24; W. Lüke, in: Wieczorek/Schütze, § 805, Rn. 2, Fn. 3; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 805, Rn. 24; Walker, in: Schuschke/Walker, § 805, Rn. 14. Ferner Schilken, in: MüKo ZPO, § 805, Rn. 25 unter Hinweis auf § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HintO, der allerdings eine „rechtskräftige Entscheidung“ voraussetzt.

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gelfall bildet), dass sich eine schwächer wirkende Anordnung (Einstellung ohne Aufhebung) gegen die weitergehende vorläufige Vollstreckbarkeit (Aufhebung) durchsetzen soll. Dagegen kollidieren vorläufige Vollstreckbarkeit und einstweilige Anordnung bei Urteilen auf Vorzugsklage stets in einer Weise, die den zwingenden Erlass der Anordnung obsolet macht, wenn Stattgabe (Folge: §§ 708 ff. ZPO) und Glaubhaftmachung (Folge: § 805 Abs. 4 Satz 1 ZPO) einhergehen. Die sichernde Wirkung der Anordnung bleibt stets hinter der rechtsverwirklichenden Wirkung der Vollstreckung zurück, und das Gericht kann nicht vom Erlass der Anordnung absehen. Sind Vorzugsurteile im Ausspruch zur Hauptsache gem. §§ 708 ff. ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären, haben Anordnungen gem. §§ 805 Abs. 4, 770 ZPO nur in dem theoretisch denkbaren Fall Wirkung, in dem die Klage abgewiesen wird (keine vorläufige Vollstreckbarerklärung), der Kläger den Anspruch aber glaubhaft macht (einstweilige Anordnung gem. § 805 Abs. 4 ZPO). Es widerspricht der im Wortlaut von § 805 Abs. 4 ZPO (i. V. m. § 770 ZPO) zutage tretenden Zwecksetzung dieser Vorschrift (einstweilige Sicherung anstatt einstweiliger Rechtsverwirklichung), die Norm der Bedeutungslosigkeit anheim zu geben. Zwecksetzung und Geltungsanspruch von § 805 Abs. 4 ZPO fordern, den Konflikt zwischen den §§ 708 ff. ZPO und den §§ 805 Abs. 4, 770 ZPO aufzulösen, indem Vorzugsurteile im Hauptsachetenor nicht für vollstreckbar erklärt werden. Urteile auf Vorzugsklage dürfen im Hauptsacheausspruch nicht für vorläufig vollstreckbar erklärt werden, weil ansonsten die Zwecksetzung der §§ 805 Abs. 4, 770 ZPO vereitelt werden würde. Die Unanwendbarkeit der §§ 708 ff. ZPO auf den Hauptsacheausspruch eines Vorzugsurteils ist damit Teil der gesetzlichen Konzeption, die den §§ 805 Abs. 4, 770 ZPO zugrunde liegt. Da die §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO Ausdruck derselben übergreifenden gesetzlichen Erwägung sind wie die §§ 805 Abs. 4, 770 ZPO, und da die vorläufige Vollstreckbarkeit des Hauptsacheausspruchs bei Drittwiderspruchsurteilen die Zwecksetzung der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO in gleicher Weise vereiteln würde wie bei Vorzugsurteilen die Zwecksetzung der §§ 805 Abs. 4, 770 ZPO, ist die Unanwendbarkeit der §§ 708 ff. ZPO auf den Hauptsacheausspruch von Drittwiderspruchsurteilen auch Teil der gesetzlichen Konzeption der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO. Die Unterschiede der Rechtsfolgenanordnungen von § 805 Abs. 4 ZPO (gebundene Entscheidung) und von § 771 Abs. 3, 770, 769 ZPO (Ermessen) rechtfertigen keine grundlegend unterschiedliche Bewertung der bei beiden Klagearten im übrigen gleichen Rechtsfrage. (b) Bedeutungswandel Die rechtlich maßgebliche Bedeutung einer Vorschrift wird durch Änderungen dieser Vorschrift selbst geändert. Aber auch Änderungen des tatsächlichen (ge-

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sellschaftlichen) oder des rechtlichen (systematischen) Umfelds einer Norm können die Bedeutung einer Norm von außen verändern (Bedeutungswandel).179 Als Grundlage eines Bedeutungswandels der Rechtslage gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO, wonach Drittwiderspruchsurteile im Hauptsacheausspruch nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären sind, kommen zwei vollstreckungsrechtliche Gesetzesänderungen in Betracht. (aa) Antrag Gem. §§ 649, 650 CPO 1877 (§§ 709, 710 CPO 1900) war der überwiegende Teil von Urteilen auf Antrag für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Das Urteil konnte mithin nicht für vorläufig vollstreckbar erklärt werden, wenn die obsiegende Partei keinen dahingehenden Antrag gestellt hatte. Dem seinerzeitigen Antragserfordernis entnimmt Furtner 180 – unter Hinweis auf die Begründungen von § 635 E III sowie der §§ 602–604 E I – die ursprüngliche Zwecksetzung der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO, es dem Gericht zu ermöglichen, einstweilige Regelungen zu treffen, wenn der Kläger keinen Antrag auf Erklärung der vorläufigen Vollstreckbarkeit gestellt hatte. Drittwiderspruchsurteile sollten demnach ursprünglich nach Maßgabe der §§ 648 ff. CPO 1877 auch im Hauptsacheausspruch für vorläufig vollstreckbar zu erklären sein. Durch einstweilige Anordnungen im Drittwiderspruchsurteil gem. §§ 690 Abs. 3, 689 CPO 1877 sollte die Lücke gefüllt werden, die das Antragserfordernis ließ. Die §§ 709, 710 ZPO (zuvor §§ 649, 650 CPO 1877, heute §§ 708, 709 ZPO) wurden im Jahre 1924 dahingehend geändert, dass die vorläufige Vollstreckbarkeit durchweg ohne Antrag zu erklären war.181 Infolgedessen sei, so Furtner, die ursprüngliche Zwecksetzung der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO entfallen. Die weitgehende Wirkungslosigkeit einstweiliger Anordnungen neben der vorläufigen Vollstreckbarkeitserklärung des Hauptsachetenors sei demnach das Ergebnis eines Bedeutungswandels der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO, den der Wegfall des Antragserfordernisses bei der Erklärung vorläufiger Vollstreckbarkeit herbeigeführt habe. Die §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO beschränkten folglich nicht den Anwendungsbereich der §§ 708 ff. ZPO, sondern die §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO seien nach Maßgabe der §§ 708 ff. ZPO (un)anwendbar (geworden). Es war bereits an früherer Stelle (sub A. IV. 5. b) bb), cc), dd)) erörtert worden, dass die Herleitung der untergeordneten Zwecksetzung der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO nicht stichhaltig ist, dass die unterstellte Zwecksetzung den Regelungsgehalt der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO (Auswahlermessen) nicht ausschöpft, und dass unbegründet bleibt, warum das Urteil nur wegen der Kosten für vor179 Larenz, Methodenlehre, S. 330 ff.; ders., DRiZ 1959, 306 ff. Ferner Bydlinski, in: Einheit, S. 27, 61 ff. („Funktionswandel“). 180 Furtner, DRiZ 1955, 190, 191. 181 RGBl. 1924 I, S. 135.

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läufig vollstreckbar zu erklären sein soll, wenn das Gericht den Erlass einer schwächer wirkenden einstweiligen Anordnung für angezeigt hält. Furtners Ansicht erweist sich darüber hinaus zumal als unzutreffend, wenn sie mit der Zwecksetzung der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO, wie sie die Auslegung ergeben hat, konfrontiert wird. Der Erlass einstweiliger Anordnungen im Urteil soll nicht der Lückenfüllung dienen, sondern insgesamt an die Stelle der vorläufigen Vollsteckbarkeitserklärung des Hauptsacheausspruchs treten. Zwecksetzung und Anwendungsbereich der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO waren vom seinerzeitigen Antragserfordernis für die vorläufige Vollstreckbarkeitserklärung völlig unbeeinflusst. Die Änderungen der §§ 709, 710 ZPO aus dem Jahre 1924 ließen die Zwecksetzung der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO unberührt. Mit dem Wegfall des Antragserfordernisses ist die vorgebliche Bedeutungslosigkeit der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO neben der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Hauptsache durch Bedeutungswandel folglich ebenso wenig begründbar wie die Anwendbarkeit der §§ 708 ff. ZPO auf die Hauptsache eines Drittwiderspruchsurteils. (bb) Haftung Mit der Einführung einer Schadensersatzpflicht aus prozessualer Veranlassung wegen ungerechtfertigter vorläufiger Vollstreckung durch die CPO-Novelle 1898182 könnte im Verhältnis einstweiliger Anordnungen im Drittwiderspruchsurteil zur Vollstreckbarkeitserklärung der Hauptsache eines Drittwiderspruchsurteils ein Bedeutungswandel vom ursprünglichen Ausschluss der §§ 708 ff. ZPO zu einem Nebeneinander der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO und der §§ 708 ff. ZPO einhergegangen sein. § 655 Abs. 2 CPO 1877 sah im Falle der Aufhebung oder Abänderung eines für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteils vor, dass „der Kläger auf Antrag des Beklagten zur Erstattung des von diesem auf Grund des Urtheils Gezahlten oder Geleisteten zu verurtheilen“ sei. Der Erstattungsanspruch erstreckte sich nur auf Vermögensverschiebungen, die zwischen den Parteien vorgenommen worden waren, nicht aber auf Schäden des Vollstreckungsschuldners, die sich im Vermögen des Vollstreckungsgläubigers nicht (mehr) als Vorteil widerspiegelten. Schadensersatzansprüche standen dem Vollstreckungsschuldner ausschließlich nach Maßgabe des Bürgerlichen Rechts zu.183 § 655 Abs. 2 CPO 1877 unterwarf den Vollstreckungsgläubiger mithin nur einer milden Bereicherungshaftung, die nach umstrittener Meinung unter den gegebenen Umständen ohnehin stets als condictio ob causam finitam nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen bestanden haben würde.184 Mit der vorläufigen Vollstreckung war folglich 182

RGBl. 1898. S. 256. Pecher, S. 30 m. w. N. 184 Über die Rechtsnatur des Erstattungsanspruchs herrschte Streit zwischen den Vertretern einer materiellrechtlichen Auffassung und den Verfechtern einer prozessualen Deutung. 183

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für den Vollstreckungsgläubiger kein erhebliches Risiko verbunden; gemäß § 655 Abs. 2 CPO hatte er allenfalls zurückzuerstatten, was ihm ausweislich der Entscheidung des Rechtsstreits und nach Maßgabe des materiellen Rechts ohnehin nicht zustand, und eine materiellrechtliche Schadensersatzpfl icht stand unter dem Vorbehalt von Rechtswidrigkeit und Vertretenmüssen. Vor allem wäre das Haftungsrisiko aufgrund vorläufiger Vollstreckung nicht erheblich weiter gegangen als das Haftungsrisiko aufgrund des Vollzugs einer einstweiligen Anordnung in einem Drittwiderspruchsurteil. Ob ein Drittwiderspruchskläger infolge der Aufhebung einer einstweiligen Anordnung materiellrechtlich ebenfalls bereicherungsrechtlich gehaftet hätte, ist zwar fraglich. Die bedrohliche Schadensersatzhaftung hätte aber aus denselben materiellrechtlichen Vorschriften resultiert wie bei der vorläufigen Vollstreckung. Ein Drittwiderspruchskläger, der vor der Wahl gestanden hätte, entweder die Hauptsache vollstrecken oder eine einstweilige Anordnung vollziehen zu lassen, hätte in Anbetracht der Haftungsrechtslage nur schwachen Anlass gehabt, auf die vorteilhafte (Aufhebung) Vollstreckung zu verzichten, und sich mit der Vollziehung der weniger wirkungsvollen (regelmäßig nur Einstellung) Anordnung zu begnügen. Der schwächeren Wirkung der einstweiligen Anordnung hätte kein nennenswerter haftungsrechtlicher Nachteil der vorläufigen Vollstreckung gegenübergestanden, der die einstweilige Anordnung zu einer bedenkenswerten Alternative gemacht hätte. Die Einfügung von § 717 Abs. 2 CPO durch die Novelle hat die Haftungsrechtslage maßgeblich verändert. § 717 Abs. 2 CPO 1898 begründete die Schadensersatzpflicht aus prozessualer Veranlassung des Vollstreckungsgläubigers, wie sie noch heute in § 717 Abs. 2 ZPO geregelt ist. Die Vollstreckung der Hauptsache eines Drittwiderspruchsurteils würde mithin zwar das Rechtsschutzziel des Klägers vorläufig verwirklichen (Aufhebung), sie würde aber das Schadensersatzrisiko aus § 717 Abs. 2 ZPO bergen. Dagegen hat die Vollziehung einer einstweiligen Anordnung zwar regelmäßig nur sichernde Wirkung (Einstellung), sie begründet aber – vorbehaltlich etwaiger Analogien zu Vorschriften über die Haftung aus prozessualer Veranlassung – kein Schadensersatzrisiko aus § 717 Abs. 2 ZPO, weil einstweilige Anordnungen nicht, wie § 717 Abs. 2 ZPO dies voraussetzt, zu vollstrecken sind, sondern zu vollziehen.185 Würden Drittwiderspruchsurteile nunmehr im Hauptsacheausspruch für vorläufig vollstreckbar zu erklären sein, dann hätte ein DrittwiderspruchsNach der materiellrechtlichen Auffassung war mit der Aufhebung des vollstreckten Urteils der Rechtsgrund der Leistung entfallen, so dass § 655 Abs. 2 CPO nur eine deklaratorische Regelung war. Die Vertreter der prozessualen Auffassung sahen in der Erstattungspfl icht eine eigenständige Regelung zur Rückgängigmachung einer prozessualen Maßregel, der zufolge der beigetriebene Betrag gerade ohne Rücksicht auf die materielle Rechtslage zu erstatten sei. Näheres bei Pecher, S. 31 ff. m. w. N. 185 Näher S. 252 f.

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kläger mit dem Urteil eine sehr weitreichende, aber infolge der Schadenseratzbewehrung durch § 717 Abs. 2 ZPO gefährliche (vorläufige Vollstreckung), und eine zumeist weniger wirkungsvolle, aber ungefährliche (einstweilige Anordnung) Interventionsmöglichkeit zur Wahl. Jede der beiden Möglichkeiten würde rechtliche Vorteile und Nachteile bieten, so dass einstweilige Anordnungen neben der vorläufigen Vollstreckbarkeit als schwache, aber ungefährliche Interventionsmöglichkeit einen eigenständigen Zweck erfüllen und eine eigene Wirkung entfalten würden. § 717 Abs. 2 CPO 1898 könnte daher einen Bedeutungswandel der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO bewirkt haben, der Vielfalt zulässt, wo zuvor Exklusivität herrschte. Die Frage ist anhand der Regeln über den Bedeutungswandel durch Veränderung des rechtlichen Normumfeldes zu beantworten. Grundlage des Bedeutungswandels einer Norm durch Änderung ihres rechtlichen Umfeldes ist die innere Übereinstimmung der Rechtsordnung, die voraussetzt, dass die einzelnen Normzwecke in das Ganze der Rechtszwecke eingeordnet werden. Die Stellung einer Norm in der Rechtsordnung ist ein Kriterium zur Ermittlung der rechtlichen Bedeutung dieser Norm (systematische Auslegung). Ändert sich die Rechtsordnung, dann ändert sich das Auslegungsmittel der Systematik. Folglich kann sich auch die Normbedeutung als Auslegungsergebnis ändern. Allerdings ist bei der Annahme eines solchen Bedeutungswandels Zurückhaltung geboten, weil die Gefahr besteht, dass die Auslegung dem Gesetzgeber vorgreift und die Grenzen zwischen den rechtspolitischen Vorstellungen des Auslegenden und der lex lata überschritten werden. Da der Vorrang des Gesetzgebers zu beachten ist, kann ein Bedeutungswandel nur dort bejaht werden, wo sich andernfalls ein schwerwiegender Wertungswiderspruch innerhalb der Rechtsordnung ergeben würde, der nur durch eine Anpassung der Normbedeutung vermieden werden kann. Ändert sich das Umfeld einer Norm, so wird deren bisherige Bedeutung nur dann unzutreffend und änderungsbedürftig, wenn sie der Rechtsordnung nunmehr eindeutig widerspricht, oder zu schlechthin untragbaren, widersinnigen Ergebnissen führt.186 Die Änderung eines Auslegungsergebnisses aufgrund Bedeutungswandels ist daher ultima ratio zur Erhaltung der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung. Der Hauptsachetenor von Drittwiderspruchsurteilen ist demnach nur dann für vorläufig vollstreckbar zu erklären, wenn es mit § 717 Abs. 2 ZPO unvereinbar wäre, dass die §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO die Anwendung der §§ 708 ff. ZPO auf den Hauptsacheausspruch eines Drittwiderspruchsurteils weiterhin ausschließen. Dies ist nicht der Fall. Die Schadensersatzbewehrung der vorläufigen Vollstreckung würde ein Nebeneinander der Erklärung vorläufiger Vollstreckbarkeit und einstweiliger Anordnungen im Urteil zwar ermöglichen, sie erzwingt ein solches Nebeneinader aber nicht. Es ist weder untragbar noch widersinnig, 186

Larenz, Methodenlehre, S. 335; ders. DRiZ 1959, 306, 309.

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wenn nicht rechtskräftige Drittwiderspruchsurteile Interventionsmöglichkeiten nach wie vor nur nach Maßgabe der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO eröffnen, und nicht auch durch Anwendung der §§ 708 ff. ZPO. Die Einfügung von § 717 Abs. 2 ZPO durch die Novelle 1898 hat daher keinen Bedeutungswandel bewirkt. ddd) Auslegungsergebnis In nicht rechtskräftigen Drittwiderspruchsurteilen sollen nur einstweilige Anordnungen (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) Einfluss auf die angegriffene Zwangsvollstreckung eröffnen. Solche Urteile sind nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. §§ 708 ff. ZPO sind bei Drittwiderspruchsurteilen nicht auf den Hauptsacheausspruch anzuwenden. bb) Teleologische Reduktion (§§ 708 f. ZPO) und Extension (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) Die §§ 708 f. ZPO ordnen an, dass „Urteile“ für vorläufig vollstreckbar zu erklären sind. Demnach sollen (außer in den Fällen des § 704 Abs. 2 ZPO) alle Urteile für vorläufig vollstreckbar zu erklären sein, die einen vollstreckungsfähigen Inhalt haben, und zwar im gesamten Umfang des vollstreckungsfähigen Inhalts. Stattgebende Drittwiderspruchsurteile haben im Hauptsacheausspruch einen (i. w. S.) vollstreckungsfähigen Inhalt. Der allgemein gehaltenen Fassung der §§ 708 f. ZPO nach wäre der Hauptsachetenor eines stattgebenden Drittwiderspruchsurteils daher für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Da aber Drittwiderspruchsurteile im Hauptsacheausspruch nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären sind, enthalten die §§ 708 f. ZPO eine verdeckte Lücke, die im Wege der teleologischen Reduktion durch Hinzufügung der gebotenen Einschränkung zu schließen ist. Sie lautet: Drittwiderspruchsurteile (und Urteile auf Vollstreckungsgegen- und Vorzugsklage) sind nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Eine Ausnahme von der Einschränkung könnte gelten, wenn einem Intervenienten im Drittwiderspruchsurteil Einfluss auf eine Vollstreckung zu gewähren ist, die noch nicht begonnen hat. Die §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO (i. V. m. § 769 ZPO) sehen keinen Anordnungsinhalt vor, der den Vollstreckungsbeginn verhindert. Die Problemstellung ist die gleiche wie bei einstweiligen Anordnungen vor Urteilserlass (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO), die vor Vollstreckungsbeginn unstatthaft sind (sub A. I. 1. b)). Die in den §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO enthaltene Regelungslücke ist durch Anwendung der §§ 935 ff. ZPO zu schließen. Es scheint nahe zu liegen, die entsprechende Regelungslücke bei einstweiligen Anordnungen im Urteil, bei denen die § 771 Abs. 3, 770 ZPO i. V. m. § 769 ZPO nur eine Einstellung der begonnenen Vollstreckung, nicht aber eine Beschränkung bevorstehender Voll-

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streckung vorsehen, ebenfalls durch Rückgriff auf die allgemeinen Regeln, hier also die §§ 708 ff. ZPO, zu schließen. Drittwiderspruchsurteile wären dann im Hauptsachausspruch für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§§ 708 ff. ZPO), wenn die Vollstreckung in den betreffenden Gegenstand noch nicht begonnen hat und daher nicht gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO (i. V. m. § 769 ZPO) ihre Einstellung angeordnet werden kann. Indes würde der Schluss von der Entsprechung der Probleme – Regelungslücke bei bevorstehender Vollstreckung bei den §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO wie bei den §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO (i. V. m. § 769 ZPO) – auf entsprechende Lösungen – Lückenschließung durch Rückgriff auf funktionell gleichartige allgemeine Regelungen (hier §§ 708 ff. ZPO, dort §§ 935 ff. ZPO) – zu kurz greifen. Denn des Verhältnis der §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO zu den §§ 935 ff. ZPO ist ein anderes als das der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO zu den §§ 708 ff. ZPO. Das Verhältnis der §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO zu den §§ 935 ff. ZPO wird durch die systematische Erwägung bestimmt, dass einstweilige Anordnungen und einstweilige Verfügungen nicht nebeneinander oder wahlweise in derselben Sache ergehen können sollen, und dass dort, wo die Entscheidungsmöglichkeiten konkurrieren, der einstweiligen Anordnung der Vorrang zukommt, weil sie die speziellere Entscheidungsmöglichkeit ist. Außerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO sind einstweilige Verfügungen statthaft, weil keine Konkurrenz besteht. Dagegen stehen einer Anwendung der §§ 708 ff. ZPO auf die Hauptsache eines Drittwiderspruchsurteils weitergehende Erwägungen entgegen. Während die Gesetzesmaterialien zum Verhältnis der §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO zu den §§ 935 ff. ZPO schweigen und bei beiden Entscheidungsarten gleichermaßen weite, ermessensgeleitete Entscheidungsspielräume bestehen, führen bei den §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO und den §§ 708 ff. ZPO die Gesetzesmaterialien und die gänzlich unterschiedlichen Rechtsfolgenanordnungen zu dem Auslegungsergebnis, dass in nicht rechtskräftigen Drittwiderspruchsurteilen nur einstweilige Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO Interventionsmöglichkeiten eröffnen sollen, dass solche Urteile nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären und die §§ 708 ff. ZPO bei Drittwiderspruchsurteilen überhaupt nicht auf den Hauptsacheausspruch anzuwenden sind. Drittwiderspruchsurteile sind daher im Hauptsacheausspruch auch außerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO (i. V. m. § 769 ZPO) nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Die §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO (i. V. m. § 769 ZPO) sind lückenhaft, wenn die Drittwiderspruchsklage vor Beginn der Vollstreckung statthaft ist. Der Wortlaut lässt keine Anordnungen vor Vollstreckungsbeginn zu, obwohl Interimsrechtsschutz durch einstweilige Anordnungen im Urteil gleichermaßen geboten ist wie bei Drittwiderspruchsurteilen, mit denen über die Zulässigkeit einer begonnenen Vollstreckung entschieden wird. Die Gesetzeslücke ist durch Rechtsfortbildung aus den §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO (i. V. m. § 769 ZPO) zu schließen. Zur Lückenfüllung ist zunächst an das methodische Mittel der Analogie zu den-

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ken, bei der die Rechtsfolge eines tatbestandlich geregelten Falles auf einen ungeregelten Fall angewandt wird, der in der rechtlichen Bewertung mit dem geregelten Fall übereinstimmt. Mit der Analogie (Anwendung einer gegebenen Rechtsfolge) kann die hier vorliegende Lücke aber nicht geschlossen werden. Denn für den Fall einer einstweiligen Anordnung in einem Drittwiderspruchsurteil, das über die Zulässigkeit bevorstehender Vollstreckung entscheidet, besteht keine Rechtsfolge, die es erlaubt, den Beginn bevorstehender Vollstreckung zu unterbinden. Vielmehr ist die Rechtsfolge von § 769 ZPO zu eng gegenüber der gesetzlichen Zwecksetzung, dass in jeglichen nicht rechtskräftigen Urteilen (Verweisung auf § 769 ZPO in § 770 ZPO) auf Drittwiderspruchsklage (Verweisung auf § 770 ZPO in § 771 Abs. 3 ZPO) nach Ermessen einstweiliger Rechtsschutz durch einstweilige Anordnungen zu gewähren ist. In solchen Fällen, in denen die Rechtsfolge einer Norm zu eng ist gegenüber ihrem Sinn, fordert die ratio legis die Erweiterung der Rechtsfolge, damit die Norm ihren Zweck erfüllt (teleologische Extension).187 § 770 ZPO (i. V. m. § 771 Abs. 3 ZPO) ist mithin im Wege der teleologischen Extension für die Fälle, in denen ein Drittwiderspruchsurteil über die Zulässigkeit bevorstehender Vollstreckung entscheidet, um die gebotene Rechtsfolge zu erweitern. Entsprechend der Regelung einstweiliger Anordnungen in Drittwiderspruchsurteilen, die über die Zulässigkeit einer begonnenen Vollstreckung entscheiden, ist § 770 ZPO (i. V. m. § 771 Abs. 3 ZPO) um die Rechtsfolge zu ergänzen, dass das Gericht auch die Beschränkung der (bevorstehenden) Vollstreckung auf andere Gegenstände (gegen oder ohne Sicherheitsleistung) oder die Zulassung des Vollstreckungsbeginns in diesen Gegenstand gegen Sicherheitsleistung des Vollstreckungsgläubigers anordnen kann. Eine solche Anordnung ist analog § 775 Nr. 2 ZPO zu vollziehen. d) Ergebnis Drittwiderspruchsurteile sind im Hauptsacheausspruch nicht gem. §§ 708 ff. ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären (teleologische Reduktion). Die Erklärung der vorläufigen Vollstreckbarkeit eines Drittwiderspruchsurteils hat nur die Kosten zu umfassen. Der Hauptsacheausspruch eines stattgebenden Drittwiderspruchsurteils ist nur gem. §§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO („vollstreckbare[n] Entscheidung“) vollstreckbar, wenn das Urteil rechtskräftig ist. In einem nicht rechtskräftigen Drittwiderspruchsurteil darf einem Drittwiderspruchskläger nur durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO Einfluss auf die angegriffene Zwangsvollstreckung (§§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO) ermöglicht werden. Richtet sich die Intervention gegen eine bevorstehende Vollstreckung, dann kann im Drittwiderspruchsurteil angeordnet werden, dass die Vollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung auf andere Gegenstände beschränkt und 187

Canaris, S. 89 f.; Larenz, Methodenlehre, S. 374 ff.

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ggf. der Beginn der Vollstreckung in diesen Gegenstand gegen Sicherheitsleistung des Vollstreckungsgläubigers zugelassen wird (teleologische Extension). Wird ein Drittwiderspruchsurteil im Hauptsacheausspruch nach Maßgabe der §§ 708 ff. ZPO – fälschlich – für vorläufig vollstreckbar erklärt, besteht die folgende Rechtslage. Da der Hauptsachetenor eines stattgebenden Drittwiderspruchsurteils einen (i. w. S.) vollstreckbaren Inhalt hat, ist die Vollstreckbarkeitserklärung nicht gegenstands- und wirkungslos. Die Vollstreckbarkeitserklärung ist, obwohl sie auf falscher Anwendung des Prozessrechts beruht, auch nicht unwirksam. Denn verfahrensfehlerhafte Gerichtsentscheidungen sind grundsätzlich wirksam, aber anfechtbar. Nichtig ist eine solche Entscheidung nur, wenn nicht einmal der äußere Tatbestand einer richterlichen Entscheidung gesetzt worden ist (Nicht- oder Scheinurteil).188 Ein im Hauptsacheausspruch fälschlich für vorläufig vollstreckbar erklärtes Drittwiderspruchsurteil ist vollstreckbar gem. §§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO; eine Sicherungshypothek wird von Gesetzes wegen Eigentümerhypothek (§ 868 Abs. 1 ZPO). Ein unterlegener Drittwiderspruchsbeklagter ist gehalten, im Berufungsrechtsstreit die Aufhebung der vorläufigen Vollstreckbarkeit zu erwirken. Das Berufungsgericht hat den Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit vorab (§ 718 ZPO) zu kassieren und an seiner Stelle regelmäßig (ermessensleitender Gesichtspunkt) eine einstweilige Anordnung gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO zu erlassen. Eine gem. § 868 Abs. 1 ZPO auf den Eigentümer übergegangene Sicherungshypothek lebt in keinem Fall wieder auf.

V. Rechtskräftige Drittwiderspruchsurteile Mit der formellen Rechtskraft (§ 750 ZPO) eines stattgebenden Drittwiderspruchsurteils tritt die Gestaltungswirkung des Hauptsacheausspruchs ein. Die Vollstreckung aus dem Titel des Vollstreckungsgläubigers in den betreffenden Gegenstand wird unzulässig. Ein formell rechtskräftiges stattgebendes Drittwiderspruchsurteil ist vollstreckbar (§ 704 ZPO) (1.) und bringt Urteilswirkungen kraft Gesetzes hervor (2.). 1. Vollstreckung Rechtskräftige Drittwiderspruchsurteile sind in der Hauptsache gem. §§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO zu vollstrecken. Danach ist die angegriffene Vollstreckung auf andere Gegenstände zu beschränken (§ 775 Nr. 1 ZPO), und es sind zugleich die bereits getroffenen Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben (§ 776 Satz 1 ZPO). 188 Rosenberg/Schwab/Gottwald, S. 390 ff.; Schilken, Zivilprozess, Rn. 108; Schneider, S. 16 ff.

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Vollstreckungsbeschränkung bedeutet, dass einzelne Vollstreckungsmaßnahmen nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden dürfen, während die Vollstreckung im übrigen in andere Gegenstände ungehindert weitergehen kann.189 Bei der Vollstreckung eines rechtskräftigen Drittwiderspruchsurteils besteht die Vollstreckungsbeschränkung (§ 775 ZPO) darin, dass der betreffende Gegenstand von der Vollstreckung ausgenommen wird, während die Vollstreckung in das übrige Vermögen des Schuldners zulässig bleibt. Die Vollstreckungsbeschränkung auf andere Gegenstände steht jedem – auch künftigem und wiederholendem – Vollstreckungszugriff aus dem Titel des Vollstreckungsgläubigers auf den betreffenden Gegenstand entgegen. Der Gegenstand wird schlechthin von der Vollstreckung aus dem Titel ausgenommen, und aus dem Titel dürfen überhaupt keine Vollstreckungsmaßnahmen in ihn unternommen werden.190 Aus dem Titel, dessen Vollstreckung beschränkt ist, darf erst wieder in den betreffenden Gegenstand vollstreckt werden, wenn die Beschränkung aufgehoben wurde. Dazu bedarf es der Vollziehung oder der Vollstreckung (§ 776 ZPO) einer Entscheidung im Vollstreckungsabwehrrechtsstreit des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten (§§ 767, 769, 770 ZPO).191 Aufgehoben wird die Vollstreckung (§ 776 Satz 1 ZPO), indem bereits getroffene Vollstreckungsmaßnahmen und ihre Wirkungen beseitigt werden.192 Die erforderlichen Aufhebungsmaßnahmen hängen von den vorgenommenen Vollstreckungsmaßregeln ab. Die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßregel ist endgültig. Wiederherstellung bedarf der Neuvornahme. 2. Urteilswirkung kraft Gesetzes Bei der Vollstreckung in Grundstücke durch Eintragung einer Sicherungshypothek (§ 867 ZPO) erwirbt der Eigentümer des Grundstücks die entstandene Zwangshypothek als Eigentümergrundschuld, wenn durch eine vollstreckbare 189

K. Blomeyer, S. 23; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 727; Guyot, S. 9; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze; § 776, Rn. 7; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 775, Rn. 5; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 775, Rn. 5. 190 I. E. ebenso Bettermann, in: Festschrift für Friedrich Weber, S. 87, 92; Gaul, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Band III, S. 521, 532; ders., in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 693; Hezel, S. 47; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 8, 66; Schlosser, Gestaltungsklagen, S. 415 f. 191 Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 9; ders./Brehm, in: Festschrift für Fritz Baur, S. 517, 530. A. A. Cohn, S. 20; Müller, DGVZ 1976, 1, 5 (Wiederholung der Pfändung, wenn der Gläubiger gegenüber dem Gerichtsvollzieher behauptet, die Rechtslage habe sich gegenüber dem früheren Urteil geändert); K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 77, 79 (erneute Vollstreckung in den Gegenstand nach Glaubhaftmachung einer Änderung der Rechtslage gegenüber dem Vollstreckungsorgan); Staub, JW 1888, 295, 296 f. (Rechtskraftwirkung beschränkt sich auf eine bestimmte Vollstreckungsmaßregel). 192 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 734; Guyot, S. 9; Salzmann, in: Wieczorek/ Schütze, § 776, Rn. 8; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 775, Rn. 6.

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Entscheidung die Vollstreckung für unzulässig erklärt wird (§ 868 Abs. 1 ZPO, § 1177 BGB). Ein rechtskräftiges stattgebendes Drittwiderspruchsurteil ist eine solche Entscheidung. Wie in den Fällen des § 868 Abs. 2 ZPO (bei einstweiligen Anordnungen gem. § 771 Abs. 3 ZPO) wandelt sich die Zwangshypothek gem. § 868 Abs. 1 ZPO mit dem Wirksamwerden der Entscheidung ohne weiteres um (sub A. II. 2. b)), wenn nicht die Rechtsfolge des § 868 ZPO bereits durch einstweilige Anordnung gem. § 771 Abs. 3 ZPO eingetreten ist. Wie in den Fällen des § 868 Abs. 2 ZPO (einstweilige Anordnungen) hat der Intervenient Anlass, vorsorglich dem Grundbuchamt eine Ausfertigung vorzulegen, um den Vollstreckungsgläubiger verlässlich von weiterer Vollstreckung abzuhalten.

VI. Aufhebung und einstweilige Einstellung des Verfahrens in der Liegenschaftsvollstreckung durch Zwangsversteigerung und -verwaltung Im Verfahren der Geldvollstreckung in Liegenschaften durch Zwangsversteigerung und -verwaltung sind grundbuchersichtliche Rechte Dritter, zu denen insbesondere eingetragenes Dritteigentum gehört, vollstreckungsintern zu berücksichtigen (§§ 28, 161 Abs. 4 ZVG). 1. Anfängliche Eintragung des Dritten Zwangsversteigerung und -verwaltung werden vom Vollstreckungsgericht auf Antrag eines Gläubigers angeordnet (§§ 15, 146 Abs. 1 ZVG). Sie dürfen nur angeordnet werden, wenn der Vollstreckungsschuldner als Eigentümer des Grundstücks eingetragen ist (§§ 17 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2, 146 Abs. 1 ZVG). Nur ausnahmsweise finden Zwangsversteigerung und -verwaltung gegen einen nicht als Eigentümer eingetragenen Vollstreckungsschuldner statt, und zwar dann, wenn er Erbe des eingetragenen Eigentümers ist (§§ 17 Abs. 1 Alt. 2, Abs. 3, 146 Abs. 1 ZVG), sowie die Zwangsverwaltung, wenn der Vollstreckungsschuldner Eigenbesitzer des Grundstücks ist (§ 147 ZVG). Von den genannten Ausnahmen abgesehen ist ein als Eigentümer im Grundbuch eingetragener Dritter folglich durch den Eintragungsgrundsatz gegen den Vollstreckungszugriff auf sein Grundstückseigentum geschützt. Das Eingetragensein des Vollstreckungsschuldners (§§ 17 Abs. 1 Alt. 1, 146 Abs. 1 ZVG) oder des Erblassers (§§ 17 Abs. 1 Alt. 2, 146 Abs. 1 ZVG) ist eine unverzichtbare Vollstreckungsvoraussetzung. Wird das Verfahren entgegen § 17 ZVG angeordnet, liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel vor, und das Vollstreckungsgericht hat, sobald ihm der Mangel (z. B. auf Hinweis des Dritten) bekannt wird, das Verfahren von Amts wegen entweder sofort aufzuheben oder unter Bestimmung einer Frist, während derer der Gläubiger die Hebung des Hindernisses nachzuweisen hat, einstweilen einzustellen (§§ 28 Abs. 1 Satz 1, 161 Abs. 4

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Fünftes Kapitel: Prozessuale Rechtsverfolgung

ZVG).193 Das Verfahrenshindernis ist nur durch Eintragung des Vollstreckungsschuldners194 im Wege der Grundbuchberichtigung behebbar. Also muss der Schuldner oder der Erblasser zum Zeitpunkt der Verfahrensanordnung bereits Eigentümer und das Grundbuch mithin unrichtig gewesen sein. Andernfalls ist das Verfahren nach Fristablauf aufzuheben (§§ 28 Abs. 1 Satz 2, 161 Abs. 4 ZVG).195 2. Nachträgliche Eintragung des Dritten a) Vollstreckung gegen den als Eigentümer eingetragenen Schuldner und nachträgliche Eintragung des Dritten Gegen den eingetragenen Vollstreckungsschuldner ordnet das Vollstreckungsgericht die Zwangsversteigerung oder -verwaltung durch Beschluss an. Der Anordnungsbeschluss ist auf Ersuchen des Gerichts im Grundbuch einzutragen (§§ 19 Abs. 1, 146 Abs. 1 ZVG). Er gilt zugunsten des Gläubigers als Beschlagnahme des Grundstücks und des Haftungsverbandes der Hypothek (§§ 20, 146 Abs. 1 ZVG). Die Beschlagnahme wird mit dem Zeitpunkt wirksam, in dem der Anordnungsbeschluss dem Schuldner zugestellt wird, oder in dem das Eintragungsersuchen dem Grundbuchamt zugeht, sofern auf das Ersuchen die Eintragung demnächst erfolgt (§ 22 Abs. 1, 146 Abs. 1 ZVG). Bei der Zwangsverwaltung wird die Beschlagnahme auch wirksam, wenn der Zwangsverwalter das Grundstück in Besitz nimmt (§ 151 Abs. 1 ZVG). Die Wirksamkeit tritt mit dem frühesten der genannten Zeitpunkte ein.196 Die Beschlagnahme führt die Verstrickung des Grundstücks herbei und begründet ein Recht des Gläubigers auf Befriedigung aus dem Grundstück (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG).197 Außerdem bewirkt die Beschlagnahme für den Schuldner ein relatives Veräußerungsverbot gem. § 136 BGB zugunsten des Gläubigers (§§ 23 Abs. 1 Satz 1, 146 Abs. 1 ZVG).198 Die Grundstücksbeschlagnahme führt aber zu keiner Grundbuchsperre,199 und der Vollstreckungsschuldner behält die Bewilligungsbefugnis. 200 Infolgedessen besteht die Möglichkeit, dass ein Dritter nach dem Zeitpunkt, dessen Grundbuchstand für den Anordnungsbeschluss gem. §§ 17 193

Hagemann, in: Steiner, § 17, Rn. 14; Muth, in: Dassler/Schiffhauer/Gerhardt/Muth, § 17, Rn. 2. 194 Stöber, ZVG, § 28, Rn. 4. 195 Böttcher, § 17, Rn. 10; Hagemann, in: Steiner, § 17, Rn. 15; Muth, in: Dassler/Schiffhauer/Gerhardt/Muth, § 17, Rn. 2; Stöber, ZVG, § 17, Rn. 3. 196 Böttcher, § 22, Rn. 2; Teufel, in: Steiner, § 22, Rn. 3. 197 Eickmann, S. 90 f.; Muth, in: Dassler/Schiffhauer/Gerhardt/Muth, § 20, Rn. 3; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 925, 926. 198 Eickmann, S. 101; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 925. 199 Schöner/Stöber, Rn. 1627; Stöber, ZVG, § 23, Rn. 2. 200 Böttcher, § 23, Rn. 12.

A. Drittwiderspruchsprozess

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Abs. 2, 146 Abs. 1 ZVG maßgeblich ist, aufgrund (vor oder nach der Anordnung erteilter) Bewilligung des Vollstreckungsschuldners (§§ 19, 22, 29 GBO) als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wird. Die Folgen einer solchen nachträglichen Eintragung für das Vollstreckungsverfahren hängen vom Zeitpunkt des Eigentumserwerbs des Dritten ab sowie von der Art des titulierten Anspruchs. b) Dritteigentum als grundbuchersichtliches Gegenrecht Gem. §§ 28, 146 Abs. 1 ZVG hat das Vollstreckungsgericht, wenn ihm ein aus dem Grundbuch ersichtliches Recht bekannt wird, welches der Fortsetzung des Verfahrens entgegensteht, das Verfahren entweder sofort aufzuheben, oder es unter Fristsetzung für die Beseitigung des Hindernisses durch den Gläubiger einstweilen einzustellen. Erbringt der Gläubiger den Nachweis nicht, so ist das Verfahren nach Fristablauf aufzuheben. Ob das Recht eines Dritten ein Gegenrecht i. S. v. § 28 ZVG ist, ist wie bei den veräußerungshindernden Rechten i. S. v. § 771 ZPO zu bestimmen. 201 Demzufolge ist darauf abzustellen, ob die Veräußerung der den Vollstreckungsgegenstand bildenden Sache durch den Schuldner sich dem berechtigten Dritten gegenüber als rechtswidrig darstellen würde. 202 Daraus ergeben sich zwei Voraussetzungen. 203 Zum einen muss das Recht in seinem Bestand oder in seiner Verwirklichung durch die Vollstreckung beeinträchtigt werden. Hinzukommen muss, dass der Drittrechtsinhaber einen solchen Eingriff nicht zu dulden braucht. Seiner Art nach ist das eingetragene Eigentum Dritter ein Gegenrecht i. S. v. § 28 ZVG. 204 Das Vollstreckungsgericht hat die Richtigkeit des Grundbuchs nicht zu prüfen. 205 Es ist daher unbeachtlich, ob das eingetragene Recht besteht und eingetragen werden durfte. Zu beachten ist indes, ob das Grundbuch das Dritteigentum dem Vollstreckungsgläubiger gegenüber wegen § 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG, §§ 135, 136 BGB als unwirksam ausweist. Für die Beurteilung ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Eigentumseintragung maßgeblich. 206 Denn aus der Bindung des Vollstreckungsgerichts an den Grundbuchinhalt folgt, dass für den Tatbestand des § 28 ZVG nicht nur die materiellrechtliche Wirksamkeit des Eigentumserwerbs unmaßgeblich zu sein hat, sondern auch der materiellrechtliche Erwerbszeitpunkt. 207

201 202 203 204 205 206 207

Eickmann, in: Steiner, § 28, Rn. 10. Eickmann, S. 43; ders., in: Steiner, § 28, Rn. 10. Eickmann, in: Steiner, § 28, Rn. 10. Eickmann, S. 43, 46; Nussbaum, S. 64; Stöber, ZVG, § 28, Rn. 4. Eickmann, in: Steiner, § 28, Rn. 12; Stöber, ZVG, § 17, Rn. 2. Stöber, ZVG, § 23, Rn. 4. A. A. Böttcher, § 26, Rn. 4 f.; Eickmann, S. 103 f.; ders., in: Steiner, § 28, Rn. 13, 18.

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Fünftes Kapitel: Prozessuale Rechtsverfolgung

Wurde der Dritte vor dem Beschlagnahmezeitpunkt als Eigentümer eingetragen, so gilt er im Hinblick auf § 28 ZVG ausweislich des Grundbuchs dem Gläubiger gegenüber als Eigentümer. Das Vollstreckungsgericht hat mithin eine Maßnahme gem. § 28 ZVG zu treffen, und es obliegt dem Gläubiger, die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachzuweisen oder die relative Unwirksamkeit des Eigentumserwerbs (§ 23 Abs. 2 ZVG) geltend zu machen. Das Grundbuch weist den Eigentumserwerb des Dritten als gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger relativ unwirksam aus (§ 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG, §§ 135, 136 BGB), wenn der Dritte nach dem Beschlagnahmezeitpunkt eingetragen wurde. Ob ein Eigentumserwerb aufgrund des Erwerberschutzes gem. § 878 BGB oder durch gutgläubigen Erwerb vor Eintragung des Vollstreckungsvermerks (§§ 135 Abs. 2, 136, 892 BGB, § 23 Abs. 2 ZVG) gegenüber dem Veräußerungsverbot wirksam ist, geht aus dem Grundbuch nicht hervor. 208 Das Vollstreckungsgericht hat folglich grundsätzlich keine Maßnahme nach § 28 ZVG zu treffen, wenn der Dritte nach dem Beschlagnahmezeitpunkt im Grundbuch eingetragen wurde. Eine Ausnahme ist zu machen, wenn für den Dritten vor dem Zeitpunkt der Beschlagnahme eine Auflassungsvormerkung eingetragen war. Denn die Vormerkungseintragung bezeugt, dass nach dem Beschlagnahmezeitpunkt eingetragenes Dritteigentum gem. § 883 Abs. 2, 3 BGB auch gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger wirksam erworben ist. In einem solchen Fall hat das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme nach § 28 ZVG zu treffen. 209 Ferner ist grundbuchersichtlich, dass ein Dritter, der nach dem Beschlagnahmezeitpunkt als Eigentümer eingetragen wurde, bereits zuvor Eigentümer geworden war, wenn die Grundbucheintragung auf einen Grundbuchberichtigungsantrag hin vorgenommen wurde. 210 Denn entweder wird die Berichtigungsbewilligung als Grundlage der Eintragung eingetragen, oder der Unrichtigkeitsnachweis wird als Eintragungsgrundlage angegeben. 211 Folglich hat das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme gem. § 28 ZVG zu treffen, wenn der Dritte aufgrund eines Grundbuchberichtigungsantrags als Eigentümer eingetragen ist. c) Maßnahmen des Vollstreckungsgerichts § 28 ZVG gibt dem Vollstreckungsgericht ein Auswahlermessen, das Verfahren entweder sofort aufzuheben oder es unter Fristsetzung zur Behebung des Hindernisses durch den Gläubiger einstweilen einzustellen. 208

Stöber, ZVG, § 28, Rn. 4. A. A. Eickmann, S. 103 f. betreffend § 878 BGB: aus den Grundakten erkennbar. 209 Eickmann, S. 103; ders., in: Steiner, § 28, Rn. 16; Muth, in: Dassler/Schiffhauer/Gerhardt/Muth, § 28, Rn. 8; Stöber, ZVG, § 28, Rn. 4. 210 Stöber, ZVG, § 28, Rn. 4. 211 Schöner/Stöber, Rn. 374.

A. Drittwiderspruchsprozess

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Mit der Wirksamkeit eines Aufhebungsbeschlusses erlischt die Beschlagnahme zugunsten des betroffenen Gläubigers. 212 Dagegen bleibt eine Beschlagnahme bei einstweiliger Einstellung bestehen. Das Verfahren ist von Amts wegen fortzusetzen, wenn der Gläubiger die Beseitigung des Hindernisses nachweist; 213 andernfalls ist das Verfahren aufzuheben (§ 28 Abs. 1 Satz 2 ZVG). Angesichts der unterschiedlichen Schwere und Tragweite von Aufhebung (Vernichtung der Rechtsstellung des Gläubigers) und Einstellung (einstweilige Wahrung der Rechtsstellung des Gläubigers zur Behebung des Hindernisses) muss die Erwägung ermessensleitend sein, dass eine Aufhebung nur bei nicht (einmal theoretisch) behebbaren Hindernissen in Betracht kommt. Folglich ist regelmäßig die einstweilige Einstellung unter Setzung einer Frist veranlasst, 214 die auf Antrag verlängert werden kann. 215 Wie die Einstellung der Vollstreckung gem. § 775 ZPO begründet die Einstellung des Verfahrens gem. § 28 ZVG ein Fortsetzungsverbot. Anders als bei § 776 ZPO, wo die Anordnung der Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen die Einstellung enthält („zugleich“, „auch“) und daher wiederholende Vollstreckung verhindert, stehen Aufhebung und Einstellung in den Fällen des § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG („entweder . . . aufzuheben . . . oder . . . einzustellen“) im Alternativverhältnis. Mit einer Aufhebung gem. § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG gehen daher keine Einstellungswirkungen einher, so dass mit ihr kein Wiederholungsverbot verbunden ist (ebenso in den Fällen des § 28 Abs. 1 Satz 2 ZVG, in denen die Aufhebung die Einstellung ablöst). Wiederholender Vollstreckung steht aber § 17 ZVG entgegen. d) Verteidigungsmöglichkeiten des Gläubigers Nach einer Verfahrenseinstellung hat der Vollstreckungsgläubiger drei Möglichkeiten, um das Verfahrenshindernis auszuräumen. Er kann nachweisen, dass der Dritte nicht Eigentümer ist, dass er persönlich für die zu vollstreckende Schuld mithaftet, oder dass das Grundstück haftet. Der Vollstreckungsgläubiger kann entweder zur Geltung bringen, dass der eingetragene Dritte infolge des Verfügungsverbots ihm gegenüber nicht Eigentümer sei (Fälle des § 23 Abs. 2 ZVG), oder dass der Dritte unabhängig vom Veräußerungsverbot überhaupt nicht Eigentümer sei (unrichtiges Grundbuch, § 894 BGB). Zur „Hebung des Hindernisses“ i. S. v. § 28 ZVG ist es nicht hinreichend, dass der Gläubiger die materielle Rechtslage nachweist, wonach der Schuldner (ihm gegenüber) Eigentümer ist. Vielmehr ist das Eigentum des Schuldners grundbuchersichtlich zu machen, d. h., der Gläubiger ist gehalten, 212 213 214 215

Böttcher, § 28, Rn. 39; Eickmann, in: Steiner, § 28, Rn. 80; Stöber, ZVG, § 28, Rn. 7. Böttcher, § 28, Rn. 40; Stöber, ZVG, § 28, Rn. 7. Böttcher, § 28, Rn. 37; Eickmann, in: Steiner, § 28, Rn. 78; Stöber, ZVG, § 28, Rn. 7. Böttcher, § 28, Rn. 40; Stöber, ZVG, § 28, Rn. 7.

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Fünftes Kapitel: Prozessuale Rechtsverfolgung

die Eigentumseintragung des Schuldners im Grundbuch zu erwirken. Der Vollstreckungsgläubiger ist zwar nur mittelbar Beteiligter, er hat aber ein grundbuchrechtliches Antragsrecht auf Eintragung des Schuldners als Eigentümer (§ 14 GBO). § 14 GBO erweitert zwar die Antragsberechtigung gegenüber § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO, befreit den Antragsteller aber nicht von der Beibringung der für die Grundbuchberichtigung notwendigen Unterlagen. Der Vollstreckungsgläubiger hat folglich entweder eine Eintragungsbewilligung des Betroffenen oder die den Nachweis der Unrichtigkeit erbringenden Urkunden vorzulegen (§§ 19, 22 Abs. 1, 29 GBO). 216 Im Falle eines gegen das Veräußerungsverbot verstoßenden, relativ unwirksamen Eigentumserwerbs des Dritten kann der Gläubiger von dem Dritten Zustimmung zur Eintragung des Schuldners als Eigentümer im Grundbuch verlangen (§ 888 BGB). Im Weigerungsfall ist der Gläubiger gehalten, ein Urteil auf Zustimmung zu erwirken (§ 894 ZPO). Ist das Grundbuch unrichtig, der Dritte also überhaupt nicht Eigentümer geworden, so kann der Schuldner vom eingetragenen Dritten Grundbuchberichtigung verlangen (§ 894 BGB). Dem Gläubiger steht kein eigener Anspruch gegen den Dritten zu. Der Schuldner könnte folglich die Vollstreckung in sein Grundstückseigentum vereiteln, indem er es unterlässt, die Grundbuchberichtigung zu betreiben. Dem Gläubiger stehen in dieser Situation zwei Abhilfemöglichkeiten zur Wahl. Er kann den eingetragenen Dritten auf Feststellung der Unrichtigkeit des Grundbuchs verklagen 217 und mit einem stattgebenden Urteil dem Grundbuchamt die Unrichtigkeit nachweisen. Oder er pfändet den Berichtigungsanspruch (§ 894 BGB) des Schuldners (§ 857 ZPO) und lässt ihn sich zur Einziehung überweisen. Im Einziehungsrechtsstreit gegen den Dritten kann er dann ein Urteil gem. § 894 ZPO erwirken, welches die Eintragung des Schuldners als Eigentümer ermöglicht. 218 Die Zustimmung des Schuldners ist in keinem Fall erforderlich (§ 22 Abs. 2 GBO). Ist der Dritte zwar Eigentümer, haftet er aber persönlich für die zu vollstreckende Forderung, so vermag der Gläubiger dem Vollstreckungsgericht die He-

216

Demharter, § 14, Rn. 14. Demharter, § 14, Rn. 17; Meikel/Imhof/Riedel, § 14, Rn. 25, 31. A.A: Böttcher, in: Meikel (9), § 14, Rn. 36; Sieveking, in: Meikel (7), § 14, Rn. 36. 218 Der Grundbuchberichtigungsanspruch ist unabtretbar (Stürner, in: Baur/Stürner, Sachenrecht, § 18, Rn. 45; a. A. Meikel/Imhof/Riedel, § 14, Rn. 26) und daher gem. § 851 Abs. 1 ZPO unpfändbar. Dem praktischen Bedürfnis wegen lässt die h.M. (BGHZ 111, 14, 16; RGZ 112, 260, 265; RGZ 94, 5, 10; Baur/Stürner/Bruns, Rn. 31.5; Böttcher, in: Meikel [9], § 14, Rn. 36, Demharter, § 14, Rn. 17; Meikel/Imhof/Riedel, § 14, Rn. 26; Sieveking, in: Meikel [7], § 14, Rn. 36; Stürner, in: Baur/Stürner, Sachenrecht, § 18, Rn. 47; Wacke, in: MüKo BGB, § 894, Rn. 24) dogmatischen Bedenken zum Trotz (wegen § 857 Abs. 3 ZPO aber zu Recht) gleichwohl eine Pfändung (Ermächtigung zur Ausübung) zu. 217

A. Drittwiderspruchsprozess

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bung des Hindernisses durch Vorlage eines gegen den Dritten gerichteten Duldungstitels nachzuweisen.219 Ein Vollstreckungsgläubiger, der die Vollstreckung aus einem im Grundbuch eingetragenen (vorrangigen) Recht betreibt (dinglicher Gläubiger, § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG), kann unter den Voraussetzungen des § 727 ZPO den Titel auf den Dritten als Rechtsnachfolger des Vollstreckungsschuldners umschreiben und neu zustellen zu lassen. 220 Bringt der Gläubiger anschließend die erforderlichen Vollstreckungsunterlagen bei, so ist das Verfahren nunmehr gegen den Dritten fortzusetzen. 221 3. Konkurrenz zwischen Drittwiderspruchsprozess und Verfahren gem. § 28 ZVG Grundeigentum ist „ein die Veräußerung hinderndes Recht“ i. S. v. § 771 ZPO und kann ein grundbuchersichtliches Recht i. S. v. § 28 ZVG sein. Dem Gesetzeswortlaut nach kann ein Dritter sein Grundeigentum zur Abwendung der Vollstreckung in das Grundstück durch Zwangsersteigerung und -verwaltung stets im Wege eines Drittwiderspruchsprozesses zur Geltung bringen. Demgegenüber erfüllt Dritteigentum an einem Grundstück, in das durch Zwangsversteigerung und -verwaltung vollstreckt wird, den Tatbestand von § 28 ZVG nur, wenn es als grundbuchersichtliches Recht der Fortsetzung des Verfahrens entgegensteht. Immer wenn der Tatbestand von § 28 ZVG erfüllt ist, ist mithin auch der Tatbestand von § 771 ZPO erfüllt; der Tatbestand von § 28 ZVG ist aber nicht immer erfüllt, wenn der Tatbestand von § 771 ZPO erfüllt ist. Der Anwendungsbereich von § 28 ZVG ist mithin eine Teilmenge des Anwendungsbereichs von § 771 ZPO. Damit stellt sich die Frage nach dem Konkurrenzverhältnis der Rechtsschutzmöglichkeiten gem. § 771 ZPO und § 28 ZVG. Ist der Tatbestand von § 28 ZVG nicht erfüllt, dann besteht keine Konkurrenz der Rechtsschutzmöglichkeiten, und der Dritte ist gehalten, Rechtsschutz nach Maßgabe von § 771 ZPO zu suchen. Dies betrifft zunächst Fälle, in denen der Dritte Eigentümer zu sein behauptet, ohne als solcher im Grundbuch eingetragen zu sein (unrichtiges Grundbuch). Darüber hinaus hat der Dritte sein Grundstückseigentum im Drittwiderspruchsprozess zu wahren, wenn er nach dem Beschlagnahmezeitpunkt im Grundbuch eingetragen wurde (außer in den Fällen des § 883 Abs. 3 BGB und bei Grundbuchberichtigung), so dass das Verfahren nicht gem. § 28 ZVG einzustellen ist, obwohl der Dritte aufgrund von § 135 Abs. 2 BGB oder § 878 BGB Eigentümer geworden sein kann. 219 Stöber, ZVG, § 28, Rn. 4. A. A. Böttcher, § 26, Rn. 3; Eickmann, S. 43; ders., in: Steiner, § 28, Rn. 18: Verfahrensaufhebung. 220 Böttcher, § 26, Rn. 3; § 28, Rn. 9; Eickmann, S. 43; ders., in: Steiner, § 28, Rn. 18; Stöber, ZVG, § 28, Rn. 4. 221 Stöber, ZVG, § 28, Rn. 4.

112

Fünftes Kapitel: Prozessuale Rechtsverfolgung

Das Verfahren gem. § 28 ZVG und ein Drittwiderspruchsprozess konkurrieren, wenn der Dritte vor dem Beschlagnahmezeitpunkt, aufgrund Auflassungsvormerkung (§ 883 Abs. 3 BGB) oder im Wege der Grundbuchberichtigung als Eigentümer im Grundbuch eingetragen worden ist. Der Abgrenzung von § 28 ZVG und § 771 ZPO ist zugrunde zu legen, dass einerseits § 28 ZVG der erfolgversprechendere und weniger kosten- sowie risikobelastete Behelf ist, 222 aber andererseits Drittwiderspruchsentscheidungen erneuter Vollstreckung in das Grundstück aus demselben Titel entgegenstehen, und damit die mit einem Vorgehen nach § 771 ZPO erzielbaren Rechtswirkungen über die des § 28 ZVG hinausgehen. Allerdings droht einem Dritten, der als Eigentümer eingetragen ist, ohnehin keine erneute Vollstreckung in das Grundstück (§ 17 ZVG). Grundsätzlich gilt zwar, dass das Rechtsschutzbedürfnis für einen Rechtsbehelf nicht durch die Möglichkeit der Wahl eines anderen Rechtsbehelfs ausgeschlossen wird. 223 Da aber die Rechtsschutzmöglichkeit gem. § 28 ZVG wesentlich einfacher und billiger ist als der Drittwiderspruchprozess, und da sich die Verfahrensergebnisse im wesentlichen gleichen, fehlt für den Drittwiderspruchsprozess auch bei der Anlegung eines strengen Maßstabs224 das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Tatbestand des § 28 ZVG erfüllt ist und der Dritte die Verfahrenseinstellung oder -aufhebung erwirken kann, indem er das Vollstreckungsgericht auf das Grundbuch hinweist. Dasselbe Ergebnis wird erzielt, wenn § 28 ZVG gegenüber § 771 ZPO als speziellere Rechtsdurchsetzungsmöglichkeit angesehen wird, im Anwendungsbereich von § 28 ZVG mithin nicht das Rechtsschutzbedürfnis, sondern die Statthaftigkeit der Drittwiderspruchsklage verneint wird. 225 Sobald eingetragenes Dritteigentum an einem Grundstück der Fortsetzung eines gegen den Vollstreckungsschuldner betriebenen Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahrens entgegensteht, sind Drittwiderspruchsbehelfe gem. § 771 ZPO des Dritten mithin unzulässig.

B. Andere gerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten Das Recht der Drittwiderspruchsklage regelt die Geltendmachung veräußerungshindernder Drittrechte an Vollstreckungsgegenständen weitestgehend umfassend. Die Statthaftigkeit auf Leistung gerichteter Rechtsbehelfe ist stark

222

In diese Richtung auch Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 926: Dritten werde die Erhebung der Drittwiderspruchsklage erspart. 223 Schumann, in: Stein/Jonas, vor § 253, Rn. 105, 108. 224 Schumann, in: Stein/Jonas, vor § 253, Rn. 105, 108. 225 In diesem Sinne Nussbaum, S. 63: „Indessen wird die Anwendung [sc. des § 771 ZPO] auf die ZwVerst. und ZwVerw. erheblich eingeschränkt durch § 28 ZVG“.

B. Andere gerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten

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eingeschränkt (I.). Im übrigen kann der Dritte gegen die Art und Weise der Vollstreckung Einwendungen erheben (II.).

I. Auf Leistung gerichtete Rechtsbehelfe 1. Hauptsacheverfahren Veräußerungshindernde Rechte können nur mit der Drittwiderspruchsklage geltend gemacht werden. Ist die Drittwiderspruchsklage statthaft, dann sind materiellrechtliche Leistungsklagen gegen den Vollstreckungsgläubiger auf Unterlassung, Herausgabe oder Freigabe (z. B. §§ 894, 985, 1004, 1065 BGB) unstatthaft 226 , die auf ein veräußerungshinderndes Recht gestützt werden und das Rechtsschutzziel verfolgen, den betreffenden Gegenstand der Vollstreckung zu entziehen. 227 § 771 ZPO ist im Rahmen seines Anwendungsbereichs eine spezialgesetzliche Regelung, die andere Klagemöglichkeiten im Wege der Gesetzeskonkurrenz verdrängt. 228 Die Leistungsklage bleibt in zwei Fällen statthaft; ein dritter, im Schrifttum befürworteter Fall ist nicht anzuerkennen. a) Vertragliche Ansprüche Von der Spezialität der Drittwiderspruchsklage gegenüber Leistungsklagen unberührt ist eine Leistungsklage, die der Dritte auf eine vertragliche Verpflichtung des Vollstreckungsgläubigers stützt, nicht (weiter) in den betreffenden Gegenstand zu vollstrecken (aa)) und für die Aufhebung getroffener Vollstreckungsmaßnahmen zu sorgen (bb)). Eine solche vertragliche Verpfl ichtung begründet kein veräußerungshinderndes Recht des Dritten am Gegenstand der Vollstreckung. Folglich ist nicht die Drittwiderspruchsklage statthaft. Die Klage des Dritten auf Leistung ist demnach (ggf. kumulativ neben einer auf ein veräußerungshinderndes Recht gestützten Drittwiderspruchsklage) zulässig. 226 A. A. Jauernig, ZZP 66 (1953), 398, 403 ff.; ders./Berger, § 13, Rn. 32: unbegründet. In diese Richtung auch BGHZ 100, 95, 104: neben dem Recht der Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) seien Vindikationsansprüche ausgeschlossen. 227 BGHZ 58, 207, 213; BGH NJW 1989, 2542; RGZ 108, 260, 262; Berg, NJW 1972, 1996; A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 163; Brox/Walker, Rn. 1400; Bruns/Peters, S. 106; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 697; ders., ZZP 85 (1972), 251, 260, Fn. 28; Gerhardt, Grundbegriffe, Rn. 192; ders., Vollstreckungsrecht, S. 214; Henckel, JZ 1973, 32; Herget, in: Zöller, § 771, Rn. 1; Lackmann, in: Musielak, § 771, Rn. 5; ders., Rn. 579; Lippross, Rn. 718; G. Lüke, S. 139; Mohrbutter, S. 134, 148; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 6, Fn. 41, 67; ders., in: Festschrift für Egon Schneider, S. 223, 225 f.; Prütting/Weth, JuS 1988, 505, 507; Putzo, in: Thomas/Putzo, § 771, Rn. 4; Rosener, S. 20 ff.; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 22; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 12; Schmidt-v. Rhein, in: AK ZPO, § 771, Rn. 3; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 771, Rn. 5. 228 RGZ 67, 310, 312; A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 150; Geißler, NJW 1985, 1865, 1871; Götz, S. 73 f.; U. Gottwald, § 771, Rn. 8; Hellwig, System 2, S. 285; Henckel, AcP 174 (1974), 97, 108 f.; Mohrbutter, S. 148; Rosener, S. 21; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 22; Scherl, S. 65 f.; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 12; Schmitz, S. 28.

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Fünftes Kapitel: Prozessuale Rechtsverfolgung

aa) Unterlassung Die Pflicht, nicht oder nicht weiter in den Gegenstand zu vollstrecken, ist eine Unterlassungspflicht; die Vollstreckung oder ihr Fortgang haben zu unterbleiben. Hat der Vollstreckungsgläubiger noch keinen Vollstreckungsantrag gestellt, dann ist die Unterlassungspflicht entweder durch Untätigkeit zu erfüllen, oder indem der Vollstreckungsgläubiger bei der Antragstellung sicherstellt, dass das Vollstreckungsorgan nicht in den Gegenstand vollstreckt, auf den sich die Unterlassungspflicht bezieht. Hat der Vollstreckungsgläubiger bereits einen Vollstreckungsantrag gestellt, dann ist er dazu verpflichtet, den Antrag zurückzunehmen oder dem Vollstreckungsorgan zu erklären, dass es nicht auf den betreffenden Gegenstand zugreifen soll. Auch wenn das Vollstreckungsorgan bereits auf den Gegenstand zugegriffen hat, bleibt die Verpfl ichtung, nicht weiter zu vollstrecken, eine Unterlassungspflicht. 229 Zwar ist der Unterlassungsanspruch in einem solchen Fall stets durch positives Tun zu erfüllen, weil der Vollstreckungsgläubiger auf das Vollstreckungsorgan einwirken muss, damit es die Vollstreckung ruhen lässt. Inhalt einer Unterlassungspflicht kann aber nicht nur Untätigkeit des Schuldners sein. Unterlassungsansprüche sind grundsätzlich Verhinderungsansprüche; der Schuldner hat dafür zu sorgen, dass der zu unterlassende Umstand nicht eintritt. Lässt sich der Eintritt nur durch aktives Eingreifen vermeiden, kann der Unterlassungspfl ichtige auch zu positivem Tun verpflichtet sein. 230 Vorbehaltlich abweichender Vereinbarung über den Inhalt der Unterlassungspflicht umfasst der Anspruch mithin auch die erforderliche Einwirkung auf das Vollstreckungsorgan. Unterlassungsurteile sind nach allgemeinen Regeln gem. §§ 890 ff. ZPO zu vollstrecken, und zwar auch in dem auf positives Tun gerichteten Gebot. 231 Die Unterlassungsvollstreckung ist gem. § 890 ZPO eine Vollstreckung durch mittelbaren Zwang (Ausnahmen: §§ 892 f. ZPO), bei der Verstöße gegen das Unterlassungsgebot durch Ordnungsmittel (Ordnungsgeld oder -haft) geahndet werden. Drohende Ordnungsmittel sollen den Schuldner zur Leistungsbewirkung anhalten. Ordnungsmittel sind anzudrohen. Die Androhung kann bereits in dem Unterlassungsurteil enthalten sein, oder sie ist auf Antrag des Gläubigers 229 Zu den Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen Unterlassungsgeboten, die gem. § 890 ZPO zu vollstrecken sind, und Handlungsgeboten, die gem. §§ 887 f. ZPO zu vollstrecken sind, s. Schilken, in: MüKo ZPO, § 890, Rn. 3; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 890, Rn. 2. Das Ruhenlassen der Vollstreckung ist als Unterlassen zu werten, weil der Schwerpunkt des Gebotes darauf liegt, nicht weiter zu vollstrecken. Dagegen ist die Freigabe (dazu im Anschluss) als Handlung zu werten, die im Wege der Vollstreckung gem. § 894 ZPO durchzusetzen ist, weil der Schwerpunkt des Gebotes auf der Beseitigung der Vollstreckungswirkungen liegt. 230 LG Rostock InVo 2004, 34, 35; Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 204 m. w. N., betr. negatorischen Unterlassungsanspruch. 231 BGH InVo 2003, 447, 449; LG Rostock InVo 2004, 34, 35 betr. negatorischen Unterlassungsanspruch; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 988.

B. Andere gerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten

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vom Prozessgericht des ersten Rechtszuges durch Beschluss auszusprechen (§ 890 Abs. 2 ZPO). Im Fall der Widersetzlichkeit ist der Unterlassungsschuldner auf Antrag des Unterlassungsgläubigers zu angedrohten Ordnungsmitteln zu verurteilen (§ 890 Abs. 1 ZPO). Die Ordnungsmittel sind sodann auf der Grundlage des Ordnungsmittelbeschlusses (§ 891 Satz 1 ZPO) nach Maßgabe der JBeitrO (Ordnungsgeld) oder der §§ 904 ff. ZPO (Ordnungshaft) zu vollstrecken. Auf Antrag des Gläubigers kann der widersetzliche Unterlassungsschuldner auch zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden (§ 890 Abs. 3 ZPO). Die Sicherheitsbestellung ist gem. § 887 ZPO zu vollstrecken. bb) Freigabe Die Verpflichtung, einen Vollstreckungsgegenstand freizugeben, ist eine Vornahmepflicht, darauf gerichtet, dass der Vollstreckungsgläubiger gem. § 843 ZPO, § 1168 BGB oder § 1255 BGB verzichtet, oder dass er dem Vollstreckungsorgan erklärt, es soll Vollstreckungsmaßnahmen aufheben, die den Gegenstand betreffen. Die Verzichtserklärung (§ 843 ZPO, §§ 1168, 1255 BGB) ist eine Willenserklärung; ein Urteil auf Abgabe der Verzichtserklärung ist gem. § 894 ZPO zu vollstrecken. Die Erklärung an das Vollstreckungsorgan ist eine prozessuale Erklärung; Urteile, die ein Gebot der Abgabe einer prozessualen Erklärung enthalten, sind ebenfalls gem. § 894 ZPO zu vollstrecken. 232 Freigabeurteile, die durchweg gem. § 894 ZPO zu vollstrecken sind, sind vor Eintritt der Rechtskraft nicht vollstreckbar. 233 Eine vorläufige Vollstreckung findet nur nach Maßgabe des (bei Freigabeurteilen nicht einschlägigen) § 895 ZPO statt. Folglich ist ein Freigabeurteil nicht vorläufig zu vollstrecken, Vollstreckungswirkungen entstehen nicht vor Rechtskraft des Urteils. Gem. § 894 Abs. 1 Satz 1 ZPO „gilt die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat“. Entgegen dem Anschein dieses Wortlauts bedarf ein rechtskräftiges Freigabeurteil gleichwohl der Umsetzung. Denn bei Erklärungen, die Dritten (hier: Vollstreckungsschuldner, Vollstreckungsorgan) gegenüber abzugeben sind, muss der Gläubiger (Intervenient) diesem Dritten eine Ausfertigung der rechtskräftigen Entscheidung vorlegen. Erst im Zeitpunkt des Zugangs gilt die Erklärung als abgegeben. 234

232

Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 980. BGH NJW-RR 1992, 1339, 1340; Grau, S. 397 ff.; Schilken, in: MüKo ZPO, § 894, Rn. 11. 234 Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 894, Rn. 9. 233

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b) Hauptintervention Eine Hauptintervention (§ 64 ZPO) des Dritten ist zulässig, wenn der Vollstreckungsgläubiger die Herausgabevollstreckung (§ 883 ZPO) aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil betreibt. 235 Mit der Hauptintervention kann der Intervenient Ansprüche zur Geltung bringen, die aus veräußerungshindernden Rechten resultieren (z. B. Herausgabe-, Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche aus dem Eigentum, §§ 985, 1004 BGB). Ein hierauf gegen den Vollstreckungsgläubiger ergehendes Urteil ist keine Entscheidung i. S. v. § 775 ZPO, 236 sondern Leistungsurteil auf Unterlassung der Vollstreckung sowie ggf. Beseitigung beeinträchtigender Vollstreckungswirkungen. Es ist wie ein Leistungsurteil bei vertraglichen Unterlassungs- und Freigabeansprüchen zu vollstrecken. c) Negatorischer Rechtsschutz vor Vollstreckungsbeginn Vor Vollstreckungsbeginn soll ausnahmsweise eine negatorische Unterlassungsklage gegen einen Titelgläubiger zulässig sein, 237 wenn der Drittberechtigte ein berechtigtes Interesse daran hat, den Gegenstand unter allen Umständen aus der Vollstreckung herauszuhalten. 238 Wenn eine solche Klage zulässig ist, ist sie aber stets unbegründet. Denn zu den materiellen 239 Voraussetzungen vorbeugenden negatorischen Unterlassungsrechtsschutzes gehört eine drohende (auch erstmalige) 240 Beeinträchtigung des betroffenen Rechts oder Rechtsguts (bevorstehende Vollstreckung). Eine relevante Erstgefahr besteht, wenn der Eintritt der befürchteten Störung alsbald sicher oder ernsthaft zu erwarten ist. 241 Eine solche konkrete Gefahr für Rechte Dritter, die sich in absehbarer Zeit mit erheblicher Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird, resultiert regelmäßig noch nicht daraus, dass der Gläubiger die Vollstreckung betreiben kann oder bereits beantragt hat. Der Anschein der Zugehörigkeit des betreffenden Gegenstandes zum Schuldnervermögen begründet zunächst die bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung durch einen Vollstreckungszugriff, die nicht hinreichend konkret befürchten lässt, dass auf den Gegenstand des Dritten zugegriffen werden wird. Es bedarf vielmehr bestimmter Anhaltspunkte, 235

A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 164; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 698; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 83; Rosener, S. 27; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 25; Schilken, in: MüKo ZPO, § 64, Rn. 3. 236 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 698; Salzmann, in: Wieczorek/ Schütze, § 771, Rn. 25. 237 So Geißler, NJW 1985, 1865, 1869; Herget, in: Zöller, § 771, Rn. 5; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 58; Schuschke, in: Schuschke/ Walker, § 771, Rn. 5, Fn. 19. 238 So Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 771, Rn. 5, Fn. 19. 239 Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 208; Medicus, in: MüKo BGB, § 1004, Rn. 97. 240 S. 497 f. 241 Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 207. S. ferner S. 497 f.

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die es wahrscheinlich machen, dass gerade der Gegenstand aus dem Vermögen des Dritten von der Vollstreckung erfasst werden wird. Grundsätzlich steht der Vollstreckungsgegenstand aber erst mit dem Vollstreckungsbeginn durch Pfändung oder Beschlagnahme fest. Ausnahmsweise, wenn die Vollstreckung von vornherein auf einen bestimmten Gegenstand gerichtet ist, besteht allerdings schon bei unmittelbar bevorstehender Vollstreckung eine konkrete Gefahr der Beeinträchtigung gerade des Vermögensgegenstandes des Dritten (sub A. I. 1. a)). Nur in solchen Fällen ernsthaft und konkret drohender Vollstreckung in den Gegenstand eines Drittberechtigten kann eine Unterlassungsklage begründet sein. In den genannten Fällen ist die Drittwiderspruchsklage aber durchweg ausnahmsweise bereits vor Vollstreckungsbeginn zulässig (sub A. I. 1. a)). Folglich wird eine Unterlassungsklage aufgrund der Spezialität der Drittwiderspruchsklage unzulässig, sobald die materiellrechtliche Anspruchsvoraussetzung der Beeinträchtigungsgefahr (durch die drohende Vollstreckung) erfüllt ist. 2. Verfügungsverfahren Einstweilige Verfügungen (§§ 935, 940 ZPO), mit denen Ziele erstrebt werden, die mit einer einstweiligen Anordnung (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) erreicht werden können, sind unstatthaft, weil § 769 ZPO in seinem Anwendungsbereich die speziellere Norm ist. 242 Zwei Fallgestaltungen liegen außerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO, so dass keine Spezialität gilt und einstweilige Verfügungen statthaft sind. Außerdem kann der Hauptintervenient Eilrechtsschutz im Verfügungsverfahren erlangen. a) Anordnungsverfügung vor Vollstreckungsbeginn Zugunsten des Inhabers eines veräußerungshindernden Rechts kann vor Vollstreckungsbeginn eine einstweilige Verfügung ergehen, die den Beginn der Vollstreckung in den umstrittenen Gegenstand verhindert (sub A. I. 1. b)). Auf der Rechtsfolgenseite, beim Verfügungsinhalt (§ 938 ZPO) ist zu beachten, dass die Verfügung die Lücke schließt, die § 769 ZPO im Recht der Drittwiderspruchsklage (und der Vollstreckungsgegenklage) lässt. In Anbetracht dessen soll die einstweilige Verfügung mit einem einstweiligen Anordnungen gem. § 769 ZPO entsprechenden Inhalt als Anordnungsverfügung ergehen, die das Vollstreckungsorgan anweist, nach Sachlage näher zu bezeichnende Vollstre242

Baumbach/Lauterbach, § 771, Rn. 13, § 769, Rn. 7; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 647; Guyot, S. 9 ff.; Hein, S. 143; Heinze, in: MüKo ZPO, § 938, Rn. 35; Münzberg, in: Stein/Jonas, vor § 704, Rn. 96 f.; ders., in: Festschrift für Egon Schneider, S. 223, 226; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 1022; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 771, Rn. 45; Walsmann, in: v. Seuffert/Walsmann, § 771, Anm. 8. Ferner Herget, in: Zöller, § 771, Rn. 21; § 769, Rn. 2; K. Schmidt, in: MüKo ZPO § 769, Rn. 8: fehlendes Rechtsschutzbedürfnis.

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ckungsmaßnahmen, die das geltend gemachte Drittrecht beeinträchtigen würden, gegen oder ohne Sicherheitsleistung des Intervenienten (§§ 936, 921 ZPO) nicht durchzuführen, d. h., die Vollstreckung auf andere Gegenstände zu beschränken. Der Umweg über eine Unterlassungsverfügung ist nicht erforderlich. 243 Das freie Ermessen des Gerichts (§ 938 ZPO) ermöglicht auch Entscheidungen, die Gebote an staatliche Organe enthalten (Anordnungsverfügung, vgl. § 941 ZPO, §§ 885 Abs. 1, 899 Abs. 2 BGB). Anordnungsverfügungen sind gem. § 775 Nr. 2 ZPO zu vollziehen. b) Vertragliche Ansprüche Vertragliche Ansprüche Dritter gegen den Vollstreckungsgläubiger, nicht (weiter) in den betreffenden Gegenstand zu vollstrecken und ggf. für die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen zu sorgen, können im Verfügungsverfahren geltend gemacht werden. Die Verfügung ist auf Leistung zu richten. Anders als in Verfügungsverfahren, in denen Dritte veräußerungshindernde Rechte vor Vollstreckungsbeginn zur Geltung bringen, wäre der Erlass einer gem. § 775 Nr. 2 ZPO zu vollziehenden Anordnungsverfügung zugunsten eines Dritten, der vertragliche Ansprüche geltend macht, ermessensfehlerhaft i. S. v. § 938 Abs. 1 ZPO. 244 Denn eine Anordnungsverfügung wäre nicht „zur Erreichung des Zwecks erforderlich“. Zweck des Verfügungsverfahrens ist es, einen bestehenden Streit durch eine vorläufige Zwischenregelung zu überbrücken. 245 Zur Erreichung dieses Zwecks sind Maßnahmen, deren Wirkung über das mit der Hauptsache zu verfolgende Ziel des Verfügungsanspruchs hinausgehen, nicht erforderlich. Das Anspruchsziel ist die äußerste Grenze des Erforderlichen, weiterreichende Verfügungsinhalte sind übermäßig. Eine Anordnung, die gem. § 775 Nr. 2 ZPO unmittelbare Einwirkung auf die Vollstreckung ermöglicht, würde über den Inhalt des Verfügungsanspruchs hinausgehen und weiter reichen als die Wirkung einer gem. §§ 890, 894 ZPO zu vollstreckenden Hauptsachentscheidung über den Verfügungsanspruch. Sie wäre übermäßig. Verfügungsansprüche, nicht oder nicht weiter in den Gegenstand zu vollstrecken, sind Unterlassungsansprüche, und zwar auch, soweit sie zum Tätigwerden verpflichten (sub B. I. 1. a) aa)). Daher ist eine Unterlassungsverfügung zu erlassen, die gem. § 890 ZPO zu vollziehen ist. Eine solche Unterlassungsverfügung ist eine Befriedigungsverfügung, die zulässig ist, wenn dem Dritten

243

A. A. Grunsky, in: Stein/Jonas, § 938, Rn. 28: Abwendung der Gefahr, dass ein gegen einen Dritten ergangenes Urteil vollstreckt wird, durch ein gegen den Gegner gerichtetes Verbot, das Urteil zu vollstrecken. 244 Zum Ermessen in § 938 Abs. 1 ZPO Heinze, in: MüKo ZPO, § 938, Rn. 6; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 1012. 245 Schilken, Befriedigung, S. 63.

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wesentliche Nachteile drohen. 246 Die erforderliche Einstweiligkeit der Maßnahme 247 ist durch Anbindung der Maßnahme an das Hauptsacheverfahren herzustellen. Dazu hat das Gericht, wenn die Hauptsache noch nicht anhängig ist, die Maßnahme mit einer Frist zu versehen, innerhalb derer dem Verfügungsgläubiger die Erhebung der Hauptsacheklage obliegt. Widrigenfalls tritt die einstweilige Verfügung außer Kraft. 248 Der Verfügungsanspruch, die Freigabe zu erklären, enthält eine Vornahmepflicht zur Abgabe einer Willenserklärung oder einer prozessualen Erklärung (sub B. I 1. a) bb)). Daher kommt der Erlass einer einstweilige Verfügung in Betracht, die dem Vollstreckungsgläubiger als Verfügungsschuldner gebietet, er habe den Verzicht (§ 843 ZPO, §§ 1168, 1255 BGB) zu erklären oder dem Vollstreckungsorgan zu erklären, es möge den Gegenstand freigeben. Die Zulässigkeit solcher Leistungsverfügungen ist umstritten. In der Rechtsprechung und im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, die Abgabe von Willenserklärungen (§ 894 ZPO), zu denen auch prozessuale Erklärungen zählen, 249 könne nicht Gegenstand einer einstweiligen Verfügung sein. 250 Anderer Ansicht nach ist zu differenzieren. Einstweilige Verfügungen auf Abgabe einer Willenserklärung seien bei endgültigen Regelungen unzulässig, aber bei vorläufiger Regelung oder Sicherung zulässig. Eine vorläufig wirkende Willenserklärung gelte mit formeller Rechtskraft des Verfügungsurteils als abgegeben (§ 894 Abs. 1 ZPO). 251 Einstweilige Verfügungen auf Abgabe einer Willenserklärungen seien zumal zulässig, „wenn . . . die begehrte einstw. Verfügung ohnehin nichts weiter als der Versuch der Vollziehung einer vergleichsweise einstw. Regelung sein soll“. 252 Demnach ist jedenfalls eine einstweilige Verfügung auf Abgabe der Erklärung zulässig, das Vollstreckungsorgan möge die begonnene Vollstreckung ruhen lassen, d. h. getroffene Vollstreckungsmaßnahmen aufrechterhalten, die Vollstreckung aber nicht fortsetzen. Eine solche Regelung wirkt vorläufig und ist reversibel. Indes wird sie typischerweise dem Zweck einer vertraglichen Regelung zwischen Drittem und Vollstreckungsgläubiger nicht gerecht, die nach dem Auftreten der Streitigkeit einen Zwischenvergleich (auf Freigabe, Verwertung und Hinterlegung des Erlöses zu treuen Händen) geschlossen haben, damit der Vollstreckungsgegenstand nicht in der Verstrickung durch Zeitablauf 246

Das Prinzip der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes lässt vorläufige befriedigende Maßnahmen zu, wenn dem Antragsteller wesentliche Nachteile drohen, Schilken, Befriedigung, S. 113. 247 Heinze, in: MüKo ZPO, § 938, Rn. 12 f. 248 Heinze, in: MüKo ZPO, § 938, Rn. 18 f. 249 Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 980. 250 OLG Hamburg NJW-RR 1991, 382 betr. Gestaltungsrechte; Heinze, in: MüKo ZPO, § 935, Rn. 11 („im Regelfall“); Jauernig, ZZP 79 (1966), 321, 341 ff.; Schilken, in: Rosenberg/ Gaul/Schilken, S. 1019. 251 OLG Stuttgart NJW 1973, 908. 252 OLG Frankfurt MDR 1954, 686, 687.

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wertlos wird. Das Ruhen der Vollstreckung läuft dieser Zwecksetzung sogar zuwider. Daher ist in solchen Fällen auch eine einstweilige Verfügung zulässig, die den Vollstreckungsgläubiger – ggf. gegen Sicherheitsleistung des Intervenienten (§§ 936, 921 ZPO) – anweist, den Verzicht oder die Freigabe zu erklären, damit der Zwischenvergleich, verstanden als Inbegriff einer einstweiligen Regelung des Streits über den Vollstreckungsgegenstand, vollzogen werden kann. Die Einstweiligkeit ist, wie auch sonst bei Befriedigungsverfügungen, durch Anbindung der Maßnahme an das Hauptsacheverfahren – ggf. durch Fristsetzung zur Erhebung der Hauptsacheklage – zu gewährleisten. 253 Gegen die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung, die Freigabe zu erklären, sprechen keine grundlegenden Bedenken. Insbesondere ergeben sich aus dem Rechtskrafterfordernis des § 894 ZPO keine besonderen Einschränkungen für einstweilige Verfügungen. 254 Einstweilige Verfügungen auf Abgabe einer Willenserklärung sind nicht gem. § 894 ZPO zu vollstrecken, 255 sondern gem. § 888 ZPO durch Einwirkung auf den Verfügungsschuldner. 256 Wie die Unterlassungsvollstreckung (§ 890 Abs. 1, 2 ZPO) verwirklicht die Vollstreckung gem. § 888 ZPO den titulierten Anspruch mittelbar durch Beeinflussung des Schuldners. Der widersetzliche257 Schuldner einer unvertretbaren Handlung ist auf Gläubigerantrag durch Beschluss (§ 891 Satz 1 ZPO) zur Vornahme der Handlung durch Zwangsmittel anzuhalten (§ 888 Abs. 1 ZPO). Anders als bei der Unterlassungsvollstreckung (§ 890 Abs. 2 ZPO) unterbleibt eine Androhung (§ 888 Abs. 2 ZPO). c) Hauptintervention Im Verfahren gem. § 64 ZPO können keine einstweiligen Anordnungen (§ 769 ZPO) ergehen. 258 Eilrechtsschutz ist durch einstweilige Verfügung (§§ 935, 938 ZPO) zu gewähren. 259

II. Vollstreckungserinnerung Trotz der gesetzlichen Formalisierung der Zugriffstatbestände in der Zwangsvollstreckung kann die Vollstreckung in einen Gegenstand, an dem ein Dritter ein veräußerungshinderndes Recht hat, verfahrensfehlerhaft sein. Verfahrensfehlerhaft ist die Pfändung einer Sache, die offensichtlich nicht zum Vermögen 253

Heinze, in: MüKo ZPO, § 938, Rn. 18 f. Grau, S. 522 ff. 255 Grau, S. 522 ff.; Jauernig, NJW 1973, 1671, 1673. 256 Grau, S. 534 ff. A. A. Jauernig, NJW 1973, 1671, 1673: mit Vollzug der Verfügung durch Bekanntgabe an den Verfügungsbeklagten gelte die Erklärung als abgegeben. 257 Putzo, in: Thomas/Putzo, § 888, Rn. 7. 258 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 698; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 83; Salzmann, in: Wieczorek/ Schütze, § 771, Rn. 25. 259 Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 83; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 25. 254

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des Vollstreckungsschuldners gehört, 260 oder die Pfändung einer Forderung, deren Gläubiger der Vollstreckungsschuldner bereits nach der Antragsbegründung nicht sein kann. 261 Auch ein vertragswidriger Vollstreckungsauftrag kann verfahrensfehlerhaft sein, und zwar dann, wenn eine Vereinbarung zwischen dem Vollstreckungsgläubiger und einem Dritten keinen verpfl ichtenden, sondern verfügenden vollstreckungsbeschränkenden Inhalt hat und der Dritte die Vollstreckungsbeschränkung geltend macht. Verfahrensfehlerhaft ist es auch, wenn das Vollstreckungsorgan die Vollstreckung entgegen § 775 ZPO fortsetzt. Gegen verfahrensfehlerhafte Vollstreckungsmaßnahmen kann sich ein Drittberechtigter mit der Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) wehren. 262 Die Rechtsbehelfe gem. §§ 766, 771 ZPO können ggf. nebeneinander (alternativ oder kumulativ) geltend gemacht werden. 263 Der Dritte ist nicht zuletzt im Hinblick auf § 839 BGB, Art. 34 GG gehalten, Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) zu erheben, da andernfalls regelmäßig keine Amtshaftung besteht (§ 839 Abs. 3 BGB). 264 Mit dem Rechtsbehelf der Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO), die gegen eine verfahrensfehlerhafte Vollstreckung gerichtet ist, bringt der Dritte sein veräußerungshinderndes Recht allenfalls mittelbar zur Geltung. Denn die Prüfung und Beachtung von Drittrechten ist nicht Rechtmäßigkeitsvoraussetzung von Vollstreckungsmaßnahmen, die Vollstreckung in Gegenstände Dritter ist nur unzulässig, wenn die Drittberechtigung offensichtlich ist. Rechtsschutz Dritter gegen verfahrensfehlerhafte Vollstreckung findet seine Grundlage daher nicht vorrangig im Drittrecht. So schützt etwa § 809 ZPO, bei dessen Verletzung ein Drittberechtigter die Vollstreckungserinnerung erheben kann, in erster Linie den tatsächlichen Herrschaftsbereich und den Justizanspruch des Dritten, 265 und eine Missachtung von § 775 ZPO ist nicht verfahrensfehlerhaft, weil sie ein Drittrecht verletzt, sondern weil eine Entscheidung unbeachtet geblieben ist, deretwegen die Vollstreckung einzustellen ist. Den weitgehend nicht drittrechtsspezifischen Einwirkungen Dritter auf verfahrensfehlerhafte

260 Gaul, Rpfleger 1971, 81, 91; Prütting/Weth, JuS 1988, 505, 506; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 793; ders., in: MüKo ZPO, § 808, Rn. 11. 261 Brehm, in Stein/Jonas, § 829, Rn. 38; Gaul, Rpfleger 1971, 81, 91; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 842. 262 Baumann/Brehm, S. 206; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 697; Geißler, NJW 1985, 1865, 1871; Jauernig/Berger, § 13, Rn. 32; John, S. 47 f.; Kleinfeller, S. 628; Mohrbutter, S. 134; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 81; Sohm, S. 48. 263 Geißler, NJW 1985, 1865, 1871; Jauernig/Berger, § 13, Rn. 32; Mohrbutter, S. 148; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 766, Rn. 60; § 771, Rn. 81; Prütting/Weth, JuS 1988, 505, 506; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 766, Rn. 17; § 771, Rn. 17; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 9; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 771, Rn. 4. 264 Zur Amtshaftung wegen verfahrensfehlerhafter Vollstreckung in Gegenstände Dritter s. Haertlein, DGVZ 2002, 81, 82 f. 265 Schilken, DGVZ 1986, 145, 148.

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Zwangsvollstreckung im Wege des § 766 ZPO wird daher im folgenden nicht weiter nachgegangen. Im übrigen wird die Beeinträchtigung von Drittrechten typischerweise nicht durch Verfahrensfehler verursacht, sondern wegen der notwendigerweise gegenüber Drittrechten rücksichtslosen Verfahrensregeln gerade durch eine verfahrensgemäße Vollstreckung. Drittrechte werden in der Zwangsvollstreckung nur anhand ihres publizistischen Ausweises geprüft (und bei der Forderungsvollstreckung nicht einmal dies), und ein Übergriff in Drittrechte, dem eine solche Prüfung voranging, ist verfahrensmäßig einwandfrei. Die Vollstreckungserinnerung ist in solchen Fällen unbegründet.

C. Rechtskraft Feststellungen, die Gegenstand rechtskräftiger Entscheidungen im Interventionsrechtsstreit waren, können im Haftungsrechtsstreit des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten präjudiziell wirken. Die materielle Rechtskraft bewirkt ein Widerspruchsverbot für Folgeprozesse, in denen der Gegenstand der rechtskräftigen Erstentscheidung Vorfrage für die Entscheidung eines Zweitprozesses mit abweichendem Streitgegenstand ist. 266 Die Unbegründetheit einer Intervention kann im Schadensersatzprozess des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten Vorfrage für verschuldensabhängige Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten sein. Außerdem können veräußerungshindernde Rechte und Ansprüche Rechtsgrund von Bereicherungsvorgängen und damit Vorfragen von Entscheidungen über Kondiktionsansprüche sein. Demnach können rechtskräftige Interventionsentscheidungen als präjudizielle Entscheidungen Bindungswirkungen in Rechtsstreitigkeiten um die Haftung des Intervenienten gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger haben, die nur durch Wiederaufnahme des Verfahrens (§§ 578 ff. ZPO) beseitigt werden können.

I. Drittwiderspruchsurteil Ein rechtskräftig stattgebendes Drittwiderspruchsurteil stellt das Abwehrrecht des Interventionsklägers267 sowie die Unzulässigkeit und Unberechtigtheit der Vollstreckung in den betreffenden Gegenstand bindend fest. 268 Daher darf der 266

Schilken, Zivilprozess, Rn. 1030. Bruns/Peters, S. 106; Jauernig, ZZP 66 (1953), 398, 404; Lackmann, in: Musielak, § 771, Rn. 38; Müller, DGVZ 1976, 1, 4; Putzo, in: Thomas/Putzo, § 771, Rn. 13; Rosener, S. 12; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 79. 268 RGZ 70, 25, 27; Gaul, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Band III, S. 521, 533; ders., in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 693; U. Gottwald, § 771, Rn. 48. Ferner Lackmann, in: Musie267

C. Rechtskraft

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Intervenient nach einem rechtskräftig stattgebenden Drittwiderspruchsurteil im Folgerechtsstreit mit umgekehrten Parteirollen nicht wegen Verschuldenshaftung zum Ersatz von Schäden verurteilt werden, die durch die Vollstreckungsabwehr eingetreten sind. Denn die Intervention gilt wegen des Abwehrrechts als nicht rechtswidrig. Das veräußerungshindernde Recht ist hingegen weder Streit- noch Entscheidungsgegenstand eines Drittwiderspruchsurteils. 269 Die Parteien sind gehalten, Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs. 2 ZPO) über die Berechtigung oder Nichtberechtigung des Intervenienten zu erheben. 270

II. Leistungsurteil Bei einem rechtskräftigen Leistungsurteil erwächst die Entscheidung über den erhobenen Anspruch in materielle Rechtskraft (§ 322 Abs. 1 ZPO). Nach rechtskräftiger Stattgabe einer Leistungsklage des Intervenienten steht daher in einem Folgerechtsstreit mit umgekehrtem Rubrum fest, dass der Intervenient ein Recht auf Unterlassung und Freigabe hatte. Der Intervenient darf daher nicht aus Verschuldenshaftung zum Ersatz von Unterlassungs- und Freigabeschäden des Vollstreckungsgläubigers verurteilt werden. Soweit der eingeklagte Anspruch den Rechtsgrund einer Bereicherung des Intervenienten bildet, ist er für einen Folgeprozess mit umgekehrten Parteirollen durch die Rechtskraft eines stattgebenden Leistungsurteils als bestehend und durch die Rechtskraft eines als unbegründet abweisenden Leistungsurteils als nicht bestehend präjudiziert. Feststellungen über das Recht oder Rechtsverhältnis, das dem Anspruch zugrunde liegt (z. B. ein Zwischenvergleich), bilden nur ein Entscheidungselement und erwachsen nicht in Rechtskraft. Die Parteien sind gehalten, Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs. 2 ZPO) zu erheben.

III. Einstweilige Verfügung Ob und inwieweit in Arrest- und Verfügungsverfahren ergangene Entscheidungen (§§ 936, 922 ZPO) in materielle Rechtskraft erwachsen, ist umstritten. 271 Die Streitpunkte betreffen die materielle Rechtskraftwirkung gegenüber weiteren Entscheidungen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sowie lak, § 771, Rn. 38; Prütting/Weth, JuS 1988, 505, 508; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 21. 269 RGZ 81, 190, 191; RGZ 70, 25, 27; Bettermann, in: Festschrift für Friedrich Weber, S. 87, 91; A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 162; Bötticher, in: Festschrift für Hans Dölle, S. 41, 60; Gaul, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Band III, S. 521, 532; ders., in: Rosenberg/Gaul/ Schilken, S. 692; Hein, S. 123; Jauernig, ZZP 66 (1953), 398, 403 f.; Mohrbutter, S. 148; Müller, DGVZ 1976, 1, 4. 270 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 697 f. 271 Überblick bei Heinze, in: MüKo ZPO, § 923, Rn. 27 m. w. N.

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bei Wiederholung eines abgewiesenen Eilantrags, der nicht auf neue Tatsachen gestützt wird. Hingegen besteht Einigkeit, dass eine Arrest- oder Verfügungsentscheidung nicht den Richter des Hauptsacheverfahrens bindet, weil Streitgegenstand des Arrest- und Verfügungsverfahrens nicht der Anspruch selbst ist, sondern die Zulässigkeit einer zwangsweisen Sicherung. Erst recht entfalten Arrest- und Verfügungsentscheidungen keine materielle Rechtskraft gegenüber Folgestreitigkeiten (über die Haftung des Intervenienten) des Hauptsacheverfahrens (über die Intervention).

IV. Feststellungsurteil Solange der Intervenient nicht Drittwiderspruchsklage erhoben hat, ist eine isolierte negative Feststellungsklage des Vollstreckungsgläubigers (Feststellung des fehlenden Widerspruchsrechts) zulässig. 272 Ein rechtskräftiges stattgebendes Urteil stellt präjudiziell fest, dass der Intervenient nicht widerspruchsberechtigt ist. Bei rechtskräftiger Klageabweisung als unbegründet steht die Widerspruchsberechtigung des Intervenienten präjudiziell fest. Die Bindungswirkung im Folgeprozess des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten ist damit die gleiche wie nach einem rechtskräftigen Drittwiderspruchsurteil.

V. Keine Präjudizialität bei Verletzung der Stillhalteverpflichtung Die Rechtskraft eines stattgebenden Drittwiderspruchsurteils wirkt nicht prajudiziell auf einen Schadensersatzprozess mit umgekehrten Parteirollen, in dem der Vollstreckungsgläubiger Schadensersatz wegen der Verletzung einer vertraglichen Stillhaltepflicht des Intervenienten verlangt. Wie erinnerlich (sub A. I. 2. b) bb)) hat eine Vereinbarung zwischen dem Vollstreckungsgläubiger und dem Dritten, wonach dieser keine verwertungsbehindernden Maßnahmen ergreifen wird, auf das Widerspruchsrecht des Intervenienten und die Begründetheit eines Drittwiderspruchsbegehrs in der Hauptsache keine Auswirkungen. Umgekehrt können Zuwiderhandlungen gegen die Stillhaltevereinbarung unabhängig von der Begründetheit oder Unbegründetheit der Intervention in der Hauptsache Schadensersatzansprüche des Vollstreckungsgläubigers auslösen.

272 A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 163; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 698; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 82; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 14.

Sechstes Kapitel:

Schiedsrechtliche Rechtsverfolgung Für das schiedsrichterliche Verfahren über einen Drittwiderspruchsrechtsstreit1 gilt folgendes.

A. Gerichtliche einstweilige Anordnungen und einstweilige Verfügungen Gerichtliche einstweilige Anordnungen (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) sowie Anordnungsverfügungen (§§ 935, 940 ZPO) bleiben auch zulässig, wenn über den Streitgegenstand der Drittwiderspruchsklage eine Schiedsvereinbarung geschlossen ist (§ 1033 ZPO). Nach einem Antrag gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO oder einem Verfügungsantrag dürfen einstweilige Maßnahmen des Schiedsgerichts nicht mehr für vollziehbar erklärt werden (§ 1041 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

B. Schiedsgerichtliche Maßnahmen einstweiligen Rechtsschutzes Das Schiedsgericht kann auf Antrag Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes erlassen (§ 1041 Abs. 1 ZPO), deren Vollziehung vom zuständigen (§ 1062 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) Gericht zugelassen werden kann (§ 1041 Abs. 2 ZPO). Aufgrund der Exequaturentscheidung können die Maßnahmen vollzogen werden. Die durch das Exequatur eingetretenen Entscheidungswirkungen enden, sofern sie nicht bereits im Titel befristet sind, nur aufgrund einer Aufhebungsentscheidung durch das Exequaturgericht (§§ 1041 Abs. 3, 1062 Abs. 1 Nr. 3 ZPO).

C. Schiedsspruch Das schiedsrichterliche Verfahren beginnt mit dem Vorlageantrag (§ 1044 ZPO). Das Schiedsgericht entscheidet über die Klage (§ 1046 ZPO) abschließend durch Schiedsspruch. Die Vollstreckung fi ndet aus der für vorläufig voll1

Zur Schiedsfähigkeit von Drittwiderspruchsstreitigkeiten S. 31.

126

Sechstes Kapitel: Schiedsrechtliche Rechtsverfolgung

streckbar erklärten Exequaturentscheidung (§ 1064 Abs. 2 ZPO) oder dem rechtskräftigen vollstreckbaren Schiedsspruch (§§ 1060, 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) statt (§ 794 Abs. 1 Nr. 4a ZPO). Der Exequaturbeschluss ist mit der Rechtsbeschwerde zum BGH anfechtbar (§ 1065 ZPO), auf die hin die Vollstreckbarkeitserklärung aufgehoben werden kann. 2

D. Inhalt schiedsgerichtlicher Entscheidungen Umstritten ist, welchen Inhalt ein Drittwiderspruchsschiedsspruch und einstweilige Maßnahmen in Bezug auf den Streitgegenstand einer Drittwiderspruchsklage haben können. Drittwiderspruchsschiedssprüche könnten wie Drittwiderspruchsurteile die Vollstreckung für unzulässig erklären, und Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes könnten wie einstweilige Anordnungen (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) und Anordnungsverfügungen (§§ 935, 940 ZPO) die Beschränkung oder Einstellung der Vollstreckung, Sicherheitsleistung oder die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln anordnen. Solche schiedsgerichtlichen Entscheidungen wären dann gem. §§ 775 f. ZPO zu vollstrecken (vollziehen).3 Der Zulässigkeit von Schiedssprüchen, die sich nicht mit einem Gebot an die unterlegene Partei wenden, sondern Weisungen enthalten, die von den Vollstreckungsorganen zu beachten sein sollen, werden indes Bedenken entgegengebracht, die gleichermaßen für Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gelten. Schiedsrichterliche Entscheidungen mit Anordnungsinhalt sollen unzulässig sein, weil es mit dem privaten Charakter der Schiedsgerichtsbarkeit unvereinbar sei, dass durch einen Schiedsspruch Anordnungen an staatliche Vollstreckungsorgane erlassen werden. Der Umstand, dass der Schiedsspruch durch das staatliche Gericht für vollstreckbar erklärt werden muss, vermöge dieses Bedenken nicht zu entkräften, weil die Vollstreckbarerklärung einem Schiedsspruch nicht den Charakter eines von einem staatlichen Gericht erlassenen Urteils verleihe. 4 Schiedsrichterliche Entscheidungen müssten dann auf Unterlassung von Vollstreckungsmaßnahmen, Herbeiführung des Vollstreckungsstillstandes und Freigabe des Vollstreckungsgegenstandes lauten. Schiedssprüche wären §§ 890, 894 ZPO zu vollstrecken, Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes wären gem. §§ 888, 890 ZPO zu vollziehen. Der Einwand des privaten Charakters der Schiedsgerichtsbarkeit gegenüber Anordnungswirkungen in Schiedssprüchen, der den Umweg über eine Unterlassungs- und 2

Münch, in: MüKo ZPO, § 1065, Rn. 12. So Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 5; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 775, Rn. 10. 4 So Schwab, ZZP 100 (1987), 456, 457 betr. die Vollstreckungsgegenklage. Ebenso ders./ Walter, Kap. 7, Rn. 15 betr. die Drittwiderspruchsklage: „. . . weil ein privater Schiedsrichter keine Anordnung an das staatliche Vollstreckungs- . . . Gericht erteilen kann“. 3

E. Rechtskraft

127

Freigabeentscheidung erforderlich macht, ist allerdings zweifelhaft. Denn die Verbindlichkeit der Anordnungswirkung folgt nicht aus dem Schiedsspruch, sondern aus der gerichtlichen Vollstreckbarkeitserklärung bzw. Zulassung der Vollziehbarkeit. 5 Es sollte daher unschädlich sein, dass die Vollstreckbarerklärung dem Schiedsspruch nicht den Charakter eines von einem staatlichen Gericht erlassenen Urteils verleiht. Schiedssprüche und Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes über den Gegenstand eines Drittwiderspruchs können folglich gefasst werden wie die entsprechende gerichtliche Entscheidung zu fassen wäre. Sobald die Vollziehung zugelassen bzw. die (vorläufige) Vollstreckbarkeit erklärt ist, sind solche schiedsrichterlichen Entscheidungen gem. §§ 775 f. ZPO beachtlich. Um die Einwirkung auf Vollstreckungsmaßnahmen gemäß § 775 Nr. 1 ZPO zu gewährleisten ist es indes entgegen der Auffassung des BGH6 weder erforderlich, noch ist es bei Schiedssprüchen zulässig, dass die Vollstreckbarerklärung mit einem Ausspruch über die Unzulässigkeit der Vollstreckung verbunden wird (anders bei Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes, § 1041 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Denn wenn der Schiedsspruch die Unzulässigkeit der Vollstreckung ausspricht, dann ist eine solche Ergänzung überflüssig, weil die Beachtlichkeit des Ausspruchs bereits aus der Vollstreckbarkeitserklärung selbst resultiert. Das Exequatur ist in einem solchen Fall so gemeint und zu verstehen, dass der Schiedsspruch nun wie eine gerichtliche Entscheidung mit Anordnungswirkung zu beachten ist. Unzulässig ist die Ergänzung der Vollstreckbarkeitserklärung eines Schiedsspruchs, weil sie, wenn sie nötig ist (wenn der Schiedsspruch die Unzulässigkeit der Vollstreckung nicht ausspricht), eine sachliche Entscheidung im Bezug auf den Gegenstand der Schiedsvereinbarung ist, die (im Gegensatz zu Exequaturentscheidungen gem. § 1041 Abs. 2 Satz 2 ZPO) gesetzlich nicht vorgesehen ist (§§ 1063 f. ZPO).

E. Rechtskraft Die Rechtskraftwirkung inter partes eines Schiedsspruchs (§ 1055 ZPO) steht der Rechtskraftwirkung eines gerichtlichen Urteils grundsätzlich 7 sowie namentlich im Hinblick auf die Präjudizialität 8 gleich. Daher präjudiziert ein Drittwiderspruchsschiedsspruch die Haftung des Intervenienten in gleicher Weise wie ein rechtskräftiges Drittwiderspruchsurteil.9 Die rechtskräftige 5 Ebenso BGHZ 99, 143, 146 betr. die Vollstreckungsgegenklage gegen einen vollstreckbar erklärten Schiedsspruch oder Schiedsvergleich. 6 BGHZ 99, 143, 148. 7 Loritz, ZZP 105 (1992), 1, 11 ff. m. w. N. 8 Münch, in: MüKo ZPO, § 1055, Rn. 9. 9 Dazu S. 122 f.

128

Sechstes Kapitel: Schiedsrechtliche Rechtsverfolgung

Vollstreckbarkeitserklärung eines Schiedsspruchs enthält hingegen keine eigene Anerkennung des Schiedsspruchs. Die Rechtskraftwirkung eines rechtskräftig vollstreckbaren Schiedsspruchs ist diejenige des Schiedsspruchs (§ 1055 ZPO).10

10

Münch, in: MüKo ZPO, § 1060, Rn. 1.

Siebtes Kapitel:

Zusammenfassung Der Untersuchung der Haftung nach einer unbegründeten Intervention ist nicht „die Intervention“ als Inbegriff, sondern die Vielgestaltigkeit der Erscheinungsformen von Angriffen Dritter auf die Vollstreckung in bestimmte Gegenstände zugrunde zu legen. Die Erscheinungsformen der Intervention lassen sich nach Art, Verlauf und Wirkung sowie dem Stadium der Geltendmachung von Drittrechten in die folgenden Fallgruppen einteilen. (1) Außerprozessuale Rechtsverfolgung1 durch Darlegung der Sach- und Rechtslage, die der Vollstreckung entgegensteht (Widerspruchsrecht, vertragliche oder gesetzliche Unterlassungs- und Freigabeansprüche) sowie ggf. Leistung einer vertraglichen Sicherheit durch den Intervenienten: Vollstreckungsgläubiger unterlässt (wegen drohender Haftung) 2 die Vollstreckung in den betreffenden Gegenstand, er lässt sie ruhen oder gibt den Gegenstand frei.3 (2) Klageerhebung oder Antragstellung auf Eilrechtsschutz: Vollstreckungsgläubiger unterlässt (wegen drohender Haftung) die Vollstreckung in den betreffenden Gegenstand, er lässt sie ruhen oder gibt den Gegenstand frei.4 (3) Erwirkung einer einstweiligen Anordnung vor Urteilserlass (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) 5 mit dem Inhalt, dass bis zum Erlass des Urteils die Vollstreckung in den Drittrechtsgegenstand gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder (eingestellt und) nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde, und dass ggf. Vollstreckungsmaßregeln gegen oder ohne (§ 771 Abs. 3 Satz 2 ZPO) Sicherheitsleistung aufgehoben werden (§§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO), sowie ggf. Sicherheitsleistung des Intervenienten: bei Aufhebungsanordnung: Zwangshypothek wird Eigentümergrundschuld (§ 868 Abs. 2 ZPO, § 1177 BGB); 6 Vollstreckungsgläubiger (Anordnungsschuldner) handelt (wegen drohender Haftung und unter dem Eindruck drohender Vollziehung) im Einklang mit dem Anordnungsinhalt (Ruhen, Freigabe, Sicherheitsleistung).

1

S. 25. Haftung des Vollstreckungsgläubigers wegen verzögerter Freigabe (S. 25). Der Haftungsdruck entsteht, sobald der Intervenient den Vollstreckungsgläubiger erstmals hinreichend aufgeklärt hat. 3 S. 25–30. 4 S. 32 f. 5 S. 41 f. 6 S. 45 f. 2

130

Siebtes Kapitel: Zusammenfassung

(4) Erwirkung einer einstweiligen Verfügung (§§ 935, 940 ZPO) mit dem Inhalt, dass (gegen oder ohne Sicherheitsleistung) die Vollstreckung auf andere Gegenstände zu beschränken ist (Absehen von drittrechtsbeeinträchtigenden Vollstreckungsmaßnahmen) (Anordnungsverfügung vor Vollstreckungsbeginn bei veräußerungshinderndem Recht) 7, sowie ggf. Sicherheitsleistung des Intervenienten: Vollstreckungsgläubiger (Verfügungsschuldner) handelt (wegen drohender Haftung und unter dem Eindruck drohender Vollziehung) im Einklang mit dem Verfügungsinhalt (Unterlassung), oder er leistet Sicherheit zugunsten des Intervenienten (§ 939 ZPO). (5) Vollziehung (§ 775 Nr. 2 ZPO) einer einstweiligen Anordnung vor Urteilserlass (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) 8 : bis zum Urteilserlass wird die Vollstreckung in den Drittrechtsgegenstand eingestellt oder (eingestellt und) nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt; ggf. werden Vollstreckungsmaßregeln aufgehoben (§§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO). (6) Vollziehung (§ 775 Nr. 2 ZPO) einer einstweiligen Anordnungsverfügung (§§ 935, 940 ZPO) 9 : drittrechtsbeeinträchtigende Vollstreckungsmaßnahmen werden nicht durchgeführt (Beschränkung auf andere Gegenstände), Vollstreckungsgläubiger (Verfügungsschuldner) leistet ggf. Sicherheit zugunsten des Intervenienten (§ 939 ZPO). (7) Erwirkung einer Urteilsanordnung (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) 10 mit dem Inhalt gem. § 769 ZPO oder auf Beschränkung, sowie ggf. Sicherheitsleistung des Intervenienten: bei Aufhebungsanordnung: Zwangshypothek wird Eigentümergrundschuld (§ 868 Abs. 2 ZPO, § 1177 BGB); Vollstreckungsgläubiger (Anordnungsschuldner) handelt (wegen drohender Haftung und unter dem Eindruck drohender Vollziehung) im Einklang mit dem Anordnungsinhalt (Unterlassung, Ruhen, Freigabe, Sicherheitsleistung). (8) Vollziehung (§ 775 Nr. 2 ZPO) einer Urteilsanordnung (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) 11 : Vollstreckung in den Drittrechtsgegenstand wird beschränkt, eingestellt oder (eingestellt und) nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt; ggf. werden Vollstreckungsmaßregeln aufgehoben (§§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO). (9) Erwirkung eines rechtskräftigen obsiegenden Drittwiderspruchsurteils (§§ 705, 704 Abs. 1 ZPO) 12 : Zwangshypothek wird Eigentümergrundschuld (§ 868 Abs. 1 ZPO, § 1177 BGB); 13 Vollstreckungsgläubiger (Drittwiderspruchsbeklagter) handelt (wegen drohender Haftung und unter dem Eindruck drohender Vollstreckung) im Einklang mit der zu erwartenden Vollstreckungswirkung gem. §§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO (Unterlassung, Ruhen, Freigabe). 7

S. 35 f., 117 f. S. 42. 9 S. 117 f. 10 S. 46 f., 100–102. 11 S. 48–50, 100–102. 12 S. 103. 13 S. 104 f. 8

Siebtes Kapitel: Zusammenfassung

131

(10) Vollstreckung (§ 775 Nr. 1 ZPO) eines rechtskräftigen obsiegenden Drittwiderspruchsurteils (§§ 705, 704 Abs. 1 ZPO) 14 : Vollstreckung wird auf andere Gegenstände beschränkt, Vollstreckung in den Drittrechtsgegenstand wird eingestellt und Vollstreckungsmaßregeln werden aufgehoben (§§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO). (11) Erwirkung einer einstweiligen Verfügung (§§ 935, 940 ZPO) (vertragliche Ansprüche, Hauptintervention) 15 mit dem Inhalt, dass der Vollstreckungsgläubiger (Verfügungsschuldner) die Vollstreckung in den Drittrechtsgegenstand (gegen oder ohne Sicherheitsleistung des Intervenienten) zu unterlassen oder ruhen zu lassen hat (Unterlassungsverfügung), oder dass er den Vollstreckungsgegenstand durch Verzichtserklärung oder Erklärung gegenüber dem Vollstreckungsorgan freizugeben hat (Freigabeverfügung), sowie ggf. Sicherheitsleistung des Intervenienten: Vollstreckungsgläubiger (Verfügungsschuldner) handelt (wegen drohender Haftung und unter dem Eindruck drohender Vollziehung) im Einklang mit dem Verfügungsinhalt (Unterlassung, Ruhen, Freigabe), oder er leistet Sicherheit zugunsten des Intervenienten (§ 939 ZPO). (12) Vollziehung (§§ 888, 890 ZPO) einer einstweiligen Unterlassungs- und Freigabeverfügung (§§ 935, 940 ZPO) 16 : Vollstreckungsgläubiger (Verfügungsschuldner) handelt (wegen drohender Haftung und unter dem Eindruck drohender Zwangs- und Ordnungsmittelvollstreckung) im Einklang mit dem Verfügungsinhalt (Unterlassung, Ruhen, Freigabe), oder er leistet Sicherheit zugunsten des Intervenienten (§ 939 ZPO); verhält sich der Vollstreckungsgläubiger nicht verfügungskonform, werden Zwangs- (§ 888 ZPO) und Ordnungsmittel (§ 890 ZPO) vollstreckt; bei Unterlassungsverfügung kann im Fall der Widersetzlichkeit Sicherheitsleistung des Vollstreckungsgläubigers beigetrieben werden (§ 890 Abs. 3 ZPO). (13) Erwirkung eines Leistungsurteils (vertragliche Ansprüche, Hauptintervention), das betreffend den Unterlassungsausspruch (nicht: betreffend den Freigabeausspruch) für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§§ 708 ff. ZPO) ist,17 sowie ggf. Sicherheitsleistung des Intervenienten: Vollstreckungsgläubiger (verurteilter Unterlassungs- und Freigabeschuldner) handelt (wegen drohender Haftung und unter dem Eindruck drohender Vollstreckung, § 890 ZPO) im Einklang mit dem vollstreckbaren Urteilsausspruch (Unterlassung) und gibt den Gegenstand wegen drohender Haftung frei. (14) Vollstreckung (§ 890 ZPO) eines vorläufig vollstreckbaren (§§ 708 ff. ZPO) Unterlassungs- und (insoweit nicht vorläufig vollstreckbaren) Freigabeurteils18 : Vollstreckungsgläubiger (verurteilter Unterlassungsschuldner) unterlässt (wegen drohender Haftung und unter dem Eindruck angedrohter Ordnungsmittel, 890 Abs. 2 ZPO) die Vollstreckung in den Drittrechtsgegenstand; unterlässt der Vollstreckungsgläubiger die Vollstreckung in den Drittrechtsgegenstand nicht, werden Ordnungsmittel vollstreckt; Sicherheitsleistung des Vollstreckungsgläubigers (§ 890 Abs. 3 ZPO). 14 15 16 17 18

S. 103 f. S. 118–120. S. 118–120. S. 113–116. S. 113–116.

132

Siebtes Kapitel: Zusammenfassung

(15) Erwirkung eines rechtskräftigen (§§ 705, 704 Abs. 1 ZPO) Unterlassungs- und Freigabeurteils19 : Vollstreckungsgläubiger (verurteilter Unterlassungs- und Freigabeschuldner) handelt (wegen drohender Haftung und unter dem Eindruck der drohenden Vollstreckung) im Einklang mit dem Urteilsinhalt (Unterlassung, Freigabe). (16) Vollstreckung (§§ 890, 894 ZPO) eines rechtskräftigen (§§ 705, 704 Abs. 1 ZPO) Unterlassungs- und Freigabeurteils20 : Vollstreckungsgläubiger (verurteilter Unterlassungsschuldner) unterlässt (wegen drohender Haftung und unter dem Eindruck angedrohter Ordnungsmittel, 890 Abs. 2 ZPO) die Vollstreckung in den Drittrechtsgegenstand; unterlässt der Vollstreckungsgläubiger die Vollstreckung in den Drittrechtsgegenstand nicht, werden Ordnungsmittel vollstreckt; Sicherheitsleistung des Vollstreckungsgläubigers (§ 890 Abs. 3 ZPO). Rechte des Gläubigers erlöschen, Vollstreckungsmaßregeln werden aufgehoben (Freigabe, § 894 ZPO). (17) Hinweis auf ein grundbuchersichtliches Recht: Vollstreckungsgericht hebt von Amts wegen das Zwangsversteigerung- oder Zwangsverwaltungsverfahren in das Grundstück auf oder stellt es einstweilen ein (§§ 28, 161 Abs. 4 ZVG). 21 (18) Antragstellung auf Erlass einer schiedsgerichtlichen Maßnahme einstweiligen Rechtsschutzes (§ 1041 Abs. 1 ZPO) 22 : Vollstreckungsgläubiger unterlässt (wegen drohender Haftung) die Vollstreckung in den betreffenden Gegenstand, er lässt sie ruhen oder gibt den Gegenstand frei. (19) Erwirkung einer schiedsgerichtlichen Maßnahme einstweiligen Rechtsschutzes (§ 1041 Abs. 1 ZPO) mit dem Inhalt, dass die Vollstreckung auf andere Gegenstände beschränkt wird, oder dass die Vollstreckung in den Drittrechtsgegenstand nur gegen Sicherheitsleistung des Vollstreckungsgläubigers begonnen oder fortgesetzt werden darf, oder dass sie gegen (§ 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO) oder ohne Sicherheitsleistung des Intervenienten eingestellt wird und Vollstreckungsmaßregeln aufgehoben werden, 23 sowie ggf. Sicherheitsleistung des Intervenienten: Vollstreckungsgläubiger (Maßnahmeschuldner) handelt (wegen drohender Haftung) im Einklang mit dem Maßnahmeinhalt (Unterlassung, Ruhen, Freigabe, Sicherheitsleistung). (20) Antragstellung auf gerichtliche Zulassung der Vollziehung einer schiedsgerichtlichen Maßnahme einstweiligen Rechtsschutzes (§ 1041 Abs. 2 ZPO) 24 : Vollstreckungsgläubiger (Maßnahmeschuldner) handelt (wegen drohender Haftung) im Einklang mit dem Maßnahmeinhalt (Unterlassung, Ruhen, Freigabe, Sicherheitsleistung). (21) Erwirkung gerichtlicher Zulassung der Vollziehung einer schiedsgerichtlichen Maßnahme einstweiligen Rechtsschutzes (§ 1041 Abs. 2 ZPO) 25 :

19 20 21 22 23 24 25

S. 113–116. S. 113–116. S. 108 f. S. 125. S. 125, 126 f. S. 125. S. 125.

Siebtes Kapitel: Zusammenfassung

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Vollstreckungsgläubiger (Maßnahmeschuldner) handelt (wegen drohender Haftung und unter dem Eindruck drohender Vollziehung) im Einklang mit dem Maßnahmeinhalt (Unterlassung, Ruhen, Freigabe, Sicherheitsleistung). (22) Vollziehung (§ 775 Nr. 2 ZPO) einer schiedsgerichtlichen Maßnahme einstweiligen Rechtsschutzes26 : Vollstreckung wird auf andere Gegenstände beschränkt, die Vollstreckung in den Drittrechtsgegenstand wird eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung begonnen oder fortgesetzt; ggf. werden Vollstreckungsmaßregeln aufgehoben (§§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO). (23) Vorlageantrag (§ 1044 ZPO) und schiedsrechtliche Drittwiderspruchsklage (§ 1046 ZPO) 27 : Vollstreckungsgläubiger unterlässt (wegen drohender Haftung) die Vollstreckung in den betreffenden Gegenstand, er lässt sie ruhen oder gibt den Gegenstand frei. (24) Erwirkung eines stattgebenden Drittwiderspruchsschiedsspruchs 28 : Vollstreckungsgläubiger unterlässt (wegen drohender Haftung) die Vollstreckung in den betreffenden Gegenstand, er lässt sie ruhen oder gibt den Gegenstand frei. (25) Antragstellung auf Vollstreckbarkeitserklärung (§ 1064 ZPO) eines Drittwiderspruchsschiedsspruchs29 : Vollstreckungsgläubiger (Drittwiderspruchsschiedsbeklagter) unterlässt (wegen drohender Haftung) die Vollstreckung in den betreffenden Gegenstand, er lässt sie ruhen oder gibt den Gegenstand frei. (26) Erwirkung der vorläufigen Vollstreckbarkeitserklärung (§ 1064 Abs. 2 ZPO) eines Drittwiderspruchsschiedsspruchs30 : Zwangshypothek wird Eigentümergrundschuld (§ 868 Abs. 1 ZPO, § 1177 BGB); Vollstreckungsgläubiger (Drittwiderspruchsschiedsbeklagter) handelt (wegen drohender Haftung und unter dem Eindruck drohender Vollstreckung) im Einklang mit der zu erwartenden Vollstreckungswirkung gem. §§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO (Unterlassung, Ruhen, Freigabe). (27) Vollstreckung (§ 775 Nr. 1 ZPO) eines gem. § 1064 Abs. 2 ZPO vorläufig vollstreckbaren Drittwiderspruchsschiedsspruchs31 : Vollstreckung wird auf andere Gegenstände beschränkt, die Vollstreckung in den Drittrechtsgegenstand wird eingestellt, Vollstreckungsmaßregeln werden aufgehoben (§§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO). (28) Erwirkung rechtskräftiger Vollstreckbarkeit eines Drittwiderspruchsschiedsspruchs32 : Vollstreckungsgläubiger (Drittwiderspruchsschiedsbeklagter) handelt (wegen drohender Haftung und unter dem Eindruck drohender Vollstreckung) im Einklang mit der zu erwartenden Vollstreckungswirkung gem. §§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO (Unterlassung, Ruhen, Freigabe). 26 27 28 29 30 31 32

S. 125, 126 f. S. 125 f. S. 125 f. S. 125 f. S. 125–127. S. 125–127. S. 125–127.

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Siebtes Kapitel: Zusammenfassung

(29) Vollstreckung (§ 775 Nr. 1 ZPO) eines rechtskräftig vollstreckbaren Drittwiderspruchsschiedsspruchs33 : Vollstreckung wird auf andere Gegenstände beschränkt, die Vollstreckung in den Drittrechtsgegenstand wird eingestellt Vollstreckungsmaßregeln werden aufgehoben (§§ 775 Nr. 1, 776 Satz 1 ZPO).

Drittrechte, die in der Zwangsvollstreckung geltend gemacht werden, sind typischerweise veräußerungshindernde Rechte, deren Geltendmachung weitestgehend in § 771 ZPO geregelt ist. Die Geltendmachung eines veräußerungshindernden Drittrechts führt typischerweise auf den gerichtlichen Drittwiderspruchsrechtsstreit (§ 771 ZPO) zu (Fallgruppe 1 betr. Widerspruchsrecht und gesetzliche Ansprüche), in ihn hinein (Fallgruppe 2 betr. Erhebung der Drittwiderspruchsklage und Antrag gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) und durch ihn hindurch (Fallgruppen 3, 5, 7–10). Nach der Gesetzessystematik sind alle anderen Fallgruppen Sonderfälle, die unter besonderen Voraussetzungen stehen. Bei der Erhebung vertraglicher Ansprüche (Fallgruppe 1 betr. vertragliche Ansprüche) macht der Dritte geltend, es sei ein Zwischenvergleich geschlossen worden, der den Vollstreckungsgläubiger zum Einlenken verpflichtet. Gerichtliche Leistungsklage- (Fallgruppe 2 betr. Erhebung der Leistungsklage, Fallgruppen 13–16) und Verfügungsverfahren (§§ 935, 940 ZPO) (Fallgruppe 2 betr. Antrag gem. §§ 935, 940 ZPO, Fallgruppen 4, 6, 11, 12) sind nur auf der Grundlage vertraglicher Ansprüche oder als Hauptintervention (§ 64 ZPO) gegen die Herausgabevollstreckung statthaft, Verfügungsverfahren außerdem als gebotener Eilrechtsschutz zum Widerspruch gegen die bevorstehende Zwangsvollstreckung. Die Durchführung schiedsgerichtlicher Drittwiderspruchsverfahren (Fallgruppen 18–29) setzt eine Schiedsvereinbarung voraus. Das Verfahren gem. § 28 ZVG (Fallgruppe 17) ist nur für besonders ausgewiesene Rechte in bestimmten Verfahren der Liegenschaftsvollstreckung vorgesehen. Interventionsprozesse werden häufig kaum noch wirklich durchgefochten, weil der Vollstreckungsgläubiger, nachdem der Dritte sein Recht hinreichend glaubhaft gemacht hat, einlenkt, um eine Schadensersatzpflicht wegen verspäteter Freigabe zu vermeiden.34 In rechtstatsächlicher Hinsicht stehen demnach die außergerichtliche Geltendmachung von Drittrechten und die Einleitung eines Interventionsprozesses (wenn der Vollstreckungsgläubiger dem Haftungsdruck zunächst standgehalten hat) im Vordergrund.

33 34

S. 125–127. Gaul, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Band III, S. 521 ff. Ferner BGHZ 58, 207, 214.

Zweiter Hauptteil

Haftung gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger wegen unbegründeter Geltendmachung veräußerungshindernder Rechte und vertraglicher Ansprüche Die Haftung eines Intervenienten gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger wegen unbegründeter Intervention kann sich auf verschiedene Vermögensmassen beziehen. Einstweilige Anordnungen gem. § 771 Abs. 3 ZPO können den Anordnungsvollzug (§§ 775, 776 ZPO) von der Leistung einer Sicherheit des Intervenienten abhängig machen, einstweilige Verfügungen (§§ 935 ff. ZPO) können Sicherheitsleistung des Antragstellers vorsehen (§§ 936, 921 ZPO), Urteile sind zumeist (§ 709 ZPO) gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären, ein Schiedsgericht kann im Zusammenhang mit einer Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes Sicherheit vom Intervenienten verlangen (§ 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO), und ein Zwischenvergleich, durch den sich der Vollstreckungsgläubiger zum Stillhalten oder zur Freigabe verpflichtet, kann eine Sicherheitsleistung des Intervenienten vorsehen. Hat der Intervenient Sicherheit geleistet, ist zwischen der (unbeschränkten) persönlichen Haftung des Intervenienten und der (beschränkten) Haftung der Intervenientensicherheit zu unterscheiden.1 Wofür eine Intervenientensicherheit haftet, ist weithin ungeklärt. Die Sicherheit kann die Erfüllung von Ansprüchen des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten oder gegen den Vollstreckungsschuldner sichern, sie kann aber auch (anspruchsunabhängig) schlechthin für den Ersatz (bestimmter) Nachteile haften, oder für Ansprüche, die durch die Leistung der Sicherheit hervorgebracht werden (Kap. 8). Im Rahmen der Untersuchung der persönlichen Haftung aufgrund unbegründeter Intervention geht es zunächst um Interventionswirkungen, Schäden und Verschiebungen (Kap. 9). Anschließend wird die Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung untersucht (Kap. 10), die von Rechtswidrigkeit und Verschulden unabhängig ist. Die Verschuldenshaftung wirft sodann Fragen auf, die am Schlagwort vom „Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme eines gesetzlich eingerichteten und geregelten Verfahrens“ kristallisieren (Kap. 11) und das Vertretenmüssen einer unbegründeten Intervention (Kap. 12) betreffen. 1

S. 8.

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Zweiter Hauptteil: Haftung gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger

Die weiteren Kapitel dieses Teils befassen sich mit Ansprüchen, die für die persönliche Haftung eines Intervenienten in Betracht zu ziehen sind. Es sind dies vertragliche Ansprüche und Ansprüche auf vertraglicher Grundlage (Kap. 13), Ansprüche aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und wegen unerlaubter Handlung (Kap. 14), Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung (Kap. 15) sowie schließlich Schadensersatzansprüche wegen Leistungsstörung (Kap. 16).

Achtes Kapitel:

Haftung der Intervenientensicherheit A. Intervenientensicherheit Der Veranlassung nach sind folgende Intervenientensicherheiten zu unterscheiden: Prozessuale Sicherheit, die aufgrund gerichtlicher Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckung eines Leistungsurteils (§§ 709 ff. ZPO), zur Vollziehung einer einstweiligen Verfügung (§§ 936, 921 ZPO) oder zum Vollzug einer einstweiligen Anordnung (§ 771 Abs. 3 ZPO) zu leisten ist; ferner Sicherheit, die ein Schiedsgericht im Zusammenhang mit einer Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes vom Intervenienten verlangt (§ 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO); schließlich vertragliche Sicherheit, die auf einer Vereinbarung mit dem Vollstreckungsgläubiger beruht. En Intervenient leistet Sicherheit, um den Beginn oder die Fortsetzung der Vollstreckung zu verhindern (Beschränkung, Einstellung, Unterlassen, Ruhenlassen), oder um die Entstrickung oder Beschlagnahmefreiheit des Vollstreckungsgegenstandes (Aufhebung, Freigabe) zu erwirken (Erwirkungszweck). Der Vollstreckungsgläubiger kann eine geleistete Intervenientensicherheit nach Maßgabe ihrer Art und Ausgestaltung verwerten, wenn der Sicherungsfall eingetreten ist. Der Komplex der Sicherheitsleistung setzt sich regelmäßig aus drei Bestandteilen zusammen: gesicherte Forderung, Sicherheitsbestellung, Sicherungszweck.1 Gesicherte Forderung ist der Anspruch, zu dessen Sicherung das Sicherungsrecht bestellt wird. Die Forderung kann auch künftig oder bedingt sein (vgl. § 765 Abs. 2 BGB). Die Sicherung einer Forderung entspricht dem gemeinen Begriffsverständnis der Sicherheitsleistung, wonach eine Sicherheitsleistung die Begründung eines obligatorischen oder dinglichen Rechts für einen anderen zu dessen Sicherung für den Fall der Verletzung eines ihm zustehenden Rechts, insbesondere bei der Nichterfüllung eines Anspruchs ist. 2 Es ist aber nicht zwingend, dass eine Forderung gesichert wird. Sicherungsfähig ist vielmehr jedes Risiko eines Nachteils des Sicherungsnehmers. 1 S. z. B. Ganter, in: Bankrechts-Handbuch, § 90, Rn. 9 ff.; Schlechtriem, Rn. 627; Serick, Eigentumsvorbehalt, S. 29 ff. 2 Rosenberg/Schwab/Gottwald, S. 558.

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Achtes Kapitel: Haftung der Intervenientensicherheit

Sicherheitsbestellung ist die rechtsgeschäftliche Herstellung eines Rechts des Sicherungsnehmers. Der Rechtsgrund vertraglicher Sicherheitsbestellung ist im Sicherungsvertrag (Sicherungsabrede) enthalten. Entfällt er, so hängt es von der Ausgestaltung der Sicherungsabrede und der Art der Sicherheit ab, ob diese zurückzuerstatten ist, ob sie zurückfällt, oder ob sie erlischt. Prozessuale und schiedsrechtliche Sicherheiten werden aufgrund (schieds-)gerichtlicher Entscheidung bestellt. Eine prozessuale Sicherheit kann zurückgefordert werden, wenn „die Veranlassung für eine Sicherheitsleistung weggefallen“ ist (§ 109 ZPO). Über die Rückgabe einer schiedsrechtlichen Sicherheit ist durch Schiedsspruch oder analog § 1041 Abs. 4 Satz 2 ZPO im Verfahren nach § 109 ZPO zu entscheiden.3 Der Sicherungszweck stellt die Abhängigkeit des Bestandes und der Verwertbarkeit der Sicherheit von der gesicherten Forderung oder dem gesicherten Risiko her (Akzessorietätsprinzip). Er enthält die Voraussetzungen der Verwertungsreife und bestimmt damit die Haftung der Sicherheit. Haftungsvoraussetzungen einer Sicherheit sind das Bestehen der gesicherten Forderung oder der Eintritt des gesicherten Risikos (Gegenstand der Sicherung) sowie ggf. weitere Umstände, z. B. Verzug oder die Beendigung eines Rechtsverhältnisses (Sicherungsfall). Der Sicherungszweck einer vertraglichen Sicherheit ist in der Zweckvereinbarung enthalten, die Bestandteil der Sicherungsabrede ist. Bei schiedsgerichtlicher Anordnung einer Sicherheit (§ 1041 ZPO) birgt die schiedsgerichtliche Entscheidung den Sicherungszweck. Die Haftung prozessualer Sicherheit ergibt sich schließlich aus der gerichtlichen Entscheidung über die Sicherheitsleistung. Es stellt sich die Frage, welchen Sicherungszweck die Rechtsgrundlage einer Intervenientensicherheit von Rechts wegen bestimmen soll, für welche Fälle mithin eine Sicherheitsleistung des Intervenienten haften soll (gesetzlich intendierter abstrakt-genereller Sicherungszweck). 4 Nach dem 3

Bandel, S. 108 f.; Schlosser, in: Stein/Jonas, § 1041, Rn. 18. Im Gegensatz zum konkret-individuellen Sicherungszweck, der einer geleisteten (1) oder einer vereinbarten, angeordneten oder zugelassenen (2) Intervenientensicherheit im Einzelfall zukommt. (1) Der konkret-individuelle Sicherungszweck einer geleisteten Sicherheit ist durch Auslegung der in der Sicherheitsbestellung enthaltenen Leistungszweckbestimmung zu ermitteln. Ist die Sicherungszweckbestimmung nicht (wie z. B. bei Bürgschaften) ausdrücklich in der Sicherheit benannt, sondern wird die Sicherheit nur unter Bezugnahme auf die zugrundeliegende Vereinbarung oder Entscheidung bestellt, dann konzentriert sich die Auslegung auf die Vereinbarung oder Entscheidung. Die Sicherungsabrede oder die Entscheidung bestimmt – vermittelt durch die Bezugnahme – den Sicherungszweck der bestellten Sicherheit (ähnlich BGHZ 158, 286). (2) Der konkret-individuelle Sicherungszweck einer vereinbarten, angeordneten oder zugelassenen Sicherheit ist durch Auslegung der zugrundeliegenden Vereinbarung oder Entscheidung zu ermitteln. Wenige Anhaltspunkte für die Auslegung bieten insbesondere gerichtliche Entscheidungen über Sicherheitsleistungen, die in der Praxis durchweg nur durch Bezugnahme auf die Vorschrift begründet werden, auf der die Entscheidung beruht. Die Auslegung kann sich 4

A. Intervenientensicherheit

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abstrakt-generellen Sicherungszweck kann sinnvoll nur bei schiedsrechtlichen und prozessualen Sicherheiten gefragt werden, die aufgrund bestimmter gesetzlicher Vorschriften (§§ 709 ff., 771 Abs. 3, 769, 770, 936, 921, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO) anzuordnen oder zuzulassen sind. Die bestimmten gesetzlichen dann nur auf zwei Anhalte stützen. Zum einen auf die angeordnete Art und Höhe der Sicherheitsleistung, die am Sicherungszweck auszurichten sind, zum anderen auf die (Auslegung der) Norm, die in der Entscheidung als Rechtsgrundlage genannt ist. Die Rechtsprechung stellt bei der Ermittlung des Sicherungszwecks prozessualer Sicherheiten beim Fehlen besonderer gesetzlicher Bestimmungen (i) entscheidend auf die Umstände des Einzelfalles ab (ii), wobei es wesentlich auf den Zweck der Sicherheitsleistung ankomme (iii), BGHZ 158, 286, 294 („Zweck der Sicherheitsleistung“); RGZ 141, 194, 196 („beim Fehlen besonderer gesetzlicher Bestimmungen . . . nach den jeweils in Betracht kommenden Umständen . . . Es kommt wesentlich auf den Zweck der Sicherheitsleistung an“); RG SeuffArch 61 (1906), 206, 209 („nach den jeweils in Betracht kommenden Umständen“); RG JW 1900, 80 („beim Fehlen besonderer gesetzlicher Normen aus den Umständen des ‚Falles‘ zu entnehmen“); KG, Urt. v. 03. 06. 2002 – 23 U 1267/00 („nach den Umständen des Einzelfalles . . . zu welchem Zweck die Prozeßbürgschaft bestellt worden ist“); OLG München NJW-RR 1989, 1471, 1472 („beim Fehlen besonderer gesetzlicher Bestimmungen . . . nach den jeweils in Betracht kommenden Umständen“). – Diese Formel ist zweifelhaft. (i) Der Ausgangspunkt, „beim Fehlen besonderer gesetzlicher Bestimmungen“ könne die Frage, wofür eine bestellte prozessuale Sicherheit haftet, nur nach den jeweils in Betracht kommenden Umständen entschieden werden, verkennt die gesetzliche Systematik. Das Gericht kann die Stellung einer Sicherheit nur anordnen, wenn dies gesetzlich vorgesehen ist, Steiner, in: Wieczorek/Schütze, § 108, Rn. 4 (a. A. für die Fälle des § 1041 Abs. 2 Satz 3 ZPO Bandel, S. 107 f.). Die ZPO enthält im jeweiligen Regelungszusammenhang Normen über die Anordnung einer Sicherheitsleistung (das Ob). Anders als Art und Höhe (das Wie) der Sicherheitsleistung (§ 108 ZPO), ist das Ob nicht in einer allgemeinen Vorschrift geregelt. Die Anordnung einer prozessualen Sicherheit beruht stets auf einer besonderen gesetzlichen Bestimmung, die einen bestimmten gesetzlichen Sicherungszweck verfolgt. Zwar geben wenige der Vorschriften über die Anordnung einer Sicherheitsleistung beredt Auskunft über den Sicherungszweck. Der gesetzliche Sicherungszweck ist aber stets mit den Mitteln der Auslegung bestimmbar. (ii) Die Umstände des Einzelfalles versprechen bei der Sicherungszweckermittlung kaum Erkenntnisgewinn. Bei der Ermittlung des Sicherungszweckes einer gerichtlich zugelassenen Sicherheitsleistung ist die gerichtliche Entscheidung auszulegen. Die Auslegung gerichtlicher Entscheidungen kann weder auf Parteiauffassungen noch auf die durch den Entscheidungsinhalt nicht gerechtfertigte Meinung des erkennenden Gerichts gestützt werden, Rosenberg/ Schwab/Gottwald, S. 1066. Nur Einzelfallumstände, für die sich in der Entscheidung ein Anhalt findet, sind folglich auslegungsrelevant. Umstände des Einzelfalls treten umso mehr in den Hintergrund, wenn die Auslegung einer Entscheidung – wie bei Entscheidungen über Sicherheitsleistung – im wesentlichen in der Auslegung der kommentarlos angegebenen gesetzlichen Grundlage besteht. Bei der Auslegung von Gesetzen sind Umstände des Einzelfalls unbeachtlich, weil Gesetze abstrakt-generelle Regelungen enthalten. Nur soweit die Auslegung der zugrunde liegenden Norm eine Bandbreite von Sicherungszwecken ergibt, können in der gerichtlichen Entscheidung zutage getretene Umstände des Einzelfalls von Bedeutung sein. (iii) Die ergänzende Aussage, die Haftung einer Sicherheit richte sich wesentlich oder grundsätzlich nach dem Zweck der Sicherheitsleistung, ist irreführend und allenfalls eine Leerformel. Für die Bestimmung des Haftungsumfangs einer wirksam angeordneten und bestellten prozessualen Sicherheit kommt es nicht wesentlich, sondern allein auf den Sicherungszweck an.

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Achtes Kapitel: Haftung der Intervenientensicherheit

Sicherungszwecke dieser Vorschriften sind durch Gesetzesauslegung ermittelbar. 5 Hingegen bestimmen die Kontrahenten einer vertraglichen Sicherheit innerhalb der allgemeinen rechtlichen Grenzen frei über die Haftung, so dass ein abstrakt-genereller gesetzlicher Sicherungszweck nicht bestimmt werden kann. 6

B. Sicherungszweck prozessualer und schiedsrechtlicher Sicherheiten Es sind die abstrakt-generellen gesetzlichen Sicherungszwecke von Intervenientensicherheiten zu bestimmen, die gem. §§ 709 ff., 771 Abs. 3, 769, 770, 936, 921, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu leisten sind.

I. Überblick Gegenstand der Sicherung und Sicherungsfall bestimmen den Sicherungszweck. Gegenstand der Sicherung sind bestimmte Ansprüche, Risiken oder Nachteile des Sicherungsnehmers. Über den gesetzlichen Gegenstand der Sicherung von Sicherheiten gem. §§ 709 ff., 936, 921 ZPO besteht weitestgehend Klarheit (1.). Unklarheit und Uneinigkeit besteht über den gesetzlichen Gegenstand der Sicherung von Intervenientensicherheiten gem. §§ 771 Abs. 3, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO (2.). Umstritten ist insbesondere, ob die Sicherheit nur sichern soll, wofür der Intervenient auch dann persönlich einzustehen hat, wenn er keine Sicherheit leistet, ob sie also nur die Verwirklichung bestehender Ansprüchen des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten erleichtern soll, oder ob die Sicherheit (auch) dafür haften soll, wofür der Intervenient persönlich nicht haftet oder nicht haften würde, wenn er keine Sicherheit leisten würde. 5

Gesetzesauslegung ist zumeist auch der Schlüssel zur Ermittlung des konkret-individuellen Sicherungszwecks einer prozessualen Sicherheit. Nimmt der Sicherungsgeber bei der Leistung der Sicherheit schlicht auf die gerichtliche Entscheidung Bezug, die ihrerseits nur auf die Gesetzesgrundlage verweist, dann ist die gesetzliche Haftung gleichzeitig die mit der Leistung der Sicherheit hergestellte Haftung, es sei denn, das Gesetz sei in der Entscheidung ersichtlich (z. B. mit dem gesetzlichen Sicherungszweck unvereinbare Art oder Höhe der Sicherheitsleistung) falsch angewandt worden. 6 Im übrigen kann der Haftungsumfang einer vertraglichen Intervenientensicherheit nicht am gesetzlichen Haftungsumfang der entsprechenden prozessualen Sicherheit orientiert werden. Ein Auslegungsgrundsatz, dass die Vertragspartner im Zweifel den gesetzlichen Haftungsumfang vereinbaren wollten, kann nicht aufgestellt werden. Denn einerseits mag der Intervenient zur Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens eine umfangreichere als die gesetzliche Haftung versprechen, andererseits mag der Vollstreckungsschuldner eine geringere als die gesetzliche Haftung akzeptieren, um nicht die eigene Haftung wegen verspäteter Freigabe sowie eine gerichtliche Entscheidung gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO ohne Sicherheitsleistung zu riskieren.

B. Sicherungszweck prozessualer und schiedsrechtlicher Sicherheiten

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Der Sicherungsfall kann den Eintritt bestimmter Umstände umfassen. Die §§ 709 ff., 771 Abs. 3, 936, 921, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO enthalten für den jeweiligen Sicherungsfall indes keine Anforderungen. Sicherungszweck solcher Sicherheiten ist die Existenz des Gegenstandes der Sicherung. Der abstraktgenerelle gesetzliche Sicherungszweck von Intervenientensicherheiten gem. §§ 709 ff., 771 Abs. 3, 936, 921, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist mithin identisch mit dem jeweiligen Gegenstand der Sicherung. 1. Gegenstand der Sicherung prozessualer Sicherheiten gem. §§ 709 ff., 936, 921 ZPO Dem Intervenienten kann als Vollstreckungsgläubiger eines vorläufig vollstreckbaren Urteils Sicherheitsleistung obliegen (§§ 709, 711 Satz 1 Alt. 2, 712 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Über die gesetzlich intendierten Gegenstände der Sicherung solcher Sicherheiten besteht im Schrifttum Einigkeit. Sicherheiten, die gem. §§ 709 ZPO, 711 Satz 1 Alt. 2, 712 Abs. 2 Satz 2 ZPO anzuordnen sind, sollen den Schadensersatzanspruch aus § 717 ZPO sichern. 7 Im Verfügungsverfahren kommt eine Sicherheitsleistung gem. §§ 936, 921 ZPO in Betracht. Die gem. §§ 936, 921 Satz 2 ZPO aufzuerlegende Sicherheitsleistung soll den Schadensersatzanspruch aus § 945 ZPO sichern. 8 Keine Ansprüche, sondern – anspruchsunabhängig – schlechthin Nachteile scheint dagegen eine Sicherheitsleistung sichern zu sollen, die gem. §§ 936, 921 Satz 1 ZPO „wegen der dem Gegner drohenden Nachteile“ auferlegt werden kann. Pfizer 9 hat überzeugend dargetan, dass die insofern gleichlautende Vorgängervorschrift von § 921 Satz 1 ZPO ( § 801 Abs. 2 Satz 1 CPO) bezweckte, den Arrestschuldner unabhängig von einer allfälligen persönlichen Haftung des Arrestgläubigers wegen jeglicher Nachteile zu sichern, die durch einen ungerechtfertigten Arrest entstehen können. Gleichwohl sollte die Sicherheit nicht unmittelbar für Nachteile anstatt für Ansprüche haften. Vielmehr sollte der Arrestgläubiger, indem er die Sicherheit leistet, eine unbedingte Verpflichtung übernehmen, solche Nachteile zu ersetzen, und zugleich die Erfüllung dieser Verpfl ichtung si7 Zu § 709 ZPO: Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 204; U. Gottwald, Vorbem. §§ 708–720a, Rn. 12; § 709, Rn. 1; Herget, in: Zöller, § 709, Rn. 3; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 709, Rn. 6; Krüger, in: MüKo ZPO, § 709, Rn. 2; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 709, Rn. 3; Oetker, ZZP 102 (1989), 449; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 709, Rn. 2. Zu § 711 Satz 1 Alt. 2 ZPO: Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 209; U. Gottwald, § 711, Rn. 7; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 711, Rn. 8; Krüger, in: MüKo ZPO, § 711, Rn. 6; Münzberg, in: Stein/ Jonas, § 711, Rn. 7; Oetker, ZZP 102 (1989), 449, 451. Zu § 712 Abs. 2 Satz 2 ZPO: Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 712, Rn. 16; Krüger, in: MüKo ZPO, § 712, Rn. 10; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 712, Rn. 13; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 712, Rn. 6. 8 Grunsky, in: Stein/Jonas, § 921, Rn. 7; Heinze, in: MüKo ZPO, § 921, Rn. 8; Walker, in: Schuschke/Walker, § 921, Rn. 19. 9 Pfizer, ZZP 13 (1889), 304, 312 ff.

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Achtes Kapitel: Haftung der Intervenientensicherheit

cherstellen.10 Die Nachteile sollten folglich durch eine Haftung der Sicherheit für einen Anspruch des Sicherungsnehmers gesichert werden, den der Sicherungsbelastete mit der Leistung der Sicherheit begründet. Die Ausführungen Pfizers aus dem Jahre 1889 stehen vor dem Hintergrund, dass Arrest- und Verfügungsgläubiger seinerzeit nur nach Maßgabe des betreffenden Landesrechts, d. h. allenfalls bei Verschulden persönlich hafteten. § 945 ZPO, der Arrest- und Verfügungsgläubigern eine Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung auferlegt, wurde erst mit Wirkung zum 01. 01. 1900 in das Gesetz eingefügt. Da Arrest- und Verfügungsgläubiger gem. § 945 ZPO verschuldensunabhängig für den Schaden einzustehen haben, der Arrest- und Verfügungsschuldnern infolge der Arrest- und Verfügungsvollziehung oder Leistung von Schuldnersicherheit entsteht, ist das Bedürfnis nach einer Garantiezusage als Gegenstand der Sicherung einer gem. § 921 Satz 1 ZPO zu leistenden Sicherheit entfallen, und die seit jeher gezwungen anmutende Konstruktion einer Garantiezusage des Sicherungsbelasteten ist entbehrlich geworden. Die Sicherheit des § 921 Satz 1 ZPO soll Ansprüche aus § 945 ZPO sichern.11 2. Gegenstand der Sicherung prozessualer Sicherheiten gem. § 771 Abs. 3 ZPO und schiedsrechtlicher Sicherheiten gem. § 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO Die Frage nach dem Gegenstand einer Intervenientensicherheit, die gem. §§ 771 Abs. 3, 769, 770 ZPO und gem. § 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO anzuordnen ist, kann unterschiedlich beantwortet werden. Als Sicherungsgegenstand kommen in Betracht: Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten, die infolge der Intervention entstehen,12 der titulierte Anspruch des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vollstreckungsschuldner13 oder (bestimmte) Schäden, Aufwendungen und Kosten (Nachteile) des Vollstreckungsgläubigers14 (II.). Andererseits könnte eine Intervenientensicherheit anstelle des Pfandgegenstandes haften sollen, soweit der Gläubiger bei ungestörtem Vollstreckungs10

Pfizer, ZZP 13 (1889), 304, 315. I. E. ebenso Heinze, in: MüKo ZPO, § 921, Rn. 13; Thümmel, in: Wieczorek/Schütze, § 921, Rn. 8. 12 So RG SeuffArch 61 (1906), 206, 209; OLG München NJW-RR 1989, 1471, betr. Einstellung gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO. Zustimmend Hager, in: Staudinger, § 823, Rn. B 133. Ebenso Schlosser, in: Stein/Jonas, § 1041, Rn. 9 betr. Sicherheit gem. § 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO. 13 So RGZ 12, 394, 396 f. betr. Aufhebung gem. §§ 688, 690 CPO (§§ 769, 771 ZPO). Zustimmend Hellwig, System 2, S. 284, Fn. 60. 14 So RGZ 86, 36, 39 f. betr. Aufhebung gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO; KG, Urt. v. 03. 06. 2002 – 23 U 1267/00 betr. Sicherheit gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO; OLG Jena InVO 2003, 159, 161, betr. Schuldnersicherheit; OLG Hessen HE 1949, 47, 48 betr. jede prozessuale Sicherheit; Messer, WuB VI E. – § 717 Abs. 2 ZPO – 1.85 betr. Einstellung und Aufhebung gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO; Schönke, in: Stein/Jonas (17/18), § 771, Anm. III 3 betr. Einstellung und Aufhebung gem. § 771 Abs. 3 ZPO. 11

B. Sicherungszweck prozessualer und schiedsrechtlicher Sicherheiten

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fortgang aus ihm befriedigt worden wäre15 (dingliche Surrogation) (III.). Bei prozessualen Sicherheiten sind schließlich eine „prozessuale Verpflichtung, für Sicherheit zu sorgen“16 und vertragliche Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten, die bei der Bewirkung der Sicherheit begründet werden,17 in Betracht zu ziehen (IV.).

II. Auslegung der §§ 771 Abs. 3, 769, 770, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO Die Auslegung der §§ 771 Abs. 3, 769, 770, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist auf den Wortlaut und den Funktionszusammenhang der Vorschriften im Normengefüge der ZPO zu stützen (die Gesetzesmaterialien sind hinsichtlich des Sicherungsgegenstandes unergiebig). 1. Rechtsbegriff der Sicherheitsleistung In den §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO ist von „Sicherheitsleistung“ die Rede, § 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO spricht von „Sicherheit“, deren Leistung das Schiedsgericht verlangen kann. Die Begriffe Sicherheit und Sicherheitsleistung werden in einer Vielzahl von Vorschriften der ZPO18 verwendet. Sie könnten im Zivilprozessrecht eine einheitliche Bedeutung haben, die es erlaubt, den Gegenstand der Sicherung gem. §§ 771 Abs. 3, 1041 Abs. 1 Satz 2 BGB zu bestimmen. a) Begriffsverständnis des Schrifttums Die zivilprozessrechtliche Bedeutung des Terminus’ Sicherheitsleistung hat im Schrifttum klare Umrisse erhalten. Sicherheitsleistung ist danach „die Begründung eines obligatorischen oder dinglichen Rechts für einen anderen zu dessen Sicherung für den Fall der Verletzung eines ihm zustehenden Rechts, insbesondere bei der Nichterfüllung eines Anspruchs“. Im Zivilprozessrecht soll die Sicherheitsleistung „Ansprüche einer Partei auf Kostenerstattung oder auf Scha15 So BGHZ 158, 286, 292; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 55. Ferner Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 696; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 78, jew. betr. Aufhebung gem. §§ 771 Abs. 3, 769, 770 ZPO. 16 So KG, Urt. v. 03. 06. 2002 – 23 U 1267/00 betr. Sicherheitsleistung durch Prozessbürgschaft aufgrund einstweiliger Anordnung gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO. 17 So BGHZ 158, 286, 294 betr. Sicherheit zur Aufhebung gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO; RGZ 12, 394, 396 f. betr. Aufhebung gem. §§ 688, 690 CPO (§§ 769, 771 ZPO); Pfizer, ZZP 13 (1889), 304 ff. betr. § 801 CPO (§ 921 ZPO) (anders ders., a.a.O., 315 betr. Sicherheit gem. § 688 CPO [§ 769 ZPO]). 18 § 89 Abs. 1 Satz 1, § 108 Abs. 1, § 109 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, § 110 Abs. 1, §§ 111, 112 Abs. 1, Abs. 3, §§ 113, 641d Abs. 1 Satz 2, § 707 Abs. 1, §§ 708, 709, 710, 711 Satz 1, § 712 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, § 715 Abs. 1, § 719 Abs. 1 Satz 2, §§ 720, 720a Abs. 1, Abs. 3, § 732 Abs. 2, § 769 Abs. 1 Satz 1, § 771 Abs. 3 Satz 2, § 775 Nr. 2, 3, § 890 Abs. 3, § 921 Satz 1, 2, § 922 Abs. 3, § 925 Abs. 2, § 927 Abs. 1, §§ 939, 945, 1041 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 Satz 1.

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Achtes Kapitel: Haftung der Intervenientensicherheit

densersatz, insbesondere des Schuldners wegen materiell nicht gerechtfertigter Vollziehung eines Urteils oder eines Arrestbefehls oder einer einstweiligen Verfügung oder des Gläubigers wegen des zeitweiligen Aufschubs des Vollziehung, sichern“.19 Begriffswesentlich ist, dass Ansprüche, seien es auch künftige, des Sicherungsnehmers gesichert werden sollen, indem deren Verwirklichung durch die Rückgriffsmöglichkeit auf die Sicherheit erleichtert wird. Demnach verstärkt eine prozessuale Sicherheit eine bestehende oder künftige Haftung. Nach Maßgabe dieses Begriffsverständnisses soll eine Sicherheitsleistung, die gem. §§ 771 Abs. 3, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO aufzuerlegen ist, folglich Ansprüche sichern. Dagegen sollen Nachteile, auf deren Ersatz kein Anspruch besteht, nicht Gegenstand der Sicherung sein. b) Würdigung und Präzisierung Das Begriffsverständnis hat sich am Gesetz zu erweisen. Wenn die zivilprozessrechtlichen Vorschriften, welche neben den §§ 771 Abs. 3, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO Regelungen über Sicherheitsleistungen enthalten, als Sicherungsgegenstand ausschließlich Ansprüche vorsehen und damit das vorgefundene Begriffsverständnis bestätigen, dann hat dieses auch Aussagekraft für die Bestimmung des Gegenstandes der Sicherung von Intervenientensicherheiten gem. §§ 771 Abs. 3, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Ein abweichendes Begriffsverständnis bedürfte der Begründung. Die Vorschriften der ZPO, in denen – wie in den §§ 771 Abs. 3, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO – der Begriff Sicherheit oder Sicherheitsleistung verwendet ist, unterteilen sich in solche, die – wie die §§ 771 Abs. 3, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO – eine Bestimmung darüber treffen, ob Sicherheit angeordnet oder geleistet werden soll (§ 89 Abs. 1 Satz 1, § 110 Abs. 1, §§ 111, 641d Abs. 1 Satz 2, § 707 Abs. 1, §§ 708, 709, 710, 711 Satz 1, § 712 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, § 719 Abs. 1 Satz 2, § 720a Abs. 1, Abs. 3, § 732 Abs. 2, § 769 Abs. 1 Satz 1, § 890 Abs. 3, § 921 Satz 1, 2, § 925 Abs. 2, § 927 Abs. 1, §§ 939, 1041 Abs. 1 Satz 2), und jene, die regeln, wie Sicherheit zu leisten ist (§ 108 Abs. 1, § 112 Abs. 1, Abs. 3, § 113) und welche Folgen sich aus der Anordnung oder Leistung einer Sicherheit ergeben (§ 109 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, § 715 Abs. 1, §§ 720, 775 Nr. 2, 3, § 922 Abs. 3, §§ 945, 1041 Abs. 4 Satz 1). Die Vorschriften über das Ob einer Sicherheitsleistung treffen Bestimmung über den jeweiligen Gegenstand der Sicherung. Einige der Vorschriften über das Ob einer Sicherheitsleistung geben den Gegenstand der Sicherung an, oder sie weisen auf ihn hin. § 89 Abs. 1 Satz 1 ZPO: „für Kosten und Schäden“ – Kosten- und Schadensersatzanspruch gem. § 89 Abs. 1 Satz 3 ZPO; 19 Rosenberg/Schwab/Gottwald, S. 558. Ferner Belz, in: MüKo ZPO, § 108, Rn. 1; Herget, in: Zöller, § 108, Rn. 1; Herkersdorf, S. 9; Steiner, in: Wieczorek/Schütze, Vorbemerkung § 108, Rn. 1.

B. Sicherungszweck prozessualer und schiedsrechtlicher Sicherheiten

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§ 110 Abs. 1 ZPO: „wegen der Prozeßkosten“ – Prozesskostenanspruch; ebenso § 111 ZPO; § 641d Abs. 1 Satz 2 ZPO: „für den Unterhalt“ – Unterhaltsansprüche des Kindes und der Mutter; §§ 708, 710 ZPO: keine Sicherheitsleistung; § 711 Satz 1 Alt. 1, Satz 2 ZPO (Schuldnersicherheit): „Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden“; Hinterlegung meint den Gegenstand des titulierten Anspruch, Sicherheit soll folglich für den titulierten Anspruch („in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags“) geleistet werden; § 712 Abs. 1 Satz 1 ZPO: „Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung . . . abzuwenden“ – titulierter Anspruch (wie § 711 Satz 1 Alt. 1 ZPO); § 720a Abs. 1 ZPO: keine Sicherheitsleistung; § 720a Abs. 3 Alt 1 ZPO (Schuldnersicherheit): „Sicherheit in Höhe des Hauptanspruchs . . ., wegen dessen der Gläubiger vollstrecken kann“ – titulierter Anspruch; § 890 Abs. 3 ZPO: „für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden“; § 921 Satz 1 ZPO: „wegen der dem Gegner drohenden Nachteile“.

Aufgrund dieser Vorschriften sollen überwiegend Ansprüche des Sicherungsnehmers gesichert werden, und zwar solche gegen den Sicherungsbelasteten. Prozessuale Sicherheitsleistungen gem. §§ 890 Abs. 3, 921 Satz 1 ZPO scheinen indes keine Ansprüche sichern zu sollen. Nach dem Wortlaut von § 890 Abs. 3 ZPO und der Auslegung der Vorschrift in der Rechtsprechung20 und im Schrifttum 21 sollen nicht Ansprüche des Sicherungsnehmers gesichert werden, sondern dessen Schaden. § 893 Abs. 1 ZPO, wonach die Vorschriften des Dritten Abschnitts des Achten Buches der ZPO (§§ 883–898 ZPO) das Recht des Gläubigers nicht berühren, die Leistung des Interesses zu verlangen, lässt dies indes als zweifelhaft erscheinen. Ausweislich der Begründung von § 778 E III CPO (§ 893 ZPO) wird das Recht des Gläubigers, sein Interesse zu fordern (d. h. ein Schadensersatzanspruch), „weder ausgeschlossen noch begründet“. 22 Würde eine Sicherheit gem. § 890 Abs. 3 ZPO nicht Schadensersatzansprüche, sondern den Schaden des Gläubigers sichern, so könnte mit dem Anspruch auf Verwertung der Sicherheit wegen Schäden entgegen § 893 Abs. 1 ZPO ein Schadensersatzanspruch des Gläubigers begründet werden. § 890 Abs. 3 ZPO ist daher im systematischen Zusammenhang mit § 893 Abs. 1 ZPO so zu verstehen, dass wegen Schadensersatzansprüchen Sicherheit zu leisten ist. Sicherheit gem. § 921 Satz 1 ZPO ist „wegen der dem Gegner drohenden Nachteile“ zu leisten. Gleichwohl wurde die Vorschrift im Schrifttum des 19. Jahrhunderts (d. h. vor Inkrafttreten von § 945 ZPO mit Wirkung zum 01. 01. 1900) nicht so verstanden, dass die Sicherheit schlechthin für Nachteile anstatt 20 21 22

OLG Zweibrücken InVo 1999, 254, 255; OLG Frankfurt Rpfleger 1978, 267. Brehm, in: Stein/Jonas, § 890, Rn. 57; Schilken, in: MüKo ZPO, § 890, Rn. 25. Hahn, S. 468 = Entwurfsbegründung, S. 445.

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Achtes Kapitel: Haftung der Intervenientensicherheit

für Ansprüche haften soll (sub B. I. 1.). Vielmehr sollte der Arrestgläubiger, indem er Sicherheit leistet, eine unbedingte Verpflichtung übernehmen, Nachteile zu ersetzen, und zugleich die Erfüllung dieser Verpflichtung sicherstellen. 23 Diese Konstruktion erschüttert das herkömmliche Begriffsverständnis prozessualer Sicherheiten nicht, sondern bestätigt, dass prozessuale Sicherheiten ausschließlich für Ansprüche des Sicherungsnehmers haften sollen. Im übrigen ist die Garantiekonstruktion seit der Einfügung von § 945 ZPO zum 01. 01. 1900 überholt: Gem. § 921 Satz 1 ZPO zu leistende Sicherheiten sollen seither Ansprüche aus § 945 ZPO sichern (sub B. I. 1.). Bei den meisten 24 derjenigen Normen über die Auferlegung einer Sicherheitsleistung, die keine Angabe über den Gegenstand der Sicherung enthalten, herrscht in der Rechtsprechung und im Schrifttum weitgehende Einigkeit über den Gegenstand der Sicherung. § 707 Abs. 1 ZPO (Schuldnersicherheit): titulierte Forderung 25 , Verzögerungsschadensersatzanspruch 26 , Kostenerstattungsanspruch 27 ; § 707 Abs. 1 ZPO (Gläubigersicherheit): wie bei der im angefochtenen Urteil festgesetzten Sicherheit 28 ; § 709 ZPO: Schadensersatzanspruch aus § 717 ZPO29 ; 23

Pfizer, ZZP 13 (1889), 304, 315. Soweit ersichtlich hat der Gegenstand der Sicherung gem. § 925 Abs. 2 ZPO bislang in der veröffentlichten Rechtsprechung und im Schrifttum noch keine Bestimmung erhalten. 25 RGZ 141, 194, 195; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 129 f.; U. Gottwald, § 707, Rn. 14; Krüger, in: MüKo ZPO, § 707, Rn. 14; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 707, Rn. 8; Putzo, in: Thomas/Putzo, § 707, Rn. 11. 26 RGZ 141, 194, 195 f. A. A.: Verzögerungsschaden, U. Gottwald, § 707, Rn. 14; Krüger, in: MüKo ZPO, § 707, Rn. 14; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 707, Rn. 8. Nur scheinbar ebenso (Verzögerungsschaden anstatt Schadensersatzansprüche wegen Verzögerung) OLG Dresden HRR 1937 Nr. 1130 (eine gem. § 707 Abs. 1 ZPO zu leistende Schuldnersicherheit hafte bei Vollstreckungseinstellung „dem Gläub. nur für den Schaden, der ihm möglicherweise durch die einstw. Verhinderung der sof. Durchf. der eingeleiteten VollstrMaßregeln entstünde“); Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 129 (eine gem. § 707 Abs. 1 ZPO zu leistende Schuldnersicherheit hafte „im Falle der Einstellung nur für die Nachteile, die dem Gläubiger aus der Verzögerung der Vollstreckung . . . entstehen“). – OLG Dresden und Gaul verweisen beide auf die Entscheidung RGZ 141, 194. In diesem Urteil macht das RG deutlich, dass die Sicherheit, wenn die Vollstreckung eingestellt wird, Vollstreckungsmaßnahmen aber aufrechterhalten bleiben, nicht für den titulierten Anspruch haftet („nur“ für den Verzögerungsschaden), und auch für den Verzögerungsschaden nur dann, wenn eine Schadensersatzforderung besteht (RGZ 141, 194, 195 f.). OLG Dresden und Gaul dürfen demnach i. S. der Rechtsauffassung des RG verstanden werden. 27 U. Gottwald, § 707, Rn. 14; Krüger, in: MüKo ZPO, § 707, Rn. 14; Münzberg, in: Stein/ Jonas, § 707, Rn. 8. 28 RGZ 27, 364, 365; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 129 f.; Herget, in: Zöller, § 707, Rn. 14. 29 LG Düsseldorf Rpfleger 2003, 677; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 204; U. Gottwald, Vorbem. §§ 708–720a, Rn. 12; § 709, Rn. 1; Herget, in: Zöller, § 709, Rn. 3; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 709, Rn. 6; Krüger, in: MüKo ZPO, § 709, Rn. 2; Münzberg, in: Stein/ Jonas, § 709, Rn. 3; Oetker, ZZP 102 (1989), 449; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 709, Rn. 2. 24

B. Sicherungszweck prozessualer und schiedsrechtlicher Sicherheiten

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§ 711 Satz 1 Alt. 2 ZPO (Gläubigersicherheit): wie bei Sicherheit gem. § 709 ZPO 30 ; § 712 Abs. 2 Satz 2 ZPO: wie bei Sicherheit gem. § 709 ZPO31 = Schadensersatzansprüche aus § 717 ZPO32 ; § 719 Abs. 1 Satz 2 ZPO: wie bei § 719 Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. § 707 ZPO33 ; § 720a Abs. 3 Alt. 2 ZPO (Gläubigersicherheit): wie bei §§ 709, 712 Abs. 2 Satz 2 ZPO34 ; § 732 Abs. 2 ZPO (Gläubigersicherheit): Schäden infolge der Vollstreckungsfortsetzung 35 ; § 732 Abs. 2 ZPO (Schuldnersicherheit): wie bei § 707 ZPO36 ; § 769 Abs. 1 Satz 1 ZPO (Vollstreckungsgegenklage, Sicherheit des Klägers): titulierte Forderung 37 ; wie bei Sicherheit gem. § 707 ZPO38 ; Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen den Gegenkläger, die sich aus der angeordneten Maßnahme ergeben 39 ; Interesseforderung40 ; § 769 Abs. 1 Satz 1 ZPO (Vollstreckungsgegenklage, Sicherheit des Beklagten): Schadensersatzanspruch aus § 717 ZPO41 ; § 921 Satz 2 ZPO: Schadensersatzanspruch aus § 945 ZPO42 ; § 927 Abs. 1 ZPO: vertragliche Sicherheit 43 , über deren Gegenstand der Sicherung Arrestgläubiger und -schuldner im Rahmen der Inhaltsfreiheit Bestimmung treffen; § 939 ZPO: Verfügungsanspruch44 ; § 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO: Ansprüche, die entstehen, nachdem das Schiedsverfahren in der Hauptsache beendet ist 45 .

Als Sicherungsgegenstand werden bei der überwiegenden Mehrzahl dieser Vorschriften einhellig und zutreffend Ansprüche des Sicherungsnehmers verstanden, und zwar wiederum solche, die gegen den Sicherungsbelasteten gerichtet 30 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 209; U. Gottwald, § 711, Rn. 7; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 711, Rn. 8; Krüger, in: MüKo ZPO, § 711, Rn. 6; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 711, Rn. 7; Oetker, ZZP 102 (1989), 449, 451. 31 Krüger, in: MüKo ZPO, § 712, Rn. 10; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 712, Rn. 13. 32 Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 712, Rn. 16; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 712, Rn. 6. 33 U. Gottwald, § 719, Rn. 6; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 719, Rn. 5; Krüger, in: MüKo ZPO, § 719, Rn. 7 f.; Putzo, in: Thomas/Putzo, § 719, Rn. 5; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 719, Rn. 6. 34 U. Gottwald, § 720a, Rn. 12; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 720a, Rn. 13; Krüger, in: MüKo ZPO, § 720a, Rn. 5. 35 Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 732, Rn. 16. 36 Putzo, in: Thomas/Putzo, § 732, Rn. 11. 37 OLG Köln NJW-RR 1989, 1396. 38 U. Gottwald, § 769, Rn. 10; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 769, Rn. 12; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 769, Rn. 9. 39 OLG Bamberg SeuffArch 71 (1916), 296, 297. 40 Sydow/Busch/Krantz, § 769, Anm. 3. 41 U. Gottwald, § 769, Rn. 11; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 769, Rn. 10. 42 Grunsky, in: Stein/Jonas, § 921, Rn. 7; Heinze, in: MüKo ZPO, § 921, Rn. 8; Walker, in: Schuschke/Walker, § 921, Rn. 19. 43 Grunsky, in: Stein/Jonas, § 927, Rn. 9; Heinze, in: MüKo ZPO, § 927, Rn. 9. 44 RGZ 55, 140, 142; OLG Köln NJW 1975, 454; LG Hamburg MDR 1971, 851; Heinze, in: MüKo ZPO, § 939, Rn. 2; Walker, in: Schuschke/Walker, § 939, Rn. 2. 45 Schlosser, in: Stein/Jonas, § 1041, Rn. 9.

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Achtes Kapitel: Haftung der Intervenientensicherheit

sind. Allerdings ist bei § 707 Abs. 1 ZPO umstritten, ob eine Schuldnersicherheit neben dem titulierten Anspruch und dem Kostenanspruch Schäden46 oder Schadensersatzansprüche47 wegen Verzögerung sichern soll. Ferner sollen Schäden den Sicherungsgegenstand einer Gläubigersicherheit gem. § 732 Abs. 2 ZPO bilden48 . Wenn Schäden, nicht Schadensersatzansprüche Gegenstand der Sicherung von Sicherheiten gem. §§ 707 Abs. 1, 732 Abs. 2 ZPO sind, dann ist das Begriffsverständnis prozessualer Sicherheit, wonach Sicherungsgegenstand stets und ausschließlich Ansprüche sind, erschüttert. Aus ihm können dann keine Folgerungen für den Gegenstand der Sicherung von Intervenientensicherheiten gem. §§ 771 Abs. 3, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO gezogen werden. U. Gottwald 49 und Krüger 50 geben für ihre Auffassung, eine Schuldnersicherheit gem. § 707 Abs. 1 ZPO hafte für Verzögerungsschäden, weder eine Begründung noch einen Beleg an. Im Gegenteil mutet es widersprüchlich an, wenn die Sicherheit einerseits „pfandgleich für dasjenige, wozu der Schuldner vorläufig vollstreckbar verurteilt wurde“, haften soll, andererseits „aber auch für Schäden, die wegen der Vollstreckungsverzögerung eingetreten sind“. 51 Da die Sicherheit „pfandgleich“ nur für Ansprüche, nicht für Schäden haften kann, sind die Modalitäten der Schadenshaftung ungeklärt. Es bedürfte z. B. näherer Bestimmung, ob der geschädigte Sicherungsnehmer die Sicherheit nur verwerten kann, wenn er rechtskräftig obsiegt, oder ob und unter welchen Voraussetzungen ihm die Sicherheit auch zugute kommt, wenn der Rechtsstreit ohne Urteil beendet wird. Dieser Ungeklärtheit wegen wird im Schrifttum 52 die Auffassung vertreten, Gegenstand der Sicherung könnten nur solche Nachteile sein, die nach anderen Vorschriften ersatzfähig sind. Dies überzeugt, weil die Konstruktion der Anspruchshaftung einer prozessualen Sicherheit funktionsund damit tragfähig ist, während die anspruchsunabhängige Schadenshaftung Funktionsdefizite hat, die erst durch zusätzliche Annahmen ausgeräumt werden müssen. Münzberg meint, eine Schuldnersicherheit gem. § 707 Abs. 1 ZPO hafte dem Gläubiger auch „für den Schaden, der ihm durch die mit der Einstellung verbundene Hinauszögerung seiner Befriedigung erwächst“53 – „denn es geht um Schaden aus Verzögerung der ZV, nicht um §§ 285 f. BGB“54 (a. F.). Der Nach46

So U. Gottwald, § 707, Rn. 14; Krüger, in: MüKo ZPO, § 707, Rn. 14; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 707, Rn. 8. 47 So RGZ 141, 194, 195 f. 48 So Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 732, Rn. 16. 49 U. Gottwald, § 707, Rn. 14. 50 Krüger, in: MüKo ZPO, § 707, Rn. 14. 51 So U. Gottwald, § 707, Rn. 14. 52 Walker, Rn. 500, betr. § 921 Satz 1 ZPO. 53 Münzberg, in: Stein/Jonas, § 707, Rn. 8 (Hervorhebung im Original). Ferner OLG Jena InVo 2003, 159. 54 Münzberg, in: Stein/Jonas, § 707, Rn. 8, Fn. 77 gegen OLG Köln NJW-RR 1989, 1396.

B. Sicherungszweck prozessualer und schiedsrechtlicher Sicherheiten

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satz stellt Münzbergs Standpunkt klar, begründet ihn aber nicht und macht ihn daher auch nicht überzeugungskräftiger. Auch Schuschke55 begründet seine Auffassung, das Gericht solle durch einstweilige Maßnahmen gem. § 732 Abs. 2 ZPO entweder den Vollstreckungsfortgang hemmen (Einstellung) oder „jedenfalls den Schuldner vor Schäden sichern, die ihm aus einer Fortsetzung der Vollstreckung erwachsen könnten“ (Fortsetzung gegen Gläubigersicherheit), nicht. Auch hier bleibt offen, warum und unter welchen Voraussetzungen die Sicherheit haften soll. Eine Schadenshaftung von Schuldnersicherheiten gem. § 707 Abs. 1 ZPO und Gläubigersicherheiten gem. § 732 Abs. 2 ZPO hat gegenüber einer Anspruchshaftung Funktionsdefizite, und sie ist nicht überzeugend begründet. Es besteht daher kein Anlass, bei solchen Sicherheiten einen grundlegend anderen Gegenstand der Sicherung anzunehmen als bei prozessualen Sicherheiten nach sonstigen Vorschriften über das Ob einer Sicherheitsleistung. 56 Schuldnersicherheit gem. § 707 Abs. 1 ZPO soll daher neben dem titulierten Anspruch und dem Kostenanspruch nicht Verzögerungsschäden des Gläubigers, sondern dessen Ansprüche auf Ersatz von Verzögerungsschäden besichern. Gläubigersicherheit gem. § 732 Abs. 2 ZPO soll Schadensersatzansprüche des Schuldners gem. § 717 ZPO besichern. Sicherheit gem. § 925 Abs. 2 ZPO, zu deren Gegenstand der Sicherung sich in Rechtsprechung und Schrifttum keine Befassung findet, soll schließlich Schadensersatzansprüche aus § 945 ZPO (Sicherheit des Arrestgläubigers) bzw. den Arrestanspruch (Sicherheit des Arrestschuldners) besichern. In denjenigen Vorschriften der ZPO, die außer §§ 771 Abs. 3, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO das Ob prozessualer Sicherheitsleistung regeln, soll die jeweilige Sicherheit ausschließlich Ansprüche des Sicherungsnehmers sichern. Die Verwendung des Begriff der Sicherheitsleistung im Gesetz bestätigt das Begriffsverständnis des prozessrechtlichen Schrifttums, wonach Ansprüche des Sicherungsnehmers gesichert werden sollen. Das Untersuchungsergebnis der Begriffsverwendung in der ZPO erlaubt darüber hinaus eine präzisere Definition des Rechtsbegriffs prozessualer Sicherheitsleistung. Denn es hat sich gezeigt, dass Gegenstand der Sicherung stets Ansprüche des Sicherungsnehmers sind, die gegen den Sicherungsbelasteten gerichtet sind. Prozessuale Sicherheitsleistung ist demnach die Begründung eines Rechts durch einen Verfahrensbeteiligten (Sicherungsbelasteter) für einen anderen Verfahrensbeteiligten (Sicherungsnehmer) zu dessen Sicherung für den Fall der Nichterfüllung eines Anspruchs des Sicherungsnehmers gegen den Sicherungsbelasteten. 55

Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 732, Rn. 16. Abzulehnen ist auch die Auffassung des OLG Hessen (HE 1949, 47–48), „der allgemeine Anlaß jeder Sicherheitsleistung“ sei „die Möglichkeit eines Schadens, der dem Gegner aus der Durchführung einer vorläufigen Maßregel erwachsen kann, wenn diese sich als ungerechtfertigt erweisen sollte“. 56

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Achtes Kapitel: Haftung der Intervenientensicherheit

Die einheitliche Verwendung der Begriffe Sicherheitsleistung und Sicherheit in der ZPO begründet die Annahme, dass auch die Intervenientensicherheiten der §§ 771 Abs. 3, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers (Sicherungsnehmer) gegen den Intervenienten (Sicherungsbelasteter) sichern sollen. Ein davon abweichendes Verständnis ist begründungsbedürftig. c) Abweichende Auffassungen bei Intervenientensicherheiten gem. § 771 Abs. 3 ZPO Rechtsprechung57 und Schrifttum 58 vertreten bisweilen die Auffassung, Intervenientensicherheiten gem. § 771 Abs. 3 ZPO sollten nicht für Ansprüche, sondern schlechthin für Nachteile haften. In einer Entscheidung aus dem Jahre 1914 bezieht das RG 59 die Sicherheitsleistung allein auf die Nachteile und das Interesse des Gläubigers, und nicht auf Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers. Der Senat vertritt die Ansicht, bei der Vollstreckungseinstellung gegen Sicherheitsleistung gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO diene die geleistete Sicherheit dem Gläubiger „zur Sicherung hinsichtlich der Nachteile, die ihm etwa aus der zeitweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung entstehen“. 60 Zum Beleg weist der Senat auf zwei frühere reichsgerichtliche Entscheidungen hin, die allerdings seine Rechtsauffassung nicht stützen. In der einen Entscheidung61 war über die Haftung einer Sicherheitsleistung zu befinden gewesen, die ein Vollstreckungsschuldner zur Vollstreckungsabwendung mit der ausdrücklichen Zweckbestimmung angeboten und geleistet hatte, „daß der Gegnerin die Kaution auch für den Schaden haften würde, welcher derselben durch die Zögerung und aus der von Gebr. W. während des Prozesses fortgesetzten Geschäftsführung entstehen werde“. 62 Die Haftung der Sicherheit war folglich aus dem Garantievertrag herzuleiten, so dass von jener Entscheidung nicht auf die gesetzlich intendierte Haftung einer Sicherheit gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO geschlossen werden darf. In dem anderen angeführten Urteil lehnt das RG 63 eine primäre Nachteilshaftung der Sicherheit ab. Es heißt dort: „Es kann sich daher nur fragen, ob dem Bekl. Ansprüche zur Seite stehen, deren Sicherstellung durch die Hinterlegung bezweckt wurde“. Die Entscheidung widerspricht damit der These, zu deren Beleg sie angeführt ist. In dem Urteil des RG aus dem Jahre 1914 fährt der Senat fort, dass bei der Anordnung der Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln gem. §§ 771 Abs. 3, 57

RGZ 86, 36; KG, Urt. v. 03. 06. 2002 – 23 U 1267/00. Schönke, in: Stein/Jonas (17/18), § 771, Anm. III 3. Ferner (begründungslos) Messer, WuB VI E. – § 717 Abs. 2 ZPO – 1.85. 59 RGZ 86, 36. 60 RGZ 86, 36, 39. 61 RGZ 25, 373. 62 RGZ 25, 373, 374. 63 RG JW 1900, 80 Nr. 23. 58

B. Sicherungszweck prozessualer und schiedsrechtlicher Sicherheiten

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769 ZPO dem Gläubiger durch die Sicherheit „vollständiger Ersatz für die Nachteile gewährt wird, die für ihn aus der Aufhebung der Vollstreckungsmaßregeln entstehen, daß also sein ganzes Interesse an den Vollstreckungsmaßregeln gedeckt wird; die Sicherheit haftet ihm dann insoweit, als er im Falle der Nichtaufhebung der Vollstreckungsmaßregeln Befriedigung erlangt haben würde“. 64 Zur Begründung führt der Senat an, dem Vollstreckungsgläubiger seien durch die erfolgten Vollstreckungsmaßregeln wohlerworbene Rechte erwachsen, für die ihm die Sicherheitsleistung folglich Ersatz zu gewähren habe. Ein Urteil des RG 65 aus dem Jahre 1896, das der Senat zum Beleg anführt, kann seine Rechtsauffassung nicht bekräftigen. Das RG hatte dort zwar ausgeführt, die Sicherheit sei so zu bemessen, dass sie dem Gläubiger „einen vollständigen Ersatz für die Nachteile gewährt, die ihm durch die Aufhebung der Vollstreckungsmaßregeln, insbesondere durch die Beseitigung des von ihm erworbenen Pfändungspfandrechts erwachsen“. Es war aber nicht über die Haftung einer Intervenientensicherheit gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO zu befinden gewesen, sondern über die Höhe der Sicherheitsleistung, die ein Vollstreckungsschuldner als Vollstreckungsgegenkläger zur Aufhebung der Zwangsverwaltung gem. §§ 686, 688 CPO (§§ 767, 769 ZPO) zu erbringen hatte. Der entscheidende Unterschied zwischen einer Sicherheit des Vollstreckungsgegenklägers und einer Intervenientensicherheit besteht darin, dass bei der Vollstreckungsgegenklage die Sicherheit des Vollstreckungsschuldners für den titulierten Anspruch des Vollstreckungsgläubigers gegen den klagenden Vollstreckungsschuldner und damit ohne weiteres für eine Forderung des Sicherungsnehmers gegen den Sicherungsbelasteten haftet. So hatte auch das RG in dem vom Senat angeführten Urteil zugrundegelegt, dass die Sicherheit „für die Befriedigung des Gläubigers . . . bezüglich seiner Forderung“ haftet. 66 Streitig war dort nur, ob die gem. §§ 767, 769 ZPO zu leistende Sicherheit den Anspruch vollständig sichern sollte, oder nur bis zu der Höhe, bis zu der die aufgehobenen Vollstreckungsmaßregeln Sicherheit geboten hätten; das RG entschied im letzteren Sinne über den Haftungsumfang. Die Auffassung, die Sicherheit solle dem Grunde nach schlechthin für Nachteile anstatt für Ansprüche haften, ist der Entscheidung indes nicht zu entnehmen. Es bleibt mithin die Erwägung, das Pfändungspfandrecht sei wohlerworben, seine Aufhebung müsse daher durch die Haftung der Sicherheit für die Nachteile kompensiert werden. Es ist indes fraglich, ob das Empfinden, der Verlust von Rechten infolge der Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln solle durch die Sicherheitshaftung kompensiert werden, es rechtfertigt, die Anspruchshaftung prozessualer Sicherheit in eine primäre Nachteilshaftung umzuinterpretieren. An diesem Ansatz ist bereits unbefriedigend, dass die Entscheidung über 64 65 66

RGZ 86, 36, 39 f. Zustimmend Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 696. RGZ 37, 430, 431. RGZ 37, 430, 431.

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Achtes Kapitel: Haftung der Intervenientensicherheit

die Kompensation durch die Anwendung von Verfahrensvorschriften – der §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO, auf denen die Anordnung der Sicherheitsleistung beruht – getroffen wird. Die Frage, ob der Vollstreckungsgläubiger für die Nachteile entschädigt werden soll, die er aufgrund des Verlusts des Pfandrechts erleidet, ist durch Anwendung des materiellen Rechts (zu dem auch die Vorschriften über die Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung gehören 67) zu beantworten. Bestehen materiellrechtliche Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten, dann soll die Sicherheit für sie haften. Bestehen keine Ersatzansprüche, dann soll die Sicherheit auch nicht für Nachteile haften, die materiellrechtlich ersatzlos bleiben. 68 Im übrigen übersieht das RG 69 , dass die Annahme, eine Sicherheit, die gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO zur Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln zu leisten ist, solle für Nachteile haften, im entschiedenen Fall zu unauflösbaren rechtskonstruktiven Widersprüchen führte. Die Sicherheit, um deren Haftung gestritten wurde, war durch Hinterlegung von Geld geleistet worden. Hinterlegtes Geld geht in das Eigentum des Fiskus über (§ 7 Abs. 1 HintO); der Sicherungsnehmer erlangt ein Pfandrecht an der Rückerstattungsforderung des Hinterlegers (§ 233 BGB). Mit Eintritt des Sicherungsfalles ist der Sicherungsnehmer als Pfandgläubiger zur Einziehung der Rückerstattungsforderung berechtigt (§§ 1257, 1282 Abs. 1 BGB). Er kann von der Hinterlegungsstelle Auszahlung in Höhe seiner Forderung verlangen. 70 Hierzu bedarf es einer Herausgabeverfügung (§ 12 HintO), die nur ergeht, wenn der Sicherungsnehmer seine Berechtigung nachgewiesen hat (§ 13 Abs. 1 HintO). Die Berechtigung besteht in der Einziehungsberechtigung als Pfandgläubiger gem. §§ 1257, 1282 Abs. 1 BGB. Pfandgläubiger ist der Sicherungsnehmer aber nur, wenn eine pfandgesicherte Forderung besteht. Der Vollstreckungsgläubiger, der bei Sicherheitsleistung durch Hinterlegung ein gesetzliches Pfandrecht an der Rückerstattungsforderung erwirbt, kann folglich die Sicherheit nur dann für sich beanspruchen und die Einwilligung in die Auszahlung des hinterlegten Betrages an sich verlangen, wenn ihm Ansprüche zustehen, deren Sicherstellung durch die Hinterlegung bezweckt wurde. 71 Auf der Grundlage der Feststellung des Senats, die Sicherheit solle für Nachteile haften, ist demnach keinen Zugriff auf die Sicherheit möglich, weil die Art der bestellten Sicherheit nur für Ansprüche haftet. 67 RGZ 108, 253, 255; RG SeuffArch 61 (1906), 206, 208; Becker-Eberhard, S. 18 f.; Häsemeyer, S. 8 ff.; Olzen, in: Festschrift für Rolf A. Schütze, S. 603, 606 ff.; Saenger, JZ 1997, 222, 224; Stickelbrock, S. 331. A. A. Niederelz, S. 83 ff. 68 Ähnlich RG SeuffArch 61 (1906), 206, 209 f.; OLG München NJW-RR 1989, 1471, 1472; Falkmann/Mugdan, S. 463. 69 RGZ 86, 36, 39 f. 70 Belz, in: MüKo ZPO, § 108, Rn. 43. 71 OLG München NJW-RR 1989, 1471, 1472.

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Schönke 72 verweist zum Beleg seiner Auffassung, eine Sicherheit gem. § 771 Abs. 3 ZPO hafte bei Einstellung für den dem Gläubiger durch die Einstellung erwachsenden Schaden, und bei Aufhebung für die Urteilssumme, auf die soeben untersuchte Entscheidung des RG 73 sowie auf ein Urteil des RG 74 aus dem Jahre 1933. Auch dieses Urteil erbringt keinen Nachweis der Haftung einer Sicherheit für Nachteile anstatt für Ansprüche. Zwar wird in diesem Urteil an der von Schönke angegebenen Stelle ausgeführt, bei der Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO komme der Intervenient nicht als Schuldner der zu vollstreckenden Forderung in Betracht; daher könne sich die Haftung der Sicherheit dort niemals auf die (zu vollstreckende) Forderung als solche beziehen, sondern nur insoweit eintreten, als der Gläubiger aus den streitigen Gegenständen Befriedigung erhalten hätte. Aus den übrigen Entscheidungsgründen geht allerdings hervor, dass der Senat damit nicht zum Ausdruck bringen wollte, die Sicherheit solle anstatt für die zu vollstreckende Forderung unmittelbar für Nachteile haften. Das RG hatte über die Haftung einer Sicherheit zu befinden, die ein Berufungskläger gem. §§ 719 Abs. 1, 707 ZPO zur Vollstreckungseinstellung geleistet hatte. Bei der Ermittlung des Sicherungszwecks führt der Senat aus75 : „Als durch die Bürgschaft gesicherte Hauptforderung ist daher die den Gegenstand des damaligen Rechtsstreits bildende Forderung des Gläubigers . . . anzusehen, sofern eine in Geld- oder Wertpapieren geleistete Sicherheit für diese Forderung haften würde. Ist das letztere nicht der Fall, haftet die Sicherheit vielmehr nur für den Verzögerungsschaden, der dem Gläubiger durch die Einstellung der Zwangsvollstreckung erwächst, so ist diese Schadensersatzforderung als durch die Bürgschaft gesicherte Hauptforderung anzusehen.“

Als Gegenstand der Haftung einer Sicherheit gem. §§ 719 Abs. 1, 707 ZPO zieht der Senat mithin ausschließlich Ansprüche – den titulierten Anspruch oder einen Schadensersatzanspruch – in Betracht. Vor diesem Hintergrund bedeuten die ergänzenden Ausführungen des Senats zur Sicherheit gem. § 771 Abs. 3 ZPO, dass diese „insoweit . . ., als der Gläubiger aus den streitigen Gegenständen Befriedigung erhalten hätte“, für etwaige Schadensersatzansprüche hafte, da eine Haftung für die titulierte Forderung nicht in Betracht komme. Schließlich gelangt das KG 76 in einem Fall, in dem eine Prozessbürgschaft als Sicherheitsleistung aufgrund einer einstweiligen Anordnung gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO beigebracht worden war, zu der Ansicht, dass „eine Sicherheit, die diesen Namen wirklich verdient[e], . . . den . . . aus der Freigabe des Pfandstücks drohenden Schaden in jedem Fall abdeckt“, und dass „eine echte Sicherheitsleis72 73 74 75 76

Schönke, in: Stein/Jonas (17/18), § 771, Anm. III 3. RGZ 86, 36, 39. RGZ 141, 194, 198. RGZ 141, 194, 195 f. KG, Urt. v. 03. 06. 2002 – 23 U 1267/00.

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Achtes Kapitel: Haftung der Intervenientensicherheit

tung . . . den durch die Einstellung der Zwangsvollstreckung entstandenen Schaden ersetzen muß“. Ausgangspunkt der Erwägungen ist die Rechtslage bei Sicherheitsleistung des Intervenienten durch Hinterlegung von Geld. Der Senat meint, der Vollstreckungsgläubiger hätte in einem solchen Fall nach Abweisung der Drittwiderspruchsklage ohne weiteres die Herausgabe des hinterlegten Geldes in Höhe des Werts des entzogenen Pfandes verlangen können. Da eine nach § 108 Abs. 1 ZPO a. F. nachgelassene Prozessbürgschaft „Ersatz für eine echte Sicherheitsleistung“ sei, müsse eine Prozessbürgschaft den dem Vollstreckungsgläubiger aus der Freigabe des Pfandstücks drohenden Schaden in jedem Fall abdecken. 77 Die Grundannahme des Senats, der Vollstreckungsgläubiger hätte ohne weiteres die Herausgabe hinterlegten Geldes in Höhe des Werts des entzogenen Pfandes verlangen können, ist unzutreffend. Im Falle der Hinterlegung von Geld hätte der Vollstreckungsgläubiger ein Pfandrecht an der Rückerstattungsforderung des Intervenienten gegen den Fiskus erlangt (§ 233 BGB), zu deren Einziehung er mit Eintritt des Sicherungsfalles berechtigt wäre (§§ 1257, 1282 Abs. 1 BGB). Die Einziehung durch Auszahlung der Hinterlegungsstelle setzt eine Herausgabeverfügung voraus (§ 12 HintO), die ihrerseits den Berechtigungsnachweis des Vollstreckungsgläubigers voraussetzt (§ 13 Abs. 1 HintO). Berechtigt ist der Vollstreckungsgläubiger nur, wenn eine pfandgesicherte Forderung besteht. Folglich könnte der Vollstreckungsgläubiger die Herausgabe hinterlegten Geldes nicht „ohne weiteres“, sondern nur dann verlangen, wenn er nachweist, dass ihm ein Anspruch zusteht, dessen Sicherstellung durch die Hinterlegung bezweckt wurde. Da der Vollstreckungsgläubiger auch auf Geld, das zur Sicherheit hinterlegt ist – vom Senat als „echte Sicherheitsleistung“ bezeichnet –, nur auf der Grundlage eines Anspruchs zugreifen könnte, ist der Schluss von der Schadenshaftung hinterlegten Geldes auf die Schadenshaftung einer Prozessbürgschaft nicht tragfähig. Ein Urteil des BGH78 , auf das der Senat Bezug nimmt, um seine Auffassung zu belegen, die Herausgabe hinterlegten Geldes hätte „ohne weiteres“ verlangt werden können, stützt dessen Ansicht im übrigen nicht.79 In diesem Urteil hatte der BGH über die Haftung einer Prozessbürgschaft zu befinden, die vom Vollstreckungsschuldner zur Vollstreckungsabwendung gem. § 711 ZPO beigebracht worden war. Der BGH stellt dort zwar fest, dass der Vollstreckungsgläubiger durch eine Prozessbürgschaft nicht schlechter gestellt werden soll, als wenn Sicherheit durch Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren geleistet wäre. In der Entscheidung fi ndet sich aber kein Anhalt dafür, dass der Vollstreckungsgläubiger im Falle der Hinterlegung „ohne weiteres“ Herausgabe verlangt haben könnte, wenn ihm ein Schaden ent77 Der Senat verkennt nicht, dass es für die Bürgschaft einer Hauptschuld bedarf. Als solche ersinnt er die „prozessuale Verpfl ichtung, für Sicherheit zu sorgen“ (dazu S. 169–172). 78 BGHZ 69, 270, 273. 79 Ebenso BGHZ 158, 286, 291.

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standen gewesen wäre. Im Gegenteil betont der BGH, dass die Hinterlegungssumme für den im rechtskräftigen Urteil zuerkannten (Forderungs-)Betrag gehaftet haben würde. 80 Eine weitergehende Begründung für die Schadenshaftung der Sicherheit als den unzutreffenden Verweis auf die Rechtslage bei der Hinterlegung gibt das KG nicht. Der Senat äußert, der Sicherungszweck richte sich nach den Umständen des Einzelfalles, und aufgrund der Umstände des zu entscheidenden Falles bestehe der Bürgschaftszweck darin, dem Vollstreckungsgläubiger den Versteigerungswert des gepfändeten Gegenstandes für den Fall zu sichern, dass die Drittwiderspruchsklage abgewiesen werde. Als zweckbestimmenden Umstand des Einzelfalles führt der Senat an, dass der Drittwiderspruchskläger aufgrund des Einstellungsbeschlusses eine „tatsächliche“ Einstellung nur erreichen konnte, wenn er Sicherheit leistete. Worin die einzelfallbezogene Besonderheit dessen besteht, dass eine prozessuale Sicherheit zur Erlangung eines verfahrensmäßigen Vorteils auferlegt wird, und was es damit auf sich hat, dass mit der Sicherheit nicht nur die Einstellung, sondern eine „tatsächliche“ Einstellung erreicht werden konnte, ergibt sich aus den Entscheidungsgründen nicht. Abschließend bestätigt sich der Senat wie folgt: „Daß die gestellte Prozeßbürgschaft tatsächlich ein vollwertiger Ersatz für eine echte Sicherheitsleistung ist, zeigt sich jetzt, wo der Sicherungsfall eingetreten ist, darin, daß die Prozeßbürgin den durch die Einstellung der Zwangsvollstreckung entstandenen Schaden ersetzen muß“. Der Satz bringt vor allem zum Ausdruck, dass der Senat die Bestimmung des Sicherungsfalles – den Eintritt bestimmter Schäden – ganz aus seinem Begriffsverständnis der Sicherheitsleistung herleitet, wonach als „echte Sicherheitsleistung“ nur die bedingungslose Schadenshaftung des Sicherungsmittels im Unterliegensfalle gelten kann. Die Begründung, die der Senat für dieses Begriffsverständnis gibt – die vermeintliche Haftung hinterlegten Geldes „ohne weiteres“ –, trägt allerdings, wie erinnerlich, nicht. d) Zwischenergebnis Der Sicherungsgegenstand prozessualer Sicherheit aufgrund von Vorschriften der ZPO besteht durchweg in Ansprüchen des Sicherungsnehmers gegen den Sicherungsbelasteten. Auch Intervenientensicherheiten gem. §§ 771 Abs. 3, 769, 770, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO sollen Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten sichern. Ein abweichendes Verständnis, wonach die Sicherheiten der §§ 771 Abs. 3, 769, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO zur Sicherung von Nachteilen auferlegt werden sollen, ist nicht begründet.

80

BGHZ 69, 270, 273.

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2. Art der Sicherheit, § 108 ZPO Gem. § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO, der im Ersten Buch der ZPO, „Allgemeine Vorschriften“, steht und daher für alle gesetzlichen Fälle prozessualer Sicherheit gilt, ist Sicherheit durch Bürgschaft eines inländischen Kreditinstituts oder durch Hinterlegung von Geld oder bestimmten Wertpapieren zu leisten, wenn weder das Gericht noch die Parteien eine Bestimmung über die Art zu leistender Sicherheit getroffen haben. Bürgschaft (§§ 765 Abs. 1, 767 Abs. 1 BGB) und Hinterlegung (§ 233 BGB) sind akzessorische Sicherheiten. Begründung, Umfang und Bestand akzessorischer Sicherheiten hängen von einer gesicherten Forderung ab; ohne eine (wenigstens künftige oder bedingte) zu sichernde Forderung kann eine akzessorische Sicherheit nicht entstehen. 81 Indem § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Leistung akzessorischer Sicherheiten anordnet, wenn nichts anderes bestimmt ist, bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass prozessuale Sicherheiten im Regelfall Ansprüche, nicht Nachteile sichern sollen. § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO schließt zwar die Sicherung von Nachteilen durch prozessuale Sicherheitsleistung nicht aus. Denn das Gericht bestimmt nach freiem Ermessen über die Art der Sicherheit und kann alle denkbaren Sicherungsrechte und mittel zulassen82 , also auch abstrakte Sicherheiten, die vom Bestand einer gesicherten Forderung grundsätzlich unabhängig sind (z. B. Sicherungsübereignung, -zession). Das Zusammenspiel der Vorschriften über das Ob der Anordnung einer Intervenientensicherheit (§§ 771 Abs. 3, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO) mit dem Normalfall des Wie (§ 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO) bestärkt aber das Ergebnis, dass nur Ansprüche gesichert werden sollen. 3. Ermessen Die Auferlegung einer Intervenientensicherheit gem. §§ 771 Abs. 3, 769, 770, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO steht im Ermessen des Gerichts („kann“, „gegen oder ohne“, „ist . . . zulässig“). Die Ermessensentscheidung ist im Einklang mit dem gesetzlichen Ermessenszweck zu treffen, der wiederum im Zusammenhang mit dem gesetzlich intendierten Gegenstand der Sicherung steht, weil von ihm Inhalt und Reichweite der richterlichen Ermessensentscheidung abhängen. Die Ermittlung des gesetzlichen Ermessenszwecks verspricht daher Aufschluss über den Sicherungsgegenstand. Die Leistung einer Sicherheit belastet einen Intervenienten stets. Die Belastung ist aber je nach dem Gegenstand der Sicherung von unterschiedlicher Schwere. Bezweckt die Sicherheitsleistung (nur) die Sicherung der persönlichen Haftung, dann liegt die Belastung im Einsatz des Sicherungsmittels (Liquidität) sowie in den Mühen und Kosten seiner Erbringung (z. B. Kredit- oder 81 82

Ganter, in: Bankrechts-Handbuch, § 90, Rn. 25. Steiner, in: Wieczorek/Schütze, § 108, Rn. 6.

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Bürgschaftskosten). Ein Intervenient erhält das Sicherungsmittel aber zurück, wenn feststeht, dass er nicht persönlich haftet (§ 109 ZPO). Die Belastung eines Intervenienten ist demgegenüber erheblich stärker, wenn die Sicherheit (auch) dafür haften soll, wofür der Intervenient nicht persönlich einzustehen hat (Nachteile, Ansprüche gegen den Vollstreckungsschuldner). Denn in einem solchen Fall kann der Intervenient das Sicherungsmittel verlieren, obwohl er persönlich nicht haftet. Gesetzlicher Zweck des Ermessens über die Auferlegung einer Intervenientensicherheit kann demnach entweder sein, dem Gericht anheim zu stellen, ob es einen Intervenienten nur mit der Erbringung einer Sicherheit zu belastet, die sichert, wofür der Intervenient ohnehin persönlich einzustehen hat (Haftungsverstärkung); oder es ist Ermessenszweck, zu entscheiden, ob der Intervenient mit der Sicherheit außerdem für einen Gegenstand haftet, für den er persönlich nicht einzustehen hat (Haftungserweiterung). Unter diesem Blickwinkel sind drei Sicherungsgegenstände zu unterscheiden: (1) Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten – die Sicherheit würde für das haften, wofür der Intervenient persönlich einzustehen hat (Haftungsverstärkung); (2) die titulierte Forderung des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vollstreckungsschuldner, wegen derer die angegriffene Vollstreckung unternommen wird – die Sicherheit würde für einen Gegenstand haften, für den der Intervenient persönlich nicht (allenfalls als Schadensersatzschuldner des Vollstreckungsgläubigers, wenn die Intervention den Vollstreckungserfolg vereitelt hat, § 249 Satz 1 BGB) einzustehen hat (Haftungserweiterung); (3) Nachteile des Vollstreckungsgläubigers infolge der Intervention – die Sicherheit würde unabhängig von einer persönlichen Haftung des Intervenienten haften (Haftungserweiterung). Gemeinsamer Zweck zivilprozessrechtlicher Vorschriften über die Auferlegung von Sicherheitsleistungen ist es, Ansprüche des Sicherungsnehmers gegen den Sicherungsbelasteten zu sichern. Gemeinsamer Zweck derjenigen dieser Vorschriften, in denen die Auferlegung einer Sicherheitsleistung in das richterliche Ermessen gestellt wird, ist es folglich, bei der Entscheidung, ob solche Ansprüche gesichert werden sollen, die Umstände des Einzelfalls und die Interessen der Beteiligten abzuwägen. Der Ermessenszweck dieser Vorschriften besteht demnach darin, anhand der Umstände des Einzelfalles zu entscheiden, ob dem Sicherungsbelasteten die Besicherung einer persönlichen Haftung zugemutet wird, deren Bestand oder Entstehung unsicher ist, oder ob dem Sicherungsnehmer das Risiko der Uneinbringbarkeit möglicher Ansprüche gegen den Sicherungsbelasteten zugemutet wird. Eine Haftungserweiterung steht in keinem Fall zur Entscheidung. Die Übereinstimmung der Ermessenszwecke von Ermessensvorschriften über die Auferlegung prozessualer Sicherheiten erlaubt es – vorbehaltlich etwaiger Besonderheiten von Interventionsstreitigkeiten –, auf den Zweck der Ermessenseinräumung über die Auferlegung einer Inter-

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Achtes Kapitel: Haftung der Intervenientensicherheit

venientensicherheit in den §§ 771 Abs. 3, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu schließen. Der Ermessenszweck der §§ 771 Abs. 3, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO besteht demnach darin, dass anhand der Einzelfallumstände (z. B. Erfolgsaussichten, Schwere des Eingriffs, Liquidität des Intervenienten, anderweitige Vollstreckungsmöglichkeiten beim Vollstreckungsschuldner) über die Besicherung (nur) der persönlichen Haftung des Intervenienten (Sicherungsbelasteter) gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger (Sicherungsnehmer) entschieden werden soll. Das Gericht hat abzuwägen, ob dem Intervenienten um des Vorteils der Einstellung oder Aufhebung willen einstweilen ein Opfer abverlangt wird, zu dem er materiellrechtlich womöglich nicht verpfl ichtet ist, oder ob dem Vollstreckungsgläubiger das Risiko der Illiquidität des Intervenienten zugemutet wird, falls dieser ihm für Folgen der Intervention persönlich einzustehen hat. Die Entscheidungsalternativen sind, wie bei allen Ermessensentscheidungen über die Auferlegung einer prozessualen Sicherheit, durch die Ungewissheit über den Ausgang des Rechtsstreits bedingt. Das Gesetz (gebundene Vorschrift) oder das Gericht (gesetzliches Ermessen) muss zwangsläufig eine Entscheidung für eine der beiden Entscheidungsmöglichkeiten treffen. Ermessenszweck ist es folglich, im Einzelfall die Billigkeit einer Entscheidung auf unsicherer Grundlage zu gewährleisten, die unumgänglich ist. Eine weitergehende Zwecksetzung der Ermessenseinräumung dahingehend, dass über eine Haftungserweiterung entschieden werden sollte, würde eine Entscheidungsalternative eröffnen, die nicht schon durch die Entscheidungssituation der Ungewissheit über den Ausgang des Rechtsstreits vorgegeben ist. Für sie müssten besondere Gründe bestehen. Solche Ermessensgründe waren bereits dem RG 83 nicht ersichtlich. Das RG meinte vielmehr, aus der Ermessenseinräumung in den §§ 771 Abs. 3, 769 Abs. 1 ZPO, wonach die Vollstreckungseinstellung auch ohne Sicherheitsleistung zulässig ist, ergebe sich gerade, dass die Sicherheitsleistung in solchem Falle nur dazu dienen soll, die Befriedigung der etwa aus der Einmischung des Dritten für den Gläubiger entstehenden Ansprüche zu gewährleisten. Das OLG München 84 hat sich dieser Auffassung angeschlossen. Im Falle der Einstellung ohne Sicherheitsleistung habe der Vollstreckungsgläubiger das Risiko von Nachteilen, die infolge der Verzögerung entstehen können, selbst zu tragen, ohne einen Ausgleich verlangen zu können, wenn nach materiellem Recht keine Ansprüche gegeben sind. Es bestehe kein Grund zu der Annahme, im Falle einer Einstellung gegen Sicherheitsleistung solle dieses Risiko ohne weiteres vom Sicherungsbelasteten zu tragen sein. Dieser Gedanke überzeugt. 83

RG SeuffArch 61 (1906), 206, 209. Zustimmend Marcuse, S. 71. Ferner RGZ 30, 418, 422 betr. Gläubigersicherheit gem. § 650 CPO: „wie auch . . . das Gericht dadurch, daß es die Vollstreckbarkeitserklärung von einer Sicherheitsleistung abhängig macht, nur eine gesetzliche Verbindlichkeit sichern, nicht aber dem Gläubiger eine ihm nach dem Gesetze nicht obliegende Verpfl ichtung auferlegen kann“. 84 OLG München NJW-RR 1989, 1471, 1472.

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Der Intervenient verdient bei der Entscheidung über die Auferlegung einer Sicherheitsleistung besonderen Schutz, weil die Vollstreckung nicht gegen ihn gerichtet ist. 85 Dieses Schutzbedürfnis hat in § 771 Abs. 3 Satz 2 ZPO Anerkennung gefunden, indem – anders als etwa bei Schuldnersicherheiten gem. §§ 707, 719, 769 ZPO – die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen auch ohne Sicherheitsleistung zulässig ist. 86 Das KG erklärt diese Privilegierung damit, dass die Vollstreckung nicht auf einem gegen den Intervenienten gerichteten Titel beruht, an dessen Zustandekommen er irgendeine Mitverantwortung trägt, sondern allein auf dem Vollstreckungssystem, bei dem die Klärung vollstreckungshindernder Drittrechte dem Richter vorbehalten ist. Ein Drittberechtigter könne sich praktisch nicht dagegen wehren, in eine Lage hineingezogen zu werden, in der er sein Recht gem. § 771 ZPO verteidigen müsse. 87 Rechtfertigt demnach die fehlende Verantwortlichkeit des Intervenienten für den Titel, dass Vollstreckungsmaßnahmen ohne Sicherheitsleistung aufgehoben werden können, dann steht sie auch einer Haftungserweiterung entgegen, wenn die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen gegen Sicherheitsleistung angeordnet wird. Nicht weil sie angeordnet und geleistet wurde haftet die Sicherheit, sondern nur, wenn, weil und soweit das materielle Recht dem Intervenienten die Verantwortung für die titulierte Forderung, Schäden und Nachteile zuweist. Das materielle Recht weist dem Intervenienten die Verantwortung zu, wenn er wegen unbegründeter Intervention persönlich haftet, wenn also Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen ihn bestehen, die ihn zum Ersatz der uneinbringbar gewordenen titulierten Forderung des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vollstreckungsschuldner sowie ggf. weiterer Schäden und Nachteile verpflichten (§ 249 Satz 1 BGB). 4. Schuldnersicherheit (§§ 707, 719, 767, 769 ZPO) In der Rechtsprechung sowie im Schrifttum wird unter Hinweis auf die Rechtsprechung des RG zur Haftung einer Schuldnersicherheit gem. §§ 707, 719 ZPO sowie gem. §§ 767, 769 ZPO (Vollstreckungsschuldner als Vollstreckungsgegenkläger) die Auffassung vertreten, eine Intervenientensicherheit gem. § 771 Abs. 3 ZPO hafte bei Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln „dem Gläubiger insoweit, als er bei Fortbestand der Pfändung aus dem Gegenstand befrie85 KG Rpfleger 1987, 510; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 695 f.; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 44. 86 S. Hahn, S. 442 = Entwurfsbegründung, S. 414 zu § 639 E III CPO: „Nur ist die Aufhebung der bereits erfolgten Vollstreckungsmaßregeln unter Umständen auch ohne Sicherheit gestattet, weil gegen den Dritten die Zwangsvollstreckung überhaupt nicht gerichtet ist“. Ebenso bereits Entwurfsbegründung § 605 E I CPO, Dahlmanns, S. 701 = Entwurfsbegründung, S. 446. 87 KG Rpfleger 1987, 510.

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digt worden wäre“88 , oder „anstelle des Pfandgegenstandes insoweit . . ., als der Gläubiger bei Fortbestand der Pfändung befriedigt worden wäre“89 bzw. „wie sich der Gläubiger bei Aufrechterhaltung der Pfändung hätte aus dem Pfandgegenstand befriedigen können“90 . Indem die Sicherheit nach Maßgabe des aufgehobenen Pfandes haften soll, wird sie auf die titulierte Forderung des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vollstreckungsschuldner bezogen, wegen derer der Vollstreckungsgegenstand gepfändet wurde und der Vollstreckungsgläubiger bei Fortbestand der Pfändung aus dem Vollstreckungsgegenstand befriedigt worden wäre.91 Demnach sollen Intervenientensicherheiten bei Aufhebung der Pfändung wie eine Schuldnersicherheit gem. §§ 707, 719, 767, 769 ZPO für die titulierte Forderung des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vollstreckungsschuldner haften. a) Rechtsprechung des RG zur Haftung der Schuldnersicherheit gem. §§ 707, 719 ZPO Gem. §§ 707, 719 ZPO kann das Gericht die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung des Vollstreckungsschuldners anordnen. Das RG 92 erklärte in einem Urteil aus dem Jahr 1890, eine solche Sicherheit hafte „pfandesgleich für dasjenige, wozu die Beklagte in der vorläufig für vollstreckbar erklärten Entscheidung verurteilt ist, insofern und insoweit diese Entscheidung . . . zugunsten der Klägerin bestehen bleibt“. Ebenso meinte das RG 93 in einem Urteil aus dem Jahr 1933, eine Schuldnersicherheit gem. §§ 707, 719 ZPO könne für „die den Gegenstand des damaligen Rechtsstreits bildende Forderung des Gläubigers“ haften.

88 So Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 696 unter Hinweis auf RGZ 141, 194, 198 (sowie RGZ 86, 36, 39, dazu S. 150–152). 89 So BGHZ 158, 286, 292 unter Hinweis u. a. auf RGZ 25, 373, 376; RGZ 37, 430, 431 (dazu S. 151); RGZ 86, 36, 39 (dazu S. 150–152); RGZ 141, 194, 196, 198. Ebenso Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 55 unter Hinweis auf „RGZ 25, 396“. Dieses Urteil ist nicht einschlägig, es betrifft die Zulässigkeit der Widerklage. Vermutlich ist RGZ 12, 394, 396 (betr. Sicherheit gem. §§ 688, 690 CPO [§§ 769, 771 ZPO]: „dahin aufzufassen, daß die Aufhebung der Zwangsvollstreckung und die Freigabe des Sachen erfolgen sollte, sofern der Kläger an dem zu seiner Sicherheit hinterlegten Gelde dieselben Rechte, wie an den Pfandstücken, erlange“; dazu im Anschluss S. 164 f.) oder RGZ 25, 373, 376 (betr. Sicherheit gem. §§ 647, 657 CPO [§§ 707, 719 ZPO]: „Eine solche Sicherheit haftet . . . pfandesgleich für dasjenige, wozu die Beklagte in der vorläufig für vollstreckbar erklärten Entscheidung verurteilt ist, insofern und insoweit diese Entscheidung . . . zugunsten der Klägerin bestehen bleibt“) gemeint. 90 So Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 78 unter Hinweis auf „RGZ 25, 396“ (s. vorhergehende Fn.). 91 Anders die Konsequenzen, die in BGHZ 158, 286 aus der Formel von der Haftung anstelle des Pfandgegenstandes gezogen werden (Garantieversprechen), dazu S. 172–177. 92 RGZ 25, 373, 376. 93 RGZ 141, 194, 195 f.

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Eine Sicherheit, die zur Aufhebung einer Pfändung erbracht wird, haftet jedoch nicht schlechthin für die titulierte Forderung, deretwegen gepfändet worden war. Die Haftung einer Schuldnersicherheit für die titulierte Forderung beruht vielmehr darauf, dass die Sicherheit die persönliche Haftung des Sicherungsbelasteten verstärken soll. Diese Zwecksetzung sah das RG in der letztgenannten Entscheidung als entscheidend für die Haftung einer Schuldnersicherheit an. Von der Haftung einer Schuldnersicherheit gem. §§ 707, 719 ZPO für die titulierte Forderung dürfe daher nicht auf die Haftung einer Intervenientensicherheit für die zu vollstreckende Forderung gegen den Vollstreckungsschuldner geschlossen werden.94 „Der . . . Fall der Interventionsklage (§ 771 ZPO) weicht insofern ab, als der Dritte, der dem Gläubiger einen Gegenstand der Zwangsvollstreckung streitig macht, nicht als Schuldner der zu vollstreckenden Forderung in Betracht kommt. Die Haftung der Sicherheit kann sich daher dort niemals auf die Forderung als solche beziehen, sondern immer nur insoweit eintreten, als der Gläubiger aus den streitigen Gegenständen Befriedigung erhalten hätte“.

Eine Intervenientensicherheit soll also im Gegensatz zu einer Schuldnersicherheit nicht für die titulierte Forderung haften (Zitat Satz 2 Halbs. 1), weil der Intervenient als Sicherungsbelasteter im Gegensatz zum Schuldner nicht persönlich für diese Forderung haftet (Zitat Satz 1). Isoliert betrachtet kann der Halbsatz, „nur insoweit . . . als der Gläubiger aus dem streitigen Gegenstand Befriedigung erhalten hätte“ (Zitat Satz 2 Halbs. 2), zwar so verstanden werden, dass die Intervenientensicherheit für die titulierte Forderung gegen den Vollstreckungsschuldner haften soll, weil der Gläubiger aus dem streitigen Gegenstand wegen dieser Forderung befriedigt worden wäre. Die vorhergehenden Ausführungen des Senats (Zitat Satz 1, 2 Halbs. 1) schließen ein solches Verständnis jedoch aus.95 Die Bedeutung des letzten Halbsatzes ergibt sich vielmehr aus den vorhergehenden Darlegungen des Senats 96 , dass eine Schuldnersicherheit gem. §§ 707, 719 ZPO entweder für die titulierte Forderung oder für eine Schadensersatzforderung des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vollstreckungsschuldner haftet. Da bei der Intervenientensicherheit die titulierte Forderung als Bezugspunkt der Haftung ausscheidet, weil der Intervenient nicht ihr Schuldner ist, soll die Intervenientensicherheit also nur insoweit haften, als der Intervenient dem Gläubiger wegen der vereitelten Befriedigung aus dem streitigen Gegenstand zum Schadensersatz verpflichtet ist.

94 95 96

RGZ 141, 194, 198. Missverständlich daher Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 696. RGZ 141, 194, 195 f.

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Achtes Kapitel: Haftung der Intervenientensicherheit

b) Äußerliche Gemeinsamkeit des Erwirkungszwecks und strukturelle Unterschiede Eine Schuldnersicherheit gem. §§ 707, 719 ZPO und die (Schuldner-)Sicherheit des Vollstreckungsgegenklägers gem. §§ 767, 769, 770 ZPO haften bei Aufhebung der Pfändung für die titulierte Forderung, deretwegen die Pfändung bewirkt wurde. Dem Anschein nach stimmen Schuldnersicherheiten gem. §§ 707, 719, 767, 769, 770 ZPO und Intervenientensicherheiten darin überein, dass sie zu leisten sind, um die Vollstreckung eines Titels zu verhindern. Aufgrund des übereinstimmenden Erwirkungszwecks könnte den Sicherheiten auch der Sicherungszweck gemein sein, für die titulierte Forderung zu haften. Das RG 97 erkennt indes zutreffend, dass der Sicherungszweck nicht aus dem Erwirkungszweck zu folgern ist, sondern in der Besicherung der persönlichen Haftung des Sicherungsbelasteten liegt. Der übereinstimmende Erwirkungszweck von Schuldner- und Intervenientensicherheit ist eine äußerliche, in Anbetracht der strukturellen Unterschiede aber unmaßgebliche Gemeinsamkeit. Bei der Vollstreckung eines Leistungsurteils sind die persönliche Haftung des Sicherungsbelasteten und die Anspruchsinhaberschaft des Sicherungsnehmers stets aufeinander bezogen. Denn es handelt sich um ein Zweipersonenverhältnis, bei dem der Sicherungsgegenstand unzweifelhaft ist: Eine Gläubigersicherheit zur Ermöglichung der Vollstreckung soll für den Anspruch des Vollstreckungsschuldners (Sicherungsnehmer) gegen den Vollstreckungsgläubiger (Sicherungsbelasteter) aus § 717 Abs. 2, 3 ZPO haften, eine Schuldnersicherheit zur Abwendung der Vollstreckung soll für die Forderung des Vollstreckungsgläubigers (Sicherungsnehmer) gegen den Vollstreckungsschuldner (Sicherungsbelasteter) haften, für die ein Titel besteht, dessen Vollstreckung abgewendet wird. Das Kriterium zur Bestimmung der zu sichernden Forderung – Besicherung der persönlichen Haftung des Sicherungsbelasteten – tritt nicht zutage, weil alle Ansprüche, auf die die jeweilige Sicherheit überhaupt bezogen sein kann, gegen den jeweiligen Sicherungsbelasteten gerichtet sind. Die Besicherung gegen Dritte gerichteter Ansprüche des Sicherungsnehmers kommt überhaupt nicht in Betracht. Einem Drittwiderspruchsrechtsstreit, bei dem der Intervenient es unternimmt, die Vollstreckung eines Titels für eine Forderung zu unterbinden, die nicht gegen ihn gerichtet ist, liegen dagegen rechtliche Beziehungen zwischen drei Personen zugrunde (Intervenient ./. Vollstreckungsgläubiger, Vollstreckungsgläubiger ./. Vollstreckungsschuldner). Dieses Dreipersonenverhältnisses ermöglicht es, die Besicherung einer Forderung des Sicherungsnehmers in Erwägung zu ziehen, für die der Sicherungsbelastete nicht persönlich haftet. Der Gegenstand einer Intervenientensicherheit ist daher nicht unzweifelhaft. 97

RGZ 141, 194, 198.

B. Sicherungszweck prozessualer und schiedsrechtlicher Sicherheiten

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Da bei der Intervenientensicherheit infolge des Dreiecksverhältnisses die Zwangsläufigkeit und Folgerichtigkeit entfallen, mit der die Sicherheit eines verurteilten Schuldners die titulierte Forderung sichern soll, ist die zu sichernde Forderung anhand des gesetzlichen Sicherungszwecks zu bestimmen. Der gesetzliche Sicherungszweck prozessualer Sicherheiten ist die Besicherung dessen, was der Sicherungsbelastete dem Sicherungsnehmer schuldet, nicht dessen, was der Sicherungsnehmer von anderen als dem Sicherungsbelasteten fordern kann. Folglich soll eine Intervenientensicherheit nur Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten sichern, nicht aber die titulierte Forderung des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vollstreckungsschuldner, der mit der Sicherheit nicht belastet ist. Die Haftung einer Schuldner- und einer Intervenientensicherheit für die titulierte Forderung unterscheiden sich im übrigen im Hinblick auf die Billigkeit der Haftung. Einen Rechtsstreit, in dessen Verlauf der Schuldner Sicherheit zur Abwendung der Vollstreckung leistet (§§ 707, 719, 767, 769, 770 ZPO), führt der Schuldner um den titulierten Anspruch. Es ist angemessen, dass eine Schuldnersicherheit für den titulierten Anspruch haftet, der gegen den Vollstreckungsschuldner gerichtet ist, weil dieser, zumal – wie sich schließlich herausstellt – unberechtigt, das Bestehen oder die Durchsetzbarkeit des Anspruchs bestreitet. Der Intervenient greift dagegen weder den Titel noch den titulierten Anspruch an, sondern die Vollstreckung in den Gegenstand, an dem er ein Recht geltend macht. Die Haftung einer Intervenientensicherheit für einen Anspruch, dessen Schuldner der Intervenient nicht ist, und den er nicht anzweifelt, wäre daher unbillig. Schließlich und vor allem ist die Intervenientensicherheit keine Schuldner-, sondern eine Gläubigersicherheit. So, wie ein Vollstreckungsgläubiger zur vorläufigen Vollstreckung eines Leistungsurteils gem. § 709 ZPO Sicherheit leistet, um den prozessualen Anspruch seines Leistungsrechtsstreits vorläufig zu verwirklichen, leistet der obsiegende Intervenient die Sicherheit, um den prozessualen Anspruch des Interventionsrechtsstreits einstweilen zu verwirklichen. Sowenig eine Gläubigersicherheit gem. § 709 ZPO für Ansprüche des Vollstreckungsschuldners gegen Dritte (Nichtbeteiligte) haften soll, sowenig soll eine Intervenientensicherheit für den Anspruch des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vollstreckungsschuldner haften, der nicht an der Intervention beteiligt ist. Mit der Haftung einer Schuldnersicherheit für die titulierte Forderung im Zweipersonenverhältnis kann die Haftung einer Gläubigersicherheit im Dreipersonenverhältnis der Intervention für die titulierte Forderung nicht tragfähig begründet werden. Die wesentlichen Unterschiede zwischen Schuldner- und Intervenientensicherheit verdeutlichen vielmehr, dass eine Intervenientensicherheit nicht für die titulierte Forderung, sondern nur für Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten haften soll.

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Achtes Kapitel: Haftung der Intervenientensicherheit

5. Herausgabeverfügung, §§ 12, 13 HintO In einem Urteil aus dem Jahr 1884 vertritt das RG 98 die Auffassung, eine durch Hinterlegung erbrachte Intervenientensicherheit gem. § 771 Abs. 3 ZPO solle bei Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen „dieselben Rechte, wie an den Pfandstücken“ gewähren.99 Der gepfändete Gegenstand sichert die Forderung des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vollstreckungsschuldner, wegen der in den Gegenstand vollstreckt wurde. Soll eine Intervenientensicherheit dieselben Rechte wie an den Pfandstücken gewähren, dann soll sie folglich die titulierte Forderung des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vollstreckungsschuldner sichern. Das RG stützt seine Auffassung, vom Intervenienten anordnungsgemäß als Sicherheit hinterlegtes Geld gewähre dem Vollstreckungsgläubiger dieselben Rechte wie an den Pfandstücken, auf den systematischen Gesichtspunkt der Rechtslage aufgrund von § 13 HintO. Danach setzt die Herausgabeverfügung (§ 12 HintO) die Zustimmung des Hinterlegenden (§ 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HintO) oder ein Urteil über die Berechtigung des Empfängers (§ 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HintO) voraus. Wäre die Pfändung aufrechterhalten worden, deren Aufhebung der Intervenient im Gegenzug zur Sicherheitsleistung erwirkt hatte, dann hätte sich der Vollstreckungsgläubiger durch Fortsetzung der Vollstreckung des Urteils gegen den Vollstreckungsschuldner aus ihr befriedigen können. Suche er indessen Befriedigung aus dem zur Sicherung hinterlegten Geld, so würde er gezwungen sein, gegen den Intervenienten eine neue Klage anzustrengen (§ 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HintO), wenn dieser die Zustimmung zur Auszahlung (§ 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HintO) verweigere. Es sei aber nicht anzunehmen, dass der Vollstreckungsgläubiger infolge einer einstweiligen Anordnung in eine solche „prozessualisch ungünstigere Lage“ versetzt sein sollte. An der hinterlegten Sicherheit müsse der Vollstreckungsgläubiger folglich dieselben Rechte wie an den Pfandstücken erlangen, um die Auszahlung erwirken zu können, ohne seine Berechtigung durch Klage gegen den Intervenienten nachweisen zu müssen. Diese Konstruktion ist allein nicht geeignet, die „prozessualisch ungünstigere Lage“ des Vollstreckungsgläubigers abzuwenden. Denn das Urteil gegen den Vollstreckungsschuldner, mit dessen Hilfe der Vollstreckungsgläubiger die Herausgabeverfügung erwirken können soll, hat keine „Wirkung gegen die Beteiligten“ (§ 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HintO) der umstrittenen Herausgabe, da es keine Rechtskraft gegen den Intervenienten wirkt. Ist die Berechtigung des Empfängers nicht mit Wirkung gegenüber allen Beteiligten rechtskräftig festgestellt worden, so muss die Berechtigung des Empfängers anderweitig, na-

98 99

RGZ 12, 394. RGZ 12, 394, 396. Zustimmend Hellwig, System 2, S. 284, Fn. 60.

B. Sicherungszweck prozessualer und schiedsrechtlicher Sicherheiten

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mentlich durch die Beibringung von Bewilligungen, nachgewiesen werden.100 Der Senat, der die Unzulänglichkeit seiner Konstruktion nicht verkennt, ist daher zu der Unterstellung gezwungen, der Intervenient habe sich „durch die Hinterlegung . . . demselben [sc. dem Urteil gegen den Vollstreckungsschuldner] unterworfen“.101 Die Schwäche der Annahme, die Sicherheit gewähre dieselben Rechte wie das Pfand, die den Sicherungszweck auf die titulierte Forderung bezieht, besteht folglich darin, dass sie die Unzuträglichkeit, der sie entgegenwirken soll – die „prozessualisch ungünstigere Lage“ des Vollstreckungsgläubigers –, nicht abzustellen geeignet ist, ohne dass der Sicherheitsbestellung ungeprüft („geht man davon aus“102) der Erklärungswert einer Unterwerfung beigemessen wird. Die Erforderlichkeit dieser Unterstellung macht die Annahme, die Sicherheit gewähre dieselben Rechte wie an den Pfandstücken, überflüssig. Bedarf es einer freien Auslegung der Sicherheitsbestellung, dann ist der konstruktive Umweg über das Urteil gegen den Vollstreckungsschuldner (§ 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HintO) unnötig, weil die unterstellte Unterwerfung des Intervenienten unmittelbar als Herausgabebewilligung gem. § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HintO aufgefasst werden kann. Der Senat103 unternimmt dies, indem er alternativ die Annahme in Betracht zieht, der Intervenient habe das hinterlegte Geld als Befriedigungsmittel für den Vollstreckungsgläubiger bestimmt, jedoch unter der Bedingung, die Auszahlung solle nicht erfolgen, sofern er sein besseres Recht am ursprünglichen Vollstreckungsgegenstand nachweisen würde. Die Erwägung, eine gem. § 771 Abs. 3 ZPO aufzuerlegende Sicherheit solle dieselben Rechte wie das aufgehobene Pfand gewähren, also für den titulierten Anspruch gegen den Vollstreckungsschuldner haften, ist folglich weder notwendig noch hinreichend, um Nachteile des Vollstreckungsgläubigers aufgrund der §§ 12, 13 HintO abzuwenden. Es bedarf daher keiner Erörterung der – fragwürdigen – Annahme des Senats, dass diese Nachteile es rechtfertigen würden, § 771 Abs. 3 ZPO so auszulegen, dass die Sicherheit den titulierten Anspruch gegen den Vollstreckungsschuldner sichern soll. 6. Auslegungsergebnis Der Zweck von Intervenientensicherheiten gem. §§ 771 Abs. 3, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO besteht darin, die persönliche Haftung des Sicherungsbelasteten gegenüber dem Sicherungsnehmer abzusichern. Sie sollen Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten besichern, die infolge der Intervention entstehen. Die Haftung einer Intervenientensicherheit unmittelbar für 100 101 102 103

Bülow/Schmidt, § 13, Rn. 32. RGZ 12, 394, 396. RGZ 12, 394, 396. RGZ 12, 394, 396 f.

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Achtes Kapitel: Haftung der Intervenientensicherheit

Nachteile des Vollstreckungsgläubigers ist durch Auslegung ebenso wenig begründbar wie eine unmittelbare Haftung für die titulierte Forderung des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vollstreckungsschuldner.

III. Dingliche Surrogation Die Haftung einer Sicherheit gem. § 771 Abs. 3 ZPO bei Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln „anstelle des Pfandgegenstandes“104 könnte auf dinglicher Surrogation beruhen.

1. Gesetzliche Bestandsschutzanordnung Dingliche Surrogation gewährt Bestandsschutz durch Fortsetzung einer bisherigen Rechtslage an einem Ersatzgegenstand, und zwar kraft Gesetzes und ohne Durchgangserwerb.105 Die Pfandhaftung des Vollstreckungsgegenstandes für die titulierte Forderung des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vollstreckungsschuldner könnte sich auf diese Weise am Sicherungsmittel fortsetzen. Das Sicherungsmittel würde dann „anstelle des Pfandgegenstandes“ und wie dieser unmittelbar für die Forderung gegen den Vollstreckungsschuldner haften. 2. Rechts- oder Gesetzesanalogie Dingliche Surrogation findet nur in den gesetzlichen Fällen (z. B. §§ 1046 Abs. 1, 1127 Abs. 1, 1219 Abs. 2 Satz 1, 1247 Satz 2, 1287 BGB) oder aufgrund Analogie zu Surrogationsvorschriften statt.106 Da keine Norm anordnet, dass das (Pfändungs-)Pfand durch eine Sicherheitsleistung ersetzt wird, wenn das Pfand aufgehoben wird, erhebt sich die Frage nach einer Analogie. Eine Rechtsanalogie zur Gesamtheit der sachen- oder pfandrechtlichen Surrogationsvorschriften scheidet aus.107 Denn Surrogation ist kein allgemeiner Grundsatz des Sachenrechts oder auch nur des Pfandrechts.108 Möglich ist aber eine Gesetzesanalogie zu pfandrechtlichen Surrogationsvorschriften.109 104 So BGHZ 158, 286, 292; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 55; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 78. 105 M. Wolf, JuS 1975, 643, 644 f. 106 Wiegand, in: Staudinger, § 1212, Rn. 5; M. Wolf, JuS 1975, 643, 646. 107 Strauch, S. 196 ff. 108 Damrau, in: MüKo BGB, § 1212, Rn. 4. 109 A.A: Strauch, S. 196: die gesetzlichen Fälle dinglicher Surrogation seien so zahlreich und verschieden gestaltet, dass man keinen von ihnen als grundlegenden Fall herausgreifen könne. – Diese Erwägung überzeugt nicht. Der Analogiefähigkeit einer Vorschrift steht nicht entgegen, dass der in ihr enthaltene Regelungsmechanismus auch in einer Vielzahl weiterer

B. Sicherungszweck prozessualer und schiedsrechtlicher Sicherheiten

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a) Rechte des Pfandgläubigers bei drohendem Verderb, § 1219 Abs. 2 Satz 1 BGB Wenn bei drohendem Verderb der Pfandgläubiger das Pfand öffentlich versteigern lässt (§ 1219 Abs. 1 BGB), tritt der Erlös an die Stelle des Pfandes (§ 1219 Abs. 2 Satz 1 BGB). Wie das veräußerte Pfand sich zum Fortbestand der Sicherung des Gläubigers am Erlös fortsetzt, so könnte sich das aufgehobene Pfändungspfand an der Sicherheitsleistung fortsetzen. Bei drohendem Verderb ist der Pfandgläubiger im eigenen Interesse zum vorzeitigen Pfandverkauf berechtigt (§ 1219 Abs. 1 BGB). Grundsätzlich wird der Pfandgläubiger Eigentümer des Erlöses, soweit dieser die pfandgesicherte Forderung abdeckt (§ 1247 Satz 1 BGB).110 Als Ausnahme von § 1247 Satz 1 BGB wendet die Surrogation gem. § 1219 Abs. 2 Satz 1 BGB das Eigentum am Erlös dem Verpfänder zu. Die Vorschrift schützt folglich als Gegengewicht zu § 1219 Abs. 1 BGB die Interessen des Eigentümers.111 Anders als bei § 1219 Abs. 1 BGB (Pfandverkauf im Interesse des Pfandgläubigers) und § 1219 Abs. 2 Satz 1 BGB (Surrogation im Interesse des Eigentümers) wird im Drittwiderspruchsrechtsstreit die Pfändung im Interesse des (mutmaßlichen) Eigentümers (Intervenient) aufgehoben, und die Surrogation des Pfandgegenstandes durch das Sicherheitsmittel würde die Interessen des Pfandgläubigers (Vollstreckungsgläubiger) schützen. Die Interessenlage in den ungeregelten Fällen ist gerade umgekehrt wie in den geregelten Fällen. § 1219 BGB steht im Zusammenhang mit § 1218 Abs. 1 BGB, wonach ebenfalls bei drohendem Verderb der Verpfänder die Rückgabe des Pfandes gegen anderweitige Sicherheitsleistung verlangen kann. § 1218 Abs. 1 BGB wahrt die Interessen des Pfandgläubigers beim Erlöschen des Pfandrechts durch Rückgabe (§ 1253 Abs. 1 BGB), indem das Erlöschen des Pfandes durch die Bestellung einer anderweitigen Sicherheitsleistung kompensiert wird. Die Kompensation entspricht derjenigen bei Anordnung der Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung (§§ 771 Abs. 3, 769, 770 ZPO). Anders als beim Erlös gem. § 1219 BGB tritt bei der Sicherheitsleistung gem. § 1218 BGB keine Surrogation ein.112 Denn die Sicherheit haftet aufgrund des vereinbarten Sicherungszwecks ohne weiteres für die zuvor pfandgesicherte Forderung.

Vorschriften angewandt wird, und zu den Analogievoraussetzungen gehört nicht, dass die betreffende Norm in irgendeiner Hinsicht grundlegend sei. Maßgeblich ist allein, dass die Regelung lückenhaft ist und die ungeregelten Fälle den geregelten in rechtlicher Hinsicht gleichartig sind, s. Larenz, Methodenlehre, S. 350 ff. 110 Damrau, in: MüKo BGB, § 1247, Rn. 1; Habersack, in: Soergel (13), § 1247, Rn. 1; Wiegand, in: Staudinger, § 1247, Rn. 2. A. A. E. Wolf, S. 219 ff. (dagegen überzeugend Wiegand, a.a.O., Rn. 4). 111 M. Wolf, JuS 1976, 32, 33. 112 Damrau, in: MüKo BGB, § 1218, Rn. 3; Habersack, in: Soergel (13), § 1218, Rn. 5.

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Achtes Kapitel: Haftung der Intervenientensicherheit

Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen gegen Sicherheitsleistung gem. §§ 771 Abs. 3, 769, 770, 775, 776 ZPO ist den Fällen des § 1218 Abs. 1 BGB, der keine dingliche Surrogation anordnet, ähnlich (Erlöschen im Interesse des Eigentümers, Gläubigerschutz durch Sicherheitsleistung), den Fällen des § 1219 BGB ist sie unähnlich (Verwertung im Gläubigerinteresse, Eigentümerschutz durch Surrogation). Bereits deshalb ist § 1219 Abs. 2 Satz 1 BGB bei der Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufgrund einstweiliger Anordnung (§ 771 Abs. 3 ZPO) nicht analog anwendbar. b) Erlös aus dem Pfand, § 1247 Satz 2 BGB § 1247 Satz 2 BGB weicht wie § 1219 Abs. 2 Satz 1 BGB zum Schutz des Eigentümers von § 1247 Satz 1 BGB ab. Daher kommt bei der Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung gem. § 771 Abs. 3 ZPO auch eine (gläubigerschützende) Analogie zu § 1247 Satz 2 BGB nicht in Betracht. c) Wirkung der Leistung, § 1287 BGB Wenn der Schuldner einer verpfändeten Forderung die geschuldete Leistung erbringt, erwirbt der Gläubiger ein Ersatzpfand, eine Sicherungs- oder eine Schiffshypothek am Leistungsgegenstand (§ 1287 BGB). Wie eine Intervenientensicherheit steht die Surrogation des § 1287 BGB im Gläubigerinteresse. Während allerdings Forderungen von vornherein auf ihren Untergang durch Erfüllung angelegt sind, verwirklicht die Aufhebung einer Pfändung gem. §§ 771 Abs. 3, 776 Satz 2 ZPO nicht bestimmungsgemäß das gepfändete Recht. Der Surrogationsgrund des Rechtsvollzugs, der in § 1287 BGB als rechtlicher Zweck Ausdruck gefunden hat,113 trägt eine Surrogation bei Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln daher nicht. 3. Alternativität von dinglicher Surrogation und Sicherheitsleistung Im übrigen sind die gesetzlich geregelten Fälle dinglicher Surrogation und Fälle der Sicherheitsleistung einander stets grundlegend unähnlich. Bei der dinglichen Surrogation wird der surrogierende Gegenstand durch die Aufhebung des surrogierten Rechts hervorgebracht – Verkaufserlös (§§ 1219, 1247 BGB), Erfüllungsleistung (§ 1287 BGB), Versicherungsforderung (§§ 1046, 1127 BGB), Entschädigungsanspruch (Art. 52 EGBGB). Bei der Sicherheitsleistung wird das Sicherungsmittel dagegen nicht durch die Aufhebung hervorgebracht. Sicherheit ist vielmehr gerade deshalb zu leisten, weil die Aufhebung keinen Gegenstand hervorbringt – Pfandrückgabe (§ 1218 BGB), Aufhebung eines Pfändungspfandrechts (§§ 771 Abs. 3, 769, 770 ZPO). Dingliche Surrogation und 113

Strauch, S. 214; M. Wolf, JuS 1976, 32, 33.

B. Sicherungszweck prozessualer und schiedsrechtlicher Sicherheiten

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Sicherheitsleistung sind daher Bestandsschutzmodi, die alternativ zur Anwendung kommen. Die dingliche Surrogation gewährt Bestandsschutz, wenn der Verlust des Rechts einen Gegenstand hervorbringt, auf den sich die Surrogationsanordnung beziehen kann; die rechtliche Bestimmung des Ersatzgegenstandes ergibt sich aus der Rechtslage des verlorenen Gegenstandes. Ist dagegen kein solcher Gegenstand vorhanden, wahrt die Sicherheitsleistung das Bestandsinteresse; die Sicherungsrechtslage ergibt sich aus dem Sicherungszweck, der durch Gesetzes- oder Vertragsauslegung zu ermitteln ist. Da die Sicherheitsleistung den Sicherungszweck enthält, ist eine Sicherungszweckbestimmung durch Anwendung des einen Bestandsschutzmodus (dingliche Surrogation) auf den anderen (Sicherheitsleistung) verfehlt. Dingliche Surrogation des verlorenen Pfandgegenstandes durch das Sicherungsmittel ist daher ausgeschlossen. 4. Ergebnis Eine zur Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln geleistete Intervenientensicherheit (§ 771 Abs. 3 ZPO) haftet nicht aufgrund dinglicher Surrogation „anstelle des Pfandgegenstandes“ für die titulierte Forderung des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vollstreckungsschuldner.

IV. Ansprüche auf und durch die Bestellung einer Intervenientensicherheit Eine Intervenientensicherheit gem. §§ 771 Abs. 3, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO soll Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten sichern, die infolge der Intervention entstehen. Es handelt sich dabei um eine einseitige Abhängigkeit der Haftung der Sicherheit von der persönlichen Haftung des Intervenienten. Die persönliche Haftung des Intervenienten ist unbeeinflusst von der Auferlegung und Bewirkung der Sicherheit. Dagegen wird in der Rechtsprechung114 die Auffassung vertreten, Auferlegung (1.) oder Bewirkung (2.) einer Intervenientensicherheit könnten Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten hervorbringen. Zu sichern wären dann nicht Ansprüche infolge der Intervention, sondern Ansprüche infolge (der Anordnung) der Sicherheitsleistung. 1. Anspruch auf die Bestellung einer haftenden Intervenientensicherheit Eine einstweilige Anordnung der Einstellung oder Aufhebung gegen Sicherheitsleistung (§ 771 Abs. 3 ZPO) könnte eine „prozessuale Verpfl ichtung“ des Intervenienten begründen, dem Vollstreckungsgläubiger Wertersatz für den

114

BGHZ 158, 286; RGZ 12, 394, 396; KG, Urt. v. 03. 06. 2002 – 23 U 1267/00.

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Achtes Kapitel: Haftung der Intervenientensicherheit

Vollstreckungsgegenstand zu leisten. So vertritt das KG 115 die Auffassung, einer Prozessbürgschaft, die aufgrund einstweiliger Anordnung (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) beigebracht wurde, liege ein Zahlungsanspruch des Vollstreckungsgläubigers gegen den Drittwiderspruchskläger zugrunde, der die Einstellung gegen Sicherheitsleistung erwirkt und damit die Verwertung der gepfändeten Sache verhindert habe. Der Zweck einer solchen Bürgschaft bestehe darin, dem Vollstreckungsgläubiger den Wert des gepfändeten Gegenstandes für den Fall zu sichern, dass die Drittwiderspruchsklage abgewiesen wird. Diese prozessuale Verpflichtung, für Sicherheit zu sorgen, sei Hauptschuld und Gegenstand des Bürgschaftsvertrages zwischen dem Vollstreckungsgläubiger und dem Bürgen.116 Als Rechtsgrund für die „prozessuale Verpflichtung, für Sicherheit zu sorgen“, kommt nur die Auferlegung der Sicherheitsleistung in der einstweiligen Anordnung (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) in Betracht. Eine solche einstweilige Anordnung müsste einen Anspruch des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten begründen („prozessuale Verpflichtung“) (a)), ein Sicherungsmittel beizubringen, das auf Wertersatz haftet („für Sicherheit zu sorgen“) (b)). a) Prozessuale Verpfl ichtung Im Zivilprozessrecht begründen Entscheidungen, die Sicherheiten auferlegen, mit einer Ausnahme (§ 890 Abs. 3 ZPO) keine Verpfl ichtung zur Sicherheitsbestellung, sondern nur eine Last.117 Es steht dem Adressaten frei, Sicherheit zu leisten, um eine Befugnis zu erlangen, oder keine Sicherheit zu leisten und auf die Befugnis zu verzichten. Die Auferlegung einer prozessualen Sicherheit gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO begründet folglich keine „prozessuale Verpflichtung“.118 Gleiches gilt in den Fällen des § 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Dort ist zwar angeordnet, dass das Schiedsgericht „Sicherheit verlangen“ kann. Ein solches Verlangen verpflichtet den Intervenienten aber nicht zur Sicherheitsleistung. Vielmehr ist die Anordnung einer einstweiligen Maßnahme von der Sicherheitsleistung abhängig,119 und es liegt beim Antragsteller, um des Vorteils der Maßnahme willen Sicherheit zu leisten. Das KG 120 führt zum Beleg seiner Auffassung, die „prozessuale Verpflichtung, für Sicherheit zu sorgen“, sei Hauptschuld der Prozessbürgschaft, ein Ur-

115 116

KG, Urt. v. 03. 06. 2002 – 23 U 1267/00. So KG, Urt. v. 03. 06. 2002 – 23 U 1267/00 unter Hinweis auf BGH NJW 1983, 1111,

1112. 117 118 119 120

Rosenberg/Schwab/Gottwald, S. 558. Ebenso BGHZ 158, 286, 290 f. Bandel, S. 112, 113. KG, Urt. v. 03. 06. 2002 – 23 U 1267/00.

B. Sicherungszweck prozessualer und schiedsrechtlicher Sicherheiten

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teil des BGH121 an, dessen Entscheidungsgründe, soweit das KG auf sie Bezug nimmt, folgendermaßen lauten: „denn Zweck der Bürgschaft war es dort, dem Gläubiger eine Sicherheit dafür zu verschaffen, daß der Hauptschuldner nach Eintritt der Rechtskraft des Vorbehaltsurteils und vor Abschluß des Nachverfahrens die Urteilssumme bezahlen würde, wenn ein weiterer Vollstreckungsaufschub (§ 707 ZPO) nicht bewilligt würde. Gerade diese prozessuale Verpfl ichtung war dort als Hauptschuld Gegenstand des Vertrages zwischen dem Hauptschuldner, dem Gläubiger und dem Bürgen, nicht aber das endgültige Bestehen der eingeklagten Forderung“.

Die prozessuale Verpflichtung des Vollstreckungsschuldners, auf die der BGH Bezug nimmt (Zitat Satz 2), bestand in der Zahlung der Urteilssumme des rechtskräftigen Vorbehaltsurteils vor Abschluss des Nachverfahrens (Zitat Satz 1). Nach Auffassung des BGH sollte die Prozessbürgschaft (§ 711 ZPO) bezwecken, diese Zahlungsverbindlichkeit als Hauptschuld zu sichern. Von einer „prozessualen Verpflichtung, für Sicherheit zu sorgen“, ist dagegen weder dem Wortlaut noch dem Gemeinten nach die Rede. Anscheinend hat das KG die Wortfolgen „Sicherheit . . . zu verschaffen“ (gemeint: Zweck der Bürgschaft, und zwar „dafür“, dass der Vollstreckungsschuldner als Hauptschuldner seine Zahlungspflicht aus dem rechtskräftigen Vorbehaltsurteil erfüllen würde) sowie „prozessuale Verpflichtung“ (gemeint: die Zahlungspfl icht aus dem Vorbehaltsurteil vor Abschluss des Nachverfahrens als Hauptschuld der Bürgschaft) isoliert, leicht abgewandelt und schöpferisch zu einer „prozessuale[n] Verpflichtung, für Sicherheit zu sorgen“, verbunden. Auf die zitierte Entscheidung des BGH kann das KG seine Rechtsansicht allerdings nicht stützen.122 Ein Intervenient, dem durch einstweilige Anordnung (§ 771 Abs. 3 ZPO) die Leistung einer Sicherheit aufgegeben ist, schuldet dem Vollstreckungsgläubiger nicht, „für Sicherheit zu sorgen“. Es steht dem Intervenienten vielmehr anheim, Sicherheitsleistung zu erbringen, um die Vollziehung der Anordnung erwirken zu können. Eine solche Last, der keinerlei Verpflichtung innewohnt, kann nicht Hauptschuld einer Prozessbürgschaft oder Bezugspunkt einer sonstigen prozessualen Sicherheitsleistung sein. b) Sicherungswirkung Selbst wenn den Intervenienten eine Verpflichtung (statt einer Last) träfe, „für Sicherheit zu sorgen“, dürfte daraus entgegen der Meinung des KG nicht darauf geschlossen werden, es sei ein Zahlungsanspruch des Vollstreckungsgläubigers gesichert, der auf Wertersatz für den Vollstreckungsgegenstand gerichtet ist. Die Wortfolge „für Sicherheit zu sorgen“ kann besagen, dass der Intervenient ein Sicherungsmittel („Sicherheit“) stellen, also z. B. eine Bürgschaft beibringen 121 122

BGH NJW 1983, 1111. I. E. ebenso BGHZ 158, 286, 291.

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Achtes Kapitel: Haftung der Intervenientensicherheit

oder Geld hinterlegen soll. Dass der Intervenient „für Sicherheit zu sorgen“ hat, sagt dann nichts darüber aus, wofür das Sicherungsmittel haften soll. Das KG verwendet „Sicherheit“ daher offenbar nicht i. S. v. „Sicherungsmittel“, sondern i. S. v. „Sicherungswirkung“ des Sicherungsmittels. Die Sicherungswirkung soll in einem Wertersatzanspruch bei Abweisung der Drittwiderspruchsklage bestehen, der sich aus dem „Zweck der Bürgschaft“ ergeben soll. Zusammengefasst soll sich also aus dem Zweck der Bürgschaft ihre Sicherungswirkung ergeben, aus der Sicherungswirkung soll sich eine prozessuale Verpfl ichtung des Intervenienten ergeben, diese Sicherungswirkung herbeizuführen, und die prozessuale Verpflichtung soll Hauptschuld der Bürgschaft sein. Mit anderen Worten: die Bürgschaft bringt die Hauptschuld, die sie sichern soll, selbst hervor. Der Akzessorietät der Bürgschaft ist auf diese Weise allenfalls formell Rechnung getragen. Materiell gleicht die Sicherungswirkung der Bürgschaft aber der einer Garantiezusage, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Garant für den Eintritt eines bestimmten Erfolges einzustehen hat oder die Gefahr eines künftigen Schadens übernimmt.123 Überzeugen kann diese Interpretation der Prozessbürgschaft als garantieartig wirkendes Sicherungsmittel nicht. 2. Ansprüche durch die Bewirkung einer Intervenientensicherheit In einem Urteil aus dem Jahr 1884 erwägt das RG, ein Intervenient, der aufgrund einstweiliger Anordnung gem. §§ 690, 688 CPO (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) als Sicherheit Geld hinterlegt hatte, könnte das hinterlegte Geld als Befriedigungsmittel für den Vollstreckungsgläubiger bestimmt haben, unter der Bedingung, dass die Auszahlung an den Vollstreckungsgläubiger nicht erfolgen sollte, sofern er sein Widerspruchsrecht nachweise.124 Eine solche Bestimmung wäre eine rechtsgeschäftliche Erklärung, und zwar das Angebot einer Garantiehaftung des Sicherungsmittels. Diesen Gedanken hat 120 Jahre später der XI. Zivilsenat des BGH125 aufgegriffen und scheinbar fruchtbar gemacht. Der Senat meint, der Prozessbürgschaft, die ein Drittwiderspruchskläger erbringt, damit eine Aufhebungsanordnung gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO vollzogen wird, liege regelmäßig ein auf Ersatz des Aufhebungsschadens gerichtetes selbständiges Garantieversprechen zugrunde. Wenn eine gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO erlassene Anordnung die Aufhebung einer Pfändung erlaubt, hafte die Sicherheit anstelle des Pfandgegenstandes insoweit, als der Gläubiger bei Fortbestand der Pfändung aus ihm befriedigt worden wäre. Dem Gläubiger müsse daher grundsätzlich voller Ersatz für die aus der Anordnung entstehenden Nachteile gewährt werden. Die pfandgleiche Sicherheit könne ihren Zweck grundsätzlich 123 124

S. Sprau, in: Palandt, Einf. v § 765, Rn. 16. RGZ 12, 394, 396 f. Der Rechtsstreit bot keinen Anlass, über diese Frage zu entschei-

den. 125

BGHZ 158, 286 m. abl. Anm. Pohlmann, LMK 2004, 174; K. Schmidt, JuS 2005, 274.

B. Sicherungszweck prozessualer und schiedsrechtlicher Sicherheiten

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nur erfüllen, wenn sie den Prozessgegner unter allen Umständen so stelle, wie er bei einer Verwertung der Pfandsache gestanden hätte. Es liege daher in der Rechtsnatur einer derart umfassenden Sicherheit, dass der Drittwiderspruchskläger als Sicherungsgeber stillschweigend eine entsprechende Garantie für den ungewissen Fall der Klageabweisung übernehme. Wenn er gegenüber dem Gläubiger kein selbständiges Garantieversprechen abgeben und nicht neben der Sicherheit auch persönlich haften würde, vielmehr die Haftung der Sicherheit von einem Verschuldenserfordernis abhinge, dann hätte sie keinen pfandähnlichen Charakter und wäre infolgedessen kein ausreichendes Äquivalent für die mit der Ungewissheit des Prozessausgangs behaftete Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen. Indem der Intervenient eine Sicherheit bewirkt, bietet er demnach unausgesprochen an, mit dem Sicherungsmittel für interventionsbedingte Nachteile des Vollstreckungsgläubigers einzustehen, falls kein Widerspruchsrecht besteht. a) Garantie kraft Rechtsnatur der Intervenientensicherheit Ausgangspunkt des Senats ist die These, dass die Sicherheit anstelle des Pfandgegenstandes insoweit hafte, als der Gläubiger bei Fortbestand der Pfändung aus ihm befriedigt worden wäre. Aus ihr sei zu folgern, es liege in der Rechtsnatur der Sicherheit, dass der Drittwiderspruchskläger als Sicherungsgeber stillschweigend eine entsprechende Garantie für den Fall der Klageabweisung übernehme. Diese Erwägung ist in mehrfacher Hinsicht zweifelhaft. Die Prämisse von der Haftung der Intervenientensicherheit anstelle des Pfändungspfandrechts, die der Senat auf das hierzu einschlägige Schrifttum und die hierzu nur scheinbar einschlägige126 Rechtsprechung des RG stützt, ist unzutreffend (sub B. II. 4., III.). Einen eigenen weiterführenden Begründungsansatz vertritt der Senat nicht. Selbst wenn die Prämisse von der pfandgleichen Haftung einer Intervenientensicherheit zuträfe, könnte sie die Schlussfolgerung nicht begründen, dass der Intervenient persönlich hafte. Denn die Erwägung, eine Intervenientensicherheit hafte anstelle des Pfandgegenstandes wie dieser, bezieht die Haftung auf die titulierte Forderung, für die das Pfändungspfandrecht mit dem Pfändungsgegenstand haftet (sub B. II. 4.). Einer Garantie des Intervenienten bedürfte es demnach nicht, und die Annahme einer Garantie entspricht nicht dem Grundgedanken von der pfandgleichen Haftung der Intervenientensicherheit. Selbst wenn die Prämisse zuträfe, und selbst wenn sie für eine persönliche Haftung des Intervenienten begründungstauglich wäre, wäre die Verknüpfung von Prämisse und Folgerung, wie sie der Senat vornimmt, unzulänglich. Der Senat meint, die pfandgleiche Intervenientensicherheit müsse, um ihren Zweck zu erfüllen, den Prozessgegner unter allen Umständen stellen, wie er bei einer 126

Ebenso Pohlmann, LMK 2004, 174, 175.

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Achtes Kapitel: Haftung der Intervenientensicherheit

Verwertung der Pfandsache gestanden hätte; daher liege es in der Rechtsnatur der umfassenden Intervenientensicherheit, dass der Drittwiderspruchskläger als Sicherungsgeber stillschweigend eine entsprechende Garantie übernimmt, weil andernfalls die Sicherheit keinen pfandähnlichen Charakter hätte. Mit dieser Verabsolutierung des unterstellten Sicherungszwecks folgt der Senat der gleichen palmströmschen Logik, die er – zu Recht – am Berufungsurteil des KG 127 beanstandet. Eine Garantieerklärung muss nicht in der „Rechtsnatur“ der Sicherheit liegen, sondern in einer Erklärung des Sicherungsgebers. Entscheidend ist mithin, ob die Erbringung der Sicherheit (Erklärungstatbestand) den Erklärungswert enthält, der Sicherungsgeber biete eine Garantie für den Ersatz des Aufhebungsschadens an. Zu dieser Frage schweigt der Senat. b) Erklärungswert der Bewirkung des Sicherungsmittels Das Angebot auf Abschluss eines Garantievertrages ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die durch Zugang (§ 130 Abs. 1 BGB) mit dem Inhalt ihres objektiven Erklärungswertes (normative Auslegung nach dem objektivierten Empfängerhorizont) rechtswirksam wird. Ob der Intervenient durch die Bewirkung der Sicherheit ein Garantieangebot macht, ist durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln. Erklärungsakt und Gegenstand der Auslegung ist die Bewirkung des Sicherungsmittels. Nimmt der Intervenient bei der Bewirkung der Sicherheit auf die gerichtliche Anordnung (§§ 771 Abs. 3, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO) Bezug, ohne ausdrücklich weitergehende Erklärungen, insbesondere ohne ein ausdrückliches Garantieangebot abzugeben, dann besteht der Erklärungsakt in einer Handlung, die mittelbar den Schluss auf einen bestimmten Rechtsfolgewillen zulassen könnte. Die für die Auslegung geltenden Regeln sind auch auf solche Willenserklärungen durch schlüssiges Verhalten anzuwenden, bei denen das Gewollte nicht oder nur unvollständig unmittelbar in einer Erklärung Ausdruck findet.128 In einem solchen Fall muss allerdings der Erklärende die Deutung seines Verhaltens als Willenserklärung erkennen können, und der Empfänger es auch tatsächlich als Willenserklärung verstanden haben.129 Für die Inhaltsermittlung ist die Verständnismöglichkeit des Empfängers maßgeblich. Er hat im Rahmen von Treu und Glauben alle ihm erkennbaren Umstände zu berücksichtigen, um zu ermitteln, was der Erklärende gemeint hat. Er darf der Erklärung nicht einfach einen für ihn günstigen Sinn beilegen.130 Soweit sich eine Erklärung als mehrdeutig darstellt, ist sie mangels hinreichender Be127

KG, Urt. v. 03. 06. 2002 – 23 U 1267/00. Dilcher, in: Staudinger (12), §§ 133, 157, Rn. 24; Heinrichs, in: Palandt, Einf. vor § 116, Rn. 6; § 133, Rn. 11; Hübner, Rn. 670; Larenz, Allgemeiner Teil, S. 358, 360; Busche, in: MüKo BGB, § 133, Rn. 33. 129 BGHZ 109, 171, 177; Heinrichs, in: Palandt, § 133, Rn. 11. 130 Flume, S. 314; Heinrichs, in: Palandt, § 133, Rn. 9. 128

B. Sicherungszweck prozessualer und schiedsrechtlicher Sicherheiten

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stimmtheit unwirksam.131 Sind die Erklärungszeichen bei schlüssigem Verhalten für die Auslegung unergiebig, ist auf die erkennbaren Begleitumstände des Erklärungsaktes abzustellen,132 und zwar namentlich auf den Zweck und die Interessenlage.133 Entscheidend ist mithin, ob ein Vollstreckungsgläubiger die Bewirkung des Sicherungsmittels unter Berücksichtigung der erkennbaren Begleitumstände unzweideutig als Garantieangebot verstehen darf, und ob dies einem Intervenienten erkennbar ist. Die Interessenlage bei der Sicherheitsbestellung lässt nicht auf ein Garantieangebot schließen. Zwar geht das Interesse des Vollstreckungsgläubigers dahin, eine möglichst starke und weitreichende Sicherung zu erhalten. Das Interesse des Intervenienten geht aber in die entgegengesetzte Richtung, und der Intervenient hat keinen Anlass, dem Interesse des Vollstreckungsgläubigers an einer weitreichenden Sicherung entgegenzukommen, weil die Vollstreckungseinstellung und die Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen (§ 775 f. ZPO), um derentwillen der Intervenient die Sicherheit anordnungsgemäß bewirkt, kein Einverständnis des Vollstreckungsgläubigers voraussetzen. Damit rückt der Zweck der Sicherheitsleistung in den Vordergrund. Der Intervenient bezweckt mit der Bewirkung der Sicherheit, die Anordnungswirkungen erreichen zu können, die von der Sicherheitsleistung abhängig gemacht sind. Dazu bedarf es der Bewirkung einer Sicherheit mit einem der Zwecksetzung der Anordnung genügenden Haftungsumfang. Für einen weitergehenden Haftungsumfang besteht kein Grund. Die Zwecksetzung der (konkreten) der Anordnung hat dem (allgemeinen) gesetzlichen Zweck der Ermächtigung zur Anordnung von Sicherheitsleistung zu entsprechen und sich innerhalb der Grenzen des Ermächtigungszwecks zu halten.134 Gesetzlicher Zweck der Auferlegung einer Sicherheitsleistung in Anordnungen gem. § 771 Abs. 3, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist es, wie erinnerlich, Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten zu sichern, die infolge der Intervention entstehen. Folglich bezweckt der Intervenient mit einer Sicherheitsleistung, die er aufgrund gesetzmäßiger Anordnung bewirkt, für den Vollstreckungsgläubiger erkennbar nur die Sicherung gegen sich gerichteter Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers. Die rechtsgeschäftliche Begrün131

Flume, S. 314; Larenz, Allgemeiner Teil, S. 340. Dilcher, in: Staudinger (12), §§ 133, 157, Rn. 25; Heinrichs, in: Palandt, § 133, Rn. 15. 133 BGHZ 109, 19, 22; BGHZ 20, 109, 110; BGHZ 2, 379, 385; Dilcher, in: Staudinger (12), §§ 133, 157, Rn. 28; Flume, S. 312; Heinrichs, in: Palandt, § 133, Rn. 18; Palm, in: Erman, § 133, Rn. 32 f. 134 RGZ 30, 418, 422 betr. Gläubigersicherheit gem. § 650 CPO (dazu S. 158, Fn. 83); RGZ 7, 374, 381 betr. § 801 CPO (§ 921 ZPO): „Es ist dem Gerichte nicht die Befugnis beigelegt, von dem Arrestsucher die Übernahme einer Verpflichtung zu fordern, welche ihm nach dem Gesetze nicht obliegt. Vielmehr ist nur gestattet, wegen der dem Gegner drohenden Nachtheile, oder, vollständiger ausgedrückt, wegen Erfüllung der dem Arrestsucher obliegenden Verbindlichkeit, zum Ersatze des dem Gegner infolge der Arrestanlegung entstehenden Schadens Sicherheitsleistung zu verlangen“. 132

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Achtes Kapitel: Haftung der Intervenientensicherheit

dung von Ansprüchen ist zur Zweckerreichung nicht erforderlich und liegt dem Intervenienten erkennbar fern. Ein Vollstreckungsgläubiger darf die Erbringung der Sicherheit durch den Intervenienten daher nicht als Garantieangebot verstehen. Folglich hat die Erbringung einer Intervenientensicherheit nicht den Erklärungswert eines Garantieangebotes.135 c) § 801 Abs. 2 Satz 1 CPO, § 921 Satz 1 ZPO Zwei Untersuchungen der Sicherheitsleistung „wegen der dem Gegner drohenden Nachteile“ gem. § 801 Abs. 2 Satz 1 CPO (§ 921 Satz 1 ZPO) bestätigen das Auslegungsergebnis. Pfizer vertritt die Auffassung, dass ein Arrestgläubiger, indem er Sicherheit gem. § 801 Abs. 2 Satz 1 CPO leistet, „sich unbedingt verpfl ichtet, diese Nachtheile zu ersetzen und zugleich die Erfüllung dieser Verpfl ichtung sicher stellt“.136 Die Garantieerklärung sei aus dem Wortlaut von § 801 Abs. 1 Satz 2 CPO herzuleiten, der anordne, dass der Arrestschuldner durch die Sicherheitsleistung wegen jeglicher Nachteile gesichert sein sollte, die durch einen ungerechtfertigten Arrest entstehen können.137 Die Begründung einer Garantieerklärung bei Sicherheitsleistung gem. § 801 Abs. 2 Satz 1 CPO gelte daher nicht für Vorschriften über prozessuale Sicherheitsleistung, die Zweck und Inhalt der Sicherheitsleistung nicht in dieser Weise angeben, wie namentlich § 688 CPO (§ 769 ZPO). Der Sicherungsbelastete solle dann Sicherheit dafür leisten, dass er Nachteile ersetzt, falls er zu solchem Ersatz verpflichtet sein sollte.138 Wenn also aus dem Wortlaut von § 801 Abs. 2 Satz 1 CPO, § 921 Satz 1 ZPO folgt, dass der Sicherungsbelastete eine Garantie abgibt, dann begründet dies für Intervenientensicherheiten aufgrund der §§ 771 Abs. 3, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO den Gegenschluss, dass der Intervenient keine Erklärung über den Sicherungszweck abgibt. Auch Bolze139 sieht den Zweck von § 801 Abs. 2 Satz 1 CPO darin, dass der Arrestschuldner unbedingt gegen Nachteile aufgrund unberechtigten Arrests gesichert werden soll. Die Leistung der Sicherheit betreffend gelangt er jedoch zu einem abweichenden Ergebnis. Die Vorschrift „hätte sich . . . wohl so verstehen und so handhaben lassen, dass die Gerichte, wenn sie eine Sicherheitslei135 I. E. ebenso RGZ 30, 418, 422 betr. Gläubigersicherheit gem. § 650 CPO: „In dem Erbieten des Gläubigers, vor der Vollstreckung Sicherheit zu leisten, lässt sich nicht ohne weiteres die Erklärung fi nden, daß die bestellte Sicherheit dem Schuldner auch für diejenigen aus der Vollstreckung entstehenden Nachteile haften solle, deren Ersatz der Schuldner nach den Vorschriften des maßgebenden Civilrechts nicht würde beanspruchen können“. Zustimmend Marcuse, S. 71, 38. 136 Pfizer, ZZP 13 (1889), 304, 315. 137 Pfizer, ZZP 13 (1889), 304, 312 ff. A. A. RGZ 7, 374, 381. 138 Pfizer, ZZP 13 (1889), 304, 315. 139 Bolze, ZZP 13 (1889), 268, 288.

C. Ergebnis

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tung des Klägers vor der Anordnung des Arrestes für erforderlich halten, von dem Arrestkläger ein unzweideutiges Versprechen fordern, den Arrestbeklagten wegen der ihm aus der Arrestanlegung ohne eigene Verschuldung erwachsenen Nachtheile schadlos zu halten, wenn demnächst der Arrest als ungerechtfertigt wieder aufgehoben werden sollte, auch wenn den Arrestkläger wegen Ausbringung des Arrestes keine Verschuldung treffen sollte, und dass die Kaution zur Sicherheit für die Verpflichtung aus diesem Versprechen bestellt wird. Die Praxis hat diesen Weg bisher nicht beschritten“. Anders als Pfizer, der – wie jüngst der XI. Zivilsenat des BGH – vom Zweck des Gesetzes unmittelbar auf den Erklärungswert schließt, ihn also unterstellt, anstatt ihn durch Auslegung des Erklärungsaktes zu ermitteln, trennt Bolze Gesetzesauslegung (§ 801 CPO als Ermächtigungsgrundlage, eine Garantieerklärung zu fordern) und Auslegung des Erklärungsaktes. Bei der Auslegung des Erklärungsaktes kommt Bolze zu dem Ergebnis, dass in der bloßen Erbringung des Sicherungsmittels kein unzweideutiges Garantieversprechen liegt (andernfalls bedürfte es nicht der Forderung eines unzweideutigen Versprechens durch das Gericht). Ist demnach der Erbringung der Sicherheit selbst dann nicht der Erklärungswert einer Garantiezusage zu entnehmen, wenn das Gesetz, auf dem die Sicherheitsleistung beruht (§ 801 CPO), eine Garantiehaftung der Sicherheitsleistung bezweckt, dann ist der Erbringung einer Sicherheit aufgrund von Vorschriften, die keinen so weitgehenden Sicherungszweck verfolgen (§§ 771 Abs. 3, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO), erst recht nicht der Erklärungswert einer Garantiezusage zu entnehmen. d) Ergebnis Bewirkt ein Intervenient eine Sicherheit, so erklärt er damit nicht, mit ihr für Nachteile des Vollstreckungsgläubigers haften zu wollen, deren Ersatz der Vollstreckungsgläubiger vom Intervenienten nicht aus anderem Rechtsgrund fordern kann. Die Bestellung einer Intervenientensicherheit bringt keine Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten hervor.140

C. Ergebnis Intervenientensicherheiten gem. §§ 709, § 711 Satz 1 Alt. 2, § 712 Abs. 2 Satz 2 ZPO sollen die Erfüllung von Schadensersatzansprüchen aus § 717 ZPO sichern. Intervenientensicherheiten gem. §§ 936, 921 ZPO sollen die Erfüllung von Schadensersatzansprüchen aus § 945 ZPO sichern.

140 I. E. ebenso RG SeuffArch 61 (1906), 206, 209; OLG München NJW-RR 1989, 1471, 1472; Pohlmann, LMK 2004, 174, 175; K. Schmidt, JuS 2005, 274, 276.

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Achtes Kapitel: Haftung der Intervenientensicherheit

Intervenientensicherheiten gem. §§ 771 Abs. 3, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO sollen ausschließlich die Erfüllung von Ansprüchen des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten sichern, die infolge der Intervention entstehen. Eine prozessuale Intervenientensicherheit haftet weder unmittelbar für Nachteile des Vollstreckungsgläubigers noch für die titulierte Forderung des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vollstreckungsschuldner. Das Sicherungsmittel einer gem. § 771 Abs. 3 ZPO zur Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln geleisteten Intervenientensicherheit surrogiert nicht den Pfandgegenstand. Eine prozessuale Verpflichtung des Intervenienten, für Sicherheit zu sorgen, ist nicht Gegenstand der Haftung einer geleisteten Sicherheit; eine solche Verpflichtung besteht nicht. Die Bewirkung einer Intervenientensicherheit begründet keine Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten.

Neuntes Kapitel:

Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen Die Interventionswirkung auf die angegriffene Vollstreckung (z. B. Beschränkung, Einstellung) (A.) kann Schäden des Vollstreckungsgläubigers auslösen (B.), die ggf. durch Schadensersatzansprüche (§§ 280 Abs. 1, 823 ff., 989, 990, 1227 BGB, §§ 717 Abs. 2, 945, 1041 Abs. 4 ZPO) auszugleichen und bei der Beurteilung eines Mitverschuldens des Vollstreckungsgläubigers (§ 254 BGB) von Bedeutung sind. Ferner kann (im Rahmen der §§ 823 Abs. 1, 989, 990, 1227 BGB) die Betroffenheit des Rechts von der Interventionswirkung abhängen. Ansprüche, die, wie Bereicherungs- (§§ 812 ff. BGB), Erstattungs- (§ 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO) und Herausgabeansprüche (§ 667, 987 f., 990 Abs. 1, 993 Abs. 1, 1227 BGB) auf Abschöpfung eines Vorteils des Intervenienten gerichtet sind, setzen interventionsbedingte Verschiebungen voraus,1 die als erhaltenes und erlangtes Etwas (§§ 812 Abs. 1 Satz 2, 667 BGB), als Besitz und Nutzungen (§§ 985, 987 BGB), als Geleistetes (§ 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO) und als Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB, § 717 Abs. 3 Satz 3 ZPO) beim Intervenienten ankommen (C.).

A. Interventionswirkung Die Interventionswirkung auf die angegriffene Vollstreckung hängt davon ab, ob sie durch eine gerichtliche Entscheidung (I.), durch die staatliche Umsetzung einer gerichtlichen Entscheidung oder eine von Amts wegen getroffene gerichtliche Maßnahme (II.), oder durch eine Willensbetätigung des Vollstreckungsgläubigers (III.) herbeigeführt wird.

I. Gerichtliche Entscheidungen Bei der Liegenschaftsvollstreckung durch Eintragung einer Zwangshypothek führen bestimmte gerichtliche Entscheidungen kraft Gesetzes eine Interventionswirkung herbei (§ 868 ZPO, § 1177 BGB). Der Eigentümer des Grundstücks 1 Der Oberbegriff der Verschiebung ist an den im Bereicherungsrecht geläufigen Begriff der Vermögensverschiebung angelehnt. Er soll im Zuge einer Intervention eintretende Zuund Abflüsse bezeichnen, die als Anknüpfungspunkt oder Gegenstand von Abschöpfungsansprüchen in Betracht kommen.

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Neuntes Kapitel: Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen

erwirbt die entstandene Zwangshypothek und damit eine Eigentümergrundschuld (§ 1177 BGB), wenn „durch eine vollstreckbare Entscheidung die . . . Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt oder deren Einstellung angeordnet“ wird (§ 868 Abs. 1 ZPO), oder „wenn durch eine gerichtliche Entscheidung die einstweilige Einstellung der Vollstreckung und zugleich die Aufhebung der erfolgten Vollstreckungsmaßregeln angeordnet wird“ (§ 868 Abs. 2 ZPO). § 868 Abs. 1 ZPO betrifft (wie § 775 Nr. 1 ZPO) vorläufig vollstreckbare Drittwiderspruchsschiedssprüche sowie rechtskräftige Drittwiderspruchsurteile. 2 § 868 Abs. 2 ZPO betrifft (wie § 775 Nr. 2 ZPO) einstweilige Anordnungen (§ 771 Abs. 3 ZPO), mit denen die Einstellung der Vollstreckung (§ 775 Nr. 2 ZPO) und die Aufhebung der Vollstreckungsmaßregeln (§ 776 Satz 2 ZPO) angeordnet ist. Die Zwangshypothek wird kraft Gesetzes mit dem Wirksamwerden der betreffenden Entscheidung in eine Eigentümergrundschuld umgewandelt. Die Umwandlung bedarf keiner Mitteilung an das Grundbuchamt und keiner Grundbucheintragung. Sie ist endgültig, bei Außerkrafttreten der zugrundeliegenden Entscheidung erwirbt der Vollstreckungsgläubiger keine Zwangshypothek zurück. Erst die Vorlage beim Vollstreckungsorgan (§ 775 ZPO) verhindert aber, dass der Vollstreckungsgläubiger erneut in das Grundstück oder nunmehr in die Eigentümergrundschuld vollstrecken kann.3

II. Umsetzung gerichtlicher Entscheidungen und gerichtliche Maßnahmen In allen anderen Fällen (außer § 868 ZPO) bedürfen Anordnungsentscheidungen in Interventionsstreitigkeiten der Umsetzung, um auf die Vollstreckung in den umstrittenen Gegenstand einzuwirken (vgl. § 775 ZPO). Die Interventionswirkung tritt dann aufgrund eines gestreckten Gestaltungstatbestandes (Entscheidung und Umsetzung) ein. Dies gilt auch bei einem rechtskräftigen Freigabeurteil gem. § 894 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Fiktion („gilt die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat“) führt nur scheinbar unmittelbar eine Interventionswirkung herbei. Denn bei Erklärungen, die Dritten gegenüber abzugeben sind (hier: Freigabeerklärung gegenüber dem Vollstreckungsorgan), muss der Gläubiger (Intervenient) diesem Dritten (Vollstreckungsorgan) eine Ausfertigung der rechtskräftigen Entscheidung vorlegen. Erst im Zeitpunkt des Zugangs gilt die Erklärung als abgegeben,4 und wie in den Freigabefällen der §§ 775 f. ZPO muss das Vollstreckungsorgan die Freigabe noch vollziehen. 2

Rechtskräftig vollstreckbare Drittwiderspruchsschiedssprüche waren (anders als rechtskräftige Drittwiderspruchsurteile im Ausspruch zur Hauptsache) zuvor vorläufig vollstreckbar (§ 1064 Abs. 2 ZPO), so dass die Wirkung des § 868 Abs. 1 ZPO bereits infolge vorläufiger Vollstreckbarkeit eingetreten ist. 3 Ausführlich zu § 868 ZPO S. 45 f. 4 Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 894, Rn. 9.

A. Interventionswirkung

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Die staatliche Umsetzung einer gerichtlichen Entscheidung wirkt mittels Beschränkung, Einstellung oder Aufhebung unmittelbar auf Beginn, Fortgang und Bestand der Vollstreckung in den umstrittenen Gegenstand. Unmittelbare Interventionswirkung entfalten auch von Amts wegen getroffene gerichtliche Maßnahmen (§ 28 ZVG). Jeweils sind die Erstwirkung auf die begonnene und unmittelbar bevorstehende Vollstreckung (1.) und die Fortwirkung auf künftige, insbesondere wiederholende Vollstreckung (2.) zu unterscheiden. 1. Erstwirkung Bei der Umsetzung gerichtlicher Entscheidungen und gerichtlichen Maßnahmen richten sich die Interventionswirkungen zunächst gegen die begonnene oder unmittelbar bevorstehende Vollstreckung in den betreffenden Gegenstand, die das Rechtsschutzinteresse der Intervention begründet. Die Vollstreckung wird beschränkt (§ 775 ZPO) oder eingestellt (§ 775 ZPO, § 28 ZVG), Vollstreckungsmaßnahmen werden aufgehoben (§ 776 ZPO, § 894 ZPO, § 28 ZVG). Vollstreckungsbeschränkung (§ 775 ZPO) bedeutet, dass einzelne Vollstreckungsmaßnahmen nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden dürfen, während die Vollstreckung im übrigen in andere Gegenstände ungehindert weitergehen kann. 5 Bei der Intervention besteht die Beschränkung darin, dass der betreffende Gegenstand von der Vollstreckung ausgenommen wird, während die Vollstreckung in das übrige Vermögen des Schuldners weiterhin zulässig bleibt. Eingestellt (§ 775 ZPO, § 28 ZVG) ist die Vollstreckung, wenn sie nach ihrem Beginn aufgrund eines Entschlusses des Vollstreckungsorgans nicht fortgesetzt wird. 6 Keine Einstellung, sondern eine Beschränkung liegt vor, wenn die Vollstreckung (gegen den Antrag des Gläubigers) nicht eingeleitet wird.7 Einstellung und Beschränkung decken sich, wenn die Vollstreckung aus einem Herausgabetitel, der sich auf einen bestimmten Gegenstand bezieht, begonnen hatte. Aufgehoben (§§ 776, 894 ZPO, § 28 ZVG) wird die Vollstreckung, indem bereits eingeleitete Vollstreckungsmaßnahmen wieder rückgängig gemacht werden. 8 2. Fortwirkung Interventionswirkungen der Umsetzung gerichtlicher Entscheidungen (a)) und Interventionswirkungen gerichtlicher Maßnahmen (b)) beschränken sich zu5

K. Blomeyer, S. 23; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 727; Guyot, S. 9; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze; § 776, Rn. 7; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 775, Rn. 5; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 775, Rn. 5. 6 S. 42 f. 7 S. 35. 8 S. 44.

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Neuntes Kapitel: Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen

meist nicht auf die Erstwirkung gegen bestimmte vollzogene oder konkret bevorstehende Vollstreckungszugriffe, die das Rechtsschutzbedürfnis begründen und derentwegen die Intervention unternommen wurde. Vielmehr steht eine Interventionswirkung, solange sie in Kraft ist, regelmäßig jeglicher erstmaliger oder wiederholender Vollstreckung aus dem Titel des Vollstreckungsgläubigers in den betreffenden Gegenstand entgegen (Fortwirkung). a) Umsetzung gerichtlicher Entscheidungen Die Umsetzung gerichtlicher Entscheidungen mit Interventionswirkung wirkt wie folgt fort. Vollstreckungsbeschränkung auf andere Gegenstände (§ 775 ZPO) bedeutet bei Interventionsentscheidungen, dass der betreffende Gegenstand schlechthin von der Vollstreckung aus dem Titel ausgenommen ist, und dass aus dem Titel überhaupt keine Vollstreckungsmaßnahmen in ihn unternommen werden dürfen.9 Die Beschränkung steht daher jedem Vollstreckungszugriff aus dem Titel des Vollstreckungsgläubigers auf den betreffenden Gegenstand entgegen. Bei der Vollstreckungseinstellung (§ 775 ZPO) bleiben getroffene Vollstreckungsmaßnahmen aufrecht erhalten, die Vollstreckung darf aber nicht fortgesetzt werden, es sei denn gegen zugelassene Sicherheitsleistung (§§ 771 Abs. 3 Satz 1, 769 Abs. 1 Satz 1, 770 Satz 1, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Wegen der Aufrechterhaltung getroffener Vollstreckungsmaßnahmen kommt eine wiederholende Vollstreckung aus dem Titel nicht in Betracht. Die Beschränkung des Vollstreckungsbetriebs auf andere Gegenstände ist in der Einstellung enthalten.10 Bei der Frage, ob die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen (§ 776 ZPO, § 894 ZPO) wiederholende Vollstreckung verhindert, ist zu unterscheiden. Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen gem. § 776 ZPO knüpft durchweg an die Einstellung gem. § 775 ZPO an. Ihr ist konstruktiv stets die Einstellung vorgelagert.11 Die in der Einstellung enthaltene Beschränkung des Vollstreckungsbetriebs auf andere Gegenstände ist mithin auch zu beachten, wenn gem. §§ 775, 776 ZPO uno actu einzustellen und aufzuheben ist.12 Hingegen steht eine Freigabe, die auf der Fiktionswirkung des § 894 ZPO beruht, 9

I. E. ebenso Bettermann, in: Festschrift für Friedrich Weber, S. 87, 92 betr. Drittwiderspruchsurteile: „materiellrechtliche Unzulässigkeit der Vollstreckung . . . aus § 775 Nr. 1“; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 8, 66: Vollstreckungswirkung i. w. S. ohne zeitliche Beschränkung für die Zukunft. Ferner Gaul, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Band III, S. 521, 532; ders., in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 693 betr. rechtskräftige stattgebende Drittwiderspruchsurteile: Rechtskraftwirkung der Unzulässigkeit der Vollstreckung steht der Wiederholung entgegen; Putzo, in: Thomas/Putzo, § 771, Rn. 13: Rechtskraft. A. A. Müller, DGVZ 1976, 1, 5. 10 Schlosser, Gestaltungsklagen, S. 415 f. 11 S. 44. 12 I. E. ebenso Bötticher, in: Festschrift für Hans Dölle, S. 41, 60.

A. Interventionswirkung

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wiederholender Vollstreckung nicht entgegen, weil einer solchen Freigabe kein vollstreckungsbeschränkendes Gebot eigen ist. Die Umsetzung gerichtlicher Entscheidungen gem. §§ 775, 776 ZPO wirkt mithin durchweg derart fort, dass der Vollstreckungsgläubiger aus dem Titel in den betreffenden Gegenstand erst wieder vollstrecken kann, wenn die hindernde Entscheidung außer Kraft ist; gegen rechtskräftige Interventionsentscheidungen muss der Vollstreckungsgläubiger mit der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) vorgehen.13 Hingegen ist der Umsetzung gerichtlicher Entscheidungen gem. § 894 ZPO keine Fortwirkung eigen. b) Gerichtliche Maßnahmen Der Vollstreckungseinstellung gem. § 28 ZVG ist wie der Einstellung gem. § 775 ZPO die Verhinderung wiederholender Vollstreckung immanent. Anders als bei § 776 ZPO („zugleich . . . auch“) stehen Aufhebung und Einstellung in den Fällen des § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG („entweder . . . aufzuheben . . . oder . . . einzustellen“) im strengen Alternativverhältnis. Mit einer Aufhebung gem. § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG gehen daher keine Einstellungswirkungen einher, so dass mit ihr keine Beschränkung auf andere Gegenstände verbunden ist (anders bei § 28 Abs. 1 Satz 2 ZVG). Wiederholender Vollstreckung steht aber der vollstreckungsbeschränkende § 17 ZVG entgegen.14 In den Fällen des § 28 ZVG ist der Vollstreckungsgläubiger gehalten, „zur Hebung des Hindernisses“ (Einstellung) bzw. wegen § 17 ZVG (Aufhebung) die Grundbuchersichtlichkeit des Drittrechts zu beseitigen, um aus dem Titel gegen den Vollstreckungsschuldner wieder vorgehen zu können.15

III. Willensbetätigung des Vollstreckungsgläubigers Interventionswirkungen können durch die Betätigung eines Willensentschlusses herbeigeführt werden, den der Vollstreckungsgläubiger unter dem 13 Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 9; ders./Brehm, in: Festschrift für Fritz Baur, S. 517, 530. Ferner Hezel, S. 47: Verbot neuer Vollstreckungsmaßnahmen. A. A. Cohn, S. 20; Müller, DGVZ 1976, 1, 5: „das erste Urteil [ist] für die erneute Pfändung bedeutungslos, weil mit ihm nur die erste Pfändung für unzulässig erklärt und aufgehoben werden konnte“; der Gerichtsvollzieher habe „auch im Falle echter Wiederholung der Pfändung diese vorzunehmen, wenn der Gl. nur behauptet, die Rechtslage habe sich gegenüber dem früheren Urteil geändert“; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 77, 79: Gestaltungswirkung beschränke sich auf das materielle Verwertungsrecht aus dem angegriffenen Vollstreckungsakt; erneute Vollstreckung in den Gegenstand nach Glaubhaftmachung einer Änderung der Rechtslage gegenüber dem Vollstreckungsorgan; erneute Drittwiderspruchsklage erforderlich; Staub, JW 1888, 295, 296 f.: im Tenor sei die Aufhebung der Vollstreckung auszusprechen; daher beschränke sich die Rechtskraftwirkung auf eine bestimmte Vollstreckungsmaßregel. 14 S. 109. 15 S. 105 f.

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Neuntes Kapitel: Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen

Eindruck der Intervention gefasst hat (Unterlassung, Ruhen, Freigabe, Sicherheitsleistung). 1. Erstwirkung Die Erstwirkungen von Interventionswirkungen aufgrund Willensbetätigung des Vollstreckungsgläubigers entsprechen weitgehend den Erstwirkungen von Interventionswirkungen gem. §§ 775, 776 ZPO. Unterlässt der Vollstreckungsgläubiger die Vollstreckung in den betreffenden Gegenstand, entspricht dies der Beschränkung vor Vollstreckungsbeginn. Lässt er die begonnene Vollstreckung ruhen, entspricht der Vollstreckungsstillstand der Einstellung. Lässt der Vollstreckungsgläubiger getroffene Maßnahmen durch Freigabe oder Verzicht gem. § 843 Satz 1, 2 ZPO, §§ 1168, 1177 BGB, § 1255 BGB revidieren, werden getroffene Vollstreckungsmaßnahmen aufgehoben. Hinzu kommt die Bewirkung einer Sicherheit, die der Vollstreckungsgläubiger leistet, um die Vollstreckung zu beginnen oder fortzusetzen. Lässt der Vollstreckungsgläubiger die Liegenschaftsvollstreckung durch Eintragung einer Zwangshypothek nach deren Eintragung ruhen, dann bleibt die Zwangshypothek bestehen. Es verhält sich mithin nicht wie in den Fällen des § 868 ZPO, sondern wie bei einer einstweiligen Anordnung, die nur die Einstellung der Vollstreckung, aber nicht die Aufhebung der erfolgten Vollstreckungsmaßregeln anordnet. 2. Fortwirkung Interventionswirkungen aufgrund Willensbetätigung des Vollstreckungsgläubigers haben für künftige und wiederholende Vollstreckungsunternehmen keine Fortwirkung (Ausnahme: Sicherheitsleistung). Da keine vollstreckungsbeschränkenden Interventionswirkungen gem. §§ 775, 776 ZPO eingetreten sind, die Interventionswirkung vielmehr allein auf einem Willensentschluss des Vollstreckungsgläubigers beruht, kann dieser die Vollstreckung in den betreffenden Gegenstand jederzeit beginnen, fortsetzen oder wiederholen. Allerdings ist der Vollstreckungsgläubiger typischerweise fortwährend gehemmt, die Vollstreckung nunmehr zu beginnen, fortzusetzen oder zu wiederholen. Ist (noch) keine umsetzbare oder unmittelbar einen Interventionserfolg herbeiführende (§ 868 ZPO) gerichtliche Entscheidung erlassen, steht der Vollstreckungsgläubiger (nur) unter Haftungsdruck. Ist eine gerichtliche Entscheidung mit mittelbaren (auf den Willen des Vollstreckungsgläubigers einwirkenden) Umsetzungswirkungen (§§ 888, 890 ZPO) erlassen, aber noch nicht umgesetzt, steht der Vollstreckungsgläubiger unter (Haftungsdruck und) dem Druck bevorstehender mittelbarer Umsetzungswirkungen. Ist eine gerichtliche Entscheidung mit unmittelbarer Umsetzungswirkung (§§ 775, 776, 894 ZPO)

B. Schaden des Vollstreckungsgläubigers

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erlassen, aber noch nicht umgesetzt, steht der Vollstreckungsgläubiger unter (Haftungsdruck und) dem Druck bevorstehender Interventionswirkung der Umsetzung. Wurde eine gerichtliche Entscheidungen mit mittelbaren Umsetzungswirkungen (§§ 888, 890 ZPO) umgesetzt, steht der Vollstreckungsgläubiger unter (Haftungsdruck und) dem Druck gegenwärtiger mittelbarer Umsetzungswirkungen. Die Leistung einer Sicherheit des Vollstreckungsgläubigers wirkt fort, indem der Vollstreckungsgläubiger rechtlich daran gehindert ist, die Sicherheit zurückzunehmen oder aufzugeben. Leistet der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit aufgrund einer umgesetzten Entscheidung, die den Beginn oder Fortgang der Vollstreckung unter die Bedingung der Sicherheitsleistung stellt, oder aufgrund einer Entscheidung, die Sicherheitsleistung zur Aufhebung einer einstweiligen Verfügung gestattet (§ 939 ZPO), dann enthält die zugrundeliegende Entscheidung „die Veranlassung für eine Sicherheitsleistung“, und die Sicherheit kann erst nach deren Wegfall zurückverlangt werden (§ 109 ZPO). Bei vertraglicher Sicherheit bestimmen sich Rücknahme und Aufgabe nicht nach § 109 ZPO, sondern nach der Vereinbarung und den für die Art der geleisteten Sicherheit geltenden Regeln.

B. Schaden des Vollstreckungsgläubigers Schadensersatzansprüche eines Vollstreckungsgläubigers gegen einen Intervenienten setzen nach Grund und Umfang voraus, dass die Intervention einen Schaden des Vollstreckungsgläubigers herbeigeführt hat. Ist ein Intervenient zum Schadensersatz verpflichtet, hat er den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (§ 249 Abs. 1 BGB). Ausgangspunkt der Schadensermittlung ist die Differenzhypothese. Schaden ist die Differenz zwischen dem infolge des schädigenden Ereignisses tatsächlich bestehenden Zustand und des hypothetischen Zustandes, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Schädigendes Ereignis ist der Interventionsakt, der eine Interventionswirkung herbeiführt. In der Differenzhypothese finden Begleitschäden des Interventionsaktes (I.) ebenso Berücksichtigung wie Durchsetzungs- und Begleitschäden der Interventionswirkung (II.).

I. Begleitschaden des Interventionsaktes Ein Vollstreckungsgläubiger kann allein infolge des Interventionsaktes (unabhängig vom Eintritt eines Interventionserfolges) geschädigt sein. Von einer Interventionswirkung unabhängig ist ein Schaden, der entsteht, indem ein Vollstreckungsgläubiger bestimmte Geschäfte nicht oder zu unvorteilhafteren

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Neuntes Kapitel: Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen

Bedingungen schließen kann, weil sich durch das Bekanntwerden der Intervention Verhandlungen oder Geschäftsbeziehungen zerschlagen oder verschlechtert haben (§ 252 BGB), für die der zu erwartende und durch die Intervention gefährdete Vollstreckungserfolg (Liquiditätsaussicht) von maßgeblicher Bedeutung war (Kreditschaden) 16 . Zum Begleitschaden des Interventionsaktes zählen auch sämtliche Kosten der Rechtsverfolgung, die der Vollstreckungsgläubiger zur Abwehr der Intervention aufwendet, einschließlich aller Nachteile, die infolge der Interventionsabwehr durch gebundene Kraft und Zeit als Erwerbsschaden entstehen (§ 252 BGB).17

II. Schaden der Interventionswirkung Die Interventionswirkung resultiert nicht zwingend im Eintritt eines Schadens des Vollstreckungsgläubigers (z. B. bleibt eine Vollstreckungsbeschränkung, die kurzfristig wieder aufgehoben wird, folgenlos, wenn keine Verzögerung der Vollstreckung eintritt). Der durch eine Interventionswirkung entstehende Schaden eines Vollstreckungsgläubigers ist zunächst anhand des Fortgangs der Vollstreckung gegen den Vollstreckungsschuldner zu bestimmen (Durchsetzungsschaden) (1.). Interventionswirkungen können im übrigen Begleitschaden verursachen, der durch das Bekanntwerden der Interventionswirkung (nicht bereits des Interventionsaktes) als Kreditschaden eintritt (2.). 1. Durchsetzungsschaden Bei Durchsetzungsschäden, die im Fortgang der Vollstreckung aus dem Titel gegen den Vollstreckungsschuldner entstehen, ist zu unterscheiden, ob der Vollstreckungsgläubiger trotz der Intervention schließlich gleichermaßen Befriedigung erlangt, wie er sie ohne die Intervention erlangt hätte (Verzögerungs- und Erschwerungsschaden) (a)), oder ob der Vollstreckungserfolg hinter dem hypothetischen Erfolg einer ungestörten Vollstreckung zurückbleibt (Ausfall- und Erschwerungsschaden) (b)). a) Verzögerungs- und Erschwerungsschaden Soweit die Vollstreckung gegen den Schuldner (durch Nachpfändung in andere Gegenstände des Schuldnervermögens oder nach Beendigung der Intervention in den umstrittenen Gegenstand) schließlich – einschließlich zusätzlicher notwendiger Vollstreckungskosten (§ 788 ZPO), zu denen die Kosten anlässlich des Vollstreckungsbetriebs gehören, namentlich Kosten für die Erhaltung von 16

Näher zum Kreditschaden Hopt, S. 145 ff. Näher zu Rechtsverfolgungskosten und Kosten im Zusammenhang mit der Abwehr Hopt, S. 141 ff. 17

B. Schaden des Vollstreckungsgläubigers

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Pfandsachen18 (z. B. Lagerkosten bei Vollstreckungseinstellung) – gleichermaßen zur Befriedigung des Gläubigers führt wie bei ungestörter Vollstreckung, kann die Intervention nur Schäden verursachen, die aus der zeitlichen Differenz zwischen hypothetisch ungestörter und tatsächlicher Vollstreckung (Verzögerungsschaden) und aus einer Vollstreckungserschwerung (Erschwerungsschaden) resultieren. Bei der Geldvollstreckung gehören zwischenzeitlich entstandene Kreditkosten des Vollstreckungsgläubigers zum Verzögerungsschaden, wenn und soweit sie nicht der (infolge der Verzögerung erhöhte) titulierte Zinsanspruch des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vollstreckungsschuldner abdeckt. Zwar haftet der Schuldner regelmäßig aus Verzug der titulierten Hauptschuld für interventionsbedingte Kreditkosten des Gläubigers19 (§ 280 Abs. 1, 2 BGB). Dieser Verzugsschadensersatzanspruch ist aber nicht tituliert und daher nicht vollstreckbar. Bei der Herausgabevollstreckung kann ein Verzögerungsschaden durch zwischenzeitliche Ersatzbeschaffung für den herauszugebenden Gegenstand entstehen. Außerdem kann dem Vollstreckungsgläubiger Gewinn entgehen (§ 252 BGB), den er bei ungestörter Vollstreckung zwischenzeitlich erzielt hätte. Dieser Schadensposten besteht bei der Geldvollstreckung in entgangenen Zinsen und Investitionsgewinnen (abzüglich des verzögerungsbedingt erhöhten Zinsanspruchs), bei der Herausgabevollstreckung entgeht Gewinn, der durch Nutzung oder Veräußerung des herauszugebenden Gegenstandes erzielt worden wäre, nun aber wegen Entgang von Geschäftschancen oder Wertverlustes nicht mehr erzielbar ist. Schließlich kann der Gläubiger infolge der zwischenzeitlich fehlenden Liquidität zur Betriebseinstellung gezwungen oder insolvent geworden sein. Ist die Vollstreckungsdurchführung erschwert, indem sie von der Leistung einer Sicherheit abhängig gemacht wird, oder ist der Gläubiger zur Sicherheitsleistung verurteilt (§ 890 Abs. 3 ZPO), ist ein Gläubiger, der die Sicherheit leistet, um die Kosten der Sicherheit (Beschaffungsaufwand, Zinsen) geschädigt 20 sowie um Gewinn, der ihm entgeht, weil er die Mittel, die er zur Sicherheitsleistung einsetzt, nicht anderweitig verwenden kann. 21 Zum Erschwerungsschaden zählen auch die Nachteile aufgrund vollstreckter Zwangs- und Ordnungsmittel (§§ 888, 890 ZPO). Beigetriebenes Zwangs- und Ordnungsgeld ist zwar von der Staatskasse zurückzuzahlen, wenn der Zwangs- oder Ordnungsmittelbeschluss

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Münzberg, in: Stein/Jonas, § 788, Rn. 12; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 788, Rn. 12. Krüger, in: MüKo ZPO, § 717, Rn. 12, Fn. 34. 20 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 235; Marcuse, S. 72. Zur Erstattungsfähigkeit von Kosten der Sicherheit gem. § 788 ZPO K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 788, Rn. 18; Schneider, MDR 1974, 885 ff. 21 Näher zu Schäden im Zusammenhang mit einer Sicherheitsleistung S. 262 f. 19

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Neuntes Kapitel: Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen

aufgehoben wird. 22 Die Rückzahlung gleicht aber Zins- und Gewinnverluste nicht aus. Im übrigen bleibt Zwangs- und Ordnungsgeld verfallen, wenn nur der vollstreckte Titel (und nicht auch der Zwangs- oder Ordnungsgeldbeschluss) aufgehoben wird. 23 b) Ausfall- und Erschwerungsschaden Der Vollstreckungserfolg kann hinter dem hypothetischen Vollstreckungserfolg bei ungestörter Vollstreckung zurückbleiben. Dies ist der Fall, soweit keine erfolgreichen Nachpfändungen unternommen wurden und der betreffende Gegenstand nach Beendigung der Intervention nicht mehr oder nicht mehr gleichwertig der Vollstreckung zur Verfügung steht. Bei der Einstellung (ohne Aufhebung, § 775 ZPO, § 28 ZVG) oder dem Ruhenlassen der Vollstreckung kann der Gegenstand bis zum Vollstreckungsfortgang durch Zeitablauf an Wert verloren haben oder wertlos geworden sein, 24 wenn nicht rechtzeitig eine Notverwertung (entsprechend § 930 Abs. 3 ZPO) 25 unternommen wurde. Bei Vollstreckungsbeschränkung (§ 775 ZPO) und Unterlassung durch den Gläubiger, ferner bei Aufhebung getroffener Vollstreckungsmaßnahmen (§ 776 ZPO, § 28 ZVG) und Freigabe durch den Gläubiger kommt hinzu, dass zwischenzeitlich andere Gläubiger in den Gegenstand vollstrecken konnten, oder dass der Gegenstand verbraucht, verschlechtert, untergegangen oder abhanden gekommen 26 sein kann. Soweit der Vollstreckungserfolg hinter dem hypothetischen Erfolg ungestörter Vollstreckung zurückgeblieben ist, behält der Vollstreckungsgläubiger zwar die titulierte Forderung in entsprechender Höhe. Die notleidende Forderung ist aber wertlos, solange mit Erholung des Schuldners nicht zu rechnen ist, und sie wird mit Eintritt einer Haftungsbeschränkung (§ 1629a BGB) oder der Insolvenz des Schuldners endgültig wertlos. Der Ausfallschaden des Vollstreckungsgläubigers besteht zunächst in der Höhe, in der die titulierte Forderung infolge der Interventionswirkung nicht beigetrieben werden konnte. Hinzu kommen die notwendigen Vollstreckungskosten (§ 788 Abs. 1 Satz 1 ZPO), für die der Vollstreckungsgläubiger haftet (§§ 49, 53 GKG, § 3 Nr. 1 GvKostG), und die sich durch die Intervention erhöht 22 Brox/Walker, Rn. 1108; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 216 f.; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 992; Stöber, in: Zöller, § 890, Rn. 26. 23 KG JW 1922, 1047, 1048 m. zust. Anm. Oertmann, JW 1922, 1047. A. A. BAG NJW 1990, 2579, 2580, das auf den „rückwirkende[n] Wegfall der Rechtsgrundlage für den Zwangsgeldbeschluß“ abstellt; ebenso betr. Zwangsgeld OLG Köln JZ 1967, 762, 763; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 978; ders., in: MüKo ZPO, § 888, Rn. 17. Vermittelnd und zutreffend Baur, JZ 1967, 763, 764, wonach es zur Rückzahlung zwar der Aufhebung des Zwangs- oder Ordnungsgeldbeschlusses bedarf, § 776 ZPO aber die Aufhebung gebietet. 24 Z. B. verderbliche Waren (BGHZ 95, 10), modische Artikel, Tiere (RG SeuffArch 61 [1906], 206), Insolvenz des Drittschuldners, Inflation (RG HRR 1925 Nr. 141). 25 Hein, S. 144; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 776, Rn. 5. 26 Z. B. BGHZ 95, 10; OLG München NJW-RR 1989, 1471.

C. Verschiebungen

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haben können (z. B. wenn der Vollstreckungsgläubiger Vollstreckungsmaßnahmen veranlasst hat, die bei ungestörter Vollstreckung nicht notwendig gewesen wären, und die nicht zur Deckung der für sie entstandenen Kosten führen). Bei Vollstreckungseinstellung oder -stillstand können außerdem erhöhte Aufwendungen zur Erhaltung des Gegenstandes (Wartung, Fütterung, Lagerung27) oder zur Absicherung des bisherigen Vollstreckungsstandes (Fortschaffen von Pfandsachen aus dem Schuldnergewahrsam) 28 erforderlich werden. Posten, die bei erfolgreicher Vollstreckung Verzögerungsschaden bilden (Kreditkosten, entgangener Gewinn, Betriebseinstellung, Insolvenz), können sich bei erfolgloser Vollstreckung ebenfalls als Verzögerungsschaden oder als Ausfallschaden niederschlagen. Ferner kann Erschwerungsschaden durch Sicherheitsleistung sowie durch Zwangs- und Ordnungsmittel bei vergeblicher Vollstreckung ebenso entstehen wie bei erfolgreicher Vollstreckung. 2. Begleitschaden Wie das Bekanntwerden eines Interventionsaktes kann das Bekanntwerden einer Interventionswirkung Kreditschäden des Vollstreckungsgläubigers herbeiführen.

C. Verschiebungen Ein Vollstreckungsgläubiger kann gegen einen Intervenienten Bereicherungs(§§ 812 ff. BGB), Erstattungs- (§ 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO) und Herausgabeansprüche (§ 667, 987 f., 990 Abs. 1, 993 Abs. 1, 1227 BGB) haben. Mit solchen Ansprüchen werden Vorteile abgeschöpft, die dem Intervenienten als erhaltenes und erlangtes Etwas (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 667 BGB), als Nutzungen (§ 987 BGB), Geleistetes (§ 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO) und Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB, § 717 Abs. 3 Satz 3 ZPO) zugeflossen sind. Anspruchsvoraussetzung ist jeweils eine (nach Maßgabe des jeweiligen Anspruchs zu qualifizierende) interventionsbedingte Verschiebung. Eine solche Verschiebung kann in der Herbeiführung der Interventionswirkung „für den Intervenienten“ enthalten sein (I.) oder mitbestimmt werden von der Interventionswirkung, indem diese die rechtliche und tatsächliche Lage des Vollstreckungsgegenstandes verändert (II.).

27 28

Z. B. BGHZ 95, 10; BGHZ 67, 378 (verspätete Freigabe). Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 776, Rn. 5.

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Neuntes Kapitel: Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen

I. Interventionswirkung „für den Intervenienten“ Bei einer Interventionswirkung, die „für den Intervenienten“ herbeigeführt wird, enthält die Herbeiführung der Interventionswirkung als solche – unabhängig von etwaigen Weiterungen der Interventionswirkung (dem Schicksal des Vollstreckungsgegenstandes, dazu im Anschluss sub II.) – eine Verschiebung. Interventionswirkungen können durch den Vollstreckungsgläubiger (1.) oder hoheitlich (2.) herbeigeführt werden. 1. Herbeiführen durch den Vollstreckungsgläubiger Führt der Vollstreckungsgläubiger eine Interventionswirkung herbei, um dem Interventionsbegehren abzuhelfen, dann bewirkt er eine zweckbestimmte Zuwendung (Leistung) 29. Gegenstand und Richtung der in dieser Zuwendung enthaltenen Verschiebung werden durch den Gegenstand und die Zweckrichtung der Zuwendung bestimmt. Ein Vollstreckungsgläubiger, der auf eine Intervention hin die Vollstreckung in den betreffenden Gegenstand unterlässt oder den Stillstand der Vollstreckung oder die Freigabe des Gegenstandes erwirkt (und sodann Fortsetzung oder Wiederholung der Vollstreckung unterlässt), unternimmt dies, weil er meint, dem (möglicherweise drittberechtigten) Intervenienten (womöglich) dazu verpflichtet zu sein. Er führt die Interventionswirkung (Zuwendungsgegenstand) „für den Intervenienten“ herbei, um einen für möglich gehaltenen Anspruch des Intervenienten zu erfüllen (Zuwendungszweck) – es liegt dem Vollstreckungsgläubiger fern, die Interventionswirkung dem Vollstreckungsschuldner zuwenden zu wollen. Folglich leistet der Vollstreckungsgläubiger die Unterlassung der Vollstreckung sowie ggf. den Vollstreckungsstillstand oder die Freigabe des Vollstreckungsgegenstandes dem Intervenienten, den die Zweckrichtung als Empfänger ausweist. Unterlassen der Vollstreckung sowie ggf. Vollstreckungsstillstand oder Freigabe des Vollstreckungsgegenstandes sind jeweils selbständige, abgrenzbare Leistungsgegenstände, die dem Intervenienten unabhängig davon zufließen, ob er aus ihnen einen Vorteil zieht oder nicht, oder ob (auch) ein anderer aus ihnen einen Vorteil zieht. Beim Unterlassen der Vollstreckung „für den Intervenienten“ (als präsumtiv Drittberechtigten und damit potentiell konkurrierenden Gläubiger) verhält es sich, wie wenn ein Wettbewerber für einen bestimmten anderen Wettbewerber aufgrund eines vermeintlichen Wettbewerbsverbotes Wettbewerb unterlässt. Der vermeintliche Gläubiger erlangt das Unterlassen vom vermeintlichen Schuldner ganz unabhängig davon, ob oder in welchem Maß er davon profitiert, oder ob 29 Zum bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff BGHZ 58, 184, 188; BGHZ 40, 272, 277; Bayer, JuS 1990, 883, 884; Sprau, in: Palandt, § 812, Rn. 3; Westermann, in: Erman, § 812, Rn. 11, jew. m. w. N.

C. Verschiebungen

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ein dritter Wettbewerber die Lücke ganz oder teilweise besetzt.30 Beim Stillstand der Vollstreckung und bei der Freigabe, die durch Erklärung des Vollstreckungsgläubigers gegenüber dem Vollstreckungsorgan oder durch Verzichtserklärung gem. § 843 Satz 1, 2 ZPO herbeigeführt werden, verhält es sich, wie wenn ein Grundpfandgläubiger zur Erfüllung des vermeintlichen Löschungsanspruchs eines Bucheigentümers die Löschung bewilligt. Der Bucheigentümer als Leistungsadressat erlangt die Löschung unabhängig davon, dass die Belastungsfreiheit des Grundstücks dem wahren Eigentümer zugute kommt. Eine Sicherheitsleistung erbringt der Vollstreckungsgläubiger, weil er meint, dem Intervenienten dazu verpflichtet zu sein (Zwischenvergleich), oder weil er aufgrund gerichtlicher Entscheidung mit der Sicherheitsleistung zugunsten des Intervenienten belastet ist, um die Vollstreckung beginnen oder fortsetzen zu können. In beiden Fällen bestellt er die Sicherheit für den Intervenienten als Sicherungsnehmer. Dem Intervenienten fl ießt die Rechtsstellung als Gesicherter nach Maßgabe der rechtlichen Ausgestaltung der geleisteten Sicherheit zu. 2. Hoheitliche Herbeiführung Bei Interventionswirkungen, die hoheitlich kraft Gesetzes infolge gerichtlicher Entscheidung, durch die Umsetzung einer Gerichtsentscheidung oder durch eine gerichtliche Maßnahme eintreten, ist zu unterscheiden. Interventionswirkungen, die infolge gerichtlicher Entscheidung kraft Gesetzes eintreten (§ 868 ZPO, § 1177 BGB), werden nicht „für den Intervenienten“ herbeigeführt. Denn die Eigentümergrundschuld entsteht beim Grundeigentümer, unabhängig davon, wer Titelgläubiger der auslösenden Entscheidung ist. Anders ist es bei Interventionswirkungen, die durch die Umsetzung einer Gerichtsentscheidung oder eine gerichtliche Maßnahme herbeigeführt werden. Ein Vollstreckungsgläubiger hat ein subjektives öffentliches Recht gegen den Staat, aus seinem Titel Vollstreckungsmaßnahmen zu verlangen (Vollstreckungsanspruch).31 Dementsprechend hat auch ein Intervenient als Titelgläubiger einer Interventionsentscheidung einen Vollstreckungsanspruch darauf, dass sein Titel vollstreckungsrechtlich umgesetzt wird. Die Vollstreckung oder Vollziehung einer gerichtlichen Interventionsentscheidung bezweckt es, das durch den Vollstreckungsanspruch und das Vollstreckungsrecht manifestierte, rechtlich geschützte Vollstreckungsinteresse32 des Intervenienten als Titelgläubiger zu befriedigen. Damit wird sie „für den Intervenienten“ durchgeführt. Die aus 30 Zum Unterlassen als Leistungsgegenstand s. Ebert, S. 49 ff.; Köhler, AcP 190 (1990), 496, 532; Larenz/Canaris, S. 274. Ferner unten S. 306, 307. 31 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 69 ff.; Schilken, Gerichtsverfassung, Rn. 89. 32 Zum Gesichtspunkt des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses s. BGH NJW 2004, 2452, 2453 sowie insbesondere Gaul, DGVZ 2005, 113, 127, der von dem „durch Art. 14

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Neuntes Kapitel: Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen

der Vollstreckung oder Vollziehung resultierende Interventionswirkung geht gleichzeitig zielgerichtet zu Lasten des Vollstreckungsgläubigers (Titelschuldner im Interventionsrechtsstreit), dessen rechtlich geschütztes Vollstreckungsinteresse (aus dem Titel gegen den Vollstreckungsschuldner) beschnitten wird. Die Umsetzung einer gerichtlichen Interventionsentscheidung bringt mithin mit der Beschränkung und der Einstellung der Vollstreckung sowie mit der Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen die gleichen Verschiebungen vom Vollstreckungsgläubiger zum Intervenienten hervor, wie wenn der Vollstreckungsgläubiger ein Interventionswirkung herbeiführt. Wenn durch gerichtliche Maßnahme gem. § 28 ZVG das Verfahren aufgehoben oder eingestellt wird, besteht zwar kein Titel des Intervenienten, der die Maßnahmerichtung festlegt. Die Maßnahmerichtung – für den Titelgläubiger, zu Lasten des Titelschuldners – ergibt sich aber daraus, dass für den Intervenienten als Buchberechtigten und zu Lasten des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses des Vollstreckungsgläubigers (aus dem Titel gegen den Vollstreckungsschuldner) aufgehoben oder eingestellt wird.

II. Veränderung der rechtlichen und tatsächlichen Lage des Vollstreckungsgegenstandes Interventionswirkungen können die rechtliche und tatsächliche Lage des Vollstreckungsgegenstandes verändern und damit Verschiebungen bewirken. Solche Verschiebungen hängen ab von der Interventionswirkung, von der Art, dem Gegenstand und dem Stand der Vollstreckung des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vollstreckungsschuldner, sowie vom Grund der Unbegründetheit der Intervention. 1. Geldvollstreckung und dinglicher Arrest Bei der Geldvollstreckung und der Vollziehung eines dinglichen Arrests (§§ 916, 928 ff. ZPO), die grundsätzlich den Regeln der Geldvollstreckung unterliegt (§ 928 ZPO), sind die Vollstreckung in das bewegliche (a)) und das unbewegliche Vermögen (b)) zu unterscheiden. a) Geldvollstreckung in das bewegliche Vermögen Die Geldvollstreckung in das bewegliche Vermögen unterteilt sich in die Vollstreckung in bewegliche Sachen (aa)) und in Forderungen und andere Vermögensrechte (bb)).

Abs. 1 GG verfassungsrechtlich garantierten ‚Befriedigungsrecht[s] in der Zwangsvollstreckung‘“ des Gläubigers spricht.

C. Verschiebungen

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aa) Geldvollstreckung in bewegliche Sachen Die Geldvollstreckung in Fahrnis erfolgt durch Pfändung (§ 803 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Pfändung wirkt in dreierlei Hinsicht auf die Rechtslage des Vollstreckungsgegenstandes (oder des Erlöses, der an dessen Stelle tritt): der Vollstreckungsgegenstand wird verstrickt, an ihm kann ein Pfändungspfandrecht entstehen, und die Besitzverhältnisse ändern sich. Verstrickung bedeutet, dass der Vollstreckungsgegenstand zum Zwecke der Gläubigerbefriedigung sichergestellt (beschlagnahmt) wird. Die strafbewehrte (§ 136 StGB) Verstrickung beweglicher Sachen entsteht mit jeder verfahrensrechtlich ordnungsgemäßen Pfändung, auch wenn der Vollstreckungsgegenstand nicht zum Schuldnervermögen gehört.33 Mit der Verstrickung entsteht ein Verfügungsverbot, wenn der Gegenstand zum Schuldnervermögen gehört. Wenn der Gegenstand schuldnerfremd ist, entsteht kein Verfügungsverbot.34 Durch die ordnungsgemäße Pfändung erwirbt der Vollstreckungsgläubiger ein Pfändungspfandrecht (§ 804 Abs. 1 ZPO), wenn der gepfändete Gegenstand zum Schuldnervermögen gehört. Das Schuldnereigentum an einem Vollstreckungsgegenstand wird mithin durch die Pfändung dinglich belastet (§ 804 Abs. 2 ZPO). Da an schuldnerfremden Sachen – nach der zutreffenden gemischt privat-öffentlich-rechtlichen Pfandrechtstheorie35 – kein Pfändungspfandrecht entsteht, ist die Pfändung schuldnerfremder Sachen insofern wirkungslos. Schließlich ändert die Pfändung die Besitzverhältnisse (§§ 854 ff. BGB). Die Pfändung einer im Gewahrsam des Schuldners befindlichen Sache (§ 808 ZPO) verändert die Besitzverhältnisse, je nachdem, ob der Gerichtsvollzieher die Sache in Besitz nimmt (§ 808 Abs. 1 ZPO), oder ob er sie im Gewahrsam des Schuldners belässt (§ 808 Abs. 2 ZPO). 36 Nimmt der Gerichtsvollzieher die Sache dem Schuldner weg (§ 808 Abs. 1 ZPO), dann wird der Gerichtsvollzieher unmittelbarer Fremdbesitzer,37 der Gläubiger wird erststufiger mittelbarer Besitzer und der Schuldner mittelbarer Fremdbesitzer zweiter Stufe. Mit der Umwandlung des unmittelbaren Besitzes (des Vollstreckungsschuldners) in mittel33

Jauernig/Berger, § 16, Rn. 6. Schilken, in: MüKo ZPO, § 803, Rn. 29; ders. in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 771. 35 S. dazu z. B. BGHZ 119, 75, 82 ff.; Baur/Stürner/Bruns, Rn. 27.13; Brox/Walker, Rn. 383, 393; Bruns/Peters, S. 127; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 656, 659; Schilken, in: MüKo ZPO, § 804, Rn. 15; ders., in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 782 f. 36 Zur Besitzlage bei § 808 ZPO s. Baur/Stürner/Bruns, Rn. 28.22; Brox/Walker, Rn. 359 f.; Fischer-Fischerhof, S. 16 ff.; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 808, Rn. 45 f.; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 799; ders., in: MüKo ZPO, § 808, Rn. 28; Walker, in: Schuschke/Walker, § 808, Rn. 13. 37 A. A. v. Schrutka-Rechtenstamm, S. 68 ff. betr. die Besitzlage nach einer Pfändung gem. § 712 CPO (weitgehend übereinstimmende Vorgängerregelung von § 808 ZPO): „Dieser Besitz des Staates spottet der Maassstäbe des Privatrechtes, er ist . . . ein publicistischer . . . und wirkt privatrechtlich nicht anders als ein Elementarereigniss“. Dagegen Fischer-Fischerhof, S. 17: „Einen ‚nur publizistischen Besitz‘ . . . gibt es ebenso wenig, wie sich das öffentlichrechtliche Eigentum sachenrechtlich von dem privatrechtlichen Eigentum unterscheidet“. 34

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Neuntes Kapitel: Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen

baren Besitz verliert ein bisheriger mittelbarer Besitzer seinen Besitz nicht, sondern er erlangt höherstufigen mittelbaren Besitz.38 Z.Zt. der Pfändung bestehender erststufiger mittelbarer Besitz wird mithin zum mittelbaren Besitz dritter Stufe. Hat der Gerichtsvollzieher die Sache im Gewahrsam des Vollstreckungsschuldners belassen (§ 808 Abs. 2 ZPO), so ist dieser unmittelbarer Besitzer sowie Besitzmittler des Gerichtsvollziehers (erststufiger mittelbarer Fremdbesitzer) und des Gläubigers (zweitstufiger mittelbarer Fremdbesitzer). Gleichzeitig ist der Vollstreckungsschuldner mittelbarer Besitzer dritter Stufe. Ein erststufiger mittelbarer Besitzer behält auch hier mittelbaren Besitz, 39 allerdings höhergestuft auf die vierte Stufe. 40 Wird die Sache beim Gläubiger oder einem herausgabebereiten Dritten gepfändet (§ 809 ZPO), so ändern sich die Besitzverhältnisse41 je nachdem, ob sich die Sache im Gewahrsam des Gläubigers oder eines sonstigen Dritten befindet, und ob der Gerichtsvollzieher die Sache in Besitz nimmt (§§ 809, 808 Abs. 1 ZPO), oder ob er sie im Gewahrsam belässt (§§ 809, 808 Abs. 2 ZPO). Nimmt der Gerichtsvollzieher eine im Gewahrsam des Gläubigers befindliche Sache in Besitz, dann wird der Gerichtsvollzieher unmittelbarer Fremdbesitzer, und der Gläubiger wird erststufiger mittelbarer Besitzer. Z.Zt. der Pfändung bestehender mittelbarer Besitz wird um je eine Stufe hochgestuft. Belässt der Gerichtsvollzieher die Sache im Gewahrsam des Gläubigers, so ist dieser unmittelbarer Besitzer sowie Besitzmittler des Gerichtsvollziehers (erststufiger mittelbarer Fremdbesitzer). Bestehender mittelbarer Besitz wird um je eine Stufe hochgestuft. Nimmt der Gerichtsvollzieher eine im Gewahrsam eines sonstigen herausgabebereiten Dritten befindliche Sache in Besitz, dann wird der Gerichtsvollzieher unmittelbarer Fremdbesitzer, der Gläubiger wird erststufiger mittelbarer Besitzer, der Dritte wird zweitstufiger mittelbarer Besitzer. 42 Weiterer z.Zt. der Pfändung bestehender mittelbarer Besitz wird um je zwei Stufen hochgestuft. Belässt der Gerichtsvollzieher die Sache im Gewahrsam des Dritten, so ist dieser unmittelbarer Besitzer sowie Besitzmittler des Gerichtsvollziehers (erststufiger mittelbarer Fremdbesitzer) und des Gläubigers (zweitstufiger mittelbarer Fremdbesitzer). Bestehender mittelbarer Besitz wird um je zwei Stufen hochgestuft. Interventionswirkungen bewirken bei der Geldvollstreckung in Fahrnis folgende den Vollstreckungsgegenstand betreffende Verschiebungen. 38 Fischer-Fischerhof, S. 22 f.; Stürner, in: Baur/Stürner, Sachenrecht, § 7, Rn. 57. A. A. OLG Jena OLGRspr. 2 (1901), 267. 39 A. A. OLG Jena OLGRspr. 2 (1901), 267. 40 A. A. Fischer-Fischerhof, S. 21 ff.: Gerichtsvollzieher unmittelbarer Fremdbesitzer, Schuldner erststufiger mittelbarer Fremdbesitzer, Dritter zweitstufiger mittelbarer Eigenbesitzer. Kein Gläubigerbesitz. 41 Zur Besitzlage bei § 809 ZPO A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 198; Schilken, in: MüKo ZPO, § 809, Rn. 11. 42 A. A. Münzberg, in: Stein/Jonas, § 809, Rn. 10: „Durch die Gestattung der Pfändung verliert der Dritte . . . den Besitz und das Recht dazu“.

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aaa) Beschränkung und Unterlassen Wird die Vollstreckung vor ihrem Beginn hoheitlich beschränkt, oder unterlässt es der Vollstreckungsgläubiger, Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten, dann bleibt der betreffende Vollstreckungsgegenstand frei von Pfändungswirkungen. Das Freibleiben des Gegenstandes von Pfändungswirkungen geht zu Lasten des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses des Vollstreckungsgläubigers. Dabei fließen dem Vollstreckungsschuldner und dem Intervenienten folgende Vorteile zu. Die Verstrickung trifft zum einen den Eigentümer, dessen Befugnisse (§ 903 BGB) beschnitten werden, und zum anderen den unmittelbaren Besitzer (§ 854 BGB). 43 Damit begünstigt das Freibleiben des Vollstreckungsgegenstandes von der Verstrickung den Vollstreckungsschuldner, wenn er Eigentümer und unmittelbarer Besitzer ist. Der Intervenient ist begünstigt, wenn er (bei unbegründeter Intervention: nicht widerspruchsberechtigter) Eigentümer und unmittelbarer Besitzer ist. Sind Eigentum und unmittelbarer Besitz zwischen dem Vollstreckungsschuldner und dem Interventienten verteilt, sind beide begünstigt. Mit der Verstrickung entstehen ein Verfügungsverbot und ein Pfändungspfandrecht an schuldnereigener Sachen. Betroffen ist der Eigentümer, dessen Verfügungsbefugnis beschnitten und dessen Recht belastet wird. Folglich begünstigt das Ausbleiben der Pfändung insoweit den Vollstreckungsschuldner, wenn er Eigentümer des Vollstreckungsgegenstandes ist. Ist der Intervenient Eigentümer, so ist das Ausbleiben der Pfändung im Hinblick auf Verfügungsverbot und Pfändungspfandrecht indifferent. Schließlich begünstigen Beschränkung und Unterlassen der Vollstreckung den Intervenienten und den Vollstreckungsschuldner als Eigentümer und Besitzer, indem verhindert wird, dass im Zuge der Durchführung der Vollstreckung das Eigentum und jeglicher Besitz am Vollstreckungsgegenstand bzw. am Erlös verloren gehen.

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Die Verstrickung wirkt sich auch für mittelbare Besitzer aus. Bei einer Pfändung beim Schuldner gem. § 808 Abs. 1 ZPO wird ein Intervenient, der erststufiger mittelbarer Besitzer ist, zum mittelbaren Besitzer dritter Stufe. Bleibt die Sache im Gewahrsam des Vollstreckungsschuldners (§ 808 Abs. 2 ZPO), wird erststufiger mittelbarer Intervenientenbesitz auf die vierte Stufe höhergestuft. Durch die Pfändung einer im Gewahrsam des Gläubigers befi ndlichen Sache (§§ 809, 808 ZPO) wird mittelbarer Besitz des Schuldners und des Intervenienten um je eine Stufe hochgestuft. Beschränkung und Unterlassen der Vollstreckung vor Pfändung vermeiden solche Höherstufungen, und der vermittelnde Herausgabeanspruch kann ggf. ungehindert geltend gemacht werden, so dass der mittelbare Besitzer unmittelbaren Besitz erlangen kann (zum Erwerb des unmittelbaren Besitzes durch den Intervenienten vom Vollstreckungsschuldner S. 196 f). Anders verhält es sich, wenn der Vollstreckungsschuldner mittelbarer Besitzer durch Besitzmittlung des Intervenienten ist. Sobald der Intervenient die Sache aufgrund des veräußerungshindernden Rechts als ihm gehörend ansieht und mit der Intervention die Aufgabe des Besitzmittlungswillens bekundet, endet der mittelbare Besitz des Vollstreckungsschuldners und der unmittelbare Fremdbesitz des Intervenienten wandelt sich um in unmittelbaren Eigenbesitz.

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Neuntes Kapitel: Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen

Ein Intervenient, der unmittelbarer Besitzer (Gewahrsamsinhaber) ist, kann die Pfändung ohne weiteres durch fehlende Herausgabebereitschaft abwehren (§ 809 ZPO). In einem solchen Fall wirkt die Beschränkung oder das Unterlassen der Vollstreckung sich für den Intervenienten nicht vorteilhaft aus. bbb) Einstellung und Stillstand Einstellung und Stillstand der begonnenen Vollstreckung lassen die Rechtslage des Vollstreckungsgegenstandes unberührt. Verstrickung, Verfügungsverbot, Pfändungspfandrecht und die infolge der Pfändung veränderten Besitzverhältnisse bleiben bestehen. Dennoch gehen Einstellung und Stillstand zu Lasten des Vollstreckungsgläubigers. Sein rechtlich geschütztes Vollstreckungsinteresse wird beschnitten und sein Pfändungspfandrecht kann nicht verwertet werden. Gleichzeitig begünstigen Einstellung und Stillstand den Eigentümer des Vollstreckungsgegenstandes und seine Besitzer. Indem verhindert wird, dass die Vollstreckung auf der Grundlage der Verstrickung44 weiterbetrieben und schließlich durch die Auszahlung des Erlöses an den Vollstreckungsgläubiger zu Ende geführt wird, vermeiden Einstellung und Stillstand den Eigentumsund Besitzverlust am Vollstreckungsgegenstand bzw. am Erlös. Intervenient und Vollstreckungsschuldner sind folglich zu Lasten des Vollstreckungsgläubigers von Einstellung und Stillstand begünstigt, soweit sie von der Pfändung als Eigentümer und Besitzer betroffen sind. ccc) Aufhebung Durch die Aufhebung getroffener Vollstreckungsmaßregeln infolge hoheitlicher Anordnung und infolge Freigabe durch den Vollstreckungsgläubiger werden die Pfändungswirkungen revidiert. Der Gerichtsvollzieher hat den Pfandgegenstand demjenigen zurückzugeben, aus dessen Gewahrsam er ihn entfernt hat (§ 171 GVGA).45 Wurde der Gegenstand im Gewahrsam dessen belassen, bei dem gepfändet wurde, ist der Gewahrsamsinhaber zur Abnahme des Pfandsiegels zu ermächtigen, was rechtlich der Aushändigung gleichsteht. Die Sache wird entstrickt, und ein Pfändungspfandrecht erlischt. Das Freiwerden des Gegenstandes von den Pfändungswirkungen geht zu Lasten des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses und der durch die Pfändung erlangten Positionen (Besitz, Pfändungspfandrecht) des Vollstreckungsgläubigers. Die Entstrickung begünstigt den Eigentümer, dessen Befugnisse (§ 903 BGB) wiederhergestellt werden, sowie denjenigen, der z.Zt. der Pfändung unmittelbarer Besitzer war, dessen unmittelbarer Besitz wieder44

Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 789. Burkhardt, § 171 GVGA, Anm. 2; Hellwig, System 2, S. 284; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 67; Winterstein, Rn. 128. 45

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hergestellt oder von Besitzmittlungen befreit wird. 46 Die daraus resultierenden Begünstigungen des Intervenienten und des Vollstreckungsschuldners, soweit sie von der Pfändung als Eigentümer und Besitzer betroffen sind, entsprechen denen bei Beschränkung und Unterlassen der Vollstreckung vor ihrem Beginn spiegelbildlich (Wiederherstellung statt Bewahrung). ddd) Fortwirkung Am Vollstreckungsgegenstand erlangt ein Intervenient demnach zunächst nichts, was er nicht bereits vor Vollstreckungsbeginn hatte. 47 Ist der Vollstreckungsschuldner Eigentümer und unmittelbarer Besitzer des Vollstreckungsgegenstandes, fließen ihm (und nicht dem Intervenienten) die wesentlichen Vorteile der Intervention – Beständigkeit und Freiheit der Sachherrschaft und des Eigentums am Vollstreckungsgegenstand – zu. 48 Der Intervenient muss sich Eigentum und unmittelbaren Besitz am Vollstreckungsgegenstand sodann erst vom Vollstreckungsschuldner verschaffen. Eigentums- und Besitzverschaffung 46 Außerdem bewirkt die Aufhebung der Pfändung die Zurückstufung durch die Pfändung höhergestuften mittelbaren Besitzes. Wenn allerdings der Vollstreckungsschuldner zum Pfändungszeitpunkt mittelbarer Besitzer durch Besitzmittlung des Intervenienten war, erlangt er verlorenen mittelbaren Besitz nicht zurück. Mittelbarer Schuldnerbesitz besteht fort, solange der Intervenient die Sache als dem Schuldner gehörig ansieht (weshalb er als Gewahrsamsinhaber zur Herausgabe bereit war, § 809 ZPO). Sobald aber der Intervenient die Sache aufgrund des veräußerungshindernden Rechts als ihm gehörend ansieht und die Aufgabe des Besitzmittlungswillens mit der Intervention bekundet, endet der mittelbare Besitz des Vollstreckungsschuldners und der mittelbare Fremdbesitz des Intervenienten wandelt sich um in mittelbaren Eigenbesitz. Die Aufhebung der Pfändung ändert hieran nichts. 47 Wenn der Intervenient mittelbaren Besitz des Vollstreckungsschuldners beendet und Eigenbesitz begründet, indem er mit der Intervention die Aufgabe des Besitzmittlungswillens bekundet, verbleibt ihm zwar nach der Intervention der Eigenbesitz, den er vor der Interveniton nicht hatte. Dies beruht aber nicht auf der Wirkung der Intervention, sondern gründet im Verhältnis zwischen Intervenient und Vollstreckungsschuldner. Es verhält sich insofern nicht anders, als ob der Intervenient in sonstiger Weise bekundet hätte, dass er den Oberbesitz des Vollstreckungsschuldners nicht mehr anerkenne. 48 Dies gilt auch, wenn der Gerichtsvollzieher eine gem. § 808 Abs. 1 ZPO gepfändete Sache dem Intervenienten aushändigt, weil der Schuldner – ggf. fi ngiert gem. § 894 ZPO – in die Aushändigung an den Intervenienten eingewilligt hat. Rechtlich entspricht eine durch den Schuldner konsentierte Aushändigung an den Intervenienten einer abgekürzten Lieferung (Streckengeschäft). Wie dort die Übergabe vom Erstveräußerer an den Zweiterwerber eine Übergabe vom Erstveräußerer an den Ersterwerber und zugleich vom Erst- an den Zweiterwerber enthält (Bassenge, in: Palandt, § 929, Rn. 20), enthält die Aushändigung der gepfändeten Sache an den Intervenienten die Übergabe vom Gerichtsvollzieher an den Schuldner und zugleich von diesem an den Intervenienten. Rechtlich ist die Erlangung des unmittelbaren Besitzes in solchen Fällen folglich zu beurteilen, als wäre die Sache durch die Hände des Vollstreckungsschuldners gegangen. Bei gepfändeten Sachen, die mit einem Pfandsiegel versehen im Gewahrsam des Schuldners belassen wurden (§ 808 Abs. 2 ZPO), wird die Zweiaktigkeit der Besitzverschaffung offensichtlich. Der Gerichtsvollzieher ermächtigt den Vollstreckungsschuldner zur Abnahme des Pfandsiegels, mit der die Verstrickung aufgehoben und die Sache dem Vollstreckungsschuldner zurückgegeben ist. Damit wird dieser in die Lage versetzt, dem Intervenienten die Sache zu übergeben.

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Neuntes Kapitel: Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen

(durch Leistung des Vollstreckungsschuldners an den Intervenienten oder im Wege der Vollstreckung des Intervenienten gegen den Vollstreckungsschuldner) sind Verschiebungen vom Vollstreckungsschuldner zum Intervenienten, die allerdings erst möglich werden, wenn dem Intervenienten eine Interventionswirkung zu Lasten des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses des Vollstreckungsgläubigers zufließt. Fortwährende Beschränkung (vor der Pfändung) und fortwährendes Unterlassen der Vollstreckung halten den Gegenstand von Verstrickung sowie Verfügungsverbot frei und belassen den Vollstreckungsschuldner im Stande, dem Intervenienten Sachherrschaft und (unbelastetes) Eigentum zu verschaffen. Die Aufhebung der Pfändung versetzt den Vollstreckungsschuldner in die Lage, dem Intervenienten Sachherrschaft und Eigentum zu verschaffen, und die anschließende fortwährende Beschränkung und das fortwährende Unterlassen wiederholender Vollstreckung lassen ihn zur Verschaffung in der Lage. Ebenso verhält es sich, wenn der Intervenient im Wege der Vollstreckung gegen den Vollstreckungsschuldner auf den Gegenstand zugreifen lassen will. Beispiel 9.1: VG lässt aus einen Zahlungstitel gegen VS vollstrecken, in dessen Betreib daraufhin eine Maschine gepfändet wird. Kurz darauf legt D dem VG eine Sicherungsvereinbarung vor, die vor der Pfändung datiert und die gepfändete Maschine aufl istet, und verlangt Freigabe (oder D stellt beim Prozessgericht unter Vorlage der Sicherungsvereinbarung Antrag auf Anordnung der Aufhebung der Pfändung). VG erklärt unverzüglich die Freigabe (oder das Gericht erlässt die Anordnung), und der Gerichtsvollzieher hebt die Pfändung auf. Einige Tage später – während VG unter dem fortwährenden Eindruck der Sicherungsvereinbarung von einer erneuten Vollstreckung in die Maschine absieht (oder während die Aufhebungsanordnung die Vollstreckung aus dem Zahlungstitel auf andere Gegenstände als die Maschine beschränkt) – lässt D mit Einverständnis des VS die Maschine (oder durch einen Gerichtsvollzieher, der einen Titel des D gegen VS vollstreckt) fortschaffen. Abwandlung: VG erklärt unter dem Eindruck der Sicherungsvereinbarung die Freigabe (oder das Gericht erlässt nach Vorlage der Sicherungsvereinbarung die Aufhebungsanordnung), und der Gerichtsvollzieher hebt die Pfändung auf. Am nächsten Tag erfährt VG von einem Mitarbeiter des D, dass die Sicherungsvereinbarung erst nach der Pfändung aufgesetzt und rückdatiert worden sei. VG besinnt sich daraufhin anders (oder VG erwirkt unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung des Mitarbeiters die Aufhebung der Aufhebungsanordnung) und lässt erneut in die Maschine vollstrecken, die sich noch im Betrieb des VS befi ndet.

Die Verschiebung des unmittelbaren Besitzes und des Eigentums vom Vollstreckungsschuldner zum Intervenienten ist folglich nicht isoliert von Interventionswirkungen, sondern sie bedarf fortwirkender Interventionswirkung, mit der sie (simultan) zusammenwirkt.

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bb) Geldvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte Die Geldvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte unterscheidet als Vollstreckungsgegenstände Geldforderungen (aaa)) und Sachansprüche sowie andere Rechte (bbb)). aaa) Geldvollstreckung in Geldforderungen Die Geldvollstreckung in Geldforderungen erfolgt durch Pfändung (§ 829 ZPO). Ein ordnungsgemäßer Pfändungsbeschluss enthält neben dem Pfändungsausspruch das an den Drittschuldner gerichtete Verbot, an den Schuldner zu zahlen (§ 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO) sowie das an den Schuldner gerichtete Gebot, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten (§ 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner (§ 829 Abs. 3 ZPO) wird eine schuldnereigene Forderung verstrickt, es entstehen ein Pfändungspfandrecht an der Forderung sowie ein Verfügungsverbot (Inhibitorium) des Schuldners und ein Zahlungsverbot (Arrestatorium) des Drittschuldners. Die Forderung ist an den Vollstreckungsgläubiger zur Einziehung zu überweisen (§ 835 Abs. 1 ZPO). 49 Die Überweisung zur Einziehung versetzt den Vollstreckungsgläubiger gegenüber dem Vollstreckungsschuldner und dem Drittschuldner umfassend in die Lage, die Einziehung der Forderung im eigenen Namen zu betreiben (§§ 836 ff. ZPO). Die Pfändung einer schuldnerfremden Forderung ist wirkungslos. Daher hat auch eine gegen eine solche Pfändung gerichtete Intervention keinen Einfluss auf die Forderung. Die Überweisung einer schuldnerfremden Forderung kann zwar wirken, indem sie einen Rechtsscheinträger herstellt (§ 408 Abs. 2 BGB). Dies soll aber nur den Drittschuldner begünstigen. Der Vollstreckungsgläubiger profitiert nur reflexartig, ohne dass sein Interesse am Leistungsempfang dabei rechtlich geschützt ist (Herausgabepflicht gem. § 816 Abs. 2 BGB). Bei der Geldvollstreckung in eine schuldnereigene Geldforderung bewirkt eine Interventionswirkung folgende die Forderung betreffende Verschiebungen. (a) Erstwirkung Wird die Vollstreckung vor Zustellung des Pfändungsbeschlusses beschränkt, oder unterlässt es der Vollstreckungsgläubiger, einen Pfändungsbeschluss zu erwirken, dann bleibt die Forderung frei von Pfändungswirkungen. Dies geht zu Lasten des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses des Vollstreckungsgläubigers. Begünstigt wird der Vollstreckungsschuldner als Forderungsinhaber, der verfügungs-, insbesondere einziehungsberechtigt bleibt. Beschränkung und Unterlassen der Forderungspfändung vermeiden damit, dass 49

Die Überweisung an Zahlungs Statt zum Nennwert ist praktisch irrelevant.

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Neuntes Kapitel: Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen

der Drittschuldner an den Vollstreckungsgläubiger leistet (§ 362 BGB) oder die Forderung für Rechnung des Vollstreckungsgläubigers veräußert wird (§ 844 ZPO), und der Vollstreckungsschuldner so die Forderung ohne Gegenleistung verliert. Einstellung und Stillstand der Vollstreckung nach Pfändung lassen die Forderung verstrickt, sämtliche Pfändungswirkungen bleiben bestehen. Wenn die Vollstreckung nach der Überweisung der Forderung zur Einziehung eingestellt wird, ist dem Vollstreckungsgläubiger die Einziehung zu untersagen, 50 und eine anderweitige Verwertung (§ 844 ZPO) hat zu unterbleiben. Die Einstellung der Vollstreckung verkürzt damit das rechtlich geschützte Vollstreckungsinteresse des Vollstreckungsgläubigers. Begünstigt wird der Vollstreckungsschuldner als Forderungsinhaber, weil er die Forderung nicht verliert. Die Aufhebung getroffener Vollstreckungsmaßregeln beseitigt die Pfändungswirkungen. Das Freiwerden der Forderung von Pfändungswirkungen geht zu Lasten des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses und der durch Pfändung und Überweisung erlangten Positionen (Pfändungspfandrecht, Einziehungsrecht) des Vollstreckungsgläubigers. Dabei erlangt der Vollstreckungsschuldner als Forderungsinhaber die Freiheit der Forderung von Verstrickung, Verfügungsverbot und Pfändungspfandrecht sowie die Einziehungsberechtigung zurück. Damit verhütet die Aufhebung der Pfändung, dass der Vollstreckungsschuldner die Forderung ohne Gegenleistung verliert. (b) Fortwirkung Die Vollstreckung in eine Geldforderung führt entweder keine den Vollstreckungsgegenstand betreffenden Wirkungen herbei (Forderungsinhaber Intervenient), oder der Intervenient ist von den Wirkungen nicht betroffen (Forderungsinhaber Vollstreckungsschuldner). Wenn der Vollstreckungsschuldner Forderungsinhaber ist, muss sich der Intervenient die Forderungsinhaberschaft oder eine Einziehungsermächtigung erst vom Vollstreckungsschuldner verschaffen. Die Verschaffung ist eine Verschiebung vom Vollstreckungsschuldner zum Intervenienten. Dabei belassen die – zugunsten des Intervenienten veranlassten – Interventionswirkungen fortwährender Beschränkung (vor der Pfändung) und fortwährenden Unterlassens der Vollstreckung den Vollstreckungsschuldner in der Lage, dem Intervenienten die Forderung abzutreten oder ihn zur Einziehung zu ermächtigen. Die Aufhebung versetzt den Vollstreckungsschuldner dazu in die Lage, und die anschließende fortwährende Beschränkung und das fortwährende Unterlassen wiederholender Vollstreckung lassen ihn dazu in der Lage. Die Verschiebungen wirken folglich (simultan) mit fortwirkender Interventionswirkung zusammen. Gleiches gilt, wenn der Intervenient gegen den Vollstreckungsschuldner in die Forderung vollstrecken lassen will. 50

Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 728.

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bbb) Geldvollstreckung in Sachansprüche Die Geldvollstreckung in Ansprüche auf Herausgabe (Besitzverschaffung) 51 oder Leistung (Übereignung) 52 von Sachen (§§ 846 ff. ZPO) sowie in andere Vermögensrechte (§§ 857 ff. ZPO) verläuft grundsätzlich nach den Regeln über die Geldvollstreckung in Geldforderungen durch Pfändung und Überweisung (§§ 846, 857 ZPO). Es gelten allerdings dem jeweiligen Vollstreckungsgegenstand entsprechende Besonderheiten, und die Vollstreckungswirkungen sind, vor allem bei der Vollstreckung in andere Vermögensrechte, so vielgestaltig wie die betroffenen Vollstreckungsgegenstände. 53 Nachfolgend wird beispielhaft die Geldvollstreckung in Ansprüche auf bewegliche Sachen (§§ 846 f., 886 ZPO) untersucht, die im Zusammenhang mit der Drittwiderspruchsklage praktisch besonders bedeutsam ist. 54 Bei der Pfändung eines Anspruchs auf Herausgabe oder Leistung beweglicher Sachen (§§ 846, 829 ZPO) muss angeordnet werden, dass die Sache an einen vom Gläubiger zu beauftragenden Gerichtsvollzieher herauszugeben sei (§ 847 Abs. 1 ZPO). Ist der Vollstreckungsschuldner Gläubiger des Anspruchs, entstehen mit der Pfändung die Verstrickung des Anspruchs und ein Pfändungspfandrecht am Anspruch, aber keine Verstrickung der Sache und kein Pfandrecht an der Sache selbst. 55 Aufgrund der Anordnung gem. § 847 Abs. 1 ZPO können der Vollstreckungsgläubiger und der Vollstreckungsschuldner (unabhängig voneinander) nur Leistung an den Gerichtsvollzieher fordern, der Drittschuldner darf nur an den Gerichtsvollzieher leisten. Mit der Herausgabe der Sache an den Gerichtsvollzieher wird die Sache verstrickt und es ändern sich die Besitzverhältnisse. Der Gerichtsvollzieher wird unmittelbarer Besitzer, der Vollstreckungsgläubiger wird erststufiger und der Vollstreckungsschuldner wird zweitstufiger mittelbarer Besitzer. Z.Zt. der Herausgabe bestehender mittelbarer Besitz wird um zwei Stufen hochgestuft. Ist der Anspruch auch auf Übereignung gerichtet, erwirbt der Vollstreckungsschuldner mit der (von einer Übereignungserklärung begleiteten) Übergabe an den Gerichtsvollzieher rechtsgeschäftlich Eigentum an der Sache (entsprechend §§ 847a, 848 Abs. 2 ZPO, § 1287 BGB). 56 Mit dem Eigentumserwerb des Vollstreckungsschuldners entsteht ein Pfändungspfandrecht des Vollstreckungsgläubigers an der Sache. Ein Pfändungspfandrecht entsteht auch, wenn die her51

Putzo, in: Thomas/Putzo, § 846, Rn. 1. Putzo, in: Thomas/Putzo, § 846, Rn. 1. 53 Überblick z. B. bei Jauernig/Berger, § 20, Rn. 14 ff.; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/ Schilken, S. 888 ff. 54 Vollstreckung in den Anspruch des Vollstreckungsschuldners auf Rückübereignung einer sicherungsübereigneten Sache, Noack, DGVZ 1972, 81, 83; Putzo, in: Thomas/Putzo, § 846, Rn. 1. 55 BGHZ 67, 378, 383; Brox/Walker, Rn. 703; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 883; Smid, in: MüKo ZPO, § 847, Rn. 8. 56 Brox/Walker, Rn. 705; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 883. 52

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Neuntes Kapitel: Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen

ausgegebene Sache bereits im Eigentum des Vollstreckungsschuldners steht. Ist der Vollstreckungsschuldner nicht Eigentümer der herausgegebenen Sache (weil er es nicht bereits zuvor war und der Drittschuldner die Sache nicht übereignet), entsteht kein Pfändungspfandrecht an der Sache. 57 Mit Übergabe an den Gerichtsvollzieher erlischt ein Besitzverschaffungsanspruch (§ 362 BGB) 58 und mit ihm das Pfändungspfandrecht an ihm. Gleiches gilt bei einem Anspruch auf Besitzverschaffung und Übereignung, wenn mit der Übergabe die Übereignung einhergeht. Übergibt der Drittschuldner eines Übereignungsanspruchs die Sache, ohne sie zu übereignen, ist der Anspruch nicht erfüllt. Mit ihm bleibt das Pfändungspfandrecht an ihm bestehen. Die herausgegebene Sache ist wie eine gepfändete Sache zu verwerten (§ 847 Abs. 2 ZPO). Ein Erlös surrogiert die Sache. Die Pfändung eines schuldnerfremden Anspruchs ist wirkungslos. Daher ist auch eine gegen eine solche Pfändung gerichtete Intervention keinen Einfluss auf die Forderung. Leistet allerdings der Drittschuldner nach unwirksamer Anspruchspfändung an den Gerichtsvollzieher, liegt darin regelmäßig eine Sachpfändung, 59 deren Rechtsfolgen unabhängig von der Unwirksamkeit der Anspruchspfändung zu beurteilen sind. Es gilt dann das zuvor über die Leistung des Drittschuldners an den Gerichtsvollzieher Ausgeführte. Die Anordnung gem. § 847 Abs. 1 ZPO schafft kein Einziehungsrecht des Vollstreckungsgläubigers. 60 Daher ist der Anspruch auf Antrag zusätzlich an den Gläubiger zur Einziehung (§ 849 ZPO) zu überweisen. Die Überweisung eines schuldnereigenen Anspruchs versetzt den Vollstreckungsgläubiger in die Lage, den Anspruch im eigenen Namen gegenüber dem Drittschuldner geltend zu machen (§§ 846, 836 Abs. 1 ZPO). Die Überweisung einer schuldnerfremden Forderung kann einen Rechtsscheinträger herstellen (§ 408 Abs. 2 BGB), der nur den Drittschuldner begünstigen soll, aber nicht das Interesse des Vollstreckungsgläubigers am Leistungsempfang rechtlich schützt (Herausgabepflicht gem. § 816 Abs. 2 BGB). Bei der Geldvollstreckung in Ansprüche auf bewegliche Sachen bewirkt eine Interventionswirkung folgende die Forderung oder ihren Gegenstand betreffende Verschiebungen. (a) Beschränkung und Unterlassen Beschränkung und Unterlassen der Vollstreckung (vor Anspruchspfändung) in einen schuldnereigenen Anspruch gehen zu Lasten der rechtlich geschützten 57

Brox/Walker, Rn. 704 f. Smid, in: MüKo ZPO, § 847, Rn. 7. 59 Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 884; Smid, in: MüKo ZPO, § 847, Rn. 9. 60 Jauernig/Berger, § 20, Rn. 8; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 883. A.A: Brox/ Walker, Rn. 706; Smid, in: MüKo ZPO, § 847, Rn. 12. 58

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Vollstreckungsinteresses des Vollstreckungsgläubigers und zugunsten des Vollstreckungsschuldners, dessen Anspruch von der Verstrickung und vom Pfändungspfandrecht frei bleibt, und dessen Empfangszuständigkeit bestehen bleibt. Leistet im Fortgang der Drittschuldner erfüllend, und zwar an den Vollstreckungsschuldner, anstatt (wie wenn gepfändet worden wäre) an den Gerichtsvollzieher oder (wie wenn außerdem überwiesen worden wäre) den Vollstreckungsgläubiger, dann treten an die Stelle der Vorteile, die den Anspruch betreffen, die Vorteile aus dem Leistungsempfang, d. h. unmittelbarer Besitz der unverstrickten Sache sowie (bei Übereignung) Belastungsfreiheit und Beständigkeit des Eigentums (im Gegensatz zum belasteten Eigentum bei Leistung an den Gerichtsvollzieher, der die Sache anschließend versteigert und den Erlös auszahlt) bzw. Eigentumserwerb (im Gegensatz zur Übereignung an den Vollstreckungsgläubiger). Soweit der Drittschuldner nicht erfüllend leistet (Besitzverschaffung ohne Übereignung bei Übereignungsanspruch), tritt der Vorteil aus dem Leistungsempfang (unmittelbarer Besitz, unverstrickte Sache) neben die Vorteile, die den bestehen bleibenden Anspruch betreffen. Der Intervenient wird (insoweit anstelle des Vollstreckungsschuldners) begünstigt, wenn er Sacheigentümer und nicht selbst Drittschuldner ist. Sein Eigentum besteht nach Leistung des Drittschuldners fort – wäre vollstreckt worden, wäre es spätestens mit der Auszahlung des Erlöses untergegangen. Etwaige Gutgläubigkeit des Vollstreckungsschuldners (betr. Drittschuldnereigentum) muss der Intervenient durch einen Hinweis auf sein Eigentum zerstören. Beschränkung (vor Anspruchspfändung) oder Unterlassen der Vollstreckung in einen Anspruch des Intervenienten ist zunächst wirkungslos, weil die Pfändung keine die Forderung oder ihren Gegenstand betreffenden Wirkungen hervorbringt. Sobald der Drittschuldner leistet (an den Vollstreckungsschuldner anstatt an den Gerichtsvollzieher), gehen Beschränkung und Unterlassen zu Lasten des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses des Vollstreckungsgläubigers – wäre der Anspruch gepfändet worden, würde eine Sachpfändung für den Gläubiger bestehen. Der Vollstreckungsschuldner wird durch den Leistungsempfang (unmittelbarer, unverstrickter Besitz, ggf. unbelastetes Eigentum) und den Fortbestand des Leistungsgegenstandes (Besitz und Eigentum des Vollstreckungsschuldners gingen, wenn vollstreckt worden wäre, mit Auszahlung des Erlöses unter) begünstigt. Ist der Intervenient Sacheigentümer und nicht selbst Drittschuldner, wird er (insoweit anstelle des Vollstreckungsschuldners) begünstigt, wenn sein Eigentum nach der Drittschuldnerleistung fortbesteht.

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Neuntes Kapitel: Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen

(b) Einstellung und Stillstand Einstellung und Stillstand der Vollstreckung in einen schuldnereigenen Anspruch nach Forderungspfändung (ohne Überweisung) lassen die Forderung verstrickt und das Pfändungspfandrecht bestehen. Dem mit der Empfangnahme beauftragten (§ 847 Abs. 1 ZPO) Gerichtsvollzieher sind Einstellung und Stillstand mitzuteilen. Leistet der Drittschuldner an ihn, entsteht eine Sachpfändung. Allerdings hat die Verwertung zu unterbleiben. Dadurch beschneiden Einstellung und Stillstand der Vollstreckung das rechtlich geschützte Vollstreckungsinteresse des Vollstreckungsgläubigers. Gleichzeitig begünstigen Einstellung und Stillstand denjenigen, der nach Leistung des Drittschuldners Eigentümer des Leistungsgegenstandes ist. Denn das Eigentum ginge unter, wenn (ohne Einstellung oder Stillstand) verwertet würde. Begünstigt ist mithin der Vollstreckungsschuldner, wenn ihm der Drittschuldner durch Leistung an den Gerichtsvollzieher Eigentum verschafft hat. War der Intervenient vor der Leistung des Drittschuldners Eigentümer (und nicht selbst Drittschuldner), und leistet der Drittschuldner nach der Einstellung der Vollstreckung an den Gerichtsvollzieher, erwirbt der Vollstreckungsschuldner kein Eigentum, weil der Gerichtsvollzieher (als Stellvertreter des Schuldners kraft Amtes) 61 durch die Kenntnis (des Grundes) der Einstellung bösgläubig ist (§§ 932, 166 Abs. 1 BGB). In einem solchen Fall ist der Intervenient durch den Fortbestand des Eigentums anstelle des Vollstreckungsschuldners begünstigt. Wenn die Vollstreckung eingestellt oder zum Ruhen gebracht wird, nachdem eine schuldnereigene Forderung gepfändet und an den Gläubiger zur Einziehung überwiesen wurde, ist dem Vollstreckungsgläubiger die Einziehung zu untersagen. Einstellung und Stillstand gehen dann zu Lasten des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses des Vollstreckungsgläubigers und zu Gunsten des Vollstreckungsschuldners, der Forderungsinhaber bleibt. Einstellung und Stillstand der Vollstreckung in einen Anspruch des Intervenienten nach der (unwirksamen) Forderungspfändung sind im Hinblick auf die Forderung wirkungslos. Leistet der Drittschuldner an den Gerichtsvollzieher, entsteht eine Sachpfändung, und es gilt das zuvor über die Drittschuldnerleistung nach Einstellung und Stillstand der Vollstreckung in einen Anspruch des Vollstreckungsschuldners Ausgeführte. (c) Aufhebung Die Aufhebung getroffener Vollstreckungsmaßregeln infolge gerichtlicher Entscheidung oder Freigabe oder Verzichts des Vollstreckungsgläubigers revidiert die Pfändungswirkungen.

61

Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 883.

C. Verschiebungen

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War eine Forderung des Vollstreckungsschuldners gepfändet worden, und hatte der Drittschuldner zur Zeit der Aufhebung noch nicht geleistet, geht die Aufhebung zu Lasten des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses und Pfändungspfandrechts des Vollstreckungsgläubigers. Nach einer Überweisung zur Einziehung verliert der Vollstreckungsgläubiger durch die Aufhebung außerdem die Einziehungsbefugnis. Begünstigt wird der Vollstreckungsschuldner. Sein Anspruch wird von der Verstrickung und vom Pfändungspfandrecht frei, er erlangt die Empfangszuständigkeit zurück, und er verliert die Forderung nicht ohne Gegenleistung. War eine Forderung des Intervenienten gepfändet, und hatte der Drittschuldner noch nicht geleistet, dann ist die Aufhebung zunächst wirkungslos, weil auch die Pfändung wirkungslos ist. Leistet aber der Drittschuldner im Fortgang direkt an den Vollstreckungsschuldner (anstatt an den Gerichtsvollzieher), dann wirkt die Aufhebung zu Lasten des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses des Vollstreckungsgläubigers und zu Gunsten des Vollstreckungsschuldners, der unmittelbaren Besitz der unverstrickten Sache und unbelastetes Eigentum erlangt (anstelle der Beschränkungen infolge Sachpfändung bei Leistung an den Gerichtsvollzieher), und dessen Besitz und Eigentum erhalten bleiben (anstatt mit Erlösauszahlung unterzugehen). Der Intervenient wird (insoweit anstelle des Vollstreckungsschuldners) begünstigt, wenn er Sacheigentümer des Leistungsgegenstandes und nicht selbst Drittschuldner ist, und sein Eigentum, das nach Leistung an den Gerichtsvollzieher mit Erlösauszahlung unterginge, nach der Leistung des Drittschuldners an den Vollstreckungsschuldner fortbesteht. Wird die Vollstreckung aufgehoben, nachdem der Drittschuldner an den Gerichtsvollzieher geleistet hat, dann hat der Gerichtsvollzieher dem Vollstreckungsschuldner die Sache auszuhändigen. Die Sache wird dadurch entstrickt, ein entstandenes Pfändungspfandrecht und infolge der Sachpfändung entstandene Besitzpositionen erlöschen, und der Vollstreckungsschuldner wird unmittelbarer Besitzer. Die Aufhebung geht zu Lasten der rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses und infolge der Drittschuldnerleistung erlangter Positionen (Besitz, Pfändungspfandrecht) des Vollstreckungsgläubigers. Begünstigt wird der Vollstreckungsschuldner, der Entstrickung, unmittelbaren Besitz und die Freiheit seines Eigentums vom Pfändungspfandrecht erlangt. Ferner erlangt der Vollstreckungsschuldner die Beständigkeit von Besitz und Eigentum, die andernfalls mit der Erlösauszahlung untergehen würden. (d) Fortwirkung Wie bei der Geldvollstreckung in Fahrnis und in Geldforderungen hat auch bei der Geldvollstreckung in Herausgabeansprüche auf bewegliche Sachen die Interventionswirkung für den Intervenienten nur bewahrende oder wiederher-

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Neuntes Kapitel: Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen

stellende Wirkung. Hat der Intervenient die wirtschaftlich wesentlichen Positionen – bei der Forderung die Gläubigerstellung oder die Einziehungsermächtigung, beim Leistungsgegenstand freie Sachherrschaft und freies Eigentum – nicht inne, so muss er sie sich vom Vollstreckungsschuldner verschaffen. Mit der Verschaffung einhergehende Verschiebungen (Gläubigerwechsel, Ermächtigung, Besitz- und Eigentumsübergang) verlaufen vom Vollstreckungsschuldner zum Intervenienten. Dabei belässt die – zugunsten des Intervenienten veranlasste – Interventionswirkung fortwährender Beschränkung oder fortwährenden Unterlassens der Vollstreckung vor Pfändung den Vollstreckungsschuldner in der Lage, dem Intervenienten die Forderung abzutreten oder ihn zur Einziehung zu ermächtigen (wie bei der Geldvollstreckung in schuldnereigene Geldforderung). Wenn der Drittschuldner an den Vollstreckungsschuldner geleistet hat, ist der Vollstreckungsschuldner durch die Beschränkung oder das Unterlassen der Vollstreckung in die Forderung in die Lage versetzt (und durch das Unterlassen der Vollstreckung in den Leistungsgegenstand in der Lage belassen), dem Intervenienten freies Eigentum und unmittelbaren Besitz am Leistungsgegenstand zuzuwenden (wie bei der Geldvollstreckung in schuldnereigene Fahrnis). Vor der Leistung des Drittschuldners versetzt die Aufhebung der Vollstreckung den Vollstreckungsschuldner in die Lage, und die an die Aufhebung anschließende fortwährende Beschränkung und das fortwährende Unterlassen wiederholender Vollstreckung belassen ihn im Stande, abzutreten oder zu ermächtigen (wie bei der Geldvollstreckung in schuldnereigene Geldforderung). Hat der Drittschuldner an den Vollstreckungsschuldner geleistet, versetzt die Aufhebung der Vollstreckung den Vollstreckungsschuldner in die Lage (und das Unterlassen der Vollstreckung in den Leistungsgegenstand belässt ihn in der Lage), dem Intervenienten unmittelbaren Besitz sowie unbelastetes Eigentum zuzuwenden (wie bei der Geldvollstreckung in schuldnereigene Fahrnis). Hatte der Drittschuldner z.Zt. der Aufhebung bereits an den Gerichtsvollzieher geleistet, so versetzt die Aufhebung der Vollstreckung den Vollstreckungsschuldner in die Lage, und die an die Aufhebung anschließende fortwährende Beschränkung und das fortwährende Unterlassen erneuter Vollstreckung belassen ihn in der Lage, dem Intervenienten unmittelbaren Besitz und Eigentum zuzuwenden (wie bei der Geldvollstreckung in schuldnereigene Fahrnis). Jede Zuwendung des Vollstreckungsschuldners an den Intervenienten, gleichgültig, ob durch Leistung des Vollstreckungsschuldners oder im Wege der Vollstreckung gegen den Vollstreckungsschuldner bewirkt, wird erst durch einhergehende fortwirkende Interventionswirkung möglich.

C. Verschiebungen

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b) Geldvollstreckung in das unbewegliche Vermögen Bei der Geldvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (§ 864 ZPO) sind drei Mittel vorgesehen: Eintragung einer Sicherungshypothek (aa)), Zwangsversteigerung (bb)) sowie Zwangsverwaltung (cc)) (§ 866 Abs. 1 ZPO). aa) Zwangshypothek Die Zwangshypothek ist eine Sicherungshypothek (§ 867 ZPO, §§ 1184 ff. BGB), die auf Antrag des Vollstreckungsgläubigers im Grundbuch eingetragen wird, das den Vollstreckungsschuldner als Eigentümer ausweist. Mit der Eintragung entsteht die Hypothek (§ 867 Abs. 1 Satz 2 ZPO), wenn der Vollstreckungsschuldner Grundeigentümer ist. Die Geldvollstreckung durch Eintragung einer Sicherungshypothek ist ihrer Art nach eine Sicherungsvollstreckung, bei der die Befriedigung schließlich (auf der Grundlage der Zwangshypothek) durch Zwangsversteigerung (§ 867 Abs. 3 ZPO) oder -verwaltung erreicht wird. Ist der Schuldner nur Bucheigentümer, erwirbt der Vollstreckungsgläubiger keine Zwangshypothek. 62 Die Vollstreckung durch Eintragung einer Sicherungshypothek in ein schuldnerfremdes Grundstück ist insoweit wirkungslos. Die Eintragung der Hypothek bringt zwar einen Rechtsscheinträger hervor (§§ 892 f. BGB), der aber nur Erwerber, Schuldner und sonstige Dritte begünstigen soll, und von dem der Vollstreckungsgläubiger nur reflexartig profitiert, ohne dass sein Interesse an der Verfügung oder am Leistungsempfang dabei rechtlich geschützt ist (Herausgabepflicht gem. § 816 BGB). Eine Interventionswirkung bewirkt demnach bei der Geldvollstreckung durch Eintragung einer Sicherungshypothek auf einem schuldnereigenen Grundstück folgende das Grundstück betreffende Verschiebungen. aaa) Erstwirkung Wird die Vollstreckung vor Eintragung einer Sicherungshypothek beschränkt, oder unterlässt es der Vollstreckungsgläubiger, die Eintragung zu erwirken, dann bleibt ein schuldnereigenes Grundstück frei von der Hypothek, die andernfalls entstanden wäre. Das Freibleiben von der Hypothek geht zu Lasten der rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses (zunächst Sicherungs-, sodann Befriedigungsinteresse durch Vollstreckung aus der Hypothek) des Vollstreckungsgläubigers und zugunsten des Eigentums des Vollstreckungsschuldners. Einstellung und Stillstand der Vollstreckung nach Eintragung einer Sicherungshypothek lassen die Hypothek bestehen, verhindern aber, dass die Voll62 BGHZ 64, 194, 197; Jauernig/Berger, § 23, Rn. 3; Putzo, in: Thomas/Putzo, § 867, Rn. 10.

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Neuntes Kapitel: Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen

streckung aus der Hypothek im Wege der Zwangsversteigerung oder -verwaltung betrieben und so schließlich der Vollstreckungsgläubiger befriedigt wird. Damit gehen Einstellung und Stillstand zu Lasten des Vollstreckungsgläubigers, dessen rechtlich geschütztes Vollstreckungsinteresse und dessen Rechte als Hypothekar beschnitten werden. Begünstigt wird der Vollstreckungsschuldner als Grundeigentümer. Bei Aufhebung und Freigabe entstehen folgende Verschiebungen: Mit dem Wirksamwerden gerichtlicher Entscheidungen i. S. v. § 868 ZPO erwirbt der Vollstreckungsschuldner eine Eigentümergrundschuld (§ 1177 BGB); das Grundpfandrecht wird vom Vollstreckungsgläubiger zum Vollstreckungsschuldner verschoben. Ebenso verhält es sich, wenn der Vollstreckungsgläubiger auf die Hypothek verzichtet (§§ 1168, 1177 BGB). Auf Aufhebung gerichtete gerichtliche Entscheidungen und Maßnahmen, die nicht unter § 868 ZPO fallen, führen (gem. §§ 776, 894 ZPO, § 28 ZVG) zur Löschung der Hypothek. Zu löschen ist die Hypothek auch, wenn der Vollstreckungsgläubiger sie aufgibt (§ 875 BGB). Die Aufhebung geht zu Lasten des Vollstreckungsgläubigers (Hypothekar) und zugunsten des Vollstreckungsschuldners (Grundeigentümer). Ferner verkürzt der Rechtsverlust das rechtlich geschützte Vollstreckungsinteresse des Gläubigers zugunsten des Vollstreckungsschuldners. bbb) Fortwirkung Die Vollstreckung durch Eintragung einer Sicherungshypothek führt entweder keine das Grundstück betreffenden Wirkungen herbei (Grundeigentümer Intervenient), oder der Intervenient ist von den Wirkungen nicht betroffen (Grundeigentümer Vollstreckungsschuldner). Ist der Vollstreckungsschuldner Grundeigentümer, muss sich der Intervenient das Grundstück, seine Substanz oder seine Nutzungen erst vom Vollstreckungsschuldner verschaffen. Allerdings belassen die – für den Intervenienten veranlassten – Interventionswirkungen fortwährender Beschränkung und fortwährenden Unterlassens der Vollstreckung vor Eintragung der Sicherungshypothek den Vollstreckungsschuldner im Stande, dem Intervenienten unbelastetes Grundeigentum zu verschaffen. Die Aufhebungswirkungen versetzen den Vollstreckungsschuldner in die Lage, dem Intervenienten unbelastetes oder nur mit einer Eigentümergrundschuld belastetes Grundeigentum zu verschaffen, und die anschließende fortwährende Beschränkung und das fortwährende Unterlassen wiederholender Vollstreckung halten ihn zu solcher Verschaffung im Stande. Die Freiheit von einer (Dritt-)Belastung fließt dem Intervenienten dann vom Vollstreckungsschuldner zu. Die Verschiebung (gleich, ob durch Leistung oder im Wege der Vollstreckung) bedarf indes fortwirkender Interventionswirkung, mit der sie (simultan) zusammenwirkt.

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bb) Zwangsversteigerung Die Zwangsversteigerung wird auf Antrag des Vollstreckungsgläubigers (§ 15 ZVG) durch Versteigerungsbeschluss angeordnet, der von Amts wegen dem Schuldner zuzustellen ist. Außerdem hat das Vollstreckungsgericht das Grundbuchamt um die Eintragung eines Versteigerungsvermerks in das Grundbuch zu ersuchen (§ 19 ZVG). Mit der Zustellung an den Schuldner wird der Anordnungsbeschluss wirksam (§ 22 Abs. 1 Satz 1 ZVG). Bereits zuvor wird die Beschlagnahme mit dem Eingang des Eintragungsersuchens beim Grundbuchamt wirksam, wenn die Eintragung demnächst erfolgt (§ 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG). Der Beschluss wirkt zugunsten des betreibenden Gläubigers als Beschlagnahme des Grundstücks und der mithaftenden Gegenstände (§ 20 ZVG). Die Beschlagnahme von Forderungen im Haftungsverband wird dem Drittschuldner gegenüber wirksam, wenn sie ihm bekannt oder ihm das Zahlungsverbot zugestellt ist (§ 22 Abs. 2 Satz 2 ZVG). Die Beschlagnahme führt zur Verstrickung, 63 und es entsteht ein relatives Veräußerungsverbot (§§ 135, 136 BGB) zugunsten des betreibenden Gläubigers (§ 23 Abs. 1 ZVG). Außerdem verschafft die Beschlagnahme dem Gläubiger (kein Pfändungspfandrecht, sondern) ein Befriedigungsrecht (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG). Ferner sind Gläubiger, die aus „Rechten an dem Grundstück“ (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG) vollstrecken (dingliche Gläubiger, im Gegensatz zu persönlichen Gläubigern, die aus einem persönlichen Anspruch vollstrecken, § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG), als solche Inhaber eines absoluten Rechts, das nicht aus der Vollstreckung resultiert, sondern ihr zugrunde liegt. 64 Die Beschlagnahme erfasst das Grundstück nebst Bestandteilen und das Zubehör des Eigentümers (§ 20 ZVG, § 1120 BGB), nicht aber die in § 21 ZVG genannten Gegenstände. Wirksam veräußerte (§ 23 Abs. 1 Satz 2 ZVG) Gegenstände aus dem Haftungsverband werden bei der Vollstreckung zugunsten eines persönlichen Gläubigers enthaftet. Bei der Beschlagnahme zugunsten eines dinglichen Gläubigers tritt dagegen durch die Veräußerung von Erzeugnissen oder Zubehör keine Enthaftung ein, solange diese Gegenstände nicht vom Grundstück entfernt werden (§ 1121 BGB). Unabhängig von der Ver- oder Enthaftung erstreckt sich die Versteigerung jedoch auch auf dem Grundeigentümer nicht gehörende Zubehörstücke, es sei denn, der Dritteigentümer habe vor der Zuschlagserteilung die Freigabe seiner Sachen erreicht (§ 55 Abs. 2 ZVG). 65 Das Grundstück ist durch Versteigerung zu verwerten. Mit dem Zuschlag wird der Ersteher Eigentümer des Grundstücks und der Gegenstände, auf die 63

Baumann/Brehm, S. 362; A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 353; Brox/Walker, Rn. 360; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 925. 64 S. Böttcher, §§ 20, 21, Rn. 4: das bereits bestehende Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück werde durch die Beschlagnahme „aktualisiert“. 65 Einzelheiten zum Haftungsverband in der Zwangsversteigerung z. B. Baur/Stürner/ Bruns, Rn. 34.21 ff.; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 761 ff., 925.

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Neuntes Kapitel: Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen

sich die Versteigerung erstreckt hat (§§ 90, 55 ZVG). Im Gegenzug entsteht ein Anspruch auf Zahlung des Bargebots gegen den Ersteher. Gläubiger dieses Anspruchs ist der bisherige Grundeigentümer, dessen Eigentum durch den Erlösanspruch surrogiert wird. 66 Leistungen des Erstehers (Zahlung oder gleichwertige Bieterkaution, § 107 Abs. 2, 3 ZVG) hat das Vollstreckungsgericht in amtlicher Eigenschaft entgegenzunehmen. 67 Bei Barzahlung erwirbt der Erlösgläubiger (bisheriger Grundeigentümer) Eigentum am bezahlten Geld, bei unbarer Zahlung oder Hinterlegung durch den Ersteher erwirbt der Erlösgläubiger die Forderung gegen die Gerichtskasse bzw. die Hinterlegungsstelle. An der Erlösforderung und am Erlös setzen sich die Vollstreckungswirkungen auf das Grundstück fort. Der Erlös ist auf der Grundlage des Teilungsplanes zu verteilen. Es sind zwei Arten der Planausführung zu unterscheiden. Ist der Erlös aufgrund Barzahlung (§ 107 Abs. 2 ZVG) oder Bieterkaution (§ 107 Abs. 3 ZVG) erbracht, ist er vom Gericht an die nach Maßgabe des Teilungsplanes Berechtigten auszuzahlen (§ 117 Abs. 1 ZVG), oder der Erlös ist für sie zu hinterlegen, und es ist eine Anweisung zu erteilen (§ 117 Abs. 2, 3 ZVG); mit der Zahlung bzw. Anweisung sind die Berechtigten befriedigt. Soweit der Erlös nicht durch Zahlung oder Kaution erbracht ist, hat das Gericht die Erlösforderung gegen den Ersteher auf die Berechtigten zu übertragen (§ 118 Abs. 1 ZVG); die Übertragung der Forderung wirkt wie die Befriedigung aus dem Grundstück (§ 118 Abs. 2 Satz 1 ZVG). Bei der Zwangsversteigerung bewirkt eine Interventionswirkung folgende das Grundstück und den Haftungsverband betreffende Verschiebungen. aaa) Beschränkung und Unterlassen Beschränkung und Unterlassen der Vollstreckung vor Beschlagnahme bedeutet, dass die Zwangsversteigerung insgesamt unterbleibt, oder dass zwar die Zwangsversteigerung stattfindet, aber ein Gegenstand aus dem Haftungsverband ausgeschlossen bleibt. Die Maßnahme geht zu Lasten des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses des Vollstreckungsgläubigers. Für einen dinglichen Gläubiger gehen Beschränkung und Unterlassen außerdem zu Lasten der Verwirklichung des dinglichen Rechts. Unterbleibt die Zwangsversteigerung insgesamt, sind der Grundeigentümer und jeder Eigentümer von Gegenständen, auf die sich die Versteigerung erstrecken würde (§ 55 ZVG), begünstigt. Ist der Vollstreckungsschuldner Grundeigentümer und Eigentümer der Gegenstände, die den Haftungsverband bilden, so ist er begünstigt, indem das Grundstück und der Haftungsverband beschlagnahme- und verstrickungsfrei bleiben. Es entstehen kein relatives Veräußerungsverbot und kein Befriedigungsrecht des Vollstreckungsgläubigers mit 66 67

Böttcher, § 107, Rn. 13; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 945. Böttcher, § 107, Rn. 13.

C. Verschiebungen

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Wirkung gegen den Schuldner. Ferner ist der Vollstreckungsschuldner dadurch begünstigt, dass sein Eigentum erhalten bleibt, das er bei Durchführung des Verfahrens verlieren würde. Wenn der Intervenient Grundeigentümer oder Eigentümer von Gegenständen des Haftungsverbandes ist, ist er durch die Beschränkung und das Unterlassen der Vollstreckung insofern begünstigt, als die Beschlagnahme und die aus ihr resultierende Verstrickung ausbleiben. Zwar wirkt sich die Verstrickung für einen Intervenienten nicht aus, weil sich das relative Veräußerungsverbot nur an den Vollstreckungsschuldner richtet und das Befriedigungsrecht des Gläubigers nur gegen den Vollstreckungsschuldner gerichtet ist. Der Intervenient ist als Eigentümer aber dadurch begünstigt, dass sein Eigentum erhalten bleibt, das er bei Durchführung des Zwangsversteigerungsverfahrens verlieren würde. Beim Ausschluss eines Gegenstandes aus dem Haftungsverband (und Durchführung der Zwangsversteigerung im übrigen) ist der Eigentümer des betreffenden Gegenstandes begünstigt, auf den sich die Versteigerung andernfalls erstrecken würde (§ 55 ZVG). Ist der Vollstreckungsschuldner Eigentümer, so ist er begünstigt, indem der Gegenstand beschlagnahme- und verstrickungsfrei bleibt und kein diesen Gegenstand betreffendes relatives Veräußerungsverbot entsteht. Außerdem ist der Vollstreckungsschuldner begünstigt, indem sein Eigentum erhalten bleibt, das er bei Verfahrensdurchführung verlieren würde. Wenn der Intervenient Eigentümer eines mitzuversteigernden Gegenstandes ist, ist er durch die Beschränkung und das Unterlassen begünstigt, weil sein Eigentum erhalten bleibt, das er andernfalls verlieren würde. bbb) Einstellung und Stillstand Einstellung der Vollstreckung und Vollstreckungsstillstand nach Beschlagnahme lassen den Vollstreckungsstand unberührt, die Vollstreckung wird aber nicht weiterbetrieben. Dies geht zu Lasten des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses des Vollstreckungsgläubigers, und bei einem dinglichen Gläubiger außerdem zu Lasten der Verwirklichung des dinglichen Rechts. Begünstigt wird der Grundeigentümer, dessen Eigentum (wenn der Zuschlag noch nicht erteilt ist) oder (wenn der Zuschlag erteilt ist) Erlösforderung erhalten bleibt. Eigentümer von Gegenständen aus dem Haftungsverband sind durch die Erhaltung ihres Eigentums begünstigt, wenn der Zuschlag noch nicht erteilt ist. Ist der Zuschlag bereits erteilt, ist das Eigentum an mitversteigerten Gegenständen untergegangen und im Erlösanspruch aufgegangen. Ein ehemaliger Dritteigentümer ist gehalten, Widerspruch gem. § 115 ZVG zu erheben, um aus dem Erlös entschädigt zu werden. 68

68

Böttcher, § 38, Rn. 18; § 55, Rn. 16.

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Neuntes Kapitel: Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen

ccc) Aufhebung Aufhebung nach Beschlagnahme bedeutet, dass (vor oder nach Zuschlag) die Zwangsversteigerung insgesamt aufgehoben wird, oder dass die Zwangsversteigerung zwar weitergeht, aber (vor Zuschlag) ein Gegenstand aus dem Haftungsverband freigegeben wird. 69 Die Maßnahme geht zu Lasten des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses des Vollstreckungsgläubigers. Für einen dinglichen Gläubiger gehen Aufhebung oder Freigabe ferner zu Lasten der Verwirklichung des dinglichen Rechts. Außerdem verliert der Vollstreckungsgläubiger sein Befriedigungsrecht. Wenn der Vollstreckungsschuldner Eigentümer des Grundstücks und des Haftungsverbandes ist, ist er durch die Aufhebung vor Zuschlagserteilung begünstigt, indem er die unbeschränkte Verfügungsberechtigung über die Vollstreckungsmasse zurückerlangt und vom Befriedigungsrecht des Vollstreckungsgläubigers befreit wird. Zudem bleibt sein Eigentum bestehen, das andernfalls durch den Zuschlag untergehen würde. Ist der Zuschlag bereits erteilt, hat der Vollstreckungsschuldner zwar sein Eigentum verloren. Er vermag dann aber auf seine Erlösforderung zuzugreifen. Wenn der Intervenient Grundeigentümer ist, geht die Aufhebung insoweit zu seinen Gunsten, indem er (wenn der Zuschlag noch nicht erteilt ist) sein Eigentum behält oder (wenn der Zuschlag erteilt ist) Zugriff auf die Erlösforderung erlangt. Ist der Intervenient Eigentümer von Gegenständen, auf die sich die Versteigerung erstreckt (§ 55 ZVG), geht die Aufhebung vor Zuschlagserteilung zu seinen Gunsten, indem er sein Eigentum behält. Wenn der Zuschlag zum Zeitpunkt der Aufhebung erteilt ist, ist das Eigentum an mitversteigerten Gegenständen untergegangen und im Erlösanspruch aufgegangen. Der Intervenient ist dann gehalten, beim Vollstreckungsschuldner als Gläubiger der Erlösforderung Ausgleich zu suchen. Bei der Freigabe eines Gegenstandes, auf den sich die Versteigerung erstreckt (§ 55 ZVG) (bei Durchführung der Zwangsversteigerung im übrigen), ist der Eigentümer begünstigt. Ist der Vollstreckungsschuldner Eigentümer, so ist er begünstigt, indem der Gegenstand beschlagnahme- und verstrickungsfrei wird, und indem das relative Veräußerungsverbot und das Befriedigungsrecht des Vollstreckungsgläubigers im Hinblick auf diesen Gegenstand erlöschen. Außerdem ist der Vollstreckungsschuldner dadurch begünstigt, dass sein Eigentum, das er mit dem Zuschlag verlieren würde, erhalten bleibt. Wenn der Intervenient Eigentümer des betreffenden Gegenstandes ist, ist er durch die Freigabe begünstigt, weil sein Eigentum erhalten bleibt, das er andernfalls mit dem Zuschlag verlieren würde.

69

Böttcher, § 38, Rn. 20.

C. Verschiebungen

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ddd) Fortwirkung Die Interventionswirkungen haben für den Intervenienten wiederum zunächst nur bewahrende oder wiederherstellende Wirkung. Ist der Vollstreckungsschuldner Grundeigentümer, fließen ihm die wesentlichen Vorteile der Intervention – Beständigkeit des Grundeigentums bzw. Zugriff auf die Erlösforderung – zu. Der Intervenient muss sich das Grundeigentum bzw. den Zugriff auf die Erlösforderung vom Vollstreckungsschuldner verschaffen. Einhergehende Verschiebungen (Übereignung bzw. Abtretung oder Ermächtigung) verlaufen vom Vollstreckungsschuldner zum Intervenienten. Ermöglicht werden sie, indem dem Intervenienten eine Interventionswirkung zu Lasten des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses des Vollstreckungsgläubigers zufl ießt. Fortwährende Beschränkung und fortwährendes Unterlassen der Vollstreckung vor ihrem Beginn halten das Grundstück von Beschlagnahme, Verstrickung sowie Verfügungsverbot frei und belassen den Vollstreckungsschuldner in der Lage, dem Intervenienten Eigentum zu verschaffen. Die Aufhebung der Vollstreckung versetzt den Vollstreckungsschuldner zur Übereignung bzw. Zession oder Ermächtigung in die Lage, und die anschließende fortwährende Beschränkung und das fortwährende Unterlassen wiederholender Vollstreckung lassen ihn dazu im Stande. Die Verschiebung vom Vollstreckungsschuldner zum Intervenienten ist folglich nicht isoliert, sondern sie bedarf – auch, wenn sie im Wege der Vollstreckung bewirkt wird – des Zusammenwirkens mit einer fortwirkenden Interventionswirkung. Entsprechend verhält es sich bei Gegenständen des Vollstreckungsschuldners aus dem Haftungsverband. Solche Gegenstände kann der Vollstreckungsschuldner dem Intervenienten nur bei simultan fortwirkender Interventionswirkung zuwenden, oder der Intervenient kann in Gegenstände des Haftungsverbandes nur bei einhergehender fortwirkender Interventionswirkung vollstrecken. cc) Zwangsverwaltung Die Zwangsverwaltung (§§ 146 ff. ZVG) bezweckt die Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers aus den Grundstückserträgen. Sie ist auf Antrag eines Vollstreckungsgläubigers durch Beschluss des Vollstreckungsgerichts anzuordnen und richtet sich vornehmlich gegen den durch das Grundbuch ausgewiesenen Eigentümer (§§ 146 Abs. 1, 17 Abs. 1 ZVG) (sowie für dingliche Gläubiger gegen den Eigenbesitzer, § 147 Abs. 1 ZVG). Die Anordnung der Zwangsverwaltung wirkt als Beschlagnahme, die das Grundstück sowie den hypothekarischen Haftungsverband (Zwangsverwaltungsmasse) ergreift (§ 148 Abs. 1 ZVG). Die Beschlagnahme wird wie bei der Zwangsversteigerung wirksam (§§ 146, 20, 22 Abs. 1 ZVG), außerdem, wenn der Zwangsverwalter den Grundstücksbesitz erlangt (§ 151 Abs. 1 ZVG). Die Beschlagnahme entzieht dem Schuldner die Verfügungsbefugnis über die Zwangsverwaltungsmasse

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Neuntes Kapitel: Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen

(§ 148 Abs. 1 Satz 2 ZVG) sowie die Verwaltung und Benutzung der Zwangsverwaltungsmasse (§ 148 Abs. 2 ZVG). Der Zwangsverwalter hat das umfassende Recht zu treuhänderischer Verwaltung und Nutzung des Grundstücks für die Zwangsverwaltungsmasse (§ 152 ZVG). Den Überschuss aus den in bar eingehenden sowie die in Geld umgesetzten Nutzungen der Zwangsverwaltungsmasse hat der Zwangsverwalter unter den Gläubigern (§ 10 Abs. 1 Nr. 1–5 ZVG) nach Maßgabe einer außergerichtlichen Einigung oder eines Teilungsplanes zu verteilen (§§ 155 ff. ZVG). 70 Weitergehend als bei der Zwangsversteigerung (§ 21 ZVG) umfasst bei der Zwangsverwaltung die Beschlagnahme alle der Hypothekenhaftung unterworfenen Gegenstände (§ 148 Abs. 1 ZVG, §§ 1120 ff. BGB). Die Zwangsverwaltung erstreckt sich folglich auch auf schuldnerfremdes, aber gem. §§ 146 Abs. 1, 20 Abs. 2 ZVG, §§ 1120, 1121 Abs. 1 BGB beschlagnahmtes Zubehör.71 Bei der Zwangsverwaltung bewirkt eine Interventionswirkung folgende die Verwaltungsmasse betreffende Verschiebungen. aaa) Erstwirkung Beschränkung und Unterlassen der Vollstreckung durch Zwangsverwaltung bedeuten, dass entweder die Zwangsverwaltung ganz unterbleibt, oder dass sie zwar stattfindet, aber ein Gegenstand aus der Zwangsverwaltungsmasse ausgeschlossen bleibt. Die Maßnahme geht zu Lasten des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses des Vollstreckungsgläubigers. Für einen dinglichen Gläubiger gehen Beschränkung und Unterlassen außerdem zu Lasten der Verwirklichung des dinglichen Rechts. Begünstigt ist der Vollstreckungsschuldner als Rechtsinhaber von Gegenständen der Zwangsverwaltungsmasse, an denen er die Verfügungsbefugnis sowie die Befugnis der Verwaltung und Benutzung behält. Im übrigen ist jeder Berechtigte an Gegenständen der Zwangsverwaltungsmasse begünstigt, die von der Zwangsverwaltung frei bleiben. Wird die Zwangsverwaltung nach der Beschlagnahme eingestellt oder zum Stillstand gebracht, bleibt die Zwangsverwaltung in Kraft, Nutzungen dürfen aber nicht verteilt werden. Dies geht zu Lasten des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses des Vollstreckungsgläubigers, sowie, bei einem dinglichen Gläubiger, zu Lasten der Verwirklichung des dinglichen Rechts. Weder der Vollstreckungsschuldner noch Drittberechtigte, die gehalten sind, Widerspruch zu erheben (§§ 156 Abs. 2 Satz 4, 115 ZVG), sind dadurch begünstigt. Nach der Beschlagnahme kann entweder die Zwangsverwaltung insgesamt aufgehoben werden, oder sie bleibt zwar in Kraft, aber ein Gegenstand wird aus der Zwangsverwaltungsmasse freigegeben. Die Maßnahme geht zu Lasten des 70 71

Einzelheiten Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 953 ff. Baur/Stürner/Bruns, Rn. 37.2; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 953.

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rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses des Vollstreckungsgläubigers und, wenn er dinglicher Gläubiger ist, zu Lasten der Verwirklichung seines dinglichen Rechts. Begünstigt ist der Vollstreckungsschuldner als Rechtsinhaber von Gegenständen der Zwangsverwaltungsmasse, an denen er die Befugnisse zur Verfügung, Verwaltung und Benutzung wiedererhält. Außerdem fließen ihm die vereinnahmten Nutzungen zu. Im übrigen ist jeder Berechtigte an Gegenständen der Zwangsverwaltungsmasse begünstigt, die von der Zwangsverwaltung frei werden. bbb) Fortwirkung Die Interventionswirkung wirkt für den Intervenienten zunächst nur bewahrend oder wiederherstellend. Der Intervenient muss sich Rechte und Besitz an Vermögensgegenständen des Vollstreckungsschuldners aus der Verwaltungsmasse von diesem verschaffen. Verschaffungen sind Verschiebungen vom Vollstreckungsschuldner zum Intervenienten, die ermöglicht werden, indem dem Intervenienten eine Interventionswirkung „für sich“ zufließt. Fortwährende Beschränkung und fortwährendes Unterlassen der Zwangsverwaltung vor Beschlagnahme halten die Verwaltungsmasse von Beschlagnahme und Verwaltung frei und belassen den Vollstreckungsschuldner im Stande, dem Intervenienten Besitz und Rechte an Gegenständen der Verwaltungsmasse zu verschaffen. Die Aufhebung der Verwaltung versetzt den Vollstreckungsschuldner dazu in die Lage, und die anschließende fortwährende Beschränkung und das fortwährende Unterlassen wiederholender Vollstreckung lassen ihn dazu in der Lage. Verschiebungen vom Vollstreckungsschuldner zum Intervenienten, auch im Wege der Vollstreckung, wirken folglich mit einer fortwirkenden Interventionswirkung zusammen. 2. Herausgabevollstreckung und Sicherungsverfügung Die Herausgabevollstreckung (§§ 883 ff. ZPO) und die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherstellung einer Herausgabe beweglicher Sachen (§§ 935, 938 ZPO), die grundsätzlich den Regeln der Herausgabevollstreckung folgt (§§ 936, 928 ZPO), 72 verlaufen im wesentlichen gleichartig. Bei der Vollstreckung zur Herausgabe (Besitzverschaffung, im Gegensatz zur Übereignung, die ggf. zusätzlich gem. § 894 ZPO zu erzwingen ist, vgl. § 897 ZPO) 73 bestimmter beweglicher Sachen hat der Gerichtsvollzieher dem Vollstreckungsschuldner oder einem herausgabebereiten Dritten (analog § 809

72 Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 1052. Bei der Vollziehung einer einstweiligen Verfügung tritt an die Stelle des Vollstreckungsgläubigers der bestimmte Verwahrer. 73 Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 961.

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Neuntes Kapitel: Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen

ZPO) 74 die betreffenden Sachen wegzunehmen und sie dem Vollstreckungsgläubiger zu übergeben (§ 883 Abs. 1 ZPO). Die Wegnahme führt zur Verstrickung der Sache zwecks Ablieferung an den Gläubiger und begründet mittelbaren Gläubigerbesitz.75 Entsprechend verläuft und wirkt die Vollstreckung zur Herausgabe einer bestimmten Menge vertretbarer Sachen oder von Wertpapieren (§ 884 ZPO). Ist ein Grundstück herauszugeben, zu überlassen oder zu räumen, so hat der Gerichtsvollzieher den Vollstreckungsschuldner zu entsetzen und den Vollstreckungsgläubiger einzuweisen (§ 885 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Bewegliche Sachen, auf die sich der Herausgabetitel erstreckt, sind auf dem Grundstück zu belassen und so dem Gläubiger mit dessen Einweisung zu übergeben. 76 Auf dem Grundstück befindliche Sachen, die von der Vollstreckung nicht erfasst werden, sind vom Gerichtsvollzieher wegzuschaffen und dem Schuldner, einem Bevollmächtigten oder Angehörigen zu übergeben oder zur Verfügung zu stellen (§ 885 Abs. 2 ZPO) oder in Verwahrung zu geben (§ 885 Abs. 3 ZPO). Weggeschaffte Sachen sind nicht Gegenstand der Herausgabevollstreckung. Ihretwegen ist keine Intervention statthaft. 77 Befinden sich herauszugebende Sachen im Gewahrsam eines nicht herausgabebereiten Dritten, so steht dem Vollstreckungsgläubiger die Vollstreckung über die §§ 886, 829, 835 ZPO (Überweisung des Herausgabeanspruchs des Schuldners gegen den Dritten) offen. Bei der Herausgabevollstreckung entstehen durch eine Interventionswirkung folgende den Herausgabegegenstand betreffende Verschiebungen. a) Beschränkung und Unterlassen Beschränkung und Unterlassen der Vollstreckung vor Wegnahme oder Entsetzung gehen zu Lasten des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses des Vollstreckungsgläubigers. Begünstigt ist der Vollstreckungsschuldner, der den unmittelbaren Besitz des herauszugebenden Gegenstandes behält. Befindet sich der Gegenstand im Gewahrsam eines Dritten, der dem Vollstreckungsschuldner herausgabepflichtig ist, dann ist der Vollstreckungsschuldner begünstigt, indem er den Herausgabeanspruch ungehindert (andernfalls: § 886 ZPO) geltend machen kann. Ist der Intervenient unmittelbarer Besitzer einer beweglichen Sache, und ist er dem Vollstreckungsschuldner nicht herausgabepfl ichtig, dann begünstigen ihn die Beschränkung oder das Unterlassen nicht, weil er die Wegnahme allein durch fehlende Herausgabebereitschaft vermeiden kann. Bei 74 Putzo, in: Thomas/Putzo, § 886, Rn. 1; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 963; ders., in: MüKo ZPO, § 883, Rn. 19. 75 Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 963 f. 76 Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 964. 77 Schilken, in: MüKo ZPO, § 885, Rn. 33.

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der Räumungsvollstreckung (§ 885 ZPO) ist der Intervenient begünstigt, wenn er zum Personenkreis gehört, der analog § 885 Abs. 2, 3 ZPO entsetzt werden darf, 78 und wenn er dem Vollstreckungsschuldner nicht herausgabepflichtig ist. b) Einstellung und Stillstand Einstellung und Stillstand der Herausgabevollstreckung (wenn die Sache weggenommen, aber noch nicht übergeben ist, oder wenn der Vollstreckungsschuldner entsetzt, der Vollstreckungsgläubiger aber noch nicht eingewiesen ist) gehen zu Lasten des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresse des Vollstreckungsgläubigers, dem der unmittelbare Besitz vorenthalten bleibt. Eine Begünstigung geht damit nicht einher, weil Besitz, der mit der Wegnahme oder der Entsetzung verloren wurde, nicht wiederhergestellt wird. Wird die Vollstreckung in den Fällen des § 886 ZPO eingestellt oder zum Stillstand gebracht, nachdem die Herausgabeforderung überwiesen, aber bevor sie eingezogen ist, ist der Vollstreckungsschuldner begünstigt, dessen Herausgabeanspruch bestehen bleibt, und zwar zu Lasten des Vollstreckungsgläubigers, der diesen Anspruch nicht geltend zu machen vermag. c) Aufhebung Aufhebung der Herausgabevollstreckung und Freigebe des Vollstreckungsgegenstandes nach Wegnahme bzw. Entsetzung führen dazu, dass der Gerichtsvollzieher den Vollstreckungsgegenstand demjenigen zurückzugeben hat, dem er ihn weggenommen hatte, bzw. den entsetzten Personen die Rückkehr zu gestatten hat. Die Maßnahme geht zu Lasten des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses des Vollstreckungsgläubigers und zugunsten dessen, dem der Vollstreckungsgegenstand zurückgegeben bzw. eines jeden, dem die Rückkehr gestattet wird. d) Fortwirkung Die Interventionswirkung wirkt zunächst bewahrend oder wiederherstellend. Wenn der Vollstreckungsschuldner unmittelbarer Besitzer des Vollstreckungsgegenstandes ist, fließt ihm der Vorteil der Intervention – Beständigkeit bzw. Rückerlangung des Besitzes am Vollstreckungsgegenstand – zu. Der Intervenient muss sich unmittelbaren (Allein-)Besitz von ihm verschaffen. Die Besitzverschaffung ist eine Verschiebung vom Vollstreckungsschuldner zum Intervenienten, die allerdings erst ermöglicht wird, indem dem Intervenienten eine Interventionswirkung zufließt. Fortwährende Beschränkung und fortwährendes Unterlassen der Vollstreckung vor ihrem Beginn belassen dem 78

Zur Entsetzung analog § 885 Abs. 2, 3 ZPO Schilken, in: MüKo ZPO, § 885, Rn. 9 ff.

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Neuntes Kapitel: Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen

Vollstreckungsschuldner den Besitz und halten ihn im Stande, dem Intervenienten unmittelbaren (Allein-)Besitz zu verschaffen. Die Aufhebung der Vollstreckung versetzt den Vollstreckungsschuldner in die Lage, dem Intervenienten unmittelbaren (Allein-)Besitz zu verschaffen, und die anschließende fortwährende Beschränkung und das fortwährende Unterlassen wiederholender Vollstreckung lassen ihn zur Verschaffung im Stande. Die Verschiebung des unmittelbaren Besitzes vom Vollstreckungsschuldner zum Intervenienten, gleichgültig, ob durch Leistung oder durch Vollstreckung bewirkt, bedarf folglich fortwirkender Interventionswirkung, mit der sie (simultan) zusammenwirkt (wie bei der Geldvollstreckung in Fahrnis, betreffend Besitzverschaffung). 3. Ergebnis Die Aussicht des Vollstreckungsgläubigers auf Befriedigung im Wege der Vollstreckung gegen seinen Vollstreckungsschuldner (Vollstreckungsinteresse) ist rechtlich geschützt durch den Vollstreckungsanspruch, der den Staat verpflichtet, zulässigerweise beantragte Vollstreckungsmaßnahmen vorzunehmen. Interventionswirkungen bestehen darin, dass die Vollstreckung unterbleibt, nicht weiterbetrieben, rückgängig gemacht oder nicht wiederholt wird. Dadurch gehen sie zu Lasten des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses des Vollstreckungsgläubigers, es sei denn, ein Vollstreckungszugriff ist unzulässig, aussichtslos (z. B. Fahrnisvollstreckung gem. § 809 ZPO bei Intervenientengewahrsam) oder wirkungslos (z. B. Pfändung schuldnerfremder Forderung), oder die Vollstreckungswirkung erschöpft sich in der Hervorbringung eines Rechtsscheinträgers, dessen Wirkungen ausschließlich Drittinteressen, und nicht dem Vollstreckungsinteresse dienen sollen (Überweisung einer schuldnerfremden Forderung, bei der anschließende Leistungen des Drittschuldners an den Vollstreckungsgläubiger zwar dem Gläubiger gegenüber gem. § 408 Abs. 2 BGB wirksam, aber vom Vollstreckungsgläubiger gem. § 816 Abs. 2 BGB an den Gläubiger herauszugeben sind; Eintragung einer Zwangshypothek auf schuldnerfremdem Grundstück, bei der anschließende Leistungen eines gutgläubigen Hypothekenerwerbers vom Vollstreckungsgläubiger gem. § 816 Abs. 1 BGB an den Eigentümer herauszugeben sind). Eine Interventionswirkung, die das rechtlich geschützte Vollstreckungsinteresse des Vollstreckungsgläubigers betrifft, begünstigt zunächst regelmäßig den Vollstreckungsschuldner sowie Dritte, die Besitz oder Rechte am Vollstreckungsgegenstand innehaben. Beschränkung und Unterlassen der Vollstreckung wirken zunächst bewahrend und begünstigen damit jeden, der an einem Vollstreckungsgegenstand, in den vollstreckt würde, ein Recht oder Besitz innehat, die durch die Vollstreckung beeinträchtigt werden würden. Die Begünstigung besteht in der Freiheit

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des Rechts oder des Besitzes von den Beeinträchtigungen, die bei Durchführung der Zwangsvollstreckung entstehen würden. Bei Vollstreckungsarten, die zum Verlust von Rechten und Besitz führen, sind Rechtsinhaber und Besitzer außerdem begünstigt, indem Rechte und Besitz erhalten bleiben. Einstellung und Stillstand der Vollstreckung wirken ebenfalls bewahrend, allerdings bleiben Beeinträchtigungen, die durch den Vollstreckungszugriff eingetreten sind, bestehen. Begünstigend wirken Einstellung und Stillstand daher nur, wenn nach dem Zugriff fortbestehende Rechte und fortbestehender Besitz bei ungestörtem Vollstreckungsfortgang untergehen würden. Begünstigt ist dann jeder, der nach dem Vollstreckungszugriff noch Rechtsinhaber oder Besitzer ist, und dessen Recht oder Besitz erhalten bleibt. Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen wirkt wiederherstellend und bewahrend. Wiederherstellend wirkt die Aufhebung, indem Beschränkungen, denen Rechte und der Besitz am Vollstreckungsgegenstand infolge des Vollstreckungszugriffs unterliegen, mit der Aufhebung entfallen. Begünstigt ist dann jeder Inhaber eines Rechts und jeder Besitzer, dessen Recht und Besitz beeinträchtigt waren. Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen wirkt ausnahmsweise nicht wiederherstellend, wenn ein Recht durch die Verwertung untergegangen ist, das sich nicht am Erlös fortsetzt (Eigentum eines anderen als des Grundeigentümers an Gegenständen des Haftungsverbandes bei Aufhebung der Zwangsversteigerung nach Erteilung des Zuschlags). Bewahrend wirkt die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen, wenn Rechte und Besitz am Vollstreckungsgegenständen erhalten bleiben, die bei weiterer Durchführung der Vollstreckung untergegangen wären. Als Erstwirkungen einer Intervention ermöglichen Beschränkung, Unterlassen und Aufhebung, dass der Vollstreckungsschuldner dem Intervenienten Rechte und Besitz an Vollstreckungsgegenständen zuwendet, oder dass sich der Intervenient im Wege der Zwangsvollstreckung vom Vollstreckungsschuldner Rechte und Besitz an Vollstreckungsgegenständen verschafft, die infolge der Erstwirkung der Intervention erhalten bleiben oder von Beeinträchtigungen frei bleiben oder werden. Solche Verschaffungen sind Verschiebungen vom Vollstreckungsschuldner zum Intervenienten im Anschluss an die jeweilige Erstwirkung der Intervention. Sie werden allerdings begleitet von fortwirkender Beschränkung oder fortgesetztem Unterlassen der Vollstreckung. Die Fortwirkung der Intervention ist eine Verschiebung „für den Intervenienten“, die zu Lasten des Rechts des Vollstreckungsgläubigers auf Durchführung der Zwangsvollstreckung geht. Wenn der Vollstreckungsschuldner dem Intervenienten Rechte oder den Besitz an einem Gegenstand überträgt, auf den der Vollstreckungszugriff durch die Intervention fortwährend unterbunden wird, findet folglich eine Verschiebung sowohl vom Vollstreckungsschuldner zum Intervenienten (Rechte, Besitz) als auch (gleichzeitig) vom Vollstreckungsgläubiger zum Intervenienten (Unterlassen, Beschränkung) statt.

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Neuntes Kapitel: Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen

Auf die Betroffenheit des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses des Vollstreckungsgläubigers und die Begünstigung des Intervenienten wird an späterer Stelle insbesondere im Zusammenhang mit etwaigen Bereicherungsansprüchen des Vollstreckungsgläubigers gegen den Interveneinten zurückzukommen sein. Sofern kein Recht (z. B. Gläubigereigentum oder Pfändungspfandrecht) und keine rechtlich anerkannte tatsächliche Gläubigerposition (Besitz) interventionsbetroffen ist, wird es für Bereicherungsansprüche von entscheidender Bedeutung sein, ob und unter welchen Voraussetzungen die Interventionsbetroffenheit des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses einen hinreichender Anknüpfungspunkt für den Kondiktionsausgleich bildet, ob also der Vollstreckungsschuldner in solchen Fällen als Bereicherungsgläubiger in Betracht kommt. Ferner wird zu verhandeln sein, ob die Vorteile, die einem Intervenienten durch eine interventionsbedingte Verschiebung zugewandt werden, kondizierbar sind, oder ob nicht der schließlich erlangte Vorteil des Intervenienten jedenfalls gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger kondiktionsfest ist, ob also und unter welchen Voraussetzungen der Intervenient als Bereicherungsschuldner des Vollstreckungsgläubigers in Betracht kommt.

Zehntes Kapitel:

Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung A. Einleitung Während eines Interventionsrechtsstreits kann ein Intervenient einstweilige und vorläufige Entscheidungen vollstrecken und vollziehen lassen, deren Fortbestand von vornherein unsicher ist. Wer aus einer solchen Entscheidung vorgeht oder vorzugehen droht, ist dem Gegner nach Maßgabe der §§ 302 Abs. 4 Satz 3, 600 Abs. 2, 641g, 717 Abs. 2, 3, 945, 1041 Abs. 4, 1065 Abs. 2 Satz 2 ZPO schadensersatz- oder erstattungspfl ichtig, wenn sich die Entscheidung als unbeständig erweist (B.). Er trägt die Gefahr der sachlich-rechtlichen Unbegründetheit seines Rechtsschutzbegehrens (Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung1). 2 Bei einigen der Entscheidungen, deren Umsetzung einem Intervenienten zu Gebote stehen, ist eine Risikohaftung gesetzlich angeordnet. Bei anderen fehlt eine gesetzliche Anordnung, und es erhebt sich die Frage nach rechtsfortbildender Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung. Von den Risikohaftungsvorschriften kommt eine unmittelbare Anwendung der §§ 717 Abs. 2, 3, 945, 1041 Abs. 4, 1065 Abs. 2 Satz 2 ZPO in Betracht. 3 Wenn ein im Hauptsacheausspruch für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil später aufgehoben oder abgeändert wird, entstehen Ansprüche aus § 717 Abs. 2, 3 ZPO. Betroffen sind Unterlassungsurteile gegen einen Vollstreckungsgläubiger sowie – fälschlich, aber wirksam4 – in der Hauptsache für vorläufig vollstreckbar erklärte Drittwiderspruchsurteile. 5 Ein Intervenient haftet gem. § 945 ZPO, 1

Gaul, ZZP 100 (1997), 3, 9. Zum gesetzgeberischen Grundgedanken der Risikohaftungsvorschriften Hahn/Mugdan, S. 173 = Entwurfsbegründung S. 192 f. Ferner BGHZ 131, 141, 143; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 69. 3 §§ 302 Abs. 4 Satz 3, 600 Abs. 2, 641g ZPO sind in Interventionsfällen unanwendbar: Bei der Drittwiderspruchsklage (Gestaltungsklage) und bei Unterlassungs- und Freigabeansprüchen kann keine Gegenforderung zur Aufrechnung gestellt werden (§ 302 Abs. 4 Satz 3 ZPO); die Drittwiderspruchsklage und Unterlassungs- und Freigabeansprüche können nicht im Urkunden- oder Wechselprozess (§ 592 ZPO) erhoben werden (§ 600 Abs. 2 ZPO); § 641g ZPO betrifft die Vaterschaftsklage. 4 S. 103. 5 Die Haftung des Drittwiderspruchsklägers gem. § 717 Abs. 2 ZPO in solchen Fällen bejahen ausdrücklich Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 17, 26, 66; Pecher, S. 183 f. Ebenso im Ausgangspunkt LG Frankfurt MDR 1980, 409 (betr. Analogie bei Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO); Schlosser, Gestaltungsklagen, S. 243 (Beschränkung der Anwendbarkeit 2

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

wenn sich die Anordnung einer einstweiligen (Anordnungs-, Unterlassungsoder Freigabe-)Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt erweist oder die angeordnete Maßregel gem. §§ 926 Abs. 2, 942 Abs. 3 ZPO aufgehoben wird. Erweist sich die Anordnung einer schiedsgerichtlichen Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes (§ 1041 Abs. 1 ZPO) als von Anfang an ungerechtfertigt, ist ein Intervenient gem. § 1041 Abs. 4 ZPO schadensersatzpflichtig. Ansprüche gem. § 1065 Abs. 2 Satz 2 ZPO (i. V. m. § 717 ZPO) kommen bei Aufhebung oder Abänderung eines für vorläufig vollstreckbar erklärter Schiedsspruchs in Betracht. Dabei haftet der Gläubiger eines für vorläufig vollstreckbar erklärten Schiedsspruchs entgegen dem Wortlaut von § 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO nicht auf Schadensersatz, sondern nur auf Erstattung. In § 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO wurden durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz zum 01. 09. 2004 die Worte „Urteile der Oberlandesgerichte“ durch das Wort „Berufungsurteile“ ersetzt. Für die entsprechende Anwendung von § 717 ZPO bei Aufhebung der Vollstreckbarkeitserklärung eines Schiedsspruchs (§ 1065 Abs. 2 Satz 2 ZPO) bedeutete die ursprüngliche Fassung, dass der Gläubiger entsprechend § 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO nicht auf Schadensersatz, sondern nur auf Erstattung haftete, weil die Vollstreckbarkeitserklärung eine Entscheidung eines Oberlandesgericht ist (§ 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO). Mit der Änderung von § 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO zum 01. 09. 2004 war vom Gesetzgeber nur eine Folgeänderung zur Neufassung von § 708 Nr. 10 ZPO („Berufungsurteile“ anstatt „Urteile der Oberlandesgerichte“) beabsichtigt, 6 die offenbar keine über die Angleichung dieser beiden Vorschriften hinausgehende Wirkung entfalten sollte. Die Rechtslage durch entsprechende Anwendung von § 717 ZPO bei Aufhebung oberlandesgerichtlicher Entscheidung im Rechtsbeschwerdeverfahren gem. § 1065 ZPO sollte folglich unverändert bleiben. Die jüngste Änderung von § 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO hat mithin ein redaktionelles Versehen hervorgebracht, das zu korrigieren ist durch entsprechende Anwendung von § 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO auf oberlandesgerichtliche Entscheidungen, die mit der Rechtsbeschwerde gem. § 1065 ZPO anfechtbar sind.

der §§ 708 ff. ZPO auf Gestaltungsurteile, deren Vollstreckung von einem Willensakt der obsiegenden Partei abhängt, weil dieser Partei andernfalls die Haftung aufgrund von § 717 Abs. 2 ZPO aufgedrängt würde). Ferner Breit, S. 43: „Da selbst Urteile, die ihrer Natur nach nicht vollstreckbar sind, wie . . . Gestaltungsurteile . . . für vorläufig vollstreckbar erklärt werden müssen, erfüllt auch ihre Aufhebung oder Abänderung die Voraussetzungen des § 717 Abs. 2 ZPO“. Rechtsprechung und Schrifttum nehmen zur Frage der Haftung gem. § 717 Abs. 2, 3 ZPO nach Aufhebung oder Abänderung eines obsiegenden Drittwiderspruchsurteils kaum je Stellung, die Frage wird zumeist nicht einmal gestreift. Dieser Befund deutet in Anbetracht der Vielzahl befürwortender Befassungen mit der vorläufigen Vollstreckbarkeit von Drittwiderspruchsurteilen im Hauptsacheausspruch (S. 53, Fn. 75) darauf hin, dass die Haftung des Drittwiderspruchsklägers gem. § 717 Abs. 2, 3 ZPO als selbstverständlich angesehen wird. 6 BT-Drucks 15/3482, S. 20. Ferner Knauer/Wolf, NJW 2004, 2857, 2863 f.

B. Tatbestandswirkung

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Bei einstweiligen Anordnungen gem. § 771 Abs. 3 ZPO sehen die §§ 717 Abs. 2, 3, 945, 1041 Abs. 4, 1065 Abs. 2 Satz 2 ZPO keine Risikohaftung vor. Namentlich scheidet eine Haftung gem. § 717 Abs. 2 ZPO aus. Eine einstweilige Anordnung vor Urteilserlass (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) ist kein „für vorläufig vollstreckbares Urteil“ (§ 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Eine einstweilige Anordnung im Urteil (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) ist zwar Teil eines für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteils. Aber die vorläufige Vollstreckbarkeit betrifft nur den Kostenpunkt, nicht die Anordnung. Die Vollziehung der Anordnung ist nicht „Vollstreckung des Urteils“ (§ 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO), und eine Abwendungsleistung des Gegners erfolgt nicht „zur Abwendung der Vollstreckung“ des Urteils (§ 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO), sondern zur Abwendung der Vollziehung der Anordnung. Es stellt sich die Frage nach einer Risikohaftung des Intervenienten aufgrund Gesetzes- oder Rechtsanalogie zu den Vorschriften über die Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung, wenn eine einstweilige Anordnung gem. § 771 Abs. 3 ZPO vollzogen wird oder zu werden droht (C.). Für die einzelnen Haftungsfälle sind schließlich die erforderlichen Bestimmungen zu den Rechtsfolgen Schadensersatz und Erstattung zu treffen (D.).

B. Tatbestandswirkung Vorschriften über die Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung sehen verschiedentlich eine Tatbestandswirkung von Entscheidungen eines vorangegangenen Prozesses vor (z. B. § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO: „Wird ein für vorläufig vollstreckbares Urteil aufgehoben oder abgeändert“ – Tatbestandswirkung der aufhebenden oder abändernden Entscheidung). Die Wirkung von Entscheidungen, die von ihnen als Tatbestandselement einer Rechtsnorm ausgehen (Tatbestandswirkung), 7 ist als materiellrechtliche Anspruchsvoraussetzung von der materiellen Rechtskraft zu unterscheiden.

I. Aufhebung und Abänderung § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO setzt nur voraus, dass ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil aufgehoben oder abgeändert wird. Ein Anspruch aus § 717 Abs. 2 ZPO entsteht folglich unabhängig davon, ob die Klage schließlich rechtskräftig abgewiesen wird. 8 Die Unabhängigkeit der Anspruchsentstehung vom Ausgang des Rechtsstreits wird dadurch bezeugt, dass der Beklagte den Anspruch bereits im anhängigen Rechtsstreit geltend machen kann (§ 717 Abs. 2 7

Gaul, in: Festschrift für Albrecht Zeuner, S. 317. BGH WM 2007, 27, 28 f.; A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 39 f.; Bruns/Peters, S. 30 f.; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 231; Grunsky, Grundzüge, Rn. 267; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 12; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 717, Rn. 8. 8

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

Satz 2 ZPO).9 Demnach entsteht ein Schadensersatzanspruch des beklagten Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten (§ 717 Abs. 2 ZPO), wenn ein stattgebendes erstinstanzliches Leistungsurteil nach vorläufiger Vollstreckung (§§ 708 ff., 890 ZPO) oder Abwendungsleistung des Vollstreckungsgläubigers (als Titelschuldner) im Berufungsverfahren aufgehoben wird. Der Schadensersatzanspruch aus § 717 Abs. 2 ZPO ist indes vorläufig. Er erlischt, wenn das aufhebende Urteil wieder aufgehoben oder der Klage schließlich rechtskräftig stattgegeben wird.10 Diese Auffassung entspricht der gesetzgeberischen Zwecksetzung.11 I. E. kann der beklagte Vollstreckungsgläubiger also auch unter den Voraussetzungen des § 717 Abs. 2 ZPO keinen Schadensersatz verlangen, wenn das aufhebende Urteil keinen Bestand hat, oder wenn er schließlich rechtskräftig unterliegt. Entsprechend entsteht der Erstattungsanspruch des § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO mit Aufhebung oder Abänderung des Urteils; er erlischt aber, wenn der Intervenient schließlich – nach Zurückverweisung und anschließender erneuter Verurteilung des Vollstreckungsgläubigers – rechtskräftig obsiegt. Wie bei § 717 Abs. 2 ZPO bindet bei § 945 Alt. 2, 3 ZPO die Tatbestandswirkung den Schadensersatzanspruch an die Aufhebung.12 Mit der Aufhebung der Maßregel durch Urteil gem. § 926 Abs. 2 ZPO oder durch Beschluss (§ 942 Abs. 4 ZPO) gem. § 942 Abs. 3 ZPO entsteht der Schadensersatzanspruch (§ 945 Alt. 2, 3 ZPO). Er erlischt, wenn das aufhebende Urteil im Berufungsverfahren

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Breit, S. 54; Bruns/Peters, S. 31. BGH JR 1998, 282, 286; RGZ 145, 328, 332 f.; RGZ 121, 180, 182; LG Berlin-Charlottenburg NJW 1956, 1762, 1763 m. zust. Anm. Lent, NJW 1956, 1762; Baumann/Brehm, S. 143; A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 40; Breit, S. 65 f.; Bruns/Peters, S. 30 f.; Freudenthal/ Sauerländer, § 717, Anm. 9; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 231 f.; Gerhardt, Grundbegriffe, Rn. 42; ders., Vollstreckungsrecht, S. 41; Häsemeyer, S. 81 ff.; Henckel, S. 263 ff.; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 12a; Mohrbutter, S. 53; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 15; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 717, Rn. 8. Ferner OLG Nürnberg OLGZ 1973, 45, 46: Der Vollstreckungsgläubiger könne den Anspruch aus § 717 Abs. 2 ZPO mit einem gegen den Vollstreckungsschuldner gerichteten Schadensersatzanspruch aus §§ 284, 286 BGB a. F. (§§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB) verrechnen (dagegen zutreffend Werner, in: Buchegger, S. 163, 175: Ob ein verrechenbarer Verzugsschadensanspruch besteht, ist keine Frage des Anwendungsbereichs von § 717 Abs. 2 ZPO). A. A. Lindemann, S. 82 ff.; Saenger, JZ 1997, 222, 226 ff.; Werner, a.a.O., S. 163 ff. 11 Hahn/Mugdan, S. 135 = Entwurfsbegründung, S. 146 zu § 655 CPO (§ 717 ZPO): „Für den Fall, daß die Vollstreckbarkeit lediglich wegen Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben wird, während in der Sache selbst das Urtheil keine Aenderung zu Ungunsten des Klägers erleidet, läßt der Entwurf die Schadensersatzverbindlichkeit nicht zu . . . Es wäre hier eine nicht zu rechtfertigende Härte gegen den Kläger, ihn dafür verantwortlich machen zu wollen, daß er die Befriedigung seiner schließlich durch Richterspruch anerkannten Ansprüche früher erlangt hat, als dies bei ordnungsgemäßem Gange des Verfahrens der Fall gewesen sein würde“. 12 Zur strukturellen Übereinstimmung von § 717 Abs. 2 ZPO mit § 945 Alt. 2, 3 ZPO Schilken, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Band III, S. 593, 597 ff. 10

B. Tatbestandswirkung

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oder der aufhebende Beschluss im Verfahren der sofortigen Beschwerde (analog § 934 Abs. 4 ZPO) 13 wieder aufgehoben wird.14

II. Ungerechtfertigtheit Anders als die §§ 717 Abs. 2, 945 Alt. 2, 3 ZPO knüpfen § 945 Alt. 1 ZPO und der diesem nachgebildete § 1041 Abs. 4 Satz 1 ZPO die Haftung nicht an eine Aufhebungsentscheidung an, sondern daran, dass sich die Anordnung einer Eilmaßnahme von Anfang an als ungerechtfertigt „[e]rweist“. Die Bedeutung dieses Tatbestandsmerkmals ist umstritten. Zu § 945 Alt. 1 ZPO herrscht in der Rechtsprechung die auch im Schrifttum vertretene Meinung vor, die anfängliche Ungerechtfertigtheit der Maßnahme müsse sich bereits oder könne sich jedenfalls bindend im Verfügungs- oder Hauptsacheverfahren erwiesen haben. Über die Präjudizialität rechtskräftiger Verfügungs- und Hauptsacheurteile hinaus bestehe gem. § 945 Alt. 1 ZPO im Schadensersatzprozess auch eine der Tatbestandswirkung bei §§ 717 Abs. 2, 945 Alt. 2, 3 ZPO ähnliche Bindung an rechtskräftige aufhebende15 und bestätigende16 Arrest- und Verfügungsurteile sowie an rechtskräftige stattgebende17 und abweisende18 Hauptsacheentscheidungen. Im Schrifttum19 wird dagegen überwiegend, und zwar zu Recht, wie zuletzt Ahrens20 und Schilken 21 nachgewiesen haben, die auch vom I. Zivilsenat des BGH22 geteilte Meinung vertreten, dass bei § 945 Alt. 1 ZPO im Schadensersatzprozess keine Bindung der Tatbestandswirkung von Entscheidungen im Verfügungs- und Hauptsacheverfahren besteht, eine Bindung vielmehr nur über die Wirkungen der materiellen Rechtskraft von Hauptsacheentscheidungen (Präjudizialität) eintritt. Das Gericht des Schadensersatzprozesses kann folglich nur an die Entscheidung des Hauptsachegerichts über das Bestehen des Verfügungsanspruchs (z.Zt. des Verfügungserlasses) gebunden sein, der Gegenstand der Hauptsache ist. Gleiches gilt bei § 1041 Abs. 4 ZPO. Die Hauptsa13

OLG Brandenburg MDR 1995, 745; Reichold, in: Thomas/Putzo, § 942, Rn. 8. Weitergehend Stolz, S. 89 ff.: auch keine Schadensersatzpfl icht, wenn im Hauptsacheverfahren ein Sachurteil zugunsten des Verfügungsgläubigers ergeht. 15 BGH NJW 1992, 2297, 2298; BGHZ 75, 1, 5; RGZ 157, 14, 19; RGZ 143, 118, 120; RGZ 59, 355, 359 f.; RGZ 58, 236, 237 ff.; Fischer, in: Festschrift für Franz Merz, S. 81, 84 ff.; Lindemann, S. 100 ff. Ferner BGHZ 62, 7, 10 f. betr. das presserechtliche Gegendarstellungsverfahren; Stolz, S. 82 ff., unter dem Vorbehalt eines stattgebenden Hauptsacheurteils. 16 RGZ 157, 14, 19. Ferner BGHZ 62, 7, 10 f. betr. das presserechtliche Gegendarstellungsverfahren. 17 RGZ 157, 14, 19; Stolz, S. 82 ff. 18 BGHZ 75, 1, 5; RGZ 157, 14, 19. 19 Baur, Studien, S. 105 ff.22; A. Blomeyer, Zivilprozess, S. 668 f.; Bruns, ZZP 65 (1952), 67, 69 ff.; ders./Peters, S. 336 ff.; Grunsky, in: Stein/Jonas, § 945, Rn. 23 ff.; ders., Zivilprozess, Rn. 291; Heinze, in: MüKo ZPO; § 945, Rn. 25 ff.; Laue, S. 17 ff. 20 Ahrens, in: Festschrift für Henning Piper, S. 31, 34 ff. 21 Schilken, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Band III, S. 593, 599 ff., 609 ff. 22 BGH NJW-RR 1992, 998, 999. 14

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

cheentscheidung des Schiedsgerichts bindet im Rahmen der materiellen Rechtskraft (§ 1055 ZPO) das Gericht des Schadensersatzprozesses bei der Entscheidung über den Verfügungsanspruch. 23

C. Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung bei einstweiligen Anordnungen gem. § 771 Abs. 3 ZPO Es ist umstritten, ob und nach welcher Maßgabe ein Intervenient, der eine einstweilige Anordnung gem. §§ 771 Abs. 3, 769, 770 ZPO erwirkt hat, in Analogie zu den Vorschriften über die Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung haftet. Rechtsprechung und Schrifttum äußern eine Vielzahl von Auffassungen. Bei einstweiligen Anordnungen vor Urteilserlass, deren Entscheidungsgrundlage (§§ 769 Abs. 1 Satz 2, 294 ZPO) weniger verlässlich ist als bei Endurteilen, 24 und über deren Erlass in dringenden Fällen (§§ 771 Abs. 3, 769 Abs. 2 ZPO) der Rechtspfleger entscheidet (§ 20 Nr. 17 RpflG), soll § 717 Abs. 2, 3 ZPO analog anwendbar sein 25 oder nicht 26 ; ferner wird eine Analogie zu § 945 ZPO befürwortet 27 und abgelehnt 28 . Bei Urteilsanordnungen soll § 717 Abs. 2, 3 ZPO analog anwendbar sein 29 oder nicht 30 . Schließlich werden für beide Ar23

Bandel, S. 233 ff. BGHZ 95, 10, 15; LG Frankfurt MDR 1980, 409; Lindemann, S. 154 f.; Weber, AcP 141 (1935), 257, 264. 25 So LG Frankfurt MDR 1980, 409; Pecher, S. 189; Putzo, in: Thomas/Putzo, § 771, Rn. 24; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 69 (betr. § 769 ZPO); Schmidt-v. Rhein, in: AK ZPO, § 717, Rn. 5. 26 So OLG München NJW-RR 1989, 1471, 1472; Baumbach/Lauterbach, § 717, Rn. 24; Baur/Stürner/Bruns, Rn. 46.23; Falkmann/Mugdan, S. 463; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/ Schilken, S. 243, 696; U. Gottwald, § 717, Rn. 7; Herget, in: Zöller, § 771, Rn. 19; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 48; Jauernig/Berger, § 13, Rn. 31; Krüger, in: MüKo ZPO, § 717, Rn. 12; W. Lüke, Rn. 536; Moeller, in: Dunkl, Rn. J 98; Mohrbutter, S. 146 (unter Hinweis auf RGZ 96, 335, 337. Der Hinweis geht fehl; die Entscheidung befasst sich mit der Haftung des Gläubigers gegenüber dem Intervenienten, nicht mit der Haftung des Intervenienten); Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 71; § 769, Rn. 21; § 771, Rn. 55; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 78; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 717, Rn. 7; § 771, Rn. 45. 27 In diese Richtung Grunsky, in: Stein/Jonas, § 945, Rn. 15; ders., JuS 1976, 277, 287; Heinze, in: MüKo ZPO, § 945, Rn. 17. 28 So Baur/Stürner/Bruns, Rn. 52.30; Becker-Eberhard, in: Berger, Kap. 10, Rn. 12; Dunkl, in: Dunkl, Rn. A 436; Falkmann/Mugdan, S. 463; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 769, Rn. 21; Schilken in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 1055; Stolz, S. 129 f.; Thümmel, in: Wieczorek/Schütze, § 945, Rn. 5. 29 So Putzo, in: Thomas/Putzo, § 771, Rn. 24. 30 So Baumbach/Lauterbach, § 717, Rn. 24; Baur/Stürner/Bruns, Rn. 46.23; Falkmann/ Mugdan, S. 463; U. Gottwald, § 717, Rn. 7; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 48; Krüger, in: MüKo ZPO, § 717, Rn. 12; W. Lüke, Rn. 536; Mohrbutter, S. 146 (mit unzutreffendem Hinweis auf RGZ 96, 335, 337); Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 71; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 78; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 717, Rn. 7; § 771, Rn. 45. 24

C. Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

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ten von Anordnungen Rechtsanalogien zu Vorschriften über die Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung befürwortet 31 und abgelehnt 32 .

I. Methodische Annäherung Die analoge Anwendung der Risikohaftungsvorschriften in den Fällen des § 771 Abs. 3 ZPO ist seit langem umstritten. In der Diskussion stehen rechtsdogmatische Streitpunkte im Vordergrund, während Befassungen mit der zugrundeliegenden Methodik der Rechtsfortbildung selten sind. Indes verspricht eine methodische Annäherung an die inmitten stehenden Standpunkte Erkenntnisgewinn. 1. Analogie als Mittel der Rechtsfortbildung Die Aufgabe der Rechtsfortbildung durch Analogie stellt sich, wenn die Gesetzesauslegung ergibt, dass das Gesetz für einen rechtlich zu bestimmenden Fall keine Regelung enthält. Es ist dann zu untersuchen, ob das Gesetz um eine Regelung dieses Falles ergänzungsbedürftig ist (Lückenfeststellung). Die Ergänzung (Lückenausfüllung) ist vorzunehmen entweder durch entsprechende Anwendung einer bestehenden Regelung auf den ungeregelten Fall (Gesetzesanalogie) oder durch eine neugeschaffene Regelung, die aus einem in verschiedenen bestehenden Regelungen zutage getretenen Rechtsgrundsatz entwickelt wird (Rechtsanalogie). a) Methodische Schritte der Rechtsfortbildung durch Analogie Rechtsfortbildung durch Analogie setzt die Ergänzungsbedürftigkeit des Gesetzes voraus. Das Gesetz ist ergänzungsbedürftig, wenn es eine Lücke (planwidrige Unvollständigkeit) aufweist. Eine Gesetzeslücke besteht, wenn das Gesetz innerhalb der Grenzen seines möglichen Wortsinnes und das Gewohnheitsrecht eine Regelung nicht enthalten (Unvollständigkeit), obwohl die Rechtsordnung in ihrer Gesamtheit eine solche fordert (Planwidrigkeit).33 Ist das Gesetz lückenhaft (und nicht nur rechtspolitisch fehlerhaft), dann ist die Rechtsfortbildung durch Lückenausfüllung geboten. So klar Lückenfeststel31 So Marcuse, S. 70 ff.; Weber, AcP 141 (1935), 257, 261 ff. Ferner Häsemeyer, NJW 1986, 1028, 1029: allgemeine Durchsetzungshaftung. 32 So BGHZ 95, 10, 13 m. zust. Anm. Gerhardt, JR 1985, 511, 512; Messer, WuB VI E. – § 717 Abs. 2 ZPO – 1.85; RG SeuffArch 61 (1906), 206, 208 f.; OLG München NJW-RR 1989, 1471, 1472; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 243; Rabback, S. 172 ff.; Thümmel, in: Wieczorek/ Schütze, § 945, Rn. 5. Ferner Freudenthal/Sauerländer, § 771, Anm. 9; Jonas, in: Stein/Jonas (12/13), § 717, Anm. VI, § 771, Anm. VI; Walsmann, in: v. Seuffert/Walsmann, § 771, Anm. 8; Warneyer, § 771, Anm. VII; Wieczorek, in: Wieczorek/Schütze (2), § 771, Anm. F IV b. 33 Canaris, S. 39. Ferner Würdinger, AcP 206 (2006), 946, 950 ff.

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

lung und -ausfüllung als methodische Schritte zu trennen sind, so unscharf wird die Trennung regelmäßig, wenn die Schritte unternommen werden. Bereits Auslegung und Lückenfeststellung gehen ineinander über. Ungeregeltheit eines Falles (Auslegungsergebnis) und Unvollständigkeit des Gesetzes (Lückenfeststellung) bezeichnen denselben Befund. Allerdings ist die Feststellung beschreibend, wenn sie als Auslegungsergebnis formuliert wird (Scheidung geregelter Fälle von den ungeregelten anhand des Normtatbestandes), während sie wertend ist, wenn die Ungeregeltheit bei der Lückenfeststellung als Unvollständigkeit verstanden wird (Deutung der Ungeregeltheit eines bestimmten Falles aus der Vielzahl ungeregelter Fälle als mangelhaft). Die Bewertung (Unvollständigkeit) des beschreibenden Befundes (Ungeregeltheit) wird durch die Erkenntnis der Planwidrigkeit der Ungeregeltheit bedingt und gerechtfertigt. Die Feststellung der Planwidrigkeit ist somit der entscheidende, sinngebende Vorgang bei der Lückenfeststellung. Die Erkenntnis der Planwidrigkeit (Lückenfeststellung) mündet zudem unmittelbar in die Lückenausfüllung ein. Die Planwidrigkeit ist vom Boden des geltenden Rechts aus zu bestimmen, und nicht anhand des Rechtsgefühls oder -bewusstseins der Allgemeinheit, eines als günstig erachteten Ergebnisses oder des „richtigen Rechts“.34 Eine Lücke (die Planwidrigkeit einer Ungeregeltheit) ist somit am Maßstab des geltenden Rechts festzustellen, und sie ist aus dem geltenden Recht (durch entsprechende Anwendung eines geltenden Rechtssatzes oder mithilfe eines im geltenden Recht verankerten Rechtsgrundsatz) auszufüllen. Diejenigen Normen des geltenden Rechts, anhand derer die Planwidrigkeit der Ungeregeltheit nachweisbar ist, sind gleichzeitig diejenigen Normen, durch die (Gesetzesanalogie) oder auf deren Grundlage (Rechtsanalogie) die Lücke auszufüllen ist. Die Feststellung einer Lücke (der Planwidrigkeit einer Ungeregeltheit) und ihre Ausfüllung (Herstellung der Planmäßigkeit durch Rechtsfortbildung) sind damit zumeist derselbe Vorgang.35 Mit der Erkenntnis einer Lücke ist regelmäßig auch bereits erkannt, wie die Lücke auszufüllen ist.36 b) Maßstäbe und Mittel zur Feststellung der Planwidrigkeit aa) Maßstäbe Maßstäbe der Lückenfeststellung sind das Rechtsverweigerungsverbot, der Gleichheitssatz sowie geltende Rechtsprinzipien.37

34 35 36 37

Canaris, S. 31 ff., 73. Canaris, S. 148 ff.; Larenz, Methodenlehre, S. 378 f. Larenz, Methodenlehre, S. 379. Canaris, S. 55 ff.

C. Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

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Das Rechtsverweigerungsverbot besagt, dass das Gesetz, wo es einen Tatbestand schafft, auch eine Rechtsfolge fordert. Enthält das Gesetz einen Tatbestand, aber keine Rechtsfolgenanordnung, dann muss diese Lücke zur Vermeidung der Rechtsverweigerung rechtsfortbildend geschlossen werden.38 Das Rechtsverweigerungsverbot ist für die Fälle einstweiliger Anordnungen gem. § 771 Abs. 3 ZPO nicht einschlägig. Für diese Fälle hat das Gesetz keinen Tatbestand der Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung geschaffen. Rechtsfortbildung durch Analogie ist ferner geboten, wenn das Gesetz sich am Gleichheitssatz gemessen als ergänzungsbedürftig erweist. Rechtlich gleichartige Tatbestände sind von Rechts wegen rechtlich gleich zu behandeln.39 Die rechtliche Gleichartigkeit ist anhand der Wertungen festzustellen, die in den gesetzlichen Regelungen zutage treten und wie bei der Auslegung zu ermitteln sind. 40 Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung ist folglich bei einstweiligen Anordnungen gem. § 771 Abs. 3 ZPO geboten, wenn Risikohaftungsvorschriften auf Wertungen beruhen, an denen gemessen die geregelten Fälle den ungeregelten Fällen einstweiliger Anordnungen gem. § 771 Abs. 3 ZPO gleichartig sind. Schließlich können im geltenden Recht zutage tretende Rechtsprinzipien die Fortbildung des Rechts durch Rechtsanalogie fordern. Der unmittelbare Rückgriff auf die Rechtsidee ist im Vergleich mit der Rechtsfortbildung aufgrund gesetzlicher Einzelwertungen und dem Gleichheitssatz (Gesetzesanalogie) nur lose mit dem geltenden Gesetzesrecht verknüpft. 41 Während bei der Gesetzesanalogie von der Rechtsähnlichkeit der Tatbestände unmittelbar auf die Gleichheit der Rechtsfolge geschlossen wird, wird bei der Rechtsanalogie aus der Übereinstimmung eines in mehreren Vorschriften zum Ausdruck gelangten Grundgedankens ein allgemeiner Rechtsgrundsatz abgeleitet, der sodann auf die ungeregelten Fälle angewandt wird. Die Rechtsanalogie weist nur eine schwache Bindung an bestimmte Normen auf und beruht mehr auf rechtsgrundsätzlichen Überzeugungen als auf der vorgegebenen Rechtslage. 42 Die Maßstäbe zur Lückenfeststellung stehen in einem Stufenverhältnis vom Rechtsverweigerungsverbot über den Gleichheitssatz zu den Rechtsgrundsätzen. 43 Für die hier inmitten stehenden Fragen heißt dies, dass die Untersuchung der Einzelwertungen von Risikohaftungsvorschriften i. V. m. dem Gleichheitssatz der Befassung mit normübergreifenden Rechtsgrundsätzen der Risikohaftung voranzugehen hat. Folglich sind zunächst die in Betracht zu ziehenden 38 Canaris, S. 55 f., 59 ff. Zu Rechtsgeltung und Rechtsfortbildungszweck des Rechtsverweigerungsverbots Schumann, ZZP 81 (1968), 79, 89 ff., 100 f. 39 Canaris, S. 71, Fn. 72; Larenz, Methodenlehre, S. 359. 40 Canaris, S. 56 f. 41 Canaris, S. 57 f. 42 Canaris, S. 97 ff.; Larenz, Methodenlehre, S. 364 ff., 397. 43 Canaris, S. 127 f.

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

Gesetzesanalogien zu § 945 ZPO und § 717 Abs. 2, 3 ZPO zu untersuchen. Für den Vorzug der Einzelanalogie spricht auch, dass die Ansprüche in den einzelnen Risikohaftungsvorschriften unterschiedlich ausgestaltet und die Vorschriften auf bestimmte Arten gerichtlicher Entscheidungen zugeschnitten sind (z. B. findet § 717 Abs. 3 ZPO bei § 945 ZPO wegen § 542 Abs. 2 ZPO keine Entsprechung; § 717 Abs. 2 ZPO knüpft im Tatbestand an die Aufhebung oder Abänderung an, während bei § 945 Alt. 1 ZPO im Hinblick auf das Hauptsacheverfahren keine Tatbestandswirkung besteht, dazu sub B.). Folglich würde eine Gesamtanalogie keine klare Rechtsfolgenbestimmung ermöglichen. Zur näheren Festlegung müssten die ungeregelten Fälle Einzelvorschriften zugeordnet werden, wobei die Rechtsähnlichkeit mit den in den Einzelvorschriften geregelten Fällen das entscheidende Kriterium wäre. bb) Mittel Mittel der Lückenfeststellung anhand der Wertungen des Gesetzes und des Gleichheitssatzes sind in erster Linie die Analogie und das argumentum a fortiori. Bei der Analogie als Mittel der Lückenfeststellung ist zunächst die gesetzliche Wertung einer Vorschrift zu ermitteln. Anhand der gesetzlichen Wertung ist dann die Rechtsähnlichkeit zwischen einem ungeregelten Fall und den geregelten Fällen festzustellen. 44 Indem die Rechtsähnlichkeit auf die in der herangezogenen Vorschrift zutage getretene Wertung bezogen wird, entscheidet der Analogieschluss gleichzeitig darüber, ob die Ungeregeltheit eine der Rechtsfortbildung zugängliche Lücke oder ein hinzunehmender gesetzgeberischer Fehler ist. 45 Das argumentum a fortiori enthält die Feststellung, dass die einer Vorschrift zugrundeliegende Wertung auf einen ungeregelten Fall in noch stärkerem Maße zutrifft als auf die geregelten Fälle – der Gleichheitssatz gebietet dann die Gleichbehandlung der geregelten und der ungeregelten Fälle umso mehr. 46 2. Funktionale Unterschiede einstweiliger Anordnungen Bei der Analogiebildung sind die funktionalen Unterschiede einstweiliger Anordnungen vor Urteilserlass (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) einerseits und einstweiliger Urteilsanordnungen (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) andererseits zu beachten. Einstweilige Anordnungen vor Urteilserlass verdrängen einstweilige Verfügungen weitestgehend und entsprechen ihnen funktional als Mittel des einstweiligen Rechtsschutzes. 47 Urteilsanordnungen vertreten dagegen die vorläu44 45 46 47

Canaris, S. 72 f., 78. Canaris, S. 73, 75. Canaris, S. 78. S. 117.

C. Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

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fige Vollstreckbarkeitserklärung des Hauptsachetenors, auf den die Vorschriften über die vorläufige Vollstreckbarkeit unanwendbar sind; Urteilsanordnungen entsprechen funktional der vorläufigen Vollstreckbarkeitserklärung des Hauptsachetenors. 48 Die funktionalen Unterschiede einstweiliger Anordnungen vor Urteilserlass und solcher im Urteil, die Sonderregelungen verschiedener Mittel des Interimsrechtsschutzes sind, veranlassen zu zwei Arbeitshypothesen für die folgende Untersuchung. Das Gesetz ist – entgegen in der Rechtsprechung49 und im Schrifttum 50 gepflegter Übung – nicht einheitlich für beide Arten einstweiliger Anordnungen gem. § 771 Abs. 3 ZPO auf seine Lückenhaftigkeit und Ergänzungsbedürftigkeit zu untersuchen, sondern getrennt für einstweilige Anordnungen vor Urteilserlass (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) und solche im Urteil (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO). Denn das Gesetz kann im Hinblick auf eine Art von Anordnung lückenhaft und im Hinblick auf die andere Art lückenlos sein. Ist es für beide Arten von Anordnungen lückenhaft, können die Lücken an verschiedenen Stellen auftreten und unterschiedlich zu schließen sein. Die Rechtsähnlichkeit eines gesetzlich geregelten und eines nicht geregelten Falles ist ein Mittel zur Lückenfeststellung (sub C. I. 1. b) bb)). Also ist das Gesetz dort auf seine Lückenhaftigkeit zu untersuchen, wo es den Fall regelt, der dem ungeregelten am rechtsähnlichsten ist. Einstweilige Anordnungen vor Urteilserlass und einstweilige Verfügungen entsprechen einander funktonal, und Urteilsanordnungen und die vorläufige Vollstreckbarkeit entsprechen einander funktional – im Hinblick auf Regelungsgegenstand und Zwecksetzung sind die Paare jeweils rechtsähnlich. Die Risikohaftung für einstweilige Verfügungen ist in § 945 ZPO geregelt, die Risikohaftung der vorläufigen Vollstreckbarkeit ist in § 717 Abs. 2, 3 ZPO geregelt. Für die ungeregelten Fälle der §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO (Anordnungen bis zum Urteil) und der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO (Urteilsanordnungen) heißt das, dass § 945 ZPO auf die Fälle der §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO auf Lückenhaftigkeit zu untersuchen ist (II.), und § 717 Abs. 2, 3 ZPO auf die Fälle der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO (III.).

48

S. 57–103. BGHZ 95, 10, 15; RG SeuffArch 61 (1906), 206, 209; OLG München NJW-RR 1989, 1471, 1472. 50 Baumbach/Lauterbach, § 717, Rn. 24; Baur/Stürner/Bruns, Rn. 46.23; Gerhardt, JR 1985, 511, 512; U. Gottwald, § 717, Rn. 7; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 48; Krüger, in: MüKo ZPO, § 717, Rn. 12; W. Lüke, Rn. 536; Mohrbutter, S. 146; Putzo, in: Thomas/Putzo, § 771, Rn. 24; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 717, Rn. 7; § 771, Rn. 45. Ferner Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 243; Häsemeyer, NJW 1986, 1028, 1029; Marcuse, S. 70 ff.; Messer, WuB VI E. – § 717 Abs. 2 ZPO – 1.85; Rabback, S. 172 ff.; Thümmel, in: Wieczorek/ Schütze, § 945, Rn. 5; Weber, AcP 141 (1935), 257, 261 ff. 49

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

3. Analogiefähigkeit der Risikohaftungsvorschriften Es bestehen keine grundlegenden Bedenken gegen eine Analogie zu Normen über die Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung. Das RG 51 vertrat zwar die Auffassung, diese Vorschriften seien als Ausnahmevorschriften (Abweichung vom Verschuldensgrundsatz) entsprechender Anwendung unzugänglich. Dieses Rechtsverständnis ist aber unzutreffend und überholt. Zwar gilt bei Ausnahmevorschriften wie den Risikohaftungsnormen die Vermutung, dass sie abschließend sind. Eine Analogie ist aber nicht schlechthin ausgeschlossen. 52 Ausnahmevorschriften sind nach allgemeinen Regeln analogiefähig. Zwar ist es geboten, mit einer Analogie desto zurückhaltender zu sein, je mehr der Ausnahmesatz vom Prinzip abweicht, damit nicht die Geltung der Ausnahmevorschrift zur allgemeinen Regel erhoben wird. 53 Liegt Ausnahmevorschriften aber ein „engeres Prinzip“ zugrunde, kann es nötigenfalls im Wege der Analogie zur Geltung gebracht werden. 54

II. Schadensersatzansprüche analog § 945 ZPO bei einstweiligen Anordnungen vor Urteilserlass gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO 1. Ungeregeltheit § 945 ZPO spricht von der „Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung“ und meint damit Entscheidungen, die aufgrund der Vorschriften des Fünften Abschnitts „Arrest und einstweilige Verfügung“ des Zwangsvollstreckungsrechts der ZPO (§§ 916 ff. ZPO) ergangen sind. Einstweilige Anordnungen gem. § 771 Abs. 3 ZPO werden nach Wortlaut und Stellung des § 945 ZPO im Gesetz nicht erfasst. 55 Die Verpflichtung eines Intervenienten, der eine einstweilige Anordnung vor Urteilserlass (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) erwirkt hat, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Vollziehung der angeordneten Maßregel oder dadurch entsteht, dass er Sicherheit leistet, um die

51 RG HRR 1933, Nr. 1541; RG HRR 1925 Nr. 141; RG JW 1912, 201; RG SeuffArch 61 (1906), 206, 208. Ferner Falkmann/Mugdan, S. 463. 52 BGHZ 95, 10, 13 f. m. zust. Anm. Gerhardt, JR 1985, 511; BGHZ 30, 123, 128 ff. m. zust. Anm. Pagendarm, LM ZPO § 945 Nr. 3; RG GRUR 1939, 787, 790; Baumann/Brehm, S. 145; Baumbach/Lauterbach, § 717, Rn. 20; Bruns/Peters, S. 34; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 242; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 47; Jonas, in: Stein/Jonas (12/13), § 717, Anm. VI; Krüger, in: MüKo ZPO, § 717, Rn. 11; Lindemann, S. 63; Marcuse, S. 44 f.; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 59; Weber, AcP 141 (1935), 257, 260. 53 Canaris, S. 181; Weber, AcP 141 (1935), 257, 260. 54 Canaris, S. 181; Engisch, S. 147 f.; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 242; Schilken, Befriedigung, S. 99 f. Ausführlich Würdinger, AcP 206 (2006), 946, 955 ff. 55 Weber, AcP 141 (1935), 257. Ebenso BGHZ 95, 10, 13, betr. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO. Zustimmend Herget, in: Zöller, § 717, Rn. 5; Vollkommer, in: Zöller, § 945, Rn. 5.

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Vollziehung abzuwenden, 56 ist folglich ungeregelt und nur im Wege der Rechtsfortbildung durch Analogie begründbar. 2. Planwidrigkeit der Ungeregeltheit Rechtsfortbildung durch Analogie bedarf es, wenn der ungeregelte Fall den geregelten Fällen, gemessen an der im Gesetz zutage getretenen Wertung, so rechtsähnlich ist, dass die Erstreckung der Regelung auf den ungeregelten Fall ein Gebot der Gleichheit und damit des Rechts ist, oder wenn die gesetzliche Wertung auf den ungeregelten Fall noch stärker zutrifft als auf die geregelten Fälle, so dass die Regelung erst recht auf den ungeregelten Fall zu erstrecken ist. Mithin ist die § 945 ZPO zugrunde liegende und in ihm zum Ausdruck gelangte gesetzliche Wertung zu ermitteln, an der die Ähnlichkeit der geregelten Fälle und des ungeregelten Falles zu messen ist. Die gesetzliche Wertung ist dasselbe wie die rechtspolitische Zwecksetzung einer Norm, deren Ermittlung Ziel der Auslegung ist. 57 Sie ist daher mit den Mitteln der Gesetzesauslegung zu ermitteln. Die in § 945 ZPO zum Ausdruck gelangte gesetzliche Wertung ist folglich anhand des Gesetzeswortlauts (a)), der Gesetzesmaterialien (b)) und des systematischen Normumfeldes (c)) zu bestimmen. a) Wortlaut Wer bestimmte Entscheidungen des einstweiligen Rechtsschutzes („Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung“) vollziehen lässt („aus der Vollziehung der angeordneten Maßregel“) oder dem Anschein nach vollziehen zu lassen droht („um die Vollziehung abzuwenden oder die Aufhebung der Maßregel zu erwirken“) und dadurch dem Gegner Schaden zufügt, der soll gem. § 945 ZPO von Rechtswidrigkeit und Verschulden unabhängig und damit schärfer als nach dem geltenden Verschuldensgrundsatz haften, wenn die Entscheidung an bestimmten Mängeln leidet („von Anfang an ungerechtfertigt“) oder sich aus bestimmten Gründen als unbeständig erweist („wird die angeordnete Maßregel . . . aufgehoben“). § 945 ZPO sanktioniert das (drohende) Gebrauchmachen bestimmter Interimsentscheidungen mit verschärfter Haftung, wenn sich die Interimsentscheidungen eigene materielle („ungerechtfertigt“) oder förmliche („aufgehoben“) Anfälligkeit verwirklicht. Damit gelangt die Wertung zum Ausdruck, dass es angemessen sei, demjenigen, der einstweilige Eil- oder Interimsentscheidungen umsetzen lässt oder dem Anschein nach um56

Sicherheitsleistung, „um . . . die Aufhebung der Maßregel zu erwirken“ (Fälle der §§ 923, 927, 939 ZPO), kommt bei einstweiligen Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO nicht in Betracht. 57 Canaris, S. 57: „sind . . . auch die dahinter [sc. hinter den Normen] stehenden Wertungen des Gesetzes ein entscheidender Bestandteil des geltenden Rechts und von entscheidender Bedeutung für seine Auslegung und Fortbildung“ (Hervorhebung im Original).

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setzen lassen wird, ohne weiteres das Schadensrisiko aufzubürden, das sich aus der solchen Entscheidungen eigentümlichen Unsicherheit ihrer Richtigkeit und ihres Bestandes ergibt. Einstweilige Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO sind wie Arrest und einstweilige Verfügungen einstweilige Eilentscheidungen, deren Richtigkeit (Entscheidung aufgrund Glaubhaftmachung, ohne mündliche Verhandlung und nach richterlichem Ermessen, § 769 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 ZPO) und Beständigkeit (§ 769 Abs. 2 ZPO) in besonderem Maße unsicher sind. Danach zu urteilen ist das Gesetz lückenhaft, wenn es für einstweilige Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO keine verschärfte Haftung nach dem Vorbild von § 945 ZPO enthält. b) Gesetzesmaterialien aa) Entwurfsbegründung Novelle 1898 § 945 ZPO wurde durch die Novelle 1898 in das Gesetz eingefügt und gilt seither unverändert. In der Entwurfsbegründung ist zu § 822a E 1898 (§ 945 ZPO) folgendes ausgeführt 58 : „Durch § 822a des Entwurfs wird der schon für andere Fälle (§ 274 Abs. 4, 563 Abs. 2, 655 Abs. 2) zur Geltung gebrachte und oben S. 101, S. 135 näher erörterte Grundsatz, daß derjenige, welcher von einem außerordentlichen Rechtsbehelfe Gebrauch macht, dem Gegner für den daraus entstehenden Schaden auch dann verantwortlich ist, wenn ihm ein Verschulden nicht zur Last fällt, auf den Arrest und die einstweilige Verfügung ausgedehnt. Dabei soll es hier keinen Unterschied machen, ob sich die Anordnung der Maßregel als von Anfang an ungerechtfertigt erweist oder ob deren Aufhebung wegen der Unterlassung einer Prozeßhandlung seitens der Partei, die den Arrest oder die einstweilige Verfügung erwirkt hat, erfolgt. Zu ersetzen ist wie in den anderen Fällen, sowohl der Schaden, der aus der Vollziehung der angeordneten Maßregel entsteht, wie auch der Schaden, der etwa durch eine Sicherheitsleistung verursacht wird, welche die Vollziehung der Maßregel abzuwenden oder deren Aufhebung zu erwirken bestimmt war“.

§§ 274 Abs. 4, 563 Abs. 2, 655 Abs. 2 E 1898, auf die Bezug genommen wird, sind die Entwurfsfassungen der Risikohaftungsvorschriften §§ 302 Abs. 4 (Satz 3), 600 Abs. 2, 717 Abs. 2 ZPO. Die Begründungen der §§ 274, 655 E 1898, auf die in der Entwurfsbegründung von § 822a E 1898 zur Erläuterung der gesetzlichen Wertung von § 945 ZPO verwiesen wird, lauten, soweit einschlägig: „Neu gegenüber dem geltenden Gesetz ist die Vorschrift des Abs. 4 Satz 3, wonach der Kläger, falls das frühere Urtheil in dem Nachverfahren aufgehoben wird, nicht nur zur Erstattung des vom Beklagten auf Grund des Urtheils Gezahlten oder Geleisteten (vgl. § 503 Abs. 2, § 563 Abs. 2), sondern zum Ersatze des Schadens verpfl ichtet sein soll, welcher dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urtheils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung erwachsen ist. Die im Abs. 3 dem Kläger eingeräumte Befugniß, seinen Anspruch vor der endgültigen 58

Hahn/Mugdan, S. 173 = Entwurfsbegründung, S. 192 f.

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Feststellung zur zwangsweisen Durchführung zu bringen, liegt außerhalb des gewöhnlichen Ganges des Verfahrens. Eben deshalb ist der Gläubiger nicht beschwert, wenn er gesetzlich in die Lage gebracht wird, jene Befugniß nur auf seine Gefahr ausüben zu können. Wohl aber wäre es gegen den Beklagten eine unbillige Härte, ihm die mit Ausübung jener Befugniß verbundenen Nachtheile auch insoweit zur Last zu legen, als sich hinterher ergiebt, daß die Entscheidung, aufgrund deren die vorläufige Vollstreckung erfolgte, sachlich ungerechtfertigt war“. 59 „Nach § 655 Abs. 2 des geltenden Gesetzes ist, soweit ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urtheil aufgehoben oder abgeändert wird, der Kläger auf Antrag des Beklagten zur Erstattung des von diesem auf Grund des Urtheils Gezahlten oder Geleisteten zu verurtheilen; gemäß § 697 Abs. 2 hat er ferner dem Beklagten in diesem Falle die Kosten der Zwangsvollstreckung zu vergüten. Inwieweit der Beklagte darüber hinaus den Ersatz des Schadens verlangen kann, welcher ihm durch die Zwangsvollstreckung oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist, wird von der CPO nicht ausdrücklich bestimmt. Die herrschende Meinung, der auch das Reichsgericht gefolgt ist, nimmt an, daß der Kläger selbst dann, wenn das Gericht nach § 652 die vorläufige Vollstreckbarkeit von einer vorgängigen Sicherheitsleistung abhängig gemacht hat, für den aus der Vollstreckung des Urtheils entstehenden Schaden lediglich nach Maßgabe der allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts, d. h. regelmäßig nur insoweit haftet, als ihn ein Verschulden trifft. Dieser Rechtszustand kann als befriedigend nicht angesehen werden. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Urtheile ermöglicht es dem Gläubiger, seinen Anspruch vor der endgültigen Feststellung und ehe alle Rechtsbehelfe des Schuldners erschöpft sind, zur zwangsweisen Durchsetzung zu bringen. Es handelt sich mithin um eine Befugniß des Gläubigers, welche außerhalb des gewöhnlichen Ganges des Verfahrens liegt. Wie in den verwandten Fällen der §§ 274, 563 ist es daher auch hier einerseits keine Beschwerung für den Gläubiger, andererseits eine Forderung der Billigkeit gegenüber dem Schuldner, daß, wenn die Entscheidung, auf Grund derer die vorläufige Vollstreckung erfolgte, sich hinterher als sachlich unbegründet erweist, dem Schuldner der Schaden ersetzt wird, welcher diesem aus der vorzeitigen Zwangsvollstreckung oder aus einer zur Abwendung der Vollstreckung gemachten Leistung erwachsen ist (§ 655 Abs. 2)“. 60

bb) Risikohaftung wegen Außerordentlichkeit des Rechtsbehelfs § 945 ZPO bringt demnach für Arrest und einstweilige Verfügung die gesetzliche Wertung („der schon für andere Fälle . . . zur Geltung gebrachte . . . Grundsatz“) zum Ausdruck, „daß derjenige, welcher von einem außerordentlichen Rechtsbehelfe Gebrauch macht, dem Gegner für den daraus entstehenden Schaden auch dann verantwortlich ist, wenn ihm ein Verschulden nicht zur Last fällt“, und zwar gleichgültig, „ob sich die Anordnung der Maßregel als von Anfang an ungerechtfertigt erweist oder ob deren Aufhebung wegen der Unterlassung einer Prozeßhandlung seitens der Partei“ erfolgt, die die Entscheidung 59 Hahn/Mugdan, S. 102 (der Verweis auf S. 101 in der Entwurfsbegründung von § 822a E 1898 ist offenbar ein Redaktionsversehen) = Entwurfsbegründung, S. 106. 60 Hahn/Mugdan, S. 135 = Entwurfsbegründung, S. 146.

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erwirkt hat. 61 Als „außerordentlich[en]“ ist ein Rechtsbehelf zu verstehen, durch den, wie bei Arrest und einstweiliger Verfügung, Vorbehaltsurteil und vorläufiger Vollstreckbarkeit, einer Partei die „außerhalb des gewöhnlichen Ganges des Verfahrens“ liegende Möglichkeit eingeräumt wird, den geltend gemachten „Anspruch vor der endgültigen Feststellung und ehe alle Rechtsbehelfe des Schuldners erschöpft sind, zur zwangsweisen Durchsetzung zu bringen“. 62 Bei Arrest und einstweiliger Verfügung sowie in vergleichbaren gesetzlichen Fällen soll derjenige, der den gesetzlichen Vorteil der Möglichkeit zur vorzeitigen Durchsetzung seines Begehrs nutzen kann, von Gesetzes wegen ohne weiteres (nicht nur bei Verschulden) auch die Gefahr und Nachteile tragen, die sich aus der vorzeitigen Durchsetzung ergeben. 63 Die Haftung aus § 945 ZPO gründet mithin auf die Außerordentlichkeit von (stattgebenden) Arrest- und Verfügungsentscheidungen. An der gesetzlichen Wertung von § 945 ZPO gemessen, wie sie den Gesetzesmaterialien zu entnehmen ist, sind einstweilige Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO einerseits und Arrest sowie einstweilige Verfügungen andererseits einander in dem Maß rechtsähnlich, in dem die Außerordentlichkeit einstweiliger Anordnungen der Außerordentlichkeit von Arrest und einstweiligen Verfügungen entspricht. Rechtsfortbildung durch analoge Anwendung von § 945 ZPO auf einstweilige Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO ist zulässig, wenn solche Anordnungen gleichermaßen außerordentlich sind wie Arrest und einstweilige Verfügungen; die Analogie ist desto gebotener, je außerordentlicher der Rechtsbehelf der einstweiligen Anordnung gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO im Vergleich zu Arrest und einstweiliger Verfügung ist. Die Außerordentlichkeit von Arrest- und Verfügungsentscheidungen besteht in der Durchsetzungsmöglichkeit des Rechtsschutzbegehrs „außerhalb des gewöhnlichen Ganges des Verfahrens“, „vor der endgültigen Feststellung und ehe alle Rechtsbehelfe des Schuldners erschöpft sind“. Das Verfahren, dessen gewöhnlicher Gang den Bezugspunkt der Außerordentlichkeit bildet, ist nicht das Arrest- und Verfügungsverfahren. Dies ergibt sich zum einen aus § 945 Alt. 1 ZPO, für dessen Tatbestandsmäßigkeit das prozessuale Schicksal der Arrest- oder Verfügungsentscheidung ohne Belang ist. 64 Die Schadensersatzpflicht aus § 945 Alt. 1 ZPO kann auch noch entstehen, wenn der Gläubiger ein Arrest- oder Verfügungsurteil erst nach Rechtskrafteintritt vollziehen lässt. Zum anderen kann jede Arrest- oder Verfügungsentscheidung gem. § 926 Abs. 2 ZPO (mit der Schadensersatzfolge gem. § 945 Alt. 2 ZPO) aufgehoben werden, 61

Hahn/Mugdan, S. 173 = Entwurfsbegründung, S. 192 f. Hahn/Mugdan, S. 135 = Entwurfsbegründung, S. 146. Ferner Hahn/Mugdan, S. 102 = Entwurfsbegründung, S. 106. 63 Hahn/Mugdan, S. 102, 135 = Entwurfsbegründung, S. 106, 146. 64 Reichold, in: Thomas/Putzo, § 945, Rn. 7. Zur fehlenden Tatbestandswirkung bei § 945 Alt. 1 ZPO S. 225. 62

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solange sie besteht. 65 Der Gläubiger kann folglich selbst dann gem. § 945 Alt. 1, 2 ZPO haften, wenn das Arrest- oder Verfügungsverfahren bis zur Rechtskraft durchgeführt und für dieses Verfahren endgültige Feststellungen getroffen wurden. 66 Wenn in der Entwurfsbegründung die Außerordentlichkeit als Durchsetzungsmöglichkeit des Rechtsschutzbegehrs „außerhalb des gewöhnlichen Ganges des Verfahrens“ sowie „vor der endgültigen Feststellung und ehe alle Rechtsbehelfe des Schuldners erschöpft sind“, erläutert wird, ist demnach nicht das Arrest- oder Verfügungsverfahren gemeint. Die Außerordentlichkeit der Durchsetzung aufgrund von Arrest- und Verfügungsentscheidungen resultiert vielmehr aus dem Verhältnis der Arrest- und Verfügungsverfahren zum Hauptsacheverfahren. Arrest- und Verfügungsverfahren sind i. S. der Entwurfsbegründung von § 945 ZPO schlechthin außerordentliche Verfahren, weil sie die Durchsetzung des Rechtsschutzbegehrs außerhalb des Hauptsacheverfahrens, vor der endgültigen Feststellung der Rechtslage im Hauptsacheverfahren und ehe alle Rechtsbehelfe des Schuldners im Hauptsacheverfahren erschöpft sind, ermöglichen. Abweichend davon bewehrt zwar § 945 Alt. 3 ZPO ein Versäumnis innerhalb eines Interimsverfahrens des Verfügungsverfahrens (Rechtfertigungsverfahren). §§ 945 Alt. 3, 942 Abs. 3 ZPO bilden aber einen Sonderfall des Verfügungsverfahrens, dessen Regelung das zu § 945 Alt. 1, 2 ZPO gewonnene Verständnis der Außerordentlichkeit – Bezugspunkt: Hauptsacheverfahren – nicht nachhaltig erschüttert. Das Verhältnis des einstweiligen Rechtsschutzes gem. §§ 916 ff. ZPO zum Hauptsacheverfahren wird durch die Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes bestimmt, gefährdete Rechte zu sichern, Zustände einstweilen zu regeln und Schäden abzuwenden, wenn der Rechtsschutz durch das Hauptsacheverfahren wegen der Verfahrensdauer nicht hinreicht. Diese Aufgabe verwirklichen sichernde, regelnde und vorwegnehmende Maßnahmen vor Beginn oder Beendigung des Hauptsacheverfahrens. Die Maßnahmen werden aufgrund summarischer Prüfung (§ 920 Abs. 2 ZPO) von Arrest- bzw. Verfügungsanspruch und -grund erlassen und sind (ggf. gegen Sicherheitsleistung) ohne weiteres vollziehbar. In ihrer Beständigkeit sind Maßnahmeentscheidungen in Arrest- und Verfügungsverfahren durch § 927 ZPO mit dem Hauptsacheverfahren verbunden. Eine Maßnahmeentscheidung tritt demnach nicht ohne weiteres außer Kraft, wenn der Arrest- oder Verfügungsgläubiger im Hauptsacheverfahren unterliegt. Vielmehr kann das Gericht die Maßnahme vor Rechtskraft eines ab65

Walker, in: Schuschke/Walker, § 926, Rn. 6. Die Endgültigkeit der Feststellungen steht stets unter dem Vorbehalt einer Aufhebung gem. § 927 ZPO, die jederzeit möglich ist. Wegen einer Aufhebung gem. § 927 ZPO entsteht aber kein Schadensersatzanspruch aus § 945 ZPO (Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 1056; Walker, in: Schuschke/Walker, § 945, Rn. 6). Das Verfahren nach § 927 ZPO ist folglich nicht zu den Rechtsbehelfen zu zählen, und Feststellungen im Verfahren gem. § 927 ZPO gehören nicht zu den Feststellungen, an denen im Gesetzgebungsverfahren der Novelle 1898 die Außerordentlichkeit bemessen wurde. 66

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weisenden Hauptsacheurteils wegen veränderter Umstände gem. § 927 ZPO aufheben (ermessensleitender Gesichtspunkt: Erfolgsaussichten der Hauptsache), und es hat die Maßnahme gem. § 927 ZPO aufzuheben (Ermessensschrumpfung), wenn die Hauptsacheklage rechtskräftig abgewiesen ist. 67 Da die Durchführung des Hauptsacheverfahrens der Drittwiderspruchsklage keinen Einfluss auf Beginn und Fortgang der Vollstreckung hat, ermöglichen die §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO zum Schutz des inmitten stehenden Widerspruchsrechts des Intervenienten nach summarischer Prüfung (§ 769 Abs. 1 Satz 2 ZPO) 68 den Erlass sichernder (Einstellung, Fortsetzung gegen Sicherheitsleistung) und abwendender (Aufhebung) Maßnahmen, die (ggf. gegen Sicherheitsleistung) ohne weiteres vollziehbar69 sind. Einstweilige Anordnungen vor Urteilserlass sind mit dem Hauptsacheverfahren unmittelbar verbunden, indem die Anordnung gem. § 769 Abs. 1 ZPO nur „bis zum Erlass des Urteils“ gilt und mit dem Urteilserlass ohne weiteres außer Kraft tritt. Das Gericht kann in dem Urteil durch Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO eine inhaltsgleiche oder abgeänderte Anordnung erlassen, und das Rechtsmittelgericht kann erneut Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO treffen (ermessensleitender Gesichtspunkt: Erfolgsaussichten der Hauptsache). Im Vergleich ist festzustellen, dass der durch § 945 ZPO ungeregelte Rechtsbehelf einstweiliger Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO und die geregelten Rechtsbehelfe Arrest sowie einstweiliger Verfügungen im Verhältnis zum jeweiligen Hauptsacheverfahren gleichermaßen außerordentlich sind.70 Die Rechtsbehelfe erfüllen in gleichartig summarischen Verfahren 71 gleiche Aufgaben mit ähnlichen Mitteln, und die Verbindung mit dem jeweiligen Hauptsacheverfahren ist, zwar nicht rechtstechnisch, aber funktional, gleich. Da die Rechtsbehelfe demnach gleichermaßen außerordentlich und damit im Hinblick auf die gesetzliche Wertung von § 945 ZPO rechtsähnlich sind, ist es gleichermaßen billig, den Intervenienten in den Fällen der §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO haften zu lassen wie einen Arrest- oder Verfügungsgläubiger.72 Im übrigen ist ausweislich der Materialien an keiner Stelle der Beratungen und Ver67 BGH NJW-RR 1987, 288, 289; BGH NJW 1978, 2157, 2158; BGH WM 1976, 134; Heinze, in: MüKo ZPO, § 927, Rn. 6; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 1034; Schlüter, ZZP 80 (1967), 447, 454. 68 Baur, Studien, S. 122; A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 161, 135 weisen zutreffend darauf hin, dass in der Praxis die Einstellung vom Prozessgericht regelrecht formularmäßig angeordnet zu werden pflegt. 69 S. 41 f. 70 Ähnlich Marcuse, S. 69; Weber, AcP 141 (1935), 257, 263. 71 Das summarische Verfahren wird in Rechtsprechung und Schrifttum zur Begründung des Normzwecks von § 945 ZPO hervorgehoben: BGH NJW 1957, 1926, 1927; Ahrens, in: Festschrift für Henning Piper, S. 31, 32; Huber, in: Musielak, § 945, Rn. 1; Saenger, JZ 1997, 222, 224; Schilken, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Band III, S. 593, 594 f., 596; Stolz, S. 73. 72 I. E. ebenso LG Frankfurt MDR 1980, 409; Marcuse, S. 69 f.; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 69; 769, Rn. 38; Weber, AcP 141 (1935), 257, 262 ff.

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handlungen zur Sprache gekommen, dass die gesetzlichen Haftungsfälle gegen sonstige Fälle abzugrenzen seien, die etwa von der Neuregelung mit Vorbedacht ausgenommen worden sein sollten. Die Materialien liefern keinen Anhaltspunkt, dass der Gesetzgeber für gleichartige ungeregelte Fälle eine abweichende Haftungsrechtslage beabsichtigt gehabt habe. Dieselben Gründe, die Veranlassung gaben, in den Fällen des § 945 ZPO (und der weiteren durch die Novelle 1898 eingefügten Haftungsnormen) die unbedingte Schadensersatzpflicht einzuführen, hätten daher dazu veranlassen müssen, das Gleiche für die Fälle der §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO anzuordnen. Dem Gesetzgeber scheint die Tragweite der unbedingten Schadensersatzpflicht für das ganze Gebiet des ungerechtfertigten Vollstreckungsbetriebs unbewusst gewesen zu sein. 73 An der gesetzlichen Wertung von § 945 ZPO gemessen, wie sie den Materialien zur Novelle 1898 zu entnehmen ist, ist § 945 ZPO im Hinblick auf einstweilige Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO lückenhaft, und das Gesetz ist durch analoge Anwendung von § 945 ZPO auf Fälle einstweiliger Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO zu ergänzen. c) Gesetzessystematik aa) Bezeichnung der Maßnahme; Sonderregelung Zutreffend, wenngleich die Diskussion eher eröffnend als um ein entscheidendes Argument bereichernd, ist die Erwägung, dass die Bezeichnung einer einstweiligen Maßnahme als Verfügung oder als Anordnung im Gesetz ohne erkennbare sachliche Bewertungsunterschiede erfolgt und weitgehend zufällig sei, und dass es daher nicht gerechtfertigt ist, die Unterscheidung bei der (rechtsfortbildenden) Haftung nach Maßgabe des § 945 ZPO auf die Benennung als einstweilige Verfügung oder Anordnung zu stützen.74 Zutreffend ist auch, dass es entscheidend ist, ob das Gesetz für eine jeweilige einstweilige Anordnung eine abschließende Sonderregelung des Ausgleichs der Nachteile enthält, die sich für die Partei durch Vollzug der einstweiligen Anordnung ergeben. 75 Die daraus resultierende Fragestellung, ob die betreffende, als einstweilige Anordnung bezeichnete Eilmaßnahme im Rahmen der speziellen gesetzlichen Regelung eine Ausformung erfahren hat, die systematisch wie teleologisch eine Anwendbarkeit des § 945 ZPO ausschließt, oder ob eine Ausnahme von der Haftung auch unter Berücksichtigung des historischen, systematischen und teleologischen Zusammenhangs nicht begründbar ist,76 weil die Interessenlage 73

So die Einschätzung von Marcuse, S. 71 f.; Weber, AcP 141 (1935), 257, 262. So Grunsky, in: Stein/Jonas, § 945, Rn. 15; ders., JuS 1976, 277, 287; Heinze, in: MüKo ZPO, § 945, Rn. 17. 75 So Grunsky, in: Stein/Jonas, § 945, Rn. 15; ders., JuS 1976, 277, 287. 76 So Heinze, in: MüKo ZPO, § 945, Rn. 17. 74

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derjenigen bei einstweiligen Maßnahmen im Anwendungsbereich von § 945 ZPO gleicht, 77 weist indes auf die inmitten stehende Problemstellung (abschließende oder unvollständige Regelung) zurück, anstatt ihre Lösung aufzuzeigen. bb) Haftungssymmetrie Im Urteil vom 23. 05. 198578 lehnt der IX. Zivilsenat des BGH in den ungeregelten Fällen einstweiliger Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO eine rechtsfortbildende Risikohaftung durch Gesetzes- oder Rechtsanalogie zu den §§ 302 Abs. 4 Satz 3, 600 Abs. 2, 641g, 717 Abs. 2, 945 ZPO sowie den §§ 1042c Abs. 2 Satz 3, 1044a Abs. 3 ZPO a. F. aus systematischen Erwägungen ab. Der den Vorschriften über die Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung zugrunde liegende Rechtsgedanke treffe für den Bereich des § 771 Abs. 3 ZPO nicht zu. Denn es sei nicht sachgerecht, dem Dritten, der eine Einstellung nach § 771 Abs. 3 ZPO erwirkt, ohne Rücksicht auf ein Verschulden die Gefahr einer sich später als unrichtig erweisenden Entscheidung aufzuerlegen, weil er dann einer strengeren Haftung unterworfen wäre als der Vollstreckungsgläubiger, der unberechtigt in schuldnerfremdes Vermögen vollstreckt. Die strengere Haftung wäre unbillig und ungerechtfertigt, weil das Risiko eines Streites zwischen dem Vollstreckungsgläubiger und einem Dritten um den Vollstreckungsgegenstand von vornherein zu Lasten des Dritten verschoben wäre. Der Vollstreckungsgläubiger dürfe grundsätzlich nur in das Vermögen seines Schuldners vollstrecken und handle rechtswidrig, wenn er die Vollstreckung in schuldnerfremdes Vermögen betreibt. Das Vollstreckungsrecht sei allerdings so ausgestaltet, dass der Vollstreckungszugriff nur eine summarische Prüfung und den äußeren Anschein der Zugehörigkeit des betreffenden Gegenstandes zum Schuldnervermögen voraussetzt, und dass dem Dritten, der den Vollstreckungsgegenstand für sich in Anspruch nimmt, anheim steht, seine Rechte außerhalb des Vollstreckungsverfahrens gem. § 771 ZPO geltend zu machen. In diesem Verfahren biete § 771 Abs. 3 ZPO den Ausgleich für die Formalisierung der Zugriffstatbestände. Der Dritte könne aufgrund einer ebenso summarischen Prüfung seiner Rechte die weitere Durchführung der Vollstreckung bis zur abschließenden gerichtlichen Klärung verhindern. Die einander gegenüberstehenden Risiken, dass sich schließlich der angegriffene Vollstreckungszugriff oder die einstwei77

So Grunsky, JuS 1976, 277, 287. BGHZ 95, 10 m. zust. Anm. Gerhardt, JR 1985, 511; Messer, WuB VI E. – § 717 Abs. 2 ZPO – 1.85. Zustimmend OLG München NJW-RR 1989, 1471, 1472; Baumbach/Lauterbach, § 717, Rn. 24; § 771, Rn. 13; Baur/Stürner/Bruns, Rn. 46.23; 52.30; Brox/Walker, Rn. 1444; U. Gottwald, § 717, Rn. 7; Herget, in: Zöller, § 771, Rn. 19; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 48; Jauernig/Berger, § 13, Rn. 31; W. Lüke, Rn. 536; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 71; § 769, Rn. 19; Rabback, S. 173 f.; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 717, Rn. 7; § 771, Rn. 45; Stolz, S. 129 f.; Zimmermann, § 771, Rn. 16. 78

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lige Maßnahme als ungerechtfertigt erweist, seien ex ante als gleich groß zu beurteilen. Angesichts dessen wäre bei einer strengen Risikohaftung des Dritten der durch § 771 ZPO bezweckte Ausgleich zwischen den Interessen des Gläubigers an einem raschen, mit einer Prüfung der materiellen Rechtslage nicht belasteten Vollstreckungszugriff und dem Interesse des Dritten an einem wirksamen Rechtsschutz gegen Vollstreckungseingriffe in seine Rechte empfindlich gestört, weil der Vollstreckungsgläubiger bei einem unberechtigten Vollstreckungszugriff nur deliktsrechtlich und damit verschuldensabhängig hafte (§§ 823 Abs. 1, 826 BGB). Der BGH stellt somit bei der Entscheidung über die Rechtsfortbildung auf systematische Symmetrieerwägungen ab: es bestehe Maßnahmensymmetrie (Vollstreckungszugriff und Einstellung jeweils aufgrund summarischer Prüfung), und es müsse Haftungssymmetrie bestehen; folglich stehe einer scharfen verschuldensunabhängigen Risikohaftung des Intervenienten entgegen, dass der Vollstreckungsgläubiger nur für Verschulden haftet. Bereits der erste Argumentationsschritt, wonach Maßnahmensymmetrie besteht, ist fragwürdig. Der Anschein der Maßnahmensymmetrie besteht nur, wenn außer Acht gelassen wird, dass der Gläubiger ein Erkenntnisverfahren durchführen muss, bevor er in den Genuss der Formalisierung der Zugriffstatbestände kommt. Der Vollstreckungsgläubiger muss zunächst einen Vollstreckungstitel erwirken, während der Intervenient die einstweilige Maßnahme gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO von vornherein auf die einfache Art und Weise der Glaubhaftmachung erwirken kann. 79 Dass der Titel nicht gegen den Intervenienten, sondern gegen den Schuldner erstritten werden musste, ändert nichts daran, dass der Vollstreckungsgläubiger einen, je nachdem, ob der Titel im Hauptsacheverfahren, womöglich in mehreren Instanzen erstritten wurde, oder ob er etwa im Mahnoder Eilverfahren oder aufgrund Anerkenntnisses erlassen wurde, mehr oder weniger langen und beschwerlichen Weg zur Vollstreckung hinter sich hat, und dass die Mühen, Risiken und Beschwernisse, die der Gläubiger auf sich genommen hat, um zu seinem Recht zu kommen und – das ist für ihn das Entscheidende – es auch endlich durchsetzen zu können, entwertet zu werden drohen, indem ein Dritter auf der Grundlage bloßer Glaubhaftmachung (§§ 771 Abs. 3, 769 Abs. 1 Satz 2 ZPO) kurzerhand die Durchführung der Vollstreckung vereitelt. 80 Unter diesem Aspekt scheint es eher angezeigt, den Dritten für die Risiken seiner Intervention umso schärfer haften zu lassen, damit ein Gegengewicht zur Einfachheit der Maßnahmeerwirkung besteht. Bei der Argumentation mit der Maßnahmesymmetrie entscheidet mithin der Blickwinkel darüber, ob der Intervenient für die Risiken einstweiliger Maßnahmen gem. §§ 771

79 80

So der Einwand von Marcuse, S. 70. Cohn, S. 30.

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Abs. 3, 769 ZPO scharf81 oder weniger scharf82 haften soll, um das Gefüge der vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfe ins Gleichgewicht zu bringen oder im Gleichgewicht zu halten. Da die Ergänzungsbedürftigkeit des Rechts vom Boden des geltenden Rechts aus, d. h. anhand der gesetzlichen Wertung zu bestimmen ist, sind Bedeutung und Richtung des Symmetriegesichtspunktes daran zu messen, ob er in die gesetzliche Wertung von § 945 ZPO (bzw. bei der Argumentation des BGH, der einer Rechtsanalogie zuneigt: in den Rechtsgedanken, der den Risikohaftungsvorschriften gemein ist) Eingang gefunden hat. 83 Haftungssymmetrie, d. h. das in der Rechtsprechung und dem zustimmenden Schrifttum in den Vordergrund gerückte Gebot, dass die Parteien im Unterliegensfall nach dem gleichen Haftungsmaßstab für prozessual veranlasste Schäden des Gegners einzustehen haben, liegt der Risikohaftung weder in § 945 ZPO noch in den weiteren Haftungsnormen zugrunde. 84 Wer einen Anspruch durch Arrest oder einstweilige Verfügung sichern lässt, der haftet, wenn die Maßregel ungerechtfertigt angeordnet war oder aufgehoben wird, ohne Verschulden aus § 945 ZPO auf Schadensersatz. Im umgekehrten Fall, in dem der Anspruch begründet und die Maßregel beständig ist, haftet der Verfahrensgegner als Schuldner des streitgegenständlichen Anspruchs für die Verweigerung der Leistung nach den Verzugsregeln regelmäßig nur wegen Verschuldens auf Schadensersatz (§§ 280, 276 BGB). 85 Auch in den weiteren Risikohaftungsfällen ist die Haftungsrechtslage asymmetrisch. Der Risikohaftung des Klägers bei wirksamer Aufrechnung und Aufhebung des Vorbehaltsurteils (§ 302 Abs. 4 Satz 3 ZPO) steht bei Unwirksamkeit der Aufrechnung eine Verschuldenshaftung des Beklagten als Schuldner des Hauptanspruchs (§§ 280, 276 BGB) gegenüber. Der Risikohaftung des Urkunden- und Wechselklägers bei Aufhebung des Urteils im Nachverfahren (§ 600 Abs. 2 ZPO) steht bei Bestätigung des Urteils im Nachverfahren eine Verschuldenshaftung des Beklagten als Schuldner des streitgegenständlichen Anspruchs (§§ 280, 276 BGB) gegenüber. Der Risikohaftung des Vollstreckungsgläubigers eines aufgehobenen oder abgeänderten vorläufig vollstreckbaren amts- oder landgerichtlichen Urteils (§ 717 Abs. 2 ZPO) steht bei Beständigkeit des Urteils eine Verschuldenshaftung des Prozessgegners als Schuldner des Haupt- oder Kosten81

Dafür unter dem Gesichtspunkt der Maßnahmesymmetrie Marcuse, S. 70. Dafür unter dem Gesichtspunkt der Maßnahmesymmetrie BGHZ 95, 10 sowie die zustimmende Rechtsprechung und das zustimmende Schrifttum (Fn. 78). 83 Zur mangelnden Tragfähigkeit der Maßnahmesymmetrie für haftungsrechtliche Folgerungen s. auch S. 384 – Waffengleichheit durch Haftungsrecht als Argument für die Rechtmäßigkeit von Rechtsverletzungen infolge einstweiliger Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO. 84 Götz, S. 150 f.; Häsemeyer, NJW 1986, 1028, 1029; ders., S. 10 ff. 85 Auch im Schuldnerverzug besteht trotz § 287 Satz 2 BGB keine verschuldensunabhängige Haftung für Beeinträchtigungen der Integrität von Rechten, Rechtsgütern und Interessen des Gläubigers, Schulze, in: Handkommentar BGB, § 287, Rn. 3. 82

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anspruchs (§§ 280, 276 BGB) gegenüber. Während andererseits der Vollstreckungsgläubiger eines aufgehobenen oder abgeänderten vorläufig vollstreckbaren Berufungsurteils nur nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung haftet (§ 717 Abs. 3 ZPO), haftet der Prozessgegner bei Beständigkeit des Urteils auf Schadensersatz (§§ 280, 276 BGB). Der Risikohaftung des Gläubigers einer ungerechtfertigt angeordneten schiedsgerichtlichen Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes (§ 1041 Abs. 4 ZPO) steht bei Begründetheit des Anspruchs, der Gegenstand des Schiedsverfahrens ist, eine Verschuldenshaftung des Verfahrensgegner als Schuldner des streitgegenständlichen Anspruchs (§§ 280, 276 BGB) gegenüber. Andererseits haftet der Gläubiger bei Aufhebung der Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs nur auf Erstattung (§ 1065 Abs. 2 Satz 2 ZPO i. V. m. § 717 Abs. 3 ZPO) (sub A.), während der Verfahrensgegner bei Aufrechterhaltung der Vollstreckbarkeitserklärung als Schuldner der streitgegenständlichen Anspruchs auf Schadensersatz haftet (§§ 280, 276 BGB). Symmetrieerwägungen liegen dem Haftungsrecht auch nicht bei der verfahrensmäßigen Geltendmachung von Drittrechten in der Zwangsvollstreckung zugrunde. Wenn der Intervenient vor Vollstreckungsbeginn ein Rechtsschutzinteresse hat, so ist ihm Eilrechtsschutz durch einstweilige Verfügung zu gewähren. 86 Der Intervenient haftet dann unter den Voraussetzungen des § 945 ZPO verschuldensunabhängig auf Schadensersatz, während der Vollstreckungsgläubiger nur bei Verschulden haftet, wenn die Vollstreckung unzulässig ist. Da der Gesetzessystematik keine Haftungssymmetrie zu entnehmen ist, sind Erwägungen, die Haftung der Verfahrensbeteiligten symmetrisch auszugestalten, rechtspolitischer Art und vermögen kein tragfähiges Argument für oder wider eine Rechtsfortbildung zu begründen. cc) Sicherheitsleistung Im Schrifttum wird gegen eine Analogie zu den Risikohaftungsvorschriften bei unberechtigter Vollstreckungseinstellung gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO vorgebracht, in den §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO sei ein spezielles Mittel zum Schutz des Interesses des Vollstreckungsgläubigers vorgesehen, und zwar die Möglichkeit, die Vollstreckungseinstellung und die Aufhebung der Vollstreckungsmaßregeln von der Leistung einer Sicherheit abhängig zu machen. Bei der Entscheidung darüber, ob die Einstellung oder Aufhebung gegen oder ohne Sicherheitsleistung anzuordnen ist, sei zu berücksichtigen, dass den Drittwiderspruchskläger keine Risikohaftung trifft, wenn die Einstellung sich als ungerechtfertigt erweist. 87 Dieser Rechtsauffassung liegt die Annahme zugrunde, Intervenientensicherheit sichere nicht Ansprüche, sondern schlechthin Schäden 86 87

S. 35 f., 117 f. So Messer, WuB VI E. – § 717 Abs. 2 ZPO – 1.85.

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und Nachteile des Vollstreckungsgläubigers. Da eine Intervenientensicherheit indes nur Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten sichert, 88 beruht die Argumentation auf einer unzutreffenden Voraussetzung. Sie kann daher nicht begründen, dass die Risikohaftungsvorschriften bei einstweiligen Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO nicht analog anwendbar seien. Nach einer anderen im Schrifttum vertretenen Auffassung89 spricht die Regelung, dass Einstellung und Aufhebung nach pflichtgemäßem Ermessen gegen Sicherheit anzuordnen sind (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO), vielmehr für die analoge Anwendung der Risikohaftungsvorschriften. Indem es das Gesetz zulässt, die Einstellung oder Aufhebung von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen, lasse es den Zweck erkennen, dass der Vollstreckungsgläubiger, wenn dem Intervenienten Sicherheitsleistung auferlegt ist, regelmäßig gegen Schäden abgesichert sein soll. Die Sicherheit begründet kein neues Schuldverhältnis, sondern sichert bestehende Ansprüche. Haftet der Intervenient nicht nach den Risikohaftungsvorschriften, dann haftet er nur nach den allgemeinen Vorschriften für Verschulden. In Anbetracht der Unzulänglichkeit einer solchen Haftung würde der Intervenient regelmäßig nicht haften, und die Sicherheit hätte daher keinen Gegenstand. Die Sicherheit würde folglich regelmäßig nicht haften, und das Gesetz hätte seinen Zweck verfehlt. Demnach liegt es in der Konsequenz der gesetzlichen Wertung der §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO (Absicherung des Gläubigers durch Sicherheit), dass der Intervenient für Schäden, die durch ungerechtfertigte Einstellung oder Aufhebung entstanden sind, verschuldensunabhängig haftet. Somit verwirklicht die Rechtsfortbildung durch analoge Anwendung (einer) der Risikohaftungsvorschriften den Gesetzeszweck der §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO. Diese Argumentation ist zwar nicht zwingend. Denn das Gesetz stellte bereits vor Einführung der Risikohaftungsvorschriften die Auferlegung einer Sicherheitsleistung in das Ermessen des Gerichts, so dass von der Sicherheitsleistung nicht ohne weiteres auf die Risikohaftung geschlossen werden kann. Gerade die Unzufriedenheit darüber, dass derjenige, der sein Begehr mit einem außerordentlichen Rechtsbehelf durchsetzt, für Schäden des Gegners nach Maßgabe der allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts nur verschuldensabhängig haftete,90 war aber Hauptgrund für die Einführung der Risikohaftungsvorschriften.91 Da die Sicherheit ausschließlich die persönliche Haftung des Sicherungsgebers absichert, setzt sich die unbefriedigende Rechtslage der persönlichen Haftung in der Haftung der Sicherheit fort. Vom Boden der gesetzlichen Wertung der Risikohaftungsvorschriften aus ist die Haftung der Sicherheit ohne Risikohaftung des Sicherheitsbelasteten folglich ebenfalls 88 89 90 91

S. 143–178. Marcuse, S. 71. RG SeuffArch 61 (1906), 206, 208; RGZ 30, 418; RGZ 26, 204. Hahn/Mugdan, S. 135 = Entwurfsbegründung, S. 146.

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unbefriedigend, wenn die Sicherheit zur außerordentlichen Durchsetzung eines Begehrs zu erbringen ist. Die Stärkung der Haftung einer solchen Sicherheit infolge Risikohaftung des Sicherheitsbelasteten hilft dieser weiteren Unzulänglichkeit ab. Bei einer Regelung, die – wie die §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO – anordnet, dass die Durchsetzung eines außerordentlichen Rechtsbehelfs (nach pflichtgemäßem Ermessen) von der Leistung einer Sicherheit abhängig zu machen ist, verwirklicht die Risikohaftung folglich die gesetzliche Wertung zweifach. dd) Vollziehungsmaßnahme Die im Schrifttum anzutreffende Erwägung, § 945 ZPO sei bei einstweiliger Vollstreckungseinstellung nicht analog anwendbar, weil die Basis einer analogen Anwendung nur eine Vollziehungsmaßnahme sein könne, die hier aber gerade fehle,92 ist nicht stichhaltig. Einstweilige Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO werden vollzogen, und zwar durch Einstellung der Vollstreckung oder durch Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen (§§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO). Einstellung und Aufhebung durch das Vollstreckungsorgan sind Vollziehungsmaßnahmen. Es verhält sich bei der Vollziehung einstweiliger Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO im übrigen nicht anders als bei einer Anordnungsverfügung gem. §§ 935, 940 ZPO (Intervention vor Beginn der Vollstreckung) 93 , die vollzogen wird, indem das Vollstreckungsorgan die Durchführung drittrechtsbeeinträchtigender Vollstreckungsmaßnahmen unterlässt, und deren (bevorstehende) Vollziehung die Haftung des Intervenienten gem. § 945 ZPO nach sich ziehen kann. ee) Außenseiterstellung Eine verschuldensunabhängige, strenge Risikohaftung des Intervenienten analog § 945 ZPO für Schäden, die dem Vollstreckungsgläubiger durch Einstellung und Aufhebung gem. §§ 771 Abs. 3, 769, 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO entstanden sind, könnte ungerechtfertigt sein, weil der Intervenient außerhalb des Vollstreckungsrechtsverhältnisses steht.94 Grundgedanke dieser Überlegung ist es offenbar, dass der Intervenient an den Umständen, die ihn zur Intervention veranlassen, keinen Anteil hat, dass er sie nicht beeinflussen konnte, dass er, sozusagen, schicksalhaft und schuldlos verstrickt und in die Offensive gezwungen wurde, und dass es deshalb nicht angemessen sei, ihn für die Folgen seiner Offensive streng haften zu lassen, und zwar auch dann nicht, wenn die Offensive nur scheinbar begründet war.

92 So Thümmel, in: Wieczorek/Schütze, § 945, Rn. 5. Ferner Becker-Eberhard, in: Berger, Kap. 10, Rn. 12. 93 S. 35 f., 117 f. 94 So Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 243 (betr. §§ 771, 769 ZPO), 696.

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Damit ist die Frage aufgeworfen, ob § 945 ZPO (und die weiteren Risikohaftungsvorschriften) auf einer gesetzlichen Wertung beruht, der zufolge nur haften soll, wer Anteil an den Umständen hatte, die ihn zum Tätigwerden veranlassten, oder wem sie in irgendeiner Weise zurechenbar sind. Die Frage ist zu verneinen. Für die Haftung aus § 945 ZPO spielt es keine Rolle, ob der Arrestoder Verfügungsgläubiger an den Umständen, derentwegen die Verwirklichung seines (vermeintlichen) Rechts gefährdet zu sein droht, und die ihn zur Durchführung des Verfahrens veranlasst hatten, irgend einen Anteil hatte, ob er sie beeinflussen konnte, oder ob er schicksalhaft verstrickt wurde. Im übrigen beschreibt der Verfügungsgrund „drohender Gewalt“ (§ 940 ZPO) eine Gefährdung, die typischerweise ohne Zutun des Verfügungsgläubigers eintritt. Weder § 940 ZPO noch § 945 ZPO ist zu entnehmen, dass ein Verfügungsgläubiger, der sich gegen (unveranlasste) drohende Gewalt zur Wehr gesetzt hat, haftungsrechtlich milder zu behandeln sei. Auch die weiteren Risikohaftungsvorschriften bringen nicht zum Ausdruck, dass bei Schicksalhaftigkeit eine Haftungsmilderung eintreten solle. Auch Zurechenbarkeitsgesichtspunkte, wie sie etwa im Recht des gutgläubigen Eigentumserwerbs vorkommen (z. B. § 935 BGB), spielen bei § 945 ZPO und den weiteren Risikohaftungsvorschriften keine Rolle. Für die Haftung aus § 945 ZPO (ebenso: § 717 Abs. 2 ZPO) ist es gleichgültig, ob eine streitbefangene Sache, deren Sequestration erwirkt wurde (deren Herausgabe vollstreckt wird), überlassen worden oder abhanden gekommen war. Bei § 945 ZPO (und den weiteren Risikohaftungsvorschriften) sind das Verhältnis des Schadensersatzschuldners zu den verfahrensauslösenden Umständen, sein Einfluss oder Zurechenbarkeitsgesichtspunkte im Hinblick auf den Streitgegenstand ohne Belang für die Haftung. Haftungserwägungen, die beim Verhältnis des Intervenienten zum interventionsveranlassenden Vollstreckungsverfahren ansetzen, sind daher rechtspolitisch motiviert und sprechen nicht gegen eine Rechtsfortbildung durch Analogie zu § 945 ZPO.95 Das Argument, dass der Intervenient außerhalb des Vollstreckungsverfahrens steht, dass die Vollstreckung gegen ihn nicht gerichtet ist, und dass er daher besonderen Schutzes bedürfe, das insbesondere im Zusammenhang mit der Ermessensentscheidung über die Sicherheitsleistung gem. § 771 Abs. 3 Satz 2 ZPO verschiedentlich vorgebracht wird,96 hat im übrigen bei der Entscheidung über den Erlass einer einstweiligen Anordnung, also vor der endgültigen Feststellung, ob der Intervenient widerspruchsberechtigt ist, größere Berechtigung als bei der Haftung des Intervenienten, nachdem festgestellt wurde, dass er 95 I. E. ebenso K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 69: Der Dritte begründe durch den Antrag auf einstweilige Einstellung ein dem einstweiligen Rechtsschutz vergleichbares Prozessrechtsverhältnis zum Gläubiger. 96 KG Rpfleger 1987, 510; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 696; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 55.

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nicht widerspruchsberechtigt war. Wer glaubhaft gemacht hat (§ 769 Abs. 1 Satz 2 ZPO) oder im erstinstanzlichen Klageverfahren damit durchgedrungen ist (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO), dass er widerspruchsberechtigt ist, sich also wahrscheinlich zu Recht gegen einen Angriff auf seine Rechte wehrt, hat zum Zeitpunkt der Entscheidung (über den Erlass einer einstweiligen Anordnung und die Auferlegung einer Sicherheitsleistung) Anlass zum Entgegenkommen (durch Anordnungserlass und Absehen von der Sicherheitsleistung) gegeben, während derjenige, dessen fehlende Widerspruchsberechtigung sich herausgestellt hat, der also seinerseits einen unberechtigten Angriff auf das rechtlich geschützte Vollstreckungsinteresse des Vollstreckungsgläubigers unternommen hat, auch dann mit weniger Milde (durch Haftungsprivilegierung) zu behandeln ist, wenn der erste Anschein für die Widerspruchsberechtigung gesprochen hatte. Ebenso begründet der Gesichtspunkt der Schutzwürdigkeit eher Schadensersatzansprüche eines berechtigten Dritten gegen einen Vollstreckungsgläubiger, der Dritteigentum beim Vollstreckungsschuldner pfänden und verwerten lassen hat,97 als dass die Haftung eines unberechtigten Dritten unter diesem Aspekt zu privilegieren ist. ff) Rechtsschutzverkürzung Die strenge Risikohaftung könnte mit dem Gebot konfligieren, wonach es dem intervenierenden Dritten grundsätzlich erlaubt sein muss, seinen Standpunkt durch einen Antrag nach § 771 Abs. 3 ZPO zur gerichtlichen Nachprüfung zu stellen.98 Einer Analogie zu Risikohaftungsvorschriften könnte daher die haftungsrechtliche Privilegierung der Verfahrenseinleitung durch den betroffenen Dritten entgegenstehen.99 Das Prozessrecht knüpft in einer Vielzahl von Fällen Haftungs- (§§ 302 Abs. 4 Satz 3, 600 Abs. 2, 641g, 717 Abs. 2, 3, 945, 1041 Abs. 4, 1065 Abs. 2 Satz 2 ZPO) und Kostenfolgen (§ 91 ZPO) an unbegründete Rechtsverfolgung, bisweilen, wie bei der Kostenhaftung des Vollstreckungsgläubigers (§§ 49, 53 GKG, § 3 Nr. 1 GvKostG), knüpft es sie sogar an begründete Rechtsverfolgung. Daran gemessen würde eine Risikohaftung analog § 945 ZPO bei einstweiligen Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO das Recht, ein Begehr und einen rechtlichen Standpunkt durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung und die Durchführung des Verfahrens zur gerichtlichen Nachprüfung zu stellen, nicht übermäßig beschneiden. Das Recht, eine gerichtliche Entscheidung zu suchen und zu erlangen, wird im übrigen weder in den Fällen berührt, die durch die Risikohaftungsvorschriften geregelt sind, noch würde es in dem ungeregelten Fall der §§ 771 97 98 99

So BGHZ 118, 201, 205 ff. So Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 696. So Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 78.

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Abs. 3, 769 ZPO durch eine Risikohaftung des Intervenienten berührt werden. Der Intervenient kann ohne jedes Risikohaftungsrisiko seinen Standpunkt zur Nachprüfung stellen und eine Entscheidung erwirken. Erst wenn er es unternimmt, sein Begehr vor dessen endgültiger Feststellung und außerhalb des gewöhnlichen Verfahrensgangs (in außerordentlicher Weise) durchzusetzen, beschwert er sich mit dem Haftungsrisiko, falls sich zum Abschluss des gewöhnlichen Verfahrensgangs die Unbegründetheit seines Begehrs herausstellt. Dies ist die gesetzliche Wertung von § 945 ZPO und der weiteren Risikohaftungsvorschriften, und eine Risikohaftung analog § 945 ZPO in den Fällen der §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO steht mit dieser gesetzlichen Wertung im Einklang. Der erforderliche Schutz des Rechtsschutzsuchenden vor aufgedrängter Risikohaftung ist durch Auslegung der Rechtsfolge bei Art und Umfang des ersatzfähigen Schadens herzustellen (sub D. I. 1.). Wer in der Risikohaftung eine Verkürzung des Rechtsschutzes sieht, wendet sich rechtspolitisch gegen die gesetzliche Wertung, die allen Risikohaftungsvorschriften zugrunde liegt; 100 er vermag aber nicht in Zweifel zu ziehen, dass es sich bei analoger Anwendung von § 945 ZPO im Hinblick auf die Freiheit, das Begehr zur Nachprüfung zu stellen und die Zuweisung des Risikos voreiligen Vollzuges nicht anders verhält als in den Fällen des § 945 ZPO und der weiteren Risikohaftungsvorschriften, und dass die analoge Anwendung von § 945 ZPO auf den Fall der §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO die gesetzliche Wertung verwirklicht. Dasselbe gilt, wenn gegen eine Risikohaftung aufgrund Analogie zu Risikohaftungsvorschriften die haftungsrechtliche Privilegierung der Verfahrenseinleitung durch den betroffenen Dritten ins Feld geführt wird. Das (Erkenntnis-) Verfahren der §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO erfordert keine haftungsrechtliche Privilegierung, weil die Verfahrenseinleitung und -durchführung bis einschließlich der Erwirkung einer Entscheidung keine Risikohaftung nach sich zieht. Im (Vollziehungs-)Verfahren der §§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO würde eine Haftungsprivilegierung des Intervenienten hingegen der gesetzlichen Wertung der Risikohaftungsvorschriften widersprechen. Anders könnte es sich verhalten, wenn die Risikohaftung an den verfassungsrechtlichen Grundlagen des Justizanspruchs101 gemessen wird. Eine besondere Ausprägung des verfassungsrechtlich verankerten Justizanspruchs ist das subjektive öffentliche Recht des Gläubigers gegen den Staat, aus einem Titel Vollstreckungsmaßnahmen zu verlangen (Vollstreckungsanspruch).102 Der Vollstreckungsanspruch könnte es verfassungskräftig verbieten, einem Titel100

So z. B. Rosenberg, S. 907. Zur Rechtsgrundlage des Justizgewährungsanspruchs s. Schilken, Gerichtsverfassung, Rn. 87. 102 Schilken, Gerichtsverfassung, Rn. 89. Eingehend Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 69 ff. 101

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gläubiger eine Risikohaftung für Vollstreckungs- und Vollziehungsmaßnahmen aufzuerlegen, weil das Haftungsrisiko von der Vollstreckung abhalten und so den Vollstreckungsrechtsschutz verkürzen könnte. Derartige Erwägungen, die sich in erster Linie nicht gegen eine Analogie zu Risikohaftungsvorschriften wenden, sondern die Verfassungsmäßigkeit jeglicher prozessualer Risikohaftung (und nahezu jeglicher sonstiger Haftung) wegen außerordentlicher Durchsetzung in Frage stellen, werden vornehmlich in die Debatte um den Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme eines gesetzlich eingerichteten und geregelten Verfahrens bei der Verschuldenshaftung wegen schädigender Rechtsverfolgung eingeführt. Wie zu zeigen sein wird, sind sie im größeren Zusammenhang der (Verschuldens- oder Risiko-)Haftung wegen Inanspruchnahme eines (Erkenntnis- oder Vollstreckungs-)Verfahrens der Rechtspflege nicht ausschlaggebend.103 Keine andere Beurteilung ist im hier zu untersuchenden Problemausschnitt der Risikohaftung wegen (drohender) Vollziehung einer einstweiligen Anordnung gem. § 771 Abs. 3 ZPO angezeigt. Bei aller rechtspolitischer Kritik des Schrifttums an der Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung104 wird deren Verfassungsmäßigkeit zu Recht nicht in Abrede gestellt.105 gg) Aufopferung Das Schrifttum versteht den Risikohaftungsanspruch aus § 945 ZPO (ebenso § 717 Abs. 2 ZPO) bisweilen als privatrechtlichen Aufopferungsanspruch.106 Grundgedanke der Haftung ist danach, dass der Antragsgegner aufgrund gerichtlicher Anordnung einen Eingriff in seinen Handlungs- und Vermögensbereich hinzunehmen hat, der sich nach Überprüfung im ordentlichen Prozess als nicht gerechtfertigt herausstellt. Dabei sind ihm die gegen rechtswidrige Eingriffe sonst von der Rechtsordnung zugebilligten Abwehrrechte genommen, er hat zu dulden, darf aber später liquidieren. Wird die gesetzliche Wertung der Risikohaftung derart als Kompensation für Aufopferung verstanden, dann trifft sie gleichermaßen auf die Fälle der §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO zu, in denen der Antragsgegner (Vollstreckungsgläubiger) ebenfalls aufgrund gerichtlicher Anordnung einen Eingriff in seinen Handlungs- und Vermögensbereich (Anordnungsvollziehung betrifft das rechtlich geschützte Vollstreckungsinteresse) zu dulden hat, der sich nach Überprüfung im ordentlichen Prozess als nicht ge103

S. 368–371. S. Baumbach/Lauterbach, § 717, Rn. 2, 6; Herget, in: Zöller, § 717, Rn. 3; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 13; Rosenberg, S. 907. Zum älteren Schrifttum s. Pecher, S. 41 m. w. N. in Fn. 3. 105 Ebenso Fenn, ZHR 132 (1969), 344, 358; Hopt, S. 193, Fn. 5; Lindemann, S. 87; Werner, in: Buchegger, S. 163, 177. 106 Baur, Studien, S. 109 f., 114 f.; ders./Stürner/Bruns, Rn. 15.45; Minnerop, S. 46; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 10. 104

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rechtfertigt herausstellt. Der Vollstreckungsgläubiger hat die angeordnete Einstellung oder Aufhebung zu dulden und soll daher später analog § 945 ZPO liquidieren dürfen. hh) Negatorische Ansprüche Im Schrifttum herrscht Streit über das zutreffende Verständnis der Drittwiderspruchsklage, der an der Frage kristallisiert, ob die Drittwiderspruchsklage eine verkappte negatorische Klage ist,107 oder ob eine prozessualistische Betrachtungsweise angezeigt ist.108 Angesichts der offensichtlichen, im Schrifttum allenthalben und zutreffend betonten großen Nähe der Drittwiderspruchsklage zur materiellrechtlichen negatorischen Unterlassungs- und Beseitigungsklage109 bedarf es keiner Stellungnahme zu diesem Streitpunkt, um die Feststellung zu treffen, dass Dritte Übergriffen auf ihr Vermögen in der Vollstreckung auch dann nicht rechtsschutzlos ausgeliefert wären, wenn das Prozessrecht den Rechtsbehelf der Drittwiderspruchsklage nicht enthielte.110 In der bei weitem überwiegenden Anzahl der Fälle würde eine negatorische Leistungsklage begründet sein. Mit einem negatorischen Leistungsurteil würde der Dritte die Unterlassung von (weiteren) Vollstreckungsmaßnahmen und die Beseitigung des Vollstreckungsstandes (Rücknahme des Vollstreckungsantrages, Freigabe) durch den Vollstreckungsgläubiger durchsetzen können. Für die Vollstreckung des Urteils würde er gem. § 717 Abs. 2 ZPO haften. Eilrechtsschutz würde dem Dritten durch einstweilige Verfügung zu gewähren sein, die 107 S. vor allem BGH NJW 1981, 1835, 1836, wo von dem „mit der Drittwiderspruchsklage geltend gemachten Freigabeanspruch[s]“ die Rede ist. 108 Überblick über den Meinungsstand z. B. bei Gaul, in: Rosenberg/ Gaul/Schilken, S. 657 ff.; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 4. 109 Baur/Stürner/Bruns, Rn. 46.2; Bettermann, in: Festschrift für Friedrich Weber, S. 87 ff.; A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 150; ders., AcP 165 (1965), 481, 486 ff.; Brox/Walker, Rn. 1400; Bruns/Peters, S. 105; Canaris, in: Festschrift für Erich Steffen, S. 85, 92; Coenders, in: Festgabe für Richard Schmidt, S. 330 ff.; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 661; ders., in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Band III, S. 521, 529 f.; Gerhardt, Vollstreckungsrecht, S. 214; Götz, S. 74; Grunsky, Grundzüge, Rn. 150; ders., NJW 1982, 918; Henckel, ZZP 105 (1992), 93, 102; ders., JZ 1973, 32; Herget, in: Zöller, § 771, Rn. 4; G. Lüke, S. 137 (Fn. 1), 139; Medicus, in: MüKo BGB, § 1004, Rn. 9; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 4, Fn. 23; ders./ Brehm, in: Festschrift für Fritz Baur, S. 517, 518; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 22; Schlosser, Gestaltungsklagen, S. 96 f.; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 1, 48; ders., JuS 1982, 137; Zöllner, AcP 190 (1990), 471, 488 ff. 110 Die Nähe der Drittwiderspruchsklage zur negatorischen Klage zeigt sich in der funktionalen Gleichartigkeit. Negatorische Klagen wären in nahezu allen Fällen des § 771 ZPO begründet (Ausnahme: obligatorische Herausgabeansprüche), Bettermann, in: Festschrift für Friedrich Weber, S. 87, 96; A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 150; ders., AcP 165 (1965), 481, 486 ff.; Coenders, in: Festgabe für Richard Schmidt, S. 330 ff.; Falkmann/Mugdan, S. 410 f.; Götz, S. 74; Henckel, ZZP 105 (1992), 93, 102; Lackmann, in: Musielak, § 771, Rn. 5; G. Lüke, S. 137, Fn. 1; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, § 771, Rn. 22; Schlosser, Gestaltungsklagen, S. 96 f. Sie sind unzulässig, weil mit § 771 ZPO ein Rechtsbehelf mit gleichartiger (aber wirkungsvollerer, §§ 775 f. ZPO) Wirkungsweise gegeben ist (S. 113).

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regelmäßig auf Vollstreckungseinstellung zu lauten haben würde. Der Dritte würde dann gem. § 945 ZPO haften. Von diesem Ausgangspunkt erhebt sich die Frage, ob die prozessuale Geltendmachung von Drittrechten in der Zwangsvollstreckung durch die §§ 771 ff. ZPO auch deshalb besonders geregelt ist, damit der Intervenient von der Risikohaftung ausgenommen ist. Eine haftungsprivilegierende Motivation der §§ 771 ff. ZPO ist weder den Gesetzesmaterialien zu entnehmen, noch wird sie in dem weitreichendem Schrifttum über Grundlagen, Konstruktion und Verständnis der Drittwiderspruchsklage111 auch nur angedeutet. Im Gegensatz dazu unterstellen die haftungsrechtliche Rechtsprechung offenbar eine haftungsprivilegierende gesetzliche Zwecksetzung der §§ 771 ff. ZPO. Diese Unterstellung ist unbegründet. Die Vorschriften über die Drittwiderspruchsklage, die weitestgehend in ihrer heutigen Fassung bereits in E III CPO enthalten waren,112 konnten ursprünglich auf keiner Zwecksetzung beruhen, die sich auf Schadensersatzansprüche aus Risikohaftungsvorschriften bezog. Denn Schadensersatzansprüche aus Risikohaftung, unter ihnen § 945 ZPO (und § 717 Abs. 2 ZPO), wurden erst mit der Novelle 1898 in das Gesetz eingefügt, dem eine solche Haftung bis dahin unbekannt war. Eine haftungsbezogene Zwecksetzung könnte folglich nur aus einem Bedeutungswandel der Vorschriften über die Drittwiderspruchsklage resultieren. Ein Bedeutungswandel hätte sich zwar durch die Einführung der Risikohaftung in das Gesetz ergeben können. Indes ist den Risikohaftungsvorschriften gerade nicht zu entnehmen, dass der Intervenient bei der Risikohaftung privilegiert sein soll. Die Einfügung der Risikohaftungsvorschriften hat folglich keinen Bedeutungswandel der §§ 771 ff. ZPO bewirkt. Da die Sonderregelung der Geltendmachung von Drittrechten in der Zwangsvollstreckung (§§ 771 ff. ZPO) keine haftungsprivilegierende Zwecksetzung enthält, ist es angezeigt, den Intervenienten nicht anders haften zu lassen, als er ohne die Sonderregelung (bei negatorischem Rechtsschutz) haften würde, und auch nicht anders, als bei prozessualer Geltendmachung von Drittrechten außerhalb der Vollstreckung gehaftet wird. Im Eilrechtsschutz gem. §§ 935, 940 ZPO wäre bzw. ist gem. § 945 ZPO zu haften. Folglich ist auch eine rechtsfortbildende Haftung des Intervenienten im Eilrechtsschutz gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO geboten.

111 S. Stein, S. 45, der bereits im Jahre 1913 feststellte: „Ueber die Konstruktion dieser Klage ist schon eine ganze Bibliothek zusammen geschrieben worden“. 112 Zum Wortlaut der Entwurfsfassungen §§ 637 ff. E III und zur Normgeschichte S. 84 f., 89 f.

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

ii) Zwischenergebnis Gesetzessystematische Bedenken vermögen das anhand der Gesetzesmaterialien gewonnene Ergebnis, wonach der Fall der §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO den Fällen des § 945 ZPO rechtlich gleichzubehandeln ist, nicht zu erschüttern. Vielmehr bekräftigen systematische Erwägungen (Sicherheitsleistung, Risikohaftung als Aufopferungshaftung, Nähe zum negatorischen Rechtsschutz), dass die Risikohaftung im Fall der §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO lückenhaft und das Gesetz durch entsprechende Anwendung von § 945 ZPO rechtsfortbildend zu ergänzen ist. 3. Lückenausfüllung; Ergebnis An der Wertung von § 945 ZPO gemessen ist der ungeregelte Fall der §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO den geregelten Fällen so rechtsähnlich, dass die Erstreckung der Regelung auf den ungeregelten Fall ein Gebot der Gleichheit und damit des Rechts ist. § 945 ZPO ist daher im Hinblick auf einstweilige Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO lückenhaft. Die Gesetzeslücke ist durch analoge Anwendung von § 945 ZPO auf Fälle einstweiliger Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO zu schließen. Bei der Lückenschließung sind die Tatbestandsalternativen von § 945 ZPO zu unterscheiden. Stets ist § 945 Alt. 1 ZPO analog anwendbar, wenn sich die Anordnung einer einstweiligen Anordnung vor Urteilserlass als von Anfang an ungerechtfertigt erweist. § 945 Alt. 2, 3 ZPO ist entsprechend anzuwenden, wenn der Intervenient bei einer befristeten Anordnung des Vollstreckungsgerichts (§§ 771 Abs. 3, 769 Abs. 2 ZPO) die Frist zur Beibringung der Entscheidung des Prozessgerichts verstreichen lässt – die Rechtsähnlichkeit besteht in der „Aufhebung wegen der Unterlassung einer Prozeßhandlung seitens der Partei“113 .

III. Schadensersatz- und Erstattungsansprüche analog § 717 Abs. 2, 3 ZPO bei Urteilsanordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO 1. Schadensersatzanspruch, § 717 Abs. 2 ZPO a) Ungeregeltheit § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO setzt „ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil“ voraus, und dass „durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung“ ein Schaden entstanden ist. 113

Hahn/Mugdan, S. 173 = Entwurfsbegründung, S. 192 f.

C. Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

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Urteile, die einstweilige Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO enthalten, sind zwar für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Die vorläufige Vollstreckbarkeit eines Drittwiderspruchsurteils hat aber nur die Kostengrundentscheidung zu betreffen,114 die es ermöglicht, die Kostenfestsetzung gem. §§ 103 ff. ZPO zu erwirken (Vollstreckung i. w. S.), aus der anschließend wegen der Kosten vollstreckt werden kann (§ 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Gem. § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist daher nur für die (Abwendung der) Kostenvollstreckung Schadensersatz zu leisten (Schaden, der „durch die Vollstreckung des Urteils“ oder die „Abwendung der Vollstreckung“ entstanden ist). Eine Urteilsanordnung gehört dagegen nicht zum vorläufig vollstreckbaren Urteilsinhalt.115 Sie ist nicht zu vollstrecken, sondern zu vollziehen, und zwar unabhängig von der Vollstreckbarkeitserklärung. § 717 Abs. 2 ZPO regelt folglich nicht die Verpflichtung eines Intervenienten, der eine Urteilsanordnung (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) erwirkt hat, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der ihm durch die Vollziehung oder eine zur Abwendung der Vollziehung gemachte Leistung entstanden ist (sub A.). b) Planwidrigkeit der Ungeregeltheit Rechtsfortbildung durch Analogie ist geboten, wenn der ungeregelte Fall der Urteilsanordnungen (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) den durch § 717 Abs. 2 ZPO geregelten Fällen, gemessen an der gesetzlichen Wertung, so rechtsähnlich ist, dass die Erstreckung der Norm auf den ungeregelten Fall ein Gebot der Gleichheit ist, oder wenn die gesetzliche Wertung auf den ungeregelten Fall stärker zutrifft als auf die geregelten Fälle, so dass die Regelung erst recht entsprechend anzuwenden ist. Die in § 717 Abs. 2 ZPO zum Ausdruck gelangte gesetzliche Wertung ist anhand des Gesetzeswortlauts (aa)), der Gesetzesmaterialien (bb)) und der gesetzlichen Systematik (cc)) zu bestimmen.116 aa) Wortlaut Gem. § 717 Abs. 2 ZPO haftet derjenige, der ein nicht rechtskräftiges Urteil („für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil“) umsetzen lässt („durch die Vollstreckung“) oder umsetzen zu lassen droht („zur Abwendung der Vollstreckung“), verschärft (unabhängig von Rechtswidrigkeit und Verschulden), wenn das Urteil keinen Bestand hat („aufgehoben oder abgeändert“). § 717 Abs. 2 114

S. 50–103. S. den Hinweis bei Sohm, S. 36, dass einstweilige „Anordnungen, . . . selbst dann, wenn sie in dem Urteil enthalten sind (771 mit 770), von dem eigentlichen Urteilsinhalt unterschieden werden müssen“. 116 S. ferner die Erwägungen für und wider die Analogie zu § 945 ZPO bei einstweiligen Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO (S. 232–252), die zumeist auch die Lückenhaftigkeit von § 717 Abs. 2 ZPO bei Urteilsanordnungen (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) betreffen. 115

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

ZPO beruht demnach auf der Wertung, dass derjenige, der aus einer Entscheidung vorgeht oder vorzugehen droht, deren Bestand unsicher ist, das Schadensrisiko der Bestandsunsicherheit tragen soll. Eine einstweilige Anordnungen im Urteil gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO teilt die Bestandsunsicherheit des vorläufig vollstreckbar erklärten Urteils, in dem sie enthalten ist. Danach zu urteilen ist das Gesetz lückenhaft, weil es dem Anordnungsgläubiger keine verschärfte Haftung auferlegt. bb) Gesetzesmaterialien Der heutige § 717 ZPO hat seit E III CPO 1876 die folgende Gesetzesgeschichte. § 607 E III lautete117 : „Die vorläufige Vollstreckbarkeit tritt mit der Verkündung eines Urtheils, welches die Entscheidung in der Hauptsache oder die Vollstreckbarkeitserklärung aufhebt oder abändert, insoweit außer Kraft, als die Aufhebung oder Abänderung erfolgt“.

In § 655 CPO wurde § 607 E III als Abs. 1 übernommen, dem folgender Abs. 2 angefügt wurde118 : „Soweit ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urtheil aufgehoben oder abgeändert wird, ist der Kläger auf Antrag des Beklagten zur Erstattung des von diesem auf Grund des Urtheils Gezahlten oder Geleisteten zu verurtheilen“.

Durch die Novelle 1898 wurde § 655 CPO zu § 717 CPO. Abs. 2 erhielt folgende Fassung119 : „Wird ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urtheil aufgehoben oder abgeändert, so ist der Kläger zum Ersatze des Schadens verpfl ichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urtheils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Der Beklagte kann den Anspruch auf Schadensersatz in dem anhängigen Rechtsstreite geltend machen; wird der Anspruch geltend gemacht, so ist er als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen“.

1910 wurde § 717 ZPO folgender Abs. 3 angefügt120 : „Die Vorschriften des Abs. 2 fi nden auf die im § 708 Nr. 7 bezeichneten Urteile der Oberlandesgerichte keine Anwendung. Soweit ein solches Urteil aufgehoben oder abgeändert wird, ist der Kläger auf Antrag des Beklagten zur Erstattung des von diesem auf Grund des Urteils Gezahlten oder Geleisteten zu verurteilen. Die Vorschriften des § 541 Abs. 2 Satz 2, 3 finden Anwendung“ .121 117

Hahn, S. 77 = Entwurf, S. 101. RGBl. 1877, S. 83. 119 RGBl. 1898, S. 410. 120 RGBl. 1910 I, S. 767. 121 § 708 Nr. 7 ZPO entsprach der bis zum 1. Justizmodernisierungsgesetz (BGBl. 2004 I, 2198) geltenden Fassung von § 708 Nr. 10 ZPO. § 541 ZPO (1924 aufgehoben, RGBl. 1924 I, 118

C. Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

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Mit der Emminger-Novelle fiel § 717 Abs. 3 Satz 3 ZPO fort. An seine Stelle traten die folgenden Vorschriften122 : „Die Erstattungspfl icht des Klägers bestimmt sich nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Erstattung als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen; die mit der Rechtshängigkeit nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes verbundenen Wirkungen treten mit der Zahlung oder Leistung auch dann ein, wenn der Antrag nicht gestellt wird“.

Durch Neufassung vom 13. 11. 1933123 wurde in § 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO der Satzteil „,mit Ausnahme der Versäumnisurteile,“ eingefügt. Die Vereinfachungsnovelle 1976124 passte § 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO an die neue Zählung in § 708 ZPO an. Das 1. Justizmodernisierungsgesetz 2004125 erstreckte schließlich das Haftungsprivileg des § 717 Abs. 3 ZPO auf die Berufungsurteile der Landgerichte (Folgeänderung zur Neufassung von § 708 Nr. 10 ZPO). § 717 Abs. 2 ZPO wurde also durch die Novelle 1898 in der heute geltenden Form in das Gesetz eingefügt. Für die Ermittlung der gesetzlichen Wertung anhand der Gesetzesmaterialien ist demnach die Entwurfsbegründung der Novelle 1898 maßgeblich. Die Entwurfsbegründung zu § 655 E 1898126 (§ 717 ZPO) weist die bereits anhand der Materialien zu § 945 ZPO festgestellte gesetzliche Wertung aus, die den Risikohaftungsvorschriften insgesamt gemein ist.127 Vorläufige Vollstreckbarkeit eines Urteils ermöglicht es dem Gläubiger, seinen Anspruch vor der endgültigen Feststellung und ehe alle Rechtsbehelfe des Schuldners erschöpft sind, zwangsweise durchzusetzen. Sie räumt dem Gläubiger damit eine außerhalb des gewöhnlichen Verfahrensgangs liegende Befugnis ein. Nach der gesetzlichen Wertung von § 717 Abs. 2 ZPO gebietet die Billigkeit Ersatz des Schadens, der dem Schuldner aus der vorzeitigen Vollstreckung oder ihrer Abwendung erwachsen ist, wenn die vorläufig vollstreckbar erklärte Entscheidung sich hinterher als sachlich unbegründet erweist. Wer von einem außerordentlichen Rechtsbehelf Gebrauch macht, soll bei Unbeständigkeit auch ohne Verschulden auf Schadensersatz haften. Maßstab der Rechtsähnlichkeit ist damit erneut die Außerordentlichkeit des Rechtsbehelfs. Die Außerordentlichkeit vorläufiger Vollstreckbarkeit besteht in der Durchsetzungsmöglichkeit des Urteilsausspruchs „außerhalb des gewöhnlichen Ganges des Verfahrens“, „vor der endgültigen Feststellung und ehe S. 235) regelte das Nachverfahren, in dem vorbehaltene zurückgewiesene Verteidigungsmittel geltend gemacht werden konnten. 122 RGBl. 1924 I, S. 235. 123 RGBl. 1933 I, S. 821. 124 BGBl. 1976 I, S. 3281. 125 BGBl. 2004 I, 2198. 126 Hahn/Mugdan, S. 135 = Entwurfsbegründung, S. 146 (s. oben S. 235). 127 Hahn/Mugdan, S. 173 = Entwurfsbegründung, S. 192 betr. § 822a E 1898 (§ 945 ZPO): „der schon für andere Fälle . . . zur Geltung gebrachte . . . Grundsatz“ (s. oben S. 234).

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

alle Rechtsbehelfe des Schuldners erschöpft sind“. Vorläufige Vollstreckbarkeit ist demnach außerordentlich, indem sie dem Gläubiger vor Eintritt der Rechtskraft die Durchsetzung seines Begehrs ermöglicht oder sichert (§ 720a ZPO). Auch Urteilsanordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO ermöglichen es dem Drittwiderspruchskläger, sein Begehr durchzusetzen (§§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO: Freigabe) oder zu sichern (§ 775 Nr. 2 ZPO: Einstellung). Funktion und Inhalt von Urteilsanordnungen entsprechen der (hypothetischen) vorläufigen Vollstreckbarkeit der Hauptsache eines Drittwiderspruchsurteils weitestgehend.128 Die Unterschiede zwischen Urteilsanordnungen und der (hypothetischen) vorläufigen Vollstreckbarkeit eines Drittwiderspruchsurteils im Hauptsacheausspruch (Ermessen, Anordnung auch bei Unterliegen möglich) machen Urteilsanordnungen nicht weniger außerordentlich. Im Gegenteil ist die zugunsten des unterlegenen Drittwiderspruchsklägers ergangene Urteilsanordnung noch außerordentlicher als die vorläufige Vollstreckbarkeit. Vorläufige Vollstreckbarkeit und Urteilsanordnungen sind weitgehend gleichermaßen außerordentlich und damit im Hinblick auf § 717 Abs. 2 ZPO rechtsähnlich. Darüber hinaus trifft die gesetzliche Wertung von § 717 Abs. 2 ZPO auf Urteilsanordnungen zugunsten des unterlegenen Intervenienten noch mehr zu als auf die vorläufige Vollstreckbarkeit. Daher ist es rechtlich geboten, den Intervenienten in den Fällen der §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO haften zu lassen wie einen Gläubiger, der vorläufig vollstrecken lässt oder zu lassen droht. § 717 Abs. 2 ZPO ist bei Urteilsanordnungen (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) lückenhaft und analog anzuwenden. cc) Gesetzessystematik Im Hinblick auf die systematischen Gesichtspunkte Maßnahmebezeichnung, Maßnahme- und Haftungssymmetrie, Auferlegung einer Intervenientensicherheit, Außenseiterstellung des Intervenienten, Verkürzung des Justizgewährungs- und des Vollstreckungsanspruchs, Aufopferung und Nähe der Drittwiderspruchsklage zur negatorischen Unterlassungs- und Beseitigungsklage gilt für die Analogie zu § 717 Abs. 2 ZPO bei Urteilsanordnungen entsprechend, was zuvor (sub C. II. 2. c)) für die Analogie zu § 945 ZPO bei Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO ausgeführt wurde – sie bekräftigen zum Teil (Sicherheitsleistung, Risikohaftung als Aufopferungshaftung, Nähe zur negatorischen Klage), dass das Gesetz im Hinblick auf eine Risikohaftung bei Urteilsanordnungen lückenhaft und durch entsprechende Anwendung von § 717 Abs. 2 ZPO zu ergänzen ist, und vermögen dieses Ergebnis im übrigen nicht zu erschüttern. Schließlich wird gegen eine Analogie zu § 717 Abs. 2 ZPO bei unbegründeter einstweiliger Vollstreckungseinstellung gem. §§ 771 Abs. 3, 770, 775 f. ZPO 128

S. 57–103.

C. Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

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eingewandt, in solchen Fällen sei die Konstellation grundsätzlich anders als in denen des § 717 Abs. 2 ZPO. Bei den §§ 771 Abs. 3, 770, 775 f. ZPO gehe es im Gegensatz zu den Fällen des § 717 Abs. 2 ZPO um Schäden, die dem Gläubiger entstehen, weil die Vollstreckung hinausgezögert werde. Grund solcher Verzögerungen der Vollstreckung und darauf beruhender Schäden sei, dass sich der Bestand des Titels (die Haftung des umstrittenen Gegenstandes für die titulierte Forderung) als zweifelhaft erwiesen habe.129 Dieser Einwand, der offenbar § 717 Abs. 2 ZPO als auf die vorläufige Vollstreckung von Leistungsurteilen zugeschnitten versteht, ist zweifelhaft. Die gesetzliche Wertung von § 717 Abs. 2 ZPO stellt nicht darauf ab, welche Art von Wirkung mit der Umsetzung des außerordentlichen Rechtsbehelfs erzielt wird, sondern auf die Situation, in der die Wirkung herbeigeführt wird. Wer vor rechtskräftigem Abschluss der Hauptsache (d. h. außerordentlich) sein Begehr durchsetzt, dem wird das Haftungsrisiko zugewiesen. Diese Wertung trifft bei der Durchsetzung eines Einstellungs- und Aufhebungsbegehrs gleichermaßen zu wie bei der Durchsetzung eines Leistungsbegehrs. Im übrigen ist der Grund, aus dem ein Intervenient durch Anordnungsvollzug sein Begehr in außerordentlicher Weise durchzusetzen vermag, der gleiche wie der, aus dem ein Leistungskläger vorläufig zu vollstrecken vermag: hier wie dort hat sich erstinstanzlich die Begründetheit des Hauptsachebegehrs herausgestellt, und das Gesetz mutet der obsiegenden Partei die Gefährdung seines Begehrs durch die Dauer des Rechtsmittelzuges nicht zu.130 Dass bei der Drittwiderspruchsklage wegen eines anscheinend begründeten Widerspruchsrechts des Intervenienten die Haftung des umstrittenen Gegenstandes für die titulierte Forderung zweifelhaft erscheint, während bei der Leistungsklage wegen eines anscheinend begründeten Anspruchs des Klägers die Leistungsfreiheit des Beklagten fraglich ist, resultiert aus der Unterschiedlichkeit der Streitgegenstände und ist unter dem Aspekt der gesetzlichen Wertung von § 717 Abs. 2 ZPO ohne Belang. c) Lückenausfüllung Die gesetzliche Wertung von § 717 Abs. 2 ZPO trifft auf die ungeregelten Urteilsanordnungen zumeist gleichermaßen, bisweilen sogar stärker zu als auf die geregelten Fälle. § 717 Abs. 2 ZPO ist im Hinblick auf Urteilsanordnungen lückenhaft. Die Gesetzeslücke ist durch analoge Anwendung von § 717 Abs. 2 ZPO auf Urteilsanordnungen zu schließen.

129 130

196 f.

So Krüger, in: MüKo ZPO, § 717, Rn. 12. Zum Zweck der vorläufigen Vollstreckbarkeit Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S:

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

2. Erstattungsanspruch, § 717 Abs. 3 ZPO Die Schadensersatzpflicht gem. § 717 Abs. 2 ZPO entsteht nicht, wenn ein streitiges Berufungsurteil in vermögensrechtlichen Streitigkeiten aufgehoben oder abgeändert wird (§ 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Dadurch soll das Revisionsgericht entlastet und dem Schuldner der Anreiz genommen werden, Revision einzulegen, um den Gläubiger durch das Schadensersatzrisiko von der Vollstreckung abzuhalten. Außerdem wird der höheren Verlässlichkeit von Berufungsurteilen Rechnung getragen. Der Gläubiger soll ohne Gefahr der Schadensersatzpflicht aus § 717 Abs. 2 ZPO die Vollstreckung betreiben können, weil er stärker auf die Richtigkeit und Beständigkeit solcher Urteile vertrauen darf.131 Diese Erwägungen treffen in gleicher Weise zu bei einstweiligen Anordnungen, die in Berufungsurteilen enthalten sind. Die Schadensersatzpfl icht des Intervenienten analog § 717 Abs. 2 ZPO bei Urteilsanordnungen (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) ist daher analog § 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO ausgeschlossen, wenn die einstweilige Anordnung in einem streitigen Berufungsurteil enthalten ist.132 Der Erstattungsanspruch gem. § 717 Abs. 3 Satz 2–4 ZPO, der in den Fällen des § 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO an die Stelle des Schadensersatzanspruchs tritt, soll „nichts weiter erreichen, als daß res integra hergestellt wird, das Geleistete zurückgegeben werde“.133 Die darin zum Ausdruck kommende Zwecksetzung, einen einfachen und schnellen Weg zur Wiedererlangung der entzogenen Vermögenswerte zu eröffnen, wenn das Urteil im weiteren Verlauf des Verfahrens wieder aufgehoben wurde,134 beansprucht bei vorläufiger Vollstreckbarkeit und Urteilsanordnungen gleichermaßen Geltung. § 717 Abs. 3 Satz 2–4 ZPO ist folglich bei einstweiligen Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO, die in Berufungsurteilen enthalten sind, analog anzuwenden.

131 Brox/Walker, Rn. 82; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 239; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 717, Rn. 21. Kritisch zur ratio des Haftungsprivilegs Hau, NJW 2005, 712 f. 132 A. A. Marcuse, S. 72 f., der bei Anordnungen im Interventionsprozess eine Rechtsanalogie zu den §§ 302 Abs. 4, 600 Abs. 2, 717 Abs. 2, 945 ZPO befürwortet: Da die rechtspolitische Absicht von § 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO bei keiner der anderen Bestimmungen maßgebend gewesen sei, sei § 717 Abs. 3 ZPO nicht analog anwendbar. – Hier wirkt sich die Nachrangigkeit der Rechtsanalogie gegenüber der Einzelanalogie (S. 229 f.) aus. Zwar ist die Haftungsmilderung bei Berufungsurteilen nicht Teil eines allen Risikohaftungsvorschriften zugrundeliegenden allgemeinen Rechtsgedankens. Aber sie ist Teil der Zwecksetzung von § 717 Abs. 2 ZPO, der mit § 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO eine Einheit bildet. Da die Schadensersatzhaftung des Intervenienten sich bei Urteilsanordnungen nicht auf einen allgemeinem Rechtsgrundsatz gründet, sondern auf die Ähnlichkeit zwischen Urteilsanordnung und den in § 717 Abs. 2 ZPO geregelten Fällen, ist für die haftungsrechtliche Rechtsfortbildung bei Urteilsanordnungen die gesetzliche Wertung des § 717 Abs. 2, 3 Satz 1 ZPO maßgeblich. 133 Hahn, S. 804 = Protokolle, S. 343. 134 Pecher, S. 29 f.

D. Rechtsfolgen

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IV. Ergebnis Dem Grunde nach ist die Risikohaftung des Intervenienten umfassend. Ein Intervenient haftet aus prozessualer Veranlassung dem Grunde nach wie folgt: Bei vorläufig vollstreckbar erklärten Urteilen gem. § 717 Abs. 2, 3 ZPO; bei Urteilsanordnungen (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) analog § 717 Abs. 2, 3 ZPO; bei einstweiligen Verfügungen gem. § 945 ZPO; bei einstweiligen Anordnungen vor Urteilserlass (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) analog § 945 ZPO; bei schiedsgerichtlichen Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gem. § 1041 Abs. 4 ZPO; bei vorläufig vollstreckbar erklärten Schiedssprüchen gem. § 1065 Abs. 2 Satz 2 ZPO i. V. m. § 717 Abs. 3 ZPO.

D. Rechtsfolgen Der Risikohaftung eines Intervenienten aus prozessualer Veranlassung ist i.d.R. auf Schadensersatz gerichtet (I.). Ausnahmsweise (gem. und analog § 717 Abs. 3 ZPO, § 1065 Abs. 2 Satz 2 ZPO i. V. m. § 717 Abs. 3 ZPO) haftet ein Intervenient auf Erstattung (II.).

I. Schadensersatz Ein Intervenient kann aus prozessualer Veranlassung (1.) auf Schadensersatz haften, wenn ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Unterlassungsurteil vollstreckt wird (§ 717 Abs. 2 ZPO) (2.), wenn eine Urteilsanordnung (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) vollzogen wird (analog § 717 Abs. 2 ZPO) (3.), wenn eine einstweilige Verfügung vollzogen wird (§ 945 ZPO) (4.), wenn eine einstweilige Anordnung vor Urteilserlass (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) vollzogen wird (analog § 945 ZPO) (5.), oder wenn eine schiedsgerichtliche Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes vollzogen wird (§ 1041 Abs. 4 ZPO) (6.). Die Schadensersatzansprüche können wegen Mitverschuldens zu kürzen sein (§ 254 BGB) (7.). 1. Prozessuale Veranlassung Nur prozessual veranlasster Schaden ist ersatzfähig. Prozessual veranlasst ist Schaden, der „durch die Vollstreckung des Urteils“ (§ 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO; analog § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO: durch die Vollziehung der Anordnung) oder „aus der Vollziehung“ der einstweiligen Verfügung (§ 945 ZPO) oder Anordnung (analog § 945 ZPO) oder der schiedsgerichtlichen Maßnahme des einst-

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

weiligen Rechtsschutzes (§ 1041 Abs. 4 Satz 1 ZPO) entsteht (Vollstreckungsund Vollziehungsschaden) (a)). Prozessual veranlasst ist auch Schaden, der durch Abwendungsleistung entsteht (Abwendungsschaden) (b)). a) Vollstreckungs- und Vollziehungsschaden Vollstreckungs- und Vollziehungsschaden ist Schaden, der entsteht, weil die Vollstreckung (oder, je nachdem, Vollziehung) durchgeführt wird. Die Vollstreckung wird durchgeführt, sobald sie begonnen hat. Die Vollstreckung eines Leistungstitels beginnt, sobald auf den Titelschuldner Vollstreckungszwang ausgeübt wird. Bei Anordnungstiteln beginnt die Vollstreckung mit anordnungsgemäßem Verhalten des Vollstreckungsorgans. Vollstreckungsschaden ist demnach der Schaden, der aus anordnungsgemäßem Verhalten des Vollstreckungsorgans oder aus einer Zwangswirkung auf den Titelschuldner resultiert. Zum Vollstreckungsschaden zählt auch der Schaden, der durch Selbstschädigung des Titelschuldners entsteht, wenn die Selbstschädigung nach Vollstreckungsbeginn unternommen wird und durch die Vollstreckung (mit-)veranlasst ist. Es reicht nicht hin, wenn der Schaden zwar nach Vollstreckungsbeginn eintritt, aber vor dem Beginn vom Titelschuldner verursacht wurde. Ebenso begründen Selbstschädigungen keinen Vollstreckungsschaden, die unabhängig vom Vollstreckungsdruck vorgenommen werden. Nach der Grundregel über die Darlegungs- und Beweislast (Satzbaulehre) obliegen dem Titelschuldner als Schadensersatzgläubiger Darlegung und Beweis, dass sein Verhalten (auch) durch die laufende Vollstreckung veranlasst war. Verhält sich der Titelschuldner titelkonform, kann er im Schadensersatzprozess in Beweisnot geraten, weil in Betracht kommt, dass er sich nur dem Haftungsdruck wegen Vollstreckung in schuldnerfremde Gegenstände gebeugt hat (anders bei Sicherheitsleistung, die nur als Reaktion auf die Vollstreckung verstanden werden kann). In einem solchen Fall spricht eine Vermutung dafür, dass ein Titelschuldner, gegen den vollstreckt wird, sich (auch) unter dem Eindruck der Vollstreckung titelkonform verhält. Denn ein Titelgläubiger, der vollstrecken lässt, macht deutlich, dass er dies für angezeigt hält, um den Titelschuldner von einer Zuwiderhandlung gegen das titulierte Gebot abzuhalten. Stellt er sich später auf den entgegengesetzten Standpunkt, wonach der Titelschuldner dem Gebot ohne weiteres nachgekommen sei, dann obliegt es ihm, diese Meinungsänderung zu begründen und zu belegen. Vollstreckungsschaden ist nur ersatzfähig, wenn der Titelgläubiger über die Erwirkung des Titels hinaus auf die Vollstreckung hingewirkt hat. Denn dem Titelgläubiger darf die Risikohaftung nicht aufgedrängt werden. Er muss das Haftungsrisiko durch Passivität vermeiden können.135 135 BGHZ 131, 233, 235; Breit, S. 81 ff.; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 232; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 16; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 31.

D. Rechtsfolgen

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Wenn eine einstweilige Anordnung (§ 771 Abs. 3 ZPO) kraft Gesetzes wirkt, kann kein Vollziehungsschaden entstehen. Für Schäden durch den Verlust einer Zwangshypothek gem. § 868 ZPO ist daher nicht aufgrund Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung Ersatz zu leisten.136 b) Abwendungsschaden Abwendungsschaden entsteht durch eine zur Abwendung der Vollstreckung (oder Vollziehung) gemachte Leistung (§ 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO; analog § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO), oder dadurch, dass der Titelschuldner Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden oder die Aufhebung der Maßregel zu erwirken (§§ 945, 1041 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Begrifflich setzt eine Abwendungsleistung voraus, dass die Vollstreckung in Betracht kommt. Eine Abwendungsleistung ist ausgeschlossen, soweit ein Titel nicht vollstreckbar ist137 oder keiner Vollstreckung bedarf (Fälle des § 868 ZPO). Eine Abwendungsleistung kann vor oder (solange die Vollstreckung dauert) nach Vollstreckungsbeginn gemacht werden (Schaden durch Abwendungsleistung nach Vollstreckungsbeginn kann sowohl Vollstreckungs- als auch Abwendungsschaden sein). Eine Leistung, die der Titelschuldner vor Vollstreckungsbeginn macht, ist eine Abwendungsleistung, wenn sie dazu führen kann,138 dass die Vollstreckung nicht beginnen darf. Eine Leistung des Titelschuldners nach Vollstreckungsbeginn ist eine Abwendungsleistung, wenn sie dazu führen kann, dass die Vollstreckung zu beenden ist. Als Abwendungsschaden ist nur der Schaden ersatzfähig, der durch das Bewirken der Leistung entsteht („durch eine . . . gemachte Leistung“, „dadurch, daß er . . . leistet“). Schaden, der durch die Leistungsvorbereitung verursacht wird, ist nicht als Abwendungsschaden ersatzfähig (er kann aber Vollstreckungsschaden sein). Es sind Sicherheitsleistung (aa)) und andere Leistung (bb)) zu unterscheiden. 136 BGH MDR 1971, 378; Eickmann, in: MüKo ZPO, § 868, Rn. 19; Gaul, in: Rosenberg/ Gaul/Schilken, S. 240; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 28; Krüger, in: MüKo ZPO, § 717, Rn. 30; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 30, 53; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 717, Rn. 26. 137 BAG JZ 1990, 194 m. zust. Anm. Münzberg, JZ 1990, 194 f.; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/ Schilken, S. 232. 138 Die Leistung muss die Vollstreckung nicht ohne weiteres abwenden (a. A. offenbar BAG NJW 1991, 2589). Hinreichend ist es, wenn die Leistung einen vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelf oder eine sonstige vollstreckungsrechtliche Abwehrmaßnahme (z. B. § 775 Nr. 3 ZPO) begründet. Gleichgültig ist es, ob der Rechtsbehelf in Anspruch genommen oder die Abwehrmaßnahme durchgeführt wird. Zahlt z. B. der Vollstreckungsschuldner die ausgeurteilte Summe an den Vollstreckungsgläubiger, dann ist die Zahlung eine Abwendungsleistung, auch wenn der Schuldner es versäumt, die Vollstreckung gem. §§ 769, 775 Nr. 2 ZPO einstellen zu lassen, und der Gläubiger vollstrecken lässt.

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

aa) Sicherheitsleistung §§ 945, 1041 Abs. 4 Satz 1 ZPO sehen als Abwendungsleistung ausdrücklich Sicherheitsleistung vor. § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO spricht umfassend von einer „zur Abwendung der Vollstreckung gemachte[n] Leistung“ und schließt damit Sicherheitsleistung ein.139 Sicherheitsleistung ist gegenüber anderer Abwendungsleistung risikohaftungsrechtlich grundsätzlich derart privilegiert, dass durch die Leistung einer Sicherheit entstehender Schaden auch dann als Abwendungsschäden ersatzfähig ist, wenn die Vollstreckung (oder Vollziehung) noch nicht jederzeit durchgeführt werden kann.140 Die risikohaftungsrechtlichen Einschränkungen, die bei anderen Leistungen das Vollstreckungsvorfeld verkürzen (dazu im Anschluss), gelten bei Sicherheitsleistung nicht – auch nicht, wenn verlässlich ersichtlich ist, dass der Titelgläubiger nicht vollstrecken lassen wird (bei dennoch geleisteter Sicherheit kann der Anspruch aber gem. § 254 BGB zu kürzen sein oder entfallen). Als Abwendungsschaden ist nur der Schaden ersatzfähig, der durch das Bewirken der Leistung entsteht, und nicht der Schaden, der vor der Leistungsbewirkung verursacht wird. Solcher Schaden kann aber Vollstreckungsschaden sein. Aus dieser Unterscheidung ergeben sich verwickelte Verhältnisse bei Schäden, die im Zusammenhang mit einer Abwendungssicherheit entstehen. Solche Schäden können bei der Beschaffung, bei der Vorhaltung sowie beim Einsatz eines Sicherungsmittels entstehen. Vor und unabhängig von der Leistung einer Sicherheit kann Aufwand für die Beschaffung eines Sicherungsmittels entstehen (z. B. Bürgschafts- und Kreditkosten). Er ist Vollstreckungsschaden, wenn das Sicherungsmittel beschafft wird (Abschluss des Bürgschafts- oder Darlehensvertrages), weil und nachdem die Vollstreckung begonnen hat. Vor Vollstreckungsbeginn veranlasster Beschaffungsaufwand ist nicht Vollstreckungsschaden. Ebenfalls vor und unabhängig von der Sicherheitsleistung kann einem Sicherheitsbelasteten Schaden entstehen, indem er ein Sicherungsmittel vorhält. Wenn er ein Darlehen aufnimmt, um mit der Valuta Sicherheit leisten zu können, entstehen Darlehenszinsverpfl ichtungen unabhängig davon, ob er Sicherheit leistet oder zuwartet (z. B. nach Einstellung der Vollstreckung, solange unverzügliche Fortsetzung der Vollstreckung nicht geboten ist). Die Zinslast ist Vollstreckungsschaden, wenn der Darlehensvertrag nach Vollstreckungsbeginn geschlossen wird. Zinsen aufgrund eines vor Vollstreckungsbeginn geschlossenen Darlehensvertrages sind nicht Vollstreckungsschaden (und zwar 139 KG NJW 1978, 1440; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 232; Heß, in: Wieczorek/ Schütze, § 717, Rn. 16; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 31; Schuschke, in: Schuschke/ Walker, § 717, Rn. 10. 140 In diesem Sinne auch Walker, Rn. 488: die Möglichkeit, durch Sicherheitsleistung die Vollziehung abzuwenden, bestehe i. S. v. § 945 ZPO „von vornherein“.

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auch nicht, wenn sie nach Vollstreckungsbeginn anfallen). Hält ein Titelschuldner Kapital als Sicherungsmittel vor, das er ursprünglich für andere Zwecke vorgesehen hatte, kann ihm Gewinn entgehen, den er mit diesem Kapital erzielt hätte, wenn es nicht durch die Vorhaltung gebunden wäre. Entgangener Gewinn ist Vollstreckungsschaden, wenn das Kapital nach Vollstreckungsbeginn gewinnbringend eingesetzt worden wäre (vom Vollstreckungsbeginn an ist der Entschluss des Titelschuldners, das Kapital zum Zweck der Sicherheitsleistung vorzuhalten, durch die Vollstreckung veranlasst). Entgangener Gewinn, der erzielt worden wäre, indem das Kapital vor Vollstreckungsbeginn eingesetzt worden wäre (zu einem Zeitpunkt, zu dem die Kapitalbindung nicht durch die Vollstreckung veranlasst ist), ist kein Vollstreckungsschaden. Gleichgültig ist, zu welchem Zeitpunkt der Gewinn erzielt worden wäre. Das gleiche wie bei entgangenem Gewinn gilt bei Vermögenseinbußen, die einem Titelschuldner entstehen, dessen Liquidität durch die Kapitalbindung geschwächt ist. Solche Vermögenseinbußen sind Vollstreckungsschaden, wenn Kapital nach Vollstreckungsbeginn eingesetzt worden wäre, oder wenn die Liquiditätsschwäche durch Kapitalbeschaffung nach Vollsteckungsbeginn ausgeglichen wird. Gleichgültig ist, zu welchem Zeitpunkt die Vermögenseinbuße eintritt. Schließlich kann durch den Einsatz von Kapital als Sicherheit (Leistung der Sicherheit) und die daraus resultierende Kapitalbindung Schaden entstehen, indem dem Titelschuldner Gewinn entgeht oder er Vermögenseinbußen erleidet. Nur Schaden, der auf Kapitaleinsatz als Sicherheit beruht, ist als Abwendungsschaden ersatzfähig („durch eine . . . gemachte Leistung“, „dadurch . . ., daß er Sicherheit leistet“). Er ist gleichzeitig Vollstreckungsschaden, wenn die Sicherheit nach Vollstreckungsbeginn geleistet wird. bb) Andere Leistung Gem. § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist der Schaden zu ersetzen, der „durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist“. Zur Abwendung der Vollstreckung (analog § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO: Vollziehung) kann auch eine andere Leistung als Sicherheitsleistung gemacht werden. Eine andere Leistung ist eine Abwendungsleistung, wenn sie (wie eine Sicherheitsleistung) dazu führen kann, dass die Vollstreckung nicht beginnen darf, oder dass eine begonnene Vollstreckung zu beenden ist. Die Vollstreckung darf nicht beginnen oder ist zu beenden, wenn dem titulierten Interesse abgeholfen ist. Eine Leistung des Titelschuldners ist demnach eine Abwendungsleistung, wenn sie dem titulierten Interesse abhilft.141 Wie zu zeigen sein wird, hilft nicht jede ti141 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 233: Leistung, die im Rahmen des Urteils zur Befriedigung oder Sicherstellung des Gläubigers geeignet ist. Ferner RGZ 131, 185, 189 f. Ähnlich Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 31, Fn. 154; Vockenberg, S. 146: titelkonforme Leistung oder Erfüllungssurrogat.

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telkonforme Leistung dem titulierten Interesse ab, und eine Leistung, die dem titulierten Interesse abhilft, muss nicht titelkonform sein. Für die Ersatzfähigkeit von Schaden, der durch andere Abwendungsleistung als Sicherheitsleistung entsteht, reicht es nicht aus, dass der Titel zum Zeitpunkt der Leistung erlassen ist.142 Vielmehr muss die Vollstreckung (begonnen haben oder wenigstens) derart drohen, dass sie jederzeit durchgeführt werden kann,143 d. h., es müssen sämtliche Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen.144 Denn der Titelschuldner soll dem Titelgläubiger die Haftung nicht durch voreilige Leistung aufdrängen können. Außerdem muss es dem Titelgläubiger überlassen bleiben, von der Vollstreckung abzusehen, um das Haftungsrisiko zu vermeiden.145 Die Vollstreckung muss daher aufgrund eines über die Titelerwirkung hinausgehenden Verhaltens des Titelgläubigers (begonnen haben oder) ernsthaft zu befürchten sein. Schließlich darf nicht verlässlich ersichtlich sein, dass er die Vollstreckung nicht beabsichtigt.146 Im Gegensatz zu § 717 Abs. 2 ZPO, der vom Ersatz des Schadens spricht, der „durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist“, und damit auch Schäden durch andere Leistungen als Sicherheitsleistung einbezieht, erwähnt § 945 ZPO außer dem Vollziehungsschaden nur den Schaden, der dem Verfügungsschuldner „dadurch entsteht, daß er Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden oder die Aufhebung der Maßregel zu erwirken“. § 945 ZPO, der keine andere Abwendungsleistung als Sicherheitsleistung anerkennt, ist zu eng.147 Denn ein Verfügungsschuldner soll unter Vollziehungsdruck auch geschützt sein, wenn er anders als durch Sicherheitsleistung abwendend leistet. In Fällen, in denen der Wortlaut einer Vorschrift zu eng ist gegenüber ihrer Zwecksetzung, fordert die ratio legis die Erweiterung der Norm, damit sie ihren Zweck erfüllt (teleologische Extension).148 § 945 ZPO umfasst demnach den Abwendungsschaden durch Sicherheitsleistung und den Schaden, der entsteht, wenn der Verfügungsschuldner dem titulierten Interesse 142 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 232; Krüger, in: MüKo ZPO, § 717, Rn. 15; Münzberg, JZ 1990, 194, 195; Vockenberg, S. 146. 143 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 233. Ferner Breit, S. 81; Krüger, in: MüKo ZPO, § 717, Rn. 15; Vockenberg, S. 146. Weitergehend Altmeppen, ZIP 1996, 168, 169; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 31, die den Schuldnerschutz überbetonen. 144 Umstritten ist, ob eine erforderliche Gläubigersicherheit bereits geleistet sein muss, dafür BGHZ 131, 233, 235 ff.; dagegen Krüger, in: MüKo ZPO, § 717, Rn. 15; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 31. 145 BGHZ 131, 233, 235; Breit, S. 81 ff.; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 232; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 16; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 31. 146 Baur, Studien, S. 116; Breit, S. 81 f.; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 232 f.; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 31; Pecher, S. 65, Fn. 45; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 717, Rn. 10. 147 A. A. Heinze, in: MüKo ZPO, § 945, Rn. 7; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 1058 f.: weite Auslegung. Ähnlich Borck, WRP 1977, 556, 557. 148 Vgl. Canaris, S. 89 f.; Larenz, Methodenlehre, S. 374 ff.; Würdinger, AcP 206 (2006), 946, 963 ff.

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anders als durch Sicherheitsleistung abhilft, um die Vollziehung abzuwenden.149 Auch § 1041 Abs. 4 Satz 1 ZPO scheint nur zum Ersatz des Schadens zu verpflichten, der dem Titelschuldner „dadurch entsteht, daß er Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden“. Die Vorschrift ist ebenfalls zu eng, weil sie keine andere Abwendungsleistung als Sicherheitsleistung mit Schadensersatz honoriert. Wie § 717 Abs. 2 ZPO sanktioniert § 1041 Abs. 4 ZPO den Vollstreckungsdruck, dem der Maßnahmegläubiger den Maßnahmeschuldner aussetzt.150 Wie der Titelschuldner bei § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO kann daher auch der Schuldner einer schiedsgerichtlichen Maßnahme gem. § 1041 Abs. 4 Satz 1 ZPO Ersatz für Schaden verlangen, der durch andere Abwendungsleistung als Sicherheitsleistung entsteht,151 wenn er dem titulierten Interesse abhilft (teleologische Extension). 2. Schadensersatz gem. § 717 Abs. 2 ZPO Wird ein für den Intervenienten (Titelgläubiger) für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil aufgehoben oder abgeändert, ist er dem Vollstreckungsgläubiger (Titelschuldner) zum Ersatz des Schadens verpfl ichtet, der diesem durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist (§ 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO). a) Prozessuale Veranlassung Ein Intervenient kann ein vorläufig vollstreckbares Drittwiderspruchs- (aa)) oder Leistungsurteil (bb)) erwirken und vollstrecken lassen. Prozessual veranlasst ist der Schaden, der durch die Urteilsvollstreckung oder eine Abwendungsleistung des Schuldners entstanden ist. aa) Drittwiderspruchsurteil Drittwiderspruchsurteile sind nur im Kostenpunkt für vorläufig vollstreckbar zu erklären.152 Durch ordnungsgemäße Vollstreckung eines ordnungsgemäß für vorläufig vollstreckbar erklärten Drittwiderspruchsurteils können folglich nur Schäden des Vollstreckungsgläubigers wegen der Kostenvollstreckung entstehen. Da der Hauptsacheausspruch nicht vorläufig vollstreckbar ist, ist es keine Abwendungsleistung des Vollstreckungsgläubigers, wenn er sein Verhalten am Hauptsacheausspruch über die Unzulässigkeit der Vollstreckung und des149 I. E. ebenso Bandel, S. 245; Baur, Studien, S. 107 f.; Gleußner, S. 139 ff.; dies., MDR 1996, 453, 454; Walker, in: Schuschke/Walker, § 945, Rn. 38; ders., Rn. 486 f. 150 Bandel, S. 246; Münch, in: MüKo ZPO, § 1041, Rn. 31. 151 Bandel, S. 249 f.; Münch, in: MüKo ZPO, § 1041, Rn. 33. 152 S. 102.

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

sen hypothetischer Vollstreckung gem. §§ 775 f. ZPO ausrichtet und die Vollstreckung in den betreffenden Gegenstand unterlässt, sie ruhen lässt oder den Gegenstand freigibt. bb) Leistungsurteil Leistungsurteile des Intervenienten gegen den Vollstreckungsgläubiger können über vertragliche Ansprüche oder im Rahmen einer Hauptintervention ergehen und lauten auf Erwirkung der Freigabe (aaa)) und Unterlassen (einschließlich Ruhenlassen) der Vollstreckung (bbb)).153 aaa) Freigabe Ein Freigabeurteil ist im Hauptsacheausspruch (Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung) nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären.154 Wenn dies beachtet wird, sind Schäden durch die Vollstreckung der Hauptsache ausgeschlossen. Die Freigabe durch den Vollstreckungsgläubiger ist keine Abwendungsleistung, weil es keine Vollstreckung abzuwenden gibt.155 bbb) Unterlassen und Ruhenlassen der Vollstreckung Im Unterlassungsausspruch ist das Urteil nach allgemeinen Regeln für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Die Unterlassungsvollstreckung gem. § 890 ZPO (Vollstreckung gem. §§ 892, 892a ZPO kommt nicht in Betracht) wirkt durch mittelbaren Zwang, d. h. mittels Einwirkung auf den Willen des Unterlassungsschuldners durch Drohung mit Repression bei Zuwiderhandlung gegen das titulierte Gebot. Zunächst sind Ordnungsmittel anzudrohen. Die Androhung kann bereits im Urteil enthalten sein (§ 890 Abs. 2 Alt. 1 ZPO). Ob die Androhung in ein Urteil aufgenommen wird, steht im Ermessen des Gerichts.156 Ermessensleitend hat die Sicherstellung der Unterlassung zu sein, so dass die Androhung typischerweise in das Urteil aufzunehmen ist. Das Ermessen ist auf die Androhung festgelegt, wenn der Gläubiger die Aufnahme der Androhung anregt (Vollstreckungsanspruch des Gläubigers). Auf das Absehen von der Androhung ist das Ermessen festgelegt, wenn der Gläubiger (ggf. auf gebotene Nachfrage durch das Gericht) mitteilt, es solle keine Androhung in das Urteil aufgenommen werden (Dispositionsgrundsatz). Ist die Androhung nicht bereits im Urteil enthalten, ist sie auf Antrag des Gläubigers vom Prozessgericht des ersten Rechtszuges durch Beschluss (§ 891 ZPO) zu erlassen (§ 890 Abs. 2 153

S. 113–116. S. 115. 155 Ebenso BGH NJW-RR 1992, 1339, 1340; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 232 betr. die Abgabe einer Einwilligungserklärung zur Auszahlung vor Rechtskraft. 156 A. A. Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 988: auf Antrag des Gläubigers. 154

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Alt. 2 ZPO). Verstößt der Schuldner schuldhaft157 gegen das Unterlassungsgebot, ist ein angedrohtes Ordnungsmittel auf Antrag des Gläubigers festzusetzen (§ 890 Abs. 1 ZPO). Festgesetzte Ordnungsmittel sind nach Maßgabe der JBeitrO (Ordnungsgeld) oder der §§ 904 ff. ZPO (Ordnungshaft) zu vollstrecken. Außerdem kann der zuwiderhandelnde Schuldner, dem bereits ein Ordnungsmittel angedroht ist,158 auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden verurteilt werden (§ 890 Abs. 3 ZPO). Der Beschluss über die Sicherheitsleistung ist gem. § 887 ZPO zu vollstrecken.159 (a) Vollstreckungsschaden Vollstreckungsschaden kann verursacht werden, wenn die Vollstreckung bereits begonnen hat. Über den Vollstreckungsbeginn der Unterlassungsvollstreckung gehen die Meinungen auseinander.160 Die Unterlassungsvollstreckung gem. § 890 ZPO beginnt, sobald auf den Titelschuldner Vollstreckungszwang ausgeübt wird. Anders als bei der Geld- oder Herausgabevollstreckung fehlt bei der Unterlassungsvollstreckung gem. § 890 ZPO eine unmittelbare Wirkung (anders auch bei der Ordnungsmittelvollstreckung, die aber gerade nicht den Regeln des § 890 ZPO folgt). Unterlassung ist mittelbar durch äußere Verhaltenssteuerung (drohende Nachteile bei Zuwiderhandlung, Nachteilsvermeidung als Anreiz zu titelkonformem Verhalten) durchzusetzen, die den Vollstreckungszwang der Unterlassungsvollstreckung ausmacht. Die äußere Verhaltenssteuerung beginnt mit der Androhung, die den Schuldner, wenn die weiteren Vollstreckungsvoraussetzungen (Klausel, Zustellung sowie ggf. Gläubigersicherheit161) erfüllt sind, bei Strafe eines Ordnungsmittels auf das titulierte Verhalten festlegt. Die Unterlassungsvollstreckung gem. § 890 ZPO beginnt demnach, wenn sämtliche Vollstreckungsvoraussetzungen einer Ordnungsmittelfestsetzung im Fall der Zuwiderhandlung vorliegen. Vor diesem Zeitpunkt verursachter Schaden ist nicht Vollstreckungsschaden (er kann aber Abwendungsschaden sein). 157

Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 990. Brox/Walker, Rn. 1102; Schilken, in: MüKo ZPO, § 890, Rn. 25. 159 Brox/Walker, Rn. 1108; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 890, Rn. 43. 160 BayObLG InVo 1996, 216; Brox/Walker, Rn. 1098; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/ Schilken, S. 989; ders., in: MüKo ZPO, § 890, Rn. 14: Ordnungsmittelandrohung, wenn die Androhung in einem besonderen Beschluss enthalten ist. Schilken, in: Rosenberg/Gaul/ Schilken, S. 989: Antrag auf Festsetzung des Ordnungsmittels, wenn die Androhung im Urteil enthalten ist. OLG Stuttgart MDR 1962, 995: Ordnungsmittelfestsetzung, wenn die Androhung im Urteil enthalten ist. 161 Aufgrund eines gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbaren Unterlassungsurteils kann ein Ordnungsmittel nur festgesetzt werden, wenn im Zeitpunkt der Zuwiderhandlung die Sicherheit bereits erbracht und dem Schuldner nachgewiesen war, BGHZ 131, 233 m. zust. Anm. Walker, EWiR 1996, 237. 158

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

Der Titelgläubiger muss auf die Vollstreckung hingewirkt haben. Er wirkt auf die Vollstreckung hin, wenn er im Erkenntnisverfahren erklärt, die Androhung solle im Urteil aufgenommen werden, oder sie solle nicht unterbleiben. Keine Haftung gem. § 717 Abs. 2 ZPO entsteht demnach, wenn das Gericht die Androhung in das Urteil aufnimmt, ohne vom Unterlassungskläger dazu angeregt worden zu sein, und ohne ihn vor Urteilserlass auf die Androhung hingewiesen zu haben, damit er sich äußere. In einem solchen Fall haftet der Titelgläubiger erst, sobald er Gläubigersicherheit leistet oder (wenn das Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist) einen Antrag auf Ordnungsmittelfestsetzung oder Verurteilung zur Sicherheitsleistung stellt. Enthält das Urteil keine Androhung, wirkt der Titelgläubiger auf die Vollstreckung hin, sobald er einen Androhungsbeschluss beantragt. Demnach gilt: Schaden, der durch die Verurteilung zu Ordnungsmitteln oder einer Sicherheit gem. § 890 Abs. 3 ZPO (auf Antrag des Unterlassungsgläubigers) entsteht, ist stets Vollstreckungsschaden. Schaden, der im Zusammenhang mit einer Sicherheit gem. § 711 ZPO verursacht wird,162 und Schaden, der durch titelkonformes Unterlassen entsteht (Veranlassung durch die Vollstreckung wird im Schadensersatzprozess vermutet), ist Vollstreckungsschaden, wenn zum Zeitpunkt der Schadensverursachung die Voraussetzungen für eine Ordnungsmittelfestsetzung vorliegen und der Intervenient dazu einen Beitrag geleistet hat. (b) Abwendungsschaden In den Fällen des § 711 ZPO kann der Titelschuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden. Angesichts des Wortlauts von § 711 ZPO, der davon spricht, „daß der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung . . . abwenden darf“, ist es dabei unbeachtlich, dass die Abwendung nicht sicher und endgültig ist (weil Gläubigersicherheit die Vollstreckung wieder eröffnet), und auch, ob der Titelgläubiger vorhatte oder Anstalten getroffen hat, das Urteil vollstrecken zu lassen. Durch die Leistung einer Sicherheit gem. § 711 ZPO entstehender Schaden ist stets ersatzfähiger Abwendungsschaden.163 Für andere Abwendungsleistung als Sicherheitsleistung bleiben vor Vollstreckungsbeginn (Ordnungsmittelandrohung bei Erfüllung aller Vollstreckungsvoraussetzungen einschließlich Sicherheitsleistung) wenige Fallgestaltungen übrig: Entweder sind Ordnungsmittel (unter Mitwirkung des Titelgläubigers) angedroht, die Androhung ist aber noch nicht zugestellt oder der Titelgläubiger hat die erforderliche Sicherheit noch nicht geleistet; oder Ordnungsmittel sind

162 163

Zum Vollstreckungsschaden im Zusammenhang mit einer Sicherheit S. 262 f. Zum Abwendungsschaden durch Sicherheitsleistung S. 262 f.

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noch nicht angedroht, der Unterlassungsgläubiger hat aber bereits Antrag auf Erlass eines Androhungsbeschlusses gestellt. Dem Schuldner eines Unterlassungsurteils stehen vor oder nach Vollstreckungsbeginn folgende Verhaltensalternativen zu Gebote. Ein Unterlassungsschuldner kann sich im Einklang mit dem titulierten Unterlassungsgebot verhalten. Eine solche Leistung liegt zwar im Rahmen des Titels. Sie lässt aber das titulierte Interesse an der Unterlassungsvollstreckung nicht entfallen, wenn nicht das Unterlassen sich in Einmaligkeit erschöpft (Dulden einer bestimmten Handlung) oder befristet und die Frist abgelaufen ist (das Interesse entfällt dann nicht durch das Unterlassen, sondern infolge Fristablaufs). Bei dauerhaftem Unterlassen (wie der Unterlassung der Vollstreckung) besteht ein Befriedigungsinteresse an fortwährend gegenwärtiger Unterlassung sowie ein Sicherstellungsinteresse an fortlaufend künftiger Aufrechterhaltung des Unterlassens. Freiwilliges Unterlassen beruht allein auf innerer (autonomer) Verhaltenssteuerung und liefert keine der äußeren Verhaltenssteuerung durch Androhung gleichwertige Gewähr dafür, dass der Titelschuldner seinen Entschluss nicht aufgeben wird. Freiwilliges titelkonformes Unterlassen bedient folglich das Sicherungsinteresse an der Aufrechterhaltung des Unterlassens schwächer als titelkonformes Unterlassen unter dem Eindruck der Androhung. Daher hindert titelkonformes Verhalten weder, dass Ordnungsmittel angedroht werden können,164 noch ist solches Verhalten geeignet, eine Androhung zu beseitigen. Im übrigen verhindert titelkonformes Unterlassen zwar, dass auf eine Androhung die Festsetzung eines Ordnungsmittels165 oder die Verurteilung zur Sicherheitsleistung („fernere Zuwiderhandlung“) 166 folgen darf. Dies ist aber keine hinreichende teilweise Abwendung der Vollstreckung (wie z. B. eine Teilzahlung auf ein Zahlungsurteil), sondern es wird nur der Fortgang der Unterlassungsvollstreckung vermieden. Titelkonformes Unterlassen ist nicht dazu geeignet, die Unterlassungsvollstreckung abzuwenden, sondern nur dazu, sie im Androhungsstadium anzuhalten. Schaden, den ein Vollstreckungsgläubiger als Unterlassungsschuldner erleidet, weil er titelkonform die Vollstreckung unterlässt oder ruhen lässt, ist kein gem. § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO ersatzfähiger Abwendungsschaden167 (er kann aber ersatzfähiger Vollstreckungsschaden sein). 164 Androhung setzt keine vorherige Zuwiderhandlung voraus, BayObLG InVo 1999, 321, 322; Putzo, in: Thomas/Putzo, § 890, Rn. 19; Schilken, in: MüKo ZPO, § 890, Rn. 14; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 890, Rn. 17. 165 OLG Stuttgart MDR 1962, 995; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 989; ders., in: MüKo ZPO, § 890, Rn. 11 m. w. N. 166 Schilken, in: MüKo ZPO, § 890, Rn. 25. 167 Damit steht der Titelschuldner zwar vor dem Dilemma, entweder dem Vollstreckungsund Haftungsdruck standzuhalten, oder sich durch titelkonformes Verhalten selbst zu schädigen, ohne einen Risikohaftungsanspruch erwerben zu können. Diese Zumutung ist einer Risikohaftung des Titelgläubigers in solchen Fällen aber vorzugswürdig. Eine Leistung, die

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

Auch, wenn der Unterlassungsschuldner für den Fall der Zuwiderhandlung gegen das titulierte Gebot eine Vertragsstrafe verspricht, steht dies der Zulässigkeit und der Aufrechterhaltung einer Androhung nicht entgegen. Privatrechtliche Sanktion und Unterlassungsvollstreckung können nebeneinander bestehen, wenn nicht ausnahmsweise aus der Vereinbarung etwas anderes hervorgeht.168 Daher ist ein Vertragsstrafeversprechen zur Sicherstellung des titulierten Verhaltens grundsätzlich keine Abwendungsleistung. Selbst, wenn der als Unterlassungsschuldner verurteilte Vollstreckungsgläubiger dem Intervenienten die Ausfertigung des Vollstreckungstitels gegen den Vollstreckungsschuldner aushändigt (was untunlich ist, wenn die Vollstreckung in andere Vermögensgegenstände des Vollstreckungsschuldners in Betracht kommt), ist damit die Unterlassung der Vollstreckung nicht hinreichend sichergestellt. Denn der Vollstreckungsgläubiger kann sich ohne Anhörung des intervenienten eine weitere vollstreckbare Ausfertigung erteilen lassen (§ 733 ZPO). Vergeht sich der Unterlassungsschuldner gegen das Unterlassungsgebot, wird daraufhin Ordnungsgeld festgesetzt oder der Schuldner zur Sicherheitsleistung verurteilt, und zahlt der Schuldner sodann das Ordnungsgeld, oder leistet er die Sicherheit, so wendet er damit zwar die Ordnungsmittelvollstreckung oder die Vollstreckung der Sicherheitsleistung ab. Er wendet damit aber nicht die Unterlassungsvollstreckung ab, und zwar auch nicht teilweise. Denn die Androhung von Ordnungsmitteln für künftige Zuwiderhandlung bleibt bestehen (Schaden, den der Unterlassungsschuldner erleidet, weil er festgesetztes Ordnungsgeld zahlt oder Sicherheit gem. § 890 Abs. 3 ZPO leistet, sind aber als Vollstreckungsschaden ersatzfähig). (c) Ergebnis und Folgerungen Schaden, den ein Vollstreckungsgläubiger als verurteilter Unterlassungsschuldner erleidet, weil er die Vollstreckung unterlassen oder ruhen lassen hat, oder weil er dem titulierten Gebot zuwidergehandelt hat, nachdem ein Ordnungsmittel angedroht war, ist i.d.R. als Vollstreckungsschaden gem. § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO ersatzfähig. Dem Intervenienten bleibt es als Titelgläubiger überlassen, sich jeder Hinwirkung auf den Vollstreckungsbeginn zu enthalten, und so die Haftung zu vermeiden. Dagegen kann der Vollstreckungsgläubiger als verurteilter Schuldner einer dauernden Unterlassungspflicht nur durch Sicherheitsleistung gem. § 711 ZPO abwendend leisten. Anders kann er dem tituliernicht zur Abwendung der Vollstreckung hinreicht, ist bereits vollstreckungsrechtlich nicht genügend schutzwürdig. Es ist konsequent, vollstreckungsrechtlich unzureichende Leistungen auch risikohaftungsrechtlich nicht ausreichen zu lassen. 168 Baumann/Brehm, S. 403; Brox/Walker, Rn. 1096; Schilken, in: MüKo ZPO, § 890, Rn. 17; ders., in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 992; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 890, Rn. 17.

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ten Interesse nicht vollstreckungsabwendend abhelfen. Solange die Unterlassungsvollstreckung nicht begonnen hat, drohen ihm aber keine Nachteile durch Ordnungsmittel oder Verurteilung zur Sicherheit. Es kann dem Gläubiger eines Unterlassungstitels daher zu raten sein, nicht auf eine Androhung von Ordnungsmitteln hinzuwirken, weil freiwilliges Unterlassen des Titelschuldners damit einstweilen kein Haftungsrisiko begründet. Umgekehrt kann dem Titelschuldner zu raten sein, zunächst ohne Vollstreckungsrisiko gegen das Unterlassungsgebot zu verstoßen, um den Titelgläubiger zu veranlassen, auf die Androhung von Ordnungsmitteln hinzuwirken oder Gläubigersicherheit zu leisten, so dass Schäden durch Unterlassen von da an als Vollstreckungsschaden ersatzfähig sind. Diese scheinbar widersinnige prozesstaktische Konsequenz ist wertungsgerecht. Solange es der Titelgläubiger unterlässt, Ordnungsmittel androhen zu lassen, übt er auf den Titelschuldner keinen Vollstreckungsdruck aus und riskiert im Gegenzug keine Haftung aus § 717 Abs. 2 ZPO. Sobald er auf den Titelgläubiger durch Androhung von Ordnungsmitteln Vollstreckungsdruck ausübt, entsteht die Gefahr, gem. § 717 Abs. 2 ZPO Vollstreckungsschäden ersetzen zu müssen. Die Haftung beruht damit auf einem einheitlichen Kriterium (vom Titelgläubiger veranlasster Vollstreckungsdruck). b) Schadensumfang Vollstreckungs- und Abwendungsschaden ist im Rahmen des § 717 Abs. 2 ZPO nach Maßgabe der §§ 249 ff. BGB ersatzfähig.169 Einem Vollstreckungsgläubiger (als verurteiltem Unterlassungsschuldner) kann Vollstreckungsschaden entstehen, wenn er die Vollstreckung unterlässt oder ruhen lässt, wenn er Sicherheit gem. § 890 Abs. 3 ZPO leistet, und wenn er zu Ordnungsmitteln herangezogen wird. Abwendungsschaden kann entstehen, wenn er Sicherheit gem. § 711 ZPO leistet. Begleitschaden, der unabhängig von der Urteilsvollstreckung oder einer Abwendungsleistung entsteht,170 ist nicht gem. § 717 Abs. 2 ZPO ersatzfähig.171 Gleiches gilt für Schaden aufgrund der Rechtsdurchsetzung im Unterlassungsrechtsstreit (z. B. Kosten der Berufung). Solcher Schaden beruht auf dem Urteilserlass. Dagegen können Rechtsverfolgungskosten, die im Vollstreckungsverfahren entstehen (z. B. Kosten der sofortigen Beschwerde gegen einen Androhungsbeschluss), durch die Vollstreckung verursacht und als Begleitschaden der Vollstreckung gem. § 717 Abs. 2 ZPO ersatzfähig sein. Begleitschaden der Vollstreckung sind auch Kreditschäden, die entstehen, weil die Unter169 Baumann/Brehm, S. 143; Brox/Walker, Rn. 78; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 234; Krüger, in: MüKo ZPO, § 717, Rn. 9, 18; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 717, Rn. 11; Vockenberg, S. 147. 170 Zum Begleitschadens s. ferner S. 185 f. 171 BGHZ 85, 110, 115 m. zust. Anm. Gerhardt, JR 1983, 247, 248; RGZ 131, 185, 188 ff.; Brehm, JZ 1983, 644; Krüger, in: MüKo ZPO, § 717, Rn. 16; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 30.

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lassungsvollstreckung bekannt wird. Anders als bei Kreditschäden, die entstehen, weil ein Unterlassungsurteil bekannt wird, steht der Haftung des Titelgläubigers gem. § 717 Abs. 2 ZPO in solchen Fällen nicht entgegen, dass der Schaden nicht auf der Vollstreckung des Urteils beruht.172 Die Rechtsprechung und ein Teil des Schrifttums stehen der Anwendung von § 717 Abs. 2 ZPO (allgemein: der Vorschriften über die Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung) in solchen Fällen allerdings ablehnend gegenüber. Der BGH173 verneint eine Haftung aus § 717 Abs. 2 ZPO, da Kreditschäden, die entstehen, weil die Vollstreckung bekannt wird, unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der Haftungsnorm bei wertender Abgrenzung nicht zurechenbar seien; 174 würde anders entschieden, würde das Haftungsrisiko des rechtmäßig vollstreckenden Gläubigers in Unabsehbare gesteigert werden.175 Ferner wird argumentiert, aus den §§ 717, 945 ZPO sei nur „der Schaden, der gerade durch die Vollstreckung . . . bzw. Vollziehung . . . entstanden ist“, zu ersetzen; gerade durch die Vollstreckung oder Vollziehung sei aber ein Schaden nicht entstanden, „wenn derselbe Schaden bereits durch die bloße Kenntnis von der Vollstreckungsmöglichkeit bzw. der Anordnung . . . einer einstweiligen Verfügung entstanden wäre“.176 Daher umfassten die §§ 717, 945 ZPO Kreditschäden nicht, weil sich „[s]chädliche Auswirkungen auf Geschäftsbeziehungen . . . im Regelfall bereits aus der Kenntnis von einer (titulierten) großen Schuld“177 ergeben würden. – Der Wortlaut von § 717 Abs. 2 ZPO (und der §§ 945, 1041 Abs. 4 ZPO) sieht keinen Ausschluss vollstreckungsbedingter (vollziehungsbedingter) Kredit-

172 Für Ersatzfähigkeit aufgrund von § 717 Abs. 2 ZPO Baur/Stürner/Bruns, Rn. 15.36; Deubner, JuS 2002, 899, 903; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 20; Schlosser, Zivilprozessrecht, Rn. 61. 173 BGHZ 85, 110, 113 ff. Ebenso OLG Koblenz, Urt. v. 08. 02. 2001 – 5 U 433/00 (wiedergegeben bei Deubner, JuS 2002, 899, 902 f.). 174 Zustimmend Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 235; Krüger, in: MüKo ZPO, § 717, Rn. 16; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 717, Rn. 11. Ferner Heinze, in: MüKo ZPO, § 945, Rn. 13; Stolz, JZ 1988, 979, 980: „In den Schutzbereich der verschuldensunabhängigen Schadensersatzpfl icht . . . fallen nur Schäden, die sich als spezifi sche Folge des Vollstreckungszwanges darstellen“ (Hervorhebungen im Original); ders., S. 106 f.: „daß die Rufschädigung keine spezifi sche Folge der Zwangsvollstreckung oder des Vollstreckungszwanges ist. Die Vollziehung stellt vielmehr ein mehr oder weniger zufälliges Glied in der Kausalkette dar, die zur Rufschädigung führt“ (Hervorhebung im Original), jew. betr. § 945 ZPO. 175 Zustimmend Brehm, JZ 1983, 644; Gaul, ZZP 110 (1997), 3, 9 f. Ferner Stolz, S. 107 betr. § 945 ZPO: „Die Haftungsausgrenzung der Kreditschäden erscheint auch allein interessengerecht“, andernfalls trete eine „Haftungsübersteigerung“ ein. 176 So Gerhardt, JR 1983, 247, 248 f. Ferner Stolz, S. 106; ders., JZ 1988, 979, 980, jew. betr. § 945 ZPO: funktionelle Entsprechung des Einwandes des rechtmäßigen Alternativverhaltens. 177 So Gerhardt, JR 1983, 247, 248 f. Ferner Stolz, S. 105 betr. § 945 ZPO: „Denn die für den Geschäftsverkehr abschreckende Wirkung geht in der Regel schon von der Anordnung des Arrestes aus“.

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schäden aus der Haftung aus prozessualer Veranlassung vor,178 so dass die allgemeinen schadensrechtlichen Regeln anwendbar sind, denen zufolge adäquat vollstreckungsverursachte Kreditschäden ersatzfähig sind. Die dagegen vorgebrachten Argumente sind zweifelhaft. Die Berufung auf den Schutzzweck der Norm ist ebenso unbestimmt wie das Postulat, nur eine spezifische Folge des Vollstreckungszwanges sei ersatzfähig. Auch die Erwägung, das Haftungsrisiko dürfe nicht unabsehbar werden, andernfalls sei die Haftung übersteigert, folglich sei die Haftungsausgrenzung interessengerecht, vermag in dieser Allgemeinheit nicht zu überzeugen. Wenn Kreditschäden adäquate Folge der Vollstreckung sind, dann sind sie auch absehbar.179 Zutreffend ist allerdings, dass die Höhe solcher Schäden im Einzelfall nicht kalkulierbar sein und das Haftungsrisiko daher von der Vollstreckung abhalten kann. Aus dieser Erwägung könnte abzuleiten sein, dass die Haftung auf kalkulierbare Schäden zu beschränken ist, weil andernfalls das Recht auf vorläufige Vollstreckung durch die Abschreckungswirkung unkalkulierbarer Haftung entwertet würde. Dieses Kriterium würde aber nicht Kreditschäden von anderen Schäden scheiden, sondern es würde jegliche Schäden der Höhe nach begrenzen. Auch unkalkulierbarer Durchsetzungsschaden durch entgangenen Gewinn, Betriebseinstellung oder Insolvenz, der infolge der Entziehung oder Vorenthaltung von Mitteln durch die Vollstreckung eintritt, wäre dann nicht ersatzfähig. Diese Konsequenz wird aber in der Rechtsprechung und im Schrifttum zu Recht nicht gezogen. Die Überzeugungskraft des weiteren Arguments, dass der Schaden „gerade durch“ die Vollstreckung entstanden sein muss, vollstreckungsbedingte Kreditschäden aber nicht „gerade durch“ die Vollstreckung entstünden, weil regelmäßig die bloße Kenntnis von der Vollstreckungsmöglichkeit für Kreditschäden ausreiche, hängt entscheidend von der Richtigkeit der Prämisse ab, bereits die Kenntnis der Möglichkeit zur Vollstreckung sei regelmäßig schadensursächlich. Münzberg180 hat überzeugend dargelegt, dass die Hypothese nicht allgemeingültig ist, sondern von Fall zu Fall zutrifft oder nicht zutrifft. So kann etwa gerade die Vollstreckung einer kleinen Summe Zweifel an der Kreditwürdigkeit wecken, während die Verurteilung zur Zahlung einer kleinen Summe den Kredit nicht berühren muss.181 Ob die Vollstreckung oder die Möglichkeit zur Vollstreckung für Kreditschaden ausschlaggebend ist, ist daher eine Beweisfrage des Einzelfalles, die nicht überspielt werden darf, indem Kreditschäden von vornherein die Ersatzfähigkeit abgesprochen wird.182 Vollstreckungsbedingter Kreditschaden ist folglich gem. § 717 Abs. 2 ZPO (allgemein: nach 178

Münzberg, in: Festschrift für Hermann Lange, S. 599, 612 f. S. aber auch dens., in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 25. 179 Münzberg, in: Festschrift für Hermann Lange, S. 599, 611 f., 615. 180 Münzberg, in: Festschrift für Hermann Lange, S. 599, 615 ff. 181 So Brehm, JZ 1983, 644. 182 Münzberg, in: Festschrift für Hermann Lange, S. 599, 621 ff.

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den Vorschriften über die Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung) ersatzfähig. Durch die Vollstreckung kann schließlich Durchsetzungsschaden entstehen, und zwar als Verzögerungs-, Ausfall- und Erschwerungsschaden. Verzögerungsschaden (z. B. Kredit- und Ersatzbeschaffungskosten, entgangener Gewinn) kann entstehen, wenn die Vollstreckung, in die interveniert wurde, trotz Interventionsvollstreckung gleichermaßen zur Befriedigung führt wie hypothetisch ungestörte Vollstreckung. Ausfallschaden entsteht, wenn der Erfolg der Vollstreckung, in die interveniert wurde, hinter dem Erfolg hypothetisch ungestörter Vollstreckung zurückbleibt. Erschwerungsschaden kann im Zusammenhang mit einer Sicherheit183 und durch die Heranziehung zu Ordnungsmitteln entstehen. Umstritten ist, ob Ordnungsmittelschäden gem. § 717 Abs. 2 ZPO ersatzfähig sind184 (ebenso bei Zwangsmittelschäden) 185 . Nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen, die auch bei § 717 Abs. 2 ZPO gelten, sind Ordnungsmittelschäden von einem Titelgläubiger, der dem Grunde nach schadensersatzpflichtig ist, zu ersetzen. Die Gründe, die gegen eine Ersatzfähigkeit angeführt werden, sind nicht stichhaltig. Zwar ist ein Rückzahlungsanspruch gegen die Staatskasse schadensmindernd, so dass vom Vorrang öffentlichrechtlicher Erstattung gesprochen werden kann.186 Die Rückerstattung deckt aber ggf. nur einen Teil des Schadens ab (z. B. kein entgangener Gewinn). Zutreffend ist ferner zwar auch, dass ein Schuldner, der einem titulierten Unterlassungsgebot zuwiderhandelt, „gegen einen staatlichen Befehl ungehorsam war“187. Dies trifft aber auch auf einen verurteilten Zahlungs- oder Herausgabeschuldner zu, der es zur Vollstreckung kommen lässt. Gleichwohl werden beigetriebene Vollstreckungskosten zu Recht als ersatzfähig gem. § 717 Abs. 2 ZPO angesehen, wenn der Zahlungs- oder Herausgabetitel aufgehoben wird.188 Ordnungsmittelschäden sind folglich ersatzfähig, allerdings kommt ein Mitverschulden des verurteilten Unterlassungsschuldners in Betracht, der einem Gebot gem. § 890 ZPO zuwiderhandelt und Ordnungsmittel verwirkt. Im Rahmen des § 717 Abs. 2 ZPO ist Abwendungsschaden aufgrund Sicherheitsleistung (§ 711 ZPO) ersatzfähig,189 und zwar – entsprechend dem Begleit183

Zum Vollstreckungsschaden im Zusammenhang mit einer Sicherheit S. 262 f. Dafür Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 30; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 717, Rn. 12. A. A. Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 216; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 20. 185 Für Ersatz Falkmann/Mugdan, S. 945 f.; Herget, in: Zöller, § 717, Rn. 7; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 19; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 30; Schilken, in: MüKo ZPO, § 888, Rn. 17; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 717, Rn. 12. 186 So Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 20. 187 So Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 216, Fn. 171. 188 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 235; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 26; Pecher, S. 86; Stolz, S. 102. 189 Zum Abwendungsschaden durch Sicherheitsleistung S. 262 f. 184

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schaden der Vollstreckung – einschließlich Begleitschaden, der entsteht, weil die Leistung der Sicherheit bekannt wird. 3. Schadensersatz analog § 717 Abs. 2 ZPO Wenn eine Urteilsanordnung (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) aufgehoben oder abgeändert wird, ist der Intervenient (Anordnungsgläubiger) dem Vollstreckungsgläubiger (Anordnungsschuldner) zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der diesem durch die Anordnungsvollziehung oder durch eine Abwendungsleistung entstanden ist (analog § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Ein Drittwiderspruchsurteil kann einstweilige Anordnungen enthalten, denen zufolge gem. (oder aufgrund teleologischer Extension) 190 der §§ 771 Abs. 3, 770 Satz 1, 769 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Vollstreckung in den Gegenstand, dessentwegen interveniert wird, gegen oder ohne Sicherheitsleistung einzustellen ist (i); gegen oder ohne Sicherheitsleistung auf andere Gegenstände zu beschränken ist (ii); (einzustellen und) nur gegen Sicherheitsleistung fortzusetzen ist (iii); nur gegen Sicherheitsleistung begonnen werden darf (iv); gegen oder ohne Sicherheitsleistung einzustellen ist und Vollstreckungsmaßregeln aufzuheben sind (v). Urteilsanordnungen sind, ggf. nach Leistung einer Intervenientensicherheit, ohne weiteres vollziehbar. Das Vollstreckungsorgan hat auf Vorlage einer Ausfertigung und ggf. eines Nachweises der Intervenientensicherheit wie folgt zu verfahren (§§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO). (i) Vollstreckungseinstellung: das Vollstreckungsorgan darf die begonnene Vollstreckung nicht fortzusetzen, es hat weitere Vollstreckungsmaßnahmen zu unterlassen und eingeleitete Maßnahmen abzubrechen. (ii) Vollstreckungsbeschränkung auf andere Gegenstände: auf den betreffenden Gegenstand darf nicht zugegriffen werden. (iii) Vollstreckungsfortsetzung nur gegen Sicherheitsleistung: die Vollstreckung ist einzustellen, wenn und solange nicht der Anordnungsschuldner Sicherheitsleistung nachweist (analog § 775 Nr. 3 ZPO). Hat der Anordnungsschuldner Sicherheitsleistung nachgewiesen, bevor der Intervenient die beizubringenden Nachweise vorlegt, darf die Vollstreckung nicht eingestellt werden. Weist der Anordnungsschuldner Sicherheit nach, nachdem die Vollstreckung bereits eingestellt ist, ist sie fortzusetzen. (iv) Vollstreckungsbeginn nur gegen Sicherheitsleistung: das Vollstreckungsorgan darf auf den betreffenden Gegenstand erst zugreifen, wenn der Anordnungsschuldner Sicherheit nachgewiesen hat. (v) Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln: Vollstreckungsmaßnahmen und ihre Wirkungen sind zu beseitigen, jede weitere Vollstreckung in den betreffenden Gegenstand hat (wegen der in der Aufhebungsanordnung enthaltenen Einstellungsanordnung) zu unterbleiben (Beschränkung auf andere Gegenstände). In Fällen des § 868 Abs. 2 ZPO wird die Zwangshypothek kraft Gesetzes zur Eigentümergrundschuld (§ 1177 BGB); die Anordnungsvollziehung durch das Grundbuchamt als Vollstreckungsorgan beschränkt sich dann darauf, von weiterer Vollstreckung abzusehen. 190

S. 100–102.

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a) Prozessuale Veranlassung Prozessual veranlasst ist der Schaden, der durch die Anordnungsvollziehung (aa)) oder eine Abwendungsleistung des Anordnungsschuldners (bb)) entstanden ist. aa) Vollziehungsschaden Die Anordnungsvollziehung beginnt, sobald sich das Vollstreckungsorgan auf die Vorlage der erforderlichen Unterlagen hin nach Maßgabe der §§ 775 f. ZPO anordnungsgemäß verhält. Das Vollstreckungsorgan verhält sich anordnungsgemäß, sobald es von den vorgelegten Unterlagen Kenntnis nimmt und sich pflichtgemäß entschließt, (bis auf weiteres) keine oder keine weiteren Vollstreckungsmaßnahmen durchzuführen. Vollziehungsschaden ist der Schaden, der darauf beruht, dass das Vollstreckungsorgan nach Vorlage gem. §§ 775 f. ZPO anordnungsgemäß auf den betreffenden Gegenstand nicht zugreift (Vollstreckungsbeschränkung, Vollstreckungsbeginn nur gegen Sicherheitsleistung), die Vollstreckung nicht fortsetzt, weitere Vollstreckungsmaßnahmen unterlässt und eingeleitete Maßnahmen abbricht (Vollstreckungseinstellung, Vollstreckungsfortsetzung nur gegen Sicherheitsleistung), oder Vollstreckungsmaßnahmen sowie ihre Wirkungen beseitigt und jede weitere Vollstreckung in den Gegenstand unterlässt (Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen). Zum Vollziehungsschaden gehört auch der Schaden, der nach Vollziehungsbeginn im Zusammenhang mit einer Sicherheit entsteht.191 Vollziehungsschaden ist durchweg analog § 717 Abs. 2 ZPO ersatzfähig, weil der Intervenient durch die Vorlage (§ 775 ZPO) stets auf die Vollziehung hingewirkt hat, so dass ihm die Risikohaftung nicht unzulässig aufgedrängt wird. bb) Abwendungsschaden Wenn Vollstreckungseinstellung angeordnet ist (i), kann der Anordnungsschuldner (vor der Einstellung) das Vollstreckungsorgan anweisen, die Vollstreckung ruhen zu lassen, und er kann (vor oder während der Einstellung) erklären, sich verpflichten und eine Vertragsstrafe für den Fall der Zuwiderhandlung versprechen, dass er die Vollstreckung weiterhin ruhen lassen und das Vollstreckungsorgan nicht zur Fortsetzung anweisen wird. Der Qualifizierung solcher Leistungen als Abwendungsleistungen steht nicht entgegen, dass eine Einstellungsanordnung kein Gebot an den Anordnungsschuldner richtet und daher eine titelkonforme Leistung nicht in Betracht kommt. Eine Abwendungsleistung muss nicht titelkonform sein. Maßgeblich ist vielmehr, dass sie das titulierte Interesse befriedigt, so dass die Vollziehung zu unterbleiben hat oder zu beenden ist. Die Erwirkung des Ruhens und die (ver191

Zum Vollziehungsschaden im Zusammenhang mit einer Sicherheit S. 262 f.

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tragsstrafbewehrte) Verpflichtung, die Vollstreckung ruhen zu lassen, sind folglich Abwendungsleistungen, wenn sie das titulierte Einstellungsinteresse entfallen lassen. Dies ist nicht der Fall. Eine Einstellungsanordnung sanktioniert, ähnlich wie ein Unterlassungsurteil (sub D. I. 2. a) bb) bbb) (b)), ein zweifaches Interesse. Die Erstwirkung der Einstellung bedient das unmittelbar drängende Interesse daran, die laufende Vollstreckung in den betreffenden Gegenstand nicht fortschreiten zu lassen (Herstellung der Einstellung). Dieses Interesse kann ein Anordnungsschuldner befriedigen, wenn er dafür sorgt, dass die laufende Vollstreckung ruht. Die Fortwirkung des Vollzugs einer Einstellungsanordnung, die künftiger fortsetzender Vollstreckung entgegensteht, verwirklicht aber darüber hinaus das Interesse an der Sicherstellung dauerhafter Einstellung (Aufrechterhaltung der Einstellung). Diesem Interesse vermag ein Anordnungsschuldner nicht hinreichend abzuhelfen, weil eine Selbstverpflichtung, die Vollstreckung ruhen zu lassen, der Vollstreckungsfortsetzung nur autonome oder (bei Schadensersatz- oder Vertragsstrafbewehrung) mittelbare heteronome Verhaltenssteuerung entgegensetzt, die der unmittelbaren Unterbindung der Fortsetzung durch Anordnungsvollzug gem. § 775 Nr. 2 ZPO nicht gleichkommt. Denn der Anordnungsschuldner kann, wenn sich die Anordnung nicht im Vollzug befindet, die Vollstreckung fortsetzen lassen, auch wenn er verpflichtet ist, sie weiterhin ruhen zu lassen. Das Interesse des Anordnungsgläubigers an der Sicherstellung der Aufrechterhaltung der Einstellung bleibt folglich erhalten. Keine der Maßnahmen, die einem Anordnungsschuldner zur Verfügung stehen, kann daher abwenden, dass eine noch nicht vollzogene Einstellungsanordnung auf Vorlage des Anordnungsgläubigers zu vollziehen ist, und keine dieser Maßnahmen kann erwirken, dass eine begonnene Einstellung zu beenden ist. Die Herstellung des Ruhens durch den Anordnungsschuldner ist auch keine Teilabwendung der Vollziehung (Abwendung der Herstellung der Einstellung, keine Abwendung der Aufrechterhaltung der Einstellung). Denn Herstellung und Aufrechterhaltung der Einstellung gehen fließend ineinander über. Wenn die Aufrechterhaltung des Ruhens nicht sichergestellt ist, wird das titulierte Interesse insgesamt nicht so bedient wie durch die Vollziehung der Anordnung. Bei einer Einstellungsanordnung kommt folglich keine Abwendungsleistung in Betracht. Schaden, der einem Anordnungsschuldner entsteht, weil er die Vollstreckung ruhen lässt, ist nicht als Abwendungsschaden analog § 717 Abs. 2 ZPO zu ersetzen. Ist Vollstreckungsbeschränkung auf andere Gegenstände angeordnet (ii), kann der Anordnungsschuldner zusagen, nicht in den betreffenden Gegenstand vollstrecken zu lassen, und die Zusage durch Vertragsstrafversprechen absichern. Diese Maßnahmen sind keine Abwendungsleistungen, weil dem titulierten Interesse des Anordnungsgläubigers an der Sicherstellung der Beschränkung nicht im gleichen Maß abgeholfen wird, wie wenn die Beschränkung

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durch Anordnungsvollzug unmittelbar sichergestellt wird (wie bei einer Einstellungsanordnung). Selbst, wenn der Vollstreckungsgläubiger (Anordnungsschuldner) dem Intervenienten (Anordnungsgläubiger) die Ausfertigung des Vollstreckungstitels gegen den Vollstreckungsschuldner aushändigt, wird das Unterlassen der Vollstreckung wegen § 733 ZPO nicht hinreichend verlässlich abgesichert. Bei einer Beschränkungsanordnung kommen folglich keine Abwendungsleistung und kein Abwendungsschaden in Betracht. Wenn angeordnet ist, dass die Vollstreckung (einzustellen und sodann) nur gegen Sicherheitsleistung fortzusetzen ist (iii), kann der Anordnungsschuldner vor dem Anordnungsvollzug Sicherheit leisten, damit nicht eingestellt wird, wenn der Anordnungsgläubiger vorlegt. Im Gegensatz zu einer Sicherheitsleistung gem. § 711 ZPO (geborene Abwendungsleistung i. S. v. § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO) müssen bei der Leistung einer Sicherheit, die in einer einstweiligen Anordnung gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO nachgelassen ist, die Voraussetzung vorliegen, die analog § 717 Abs. 2 ZPO an die Vollziehbarkeit und die Hinwirkung des Anordnungsgläubigers auf die Vollziehung zu stellen sind. Andernfalls sind Schäden durch die Leistung einer solchen Sicherheit nicht als Abwendungsschaden ersatzfähig. Die Vollziehung einstweiliger Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO setzt grundsätzlich keine vorbereitende Veranlassung durch den Anordnungsgläubiger voraus. Vielmehr beginnt die Vollziehung im unmittelbaren Anschluss an die erste Veranlassungshandlung des Anordnungsgläubigers (Vorlage der erforderlichen Unterlagen beim Vollstreckungsorgan). Folglich bleiben für ersatzfähige Schäden durch Sicherheitsleistung192 vor Vollziehungsbeginn nur Fälle übrig, in denen die Vollziehung von einer Sicherheitsleistung des Anordnungsgläubigers abhängig gemacht ist, und der Anordnungsgläubiger entweder bereits Sicherheit geleistet hat, aber die erforderlichen Unterlagen noch nicht vorgelegt hat, oder eine Ausfertigung der Anordnung bereits vorgelegt, aber den Nachweis der Sicherheitsleistung noch nicht erbracht hat. Wird eine Anordnung, wonach die Vollstreckung (einzustellen und) nur gegen Sicherheitsleistung fortzusetzen ist, bereits vollzogen, ist eine währenddessen geleistete Sicherheit des Anordnungsschuldners eine Leistung zur Abwendung der (weiteren) Vollziehung. Schaden, der dem Anordnungsschuldner dadurch entsteht, dass er nach Vollziehungsbeginn Sicherheit leistet, ist folglich als Abwendungsschaden analog § 717 Abs. 2 ZPO ersatzfähig. Durch andere Leistung als Sicherheitsleistung vermag ein Anordnungsschuldner dem Anordnungsinteresse nicht abzuhelfen (wie bei einer Einstellungsanordnung). Wenn angeordnet ist, dass die Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung begonnen werde (iv), ist Schaden, der durch die Leistung der Sicherheit ent192

Zum Abwendungsschaden durch Sicherheitsleistung S. 262 f.

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steht, unter den gegebenen Voraussetzungen (Sicherheitsleistung während des sehr kurzen Vollziehungsvorfeldes oder nach Vollziehungsbeginn) als Abwendungsschaden ersatzfähig (wie bei Vollstreckungsfortsetzung gegen Sicherheitsleistung). Anders als durch Sicherheitsleistung kann ein Anordnungsschuldner dem Anordnungsinteresse nicht abhelfen (wie bei Beschränkung). Ist angeordnet, dass (die Vollstreckung einzustellen sei und) getroffene Vollstreckungsmaßregeln aufzuheben seien (v), kann ein Anordnungsschuldner der Vollziehung zuvorkommen, indem er gegenüber dem Vollstreckungsorgan die Freigabe erklärt. Außerdem kann ein Anordnungsschuldner sich (vor oder nach Vollziehungsbeginn) verpflichten, nicht erneut in den Gegenstand vollstrecken zu lassen, diese Verpflichtung mit einem Vertragsstrafversprechen absichern und dem Anordnungsgläubiger die Ausfertigung des Titels aushändigen. Mit der Freigabeerklärung hilft er dem titulierten Erstwirkungsinteresse an der Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen vollständig ab. Dagegen lässt die Verpflichtung, (bei Vertragsstrafe) nicht erneut vollstrecken zu lassen, das (durch die in der Aufhebungsanordnung enthaltene Einstellungsanordnung) titulierte Fortwirkungsinteresse an künftiger Beschränkung der Vollstreckung auf andere Gegenstände nicht entfallen; ebenso wenig die Aushändigung der Ausfertigung (§ 733 ZPO). Denn die durch Verhaltenssteuerung nur mittelbar sichergestellte Beschränkung ist der unmittelbaren Wirkung des § 775 ZPO nicht gleichwertig. Freigabeerklärung, Vertragsstrafeversprechen und Aushändigung der Ausfertigung stehen der Vollziehung einer Aufhebungsanordnung nicht entgegen. Die Anordnung ist in ihrem Beschränkungsteil zu vollziehen oder aufrechtzuerhalten, der sicherstellt, dass nicht erneut vollstreckt wird. Es verhält sich insofern wie bei einer isolierten Einstellungsanordnung (ohne Aufhebung). Anders als bei der Vollziehung einer isolierten Einstellungsanordnung verhält es sich indes insofern, als die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln und die anschließende Beschränkung der Vollstreckung auf andere Gegenstände inhaltlich voneinander getrennte Vollziehungsbestandteile sind, während das Eingestelltwerden und das Eingestelltbleiben der Vollstreckung bei der Vollziehung einer isolierten Einstellungsanordnung ineinander übergehende Ausprägungen desselben Dauertatbestandes sind. Aufhebung und Beschränkung sind zweierlei, so dass die Vollziehung einer Aufhebungsanordnung (bestehend aus Aufhebung und anschließender Beschränkung) teilweise abgewendet werden kann (Abwendung der Aufhebung, keine Abwendung der Beschränkung). Die Freigabe durch Erklärung gegenüber dem Vollstreckungsorgan entspricht der Vollziehung des Aufhebungsteils und wendet die Vollziehung daher insoweit teilweise ab – wenn der Vollstreckungsgegenstand freigegeben ist, kommt eine Vollziehung des Aufhebungsteils nicht mehr in Betracht, weil keine Vollstreckungsmaßregeln mehr bestehen (dagegen kann eine ruhende Vollstreckung noch eingestellt werden). Schaden, der entsteht, weil der Anordnungsschuldner den betreffenden Gegenstand freigegeben hat, ist folg-

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lich als durch eine Abwendungsleistung entstanden analog § 717 Abs. 2 ZPO ersatzfähig, wenn die Freigabe in dem nahen Vollziehungsvorfeld erfolgt, in dem Abwendungsschaden ersatzfähig ist. Da Schaden, der entsteht, weil der Anordnungsschuldner von wiederholender Vollstreckung absieht (entsprechend der Beschränkungswirkung der Vollziehung, zu deren Abwendung der Anordnungsschuldner aber außerstande ist), nicht als Abwendungsschaden ersatzfähig ist, besteht der Teilabwendungsschaden der Freigabe nicht im Verlust des freigegebenen Gegenstandes aus der Vollstreckung schlechthin (im Vergleich zur hypothetischen Aufrechterhaltung der Vollstreckung), sondern in der Differenz zwischen Freigabe und erneuter Vollstreckung einerseits, und Aufrechterhaltung der Vollstreckung andererseits. Wenn erneute Vollstreckung nach der Freigabe einerseits und Aufrechterhaltung der Vollstreckung andererseits zum selben Vollstreckungsergebnis geführt haben würden, ist kein Teilabwendungsschaden entstanden. Ein Teilabwendungsschaden kann dagegen z. B. entstehen, wenn der Gegenstand z.Zt. der Freigabe nachrangig für einen anderen Gläubiger gepfändet ist, so dass bei erneuter Vollstreckung ein Pfandrecht mit schlechterem Rang entstehen würde. b) Schadensumfang Einem Vollstreckungsgläubiger (als Anordnungsschuldner) kann durch die Anordnungsvollziehung Schaden entstehen, wenn die Vollstreckung beschränkt oder eingestellt wird, wenn Vollstreckungsmaßregeln aufgehoben werden, oder wenn er ein Sicherungsmittel beschafft, vorhält oder als Sicherheit einsetzt. Durch eine Abwendungsleistung kann einem Vollstreckungsgläubiger Schaden entstehen, wenn er den Gegenstand freigibt oder Sicherheit leistet. Den Umfang des analog § 717 Abs. 2 ZPO ersatzfähigen Schadens betreffend gilt zunächst das bereits zum Schadensersatz gem. § 717 Abs. 2 ZPO Gesagte (sub D. I. 2. b)) entsprechend: Begleitschaden, der entsteht, weil die Anordnung bekannt wird und Schaden aufgrund der Rechtsdurchsetzung im Drittwiderspruchsrechtsstreit (z. B. Kosten der Berufung) entsteht bereits infolge des Erlasses des Urteils, in dem die Anordnung enthalten ist; er ist nicht analog § 717 Abs. 2 ZPO ersatzfähig. Begleitschaden, der entsteht, weil die Vollziehung oder ihre Abwendung bekannt wird, und Rechtsdurchsetzungskosten, die in einem gegen die Anordnungsvollziehung gerichteten Verfahren (z. B. Erinnerung) entstehen, sind dagegen analog § 717 Abs. 2 ZPO ersatzfähig. Im übrigen sind Verzögerungs-, Ausfall- und Erschwerungsschaden zu ersetzen. Erschwerungsschaden kann insbesondere im Zusammenhang mit einer Sicherheit entstehen, die zu leisten ist, damit die Vollstreckung begonnen oder fortgesetzt wird. Problematisch ist dabei, dass die Möglichkeit zur Sicherheitsleistung eine Schadensquelle birgt, die nicht nur anstelle, sondern neben der Schadensquelle der Vollstreckungsbeschränkung oder -einstellung bestehen kann, so dass der

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Anordnungsgläubiger mit dem Ersatz des kumulierten Schadens belastet sein kann. Zur Verdeutlichung sollen einige Beispiele dienen. Beispiel 10.1: VG lässt gegen VS in einen Pkw vollstrecken. D erhebt Drittwiderspruchsklage, der stattgegeben wird. In dem Urteil ist die Anordnung enthalten, dass die Vollstreckung in das Fahrzeug nur gegen Sicherheitsleistung des VG fortzusetzen ist. D lässt die Anordnung vollziehen; die Vollstreckung wird eingestellt. VG leistet unverzüglich Sicherheit. Die Vollstreckung wird fortgesetzt.

Die unverzügliche Sicherheitsleistung minimiert das Risiko des Wertverlusts. Der Anordnungsschuldner tauscht gleichsam die Schadensquelle der Einstellung gegen die Schadensquelle der Sicherheitsleistung aus. Einem Anordnungsschuldner steht es frei, ob er Sicherheit leistet oder ob nicht. Unter den gegebenen Voraussetzungen hat der Anordnungsgläubiger den Schaden zu ersetzen, der im Zusammenhang mit der Sicherheit entsteht. Beispiel 10.2 (Abwandlung von Bsp. 10.1): D lässt die Vollstreckung einstellen. VG unternimmt zunächst nichts, weil der Fahrzeugwert die titulierte Forderung nebst Kosten bei weitem übersteigt. Erst als der Fahrzeugwert durch Zeitablauf bis auf wenig mehr als die Forderungssumme gesunken ist, beschafft er sich eine Bankbürgschaft und leistet mit ihr Sicherheit. Die Vollstreckung wird fortgesetzt.

Einem Anordnungsschuldner steht nicht nur frei, ob er Sicherheit leistet, er darf auch über den Zeitpunkt der Sicherheitsleistung disponieren. In Bsp. 10.2 kontrolliert der Anordnungsschuldner das Wertverlustrisiko und leistet rechtzeitig Sicherheit. Es entsteht nur Schaden im Zusammenhang mit der Sicherheit, der unter den gegebenen Voraussetzungen zu ersetzen ist. Beispiel 10.3 (Abwandlung von Bsp. 10.1): D lässt die Vollstreckung einstellen. VG hält daraufhin einen Teil seines Barvermögens, den er andernfalls langfristig angelegt hätte, vor, um zu gegebener Zeit Sicherheit leisten zu können. Er wartet mit der Sicherheitsleistung zu, weil der Fahrzeugwert die titulierte Forderung bei weitem übersteigt. Die Anordnung wird aufgehoben, bevor der Fahrzeugwert durch Zeitablauf bedrohlich absinkt. Die Vollstreckung wird fortgesetzt, ohne dass Sicherheit geleistet wurde.

Auch in diesem Fall kontrolliert der Anordnungsschuldner das Wertverlustrisiko. Schaden, der durch die Vorhaltung des Sicherheitskapitals entsteht, ist Vollziehungsschaden. Der Anordnungsgläubiger wird nicht dadurch von der Ersatzpflicht frei, dass die Einstellung beendet wird, bevor der Vollstreckungsgegenstand an Wert verliert. Der Vorhaltungsschaden ist unter den gegebenen Voraussetzungen (sowie vorbehaltlich eines Mitverschuldens) zu ersetzen. Beispiel 10.4 (Abwandlung von Bsp. 10.1): D lässt die Vollstreckung einstellen. VG wartet zu, bis der Fahrzeugwert erheblich gesunken ist. Erst dann beschafft er sich eine Bankbürgschaft und leistet mit ihr Sicherheit. Die Vollstreckung wird fortgesetzt. Die Verwertung des Fahrzeugs bringt nur einen Bruchteil des Erlöses, der bei ungestörter Vollstreckung (oder bei Vollstreckung nach unverzüglicher Sicherheits-

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

leistung) erzielt worden wäre. Die titulierte Forderung des VG gegen VS fällt größtenteils aus.

In diesem Fall entsteht Schaden sowohl durch die Einstellung als auch im Zusammenhang mit einer Sicherheit. Unter den gegebenen Voraussetzungen ist stets der Einstellungsschaden zu ersetzen. Die Ersatzfähigkeit des Einstellungsschadens hängt nicht davon ab, dass keine Sicherheit geleistet wird, und auch nicht davon, dass kein Schaden im Zusammenhang mit einer Sicherheit entstanden ist. Denn der Einstellungsschaden wäre auch zu ersetzen, wenn der Anordnungsschuldner nicht Sicherheit geleistet hätte, was ihm freigestanden hatte. Neben dem Einstellungsschaden ist unter den gegebenen Voraussetzungen auch der Schaden zu ersetzen, der im Zusammenhang mit einer Sicherheit entstanden ist. Gebotene Differenzierungen und Bewertungen der Schadensverursachung sind – im Beispielsfall wie in sonstigen Fallgestaltungen, in denen Einstellungsschaden und Schaden im Zusammenhang mit einer Sicherheit kumulieren – auf der Ebene des Mitverschuldens vorzunehmen. 4. Schadensersatz gem. § 945 ZPO Wenn sich die Anordnung einer einstweiligen Verfügung (§§ 935, 940 ZPO) als von Anfang an ungerechtfertigt erweist, oder wenn die Verfügung auf Grund des § 926 Abs. 2 ZPO oder des § 942 Abs. 3 ZPO aufgehoben wird, ist der Verfügungsgläubiger (Intervenient) dem Verfügungsschuldner (Vollstreckungsgläubiger) zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der diesem aus der Vollziehung der Verfügung oder dadurch entsteht, dass er Sicherheit leistet, um die Aufhebung der Verfügung zu erwirken (§ 945 ZPO) 193 , oder dass er dem titulierten Interesse durch andere Leistung abhilft (teleologische Extension von § 945 ZPO, sub D. I. 1. b) bb)). Das Hauptsachegericht (§ 937 ZPO) kann in Interventionsrechtsstreitigkeiten einstweilige Verfügungen erlassen, denen zufolge194 (gegen oder ohne Intervenientensicherheit) die Vollstreckung hoheitlich auf andere Gegenstände zu beschränken ist (Anordnungsverfügung) (i); der Verfügungsschuldner die Vollstreckung in den betreffenden Gegenstand zu unterlassen oder ruhen zu lassen hat (Unterlassungsverfügung) (ii); der Verfügungsschuldner den Vollstreckungsgegenstand durch Verzichtserklärung oder Erklärung gegenüber dem Vollstreckungsorgan freizugeben hat (Freigabeverfügung) (iii).

193 Sicherheitsleistung zur Abwendung der Vollziehung kommt nicht in Betracht; § 923 ZPO ist bei einstweiligen Verfügungen nicht entsprechend anwendbar, Heinze, in: MüKo ZPO, § 936, Rn. 14; Reichold, in: Thomas/Putzo, § 939, Rn. 1; Walker, Rn. 514. Differenzierend Ulrich, WRP 1991, 361, 364. 194 Näher zu einstweiligen Verfügungen im Interventionsrechtsstreit S. 36, 117–120.

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a) Prozessuale Veranlassung Prozessual veranlasst ist der Schaden, der dem Verfügungsschuldner aus der Vollziehung der Verfügung oder dadurch entsteht, dass er Sicherheit leistet, um die Aufhebung der Verfügung zu erwirken, oder dass er dem titulierten Interesse durch andere Leistung als Sicherheitsleistung abhilft. Eine Anordnungsverfügung (i) ist, ggf. nach Sicherheitsleistung, vollziehbar gem. § 775 Nr. 2 ZPO. Während der Vollziehung darf nicht in den betreffenden Gegenstand vollstreckt werden. Im Hinblick auf den Vollziehungsschaden verhält es sich bei einer Anordnungsverfügung wie bei einer einstweiligen Anordnung der Vollstreckungsbeschränkung (sub D. I. 3. a) aa)). Die Vollziehung beginnt, sobald das Vollstreckungsorgan sich auf Vorlage (§ 775 Nr. 2 ZPO) verfügungsgemäß verhält. Schaden, der entsteht, weil keine Vollstreckungsmaßnahmen in den betreffenden Gegenstand vorgenommen werden, ist Vollziehungsschaden i. S. v. § 945 ZPO. Dem Verfügungsgläubiger, der tätig auf die Vollziehung hingewirkt hat (Vorlage), wird die Haftung für den Vollziehungsschaden nicht aufgedrängt. Ferner ist der Verfügungsgläubiger dem Verfügungsschuldner zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der ihm „dadurch entsteht, daß er Sicherheit leistet, um die . . . Aufhebung der Maßregel zu erwirken“. Einem Verfügungsschuldner kann unter besonderen Umständen gestattet werden, Sicherheit zur Aufhebung der einstweiligen Verfügung zu leisten (§ 939 ZPO).195 Aus der Leistung einer solchen Sicherheit resultierender Schaden ist gem. § 945 ZPO als Abwendungsschaden ersatzfähig, und zwar angesichts des Wortlauts der §§ 939, 945 ZPO unabhängig davon, ob der Verfügungsgläubiger zum Zeitpunkt der Sicherheitsleistung bereits Schritte zur Vollziehung unternommen hatte. Ferner kann im Zusammenhang mit einer gem. § 939 ZPO zu leistenden Sicherheit entstehender Schaden Vollziehungsschaden sein, der in weiterem Umfang ersatzfähig ist als Abwendungsschaden.196 Zu einer anderen Abwendungsleistung als Sicherheitsleistung, die dem titulierten Beschränkungsinteresse vollziehungsgleichwertig abhilft, ist der Verfügungsschuldner außerstande. Denn Unterlassungsverpfl ichtung, Vertragsstrafversprechen und Übergabe der Ausfertigung stellen dauerhaftes Unterbleiben der Vollstreckung schwächer sicher als unmittelbare Beschränkung (wie bei einer Beschränkungsanordnung gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO).

195

Eine vollstreckungsbeschränkende Anordnungsverfügung (für die in § 769 ZPO fehlende Beschränkungsanordnung), deren Aufhebung gegen Sicherheitsleistung gestattet ist, ersetzt die in § 769 ZPO nicht enthaltene Anordnung, dass die Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung begonnen werde. 196 Zum Abwendungsschaden durch Sicherheitsleistung sowie zum Vollziehungsschaden im Zusammenhang mit einer Sicherheit S. 262 f.

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Eine Unterlassungsverfügung (ii) ist wie ein Unterlassungsurteil zu vollziehen (§§ 936, 928, 890 ZPO).197 Die Vollziehung und ihre Abwendung betreffend gilt das zur Vollstreckung eines Unterlassungsurteils und ihrer Abwendung Gesagte (sub D. I 2. a) bb) bbb)). Schaden, den ein Vollstreckungsgläubiger als Verfügungsschuldner erleidet, weil er die Vollstreckung unterlassen oder nicht unterlassen (d. h. der Verfügung zuwidergehandelt) hat, nachdem ein Ordnungsmittel angedroht war, sind regelmäßig als Vollziehungsschaden gem. § 945 ZPO ersatzfähig. Dagegen hat der Vollstreckungsgläubiger als Verfügungsschuldner einer dauernden Unterlassungspflicht keine Möglichkeit, dem titulierten Interesse abzuhelfen und so zur Abwendung der Vollziehung zu leisten. Schaden, der dem Verfügungsschuldner dadurch entsteht, dass er gem. § 939 ZPO Sicherheit leistet, ist nach gleicher Maßgabe ersatzfähig wie bei einer Anordnungsverfügung: aus der Leistung der Sicherheit resultierende Schäden sind gem. § 945 ZPO als Abwendungsschaden ersatzfähig, unabhängig davon, ob der Verfügungsgläubiger auf die Vollziehung hingewirkt hat. Andere im Zusammenhang mit einer Sicherheit entstehende Schäden können als Vollziehungsschaden ersatzfähig sein. Freigabeurteile sind nicht vorläufig vollstreckbar. Dagegen sind Freigabeverfügungen (iii) vollziehbar, und zwar gem. § 888 ZPO (§§ 936, 928 ZPO) mittels indirekten Zwanges.198 Als Zwangsmittel sind Zwangsgeld oder -haft zulässig (§ 888 Abs. 1 ZPO). Zwangsmittel sind auf Antrag des Verfügungsgläubigers festzusetzen. Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt (§ 888 Abs. 2 ZPO).199 Festgesetztes Zwangsgeld ist auf Antrag des Gläubigers gem. §§ 803 ff. ZPO zugunsten der Staatskasse beizutreiben; festgesetzte Haft ist auf Antrag des Gläubigers gem. §§ 904 ff. ZPO zu vollstrecken. Nimmt der Schuldner die titulierte Handlung vor, ist die Zwangsmittelvollstreckung sofort zu beenden. 200 Die Vollziehung einer Freigabeverfügung beginnt mit der (vom Verfügungsgläubiger durch Festsetzungsantrag veranlassten) Zwangsmittelfestsetzung, die den Verfügungsschuldner bei Strafe der Zwangsmittelvollstreckung auf die Freigabe festlegt. Vollziehungsschaden ist der Schaden, der aus der Zwangsmittelfestsetzung resultiert. Bei Widersetzlichkeit des Verfügungsschuldners sind dies die Schäden aufgrund Zwangsmittelvollstreckung. Nimmt der Verfügungsschuldner dagegen nach der Festsetzung die titulierte Handlung vor, um die Zwangsmittelvollstreckung zu vermeiden (Kausalitätsvermutung im Schadensersatzprozess, sub D. I. 1. a)), ist Vollziehungsschaden der Schaden, der auf der Vornahme der Handlung beruht. 197

Schilken, in: MüKo ZPO, § 890, Rn. 2. Grau, S. 522 ff. 199 Dem Schuldner kann aber eine Frist zur Vornahme der Handlung gesetzt werden, Schilken, in: MüKo ZPO, § 888, Rn. 16. 200 Schilken, in: MüKo ZPO, § 888, Rn. 17. 198

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Aus der Leistung einer Sicherheit gem. § 939 ZPO resultierender Schaden ist gem. § 945 ZPO als Abwendungsschaden stets ersatzfähig. Andere Schäden, die im Zusammenhang mit einer Sicherheit entstehen, können als Vollziehungsschaden ersatzfähig sein. 201 Die Vornahme der titulierten Handlung vor Zwangsmittelfestsetzung kann eine Abwendungsleistung sein; 202 aus der Vornahme resultierender Schaden kann gem. § 945 ZPO ersatzfähig sein. Voraussetzung ist, dass die Verfügung jederzeit vollzogen werden kann, und dass der Verfügungsgläubiger nach Verfügungserlass auf die Vollziehung hingewirkt hat. Ein Verfügungsgläubiger wirkt auf die Vollziehung hin, wenn er die erforderliche Sicherheit leistet, Festsetzungsantrag stellt oder eine Beschlussverfügung im Parteibetrieb zustellen lässt (§§ 936, 922 Abs. 2 ZPO) 203 . b) Schadensumfang Einem Vollstreckungsgläubiger (als Verfügungsschuldner) können aus der Vollziehung, ihrer Abwendung oder durch Sicherheitsleistung Schäden entstehen, wenn die Vollstreckung beschränkt wird (Anordnungsverfügung), wenn er die Vollstreckung unterlässt oder ruhen lässt, gem. § 890 Abs. 3 ZPO Sicherheit zu leisten hat oder zu Ordnungsmitteln herangezogen wird (Unterlassungsverfügung), wenn er den Gegenstand freigibt oder Zwangsmittel vollstreckt werden (Freigabeverfügung), und wenn er Sicherheit gem. § 939 ZPO leistet. Begleitschäden, die – unabhängig von der Vollziehung oder ihrer Abwendung – entstehen, weil der Erlass der Verfügung bekannt wird, sind nicht gem. § 945 ZPO ersatzfähig. 204 Gleiches gilt für Rechtsdurchsetzungskosten im Ver201 Zum Abwendungsschaden durch Sicherheitsleistung sowie zum Vollziehungsschaden im Zusammenhang mit einer Sicherheit S. 262 f. 202 A. A. BGH NJW 1990, 122; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 1058: Es sei erforderlich, dass die Vollziehung bereits begonnen hat. – Dies ist zweifelhaft. Entscheidend ist, dass der Verfügungsschuldner unter akutem Vollziehungsdruck handelt, BGHZ 131, 141, 146. Die unmittelbar bevorstehende Vollziehung einer einstweiligen Verfügung kann den Verfügungsschuldner ebenso unter Druck setzen wie die unmittelbar bevorstehende Vollstreckung eines vorläufig vollstreckbaren Urteils (§ 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Freiwillige Befolgung ist folglich bei § 945 ZPO nach denselben Kriterien zu beurteilen wie die „zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung“ bei § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Ähnlich Vollkommer, in: Zöller, § 945, Rn. 15: § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO entsprechend. 203 Die Zustellung einer Urteilsverfügung erfolgt dagegen ohne Mitwirkung des Gläubigers im Amtsbetrieb (§ 317 Abs. 1 Satz 1 ZPO); bei Urteilsverfügungen bedarf es daher eines anderweitigen Beitrags des Verfügungsgläubigers, der auf seine Vollziehungsabsicht schließen lässt, OLG Koblenz NJW 1980, 948, 949; Grunsky, in: Stein/Jonas, § 945, Rn. 7; Thümmel, in: Wieczorek/Schütze, § 945, Rn. 21; A. A. Walker, in: Schuschke/Walker, § 945, Rn. 38: Der Gläubiger müsse gegenüber dem Schuldner auf die Vollziehung der Verfügung (vorläufig) verzichten, um das Haftungsrisiko zu vermeiden. 204 BGH JZ 1988, 977, 979 m. zust. Anm. Stolz, JZ 1988, 979, 980; RGZ 143, 118; Bandel, S. 244, 245; Becker-Eberhard, in: Berger, Kap. 10, Rn. 1, 63 ff.; Dunkl, in: Dunkl, Rn. A 459;

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fügungsrechtsstreit. 205 Verzögerungs-, Ausfall- und Erschwerungsschaden ist wie bei der Haftung gem. und analog § 717 Abs. 2 ZPO ersatzfähig (sub D. I. 2. b), 3. b)). Die umstrittene Frage, ob Schäden aufgrund vollstreckter Zwangsund Ordnungsmittel im Rahmen der Risikohaftung ersatzfähig sind, 206 ist aus den zu § 717 Abs. 2 ZPO ausgeführten Gründen (sub D. I. 2. b)) zu bejahen. Wie bei § 717 Abs. 2 ZPO ist auch bei § 945 ZPO umstritten, ob der Verfügungsgläubiger den Schaden zu ersetzen hat, den der Verfügungsschuldner erleidet, weil die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung bekannt wird (Begleitschaden der Vollziehung im Gegensatz zum Anordnungsschaden). 207 Aus den zu § 717 Abs. 2 ZPO ausgeführten (sub D. I. 2. b)), für die Risikohaftung gemeingültigen Gründen sind vollziehungsbedingte Begleitschäden im Rahmen des § 945 ZPO ebenso ersatzfähig wie Durchsetzungsschäden. Auch der Begleitschaden der Abwendung der Vollziehung ist ersatzfähig. 5. Schadensersatz analog § 945 ZPO Wenn sich eine einstweilige Anordnung vor Urteilserlass (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) als von Anfang an ungerechtfertigt erweist, oder wenn sie in den Fällen des § 769 Abs. 2 ZPO wirkungslos wird, ist der Intervenient (Anordnungsgläubiger) dem Vollstreckungsgläubiger (Anordnungsschuldner) zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der diesem aus der Vollziehung der Anordnung oder dadurch entsteht, dass er Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden 208 (analog § 945 ZPO), oder dass er dem Anordnungsinteresse durch andere Leistung als Sicherheitsleistung abhilft 209. Das zuständige Gericht kann in einem Drittwiderspruchsrechtsstreit einstweilige Anordnungen erlassen, denen zufolge gem. §§ 771 Abs. 3, 769 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Vollstreckung in den Gegenstand, dessentwegen interveniert wird, gegen oder ohne Sicherheitsleistung einzustellen ist (i); (einzustellen und) nur gegen Sicherheitsleistung fortzusetzen ist (ii); Heinze, in: MüKo ZPO, § 945, Rn. 10; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 1058; Stolz, S. 102 ff.; Walker, Rn. 476. 205 BGH NJW 1993, 2685, 2686; Brox/Walker, Rn. 1569; Thümmel, in: Wieczorek/Schütze, § 945, Rn. 20; Walker, Rn. 480. A. A. Grunsky, in: Stein/Jonas, § 945, Rn. 6: „Ausnahme von dem Grundsatz, daß der bloße Anordnungsschaden nicht ersatzfähig ist“. 206 Für Ersatz von Ordnungsmittelschäden Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 30; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 717, Rn. 12. Dagegen Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 216; Heinze, in: MüKo ZPO, § 945, Rn. 13; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 20. Für Ersatz von Zwangsmittelschäden Falkmann/Mugdan, S. 945 f.; Herget, in: Zöller, § 717, Rn. 7; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 19; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 30; Schilken, in: MüKo ZPO, § 888, Rn. 17; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 717, Rn. 12. 207 Ablehnend Heinze, in: MüKo ZPO, § 945, Rn. 13; Stolz, JZ 1988, 979, 980; ders., S. 105 ff. 208 Sicherheitsleistung, um die Aufhebung der Anordnung zu erwirken, kommt nicht in Betracht. 209 Auf die Analogie zu übertragende teleologische Extension von § 945 ZPO, S. 264 f.

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gegen oder ohne Sicherheitsleistung einzustellen ist und Vollstreckungsmaßregeln aufzuheben sind (iii). Einstweilige Anordnungen vor Urteilserlass sind (ggf. nach Leistung einer Intervenientensicherheit) ohne weiteres vollziehbar gem. §§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO. Das Vollstreckungsorgan hat auf Vorlage einer Ausfertigung sowie ggf. eines Nachweises der Intervenientensicherheit wie folgt zu verfahren. (i) Vollstreckungseinstellung: die begonnene Vollstreckung darf nicht fortgesetzt werden, weitere Vollstreckungsmaßnahmen sind zu unterlassen, eingeleitete Maßnahmen sind abzubrechen. (ii) Vollstreckungsfortsetzung nur gegen Sicherheitsleistung: die Vollstreckung ist einzustellen, wenn und solange nicht der Vollstreckungsgläubiger Sicherheitsleistung nachweist (analog § 775 Nr. 3 ZPO). Hat der Vollstreckungsgläubiger Sicherheitsleistung nachgewiesen, bevor der Intervenient vorlegt, darf die Vollstreckung nicht eingestellt werden. Weist der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit nach, nachdem die Vollstreckung eingestellt ist, ist sie fortzusetzen. (iii) Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln: Vollstreckungsmaßnahmen und ihre Wirkungen sind zu beseitigen, jede weitere Vollstreckung in den betreffenden Gegenstand hat zu unterbleiben. In den Fällen des § 868 Abs. 2 ZPO beschränkt sich die Anordnungsvollziehung darauf, von weiterer Vollstreckung abzusehen.

a) Prozessuale Veranlassung Analog § 945 ZPO ist der Schaden prozessual veranlasst, der dem Verfügungsschuldner aus der Anordnungsvollziehung (aa)) oder dadurch entsteht, dass er Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden, oder dem Anordnungsinteresse durch eine andere Leistung abhilft (bb)). aa) Vollziehungsschaden Die Vollziehung der Anordnung beginnt, sobald sich das Vollstreckungsorgan auf die Vorlage der erforderlichen Unterlagen (Beitrag des Intervenienten zur Vollziehung) hin nach Maßgabe der §§ 775 f. ZPO anordnungsgemäß verhält. Vollziehungsschaden ist der Schaden, der dadurch entsteht, dass das Vollstreckungsorgan sich nach Vorlage gem. §§ 775 f. ZPO anordnungsgemäß verhält, indem es die Vollstreckung nicht fortsetzt, weitere Vollstreckungsmaßnahmen unterlässt und eingeleitete Maßnahmen abbricht (Vollstreckungseinstellung, Fortsetzung der Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung), oder Vollstreckungsmaßnahmen und ihre Wirkungen beseitigt und jede weitere Vollstreckung unterlässt (Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen). Zum Vollziehungsschaden gehört auch der Schaden, der nach Vollziehungsbeginn im Zusammenhang mit einer Sicherheit entsteht. 210

210

Zum Vollziehungsschaden im Zusammenhang mit einer Sicherheit S. 262 f.

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

bb) Abwendungsschaden Wenn Vollstreckungseinstellung angeordnet ist (i), ist der Anordnungsschuldner außerstande, dem Anordnungsinteresse abzuhelfen; Abwendungsleistung und -schaden kommen daher nicht in Betracht (wie bei einer Einstellungsanordnung gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO, sub D. I. 3. a) bb)). Ist angeordnet, dass die Vollstreckung (eingestellt und sodann) nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde (ii), gilt die nachgelassene Sicherheit entsprechend § 945 ZPO als Abwendungssicherheit. Zum Zeitpunkt der Leistung einer solchen Sicherheit muss der Anordnungsgläubiger auf die Vollziehung hingewirkt haben; andernfalls sind Schäden durch die Leistung einer solchen Sicherheit nicht als Anordnungsschaden ersatzfähig (wie bei Sicherheitsleistung aufgrund Anordnung gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO, anders als bei Sicherheitsleistung gem. §§ 711, 939 ZPO). Die Vollziehung einer einstweiligen Anordnung gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO bedarf grundsätzlich keiner vorbereitenden Veranlassung durch den Anordnungsgläubiger. Sie beginnt vielmehr im unmittelbaren Anschluss an die erste Veranlassungshandlung (Vorlage gem. § 775 Nr. 2 ZPO). Für ersatzfähige Schäden durch Sicherheitsleistung vor Vollziehungsbeginn 211 bleiben daher nur Fälle übrig, in denen die Vollziehung von einer Sicherheitsleistung des Anordnungsgläubigers abhängig gemacht ist, und der Anordnungsgläubiger entweder bereits Sicherheit geleistet hat, aber die erforderlichen Unterlagen noch nicht vorgelegt hat, oder eine Ausfertigung der Anordnung bereits vorgelegt, aber den Nachweis der Sicherheitsleistung noch nicht erbracht hat. Schaden, der entsteht, weil der Anordnungsschuldner Sicherheit zu einem Zeitpunkt leistet, zu dem die Anordnung bereits vollzogen wird, ist dagegen durchweg als Abwendungsschaden analog § 945 ZPO ersatzfähig. Im übrigen ist ein Anordnungsschuldner außerstande, durch andere Leistung als Sicherheitsleistung dem Anordnungsinteresse abzuhelfen (wie bei einer Einstellungsanordnung). Wenn angeordnet ist, dass (die Vollstreckung einzustellen ist und) Vollstreckungsmaßregeln aufzuheben sind (iii), und der Anordnungsschuldner der Vollziehung zuvorkommt, indem er dem Vollstreckungsorgan die Freigabe des betreffenden Gegenstandes erklärt, dann hilft er dem Anordnungsinteresse teilweise vollziehungsgleichwertig ab. Der Schaden, der durch die Freigabe entsteht, ist dann analog § 945 ZPO ersatzfähig, wenn der Anordnungsgläubiger bereits auf die Vollziehung hingewirkt hat. Ersatzfähig ist der Teilabwendungsabschaden in Höhe der Differenz zwischen Freigabe und erneuter Vollstreckung einerseits, und Aufrechterhaltung der Vollstreckung andererseits (wie bei einer Aufhebungsanordnung gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO, sub D. I. 3. a) bb)). Andere Abwendungsleistung als Freigabe kommt nicht in Betracht. 211

Zum Abwendungsschaden durch Sicherheitsleistung S. 262 f.

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b) Schadensumfang Einem Vollstreckungsgläubiger (als Anordnungsschuldner) können aus der Vollziehung einer einstweiligen Anordnung Schäden entstehen durch die Einstellung der Vollstreckung, durch die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln sowie im Zusammenhang mit einer Sicherheit. Durch Abwendungsleistung kann er geschädigt werden, wenn er Sicherheit leistet oder den Gegenstand freigibt. Der Umfang des ersatzfähigen Schadens bestimmt sich wie zur Haftung gem. und analog § 717 Abs. 2 ZPO sowie gem. § 945 ZPO (sub D. I. 2. b), 3. b), 4. b)). 6. Schadensersatz gem. § 1041 Abs. 4 ZPO Wenn sich die Anordnung einer schiedsgerichtlichen Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes (§ 1041 Abs. 1 ZPO) als von Anfang an ungerechtfertigt erweist, ist ein Intervenient (Maßnahmegläubiger), der die Vollziehung der Maßnahme erwirkt hat, dem Vollstreckungsgläubiger (Maßnahmeschuldner) zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der diesem aus der Vollziehung der Maßnahme oder dadurch entsteht, dass er Sicherheit leistet oder eine andere Leistung bewirkt (sub D. I. 1. b) bb)), um die Vollziehung abzuwenden (§ 1041 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Schiedsgerichtliche Maßnahmen in einer Drittwiderspruchsangelegenheit können die gleichen Inhalte haben und werden genauso (gem. §§ 775 Nr. 2, 776 ZPO) vollzogen wie Urteilsanordnungen. 212 Es kann angeordnet werden, dass die Vollstreckung in den Gegenstand, dessentwegen interveniert wird, gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt werde (Vollziehung: die begonnene Vollstreckung darf nicht fortgesetzt werden, weitere Vollstreckungsmaßnahmen sind zu unterlassen, eingeleitete Maßnahmen sind abzubrechen); gegen oder ohne Sicherheitsleistung auf andere Gegenstände beschränkt werde (Vollziehung: auf den betreffenden Gegenstand darf nicht zugegriffen werden); nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde (Vollziehung: die Vollstreckung ist einzustellen, wenn und solange nicht der Vollstreckungsgläubiger Sicherheitsleistung nachweist. Hat der Vollstreckungsgläubiger Sicherheitsleistung vor Vollziehungsbeginn nachgewiesen, darf die Vollstreckung nicht eingestellt werden. Weist der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit nach, nachdem die Vollstreckung eingestellt ist, ist sie fortzusetzen); nur gegen Sicherheitsleistung begonnen werde (Vollziehung: auf den Gegenstand darf erst zugegriffen werden, nachdem der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit nachgewiesen hat); gegen oder ohne Sicherheitsleistung einzustellen ist und Vollstreckungsmaßregeln aufzuheben sind (Vollziehung: Vollstreckungsmaßnahmen und ihre Wirkungen sind zu beseitigen, jede weitere Vollstreckung in den betreffenden Gegenstand hat zu unterbleiben).

212

S. 126 f.

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

a) Prozessuale Veranlassung Gem. § 1041 Abs. 4 Satz 1 ZPO ist ein Maßnahmegläubiger, der die Vollziehung der Maßnahme erwirkt hat, dem Maßnahmeschuldner zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der diesem aus der Vollziehung der Maßnahme oder dadurch entsteht, dass er Sicherheit leistet oder eine andere Leistung bewirkt, um die Vollziehung abzuwenden. aa) Vollziehungsschaden Den Vollziehungsschaden betreffend gilt bei § 1041 Abs. 4 Satz 1 ZPO das gleiche wie bei dem analog § 717 Abs. 2 ZPO ersatzfähigen Schaden, der durch die Vollziehung einer Urteilsanordnung (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) entsteht (sub D. I. 3. a) aa)). bb) Abwendungsschaden Im Hinblick auf die Ersatzfähigkeit des Abwendungsschadens ist § 1041 Abs. 4 Satz 1 ZPO korrekturbedürftig. Gem. § 1041 Abs. 4 Satz 1 ZPO ist ein Maßnahmegläubiger, der die Anordnung einer Maßnahme und „ihre Vollziehung erwirkt hat“, zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Gegner „dadurch entsteht, daß er Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden“. Während § 945 ZPO, an dessen Fassung § 1041 Abs. 4 Satz 1 ZPO angelehnt ist, 213 an die Anordnung der Maßnahme anknüpft, setzt § 1041 Abs. 4 Satz 1 ZPO offenbar voraus, dass die Maßnahme vollzogen wurde („Vollziehung erwirkt hat“). Die Fassung von § 1041 Abs. 4 Satz 1 ZPO ist ein redaktioneller Missgriff. 214 Denn anscheinend ist bei der Anordnung einer Maßnahme, die sich als von Anfang an ungerechtfertigt erwiesen hat, „die Partei, welche ihre Vollziehung erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der ihm . . . dadurch entsteht, daß er Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden“. Die erwirkte Vollziehung ist demnach Voraussetzung für den Ersatz des Schadens, der durch Sicherheitsleistung zur Abwendung der Vollziehung entstanden ist. Dem Wortlaut nach ist daher nur ein vergeblicher Abwendungsversuch schadensersatzbewehrt, nicht aber der gelungene. Der Wortlaut steht teilweise im Widerspruch zur rechtspolitischen Zwecksetzung des Gesetzgebers, zwar den Ersatz des Anordnungsschadens, d. h. solchen Schadens, der allein auf die Anordnung der Maßnahme zurückzuführen ist, auszuschließen, 215 den Ersatz des Abwendungsschadens aber zuzulassen. Um den Normzweck zur Geltung zu bringen, 213

Münch, in: MüKo ZPO, § 1041, Rn. 30. Bandel, S. 244. 215 Im Kommissionsberichtsentwurf war noch die Schadensersatzpfl icht der Partei vorgesehen, welche die „Anordnung erwirkt“ hat (wie § 945 ZPO); im Regierungsentwurf wurde „Anordnung“ kommentarlos durch „Vollziehung“ ersetzt (nach Bandel, S. 244). 214

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ist § 1041 Abs. 4 Satz 1 ZPO daher rechtsfortbildend 216 so anzuwenden, als ob die Norm (wie § 945 ZPO) 217 lautete: „Partei, welche die Anordnung erwirkt hat“. Umstritten ist, ob eine gem. § 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO erbrachte Sicherheitsleistung ohne weiteres zum Ersatz gem. § 1041 Abs. 4 ZPO berechtigt, auch wenn ein Antrag auf Erklärung der Vollziehbarkeit nicht gestellt oder abgelehnt wurde, 218 oder ob zum Zeitpunkt der Sicherheitsleistung die Vollziehung der Maßnahme zugelassen (§ 1041 Abs. 2 ZPO) 219 und die übrigen Vollziehungsvoraussetzungen erfüllt sein müssen. 220 Es ist eine differenzierende Betrachtung angezeigt. § 1041 Abs. 4 ZPO ist § 945 ZPO nachempfunden; die Rechtslage bei § 1041 Abs. 4 ZPO soll der Rechtslage bei § 945 ZPO entsprechen. Bei der Sicherheitsleistung zur Abwendung der Vollziehung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung müssen für die Haftung gem. § 945 ZPO einerseits keine weiteren Voraussetzungen bestehen, aus denen sich besonderer Vollziehungsdruck ergibt. Ist der Titelschuldner berechtigt, durch Sicherheitsleistung die Vollziehung abzuwenden, dann besteht diese Möglichkeit „von vornherein“. 221 Andererseits bedürfen Arrest und einstweilige Verfügung im Gegensatz zu schiedsgerichtlichen Maßnahmen keiner Zulassung der Vollziehung, so dass ein Arrest- oder Verfügungsschuldner von vornherein unter einem Vollziehungsdruck steht, der bei schiedsgerichtlichen Maßnahmen erst durch die Zulassung gem. § 1041 Abs. 2 ZPO hergestellt werden muss. Parallel zur Wertung des § 945 ZPO gilt daher bei schiedsgerichtlichen Maßnahmen, dass die Vollziehung zugelassen sein muss, aber keine weiteren Voraussetzungen zu machen sind. Ein Maßnahmeschuldner kann die Vollziehung einer Aufhebungsanordnung (teilweise) durch Freigabe abwenden. 222 Der Schaden, der durch die Freigabe entsteht, ist als Abwendungsschaden ersatzfähig, wenn z.Zt. der Freigabeerklärung die Vollziehung der Maßnahme zugelassen (§ 1041 Abs. 2 ZPO) ist und die übrigen Vollziehungsvoraussetzungen erfüllt sind. Durch den Antrag auf Zulassung der Vollziehung wirkt der Maßnahmegläubiger auf die Vollziehung hin, so dass ihm die Haftung nicht aufgedrängt wird.

216

A. A. (Auslegung) Bandel, S. 245, 247 f.: „[D]ie Vollziehung der Maßnahme [ist] bereits dadurch erwirkt, daß diese auf Veranlassung des Gläubigers ihre Zwangswirkung entfaltet“; Münch, in: MüKo ZPO, § 1041, Rn. 31: es genüge „nackte Einleitung . . . – nicht erforderlich ist Durchführung“. 217 Bandel, S. 245, 254; Münch, in: MüKo ZPO, § 1041, Rn. 30. 218 So Schütze, Rn. 240. 219 So Bandel, S. 251 f. 220 So Münch, in: MüKo ZPO, § 1041, Rn. 31, 33. 221 So Walker, Rn. 488 betr. § 923 ZPO; betr. Sicherheitsleistung gem. § 939 ZPO S. 262, 283. 222 S. 279 f. zu einstweiligen Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO.

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

b) Schadensumfang § 1041 Abs. 4 Satz 1 ZPO bringt in seiner redaktionell missglückten Fassung besonders deutlich zum Ausdruck, dass der Anordnungsschaden nicht ersatzfähig ist. Einem Vollstreckungsgläubiger (als Maßnahmeschuldner) können aus der Vollziehung einer schiedsgerichtlichen Maßnahme oder durch eine Abwendungsleistung die gleichen Schäden entstehen wie durch die Vollziehung oder durch eine Leistung zur Abwendung der Vollziehung einer Urteilsanordnung gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO. Im Rahmen von § 1041 Abs. 4 Satz 1 ZPO sind solche Schäden nach gleicher Maßgabe ersatzfähig wie analog § 717 Abs. 2 ZPO bei Urteilsanordnungen (sub D. I. 3. b)). 7. Mitverschulden Als Gläubiger eines Schadensersatzanspruchs der Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung obliegt es einem Vollstreckungsgläubiger, bei der Schadensentstehung und -entwicklung die Gebote des eigenen Interesses zu beachten, damit nicht der Anspruch wegen Mitverschuldens zu kürzen ist (§ 254 BGB). 223 Die Gebote des eigenen Interesses halten zur Beachtung der Sorgfalt an, die ein verständiger Mensch im eigenen Interesse aufwendet, um sich vor Schaden zu bewahren. Maßgeblich ist die vernünftige und allgemein übliche Verkehrsanschauung. 224 Rechtsfragen des Mitverschuldens hängen in besonderem Maße von den Umständen des Einzelfalles ab, und das Recht des Mitverschuldens ist in besonderem Maße kasuistisch geprägt. 225 Die folgenden Ausführungen sollen daher nur Leitlinien geben. a) Standhaftigkeit Die Schadensersatzhaftung der Risikohaftung ist eine vom Verschulden des Titelgläubigers unabhängige und damit scharfe Haftung, die nur unter engen Voraussetzungen entsteht. Unter anderem wird dem Schadensersatzgläubiger grundsätzlich Standhaftigkeit abverlangt, bis die Vollstreckung oder Vollziehung unmittelbar bevorsteht. Beiträge des Titelschuldners zur Schadensentstehung und -entwicklung, die im weiteren Vollstreckungsvorfeld liegen, und die bei Anspruchsgrundlagen der Verschuldenshaftung als Mitverschuldensbeiträge (voreilige oder unangemessene Selbstschädigung) in Betracht zu ziehen sind, scheiden bei der Risikohaftung daher als solche aus, weil bereits mangels hinreichender prozessualer Veranlassung kein Ersatzanspruch entsteht. Hat der 223 Zur Anwendbarkeit von § 254 BG bei Schadensersatzansprüchen wegen Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung Lange, in: Lange/Schiemann, S. 538; Laue, S. 26 f.; Oetker, in: MüKo BGB, § 254, Rn. 19; Vockenberg, S. 120 f. 224 Oetker, in: MüKo BGB, § 254, Rn. 30. 225 Lange, in: Lange/Schiemann, S. 563.

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Titelschuldner dagegen bis zur prozessualen Veranlassung standgehalten, kann ihm im Rahmen des Mitverschuldens nicht mangelnde Standhaftigkeit angelastet werden, zumal auf dem Titelschuldner neben dem Vollstreckungsdruck ein Haftungsdruck (Schadensersatzansprüche des Titelgläubigers bei Zuwiderhandlung des Titelschuldners gegen das titulierte Gebot) lastet, der ernst zu nehmen ist, nachdem ein Gericht das Begehr des Titelgläubigers für begründet erklärt hat. Weiteres Standhalten ist dann kein Gebot des eigenen Interesses. Im übrigen scheidet ein Mitverschulden regelmäßig aus, wenn der Geschädigte zu seinem Verhalten verpflichtet ist, 226 so dass titelkonformes Verhalten nicht als Mitverschuldensbeitrag zu werten ist. Keine Standhaftigkeit wird einem Titelschuldner abverlangt, der gem. §§ 711, 939 ZPO Sicherheit leisten darf. In diesen Fällen ist ein Schadensersatzanspruch der Risikohaftung wegen Mitverschuldens an der Schadensentstehung (§ 254 BGB) zu kürzen, wenn der Titelschuldner Sicherheit leistet, obwohl ersichtlich mit keiner Vollstreckung zu rechnen ist. b) Unzulängliche Rechtsverteidigung An der Entstehung (§ 254 Abs. 1 BGB) und Entwicklung (§ 254 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2, 3 BGB) eines Vollstreckungs- oder Abwendungsschadens kann den Titelschuldner ein Mitverschulden treffen, wenn er seine Rechte in dem Verfahren, das zum Erlass des Titels geführt hat, unzulänglich verteidigt hat, 227 oder wenn er von erfolgversprechenden Rechtsbehelfen gegen den Titel oder seine Vollstreckung nicht oder nicht rechtzeitig Gebrauch gemacht hat. 228 Andererseits beruht die Entstehung angemessener Rechtsdurchsetzungskosten nicht auf Mitverschulden. 229 c) Hinweisobliegenheit Der Titelschuldner ist gehalten, den Titelgläubiger auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die dieser weder kennt noch

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Oetker, in: MüKo BGB, § 254, Rn. 30. Becker-Eberhard, in: Berger, Kap. 10, Rn. 72; Fenn, ZHR 132 (1969), 344, 369; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 22; Laue, S. 3, 27 ff.; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 36; Sydow/Busch/Krantz, § 717, Anm. 3; Vockenberg, S. 121. 228 Fenn, ZHR 132 (1969), 344, 369; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 22; Laue, S. 30; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 36; ders., JZ 1990, 194, 195; Vockenberg, S. 121 f. A. A. Paulus, in: Wieczorek/Schütze, Vor § 704, Rn. 74. Zur Obliegenheit, erfolgversprechende Rechtsbehelfe zu verfolgen Lange, in: Lange/Schiemann, S. 588 f.; Oetker, in: MüKo BGB, § 254, Rn. 96. 229 S. Oetker, in: MüKo BGB, § 254, Rn. 93 f. (Einschaltung eines Rechtsanwalts, mit der begründeten Mahnung: „Bei der Annahme einer Obliegenheitsverletzung ist . . . große Vorsicht geboten“), 95 (sonstige Rechtsverfolgungsmaßnahmen), 96 (Kosten eines Rechtsbehelfs). 227

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

kennen muss (§ 254 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB) 230 – insbesondere auf drohende Erwerbs- und Kreditschäden, Betriebseinstellung und Insolvenz des Titelschuldners aus Umständen, in die der Gläubiger keinen Einblick hat. d) Zwangs- und Ordnungsmittel Verstößt der Titelschuldner gegen ein tituliertes Gebot, dessen Beachtung mit Zwangs- oder Ordnungsmitteln bewehrt ist (§§ 888, 890 ZPO), trifft ihn an Schäden, die entstehen, weil er zu Zwangs- oder Ordnungsmitteln herangezogen wird, regelmäßig ein bei weitem überwiegendes Mitverschulden. 231 Dies gilt jedenfalls, wenn der Titelschuldner die Heranziehung vermeiden konnte. Vermeidbar ist die Heranziehung, wenn ein gebotener (§ 254 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB) Hinweis auf ungewöhnliche hohe Schäden den Titelgläubiger dazu bewegt hätte, die erforderlichen Anträge nicht zu stellen oder sie zurückzunehmen (Frage des Einzelfalles). Vermeidbar ist die Heranziehung auch, wenn der Titelschuldner den Titel, gegen den er verstößt, rechtzeitig mit Rechtsbehelfen zur Aufhebung bringen konnte. In den übrigen Fällen, in denen der Titelschuldner nur vor der Wahl der Befolgung oder der Missachtung des Titels steht, überwiegt sein Mitverschulden durch die Missachtung ebenfalls maßgeblich, es sei denn, die Missachtung habe den Eintritt eines anders (durch Hinweis oder Rechtsbehelf) nicht abwendbaren, besonders hohen Schadens verhindert, der außer Verhältnis zu dem Schaden steht, der durch die Heranziehung zum Zwangs- oder Ordnungsmittel eingetreten ist. e) Unterbliebene Sicherheitsleistung Nach verbreiteter Meinung ist ein Titelschuldner zur Vermeidung eines Mitverschuldens gehalten, Abwendungssicherheit zu leisten, um Vollstreckungs- und Vollziehungsschäden zu verhindern, die den Schaden übersteigen, der infolge der Sicherheitsleistung entstanden wäre (§ 254 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2, 3 BGB). 232 Diese Rechtsauffassung ist zweifelhaft. Denn es obliegt dem Geschädigten nur in Ausnahmefällen, eigene Mittel zur Schadensminderung einzusetzen. 233 Eine 230 Becker-Eberhard, in: Berger, Kap. 10, Rn. 72; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 22; Laue, S. 30; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 36; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 717, Rn. 14; Sydow/Busch/Krantz, § 717, Anm. 3. Einschränkend Heinze, in: MüKo ZPO, § 945, Rn. 14 betr. Ansprüche aus § 945 ZPO: Hinweispfl icht gem. § 254 BGB nur, soweit sie auch im gerichtlichen Hauptverfahren besteht, z. B. gem. § 138 Abs. 1 ZPO. 231 A. A. Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 36. 232 So BGHZ 120, 261, 271; BGH VersR 1957, 753, 754 f.; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 22; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 36. 233 Lange, in: Lange/Schiemann, S. 587; Oetker, in: MüKo BGB, § 254, Rn. 97 ff. Ferner Laue, S. 30: wenn der Titelschuldner „ohne besondere Mühe“ zur Sicherheitsleistung imstande war; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 717, Rn. 14: die Sicherheitsleistung müsse „zumutbar“ sein.

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Obliegenheit zur Sicherheitsleistung besteht demnach allenfalls, wenn ein unverhältnismäßig großer Vollstreckungsschaden droht, und wenn die Sicherheit ohne weiteres aus liquiden Mitteln gestellt werden kann. Aber auch in solchen Fällen ist das Mitverschulden des Titelschuldners durch unterlassene Sicherheitsleistung als gering zu veranschlagen. Wenn die Gefahr eines unverhältnismäßig großen Schadens für den Titelgläubiger ersichtlich ist, ist es in erster Linie dessen Angelegenheit zu entscheiden, ob er die Vollstreckung gleichwohl (weiter-)betreiben oder den Schaden vermeiden will. Ist die Gefahr eines unverhältnismäßig großen Schadens für den Titelgläubiger nicht ersichtlich, obliegt dem Titelschuldner ein Hinweis gem. § 254 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB. Kommt der Titelschuldner der Hinweisobliegenheit nach, ist es wiederum vordringlich Angelegenheit des Titelgläubigers, über die Durchführung der Vollstreckung zu entscheiden. Unterlässt der Titelschuldner den Hinweis, dann liegt der Schwerpunkt des Mitverschuldensvorwurfs auf der Verletzung der Hinweisobliegenheit, und nicht auf dem Unterbleiben der Abwendungssicherheit. f) Wahrnehmung anderweitiger Vollstreckungsmöglichkeiten und Vermeidung zusätzlicher Vollstreckungskosten Wenn die Vollstreckung in einen bestimmten Gegenstand unterbunden ist, obliegt es dem Vollstreckungsgläubiger (Titelschuldner), erfolgversprechende anderweitige Vollstreckungsmöglichkeiten bei seinem Vollstreckungsschuldner wahrzunehmen (§ 254 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2, 3 BGB). Gleichzeitig ist er gehalten, zusätzliche Vollstreckungskosten zu vermeiden, die durch erfolglose Vollstreckungsversuche beim Schuldner entstehen (§ 254 Abs. 1 BGB). Sind die Erfolgsaussichten unklar, dann befindet sich der Vollstreckungsgläubiger im Ungewissen. Da er in einer solchen Lage keiner der konfligierenden Obliegenheiten zur Schadensvermeidung (§ 254 Abs. 1 BGB) und zur Schadensabwendung und -minderung (§ 254 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2, 3 BGB) sicher nachkommen kann, hat er einen Entscheidungsspielraum, innerhalb dessen ihn kein Mitverschulden trifft. Als Mitverschulden gilt es nur, wenn der Vollstreckungsgläubiger offenkundig aussichtslose Vollstreckungsversuche unternimmt oder eine ersichtlich erfolgversprechende Nachpfändung unterlässt. g) Schäden im Zusammenhang mit einer Sicherheit Dem Titelschuldner obliegt es, Kosten und Einbußen, die durch Beschaffung und Vorhaltung eines Sicherungsmittels entstehen, gering zu halten. Wer einen teuren Kredit anschafft, obwohl er eine preiswerte Bankbürgschaft erhalten hätte, hat die Differenz selbst zu tragen. Wer ein Sicherungsmittel vorhält, das er kurzfristig anschaffen könnte, hat keinen Anspruch auf Ersatz des Vorhaltungsschadens.

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

Bei der Leistung einer Sicherheit, deren Leistung unnötig (erfolgversprechende anderweitige Vollstreckungsmöglichkeiten) oder wirtschaftlich unsinnig ist (Wert der gepfändeten Sache ist inzwischen niedriger als der durch die Sicherheitsleistung entstehendes Schaden), ist zu unterscheiden. Der Titelschuldner trägt grundsätzlich nicht das Prognoserisiko der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Sicherheitsleistung. Die Leistung einer Sicherheit kann ihm daher nur als Mitverschulden angerechnet werden, wenn deren Unnötigkeit oder Sinnlosigkeit offensichtlich ist. Auch bei offensichtlich sinnloser Sicherheitsleistung kann ein Titelschuldner den Vorwurf des Mitverschuldens vermeiden, indem er dem Titelgläubiger zuvor mittelt, er werde Sicherheit leisten, wenn nicht die Vollstreckung unverzüglich beendet wird. Es liegt dann in der Verantwortung des Titelgläubigers, über die Notwendigkeit der Sicherheitsleistung zu entscheiden. Bei Sicherheitsleistung, die unnötig ist, weil anderweitige, ersichtlich erfolgversprechende Vollstreckungsmöglichkeiten bestehen, kann ein Mitverschulden des Vollstreckungsgläubigers darin liegen, dass er diese Möglichkeiten nicht wahrnimmt, anstatt Sicherheit zu leisten. Leistet nach einer Abwendungssicherheit des Schuldners gem. § 711 ZPO nunmehr der Gläubiger Sicherheit, ist der Anlass für die Schuldnersicherheit weggefallen. Der Schuldner kann Rückgabe der Sicherheit verlangen (§ 109 ZPO). 234 Der Schuldner ist dann gehalten, die Rückgabe zu betreiben, um den Schaden gering zu halten (§ 254 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2, 3 BGB). 8. Ergebnis Einheitlich ist die Rechtslage bei Anordnungsschäden (kein Schadensersatz) sowie bei Vollstreckungs- und Vollziehungsschäden (durchweg Schadensersatz). Bei Abwendungsschäden erscheint die Rechtslage dagegen uneinheitlich. Sicherheitsleistungen gem. §§ 711, 939 ZPO sind geborene Abwendungsleistungen, während bei Sicherheitsleistung im Rahmen einer einstweiligen Anordnung gem. § 771 Abs. 3 ZPO besondere Voraussetzungen vorliegen müssen. Andere Abwendungsleistung als Sicherheitsleistung ist nur bei einigen Titelinhalten möglich, und die Voraussetzungen der prozessualen Veranlassung ergeben von Titel zu Titel unterschiedliche weite Vollstreckungs- oder Vollziehungsvorfelder, in denen eine Abwendungsleistung Ersatzansprüche auslösen kann. Die Uneinheitlichkeit entspringt nicht der Vielzahl risikohaftungsrechtlicher Anspruchsgrundlagen, deren Zwecke und Rechtsfolgen weitestgehend übereinstimmen. Der Grund für die Unterschiede in der Haftung liegt vielmehr darin, dass die verschiedenen, ähnlichen Ausgangslagen der Intervention interventionsrechtlich vielfach unterschiedlich geregelt sind. Die Verwickelt-

234

Putzo, in: Thomas/Putzo, § 711, Rn. 5.

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heit der Intervention setzt sich bei der Ersatzfähigkeit des Abwendungsschadens in der Risikohaftung fort. Im Schrifttum geäußerte Kritik am engen Anwendungsbereich der Risikohaftungsvorschriften bei Abwendungsleistungen enthält ein rechtspolitisches Desiderat, das keinen Anlass zu (weitergehender) Rechtsfortbildung der Risikohaftung gibt. 235 Zur Vereinheitlichung der Risikohaftung bei Intervention bedürfte es der Vereinheitlichung des Interventionsrechts. Brächten alle prozessualen Interventionsmöglichkeiten gleichartige Titel hervor, würde ein einheitliches Risikohaftungsrecht nachfolgen. Auch diese Erwägung ist allerdings rechtspolitischer Art. Denn die Voraussetzung für rechtsfortbildende Umbildung des Interventionsrechts – ein „Rechtsnotstand“, der die Umbildung gebietet 236 – besteht nicht.

II. Erstattung Der Intervenient (Titelgläubiger) haftet dem Vollstreckungsgläubiger (Titelschuldner) nur (§ 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO) auf „Erstattung des von diesem auf Grund des Urteils Gezahlten oder Geleisteten“ (§ 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO), wenn ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes streitiges Berufungsurteil (Unterlassungsurteil) (§ 717 Abs. 3 ZPO), ein streitiges Berufungsurteil, das eine einstweilige Anordnung (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) enthält (analog § 717 Abs. 3 ZPO), oder ein vorläufig vollstreckbar erklärter Schiedsspruch (§ 1065 Abs. 2 Satz 2 ZPO i. V. m. § 717 Abs. 3 ZPO) aufgehoben oder abgeändert wird. Es sind die prozessuale Veranlassung (1.) und der Inhalt (2.) des Erstattungsanspruchs zu bestimmen. 1. Prozessuale Veranlassung § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO beschreibt die prozessuale Veranlassung des Erstattungsanspruchs als das „auf Grund des Urteils Gezahlte[n] oder Geleistete[n]“ (analog § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO: auf Grund der einstweiligen Anordnung; gem. §§ 1065 Abs. 2 Satz 2, 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO: auf Grund des Schiedsspruchs). Die prozessuale Veranlassung setzt sich demnach aus zwei Bestandteilen zusammen: der Titelschuldner muss auf Grund des Titels (Veranlassung) (a)) eine (Zahlung oder andere) Leistung bewirkt haben (b)). Bei der näheren Bestimmung der prozessualen Veranlassung ist der enge Regelungszusammenhang zwischen dem Erstattungsanspruch und dem Schadensersatzanspruch aus § 717 Abs. 2 ZPO zu beachten. Der Anspruchsaus-

235 236

Bandel, S. 260 f.; Schlosser, in: Stein/Jonas, § 1041, Rn. 16. Larenz, Methodenlehre, S. 383.

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

schluss in § 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO237 beruht auf dem gesetzgeberischen Grundgedanken, dass kontradiktorische Berufungsurteile eine höhere Richtigkeitsgewähr bieten als erstinstanzliche Urteile. Der Gläubiger soll daher ohne die Gefahr der Schadensersatzpflicht aus § 717 Abs. 2 ZPO die Vollstreckung betreiben können, weil er in höherem Maße auf die Richtigkeit und Beständigkeit des Urteils vertrauen darf (außerdem soll dem Schuldner der Anreiz genommen werden, zur Vollstreckungsverzögerung Revision einzulegen). 238 Andererseits soll mit dem Haftungsausschluss in § 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO nicht der Grundsatz aufgegeben werden, dass derjenige, der aus einem nicht rechtskräftigen Titel vorgeht, dies auf eigene Gefahr unternimmt und für die Folgen einstehen soll, falls der Titel keinen Bestand hat. Dieser Grundsatz soll nur in den Folgen abgemildert werden. Der Erstattungsanspruch des § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO stellt die intendierte abgestufte Risikoverteilung her. 239 Die gesetzliche Wertung der Regelungen in § 717 Abs. 2, 3 ZPO und der aus ihr resultierende Zusammenhang zwischen Schadensersatz- und Erstattungshaftung lassen sich in zwei Thesen zusammenfassen, die für die Bestimmung der prozessualen Veranlassung der Erstattungshaftung leitend sind. (1) In den Fällen des § 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO soll der Titelgläubiger weitestgehend von Ersatzverpflichtungen für Schäden frei sein, die entstehen, weil er es unternimmt, aus einem Titel vorzugehen, auf dessen Beständigkeit er nach der gesetzlichen Wertung in besonderem Maße vertrauen darf. Eine Ausnahme bilden Schadensersatzansprüche wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung (§ 826 BGB). Die Ausnahme ist wegen der Verwerflichkeit des Vorgehens begründet, das keine vertrauensschützende Haftungsprivilegierung verdient. Weitere Ausnahmen bedürfen tragfähiger Begründung. (2) An die Stelle der Schadensersatzhaftung tritt die mildere Erstattungshaftung des § 717 Abs. 3 Satz 2–4 ZPO, die einen von der materiellen Rechtslage unabhängigen, einfachen und schnellen Weg eröffnen soll, nach Aufhebung oder Abänderung des Titels res integra herzustellen. 240 § 717 Abs. 2, 3 ZPO ist Ausdruck einer abgestuften Verteilung des Risikos, das mit der außerordentlichen Durchsetzung des Begehrs einhergeht.

237 Der Anspruchsausschluss umfasst auch Schadensersatzansprüche der Verschuldenshaftung, ausgenommen § 826 BGB, S. 381. 238 Begründung der Novelle v. 22. 05. 1910, Rt-Drucks., II. Session 1909/1910, S. 21 f.; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 239; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 26; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 51. 239 BGHZ 69, 373, 378; Krüger, in: MüKo ZPO, § 717, Rn. 28. 240 Hahn, S. 804 = Protokolle, S. 343; RGZ 103, 352, 353; Baur, Studien, S. 117; Pecher, S. 29 f.

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a) Veranlassung Wenn der Titelschuldner „auf Grund des Urteils“ leistet, soll er Erstattung verlangen können. Auf Grund des Urteils ist eine Leistung erbracht, deren Bewirkung durch das Urteil motiviert ist. Demnach kann eine (im Rahmen des titulierten Interesses liegende) Leistung zu erstatten sein, die der Titelschuldner nach Urteilserlass erbringt, bevor eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt ist und der Gläubiger Schritte unternommen hat, die auf seine Vollstreckungsabsicht hindeuten. Im Hinblick auf die Veranlassung („auf Grund des Urteils“, unabhängig von seiner Vollstreckung oder deren Näherrücken) scheint die Erstattungshaftung gem. (analog) § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO folglich weiter zu sein als die Schadensersatzhaftung gem. § 717 Abs. 2 ZPO, die voraussetzt, dass der Schaden durch die Vollstreckung oder eine zur Abwendung der (unmittelbar bevorstehenden) Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Mit der resintegra-Funktion der Erstattungshaftung ist die gegenüber § 717 Abs. 2 ZPO weiter gefasste Veranlassung in § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO zu vereinbaren. Nicht zu vereinbaren ist sie aber mit der These, wonach die Erstattungshaftung als Risikozuweisung niederer Stufe an die Stelle der Schadensersatzhaftung tritt, und sie ist auch nicht mit der These vereinbar, dass der Titelgläubiger in den Fällen des § 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO grundsätzlich keiner Schadensersatzhaftung ausgesetzt sein soll. Hat der Titelgläubiger in den Fällen des § 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO für Leistungen des Titelschuldners Erstattung zu leisten, die im Anwendungsbereich von § 717 Abs. 2 ZPO keine Schadensersatzverpflichtung begründen können, weil sie nicht hinreichend (mindestens zur Abwendung unmittelbar bevorstehender Vollstreckung) prozessual veranlasst sind, dann tritt die Erstattungshaftung nicht als niederstufige Risikohaftung an die Stelle der Schadensersatzhaftung, sondern sie wirkt haftungserweiternd. Hinzu kommt, dass die sich nach den §§ 818 ff. BGB bestimmende Erstattungspflicht (§ 717 Abs. 3 Satz 3 ZPO) nicht auf die milde, durch § 818 Abs. 3 BGB begrenzte bereicherungsrechtliche Abschöpfung beschränkt ist, sondern gem. § 717 Abs. 3 Satz 3, 4 ZPO i. V. m. §§ 818 Abs. 4, 292, 989 BGB durchweg auch 241 als Schadensersatzhaftung (und weitergehend: als bereicherungsunabhängige Wertersatzhaftung) ausgestaltet ist (sub D. II. 2.). Diese Schadensersatzhaftung ist zwar eine begründete Ausnahme von dem Grundsatz, dass der Titelgläubiger durch § 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO vom Schadensersatzrisiko befreit sein soll – § 717 Abs. 3 Satz 4 ZPO bringt die gesetzgeberische Wertung zum Ausdruck, dass im Rahmen der Erstattungshaftung ein Rest an Schadensersatzhaftung übrigbleiben soll. Soweit aber der Titelgläubiger im Rahmen der verschärften Bereicherungshaftung des § 717 Abs. 3 Satz 2–4 ZPO auch aufgrund solcher Leistungen des Titelschuldners auf Scha241 Zum Verhältnis der verschärften Bereicherungshaftung zur Abschöpfungskondiktion Larenz/Canaris, S. 259.

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densersatz haftet, die in den Fällen des § 717 Abs. 2 ZPO keine Schadensersatzhaftung ausgelöst hätten, weil sie nicht hinreichend prozessual veranlasst sind, ist die bereicherungsrechtliche Schadensersatzhaftung keine übrigbleibende Resthaftung auf Schadensersatz, sondern zusätzliche Haftung. Eine gesetzgeberische Absicht, den Titelgläubiger im Rahmen des § 717 Abs. 3 ZPO zusätzlich, über die Haftung gem. § 717 Abs. 2 ZPO hinausgehend und damit schärfer auf Schadensersatz haften zu lassen, ist § 717 Abs. 3 Satz 3, 4 ZPO nicht zu entnehmen. Vielmehr soll der Titelgläubiger, wenn er auf Erstattung haftet, im Rahmen der verschärften bereicherungsrechtlichen Haftung auch auf Schadensersatz haften. Er soll aber bei § 717 Abs. 3 ZPO (einschließlich der enthaltenen Schadensersatzhaftung) höchstens so weit haften, wie er auch in den Fällen des § 717 Abs. 2 ZPO haften würde. Wertungseinklang von § 717 Abs. 3 ZPO mit § 717 Abs. 2 ZPO ist durch teleologische Reduktion von § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO herzustellen, indem das Merkmal „auf Grund des Urteils“ einschränkend als „auf Grund des Urteils durch die Vollstreckung oder durch Leistung zur Abwendung der Vollstreckung“ zu lesen und wie die entsprechenden Merkmale in § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO zu verstehen ist 242 (analog § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO: „auf Grund der einstweiligen Anordnung durch die Vollziehung oder durch Leistung zur Abwendung der Vollziehung“; bei den §§ 1065 Abs. 2 Satz 2, 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO: „auf Grund des Schiedsspruchs durch die Vollziehung oder durch Leistung zur Abwendung der Vollziehung“). b) Bewirkung Zu erstatten ist das „Gezahlte[n] oder Geleistete[n]“ (§ 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Der Wortlaut, wonach der Titelschuldner eine Leistung erbracht haben muss, stellt klar, dass wegen Umständen, die bereits infolge der Existenz des Titels eintreten, ebenso wenig Erstattung zu leisten ist, wie bei § 717 Abs. 2 ZPO der Anordnungsschaden zu ersetzen ist. Namentlich ist in den Fällen des § 868 ZPO weder Schadensersatz gem. § 717 Abs. 2 ZPO noch Erstattung gem. § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO zu leisten. 243 Eine Leistung, die der Titelschuldner zur Abwendung der Vollstreckung oder Vollziehung erbringt, kann zur Erstattung gem. (analog) § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO berechtigen. 244 Im Hinblick auf die Leistungssituation gelten dabei die 242 I. E. ebenso Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 27; Krüger, in: MüKo ZPO, § 717, Rn. 29; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 52. 243 BGH MDR 1971, 378; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 240; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 28; Krüger, in: MüKo ZPO, § 717, Rn. 30; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 53; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 717, Rn. 26. 244 Hahn, S. 804 = Protokolle, S. 344; Reincke, § 655, Anm. b); Struckmann/Koch, § 655, Anm. 4; v. Wilmowski/Levy, § 655, Anm. 2.

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gleichen Kriterien wie bei § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO (teleologische Reduktion, sub D. II. 1. a)). Demnach muss die Vollstreckung auf Veranlassung des Titelgläubigers unmittelbar bevorstehen oder begonnen haben, es sei denn, der Titelschuldner erbringt eine privilegierte Sicherheitsleistung gem. § 711 ZPO, die als geborene Abwendungsleistung gilt. Bei Prozesssicherheiten hat der Erstattungsanspruch allerdings kaum Bedeutung. Denn mit der Aufhebung des Titels, dessen Vollstreckung mit der Leistung der Sicherheit abgewendet wurde, fällt die Veranlassung für die Sicherheitsleistung weg, und § 109 ZPO bietet dem Titelschuldner einen vorteilhaften Weg, um die Sicherheit zurückzuerlangen. Außer den Kriterien, die gem. § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO an die Situation einer Abwendungsleistung zu stellen sind, müssen im Rahmen des § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO auch die inhaltlichen Kriterien erfüllt sein, nach denen die Abwendungseignung einer Leistung zu bestimmen sind. Nur Leistungen, die i. S. v. § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO als Abwendungsleistung gelten, berechtigen gem. § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO zur Erstattung. Wäre der Kreis erstattungsfähiger Leistungen weiter gezogen als der Kreis zum Schadensersatz berechtigender Leistungen, dann würde die Erstattungshaftung nicht als niederstufige Risikohaftung an die Stelle der Schadensersatzhaftung treten, sondern ein eigenständiges Haftungsrisiko begründen, das den Titelgläubiger nicht trifft, wenn er auf Schadensersatz haftet. Folglich ist eine Leistung des Titelschuldners nur dann erstattungsfähige Abwendungsleistung, wenn sie dem titulierten Interesse abhilft. Als erstattungsfähige Abwendungsleistung gelten demnach (wie bei § 717 Abs. 2 ZPO) nur Sicherheitsleistung und – bei titulierter Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln – Freigabe. Unterlassen der Vollsteckung und etwaige begleitende Leistungen wie Vertragsstrafversprechen oder Titelübergabe berechtigen nicht als Abwendungsleistungen zur Erstattung (sie können aber als durch die Vollstreckung veranlasst zur Erstattung berechtigen). Zu erstatten ist auch das, was der Titelschuldner aufgrund des Titels durch die Vollstreckung geleistet hat. Leistungserwirkend sind Vollstreckungsarten, die mittelbar durch Verhaltenssteuerung wirken. Verhaltenssteuernd wirkt die Vollstreckung zur Erwirkung von nicht vertretbaren Handlungen und Unterlassungen (§§ 888, 890 ZPO). Ein Vollstreckungsgläubiger kann folglich als verurteilter Unterlassungsschuldner Erstattung verlangen, wenn er nach Ordnungsmittelandrohung urteilskonform die Vollstreckung unterlässt oder ruhen lässt, wenn er Ordnungsgeld zahlt (dann erlangt aber der Titelgläubiger nichts), oder wenn er Sicherheit gem. § 711 ZPO oder § 890 Abs. 3 ZPO leistet (dann steht ihm auch der bequemere Weg über § 109 ZPO offen). Bei wortlautgetreuem Verständnis von § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO, der nur von dem „Gezahlten oder Geleisteten“ spricht, ist nur im Anschluss an leistungserwirkende Vollstreckung, d. h. nur in den Fällen der §§ 888, 890 ZPO, Erstattung zu leisten, oder wenn der Titelschuldner – gleich, bei welcher Art der Voll-

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streckung – nach Vollstreckungsbeginn Sicherheit geleistet hat. Denn Vollstreckung i. e. S. ist – von den Fällen der §§ 888, 890 ZPO (Primärvollstreckung, anders bei Zwangs- und Ordnungsmittelvollstreckung) und von Sicherheitsleistung abgesehen – nicht leistungserwirkend, sondern leistungsersetzend. Bei leistungsersetzender Vollstreckung wird der Titelgläubiger ohne Leistung des Titelschuldners befriedigt, z. B. durch Pfändung, Verwertung und Auskehrung des Erlöses, oder durch Wegnahme und Übergabe. In solchen Fällen der Befriedigung des Titelgläubigers durch Abnötigung beim Titelschuldner ist nach dem Wortlaut von § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO keine Erstattung zu leisten. Nach dem Wortlaut von § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO ist Erstattung zumal bei der Vollstreckung i. w. S. eines Anordnungstitels ausgeschlossen. Ein Anordnungstitel – hier: Urteilsanordnung (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) und Drittwiderspruchsschiedsspruch, die gem. §§ 775, 776 ZPO zu vollziehen und zu vollstrecken sind – enthält kein Leistungsgebot, so dass leistungserwirkende Vollstreckung nicht in Betracht kommt. Während § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO für jeden „durch die Vollstreckung des Urteils“ entstandenen Schaden die Ersatzpflicht anordnet und damit jede Art der Vollstreckung einbezieht, und während bei Leistungen zur Abwendung jeglicher Art der Vollstreckung zwischen § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO und § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO Gleichklang besteht, berechtigen leistungsersetzende Vollstreckung i. e. S. sowie Vollstreckung i. w. S., die in keiner Leistung des Titelschuldners resultieren, nicht zur Erstattung gem. § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Beispiel 10.5: D erwirkt gegen VG ein erstinstanzliches, vorläufig vollstreckbares Zahlungsurteil, das später aufgehoben wird. Zahlt VG unter akutem Vollstreckungsdruck, schuldet ihm D Schadensersatz gem. § 717 Abs. 2 ZPO. Lässt D das Urteil vollstrecken, schuldet er dem VG ebenfalls gem. § 717 Abs. 2 ZPO Schadensersatz. Abwandlung: D erwirkt gegen VG ein vorläufig vollstreckbares Berufungsurteil auf Zahlung, das später aufgehoben wird. Zahlt VG unter akutem Vollziehungsdruck, schuldet ihm D gem. § 717 Abs. 3 ZPO Erstattung wegen der auf Grund des Urteils geleisteten Zahlung. Lässt D das Urteil vollstrecken, schuldet er dem VG (nicht Schadensersatz, § 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO, und) nicht gem. § 717 Abs. 2 ZPO Erstattung, weil VG nichts geleistet hat. Beispiel 10.6: D erwirkt gegen VG ein erstinstanzliches Drittwiderspruchsurteil, das eine einstweilige Aufhebungsanordnung enthält und später aufgehoben wird. Gibt VG den gepfändeten Gegenstand unter akutem Vollziehungsdruck frei, schuldet ihm D Schadensersatz analog § 717 Abs. 2 ZPO. Wenn D die Anordnung vollziehen lässt, schuldet er dem VG ebenfalls analog § 717 Abs. 2 ZPO Schadensersatz. Abwandlung: D erwirkt gegen VG ein Drittwiderspruchsberufungsurteil, das eine einstweilige Aufhebungsanordnung enthält und später aufgehoben wird.

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Gibt VG den gepfändeten Gegenstand unter akutem Vollziehungsdruck frei, schuldet ihm D analog § 717 Abs. 3 ZPO Erstattung wegen der auf Grund der Anordnung geleisteten Freigabe. Lässt D die Anordnung vollziehen, schuldet er dem VG (nicht Schadensersatz, analog § 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO, und) nicht analog § 717 Abs. 2 ZPO Erstattung, weil VG nichts geleistet hat.

Leistungsersetzende Vollstreckung i. e. S. und Vollstreckung i. w. S. sind demnach durch § 717 Abs. 3 ZPO derart privilegiert, dass in den Fällen des § 717 Abs. 3 ZPO weder ein Schadensersatzanspruch (§ 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO) noch ein Erstattungsanspruch entsteht. Diese Privilegierung – ihr Gegensatz sowohl zur Risikohaftung bei (der Abwendung) jeder Art von Vollstreckung erstinstanzlicher Titel im Anwendungsbereich von § 717 Abs. 2 ZPO (Schadensersatz), als auch zur Risikohaftung bei leistungserwirkender Vollstreckung und der Abwendung jeder Art von Vollstreckung von Berufungstiteln im Anwendungsbereich von § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO (Erstattung) – steht im Widerspruch zum Normzweck von § 717 Abs. 3 ZPO. § 717 Abs. 3 ZPO, der eine abgestufte Risikohaftung herstellt, beruht auf dem gesetzgeberischen Grundgedanken, dass kontradiktorische Berufungsurteile eine höhere Richtigkeitsgewähr und damit eine festere Vertrauensgrundlage bieten als erstinstanzliche Urteile. Der Gläubiger soll daher ohne die Gefahr der Schadensersatzpflicht aus § 717 Abs. 2 ZPO die Vollstreckung betreiben können (§ 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO), und dem Schuldner soll der Anreiz genommen werden, zur Vollstreckungsverzögerung Revision einzulegen (sub D. II. 1.). Andererseits soll beibehalten werden, dass die Vollstreckung aus einem nicht rechtskräftigen Titel auf Gefahr des Betreibenden geht, falls der Titel keinen Bestand hat; die Haftung soll allerdings milder sein. Die Abstufung zwischen § 717 Abs. 2 ZPO und § 717 Abs. 3 ZPO beruht mithin darauf, dass bestimmte Titel ihres Urhebers (Berufungsgericht im Gegensatz zum Eingangsgericht) wegen eine schwächere Haftung nach sich ziehen sollen als andere. Die jeweils anzuwendende Vollstreckungsart ist für den Normzweck von § 717 Abs. 3 ZPO belanglos. Berufungsurteile, die leistungsersetzend oder i. w. S. zu vollstrecken sind, begründen kein stärkeres Vertrauen auf ihre Beständigkeit als leistungserwirkend zu vollstreckende Berufungsurteile, und es ist nicht ersichtlich, warum dem Schuldner eines leistungsersetzend oder i. w. S. zu vollstreckenden Berufungsurteils der Anreiz zur Revisionseinlegung in stärkerem Maß genommen werden soll als dem Schuldner eines Berufungsurteils, das leistungserwirkend zu vollstrecken ist. Ebenso wenig ist ein Grund ersichtlich, aus dem zwar die Leistung zur Abwendung leistungsersetzender Vollstreckung und der Vollstreckung i. w. S. einen Erstattungsanspruch hervorbringt, nicht aber die Vollstreckung selbst. Der Normzweck von § 717 Abs. 3 ZPO fordert, dass wegen leistungsersetzender Vollstreckung und Vollstreckung i. w. S. gleichermaßen Erstattung zu leisten ist wie nach einer Abwendungsleistung und nach leistungserwirkender

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Vollstreckung. Der Wortlaut von § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO, der nur von dem „Gezahlten oder Geleisteten“ spricht, ist gegenüber dem Normzweck (unbeabsichtigt) zu eng. In solchen Fällen ist eine teleologische Extension geboten. § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO ist folglich rechtsfortbildend auf die Erstattung dessen zu erweitern, was der Titelgläubiger durch leistungsersetzende Vollstreckung i. e. S. sowie Vollstreckung i. w. S. erlangt. 245 c) Ergebnis § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO bedarf der Rechtsfortbildung und ist wie folgt zu lesen: Soweit ein solches Urteil aufgehoben oder abgeändert wird, ist der Kläger auf Antrag des Beklagten zur Erstattung des auf Grund des Urteils durch die Vollstreckung oder durch Leistung zur Abwendung der Vollstreckung Erlangten zu verurteilen. Bei analoger Anwendung auf einstweilige Anordnungen, die in Berufungsurteilen enthalten sind, ist die Rechtsfolge von § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO wie folgt zu lesen: zur Erstattung des auf Grund der Anordnung durch die Vollziehung oder durch Leistung zur Abwendung der Vollziehung Erlangten. Wenn § 717 Abs. 3 ZPO bei vollstreckbaren Schiedssprüchen entsprechend anzuwenden ist, ist zu lesen: zur Erstattung des auf Grund des Schiedsspruchs durch die Vollstreckung oder durch Leistung zur Abwendung der Vollstreckung Erlangten. 2. Anspruchsinhalt Unter den gegebenen Voraussetzungen schuldet ein Intervenient (Titelgläubiger) dem Vollstreckungsgläubiger (Titelschuldner) Erstattung des auf Grund des Urteils (der einstweiligen Anordnung, des Schiedsspruchs) durch die Vollstreckung (Vollziehung) oder durch Leistung zur Abwendung der Vollstreckung (Vollziehung) Erlangten. Die Erstattungspflicht bestimmt sich nach den §§ 818 ff. BGB (Rechtsfolgenverweisung in § 717 Abs. 3 Satz 3 ZPO). 246 Dabei besteht von vornherein die verschärfte bereicherungsrechtliche Rechtshängigkeitshaftung gem. § 818 Abs. 4 BGB (§ 717 Abs. 3 Satz 4 Halbs. 2 ZPO), und nach den Grundsätzen des Urteils des VII. Zivilsenats des BGH vom 07. 01. 1971247 (Flugreise) entsteht mit der Rechtshängigkeitshaftung die bereiche-

245 I. E. ebenso RGZ 103, 352, 353; Baur, Studien, S. 117; ders./Stürner/Bruns, Rn. 15.32; Brox/Walker, Rn. 82; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 240; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 27; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 53. 246 Baur, Studien, S. 117; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 240; Heß, in: Wieczorek/ Schütze, § 717, Rn. 28; Krüger, in: MüKo ZPO, § 717, Rn. 30; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 53. 247 BGHZ 55, 128.

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rungsunabhängige Wertersatzhaftung, 248 bei der die Berufung auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) versagt ist. 249 Der Inhalt des Erstattungsanspruchs knüpft an das Erlangte an (a)). Was der Erstattungspflichtige nicht erlangt hat, kann er nicht herausgeben, und für das, was er nicht erlangt hat, hat er auch keinen Ersatz zu leisten. Folglich ist jeglicher Ersatz von Aufwendungen ausgeschlossen, die dem Erstattungspfl ichtigen nicht zugeflossen sind. 250 Kosten für die Beschaffung einer Sicherheit hat der Titelgläubiger daher ebenso wenig zu erstatten wie Zwangs- und Ordnungsgeld. Für das, was der Erstattungspfl ichtige erlangt hat, schuldet er nach zweierlei Maßgabe Erstattung. Erlangtes, das seiner Beschaffenheit nach herausgabefähig ist, ist herauszugeben; ferner sind gezogene Nutzungen sowie Surrogate herauszugeben (§ 717 Abs. 3 Satz 3 ZPO, § 818 Abs. 1 BGB) (b)). Wenn die Herausgabe des Erlangten oder eines Surrogats nicht möglich ist, hat der Erstattungspfl ichtige den Wert des Erlangten zu ersetzen (§ 717 Abs. 3 Satz 3 ZPO, § 818 Abs. 2 BGB), und zwar unabhängig davon, ob er noch bereichert ist (bereicherungsunabhängige Wertersatzkondiktion, Ausschluss von § 818 Abs. 3 BGB als Wirkung der Rechtshängigkeit, § 717 Abs. 3 Satz 3, 4 Halbs. 2 ZPO) (c)). Außerdem haftet der Erstattungspflichtige jeweils nach den allgemeinen Vorschriften (§ 717 Abs. 3 Satz 3, 4 Halbs. 2 ZPO, § 818 Abs. 4 BGB). Erstattungsansprüche, die auf Zahlung gerichtet sind (Wert-, Schadens- und Nutzungsersatzansprüche), sind begrenzt auf die Höhe der titulierten Forderung des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vollstreckungsschuldner, soweit diese noch offen ist, oder auf das Leistungsinteresse (vgl. § 893 ZPO), soweit dieses noch nicht befriedigt ist (jeweils zuzüglich Kosten). Die Beschränkung auf die titulierte Restforderung bzw. das offene Interesse vermeidet, dass der Intervenient als Erstattungsschuldner schlechter stehen kann als bei einem Schadensersatzanspruch gem. § 717 Abs. 2 ZPO; außerdem soll ein nicht widerspruchsberechtigter Intervenient, der ein veräußerungshinderndes Recht hat, nicht schlechter stehen, als wenn er nicht interveniert hätte und im Anschluss an die Vollstreckung den Überschuss beanspruchen könnte. Bei Erstattungsansprüchen, die nicht auf Zahlung gerichtet sind – Herausgabe des Erlangten, von Nutzungen und Surrogaten – ist eine solche Beschränkung nicht möglich, und sie ist auch nicht angezeigt, wenn in eine Herausgabevollstreckung interveniert worden war. Es kann aber ein Ausgleich geboten sein, wenn in eine Geldvollstreckung interveniert worden war. Es ist dann sicherzustellen, dass der Voll248 Canaris, JZ 1971, 560, 561; Larenz/Canaris, S. 259 f.; Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 363. 249 BAG NJW 1961, 1989; Baur, Studien, S. 117 f.; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 240; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 29; Krüger, in: MüKo ZPO, § 717, Rn. 30; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 54; Ordemann, NJW 1962, 478 f.; Pecher, S. 101, 192; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 717, Rn. 25. 250 Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 28; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 53.

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streckungsgläubiger den herausgegebenen Gegenstand zur Befriedigung des titulierten Anspruchs gegen den Vollstreckungsschuldner verwertet. Den Überschuss hat er anschließend an den Intervenienten herauszugeben (vgl. §§ 1223 Abs. 1, 1247 BGB). Ist der Vollstreckungsgläubiger bereits befriedigt, kann der Intervenient die Herausgabe mit der Arglisteinrede verweigern. a) Das Erlangte Primärer Erstattungsgegenstand ist das, was der Intervenient durch die Vollstreckung oder durch Abwendungsleistung erlangt hat; auch die Wertersatzhaftung und die verschärfte Bereicherungshaftung gehen von dem Erlangten aus. Da sich der Umfang der Erstattung nach den bereicherungsrechtlichen Vorschriften bestimmt (§ 717 Abs. 3 Satz 3 ZPO), ist das Merkmal des Erlangten auszulegen wie das erlangte Etwas in § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dort gilt ein einheitliches, denkbar weites Begriffsverständnis des erlangten Etwas. 251 Es kann von jeglicher Art sein, namentlich kann alles, was Gegenstand einer Leistungspflicht sein kann, auch im bereicherungsrechtlichen Sinne erlangt sein 252 („durch Leistung . . . erlangt“). Das Erlangte braucht nicht gegenständlicher Natur zu sein; 253 auch ein Unterlassen kann erlangt sein 254 (vgl. § 241 Abs. 1 Satz 2 BGB). Unerheblich ist, ob das Erlangte einen Vermögenswert hat, und ob die Erlangung einen wirtschaftlich messbaren Vermögenszuwachs bewirkt. 255 Das Erlangte ist durch Vergleich zweier Zustände (nicht: Vermögenslagen) 256 zu bestimmen; zu vergleichen ist der bestehende Zustand mit dem hypothetischen Zustand ohne den Vorgang, dessentwegen Ausgleich zu leisten ist. 257

251

Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 346; Loewenheim, S. 95. A. A. Heimann-Trosien, in: RGRK, § 812, Rn. 1; Lorenz, in: Staudinger, § 812, Rn. 65: verschiedene Interpretation bei Leistungs- und Nichtleistungskondiktion. Dagegen Lieb, a.a.O.: Differenzierung allenfalls bei den Merkmalen „auf Kosten“ und „ohne rechtlichen Grund“. 252 Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 346; Loewenheim, S. 20. 253 Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 343. 254 Köhler, AcP 190 (1990), 496, 530 ff.; Larenz/Canaris, S. 274. Ferner Ebert, S. 49 (Unterlassungswirkung); Henckel, AcP 174 (1974), 97, 125 (Unterlassen, das einen Unterlassungsanspruch erfüllen soll); Lorenz, in: Staudinger, § 812, Rn. 65: man werde „auch eine vertraglich auferlegte Unterlassungspfl icht – sie ist Leistung iS von § 241 S 2 (a. F.; nunmehr § 241 Abs. 1 Satz 2 BGB, Verf.) – im Falle von deren Unwirksamkeit als Kondiktionsgegenstand erachten müssen“ (Hervorhebung im Original). 255 Canaris, JZ 1971, 560, 561; Larenz/Canaris, S. 255; Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 342; § 818, Rn. 1; Loewenheim, S. 20; Lorenz, in: Staudinger, § 812, Rn. 65; H. P. Westermann, in: Erman, § 812, Rn. 6. A. A. BGHZ 55, 128, 131 f.; Heimann-Trosien, in: RGRK, § 812, Rn. 1; Sprau, in: Palandt, § 812, Rn. 16. 256 Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 340. 257 Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 339 (mit missverständlichem Vermögensbezug): „am Wortlaut des Gesetzes orientierte[n] sog. gegenständliche[n] Betrachtungsweise, die ganz konkret darauf abstellt, was der Kondiktionsschuldner durch den bereichernden Vorgang, sei es durch Leistung, sei es durch Eingriff, sei es auf sonstige Weise, erlangt hat, was sich also

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Demnach erlangt der Titelgläubiger, was die Abwendungsleistung oder Vollstreckung als Verschiebung „für ihn“ (Herbeiführung einer Interventionswirkung) oder – den Vollstreckungsgegenstand betreffend – zu seinen Gunsten bewirkt. 258 b) Herausgabe Der Herausgabeanspruch bezieht sich auf das Erlangte, sowie auf Nutzungen und Surrogate (§§ 717 Abs. 3 ZPO, 818 Abs. 1 BGB). Erlangtes, Nutzungen und Surrogate müssen ihrer Beschaffenheit nach herausgabefähig und der Empfänger muss zur Herausgabe imstande sein. Ein Intervenient hat zu erstatten, was er erlangt, indem der Vollstreckungsschuldner die Vollstreckung unterlässt oder ruhen lässt (Unterlassungsurteil) (aa)). Erstatten muss ein Intervenient auch, was er dadurch erlangt, dass der Vollstreckungsgläubiger zur Vollstreckungsabwendung die Freigabe erklärt (einstweilige Anordnung und Schiedsspruch auf Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln) (bb)), oder dass eine einstweilige Anordnung oder ein Schiedsspruch vollzogen oder vollstreckt wird (cc)). Schließlich ist zu erstatten, was ein Intervenient erlangt, wenn der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit leistet (dd)). Der Erstattungspflichtige haftet nach den allgemeinen Vorschriften (§ 717 Abs. 3 Satz 3, 4 Halbs. 2 ZPO, § 818 Abs. 4 BGB) (ee)). aa) Unterlassen Wenn der Vollstreckungsgläubiger nach Vollstreckungsbeginn eines Unterlassungsurteils die Vollstreckung unterlässt oder ruhen lässt, erlangt der Intervenient ein Unterlassen. Ein Unterlassen ist seiner Beschaffenheit nach nicht herausgabefähig, 259 und kann weder Nutzungen noch Surrogate hervorbringen. infolge des bereichernden Vorgangs nunmehr zusätzlich im Vermögen des Schuldners befi ndet“. 258 S. 189–220. 259 Baur, Studien, S. 119; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 27; Köhler, AcP 190 (1990), 496, 532; Larenz/Canaris, S. 274; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 53. A. A. Ebert, S. 49, der – betr. den Bereicherungsausgleich bei Wettbewerbsenthaltung – eine nicht nur terminologisch bedeutsame Unterscheidung vornimmt. Das Unterlassen (als Verhalten) sei nicht der Gegenstand, sondern der Vorgang der Bereicherung. Bereicherungsgegenstand (das Erlangte) sei die Verbesserung der Marktchance, die das Unterlassen von Wettbewerb bewirkt (in diese Richtung auch Sprau, in: Palandt, § 812, Rn. 27: erlangt sei das Nichtentstehen einer Verpfl ichtung oder Last). Nicht zum Erlangten zähle aber der Gewinn, der durch die Verbesserung der Marktchance erzielt werde. – Wie zu zeigen sein wird, ist diese Sichtweise in der bereicherungsrechtlichen Dogmatik bei der Bestimmung dessen beheimatet, was durch Tätigkeit (im Gegensatz zum Unterlassen) erlangt ist. Sie wird daher im Anschluss bei der Abwendungsleistung durch tätige Freigabe aufgegriffen. Bei Unterlassen, das sich von tätigem Verhalten kategorial grundlegend unterscheidet, ist an der traditionellen Betrachtungsweise festzuhalten.

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Ein Erstattungsanspruch in Gestalt eines Herausgabeanspruchs entsteht daher nicht. bb) Abwendung durch Freigabe Erklärt der Vollstreckungsgläubiger die Freigabe zur Abwendung der Vollziehung einer einstweiligen Anordnung oder eines Schiedsspruchs auf Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln, dann erlangt der Intervenient zunächst die Abgabe der Freigabeerklärung, die keinen herausgabefähigen Inhalt hat und keine Nutzungen und Surrogate hervorbringen kann. Ferner erlangt ein Intervenient das, was die Freigabe bewirkt. 260 Soweit das, was eine Freigabe zu Gunsten eines Intervenienten bewirkt, herausgabefähig ist oder herausgabefähige Nutzungen oder Surrogate hervorbringt, ist Erstattung durch Herausgabe zu leisten. Was eine Freigabe zu Gunsten des Intervenienten bewirkt, hängt von Art und Gegenstand der Vollstreckung ab sowie von der Rechtstellung des Intervenienten. 261 Bei der Geldvollstreckung in Fahrnis erlangt ein Intervenient, der (nicht widerspruchsberechtigter) Eigentümer des Vollstreckungsgegenstandes ist, dass die Sache entstrickt wird und sein Eigentum erhalten bleibt, das im Fortgang der Vollstreckung untergegangen wäre. Ein besitzender Intervenient erlangt die Entstrickung und die einhergehende Verbesserung seiner Besitzposition; außerdem bleibt ihm der Besitz erhalten, der im Fortgang der Vollstreckung untergegangen wäre. Ein Intervenient erlangt oder behält in solchen Fällen mithin jeweils eine vorteilhafte Rechtsstellung, die auszugleichen ist, auch wenn mit ihr kein Rechtserwerb verbunden ist. 262 Grundlage der Verbesserung der Rechtsstellung des Intervenienten ist die Entstrickung, die als Befreiung von einer Last zu bewerten ist. Eine derartige Befreiung ist, wie auch die Befreiung von einer Verbindlichkeit oder einer Beschränkung, herausgabefähig durch Wiederherstellung. 263 Die Verstrickung kann durch erneute Pfändung wiederhergestellt werden oder durch Verpfändung an den Vollstreckungsgläubiger (für die Forderung aus dem Titel gegen den Vollstreckungsschuldner). Zur Wiederherstellung durch Mitwirkung an erneuter Pfändung (als herausgabebereiter Dritter, § 809 ZPO) ist der Intervenient imstande, wenn er im Zuge der 260

Es verhält sich wie bei einer Übereignung: als bereicherungsrechtlichen Primärgegenstand erlangt der Erwerber nicht nur die Übereignungserklärung, sondern auch das Eigentum (s. die vorhergehende Fn. sowie die Ausführungen bei Ebert, S. 49). Bereicherungsrechtlich ist eine Übereignung durch Rückübertragung des Eigentums herauszugeben (s. nur Larenz/Canaris, S. 255), es ist nicht von vornherein (weil die Übereignungserklärung nicht herausgabefähig ist) Wertersatz zu leisten. 261 S. 192–218. 262 Vgl. Lorenz, in: Staudinger, § 812, Rn. 73; Sprau, in: Palandt, § 812, Rn. 18. Ferner Larenz/Canaris, S. 255 zur Besitzkondiktion. 263 Larenz/Canaris, S. 255; Lorenz, in: Staudinger, § 818, Rn. 3; Sprau, in: Palandt, § 818, Rn. 6.

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Vollstreckungsaufhebung den Gewahrsam erlangt. Da die gepfändete Sache demjenigen zurückzugeben ist, aus dessen Gewahrsam sie gepfändet wurde, wird dies der Fall sein, wenn die Sache gem. § 809 ZPO aus dem Gewahrsam des Intervenienten gepfändet worden war. Der Intervenient ist dann bei erneuter Vollstreckung (aus dem Titel des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vollstreckungsschuldner) zur Herausgabebereitschaft gem. § 809 ZPO verpfl ichtet. War die Sache nicht aus dem Gewahrsam des Intervenienten gepfändet worden, wird dieser im Zuge der Vollstreckungsaufhebung keinen Gewahrsam erlangen und zur Erstattung durch Herausgabebereitschaft außerstande sein. Zur Erstattung durch Verpfändung (§ 1205 BGB) ist der Intervenient imstande und verpflichtet, wenn er Eigentümer ist und besseren Besitz zurückerlangt hat. Schließlich ist der Intervenient zur Herausgabe von Nutzungen und Surrogaten verpflichtet (§ 717 Abs. 3 Satz 3 ZPO, § 812 Abs. 1 BGB). Wie bei dem Vollstreckungsgegenstand selbst schuldet der Intervenient Herausgabebereitschaft oder Verpfändung, soweit dies der Beschaffenheit der Nutzungen und Surrogate nach möglich und der Intervenient dazu imstande ist. Im Zwangsversteigerungsverfahren erlangt ein Intervenient, der (nicht widerspruchsberechtigter) Grundeigentümer ist, durch die Freigabe nach Beschlagnahme, dass sein Eigentum erhalten bleibt (vor Zuschlag) oder ihm die Erlösforderung erhalten bleibt (nach Zuschlag). Er ist dann dazu verpflichtet, dem Vollstreckungsgläubiger für die titulierte Forderung gegen den Vollstreckungsschuldner eine Hypothek zu bestellen oder ihm die Erlösforderung zu verpfänden (eine vollstreckungsrechtliche Entsprechung zu § 809 ZPO fehlt). Ein Intervenient, der Eigentümer von Zubehörgegenständen ist, erlangt durch die Freigabe nach Beschlagnahme und vor Zuschlag, dass sein Eigentum erhalten bleibt. Erstattung ist durch Verpfändung des Zubehörs für die titulierte Forderung gegen den Vollstreckungsschuldner zu leisten (Mitwirkung gem. § 809 ZPO kommt wegen § 865 ZPO nicht in Betracht). Erklärt der Vollstreckungsgläubiger die Freigabe in einem Zwangsverwaltungsverfahren, das gegen den Vollstreckungsschuldner als scheinbaren Grundeigentümer durchgeführt wird, erlangt ein Intervenient, der (nicht widerspruchsberechtigter) Grundeigentümer ist, die Befreiung des Grundstücks von der Zwangsverwaltung und mit ihr die Nutzungen, die in die Zwangsverwaltungsmasse gefallen waren, sowie künftige Nutzungen, die in die Zwangsverwaltungsmasse gefallen wären. Der Intervenient hat Erstattung zu leisten, indem er dem Vollstreckungsgläubiger für die titulierte Forderung eine Hypothek bestellt, und indem er ihm die Nutzungen verpfändet, soweit dies deren Beschaffenheit nach möglich ist. Bei der Herausgabevollstreckung erlangt ein Intervenient, dem die herauszugebende Sache als herausgabebereitem Dritten analog § 809 ZPO weggenommen wurde, den unmittelbaren Besitz zurück. Erstattung ist durch erneute Herausgabebereitschaft bei erneuter Vollstreckung (aus dem Titel gegen den

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

Vollstreckungsschuldner) zu leisten, oder (nach Wahl des Vollstreckungsgläubigers) durch Herausgabe der Sache unmittelbar an den Vollstreckungsgläubiger. Bei den anderen Vollstreckungsarten erlangt ein Intervenient durch die Freigabe keinen herausgabefähigen Gegenstand. Bei der Geldvollstreckung in Geldforderungen wird der Vollstreckungsschuldner begünstigt, oder die Pfändung war ins Leere gegangen. Gleiches gilt bei der Geldvollstreckung in Herausgabeansprüche auf bewegliche Sachen im Hinblick auf die Forderung. Ferner kann die Intervention zwar Intervenienteneigentum an der herauszugebenden Sache bewahren, indem die Geltendmachung des Eigentums guten Glauben zerstört, so dass eine Leistung des Drittschuldners dem Vollstreckungsschuldner kein Eigentum verschafft. Das Eigentum bleibt dem Intervenienten dann aber nicht infolge der Freigabe erhalten. Bei der Geldvollstreckung in das unbewegliche Vermögen durch Eintragung einer Zwangshypothek begünstigen Verzicht und Aufgabe entweder den Vollstreckungsschuldner, oder es war keine Hypothek entstanden. cc) Vollstreckung und Vollziehung Ein Intervenient hat zu erstatten, was er dadurch erlangt, dass eine einstweilige Anordnung oder ein Schiedsspruch vollzogen oder vollstreckt wird, indem die bevorstehende Vollstreckung beschränkt oder die begonnene Vollstreckung eingestellt wird, oder indem die Vollstreckung eingestellt wird, Vollstreckungsmaßnahmen aufgehoben werden, und die Vollstreckung anschließend beschränkt bleibt. Beschränkung der Vollstreckung vor ihrem Beginn ist das vollstreckungsrechtliche Gegenstück zur Unterlassung der Vollstreckung durch den Vollstreckungsgläubiger vor Vollstreckungsbeginn. Wie ein Unterlassen ist die Vollstreckungsbeschränkung ihrer Beschaffenheit nach nicht herausgabefähig, und sie bringt weder Nutzungen noch Surrogate hervor. Die Vollstreckungseinstellung ist ihrer Beschaffenheit nach nicht herausgabefähig und kann weder Nutzungen noch Surrogate hervorbringen. Auch die begünstigenden Einstellungswirkungen (Aufschub) sind ihrer Beschaffenheit nach nicht herausgabefähig. Mit der Aufhebung einhergehende Maßnahmen (Einstellung, Aufhebung, Beschränkung) sind nicht herausgabefähig; Nutzungen und Surrogate kommen nicht in Betracht. Allerdings kann die Aufhebung die gleichen Wirkungen hervorbringen wie die Freigabe durch den Vollstreckungsgläubiger, und es ist nach gleicher Maßgabe Erstattung zu leisten wie bei der Freigabe.

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dd) Sicherheitsleistung Durch Sicherheitsleistung des Vollstreckungsgläubigers erlangt ein Intervenient die Rechtsstellung eines Sicherungsnehmers, die er aufzugeben hat. Der Vollstreckungsgläubiger kann die Einwilligung in die Freigabe der Sicherheit verlangen. 264 ee) Haftungsverschärfung Der Erstattungspflichtige haftet nach den allgemeinen Vorschriften (§ 717 Abs. 3 Satz 3, 4 Halbs. 2 ZPO, § 818 Abs. 4 BGB). Hat er einen bestimmten Gegenstand herauszugeben, haftet er für schuldhaft nicht gezogene Nutzungen (§§ 292, 987 Abs. 2 BGB) sowie – wenn er die Sache infolge eines Verschuldens nicht oder nicht mehr unversehrt herausgeben kann – auf Schadensersatz (§§ 292, 989 BGB). 265 c) Wertersatz Ein Intervenient hat dem Vollstreckungsgläubiger Wertersatz in Geld zu leisten, wenn und soweit 266 die Herausgabe des Erlangten wegen dessen Beschaffenheit nicht möglich ist, oder wenn der Intervenient aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande ist (§ 717 Abs. 3 Satz 3 ZPO, § 818 Abs. 2 BGB) und kein Surrogat erlangt hat. 267 Auch für Nutzungen und Surrogate, die nicht herausgegeben werden können, ist Wertersatz zu leisten. 268 Der Wertersatz ist auf die Höhe der titulierten Restforderung bzw. das Interesse begrenzt. Über die Grundsätze der Wertberechnung i. S. v. § 818 Abs. 2 BGB besteht Streit. Zutreffend ist eine objektive Theorie, wonach grundsätzlich der Marktpreis zugrunde zu legen ist. 269 Als Marktpreis gilt das üblicherweise für das Erlangte zu entrichtende Entgelt. 270 Das übliche Entgelt ist nicht ein durchschnittsbezogener Einheits- oder Verkehrswert. Für die Ermittlung ist viel264

RGZ 103, 352; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 240; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 28; Pecher, S. 101. 265 Zum Verweisungsinhalt des § 818 Abs. 4 BGB Larenz/Canaris, S. 314 ff.; Lieb, in: MüKo BGB, § 818, Rn. 150 ff. 266 Lieb, in: MüKo BGB, § 818, Rn. 35. 267 Zur Vorrangigkeit der Surrogatherausgabe vor dem Wertersatz Loewenheim, S. 133 f., 137 f. 268 Larenz/Canaris, S. 271. 269 Ebert, S. 142; Köhler, AcP 190 (1990), 496, 532 f.; Larenz/Canaris, S. 256, 275; Loewenheim, S. 138 f., jew. m. w. N. Zur subjektiven Theorie, wonach im Rahmen von § 818 Abs. 2 BGB auf die individuellen Verhältnisse des Bereicherungsschuldners abzustellen ist, Ebert, S. 142 f.; Larenz/Canaris, S. 276; Lieb, in: MüKo BGB, § 818, Rn. 44 f., jew. m. w. N. – Die subjektive Theorie steht nicht im Einklang mit der gesetzlichen Konzeption, wonach individuelle Verhältnisse erst bei § 818 Abs. 3 BGB zu berücksichtigen sind und nur zugunsten des gutgläubigen Bereicherungsschuldners wirken sollen. 270 Einzelheiten umstritten, s. z. B. Lieb, in: MüKo BGB, § 818, Rn. 15.

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

mehr eine konkrete ex-post-Beurteilung maßgeblich, die das Geschehen im Anschluss an den Empfang einschließt. 271 Lässt sich ein übliches Entgelt nicht ermitteln, ist ein angemessener Wert zu bestimmen, 272 bei dessen Bemessung die gesamte Wirtschaftstätigkeit des Empfängers einzubeziehen ist. 273 Die Berücksichtigung des Empfängerverhaltens bei der Wertermittlung bedeutet indes nicht, dass das Erlangte keinen Wert habe, wenn der Empfänger Vorteile nicht realisiert, die das Erlangte bietet. 274 Der objektive Wert einer Nutzungsmöglichkeit besteht unabhängig von einer konkreten Nutzung. 275 Eine konkrete Nutzung hilft nur, den objektiven Wert der Nutzungsmöglichkeit zu konkretisieren; bei unterbliebener oder mangelhafter Nutzung ist der Wert der Nutzungsmöglichkeit nach dem üblichen oder angemessenen Entgelt zu bestimmen. Hat eine erlangte Nutzungsmöglichkeit dem Empfänger keinen Erfolg gebracht, kann er dies allenfalls als Entreicherung geltend machen. Für die Wertermittlung ist bei primären Wertersatzansprüchen – wenn das Erlangte seiner Beschaffenheit nach nicht herausgabefähig ist – der Zeitpunkt der Anspruchsentstehung maßgeblich, d. h. der Zeitpunkt des Empfangs. 276 Der Geschehensverlauf im Anschluss an den Empfang kann Aufschluss geben über den Wert des Erlangten z.Zt. des Empfangs. Der Intervenient erlangt jeweils das Unterlassen der Vollstreckung, die Freigabe eines Vollstreckungsgegenstandes, Beschränkung und Einstellung der Vollstreckung und die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen, indem diese Leistungen und Maßnahmen für ihn vorgenommen werden. Problematisch ist die Wertbestimmung, wenn Unterlassen und Beschränkung sowie Freigabe und Aufhebung „für den Interveienten“ zunächst nur den Vollstreckungsschuldner begünstigen (aa)). Zu klären ist auch, welchen Wert es hat, wenn mit Einstellung und Stillstand der Vollstreckung nur Aufschub verbunden ist (bb)). aa) Unterlassen, Freigabe, Beschränkung und Aufhebung Wenn der Vollstreckungsgläubiger die Vollstreckung unterläst, wenn sie auf andere Gegenstände beschränkt wird, wenn der betreffende Gegenstand freigegeben wird oder Vollstreckungsmaßnahmen aufgehoben werden, dann bleibt oder wird der betreffende Gegenstand vom Vollstreckungszugriff frei. Sofern der Vollstreckungsgegenstand rechtlich und tatsächlich dem Vollstreckungs271

Larenz/Canaris, S. 277 f. Köhler, AcP 190 (1990), 496, 533 ff.; Larenz/Canaris, S. 275. 273 Larenz/Canaris, S. 280. 274 A. A. Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 54, Fn. 269: wenn aus der Unterlassung keine Vorteile gezogen wurden, fehle es bereits am Geleisteten. – S. dagegen Canaris, JZ 1971, 560, 561: keine Gleichsetzung des Erlangten mit der Bereicherung. 275 Lieb, in: MüKo BGB, § 818, Rn. 12. 276 Larenz/Canaris, S. 283; Lieb, in: MüKo BGB, § 818, Rn. 57. 272

D. Rechtsfolgen

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schuldner zugeordnet ist, begünstigen das Feibleiben oder -werden zunächst nur diesen. Der Intervenient erlangt nur die Vornahme (und Aufrechterhaltung) der Leistung oder Maßnahme. Für das Unterlassen und die Beschränkung der Vollstreckung sowie für die Freigabe eines Vollstreckungsgegenstandes und für die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen bestehen kein Markt und kein übliches Entgelt. Es ist daher ein angemessener Wert zu bestimmen, bei dessen Bemessung ein Entscheidungsspielraum (vgl. § 287 ZPO) innerhalb gegebener Anhaltspunkte besteht. 277 Der Rahmen wird insbesondere durch zwei Anhaltspunkte abgesteckt. Zum einen kommt es in besonderem Maße auf den konkreten Geschehensablauf und die Realisierung der Möglichkeiten an, die das Erlangte im Einzelfall für den Intervenienten geboten hat. Zum anderen ist auf einen Vergleich zwischen den Vermögenseinbußen des Vollstreckungsgläubigers und dem Vermögenszuwachs beim Intervenienten abzustellen. 278 Ohne die Leistung oder Maßnahme „für den Intervenienten“ würde der Gegenstand zur Befriedigung des Vollstreckungsgläubiger verwertet werden oder ihm anheimfallen. Indem der Gegenstand demgegenüber vom Vollstreckungszugriff frei wird und bleibt, bewirken Vornahme und Aufrechterhaltung der Leistung oder der Maßnahme, dass der Vollstreckungsgläubiger nicht befriedigt wird. Daraus resultiert die konkrete Möglichkeit des Intervenienten, sich dem Vollstreckungsgegenstand anzunähern, sich ihn zu verschaffen und für sich zu gewinnen. 279 An dieser Möglichkeit ist der Wert der Leistung oder Maßnahme zu bemessen. Gelingt es dem Intervenienten, sich Besitz, Eigentum, Forderungsinhaberschaft oder Einziehungsermächtigung am Vollstreckungsgegenstand vom Vollstreckungsschuldner zu verschaffen, dann hat sich der Wert dieser Möglichkeit in der verschafften Position realisiert. Verschafft sich der Intervenient keine Position, kann die Verschaffungsmöglichkeit gleichwohl bestanden und damit den gleichen Wert haben. Es ist dann eine Beweisfrage des Einzelfalles, ob der Intervenient objektiv zur Verschaffung imstande war. Der Wert der erlangten Möglichkeit, sich eine Position am Vollstreckungsgegenstand zu verschaffen, kann auf den Wert der Position taxiert werden; allerdings nicht ohne weiteres. Denn die Verschaffung der Position beruht nicht allein auf der Verschaffungsmöglichkeit, die der Intervenient durch die Intervention erlangt hat, sondern simultan auf einer Verschiebung vom Vollstreckungsschuldner zum Intervenienten. 280 Der Intervenient erlangt die Position am Vollstreckungsgegenstand durch das Zusammenwirken zweier Quellen. Für solche Fälle, in denen ein Empfänger auf Kosten mehrerer bereichert ist, wird im Schrifttum vorgeschlagen, das Erlangte sei geteilt herauszugeben oder 277 278 279 280

Köhler, AcP 190 (1990), 496, 533 f. So Köhler, AcP 190 (1990), 496, 534, betr. die Wertbestimmung von Unterlassen. S. 197–199, 200, 205 f., 208, 213, 215, 217 f. S. 197–199, 200, 205 f., 208, 213, 215, 217 f.

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Zehntes Kapitel: Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung

– bei Unteilbarkeit – an alle gemeinschaftlich herauszugeben oder für alle zu hinterlegen. 281 Diese Lösungen versagen in der vorliegenden Konstellation. Denn der Intervenient muss dem Vollstreckungsschuldner keineswegs zu irgendeiner Art von Ausgleich verpflichtet sein, und wenn er ihm Ausgleich schuldet, kann der Anspruch auf Herausgabe gerichtet sein, während der Erstattungsanspruch des Vollstreckungsgläubigers als Wertersatzanspruch auf Zahlung gerichtet ist. Es stellt sich vielmehr die Frage, wie der Wert der Position, die der Intervenient erlangt, zwischen Vollstreckungsgläubiger und -schuldner aufzuteilen ist. Ausgangspunkt hat zu sein, dass der betreffende Gegenstand zum Schuldnervermögen gehört, so dass der Wert dem Vollstreckungsschuldner zugewiesen ist. Andererseits war der Gegenstand bereits zum Zweck der Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers verhaftet gewesen, oder der Vollstreckungsgläubiger stand ante portas, und es wäre (nach Lage des Einzelfalles) zu dessen Befriedigung in den Gegenstand vollstreckt worden. Bis zu der Leistung oder Maßnahme, die zu Lasten des Vollstreckungsinteresses des Vollstreckungsgläubigers vorgenommen wurde, war der Gegenstand mithin für den Vollstreckungsschuldner (dem Wert nach bis zur Höhe des Vollstreckungsinteresses) verloren und dem Vollstreckungsgläubiger durch den Vollstreckungszugriff oder i. S. einer tatsächlichen sicheren Aussicht zugeordnet. Der Wert der Position, die der Intervenient auf Kosten sowohl des Vollstreckungsgläubigers als auch des Vollstreckungsschuldners erlangt, ist so zwischen Vollstreckungsgläubiger und -schuldner zu verteilen, wie sich das Vollstreckungsinteresse zur Vermögenszugehörigkeit verhält. Wenn die Vollstreckung in einen Gegenstand zulässig ist, geht das Vollstreckungsinteresse des Gläubigers an dem Gegenstand dessen Zugehörigkeit zum Schuldnervermögen vor. Folglich ist der Wert der betreffenden Position bis zur Höhe des Vollstreckungsinteresses vorrangig dem Vollstreckungsgläubiger zugewiesen. Daher hat ein erstattungspflichtiger Intervenient den Wert des Besitzes, Eigentums, der Forderungsinhaberschaft oder einer Einziehungsermächtigung, die er im Anschluss an das Unterlassen oder die Beschränkung der Vollstreckung, oder an die Freigabe oder Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen erlangt oder erlangen konnte, dem Vollstreckungsgläubiger bis zur Höhe der titulierten (Rest-)forderung oder des Interesses (§ 893 ZPO) in Geld zu erstatten (§ 717 Abs. 3 Satz 3 ZPO, § 818 Abs. 2 BGB). Als Wirkung der Rechtshängigkeitsfiktion (§ 717 Abs. 3 Satz 4 Halbs. 2 ZPO) ist der Wertersatzanspruch bereicherungsunabhängig, und der Intervenient kann sich nicht auf Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen. Es ist deshalb nicht anspruchsmindernd oder ausschließend, wenn der Intervenient seine Möglichkeiten nicht nutzt, oder wenn eine erlangte Position an Wert verliert oder verloren geht.

281

So Lorenz, in: Staudinger, § 818, Rn. 6.

D. Rechtsfolgen

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Der Erstattungspflichtige haftet außerdem nach den allgemeinen Vorschriften (§ 717 Abs. 3 Satz 3, 4 Halbs. 2 ZPO, § 818 Abs. 4 BGB). Daher hat ein Intervenient die auf Zahlung gerichtete Wertersatzschuld gem. §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB zu verzinsen. 282 bb) Einstellung und Stillstand Einstellung und Stillstand der Vollstreckung haben durchweg allenfalls einstweilig erhaltende und aufschiebende Wirkung. Ein realisierbarer Vermögenswert ist mit derlei einstweiliger Erhaltung und Aufschub nicht verbunden. Einstellung und Stillstand der Vollstreckung können keine Vermögensvorteile, sondern nur Schäden bewirken.

282

Vgl. Lieb, in: MüKo BGB, § 818, Rn. 151.

Elftes Kapitel:

Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren und Recht auf Irrtum bei der Intervention Der Vollstreckungsgläubiger kann gegen den Intervenienten Schadensersatzansprüche aus Verschuldenshaftung (z. B. gem. §§ 280 Abs. 1, 823 ff., 990, 989, 1227 BGB) haben. Verschuldenshaftung (A.) setzt die Rechtswidrigkeit (B.) der Rechtsverletzung voraus. Bei Rechtsverletzungen infolge der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren gelten nach verbreiteter, vornehmlich durch die Rechtsprechung begründeter und entwickelter Meinung für die Rechtswidrigkeit Besonderheiten, die mit den Topoi „Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme eines staatlichen, gesetzlich eingerichteten und geregelten Verfahrens“ und „Recht auf Irrtum“ angedeutet sind. Dies wirft die Frage auf, welchen Einfluss es auf die Rechtswidrigkeit interventionsverursachter Rechtsverletzungen hat, wenn die Intervention im Rahmen eines staatlichen Verfahrens verläuft. Dabei geht es um die Rechtswidrigkeit von Rechtsverletzungen bei Inanspruchnahme staatlicher Verfahren im Allgemeinen sowie um die Rechtswidrigkeit von Rechtsverletzungen infolge Intervention mittels staatlicher Verfahren im Besonderen (nicht: um die Rechtswidrigkeit der Verfahrensinanspruchnahme) 1. Die Diskussion ist wesentlich durch die Entwicklung der Rechtsprechung (C.) beeinflusst, die daher den Ausgangspunkt für die Untersuchung der aufgeworfenen Frage (D.) bildet. 1 So aber offenbar Niederelz, S. 38 f.: „Die Aussage, daß die Vorschriften über die vorläufige Vollstreckbarkeit . . . keine materielle Erlaubnis [sc. zum Eingriff in private Rechte und Rechtsgüter, s. Henckel, S. 250, auf dessen Ausführungen Niederelz Bezug nimmt] gewähren, ist zwar zutreffend, aber ohne Erklärungswert. . . . [E]ine Erlaubnis [setzt] begriffl ich die Existenz einer Verbotsnorm voraus. Von einer Erlaubnis im technischen Sinne könnte folglich nur dann die Rede sein, wenn die Vollstreckung vor Eintritt der Rechtskraft grundsätzlich verboten wäre. . . . [B]evor sich die Frage nach den Rechtfertigungsgründen stellt, ist zunächst zu prüfen, ob ein Verhalten vorliegt, das der Rechtfertigung bedarf“. – Diese Sichtweise ist verfehlt. Es gilt nicht zu untersuchen, ob die Verfahrensinanspruchnahme erlaubt ist, woraus sich dann ergebe, ob einhergehende Rechtsverletzungen ebenfalls erlaubt seien. Zu untersuchen ist vielmehr, ob Rechtsverletzungen rechtmäßig sind, wenn und weil sie im Rahmen der (erlaubten) Inanspruchnahme eines Verfahrens verursacht werden. Ähnlich Huber, Leistungsstörungen, S. 724: „Verfehlt ist . . . die Überlegung, der Schuldner müsse bei zweifelhafter Rechtslage das Recht haben, den Zweifel gerichtlich zu klären . . . . Darum geht es nicht. Natürlich ist der Schuldner berechtigt, einen Rechtsstreit zu führen . . . . Die Frage ist nur, ob er den Prozeß auf eigenes Risiko führen muß, oder ob er, soweit es um die damit verbundenen materiellen Einbußen geht, auf Risiko seines Gläubigers prozessieren darf“.

A. Rechtswidrigkeit und Verschulden als Voraussetzungen der Verschuldenshaftung 317

A. Rechtswidrigkeit und Verschulden als Voraussetzungen der Verschuldenshaftung I. Verschuldenshaftung Verschuldenshaftung (Haftung für Vorsatz und Fahrlässigkeit) 2 lässt sich einteilen in die Haftung wegen der Verletzung von Pflichten aus Sonderverbindung (Leistungsstörung) und wegen unerlaubter Handlung (Delikt). Tatbestände (i. w. S.) der Verschuldenshaftung beider Gruppen gliedern sich in Tatbestandsmäßigkeit (i. e. S.), Rechtswidrigkeit und Verschulden. Bei unerlaubten Handlungen besteht die Tatbestandsmäßigkeit i. e. S. aus einer schädigenden Rechtsguts- oder Schutzgesetzverletzung oder einer sittenwidrigen Schädigung.3 Bei Leistungsstörungen ist das Ausbleiben der Pflichterfüllung (Pflichtverletzung) 4 tatbestandsmäßig. 5 Die Tatbestandsverwirklichung kann rechtmäßig oder rechtswidrig sein. Rechtswidrige Tatbestandsverwirklichung bildet den Unrechtstatbestand, an den das Verschulden anknüpft. 6 Die Rechtsordnung wertet schuldhaftes Verhalten als Vorwurf, vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Rechtsordnung verstoßen zu haben. Verschulden setzt demnach Rechtswidrigkeit voraus; Rechtswidrigkeit und Verschulden sind systematisch

2

Schulze, in: Handkommentar BGB, § 276, Rn. 3. Z. B. ist die Erwirkung der Vollstreckungseinstellung tatbestandsmäßig i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB, denn die Einstellung verletzt ein entstandenes Pfändungspfandrecht. Näher zur Tatbestandsmäßigkeit i. S. der §§ 823, 826 BGB S. 439–451. 4 Bei der Verschuldenshaftung wegen Pfl ichtverletzungen in Sonderverbindungen ist die Terminologie uneinheitlich. Zur Abgrenzung von der Deliktshaftung wird im Bereich der Haftung in Sonderverbindungen (hier: Leistungsstörungsrecht) pars pro toto von vertraglichen Ansprüchen oder vertraglichen Schuldverhältnissen (z. B. Grundmann, MüKo BGB, § 276, Rn. 15 f., 20), Vertragshaftung (z. B. Löwisch, in: Staudinger, § 276, Rn. 13) und Vertragsrecht (z. B. Löwisch, in: Staudinger, § 276, Rn. 10; Schulze, in: Handkommentar BGB, § 276, Rn. 4; Zeiss, NJW 1967, 703, Fn. 12) gesprochen; das tatbestandsmäßige Ausbleiben der Pfl ichterfüllung (hier: Pfl ichtverletzung) wird als Leistungsstörung (z. B. Löwisch, in: Staudinger, § 276, Rn. 10) oder Vertragswidrigkeit (z. B. Grundmann, MüKo BGB, § 276, Rn. 16) bezeichnet; die Rechtswidrigkeit wird im Leistungsstörungsrecht häufig als Pfl ichtwidrigkeit (z. B. Heinrichs, in: Palandt, § 276, Rn. 8; Huber, in: Festschrift für Ernst Rudolf Huber, S. 253, 263; Schulze, in: Handkommentar BGB, § 276, Rn. 4) oder Vertragsverletzung (z. B. Jansen, Haftungsrecht, S. 408) bezeichnet. 5 Grundmann, MüKo BGB, § 276, Rn. 16, 20; Löwisch, in: Staudinger, § 276, Rn. 10; Zeiss, NJW 1967, 703, Fn. 12. Z. B. verletzt ein Intervenient eine Pfl icht, der Antrag gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO stellt, obwohl er durch Zwischenvergleich mit dem Vollstreckungsgläubiger verpfl ichtet ist, rechtliche Schritte zu unterlassen – die Antragstellung ist tatbestandsmäßig i. S. v. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB. Näher zur Tatbestandsmäßigkeit i. S. v. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB S. 480 f. 6 Deutsch, AcP 202 (2002), 889, 898 f.; Grundmann, MüKo BGB, § 276, Rn. 152. 3

318 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren zu unterscheiden. Dieses Verständnis liegt dem BGB seit jeher zugrunde 7 und ist dem Grunde nach allgemein anerkannt. 8 Allerdings herrscht ein grundlegender wissenschaftlicher Meinungsstreit über Begriff und Gegenstand der Rechtswidrigkeit und ihr Verhältnis zum Verschulden, bei dem die Rechtsauffassungen bisweilen kaum mehr Berührungspunkte zu haben scheinen.9 Da die Wissenschaft den Begriff der Rechtswidrigkeit einerseits als inhaltsarm und rein funktional versteht, andererseits den Unrechtstatbestand im Wege dogmatischer Fortentwicklung dermaßen mit Bedeutung und subjektiven Kriterien auflädt, dass die Existenzberechtigung des Verschuldens als eigenständige Kategorie der Verschuldenshaftung in Frage gezogen ist,10 haben nicht einmal mehr Mindestdefinitionen der Rechtswidrigkeit als eine Kategorie des Dürfens und des Verschuldens als eine Kategorie des Dafürkönnens Aussicht auf gemeine Zustimmung.11 Einen Ausweg aus der Malaise und einen Ausgangspunkt für das Verständnis und die Abgrenzung von Rechtswidrigkeit und Verschulden versprechen die Entstehungsgeschichte des BGB und die an das Inkrafttreten des Gesetzes anschließende Entwicklung der Dogmatik, die Auskunft über die ursprüngliche Bedeutung der Begriffe Rechtswidrigkeit (II.) und Verschulden (III.) im Gesetz geben.

II. Rechtswidrigkeit In der Entwicklung der Dogmatik, die dem Erlass des BGB vorausging,12 hatte die Unterscheidung der Rechtswidrigkeit vom Verschulden stets auf einem objektiven Verständnis der Rechtswidrigkeit beruht. Die Rechtswidrigkeit sollte 7 Fischer, S. 123 f.; Jansen, Haftungsrecht, S. 411. Ferner Börgers, S. 76 betr. die Konzeption nach dem Teilentwurf „Unerlaubte Handlungen“ des Vorentwurfs zum BGB (bei Schubert, Vorlagen, S. 653 ff.); ders., S. 87 betr. die Erörterungen der Ersten Kommission zum Verschuldensmerkmal im Vorentwurf. 8 Z. B. Deutsch, AcP 202 (2002), 889, 894; Grundmann, MüKo BGB, § 276, Rn. 12 f.; Heinrichs, in: Palandt, § 276, Rn. 8; Larenz/Canaris, S. 362 ff., 370 f.; Löwisch, in: Staudinger, § 276, Rn. 10; Spickhoff, in: Soergel (13), § 823, Rn. 1. Ferner Jansen, Haftungsrecht, S. 23 m. w. N. in Fn. 132. 9 S. Huber, in: Festschrift für Ernst Rudolf Huber, S. 253, 263: es bestünden „über die genaue Bedeutung dieses terminus technicus [sc. der Rechtswidrigkeit] so komplizierte Meinungsverschiedenheiten, daß er sich zur kurzen Verständigung nicht eignet“. 10 S. Brüggemeier, in: Liber amicorum Eike Schmidt, S. 33, 45: „Erst als fahrlässige Verletzung eines rechtlich geschützten Interesses ist sie [sc. die Schädigung] eine widerrechtliche, d. h. unerlaubte Handlung“ (Hervorhebung im Original); ähnlich bereits ders., in: Schuldrecht, S. 7, 26, 33. Ferner E. Schmidt, in: Liber Amicorum Josef Esser, S. 137, 147, der ein „Regelverständnis der unerlaubten Handlung als sorgfaltswidriges Eindringen in einen fremden Schutzbereich“ favorisiert. 11 Weitnauer, AcP 170 (1970), 437, 443 betont „die ganze Verwirrung, ja ich möchte sagen, das Elend der gegenwärtigen Schuldrechtsdogmatik in der Lehre von der Widerrechtlichkeit“. 12 Entwicklungsgeschichtlicher Abriss der begriffl ichen Differenzierung von Rechtswidrigkeit und Verschulden bei Jansen, Haftungsrecht, S. 406 ff.

A. Rechtswidrigkeit und Verschulden als Voraussetzungen der Verschuldenshaftung 319

das „Äußere der Handlung“ beurteilen, während die Schuld das „Innere“ einer Handlung betreffen sollte. Diese Unterscheidung wurde sodann mit Blick auf die verschiedenen Rechtsfolgen unterschiedlicher Anspruchstypen vertieft. Nur verschuldetes Unrecht sollte eine Ersatzpflicht begründen können, während objektives Unrecht lediglich die Pflicht zur Unterlassung weiterer Störungen und zur Herausgabe bzw. Duldung der Wegnahme eines entzogenen Gegenstandes nach sich ziehen können sollte. Mit dieser Konzeption wurde das objektive Verständnis der Widerrechtlichkeit als Grundlage einer an Zustände anknüpfenden Haftung in den Gegensatz zum subjektiven Willensmangel gestellt, der die spezifische Voraussetzung für eine Schadenshaftung bildet. Auch dem BGB liegt dieses Systemverständnis zugrunde. Bereits in § 704 E I BGB13 (Kommissionsentwurf) stehen wie in § 823 BGB die Begriffe widerrechtlich einerseits und vorsätzlich und fahrlässig andererseits nebeneinander. Die Motive14 bezeichnen mit widerrechtlich nahezu durchweg (Ausnahmen sind terminologische Ungenauigkeiten, und zwar die begriffliche Gleichsetzung von Delikt mit widerrechtlicher Handlung) den objektiven Verstoß gegen das Recht. Dass die Rechtswidrigkeit bereits während der Vorarbeiten zum BGB als objektiv verstanden wurde, bezeugt auch § 710 E I BGB15 , der wie § 832 BGB Schädigungen durch unzurechnungsfähige Personen widerrechtlich nennt. Spätere Entwicklungsstadien der Entstehung des BGB brachten keine weiteren Entwicklungen des Rechtswidrigkeitsbegriffs.16 Das BGB verwendet mithin 13

S. Mugdan II, S. CXXII f. – Subjektive Momente enthält sodann § 705 E I BGB: „Als widerrechtlich gilt auch die kraft der allgemeinen Freiheit an sich erlaubte Handlung, wenn sie einem Anderen zum Schaden gereicht und ihre Vornahme gegen die guten Sitten verstößt“. Zu den Folgerungen aus der Gegenüberstellung der Entwurfsvorschriften s. einerseits Schwitanski, S. 112 ff. (116): es lasse sich bereits „die heutige Aufgliederung des Deliktrechts in die drei Grundtatbestände der Anlage nach erkennen“ (§ 704 Abs. 2 E I BGB/§ 823 Abs. 1 BGB, § 704 Abs. 1 E I BGB/§ 823 Abs. 2 BGB, § 705 E I BGB/§ 826 BGB; ganz klar wird dies in der Fortschreibung durch die §§ 746, 749 E II BGB); andererseits Börgers, S. 77 ff. (86): Die Kommission habe „das haftungsbegründende Prinzip . . . durch den generalklauselartigen Begriff der Sittenwidrigkeit erheblich ausgeweitet“ und (jedenfalls betr. § 704 Abs. 1 E I BGB/§ 823 Abs. 2 BGB) „das System der Vorgabe eines außerdeliktischen Wertungsmaßstabes (Widerrechtlichkeit) aus dem Vorentwurf übernommen“. Ob aus der Gegenüberstellung weitreichende Folgen für das Verständnis der Rechtswidrigkeit gezogen werden können, ist zweifelhaft, da die Motive hierzu eine Widersprüchlichkeit enthalten (s. Börgers, S. 83 f.), die nur durch eine grundlegende „Vermutung zugunsten der Widerspruchsfreiheit“ (Börgers, S. 85) ausgeräumt werden kann. 14 Mot. II, S. 724 ff. = Mugdan II, S. 404 ff. 15 S. Mugdan II, S. CXXIV. 16 Die später eingefügte Qualifizierung der verbotenen Eigenmacht als „widerrechtlich“ (§ 858 BGB) beruht auf einer insoweit redaktionellen Änderung von § 814 E I BGB, der den Begriff der Widerrechtlichkeit noch nicht enthielt (s. Mugdan III, S. V). Verbotene Eigenmacht war bereits nach der ersten Entwurfsfassung als objektiv widerrechtlich zu verstehen, weil sie weder durch fehlendes Verschulden noch durch guten Glauben ausgeschlossen wird, Fischer, S. 124, 125. Zur begrenzten Aussagekraft des Widerrechtlichkeitsbegriffs in § 858 BGB ferner Weyers, in: Liber Amicorum Josef Esser, S. 231, 237 (unter Hinweis auf Mot. III, S. 110 = Mugdan III, S. 61).

320 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren den Begriff der objektiven Rechtswidrigkeit, bei der eine Schadenshandlung lediglich nach objektiven Gesichtspunkten der äußeren Wirkung zu betrachten ist.17 Die zivilrechtliche Literatur nach Inkrafttreten des BGB erläuterte das Merkmal widerrechtlich in § 823 BGB als Tatbestandsverwirklichung bei Abwesenheit eines Rechtfertigungsgrundes und verstand den Begriff der Rechtswidrigkeit damit im gesetzlich intendierten objektiven Sinne. Zugrunde liegt dem eine zivilistische Anschauung, die – im Gegensatz zur strafrechtlichen Betrachtung, die sich auf den Täter konzentriert – auch bei der Verschuldenshaftung vom Geschädigten ausgeht, aus dessen Perspektive zu bestimmen ist, welches Verhalten des missbilligten Erfolges wegen unterbleiben und verboten sein soll. Daraus ergibt sich, dass sich die Rechtswidrigkeit oder Rechtmäßigkeit eines Verhaltens nach dem Ergebnis richtet, das anzeigt, ob die Verbotsgrenze überschritten ist oder nicht; innere Befindlichkeiten des Handelnden haben dabei außer Betracht zu bleiben und sind dem Verschulden zugewiesen.18

III. Verschulden Verschulden ist ausweislich der Materialien zur Entstehung des BGB ein auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit (§ 276 BGB) beruhendes (objektiv rechtswidriges) Verhalten.19

B. Rechtswidrigkeit Während die kategoriale Unterscheidung zwischen Rechtswidrigkeit und Verschulden für die Verschuldenshaftung entwicklungsgeschichtlich abgesichert und – zumindest nominell – als opinio communis anerkannt ist (sub A.), herrscht im Schrifttum eine Kontroverse um die Ausfüllung des Begriff der Rechtswidrigkeit im Zivilrecht und die Abgrenzung vom Verschulden im einzelnen (I.). Der Streit ist stark vom Funktionsverständnis haftungsrechtlicher Normen geprägt (II.) und scheint sich bisweilen mehr um die überlegene Konzeption zu drehen 20 als um die Ermittlung des Gesetzessinnes (III.).

17 Benöhr, in: Zimmermann/Knütel/Meincke, S. 499, 521 ff. Ferner Börgers, S. 87 betr. die Erörterungen der Ersten Kommission zum Bezugspunkt des Verschuldens: „die das Rechtswidrigkeitsurteil tragenden objektiven Merkmale der Handlung“. S. auch § 829 BGB sowie §§ 12, 179, 231, 861, 862, 985, 1004, 1017, 1027, 1065, 1090 BGB. 18 Fischer, S. 124 f.; Lehmann, in: Festschrift für Justus Wilhelm Hedemann, S. 177, 189; v. Tuhr, S. 453 ff. m. w. N. W. N. bei Jansen, Haftungsrecht, S. 415, Fn. 149. 19 Motive BGB, S. 281. 20 S. Brüggemeier, in: Liber amicorum Eike Schmidt, S. 33, 42, Fn. 50: „akademisches Arbeitsbeschaffungsprogramm mit Zukunft“.

B. Rechtswidrigkeit

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I. Erfolgs- und Handlungsunrecht In der Rechtsprechung und im Schrifttum wurde das objektive Verständnis der Rechtswidrigkeit als Lehre vom Erfolgsunrecht übernommen, wonach die Rechtswidrigkeit durch den Erfolg der Tatbestandsverwirklichung (Zuwiderhandlung gegen eine Norm) 21 indiziert und nur durch einen Rechtfertigungsgrund ausgeschlossen wird. Die hergebrachte Erfolgsunrechtstheorie ist grundlegend in Zweifel geraten, seit ihr das Konzept des Verhaltensunrechts entgegengesetzt wurde, das in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Haftung nach Inanspruchnahme eines staatlichen, gesetzlich eingerichteten und geregelten Verfahrens Anklang gefunden hat. 22 An die Feststellung der Rechtswidrigkeit sollten nunmehr Voraussetzungen zu stellen sein, die bislang gemeinhin dem Verschulden zugewiesen waren. Ausgangspunkt der Gegenbewegung war die Erwägung, dass „ein (blinder) Kausalprozeß als solcher . . . nicht Gegenstand der Gebote oder Verbote sein“ und „Kausalprozessen . . . weder etwas geboten noch etwas verboten werden“ könne. 23 Diese Erwägung steht einem erfolgsbezogenen Verständnis der Rechtswidrigkeit von Handlungen nicht entgegen; rechtswidrig ist eine Handlung dann, wenn und weil sie einen Erfolg verursacht. 24 In dem Selbstverständnis als Konzeptionsversuch zur Definition rechtswidriger Handlungen (anstatt rechtswidriger Erfolge) besteht inzwischen auch Übereinstimmung zwischen den Auffassungen des Handlungs- und des Erfolgsunrechts. 25 Nach Maßgabe des Erfolgsunrechts sind allerdings auch tatbestandsverwirklichende Handlungen als rechtswidrig zu qualifizieren, bei deren Vornahme dem Handelnden die Tatbestandsverwirklichung nicht erkennbar war. Gegen ein solches Rechtswidrigkeitsurteil wurde vorgebracht, es lasse den Gesichtspunkt der Missbilligung außer Betracht. Auch im Zivilrecht sei das Rechtswidrigkeitsurteil mit einem Vorwurf verbunden, dass der Handelnde etwas falsch gemacht habe. 26 Außerdem setze die prinzipielle Wirkungsmöglichkeit eines Gebots voraus, dass es einem Menschen ins Bewusstsein tritt, der dann das von ihm erfasste Gebot befolgt. Ein Gebot sei nur im Rahmen dieser prinzipiellen Wirkungsmöglichkeit sinnvoll. Für den Normadressaten sei ein Gebot eine sinnvolle Richtschnur nur, wenn er im Augenblick des Handelns erkennen kann, ob er gebotswidrig handelt. Könne er dies nicht erkennen, und wolle er seine Handlungen gleichwohl nach dem Verbot ausrichten, dann dürfe er kaum mehr eine Lebensregung 21

Deutsch, Rn. 228. BGHZ 154, 269, 271 ff.; BGHZ 95, 10, 18 ff.; BGHZ 74, 9, 14 ff.; BGHZ 36, 18, 20 f. 23 So Enneccerus/Nipperdey II, S. 1288. 24 Hager, in: Staudinger, § 823, Rn. H 14; Henckel, S. 234 f.; Jansen, Haftungsrecht, S. 417; Larenz/Canaris, S. 365; Niederelz, S. 22 f. 25 Jansen, AcP 202 (2002), 517, 544 ff. 26 BGHZ 24, 21, 26; Enneccerus/Nipperdey II, S. 1279 ff.; Fischer, S. 120; Nipperdey, NJW 1957, 1777, 1778. Dagegen Deutsch, Rn. 248; Stoll, JZ 1958, 137, 143. 22

322 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren wagen. 27 Rechtliches Sollen könne nicht über das tatsächliche Können hinausgehen. Wo das Können ende, ende auch die Verpfl ichtung; unvermeidbares Bewirken eines Verletzungserfolges sei ein Unglück, kein Unrecht. 28 Das Urteil der Rechtswidrigkeit setze nach alldem voraus, dass der Handelnde bei der Tatbestandsverwirklichung gegen eine jeweils herauszuarbeitende rechtliche Verpflichtung zur Sorgfalt verstoßen hat (objektiv pfl ichtwidriges Verhalten). 29 Schlüssig erscheine dies zumal in Anbetracht der Haftung für Unterlassen, bei der die Rechtswidrigkeit stets allein von der Verletzung einer Rechtspflicht abhängt. Konsequent solle dann nichts anderes bei positivem Tun gelten, das bei der Fahrlässigkeit ohnehin kaum überzeugend von Unterlassen abgrenzbar sei.30 Zur Entkräftung der Theorie vom Verhaltensunrecht und für die Erfolgsunrechtslehre wird ins Feld geführt, nur das Erfolgsunrecht könne Abwehrrechte gegen drohende Verletzungen dogmatisch befriedigend erklären, und zwar durch die im Gesetz angelegte31 Erweiterung des objektiven Verständnisses der Rechtswidrigkeit in das Gefährdungsstadium. Dagegen könne das Verhaltensunrecht weder das Notwehrrecht (§ 227 Abs. 2 BGB: „rechtswidrigen Angriff“) dessen erklären, dem eine Verletzung durch einen redlich Handelnden droht, 32 noch den negatorischen Rechtsschutz gegen drohende und gegenwärtige Beeinträchtigungen.33 Darüber hinaus führe ein verhaltensbezogenes Verständnis der Rechtswidrigkeit zu einer Denaturierung des subjektiven absoluten Rechts, die mit dessen gesetzlicher Konzeption unvereinbar

27 Münzberg, S. 260; Zippelius, AcP 157 (1958/1959), 390, 395 ff. Zur darin angedeuteten, scheinbar freiheitsbewahrenden Funktion des Handlungsunrechts s. aber Deutsch, AcP 202 (2002), 889, 892, 893: „Die Freiheitsgewährung prägt sich . . . im Verschuldensprinzip aus. . . . Jenseits des Verschuldens beginnt der Feiraum“. 28 Brüggemeier, in: Liber amicorum Eike Schmidt, S. 33, 45; Wiethölter, S. 35 f., 56. 29 v. Caemmerer, in: Hundert Jahre Deutsches Rechtsleben, S. 49, 53, 129. 30 Münzberg, S. 110 ff.; Wiethölter, S. 37 ff. 31 Deutsch, Rn. 228, 237; Larenz, in: Festschrift für Hans Dölle, S. 169, 195. Zur Rechtswidrigkeit von Gefährdungen ferner Börgers, S. 60. 32 Deutsch, Rn. 239; Fikentscher/Heinemann, Rn. 597; Hager, in: Staudinger, § 823, Rn. H 14, 16; Larenz, in: Festschrift für Hans Dölle, S. 169, 173; ders./Canaris, S. 366; Lehmann, in: Festschrift für Justus Wilhelm Hedemann, S. 177, 189; Schmidt, NJW 1958, 488 f.; SchultzSüchting, S. 65 f.; Spindler, in: Bamberger/Roth, § 823, Rn. 9; Wussow, NJW 1958, 891, 892; Zeuner, JZ 1961, 41 f. Dagegen Jansen, Haftungsrecht, S. 423; Münzberg, S. 355 ff.: In solchen Fällen biete das Notstandsrecht (§§ 228, 904 BGB, § 34 StGB) sachgerechtere Lösungen als das Notwehrrecht, das die Belange des redlich Handelnden hintanstellt. 33 Deutsch, Rn. 239; Fikentscher/Heinemann, Rn. 597; Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 19; Larenz, in: Festschrift für Hans Dölle, S. 169, 173; Schultz-Süchting, S. 67 ff.; Spindler, in: Bamberger/Roth, § 823, Rn. 9; Stoll, JZ 1958, 139 f.; Weitnauer, DB 1962, 461, 463. Dagegen Wiethölter, S. 54 f.

B. Rechtswidrigkeit

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sei; 34 das Erfolgsunrecht sei Ausdruck der Schutzwürdigkeit des betroffenen Rechtsguts.35

II. Bestimmungs- und Bewertungsfunktion haftungsrechtlicher Normen Verschuldenshaftungsvorschriften sind sowohl Bestimmungs- als auch Bewertungsnormen. Bestimmungsnormen (Ge- und Verbote) sollen die Rechtssubjekte zu bestimmten Verhaltensweisen veranlassen (bestimmen). Als Bestimmungsnorm soll z. B. § 823 Abs. 1 BGB jedermann dazu bestimmen, Verletzungen der genannten Rechte und Rechtsgüter zu vermeiden. § 823 Abs. 2 BGB soll jedermann zur Beachtung von Schutzgesetze bestimmen. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB soll Schuldner zur Pflichterfüllung bestimmen. Der Bestimmungsfunktion von Haftungsvorschriften, die den Normadressaten von Verletzungen abhalten soll, entspricht die Präventionsfunktion des Haftungsrechts, 36 die der Verhinderung von Verletzungen und der Minimierung des Schadens dient. Dem funktionellen Verständnis von Haftungsvorschriften als präventiv wirkenden Bestimmungsnormen korrespondiert das Verständnis der Rechtswidrigkeit i. S. der Handlungsunrechtslehre.37 Denn wer bei aller Sorgfalt nicht erkennen kann, dass er ein Ge- oder Verbot missachtet, den erreicht das Recht in seiner Bestimmungsfunktion nicht, und der Adressat vergeht sich nicht gegen das Recht. Bewertungsnormen treffen eine (wertende) Aussage über das Verhalten von Rechtssubjekten. Als Bewertungsnorm bewertet z. B. § 823 Abs. 1 BGB ein Verhalten negativ, das eines der genannten Rechte und Rechtsgüter verletzt. § 823 Abs. 2 BGB bewertet ein Verhalten negativ, das gegen ein Schutzgesetz verstößt. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB bewertet die Pflichtverletzung als negativ. Die Bewertungsfunktion von Haftungsvorschriften, in der sie Verhalten ein (Unwert-)Urteil zumessen, das (unter weiteren Voraussetzungen) Ersatzansprüche begründet, entspricht der Ausgleichsfunktion des Haftungsrechts, 38 die Wiedergutmachung erlittener Schäden bezweckt. Das funktionelle Verständnis der Haftungsnormen als zum Ausgleich veranlassende Bewertungsnormen führt

34 Enneccerus/Lehmann, S. 941 f.; Henckel, S. 274. Ferner Hager, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 823 ff., Rn. 9: Haftungsrechtlicher Gedanke der Rechtsfortsetzung. 35 Larenz/Canaris, S. 367. Zum mit dieser Sichtweise verbundenen Vollständigkeitspostulat absoluter Rechte, wonach ein möglichst umfassender und effektiver Schutz geboten ist, s. Jansen, Haftungsrecht, S. 423, 95. 36 Deutsch, Rn. 18; Enneccerus/Nipperdey I, S. 597; Larenz/Canaris, S. 354; Hager, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 823 ff., Rn. 10. 37 Deutsch, Rn. 247; Niederelz, S. 6 f. 38 Deutsch, Rn. 17; Hager, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 823 ff., Rn. 9; Larenz/Canaris, S. 354.

324 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren zur Lehre vom Erfolgsunrecht.39 Denn Unwert und Ausgleichsbedürftigkeit einer Verletzung hängen nicht vom Bewusstsein des Verursachers ab. Haftungsvorschriften sind sowohl Bestimmungs- als auch Bewertungsnormen. Beide Funktionen beanspruchen Geltung und Wirkung. 40 Entfällt die präventiv wirkende Bestimmungsfunktion, weil der Normbefehl den Adressaten nicht erreicht, der sich folglich i. S. des Handlungsunrechts nicht rechtswidrig verhält, wirkt die Vorschrift gleichwohl als Bewertungsnorm, die tatbestandsmäßiger Erfolgsverwirklichung das Unrechtsurteil i. S. des Erfolgsunrechts zumisst. Vom Ausgangspunkt der Normfunktion von Haftungsvorschriften ist mithin die Geltung sowohl des Erfolgs- als auch des Verhaltensunrechts begründbar. Rechtswidrig ist demnach, was nach mindestens einer der beiden Lehren als rechtswidrig zu beurteilen ist. Was nach einer der beiden Lehren nicht als rechtswidrig zu beurteilen ist, ist gleichwohl rechtswidrig, wenn es nach Maßgabe der anderen Lehre als rechtswidrig zu beurteilen ist. Dies führt dazu, dass die Restriktionen der Handlungsunrechtslehre neben der weiten Erfolgsunrechtslehre nicht zur Geltung kommen, diese sich mithin im Geltungsanspruch gegen jene durchsetzt.

III. Gesetzlicher Rechtswidrigkeitsbegriff Die wissenschaftliche Kontroverse um die zivilrechtliche Rechtswidrigkeit vermittelt den Anschein, es sei im Widerstreit der Meinungen die überlegene, passende Auffassung durchzusetzen, die sodann wegen ihrer Überlegenheit das geltende Recht bestimmt. Das Gesetz scheint bisweilen weniger als Untersuchungsgegenstand denn zur Stimmigkeitsprüfung der Untersuchungsergebnisse zu dienen. Zwischen rechtsdogmatischer und rechtspolitischer Argumentation wird nicht durchweg scharf unterschieden. Um das rechtsverbindliche Verständnis der zivilrechtlichen Rechtswidrigkeit zu bestimmen, sind zunächst der gesetzlich vorgegebene Rechtswidrigkeitsbegriff und die daraus resultierenden methodischen Bindungen zu ermitteln. Aus ihnen sind die Folgerungen für das geltende Recht zu ziehen. Die bürgerlichrechtliche Verschuldenshaftung ist in ihren beiden Zweigen – Leistungsstörung und Delikt – einheitlich dreistufig strukturiert; Verschuldenshaftungstatbestände i. w. S. setzen sich einheitlich und durchweg aus der Tatbestandsmäßigkeit i. e. S., der Rechtswidrigkeit und dem Verschulden zusammen (sub A. I.). 41 Die Voraussetzung der Rechtswidrigkeit ist ausgespro-

39

Deutsch, Rn. 247. Ähnlich Pecher, S. 70 f. 41 A. A. Kohler, ZZP 118 (2005), 25 ff., der dem verschuldensunabhängigen Haftungstatbestand des § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB das fehlende Vertretenmüssen (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB) als materiellrechtliche Einwendung gegenüberstellt. 40

B. Rechtswidrigkeit

325

chen oder unausgesprochen42 in allen bürgerlichrechtlichen Verschuldenshaftungsnormen enthalten. Der Sinn dieses Merkmals ist im Wege der Gesetzesauslegung zu ermitteln, mit der die rechtspolitische Zwecksetzung aus dem Wortsinn, den Vorstellungen der an der Gesetzgebung beteiligten Personen und der gesetzlichen Systematik zu erschließen ist. Die Begriffe Rechtswidrigkeit und Widerrechtlichkeit lassen sich i. S. der Lehre vom Erfolgsunrecht oder der Handlungsunrechtslehre deuten; der Wortsinn ist daher für die Auslegung unergiebig. Aufschluss geben dagegen die Entstehungsgeschichte und Systematik des Verschuldenshaftungsrechts des BGB. Wie erinnerlich (sub A. II.) 43 liegt der Entstehung von § 823 BGB ebenso ein objektives Verständnis der Widerrechtlichkeit i. S. des Erfolgsunrechts zugrunde wie den §§ 12, 179, 231, 858, 861, 862, 985, 1004, 1017, 1027, 1065, 1090 BGB. Für das Leistungsstörungsrecht hat der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 280 Abs. 1 BGB zum 01. 01. 2002 das objektive Verständnis der Rechtswidrigkeit bestätigt. Nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Gläubiger von dem Schuldner Schadensersatz verlangen, wenn dieser eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis – unausgesprochen: widerrechtlich44 – verletzt hat. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Mit Pflichtverletzung meint § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB nur ein objektiv nicht dem Schuldverhältnis entsprechendes Verhalten des Schuldners, und nicht die Frage, ob der Schuldner dieses Verhalten auch zu vertreten hat, die erst bei § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB bedeutsam wird. 45 Der für das Leistungsstörungs- und das Deliktsrecht geltende § 276 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. (§ 276 Abs. 2 BGB n. F.) zeigt im übrigen, dass das BGB den Verstoß des Schädigers gegen objektive Sorgfaltspflichten als ein Schuldmoment wertet, und nicht i. S. der Handlungsunrechtslehre als Voraussetzung der Rechtswidrigkeit. 46 Tatbestandsverwirklichung i. e. S. ist im geltenden Recht zwar verschiedentlich „ein subjektiv spezifisch gefärbter Vorgang“. 47 Solche Färbung stellt aber nicht in Frage, dass dem geltenden Recht ein objektives Verständnis der Rechtswidrigkeit i. S. des Erfolgsunrechts zugrunde liegt. Die objektiv erfolgsbezogene Konzeption der Rechtswidrigkeit wird nicht durch einen Ausschluss jeglicher subjektiver Umstände konstituiert, sondern dadurch, dass es neben dem 42

Huber, in: Festschrift für Ernst Rudolf Huber, S. 253, 264 f. Ferner Stoll, JZ 1958, 137, 139 f. 44 Zur Rechtswidrigkeit im Leistungsstörungsrecht s. Grundmann, MüKo BGB, § 276, Rn. 15; Kohler, ZZP 118 (2005), 25, 20, 35; Löwisch, in: Staudinger, § 276, Rn. 13; ders., AcP 165 (1965), 421, 422 ff. 45 Schmidt-Räntsch, Rn. 318. Ferner Kohler, ZZP 118 (2005), 25, 34 ff., ff. 46 Fikentscher/Heinemann, Rn. 597; Jansen, Haftungsrecht, S. 422; Spindler, in: Bamberger/Roth, § 823, Rn. 9; Stoll, JZ 1958, 137, 140. 47 Stoll, JZ 1958, 137, 140. Ferner Fischer, S. 117 ff.; Grundmann, in: MüKo BGB, § 280, Rn. 13 ff. 43

326 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren Erfolg der Tatbestandsverwirklichung keiner gesondert festzustellenden Pflichtwidrigkeit bedarf. Damit ist es vereinbar, wenn ein Haftungstatbestand i. e. S. eine Pflichtverletzung enthält, so dass die Zuwiderhandlung gegen die Norm (Erfolg der Tatbestandsverwirklichung) subjektive Elemente umfasst. 48 Begriffsbildend für das Erfolgsunrecht ist nicht die strikte Abwesenheit subjektiver Merkmale im Rechtswidrigkeitsurteil, sondern die grundsätzliche Unabhängigkeit der Rechtswidrigkeit von subjektiven Umständen. Indem das objektive Verständnis der Rechtswidrigkeit i. S. des Erfolgsunrechts, das dem geltenden Recht der Verschuldenshaftung zugrunde liegt, im Gesetz Ausdruck gefunden hat, besitzt es Rechtsgeltung. 49 Auch der Große Senat für Zivilsachen des BGH hat im Beschluss v. 04. 03. 195750 , der häufig als Kronzeuge für die Lehre vom Handlungsunrecht in der höchstrichterlichen Rechtsprechung herangezogen wird, am Erfolgsunrecht festgehalten, indem er „verkehrsrichtiges Verhalten“ als Rechtfertigungsgrund verstanden 51 und damit die Rechtswidrigkeitsindizierung des Erfolgsunrechts grundsätzlich unberührt gelassen hat. Ferner hielten der Ausschuss für Schadensersatzrecht und der schuldrechtliche Hauptausschluss der Akademie für Deutsches Recht eine Gesetzesänderung52 für erforderlich, um der Lehre vom Handlungsunrecht Rechtsgeltung zu verschaffen. Ein Verständnis des gesetzlichen Rechtswidrigkeitsbegriffs i. S. der Handlungsunrechtslehre setzt einen Bedeutungswandel der Rechtswidrigkeit vom Erfolgsunrecht zum Handlungsunrecht voraus. Die Bedeutung von Rechtsnormen und gesetzlicher Begriffe kann sich infolge von Änderungen des tatsächlichen oder rechtlichen Umfelds wandeln. 53 Ein Bedeutungswandel kann auf einem Wandel des Sprachgebrauchs, der Normsituation oder der objektivteleologischen Kriterien beruhen. Ein Wandel des Sprachgebrauchs kann zur Einengung oder Erweiterung des Wortsinnes gesetzlicher Begriffe führen. Bedeutungswandel infolge eines Wandels des Sprachgebrauchs geht typischerweise auf systematische oder teleologische Erwägungen zurück; der Wandel des Sprachgebrauchs ist dann eher Ausdruck als Anlass eines Bedeutungswandels. Im übrigen ist ein Wandel des allgemeinen Sprachverständnisses der Begriffe Rechtswidrigkeit und Wider48

Deutsch, Rn. 244. Dem Grunde nach ebenso Enneccerus/Lehmann, S. 919 f.; Spindler, in: Bamberger/ Roth, § 823, Rn. 9; Stoll, JZ 1958, 137, 140. 50 BGHZ 24, 21. 51 BGHZ 24, 21, 28. 52 § 1 Abs. 2 Entwurf einer Deutschen Schadensordnung des Ausschusses für Schadensersatzrecht (Nipperdey, S. 90), der vom schuldrechtlichen Hauptausschuss in die Zusammenstellung zum Volksgesetzbuch vom Mai 1941 (§ 21 Abs. 2, Schubert/Schmid/Regge, S. 330) aufgenommen wurde, Schubert, in: Schubert/Schmid/Regge, S. VIII, XIII. 53 Näher Bydlinski, in: Einheit, S. 27, 61 ff.; Larenz, Methodenlehre, S. 330 ff.; ders., DRiZ 1959, 306 ff. 49

B. Rechtswidrigkeit

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rechtlichkeit, der es gebieten würde, die Begriffe nicht mehr i. S. des Erfolgsunrechts, sondern nur noch i. S. des Verhaltensunrecht zu verstehen, nicht feststellbar. 54 Ein Wandel der Normsituation rechtfertigt einen Bedeutungswandel, wenn in der neuen Situation der Normzweck eine vom bisherigen Verständnis abweichende Auslegung fordert. Bei Bedeutungswandel infolge Wandels der objektiv-teleologischen Kriterien schließlich geht es um die innere Übereinstimmung der Rechtsordnung im Hinblick auf ihre leitenden Prinzipien. Der Bedeutungswandel vermeidet in solchen Fällen schwerwiegende Wertungswidersprüche innerhalb der Rechtsordnung und führt zu verfassungskonformer Anwendung von Rechtsnormen. Zusammengefasst heißt das, dass eine Neuinterpretation der Rechtswidrigkeit zulässig und damit ein Bedeutungswandel begründet ist, „wenn dies nach Erkenntnissen, die dem Gesetzgeber noch verschlossen waren, die Sache erfordert“55 . Zumeist bestehen im Ergebnis der Rechtsanwendung keine Unterschiede zwischen Erfolgs- und Handlungsunrecht; 56 in diesem Bereich ist kein Bedeutungswandel begründet. Ein Bedeutungswandel des Rechtswidrigkeitsbegriffs vom Erfolgs- zum Handlungsunrecht kann nur aus Fallgestaltungen resultieren, in denen sich die Unterschiede auswirken. Fallgruppen, in denen sich das Handlungsunrecht als überlegen und unverzichtbar zu erweisen scheint, sind die Haftung wegen Unterlassens, für mittelbar verursachte Schädigungen sowie wegen Verletzungen der Rahmenrechte. Für die Unzulänglichkeit der Erfolgsunrechtslehre und die Erforderlichkeit des Handlungsunrechts im geltenden Haftungsrecht wird auf die Haftung für Unterlassen hingewiesen. Im Bereich der Unterlassungsdelikte reiche eine bloße „Verursachung“ einer Rechtsgutsverletzung nicht aus, um das Verhalten als rechtswidrig zu qualifizieren. Zur sachgerechten Begrenzung des Rechtswidrigkeitsurteils müsse bei Unterlassen eine Pflichtverletzung hinzukommen, so dass Rechtswidrigkeit dort i. S. des Handungsunrechts zu begreifen sei. 57 An dieser Kritik ist zutreffend, dass in der Unterlassungsdogmatik nicht an das Zurechnungskriterium der Kausalität (i. S. eines naturgesetzlichen Vorgangs) angeknüpft werden kann; den Eintritt eines Verletzungserfolges zu verhindern unterlässt jedermann. Weil es beim Unterlassen an der Kausalität fehlt, bedarf es an ihrer Stelle eines anderen Zurechnungskriteriums, und zwar der Verletzung einer Pflicht zum Handeln. Indes sprechen diese Feststellungen nicht für 54 Das Argument, im allgemeinen Sprachgebrauch enthalte das Rechtswidrigkeitsurteil einen Vorwurf (BGHZ 24, 21, 26; Enneccerus/Nipperdey II, S. 1279 ff.; Fischer, S. 120; Jansen, Haftungsrecht, S. 419; Nipperdey, NJW 1957, 1777, 1778), trägt nicht, Deutsch, Rn. 248; Stoll, JZ 1958, 137, 143. 55 Stoll, JZ 1958, 137, 141. 56 Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 18; Jansen, Haftungsrecht, S. 416; Löwisch, in: Staudinger, § 276, Rn. 12; Münzberg, S. 441. 57 Münzberg, S. 110 ff.; Wiethölter, S. 37 ff.

328 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren die Erforderlichkeit des Handlungsunrechts. Wie erinnerlich, ist das Konzept des Erfolgsunrechts nicht dadurch gekennzeichnet, dass subjektive Umstände außerhalb des Verschuldens ausgeschlossen sind, sondern dadurch, dass es nicht einer neben der Tatbestandsverwirklichung gesondert festzustellenden Pflichtwidrigkeit bedarf. Mit dem erfolgsbezogenen Konzept ist es vereinbar, wenn die Tatbestandsmäßigkeit i. e. S. eine Pfl ichtverletzung umfasst. 58 Das Erfolgsunrecht ist von subjektiven Merkmalen unabhängig, aber integrationsfähig. Damit sind die Fälle des Unterlassens, in denen die Handlungspflichtverletzung (anstelle der Kausalität und wie diese) als Tatbestandsvoraussetzung zu qualifizieren ist, 59 vom Boden des Erfolgsunrechts zu bewältigen. 60 Es besteht damit bei der Haftung für Unterlassen kein Erfordernis für das Verhaltensunrecht, das einen Bedeutungswandel der Rechtswidrigkeit begründen könnte. Ähnlich verhält es sich bei den sog. mittelbaren Verletzungsursachen. Für eine Verletzung ist jede Handlung ursächlich, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Da jede ursächliche Handlung gleichwertig (äquivalent) ursächlich ist, würde eine objektive, auf die Äquivalenzformel beschränkte Betrachtung zu uferlosen Konsequenzen führen. Es bedarf daher haftungsbeschränkender wertender Kriterien, die Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit der Verletzung betreffen, mithin Sorgfaltsmaßstäbe aufstellen, wie sie auch die Rechtswidrigkeit i. S. des Handlungsunrechts enthält. 61 Solche Kriterien wurden vom Boden des Erfolgsunrechts aus als Formen objektiver Zurechnung (Adäquanztheorie, Schutzbereichslehre) neben der Äquivalenztheorie in den Haftungstatbestand i. e. S. integriert. 62 Damit bewältigt die Erfolgsunrechtslehre auch bei mittelbaren Verletzungsursachen die Zurechnungsaufgabe, 63 so dass kein Bedeutungswandel der Rechtswidrigkeit begründet ist. Bei den Rahmenrechten – Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb – versagt die Rechtswidrigkeitsindikation i. S. der Erfolgsunrechtslehre weitgehend. Die Rechtswidrigkeit ist beim Allgemeinen Persönlichkeitsrecht häufig und beim Recht am Gewerbebetrieb stets positiv im Wege einzelfallbezogener Güter- und Interessenabwägung zu begründen. Ein Bedeutungswandel vom Erfolgs- zum Handlungsunrecht lässt sich auf die Rechtslage bei den Rahmenrechten gleichwohl nicht gründen. 58 Dagegen beruht die Handlungsunrechtslehre auf der Erwägung, Rechtswidrigkeit setze den Verstoß gegen eine Rechtspfl icht voraus, die außerhalb des Tatbestands i. e. S. angesiedelt ist, Huber, in: Festschrift für Ernst Rudolf Huber, S. 253, 264 unter Hinweis auf Münzberg, S. 90 f. 59 Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 18, Fn. 19; Larenz/Canaris, S. 368. 60 Deutsch, Rn. 242 f. 61 Deutsch, Rn. 237; Larenz/Canaris, S. 365 ff. 62 Einzelheiten Deutsch, Rn. 133 ff. m. w. N. 63 Henckel, S. 279 ff.; Schultz-Süchting, S. 95 ff.

C. Rechtsprechung zur Rechtswidrigkeit von Rechtsverletzungen

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Diese Rechte sind rechtsfortbildende Neuschöpfungen. Besonderheiten der Rechtswidrigkeit bei diesen Rechten sind Konsequenzen der Fortbildung des Rechts um diese Rechte, die eher Kritik an der Rechtsfortbildung als Zweifel am Erfolgsunrecht veranlassen. 64

IV. Ergebnis Die Rechtswidrigkeit ist mit der Erfolgsunrechtslehre objektiv als Zuwiderhandlung gegen eine Norm zu verstehen. Der Erfolg der Tatbestandsverwirklichung indiziert die Rechtswidrigkeit, die nur durch einen Rechtfertigungsgrund ausgeschlossen wird. Es ist kein Bedeutungswandel vom objektiven Verständnis der Rechtswidrigkeit, wie es der Konzeption des BGB zugrunde liegt, zum Verhaltensunrecht eingetreten. An die Rechtswidrigkeit sind grundsätzlich keine subjektiven Voraussetzungen zu stellen. Subjektive Voraussetzungen sind dem Verschulden zugewiesen.

C. Rechtsprechung zur Rechtswidrigkeit von Rechtsverletzungen infolge Inanspruchnahme staatlicher Verfahren und Intervention mittels staatlicher Verfahren Die Rechtsprechung behandelt Fälle der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren im Hinblick auf die Rechtswidrigkeit einhergehender Rechtsverletzungen vielfach als Ausnahmen vom geltenden Erfolgsunrecht, wonach die Verwirklichung eines Haftungstatbestandes rechtswidrig ist, wenn nicht ein Rechtfertigungsgrund besteht. Es ist zwischen der Rechtsprechung zur Rechtswidrigkeit von Rechtsverletzungen infolge der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren im allgemeinen (I.) und zur Rechtswidrigkeit von Rechtsverletzungen infolge Exekutionsintervention mittels staatlicher Verfahren im besonderen (II.) zu unterscheiden. Denn der BGH65 hat erwogen, ob die bei Verfahrensinanspruchnahme im allgemeinen geltenden Gründe für eine Ausnahme vom Indikationsgrundsatz in Interventionsfällen nicht zutreffen, ob aus besonderen Gründen in Interventionsfällen eine Gegenausnahme angezeigt ist, und ob in Interventionsfällen besondere Gründe für eine Ausnahme vom Indikationsgrundsatz bestehen.

64 65

Larenz/Canaris, S. 363. BGHZ 95, 10.

330 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren

I. Rechtswidrigkeit von Rechtsverletzungen infolge der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren Der Topos der Inanspruchnahme staatlicher, gesetzlich eingerichteter und geregelter Verfahren bezeichnet einen recht allgemeinen Tatbestand. Dementsprechend vielgestaltig sind die Erscheinungsformen unbegründeter Verfahrensinanspruchnahme, die in der Rechtsprechung begegnen: Einleiten und Betreiben eines gerichtlichen Rechtsstreits (Aktivprozess) (1.), Einleitung eines nichtstreitigen Verfahrens (2.), Verteidigung in einem gerichtlichen Rechtsstreit (Passivprozess) (3.), Äußerungen in gerichtlichen Verfahren (4.), Anzeigen und Beschwerden (5.) sowie Betreiben und Aufrechterhalten der Zwangsvollstreckung (6.). 1. Einleiten und Betreiben eines gerichtlichen Rechtsstreits In einem Urteil über Schadensersatzansprüche nach unbegründeter außergerichtlicher Verwarnung (Unterlassungsaufforderung) und anschließender Unterlassungsklage wegen vermeintlicher Warenzeichenverletzung stellt das RG fest, eine unbegründete Klage könne ein unzulässiger Eingriff in den Gewerbebetrieb sein. Es bestehe kein Hinderungsgrund, den Kläger wegen seiner Handlungsweise nach §§ 823, 826 BGB haftbar zu machen, wenn das erforderliche Verschulden gegeben ist. 66 Diese Auffassung bestätigt das RG in einem Urteil über Schadensersatzansprüche wegen unbegründeter außergerichtlicher Untersagung scheinbar patentverletzender Produktion und anschließender Unterlassungs- und Schadensersatzklage. Die Erhebung der Klage sei aus den gleichen Gründen wie das außergerichtliche Verlangen 67 ein unmittelbar gegen den Gewerbebetrieb des Beklagten gerichteter Eingriff, dessen Rechtswidrigkeit mit der Unbegründetheit der Klage feststehe. 68 Der V. Zivilsenat des BGH meint, die Erhebung einer (unbegründeten) Klage auf Rückübereignung eines Grundstücks könne nicht Grundlage von Schadensersatzansprüchen aus den §§ 823 Abs. 2 (i. V. m. § 858), 826 BGB sein. Zwar könne verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB) durch seelische Eingriffe wie das Bestreiten des Besitzes sowie durch Verbote und Drohungen ausgeübt werden. Anders sei es aber, wenn der Störer ordnungsgemäß Klage erhebt und seinen Rechtsstandpunkt richterlicher Entscheidung unterstellt. Er gebrauche damit ein Mittel, das der Rechtsstaat gerade für die Entscheidung und Entwirrung von Streitigkeiten unter Privatpersonen vorsehe. In der Erhebung einer Klage könne daher weder verbotene Eigenmacht noch die widerrechtliche Verletzung

66 67 68

RG GRUR 1931, 640. Dazu RG GRUR 1939, 787, 788 unter Hinweis auf RGZ 58, 24. RG GRUR 1939, 787, 789.

C. Rechtsprechung zur Rechtswidrigkeit von Rechtsverletzungen

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eines Rechts oder ein Verstoß gegen die guten Sitten gesehen werden. 69 Im übrigen betont der BGH bereits in dieser Entscheidung aus dem Jahr 1956 ausdrücklich, dass seine Erwägungen nicht auf deliktische oder auch nur gesetzliche Ansprüche beschränkt seien, sondern ferner „in der Erhebung einer Klage, um vermeintliche Rechte durchzusetzen, ein Verstoß gegen Treu und Glauben und damit eine zum Schadensersatz verpflichtende Vertragsverletzung nicht gesehen werden“ könne. 70 Diese Feststellung wurde später vom VI. Zivilsenat des BGH ausdrücklich bestätigt. 71 Der I. Zivilsenat des BGH hatte zu entscheiden, ob unbegründete wettbewerbsrechtliche Verwarnung und Klage auf Unterlassung und Schadensersatz eine Haftung wegen Eingriffs in den Gewerbebetrieb begründe. Der Senat führt aus, die Rechtswidrigkeit der Verwarnung ergebe sich grundsätzlich aus deren anfänglicher (Rückwirkung der Gebrauchsmusterlöschung) Unberechtigtheit. Unerheblich sei, ob der Verwarnende in gutem Glauben an den Bestand des Rechts gehandelt habe und von der Berechtigung seines Rechtsstandpunktes überzeugt sein durfte. Im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes gebiete schon die große praktische Bedeutung der Unterlassungsklage gegenüber (weiteren) Schutzrechtsverwarnungen, die Rechtswidrigkeit objektiv zu betrachten 72 Für die Rechtswidrigkeit der auf ein vermeintliches Schutzrecht gestützten Klage gelte aus zwingenden praktischen Gründen nichts anders als für die der außergerichtlich erklärte Verwarnung. 73 Wer sofort klagt, könne rechtlich nicht besser gestellt werden, als wer zur Klärung der Sach- und Rechtslage zuvor verwarnt. 74 Die außerprozessuale Verwarnung bilde gerade wegen ihrer klärenden, streitvermeidenden Bedeutung einen unentbehrlichen, besonders wichtigen Bestandteil des Rechtslebens auf dem Gebiet der gewerblichen Schutzrechte. Würde man den Schutzrechtsinhaber bei sofortiger Klageerhebung von der Ersatzpflicht nach § 823 Abs. 1 BGB freistellen, wäre dies eine unbegründete Bevorzugung, die den Rechtsfrieden gefährden und zu untragbarer Rechtsunsicherheit auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes führen würde. Ferner erhalte die Verwarnung i.d.R. ihre Bedeutung und Wirkung nur durch die hinter ihr stehende Möglichkeit der Unterlassungsklage; auch 69 BGHZ 20, 169, 171 f. Zustimmend v. Caemmerer, in: Hundert Jahre Deutsches Rechtsleben, S. 49, 98. 70 BGHZ 20, 169, 172. 71 BGH NJW 1980, 189, 190 (insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 75, 1). Dazu auch Hösl, S. 91 f. 72 BGHZ 38, 200, 206. 73 Der BGH ist im Anschluss an das RG in ständiger Rechtsprechung (N. in BGH ZIP 2004, 1919) davon ausgegangen, dass eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung einen – rechtswidrigen – Eingriff in das Recht am Gewerbebetrieb des Verwarnten darstellen kann, der bei Verschulden zum Schadensersatz verpfl ichtet (§ 823 Abs. 1 BGB). Zuletzt bestätigt durch BGHZ 164, 1, 2 ff. 74 BGHZ 38, 200, 206 im Anschluss an Baur, JZ 1962, 95.

332 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren deshalb könne nicht die Verwarnung als rechtswidrig, die entsprechende Klage dagegen als rechtmäßig angesehen werden. Folgt der Verwarnung die Klage, sei es auch kaum möglich, einigermaßen sicher festzustellen, ob die Verwarnung oder die Klage die Betriebseinstellung verursacht habe. Im übrigen unterstreiche der Gedanke, dass der Verwarnte seine Rechtsstellung verteidigen müsse und nicht voreilig nachgeben dürfe, die Notwendigkeit, denjenigen Verwarnten nicht schlechter zu stellen, der sich nicht schon der Verwarnung, sondern erst der Klageerhebung beugt. Schließlich treffe zwar der Rechtsprechungsgrundsatz, dass niemand durch die wahrheitsgemäß begründete Bitte um Rechtsschutz rechtswidrig handeln könne, 75 an sich zu. Im Bereich der unberechtigten wettbewerbsrechtlichen Schutzrechtsverwarnung und Unterlassungsklage sei aber die Interessenlage völlig anders (Lückenfüllung im Haftungsrecht, Effektivität des Rechtsschutzes). Die Klageerhebung sei daher der vorherigen Verwarnung rechtlich gleichzustellen.76 Indes hat der I. Zivilsenat des BGH im Vorlagebeschluss zum Großen Senat für Zivilsachen v. 12. 08. 200477 erklärt, nicht mehr an der ständigen Rechtsprechung festhalten zu wollen, wonach eine unberechtigte Schutz- oder Kennzeichenrechtsverwarnung einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht am Gewerbebetrieb des Verwarnten darstellen kann, der bei Verschulden gem. § 823 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet; eine Schadensersatzpflicht soll sich in solchen Fällen nur aus § 826 BGB oder aus dem Wettbewerbsrecht ergeben können. Der Senat begründet seine Auffassung unter anderem mit folgenden grundsätzlichen Erwägungen, mit denen er die Argumentation des Urteils v. 05. 11. 196278 weitgehend umkehrt.79 Gerichtliche und außergerichtliche Geltendmachung von Schutzrechten sei, auch wenn sie sich schließlich als unbegründet erweist, grundsätzlich nicht rechtswidrig. Wer ein staatliches, gesetzlich eingerichtetes und geregeltes Verfahren einleitet oder betreibt, greife bei subjektiver Redlichkeit nicht rechtswidrig in ein geschütztes Rechtsgut des Verfahrensgegners ein, auch wenn sein Begehren sachlich nicht gerechtfertigt ist und dem anderen Teil aus dem Verfahren über dieses hinaus Nachteile erwachsen. Für die Folgen einer nur fahrlässigen Fehleinschätzung der Rechtslage hafte er außerhalb der schon im Verfahrensrecht vorgesehenen Sanktionen grundsätzlich nicht nach Deliktsrecht. Der Schutz des Prozessgegners werde regelmäßig durch das gerichtliche Verfahren nach Maßgabe seiner gesetzlichen Ausgestaltung gewährleistet. Wo dies allerdings nicht der Fall sei, müsse es beim uneingeschränkten Rechtsgüterschutz verbleiben, den §§ 823 Abs. 1, 826 75

BGHZ 36, 18; BGHZ 20, 169. BGHZ 38, 200, 206 ff. 77 BGH ZIP 2004, 1919 m. Anm. Lindacher, EWiR 2004, 1123. 78 BGHZ 38, 200. 79 Kritisch dazu Lindacher, EWiR 2004, 1123, 1124. Gegen den Senat auch Vorwerk, ZIP 2005, 1157 (insbesondere S. 1162). 76

C. Rechtsprechung zur Rechtswidrigkeit von Rechtsverletzungen

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BGB gewähren. 80 Die außergerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen aus Schutzrechten, die der Klageerhebung als der schärfsten Form der Abmahnung i.d.R. vorausgehe, könne insoweit nicht anders behandelt werden. Im übrigen seien die Gründe nicht tragfähig, aus denen Schutz- oder Kennzeichenrechtsverwarnungen in der Rechtsprechung als rechtswidriger Eingriff in den Gewerbebetrieb des Verwarnten angesehen werden, für den bei Fahrlässigkeit gem. § 823 Abs. 1 BGB Schadensersatz zu leisten sei. In der Rechtsprechung sei der Gedanke einer ausgewogenen Risikoverteilung zwischen Verwarnendem und Verwarntem grundlegend, 81 wonach die Rechtslage für den Verwarnenden regelmäßig weit besser zu beurteilen sei als für den Verwarnten, der vor der Frage stehe, ob er Herstellung und Vertrieb der umstrittenen Erzeugnisse fortsetzen solle oder nicht, und der dabei einerseits für den Fall der Begründetheit der Verwarnung eine strenge und weitreichende Schadensersatzhaftung riskiere, wenn er Herstellung und Vertrieb fortsetzt, andererseits Erwerbseinbußen in Kauf nehme, wenn er der Verwarnung nachkomme, und diese sich sodann als unbegründet erweise. Diese Erwägungen, so der Senat, 82 rechtfertigten es jedoch nicht, das Schadensrisiko auf den Verwarnenden zu verlagern, indem dem Verwarnten bei Unbegründetheit der Verwarnung auch bei Fahrlässigkeit ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB zugestanden werde. Denn der Verwarnende besitze im allgemeinen bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage keinen entscheidenden Informationsvorsprung vor dem Verwarnten. Die Beurteilung der Rechtslage könne zwar schwierig sein; dies gelte aber für beide Seiten in gleicher Weise. Ein Unternehmer, der von sich aus feststellt, dass er möglicherweise ein fremdes Recht verletzt, müsse – nicht anders als ein Verwarnter – entscheiden, ob er die betreffenden Handlungen einstellt, und – wenn er dies tut – die damit verbundenen Beeinträchtigungen selbst tragen. Es gebe keinen Grund, einen Unternehmer, der abwartet, bis er verwarnt wird, besser zu stellen und ihm bei einer unberechtigten Verwarnung einen Schadensersatzanspruch zuzubilligen. Da der Verwarnte die Rechtslage i.d.R. ebenso gut beurteilen könne wie der Verwarnende, liege es in seiner Verantwortung, welche Konsequenzen er aus seiner Beurteilung zieht. Der Große Senat für Zivilsachen des BGH bestätigte daraufhin die bisherige Rechtsprechung, wonach die unbegründete Verwarnung aus einem Kennzeichenrecht ebenso wie eine sonstige unberechtigte Schutzrechtsverwarnung unter dem Gesichtspunkt eines rechtswidrigen und schuldhaften Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zum Schadensersatz verpflichten kann. 83 Zum einen begründet der Senat dies im Hinblick auf die Abnehmerverwarnung mit der gebotenen Effektivität des Rechtsschutzes des 80 81 82 83

BGH ZIP 2004, 1919, 1920 im Anschluss an BGHZ 154, 269, 271. BGH ZIP 2004, 1919, 1920 unter Hinweis auf BGHZ 62, 29, 33. BGH ZIP 2004, 1919, 1920 f. BGHZ 164, 1 m. Anm. Faust, JZ 2006, 365.

334 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren betroffenen Herstellers. 84 Sodann wendet er sich der „in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannten Rechtfertigungswirkung des gerichtlichen Verfahrens gegenüber dem Verfahrensgegner“ zu. Sie gelte nicht beim Eingriff in den Gewerbebetrieb durch unberechtigte Schutzrechtsverwarnung. Denn insbesondere im Fall der Abnehmerverwarnung85 bestehe für den geschädigten Hersteller kein Verfahrensschutz. 86 Zwar sei es dem Betroffenen verwehrt, die gerichtliche Geltendmachung vermeintlicher Ansprüche des Verwarners gegenüber den Abnehmern mit einem hiergegen gerichteten Unterlassungsanspruch zu verhindern. Dass die gerichtliche Prüfung eines auch nur vermeintlich bestehenden Anspruchs nicht unterbunden werden könne, sei aber ein rein prozessuales Privileg, das es nur ausschließe, dem Verwarner den Zugang zu Gericht zu verweigern. Der Eingriff des Vewarners in den Gewerbebetrieb werde dadurch nicht rechtmäßig. 87 Ferner sei die Privilegierung der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes nicht auf die außer- oder vorgerichtliche Abmahnung zu erstrecken. Stünde die Abmahnung der Klage gleich, bliebe eine fahrlässige unberechtigte Schutzrechtsverwarnung praktisch folgenlos. Das Bedürfnis nach einer Sanktion sei jedoch in Abmahnungsfällen bedeutend größer als in Klagefällen. Denn die (massenhafte) außergerichtliche Abmahnung koste den Verwarner typischerweise keine erhebliche Überwindung; Abschreckung durch drohende Haftung sei daher erforderlich. Demgegenüber bestünden typischerweise ohnehin schon starke Hemmungen vor gerichtlichen Auseinandersetzungen. 88 Der VI. Zivilsenat 89 und der IX. Zivilsenat 90 des BGH vertreten den Standpunkt, das Mittel der Klage sei zur Durchsetzung einer streitigen Rechtsposition im allgemeinen rechtlich nicht zu missbilligen; das Betreiben eines gesetzlich geregelten Verfahrens könne eine Haftung lediglich unter besonderen Umständen begründen, die das Verhalten des Klägers als sittenwidrig erscheinen lassen (§ 826 BGB).91 Wer als Partei ein staatliches, gesetzlich eingerichtetes und geregeltes Verfahren einleitet oder betreibt, greife nicht rechtswidrig in ein geschütztes Rechtsgut des Verfahrensgegners ein, auch wenn das Begehren 84

BGHZ 164, 1, 4 f. Zur grundlegenden Unterscheidung (auch für die hier inmitten stehenden Fragen) zwischen Herstellerverwarnung (die der I. Zivilsenat bei seinem Vorlagebeschluss im Auge hatte) und der Abnehmerverwarnung (auf die der Große Senat abstellt) Faust, JZ 2006, 365, 366 f. 86 BGHZ 164, 1, 7. Ebenso BGHZ 165, 311, 314 f. (m. abl. Anm. Haedicke, JZ 2006, 578) für den Fall der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens gegen einen Abnehmer, an dem der Hersteller nicht als Partei beteiligt ist. 87 BGHZ 164, 1 7 f. Im Hinblick auf das prozessuale Privileg und die Unterscheidung zwischen Klage und außergerichtlicher Verwarnung zustimmend Faust, JZ 2006, 365, 367. 88 BGHZ 164, 1, 8 f. 89 BGHZ 154, 269, 271 m. Anm. Bernsau, LMK 2003, 136; Lange, WuB IV A. – § 826 BGB – 1.03. 90 BGHZ 148, 175. 91 BGHZ 154, 269, 271 ff.; BGHZ 148, 175, 181 f. Zustimmend Bernsau, LMK 2003, 136. 85

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sachlich nicht gerechtfertigt ist und dem anderen Teil aus dem Verfahren über dieses hinaus Nachteile erwachsen. Die Verletzung eines Rechtsguts indiziere die Rechtswidrigkeit in solchen Fällen nicht, weil das schadensursächliche Verhalten angesichts seiner verfahrensrechtlichen Legalität zunächst die Vermutung der Rechtmäßigkeit für sich habe. Diese Vermutung greife ein, weil auch eine materiell berechtigte Einleitung und Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens typischerweise Schäden zur Folge haben könne, die über die mit der Rechtsverfolgung erstrebte Anspruchsdurchsetzung oder Sanktion hinausgehen könnten und die der Gegner ersatzlos hinnehmen müsse. Grundsätzlich hafte der jeweilige Kläger seinem Gegner außerhalb der schon im Verfahrensrecht vorgesehenen Sanktionen nicht nach dem Deliktsrecht für die Folgen einer nur fahrlässigen Fehleinschätzung der Rechtslage. Der Schutz des Prozessgegners werde in diesen Fällen regelmäßig durch das gerichtliche Verfahren nach Maßgabe seiner gesetzlichen Ausgestaltung gewährleistet. So müsse der Gegner im kontradiktorischen Verfahren die Rechtsgutsbeeinträchtigung nur deshalb ohne deliktsrechtlichen Schutz hinnehmen, weil die Prüfung der Rechtslage durch das Gericht erfolge und er sich gegen eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme in dem Rechtspflegeverfahren selbst hinreichend wehren könne. Wo dies hingegen nicht der Fall sei, müsse es beim uneingeschränkten Rechtsgüterschutz der §§ 823 Abs. 1, 826 BGB verbleiben. Ein Kläger sei hiernach grundsätzlich nicht verpflichtet, vor Klageerhebung sorgfältig in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht die sachliche Berechtigung seines Begehrens zu prüfen oder gar seine Interessen gegen die des Beklagten abzuwägen. Dies sei in Anbetracht der grundlegenden Bedeutung ungehinderten Zugangs zu den staatlichen Rechtspflegeverfahren geboten. Das Erfordernis freien Zugangs zur staatlichen Rechtspflege verbiete es, einem Klagewilligen eine über eine Offensichtlichkeitskontrolle hinausgehende Rechtsprüfungspfl icht aufzuerlegen.92 Allerdings bedürfe ein solches „Recht auf Irrtum“ eines Klägers wertender Begrenzung. Es ende, wo „eine Behinderung der prozessualen Entschluss- und Handlungsfreiheit durch ein Haftungsrisiko nicht unzumutbar beeinträchtigt werde“, so etwa, wenn ein Vollstreckungsgläubiger seine fehlende Berechtigung leicht überprüfen und berücksichtigen konnte.93 Die so verstandene gesetzliche Regelung gewährleiste zwar keinen vollkommenen Schutz des Prozessgegners vor Schäden. Diese Konsequenz sei jedoch im Gesetz angelegt und müsse hingenommen werden, wenn nicht ein Fall der sittenwidrigen Schädigung vorliege.94

92 BGHZ 154, 269, 272 f. Zust. Bernsau, LMK 2003, 136; Lange, WuB IV A. – § 826 BGB – 1.03. 93 BGHZ 154, 269, 273. 94 BGHZ 154, 269, 273. Zustimmend Bernsau, LMK 2003, 136.

336 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren 2. Einleitung eines nichtstreitigen Verfahrens In einem Grundsatzurteil v. 03. 10. 1961 (Konkursantrag) 95 führt der VI. Zivilsenat des BGH aus, wer sich zum Vorgehen gegen seinen Schuldner eines staatlichen, gesetzlich eingerichteten und geregelten Verfahrens bedient, greife auch dann nicht unmittelbar und rechtswidrig in den geschützten Rechtskreis des Schuldners ein, wenn sein Begehren sachlich nicht gerechtfertigt ist und dem anderen Teil aus dem Verfahren Nachteile erwachsen. Der Gläubiger sei deshalb nicht verpflichtet, zuvor mit Sorgfalt zu prüfen, ob er sich zur Ingangsetzung des Verfahrens für berechtigt halten darf, oder gar seine Interessen gegen die des Schuldners abzuwägen. Den Schutz des Schuldners übernehme vielmehr das Verfahren selbst nach Maßgabe seiner gesetzlichen Ausgestaltung. Diese sehe teilweise Schadensersatzansprüche des Schuldners bei ungerechtfertigter Inanspruchnahme vor, z. B. gem. §§ 717 Abs. 2, 945 ZPO. Wo solche Sanktionen fehlen, seien sie nicht durch einen Rückgriff auf § 823 Abs. 1 BGB zu ersetzen, schon weil es an der Rechtswidrigkeit mangle. So könnten aus der objektiv unbegründeten Erwirkung eines Zahlungsbefehls oder der Anstrengung einer Klage dem Betroffenen Nachteile über den Kostenpunkt hinaus erwachsen, ohne dass er deshalb den Gläubiger oder Kläger in Anspruch nehmen könne. Anders sei es nur bei vorsätzlicher, sittenwidriger Schadenszufügung durch ein mit unlauteren Mitteln betriebenes Verfahren (z. B. Prozessbetrug, mit unwahren Angaben erschlichene Konkurseröffnung), für die der Schädiger aus § 826 BGB hafte.96 Ob ein Konkursantrag zulässig und begründet ist, werde von Amts wegen mit der Möglichkeit einer objektiven Klärung geprüft, die zu veranlassen auch im Falle eines unbegründeten Antrags weder rechtswidrig noch ein Eingriff in den Gewerbebetrieb des Schuldners sei. Zwar könne bereits die Einleitung des Zulassungs- und Prüfungsverfahrens Nachteile für den Schuldner mit sich bringen; diese müsse er jedoch hinnehmen. Ob dem Antragsteller das Fehlen der Konkursvoraussetzungen erkennbar war, sei ohne Belang. Es verhalte sich anders als beim Eingriff in die gewerbliche Freiheit eines anderen (z. B. durch öffentliches Abraten vom Bezug einer Ware, Warnung vor der „langsamen“ Zahlungsweise eines Abnehmers), vor dem eine sorgfältige und zutreffende Interessenabwägung zu verlangen sein könnte. Beim Eingriff in die gewerbliche Freiheit eines anderen setze der Schädiger nicht ein objektives, seiner Willkür entzogenes und mit gesetzlichen Sicherungen ausgestattetes Verfahren in Gang, sondern er greife selbst und unmittelbar in eine freie gewerbliche Betätigung ein. Selbst wenn die Konkursantragstellung solchen Fällen ähnlich sei, weil sich ein Konkursantrag nach der Lebenserfahrung schnell herumspreche, handle es sich bei dem Ruchbarwerden gerade nicht um einen vom Gläubiger unmittelbar 95 96

BGHZ 36, 18 m. Anm. Baur, JZ 1962, 95; Hauss, LM Nr. 18 zu § 823 (Ai) BGB. BGHZ 36, 18, 20 f. Zustimmend Hauss, LM Nr. 18 zu § 823 (Ai) BGB.

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und rechtswidrig vorgenommenen Eingriff, sondern um die unerwünschte Nebenfolge eines gesetzlich ausgestalteten Verfahrens.97 Wer hingegen, nachdem er fahrlässig einen unbegründeten Konkursantrag gegen seinen Schuldner gestellt hat, die Tatsache seiner Antragstellung verbreitet, könne wegen Verletzung des Rechts am Gewerbebetriebs haften. Der unmittelbare und rechtswidrige Eingriff liege zwar nicht in der Stellung des Konkursantrags, möglicherweise aber – selbständig – in der ungerechtfertigten Mitteilung an Dritte. Denn allein schon die Information der Geschäftspartner über einen Konkursantrag sei geeignet, die freie Entfaltung des betroffenen Gewerbebetriebes zu beeinträchtigen. Den verbreitungswilligen Gläubiger treffe deshalb eine Prüfungs- und Aufklärungspflicht. Dabei würde es ihn nicht schon freistellen, dass er seinen Konkursantrag für begründet halten durfte. Die Rechtswidrigkeit müsste vielmehr für den Eingriff selber, also die Verbreitung der Nachricht, zu verneinen sein.98 Der V. Zivilsenat des BGH99 entschied zuletzt, dass der ungerechtfertigte Antrag auf Löschung eines Rechts durch Nachweis der (scheinbaren) Unrichtigkeit des Grundbuchs grundsätzlich keinen Schadensersatzanspruch des Betroffenen auslöse, und zwar auch dann nicht, wenn dem Antragsteller grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei, er sich aber nicht in einer vorsatznahen Weise der Einsicht in die wahre Rechtslage verschlossen hat. Zwar erfülle es den Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB, wenn ein Grundstückseigentümer beim Grundbuchamt den Antrag auf Löschung der Eintragung einer vermeintlich nicht bestehenden Belastung stellt, das Grundbuchamt die Eintragung löscht und sodann ein Grundstückserwerber gutgläubig lastenfreies Eigentum erwirbt. Eine deliktsrechtliche Haftung des Antragstellers scheitere aber an der fehlenden Rechtswidrigkeit des vorgeworfenen Verhaltens. Denn der Antragsteller hatte sich zur vermeintlichen Grundbuchberichtigung eines hierzu bestimmten, gesetzlich geregelten Verfahrens der Rechtspflege bedient. Ein Rechtspflegeverfahren sei nur dann uneingeschränkt funktionsfähig, wenn dem Rechtsuchenden ungehinderter Zugang zu ihm möglich sei. Der freie Zugang würde durch eine im Falle des Rechtsirrtums drohende Schadensersatzsanktion weitgehend beseitigt, ohne dass dies durch berechtigte Interessen der Gegenseite gerechtfertigt sei. In Angelegenheiten der staatlichen Rechtspflege, gleichgültig, ob in der streitigen oder der freiwilligen Gerichtsbarkeit, werde der Schutz der Gegenseite durch die gesetzliche Verfahrensausgestaltung selbst gewährleistet. Dem habe die höchstrichterliche Rechtsprechung Rechnung getragen, indem sie das Betreiben des Verfahrens, „auch wenn es rechtliche Defi zite aufweist“, regelmäßig als nicht rechtswidrig eingestuft hat, wobei sich die Akzente von der Annahme eines Rechtfertigungsgrundes zu der Auffassung verschoben 97 98 99

BGHZ 36, 18, 21 f. Zustimmend Hauss, LM Nr. 18 zu § 823 (Ai) BGB. BGHZ 36, 18, 23 f. Zustimmend Hauss, LM Nr. 18 zu § 823 (Ai) BGB. BGH Rpfleger 2005, 135 m. insoweit abl. Anm. Demharter, Rpfleger 2005, 185, 186.

338 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren hätten, es fehle an der Indizwirkung für die Rechtswidrigkeit. Allerdings solle es bei der uneingeschränkten Anwendung des Deliktsrechts bleiben, wenn der Gegner in dem jeweiligen Rechtspflegeverfahren nicht förmlich beteiligt sei und daher seine Rechte nicht geltend machen könne, oder wenn der Antragsteller sich leicht überprüfbaren Hinweisen auf die Unrichtigkeit seiner Rechtsposition verschließe. Denn dann sei wegen der besonderen Schutzwürdigkeit des Gegners bzw. der fehlenden Schutzwürdigkeit des Schädigers kein Raum für ein „Recht auf Irrtum“. Der skizzierte Ausschluss der Rechtswidrigkeit gelte grundsätzlich gleichermaßen, soweit eine Haftung des Antragstellers wegen Leistungsstörung in Betracht zu ziehen ist. 3. Verteidigung in einem gerichtlichen Rechtsstreit Der VI. Zivilsenat des BGH hat die Rechtsprechungsgrundsätze über aktiven Verfahrensbetrieb auf die Rechtsverteidigung der Passivpartei eines gerichtlichen Rechtsstreits erstreckt.100 Es sei anerkannt, dass das Betreiben eines gesetzlich geregelten Verfahrens nur in Ausnahmefällen eine Haftung begründen könne, und zwar, wenn es sittenwidrig ist und mit mindestens bedingtem Schädigungsvorsatz erfolgt. Nach ständiger Rechtsprechung greife bei subjektiver Redlichkeit derjenige, der als Partei ein staatliches, gesetzlich eingerichtetes und geregeltes Verfahren einleitet oder betreibt, selbst dann nicht rechtswidrig in ein geschütztes Rechtsgut des Verfahrensgegners ein, wenn sein Begehren sachlich nicht gerechtfertigt ist und dem anderen Teil aus dem Verfahren über dieses hinaus Nachteile erwachsen. Die Verletzung eines Rechtsguts indiziere die Rechtswidrigkeit in solchen Fällen nicht, vielmehr habe das schadensursächliche Verhalten angesichts seiner verfahrensrechtlichen Legalität zunächst die Vermutung der Rechtmäßigkeit für sich. Diese Vermutung greife ein, weil auch eine materiell berechtigte Einleitung und Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens typischerweise Schäden zur Folge haben könne, die über die mit der Rechtsverfolgung erstrebte Anspruchsdurchsetzung oder Sanktion hinausgehen könnten und die der Gegner ersatzlos hinnehmen müsse. Grundsätzlich hafte der jeweilige Kläger seinem Gegner daher außerhalb der schon im Verfahrensrecht vorgesehenen Sanktionen nicht nach dem Deliktsrecht für die Folgen einer nur fahrlässigen Fehleinschätzung der Rechtslage. Der Schutz des Prozessgegners werde in diesen Fällen regelmäßig durch das gerichtliche Verfahren nach Maßgabe seiner gesetzlichen Ausgestaltung gewährleistet. Der Gegner müsse im kontradiktorischen Verfahren die Rechtsgutbeeinträchtigung ohne deliktsrechtlichen Schutz hinnehmen, weil die Prüfung der Rechtslage durch das Gericht erfolge 100

BGH NJW 2004, 446 m. Anm. Diehl, ZfS 2004, 111.

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und er sich gegen eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme im Rechtspflegeverfahren selbst hinreichend wehren könne. Wo dies allerdings nicht der Fall sei, bleibe es beim uneingeschränkten Rechtsgüterschutz der §§ 823 Abs. 1, 826 BGB. Hiernach sei ein Kläger grundsätzlich nicht verpfl ichtet, vor Klageerhebung sorgfältig in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die sachliche Berechtigung seines Begehrens zu prüfen oder gar seine Interessen gegen die des Beklagten abzuwägen. Diese Grundsätze für eine aktiv verfahrensbetreibende Partei gälten entsprechend für die Rechtsverteidigung. Durchgreifende Gründe dafür, einen Beklagten hinsichtlich der wirtschaftlichen Folgen eines Prozesses anders zu behandeln als einen Kläger, seien nicht ersichtlich. Regelmäßig werde auch der Kläger durch das gerichtliche Verfahren und dessen gesetzliche Ausgestaltung geschützt. Die Pflichten des Gerichts gegenüber den Parteien im kontradiktorischen Verfahren (z. B. Pflicht zur Rücksichtnahme, Belehrungs-, Hinweis-, Förderungs- und Fürsorgepflichten) würden je nach prozessualer Situation gegenüber beiden Parteien gelten. Kläger und Beklagten träfen gleichermaßen Mitwirkungs- und Aufklärungspflichten, die allgemeine Prozessförderungspflicht, die Wahrheits- und Vollständigkeitspfl icht, eine allgemeine Redlichkeitspflicht sowie das prozessuale Missbrauchsverbot. Die Frage, ob ein Verhalten im Prozess haftungsbegründend sei, hänge deshalb grundsätzlich nicht von der Parteirolle ab. Das Gericht habe im kontradiktorischen Verfahren das Verteidigungsvorbringen in gleicher Weise zu prüfen wie das Klagevorbringen, und der Kläger habe innerhalb des Verfahrens dieselben Möglichkeiten, sich gegen eine ungerechtfertigte Verteidigung zu wehren, wie der Beklagte gegen eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme. Deshalb sei auch ein Beklagter grundsätzlich nicht verpflichtet, vor Erhebung von Einwendungen und Einreden sorgfältig in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht die sachliche Berechtigung seines Verteidigungsvorbringens zu prüfen oder gar seine Interessen gegen die des Klägers abzuwägen. Eine Ausnahme bilde auch hier die sittenwidrige Schädigung des Klägers durch den Beklagten i. S. v. § 826 BGB. 4. Äußerungen in gerichtlichen Verfahren Objektiv rechtswidrige ehrverletzende Behauptungen sind zu widerrufen, wenn ein Zustand fortwirkender Ehrbeeinträchtigung geschaffen wurde (analog § 1004 BGB).101 Der VI. Zivilsenat des BGH hatte wiederholt über Widerruf und Unterlassung ehrverletzender Äußerungen in gerichtlichen Verfahren zu befinden.

101 BGHZ 34, 99, 102; BGHZ 31, 308, 320; BGHZ 14, 222, 225; RGZ 140, 392, 402 f.; OLG München NJW-RR 2001, 765; Walter, JZ 1986, 614.

340 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren Wenn in einem gerichtlichen Verfahren ehrenrührige Behauptungen im Rahmen der Prozessführung aufgestellt werden, sei nicht auf den Gesichtspunkt der Wahrnehmung berechtigter Interessen zurückzugreifen, um das Vorbringen zu rechtfertigen.102 An Schriftsätze eines Zivilprozesses sei grundsätzlich ein anderer Maßstab anzulegen als an Schriften anderer Art, weil sie an richterliche Behörden gerichtet sind, die verpfl ichtet sind, dem Gegner rechtliches Gehör zu gewähren und den Sachverhalt aufgrund beiderseitigen Parteivorbringens gewissenhaft aufzuklären. Daher könne die Entgegnung dem Gegner überlassen werden.103 Der Vortragende sei befugt, alles vorzutragen, was ihm für die Entscheidung erheblich scheint, auch wenn die Äußerungen geeignet sind, die Ehre des Prozessgegners zu verletzen. Der Prozessgegner müsse in Kauf nehmen, dass derlei Vortrag erörtert und im Prozess in der von der Rechtsordnung vorgesehenen Weise geklärt wird. Im Übrigen sei die Verurteilung zum Widerruf von Vortrag aus anderen Prozessen mit der rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar, weil die Führung eines schwebenden Rechtsstreits unangemessen erschwert werden könnte.104 Dieselben Tatsachen, die Gegenstand eines anderen Prozesses sind, müssten bereits im Widerrufsprozess auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft werden. Damit würde dem anderen Rechtsstreit weitgehend vorgegriffen. Zudem dürften dem Vortragenden durch eine Widerrufsoder Unterlassungsentscheidung nicht in dem anderen Prozess die Hände gebunden werden.105 Maßgeblich sei eine Abwägung der Interessen des Widerrufsgegners im Erstprozess und der Belange des in seiner Ehre Verletzten sowie der Erfordernisse sachgerechten Funktionierens der Rechtspflege. Demzufolge könne ein in seiner Ehre Betroffener gegenüber der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dienendem Vorbringen einer Partei oder eines Rechtsanwalts in einem schwebenden Zivilprozess grundsätzlich nicht Widerruf oder Unterlassung fordern.106 Die Interessenabwägung sei nicht in jedem Einzelfall vorzunehmen, sondern begründe, dass Betroffenen solche Ansprüche allgemein verwehrt sind. Rechtszwang zum Widerruf in anderen Verfahren gemachter Äußerungen sei ungeeignet zur Störungsbeseitigung, widerspreche der gesetzlich geordneten Funktionsverteilung und gefährde die Funktionsfähigkeit solcher Äußerungen 102

BGH NJW 1962, 243 m. Anm. Weitnauer, JZ 1962, 489. Ebenso bereits RGZ 140, 392 104 Nach Auffassung des OLG Köln MDR 1965, 134, 135 gilt dies auch, wenn der Ausgangsprozess beendet ist. Die Parteien wären in ihren Angriffs- oder Verteidigungsmitteln beschränkt, wenn nach Beendigung des Hauptprozesses Widerrufsansprüche bestehen würden. Eine solche Beschränkung könne im Interesse der Parteien nicht verantwortet werden, weil sie dem Grundsatz widersprechen würde, dass jede Partei in jedem Rechtsstreit alles vortragen dürfe, was sie für entscheidungserheblich hält. 105 BGH NIW 1962, 243, 244. OLG Hamm ZfS 2004, 403, 404; LG Berlin NJW 1984, 1760, 1761. 106 BGH NJW 1977, 1681, 1682; BGH NJW 1971, 284; BGH NJW 1969, 463. 103

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als Mittel der Rechtsfindung.107 Als allgemeine Ausnahmen seien nur leichfertige Behauptungen in Betracht zu ziehen, deren Unhaltbarkeit ohne weiteres auf der Hand liegt, bewusst unwahre Behauptungen sowie Äußerungen, die offensichtlich ohne jeden inneren Zusammenhang mit dem Streitgegenstand stehen.108 Der Ausschluss von Abwehransprüchen gegenüber Vorbringen im Rechtsstreit gewährleiste die Möglichkeit zu sachgemäßem Parteivortrag. Der Verfahrensbeteiligte habe ein schutzwürdiges Interesse, das vorzubringen, was er (im inneren Zusammenhang mit dem Rechtsstreit) für erforderlich hält. Daher seien im Rahmen des Prozessvorbringens i.d.R. auch wertende Äußerungen erlaubt, die Beeinträchtigungen der Persönlichkeitsrechte und Beleidigungen enthalten. Andernfalls würden der Wahrnehmung der Rechte vor Gericht sachwidrige Beschränkungen auferlegt. Der Vortrag tatsächlicher Äußerungen, die eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts zur Folge haben, sei grundsätzlich erlaubt, weil der Partei ein anderes Verhalten, das ihren schutzwürdigen Interessen ebenso gerecht wird, den Betroffenen aber weniger beeinträchtigt, nicht zur Wahl stehe.109 Dies gelte auch bei Prozessvorbringen, durch das verfahrensunbeteiligte Dritte betroffen werden.110 Dem Betroffenen sei außerdem versagt, durch negatorische Ansprüche ehrkränkendes Vorbringen einer Partei zu verhindern oder zu entwerten, das in einem zukünftigen Verfahren zu erwarten ist. Derlei Vorgriffe auf ein anderes Verfahren gerieten mit der Kompetenzverteilung in der Rechtspflege in Konflikt, und der Betroffene habe an ihnen kein schutzwürdiges Interesse, da ihm die Rechtsordnung insoweit eigenständige Wege zur Wahrnehmung seiner Belange eröffne.111 Mit dieser Aussage (kein schutzwürdiges Interesse) deutet der VI. Zivilsenat eine Wende in seiner Rechtsprechung von der materiellrechtlichen Interessenabwägung (Begründetheit) zum Rechtsschutzinteresse (Zulässigkeit) an, die er sodann in einem Urteil über Widerrufs- und Schmerzensgeldansprüche wegen belastender Zeugenaussagen in laufenden Strafverfahren112 vollzieht. Der Senat weist die Widerrufsklage nicht wie in den bisherigen Fällen als unbegründet ab, sondern mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig.113 Das Rechtsschutzbedürfnis fehle – derzeit – auch im Hinblick auf den 107

BGH NJW 1971, 1749. Ferner BGH NJW 1965, 1803 betr. Widerruf einer im Verwaltungsverfahren abgegebenen Zeugenaussage. 108 BGH DB 1973, 813. Ferner BGH NJW 1962, 243, 244. 109 BGH DB 1973, 813 f. Zustimmend OLG Hamburg MDR 1984, 940 110 BGH DB 1973, 813. Offengelassen in BGH NJW 1986, 2502, 2503. 111 BGH NJW 1977, 1681, 1682. Bestätigt durch BGH LM BGB § 823 (Ah) Nr. 74. 112 Zeugenaussagen in gegen den Belasteten geführten Strafverfahren behandelt die Rechtsprechung (BGH NJW 1986, 2502, 2503; BGH NJW 1977, 1681, 1682) wie gegnerischen Parteivortrag. 113 BGH NJW 1986, 2502, 2503. Ebenso bereits BGH NJW 1965, 1803 betr. Widerruf einer im Verwaltungsverfahren abgegebenen Zeugenaussage.

342 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren Schmerzensgeldanspruch. Solange das Strafverfahren nicht abgeschlossen ist, würde mit einer Prüfung dieses Anspruchs durch die Zivilgerichte unzulässig in das Strafverfahren eingegriffen. Denn im Schadensersatzprozess müsste untersucht werden, ob die Anschuldigungen zutreffen. Diese Prüfung obliege aber bis zum Abschluss des Strafverfahrens ausschließlich den damit befassten Stellen. Zunächst sei das Strafverfahren der richtige Ort, um mit der Klärung der erhobenen Vorwürfe den nötigen Schutz gegen die Beeinträchtigung der Ehre zu gewähren. Erst nach Abschluss des Strafverfahrens lasse sich beurteilen, ob Schmerzensgeld zu gewähren sei. 5. Anzeigen und Beschwerden Das BVerfG 114 meint, bei der Prüfung der Schadensersatzpflicht eines Anzeigeerstatters gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 186 StGB sei von Verfassungs wegen zu beachten, dass mit einer Strafanzeige lediglich eine von der Rechtsordnung erlaubte und gebilligte Möglichkeit wahrgenommen wird. Das staatliche Gewaltmonopol verpflichte den Staat, für die Sicherheit seiner Bürger und die Beachtung ihrer Rechte zu sorgen. Damit sei es unvereinbar, wenn derjenige, der in gutem Glauben eine Strafanzeige erstattet hat, Nachteile dadurch erleidet, dass sich seine Behauptung nach behördlicher Prüfung als unrichtig oder nicht aufklärbar erweist. Die (nicht wissentlich unwahre und nicht leichtfertige) Strafanzeige eines Bürgers liege im allgemeinen Interesse an der Erhaltung des Rechtsfriedens und der Aufklärung von Straftaten; der zur Gewährleistung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege verpflichtete Rechtsstaat könne bei der Strafverfolgung nicht auf Strafanzeigen verzichten. Im übrigen gewährten § 164 StGB und die Kostenregelung in § 469 StPO dem Beschuldigten Schutz vor falschen Verdächtigungen und leichtfertig erstatteten Anzeigen. Schließlich unterlägen die erhobenen Vorwürfe der Überprüfung in einem mit rechtsstaatlichen Verfahrensgarantien ausgestatteten Ermittlungsverfahren, dem sich jeder betroffene Staatsbürger bei Vorliegen des Verdachts einer strafbaren Handlung stellen müsse. Die verfassungsrechtlichen Zusammenhänge hätten die Gerichte bei der Handhabung des Schadensersatzrechts zu beachten; die Rechtsprechung werde diesen Anforderungen gerecht.115 Die Verurteilung eines gutgläubigen Anzeigeerstatters zum Schadensersatz führe demgegenüber zu einer mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbaren, unzumutbaren Beschränkung des Einzelnen. Dem gutgläubigen Anzeigeerstatter werde einerseits wegen des staatlichen Gewaltmonopols die Möglichkeit der Selbstjustiz genommen. Andererseits werde er mit dem Risiko der zivilrechtlichen Schadensersatzpflicht für den Fall belastet, dass seine Anzeige nicht zum Erweis des 114 115

BVerfGE 74, 257, 260 ff. BVerfGE 74, 257, 260 unter Hinweis auf BGHZ 74, 9.

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Vorwurfs führe. Eine solche Handhabung des zivilen Schadensersatzrechts bringe nicht nur unzumutbare Ergebnisse im Einzelfall mit sich; die Auferlegung einer Schadensersatzpflicht stehe auch mit dem öffentlichen Interesse an unbeeinträchtigter Durchführung strafrechtlicher Ermittlungsverfahren in Widerspruch. Schon die Besorgnis des Anzeigenden, wegen seiner Äußerungen mit einer Schadensersatzklage überzogen zu werden, würde zu einer im Rechtsstaat nicht mehr hinnehmbaren Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege führen. In einem Nichtannahmebeschluss vom 28. 08. 2003 – betr. die Verurteilung zum Widerruf von Äußerungen in einer Beschwerde an die Landesärztekammer – zieht das BVerfG einerseits die Rechtsprechungsgrundsätze über Äußerungen in gerichtlichen Verfahren116 sowie bei Strafanzeigen117 heran, andererseits stellt es aber auf den Gesichtspunkt der Wahrnehmung berechtigter Interessen ab118 . In einem Urteil über Schadensersatzansprüche eines Wettbewerbers, gegen den unbegründeter Strafantrag wegen Gebrauchsmusterverletzung gestellt worden war, erörtert das RG 119 einen Eingriff in den Gewerbebetrieb und die erforderliche Fahrlässigkeit des Verletzers, aber keine Besonderheiten der Rechtswidrigkeit im Zusammenhang mit der Strafanzeige. Der VI. Zivilsenat des BGH befasst sich im Urteil v. 14. 11. 1961 auch mit der Rechtswidrigkeit von Behauptungen, die in Strafanzeigen enthalten und Gegenstand eines staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren geworden sind, und die in Beschwerden an Behörden enthalten sind.120 Wer der Staatsanwaltschaft oder der Polizei seinen Verdacht mitteilt, dass ein anderer eine strafbare Handlung begangen habe (oder Beschwerden und Schreiben an Behörden adressiert, um diese zum Einschreiten gegen Dritte anzuhalten), sei meistens genötigt, damit die Ehre des anderen zu verletzen. Dies könne ihm – unabhängig von der Wahrnehmung berechtigter Interessen – nicht verwehrt werden, denn mit der Anzeigeerstattung übe er ein jedem Staatsbürger zustehendes Recht aus. Er diene mit seiner Anzeige der Aufrechterhaltung der Rechtsordnung, weil er damit zur Aufdeckung strafbarer Handlungen beitrage. Solle dieser Zweck erfüllt werden, müsse der Anzeigende berechtigt sein, all das vorzubringen, was er nach seinem Ermessen zur Aufklärung der Sache erforderlich halte. Dabei brauche er auch nicht vor ehrgefährdenden Behauptungen zurückzuschrecken. Was demnach als Inhalt einer Strafanzeige erlaubt sei, könne nicht zugleich unter dem Gesichtspunkt des Ehrenschutzes Gegenstand eines zivilrechtlichen Widerrufsanspruchs sein. Andernfalls wäre das Recht des Staatsbürgers, mit 116 117 118 119 120

BVerfG NJW 2004, 354, 355 unter Hinweis auf BGH NJW 1962, 243. BVerfG NJW 2004, 354, 355 unter Hinweis auf BVerfGE 74, 257, 260. BVerfG NJW 2004, 354, 355 unter Hinweis auf RGZ 140, 392. RGZ 58, 24. BGH NJW 1962, 243, 245. Bestätigend BGH NJW 1978, 751, 753.

344 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren einer Strafanzeige zur Verfolgung strafbarer Handlungen beizutragen, in unangemessener Weise beeinträchtigt. Zudem würde durch ein Urteil, das den Anzeigenerstatter zum Widerruf des Anzeigesachverhalts verurteilt, in das Strafverfahren eingegriffen und die Strafverfolgung erschwert werden.121 Im übrigen sei der Angeschuldigte nicht schutzlos, weil die Berechtigung der erhobenen Vorwürfe im Strafverfahren geprüft werde und gegen mutwillige Verdächtigungen und Anschuldigungen strafrechtlicher Schutz (z. B. gem. § 164 StGB) bestehe. Unter den gegebenen Voraussetzungen stünden dem Angeschuldigten auch Schadensersatzansprüche zu. Im Urteil vom 10. 06. 1986 meint der VI. Zivilsenat des BGH, eine Widerrufsklage gegen eine Strafanzeige sei mangels Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig abzuweisen. Das gleiche gelte, solange das Strafverfahren noch nicht abgeschlossen ist, für eine Schmerzensgeldklage wegen ehrverletzender Strafanzeige.122 6. Betreiben und Aufrechterhalten der Zwangsvollstreckung Nach Auffassung des RG richten sich Schadensersatzansprüche gegen einen Vollstreckungsgläubiger wegen verspäteter Freigabe und der Versteigerung einer gepfändeten schuldnerfremden Sache nach den allgemeinen Normen über unerlaubte Handlungen (§§ 823 ff. BGB).123 Bereits die Pfändung schuldnerfremder Sachen sei eine widerrechtliche Eigentumsverletzung.124 Ebenso meint der VI. Zivilsenat des BGH, die Vollstreckung in schuldnerfremde Gegenstände könne eine Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB begründen – der Senat behandelt dabei ausschließlich Besonderheiten des Verschuldens, was darauf schließen lässt, dass die Inanspruchnahme des Vollstreckungsverfahrens keine Auswirkungen auf die Beurteilung der Widerrechtlichkeit der Schädigung haben soll.125 In einem späteren Urteil über Schadensersatzansprüche gegen einen Vollstreckungsgläubiger, der eine schuldnerfremde Sache pfänden lassen hatte, bestätigt und präzisiert der Senat seine Rechtsauffassung.126 Es könne zu Schadensersatzansprüchen aus unerlaubter Handlung führen, wenn ein Vollstreckungsgläubiger eine Pfandsache nicht freigibt, obwohl ihm das den 121

BGH NJW 1962, 243, 245. Bestätigend BGH NJW 1971, 1749. BGH NJW 1986, 2502, 2503. 123 RGZ 156, 395, 400; RGZ 61, 430, 432; RG HRR 1940 Nr. 419. 124 RG JW 1911, 368. Ferner RGZ 61, 430, 432; RG HRR 1940 Nr. 419; RG LZ 1926, 1013; RG JW 1911, 978; RG Gruch 47, 659, 663, wo die Widerrechtlichkeit einer verfahrensgemäßen Pfändung schuldnerfremder Sachen nicht erörtert, sondern offenbar vorausgesetzt wird. 125 BGH WM 1965, 863, 864 f. Ferner LG Berlin NJW 1972, 1675: Widerrechtlichkeit der Verwertung einer schuldnerfremden Sache im Vollstreckungsverfahren, weil die Pfändung von Dritteigentum kein Pfandrecht begründe. Die Kammer geht mit keinem Wort darauf ein, dass die Vollstreckung verfahrensmäßig durchgeführt worden war. 126 BGHZ 58, 207 m. Anm. Bähr, JuS 1972, 475; Henckel, JZ 1973, 32; Pehle, LM ZPO § 771 Nr. 8. 122

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Widerspruch nach § 771 ZPO begründende Recht des Drittwiderspruchsklägers bei erforderlicher Sorgfalt ersichtlich ist.127 Denn die Vollstreckung in schuldnerfremdes Vermögen sei von Anfang an eine Störung der privaten Rechtslage.128 Auch im Lichte neuerer Rechtswidrigkeitslehren ergebe sich insoweit nichts anderes, weil der auf eine bewusst formale Prüfung beschränkte Vollstreckungsakt (§§ 808 ff. ZPO) einen Eingriff darstelle, der seine Unvereinbarkeit mit der materiellen Rechtslage zunächst in Kauf nehme und den betroffenen Dritten auf das Korrektiv der Widerspruchsklage verweise. Die Privatrechtswidrigkeit sei mit der Rechtmäßigkeit des Vollstreckungseingriffs aus der Sicht des öffentlichen Verfahrensrechts vereinbar.129 In diesem Sinne unterscheidet auch der VIII. Zivilsenat des BGH.130 Wenn die formalen Vollstreckungsvoraussetzungen (Titel, Klausel, Zustellung, Schuldnergewahrsam) vorliegen, sei die Pfändung und Verwertung schuldnerfremder Sachen als staatliche Maßnahme rechtmäßig. Das Betreiben der Vollstreckung durch den Vollstreckungsgläubiger sei aber nur dann rechtmäßig, wenn der Vollstreckungsgegenstand zum Vermögen der Schuldner gehört; denn nur das Vermögen des Schuldners unterliege rechtens dem Zugriff seiner Gläubiger. Von diesem Ausgangspunkt vertritt der Senat die Auffassung, die Pfändung eines angeblicher Herausgabeanspruchs des Vollstreckungsschuldners könne ein Eingriff in das Eigentum am Herausgabegegenstand sein, der Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 1 BGB auslöse.131 Denn eine Vollstreckung in schuldnerfremdes Vermögen sei von Anfang an eine Störung der privaten Rechtslage, so dass bei der Pfändung eines Herausgabeanspruchs eine Verpflichtung des Pfändungsgläubigers zu gewissenhafter Prüfung von Drittansprüchen auf die Sache und ggf. zum Verzicht auf die Rechte aus der Pfändung bestehe.132 Der VI. Zivilsenat des BGH nimmt eine Entscheidung über die Haftung eines Rechtsanwalts, der die im Gläubigerauftrag eingeleitete Vollstreckung versehentlich weiterbetrieben hatte, nachdem die Schuld getilgt war, zum Anlass, umfassend darüber zu befinden, inwieweit durch Ingangsetzen und Betreiben eines gesetzlich geregelten Verfahrens der Rechtspflege eine unerlaubte Handlung begangen werden kann.133 Ausgangspunkt der Erwägungen ist das Konkursantragsurteil134 und dessen Aussage, wer sich zum Vorgehen gegen seinen Schuldner eines staatlichen, gesetzlich geregelten Verfahrens bedient, greife auch dann nicht unmittelbar und rechtswidrig in den geschützten Rechtskreis 127 128 129 130 131 132 133 134

BGHZ 58, 207, 210. Ebenso Sydow/Busch/Krantz, § 771, Anm. 4; Rosenberg, S. 977. BGHZ 58, 207, 213. Zustimmend Bähr, JuS 1972, 475; Henckel, JZ 1973, 32. BGHZ 58, 207, 213 f. BGHZ 55, 20, 26. Zustimmend BGHZ 95, 10, 15. BGHZ 67, 378, 382. Zustimmend Merz, LM Nr. 20 zu § 346 (Ea) HGB. BGHZ 67, 378, 383 im Anschluss an BGHZ 58, 207. BGHZ 74, 9 m. zust. Anm. Emmerich, JuS 1979, 743. BGHZ 36, 18.

346 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren des Schuldners ein, wenn sein Begehren sachlich nicht gerechtfertigt sei und dem anderen Teil aus dem Verfahren Nachteile erwüchsen. In eingeschränktem Umfang hätten die Grundsätze der Konkursantragsentscheidung, die sich nur mit der Frage des Eingriffs in den Gewerbebetrieb befasst, auch sinngemäß für die irrtümliche Fortsetzung eines Vollstreckungsverfahrens nach Zahlungseingang Bestand. Es komme dabei nicht darauf an, ob die Einleitung und Durchführung eines gesetzlich geregelten Verfahrens der Rechtspflege schlechthin den Vorwurf der Rechtswidrigkeit ausschließe. Ausnahmen würden für § 826 BGB und im Bereich der Schutzrechtsverwarnung gelten.135 Bei subjektiv redlichem Verhalten in einem gesetzlich geregelten Rechtspflegeverfahren indiziere – anders als im Regelfall – nicht schon die Beeinträchtigung durch § 823 BGB geschützter Rechtsgüter die Rechtswidrigkeit. Der Indikationsgrundsatz erfahre eine wichtige Ausnahme im Bereich der offenen Verletzungstatbestände, zu denen vor allem der Eingriff in den Gewerbebetrieb und die Verletzung des Persönlichkeitsrechts gehörten, bei denen es für das Rechtswidrigkeitsurteil nur auf die Frage ankomme, ob das schadensursächliche Verhalten als solches gegen Gebote der gesellschaftlichen Rücksichtnahme verstoßen habe. Insoweit bestehe zwischen der Vorstellung des Erfolgs- und des Verhaltensunrechts kein Widerspruch. Nichts anderes könne gelten, wenn eine Rechtsgutverletzung durch das zunächst formal von der Rechtsordnung erlaubte und gebilligte Betreiben eines gesetzlich geregelten Streitverfahrens eintritt. Die Indizwirkung der Verletzung für die Rechtswidrigkeit verbiete sich zwar nicht wegen der Natur des nur relativ geschützten Rechtsgutes. Eine entsprechende Betrachtungsweise sei aber geboten, weil das schadensursächliche Verhalten angesichts seiner verfahrensrechtlichen Legalität zunächst die Vermutung der Rechtmäßigkeit genieße. Diese Vermutung müsse schon deshalb bestehen, weil auch die nicht nur formal, sondern auch materiell berechtigte Einleitung und Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens sogar typischerweise Schadensfolgen haben könne, die über die mit der Rechtsverfolgung erstrebte Anspruchsdurchsetzung oder Sanktion hinausgingen und die der Gegner ersatzlos hinnehmen müsse. Derlei Schäden (z. B. psychisch vermittelte Gesundheitsbeeinträchtigung, Kreditgefährdung) könnten entstehen, ohne dass das schadensstiftende Verhalten als rechtswidrig bezeichnet werden dürfe. Indes seien die Regel bestätigende Ausnahmen denkbar. So könnte es einem Gläubiger verwehrt sein, eine geringfügige Forderung alsbald durchzusetzen, wenn er positive Kenntnis davon hat, dass der Schuldner infolge einer gesundheitlichen Krisenlage dabei sehr schweren Schaden zu nehmen droht. In solchen Fällen zeigten sich die Grenzen, die der Grundsatz von Treu und Glauben auch prozessualen Befugnissen setzen könne. Abgesehen von solchen Ausnahmefällen und dem Sonderbereich der gewerblichen Schutzrechtsverwarnung 135

BGHZ 74, 9, 13 f.

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müsse aber bei der wertenden Abgrenzung des einem Verfahrensbeteiligten Erlaubten an den im Konkursantragsurteil aufgestellten Grundsätzen festgehalten werden, wonach der Rechtsschutz Begehrende seinem Gegner nicht außerhalb der schon im Verfahrensrecht vorgesehenen Sanktionen nach dem sachlichen Recht der unerlaubten Handlung für die Folgen einer nur fahrlässigen Fehleinschätzung der Rechtslage hafte. Eine andere Beurteilung müsse die freie Zugänglichkeit der staatlichen Rechtspflegeverfahren, an der auch ein erhebliches öffentliches Interesse bestehe, in bedenklicher Weise einengen.136 Das unerlässliche Korrelat zu diesem Recht des Betreibenden auf Irrtum stelle die Sicherung dar, die das Verfahren selbst dem Gegner biete. Dies ergebe sich schon daraus, dass bereits das Verfahrensrecht in Fällen, in denen der Gegner einer nur vorläufigen Beurteilung der Rechtslage ausgesetzt werde, selbst Korrektive kenne, die eine Haftung auch ohne Verschulden vorsehen (z. B. §§ 717 Abs. 2, 945 ZPO). Da das Vollstreckungs- und Offenbarungsverfahren kontradiktorisch gestaltet sei und dem Schuldner, gegen den zu Unrecht vollstreckt wird, im Regelfall sichere Verteidigungsmöglichkeiten biete (z. B. gem. § 775 Nr. 4, 5 ZPO), seien dabei an die Sorgfaltspflicht des Gläubigers im Grundsatz keine größeren Anforderungen zu stellen als an diejenige des Klägers im bürgerlich-rechtlichen Streitverfahren. Eine Verpfl ichtung des Gläubigers gegenüber dem Schuldner, zu prüfen, ob die Schuld tatsächlich noch offen steht, könne weder bei Einleitung noch im Verlauf des Vollstreckungsverfahrens uneingeschränkt bejaht werden. Dem „Recht auf Irrtum“ bei Inanspruchnahme eines gesetzlich geregelten Verfahrens der Rechtspflege entspreche es nicht nur, dass bei Einleitung des Verfahrens – erster Vollstreckungsauftrag – dem Schuldner, der seine Rechte selbst wahrnehmen möge, grundsätzlich keine sorgfältige Prüfung der Berechtigung geschuldet wird. Das gleiche müsse auch gelten, wenn später und vor Einleitung weiterer Maßnahmen die zwischenzeitliche Unberechtigtheit fahrlässig übersehen wird.137 Das Recht des Verfahrensbetreibenden auf Irrtum bedürfe aber wertender Begrenzung und ende, wo ein Haftungsrisiko die prozessuale Entschluss- und Handlungsfreiheit nicht unzumutbar beeinträchtigt. Die Grenze sei überschritten, wenn leicht zu überprüfende Hinweise auf die Unberechtigtheit der Rechtsverfolgung unbeachtet bleiben. Denn durch das Ansinnen, einen solchen Hin-

136

BGHZ 74, 9, 14 f. BGHZ 74, 9, 16 f. Ebenso KG NJW 1973, 860: Im Verfahren zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung (§§ 899 f. ZPO) habe der Schuldner ausreichende Möglichkeiten, einen unbegründeten Haftbefehl und eine ungerechtfertigte Eintragung im Schuldnerverzeichnis abzuwenden. Damit sei hinreichender Schuldnerschutz gewährleistet. Daher sei ein Gläubiger nicht verpfl ichtet, bei der Vollstreckungsdurchführung auf die Schuldnerbelange zu achten. Nach den Grundsätzen des Konkursantragsurteils (BGHZ 36, 18) gelte dies auch bei einem sachlich nicht gerechtfertigten Antrag auf Haftanordnung. 137

348 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren weis zur Kenntnis zu nehmen und entsprechend zu handeln, werde der Verfahrensbetreibende nicht am Zugang zur Rechtspflege behindert.138 In einem späteren Urteil139 meint der Senat, der zuletzt140 bekräftigte Grundsatz, dass bei subjektiv redlichen Verhalten in einem gesetzlichen Rechtspflegeverfahren nicht schon die Beeinträchtigung von in § 823 BGB geschützten Rechtsgütern die Rechtswidrigkeit indiziert, gelte nicht, wenn im Wege der Vollstreckung in Rechtsgüter verfahrensunbeteiligter Dritter eingegriffen wird. Die Vollstreckung in schuldnerfremde Gegenstände stelle grundsätzlich eine Eigentumsverletzung i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB dar und vermöge eine deliktische Haftung des Betreibenden zu begründen. Auch wenn das Vollstreckungsverfahren als solches prozessordnungsgemäß durchgeführt wurde, bedeute die Pfändung und Verwertung einer Sache, die im Eigentum eines Dritten steht, eine Verletzung sachlichen Rechts. Das Betreiben der Vollstreckung in schuldnerfremdes Vermögen sei daher grundsätzlich rechtswidrig und verpflichte bei Verschulden zum Schadensersatz. Die Grundsätze zur Rechtswidrigkeit des Handelns desjenigen, der ein gesetzlich geregeltes Verfahren der Rechtspflege einleitet und durchführt, stellten unter den erwähnten Umständen die Rechtswidrigkeit des Vorgehens nicht in Frage. Grundsätzlich indiziere zwar bei subjektiv redlichem Verhalten in einem gesetzlich geregelten Rechtspflegeverfahren nicht schon die Beeinträchtigung von in § 823 BGB geschützten Rechtsgütern die Rechtswidrigkeit, da das schadensursächliche Verhalten angesichts seiner verfahrensrechtlichen Legalität zunächst die Vermutung der Rechtmäßigkeit genieße. Daher hafte der Rechtsschutz Begehrende seinem Gegner außerhalb verfahrensrechtlicher Sanktionen grundsätzlich nicht nach Deliktsrecht für die Folgen fahrlässiger Fehleinschätzung der Rechtslage. Diese Grundsätze fänden aber nur Anwendung, wenn durch § 823 BGB geschützte Rechtsgüter desjenigen beeinträchtigt werden, der selbst förmlich verfahrensbeteiligt ist. Denn das unerlässliche Korrelat zum Recht des Verfahrensbetreibenden, trotz Irrtums und fahrlässiger Fehleinschätzung der Rechtslage das Verfahren durchführen zu dürfen, stelle die Sicherung dar, welche die jeweilige prozessrechtliche Regelung dem Gegner bietet. Der Gegner müsse die Rechtsgutsbeeinträchtigung nur deswegen ohne deliktsrechtlichen Schutz hinnehmen, weil er sich gegen ungerechtfertigte Inanspruchnahme in dem Rechtspflegeverfahren selbst hinreichend wehren könne. Wo dies nicht der Fall ist, müsse es beim uneingeschränkten Rechtsgüterschutz verbleiben, den § 823 Abs. 1 BGB gewährt. Der Eigentümer einer schuldnerfremden Sache sei am Vollstreckungsverfahren nicht beteiligt und habe weder gegenüber dem Vollstreckungsgericht noch gegenüber den Parteien ein Recht auf Einbeziehung. Für das Vollstreckungsorgan wäre seine Behauptung, er sei Eigentümer des Vollstreckungsgegenstandes, in138 139 140

BGHZ 74, 9, 17. BGHZ 118, 201. BGHZ 74, 9, 14.

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nerhalb des Vollstreckungsverfahrens rechtlich unbeachtlich gewesen. Er habe vielmehr lediglich vor dem Prozessgericht im Wege der Klage nach § 771 ZPO sein veräußerungshinderndes Recht geltend machen können. Diese außerhalb des Vollstreckungsverfahrens stehenden prozessualen Abwehrbefugnisse des betroffenen Dritten verdrängten jedoch den Deliktsschutz nicht. Die somit durch die Eigentumsverletzung indizierte Rechtswidrigkeit des Verhaltens wäre daher nur durch einen Rechtfertigungsgrund ausgeschlossen.141 Über die Haftung eines Vollstreckungsgläubigers, der eine schuldnerfremde Sache pfänden ließ und sie erst nach erst- und zweitinstanzlichem Unterliegen im Interventionsrechtsstreit freigab, wegen Eigentumsverletzung (§ 823 Abs. 1 BGB) oder schuldhaft verzögerte Erfüllung der Freigabepflicht (§ 286 BGB a. F.), hatte das KG 142 zu entscheiden. Der Senat meint, die Voraussetzungen der Widerrechtlichkeit und des Verschuldens fielen in Fällen der Pfändung schuldnerfremder Sachen und deren Aufrechterhaltung zusammen. Die formell rechtmäßige Pfändung beim Schuldner erfolge in Ausübung des formellen Vollstreckungsrechts und sei deshalb nicht schon ohne weiteres deshalb widerrechtlich, d. h. pflichtwidrig, weil sie in die Rechte eines Dritten eingreife. Sie werde auch nicht ohne weiteres durch eine Freigabeaufforderung oder durch die Erhebung der Widerspruchsklage rechts- und pflichtwidrig. Das Verhalten des Pfändungsgläubigers sei vielmehr solange nicht widerrechtlich und schuldhaft, als er sich ohne sein Verschulden nicht vom veräußerungshindernden Recht des Intervenienten überzeugt habe. Andernfalls sei ihm die Unterlassung der Pfändung oder die Freigabe der Pfandstücke nicht zumutbar. Zur Annahme eines Verschuldens in diesem Sinne genüge es nicht, dass der Pfändungsgläubiger mit dem Unterliegen im Interventionsprozess rechnen musste. Vielmehr sei erforderlich, dass er sich bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt durch die ihm bekannten Umstände oder durch das ihm beigebrachte Material vom veräußerungshindernden Recht des Dritten überzeugen und deshalb die Pfändung aufgeben musste – allzu strenge Anforderungen an den Pfändungsgläubiger seien dabei unangebracht, da es an sich sein gutes Recht sei, in Zweifelsfällen gerichtliche Klärung zu suchen. Die in der Rechtsprechung gepflegte Auffassung von der Rechtswidrigkeit materiellrechtlich unbegründeter Vollstreckung kommt schließlich in einer Anzahl von Entscheidungen zum Ausdruck, die zum dogmatischen Verständnis der Schadensersatzansprüche aus prozessualer Veranlassung Stellung nehmen. RG und BGH haben in einer Vielzahl von Urteilen ausgeführt, Ansprüche aus § 717 Abs. 2 ZPO143 und aus § 945 ZPO144 seien, obwohl sie ein Verschulden 141

BGHZ 118, 201, 205 ff. KG JW 1929, 149 m. Anm. Oertmann, JW 1929, 149. 143 BGH NJW 1963, 853; BGH NJW 1957, 1926. Anders nunmehr BGH WM 2007, 27, 29. 144 BGHZ 78, 127, 129; BGHZ 30, 123, 127 m. zust. Anm. Pagendarm, LM Nr. 3 zu § 945 ZPO; RGZ 149, 321, 324; RGZ 106, 289, 291; RGZ 74, 249. 142

350 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren nicht voraussetzen, Ansprüche aus einer unerlaubten Handlung i. w. S. Das RG und ihm folgend der BGH vertreten ein Begriffsverständnis der unerlaubten Handlung, bei dem nicht vom Vorliegen rechtswidrigen Handelns abgesehen werden kann. Der Rechtsbegriff der unerlaubten Handlung knüpft durchweg an objektiv rechtswidriges Verhalten an, unerlaubte Handlung i. w. S. bedeutet dabei, dass für die Haftung kein Verschulden erforderlich ist.145 Wenn Ansprüche aus den §§ 717 Abs. 2, 945 ZPO Ansprüche aus unerlaubter Handlung sind, die Haftung aus prozessualer Veranlassung demnach Unrechtshaftung ist, dann ist die schädigende Handlung folglich als objektiv rechtswidrig zu begreifen. Schädigende Handlung ist in den Fällen der §§ 717 Abs. 2, 945 ZPO die Vollstreckung oder Vollziehung bzw. deren Androhung, die zur Abwendungsleistung veranlasst. Derlei Schädigungen im Rahmen staatlicher, gesetzlich eingerichteter und ausgestalteter Verfahren sind demnach rechtswidrig. Andererseits verstehen RG und BGH die Vollstreckung oder Vollziehung eines ordnungsgemäß ergangenen Titels im ordnungsgemäßen Verfahren als rechtmäßig.146 Folglich kann die zur Unrechtshaftung führende Rechtswidrigkeit nicht aus verfahrensrechtlicher Sicht resultieren, sondern sie muss materiellrechtlicher Betrachtung entspringen. Demzufolge unterscheidet die höchstrichterliche Rechtsprechung bei Schädigungsfällen der §§ 717 Abs. 2, 945 ZPO zwischen verfahrens- und materiellrechtlicher Rechtslage; sie beurteilt die Rechtswidrigkeit anhand der materiellrechtlichen Rechtslage,147 und zwar unbeeinflusst durch die formelle Rechtmäßigkeit.

II. Rechtswidrigkeit von Rechtsverletzungen infolge Exekutionsintervention mittels staatlicher Verfahren Das RG hatte über Schadensersatzansprüche gegen einen Drittwiderspruchskläger zu befinden, der unbegründet (ohne Widerspruchsrecht) die Einstellung erwirkt hatte (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO). Es gelte, dass ein Gläubiger, der das Recht der Vollstreckung habe, durch deren Ausübung einerseits an sich kein Unrecht begehe.148 Andererseits würden die Vorschriften über die verschuldensunabhängige Haftung für den Schaden aus verfrühter Vollstreckung und aus der Vollziehung vorsorglicher Maßregeln (§§ 302 Abs. 4, 600 Abs. 2, 717 Abs. 2, 945 ZPO) den Grundsatz zum Ausdruck bringen, dass jedermann von seinen Rechten nur insoweit Gebrauch machen dürfe, als es ohne den Schaden anderer geschehe. Demnach könne die Verfolgung eines veräußerungshindernden 145

BGHZ 9, 209, 212; RGZ 122, 320, 326; RGZ 78, 202, 205 f. So BGH NJW 1963, 853, 854. Ferner BGH NJW 1957, 1926 („an sich befugt“); RGZ 74, 249 („erlaubtes . . . Vorgehen“). 147 S. RGZ 78, 202, 207 betr. § 945 ZPO: „gegenständlich rechtswidriges Vorgehen“. 148 RG SeuffArch 61 (1906), 206, 208 unter Hinweis auf Mot. II, S. 848 = Mugdan II, S. 473 f. 146

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Rechts zwar nicht an sich, wohl aber unter den Voraussetzungen des § 823 BGB als zum Schadensersatz verpflichtende Handlung angesehen werden. Entscheidend sei dabei, ob die – nach Abweisung der Drittwiderspruchsklage als unberechtigt feststehende – Einstellung schuldhaft erwirkt worden, also die Erhebung der Klage mindestens auf Fahrlässigkeit (§ 276 BGB) zurückzuführen sei.149 Präzisierend nennt das RG in einem späteren Urteil150 eine unbegründete Drittwiderspruchsklage einen widerrechtlichen Eingriff in das Pfandrecht des Vollstreckungsgläubigers. Auch der IX. Zivilsenat des BGH151 hatte zu entscheiden, nach welcher Maßgabe ein Intervenient gem. § 823 Abs. 1 BGB haftet, der unberechtigt (ohne Widerspruchsrecht) die Vollstreckungseinstellung gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO beantragt, erwirkt und aufrechterhalten hatte. Dabei sei von den im Konkursantragsurteil152 und im Urteil vom 13. 03. 1979153 des VI. Zivilsenats des BGH entwickelten Grundsätzen über die Rechtswidrigkeit der Einleitung und Durchführung gesetzlich geregelter Rechtspflegeverfahren auszugehen. Indes sei es bedenklich, dem Rechtsschutzbegehrenden das „Recht auf Irrtum“ grundsätzlich auch dort zuzubilligen, wo die sachliche Rechtslage lediglich vorläufig und summarisch beurteilt wird und keine im Regelfall sicheren Verteidigungsmöglichkeiten für den Gegner bestehen.154 Gleichwohl bejaht der Senat die Anwendbarkeit der Rechtsprechungsgrundsätze auf die Fälle des § 771 Abs. 3 ZPO. Dafür spreche das Gebot haftungsrechtlicher „Waffengleichheit“ zwischen dem Vollstreckungsgläubiger und dem Dritten, der am Vollstreckungsgegenstand ein veräußerungshinderndes Recht geltend macht. Hinsichtlich der Sorgfaltsanforderungen des Gläubigers anlässlich der Pfändung gelte, dass das Gesetz dem Gläubiger über die Prüfung des Schuldnergewahrsams hinaus zunächst nicht ansinne zu prüfen, ob die gepfändeten Sachen auch zum Vermögen des Schuldners gehörten. Es sei vielmehr Sache des Dritten, den Gläubiger zu überzeugen, dass die gepfändeten Sachen nicht zum Vermögen des Schuldners, sondern ihm gehören und, falls ihm dies nicht gelinge, seine Rechte dem Prozessgericht glaubhaft zu machen und bei diesem eine einstweilige Vollstreckungseinstellung zu erwirken. Dem Dritten, der sich gegen eine aus seiner Sicht unberechtigte Pfändung wehrt, müsse es deshalb grundsätzlich erlaubt sein, seinen Standpunkt im Wege des Antrags aus § 771 Abs. 3 ZPO zur gerichtlichen Nachprüfung zu stellen. Gebe das Gericht dem Antrag statt, könne er i.d.R. bis zur weiteren Klärung der Sach- und Rechtslage davon aus149

RG SeuffArch 61 (1906), 206, 208 ff. Ähnlich Falkmann/Mugdan, S. 462 f. RG HRR 1925 Nr. 141. 151 BGHZ 95, 10 m. Anm. Gerhardt, JR 1985, 511; Messer, WuB VI E. – § 717 Abs. 2 ZPO – 1.85. 152 BGHZ 36, 18. 153 BGHZ 74, 9. 154 BGHZ 95, 10, 18 f., insoweit entgegen BGHZ 74, 9, 16. 150

352 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren gehen, dass die zur Begründung des Antrags vorgelegten Unterlagen dazu ausreichen, sein veräußerungshinderndes Recht zu belegen. Berufe sich der Vollstreckungsgläubiger auf ein besseres Recht am Vollstreckungsgegenstand, obliege es ihm, dieses Recht glaubhaft zu machen. Dem Gegner des Intervenienten seien hinreichend sichere Verteidigungsmöglichkeiten geboten, weil das Prozessgericht jederzeit die Möglichkeit habe, den Einstellungsbeschluss zu ändern oder aufzuheben, wenn das Recht des Klägers aufgrund des Verteidigungsvorbringens des Vollstreckungsgläubigers und der weiteren Verfahrensergebnisse als nicht mehr glaubhaft gemacht erscheine. Nur leicht fahrlässige Verkennung der Rechtslage durch den Dritten begründe daher auch in den Fällen des § 771 Abs. 3 ZPO nicht die Rechtswidrigkeit des Eingriffs in Gläubigerrechte.155 Bei der Frage, ob ein Intervenient, der die Vollstreckungseinstellung (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) erwirkt hatte, und dessen Drittwiderspruchsklage schließlich rechtskräftig abgewiesen wurde, dem Gläubiger aus Delikt haftet, befasst sich das OLG München156 nur mit dem Verschulden des Intervenienten; offenbar misst der Senat verfahrensförmiger Schädigung durch Vollziehung einer einstweiligen Anordnung keine Rechtfertigungswirkung bei.

D. Kritik der Rechtsprechung Rechtsprechung und Schrifttum zur Rechtswidrigkeit von Rechtsverletzungen infolge der Inanspruchnahme staatlicher Rechtspflegeverfahren befassen sich ausschließlich mit Fällen materiellrechtlich unbegründeter Verfahrensinanspruchnahme (unbegründete Klage, unbegründeter Antrag, Verteidigung gegen eine begründete Klage, ehrverletzender Parteivortrag, unbegründete Anzeige oder Beschwerde, Vollstreckung in nichthaftendes Vermögen und Vollstreckung ohne Anspruch, Anordnungsvollzug ohne Widerspruchsrecht). Die Rechtmäßigkeit von Rechtsverletzungen infolge materiellrechtlich begründeter Verfahrensinanspruchnahme (begründete Klage, begründeter Antrag, Verteidigung gegen eine unbegründete Klage, wahrer und sachlicher Parteivortrag, begründete Anzeige oder Beschwerde, Vollstreckung mit Anspruch in haftendes Vermögen, Anordnungsvollzug mit Widerspruchsrecht) wird begründungslos vor155 BGHZ 95, 10, 19 ff. Weitergehend Gerhardt, JR 1985, 511, 512 (dazu unten S. 355 f.). A. A. Messer, WuB VI E. – § 717 Abs. 2 ZPO – 1.85: Verfahrensmäßiger Eingriff des Dritten in Pfändungspfandrecht und mittelbaren Besitz des Vollstreckungsgläubigers sei (ohne weiteres) rechtswidrig und begründe einen Beseitigungsanspruch (§ 1004 BGB). Im Hinblick auf Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB bestehe kein „Recht auf Irrtum“; der gutgläubige Intervenient sei durch Verschuldensprivilegierung vor Schadenshaftung für fahrlässigen Irrtum zu bewahren. 156 OLG München NJW-RR 1989, 1471, 1472.

D. Kritik der Rechtsprechung

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ausgesetzt.157 Unter dem Blickwinkel des Erfolgsunrechts, wonach die Tatbestandsverwirklichung die Rechtswidrigkeit indiziert, ist begründungsbedürftig, dass die Verwirklichung eines Verschuldenshaftungstatbestandes nicht (ohne weiteres) rechtswidrig ist, auch wenn dazu ein staatliches Verfahren in Anspruch genommen wird, und zwar unabhängig davon, ob die Verfahrensinanspruchnahme materiellrechtlich begründet oder unbegründet ist.158 Die in der Rechtsprechung für den „Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme eines staatlichen, gesetzlich eingerichteten und geregelten Verfahrens“ und das „Recht auf Irrtum“ gegebenen Begründungen lassen sich stichwortartig zusammenfassen in Handlungsunrecht und offenen Tatbestand (I.), Verfahrensrechtmäßigkeit (II.), staats- und verfassungsrechtliche Gründe (III.), Schutz (des Gegners) durch Verfahren (IV.) sowie haftungsrechtliche Waffengleichheit (V.).

I. Handlungsunrecht und offener Tatbestand In einigen Fällen wendet die Rechtsprechung zur Haftung wegen Inanspruchnahme staatlicher Rechtspflegeverfahren die Handlungsunrechtslehre an (1.), oder sie legt einen offenen Tatbestand zugrunde, wie er von den Rahmenrechten bei § 823 Abs. 1 BGB bekannt ist (2.). 1. Handlungsunrecht Die Handlungsunrechtslehre kommt in der Rechtsprechung zum Ausdruck, wenn die grundsätzliche Rechtmäßigkeit von Rechtsverletzungen durch Inanspruchnahme eines Rechtspflegeverfahrens mit den geringen Prüfungs- und Rücksichtnahmepflichten eines Verfahrensbetreibenden und dessen „Recht auf Irrtum“ begründet wird.159 Die Frage, ob der Begriff der Rechtswidrigkeit i. S. des Erfolgs- oder des Handlungsunrechts zu verstehen ist, wurde bereits zugunsten des Erfolgsunrechts beantwortet (sub B.). An dieser Stelle soll nur an der Rechtsprechung des VI. Zivilsenats des BGH gezeigt werden, dass die 157 S. BGH NJW 2004, 446, 447; BGHZ 154, 269, 272; BGHZ 74, 9, 14 f.; Götz, S. 196; Steffen, in: RGRK, Vor § 823, Rn. 53. 158 Zur Rechtmäßigkeit materiellrechtlich begründeter Verfahrensinanspruchnahme S. 365 f. 159 BGH Rpfleger 2005, 135; BGH NJW 2004, 446, 447; BGHZ 154, 269, 272 f.; BGHZ 95, 10, 18 ff.; BGHZ 74, 9, 14 ff.; BGHZ 36, 18, 20 f.; KG JW 1929, 149. Im Schrifttum wird das Handlungsunrecht bei Inanspruchnahme gesetzlicher Rechtspflegeverfahren vertreten (ausdrücklich oder der Sache nach) u. a. von J. Blomeyer, S. 38 ff.; Esser, ZZP 83 (1970), 348, 351 f.; Fenn, ZHR 132 (1969), 344, 362 ff.; Hager, in: Staudinger, § 823, Rn. B 133, H 19; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 40; Hopt, S. 228 ff.; Münzberg, in: Stein/Jonas, Vor § 704, Rn. 24; § 717, Rn. 10, 65, Fn. 292; Niederelz, S. 126 ff.; Stolz, S. 112 f.; Zeiss, JZ 1970, 198, 199; dems., NJW 1967, 703, 705 ff.

354 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren Rechtsprechung zum Handlungsunrecht bei Inanspruchnahme gesetzlicher Rechtspflegeverfahren widersprüchlich und ungereimt ist.160 Der Senat wendet das Handlungsunrecht unter anderem an, wenn unbegründet Klage erhoben wurde,161 bei unbegründeter Verteidigung gegen eine Leistungsklage162 und wenn nach Tilgung der titulierten Schuld vollstreckt wurde; 163 Kläger, Beklagter und befriedigter Gläubiger seien grundsätzlich nicht zur Prüfung der Berechtigung ihres Vorgehens verpflichtet, ihr Vorgehen sei daher grundsätzlich rechtmäßig. Bei der Vollstreckung in schuldnerfremdes Vermögen, die nach Auffassung des Senats – trotz Inanspruchnahme eines staatlichen Rechtspflegeverfahrens und ungeachtet jeglicher Sorgfalt – von Anfang an (also nicht erst, nachdem der Gläubiger über das Drittrecht aufgeklärt ist) eine Störung der privaten Rechtslage darstellt,164 wendet der Senat das Handlungsunrecht nicht an. Damit nimmt er ausgerechnet den Fall von der Geltung des Handlungsunrechts aus, in dem die Rechtmäßigkeit nach Maßgabe der Handlungsunrechtslehre am ehesten begründet wäre. Bei der Geldvollstreckung in Fahrnis schreibt das Vollstreckungsrecht keine Benennung der Vollstreckungsgegenstände vor. Der Vollstreckungsantrag, wie er in der Praxis formularmäßig Verwendung findet, lautet dementsprechend: „In der Zwangsvollstreckungssache [Gläubiger] gegen [Schuldner] wird anliegende vollstreckbare Ausfertigung [Titel] überreicht mit dem Antrag, die Zwangsvollstreckung sowie dafür notwendige Zustellungen durchzuführen.“

Ein (noch nicht befriedigter) Gläubiger, der einen solchen Antrag stellt, macht nichts falsch. Ihm kann nicht vorgeworfen werden, dass er den Antrag überhaupt gestellt hat (sonst würde ihm angesonnen werden, auf die Durchsetzung des titulierten Anspruchs zu verzichten), und auch nicht, dass er der Pfändung schuldnerfremder Gegenstände nicht aktiv vorgebeugt hat. Dieser Vorwurf wäre unsinnig, weil die Sorgfalt, die das Gesetz dem Gläubiger bei der Eigentumsfeststellung abverlangt (Besitzprüfung, § 1006 BGB), auch vom Gerichtsvollzieher zu beachten ist (§ 808 ZPO). Vom Standpunkt des Handlungsunrechts aus sollte die Geldvollstreckung in schuldnerfremde Fahrnis daher (regelmäßig) rechtmäßig sein.165 Dagegen haben der Kläger einer unbegründeten Klage, der beklagte Schuldner und der befriedigte Gläubiger etwas falsch gemacht – der Kläger hätte die unbegründete Klage nicht erheben, der beklagte Schuldner hätte leisten und der (ehemalige) Gläubiger hätte auf die Vollstreckung verzichten sollen. Ob daraus i. S. des Handlungsunrechts die Rechtswid160 Zur Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung des BGH zur „legalen Verfahrensbetreibung“ insgesamt s. auch Gaul, ZZP 110 (1997), 3, 11 ff. 161 BGHZ 154, 269, 271 ff. 162 BGH NJW 2004, 446, 447. 163 BGHZ 74, 9, 14 ff. 164 BGHZ 58, 207, 213 f.; BGH WM 1965, 863. 165 I. E. ebenso Henckel, S. 330; Niederelz, S. 149 ff.

D. Kritik der Rechtsprechung

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rigkeit resultiert, hängt davon ab, ob Kläger, Beklagte und Gläubiger ihre Fehler jeweils erkennen konnten. Dass aber ein Kläger, ein Beklagter und ein befriedigter Gläubiger grundsätzlich nicht dazu angehalten sein sollen, ihre Erkenntnismöglichkeiten zu nutzen, bedarf auch vom Boden des Handlungsunrechts aus stärkerer Begründung als eines pauschalen Hinweises auf die Verfahrenslegalität. 2. Offener Tatbestand In der Rechtsprechung166 und im Schrifttum167 zur Haftung bei Inanspruchnahme gesetzlich geregelter Rechtspflegeverfahren werden der Topos des offenen Tatbestandes verwandt und Parallelen zur Rechtslage bei den Rahmenrechten des § 823 Abs. 1 BGB (Allgemeines Persönlichkeitsrecht und Gewerbebetrieb) gezogen. Bei den Rahmenrechten wird mit dem Begriff offener Tatbestand zum Ausdruck gebracht, dass Beeinträchtigungen dieser Rechte nicht ohne weiteres rechtswidrig sind, sondern die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer einzelfallbezogenen Güter- und Interessenabwägung auf der Tatbestandsebene bedarf. Die offenen Tatbestände sind Besonderheiten der Rahmenrechte, die aus deren Generalklauselartigkeit resultieren.168 Die zur Untersuchung stehende Geltendmachung von Drittrechten in der Zwangsvollstreckung durch Inanspruchnahme gesetzlicher Rechtspflegeverfahren betrifft typischerweise keines der anerkannten Rahmenrechte in haftungsrelevanter Weise. Drittrechte in der Zwangsvollstreckung sind Vermögensrechte, deren Geltendmachung das Allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht verletzt (es sei denn, die Geltendmachung sei in modo zu beanstanden). Die Geltendmachung kann zwar Gewerbetreibende betreffen. Da aber gleichermaßen und gleichartig jedermann von einer Intervention betroffen sein kann, fehlt es i.d.R. an der erforderlichen Betriebsbezogenheit (Unmittelbarkeit) des Eingriffs (Ausnahme: die Vollstreckung wird von dritter Seite unterbunden, um dem Gewerbebetrieb des Gläubigers Schaden zuzufügen). Ferner schafft die Inanspruchnahme gesetzlicher Rechtspflegeverfahren auch kein neues Rahmenrecht, das der Konzeption des offenen Tatbestandes bedürfte. Der Gedanke eines offenen Tatbestandes und die daraus resultierende Anlehnung an die Dogmatik der Rahmenrechte werden bei der Verfahrensinanspruchnahme überhaupt nicht durch bestimmte Rechte oder Schutzgüter bedingt, sondern allein durch die besondere Verletzungsart. Wenn demnach auch z. B. Eigentumsverletzungen einen offenen Tatbestand begründen sollen, dann heißt das 166

BGH Rpfleger 2005, 135; BGHZ 74, 9, 14 f. Gerhardt, JR 1985, 511, 512; Hopt, S. 230. Ferner Schultz-Süchting, S. 111 ff.: Rechtfertigung verfahrensbedingter Rechtsverletzungen nach Maßgabe der vom Verfahrensbetreibenden aufgewendeten begleitenden Sorgfalt. 168 Henckel, S. 277 f.; Larenz/Canaris, S. 498 f., 543 m. w. N. 167

356 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren nichts anderes, als dass bei der betreffenden Verletzungsart das Handlungsunrecht gelten soll.169 Für den offenen Tatbestand gilt dann das gleiche wie für das Handlungsunrecht.170 Vom Ausgangspunkt eines in die Struktur des offenen Tatbestandes gekleideten Handlungsunrechts aus, wonach Verfahrensinanspruchnahme grundsätzlich durch Sozialadäquanz gerechtfertigt sei, schlägt Gerhardt171 vor, die „Schädlichkeitsgrenze“ erst beim Missbrauch i. S. des Vorsatzes anzusetzen, dolus eventualis eingeschlossen. Die verschuldenstypische Differenzierung zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit auf der Ebene der Rechtswidrigkeit des Eingriffs sei fragwürdig. Näher liege es, allein auf Missbrauchsfälle bewusster „Umfunktionierung“ des Verfahrens abzuheben, in denen das Rechtsschutzinteresse zu verneinen ist. Diese Erwägung ist rechtspolitischer Art und als solche bemerkenswert. De lege lata ist sie zweifelhaft, weil sie die Sozialadäquanz von Verletzungen durch Verfahrensinanspruchnahme begründungslos voraussetzt.172

II. Verfahrensrechtmäßigkeit Die Rechtsprechung hebt die Rechtmäßigkeit der Inanspruchnahme gesetzlicher Rechtspflegeverfahren hervor, aus der die grundsätzliche Rechtmäßigkeit tatbestandsmäßiger Verletzungen durch Verfahrensinanspruchnahme resultiere.173 1. Rechtfertigungsgrund Die Inanspruchnahme eines gesetzlichen Rechtspflegeverfahrens wirkt dann als Rechtfertigungsgrund.174 Diese Sichtweise unterscheidet sich grundlegend 169 S. Hopt, S. 230: „Wenn man § 823 I BGB dergestalt [sc. i. S. des Handlungsunrechts] als offenen Tatbestand betrachtet“. 170 Ferner Götz, S. 144; Hellwig, NJW 1968, 1072, 1076, gegen den Topos vom offenen Tatbestand bei Verfahrensinanspruchnahme. 171 Gerhardt, JR 1985, 511, 512. 172 Gegen die Sozialadäquanz von Rechtsverletzungen infolge Verfahrensbetriebs Götz, S. 169 ff. 173 BVerfGE 74, 257, 261 f. (von der Rechtsordnung erlaubte und gebilligte Möglichkeit); BGH NJW 2004, 446, 447; BGHZ 154, 269, 272; BGHZ 118, 201, 205 f. (jeweils: verfahrensrechtliche Legalität); BGHZ 74, 9, 14 f. (formal von der Rechtsordnung erlaubtes und gebilligtes Betreiben eines gesetzlich geregelten Streitverfahrens; verfahrensrechtliche Legalität); BGH NJW 1962, 243, 245 (ein jedem Staatsbürger zustehendes Recht); RG SeuffArch 61 (1906), 206, 208 (wer das Recht der Vollstreckung ausübt, begehe an sich kein Unrecht); KG JW 1929, 149 (Ausübung des formellen Vollstreckungsrechts sei an sich das gute Recht des Pfändungsgläubigers). Ferner BGHZ 36, 18, 21 f., 23 f. sowie Deutsch, Rn. 289; Lindemann, S. 57. 174 S. vor allem BGHZ 164, 1, 7: „in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannte[n] Rechtfertigungswirkung des gerichtlichen Verfahrens gegenüber dem Verfahrensgegner“.

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von der des Handlungsunrechts. Die Verfahrensinanspruchnahme begründet nicht besondere (innere) Voraussetzungen der Rechtswidrigkeit, sondern sie wirkt der (indizierten) Rechtswidrigkeit von außen entgegen.175 Dass nur gutgläubige Verfahrensinanspruchnahme rechtfertigen soll, spricht nicht gegen das Verständnis als Rechtfertigungsgrund. Subjektive Elemente gehören zu den generellen Erfordernissen der Rechtfertigungsgründe.176 Das Verständnis der Verfahrensinanspruchnahme als Rechtfertigungsgrund beruht auf der Erwägung, dass eine erlaubte Vorgehensweise – jedermann darf klagen und Anträge stellen, jeder Beklagte darf sich verteidigen, jeder Titelgläubiger darf die Vollstreckung betreiben177 – nicht in ihren Wirkungen rechtswidrig sein könne; 178 andernfalls wäre die Rechtsordnung widersprüchlich.179 Dieser Gedanke findet treffenden Ausdruck in der Formulierung, dass „die §§ 708 ff. gesetzliche Ermunterung zum Rechtsbruch“ wären, wenn vorläufige Vollstreckung widerrechtliche Eingriffe hervorbringen könnte.180 Von diesem Standpunkt aus können zunächst die objektiven Grenzen des behaupteten Rechtfertigungsgrundes bestimmt werden. Die Inanspruchnahme eines zulässigen Verfahrens mag das Verhalten insgesamt rechtfertigen, auch wenn das Verfahren materiellrechtlich unbegründet in Anspruch genommen wird. Denn ein zulässiges Verfahren darf in Anspruch genommen werden. Dagegen entfällt die Rechtfertigungswirkung bei unzulässiger Verfahrensinanspruch175

Die Unterscheidung entspricht der zwischen Handlungsunrecht und dem „auf dogmatisch anderem Fundament“ stehenden (Hopt, S. 235, Fn. 7) Rechtfertigungsgrund des verkehrsrichtigen Verhaltens, wie er in BGHZ 24, 21 angewandt wird (s. S. 326). 176 Hirsch, in: Leipziger Kommentar StGB, Vor § 32, Rn. 50 ff. m. w. N. 177 Entscheidend ist, dass die Vorgehensweise dem verfahrensbetreibenden Privatrechtssubjekt erlaubt ist – es ist nicht auf die Rechtmäßigkeit der Verfahrensdurchführung durch das Staatsorgan abzustellen (A. Blomeyer, AcP 165 [1965], 481, 483 ff.; Gaul, in: Rosenberg/ Gaul/Schilken, S. 76 ff.; Götz, S. 69 ff.; Henckel, S. 248 ff. betr. Rechtmäßigkeit und Widerrechtlichkeit der Vollstreckung: Beurteilung des Handelns der Vollstreckungsorgane und des Gläubigerverhaltens sind zu unterscheiden), und auch nicht auf den Anspruch des Privatrechtssubjekts gegen den Staat, das Verfahren durchzuführen (s. A. Blomeyer, AcP 165 [1965], 481, 483 ff.; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 69 ff. betr. den Vollstreckungsanspruch sowie unten S. 364 f. zum Justizanspruch). Entgegen der Auffassung von Sturm, JR 1972, 43, 44, darf auch nicht von der Absage der ZPO an prozessrechtliche Strafen auf den Ausschluss zivilrechtlicher Haftung bei materiellrechtlich unbegründeter Verfahrensinanspruchnahme geschlossen werden, Götz, S. 156 ff. 178 So BGH NJW 1962, 243, 245: Was als Inhalt einer Strafanzeige erlaubt sei, könne nicht zugleich unter dem Gesichtspunkt des Ehrenschutzes Gegenstand eines zivilrechtlichen Widerrufsanspruchs sein. Dagegen Esser, ZZP 83 (1970), 348, 349: Vorurteil, dass ein staatlich und gesetzlich eingerichtetes und geregeltes Verfahren schlechthin dem einzelnen zur Verfügung stehe, ohne dass dieser sich mit seiner wie immer motivierten Verfahrenseinleitung eines Unrechts zeihen lassen müsse. Ferner Götz, S. 96. 179 So Gaul, ZZP 110 (1997), 3, 9 betr. vorläufige Vollstreckbarkeit. 180 So Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 10, Fn. 33. Zustimmend Becker-Eberhard, in: Berger, Kap. 10, Rn. 7; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 229; ders., ZZP 110 (1997), 3, 9. Ferner Bötticher, ZZP 85 (1972), 1, 8.

358 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren nahme.181 Wenn ein Verfahren von Rechts wegen unzulässig ist, widerspricht die Inanspruchnahme dem Recht; sie ist rechtswidrig. Damit ist der Rechtfertigungsgrund definiert als gutgläubige Inanspruchnahme eines zulässigen gesetzlichen Rechtspflegeverfahrens. Für die Rechtsgeltung dieses Rechtfertigungsgrundes sprechen zwei Stellen aus den Materialien zur Entstehung des BGB, die sich mit der vorläufigen Vollstreckung befassen. „Es entsteht allerdings zunächst die Frage, ob der Gläubiger, welcher seine Forderung im Wege der Zwangsvollstreckung eingezogen hat, bei nachfolgender Aufhebung des vollstreckbaren Titels nicht unbedingt für Schadensersatz zu haften habe. Allein da er das Recht der Zwangsvollstreckung hat, so begeht er mit der Ausübung desselben an sich kein Delikt. Ob nicht dann ein Delikt vorliegt und der Gläubiger deshalb zum Schadensersatze verpflichtet ist, wenn er mit Kenntniß des Umstands, daß seine Forderung unbegründet ist, die zwangsweise Einziehung betreibt, ist eine andere Frage. Die Verpfl ichtung aus unerlaubter Handlung bleibt auch hier unberührt (§ 745 Abs. 2 Satz 2). Die Bestimmungen der CPO. geben aber keine Auskunft darüber, inwiefern der Empfänger eintretendenfalls zugleich wegen Zinsen, Nutzungen, Verschlimmerungen und Unterganges haftbar ist. Sie müssen also in dieser Hinsicht in den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches ihre Ergänzung fi nden“.182 „Stehe . . . ein vollstreckbarer Titel, insbesondere ein vollstreckbares Urtheil welches nicht rechtskräftig sei oder nicht defi nitiv entschieden habe, oder aber ein später zur Aufhebung gelangtes rechtskräftiges Urtheil in Frage, so könne ebenso wenig ein zureichender Grund gefunden werden, den Gläubiger, welcher in Ausübung seines formellen Rechts die Vollstreckung erwirkt, sofern nicht sein Verfahren schon nach allgemeinen Grundsätzen sich als ein Delikt qualifizire – und dies werde regelmäßig der Fall sein, wenn er in voller Kenntniß davon, daß der Titel aufgehoben werden müßte, vollstrecken lasse, – gleichwohl als Deliktsschuldner zu behandeln“.183

Die Zitate bringen eine zurückhaltende Beurteilung der Rechtswidrigkeit vorläufiger Vollstreckung zum Ausdruck, die der Anerkennung des Rechtfertigungsgrundes der Verfahrensinanspruchnahme entspricht: Der Gläubiger, der sein formelles Recht der Vollstreckung ausübt (ein zulässiges Verfahren in Anspruch nimmt), begehe damit „an sich“ kein Delikt, sondern allenfalls, wenn er mit Kenntnis der materiellrechtlichen Fehlerhaftigkeit des Titels vollstrecken lässt (fehlendes subjektives Rechtfertigungselement). Mit den Gesetzesmaterialien lässt sich also die Rechtsgeltung des Rechtfertigungsgrundes der Verfahrensinanspruchnahme begründen. Das Recht unterliegt indes dem Bedeutungswandel, der die ursprüngliche rechtspolitische Zwecksetzung ablösen kann. Die Zitate beruhen auf der Erwägung, dass das Gesetz die Frage der Rechtmäßigkeit oder Widerrechtlichkeit der Tatbestandsverwirklichung bei förmlich 181 In diese Richtung Baur, JZ 1962, 95. A. A. Hellwig, NJW 1968, 1072, 1073 f. (Gefahr der Verkümmerung des staatlichen Rechtsschutzes, dazu unten S. 368–371); Hopt, S. 180. 182 Mot. II, S. 848 = Mugdan II, S. 473 f. 183 Prot. I, S. 1580 = Jakobs/Schubert, S. 814 (zu §§ 745, 746 E I BGB – §§ 818, 819 BGB).

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verfahrensrechtlichem Verhalten nicht präjudiziert („Die Bestimmungen der CPO. geben . . . keine Auskunft darüber, inwiefern der Empfänger . . . haftbar ist“). Die Gesetzeslage, die den Zitaten zugrunde liegt, ist die vor Einführung der Schadensersatzansprüche aus prozessualer Veranlassung durch die ZPONovelle 1898. In einem Urteil aus dem Jahr 1905 stellt das RG unter Hinweis auf das Zitat aus den Motiven und im Einklang mit diesem fest, ein Gläubiger, der das Recht der Vollstreckung habe, begehe durch deren Ausübung an sich kein Unrecht. Allerdings sei nunmehr den §§ 302 Abs. 4, 600 Abs. 2, 717 Abs. 2, 945 ZPO zu entnehmen, dass jedermann von seinen Rechten nur insoweit Gebrauch machen dürfe, als es ohne den Schaden anderer geschehe. Bei Tatbestandsverwirklichung hingen Schadensersatzansprüche aus § 823 BGB daher (nur) vom Verschulden ab.184 Damit bringt der Senat zum Ausdruck, dass die Rechtslage vor Geltung der §§ 302 Abs. 4, 600 Abs. 2, 717 Abs. 2, 945 ZPO einen Bedeutungswandel durch das Inkrafttreten dieser Vorschriften erfahren hat, und dass die Zitate aus den Gesetzesmaterialien durch die Rechtsentwicklung überholt sind. 2. Zweischichtigkeit des Rechts Das RG erfasst die Rechtslage zutreffend. Ansprüchen aus den §§ 302 Abs. 4, 600 Abs. 2, 717 Abs. 2, 945 ZPO liegen typischerweise rechtswidrige Schädigungen zugrunde; 185 Verfahrensinanspruchnahme rechtfertigt nicht, jedenfalls 184

RG SeuffArch 61 (1906), 206, 208 ff. Ähnlich Konzen, 163 f.: Widerrechtlichkeit nach Maßgabe des aufhebenden Urteils. Weitergehend BGHZ 30, 123, 127; BGH NJW 1963, 853; BGH NJW 1957, 1926; RGZ 149, 321, 324; RGZ 106, 289, 291; RGZ 78, 202, 207; RGZ 74, 249: Ansprüche aus unerlaubter Handlung i. w. S. A. A. Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 79 ff.: Das Gesetz habe mit den Vorschriften über die Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung nicht zur Frage Stellung bezogen, ob die Vollstreckung ohne materiellrechtlichen Anspruch rechtmäßig oder rechtswidrig sei. Denn die Rechtswidrigkeit sei in den genannten Vorschriften nicht Voraussetzung der Schadensersatzpfl icht. Gesetzgeberischer Grund der Ersatzpfl icht sei vielmehr, dass der Gläubiger auf Grund eines nur vorläufigen Titels und daher auf eigene Gefahr vollstreckt, nicht aber, dass die Vollstreckung rechtswidrig sei. Aus den §§ 708 ff. ZPO folge, dass Vorgehen aus einem vorläufigen Titel „typischerweise rechtmäßige[s] Verhalten“ sei. – Auch wenn die Rechtswidrigkeit der Vollstreckung weder Grund noch Voraussetzung der Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung ist, folgt daraus nicht die Rechtmäßigkeit der Vollstreckung ohne Anspruch. Materiellrechtlich unbegründete Vollstreckung kann rechtswidrig sein, obwohl die Risikohaftungsnormen nicht auf die Rechtswidrigkeit abstellen; schließlich sprechen die Vorschriften auch nicht die Rechtmäßigkeit materiellrechtlich unbegründeter Vollstreckung aus. Die Frage der Rechtswidrigkeit materiellrechtlich unbegründeter Vollstreckung bleibt vielmehr offen. Auch die §§ 708 ff. ZPO beantworten diese Frage nur, wenn die Zweischichtigkeit des Rechts und die Unterscheidung zwischen prozessualer Befugnis und materiellrechtlicher Erlaubnis (dazu sofort) verneint werden, die im Zusammenspiel der §§ 708 ff. ZPO (prozessuale Befugnis) und der Risikohaftungsvorschriften (fehlende materiellrechtliche Erlaubnis) Ausdruck fi nden. – Gegen das Verständnis des § 717 Abs. 2 ZPO als Unrechtshaftung auch Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 11 mit Fn. 45. 185

360 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren rechtfertigt sie seit dem das Inkrafttreten der §§ 302 Abs. 4, 600 Abs. 2, 717 Abs. 2, 945 ZPO nicht mehr, das die Grundlage der Materialienzitate („Die Bestimmungen der CPO. geben . . . keine Auskunft darüber, inwiefern der Empfänger . . . haftbar ist“) entfallen ließ. Die Vorschriften bezeugen, dass das Recht bisweilen zweischichtig konstruiert ist. Ein Verhalten, das im Verhältnis zu bestimmten Normen rechtmäßig ist, kann sich zugleich unter dem Blickwinkel anderer Vorschriften als widerrechtlich darstellen.186 Im Bürgerlichen Recht gilt dies etwa im Verhältnis der possessorischen zu den petitorischen Ansprüchen. Im Polizei- und Ordnungsrecht begegnet derlei Zweischichtigkeit des Rechts, wenn durch eine Polizeimaßnahme, deren gesetzliche Handlungsvoraussetzungen vorliegen, und die daher als rechtmäßig zu qualifizieren ist, ein Unbeteiligter verletzt wird; die Verletzung ist rechtswidrig, und es entstehen Entschädigungsansprüche aus Unrechtshaftung.187 Umgekehrt kann eine Amtshandlung, die polizeirechtliche Bestimmungen missachtet, strafrechtlich gerechtfertigt sein,188 und ein Bauvorhaben, das sämtliche öffentlich-rechtliche Vorschriften einhält, kann dennoch privatrechtswidrig sein.189 Zweischichtigkeit besteht schließlich bei materiellrechtlich unbegründeter Verfahrensinanspruchnahme. So ist die vorläufige Vollstreckung einerseits als Maßnahme gem. §§ 708 ff. ZPO rechtmäßig, andererseits kann sie als Eingriff in Rechte des Schuldners oder Dritter rechtswidrig sein.190 Die Vorschriften über die vorläufige Vollstreckbarkeit geben nur eine prozessuale Befugnis und keine materiellrechtliche Erlaubnis.191 Zwar ist die Geltendmachung materiellrechtlicher Ab186 BVerfG JR 1990, 102, 103 m. zust. Anm. Kluth, JR 1990, 104, 105; Weyers, in: Liber Amicorum Josef Esser, S. 231, 237 ff. Ausführlich Bumke, insbesondere S. 91 ff.: Relative Rechtswidrigkeitsurteile als Ausdruck von Unterscheidungen der Rechtsordnung. Gegen die Figur der Zweischichtigkeit des Rechts Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 78; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 10; Niederelz, S. 29, die zwingende Einheitlichkeit der Beurteilung postulieren. Dagegen Esser, ZZP 83 (1970), 348, 349 f. betr. die Zweischichtigkeit des Verfahrensbetriebs. 187 Drews/Wacke/Vogel/Martens, S. 666 f.; Götz, PolR, Rn. 442; Kasten, JuS 1986, 450, 453. A. A. Rachor, in: Lisken/Denninger, S. 1018 m. w. N. 188 Bumke, S. 72 ff. 189 Bumke, S. 60 ff. 190 Fischer, S. 127 ff. (abgeschwächte Rechtswidrigkeit); Hager, in: Beiträge für Claus-Wilhelm Canaris, S. 1, 5; v. Tuhr; S. 455, Vockenberg, S. 20 ff., jew. m. w. N. Ferner BGHZ 118, 201, 205; BGHZ 95, 10, 15; BGHZ 67, 378, 383; BGHZ 58, 207, 213 f.; BGHZ 55, 20, 26; RG JW 1911, 368; LG Berlin NJW 1972, 1675; A. Blomeyer, AcP 165 (1965), 481, 483 ff.; Henckel, JZ 1973, 32; Oertmann, JW 1929, 149. 191 Henckel, S. 250, 255 f.; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 40; Probst, JR 1998, 286, 287; Saenger, JZ 1997, 222, 228. Ähnlich Arens, AcP 173 (1973), 250, 269: Gedanke eines prozessual rechtmäßigen, aber im Verhältnis zwischen Gläubiger-Schuldner oder Drittem rechtswidrigen Vollstreckungsbetriebes; Gerlach, Bereicherung, S. 9 f.: die vom materiellen Recht abgehobene Vollstreckung könne materielles Unrecht hervorbringen; Konzen, S. 158 ff.: doppelfunktionale Betrachtungsweise des Vollstreckungsantrags des Gläubigers; Pecher, S. 75 f., 151 f.: Der methodisch richtige Gebrauch der prozessualen und der materiellen Betrachtungsweise schließe eine Verknüpfung von prozessual gedachten Tatbeständen und ma-

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wehransprüche gegen Beeinträchtigungen durch vorläufige Vollstreckung regelmäßig ausgeschlossen. Der Ausschluss hat indes verfahrensrechtliche Gründe (Vorrang besonderer Verfahrensregelungen), aus ihm darf nicht der Schluss gezogen werden, die vorläufige Vollstreckung müsse (materiellrechtlich) rechtmäßig sein.192 Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nur ein Beispiel für die Zweischichtigkeit des Rechts bei der Inanspruchnahme gesetzlicher Verfahren. Verfahrensrechtmäßigkeit wirkt allgemein nicht als materiellrechtlicher Rechtfertigungsgrund.193 Das Recht kennt Fälle, in denen eine erlaubte Gefährdung zu einer unerlaubten Verletzung führt, weil die Gefährdung zwar zulässig ist, dem Schädiger aber die Eingriffsbefugnis fehlt.194 Zu diesen Fällen zählt die materiellrechtlich unbegründete Inanspruchnahme gesetzlicher staatlicher Verfahren. Lässt das Recht ein Verfahren zu, dann nimmt es Gefährdungen von Rechten Verfahrensbeteiligter und -unbeteiligter in Kauf, die mit der Inanspruchnahme des Verfahrens einhergehen. Die Zulässigkeit eines Verfahrens rechtfertigt aber nicht Rechtsverletzungen bei der Verfahrensdurchführung. teriell gedachten Rechtsfolgen aus. Ähnlich Weitnauer, JZ 1962, 489, 490 im Anschluss an Baur, JZ 1962, 95, 96: Die Aussage, das Recht, ein Verfahren zu betreiben, rechtfertige die Folgen des Verfahrensbetriebs, sei in ihrer Allgemeinheit unrichtig. Sie entbehre die erforderliche Bestimmung der Schranken der Rechtsausübung. Ferner G. Lüke, in: MüKo ZPO, Einl., Rn. 353, 356 f.; ders., S. 144: Vollstreckung ohne Anspruch oder in Dritteigentum sei zwar prozessual zulässig, aber materiell-rechtlich ungerechtfertigt und rechtswidrig. Anders BGH LM ZPO § 926 Nr. 1 (zustimmend Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 184) in einem vergleichbaren Fall: Ein Verfügungsschuldner, der die Errichtung eines bestimmten Geschäftsbetriebs zu unterlassen hatte, hatte die Verfügungsgläubigerin auf Unterlassung verklagt, ihn an der Ausübung der inkriminierten Verkaufstätigkeit zu behindern. Der BGH wies die Klage mit folgender Begründung als unbegründet ab: „Voraussetzung der auf die §§ 823, 1004 BGB gestützten Unterlassungsklage ist ein mindestens objektiv widerrechtl. Verhalten der Bekl. . . . Solange die einstw. Verf. besteht, kann das Verlangen des Bekl. nicht rechtswidrig sein. Es erscheint auch nicht angängig, etwa nur die prozessuale Geltendmachung der Rechte aus der einstw. Verf. für zulässig, die Berühmung mit dem sachl.-rechtl. Unterlassungsanspruch dagegen als durch die einstw. Verf. nicht gedeckt anzusehen, denn es kann nicht widerrechtl. sein, wenn die Bekl. sich derjenigen Ansprüche berühmt, zu deren Durchsetzung die ordentlichen Gerichte ihr eine, wenn auch nur vorläufige, so doch als solche rechtskr. gerichtliche Anordnung an die Hand gegeben haben. Diese sich aus dem Bestehen der einstw. Verf. ergebende Rechtsfolge hat nicht mit der Frage zu tun, ob eine einstw. Verf. überhaupt der inneren Rechtskr. fähig ist“. Richtigerweise wäre die Klage aber wegen der §§ 926, 927 ZPO als unstatthaft abzuweisen gewesen, weil sie mittelbar die Aufhebung der einstweiligen Verfügung zum Gegenstand hatte, vgl. RGZ 81, 288; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 1050. 192 Henckel, S. 284 f. Ferner Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 83 f.: Unstatthaftigkeit der Vindikationsklage neben § 771 ZPO lässt Ansprüche des Dritten aus den §§ 990, 989 BGB unberührt. 193 Ebenso Hopt, S. 196 f.; Schultz-Süchting, S. 109 betr. die „Klagebefugnis“. 194 Lehmann, in: Festschrift für Justus Wilhelm Hedemann, S. 177, 189. Ähnlich Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 19: Selbst wenn Unterlassung nicht gefordert werden kann, kann der Erfolg als rechtswidrig zu qualifizieren sein. Ferner Weyers, in: Liber Amicorum Josef Esser, S. 231, 243 f.

362 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren Die Rechtslage bei unbegründeter Verteidigung des beklagten Schuldners gegen eine begründete Leistungsklage verdeutlicht die Richtigkeit diese These. Auch wer sich gegen eine Leistungsklage verteidigt, nimmt ein staatliches Verfahren der Rechtspflege in Anspruch, und die Erwägungen zur Rechtfertigung beim Aktivprozess lassen sich ohne weiteres auf den Passivprozess übertragen. Die Rechtsprechungsgrundsätze über die Rechtmäßigkeit von Rechtsverletzungen infolge gutgläubiger Verfahrensinanspruchnahme müssen folglich auch dort gelten,195 weil andernfalls im Verhältnis zur Rechtfertigung Aktivbeteiligter ein Wertungswiderspruch bestünde196 und die gerichtliche Aufforderung zur Verteidigungsanzeige (§ 276 Abs. 1 Satz 1 ZPO) – nicht anders als nach Münzbergs Auffassung die Vollstreckbarkeitserklärung gem. §§ 708 ff. ZPO, wenn vorläufige Vollstreckung widerrechtliche Eingriffe hervorbringen könnte197 – eine Ermunterung zum Rechtsbruch enthielte.198 Wenn der Rechtfertigungsgrund der Verfahrensinanspruchnahme anzuerkennen ist, muss er folglich auf der Passivseite als Rechtfertigungsgrund der Verteidigung gegen die Klage gelten. Gilt der Rechtfertigungsgrund der Verteidigung gegen die Klage, so ist die pflichtwidrige Leistungsverweigerung des beklagten Schuldners rechtmäßig.199 Dieses Ergebnis steht indes im Konflikt mit dem Verzugsrecht. Gem. § 286 Abs. 1 Satz 2 BGB steht die Erhebung der Leistungsklage der Mahnung gleich; die Klageerhebung ist damit verzugsbegründend (§ 286 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Schuldner wird infolge der Klageerhebung schadensersatzpflichtig wegen Verzögerung der Leistung (§§ 280 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 286 BGB), es sei denn, die Leistungsverzögerung ist nicht rechtswidrig200 oder der Schuldner hat das Unterbleiben der Leistung nicht zu vertreten (§§ 280 Abs. 1 Satz 2, 286 Abs. 4 BGB). Gilt der Rechtfertigungsgrund der Verteidigung gegen 195

So auch BGH NJW 2004, 446. Bydlinski, JBl 1986, 626, 636; Zeiss, NJW 1967, 703, 704 f. A. A. Hellwig, NJW 1968, 1072, 1073: Verfahrensinanspruchnahme rechtfertige nur insoweit, als eine an sich rechtswidrige Lage (wie bei der aktiven Verfahrenseinleitung) erst durch das prozessuale Verhalten begründet würde. Im Fall, dass (wie beim Schuldnerverzug) zeitlich vor dem prozessualen Verhalten bereits eine rechtswidrige Lage bestand, sei keine rechtfertigende Wirkung der Verfahrensinanspruchnahme anzunehmen. – Die Unterscheidung zwischen der gerechtfertigten Begründung und der nicht gerechtfertigten Aufrechterhaltung einer „an sich rechtswidrige[n] Lage“ mittels Verfahrensinanspruchnahme ist zweifelhaft. Denn es müsste dann auch bei der Aktivbeteiligung unterschieden werden, ob das Verfahren ohne vorherige außergerichtliche Aufforderung des Verfahrensgegners eingeleitet wurde (Rechtfertigung), oder ob der Verfahrensgegner vor der Verfahrenseinleitung außerprozessual aufgefordert worden war (keine Rechtfertigung). 197 Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 10, Fn. 33. 198 Daran ändert die Einschränkung „wenn er sich gegen die Klage verteidigen wolle“ (§ 276 Abs. 1 Satz 1 ZPO), mit der die Verteidigungsanzeige ins Ermessen des Beklagten gestellt wird, nichts. Auch die vorläufige Vollstreckbarkeitserklärung hält den Gläubiger nicht zur Vollstreckung an, sondern stellt die Vollstreckung in sein Ermessen. 199 Bydlinski, JBl 1986, 626, 636. 200 Heinrichs, in: Palandt, § 286, Rn. 3; Zeiss, NJW 1967, 703, 704. 196

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die Klage, so endet die Verzugshaftung, sobald sich der Beklagte verfahrensordnungsgemäß gegen die Klage verteidigt, weil die Leistungsverweigerung nunmehr rechtmäßig ist. Damit würde die Klage des Gläubigers dem Schuldner folgenlose Leistungsverweigerung ermöglichen; er muss sich nur redlich verteidigen. Der Prozessverzug würde typischerweise nur wenige Tage zwischen Zustellung der Klageschrift und Verteidigungsanzeige dauern, vorprozessual begründeter Verzug würde typischerweise nach Klageerhebung kurzfristig beendet werden. Die daraus resultierende weitgehende Abschaffung des Prozessverzuges würde dem Zweck des Verzugsrechts zuwiderlaufen, den Schuldner zur Leistungserbringung anzuhalten, indem ihm die Folgen des Unterbleibens der Leistung zugerechnet werden; die Leistungsklage soll die Lage des Schuldners verschärfen, nicht entspannen. 201 Demnach ist die pflichtwidrige Leistungsverweigerung des beklagten Schuldners nicht rechtmäßig. Der Rechtfertigungsgrund der Verteidigung gegen die Klage widerspricht dem Recht des Schuldnerverzugs und ist nicht anzuerkennen. Folglich ist die Anerkennung der Rechtfertigung des Aktivbeteiligten widersprüchlich, 202 so, wie bereits die Rechtsprechung zur Verfahrensrechtmäßigkeit im allgemeinen einerseits und bei unberechtigter Schutzrechtsverwarnung203 sowie Vollstreckung in Drittvermögen 204 andererseits widersprüchlich ist, 205 und wie es widersprüchlich ist, wenn der BGH in der Konkursantragsentscheidung206 meint, es sei zwar erlaubt, einen Konkursantrag zu stellen, es sei dem Antragsteller aber verboten, über den gestellten Konkursantrag zu sprechen. Aus all dem folgt, dass der Rechtfertigungsgrund der Verfahrensinanspruchnahme im geltenden Recht keine Stütze findet, und dass er insgesamt nicht anzuerkennen ist. Scheinbare Ungereimtheiten (Ermunterung zum Rechtsbruch, Widersprüchlichkeit der Rechtsordnung) werden durch die im geltenden Recht verankerte Figur der Zweischichtigkeit des Rechts – prozessuale Befugnis zum Verfahrensbetrieb, keine materiellrechtliche Erlaubnis der Rechtsverletzung – ausgeräumt.

201 Ähnlich in den Fällen der §§ 818 Abs. 4, 989 BGB. Die Klageerhebung ist nicht haftungsrechtlich indifferent; sie soll den Beklagten bei Strafe der Schadensersatzpfl icht zu außerprozessualer Sorgfalt veranlassen, Baur, JZ 1962, 96; Hopt, S. 197, Fn. 2. 202 Konzen, S. 169, weist in diesem Zusammenhang zutreffend auf das Gebot der Gleichheit der Prozessparteien vor dem Richter hin. 203 BGHZ 38, 200; RG GRUR 1939, 787; RG GRUR 1931, 640. S. aber nunmehr BGH ZIP 2004, 1919 – dagegen BGHZ 164, 1. 204 BGHZ 118, 201, 205 ff.; BGHZ 67, 378, 382 f.; BGHZ 58, 207, 210, 213 f.; BGHZ 55, 20, 26; BGH WM 1965, 863, 864 f.; RGZ 156, 395, 400; RGZ 61, 430, 432; RG HRR 1940 Nr. 419; RG JW 1911, 368. Ferner A. Blomeyer, AcP 165 (1965), 481, 484 ff. 205 Baur, JZ 1962, 95 f.; Bydlinski, JBl 1986, 626, 636; Fenn, ZHR 132 (1969), 344, 360 f.; Götz, S. 56 ff., 75. 206 BGHZ 36, 18, 23 f.

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III. Staats- und Verfassungsrecht Staats- und verfassungsrechtliche Gründe könnten es gebieten, Rechtsverletzungen infolge Inanspruchnahme staatlicher Rechtspflegeverfahren als rechtmäßig zu beurteilen. 207 Die Rechtsprechung stellt auf das staatliche Gewaltmonopol und den Justizanspruch (1.) sowie die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege (2.) ab. 1. Staatliches Gewaltmonopol und Justizanspruch a) Gewaltmonopol und Selbsthilfeverbot, Schutzpfl icht und Justizanspruch Staat ist nur „diejenige menschliche Gemeinschaft, welche innerhalb eines bestimmten Gebietes . . . das Monopol legitimer physischer Gewaltsamkeit für sich (mit Erfolg) beansprucht“. 208 Das Gewaltmonopol konstituiert folglich den Staat. 209 Dem staatlichen Gewaltmonopol korrespondiert das umfassende Gewaltverbot für Private, das nur eng umrissene, staatlich zugelassene Ausnahmen kennt. Das Gewaltmonopol konstituiert den Staat nicht nur, es legitimiert ihn auch, indem es ihn befähigt, den inneren Frieden und die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten. Der Sicherungszweck des Staates verpfl ichtet ihn zur Durchsetzung des Gewaltverbots durch Unterbindung privater Gewalt zum Schutz des Lebens, des Eigentums, der Freiheit und weiterer durch den jeweiligen Stand der rechtlichen und zivilisatorischen Entwicklung bestimmter Rechtsgüter seiner Bürger. 210 Die Schutzpflicht ist das Korrelat der Friedenspflicht des Bürgers, auf der das Gewaltmonopol beruht. Private haben sich gegenüber dem Staat und untereinander körperlicher Gewalt zu enthalten und Konflikte in den Bahnen des Rechts in staatlichen Rechtsprechungsverfahren (staatliches Rechtsprechungsmonopol) 211 auszutragen. Daraus resultiert der Justizanspruch als rechtsstaatlicher Ausgleich für das Verbot, Richter in eigener Sache zu sein. 212 Die Vorhaltung qualifizierter Verfahren verbindlicher staatlicher Streitentscheidung und die Gewährleistung breiten und gleichmäßigen Zugangs zu solchen Verfahren, die für Streitigkeiten unter Privaten in der Zivilrechtspflege ausgeprägt sind, bilden als staatliche Pflicht und subjektives öffentliches Recht die Kehrseite des 207 Zur gebotenen Zurückhaltung bei regulierenden Eingriffen „in das dogmatisch hoch entwickelte und filigrane System des Zivil- und Zivilprozeßrechts . . . mit dem groben Raster der Verfassung“ Benda, ZZP 98 (1985), 365, 373 f.; Stürner, NJW 1979, 2334, 2338. 208 Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft, Studienausgabe 2. Halbband, 1964, S. 1043. 209 Isensee, in: Isensee/Kirchhof, § 15, Rn. 86. 210 Badura, Rn. H 23; Isensee, in: Isensee/Kirchhof, § 15, Rn. 91 f. 211 Einzelheiten s. Schilken, Gerichtsverfassung, Rn. 32 ff. 212 Isensee, in: Isensee/Kirchhof, § 15, Rn. 93. Zur komplexen Rechtsgrundlage des Justizanspruchs Scholz, in: Gedächtnisschrift für Eberhard Grabitz, S. 725, 727 ff.; Schilken, Gerichtsverfassung, Rn. 87.

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staatlichen Gewaltmonopols, der bürgerlichen Friedenspfl icht und des Selbsthilfeverbots. 213 Zum Justizanspruch gehört das Recht des Bürgers, in seinen Rechtsangelegenheiten ein Gericht anrufen zu können. Der Justizanspruch richtet sich gegen den Staat als Inhaber des Rechtsprechungsmonopols, und zwar gegen sämtliche Teile der Staatsgewalt, soweit deren Mitwirkung zur Justizgewährung erforderlich ist. 214 b) Gewaltmonopol In der Rechtsprechung wird die Auffassung vertreten, mit der Inanspruchnahme eines Rechtspflegeverfahrens einhergehende Rechtsverletzungen seien infolge des staatlichen Gewaltmonopols rechtmäßig. 215 Dabei klingt folgende Argumentation an. Das staatliche Gewaltmonopol schließt das Selbsthilfeverbot und die Friedenspflicht Privater ein. Zum Ausgleich stellt der Staat Rechtspflegeverfahren zur Verfügung. Es ist verboten, private Gewalt zu üben; es ist geboten, staatliche Rechtspflegeverfahren in Anspruch zu nehmen. Wer ein staatliches Rechtspflegeverfahren in Anspruch nimmt, der tut, wie ihm geheißen; er hält sich an das Selbsthilfeverbot, erfüllt die Friedenspflicht und achtet das staatliche Gewaltmonopol. Die Beachtung des Gewaltmonopols durch Selbsthilfeverzicht kann nicht als rechtswidrig bewertet werden. Diese Argumentation offenbart einen verengten Blickwinkel und versäumt eine maßgebliche Unterscheidung. Die Anerkennung des staatlichen Gewaltmonopols besteht im Selbsthilfeverzicht. Auf Selbsthilfe verzichtet, wer keine private Gewalt übt. Selbsthilfeverzicht äußert sich im Unterlassen privater Gewaltausübung, nicht in der Inanspruchnahme eines staatlichen Rechtspflegeverfahrens. Dem Selbsthilfeverbot genügt, wer von privater Gewaltausübung absieht, gleichgültig, ob er überhaupt stillhält, oder ob er stattdessen ein Rechtspflegeverfahren in Anspruch nimmt. Es besteht kein ausschließlicher Dualismus von Selbsthilfe oder Verfahrensinanspruchnahme. Tertium datur. Wer es vermeiden will, seine Angelegenheiten in die eigenen Hände zu nehmen, ist nicht gezwungen, ein Verfahren in Anspruch zu nehmen; 216 er kann auch stillhalten. Da die Beachtung des Selbsthilfeverbots die Inanspruchnahme eines staatlichen Verfahrens der Rechtspflege nicht bedingt, ist unter dem Blickwinkel des staatlichen Gewaltmonopols der Schluss von der Rechtswidrigkeit der Selbsthilfe auf die Rechtmäßigkeit der Verfahrensinanspruchnahme nicht begründet. Bei der Antwort auf die Frage, ob Verfahrensinanspruchnahme als Ausgleich des Selbsthilfeverbots rechtmäßig ist, ist vielmehr zwischen materiellrechtlich begründeter und materiellrechtlich unbegründeter Verfahrensinan213 214 215 216

Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, § 26, Rn. 70 ff. Schilken, Gerichtsverfassung, Rn. 88, 90 ff. BVerfGE 74, 257, 260 ff.; BGHZ 20, 169, 171 f. So aber offenbar Horn, GRUR 1971, 442, 447.

366 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren spruchnahme zu unterscheiden. Der Inhaber eines subjektiven Privatrechts steht, weil Selbsthilfe nicht in Frage kommt, vor der Alternative stillzuhalten oder sein Recht in einem Rechtspflegeverfahren zur Geltung zu bringen. Will er nicht auf die Durchsetzung seines Rechts verzichten, muss er das Verfahren in Anspruch nehmen. Der Staat kann es seinen Bürgern nicht verbieten, ihre Rechte durch Rechtspflegeverfahren zur Geltung zu bringen, wenn er ihnen die Selbsthilfe verbietet. Denn er würde dann seiner Schutzpflicht nicht genügen und könnte nicht auf Beachtung des Selbsthilfeverbots zählen. 217 Daher rechtfertigt materiellrechtlich begründete Verfahrensinanspruchnahme Rechtsverletzungen und Beeinträchtigungen, die mit ihr zwangsläufig einhergehen. Die Situation dessen, der kein subjektives Privatrecht hat (mit ihm ein Verfahren nicht begründen kann), unterscheidet sich grundlegend von der des Inhabers eines subjektiven Privatrechts. Wer kein Recht zur Geltung zu bringen hat, der soll kein materiellrechtlich unbegründetes Verfahren betreiben, sondern stillhalten. Denn mit dem Stillhalten verzichtet er – anders als ein Rechtsinhaber – auf nichts, was ihm zusteht. Mit der Verfahrensinanspruchnahme würde er es aber unternehmen, sich mit den Mitteln des Rechtsstaats zu verschaffen, was ihm nicht zusteht. Wer materiellrechtlich unbegründet ein Verfahren in Anspruch nimmt, hat auch keine Position, auf die sich eine staatliche Schutzpfl icht richtet. Dagegen hat der Verfahrensgegner ein schützenswertes Recht, von Schädigungen durch materiellrechtlich unbegründete Verfahrensinanspruchnahme unbehelligt zu bleiben. 218 Die Schutzpflicht des Staates gebietet es daher, die Konsequenzen materiellrechtlich unbegründeter Verfahrensinanspruchnahme als rechtswidrig zu beurteilen. Die grundlegende Unterschiedlichkeit materiellrechtlich begründeter und materiellrechtlich unbegründeter Verfahrensinanspruchnahme im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit und Rechtswidrigkeit einhergehender Rechtsverletzungen widerlegt auch das vom BGH wiederholt angeführte Argument, 219 Rechtsverletzungen durch materiellrechtlich unbegründete Verfahrensinanspruchnahme seien rechtmäßig, weil auch eine materiell berechtigte Einleitung und Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens typischerweise Schäden zur Folge haben könne, die über die mit der Rechtsverfolgung erstrebte Anspruchsdurchsetzung oder Sanktion hinausgehen könnten, und die der Gegner ersatzlos hinnehmen müsse, weil sie nicht widerrechtlich herbeigeführt seien. 220 217 Denn: „Der Zweck des Gehorsams ist der Schutz“, Hobbes, Thomas, Leviathan oder Stoff, Form und Gewalt eines kirchlichen und bürgerlichen Staates (Fetscher, Iring, Hrsg.), 1984, S. 171. 218 Ebenso Götz, S. 76, 88, 89: Vernachlässigung des Integritätsinteresses des Verfahrensgegners durch Haftungsprivilegierung materiellrechtlich unbegründeter Verfahrensinanspruchnahme. 219 BGH NJW 2004, 446, 447; BGHZ 154, 269, 272; BGHZ 74, 9, 14 f. 220 Dagegen auch Götz, S. 179.

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Wie verfehlt die einseitige Betonung der staatlichen Schutzpfl icht zugunsten materiellrechtlich unbegründeter Verfahrensinanspruchnahme ist, die den dem Verfahrensgegner zustehenden staatlichen Schutz völlig vernachlässigt, zeigt die Begründung des BVerfG für die Rechtmäßigkeit einer (nicht wissentlich unwahren und nicht leichtfertigen) unbegründeten Strafanzeige. Der zur Gewährleistung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege verpflichtete Rechtsstaat (Schutzpfl icht des Staates zur Gewährleistung des inneren Friedens und der Sicherheit seiner Bürger) könne bei der Strafverfolgung nicht auf Strafanzeigen verzichten. Die Strafanzeige eines Bürgers liege folglich im allgemeinen Interesse an der Aufklärung von Straftaten. Die Verurteilung eines gutgläubigen Anzeigeerstatters zum Schadensersatz stehe daher mit dem öffentlichen Interesse an unbeeinträchtigter Durchführung strafrechtlicher Ermittlungsverfahren in Widerspruch. Schon die Besorgnis des Anzeigenden, wegen seiner Äußerungen mit einer Schadensersatzklage überzogen zu werden, würde zu einer im Rechtsstaat nicht mehr hinnehmbaren Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege führen. 221 Ersichtlich will der Senat damit nicht zum Ausdruck bringen, an unbegründeten Strafanzeigen bestehe ein öffentliches Interesse. Unbegründete Strafanzeigen liegen nicht im öffentlichen Interesse. 222 Sie tragen nicht zur Aufdeckung von Straftaten bei, und aus ihnen resultierende unbegründete Strafverfahren verbrauchen staatliche Mittel, die besser eingesetzt worden wären, um mit der Durchführung begründeter Strafverfahren den strafrechtlichen Präventionszweck zu verwirklichen. Der Senat ist eher so zu verstehen, dass ein öffentliches Interesse an einer möglichst großen Zahl von Strafanzeigen besteht, 223 weil zu erwarten ist, dass mit der Zahl von Strafanzeigen auch die Zahl begründeter Anzeigen wächst. Um die Zahl von Strafanzeigen zu erhöhen oder hoch zu halten, müssten dem Bürger die Hemmungen vor Strafanzeigen genommen werden. Solche Hemmungen werden ihm wirkungsvoll genommen, wenn er von der Verantwortung für seine Anzeige entlastet wird. Auf diese Weise wird der unbegründet Angezeigte unter dem Mantel staatlichen Schutzes des Anzeigenden zur Verfügungsmasse der Staatsraison: Rechtsverletzungen infolge unbegründeter Strafanzeigen sind hinzunehmen, weil der Staat dann andernorts (womöglich) wirkungsvoller Strafverfolgung betreiben kann. Zu befürchten ist allerdings, dass mit der Anzeigefreudigkeit Denunziantentum und Blockwartmentalitäten gefördert werden. 224 Es ist zu erwarten, dass sich der Prozentsatz unbegründeter Anzei221

BVerfGE 74, 257, 260 ff. Ähnlich BGH NJW 1962, 243, 245; Hopt, S. 182 ff. A. A. Hopt, S. 182: Der Staat habe ein Interesse an Strafanzeigen „auch dann, wenn diese fragwürdig sind und sich möglicherweise später als haltlos und aus der Luft gegriffen herausstellen“. 223 Zum öffentlichen Interesse – Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege – an Strafanzeigen s. Koch, NJW 2005, 943. 224 Ebenso Esser, ZZP 83 (1970), 348, 351; Sturm, JR 1972, 43, 44, Fn. 3. 222

368 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren gen erhöht, wenn die Besorgnis zivilrechtlicher Verantwortlichkeit für die Anzeige entfällt. Jedenfalls werden begründete Strafanzeigen, die nicht erhoben zu werden pflegen, auf die der Staat aber besonders angewiesen ist (z. B. bei Straftaten aus dem Bereich der organisierten Kriminalität), nicht deshalb häufiger erhoben werden, weil der Anzeigende nicht haften würde, wenn die Anzeige unbegründet wäre. Es gilt also auch hier, dass unbegründete Strafanzeigen unterbleiben sollen, und dass kein begründeter Anlass besteht, dem unbegründet Angezeigten den zivilrechtlichen Schutz seiner Rechte zu entziehen. c) Justizanspruch Den Justizanspruch zieht die Rechtsprechung heran, wenn sie meint, mit der Inanspruchnahme eines Rechtspflegeverfahrens einhergehende Rechtsverletzungen dürften nicht als rechtswidrig angesehen werden, weil der freie und ungehinderte Zugang zu den staatlichen Rechtspflegeverfahren unzulässig behindert und die Führung eines Rechtsstreits übermäßig erschwert wäre, wenn den Rechtsschutzsuchenden ein Haftungsrisiko träfe. 225 Wer Rechtsschutz sucht, der könne vielfach nicht wissen, ob sein Begehr sich als begründet herausstellen wird, und er könnte durch ein Haftungsrisiko für materiellrechtlich unbegründete Verfahrensinanspruchnahme davon abgehalten werden, das Verfahren in Anspruch zu nehmen. An dieser Erwägung trifft zu, dass sich ein Verfahren leichteren Herzens in Anspruch nehmen lässt, wenn mit der Verfahrensinanspruchnahme keine Verantwortung verbunden ist. Mit der Auferlegung von Verantwortung für die materiellrechtliche Begründetheit eines Verfahrens wird der Verfahrenszugang allerdings nicht unzulässig erschwert. Es ist der zivilprozessrechtliche Regelfall, dass materiellrechtlich unbegründeter Verfahrensbetrieb Kostenfolgen hat (§§ 91 ff. ZPO), und in einer Vielzahl von Fällen knüpft das Gesetz an materiellrechtlich unbegründeten Verfahrensbetrieb Haftungsfolgen (§§ 302 Abs. 4 Satz 3, 600 Abs. 2, 717 Abs. 2, 3, 945, 1041 Abs. 4, 1065 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Durch diese Regelungen wird das Recht auf Verfahrenszugang nicht übermäßig beschnitten. 226 Angestoßen durch eine Abhandlung Fechners 227 herrschte vor allem in den Siebzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts eine lebhafte Diskussion über die Auswirkung der zivilprozessualen Kostenverantwortung auf den Zugang 225 BVerfGE 74, 257, 260 ff.; BGH Rpfleger 2005, 135; BGHZ 154, 269, 272 f.; BGHZ 74, 9, 14 f., 17; BGH NJW 1962, 243, 244; BGH DB 1973, 813 f.; OLG Köln MDR 1965, 134, 135. Ferner Altmeppen, ZIP 1996, 168, 170 (unter Hinweis auf Art. 103 Abs. 1 GG); Diehl, ZfS 2004, 111; Hellwig, NJW 1968, 1072, 1073; Larenz/Canaris, S. 462; Steffen, in: RGRK, Vor § 823, Rn. 53; Sturm, JR 1972, 43, 44. Differenzierend Hopt, S. 161 f., 194 f. Dagegen Fenn, ZHR 132 (1969), 344, 357 f.; Lindemann, S. 139. 226 Hopt, S. 193. Ferner Götz, S. 98 ff., der – unter Hinweis auf empirische Studien – den Kostenfolgen erfolglosen Verfahrensbetriebs eine abschreckende Wirkung abspricht. 227 Fechner, JZ 1969, 349 ff.

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zur Rechtspflege. 228 Dabei wurden erhebliche (verfassungsrechtlich motivierte) rechtspolitische und verfassungsrechtliche Bedenken gegen die §§ 91 ff. ZPO laut, die sich überwiegend auf die soziale, demokratische und gesellschaftspolitische Funktion des Zivilprozesses sowie auf die Gleichheit vor dem Gesetz stützten. Bei aller Verbesserungsbedürftigkeit zivilprozessualer Kostenregelungen in Einzelfragen kann deren Beurteilung als grundlegend verfassungswidrig nicht überzeugen. Zwar darf der Zugang zum Gericht nicht durch unzumutbare Hindernisse erschwert werden, zu denen auch ein unverhältnismäßiges Kostenrisiko zählt. 229 Außerdem gebietet der Justizanspruch einen berechenbaren Zugang zu den Gerichten. 230 Es ist aber zulässig, dass die Inanspruchnahme staatlicher Gerichte Kosten verursacht. 231 Dabei ist es wohlbegründet, die Kostenverantwortung an den Prozessausgang zu knüpfen. Zum einen soll Kostenverantwortung übertriebener Prozessfreudigkeit entgegenwirken und aussichtslosen Verfahrensbetrieb verhüten. 232 Dies gilt auf der Aktiv- wie auf der Passivseite. Auf der Aktivseite wird der Neigung entgegengewirkt, dubiose Forderungen aufs Geratewohl gerichtlich geltend zu machen. Auf der Passivseite wird die Erkenntnis befördert, dass freiwillige Erfüllung bestehender Ansprüche billiger kommt als Erfüllung nach einem Prozess. Im übrigen entspricht die Kostenverantwortung nach Maßgabe des Prozessausgangs dem Nettoprinzip, wonach der erfolgreiche Verfahrensstandpunkt nicht durch Kostenlasten entwertet werden soll. Das Recht des obsiegenden Klägers soll durch Prozesskosten ungeschmälert bleiben, und die Leistungsfreiheit des obsiegenden Beklagten soll nicht durch Aufwendungen für die Verteidigung getrübt werden. Das Nettoprinzip trägt damit zur Verwirklichung des Justizanspruchs bei. Das Risiko, eigene Kosten tragen zu müssen, wenn das Verfahren begründet betrieben wird, kann den Zugang zur Rechtspflege so sehr behindern wie die Kostenverantwortung bei unbegründetem Verfahrensbetrieb. Die absehbaren Kosten, die ein Kläger aufzuwenden hat, um ein Recht gerichtlich durchzusetzen (Gerichtskostenvorschuss, Anwaltskosten, Gutachterkosten, Spesen usw.), können den Wert des Rechts übersteigen. Das gleiche gilt für Kosten, die ein Beklagter zur Abwehr eines unbegründeten Anspruchs aufzuwenden hat. Ohne Kostenverantwortung des unterliegenden Teils würden das Interesse des Kläger an der Verfolgung seines Rechts und das Interesse des Beklagten an der Verteidigung gegen unbegründete Inanspruchnahme mit steigenden Kosten stetig verringert und schließlich entfallen. Es würde sich nicht mehr lohnen, zur Geltendma228 S. Bauer, VersR 1973, 110 ff.; Baumgärtel, Zugang zum Recht, S. 121 ff.; Bokelmann, ZRP 1973, 164 ff.; Däubler, BB 1969, 545 ff.; Herrmann, S. 21 ff.; Kissel, in: Festschrift für Gerhard Schiedermair, S. 313, 314 ff.; Pawlowski, JZ 1975, 197 ff. 229 BVerfGE 85, 337, 345 ff. 230 BVerfGE 79, 372, 377; BVerfGE 74, 228, 234. 231 BVerfGE 10, 264, 268. 232 Baumgärtel, Zugang zum Recht, S. 124, 125; Berger, KTS 2004, 185, 190; Bork, in: Stein/Jonas, vor § 91, Rn. 4.

370 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren chung eines Rechts oder zur Abwehr unbegründeter Inanspruchnahme ein Verfahren zu betreiben. Unter dem Blickwinkel des Justizanspruchs ist Kostenverantwortung im Unterliegensfall mithin ambivalent. Das Kostenrisiko im Unterliegensfall schreckt vom Verfahrensbetrieb ab, fehlende Kostenverantwortung vernichtet das Interesse am Verfahrensbetrieb. Fehlende Kostenverantwortung verwirklicht den Justizanspruch nicht besser als Kostenverantwortung. Aus diesem Grunde, und weil das Kriterium des erfolgreichen Rechtsstandpunktes sachgerecht und von legitimen Zwecksetzungen begleitet ist, widerspricht die Anknüpfung des Kostenverantwortung an erfolglosen Verfahrensbetrieb nicht dem Justizanspruch. Die Vereinbarkeit prozessualer Kostenverantwortung bei erfolglosem Verfahrensbetrieb mit dem Justizanspruch zieht die These in Zweifel, mit dem Betrieb eines Rechtspflegeverfahrens einhergehende Rechtsverletzungen dürften nicht als rechtswidrig angesehen werden, weil das Risiko einer daraus resultierenden Verschuldenshaftung den Verfahrenszugang unzulässig behindern und die Führung eines Rechtsstreits übermäßig erschweren würde. Die Gründe für die Vereinbarkeit der Kostenverantwortung mit dem Justizanspruch treffen im wesentlichen auch auf die Verschuldenshaftung infolge Verfahrensbetriebs zu (sub D. III. 2. b)), und die These ist zumal zweifelhaft vor dem Hintergrund der Vorschriften über die Risikohaftung wegen prozessualer Veranlassung (§§ 302 Abs. 4 Satz 3, 600 Abs. 2, 717 Abs. 2, 3, 945, 1041 Abs. 4, 1065 Abs. 2 Satz 2 ZPO) und ihrer Rezeption in Rechtsprechung und Schrifttum. Die Vorschriften bedrohen die durch den Justizanspruch in Gestalt des Vollstreckungsanspruchs verbürgte Inanspruchnahme von Vollstreckungsverfahren 233 mit Haftung. Das Haftungsrisiko der Risikohaftung schreckt in gleicher Weise von der Inanspruchnahme des Vollstreckungsverfahrens ab wie die Kostenverantwortung von der Klageerhebung abhält und überhaupt jegliches Haftungsrisiko von der Verfahrensinanspruchnahme abschreckt. So gab auch die Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung seit jeher Anlass zu rechtspolitischen Bedenken. 234 Dennoch trifft Hopts235 Erkenntnis aus dem Jahr 1968, dass „[d]ie Verfassungsmäßigkeit der §§ 717 II, 945 etc. ZPO . . . bisher noch nicht ernstlich bestritten worden“ ist, auch heute noch zu. 236 Das Schweigen der Rechtsprechung und des Schrifttums zur verfassungsrechtlichen Beurteilung der Risikohaftung ist beredt. Der Justizanspruch entbindet nicht von Verantwortung für die Inanspruchnahme eines Verfahrens der Rechtspflege und steht einer Beurteilung von 233

Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 69 ff.; Schilken, Gerichtsverfassung, Rn. 89. Z. B. Baumbach/Lauterbach, § 717, Rn. 2, 6; Herget, in: Zöller, § 717, Rn. 3; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 13; Rosenberg, S. 907. N. zum älteren Schrifttum bei Pecher, S. 41, Fn. 3. 235 Hopt, S. 193, Fn. 5. Zustimmend Fenn, ZHR 132 (1969), 344, 358. 236 S. zuletzt Werner, in: Buchegger, S. 163, 177: „Die Übereinstimmung des § 717/2 dZPO mit dem Grundgesetz wird heute nicht in Zweifel gezogen“. Ferner Lindemann, S. 87. 234

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Rechtsverletzungen infolge materiellrechtlich unbegründeter Verfahrensinanspruchnahme als rechtswidrig nicht entgegen. Für das zur Verfahrensführung gebotene Vorbringen schaffen § 824 Abs. 2 BGB und § 193 StGB die nötige Äußerungsfreiheit. 237 2. Funktionsfähigkeit der Rechtspfl ege Die Beurteilung von Rechtsverletzungen infolge Verfahrensinanspruchnahme als rechtswidrig soll im Konflikt stehen mit den Erfordernissen sachgerechten Funktionierens der Rechtspflege, 238 der gesetzlich geordneten Funktions- und Kompetenzverteilung in der Rechtspflege 239 sowie der Funktionsfähigkeit von Mitteln der Rechtsfindung. 240 a) Parallel- und Folgeverfahren Gemeinsamer Grund dieser Bedenken ist die Befürchtung der Verfahrensvervielfachung. Wenn Rechtsverletzungen infolge Verfahrensinanspruchnahme rechtswidrig sind, dann können gegen die Verfahrensinanspruchnahme und ihre Wirkungen gerichtete Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüche bestehen, die in Parallel- und Folgeverfahren zur Geltung gebracht werden können. Daraus resultierende Abhängigkeiten, Einflussnahmen, Vorgriffe und Verschränkungen seien der Rechtspflege abträglich und daher zu vermeiden – indem den Ansprüchen, die zu Parallel- und Folgeverfahren führen können, dadurch die Grundlage entzogen wird, dass die abzuwehrenden oder wiedergutzumachenden Rechtsverletzungen für rechtmäßig erklärt werden. Die Erwägungen sind fragwürdig. Parallel- und Folgeverfahren sind in der Rechtspflege an der Tagesordnung: Verkehrsunfälle führen zu parallelen Zivilprozessen und Strafverfahren, Strafanzeigen werden mit Gegenanzeigen wegen Verleumdung oder falscher Verdächtigung (durch die erste Strafanzeige) gekontert, Rechtsanwälte werden wegen mangelhafter Prozessführung in Regress genommen, während eines Hauptsacheverfahrens wird ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes durchgeführt, usw. Derlei darf die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege nicht in Frage stellen; die Rechtspflege hat dergleichen zu be237 BGH NJW 1965, 294, 295; RGZ 140, 392, 397 ff.; OLG München NJW-RR 2001, 765; OLG Hamburg MDR 1947, 266; Baumgärtel, in: Festschrift für Hans Schima, S. 41, 56 f.; Götz, S. 187 f.; Hellwig, NJW 1968, 1072, 1074; Hopt, S. 232 ff.; Weitnauer, AcP 170 (1970), 437, 447. Ferner Fritzsche, S. 144; Piekenbrock, JZ 2006, 586, 590. 238 BGH Rpfleger 2005, 135; BGH NJW 1977, 1681, 1682; BGH NJW 1971, 284; BGH NJW 1969, 463; Hager, in: Staudinger, § 823, Rn. H 19. 239 BGH NJW 1977, 1681, 1682; BGH NJW 1971, 1749; BGH NJW 1965, 1803. Steffen, in: RGRK, Vor § 823, Rn. 53. 240 BGH DB 1973, 813; BGH NJW 1962, 243, 244.

372 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren wältigen. 241 Im Zivilprozess können Verbindung (§ 147 ZPO) und Aussetzung (§ 148 ZPO) helfen, die richterliche Unabhängigkeit soll faktischer Einflussnahme eines Parallelverfahrens auf die Entscheidung entgegenwirken. Außerdem gebietet das Prozessrecht nicht unbedingte Widerspruchsfreiheit von Entscheidungen (sondern nur in den Grenzen der materiellen Rechtskraft, § 322 Abs. 1 ZPO, 242 und der Nebeninterventionswirkung, § 68 ZPO). Die Verpöntheit verfahrensdurchkreuzender Zweitverfahren kontrastiert im übrigen das geltende Zivilprozessrecht, das sich dieses Mittels gerade zur Herstellung der Funktionsfähigkeit (materiellrechtlich unbegründeter und daher dysfunktionaler) Erstverfahren bedient, und zwar mit der Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO). Mit Entscheidungen im Drittwiderspruchsrechtsstreit kann auf ein anderes, laufendes zivilprozessuales Verfahren Einfluss genommen und damit die Funktionsfähigkeit des beeinflussten Verfahrens (durch Beschränkung auf schuldnereigenes Vermögen) hergestellt werden, soweit es materiellrechtlich unbegründet betrieben wird. Die gleiche Wirkungsweise wie die Intervention gem. § 771 ZPO haben Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche, die gegen Rechtsverletzungen durch materiellrechtlich unbegründete (laufende) Verfahrensinanspruchnahme gerichtet sind. 243 Negatorische Ansprüche sind in einem Zweitverfahren geltend zu machen. Mittels einer Entscheidung im diesem Verfahren kann der Unterlassungs- und Beseitigungsgläubiger sodann auf das laufende Verfahren einwirken. Angesichts der gleichartigen Wirkungsweise von Drittwiderspruchsrechtsstreit und verfahrensdurchkreuzendem negatorischem Anspruch bedarf es der Begründung, warum eine im Zivilprozessrecht verankerte (§ 771 ZPO) Funktionalisierung der Rechtspflege bei verfahrensdurchkreuzenden negatorischen Ansprüchen abträglich sein soll. Selbst wenn und soweit das Postulat der Vermeidung mehrfacher Verfahren anzuerkennen sein sollte (weil Uferlosigkeit zu befürchten ist), wäre es nicht systemgerecht, durch materiellrechtliche Rechtfertigung Abhilfe zu schaffen. Verfahrensmäßige Zweckmäßigkeitsfragen sind auf der Ebene des Verfahrensrechts und mit dessen Instrumentarium zu lösen, wie dies zuletzt auch der BGH244 unternommen hat. Die Frage der Verfahrensüberschneidung mag das Rechtsschutzinteresse, 245 die Klagbarkeit 246 oder Vorrangregeln für bestimmte Verfahrensarten (Spezialität) und damit die Zulässigkeit des Zweitverfahrens 241

Ebenso Götz, S. 103. Zu diesem Gesichtspunkt auch Piekenbrock, JZ 2006, 586, 590. 243 S. 250 f. 244 BGHZ 164, 1, 7 (Ausschluss der Unterlassungsklage gegen die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen als „rein prozessuales Privileg“); BGH NJW 1986, 2502, 2503. Dagegen Helle, NJW 1987, 233. 245 Fenn, ZHR 132 (1969), 344, 349 f.; Hopt, S. 301 ff.; Stolz, S. 111; Thole, S. 164 f.; Weitnauer, JZ 1962, 489 f. Ferner Fritzsche, S. 144 f. unter Hinweis auf die Verfahrensökonomie. 246 Baumgärtel, in: Festschrift für Hans Schima, S. 41, 46 ff.; J. Blomeyer, S. 53; Walter, JZ 1986, 614, 618. 242

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betreffen, nicht aber die Rechtmäßigkeit oder Widerrechtlichkeit der Rechtsverletzung infolge des Erstverfahrens. Im übrigen droht die Beurteilung von Rechtsverletzungen infolge materiellrechtlich unbegründeter Verfahrensinanspruchnahme als rechtswidrig nicht, die materielle Rechtskraft auszuhöhlen. Parallel- und Folgeverfahren geraten mit der Rechtskraft des Urteils im Ausgangsverfahren regelmäßig nicht in Konflikt. Wo ein solcher Konflikt besteht, geht die Rechtskraft vor, und die zweite Klage ist wegen entgegenstehender Rechtskraft als unzulässig (nicht: mangels Rechtswidrigkeit der vorausgegangenen Rechtsverletzung als unbegründet) abzuweisen. 247 b) Verfahrenszwecke Die Funktionsfähigkeit von Rechtspflegeverfahren ist anhand der Verfahrenszwecke zu bestimmen. Wenn die Verfahrenszwecke (so gut wie möglich) erreichbar sind, ist das betreffende Verfahren funktionsfähig. Es ist folglich festzustellen, ob die Beurteilung von Rechtsverletzungen infolge materiellrechtlich unbegründeter Verfahrensinanspruchnahme als rechtswidrig die Verwirklichung der jeweiligen Verfahrenszwecke gefährdet oder fördert. Zu untersuchen sind das zivilprozessuale Erkenntnisverfahren, die Einzelzwangsvollstreckung sowie die zivilprozessualen Eilverfahren (§§ 771 Abs. 3, 769, 916 ff. ZPO). Die Meinungen über den Zweck des zivilprozessualen Erkenntnisverfahrens gehen auseinander. Verschiedene Verfahrenszwecke schließen einander nicht zwingend aus. Wo die Verwirklichung unterschiedlicher Zwecke in Konfl ikt gerät, bedarf es allerdings einer Rangfolge der Zwecke. Ausgangspunkt der Zweckbestimmung ist das staatliche Gewaltmonopol, das an die Stelle der Selbsthilfe zur Durchsetzung privater Rechte gerichtlichen Rechtsschutz setzt, zu dem das zivilprozessuale Erkenntnisverfahren gehört. Das zivilprozessuale Erkenntnisverfahren soll es ermöglichen, behauptete private Rechte oder Rechtsverhältnisse zu überprüfen, mit dem Ziel, über ihren Bestand verbindlich zu entscheiden. Damit bezweckt das Verfahren, zur Verwirklichung subjektiver privater Rechte (des Klägers) zu verhelfen und ungerechtfertigte Inanspruchnahme (des Beklagten) zu verhindern. Vorrangiger Zweck des zivilprozessualen Erkenntnisverfahrens ist es damit, materielle Gerechtigkeit im Einzelfall bei der Feststellung und Verwirklichung subjektiver Rechte zu gewährleisten. 248 Einen weiteren Zweck des zivilprozessualen Erkenntnisver-

247

Götz, S. 104 ff.; Häsemeyer, S. 70 f.; Hopt, S. 294 ff. Baumgärtel, in: Festschrift für Hans Schima, S. 41, 57; Bruns, S. 4; Gaul, in: Maximen, S. 68, 78 f.; ders., AcP 168 (1968), 27, 48; Götz, S. 90 ff.; Meyer, JR 2004, 1, 3, 6; Rosenberg/ Schwab/Gottwald, S. 2 f.; Schilken, Zivilprozess, Rn. 9 f. Zur Revision BVerfG NJW 2004, 1371; BVerfG NJW 1981, 39; BVerfG NJW 1979, 151; v. Mettenheim, NJW 2004, 1511 ff. 248

374 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren fahrens soll die Wahrung des Rechtsfriedens bilden. 249 Dies ist insoweit zutreffend, als Streitentscheidung Rechtsfrieden herbeiführt. Allerdings ist eine Befriedung der Parteien nur auf der Grundlage angestrebter materieller Gerechtigkeit möglich. Die Parteien begehren typischerweise in erster Linie Recht, nicht Befriedung. Der Befriedungszweck ist folglich zwar anzuerkennen, aber nicht als primärer Verfahrenszweck, der dem Zweck der Gewährleistung materieller Gerechtigkeit bei der Verwirklichung subjektiver Rechte voroder auch nur gleichrangig wäre. 250 Ähnlich verhält es sich mit der Konfliktlösung251 und dem gleichberechtigten Dialog zwischen den Parteien. 252 Diese Gesichtspunkte bilden keine eigenständigen Prozesszwecke, sondern sind bei der Verfolgung des primären Verfahrenszwecks zu beachten. 253 Auch die Herstellung von Rechtssicherheit – ein Zweck, der im Zusammenhang mit unbegründetem Verfahrensbetrieb in den Vordergrund gestellt wird 254 – ist der Verwirklichung materieller Gerechtigkeit als Prozesszweck untergeordnet. 255 Schließlich ist die Funktion des Zivilprozesses zur Sozialgestaltung256 ebenfalls der Verwirklichung subjektiver Rechte nachrangig, weil der Richter an Gesetz und Recht gebunden ist (Art. 20 Abs. 3 GG). 257 Zweckerreichung des zivilprozessualen Erkenntnisverfahrens ist folglich am besten gewährleistet, wenn dem materiellen Recht am besten zur Geltung verholfen wird und dabei die untergeordneten Zwecke so gut wie möglich berücksichtigt werden. Die Förderung von Nebenzwecken darf nicht auf Kosten der Verwirklichung des materiellen Rechts gehen. In der Einzelzwangsvollstreckung sollen staatliche Machtmittel zur Durchsetzung oder Sicherung privatrechtlicher Ansprüche verhelfen. Zwangsvollstreckung soll einen vollständigen Rechtsschutz und die Durchsetzung des Rechts des Gläubigers gewährleisten. Zweck der Zwangsvollstreckung ist die Befriedigung der titulierten Ansprüche des Gläubigers. 258

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Sax, ZZP 67 (1954), 21 ff. Dazu ausführlich Gaul, AcP 168 (1968), 27, 57 ff.; Pawlowski, ZZP 80 (1967), 345, 361 ff. 250 Gaul, in: Maximen, S. 68, 83 f.; ders., AcP 168 (1968), 27, 59; Pawlowski, ZZP 80 (1967), 345, 361 ff.; Schilken, Zivilprozess, Rn. 12 f. 251 M. Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, S. 37 ff. 252 Gottwald, ZZP 98 (1985), 113, 122 ff.; Inoue, ZZP 98 (1985), 378 ff. 253 Klicka, ZZP 114 (2001), 523, 524; Rosenberg/Schwab/Gottwald, S. 4; Schilken, Zivilprozess, Rn. 15. 254 Z. B. Horn, GRUR 1971, 442, 447. Gegen eine aus dem Verfahrenszweck der Herstellung von Rechtssicherheit resultierende Haftungsprivilegierung unbegründeten Verfahrensbetriebs Götz, S. 94 f. 255 Götz, S. 92; Schilken, Zivilprozess, Rn. 15. 256 E. Schmidt, Zweck, S. 31 ff.; M. Wolf, Gerichtsverfassungsrecht, S. 35 ff. 257 Schilken, Zivilprozessrecht, Rn. 16. 258 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 1 ff.; ders., ZZP 112 (1999), 135, 150; Lackmann, in: Musielak, Vor § 704, Rn. 1.

D. Kritik der Rechtsprechung

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Eilrechtsschutz soll die Effektivität des Hauptsacheverfahrens absichern, indem dem Gläubiger bei zeitlicher Dringlichkeit in einem beschleunigten Verfahren und bei Vereitelungsgefahr in einem den Schuldner überraschenden Verfahren einstweiliger Rechtsschutz gewährt wird. Eilrechtsschutz hat folglich eine dienende Funktion gegenüber dem Hauptsacherechtsschutz und bezweckt damit mittelbar die Verwirklichung des materiellen Rechts. 259 Zivilprozessrechtliche Rechtspflegeverfahren bezwecken mithin durchweg die Verwirklichung des materiellen Rechts. Die Funktionsfähigkeit dieser Verfahren bemisst sich folglich an ihrer Eignung, dem materiellen Recht zur Geltung zu verhelfen. Unter dem Blickwinkel der materiellen Rechtsverwirklichung bestehen allenfalls zwei Bedenken gegen die Rechtswidrigkeit von Rechtsverletzungen infolge materiellrechtlich unbegründeter Inanspruchnahme zivilprozessualer Rechtspflegeverfahren. Wer sich aus Sorge um Haftung nicht traut, ein Verfahren in Anspruch zu nehmen (Zugangshemmnis), dessen subjektives Recht kann von vornherein nicht verwirklicht werden, und wenn durch Parallelverfahren die Durchführung des Ausgangsverfahrens behindert wird (Verfahrensvervielfachung), kann die materielle Rechtsverwirklichung darunter leiden. Diese Bedenken sind, wie erinnerlich (sub D. III. 1. c), 2. a)), nicht tragfähig. Der Gesichtspunkt materieller Rechtsverwirklichung spricht vielmehr für die Rechtswidrigkeit von Rechtsverletzungen infolge materiellrechtlich unbegründeter Inanspruchnahme zivilprozessualer Verfahren. Als Grundlage von Ersatzansprüchen der Verschuldenshaftung wirkt die Rechtswidrigkeit Schmälerungen der Rechtsposition des Verfahrensgegners entgegen (Nettoprinzip). 260 Als Ausschlussgrund für Ersatzansprüche nimmt dagegen das Rechtmäßigkeitsurteil Schmälerungen der Rechtsposition des Verfahrensgegners in Kauf. Wer einen Anspruch mit zivilprozessualen Mitteln sichern, titulieren und durchsetzen lassen muss, und dann Nachteile ersatzlos tragen muss, die daraus resultieren, dass der Schuldner materiellrechtlich pfl ichtwidrig zivilprozessuale Mittel zur Verteidigung in Anspruch genommen hat (anstatt anstandslos zu erfüllen), dessen Anspruch ist um die ersatzlosen Nachteile entwertet. Wer sich gegen materiellrechtlich unbegründete zivilprozessuale Inanspruchnahme verteidigt, dessen Rechtsposition (unbehelligt zu bleiben) ist entwertet, wenn er Nachteile ersatzlos zu tragen hat, die ihm daraus entstanden sind, dass der Gegner materiellrechtlich unbegründet ein Verfahren angestrengt hat (anstatt stillzuhalten). Das Nettoprinzip, wonach Rechtspositionen ungeschmälert bleiben sollen, fördert die Rechtsverwirklichung und damit die Funktionsfähigkeit zivilprozessualer Verfahren. Daher fördert die Beurteilung durch materiellrechtlich unbegründete Verfahrensinanspruchnahme verur259

Walker, Rn. 65; ders. in: Schuschke/Walker, Vor § 916, Rn. 2 f. Zum elementaren Interesse des Verfahrensgegners an der Schadloshaltung Hopt, S. 160 f. 260

376 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren sachter Rechtsverletzungen als rechtswidrig die Funktionsfähigkeit zivilprozessualer Verfahren. Hinzu kommt, dass das Verfahren gegen Haftung versichert (zum Preis der Verfahrenskosten), wenn verfahrensverursachte Rechtsverletzungen rechtmäßig sind, die widerrechtlich sind, wenn sie ceteris paribus ohne Verfahrensinanspruchnahme herbeigeführt werden. Es besteht dann ein starker Anreiz, im Zweifel sofort Klage zu erheben, anstatt, wie gerade in Zweifelsfällen grundsätzlich angezeigt, 261 bedächtig vorzugehen und zunächst die außergerichtliche Verständigung zu suchen. Das schwerste Geschütz wird zur ersten Wahl. Diese Konsequenz ist fragwürdig262 und steht im Widerspruch zum Ausbau des Schlichtungsgedankens durch Förderung außergerichtlicher Streitbeilegung, der nicht nur in der Praxis (Mediation) 263 , sondern auch in der Gesetzgebung (§ 15a EGZPO) 264 betrieben wird. Die in § 15a EGZPO zum Ausdruck gelangte Zwecksetzung, außerprozessuale Verständigung zu fördern, 265 veranlasst es, Verletzungen infolge materiellrechtlich unbegründeter Verfahrensinanspruchnahme keine Haftungsprivilegierung durch Rechtmäßigkeit kraft Verfahrensbetriebs zukommen zu lassen.

IV. Verfahrensrechtlicher Schutz des Gegners Rechtsverletzungen durch (gutgläubige) materiellrechtlich unbegründete Verfahrensinanspruchnahme sollen rechtmäßig sein, weil das Verfahren nach Maßgabe seiner gesetzlichen Ausgestaltung regelmäßig den Schutz des Verfahrensgegners gewährleistet (Sach- und Rechtsprüfung durch das Gericht, rechtliches Gehör und Verteidigungsmöglichkeiten des Verfahrensgegners usw. sowie Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung). 266 Zwei aus dieser Erwägung abgeleitete Folgerungen, die in der Rechtsprechung anzutreffen sind, scheinen im Spannungsverhältnis zu stehen. Einerseits soll bei unzurei261

Fenn, ZHR 132 (1969), 344, 366; Weitnauer, AcP 170 (1970), 437, 444. Baur, JZ 1962, 95 f. 263 Haft/Gräfi n v. Schlieffen, in: dies., S. XIII: „hat die Mediation auch hierzulande längst die Schwelle vom Experiment zur Institution überschritten. Aus der aufsehenerregenden Alternative zum Gerichtsweg wurde eine unentbehrliche Option für die unterschiedlichsten Formen der Konfl iktbewältigung, deren Sinn und Nutzen niemand mehr grundsätzlich bezweifelt“. 264 Dazu Oberheim, S. 4: „Besser als eine Entscheidung des Gerichts kann eine Befriedung des Streits durch eine einvernehmliche Einigung herbeigeführt werden. Eine solche Form der Konfl iktlösung ist schneller, billiger und dauerhaft erfolgversprechender als eine streitige Entscheidung“. 265 Zur rechtspolitischen Verfehltheit der Regelung Lauer, NJW 2004, 1280. 266 BVerfGE 74, 257, 261 f.; BGH ZIP 2004, 1919, 1920; BGH NJW 2004, 446, 447; BGHZ 154, 269, 272; BGHZ 95, 10, 18 ff.; BGHZ 74, 9, 16 f.; BGHZ 36, 18, 20 f.; BGH NJW 1986, 2502, 2503; BGH NJW 1978, 751, 753; BGH NJW 1977, 1681, 1682; BGH NJW 1962, 243, 244; KG NJW 1973, 860. 262

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chendem verfahrensmäßigem Schutz uneingeschränkter deliktischer Schutz bestehen. 267 Andererseits sei die Unvollkommenheit verfahrensmäßigen Schutzes im Gesetz angelegt; Rechtsverletzungen infolge materiellrechtlich unbegründeter Verfahrensinanspruchnahme müssten dann (bis zur Grenze der sittenwidrigen Schädigung) als unerwünschte Nebenfolgen 268 hingenommen werden. 269 1. Strukturell fragmentarischer und strukturell unzulänglicher verfahrensrechtlicher Schutz Das Spannungsverhältnis kann aufgelöst werden. Verfahrensmäßiger Schutz ist in zweierlei Hinsicht nicht umfassend. Zum einen sind verfahrensmäßige Schutzmechanismen fragmentarisch über das Prozessrecht verstreut. Sie sind in bestimmten Verfahren für bestimmte Beteiligte stark ausgeprägt, in anderen Verfahren und für andere Beteiligte sind sie nicht oder schwach ausgeprägt (z. B. besteht in weiten Bereichen des Zivilprozessrechts keine Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung, im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sind die gerichtliche Sachprüfung und das rechtliche Gehör des Schuldners schwächer, und im Vollstreckungsverfahren sind Drittbetroffene ausgeschlossen). Zum anderen sind verfahrensrechtliche Sicherungen unzulänglich, weil sie, selbst wenn sie voll ausgeprägt sind, nicht geeignet sind, bestimmen Rechtsverletzungen vorzubeugen 270 (z. B. können richterliche Sach- und Rechtsprüfung sowenig wie Verteidigungsmöglichkeiten des Beklagten Schäden verhindern, die bereits durch die Erhebung einer Klage entstehen; die Widerlegung ehrverletzenden Prozessvortrags kann die Ehrverletzung nicht beseitigen; die Aufhebung einer Einstellungsanordnung im Vollstreckungsverfahren kann entstandene Wertminderungen des Vollstreckungsgegenstandes nicht beseitigen). Verfahrensmäßiger Schutz ist demnach strukturell fragmentarisch und strukturell unzulänglich; die Grenzen sind fließend. Die Rechtsprechung macht Ausnahmen vom Grundsatz der Rechtmäßigkeit von Rechtsverletzungen durch materiellrechtlich unbegründete Verfahrensinanspruchnahme, wenn verfahrensmäßiger Schutz wegen seiner Bruchstückhaftigkeit versagt (unzureichend ausgeprägter Verfahrensschutz), meint aber, Rechtsverletzungen infolge materiellrechtlich unbegründeter Verfahrensinanspruchnahme seien als im Verfahrensrecht angelegte Nebenfolgen rechtmäßig, wenn sich die strukturelle 267 BGHZ 164, 1, 6 f.; BGH Rpfleger 2005, 135; BGH ZIP 2004, 1919, 1920; BGH NJW 2004, 446, 447; BGHZ 154, 269, 272; BGHZ 118, 201, 205 ff.; BGHZ 95, 10, 18 ff. Ferner Steffen, in: RGRK, Vor § 823, Rn. 53. 268 BGHZ 36, 18, 21 f. 269 BGHZ 154, 269, 273. 270 Baur, JZ 1962, 96; Fenn, ZHR 132 (1969), 344, 359; Henckel, S. 303 f.; Lindemann, S. 140; Schultz-Süchting, S. 106; Weitnauer, JZ 1962, 489, 490 f.

378 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren Unzulänglichkeit bestehender Schutzregelungen auswirkt (ausgeprägter unzureichender Verfahrensschutz). 271 Zu untersuchen ist folglich, ob strukturell unzulänglicher verfahrensmäßiger Schutz vor Rechtsverletzungen die Rechtswidrigkeit von Rechtsverletzungen ausschließt, weil das Verfahrensrecht den Schutz auch haftungsrechtlich abschließend regelt. 271

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Argumentation des I. Zivilsenat des BGH im Vorlagebeschluss v. 12. 08. 2004 (BGH ZIP 2004, 1919). Unbegründete außergerichtliche Geltendmachung gewerblicher Rechte durch Verwarnung sei grundsätzlich nicht rechtswidrig, weil auch die unbegründete gerichtliche Geltendmachung von Schutzrechten durch Unterlassungsklage grundsätzlich nicht rechtswidrig sei. Für die unbegründete Klage ergebe sich die grundsätzliche Rechtmäßigkeit daraus, dass derjenige, der ein staatliches, gesetzlich eingerichtetes und geregeltes Verfahren einleitet oder betreibt, bei subjektiver Redlichkeit nicht rechtswidrig in ein geschütztes Rechtsgut seines Verfahrensgegners eingreife, auch wenn sein Begehren sachlich nicht gerechtfertigt ist und dem anderen Teil aus dem Verfahren über dieses hinaus Nachteile erwachsen. Für die Folgen einer nur fahrlässigen Fehleinschätzung der Rechtslage hafte er außerhalb der schon im Verfahrensrecht vorgesehenen Sanktionen grundsätzlich nicht nach dem Recht der unerlaubten Handlung. Denn: „Der Schutz des Prozeßgegners wird regelmäßig durch das gerichtliche Verfahren nach Maßgabe seiner gesetzlichen Ausgestaltung gewährleistet. Wo dies allerdings nicht der Fall ist, muß es beim uneingeschränkten Rechtsgüterschutz verbleiben, den § 823 Abs. 1 und § 826 BGB gewähren (vgl. BGHZ 154, 269, 271 f.). Die außergerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen aus Schutzrechten, die der Klageerhebung als der schärfsten Form der Abmahnung in der Regel vorausgehe, kann insoweit nicht anders behandelt werden“. Mit diesen Sätzen löst der Senat die Rechtfertigung (Verfahrensbetrieb) von ihrer Begründung (verfahrensmäßiger Schutz) und wendet sie auf Fälle an, in denen die Begründung die Rechtfertigung schlechthin nicht trägt (wo kein gerichtliches Verfahren betrieben wird, kann kein verfahrensmäßiger Schutz bestehen). Diese Verabsolutierung lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass Rechtsverletzungen durch Verfahrensbetrieb rechtmäßig sind, weil das Verfahren Schutz gewährt, dass aber auch Rechtsverletzungen außerhalb eines Verfahrens rechtmäßig sind, obwohl kein verfahrensmäßiger Schutz besteht. Der Auffassung des Senats zufolge ist es offenbar gleichgültig, ob verfahrensmäßiger Schutz besteht. Ersichtlich behandelt der Senat die Wendung vom „Schutz des Prozeßgegners . . . durch das gerichtliche Verfahren“ als Leerformel. Anders ist es kaum zu erklären, dass er im Anschluss an die Übertragung der Grundsätze über die Rechtmäßigkeit verfahrensmäßiger Rechtsverletzungen auf die außergerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen kein Wort darüber verliert, ob nicht die anerkannte Ausnahme von der Rechtfertigung durch Verfahren („Wo dies [sc. Gewährleistung von Schutz durch das gerichtliche Verfahren] allerdings nicht der Fall ist“) vorliegen könnte. Denn es drängt sich auf, dass überhaupt kein verfahrensmäßiger Schutz gewährleistet ist, wenn überhaupt kein Verfahren betrieben wird. Die außergerichtliche Geltendmachung von Rechten ist schlechthin der Paradefall unzureichenden verfahrensmäßigen Schutzes, in dem eine Ausnahme von der Rechtfertigungswirkung gerichtlicher Verfahren gelten soll. Wenn also die Grundsätze über die Rechtmäßigkeit verfahrensmäßiger Rechtsverletzungen auf außergerichtliche Geltendmachung von Rechten übertragen werden, dann sollte die Anwendung ebendieser Grundsätze dazu führen, außergerichtliche Geltendmachung von Rechten in toto von der Rechtfertigung auszunehmen. Anders könnte es nur sein, wenn der Adressat der Geltendmachung darauf zu verweisen wäre, sich selbst verfahrensmäßigen Schutz zu verschaffen, indem er seinerseits gegen die Geltendmachung gerichtlich vorgeht. Die Angemessenheit einer solchen Zumutung sei hier dahingestellt. Jedenfalls verdeutlicht die Undifferenziertheit der Begründungsführung des Senats, dass das Argument des Verfahrensschutzes in seiner Verwendung durch die Rechtsprechung nicht mehr ist als ein Schlagwort.

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2. Konkurrenz der Regelungskomplexe Für den Haftungsausschluss (durch Ausschluss der Rechtswidrigkeit) wegen verfahrensmäßigen Schutzes ist das Argument tragend, die Unvollkommenheit verfahrensmäßigen Schutzes sei im Gesetz angelegt. 272 Diese Erwägung bezieht sich – wie bereits die Ausgangsfrage, ob verfahrensrechtlicher Schutz abschließend ist, und die zwischen strukturell fragmentarischem und strukturell unzulänglichem Verfahrensschutz differenzierende Antwort – auf das Verhältnis von verfahrensrechtlichem Schutz einerseits und Verschuldenshaftung andererseits, die als Regelungskomplexe zum Schutz des Verfahrensgegners konkurrieren. Die Komplexe kommen entweder nebeneinander zur Anwendung (kumulative Normenkonkurrenz), oder das Verfahrensrecht (einschließlich der im Verfahrensrecht geregelten Risikohaftung) verdrängt die Verschuldenshaftung oder schränkt sie ein. 273 Soweit Rechtsfolgen verschiedener Normen einander nicht ausschließen, sondern – wie die Rechtsfolgen der in den Regelungskomplexen Verfahrensrecht und Verschuldenshaftung enthaltenen Normen – miteinander verträglich sind, sind Ausschluss und Einschränkung des einen Regelungskomplexes durch den anderen methodisch im Wege der Rechtsfortbildung nachzuweisen, und zwar durch teleologische Reduktion der verdrängten oder eingeschränkten Normen. Die Normen der Verschuldenshaftung müssten einer Einschränkung bedürfen, weil den verfahrensrechtlichen Vorschriften über den Schutz bei materiellrechtlich unbegründeter Verfahrensinanspruchnahme die Zwecksetzung zu entnehmen ist, dass neben ihnen keine Ansprüche der Verschuldenshaftung bestehen sollen, oder dass solche Ansprüche nur unter bestimmten Voraussetzungen bestehen sollen. Beim Schutz durch Verfahrensrecht, wie ihn die Rechtsprechung versteht, ist zu unterscheiden zwischen Verfahrensvorschriften (richterliche Sach- und Rechtsprüfung, rechtliches Gehör, Verteidigungsmöglichkeiten usw.) (a)) und den im prozessrechtlichen Zusammenhang stehenden Normen der Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung (b)). a) Haftungsausschluss durch Schutz im Verfahren Verfahrensmäßiger Schutz ist nicht haftungsausschließend; 274 dies bezeugen die §§ 254, 839 Abs. 3 BGB sowie die Risikohaftungsvorschriften. 272

BGHZ 154, 269, 273. Die dritte Möglichkeit, dass die Verschuldenshaftung das Verfahrensrecht verdrängt oder einschränkt, ist evident unzutreffend. 274 In diese Richtung aber J. Blomeyer, S. 40 ff.; Dölle, in: Festschrift für Otto Riese, S. 279, 290 ff.; Hellwig, NJW 1968, 1972, 1074 ff.; Zeiss, NJW 1967, 703, 707 f., wonach verfahrensbedingte Rechtsverletzungen zwar rechtswidrig und haftungsbegründend sein können sollen, aber nur, wenn gegen das (gesetzlich sowie durch Rechtsprechung und Schrifttum zu Parteipfl ichten ausdifferenzierte) prozessrechtliche Gebot redlicher Prozessführung verstoßen wurde. Der durch die Ausprägungen des Gebots redlicher Prozessführung bewirkte verfah273

380 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren Wer gebotenen verfahrensrechtlichen Schutz nicht oder nicht hinreichend wahrnimmt (unzulängliche Verteidigung, Nichtgebrauch eines Rechtsbehelfs), der setzt sich als Geschädigter dem Einwand des mitwirkenden Verschuldens (§ 254 BGB) aus (Rechtsfolge: Anspruchsminderung, Schadensteilung), weil er es unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. 275 Derlei mitwirkendes Verschulden schließt nicht den haftungsbegründenden Tatbestand (i. w. S.) aus, wenn nicht unzulängliche Wahrnehmung verfahrensrechtlichen Schutzes ausnahmsweise als haftungsausschließendes Mitverschulden geregelt ist. § 839 Abs. 3 BGB, der eine solche Regelung enthält, 276 wäre überflüssig und funktionslos oder würde sogar entgegen seiner Zwecksetzung (Haftungsprivileg) 277 haftungserweiternd wirken, wenn bereits bestehender verfahrensmäßiger Schutz (und nicht erst seine unterlassene Wahrnehmung) haftungsausschließend wäre. Es würde daher der gesetzlichen Regelung des Mitverschuldens in den §§ 254, 839 Abs. 3 BGB widersprechen, wenn Rechtsverletzungen infolge Verfahrensbetriebs gerechtfertigt wären. 278 Im übrigen ist dem Verfahrensgegner in den Fällen der Risikohaftung verfahrensmäßiger Schutz zuteil geworden, und dennoch haftet der Verfahrensbetreibende, und zwar schärfer als bei der Verschuldenshaftung. Auch daraus folgt, dass das Schutzargument für den Rechtswidrigkeitsausschluss nicht stichhaltig ist, 279 wenn es auf den Schutz im Verfahren bezogen wird. b) Haftungsausschluss durch Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung Die Verschuldenshaftung kann demnach nur durch die Risikohaftung der ZPO verdrängt oder eingeschränkt sein. Den Risikohaftungsnormen müsste die Zwecksetzung zu entnehmen sein, dass bei materiellrechtlich unbegründeter Verfahrensinanspruchnahme keine Verschuldenshaftung entstehen soll. Bei den Risikohaftungsvorschriften wegen prozessualer Veranlassung ist zu unterscheiden zwischen der Schadensersatzhaftung (§§ 302 Abs. 4 Satz 3, 600 Abs. 2, 717 Abs. 2, 945, 1041 Abs. 4 ZPO) 280 und dem Erstattungsanspruch gem. § 717 Abs. 3 ZPO. rensmäßige Schutz soll demnach haftungsrechtlich abschließend sein. Dagegen Götz, S. 145 ff. 275 Fenn, ZHR 132 (1969), 344, 369; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 22; Lange, in: Lange/Schiemann, S. 588 f.; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 36; Oetker, in: MüKo BGB, § 254, Rn. 96; Papier, in: MüKo BGB, § 839, Rn. 329; Sydow/Busch/Krantz, § 717, Anm. 3. 276 Papier, in: MüKo BGB, § 839, Rn. 329. 277 Papier, in: MüKo BGB, § 839, Rn. 330. 278 Gaul, ZZP 110 (1997), 3, 12; Lindemann, S. 140. 279 Baur, JZ 1962, 95; Lindemann, S. 140. 280 Einen Schadensersatzanspruch aus Prozessführung enthält auch § 52 GenG. An die singuläre Vorschrift lassen sich allerdings keine Folgerungen für die Rechtswidrigkeit und die allgemeine Verschuldenshaftung bei Rechtsverletzungen infolge unbegründeten Verfahrensbetriebs knüpfen, Hopt, S. 165, 201, Fn. 7; Schultz-Süchting, S. 20; Zeiss, NJW 1967, 703.

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Im Anwendungsbereich des § 717 Abs. 3 ZPO sind Schadensersatzansprüche aus § 717 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen (§ 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Der Ausschluss erstreckt sich auch auf die Verschuldenshaftung (ausgenommen § 826 BGB). 281 In den Fällen des § 717 Abs. 2 ZPO soll die Verschuldenshaftung nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung weitestgehend ausgeschlossen sein. Das Vollstreckungsverfahren erlaube (d. h. rechtfertige) bei Erfüllung der vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen Eingriffe in die Rechtssphäre des Schuldners, die ja gerade die Funktion des auf Befriedigung des Gläubigers gerichteten Verfahrens darstellten. Das Vollstreckungsrecht des Gläubigers auf Grund gesetzlich anerkannter Titel werde vom Bestand seiner Forderung abstrahiert. Zwar verbleibe die Verantwortung für das Fehlen der materiellrechtlichen causa des Eingriffs beim Gläubiger, der ein vorläufig vollstreckbares Urteil vollstrecken lässt. Die Verantwortung manifestiere sich aber nicht in einem Rechtswidrigkeitsurteil, sondern in Gestalt einer Zwangsversicherung des Schuldners, die in der Schadensersatzpflicht des § 717 Abs. 2 ZPO und der Sicherheitsleistung als Deckungskapital ausgeprägt sei. 282 Diese Sicht steht allerdings im Kontrast zum Zweck der Risikohaftungsvorschriften 283 , wie er in der Begründung von § 655 E 1898284 (§ 717 ZPO) zum Ausdruck kommt. „Inwieweit der Beklagte . . . den Ersatz des Schadens verlangen kann, welcher ihm durch die Zwangsvollstreckung oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung Aktienrechtliche Parallelvorschriften des § 52 GenG wurden mit dem AktG 1965 aufgehoben. Die Begründung des Regierungsentwurfs deutet an, dass keine Haftungseinschränkung bei unbegründetem Verfahrensbetrieb gelten soll, Fenn, ZHR 132 (1969), 344, 352 ff. Zustimmend Götz, 158 f.; Konzen, S. 166 ff. A. A. Sturm, JR 1972, 43, 44. S. ferner § 12 GWG, § 10 Abs. 3 WpHG. In diesen Vorschriften werden gem. § 11 GWG, § 10 Abs. 1 WpHG zur Anzeige Verpfl ichtete von der Verantwortung für die Anzeige freigestellt, „es sei denn, die Anzeige ist vorsätzlich oder grob fahrlässig unwahr erstattet worden“. Die beiden Normen, die jeweils zu einem Zeitpunkt in Kraft getreten sind, zu dem die Rechtsprechung über den Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Rechtspflegeverfahren bereits etabliert war, deuten dahin, dass dieser Rechtfertigungsgrund im allgemeinen nicht gelten soll. Andernfalls wären die § 12 GWG, § 10 Abs. 3 WpHG gänzlich überflüssig. 281 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 240; Hau, NJW 2005, 712; Krüger, in: MüKo ZPO, § 717, Rn. 28; Lackmann, in: Musielak, § 717, Rn. 16; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 717, Rn. 53; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 717, Rn. 29 (nur Schadensersatzansprüche wegen Straftaten nicht ausgeschlossen). A. A. Laue, S. 25 f.: keine Einschränkung der Verschuldenshaftung durch § 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO. – Zur ratio des Haftungsprivilegs durch § 717 Abs. 3 ZPO S. 258. 282 So Bötticher, ZZP 85 (1972), 1, 8 ff. I. E. ähnlich Altmeppen, ZIP 1996, 168, 170 f.: § 717 Abs. 2 ZPO enthalte eine gesetzgeberische Grundentscheidung über die Haftung für das Gebrauchmachen von einem vorläufigen Titel. Eine darüber hinausgehende Deliktshaftung bestehe nur, wenn der Kläger sich gegen die Wahrheitspfl icht (§ 138 Abs. 1 ZPO) vergeht. 283 Die Begründungen der Entwurfsvorschriften der Risikohaftungsvorschriften nehmen aufeinander Bezug. Den Risikohaftungsvorschriften ist eine einheitliche Zwecksetzung gemein, S. 234–237. 284 Hahn/Mugdan, S. 135 = Entwurfsbegründung, S. 146.

382 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren gemachte Leistung entstanden ist, wird von der CPO nicht ausdrücklich bestimmt. Die herrschende Meinung, der auch das Reichsgericht gefolgt ist, nimmt an, daß der Kläger selbst dann, wenn das Gericht nach § 652 die vorläufige Vollstreckbarkeit von einer vorgängigen Sicherheitsleistung abhängig gemacht hat, für den aus der Vollstreckung des Urtheils entstehenden Schaden lediglich nach Maßgabe der allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts, d. h. regelmäßig nur insoweit haftet, als ihn ein Verschulden trifft. Dieser Rechtszustand kann als befriedigend nicht angesehen werden. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Urtheile ermöglicht es dem Gläubiger, seinen Anspruch vor der endgültigen Feststellung und ehe alle Rechtsbehelfe des Schuldners erschöpft sind, zur zwangsweisen Durchsetzung zu bringen. Es handelt sich mithin um eine Befugniß des Gläubigers, welche außerhalb des gewöhnlichen Ganges des Verfahrens liegt. Wie in den verwandten Fällen der §§ 274, 563 ist es daher auch hier einerseits keine Beschwerung für den Gläubiger, andererseits eine Forderung der Billigkeit gegenüber dem Schuldner, daß, wenn die Entscheidung, auf Grund derer die vorläufige Vollstreckung erfolgte, sich hinterher als sachlich unbegründet erweist, dem Schuldner der Schaden ersetzt wird, welcher diesem aus der vorzeitigen Zwangsvollstreckung oder aus einer zur Abwendung der Vollstreckung gemachten Leistung erwachsen ist (§ 655 Abs. 2)“.

Wenn demnach vor Einfügung der Risikohaftungsvorschriften mit der Novelle 1898 Schadensersatzansprüche der Verschuldenshaftung bei sachlich unbegründeter vorläufiger Vollstreckung nicht ausgeschlossen waren, dann waren bis dahin Rechtsverletzungen infolge sachlich unbegründeter vorläufiger Vollstreckung als rechtswidrig zu beurteilen. Trotz gegebener Verschuldenshaftung wurden die Schadensersatzansprüche der Risikohaftung eingeführt, und zwar, um den Schutz des Verfahrensgegners zu verbessern, weil die Verschuldenshaftung als zu schwach empfunden worden war. Es widerspräche dem mit der Einführung der risikohaftungsrechtlichen Schadensersatzhaftung verfolgten Zweck, wenn der bis dahin bestehende haftungsrechtliche Schutz nunmehr aufgehoben wäre. Mit dem Zweck der Verstärkung haftungsrechtlichen Schutzes steht dagegen im Einklang, dass die Vorschriften über die Risikohaftung die Verschuldenshaftung nicht ausschließen. 285 Ein Ausschluss der Verschuldenshaftung durch die Risikohaftung ist weder bei Rechtsverletzungen infolge sachlich unbegründeter vorläufiger Vollstreckung (innerhalb des Anwendungsbereichs der Risikohaftungsvorschriften) begründet, 286 noch bei Rechtsverletzungen infolge sonstiger materiellrechtlich unbegründeter Verfahrensinanspruchnahme (außerhalb des Anwendungsbereichs der Risikohaftungsvorschriften). 287

285 I. E. ebenso Fenn, ZHR 132 (1969), 344, 359; Gaul, ZZP 110 (1997), 3, 11; Hopt, S. 240; Lindemann, S. 139. 286 Niederelz, S. 96 f.; Stein, S. 19. 287 Götz, S. 118; Niederelz, S. 96 f.

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3. Ergebnis Prozessrechtlicher Schutz (einschließlich der Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung) des Verfahrensgegners vor Rechtsverletzungen durch materiellrechtlich unbegründete Verfahrensinanspruchnahme schränkt die Verschuldenshaftung des Verfahrensbetreibers nur geringfügig ein. Die Einschränkung folgt nur aus § 717 Abs. 3 ZPO, in dessen Anwendungsbereich die Verschuldenshaftung auf § 826 BGB beschränkt ist. Es besteht keine darüber hinausgehende Einschränkung der Verschuldenshaftung durch das Verfahrensrecht oder die prozessuale Risikohaftung.

V. Haftungsrechtliche Waffengleichheit Bei der Haftung gem. § 823 Abs. 1 BGB eines Intervenienten, der materiellrechtlich unbegründet durch einstweilige Anordnung (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) die Vollstreckungseinstellung erwirkt hatte, hat der BGH288 Bedenken, ein „Recht auf Irrtum“ zuzubilligen, weil lediglich eine vorläufige, summarische Beurteilung der sachlichen Rechtslage erfolgt sei und die Verteidigungsmöglichkeiten des Gegners beschränkt seien. Der Senat verwirft diese Bedenken aber mit der Erwägung, zwischen dem Vollstreckungsgläubiger und dem Dritten müsse haftungsrechtlich „Waffengleichheit“ bestehen. Der Vollstreckungsgläubiger sei zunächst nicht verpflichtet zu prüfen, ob gepfändete Sachen zum Vermögen des Schuldners gehören. Es obliege dem Dritten, den Gläubiger zu überzeugen, dass gepfändete Sachen nicht zum Vermögen des Schuldners, sondern ihm gehören und, falls ihm dies nicht gelinge, seine Rechte dem Prozessgericht glaubhaft zu machen und eine einstweilige Vollstreckungseinstellung zu erwirken. Dem Dritten müsse deshalb grundsätzlich erlaubt sein, seinen Standpunkt gem. § 771 Abs. 3 ZPO zur gerichtlichen Nachprüfung zu stellen. Gebe das Gericht dem Antrag statt, könne er i.d.R. bis auf weiteres davon ausgehen, dass die zur Begründung des Antrags vorgelegten Unterlagen ausreichen, sein veräußerungshinderndes Recht zu belegen. Dem Vollstreckungsgläubiger obliege sodann, ein besseres Recht am Vollstreckungsgegenstand glaubhaft zu machen. Dazu seien ihm hinreichend sichere Verteidigungsmöglichkeiten geboten. Nur leicht fahrlässige Verkennung der Rechtslage durch den Dritten begründe daher auch in den Fällen des § 771 Abs. 3 ZPO nicht die Rechtswidrigkeit des Eingriffs in die Rechte des Vollstreckungsgläubigers. Diese Argumentation betrifft den verfahrensrechtlichen Schutz des Gegners, der, wie erinnerlich (sub D. IV.), die Verschuldenshaftung (außer in den Fällen des § 717 Abs. 3 ZPO) nicht einschränkt. Der Topos von der haftungsrechtlichen Waffengleichheit deutet allerdings zwei weitergehende Erwägungen 288

BGHZ 95, 10, 18 ff.

384 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren an, die als Waffengleichheit durch Haftungsrecht (1.) und als Waffengleichheit im Haftungsrecht (2.) skizziert werden können. 1. Waffengleichheit durch Haftungsrecht Waffengleichheit durch Haftungsrecht kann bedeuten, dass verfahrensrechtliche Ungleichheiten im Streit um den Vollstreckungsgegenstand (Gläubiger kann ohne weiteres pfänden, Intervenient muss sein Recht glaubhaft machen) durch Anpassung der Haftung ausgeglichen werden. Die Rechtmäßigkeit von Rechtsverletzungen infolge materiellrechtlich unbegründeter Intervention (im Gegensatz zur Rechtswidrigkeit der Vollstreckung in schuldnerfremder Gegenstände) würde dann auf der Erwägung beruhen, dass ein Intervenient nicht oder nicht streng haften soll, weil das Gesetz ihn bei der Geltendmachung seiner Rechte am Vollstreckungsgegenstand benachteiligt. Dieser Gedanke ist allerdings zweifelhaft. Gesetzliche Benachteiligungen im Verfahren um den Vollstreckungsgegenstand, so sie denn auszumachen sind, sollten zur rechtsfortbildenden Angleichung der verfahrensrechtlichen Lage veranlassen, nicht aber zur haftungsrechtlichen Privilegierung des verfahrensrechtlich Benachteiligten. Haftungsrechtliche Privilegierung würde die Ungleichheit des verfahrensrechtlichen Rechtsschutzes nicht abmildern und sollte erst in Betracht gezogen werden, wenn verfahrensrechtlicher Benachteiligung durch angleichende verfahrensrechtliche Rechtsfortbildung nicht abgeholfen werden kann. 2. Waffengleichheit im Haftungsrecht Waffengleichheit im Haftungsrecht kann bedeuten, dass die Parteien im Unterliegensfall nach dem gleichen Haftungsmaßstab für Rechtsverletzungen infolge Verfahrensbetriebs einzustehen haben sollen (Haftungssymmetrie). Vom Ausgangspunkt der Rechtsprechung des BGH, 289 der den Vollstreckungsbetrieb in schuldnerfremde Gegenstände (ohne weiteres) als rechtswidrige Verletzung betroffener Drittrechte versteht, wäre dann freilich keine Privilegierung der Haftung des Intervenienten veranlasst. Unter dem Blickwinkel der Haftungssymmetrie wäre die Haftung des Intervenienten allenfalls zu privilegieren, wenn die Rechtsprechungsgrundsätze über die Rechtmäßigkeit von Rechtsverletzungen infolge Verfahrensbetriebs bei der Vollstreckung in schuldnerfremde Gegenstände anzuwenden wären. Ganz unabhängig davon ist aber Haftungssymmetrie keine tragfähige Grundlage einer Haftungsprivilegierung des Intervenienten. Methodisch ist Haftungssymmetrie rechtsfortbildend durch teleologische Reduktion der Verschuldenshaftungsvorschriften herzustellen. Voraus289 BGHZ 118, 201, 205 ff.; BGHZ 67, 378, 382 f.; BGHZ 58, 207, 210, 213 f.; BGHZ 55, 20, 26; BGH WM 1965, 863, 864 f.

E. Ergebnis

385

setzung einer solchen teleologischen Reduktion ist, dass dem Haftungsrecht die Zwecksetzung zu entnehmen ist, Verfahrensgegner sollen nach den gleichen Regeln für Rechtsverletzungen infolge Verfahrensbetriebs haften, und die Verschuldenshaftung des einen Verfahrensbeteiligten soll auf das Maß der Haftung des anderen Verfahrensbeteiligten beschränkt sein, wenn dieser schwächer haftet. Eine solche Zwecksetzung ist dem Haftungsrecht nicht zu entnehmen. Im Gegenteil zeigt die gesetzliche Regelung gerade der Haftung Verfahrensbeteiligter, dass das Postulat, Beteiligte sollten im Unterliegensfall nach dem gleichen Haftungsmaßstab haften, keine Rechtsgeltung hat. 290 Da das Gesetz kein Gebot der Waffengleichheit im Haftungsrecht Verfahrensbeteiligter (Haftungssymmetrie) enthält, überschreiten Erwägungen, die Haftung Verfahrensbeteiligten symmetrisch auszugestalten, gleich in welche Richtung, 291 die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung. 292

E. Ergebnis Verschuldenshaftung wegen Leistungsstörung oder Delikt setzt die Rechtswidrigkeit der Tatbestandsverwirklichung (i. e. S.) voraus. Tatbestandsverwirklichung i. e. S. ist (ohne weiteres) rechtswidrig, wenn sie nicht gerechtfertigt ist (Erfolgsunrecht). Es gilt kein Handlungsunrecht, und es besteht kein offener Tatbestand (Ausnahme: Rahmenrechte). Tatbestandsverwirklichung infolge materiellrechtlich begründeter Inanspruchnahme eines staatlichen, gesetzlich eingerichteten und geregelten Verfahrens ist gerechtfertigt. Aus staatsrechtlichen Gründen (Zusammenhang von staatlichem Gewaltmonopol, Selbsthilfeverbot und staatlicher Schutzpflicht) gilt der Rechtfertigungsgrund materiellrechtlich begründeter Inanspruchnahme eines staatlichen Rechtspflegeverfahrens. Ein Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Rechtspflegeverfahren, der tatbestandsmäßige Rechtsverletzungen infolge materiellrechtlich unbegründeter Verfahrensinanspruchnahme rechtfertigt, gilt nicht. Verfahrensrechtmäßigkeit (zulässige Verfahrensinanspruchnahme) gibt nur eine verfahrensmäßige Befugnis, aber keine materiellrechtliche Erlaubnis. Staats- und verfassungsrechtliche Gründe gebieten keine materiellrechtliche Rechtferti290

S. 240–243. BGHZ 95, 10 gegen Analogie zu den §§ 717 Abs. 2, 945 ZPO, für Rechtmäßigkeit von Rechtsverletzungen infolge Verfahrensbetriebs; Bydlinski, JBl 1986, 626, 636 für Verzugshaftungsmilderung beim Beklagten wegen Haftungsprivilegierung des Klägers; Häsemeyer, NJW 1986, 1027; ders., passim für Haftungserweiterung durch allgemeine Durchsetzungshaftung (Risikohaftung) bei gleichzeitiger Beschränkung der Verschuldenshaftung. 292 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 84 f.; Götz, S. 154, jew. betr. rechtsfortbildende Durchsetzungshaftung. Ferner Stolz, S. 113 betr. Rechtfertigungsgrund der Verfahrensinanspruchnahme. 291

386 Elftes Kapitel: Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren gung, sondern den Schutz des Verletzten und damit die Beurteilung materiellrechtlich unbegründeter verfahrensbedingter Rechtsverletzungen als rechtswidrig. Die Funktionsfähigkeit staatlicher Rechtspflegeverfahren ist durch die Beurteilung tatbestandsmäßiger Rechtsverletzungen infolge materiellrechtlich unbegründeter Verfahrensinanspruchnahme als rechtswidrig nicht bedroht, die Beurteilung solcher Rechtsverletzungen als rechtmäßig würde eher die Funktionsfähigkeit staatlicher Rechtspflegeverfahren beeinträchtigen. Verfahrensrechtlicher Schutz des Verfahrensgegners (Schutz im Verfahren sowie durch Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung) schließt die Verschuldenshaftung für tatbestandsmäßige Rechtsverletzungen infolge materiellrechtlich unbegründeter Verfahrensinanspruchnahme nicht aus (Ausnahme im Anwendungsbereich von § 717 Abs. 3 ZPO). Der Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren gilt weder im allgemeinen materiellrechtlich unbegründeter Verfahrensinanspruchnahme, noch im besonderen der unbegründeten Intervention. Insbesondere finden haftungsbeschränkende Symmetrieerwägungen (Waffengleichheit) im geltenden Recht keine Stütze. Verfahren der Rechtspflege sind kein haftungsfreier Raum, Flucht ins Verfahren rettet nicht vor Haftung, und wer sofort das schwerste Geschütz auffährt, wird dafür nicht belohnt. 293 Dieses Ergebnis steht im Wertungseinklang mit der Beurteilung von Rechtsverletzungen infolge angedrohter Verfahrensinanspruchnahme als ohne weiteres rechtswidrig. Denn unbegründete außergerichtliche Geltendmachung von Rechten erhält ihre Bedeutung, ihre Wirkung und ihr Verletzungspotential typischerweise erst durch die hinter ihr stehende (und in ihr als Drohung enthaltene) Möglichkeit zur Verstärkung durch Inanspruchnahme eines Rechtspflegeverfahrens. 294 Alle (nur subjektiv bestehenden) Zweifel, Unsicherheiten und Schwierigkeiten eines Verfahrensbetreibenden bei der Einschätzung der (objektiv feststehenden) materiellrechtlichen Rechtslage und alle (subjektiv) guten Gründe für die materiellrechtliche unbegründete Verfahrensinanspruchnahme (der Anschein materiellrechtlicher Begründetheit der Verfahrensinanspruchnahme) erlauben (d. h. rechtfertigen) es nicht, Rechte zu verletzen. Tatbestandsmäßige Rechtsverletzungen infolge unbegründeter Intervention sind rechtswidrig, auch wenn der Intervenient ein Rechtspflegeverfahren in Anspruch genommen hat, das wegen des fehlenden Anspruchs, veräußerungshindernden Rechts oder Widerspruchsrechts unbegründet ist.

293

BGHZ 38, 200, 206 f.; Baur, JZ 1962, 95 f. BGHZ 38, 200, 206 f.; RG GRUR 1939, 787, 789; Baur, JZ 1962, 95; Fenn, ZHR 132 (1969), 344, 348; Götz, S. 75; Hopt, S. 135, 179 f.; Ohl, GRUR 1966, 172, 178. 294

Zwölftes Kapitel:

Verschuldenshaftung und Vertretenmüssen A. Grundlagen I. Vertretenmüssen, Verschulden und Unbegründetheit der Intervention Bei der Verschuldenshaftung sind regelmäßig die Verschuldensformen Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten (z. B. §§ 280 Abs. 1, 276 Abs. 1 Satz 1, 823 Abs. 1, 2, 990, 989 BGB).1 Das Verschulden bezieht sich auf den Unrechtstatbestand. 2 Der Unrechtstatbestand bezeichnet die rechtswidrige Verwirklichung eines Haftungstatbestandes. Da die Tatbestandsmäßigkeit die Rechtswidrigkeit indiziert, besteht das erforderliche (aktuelle oder potentielle) Unrechtsbewusstsein (Bewusstsein der Rechtswidrigkeit), wenn die Verschuldensvoraussetzungen im Hinblick auf die Tatbestandsmäßigkeit vorliegen und nicht besondere Gründe das Unrechtsbewusstsein ausschließen. Vorsatz bedeutet im Zivilrecht Wissen und Wollen der rechtswidrigen Tatbestandsverwirklichung.3 Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Einen Unrechtstatbestand verwirklicht fahrlässig, wer bei Anwendung der verkehrserforderlichen Sorgfalt die Gefahr der Tatbestandsverwirklichung vorhersehen und die Verwirklichung des Tatbestandes vermeiden konnte und musste. 4 Ein Intervenient muss demnach wissen und wollen, dass er einen Unrechtstatbestand verwirklicht, oder er muss bei Anwendung der verkehrserforderlichen Sorgfalt die Gefahr der Tatbestandsverwirklichung vorhersehen und die Tatbestandsverwirklichung vermeiden können. Ob ein Intervenient weiß, dass er einen Unrechtstatbestand verwirklicht, und ob er die Gefahr einer Tatbestandsverwirklichung vorhersehen kann, hängt davon ab, ob er weiß oder erkennen kann, dass die Intervention unbegründet 1

Zur Haftung für das Fehlverhalten von Hilfspersonen S. 401–403, 412 f. Berges, NJW 1965, 1505, 1509; Deutsch, Rn. 342, 371; Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 52. 3 So die in der zivilrechtlichen Rechtsprechung (z. B. BGHZ 118, 201, 208) angewandte und für das Zivilrecht überzeugende Vorsatztheorie. Nach a. A. lässt fehlendes Unrechtsbewusstsein den Vorsatz unberührt (Schuldtheorie). Einzelheiten und Differenzierungen sind umstritten, s. Deutsch, Rn. 353 ff.; dens., in: Festschrift für Karl Sieg, S. 127, 131 ff.; Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 158 ff., Heinrichs, in: Palandt, § 276, Rn. 10 f.; Knauth, S. 5 ff.; Larenz, Schuldrecht AT, S. 279 ff.; Mayer, S. 80 ff.; Medicus, Schuldrecht I, Rn. 307. 4 Heinrichs, in: Palandt, § 276, Rn. 15, 20 f.; Larenz, Schuldrecht AT, S. 282. 2

388

Zwölftes Kapitel: Verschuldenshaftung und Vertretenmüssen

ist. Denn eine Intervention kann nur dann einen Unrechtstatbestand verwirklichen, wenn sie unbegründet ist; eine begründete Intervention verwirklicht nie einen Unrechtstatbestand. Bei einer begründeten Intervention mangelt es zumeist an der Verletzung eines deliktsrechtlich bewehrten Rechts oder Rechtsgutes (z. B. keine Verletzung eines Pfändungspfandrechts, wenn der Intervenient Eigentümer der gepfändeten Sache ist, weil an schuldnerfremden Sachen kein Pfändungspfandrecht entsteht) und an der leistungsstörungsrechtlich tatbestandsmäßigen Pflichtverletzung (z. B. keine Verletzung einer „Pflicht aus dem Schuldverhältnis“, wenn ein Zwischenvergleich, der den Intervenienten zum Innehalten verpfl ichtet, unwirksam ist). Verwirklicht eine begründete Intervention ausnahmsweise einen Tatbestand i. e. S. (z. B. Verletzung des Pfändungspfandrechts bei Drittwiderspruchsklage des Hypothekengläubigers gegen eine Pfändung von Grundstückszubehör, das der Hypothekenhaftung unterliegt 5 ), dann ist die Tatbestandsverwirklichung nicht rechtswidrig, weil bei begründeter Intervention einhergehende Rechtsverletzungen gerechtfertigt sind. 6 Weiß der Intervenient nicht und kann er nicht erkennen, dass die Intervention unbegründet ist, dann fehlt ihm folglich das Unrechtsbewusstsein. Ein Intervenient weiß nur oder kann nur erkennen, dass eine Intervention unbegründet ist, wenn er weiß oder erkennen kann, warum sie unbegründet ist. Er muss folglich den Grund der Unbegründetheit kennen oder erkennen können. Es sind tatsächliche und rechtliche Gründe für die Unbegründetheit einer Intervention zu unterscheiden.7 Eine Intervention ist aus tatsächlichen Gründen unbegründet, wenn sie auf nicht vorliegende (nicht wahre) Tatsachen gestützt wird, die, wären sie wahr, die Intervention begründen würden (schlüssige Intervention). Aus tatsächlichen Gründen ist eine Intervention auch unbegründet, wenn bei ihrer Durchführung wahre Tatsachen als nicht vorliegend außer Betracht bleiben, derentwegen die Intervention unbegründet ist (Einwendungstatsachen). Beispiel 12.1: VG lässt bei VS einen Gabelstapler X pfänden. Bei einem Besuch auf dem Betriebsgelände des VS bemerkt D das Pfandsiegel auf dem Gabelstapler. Er stellt daraufhin Antrag gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO mit der eidesstattlich versicherten Begründung, VS habe ihm den Gabelstapler zur Sicherheit übereignet. Die Pfändung wird aufgehoben. D unterliegt später im Drittwiderspruchsrechtsstreit rechtskräftig, weil VS ihm nicht den gepfändeten Gabelstapler X, sondern den baugleichen Gabelstapler Y sicherungsübereignet hatte. D hatte die Fahrzeuge verwechselt.

5 Str., ob bei unzulässiger (§ 865 Abs. 2 Satz 1 ZPO) Zubehörpfändung ein Pfändungspfandrecht entsteht. Dafür Putzo, in: Thomas/Putzo, § 865, Rn. 5. A. A. Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 763 f. 6 S. 365 f. 7 Zur Abgrenzung der Tat- und der Rechtsfrage sowie zu den einhergehenden Unsicherheiten und Schwierigkeiten Henke, ZZP 81 (1968), 196 ff., 321 ff.; Mayer, S. 6 ff.; Nierwetberg, JZ 1983, 237 ff.

A. Grundlagen

389

Abwandlung: Die Intervention ist unbegründet, weil VS dem D überhaupt keinen Gabelstapler übereignet hatte. Der Vortrag des D ist erlogen. D wollte den gepfändeten Gegenstand nur freibekommen, um selbst in ihn zu vollstrecken. Beispiel 12.2: D ist Hypothekengläubiger des Betriebsgrundstücks des VS. Der gepfändete Gabelstapler gehört zum Grundstückszubehör. D stellt Antrag gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO, die Pfändung wird aufgehoben. D unterliegt später im Drittwiderspruchsrechtsstreit rechtskräftig, weil D gegenüber VG eine Zeitbürgschaft für die titulierte Schuld des VS übernommen hatte und VG die Bürgenhaftung des D einwendet. D hatte irrtümlich gemeint, die Zeit der Bürgenhaftung sei bereits seit längerem abgelaufen. Abwandlung: Die Intervention ist unbegründet, weil D gegenüber VG eine unbefristete Bürgschaft für die titulierte Schuld des VS übernommen hatte. D hatte darauf spekuliert, dass VG es versäumen werde, im Prozess die Bürgschaft vorzubringen.

Aus rechtlichen Gründen ist eine Intervention unbegründet, wenn sie auf Tatsachen gestützt wird, aus denen – und seien sie wahr – kein Recht zur Intervention resultiert (unschlüssige Intervention), oder wenn unbeachtet bleibt, dass aus wahren und bekannten Tatsachen Einwendungen resultieren. Beispiel 12.3: VS hatte dem D den gepfändeten Gabelstapler sicherungsübereignet. Außerdem hat VS dem D weitere Produktionsmittel und Waren übereignet und ihm Forderungen aus dem Geschäftsbetrieb zur Sicherheit abgetreten. D stellt Antrag gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO und trägt dabei umfassend vor. Die Pfändung wird aufgehoben. D unterliegt später im Drittwiderspruchsrechtsstreit rechtskräftig, weil die Sicherungsübereignung des Gabelstaplers wegen Übersicherung des D unwirksam ist. Die kreditsicherungsrechtliche Rechtslage – Anforderungen an den Bestimmtheitsgrundsatz, Wertbemessung der Sicherungsgegenstände, zulässige Übersicherungsquote, Freigabeklauseln, Gesamt- oder Teilnichtigkeit bei Übersicherung – ist in der Fachwelt umstritten. D hatte bei verständiger Würdigung gute Gründe, die Sicherungsübereignung für wirksam und die Intervention für begründet zu halten (ihm war aber bewusst, dass die Erfolgsaussichten als offen zu beurteilen waren). Abwandlung: Die Intervention ist unbegründet, weil D um ein vielfaches übersichert ist. Die Sicherungsübereignung des Gabelstaplers ist von jedem vertretbaren Rechtsstandpunkt aus unwirksam. D ist dies bewusst. Dennoch führt er den Rechtsstreit und vertritt dort die Auffassung, die Sicherungsübereignung sei wirksam. Es geht ihm darum, VG zu zermürben, damit dieser in einen Prozessvergleich einwilligt, der die Teilung des Erlöses zwischen D und VG vorsieht.

Da ein Intervenient die Gründe der Unbegründetheit der Intervention kennen oder vorhersehen können muss, muss er bei einer aus tatsächlichen Gründen unbegründeten Intervention wissen oder erkennen können, dass er sie auf unwahre Tatsachen stützt oder wahre Tatsachen außer Betracht lässt. Bei einer aus rechtlichen Gründen unbegründeten Intervention muss er wissen oder erkennen können, dass die Tatsachengrundlage die Intervention nicht begründet. Eine andere Frage ist es, ob ein Intervenient weiß und will, dass er einen Unrechtstatbestand verwirklicht, wenn er weiß, dass die Intervention unbegründet ist (B.), und ob für ihn die Gefahr der Tatbestandsverwirklichung vorhersehbar und die Tatbestandsverwirklichung vermeidbar ist, wenn er erkennen kann, dass die Intervention unbegründet ist (C.).

390

Zwölftes Kapitel: Verschuldenshaftung und Vertretenmüssen

II. Prozessrisiko Einen Intervenienten trifft das Risiko, dass gerichtlichen Entscheidungen zu seinem Nachteil unwahre Tatsachen oder eine unzutreffende Rechtsauffassung zugrundegelegt werden und eine gerichtliche Entscheidung deshalb eine begründete Intervention als unbegründet ausweist (Prozessrisiko). Das Prozessrisiko entsteht aus der Diskrepanz der idealiter gedachten Rechtslage und der Rechtslage, wie sie im Zivilprozess zu ermitteln ist. Idealiter existiert eine bestimmte Rechtslage, die sich aus fehlerfreier Rechtsanwendung auf den wahren entscheidungserheblichen Sachverhalt ergibt. Da die Faktoren der Rechtslage – der wahre Sachverhalt, das geltende Recht (das Ergebnis fehlerfreier Anwendung der juristischen Methode auf die Rechtsquellen) und die Rechtsanwendung auf Sachverhalte – jederzeit objektiv und unverrückbar feststehen, steht jederzeit die Rechtslage objektiv und unverrückbar fest. Im Entscheidungszeitpunkt ist eine Intervention folglich begründet oder unbegründet, und die Entscheidung des mit der Angelegenheit befassten Gerichts ist vorgegeben. Unter dem Blickwinkel unfehlbarer Tatsachen- und Rechtserkenntnis existiert kein Prozessrisiko. Das Prozessrisiko resultiert aus der menschlichen Fehlbarkeit bei der Tatsachenerkenntnis, Rechtserkenntnis und Rechtsanwendung, sowie daraus, dass die Tatsachenfeststellung im Zivilprozess grundsätzlich nicht durchweg auf die materielle Wahrheit zu zielen, sondern weitgehend dem Prinzip der formellen Wahrheit zu folgen hat. Im Zivilprozess soll als tatsächliche Entscheidungsgrundlage ein Abbild von Tatsachen geschaffen werden, das sich aus dem Verhandlungsgrundsatz ergibt. Grundsätzlich sollen nur die Tatsachen als geschehen gelten, die im Prozess vorgetragen werden. Von den vorgetragenen Tatsachen sollen diejenigen als wahr gelten, die nicht bestritten werden. Von den bestrittenen Tatsachen sollen diejenigen als wahr gelten, die zur Überzeugung des Gerichts (das insoweit der materiellen Wahrheit verpflichtet ist) wahr sind (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO) oder infolge gesetzlicher Beweisregeln als wahr festgelegt sind (§ 286 Abs. 2 ZPO). Das Prinzip der formellen Wahrheit und die menschliche Fehlbarkeit bei der Erkenntnis der materiellen Wahrheit schaffen das Risiko, dass die tatsächliche Entscheidungsgrundlage im Zivilprozess von der materiellen Wahrheit abweicht und zur Erkenntnis einer von der idealiter bestehenden Rechtslage abweichenden Rechtslage führt (tatsächliches Prozessrisiko). Der Verhandlungsgrundsatz gilt nicht für die Rechtserkenntnis und Rechtsanwendung. Die Rechtsprechung ist dem geltenden Recht verpflichtet (Art. 20 Abs. 3 GG), und es gilt: iura novit curia. Das Gericht hat mithin die Rechtsquellen zu kennen und zu verstehen, und das Verstandene auf die tatsächliche Entscheidungsgrundlage richtig anzuwenden. Da aber die Befolgung dieses Sollens (insofern: iura noscat curia) durch die menschliche Fehlbarkeit bei der Kenntnis des Rechts und dessen kunstgerechter Erkenntnis und Anwendung begrenzt wird, und da auch kunstgerechter Rechtserkenntnis grund-

A. Grundlagen

391

legende Unsicherheiten innewohnen, die im Rechtsleben in bisweilen über Jahrzehnte hin unauflösbaren Rechtsprechungs- und Schrifttumsdifferenzen Ausdruck finden, besteht im Zivilprozess das Risiko, dass das geltende Recht nicht erkannt oder fehlerhaft angewandt wird und daher eine von der idealiter bestehenden Rechtslage abweichende Entscheidung ergeht (rechtliches Prozessrisiko). Das Prozessrisiko ist mithin das Risiko, dass das Recht die praktische Bewährung im Prozess nicht besteht. 8 Die Betrachtung des Prozessrisikos beruht auf einem Perspektivwechsel vom idealiter zu beurteilenden Recht zur Praxis des Rechts, in der eine idealiter begründete Intervention behandelt werden kann, als ob sie unbegründet sei und einen Unrechtstatbestand verwirklicht habe. Die Befassung mit dem Prozessrisiko ist angezeigt, weil sich das Recht im Prozess zu bewähren hat und das Dafürhalten des zur Entscheidung berufenen Gerichts im Einzelfall bestimmt, was als Rechtslage gilt – in den Worten des RG: „Recht ist, was der letzte Richter für Recht erkennt“.9 Die Folgen fehlerhaften und fehlerfreien richterlichen Dafürhaltens sind folglich von gleichem Gewicht. Das Prozessrisiko verwirklicht sich zunächst im Interventionsprozess. Beispiel 12.4: VS hatte dem D den gepfändeten Gabelstapler sicherungsübereignet. D ist gerade noch maßvoll übersichert, die Sicherungsübereignung ist wirksam. D stellt Antrag gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO. Die Pfändung wird aufgehoben. D unterliegt im Drittwiderspruchsrechtsstreit rechtskräftig, weil VG die Sicherungsübereignung mit Nichtwissen bestritten und der als Zeuge vernommene VS keine klare Erinnerung mehr an die Sicherungsübereignung hat. Abwandlung: D unterliegt im Drittwiderspruchsrechtsstreit, weil das letztinstanzliche Gericht die Übersicherungsgrenze ein wenig zu niedrig ansetzt.

Im Haftungsprozess des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten kann sich die Verwirklichung des Prozessrisikos wegen der Rechtskraft einer Entscheidung im Interventionsrechtsstreit fortsetzen, oder das Prozessrisiko kann sich erneut verwirklichen. Beispiel 12.5: Im Drittwiderspruchsprozess erhebt VG negative Zwischenfeststellungswiderklage (§ 256 Abs. 2 ZPO), dass D nicht Eigentümer des gepfändeten Gabelstaplers sei. Der Klage wird aus denselben unzutreffenden tatsächlichen (kein Beweis des Eigentumserwerbs) oder rechtlichen (Übersicherung) Gründen rechtskräftig stattgegeben, aus denen die Drittwiderspruchsklage rechtskräftig abgewiesen 8 Ausführlich zum Risiko materiell fehlerhafter Urteile in Zivilsachen Gräns, S. 15 ff., 62 ff., 95 ff. 9 RGZ 94, 271, 276. Das RG trägt damit dem Befund Rechnung, „daß infolge der Schwäche der menschlichen Erkenntnis die Urteile der verschiedenen Instanzen . . . nicht selten verschieden ausfallen“, stellt aber sofort klar: „Aber auch in derartigen Streitigkeiten schafft das Gericht nicht Recht, sondern stellt nur fest, was nach dem Gesetze Recht ist“. Teils a. A. Deutsch, in: Festschrift für Karl Sieg, S. 127, 137: bei der Konkretisierung von Generalklauseln setze der Richter Recht und wende es nicht nur an.

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Zwölftes Kapitel: Verschuldenshaftung und Vertretenmüssen

wird. Die Rechtskraft des Feststellungsurteils bewirkt, dass D im Haftungsprozess nicht als Eigentümer gilt. Beispiel 12.6: D kann auch im Schadensersatzprozess des VG gegen D die Übereignung nicht zur Überzeugung des Gerichts der letzten Tatsacheninstanz beweisen,10 oder auch das letztinstanzliche Gericht des Haftungsprozesses hält die Sicherungsübereignung wegen Übersicherung für unwirksam.

Misslingt es dem Intervenienten, wahre interventionsbegründende Tatsachen spätestens im Haftungsprozess zur Entscheidungsgrundlage zu machen (oder die Zugrundelegung unwahrer Einwendungstatsachen zu verhindern), oder folgt auch das letztinstanzliche Gericht des Haftungsprozesses einer unzutreffenden Rechtsauffassung, dann gilt die Intervention aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen als unbegründet und ein Unrechtstatbestand als verwirklicht. Damit stellt sich die Frage nach dem Vertretenmüssen des Intervenienten.11 Während sich die Konsequenzen des tatsächlichen Prozessrisikos für die Verschuldenshaftung des Intervenienten über die Darlegungs- und Beweislast (Verhandlungsgrundsatz, Prinzip der formellen Wahrheit) der jeweils betreffenden Verschuldenshaftungsnorm klären (D.), ist das rechtliche Prozessrisiko, bei dem die Determinante der Darlegungs- und Beweislast fehlt, weil bei Rechtsfragen der Verhandlungsgrundsatz nicht gilt, aus der Perspektive der Rechtspraxis als Verschuldensfrage zu behandeln. Das Verschulden betreffend ist es folglich als gleich zu behandeln, ob ein Intervenient einer unbegründeten Intervention einen unzutreffenden Rechtsstandpunkt zugrundelegt, oder ob er einen zutreffenden interventionsbegründender Rechtsstandpunkt nicht spätestens im Haftungsprozess durchzusetzen vermag. Demnach ist es gleichgültig, ob ein Intervenient einen Rechtsstandpunkt nicht durchzusetzen vermag, weil der Rechtsstandpunkt unzutreffend ist, oder ob es dem Intervenienten nicht gelingt, seinen Rechtsstandpunkt durchzusetzen, obwohl der Rechtsstand10 Auch im Schadensersatzprozess, in dem der Vollstreckungsgläubiger vom Intervenienten Schadensersatz wegen Verletzung des Pfändungspfandrechts (§ 823 Abs. 1 BGB) verlangt, ist der Intervenient mit der Darlegung und dem Beweis der Eigentumserwerbstatsachen belastet, weil dem Vollstreckungsgläubiger die Vermutung des § 1006 BGB zugute kommt, S. 415 f. 11 Verwirklicht sich umgekehrt das Prozessrisiko des Vollstreckungsgläubigers im Interventionsprozess (der Vollstreckungsgläubiger unterliegt trotz Unbegründetheit der Intervention rechtskräftig im Hauptsacherechtsstreit), dann darf der Intervenient im Schadensersatzprozess nicht wegen Verschuldenshaftung verurteilt werden. Denn die materielle Rechtskraft der Interventionsentscheidung weist die Intervention bindend als begründet aus (S. 122 f.). Für den Schadensersatzrechtsstreit steht damit fest, dass die Intervention keinen Unrechtstatbestand verwirklicht hat (Rechtfertigung durch begründete Intervention). Verwirklicht sich das Prozessrisiko des Vollstreckungsgläubigers (erst) im Haftungsrechtsstreit (z. B. hält das letztinstanzliche Gericht des Haftungsprozesses den Intervenienten aus unzutreffenden tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für den Eigentümer), dann gilt kein Unrechtstatbestand als verwirklicht; eine Verschuldenshaftung des Intervenienten kommt ebenfalls nicht in Betracht.

B. Vorsatz

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punkt zutrifft. Entscheidend für das Verschulden ist folglich nicht die Richtigkeit, sondern die Durchsetzbarkeit eines Rechtsstandpunktes.12

III. Anwaltliche Beratung und Vertretung Schließlich ist zu untersuchen, nach welcher Maßgabe ein Intervenient bei Fehlern eines zugezogenen Rechtsanwalts haftet. Ein Intervenient kann anwaltliche Fehler wegen eigenen Verschuldens oder aufgrund von Verhaltenszurechnung zu vertreten haben. Anwaltliche Fehler betreffen typischerweise die rechtliche Beurteilung, und sie entstehen typischerweise durch mangelhafte Sorgfalt. Die Grundsätze, nach denen ein Intervenient Anwaltsfehler zu vertreten hat, werden daher im Rahmen der Untersuchung der Fahrlässigkeit bei Rechtsirrtum, Rechtszweifel und Fehleinschätzung des rechtlichen Prozessrisikos erarbeitet.

B. Vorsatz Vorsatz bedeutet Wissen (I.) und Wollen (II.) der Verwirklichung eines Unrechtstatbestandes.

I. Wissen Der Intervenient weiß bei der Intervention, dass er einen Unrechtstatbestand verwirklicht, wenn er die Verwirklichung des Unrechtstatbestandes als sicher vorhersieht oder für möglich hält. Hinreichend ist ein mitschwingendes „dauerndes Begleitwissen“.13 Ein Intervenient weiß nur, dass er einen Unrechtstatbestand verwirklicht, wenn er weiß, dass und aus welchem Grund die Intervention unbegründet ist. Dazu muss er den Grund für die Unbegründetheit kennen oder sein Bestehen für möglich halten. Der Intervenient hält für möglich, dass ein solcher Grund besteht, wenn er das Bestehen aus konkreten Erwägungen heraus in Betracht zieht. Ein allgemeiner Pessimismus, demzufolge allen begründeten Aussichten zum Trotz stets mit dem Schlimmsten zu rechnen ist, reicht nicht aus. Weiß ein Intervenient, dass die Intervention unbegründet ist, dann hat er auch das Vorsatzwissen im Hinblick auf einen verwirklichten Unrechtstatbestand. Zweck der Intervention ist es, ein Recht zur Geltung zu bringen, das durch die Vollstreckung beeinträchtigt (werden) wird. Voraussetzung erfolgreicher Geltendmachung ist es, dem Vollstreckungsgläubiger Vorteile vorzu12 13

Zur Legitimation dieser Betrachtungsweise S. 403 f. Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 156.

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Zwölftes Kapitel: Verschuldenshaftung und Vertretenmüssen

enthalten (Unterbindung der Vollstreckung), und ihm Nachteile zuzufügen (Eingriff in die Vollstreckung). Ein Intervenient hält es daher zumindest für möglich, den Vollstreckungsgläubiger zu schädigen. Fehlende konkrete Vorstellungen schließen den Vorsatz nicht aus. Vom Vorsatzwissen werden alle als möglich vorausgesehenen Schädigungen umfasst.14 Außerdem ist ein Irrtum über Einzelheiten des Kausalverlaufs für das Vorsatzwissen unbeachtlich,15 so dass es hinreicht, wenn ein Intervenient eine ungefähre Vorstellung von Verlauf, Folgen und Auswirkungen der Intervention hat. Ein Intervenient, der um die Unbegründetheit der Intervention weiß, weiß schließlich, dass er mit der vorgesehenen Schädigung Rechte und Rechtsgüter des Vollstreckungsgläubigers (z. B. Eigentum, Pfändungspfandrecht) verletzt, wenn er den normativen Gehalt dessen verstanden hat, was das Recht oder Rechtsgut ausmacht (z. B. dass eine Sache einem anderen mit den in § 903 BGB beschriebenen Möglichkeiten zugeordnet ist, oder dass eine Sache einem anderen zum Zweck der Befriedigung im Wege der Vollstreckung zusteht). Eine exakte juristische Subsumtion unter die gesetzlichen Begriffe ist nicht erforderlich. Es reicht hin, wenn sich der mit diesen Begriffen umschriebene Bedeutungsgehalt erschließt (Parallelwertung in der Laiensphäre) und die äußeren Gegebenheiten in ihrer Bedeutung erfasst sind.16 Unter diesen Voraussetzungen sind Subsumtionsirrtümer für das Vorsatzwissen unbeachtlich.17 Aus dem Vorsatzwissen der Verletzung eines Rechts oder Rechtsgutes, das durch einen Tatbestand der Verschuldenshaftung bewehrt ist, resultiert das aktuelle Unrechtsbewusstsein. Bei einer aus tatsächlichen Gründen unbegründeten Intervention hat ein Intervenient Kenntnis vom Unrechtstatbestand, wenn er bewusst falsch vorträgt, um der Intervention den Anschein der Begründetheit zu geben und den Vollstreckungsgläubiger dadurch widerrechtlich zu schädigen (Bsp. 12.1 Abwandlung), und wenn er Einwendungstatsachen kennt (Bsp. 12.2 Abwandlung). Ein Intervenient weiß nicht, dass er einen Unrechtstatbestand verwirklicht, wenn er irrtümlich falsch vorträgt und der Vortrag schlüssig ist (Bsp. 12.1), oder wenn ihm Einwendungstatsachen unbekannt sind (Bsp. 12.2). Er weiß hingegen, dass er einen Unrechtstatbestand verwirklicht, wenn er begründete Zweifel18 an der Wahrheit der von ihm zugrunde gelegten Tatsachen hat (Bsp. 12.1, wenn D sich nicht sicher ist, welchen Gabelstapler VS ihm sicherungsübereignet hat). Denn dann hält der Intervenient die Unwahrheit und damit die Verwirklichung eines Unrechtstatbestandes für möglich. 14

Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 156. Deutsch, in: Festschrift für Karl Sieg, S. 127, 128; Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 156; Heinrichs, in: Palandt, § 276, Rn. 11; Wolf, in: Soergel, § 276, Rn. 53. 16 Wolf, in: Soergel, § 276, Rn. 52. Ausführlich z. B. Roxin, AT I, S. 407 ff. m. w. N. 17 Wolf, in: Soergel, § 276, Rn. 52. 18 Zur Unterscheidung von Irrtum und Zweifel s. Mayer, S. 15 ff. 15

B. Vorsatz

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Bei einer aus Rechtsgründen unbegründeten oder als unbegründet geltenden (rechtliches Prozessrisiko, Bsp. 12.4 Abwandlung, Bsp. 12.5, Bsp. 12.6) Intervention hat ein Intervenient Kenntnis vom Unrechtstatbestand, wenn er nicht damit rechnet, dass er mit seinem Rechtsstandpunkt durchdringen wird (Bsp. 12.3 Abwandlung).19 Die Verwirklichung eines Unrechtstatbestandes hält ein Intervenient für möglich, wenn ihm die Unklarheit der Rechtslage bewusst ist und er daher aus gegebenen Anlass damit rechnet, dass sich seine Rechtsauffassung nicht durchsetzen wird (Bsp. 12.3, Bsp. 12.4 Abwandlung). Anders ist es, wenn der Intervenient davon überzeugt ist, dass seine interventionsbegründende Rechtsmeinung durchdringen wird.

II. Wollen Ein Intervenient will den Unrechtstatbestand verwirklichen, wenn er die sicher vorhergesehene oder für möglich gehaltene Verwirklichung beabsichtigt oder billigend in Kauf nimmt. Unproblematisch sind Fälle, in denen der Intervenient sich in sicherer Kenntnis tatsächlicher Unbegründetheit oder rechtlicher Aussichtslosigkeit der Intervention widerrechtlich Vorteile verschaffen will (Bsp. 12.1. Abwandlung, Bsp. 12.2 Abwandlung, Bsp. 12.3 Abwandlung). Ein Unrechtstatbestand ist dann als Voraussetzung des erstrebten Vorteils mitbeabsichtigt. Schwieriger zu beurteilen sind Fälle, in denen der Intervenient die Verwirklichung eines Unrechtstatbestandes nur für möglich hält und nicht beabsichtigt (Bsp. 12.1 bei Tatsachenzweifel, Bsp. 12.3). Vorsätzlich handelt, wer die Verwirklichung eines Unrechtstatbestandes für möglich hält und billigend in Kauf nimmt (dolus eventualis). 20 Wer dagegen darauf vertraut, das für möglich Gehaltene werde ausbleiben, handelt ohne Vorsatz (regelmäßig: bewusste Fahrlässigkeit). 21 Die Abgrenzung des dolus eventualis von der bewussten Fahrlässigkeit ist weithin ungeklärt und umstritten. 22 Billigende Inkaufnahme und Vertrauen auf das Ausbleiben können nicht scharf unterschieden werden. Denn wer handelt, obwohl er einen Erfolg für möglich hält, der nimmt dessen Eintritt auch dann in Kauf, wenn er auf sein Ausbleiben vertraut, und blindes Vertrauen 19

Weitergehend BGHZ 32, 76, 92; BGHZ 26, 256 betr. Kenntniserlangung gem. § 990 Abs. 1 Satz 2 BGB: Die Kenntnis der Nichtberechtigung müsse als erlangt gelten, wenn ein redlich und vom eigenen Vorteil nicht beeinflusst Denkender sich der Überzeugung seiner Nichtberechtigung nicht verschließen würde. Kenntnis habe, wer sich durch Heranziehung juristischer Konstruktionen auf einen Rechtsirrtum beruft, für den nach dem natürlichen Denken eine vernünftige Grundlage fehlt, oder wer sich bewusst der Erlangung der Kenntnis seines mangelnden Besitzrechts verschließt. 20 Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 161. 21 Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 161; Heinrichs, in: Palandt, § 276, Rn. 10; Medicus, Schuldrecht I, Rn. 315. 22 Dazu ausführlich Herzberg, JuS 1986, 249 ff.

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Zwölftes Kapitel: Verschuldenshaftung und Vertretenmüssen

im Angesicht der Gefahr soll nicht von der Vorsatzverantwortung befreien. Ein häufig taugliches Kriterium ist die Begründetheit des Vertrauens auf das Ausbleiben der Gefahrverwirklichung. 23 Begründeter Anlass für die Annahme, dass sich die Gefahr nicht verwirklicht, schließt billigende Inkaufnahme aus. Bei einer Intervention trotz Tatsachenzweifeln ist die Stärke des Zweifels ausschlaggebend. Bei schwachem Zweifel kann das Vertrauen auf die Wahrheit überwiegen, mit zunehmender Stärke des Zweifels wird die Billigung der Unwahrheit überwiegen. 24 Ein Intervenient, der ins Blaue hinein Behauptungen aufstellt, handelt jedenfalls vorsätzlich. 25 Eine Intervention im Bewusstsein der Zweifelhaftigkeit der Rechtslage (Bsp. 12.3, Bsp. 12.4 Abwandlung) kann ebenfalls unterschiedlich zu bewerten sein. Einerseits begründet eine vertretbare Rechtsansicht Vertrauen auf die Vermeidung eines Unrechtstatbestandes, so dass nicht mit Eventualvorsatz handelt, wer einen zweifelhaften, aber vertretbaren Rechtsstandpunkt vertritt. Andererseits handelt, wer sich auf einen vorteilhaften Rechtsstandpunkt stellt und es auf einen Prozess ankommen lässt, nur in der Hoffnung, den Prozess zu gewinnen. Er nimmt dabei das Risiko des Prozessverlusts und damit eines Unrechtstatbestandes in Kauf und handelt im Hinblick auf diese Möglichkeit bedingt vorsätzlich. 26 Beide Bewertungen können nicht ganz überzeugen. Die bereits angedeuteten Schwierigkeiten der Abgrenzung von (begründetem) Vertauen und (bloßer) Hoffnung sind nicht überwindbar. In Fällen der vorliegenden Art verdient eine andere Erwägung den Vorzug. Der Zurechnungsgrund des Vorsatzes liegt im wesentlichen darin, dass sich der Handelnde bewusst über die Regeln des Rechts hinwegsetzt und sich damit gegen die Rechtsordnung auflehnt. 27 Wer einen Rechtsstandpunkt vertritt und zur gerichtlichen Entscheidung stellt, den er für vertretbar hält, der negiert den Rechtsstaat nicht, sondern erkennt ihn an. Der Zurechnungsrund des Vorsatzes trifft daher nicht zu und der Vorsatzvorwurf ist unangemessen. 28

23

So auch Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 161. A. A. Huber, Leistungsstörungen, S. 698 ff. betr. Schuldnerverzug: Stets für den Vorsatz hinreichende Inkaufnahme, Unterlassen der Tatbestandsverwirklichung könne aber unzumutbar sein. 25 Zur Vorsätzlichkeit des Handelns ins Blaue hinein Wolf, in: Soergel, § 276, Rn. 65. 26 So RGZ 141, 266, 276; Huber, Leistungsstörungen, S. 721 f. 27 Deutsch, Rn. 333. 28 Hier hat das vom BGH (BGHZ 20, 169, 171 f.) herangezogene Argument seine Berechtigung, dass ein (im Hinblick auf die Rechtslage gutgläubiger) Kläger von einem Mittel Gebrauch macht, das im Rechtsstaat gerade für die Entscheidung und Entwirrung von Streitigkeiten gegeben ist. Dies schließt zwar nicht umfassend die Haftung aus (so aber BGH a.a.O.), aber den Eventualvorsatz. 24

C. Fahrlässigkeit

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C. Fahrlässigkeit Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Ein Unrechtstatbestand ist fahrlässig verwirklicht, wenn bei Anwendung der verkehrserforderlichen Sorgfalt die Gefahr der Tatbestandsverwirklichung vorhergesehen werden konnte und die Verwirklichung des Tatbestandes vermieden werden konnte und musste. Ein Intervenient kann vorhersehen, dass er einen Unrechtstatbestand verwirklicht (gleichbedeutend: ein Unrechtstatbestand als verwirklicht gelten wird, weil sich das rechtliche Prozessrisiko verwirklichen wird), wenn er erkennen kann, dass und aus welchem Grund die Intervention unbegründet ist oder als unbegründet gelten wird. Die Erkennbarkeit des Grundes ist notwendige (nur bei Erkennbarkeit) und hinreichende (immer bei Erkennbarkeit) Bedingung für die Vorhersehbarkeit des (als verwirklicht geltenden) Unrechtstatbestandes. Z. B. kann ein Intervenient nur dann vorhersehen, dass er das Pfändungspfandrecht des Vollstreckungsgläubigers verletzt, wenn er erkennen kann, dass er selbst nicht Eigentümer der gepfändeten Sache ist. Immer wenn er erkennen kann, dass er nicht Eigentümer ist, dann ist für ihn – weil er sein fehlendes Eigentum erkennen kann – auch vorhersehbar, dass er ein Pfändungspfandrecht des Vollstreckungsgläubigers verletzt. Unterlässt der Intervenient die Intervention, dann verletzt er kein Recht des Vollstreckungsgläubigers, es kommt nicht zum Prozess und zu keinem Prozessrisiko. Daher ist der (als verwirklicht geltende) Unrechtstatbestand stets vermeidbar, wenn der Intervenient es vermeiden kann, eine erkennbar unbegründete (als unbegründet geltende) Intervention durchzuführen. Kann der Intervenient es nicht vermeiden, eine unbegründete (als unbegründet geltende) Intervention durchzuführen, dann ist auch der (als verwirklicht geltende) Unrechtstatbestand unvermeidbar. Die Vermeidbarkeit der Intervention ist folglich ebenfalls hinreichend und notwendig für die Vermeidbarkeit des (als verwirklicht geltenden) Unrechtstatbestandes. Da eine Intervention aus tatsächlichen oder aus rechtlichen Gründen unbegründet sein und wegen Verwirklichung des rechtlichen Prozessrisikos als unbegründet gelten kann (zum tatsächlichen Prozessrisiko an späterer Stelle), stehen Fälle des Tatsachenirrtums und tatsächlicher Zweifel des Intervenienten (I.) sowie Fälle des Rechtsirrtums, rechtlicher Zweifel und der Fehleinschätzung des rechtlichen Prozessrisikos des Intervenienten (II.) zur Beurteilung fahrlässiger Verwirklichung eines Unrechtstatbestandes.

I. Tatsachenirrtum und tatsächliche Zweifel Irrt ein Intervenient, der einen Unrechtstatbestand verwirklicht, über Tatsachen, die für die Begründetheit der Intervention entscheidend sind, oder hat er

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Zwölftes Kapitel: Verschuldenshaftung und Vertretenmüssen

Zweifel am Vorliegen solcher Tatsachen, dann ist der Unrechtstatbestand fahrlässig verwirklicht, wenn der Intervenient durch Anwendung der verkehrserforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) seinen Irrtum oder die Berechtigung seiner Zweifel erkennen (und damit die Gefahr der Tatbestandsverwirklichung vorhersehen) (1.) und die Durchführung der Intervention (und damit den Unrechtstatbestand) vermeiden konnte (2.). 1. Vorhersehbarkeit Ein Tatsachenirrtum (Bsp. 12.1, Bsp. 12.2) ist nur erkennbar, wenn der Irrende sein Vorstellungsbild überprüft. Die verkehrserforderliche Sorgfalt verlangt grundsätzlich keine fortwährende Überprüfung der Richtigkeit des eigenen Vorstellungsbildes. Überlegungen müssen erst angestellt werden, wenn dazu Anlass besteht. 29 Solche Anlässe können die naheliegende Gefahr der Verwirklichung eines Unrechtstatbestandes im Fall des Irrtums30 sowie Tatsachen sein, die darauf hindeuten, dass das eigene Vorstellungsbild falsch ist (Indiztatsachen) 31. Gefahr und Indiztatsachen müssen objektiv, mit der im Verkehr erforderlichen – nicht mit der an der Person des Handelnden zu bemessenden und nicht mit der üblichen – Aufmerksamkeit ohne erhebliche Anstrengungen ersichtlich sein.32 Eine Intervention ist stets ersichtlich schadensträchtig, weil sie Schädigungen des Vollstreckungsgläubigers bezweckt. Die Gefahr von Rechtsverletzungen im Fall eines Tatsachenirrtums ist folglich ersichtlich naheliegend, ein Intervenient ist daher gehalten, die Tatsachengrundlage der Intervention zu überprüfen.33 Ob zudem Indiztatsachen für einen Tatsachenirrtum vorliegen, ist eine Frage des Einzelfalles. Indiztatsachen für einen Irrtum können vor allem entsprechende Hinweise des Vollstreckungsgläubigers oder -schuldners sein. Auch die Begründetheit von Zweifeln an der Wahrheit interventionsbegründender Tatsachen oder von Einwendungstatsachen ist wegen der ersichtlichen Schadensträchtigkeit der Intervention zu überprüfen. Im übrigen gilt, dass bei einem Zweifel, der nicht nur auf der allgemeinen Erwägung, ein Irrtum könne nie ausgeschlossen werden (in solchen Fällen gilt das zum Irrtum ausgeführte), sondern auf einem konkreten Anlass beruht (der aber nicht stark genug ist, um den Vorsatz zu begründen), dieser Anlass eine Indiztatsache ist, die zur Überprüfung anhält. Es kommt dabei nicht darauf an, ob die wahrgenommene Indiz29

Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 68. Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 69. 31 Huber, Leistungsstörungen, S. 695. 32 BGHZ 74, 9; Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 69. 33 A. A. BGH Rpfleger 2005, 135; BGHZ 74, 9; BGHZ 36, 18, 21, betr. jegliche Rechtspflegeverfahren. Dagegen Demharter, Rpfleger 2005, 185, 186 betr. Grundbuchberichtigungsantrag. 30

C. Fahrlässigkeit

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tatsache mühelos ersichtlich ist. Denn besondere Fähigkeiten – wie die besondere Aufmerksamkeit dessen, der Indiztatsachen wahrnimmt, die nicht ohne weiteres ersichtlich sind – steigern die Sorgfalt. 34 Welche Aufklärungsmaßnahmen erforderlich sind, richtet sich nach einem objektivierten und typisierten Maßstab. Umfasst sind die Maßnahmen, die ein mit normalen Fähigkeiten ausgestatteter, besonnener, gewissenhafter und sorgsamer Angehöriger des betreffenden Verkehrskreises in der konkreten Situation unternehmen würde.35 Ein Intervenient hat demnach die Maßnahmen zu ergreifen, die im Rechtsverkehr zur Sachaufklärung geboten sind. Es ist geboten, die zur Verfügung stehenden und erlangbaren Erkenntnismittel auszuschöpfen, soweit dies die Situation, vor allem Eilbedürftigkeit, zulässt. Welche Mittel dies sind, ist eine Frage des Einzelfalles. Ein Intervenient wird sich regelmäßig kurzfristig anhand seiner eigenen Unterlagen informieren müssen (Bsp. 12.1: Studium des Sicherungsvertrages, aus dem sich die Identität des übereigneten Gabelstaplers ergibt; Bsp. 12.2: Studium der Bürgschaftsurkunde, aus der sich die Bürgschaftsdauer ergibt), und er wird kurzfristig Nachfrage beim Vollstreckungsorgan und beim Vollstreckungsschuldner halten müssen (Bsp. 12.1: Erkundigungen beim Gerichtsvollzieher und bei VS, aus der sich die Identität des gepfändeten Gabelstaplers ergibt). Unterlässt er gebotene Aufklärungsmaßnahmen, die den Irrtum beseitigt oder den Zweifel bestätigt hätten, dann war die Unbegründetheit der Intervention erkennbar und damit die Gefahr der Verwirklichung eines Unrechtstatbestandes vorhersehbar. 2. Vermeidbarkeit Der Unrechtstatbestand wird vermieden, wenn die Intervention unterbleibt. Folglich ist der Unrechtstatbestand vermeidbar, wenn bei Anwendung der verkehrserforderlichen Sorgfalt die Intervention vermeidbar ist. Nach dem objektivierten, typisierten Sorgfaltsmaßstab ist eine unbegründete Intervention, die auf erkennbar unwahre interventionsbegründende Tatsachen gestützt wird, oder der erkennbar wahre Einwendungstatsachen entgegenstehen, vermeidbar, weil der typisierte Durchschnittsintervenient eine solche Intervention unterlässt.

II. Rechtsirrtum, Rechtszweifel und Fehleinschätzung des rechtlichen Prozessrisikos Fälle, in denen ein Schädiger sein Verhalten auf einen Rechtsstandpunkt stützt, den er für zutreffend oder aussichtsreich hält, mit dem er sich aber im Prozess 34 35

BGHZ 62, 29, 37; Deutsch, Rn. 397; Heinrichs, in: Palandt, § 276, Rn. 15. Heinrichs, in: Palandt, § 276, Rn. 16; Larenz, Schuldrecht AT, S. 283 ff.

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Zwölftes Kapitel: Verschuldenshaftung und Vertretenmüssen

– ob zu Recht (Rechtsirrtum und -zweifel, Bsp. 12.3) oder zu Unrecht (rechtliches Prozessrisiko, Bsp. 12.4 Abwandlung, Bsp. 12.5, Bsp. 12.6) – nicht durchzusetzen vermag, sind in der Praxis von erheblicher Bedeutung für das Verschulden durch Fahrlässigkeit. Denn der Grundsatz, dass der unverschuldete Rechtsirrtum das Verschulden auszuschließen vermag, ist zu Recht ganz überwiegend anerkannt,36 und ein Schädiger, der einen unzutreffenden (als unzutreffend geltenden) Rechtsstandpunkt eingenommen hat, beruft sich typischerweise anschließend darauf, der Rechtsstandpunkt sei zumindest mit guten Gründen vertretbar; indem er diesen Rechtsstandpunkt vertreten und auf seine Richtigkeit vertraut habe, habe er den Unrechtstatbestand nicht schuldhaft verwirklicht. Die Berufung auf einen unzutreffenden Rechtsstandpunkt bildet damit regelmäßig die letzte Verteidigungslinie gegen die Verschuldenshaftung.37 Wer sich in einer schadensträchtigen Angelegenheit (wie einer Intervention) auf eine rechtliche Auseinandersetzung einlässt, der ist der Schadensträchtigkeit der Angelegenheit wegen stets gehalten, seinen Rechtsstandpunkt abzusichern.38 Der objektivierte und typisierende Maßstab der verkehrserforderlichen Sorgfalt gebietet eine verständige Meinungsbildung über die Rechtslage. Verständig ist die Meinungsbildung, wenn sie durch Anwendung gediegener juristischer Sachkunde zustande kommt,39 wie sie von Angehörigen der rechtsberatenden Berufe zu erwarten ist. 40 Der so gebildete Rechtsstandpunkt ist dem Verhalten in der Angelegenheit zunächst zugrunde zu legen. Er ist bei gegebenem Anlass zu überprüfen. 41 Bei der Verschuldensbewertung eines Rechtsirrtums, eines Rechtszweifels und einer Fehleinschätzung des rechtlichen Prozessrisikos ist zu unterscheiden zwischen Rechtsfragen, die bei fachkundiger Prüfung von vornherein verläss36 Deutsch, AcP 202 (2002), 889, 908; Heinrichs, in: Palandt, § 276, Rn. 22; Larenz, Schuldrecht AT, S. 347 f.; Schulze, in: Handkommentar BGB, § 276, Rn. 12. Ausführlich Huber, Leistungsstörungen, 705 ff. m. w. N. sowie unter Hinweis auf Entstehungsgeschichte und Gesetzesmaterialien des BGB, wonach sich die Beachtlichkeit des unverschuldeten Rechtsirrtums für das Verschulden hinreichend klar aus dem Verschuldenserfordernis selbst ergibt und eine ausdrückliche Bestimmung im BGB nicht enthalten ist, weil die Beachtlichkeit für selbstverständlich gehalten wurde. 37 Mayer, S. 4. Ders., S. 62 ff. zur Beweisbarkeit des Rechtsirrtums. 38 BGH NJW 2007, 428, 429; Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 73. A. A. BGHZ 74, 9; BGHZ 36, 18, 21. 39 BGH NJW 1990, 1531, 1533; BGH NJW 1957, 1759, 1760; BGH NJW 1951, 398; Huber, Leistungsstörungen, S. 712. 40 Es besteht keine Verpfl ichtung, anwaltlichen Rat einzuholen, BGH NJW 2007, 428, 429 („soweit erforderlich“); Huber, Leistungsstörungen, S. 712; Mayer, S. 107. Es reicht aus, sich auf die eigenen Rechtskenntnisse zu verlassen – nur müssen die Überlegungen angestellt werden, die ein Rechtsanwalt anzustellen hätte. A. A. (Konsultationspfl icht) BGH LM BGB § 812 Nr. 90; BGH NJW 1957, 1759, 1760; Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 73; Löwisch, in: Staudinger, § 285, Rn. 33; Rittner, in: Festschrift für Fritz von Hippel, S. 391, 415, Fn. 124. 41 Ohl, GRUR 1966, 172, 182.

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lich beurteilt werden können (1.), und Rechtsfragen, bei denen auch eine fachkundige Beurteilung vorneweg keine Klarheit verschafft, weil mehrere Rechtsstandpunkte lege artis vertretbar sind (2.). 1. Verlässlich zu beurteilende Rechtslage Wer in einer Rechtsangelegenheit sein Verhalten auf einen den eigenen Interessen günstigen Rechtsstandpunkt stützt, der bei fachkundiger juristischer Beurteilung als falsch und vernünftigerweise nicht vertretbar zu bewerten ist (Indiz: Rechtsprechung und Schrifttum sprechen sich ausschließlich gegen diesen Rechtsstandpunkt aus), verhält sich (wenn ihm die Aussichtslosigkeit des Rechtsstandpunktes nicht bewusst ist, sonst Vorsatz) grundsätzlich fahrlässig. 42 Denn es ist geboten, die Angelegenheit juristisch fachkundig zu bewerten, und wer solche Fachkunde nicht besitzt, ist gehalten, sich fremder Fachkunde zu bedienen. Bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt war die Verfehltheit des Rechtsstandpunktes folglich erkennbar und die Gefahr der Verwirklichung des Unrechtstatbestandes damit vorhersehbar. Der Unrechtstatbestand ist in solchen Fällen auch vermeidbar, indem der Schädiger – wie von der Durchschnittsperson des objektivierten typisierten Sorgfaltsmaßstabes zu erwarten – Einsicht in die aussichtslose Rechtslage zeigt und sein Verhalten an dieser Einsicht ausrichtet. Ausnahmsweise verhält sich nicht fahrlässig, wer einen unvertretbaren Rechtsstandpunkt vertritt und dabei einen Unrechtstatbestand verwirklicht. Dem Rechtsrat einer als fachkundig geltenden Person (Angehöriger eines in der betreffenden Angelegenheit rechtsberatenden Berufs, also regelmäßig ein Rechtsanwalt) darf grundsätzlich vertraut werden. Misstrauen, das zur Einholung eines weiteren Rechtsrats veranlasst, ist allenfalls bei sehr konkreten Anhaltspunkten für eine Fehlberatung angezeigt.43 Wer in gehöriger Weise (unter umfassender, zur rechtlichen Beurteilung hinreichender Darlegung des Sachverhalts, ggf. auf Nachfrage, aber ohne Verkürzungen, Auslassungen, Verfälschungen und Entstellungen) anwaltlichen Rechtsrat einholt, und die Auskunft erhält, die Rechtslage sei eindeutig günstig, für den ist die Gefahr der Verwirklichung eines Unrechtstatbestandes bei Anwendung der verkehrserforderlichen Sorgfalt daher grundsätzlich nicht vorhersehbar. Es ist dann nicht fahrlässig, das Verhalten an diesem Rat auszurichten44 (lautet die Auskunft, die Rechtslage sei unklar, ein günstiger Rechtsstandpunkt sei jedenfalls vertretbar, gelten 42

Mayer, S. 116 f. Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 73; Mayer, S. 118 (Evidenz). Ferner BGH NJW 2007, 428, 429 betr. Rechtsrat eines Mieterschutzvereins in Mietsachen. 44 OLG Hamburg MDR 1974, 52. A. A. BGHZ 74, 281; Mayer, S. 119: „rechtsfolgenorientierte [sc. an der Rechtsfolge des § 278 BGB orientierte] Betrachtung“ – der umstandslose Verzicht auf die Tatbestandsvoraussetzungen des § 278 BGB ist problematisch. 43

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die Grundsätze bei nicht klar zu beurteilender Rechtslage, dazu im Anschluss). Ob ein Ratsuchender affirmative Falschberatung durch einen Rechtsanwalt zu vertreten hat, wenn er auf den Rechtsrat vertrauen darf, hängt davon ab, ob der Unrechtstatbestand dem Leistungsstörungsrecht (§ 280 Abs. 1 BGB) oder dem Recht der unerlaubten Handlungen i. w. S. angehört. Verletzt der falschberatene Ratsuchende eine „Pflicht aus dem Schuldverhältnis“ (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB), dann hat er dabei als Schuldner ein Verschulden der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient (Erfüllungsgehilfen), in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden (§ 278 Satz 1 BGB). Da ein Schuldner verpflichtet ist, sich mit juristische Fachkunde über die Rechtslage zu vergewissern, schaltet er einen Rechtsanwalt, bei dem er Rechtsrat sucht, als Erfüllungsgehilfen in die Erfüllung dieser Pflicht ein45 und haftet folglich für Fehler des Rechtsanwalts gem. § 278 BGB. 46 Als Rechtsfolge ordnet § 278 Satz 1 BGB eine Fiktion an, die das Gehilfenverhalten auf die Person des pflichtentragenden Schuldners projiziert. Der Schuldner haftet, wenn das Verhalten seines Gehilfen als sein eigenes Verhalten schuldhaft gewesen wäre, d. h., wenn er anstelle des Gehilfen so wie dieser gehandelt hätte. 47 Für die Zurechnung gem. § 278 BGB kommt es mithin darauf an, ob der Gehilfe beachtet hat, was vom Schuldner selbst zu erwarten gewesen wäre. 48 Lässt es der Rechtsanwalt an der gebotenen juristischen Fachkunde fehlen, dann hat der Schuldner dieses Fehlverhalten zu vertreten, als ob er sich selbst unsachgemäß seine Rechtsmeinung gebildet hätte. Ein Schuldner, der sein Verhalten auf den fehlerhaften Rechtsrat eines Rechtsanwalts stützt und dabei eine Leistungsstörung gem. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB verursacht, hat den Unrechtstatbestand folglich zu vertreten. Außerhalb des Leistungsstörungsrechts gilt die strenge Zurechnung des Fehlverhaltens von Hilfspersonen nicht. Zu vertreten ist dort nur eigenes Verschulden, soweit es sich auf die Heranziehung einer Hilfsperson bezieht. Solches Eigenverschulden liegt nur vor, wenn massive Anhaltspunkte für eine Falschberatung bestehen, die zu weiterer Aufklärung veranlassen. Wenn ein Intervenient nicht nur anwaltlichen Rechtsrat einholt, sondern einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen in der Interventionsangelegenheit beauftragt (und ihn gehörig über den tatsächlichen Hintergrund der Angelegenheit in Kenntnis setzt), dann gilt folgendes. Ausgangspunkt der Bestimmung eigenen Verschuldens des Intervenienten ist, dass die Manda45

Huber, S. Leistungsstörungen, 712 f.; Löwisch, in: Staudinger, § 285, Rn. 34. BGH NJW 2007, 428, 430; BAG ZIP 1987, 1339, 1341; Huber, Leistungsstörungen, S. 712; Löwisch, in: Staudinger, § 285, Rn. 34. A. A. Mayer, S. 118. 47 Frotz, S. 73 f.; Kupisch, JuS 1983, 817, 819; Larenz, Schuldrecht AT, S. 303; Medicus, Schuldrecht I, Rn. 334; Picker, AcP 183 (1983), 369, 488 f.; E. Schmidt, AcP 170 (1970), 502, 511; Siber, in: Strohal, § 278, Anm. 1. c). A. A. v. Caemmerer, in: Festschrift für Fritz Hauß, S. 33, 39 ff.; Oertmann, BGB, § 278, Anm. 4. b). 48 Grundmann, in: MüKo BGB, § 278, Rn. 49. 46

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tierung eines Rechtsanwalts mit der Durchführung der Intervention grundsätzlich nicht sorgfaltswidrig ist. Denn auf diese Weise bedient sich der Intervenient in denkbar umfassender Weise der gebotenen juristischen Fachkunde. 49 Ein Intervenient darf grundsätzlich auch darauf vertrauen, dass alle Schritte, die der Rechtsanwalt unternehmen wird, von der erforderlichen Fachkunde und Sorgfalt getragen sind. Wozu der Rechtsanwalt rät und wogegen er keine Bedenken äußert, dazu darf ihn der Intervenient anweisen (dann aber ggf. Vertretenmüssen gem. § 278 BGB). Sorgfaltswidrig ist die Mandatierung oder die Belassung des Mandats nur ausnahmsweise, wenn konkrete, starke Anhaltspunkte darauf hindeuten, dass der Rechtsanwalt zur Wahrnehmung der Angelegenheit ungeeignet ist. Sorgfaltswidrig sind auch Weisungen, die gegen den Rat des Anwalts erteilt werden. Bei Weisungen, die gegen Bedenken des Rechtsanwalts erteilt werden – Bedenken drücken aus, dass der Rechtsanwalt die Rechtslage für unklar, einen günstigen Rechtsstandpunkt aber für vertretbar hält (andernfalls würde er zu- oder abraten) – gelten die Grundsätze bei nicht klar zu beurteilender Rechtslage (im Anschluss). Anwaltliches Fehlverhalten (z. B. voreilige Antragstellung gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO ohne Einholung einer Weisung) hat ein Intervenient gem. § 278 BGB zu vertreten, wenn der Unrechtstatbestand dem Leistungsstörungsrecht zugehört. § 831 BGB sanktioniert (vermutetes) eigenes Verschulden. Gem. § 85 Abs. 2 ZPO schließlich steht das Verschulden des Bevollmächtigten im Prozess dem Verschulden der Partei gleich. § 85 Abs. 2 ZPO beruht auf dem Gedanken, dass die Partei, die ihren Rechtsstreit durch einen Vertreter führen lässt, in jeder Weise so zu behandeln ist, als habe sie den Prozess selbst geführt.50 Aus der Begrenzung des Normzwecks auf den Prozess ergibt sich gleichzeitig die Begrenzung des Anwendungsbereichs der Norm auf die prozessualen Folgen des Verschuldens. Die materiellrechtliche Rechtslage bleibt durch § 85 Abs. 2 ZPO unberührt. 51 2. Zweifelhafte Rechtslage a) Gleichstellung des rechtlichen Prozessrisikos mit Rechtsirrtum und -zweifel In einer Rechtsangelegenheit wie einer Intervention kann die (objektiv feststehende) Rechtslage bei vollständig und zutreffend erkannter Tatsachengrundlage ex ante (subjektiv) zweifelhaft sein, weil unterschiedliche Rechtsauffassungen mit juristischer Fachkunde vertretbar sind (Indiz: in der Rechtsprechung und 49 A. A. Mayer, S. 119 f.: die „Argumentation, was hätte denn der einzelne mehr tun sollen, als einen Anwalt einzuschalten, . . . geht . . . in besonders eklatanter Weise zu Lasten des Geschädigten“ – zur „rechtsfolgenorientierte[n] Betrachtung“ Mayers s. bereits Fn. 44. 50 Bork, in: Stein/Jonas, § 85, Rn. 8; v. Mettenheim, in: MüKo ZPO, § 85, Rn. 10. 51 Bork, in: Stein/Jonas, § 85, Rn. 10; v. Mettenheim, in: MüKo ZPO, § 85, Rn. 13.

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Zwölftes Kapitel: Verschuldenshaftung und Vertretenmüssen

im Schrifttum finden sich keinerlei Befassungen mit der inmitten stehenden Rechtsfrage, oder es finden sich Befassungen, die zu unterschiedlichen Folgerungen gelangen). Die Zweifelhaftigkeit der Rechtslage ist in solchen Fällen typischerweise offensichtlich, und den Beteiligten ist bewusst, dass ihre Rechtsstandpunkte nicht restlos geklärt sind. Bei offenkundig zweifelhafter Rechtslage besteht die Gefahr, dass der vertretene Rechtsstandpunkt unzutreffend ist und das auf diesen Rechtsstandpunkt gestützte Verhalten einen Unrechtstatbestand verwirklicht (Rechtsirrtum und Rechtszweifel) (Bsp. 12.3). Außerdem ist bei zweifelhafter Rechtslage das Risiko beträchtlich, mit dem vertretenen Rechtsstandpunkt, sei er auch zutreffend, im Prozess nicht durchzudringen, so dass ein Unrechtstatbestand als verwirklicht gilt, als ob der Rechtsstandpunkt unzutreffend wäre (rechtliches Prozessrisiko) (Bsp. 12.4, Bsp. 12.5, Bsp. 12.6). Wie erinnerlich (sub A. II.), sind Rechtsirrtum und Rechtszweifel (unzutreffender Rechtsstandpunkt) einerseits und rechtliches Prozessrisiko (undurchsetzbarer zutreffender Rechtsstandpunkt) andererseits im Hinblick auf das Verschulden als gleich zu behandeln. Bezugspunkt des Verschuldens ist nicht die Richtigkeit eines Rechtsstandpunktes, sondern dessen Durchsetzbarkeit. Das Kriterium der praktischen Bewährung eines Rechtsstandpunktes im Prozess und die aus diesem Kriterium resultierende Härte gegenüber dem Beteiligten eines Rechtsstreits, dem ein Fehlurteil widerfährt, wird durch eine Erwägung legitimiert, die Huber 52 andeutet. Bei ersichtlicher Zweifelhaftigkeit der Rechtslage ist vorhersehbar, dass im Prozess Klärung zu schaffen sein wird. Wer vor diesem Hintergrund einen günstigen Rechtsstandpunkt einnimmt, muss sich der Möglichkeit bewusst sein, dass er mit diesem Standpunkt im Prozess nicht durchdringen wird, in dem die Angelegenheit verbindlich entschieden wird, und er muss sich auch der Möglichkeit bewusst sein, dass die Haftung wegen des Verhaltens in der Ausgangsangelegenheit nach Maßgabe der Entscheidung über die Ausgangsangelegenheit (Bsp. 12.5) oder genauso wie im Prozess über die Ausgangsangelegenheit (Bsp. 12.6) beurteilt werden wird. Das Abstellen auf die Durchsetzbarkeit eines Rechtsstandpunktes beim Verschulden eines nach Maßgabe des Prozessausgangs – ob zu Recht oder zu Unrecht – als verwirklicht geltenden Unrechtstatbestandes ist damit die Konsequenz der Zumutung des rechtlichen Prozessrisikos in der Ausgangsangelegenheit. Die Härte, die eine Ausrichtung des Verschuldens an der Durchsetzbarkeit eines Rechtsstandpunktes bedeuten kann, ist folglich nichts anderes als die Folge der Misslichkeit, dass die Aufgabe der Rechtserkenntnis fehlerträchtig ist und Fehlurteile infolge von Norm- und Subsumtionsunsicherheiten unvermeidbar sind.

52

136.

Huber, Leistungsstörungen, S. 721. Ferner Deutsch, in: Festschrift für Karl Sieg, S. 127,

C. Fahrlässigkeit

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b) Meinungsstand Ob und nach welcher Maßgabe sich fahrlässig verhält, wer bei offenkundig zweifelhafter Rechtslage sein Verhalten auf einen vorteilhaften Rechtsstandpunkt stützt, den er im Prozess nicht durchzusetzen vermag, wird in der Rechtsprechung und im Schrifttum unterschiedlich beurteilt. 53 In der umfangreichen Rechtsprechung zum Verschulden bei Rechtsirrtum und Rechtszweifel werden zwei widerstreitende Grundauffassungen vertreten. Die Rechtsprechung knüpft anscheinend tendenziell an die Position als Angreifender oder Abwehrender an. Meist wird der Schuldner, der einen Anspruch bestreitet und die Leistung verweigert, mit Strenge behandelt, während demjenigen, der fordert oder eingreift, überwiegend mit Milde begegnet wird. Das Schrifttum teilt mehrheitlich den milden Standpunkt. Vorwiegend zur Frage, ob ein Schuldner, der den Anspruch aus Rechtsgründen bestreitet und die Leistung deshalb verweigert, den Verzugsschaden zu ersetzen hat, weil er das Ausbleiben der Leistung zu vertreten hat (§§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 4, 276 BGB, §§ 285, 276 BGB a. F.), bisweilen auch zum Vertretenmüssen deliktischer Unrechtstatbestände, vertritt die höchstrichterliche zivilrechtliche Rechtsprechung seit dem RG zumeist eine strenge Auffassung. Sie knüpft den Verschuldensvorwurf nicht an den Rechtsstandpunkt des Schädigers (den er sich unverzüglich zu bilden hat) 54 und dessen Vertretbarkeit an, sondern an das Risiko, dass sich der Rechtsstandpunkt als unzutreffend erweist. Der Schädiger ist danach nur entschuldigt, wenn er einen Standpunkt vertritt, mit dem er bei Wahrung der verkehrserforderlichen Sorgfalt nicht mit einem Unterliegen im Rechtsstreit zu rechnen braucht. 55 Dabei kommt es nicht auf die nie auszuschließende theoretische Möglichkeit des Prozessverlustes an, 56 sondern darauf, ob bei fachkundiger und objektiver Einschätzung der Erfolgsaussichten keine ernsthafte Möglichkeit besteht, anstelle des eigenen Rechtsstandpunktes könnte derjenige des Gläubigers vom Gericht geteilt werden. 57 Es entlastet den Schädiger nicht, wenn Instanzgerichte seine Rechtsauf53

Eingehende Rechtsprechungsanalyse bei Mayer, S. 103 ff., 143 ff. BGH VersR 1964, 749; BGH VersR 1962, 548, 550; Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 75. 55 BGH NJW 2007, 428, 430; BGHZ 131, 308, 318; BGHZ 89, 296, 303; BGHZ 36, 344, 346; BGH NJW 1998, 2144, 2145; BGH NJW 1990, 1531, 1533; BGH NJW-RR 1990, 160, 161; BGH NJW 1985, 486, 488; BGH NJW 1983, 2318, 2321; BGH NJW 1974, 1903, 1904; BGH NJW 1972, 1045, 1046; BGH WM 1970, 1513, 1514; BGH NJW 1957, 1759, 1760; BGH NJW 1951, 398; RGZ 118, 288, 292; RGZ 92, 376, 379 f. Ferner Huber, Leistungsstörungen, S. 721 ff.; Ohl, GRUR 1966, 172, 182 f. Im Ausgangspunkt ebenso Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 74. 56 BGHZ 131, 308, 318; BGH NJW 1998, 2144, 2145; BGH NJW 1990, 1531, 1533; BGH NJW 1972, 1045, 1046; Huber, Leistungsstörungen, S. 713. 57 BGH NJW 2007, 428, 430; BGHZ 131, 308, 318; BGH NJW 1998, 2144, 2145; Huber, Leistungsstörungen, S. 713. 54

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Zwölftes Kapitel: Verschuldenshaftung und Vertretenmüssen

fassung geteilt haben und erst ein Rechtsmittelgericht einen Unrechtstatbestand feststellt. 58 Denn das zwischenzeitliche Obsiegen deutet nur darauf hin, dass der Schädiger seine Rechtsauffassung sachgemäß gebildet hat, nicht aber, dass er mit seinem Unterliegen im Rechtsstreit nicht zu rechnen brauchte.59 Mithin muss nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch nahezu stets die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass die eigene Rechtsmeinung nicht durchdringen wird. Eine unzutreffende Rechtsmeinung ist folglich nur ganz ausnahmsweise nicht zu vertreten. Dagegen behandeln die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung, der größere Teil des Schrifttums und ein Teil der zivilrechtlichen Rechtsprechung den rechtsirrigen Schädiger, vor allem den rechtsirrigen Schuldner, mit Milde. Einem Schuldner soll es bei zweifelhafter Rechtslage erlaubt sein, seine Leistung zurückzuhalten, bis die Sache entschieden ist, wenn er in Anbetracht der Zweifelhaftigkeit ratlos vor der Alternative steht, ob er möglicherweise auf eine Nichtschuld leisten und „sich . . . mit einem höchst fragwürdigen Kondiktionsanspruch . . . trösten“, oder ob er „die harten Folgen des Verzuges in Kauf . . . nehmen“ will. 60 In einem solchen Fall sei es dem Schuldner nicht zumutbar, ohne weiteres nachzugeben. Es sei dann nicht schuldhaft, über die zweifelhafte Rechtslage zu streiten. 61 Auch sonst soll es stets geboten sein, die Sorgfaltsanforderungen so abzumildern, dass ein vertretbarer Rechtsstandpunkt unverschuldet bis zur endgültigen gerichtlichen Klärung eingenommen werden darf. 62 Bisweilen wird die Auffassung vertreten, bei schwieriger und zweifelhafter Rechtslage seien nur grob fahrlässige Rechtsirrtümer und Rechtszweifel zu vertreten. 63 Von diesem Ausgangspunkt erhebt sich die Frage nach den Voraussetzungen, unter denen ein unzutreffender Rechtsstandpunkt als vertretbar und damit entschuldigend gilt. Abgelehnt wird eine Bestimmung anhand von Wahrscheinlichkeitshypothesen über die Rechtslage. Solche Hypothesen seien nicht die 58 BGH NJW 1983, 2318, 2321; BGH NJW 1974, 1903, 1904 f.; BGH WM 1970, 1513, 1514; OLG Stuttgart NJW 1967, 122; Huber, Leistungsstörungen, S. 713 f. 59 Huber, Leistungsstörungen, S. 714. 60 Rittner, in: Festschrift für Fritz von Hippel, S. 391, 413. Ähnlich Mayer, S. 154; Wiedemann, in: Soergel, § 285, Rn. 9. 61 Löwisch, in: Staudinger, § 285, Rn. 31; Wiedemann, in: Soergel, § 285, Rn. 14. 62 BGHZ 62, 29, 34 ff.; BGHZ 27, 264, 273; BGHZ 17, 266, 295; RG GRUR 1931, 640; Brox/Walker, Rn. 1444; Götz, S. 198 ff.; Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 75; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 40; Hopt, S. 253 ff.; Klees, NJW 2007, 431; Mayer, S. 111; Messer, WuB VI E. – § 717 Abs. 2 ZPO – 1.85; Rosenberg/Schwab/Gottwald, S. 16. 63 OLG München NJW-RR 1989, 1471, 1472; Götz, S. 202; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 717, Rn. 7; § 771, Rn. 45. Ähnlich BGHZ 62, 54 (dazu BVerfGE 49, 304) betr. die Haftung gerichtlicher Sachverständiger; BAG AP Nr. 1 zu § 291. Ferner LG Berlin NJW 1972, 1675: ein Vollstreckungsgläubiger hafte bei Vollstreckung in schuldnerfremde Gegenstände nach dem Haftungsmaßstab des § 990 Abs. 1 BGB, folglich hafte er nicht bei leichter Fahrlässigkeit. – Die Begründung ist im Ansatz verfehlt: Haftungsmaßstab des § 990 Abs. 1 BGB ist nicht grobe, sondern leichte Fahrlässigkeit, Berg, NJW 1972, 1996.

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Auflösung, sondern Ausdruck der Zweifelhaftigkeit der Rechtsfrage. 64 Vielmehr dürfe und müsse der Schädiger seinem Zweifelsfall die höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde legen. Existiert keine höchstrichterliche Rechtsprechung, dürfe er sich auf einen wohlbegründeten, vertretbaren Rechtsstandpunkt berufen. 65 Zu fordern seien eine gewissenhafte Prüfung66 und ein von (nach Lage des Einzelfalles 67 und nach Abwägung der widerstreitenden Interessen68 ) vernünftigen und billigen Überlegungen geleitetes Vorgehen. 69 Gegen Fahrlässigkeit spreche es, wenn der Schädiger anwaltlichen Rechtsrat eingeholt hat, 70 wenn der Gegner von dem Angriff nicht überrascht wird, 71 oder wenn in der Angelegenheit ein Gericht die zweifelhafte Rechtsauffassung geteilt hat. 72 c) Kritik Da offenkundige Zweifelhaftigkeit der Rechtslage daraus resultiert, dass es unvorhersehbar ist, ob der Rechtsstandpunkt durchsetzbar sein wird, ist die Gefahr eines Unrechtstatbestandes bei Undurchsetzbarkeit des Rechtsstandpunktes stets vorhersehbar. Die Frage der Fahrlässigkeit bei zweifelhafter Rechtslage ist daher bei der Vermeidbarkeit der Tatbestandsverwirklichung zu entscheiden. Bei zweifelhafter Rechtslage ist ein Unrechtstatbestand vermeidbar, indem das Verhalten nicht auf den vorteilhaften Rechtsstandpunkt gestützt wird (der Schuldner leistet, der Gläubiger hält still). Allerdings wird die Vermeidbarkeit durch die Zumutbarkeit begrenzt. Wer die Gefahrverwirklichung nur deshalb nicht vermeidet, weil er Unzumutbares unterlässt, handelt nicht fahrlässig.73 Während die strenge Auffassung es dem Schädiger grundsätzlich zumutet, sein Verhalten an der Gefahr auszurichten und im Zweifel vom vorteilhaften Rechtsstandpunkt abzurücken, beruht die milde Auffassung auf dem Gedanken, es sei dem Schädiger nicht zumutbar, „bei verständiger Abwägung der Verhältnisse einen Kampf aufzugeben, den er mit gesetzlichen Mitteln in 64

Rittner, in: Festschrift für Fritz von Hippel, S. 391, 415. BAG, Urt. v. 23. 09. 1999 – 8 AZR 791/98; BAG, Urt. v. 23. 09. 1999 – 8 AZR 792/98; BAG, Urt. v. 27. 05. 1999 – 8 AZR 322/98; Ernst, in: MüKo BGB, § 286, Rn. 111 f.; Löwisch, in: Staudinger, § 285, Rn. 31; Mayer-Maly, AcP 170 (1970), 133, 149; Rittner, in: Festschrift für Fritz von Hippel, S. 391, 416; Thode, in: MüKo BGB, Bd. 2, § 285, Rn. 10 f.; Wiedemann, in: Soergel, § 285, Rn. 14. 66 BGHZ 62, 29, 36 ff.; RGZ 94, 271, 276; RGZ 61, 430, 432. 67 BGHZ 62, 29, 36 ff. 68 Mayer, S. 109 ff.; Moser v. Filseck, GRUR 1963, 260. 69 BGHZ 62, 29, 36 ff.; RG GRUR 1931, 640. 70 BGHZ 62, 29, 36 ff.; BGHZ 17, 266, 295; RG JW 1911, 368; Moser v. Filseck, GRUR 1963, 260; Peukert, Mitt 2005, 73, 77. 71 BGHZ 62, 29, 36 ff. 72 BGHZ 55, 20, 30 f.; RG HRR 1940 Nr. 419; Deutsch, in: Festschrift für Karl Sieg, S. 127, 137. Ferner Mayer, S. 113 f.: entsprechend dem im Amtshaftungsrecht geltenden Entschuldigungsgrundsatz; BGHZ 62, 29, 36 ff.: behördliche Stelle. 73 Deutsch, AcP 202 (2002), 889, 908; Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 81. 65

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Zwölftes Kapitel: Verschuldenshaftung und Vertretenmüssen

einem gesetzlich geregelten Verfahren führt“74 . Dabei ist die Erwägung leitend, es sei nicht vorwerfbar, eine verständig gebildete Rechtsposition auf dem dafür vorgesehenen Weg zu vertreten (aa)). Ferner dürfe „auch bei Rechtsunsicherheit niemand gezwungen werden . . . , seine Rechte endgültig aufzugeben“75 (bb)). Schließlich kann es in besonderen Fällen zulässig sein, einen unsicheren vorteilhaften Rechtsstandpunkt auf die Gefahr eines Unrechtstatbestandes hin zu vertreten (cc)). aa) Entschuldigungswirkung rechtlicher Auseinandersetzung Mit der Erwägung, es sei nicht vorwerfbar, eine verständig gebildete Rechtsposition auf dem dafür vorgesehenen Weg zu vertreten, werden die Argumente auf die Verschuldensebene transponiert, die unter dem Stichwort vom „Recht auf Irrtum“ für die Rechtmäßigkeit von Rechtsverletzungen infolge unbegründeter Geltendmachung von Rechten angeführt werden: wenn Rechtsverletzungen infolge unbegründeter Geltendmachung von Rechten oder Rechtspositionen schon nicht geradewegs rechtmäßig sein sollen, dann sollen sie jedenfalls nicht vorwerfbar sein, weil es unzumutbar sei, auf die rechtliche Auseinandersetzung zu verzichten. Die Erwägung einer Entschuldigungswirkung rechtlicher Auseinandersetzung ist problematisch. Von Gesetzes wegen ist es grundsätzlich nicht unzumutbar, ein Verhalten, das auf einen ersichtlich zweifelhaften Rechtsstandpunkt gestützt wird, mit dem Haftungsrisiko zu belasten und den Beteiligten vor die Wahl zu stellen, ob er seinen Standpunkt verantwortet oder sich auf die ungünstige Auslegung einstellt. Diese gesetzliche Wertung ist den Vorschriften über die Risikohaftung wegen prozessualer Veranlassung sowie § 286 Abs. 4 BGB (§ 285 BGB a. F.) in seiner im Schrifttum vorherrschenden Auslegung zu entnehmen. Das Gesetz mutet es einem Vollstreckungsgläubiger bei Strafe der Schadensersatzpflicht zu, bis zu mehreren Jahren mit der Durchsetzung eines durch Urteil titulierten Anspruchs zuzuwarten (§§ 302 Abs. 4 Satz 3, 600 Abs. 2, 717 Abs. 2, 945 ZPO). Die Vorschriften über die Risikohaftung wegen prozessualer Veranlassung bezeugen, dass das Haftungsrisiko und die Wahl zwischen Behutsamkeit und Verantwortung nicht einmal dann unzumutbar sind, wenn der zweifelhafte Rechtsstandpunkt von einem Gericht geteilt wird. Diese Wertung ist auch der Bewertung eines Verhaltens als fahrlässig zugrunde zu legen. 76

74 So BGH WM 1965, 863. Ferner BGHZ 62, 29; Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 75; Löwisch, in: Staudinger, § 285, Rn. 31; Mayer, S. 110 f.; Rittner, in: Festschrift für Fritz von Hippel, S. 391, 413; Wiedemann, in: Soergel, § 285, Rn. 9, 14.. 75 So Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 75. 76 Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 74.

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§ 286 Abs. 4 BGB (§ 285 BGB a. F.) wird im Schrifttum überwiegend so ausgelegt, dass der Leistung ein „Hindernis“ entgegengestanden haben muss. 77 Ein (unverschuldetes) Hindernis befreit den Schuldner von der Verantwortung für das Unterbleiben der Leistung. Das Leistungshindernis ist wertend zu bestimmen und vom Hemmnis zu unterscheiden, einer Leistungserschwerung, deren Wirkung schwächer und deren Überwindung zumutbar ist. Es befreit den Schuldner nicht, wenn er vor Schwierigkeiten kapituliert, deren Überwindung ihm zumutbar ist. Ein Leistungshindernis kann auch in der Person des Schuldners und dessen Befindlichkeit begründet sein. Es muss aber, um nicht nur ein Leistungshemmnis zu sein, hinreichend stark sein. Vertritt ein Schuldner in zweifelhafter Rechtslage einen ihm vorteilhaften Rechtsstandpunkt, mit dessen Unbegründetheit er nicht ernsthaft zu rechnen braucht, dann ist es unvernünftig, zu leisten. Die Vernunft hindert an der Leistungserbringung, vernunftwidrige Leistungserbringung ist unzumutbar. Vertritt der Schuldner hingegen einen Rechtsstandpunkt, der zwar wohlbegründet, aber nicht verlässlich ist, dann hofft er nur auf eine vorteilhafte Rechtslage. Die Hoffnung hindert ihn nicht, sondern sie hemmt ihn nur. Es ist ihm bei Strafe der Verzugshaftung zuzumuten, solche Hemmnisse zu überwinden. Die Hoffnung des Schuldners verdient gegenüber dem Recht des Gläubigers und seiner mindestens gleichwertigen (andernfalls wäre die Rechtslage nicht zweifelhaft) Hoffnung keinen Vorrang (der ihr zukäme, wenn der Verzögerungsschaden des Gläubigers ersatzlos bliebe) 78 . Im übrigen mutet das Gesetz einem Schuldner bei zweifelhafter Rechtslage das Risiko, den Schwächen der Rückforderung ausgesetzt zu werden, grundsätzlich zu. Nur ausnahmsweise hat ein Schuldner bei zweifelhafter Rechtslage ein Leistungsverweigerungsrecht, das ihn von diesem Risiko befreit (z. B. der nicht anfechtungsberechtigte Schuldner einer Forderung auf anfechtbarer Grundlage, §§ 770 Abs. 1, 1211 Abs. 1 Satz 1, 1137 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 129 Abs. 2 HGB). bb) Unzumutbarkeit der Aufgabe von Rechten und Rechtspositionen Die Auffassung, ein vertretbarer Rechtsstandpunkt schließe das Verschulden aus, gründet auf den Gedanken, es sei unzumutbar, der Rechtsunsicherheit und aus ihr resultierenden Gefahr wegen ein Recht oder den Kampf um ein Recht aufzugeben.79 Der Gedanke, es sei unzumutbar, auf ein subjektives Recht (bzw. die Freiheit von einer Leistungspflicht) zu verzichten, ist überzeugend und richtig. Nur trifft dieser Gedanke in den hier zu beurteilenden Fällen, in denen 77 Ernst, in: MüKo BGB, § 286, Rn. 104; Grüneberg, in: Bamberger/Roth, § 286, Rn. 53; Löwisch, in: Staudinger, § 285, Rn. 1; Thode, in: MüKo BGB, Bd. 2, § 285, Rn. 3; Wiedemann, in: Soergel, § 285, Rn. 4. 78 Dazu Jakobs, Unmöglichkeit, S. 87 ff., der die verzugsausschließende Wirkung des Rechtsirrtums schlechthin ablehnt. 79 BGH WM 1965, 863; Brox/Walker, Rn. 1444; Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 75; Mayer, S. 154 f.; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 771, Rn. 45.

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Zwölftes Kapitel: Verschuldenshaftung und Vertretenmüssen

sich eine Rechtsauffassung als unrichtig (unrichtig geltend) herausstellt, nicht zu. Wer seinen Rechtsstandpunkt nicht durchzusetzen vermag, für den gilt (zumindest nach der maßgeblichen Auffassung des letztentscheidenden Gerichts), dass er kein Recht hat bzw. zur Leistung verpflichtet ist. Ihm wird folglich nicht der Verzicht auf ein Recht oder eine Rechtsposition zugemutet. Es wird ihm nur zugemutet, auf die ex ante anscheinend bestehende Chance, Recht zu bekommen, zu verzichten. Die Frage muss daher lauten, ob die Wahl zumutbar ist, des Schädigungsrisikos wegen auf eine ex ante bestehende Chance zu verzichten, oder um der Chance willen mit dem Schädigungsrisiko auch das Haftungsrisiko einzugehen. 80 Wer bei zweifelhafter Rechtslage den Kampf um sein Recht aufnimmt, muss das Risiko, im Unrecht zu sein, in Betracht ziehen und ernstnehmen. Damit dieses Risiko ernstgenommen wird, muss der Chance ein Risiko gegenüberstehen. Wer um der Chance eines Vorteils willen das ersichtliche ernsthafte Risiko eines Unrechtstatbestandes eingeht, der soll es möglichst nicht auf fremdes, sondern auf eigenes Risiko darauf ankommen lassen. Der eigenen Chance steht ein eigenes Risiko gegenüber, wenn Haftung droht für den Fall, dass sich der Anschein einer Chance als trügerisch erweist. Bei zweifelhafter Rechtslage ist es daher grundsätzlich nicht unzumutbar, sondern vielmehr im Gegenteil geboten, demjenigen die Verantwortung zuzuweisen, der sich der Aussicht auf einen eigenen Vorteil wegen für die ersichtliche und ernsthafte Gefahr der Verwirklichung eines Unrechtstatbestandes entscheidet. cc) Zumutbarkeit der Vermeidung und Ausnahmen Ein Verhalten, das sich auf einen unsicheren Rechtsstandpunkt stützt, der zwar vertretbar ist, aber im Prozess als unzutreffend erkannt wird, ist folglich grundsätzlich fahrlässig. Dabei ist eine Unterscheidung zwischen Gläubiger- und Schuldnerstellung, Angreifer und Verteidiger oder nach Maßgabe der Parteirollen nicht begründet. 81 Die Rechtsprechung und der Teil des Schrifttums, die den gebotenen strengen Maßstab an den entschuldigenden Rechtsirrtum anlegen, erkennen Ausnahmen an, in denen ein unsicherer Rechtsstandpunkt ohne Fahrlässigkeit durchgefochten werden darf. Es soll nicht fahrlässig sein, wenn ein Schädiger mit seiner Rechtsmeinung auf eine höchstrichterliche Rechtsprechung vertraut, 82 wenn einem Schädiger für den Fall der Richtigkeit seines Rechtsstandpunktes besondere Nachteile drohen, falls er sich entgegen seiner Rechtsmei80

I. E. ebenso Huber, Leistungsstörungen, S. 724. S. Konzen, S. 169, zum Gebot der Gleichheit der Prozessparteien vor dem Richter. 82 BGH NJW 1972, 1045, 1046; BGHZ 38, 356, 368; BGH VersR 1956, 176, 177; RGZ 148, 225, 234; Huber, Leistungsstörungen, S. 715, 722 f. Kritisch Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 74. 81

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nung verhält, 83 und wenn der Gegner selbst die Ungewissheit der Rechtslage herbeigeführt hat. 84 Auf einen höchstrichterlichen Rechtsstandpunkt darf ohne Sorgfaltspfl ichtverstoß vertraut werden. Zwar sind höchstrichterliche Entscheidungen für Untergerichte grundsätzlich nicht bindend, und auch höchstrichterliche Rechtsprechung ist dem Wandel unterworfen, so dass mit einem Prozessverlust auch gerechnet werden muss, wenn ein höchstrichterlicher Rechtsstandpunkt vertreten wird. Die Revisionsrechtsprechung des BGH in Zivilsachen hat aber grundsätzliche Bedeutung und den Zweck der Rechtsfortbildung85 sowie Rechtsprechungsvereinheitlichung (§ 543 Abs. 2 ZPO). Dieser – in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung sehr weitgehend beachteten – Bedeutung und Zwecksetzung der Revisionsrechtsprechung entspricht es, dass auf die höchstrichterliche Rechtsprechung in besonderem Maße vertraut werden darf. Es ist ein Gebot der Rechtssicherheit und der Verlässlichkeit der Rechtsprechung, einem Schädiger, der sich an die Auslegung des Rechts durch den BGH hält, bei instanzgerichtlicher Abweichung und bei Änderung höchstrichterlicher Rechtsprechung keinen Vorwurf zu machen. 86 Dabei ist es ohne Belang, ob dem Schädiger bewusst ist, dass sein Rechtsstandpunkt der höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht. Denn Fahrlässigkeitshaftung setzt die Vermeidbarkeit des schuldhaften Verhaltens voraus, sowie, dass der Erfolg bei schuldlosem Alternativverhalten ausgeblieben wäre. 87 Selbst, wenn der Schädiger keine rechtlichen Überlegungen anstellt, keinen Rechtsrat einholt und aufs Geratewohl handelt, kann er gegen den Fahrlässigkeitsvorwurf zutreffend einwenden, sein Verhalten wäre schuldlos gewesen, wenn er sich sorgfältig informiert, sein Verhalten sodann auf die höchstrichterliche Rechtsprechung gestützt und den Unrechtstatbestand in eben derselben Weise verwirklicht hätte (Einwand schuldlosen Alternativverhaltens). Außerdem ist dem Dilemma Rechnung zu tragen, in dem sich ein Schädiger befindet, dem besondere Nachteile drohen, wenn er seinen Rechtsstandpunkt zuwider handelt und sich seine Rechtsauffassung sodann als zutreffend erweist. 88 Mit besonderen Nachteilen sind nicht die allfälligen Nachteile gemeint, die durch ungeschuldete Leistung oder die unterlassene Geltendmachung eines Anspruchs entstehen. Es muss vielmehr eine Entscheidungsnotlage im Rechtszweifel bestehen, wie sie etwa die Fälle des § 372 Satz 2 BGB kennzeichnet. In einer dem Rechtszweifel über die Person des Gläubigers vergleichbaren Ent83 BGHZ 131, 346, 353 ff.; RGZ 130, 23, 28 ff.; Huber, Leistungsstörungen, S. 718. Ähnlich Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 75. 84 BGH NJW 1970, 463, 464; Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 76. 85 Näher Brehm, in: Festschrift für Ekkehard Schumann, S. 57 ff. 86 Huber, Leistungsstörungen, S. 722 f. 87 Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 82 m. w. N. Einschränkend BGHZ 64, 52, 56 f.; BGHZ 63, 319, 325. 88 Huber, Leistungsstörungen, S. 724.

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Zwölftes Kapitel: Verschuldenshaftung und Vertretenmüssen

scheidungsnotlage befindet sich ein Geschäftsführungsschuldner im Rechtszweifel über den Inhalt der geschuldeten Geschäftsführung, z. B. ein Vorstand, der einen Hauptversammlungsbeschuss entweder ausführen muss oder nicht ausführen darf (§ 83 Abs. 2 AktG), oder ein Wohnungsverwalter, der seine Zustimmung zu einer baulichen Veränderung geben oder versagen muss. 89 Da einem solchen Schuldner kein Verhalten zu Gebote steht, mit dem er der Haftung verlässlich vorbeugen kann, ist bei der Verschuldensbemessung Milde geboten. Einem Schuldner, dem, gleich, wie er sich verhält, Haftung droht, kann Fehlverhalten bei wohlbegründetem Rechtszweifel nicht wie sonst zum Vorwurf gemacht werden.90 Hingegen entlastet es den Schädiger nicht, wenn der Gegner die Zweifelhaftigkeit der Rechtslage verursacht hat.91 Solche Fälle liegen im Anwendungsbereich des § 254 Abs. 1 BGB. dd) Ergebnis Stützt sich ein Intervenient auf einen zweifelhaften Rechtsstandpunkt, mit dem er nicht durchdringt, so handelt er fahrlässig, wenn nicht der Rechtsstandpunkt bis dahin von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geteilt wird (die Situation der Entscheidungsnotlage ist in Interventionsfällen nicht ersichtlich; zum Vertretenmüssen bei anwaltlicher Beratung und Vertretung im Anschluss). Ohne Belang ist es, ob dem Intervenienten die Zweifelhaftigkeit der Rechtslage bewusst ist (dann bewusste Fahrlässigkeit) oder nicht (die Zweifelhaftigkeit war erkennbar); andererseits ist es ohne Belang, ob dem Intervenienten bewusst ist, dass sein Rechtsstandpunkt von der höchstrichterlichen Rechtsprechung gedeckt ist (Einwand schuldlosen Alternativverhaltens). d) Vertretenmüssen bei anwaltlicher Beratung und Vertretung Wer sein Verhalten auf einen zweifelhaften Rechtsstandpunkt stützt, verhält sich fahrlässig, es sei denn, der Rechtsstandpunkt sei höchstrichterlich abgesichert, oder es bestehe eine Entscheidungsnotlage. Daraus ergeben sich für das Verschulden bei Einschaltung eines Rechtsanwalts92 folgende Regeln. Wer bei zweifelhafter Rechtslage in gehöriger Weise anwaltlichen Rechtsrat einholt und die Auskunft erhält, die Rechtslage sei eindeutig günstig oder der günstige Rechtsstandpunkt sei durch die höchstrichterliche Rechtsprechung 89 BGHZ 131, 346. Ferner BGH NJW 1953, 1426, 1427: Gefahr, sich bei Zuwiderhandlung gegen den eigenen Rechtsstandpunkt strafbar zu machen; RGZ 130, 23, 28 ff.: unabwendbare Gefahr der Doppelzahlung. Ferner RGZ 39, 94, 100 f.; OLG Köln VersR 1992, 706, 707, jew. betr. Konkursverwalter. 90 Ähnlich Huber, Leistungsstörungen, S. 718, 724. 91 A. A. BGH NJW 1970, 463, 464; Grundmann, in: MüKo BGB, § 276, Rn. 76. Kritisch Huber, Leistungsstörungen, S. 724. 92 Einzelheiten und Grundsätze S. 401–403.

D. Tatsächliches Prozessrisiko; Darlegungs- und Beweislast

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gedeckt, für den ist die Gefahr eines Unrechtstatbestandes bei Anwendung der verkehrserforderlichen Sorgfalt grundsätzlich (wenn nicht außergewöhnliche Anhaltspunkte für eine Fehlberatung bestehen) nicht vorhersehbar. Es ist dann nicht fahrlässig, das Verhalten an diesem Rat auszurichten. Ob ein Ratsuchender affirmative Falschberatung durch einen Rechtsanwalt zu vertreten hat, obwohl er auf den Rechtsrat vertrauen darf, hängt davon ab, ob der Unrechtstatbestand dem Leistungsstörungsrecht (§ 280 Abs. 1 BGB, Haftung für das „Verschulden“ des Rechtsanwalts als Erfüllungsgehilfen, § 278 BGB) oder dem Recht der unerlaubten Handlungen i. w. S. angehört (dann nur Haftung für – ggf. gem. § 831 BGB zu vermutendes – Eigenverschulden bei massiven Anhaltspunkten für eine Falschberatung, die zu weiterer Aufklärung veranlassen). Der anwaltliche Rat, die Rechtslage sei unklar, ein günstiger Rechtsstandpunkt sei vertretbar, aber nicht höchstrichterlich geklärt, lässt das Verschulden unberührt. Denn solch ein Rat wirft den Beratenen zurück auf seine eigene Entscheidung, ob er es darauf ankommen lässt. Selbst wenn der Anwalt die Erfolgschance als überwiegend einstuft, lassen die anwaltlichen Bedenken die Fahrlässigkeit bestehen. Entsprechendes gilt, wenn ein Rechtsanwalt nicht nur um Rat angegangen, sondern mit der Interessenwahrnehmung betraut wird. Ein Mandant darf grundsätzlich (wenn nicht massive entgegenstehende Hinweise ersichtlich sind) darauf vertrauen, dass alle anwaltlichen Schritte fachkundig und sorgfältig sind. Weisungen, die auf den anwaltlichen Rat hin erteilt werden, die Rechtslage sei eindeutig positiv oder ein vorteilhafter Rechtsstandpunkt sei von der höchstrichterlichen Rechtsprechung gedeckt, sind nicht sorgfaltswidrig. Sorgfaltswidrig ist eine Weisung, die gegen den Rat des Anwalts erteilt wird. Fahrlässig ist auch eine Weisung, die trotz anwaltlichen Bedenkens erteilt wird, die Rechtslage sei zweifelhaft, und es bestehe keine höchstrichterliche Rechtsprechung, die einen günstigen Rechtsstandpunkt bestätigt. Anwaltliches Fehlverhalten (z. B. voreilige Klage oder Vollstreckung) hat ein Mandant gem. § 278 BGB zu vertreten, wenn der Unrechtstatbestand zum Leistungsstörungsrecht gehört. § 831 BGB sanktioniert Eigenverschulden, § 85 Abs. 2 ZPO betrifft nur prozessuale Folgen.

D. Tatsächliches Prozessrisiko; Darlegungs- und Beweislast Das tatsächliche Prozessrisiko eines Intervenienten besteht darin, dass es ihm im Prozess misslingt, wahre interventionsbegründende Tatsachen zur Entscheidungsgrundlage zu machen (Bsp. 12.4; Bsp. 12.5, Bsp. 12.6) (I.), oder dass der Entscheidung unwahre Einwendungstatsachen zugrunde gelegt werden (II.).

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Zwölftes Kapitel: Verschuldenshaftung und Vertretenmüssen

I. Interventionsbegründende Tatsachen Das tatsächliche Prozessrisiko im Hinblick auf interventionsbegründende Tatsachen folgt aus dem Verhandlungsgrundsatz und dem Prinzip der formellen Wahrheit sowie aus der Fehlbarkeit menschlicher Tatsachenerkenntnis. Im Prozess trägt jede Partei die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der ihr günstigen Norm (über die Zuordnung entscheidet die auf das materielle Recht anzuwendende Grundregel der Satzbaulehre).93 Es obliegt einer Partei, die tatsächlichen Voraussetzungen für eine ihr günstige Norm im Prozess vorzutragen (darzulegen), und sie im Bestreitensfall zur Überzeugung des Gerichts zu beweisen. Im Drittwiderspruchsrechtsstreit trägt der Intervenient die Darlegungs- und Beweislast für das Entstehen seines veräußerungshindernden Rechts.94 Bei einer Hauptintervention sowie im Verfügungsverfahren auf Grundlage eines negatorischen Anspruchs trägt der Intervenient die Darlegungs- und Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen. Stützt sich der Intervenient auf einen vertraglichen Anspruch, trägt er die Darlegungs- und Beweislast für das Zustandekommen und den Inhalt des Vertrags. Die in der Rechtsprechung95 geläufige Aussage, das Risiko, einen Rechtsstreit zu verlieren, weil die Gegenpartei einen nicht beweisbaren Sachverhalt bestreitet, trage bei unklarer Sachlage jede Prozesspartei als allgemeines Prozessrisiko, ist für den prozessualen Anspruch des Ausgangsverfahrens, in dessen Rahmen sich das Prozessrisiko verwirklicht, fast schon tautologisch. Ein Intervenient, der im Bestreitensfall sein Eigentum am Vollstreckungsgegenstand im Drittwiderspruchsprozess nicht beweisen kann, wird im Drittwiderspruchsprozess unterliegen (Bsp. 12.4). Eine andere Frage ist es allerdings, ob ein Intervenient, der interventionsbegründende Tatsachen nicht beweisen kann, auch im Haftungsrechtsstreit unterliegen wird (Bsp. 12.5, Bsp. 12.6). Es ist nach Anspruchgrundlagen und der jeweils geltenden Darlegungs- und Beweislast zu unterscheiden. Bei Ansprüchen aus § 823 Abs. 1 BGB96 trägt der Vollstreckungsgläubiger die gesamte Darlegungs- und Beweislast (1.). Bei Ansprüchen wegen Leistungsstörung (§ 280 Abs. 1 BGB) 97 und Ansprüchen aus den §§ 990, 989, 1227 BGB98 sind die Darlegungs- und Beweislast verteilt (2.).

93

Rosenberg, Beweislast, S. 98 ff.; ders./Schwab/Gottwald, S. 782. BGH NJW 1979, 42; Gaul, in: Rosenberg /Gaul/Schilken, S. 656, 688; Stein, S. 45. 95 BGH NJW-RR 1990, 160, 161; OLG Düsseldorf OLGR Düsseldorf 2001, 302, 303; OLG Hamburg FGPrax 2001, 60, 61. 96 S. 440–446. 97 S. 480–545. 98 S. 433–439. 94

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1. Darlegungs- und Beweislast des Vollstreckungsgläubigers Bei Ansprüchen aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Pfändungspfandrechts oder Eigentums des Vollstreckungsgläubigers gilt, dass der Vollstreckungsgläubiger die gesamte Darlegungs- und Beweislast trägt. Denn im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB obliegt es demjenigen, der einen Schadensersatzanspruch geltend macht, alle tatsächlichen Voraussetzungen darzulegen und zu beweisen.99 Welche Haftungsfolgen sich daraus im Schadensersatzprozess für einen Intervenienten ergeben, der im Interventionsprozess an der Aufgabe gescheitert war, das Gericht von der Wahrheit interventionsbegründender Tatsachen zu überzeugen, soll nachfolgend am Ausgangsbeispiel 12.4 verdeutlicht werden: Der Vollstreckungsgläubiger nimmt den im Drittwiderspruchsrechtsstreit unterlegenen Intervenienten, der die Sicherungsübereignung nicht beweisen konnte, aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Pfändungspfandrechts in Anspruch. Dem Vollstreckungsgläubiger obliegen zunächst Vortrag und ggf. Beweis von Tatsachen, aus denen sich eine Verletzung seines Pfändungspfandrechts durch den Intervenienten ergibt. Da das Eigentum des Vollstreckungsschuldners Entstehungsvoraussetzung des Pfändungspfandrechts ist, obliegen dem Vollstreckungsgläubiger Vortrag und Beweis (der Intervenient wird das Eigentum des Vollstreckungsschuldners substantiiert mit der Sicherungsübereignung an ihn bestreiten) von Tatsachen, aus denen das Eigentum des Vollstreckungsschuldners zur Zeit der Pfändung resultiert. In dieser Lage kommt dem Vollstreckungsgläubiger die Vermutung des § 1006 BGB zugute. § 1006 BGB ist auch zugunsten dessen anzuwenden, der ein Recht vom Besitzer herleitet.100 Folglich braucht der Pfändungspfandgläubiger das Bestehen des sein Pfandrecht bedingenden Eigentums des besitzenden Schuldners nicht darzutun und zu beweisen.101 Da die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB auch im Rahmen des § 823 BGB gilt,102 braucht der Vollstreckungsgläubiger im Schadensersatzprozess nur den Besitz des Vollstreckungsschuldners zum Zeitpunkt der Pfändung darzutun und ggf. zu beweisen. Sodann obliegen dem Intervenienten Darlegung und Beweis von Tatsachen zur Entkräftung der Vermutung des § 1006 BGB. Der Vortrag des Intervenienten, der Vollstreckungsschuldner habe das Eigentum verloren gehabt, und zwar durch Sicherungsübereignung an ihn, 99

Baumgärtel, in: ders., Beweislast, § 823, Rn. 1. BGHZ 54, 319, 324 f. (außerdem: Rechtsgedanke des § 1120 BGB); Gursky, in: Staudinger, § 1006, Rn. 31; Pikart, in: RGRK, § 1006, Rn. 19; Werner, JA 1983, 617, 622. Kritisch Medicus, in: MüKo BGB, § 1006, Rn. 7. 101 Gursky, in: Staudinger, § 1006, Rn. 31; Pikart, in: RGRK, § 1006, Rn. 19; Werner, JA 1983, 617, 622 f. Offengelassen von BGH NJW 1976, 238, 239 (alle betr. Drittwiderspruchsprozess). A.A. RGZ 146, 334, 339 betr. Vermieterpfandrecht. 102 BGH JR 1978, 18 m. Anm. Baumgärtel/Wittmann, JR 1978, 20 m. w. N.; Baumgärtel, in: ders., Beweislast, § 823, Rn. 6; Medicus, in: MüKo BGB, § 1006, Rn. 8. 100

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Zwölftes Kapitel: Verschuldenshaftung und Vertretenmüssen

wird entweder durch die Rechtskraft eines Zwischenfeststellungsurteils über sein Eigentum aus dem Drittwiderspruchsrechtsstreit abgeschnitten (wenn feststeht, dass der Intervenient nicht Eigentümer ist, steht auch fest, dass der Vollstreckungsschuldner sein Eigentum nicht durch Sicherungsübereignung an den Intervenienten verloren hat), oder im Haftungsprozess erneut nicht beweisbar sein. Folglich wird der Vollstreckungsgläubiger den Verletzungstatbestand mithilfe des § 1006 BGB beweisen können (die Verletzung des Pfändungspfandrechts – Erwirkung der Einstellung und Aufhebung der Vollstreckung – durch den Intervenienten wird unstreitig sein, ist jedenfalls beweisbar). Auch die Widerrechtlichkeit der Rechtsverletzung wird für den Vollstreckungsgläubiger keine Hürde sein. Da die Widerrechtlichkeit der Rechtsverletzung indiziert wird, wird sie beweisrechtlich vermutet. Darlegungs- und Beweislast für das Fehlen der Widerrechtlichkeit trägt folglich der Schädiger.103 Schließlich trägt bei § 823 Abs. 1 BGB der Vollstreckungsgläubiger auch die Darlegungs- und Beweislast für das Verschulden des Intervenienten. Der Vollstreckungsgläubiger muss darlegen und beweisen, dass der Intervenient bei der rechtswidrigen Rechtsverletzung mit Vorsatz oder fahrlässig gehandelt hat. § 1006 BGB hat bei der Verschuldensfrage keinen Einfluss auf die Beweislast.104 Dem Vollstreckungsgläubiger obliegen mithin Vortrag und im Bestreitensfall Beweis von Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass der Intervenient das Pfändungspfandrecht vorsätzlich oder fahrlässig verletzt hat. Vorsatz und Fahrlässigkeit bei der Verletzung des Pfändungspfandrechts setzen voraus, dass der Intervenient wusste oder erkennen konnte, dass am Vollstreckungsgegenstand ein Pfändungspfandrecht besteht. Vorsatz und Fahrlässigkeit und die zu ihnen gehörenden kognitiven Elemente des Wissens und der Vorhersehbarkeit betreffen Bewusstseinszustände. Die innere Tatsache eines Bewusstseinszustandes kann nur indirekt durch äußere Tatsachen bewiesen werden, die auf einen bestimmten Bewusstseinszustand hindeuten. Dem Vollstreckungsgläubiger obliegen demnach Darlegung und ggf. Beweis eines Sachverhalts, aus dessen Vorliegen der Schluss zu ziehen ist, dass der Intervenient wusste oder wissen konnte, dass am Vollstreckungsgegenstand ein Pfändungspfandrecht besteht. Ein solcher Sachverhalt setzt sich zusammen aus der Anwesenheit von Indiztatsachen für Kenntnis oder Erkennbarkeit des Pfändungspfandrechts, und der Abwesenheit von Tatsachen, die Kenntnis und Erkennbarkeit des Pfändungspfandrechts ausschließen. Im Hinblick auf die Anwesenheit von Indiztatsachen stellen sich dem Vollstreckungsgläubiger zumindest im Hinblick auf Fahrlässigkeit des Intervenienten keine Schwierigkeiten: wem bekannt ist, dass ein Gegenstand gepfändet ist, dem ist ersichtlich, dass an dem Gegenstand ein Pfändungspfandrecht bestehen kann. Vor Schwierigkeiten steht der Vollstre103 104

Baumgärtel, in: ders., Beweislast, § 823, Rn. 18. BGH JZ 1977, 178.

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ckungsgläubiger aber im Hinblick auf das Nichtvorhandensein verschuldensausschließender Tatsachen. Die Situation ist der Lage im Bereicherungsrecht vergleichbar. Einem Bereicherungsgläubiger obliegen grundsätzlich Darlegung und Beweis des Nichtvorhandenseins einer causa.105 Der Beweis dieser negativen Tatsache geschieht durch die Widerlegung der Umstände, die für eine causa sprechen.106 Der Bereicherungsgläubiger ist zunächst nur mit der Behauptung belastet, Tatsachen, aus denen sich ein Rechtsgrund ergibt, seien nicht vorhanden. Es liegt sodann beim Bereicherungsschuldner, substantiiert zu bestreiten, indem er Tatsachen für einen Rechtsgrund vorträgt (sekundäre Behauptungslast). Dem Bereicherungsgläubiger obliegt dann, die vom Bereicherungsschuldner behaupteten Rechtsgründe auszuräumen. Er kann sich auf die Widerlegung behaupteter Tatsachen beschränken und braucht nicht zu beweisen, dass auch kein anderes, nicht behauptetes Rechtsverhältnis vorliegt.107 Auf die Darlegungs- und Beweislast für das Verschulden bei § 823 Abs. 1 BGB angewandt heißt das, dass der Vollstreckungsgläubiger zunächst nur mit dem Vortrag belastet ist, es hätten keine gegen ein Pfändungspfandrecht sprechenden Anhaltspunkte vorgelegen. Der Intervenient trägt dann die sekundäre Behauptungslast für solche Anhaltspunkte. Er wird den Vortrag aufrechterhalten, auf den er bislang – wenn auch vergeblich – die Intervention gestützt hatte (z. B. Sicherungsübereignung). Nach Maßgabe dieses Vortrags ist kein Pfändungspfandrecht entstanden und der Intervenient durfte getrost sein Recht verfolgen. Wenn nicht die materielle Rechtskraft eines Zwischenfeststellungsurteils den Intervenientenvortrag als falsch präjudiziert, ist der Vollstreckungsgläubiger sodann mit der Widerlegung des Vortrags des Intervenienten belastet. Misslingt ihm dies, hat er den Verschuldensnachweis nicht geführt und der Intervenient ist nicht aus § 823 Abs. 1 BGB zu verurteilen. Allerdings sind bei der bereicherungsrechtlichen Beweislast, der die Beweislast in den hier zu beurteilenden Fällen entspricht, Ausnahmen anerkannt. Der Bereicherungsgläubiger soll ausnahmsweise nicht das Fehlen einer causa zu beweisen haben, wenn sich der Mangel des Rechtsgrundes ohne weiteres aus dem Tatbestand ergibt, wie dies bei der Eingriffskondiktion typischerweise der Fall sei. In solchen Fällen soll der Bereicherungsschuldner mit dem Beweis belastet sein, dass ihm ein rechtlicher Grund zur Seite steht.108 Daran angelehnt könnte der Intervenient 105 Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 393; Strieder, in: Baumgärtel, Beweislast, § 812, Rn. 10 f. 106 Strieder, in: Baumgärtel, Beweislast, § 812, Rn. 11. 107 Strieder, in: Baumgärtel, Beweislast, § 812, Rn. 11. Im übrigen ermöglicht es die Verhandlungswürdigung (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO: „unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen“) dem Gericht in engen Grenzen, auch bestrittene Tatsachen ohne Beweiserhebung als wahr anzunehmen, BGH NJW 1955, 671; Leipold, in: Stein/Jonas, § 286, Rn. 10. 108 Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 393; Strieder, in: Baumgärtel, Beweislast, § 812, Rn. 13.

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Zwölftes Kapitel: Verschuldenshaftung und Vertretenmüssen

für Tatsachen beweisbelastet sein, die Kenntnis und Erkennbarkeit des Pfändungspfandrechts ausschließen. Eine solche Beweislastumkehr ist jedoch zweifelhaft. Bei den negativen Tatsachen des fehlenden Rechtsgrundes und bei der Abwesenheit von Tatsachen, die Kenntnis und Erkennbarkeit des Pfändungspfandrechts ausschließen, ist es zwar angezeigt, für den Gläubigervortrag zunächst die pauschale Behauptung des Nichtvorliegens solcher Tatsachen hinreichend sein zu lassen und dem Schuldner für das substantiierte Bestreiten eine sekundäre Behauptungslast aufzuerlegen.109 Die sekundäre Behauptungslast bewirkt aber keine Veränderung der Beweislast.110 Es gilt daher, dass ein Vollstreckungsschuldner substantiierten Vortrag des Intervenienten, wonach diesem am Vollstreckungsgegenstand ein Recht zusteht, das ein Pfändungspfandrecht des Vollstreckungsgläubigers ausschließt, auf der Verschuldensebene des § 823 Abs. 1 BGB beweiskräftig widerlegen muss, wenn nicht der Vortrag des Intervenienten durch die Rechtskraft eines Zwischenfeststellungsurteils aus dem Interventionsrechtsstreit präjudiziert ist. Nur über die materielle Rechtskraft eines Zwischenfeststellungsurteils setzt sich folglich das tatsächliche Prozessrisiko des Intervenienten im Schadensersatzprozess bei Ansprüchen aus § 823 Abs. 1 BGB fort. Andernfalls wird sich das tatsächliche Prozessrisiko des Intervenienten im Schadensersatzprozess im Rahmen von § 823 Abs. 1 BGB nicht wiederholen. 2. Verteilte Darlegungs- und Beweislast a) Leistungsstörungsrecht Ein Intervenient, dessen unbegründete Intervention das Eigentum oder Pfändungspfandrecht des Vollstreckungsgläubigers beeinträchtigt, ist diesem dazu verpflichtet, die Intervention zu unterlassen und Interventionswirkungen (z. B. Vollstreckungseinstellung) zu beseitigen (§§ 1004, 1227 BGB). Verletzt er diese Pflicht, kann er dem Vollstreckungsgläubiger gem. § 280 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig sein.111 Misslingt es einem Intervenienten, im Interventionsprozess das Gericht von der Wahrheit interventionsbegründender Tatsachen zu überzeugen, droht es ihm folglich, im Schadensersatzprozess aus § 280 Abs. 1 BGB verurteilt zu werden. Bei Ansprüchen aus § 280 Abs. 1 BGB obliegt es dem Anspruchsteller, die Pflichtverletzung darzulegen und zu beweisen (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB), das Verschulden wird vermutet (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB).

109 Zur Begründung der sekundären Behauptungslast s. Leipold, in: Stein/Jonas, § 138, Rn. 37; Peters, in: MüKo ZPO, § 138, Rn. 22. 110 BAG NJW 1977, 167; Leipold, in: Stein/Jonas, § 138, Rn. 38; Peters, in: MüKo ZPO, § 138, Rn. 22. 111 Näher S. 486–506.

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Dem Schädiger obliegen folglich Darlegung und Beweis verschuldensausschließender Tatsachen.112 Dem Vollstreckungsgläubiger obliegen Darlegung und ggf. Beweis der anspruchsbegründenden Tatsachen gem. §§ 1004, 1227 BGB, aus denen sein Eigentum oder Pfändungspfandrecht am Vollstreckungsgegenstand und eine Beeinträchtigung dieses Rechts resultiert, sowie von Tatsachen, aus denen sich die Verletzung der Intervenientenpflicht ergibt. Schwierigkeiten können allein im Hinblick auf das Recht des Vollstreckungsgläubigers am Vollstreckungsgegenstand bestehen (Beeinträchtigung und Pflichtverletzung ergeben sich ohne weiteres aus der Durchführung der Intervention). Das Pfändungspfandrecht betreffend kommt dem Vollstreckungsgläubiger wie beim Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB die Vermutung des § 1006 BGB zugute. Der Vollstreckungsgläubiger braucht daher nur den Besitz des Vollstreckungsschuldners zum Zeitpunkt der Pfändung darzutun und ggf. zu beweisen. Dem Intervenienten obliegen sodann Darlegung und Beweis von Tatsachen zur Entkräftung der Vermutung des § 1006 BGB. Der Vortrag des Intervenienten, er sei Eigentümer des Vollstreckungsgegenstandes, ist entweder durch die Rechtskraft eines Zwischenfeststellungsurteils präjudiziert, oder der Intervenient wird ihn auf Bestreiten des Vollstreckungsgläubigers erneut nicht beweisen können. Folglich wird der Vollstreckungsgläubiger die Pflichtverletzung (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB) beweisen können. Der Intervenient ist dann mit Darlegung und Beweis verschuldensausschließender Tatsachen belastet (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Mit dem Vortrag seines verschuldensausschließenden Eigentumserwerbs (der Intervenient wusste dann nicht und konnte nicht erkennen, dass er eine Pflicht aus den §§ 1004, 1227 BGB verletzt) steht er im Schadensersatzprozess vor der gleichen Situation, an der er bereits im Interventionsrechtsstreit gescheitert war. Das tatsächliche Prozessrisiko des Interventionsrechtsstreits wird sich daher im Schadensersatzprozess bei Ansprüchen aus § 280 Abs. 1 BGB wiederholen. b) Eigentümer-Besitzer-Verhältnis Auch im Rahmen von Ansprüchen aus den §§ 990, 989 BGB (Eigentum) bzw. §§ 990, 989, 1227 BGB (Pfändungspfandrecht) obliegen dem Gläubiger Darlegung und Beweis der Tatbestandsmäßigkeit, und es ist Sache des Schuldners, sich durch Darlegung und Beweis verschuldensausschließender Tatsachen zu entlasten. Die Verschuldensvermutung113 beruht darauf, dass die §§ 987 ff. BGB, 112

Ausführlich zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zwischen Anspruchsteller (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB) und Schädiger (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB) Kohler, ZZP 118 (2005), 25 ff. Ferner Stoll, in: Festschrift für Werner Lorenz, S. 287, 295 ff. 113 Verschulden i. S. der §§ 989 f. BGB ist echtes Verschulden i. S. v. § 276 BGB – Verletzung von Pfl ichten gegenüber dem Eigentümer bzw. Pfandgläubiger, Gursky, in: Staudinger, § 989, Rn. 14; Medicus, in: MüKo BGB, § 989, Rn. 7.

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insbesondere die §§ 989 ff. BGB, als das besondere Leistungsstörungsrecht der Vindikation zu begreifen sind,114 auf das § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB (§ 282 BGB a. F.) anzuwenden ist.115 Wenn der Vollstreckungsgläubiger die Tatbestandsmäßigkeit von Ansprüchen gem. §§ 989 f., 1227 BGB nachgewiesen hat, steht ein Intervenient folglich im Prozess vor der gleichen unlösbaren Aufgabe wie bei Ansprüchen aus § 280 Abs. 1 BGB. Allerdings ist bei § 990 Abs. 1 BGB zu beachten, dass Bösgläubigkeit und Kenntnis der fehlenden Besitzberechtigung zur Tatbestandsmäßigkeit zählen und vom Gläubiger zu beweisen sind.116 Dem Vollstreckungsgläubiger obliegen Vortrag und ggf. Beweis von Tatsachen, die auf Bösgläubigkeit oder Kenntnis hindeuten. Gelingt ihm dies, obliegt dem Intervenienten Vortrag Bösgläubigkeit und Kenntnis ausschließender Tatsachen (sekundäre Behauptungslast). Der Vollstreckungsgläubiger hat solchen Tatsachenvortrag dann beweiskräftig zu widerlegen. Es verhält sich wie beim Verschulden in § 823 Abs. 1 BGB, und wie dort wird dem Vollstreckungsgläubiger der Beweis mit redlichen Mitteln misslingen.

II. Einwendungstatsachen Im Interventionsprozess kann sich das tatsächliche Prozessrisiko des Intervenienten auch verwirklichen, indem der Entscheidung unwahre Einwendungstatsachen zugrunde gelegt werden (z. B. für eine Mithaftung des Intervenienten). Bei Einwendungstatsachen, für die der Vollstreckungsgläubiger darlegungsund beweisbelastet ist, beruht die Verwirklichung des tatsächlichen Prozessrisikos entweder auf Intervenientenversagen (oder Versagen des anwaltlichen Vertreters, § 85 Abs. 2 ZPO) oder auf Unredlichkeit des Vollstreckungsgläubigers. Denn eine vorgetragene Einwendungstatsache ist der Entscheidung im Interventionsrechtsstreit nur dann zugrunde zu legen, wenn der Intervenient sie nicht bestreitet, oder wenn sie auf das Bestreiten des Intervenienten hin vom Vollstreckungsgläubiger bewiesen wird. Bei einer unwahren Einwendungstatsache verwirklicht sich das Prozessrisiko mithin nur, wenn es der Intervenient versäumt, sie zu bestreiten, oder wenn es dem Vollstreckungsgläubiger mit unredlichen (betrügerischen) Mitteln gelingt, das Gericht von der Wahrheit der Tatsache zu überzeugen. Die hier zu begutachtende interventionsspezifische Einwendung der Mithaftung lässt das Recht des Intervenienten am Vollstreckungsgegenstand unberührt und beseitigt nur das Widerspruchsrecht. In solchen Fällen hat der Vollstreckungsgläubiger kein absolutes Recht am Vollstreckungsgegenstand. Unterliegt der Intervenient im Interventionsrechtsstreit wegen solcher Einwen114

Gursky, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 987–993, Rn. 69. Bassenge, in: Palandt, § 989, Rn. 4; Gursky, in: Staudinger, § 989, Rn. 35; § 990, Rn 58; Medicus, in: MüKo BGB, § 989, Rn. 10; Pikart, in: RGRK, § 989, Rn. 17. 116 Gursky, in: Staudinger, § 990, Rn. 58. 115

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dungstatsachen, kommen daher im Schadensersatzprozess Verschuldenshaftungsansprüche nur wegen Leistungsstörung (§ 280 Abs. 1 BGB) durch Verletzung der Duldungspflicht in Betracht.117 Der Vollstreckungsgläubiger ist mit Darlegung und Beweis von Tatsachen für eine Pflichtverletzung des Intervenienten belastet (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB), dem Intervenienten obliegt die Exkulpierung (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Wenn die Einwendungstatsachen pflichtenbegründend sind, dann obliegt dem Vollstreckungsgläubiger zur Darlegung der Pflichtverletzung erneuter Vortrag dieser Tatsachen. Beruht der Prozessverlust im Interventionsrechtsstreit darauf, dass es der Intervenient versäumte, den Einwendungsvortrag zu bestreiten, kann er dies im Schadensersatzprozess nachholen, wenn die Einwendungstatsache nicht durch die Rechtskraft eines Zwischenfeststellungsurteils präjudiziert ist. Auf diese Weise kann er die Wiederholung des Prozessrisikos im Schadensersatzprozess vermeiden. Hatte hingegen der Intervenient den Falschvortrag im Interventionsrechtsstreit bestritten und der Vollstreckungsgläubiger daraufhin betrügerisch Beweis geführt, wird der Vollstreckungsgläubiger dies im Schadensersatzprozess zu wiederholen unternehmen. Glückt ihm dies, ist die Rechtsverwirklichung an der Grenze angelangt, die ihr kriminelle Unredlichkeit der Rechtssubjekte setzt. Gegen einen gelungenen Betrug ist der Intervenient – der dann an der Exkulpierung zumal scheitern wird – machtlos, und das Prozessrisiko wird sich im Schadensersatzprozess wiederholen.

117

Zur Duldungspfl icht mithaftender Intervenienten S. 506 f.

Dreizehntes Kapitel:

Vertragliche Ansprüche und Ansprüche auf vertraglicher Grundlage Wenn die Vollstreckung im Anschluss an eine Sachpfändung eingestellt wird, kann die gepfändete Sache durch Zeitablauf an Wert verlieren. Im übrigen bringen Versteigerungen durch den Gerichtsvollzieher nicht selten Erlöse weit unter dem Marktwert. Nach einer Sachpfändung können der Vollstreckungsgläubiger und der Intervenient folglich Anlass haben, die Streitfrage bis zur Entscheidung über das Widerspruchsrecht einstweilen vertraglich zu regeln (Zwischenvergleich), um sicherzustellen, dass die Sache innerhalb oder außerhalb der Vollstreckung zügig verwertet wird, so dass der Streit sodann über den Erlös weitergeführt werden kann. Ferner kann zwischen dem Vollstreckungsgläubiger und dem Intervenienten eine Schiedsvereinbarung über den Streitgegenstand der Intervention bestehen, oder ein Intervenient kann im Interventionsstreit dem Vollstreckungsgläubiger (um eines Vorteils willen) Zusagen machen. Aus einem Zwischenvergleich, einer Schiedsvereinbarung oder sonstigen Zusagen des Intervenienten können vertragliche Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen den Interveneinten (A.) sowie Ansprüche auf vertraglicher Grundlage (B.) resultieren. Allerdings kann es zweifelhaft sein, ob überhaupt ein Vertrag geschlossen worden ist (C.).

A. Vertragliche Ansprüche Ein Vertrag kann Herausgabe- und Schadensersatzansprüche des Vollstreckungsgläubigers für den Fall vorsehen, dass die Geltendmachung des Widerspruchsrechts unbegründet ist. Ist etwa im Drittwiderspruchsrechtsstreit über eine gem. § 808 ZPO gepfändete Sache zur einstweiligen Regelung vereinbart, dass der Vollstreckungsgläubiger die Sache freigibt, damit zügig eine marktgerechte Verwertung betrieben werden kann, dann kann weiter vereinbart werden, dass der Intervenient, falls er im Rechtsstreit unterliegt, Vorteile, die er infolge der Freigabe erlangt hat (z. B. Besitz, Veräußerungserlös, Nutzungen), an den Vollstreckungsgläubiger herausgeben wird, dass er, wenn er den Gewahrsam erlangt hat, bei erneuter Vollstreckung zur Herausgabe zugunsten des Vollstreckungsgläubigers bereit sein wird (§ 809 ZPO), oder dass er dem Vollstreckungsgläubiger Schadensersatz leisten wird.

B. Ansprüche auf vertraglicher Grundlage

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Außerdem kommt bei schiedsrichterlich angeordneten Maßnahmen in Betracht, dass sich der Intervenient, ggf. um eine schiedsgerichtliche Bedingung zu erfüllen, zum Schadensersatz verpflichtet, oder dass die Parteien sonstige begleitende Vereinbarungen für den Fall unberechtigter Intervention treffen.1

B. Ansprüche auf vertraglicher Grundlage Herausgabe- und Schadensersatzansprüche können auf vertraglicher Grundlage nach Maßgabe des dispositiven Rechts bestehen.

I. Herausgabepflicht des Mandatars Vollstreckungsgläubiger und Intervenient können vereinbaren, dass der Vollstreckungsgläubiger die Freigabe einer gepfändeten Sache erklären wird, und dass der Intervenient die freigegebene Sache bis zur Klärung der Streitfrage verwalten oder veräußern und den Erlös verwalten wird. 2 Eine solche Vereinbarung, die einen der Kontrahenten zu einer Geschäftsbesorgung verpflichtet, die nicht ausschließlich in dessen Interesse liegt, ist ein Auftrag,3 und zwar auch, wenn die vereinbarte Tätigkeit des Beauftragten letztendlich ausschließlich diesem selbst zugute kommt. 4 Wenn die Kontrahenten für die Zeit nach Abschluss der Rechtsstreitigkeit keine Abwicklungsvereinbarung getroffen haben, 5 ist der im Interventionsrechtsstreit unterlegene Intervenient als Mandatar zur Herausgabe dessen verpflichtet, was er zur Ausführung des Auftrags erhalten (§ 667 Alt. 1 BGB) (1.) und aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat (§ 667 Alt. 2 BGB) (2.). Wenn nichts näheres bestimmt ist, werden Herausgabeansprüche aus § 667 BGB mit der Beendigung des Auftrags (§ 271 BGB) fällig; 6 der Vollstreckungsgläubiger kann vom Intervenienten folglich mit Abschluss des Interventionsrechtsstreits Herausgabe verlangen. 1. Zur Ausführung des Auftrags Erhaltenes „[Z]ur Ausführung des Auftrags erhält“ (§ 667 Alt. 1 BGB) der Beauftragte, was ihn rechtlich in die Lage versetzen soll, das Geschäft durchzuführen. Ausreichend ist, dass das Erhaltene den Zwecken der Geschäftsbesorgung dienen kann. 1

S. die Andeutung bei Bandel, S. 262. Vgl. LG Berlin, Urt. v. 04. 11. 1999 – 104 O 118/99 (s. zu dieser Entscheidung aber auch S. 428–432). 3 Wittmann, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 662 ff., Rn. 13. 4 Seiler, in: MüKo BGB, § 662, Rn. 23. 5 § 667 BGB ist abdingbar, BGH NJW-RR 1997, 778; Sprau, in: Palandt, § 667, Rn. 1; Wittmann, in: Staudinger, § 667, Rn. 3. 6 Ehmann, in: Erman, § 667, Rn. 7, 27; Wittmann, in: Staudinger, § 667, Rn. 8. 2

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Dreizehntes Kapitel: Vertragliche Ansprüche

Nicht zur Ausführung der Geschäftsbesorgung hat der Beauftragte erhalten, was ihm nur gelegentlich des Auftragsverhältnisses ausgehändigt wird. 7 Was einerseits „zur Ausführung des Auftrags“, andererseits nur „gelegentlich des Auftrags“ erhalten ist, bedarf der Konkretisierung. Zur Ausführung des Auftrags hat der Beauftragte einen Gegenstand erhalten, der ihm vom Auftraggeber8 oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten9 zum Zweck der Geschäftsbesorgung zur Verfügung gestellt wurde. Anderweitig erhaltene Gegenstände sind nicht gem. § 667 Alt. 1 BGB herauszugeben. Gegenstand des Herausgabeanspruchs ist das Erhaltene. Dabei kommt es zwar einerseits nicht darauf an, ob das Erhaltene Vermögenswert hat.10 Andererseits richtet sich der Anspruch aus § 667 Alt. 1 BGB weder von vornherein auf Wertersatz, noch setzt er sich – anders als bereicherungsrechtliche Ansprüche (§ 818 Abs. 2 BGB) – in einem Wertersatzanspruch fort. Ein Anspruch aus § 667 Alt. 1 BGB entsteht mithin nur, wenn der Gegenstand, den der Mandatar vom Auftraggeber oder auf seine Veranlassung von einem Dritten erhalten hat, herausgabefähig ist. Zwar gelten, wenn das Erhaltene nicht oder nicht ordnungsgemäß herausgegeben wird, die Regeln des Leistungsstörungsrechts.11 Aber auch die Sekundäransprüche wegen Leistungsstörung setzen voraus, dass ein Anspruch auf die gestörte Leistung entstanden war, so dass auch insoweit ein Anspruch aus § 667 Alt. 1 BGB entstanden, mithin ein herausgabefähiger Gegenstand erhalten worden sein muss. Durch die Freigabe muss der Intervenient folglich vom Vollstreckungsgläubiger oder auf seine Veranlassung von einem Dritten einen herausgabefähigen Gegenstand erhalten haben. Die Freigabeerklärung des Vollstreckungsgläubigers gegenüber dem Gerichtsvollzieher ist nicht in natura herausgabefähig. Hebt aber das Vollstreckungsorgan nach der Freigabeerklärung pflichtgemäß die getroffenen Vollstreckungsmaßregeln auf, dann wird die gepfändete Sache entstrickt (a)), ein entstandenes Pfändungspfandrecht erlischt (b)), und die Besitzverhältnisse z.Zt. der Pfändung sind wiederherzustellen (c)). a) Entstrickung Wenn der Gerichtsvollzieher die Sache auf die Freigabebewilligung des Vollstreckungsgläubigers hin entstrickt, handelt er auf Weisung des Gläubigers (vgl. § 111 GVGA). Ein Intervenient, der z.Zt. der Freigabe Eigentümer oder Besitzer ist, erhält folglich auf Weisung des Vollstreckungsgläubigers die (Vorteile der) Entstrickung. Die Entstrickung ist herausgabefähig, indem die Sache erneut verstrickt wird. Ein Intervenient, der Gewahrsamsinhaber der freigege7

Seiler, in: MüKo BGB, § 667, Rn. 3; Steffen, in: RGRK, § 667, Rn. 2. Ehmann, in: Erman, § 667, Rn. 4; Schulze, in: Handkommentar BGB, § 667, Rn. 2; Seiler, in: MüKo BGB, § 667, Rn. 9. 9 Schulze, in: Handkommentar BGB, § 667, Rn. 2; Steffen, in: RGRK, § 667, Rn. 2. 10 Seiler, in: MüKo BGB, § 667, Rn. 4. 11 Ehmann, in: Erman, § 667, Rn. 9; Seiler, in: MüKo BGB, § 667, Rn. 22. 8

B. Ansprüche auf vertraglicher Grundlage

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benen Sache ist, hat eine erneute Verstrickung zu ermöglichen, indem er eine Pfändung gem. § 809 ZPO zulässt. War der Intervenient z.Zt. der Freigabe nicht Eigentümer oder Besitzer, oder hat er im Anschluss an die Entstrickung keinen Gewahrsam erlangt, dann ist kein Anspruch auf Herausgabe der Entstrickung entstanden. Hat der Intervenient Gewahrsam erlangt, ihn aber zwischenzeitlich wieder verloren, geht ein entstandener Herausgabeanspruch wegen Unvermögens unter (§ 275 BGB). b) Pfändungspfandrecht Das Pfändungspfandrecht belastet das Eigentum; der Eigentümer erhält durch das Erlöschen des Pfändungspfandrechts die Belastungsfreiheit seines Eigentums. Da ein Pfändungspfandrecht nur an schuldnereigenen Sachen entsteht, erhält grundsätzlich der Vollstreckungsschuldner die Belastungsfreiheit. Etwas anderes gilt nur, wenn der Intervenient gem. § 931 BGB an der gepfändeten schuldnereigenen Sache belastetes Eigentum erworben hat.12 In solchen Fällen ist der Intervenient als Eigentümer zur Herausgabe der Belastungsfreiheit durch Neubegründung eines Pfandrechts verpfl ichtet. Verliert der Intervenient das Eigentum wieder, ist er zur Neubegründung außerstande, und der Anspruch geht unter (§ 275 BGB). c) Besitz Wenn der Gerichtsvollzieher eine Sache, die er in Besitz genommen hat, auf die Freigabeerklärung hin dem Intervenienten aushändigt, scheint dieser unmittelbaren Sachbesitz auf Weisung des Vollstreckungsgläubigers zu erhalten. Indes handelt der Gerichtsvollzieher nur insoweit auf Weisung des Vollstreckungsgläubigers (vgl. § 111 GVGA), als die Sache zu entstricken ist. Der Gerichtsvollzieher unterliegt aber keiner Weisung, an wen er die Sache zurückzugeben hat. Er ist vielmehr verpflichtet, den Pfandgegenstand an denjenigen zurückzugeben, aus dessen Gewahrsam er ihn entfernt hat (§ 171 GVGA).13 Folglich ist die Sache in den Fällen des § 808 Abs. 1 ZPO dem Schuldner auszuhändigen. Der Intervenient muss sich unmittelbaren Sachbesitz vom Schuldner verschaffen.14 Eine gem. § 808 Abs. 1 ZPO gepfändete Sache ist daher dem Intervenienten nur dann auszuhändigen, wenn der Schuldner zuvor eingewilligt hat. Unmittelbaren Besitz erhält der Intervenient dann auf Weisung des Vollstreckungsschuldners, nicht auf Weisung des Gläubigers.15 Selbst, wenn die Sache beim Intervenienten gepfändet worden war (§§ 809, 808 Abs. 1 ZPO), und dieser sie im Anschluss an die Freigabeerklärung des Vollstreckungsgläubigers ohne Ein12 13 14 15

S. Münzberg, in: Stein/Jonas, § 803, Rn. 5 mit Fn. 10 sowie oben S. 38 f., Fn. 24. S. 196. Hellwig, System 2, S. 284. S. 197, Fn. 48.

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schaltung des Schuldners unmittelbar vom Gerichtsvollzieher zurückerhält, beruht die Herausgabe nicht auf einer Weisung des Gläubigers, sondern allein auf der gesetzlichen Empfangsberechtigung des Intervenienten als vormaligem Gewahrsamsinhaber. Der Intervenient erhält den unmittelbaren Besitz nur dann vom Vollstreckungsgläubiger oder auf seine Weisung von einem Dritten, wenn die Sache aus dem Gewahrsam des Vollstreckungsgläubigers oder eines anderen herausgabebereiten Dritten gepfändet worden war, und nach Rückgabe durch den Gerichtsvollzieher der Gläubiger oder auf seine Weisung der Dritte die Sache dem Intervenienten überlässt. Der Intervenient hat den zur Ausführung des Auftrags erhaltenen unmittelbaren Besitz dann nach erfolgloser Intervention gem. § 667 Alt. 1 BGB an den Vollstreckungsgläubiger zu übertragen. Verliert der Intervenient den unmittelbaren Besitz zwischenzeitlich wieder, geht der Anspruch unter (§ 275 BGB). 2. Aus der Geschäftsbesorgung Erlangtes „[A]us der Geschäftsbesorgung erlangt“ (§ 667 Alt. 2 BGB) ein Mandatar, was er als Folge seiner Tätigkeit erhalten hat. Zwischen der Erlangung und dem geführten Geschäft muss ein innerer Zusammenhang bestehen.16 Entscheidend ist, dass der Auftraggeber das erhält, was ihm gebührt, weil es sich bei der Geschäftsführung um seine Angelegenheit gehandelt hat.17 Folglich hat ein Intervenient, der den umstrittenen Gegenstand vereinbarungsgemäß verwaltet oder veräußert hat, dem Vollstreckungsgläubiger alle aus solcher Geschäftsführung resultierenden Vorteile – Erlös,18 Nutzungen (§ 100 BGB), Früchte (§ 99 BGB), Ansprüche gegen Dritte pp. – nach erfolgloser Intervention herauszugeben, und zwar abzüglich Auslagen und Aufwendungen19 oder gegen Erstattung seiner Aufwendungen (§§ 670, 273 BGB). Herausgabegegenstand ist das Erlangte selbst, § 667 Alt. 2 BGB gibt keinen Wertersatzanspruch. 20

II. Schadensersatz wegen Leistungsstörung Der Intervenient haftet für die Verletzung der Herausgabepfl icht und sonstiger auftragsrechtlicher Leistungspflichten (§ 241 Abs. 1 BGB) nach Leistungsstörungsrecht (§§ 280 ff. BGB) auf Schadensersatz. Schadensersatzansprüche we16 Schulze, in: Handkommentar BGB, § 667, Rn. 2; Seiler, in: MüKo BGB, § 667, Rn. 9; Wittmann, in: Staudinger, § 667, Rn. 9. 17 Ehmann, in: Erman, § 667, Rn. 11 f.; Seiler, in: MüKo BGB, § 667, Rn. 9; Steffen, in: RGRK, § 667, Rn. 6. 18 LG Berlin, Urt. v. 04. 11. 1999 – 104 O 118/99. 19 Wittmann, in: Staudinger, § 667, Rn. 19. 20 Wittmann, in: Staudinger, § 667, Rn. 13.

B. Ansprüche auf vertraglicher Grundlage

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gen Nichterfüllung der Herausgabepflicht aus § 667 Alt. 1 BGB können entstehen, wenn der Intervenient wegen Gewahrsams- oder Eigentumsverlusts zur Herausgabe außerstande ist. Dies gilt nicht, wenn der Verlust als Teil einer zulässigen Verwertungsmaßnahme (Veräußerung) vom Auftrag gedeckt war (in solchen Fällen wird der Untergang des Anspruchs aus § 667 Alt. 1 BGB typischerweise durch einen Herausgabeanspruch gem. § 667 Alt. 2 BGB kompensiert). Hingegen begründen Beschädigungen oder Wertverlust herauszugebender Sachen (hier: durch Besitz- oder Eigentumsverschaffung, durch Mitwirkung an erneuter Pfändung oder der Begründung eines Pfandrechts) keine Verletzung der Herausgabepflicht; denn die verschlechterte Sache kann weiterhin herausgegeben werden. In einem solchen Fall kann der Mandatar aber seine auftragsrechtliche Pflicht zur Obhut und Verwahrung 21 des Herausgabegegenstandes verletzt haben. Ein Intervenient kann sich dem Vollstreckungsgläubiger dazu verpflichten, keine einstweilige Anordnung (§ 771 Abs. 3 ZPO) oder Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes (§ 1041 Abs. 1, 2 ZPO) zu erwirken oder vollziehen zu lassen (während im Gegenzug der Gläubiger die Vollstreckung ruhen lassen oder Sicherheit leisten soll). Verstößt der Intervenient gegen eine solche Unterlassungspflicht, kann er dem Vollstreckungsgläubiger gem. § 280 Abs. 1 BGB zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet sein. 22 Schließlich kann sich ein Intervenient gem. §§ 280 ff. BGB schadensersatzpflichtig machen, wenn die Intervention eine Schiedsvereinbarung mit dem Vollstreckungsgläubiger verletzt. Der Intervenient verletzt eine Pflicht aus der Schiedsvereinbarung, wenn er den Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO vor dem Prozessgericht (§ 1033 ZPO) beantragt, obwohl die Anrufung eines staatlichen Gerichts um einstweiligen Rechtsschutz kraft ausdrücklicher Schiedsvereinbarung ausgeschlossen ist. 23 Im übrigen begründet eine Schiedsvereinbarung nicht nur die prozessuale Schiedseinrede (§ 1032 Abs. 1 ZPO), sondern – auch ohne ausdrückliche Vereinbarung, „gleichsam als Teil der Hauptobligation“ – eine materiellrechtliche „Vertragsobligation“, von der Schiedsvereinbarung erfasste Streitigkeiten nicht vor staatliche Gerichte zu bringen. 24 21

Sprau, in: Palandt, § 662, Rn. 9. I. E. ebenso Hellwig, NJW 1968, 1072, 1074, 1075 f.; G. Lüke, in: MüKo ZPO, Einl., Rn. 354, der bei der Verletzung vollstreckungsbeschränkender Vereinbarungen allerdings nicht auf den zugrundeliegenden Vertrag abstellt, sondern auf das Vollstreckungsrechtsverhältnis (dazu S. 535–545). 23 Die Zulässigkeit solcher Ausschlussvereinbarungen ist umstritten. Dafür OLG Frankfurt NJW-RR 2000, 1117, 1119; Schütze, Rn. 235; ders., BB 1998, 1650; Schwab/Walter, Kap. 17a, Rn. 24. Dagegen LG München I SpuRt 2000, 155; Münch, in: MüKo ZPO, § 1033, Rn. 14; Voit, in: Musielak, § 1033, Rn. 3. Differenzierend Bandel, S. 309 ff. 24 RGZ 8, 397, 400. Ebenso zur materiellrechtlichen Grundlage der Schiedseinrede Münch, in: MüKo ZPO, § 1032, Rn. 2. 22

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Dreizehntes Kapitel: Vertragliche Ansprüche

C. Vertragsschluss Haben der Vollstreckungsgläubiger und der Intervenient nicht ausdrücklich eine Vereinbarung geschlossen, kann es zweifelhaft sein, ob den Umständen ein Vertragsschluss zu entnehmen ist. Zweifelsfragen darüber, ob eine Schiedsvereinbarung geschlossen ist, werden wegen des Formgebots des § 1031 ZPO kaum auftauchen. Praktische Bedeutung erlangt die Frage nach einem Vertragsschluss zwischen Intervenienten und Vollstreckungsgläubiger durch schlüssiges Verhalten vielmehr, wenn der Intervenient eine Sicherheit bewirkt (dazu an früherer Stelle) 25 , und in den nachfolgend zu untersuchenden Fällen, in denen der Vollstreckungsgläubiger auf das Ansinnen des Intervenienten hin, oder unter dem Eindruck bevorstehender Aufhebung der Pfändung (§ 776 ZPO) die Freigabe des Vollstreckungsgegenstandes erklärt. Nach Auffassung des LG Berlin 26 entsteht ein Auftragsverhältnis zwischen dem Vollstreckungsgläubiger (Mandant) und dem Intervenienten (Mandatar), wenn der Vollstreckungsgläubiger eine gepfändete Sache freigibt, nachdem der Intervenient eine auf Aufhebung der Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung (§ 776 Satz 2 ZPO) lautende einstweilige Anordnung (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) erwirkt und Sicherheit geleistet hat. Gelangt der Intervenient in den Besitz der freigegebenen Sache, soll er dem Vollstreckungsgläubiger dann zur Herausgabe (§ 667 BGB) sowie zur Interessenwahrung, Weisungsbefolgung (§ 665 BGB), Verwahrung und Obhut verpflichtet sein. Die Rechtslage ist durch Auslegung der inmitten stehenden Erklärungsakte zu ermitteln. Das LG Berlin stellt dabei entscheidend auf den Rechtsbindungswillen des Vollstreckungsgläubigers ab. Da für ihn erhebliche Vermögenswerte auf dem Spiel stünden, sei auf einen Rechtsbindungswillen des Vollstreckungsgläubigers zu schließen, der auf den Abschluss eines Auftrags (§ 662 BGB) gerichtet sei. Es sei davon auszugehen, dass der Vollstreckungsgläubiger „einen bereits gepfändeten Gegenstand von erheblichem Wert nicht ohne weiteres aufgegeben hätte, um bei einem möglichen späteren Obsiegen im Drittwiderspruchsverfahren erneut die Vollstreckung betreiben zu müssen“. Es sei nicht ersichtlich, dass der Vollstreckungsgläubiger dem Intervenienten ohne eigene Ansprüche entgegenkommen wollte. Der Intervenient habe im entschiedenen Fall mit der Weiterveräußerung des Vollstreckungsgegenstandes auch ein für den Auftrag notwendiges und geradezu typisches Geschäft für den Vollstreckungsgläubiger getätigt. Die Vollstreckungseinstellung durch den Vollstreckungsgläubiger sei notwendige Voraussetzung für das Geschäft des Intervenienten gewesen. Unschädlich sei dabei, dass der Vollstreckungsgläubiger nicht Eigentümer oder anderweitig an dem Vollstreckungsgegenstand berechtigt ge25 26

S. 172–177. LG Berlin, Urt. v. 04. 11. 1999 – 104 O 118/99.

C. Vertragsschluss

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wesen sei. Ebenso unschädlich sei es, dass der Intervenient gehofft habe, mit seiner Drittwiderspruchsklage Erfolg zu haben. Aus der Abrede ergebe sich durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB), dass der Auftrag unter der aufschiebenden Bedingung des Obsiegens des Vollstreckungsgläubigers im Drittwiderspruchsrechtsstreit geschlossen worden sei. Diese Begründung vermag bereits deshalb nicht zu überzeugen, weil der Vollstreckungsgläubiger im Angesicht der vollziehbaren Aufhebungsanordnung den Gegenstand nicht „ohne weiteres aufgegeben“ hat und bei der gegebenen Sachlage von einem Entgegenkommen des Vollstreckungsgläubigers kaum die Rede sein kann. Außerdem kommt es für den Vertragsschluss nicht allein darauf an, dass einer der beiden Kontrahenten Ansprüche erwerben möchte. Schließlich beruht nicht jede Verrichtung, die Gegenstand eines Auftrags sein kann, zwangsläufig auf einem Auftrag. Die entscheidende Frage, ob durch Antrag und Annahme ein Vertrag geschlossen wurde, streift das LG Berlin kaum. Erklärungsakt, der ein Angebot auf Abschluss eines Auftrags enthalten könnte, ist die Freigabe durch den Vollstreckungsgläubiger. Maßgeblich ist der objektive Erklärungswert, der im Wege der Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln ist. Von der Freigabe müsste auf den Willen des Vollstreckungsgläubigers geschlossen werden können, dem Intervenienten einen Auftrag zu erteilen. Als Empfänger musste der Intervenient die Freigabe als Auftragsangebot verstehen müssen, und er muss dieses Angebot angenommen haben. 27 Für die Inhaltsermittlung eines Erklärungsaktes ist die Verständnismöglichkeit des Empfängers maßgeblich. Bei unergiebigen Erklärungszeichen ist insbesondere auf die erkennbaren Begleitumstände des Erklärungsaktes abzustellen, vor allem auf den verfolgten Zweck und die bestehende Interessenlage. Entscheidend ist demnach, ob ein Intervenient die Freigabe des Vollstreckungsgegenstandes unter Berücksichtigung der erkennbaren Begleitumstände unzweideutig als Auftragsangebot verstehen muss, und ob der Vollstreckungsgläubiger das weitere Verhalten des Intervenienten unter den gegebenen Umständen als Annahme dieses Angebots verstehen darf. Nach dieser Maßgabe ist die Vereinbarung eines Auftragsverhältnisses nicht begründbar. Zwar geht das Interesse des Vollstreckungsgläubigers dahin, den Vollstreckungsgegenstand nicht ohne Rückgriffsmöglichkeit aufzugeben, falls die Drittwiderspruchsklage sich als erfolglos erweist. Die Freigabe kann daher als Angebot eines Auftrags, der eine solche Rückgriffsmöglichkeit eröffnen würde, zu verstehen sein. Das Interesse des Intervenienten geht aber erkennbar in die entgegengesetzte Richtung. Ihm ist daran gelegen, den Gegenstand, an dem er ein besseres, vom Vollstreckungsgläubiger unabgeleitetes Recht geltend 27 Zu den Grundsätzen der Auslegung schlüssiger Erklärungen im Hinblick auf die Frage, ob ein Vertrag geschlossen wurde, S. 174 f.

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Dreizehntes Kapitel: Vertragliche Ansprüche

macht, aus der Vollstreckung freizubekommen, ohne Verpfl ichtungen gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger einzugehen. Den Preis, durch Annahme des Angebots die Pflichten eines Beauftragten zu übernehmen, würde er nur zahlen, wenn eine solche Verpflichtung durch einen Vorteil veranlasst wäre. Ein Intervenient, der eine einstweilige Aufhebungsanordnung erwirkt hat, hat aber typischerweise keinen hinreichenden Anlass, die Freigabe mit der Annahme des Auftragsangebots zu honorieren, so dass keine seiner Handlungen, die der Freigabe nachfolgen, als schlüssige Annahme eines Auftragsangebots verstanden werden darf. In Fällen wie dem, über den das LG Berlin zu entscheiden hatte, kann der Intervenient die Aufhebung der Pfändung ohne weiteres durch Vollziehung der einstweiligen Anordnung erwirken, ohne die Pfl ichten eines Beauftragten zu übernehmen. Das tragende Argument des LG Berlin, ein Vollstreckungsgläubiger würde den gepfändeten Gegenstand in einer solchen Lage „ohne weiteres“ aufgeben, ist tatsachenfern und entbehrt jeder Begründung. Der Vollstreckungsgläubiger handelt vielmehr unter dem Eindruck eines bevorstehenden unabwendbaren Verlusts. Allenfalls, wenn der Vollstreckungsgläubiger die Aufhebung schneller herbeiführen kann als der Intervenient, hat der Vollstreckungsgläubiger überhaupt einen Verhandlungsspielraum, der die Annahme begründen kann, der Intervenient werde zu einen Zugeständnis bereit sein. Ein Intervenient, der eine einstweilige Aufhebungsanordnung gem. § 771 Abs. 3 ZPO erwirkt hat (anders bei § 1041 ZPO), hat unter Zugrundelegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch unter Haftungsgesichtspunkten keinen Anlass, ein Auftragsangebot des Vollstreckungsgläubigers anzunehmen. Denn nach der Rechtsprechung des BGH28 führt der Anordnungsvollzug keine Haftungsverschärfung herbei. Anders als ein Verfügungsgläubiger, der zur Haftungsvermeidung (§ 945 ZPO) noch geneigt sein wird, einen Zwischenvergleich über den Streitgegenstand zu schließen, wenn er eine einstweilige Verfügung erwirkt hat, hat ein Intervenient keinen Grund, einer einvernehmlichen Regelung den Vorzug vor dem Anordnungsvollzug zu geben. Selbst, wenn der Intervenient keine einstweilige Anordnung erwirkt hat, folglich zunächst Anlass und Interesse hätte, sich um der Freigabe willen zu verpflichten, wäre eine Annahme des Auftragsangebots im Anschluss an die Freigabe Fiktion. Da der Vollstreckungsgläubiger mit der Freigabe das Interesse des Intervenienten an der Aufhebung der Pfändung vollständig befriedigt, entfällt mit der Freigabe gleichzeitig jedes Interesse des Intervenienten, die Freigabe durch Zugeständnisse herbeizuführen. Ein Vollstreckungsgläubiger, der den Vollstreckungsgegenstand freigibt, ohne sich zuvor durch eine Vereinbarung mit dem Intervenienten abgesichert zu haben, tritt mit der Freigabe in Vorlage, und zwar entweder unbedacht, oder weil er eine Vereinbarung mit 28

BGHZ 95, 10.

C. Vertragsschluss

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dem Intervenienten nicht durchsetzen konnte. In beiden Fällen wäre die Erwartung unveranlasst, der Intervenient werde nach der Freigabe grundlos die Pflichten eines Beauftragten eingehen. Hinzu kommt, dass der Intervenient an der Freigabe unbeteiligt ist, wenn die Sache gem. § 808 ZPO beim Schuldner gepfändet war. Die Pfändung wird aufgrund der Freigabeerklärung des Vollstreckungsgläubigers gegenüber dem Gerichtsvollzieher aufgehoben, indem der Gerichtsvollzieher von Amts wegen die Sache demjenigen aushändigt, aus dessen Gewahrsam er sie entfernt hat, oder indem er ihn zur Abnahme des Pfandsiegels ermächtigt. 29 Da der Intervenient an der Freigabe und der Aufhebung nicht mitwirkt, können allenfalls seine folgenden Handlungen und Erklärungen als Annahme des Auftragsangebots zu verstehen sein. Keine dieser Handlungen und Erklärungen bietet dafür einen Anknüpfungspunkt. Der Schuldner, bei dem die Sache gem. § 808 ZPO gepfändet worden war, erhält den Gewahrsam zurück, und dem Intervenienten obliegt es, sich zur Durchsetzung seiner Rechte mit dem Schuldner auseinander zu setzen. In einem solchen Fall läuft die Freigabe sogar dem Willen des Intervenienten zuwider, wenn er am Fortbestand der Verstrickung interessiert ist, damit der Verbleib der Sache gesichert ist, bis er einen Herausgabetitel gegen den Schuldner erwirkt hat. Aber auch unabhängig davon sind Maßnahmen gegenüber dem Schuldner zur Erlangung der Sache kein Zeichen des Einverständnisses mit dem Vollstreckungsgläubiger, den Gegenstand als dessen Beauftragter in Obhut nehmen zu wollen. Denn der Intervenient unternimmt gegen den Schuldner gerichtete Maßnahmen erkennbar aus eigenem Recht, so dass er ersichtlich keine Mandatierung durch den Vollstreckungsgläubiger anerkennt. War der Gegenstand gem. § 809 ZPO beim Intervenienten gepfändet, dann erhält ihn dieser im Zuge der Aufhebung der Pfändung vom Gerichtsvollzieher zurück. Die Entgegennahme hat nicht den Erklärungswert, den Gegenstand nun als Beauftragter des Vollstreckungsgläubigers besitzen zu wollen. Andernfalls wäre der Intervenient gezwungen, die Entgegennahme zu verweigern, um der Beauftragung zu entgehen. Aus diesem Grund bringt auch eine nachfolgende Verwendung des Gegenstandes keine Annahme des Auftragsangebotes zum Ausdruck. Denn ansonsten dürfte der Intervenient nicht einmal Unterhaltungsmaßnahmen ergreifen, um nicht Beauftragter des Vollstreckungsgläubigers zu werden. Wenn einer Handlung des Intervenienten, die sich nach der Feigabe auf den Vollstreckungsgegenstand bezieht, der Erklärungswert einer Annahme beigemessen würde, dann würde dem Intervenienten der Auftrag aufgezwungen werden. Die Situation ähnelt der Erlassfalle, die ein Schuldner seinem Gläubiger stellt, indem er ihm schriftlich das Angebot eines Abfindungsvergleichs übermittelt, dem er einen Scheck über die angebotene Abfindungssumme oder 29

S. 196.

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Dreizehntes Kapitel: Vertragliche Ansprüche

eine erste Rate beifügt. Der Schuldner verzichtet dabei ausdrücklich auf eine Annahmeerklärung und erklärt, der Scheck sei ausschließlich zur Erfüllung der Abfindungsforderung aufgrund des angebotenen Vergleichs zu verwenden. Die Parallele zwischen Erlassfalle und Freigabe besteht darin, dass ein Beteiligter, der ein Recht geltend macht, in eine Lage gebracht wird, in der die Ausübung des Rechts einen Vertragsschluss herbeiführen soll, der dem Ausübenden nachteilig ist. Zur Erlassfalle hat der BGH30 zutreffend entschieden, dass die Einlösung des Schecks bei unverhältnismäßig niedrigen Abfindungsangeboten ersichtlich keine Betätigung eines „wirklichen Annahmewillens“ sei, weil der Gläubiger keinen Anlass habe, die Abfindungssumme zu akzeptieren. Wie ein Gläubiger im Fall der Erlassfalle mit der Einlösung des Schecks nur zum Ausdruck bringt, dass er seine Forderung einzieht, so bringt der Intervenient im Anschluss an die Freigabe nur zum Ausdruck, dass er sein behauptetes veräußerungshinderndes Recht geltend macht oder ausübt. Der Freigabe des Vollstreckungsgegenstandes durch den Vollstreckungsgläubiger folgt kein schlüssiges Verhalten des Intervenienten nach, das den Erklärungswert der Annahme eines Auftragsangebotes hat. Der Vollstreckungsgläubiger ist gehalten, vor der Freigabe eine Vereinbarung mit dem Intervenienten zu treffen. Die Freigabe führt eine solche Vereinbarung nicht herbei.

30

BGH ZIP 2001, 1329.

Vierzehntes Kapitel:

Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und unerlaubte Handlung Ein Vollstreckungsgläubiger kann gegen einen besitzenden Intervenienten Herausgabe-, Schadensersatz- und Nutzungsersatzansprüche gem. §§ 985 ff., 1227 BGB haben (A.). Soweit diese Vorschriften keine erschöpfenden Sonderregelungen enthalten (§ 993 Abs. 1 Halbs. 2 BGB), können Schadensersatzansprüche wegen unerlaubter Handlung (§§ 823 ff. BGB) bestehen (B.).

A. Eigentümer-Besitzer Verhältnis I. Ansprüche des Eigentümers und des Pfändungspfandgläubigers gegen den Besitzer Der Eigentümer kann von dem unrechtmäßigen Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen (§§ 985, 986 BGB). Der unredliche Besitzer und der Prozessbesitzer haften für schuldhafte Verschlechterung oder schuldhafte Unmöglichkeit der Herausgabe (§§ 989, 990 Abs. 1 BGB) und müssen alle gezogenen Nutzungen herausgeben, den Wert nicht mehr vorhandener Früchte ersetzen 1 und Ersatz leisten für schuldhaft nicht gezogene Nutzungen (§§ 987, 990 Abs. 1 BGB). Der redliche und unverklagte Besitzer hat Nutzungen nach den Regeln über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben, wenn er den Besitz unentgeltlich erlangt (§ 988 BGB) oder Übermaßfrüchte gezogen (§ 993 Abs. 1 Halbs. 1 BGB) hat. Wird das Recht des Pfandgläubigers beeinträchtigt, finden die für die Ansprüche aus dem Eigentum geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung (§ 1227 BGB), zu denen die §§ 985 f., 987 ff. BGB zählen. 2 Auch das Pfändungspfandrecht genießt Schutz gem. § 1227 BGB.3 Dieser Schutz besteht grundsätz1

J. F. Baur, in: Baur/Stürner, Sachenrecht, § 11, Rn. 13. Bülow, in: AnwK BGB, § 1227, Rn. 3, 6; Wiegand, in: Staudinger, § 1227, Rn. 4 ff. 3 Baur/Stürner/Bruns, Rn. 27.15; A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 176; Brox/Walker, Rn. 374; Bülow, in: AnwK BGB, § 1227, Rn. 1; Gaul, Rpfleger 1971, 1, 6; Henckel, S. 312; W. Lüke, in: Wieczorek/Schütze, § 804, Rn. 24; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 804, Rn. 20; ders., ZZP 78 (1965), 287, 294 f.; Schilken, in: MüKo ZPO, § 804, Rn. 24; ders., in: Rosenberg/Gaul/ Schilken, S. 786; Wiegand, in: Staudinger, § 1227, Rn. 20. S. auch die Begründung von § 658 E III/CPO (§ 709 CPO, § 804 ZPO) bei Hahn, S. 451 = Entwurfsbegründung, S. 424 f. A. A. G. Lüke, JZ 1955, 484, 485 (dagegen Henckel, S. 326 ff.); Martin, S. 128 f., Fn. 127 (dagegen Pieper, AcP 166 [1966], 532, 540). 2

434 Vierzehntes Kapitel: Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und unerlaubte Handlung lich4 auch gegenüber Intervenienten, die ein veräußerungshinderndes Recht am Gegenstand der Zwangsvollstreckung geltend machen. 5 Ein Vollstreckungsgläubiger, der Eigentümer oder Pfändungspfandgläubiger einer Sache ist, kann daher von einem Intervenienten Herausgabe verlangen, der die Sache unrechtmäßig besitzt. Unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 987 ff. BGB kann der Vollstreckungsgläubiger Schadensersatz sowie Herausgabe und Ersatz von Nutzungen verlangen.

II. Voraussetzung: Herausgabeanspruch Der Herausgabeanspruch besteht, wenn der Vollstreckungsgläubiger Eigentümer oder Pfändungspfandgläubiger einer Sache ist (1.), die der Intervenient besitzt (2.), ohne gem. § 986 BGB besitzberechtigt zu sein (3.). Die Voraussetzungen des Herausgabeanspruchs sind gleichzeitig notwendige Voraussetzungen für Ansprüche gem. §§ (1227) 987 ff. BGB. Diese Ansprüche sind Nebenfolgen des Herausgabeanspruchs, die ohne weiteres ausscheiden, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt oder -raum kein Herausgabeanspruch bestanden hat. 6 1. Eigentum oder Pfändungspfandrecht des Vollstreckungsgläubigers Bei der Vollstreckung zur Herausgabe bestimmter Sachen (§§ 883 ff. ZPO) wird regelmäßig auf Gläubigereigentum zugegriffen, oder die Vollstreckung (ggf. kombiniert mit §§ 894, 897 ZPO) verschafft dem Vollstreckungsgläubiger Eigentum; im letzteren Fall scheiden Ansprüche aus den §§ 985 ff. BGB aus, wenn die Vollstreckung vor der Wegnahme (§ 897 ZPO) inhibiert wird. Auch bei der 4 Mit folgenden Unterschieden und Einschränkungen: 1. Ein Pfändungspfandgläubiger soll nicht unmittelbarer Besitzer der Sache werden und keine Einwirkungsmöglichkeiten auf sie haben (Brox/Walker, Rn. 359; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 808, Rn. 33); Herausgabe an den Pfändungspfandgläubiger würde der gesetzlichen Besitzordnung des Pfändungspfandrechts (§§ 808 f. ZPO) widersprechen. Da die Herausgabe die Besitzform des Pfandrechts wiederherstellen soll (Wiegand, in: Staudinger, § 1227, Rn. 5), richtet sich der Herausgabeanspruch des Pfändungspfandgläubigers auf Herausgabe an den Gerichtsvollzieher (Bülow, in: AnwK BGB, § 1227, Rn. 1). 2. Ansprüche wegen Nutzungen bestehen nur bei einem Nutzungspfandrecht (§ 1213 BGB) (Wiegand, a.a.O., § 1227, Rn. 11), und daher nicht bei einem Pfändungspfandrecht, auf das § 1213 BGB nicht entsprechend anwendbar ist (Wiegand, a.a.O., § 1213, Rn. 10). Eine Ausnahme betrifft die von der Pfandsache nach der Pfändung getrennten Erzeugnisse, auf die sich das Pfändungspfandrecht gem. § 1212 BGB erstreckt, Schilken, in: MüKo ZPO, § 804, 23; Wiegand, a.a.O., § 1227, Rn. 12. 5 LG Berlin, Urt. v. 04. 11. 1999 – 104 O 118/99: die Prozessbürgschaft, die ein Drittwiderspruchskläger zur Sicherung von Ansprüchen des Vollstreckungsgläubigers gegen ihn gestellt hat, sichere „den Anspruch aus dem Pfändungspfandrecht“. – „Anspruch aus dem Pfändungspfandrecht“ des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten ist der Schutzanspruch aus § 1227 BGB. 6 Eckert, in: Handkommentar BGB, Vor §§ 987–1003, Rn. 5; Gursky, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 987–993, Rn. 7.

A. Eigentümer-Besitzer Verhältnis

435

Geldvollstreckung in Fahrnis können Sachen gepfändet werden, die im (Vorbehalts- oder Sicherungs-)Eigentum des Gläubigers stehen. Ansonsten erwirbt der Vollstreckungsgläubiger bei der Fahrnisvollstreckung ein Pfändungspfandrecht, wenn die gepfändete Sache zum Schuldnervermögen gehört (§ 804 Abs. 1 ZPO).7 Ansprüche aus den §§ 1227, 985 ff. BGB scheiden damit aus, wenn die Vollstreckung vor Pfändung unterbunden wird, oder wenn Eigentum eines (nicht widerspruchsberechtigten) Dritten gepfändet ist. 2. Besitz des Intervenienten Der Intervenient muss die Sache besitzen, während der Vollstreckungsgläubiger Eigentümer (a)) oder Pfändungspfandgläubiger (b)) ist. a) Intervenientenbesitz von Gläubigereigentum Gläubigereigentum am Vollstreckungsgegenstand besteht typischerweise bereits vor und unabhängig von der Vollstreckung, ausnahmsweise (titulierter Übereignungsanspruch, §§ 883 f., 894, 897 ZPO) verschafft die Vollstreckung dem Vollstreckungsgläubiger Eigentum. Stets – auch nach eigentumsverschaffender Vollstreckung – überdauert Gläubigereigentum die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen. Damit können zu jeder gegebenen Zeit vor Vollstreckungsbeginn (Ausnahme: eigentumsverschaffende Vollstreckung), während der Vollstreckung und nach Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen Ansprüche aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis entstehen, wenn und solange der Intervenient den Vollstreckungsgegenstand besitzt; gleichgültig ist, wie er den Besitz erlangt hat und welcher Art er ist. 8 b) Intervenientenbesitz eines Pfändungspfandes Ansprüche gem. §§ 1227, 985 ff. BGB können nur entstehen, solange das Pfändungspfandrecht besteht. Da ein Pfändungspfandrecht mit der Aufhebung der Pfändung erlischt, können die Ansprüche nicht entstehen, wenn der Besitzerwerb des Intervenienten der Aufhebung nachfolgt; damit sind alle Fälle ausgeschieden, in denen ein nichtbesitzender Intervenient nach der Aufhebung der Pfändung den Besitz vom Vollstreckungsschuldner erhält. Vor Aufhebung der Pfändung besitzt ein Intervenient, wenn er bereits z.Zt. des Pfändungszugriffs besessen hat. Denn die Pfändung verändert zwar die Besitzverhältnisse am Vollstreckungsgegenstand, beseitigt aber bestehenden Besitz nicht.9 7

An schuldnerfremden Sachen entsteht kein Pfändungspfandrecht, S. 15, Fn. 20. Die Vindikation kann sich gegen jeden Besitzer richten, Gursky, in: Staudinger, § 985, Rn. 42. 9 S. 193 f. 8

436 Vierzehntes Kapitel: Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und unerlaubte Handlung Ein Intervenient, der z.Zt. des Pfändungszugriffs nicht besitzt, kann während der Pfändungsdauer Besitz erlangen mittels Verstrickungs- oder Siegelbruch (§ 136 StGB), durch Anschlusspfändung (§ 826 ZPO) aus einem Titel gegen den Vollstreckungsschuldner, die wie eine selbständige Pfändung wirkt, ein nachrangiges (§ 804 Abs. 3 ZPO) Pfändungspfandrecht entstehen lässt10 und den Intervenienten als Pfändungspfandgläubiger in die Besitzkette eingliedert, sowie schließlich indem er ein Besitzmittlungsverhältnis zum Vollstreckungsschuldner herstellt, das ihn zum mittelbaren Besitzer macht (§ 868 BGB). 3. Unrechtmäßigkeit des Besitzes Der Herausgabeanspruch ist ausgeschlossen,11 wenn und solange der Besitz berechtigt ist (§ 986 BGB). Die Besitzberechtigung kann auf einem obligatorischen (relativen) (a)) oder einem dinglichen (absoluten) (b)) Recht beruhen, das unmittelbar gegenüber dem Eigentümer oder Pfändungspfandgläubiger wirkt, oder es kann eine Besitzrechtskette bestehen (c)). a) Relative Besitzrechte Ein obligatorische Besitzberechtigung des Intervenienten gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger kann aus allfälligen Gründen bestehen,12 z. B. mag ein Vollstreckungsgläubiger, der die Herausgabevollstreckung in sein Eigentum betreibt, die Sache bereits weitervermietet haben; interveniert der Mieter und gelangt er in den Besitz der Sache, so ist er dem Vollstreckungsgläubiger (seinem Vermieter) als Mieter zum Besitz berechtigt. Ein interventionsspezifisches interimistisches obligatorisches Besitzrecht kann sich aus einem Zwischenvergleich ergeben. b) Absolute Besitzrechte Zu den anspruchsausschließenden Besitzrechten zählen auch dingliche Besitzrechte, die gegenüber jedermann wirken,13 unter ihnen insbesondere Besitzpfandrechte sowie Miteigentum.14 Die hier zu untersuchenden Fälle unbegrün10

Putzo, in: Thomas/Putzo, § 826, Rn. 6; Schilken, in: MüKo ZPO, § 826, Rn. 6. § 986 BGB ist keine Stundungsregelung, nach der das Besitzrecht der Fälligkeit eines bestehenden Anspruch aus § 985 BGB entgegensteht (a. A. z. B. Jahr, JuS 1964, 293, 297; dagegen Gursky, in: Staudinger, § 986, Rn. 3); vielmehr besteht während der Dauer eines Besitzrecht gem. § 986 BGB kein Anspruch, Diederichsen, S. 32 ff.; Gursky, a.a.O., § 986, Rn. 3. 12 Ausführlich zu den relativen Besitzrechten Gursky, in: Staudinger, § 986, Rn. 14 ff. 13 Gursky, in: Staudinger, § 986, Rn. 32. 14 Zu den dinglichen Besitzrechten Gursky, in: Staudinger, § 986, Rn. 10 ff. Zur Anwendbarkeit der §§ 985 ff. BGB im Innenverhältnis der Miteigentümer Gursky, a.a.O., § 1011, Rn. 9. 11

A. Eigentümer-Besitzer Verhältnis

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deter Intervention sind indes dadurch gekennzeichnet, dass der Intervenient kein solches Recht hat – andernfalls wäre der Intervenient zum Widerspruch legitimiert15 und die Intervention begründet. Wenn der Vollstreckungsgläubiger Eigentümer des Vollstreckungsgegenstandes und die Intervention unbegründet ist, dann fehlte dem Intervenienten ursprünglich ein dingliches Besitzrecht. Eine Anschlusspfändung aus einem Titel gegen den Vollstreckungsschuldner verschafft ihm kein Pfändungspfandrecht, weil die Sache schuldnerfremd ist. Folglich kann ein nicht zum Widerspruch berechtigter Intervenient dem Herausgabeanspruch eines Vollstreckungsgläubigers, der Eigentümer des Vollstreckungsgegenstandes ist, nie eine dingliche Besitzberechtigung entgegensetzen, die unmittelbar gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger besteht. Auch wenn der Vollstreckungsgläubiger Pfändungspfandgläubiger ist, fehlte dem Intervenienten ursprünglich ein dingliches Besitzrecht – andernfalls wäre die Intervention begründet. Durch eine Anschlusspfändung kann er zwar ein Pfändungspfandrecht erwerben, das gegenüber dem Pfändungspfandrecht des Vollstreckungsgläubigers nachrangig ist (§ 804 Abs. 3 ZPO); ein nachrangiges Pfandrecht wirkt aber gegenüber einem vorrangigen Pfändungspfandgläubiger nicht als Besitzrecht.16 c) Besitzrechtskette Nicht nur unmittelbar gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger bestehende Besitzrechte, sondern auch Besitzrechtsketten können den Herausgabeanspruch ausschließen. Eine solche Besitzrechtskette regelt § 986 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB, wonach kein Herausgabeanspruch besteht, wenn ein Besitzer sein Besitzrecht von einem mittelbaren Besitzer ableitet, der dem Eigentümer gegenüber besitzberechtigt ist. Die Vorschrift regelt den vollstreckungsrechtlichen Fall des § 808 Abs. 2 ZPO, in dem die gepfändete Sache im Gewahrsam (unmittelbaren Besitz) des Vollstreckungsschuldners oder eines Dritten (§ 809 ZPO) belassen wird, der dem Gerichtsvollzieher sodann den Besitz mittelt17 : der Gewahrsamsinhaber kann die Herausgabe verweigern, weil der Gerichtsvollzieher, dem er den Besitz mittelt, gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger zum Besitz berechtigt ist. Sachenrechtlich ungeregelt ist dagegen der Fall, in dem der Gerichtsvollzieher eine gepfändete Sache in unmittelbaren Besitz nimmt (§ 808 Abs. 1 ZPO). In einem solchen Fall scheint jeder mittelbare Besitzer zur Her15 Zu veräußerungshindernden beschränkt dinglichen Rechten als Drittrechten Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 676 ff. Zum Miteigentum als Drittrecht Gaul, a.a.O., S. 667 f., 336 f. 16 I. E. ebenso Damrau, in: MüKo BGB, § 1227, Rn. 7: ein vorrangiger Pfandgläubiger könne die aus § 1227 BGB resultierenden Ansprüche auch gegen den nachrangigen Pfandgläubiger geltend machen. 17 S. Schilken, in: MüKo ZPO, § 809, Rn. 11 betr. §§ 809, 808 Abs. 2 ZPO: Verwahrungsverhältnis.

438 Vierzehntes Kapitel: Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und unerlaubte Handlung ausgabe verpflichtet zu sein, sogar ein nachrangiger Vollstreckungsgläubiger, der durch Anschlusspfändung in die Besitzordnung eingegliedert wurde. Dieses Ergebnis ist fragwürdig. Denn die Eingliederung eines nachrangigen Pfändungspfandsgläubigers in die Besitzordnung entspricht der vollstreckungsrechtlichen Rechtslage. Das Pfändungspfandrecht vermittelt zwar nur schwachen Besitz (der bei nachrangigem Pfändungspfandrecht noch schwächer ist), es ist aber kein besitzloses Pfandrecht. Dieser Widerspruch – ein Pfändungspfandgläubiger muss den ihm vollstreckungsrechtlich zukommenden Besitz herausgeben – zeigt an, dass § 986 BGB im Hinblick auf Besitzrechtsketten zu eng formuliert (lückenhaft) ist und rechtsfortbildender Korrektur bedarf. In den Regelungen weitergeleiteter Besitzrechte (§ 986 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, Satz 2, Abs. 2 BGB) kommt die Zwecksetzung zum Ausdruck, dass sich eine den Herausgabeanspruch ausschließende Rechtsposition auch durch die Kombination des Besitzrechts eines Zwischenmannes gegen den Eigentümer und eines Besitzrechts oder einer Besitzpflicht des Anspruchsgegners gegenüber dem Zwischenmann ergeben kann.18 Bei Besitzrechtsketten bestimmt sich die geltende Rechtslage daher nach der folgenden, teils lückenausfüllenden Regel 19 : Der Besitzer kann die Herausgabe der Sache verweigern, wenn er einem Dritten gegenüber zum Besitz berechtigt oder verpfl ichtet ist und der Dritte dem Eigentümer gegenüber zum Besitz und zur Überlassung des Besitzes an den Besitzer berechtigt ist. Nach Maßgabe dieser (beim Pfändungspfandrecht entsprechend anzuwendenden) Regel ist ein Dritter, der in die vollstreckungsrechtliche Besitzordnung eingegliedert ist, stets durch eine Besitzrechtskette legitimiert. Besitz, den ein Dritter durch Anschlusspfändung erlangt, steht im Einklang mit der vollstreckungsrechtlichen Besitzordnung. Gleiches gilt, wenn bestehender Besitz eines Dritten durch Pfändung (für den Vollstreckungsgläubiger) umgewandelt (höhergestuft und ggf. unmittelbarer zu mittelbarem Besitz) wird. Der Gerichtsvollzieher hat kein Recht, dem Dritten erlangten oder verbliebenen Besitz zu entziehen. Der Dritte ist dem Gerichtsvollzieher folglich zum Besitz berechtigt. Der Gerichtsvollzieher wiederum ist gesetzlich zur Aufrechterhaltung der Besitzordnung verpflichtet, die aus einer Anschlusspfändung für den Dritten (§ 826 ZPO) oder einer Pfändung für den Vollstreckungsgläubiger (§§ 808, 809 ZPO) resultiert, 20 d. h., er ist dem Vollstreckungsgläubiger zu eigenem Besitz und zur Belassung von Drittbesitz berechtigt. 18 M. Wolff, in: Festgabe für Richard Koch, S. 150, 163. Ihm folgend Gursky, in: Staudinger, § 986, Rn. 37; ders., in: Westermann, S. 191 f., mit dem unterstützenden Hinweis, es gebe keinen Grund, den Vindikationsanspruch auch dort zu gewähren, wo der Besitzstand i.E. der materiellen Rechtslage entspricht. 19 Nach M. Wolff, in: Festgabe für Richard Koch, S. 150, 166. Ebenso Gursky, in: Staudinger, § 986, Rn. 37. 20 Münzberg, in: Festschrift für Egon Schneider, S. 223.

B. Unerlaubte Handlung

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III. Ergebnis Bei unbegründeter Intervention kann ein Vollstreckungsgläubiger, der Eigentümer des Vollstreckungsgegenstandes ist, von einem besitzenden Dritten Herausgabe (§ 985 f. BGB) sowie unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 987 ff. BGB Nutzungs- und Schadensersatz verlangen. Diese Ansprüche bestehen nicht, wenn der Dritte vereinbarungsgemäß besitzt, und auch nicht bei Besitz, der in die vollstreckungsrechtliche Besitzordnung eingegliedert und daher durch eine Besitzrechtskette legitimiert ist. Bedeutung können Ansprüche aus den §§ 985 ff. BGB erlangen, wenn ein Vorbehalts- oder Sicherungseigentümer einen Zahlungs- oder Herausgabetitel in sein Eigentum vollstrecken lässt, das sich beim Schuldner befindet: gelingt es einem Intervenienten, die Vollstreckung zu unterbinden und sich anschließend die Sache vom Schuldner übergeben zu lassen, dann unterliegt der Intervenientenbesitz der Vindikation (§§ 985 f. BGB), und ist er mit den Nebenfolgen der Vindikation (§§ 987 ff. BGB) belastet. Bei Unbegründetheit einer Intervention können im Zeitraum zwischen Pfändung und Aufhebung der Pfändung Ansprüche eines Vollstreckungsgläubigers, der Pfändungspfandgläubiger einer Sache ist, gegen einen besitzenden Dritten gem. §§ 1227, 985 ff. BGB entstehen. In diesem Zeitraum entstehen allerdings keine Ansprüche wegen (bereits zur Zeit der Pfändung bestehenden oder durch Anschlusspfändung entstehenden) Drittbesitzes, der in die vollstreckungsrechtliche Besitzordnung eingegliedert und durch eine Besitzrechtskette legitimiert ist. Ansprüche aus den §§ 1227, 985 ff. BGB entstehen folglich nur, wenn ein Dritter während der Pfändungsdauer außerhalb der vollstreckungsrechtlichen Besitzordnung Besitz erlangt, indem er ein Besitzmittlungsverhältnis zum Vollstreckungsschuldner herstellt, das die vollstreckungsrechtliche Besitzordnung ergänzt, ohne an ihr teilzunehmen, oder indem er die vollstreckungsrechtliche Besitzordnung stört.

B. Unerlaubte Handlung Ein Intervenient kann einem Vollstreckungsgläubiger wegen unerlaubter Handlung (§ 823 ff. BGB) zum Schadensersatz verpflichtet sein. 21 In Betracht kommt eine Haftung wegen Verletzung von Rechten und Rechtsgütern gem. § 823 Abs. 1 BGB (I.), wegen Schutzgesetzverletzung (§ 823 Abs. 2 BGB) (II.) sowie wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) (III.). An der Scha-

21 BGHZ 95, 10, 17 ff.; RG SeuffArch 61 (1906), 206, 210; OLG München NJW-RR 1989, 1471, 1472; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 696; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 70; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 771, Rn. 45.

440 Vierzehntes Kapitel: Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und unerlaubte Handlung densentstehung und -entwicklung kann den Vollstreckungsgläubiger ein Mitverschulden treffen (§ 254 BGB) (IV.). Ansprüche aus § 823 BGB sind im Anwendungsbereich von § 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO ausgeschlossen und durch das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis beschränkt; in der Vindikationslage haftet ein Intervenient grundsätzlich 22 nur nach Maßgabe der §§ 989 ff. BGB auf Schadensersatz (§ 993 Abs. 1 BGB), es sei denn, er habe sich den Besitz durch verbotene Eigenmacht oder durch ein Straftat verschafft (§ 992 BGB). Die Haftungsbeschränkungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses gelten bei Pfandrechtsverletzungen entsprechend (§ 1227 BGB).

I. Verletzung von Rechten und Rechtsgütern Wer vorsätzlich oder fahrlässig bestimmte Rechtsgüter, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen rechtswidrig verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet (§ 823 Abs. 1 BGB). Ein Intervenient ist folglich schadensersatzpfl ichtig, wenn er durch unbegründete Intervention ein durch § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Recht oder Rechtsgut des Vollstreckungsgläubigers rechtswidrig und schuldhaft verletzt. Ein Intervenient muss durch die Intervention das Eigentum (§ 903 BGB) oder ein sonstiges durch § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Recht oder Rechtsgut (1.) zurechenbar verletzt (2.) haben. Die Verletzung ist nach der maßgeblichen Erfolgsunrechtslehre (ohne weiteres) rechtswidrig, wenn sie nicht gerechtfertigt ist. Es gilt kein Rechtfertigungsgrund unbegründeter Inanspruchnahme staatlicher Rechtspflegeverfahren. 23 Bei der Verletzung muss sich der Intervenient vorsätzlich oder fahrlässig verhalten haben. 24 Zu den dabei inmitten stehenden Fragen wird auf die Befassung an früherer Stelle 25 verwiesen. 22 Zur Spezialität der §§ 987 ff. BGB gegenüber den §§ 823 ff. BGB Gursky, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 987–993, Rn. 59 ff. 23 S. 316–386. 24 Rechtsprechung und Schrifttum sehen die angemessene Bestimmung der Sorgfaltsanforderungen, die an einen Intervenienten zu stellen sind, als schwierig an; überwiegend wird für eine milde Beurteilung eingetreten – BGHZ 95, 10, 17 ff. m. Anm. Gerhardt, JR 1985, 511, 512; OLG München NJW-RR 1989, 1471, 1472; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 80, 696: „stünde eine Haftung nach § 823 BGB stets offen, da jeder Gläubiger mit der späteren Aufhebung des Urteils rechnen muß“; „ohne dass die Sorgfaltsanforderungen überspannt werden dürfen“; R. Schmidt, S. 1941 f.; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 771, Rn. 45. Ferner Falkmann/Mugdan, S. 463 unter Hinweis auf AG Celle SeuffArch 35 (1880), 12 betr. die Haftung nach Vollstreckungseinstellung infolge unberechtigter Hauptintervention: Dem Intervenienten gereiche der Prozessverlust nicht zum Verschulden, denn davon, dass ihm „ein Rechtsirrthum zur Last falle, weil er den Ausfall des in dem Interventionsprocesse gesprochenen Enderkenntnisses . . . nicht vorhergesehen, kann nicht die Rede sein“; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 40. 25 S. 387–421.

B. Unerlaubte Handlung

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1. Geschützte Rechte Eigentum verletzt, wer dem Eigentümer den Besitz vorenthält. Ein Intervenient verletzt folglich Eigentum, wenn und solange er den Vollstreckungsgläubiger mit der Intervention davon abhält, die Herausgabe- oder Räumungsvollstreckung (§§ 883 ff. ZPO) in Gläubigereigentum zu betreiben. Eigentum kann ferner verletzt werden durch sonstige Störungen der Eigentumsfunktion. 26 Sacheigentum ist dadurch gekennzeichnet, dass die Sache der Dispositionsfreiheit des Eigentümers unterliegt (vgl. § 903 BGB). Zur Dispositionsfreiheit eines (Vorbehalts- oder Sicherungs-)Eigentümers gehört es, gegen den Vorbehaltskäufer oder Sicherungsgeber die Geldvollstreckung in eigenes Eigentum zu betreiben. 27 Folglich verletzt ein Intervenient Eigentum, wenn und solange er mit der Intervention die Geldvollstreckung in Gläubigereigentum verhindert. § 823 Abs. 1 BGB schützt auch absolute, beschränkt dingliche Rechte28 wie das Pfändungspfandrecht (§ 804 ZPO) 29 und die Zwangshypothek (§ 867 ZPO) 30 . Diese Rechte können durch rechtliche Beeinträchtigungen verletzt werden, 31 zu denen Behinderungen der Rechtsverwirklichung und Rechtsverlust 32 zählen. Demnach verletzt die Einstellung der Geldvollstreckung ein Pfändungspfandrecht, indem sie dessen Verwirklichung (Pfandverwertung zur Gläubigerbefriedigung) behindert. Die Pfändungsaufhebung verletzt ein Pfändungspfandrecht, weil es mit ihr erlischt. Ferner zählt nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung zu den Rechtsgütern des § 823 Abs. 1 BGB der berechtigte mittelbare Pfandbesitz des Vollstreckungsgläubigers, 33 der entzogen wird, wenn eine Fahrnispfändung aufgehoben wird. Eine Zwangshypothek wird verletzt, wenn sie gem. § 868 ZPO oder infolge Verzichts in eine Eigentümergrundschuld umgewandelt wird oder durch Aufhebung oder Aufgabe erlischt. Eine Zwangshypothek verletzt auch, wer den Haftungsverband (§§ 1120 ff. BGB) schmälert; 34 daher verletzt ein Intervenient eine Zwangshypothek, wenn

26

Spickfoff, in: Soergel (13), § 823, Rn. 62. Zur Sicherungsfunktion des Eigentums als Ausprägung des Eigentumsrechts s. S. 493. 28 Sprau, in: Palandt, § 823, Rn. 12. 29 RG HRR 1925 Nr. 141; Messer, WuB VI E. – 1.85; Hager, in: Staudinger, § 823, Rn. B 126; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 804, Rn. 20; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 786; ders., in: MüKo ZPO, § 804, Rn. 24. A. A. betr. Pfandrechte an Forderungen Spindler, in: Bamberger/Roth, § 823, Rn. 74; Zeuner, in: Soergel, § 823, Rn. 53 m. w. N. Dagegen Hager, a.a.O., § 823, Rn. B 127, B 165; Mertens, in: MüKo BGB (3), § 823, Rn. 137; Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 103 ff. 30 Sprau, in: Palandt, § 823, Rn. 12. 31 Hager, in: Staudinger, § 823, Rn. B 128. 32 Hager, in: Staudinger, § 823, Rn. B 128. 33 So Messer, WuB VI E. – 1.85. Der Pfandbesitzschutz ist neben dem Pfandrechtsschutz bedeutungslos Die Streitfrage um dem Deliktschutz des Besitzes (s. Hartung, S. 63 ff.) bleibt hier daher unbeantwortet. 34 Spickhoff, in : Soergel (13), § 823, Rn. 91. 27

442 Vierzehntes Kapitel: Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und unerlaubte Handlung er mit der Intervention Gegenstände des Haftungsverbandes der Verwertung entzieht. In der Liegenschaftsvollstreckung durch Zwangsversteigerung und -verwaltung entsteht mit der Beschlagnahme ein Befriedigungsrecht des Vollstreckungsgläubigers (§ 10 ZVG). Wenngleich die Beschlagnahme der Pfändung entspricht,35 und wiewohl das Befriedigungsrecht in der Schuldnerinsolvenz einem Pfändungspfandrecht gleichsteht und ein Recht auf abgesonderte Befriedigung gibt (§§ 80 Abs. 2, 49 InsO), ist es kein Pfändungspfandrecht.36 Die Gläubigerstellung ist in der Liegenschaftsvollstreckung durch Zwangsversteigerung und -verwaltung gegenüber Einwirkungen durch Dritte schwächer als in der Vollstreckung in das bewegliche Vermögen. 37 Namentlich hat das geltende Recht 38 das Befriedigungsrecht nicht mit Wirkung gegen Dritte ausgestattet.39 Das Befriedigungsrecht ist kein dingliches Recht 40 und genießt keinen Schutz durch § 823 Abs. 1 BGB. In der Zwangsvollstreckung nach dem ZVG sind daher nur dingliche Gläubiger, die aus „Rechten an dem Grundstück“ (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG) vollstrecken, Inhaber eines absoluten, durch § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechts; ein solches Recht verletzt ein Dritter, der den Gläubiger von der Vollstreckung abhält oder die Einstellung oder Aufhebung der Vollstreckung erwirkt und dadurch die Rechtsverwirklichung behindert. Ein Gläubiger, der aus einem persönlichen Anspruch gegen den Vollstreckungsschuldner vollstreckt (persönlicher Gläubiger), kann eine absolute, durch § 823 Abs. 1 BGB bewehrte Rechtsbeziehung zum Grundstück nur herstellen, indem er die Eintragung einer Zwangshypothek (§§ 866 Abs. 1, 867 ZPO) erwirkt. 2. Psychisch vermittelte Kausalität Interventionsverläufe sind als Kausalverläufe dadurch gekennzeichnet, dass der Intervenient die Interventionswirkung nicht unmittelbar herbeiführt (z. B. durch eigenhändige Entfernung der Sache aus dem Gewahrsam des Gerichtsvollziehers), sondern dass er auf den Willensentschluss eines anderen hinwirkt (z. B. den Erlass einer gerichtlichen Aufhebungsentscheidung oder die Entscheidung des Vollstreckungsgläubigers, die Vollstreckung aufzugeben), dessen Betätigung und Umsetzung erst die Rechtsverletzung verursachen (z. B. Voll35

A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 353; Eckstein, ZZP 40 (1910), 48, 82. A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 353; Böttcher, §§ 20, 21, Rn. 4; Brox/Walker, Rn. 860; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 926; Stein, S. 29, 58. 37 A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 353; Brox/Walker, Rn. 860. 38 Zur rechtspolitischen Ungereimtheit A. Blomeyer, in: Festgabe für v. Lübtow, S. 803, 825 f. 39 A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 354; Brox/Walker, Rn. 860. Kritisch Eickmann, S. 92, der auf die „Verdinglichung“ hinweist. 40 Böttcher, §§ 20, 21, Rn. 4; Schilken, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 926. A. A. Eckstein, ZZP 40 (1910), 48, 82 ff.; H. Schmidt, S. 39 ff. (S. 41: „echtes Grundpfandrecht“). 36

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ziehung einer Aufhebungsentscheidung durch das Vollstreckungsorgan oder Erklärung der Freigabe durch den Vollstreckungsgläubiger). Für derlei Fälle psychisch vermittelter Kausalität gelten besondere Voraussetzungen, die auch bei Interventionsverläufen gegeben sein müssen. Kausalität wird im Recht grundsätzlich als naturgesetzlicher Vorgang verstanden. 41 Im Gegensatz dazu steht psychisch vermittelte Kausalität. 42 Psychisch vermittelte Kausalität kennzeichnet einen Verlauf, bei dem eine (Erst-) Ursache mit einer (Zweit-)Wirkung durch eine Ursachenkette verbunden ist, bei der die Erstursache den Entschluss eines anderen hervorruft (Erstwirkung), dessen Betätigung (Zweitursache) die Zweitwirkung herbeiführt (kumulierte Kausalität: Erstursache – Erstwirkung/Zweitursache [Entschluss und seine Betätigung] – Zweitwirkung). Sämtliche Interventionsverläufe sind Fälle psychisch vermittelter kumulierter Kausalität. Denn entweder entschließt sich der Vollstreckungsgläubiger auf die Intervention hin, selbst einen Interventionserfolg herbeizuführen, und betätigt diesen Entschluss sodann, oder die Intervention erwirkt – vermittelt durch den Entschluss des zuständigen Gerichts oder Vollstreckungsorgans – den Erlass einer gerichtlichen Entscheidung, die auf die Vollstreckung wirkt (§ 868 ZPO), die staatliche Umsetzung einer gerichtlichen Entscheidung (Beschränkung, Einstellung, Aufhebung) oder von Amts wegen getroffene gerichtliche Maßnahmen (§ 28 ZVG). Bisweilen sind Intervention und Interventionserfolg als Erstursache und Drittwirkung durch hintereinandergeschaltete staatliche Maßnahmen (Erstwirkung/ Zweitursache) und konformes Verhalten des Vollstreckungsgläubigers (Zweitwirkung/ Drittursache) miteinander verbunden (Sicherheitsleistung, Handlungs- und Unterlassungsvollstreckung). Psychisch vermittelte Kausalität schafft wegen des psychischen Elements keine naturgesetzliche Verbindung von Ursache und Wirkung (Wiederholbarkeit unter identischen Bedingungen). 43 Die schadensersatzrechtliche Zurechnungsdogmatik trägt diesem Umstand bei der Haftungsbegründung44 Rechnung, indem sie auf Erfahrungswerte und Wahrscheinlichkeiten abstellt 45 und eine wertende Betrachtung der Ursachenkette 46 in den Vordergrund rückt. 41

Deutsch, Rn. 161. Deutsch, Rn. 123; ders./Ahrens, Rn. 45; Medicus, JuS 2005, 289, 291; Niebaum, NJW 1976, 1673; K. Wolff, S. 23 f.: „Geistige Verursachung“. 43 Deutsch, Rn. 123; ders./Ahrens, Rn. 45. 44 Larenz, NJW 1955, 1009, 1011; Niebaum, NJW 1976, 1673, 1674; Zimmermann, JZ 1980, 10, 12. 45 BGH NJW 2002, 2232; BGH NJW 1964, 1363, 1364; Deutsch, Rn. 123; ders., JZ 1972, 551, 552; ders./Ahrens, Rn. 45. 46 BGH VersR 1991, 1293, 1294; BGHZ 63, 189, 191. Medicus, JuS 2005, 289, 292; Niebaum, NJW 1976, 1673 (bei der Zurechnung psychisch vermittelter Kausalität handle es sich um Fälle, in denen die Verkehrsauffassung aus bestimmten Gründen die Einstandspfl icht für fremdes Tun fordert). 42

444 Vierzehntes Kapitel: Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und unerlaubte Handlung Vom Intervenienten veranlasste gesetzliche (§ 868 ZPO) sowie gesetzmäßige hoheitliche Einwirkungen auf die Vollstreckung (Beschränkung, Einstellung, Aufhebung) unterbrechen den Kausalzusammenhang47 nicht, sondern verwirklichen die Zweckveranlassung durch den Intervenienten und sind daher durchweg zurechenbar. 48 Eine Unterbrechung des Kausalzusammenhangs kommt aber in Betracht, wenn der Vollstreckungsgläubiger dem Ansinnen des Intervenienten nachgibt oder Sicherheit leistet und sich dadurch, veranlasst durch die Intervention, selbst schädigt. In Selbstschädigungsfällen wenden Rechtsprechung und Schrifttum bei der Zurechnung drei Kriterien an. Die durch die Erstursache geschaffene Lage muss allgemein geeignet sein, einen anderen zu einer auf freier Entschließung beruhenden Reaktion zu veranlassen. 49 Außerdem muss der Zweck der Selbstschädigung zu deren Risiken in einem Verhältnis stehen, das die Selbstschädigung nicht unverständig erscheinen lässt (Gefahrerhöhung). 50 Schließlich darf die Selbstschädigung von der Erstursache nicht so weit entrückt sein, dass sie (nur) dem Bereich des eigenen Lebensrisikos des Geschädigten zuzurechnen ist.51 Daran gemessen ist eine Selbstschädigung des Vollstreckungsgläubigers infolge der – auf eine solche Selbstschädigung gerichteten – Intervention bereits wegen des Haftungsdrucks (und zumal, wenn die Vollstreckung oder Vollziehung einer gerichtlichen Entscheidung bevorsteht) typischerweise zurechenbar. 52 Eine andere Beurteilung ergibt sich allerdings, wenn für die Zurechenbarkeit psychisch vermittelter Selbstschädigung – jedenfalls bei der Geltendmachung von Rechten – gefordert wird, dass der Veranlassende einen entscheidenden Informationsvorsprung vor dem Selbstschädiger gehabt haben muss.53 Der I. Zivilsenat des BGH begründet das Erfordernis des 47 Die Formulierung „Unterbrechung des Kausalzusammenhangs“ ist zur Bezeichnung nicht zurechenbarer psychisch vermittelter Kausalität nicht ganz zutreffend, sie ist aber gebräuchlich. 48 I. E. ebenso Fenn, ZHR 132 (1969), 344, 369, Fn. 82; Götz, S. 178; Hopt, S. 221 f. 49 BGH NJW 1976, 568; BGHZ 63, 189, 191; BGH NJW 1964, 1363, 1364. A. A. OLG München DAR 1985, 382, 383 betr. Kosten außergerichtlicher Rechtsverfolgung: Maßgeblich sei, ob eine verständig abwägende Partei zur Selbstschädigung veranlasst worden wäre (Erforderlichkeit). 50 BGHZ 132, 164, 166; BGH NJW 1976, 568, 569; BGHZ 63, 189, 193, 196; BGHZ 57, 25, 28 ff.; BGH NJW 1964, 1363, 1364; Deutsch, JZ 1967, 641, 643; Niebaum, NJW 1976, 1673, 1674. 51 BGH VersR 1991, 1293, 1294; Deutsch/Ahrens, Rn. 64; Medicus, JuS 2005, 289, 294. 52 Ebenso RG HRR 1925 Nr. 141 betr. Ruhenlassen der Vollstreckung nach Erhebung der Drittwiderspruchsklage; Henckel, S. 265 f. betr. Schuldnerleistung nach Vollstreckungsandrohung. Ferner BGHZ 62, 29, 35; BGHZ 38, 200, 207; RG GRUR 1942, 54; RG GRUR 1939, 787, 789; RGZ 58, 24, 31 in wettbewerbsrechtlichen Fällen vergleichbarer Art (Betriebs- und Produktionseinstellung nach Unterlassungsaufforderung oder -klage). Kritisch Blaurock, JZ 1974, 620, 621 betr. Produktionseinstellung nach Schutzrechtsverwarnung: der Verwarnte hätte die Produktion womöglich auch eingestellt, wenn ihm die zweifelhafte Rechtslage ohne Zutun des Verwarnenden zur Kenntnis gelangt wäre. 53 So BGH ZIP 2004, 1919, 1921 betr. Schutzrechtsverwarnung: „Der Verwarnende besitzt in einem solchen Fall im allgemeinen bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage kei-

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Informationsvorsprungs damit, dass ein Selbstschädiger, dessen Erkenntnisfähigkeit der des psychischen Verursachers gleichwertig ist, sich auch ohne Zutun des Veranlassenden zur Selbstschädigung entschlossen haben könnte. 54 Für die Folgen einer solchen Selbstschädigung könne er dann auch keinen Ersatz verlangen. Im übrigen ende der Verantwortungsbereich des Selbstschädigers erst, wenn er gegenüber dem Veranlassenden einen entscheidenden Informationsnachteil habe. Innerhalb dieses Verantwortungsbereichs habe er Selbstschädigungen ersatzlos hinzunehmen. Das erste Argument widerspricht der Grundregel der juristischen Kausalitätslehre, wonach zwar ein Umstand nicht ursächlich ist, der hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non), zur Feststellung, ob der Erfolg entfällt, wenn der Umstand hinweggedacht wird, aber keine hypothetische Reserveursache hinzugedacht werden darf. 55 Diese Regel ist auch im Bereich der psychisch vermittelten Kausalität anwendbar, bei der anstatt auf die Naturgesetzlichkeit des Alternativverlaufs (ohne den zu überprüfenden Umstand) auf dessen Wahrscheinlichkeit abzustellen ist.56 Das zweite Argument nähert die zivilrechtliche Zurechnungsdogmatik psychisch vermittelter Kausalität einem Verständnis an, wie es in der strafrechtlichen Zurechnungslehre unter der Bezeichnung als Tatherrschaft kraft überlegenen Wissens oder Willens (Irrtumsherrschaft) vertreten wird.57 Im Zivilrecht erscheint eine derart restriktive haftungsbegründende Zurechnung, bei der erst überlegene Erkenntnisfähigkeit kraft entscheidenden Informationsvorsprungs die Verantwortung des Veranlassenden begründen kann, jedenfalls dann als unbillig, wenn der Veranlassende zielgerichtet Druck (im Falle des Intervenienten: Haftungsdruck) auf den Selbstschädiger ausübt, um diesen zu einem bezweckten Verhalten zu bewegen. 58 Zweifelhaft kann die haftungsbegründende Zurechnung bei der Geltendmachung von Rechten allenfalls dann sein, wenn die Geltendmachung nach Sachlage keinerlei Erfolgsaussichten hat. Wegen der starren Alles-oder-nichts-Alternative ist bei der Zurechnung als Eingangsprüfung der Schadensersatzhaftung aber eine weite Beurteilung angezeigt, so dass selbstschädigendes Nachgeben auch in Zweifelsfällen zurechenbar ist. Die Haftungsbegründung setzt nicht die Erforderlichnen entscheidenden Informationsvorsprung gegenüber dem Verwarnten. . . . Der Verwarnte kann die Schutzrechtslage . . . ebenso beurteilen wie der Verwarnende; es liegt in seiner Verantwortung, welche Konsequenzen er aus seiner Beurteilung zieht“. – Dagegen BGHZ 164, 1, 9 ff. 54 BGH ZIP 2004, 1919, 1921. Ähnlich bereits Blaurock, JZ 1974, 620, 621. 55 S. nur Deutsch, Rn. 119; Larenz, Schuldrecht AT, S. 433 f., Fn. 25. 56 Deutsch, Rn. 121; Larenz, Schuldrecht AT, S. 433. 57 Ausführlich zur Irrtumsherrschaft Roxin, AT II, S. 29 ff., insbesondere S. 32 ff. betr. Selbstschädigung. 58 Solche Fälle – Schutz- und Kennzeichenrechtsverwarnungen, d. h. ernsthafte und endgültige Unterlassungsaufforderungen, bei denen Schadensersatzforderungen im Hintergrund stehen – lagen dem Vorlagebeschluss des I. Zivilsenats des BGH (ZIP 2004, 1919) zugrunde, in dem er die These vom entscheidenden Informationsvorsprung des Verursachers aufstellt.

446 Vierzehntes Kapitel: Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und unerlaubte Handlung keit einer selbstschädigenden Maßnahme voraus, die nach Maßgabe einer verständigen Abwägung zu beurteilen ist.59 Haftungsbegründende Zurechnung ist nicht der Ort, an dem darüber zu entscheiden ist, ob, wie lange und wie weit standgehalten werden musste. Eine dem Einzelfall gerecht werdende Wertung selbstschädigenden Verhaltens, in die die Erkenntnisfähigkeit und die Stärke des ausgeübten Drucks einfl ießen können, erlaubt die Prüfung des Mitverschuldens (§ 254 BGB), bei dem die Rechtsfolge von voller Haftung bis zu keiner Haftung reicht. 60

II. Verletzung von Schutzgesetzen Wer gegen ein (auch) 61 den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz schuldhaft verstößt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet (§ 823 Abs. 2 BGB). Ein Intervenient, der bei einer unbegründeten Intervention schuldhaft ein Gesetz verletzt, das den Vollstreckungsgläubiger schützen soll, ist diesem zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der sich innerhalb des Schutzbereichs der verletzten Norm verwirklicht. 62 Ein Intervenient kann einer unbegründeten Intervention wie folgt zum Erfolg verhelfen wollen. Vorprozessual kann ein Intervenient einem Vollstreckungsgläubiger wider besseres Wissen (betrügerisch) einen falschen Sachverhalt unterbreiten (z. B., dass ihm eine gepfändete Sache vor der Pfändung sicherungsübereignet worden sei), damit dieser im Irrtum über die Vermögenszugehörigkeit eines Vollstreckungsgegenstandes die Vollstreckung zum Vorteil des Vollstreckungsschuldners oder des Intervenienten aufgibt (§ 263 StGB). Zur Unterstützung seines Betrugsvorhabens kann ein Intervenient dem Vollstreckungsgläubiger gefälschte Urkunden (z. B. eine nachträglich rückdatierte Sicherungsabrede) vorlegen (§ 267 StGB). Im Prozess kann ein Intervenient vorsätzlich falsch vortragen (Prozesslüge) (§ 138 Abs. 1 ZPO), um das Gericht zu täuschen, damit es zum Vorteil des Intervenienten eine falsche Entscheidung trifft (Prozessbetrug) (§ 263 StGB). Zum Beweis des unwahren Vortrags kann er gefälschte Urkunden vorlegen 59 So aber OLG München DAR 1985, 382, 383 betr. Kosten außergerichtlicher Rechtsverfolgung. 60 BGHZ 164, 1, 10; BGHZ 63, 189, 194; RG GRUR 1942, 54; RGZ 58, 24, 31. Ähnlich Lange, in: Lange/Schiemann, S. 137 f. betr. Schadenszurechnung und Mitverschulden bei Selbstschädigung: Zurechnung, wenn nicht die Selbstschädigung „außerhalb aller diskutablen Dispositionen steht“; Medicus, JuS 2005, 289, 295; Oetker, in: MüKo BGB, § 249, Rn. 137, 161 f. Ferner OLG München DAR 1985, 382, 383: „ergibt sich der Grundsatz der Erforderlichkeit auch aus der Schadensminderungspfl icht des Geschädigten nach § 254 BGB“. Kritisch Deutsch, JZ 1967, 641, 642. 61 Der Individualschutz muss nicht ausschließlicher Zweck oder auch nur Hauptzweck des Gesetzes sein, Hager, in: Staudinger, § 823, Rn. G 19; Hopt, S. 270; Prange, S. 80, jew. m. w. N. 62 Zum Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen Schaden und Schutzbereich der Norm BGHZ 57, 137, 142; Hager, in: Staudinger, § 823, Rn. G 26 ff.

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(§ 267 StGB) und Zeugen zur Falschaussage anstiften (z. B. soll der Schuldner den falschen Zeitpunkt der Sicherungsübereignung bestätigen) (§§ 153 ff., 26 StGB). 1. (Prozess-)Betrug § 263 StGB ist Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB. 63 Geschützt ist das Vermögen des Betrogenen. 64 Ein Intervenient hat daher Vermögensschäden des Vollstreckungsgläubigers zu ersetzen, die er durch (Prozess-)Betrug verursacht. 2. Urkundenfälschung Die Schutzgesetzeigenschaft von § 267 StGB ist umstritten. Einerseits wird darauf hingewiesen, dass der Straftatbestand der Urkundenfälschung (neben der Sicherheit des Rechtsverkehrs mit Urkunden) auch Individualinteressen zu schützen bezwecke, und zwar die Entscheidungsfreiheit im Rechtsverkehr, die vor der Beeinflussung durch falsche Urkunden bewahrt werden solle. § 267 StGB sei daher Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten desjenigen, dessen Entschließungsfreiheit beeinflusst wird. 65 Gegen die Eigenschaft von § 267 StGB als Individualschutzgesetz wird eingewandt, der Individualschutz werde nur dadurch bewirkt, dass es sich bei der Urkundenfälschung um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handle, das bereits das Vorfeld der Urkundenbenutzung kriminalisiere. Bei dem Schutz, den Individualinteressen dadurch in der frühen Phase ihrer Gefährdung erfahren, könne es sich nur um einen Reflex handeln, der durch Normbefolgung zwar objektiv erreicht werden könne, aber nicht im spezifischen Aufgabenbereich der Vorschrift liege. Denn der Schutz sei so schwach und undeutlich, dass nicht angenommen werden könne, § 267 StGB sei direkt auf den Schutz von Vermögensinteressen der beim Gebrauchmachen gefälschter Urkunden getäuschten Person ausgerichtet. 66 Es ist zu unterscheiden. Seiner Struktur nach enthält § 267 StGB ein zweiaktiges, aus dem Herstellen oder Verfälschen und dem Gebrauchmachen zur Täuschung im Rechtsverkehr zusammengesetztes Delikt, dessen zweiter Akt in den subjektiven Tatbestand verlegt ist. 67 Der Individualschutzzweck der Norm ergibt sich aus dem zweiten Akt. Solange von einer unechten oder verfälschten 63 BGHZ 57, 137, 142; BGH NJW 1993, 2992; Hager, in: Staudinger, § 823, Rn. G 26; Prange, S. 81. 64 Näher zum Schutzbereich des Betrugstatbestandes Cramer, in: Schönke/Schröder, § 263, Rn. 1 f., 78a. 65 So Larenz/Canaris, S. 434 f. Ferner Cramer, in: Schönke/Schröder, § 267, Rn. 1: „daß neben dem Rechtsverkehr auch der Einzelne geschützt ist, dessen Beweisposition durch die Urkundenfälschung beeinträchtigt wird“. 66 So BGHZ 100, 13, 18 f. 67 Cramer, in: Schönke/Schröder, § 267, Rn. 79.

448 Vierzehntes Kapitel: Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und unerlaubte Handlung Urkunde nicht zur Täuschung im Rechtsverkehr Gebrauch gemacht ist, bleibt der Individualschutz latent und im Hinblick auf den Adressatenkreis des Einzelfalles unbestimmt. Die Straftatbestände des Herstellens einer unechten und des Verfälschens einer echten Urkunde (§ 267 Abs. 1 Alt. 1, 2 StGB) sind daher keine Schutzgesetze i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB. Sobald indes von einer unechten oder verfälschten Urkunde zur Täuschung im Rechtsverkehr Gebrauch gemacht wird, wird der Individualschutz aktiviert und der Schutzadressatenkreis auf die Personen festgelegt, die nach der konkreten Art des Gebrauchmachens im Rechtsverkehr getäuscht werden sollen. § 267 Abs. 1 Alt. 3 StGB – Gebrauchen einer unechten oder verfälschten Urkunde zur Täuschung im Rechtsverkehr – ist folglich Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB, und zwar zum Schutze der Entscheidungsfreiheit derer, die getäuscht werden sollen. Demnach ist ein Intervenient einem Vollstreckungsgläubiger zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der daraus resultiert, dass dieser die Vollstreckung in einen Gegenstand aufgibt, den er irrtümlich für schuldnerfremd hält, weil er eine vom Intervenienten vorgelegte falsche Urkunde für echt hält. Nach den Grundsätzen über den Prozessbetrug, 68 die auf die Täuschung durch Urkundenfälschung gem. § 267 Abs. 1 Alt. 3 StGB übertragbar sind, gilt das Gleiche, wenn ein Intervenient im Prozess eine falsche Urkunde vorlegt und daraufhin eine Fehlentscheidung ergeht, die zur Unterbindung der Vollstreckung führt. 3. Prozessuale Wahrheitspfl icht Umstritten ist auch die Schutzgesetzeigenschaft von § 138 Abs. 1 ZPO, der die prozessuale Wahrheitspflicht 69 enthält.70 Die Frage ist für die hier zu untersuchenden Fallgestaltungen von geringer Tragweite, weil Schäden, die aus einer gerichtlichen Fehlentscheidung resultieren, welche auf einer Prozesslüge beruht, zu allermeist gem. § 823 Abs. 2 i. V. m. § 263 StGB im gleichen Umfang zu ersetzen sind, wie wenn sie gem. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 138 Abs. 1 ZPO zu ersetzen wären. Es sei daher nur folgendes angemerkt. § 138 Abs. 1 ZPO wurde mit der Novelle vom 23. 10. 1933 in das Gesetz eingefügt. Aus dem Vorspruch zur Novelle geht eine individualschützende Zwecksetzung des novellierten Prozessrechts hervor, 71 die insbesondere die prozessuale Wahrheitspflicht des § 138 Abs. 1 ZPO umfasst.72 Allerdings wird die Präambel im Schrifttum als 68 69

Cramer, in: Schönke/Schröder, § 263, Rn. 69 ff. Zur prozessualen Wahrheitspfl icht ausführlich Becker-Eberhard, in: Maximen, S. 15,

22 ff. 70

Überblick über den Meinungsstand bei Prange, S. 78 ff. m. w. N. Ferner Hopt, S. 270 ff.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, S. 419, jew. m. w. N. 71 RGBl. 1933 I, S. 780: „Die Parteien und ihre Vertreter müssen sich bewusst sein, daß die Rechtspflege nicht nur ihnen, sondern zugleich und vornehmlich der Rechtssicherheit des Volksganzen dient“. 72 So im Ausgangspunkt Hopt, S. 271; Prange, S. 79 f.

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unbrauchbarer Beleg für ein individualschützendes Verständnis von § 138 Abs. 1 ZPO angesehen, weil sie in Wort (Betonung des „Volksganzen“) und Geist nationalsozialistisch durchdrungen sei. 73 Dieser Schluss ist zweifelhaft. Der Begriff des Volkes ist im Nationalsozialismus für die herrschende Ideologie instrumentalisiert, propagandistisch ausgenutzt und staatstragend verwendet worden. Im Zusammenhang ist der Begriff des Volksganzen als Ausdruck des Gedankens der „Volksgemeinschaft“ nationalsozialistisch geprägt. 74 Diese Prägung desavouiert die Ausrichtung der Wahrheitspflicht auf das Individualinteresse allerdings nicht, sondern macht sie umso bemerkens- und beachtenswerter. Denn der nationalsozialistische Gedanke der „Volksgemeinschaft“ setzte der auf persönlicher Entfaltung, Freiheitsrechten und autonomer Lebensgestaltung beruhenden „Bürgerlichen Gesellschaft“ eine kollektivistische, auf Unterordnung und Fremdgestaltung beruhende Zielvorstellung entgegen, der die Zurückdrängung der Individualität zugunsten des Gemeinwesens eigen war („Gemeinnutz geht vor Eigennutz“).75 Wenn also nicht einmal der dem Volksgemeinschaftsgedanken verhaftete nationalsozialistische Gesetzgeber umhin konnte, den individualschützenden Charakter der prozessualen Wahrheitspflicht anzuerkennen, dann zeigt dies an, mit welcher Kraft und Ursprünglichkeit sich der Individualschutzzweck des § 138 Abs. 1 ZPO aufdrängt, der in der Rechtsordnung unter Geltung des Grundgesetzes, deren freiheitlich-individualistischer Ausrichtung eine „Volksgemeinschaft“ i. S. der nationalsozialistischen Ideologie fremd ist, erst recht Geltung beansprucht. § 138 Abs. 1 ZPO ist Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten des Prozessgegners. Ein Intervenient hat einem Vollstreckungsgläubiger daher den durch eine Prozesslüge entstehenden Schaden zu ersetzen. 4. Aussagedelikte Die Vorschriften über Aussagedelikte (§§ 153 ff. StGB) sind Schutzgesetze zugunsten Prozessbeteiligter.76 Ein Intervenient, der zu einem Aussagedelikt an-

73 Hopt, S. 271; Prange, S. 80. Anders Dölle, in: Festschrift für Otto Riese, S. 279, 289: „Diese Sätze sind trotz ihrer fragwürdigen Provenienz in ihrem Inhalt schwerlich zu beanstanden“. 74 Der Begriff des Volksganzen hat an sich keinen spezifischen Bezug zum Nationalsozialismus und unterscheidet sich darin grundlegend von Begriffen wie „Volksschädling“ oder „entartete Kunst“, die keinen anderen Inhalt haben als einen programmatisch nationalsozialistischen, v. Münch, NJW 1994, 634. 75 Kershaw, Ian, Hitler. 1889–1936, 1998, S. 610; Wehler, Hans-Ulrich, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Vierter Band, 2. Aufl. 2003, S. 681. Ausführlich zur „Volksgemeinschaft“ Burleigh, Michael, Die Zeit des Nationalsozialismus, 2. Aufl. 2000, S. 257 ff. 76 So die zutreffende ganz h.M. in der Rechtsprechung und im Schrifttum; Überblick über den Meinungsstand bei Prange, S. 71 ff. m. w. N. Ferner Hager, in: Staudinger, § 823, Rn. G 42; Larenz/Canaris, S. 434, jew. m. w. N.

450 Vierzehntes Kapitel: Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und unerlaubte Handlung stiftet, haftet wie der Täter selbst gem. § 823 Abs. 2 BGB (§ 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB).

III. Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung Ein Intervenient, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem Vollstreckungsgläubiger vorsätzlich Schaden zufügt, ist diesem zum Schadensersatz verpflichtet (§ 826 BGB). Das Merkmal der guten Sitten knüpft an die (im Einzelfall zu präzisierenden) berechtigten Verhaltenserwartungen im Verkehr an.77 Paradigmatisch ist die Täuschung, die grundsätzlich bereits als solche und zumal in Verbindung mit einem Schädigungsvorsatz gegen die guten Sitten verstößt. 78 Wer ein gerichtliches Verfahren betreibt, dessen Unbegründetheit ihm bekannt ist, weil er sein Begehr auf Tatsachen stützt, von denen er sicher weiß, dass sie falsch sind, verstößt demnach gegen die guten Sitten.79 Gegen die guten Sitten verstößt auch (erst recht), wer es unternimmt, mithilfe falscher Urkunden oder Aussagestraftaten zum Prozesserfolg zu gelangen. Folglich haftet ein Intervenient, der in einem gerichtlichen Interventionsrechtsstreit gegen die prozessuale Wahrheitspflicht (§ 138 Abs. 1 ZPO) verstößt, einen Prozessbetrug (§ 263 StGB) unternimmt, gefälschte Urkunden vorlegt (§ 267 Abs. 1 Alt. 3 StGB) oder sich an einem Aussagedelikt (§§ 153 ff. StGB) beteiligt, auch gem. § 826 BGB. Sittenwidrig ist es auch, wenn ein Intervenient einen Vollstreckungsgläubiger außerprozessual zur Aufgabe der Vollsteckung zu bestimmen unternimmt, indem er ihm Tatsachen unterbreitet, von denen er sicher weiß, dass sie falsch sind, und (erst recht) wenn er solche Tatsachen mit falschen Urkunden untermauert. Dagegen besteht keine berechtigte Erwartung, dass ein Begehr aufgegeben wird, das in tatsächlicher Hinsicht für möglicherweise begründet gehalten wird. Es ist nicht sittenwidrig, ein Begehr auf die Probe zu stellen, das auf unsicherer Tatsachengrundlage steht. 80 Daher entfällt Sittenwidrigkeit, wenn ein Intervenient sein Begehr auf Tatsachen stützt, deren Unwahrheit er für möglich hält, die er aber auch für möglicherweise wahr hält. Entsprechendes gilt bei unsicherer rechtlicher Bewertung von Interventionstatsachen. Die Erwartung, ein Begehr werde fallengelassen, wenn seine rechtliche Unbegründetheit für möglich gehalten wird, weil es nicht auf einen ersichtlich oder überwiegend 77 Oechsler, in: Staudinger, § 826, Rn. 31. Ferner BGH NJW 1981, 2184, 2185: Grundanschauungen loyalen Verhaltens unter Rechtsgenossen; Mertens, in: MüKo BGB (3), § 826, Rn. 9: gesellschaftliche Normvorstellungen darüber, was von einem Rechtsgenossen in einer bestimmten Situation als anständiges Verhalten erwartet werden kann. 78 Larenz/Canaris, S. 452 f. 79 Oechsler, in: Staudinger, § 826, Rn. 549. 80 Ebenso Peters, in: MüKo ZPO, § 138, Rn. 9: Vermutete Tatsachen im Prozess zu behaupten sei erlaubt, ganz gleich, welchen Grad der Wahrscheinlichkeit sich die Partei vorstelle.

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erfolgversprechenden Rechtsstandpunkt gestützt werden kann, ist unbegründet. Es ist daher nicht sittenwidrig, einen noch so fragwürdigen Rechtsstandpunkt einzunehmen und durchzufechten, wenn derjenige, der ihn vertritt, nur nicht davon überzeugt ist, dass er keine Erfolgsaussicht hat. Nicht selten haben Rechtsentwicklungen ihren Ausgangspunkt in einer Rechtsansicht, die das Fachpublikum anfangs als höchst problematisch und zweifelhaft betrachtet. Sittenwidrig ist es hingegen, einen als aussichtslos erkannten Rechtsstandpunkt vorzuschieben und so ein Begehr in der Gewissheit seiner rechtlicher Unbegründetheit zu verfolgen. Den Vorwurf der Sittenwidrigkeit vermeidet ein nur im leisesten vertretbarer Rechtsstandpunkt. Erst, wenn ein Rechtsstandpunkt sowohl der Alltagsvernunft als auch den grundlegenden Erkenntnissen der juristischen Methode klar widerspricht, ist die Verfolgung eines auf diesen Rechtsstandpunkt gestützten Begehrs sittenwidrig.

IV. Schaden und Mitverschulden Schäden des Vollstreckungsgläubigers 81 sind nach allgemeinen schadenrechtlichen Grundsätzen (§§ 249 ff. BGB) ersatzfähig, 82 wobei insbesondere im Rahmen der Haftung gem. § 823 Abs. 2 BGB der erforderliche Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen Schaden und Schutzbereich der Norm zu beachten ist. Als Schadensersatzgläubiger obliegt einem Vollstreckungsgläubiger die Beachtung der Gebote des eigenen Interesses (§ 254 BGB). 83 Betreffend unzulängliche Rechtsverteidigung, Verletzung der Hinweisobliegenheit, Zwangs- und Ordnungsmittel, Sicherheitsleistung sowie anderweitige Vollstreckungsmöglichkeiten und zusätzliche Vollstreckungskosten gelten die bei der Risikohaftung zum Mitverschulden gemachten Ausführungen. 84 Dagegen ist der Gesichtspunkt der Standhaftigkeit bei der Verschuldenshaftung anders zu beurteilen als bei der Risikohaftung. Beiträge des Vollstreckungsgläubigers zur Schadensentstehung und -entwicklung, die im weiteren Vollstreckungsvorfeld oder im außerprozessualen Bereich einer Intervention liegen, scheiden bei der Risikohaftung als Mitverschuldensbeiträge aus, weil mangels hinreichender prozessualer Veranlassung oder bereits mangels eines Titels kein Ersatzanspruch entsteht. Solche Beiträge sind bei Anspruchsgrundlagen der Verschuldenshaftung als Mitverschuldensbeiträge wegen voreiliger oder unangemessener Selbstschädigung in Betracht zu ziehen. Ein Beitrag des Vollstreckungsgläubigers, der wegen mangelnder Standhaftigkeit nicht zum Schadensersatz wegen Risikohaftung hinreicht, ist bei der Verschuldenshaftung nicht ohne weiteres (durch 81 82 83 84

S. 185–189. S. bereits S. 271–275, 280–282 zum Schadensersatz bei der Risikohaftung. Zu den Geboten des eigenen Interesses S. 292. S. 293–296.

452 Vierzehntes Kapitel: Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und unerlaubte Handlung Übertragung der gesetzlichen Wertung der Risikohaftung in das Mitverschulden bei Ansprüchen der Verschuldenshaftung) als Mitverschulden zu bewerten. Bei der Risikohaftung und der Anspruchskürzung wegen Mitverschuldens gelten unterschiedliche Kriterien. Bei der Risikohaftung geht es um eine Zuspitzung, die der Titelgläubiger betreibt, bei Mitverschulden ist zu fragen, ob der Titelschuldner die Gebote des eigenen Interessen beachtet hat. Ein Titelschuldner, der nicht standhaft genug war, um die Risikohaftung des Titelgläubigers auszulösen, kann gleichwohl die Umsicht bewiesen haben, die ihm im eigenen Interesse obliegt. Ein Vollstreckungsgläubiger hat grundsätzlich Anlass, dem Ansinnen eines Intervenienten selbstschädigend nachzugeben. Denn mit der Geltendmachung eines Drittrechts entsteht die Gefahr, wegen schuldhafter Vollstreckung in Drittvermögen bzw. verspäteter Freigabe zu haften. Gibt ein Vollstreckungsgläubiger im Angesicht drohender Haftung nach, bevor eine gerichtliche Interventionsentscheidung erlassen ist, kann ihm nur dann als Mitverschulden an der Schadensentstehung (§ 254 Abs. 1 BGB) anzulasten sein, nicht standgehalten zu haben, wenn die Intervention ex ante offensichtlich unbegründet war und daher für den Vollstreckungsgläubiger von vornherein offensichtlich kein Haftungsrisiko bestand. Dies ist der Fall, wenn die Intervention offenbar keine Aussicht auf gerichtliche Durchsetzung hat, weil sie auf ersichtlich falschen Tatsachen beruht, oder weil der Vollstreckungsgläubiger Einwendungstatsachen mit ohne weiteres verfügbaren Beweismitteln beweisen kann, deren Beweiskraft zwingend ist. Bei derart liquiden Beweismitteln ist es dem Vollstreckungsgläubiger zumutbar, sich ohne weiteres dem drohenden Rechtsstreit auszusetzen. 85 Keine Erfolgsaussicht hat eine Intervention auch, wenn sie auf einer offensichtlich unhaltbaren Rechtsansicht fußt. Bei einer unschlüssigen Intervention ist allerdings große Zurückhaltung mit der Erhebung eines Mitverschuldensvorwurfs angezeigt. 86 Der Vollstreckungsgläubiger darf nicht durch § 254 Abs. 1 BGB mit dem Prognose- und Prozessrisiko belastet werden. Im übrigen zielt die Intervention auf das selbstschädigende Verhalten des Vollstreckungsgläubigers, und es mutet widersprüchlich an, dem Vollstreckungsgläubiger als Mitverschulden anzulasten, dass er getan hat, was der Intervenient von ihm verlangt hat. Anders ist es nur dann zu beurteilen, wenn der Intervention geradezu auf der Stirn geschrieben steht, dass sie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht unhaltbar ist, und der Vollstreckungsgläubiger aus übertriebener Schreckhaftigkeit reagiert, wie ihm geheißen wurde.

85 Die Erwägung entspricht den in den Fällen des Art. 40 Abs. 3 Satz 1 WG geltenden Grundsätzen, dazu Baumbach/Hefermehl, Art. 40 WG, Rn. 6. Ferner Fenn, ZHR 132 (1969), 344, 369 zum Mitverschulden durch selbstschädigendes Nachgeben bei aussichtsloser Rechtsverfolgung des Gegners. 86 Anders Ohl, GRUR 1966, 172, 178 betr. unschlüssig Schutzrechtsverwarnung.

B. Unerlaubte Handlung

453

Ist eine stattgebende gerichtliche Interventionsentscheidung erlassen, dann ist der Haftungsdruck grundsätzlich nicht so gering, dass Standhalten ein Gebot des Rechts ist. Denn immerhin hat bereits ein Gericht die Intervention für begründet erklärt. Selbstschädigendes Nachgeben kann dem Vollstreckungsgläubiger daher nicht als Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB) angelastet werden, es sei denn, er könne Einwendungstatsachen noch vorbringen und mit ohne weiteres verfügbaren Beweismitteln beweisen, deren Beweiskraft zwingend ist. Kommt der Vollstreckungsgläubiger schließlich selbstschädigend einem titulierten Gebot (§§ 888, 890 ZPO) nach, trifft ihn dafür kein Mitverschuldensvorwurf; denn ein Mitverschulden scheidet aus, wenn der Geschädigte zu seinem Verhalten verpflichtet ist. 87

87

Oetker, in: MüKo BGB, § 254, Rn. 30.

Fünfzehntes Kapitel:

Ungerechtfertigte Bereicherung Infolge einer Intervention können Bereicherungsansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten (§§ 812 ff. BGB) entstehen.

A. Ausgangspunkt Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung bezwecken die Korrektur von Fehlzuordnungen (I.). Paradigmatisch bestimmt der bereicherungsrechtliche Grundtatbestand des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, dass herauszugeben ist, was durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten ohne rechtlichen Grund erlangt wurde (II.).

I. Herausgabeansprüche und Ansprüche bei Fehlzuordnungen Im Zusammenhang mit einer Intervention können andere Herausgabeansprüche und Ansprüche zur Korrektur von Fehlzuordnungen als Bereicherungsansprüche des Vollstreckungsgläubigers entstehen, so dass zunächst das Konkurrenzverhältnis und damit der Anwendungsbereich etwaiger Bereicherungsansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten zu bestimmen ist. Herausgabeansprüche, die im Rahmen einer Abwicklungsregelung zwischen dem Vollstreckungsgläubiger und dem Intervenienten auf vertraglicher Grundlage entstehen (z. B. gem. § 667 BGB),1 gehen Bereicherungsansprüchen der Kontrahenten vor. 2 Bereicherungsrecht ist anwendbar, wenn die Beteiligten vertraglich unverbunden sind, oder wenn trotz vertraglicher Verbundenheit keine Abwicklungsregelung auf vertraglicher Grundlage besteht. Prozessual veranlasste Fehlzuordnungen soll der Erstattungsanspruch gem. § 717 Abs. 3 Satz 2–4 ZPO3 korrigieren, der mit Bereicherungsansprüchen in Anspruchskonkurrenz steht. Voneinander unabhängig sind auch Bereicherungsansprüche und die prozessuale Handhabe gem. § 109 ZPO. Eigenständige 1

S. 423–426. Vgl. Sprau, in: Palandt, § 667, Rn. 1. Allgemein zum Vorrang besonderer Abwicklungsregelungen vor dem Bereicherungsrecht Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 179. 3 S. 297–315. 2

A. Ausgangspunkt

455

Bedeutung erlangen Bereicherungsansprüche außerhalb der Anwendungsbereiche der §§ 109, 717 Abs. 3 ZPO. Zwischen dem Vindikationsanspruch des Eigentümers und des Pfandgläubigers (§§ 985 f., 1227 BGB) einerseits4 und persönlichen Ansprüchen aus dem Eigentum oder Pfandrecht andererseits, zu denen Bereicherungsansprüche zählen, besteht ebenfalls Anspruchskonkurrenz. 5 Intrikat ist das Verhältnis der Vindikationsnebenansprüche (§§ 987 ff., 1227 BGB) zum Bereicherungsrecht. Unstreitig ist dabei, dass Bereicherungsansprüche, die einen Ausgleich für die Nichtherausgabe der Sache als solche gewähren, nicht durch die §§ 987 ff. BGB verdrängt sind. 6 Umstritten und stark in Fallgruppen zergliedert ist dagegen das Verhältnis der §§ 812 ff. BGB zu den §§ 987 ff. BGB im Bereich der Nutzungsherausgabe. Grundsätzlich sollen ausschließlich die §§ 987 ff. BGB anwendbar sein (§ 993 Abs. 1 Halbs. 2 BGB), 7 wobei allerdings Durchbrechungen und Ausnahmen gelten sollen, denen hier nicht nachgegangen werden kann. 8 Festzuhalten ist jedenfalls, dass Bereicherungsansprüche das Recht des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses ergänzen können, und dass sie eigenständig sind, wenn keine Eigentümer- oder Pfandgläubigervindikaton besteht oder bestanden hat. Herausgabeansprüche auf vertraglicher Grundlage, prozessual veranlasste Erstattungsansprüche, Vindikatons(neben-)ansprüche sowie die hier zu untersuchenden Bereicherungsansprüche des Vollstreckungsgläubigers wurzeln im Verhältnis zwischen Vollstreckungsgläubiger und Intervenienten. Nach Lage des Falles können gegen den Intervenienten gerichtete Ansprüche auch im Verhältnis zwischen Intervenient und Vollstreckungsschuldner gründen. Insbesondere können Anfechtungsansprüche (§ 11 AnfG) des Vollstreckungsgläubigers oder Bereicherungsansprüche des Vollstreckungsschuldners (§§ 812 ff. BGB) bestehen. Mit einem Anfechtungsanspruch kann ein Vollstreckungsgläubiger die ursprüngliche Zugriffslage wiederherstellen oder ausgleichen, und einen Bereicherungsanspruch des Vollstreckungsschuldners kann er pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen, um sodann gegen den Intervenienten vorzugehen. Beiderlei Ansprüche weisen für den Vollstreckungsgläubiger den Nachteil auf, dass sie aus Umständen resultieren, an denen er unbeteiligt ist,9 so dass ihm Überprüfung und Geltendmachung der Ansprüche erschwert sind. Demgegenüber10 sind bei einem Bereicherungsanspruch des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten die Tatbestandsvoraussetzungen auf das Verhältnis 4

S. 433–439. Gursky, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 985–1007, Rn. 8. 6 Ausführlich Gursky, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 987–993, Rn. 39 m. w. N. 7 J. F. Baur, in: Baur/Stürner, Sachenrecht, § 11, Rn. 34. 8 Einzelheiten z. B. bei Gursky, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 987–993, Rn. 41 ff. m. w. N. 9 S. Gerhardt, Gläubigeranfechtung, S. 177, 178 zur Struktur der Gläubigeranfechtung. 10 Zu den Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen Anfechtungsansprüchen und Bereicherungsansprüchen eingehend Gerhardt, Gläubigeranfechtung, S. 161 ff. 5

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Fünfzehntes Kapitel: Ungerechtfertigte Bereicherung

zwischen Vollstreckungsgläubiger und Intervenient bezogen. Im Verhältnis zu Anfechtungsansprüchen und zu Bereicherungsansprüchen des Vollstreckungsschuldners ist ein eigener Bereicherungsanspruch des Vollstreckungsgläubigers folglich zweifach vorteilhaft. Zum einen können im Verhältnis Vollstreckungsgläubiger-Intervenient die Voraussetzungen eines Bereicherungsanspruchs erfüllt sein, während sie im Verhältnis Vollstreckungsschuldner-Intervenient nicht vorliegen. Zum anderen fällt es dem Vollstreckungsgläubiger typischerweise leichter, einen eigenen Bereicherungsanspruch festzustellen und geltend zu machen als einen Anfechtungsanspruch oder einen Bereicherungsanspruch des Vollstreckungsschuldners.

II. Bereicherungsrechtlicher Grundtatbestand Wer etwas durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten ohne beständigen (§ 812 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 BGB) rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB). Bereicherungsansprüche eines Vollstreckungsgläubigers gegen einen Intervenienten setzen bei den interventionsbedingten (Vermögens-)Verschiebungen11 vom Vollstreckungsgläubiger („durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten“) zum Intervenienten („[w]er . . . etwas . . . erlangt“) an. Wenn ein Intervenient bei einer interventionsbedingten Verschiebung etwas durch Leistung oder in sonstiger Weise auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers ohne beständigen rechtlichen Grund erlangt, ist er ihm folglich gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Herausgabe verpflichtet, und zwar nach näherer Maßgabe der §§ 818 ff. BGB. Im rechtlichen Ausgangspunkt ist zu beachten, dass von einer Intervention potentiell drei Personen – Vollstreckungsgläubiger, Intervenient, Vollstreckungsschuldner – betroffen sind. Ferner ist zu berücksichtigen, dass interventionsbedingte Verschiebungen entweder durch Leistung oder in sonstiger Weise verursacht sein können, je nachdem, ob der Vollstreckungsgläubiger Interventionswirkungen herbeiführt (Leistung),12 oder ob Interventionswirkungen hoheitlich herbeigeführt werden13 (in sonstiger Weise) 14 . Die Unterschiedlichkeit der Verschiebungsweise wirft die Frage auf, wie das Tatbestandsmerkmal „durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten“ in § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zu verstehen ist. An diesem Tatbestands11 Zum Begriff der Vermögensverschiebung (künftig: Verschiebung) s. S. 179, Fn. 1, und zu den inmitten stehenden Verschiebungen S. 189–220. 12 Zur Qualifikation vom Vollstreckungsgläubiger herbeigeführter Interventionswirkungen als Leistung des Vollstreckungsgläubigers an den Intervenienten S. 190 f. 13 S. 191 f. 14 Zur Qualifikation von Verschiebungen durch Einschaltung staatlicher Hoheitsträger im Rahmen der Zwangsvollstreckung als Nichtleistung (Erlangen in sonstiger Weise) Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 229.

A. Ausgangspunkt

457

merkmal kristallisiert eine Auseinandersetzung über den bereicherungsrechtlichen Grundtatbestand, die zu einem grundlegend uneinheitlichen und von Streitfragen geprägten Stand der bereicherungsrechtlichen Dogmatik geführt hat.15 Besonders unübersichtlich ist dabei die Abwicklung von Rechtsverhältnissen unter Beteiligung von drei (oder mehr) Personen, bei denen der BGH in ständiger Rechtsprechung die Formel anwendet, es verbiete sich jede schematische Lösung, es komme auf die Besonderheiten des einzelnen Falles oder einzelner gleichartiger Fallgruppen an.16 Im Schrifttum stehen sich die Einheitsund die Trennungstheorie gegenüber, von denen jeweils verschiedene Varianten ausgeprägt sind. Die Einheitstheorie sieht in § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB den einheitlichen bereicherungsrechtlichen Grundtatbestand des rechtgrundlosen Erlangens auf Kosten eines anderen, bei dem der Erlangungsmodus („durch Leistung . . . oder in sonstiger Weise“, d. h. in irgendeiner Weise) irrelevant ist. Nach dieser Rechtsauffassung ist der Kondiktionsgläubiger durchweg anhand des Merkmals „auf dessen Kosten“ zu bestimmen. Dagegen versteht die Trennungstheorie Leistungs- und Nichtleistungskondiktion als wesensverschiedene Kondiktionstypen. Danach ist bei der Leistungskondiktion das Tatbestandsmerkmal „auf dessen Kosten“ unbeachtlich, weil der Bereicherungsgläubiger mithilfe des modernen, normativen Leistungsbegriffs zu bestimmen sei, bei dem erst die Zweckgerichtetheit aus einer Zuwendung eine Leistung macht. Die in der rechtswissenschaftlichen Diskussion inmitten stehenden Fragen, Problemstellungen und Argumente können im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht aufbereitet werden; noch viel weniger ist eine umfassende, vertiefte Auseinandersetzung mit Stand und Strömungen der bereicherungsrechtlichen Dogmatik möglich, die erforderlich ist, um die aufgeworfene Grundfrage nach der Einheitlichkeit oder Wesensverschiedenheit annähernd befriedigend zu beantworten, ohne dass der gegebene Rahmen gesprengt würde. In Anbetracht dieser Begrenzungen kann daher hier keine Antwort auf die inmitten stehende bereicherungsrechtliche Grundfrage unternommen, sondern nur eine Ausgangsthese gesucht werden, auf deren Grundlage die bereicherungsrechtlichen Verhältnisse der Intervention untersucht werden. Bei der Ermittlung dieser These sollen einige im Schrifttum angestellte Erwägungen maßgeblich sein, deren Triftigkeit jedenfalls nicht von der Hand zu weisen ist, und es soll gewissen Eigentümlichkeiten der Intervention im Hinblick auf den Bereicherungsausgleich Rechnung getragen werden, wie folgt. Das Verständnis von § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB als einheitlichen Grundtatbestand i. S. der Einheitslehre steht zwanglos mit dem Gesetzeswortlaut17 und mit 15

Überblick bei Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 1 ff.; Schäfer, S. 61 ff. BGHZ 105, 365, 369; BGH NJW 1977, 38, 40; BGHZ 61, 289, 292; BGHZ 58, 184, 187; BGHZ 50, 227, 229. Gegen diese scheinbar fallrechtliche Vorgehensweise Wilhelm, JZ 1994, 585, 590 ff. 17 Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 7. 16

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Fünfzehntes Kapitel: Ungerechtfertigte Bereicherung

der Gesetzgebungsgeschichte des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB18 im Einklang. Demgegenüber neigt die Trennungslehre zu Überspitzungen, die sich im Zuge der bisweilen allzu weit getriebenen Verselbständigung der verschiedenen Kondiktionstypen und der einhergehenden Übersteigerung des systembildenden Leistungsbegriffs ergeben haben.19 Die Verabsolutierung der Leistung als bereicherungsrechtlicher Zentralbegriff und als Prämisse bereicherungsrechtlicher Lösungen ist zweifelhaft 20 und hat sich nicht selten eher erschwerend als erleichternd bei der Bewältigung der Problemlagen erwiesen, zu deren Lösung die Trennungslehre entwickelt worden ist. 21 Ferner legt ein Blick auf die hier zu untersuchenden Interventionsfälle einen einheitlichen bereicherungsrechtlichen Ausgangspunkt nahe. Interventionsbedingte Verschiebungen können jeweils durch Leistung oder in sonstiger Weise veranlasst sein, ohne dass der Unterschied der Veranlassung eine unterschiedliche bereicherungsrechtliche Bewertung rechtfertigen würde. Ob etwa der Vollstreckungsgläubiger unter dem Eindruck unmittelbar bevorstehender hoheitlicher Vollstreckungseinstellung die Vollstreckung ruhen lässt und damit eine Leistung an den Intervenienten erbringt, oder ob die Vollstreckung gem. § 775 ZPO eingestellt wird (Einschaltung staatlicher Hoheitsträger im Rahmen der Zwangsvollstreckung als Nichtleistung), ist angesichts der gleichartigen Wirkungen bereicherungsrechtlich gleich zu bewerten. Allgemein sind interventionsbedingte Verschiebungen, die durch Leistung oder in sonstiger Weise herbeigeführt werden, einander jeweils derart angenähert, dass die Zuordnung zur einen oder zur anderen Kondiktionsart unterschiedliche Ergebnisse, die auf der Wesensverschiedenheit der Kondiktionsarten beruhen, nicht zu tragen vermag. Es sei nur an den Fall erinnert, in dem die Freigabe eines Vollstreckungsgegenstandes durch den Vollstreckungsgläubiger (Leistung) hoheitlich gem. § 894 ZPO fingiert wird (Erlangen aufgrund gesetzlicher Vorschrift als Nichtleistung) 22 . Vor diesem Hintergrund scheint es (bei aller Unsicherheit und Vorläufigkeit, die jeder Antwort auf die bereicherungsrechtliche Grundfrage nach der Struktur des bereicherungsrechtlichen Grundtatbestandes anhaftet) vorzugswürdig, i. S. der Einheitslehre die bereicherungsrechtlichen Verhältnisse einheitlich anhand des Kriteriums „auf dessen Kosten“ zu bestimmen. Mit diesem Ansatz wird weder geleugnet, dass Leistungs- und Nichtleistungskondiktion rechtlich nicht einerlei sind (vgl. § 814 BGB), noch sollen aus dem modernen Leistungsbegriff gewonnene Wertungen und Differenzierungen für die Auslegung des Merkmals „auf dessen Kosten“ unbeachtlich sein. 18

Näher Kupisch, in: Festschrift für Andreas Heldrich, S. 275 ff. Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 5. 20 Wilhelm, JuS 1973, 1 ff. 21 Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 27, 30 m. w. N. 22 Zum Topos des „Erlangens durch gesetzliche Vorschrift“ (Nichtleistung) Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 229, 270 ff. 19

B. Etwas erlangt

459

Die im folgenden zugrunde zu legende Ausgangsthese lautet demnach: Der bereicherungsrechtliche Grundtatbestand des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB ist einheitlich dreigliedrig. Ein Intervenient muss (in irgendeiner Weise) „etwas . . . erlangt“ haben (B.), und zwar „auf . . . Kosten“ des Vollstreckungsgläubigers (C.) und „ohne rechtlichen Grund“ (D.). Rechtsfolge ist die Herausgabepfl icht im Umfang der Bereicherung nach Maßgabe der §§ 818 ff. BGB (E.).

B. Etwas erlangt Primärer Kondiktionsgegenstand ist das erlangte Etwas, 23 das denkbar weit zu verstehen ist. 24 Zu ermitteln ist das erlangte Etwas durch Vergleich des bestehenden Zustandes mit dem hypothetischen Zustand, der ohne den Vorgang bestünde, dessentwegen Bereicherungsansprüche in Betracht kommen. Im Zuge einer Intervention erlangt ein Intervenient folglich, was die Intervention zu seinen Gunsten bewirkt. Was dies sein kann, wurde an früherer Stelle 25 ausführlich nachgezeichnet. Zusammenfassend kann wie folgt differenziert werden. Ein Intervenient kann die Herbeiführung einer Interventionswirkung „für den Interveneinten“ erlangen. Führt eine Leistung des Vollstreckungsgläubigers eine Interventionswirkung „für den Intervenienten“ herbei, dann erlangt ein Intervenient die Unterlassung der Vollstreckung, den Vollstreckungsstillstand, die Freigabe des Vollstreckungsgegenstandes oder die Rechtsstellung als Gesicherter. Wird eine Interventionswirkung hoheitlich „für den Intervenienten“ herbeigeführt, dann erlangt dieser die Beschränkung oder die Einstellung der Vollstreckung sowie ggf. die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen. Den Vollstreckungsgegenstand betreffend kann ein Intervenient durch die Intervention zunächst (Erstwirkung) die Bewahrung oder Wiederherstellung von Rechts- und Besitzpositionen am Vollstreckungsgegenstand erlangen, die er vor dem Vollstreckungszugriff innehatte, und die durch die Vollstreckung beeinträchtigt werden oder zu werden drohen. Durch Beschränkung und Unterlassen der Vollstreckung erlangt ein Intervenient das Freibleiben eines Rechts oder Besitzes von Beeinträchtigungen, die bei Durchführung der Zwangsvollstreckung entstehen. Durch die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen erlangt ein berechtigter oder besitzender Intervenient das Freiwerden von solchen Beschränkungen. Ein berechtigter oder besitzender Intervenient erlangt außerdem stets (auch bei Stillstand und Einstellung), dass Rechte und Besitz erhalten bleiben, die im Fortgang der Vollstreckung untergegangen wären. 23 Zur Unterscheidung zwischen Erlangtem (Tatbestand) und Bereicherung (Rechtsfolge) BGHZ 55, 128, 132; Canaris, JZ 1971, 560, 561. 24 S. 306 f. 25 S. 189–220.

460

Fünfzehntes Kapitel: Ungerechtfertigte Bereicherung

Schließlich kann ein Intervenient durch das Zusammenwirken der Fortwirkung einer interventionsbedingten Verschiebung „für den Intervenienten“ – fortwirkende Beschränkung oder fortgesetztes Unterlassen der Vollstreckung – mit einer Zuwendung von Seiten des Vollstreckungsschuldners Rechte und Besitz am Vollstreckungsgegenstand hinzugewinnen.

C. Auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers Das Merkmal „auf dessen Kosten“ dient der Bestimmung des Bereicherungsgläubigers. Das (rechtsgrundlos) Erlangte ist derjenigen Person herauszugeben, auf deren Kosten es erlangt wurde. Während die Bedeutsamkeit des Merkmals bei der Nichtleistungskondiktion unbestritten ist, wird es bei der Leistungskondiktion für irrelevant gehalten. 26 Zwar müsse sich der Erwerb des Bereicherungsschuldners auch bei der Leistungskondiktion auf Kosten des Bereicherungsgläubigers vollzogen haben; dasjenige, was durch Leistung erlangt ist, sei aber notwendigerweise auf Kosten des Leistenden erlangt, weil die Kriterien des Merkmals „auf dessen Kosten“ im modernen Leistungsbegriff enthalten seien. 27 Diese Erwägung trifft weitgehend zu; sie wird aber dort fragwürdig, wo der moderne Leistungsbegriff an seine Grenzen stößt, wie etwa beim (rechtsgrundlosen) Rechtsscheinerwerb28 und bei Mehrpersonenverhältnissen. 29 Die im modernen Leistungsbegriff angelegten Wertungen erschöpfen zwar die Funktion des Merkmals „auf dessen Kosten“ regelmäßig, aber nicht zwingend und durchweg. Da auch die Leistungskondiktion dem Grunde nach nur dann gegeben ist, wenn der Schuldner auf Kosten des Gläubigers erworben hat,30 ist in Zweifelsfällen auf das Merkmal „auf dessen Kosten“ zurückzugreifen. Die Bestimmung des Bereicherungsgläubigers kann ganz auf dieses Merkmal gestützt werden, wenn dort die im modernen Leistungsbegriff enthaltenen Erwägungen beachtet werden. Der Bereicherungsgläubiger sollte mit dem Merkmal „auf dessen Kosten“ bestimmt werden, um so die Gefahr von Fehlschlüssen zu vermeiden, die bei Verselbständigung des Leistungsbegriffs droht. Damit stellt sich die Aufgabe, das Merkmal „auf dessen Kosten“ zu konkretisieren, um es sodann auf die zuvor (sub B.) skizzierten Fallgestaltungen anzuwenden, die an früherer Stelle31 als interventionsbedingte Verschiebungen „zu Lasten“ des Vollstreckungsgläubigers und „zu Gunsten“ des Intervenienten 26 27 28 29 30 31

Larenz/Canaris, S. 131 ff. Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 11. Dazu Lieb, in: MüKo BGB, § 816, Rn. 40 f.; Lorenz, in: Staudinger, § 816, Rn. 16 ff. Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 11 ff. Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 13. S. 189–220.

C. Auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers

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charakterisiert wurden. „Zu Gunsten“ bedeutet, dass der Intervenient etwas erlangt, und es fragt sich, ob „zu Lasten“ mit dem bereicherungsrechtlichen Merkmal „auf . . . Kosten“ gleichzusetzen ist. Prima vista ist dies in den Fällen zu bejahen, in denen der Vollstreckungsgläubiger eine Interventionswirkung „für den Intervenienten“ herbeiführt, also an ihn leistet, und in denen der Intervenient augenscheinlich unmittelbar (dazu sub C. II.) etwas erlangt. Wenn der Vollstreckungsgläubiger dem Intervenienten das Absehen von der Vollstreckung, das Innehalten oder die Aufgabe der Vollstreckung leistet, dann disponiert er über die ihm zugewiesene Gütersphäre, wie sie durch das rechtlich geschützte Vollstreckungsinteresse32 (sowie ggf. in Gestalt eines Pfändungspfandrechts, Befriedigungsrechts, einer Besitzposition oder einer Sicherungshypothek) ausgeprägt ist. Zumindest, wenn eine Leistung des Vollstreckungsgläubigers ohne Zutun des Vollstreckungsschuldners dazu führt, dass der Intervenient etwas erlangt (z. B., wenn der Vollstreckungsgläubiger eine gem. § 809 ZPO beim Intervenienten gepfändete Sache freigibt, die sodann direkt diesem zurückerstattet wird), scheint die Verschiebung ohne weiteres auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers zu gehen. Unter der weiteren Voraussetzung der Rechtsgrundlosigkeit wäre der Intervenient dem Vollstreckungsgläubiger dann zur Herausgabe gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB verpflichtet. In Anlehnung an diese Konstellation könnten dann die zweifelhaften Fälle gelöst werden, in denen der Vollstreckungsgläubiger nicht leistet, und in denen der Vollstreckungsschuldner einen Beitrag leistet. So könnten die Fälle, in denen eine Interventionswirkung hoheitlich herbeigeführt ist, einer entsprechenden Leistung des Vollstreckungsgläubigers als so sehr ähnlich angesehen werden (weil hoheitlich nachvollzogen wird, wozu der Vollstreckungsgläubiger verpfl ichtet zu sein scheint, so dass gewissermaßen anstelle des Vollstreckungsgläubigers eine Zuwendung erbracht wird), dass aus ihr resultierende Verschiebungen und Verschiebungen aufgrund Leistung bereicherungsrechtlich gleich zu bewerten sind und folglich ebenfalls auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers gehen. Das weitere Problem der Verschiebung unter Zutun des Vollstreckungsschuldners könnte gelöst werden, indem es auf die Rechtsfolgenseite verschoben und als Frage des Wertes der Leistung oder leistungsgleichen hoheitlichen Veranlassung behandelt wird (§ 818 Abs. 2 BGB), wie sie sich beim Erstattungsanspruch (§ 717 Abs. 3 Satz 2–4 ZPO, §§ 818 ff. BGB) stellt (in dessen Tatbestand das Merkmal „auf . . . Kosten“ nicht vorkommt). Sowohl die Erwägung, eine hoheitlich herbeigeführte Verschiebung sei einer Verschiebung aufgrund Leistung wesentlich ähnlich, als auch die Behandlung von Verschiebungen unter Zutun des Vollstreckungsschuldners als Wertfrage auf der Rechtsfolgenseite würden indes unter der Schwäche leiden, dass das Merkmal „auf dessen Kosten“ überbrückt würde anstatt geklärt zu werden. Dieser Mangel wäre umso gravie32

Zum rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresse S. 191 f.

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Fünfzehntes Kapitel: Ungerechtfertigte Bereicherung

render, als auch im Ausgangsfall, in dem der Vollstreckungsgläubiger leistet und sich die Verschiebung ohne Zutun des Vollstreckungsschuldners vollzieht, nur angenommen wird, dass das Merkmal „auf dessen Kosten“ erfüllt ist, weil dies evident erscheint. Vorzugswürdig ist daher eine andere Vorgehensweise. Allen Verschiebungen „zu Lasten“ des Vollstreckungsgläubigers ist gemein, dass das rechtlich geschützte Vollstreckungsinteresse des Gläubigers betroffen ist, und zwar auf zielgerichtete Veranlassung des Intervenienten hin. Es ist mithin zu fragen, ob und wie weit die bezweckte Betroffenheit des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses „auf . . . Kosten“ eines Vollstreckungsgläubigers geht. Im übrigen kann das Vollstreckungsinteresse nach dem Vollstreckungszugriff in bestimmten Positionen des Vollstreckungsgläubigers (Pfändungspfandrecht, Befriedigungsrecht, Sicherungshypothek, Besitz) ausgeformt sein. Wenn und soweit die Betroffenheit des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses als solches nicht „auf . . . Kosten“ eines Vollstreckungsgläubigers geht, wird daher zu fragen sein, ob die Betroffenheit solcher Rechtspositionen – sowie von Rechtspositionen, die ein Vollstreckungsgläubiger vollstreckungsunabhängig innehat (Vollstreckung in Gläubigereigentum) – „auf . . . Kosten“ eines Vollstreckungsgläubigers geht. Im Schrifttum ist die Bestimmung und Umgrenzung der bereicherungsrechtlich geschützten Sphäre anhand des Merkmals „auf . . . Kosten“ insbesondere bei der Eingriffskondiktion vorangetrieben worden. Dabei hat sich eine große Meinungsvielfalt über das zutreffende Verständnis des Merkmals „auf . . . Kosten“ entwickelt. Die unterschiedlichen Auffassungen werden gemeinhin entweder den Rechtswidrigkeits- oder den Zuweisungstheorien zugeordnet, die konkurrieren, aber auch Berührungspunkte und Überschneidungen aufweisen (I.). Ferner spielt für die Konkretisierung des Merkmals „auf . . . Kosten“ die Unmittelbarkeit eine Rolle (II.).

I. Rechtswidrigkeits- und Zuweisungstheorien Den unter dem Begriff Rechtswidrigkeitstheorien zusammengefassten Auffassungen ist gemein, dass sie aus der Rechtswidrigkeit eines Eingriffs folgern, das Erlangte gehe auf Kosten dessen, den die verletzte Norm schützen sollte.33 Die als Zuweisungstheorien verstandenen Rechtsmeinungen kennzeichnet, dass sie Kondiktionsansprüche gewähren, wenn der Schutzbereich des betroffenen Rechtsguts gerade dasjenige umfasst, was der potentielle Bereicherungsschuldner erlangt hat; auf Kosten eines anderen ist dann erlangt, was diesem nach den Regeln der rechtlichen Güterzuordnung zugewiesen ist. 34

33 34

Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 236. Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 237.

C. Auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers

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Die Rechtswidrigkeitstheorie wurde in Reinkultur von F. Schulz35 begründet, der an der bereichernden Handlung anknüpft und Kondiktionsansprüche davon abhängig macht, ob diese Handlung nach allgemeinen Grundsätzen rechtswidrig ist; das Rechtswidrigkeitsurteil könne allein die bereicherungsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe all dessen begründen, was der Eingreifer erlangt hat. Danach zu urteilen ist ein bereicherungsrechtlicher Ausgleich für das möglich, was ein Intervenient durch eine unbegründete, d. h. rechtswidrige Intervention zu Lasten des Vollstreckungsgläubigers erlangt. Bei Verschiebungen unter Zutun des Vollstreckungsschuldners wäre noch dasjenige, was auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers erlangt ist, anhand des Unmittelbarkeitskriteriums zu scheiden von dem, was auf Kosten des Vollstreckungsschuldners erlangt ist. Es hat sich allerdings die Erkenntnis durchgesetzt, dass das als Einheitsformel angelegte Kriterium der Rechtswidrigkeit nicht zur Bewältigung der an das Merkmal „auf . . . Kosten“ gestellten Aufgaben geeignet ist.36 Die Rechtswidrigkeitstheorie wurde daher zunächst weiterentwickelt, indem auf die Widerrechtlichkeit der Verwendung fremder Rechtsgüter abgestellt wurde. Herauszugeben soll danach sein, was unter Verletzung der Rechtsgüter eines anderen erlangt worden ist.37 Die darin liegende Zuwendung zum Rechtsgut nähert diese Auffassung der Zuweisungstheorie an und wirft zwei Fragen auf. Zum einen ist dies die Frage, welcher Art ein Rechtsgut zu sein hat, um zur bereicherungsrechtlich geschützten Sphäre zu gehören und damit kondiktionswürdig38 zu sein. Zum anderen stellt sich die Frage, welche Bedeutung der Art der Betroffenheit (rechtswidrig) neben dem zu bestimmenden Rechtsgut (als dem Gegenstand der Betroffenheit) noch zukommt.39 Diese Fragen können im Rahmen dieser Untersuchung nicht grundsätzlich verhandelt werden. Sie verdeutlichen aber, dass die Rechtswidrigkeit (Unbegründetheit) der Intervention auch nach Maßgabe der Rechtswidrigkeitstheorie nicht hinreicht, um „zu Lasten“ des Vollstreckungsgläubigers mit „auf . . . Kosten“ gleichzusetzen – vielmehr ist über die Kondiktionswürdigkeit des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses und der weiteren Gläubigerpositionen zu befinden. Ganz betont auf den Gegenstand der Betroffenheit stellt die Rechtswidrigkeitstheorie in der von Wilhelm betriebenen Fortentwicklung ab. Nach Wilhelms Auffassung ist das Rechtswidrigkeitsurteil zwar in seiner negativen Repressions- und Sanktionsfunktion nicht geeignet, das Merkmal „auf . . . Kosten“

35

Schulz, AcP 105 (1909), 1 ff. S. Larenz/Canaris, S. 169; Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 241; Lorenz, in: Staudinger, § 812, Rn. 23. 37 Jakobs, Eingriffserwerb, S. 54 ff., 168 f. Ähnlich Kellmann, S. 110 ff. 38 Begriff nach Ebert, ZIP 2002, 2296, 2297. 39 Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 242, 244. 36

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auszufüllen. 40 Im Urteil der Rechtswidrigkeit sei aber die positive Wertung enthalten, dass dem Betroffenen durch die Rechtsordnung ein Gut zugewiesen bzw. Dispositionen vorbehalten seien. Nach Maßgabe dieser Wertung sei kondizierbar, was rechtswidrig erlangt ist.41 Indem diese Interpretation der Rechtswidrigkeit – die Entwicklung einer positiven Funktion des Rechtswidrigkeitsurteils – zur Ausfüllung des Merkmals „auf . . . Kosten“ regelrecht und erklärtermaßen auf die rechtliche Zuweisung eines Gutes abstellt, nähert sich die Rechtswidrigkeitstheorie der Zuweisungstheorie bis an die Grenze der Unterscheidbarkeit an.42 Die Zuweisungstheorie knüpft an der Frage an, ob etwas Erlangtes von der Rechtsordnung einem anderen als dem Empfänger zugewiesen ist und deshalb – weil der Erwerb im Widerspruch zum Zuweisungsgehalt der betroffenen Position steht – „auf . . . Kosten“ des anderen ging. 43 Das Kriterium des Zuweisungsgehaltes der betroffenen Position bezieht seine Überzeugungskraft zunächst aus seiner Anwendung auf absolute Rechte, für die der Zuweisungsgehalt konstituierend ist, wie etwa das Eigentum und Immaterialgüterrechte. Für das Abstellen auf den Zuweisungsgehalt spricht ferner, dass auch die Antithese von der Rechtswidrigkeit nicht umhinkommt, maßgeblich auf ebendieses Kriterium abzustellen. Im Ansatz ist die Zuweisungstheorie daher zutreffend. 44 Der Begriff des Zuweisungsgehalts ist indes in hohem Maße ausfüllungs- und konkretisierungsbedürftig. Er erweist sich als desto problematischer, je weniger deutlich die Ausschließungs- und Dispositionsbefugnis des Inhabers einer bereicherungsrechtlich zu qualifizierenden Position ausgeprägt ist. 45 Das Schrifttum hat mehrere Versuche unternommen, den schwer fassbaren Begriff des Zuweisungsgehalts operabel zu machen. Kleinheyer meint, auf Kosten eines anderen gehe, was mit Hilfe der Rechtsgüter eines anderen erlangt sei; vom Rechtsgut einer Person in diesem bereicherungsrechtlichen Sinne könne gesprochen werden, „wenn und soweit die Rechtsordnung dieser Person gestattet, über die Verwendung dieses Gutes zu bestimmen und sich gegen Zugriffe auf dieses Gut zur Wehr zu setzen, in der Regel also, wenn und soweit ein Unterlassungsanspruch zugebilligt wird“. 46 Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangt Canaris, der die Zuweisungsformel mit „dem berechtigten Kern“ der Rechtswidrigkeitstheorie verbindet und den Zuweisungsgehalt, der den Kreis kondiktionswürdiger Güter festlegt, durch den Deliktsschutz determiniert: „Zuweisungsgehalt kommt . . . denjenigen und nur denjenigen Gütern zu, die deliktsrechtlich geschützt sind – und zwar so weit, wie der Deliktsschutz 40 41 42 43 44 45 46

Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 77 ff. Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 90 ff. Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 243. Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 245; Lorenz, in: Staudinger, § 812, Rn. 23, jew. m. w. N. Larenz/Canaris, S. 169 f. Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 245 f.; Lorenz, in: Staudinger, § 812, Rn. 23. Kleinheyer, JZ 1970, 471, 475 (Hervorhebung im Original).

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tatbestandsmäßig reicht“. 47 Danach zu urteilen geht die Interventionsbetroffenheit von Gläubigereigentum, einer Zwangshypothek, eines Pfändungspfandrechts sowie (daneben bedeutungslos) des Pfandbesitzes, die negatorischen und deliktischen Rechtsschutz genießen, „auf . . . Kosten“ eines Vollstreckungsgläubigers – nicht dagegen die Betroffenheit des Befriedigungsrechts (§ 10 ZVG) und des Vollstreckungsinteresses als solches, bei denen solcher Rechtsschutz fehlt. 48 Das Abstellen auf den deliktischen Rechtsschutz schafft einen klar abgegrenzten Kreis kondiktionswürdiger Positionen („Güter[n], die deliktsrechtlich geschützt sind“) und Arten von Betroffenheiten („so weit, wie der Deliktsschutz tatbestandsmäßig reicht“). Für die Anbindung des bereicherungsrechtlichen Rechtsschutzes an den Deliktschutz spricht zudem der begründete Schluss, dass erst recht (zusätzlich) die mildere Bereicherungshaftung bestehen soll, wo das Gesetz sogar die scharfe Deliktshaftung vorsieht (vgl. § 852 BGB). Ein Kritikpunkt an der deliktrechtlichen Akzessorietät bereicherungsrechtlichen Rechtsschutzes ist allerdings, dass Delikts- und Bereicherungsrecht auf unterschiedlichen Haftungsprinzipien und Wertungen beruhen. Augenfälligster Unterschied ist, dass das Bereicherungsrecht grundsätzlich von einer Milde gegenüber dem Schuldner gekennzeichnet ist (§ 818 Abs. 3 BGB), die der deliktischen Schadensersatzhaftung fremd ist. Bei der Zuerkennung deliktsrechtlichen Schutzes ist daher größere Zurückhaltung angezeigt als bei bereicherungsrechtlichem Schutz. 49 Daraus ist zu folgern: Der Kreis deliktsrechtlich geschützter Güter und bewehrter Betroffenheiten gibt den Mindestbestand bereicherungsrechtlich ausgleichsfähiger Güter und Betroffenheiten an (hier: Interventionsbetroffenheit von Gläubigereigentum, Zwangshypothek, Pfändungspfandrecht und Pfandbesitz), er zieht aber für das Bereicherungsrecht keine äußere Grenze. Betroffenheiten, die keinen deliktsrechtlichen Tatbestand erfüllen (hier: Interventionsbetroffenheit des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses als solches), können gleichwohl bereicherungsrechtlich auszugleichen sein. In diese Richtung geht der Ansatz Liebs, der Canaris’ Rechtsauffassung nahe steht, 50 aber kondiktionsrechtlich-funktional ausgerichtet ist. Funktion des Bereicherungsrechts sei die Abschöpfung dessen, was unter Beeinträchtigung der vermögensrechtlichen Belange eines anderen erlangt wurde. Die Vermögensbeeinträchtigung bestehe in einem Eingriff in solche Rechtspositionen eines anderen, die für diesen „einen gewissen Vermögenswert“ haben. Einen solchen Ver47

Larenz/Canaris, S. 170 f. (Hervorhebung im Original). Zum deliktischen Güterschutz S. 441 f. Zum negatorischen Rechtsschutz S. 486 f. 49 Ähnliche Erwägungen bei Canaris, JZ 1971, 560, 562 f.; Medicus, FamRZ 1971, 250, 251 zum Übergang von der einfachen zur verschärften, auf Schadensersatz gerichteten Bereicherungshaftung Minderjähriger. 50 Larenz/Canaris, S. 172, Fn. 10; Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 252. 48

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mögenswert besitze eine Position, wenn sie die Möglichkeit enthalte, über ihre Nutzung oder Verwertung entgeltlich zu verfügen. Der Zugriff auf eine Nutzungs- oder Verwertungsmöglichkeit, für deren Einräumung Zahlung verlangt werden könnte, gehe dann „auf . . . Kosten“ dessen, dem die Einräumung vorbehalten war, und zwar unabhängig davon, ob der Betroffene die Absicht oder auch nur die konkrete Möglichkeit der Realisierung seiner Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeit hatte. 51 Für das im zugrundeliegenden Titel verkörperte rechtlich geschützte Vollstreckungsinteresse bedeutet dies folgendes. Ein Vollstreckungsgläubiger kann in zweierlei Weise über die Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeit eines Vollstreckungstitels entgeltlich disponieren. Zum einen kann er entgeltlich Vollstreckungsaufschub gewähren. Im Vergleich zur Stundung einer nicht titulierten Forderung vermag der Gläubiger typischerweise ein höheres Entgelt zu erzielen, weil das Interesse an einem Aufschub dringender ist, wenn die Vollstreckung droht. Zum anderen kann er die titulierte Forderung verkaufen. Im Kaufpreis wird sich typischerweise niederschlagen, dass die Vollstreckungsmöglichkeit gleichsam mitverkauft wird (§ 727 ZPO), und sich der Zessionar nicht erst in einem Erkenntnisverfahren gegen den Schuldner behaupten muss. Vollstreckungsaufschub und Kauf einer titulierten Forderung können auch für einen konkurrierenden Gläubiger (und potentiellen Intervenienten) von Interesse sein, weil er sich (bei Aufschub: zeitweilig) eines Vollstreckungskonkurrenten entledigt (gerade so, wie im Wirtschaftsleben Konkurrenzunternehmen gekauft werden, um die Konkurrenz zu beseitigen, oder Wettbewerbsverbote vereinbart werden). Das durch eine Intervention beeinträchtigte rechtlich geschützte Vollstreckungsinteresse ist folglich eine Rechtsposition, die dem Vollstreckungsgläubiger entgeltliche Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeiten bietet. Mit der Intervention macht sich der Intervenient eine Kommerzialisierungsmöglichkeit dienlich, die dem rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresse eigen ist. Demnach geht die Beeinträchtigung des Vollstreckungsinteresses „auf . . . Kosten“ des Vollstreckungsgläubigers. Liebs Auffassung, die den Zuweisungsgehalt einer Position aus ihrer Kommerzialisierungsmöglichkeit herleitet, stehen Bedenken entgegen. Weniger gravierend ist dabei die Erwägung, ob nicht der negatorische und der deliktische Rechtsschutz sehr weitgehend über die Möglichkeit entgeltlicher Gestattung der Nutzung oder Verwertung einer Position entscheiden – wenn eine Position nicht vor der Inanspruchnahme durch Dritte geschützt ist, dann ist die Möglichkeit zur entgeltlichen Gestattung minimiert (wenn die Vollstreckung ungeschützt und ungestraft obstruiert werden kann, verliert der Titel als Verhandlungsgrundlage an Wert), so dass die Feststellung der Kommerzialisierungsmöglichkeit schließlich wieder in die Frage nach dem Deliktschutz 51 Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 248 ff. Ähnlich bereits Gerhardt, Gläubigeranfechtung, S. 220.

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einmündet. Das stärkere Bedenken geht vielmehr in die entgegengesetzte Richtung. Da jede Position kommerzialisierbar ist, indem das Unterlassen eines Gebrauchmachens von der betreffenden Position entgeltlich verwertet wird, trägt der Gedanke der Kommerzialisierungsmöglichkeit den Keim uferloser Ausweitung der Bereicherungshaftung in sich. So ist etwa eine Wettbewerbsposition durch die (im Wirtschaftsleben stark verbreitete) entgeltliche Verpfl ichtung zur Unterlassung von Wettbewerb kommerzialisierbar. Gleichwohl ist es bereicherungsrechtlich irrelevant, wenn ein Wettbewerber einen Konkurrenten mit lauteren Mitteln von Wettbewerbshandlungen abhält; anders kann es sein, wenn es sich um unlauteren Wettbewerb handelt. 52 Insgesamt führt das Kriterium der Kommerzialisierungsmöglichkeit dazu, dass für jede (rechtsgrundlose) Nutzung Bereicherungsausgleich zu leisten ist, wenn die Gestattung der Nutzung Gegenstand einer entgeltlichen Leistung sein und damit kommerzialisiert werden kann. Dass eine solche Ausweitung des Bereicherungsausgleichs unangemessen ist, erweist sich z. B. wiederum im Wettbewerbsrecht, etwa bei rechtmäßiger Ausnutzung fremder Forschungsergebnisse. 53 Als Zwischenergebnis ist festzuhalten: Wenn und soweit Gläubigereigentum, ein Pfändungspfandrecht, eine Zwangshypothek oder Pfandbesitz interventionsbetroffen ist, geht die Betroffenheit „auf . . . Kosten“ des Vollstreckungsgläubigers. Ob die Interventionsbetroffenheit des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses als solches „auf . . . Kosten“ des Vollstreckungsgläubigers geht, ist je nach Ausformung der Zuweisungstheorien unterschiedlich zu beurteilen. Wenn der bereicherungsrechtliche Rechtsschutz an den negatorischen und deliktischen Rechtsschutz angebunden wird (Kleinheyer, Canaris), geht die Betroffenheit des Vollstreckungsinteresses grundsätzlich nicht „auf . . . Kosten“ des Vollstreckungsgläubigers. Hängt hingegen die Kondiktionswürdigkeit von der Kommerzialisierungsfähigkeit ab (Lieb), dann geht die Betroffenheit des Vollstreckungsinteresses „auf . . . Kosten“ des Vollstreckungsgläubigers. Der Kommerzialisierbarkeitsgedanke zieht den Kreis kondiktionswürdiger Positionen zwar tendenziell zu weit, Zustimmung verdient aber die zugrundeliegende Erwägung, dass auch andere als deliktrechtlich geschützte Positionen bereicherungsrechtlich ausgleichsfähig sein können. Im Gegensatz dazu umfasst der Ansatz der Deliktsrechtsakzessorietät tendenziell zu wenige Positionen, er ermöglicht aber eine klare Bestimmung.

52 Vgl. Ebert, ZIP 2002, 2296, 2297; Larenz/Canaris, S. 175 f. Dagegen Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 251, 258, der Wettbewerbspositionen als nicht hinreichend verfestigte Erwerbschancen ohne Zuweisungsgehalt vom zugewiesenen Vermögen abgrenzt. 53 Dazu BGHZ 107, 117; Larenz/Canaris, 134 f. Ferner Ebert, ZIP 2002, 2296, 2297 zum Grundsatz, dass nicht jeder Erwerbsvorgang, der eine Leistungskondiktion begründet, beim Fehlen einer Leistungsbeziehung zwangsläufig zu einer Nichtleistungskondiktion führen muss.

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Zur Beantwortung der Frage, ob die Interventionsbetroffenheit des Vollstreckungsinteresses auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers geht, ist auf den gewonnenen Erkenntnissen aufzubauen. Das rechtlich geschützte Vollstreckungsinteresse kann ein kondiktionswürdiges Gut sein, obwohl es keinen Deliktschutz genießt. Interventionsbetroffenheit des Vollstreckungsinteresses geht „auf . . . Kosten“ des Vollstreckungsgläubigers, wenn sie die Voraussetzungen über den Kreis deliktsrechtlich geschützter Güter hinausgehender Kondiktionswürdigkeit erfüllt. Die Kommerzialisierungsmöglichkeit einer Position ist als Voraussetzung nicht hinreichend. Vielmehr sind die Voraussetzungen in Anlehnung an die Erwägungen zu ermitteln, auf denen die Kondiktionswürdigkeit deliktsrechtlich geschützter Güter beruht. Voraussetzungen der Kondiktionswürdigkeit kraft Deliktschutz sind, dass eine bestimmte Position („Güter[n], die deliktsrechtlich geschützt sind“) in einer bestimmten Art betroffen ist („so weit, wie der Deliktsschutz tatbestandsmäßig reicht“). Dabei kann ein Gut einen derartig klar umrissenen Zuweisungsgehalt haben (paradigmatisch: das Eigentum), dass keine besonderen Anforderungen an die Art ihrer Betroffenheit zu stellen sind; umgekehrt kann bei einem Gut mit unscharfem Zuweisungsgehalt die besondere Betroffenheit Rechtsschutz auslösen (z. B. beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht, dessen Schutzbereich sich nicht exakt definieren, sondern nur tendenziell umschreiben lässt, und bei dem der Deliktsschutz letztlich von der Schwere der Verletzung abhängt) 54 . Als Annäherungswert gilt demnach: Je stärker ein Gut verdichtet und je schwerwiegender seine Betroffenheit ist, desto eher geht die Betroffenheit „auf . . . Kosten“ des Inhabers. Ein Gläubiger, der ein tituliertes, rechtlich geschütztes Vollstreckungsinteresse hat, befindet sich in einer Position, die in mehrfacher Hinsicht herausgehoben und privilegiert ist. Der Titel eröffnet dem Vollstreckungsgläubiger unmittelbaren Zugriff auf das haftende Schuldnervermögen (und unter bestimmten Umständen auf das Vermögen nicht widerspruchsberechtigter Dritter), der nicht titulierten Gläubigern verwehrt ist. Die Zugriffsmöglichkeit ist rechtlich durch das anwendbare Vollstreckungsrecht ausgeformt und durch den Vollstreckungsanspruch gegen den Staat abgesichert. Die sich daraus ergebende Annäherung des Gläubigers an das haftende Vermögen ist durch das Anfechtungsrecht bewehrt, in dem die gesetzliche Anerkennung der haftungsrechtlichen Zuordnung zum Ausdruck kommt. Das titulierte, rechtlich geschützte Vollstreckungsinteresse verschafft einem Gläubiger mithin eine nicht nur reflexartige, sondern vielmehr gesetzlich bezweckte, flankierte und geförderte Befriedigungsaussicht, die im Gegensatz zur Befriedigungsaussicht eines nicht titulierten Gläubigers maßgeblich konkretisiert und verdichtet ist, und die einen eigenständigen Vermögenswert hat. Das rechtlich geschützte Vollstre54

Beater, in: Soergel (13), § 823, Anh. IV, Rn. 32.

C. Auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers

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ckungsinteresse mag anfangs (mit Erlass des Titels) noch nicht hinreichend zielgerichtet sein; es vermittelt aber spätestens mit dem Vollstreckungszugriff eine derart greifbare Beziehung des vom Vollstreckungszugriff erfassten Gegenstandes zum Gläubigervermögen, dass die Betroffenheit des auf den erfassten Gegenstand ausgerichteten Vollstreckungsinteresses „auf . . . Kosten“ des Vollstreckungsgläubigers gehen kann. Gleiches gilt, wenn der Vollstreckungszugriff nach den für die Zulässigkeit eines Drittwiderspruchsbegehrs geltenden Kriterien 55 unmittelbar bevorsteht. Das titulierte, rechtlich geschützte Vollstreckungsinteresse ist mithin ein potentiell kondiktionswürdiges Gut, sobald es hinreichend auf einen bestimmten Gegenstand gerichtet ist. Allerdings kann nicht jede Art von Betroffenheit „auf . . . Kosten“ des Vollstreckungsgläubigers gehen. So kommt etwa kein Bereicherungsausgleich in Betracht, wenn dem Vollstreckungsgläubiger unmittelbar vor dem Zugriff ein konkurrierender Gläubiger zuvorkommt. Denn Gläubigerwettbewerb um den vorrangigen Zugriff ist in der Einzelzwangsvollstreckung systemkonform; das Prioritätsprinzip ist ein elementarer Grundsatz der Einzelzwangsvollstreckung und das die Einzelzwangsvollstreckung wie das durch sie durchzusetzende materielle Recht beherrschende Verteilungsprinzip. 56 Anders verhält es sich bei Interventionsbetroffenheit des Vollstreckungsinteresses. Während eine begründete Intervention vollstreckungsrechtskonform ist und nur die Begrenztheit des Vollstreckungsinteresses auf das haftende Vermögen verdeutlicht, stellt eine unbegründete Intervention einen zielgerichteten, rechtswidrigen Eingriff in die Wahrnehmung des Vollstreckungsinteresses dar, der als unangemessene Verkürzung des Vollstreckungsinteresses „auf . . . Kosten“ des Gläubigers geht.

II. Unmittelbarkeit Mit der Feststellung, dass die Interventionsbetroffenheit des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses bereicherungsrechtlich auszugleichen sein kann, ist noch nicht geklärt, welchen Teil des Erlangten ein Intervenient gerade „auf . . . Kosten“ des Vollstreckungsgläubigers (und nicht des Vollstreckungsschuldners) erlangt hat. Klärungsbedarf besteht bei interventionsbedingten Verschiebungen unter Zutun des Vollstreckungsschuldners, bei denen die Zuordnung zweifelhaft ist. Beispiel 15.1: VG lässt bei VS einen schuldnereigenen Pkw pfänden. D erwirkt die Aufhebung der Pfändung (§§ 771, 776 ZPO). Der Gerichtsvollzieher händigt dem VS den Pkw aus. Anschließend übereignet und übergibt VS dem D den Pkw.

Den Vollstreckungsgegenstand betreffend, scheint in solchen Fällen nur der Vollstreckungsschuldner etwas (unmittelbaren Besitz, Freiheit des Eigentums 55 56

S. 34 f. Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 66 f.

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von der Verstrickung und vom Pfändungspfandrecht, Verfügungsfreiheit) „auf . . . Kosten“ des Vollstreckungsgläubigers (Betroffenheit des Vollstreckungsinteresses durch die Aufhebung) erlangt zu haben, während der Intervenient nur „auf . . . Kosten“ des Vollstreckungsschuldners etwas (Besitz und Eigentum) erlangt zu haben scheint. Kondiktionsauslösender Vorgang ist eine Verschiebung, die den primären Kondiktionsgegenstand und gleichzeitig die Parteien eines bereicherungsrechtlichen Schuldverhältnisses determiniert. Zur Bestimmung der möglichen Kondiktionspartner ist die Verschiebung wertend 57 zu konkretisieren, und zwar mithilfe des Kriteriums der Unmittelbarkeit. 58 Das bereicherungsrechtliche Unmittelbarkeitserfordernis besagt, dass der Kondiktionsgegenstand dem Bereicherungsschuldner nicht auf dem Umweg über einen Dritten zugeflossen sein darf, sondern bis zu dem kondiktionsauslösenden Vorgang dem Bereicherungsgläubiger zugeordnet gewesen sein muss. Wer einen Vorteil aus dem Vermögen eines Dritten erlangt hat, kommt grundsätzlich nicht als Bereicherungsschuldner in Betracht (Durchgriffsverbot). 59 Demnach60 kann ein Bereicherungsan57 BGHZ 99, 385, 390: „Die unmittelbare Vermögensverschiebung im Rechtssinn vollzieht sich nicht notwendigerweise unter denselben Personen, zwischen denen sich der tatsächliche Übergang des Vermögens abspielt.“ 58 BGHZ 99, 385, 390; BGHZ 94, 160, 165; BGHZ 68, 276, 277 f., jew. betr. Eingriffskondiktion. Ferner Gerhardt, Gläubigeranfechtung, S. 223; Seufert, in: Staudinger (10/11), § 812, Rn. 8a: einheitlicher Vorgang. 59 In diesem Sinne BGHZ 68, 276, 281; Enneccerus/Lehmann, S. 879 f., 882 f.; Gerhardt, Gläubigeranfechtung, S. 223 f.; Hüffer, JuS 1981, 263, 264; Larenz/Canaris, S. 135; Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 18 f. 60 Tauglichkeit und Existenzberechtigung des bereicherungsrechtlichen Unmittelbarkeitserfordernisses sind umstritten (gegen das Unmittelbarkeitserfordernis Esser/Weyers, S. 43 f., 80; Fikentscher/Heinemann, Rn. 1422; Koppensteiner/Kramer, S. 86; Hüffer, JuS 1981, 263, 264; Loewenheim, S. 97; Reeb, S. 30 f., 38 f.; Wieling, S. 4). Zutreffend ist, dass die Unmittelbarkeit „der Vermögensverschiebung“, von der bisweilen die Rede ist, zu dem Fehlschluss verleitet, der Kondiktionsgläubiger müsse einen Vermögensnachteil erlitten haben. Ein solcher Nachteil ist bereicherungsrechtlich irrelevant, maßgeblich ist allein, ob der zugeflossene Vorteil dem Kondiktionsgläubiger zugeordnet ist, Gerhardt, Gläubigeranfechtung, S. 219 f., der vorschlägt, besser von der „Einheitlichkeit des Bereicherungsvorgangs“ zu sprechen (S. 223). Zuzugeben ist der Kritik am Unmittelbarkeitserfordernis auch, dass der moderne Leistungsbegriff und die Doktrin von der Subsidiarität der Nichtleistungskondiktion gegenüber der Leistungskondiktion (s. Larenz/Canaris, S. 144 f. m. w. N.) in einer Vielzahl von Fallgruppen die mit der Frage nach der Unmittelbarkeit verbundene Aufgabe lösen. – Das Unmittelbarkeitserfordernis liegt dem geltenden Bereicherungsrecht aber nachweislich zugrunde, s. Larenz/Canaris, S. 136. Im übrigen ist zweifelhaft, ob die in ihm enthaltenen Wertungen durch die moderne Bereicherungsrechtsdogmatik und die Subsidiaritätsdoktrin hinreichend zur Geltung gebracht werden können (Larenz/Canaris, S. 144: „erwiesen, daß diese Konzeption [sc. der Subsidiarität] dogmatisch unbefriedigend ist und bei folgerichtiger Durchführung zu fehlerhaften Ergebnissen führt“; Gerhardt, Gläubigeranfechtung, S. 201: „der Sinngehalt dieser Prämisse [sc. der Subsidiarität] [war] nicht nachzuweisen und widerspricht . . . gleichermaßen dem Wortlaut wie den Systembezügen des Bereicherungsrechts“. Ferner Fikentscher/Heinemann, Rn. 1479 zu Fällen der Unanwendbarkeit der Subsidiaritätsdoktrin.). Das Unmittelbarkeitserfordernis spielt bei dem Merkmal „auf dessen Kosten“ für

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spruch eines Vollstreckungsgläubigers gegen einen Intervenienten nur im Hinblick auf dasjenige bestehen, was der Intervenient interventionsbedingt unmittelbar auf Kosten des Vollstreckungsinteresses erlangt hat, und ihm nicht auf dem Umweg über den Vollstreckungsschuldner zugeflossen ist. Vorteile, die den Vollstreckungsgegenstand betreffen (z. B. Besitz, Eigentum), scheint ein Intervenient, wie angedeutet, nur mittelbar vom Vollstreckungsgläubiger zu erlangen, wenn der Vollstreckungsschuldner beteiligt ist. Unmittelbar auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers scheint in solchen Fällen der Vollstreckungsschuldner etwas zu erlangen, und der Intervenient scheint unmittelbar auf Kosten des Vollstreckungsschuldners etwas zu erlangen – ein Kondiktionsdurchgriff vom Vollstreckungsgläubiger zum Interveneinten scheint ausgeschlossen. Eine solche Sichtweise verkennt allerdings, dass ein Intervenient auf Kosten des Vollstreckungsinteresses zunächst das Freiwerden oder -bleiben des betreffenden Gegenstandes vom Vollstreckungszugriff erlangt (Erstwirkung von Unterlassen und Beschränkung, Freigabe und Aufhebung). Freiwerden und -bleiben erlangt ein Intervenient unmittelbar auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers und unabhängig davon, ob er davon profitiert (z. B. in den Fällen des § 809 ZPO) oder nicht (sondern nur der Vollstreckungsschuldner). Profitiert der Intervenient nicht vom Freiwerden und -bleiben, dann mag es für ihn wertlos (§ 818 Abs. 2 BGB) sein, erlangt hat er es gleichwohl. Sodann erlangt ein Intervenient, dass dauerhaft kein (erneuter) Vollstreckungszugriff stattfindet und der Vollstreckungsgegenstand folglich fortwährend vom Vollstreckungszugriff frei bleibt (Fortwirkung des Unterlassens und der Beschränkung). Auch das dauerhafte Freibleiben erlangt der Intervenient unmittelbar auf Kosten des hintangestellten Vollstreckungsinteresses des Vollstreckungsgläubigers und wiederum unabhängig davon, ob er von ihm profitiert, indem der Vollstreckungsschuldner ihm den Gegenstand zuwendet (wozu er außerstande wäre, wenn nicht das Vollstreckungsinteresse dauerhaft zurückgestellt würde) 61 , oder ob nicht. Wendet der Vollstreckungsschuldner dem Intervenienten einen interventionsbedingt vom Vollstreckungszugriff freigewordenen oder -gebliebenen die Bestimmung der Anspruchsgegner eine maßgebliche Rolle (Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 19. Einschränkend Larenz/Canaris, S. 135 unter Hinweis auf Wilburg, S: 114: Bei der Eingriffskondiktion sei das Unmittelbarkeitsmerkmal zur Bestimmung des Kondiktionsgläubigers überflüssig, weil dort Gläubiger derjenige sei, in dessen rechtlich geschützte Position eingegriffen worden ist. Dagegen z. B. BGHZ 68, 276, 278, wonach die Bestimmung desjenigen, „auf dessen Kosten“ die Verschiebung ursprünglich geht, Teil der Unmittelbarkeitsuntersuchung ist.): es leistet eine anspruchsbeschränkende Hilfestellung bei der Frage, ob ein Rechtserwerb unter bereicherungsrechtlich relevanter Ausnutzung fremder Rechtsgüter zustande kam (Lieb, a.a.O., § 812, Rn. 19), und es verschafft bei der Nichtleistungskondiktion dem Umstand Geltung, dass nicht stets der Auslöser der Erlangung Bereicherungsschuldner ist (Dritteingriffskondiktion), BGHZ 94, 160, 165; Larenz/Canaris, S. 135, 177 f. 61 S. 197 f., 200, 205 f., 208, 213, 215, 217 f.

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Fünfzehntes Kapitel: Ungerechtfertigte Bereicherung

Gegenstand zu, dann geht dies mithin nicht nur unmittelbar auf Kosten des Vollstreckungsschuldners, sondern gleichzeitig unmittelbar auf Kosten des fortbestehenden Vollstreckungsinteresses des Vollstreckungsgläubigers. 62 Einem Bereicherungsanspruch des Vollstreckungsgläubigers steht nicht entgegen, dass der Intervenient auch unmittelbar auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers etwas erlangt. Ein Empfänger kann (unmittelbar) auf Kosten mehrerer bereichert sein. 63 Das Erlangte oder sein Wert sind dann nach Maßgabe der jeweiligen Betroffenheit zuzuordnen und aufzuteilen. Die Frage, wie die Aufteilung zwischen dem Vollstreckungsgläubiger und dem Vollstreckungsschuldner vorzunehmen ist, betrifft den Umfang des Bereicherungsanspruchs.

D. Ohne Rechtsgrund Ein rechtlicher Grund i. S. v. § 812 Abs. 1 BGB muss so beschaffen sein, dass der Empfänger das Erlangte behalten darf; der kondiktionsausschließende Rechtsgrund ist ein Behaltensgrund. 64 Jenseits dieser tautologischen Definition herrscht über das bereicherungsrechtsdogmatische Verständnis des Rechtsgrundbegriffs nahezu durchweg Streit, 65 bei dem einzelne Streitfragen weitgehend ohne Belang sind. 66 Bei der Qualifizierung bestimmter Umstände als Behaltensgrund besteht in Rechtsprechung und Schrifttum weit mehr Einigkeit als bei der Begriffsbestimmung des Rechtsgrundes an sich. Es ist zwischen Behaltensgründen kraft Schuldverhältnis und Behaltensgründen kraft objektiv-rechtlicher Wertung zu unterscheiden. Umstritten ist, ob grundlegend zwischen Rechtsgründen der Leistungskondiktion und der Nichtleistungskondiktion zu differenzieren ist. 67 Zutreffend ist jedenfalls, dass Schuldverhältnisse als Behaltensgründe vorwiegend68 bei Leistungen von Bedeutung sind, während Behaltensgründe kraft objektiv-rechtlicher Wertung beim Erlangen in sonstiger Weise zum Tragen kommen. Im übrigen kann nur von Fall zu Fall nach Sinn und Zweck eines jeweiligen Umstandes, insbesondere einer gesetz62 Zur Simultaneität der Verschiebungen von Seiten des Vollstreckungsgläubigers und des Vollstreckungsschuldners S. 197 f., 200, 205 f., 208, 213, 215, 217 f. 63 S. Lorenz, in: Staudinger, § 818, Rn. 6. 64 Larenz/Canaris, S. 136; Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 174. 65 Näher Kupisch, JZ 1985, 101 ff., 163 ff.; Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 169 ff. 66 Larenz/Canaris, S. 137: „Angesichts der Simplizität der Probleme, um die es geht, ist die Komplexität der verschiedenen Rechtsgrundtheorien und der Schwierigkeitsgrad der um diese geführten Diskussion, die weder in praktischer noch in dogmatischer Hinsicht irgendeinen Fortschritt gebracht hat, nachgerade unbegreifl ich“. 67 Einerseits Larenz/Canaris, S. 136 ff.; Lorenz, in: Staudinger, § 812, Rn. 1 f., 23 f.. Andererseits Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 14 f., 169, 174. 68 Auch ein Erlangen in sonstiger Weise kann kondiktionsfest sein, weil ein Schuldverhältnis besteht Hüffer, JuS 1981, 263, 264; Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 334. Kritisch, aber i.E. ebenso Larenz/Canaris, S. 141 f.

D. Ohne Rechtsgrund

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lichen Vorschrift, auf der ein Erwerb des Empfängers beruht, entschieden werden, ob der Erwerb kondiktionsfest sein soll, der Umstand also einen Rechtsgrund bildet. 69 Von diesem Ausgangspunkt stellt sich die Frage, ob interventionsbedingte Verschiebungen vom Vollstreckungsgläubiger zum Intervenienten von Umständen begleitet sein können, derentwegen der Intervenient im Verhältnis zum Vollstreckungsgläubiger endgültig behalten können soll, was er auf dessen Kosten erlangt hat. Als solche Umstände kommen in Betracht: eine vertragliche Vereinbarung zwischen Vollstreckungsgläubiger und Intervenienten, die Berechtigung des Intervenienten am Vollstreckungsgegenstand, gerichtliche Entscheidungen und Vollstreckungskraft. Hat sich der Vollstreckungsgläubiger gegenüber dem Intervenienten dazu verpflichtet, für die Dauer der Streitigkeit von der Vollstreckung abzusehen (Zwischenvergleich, damit der Vollstreckungsgegenstand nicht zum Schaden aller Beteiligter aus dem Verkehr gezogen wird), dann ist die auf Kosten des Vollsteckungsgläubigers gehende Unterlassung bzw. Freigabe durch den darauf gerichteten Anspruch des Intervenienten gegen den Vollstreckungsgläubiger begründet. Der auflösend befristete Anspruch gibt einen Rechtsgrund, bis er mit Fristablauf wegfällt (§ 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB). Es ist zu ermitteln, ob der Zwischenvergleich eine Abwicklungsregelung für die Zeit nach Beendigung der Streitigkeit und den Fall der Unbegründetheit der Intervention enthält, die der Kondiktion vorgeht. Fehlt eine solche Regelung, kann der Vollstreckungsgläubiger vom Intervenienten Herausgabe dessen verlangen, was dieser auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers erlangt hat. Ein Intervenient kann (nicht widerspruchsberechtigter) Eigentümer des Vollstreckungsgegenstandes sein. Das Eigentum enthält grundsätzlich die Befugnis, andere von jeder Einwirkung auf die Sache auszuschließen (§ 903 BGB), so dass dem objektiven Recht die Wertung zu entnehmen ist, der Eigentümer solle die Sache grundsätzlich behalten können. Gleichwohl ist bei unbegründeter Intervention das Eigentum kein Rechtsgrund für die Besitzerlangung des Eigentümers auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers. Denn wenn einem Eigentümer das Widerspruchsrecht verweigert wird, bringt dies zum Ausdruck, dass das Vollstreckungsinteresse dem Eigentum vorrangig ist. Schließlich stellen auch (einstweilige oder vorläufige, im Gegensatz zu rechtskräftig ein Widerspruchsrecht zusprechenden) gerichtliche Interventionsentscheidungen keinen Behaltensgrund für das dar, was ein Intervenient auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers erlangt. Ein rechtsgrundloser Erwerb kann durch gerichtliche Entscheidung nur über die Rechtskraft kondiktionsfest

69

Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 335.

474

Fünfzehntes Kapitel: Ungerechtfertigte Bereicherung

werden. 70 Auch eine den Erwerb rechtfertigende Vollstreckungskraft 71 ist nicht anzuerkennen. Dem Vollstreckungsverfahren kommt keine (dem Erkenntnisverfahren entsprechende) Bedeutung einer abschließenden Regelung zu. 72 Was ein Intervenient bei einer unbegründete Intervention auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers erlangt, erlangt er mithin stets ohne Rechtsgrund.

E. Anspruchsinhalt Der Inhalt eines Bereicherungsanspruchs richtet sich nach den §§ 818 ff. BGB. Es verhält sich wie beim Erstattungsanspruch aus prozessualer Veranlassung (§ 717 Abs. 3 ZPO), mit der Abweichung, dass die verschärfte Haftung nur unter den Voraussetzungen der §§ 818 Abs. 4, 819, 820 BGB entsteht. Der Anspruchsinhalt des Erstattungsanspruchs gem. § 717 Abs. 3 ZPO, §§ 818 ff. BGB wurde an früherer Stelle73 ausführlich behandelt. Die folgenden Ausführungen sind daher kurz gehalten.

I. Herausgabe Der Herausgabeanspruch, der sich auf das Erlangte bezieht sowie auf Nutzungen und Surrogate (§§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 1 BGB), setzt voraus, dass das Erlangte sowie etwaige Nutzungen und Surrogate ihrer Beschaffenheit nach herausgabefähig sind, und dass der Empfänger zur Herausgabe imstande ist. Herauszugeben hat ein Intervenient, was er auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers dadurch erlangt, dass dieser die Vollstreckung unterlässt oder ruhen lässt (1.), oder die Freigabe erklärt (2.). Herauszugeben ist auch, was ein Intervenient auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers dadurch erlangt, dass eine Interventionsentscheidung vollzogen oder vollstreckt wird (3.). Schließlich hat ein Intervenient herauszugeben, was er erlangt, wenn der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit leistet (4.). In den Fällen der §§ 818 Abs. 4, 819, 820 BGB haftet der Intervenient nach den allgemeinen Vorschriften (5.).

70

S. BGHZ 93, 183; BGH NJW 1984, 2095: einstweilige Anordnungen gem. § 620 Nr. 6 ZPO geben keinen Rechtsgrund für die Zeit ihres Bestehens; nach Aufhebung kann kondiziert werden. Ebenso Lieb, in: MüKo BGB, § 812, Rn. 194, der allgemein von gerichtlichen einstweiligen Regelungen spricht. Ferner Gerlach, Bereicherung, S. 14 m. w. N. betr. Vollstreckung ohne (fort-)bestehenden materiellen (bzw. rechtskräftig zugesprochenen) Anspruch. Zur materiellen Rechtskraft von Interventionsentscheidungen S. 122–124. 71 So Böhm, S. 44 ff., 48 ff., 85 ff.; Gloede, MDR 1972, 291 ff. 72 Dazu eingehend Gaul, AcP 173, (1973), 323, 326 ff.; ders. in: Gedächtnisschrift für Peter Arens, S. 89, 104; Gerlach, Bereicherung, S. 15 ff.; Kaehler, JR 1972, 445, 446 ff. Ebenso BGHZ 119, 75, 86. 73 S. 304–315.

E. Anspruchsinhalt

475

1. Unterlassen Ein Unterlassen ist seiner Beschaffenheit nach nicht herausgabefähig und kann weder Nutzungen noch Surrogate hervorbringen kann. 2. Freigabe Die Abgabe der Freigabeerklärung hat keinen herausgabefähigen Inhalt und kann weder Nutzungen noch Surrogate hervorbringen. Allerdings kann das, was die Freigabe zu Gunsten eines Intervenienten bewirkt, herausgabefähig sein und herausgabefähige Nutzungen oder Surrogate hervorbringen. Was die Freigabe zu Gunsten des Intervenienten bewirkt, hängt ab von Art und Gegenstand der Vollstreckung sowie von der Rechtstellung des Intervenienten.74 Bei der Geldvollstreckung in Fahrnis erlangt ein Intervenient, der Eigentümer des Vollstreckungsgegenstandes ist, dass die Sache entstrickt wird und sein Eigentum erhalten bleibt. Ein besitzender Intervenient erlangt die Entstrickung und die einhergehende Verbesserung seiner Besitzposition; außerdem bleibt ihm der Besitz erhalten. Ein Intervenient erlangt oder behält folglich in solchen Fällen jeweils eine auszugleichende vorteilhafte Rechtsstellung. Grundlage der Verbesserung der Rechtsstellung des Intervenienten ist die Entstrickung, die durch Wiederherstellung herauszugeben ist. Die Verstrickung kann durch erneute Pfändung oder Verpfändung an den Vollstreckungsgläubiger (für die titulierte Forderung gegen den Vollstreckungsschuldner) wiederhergestellt werden. Zur Wiederherstellung durch Mitwirkung an erneuter Pfändung ist ein Intervenient imstande, wenn er im Zuge der Vollstreckungsaufhebung den Gewahrsam erlangt; er ist dann zur Herausgabebereitschaft (§ 809 ZPO) verpflichtet, wenn erneut aus dem Titel des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vollstreckungsschuldner vollstreckt wird. Zur Herausgabe durch Verpfändung (§ 1205 BGB) ist der Intervenient imstande und verpflichtet, wenn er Eigentümer und Besitzer ist. Im Hinblick auf gezogene Nutzungen und erlangte Surrogate schuldet der Intervenient Herausgabebereitschaft oder Verpfändung, soweit dies der Beschaffenheit der Nutzungen und Surrogate nach möglich und der Intervenient dazu imstande ist (§ 818 Abs. 1 BGB). Im Zwangsversteigerungsverfahren erlangt ein Intervenient, der Grundeigentümer ist, durch die Freigabe nach Beschlagnahme, dass sein Eigentum erhalten bleibt (vor Zuschlag), oder dass ihm die Erlösforderung erhalten bleibt (nach Zuschlag). In einem solchen Fall hat er dem Vollstreckungsgläubiger für die titulierte Forderung gegen den Vollstreckungsschuldner eine Hypothek zu bestellen oder ihm die Erlösforderung zu verpfänden. Einem Intervenienten, der Eigentümer von Zubehörgegenständen ist, bleibt durch die Freigabe nach Beschlagnahme und vor Zuschlag das Eigentum erhalten; Herausgabe ist durch 74

S. 192–220.

476

Fünfzehntes Kapitel: Ungerechtfertigte Bereicherung

Verpfändung des Zubehörs für die titulierte Forderung gegen den Vollstreckungsschuldner zu leisten. In einem gegen den Vollstreckungsschuldner als scheinbaren Grundeigentümer durchgeführten Zwangsverwaltungsverfahren erlangt ein Intervenient, der Grundeigentümer ist, durch die Freigabe die Befreiung des Grundstücks von der Zwangsverwaltung und mit ihr die Nutzungen, die in die Zwangsverwaltungsmasse gefallen waren oder wären. Der Intervenient hat dem Vollstreckungsgläubiger für die titulierte Forderung eine Hypothek zu bestellen und ihm die Nutzungen zu verpfänden, soweit dies deren Beschaffenheit nach möglich ist. Bei der Herausgabevollstreckung erlangt ein Intervenient, dem die herauszugebende Sache als herausgabebereitem Dritten analog § 809 ZPO weggenommen wurde, den unmittelbaren Besitz zurück. Er ist dann zur erneuten Herausgabebereitschaft bei erneuter Vollstreckung (aus dem Titel gegen den Vollstreckungsschuldner) oder zur Herausgabe der Sache unmittelbar an den Vollstreckungsgläubiger verpflichtet. In den anderen Vollstreckungsarten erlangt ein Intervenient durch die Freigabe keinen herausgabefähigen Gegenstand. 3. Vollstreckung und Vollziehung Ein Intervenient hat herauszugeben, was er dadurch erlangt, dass eine Interventionsentscheidung vollzogen oder vollstreckt wird, indem die Vollstreckung beschränkt oder eingestellt wird, oder indem (die Vollstreckung eingestellt wird,) Vollstreckungsmaßnahmen aufgehoben werden und die Vollstreckung anschließend beschränkt bleibt. Vollstreckungsbeschränkung und -einstellung sind ihrer Beschaffenheit nach nicht herausgabefähig und bringen weder Nutzungen noch Surrogate hervor. Auch die begünstigenden Wirkungen der Einstellung (Aufschub) sind ihrer Beschaffenheit nach nicht herausgabefähig. Wegen der Aufhebung ist nach gleicher Maßgabe wie bei der Freigabe Herausgabe zu leisten. 4. Sicherheitsleistung Hat der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit geleistet, dann hat der Intervenient die erlangte Rechtsstellung eines Sicherungsnehmers aufzugeben, indem er in die Freigabe der Sicherheitsleistung einwilligt.

E. Anspruchsinhalt

477

5. Haftungsverschärfung Unter den Voraussetzungen der §§ 818 Abs. 4, 819, 820 BGB haftet ein Intervenient nach den allgemeinen Vorschriften 75 – hat er einen bestimmten Gegenstand erlangt und herauszugeben, dann haftet er gem. §§ 292, 987 ff. BGB für schuldhaft nicht gezogene Nutzungen (§ 987 Abs. 2 BGB) sowie auf Schadensersatz, wenn er die Sache infolge eines Verschuldens nicht oder nicht mehr unversehrt herausgeben kann (§ 989 BGB).

II. Wertersatz Wenn und soweit die Herausgabe des Erlangten wegen dessen Beschaffenheit nicht möglich ist oder der Intervenient aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande ist und kein Surrogat erlangt hat, hat er dem Vollstreckungsgläubiger Wertersatz in Geld zu leisten (§ 818 Abs. 2 BGB). Auch für Nutzungen und Surrogate, die nicht herausgegeben werden können, ist Wertersatz zu leisten. Der Wertersatz ist auf die Höhe des betroffenen fortbestehenden Vollstreckungsinteresses begrenzt. Der Wertberechnung ist grundsätzlich der Marktpreis zugrunde zu legen (objektive Theorie), d. h., das Entgelt, das üblicherweise für das Erlangte zu entrichten ist; maßgeblich ist eine konkrete ex-post-Beurteilung, die das Geschehen im Anschluss an den Empfang einschließt. Wenn ein übliches Entgelt nicht zu ermitteln ist, ist – unter Einbeziehung der gesamten Wirtschaftstätigkeit des Empfängers – ein angemessener Wert zu bestimmen. Eine konkrete Nutzung konkretisiert den objektiven Wert der Nutzungsmöglichkeit. Unterbliebene oder mangelhafte Nutzung schließt nicht aus, dass die Nutzungsmöglichkeit einen objektiven Wert hat. Es kommt dann aber Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) in Betracht. Bei primären Wertersatzansprüchen ist für die Wertermittlung der Zeitpunkt des Empfangs maßgeblich. Das Anschlussgeschehen gibt Aufschluss über den Wert z.Zt. des Empfangs. Mit Einstellung und Stillstand der Vollstreckung, die nur einstweilig erhaltend und aufschiebend wirken, ist kein realisierbarer Vermögenswert verbunden. Dagegen können Unterlassen, Beschränkung, Freigabe und Aufhebung – die Vornahme und Aufrechterhaltung der Leistung oder Maßnahme, infolge derer ein Gegenstand vom Vollstreckungszugriff frei wird oder bleibt – für den Intervenienten einen eigenen Vermögenswert haben, auch wenn zunächst nur den Vollstreckungsschuldner als Rechtsinhaber oder Besitzer begünstigt ist. Für das Unterlassen, die Freigabe und zumal für hoheitliche Vollstreckungsbeschränkung und hoheitliche Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen 75 Zum Verweisungsinhalt Larenz/Canaris, S. 314 ff.; Lieb, in: MüKo BGB, § 818, Rn. 150 ff.

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Fünfzehntes Kapitel: Ungerechtfertigte Bereicherung

existiert kein übliches Entgelt. Daher ist im Rahmen des gegebenen Entscheidungsspielraums (vgl. § 287 ZPO) ein angemessener Wert zu bemessen, wobei insbesondere der konkrete Geschehensablauf und die Realisierung der Möglichkeiten, die das Erlangte im Einzelfall für den Intervenienten geboten hat, sowie ein Vergleich zwischen den Vermögenseinbußen des Vollstreckungsgläubigers und dem Vermögenszuwachs beim Intervenienten maßgeblich sind. Vornahme und Aufrechterhaltung der Interventionswirkungen bewirken die Freiheit des Gegenstandes vom Vollstreckungszugriff, und dass der Vollstreckungsgläubiger nicht befriedigt wird. Daraus resultiert die konkrete Möglichkeit, dass der Intervenient sich rechtliche und tatsächliche Positionen am Vollstreckungsgegenstand verschafft, die den Wert einer „für den Intervenienten“ herbeigeführten Interventionswirkung für diesen ausmacht. Verschafft der Intervenient sich vom Vollstreckungsschuldner eine vermögenswerte Position am Vollstreckungsgegenstand, dann hat sich der Wert dieser Möglichkeit in der verschafften Position realisiert. Auch wenn der Intervenient sich keine Position am Vollstreckungsgegenstand verschafft, kann eine vermögenswerte Verschaffungsmöglichkeit bestanden haben. Der Intervenient ist dann nicht mehr bereichert (§ 818 Abs. 3 BGB). Wertbestimmend für die (Möglichkeit zur) Verschaffung ist die Position am Vollstreckungsgegenstand, auf den sich die Verschaffung bezieht. Es ist allerdings zu beachten, dass der Intervenient die wertbestimmende Position sowohl auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers erlangt, der die Verschaffung ermöglicht, als auch auf Kosten des Vollstreckungsschuldners, dessen Position verloren geht oder beeinträchtigt wird. 76 Folglich ist der Wert zwischen Vollstreckungsgläubiger und Vollstreckungsschuldner aufzuteilen. Der Wert ist zwar primär dem Schuldner zugewiesen, aus dessen Vermögen die verschaffte Position stammt. Der Gegenstand, an dem der Intervenient eine Positionen erlangt hat, war aber bereits zum Zweck der Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers verhaftet gewesen, oder es wäre (nach Lage des Einzelfalles) zu dessen Befriedigung in den Gegenstand vollstreckt worden. Der Wert der Verschaffungsmöglichkeit (auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers) und der Verschaffung (auf Kosten des Vollstreckungsschuldners) ist so zu verteilen, wie sich das Vollstreckungsinteresse zur Vermögenszugehörigkeit verhält. Vor der Interventionswirkung auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers war der Gegenstand für den Vollstreckungsschuldner (dem Wert nach bis zur Höhe des Vollstreckungsinteresses) verloren und dem Vollstreckungsgläubiger (im Wert bis zur Höhe des Vollstreckungsinteresses) zugeordnet. Wenn die Vollstreckung in einen Gegenstand zulässig ist, geht das Vollstreckungsinteresse des Gläubigers an dem Gegenstand dessen Zugehörigkeit zum Schuldnervermögen vor, so dass auch der Wert bis zur Höhe des Vollstreckungsinteresses vorrangig dem Gläubiger 76

S. 197 f., 200, 205 f., 208, 213, 215, 217 f.

E. Anspruchsinhalt

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zugewiesen ist. Daher hat ein Intervenient den Wert einer Position am Vollstreckungsgegenstand, die er vom Vollstreckungsschuldner erlangt hat, dem Vollstreckungsgläubiger bis zur Höhe dessen fortbestehenden titulierten Vollstreckungsinteresses zu ersetzen (§ 818 Abs. 2 BGB). Unter den Voraussetzungen der verschärften Bereicherungshaftung (§§ 818 Abs. 4, 819, 820 BGB) ist der Wertersatzanspruch bereicherungsunabhängig, und der Intervenient kann sich nicht auf Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen. Es ist dann nicht anspruchsmindernd oder -ausschließend, wenn der Intervenient seine Möglichkeiten nicht nutzt, oder wenn eine erlangte Position an Wert verliert oder verloren geht. Unter den Voraussetzungen der verschärften Bereicherungshaftung hat ein Intervenient außerdem die auf Zahlung gerichtete Wertersatzschuld gem. §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB zu verzinsen.77

77

Vgl. Lieb, in: MüKo BGB, § 818, Rn. 151.

Sechzehntes Kapitel:

Leistungsstörung A. Schuldverhältnis Bezugspunkt der Untersuchung, ob und nach welcher Maßgabe ein Vollstreckungsgläubiger von einem Intervenienten Schadensersatz wegen Leistungsstörung verlangen kann, ist § 280 Abs. 1 BGB. Der Grundtatbestand des Leistungsstörungsrechts ist, von der Sonderregelung des § 311a Abs. 2 BGB abgesehen, die einzige Anspruchsgrundlage auf Schadensersatz wegen Leistungsstörung.1 Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens verlangen (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Schadensersatzanspruch wegen Leistungsstörung begründet eine sekundäre Leistungspflicht, die auf einem bestehenden Schuldverhältnis (§ 241 BGB) beruht. 2 Ein Schadensersatzanspruch eines Vollstreckungsgläubigers wegen Leistungsstörung gem. § 280 Abs. BGB setzt mithin voraus, dass zwischen dem Intervenienten und dem Vollsteckungsgläubiger ein Schuldverhältnis mit Pflichten des Intervenienten gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger besteht. Der Untersuchungsgegenstand dieses Kapitels wird folglich konkretisiert durch die Frage nach interventionsbegleitenden Schuldverhältnissen mit Pflichten des Intervenienten gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger, die bei unbegründeter Intervention verletzt werden können und deren Verletzung einen Schadensersatzanspruch wegen Leistungsstörung auszulösen vermag. Schuldverhältnisse entstehen durch Vertrag (§ 311 Abs. 1 BGB) oder kraft Gesetzes. Grundsätzlich sind die Regeln des allgemeinen Leistungsstörungsrechts (§§ 280 ff. BGB) bei der Verletzung sowohl vertraglicher als auch gesetzlicher Pflichten anzuwenden.3 Inhaltlich unterscheidet das Gesetz Schuldverhältnisse mit primären Leistungspflichten (§ 241 Abs. 1 Satz 1 BGB) und solche mit Rücksichtnahme1 Dauner-Lieb, in: dies., Schuldrecht, § 280, Rn. 56; dies., in: dies., Neues Schuldrecht, S. 85; Rolland, in: Haas, S. 9. 2 Larenz, Schuldrecht AT, S. 9; Medicus, in: Haas, S. 94; Schulze, in: Handkommentar BGB, Vor §§ 241–853, Rn. 16. 3 Zur Geltung des Leistungsstörungsrechts bei gesetzlichen Schuldverhältnissen s. BGH NJW 1972, 1045; BGH LM BGB § 812 Nr. 90; Ott, in: ders./Lüer/Heussen, § 280, Rn. 141. Ferner Hösl, S. 31.

B. Interventionsbegleitende Schuldverhältnisse

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pflichten (§ 241 Abs. 2 BGB). § 241 Abs. 1 Satz 1 BGB definiert das Schuldverhältnis als einen Tatbestand, kraft dessen der Gläubiger berechtigt ist, von dem Schuldner eine Leistung zu verlangen (primäre Leistungspflicht). Inhalt eines Schuldverhältnisses kann ferner die Verpflichtung zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils sein (§ 241 Abs. 2 BGB). Gegenstand solcher Schutzpflichten4 ist der Schutz des Integritätsinteresses des anderen Teils, das dessen personen- und vermögensrechtlichen status quo umfasst.5 Die Verletzung von Schutzpflichten ist wie die Verletzung einer primären Leistungspflicht gem. § 280 Abs. 1 BGB schadensersatzbewehrt. 6 §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, 3 BGB sind durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts v. 26. 11. 2001, 7 das am 01. 01. 2002 in Kraft getreten ist, in das Schuldrecht des BGB eingefügt worden. Die Vorschriften enthalten die Kodifizierung der bisherigen Rechtentwicklung, die praeter legem die inzwischen gewohnheitsrechtlich anerkannten Lehren von der culpa in contrahendo und der positiven Forderungsverletzung hervorgebracht und ausgeformt hatte. Mit den bewusst fragmentarisch konzipierten Regelungen sind keine inhaltlichen Änderungen der bisherigen Rechtslage beabsichtigt. 8 Der Entwicklungsstand des Rechts der culpa in contrahendo und der positiven Forderungsverletzung ist weiterhin maßgeblich.

B. Interventionsbegleitende Schuldverhältnisse Es gilt also zu untersuchen, ob eine Exekutionsintervention von Schuldverhältnissen mit Pflichten des Intervenienten gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger 4 Weitere gebräuchliche Bezeichnungen sind: weitere Verhaltenspfl ichten (Heinrichs, in: Palandt, SchuldRModG, § 241, Rn. 6) und nicht leistungsbezogene Nebenpfl ichten (SchmidtRäntsch, Rn. 262, S. 88). Der Begriff Schutzpfl icht ist am meisten verbreitet (zur terminologischen Entwicklungsgeschichte Krebs, S. 2 f.). 5 Heinrichs, in: Palandt, SchuldRModG, § 241, Rn. 6; Medicus, Schuldrecht I, Rn. 5; Schulze, in: Handkommentar BGB, Vor §§ 241–853, Rn. 18; § 241, Rn. 4. 6 Dauner-Lieb, in: dies., Schuldrecht, § 280, Rn. 58; Heinrichs, in: Palandt, SchuldRModG, § 280, Rn. 24; Huber, in: ders./Faust, S. 18; Krebs, in: Dauner-Lieb, Schuldrecht, § 241, Rn. 3, 10; § 311, Rn. 38 f.; ders., in: Dauner-Lieb, Neues Schuldrecht, S. 137; Lieb, in: Dauner-Lieb, Schuldrecht, S. 138; Medicus, in: Haas, S. 110, 118 (unter Hinweis auf die Entwurfsbegründung zu § 311, BT-Drucks. 14/6040, S. 163); Ott, in: ders./Lüer/Heussen, § 280, Rn. 145; Schmidt-Räntsch, Rn. 262 (S. 88 f.), 319, 360; Schulze, in: Handkommentar BGB, § 311, Rn. 25. 7 BGBl. 2001 I, S. 3138. 8 Entwurfsbegründung zu § 241 Abs. 2, BT-Drucks. 14/6040, S. 125 f.; Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, Einzelbegründung, BT-Drucks. 14/7052, S. 190. Ferner Heinrichs, in: Palandt, SchuldRModG, § 311, Rn. 3; Huber, in: ders./Faust, S. 18; Jost, AcP 202 (2002), 880, 881; Krebs, in: Dauner-Lieb, Neues Schuldrecht, S. 123; ders., in: Dauner-Lieb, Schuldrecht, § 241, Rn. 1; § 311, Rn. 17; Lieb, in: Dauner-Lieb, Schuldrecht, S. 138; SchmidtRäntsch, Rn. 262 (S. 81, 89), 465; ders./Maifeld/Meier-Göring/Röcke, S. 21.

482

Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung

begleitet sein kann, bei deren Verletzung ein Schadensersatzanspruch wegen Leistungsstörung entstehen kann. Schuldverhältnisse lassen sich, aus Entstehungsgründen (Vertrag oder Gesetz) und Inhalten (primäre Leistungspfl ichten oder Schutzpflichten) kombiniert, systematisch einteilen in Schuldverhältnisse mit vertraglichen primären Leistungspflichten (I.), solche mit vertraglichen Schutzpflichten (II.), gesetzlichen primären Leistungspflichten (III.) und mit gesetzlichen Schutzpflichten (IV.).

I. Vertragliche primäre Leistungspflichten Ein Intervenient kann im Verlauf der Intervention vertragliche primäre Leistungspflichten zu beachten haben. Solche Pflichten bestehen, wenn Intervenient und Vollstreckungsgläubiger zur einstweiligen Regelung der Streitfrage eine Vereinbarung über die Vollstreckung in den umstrittenen Gegenstand getroffen haben (Zwischenvergleich). Ziel eines solchen Zwischenvergleichs ist es typischerweise, die drohende Verwertungsblockade (durch Vollstreckungseinstellung) und den einhergehenden Wertverlust zu vermeiden. Dieses Ziel kann erreicht werden, wenn sich die Kontrahenten darauf verständigen, dass entweder der Intervenient den Vollstreckungsgegenstand verwalten und verwerten soll, oder dass die Vollstreckung zügig und ungestört durchgeführt werden soll, damit der Streit sodann jeweils über die wertbeständigen Erträge und Erlöse geführt werden kann. Im ersten Fall hat der Vergleich für den Intervenienten mandatarischen Charakter, im zweiten Fall treffen den Intervenienten vorwiegend Unterlassungspflichten. Bei einem Mandatsvergleich können insbesondere Obhuts- und Verwahrungspflichten, Pflichten zu Rücksprache und Abstimmung sowie Herausgabepflichten gem. § 667 BGB bestehen, deren Verletzung durch § 280 Abs. 1 BGB schadensersatzbewehrt ist. Ebenso kann ein Intervenient wegen Verletzung einer vertraglichen Unterlassungspfl icht dem Vollstreckungsgläubiger nach Maßgabe der §§ 280 ff. BGB schadensersatzpflichtig sein, wenn er die Vollstreckung vereinbarungswidrig stört. Verletzt die Intervention eine Schiedsvereinbarung zwischen dem Intervenienten und dem Vollstreckungsgläubiger (Pflicht, von der Schiedsvereinbarung erfasste Streitigkeiten nicht vor staatliche Gerichte zu bringen), dann kann sich der Intervenient ebenfalls gem. §§ 280 ff. BGB schadensersatzpflichtig machen.9

9

S. 423–427.

B. Interventionsbegleitende Schuldverhältnisse

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II. Vertragliche Schutzpflichten Schutzpflichten gem. § 241 Abs. 2 BGB sind zwar einerseits außerdeliktische Pflichten: 10 Geltungsgrund solcher Pflichten ist nicht eine Haftungsnorm des Deliktsrechts, und es sind diejenigen Haftungsregeln anwendbar, die im Gegensatz zu den Deliktsnormen ein bestehendes Schuldverhältnis voraussetzen.11 Schutzpflichten gem. § 241 Abs. 2 BGB sind aber andererseits durchweg gesetzliche Pflichten.12 Sie können zwar im Zusammenhang eines Vertrags bestehen, ihr Entstehungsgrund ist aber weder ein vertragliches Leistungsversprechen noch freiwillige Selbstbindung.13 Pflichten zum Schutz des Integritätsinteresses des Kontrahenten können zwar vertraglich begründet werden, wie etwa bei Bewachungs-, Betreuungsoder Verwahrungsverträgen. Der vertraglich geschuldete Schutz ist dann aber Gegenstand einer primären Haupt- oder Nebenleistungspflicht (§ 241 Abs. 1 BGB), und nicht Gegenstand einer Schutzpflicht i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB.14 Auch in solchen Verträgen können zwar Schutzpflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB bestehen; diese sind dann aber nicht vertraglich vereinbart. Beispiel 16.1: G und S vereinbaren, dass S gegen Entgelt im Haus des G dessen Kinder hütet, während G abwesend ist. Weiter vereinbaren G und S, dass S nur in Notfällen Telefongespräche vom Apparat des G aus führen darf. Kommen die Kinder des G durch Unachtsamkeit des S zu Schaden, hat G einen Anspruch auf Ersatz der Heilungskosten, die er als Unterhaltsverpflichteter aufwenden muss (§ 280 Abs. 1 BGB) – Verletzung einer vertraglichen primären Hauptleistungspfl icht (§ 241 Abs. 1 BGB). Telefoniert S vom Apparat des G aus zum Zeitvertreib mit Freunden, hat G einen Anspruch auf Ersatz der Telefonkosten (§ 280 Abs. 1 BGB) – Verletzung einer vertraglichen Nebenleistungspfl icht (Unterlassungspfl icht, § 241 Abs. 1 Satz 2 BGB). Beschädigt S aus Unachtsamkeit einen Einrichtungsgegenstand, hat G einen Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten (§ 280 Abs. 1 BGB) – Verletzung einer gesetzlichen Schutzpfl icht (§ 241 Abs. 2 BGB).

E. Schmidt15 weist zutreffend darauf hin, dass „die Bewahrung der Vermögensund Rechtsgutsintegrität gerade zum Gegenstand des Vertrages gemacht und 10 Krebs, in: Dauner-Lieb, Schuldrecht, § 241, Rn. 3. Grundlegend für die positive Vertragsverletzung Canaris, JZ 1965, 475, 477. 11 Krebs, S. 4. 12 Krebs, in: Dauner-Lieb, Schuldrecht, § 241, Rn. 3. Ferner Gerhardt, JZ 1970, 535 f.; ders., JuS 1970, 597, 598 f. 13 Krebs, in: Dauner-Lieb, Schuldrecht, § 241, Rn. 3. A. A. Köndgen, passim, insb. S. 156 ff.; Stoll, in: Festschrift für Werner Flume, S. 741 ff. – Konzeptionell stehen aber auch die vertragsnahen Entstehungsbegründungen Köndgens und Stolls dem Vertrauensschutzgedanken und damit einer gesetzlichen Begründung nahe, Krebs, S. 36; ders., in: Dauner-Lieb, Neues Schuldrecht, S. 127. 14 Krebs, S. 6; E. Schmidt, in: v. Jhering/Staub, S. 131, 157; Stoll, in: Festschrift für Fritz von Hippel, S. 517, 526. A. A. Schulze, in: Handkommentar BGB, § 241, Rn. 4. 15 E. Schmidt, in: v. Jhering/(Staub, S. 131, 157. Ferner Larenz, Schuldrecht AT, S. 12.

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Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung

das Erhaltungsinteresse so gleichsam auf die Leistungsebene ‚emporgezogen‘“ werden könne. Darüber, ob eine Pflicht primäre Leistungspflicht (§ 241 Abs. 1 BGB) oder Schutzpflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) ist, entscheidet folglich das vertraglich festgelegte Leistungsinteresse. Vertraglich vereinbarter Schutz fällt stets unter § 241 Abs. 1 BGB, während Schutzpflichten (§ 241 Abs. 2 BGB) stets gesetzlich begründet sind. Schutzpflichten gem. § 311 BGB sind ebenfalls außerdeliktische16 gesetzliche Pflichten.17 Dass solche Pflichten nicht vertraglich begründet werden, ergibt sich bereits aus dem gesetzlichen Anknüpfungspunkten in § 311 Abs. 2 BGB, die einem Vertragsschluss vorgelagert sind. Im übrigen unterscheidet das Gesetz vertragliche Pflichtenbegründung (§ 311 Abs. 1 BGB) und die Entstehung von Pflichten gem. §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB, und zwar im Wortlaut von § 311 Abs. 2 BGB18 sowie in der amtlichen Gesetzesüberschrift des § 311 BGB19. Im geltenden Recht existieren folglich keine vertraglichen Schutzpflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB.

III. Gesetzliche primäre Leistungspflichten Zwischen einem Intervenienten und einem Vollstreckungsgläubiger können im Zuge einer Intervention Schuldverhältnisse mit gesetzlichen primären Leistungspflichten des Intervenienten entstehen. Solche Schuldverhältnisse werden begründet durch Schadensersatz- und Erstattungsansprüche aus prozessualer Veranlassung (§§ 717 Abs. 2, 3, 945, 1041 Abs. 4 ZPO), durch vindikatorische Herausgabeansprüche und Vindikationsfolgeansprüche (§§ 985 f., 987 ff., 1227 BGB), durch deliktische Ansprüche (§§ 823 ff. BGB) sowie durch Bereicherungsansprüche (§§ 812 ff. BGB), die sämtlich bereits an früherer Stelle untersucht wurden. An dieser Stelle ist die Anwendbarkeit des allgemeinen Leistungsstörungsrechts auf jene Ansprüche zu klären (1.). Ferner können negatorische Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche gegen die Durchführung einer unbegründeten Intervention gerichtet sein, deren Verletzung schadensersatzpflichtig gem. § 280 Abs. 1 BGB machen kann (2.). Schließlich kann ein Intervenient, der dem Vollstreckungsgläubiger für die Schuld des Vollstreckungsschuldners mithaftet, eine Duldungspflicht verletzen (3.). 16

Krebs, in: Dauner-Lieb, Neues Schuldrecht, S. 124; Medicus, Schuldrecht I, Rn. 112. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 112; ders., in: Haas, S. 117; Schmidt-Räntsch, Rn. 467; Schulze, in: Handkommentar BGB, § 311, Rn. 12. Grundlegend für die culpa in contrahendo BGHZ 6, 330, 333; Canaris, JZ 1965, 475, 476. 18 „[E]ntsteht auch durch“ (§ 311 Abs. 2 BGB), also nicht, wie grundsätzlich, durch Vertrag (§ 311 Abs. 1 BGB), sondern nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschrift (§ 311 Abs. 1 BGB a. E.) des § 311 Abs. 2 BGB. 19 Unterscheidung rechtsgeschäftlicher (§ 311 Abs. 1 BGB) und rechtsgeschäftsähnlicher (§ 311 Abs. 2, 3 BGB) Schuldverhältnisse. 17

B. Interventionsbegleitende Schuldverhältnisse

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1. Allgemeines Leistungsstörungsrecht bei Ansprüchen gem. §§ 717, 945, 1041 Abs. 4 ZPO, §§ 812 ff., 823 ff., 985 ff., 1227 BGB Das allgemeine Leistungsstörungsrecht ist grundsätzlich bei jeglichen Schuldverhältnissen anwendbar. Bei einigen gesetzlichen Ansprüchen ergibt aber die Gesetzesauslegung Einschränkungen und Ausschlüsse der Anwendbarkeit der §§ 280 ff. BGB. Die Rechtsfolgen bereicherungsrechtlicher Leistungsstörungen sind in den §§ 818 ff. BGB abweichend von den §§ 280 ff. BGB geregelt. Die §§ 818 ff. BGB gehen den §§ 280 ff. BGB vor, diese gelten nur nach deren Maßgabe (arg. e § 818 Abs. 3, 4 BGB). 20 Da § 818 Abs. 4 BGB auf die allgemeinen Vorschriften und damit über die §§ 291, 292 BGB auf die §§ 987 ff. BGB verweist, ist § 280 Abs. 1 BGB bei Bereicherungsansprüchen nicht unmittelbar anwendbar, sondern allenfalls mittelbar insoweit, wie sich dies aus den §§ 987 ff. BGB ergibt. Das gleiche gilt beim Erstattungsanspruch aus prozessualer Veranlassung, dessen Inhalt sich nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung richtet (§ 717 Abs. 3 Satz 3 ZPO mit Sonderregelungen in § 717 Abs. 3 Satz 4 ZPO). Ansprüche aus unerlaubter Handlung (§§ 823 ff. BGB) sowie Schadensersatzansprüche aus prozessualer Veranlassung (§§ 717 Abs. 2, 945 ZPO) begründen Schuldverhältnisse i. S. v. § 280 Abs. 1 BGB. Die Verletzung einer deliktischen oder prozessual veranlassten Schadensersatzpfl icht kann den Schuldner nach Maßgabe der §§ 280 ff. BGB schadensersatzpflichtig machen. Allerdings ist der Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB in Fällen des Verzugs (Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung, §§ 280 Abs. 2, 286 BGB) und der Unmöglichkeit (Schadensersatz statt der Leistung, §§ 280 Abs. 3, 283 BGB) regelmäßig bedeutungslos, weil der Verzögerungs- und Unmöglichkeitsschaden im Rahmen der §§ 249 ff. BGB bereits als Deliktsschaden bzw. prozessual veranlasster Schaden zurechenbar und daher unmittelbar aus den §§ 823 ff. BGB, §§ 717 Abs. 2, 945, 1041 Abs. 4 ZPO zu ersetzen ist. Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis enthält in den §§ 987 ff. BGB das besondere Leistungsstörungsrecht der Vindikation, das als abschließende Sonderregelung gedacht ist. Zwar können einzelne Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts zur Ergänzung der §§ 987 ff. BGB angewandt werden. Dies gilt aber nicht für § 280 Abs. 1 BGB, dessen Anwendung die Haftungsprivilegierung des gutgläubigen unverklagten Besitzers (§ 993 Abs. 1 Halbs. 2 BGB) aufheben würde. 21 § 280 Abs. 1 BGB ist daher bei Verletzung der Heraus20 Lange, JZ 1964, 640; Lorenz, in: Staudinger, § 818, Rn. 51. A. A. offenbar BGH NJW 1972, 1045; BGH LM BGB § 812 Nr. 90: Schadensersatzpfl icht des Bereicherungsschuldners aus Verzug gem. §§ 286 a. F., 812 BGB (alle betr. Verzugshaftung gem. §§ 284 ff. BGB a. F.). 21 Gursky, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 987–993, Rn. 33 f., 69; § 993, Rn. 1. Ferner Medicus, in: MüKo BGB, § 985, Rn. 40 ff.

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Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung

gabepflicht des § 985 f. (1227) BGB unanwendbar. Differenziert ist die Rechtslage, wenn es um Verletzungen von Pflichten geht, die aus den §§ 987 ff. (1227) BGB resultieren. Die §§ 987 ff. BGB begründen selbständige Schuldverhältnisse, für die das besondere Leistungsstörungsrecht der Vindikation nicht gilt (die §§ 987 ff. BGB sind auf den Anspruch aus § 985 BGB anzuwenden, aber nicht auf sich selbst). Bei Leistungsstörungen in Schuldverhältnissen der §§ 987 ff. BGB ist zu unterscheiden. 22 Auf die bereicherungsrechtliche Nutzungsherausgabepflicht (§§ 988, 993 Abs. 1 Halbs. 1 BGB) ist das bereicherungsrechtliche Leistungsstörungsrecht (§§ 818 ff. BGB) anzuwenden. Wird eine deliktähnliche Schadensersatzpflicht (§§ 987 Abs. 2, 989, 990, 991 Abs. 2, 992 BGB) verletzt, ist zunächst zu überprüfen, ob der durch die Leistungsstörung entstandene Schaden nicht bereits gem. §§ 249 ff. BGB von dem Schadensersatzanspruch des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses selbst erfasst ist; ist dies nicht der Fall, kann § 280 Abs. 1 BGB anwendbar sein. Schließlich ist § 280 Abs. 1 BGB anwendbar, wenn eine Nutzungsherausgabepflicht gem. §§ 987, 990, 991 Abs. 1 BGB verletzt wird. 2. Negatorische Ansprüche Wenn eine unbegründete Intervention ein mit negatorischem Rechtsschutz ausgestattetes Recht des Vollstreckungsgläubigers am Vollstreckungsgegenstand (a)) „in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes“ beeinträchtigt (b)), und der Vollstreckungsgläubiger die Beeinträchtigung nicht zu dulden hat (§ 1004 Abs. 2 BGB) (c)), dann kann der Intervenient dem Vollstreckungsgläubiger zur Beseitigung der Beeinträchtigung (§§ 1004 Abs. 1 Satz 1, 1227 BGB) und zur Unterlassung (§§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 1227 BGB) verpflichtet sein (d)). Verletzt ein Intervenient eine Pflicht aus dem negatorischen Schuldverhältnis, dann kommt ein Schadensersatzanspruch des Vollstreckungsgläubiger aus § 280 Abs. 1 BGB in Betracht (e)). a) Negatorisch geschützte Rechte Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen; sind (weitere) Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer Unterlassung verlangen (§ 1004 Abs. 1 BGB). Die für die Ansprüche aus dem Eigentum geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden, wenn das Recht des (Pfändungs-)Pfandgläubigers beeinträchtigt wird (§ 1227 BGB); 23 (drohende) Beeinträchtigungen des Pfändungspfandrechts können wie (drohende) Eigentumsbeeinträchtigungen Be22 23

In Anlehnung an Gursky, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 987–993, Rn. 70. Zum Schutz des Pfändungspfandrechts durch § 1227 BGB S. 433 f.

B. Interventionsbegleitende Schuldverhältnisse

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seitigungs- und Unterlassungsansprüche (§ 1004 BGB) eines Vollstreckungsgläubigers begründen. 24 Bei der Liegenschaftsvollstreckung durch Zwangsversteigerung oder -verwaltung begründet die Beschlagnahme ein Befriedigungsrecht des Vollstreckungsgläubigers (§ 10 ZVG). Anders als beim Pfandrecht verweist beim Befriedigungsrecht keine Norm auf § 1004 BGB, und es existiert keine Parallelvorschrift zu § 1004 BGB. Eine rechtsfortbildende Erstreckung des negatorischen Rechtsschutzes, wie sie bei den absoluten Rechten anerkannt ist (sub B. III. 2. e) bb) aaa)), ist beim Befriedigungsrecht nicht angezeigt, weil das Befriedigungsrecht kein absolutes dingliches Recht ist. 25 Das Befriedigungsrecht genießt keinen negatorischen Rechtsschutz. Gleichwohl besteht auch in der Liegenschaftsvollstreckung negatorischer Rechtsschutz gegen Beeinträchtigungen durch Dritte. Es ist zu unterscheiden. Dingliche Gläubiger (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG) sind als solche Inhaber eines absoluten Rechts, das der Vollstreckung zugrunde liegt. Das zugrunde liegende dingliche Grundstücksrecht genießt in der Liegenschaftsvollstreckung analog § 1004 BGB Schutz gegen Beeinträchtigungen durch Dritte. 26 Dagegen besteht bei persönlichen Gläubigern keine absolute Rechtsbeziehung zum Grundstück. Persönliche Gläubiger sind gehalten, die Eintragung einer Zwangshypothek (§§ 866 Abs. 1, 867 ZPO) zu erwirken, um eine analog § 1004 BGB geschützte Rechtsbeziehung herzustellen. b) Beeinträchtigung Eine Beeinträchtigung eines dinglichen Gläubigerrechts am Vollstreckungsgegenstand, die den Intervenienten zur Beseitigung und Unterlassung verpflichtet, könnte darin bestehen, dass der Intervenient außergerichtlich oder prozessual ein vermeintliches Recht geltend macht (aa)), oder dass er eine Interventionsentscheidung erwirkt oder umsetzen lässt (bb)). aa) Rechtsanmaßung und Bestreiten von Rechten Stützt ein Intervenient die Intervention auf ein nicht bestehendes Recht am Vollstreckungsgegenstand, dann maßt er sich mit der Intervention fälschlich ein Recht am Vollstreckungsgegenstand an und bestreitet (nicht zwingend, aber typischerweise) das bestehende Recht des Vollstreckungsgläubigers. Rechtsan24 Baumann/Brehm, S. 291; Baur/Stürner/Bruns, Rn. 27.15; Brox/Walker, Rn. 374; W. Lüke, in: Wieczorek/Schütze, § 804, Rn. 24, 26; Schilken, in: MüKo ZPO, § 804, Rn. 24; ders., in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 786. 25 S. 442. 26 So OLG Düsseldorf WM 1997, 1593, 1594 m. zust. Anm. Brehm, WuB VI F. – § 57c ZVG – 1.98, betr. Grundschuld. Zustimmend Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 15. Zum negatorischen Rechtsschutz jeglicher absoluter Rechte S. 502.

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Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung

maßung und Bestreiten von Rechten könnten ein dingliches Recht des Vollstreckungsgläubigers am Vollstreckungsgegenstand beeinträchtigen. Eine Beeinträchtigung i. S. v. § 1004 BGB (betr. Eigentum; bei anderen, analog § 1004 BGB geschützten Rechten gilt entsprechendes) setzt keine tatsächliche Einwirkung auf den Gegenstand des Rechts voraus. 27 Ein unmittelbar gegen die Rechtsposition gerichteter Übergriff kann hinreichen. 28 Ob und unter welchen Voraussetzungen die Anmaßung und das Bestreiten von Rechten ein beeinträchtigender Übergriff sein kann, der Ansprüche des Rechtsinhabers gem. § 1004 BGB auslöst, ist umstritten. Ein Teil des Schrifttums wertet bereits die einfache (verbale) Anmaßung eines Rechts am betreffenden Gegenstand 29 und das bloße Bestreiten der Berechtigung30 als Beeinträchtigung des Rechts. Denn dadurch werde dem Berechtigten die Geltendmachung seines Herrschaftsrechts erschwert, 31 und die Durchsetzung des auch für rechtliche Störungen passenden Anspruchs aus § 1004 BGB mit der Leistungsklage sei wegen der damit verbundenen Vollstreckungsmöglichkeiten (§ 890 ZPO) bei Zuwiderhandlungen der negativen Feststellungsklage (§ 256 ZPO), auf die der Berechtigte andernfalls beschränkt sei, vorzugswürdig.32 Der Schwäche eines Unterlassungsurteils, das keine rechtskräftige Feststellung des bestrittenen Rechts enthält (§ 322 Abs. 1 ZPO), und daher den zur Unterlassung Verurteilten nicht daran zu hindern vermag, das Recht in einem weiteren Prozess zu bestreiten, 33 vermag die Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs. 2 ZPO) abzuhelfen. Nach Auffassung der Rechtsprechung und Teilen des Schrifttums sollen dagegen grundsätzlich weder die Rechtsanmaßung 34 noch das Bestreiten eines Rechts35 Beeinträchtigungen des Rechts sein. Denn der Berechtigte sei nicht gehindert, trotz der Rechtsanmaßung mit seinem Recht nach Belieben zu verfahren. Daran ändere nichts, wenn er sich durch die Rechtsanmaßung von der Ausübung seines Rechts abhalten lässt.36 Der Berechtigte sei in solchen Fällen

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Picker, Beseitigungsanspruch, S. 55 f., Fn. 9. Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 31. 29 Berger, in: Brehm/Berger, Rn. 7.12; Medicus, in: MüKo BGB, § 1004, Rn. 29; Müller, Rn. 721; M. Wolf, Sachenrecht, Rn. 315; ders., in: StudK BGB, § 1004, Anm. II. 1. a). 30 Medicus, in: MüKo BGB, § 1004, Rn. 29; Müller, Rn. 721. 31 Müller, Rn. 721. 32 Berger, in: Brehm/Berger, Rn. 7.12; Medicus, in: MüKo BGB, § 1004, Rn. 29. 33 Berger, in: Brehm/Berger, Rn. 7.12. 34 OLG Köln NJW 1996, 1290, 1291; OLG Braunschweig SeuffArch 59 (1904), 156; Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 31; Mühl, in: Soergel, § 1004, Rn. 30; Schwab/Prütting, Rn. 578. 35 BGH NJW 2006, 689; OLG Köln NJW 1996, 1290, 1291; Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 31; Mühl, in: Soergel, § 1004, Rn. 30. 36 OLG Köln NJW 1996, 1290, 1291. 28

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gehalten, mit der negativen Feststellungsklage vorzugehen, 37 die seinen Schutz hinreichend gewährleiste.38 Die Schwelle zur Beeinträchtigung soll indes überschritten sein, wenn ein anderer sich an einer Sache zu Unrecht für berechtigt hält und über sie eine Herrschaftsgewalt beansprucht, 39 oder wenn die falsche Darstellung der Rechtslage gegenüber Dritten erfolgt, mit denen der Berechtigte Rechtsgeschäfte über die Sache abschließen möchte, und auf diese Dritten Eindruck macht oder zu machen droht. 40 Keine Beeinträchtigung des bestrittenen Rechts sei dagegen die bloße Androhung gerichtlicher Schritte, und zwar auch, wenn der Berechtigte sich daraufhin von der geplanten Nutzung abschrecken lässt. 41 Auch die Erhebung einer Klage, mit der die Berechtigung des Beklagten bestritten wird, soll keine Rechtsbeeinträchtigung sein. 42 Die Meinungsverschiedenheit kristallisiert an zwei Punkten. Zum einen geht es darum, ob und bis zu welchem Punkt die Zumutung einer Rechtsanmaßung nur eine – noch dazu eher die Person des Rechtsinhabers als sein Recht und dessen Gegenstand betreffende – verbale Belästigung ist, die unterhalb der Schwelle einer Beeinträchtigung des bestrittenen Rechts liegt und daher hinzunehmen ist. Zum anderen wird vom Ergebnis des als angemessen empfundenen prozessualen Rechtsschutzes auf die materiellrechtliche Rechtslage geschlossen. Die vom prozessualen Rechtsschutz ausgehende Argumentation ist in keine Richtung tragfähig. Ob bestimmte Einwirkungen materiellrechtliche Beeinträchtigungen sind, hängt weder davon ab, ob der durch die Leistungsklage verbesserte prozessuale Rechtsschutz wünschenswert ist, noch davon, ob die negative Feststellungsklage hinreichenden Schutz gewährt. Denn es ist gerade umgekehrt so, dass Rechtsschutz durch die Leistungsklage erforderlich ist, wenn Rechtsanmaßungen Rechtsbeeinträchtigungen sind, und dass die negative Feststellungsklage als Rechtsschutz hinreicht, wenn die Rechtsanmaßung (noch) keine Rechtsbeeinträchtigung ist. Die Frage kann daher nicht durch Rückschluss von den prozessualen Konsequenzen beantwortet werden. Die Antwort muss vielmehr durch eine Bewertung der betreffenden Einwirkung gefunden werden. Dabei ist zunächst zu klären, ob Rechtsanmaßungen, die sich (noch) nicht in einer gerichtlichen Entscheidung niederschlagen, überhaupt Beeinträchtigungen des angemaßten Rechts sein können. Sodann wird ggf. zu be37

OLG Braunschweig SeuffArch 59 (1904), 156; Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 31; Mühl, in: Soergel, § 1004, Rn. 30. 38 Mühl, in: Soergel, § 1004, Rn. 30. 39 Pikart, in: RGRK, § 1004, Rn. 22. 40 BGH NJW 2006, 689 (mit Hinweis auf die Unzulänglichkeit der Feststellungsklage); Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 31 betr. Eigentum. Ähnlich J. F. Baur, in: Baur/Stürner, Sachenrecht, § 12, Rn. 6; Schwab/Prütting, Rn. 578. 41 Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 34. 42 Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 31. A. A. Medicus, in: MüKo BGB, § 1004, Rn. 30 (aber: keine Rechtswidrigkeit der Beeinträchtigung und kein Rechtsschutzinteresse des beklagten Berechtigen).

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Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung

stimmen sein, unter welchen Voraussetzungen Rechtsanmaßungen Beeinträchtigungsqualität haben. Während im Schrifttum weitgehende Einigkeit besteht, dass Rechtsanmaßungen zumindest unter bestimmten Umständen Beeinträchtigungen des bestrittenen Rechts sein können, vertritt das OLG Köln 43 , nach dessen Auffassung eine Rechtsanmaßung, die den Berechtigten von Rechts wegen nicht daran hindert, mit seinem Recht nach Belieben zu verfahren, selbst dann „tatbestandsmäßig keine Eigentumsbeeinträchtigung i. S. des § 1004 BGB“ darstellt, wenn sich der Berechtigte durch sie von der Ausübung seines Rechts abhalten lässt, offenbar den Standpunkt, derlei Rechtsanmaßungen könnten schlechthin und ungeachtet ihrer Auswirkungen keine Beeinträchtigungen sein. Diese Rechtsauffassung ist fragwürdig, weil Rechtsanmaßung sowohl eine Beeinflussung des Rechtsinhabers bezweckt als auch – wenn sie nicht aus der Luft gegriffen ist – ein zur Beeinflussung geeignetes Druckmittel ist. Mit dem Hinweis auf die rechtlich unbehinderte Freiheit der Rechtsausübung kann derartiger psychischer Beeinflussung nicht von vornherein die Rechtserheblichkeit abgesprochen werden. Psychische Beeinflussung ist im Schadensersatzrecht als zurechenbare Verursachung von Selbstschädigungen anerkannt,44 und zwar dem Grunde nach zu Recht.45 Ferner ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine Besitzstörung durch verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB) nicht nur durch körperliche, sondern auch durch seelische Eingriffe, durch wörtliches Bestreiten des Besitzes und durch Verbote und Drohungen ausgeübt werden kann, wenn der Besitzer dadurch beeinflusst und veranlasst wird, von der vorgesehenen Verwendung der Sache Abstand zu nehmen. 46 Als ursächliche Willensbetätigung des Störers47 ist psychisch vermittelte Einflussnahme bei § 1004 BGB nicht anders zu behandeln. Im Schrifttum hat dieser Standpunkt dadurch unausgesprochen Anerkennung gefunden, dass gegenwärtige Gefährdungszustände ihrer rein psychisch vermittelten Wirkung auf den Rechtsinhaber wegen als zu beseitigende Beeinträchtigungen des gefährdeten Rechts gewertet werden. 48 Ein Fall psychisch vermittelter Einflussnahme lag auch einem Urteil des OLG Karlsruhe49 zugrunde, in dem Ansprüche aus § 1004 BGB gegen einen 43

OLG Köln NJW 1996, 1290, 1291. S. insbesondere BGH JZ 1967, 639; BGH NJW 1964, 1363: Eigentumsverletzung. 45 S. 442–446. 46 BGHZ 20, 169, 171. 47 Zum Erfordernis des ursächlichen Zusammenhangs der Beeinträchtigung mit einer Willensbetätigung des Störers Mühl, in: Soergel, § 1004, Rn. 80. 48 Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 218 m. Bsp.: der Berechtigte unterlässt es mit Rücksicht auf die akute Gefährdungslage, aus dem bedrohten Recht Nutzungen zu ziehen; ders., AcP 174 (1974), 415, 417; Münzberg, S. 37 f. m. Bsp.: der Berechtigte unterlässt die Nutzung seines Grundstücks, weil andernfalls seine Gesundheit durch Kinder gefährdet wäre, die auf dem Nachbargrundstück mit Pfeil und Bogen spielen. 49 OLG Karlsruhe NJW 1978, 274. 44

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Störer zuerkannt wurden, der einer Grundstückszufahrt gegenüber derart zu parken pflegte, dass eine Abfahrt vom Grundstück „teilweise nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich“ war. Beispiel 16.2: Wer mit einem Schuttcontainer die einzige Grundstückszufahrt versperrt, beeinträchtigt das Eigentum an einem Fahrzeug, das sich auf dem Grundstück befindet und wegen der Blockierung nicht abfahren kann. Der Störer ist zur Entfernung des Containers verpfl ichtet (§ 1004 BGB). Abwandlung50 : Ein Fahrzeug der gehobenen Preisklasse versperrt die Zufahrt nicht vollständig, sondern ragt nur so in sie hinein, dass eine schmale Lücke besteht, durch die mit geringem Seitenabstand vom Grundstück abgefahren werden könnte. – Das Eigentum am Fahrzeug auf dem Grundstück ist beeinträchtigt und der Störer ist zur Beseitigung des vor der Zufahrt geparkten Fahrzeugs verpfl ichtet (§ 1004 BGB). Denn obwohl der Eigentümer des Fahrzeugs auf dem Grundstück „nicht gehindert ist, . . . mit seinem Eigentum nach Belieben zu verfahren“ (OLG Köln) (nämlich vom Grundstück abzufahren), beeinträchtigt die bewirkte psychische Hemmung, eine Beschädigung (insbesondere des fremden Fahrzeugs) zu riskieren, die Freiheit seines Eigentums.

Die in der Rechtsprechung und im Schrifttum behandelten Fallgestaltungen, in denen jeweils eine psychisch wirkende Beeinflussung zu beseitigen ist (obwohl der Rechtsinhaber sein Recht weiterhin unbeschränkt ausüben könnte), betreffen durchweg Sachverhalte, in denen die beeinträchtigende Beeinflussung nicht auf eine Willensbeeinflussung des Rechtsinhabers abzielt. Wenn demnach bereits eine ungezielte, beiläufige und dem Störer sogar unerwünschte Willensbeeinflussung ein Recht i. S. v. § 1004 BGB beeinträchtigen kann 51 (indem der Wille zur Rechtsausübung gehemmt wird), dann ist zumal zielgerichtete psychische Einflussnahme wie Rechtsanmaßung und Bedrohung als Beeinträchtigung i. S. v. § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB anzuerkennen. Da Rechtsanmaßung einen Berechtigten grundsätzlich psychisch zu beeinflussen vermag, kann sie folglich Beeinträchtigungsqualität haben. Allerdings ist nicht jede Einflussnahme, die psychisch vermittelte Wirkung haben kann, zwangsläufig eine Beeinträchtigung i. S. v. § 1004 BGB. Denn andernfalls hinge es weitgehend von der Empfindsamkeit des Rechtsinhabers ab, ob die Einflussnahme zu beseitigen ist. Ist in Bsp. 16.2 (Abwandlung) das störende Fahrzeug so geparkt, dass es die Zufahrt zwar verengt, aber dennoch eine breite Lücke offen lässt, durch die mit ausreichendem Seitenabstand gefahrlos vom Grundstück abgefahren werden kann, dann ist das Eigentum am Fahrzeug auf dem Grundstück auch dann nicht beeinträchtigt, wenn der Eigentümer sich aus Ängstlichkeit an der Abfahrt gehindert fühlt.

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In Anlehnung an OLG Karlsruhe NJW 1978, 274. S. Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 35: subjektive Voraussetzungen auf Seiten des Störers sind bei § 1004 BGB unbeachtlich; maßgeblich ist allein die Tatsächlichkeit der Einwirkung. 51

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Somit stellt sich die Frage, welcherlei psychisch vermittelte Einwirkungen durch Rechtsanmaßung Rechtsbeeinträchtigung sind. Die Antwort ist aus dem in § 906 Abs. 1 BGB zum Ausdruck gekommenen, auf § 1004 BGB übertragbaren 52 Grundgedanken zu entwickeln, dass Einwirkungen nicht nur unwesentlich sein dürfen, um als Beeinträchtigungen durch Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche bewehrt zu sein. 53 Unwesentliche Rechtsanmaßung ist demnach keine Rechtsbeeinträchtigungen. Ist die Anmaßung dagegen nicht unwesentlich, beeinträchtigt sie das Recht. Die Wesentlichkeit einer Rechtsanmaßung ist nach dem Maß ihrer Eignung zu beurteilen, den Berechtigten von der Rechtsausübung abzuhalten. Den Maßstab bildet eine ex ante vorzunehmende, objektive Einschätzung des Risikos, bei unbeeinflusster Rechtsausübung Nachteile zu erleiden (Folgeansprüche des Störers, falls er Rechtsinhaber ist), und der Dringlichkeit des Anlasses, von weiterer Rechtsausübung abzusehen (Bedrohlichkeit der Rechtsanmaßung). Eine Rechtsanmaßung ist demnach unwesentlich, wenn sie für den Berechtigten ex ante objektiv nicht bedrohlich ist, und wenn weitere Rechtsausübung kein Risiko von Nachteilen begründet, so dass der Berechtigte keinen vernünftigen Anlass hat, sich von der Anmaßung beeindrucken zu lassen. Dies ist der Fall, wenn die Rechtsanmaßung keine Aussicht auf gerichtliche Durchsetzung hat. Solche Erfolgsaussichten fehlen einer Rechtsanmaßung, wenn sie auf ersichtlich falschen Tatsachen oder einer offensichtlich unhaltbaren Rechtsansicht beruht, oder wenn der Berechtigte Einwendungstatsachen mit liquiden und zwingenden Beweismitteln beweisen kann. 54 In allen anderen Fällen, in denen die Durchsetzung der Rechtsanmaßung droht, in denen es mithin – wie bei der weitgehend blockierten Zufahrt – eng wird, hat der Berechtigte ex ante begründeten Anlass, sich zur Beschränkung der Rechtsausübung zu entschließen. Rechtsanmaßung ist dann als Mittel psychischer Einwirkung nicht unwesentlich und daher eine Rechtsbeeinträchtigung. Macht ein Intervenient gegenüber einem Vollstreckungsgläubiger außergerichtlich oder durch Verfahrenseinleitung ein vermeintliches Recht am Vollstreckungsgegenstand geltend, ohne dabei ersichtlich falsch vorzutragen oder eine offensichtlich unhaltbare Rechtsansicht zu vertreten, und bestehen keine ohne weiteres beweisbaren Einwendungstatsachen, dann muss der Vollstreckungsgläubiger in Betracht ziehen, dass er in einem drohenden Drittwiderspruchsprozess unterliegt und dem Intervenienten schadensersatzpfl ichtig 52 BGHZ 16, 366, 371. Zustimmend Pikart, in: RGRK, § 1004, Rn. 28. I. E. ebenso Ebbing, in: Erman, § 1004, Rn. 33; Hager, in: Staudinger, Vorbem. §§ 823 ff., Rn. 66. 53 In diese Richtung gehen auch die Schrifttumsäußerungen, wonach Rechtsanmaßung grundsätzlich keine Beeinträchtigung sei, dass sie aber beeinträchtige, wenn mit ihr eine Herrschaftsgewalt beansprucht wird (Pikart, in: RGRK, § 1004, Rn. 22), oder wenn sie gegenüber Dritten erfolgt ( J. F. Baur, in: Baur/Stürner, Sachenrecht, § 12, Rn. 6; Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 31). 54 Es verhält sich wie bei mangelnder Standhaftigkeit als Mitverschulden, S. 452.

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wird. Er hat daher in solchen Fällen begründeten Anlass, von der (weiteren) Vollstreckung abzusehen. Ein Vollstreckungsgläubiger, der von der Vollstreckung in einen Gegenstand absieht, an dem er ein beschränkt dingliches Sicherungsrecht hat, verzichtet auf die Verwirklichung seines Sicherungsrechts, das folglich durch die psychisch vermittelte Einwirkung beeinträchtigt ist. Sieht ein Vollstreckungsgläubiger von der Vollstreckung in eigenes Eigentum ab, dann ist zu unterscheiden. Bei der Herausgabevollstreckung (§§ 883 ff. ZPO) übt der Gläubiger als Eigentümer seine Ausschließungsbefugnis (§ 903 Satz 1 Halbs. 2 BGB) aus (Wegnahme, Entsetzung) und bereitet gleichzeitig die Ausübung seiner Nutzungsbefugnis (§ 903 Satz 1 Halbs. 1 BGB) vor (Übergabe, Einweisung als Voraussetzungen der Sachnutzung). Sieht ein Vollstreckungsgläubiger wegen der Rechtsanmaßung eines Intervenienten von der Herausgabevollstreckung in sein Eigentum ab, dann ist folglich das Eigentum durch psychisch vermittelte Einwirkung beeinträchtigt. Bei der Geldvollstreckung in Gläubigereigentum wird der Eigentumsgegenstand als Verwertungs- und Befriedigungsmasse eingesetzt und das Eigentum so zu einem Sicherungsrecht umfunktioniert. Die Instrumentalisierung des Eigentums als Sicherungsrecht (Vorbehalts- und Sicherungseigentum) ist rechtlich anerkannt und ausgeformt. Aktiviert ein Eigentümer die Sicherungsfunktion des Eigentums im Wege der Vollstreckung, nimmt er folglich sein Eigentumsrecht wahr. Veranlasst ein Intervenient einen Vollstreckungsgläubiger dazu, von der Geldvollstreckung in Gläubigereigentum abzusehen, beeinträchtigt er mithin ebenfalls das Eigentum. bb) Erwirkung und Umsetzung einer Interventionsentscheidung Wenn ein Intervenient eine stattgebende gerichtliche Interventionsentscheidung erwirkt, d. h., wenn eine zur Entscheidung berufene Instanz die Rechtsanmaßung des Intervenienten für rechtens erklärt und diesen mit einen Titel zur Durchsetzung oder Sicherung seines Begehrs versieht, dann hat der Vollstreckungsgläubiger umso mehr mit Nachteilen zu rechnen, wenn er sein Recht ausübt (Wahrscheinlichkeit von Schadensersatzansprüchen des Intervenienten). Außerdem ist die Bedrohlichkeit der Rechtsanmaßung verstärkt (drohende Vollstreckung). Folglich ist die Herbeiführung einer (stattgebenden) Interventionsentscheidung eine (umso stärkere) Beeinträchtigung eines bestehenden Gläubigerrechts.55 Erst recht kann eine vom Intervenienten veranlasste Umsetzung einer Interventionsentscheidung ein bestehendes Recht des Vollstreckungsgläubigers an einem Vollstreckungsgegenstand beeinträchtigen. Beschränkung oder Einstellung der Vollstreckung sind objektiv wirkende, unüberwindliche Behinde55 A. A. Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 34 betr. die Erwirkung einer einstweiligen Verfügung gegen den Eigentümer.

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rungen der Rechtsverwirklichung mit Beeinträchtigungsqualität. Beeinträchtigend wirkt auch die Unterlassungsvollstreckung, die eine schwer zu überwindende psychische Hemmung herstellt. Bei der Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen ist zu unterscheiden. Übersteht das Gläubigerrecht die Aufhebung (z. B. Eigentum), dann ist die Aufhebung eine Beeinträchtigung. Anders ist es, wenn das Recht durch die Aufhebung beseitigt wird (z. B. Pfändungspfandrecht). Denn negatorische Ansprüche setzen den Fortbestand des beeinträchtigten Rechts voraus; Rechtsverlust ist ein Schaden, keine fortdauernde Beeinträchtigung. 56 Es ist daher bei rechtsvernichtenden Einwirkungen weiter zu differenzieren zwischen der drohenden Vornahme einer solchen Einwirkung, die aus Gründen praktischer Notwendigkeit – damit ein Unterlassungsanspruch entstehen kann und der Rechtsinhaber nicht schutzlos ausgeliefert ist – als Beeinträchtigung zu werten ist, und dem eingetretenen Erfolg der Einwirkung, der als Rechtsverlust keine negatorisch zu beseitigende Beeinträchtigung darstellt, sondern einen ggf. nach anderen Vorschriften zu ersetzenden Schaden. 57 c) Duldungspfl icht und Rechtswidrigkeit Negatorische Ansprüche sind ausgeschlossen, wenn der Rechtsinhaber zur Duldung der Beeinträchtigung verpflichtet ist (§ 1004 Abs. 2 BGB). Dies wird überwiegend so verstanden, dass die negatorischen Ansprüche nur bei Rechtswidrigkeit des Eingriffs entstehen.58 Das Verständnis, wonach zu dulden ist, was dem Recht entspricht, während zu unterlassen und zu beseitigen ist, was dem Recht zuwider ist, steht im Einklang mit den Motiven zu § 944 E I BGB, 59 aus dem § 1004 Abs. 2 BGB hervorging. Dort ist von der „Rechtswidrigkeit der zuständlichen objektiven Eigenthumsverletzung“ und dem „Beweis der Rechtsmäßigkeit seines Verhaltens“ die Rede, der dem Störer obliegt. Zwar sprach § 942 E I BGB, dessen entsprechende Anwendbarkeit § 944 E I BGB anordnete, nicht wie § 1004 Abs. 2 BGB von einer Duldungspflicht, sondern von einer Berechtigung. Indes beruht die schließlich für § 1004 Abs. 2 BGB gewählte Formulierung nur darauf, dass die nachbarrechtlichen Duldungspflichten einbezogen sein sollten. Eine sachliche Abweichung von den §§ 944, 942 E I BGB war nicht bezweckt. 60 § 1004 Abs. 2 BGB bringt mithin zum Ausdruck, dass der Anspruch nicht besteht, wenn die Beeinträchtigung nicht rechtswidrig ist. 56

Vgl. Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 31 betr. Verfügung eines Nichtberechtigten. Vgl. Picker, Beseitigungsanspruch, S. 83 f. betr. Verfügung eines Nichtberechtigten. 58 BGH LM ZPO § 926 Nr. 1; J. F. Baur, in: Baur/Stürner, Sachenrecht, § 12, Rn. 2; Deutsch, Rn. 237; Picker, Beseitigungsanspruch, S. 171. Ferner Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 166; Medicus, in: MüKo BGB, § 1004, Rn. 59 ff., jew. mit Überblick über den Meinungsstand und m. w. N. 59 Mugdan III, S. 239. 60 G. Planck, § 1004, Anm. 5b). 57

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Eine unbegründete Intervention ist nach allgemeinen Grundsätzen als rechtswidrig zu beurteilen. 61 Namentlich ist ein Rechtfertigungsgrund der (laufenden oder – nach Maßgabe des Vorlagebeschusses des I. Zivilsenates des BGH v. 12. 08. 2004 62 – hypothetischen) Verfahrensinanspruchnahme nicht anzuerkennen. Allfällige materiellrechtliche Duldungspflichten und Rechtfertigungsgründe sind bei einer unbegründeten Intervention nicht ersichtlich. Auch eine Duldungspflicht kraft richterlicher Anordnung63 (gerichtliche Interventionsentscheidung) oder aufgrund behördlicher Erlaubnis64 (Klausel für einen Interventionstitel) besteht nicht. Denn ein Interventionstitel gibt nur eine prozessuale Befugnis, aber keine materiellrechtliche Erlaubnis zur Beeinträchtigung, 65 und behördliche Erlaubnisse schließen Ansprüche aus § 1004 BGB i. d.R. nicht aus. 66 Folglich steht der Ausschlussgrund der Duldungspflicht (Rechtmäßigkeit) (§ 1004 Abs. 2 BGB) negatorischen Ansprüchen des Vollstreckungsgläubigers gegen Beeinträchtigungen durch unbegründete Intervention nicht entgegen. d) Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch Negatorischer Rechtsschutz eines Vollstreckungsgläubigers umfasst Beseitigungs- (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) (aa)) und Unterlassungsansprüche (§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB) (bb)), die gegen Rechtsanmaßung und Bestreiten von Rechten gerichtet sind. aa) Beseitigungsanspruch Ein Intervenient ist zur Beseitigung der mit der Intervention bewirkten Beeinträchtigung dinglicher Rechte eines Vollstreckungsgläubigers am Vollstreckungsgegenstand verpflichtet. Die Situation, die dem negatorischen Beseitigungsanspruch zugrunde liegt, kann treffend als Lage ineinander verschobener Rechtskreise beschrieben werden, und in diesem Bild besteht die Beseitigungspflicht darin, dass der Störer seinen Rechtskreis zu korrigieren hat, indem er sich aus dem Rechtskreis des Berechtigten zurückzieht. 67 In diesem Rahmen hat der Störer die Beeinträchtigung zu beenden. Welche Tätigkeit er dazu entfalten muss, hängt von der Art der Beeinträchtigung ab. 68 61

S. 316–386. BGH ZIP 2004, 1919. 63 Vgl. Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 184. 64 Vgl. Medicus, in: MüKo BGB, § 1004, Rn. 67; Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 177. 65 S. 359–363. 66 Medicus, in: MüKo BGB, § 1004, Rn. 67. 67 Picker, Beseitigungsanspruch, S. 157 f. Zustimmend Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 137; ders., in: Westermann, S. 270. 68 Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 137, im Anschluss an Picker, Beseitigungsanspruch, S. 157 ff. 62

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Beseitigung durch untätigen Abbruch der Intervention kommt nicht in Betracht. Eine Intervention ist ein mehraktiger Vorgang, dessen Einzelakte mit ihrer Vornahme jeweils abgeschlossen und beendet sind (aber gleichwohl fortwirken), und bei dem die jeweils nächste Handlung eine künftige Beeinträchtigung darstellt, die nicht zu beseitigen, sondern zu unterlassen ist. Beispiel 16.3: D fordert den VG schriftlich auf, den Vollstreckungsgegenstand freizugeben, andernfalls werde D Drittwiderspruchsklage erheben und Antrag gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO stellen. Sieht D von den angedrohten Schritten ab, dann ist dies keine Beseitigung der Aufforderung zur Freigabe und der Androhung rechtlicher Schritte, sondern die Unterlassung einer weiteren Beeinträchtigung.

Als Beseitigungsschuldner ist ein Intervenient zu tätiger Beseitigung verpfl ichtet. Er hat dafür zu sorgen, dass er der Rechtsausübung in Zukunft nicht mehr im Wege steht. Eine erhobene Klage und gestellte Anträge sind zurückzunehmen. Die beeinträchtigende Wirkung einer erlassenen Entscheidung ist durch Herausgabe der Ausfertigung an den Vollstreckungsgläubiger zu beenden. Eine außerprozessuale Intervention wirkt als Störungsquelle fort, solange sie aufrechterhalten wird. Die Beeinträchtigung ist durch Erklärung gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger zu beseitigen, die Behauptung des Rechts werde unter den gegebenen Umständen nicht aufrechtzuerhalten. Weitergehende Rechtsfolgen, die inhaltlich auf Schadensersatz gerichtet wären, ergeben sich nicht unmittelbar aus dem negatorischen Rechtsschutz. 69 Eine andere Frage, die aber die materiellrechtliche Beurteilung unberührt lässt, ist die nach der prozessualen Durchsetzbarkeit eines Anspruchs, der auf die Beseitigung im Rahmen eines Rechtspflegeverfahrens herbeigeführter Störungen gerichtet ist. Die Frage, ob demjenigen, dessen Recht durch prozessuale Rechtsanmaßung beeinträchtigt ist, eine Beseitigungsklage an die Hand zu geben ist, ist auf der Ebene des Verfahrensrechts zu beantworten – Ansatzpunkte sind das Rechtsschutzinteresse, die Klagbarkeit und Vorrangregeln.70 bb) Unterlassungsanspruch Gem. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, der unmittelbar (Eigentum) oder entsprechend (andere dingliche Rechte am Vollstreckungsgegenstand) anzuwenden ist, kann der Vollstreckungsgläubiger „auf Unterlassung klagen“, wenn „weitere“ Beeinträchtigungen zu besorgen sind. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB gewährt nicht nur

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A. A. Messer, WuB VI E. – § 717 Abs. 2 ZPO – 1.85: auf § 1004 BGB gestützter Anspruch des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten auf Ersatz von Kosten der Rechtsverteidigung (Anwaltskosten) und Aufwendungen zur Erhaltung der gepfändeten Sache. – Solche Kosten sind interventionsbedingter Schaden, keine fortdauernde Beeinträchtigung eines Gläubigerrechts. 70 S. 371–373.

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einen rein prozessualen Rechtsbehelf, 71 sondern einen materiellrechtlichen Unterlassungsanspruch.72 Dieser Anspruch setzt nach dem Wortlaut und dem Willen der Gesetzesverfasser (arg. e § 907 BGB) von § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB voraus, dass bereits eine Beeinträchtigung stattgefunden hat (Wiederholungsgefahr). 73 Die Wiederholungsgefahr ist objektiv zu beurteilen. 74 Sie besteht, wenn Tatsachen darauf hinweisen, dass eine Beeinträchtigung wahrscheinlich ist oder zumindest eine naheliegende Möglichkeit bildet. 75 Von einer geschehenen Beeinträchtigung darf nicht ohne weiteres auf eine Wiederholungsgefahr geschlossen werden. 76 Behauptet der Störer allerdings ein Recht zum Eingriff, dann besteht regelmäßig die Besorgnis der Wiederholung. 77 Daher ist ein Intervenient regelmäßig zur Unterlassung weiterer Interventionsmaßnahmen verpflichtet, wenn er sich gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger einmal ein besseres Recht am gepfändeten Gegenstand angemaßt und diesen Standpunkt nicht erkennbar aufgegeben hat. Nach Maßgabe des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB („weitere Beeinträchtigungen“) ist ein Intervenient nicht zur Unterlassung der ersten Rechtsanmaßung – zumeist die außergerichtliche Freigabeaufforderung – verpfl ichtet. Indes fordert die rechtspolitische Zwecksetzung des negatorischen Unterlassungsanspruchs – Prävention vor Restitution 78 – die Gleichbehandlung des bislang unbeeinträchtigten und des bereits beeinträchtigten Berechtigten. Prävention, die erst nach begangener Verletzung einsetzt, ist unvollständig, und der unbeeinträchtigte Berechtigte ist nicht weniger schutzwürdig und -bedürftig als der beeinträchtigte. Rechtsfortbildend ist der Unterlassungsanspruch daher auf drohende Erstbegehungsgefahr zu erstrecken. 79 Sobald eine Beeinträchtigung eines Gläu71

So aber Canaris, S. 165 f.; Esser/Weyers, S. 264 f.; Neumann-Duesberg, JZ 1955, 480; Nikisch, S. 149. 72 Baur, in: Beiträge, S. 146, 150 f.; J. F. Baur, in: Baur/Stürner, Sachenrecht, § 12, Rn. 25; A. Blomeyer, Zivilprozess, S. 170; Enneccerus/Nipperdey I, S. 432; Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 205; ders., in: Westermann, S. 272; Heinze, S. 51 f.; Medicus, in: MüKo BGB, § 1004, Rn. 97; Münzberg, JZ 1967, 689, 692 f.; Schumann, in: Stein/Jonas, vor § 253, Rn. 8; M. Wolf, Sachenrecht, Rn. 318. 73 Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 207. 74 Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 206. 75 J. F. Baur, in: Baur/Stürner, Sachenrecht, § 12, Rn. 25; Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 206 m. w. N. 76 Hirtz, MDR 1988, 182, 185. Zustimmend Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 210. A. A. RGZ 125, 391, 392 f.; BayObLG NJW-RR 1987, 1040, 1041; Baumgärtel, in: ders./Laumen, § 1004, Rn. 16; Medicus, in: MüKo BGB, § 1004, Rn. 95 f.; Pikart, in: RGRK, § 1004, Rn. 105. 77 OLG Karlsruhe NJW 1978, 274; OLG Köln VersR 1977, 577; Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 210. 78 Canaris, S. 112; Enneccerus/Lehmann, S. 1008; Hager, in: Staudinger, Vorbem. §§ 823 ff., Rn. 63. 79 Heute allg. M., BGHZ 2, 394; RGZ 101, 335, 340; Bassenge, in: Palandt, § 1004, Rn. 33; Baur, in: Beiträge, S. 146, 148; Ebbing, in: Erman, § 1004, Rn. 76; Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 207; Medicus, in: MüKo BGB, § 1004, Rn. 95.

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Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung

bigerrechts am Vollstreckungsgegenstand durch eine erste Rechtsanmaßung eines Dritten objektiv wahrscheinlich ist – sobald sich der Dritte zur Intervention anschickt –, ist dieser folglich unterlassungspflichtig. Folglich ist ein Intervenient einem dinglich berechtigten Vollstreckungsgläubiger negatorisch zur Unterlassung jeglicher Rechtsanmaßung und jeglichen Bestreitens eines Gläubigerrechts verpflichtet. Ein Intervenient hat demnach bereits den Beginn und sodann jede Fortsetzung einer Intervention – Forderungsschreiben, Anstrengung und Betrieb eines Rechtsstreits sowie Umsetzung von Interventionsentscheidungen – zu unterlassen. e) Negatorische Ansprüche als Schuldverhältnis i. S. v. § 280 Abs. 1 BGB Zwischen einem Intervenienten und einem dinglich berechtigten Vollstreckungsgläubiger besteht zumeist (Ausnahme: offensichtlich unbegründete Intervention, die keine Beeinträchtigungsqualität hat) ein gesetzliches Schuldverhältnis, das den Intervenienten zur Beseitigung gegenwärtiger Störung und zur Unterlassung künftiger Interventionsmaßnahmen verpflichtet. Da § 280 Abs. 1 BGB grundsätzlich auch bei gesetzlichen Schuldverhältnissen anzuwenden ist, 80 könnte sich ein Intervenient unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 280 ff. BGB gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger schadensersatzpflichtig machen, wenn er eine negatorische Beseitigungs- oder Unterlassungspflicht verletzt. Pflichtverletzung i. S. v. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB ist jedes objektiv nicht dem Schuldverhältnis entsprechende Verhalten des Schuldners. Bei primären Leistungspflichten (§ 241 Abs. 1 BGB) besteht die Pflichtverletzung folglich darin, dass die geschuldete Leistung nicht oder nicht pünktlich erbracht wird. 81 Durch eine Unterlassung der geschuldeten Beseitigung und durch jeden Verstoß gegen die geschuldete Unterlassung würde der Intervenient demnach eine Pflichtverletzung i. S. v. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB begehen. Es ist allerdings zweifelhaft, ob die Verletzung negatorischer Beseitigungs- und Unterlassungspflichten Schadensersatzansprüche wegen Leistungsstörung nach sich ziehen kann. Vor dem SchuldRModG war die Anwendung von Vorschriften des Leistungsstörungsrechts bei Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen in Rechtsprechung und Schrifttum Gegenstand einer Anzahl von Streitfragen, die auch das SchuldRModG nicht beantwortet. Damit besteht Anlass zur Untersuchung, ob und nach welcher Maßgabe Schuldverhältnisse aufgrund negatorischer Ansprüche als Schuldverhältnisse i. S. v. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB gelten.

80 81

S. nur Schmidt-Räntsch, Rn. 317. Schmidt-Räntsch, Rn. 318.

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aa) Beseitigungsanspruch Nach der Auffassung von Lutter und Overrath sind schuldrechtliche Vorschriften im Bereich des § 1004 BGB unanwendbar. 82 Die Pflicht, deren Verletzung den Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB auslöst, sei keine schuldrechtliche oder schuldrechtsähnliche Sonderverbindung83 zwischen dem Störer und dem Berechtigten. Vielmehr handle es sich um die allgemeine, jedermann gegenüber geltende Pflicht, dessen Recht nicht zu verletzen. Zutreffend ist daran, dass die Störung, die den Beseitigungsanspruch herbeiführt, von einem bestehenden Schuldverhältnis unabhängig ist. Der Störer haftet daher für Schäden durch die Störung nicht nach § 280 Abs. 1 BGB, es sei denn, die Störung hat gleichzeitig eine Pflicht aus einem bereits bestehenden Schuldverhältnis verletzt – das Schuldverhältnis, das der Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB zugrunde liegt, ist dann aber nicht der Beseitigungsanspruch, sondern das unabhängig von der Störung bestehende Schuldverhältnis. Zweifelhaft, zumindest ungenau, ist hingegen die Aussage, schuldrechtliche Vorschriften seien „im Bereich des § 1004 BGB“ unanwendbar. Da der Beseitigungsanspruch ein Schuldverhältnis begründet, sind die allgemeinen Vorschriften über den schuldrechtlichen Anspruch auf den entstandenen Beseitigungsanspruch grundsätzlich anzuwenden. 84 Zu den anwendbaren Vorschriften soll namentlich § 280 BGB a. F. (Haftung bei zu vertretender Unmöglichkeit, nunmehr § 280 Abs. 1, 3, § 283 BGB) gehören. 85 Dem wird entgegengehalten, Unmöglichkeit und Unvermögen seien Kategorien, die auf den dinglichen Anspruch nicht passen würden. Unmöglichkeit der Beseitigung sei Zweckerreichung durch Beendigung der beeinträchtigenden Beziehung des Störers, die ihn insgesamt befreie, weil dem Berechtigten der Zugriff wieder möglich sei. 86 In dieser Allgemeinheit ist der Ausschluss der Unmöglichkeit im Bereich des negatorischen Beseitigungsanspruchs indes nicht überzeugend. Denn der Störer kann aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen an der Beseitigung einer Störung gehindert sein, ohne dass der Hinderungsgrund gleichzeitig die Störung beseitigt. Ferner tritt zwar Unmöglichkeit, aber keine Zweckerreichung ein, wenn eine Beeinträchtigung durch Rechtsverlust des Berechtigten (z. B. Erlöschen eines Pfändungspfandrechts durch Aufhebung der Pfändung) beendet wird. Insbesondere, wenn eine Rechtsbeein82 Lutter/Overrath, JZ 1968, 345, 346 betr. § 278 BGB bei Eigentumsbeeinträchtigung. Lutter/Overrath, a.a.O., 353, Fn. 60, ziehen allerdings eine Schadenersatzpfl icht des Störers analog §§ 989, 990 BGB in Betracht. Dagegen Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 147. 83 Der Terminus Sonderverbindung umfasst als Oberbegriff das Schuldverhältnis mit primären Leistungspfl ichten i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB, Krebs, S. 8. 84 J. F. Baur, in: Baur/Stürner, Sachenrecht § 12, Rn. 21; Henckel, JZ 1973, 32. 85 J. F. Baur, in: Baur/Stürner, Sachenrecht § 12, Rn. 21; Offtermatt, S. 125, Fn. 20; Siber, S. 124. 86 So Picker, Beseitigungsanspruch, S. 160 f. Zustimmend Henckel, AcP 174 (1974), 97, 131.

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Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung

trächtigung in den Rechtsverlust einmündet, erfasst die Unmöglichkeit passend die Entwicklung. Gegen Ansprüche wegen Unmöglichkeit wird auch eingewandt, entweder stünden Hinderungsgründe der Beseitigung nur vorübergehend entgegen und seien daher rechtlich als Leistungsverzögerung zu behandeln, so dass eine Schadensersatzpflicht nur unter Verzugsgesichtspunkten in Betracht kommt, oder der Umstand, der die Beseitigung dauernd unmöglich macht (Naturgesetze, Rechtsvorschriften), liege außerhalb des Einflussbereichs des Störers und sei daher von ihm nicht zu vertreten. 87 Diese Einwände sind für die meisten Fallgestaltungen zutreffend, aber wiederum nicht für die Fälle des Rechtsverlusts, in denen die Beseitigung dauerhaft infolge von Umständen ausgeschlossen ist, die der Störer beeinflussen konnte. Im übrigen enthalten die genannten Einwände gegen die Anwendung der Unmöglichkeitsvorschriften kein grundlegendes Bedenken gegen die Anwendbarkeit des Leistungsstörungsrechts auf negatorische Beseitigungsansprüche, sondern deren grundsätzliche Bestätigung, indem sie die unterbliebene Beseitigung dem Verzug zuordnen und die Frage des Vertretenmüssens beleuchten. Weitgehende Einigkeit besteht darüber, dass die Regeln über den Schuldnerverzug (§§ 284 ff. BGB a. F.) einschließlich des Verzugsschadensersatzes (§ 286 BGB a. F., nunmehr §§ 280 Abs. 1, 2, 286 ff. BGB) auf den negatorischen Beseitigungsanspruch anzuwenden sind. 88 Die Begründung hierfür ist aus § 990 Abs. 2 BGB abzuleiten, wonach die Anwendbarkeit der Verzugsvorschriften auf dingliche Ansprüche der gesetzlichen Konzeption entspricht. 89 Henckel 90 hält dagegen die Verweisung auf die Verzugsregeln für Beseitigungspflichten außerhalb des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses für entbehrlich, weil aus der Anwendung der Verzugsregeln keine haftungsrechtlichen Konsequenzen resultierten, die sich nicht bereits aus der Anwendung von § 823 BGB ergäben. Gursky 91 hat diese Erwägung allerdings damit widerlegt, dass ein Störer für die Herbeiführung der Beeinträchtigung nicht verantwortlich zu sein braucht, folglich nicht aus § 823 BGB haftet, und daher auch für die Verzögerung der

87

Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 147. So grundsätzlich, mit Abweichungen in Einzelheiten KG JW 1929, 149 betr. die Haftung des Vollstreckungsgläubigers, der die Freigabe schuldnerfremder Gegenstände verzögert hat, wegen verzögerter Beseitigung der Eigentumsstörung (offengelassen in RG HRR 1940 Nr. 419); J. F. Baur, in: Baur/Stürner, Sachenrecht § 12, Rn. 21; Dehner, in: Meisner/ Stern/Hodes/Dehner, S. 839; Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 147, 159; Henckel, JZ 1973, 32; Medicus, in: MüKo BGB, § 1004, Rn. 90; Picker, Beseitigungsanspruch, S. 161, Fn. 14; Schwerdtner, S. 156; Siber, S. 124. 89 Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 159; Medicus, in: MüKo BGB, § 1004, Rn. 90, Fn. 209. 90 Henckel, AcP 174 (1974), 97, 133. S. aber dens., JZ 1973, 32. 91 Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 159. 88

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geschuldeten Beseitigung nicht haften würde, es sei denn aufgrund der Verzugsregeln. Insgesamt ist festzuhalten, dass negatorische Beseitigungsansprüche Schuldverhältnisse i. S. v. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB sind, bei denen eine zu vertretende (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB) 92 Pflichtverletzung des Beseitigungsschuldners – zeitweiliges oder endgültiges Unterbleiben der Beseitigung – unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 280 ff. BGB schadensersatzbewehrt ist. Hält ein beseitigungspflichtiger Intervenient eine unbegründete Intervention aufrecht, haftet er folglich gem. § 280 Abs. 1 BGB auf Schadensersatz. Der Intervenient muss die unterbliebene Beseitigung zu vertreten haben (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB), nicht die Vornahme der Beeinträchtigung. bb) Unterlassungsanspruch Die Anwendbarkeit des Leistungsstörungsrechts ist auch bei negatorischen Unterlassungsansprüchen ganz überwiegend anerkannt.93 Umstritten ist allein, ob die Regeln über den Schuldnerverzug anwendbar sind,94 oder ob bei Zuwiderhandlungen gegen geschuldetes dauerhaftes Unterlassen stets (teilweise) Unmöglichkeit eintritt.95 Der Streitpunkt berührt nicht die grundsätzliche Anwendbarkeit des Leistungsstörungsrechts auf negatorische Unterlassungsansprüche, und nichts scheint dagegen zu sprechen, dass die Verletzung negatorischer Unterlassungspflichten mit Schadensersatzansprüchen gem. § 280 Abs. 1 BGB bewehrt ist.96 Der Schuldner eines negatorischen Unterlassungsanspruchs wäre dann nach Maßgabe des Leistungsstörungsrechts zum Ersatz (bereits) 92

Zum Vertretenmüssen des Intervenienten S. 387–421. Dehner, in: Meisner/Stern/Hodes/Dehner, S. 839; Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 218; Lehmann, AcP 96 (1905), 60, 73 f.; G. Planck, in: ders., § 284, Anm. 9; Schwerdtner, S. 156 ff.; Werner, in: Staudinger (10/11), Vorbem. §§ 275–292, Rn. 44; § 284, Rn. 47. A. A. Henckel, AcP 174 (1974), 97, 133; ders., S. 296: kein Verzug; Staub, in: Festschrift für den XXVI. Deutschen Juristentag, S. 29 ff.: keine Unmöglichkeit, kein Verzug, mit weitgehend begriffl ich-suggestiver Argumentation – dagegen Lehmann, a.a.O., 72 ff. 94 So Dehner, in: Meisner/Stern/Hodes/Dehner, S. 839; Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 218; Hösl, S. 38 f.; Schwerdtner, S. 156 ff. 95 So grundlegend und überzeugend Lehmann, AcP 96 (1905), 60, 73 f. Ferner OLG Stuttgart BB 1967, 1393; Jauernig, NJW 1973, 1671, 1672 f.; G. Planck, in: ders., § 284, Anm. 9; Werner, in: Staudinger (10/11), Vorbem. §§ 275–292, Rn. 44; § 284, Rn. 47. Differenzierend Fritzsche, S. 373 ff., 392 ff. 96 Soweit ersichtlich hat bislang einzig Fritzsche, S. 272, diese Frage – betr. Schadensersatzansprüche wegen Unmöglichkeit oder positiver Forderungsverletzung – überhaupt angesprochen, ohne sie jedoch zu vertiefen. In BGHZ 130, 288 – betr. Ansprüche aus positiver Forderungsverletzung nach Zuwiderhandlung gegen eine vertragliche Unterlassungsverpfl ichtung, die nach einem Wettbewerbsverstoß eingegangen worden war – wird die inmitten stehende Frage nach einem Schadensersatzanspruch wegen positiver Forderungsverletzung infolge der Verletzung des gesetzlichen Unterlassungsanspruchs, der als Folge des Wettbewerbsverstoßes entstanden war, nicht aufgeworfen, weil die vertragliche Unterlassungsverpfl ichtung den gesetzlichen Unterlassungsanspruch „ersetzt“ habe. 93

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Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung

solcher Schäden verpflichtet, die der Eintritt einer Störung verursacht (und nicht erst die unterbliebene Beseitigung). Die daraus resultierenden Folgen (aaa)) führen zu Widersprüchen mit dem gesetzlichen Anspruchssystem (bbb)) und geben Anlass zur Rechtsfortbildung (ccc)). aaa) Folgen der Anwendung von § 280 Abs. 1 BGB bei negatorischen Unterlassungsansprüchen Die Anwendung von § 280 Abs. 1 BGB bei negatorischen Unterlassungsansprüchen führt zu weitreichenden Folgen. Negatorischer Rechtsschutz durch Unterlassungsansprüche besteht in der gesamten Breite des deliktischen Rechtsschutzes,97 und zwar gegen jede (auch erstmalige) Gefährdung (sub B. III. 2. d) bb)). Ein Unterlassungsanspruch entsteht, sobald die Beeinträchtigung der geschützten Position droht (Beeinträchtigungsgefahr). Gefahr besteht, wenn die Möglichkeit eines Erfolges (hier: Beeinträchtigung) objektiv – nach Maßgabe eines sachkundigen Urteils ex ante – nahe liegt.98 Gefahr ist mithin ein Zustand erwarteter Erfolgsverursachung.99 Umgekehrt ist der Erfolgseintritt ein Zustand verwirklichter Gefahr.100 Jedem Erfolgseintritt geht zwingend ein Gefahrzustand voraus; ein Erfolg – und sei er noch so schlagartig und zufällig verursacht worden – ist ohne vorhergehende Gefahr des Erfolgseintritts – und sei der Gefährdungszeitraum noch so kurz – nicht denkbar. Folglich entsteht vor jeder Beeinträchtigung einer negatorisch geschützten Rechtsposition zwangsläufig ein negatorischer Anspruch auf Unterlassung der Beeinträchtigung. Indem ein Störer ein negatorisch geschütztes Recht oder Rechtsgut beeinträchtigt, verletzt er daher stets eine Pfl icht (die Beeinträchtigung zu unter97 Unterlassungsansprüche bestehen nicht nur im Rahmen des § 1004 BGB und aufgrund von Verweisungen auf § 1004 BGB (z. B. §§ 1027, 1065, 1090 Abs. 2, 1227 BGB, § 1017 Abs. 2 BGB, § 11 Abs. 1 Satz 1 ErbbauVO, § 34 Abs. 2 WEG) sowie von Spezialvorschriften (z. B. §§ 12, 1134, 1135 BGB). Vielmehr bestehen über die gesetzlich geregelten Fälle hinaus Unterlassungsansprüche gegen die Beeinträchtigung jedes absoluten Rechts (grundlegend RGZ 60, 6) und deliktisch geschützten Rechtsgutes (Enneccerus/Lehmann, S. 1009; Esser/Weyers, S. 257; Gursky, in: Staudinger, § 1004, Rn. 15 f.; Hager, in: Staudinger, Vorbem. §§ 823 ff., Rn. 63; Medicus, JuS 1986, 665, 671), und zwar namentlich der Rechte und Rechtsgüter des § 823 Abs. 1 BGB einschließlich der Rahmenrechte, der durch Schutzgesetze abgesicherten Interessensphären (§ 823 Abs. 2 BGB) und des Kredits (§ 824 BGB), sowie des Vermögens in Fällen drohender vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB). Dem zugrunde liegt das so überzeugende wie „einfache Prinzip, daß jede vom geltenden Recht geschützte subjektive Position wie den deliktischen, so auch den komplementären negatorischen . . . Schutz genießt“, Picker, in: Festschrift für Joachim Gernhuber, S. 315, Fn. 3. Zu Recht wird die negatorische Haftung als unbedingter Elementarschutz der subjektiven Rechtspositionen verstanden, so Picker, a.a.O., S. 339. 98 Zum Grundbegriff der Gefahr Deutsch, Rn. 203 sowie Rn. 205 f. zum Beurteilungszeitpunkt. Ferner Gerlach, Privatrecht, S. 212, Fn. 564. 99 Deutsch, Rn. 194. Ähnlich Münzberg, S. 164. 100 Deutsch, Rn. 194.

B. Interventionsbegleitende Schuldverhältnisse

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lassen) aus einem Schuldverhältnis (Unterlassungsanspruch) (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB). Da jede Verletzung eines deliktisch geschützten Rechts oder Rechtsguts eine negatorisch geschützte Beeinträchtigung ist, ist auch jede unerlaubte Handlung i. S. der §§ 823 ff. BGB gleichzeitig die Verletzung einer Pflicht aus einem Schuldverhältnis (Verletzung einer negatorischen Unterlassungspflicht) i. S. v. § 280 Abs. 1 BGB. bbb) Widerspruch zum gesetzlichen Anspruchssystem Durch den negatorischen Unterlassungsanspruch wird jede unerlaubte Handlung zu einer Leistungsstörung, die gem. § 280 Abs. 1 BGB schadensersatzbewehrt ist. Dies widerspricht der gesetzlichen Anspruchssystematik, die eine Zweispurigkeit der Haftung innerhalb und außerhalb von Sonderverbindungen ausweist. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB bringt zum Ausdruck („Schuldverhältnis“, „Schuldner“, „Gläubiger“), dass der Anspruch eine besondere rechtliche Verbindung der Beteiligten (Sonderverbindung) voraussetzt; das Leistungsstörungsrecht ist, wie auch § 278 BGB und andere Vorschriften, in deren Tatbeständen von „Schuldner“, „Verbindlichkeit“ und dergleichen die Rede ist, nur innerhalb bestehender Sonderverbindungen anwendbar. Dagegen ist das Recht der unerlaubten Handlungen voraussetzungslos im Hinblick auf die Beziehung der Beteiligten z.Zt. der Rechtsverletzung. Das Deliktsrecht ist das Haftungsrecht für Schädigungen im allgemeinen Verkehr, seine Gebote sind im Verhalten gegenüber jedermann zu beachten.101 Das Recht der unerlaubten Handlungen gründet in besonderem Maße auf das antike Rechtsgebot des alterum non laedere102 (neminem laedere).103 Dieses allgemeine Schädigungsverbot legitimiert im Rahmen der kleinen deliktischen Generalklauseln des geltenden Rechts eine Ersatzpflicht für jede ungerechtfertigte schuldhafte Schädigung, es reicht indes nicht zur Begründung einer Sonderverbindung hin, in deren Rahmen Schädigungen durch das Leistungsstörungsrecht sanktioniert werden.104 Der Begriff der Sonderverbindung ist geradezu definiert als „rechtliche Verbindung . . ., die über das allgemein geltende Deliktsrecht (neminem laedere) hinausgeht“105 . Demgegenüber ist der Schutz vor Störungen durch negatorische (Beseitigungs- und) Unterlassungsansprüche nichts weiter als „Ausdruck der absoluten Natur des

101 102

Vgl. Schiemann, JuS 1989, 345, 350. Zum allgemeinen Schädigungsverbot alterum non laedere vgl. Schiemann, JuS 1989,

345 ff. 103

Medicus, JuS 1986, 665, 668. Krebs, S. 34 f. A. A. Picker, JZ 1987, 1041, 1047 ff.; ders., AcP 183 (1983), 369, 460 ff. – dagegen Krebs, S. 34 f. 105 Medicus, JuS 1986, 665, 668 (Hervorhebung im Original). 104

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Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung

geschützten Rechts“106 und des den absoluten Rechten zugrunde liegende allgemeine Verbots, den Berechtigten zu stören und in sein Recht einzugreifen.107 Negatorische Unterlassungsansprüche beruhen also wie das Deliktsrecht auf dem allgemeinen Schädigungsverbot. Die Anknüpfung von Schadensersatzansprüchen des Leistungsstörungsrechts (§ 280 Abs. 1 BGB) an die Verletzung einer negatorischen Unterlassungspflicht erweist sich als unvereinbar mit der gesetzlichen Zweispurigkeit der Haftung. Dies liegt allerdings nicht daran, dass ein Anspruch, der auf dem allgemeinen Schädigungsverbot beruht, Grundlage eines Anspruchs wegen Leistungsstörung ist. Denn auch die Verletzung negatorischer Beseitigungs- und deliktischer Schadensersatzansprüche ist schadensersatzbewehrt durch § 280 Abs. 1 BGB, obwohl jene Pflichten auf das allgemeine Schädigungsverbot gründen. Im Unterschied zur Pflichtverletzung des Unterlassungsschuldners knüpft der Schadensersatzanspruch (§ 280 Abs. 1 BGB) bei Verletzungen negatorischer Beseitigungs- und deliktischer Schadensersatzpfl ichten aber nicht an die erstmalige Störung oder Verletzung an, sondern an die Verletzung von Pflichten, die sich an die erstmalige Störung oder Verletzung angeschlossen haben. Das Delikt oder die Störung ist keine Leistungsstörung, eine anschließende Leistungsstörung muss kein Delikt sein. Die Anwendung von § 280 Abs. 1 BGB bei negatorischen Beseitigungs- und deliktischen Schadensersatzansprüchen wahrt folglich die haftungsrechtliche Zweispurigkeit. Gegen die Anwendbarkeit des Leistungsstörungsrechts auf negatorische Unterlassungsansprüche spricht auch nicht, dass ein Unterlassungsanspruch keine „Bedeutung erlangt“, wenn zwischen Eintritt (Anspruchsentstehung) und Verwirklichung (Pfl ichtverletzung) der Gefahr keine nennenswerte Zeitspanne vergeht, weil die tatsächlichen Gegebenheiten (z. B. bei einem Verkehrsunfall) keine prozessuale Durchsetzung des materiellen Rechtsgüterschutzes erlauben.108 Von der tatsächlichen Unmöglichkeit, einen Anspruchs prozessual durchzusetzen, darf nicht darauf geschlossen werden, die Nichterfüllung des Anspruchs solle dann auch materiellrechtlich nicht durch Sekundär(schadensersatz)ansprüche bewehrt sein.109 Andernfalls würde auch ein Dienstverpflichteter, der eine unvertretbare Dienstleistung verweigert, nicht schadensersatzpflichtig aus § 280 Abs. 1 BGB werden, weil der Anspruch auf die Dienstleistung nicht durchsetzbar ist (§ 888 Abs. 3 ZPO). Vielmehr ist derjenige, der mit 106

Wolff/Raiser, S. 350. Enneccerus/Lehmann, S. 1009. 108 Medicus, JuS 1986, 665, 671. 109 In diese Richtung aber wohl Medicus, JuS 1986, 665, 671, der aus der „pragmatischen Überlegung“ der Bedeutungslosigkeit von Unterlassungsansprüchen bei schlagartig eintretenden Verletzungen die Unanwendbarkeit von § 278 BGB auf Unterlassungsansprüche folgert. 107

B. Interventionsbegleitende Schuldverhältnisse

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rechtlichen Mitteln nicht von einer Pflichtverletzung abgehalten werden kann, umso mehr durch die drohenden Folgen einer Pflichtverletzung zur Pflichterfüllung anzuhalten. Die Anknüpfung von Schadensersatzansprüchen gem. § 280 Abs. 1 BGB an die Verletzung negatorischer Unterlassungspflichten ist mit der haftungsrechtlichen Zweispurigkeit des geltenden Rechts aber deshalb unvereinbar, weil damit ausnahmslos jede erstmalige deliktische Rechtsverletzung zwangsläufig zur Grundlage eines leistungsstörungsrechtlichen Schadensersatzanspruchs wird. Denn die deliktische Verletzung ist stets identisch mit der Verletzung der durchweg bestehenden Unterlassungspflicht. Das Deliktsrecht ist im Hinblick auf die Verbundenheit der Beteiligten voraussetzungslos, während § 280 Abs. 1 BGB eine Sonderverbindung voraussetzt. Der negatorische Unterlassungsanspruch hebt diesen Unterschied auf, weil Unverbundenheit sich vor einer Verletzung stets zur Gefahr verdichtet, die eine Sonderverbindung schafft. Auf diese Weise werden alle Fälle der §§ 823 ff. BGB zu solchen der §§ 280 ff. BGB. Dem geltenden Recht liegt ein solches Verständnis nicht zugrunde. Die §§ 823 ff. BGB einerseits und die §§ 280 ff. BGB andererseits bezeugen, dass die Haftung für Schädigungen im Zustand der Unverbundenheit anderen Regeln folgen soll als im Zustand der Verbundenheit. Überschneidungen und Beeinflussungen des Deliktsrechts durch Sonderverbindungen sind mit dieser Konzeption vereinbar (der Verbundene soll grundsätzlich auch die Ansprüche erwerben, die bei Unverbundenheit entstanden wären; andererseits soll privatautonome Regelung auch im Deliktsrecht wirken, weil sie sonst insgesamt wirkungslos wäre).110 Im Widerspruch zum geltenden Recht steht es aber, Unverbundenheit als Unterfall von Verbundenheit zu begreifen. Die im geltenden Recht verankerte Zweispurigkeit des Haftungsrechts, nach dem Schädigungen im allgemeinen Verkehr der Restitution durch das Deliktsrecht zugewiesen sind, und § 280 Abs. 1 BGB (nur) bei Schädigungen innerhalb von (sich von der Unverbundenheit unterscheidenden) Sonderverbindungen anzuwenden ist, gebietet es daher, § 280 Abs. 1 BGB nicht unterschiedslos bei jeder Verletzung negatorischen Unterlassungspflichten anzuwenden. Die Verletzung einer negatorischen Unterlassungspflicht, die eine Schädigung des unterlassungsbewehrten Rechtsguts verursacht, bezeugt nur, dass eine unerlaubte Handlung verwirklicht ist. Für die Anwendbarkeit von § 280 Abs. 1 BGB ist dies nicht hinreichend. Das Bestehen einer negatorischen Unterlassungspflicht darf nicht das Kriterium für die Anwendbarkeit von § 280 Abs. 1 BGB (Sonderverbindung) erfüllen, weil sonst die Grenze zwischen Delikts- und Leistungsstörungsrecht abgeschafft wäre. Negatorische Unterlassungspfl ichten 110 Zum Verhältnis von Delikts- und Vertragsrecht Hager, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 823 ff., Rn. F 37 ff.

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Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung

unterscheiden sich insoweit von vertraglichen Unterlassungspflichten und von gesetzlichen Unterlassungspflichten, mit denen deliktsrechtlich unbewehrte Positionen gesichert werden. Bei vertraglichen Unterlassungspfl ichten stellt die zugrundeliegende Vereinbarung die Sonderverbindung her, bei gesetzlichen Unterlassungspflichten, die auf die Beachtung deliktisch ungeschützter Positionen gerichtet sind, bezeugt die gesetzliche Anordnung, dass außerdeliktischer Schutz bestehen soll. ccc) Rechtsfortbildung durch teleologische Reduktion von § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB knüpft den Schadensersatzanspruch an die Verletzung einer „Pflicht aus dem Schuldverhältnis“. Zu solchen Schuldverhältnissen (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB) gehören Schuldverhältnisse mit primären Leistungspfl ichten (§ 241 Abs. 1 BGB). Dem geltenden Schuldrecht liegt die systembildende Unterscheidung zugrunde, dass Schädigungen außerhalb bestehender Sonderverbindung nur deliktische Ansprüche hervorbringen, und dass Schadensersatzansprüche gem. § 280 Abs. 1 BGB nur bei Schädigungen innerhalb einer bestehenden Sonderverbindung entstehen. Negatorische Unterlassungspflichten sind primäre Leistungspflichten i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB, das negatorische Unterlassungsschuldverhältnis ist ein Schuldverhältnis i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB und daher auch i. S. v. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB. Negatorische Unterlassungspflichten dienen der Verwirklichung des Schutzes absoluter Rechte und sonstiger deliktisch geschützter Rechte, Rechtsgüter und rechtlicher Interessen im allgemeinen Verkehr. Sie beruhen weder auf einer Sonderverbindung, noch stellen sie eine Sonderverbindung her. Die Anwendung von § 280 Abs. 1 BGB bei Verletzungen negatorischer Unterlassungspflichten beseitigt die Zweiteilung der Schadensersatzhaftung innerhalb und außerhalb bestehender Sonderverbindungen. Daher ist eine rechtsfortbildende Einschränkung des Anwendungsbereichs von § 280 Abs. 1 Satz 1 geboten. Es bedarf der teleologischen Reduktion von § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB durch eine Einschränkung, die zum Ausdruck bringt, dass die Vorschrift bei der Verletzung einer negatorischen Unterlassungspflicht unanwendbar ist. 3. Duldungspfl icht mithaftender Intervenienten Ein Intervenient, der als Anfechtungsgegner, Bürge oder Gesellschafter dem Vollstreckungsgläubiger für die Schuld des Vollstreckungsschuldners mithaftet, ist nach in der Rechtsprechung und im Schrifttum vorherrschender Rechtsauffassung nicht drittwiderspruchsberechtigt, wenn in einen Gegenstand voll-

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streckt wird, der seinem Vermögen zugehörig ist.111 Die Aberkennung des Widerspruchsrechts bei (titulierter) Mithaftung ist dogmatisch weitgehend undurchdrungen. Materiellrechtlich lässt sie sich entweder in Anlehnung an die haftungsrechtliche Theorie zur Gläubigeranfechtung begründen, oder mithilfe einer aus dem Rechtsverhältnis der Mithaftung resultierenden Duldungspflicht des Mithaftenden. Im letzteren Fall verletzt ein mithaftender Intervenient mit einer unbegründeten Intervention eine Nebenleistungspfl icht zur Duldung der Zwangsvollstreckung in sein Vermögen. Für diese Pflichtverletzung kann der Intervenient dem Vollstreckungsgläubiger wegen Leistungsstörung gem. § 280 Abs. 1 BGB auf Schadensersatz haften.

IV. Gesetzliche Schutzpflichten Schutzpflichten, die zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten (§ 241 Abs. 2 BGB), begründen Schuldverhältnisse (vgl. § 311 Abs. 2, 3 Satz 1 BGB); die Verletzung von Schutzpflichten ist gem. § 280 Abs. 1 BGB schadensersatzbewehrt (sub A.). Folglich kann ein Intervenient, der einem Vollstreckungsgläubiger schutzpfl ichtig (§ 241 Abs. 2 BGB) ist, diesem bei Verletzung der Schutzpflicht schadensersatzpflichtig wegen Leistungsstörung (§ 280 Abs. 1 BGB) sein. § 241 Abs. 2 BGB verdeutlicht, dass Schutzpflichten ein Schuldverhältnis mit primären Leistungspflichten (§ 241 Abs. 1 BGB) begleiten können. Der Wortlaut gibt aber kaum Anhaltspunkte zur Bestimmung solcher begleitender Schutzpflichten. Allerdings sind die §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, 3 BGB als Kodifizierung von Richter- und Gewohnheitsrecht zu verstehen, mit der keine inhaltlichen Änderungen der bisherigen Rechtslage beabsichtigt ist (sub A.). Folglich können die Rechtsprechung und das Schrifttum zur Rechtslage vor dem SchuldRModG zur Bestimmung des Regelungsgehalts von § 241 Abs. 2 BGB herangezogen werden.112 Schutzpflichten können nicht nur aus Schuldverhältnissen i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB resultieren, sondern auch durch geschäftlichen Kontakt entstehen (§ 311 Abs. 2, 3 BGB). Ferner existieren auch außerhalb des Anwendungsbereichs von § 311 Abs. 2, 3 BGB Schuldverhältnisse ohne primäre Leistungspfl ichten.113 Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte von § 241 Abs. 2 BGB114 sowie 111

S. 39–41. Krebs, in: Dauner-Lieb, Schuldrecht, § 241, Rn. 6. 113 Faust, in: Huber/Faust, S. 68; Krebs, in: Dauner-Lieb, Schuldrecht, § 241, Rn. 9; ders., in: Dauner-Lieb, Neues Schuldrecht, S. 126; ders., DB 2000, Beilage 14, S. 9; Schulze, in: Handkommentar BGB, § 241, Rn. 4. 114 § 241 Abs. 2 des Diskussionsentwurfs enthielt den klarstellenden Satz 2: „Hierauf kann sich das Schuldverhältnis beschränken“. Der Satz wurde schließlich nur deshalb gestrichen, weil er neben § 311 Abs. 2, 3 BGB überflüssig sei, Faust, in: Huber/Faust, S. 68; Krebs, in: Dauner-Lieb, Schuldrecht, § 241, Rn. 9. 112

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Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung

daraus, dass Schutzpflichten ohne Leistungspflichten vor Inkrafttreten des SchuldRModG anerkannt waren115 und § 241 Abs. 2 BGB die bisherige Rechtslage nur klarstellen, aber nicht ändern soll. Schutzpflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB sind außerdeliktische Pflichten, die sich von den (nur) deliktsrechtlich bewehrten allgemeinen (Verkehrssicherungs-)Pflichten unterscheiden.116 Die allgemeinen deliktsrechtlichen Pfl ichten knüpfen an das allgemeine Schädigungsverbot an, das auch unter ansonsten Unverbundenen Beachtung fordert. Gemeines Kennzeichen und Merkmal von Schutzpflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB ist demgegenüber, dass Schutzpfl ichtiger und Geschützter in einer (gegenüber dem allgemeinen Schädigungsverbot) besonderen rechtlichen Verbindung stehen.117 Eine Schutzpflicht setzt mithin eine Sonderverbindung voraus,118 aus deren Inhalt (vgl. § 241 Abs. 2 BGB) sich sodann Existenz, Inhalt und Umfang der Schutzpflichten ergeben.119 Sonderverbindung und Schutzpflichten sind demnach miteinander eng verbunden. Die dogmatische Erfassung der Grundlagen und Ausformungen von Sonderverbindungen und Schutzpflichten ist Gegenstand einer Vielzahl von Schrifttumsbefassungen.120 Bislang konnte sich indes kein allgemein oder auch nur weitgehend anerkannter Lösungsvorschlag durchsetzen.121 Die Rechtsprechung122 vermeidet grundsätzliche Festlegungen. Die Aussichten auf eine Konsolidierung des Meinungsstandes werden skeptisch beurteilt.123 Hier soll kein weiterer Erklärungsversuch unternommen werden, was unter Sonderverbindung zu verstehen ist und welche Schutzpflichten sie hervorbringt. Stattdessen sollen Rechtsprechungs- und Schrifttumsbefassungen mit der Frage, ob eine Intervention oder Umstände, mit denen sie strukturelle Gemeinsamkeiten aufweist, Sonderverbindungen und Schutzpflichten hervorbringen, kritisch untersucht werden. Dabei werden die Widerspruchsfreiheit und die Vereinbarkeit mit anerkannten Rechtsgrundsätzen von Bedeutung sein, nicht zuletzt aber auch der Aspekt der Folgenberücksichtigung (Anwendbarkeit der Vorschriften, die ein Schuldverhältnis voraussetzen, insbesondere der §§ 278, 280 ff. BGB). Im übrigen sind die Begriffe der Sonderverbindung und der Schutzpflicht, deren

115 Grundlegend Larenz, Schuldrecht AT, S. 14 (seit 5. Aufl. 1962); Canaris, JZ 1965, 475, 478 ff. Ferner Krebs, S. 5; Medicus, JuS 1986, 665, 668 ff. 116 Faust, in: Huber/Faust, S. 69; Krebs, in: Dauner-Lieb, Schuldrecht, § 241, Rn. 3, 5. Ebenso bereits Larenz, Schuldrecht AT, S. 7; Medicus, JuS 1986, 665, 668. 117 Larenz, Schuldrecht AT, S. 7. 118 Krebs, in: Dauner-Lieb, Neues Schuldrecht, S. 126; ders., DB 2000, Beilage 14, S. 9. 119 Heinrichs, in: Palandt, SchuldRModG, § 241, Rn. 7; Larenz, Schuldrecht AT, S. 9. 120 Überblick über den Meinungsstand bei Krebs, S. 35 ff.; dems., in: Dauner-Lieb, Neues Schuldrecht, S. 127 ff. 121 Einen Eindruck von der Kontroverse vermittelt der Diskussionsbericht von Schilken, AcP 183 (1983), 521 ff. 122 N. bei Krebs, S. 40. 123 Medicus, Probleme, S. 17.

B. Interventionsbegleitende Schuldverhältnisse

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Konkretisierung sich nur sehr beschränkt auf positivrechtlich zutage getretene Wertungen stützen lässt, in besonderem Maße wertungsoffen.124 Systematisch lässt sich der Interventionskomplex in vier Phasen einteilen, die jeweils strukturelle Gemeinsamkeiten mit Fallgruppen aufweisen, bei denen Rechtsprechung und Schrifttum Sonderverbindungen und Schutzpflichten befürworten. Der Vollstreckungszugriff des Vollstreckungsgläubigers aus dem Titel gegen den Vollstreckungsschuldner, der den Dritten zur Intervention veranlasst (1.); die Geltendmachung von Drittrechten durch die außergerichtliche Aufforderung, die Vollstreckung in einen Gegenstand zu unterlassen, sie aufzugeben oder den Gegenstand freizugeben (Rechtsanmaßung) (2.); die prozessuale Geltendmachung (Prozessrechtsverhältnis) (3.); das vollstreckungsrechtliche Betreiben der Vollstreckung oder Vollziehung einer Interventionsentscheidung (Vollstreckungsrechtsverhältnis) (4.). 1. Vollstreckungszugriff K. Schmidt knüpft die Haftung wegen Leistungsstörung eines Intervenienten, der eine einstweilige Anordnung (§ 771 Abs. 3 ZPO) vollziehen lassen hat, an eine Sonderverbindung kraft Vollstreckungszugriffs. In seiner Kommentierung des § 771 ZPO führt er aus: 125 „Abhilfe schafft eine Haftung aus dem sich zwischen dem Gläubiger und dem Antragsteller aufgrund des Vollstreckungszugriffs ergebenden Sonderrechtsverhältnis (nach § 804 RdNr. 37: Eigentümer-Besitzer-Verhältnis). Seit BGHZ 58, 207 und BGH NJW 1977, 384 ist anerkannt, daß der Vollstreckungszugriff eine privatrechtliche Sonderbeziehung zwischen dem Gläubiger und dem Drittberechtigten schafft. So, wie der Gläubiger wegen Verletzung dieser Sonderrechtsbeziehung haften kann, haftet ggf. auch der Antragsteller.“

Ausgangspunkt dieser Erwägungen ist die Rechtsprechung des BGH126 , wonach sich allein aus dem Vollstreckungseingriff und der Gestaltung des Vollstreckungsrechts eine rechtliche Sonderbeziehung zwischen dem Vollstreckungsgläubiger und einem etwaigen Drittberechtigten ergeben soll. Diese „gesetzliche Sonderverbindung privatrechtlicher Art“127 soll Pflichten begründen, für deren Verletzung der Vollstreckungsgläubiger nach den Regeln über

124 S. Entwurfsbegründung zu § 241 Abs. 2, BT-Drucks. 14/6040, S. 125 f.: „dass die Schutzpfl ichten letztlich nach der konkreten Situation zu bestimmen sind“. 125 K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 70. 126 BGHZ 58, 207, 214 f.; BGHZ 67, 378, 382 f. = NJW 1977, 384, jew. betr. verspätete Freigabe durch den Vollstreckungsgläubiger. 127 So BGHZ 58, 207, 214 f. Ebenso BGH NJW 1985, 3080, 3081 betr. das Verhältnis Vollstreckungsgläubiger-Vollstreckungsschuldner.

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Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung

die positive Forderungsverletzung haftet128 (nunmehr: § 280 Abs. 1 BGB). Entsprechend der postulierten Verpflichtung des Vollstreckungsgläubigers, bei Anhaltspunkten die Drittberechtigung eines Intervenienten zu überprüfen und den Gegenstand bei hinreichender Glaubhaftmachung freizugeben129 (Schutzpflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB), könnte die gesetzliche Sonderverbindung privatrechtlicher Art die Pfl icht eines Intervenienten begründen, ebenfalls seine Berechtigung sorgfältig nachzuprüfen und ggf. von der Intervention abzusehen. Verletzt er diese Pflicht, kann er dem Vollstreckungsgläubiger schadensersatzpflichtig sein (§ 280 Abs. 1 BGB).130 Die von K. Schmidt skizzierte Konstruktion bedarf der Konkretisierung und der Klarstellung. Mit dem Vollstreckungszugriff, aus dem die Sonderverbindung sich ergeben soll, ist anscheinend der Vollstreckungszugriff des Vollstreckungsgläubigers aus dem Titel gegen den Vollstreckungsschuldner gemeint, und nicht die vollstreckungsrechtliche Umsetzung (z. B. gem. §§ 775, 776 ZPO) einer Interventionsentscheidung gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger (Vollstreckungsrechtsverhältnis, dazu sub B. IV. 4.).131 Wenn sodann ein Drittberechtigter als Antragsteller (Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 771 Abs. 3 ZPO) haften können soll, dann bringt die Sonderverbindung offenbar eine Schutzpflicht des Inhalts hervor, die Begründetheit eines Interventionsantrags zuvor sorgfältig zu prüfen und ggf. von der Antragstellung abzusehen. Diese These ist verallgemeinerbar dahingehend, dass die Schutzpflicht es einem Drittberechtigten gebietet, bei jedem Interventionsakt – also auch bereits bei außergerichtlicher Intervention, und erst recht bei vollsteckungsrechtlichen Maßnahmen – die Begründetheit der Intervention zu prüfen und ggf. von ihr abzusehen.132 Über die durch den Vollstreckungszugriff des Vollstre128 So BGHZ 74, 9, 17; BGH NJW 1985, 3080, 3081, jew. betr. das Verhältnis Vollstreckungsgläubiger-Vollstreckungsschuldner. 129 BGHZ 58, 207, 215; BGHZ 67, 378, 383. 130 S. aber BGHZ 95, 10, 17 betr. ungerechtfertigte Vollstreckungseinstellung nach § 771 Abs. 3 ZPO: „Der Berufungsrichter verneint . . . einen Ersatzanspruch . . . aus gesetzlichem Schuldverhältnis . . . Das lässt Rechtsfehler nicht erkennen“. Ferner Gaul, in: Rosenberg/ Gaul/Schilken, S. 91: „dass ein Vollstreckungsverhältnis ohnehin nur zwischen dem Gläubiger und dem im Titel genannten Schuldner zustande kommt . . . und die eine schuldnerfremde Sache erfassende Vollstreckung zwischen dem Gläubiger und dem Dritten noch kein solches Verhältnis begründet, so daß die Konstruktion des BGH [sc. in BGHZ 58, 207, 214 f.] in diesem Falle versagt“; G. Lüke, in: MüKo ZPO, Einl., Rn. 356: „Der Dritte . . . wird durch Vollstreckungsakte gegen ihn . . . nicht in das Vollstreckungsrechtsverhältnis einbezogen“ (anders noch ders., ZZP 108 [1995], 427, 437). 131 Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des Zitats (Anknüpfung der Haftung an die Antragstellung), aus der in ihm zitierten Rechtsprechung sowie aus dem Hinweis auf die Kommentarfundstelle (Schilken, in: MüKo ZPO, § 804, Rn. 37), die sich mit den Folgen des Vollstreckungszugriffs des Gläubigers unter dem Blickwinkel des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses befasst. 132 Dabei wird regelmäßig nicht nur eine nachträgliche Überprüfung dessen zu verlangen sein, was der andere Teil zur Darlegung und Glaubhaftmachung unterbreitet (so BGHZ 58,

B. Interventionsbegleitende Schuldverhältnisse

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ckungsgläubigers ausgelöste Schutzpflicht könnte ein Intervenient mithin für jeden bei sorgfältiger Prüfung vermeidbaren unbegründeten Interventionsakt wegen Leistungsstörung auf Schadensersatz haften (§ 280 Abs. 1 BGB). K. Schmidts These beruht auf zwei Voraussetzungen. Erstens muss der Vollstreckungszugriff des Vollstreckungsgläubigers eine Sonderverbindung zwischen Vollstreckungsgläubiger und einem Drittberechtigtem begründen; diese Voraussetzung soll an dieser Stelle mit der Rechtsprechung des BGH als gegeben genommen werden (die „gesetzliche Sonderbeziehung privatrechtlicher Art, die sich aus der Gestaltung des Vollstreckungsrechts ergibt“, wird sub B. IV. 4. auf den Prüfstand zu stellen sein). Zweitens muss die angenommene Sonderverbindung einen Drittberechtigten gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger schutzpflichtig machen. Wenn die aus der Sonderverbindung abzuleitende Schutzpflicht nur Drittberechtigte trifft, entsteht die aus dem Vollstreckungszugriff resultierende Sonderverbindung nur bei der Vollstreckung in einen schuldnerfremden Gegenstand. Diese Beschränkung ist geboten, weil andernfalls mit dem Vollstreckungszugriff eine Sonderverbindung zwischen dem Vollstreckungsgläubiger und jedermann (jedem, der kein Recht am Vollstreckungsgegenstand hat) entstanden sein müsste. Daraus resultiert die zweifelhafte Konsequenz, dass der nicht widerspruchsberechtigte Eigentümer eines Vollstreckungsgegenstandes schutzpflichtig ist und gem. § 280 Abs. 1 BGB haftet, und zwar deshalb, weil er Eigentümer ist (denn andernfalls wäre durch den Vollstreckungszugriff keine Sonderverbindung entstanden), während derjenige, der keinerlei Berechtigung am Vollstreckungsgegenstand hat, von einer Schutzpflicht frei ist, weil er nichtberechtigt ist. Das Eigentum (die Berechtigung) am Vollstreckungsgegenstand ist ein zweifelhafes Kriterium für die Schutzpflichtbegründung. Denn immerhin hat der Eigentümer ein veräußerungshinderndes Recht (durch dessen Betroffenheit er zur Intervention veranlasst wird), wenn ihm auch das Widerspruchsrecht verwehrt wird. Zumal besteht kein Grund, umgekehrt einen Intervenienten gerade deshalb von einer Schutzpflicht zu verschonen, weil er kein Recht am Vollstreckungsgegenstand hat. Das Ergebnis, dass ein mithaftender Drittberechtigter dem Vollstreckungsgläubiger für eine unbegründete Intervention wegen Leistungsstörung haftet, trifft zwar zu. Nur folgt die zugrundeliegende Pflichtverletzung nicht aus der Drittberechtigung, sondern aus dem Rechtsverhältnis der Mithaftung (sub B. III. 3.). Wenn z. B. bei einem Vollstreckungsschuldner eine Sache gepfändet wird, die im Eigentum eines Dritten steht, der sich für die Schuld des Vollstreckungsschuldners gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger verbürgt hat, dann ist der Dritte dem Vollstreckungsgläubiger aus der Bürgschaft heraus duldungs207, 215 zur Schutzpfl icht eines Vollstreckungsgläubigers, der in Dritteigentum vollstrecken lassen hat). Denn die Umstände, aus denen sich die Begründetheit oder Unbegründetheit einer Intervention ergeben, sind regelmäßig nicht dem Vollstreckungsgläubiger zugänglich, sondern von vornherein dem Intervenienten, der mithin keiner Aufklärung bedarf.

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Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung

pflichtig, keinesfalls aber ist er ihm gerade deshalb schutzpflichtig, weil er Eigentümer des Vollstreckungsgegenstandes ist. 2. Rechtsanmaßung Ein vermeintlicher Gläubiger, der einen vermeintlichen Schuldner außergerichtlich in Anspruch nimmt (Rechtsanmaßung), kann nach in Rechtsprechung und Schrifttum überwiegend vertretener Auffassung wegen Schutzpfl ichtverletzung schadensersatzpflichtig werden. Nach diesen Grundsätzen könnte sich auch ein Intervenient schadensersatzpflichtig machen, sobald er den Vollstreckungsgläubiger unter Hinweis auf ein veräußerungshinderndes Recht zur Unterlassung der Vollstreckung oder Freigabe auffordert, und damit (vermeintliche) vertragliche Ansprüche oder negatorische Ansprüche auf Unterlassung oder Beseitigung der Beeinträchtigung des behaupteten veräußerungshindernden Rechts erhebt. a) Schutzpfl ichten befürwortende Stimmen Das OLG Düsseldorf133 und verschiedene Amtsgerichte134 vertreten die Auffassung, ein Vertragspartner, der unbegründete Ansprüche (außerprozessual) geltend macht und seinen Kontrahenten dadurch veranlasst, einen Anwalt mit der Abwehr dieser Ansprüche zu beauftragen, habe dem Kontrahenten die Anwaltskosten als Schaden aus positiver Forderungsverletzung (nunmehr: § 280 Abs. 1 BGB) zu ersetzen. Denn aus einem Vertragsverhältnis resultiere eine besondere Sorgfaltspflicht des Inhalts, keine unbegründeten Ansprüche geltend zu machen.135 Der vermeintliche Gläubiger sei daher verpflichtet, sich über das Bestehen der Forderung zu vergewissern, bevor er seinen Vertragspartner unbegründet in Anspruch nimmt.136 Zudem bestehe bei außergerichtlicher Geltendmachung nicht bestehender Forderungen im Vergleich zur gerichtlichen Geltendmachung (§ 91 ZPO) eine Schutzlücke im Hinblick auf die Kosten der Forderungsabwehr.137

133

OLG Düsseldorf AnwBl 1969, 446. Bestätigend zitiert in BGH NJW 1986, 2243,

2245. 134 AG Düren Kammerforum 2002, 200; AG Bonn MDR 1999, 347 m. zust. Anm. Wedel, JurBüro 2000, 35; AG Herford JurBüro 1981, Sp. 425, 426 f.; AG Heidelberg MDR 1969, 391. 135 AG Bonn MDR 1999, 347; AG Herford JurBüro 1981, Sp. 425, 426. 136 OLG Düsseldorf AnwBl 1969, 446. 137 AG Bonn MDR 1999, 347. S. auch AG Münster NJW-RR 1994, 1261, 1262: Wer im Anschluss an gescheiterte Vertragsverhandlungen (jetzt: § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) erkennbar unberechtigte Ansprüche außergerichtlich geltend macht, habe dem Gegner die notwendigen Anwaltskosten aus culpa in contrahendo zu ersetzen. Der Zuerkennung eines solchen Anspruchs bedürfe es, um die Schutzlücke zu schließen, die §§ 91 ff. ZPO im außergerichtlichen Bereich offen ließen.

B. Interventionsbegleitende Schuldverhältnisse

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Das LG Zweibrücken138 hält die unberechtigte vorprozessuale Geltendmachung einer Forderung nur dann für eine zum Schadensersatz wegen Leistungsstörung (positive Forderungsverletzung) verpfl ichtende Pflichtverletzung, wenn zusätzlich die Voraussetzungen für ein Feststellungsinteresse an einer negativen Feststellungsklage (§ 256 ZPO) gegeben sind. Das erforderliche rechtliche Interesse liege vor, wenn die Gefährdung eines Rechts oder der Rechtslage bestehe – was bei unberechtigter Inanspruchnahme regelmäßig zu bejahen sei –, die beim unberechtigt in Anspruch Genommenen eine fühlbare Beeinträchtigung oder eine besondere Betroffenheit verursache, die sich in einer nachvollziehbaren Hemmung oder Störung seiner Entscheidungsfreiheit (im Gegensatz zur bloßen Lästigkeit) äußere. Es soll also eine Schutzpflicht bestehen, den Vertragspartner nicht in einer Weise unberechtigt in Anspruch zu nehmen, die ihn fühlbar beeinträchtigt. Dagegen stützt das AG Bad Homburg139 die Ersatzpflicht für Anwaltskosten zur Abwehr eines außergerichtlich erhobenen unbegründeten Anspruchs auf § 823 Abs. 1 BGB (allgemeines Persönlichkeitsrecht). Schutzpflichten zieht das Gericht nicht in Erwägung.140 Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, nach seit langem gesicherter Rechtsmeinung könne Ersatz der Aufwendungen zur Abwehr unbegründeter Ansprüche verlangt werden, wenn zwischen den Parteien schuldrechtliche Beziehungen, insbesondere ein Vertragsverhältnis, bestehen. Dem Anspruch liege ein übergreifendes Schutzverhältnis zugrunde, das durch Schadensersatzansprüche aus positiver Forderungsverletzung bzw. gem. § 280 Abs. 1 BGB gegen schuldhafte Pflichtverletzungen bewehrt sei.141 Da ein solches Schutzverhältnis bei schuldrechtlich Unverbundenen fehle, entstehe dagegen kein Schadensersatzanspruch wegen Leistungsstörung, wenn ein gesetzlicher Anspruch unberechtigt erhoben wird.142 b) Konsequenzen bei rechtsanmaßender Intervention aa) Anspruchsumfang Rechtsprechung und Schrifttum zu Schadensersatzansprüchen wegen Leistungsstörung bei Rechtsanmaßung durch außergerichtliche Geltendmachung 138

LG Zweibrücken NJW-RR 1998, 1105, 1106 m. zust. Anm. Wedel, JurBüro 2000, 35. AG Bad Homburg MDR 1986, 1028. 140 Keine Erwähnung von Schutzpfl ichten auch bei OLG Düsseldorf NJW-RR 2003, 566 betr. unbegründeten Regressanspruch eines Versicherers; OLG Hamburg NJW-RR 2003, 857 betr. unbegründete wettbewerbsrechtliche Abmahnung. 141 Sternel, MDR 1976, 265, 266. I. E. ebenso Haller, JurBüro 1997, 342, 343; Heinrichs, in: Palandt, § 280, Rn. 27; Schneider, MDR 1981, 353, 359; Ulrich, MDR 1973, 559, 560. Ferner Medicus, JuS 2005, 289, 295. 142 Ulrich, MDR 1973, 559, 560. 139

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Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung

unberechtigter Ansprüche (Schutzpflichtverletzung, § 280 Abs. 1 BGB) befassen sich durchweg nur mit den Rechtsverteidigungskosten als Schaden. Damit kommt allerdings nicht eine dogmatisch veranlasste Beschränkung des ersatzfähigen Schadens zum Ausdruck. Wenn und soweit wegen außergerichtlicher Geltendmachung unberechtigter Ansprüche dem Grunde nach Schadensersatz gem. § 280 Abs. 1 BGB zu leisten ist, kann der Schadensersatzanspruch nach allgemeinen Grundsätzen auch andere Schadensposten als Rechtsverteidigungskosten umfassen. Rechtsverteidigungskosten sind Nachteile, die sich der in Anspruch Genommene als Reaktion auf die Rechtsanmaßung – psychisch vermittelt – bewusst selbst zufügt.143 Andere unter dem Eindruck der Rechtsanmaßung vorgenommene Selbstschädigungen des in Anspruch Genommenen sind unter denselben Anspruchsvoraussetzungen und schadensrechtlichen Regeln – insbesondere Zurechnung und Mitverschulden – ersatzfähig wie Rechtsverteidigungskosten. Dabei kommen vor allem Schäden in Betracht, die durch die vermeintliche Erfüllung eines angemaßten Anspruchs entstehen, oder dadurch, dass der in Anspruch Genommene unter dem Eindruck der Rechtsanmaßung Nutzungen nicht zieht oder von Befugnissen keinen Gebrauch macht. Demnach könnten unter den Voraussetzungen, unter denen Rechtsverteidigungskosten wegen Leistungsstörung ersatzfähig sind, auch Schäden ersatzfähig sein, die einem zur Unterlassung der Vollstreckung oder zur Freigabe aufgeforderten Vollstreckungsgläubiger entstehen, weil er die Vollstreckung in den umstrittenen Gegenstand nicht beginnt oder abbricht. bb) Grundlage der Schutzpfl icht Den schutzpflichtbefürwortenden Stimmen zufolge schafft die außergerichtliche Anspruchserhebung keine Sonderverbindung und Schutzpfl icht. Vielmehr soll die Rechtsanmaßung eine entstandene Schutzpflicht verletzen. Die Schutzpflicht selbst soll aus einer bereits bestehenden Sonderverbindung, insbesondere einer vertraglichen Beziehung, resultieren. Bei außergerichtlicher Intervention ist demnach zu unterscheiden, ob zwischen dem Intervenienten und dem Vollstreckungsgläubiger z.Zt. der Rechtsanmaßung bereits eine Sonderverbindung besteht, oder ob nicht. Eine Sonderverbindung besteht, wenn der Intervenient und der Vollstreckungsgläubiger Vertragspartner eines Zwischenvergleichs oder einer Schiedsvereinbarung sind (§ 241 Abs. 2 BGB) oder Vertragsverhandlungen geführt haben (§ 311 Abs. 2 BGB), ferner, wenn der Intervenient für die Schuld des Vollstreckungsschuldners mithaftet oder beseitigungspflichtig ist. Ein Zwischenvergleich über das Schicksal des Vollstreckungsgegenstandes während des Interventionsrechtsstreits stellt eine Sonderverbindung zwischen 143

S. 22.

Zur Zurechenbarkeit der Rechtsverfolgung als Herausforderungsfall s. Schnitzer,

B. Interventionsbegleitende Schuldverhältnisse

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Intervenienten und Vollstreckungsgläubiger her. Das geschuldete Interventionsverhalten ist Vertragsgegenstand und findet in den vertraglichen Vereinbarungen umfassend seinen (durch Auslegung zu ermittelnden) Niederschlag. Wenn und soweit ein Intervenient durch einen Zwischenvergleich in der Intervention beschränkt ist, beruht dies folglich auf rechtsgeschäftlichen Hauptoder Nebenleistungspflichten (sub B. I.), und nicht auf gesetzlichen Schutzpflichten. Eine Schiedsvereinbarung begründet eine materiellrechtliche Nebenleistungspflicht, von der Schiedsvereinbarung erfasste Streitigkeiten nicht vor staatliche Gerichte zu bringen.144 Denkbar wäre, dass diese Pflicht im Vorfeld durch eine Schutzpflicht ergänzt ist, die Begründetheit von Ansprüchen, über die im Schiedsverfahren zu entscheiden ist, vor einer Geltendmachung außerhalb eines Schiedsverfahrens zu prüfen und die Geltendmachung ggf. zu unterlassen. Wurden z.Zt. der Intervention Verhandlungen über eine Interims- oder eine Schiedsvereinbarung geführt, dann könnte durch die Aufnahme der Vertragsverhandlungen (§ 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) eine Schutzpflicht des Intervenienten entstanden sein, den Vollstreckungsgläubiger einstweilen nicht weiter zu behelligen. Wenn ein Intervenient dem Vollstreckungsgläubiger für die Schuld des Vollstreckungsschuldners mithaftet, dann liegt im Verhältnis, aus dem die Mithaftung resultiert (z. B. Bürgschaft), eine Sonderverbindung zwischen dem Intervenienten und dem Vollstreckungsgläubiger, die eine Schutzpflicht enthalten könnte, die Begründetheit von Ansprüchen vor ihrer Geltendmachung zu prüfen und keine unbegründeten Ansprüche zu erheben. Allerdings wird eine solche Schutzpflicht von den befürwortenden Stimmen in der Rechtsprechung und im Schrifttum konsequent beschränkt auf die Anmaßung vertraglicher Ansprüche aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis. Die Geltendmachung unbegründeter gesetzlicher Ansprüche soll keine Schutzpflichtverletzung sein. Aus dieser Beschränkung folgt, dass die unbegründete Intervention eines mithaftenden Intervenienten keine Verletzung einer dem Rechtsverhältnis der Mithaftung entspringenden Schutzpflicht ist. Denn auch ein mithaftender Intervenient macht mit einer Intervention einen gesetzlichen Anspruch geltend, der aus seinem veräußerungshindernden Recht resultiert (z. B. aus Eigentum, §§ 985, 1004 BGB). Zwar ist die unbegründete Intervention eines mithaftenden Intervenienten gleichwohl eine durch § 280 Abs. 1 BGB schadensersatzbewehrte Pfl ichtverletzung. Der Intervenient verletzt mit ihr aber keine Schutzpflicht (§ 241 Abs. 2 BGB), sondern eine Leistungspflicht (§ 241 Abs. 1 BGB) zur Duldung der Vollstreckung in sein Vermögen (sub B. III. 3.). 144

S. 427.

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Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung

Aus einer Intervention kann ein negatorischer Beseitigungsanspruch des Vollstreckungsgläubigers resultieren, der eine Sonderverbindung herstellt. Die Pflicht zur Beseitigung einer vorgenommenen Intervention auf der Leistungspflichtebene (§ 241 Abs. 1 BGB) könnte auf der Schutzpflichtebene (§ 241 Abs. 2 BGB) um die Pflicht zur Unterlassung künftiger Interventionsakte ergänzt sein. Die Annahme einer solchen Schutzpflicht würde aber der in § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB zutage getretenen gesetzlichen Konzeption des negatorischen Rechtsschutzes widersprechen. Danach wird Schutz vor künftigen Beeinträchtigungen nicht auf der Schutz-, sondern auf der Leistungspflichtebene durch den neben den Beseitigungsanspruch tretenden Unterlassungsanspruch gewährt. Wäre die Unterlassung weiterer Beeinträchtigungen bereits Gegenstand einer aus der Sonderverbindung des negatorischen Beseitigungsanspruchs resultierenden Schutzpflicht des Störers, dann wäre § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB überflüssig. Daher trifft den negatorischen Beseitigungsschuldner keine mit der negatorischen Unterlassungsleistungspflicht identische Schutzpflicht zur Unterlassung weiterer Beeinträchtigungen. c) Kritik Eine Schutzpflicht eines Intervenienten, die Begründetheit seiner Intervention zu prüfen und eine unbegründete Intervention (Rechtsanmaßung) zu unterlassen, kommt demnach in Betracht, wenn zwischen dem Intervenienten und dem Vollstreckungsgläubiger eine Schiedsvereinbarung oder Vertragsverhandlungen bestehen. Gegen die Auffassung, ein Vertrags- oder Verhandlungspartner sei seinem Kontrahenten im allgemeinen verpflichtet, vor der Geltendmachung vertraglicher Rechte die Rechtslage sorgfältig zu prüfen, und daher wegen Schutzpflichtverletzung schadensersatzpflichtig, wenn die fehlende Berechtigung der Geltendmachung erkennbar war, werden im Schrifttum grundlegende Bedenken erhoben. aa) Unberührtheit der Leistungstreuepfl icht; Begründungsbedürftigkeit Becker-Eberhard unternimmt in seiner Befassung mit unberechtigter Geltendmachung von Rechten, insbesondere unberechtigter Anspruchsberühmung, als Grundlage eines Schadensersatzanspruchs wegen Leistungsstörung145 zunächst den Nachweis, dass sich die unberechtigte Geltendmachung vertraglicher Ansprüche und die unberechtigte Geltendmachung von Einwendungen und Gestaltungsrechten, die allgemein als Leistungsstörung anerkannt ist,146 grundlegend unterscheiden.147 Die unberechtigte Geltendmachung vermeintlicher Einwendungen und Gestaltungsrechte sei ein Angriff auf den Bestand des Ver145 146 147

Becker-Eberhard, S. 70 ff. S. Becker-Eberhard, S. 67 ff. m. w. N. Becker-Eberhard, S. 72.

B. Interventionsbegleitende Schuldverhältnisse

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trages, der unmittelbar das Leistungsverhältnis zwischen den Kontrahenten störe, indem sie den Vertragszweck gefährde und die Leistungstreue desjenigen, der Einwendungen und Gestaltungsrechte unbegründet zur Geltung bringt, grundlegend in Frage stelle. Bei unberechtigter Geltendmachung von Einwendungen und Gestaltungsrechten könne die Pflichtverletzung daher an die Leistungstreuepflicht148 geknüpft werden.149 Die Geltendmachung vermeintlicher Ansprüche stelle die Leistungstreue des Anspruchstellers dagegen nicht Frage,150 und ihre Intensität sei geringer als die unberechtigter Geltendmachung von Einwendungen und Gestaltungsrechten. Denn der unberechtigt in Anspruch Genommene könne sich damit wehren, dass er dem Ansinnen des Putativgläubigers nicht nachkommt, während derjenige, der sich unberechtigter Erhebung von Einwendungen und unberechtigter Ausübung von Gestaltungsrechten gegenübersieht, ab sofort ernsthaft damit zu rechnen habe, die Erfüllung von Leistungspfl ichten seines Vertragspartners aktiv durchsetzen zu müssen. Diese Differenzierung beruht auf dem Ansatz, dass die Geltendmachung unbegründeter Einwendungen und Gestaltungsrechte typischerweise schwerer wiegt als die Erhebung unbegründeter Ansprüche, auf die der Betroffene mit Passivität zu reagieren vermag. Zwar kann bereits eine Anspruchsberühmung gravierend nachteilige Wirkungen beim Betroffenen herbeiführen, und unbegründete Anspruchserhebung kann in unbegründete Geltendmachung von Einreden und Gestaltungsrechten übergehen, die der Putativgläubiger auf Erfüllungsverweigerung stützt. Die Feststellung, dass die unbegründete Geltendmachung von Einreden und Gestaltungsrechten – im Gegensatz zur unbegründeten Erhebung von Ansprüchen – (schon) eine Verletzung der Leistungstreuepflicht enthält, ist aber dogmatisch beachtlich, weil Schutzpflichten der Begründung bedürfen,151 und die gegen unbegründete Geltendmachung von Einreden und Gestaltungsrechten gerichtete Schutzpflicht mit einer Begründung versehen wird. Hingegen finden sich in der Rechtsprechung und im Schrifttum kaum Begründungsansätze für eine gegen die Anspruchsberühmung gerichtete Schutzpflicht. Einzig die Erwägung, Schadensersatzansprüche wegen Leistungsstörung bedürfe es, um die durch die §§ 91 ff. ZPO im außerprozessualen Bereich offengelassene Schutzlücke zu schließen,152 deutet eine Begründung an. Überzeugend ist dieser Gedanke allerdings nicht. Denn selbst wenn die §§ 91 ff. ZPO lückenhafter Ausdruck eines Rechtsgedankens wären, 148 Zur Leistungstreuepfl icht s. Ernst, in: MüKo BGB, § 280, Rn. 91 f.; Heinrichs, in: Palandt, § 242, Rn. 27 ff.; § 280, Rn. 25 ff.; Kramer, in: MüKo BGB, § 241, Rn. 12, 72 ff. 149 Dagegen Götz, S. 139. 150 A. A. Hösl, S. 34 f., 73 ff. 151 Krebs, in: Dauner-Lieb, Schuldrecht, § 241, Rn. 7; ders., in: Dauner-Lieb, Neues Schuldrecht, S. 124 f. 152 AG Bonn MDR 1999, 347; AG Münster NJW-RR 1994, 1261, 1262.

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Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung

der sich auf außergerichtliche Rechtsstreitigkeiten erstreckt, sodass die Erstattung der Kosten eines außergerichtlich in Anspruch genommenen Putativschuldners ein rechtliches Gebot der Gleichbehandlung wäre,153 dann wäre die Lückenschließung durch analoge Anwendung der §§ 91 ff. ZPO geboten, und nicht durch eine schadensersatzbewehrte Schutzpflicht. Im übrigen vermag das Schutzlückenargument nicht zu erklären, warum ein Putativschuldner, der außergerichtlich wegen eines gesetzlichen Anspruchs behelligt wird, dem keine Sonderverbindung zugrunde liegt, z. B. als scheinbarer Verursacher eines Verkehrsunfalls, keinen Ersatzanspruch haben soll, obwohl der Putativgläubiger in einem solchen Fall als unterlegener Kläger gem. § 91 ZPO kostenpflichtig wäre. Umgekehrt dürfte unter dem Gesichtspunkt der Schutzlücke keine Schutzpflicht bestehen, wenn über den geltend gemachten Anspruch im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren zu entscheiden wäre, in dem keine prozessrechtliche Kostenpflicht der unterlegenen Partei besteht (§ 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG). bb) Allgemeinheit der Vorprüfungspfl icht Im Schrifttum werden Bedenken geäußert, die sich gegen die Allgemeinheit der Schutzpflicht eines Vertrags- oder Verhandlungspartners zur Anspruchsprüfung richten. Eine solche Pflicht wohne nicht jedem Schuldverhältnis inne, vielmehr könnten derlei Pfl ichten nur speziell für den konkreten Vertragstyp und womöglich nur für konkrete Situationen innerhalb der Vertragsabwicklung bestimmt werden.154 Der Wortlaut von § 241 Abs. 2 BGB bestätigt und verstärkt diese Erwägung. Die Formulierung „nach seinem Inhalt“ bringt zum Ausdruck, dass konkrete Aussagen über die Existenz von Schutzpfl ichten und über deren Reichweite aus den Eigenheiten einer jeweiligen Sonderverbindung abgeleitet werden müssen, und dass Art und Umfang der Pflichten je nach dem Inhalt der Sonderverbindung unterschiedlich sein können.155 Die allgemeine Erwägung, jeder Vertrags- oder Verhandlungspartner solle davor bewahrt werden, von seinem Kontrahenten unberechtigt in Anspruch genommen zu werden, vermag eine ebenso allgemeine Schutzpfl icht solchen Inhalts daher nicht zu legitimieren.

153

Dagegen Friedrich, JurBüro 1999, 620, 622. Becker-Eberhard, S. 72 f.; Götz, S. 138. Ferner Friedrich, JurBüro 1999, 620, 621, 622. 155 Entwurfsbegründung zu § 241 Abs. 2, BT-Drucks. 14/6040, S. 125 f. Ferner Heinrichs, in, Palandt, SchuldRModG, § 241, Rn. 7; Krebs, in: Dauner-Lieb, Schuldrecht, § 241, Rn. 6, 7; ders., in: Dauner-Lieb, Neues Schuldrecht, S. 125; Schulze, in: Handkommentar BGB, § 241, Rn. 5. 154

B. Interventionsbegleitende Schuldverhältnisse

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cc) Vorrang der Wahrung eigener Interessen Hauptargument gegen die generelle Vorprüfungspflicht eines Anspruchstellers ist, dass eigennütziges Streben, das dem Gegner die Wahrung seiner Interessen selbst überlässt, auch innerhalb von Sonderverbindungen grundsätzlich anerkennenswert sei. Dieser Abgrenzung der Interessenwahrungsbereiche widerspreche eine allgemeine Schutzpflicht zur Vorprüfung eigener Ansprüche. Denn es liege allein im Interesse des Anspruchsgegners, vor den Nachteilen unberechtigter Inanspruchnahme bewahrt zu werden. Dieses Interesse durch Anspruchsprüfung zu wahren sei vorrangig Obliegenheit des Anspruchsgegners, der dazu typischerweise gleichermaßen befähigt sei wie der Anspruchsteller. Es sei daher weder erforderlich noch entspreche es dem Leitbild des Schuldverhältnisses als Verbindung eigenverantwortlich ihre Interessen wahrnehmender Rechtssubjekte, von vornherein jedem Anspruchsteller eine besondere Prüfungspflicht bei der Geltendmachung seiner Rechte aufzuerlegen. Darüber hinaus enthalte jede Rechtsanmaßung den ersten Schritt zu einem Streit um das betreffende Recht. Der Anspruchsteller bringe mit ihr zum Ausdruck, nach seiner Ansicht würde ihm der behauptete Anspruch zustehen, und er fordere den Gegner auf, sich dementsprechend zu verhalten oder zumindest Einwände vorzubringen. Im Kontext des Rechtsstreits müsse umso mehr gelten, dass nicht der Anspruchsteller verpflichtet sei, sondern es dem in Anspruch Genommenen obliege, den Anspruch zu prüfen. Denn in einem Rechtsstreit sei es von Anfang an das offenkundige Ziel jedes Beteiligten, nur die eigenen Interessen zu verfechten. Da der Rechtsstreit das allgemein anerkannte Mittel sei, Interessengegensätze auszutragen, müsse jedem Beteiligten gestattet sein, dort für seine Interessen einzutreten und es dem Gegner zu überlassen, für seine Sache zu sprechen und sich zur Wehr zu setzen. Es ginge daher zu weit, jedem, der im Rahmen einer Sonderverbindung Ansprüche geltend macht, grundsätzlich eine Pflicht zu sorgfältiger Anspruchsprüfung aufzuerlegen. Zwar könne den Anspruchsteller im Einzelfall gleichwohl eine Vorprüfungspfl icht treffen. Denn Vertragpartner dürften nicht schrankenlos die eigenen Interessen verfolgen, sondern müssten auch die Interessen des anderen Teils im Auge behalten. Diese allgemeine Rücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) könne sich im Einzelfall zur Vorprüfungspflicht verdichten. Dies gelte aber nur, wenn die spezielle Sonderverbindung eine so weitgehende Verpflichtung trägt. Stets sei Sorge zu tragen, dass der Anspruchsteller bei der Wahrnehmung berechtigter Eigeninteressen nicht unzumutbar beschränkt und gleichsam zum Anwalt des Gegners gemacht wird.156 Diese Erwägungen überzeugen. Grundsätzlich ist jeder Kontrahent zur Wahrung seiner eigenen Interessen aufgerufen und nicht der Hüter der Interessen seines Kontrahenten, es sei denn, eine Interessenwahrungspflicht besteht 156

Becker-Eberhard, S. 73 f.

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auf der Leistungsebene, oder besondere Umstände gebieten eine Ausnahme auf der Schutzpflichtebene. Daher besteht grundsätzlich keine besondere Schutzpflicht, der Interessen des Kontrahenten wegen die eigenen Interessen zurückzustellen, wenn die Interessen zwangsläufig kollidieren,157 wie bei der Anspruchserhebung das Interesse an der Leistung und das Interesse, die Leistung nicht erbringen zu müssen. Solche Interessenkonflikte sind, wenn sie rechtliche Interessen betreffen, grundsätzlich im Rechtsstreit zu lösen, und die Vermeidung eines Rechtsstreits durch Anspruchsprüfung ist grundsätzlich nicht Gegenstand einer besonderen Schutzpflicht. Das zuletzt mehrfach verwendete Adjektiv „besondere“ soll – wie dies in § 241 Abs. 2 RegE vorgesehen war158 – klarstellen, dass sich Schutzpfl ichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB nicht in dem erschöpfen dürfen, was schon nach allgemeinem Deliktsrecht geboten ist, sondern dass sie über die deliktischen Pfl ichten des allgemeinen Schädigungsverbots hinausgehen müssen. Bei der Frage nach der Schutzpflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) eines Putativgläubigers zur Anspruchsprüfung heißt das: Zwar begründet das allgemeine Schädigungsverbot jedermanns „Recht . . . , vor der Überziehung mit von vornherein unberechtigten Forderungen in Ruhe gelassen zu werden“; 159 dementsprechend ist umgekehrt jedermann verpfl ichtet, andere mit der Geltendmachung solcher Ansprüche in Ruhe zu lassen.160 Zur Entstehung einer gleichlaufenden Schutzpflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) reicht es aber nicht aus, dass die Behelligung mit unbegründeten Ansprüche im Allgemeinen verboten ist. Die Frage nach einer solchen Schutzpflicht darf auch nicht verwechselt oder gleichgesetzt werden mit der Frage, ob aufgrund der Sozialadäquanz des Rechtsstreits ein „Recht auf Irrtum“ besteht, infolgedessen die unberechtigte Geltendmachung von Ansprüchen rechtmäßig ist. Aus der Feststellung, dass ein solches Recht nicht anzuerkennen ist,161 folgt nur, dass die unberechtigte Anspruchserhebung im Allgemeinen verboten bleibt (nicht gerechtfertigt ist), 157 Ähnlich BGH BB 1969, 464: keine Fürsorgepflicht des einen Vertragspartners, im Interesse des anderen auf die Wahrnehmung gleichrangiger eigener Interessen zu verzichten; G. H. Roth, in: MüKo BGB, § 241, Rn. 80: grundsätzlich müsse kein Teil gleichrangige Interessen hinter die des anderen zurückstellen. 158 Entwurfsbegründung zu § 241 Abs. 2, BT-Drucks. 14/6040, S. 125; Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 14/7052, S. 182. 159 AG Bad Homburg MDR 1986, 1028. 160 Dass diese allgemeine Pfl icht dem allgemeinen Schädigungsverbot, und nicht einer Sonderverbindung, entspringt, wird dadurch verdeutlicht, dass die Behelligung mit jeglichen unbegründeten Ansprüchen gleichermaßen verboten ist. Es besteht insofern kein Unterschied, ob ein Putativgläubiger seinen vermeintlichen Schuldner als scheinbaren Vertragspartner oder als scheinbaren Verkehrsunfallverursacher in Anspruch nimmt. Dass sich an die Behelligung mit unbegründeten Ansprüchen gleichwohl zumeist kein deliktischer Schadensersatzanspruch knüpft, resultiert nicht aus der Rechtmäßigkeit der Behelligung, sondern daraus, dass, namentlich bei unbegründeten Zahlungsansprüchen, kein deliktisches Schutzgut betroffen ist – entgegen AG Bad Homburg MDR 1986, 1028 (Allgemeines Persönlichkeitsrecht – dagegen LG Zweibrücken NJW-RR 1998, 1105, 1106). 161 S. 352–386.

B. Interventionsbegleitende Schuldverhältnisse

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nicht aber, dass sie auch im Besonderen Gegenstand einer Schutzpflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB ist. Hier geht es nicht um Rechtfertigung und Privilegierung dessen, der unberechtigte Ansprüche erhebt, sondern darum, ob und unter welchen positiven Voraussetzungen ein Putativgläubiger über das allgemeine Schädigungsverbot hinaus mit einer aus bestimmten Umständen resultierenden und begründungsbedürftigen Schutzpflicht aufgrund Sonderverbindung (§ 241 Abs. 2 BGB) belastet ist. Eine solche zusätzliche Belastung ist grundsätzlich auch innerhalb von Sonderverbindungen nicht begründet. In einer Rechtswirklichkeit, die im Einklang mit der verfassungsmäßigen Werteordnung des Grundgesetzes steht, sind das Wirtschaftsleben von Wettbewerb und das private Leben vom Recht zur freien Entfaltung der Person geprägt. Nicht altruistische Fürsorglichkeit prägt das Begriffsverständnis der Sonderverbindung, sondern die Verwirklichung des jeweils eigenen Willens, der sich im Rechtsverkehr in der Verfolgung der jeweils eigenen – naturgemäß typischerweise eigennützigen – Interessen äußert. Nicht nur gesetzliche Sonderverbindungen, die ohne oder gegen den Willen der Beteiligten entstehen, sondern auch vertragliche Sonderverbindungen, die auf freiwilliger Verbindung der Beteiligten beruhen, und bei denen am ehesten ein Interessengleichklang zu vermuten sein könnte, sind vorrangig durch die Verfolgung antagonistischer Interessen gekennzeichnet. Kontrahenten sind – jedenfalls außerhalb korporativer Vertragsverhältnisse – nicht vorrangig Partner, sondern Widersacher; dies gilt umso mehr für unfreiwillig kraft Gesetzes Verbundene. Diese Rivalität schließt Schutzpflichten, die gegenseitige Fürsorge auferlegen, nicht aus, sondern bedingt sie. Denn zügellose Verwirklichung des eigenen Willens und ungehemmte Verfolgung und Durchsetzung eigener Interessen würden sowohl im gemeinen Verkehr, in dem das allgemeine Schädigungsverbot gilt, als auch im Bereich privatautonomen Gebrauchs der allgemeinen Handlungsfreiheit die Voraussetzungen der Ausübung persönlicher Freiheit aufheben, die das Recht zu gewährleisten und herzustellen hat. Neben der Freiheit jedes Beteiligten einer Sonderverbindung, die eigenen Interessen zu verfolgen, und der Verpflichtung, das Leistungsinteresse des anderen Teils zu bedienen (§ 241 Abs. 1 BGB), kann daher auch die jeweils zu begründende Verpflichtung zur Beachtung des Integritätsinteresses des anderen Teils (§ 241 Abs. 2 BGB) bestehen. Schutzpflichten können die Verfolgung von Eigeninteressen um gegnerischer Interessen willen beschränken, sie dürfen aber die Verfolgung anerkennenswerter Interessen nur ganz ausnahmsweise verbieten. Bei der Erhebung von Ansprüchen stehen das Interesse an der Leistung und das Interesse des anderen Teils an Leistungsfreiheit einander so gegenüber, dass die Beachtung des Interesses des anderen Teils die Verfolgung des eigenen Interesses ausschließt. Eine Schutzpfl icht, von der Geltendmachung unbegründeter Ansprüche abzusehen, stellt das Interesse des anderen Teils mithin nicht derart neben das Interesse des Anspruchstellers, dass um der Beachtung des gegne-

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Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung

rischen Interesses willen die Verfolgung des eigenen Interesses eingeschränkt ist, sondern sie gebietet, die Verfolgung des eigenen Interesses zugunsten des gegnerischen Interesses aufzugeben. Da das Gebot, die Verfolgung eigener Interessen zugunsten von Interessen des anderen Teils völlig aufzugeben, dem systembildenden Primat der Verfolgung und Verteidigung der jeweils eigenen Interessen in Sonderverbindungen widerspricht, ist eine Schutzpflicht, die Erhebung unbegründeter Ansprüche zu unterlassen, nicht der Regelfall, sondern die (jeweils zu begründende) Ausnahme. dd) Ausnahmen Auf der Grundlage der Erkenntnis, dass die Schutzpflicht, keine unbegründeten Ansprüche zu erheben, bestehen kann, aber Ausnahmecharakter hat, bestimmt Becker-Eberhard162 generelle Merkmale solcher Ausnahmen. Intensität und Dauer eines Rechtsverhältnisses, die ein besonderes Vertrauen des Anspruchsgegners in die Richtigkeit der vom Anspruchsteller gemachten Angaben rechtfertigen und ihn arglos gegenüber unberechtigter Geltendmachung von Ansprüchen machen, könnten den Anspruchsteller zur besonderen Behutsamkeit verpflichten, so etwa bei einem Abrechnungsverhältnis, bei dem zunächst nur der Abrechnende Einblick in die maßgeblichen Unterlagen hat. Auch bei Dauerrechtsverhältnissen mit personenrechtlichem Einschlag – Arbeits- und Gesellschaftsverhältnisse – die wegen der Treuebindung der Beteiligten besonders empfindlich gegen bestandsstörende unberechtigte Geltendmachung von Ansprüchen seien, könne der Anspruchsteller zur sorgfältigen Vorprüfung verpflichtet sein. Ebenso könne der spezielle Modus, nach dem Art und Umfang der geschuldeten Leistung zu bestimmen sind, den Anspruchsteller zu besonderer Wachsamkeit bei der Erstellung seiner Rechnung verpflichten. So sei der Empfänger meist nicht in der Lage, Rechnungen zu überprüfen, die nach berufsrechtlichen Gebühren- und Honorarordnungen erstellt sind, oder in denen eine Vielzahl von Einzelleistungen in einen Gesamtbetrag zusammengerechnet ist. Er müsse den geltend gemachten Ansätzen vertrauen und sei in seiner Abwehrfähigkeit erheblich beeinträchtigt. Zum Ausgleich sei der Abrechnende zu besonderer Sorgfalt bei der Erstellung seiner Rechnung verpflichtet. Schließlich sei es nicht gestattet, leichtfertig oder gar wissentlich nicht bestehende Rechte geltend zu machen Wer den anderen Teil aufs Geratewohl, infolge grob unsorgfältiger Buchführung, um aus seiner Überraschung Nutzen zu ziehen oder um ihn zu übertölpeln mit einem unberechtigten Anspruch behelligt, handle pflichtwidrig, weil ein solches Verhalten gegen die allgemeine Rücksichtnahmepflicht verstoße. 162

Becker-Eberhard, S. 74 ff.

B. Interventionsbegleitende Schuldverhältnisse

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Von diesen drei Gruppen, in denen eine Schutzpflicht nahe liegen soll, von der Geltendmachung unbegründeter Ansprüche abzusehen, ist zunächst die letztgenannte weitgehend anzuerkennen. In seiner freiheitsgewährenden und bewahrenden Funktion verpflichtet das Recht der Sonderverbindungen jeden Beteiligten, keine Interessen zu verfolgen, die nicht anerkennenswert sind, und anerkennenswerte Interessen nur redlich zu verfolgen. So ist etwa jeder Beteiligte einer Sonderverbindung gem. § 241 Abs. 2 BGB verpfl ichtet, die körperliche Unversehrtheit, sonstige Rechtsgüter und Rechte des anderen Teils, von Schädigungen zu verschonen, weil kein Interesse anzuerkennen ist, en passant Rechte oder Rechtsgüter des anderen Teils zu verletzen. Außerdem sind die Beteiligten gem. § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet, nicht wider besseres Wissen die Bedienung von Interessen einzufordern. Leichtfertigkeit reicht für die Begründung einer Pflicht, von der Geltendmachung eines inhaltlich anerkennenswerten Interesses abzusehen, nicht aus. Gewagte oder unbedarfte Rechtsauffassungen machen die Erhebung eines Anspruchs, dessen Bestehen, Durchsetzbarkeit oder Beweisbarkeit fraglich ist, ebenso wenig unredlich wie ein Büroversehen oder Gedankenlosigkeit. In solchen Fällen bleibt es dabei, dass es jedem Beteiligten einer Sonderverbindung obliegt, seine eigenen Interessen durchzusetzen. Es besteht insbesondere keine Vorprüfungspfl icht des Anspruchstellers. Aus der Art, Intensität und Dauer eines Rechtsverhältnisses resultierende Schutzpflichten können das Gebot umfassen, keine unbegründeten Ansprüche zu erheben. Bei Rechtsverhältnissen, bei denen die Wahrnehmung fremder Interessen Gegenstand von Leistungspfl ichten ist, besteht eine solche Pflicht entweder als Teil der Rechenschaftspflicht (z. B. §§ 666, 681, 1698, 2218 BGB) auf der Leistungspflichtebene oder als Fortsetzung des Interessenwahrungscharakters des Rechtsverhältnisses auf der Schutzpflichtebene. In Rechtsverhältnissen, die auf der Leistungspflichtebene nicht durch die Wahrnehmung fremder Interessen geprägt sind, kann die Geltendmachung zweifelhafter Ansprüche, vor allem die wiederholte, systematisch betriebene Geltendmachung zweifelhafter Ansprüche Fürsorge- und Treuepfl ichten verletzen. Ein Arbeitgeber, der jeden sich bietenden Anlass nutzt, einen bestimmten Arbeitnehmer wegen jedes betrieblichen Schadensfalles in Anspruch zu nehmen, wenn nicht dessen Beteiligung am Schadensfall schlechthin ausgeschlossen ist (der übliche Verdächtige), verletzt die arbeitsrechtliche Fürsorgepfl icht. Ebenso handelt ein Betriebsrat pflichtwidrig dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) zuwider, wenn er nur deshalb fortwährend Unterlassungsansprüche erhebt, weil dem Arbeitgeber alles zuzutrauen sei. Ferner verletzen (Minderheits-)Gesellschafter die gesellschafterliche Treuepflicht, die Opposition gegen die Unternehmensleitung betreiben, indem sie auf jede unternehmerische Entscheidung eines Mitgesellschafter-Alleingeschäftsführers mit der Erhebung von Schadensersatzansprüchen wegen Verlet-

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Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung

zung der Leitungsverantwortung reagieren. Der Schwerpunkt der Pflichtverletzung bei all solchen Anspruchserhebungen liegt allerdings weniger in der Unbegründetheit der Geltendmachung als vielmehr im deren planmäßigem Einsatz, der vorwiegend auf Zermürbung abzielt. Wo Fürsorge- und Treuepflichten Zermürbung verbieten, erstreckt sich die Pflicht auch auf zermürbende Anspruchserhebung. Zweifelhaft ist die Schutzpflicht in Abrechnungsfällen. Liegen nicht ganz besondere Umstände vor (z. B. bei einem langjährigen, ungetrübten Wohnraummietverhältnis, das im Lauf der Zeit einen personenrechtlichen Einschlag bekommen hat), ist es allein Sache des Adressaten, die Abrechnungsgrundlagen zu überprüfen. Insbesondere entsteht bei Abrechnungen nach den Gebührenund Honorarordnungen der Freien Berufe keine Schutzpflicht. Denn in solchen Fällen ist die Überprüfung der rechtlichen Voraussetzungen anhand der maßgeblichen Gebühren- oder Honorarordnung gerade erleichtert.163 d) Ergebnis Zwischen einem Intervenienten und einem Vollstreckungsgläubiger besteht keine Sonderverbindung, die ähnlich Arbeits-, Gesellschafts- oder Treuhandverhältnissen Fürsorge- und Treuepflichten begründet. Folglich ist bei außergerichtlicher Intervention nur die Schutzpflicht zu beachten, berechtigte Interessen nicht wider besseres Wissen zu verfolgen. Ein Intervenient ist nicht verpflichtet, seine Berechtigung vorweg im Interesse des Vollstreckungsgläubigers zu überprüfen. Nur, wenn der Intervenient weiß, dass er nicht widerspruchsberechtigt ist, kann er eine Schutzpflicht verletzen, wenn er dennoch vom Vollstreckungsgläubiger Unterlassung der Vollstreckung oder Freigabe verlangt. 3. Prozessrechtsverhältnis Wenn ein Intervenient gegen den Vollstreckungsgläubiger Klage erhebt oder sonstige Anträge stellt, mit denen er ein Erkenntnisverfahren einleitet, dann stellt er ein Prozessrechtsverhältnis zwischen sich und dem Vollstreckungsgläubiger her,164 das besteht, bis der Rechtszug des betreffenden Verfahrens abgeschlossen ist. Das Prozessrechtsverhältnis könnte eine Sonderverbindung enthalten, die materiellrechtliche Schutzpfl ichten (§ 241 Abs. 2 BGB) der Par163

Diese Erwägung hat in § 352 StGB ihren Niederschlag gefunden, wo mit der Gebührenüberhebung ein Sonderfall des Betrugs privilegiert ist, weil sich das Opfer über die geschuldete Gebühr relativ leicht informieren kann, vgl. OLG Düsseldorf NJW 1989, 2901; Arzt, in: ders./Weber, S. 1063. 164 Ebenso K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 69 betr. den Antrag gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO.

B. Interventionsbegleitende Schuldverhältnisse

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teien hervorbringt, deren Verletzung gem. § 280 Abs. 1 BGB schadensersatzbewehrt ist.165 Es ist heute166 allgemein anerkannt, dass der Prozess Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien entstehen lässt. Diese Rechtsbeziehungen werden unter dem Begriff des Prozessrechtsverhältnisses zusammengefasst.167 Umstritten ist allerdings, ob das Prozessrechtsverhältnis als materiellrechtliche Sonderverbindung mit leistungsstörungsrechtlich schadensersatzbewehrten Schutzpfl ichten der Prozessparteien anzuerkennen ist. a) Prozessrechtsverhältnis als rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis Im Lehrbuch des Zivilprozessrechts von Rosenberg/Schwab/Gottwald wird das Prozessrechtsverhältnis wie folgt umrissen.168 Den Parteien obliegen grundsätzlich keine Handlungspflichten dem Gegner gegenüber. Das Verhalten der Parteien stehe grundsätzlich in deren freiem Belieben. Zur Tätigkeit werde jede Partei nur durch eigenes Interesse getrieben, weil Untätigkeit die Gefahr des Prozessverlustes begründe. Es bestehe daher kein Handlungszwang, sondern eine Handlungslast. Demgegenüber seien einzelne im und durch den Prozess entstehende Handlungspflichten (§§ 91 ff., 135 Abs. 2, 422, 423 ZPO) materiellrechtlicher Natur. Allerdings bestünden ausnahmsweise Parteipflichten zum Handeln. Dies sei der Fall, wenn ein gebotenes Handeln nicht im Parteibelieben steht, jedes andere Verhalten missbilligt und den Parteien kein Ausweichen 165 Es ist wohlgemerkt zu unterscheiden: Es geht hier nicht darum, ob und in welcher Weise die Führung eines Prozesses Leistungs- oder Schutzpfl ichten verletzt – hat z. B. ein Intervenient sich verpfl ichtet, nicht zu prozessieren, dann verletzt er mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung eine vertragliche Leistungspfl icht; wenn es ihm verboten ist, (wider besseres Wissen) eine rechtsanmaßende außergerichtliche Intervention zu unternehmen (§ 241 Abs. 2 BGB), dann verletzt er die Schutzpfl icht auch (erst recht), wenn er vorsätzlich einen unbegründeten Antrag gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO stellt (zum Fortwirken vorprozessualer Schutzpfl ichten im Prozess Berges, NJW 1965, 1505, 1508 f.; Gaul, ZZP 110 [1997], 3, 23; Götz, S. 137). Solche Fälle haben nichts mit der hier inmitten stehenden Frage zu tun, ob das Prozessrechtsverhältnis selbst Schutzpfl ichten hervorbringen kann. 166 Anders noch in der Weimarer Zeit. Goldschmidt lehnt den Begriff des Prozessrechtsverhältnisses ab und bezeichnet die zivilprozessrechtlichen Rechtsbeziehungen der Parteien als „Rechtslage“: „die Lage . . ., in welche die Partei in bezug auf ihr materielles Recht durch dessen prozessuale Geltendmachung gelangt“, Goldschmidt, Zivilprozessrecht, S. 5. Der Begriff der „Rechtslage“ entspringe einer rein prozessualen Betrachtungsweise, die sich von der materiellrechtlichen Betrachtungsweise grundlegend unterscheide. Der materiellrechtlich geprägte Begriff des Rechtsverhältnisses bezeichne die Situation des Prozesses daher ganz unzutreffend, Goldschmidt, Rechtslage, S. 254. Gegen ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien auch Hellwig, System 1, S. 396 f.: „Gegensatz zu den privatrechtlichen Beziehungen“. S. ferner den entwicklungsgeschichtlichen Aufriss bei G. Lüke, ZZP 108 (1995), 427, 428 ff. 167 Ferner bezeichnet das Prozessrechtsverhältnis die Gesamtheit der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien und dem Gericht, G. Lüke, in: MüKo ZPO, Einl., Rn. 27; Rosenberg/ Schwab/Gottwald, S. 11 ff.; Schilken, Zivilprozess, Rn. 77. 168 Rosenberg/Schwab/Gottwald, S. 13 ff., 414 f.

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Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung

möglich ist.169 So hätten die Parteien, wenn sie gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen oder sich an dem Verfahren beteiligen, im Rahmen der Wahrheitspflicht (§ 138 Abs. 1 ZPO) und der allgemeinen Prozessförderungspflicht (§ 282 ZPO) die Pflicht, dies anständig und nicht schikanös zu tun. Die Wahrheits- und die Prozessförderungspflicht in ihren einzelnen gesetzlichen Ausformungen (§§ 141, 613, 142, 421 ff. ZPO) bestünden zwar auch im Verhältnis zur Gegenpartei. Eine Pfl ichtverletzung habe aber keine konkreten prozessualen Folgen. Ferner enthalte die ZPO eine Reihe von Vorschriften, die in ihrem Bereich arglistiges oder anderweit zu missbilligendes Parteiverhalten verbieten. Hierzu zählten unter anderem die Vorschriften über die Kostenerstattungspflicht des obsiegenden Klägers, wenn der Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat (§ 93 ZPO), die Versagung der Prozesskostenhilfe bei missbräuchlicher Inanspruchnahme der Gerichte (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO), die Erschwerung der Klagerücknahme nach mündlicher Verhandlung (§§ 263, 269 ZPO) sowie die Sanktionen bei verspätetem Vorbringen (§§ 296, 530 ff. ZPO). Diese Einzelvorschriften bewiesen, dass die ZPO das Gebot redlichen Verhaltens im Prozess kenne, sie einem Verbot arglistigen Verhaltens nicht indifferent gegenüberstehe und seine Durchsetzung unternehme. Die genannten Einzelvorschriften erschöpften jedoch nicht alle denkbaren Fälle arglistigen Verhaltens. Da eine dem § 242 BGB vergleichbare Norm im Prozessrecht fehle, sei der Grundsatz von Treu und Glauben im Prozessrecht analog anzuwenden.170 Im Bereich der Prozesshandlungen der Parteien entfalte dieser Grundsatz seine besondere Wirkung. Verstößt Parteiverhalten gegen Treu und Glauben, so sei es prozessual wirkungslos, und es könnten Schadensersatzpflichten entstehen.171 Die Haftung für schädigende Rechtsverfolgung betreffend sei zu unterscheiden. In der Anrufung der Gerichte, der Einlegung eines Rechtsmittels oder im tatsächlich wahrheitswidrigen Vorbringen im Prozess könne eine unerlaubte Handlung liegen, durch die der Gegner oder ein Dritter geschädigt wird. Ein Ersatzanspruch könne aber auch auf die §§ 280, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB gestützt werden, da das Prozessrechtsverhältnis als rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis anzusehen sei, innerhalb dessen die Partei für ihre Erfüllungsgehilfen haftet (§ 85 Abs. 2 ZPO, § 278 BGB). Die Haftung für Begleitschäden (z. B. Rufschädigung, Gesundheitsverletzung) bestimme sich dagegen (nur) nach allgemeinem Deliktsrecht.172 Eine dogmatische Grundlegung des Prozessrechtsverhältnisses als Grundlage außerdeliktischer Schadensersatzansprüche nach vertragsähnlichen Grund-

169 170 171 172

Rosenberg/Schwab/Gottwald, S. 14. Rosenberg/Schwab/Gottwald, S. 15. Rosenberg/Schwab/Gottwald, S. 414. Rosenberg/Schwab/Gottwald, S. 16.

B. Interventionsbegleitende Schuldverhältnisse

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sätzen hat G. Lüke unternommen.173 Er stellt zunächst fest, dass gesetzliche Parteipflichten im Erkenntnisverfahren nicht nur zum Schutz der Rechtspflege, sondern gerade auch zum Schutz des Prozessgegners bestehen, und dass sie daher prinzipiell geeignet seien, Schadensersatzansprüche auszulösen.174 Weitere Voraussetzung für eine Haftung nach vertragsähnlichen Grundsätzen (im Gegensatz zur Haftung wegen unerlaubter Handlung) wegen Verletzung gesetzlicher Parteipflichten sei, dass solche Pflichten in ein System von Rechten und Pflichten eingebettet sind (im Gegensatz zu lediglich einzelnen Pfl ichtbeziehungen). Ein solches Pflichtensystem stelle das Prozessrechtsverhältnis dar, da es sich als Ursprung und Zusammenfassung der prozessualen Rechtsbeziehungen begreifen lasse; die geringe Zahl echter Pflichten im Prozessrechtsverhältnis stelle dessen Charakter als Pflichtensystem nicht in Frage. Ferner müsse sich die Interessenlage im Prozessrechtsverhältnis mit derjenigen im Schuldverhältnis vergleichen lassen, damit das Prozessrechtsverhältnis selbst zur Grundlage von Schadensersatzansprüchen (wegen Leistungsstörung) gemacht werden könne. Eine Gemeinsamkeit des Prozessrechtsverhältnisses mit Schuldverhältnissen bestehe darin, dass im Prozess ein gemeinsamer Zweck der Parteien in dem Ziel gesehen werden könne, das Verfahren einer zügigen und ungestörten Entscheidung zuzuführen. Hauptsächlich aber folge die Vergleichbarkeit der Interessenlagen im Schuldverhältnis und im Prozessrechtsverhältnis daraus, dass die Parteien während des Prozesses in einem gemeinschaftlichen, rechtlich geordneten Verfahren verbunden sind, das sie zum Schutz des Gegners zur Beachtung bestimmter Spielregeln nötige. Dadurch entstehe wie im Schuldverhältnis ein System wechselseitiger Rechte und Pflichten; dass die Parteien sich dabei im Prozess als Gegner gegenüberstehen und einander widersprechende Entscheidungen anstreben, ändere daran nichts. Für die Vergleichbarkeit spreche überdies die Möglichkeit der Prozessparteien, wie in Schuldverhältnissen der anderen Partei einen „Erfüllungsgehilfen“ (den anwaltlichen Vertreter) aufzudrängen. Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs vertraglicher Regeln auf das Prozessrechtsverhältnis entspreche auch der gegenwärtigen Tendenz in der Schuldrechtsdogmatik, sich mehr und mehr von der Nähe zum Vertrag und dem Vertrauensprinzip zu lösen, und die Verantwortlichkeit des Schuldners allgemein mit dem gesteigerten sozialen Kontakt zu begründen. Die Voraussetzung des gesteigerten sozialen Kontakts mit erleichterten Einwirkungsmöglichkeiten auf die Rechtssphäre des anderen Teils und erhöhten Gefahren von Rechtsbeeinträchtigungen sei beim prozessualen Kontakt der Parteien gegeben. Nach alledem sei festzuhalten, dass das Prozessrechtsverhältnis zur Begrün173 G. Lüke, ZZP 108 (1995), 427, 441 ff. im Anschluss an Nakano, ZZP 79 (1966), 99, 111, der die Parteipfl ichten als Grundlage eines später geltend zu machenden Schadensersatzanspruchs in Betracht zieht. 174 G. Lüke, ZZP 108 (1995), 427, 444 ff.

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Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung

dung einer vertragsähnlichen Leistungsstörungshaftung wegen der Verletzung prozessualer Pflichten herangezogen werden könne.175 Demnach kann ein Intervenient, der es im Interventionsprozess an Redlichkeit mangeln lässt, dem Vollstreckungsgläubiger für Schäden, die aus der unredlichen Prozessführung resultieren, wegen Schutzpfl ichtverletzung gem. § 280 Abs. 1 BGB ersatzpflichtig werden. Denn das Prozessrechtsverhältnis der Parteien, das Sich-in-einem-gegeneinander-geführten-Prozess-befinden in seiner rechtlichen Verfasstheit, als solches (im Gegensatz zu dem materiellrechtlichen Rechtsverhältnis, das den Gegenstand des Prozesses bildet und vom Prozessrechtsverhältnis zu unterscheiden ist) 176 bildet ein rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis (Sonderverbindung), in dem die Parteien insbesondere bei der Vornahme von Prozesshandlungen Schutzpfl ichten (§ 241 Abs. 2 BGB) zu beachten haben, deren Inhalt sich nach Treu und Glauben bemisst.177 b) Kritik Die materiellrechtliche Erfassung des Prozessrechtsverhältnisses als rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis überzeugt nicht, weil es an der hinreichenden Ähnlichkeit des Prozessrechtsverhältnisses mit einem Schuldverhältnis fehlt (aa)), und weil das Prozessrechtsverhältnis auch im übrigen keine materiellrechtliche Sonderverbindung herstellt (bb)). aa) Schuldverhältnis Eine im Schrifttum anzutreffende Stimme sieht einen grundlegenden Unterschied zwischen Prozessrechtsverhältnis und Schuldverhältnis (i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB) darin, dass das Schuldverhältnis durch die Gewährung von Ansprüchen auf eine Veränderung der Vermögenszuordnung gerichtet ist und die Gleichgerichtetheit der beteiligten Interessen durch die flankierenden Schutzpflichten manifestiert wird, während beim Prozessrechtsverhältnis Gegensätzlichkeit der verfolgten Ziele vorherrsche. Ferner seien prozessrechtliche Normen von der Beteiligung des vermittelnd auftretenden Staates geprägt, wohingegen Schuldrechtsnormen ein typischerweise zweiseitiges Schuldverhältnis regelten, so dass Schuld- und Prozessrecht einander ganz unähnlich seien.178 Der erste Teil dieser Begründung, der auf dem Interesseneinklang der 175

G. Lüke, ZZP 108 (1995), 427, 446 ff. Rosenberg/Schwab/Gottwald, S. 12. 177 Das als Sonderverbindung interpretierte Prozessrechtsverhältnis weist große Ähnlichkeit mit dem unten S. 535–545 zu behandelnden Vollstreckungsrechtsverhältnis auf, das die Rechtsprechung des BGH (seit BGHZ 58, 207, 214 f.) als gesetzliche Sonderverbindung privatrechtlicher Art versteht. Die Gemeinsamkeiten gehen bis in die Terminologie – BGHZ 74, 9, 11 bezeichnet die in BGHZ 58, 207, 214 f. postulierte vollstreckungsrechtliche Sonderverbindung als Prozessrechtsverhältnis. 178 So Götz, S. 129. 176

B. Interventionsbegleitende Schuldverhältnisse

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Beteiligten eines Schuldverhältnisses aufbaut und offenbar auf vertragliche Schuldverhältnisse ausgerichtet ist, ist fragwürdig. Bereits bei vertraglichen Schuldverhältnissen ist der Interesseneinklang der Kontrahenten zunächst auf den im Vertragsschluss zutage tretenden Grundkonsens beschränkt, den Vertrag als Schuldverhältnis i. w. S., als Komplex von Rechten und Pflichten zu wollen. Die Motive für den Vertragschluss, die sodann das Verhältnis und die Interessen der Kontrahenten bei der Durchführung prägen, sind dagegen typischerweise antagonistisch.179 Erst recht kann von einem grundlegenden Interesseneinklang nicht gesprochen werden, wenn von gesetzlichen oder auf Kontrahierungszwang beruhenden Schuldverhältnissen die Rede ist, die dadurch charakterisiert sind, dass sie ohne den Willen der Beteiligten und regelmäßig gegen den Willen (mindestens) eines der Beteiligten entstehen. Im übrigen kommt es für eine Erfassung des Prozessrechtsverhältnisses als Schuldverhältnis nicht entscheidend auf die Richtungen der inmitten stehenden Parteiinteressen an. Gleichwohl enthält das Prozessrechtsverhältnis kein Schuldverhältnis. Eine derartige Konstruktion, wie sie in der Vergangenheit unter dem Blickwinkel der Verfahrensgesellschaft180 unternommen wurde,181 vermag nicht zu überzeugen. Wohl beschreibt das Prozessrechtsverhältnis einen Beziehungskomplex der Parteien. Nur ist dieses Gefüge prozessrechtlich konstituiert, und nicht 179

So zutreffend G. Lüke, ZZP 108 (1995), 427, 447. Zum Erklärungsversuch mittels der Figur einer Verfahrensgesellschaft Habscheid, KTS 1955, 33. Dagegen Baumgärtel, Prozesshandlung, S. 236 f.; Berges, NJW 1965, 1505, 1506. 181 An derlei korporative Ansätze scheint G. Lüke, ZZP 108 (1995), 427, 447 anzuknüpfen, der meint, ein gemeinsamer Zweck der Prozessparteien könne in dem Ziel gesehen werden, das Verfahren einer zügigen und ungestörten Entscheidung zuzuführen. Diese allgemeine Charakterisierung des Prozessrechtsverhältnisses ist indes zweifelhaft. Die anwaltliche Praxis lehrt, dass nicht selten – zu einem signifikanten Prozentsatz – Klagen über dubiose Ansprüche erhoben werden, um den Gegner mit einer lästigen Prozesssituation zu konfrontieren, damit dieser Vergleichsbereitschaft entwickelt, oder weil prozessferne Ziele verfolgt werden (z. B. in arbeitsgerichtlichen Beschlussstreitigkeiten oder mit aktienrechtlichen Anfechtungsklagen). Noch häufiger werden Prozesse von Seiten des Beklagten in die Länge gezogen und in Verwicklungen verstrickt, um den Kläger vergleichsbereit zu machen oder die Verurteilung herauszuzögern. Derlei Prozessverhalten ist nicht vereinzelter Missbrauch, der den gemeinsamen Parteizweck nicht grundlegend in Frage zu stellen vermag. Vielmehr kommt in ihm der gegebene Interessenwiderstreit von Prozessparteien zum Ausdruck, der auch wertender (nicht nur empirisch gestützter) Annahme eines prinzipiell bestehenden gemeinsamen Zwecks entgegensteht. Dass gegen die Feststellung, es bestehe kein gemeinsamer Zweck reibungsloser Prozessabwicklung, Gegenbeispiele angeführt werden können (z. B. Musterprozesse), widerlegt sie nicht. Ebenso wenig bedeutet die Feststellung eines grundlegenden Parteiantagonismus’ im Hinblick auf die Durchführung des Prozesses (über den Parteiantagonismus, der das Prozessergebnis betrifft, hinaus), dass der aus ihr resultierenden Neigung zur Instrumentalisierung des Prozesses zur Zermürbung des Gegners nicht rechtlich entgegenzuwirken ist (mit Mitteln des Prozessrechts). Nur kann die Schuldverhältnisähnlichkeit des Prozessrechtsverhältnisses nicht mit dem grundlegenden gemeinsamen Durchführungszweck begründet werden, weil dieser Zweck nicht besteht, jedenfalls nicht charakteristisch ist. 180

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Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung

schuldrechtlich – darauf scheint auch der zweite Teil von Götz’ Begründung hinzuweisen, der auf die gänzlich unterschiedliche Prägung des Prozessrechts (in dem das Prozessrechtsverhältnis beheimatet ist) und des Schuldrechts abstellt. Gegen die kategoriale Abgrenzung des Prozessrechtsverhältnisses von Schuldverhältnissen spricht weder, dass im Prozess Parteipfl ichten bestehen können, noch, dass die ZPO Anspruchsnormen enthält. Von den prozessualen Handlungspflichten ist die Wahrheitspflicht (§ 138 Abs. 1 BGB) als Parteipflicht allgemein anerkannt. Die Verletzung der Wahrheitspfl icht hat zum einen prozessuale Folgen (Unbeachtlichkeit), die Ausdruck der prozessrechtlichen Verfasstheit des Prozessrechtsverhältnisses sind. Zum anderen kann die Prozesslüge zwar auch materiellrechtliche Haftung nach sich ziehen. Die inmitten stehende Delikthaftung der Partei wegen Schutzgesetzverletzung (§ 823 Abs. 2 BGB) 182 gründet aber gerade nicht auf einem Schuldverhältnis und ist daher auch kein Beleg für sein Bestehen.183 Die sog. Prozessförderungspflicht, die Teile des Schrifttums als echte Parteipflicht verstehen,184 ist ausschließlich durch prozessuale Sanktionen (Zurückweisung) bewehrt,185 so dass auch sie keinen Hinweis auf einen schuldrechtlichen Charakter des Prozessrechtsverhältnisses gibt. Ferner spricht auch die Einschaltung des anwaltlichen Vertreters als „Erfüllungsgehilfe“ in den Prozess nicht für die Schuldrechtlichkeit des Prozessrechtsverhältnisses.186 Die Stellung des Prozessvertreters ist prozessrechtlich besonders (mit Abweichungen von der materiellrechtlichen Beurteilung) geregelt (§§ 78 ff. ZPO, insbesondere § 85 Abs. 2 ZPO), so dass die Zurechnung von Anwaltsverhalten im Prozess gerade nicht den Regeln über den Erfüllungsgeholfen folgt. Dass der anwaltliche Vertreter andererseits im Rahmen eines zwischen den Parteien (unabhängig vom Prozessrechtsverhältnis) bestehenden Schuldverhältnisses Erfüllungsgehilfe seines Mandanten sein kann, sagt nichts über eine Qualifizierung des Prozessrechtsverhältnisses aus. Schließlich sind die in der ZPO enthaltenen Anspruchsnormen, die zwischen den Parteien ein Schuldverhältnis mit Leistungspflichten i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB herstellen (z. B. §§ 91 ff., 302 Abs. 4 Satz 3 ZPO), zwar materiellrechtliche Vorschriften.187 Sie belegen aber nicht die Schuldrechtlichkeit des Prozessrechtsverhältnisses, sondern bezeugen nur, dass die ZPO neben prozessrechtlichen auch materiellrechtliche Vorschriften enthält.

182

S. 448 f. Gaul, ZZP 110 (1997), 3, 20 f. 184 Jauernig, S. 101; Leipold, in: Stein/Jonas, § 282, Rn. 4 f.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, S. 14. A. A. Gaul, in: Gedächtnisschrift für Peter Arens, S. 89, 112; Schilken, Zivilprozess, Rn. 385: Last. 185 Leipold, in: Stein/Jonas, § 282, Rn. 6. 186 So aber G. Lüke, ZZP 108 (1995), 427, 448. 187 Rosenberg/Schwab/Gottwald, S. 14 sowie oben S. 152 zu den Anspruchsnormen der Haftung aus prozessualer Veranlassung. 183

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bb) Sonderverbindung ohne Leistungspfl ichten Das Prozessrechtsverhältnis ist keine Sonderverbindung ohne Leistungspflicht, die Schutzpflichten (§ 241 Abs. 2 BGB) hervorzubringen vermag.188 Sonderverbindungen ohne Leistungspfl ichten, die gegenüber dem allgemeinen Schädigungsverbot gesteigerte Schutzpflichten (§ 241 Abs. 2 BGB) hervorbringen, werden im Schrifttum mit gesteigertem sozialen Kontakt189 oder – präziser – mit der Gewährung in Anspruch genommenen Vertrauens190 begründet. Der Wortlaut der §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB und die Gesetzesmaterialien zu diesen Vorschriften191 geben über die Entstehung von Sonderverbindungen außerhalb von Vertragsverhandlungen, der Vertragsanbahnung und ähnlicher (vertragsvorbereitenden, im Gegensatz zu vertragsanbahnenden) 192 geschäftlicher Kontakte (§ 311 Abs. 2 BGB) keinen näheren Aufschluss. Indes bestätigen § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB und die Gesetzesmaterialien, welche die Kontinuität der Rechtszustände vor und nach dem Inkrafttreten des SchuldRModG betonen, die zuvor genannten Kriterien. Demnach müsste das Sich-in-einem-gegeneinander-geführten-Prozess-befinden einen gesteigerten sozialen Kontakt der Parteien herstellen (aaa)), in dem Vertrauen derart gewährt und in Anspruch genommen wird (bbb)), dass eine Erweiterung des Integritätsschutzes durch Rücksichtnahmegebote (§§ 241 Abs. 2, 242 BGB) angezeigt ist, deren Beachtung materiellrechtlich durch Schadensersatzansprüche gem. § 280 Abs. 1 BGB bewehrt ist (ccc)). aaa) Gesteigerter sozialer Kontakt Der Eintritt in ein zivilprozessuales Verfahren verändert stets die Qualität eines zwischen den Parteien bestehenden sozialen Kontakts, der in die rechtliche Verfasstheit des Prozessrechtsverhältnisses gestellt wird. Ob diese Veränderung aber eine Steigerung des Sozialkontakts ist, wie sie eine materiellrechtliche Son-

188

Zur Existenz von Schutzpfl ichten ohne Leistungspfl ichten s. S. 507 f. So A. Blomeyer. Schuldrecht, S. 72 f.; Esser/Schmidt, S. 136 ff.; Stoll, in: Festschrift für Fritz von Hippel, S. 517, 525 ff. 190 So Ballerstedt, AcP 151 (1951), 501, 507, mit Fn. 17: „Darunter [sc. dem schuldrechtlichen Rechtsgeschäft, das der culpa in contrahendo zugrunde liegt] wird . . . immer ein zweiseitiger Tatbestand verstanden: auf der Seite des einen Partners ein Verhalten, das nach den Grundsätzen der Redlichkeit und nach seiner sozialen Erscheinungsform geeignet ist, Vertrauen zu erwecken und auf der anderen Seite des anderen Partners die Gewährung von Vertrauen in eben dieses Verhalten“. Ferner Canaris, JZ 1965, 475, 478; Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 177 ff.; E. Schmidt, in: v. Ihering/Staub, S. 131, 144 ff. 191 Entwurfsbegründung zu § 241 Abs. 2, BT-Drucks. 14/6040, S. 125 f.; Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 14/7052, S. 182; Entwurfsbegründung zu § 311 Abs. 2, 3, BT-Drucks. 14/6040, S. 161 ff. 192 So die Entwurfsbegründung zu § 311 Abs. 2, 3, BT-Drucks. 14/6040, S. 162. 189

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derverbindung voraussetzt,193 ist bereits deshalb zweifelhaft, weil die Einleitung eines Prozesses nicht selten eher geeignet ist, die Parteien zu entzweien als sie anzunähern. Im Schrifttum wird der gesteigerte Sozialkontakt beschrieben als Sonderkontakt, in dem die Beteiligten „jenes allgemeine Nebeneinander mit seinen zufälligen Kollisionsmöglichkeiten, für das der anonymisierende deliktsrechtliche Grundsatz des ‚neminem laedere‘ typisch ist“, verlassen und überwechseln „in den speziellen Status eines Miteinander, den ein spezifisches Vertrauen gerade in dieses Gegenüber kennzeichnet“.194 Daran gemessen steigert ein Zivilprozess bestehenden Sozialkontakt nicht, weil er das gewöhnliche Nebeneinander nicht in ein außergewöhnliches Miteinander überführt. Der Zivilprozess ist vielmehr das Paradigma des – auf Eigeninitiative und Eigenverantwortlichkeit beruhenden – Gegeneinander: „Der Zivilprozess ist Kampfschauplatz“195 . Dort gelten zwar bestehende Sonderverbindungen fort – der Prozess um ein schuldrechtliches Rechtsverhältnis zerstört die Bindungen nicht, die in diesem Rechtsverhältnis bereits entstanden waren. Wer den Kampfschauplatz des Zivilprozesses betritt, der begibt sich aber nicht allein dadurch in eine materiellrechtliche Sonderverbindung mit dem Prozessgegner.196 Ferner stellt der Prozessbeginn sozialen Kontakt der Parteien her, wenn zwischen ihnen bis dahin keinerlei sozialer Kontakt bestand. Allein die Herstellung sozialen Kontaktes reicht aber nicht hin, um eine Sonderverbindung zu begründen. Denn, was die Herstellung sozialen Kontaktes angeht, unterscheidet sich die Erhebung einer Klage aus heiterem Himmel nicht von der Vielzahl unerlaubter Handlungen, die ganz ohne die Herstellung von Sozialkontakt nicht möglich sind (z. B. eine räuberische Erpressung), und die – weil der hergestellte Sozialkontakt kein Miteinander hervorbringt – gleichwohl keine Sonderverbindung begründen. Dass des Verhältnis der Parteien eines Zivilprozesses nicht von einem Miteinander, sondern von einem Gegeneinander geprägt ist, wird auch nicht da193

So insbesondere G. Lüke, ZZP 108 (1995), 427, 448 f. Dagegen Gaul, ZZP 110 (1997), 3,

24 f. 194 So Esser/Schmidt, S. 136 f. Ähnlich Frost, S. 64: „Die abwehrbereite Isolation, die sich in einem ‚Nebeneinander‘ der Rechtskreise widerspiegelt, ist (bei der Sonderverbindung) einem ‚Miteinander‘ gewichen“. 195 Walter, JZ 1986, 614. 196 Ein anderer Kampfschauplatz, der wie der Zivilprozess vom Gegeneinander, aber im Gegensatz zum Zivilprozess gleichzeitig vom kameradschaftlichen Miteinander der Gegner geprägt ist, ist der sportliche Wettkampf. Obwohl daher die Annahme nahe liegt (und zwar wesentlich näher als beim Zivilprozess), dass die Teilnahme am sportlichen Wettkampf eine Sonderverbindung mit Schutzpfl ichten unter den teilnehmenden Sportlern begründet, stützen die umfangreiche Rechtsprechung und das Schrifttum (Überblick bei Hager, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 823 ff., Rn. 50 ff. m. w. N.) die Haftung bei Sport und Spiel nahezu ausnahmslos ausschließlich auf Ansprüche wegen unerlaubter Handlung. Anders Pfi ster, in: Festschrift für Werner Lorenz, S. 245, 248 ff.: Sonderverbindung zwischen Teilnehmern sportlicher Wettbewerbe. Dagegen Fritzweiler, in: ders./Pfister/Summerer, 5. Teil, Rn. 7.

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durch in Zweifel gezogen, dass das Gericht in jeder Lage des zivilprozessualen Verfahrens auf eine gütliche Einigung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein soll (§ 278 Abs. 1 ZPO). Das Bemühen um einen Verhandlungsfrieden bezeugt nicht urwüchsige Harmonie, sondern das Bedürfnis nach Überwindung intransigenter Positionen.197 bbb) Gewährung und Inanspruchnahme von Vertrauen Auch mit dem Kriterium, das eine Sonderverbindung charakterisiert durch die Gewährung und Inanspruchnahme von Vertrauen, die gesteigerte Einwirkungsmöglichkeiten auf die Gütersphäre der Beteiligten mit sich bringen, kann das Prozessrechtsverhältnis nicht als Sonderverbindung qualifiziert werden. Zwar kann ein Prozess die Einwirkungsmöglichkeiten auf die Güter der jeweils anderen Partei erhöhen.198 Die Einwirkungsmöglichkeit beruht aber nicht darauf, dass Vertrauen gewährt oder in Anspruch genommen würde.199 Selbst, wenn eine Partei der anderen Vertrauen entgegenbringt, dann ist dieses Vertrauen nicht gerechtfertigt und daher nicht schützenswert. Der Zivilprozess ist nicht der Ort für Vertrauensseligkeit. Die Parteien bekennen spätestens durch die Antragstellung ihre Prozessziele, und für keine Partei besteht Anlass zu der Annahme, der Prozessgegner würde das Ziel, zu dem er sich bekannt hat, nicht rücksichtslos verfolgen. „Es ist im Prozesse wie im Krieg und in der Politik“200 , und „im Erkenntnisverfahren geht es um die einseitige Wahrnehmung der Interessen einer Partei“201. Diese grundlegend antagonistische Struktur des Zivilprozesses schließt die Gewährung und Inanspruchnahme von Vertrauen als normative Grundlage einer Sonderverbindung mit Schutzpflichten unter den Parteiein aus.

197

Verfehlte Unternehmungen, mit den Begriffen der prozessualen Kooperationsmaxime oder Arbeitsgemeinschaft eine Harmonie zu suggerieren, die dem Prozessrecht nicht zugrunde liegt und in der Prozesswirklichkeit nicht existiert, sollen hier nur erwähnt sein. Überblick z. B. bei Jauernig, S. 99; Leipold, ZZP 93 (1980), 237, 263 f., jew. m. w. N. 198 A. A. Götz, S. 130 f. 199 Daher greift die Argumentation von G. Lüke, ZZP 108 (1995), 427, 448 f., zu kurz, der allein auf die erhöhte Einwirkungsmöglichkeit und die aus ihr resultierende Erhöhung des Gefährdungspotentials abstellt, und die darüber hinaus erforderliche Besonderheit der zwischen den Beteiligten bestehenden Lage – Gewährung und Inanspruchnahme von Vertrauen bzw. das den gesteigerten sozialen Kontakt ausmachende außergewöhnliche, vertrauensbegründende Miteinander – für unbeachtlich erklärt („Daß eine besondere Vertrauenslage zwischen den Parteien fehlt, kann . . . nicht entscheidend sein“). 200 So Goldschmidt, Rechtslage, S. 292. Zustimmend Zeiss, S. 19; ders., NJW 1967, 703, 706. 201 So OLG Hamburg MDR 1984, 940. Ferner Gaul, ZZP 110 (1997), 3, 25; Leipold, ZZP 93 (1980), 237, 263 f.

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ccc) Erweiterung des Integritätsschutzes und Schadensersatzsanktion Im Zivilprozess herrscht ein Parteiantagonismus, der zügellose Rücksichtslosigkeit bei der Durchsetzung der Parteiinteressen fördert. Der Streit bedarf eines Ordnungsrahmens, der ungehemmte einseitige Interessenverfolgung maßvoll beschränkt und gegenseitigen Integritätsschutz der Parteien gewährleistet. Den zur Entscheidungsfindung unabdingbaren Ordnungsrahmen stellen die verfahrensrechtlichen Vorschriften des Prozessrechts her. Das prozessuale Ordnungsgefüge statuiert einzelne Parteilasten und -pfl ichten, durch die Rücksichtslosigkeit der Parteien gehemmt und beschränkt werden soll (die Prozessförderungspflicht in ihren Ausprägungen sowie die Wahrheitspflicht), und die nicht nur das Verhältnis der Parteien zum Gericht betreffen, sondern anerkanntermaßen auch das Prozessrechtsverhältnis unter den Parteien. Die normierten Rücksichtnahmegebote sind weder umfassend noch abschließend. Vielmehr ist das Prozessrechtsverhältnis unter den Parteien um weitere Rücksichtnahmegebote zu ergänzen, die dem auch im Prozessrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben entspringen, 202 und die nach Grund und Inhalt den materiellrechtlichen Schutzpflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB nicht unähnlich sind. Mit der Feststellung, dass im Prozessrechtsverhältnis zwischen den Parteien Rücksichtnahmegebote bestehen, die dem mit Prozessrechtsgeltung versehenen Redlichkeitsgrundsatz entstammen und den Schutzpflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB entsprechen, ist indes noch keine Aussage über die Sanktion gebotswidrigen Verhaltens getroffen. Die Rücksichtnahmegebote des Prozessrechtsverhältnisses entstehen im Prozessrecht – aus dem Grundsatz von Treu und Glauben in seiner prozessrechtlichen Geltung – und sind Teil des prozessualen Ordnungsgefüges. Daher sind Verstöße gegen solche Gebote innerhalb des prozessualen Ordnungsrahmens, also prozessrechtlich zu sanktionieren. Unredlich rücksichtslosen Prozesshandlungen sind die prozessualen Rechtswirkungen zu versagen, die sie ohne Verstoß gegen ein prozessuales Rücksichtnahmegebot gehabt hätten. 203 Eine andere Frage ist es, ob Verstöße gegen prozessuale Rücksichtnahmegebote auch materiellrechtlich wie Schutzpflichtverstöße als Leistungsstörung gelten sollen, mit der Folge der Schadensersatzsanktion gem. § 280 Abs. 1 BGB. Dölle 204 bejaht dies grundsätzlich. Zweifel 202 BGHZ 112, 345, 349; BGHZ 31, 77, 83; BGHZ 20, 198, 206; BGH NJW 1978, 426; BGH NJW 1963, 154, 155; OLG Hamm NJW 1987, 138; LG Frankfurt NJW 1982, 1056; Dölle, in: Festschrift für Otto Riese, S. 279, 289 ff.; G. Lüke, ZZP 108 (1995), 427, 449; Rosenberg/Schwab/Gottwald, S. 15; Schilken, Zivilprozess, Rn. 147 (Arglistverbot); (kritisch, aber i.E. ebenso) Zeiss, S. 20; ders., NJW 1967, 703, 707. A. A. Konzen, S. 236 ff. 203 BGHZ 20, 198, 206; OLG Hamm NJW 1987, 138; LG Frankfurt NJW 1982, 1056; Dölle, in: Festschrift für Otto Riese, S. 279, 291; Henckel, S. 291 ff.; Jauernig, S. 127; Rosenberg/Schwab/Gottwald, S. 414. 204 Dölle, in: Festschrift für Otto Riese, S. 279, 292. Zustimmend Hellwig, NJW 1968, 1072, 1076. Ferner Rosenberg/Schwab/Gottwald, S. 15, 414.

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könnten nur über die Anspruchsvoraussetzungen bestehen, bei denen Besonderheiten bestehen könnten (Vorrang prozessualen Sanktionen, Haftung ohne Verschulden entsprechend § 122 Abs. 1 BGB). Die Anwendbarkeit des Leistungsstörungsrechts bei der Verletzung prozessualer Rücksichtnahmegebote stützt Dölle darauf, dass solche Gebote nicht nur als Obliegenheiten, sondern als echte Rechtspflichten zu behandeln seien. Dem soll hier nicht widersprochen werden; 205 nur ist der Schluss von der Pflichtenqualität prozessualer Rücksichtnahmegebote auf die Anwendbarkeit des Leistungsstörungsrechts nicht begründet. Prozessuale Redlichkeitspflichten entstehen im Prozessrecht, weil das prozessrechtlich verfasste Ordnungsgefüge ohne sie nicht hinreichend funktionsfähig ist. Sie dienen mithin dazu, die Funktionsfähigkeit des Prozesses zu bewahren oder wiederherzustellen – bewahrend wirken sie, wenn sie beachtet werden, wiederherstellend wirken sie, wenn ihre Verletzung sanktioniert wird. Da prozessuale Redlichkeitspflichten die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Prozesses bezwecken (darin liegt ihre einzige Existenzberechtigung), sind zur Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des Prozesses prozessuale Sanktionen geboten und hinreichend. Materiellrechtliche Sanktionen sind weder zweckmäßig, noch können sie überzeugend begründet werden. Denn das Prozessrechtsverhältnis unterscheidet sich, wie erinnerlich, wesentlich von einer Sonderverbindung, derer es zur Begründung leistungsstörungsrechtlich schadensersatzbewehrter Schutzpflichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB bedarf. 206 Der Sprung von den prozessualen Redlichkeitspflichten zu den inhaltsgleichen materiellrechtlichen Schutzpfl ichten ist zu weit. 207 4. Vollstreckungsrechtsverhältnis Ein Intervenient, der die Vollstreckung oder Vollziehung einer Interventionsentscheidung betreibt, ist mit dem Vollstreckungsgläubiger durch das Vollstreckungsrechtsverhältnis verbunden, in dem der Intervenient die Rolle des Vollstreckungsgläubigers und der Vollstreckungsgläubiger die Rolle des Voll205 Allgemein zur Existenz von Parteipfl ichten im Zivilprozess s. z. B. Henckel, S. 14 ff.; Konzen, S. 57 ff.; Lent, ZZP 67 (1954), 344, 350 ff. 206 I. E. ebenso Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 91; Götz, S. 131; Henckel, JZ 1973, 32; Konzen, S. 288 ff.; Schilken, Zivilprozess, Rn. 147. 207 Die Begründungsschwäche äußert sich auch in der Unentschlossenheit, mit der die These vom Schadensersatzanspruch gem. §§ 280, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB wegen unredlicher Prozesshandlungen bei Rosenberg/Schwab/Gottwald, S. 15 f., vertreten wird. Einerseits soll ein solcher Anspruch entstehen können, andererseits soll sich die Haftung für Begleitschäden (z. B. Rufschädigung, Gesundheitsverletzung) nur nach dem Deliktsrecht richten. Wenn die prozessualen Redlichkeitspfl ichten aber Schutzpfl ichten i. S. v. § 241 Abs. 2 BGB wären, die das Integritätsinteresse schützen, dann sollte der Schadensersatzanspruch gem. § 280 Abs. 1 BGB gerade Begleitschäden umfassen, bei denen das Integritätsinteresse betroffen ist, das durch prozessuale Sanktionen nicht geschützt werden kann.

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streckungsschuldners einnimmt. Das Vollstreckungsrechtsverhältnis (a)) könnte als Sonderverbindung Grundlage von Schutzpflichten des Intervenienten (als Vollstreckungsgläubiger) sein, für deren Verletzung er dem Vollstreckungsgläubiger (als Vollstreckungsschuldner) gem. § 280 Abs. 1 BGB haftet (b)). a) Begriff, Struktur und Inhalt Die Zwangsvollstreckung ist ein gesetzlich geregeltes Verfahren, das auf das Ziel der Gläubigerbefriedigung gerichtet ist und ein Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten herstellt. 208 Beteiligt sind der Staat sowie die Parteien der Zwangsvollstreckung. Das Vollstreckungsrechtsverhältnis besteht zwischen Staat und Parteien sowie – auf dieses Verhältnis ist vorliegend abzustellen – zwischen Vollstreckungsgläubiger und -schuldner. 209 Das Vollstreckungsrechtsverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner ist die Gesamtheit der im Zwangsvollstreckungsrecht wurzelnden Beziehungen von Gläubiger und Schuldner. Als solches ist es ein prozessrechtliches Verhältnis (im Gegensatz zur materiellrechtlichen Sonderverbindung). Vollstreckungsrechtsverhältnis und Prozessrechtsverhältnis des Erkenntnisverfahrens weisen Ähnlichkeiten auf, sind aber zu unterscheiden. Denn das Gesetz trennt das Vollstreckungsverfahren vom Erkenntnisverfahren, und jenes kann durchgeführt werden, ohne dass dieses zuvor stattgefunden hat (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Ferner stehen sich Gläubiger und Schuldner im Vollstreckungsverfahren zwar ähnlich wie Kläger und Beklagter im Erkenntnisverfahren in einem Zweiparteienverhältnis gegenüber, die Verfahren sind aber unterschiedlich ausgestaltet. So kennt das Vollstreckungsverfahren keine allgemeine Mitwirkungs- und Förderungspflicht, und den Schuldner trifft erst am Ende des Vollstreckungsverfahrens und im Rahmen eines besonderen Antragsverfahrens eine Offenbarungspflicht. 210 Im übrigen besteht im Vollstreckungsrechtsverhältnis zwar eine besondere Nähe zwischen Gläubiger und Schuldner, die durch den Titel miteinander verbunden sind. Gläubiger und Schuldner treten im Vollstreckungsverfahren, das auf Befriedigung des Gläubigers auf Kosten des Schuldners gerichtet ist (und daher als Eingriffsverhältnis211 treffend 208

Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 85; ders., in: Gedächtnisschrift für Peter Arens, S. 89, 101 ff.; G. Lüke, in: MüKo ZPO, Einl., Rn. 349. 209 Baur/Stürner/Bruns, Rn. 5.15; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 86; Gerhardt, Grundbegriffe, Rn. 22; ders., Vollstreckungsrecht, S. 14 f.; G. Lüke, in: MüKo ZPO, Einl., Rn. 349. Die entgegenstehende Auffassung, wonach die Vollstreckung keine rechtliche Beziehung zwischen Gläubiger und Schuldner begründet (Rosenberg, Zivilprozessrecht, S. 884), ist überwunden, Gaul, ZZP 110 (1997), 3, 26. 210 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 85 f., 90; ders., ZZP 110 (1997), 3, 26 f.; G. Lüke, in: MüKo ZPO, Einl., Rn. 349. 211 Baur/Stürner/Bruns, Rn. 5.10; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 88; Gerhardt, Grundbegriffe, Rn. 21.

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charakterisiert ist), aber in einen noch schärferen Interessengegensatz als im Erkenntnisverfahren, 212 bei dem die Herstellung eines gütlichen Ausgleichs von Gesetzes wegen stets im Blickfeld zu bleiben hat. Zu unterscheiden ist das Vollstreckungsrechtsverhältnis auch von einem bestehenden materiellen Rechtsverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner. Ausgangspunkt des Vollstreckungsrechtsverhältnisses ist nicht das materielle Recht, sondern der Titel, dem ein materieller Anspruch zugrunde liegen kann, aber nicht zugrunde liegen muss, und der mithin unabhängig ist von einem materiellrechtlichen Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner. 213 Das Vollstreckungsrecht schließt Vollstreckungsvereinbarungen der Parteien nicht aus. 214 Vollstreckungsvereinbarungen begründen Sonderverbindungen. Verletzt der Gläubiger oder der Schuldner eine Leistungs- oder Schutzpflicht, die sich aus einer Vollstreckungsvereinbarung ergibt, kann er gem. § 280 Abs. 1 BGB auf Schadensersatz haften. Die verletzte Pflicht ist dann aber nicht dem Vollstreckungsrechtsverhältnis entsprungen, sondern einem begleitenden vertraglichen Schuldverhältnis. 215 Umstritten ist, ob das Vollstreckungsrechtsverhältnis eine Sonderverbindung darstellt, die als Anknüpfungspunkt materiellrechtlicher Schutzpfl ichten hinreicht. b) Sonderverbindung Nach der Rechtsprechung des BGH216 , die im Schrifttum Zustimmung gefunden hat, 217 soll sich allein aus dem Vollstreckungseingriff und der Gestaltung des Vollstreckungsrechts eine rechtliche Sonderbeziehung zwischen dem Vollstreckungsgläubiger und einem etwaigen Drittberechtigten oder dem Vollstreckungsschuldner ergeben. Diese gesetzliche Sonderverbindung privatrechtlicher Art 218 (Prozessrechtsverhältnis) 219 soll Pflichten begründen, für deren Verletzung der Vollstreckungsgläubiger nach den Regeln über die positive For212

Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 86; ders., ZZP 110 (1997), 3, 26 f.; G. Lüke, ZZP 108 (1995), 427, 453. 213 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 86, 89; ders., in: Gedächtnisschrift für Peter Arens, S. 89, 101. Ferner Lippross, JA 1980, 16, 17; G. Lüke, JuS 1996, 185. 214 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 86, 512 ff.; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 45. 215 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 522 f. Ferner Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 45; Schuschke, in: Schuschke/Walker, Allg. Vorbem., Rn. 13. A. A. G. Lüke, in: MüKo ZPO, Einl., Rn. 354 f., der das Rechtsverhältnis der Vollstreckungsvereinbarung in das Vollstreckungs- bzw. Prozessrechtsverhältnis einbezieht. 216 BGHZ 58, 207, 214 f., bestätigt durch BGHZ 67, 378, 383; bestätigt durch BGHZ 74, 9, 11; bestätigt durch BGH NJW 1985, 3080, 3081. 217 Alff, in: RGRK, § 278, Rn. 17; Heintzmann, S. 175; Lippross, JA 1980, 16, 17; Mohrbutter, S. 147; K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn. 70; Wolf/Müller, NJW 2004, 1775. 218 So BGHZ 58, 207, 214 f.; BGH NJW 1985, 3080, 3081; Mohrbutter, S. 147. 219 So BGHZ 74, 9, 11.

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derungsverletzung haftet 220 (§ 280 Abs. 1 BGB). Demnach könnte ein Intervenient als Vollstreckungsgläubiger verpflichtet sein, die Begründetheit seiner Intervention sorgfältig nachzuprüfen und ggf. von der Vollstreckung einer Interventionsentscheidung abzusehen oder sie aufzugeben (§ 241 Abs. 2 BGB). Bei Verletzung dieser Pflicht könnte er dem Vollstreckungsgläubiger (als Vollstreckungsschuldner) schadensersatzpflichtig sein (§ 280 Abs. 1 BGB). aa) Befürwortende Stimmen Die Entwicklung der Rechtsauffassung, wonach das Vollstreckungsrechtsverhältnis eine Sonderverbindung mit Schutzpfl ichten der Beteiligten herstellt, hat ihren Ausgangspunkt in der Rechtsprechung des BGH. In einem Urteil v. 07. 03. 1972 hatte der VI. Zivilsenat über die Haftung eines Vollstreckungsgläubigers zu entscheiden, der in Dritteigentum pfänden lassen und den Vollstreckungsgegenstand nach Aufklärung über die Rechtslage nicht unverzüglich freigegeben hatte. 221 Der Senat meint, die Vollstreckung in schuldnerfremdes Vermögen stelle von Anfang an eine Störung der privaten Rechtslage dar, die in § 771 ZPO eine besondere prozessrechtliche Regelung erfahren habe. Die Frage, ob ein sachlichrechtlicher Anspruch des Dritten gegen den Pfändungsgläubiger auf Freigabe besteht, könne nicht anhand der prozessrechtlichen Regelung, sondern nur aus der sachlichen Interessenlage heraus beantwortet werden. Dabei gelte, dass sich schon allein aus dem Vollstreckungszugriff eine rechtliche Sonderbeziehung sowohl zwischen dem Vollstreckungsgläubiger und dem Vollstreckungsschuldner als auch zwischen dem Vollstreckungsgläubiger und einem etwaigen Drittberechtigten ergibt. Diese gesetzliche Sonderbeziehung privatrechtlicher Art, die sich aus der Gestaltung des Vollstreckungsrechts ergebe, gewähre dem betroffenen Drittberechtigten zunächst den Anspruch auf sorgfältige Prüfung des dem Pfändungsgläubiger zur Darlegung und Glaubhaftmachung des Drittrechts Unterbreiteten. Dieser Anspruch verwandle sich in einen sachlich-rechtlichen Freigabeanspruch, sobald der Anspruch hinreichend glaubhaft gemacht ist. Die Verzögerung der Freigabe trotz hinreichender Glaubhaftmachung sei die Verletzung einer aus der genannten privatrechtlichen Sonderbeziehung entspringenden Pfl icht, bei deren rechtlicher Beurteilung § 278 BGB anwendbar sei.222 Der VIII. Zivilsenat schließt sich in einem Urteil v. 08. 12. 1976 dem VI. Zivilsenat an. Vollstreckung in schuldnerfremdes Vermögen sei von Anfang an eine Störung der privaten Rechtslage. Dies rechtfertige es, auch bei der Pfändung des Herausgabeanspruchs auf eine Sache eine Verpflichtung des Pfandgläubigers zu gewissenhafter Prüfung von Drittansprüchen 220 So BGHZ 74, 9, 17; BGH NJW 1985, 3080, 3081. Ferner AG Gummersbach JurBüro 2001, 144. 221 BGHZ 58, 207 m. zust. Anm. Pehle, LM ZPO § 771 Nr. 8. 222 BGHZ 58, 207, 213 ff.

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auf die Sache und ggf. zum Verzicht auf die Rechte aus der Pfändung zu bejahen. Das Verschulden „an einer Eigentumsverletzung durch nicht rechtzeitigen Verzicht auf die Pfändung in einem solchen Falle“ hänge davon ab, in welcher Form der betroffenen Eigentümer über seine Rechte aufgeklärt habe. 223 In einem Urteil v. 13. 03. 1979, in dem über Ansprüche eines Vollstreckungsschuldners zu befinden war, gegen den versehentlich weitervollstreckt worden war, nachdem er die titulierte Forderung beglichen hatte, bezieht sich der VI. Zivilsenat im Hinblick auf „[a]ußerdeliktische Anspruchsgrundlagen, etwa aus Vertrag, gesetzlichem Schuldverhältnis oder einer anderen rechtlichen Sonderverbindung, als welche möglicherweise auch das Prozeßrechtsverhältnis in Frage kommen könnte“, das unter dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung erheblich sein könne, auf sein Urteil v. 07. 03. 1972, lässt die Gegebenheit solcher Ansprüche aber dahinstehen, weil nicht über die Haftung des Vollstreckungsgläubigers, sondern dessen anwaltlichen Vertreters zu entscheiden war. 224 Schließlich 225 bekräftigt der VI. Zivilsenat seine Rechtsprechung in einem Urteil v. 30. 10. 1984, in dem über Ansprüche eines Vollstreckungsschuldners gegen den Vollstreckungsgläubiger in einem Fall zu befinden war, in dem das Verfahren auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach Tilgung der titulierten Forderung fortgesetzt worden war, obwohl der Gläubiger dem Schuldner zugesagt hatte, die Vollstreckungsfortsetzung durch Mitteilung des Zahlungseingangs zu verhindern. Der Vollstreckungseingriff begründe zwischen dem Vollstreckungsgläubiger und dem Schuldner eine gesetzliche Sonderbeziehung privatrechtlicher Art, die für den Vollstreckungsgläubiger Pflichten zur Wahrnehmung der Interessen des Schuldners erzeugen könne, deren Verletzung zu einem Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung führen könne. Allerdings bedürfe die Frage, ob aufgrund dieser Sonderbeziehung ein Gläubiger, der ein Verfahren zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung betreibt, von sich aus verpfl ichtet ist, dem Vollstreckungsgericht Mitteilung vom Wegfall der materiellen Grundlage der Vollstreckung zu machen, nicht der Entscheidung, weil der Gläubiger dem 223

BGHZ 67, 378, 383. BGHZ 74, 9, 11, 17. 225 Das Urteil BGHZ 11, 16 (17), das im Schrifttum (Wolf/Müller, NJW 2004, 1775, Fn. 5) zum Beleg der gesetzlichen Sonderverbindung privatrechtlicher Art herangezogen wird, ist nicht einschlägig. Etwas abseits der aufgezeigten Rechtsprechungslinie liegt ein Beschluss des Zivilsenats IX a v. 12. 12. 2003, wonach der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen Vollstreckungsgläubiger und -schuldner (Vollstreckungsrechtsverhältnis) begründe, zu dem die entsprechend § 836 Abs. 3 Satz 2, 3 ZPO vollstreckbare Verpfl ichtung des Schuldners gehöre, den überwiesenen Steuererstattungsanspruch durch Festsetzung der Einkommenssteuer zu betreiben, BGHZ 157, 195, 200, 201. – Der Senat beruft sich nicht auf die einschlägige Judikatur und hält die Rechtswirkungen des herangezogenen Vollstreckungsrechtsverhältnisses auf vollstreckungsrechtliche Folgen beschränkt. Die Entscheidung ist daher nicht als Fortführung der Rechtsprechung zur Sonderverbindung privatrechtlicher Art anzusehen, Gaul, DGVZ 2005, 113, 127 f. A. A. Wolf/Müller, NJW 2004, 1775. 224

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Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung

Schuldner zu einer solchen Mitteilung vertraglich verpflichtet war. Der Senat knüpft die Haftung sodann an die Verletzung der vertraglichen Pflicht an. 226 G. Lüke stimmt dem BGH i.E. zu. Zwar existiere die behauptete gesetzliche Sonderbeziehung privatrechtlicher Art nicht. Die Haftung sei aber aus dem Vollstreckungsrechtsverhältnis abzuleiten, das als Sonderverbindung mit Schutzpflichten zu verstehen sei. Als solche sei das Vollstreckungsrechtsverhältnis anzuerkennen, weil sich die zwischen den Parteien bestehende Verbindung, die auf der titelmäßigen Festlegung des Gläubigerrechts beruht, als besonders eng darstelle, und weil die Gefahr von Rechtsgutsverletzungen durch die Beteiligung am Verfahren wegen des Zwangscharakters der Vollstreckung groß sei. Obgleich das Gesetz ausdrücklich keine echten prozessualen Pflichten für die Parteien im Vollstreckungsverfahren vorsehe, würden sich solche aus dem Vollstreckungsrechtsverhältnis durch Auslegung und vor allem i. V. m. dem Grundsatz von Treu und Glauben ergeben. Ein Vollstreckungsgläubiger habe sich demnach so zu verhalten, wie es von ihm in seiner Rolle redlicherweise zu erwarten ist. So dürfe er z. B. keine Vollstreckungsmaßnahmen veranlassen, die ihm keinen Vorteil bringen können und nur den Schuldner schädigen. Ferner sei ein Gläubiger dazu verpflichtet, das Vollstreckungsgericht zu informieren, wenn der Schuldner erfüllt hat. 227 Schließlich befürwortet eine Schrifttumsbefassung mit dem Beschluss des BGH v. 12. 12. 2003228 ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen Vollstreckungsschuldner und -gläubiger. 229 Der BGH habe aus § 836 Abs. 3 Satz 2, 3 ZPO eine weit über den Wortlaut der Vorschrift hinausgehende Mitwirkungsverpflichtung des Vollstreckungsschuldners an der Realisierung der gepfändeten Forderung begründet. Darin komme zum Ausdruck, dass die wechselseitigen Pflichten, die die ZPO dem Vollstreckungsgläubiger und dem Schuldner nach Erlass des Überweisungsbeschlusses auferlege – einerseits Pflicht des Gläubigers zur Streitverkündung im Einziehungsprozess (§ 841 ZPO) und Schadensersatzpflicht bei verzögerter Beitreibung (§ 842 ZPO), andererseits Auskunfts- und Herausgabepflicht des Vollstreckungsschuldners (§ 836 Abs. 3 ZPO) –, nur punktuell geregelt seien. So sei etwa die Sanktion unterbliebener Streitverkündung (§ 841 ZPO) ungeregelt. Der BGH habe in der Vergangenheit versucht, im Rahmen einer „gesetzlichen Sonderverbindung privatrechtlicher Art“ ein besonderes Pflichtensystem des Vollstreckungsrechts zu entwickeln. In dem Beschluss v. 12. 12. 2003 habe er dieses gesetzliche Schuldverhältnis ausgedehnt. Die von der Rechtsprechung herangezogene gesetzliche Sonderverbindung privatrechtlicher Art sei entgegen der Kritik des Schrifttums tragfähig. Es spreche „eine antagonistische Struktur nicht gegen die Annahme eines ge226 227 228 229

BGH NJW 1985, 3080. 3081. G. Lüke, ZZP 108 (1995), 427, 452 f. BGHZ 157, 195. Wolf/Müller, NJW 2004, 1775.

B. Interventionsbegleitende Schuldverhältnisse

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setzlichen Schuldverhältnisses. Widerstreitende Interessen sprechen als solches nicht gegen ein gesetzliches Schuldverhältnis, vielmehr ist es gerade das Wesen eines solchen, Interessengegensätze zum Ausgleich zu bringen“. Zwar sei ein (Erkenntnis-)Verfahren, welches die wechselseitigen, auf Interessengegensätzen beruhenden Pflichten ermittelt, prozessualen Mitwirkungspflichten nur beschränkt zugänglich, denn bei ihm gehe es um den Kampf ums Recht (wenngleich neuere, auch gesetzgeberische Tendenzen, den Parteien weitgehende Mitwirkungspflichten aufzuerlegen, zu beachten seien). Im Mittelpunkt des Zwangsvollstreckungsrechts stehe hingegen die Verwirklichung der gerichtlich festgestellten Gläubigerrechte. „Durch die einzelne Zwangsvollstreckungsmaßnahme wird ein Pflichtenprogramm zwischen Vollstreckungsgläubiger und Vollstreckungsschuldner aktiviert, dessen grundsätzliche Zielrichtung klar ist: gläubigerseitige Eigentumsverwirklichung durch Durchsetzung der titulierten Forderung und Schutz des schuldnerischen Vermögens vor überproportionalen Deinvestitionsverlusten. Die ZPO hat durch vereinzelte Regelungen, wie zum Beispiel § 836 III ZPO, dem auch Rechnung getragen. Problematisch ist dabei weitaus weniger, mit dem BGH ein gesetzliches Schuldverhältnis anzuerkennen, als vielmehr die Ermittlung der durch Analogie zu schließenden Regelungslücken der ZPO“. Ferner „vermögen Zwangsvollstreckungsakte zwischen den Vollstreckungsparteien grundsätzlich auch einklagbare Pfl ichten zu begründen“, wie § 836 Abs. 3 ZPO a. F. gezeigt habe. 230 bb) Kritik Der Interpretation des Vollstreckungsrechtsverhältnisses als materiellrechtliche Sonderverbindung stehen erhebliche Bedenken entgegen. Die Rechtsprechungsformel aus dem Urteil des BGH v. 07. 03. 1972231 – es ergebe sich „schon allein aus dem . . . Vollstreckungseingriff eine rechtliche Sonderbeziehung“, aus der mit der Geltendmachung eines Drittrechts zunächst ein „Anspruch auf sorgfältige Prüfung“ resultiert, der sich sodann „in dem Augenblick, in dem der Anspruch hinreichend glaubhaft gemacht worden ist“, in einen „Anspruch auf Freigabe“ „verwandelt“ – ist widersprüchlich. 232 Wenngleich in dieser Formel enthaltene Ungereimtheiten durch die Trennung von Anspruchsinhalt (Freigabe) und Vertretenmüssen (Erkennbarkeit bei hinreichender Darlegung des Drittrechts) ausgeräumt werden können, deutet die zutage tretende Inkonsistenz die Gegriffenheit der Konstruktion an, die sich zumal in ihrer Begründungslosigkeit offenbart. Die Ausführungen des BGH, wonach die Sonderbeziehung privatrechtlicher Art sich „schon allein aus dem . . . Vollstreckungseingriff“ und „der Gestaltung des Vollstreckungsrechts“ er230 231 232

Wolf/Müller, NJW 2004, 1775 f. BGHZ 58, 207, 214 f. Gaul, ZZP 110 (1997), 3, 14 f.; Henckel, JZ 1973, 32 f.

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gebe, begründen die Rechtsauffassung nicht, 233 sondern sie machen die gestellte Frage, ob das Vollstreckungsrechtsverhältnis eine Sonderverbindung hervorbringt, zur Antwort. Begründungslosigkeit und dogmatische Unklarheiten 234 verdeutlichen, dass die im Vollstreckungsrecht wurzelnde Sonderverbindung des BGH vom Ergebnis her (Anwendbarkeit von § 278 BGB) konstruiert ist. 235 Das Ergebnis vermag die Konstruktion aber nicht zu rechtfertigen. Denn die Sonderverbindung privatrechtlicher Art kraft Vollstreckungszugriffs ist nicht erforderlich. Wenn in Drittvermögen vollstreckt wurde, beeinträchtigt die Vollstreckung das betroffene Drittrecht und löst einen negatorischen Beseitigungsanspruch des Drittberechtigten gegen den Gläubiger 236 aus, in dessen Rahmen § 278 BGB anwendbar ist. 237 Einer der Vollstreckung entspringenden Sonderverbindung bedarf es auch nicht, wenn der Gläubiger dem Schuldner – wie im Fall, der dem Urteil des BGH v. 30. 10. 1984238 zugrunde lag – vertraglich zur Interessenwahrung im Vollstreckungsverfahren verpflichtet ist. 239 Schließlich bringt die Sonderverbindung kraft Vollstreckungszugriffs, die den Gläubiger zur Freigabe verpflichten soll, sobald das Drittrecht hinreichend glaubhaft gemacht ist, bedenklich weitgehende Konsequenzen hervor. Wenn die Rechtsauffassung des BGH richtig ist, dann müsste sie in jedem Prozess gelten, so dass jede Partei je nach Beweislage die Pflicht zur Preisgabe ihrer Rechtsposition treffen könnte. Die betroffene Partei wäre gem. § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet, es nicht mehr bis zum Urteil kommen zu lassen, und dem Gang in ein Rechtsmittel stünde die Pflicht ebenfalls regelmäßig entgegen. 240 Eine derartig tiefgreifende Belastung der Partei, die nicht einmal im Prozess233 Die Begründungslosigkeit bemängeln auch Brehm, ZZP 101 (1988), 494, 496; Gaul, ZZP 110 (1997), 3, 15 f.; ders., in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 91; G. Lüke, in: MüKo ZPO, Einl., Rn. 355, 358; ders., ZZP 108 (1995), 427, 452. 234 In BGHZ 58, 207; BGHZ 67, 378 scheint der BGH Ansprüche aus unerlaubter Handlung zugrunde zu legen. Ebenso Henckel, JZ 1973, 32, betr. BGHZ 58, 207. 235 G. Lüke, in: MüKo ZPO, Einl., Rn. 358; ders., ZZP 108 (1995), 427, 452. 236 Die Anspruchsgrundlage ist umstritten: §§ 990, 989 BGB (Brehm, ZZP 101 [1988], 494, 496; Schilken, in: MüKo ZPO, § 804, Rn. 37; Stadler/Bensching, Jura 2002, 438, 443 f.), analog §§ 990, 989 (Gaul, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Band III, S. 521, 567; ders., in: Rosenberg/ Gaul/Schilken, S. 82 ff., 91; ders., ZZP 110 [1997], 3, 16 f.; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 771, Rn. 90) oder eine „tatsächliche[n] Eigentümer-Besitzer-Beziehung“, die von den §§ 989 ff. BGB nicht erfasst wird (so Schuschke, in: Schuschke/Walker, Anh. zu § 771, Rn. 6). A. A. BGHZ 100, 95, 104; Baumbach/Lauterbach, Einf. §§ 771–774, Rn. 4; Brox/Walker, Rn. 465; Berg, NJW 1972, 1996; Gürtler, JuS 1997, 643, 645: Ausschluss des materiellrechtlichen Eigentumsschutzes durch § 771 ZPO. Dagegen Münzberg, a.a.O.; Schilken, a.a.O.: § 771 ZPO modifiziert nicht das materielle Recht, sondern gewährt nur eine besondere Rechtsschutzform. 237 Baur/Stürner/Bruns, Rn. 46.25; Henckel, JZ 1973, 32; G. Lüke, in: MüKo ZPO, Einl., 358; ders., ZZP 108 (1995), 427, 452; ders., JuS 1996, 185, 187. 238 BGH NJW 1985, 3080. 239 Gaul, ZZP 110 (1997), 3, 18 f. 240 Gaul, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Band III, S. 521, 567; ders., ZZP 110 (1997), 3, 15.

B. Interventionsbegleitende Schuldverhältnisse

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recht selbst eine Entsprechung findet, ist nicht – zumal nicht in der Allgemeinheit ihrer Grundlegung – mit dem Justizanspruch in Einklang zu bringen. 241 Die im Schrifttum unternommenen Begründungen und ihre Kritik bewegen sich im wesentlichen in den Bahnen, die bei der Frage, ob das Prozessrechtsverhältnis eine Sonderverbindung herstellt, vorgezeichnet wurden (sub B. IV. 3.). Die Behauptung eines gesetzlichen – teilweise normierten, im übrigen ergänzungsbedürftigen – Pflichtensystems in der Zwangsvollstreckung vermag es alleine nicht zu begründen, dass dieses Pflichtensystem materiellrechtlich als Sonderverbindung zu verstehen ist. 242 Wie das Prozessrechtsverhältnis stellt das Vollstreckungsrechtsverhältnis ein Gefüge dar. Mit dieser Erkenntnis ist allerdings keine Aussage darüber getroffen, ob das Gefüge ausschließlich vollstreckungsrechtlicher Art ist, oder ob es auch schuldrechtlich zu verstehen ist. Die Existenz vollstreckungsrechtlicher Pflichten impliziert nicht deren schuldrechtlichen Charakter. Die von G. Lüke angeführte Redlichkeitspflicht, keine schikanösen Vollstreckungsmaßnahmen zu veranlassen, 243 und die Regelung der Schuldnerpflicht in § 836 Abs. 3 ZPO, auf die Wolf/Müller maßgeblich abstellen, 244 belegen dies. Verstöße gegen das im gesamten Prozessrecht einschließlich des Vollstreckungsrechts grundsätzlich geltende Schikaneverbot (§ 226 BGB) 245 sind zunächst verfahrensmäßig sanktioniert (das Vollstreckungsorgan hat die Veranlassung unbeachtet zu lassen), und materiellrechtlich kann ein deliktischer Schadensersatzanspruch entstehen. Es spricht aber nichts dafür, dass das Schikaneverbot des Vollstreckungsgläubigers in einer kraft Vollstreckungsrechts bestehenden Sonderverbindung gründet. Ähnlich verhält es sich mit der Schuldnerpflicht zur Auskunft und zur Herausgabe gem. § 836 Abs. 3 Satz 1 ZPO, deren Verletzung gem. § 836 Abs. 3 Satz 2, 3 ZPO vollstreckungsrechtliche Folgen nach sich zieht. Für eine materiellrechtliche Deutung der Schuldnerpflicht gibt § 836 Abs. 3 ZPO nichts her. Auch § 836 Abs. 3 ZPO a. F., wonach die Auskunft zu Zwecken der Zwangsvollstreckung eingeklagt werden 241

Gaul, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, Band III, S. 521, 567; ders., ZZP 110 (1997), 3, 15, der auch auf das Spannungsverhältnis zwischen der postulierten Sonderverbindung und dem vom BGH befürworteten „Recht auf Irrtum“ innerhalb prozessualer Verfahren hinweist. Ebenso G. Lüke, ZZP 108 (1995), 427, 452. 242 So aber Wolf/Müller, NJW 2004, 1775 f. Ähnlich G. Lüke, ZZP 108 (1995), 427, 452 f. 243 G. Lüke, ZZP 108 (1995), 427, 453. Entgegen G. Lüke, a.a.O. besteht keine Redlichkeitspfl icht des Vollstreckungsgläubigers, das Vollstreckungsgericht von der Erfüllung zu informieren. Vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung ist es allein Sache des Schuldners, den Erfüllungseinwand im Vollstreckungsverfahren geltend zu machen (§§ 767 ff., 775 Nr. 4, 5 ZPO), BGH NJW 1994, 2755, 2756; Gaul, ZZP 110 (1997), 3, 28. Vollstreckt der Gläubiger nach Erfüllung weiter, kann allenfalls ein Schadensersatzanspruch gem. § 826 BGB entstehen, der keine Sonderverbindung voraussetzt. 244 Wolf/Müller, NJW 2004, 1775. 245 ArbG Hamm MDR 1966, 272 m. zust. Anm. Schneider, MDR 1966, 272, 273; Baumgärtel, ZZP 69 (1956), 89, 115 ff.; Fahse, in: Soergel, § 226, Rn. 2; Grothe, in: MüKo BGB, § 226, Rn. 2; Repgen, in: Staudinger, § 226, Rn. 35.

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Sechzehntes Kapitel: Leistungsstörung

musste, macht aus der vollstreckungsrechtlichen Auskunftspfl icht keine materiellrechtliche. Allgemein gilt, dass vollstreckungsrechtliche Beziehungen kein Grundlage für Schutzpflichten sind, wie sie für materiellrechtliche Sonderverbindungen typisch sind. Vollstreckungsrecht und materielles Recht sind zu trennen. 246 Ein Begründungsansatz des Schrifttums, 247 der auch in der Rechtsprechung anklingt, 248 stellt auf die Interessenlage ab: Schuldner und Dritte seien der Rücksichtslosigkeit des Vollstreckungsverfahrens weitgehend schutzlos ausgeliefert, daher müsse Ausgleich und Abmilderung durch Gläubigerpflichten hergestellt werden. Gegen dieses Rechtsverständnis sprechen im wesentlichen die gleichen Gründe, die der Konstruktion einer Sonderverbindung ohne Leistungspflichten im Prozessrechtsverhältnis entgegenstehen (sub B. IV. 3. b) bb) aaa), bbb)). Eine Sonderverbindung ohne Leistungspfl ichten entsteht nicht allein aufgrund einer bestimmten Interessenlage, und auch nicht aus der Gegebenheit von Nähe, Einwirkungsmöglichkeiten oder eines Gefährdungspotentials. Vielmehr bedarf es einer Nähe, die durch ein außergewöhnliches Miteinander (im Gegensatz zum gewöhnlichen Nebeneinander – und zumal zum zugespitzten Gegeneinander) gekennzeichnet ist. Nur gerechtfertigtes Vertrauen ist schutzwürdig. An dieser Voraussetzung fehlt es im betont antagonistischen Vollstreckungsverfahren. Die bloße Schutzbedürftigkeit eines der Beteiligten lässt es weder angezeigt sein, einen anderen Beteiligten mit der Verantwortung für das Wohlergehen des Schutzbedürftigen zu belasten, noch rechtfertigt sie eine derartige Belastung, wenn nicht das erforderliche Miteinander besteht und berechtigtes Vertrauen im Spiel ist. 249 Fragwürdig ist schließlich die Argumentation, es spreche „eine antagonistische Struktur nicht gegen die Annahme eines gesetzlichen Schuldverhältnisses. Widerstreitende Interessen sprechen als solches nicht gegen ein gesetzliches Schuldverhältnis, vielmehr ist es gerade das Wesen eines solchen, Interessengegensätze zum Ausgleich zu bringen“. 250 Zutreffend ist zwar, dass ein Schuldverhältnis trotz antagonistischer Struktur und widerstreitender Interessen bestehen kann, und dass im Schuldverhältnis Interessengegensätze (maßvoll) ausgeglichen werden sollen. Das heißt aber nicht, dass in jeder Lage, in der Interessengegensätze bestehen, allein deshalb ein gesetzliches Schuldverhältnis

246

Baur/Stürner/Bruns, Rn. 5.24; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 84. G. Lüke, ZZP 108 (1995), 427, 453; Lippross, JA 1980, 16, 17; Wolf/Müller, NJW 2004, 1775, 1776. 248 BGHZ 58, 207, 214. 249 I. E. ebenso KG NJW 1973, 860: keine „Fürsorgepfl icht“ des Gläubigers gegenüber dem Schuldner im Verfahren nach §§ 899 f. ZPO; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 84; Heß, in: Wieczorek/Schütze, § 717, Rn. 44; Münzberg, in: Stein/Jonas, vor § 704, Rn. 24, 75, Fn. 368; Musielak, JuS 1999, 881, 883. 250 Wolf/Müller, NJW 2004, 1775, 1776. 247

B. Interventionsbegleitende Schuldverhältnisse

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besteht. Der Interessengegensatz ist keine hinreichende Bedingung für die Annahme eines Schuldverhältnisses. c) Ergebnis Das Vollstreckungsrechtsverhältnis ist keine materiellrechtliche Sonderverbindung, keine „gesetzliche Sonderbeziehung privatrechtlicher Art“, nichts dergleichen, und es bringt keine Schutzpfl ichten hervor. Zu recht ist der IX. Zivilsenat des BGH in seinem Urteil v. 23. 05. 1985, in dem er über die Haftung eines Intervenienten nach ungerechtfertigter Einstellung der Zwangsvollstreckung gem. § 771 Abs. 3 ZPO entschieden hat, nur kurz und begründungslos ablehnend auf das Vollstreckungsrechtsverhältnis als Sonderverbindung mit Schutzpflichten zu sprechen gekommen. 251

251 BGHZ 95, 10, 17: „Der Berufungsrichter verneint . . . einen Ersatzanspruch . . . aus gesetzlichem Schuldverhältnis . . . Das lässt Rechtsfehler nicht erkennen“.

Dritter Hauptteil

Haftung gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger wegen unbegründeter Geltendmachung von Pfand- und Vorzugsrechten In der Geldvollstreckung in Fahrnis können Pfand- und Vorzugsrechte Dritter mithilfe des Vorzugsrechtsstreits gem. § 805 ZPO zur Geltung gebracht werden. Die Vorzugsklage ist eine Abart der Drittwiderspruchsklage mit weitgehend gleichartigen, aber geringeren Wirkungen.1 Vor diesem Hintergrund wird es nachfolgend unternommen, abschließend die Haftung Dritter, die Pfandund Vorzugsrechte unbegründet geltend machen, zu entwickeln. Wie zu zeigen sein wird, entspricht die Haftung des Vorzugsintervenienten der Haftung bei den in den ersten beiden Hauptteilen verhandelten Interventionen weitgehend.

1

S. 3 f.

Siebzehntes Kapitel:

Geltendmachung von Pfand- und Vorzugsrechten Während die Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) die Verhinderung der Vollstreckung in den Gegenstand eines Dritten bezweckt, soll die Vorzugsklage (§ 805 ZPO) bei der Geldvollstreckung in bewegliche Sachen nicht die Verwertung der gepfändeten Sache hindern, sondern lediglich die vorrangige Befriedigung eines nichtbesitzenden Pfand- oder Vorzugsgläubigers sichern. Die Klage zielt darauf, dass ein gegenüber dem Pfändungspfandrecht rangbesseres Recht auf den Erlös bei dessen Verteilung vorab berücksichtigt wird (§ 805 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO).1 Damit ist dem durch ein Pfand- oder Vorzugsrecht gesicherten Interesse hinreichend Rechnung getragen. Eine Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung ist daher nicht vorgesehen (§ 805 Abs. 1 Halbs. 1 ZPO). 2

A. Außergerichtliche Rechtsverfolgung Die Situation der Vorzugsklage bietet wenig Raum für außergerichtliche Geltendmachung und Klärung. Denn das Vorzugsbegehr ist nicht gegen die Durchführung der Zwangsvollstreckung gerichtet. Vielmehr liegt es im Interesse eines Pfand- oder Vorzugsberechtigten, dass die Vollstreckung bis zur Verwertung durchgeführt wird, nur dass sodann der Erlös an ihn, und nicht an den Vollstreckungsgläubiger ausgezahlt werden soll. Zwischen dem Vollstreckungsgläubiger und einem Pfand- oder Vorzugsberechtigten besteht mithin bis zur Verwertung Interessengleichklang, erst anschließend gehen die Interessen in entgegengesetzte Richtungen. Eine außergerichtliche Aufforderung an den Vollstreckungsgläubiger, vor der Verwertung die Vollstreckung zu unterlassen oder aufzugeben, kommt daher nicht in Betracht. Eine Aufforderung an den Vollstreckungsgläubiger, die Freigabe des Erlöses zu erklären, liegt ebenfalls regelmäßig nicht im Interesse des Intervenienten. Denn der freigegebenen Erlös wäre nicht an den Intervenienten auszuzahlen, sondern an den Vollstreckungs-

1 Bei Gleichrangigkeit eines Intervenientenrechts ist die Klage analog § 805 ZPO auf gleichrangige Befriedigung zu richten, Schilken, in: MüKo ZPO, § 805, Rn. 9. 2 Brox/Walker, Rn. 1451; dies., JA 1987, 57, 58; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 700 f.; W. Lüke, in: Wieczorek/Schütze, § 805, Rn. 1; Schilken, in: MüKo ZPO, § 805, Rn. 1, 18.

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Siebzehntes Kapitel: Geltendmachung von Pfand- und Vorzugsrechten

schuldner.3 Anders ist es nur, wenn der Intervenient bereits einen Titel aufgrund des Pfand- oder Vorzugsrechts gegen den Schuldner erwirkt hat, 4 wenn er aus einem sonstigen Zahlungstitel gegen den Schuldner selbst in den betreffenden Gegenstand pfänden lassen hat, oder wenn der Schuldner in die Auszahlung an den Vorzugsintervenineten eingewilligt hat. In solchen Fällen ist der Erlös mit Einwilligung des Vollstreckungsgläubigers dem Intervenienten auszuzahlen (vgl. § 170 Nr. 4 Satz 1 GVGA). Außergerichtliche Geltendmachung des Vorzugsbegehrs kommt mithin praktisch nur in Betracht, wenn die Sache bereits verwertet und der Vorzug gegenüber dem Vollstreckungsschuldner sichergestellt ist. Für Interimsvereinbarungen besteht ebenfalls regelmäßig kein Anlass. Denn im Gegensatz zur Situation der Drittwiderspruchsklage droht – weil die Vollstreckung vor der Verwertung nicht einzustellen ist – keine Entwertung der Sache, so dass keine Verständigung über werterhaltende Maßnahmen erforderlich ist.

B. Prozessuale Rechtsverfolgung Der Anspruch eines nichtbesitzenden Pfand- oder Vorzugsgläubigers auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlös einer gepfändeten Sache ist im Wege der Vorzugsklage geltend zu machen (§ 805 Abs. 1 ZPO). Bis zum Erlass des Urteils können einstweilige Anordnungen ergehen (§§ 805 Abs. 4, 769 ZPO). Die Vorzugsklage ist nur bei der Geldvollstreckung in bewegliche Sachen zulässig, und zwar von der Pfändung an bis zur Beendigung der Zwangsvollstreckung. Sie ist eine prozessuale Gestaltungsklage, die darauf gerichtet ist, dem begünstigten Gläubiger eine vorrangige Berücksichtigung bei der Verteilung des Vollstreckungserlöses durch entsprechenden gerichtlichen Ausspruch zu sichern. 5 Begründet ist die Klage, wenn ein Pfand- oder Vorzugsrecht des Klägers besteht, das gegenüber dem Pfändungspfandrecht des Vollstreckungsgläubigers vorrangig ist. Das Urteil hat die zu bewirkende vorrangige Befriedigung des Klägers auszusprechen. Es ist im Ausspruch zur Hauptsache nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären6 (vgl. auch § 170 Nr. 4 Alt. 2 GVGA, wonach dem Vorzugsintervenienten der entsprechende Betrag nur ausgezahlt werden darf, wenn ein rechtskräftiges Urteil vorgelegt wird). Stattdessen hat das erkennende Gericht in einem stattgebenden Vorzugsurteil die Hinterlegung des Erlöses anzuordnen (§§ 805 Abs. 4, 770 ZPO). 3

Münzberg, in: Stein/Jonas, § 805, Rn. 18. Münzberg, in: Stein/Jonas, § 805, Rn. 22. 5 Brox/Walker, Rn. 1452; dies., JA 1987, 57, 58, 60; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 701 f.; Schilken, in: MüKo ZPO, § 805, Rn. 5, 22. 6 S. 92–95. 4

B. Prozessuale Rechtsverfolgung

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Einstweiligen Rechtsschutz gewähren im Vorzugsrechtsstreit einstweilige Anordnungen gem. §§ 805 Abs. 4, 769 ZPO. Danach hat das zuständige Gericht auf Antrag einstweilen die Hinterlegung des Erlöses anzuordnen, wenn die Voraussetzungen des Rechts auf vorzugsweise Befriedigung glaubhaft gemacht (§ 294 ZPO) sind. Die Vollziehung einer einstweiligen Anordnung gem. § 805 Abs. 4 ZPO ist durch Vorlage einer Ausfertigung beim Gerichtsvollzieher zu erwirken, der daraufhin den Erlös zugunsten aller in der Anordnung bezeichneten Parteien zu hinterlegen hat. Der Erlös bleibt sodann hinterlegt, bis Herausgabe beantragt und die Berechtigung des Empfängers nachgewiesen ist (§ 13 Abs. 1 HintO). Die Berechtigung kann durch Bewilligung oder Anerkenntnis nachgewiesen werden (§ 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HintO), oder durch rechtskräftige Entscheidung mit Wirkung gegen die Beteiligten (§ 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HintO). Wird der Vorzugsklage schließlich rechtskräftig stattgegeben, so wirkt das Urteil gegenüber dem Gläubiger Rechtskraft hinsichtlich der vorrangigen Befriedigung des Intervenienten aus dem hinterlegten Erlös. Damit ist die Berechtigung des Intervenienten durch rechtskräftige Entscheidung mit Wirkung gegen den Vollstreckungsgläubiger festgestellt. Ob das Urteil genügt, um die Berechtigung des Intervenienten mit Wirkung gegen alle Beteiligten festzustellen, hängt davon ab, ob auch der Vollstreckungsschuldner Beteiligter ist, oder ob nicht. Der Vollstreckungsschuldner ist nicht Beteiligter, wenn der Erlös nicht auch zu seinen Gunsten hinterlegt ist, wenn also der Vollstreckungsschuldner in der Anordnung (§ 805 Abs. 4 ZPO) nicht bezeichnet ist. In einem solchen Fall ist ein rechtskräftiges stattgebendes Vorzugsurteil hinreichender Nachweis der Empfangsberechtigung des Intervenienten. Wenn hingegen der Vollstreckungsschuldner in der Anordnung bezeichnet und der Erlös daher auch zu seinen Gunsten hinterlegt wird, dann ist der Vollstreckungsschuldner Beteiligter, und der Intervenient muss zusätzlich noch die Bewilligung des Schuldners oder eine diese ersetzende rechtskräftige Entscheidung vorlegen. Wird die Vorzugsklage rechtskräftig abgewiesen, dann bedarf es zur Herausgabe keiner Bewilligung des Vollstreckungsschuldners, weil gegen ihn ein Titel vorliegt und nur wegen des Widerspruchs des Intervenienten hinterlegt worden ist.7 Wenn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Vorzugsprozesses keine einstweilige Hinterlegungsanordnung gem. § 805 Abs. 4 ZPO erlassen oder vollzogen worden ist und sich der Erlös noch beim Gerichtsvollzieher befindet, dann gilt folgendes. Ein rechtskräftiges stattgebendes Vorzugsurteil allein reicht nicht aus, damit der Gerichtsvollzieher auf Vorlage den Erlös vorrangig an den Intervenienten auskehrt. Zusätzlich bedarf es der Einwilligung des Vollstre7 A. A. LG Dresden ZZP 44 (1914), 274: Bewilligung des Schuldners oder gegen ihn wirkende rechtskräftige Entscheidung nie erforderlich. A. A. Bülow/Schmidt, Anhang zu § 13, Rn. 67: Bewilligung des Schuldners oder gegen ihn wirkende rechtskräftige Entscheidung stets erforderlich.

552

Siebzehntes Kapitel: Geltendmachung von Pfand- und Vorzugsrechten

ckungsschuldners (§ 170 Nr. 4 Satz 1 Alt. 1 GVGA) oder eines gegen ihn gerichteten Titels, der auf Duldung der erkannten Befriedigung oder auf Zahlung lautet. Im letzten Fall ist eine Anschlusspfändung für den Intervenienten (§ 826 ZPO) erforderlich. Wurde die Vorzugsklage rechtskräftig abgewiesen, dann ist die Vollstreckung für den Vollstreckungsgläubiger wie bisher fortzusetzen und der Erlös an ihn auszuzahlen. Materiellrechtlich kann ein Pfand- oder Vorzugsgläubiger sein Vorzugsbegehr auf § 812 Abs. 1 Alt. 2 BGB stützen. 8 Dementsprechend könnte er sein Vorzugsbegehr auch durch Leistungsklage zur Geltung bringen. Für das Konkurrenzverhältnis zwischen der Leistungs- und der Vorzugsklage gilt allerdings, dass die Klage aus § 805 ZPO als spezielle vollstreckungsrechtliche Gestaltungsklage andere auf dasselbe Recht gestützte Klagen gegen den Vollstreckungsgläubiger als unstatthaft ausschließt, solange die Zwangsvollstreckung in die gepfändete Sache nicht beendet ist.9

C. Schiedsrechtliche Rechtsverfolgung Schließlich kommt eine schiedsrechtliche Klärung einer Vorzugsstreitigkeit ebenso in Betracht wie bei einer Drittwiderspruchsstreitigkeit.10 Für das schiedsrichterliche Verfahren über einen Vorzugsrechtsstreit gilt folgendes. Gerichtliche einstweilige Anordnungen (§§ 805 Abs. 4, 769 ZPO) bleiben zulässig, auch wenn über den Streitgegenstand der Vorzugsklage eine Schiedsvereinbarung geschlossen ist (§ 1033 ZPO). Nach einem Antrag gem. §§ 805 Abs. 4, 769 ZPO dürfen einstweilige Maßnahmen des Schiedsgerichts nicht mehr für vollziehbar erklärt werden (§ 1041 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Im übrigen kann das Schiedsgericht auf Antrag Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes erlassen (§ 1041 Abs. 1 ZPO), die vollzogen werden können, wenn die Vollziehung gerichtlich zugelassen ist. Auf Vorlageantrag (§ 1044 ZPO) entscheidet das Schiedsgericht über die Klage (§ 1046 ZPO) abschließend durch Schiedsspruch. Die Vollstreckung findet aus der für vorläufig vollstreckbar erklärten Exequaturentscheidung (§ 1064 Abs. 2 ZPO) oder dem rechtskräftigen vollstreckbaren Schiedsspruch (§§ 1060, 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) statt (§ 794 Abs. 1 Nr. 4a ZPO). Die Vollstreckbarerklärung kann auf Rechtsbeschwerde (§ 1065 ZPO) hin vom BGH aufgehoben werden. Vorzugsschiedssprüche können wie Vorzugsurteile die vorrangige Befriedigung des Intervenienten anordnen, und Maßnahmen des einstweiligen Rechts8

Baumgärtel, JZ 1986, 688, 689; Brox/Walker, JA 1987, 57, 59. BGH JZ 1986, 686, 688; Brox/Walker, Rn. 1455; dies., JA 1987, 57, 59. 10 Zur entsprechenden schiedsrechtlichen Rechtslage beim Drittwiderspruchsstreit S. 31, 125–128. 9

D. Rechtskraft

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schutzes können wie einstweilige Anordnungen (§§ 805 Abs. 4, 769 ZPO) die Hinterlegung des Erlöses anordnen. Solche schiedsgerichtlichen Entscheidungen sind wie Vorzugsurteile und einstweilige Anordnungen zu vollstrecken.11 Dadurch entsteht bei der Vollstreckung eine Verwerfung zwischen dem gerichtlichen Hauptsacherechtsstreit (keine vorläufige Vollstreckbarkeit, keine Auszahlungsanordnung, daher keine Auszahlung vor Rechtskraft) und dem schiedsgerichtlichen Hauptsacherechtsstreit (Auszahlung durch den Gerichtsvollzieher auf Vorlage des vorläufig vollstreckbaren Schiedsspruchs, und zwar entgegen § 170 Nr. 4 Alt. 2 GVGA – nicht aber durch die Hinterlegungsstelle, § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HintO), die aber hinnehmbar ist.

D. Rechtskraft Feststellungen, die Gegenstand rechtskräftiger oder gem. § 1055 ZPO rechtskräftig wirkender Entscheidungen im Vorzugsrechtsstreit waren, können im Haftungsrechtsstreit des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten präjudiziell wirken. Die Rechtskraftwirkungen eines Vorzugsurteils entsprechen im wesentlichen den Rechtskraftwirkungen eines Drittwiderspruchsurteils.12 Ein stattgebendes Vorzugsurteil spricht den Vorrang des Intervenienten gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger bei der Auskehrung des Vollstreckungserlöses aus,13 und zwar bis zur Höhe der titulierten Forderung gegen den Vollstreckungsschuldner.14 Damit wirkt seine Rechtskraft präjudiziell gegenüber etwaigen nachträglichen Bereicherungsansprüchen des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten.15 Umgekehrt präjudiziert die rechtskräftige Abweisung einer Vorzugsklage als unbegründet die Rechtsgrundlosigkeit vorrangiger Berücksichtigung des Intervenienten gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger.16 Im übrigen darf ein Intervenient nach einem rechtskräftigen stattgebenden Vorzugsurteil im Haftungsprozess mit umgekehrten Parteirollen nicht wegen Verschuldenshaftung zum Schadensersatz verurteilt werden. Denn 11 Zu den Bedenken gegen die Zulässigkeit von Schiedssprüchen, die von den Vollstreckungsorganen zu beachtende Weisungen enthalten, s. S. 126 f. 12 Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 706; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 805, Rn. 24; Schilken, in: MüKo ZPO, § 805, Rn. 25. Zu den Rechtskraftwirkungen eines Drittwiderspruchsurteils S. 122 f. 13 W. Lüke, in: Wieczorek/Schütze, § 805, Rn. 30; Schilken, in: MüKo ZPO, § 805, Rn. 25. 14 Brox/Walker, JA 1987, 57, 65; Schilken, in: MüKo ZPO, § 805, Rn. 25. 15 A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 320; Brox/Walker, JA 1987, 57, 65; Gaul, in: Rosenberg/ Gaul/Schilken, S. 706; W. Lüke, in: Wieczorek/Schütze, § 805, Rn. 30; Münzberg, in: Stein/ Jonas, § 805, Rn. 24; Schilken, in: MüKo ZPO, § 805, Rn. 25. 16 A. Blomeyer, Vollstreckung, S. 320; Brox/Walker, Rn. 1468; dies., JA 1987, 57, 65; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 706; Schilken, in: MüKo ZPO, § 805, Rn. 25.

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Siebzehntes Kapitel: Geltendmachung von Pfand- und Vorzugsrechten

wegen des rechtskräftig festgestellten Vorrangs des Intervenienten bei der Auskehrung hat die Intervention als rechtsmäßig zu gelten. Die Rechtskraftwirkung inter partes eines Schiedsspruchs (§ 1055 ZPO) steht der Rechtskraftwirkung eines gerichtlichen Urteils im Hinblick auf die Präjudizialität gleich.

Achtzehntes Kapitel:

Haftung wegen unbegründeter Geltendmachung von Pfand- und Vorzugsrechten A. Haftung der Intervenientensicherheit Intervenientensicherheit ist im Vorzugsprozess gem. § 805 ZPO weder im Zusammenhang mit der Hauptsache noch bei einstweiligen Anordnungen (§ 805 Abs. 4 ZPO) vorgesehen. Denn das Urteil ist im Ausspruch zur Hauptsache nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären, so dass die §§ 708 ff. ZPO, nach denen eine Intervenientensicherheit wegen der Hauptsache zu leisten sein könnte, unanwendbar sind. Einstweilige Anordnungen gem. § 805 Abs. 4 ZPO sind ebenfalls nicht mit einer Obliegenheit zur Leistung einer Intervenientensicherheit zu versehen. § 805 Abs. 4 Satz 1 ZPO gibt den Anordnungsinhalt bindend vor, § 805 Abs. 4 Satz 2 ZPO verweist nur hinsichtlich der Verfahrensregeln auf die §§ 769, 770 ZPO.1 Als Intervenientensicherheit kommt im Vorzugsrechtsstreit daher nur die Sicherheit gem. § 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO in Betracht. Ihr Zweck besteht darin, die persönliche Haftung des Sicherungsbelasteten gegenüber dem Sicherungsnehmer abzusichern. 2 Eine Intervenientensicherheit gem. § 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO soll ausschließlich Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten sichern, die durch die Intervention entstehen.

B. Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Verfahren und Recht auf Irrtum bei der Vorzugsintervention Die Rechtswidrigkeit der Verwirklichung eines Verschuldenshaftungstatbestandes durch ein unbegründetes Vorzugsbegehr ist, wie sonst auch, 3 auf der Grundlage des Erfolgsunrechts zu beurteilen. Danach ist die Tatbestandsverwirklichung rechtswidrig, wenn sie nicht gerechtfertigt ist. Aus den an früherer Stelle4 dargelegten Gründen gelten ein Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Rechtspflegeverfahren, der durch materiellrechtlich un1 2 3 4

S. 92–95. S. 143–166. S. 320–329. S. 352–385.

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Achtzehntes Kapitel: Haftung wegen unbegründeter Geltendmachung

begründete Verfahrensinanspruchnahme herbeigeführte tatbestandsmäßige Rechtsverletzungen rechtfertigt, und ein Recht auf Irrtum bei Vorzugsprozessen sowenig wie bei anderen Interventionen und sonstigen Verfahren.

C. Verschuldenshaftung und Vertretenmüssen Für das Vertretenmüssen eines Vorzugsintervenienten gelten die an früherer Stelle 5 gemachten Ausführungen zu Verschulden, Prozessrisiko sowie anwaltliche Beratung und Vertretung.

D. Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen I. Interventionswirkung Eine Vorzugsintervention kann folgende Wirkungen auf die Vollstreckung in den Gegenstand hervorbringen, an dem der Intervenient ein Pfand- oder Vorzugsrecht geltend macht: Der Gerichtsvollzieher gibt den Erlös frei – auf Erklärung des Vollstreckungsgläubigers oder für vorläufig vollstreckbar erklärten Schiedsspruch hin; der Gerichtsvollzieher hinterlegt den Erlös – Vollziehung einer einstweiligen Anordnung (§ 805 Abs. 4 ZPO) oder schiedsgerichtlichen Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes (§ 1041 ZPO); die Hinterlegungsstelle erlässt eine Herausgabeverfügung zugunsten des Intervenienten (§ 12 HintO) und gibt diesem den Erlös heraus – auf Bewilligung oder Anerkenntnis des Vollstreckungsgläubigers (§ 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HintO). 6

5

S. 387–421. Die Fälle, in denen die Hinterlegungsstelle eine Herausgabeverfügung zugunsten des Intervenienten erlässt (§ 12 HintO) und diesem den Erlös herausgibt, nachdem ein rechtskräftiges stattgebendes Vorzugsurteil oder ein rechtskräftig für vollstreckbar erklärter Schiedsspruch (§ 1065 Abs. 1 Satz 1 ZPO) vorgelegt ist (§ 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HintO), und in denen der Gerichtsvollzieher dem Intervenienten auf Vorlage eines rechtskräftigen stattgebenden Vorzugsurteils oder eines rechtskräftig für vollstreckbar erklärten Schiedsspruchs den Erlös auszahlt, sind im Rahmen der Untersuchung unerheblich, weil die Rechtskraft für den Intervenienten haftungsausschließend ist. Bei Vorlage eines vorläufig vollstreckbaren Schiedsspruchs (§ 1064 Abs. 2 ZPO) ist keine Herausgabeverfügung zu erlassen (vgl. § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HintO). 6

D. Interventionswirkung, Schaden und Verschiebungen

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II. Schaden des Vollstreckungsgläubigers Vorzugsinterventionen sind weniger schadensträchtig als Drittwiderspruchsinterventionen. 7 Denn im Vorzugsprozess kommen Vollstreckungseinstellung vor Verwertung und die Aufhebung der Pfändung nicht in Betracht. Vielmehr ist die Vollstreckung weiter zu betreiben, bis der Gerichtsvollzieher den Erlös in Empfang genommen hat, der dann auf Anordnung gem. § 805 Abs. 4 ZPO bis zum rechtskräftigen Abschluss des Vorzugsprozesses zu hinterlegen ist. Wertverlust infolge Einstellung und Abhandenkommen infolge Aufhebung sind daher ausgeschlossen. Ein Verlust des Erlöses kommt nur in Betracht, wenn der Vollstreckungsgläubiger den Vorzug anerkennt (§ 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HintO, § 170 Nr. 4 GVGA), oder wenn ein für vorläufig vollstreckbar erklärter Schiedsspruch beim Gerichtsvollzieher vollstreckt wird. In diesem Rahmen können bei einer Vorzugsintervention weitestgehend die gleichen Schäden eines Vollstreckungsgläubigers entstehen wie bei einer Drittwiderspruchsintervention.

III. Verschiebungen Interventionsbedingte Verschiebungen8 sind in der Herbeiführung der Interventionswirkung „für den Intervenienten“ enthalten (1.). Außerdem werden den Erlös betreffende Verschiebungen von der Interventionswirkung mitbestimmt (2.). 1. Interventionswirkung „für den Intervenienten“ Die Herbeiführung einer Interventionswirkung „für den Intervenienten“9 enthält als solche eine Verschiebung. Gibt der Vollstreckungsgläubiger eine Erklärung gem. § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HintO, § 170 Nr. 4 GVGA ab, dann erbringt er damit eine Leistung an den Intervenienten, um dessen für möglich gehaltener Vorzugsberechtigung nachzukommen und den daraus resultierenden Bereicherungsanspruch des Vorzugsintervenienten zu erfüllen. Hinterlegt der Gerichtsvollzieher auf Vorlage einer Anordnung gem. § 805 Abs. 4 ZPO oder einer Entscheidung gem. § 1041 ZPO den Erlös, dann geht dies zugunsten des Intervenienten als Anordnungs- bzw. Maßnahmegläubiger zur Befriedigung seines rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses (aus dem Vorzugstitel) und zielgerichtet zu Lasten des Vollstreckungsgläubigers als Anordnungs- bzw. Maßnahmeschuldner, dessen rechtlich geschütztes Vollstreckungsinteresse (aus 7

Zu Schäden des Vollstreckungsgläubigers infolge Drittwiderspruchsintervention S. 185–

189. 8 9

S. 189–220. S. 190–192.

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Achtzehntes Kapitel: Haftung wegen unbegründeter Geltendmachung

dem Zahlungstitel gegen den Vollstreckungsschuldner) beschnitten und dessen Pfändungspfandrecht (Pfändung schuldnereigener Sache) bzw. Eigentum (Pfändung in Gläubigereigentum) beschränkt wird. Zumal geht die Herausgabe der Erlöses durch den Gerichtsvollzieher an den Intervenienten zu dessen Gunsten und zu Lasten des Vollstreckungsgläubigers. Schließlich gehen eine Herausgabeverfügung und die Erlösherausgabe durch die Hinterlegungsstelle zugunsten des Intervenienten, der als Berechtigter gilt, und zu Lasten des Vollstreckungsgläubigers, der am Hinterlegungsverfahren beteiligt ist und dessen Vollstreckungsinteresse zurückgestellt wird. 2. Den Erlös betreffende Verschiebungen Die Geldvollstreckung in Fahrnis, an der ein Vorzugsintervenient ein Pfandoder Vorzugsrecht zur Geltung zu bringen unternimmt, erfolgt durch Pfändung (§ 803 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Pfändung verstrickt den Vollstreckungsgegenstand, sie lässt bei Schuldnereigentum ein Verfügungsverbot des Schuldners sowie ein Pfändungspfandrecht des Gläubigers (§ 804 Abs. 1 ZPO) entstehen, und sie ändert die Besitzverhältnisse am Vollstreckungsgegenstand.10 Die Rechte am Vollstreckungsgegenstand setzen sich im Anschluss an die Verwertung nach Empfangnahme des Erlöses durch den Gerichtsvollzieher umfassend am Erlös fort.11 War der Vollstreckungsschuldner Eigentümer des Vollstreckungsgegenstandes, so wird er Eigentümer des Erlöses, an dem ein Pfändungspfandrecht des Vollstreckungsgläubigers besteht. Stand der Vollstreckungsgegenstand im (Vorbehalts- oder Sicherungs-)Eigentum des Gläubigers, setzt sich das Gläubigereigentum am Erlös fort. Der Erlös ist wie zuvor der Vollstreckungsgegenstand verstrickt, und der Gerichtsvollzieher mittelt Besitz wie zuvor am Vollstreckungsgegenstand. Wenn die Hinterlegung des Erlöses angeordnet (§§ 805 Abs. 4, 1041 ZPO) und die Anordnung durch Hinterlegung vollzogen wird, setzt sich das Erlöseigentum an der Inhaberschaft der Rückerstattungsforderung fort, die mit einem Pfändungspfandrecht des Vollstreckungsgläubigers belastet ist, wenn ein solches am Vollstreckungsgegenstand entstanden war (und sich folglich am Erlös fortgesetzt hatte).12 Durch die Hinterlegung schuldnereigenen Erlöses erhält der Vollstreckungsgläubiger mithin anstelle des Pfändungspfandrechts am Erlös ein Pfändungspfandrecht an der Rückerstattungsforderung. Durch die Hinterlegung gläubigereigenen Erlöses erhält der Gläubiger für sein Eigentum die Inhaberschaft der Rückerstattungsforderung. Zwangsläufig geht jede Besitzpo10

S. 193 f. W. Lüke, in: Wieczorek/Schütze, § 805, Rn. 26; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 819, Rn. 1 f.; Schilken, in: MüKo ZPO, § 819, Rn. 5; ders., in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 821; Walker, in: Schuschke/Walker, § 819, Rn. 1; § 825, Rn. 16. 12 Münzberg, in: Stein/Jonas, § 804, Rn. 49. 11

E. Vertragliche Ansprüche und Ansprüche auf vertraglicher Grundlage

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sition verloren. Gravierend nachteilig an der Hinterlegung ist weder die Surrogation noch der einhergehende Besitzverlust, sondern die Blockierung der Auszahlung durch § 13 HintO. Dadurch geht die Hinterlegung zu Lasten des Vollstreckungsgläubigers, dessen rechtlich geschütztes Vollstreckungsinteresse beschnitten wird. Demgegenüber begünstigt die Hinterlegung den Intervenienten, weil anordnungsgemäß auch zu seinen Gunsten zu hinterlegen ist, und der Intervenient so am Hinterlegungsverfahren beteiligt wird. Im übrigen verhält es sich bei der Hinterlegung des Erlöses wie bei der Einstellung der Vollstreckung auf Anordnung gem. § 771 Abs. 3 ZPO: wegen ihrer arrestähnlichen Wirkung nähert die Anordnungsvollziehung den Intervenienten der Rückerstattungsforderung nicht an. Wenn der Intervenient dem Gerichtsvollzieher einen vorläufig vollstreckbaren Schiedsspruch vorlegt, oder wenn der Vollstreckungsgläubiger eine Erklärung gem. § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HintO, § 170 Nr. 4 GVGA abgibt, und sodann der Gerichtsvollzieher oder die Hinterlegungsstelle den Erlös an den Intervenienten auszahlt, dann verliert der Vollstreckungsgläubiger sein Pfändungspfandrecht am Erlös oder an der Rückerstattungsforderung (Pfändung schuldnereigener Sachen) bzw. sein Eigentum am Erlös oder die Inhaberschaft der Rückerstattungsforderung (Pfändung von Gläubigereigentum) sowie die Aussicht auf Befriedigung seines Vollstreckungsinteresses auf Grundlage der bis dahin durchgeführten Vollstreckung. Gleichzeitig erlangt der Intervenient Eigentum am ausbezahlten Geld.

E. Vertragliche Ansprüche und Ansprüche auf vertraglicher Grundlage Vorzugsstreitigkeiten geben kaum Anlass für Interimsvereinbarungen, aus denen Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten entstehen können.13 Namentlich besteht kein Grund für Vereinbarungen mit Mandatscharakter. Vertragliche Ansprüche und Ansprüche auf vertraglicher Grundlage kommen bei Vorzugsstreitigkeiten folglich nur im Zusammenhang mit einer Schiedsvereinbarung oder -streitigkeit über den Vorrang in Betracht. Ein Vorzugsintervenient verletzt eine gem. §§ 280 ff. BGB schadensersatzbewehrte Pflicht aus einer Schiedsvereinbarung mit dem Vollstreckungsgläubiger, wenn er den Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. §§ 805 Abs. 4, 769 ZPO vor dem Prozessgericht beantragt, und zwar auch, wenn die Anrufung eines staatlichen Gerichts um einstweiligen Rechtsschutz in der Schiedsvereinbarung nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Denn eine Schiedsvereinbarung begründet auch ohne ausdrückliche Vereinbarung eine Verpflichtung der Parteien, von der Schiedsvereinbarung erfasste Streitigkeiten nicht vor staatliche Gerichte zu 13

S. 549 f.

560

Achtzehntes Kapitel: Haftung wegen unbegründeter Geltendmachung

bringen.14 Im übrigen kommt bei schiedsrichterlich angeordneten Maßnahmen (§ 1041 ZPO) in Betracht, dass sich ein Intervenient zum Schadensersatz verpflichtet, oder dass die Parteien sonstige begleitende Vereinbarungen für den Fall unberechtigter Intervention treffen.

F. Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung Einstweilige Anordnungen (§ 805 Abs. 4 ZPO), schiedsgerichtliche Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes (§ 1041 Abs. 1 ZPO) sowie für vorläufig vollstreckbar erklärte Schiedssprüche im Vorzugsrechtsstreit sind einstweilige Entscheidungen, deren Fortbestand von vornherein unsicher ist. Erweist sich eine solche Entscheidung als unbeständig, so kommt eine Risikohaftung des Vorzugsintervenienten aus prozessualer Veranlassung in Betracht. Gesetzlich angeordnet ist eine Risikohaftung, wenn die Anordnung einer schiedsgerichtlichen Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes sich als von Anfang an ungerechtfertigt erweist (§ 1041 Abs. 4 ZPO), und wenn ein für vorläufig vollstreckbar erklärter Schiedsspruch aufgehoben oder abgeändert wird (§ 1065 Abs. 2 Satz 2 ZPO i. V. m. § 717 Abs. 3 ZPO) 15 . Dagegen sieht der Gesetzeswortlaut der Risikohaftungsvorschriften bei einstweiligen Anordnungen gem. § 805 Abs. 4 ZPO keine Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung vor.16 Wie bei den einstweiligen Anordnungen gem. § 771 Abs. 3 ZPO stellt sich daher auch bei einstweiligen Anordnungen gem. § 805 Abs. 4 ZPO die Frage nach einer Risikohaftung des Intervenienten aufgrund Gesetzes- oder Rechtsanalogie zu den Vorschriften über die Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung. Im gerichtlichen Vorzugsrechtsstreit verdrängen einstweilige Anordnungen gem. §§ 805 Abs. 4, 769 ZPO die unstatthafte einstweilige Verfügung (§§ 935, 940 ZPO). Einstweilige Anordnungen gem. §§ 805 Abs. 4, 770 ZPO vertreten die vorläufige Vollstreckbarkeit der Hauptsache gem. §§ 708 ff. ZPO, die im Rechtsstreit gem. § 805 ZPO nicht zu erklären ist. Es verhält sich im Vorzugsprozess wie im Drittwiderspruchsprozess, in dem einstweilige Anordnungen vor Urteilserlass (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) einstweiligen Verfügungen gem. §§ 935, 940 ZPO funktional entsprechen, und in dem Urteilsanordnungen (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteilsausspruchs zur Hauptsache funktional entsprechen. Die an früherer Stelle17 ausführlich dargelegten Gründe für die Risikohaftung des Drittwiderspruchsin14

S. 427. Zum Inhalt der Verweisung in § 1065 Abs. 2 Satz 2 ZPO (§ 717 Abs. 3 ZPO, nicht § 717 Abs. 2 ZPO) s. S. 222. 16 Zur Ungeregeltheit einstweiliger Anordnungen durch die §§ 717, 945 ZPO s. S. 223, 232 f., 252 f. 17 S. 232–252, 252–258. 15

G. Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und Delikt

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tervenienten analog § 717 Abs. 2, 3 ZPO bei Urteilsanordnungen (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) sowie analog § 945 ZPO bei einstweiligen Anordnungen vor Urteilserlass (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) treffen auch für die Risikohaftung eines Vorzugsintervenienten bei einstweiligen Anordnungen gem. §§ 805 Abs. 4, 769 ZPO sowie §§ 805 Abs. 4, 770 ZPO zu. Daher haftet ein Vorzugsintervenient bei Urteilsanordnungen (§§ 805 Abs. 4, 770 ZPO) analog § 717 Abs. 2, 3 ZPO, und bei einstweiligen Anordnungen vor Urteilserlass (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) analog § 945 ZPO.

G. Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und Delikt Es sind Herausgabe-, Schadensersatz- und Nutzungsersatzansprüche eines Vollstreckungsgläubigers gegen einen Vorzugsintervenienten gem. §§ 985 ff., 1227 BGB in Betracht zu ziehen (I.). Ferner können Ansprüche wegen Delikts (§§ 823 ff. BGB) bestehen (II.).

I. Eigentümer-Besitzer Verhältnis Ein Vollstreckungsgläubiger, der Eigentümer oder Pfändungspfandgläubiger des Erlöses ist, kann von einem Vorzugsintervenienten Herausgabe verlangen, der den Erlös unrechtmäßig besitzt (§§ 985 f., 1227 BGB). Unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 987 ff. BGB kann der Vollstreckungsgläubiger Schadensersatz sowie Nutzungsherausgabe und -ersatz verlangen. Ein Vollstreckungsgläubiger ist Erlöseigentümer, wenn die gepfändete Sache im (Vorbehalts- oder Sicherungs-)Eigentum des Gläubigers stand; das Gläubigereigentum setzt sich nach der Verwertung im Wege dinglicher Surrogation am Erlös fort. Pfändungspfandgläubiger ist der Vollstreckungsgläubiger, wenn eine schuldnereigene Sache gepfändet war, bei der sich das Pfändungspfandrecht ebenfalls im Wege dinglicher Surrogation am Erlös fortsetzt. Der Vorzugsintervenient muss den Erlös besitzen, während (zur gleichen Zeit, zu der) der Vollstreckungsgläubiger Eigentümer oder Pfändungspfandgläubiger ist. Ein Vorzugsintervenient, der sich, wie § 805 Abs. 1 ZPO vorsieht, „nicht im Besitz der Sache befindet“, und daher auch nicht im Wege der Surrogation Besitz am Erlös erlangt, wird Besitzer des Erlöses, wenn dieser ihm vom Gerichtsvollzieher oder der Hinterlegungsstelle ausgezahlt wird. Mit solcher Besitzerlangung erwirbt der Vorzugsintervenient gleichzeitig unbelastetes Eigentümer des Erlöses,18 und Eigentum oder ein Pfändungspfandrecht des Gläubigers, das bis dahin fortbestanden hat, gehen unter. Im Vorzugsrechtsstreit 18 Zum Eigentumserwerb durch Erlösauszahlung des Gerichtsvollziehers Münzberg, in: Stein/Jonas, § 819, Rn. 9; Schilken, in: MüKo ZPO, § 819, Rn. 7.

562

Achtzehntes Kapitel: Haftung wegen unbegründeter Geltendmachung

eines Intervenienten, der sich zum Zeitpunkt der Intervention nicht im Besitz der Sache befindet, besitzt der Intervenient den Erlös folglich nie zur gleichen Zeit, zu der der Vollstreckungsgläubiger Eigentümer oder Pfändungspfandgläubiger des Erlöses ist. Ansprüche aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis scheiden daher in solchen Fällen stets aus. Anders als der Wortlaut von § 805 Abs. 1 ZPO nahe legt, ist allerdings auch die Vorzugsklage eines besitzenden Pfand- oder Vorzugsgläubigers statthaft.19 Im Vorzugsrechtsstreit eines besitzenden Intervenienten können Eigentum oder Pfändungspfandrecht des Vollstreckungsgläubigers und Intervenientenbesitz zusammentreffen. Es kommt dann auf die Rechtmäßigkeit oder die Unrechtmäßigkeit des Intervenientenbesitzes an (§ 986 BGB). Wie bereits an früherer Stelle ausgeführt, 20 ist der Besitz eines zum Zeitpunkt der Pfändung besitzenden Intervenienten, der mit der Pfändung in die vollstreckungsrechtliche Besitzordnung eingegliedert wird, durch eine Besitzrechtskette gem. § 986 BGB legitimiert. Ansprüche aus den §§ 1227, 985 ff. BGB können folglich auch nicht im Rahmen der Vorzugsintervention eines besitzenden Intervenienten entstehen.

II. Delikt Ein Vorzugsintervenient kann einem Vollstreckungsgläubiger – vorbehaltlich des Ausschlusses durch § 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO – wegen unerlaubter Handlung (§ 823 ff. BGB) zum Schadensersatz verpflichtet sein. Wie bei den Interventionen, die in den ersten beiden Hauptteilen behandelt wurden, kommt eine Haftung wegen Verletzung von Rechten und Rechtsgütern (§ 823 Abs. 1 BGB) (1.), wegen Schutzgesetzverletzung (§ 823 Abs. 2 BGB) (2.) sowie wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) (3.) in Betracht. Wie dort kann den Vollstreckungsgläubiger an der Schadensentstehung und -entwicklung ein Mitverschulden treffen (§ 254 BGB) (4.). 1. Verletzung von Rechten und Rechtsgütern Eine Vorzugsintervention kann das Eigentum (§ 903 BGB) oder ein sonstiges durch § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Recht oder Rechtsgut eines Vollstreckungsgläubigers verletzen. Ein Vorzugsintervenient verletzt Gläubigereigentum, wenn er mit der Intervention die reibungslose Durchführung der Geldvollstreckung in (Vorbehalts19

Baur/Stürner/Bruns, Rn. 46.31; Brox/Walker, Rn. 1453; dies., JA 1987, 57, 58, 61; Gaul, in: Rosenberg/Gaul/Schilken, S. 703; W. Lüke, in: Wieczorek/Schütze, § 805, Rn. 6; Münzberg, in: Stein/Jonas, § 805, Rn. 2, 16; Schilken, in: MüKo ZPO, § 805, Rn. 1, 3, 8, 11, 17; Schuschke, in: Schuschke/Walker, § 771, Rn. 7; Walker, in: Schuschke/Walker, § 805, Rn. 3. Kritisch K. Schmidt, in: MüKo ZPO, § 771, Rn, 11. 20 S. 437 f.

G. Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und Delikt

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oder Sicherungs-) Eigentum des Gläubigers behindert, oder wenn er es erwirkt, dass im Eigentum des Vollstreckungsgläubigers stehender Erlös nicht an diesen ausgekehrt wird. Mit der Hinterlegung eines Erlöses, der im Eigentum des Vollstreckungsgläubigers steht, wird dieser im Wege der Surrogation Inhaber der Rückerstattungsforderung. Erwirkt ein Vorzugsintervenient, der die Rückerstattungsforderung für sich reklamiert, die Auszahlung der Hinterlegungssumme an sich, dann geht die Forderung des Vollstreckungsgläubigers unter. Indem der Vorzugsintervenient dem Vollstreckungsgläubiger die Inhaberschaft der Rückerstattungsforderung streitig macht und seine angemaßte eigene Forderungsinhaberschaft mit Wirkung gegen die Forderungsinhaberschaft des Vollstreckungsgläubigers durchsetzt, greift er in einer Weise in die Forderungszuständigkeit des Vollstreckungsgläubigers ein, die durch § 823 Abs. 1 BGB bewehrt ist. 21 § 823 Abs. 1 BGB schützt auch das Pfändungspfandrecht (§ 804 ZPO), das durch Behinderungen der Rechtsverwirklichung und die Herbeiführung des Rechtsverlusts verletzt werden kann. Demnach verletzen die Verzögerung und die Vereitelung der Erlösauszahlung an den Vollstreckungsgläubiger ein Pfändungspfandrecht. Darüber hinaus verletzt ein Vorzugsintervenient, der es erwirkt, dass ihm der Erlös oder die Hinterlegungssumme ausgezahlt wird, ein Pfändungspfandrecht, weil es mit der Auszahlung erlischt. Die aufgezählten Rechtsverletzungen sind rechtswidrig, wenn sie nicht gerechtfertigt sind. Es gilt kein Rechtfertigungsgrund der unbegründeten Inanspruchnahme staatlicher Rechtspflegeverfahren. 22 Das Verschulden eines Vorzugsintervenienten betreffend bestehen keine Besonderheiten gegenüber den im zweiten Hauptteil erarbeiteten Regeln. 23 2. Schutzgesetzverletzung Bei einer unbegründeten Vorzugsintervention kommt in Betracht, dass der Intervenient betrügt (§ 263 StGB), von einer gefälschten Urkunde Gebrauch macht (§ 267 Abs. 1 Alt. 3 StGB), im Prozess lügt (§ 138 ZPO), oder sich an einer Falschaussage (§§ 153 ff. StGB) beteiligt (§ 26 StGB, § 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB). Für die jeweilige Schutzgesetzverletzung24 ist er dem Vollstreckungsgläubiger schadensersatzpflichtig (§ 823 Abs. 2 BGB).

21

Zum Deliktsschutz bei Eingriffen in die Forderungszuständigkeit Canaris, in: Festschrift für Erich Steffen, S. 85 ff.; Deutsch/Ahrens, Rn. 195; Larenz/Canaris, S. 397 f. 22 S. 316–386. 23 S. 387–421. 24 Näher zu § 823 Abs. 2 BGB und zur Schutzgesetzeigenschaft der genannten Vorschriften s. S. 446–450.

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Achtzehntes Kapitel: Haftung wegen unbegründeter Geltendmachung

3. Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung Im Hinblick auf die Haftung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) gelten die an früherer Stelle 25 gemachten Ausführungen auch bei der Vorzugsintervention. Täuschung stellt grundsätzlich bereits als solche und zumal in Verbindung mit einem Schädigungsvorsatz einen Verstoß gegen die guten Sitten dar. Gegen die guten Sitten verstößt daher ein Vorzugsintervenient, der sein Begehr auf Tatsachen stützt, von denen er sicher weiß, dass sie falsch sind. Dagegen ist es nicht sittenwidrig, wenn eine Vorzugsintervention auf Tatsachen gestützt wird, die der Intervenient für möglicherweise wahr hält, oder wenn eine unsichere rechtliche Bewertung von Interventionstatsachen auf die Probe gestellt wird. Sittenwidrig ist es allerdings, wenn ein Vorzugsintervenient einen als aussichtslos erkannten Rechtsstandpunkt vorschiebt und so ein Begehr in der Gewissheit seiner rechtlicher Unbegründetheit verfolgt. 4. Schaden und Mitverschulden Einem Vollstreckungsgläubiger obliegt als Schadensersatzgläubiger die Beachtung der Gebote des eigenen Interesses (§ 254 BGB). Im Hinblick auf die in Betracht kommenden Anknüpfungspunkte für ein Mitverschulden des Vollstreckungsgläubigers – unzulängliche Rechtsverteidigung, Verletzung der Hinweisobliegenheit, anderweitige Vollstreckungsmöglichkeiten und zusätzliche Vollstreckungskosten sowie die erforderliche Standhaftigkeit – gelten die im zweiten Hauptteil zur Deliktshaftung gemachten Ausführungen 26 auch bei der Vorzugsintervention.

H. Ungerechtfertigte Bereicherung Ein Vollstreckungsgläubiger kann von einem Vorzugsintervenienten gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB Herausgabe verlangen, wenn dieser im Verlauf der Vorzugsintervention „etwas . . . erlangt“ hat (I.), und zwar „auf . . . Kosten“ des Vollstreckungsgläubigers (II.) und „ohne rechtlichen Grund“ (III.). 27 Der Umfang der Herausgabepflicht bestimmt sich nach den §§ 818 ff. BGB (IV.).

I. Etwas erlangt Primärkondiktionsgegenstand ist das erlangte Etwas. 28 Ein Vorzugsintervenient kann zunächst die Herbeiführung einer Interventionswirkung als solche 25 26 27 28

S. 450 f. S. 451–453. Zum bereicherungsrechtlichen Grundtatbestand S. 456–459. Zum erlangten Etwas s. S. 306 f., 459 f.

H. Ungerechtfertigte Bereicherung

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erlangen, also eine Erklärung des Vollstreckungsgläubigers gem. § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HintO, § 170 Nr. 4 GVGA, die Hinterlegung des Erlöses durch den Gerichtsvollzieher, die Herausgabe des Erlöses durch den Gerichtsvollzieher oder die Herausgabeverfügung und Erlösherausgabe durch die Hinterlegungsstelle. Den Erlös betreffend kann ein Vorzugsintervenient Eigentum am erlösten Geld (Auszahlung durch den Gerichtsvollzieher oder die Hinterlegungsstelle) oder die Beteiligtenstellung im Hinterlegungsverfahren (Hinterlegung auf Anordnung gem. § 805 Abs. 4 ZPO oder Maßnahme gem. § 1041 ZPO) erlangen.

II. Auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers Ein Vorzugsintervenient muss das, was er im Verlauf der Intervention erlangt hat, (unmittelbar) auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers erlangt haben. 29 Was ein Vorzugsintervenient erlangt, das erlangt er durchweg unmittelbar auf Kosten des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses des Vollstreckungsgläubigers. Ferner ist von einer Vorzugsintervention ein deliktsrechtlich geschütztes und damit kondiktionswürdiges30 dingliches Recht bzw. die Forderungsinhaberschaft des Vollstreckungsgläubigers unmittelbar betroffen, wenn der Vollstreckungsgläubiger in eigenes Eigentum oder in Schuldnereigentum vollstrecken lassen hat (Erlöseigentum, Inhaberschaft der Rückerstattungsforderung, Pfändungspfandrecht am Erlös bzw. an der Rückerstattungsforderung). Das bereicherungsrechtliche Durchgriffsverbot, demzufolge ein Vollstreckungsgläubiger von einem Intervenienten nicht kondizieren kann, was diesem auf dem Umweg über den Vollstreckungsschuldner zugeflossen ist, sondern nur, was bis zur Verschiebung dem Vollstreckungsgläubiger zugeordnet war, 31 wirft bei der Vorzugsintervention keine Probleme auf. Denn anders als bei den in den ersten beiden Hauptteilen behandelten Interventionen leistet der Vollstreckungsschuldner bei der Vorzugsintervention keine Beiträge, die einen Durchgangserwerb andeuten. Wohl gehen Verschiebungen im Rahmen einer Vorzugsintervention nicht nur unmittelbar auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers, sondern auch unmittelbar auf Kosten des Vollstreckungsschuldners, der mit der Hinterlegung den Besitz (nach Pfändung gem. § 808 ZPO) und mit der Auszahlung an den Vorzugsintervenienten das Eigentum am Erlös bzw. die Inhaberschaft der Rückerstattungsforderung (nach Pfändung von Schuldnereigentum) verliert. Dies steht aber der Unmittelbarkeit der Verschiebung auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers nicht entgegen. Vielmehr handelt es sich um Fälle, in denen ein Empfänger unmittelbar auf Kosten mehrerer bereichert 29 30

Zum Merkmal „auf . . . Kosten“ S. 460–472. Zum Zusammenhang zwischen delikts- und bereicherungsrechtlichem Schutz s. S. 462–

469. 31

S. 469–472.

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Achtzehntes Kapitel: Haftung wegen unbegründeter Geltendmachung

ist, und bei denen das Erlangte oder sein Wert nach Maßgabe der Betroffenheiten zuzuordnen und aufzuteilen sind. Zuordnung und Aufteilung betreffen nicht die Voraussetzungen, sondern den Umfang des Bereicherungsanspruchs.

III. Ohne Rechtsgrund Ein Vorzugsintervenient ist zur Herausgabe dessen verpflichtet, was er auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers erlangt hat, wenn kein Rechtsgrund (Behaltensgrund) besteht.32 Da Vorzugsstreitigkeiten keinen Anlass für Interimsvereinbarungen geben,33 kommt eine vertragliche Verpflichtung der Vollstreckungsgläubigers, die einen Behaltensgrund bilden könnte, nicht in Betracht. Auch das Pfand- oder Vorzugsrecht, dessen Geltendmachung der Vorzugsintervenient mit der Intervention unternommen hat, bildet bei einer unbegründeten Vorzugsintervention keinen Behaltensgrund gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger. Denn wenn eine Vorzugsintervention unbegründet ist, dann heißt dies, dass das geltend gemachte Pfand- oder Vorzugsrecht nicht besteht oder nachrangig ist, oder dass der Vorzugsintervenient wegen Mithaftung duldungspflichtig und daher das Vollstreckungsinteresse des Vollstreckungsgläubigers vorrangig ist. Schließlich stellen einstweilige gerichtliche Vorzugsentscheidungen keinen Behaltensgrund dar für das, was der Vorzugsintervenient auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers erlangt. Ebenso wenig ist eine den Erwerb rechtfertigende Vollstreckungskraft anzuerkennen.

IV. Anspruchsinhalt Vorrangig ist Herausgabe des Erlangten sowie von Nutzungen und Surrogaten geschuldet (§§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 1 BGB). Dabei haftet ein Vorzugsintervenient unter den Voraussetzungen der §§ 818 Abs. 4, 819, 820 BGB nach den allgemeinen Vorschriften.34 Wenn und soweit der Vorzugsintervenient zur Herausgabe außerstande ist und kein Surrogat erlangt hat, hat er dem Vollstreckungsgläubiger Wertersatz in Geld zu leisten (§ 818 Abs. 2 BGB). Die Herbeiführung einer Interventionswirkung (Erklärung des Vollstreckungsgläubigers gem. § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HintO, § 170 Nr. 4 GVGA, Hinterlegung des Erlöses durch den Gerichtsvollzieher, Herausgabe des Erlöses durch den Gerichtsvollzieher, Herausgabeverfügung und Erlösherausgabe durch die Hinterlegungsstelle), die als solche nicht herausgabefähig ist, geht bei der Vorzugsintervention stets vollständig darin auf, dass der Intervenient einen herausgabefähigen Vorteil erlangt, der den Erlös betrifft – der Vorzugsinterve32

Zur Rechtsgrundlosigkeit s. S. 472–474. S. 549 f. 34 Zum Inhalt der Verweisung in § 818 Abs. 4 BGB s. S. 304 f., 477, 479 sowie Larenz/Canaris, S. 314 ff.; Lieb, in: MüKo BGB, § 818, Rn. 150 ff. 33

J. Schadensersatzansprüche wegen Leistungsstörung

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nient erlangt entweder Eigentum am erlösten Geld (Auszahlung durch den Gerichtsvollzieher oder die Hinterlegungsstelle) oder die Beteiligtenstellung im Hinterlegungsverfahren (Hinterlegung auf Anordnung gem. § 805 Abs. 4 ZPO oder Maßnahme gem. § 1041 ZPO). Der Anspruchsinhalt richtet sich daher (Herausgabe vor Wertersatz) nach demjenigen, was ein Vorzugsintervenient den Erlös betreffend erlangt. Wenn der Erlös zugunsten des Vorzugsintervenienten hinterlegt wurde, so dass der Vorzugsintervenient die Beteiligtenstellung im Hinterlegungsverfahren erlangt hat, dann hat er dem Vollstreckungsgläubiger die Beteiligtenstellung herauszugeben. Eine Beteiligtenstellung im Hinterlegungsverfahren ist bereicherungsrechtlich herauszugeben, indem die Einwilligung zur Auszahlung an den Prätendenten (§ 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HintO) erklärt wird.35 Der Vorzugsintervenient hat folglich gem. § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HintO in die Auszahlung an den Vollstreckungsgläubiger bis zur Höhe dessen titulierten Vollstreckungsinteresses (des noch offenen titulierten Zahlungsanspruchs gegen den Vollstreckungsschuldner) einzuwilligen. Hat der Vorzugsintervenient durch Auszahlung der Erlössumme Eigentum am erlösten Geld erlangt, dann schuldet er dem Vollsteckungsgläubiger Zahlung der Erlössumme, begrenzt durch die Höhe der offenen titulierten Zahlungsforderung des Vollstreckungsgläubigers gegenüber dem Vollstreckungsschuldner.36

J. Schadensersatzansprüche wegen Leistungsstörung Verletzt ein Vorzugsintervenient eine Pfl icht aus einem zwischen ihm und dem Vollstreckungsgläubiger bestehenden Schuldverhältnis (§ 241 BGB), so kann dieser Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens verlangen (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB). Als interventionsbegleitende Schuldverhältnisse kommen bei einer Vorzugsintervention Schuldverhältnisse mit vertraglichen primären Leistungs-

35 BGHZ 109, 240, 244; BGHZ 35, 165, 170; Olzen, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 372 ff., Rn. 17; Wenzel, in: MüKo BGB, § 372, Rn. 28. Ferner Brox/Walker, JA 1987, 57, 59. Dagegen Gernhuber, Erfüllung, S. 354 f. 36 Ähnlich Münzberg, in: Stein/Jonas, § 819, Rn. 10; Gernhuber, Erfüllung, S. 355: „Gibt die Hinterlegungsstelle an den formell Legitimierten, jedoch materiell Nichtberechtigten heraus, so . . . kann der materiell Berechtigte den Empfänger des hinterlegten Gegenstandes aus § 816 II in Anspruch nehmen“. Ferner Olzen, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 372 ff., Rn. 18; Wenzel, in: MüKo BGB, § 372, Rn. 28. – Allerdings ist der Anspruch nicht auf § 816 Abs. 2 BGB zu stützen, sondern auf § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB. Denn die Auszahlung erfolgt nicht privatrechtlich, sondern hoheitlich (Münzberg, in: Stein/Jonas, § 819, Rn. 9; Schilken, in: MüKo ZPO, § 819, Rn. 7; Walker, in: Schuschke/Walker, § 819, Rn. 6, alle betr. Auszahlung durch den Gerichtsvollzieher; für die Auszahlung durch die Hinterlegungsstelle gilt nichts anderes) und damit nicht durch Leistung i. S. v. § 816 Abs. 2 BGB.

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Achtzehntes Kapitel: Haftung wegen unbegründeter Geltendmachung

pflichten (I.), gesetzlichen primären Leistungspflichten (II.) und gesetzlichen Schutzpflichten (III.) in Betracht.

I. Vertragliche primäre Leistungspflichten Vertraglich primäre Leistungspflichten des Intervenienten aufgrund Zwischenvergleichs scheiden bei der Vorzugsintervention praktisch aus, weil die Interessenlage der Vorzugsintervention keinen Anlass zum Abschluss eines Zwischenvergleichs gibt.37 Dagegen können die Beteiligten durch eine Schiedsvereinbarung miteinander verbunden sein, die die Kontrahenten dazu verpflichtet, von der Schiedsvereinbarung erfasste Streitigkeiten nicht vor staatliche Gerichte zu bringen. Für die Verletzung dieser Pfl icht kann der Vorzugsintervenient dem Vollstreckungsgläubiger gem. § 280 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig sein.

II. Gesetzliche primäre Leistungspflichten Zwischen einem Vorzugsintervenienten und einem Vollstreckungsgläubiger bestehen gesetzliche primäre Leistungspfl ichten des Vorzugsintervenienten, wenn dieser jenem aus prozessualer Veranlassung auf Schadensersatz oder Erstattung haftet (analog §§ 717 Abs. 2, 3, 945 ZPO), wenn er deliktsrechtlich zum Schadensersatz verpflichtet ist (§§ 823 ff. BGB), oder wenn Bereicherungsansprüche (§§ 812 ff. BGB) des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vorzugsintervenienten bestehen. Die Anwendbarkeit von § 280 BGB bei diesen Ansprüchen ist allerdings beschränkt.38 Eine unbegründete Vorzugsintervention kann das Eigentum, ein Pfändungspfandrecht oder die Forderungsinhaberschaft des Vollstreckungsgläubigers beeinträchtigen (durch Rechtsanmaßung sowie durch Erwirkung und Vollstreckung einer Interventionsentscheidung), ohne dass der Vollstreckungsgläubiger die Beeinträchtigung zu dulden hat. Wie bei den in den ersten beiden Hauptteilen behandelten Interventionen können daher auch bei einer Vorzugsintervention negatorische Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche gegen die Durchführung einer unbegründeten Intervention gerichtet sein.39 Bei der Anwendbarkeit von § 280 Abs. 1 BGB auf das gesetzliche negatorische Schuldverhältnis (§ 241 Abs. 1 BGB), das den Vorzugsintervenienten zur Beseitigung gegenwärtiger Störung und zur Unterlassung künftiger Interventionsmaßnahmen verpflichtet, ist zu unterscheiden. Negatorische Beseitigungsansprüche sind Schuldverhältnisse i. S. v. § 241 Abs. 1 BGB im Rahmen einer bestehenden Sonderverbindung. 37

S. 549 f. S. 485 f. 39 Zu den gegen eine unbegründete Intervention gerichteten negatorischen Ansprüchen des Vollstreckungsgläubigers s. S. 486–498. 38

J. Schadensersatzansprüche wegen Leistungsstörung

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Als solche sind sie auch Schuldverhältnisse i. S. v. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB, bei denen eine zu vertretende (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB) 40 Pflichtverletzung des Beseitigungsschuldners – zeitweiliges oder endgültiges Unterbleiben der Beseitigung – unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 280 ff. BGB schadensersatzbewehrt ist. 41 Hält ein Vorzugsintervenient eine unbegründete Vorzugsintervention aufrecht, haftet er folglich für Verzögerung und Unmöglichkeit der Beseitigung gem. §§ 280 Abs. 1, 2, 283, 286 BGB. Dagegen beruhen negatorische Unterlassungspflichten nicht auf einer bestehenden Sonderverbindung, und sie stellen auch keine Sonderverbindung her. Die Anwendung des Leistungsstörungsrechts bei Verletzungen negatorischer Unterlassungspflichten ist mit der Zweiteilung der Schadensersatzhaftung innerhalb und außerhalb bestehender Sonderverbindungen unvereinbar. Daher gilt § 280 Abs. 1 BGB bei der Verletzung einer negatorischen Unterlassungspflicht nicht. 42 Eine Vorzugsintervention kann unbegründet sein, weil der Vorzugsintervenient für die titulierte Forderung des Vollstreckungsgläubigers mithaftet. 43 So, wie die Aberkennung des Widerspruchsrechts wegen Mithaftung bei den in den ersten beiden Hauptteilen behandelten Interventionen mit einer Duldungspflicht begründbar ist, die dem Rechtsverhältnis der Mithaftung entstammt, 44 resultiert auch bei der Vorzugsintervention die Aberkennung des Vorzugs wegen (titulierter) Mithaftung aus einer im Rechtsverhältnis der Mithaftung gründenden Duldungspflicht. Mit einer Intervention, die unbegründet ist, weil der Vorzugsintervenient duldungspflichtig ist, verletzt ein Vorzugsintervenient die Duldungspflicht. Für diese Pflichtverletzung kann er dem Vollstreckungsgläubiger wegen Leistungsstörung gem. § 280 Abs. 1 BGB auf Schadensersatz haften.

III. Gesetzliche Schutzpflichten Schutzpflichten, die zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten (§ 241 Abs. 2 BGB), begründen Schuldverhältnisse; die Verletzung von Schutzpflichten ist gem. § 280 Abs. 1 BGB schadensersatzbewehrt. 45 Ein Vorzugsintervenient, der dem Vollstreckungsgläubiger schutzpflichtig (§ 241 Abs. 2 BGB) ist, kann diesem bei Verletzung der Schutzpflicht wegen Leistungsstörung gem. § 280 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig sein. 46 40 Zu vertreten haben muss der Vorzugsintervenient die unterbliebene Beseitigung, nicht die Vornahme der Beeinträchtigung. Zum Vertretenmüssen des Intervenienten S. 387–421. 41 S. 499–501. 42 S. 501–506. 43 Brox/Walker, Rn. 1462; dies., JA 1987, 57, 64; Walker, in: Schuschke/Walker, § 805, Rn. 11. 44 S. 506 f. 45 S. 480 f. 46 Näher zu interventionsbegleitenden Schutzpfl ichten s. oben S. 507–545.

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Achtzehntes Kapitel: Haftung wegen unbegründeter Geltendmachung

Der Vollstreckungszugriff des Vollstreckungsgläubigers aus dem Titel gegen den Vollstreckungsschuldner, der den Dritten zur Vorzugsintervention veranlasst, stellt keine Sonderverbindung zwischen Vollstreckungsgläubiger und dem (nachmaligen) Vorzugsintervenienten her, und es entstehen keine Schutzpflichten eines Vorzugsintervenienten kraft Vollstreckungszugriffs des Vollstreckungsgläubigers. 47 Ein Vorzugsinterveneint, der ein Pfand- oder Vorzugsrechts geltend macht, indem er den Vollstreckungsgläubiger außergerichtlich dazu auffordert, den Vorzug durch Erklärung gem. § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HintO, § 170 Nr. 4 GVGA anzuerkennen (Rechtsanmaßung), verletzt keine Schutzpflicht. Denn grundsätzlich besteht keine Schutzpflicht, die Erhebung unbegründeter Ansprüche (hier: Bereicherungsanspruch des Vorzugsintervenienten, § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB) zu unterlassen. Von den anzuerkennenden Ausnahmen ist bei der Vorzugsintervention nur das Gebot einschlägig, berechtigte Interessen nicht wider besseres Wissen zu verfolgen. 48 Ein Vorzugsintervenient macht sich daher nur dann wegen Schutzpflichtverletzung schadensersatzpflichtig gem. § 280 Abs. 1 BGB, wenn er weiß, dass er nicht vorzugsberechtigt ist und dennoch interveniert. Mit der prozessualen Geltendmachung des Vorzugs durch Klageerhebung und Antragstellung stellt der Vorzugsintervenient ein Prozessrechtsverhältnis mit dem Vollstreckungsgläubiger her. Das Prozessrechtsverhältnis zwischen den Prozessparteien ist allerdings keine materiellrechtliche Sonderverbindung und bringt keine Schutzpflichten hervor. 49 Schließlich begründet das Betreiben der Vollstreckung einer Interventionsentscheidung ein Vollstreckungsrechtsverhältnis zwischen dem Vorzugsintervenienten und dem Vollstreckungsgläubiger. Allerdings ist auch das Vollstreckungsrechtsverhältnis keine materiellrechtliche Sonderverbindung und auch keine „gesetzliche Sonderbeziehung privatrechtlicher Art“, und es bringt keine Schutzpflichten hervor. 50

47 Zur Haftung eines Intervenienten wegen Leistungsstörung einer Sonderverbindung kraft Vollstreckungszugriffs s. S. 509–512. 48 Zu Schutzpfl ichten bei Rechtsanmaßung s. S. 512–524. 49 Zum Prozessrechtsverhältnis s. S. 524–535. 50 Zum Vollstreckungsrechtsverhältnis s. S. 535–545.

Ergebnisse und Thesen Die vorliegende Untersuchung, deren Thema es veranlasst hat, im Querschnitt durch das Zwangsvollstreckungs- und das Haftungsrecht zu gehen, lässt sich schwer in einen Überblick zusammenfassen, der umfassenden Erkenntnisgewinn für den „raschen Leser“ verspricht. Lohnender erscheint es, aus der Fülle der einzelnen im Verlauf der Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse abschließend einige (Zwischen-)Ergebnisse thesenartig herauszustreichen.

I. Bei der Geltendmachung von veräußerungshindernden Rechten besteht in der Hauptsache Rechtsschutz durch die Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO). Ein Urteil ist im Ausspruch zur Hauptsache nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Das Urteil hat vorläufigen Rechtsschutz durch Urteilsanordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 770 ZPO zu gewähren, die gem. §§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO zu vollziehen sind. Bis zum Urteil gewähren einstweilige Anordnungen gem. §§ 771 Abs. 3, 769 ZPO, die gem. §§ 775 Nr. 2, 776 Satz 2 ZPO zu vollziehen sind, einstweiligen Rechtsschutz gegen die laufende Vollstreckung. Gegen bevorstehende Vollstreckung sind einstweilige Verfügungen (§§ 935, 940 ZPO) statthaft. Im Anwendungsbereich von § 28 ZVG – bei Grundbuchersichtlichkeit eines veräußerungshindernden Rechts – sind Rechtsbehelfe gem. § 771 ZPO unzulässig. Drittwiderspruchsschiedssprüche und einstweilige schiedsgerichtliche Maßnahmen in Bezug auf den Streitgegenstand eines Drittwiderspruchsstreits können wie die entsprechende gerichtliche Entscheidung als Anordnungsentscheidung gefasst werden. Sie sind wie die entsprechende gerichtliche Anordnungsentscheidung gem. §§ 775, 776 ZPO zu vollstrecken.

II. Prozessuale Sicherheitsleistung ist die Begründung eines Rechts durch einen Verfahrensbeteiligten (Sicherungsbelasteter) für einen anderen Verfahrensbe-

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Ergebnisse und Thesen

teiligten (Sicherungsnehmer) zu dessen Sicherung für den Fall der Nichterfüllung eines Anspruchs des Sicherungsnehmers gegen den Sicherungsbelasteten. Der gesetzlich intendierte Sicherungszweck von Intervenientensicherheiten, die gem. §§ 771 Abs. 3, 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO anzuordnen sind, besteht ausschließlich darin, Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten zu besichern, die infolge der Intervention entstehen. Nachteile des Vollstreckungsgläubigers und die titulierte Forderung des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vollstreckungsschuldner sollen nicht unmittelbar besichert werden. Ferner surrogiert eine Intervenientensicherheit nicht den Pfandgegenstand. Schließlich hat ein Intervenient hat keine prozessuale Verpflichtung, für Sicherheit zu sorgen, und die Bewirkung einer Intervenientensicherheit begründet auch keine Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen den Intervenienten. Intervenientensicherheit gem. §§ 936, 921 ZPO soll die Erfüllung von Schadensersatzansprüchen aus § 945 ZPO sichern.

III. Die Umsetzung gerichtlicher Entscheidungen gem. §§ 775, 776 ZPO durch (Einstellung und) Aufhebung wirkt derart fort, dass der Vollstreckungsgläubiger aus dem Titel in den betreffenden Gegenstand erst wieder vollstrecken kann, wenn die hindernde Entscheidung außer Kraft ist. Das Interesse eines Vollstreckungsgläubigers, im Wege der Zwangsvollstreckung gegen seinen Vollstreckungsschuldner Befriedigung zu erlangen, ist rechtlich durch den Vollstreckungsanspruch geschützt. Interventionswirkungen gehen zu Lasten des rechtlich geschützten Vollstreckungsinteresses, es sei denn, ein Vollstreckungszugriff ist unzulässig, aussichtslos oder wirkungslos, oder die Vollstreckungswirkung bringt nur Wirkungen hervor, die ausschließlich Drittinteressen dienen sollen. Die Herbeiführung einer Interventionswirkung „für den Intervenienten“ enthält als solche eine Verschiebung vom Vollstreckungsgläubiger zum Intervenienten. Die Interventionserstwirkungen Beschränkung und Unterlassen der Vollstreckung sowie Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen (nicht: Einstellung und Stillstand) ermöglichen anschließende Verschiebungen vom Vollstreckungsschuldner zum Intervenienten. Solche Verschiebungen werden begleitet von fortbestehenden Interventionswirkungen. Es finden dann Verschiebungen sowohl vom Vollstreckungsschuldner zum Intervenienten als auch gleichzeitig vom Vollstreckungsgläubiger zum Intervenienten statt.

Ergebnisse und Thesen

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IV. Ein Intervenient haftet bei Aufhebung oder Abänderung einer einstweiligen Urteilsanordnung (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) analog § 717 Abs. 2, 3 ZPO. Er haftet bei einstweiligen Anordnungen vor Urteilserlass (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) analog § 945 ZPO, und zwar analog § 945 Alt. 1 ZPO, wenn sich die Anordnung als von Anfang an ungerechtfertigt erweist, und analog § 945 Alt. 2, 3 ZPO, wenn bei einer befristeten Anordnung des Vollstreckungsgerichts (§§ 771 Abs. 3, 769 Abs. 2 ZPO) der Intervenient die Frist zur Beibringung der Entscheidung des Prozessgerichts verstreichen lässt. Bei vorläufig vollstreckbar erklärten Schiedssprüchen haftet ein Intervenient gem. § 1065 Abs. 2 Satz 2 ZPO i. V. m. § 717 Abs. 3 Satz 2–4 ZPO nur auf Erstattung (entsprechend § 717 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Die Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung gewährt keinen Ersatz von Anordnungsschäden, und sie gewährt durchweg den Ersatz von Vollstreckungs- und Vollziehungsschäden. Uneinheitlich ist die Rechtslage bei Abwendungsschäden. Grund der Uneinheitlichkeit ist die Verwickeltheit der Interventionsrechtslage, die sich bei der Risikohaftung fortsetzt. § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO bedarf der Rechtsfortbildung durch teleologische Reduktion („auf Grund des Urteils“) und durch teleologische Extension („Gezahlten oder Geleisteten“). Die Vorschrift ist dann wie folgt zu lesen: Soweit ein solches Urteil aufgehoben oder abgeändert wird, ist der Kläger auf Antrag des Beklagten zur Erstattung des auf Grund des Urteils durch die Vollstreckung oder durch Leistung zur Abwendung der Vollstreckung Erlangten zu verurteilen.

V. Rechtswidrigkeit ist im Zivilrecht i. S. der Lehre vom Erfolgsunrecht zu verstehen. Offene Tatbestände sind im Deliktsrecht nur bei den Rahmenrechten anzuerkennen. Die Verwirklichung eines Haftungstatbestandes infolge materiellrechtlich begründeter Inanspruchnahme eines staatlichen, gesetzlich eingerichteten und geregelten Verfahrens der Rechtspflege ist rechtmäßig. Die Rechtmäßigkeit ergibt sich aus dem Zusammenspiel von staatlichem Gewaltmonopol, Selbsthilfeverbot und staatlicher Schutzpfl icht. Es gilt kein Rechtfertigungsgrund der Inanspruchnahme staatlicher Rechtspflegeverfahren, der tatbestandsmäßige Rechtsverletzungen infolge materiellrechtlich unbegründeter Verfahrensinanspruchnahme rechtfertigt. Bei unbe-

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gründeter Verfahrensinanspruchnahme ist Verschuldenshaftung nur im Anwendungsbereich von § 717 Abs. 3 ZPO ausgeschlossen. Tatbestandsmäßige Rechtsverletzungen infolge unbegründeter Intervention sind rechtswidrig, auch wenn der Intervenient ein Rechtspflegeverfahren in Anspruch genommen hat.

VI. Prozessrisiko ist das Risiko einer Partei, dass zu ihrem Nachteil gerichtliche Entscheidungen ergehen, weil ihnen unwahre Tatsachen oder eine unzutreffende Rechtsauffassung zugrundegelegt werden. Das Prozessrisiko eines Intervenienten besteht darin, dass eine begründete Intervention fälschlich als unbegründet abgewiesen wird. Die Konsequenzen des tatsächlichen Prozessrisikos für die Verschuldenshaftung ergeben sich aus der Darlegungs- und Beweislast der jeweils betreffenden Verschuldenshaftungsnorm. Das rechtliche Prozessrisiko ist als Verschuldensfrage zu behandeln. Für das Verschulden ist nicht die Richtigkeit, sondern die Durchsetzbarkeit eines Rechtsstandpunktes entscheidend. Wenn eine unbegründete Intervention im Bewusstsein der Zweifelhaftigkeit der Rechtslage unternommen wird, fehlt das voluntative Vorsatzelement. Denn der Zurechnungsgrund des Vorsatzes trifft nicht zu, wenn ein Rechtsstandpunkt zur gerichtlichen Entscheidung gestellt wird. Die Erkennbarkeit des Grundes der Unbegründetheit einer Intervention ist notwendige und hinreichende Bedingung für die Vorhersehbarkeit der Verwirklichung eines Unrechtstatbestandes durch die Intervention. Ein Intervenient ist stets gehalten, die Tatsachengrundlage der Intervention zu überprüfen und sie mithilfe der erreichbaren Erkenntnismittel soweit möglich aufzuklären. Ferner ist ein Intervenient stets gehalten, seinen Rechtsstandpunkt verständig abzusichern. Wer sich auf einen zweifelhaften Rechtsstandpunkt stützt, mit dem er nicht durchdringt, handelt fahrlässig, wenn nicht der Rechtsstandpunkt bis dahin von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geteilt wird oder eine Entscheidungsnotlage besteht. Gleichgültig ist es, ob die Zweifelhaftigkeit der Rechtslage erkannt wurde oder nicht. Umgekehrt ist es ebenso gleichgültig, ob erkannt oder übersehen wurde, dass der Rechtsstandpunkt von der höchstrichterlichen Rechtsprechung gedeckt ist. Anwaltlichem Rechtsrat darf vertraut werden, wenn nicht konkrete, massive Anhaltspunkten für eine Fehlberatung bestehen. Ebenso darf darauf vertraut werden, dass alle Schritte, die ein Rechtsanwalt unternehmen wird, von Fachkunde und Sorgfalt getragen sind.

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VII. Wenn der Vollstreckungsgläubiger eine gepfändete Sache freigibt, führt dies nicht durch schlüssige Erklärungen ein Auftragsverhältnis zwischen dem Vollstreckungsgläubiger als Mandanten und dem Intervenienten als Mandatar herbei.

VIII. Die Zurechenbarkeit psychisch vermittelter Selbstschädigung, die durch die Geltendmachung von Rechten zielgerichtet veranlasst wurde, hängt nicht davon ab, dass der Veranlassende einen entscheidenden Informationsvorsprung vor dem Selbstschädiger hat, oder dass die Geltendmachung von Rechten ernsthafte Erfolgsaussichten hat. Der Informationsstand, die Stärke des Drucks und die gebotene Standhaftigkeit fließen erst beim Mitverschulden (§ 254 BGB) in die Abwägung ein. Eine interventionsveranlasste Selbstschädigung eines Vollstreckungsgläubigers ist dem Intervenienten zurechenbar.

IX. Der Kreis deliktsrechtlich geschützter Güter gibt den Mindestbestand bereicherungsrechtlich ausgleichsfähiger Güter an, er zieht aber für das Bereicherungsrecht keine äußere Grenze. Das titulierte, rechtlich geschützte Vollstreckungsinteresse ist eine Position, deren Betroffenheit bereicherungsrechtlich auszugleichen sein kann. Eine unbegründete Intervention stellt einen zielgerichteten, rechtswidrigen Eingriff in die Wahrnehmung des Vollstreckungsinteresses dar, der auf Kosten des Gläubigers geht.

X. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB gilt nicht bei der Verletzung negatorischer Unterlassungspflichten. Der Vollstreckungszugriff des Vollstreckungsgläubigers schafft keine Sonderverbindung zwischen Gläubiger und Drittberechtigten mit Schutzpflichten Drittberechtigter.

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Ein Intervenient ist nicht durch eine Schutzpfl icht (§ 241 Abs. 2 BGB) verpflichtet, vor der Intervention seine Berechtigung im Interesse des Vollstreckungsgläubigers zu überprüfen. Wegen Leistungsstörung kann sich ein Intervenient aber schadensersatzpflichtig machen, wenn er weiß, dass er nicht widerspruchsberechtigt ist. Das Prozessrechtsverhältnis zwischen den Prozessparteien ist keine materiellrechtliche Sonderverbindung und bringt keine Schutzpflichten hervor. Das Vollstreckungsrechtsverhältnis ist keine materiellrechtliche Sonderverbindung oder „gesetzliche Sonderbeziehung privatrechtlicher Art“, und es bringt keine Schutzpflichten hervor.

XI. Vorzugsurteile sind im Hauptsacheausspruch nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Das erkennende Gericht hat in einem stattgebenden Vorzugsurteil die Hinterlegung des Erlöses anzuordnen (§§ 805 Abs. 4, 770 ZPO). Die Haftungsrechtslage der Vorzugsintervention entspricht der Haftungsrechtslage der Drittwiderspruchsintervention weitgehend. Bei einer Vorzugsintervention sind Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers aus den §§ 1227, 985 ff. BGB ausgeschlossen. Wenn ein Erlös, der im Eigentum des Vollstreckungsgläubigers steht, hinterlegt wird, dann wird der Vollstreckungsgläubiger Inhaber der Rückerstattungsforderung. Erwirkt ein Vorzugsintervenient, der mit seinem Pfand- oder Vorzugsrecht die Rückerstattungsforderung für sich reklamiert, die Auszahlung der Hinterlegungssumme an sich, dann greift er in einer Weise in die Forderungszuständigkeit des Vollstreckungsgläubigers ein, die durch § 823 Abs. 1 BGB bewehrt ist.

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Bibliographische Angaben nichtjuristischer Literatur sind in den Fußnoten enthalten.

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Sachregister Abwendung der Vollstreckung und Vollziehung (s. auch Abwendungsleistung, Abwendungssicherheit) 71, 75 f., 111, 118 (Fn. 243), 145, 150, 154, 162 f., 223, 234 f., 238, 252 ff., 262, 268 f., 270 (Fn. 167), 271, 277, 279 f., 282 (Fn. 193), 284 ff., 291, 299, 303, 307 ff. Abwendungsbefugnis 50 (Fn. 64), 73, 74 (Fn. 140), 76, 78 Abwendungsleistung 223 f., 260, 261 (Fn. 138), 262 ff., 268, 270 f., 275 ff., 280, 283, 285, 288 f., 291 f., 296 f., 299 ff., 306 f., 350, 381 f., 573 Abwendungsschaden s. bei Schaden Abwendungssicherheit 75, 162, 262, 268, 270, 288, 290 f., 294 ff., 301 Allgemeines Persönlichkeitsrecht s. Persönlichkeitsrecht Amtshaftung 121, 407 (Fn. 72) Analogie (s. auch Gesetzesanalogie, Rechtsanalogie, Rechtsfortbildung) 98, 101 f., 166 ff., 221 (Fn. 5), 226 ff., 232 f., 236, 243, 246 ff., 253, 256, 258 (Fn. 132), 286 (Fn. 209), 385 (Fn. 291), 541 Androhung eines Ordnungsmittels s. bei Antrag Anordnung s. Einstweilige Anordnung, Drittwiderspruchsprozess Anordnungsurteil 51 f., 54 Anordnungsverfügung 117 f., 125 f., 130, 245, 282 ff. Anschlusspfändung 436 ff., 552 Antrag – auf Androhung und Festsetzung eines Ordnungsmittels 114 f., 266 ff., 294 – auf Erklärung der Vollstreckbarkeit 61, 63 ff., 82, 84 (Fn. 160), 96 f., 133 – auf Erlass oder Vollziehbarkeit schiedsgerichtlicher Maßnahmen des

einstweiligen Rechtsschutzes (§ 1041 ZPO) 125, 132, 291, 552 – auf Erstattung (§ 655 CPO, § 717 ZPO) 97, 235, 254 f., 304, 573 – auf Überweisung einer Forderung zur Einziehung 202 – auf Verurteilung zur Bestellung einer Sicherheit (§ 890 Abs. 3 ZPO) 115, 266 ff. – auf Zwangsmittelfestsetzung und -vollstreckung 120, 284 f., 294 – Aufhebungsantrag 198 – Eilantrag (auf Erlass einer einstweiligen Anordnung oder einstweiligen Verfügung) 32, 34 f., 41, 80 (Fn. 147), 85 (Fn. 161), 89 f., 119 (Fn. 246), 124 f., 129, 134 f., 170, 181, 247, 317 (Fn. 5), 351 f., 383, 388 f., 391, 403, 427, 496, 510, 524 (Fn. 164), 525 (Fn. 165), 551 f., 559 – Einstellungsantrag (s. auch Eilantrag) 2 (Fn. 4), 246 (Fn. 95), 351, 383 – Eintragungsantrag (§ 14 GBO) 110 – Fristverlängerungsantrag 109 – Grundbuchberichtigungsantrag 108, 337 f., 398 (Fn. 33) – Herausgabeantrag (§ 13 HintO) 551 – Konkursantrag 336 f., 345 ff., 351, 363 – Strafantrag 343 – Vertragsangebot 429 – Vollstreckungsantrag 26 ff., 35, 42, 96 f., 105, 114, 116, 121, 207, 209, 213, 218, 250, 354, 360 (Fn. 191) – Vorlageantrag (§ 1044 ZPO) 125, 133, 552 Anzeige s. Strafanzeige, Verteidigungsanzeige Arglist 5, 39 ff., 306, 526, 534 (Fn. 202) argumentum a fortiori (s. auch Analogie) 230 Arrest 14 (Fn. 15), 76, 94, 123 f., 141 f.,

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Sachregister

144, 146 f., 149, 175 (Fn. 134), 176 f., 192, 225, 232 ff., 242, 246, 272 (Fn. 177), 291, 559 Arrestatorium 17 (Fn. 35), 199 Aufhebung – der Zwangsvollstreckung 4 f., 23 f., 28 ff., 32, 42, 44 ff., 53, 54 (Fn. 80), 56, 58 f., 62 f., 66, 68, 71, 75 ff., 80 f., 83 f., 93 ff., 98, 103 ff., 109, 111 (Fn. 219), 112 f., 115, 118, 126, 129 f., 137, 142 (Fn. 13, 14), 143 (Fn. 15, 17), 150 ff., 158 ff., 164, 166 ff., 172 f., 175, 178, 180 ff., 188, 192, 196, 197 (Fn. 46), 198, 200, 204 ff., 208, 212 f., 215, 217 ff., 238, 243 ff., 250, 275 f., 279, 287, 289, 291, 301, 416, 428 ff., 435, 439, 441 ff., 459, 469 ff., 475 ff., 494, 499, 557, 572 – gerichtlicher Entscheidungen 46 f., 52 (Fn. 74), 58, 80, 85, 222 ff., 230, 233 ff., 237 (Fn. 66), 238, 242 f., 252, 254, 261, 264, 282 f., 286 (Fn. 208), 294, 298, 301 f., 307 ff., 312 ff., 358, 359 (Fn. 185), 361 (Fn. 191), 377, 440 (Fn. 24), 474 (Fn. 70), 573 Aufopferung 249, 252, 256 Aussagedelikte 447, 449, 450, 563 Außenseiterstellung des Exekutionsintervenienten 245, 256 Außerordentlicher Rechtsbehelf s. bei Einstweilige Anordnung Auswahlermessen s. bei Ermessen Bedeutungswandel 79, 91, 95 ff., 99 f., 251, 326 ff., 358 f. Beeinträchtigung 3, 10 (Fn. 2), 14, 18, 56, 81, 84, 107, 116 ff., 122, 130, 218 f., 242 (Fn. 85), 245, 322, 333, 335, 337 ff., 341 ff., 346 ff., 355, 361, 366 f., 386, 393, 418 f., 433, 441, 447 (Fn. 65), 459, 465 f., 478, 486 ff., 512 f., 516, 522, 527, 542, 568, 569 (Fn. 40) Befriedigungsrecht (§ 10 ZVG) 37, 106, 209 ff., 442, 461 f., 465, 487 Bereicherungsanspruch, s. Kondiktion Beschlagnahme 18, 38 (Fn. 24), 106, 108 f., 111 f., 117, 137, 193, 209 ff., 309, 442, 475, 487 Beschränkung der Zwangsvollstreckung 9 ff., 26 f., 32, 42, 53 f., 71, 100 ff., 118, 121, 126, 130 ff., 137, 179, 181 ff.,

186, 188, 192, 195 ff., 202 f., 206 ff., 210 f., 213 ff., 275 ff., 282 f., 285, 289, 310, 312 ff., 372, 427 (Fn. 22), 443 f., 459 f., 471, 476 f., 493, 572 Beschwerde 49, 225, 271, 330, 342 f., 352 Beseitigungsanspruch 55 f., 116, 352 (Fn. 155), 371 f., 484, 486 f., 491 f., 495 f., 498 ff., 503 f., 512, 514, 516, 542, 568 Besitz 3, 12, 15, 16 (Fn. 26), 18, 20, 68, 105 f., 179, 193 ff., 201 ff., 205 f., 213, 215 ff., 308 f., 313 f., 330, 352 (Fn. 155), 354, 415, 419, 422, 424 ff., 431, 433 ff., 459 ff., 465 ff., 469 ff., 473, 475 ff., 485 f., 490, 549 f., 558 f., 561 f., 565 Besitzrecht 395 (Fn. 19), 420, 434, 436 ff. Besitzrechtskette 436 ff., 562 Bestimmungsfunktion haftungsrechtlicher Normen 323 f. Bestreiten von Rechten 163, 405, 487 ff., 495, 498 Betriebseinstellung 187, 189, 273, 294, 332 Betrug 336, 420 f., 446 ff., 450, 524 (Fn. 163), 563 Beweislast 260, 392, 413 ff., 419 (Fn. 112), 574 Bewertungsfunktion haftungsrechtlicher Normen 323 f. Darlegungslast 260, 392, 413 ff., 417 f., 419 (Fn. 112), 420, 574 Delikt 2, 241, 317, 319, 324 f., 327, 331 f., 335, 337 f., 348 f., 352, 358, 377, 381 (Fn. 282), 385, 388, 405, 441 (Fn. 33), 447, 449 f., 464 ff., 483 ff., 502 ff., 508, 520, 526 f., 530, 532, 535 (Fn. 207), 539, 542 (Fn. 234), 543, 561 f., 563 (Fn. 21), 564 f., 568, 573, 575 Dingliche Surrogation 41, 143, 166 ff., 178, 202, 210, 559, 561, 563, 572 Drittbetroffenheit in der Zwangsvollstreckung 1, 12 ff., 23, 51, 200, 208, 247 f., 344, 349, 377, 384, 538 f., 542 Drittrecht 1 (Fn. 2), 2 ff., 9 ff., 23, 25 f., 30, 32 f., 51, 54, 94, 107, 112, 118, 121 f., 129 ff., 159, 183, 243, 245, 251, 354 f., 384, 437 (Fn. 15), 452, 509, 538, 541 f. – Gefährdung in der Zwangsvollstreckung 14 ff.

Sachregister

– Pfand- und Vorzugsrechte 3 ff., 10, 15, 20 f., 547, 549 f., 555 f., 558, 566 – veräußerungshindernde Rechte 2 ff., 10, 12, 20, 23 f., 33, 36 ff., 41, 51, 80, 84, 107, 111 ff., 116 ff., 120 ff., 130, 134, 195 (Fn. 43), 197 (Fn. 46), 305, 349 ff., 383, 386, 414, 432, 434, 437 (Fn. 15), 511 f., 515, 571 – vertragliche Ansprüche 4 ff., 113 ff., 118 ff., 422 ff., 482, 549, 568 – Vollstreckungsbetroffenheit s. Drittbetroffenheit in der Zwangsvollstreckung Drittwiderspruchsprozess 3 ff., 31, 33 ff., 391, 414, 415 (Fn. 101), 492, 560 – Drittwiderspruchsklage, -kläger 2 ff., 31, 33 f., 35 (Fn. 12), 36, 39 (Fn. 27), 41, 51, 55 f., 58, 61 (Fn. 106), 64, 69 f., 73, 80 f., 87, 89, 91, 93 f., 98, 101 f., 112 f., 117, 124 ff., 133 f., 153 ff., 170, 172 ff., 183 (Fn. 13), 201, 221 (Fn. 3, 5), 238, 243, 250 f., 256 f., 281, 345, 350 ff., 372, 388, 391, 429, 434 (Fn. 5), 444 (Fn. 52), 496, 547, 549 f., 571 – Begründetheit 36 ff. – Gestaltungsklage 6 f., 34, 221 (Fn. 3) – Zulässigkeit 34 f. – Drittwiderspruchsurteil 2, 3, 33 ff., 41, 43 (Fn. 42), 46, 50 ff., 56 ff., 61 ff., 67 ff., 78 f., 81 f., 88, 90 ff., 94 ff., 122 ff., 126 f., 130 f., 180, 182 (Fn. 9), 221, 222 (Fn. 5), 253, 256, 265, 275, 302, 553 – Anordnungsurteil s. dort – Rechtskraft 103 f., 122 f. – Urteilswirkung kraft Gesetzes 104 f. – Vollstreckbarkeit 50 ff. – Einstweilige Anordnungen 2 ff., 54 (Fn. 80), 56 f., 135, 137, 164, 167 ff., 171, 174 f., 184, 196, 198, 229, 249, 283, 296 f., 307 f., 310, 352, 377, 429 f., 474 (Fn. 70), 509 f., 525 (Fn. 165), 559 f. – Anordnung bis zum Urteilserlass (§§ 771 Abs. 3, 769 ZPO) 23, 33 ff., 47, 49 f., 57, 117, 120, 125, 129 f., 143 (Fn. 16), 150 f., 153, 156, 170, 172, 221 (Fn. 5), 223, 226, 230 ff., 233 (Fn. 56), 235 f., 238 ff., 242 (Fn. 83), 245 ff., 252, 256, 259, 286 ff., 383, 427 f., 560 f., 571, 573

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– Anordnungswirkung kraft Gesetzes 45 f. – Entscheidung 41 f. – Vollziehung 42 ff. – Zulässigkeit 35 f. – Anordnungswirkung kraft Gesetzes (§ 868 ZPO) 45 f., 50, 57, 103 ff., 129 f., 133, 179 f., 191, 208, 261, 275, 300, 441, 443 f. – Urteilsanordnung (§§ 771 Abs. 3, 770 ZPO) 23, 33, 42, 53, 57 ff., 130, 223, 226, 230 f., 238, 247, 252 ff., 256 ff., 275 ff., 290, 302, 304, 560 f., 571, 573 – Anordnungswirkung kraft Gesetzes 50 – Entscheidung 46 f. – Vollziehung 48 f. – Einstweilige Verfügung 4 f., 23, 36, 54, 55 (Fn. 85), 101, 117 ff., 123 f., 130 f., 134 f., 137, 141 f., 144, 185, 222, 225, 230 ff., 242 f., 246, 250, 259, 264, 272, 282 ff., 291, 361 (Fn. 191), 414, 430, 493 (Fn. 55), 560, 571 – Anordnungsverfügung 36, 100 f., 117 f., 125 f., 130, 245, 282 f., 285 – Befriedigungsverfügung 118, 120 – Leistungsverfügung 119 – Regelungsverfügung 55 (Fn. 86) – Sicherungsverfügung 215 – Unterlassungsverfügung 118, 131, 282, 284 f. – Verfügungsanspruch 4, 118 f., 147, 225 f., 237 – Verfügungsgrund 246 – Widerspruchsrecht 36 ff., 46, 124, 129, 134, 172 f., 238, 257, 350 ff., 386, 420, 422, 473, 507, 511, 569 Drittwiderspruchsschiedsspruch s. bei Schiedsrechtliche Rechtsverfolgung Drittwiderspruchsurteil s. bei Drittwiderspruchsprozess Duldungspfl icht 421, 484, 494 f., 506 f., 511 f., 515, 566, 569 Eigentum 2 (Fn. 4), 5 f., 14 f., 17 (Fn. 38), 18, 37, 39 (Fn. 24, 25), 40 (Fn. 30, 32), 46, 105, 107 ff., 116, 152, 167, 193, 195 ff., 201 ff., 210 f., 219 f., 246 f., 308 ff., 313 f., 337, 344 f., 348 f., 354 f., 361 (Fn. 191), 364, 391, 392 (Fn. 10), 394,

604

Sachregister

397, 414 ff., 418 f., 425, 427, 433 ff., 437 (Fn. 15), 439 ff., 455, 462, 464 f., 467 ff., 473, 475, 486, 488, 489 (Fn. 40), 490 f., 493 f., 496, 499 (Fn. 82), 500 (Fn. 88), 511, 515, 538 f., 541, 542 (Fn. 236), 558 f., 561 ff., 565, 567 f., 576 Eigentümer 5, 17 18, 29, 37, 40 (Fn. 30), 45 f., 50, 103 ff., 167 f., 179, 191, 195 ff., 202 ff., 207 ff., 218 f., 308 f., 337, 348, 388, 391 f., 397, 416, 419, 424 f., 428, 433 ff., 441, 455, 473, 475 f., 486, 491, 493, 511 f., 539, 558, 561 f. Eigentümer-Besitzer-Verhältnis 20, 136, 419 f., 433 ff., 440, 455, 485 f., 500, 509 f., 542 (Fn. 236), 561 f. Eigentümergrundschuld 29, 45 f., 50, 104, 129 f., 133, 180, 191, 208, 275, 441 Eigentümerhypothek 103 Einstellung der Zwangsvollstreckung 2 (Fn. 4), 4, 23, 27 f., 32, 35, 41 ff., 48 f., 52 (Fn. 74), 53, 54, 59, 61 (Fn. 106), 62, 66 ff., 70 f., 74 ff., 80 f., 84, 85 (Fn. 161), 94 f., 98, 100 f., 105, 109, 112, 126, 129 ff., 137, 142 (Fn. 12, 14), 146 (Fn. 26), 148 ff., 153 ff., 158, 169 f., 175, 179 ff., 187 ff., 192, 196, 200, 204, 207 f., 211, 214, 217, 219, 238, 240 f., 243 ff., 246 (Fn. 95), 250 f., 256 f., 261 (Fn. 138), 262, 275 ff., 287 ff., 310, 312, 315, 317 (Fn. 3), 350 ff., 377, 383, 416, 418, 422, 428, 440 (Fn. 24), 441 ff., 458 f., 476 f., 482, 493, 510 (Fn. 130), 545, 557, 559, 572 Einstweilige Anordnung s. auch bei Drittwiderspruchsprozess – außerordentlicher Rechtsbehelf 234 ff., 244 f., 248 f., 255 ff., 298 – im Drittwiderspruchsprozess s. Drittwiderspruchsprozess – im Schiedsverfahren 125, 427, 552 – in Vorzugsurteilen 92 ff., 550 ff., 555 ff., 565, 567 – Risikohaftung 226 ff. Einstweilige Verfügung s. bei Drittwiderspruchsprozess Einziehung 16, 18, 29, 110, 152, 154, 199 f., 202, 204 ff., 217, 313 f., 358, 432, 455, 540 Entschließungsermessen s. bei Ermessen Entstehungsgeschichte

– der § 708 ff. ZPO 61, 96 f. – der §§ 775, 776 ZPO 48 f. – des § 717 ZPO 97 ff. 254 ff. – des § 769 ZPO 89 f. – des § 770 ZPO 89 f. – des § 771 ZPO 80 ff., 89 f. – des § 945 ZPO 234 f. Entstrickung 30, 137, 196, 205, 308, 424 f., 475 Erfolgsunrecht 321 ff., 353, 385, 440, 555, 573 Erinnerung 120 ff., 280 Erlangtes Etwas s. bei Kondiktion Erlös 3, 30, 40 (Fn. 30), 41, 93 f., 119, 167 f., 193, 195 f., 202 f., 205, 210 ff., 219, 281, 302, 309, 389, 422 f., 426, 475, 482, 549 ff., 556 ff., 561 ff., 565 ff., 576 Ermessen 67 f., 81 ff., 85 f., 88 ff., 94 f., 101 ff., 109, 118, 156 ff., 234, 238, 244 ff., 256, 266, 343, 362 (Fn. 198) – Auswahlermessen 56, 58, 63, 65, 73 ff., 89, 90 (Fn. 169), 93, 95, 108 – Entschließungsermessen 58, 60, 63 ff., 71 ff., 77, 89, 90 (Fn. 169), 93 f. Erstattung 97 f., 138, 143, 146, 152, 154, 179, 187 (Fn. 20), 189, 221 ff., 234 f., 243, 252, 254 f., 258 f., 274, 297 ff., 314 f., 380, 426, 454 f., 461, 474, 484 f., 518, 526, 539 (Fn. 225), 558 f., 563, 565, 568, 573, 576 Exekutionsintervention 1, 329, 350 ff., 481 – außergerichtliche 25 ff., 549 f. – Begriff 1 – Drittwiderspruchsklage s. bei Drittwiderspruchsprozess – Interventionswirkungen 1 ff., 20, 23, 25 ff., 32, 42 ff., 48 ff., 135, 179 ff., 188 ff., 307, 418, 442, 456, 459, 461, 478, 556 ff., 564, 566, 572 – prozessuale 32 ff., 550 ff. – schiedsrechtliche 125 ff., 552 f. – Vorzugsklage s. dort Fahrlässigkeit 317, 318 (Fn. 10), 319 f., 322, 332 ff., 337 f., 343, 347 f., 351 f., 356, 378 (Fn. 271), 381 (Fn. 280), 383, 387, 393, 395, 397 ff., 416, 440, 574 – Rechtsirrtum 337, 393, 395 (Fn. 19), 399 ff.

Sachregister

– Tatsachenirrtum 394, 397 ff. – Vermeidbarkeit 294, 322, 382, 389, 397, 399, 401, 404, 407, 411, 511 – Vorhersehbarkeit 393, 397 f., 416, 574 – Zweifel 316 (Fn. 1), 376, 386, 393 ff., 403, 574 Festsetzung eines Ordnungsmittels s. bei Antrag Feststellungsurteil 124, 392, 416 ff., 421 Formalisierung der Zugriffstatbestände in der Zwangsvollstreckung 13 ff., 120, 240 f. Fortführung (-gang, -setzung) der Zwangsvollstreckung 11 f., 15, 20, 28, 35, 41 ff., 48 (Fn. 61), 62, 74, 76 ff., 80 ff, 84, 85 (Fn. 161), 87, 93, 104, 107, 109, 111 f., 114, 119, 121, 129 f., 132 f., 137, 142 f., 147, 149, 164, 181 f., 184 ff., 188, 190 f., 219, 238, 262, 269, 275 ff., 286 ff., 308, 346, 459, 539, 552 Freigabe des Vollstreckungsgegenstandes 5, 25, 28 ff., 32, 34 (Fn. 3), 61 (Fn. 106), 113, 114 (Fn. 229), 115 f., 119 f., 123, 126 f., 129 ff., 137, 140 (Fn. 6), 153 f., 160 (Fn. 89), 180, 182 ff., 188, 189 (Fn. 27), 190 f., 196, 198, 204, 208 f., 212, 214, 217, 221 (Fn. 3), 222, 250, 256, 266, 279 f., 282, 284 f., 288 f., 291, 301 ff., 307 ff., 312 ff., 344, 349, 422 ff., 428 ff., 443, 452, 458 f., 461, 471, 473 ff., 496 f., 500 (Fn. 88), 509 f., 512, 514, 524, 538, 541 f., 549, 556, 575 – Bewirkung 29 f. – Erwirkung 28 f. Garantie 142, 146, 150, 160 (Fn. 91), 172 ff. Geldforderung 17 f., 199 ff., 205 f. Geldvollstreckung 3, 14 f., 17, 26 f., 29 f., 35 (Fn. 12), 36 ff., 40 (Fn. 32), 105, 187, 192 ff., 218, 267, 305, 308, 310, 354, 435, 441, 475, 493, 547, 549 f., 558, 562 – in das bewegliche Vermögen 3, 14, 18, 26, 28 (Fn. 20), 29, 37, 39 (Fn. 25), 192 ff., 354, 435, 475, 547, 549 f., 558 – in das unbewegliche Vermögen (s. auch Liegenschaftsvollstreckung) 17, 26 f., 29, 37, 105, 207 ff., 310 – durch Zwangshypothek (s. auch Hypothek) 17 f., 26 (Fn. 4), 29, 32,

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37, 44 f., 48, 50, 57, 103 ff., 129 f., 133, 179 f., 184, 207 f., 218, 261, 275, 287, 300, 310, 441 ff., 465, 467, 487 – durch Zwangsversteigerung 17 f., 26 (Fn. 4), 27 f., 33, 37, 46, 80, 105 f., 111 f., 132, 207 ff., 219, 309, 442, 475, 487 – durch Zwangsverwaltung 17 f., 26 (Fn. 4), 27 f., 33, 37, 105 f., 111 f., 132, 151, 207 f., 213 ff., 309, 476 – in Forderungen und andere Vermögensrechte 26, 29, 199 ff. – in Geldforderungen 17, 199 ff., 205 f., 310 – in Sachansprüche 34, 199, 201 ff., 310 Gerichtsvollzieher 11 (Fn. 7), 12 (Fn. 9), 14 f., 17 f., 26, 27 (Fn. 10, 13), 28 (Fn. 18, 19), 29 (Fn. 23), 30, 43 (Fn. 42), 104 (Fn. 191), 183 (Fn. 13), 193 f., 196, 197 (Fn. 48), 198, 201 ff., 215 ff., 354, 399, 422, 424, 431, 434 (Fn. 4), 437 f., 442, 469, 551, 553, 556 ff., 561, 565 ff. Gesetzesanalogie (s. auch Analogie, Rechtsfortbildung) 166, 223, 227 ff., 560 Gewaltmonopol 342, 364 f., 373, 385, 573 Gewerbebetrieb (s. auch Rahmenrecht) 328, 330 ff., 336 f., 343, 346, 355 Grundbuch 12, 17 (Fn. 38), 18, 29, 45 f., 50, 105 ff., 180, 207, 209, 213, 337, 398 (Fn. 33) Grundbuchamt 17, 29, 45 f., 50, 105 f., 110, 180, 209, 275, 337 Grundbuchersichtliches Rechts 105, 107 ff., 111, 132, 183, 571 Haftung 2, 4, 7 ff., 18, 20 f., 23 ff., 30, 32 f., 39 f., 51, 53, 57, 97 f., 121 ff., 127, 129 ff., 144, 148 ff., 165 f., 169, 172 f., 175, 177 f., 184 f., 219 ff., 222 (Fn. 5), 223, 225 ff., 229 ff., 239 ff., 251 f., 254 ff., 258 (Fn. 131, 132), 259 ff., 264, 268, 269 (Fn. 167), 270 ff., 276, 283, 285 (Fn. 203), 286, 289, 291 ff., 296 ff., 303 ff., 316 ff., 331 ff., 337 ff., 344 f., 347 ff., 352 (Fn. 155), 353, 355, 357 (Fn. 177), 359 (Fn. 185), 360, 363, 366 (Fn. 218), 368, 370, 374 (Fn. 254), 375 ff., 391 f., 394, 396 (Fn. 28), 400, 404, 406 (Fn. 63), 408 ff., 420 f., 430,

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Sachregister

439 ff., 451 ff., 465, 467 f., 474, 477, 479, 483, 485, 499 f., 502 (Fn. 97), 503 ff., 509, 510 (Fn. 131), 511, 515, 526 ff., 530, 532 (Fn. 196), 535, 538 ff., 545, 547, 553, 555 f., 560 ff., 564, 566, 569, 571, 573 f., 576 Haftungsbeschränkung 9, 188, 328, 386, 440 Haftungssymmetrie 240 ff., 256, 384 f. Haftungsverband 26 (Fn. 4), 106, 209 ff., 219, 441 f. Haftungsverschärfung 233 f., 253 f., 299 f., 304, 306, 311, 430, 465 (Fn. 49), 474, 477, 479 Handlungsunrecht 321, 322 (Fn. 27), 323 ff., 353 ff., 385 Hauptintervention 1 (Fn. 2), 116, 120, 131, 134, 266, 414, 440 (Fn. 24) Herausgabeanspruch (-forderung, -pfl icht) 6, 17, 23, 113, 116, 154, 179, 189, 195 (Fn. 43), 199, 201 f., 205, 207, 216 ff., 250 (Fn. 110), 274, 305 ff., 313 f., 319, 345, 422 ff., 433, 454 ff., 459, 461, 463, 473 ff., 482, 484 ff., 538, 540, 543, 561, 564, 566 f. – des Eigentümers gegen den Besitzer 6, 113, 116, 179, 325, 433 ff., 455, 484, 486, 515, 561 f., 576 – des Mandanten gegen den Mandatar 179, 189, 423 ff., 454, 482 – Kondiktion s. dort Herausgabeverfügung (§ 12 HintO) 152, 154, 164, 556, 558, 565 f. Herausgabevollstreckung 18 f., 26, 34, 36, 43, 116, 134, 181, 187, 215 ff., 246, 267, 305, 309, 436, 439, 441, 476, 493 Hinterlegung 3, 15, 93 f., 119, 145, 150, 152, 154 ff., 160 (Fn. 89), 164 f., 172, 210, 314, 550 f., 553, 556 ff., 561, 563, 565 ff., 576 Hypothek (s. auch Sicherungshypothek, Zwangshypothek) 39 (Fn. 25), 46, 106, 213 f., 309, 388 f., 475 f. Inhibitorium 199 Intervenient 1 f., 7 f., 20, 23 f., 30, 33, 36 ff., 45 ff., 50, 52, 55, 59, 62 f., 66 ff., 100, 104 f., 115 f., 118, 120, 122 ff., 127, 129 ff., 135, 137 f., 140 ff., 150, 152 ff., 161 ff., 167, 169 ff., 185, 189 ff., 195 ff.,

200, 203 ff., 208, 211 ff., 215 ff., 226, 232, 238, 241, 243 ff., 248, 251 ff., 256 ff., 265 f., 268, 270, 275 f., 278, 282, 286 f., 289, 297, 304 ff., 317 (Fn. 5), 349, 351 f., 383 f., 386 ff., 402 f., 412 ff., 439 ff., 444 ff., 452, 454 ff., 458 ff., 466, 469 ff., 484, 486 f., 492 f., 495 ff., 501, 506 f., 509 ff., 514 ff., 524, 525 (Fn. 165), 528, 535 f., 538, 545, 547, 549 ff., 562 ff., 568 ff., 572 ff. Intervenientenbesitz 195 (Fn. 43), 435 f., 439, 562 Intervenientensicherheit s. Sicherheitsleistung Intervention (s. auch Exekutionsintervention) 1 f., 4 f., 8, 10 (Fn. 2), 13, 20, 23 f., 30, 32 ff., 36, 39, 57, 69, 99 ff., 122 ff., 129, 134 f., 142, 157 ff., 161, 163, 165, 169, 175, 178, 179 (Fn. 1), 180 ff., 195, 197, 199, 202, 213, 216 f., 219 ff., 241, 245 f., 258 (Fn. 132), 274, 282, 296 f., 310, 313, 316, 329, 349, 355, 372, 384, 386 ff., 402 f., 412 ff., 417 ff., 426 f., 436 f., 439 ff., 446, 450 ff., 456 ff., 463, 465 ff., 471, 473 f., 476, 480 ff., 484, 486 f., 493, 495 ff., 501, 507 ff., 513 ff., 524, 525 (Fn. 165), 528, 535, 538, 547, 554 ff., 560, 562, 564 ff., 572 ff. Irrtum (s. auch bei Fahrlässigkeit und bei Rechtswidrigkeit) 20, 316, 335, 337 f., 346 ff., 351, 352 (Fn. 155), 353, 383, 389, 393 f., 395 (Fn. 19), 397 ff., 445 f., 448, 520, 543 (Fn. 241), 555 f. Justizanspruch 36, 121, 248, 256, 357 (Fn. 177), 364 f., 368 ff., 543 Kondiktion 2, 20, 97 f., 122 f., 136, 179, 189, 190 (Fn. 29), 220, 243, 255, 299 f., 304 ff., 307 (Fn. 257, 259), 308 (Fn. 260, 262), 311, (Fn. 269), 312 (Fn. 274), 313 f., 406, 417, 424, 433, 454 ff., 484 ff., 553, 557, 564 ff., 570, 575 – Anspruchsinhalt 474 ff., 566 f. – auf Kosten des Bereicherungsgläubigers 460 ff., 565 f. – Etwas erlangt 306, 459 f., 564 f. – Grundtatbestand 456 ff. – Haftungsverschärfung 306, 311, 477 – Konkurrenzen 454 ff., 485 f.

Sachregister

– Rechtsgrundlosigkeit (s. auch Rechtsgrund) 472 ff., 566 – Rechtswidrigkeitstheorien 462 ff. – Unmittelbarkeit 469 ff. – Wertersatz 306, 311 ff., 477 ff. – Zuweisungstheorien 462 ff. Leistung (s. auch Abwendungsleistung) 16 f., 40 (Fn. 30), 43, 71, 75, 98 (Fn. 184), 112 ff., 118 f., 129, 135, 138 (Fn. 4), 140 (Fn. 5), 142 ff., 156, 168, 171, 176, 185, 187, 190 f., 198 ff., 210, 218, 223, 234 f., 242 f., 245, 252 ff., 261 ff., 268 f., 270 (Fn. 167), 275 f., 278, 282 ff., 292, 296 f., 299 ff., 310, 312 ff., 362 f., 405 f., 409 ff., 424, 444 (Fn. 52), 454, 456 ff., 467, 470 (Fn. 60), 472, 477, 481, 484 f., 498, 520 ff., 555, 557, 567 (Fn. 36), 573 Leistungsklage, -urteil 3 ff., 52, 55, 61 (Fn. 106), 71, 112 ff., 123, 131, 134, 137, 162 f., 224, 250, 257, 260, 265 ff., 354, 362 f., 369, 382, 488 f., 552 Leistungspfl icht (§ 241 Abs. 1 BGB) 8, 306, 409, 426, 480 ff., 498, 499 (Fn. 83), 506 ff., 515 ff., 523, 525 (Fn. 165), 528, 530 f., 537, 544, 567 f. Leistungsstörung 20, 24, 136, 317, 324 f., 338, 385, 388, 402 f., 413 f., 418, 420 f., 424, 426, 480 ff., 567 ff., 576 Leistungstreuepfl icht 517 Liegenschaftsvollstreckung (s. auch Sicherungshypothek und bei Geldvollstreckung) 17, 33, 105 ff., 134, 179, 184, 442, 487 Mithaftung des Intervenienten 39 ff., 109, 420, 484, 506 f., 511, 514 f., 566, 569 Mitverschulden 179, 259, 262, 274, 281 f., 292 ff., 379 f., 412, 440, 446, 451 ff., 482 (Fn. 54), 541, 562, 564, 575 – bei der Risikohaftung 292 ff. – Hinweisobliegenheit 293 f., 451 – Standhaftigkeit des Vollstreckungsgläubigers 292 f., 451 ff., 492 (Fn. 54) Nachpfändung 186, 188, 295 Negatorische Ansprüche 6, 113, 114 (Fn. 230, 231), 116 f., 250 ff., 256, 320 (Fn. 17), 322, 325, 339, 341, 352

– – – – – –

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(Fn. 155), 361 (Fn. 191), 372, 414, 418 f., 465 ff., 484, 486 ff., 512, 515 f., 542, 568 f., 575 Beeinträchtigung s. dort Beseitigung s. Beseitigungsanspruch Duldungspfl icht s. dort Leistungsstörung s. dort Rechtsanmaßung s. dort Unterlassung s. Unterlassungsanspruch

Offenbarungsverfahren 11, 347, 536 Offener Tatbestand 346, 353, 355 f., 385, 573 Ordnungsmittel 114 f., 131 f., 187 ff., 266 ff., 274, 284 ff., 294, 301 f., 305, 451 Persönlichkeitsrecht (s. auch Rahmenrecht) 328, 341, 346, 355, 468, 513, 520 (Fn. 160) Pfändung (s. auch Anschlusspfändung, Nachpfändung, Vorpfändung) 1, 5, 9 f., 14 f., 26, 29 f., 34, 36 f., 38 (Fn. 21, 24), 39 (Fn. 24), 40 (Fn. 32), 46, 80, 104 (Fn. 191), 110, 117, 120 f., 155, 159 ff., 167 f., 170, 172 f., 183 (Fn. 13), 193 ff., 218, 247, 280, 296, 302 f., 308 ff., 344 f., 348 f., 351, 354, 383 f., 388 f., 391, 397, 399, 415 f., 419, 422 ff., 430 f., 434 (Fn. 4), 435 ff., 442, 446, 455, 461, 469, 475, 496 (Fn. 69), 497, 499, 511, 538 ff., 549 f., 552, 557 ff., 561, 565, 575 Pfändungspfandrecht 3, 15, 29, 37, 39 (Fn. 24), 40 (Fn. 32), 151, 167 f., 173, 193, 195 f., 199 ff., 209, 220, 317 (Fn. 3), 352 (Fn. 155), 388, 392 (Fn. 10), 394, 397, 415 ff., 424 f., 433 ff., 441 f., 461 f., 465, 467, 470, 486, 494, 499, 549 f., 558 f., 561 ff., 565, 568 Pfand 6, 142, 153 f., 160, 164 ff., 172 ff., 178, 187, 189, 196, 208, 344, 349, 425, 434 (Fn. 4), 441, 465, 572 Pfandgläubiger 152, 167, 191, 345, 349, 356 (Fn. 173), 415, 419 (Fn. 113), 433 ff., 455, 486, 538, 549 f., 552, 561 f. Pfandrecht (s. auch Pfändungspfandrecht und bei Drittrecht) 15, 37, 39 (Fn. 25), 46, 152, 154, 166 f., 280, 344 (Fn. 125), 351, 415, 425, 427, 434 (Fn. 4), 436 ff., 441 (Fn. 29, 33), 442 (Fn. 40), 455, 487

608

Sachregister

Präjudizialität der Rechtskraft 33, 122 ff., 127, 225, 417 ff., 421, 553 f. Prozessbetrug 336, 420 f., 446 ff., 450, 563 Prozessgericht 35 (Fn. 10), 41, 46, 47 (Fn. 56), 63, 88, 94, 115, 198, 238 (Fn. 68), 252, 266, 349, 351 f., 383, 427, 559, 573 Prozessrechtsverhältnis 246 (Fn. 95), 509, 524 ff., 543 f., 570, 576 Prozessrisiko 390 ff., 395, 397, 399 f., 403 f., 413 f., 418 ff., 452, 556, 574 – Rechtliches P. 391 ff., 395, 397, 399 f., 403 f., 574 – Tatsächliches P. 390, 392, 413 f., 418 ff., 574 Prozessuale Veranlassung 20, 23, 97 f., 135, 142, 152, 221, 223, 226 f., 229, 232, 240, 242, 249, 259 ff., 265, 272 ff., 276, 283, 287, 290, 292 f., 296 ff., 349 f., 359, 370, 376 f., 379 f., 383, 386, 408, 451, 454 f., 474, 484 f., 530 (Fn. 187), 560, 568, 573 Psychisch vermittelte Kausalität 346, 442 ff., 490 ff., 514, 575 Rahmenrecht (S. auch Gewerbebetrieb, Persönlichkeitsrecht) 327 f., 353, 355, 385, 502 (Fn. 97), 573 Rechtsanalogie (s. auch Analogie, Rechtsfortbildung) 166, 223, 227 ff., 240, 242, 258 (Fn. 132), 560 Rechtsanmaßung 487 ff., 495 ff., 509, 512 ff., 525 (Fn. 165), 568, 570 Rechtsanwalt 293 (Fn. 229), 340, 345, 369, 371, 393, 400 (Fn. 40), 401 ff., 407, 412 f., 420, 496 (Fn. 69), 512 f., 527, 529 (Fn. 181), 530, 539, 556, 574 Rechtsbeschwerde 126, 222, 552 Rechtsfortbildung (s. auch Analogie, Gesetzes- und Rechtsanalogie, teleologische Extension, teleologische Reduktion) 51, 70, 90, 101, 221, 227 ff., 233, 236, 239 ff., 243 f., 246, 251 ff., 258 (Fn. 132), 291, 297, 304, 329, 379, 384 f., 411, 438, 487, 497, 502, 506, 573 Rechtsfortsetzung s. Surrogation Rechtsgestaltung 34, 53 ff. Rechtsgrund 98 (Fn. 184), 122 f., 170,

177, 188 (Fn. 23), 417 f., 460 f., 467, 472 ff., 553, 566 Rechtsirrtum s. bei Fahrlässigkeit Rechtskraft (s. auch Präjudizialität der Rechtskraft) 33, 39 (Fn. 29), 47 f., 51 ff., 56 f., 60, 62 f., 69 f., 87 f., 90, 94, 100 ff., 115, 119 f., 122 ff., 126 ff., 130 ff., 148, 155, 164, 171, 180, 182 (Fn. 9), 183, 223 ff., 236 ff., 253, 256 f., 266 (Fn. 155), 298, 303, 316 (Fn. 1), 352, 358, 361, 372 f., 388 f., 391 f., 416 ff., 421, 473, 474 (Fn. 70), 488, 550 ff., 556 (Fn. 6), 557 – Drittwiderspruchsurteil s. bei Drittwiderspruchsprozess – Einstweilige Verfügung 123 f. – Feststellungsurteil 124 – Leistungsurteil 123 – Schiedsspruch 127 f. – Vorzugsurteil 553 f. Rechtsschutzverkürzung 247 ff. Rechtssicherheit 30, 51, 53 ff., 374, 411, 448 (Fn. 71) Rechtswidrigkeit (Widerrechtlichkeit) 20, 98, 135, 233, 253, 316 ff., 335 ff., 343 ff., 348 ff., 355 ff., 359 (Fn. 185), 360 (Fn. 186, 190), 365 f., 373, 375, 378 ff., 383 ff., 387, 416, 446 (Fn. 62), 451, 462 ff., 489 (Fn. 42), 494, 555, 573 – Erfolgsunrecht s. dort – Handlungsunrecht s. dort – Verfahrensrechtmäßigkeit s. dort – Recht auf Irrtum 20, 316, 335, 338, 347 f., 351, 352 (Fn. 155), 353, 383, 520, 543 (Fn. 241), 555 f. – Rechtfertigungsgrund 20, 23, 235, 249, 316 ff., 440, 495, 555, 563, 573 Rechtswidrigkeitstheorie s. bei Kondiktion Rechtszweifel s. bei Fahrlässigkeit Risikohaftung aus prozessualer Veranlassung 20, 23, 51, 57, 97 ff., 135, 142, 152, 221 ff., 359 (Fn. 185), 370, 376 f., 379 ff., 385 (Fn. 291), 386, 408, 451 f., 560 f., 573 – bei einstweiligen Anordnungen gem. § 771 Abs. 3 ZPO 226 ff. – analog § 717 Abs. 2, 3 ZPO 252 ff., 275 ff. – analog § 945 ZPO 232 ff., 286 ff.

Sachregister

– bei Vollstreckung des Hauptsachetenors eines Drittwiderspruchsurteils 103, 221 – Erstattung s. dort und bei Antrag – Anspruchsinhalt 304 ff. – Prozessuale Veranlassung 297 ff. Erstattungsanspruch 97, 224, 252, 258, 297 f., 301, 303, 305, 308, 314, 380, 454 f., 461, 474, 484 f. – gem. § 1041 Abs. 4 ZPO 144, 179, 221 ff., 225, 243, 247, 259 ff., 265, 272, 289 ff., 368, 370, 380, 484 f., 560 – Prozessuale Veranlassung s. dort – Schadensersatz 259 ff. Rücksichtnahmepfl icht s. Schutzpfl icht Ruhenlassen (Stillstand) der Zwangsvollstreckung 25, 27 f., 32, 114, 119 f., 126, 129 ff., 137, 184, 188 ff., 196, 200, 204, 207 f., 211, 214, 217, 219, 266, 269 ff., 276 f., 279, 282, 285, 301, 307, 312, 315, 427, 444 (Fn. 52), 458 f., 474, 477, 572 Schaden 20, 23, 97, 115, 123, 135, 142, 144 f., 146 (Fn. 26), 147 ff., 153 ff., 159, 172, 175 (Fn. 134), 179, 185 ff., 232 ff., 237, 242 ff., 248, 252 ff., 257, 259 ff., 298 f., 302, 315, 319 (Fn. 13), 323, 335, 338, 346, 350, 355, 359, 366, 377, 380 ff., 427, 440, 446 ff., 473, 480, 483, 485 f., 494, 496 (Fn. 69), 499, 502, 512, 514, 528, 556 f., 564, 567 – Abwendungsschaden 260 ff., 267 ff., 271, 274, 276 ff., 283 ff., 288, 290 f., 293, 296 f., 573 – Anordnungsschaden 286, 288, 290, 292, 296, 300, 573 – Aufhebungsschaden 172, 174 – Ausfallschaden 188 f., 274 – Begleitschaden 185 f., 189, 271, 274 f., 280, 285 f., 526, 535 (Fn. 207) – Durchsetzungsschaden 186, 273 f., 286 – Einstellungsschaden 282 – Erschwerungsschaden 186 ff., 274, 280, 286 – Erwerbsschaden 186 – Freigabeschaden 123 – Kreditschaden 186, 189, 271 ff., 294 – Prozessuale Veranlassung 259 ff. – Sicherheitsleistung 262 f., 268, 274, 276, 280 ff., 284 f., 295 f.

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– Verzögerungsschaden 146 (Fn. 26), 148 f., 153, 187, 189, 274, 409, 485 – Vollstreckungsschaden 260 ff., 267 ff., 274 (Fn. 183), 295 – Vollziehungsschaden 260 f., 264, 276, 281, 283 ff., 287, 290, 294, 573 – Vorhaltungsschaden 281, 295 Schiedsrechtliche Rechtsverfolgung 20, 24, 125 ff., 133 ff., 137 ff., 147, 170, 243, 552 f. – Einstweilige Maßnahmen (§ 1041 ZPO) 125, 127, 132, 135, 137 ff., 147 ff., 155 f., 158, 165, 169 f., 174 ff., 182, 221 ff., 225, 243, 247, 259 ff., 265, 272, 289 ff., 368, 370, 380, 427, 430, 484 f., 552, 555 ff., 560, 565, 567, 571 f. – Schiedsspruch (Drittwiderspruchsund Vorzugsschiedsspruch) 125 ff., 138, 180, 222, 225 f., 243, 259, 297, 300, 302, 304, 307 f., 310, 552 ff., 556 f., 559 f., 571, 573 Schiedsvereinbarung 25, 31 f., 125, 127, 134, 422, 427 f., 482, 514 ff., 552, 559, 568 Schuldverhältnis 244, 317 (Fn. 4), 325, 388, 402, 470, 472, 480 ff., 498 f., 501, 503, 506 ff., 510 (Fn. 130), 518 f., 525 ff., 537, 539 ff., 544 f., 567 ff. Schutzgesetz (§ 823 Abs. 2 BGB) 317, 319 (Fn. 13), 323, 330, 342, 439, 446 ff., 502 (Fn. 97), 530, 562 f. Schutzpfl icht (§ 241 Abs. 2 BGB) 480 ff., 507 ff., 523 ff., 528, 531, 532 (Fn. 196), 533 ff., 540, 542, 544 f., 568 ff., 573, 575 f. Schutzrechtsverwarnung 331 ff., 346, 363, 378 (Fn. 271), 444 (Fn. 52, 53), 452 (Fn. 86) Selbsthilfeverbot 364 ff., 373, 385, 573 Sicherheitsleistung 2, 8, 20, 30, 35, 41 ff., 48 (Fn. 61), 50, 56, 59, 66 ff., 73 ff., 80 f., 84, 85 (Fn. 161), 93 f., 102 f., 115, 118, 120, 126, 129 ff., 135, 137 ff., 182, 184 f., 187, 189, 191, 232, 233 (Fn. 56), 234 f., 237 f., 243 ff., 252, 256, 260 ff., 267 ff., 274 ff., 278 ff., 293 ff., 301 f., 305, 307, 311, 381 f., 427 f., 443 f., 451, 474, 476, 555, 571 f. – Abwendungssicherheit s. dort – Art 156

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Sachregister

– Begriff 143 ff. – Gegenstand der Sicherung 140 ff. – Haftung 8 – Schaden s. dort – Sicherungszweck 138 ff. – Surrogation 143, 166 ff., 178 – Schuldnersicherheit 159 ff. Sicherungshypothek (s. auch Hypothek) 17, 45 f., 50, 103 f., 168, 207 f., 461 f. Sittenwidrige Schädigung (§ 826 BGB) 241, 298, 317, 319, 330 ff., 334 ff., 338 f., 346, 377, 378 (Fn. 271), 381, 383, 436, 438 f., 450 f., 502 (Fn. 97), 543 (Fn. 243), 552, 562, 564 Sonderverbindung 24, 317, 499, 503, 505 f., 508 ff., 514 ff., 518 f., 520 (Fn. 160), 521 ff., 528, 531 ff., 535 ff., 568 ff., 575 f. Stillstand der Zwangsvollstreckung s. Ruhenlassen der Zwangsvollstreckung Strafanzeige 330, 342 ff., 352, 357 (Fn. 178), 367 f., 371, 381 (Fn. 280) Surrogat, Surrogation (s. auch bei Sicherheitsleistung), 41, 143, 166 ff., 178, 202, 210, 219, 305, 307 ff., 323 (Fn. 34), 474 ff., 558 f., 561, 563, 566, 572 Symmetrie (s. auch Haftungssymmetrie) 240 ff., 386 Tatbestandswirkung 223 ff., 230, 236 (Fn. 64) Tatsachenirrtum s. bei Fahrlässigkeit Tatsachenzweifel s. bei Fahrlässigkeit Teleologische Extension (s. auch Rechtsfortbildung) 102 f., 264 f., 275, 282, 286 (Fn. 209), 304, 573 Teleologische Reduktion (s. auch Rechtsfortbildung) 91, 100, 102, 300 f., 379, 384 f., 506, 573 Unerlaubte Handlung s. Delikt Ungerechtfertigte Bereicherung s. Kondiktion Unmittelbarkeit s. bei Kondiktion Unterlassen der Zwangsvollstreckung 15, 25 ff., 32, 55 f., 126, 129 ff., 137, 183, 188, 190, 195 ff., 202 f., 206 ff., 210 f., 213 ff., 245, 250, 266, 269 ff., 275 f., 278,

282, 284 f., 287, 289, 301, 307, 310, 312 ff., 349, 459 f., 471, 473 f., 477, 509, 512, 514, 524, 549, 572 Unterlassungsanspruch (-pfl icht) 55 f., 114, 116, 221 (Fn. 3), 266, 283 f., 306 (Fn. 254), 334, 361 (Fn. 191), 371 f., 427, 464, 482 ff., 486 f., 492, 494 ff., 501 ff., 512, 516, 523, 568 f., 575 Unterlassungsklage (-titel, -urteil, -verfügung), 113 f., 116 ff., 126 f., 131 f., 221 f., 250, 256, 259, 267 (Fn. 161), 269, 271 f., 277, 282, 284 f., 297, 307, 330 ff., 340, 361 (Fn. 191), 372 (Fn. 244), 378 (Fn. 271), 488 Unterlassungsvollstreckung 114, 120, 266 f., 269 ff., 443, 494 Urkundenfälschung, 447 f., 450, 563 Urteil s. Anordnungsurteil, Feststellungsurteil, Leistungsklage, -urteil, Unterlassungsklage (-titel, -urteil, -verfügung), Vorzugsurteil, ferner bei Drittwiderspruchsprozess und bei Rechtskraft Urteilsanordnung s. bei Drittwiderspruchsprozess Veräußerungshinderndes Recht s. bei Drittrecht Veräußerungsverbot 15 (Fn. 19), 38 f. (Fn. 24), 106, 108 ff., 193, 195 f., 198 ff., 209 ff., 558 Verderb des Pfandes 167 Verfahrensrechtmäßigkeit 353, 356, 361, 363, 385 Verfahrenszweck 373 ff. Verfügungsverbot s. Veräußerungsverbot Verschiebung 20, 97, 135, 179, 189 ff., 307, 313, 456, 458, 460 ff., 469 f., 471 (Fn. 60), 472 (Fn. 62), 473, 556 ff., 565, 572 Verschulden (s. auch Fahrlässigkeit, Vorsatz) 20, 122, 135, 142, 173, 232 ff., 240 ff., 253, 255, 292, 311, 317 f., 319 (Fn. 16), 320 f., 322 (Fn. 27), 324, 328 ff., 331 (Fn. 73), 332, 344, 347 ff., 352, 356, 359, 380, 382, 387, 392 f., 400, 402 ff., 408 f., 412 f., 416 ff., 440 (Fn. 24), 477, 535, 539, 556, 563, 574 Verschuldenshaftung 20, 23, 123, 135, 242 f., 249, 292, 298 (Fn. 237), 316 ff.,

Sachregister

320, 323 ff., 353, 370, 375, 379 ff., 392, 394, 400, 421, 451 f., 553, 555 f., 574 Verstrickung 15, 17 f., 29, 40, 106, 119, 193, 195 f., 197 (Fn. 48), 198 ff., 203 ff., 210 ff., 216, 245 f., 308, 424 f., 431, 436, 470, 475, 558 Verteidigungsanzeige 362 f. Vertrag 138, 150, 170 f., 174, 262, 399, 414, 422 f., 427 (Fn. 22), 429, 480, 482 f., 512 ff., 527, 529, 539 Vertragsschluss 428 ff., 484, 529 Vertragsstrafe 270, 276 f., 279, 283, 301 Vertrauen 258, 298, 303, 395 f., 402 f., 413, 483 (Fn. 13), 522 f., 527, 531 ff., 544, 574 Vertretenmüssen 20, 98, 135, 324 (Fn. 41), 387, 392, 403, 405, 412, 500 f., 542, 556, 569 (Fn. 40) Verwarnung s. Schutzrechtsverwarnung Vollstreckbarkeit 2, 47 f., 50 ff., 126 ff., 133, 158 (Fn. 83), 180 (Fn. 2), 222 f., 224 (Fn. 11), 231, 235 f., 243, 253 ff., 316 (Fn. 1), 357 (Fn. 179), 360 ff., 382, 553, 560 – von Drittwiderspruchsurteilen s. Drittwiderspruchsprozess – vorläufige Vollstreckbarkeit 2, 13, 19, 30, 33, 41, 47 ff., 115 f., 125 ff., 131, 133, 135, 137, 141, 148, 160, 163, 180, 221 ff., 231, 235 f., 242 f., 252 ff., 265 f., 267 (Fn. 161), 268, 273, 284, 285 (Fn. 202), 297, 302, 316 (Fn. 1), 357 f., 360, 361 f., 381 f., 550, 552 f., 555 ff., 559 f., 571, 573, 576 Vollstreckung s. Zwangsvollstreckung Vollstreckungsanspruch 191, 218, 248, 256, 266, 357 (Fn. 177), 370, 468, 572 Vollstreckungsantrag s. bei Antrag Vollstreckungserinnerung s. Erinnerung Vollstreckungsfähigkeit der Hauptsache von Anordnungsurteilen 51 ff., 100 Vollstreckungsgegenklage (-abwehrklage) 56 (Fn. 91), 62, 64 f., 81 ff., 87, 104, 117, 126 (Fn. 4), 127 (Fn. 5), 147, 151, 159 f., 162 f., 183 Vollstreckungsgericht 18, 35, 41, 77, 80 (Fn. 147), 82 (Fn. 154), 85 (Fn. 161), 105 ff., 110, 112, 132, 209 f., 213, 252, 348, 539 f., 543 (Fn. 243), 573 Vollstreckungsinteresse 191 f., 195 f.,

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198 ff., 203 ff., 207 f., 210 ff., 220, 247, 249, 314, 461 ff., 465 ff., 477 ff., 557 ff., 565 ff., 572, 575 Vollstreckungskosten 186, 188, 235, 274, 295, 451, 564 Vollstreckungsmaßnahme 19, 12, 14, 20, 27 ff., 32 ff., 42, 44, 53 f., 59 f., 62, 68, 71, 75, 94, 103 f., 109, 113, 115, 117 ff., 126, 130, 146 (Fn. 26), 159, 164, 168, 173, 175, 181 f., 183 (Fn. 13), 184, 188 f., 191 f., 195, 218 f., 245, 248 ff., 275 f., 279, 283, 287, 289, 310, 312 ff., 435, 459, 476 f., 494, 540 f., 543, 572 Vollstreckungsorgan 10, 11 (Fn. 6), 13 f., 23, 26 ff., 32, 42, 43 (Fn. 42), 46, 50, 52 f., 59, 104 (Fn. 191), 114 f., 117, 119, 121, 126, 131, 180 f., 183 (Fn. 13), 191, 245, 260, 275 f., 278 f., 282 f., 287 f., 348, 357 (Fn. 177), 399, 424, 443, 543, 553 (Fn. 11) Vollstreckungsrechtsverhältnis 245, 427 (Fn. 22), 509 f., 528 (Fn. 177), 535 ff., 570, 576 Vollstreckungsstillstand s. Ruhenlassen der Zwangsvollstreckung Vollstreckungszugriff 1, 8, 11 (Fn. 7), 12 ff., 28, 37 f., 40, 104 f., 114, 116, 120, 182, 218 f., 240 f., 275 f., 312 ff., 435 f., 455, 459, 462, 468 f., 471, 477 f., 509 ff., 538, 542, 570, 572, 575 Vollziehung 2, 14 (Fn. 15), 23, 42 ff., 46, 48 f., 58, 62, 98, 104, 119, 125, 127, 129 ff., 137, 142, 144, 171, 191 f., 215, 223, 232 ff., 245, 248 f., 253, 259 ff., 272, 275 ff., 294, 296, 300, 302 ff., 308, 310, 350, 352, 430, 444, 476, 509, 535, 551 f., 556, 559, 573 Vorläufige Vollstreckbarkeit s. bei Vollstreckbarkeit Vorpfändung 34 Vorprüfungspfl icht 518 f., 522 f. Vorsatz 317, 319 f., 337 f., 356, 381 (Fn. 280), 387, 393 ff., 398, 401, 416, 440, 446, 450, 525 (Fn. 165), 564, 574 Vorzugsklage (-intervention) 3 ff., 15, 21, 92 ff., 100, 547, 549 ff., 555 ff., 576 Vorzugsrecht s. bei Drittrecht Vorzugsschiedsspruch s. bei Schiedsrechtliche Rechtsverfolgung Vorzugsurteil (s. auch bei Einstweilige

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Sachregister

Anordnung und bei Rechtskraft) 92, 94, 550 ff., 556 (Fn. 6), 576 Waffengleichheit 242, 351, 353, 383 ff. Wahrheitspfl icht (§ 138 Abs. 1 ZPO) 339, 381 (Fn. 282), 448 ff., 526, 530, 534 Wertersatz 169 ff., 299, 305 f., 308 (Fn. 260), 311 ff., 424, 426, 477 ff., 566 f. Widerspruchsrecht 36 ff., 56, 124, 129, 134, 172 f., 238, 257, 350 ff., 386, 420, 422, 473, 507, 511, 569 Zumutbarkeit 294 (Fn. 233), 335, 342 f., 347, 349, 369, 396 (Fn. 24), 406 ff., 452, 519 Zuweisungstheorie s. bei Kondiktion Zwangshypothek s. bei Geldvollstreckung Zwangsmittel 120, 187 f., 274, 284 f., 286 (Fn. 206), 294, 305 Zwangsversteigerung s. Liegenschaftsvollstreckung und bei Geldvollstreckung Zwangsverwaltung s. Liegenschaftsvollstreckung und bei Geldvollstreckung Zwangsvollstreckung – Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln s. bei Aufhebung – Einstellung s. Einstellung der Zwangsvollstreckung – Formalisierung der Zugriffstatbestände s. Formalisierung der Zugriffstatbestände in der Zwangsvollstreckung – Geldvollstreckung s. dort

– in Fahrnis s. bei Geldvollstreckung – in Forderungen s. bei Geldvollstreckung – in Geldforderungen s. bei Geldvollstreckung – in Sachansprüche s. bei Geldvollstreckung – in das unbewegliche Vermögen s. Liegenschaftsvollstreckung und bei Geldvollstreckung – Herausgabevollstreckung s. dort – Kosten s. Vollstreckungskosten – Liegenschaftsvollstreckung s. dort – Zwangshypothek s. bei Geldvollstreckung – Zwangsversteigerung s. Liegenschaftsvollstreckung und bei Geldvollstreckung – Zwangsverwaltung s. Liegenschaftsvollstreckung und bei Geldvollstreckung – Schlagkraft der Zwangsvollstreckung 9 ff. – Unterlassungsvollstreckung s. dort – Unzulässigkeit 4, 10 (Fn. 5), 14, 34, 36 (Fn. 17), 50, 52 ff., 70, 103, 105, 121 f., 126 f., 180, 182 (Fn. 9), 183 (Fn. 13), 218, 243, 265, 388 (Fn. 5), 549, 572 Zwischenfeststellungsurteil s. Feststellungsurteil Zwischenvergleich 4 f., 25, 30 ff., 41, 119 f., 123, 134 f., 191, 317 (Fn. 5), 388, 422, 430, 436, 473, 482, 514 f., 568