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German Pages 28 [29] Year 1954
SITZUNGSBERICHTE DER D E U T S C H E N AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN Klasse
für
Sprachen,
Literatur
Jahrgang
1952
FRIEDRICH
und
Nr.
Kunst
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ZUCKER
ANH0O.TTOIHTOZ E I N E SEMASIOLOGISCHE UNTERSUCHUNG AUS DER ANTIKEN RHETORIK UND ETHIK
19 53 AKADEMIE-VERLAG
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BERLIN
Vorgetragen in der Gesamtsitzung v o m 4. September 1952 Zum D r u c k genehmigt a m gleichen Tage, ausgegeben a m 14. F e b r u a r 1953
Erschienen im Akademie-Verlag G m b H . , Berlin N W 7, S c h i f f b a u e r d a m m 19 Veröffentlicht u n t e r der Lizenznummer 1218 des Amtes f ü r L i t e r a t u r u. Verlagswesen der Deutschen Demokratischen Republik Satz u n d D r u c k : Druckerei der W e r k t ä t i g e n , Halle (Saale) Bestell- u n d Verlagsnummer: 2010/52/IV/4 P r e i s : DM 2,70 P r i n t e d in Germany
Ävjj&ojzoirjzoq
Eine semasiologische Untersuchung aus der antiken Rhetorik und Ethik Am 3. Mai 49 v. Chr. schreibt Cicero an seinen Freund Atticus über ihren beiderseitigen Neffen Quintus (ep. ad Att. X10, 6): iuvenem nostrum non possum non amare, sed ab eo nos non amari plane intellego. Nihil ego vidi tarn ¿vrftonoirjTov, tarn aversum a suis, tarn nescio quid cogitans; vim incredibilem molestiarum! Sed erit curae et ('WESENBERG, T Y R R E L L P U R S E R : ut) est, ut regatur. Mirum est enim ingenium: rj&ovg
sjcifieXrjreov.
übersetzen in ihrer kommentierten Ausgabe der Briefe (IV nr. 396) dvrj&ojioirjTog mit ,ill-conditioned' (schlecht, boshaft von Charakter) oder ,unprincipled' (ohne Grundsätze), und im Lexikon von L I D D E L L - S C O T T ist das letztere beibehalten. Das nicht sehr häufige Wort 1 ), das an dieser Stelle zum ersten Male begegnet, wenigstens in direkter Bezeugung, könnte im Hinblick auf die eine Bedeutung von riftojioieZv ,den Charakter, bilden' (im positiven Sinn) in der angegebenen Weise übersetzt werden, denn dvrj'&onoiiqroQ wäre dann entsprechend der Konstruktion rjftonoieiv riva2) TYRRELL-PURSER
') THESAURUS: morum expressione et affectuum carens, meint also ,ohne Charakterisierung' und faßt so auch Dion. Hai. o. 8.13 auf, ebenso PASSOW, der andrerseits Dion. Hai. für die Bedeutung ,ohne festen Charakter' anführt. *) Plut. Per. 2, 4 TÖVFTECNR\v.Sest. Emp. adv. math. Z 30 TT/V -IPVXRJV- — rf&oTtowt; ,den Charakter bildend' (in positivem Sinn) bei Plut. beliebt, z. B. Them. 2, 2 ; L y c . 21, 1; Numa 16, 6; Dio 9, 1. — Sext. Emp. ibid. 36. iföonoila in diesem Sinn Strab. 127. Vgl. Areios Did. ap. Stob. II 39, 10 W . : fftonoita ¿OTiv tf&ovc ipnoiriau; (wo W A C H S M U T H S Frage ,num e&ovg' nicht recht verständlich). — Die anderen Bedeutungen dieser Komposita gehören nicht hierher. — Die Konstruktion fftonoietv riva wie nregoxoneiv rrjv IXev&Eqiav Satyr, v. Eur. fr. 39 col. V 19 sq. p. 5 v. Arn.
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FRIEDBICH ZÜCKER
einer, an dem das Bilden des Charakters (zum Guten) nicht vollzogen resp. nicht vollziehbar ist. Auch aus dem Zusammenhang des Briefschlusses ließe sich die Übersetzung rechtfertigen. Aber die Prüfung der sonstigen Belege zeigt, daß man damit das Besondere verfehlen würde. Dieses Besondere läßt sich infolge der Bedeutungsverzweigung von tf&o*;, die sehr verwickelte Fragen stellt, nur auf dem Weg eingehender Interpretationen gewinnen, die nach verschiedenen Seiten, so auch in den Begriffskreis des humanum, ausgreifen. Der dritte (oder auch vierte) 1 ) und letzte Bestandteil der unter dem Namen des Markellinos2) überlieferten vita des Thukydides enthält in § 56 sq. folgende Charakteristik des Stils des Thukydides, die im wesentlichen nur auf die Reden im Geschichtswerk geht: sein Stilcharakter ist großartig, so daß er selbst an Stellen, die das Mitleid erregen, das Großartige nicht verliert, voll gewichtigen Ernstes im Ausdruck, nicht leicht verständlich dem Gedanken nach, da er Sperrungen liebt 3 ); mit wenigen Worten sagt er viel; er gebraucht die mannigfaltigsten Ausdrucksfiguren, vermeidet aber im Gegensatz dazu Gedankenfiguren, denn weder von der Ironie noch der Selbstberichtigung 4 ) noch von versteckt andeutenden Ausführungen 5 ) noch von irgendwelchen andern Mitteln 1
) Übereinstimmung bestellt über die Einschnitte nach § 44 resp. 45 und nach 53; s. die Übersicht bei Gerh. OOMEN, De Zosimo Ascalonita atque Marcellino, Dies. Münster 1926, S. 66. 2 ) Auf die umstrittene Frage, ob Zosimos von Askalon (ca. 500 n.Chr.) für die uns vorliegende Form der vita verantwortlich ist (so Bux, RE XIV 1477) oder nicht (so entschieden GUDEMANN, PhW 1927, 619), gehe ich nicht ein: nur in der Frage der Herkunft von § 56 sq. wird sein Name, nachher zu nennen sein (s. S. 7). 3 ) Damit übereinstimmend in dem Abschnitt über das nagä reo KexiAiw behandelte ayfißa rjj? inavoöov (Wiederaufgreifen) bei Tib. 7i. axiffi. p . 80, 4 s q q . S p . (fr. 7 3 O f e n l . ) : xQrjzai de lnav6öu> xai 6aax.n; är äadqieiav ix rü>v vuegßarü>v ¿xnimrj. 4 5
) S. den Exkurs über emTl/xrjcris. ) S. den Exkurs über nkayiao/iiög.
@ovxv8lör)i;
'Avrj&OTloillTOg
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berechneter Wirkung macht er dem Hörer gegenüber Gebrauch, während Demosthenes am meisten in diesen Dingen seine Stärke zeigt. Es war aber, meine ich, nicht Unkenntnis der Gedankenfiguren, die Thukydides auf dergleichen verzichten ließ, sondern er wollte Reden schaffen, die den gegebenen Personen ziemten und sich anpaßten 1 ). Denn es hätte sich nicht gehört, Perikles und Archidamos und Mkias und Brasidas, großgesinnte, edle Männer heroischen Ansehens mit Eeden voll Ironie und berechnender Kunst auszustatten, als ob sie nicht die Freiheit gehabt hätten, offen Widerlegungen durchzuführen und ohne Umschweife Vorwürfe zu machen und zu sagen, was sie wollten. Daher ging er auf das Unverstellte und ävrj&onoirjrov aus, und wahrte so auch in dieser Hinsicht das Angemessene und von der Kunst für richtig Befundene; denn es ist Aufgabe des kunstmäßig Schaffenden, den Personen das ihnen zukommende Ansehen inachtzunehmen und den Dingen die entsprechende Ausstattung 2 ) 3). Aus diesem Stilurteil, dessen Herkunft wir sogleich kennen lernen werden, ist der für unsere Untersuchung wesentliche Punkt, daß der Stil des Thukydides als anXaaxov4) xai dvfj&onoLTjTov bezeichnet wird, insofern er keinerlei Gedanken') Damit ist nicht individuelle Charakteristik durch die Redeweise gemeint, wie das Folgende zeigt, sondern die dem Ansehen der Redenden entsprechende Gesamthaltung. 2 ) Aus Raumersparnis habe ich den griechischen Text der drei umfänglicheren Stellen, auf deren Interpretation es ankommt, nicht abgedruckt. Die in allem Wesentlichen wörtliche Wiedergabe halte ich für notwendig, weil der Leser mein Verständnis der Texte.kennen muß, insbesondere der termini technici. 3 ) O O M E N a. 0. 71 weist auf die Übereinstimmungen zwischen § 50 (es wäre 51 hinzuzufügen) und 56, und S. 65. 69 den Widerspruch zwischen 53 und 56 hin; aber die Zusammensetzung der Marcellinusvita beschäftigt uns hier nicht. Die sachliche Lösung des Widerspruchs s. S. 13 f. 4) anXaözov bedeutet, wie der ganze Zusammenhang zeigt, das Unverstellte, Rückhaltlose, nicht das künstlicher Gestaltung Entbehrende.
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FRIEDRICH ZUCKER
figuren kennt, keine Ironie, keine Selbstberichtigung, keine versteckt andeutenden- Ausführungen. Diese Mittel in den Eeden anzuwenden, würde sich mit der Höhe des persönlichen Wesens der als Eedner auftretenden Männer, mit der Vorstellung des Heroischen, die sie umgibt, in keiner Weise vertragen; auf Umwegen, mit Andeutungen kann man solche Männer nicht reden lassen. Also das Gemeinsame der Gedankenfiguren, die ausdrücklich als unthukydideisch bezeichnet werden, ist das Indirekte, und demnach muß das Gegenteil, negativ formuliert, in dem mit ankaaxov verbundenen ävr)§o7ioi.r]xov stecken: ,direkte Ausdrucksweise'1), also in negativer Formulierung etwa ,unverbindlich', ,unfreundlich', ,abweisend', ,ohne gewinnendes Wesen', ,unzugänglich', um einstweilen mit Vorbehalt mögliche Nuancen zu fassen2). Im Gegensatz zur Vermeidung der Sinnfiguren, sagt das Stilurteil, stellen die Wortfiguren ein sehr wesentliches Element der Großartigkeit des thukydideischen Stiles dar. Schon längst hat B L A S S , Att. Beredsamkeit 1 2 , 1 1 8 , Anm. 4, vermutungsweise dieses Stilurteil mit einem umfangreichen Exzerpt zusammengebracht, das den Stil von Thukydides' älterem Zeitgenossen Antiphon betrifft, aus dem großen r(*>v Werk neQL rov xa9axTVQ0^ dtxa QtjrÖQcov von Ciceros Zeitgenossen Caecilius von Kaieakte (fr. 1 0 3 OFENL., aus Der 1.1. für ,direkte Aussageforin' ist änorpaivEodat (in prägnantem Sinn), vgl. Hermog. n. id. A p. 250, 12 sqq. K., wo das Indirekte durch evöolaoic (Zweifel, schwankende, unsichere, schüchterne Aussage) vertreten ist und dnorpaivEa&ai als Mittel von ä£la>/ua und as/ivoT^c der Kede bezeichnet wird, ganz im Sinn des Stilurteils über Thukydides; d a z u amotpaau;
= dnotpavaic;,
änorpaTixwc;
= änofpavxix&Z
(,mit B e s t i m m t -
heit'). Beides wird gleichbedeutend gebraucht, und ich halte es nicht für richtig, wenn W. KROLL, Philol. 75 (1918) 77 in schol. B T zu A 296 anotparixcö;, wo cod. B : dnotpavrixojs, nach schol. 6 140 in änoi; korrigieren will, wo cod. M: änocpajixä)^. 2 ) In unserer Umgangssprache ist .direkt' im Sinn von ,unverbindlich' zu finden.
'AvrjfìoTioirjToi;
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Phot. bibl. cod. 259 p. 285b 14 sqq.). Da werden mit starker Übereinstimmung in den Ausdrücken — nur gerade àvrjéonoifjrov fehlt —, und zwar mit Ausdehnung auf oi ndXai Qrjxoqeg überhaupt dieselben Feststellungen über das Fehlen der Sinnfiguren1) und die reiche Ausgestaltung der Ul-iq ausführlich vorgetragen. Wenn man auch mit den Sinnfiguren bekannt gewesen sei und sie gelegentlich in natürlicher Weise angewendet habe, habe man von durchgängigem und betontem kunstmäßigen Gebrauch nichts wissen wollen. Die Übereinstimmungen im Sachlichen und im Ausdruck würden m. E. allein genügen, um das Stilurteil bei Markellinos auf Caecilius zurückzuführen; ich glaube aber es noch weiter stützen zu können. Einmal durch die vorhin S. 4, Anm. 3 von mir herangezogene Übereinstimmung mit dem Schlußsatz der ausdrücklich auf Caecilius zurückgeführten Behandlung der ènavoòo g bei Tiberius ; ferner durch die Zurückweisung dessen, was Bux a. O . 1 4 7 7 F . , ohne die von BLASS vermutete Herkunft aus Caecilius mit einem Wort zu erwähnen, über § 56f. behauptet. Er sieht im Gebrauch von iòsa in der Bedeutung Stilcharakter und dem Wirtschaften mit swoia (kommt § 56f. nicht vor!) und Einfluß des Hermogenes und findet das durch die Worte über Perikles usw. bestätigt, die als ,blutleere Schemen' behandelt seien, endlich verrate rò ankaaxov und die Hervorhebung der T¿xvV den Schulmeister, nämlich den Zosimos2). rj Iòta rov Xóyov steht in dem wörtlichen Caeciliusfragment 126 a Ofenl.3), und selbst wenn Caecilius den 1.1. nicht ') Natürlich fällt auch Thukydides unter oi ndkac QrjroQez, da ja das Stilurteil im wesentlichen auf seine Reden geht. — Die Stelle ist im Exzerpt Nr. 3 aus Longin (I p. 325 Sp. = I p. 213 Sp.-H.) benützt, wie B L A S S p. X X V I I seiner Antiphonausgabe bemerkt. 2 ) Gegen die Urheberschaft des Zosimos O O M E N a. 0 . 7 1 . 3 ) Zu beachten auch OFENLOCHS Bemerkungen zu fr. 1 2 6 a.
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F R I E D R I C H ZUCKER
gebraucht hätte, würde die einem nach Hermogenes 1 ) lebenden Ehetor geläufige Verwendung von löta — in § 56 als Synonymon von xaQaxrVQ gebraucht —r nichts für die Herkunft des Inhalts der folgenden Angaben beweisen. diavoia (nicht svvoia) — M§IQ besagen selbstverständlich gar nichts für die Herkunft; was Bux ,die. typische Charakterisierung der Spätzeit' für Demosthenes nennt — nämlich durch die Meisterschaft im Gebrauch der Sinnfiguren —, ist bekanntlich schon in Caecilius' Zeit vorhanden 2 ), wie Cic. Brut. 140f., or. 136 unmittelbar zeigt (s. auch Dion. Hai. de Thuc. c. 53 p. 413, 5 sq. U.-R.); und wie sollte die Betonung der -ce%vr) bei Caecilius überraschen? Endlich, was mir besonders charakteristisch zu sein scheint: wenn Perikles, Archidamos usw. fisyaköipQovsg, yevväloi und tfgcoixrjv öö^av '¿XovrsQ heißen — ,übertriebene Worte', wie Bux meint — so steht das in schönster Übereinstimmung mit dem Klassizismus des Caecilius, der ja selbst einer der ersten Wortführer dieser Gesinnung ist; Bux' Beurteilung jener Auffassung — ,blutleere Schemen' — könnte nicht unglücklicher sein; die Yergangenheitsverherrlichung, wie die späte Sophistik sie betrieb, bleibt hier aus dem Spiel. So scheint mir gesichert, daß das Stilurteil über Thukydides bei Markellinos 56 sq. auf Caecilius zurückgeht (fr. 157 OFENL.)3), von dem wir auch sonst wissen, daß er sich ein1
) Für den doch das Charakteristische ai TOV Xoyov iSsai sind; dagegen idea wie oben n. 16. A p. 215,1 R. 2 ) An einer Stelle der v. Isaei des Ps. Plut., die man ebenfalls mit Recht dem Caecilius zugewiesen hat (fr. 125 OFENL.), wird Isaios als Initiator der Anwendung der Sinnfiguren und Demosthenes als sein Nachfolger genannt; s. auch Dion. Hai. de Isaeo 3 p. 95,8 sqq. U.-R. 3 ) Daß die Zurückführung des ganzen Abschnitts § 35—40 auf Caecilius (fr. 1 5 6 OFENL.) des Beweises entbehrt, betont Waither J O H N , De veterum rhetorum studiis Thucydideis, Diss. Greifsw. 1922, S. 29f.; für § 36 hatte es WILAMOWITZ vermutet.
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, 'AvrjftonoirjToq 1
gehend mit dem Geschichtsschreiber beschäftigt hat ); bei der Einheitlichkeit der Stelle dürfen wir wohl auch das Wort avrjdoTioLrjxoQ für ihn in Anspruch nehmen, und dann haben wir dort den tatsächlich ältesten Beleg gegenüber der ältesten direkten Bezeugung bei Cicero. Dem Zusammenhang im Brief würden sich die o. S. 6 mit Vorbehalt ermittelten Bedeutungsnuancen durchaus einfügen, am besten wohl ,abweisend'. Suchen wir nach weiterem Material, um die Bedeutung von avrjftonoirjTog sicherer zu bestimmen. In dem großartigen Abschnitt des in der 1. Hälfte des 1. Jh. n. Chr. entstandenen Buches neql vtpovg, den WILAMOWITZ ,Regel und Genie' genannt hat (Text und Erläuterungen auch in seinem Lesebuch II. 1, 377ff.; 2, 237ff.), werden in c. 34 Hypereides und Demosthenes einander gegenübergestellt. Da heißt es von Hypereides: nicht nur, daß er, abgesehen von der Wortfügung, alles das nachahmt, worin Demosthenes stark ist, hat er sich auch die Vorzüge und das Gefällige des Lysias in außerordentlichem Maß angeeignet. Denn er redet in schlichtem Ausdruck, wo es notwendig ist, und es geht bei ihm nicht alles in einem fort und in einem Ton, wie man von Demosthenes sagt; und er hat das rf&ixov, das voll gefälligen, anspruchslos aufgetragenen Eeizes ist; und unbeschreiblich ist sein Witz, sein Spott höchst gemessen; er hat Vornehmheit, in der ironischen Selbstverleugnung (so WILAMOWITZ)2) glückliche Griffe, keinen groben und ungezogenen Spott nach dem Maß der Attiker jener Tage, sondern gewählten (?) 3 ) Spott, seine Spottpassagen sind ge1
) Unmittelbar bezeugt durch die o. S. 4 Anm. 3 und S. 7 von mir herangezogene Stelle, ferner durch fr. 1 5 8 O F E N L . 2 ) Vielleicht ist es doch besser, Elqmveia nicht in dieser Begrenzung, sondern im umfassenden Sinn zu verstehen. 3 ) Das überlieferte ¿nixel/ieva, das man mit ,nahe liegend' (,naturally suggested by the subject' Roberts) zu übersetzen versucht, hat viele Konjekturen hervorgerufen; emxexQifieva W I L A M O W I T Z .
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FRIEDRICH
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schickt und Angriffe nach Art der Komödie und mit glücklichem Scherz hat er in Fülle, und geradezu unnachahmlich ist die Anmut, die in dem allen liegt. — Die unmittelbar folgenden Worte kommen für uns nicht in Betracht, dann heißt es weiter: o de Jrjjuoa§£vrjg ävrj&OTioirjrog ddia%vTos (d. h. ohne Heiterkeit), durchaus ohne Sichgehenlassen oder epideiktische Art 1 ), alles der Eeihe nach, was ich soeben aufgezählt habe, fehlt ihm meistenteils, wo er sich zu Spaßhaftem oder Witzigem zwingen will, da lacht man eher über ihn als daß er damit Lacherfolg hat, und wenn er anmutiger Art nur nachkommen will, dann fällt er noch mehr ab. — Hierauf wird ausgeführt, daß Hypereides bei allen seinen vielen glänzenden Seiten doch ohne Größe sei, Demosthenes aber von unwiderstehlicher, überwältigender Größe der Leidenschaft. Zunächst ist zur Aufzählung der Vorzüge des Hypereides zu bemerken, daß die Begriffe aarelafiös;, ¡xvxxrfg, öiaavQ/uog, die wir selbst mit eigcoveia als verwandt zusammenfassen würden, von der antiken Figurenlehre teils als eidrj der eiQ'coveia untergeordnet — so Alex, de fig. p. 23 Sp. (dazu p. 26 diaavQ,uög) — teils mit ihr zu einer Gruppe verbunden werden — so Phoebamm. de fig. p. 53 Sp. (Aufzählung der Bestandteile verschieden). Nun werden dem Demosthenes, der vom auct. de subl. als ävrjd-onoirjxoQ in Verbindung mit aöid'/vrog (ohne Heiterkeit) bezeichnet wird, alle im Vorausgehenden aufgezählten Eigenschaften abgesprochen, darunter eiga>veia mit den ihr verwandten Stilmitteln, und eben slowveia fehlt dem von Diese zunächst angesichts der stilistischen Durcharbeitung des ¿möeixrixöv überraschende Verbindung mit vygöv erklärt sich aus deni Gegensatz zum äycovioTixöv: das ist das leidenschaftlich Angespannte, dem gegenüber das emöeixTixov in die Nachbarschaft des Sichgehenlassens kommen kann. Vgl. ¡xakaxiz in der gleichen Beziehung bei Dion. Hai. de Lys. 28.
'Avrj&onoiriroQ
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Caecilius als ävrj&oTtoirjTog charakterisierten Stil des Thukydides. Aus den beiden Stellen ergibt sich, daß elqcovsia samt verwandten ayjniara xrjg diavoiag ein Grundelement des rj&ojioirjTov ist — da das Kompositum ohne Negation m. W. nicht belegt ist, sagen wir: der fjftoTioda, der Bewirkung des ij&og, oder kurz: des eines Verhaltens, das wir einstweilen, ohne zunächst weiter auszugreifen über die unmittelbare Interpretationsaufgabe hinaus, als der vorhin S. 6 mit Vorbehalt ermittelten Bedeutung von dvrj&onoirjrog entgegengesetzt, bestimmen dürfen als ,umgänglich', freundlich', ,läßlich', ,launig'. Unrichtig ist es also, wenn WILAMOWITZ a. O . in den Erläuterungen (S. 240) sagt: ,es fehlt ihm die r}§onoua, geht auf rj-&ix6vi und zu dem vorausgehenden ijßixov bemerkt: ,die ij&ojzoua, das Charakteristische'. Es geht aus den bisherigen Darlegungen klar hervor, daß die neutrale Bedeutung hier fern zu halten ist, und auch das tf&ixöv des Hypereides dem gekennzeichneten positiven Bedeutungsbereich angehört, wie schon der Zusammenhang der Stelle zeigt, daß ,das Charakteristische' sich nicht einfügen würde 1 ). Ebenso unrichtig W. Bhys ROBERTS in seiner Übersetzung. Ehe wir uns einem dritten wichtigen Zeugnis für ävrjftozuwenden, stellen wir fest, daß das Stilurteil des Caecilius über Thukydides und die avyxgiaig des Demosthenes und Hypereides in der Schrift nsgl vipovg, die in der Verwendung des 1.1. handgreifliche Übereinstimmung zeigen, einen auffallenden Widerspruch in bezug auf die Beurteilung des Demosthenes enthalten: Caecilius sieht die Stärke des Demosthenes in den ayfaxara xfjg diavotag, dagegen spricht ihm der Autor neQivrpovt; gerade die Eigenschaft avrftonoirjTog noirjxoQ
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) Richtig dagegen H. MUTSCHMANN, Tendenz, Aufbau und Quellen der Schrift vom Erhabenen (1913) 30f., der — allerdings ohne Berücksichtigung des ävrj&oTioirjToz — dem -q&ixov das nd-doi; entgegenstellt.
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FRIEDRICH
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zu, die sich nach Caecilius eben im Fehlen dieser ö ^ ^ a r a kundgibt, und zwar gehören die bei beiden ausdrücklich genannten derselben Gruppe innerhalb der Gesamtheit der a%rnxaxa xrjg .diavoiag an. Das würde heißen: Demosthenes hat tf&onoua und hat sie nicht. Der Widerspruch erklärt sich, wenn man das Ausmaß der Tragweite, der Gültigkeit der Aussagen genau betrachtet, und das in doppelter Hinsicht. Der Autor n. vip. sagt nicht, daß Demosthenes die Gedankenfiguren überhaupt fehlen, sondern nur sigcovsia und was damit zusammenhängt; dieses Fehlende faßt er vorher unter dem 1.1. tf&ixov zusammen, denn die sich daran anschließende Aufzählung zeigt, daß EiQcoveia und die verwandten dör] den Inhalt des tf&ixov ausmachen. In der Tat hat die Natur Demosthenes alles versagt, was wir als Humor und harmlose Laune bezeichnen würden; zu den Worten des Autors n. vip. ist hinzuzunehmen, was wir bei Quintil. inst. or. 6,3, 2 lesen1). Aber dem Demosthenes im übrigen den Gebrauch der Gedankenfiguren abzusprechen, ist gerade der auctor de sublim, der allerletzte, gerade ihn erweist er als Meister darin durch die zahlreichen Beispiele aus seinen Eeden in den capp. 16 sqq. über die öx^juma. Aber wenn sich damit der Widerspruch als nur teilweise vorhanden herausstellt, so ist er dadurch nur in trügerischer Weise beseitigt. Denn aus der im Stilurteil des Caecilius implicite steckenden Folgerung, daß die Gedankenfiguren rftoc, noiovOi, daß sie tfdonoäa bewirken (o. S. 10f.), ergibt sich, so wie der Zusammenhang dasteht, die weitere Folgerung, daß Demosthenes nicht fxeyaXonQen^g wäre, und das steht Nam plerique Demostheni facultatem defuisse huius rei (sc. virtutis (§ 1), quae risum iudicis movendo et illos tristes solvit afiectus et animum ab intentione rerum avertit et q. s.) credunt Nec . v i d e r i potest noluisse Demosthenes, cuius pauca admodum dicta nec sane ceteris eius virtutibus respondentia palam ostendunt non displicuisse illi iocos, sed non contigisse.
\4vr)$07i0ir]T0q
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in schärfstem Widerspruch mit dem auctor de sublim., der in der Vergleichung des Hypereides und des Demosthenes die Vorzüge des ersteren als d/jxyt-drj bezeichnet und beim letzteren das f.leyaXocpveorarov
und vxj.ir)yoQiag rovov
findet.
Die
zu-
reichende Erklärung dieses Widerspruchs sowie auch des o. S. 5 Anm. 3 bereits erwähnten Widerspruchs bei Markellinos, wo § 56 eiQcoveiai und überhaupt die Gedankenfiguren dem Thukydides abgesprochen werden, während er am Schluß des zweiten Abschnitts, § 53, noixiXag eigcoveiag EiaiptQcov xal tgcuxtfcsEig jzoiovßevog erscheint, liegt darin, daß f/ftog notelv
und die ihm dienenden ayjnjjna nicht einwertig sind, ein Tatbestand,, den an den beiden Stellen die spezielle Aufgabe (resp. bei Markellinos die zweifellos anzunehmende Verkürzung der originalen Darlegung) nicht zur Geltung kommen läßt. Dieser Tatbestand offenbart sich deutlicher als in der grundsätzlichen Auslassung des auctor de sublim, über die ayrjfAara c. 17,1, die wir deshalb zunächst zurückstellen, in den Formulierungen des Hermogenes n. id. A p. 272, 3 sqq. E . : on 61 xal fj-d-og noielv acpoÖQOxrjra1) ovötv xcoXvei, ai eigcoveiai (5TjXovai näaai, olov ,nmg vulv VNO rcöv %QR)axäv XOVXOJV xa TCQdyfxaxa txei