Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen: Notwendigkeiten, Möglichkeiten und Grenzen einer Investitionsaufsicht auf nationaler und europäischer Ebene [1 ed.] 9783428581900, 9783428181902

Die sichere und unterbrechungsfreie Versorgung mit Energie berührt ein Grundinteresse jeder modernen Gesellschaft. Spezi

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German Pages 216 Year 2021

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Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen: Notwendigkeiten, Möglichkeiten und Grenzen einer Investitionsaufsicht auf nationaler und europäischer Ebene [1 ed.]
 9783428581900, 9783428181902

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Schriften zum Europäischen Recht Band 204

Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen Notwendigkeiten, Möglichkeiten und Grenzen einer Investitionsaufsicht auf nationaler und europäischer Ebene

Von Tobias Schülken

Duncker & Humblot · Berlin

TOBIAS SCHÜLKEN

Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen

Schriften zum Europäischen Recht Herausgegeben von

Siegfried Magiera · Detlef Merten Matthias Niedobitek · Karl-Peter Sommermann

Band 204

Drittstaatliche Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen Notwendigkeiten, Möglichkeiten und Grenzen einer Investitionsaufsicht auf nationaler und europäischer Ebene

Von Tobias Schülken

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Ruhr-Universität Bochum hat diese Arbeit im Jahr 2020 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D 294 Alle Rechte vorbehalten © 2021 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Ochsenfurt-Hohestadt Druck: CPI buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 0937-6305 ISBN 978-3-428-18190-2 (Print) ISBN 978-3-428-58190-0 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Juristischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum im Sommersemester 2020 als Dissertation angenommen. Die Arbeiten am Manuskript wurden im August 2019 abgeschlossen. Während Änderungen in der europäischen Klimapolitik (insb. durch den europäischen Grünen Deal und das „Europäische Klimagesetz“) noch nachträglich in das Manuskript eingearbeitet wurden, konnten Rechtsprechung und insbesondere Änderungen im deutschen Außenwirtschaftsrecht nur bis Ende 2019 berücksichtigt werden. Verlinkungen und Internetadressen wurden zuletzt am 10. 09. 2020 aufgerufen. Mein Dank gilt zunächst dem Erstgutachter, Herrn Prof. Dr. Johann-Christian Pielow, für die Begleitung der vorliegenden Arbeit und Anregungen für die Überarbeitung des Manuskriptes zur Veröffentlichung. Ferner gilt mein Dank Herrn Prof. Dr. Klaus-Dieter Borchardt für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens, aber auch – ebenso wie Frau Dr. Anna Samsel – für kostbare Eindrücke aus der Perspektive der EU-Kommission sowie Herrn Minister Herbert Reul MdL (zur Zeit unserer Gespräche noch Vorsitzender der CDU/CSUGruppe in der EVP-Fraktion) für seine Anregungen aus der Sicht des Europäischen Parlaments. Weiterhin danke ich den Herausgebern für die Aufnahme in die Schriftenreihe und insbesondere Herrn Prof. Dr. Siegfried Magiera für dessen Vorschläge zur Anpassung des Manuskriptes an die Vorgaben der Schriftenreihe, die ich mit großem Dank und im Sinne des Lesers gern angenommen habe. Außerdem dürfen hier die folgenden Personen nicht unerwähnt bleiben. Ihnen gebührt ebenso großer Dank: Frau Prof. Margot Horspool, ohne die ein Forschungsaufenthalt am Britich Institute of International and Comparative Law in London nicht umsetzbar gewesen wäre. Herr RA Christoph Krekeler, der maßgeblich zu der Entscheidung beigetragen hat, Rechtswissenschaften zu studieren. Frau Katrin Schlegel, Herr Marius Brinkmann und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts für Berg- und Energierecht der Ruhr-Universität Bochum für den regelmäßigen fachlichen Austausch sowie der Konrad-Adenauer-Stiftung, die mir nicht nur das Studium erheblich erleichtert, sondern wohl auch die Entstehung dieser Arbeit erst ermöglicht und meinen Horizont im Rahmen der ideellen Förderung maßgeblich erweitert hat.

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Vorwort

Weiterhin gilt mein herzlicher Dank meiner Familie, die über die Zeit (und nur bedingt freiwillig) zu Experten auf dem Gebiet der vorliegenden Arbeit wurde, die immer ein offenes Ohr hatte und mich auch in schwierigen Phasen mit ganzer Kraft unterstützt hat. Außerdem danke ich der Familie Kohlschein, bei der ich regelmäßig den Tapetenbzw. Themenwechsel und die Ruhe genießen konnte, ohne die ein langwieriges Projekt wie eine Dissertation nur schwer durchzuhalten ist. Schließlich danke ich Frau Paula Kohlschein, die alle Fortschritte, aber vor allem auch alle Rückschläge aus nächster Nähe miterlebt, alle Launen ertragen und mich immer aufgebaut, motiviert und unterstützt hat. Berlin, im Spätsommer 2020

Tobias Schülken

Inhaltsübersicht A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 I. Problemaufriss und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 II. Gang der Untersuchung und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 B. Ausgangsbedingungen: Investitionsbedarfe, -arten, -ziele und Akteure . . . . . . . . 23 I. Investitionsdefizit in der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 1. Folgen der europäischen Wirtschafts- und Finanz- bzw. Staatsschuldenkrise . . 24 2. Der Ausbau Erneuerbarer Energien in der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 II. Akteure im Zentrum des Interesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Privatwirtschaftliche Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Staatliche Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Investorstaaten von besonderem Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29 30 31 32

III. Investitionsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Portfolioinvestitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Direktinvestitionen (FDI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49 49 50 50

IV. Anlageobjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kritische Infrastrukturen – Begriffsklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kritische Infrastrukturen im Energiebereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis – Investitionsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50 51 54 69

V. Zusammenfassung Abschnitt B. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 C. Der Schutz vor drittstaatlichen Direktinvestitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 I. Bestehende Rahmenvorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 1. Sektorübergreifende Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 2. Sektorspezifische Regelungen – Die sogenannte „Gazprom-Klausel“ . . . . . . . . 131 II. In Wissenschaft und Politik diskutierte Alternativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. „Nationale Beteiligungsfazilität“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Preisser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Europäisches CFIUS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

144 144 145 149

III. Zusammenfassung und Zwischenergebnis: Erforderlichkeit eines neuen Regulierungsansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

8

Inhaltsübersicht

D. Entwicklung eines kohärenten europäischen Ansatzes im Umgang mit drittstaatlichen Direktinvestitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 I. Regelungskompetenz der Union und Verhältnis zu nationalen Überprüfungsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 1. Einschlägige Kompetenznorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 II. Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 1. Die Rolle der Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 2. Die Rolle der EU-Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 III. Zusammenfassung und Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 IV. Rechtliche Umsetzbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 1. Vereinbarkeit mit Unionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 2. Internationales Wirtschaftsrecht bzw. Wirtschaftsvölkerrecht . . . . . . . . . . . . . . 179 E. Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 I. Zusammenfassung in Thesenform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 II. Untersuchungsergebnis und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schlussanträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entscheidungen des EuG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entscheidungen des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

191 206 206 206

Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 I. Problemaufriss und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 II. Gang der Untersuchung und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 B. Ausgangsbedingungen: Investitionsbedarfe, -arten, -ziele und Akteure . . . . . . . . 23 I. Investitionsdefizit in der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 1. Folgen der europäischen Wirtschafts- und Finanz- bzw. Staatsschuldenkrise

24

a) Absinken des allgemeinen Investitionsniveaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 b) Privatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 c) „Reprivatisierung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2. Der Ausbau Erneuerbarer Energien in der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 a) Das Pariser-Klimaabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 b) Erforderliche Infrastrukturinvestitionen zum Ausbau Erneuerbarer Energien 28 II. Akteure im Zentrum des Interesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 1. Privatwirtschaftliche Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2. Staatliche Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 3. Investorstaaten von besonderem Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 a) Norwegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 b) Russland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 aa) Allgemeine sicherheitspolitische Situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 bb) Russische Energielieferungen als politisches Druckmittel . . . . . . . . . . . 36 cc) Sonderfall Nord Stream 2 – geopolitisches Manöver oder kommerzielles Infrastrukturprojekt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 c) China . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 aa) Investitionspolitik Chinas: Die „Neue Seidenstraße“ . . . . . . . . . . . . . . . 41 bb) Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 (1) Griechenland – Der Fall ADMIE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 (2) Großbritannien – Hinkley Point C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 (3) Malta – Enemalta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 (4) Portugal – Redes Energeticas Nacionais (REN) und Energias de Portugal (EDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

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Inhaltsverzeichnis (5) Deutschland – 50Hertz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 d) Zusammenfassung/Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 III. Investitionsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 1. Portfolioinvestitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 2. Direktinvestitionen (FDI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 IV. Anlageobjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 1. Kritische Infrastrukturen – Begriffsklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 a) Definitionsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 b) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 2. Kritische Infrastrukturen im Energiebereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 a) Andere Energieanlagen mit hohem Schädigungspotenzial . . . . . . . . . . . . . . 54 aa) Energieerzeugungsanlagen: Systemstabilität und Regelenergie . . . . . . . 54 bb) Gefahren durch Emissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 b) Energienetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 aa) Stromnetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 (1) Transportaufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 (2) Flexibilisierungsaufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 bb) Gasnetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 (1) Transportaufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 (2) Flexibilisierungsaufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 (3) Gefahren durch Emissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 c) Betreiber von Energienetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 aa) Netzbetreiber als Investitionsziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 bb) Stellung der Betreiber von Energienetzen allgemein . . . . . . . . . . . . . . . 60 (1) Netzbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 (2) Netzwartung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 (3) Bedarfsgerechter Ausbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 cc) Betreiber von Transportnetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 (1) Elektrizitätssektor – Übertragungsnetzbetreiber . . . . . . . . . . . . . . . . 62 (a) Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 (b) Eigentümerstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 (aa) TransnetBW GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 (bb) TenneT TSO GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 (cc) Amprion GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 (dd) 50Hertz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 (ee) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 (2) Gassektor – Fernleitungsnetzbetreiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 (a) Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

Inhaltsverzeichnis

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(b) Eigentümerstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 dd) Betreiber von Verteilernetzen im Strom- und Gasbereich . . . . . . . . . . . . 68 (1) Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 (2) Eigentümerstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 3. Zwischenergebnis – Investitionsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 V. Zusammenfassung Abschnitt B. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 C. Der Schutz vor drittstaatlichen Direktinvestitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 I. Bestehende Rahmenvorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 1. Sektorübergreifende Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 a) Nationale Regelungen in der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 aa) Investitionsüberprüfungsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 (1) Der deutsche Überprüfungsmechanismus im Einzelnen . . . . . . . . . . 74 (a) Regelungskompetenz der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . 74 (b) Struktur des Prüfverfahrens nach AWG und AWV . . . . . . . . . . . 75 (c) Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 (d) Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 (e) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 (aa) Standardverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 (bb) Unbedenklichkeitsbescheinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 (f) Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 (2) Vereinbarkeit von AWG und AWV mit Unionsrecht . . . . . . . . . . . . . 81 (a) Einschlägiger Anwendungsbereich: Niederlassungsfreiheit und/ oder Kapitalverkehrsfreiheit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 (aa) § 56 Abs. 1 Nr. 1 AWV – die 10 %-Schwelle in kritischen Bereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 (bb) § 56 Abs. 1 Nr. 2 AWV – die 25 %-Schwelle für sonstige Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 (b) Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 (c) Unionsrechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 (aa) Rechtfertigung der 10 %-Schwelle für Investitionen in kritischen Bereichen (§ 56 Abs. 1 Nr. 1 AWV) . . . . . . . . . . . . 87 (a) Unionsrechtlich anerkannte Rechtfertigungsgründe . . . 87 (b) Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 (bb) Rechtfertigung der 25 %-Schwelle für Investitionen in „sonstige Unternehmen“ (§ 56 Abs.1 Nr. 2 AWV) . . . . . . . 90 (cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 (3) Bewertung und Kritik an Investitionsüberprüfungsmechanismen . . . 90 bb) Golden Shares . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 (1) Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

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Inhaltsverzeichnis (2) Belgien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 (3) Polen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 (4) Bewertung und Kritik an Golden Shares . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 cc) Eigentumsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 (1) Investitionsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 (2) Investitionsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 (3) Staatliche Eigentümerkontrolle durch Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 (4) Staatliche Eigentümerkontrolle de facto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 (5) Bewertung und Kritik an Eigentumsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . 101 dd) Zusammenfassung zu bestehenden nationalen Regelungen und Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 b) Bestehende Regelungen auf der Ebene des EU-Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 aa) Schutzmaßnahmen nach Art. 64 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 (1) Art. 64 Abs. 1 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 (2) Art. 64 Abs. 2 und Abs. 3 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 bb) Schutzmaßnahmen nach Art. 66 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 cc) Europäisches Kartellrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 (1) Art. 101 AEUV – Kartellverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 (a) Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 (b) Wettbewerbsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 (c) Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels . . . . . . . . . . . 107 (d) Spürbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 (e) Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 (2) Art. 102 AEUV – Missbrauchsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 (a) Beherrschende Stellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 (b) Missbräuchliche Ausnutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 (c) Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels . . . . . . . . . . . 109 (d) Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 (3) Fusionskontrollverordnung (FKVO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 (a) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 (b) Kontrollverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 (aa) Vorprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 (bb) Hauptprüfungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 (c) Materieller Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 (4) Bewertung und Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 dd) Verordnung zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union (EU-Screening-VO) . . . . . . . . 115 (1) Ziel der Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

Inhaltsverzeichnis

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(2) Die Verordnung im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (a) Regelungskompetenz der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (b) Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bzw. den Mitgliedstaaten und der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (aa) Notifizierung von Überprüfungsmechanismen und jährliche Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (bb) Berichterstattung und Zusammenarbeit im Falle der Überprüfung durch einen Mitgliedstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 (cc) Berichterstattung und Zusammenarbeit im Falle von Investitionen, die keiner Überprüfung unterzogen werden . . . . . 120 (dd) Überprüfung von Investitionen bei Projekten oder Programmen von Unionsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 (ee) Kontaktstellen und Expertengruppe für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 (c) Gemeinsame Rahmenregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 (aa) Allgemeine Vorgaben für die Gestaltung eines Überprüfungsmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 (bb) Prüfungsmaßstab: Beeinträchtigung der Sicherheit oder öffentlichen Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 (3) Bewertung und Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 ee) Europäische Mechanismen zur Investitionsförderung . . . . . . . . . . . . . . . 126 (1) Die Fazilität „Connecting Europe“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (2) Europäischer Fonds für strategische Investitionen . . . . . . . . . . . . . . . 127 (3) Vorübergehende Regulierungsfreistellung bei der Errichtung grenzüberschreitender Energienetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 (a) Ziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 (b) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 (c) Bewertung und Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 ff) Zusammenfassung zu bestehenden Regelungen auf Ebene des EURechts und Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 2. Sektorspezifische Regelungen – Die sogenannte „Gazprom-Klausel“ . . . . . . . . 131 a) Vom Dritten EU-Energie-Binnenmarktpaket zum „Winterpaket“ 2019 . . . . 131 b) Zielsetzung des Zertifizierungserfordernisses für Drittstaaten . . . . . . . . . . . . 132 c) Ursprünglicher Kommissionsvorschlag und Entwicklungsgeschichte . . . . . . 135 aa) Inhaltliche Ausgestaltung des Kommissionsvorschlags . . . . . . . . . . . . . 135 bb) Die verfahrenstechnische Ausgestaltung des Kommissionsvorschlags (Art. 8b Vorschlag COM(2007) 528 final bzw. Art. 7b Vorschlag COM(2007) 529 final) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 (1) Entscheidungskompetenzen auf mitgliedstaatlicher Ebene . . . . . . . . 137 (2) Entscheidungskompetenzen auf EU-Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 cc) „Entschärfung“ des Kommissionsvorschlags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

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Inhaltsverzeichnis d) Zertifizierungsverfahren nach Art. 53 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 aa) Die Kompetenzverteilung zwischen Kommission und Mitgliedstaaten im Zertifizierungsverfahren nach Art. 53 Richtlinie (EU) 2019/944 (exArt. 11 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG) . . . . . . . . . 139 bb) Der Ablauf des Zertifizierungsverfahrens nach Art. 53 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/ EG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 e) Zusammenfassung bestehender sektorspezifischer Rahmenvorgaben und Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 II. In Wissenschaft und Politik diskutierte Alternativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 1. „Nationale Beteiligungsfazilität“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 2. Preisser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 a) Herstellung von Transparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 b) Modifikation des Außenwirtschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 c) Zusammenfassung und Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 3. Europäisches CFIUS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 a) Das Investitionsüberprüfungsverfahren in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 b) Zusammenfassung und Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 III. Zusammenfassung und Zwischenergebnis: Erforderlichkeit eines neuen Regulierungsansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

D. Entwicklung eines kohärenten europäischen Ansatzes im Umgang mit drittstaatlichen Direktinvestitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 I. Regelungskompetenz der Union und Verhältnis zu nationalen Überprüfungsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 1. Einschlägige Kompetenznorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 a) Art. 207 Abs. 1 i. V. m. Art. 207 Abs. 2 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 b) Art. 207 Abs. 1 AEUV i. V. m. Vorschriften der Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 aa) Art. 207 Abs. 1 AEUV i. V. m. Art. 65 Abs. 1 lit. b AEUV . . . . . . . . . . . 159 bb) Art. 64 Abs. 3 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 c) Zwischenergebnis: Art. 207 Abs. 1 AEUV als Kompetenznorm . . . . . . . . . . 161 II. Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 1. Die Rolle der Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 a) Anwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 b) Horizontaler Informationsaustausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 c) Nationale Mechanismen als „erste Instanz“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

Inhaltsverzeichnis

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2. Die Rolle der EU-Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 a) Vertikaler Informationsaustausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 b) EU-Kommission als „zweite Instanz“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 III. Zusammenfassung und Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 IV. Rechtliche Umsetzbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 1. Vereinbarkeit mit Unionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 a) Einschlägiger Anwendungsbereich: Niederlassungsfreiheit und/oder Kapitalverkehrsfreiheit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 aa) Niederlassungsfreiheit (Art. 49 ff. AEUV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 bb) Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 ff. AEUV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 cc) Zusammenfassung und Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 b) Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 c) Unionsrechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 aa) Rechtfertigungsgrund: Öffentliche Ordnung oder Sicherheit (Art. 65 Abs. 1 lit b AEUV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 bb) Verhältnismäßigkeit der Maßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 d) Zwischenergebnis: Vereinbarkeit mit Unionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 2. Internationales Wirtschaftsrecht bzw. Wirtschaftsvölkerrecht . . . . . . . . . . . . . . 179 a) Energiecharta-Vertrag (EnCV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 b) Bilateral Investment Treaties (BITs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 c) Welthandelsrecht – General Agreement on Trade and Services (GATS) . . . 182 d) OECD Code of Liberalisation of Capital Movements . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 e) Völkergewohnheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 f) Zusammenfassung und Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 E. Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 I. Zusammenfassung in Thesenform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 II. Untersuchungsergebnis und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Schlussanträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 Entscheidungen des EuG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 Entscheidungen des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212

Abkürzungsverzeichnis AEUV AktG Aufl. AWG AWV BAnz BDI BGBl. Bill. BIP BIT BMI BNetzA bpb BSI BSI-KritisV CDU CEF CFIUS CO2 CSU DÖV Drs. DVBl. EFTA EnCV EP ER ESMA ET EU EuGH EUR EuR EUV EuZW EVU EWG EWR FAS FAZ

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Aktiengesetz Auflage Außenwirtschaftsgesetz Außenwirtschaftsverordnung Bundesanzeiger Bundesverband der Deutschen Industrie Bundesgesetzblatt Billionen Bruttoinlandsprodukt Bilateral Investment Treaty Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat Bundesnetzagentur Bundeszentrale für politische Bildung Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz Christlich Demokratische Union „Connecting Europe Facility“/Fazilität „Connecting Europe“ Committee on Foreign Investment in the United States Kohlenstoffdioxid Christlich Soziale Union Die Öffentliche Verwaltung Drucksache Deutsches Verwaltungsblatt European Freetrade Area Energiecharta-Vertrag Europäisches Parlament EnergieRecht European Securities and Markets Authority Energiewirtschaftliche Tagesfragen Europäische Union Europäischer Gerichtshof Euro Zeitschrift Europarecht Vertrag über die Europäische Union Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Energieversorgungsunternehmen Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Europäischer Wirtschaftsraum Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung Frankfuter Allgemeine Zeitung

Abkürzungsverzeichnis FDI FNB GA GATS GmbHG GOEP GPFG GWh Hrsg. i. d. F. i. d. S. I. F. i. S. v. i.W. ICSID IHK ISO IStR ITO JENRL JZ KfW kV KZV LNG M.w.N. Mitt. Mrd. MW n. F. NATO NDC NVwZ OBOR OECD R.L.R. RdE RIW Rn. Rspr. SPD SWP TPA UAbs. ÜNB Urt. V VNB

Foreign Direct Investment Fernleitungsnetzbetreiber Generalanwalt/Generalanwältin General Agreement on Terms and Trade Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments Government Pension Fund Global Gigawattstunde Herausgeber in der Fassung in diesem Sinne im Folgenden im Sinne von im Wesentlichen International Centre for Settlement of Investment Disputes Industrie- und Handelskammer Independent System Operator Internationales Steuerrecht Independent Transmission Operator Journal of Energy & Natural Resources JuristenZeitung Kreditanstalt für Wiederaufbau Kilovolt Konzeption Zivile Verteidigung Liquid Natural Gas Mit weiteren Nachweisen Mitteilung Milliarde(n) Megawatt neue Fassung North Atlantic Treaty Organisation Nationally Determined Contributions Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht One Belt One Road Organisation for Economic Co-operation and Development Ritsumeikan Law Review Recht der Energiewirtschaft Recht der Internationalen Wirtschaft Randnummer Rechtsprechung Sozialdemokratische Partei Deutschlands Stiftung Wissenschaft und Politik Third Party Access Unterabsatz Übertragungsnetzbetreiber Urteil Volt Verteilnetzbetreiber

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Abkürzungsverzeichnis

VO WM WuW ZHR ZIP ZUR

Verordnung Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankenrecht Wirtschaft und Wettbewerb Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Umweltrecht

Im Übrigen wird auf Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache verwiesen.

A. Einleitung I. Problemaufriss und Zielsetzung „Wir sind keine naiven Freihändler“, rief der scheidende EU-Kommissionspräsident Juncker den Abgeordneten des Europäischen Parlaments bei seiner „State of the Union“-Rede 20171 zu und machte klar: „Wenn ein ausländisches Staatsunternehmen die Absicht hat, einen europäischen Hafen, einen Teil unserer Energie-Infrastruktur oder ein Unternehmen im Bereich der Verteidigungstechnologie zu übernehmen, dann sollte dies in aller Transparenz sowie nach eingehender Prüfung und Debatte geschehen. Es ist eine Frage der politischen Verantwortung, dass wir wissen, was vor unserer eigenen Haustür passiert, sodass wir unsere kollektive Sicherheit schützen können, wenn es sein muss.“ Unter den von Juncker genannten Sektoren berührt insbesondere die sichere und unterbrechungsfreie Versorgung mit Energie ein Grundinteresse jeder modernen Gesellschaft. Speziell den entsprechenden Netzen kommt bei der Energieversorgung eine besondere Rolle zu: Während heutzutage Erzeugungsanlagen zwar dezentral produzieren und eine Anlage notfalls durch eine andere ersetzt werden kann, muss zu jeder Zeit gewährleistet sein, dass die produzierte Energie dort ankommt, wo sie gebraucht wird. Hierzu ist ein zuverlässiges und belastbares Leitungsnetz erforderlich, das sich allerdings vor dem Hintergrund einer mehr und mehr aus erneuerbaren Quellen speisenden europäischen Energieversorgung neuen Herausforderungen ausgesetzt sieht. Neben ihrer Kernaufgabe des Energietransports müssen die Energienetze zunehmend auch für eine Flexibilisierung bzw. den Ausgleich wetterbedingter Schwankungen bei der Einspeisung volatiler Erneuerbarer Energien sorgen. Damit sie den hiermit verbundenen – nicht zuletzt technischen – Herausforderungen gewachsen sind, ist der Ausbau und die Modernisierung des Netzes erforderlich. Bedingt durch leere Staatskassen – als Folge der europäischen Wirtschafts- und Finanz- bzw. Staatsschuldenkrise – kommt es allerdings zu bedeutenden Investitionslücken, in die speziell solche Investoren aus Drittstaaten stoßen, für die auch nationale Steuerungs- bzw. Partikularinteressen bei ihrer Investitionsentscheidung eine wesentliche Rolle spielen.2 Das gilt umso mehr für hoheitlich gelenkte Inves-

1 Rede des EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker v. 13. 09. 2017 zur Lage der Union, abrufbar unter: http://europa.eu/rapid/press-release_SPEECH-17-3165_de.htm. 2 Vgl. Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen, S. 2 ff.

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A. Einleitung

toren, die sich zunehmend und neben den altbekannten (Hedge-)Fonds3 in der EU engagieren und nicht nur in sehr unterschiedlichen Formen auftreten, sondern sich auch gemessen an ihrer Größe, Struktur oder den mit einer Beteiligung verfolgten Absichten deutlich voneinander unterscheiden. Die vorliegende Arbeit verfolgt das Ziel, zunächst die Gefahren zu verdeutlichen, die speziell von hoheitlich kontrollierten Investitionen aus Drittstaaten in die europäischen Energienetze ausgehen. Sie konzentriert sich im Hinblick auf den Ursprung des Kapitals einerseits – vor dem Hintergrund einer groß angelegten Investitionsoffensive im Rahmen der sogenannten „Neuen Seidenstraßen Initiative“ – auf die Volksrepublik China sowie andererseits auf Russland, das als einer der wichtigsten Gaslieferanten und unmittelbarer Nachbar der Europäischen Union von besonderer Bedeutung für die europäische Energieversorgungssicherheit ist. Zwar bestehen bereits einige entweder sektorübergreifende oder aber speziell auf den Energiesektor ausgerichtete Regelungsansätze zum Schutz vor drittstaatlichen Investitionen oder werden zumindest diskutiert. Eine umfassende Untersuchung im Rahmen dieser Arbeit wird allerdings zeigen, dass sie aufgrund ganz unterschiedlicher Defizite nicht ausreichend leistungsfähig sind, um den von strategisch motivierten Beteiligungen ausgehenden Gefahren für die europäische Energieversorgungssicherheit – insbesondere wegen ihres hohen Stellenwertes für das Funktionieren jeder modernen Gesellschaft – wirksam zu begegnen. Aufbauend auf den herausgearbeiteten Schwächen der existierenden Vorschriften ergibt sich das Erfordernis eines leistungsfähigen Mechanismus zum Umgang mit drittstaatlichem Kapital. Als Vorbild dient hier die Struktur der europäischen Verordnung zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Europäischen Union4, die zu einem Mechanismus weiterentwickelt wird, der durch die Einbeziehung einer zusätzlichen europäischen Überprüfungsebene einerseits einen wirksamen Beitrag zum Schutz der europäischen Versorgungssicherheit leistet und dennoch den Vorgaben des Unions- sowie des internationalen Wirtschafts- bzw. Wirtschaftsvölkerrechts genügt.

3 Von denen freilich auch Gefahren für die europäische Energieversorgungssicherheit ausgehen können soweit „sehr kurzfristige Gewinninteressen (…) die Stabilität des Anlageobjekts bedrohen“, Willems/Wolfers/Rau, 04. 08. 2008, Mehr Schutz vor ausländischen Investoren?, S. 20. 4 Vgl. Verordnung (EU) 2019/452 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 19. 03. 2019 zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union, Abl. EU L-79 I/1 (i. F.: EU-Screening-VO).

II. Gang der Untersuchung und Methodik

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II. Gang der Untersuchung und Methodik Die vorliegende Arbeit ist in fünf Teile gegliedert: Teil A leitet allgemein in das Thema ein und beschreibt den Gang der Untersuchung. Teil B beschäftigt sich mit den Ursachen des europäischen Investitionsdefizits speziell im Bereich der Energieinfrastrukturen und beleuchtet unterschiedliche Investoren, Investitionsarten und Investitionsziele sowie die jeweils von ihnen ausgehenden bzw. mit ihnen verbundenen Gefahren. Dabei beschränkt sich die Untersuchung mit Blick auf die Herkunft des Kapitals auf bestimmte Staaten, die entweder über besonders finanzkräftige Investitionsvehikel verfügen oder aus anderen Gründen besonders problematisch erscheinen. Während zahlreiche Einrichtungen unterschiedlicher Sektoren5 grundsätzlich – und auch nach der in dieser Arbeit zugrunde gelegten Definition – eine Kritische Infrastruktur darstellen, beleuchten die hier vorgenommenen Untersuchungen speziell den Energiebereich und arbeiten in einem weiteren Schritt gerade die Einrichtungen heraus, mit denen im Energiesektor das größte Schädigungspotenzial verbunden ist. Teil C beschäftigt sich mit den auf unterschiedlichen Regelungsebenen bereits existierenden Rahmenvorgaben im Umgang mit drittstaatlichem Kapital und setzt sich mit Steuerungsansätzen auseinander, die in Wissenschaft und Politik diskutiert werden. Die jeweiligen Ansätze werden auf ihre spezifischen Stärken und Schwächen hin untersucht. Es soll gezeigt werden, dass die bislang existierenden oder diskutierten Regelungsansätze den bestehenden Herausforderungen nicht gerecht werden. In Teil D werden dann die im vorherigen Verlauf der Arbeit herausgearbeiteten Erkenntnisse zu einem kohärenten europäischen Ansatz im Umgang mit Investitionen aus Drittstaaten weiterentwickelt und auf ihre rechtliche Umsetzbarkeit im Hinblick auf Kompetenzfragen sowie ihre Vereinbarkeit mit Unions- und internationalem Wirtschafts- bzw. Wirtschaftsvölkerrecht untersucht. 5

Neben dem Energiesektor (einschließlich der Versorgung mit kritischen Ressourcen bzw. Rohstoffen) kommen grundsätzlich als Kritische Infrastrukturen etwa noch die folgenden Bereiche in Betracht: Verkehr, Wasser, Gesundheit, Kommunikation, Medien, Datenverarbeitung oder -speicherung, Luft- und Raumfahrt, Verteidigung, Wahl- oder Finanzinfrastrukturen und sensible Einrichtungen sowie Investitionen in Grundstücke und Immobilien, die für die Nutzung dieser Infrastrukturen von entscheidender Bedeutung sind sowie der Bereich der Nahrungsmittelsicherheit und der Zugang zu sensiblen Informationen (einschließlich personenbezogener Daten), vgl. Art. 4 Abs. 1 EU-Screening-VO.

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A. Einleitung

Am Ende der Arbeit (Teil E) steht eine Schlussbetrachtung, in der die aufgezeigten Zwischenresultate zusammengefasst und das Untersuchungsergebnis in Thesenform festgehalten wird.

B. Ausgangsbedingungen: Investitionsbedarfe, -arten, -ziele und Akteure Das Volumen ausländischer Direktinvestitionen in der Europäischen Union nimmt inzwischen seit einiger Zeit konstant zu und haben etwa staatliche Unternehmen aus Russland oder China im Jahr 2017 dreimal mehr Unternehmenskäufe getätigt als 2007.1 Einerseits leisten drittstaatliche Investitionen dort einen wichtigen Beitrag zu Erhalt, Modernisierung und Ausbau der europäischen Infrastrukturen, wo ein Investitionsdefizit besteht.2 Auf der anderen Seite eröffnen sie den Investoren unter bestimmten Voraussetzungen Einflussmöglichkeiten in besonders sensiblen Bereichen. Nicht von allen Investoren, Investitionsformen bzw. Beteiligungen geht allerding eine gleichermaßen große Gefahr aus. Entscheidend ist vielmehr, in welchen Wirtschaftszweig die Investition fließt, welche Einflussmöglichkeiten mit der Investition verbunden sind und wie der jeweilige Investor organisiert ist bzw. welche Ziele er mit seiner Beteiligung verfolgt. Auch die Herkunft des eingesetzten Kapitals spielt eine wesentliche Rolle. Das folgende Kapitel befasst sich deshalb zunächst mit den Ursachen für einen vermehrten Bedarf an drittstaatlichem Kapital in der Europäischen Union. Es soll sodann gezeigt werden, von welchen Investoren bzw. welchen Investitionsformen potenziell welche Gefahren ausgehen und wie sich die durch Investitionen ggf. gewonnene Kontrolle über bestimmte Wirtschaftsbereiche oder Infrastrukturen auswirken bzw. welche Gefahren mit der Kontrolle über bestimmte Infrastrukturen verbunden sein können.

1 Vgl. Europäische Kommission – Bericht über ausländische Direktinvestitionen: immer mehr europäische Unternehmen in Schlüsselsektoren in ausländischer Hand, Pressemitteilung v. 13. 03. 2016, IP/19/1668, abrufbar unter: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_19_1668. 2 Lecheler/Germelmann sprechen mit Bezug auf die Folgen der Finanzkrise sogar davon, dass Investitionen aus Drittstaaten „fast schon zu Rettern in der Not“ geworden seien, Lecheler/ Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen, Vorwort.

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B. Ausgangsbedingungen

I. Investitionsdefizit in der Europäischen Union 1. Folgen der europäischen Wirtschafts- und Finanz- bzw. Staatsschuldenkrise Die europäische Wirtschafts- und Finanz- bzw. Staatsschuldenkrise hat sich gleich in mehrerlei Hinsicht auf die Notwendigkeit drittstaatlicher Investitionen in der Europäischen Union ausgewirkt. Der nachfolgende Abschnitt soll zeigen, woraus sich ein zunehmender Bedarf an drittstaatlichem Kapital in der EU ergibt und deutlich machen, inwieweit darüber hinaus auch (Re-)Privatisierungen Investitionsmöglichkeiten eröffnen. a) Absinken des allgemeinen Investitionsniveaus Am 15. September 2008 erreichte in den Vereinigten Staaten mit dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers die amerikanische Immobilienkrise ihren vorläufigen Höhepunkt. Sie löste eine allgemeine Vertrauenskrise innerhalb des Kredit- bzw. Bankensektors aus, in deren Folge die Vergabe von Krediten allgemein deutlich zurückging, und erstreckte sich schließlich auch auf die Vergabepraxis von Krediten in der Europäischen Union.3 Gleichzeitig stellte sich die Finanzlage einiger EU-Mitgliedstaaten als deutlich kritischer heraus als zunächst vermutet: Begünstigt durch eine bis zum September 2008 sehr lockere Vergabepraxis von Krediten hatten sich die Schulden einiger Staaten derart summiert, dass sie von der Einhaltung der Vorgaben des sogenannten Stabilitäts- und Wachstumspaktes4 weit entfernt waren. Als erster europäischer Staat musste Griechenland mit einem Haushaltsdefizit von über 13 %5 und einer Staatsverschuldung von ca. 130 % für das Jahr 20096 öffentlich eingestehen, dass beide Werte deutlich über dem durch den Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgesehenen „Drei-Prozent-Ziel“ bzw. der vorgesehenen Verschuldungsgrenze von 60 %7 lagen. Durch das hohe staatliche Defizit sowie den 3

Zu den bis heute spürbaren Folgen der Finanzkrise vgl. Braunberger, FAZ v. 27. 08. 2018 – Als die Zeit stillstand, S. 20. 4 Ausführlich zum Stabilitäts- und Wachstumspakt sowie dessen Entwicklung im Zuge der Staatsschuldenkrise s. Hild, Die Staatsschuldenkrise, S. 41 ff. 5 Vgl. Eurostat, Bereitstellung der Daten zu Defizit und Verschuldung 2009, erste Meldung, Pressemitteilung 55/2010, abrufbar unter: https://www.staatsverschuldung.de/quelle0023.pdf. 6 Vgl. Eurostat, Bruttoverschuldung des Staates – jährliche Daten, http://ec.europa.eu/euro stat/tgm/table.do?tab=table&init=1&language=de&pcode=teina225&plugin=1. 7 Vgl. Art. 1 des Protokolls Nr. 12 über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit vom 7. 2. 1992 (ABl. C 191 v. 29. 07. 1992, S. 84) i. d. F. des Vertrags von Lissabon v. 13. 2. 2007 (ABl. C 306 v. 17. 12. 2007), das die in Art. 126 Abs. 2 AEUV genannten Referenzwerte festlegt und vorsieht, dass das jährliche Haushaltsdefizit 3 % des BIP bzw. der öffentliche

I. Investitionsdefizit in der Europäischen Union

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hohen Schuldenstand stiegen gleichzeitig auch die Zinsen für Staatsanleihen und trugen zu einem wachsenden Misstrauen auf Seiten der ohnehin verunsicherten Banken bei. Für das in seiner Bonität herabgestufte Griechenland wurde es zunehmend schwieriger, am Kapitalmarkt zu vertretbaren Konditionen frisches Geld aufzunehmen, um seine Schulden zu bedienen.8 Die unmittelbar bevorstehende staatliche Insolvenz konnte nur durch Hilfen der EU und des Internationalen Währungsfonds verhindert werden. Für die Bereitstellung von Finanzhilfen forderten die Geldgeber allerdings – im Sinne einer nachhaltigen Haushaltskonsolidierung – einen strikten Sparkurs von der griechischen Regierung sowie tiefgreifende Strukturreformen, die mittel- bis langfristig die nationale Wirtschaft wieder wettbewerbsfähig machen sollten. Den für Griechenland aufgelegten Hilfsmaßnahmen schlossen sich weitere Euro-Staaten (Irland, Portugal, Zypern) an und verpflichteten sich diese im Gegenzug ebenfalls zu einem Konsolidierungskurs. Die europäische Finanz- und Staatsschuldenkrise veranlasste die Mitgliedstaaten der Union (und insbesondere des Euroraumes) – mehr oder weniger freiwillig – dazu, auch außerhalb von verbindlichen Hilfsprogrammen wieder verstärkt auf die Einhaltung einer gewissen Haushaltsdisziplin im Sinne des Stabilitäts- und Wachstumspaktes zu achten. Aus dem vielerorts eingeschlagenen und bis zum heutigen Tage fortdauernden Sparkurs ergab sich – gleichsam als Nebenwirkung dieses Weges – allerdings auch eine Investitionsschwäche. Dadurch fehlen staatliche Mittel für den dringend notwendigen Erhalt, Ausbau und die Modernisierung von wesentlichen Infrastrukturen.9 Insgesamt ist so das Investitionsniveau in der EU seit dem Ausbruch der Wirtschafts-, Finanz- bzw. Staatsschuldenkrise um nicht weniger als 15 % eingebrochen.10 Die EU stellt daher schon aus diesem Grund ein attraktives Betätigungsfeld für drittstaatliche Investoren dar und haben sich speziell chinesische Investoren die wirtschaftliche Schwäche europäischer Akteuer zunutze gemacht und insbesondere im Zuge der europäischen Wirtschafts- und Finanz- bzw. Staatsschuldenkrise ihre Investitionen in den EU-Mitgliedstaaten verzehnfacht.11 Schuldenstand den Wert von 60 % gemessen am BIP nicht überschreiten darf. Zu den Begriffen „Defizit“ und „Schuldenstand“ vgl. die Definitionen in Art. 2 Protokoll Nr. 12. 8 Vgl. Smeets, Zum Stand der Staatsschuldenkrise in Europa, Ordnungspolitische Perspektiven Nr. 30 v. 10/2012, S. 2. 9 Vgl. Verordnung (EU) 2015/1017 d. EP u. des Rates v. 25. 06. 2015 über den Europäischen Fonds für strategische Investitionen, die europäische Plattform für Investitionsberatung und das europäische Investitionsvorhabenportal – der Europäische Fonds für strategische Investitionen, Abl. EU 2015, Nr. L-169/1 (i. F.: Verordnung (EU) 2015/1017), Erwägungsgrund Nr. 1; IHK für München und Oberbayern, Mit mehr privatem Kapital gegen die Dauerbaustelle Infrastruktur, S. 14 f., 28 f. 10 Vgl. Verordnung (EU) 2015/1017, Erwägungsgrund Nr. 1; IHK für München und Oberbayern, Mit mehr privatem Kapital gegen die Dauerbaustelle Infrastruktur, S. 14 f., 28 f. 11 S. zur Bestätigung dieses Befundes etwa: Stellungnahme des Europäischen Wirtschaftsund Sozialausschusses v. 19. 04. 2018 zum Vorschlag COM(2017) 487 final, C 262/94, Rn. 2.3.

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B. Ausgangsbedingungen

b) Privatisierung Zusätzlich und gleichsam als Folge des abgesunkenen Investitionsniveaus sowie der europäischen Finanz- bzw. Staatsschuldenkrise ergab sich – vornehmlich, aber nicht ausschließlich in den von der Finanz-/Staatsschuldenkrise besonders betroffenen Staaten Südeuropas12 – gleich aus zweierlei Gründen die Notwendigkeit, auch vermehrt Sektoren, Unternehmen und Infrastrukturen zu privatisieren, die sich in den betreffenden Staaten seit jeher in Staatshand befanden.13 Einerseits diente der Verkauf staatlicher Beteiligungen als direkter Beitrag zum geforderten Ausgleich bzw. zur Konsolidierung des jeweiligen Staatshaushaltes. Andererseits konnte gerade mit drittstaatlichen Finanzmitteln eine „Quelle von Investitionen und Liquidität“ speziell in „wirtschaftlich schwierigen Zeiten“14 erschlossen und dringend notwendiges Kapital akquiriert werden, um bestehende Investitionslücken zu schließen und den Ausbau des Anteils Erneuerbarer Energien in der Union15 (inkl. aller erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen) zu finanzieren.16 c) „Reprivatisierung“ Zur Stabilisierung der Wirtschaft sind auf dem Höhepunkt der Finanzkrise vielerorts strategisch wichtige Unternehmen (insbesondere Banken) vollständig oder zumindest teilweise (not-)verstaatlicht17 worden. Mit Blick auf die Zukunft wird man sich früher oder später damit auseinandersetzen müssen, dass im Zuge der Reprivatisierung der (vorübergehend) verstaatlichten Unternehmen insbesondere auch drittstaatliche Investoren daran interessiert sein könnten, an die Stelle der öffentlichen Hand zu treten und die entsprechenden Anteile zu übernehmen.18

12 S. z. B. zu Privatisierungen in Griechenland: Europäische Kommission – Empfehlung für einen Beschluss v. 12. 02. 2014, COM(2014) 68 final; Buhse, Die WirtschaftsWoche online, 01. 07. 2015 – Sommerschlussverkauf in Athen, abrufbar unter: http://www.wiwo.de/politik/aus land/griechenland-krise-sommerschlussverkauf-in-athen/12086406.html. 13 Vgl. Hanemann/Huotari, Chinesische Direktinvestitionen in Deutschland und Europa, S. 17; Roth, Investitionsbeschränkungen im deutschen Außenwirtschaftsrecht, S. 7; Martini, DÖV 2008, 314, 315 ff.; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/2008, Rn. 585 jeweils m. w. N. 14 Europäische Kommission – Mitt. v. 27. 02. 2008, COM(2008) 115 final, S. 2. 15 S. hierzu B.I.2. 16 Vgl. Kohm, Auslandserwerb von Transportnetzen, S. 22; insb. zum dringenden Erfordernis ausländischer Investitionen für die Wohlfahrt in der Union: Europäische Kommission – Mitt. v. 07. 07. 2010, COM(2010) 343 final, S. 3. 17 Vgl. zu weiteren (historischen) Fällen der Notverstaatlichung: Weber (Hrsg.), Gemeinwirtschaft in Westeuropa. 18 Vgl. Heinemann, Ökonomischer Patriotismus, S. 12 f.

I. Investitionsdefizit in der Europäischen Union

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d) Zwischenergebnis Wie gezeigt, ergeben sich schon in Folge der europäischen Wirtschafts- und Finanz- bzw. Staatsschuldenkrise durch ein merklich gesunkenes Investitionsniveau sowie verschieden motivierte Privatisierungen gleich aus mehreren Gründen Möglichkeiten für drittstaatliche Investoren, durch Beteiligungen an europäischen Unternehmen und/oder Infrastrukturen in der EU Fuß zu fassen.

2. Der Ausbau Erneuerbarer Energien in der EU Ein weiteres „Einfallstor“ für ausländische Investoren entsteht durch den grundsätzlich erstrebenswerten europäischen Ausbau Erneuerbarer Energien und die hierfür erforderlichen Investitionen. a) Das Pariser-Klimaabkommen Am 05. Oktober 201619 ratifizierte die Europäische Union das Pariser-Klimaabkommen und verpflichtete sich – rechtsverbindlich20 – einen Beitrag zur Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf „deutlich unter zwei Grad Celsius“ bzw. und wenn möglich auf durchschnittlich 1,5 Grad Celsius im Verhältnis zum vorindustriellen Niveau zu leisten.21 Primär wird zur Erreichung dieses Ziels eine Reduktion des globalen CO2- bzw. Treibhausgasausstoßes nötig sein. Die Vertragsparteien sind daher verpflichtet, im Rahmen von sogenannten „nationally determined contributions“ (NDCs) ihre nationalen Beiträge zur Abschwächung des Klimawandels zu formulieren22 und dann die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen, die zur Erreichung der festgelegten nationalen Ziele erforderlich sind.23 Neben ihren Mitgliedstaaten ist auch die Europäische Union selbst Vertragspartei des Paris-Abkommens und verfolgt erklärtermaßen das Ziel, eine Führungs- bzw. Vorreiterrolle zu übernehmen, wenn es um die Umstellung des Energiesystems auf 19

Beschluss des Rates bereits am 04. 10. 2016, vgl. Rat der Europäischen Union – Klimawandel: Rat beschließt Ratifizierung des Übereinkommens von Paris durch die EU. Pressemitteilung v. 04. 10. 2016, abrufbar unter: http://www.consilium.europa.eu/de/press/press-re leases/2016/10/04/adoption-paris-agreement/pdf. 20 S. zur Rechtsverbindlichkeit völkerrechtlicher Verträge gleichermaßen instruktiv wie ausführlich: v. Arnauldt, Völkerrecht, S. 188 ff. 21 S. Art. 2 Abs. 1 lit. a Paris-Abkommen. S. zu den Zielen des Paris-Abkommens ausführlich Dederer, Ist Paris genug?, in: Energieversorgung zwischen Energiewende und Energieunion, S. 1 ff. sowie Morgenstern/Dehnen, ZUR 2016, 131 ff. 22 S. Art. 3 S. 1 Paris-Abkommen. Siehe ebenfalls und m. w. N. Dederer, Ist Paris genug?, in: Energieversorgung zwischen Energiewende und Energieunion, S. 14. 23 S. Art. 4 Abs. 2 S. 2 Paris-Abkommen.

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B. Ausgangsbedingungen

klimafreundliche Energieträger geht.24 Durch das Maßnahmenpaket „Saubere Energie für alle Europäer“25, dem „europäischen Grünen Deal“26 und insbesondere mit dessen „Herzstück“27, dem „Europäischen Klimagesetz“28, soll das Übereinkommen von Paris in der EU umgesetzt werden.29 Die Maßnahmen sahen daher – im Sinne eines Übergangs zu einer Wirtschaft mit deutlich reduzierten CO2-Emmissionen30 – zunächst ein Energieeffizienzziel von 30 % sowie ein Ziel von mindestens 27 % für den Anteil der Erneuerbaren Energien bis 203031 vor. Zusätzlich strebt die EU-Kommission an, die Europäische Union bis 2050 zum weltweit ersten klimeneutralen Kontinent zu machen. Sie schlägt hierzu in ihrem Entwurf für ein „Europäisches Klimagesetz“ als Etappenziel für 2030 eine Emissionsreduktion von „50 % bis 55 %“ vor.32 b) Erforderliche Infrastrukturinvestitionen zum Ausbau Erneuerbarer Energien Wegen der nach wie vor bestehenden und bei einem weiter steigenden Anteil Erneuerbarer Energie im „europäischen Energiemix“ sich wohl noch zuspitzenden Probleme im Hinblick auf die Volatilität (Stichwort „Dunkelflaute“) bzw. Speicherbarkeit von Erneuerbarer Energie, ist es erforderlich, die zunehmend aus erneuerbaren Quellen gewonnene Energie von ihrem Erzeugungsort – ggf. auch grenzüberschreitend – direkt an den Ort ihres Verbrauchs zu transportieren. Naturgemäß kommt hierbei, neben dem Abbau nach wie vor bestehender rechtlicher Schranken, den Energienetzen eine ganz entscheidende Rolle bei der Einhaltung der EU-Kli24

Vgl. Europäische Kommission – Clean Energy for All Europeans – unlocking Europe’s growth potential, Pressemitteilung v. 30. 11. 2016, IP/16/4009, abrufbar unter: http://europa.eu/ rapid/press-release_IP-16-4009_en.htm; s. zum EU-Winterpaket instruktiv wie ausführlich: Scholtka/Martin, ER 2017, 183 ff.; Scholtka/Martin, ER 2017, 240 ff.; Wehle, RdE 2018, 407 ff. 25 Alle Bestandteile des Maßnahmenpaketes sind abrufbar auf der Seite der Europäischen Kommission unter: https://ec.europa.eu/energy/en/news/commission-proposes-new-rules-consu mer-centred-clean-energy-transition. 26 Europäische Kommission – Mitt. v. 11. 12. 2019, COM(2019) 640 final. 27 Europäische Kommission v. 04. 03. 2020 – Für Klimaneutralität bis 2050: Kommission schlägt Europäisches Klimagesetz vor und startet Konsultation zum Europäischen Klimapakt, abrufbar unter: https://ec.europa.eu/germany/news/20200304-klimagesetz_de. 28 Europäische Kommission, Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung des Rahmens für die Verwirklichung der Klimaneutralität und zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/1999 v. 04. 03. 2020, COM(2020) 80 final, S. 1 (i. F.: EUKlimagesetz-Entwurf). 29 Vgl. Europäische Kommission – Mitt. v. 30. 11. 2016, COM(2016) 860 final, S. 4. 30 Vgl. Europäische Kommission – Mitt. v. 30. 11. 2016, COM(2016) 860 final, S. 3. 31 Das Ziel für den Anteil Erneuerbarer Energien bis 2030 ist ein auf EU-Ebene verbindliches Ziel und soll durch die Errichtung nationaler Energie- und Klimapläne kollektiv erreicht werden, keinesfalls aber die Mitgliedstaten direkt verpflichten, vgl. Europäische Kommission – Mitt. v. 30. 11. 2016, COM(2016) 860 final, S. 8. 32 Art. 2 Abs. 3 EU-Klimagesetz-Entwurf, vgl. Fn. 28.

II. Akteure im Zentrum des Interesses

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maschutzziele für 2030 bzw. 2050 zu.33 Vorallem wenn durch günstige Witterungsverhältnisse der Anteil Erneuerbarer Energien besonders groß ist und gleichzeitig seine Aufnahmekapazität überschritten wird, ist die Entlastung des europäischen Verbundnetzes dringend erforderlich, allerdings nur möglich, wenn ausreichend gerade auch grenzüberschreitende Verbindungsleitungen bestehen.34 Es bedarf daher dringend eines bedarfsgerechten Ausbaus der vorhandenen Netzinfrastruktur.35 Die Bereitstellung der zur Bewältigung dieser – kapitalintensiven36 – Aufgabe notwendigen Summe erscheint aktuell alles andere als gesichert.37 Die Europäische Kommission hat zwar, um dem beschriebenen Investitionsdefizit zu begegnen, verschiedene Finanzinstrumente, darunter u. a. die Fazilität „Connecting Europe“ (i. F.: CEF)38 aufgelegt, schätzt allerdings selbst, dass beispielsweise die Mittel der CEF nur rund 3 % der bis 2020 benötigten Investitionen ausmachen.39 Die Union setzt deshalb nicht zuletzt auch auf ausländische, nicht-europäische Investoren, aber auch aus anderen EU-Staaten (z. B. TenneT aus den Niederlanden) deren finanzielle Beteiligung in diesem Zusammenhang sicherlich als Beitrag zu einer stabilen Energieversorgung gesehen werden kann, mit denen aber möglicherweise auch nennenswerte Risiken verbunden sind.

II. Akteure im Zentrum des Interesses Investoren können institutionell ganz unterschiedlich organisiert sein. Auf der einen Seite steht der klassische privatwirtschaftliche Investor. Auf der anderen Seite stehen hoheitlich kontrollierte Investitionsfonds oder Staatsunternehmen. Strukturell 33 Vgl. Europäische Kommission – Mitt. v. 25. 02. 2015, COM(2015) 82 final oder auch Germelmann, Energieunion und europäische Energienetze, in: Energieversorgung zwischen Energiewende und Energieunion, S. 27 ff. 34 Vgl. Europäische Kommission – Mitt. v. 25. 02. 2015, COM(2015) 82 final, S. 3. 35 Vgl. hierzu und mit besonderem Augenmerk auf den Netzausbaubedarf in Deutschland infolge des Atomausstiegs: Scherer, NVwZ 2010, 1321 ff. sowie für Deutschland s. insbes. Pielow, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht – Vor. §§ 43 – 45b EnWG. 36 Die Europäische Kommission schätzt den Investitionsbedarf für den Bau der benötigten Infrastruktur bis 2020 auf ungefähr 200 Mrd. Euro, vgl. Europäische Kommission – Mitt. v. 25. 02. 2015, COM(2015) 82 final, S. 10, bereits zuvor: Erwägungsgrund Nr. 15 der Verordnung (EU) Nr. 347/2013 v. 17. 04. 2013 zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur, Abl. EU Nr. L-115/39 sowie Europäische Kommission – Mitt. v. 28. 05. 2014, COM(2014) 330 final, S. 11. 37 Vgl. Europäische Kommission – Mitt. v. 25. 02. 2015, COM(2015) 82 final, COM(2015) 82 final, S. 2, Germelmann, Energieunion und europäische Energienetze, in: Gundel/Lange (Hrsg.), Energieversorgung zwischen Energiewende und Energieunion, S. 43 f. 38 Verordnung (EU) Nr. 1316/2013 v. 11. 12. 2013 zur Schaffung der Fazilität „Connecting Europe“, Abl. EU 2013 Nr. L-348/129 (i. F.: Verordnung (EU) Nr. 1316/2013), s. C.I.1.b)ee)(1). 39 Vgl. Europäische Kommission – Mitt. v. 25. 02. 2015, COM(2015) 82 final, S. 10.

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B. Ausgangsbedingungen

unterscheiden sie sich sehr deutlich voneinander, etwa wenn es um die mit einer finanziellen Beteiligung verfolgten Ziele geht, die für ihren Empfänger jeweils sowohl eine Bereicherung als auch eine Gefahr darstellen können.

1. Privatwirtschaftliche Investoren Zunächst soll die Frage beantwortet werden, inwieweit auch von privatwirtschaftlich organisierten Investoren Risiken ausgehen können. Sie stellen – vom hier eingenommenen Standpunkt aus – in Bezug auf die Organisation eines Marktes den „Regelfall“ dar. Gemeint sind insbesondere Investoren des privaten Sektors einer Wirtschaft, also solche ohne öffentliche Beteiligungen oder Finanzierung.40 Zwar steht es auch jedem privatwirtschaftlichen Marktteilnehmer grundsätzlich frei, sich seine (nicht zwingend wirtschaftlichen) Ziele selbst zu definieren und sie nach eigenem Ermessen zu verfolgen. Der EU-Vertrag trifft allerdings in Art. 3 Abs. 3 UAbs. 1 die „wirtschaftsverfassungsrechtliche Grundentscheidung, das Marktprinzip (…) im Vertragswerk zu verankern“41. Naheliegend erscheint daher die Annahme, Marktteilnehmer verhielten sich nach dem sogenannten Wirtschaftlichkeitsprinzip42, versuchten also mit dem geringstmöglichen Mitteleinsatz (oder einem vorher definierten Mitteleinsatz) das bestmögliche Ergebnis zu erzielen und so wirtschaftlich zu handeln.43 Begegnen sich mehrere, sich nach diesen (typischen) Prämissen verhaltende Marktteilnehmer, bildet sich der Markt- und Preismechanismus heraus.44 Wesentliches Merkmal eines marktwirtschaftlichen Systems ist zudem die Konkurrenz unter verschiedenen Marktteilnehmern. Da sowohl die Anbieter- als auch die Nachfrageseite einen möglichst wirtschaftlichen, also aus der jeweiligen Perspektive vorteilhaften, Geschäftsabschluss anstreben, werden sie sich im Ergebnis und auf der Ebene des Preises letztlich an dem Punkt treffen, an dem für beide der jeweilige Nutzen im Verhältnis zum Aufwand am größten ist. Orientiert sich ein privatwirtschaftliches Unternehmen nicht am hier beschriebenen Prinzip der Wirtschaftlichkeit, so wird es über kurz oder lang nicht mehr in der Lage sein, seine laufenden Kosten zu decken bzw. einen Gewinn zu erwirtschaften und infolgedessen mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Markt verdrängt werden. Es wird hier davon ausgegangen, dass sich – bei allen denkbaren Ausnahmen – privatwirtschaftliche Investoren dem Grunde nach am Wirtschaftlichkeitsprinzip ausrichten und auch im Hinblick auf Investitionen entsprechend handeln. Sie sind 40 Vgl. Online Wirtschaftslexikon onpulson, https://www.onpulson.de/lexikon/privatwirt schaftliche-investitionen/. 41 Ruffert, in: Calliess/Ruffert – Art. 3 EUV, Rn. 25. 42 Oder auch „ökonomisches Prinzip“, s. hierzu nur: Forker, Das Wirtschaftlichkeitsprinzip. 43 S. hierzu instruktiv wie ausführlich: Georg, Grundbegriffe der BWL. 44 Vgl. Georg, Grundbegriffe der BWL.

II. Akteure im Zentrum des Interesses

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daher wettbewerbskonforme Marktteilnehmer und stellen deshalb – jedenfalls dem Grunde nach – eine zu vernachlässigende Gefahr dar, die sich allenfalls dort konkretisiert, wo durch das kurzfristige Gewinnstreben beispielsweise eines Hedgefonds, „die Stabilität des Anlageobjektes bedroht“45 erscheint.

2. Staatliche Investoren Sowohl Staatsunternehmen als auch Staatsfonds stellen jeweils eine Art des öffentlichen Unternehmens46 dar, das im vollen bzw. teilweisen Eigentum des Staates steht oder zumindest durch ihn kontrolliert wird. Hinter ihm steht in der Regel ein öffentlicher Haushalt, der für etwaige Finanzierungsdefizite aufkommen kann. Anders als ein privatwirtschaftlicher Marktteilnehmer ist ein öffentliches Unternehmen daher nicht zwingend darauf angewiesen, sich marktkonform zu verhalten oder Gewinne zu erzielen. Freilich können auch durch öffentliche Marktteilnehmer wirtschaftliche Ziele verfolgt werden. Da sie aber nicht unter einem vergleichbaren Finanzierungsdruck stehen wie private Akteure, bergen sie die Gefahr, dass in der Unternehmensführung neben wirtschaftlichen Zielen auch politische Absichten47 eine Rolle spielen.48 Nicht nur, dass die Kontrolle über eine wesentliche Infrastruktur dem Investorstaat „geopolitische Handlungsspielräume“49 eröffnet, indem Mitgliedstaaten zu einem bestimmten Verhalten veranlasst werden könnten. Sie könnte auch dazu führen, dass betroffene Staaten zunehmend innerhalb der europäischen Meinungsbildung zu außenpolitischen Fragen und mit Rücksicht auf den betroffenen Investorstaat verhindern, dass sich in den entsprechenden Gremien ein einheitliches Meinungsbild und damit eine offizielle Haltung der EU zu einer politischen Frage herausbildet.50 45

Willems/Wolfers/Rau, 04. 08. 2008, Mehr Schutz vor ausländischen Investoren?, S. 20. Um ein „öffentliches Unternehmen“ handelt es sich im Sinne der Legaldefinition aus Art. 2 lit. b der Richtlinie 2006/111/EG v. 16. 11. 2006 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen, wenn die öffentliche Hand einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Bloße staatliche Minderheitsbeteiligungen machen ein Unternehmen also nicht zu einem öffentlichen Unternehmen. S. allgemein und ausführlich zu öffentlichen Unternehmen: Mühlenkamp, Öffentliche Unternehmen. 47 S. zu nicht-wirtschaftlichen Verhaltensweisen bei Staatsfonds mit politischen Zielen: Wolff, Ausländische Staatsfonds und staatliche Sonderrechte, S. 28 f., 33 ff. 48 Diese Befürchtung findet sich in Bezug auf Staatsfonds auch bei Heinemann, Ökonomischer Patriotismus, S. 12 f. 49 Bayer/Ohler, ZG 2008, 12, 19. 50 Vgl hierzu die geteilte außenpolitische Haltung der Europäischen Union zum Verhalten Chinas bzgl. des Südchinesischen Meers: Reuters, 14. 07. 2016 - EU’s statement on South China Sea, abrufbar unter: http://www.reuters.com/article/us-southchinasea-ruling-eu-idUSKCN0ZV1 TS; Hanemann/Huotari, Record Flows and Growing Imbalances, S. 7 sowie Hellström, China’s Acquisition in Europe, S. 26 f. 46

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B. Ausgangsbedingungen

Aus den genannten Gründen konzentriert sich die vorliegende Arbeit daher auf staatlich kontrollierte Investoren, während aus der hier vertretenen Perspektive von klassischen privatwirtschaftlichen Marktteilnehmern eine überschaubare und zu vernachlässigende Gefahr ausgeht.51

3. Investorstaaten von besonderem Interesse Schon 2014 benannte die EU-Kommission die durch drittstaatliche, insbesondere Staatsfonds und staatseigene Unternehmen ausgeübte Kontrolle über strategische Energieinfrastrukturen als eine der größten Gefahren für die europäische Energieversorgungssicherheit.52 Gleichzeitig hat sich in den letzten Jahren der Umfang drittstaatlicher (insbesondere chinesischer) und strategisch motivierter Investitionen in den EU-Mitgliedstaaten bereits stetig vergrößert53 und ist, gemessen am Zuwachs chinesischer Investitionen, wohl mit einem weiteren Anstieg in den nächsten Jahren zu rechnen.54 Neben den Herkunftsstaaten, auf die wegen ihrer politischen und wirtschaftlichen Bedeutung bzw. der von ihnen verfolgten Investitionsstrategie mit Blick auf die Europäische Union im Folgenden ausführlich eingegangen werden soll, existieren freilich auch in weiteren Teilen der Welt gleichfalls große wie umtriebige staatlich gesteuerte Investitionsvehikel, womit im Sinne der vorliegenden Arbeit insbesondere Staatsfonds und staatlich gesteuerte Unternehmen gemeint sind. a) Norwegen Der norwegische Government Pension Fund Global (GPFG) verwaltet derzeit Vermögenswerte in Höhe von mehr als einer Billion Dollar und ist damit bei isolierter Betrachtung weltweit der größte seiner Art.55 Schon aus diesem Grund und da es sich 51

Insofern betont auch die Europäische Kommission die Gefahren, die insb. von „außerhalb der EU ansässigen Rechtspersonen, insbesondere (…) staatseigenen Unternehmen, Nationalbanken oder Staatsfonds ausgehen“, Europäische Kommission – Mitt. v. 28. 05. 2014, COM(2014) 330 final, S. 6. 52 Vgl. Europäische Kommission – COM(2014) 330 final, S. 6. 53 Vgl. hinsichtlich durchaus wesentlicher Wachstumsraten chinesischer Investitionen in der EU: Eurostat, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:Top_10_coun tries_as_extra_EU-28_partners_for_FDI_stocks,_EU-28,_end_2012%E2%80%932015_(billi on_EUR)_YB17.png sowie Hanemann/Huotari, What Available Data Sources Tell Us, in: Chinese Investment in Europe, S. 21 f. 54 Der BDI verweist hinsichtlich der strategischen Motivation chinesischer Investitionen auf die „Made in China 2025“ Strategie der chinesischen Regierung: Vgl. BDI, Screening Foreign Direct Investment? Positionspapier v. 12. 12. 2017, S. 4. 55 S. für die Höhe des aktuell durch den GPFG verwalteten Vermögens in Norwegischen Kronen: https://www.nbim.no/en/the-fund/; sowie zur Entwicklung des Fonds allgemein ntv.de,

II. Akteure im Zentrum des Interesses

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aus Sicht der EU streng genommen um ein drittstaatliches Investitionsinstrument handelt, kann er an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Aus dem Blickwinkel der europäischen Energieversorgungssicherheit stellt der norwegische Fonds jedoch trotz seiner enormen Finanzkraft und seiner weit gestreuten Beteiligungen wohl kein Risiko dar. Zum einen ist der unmittelbar hinter dem staatlichen Fonds stehende norwegische Staat Mitglied des Nordatlantischen Verteidigungsbündnisses (NATO)56 und damit auf sicherheitspolitischer Ebene eng mit den Staaten der europäischen Union verbunden. Als Mitglied der sogenannten „Rest-EFTA“ nimmt Norwegen außerdem am Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (i. F.: EWR) teil und ist hierdurch Mitglied einer veritablen und über die Europäische Union hinausgehenden Freihandelszone unter binnenmarktähnlichen Verhältnissen in deren Rahmen die EFTA-Staaten das vorhandene EU-Recht größtenteils übernommen haben.57 Durch diese politische wie wirtschaftliche Nähe zur EU ist ein Verhalten, das (potenziell) dazu geeignet ist die europäische Energieversorgungssicherheit zu gefährden, weder wahrscheinlich noch im Interesse Norwegens. Schließlich und mindestens ebenso wichtig sind allerdings die Investitionsstrategie sowie der Umgang mit Informationen zu den Beteiligungen des GPFG: Jede Investition ist auf der Internetseite des Fonds unter Angabe der Gesamthöhe der Beteiligung sowie deren Wert in Stimmrechten öffentlich einsehbar.58 Im Sinne einer Strategie, die ausschließlich durch Portfolioinvestitionen59 und erklärtermaßen langfristig sichere Kapitalerträge einbringen und keinesfalls politischen Einfluss sichern soll,60 hat der GPFG sein Kapital auf knapp 9.000 verschiedene Unternehmen in der ganzen Welt verteilt und übt selbst durch seine größten Beteiligungen (gemessen am Wert der Investition in Dollar) jeweils nicht mehr als 3 % der Stimmrechte an den fraglichen Unternehmen aus.61 Hinzu kommt, 22. 02. 2017 – Norwegens Fonds knackt Billionen-Marke, abrufbar unter: http://www.n-tv.de/ wirtschaft/Norwegens-Fonds-knackt-Billionen-Marke-article19995265.html. 56 Vgl. Liste der NATO-Mitgliedstaaten: http://www.nato.int/cps/en/natohq/nato_countries. htm. 57 Vgl. hierzu sowie zum EWR allgemein: Herdegen, Europarecht, S. 81 ff. 58 S. Homepage des GPFG: https://www.nbim.no/en/the-fund/. 59 S. zu Portfolioinvestitionen: B.III.1. 60 I. d. S. heißt es wörtlich auf der Internetseite des GPFG: „The investment strategy aims to take advantage of the fund’s long-term horizon and considerable size to generate high returns and safeguard wealth for future generations. The fund is to be invested responsibly within its overall financial objective. The aim is to have diversified investments that bring a good spread of risk and the highest possible return subject to the constraints set out in the mandate from the Ministry of Finance.“ und „There is broad political agreement that the fund should not be a political instrument of foreign or climate policy“, vgl. https://www.nbim.no/en/investments/in vestment-strategy/. 61 Vgl. https://www.nbim.no/en/investments/equity-management/, unter den zehn größten Investitionen des GPFG finden sich in absteigender Reihenfolge (Stand 2017) Apple (Beteiligung ca. 7 Mrd. USD, Stimmrechtsanteile weniger als 1 %), Nestlé (Beteiligung ca. 6,5 Mrd. USD, Stimmrechtsanteile 5,65 %), Alphabet (Beteiligung ca. 5,5 Mrd. USD, Stimmrechtsanteile weniger als 1 %), Royal Dutch Shell (Beteiligung ca. 5 Mrd. USD, Stimmrechtsanteile

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B. Ausgangsbedingungen

dass im Sinne einer gesteigerten Transparenz das Abstimmungsverhalten des Fonds bezogen auf den Einzelfall inklusive dessen ausführlicher Begründung auf der Internetseite des Fonds einsehbar ist.62 Trotz seiner Finanzkraft und obwohl es sich formell um ein drittstaatliches Investitionsvehikel handelt, kann aus den beschriebenen Gründen daher der norwegische Fonds hier im Weiteren unberücksichtigt bleiben. b) Russland Russland nimmt als unmittelbarer geographischer Nachbar in den Beziehungen der Europäischen Union und wichtigster Lieferant von Öl und Gas naturgemäß eine besondere Rolle ein. Schon deshalb, aber auch vor dem Hintergrund aktueller sicherheitspolitischer Spannungen, soll im Folgenden auf das Verhältnis zwischen der EU und Russland in seiner Eigenschaft als Investorstaat näher eingegangen werden. aa) Allgemeine sicherheitspolitische Situation Das sicherheitspolitische Verhältnis zwischen Russland und Europa hat sich in den zurückliegenden Jahren und seit Ende des Kalten Krieges stark gewandelt. Moskau macht nicht erst seit der Annexion der Krim deutlich, dass es im Zweifel bereit ist, die eigenen Interessen auch gewaltsam durchzusetzen.63 Diese Einschätzung teilt offenbar auch die Bundesregierung und bescheinigt Russland in ihrem „Weißbuch 2016 zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr“, sich von einer engen Partnerschaft mit dem Westen abzuwenden, die strategische Rivalität zu betonen und gar die europäische Friedensordnung „offen infrage zu stellen“64. Die militärischen Bedrohungseinschätzungen des Verteidigungsministeriums bzw. der Bundesregierung zum veränderten sicherheitspolitischen Umfeld65 veranlassten 2016 auch das BMI dazu, eine aktuelle, an die neuen Herausforderungen angepasste „Konzeption Zivile Verteidigung“ (KZV) zu erarbeiten. Das letzte entsprechende Dokument stammte aus dem Jahr 1995 und stand noch unter dem Eindruck des gerade beendeten Kalten Krieges. Es sah daher in erster Linie den Abbau solcher Strukturen vor, die ursprünglich dazu gedacht waren, im Falle eines beweniger als 1 %), Microsoft (Beteiligung ca. 5 Mrd. USD, Stimmrechtsanteile weniger als 1 %), Novartis (Beteiligung ca. 5 Mrd. USD, Stimmrechtsanteile ca. 2 %), Roche Holding (Beteiligung ca. 4,5 Mrd. USD, Stimmrechtsanteile weniger als 1 %), Amazon (Beteiligung ca. 4 Mrd. USD, Stimmrechtsanteile weniger als 1 %), HSBC Holdings PLC (Beteiligung ca. 3,5 Mrd. USD, Stimmrechtsanteile weniger als 2 %), Johnson & Johnson (Beteiligung ca. 3,5 Mrd. USD, Stimmrechtsanteile weniger als 1 %). 62 S. https://www.nbim.no/en/responsibility/our-voting-records/. 63 So auch Marshall, Die Macht der Geographie, S. 15 ff. 64 Bundesregierung, Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr 2016, S. 31 f. 65 Vgl. BMI, Konzeption Zivile Verteidigung, S. 13.

II. Akteure im Zentrum des Interesses

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waffneten Konfliktes insbesondere mit der Sowjetunion Hilfe leisten zu können. Erst die Terroranschläge vom 11. September 2001 und das Elb-Hochwasser 2002 veranlassten die Innenminister der Länder dazu, eine „Neue Strategie zum Schutz der Bevölkerung“66 zu beschließen, die sich merklich und konsequenterweise auf die Bewältigung von Katastrophenlagen und weniger auf die zivile Verteidigung ausrichtete, wie sie vor dem Hintergrund des Kalten Krieges verstanden worden war. Durch die beschriebenen Veränderungen im sicherheitspolitischen Umfeld Deutschlands und Europas, insbesondere mit Blick auf das zunehmend aggressive Auftreten Russlands, wurde erneut eine „gesamtstaatliche Sicherheitsvorsorge“, die über eine Fokussierung auf die Unterstützung der Länder im Katastrophenfall und bloß auf dem Gebiet des Katastrophenschutzes hinaus geht, zumindest in ihren „konzeptionellen Grundlagen“ erforderlich.67 Zwar spielt auch der klassische Verteidigungsfall nach wie vor eine Rolle. In den Fokus geraten sind aber insbesondere auch die möglichen Folgen hybrider Bedrohungen, die durch die „wachsende Verwundbarkeit der modernen Infrastruktur und die Ressourcenabhängigkeit moderner Gesellschaften“68 entstehen. Die KZV widmet sich vor diesem Hintergrund besonders den Gefahren, die vom Ausfall oder einer Störung kritischer Infrastrukturen bzw. einer unterbrochenen Rohstoffversorgung – insbesondere auf dem Gebiet der Energie69 – ausgehen und vermittelt insgesamt den Eindruck, dass der bewusste Einsatz einer Kritischen Infrastruktur bzw. einer zuverlässigen Versorgung mit bestimmten Rohstoffen als politisches Druckmittel ein realistisches Szenario darstellt, auf das man wegen seiner Tragweite nunmehr besser vorbereitet ist. In dieselbe Richtung weist auch der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode: Mit Bezug auf die völkerrechtswidrige russische KrimAnnexion und das Eingreifen im Osten der Ukraine ist dort unumwunden von einer „Verletzung“ der europäischen Friedensordnung die Rede und mahnt er zu „besonderer Achtsamkeit und Resilienz“ in Bezug auf die russische Außenpolitik.70 Sowohl die Einschätzungen im Weißbuch 2016 als auch die davon abgeleitete „Konzeption Zivile Verteidigung“ sowie die entsprechenden Passagen des aktuellen Koalitionsvertrags verdeutlichen, wie die Gefahr, die ganz allgemein von Russland ausgeht, im „Westen“ wahrgenommen und für wie gravierend sie – wohl zu Recht – gehalten wird.71 66 Vgl. Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Neue Strategie zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland. 67 Vgl. BMI, Konzeption Zivile Verteidigung, S. 7, vgl. auch FAS v. 21. 08. 2016 – Was tun, wenn Krieg ist?, S. 2. 68 BMI, Konzeption Zivile Verteidigung, S. 13. 69 Vgl. BMI, Konzeption Zivile Verteidigung, S. 53 ff. 70 Vgl. Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode, S. 150. 71 Zu Bedenken insb. im Hinblick auf russische Investitionen im Energiesektor: Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses v. 19. 04. 2018 zum Vor-

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B. Ausgangsbedingungen

bb) Russische Energielieferungen als politisches Druckmittel Die Erzeugung von Primärenergieträgern in der Europäischen Union geht stetig zurück.72 Die Union ist daher mehr und mehr auf Energieimporte angewiesen, um ihren fraglos bestehenden Bedarf zu decken. Die führende Rolle nimmt dabei in den wesentlichen Bereichen fester Brennstoffe, Rohöl und Erdgas die Russische Föderation ein.73 Unter diesem Gesichtspunkt und neben der beschriebenen militärischen Gefahr, fürchtet sich die Europäische Union daher zusätzlich vor der starken Abhängigkeit von russischen Energielieferungen, die sie potenziell erpressbar macht.74 Moskau hat in der Vergangenheit bereits mehr als einmal gezeigt, dass es aus politischen Motiven dazu bereit ist, seine starke Stellung als Energielieferant auch zum eigenen Vorteil einzusetzen.75 Bislang war davon in den Jahren 2006 und 2009 insbesondere die Ukraine betroffen,76 der Moskau im Streit um zu hohe (oder – je nach Standpunkt – zu niedrige) Preise bzw. unbezahlte Rechnungen kurzerhand den Gashahn sperrte und durch rüdes, „die Erpressung kaum verschleierndes Auftreten“ versuchte, „Einfluss auf die Innenpolitik eines Kunden“ zu nehmen.77 schlag COM(2017) 487 final für eine Verordnung des EP u. des Rates zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Europäischen Union, C 262/94, Rn. 2.31. 72 Vgl. Eurostat, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php?title=File:Ener gy_production,_2005_and_2015_(million_tonnes_of_oil_equivalent)_YB17-de.png. 73 Vgl. Eurostat, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php?title=Fil e:Main_origin_of_primary_energy_imports,_EU-28,_2005-2015_( %25_of_extra_EU-28_im ports)_YB17-de.png sowie Marshall, Die Macht der Geographie, S. 40 f., wonach Lettland, die Slowakei, Finnland und Estland vollständig von russischem Gas abhängig sind, die Tschechische Republik, Bulgarien und Litauen zu 80 % auf russisches Gas vertrauen, Griechenland, Österreich und Ungarn zu 60 % und Deutschland immerhin zu 50 %. 74 I. d. S. und unter Verwendung des Begriffes „energy blackmail“ sowie dem Hinweis auf die Tatsache, dass sich Russland lange Zeit weigerte verbindliche Vereinbarung über Energiebeziehungen (gemeint ist insb. der Energiecharta-Vertrag) mit der EU zu unterzeichnen: Cottier/Matteotti-Berkutova/Nartova, Third Country Relations in EU Unbundling of Natural Gas Markets, III. C. (S. 8). 75 So schon der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/2008, Rn. 584 sowie Westphal, Russlands Energielieferungen in die EU, SWP-Aktuell 03/2014, S. 1; Cottier/Matteotti-Berkutova/Nartova, Third Country Relations in EU Unbundling of Natural Gas Markets, III. C. (S. 8). 76 S. für einen Überblick zum Verlauf bzw. zu den Ursachen des russisch-ukrainischen Gasstreits 2006: Spiegel Online 30. 12. 2005 – Gasprom dreht am 1. Januar den Hahn zu, abrufbar unter: http://www.spiegel.de/wirtschaft/russisch-ukrainischer-gasstreit-gasprom-drehtam-1-januar-den-hahn-zu-a-392829.html bzw. zum Konflikt 2009: Pleines, Der russischukrainische Erdgaskonflikt 2009 im Überblick, in: Der russisch-ukrainische Erdgaskonflikt vom Januar 2009, S. 5 ff.; Westphal, Russlands Energielieferungen in die EU, SWP-Aktuell 03/ 2014, S. 1 ff.; Bettzüge/Lochner, ET 2009, 26, 30 ff. 77 Vgl. Busse, FAZ.net, 03. 01. 2006 – In der Hand des Kreml, abrufbar unter: http://www. faz.net/aktuell/politik/russisch-ukrainischer-gasstreit-in-der-hand-des-kreml-1283746.html.

II. Akteure im Zentrum des Interesses

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Wegen seiner geographischen Lage zwischen Russland und den Staaten der EU sowie seiner Funktion als Transitland, trafen die russischen Maßnahmen zwar in Erster Linie die Ukraine, aber ebenfalls die Europäische Union und provozierten die Frage, ob Russland auch auf die Europäische Union über die Versorgung (genauer: Nicht-Versorgung) politischen Druck ausüben könne.78 Fest steht, dass durch den Lieferstopp speziell die osteuropäischen EU-Staaten, die im Besonderen von russischen Gasimporten abhängig sind, in Bedrängnis gerieten und teilweise sogar den Gas-Notstand ausrufen oder stillgelegte Atomkraftwerke wieder in Betrieb nehmen mussten.79 Hinzu kommt, dass gerade Gas als Energieträger hochflexibel, speicherbar und im Verhältnis zu anderen konventionellen Energieträgern umweltverträglicher ist und sich daher in besonderer Weise dazu eignet, einen Beitrag zur Stärkung des Anteils regenerativer Energien zu leisten, wenn volatile „Erneuerbare“ allein durch die herrschenden Witterungsverhältnisse gerade nicht ausreichen, um den bestehenden Energiebedarf zu decken.80 Gas wird also – zumindest als „Brückentechnologie“ – solange auch weiterhin eine wesentliche und vielleicht sogar verstärkte Rolle für die europäische Versorgungssicherheit spielen, wie aus erneuerbaren Quellen gewonnene Energie nicht speicherbar ist oder auf anderem Wege zu jedem Zeitpunkt eine vollumfängliche Energieversorgung durch nicht-fossile Energiequellen gewährleistet werden kann. Zumindest bedenklich erscheint vor diesem Hintergrund ein Ende 2015 vollzogener Austausch von Unternehmensanteilen zwischen BASF-Wintershall81 und Gazprom, durch den die bislang gemeinsam betriebenen Erdgashandelsgesellschaften Wingas, WIEH und WIEE sowie alle durch BASF-Wintershall gehaltenen Anteile am Gasspeicherbetreiber astora82 auf Gazprom übergingen.83 All das zeigt, welches Drohpotenzial von der Exportpolitik des wichtigsten Lieferanten Europas in Bezug auf Erdgas tatsächlich ausgeht und macht deutlich, dass auch Rohstofflieferungen als politische Waffe mit dem Ziel der Einflussnahme von Russland eingesetzt werden können und freilich – wenn auch bislang nicht gegen die Europäische Union – auch schon eingesetzt worden sind. 78

Dieser Frage widmet sich u. a. Götz, SWP-Aktuell 03/2006, S. 1 ff. Vgl. bpb, 2009 – Streit um russische Gaslieferungen, abrufbar unter: http://www.bpb.de/ politik/hintergrund-aktuell/69496/streit-um-russische-gaslieferungen-12-01-2009. 80 Vgl. Westphal, Russisches Erdgas, ukrainische Röhren, europäische Versorgungssicherheit, SWP-Aktuell 07/2009, S. 39 ff. 81 Bei Wintershall handelt es sich um eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der BASF. 82 Zu den von astora betriebenen Gasspeichern zählen u. a. der mit einer Arbeitsgaskapazität von mehr als 4 Mrd. Kubikmetern auf einer unterirdischen Fläche von rund acht Quadratkilometern größte Porenspeicher Westeuropas in Rheden (Vgl. https://www.astora.de/speicher/ erdgasspeicher-rehden/) sowie auch einer der größten Erdgaskavernenspeicher Deutschlands in Jemgum (vgl. https://www.astora.de/speicher/erdgasspeicher-jemgum/). 83 BASF-Wintershall erhielt im Gegenzug 25,01 % an den Blöcken IV und V der AchimovFormation des Urengoi-Erdgas- und Kondensatfeldes in Westsibirien, vgl. Astora – Gazprom und BASF-Wintershall schließen Anteilstausch ab. Pressemitteilung v. 01. 10. 2015, abrufbar unter: https://www.astora.de/presse/presseinformationen/archiv/2015/1-oktober-2015/. 79

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B. Ausgangsbedingungen

Insbesondere europäische Diversifizierungsbemühungen in Bezug auf Gasquellen oder der Ausbau Erneuerbarer Energien sind in Anbetracht seiner Stellung als Gaslieferant nicht im Sinne Russlands. Es wäre vor diesem Hintergrund wohl damit zu rechnen, dass Moskau die mit seinen Investitionen einhergehenden Einflussmöglichkeiten im eigenen Interesse nutzt, um weder seine Position auf dem europäischen Gasmarkt noch seine damit verbundenen Einflussmöglichkeiten preiszugeben oder dass es sein Kapital gar so platziert, dass es seine ohnedies und schon jetzt sehr starke Marktstellung festigt und dadurch sein politisches Drohpotenzial noch erhöht.84 cc) Sonderfall Nord Stream 2 – geopolitisches Manöver oder kommerzielles Infrastrukturprojekt? Eine besondere Rolle nimmt in Bezug auf das Verhältnis zwischen der Russischen Föderation und der EU das kontrovers diskutierte Pipeline-Projekt Nord Stream 285 ein. Im Wesentlichen gibt es im Streit um das Für und Wider dieses Projektes zwei Argumentationslinien: Diejenigen, die das Projekt befürworten, betonen, Nord Stream 2 schaffe zusätzlich zu bereits bestehenden lediglich weitere Transportkapazitäten und stelle ein rein kommerzielles Infrastrukturprojekt ohne jede politische Motivation dar. Eine Diversifizierung von Gasquellen und Transportwegen – darunter nicht nur Nord Stream 2, sondern auch über 30 neue LNG-Terminals86 – trage zu einer Steigerung der Liquidität des europäischen Gasmarktes und damit letztlich auch zu einer Verbesserung der Versorgungssicherheit bei. Einmal in die EU gelangtes Erdgas könne innerhalb der Union frei verkauft und in jede Richtung verteilt werden.87 Auf das bislang hauptsächlich durch die Ukraine und Polen transportierte Gasvolumen (und damit auch auf die zu zahlenden Transitgebühren) habe Nord Stream 2 allenfalls marginale Auswirkung. Vielmehr stelle Nord Stream 2 sogar einen Beitrag zur europäischen Energieversorgungssicherheit dar, indem gegenseitige Abhängigkeiten mit Russland geschaffen bzw. verstärkt werden, die im Ergebnis Moskau zur Rücksichtnahme anhalten werden. 84

I. d. S. auch schon der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/2008, Rn. 634. 85 I. W. handelt es sich bei Nord Stream 2 um eine Parallel-Pipeline zur bereits bestehenden Nord-Stream-1-Leitung mit einem geplanten Volumen von jährlich 55 Mrd. Kubikmetern, die russische Gasfelder über eine direkte Route durch die Ostsee und die Hoheitsgewässer Russlands, Finnlands, Schwedens, Dänemarks und Deutschlands direkt mit der Bundesrepublik verbindet, vgl. hierzu https://www.nord-stream2.com/de/. 86 Vgl. Caspary/Langen/Pfeiffer/Heil/Westphal/Post/Gremmels, FAZ v. 07. 03. 2018 – Nord Stream 2 stärkt Europa. 87 Vgl. Caspary/Langen/Pfeiffer/Heil/Westphal/Post/Gremmels, FAZ v. 07. 03. 2018 – Nord Stream 2 stärkt Europa.

II. Akteure im Zentrum des Interesses

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Die besseren Argumente sprechen aber wohl für die andere, in seltener Einigkeit sowohl vom amerikanischen Präsidenten Trump88 als auch vom US-Kongress (mit Mehrheit der Demokraten)89 vertretene Ansicht, dass es sich nämlich bei Nord Stream 2 nicht um ein in erster Linie ökonomische Absichten verfolgendes Projekt handele. Nord Stream 2 sei vielmehr ein geopolitisches Manöver, welches Russland mit dem Ziel betreibe, die Europäische Union über Gaslieferungen zu spalten, von sich abhängig zu machen und dadurch in „Geiselhaft“90 nehmen bzw. „politisch nötigen“91 zu können.92 Wegen der vermeintlich schweren, mit ihrem Bau verbundenen Folgen, droht die US-Regierung sogar damit, an der Errichtung der Pipeline beteiligte Unternehmen mit Sanktionen zu belegen und wirft insbesondere Deutschland vor, den Kreml auf Kosten der europäischen Solidarität93 durch Nord Stream 2 in Mrd.-Höhe zu finanzieren, während es andererseits in der NATO vor Russland Schutz suche.94 Gleichzeitig sei Moskau zur Versorgung Westeuropas mit Erdgas durch die neue Pipeline nicht mehr auf die Nutzung der Gasleitungen in der Ukraine, Polen und der Slowakei angewiesen, wodurch allein der Ukraine Transitgebühren von jährlich etwa zwei Mrd. Euro entgingen.95 Zumindest dem Grunde nach scheint die Befürchtung einer steigenden europäischen Abhängigkeit von russischen Gasimporten auch die EU-Kommission zu teilen und sieht hierin einen 88 Nicht verschwiegen werden darf an dieser Stelle allerdings, dass von einem Scheitern des Nord Stream 2-Projektes nicht zuletzt die USA wirtschaftlich profitieren würden, da sich so die Gelegenheit böte, mit verhältnismäßig teurem amerikanischem LNG-Fracking-Gas die entsprechende Versorgungslücke auf dem europäischen Markt zu schließen. 89 Belkin/Ratner/Welt, Congressional Research Service, 28. 09. 2020 – Russia’s Nord Sream 2 Pipeline: Running in Place, abrufbar unter: https://crsreports.congress.gov/product/pdf/IF/ IF11138. 90 FAZ v. 14. 07. 2018 – Nord Stream 2 ein schlechtes Geschäft für Gasprom, S. 22. 91 ntv.de, 12. 07. 2018 – USA drohen mit Pipeline-Sanktionen, abrufbar unter: https://www. n-tv.de/politik/USA-drohen-mit-Pipeline-Sanktionen-article20525911.html. 92 I. d. S. und mit Verweis auf die Unwirtschaftlichkeit von Nord Stream 1 bzw. ein „verlorenes Investment, das niemals eine Rendite abwerfen wird“: Zaslavskiy, Internationale Politik v. 05/06/2017, Hauptsache teuer, S. 30 sowie der ukrainische Ministerpräsident Wolodymyr Hrojsman, der im Interview mit der FAZ festhält, Nord Stream 2 bedeute die völlige Abhängigkeit von Russland, FAZ v. 19. 09. 2018 – „Nord Stream 2 hieße völlige Abhängigkeit von Russland“, S. 5. 93 Insb. gegen die Interessen Polens, der baltischen Staaten, Dänemarks und Schwedens, vgl. Weber/Bütikofer/Hirsch/Brok/Rötten/Krischer/Link, FAZ.net, 19. 02. 2018 – Nord Stream 2 schadet Europa. Gastbeitrag, abrufbar unter: https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/dienord-stream-2-gaspipeline-entzweit-die-eu-15457609.html. 94 Vgl. Handelsblatt online, 12. 07. 2018 – Trump wütet wieder gegen Deutschland – USA drohen Nord-Stream 2-Unternehmen mit Sanktionen, abrufbar unter: https://www.handelsblatt. com/politik/international/ostsee-pipeline-trump-wuetet-wieder-gegen-deutschland-usa-drohennord-stream-2-unternehmen-mit-sanktionen/22793506.html?ticket=ST-3168444-kuJPddEtqZ cOYX4Ht6md-ap3. 95 Vgl. Weber/Bütikofer/Hirsch/Brok/Rötten/Krischer/Link, FAZ.net, 19. 02. 2018 – Nord Stream 2 schadet Europa. Gastbeitrag, abrufbar unter: https://www.faz.net/aktuell/politik/aus land/die-nord-stream-2-gaspipeline-entzweit-die-eu-15457609.html.

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B. Ausgangsbedingungen

Widerspruch insbesondere zum Ziel der Diversifizierung in Bezug auf Gasimporte im Rahmen der „Energieunion“.96 Sie hatte daher, und weil es insoweit bislang keine einschlägigen europarechtlichen Vorgaben gab, mit Russland entsprechende Prinzipien für den Betrieb von Nord Stream 2 aushandeln wollen, ist hierzu aber wegen eines eher in die entgegengesetzte Richtung weisenden (unveröffentlichten) Gutachtens des Juristischen Dienstes des Europäischen Rates97 durch den Europäischen Rat nicht ermächtigt worden. c) China China befindet sich im Umbruch. Schnell wie wohl wenige andere Länder zuvor ist es innerhalb kürzester Zeit vom Entwicklungsland zur inzwischen zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt aufgestiegen. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung gehen zunehmend geopolitische Ambitionen einher,98 die auch Regionen betreffen, die nicht dem unmittelbaren Einflussbereich bzw. der unmittelbaren Nachbarschaft der Volksrepublik zuzurechnen sind. Das gilt umso mehr seit sich die Vereinigten Staaten im Sinne einer „America First“- Strategie mehr und mehr aus ihrer vormals wie selbstverständlich wahrgenommenen internationalen Verantwortung zurückziehen.99 Gleichzeitig erscheint die Europäische Union auf wesentlichen Politikfeldern – beispielsweise in der Flüchtlingsfrage100 – gespalten und zusätzlich durch den immer näher rückenden – in seinen Einzelheiten allerdings bislang noch völlig unklaren – Austritt Großbritanniens aus der EU101 geschwächt zu sein. Die Weltlage könnte also wohl für China nicht günstiger sein, um seine Stellung im globalen Wirtschaftsgeschehen neu zu definieren. Peking hat ganz in diesem Sinne allein 2012 etwa 67 Mrd. Euro in Übernahmen, Neugründungen und Infrastrukturprojekte investiert102 bzw. seit Beginn der Fi96 Europäische Kommission – Kommission ersucht Mitgliedstaaten um Verhandlungsmandat für NordStream-2-Vereinbarung mit Russland, Pressemitteilung v. 09. 06. 2017, IP/17/ 1571, abrufbar unter: file:///C:/Users/Tobias%20Schuelken/Downloads/Kommission_ersucht_ Mitgliedstaaten_um_Verhandlungsmandat_f_r_Nord-Stream-2-Vereinbarung_mit_Russland. pdf. 97 S. Bonn/Voßwinkel, cepInput 06/2019, abrufbar unter: https://www.cep.eu/fileadmin/ user_upload/cep.eu/Studien/cepInput_Die_Gasversorgung_in_der_EU/cepInput_Die_Gasver sorgung_in_der_EU.pdf. 98 Zur geopolitischen Bedeutung der neuen Seidenstraße-Initiative vgl. Hartmann/Maennig/Wang, Chinas neue Seidenstraße, S. 157 ff. 99 Vgl. Hartmann/Maennig/Wang, Chinas neue Seidenstraße, S. 13 ff. 100 S. ausführlich zu Ursachen, Konflikten und Folgen der Flüchtlingsproblematik: Luft, Die Flüchtlingskrise. 101 S. zum Stand des Verfahrens bzw. zu den Standpunkten der EU (hier des Europäischen Rates): http://www.consilium.europa.eu/de/policies/eu-uk-after-referendum/. 102 Hartmann/Maennig/Wang, Chinas neue Seidenstraße, S. 22.

II. Akteure im Zentrum des Interesses

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nanzkrise 2008 seine Investitionen mehr als verzehnfacht.103 Einer Linklaters-Studie zufolge könnten die von China ausgehenden Investitionen in den nächsten zehn Jahren sogar auf einen Wert zwischen 1,5 Billionen und 2,5 Bill. Dollar ansteigen.104 Insbesondere die chinesische Handels- und Infrastrukturinitiative „Neue Seidenstraße“ (oder „One Belt One Road-Initiative“) spielt hier eine ganz wesentliche Rolle und bündelt Pekings geopolitische Interessen. Bei aller wirtschaftlichen Öffnung darf auch nicht in Vergessenheit geraten, dass das totalitäre105 politische und gesellschaftliche System der Volksrepublik, die sich selbst in ihrer Verfassung als „sozialistischer Staat der demokratischen Diktatur des Volkes“ beschreibt, nicht mit einer liberalen rechtstaatlichen Demokratie nach westlichem Verständnis verglichen werden kann und der Logik eines völlig anderen Wertekanons folgt.106 Es ist daher bezüglich des verstärkten chinesischen Engagements und im Hinblick auf die damit verfolgten Interessen und Ziele zumindest eine besondere Wachsamkeit angezeigt. aa) Investitionspolitik Chinas: Die „Neue Seidenstraße“ Mit Chinas wirtschaftlichem Aufstieg der letzten Jahre entwickelte sich in Peking die Erwartung, auch in der Weltwirtschaft (erneut) eine Vorreiterrolle einzunehmen. Ausdruck dieses Anspruchsdenken ist die durch Staats- und Parteichef Xi Jinping im September 2013 vorgestellte „One Belt One Road-Initiative“ (OBOR-Initiative)107, durch die China an die Tradition seiner antiken Seidenstraße108 anknüpfen und ein internationales, sich auf der nördlichen Route über Zentralasien, den Iran, die Türkei und Moskau bis nach Zentral- und Westeuropa erstreckendes Handelsnetz aufbauen möchte. Parallel zur nördlichen Route ist eine südliche „See-Seidenstraße“ geplant, die über Südostasien, den Mittleren Osten und Ostafrika, China mit Europa ver103 Vgl. Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses v. 19. 04. 2018 zum Vorschlag COM(2017) 487 final, C 262/94, Rn. 2.3. 104 Vgl. Linklaters – The road to success. Completing outbound investment in an increasingly regulated world, abrufbar unter: https://www.linklaters.com/en/insights/thought-leader ship/china-outbound-ma/the-road-to-success-completing-outbound-investment-in-an-increasin gly-regulated-world. 105 Vgl. Schmid, Internationale Politik v. 05/2018, Die chinesische Herausforderung, S. 88. 106 Vgl. Hanemann/Huotari, Chinesische Direktinvestitionen in Deutschland und Europa, S. 47. 107 Umfassend zur inhaltlichen Ausrichtung der One-Belt-One-Road-Initiative: Tai-Wei/ Hui-Yi Tseng/Xin Lim, China’s One Belt One Road initiative. 108 S. zu Verlauf, Gesichte und Bedeutung der alten Seidenstraße: Hartmann/Maennig/ Wang, Chinas neue Seidenstraße, S. 163 ff., Hillmann hingegen hält den Vergleich mit der alten Seidenstraße für romantisierend, s. Hillman, The Washington Post online, 09. 04. 2018 – Is China making a trillion-dollar mistake?, abrufbar unter: https://www.washingtonpost.com/ news/theworldpost/wp/2018/04/09/one-belt-one-road/?noredirect=on&utm_term=.39de9af2 c8e9.

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B. Ausgangsbedingungen

bindet.109 Beide Routen gemeinsam sollen nach Fertigstellung nicht weniger als 65 Länder bzw. 65 % der Weltbevölkerung, die etwa 30 % des globalen BIP ausmachen, miteinander und insbesondere mit der Volksrepublik verbinden.110 Bevorzugtes Ziel chinesischer Seidenstraßen-Investitionen sind vor allem Infrastrukturprojekte wie Häfen, Eisenbahnen und Straßen aber gerade auch Einrichtungen der Energieversorgung. Während speziell Entwicklungs- und Schwellenländer die chinesische Investitionsinitiative begrüßen, sieht man die Ambitionen Pekings zumindest in Teilen der Europäischen Union recht skeptisch.111 Im Rahmen der sogenannten „16+1-Plattform“ koordinieren und vertiefen insbesondere mittel- und osteuropäische, teils der EU angehörende, teils an sie angrenzende Staaten ihre politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Volksrepublik und sollen im Rahmen der SeidenstraßenInitiative von chinesischen Investitionen zunächst im Wert von 12,7 Mrd. Euro in dringend erforderliche Infrastrukturprojekte profitieren.112 Besonders in Bezug auf die betroffenen osteuropäischen EU-Mitgliedstaaten hat es Peking durch das in Aussicht gestellte oder bereits zugesagte Kapital erreicht, seinen Einfluss auf einzelne Mitglieder bzw. mit Blick auf die Abstimmungsmechanismen in den entscheidenden Gremien auch auf die gesamte EU erheblich auszubauen und einen Vertrauensverlust zwischen Ost- und Westeuropa zu provozieren. In den letzten Jahren hat aber das Engagement Chinas insbesondere in den unter Finanzierungsdruck stehenden Staaten Südeuropas (insbesondere Portugal, Irland, Italien, Griechenland, Spanien und Zypern) deutlich von unter 10 % in den Jahren vor 2011 auf über 30 % im Zeitraum zwischen 2012 und 2014 zugenommen.

109 Für eine Auflistung aller beteiligter Staaten s. China’s One Belt One Road initiative, S. 233. 110 Vgl. Gutmann, ostexperte.de, 13. 04. 2018 – „One Belt, One Road“: China setzt auf Neue Seidenstraße, abrufbar unter: https://ostexperte.de/china-neue-seidenstrasse/. 111 So spricht der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode etwa von „großer Aufmerksamkeit“ mit der man die wirtschaftliche Entwicklung Chinas beobachten müsse und betont Chancen und Risiken gerade der Seidenstraßen-Initiative, vgl. Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode, S. 153. 112 Vgl. Gaspers, Internationale Politik v. 02/2018, S. 24 f.; Das Engagement Chinas, speziell in den unter Finanzierungsdruck stehenden Staaten Südeuropas (insb. Portugal, Irland, Italien, Griechenland, Spanien und Zypern), hat von unter 10 % in den Jahren vor 2011 deutlich auf über 30 % im Zeitraum zwischen 2012 und 2014 zugenommen, vgl. Hanemann/Huotari, Chinesische Direktinvestitionen in Deutschland und Europa, S. 17.

II. Akteure im Zentrum des Interesses

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bb) Beispiele Zur Veranschaulichung der – aufgrund ihres aktuell noch verhältnismäßig geringen Investitionsumfangs113 – gelegentlich bestrittenen Relevanz chinesischer FDI gezielt in kritische (Energie-)Infrastrukturen und wegen der besonderen strategischen Bedeutung der betroffenen Einrichtungen, sei im Folgenden auf eine nur beispielhafte Auswahl von insgesamt wesentlich zahlreicheren chinesischen Investitionen in kritische Bereiche des Energiesektors näher eingegangen. (1) Griechenland – Der Fall ADMIE Im Zuge der europäischen Finanz- und Staatsschuldenkrise bedurfte Griechenland finanzieller Unterstützung und war dazu angehalten, im Gegenzug für gewährte Finanzhilfen sowie im Sinne der Haushaltskonsolidierung, insbesondere die Privatisierung von bislang staatlichen Unternehmen zu betreiben.114 Diese Entwicklung machen sich zunehmend chinesische Investoren zunutze,115 für die speziell Griechenland mit Blick auf die Neue Seidenstraße, gleichsam als „Tor Chinas nach Europa“116 eine besondere Rolle einnimmt.117 Betroffen waren, neben dem Hafen von Piräus,118 nicht zuletzt auch Betreiber von Kritischen Infrastrukturen im Energiesektor, wie namentlich der (einzige) griechische Strom-Übertragungsnetzbetreiber ADMIE, an dem seit Dezember 2016 das – weltweit größte – chinesische Ener-

113 Insb. im Vergleich mit anderen drittstaatlichen Investoren z. B. der USA, vgl. Eurostat, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:Foreign_direct_investment,_ EU-28,_2012–2015_YB17.png. 114 Vgl. Rankin, The Guardian online, 25. 07. 2015 – The great Greece fire sale, abrufbar unter: https://www.theguardian.com/business/2015/jul/24/greek-debt-crisis-great-greece-firesale. 115 Vgl. Tonchev, China’s Growing Economic and Political Clout through Investment in Greece, in: Seaman/Huotari/Otero-Iglesias (Hrsg.), Chinese Investment in Europe, S. 72. 116 FAZ.net, 22. 06. 2014 – China investiert kräftig in Griechenland, abrufbar unter: http:// www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/china-investiert-kraeftig-in-griechenland-13 003672.html. 117 Vgl. Hartmann/Maennig/Wang, Chinas neue Seidenstraße, S. 53 ff.; zudem hat Griechenland als „erste entwickelte westliche Nation“ und damit auch als einziger EU-Mitgliedstaat das Memorandum of Understandig unterzeichnet, das Peking allen Unterstützerstaaten der Seidenstraße vorlegt. Die Unterzeichnerstaaten bekennen sich dazu, die „Kerninteressen und Hauptanliegen“ der jeweils anderen Seite, also auch die Gebietsansprüche Chinas im Südchinesischen Meer oder den Anspruch auf Taiwan sowie einen Verzicht auf Kritik an Menschenrechtsverletzungen, zu respektieren, vgl. Böge, FAZ v. 29. 08. 2018 – Harmonie nach Pekinger Art, S. 5 sowie allgemein zu den geostrategischen Interessen Chinas: Marshall, Die Macht der Geographie, S. 47 ff. 118 Vgl. Spiegel Online, 08. 04. 2016 – Griechenland verkauft Hafen von Piräus an chinesische Reederei, abrufbar unter: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/griechenland-ver kauft-hafen-piraeus-an-chinesische-reederei-a-1086152.html, ausführlich dazu: Hartmann/ Maennig/Wang, Chinas neue Seidenstraße, S. 53 f.

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B. Ausgangsbedingungen

gie(staats)unternehmen State Grid Corporation of China (SGCC)119 einen Anteil von 24 % hält.120 Die immer engere Kooperation zwischen der Volksrepublik und Griechenland sowie der wachsende Pekinger Einfluss auf die Hellenische Republik durch die große Offenheit Athens für chinesisches Kapital rufen innerhalb der EU zunehmend Misstrauen hervor – insbesondere seit Pekings „zuverlässigster Freund in Europa“121 in zwei wesentlichen Fällen einen gemeinsamen europäischen Standpunkt zu kritischen Fragen China betreffend bereits durch sein Veto verhindert hat122 und Griechenland jüngst – ganz im Sinne Pekings – Kritik am Kommissionsvorschlag für einen europäischen Investitionsprüfungsmechanismus übte.123 (2) Großbritannien – Hinkley Point C Das südenglische Atomkraftwerk Hinkley Point besteht derzeit aus den beiden Reaktoren Hinkley Point A und B. Geplant sind außerdem zwei weitere Reaktoren (gemeinsam: Hinkley Point C), zu deren Errichtung im März 2013 dem französischen Energiekonzern Électricité de France (EDF) die Genehmigung erteilt worden ist. Wegen der enormen Investitionskosten von geschätzt bis zu 24,5 Mrd. Pfund124 hat sich EDF 2015 mit dem Anlagenhersteller Areva (ca. 10 %) und den beiden chinesischen Staatsunternehmen China General Nuclear Corporation (GNC) und China National Nuclear Corporation (CNNC) zu einem gemeinsamen Konsortium 119 SGCC ist ein staatliches Energieunternehmen, dessen Kerngeschäft sich i. W. auf den Betrieb von Energienetzen konzentriert, vgl. http://www.sgcc.com.cn/ywlm/aboutus/profile. shtml; SGCC belegt auf der jährlich erscheinenden Fortune-Global-500-Liste der weltweit 500 umsatzstärksten Unternehmen den zweiten Rang, vgl. http://fortune.com/global500/state-grid/. 120 Vgl. Reuters, 15. 12. 2016 – China’s State Grid seals purchase of stake in Greek power grid, abrufbar unter: http://www.reuters.com/article/us-public-power-m-a-state-grid-corp-idU SKBN1451SM. 121 Horowitz/Alderman, The New York Times online, 26. 08. 2017 – Chastised by E. U., a Resentful Greece Embraces China‘s Cash and Interests, abrufbar unter: https://www.nytimes. com/2017/08/26/world/europe/greece-china-piraeus-alexis-tsipras.html. 122 Im Juli 2016 verhinderte Griechenland einen europäischen Standpunkt zum Territorialkonflikt rund um das Südchinesische Meer sowie im Juni 2017 eine Stellungnahme der EU an die Vereinten Nationen zur Menschenrechtslage in China, s. Horowitz/Alderman, The New York Times online, 26. 08. 2017 – Chastised by E. U., a Resentful Greece Embraces China’s Cash and Interests, abrufbar unter: https://www.nytimes.com/2017/08/26/world/europe/greecechina-piraeus-alexis-tsipras.html sowie Gaspers, Internationale Politik v. 02/2018, S. 28; ausführlich geht Tonchev der Frage nach, inwieweit chinesische Investitionen die griechische Außenpolitik beeinflussen („To what extent do Chinese investments influence Greece’s foreign policy?“), vgl. Tonchev, China’s Growing Economic and Political Clout through Investment in Greece, in: Seaman/Huotari/Otero-Iglesias (Hrsg.), Chinese Investment in Europe, S. 69 ff. 123 I. d. S. auch: Gaspers, Internationale Politik v. 02/2018, S. 28. 124 Vgl. Gosden, The Telegraph online, 08. 10. 2014 – Hinkley Point nuclear plant cost £24.5bn, abrufbar unter: http://www.telegraph.co.uk/finance/newsbysector/energy/11148193/ Hinkley-Point-nuclear-plant-to-cost-34bn-EU-says.html.

II. Akteure im Zentrum des Interesses

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zusammengeschlossen, in dem EDF selbst 50 – 60 % der Anteile hält, während sich die restlichen 30 – 40 % der Anteile in den Händen der beiden chinesischen Investoren befinden.125 Die durchaus wesentliche chinesische Beteiligung weckt in Großbritannien Ängste, dass Peking durch den mit der Investition einhergehenden Einfluss auf die Stromversorgung möglicherweise in die Lage versetzt werde, jederzeit die britische Energieproduktion ausschalten zu können.126 Nick Timothy, bis zu den Parlamentswahlen 2017 Stabschef von Premierministerin May, formulierte Mitte 2016 in der Financial Times gar die Gefahr einer potenziellen „Energie-Erpressung“ („energy blackmail“), der man sich möglicherweise durch die Beteiligung aussetze.127 Zusätzlich angefacht werden diese Befürchtungen noch durch chinesische Pläne zur Errichtung zweier weiterer Atomkraftwerke in Essex (Bradwell-on-Sea) und Suffolk (Sizewell) – dann jeweils unter der Führung Pekings.128 Hinzu kommen womöglich militärische Bedenken: Nach einem Bericht der University of Sussex, handelt es sich bei den für Hinkley Point C geplanten Reaktoren um eine zwar größere aber ansonsten baugleiche Version des Reaktortyps, der auch für den Antrieb britischer Atom-U-Boote eingesetzt werde.129 Die Volksrepublik gelangt so, im Zuge einer vermeintlich zivilen Investition, in den Besitz militärisch relevanten technischen Wissens. (3) Malta – Enemalta Enemalta ist das einzige Energieversorgungsunternehmen Maltas130 und als vertikal integriertes Unternehmen neben der Erzeugung auch für die Verteilung 125 Vgl. Süddeutsche Zeitung online, 21. 10. 2013 – Frankreich und China bauen Atomkraftwerk in Großbritannien, abrufbar unter: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/kernener gie-frankreich-und-china-bauen-atomkraftwerk-in-england-1.1799446. 126 Vgl. Hornby, Financial Times online, 29. 07. 2016 – Hinkley Point review signals UK rethink on Chinese investment, abrufbar unter: https://www.ft.com/content/2af4e1c8-5562-11 e6-befd-2fc0c26b3c60. 127 Vgl. Hornby, Financial Times online, 29. 07. 2016 – Hinkley Point review signals UK rethink on Chinese investment, abrufbar unter: https://www.ft.com/content/2af4e1c8-5562-11 e6-befd-2fc0c26b3c60, es wird vermutet, dass Hinkley Point C allein rund 7 % des gesamten britischen Strombedarfs decken wird: Ruddick, The Guardian online, 15. 09. 2016 – China plans central role in UK nuclear industry after Hikley Point approval, abrufbar unter: https://www.the guardian.com/business/2016/sep/15/hinkley-point-chinese-firm-to-submit-essex-nuclear-plantplans. 128 Vgl. Ruddick, The Guardian online, 15. 09. 2016 – China plans central role in UK nuclear industry after Hikley Point approval, abrufbar unter: https://www.theguardian.com/business/201 6/sep/15/hinkley-point-chinese-firm-to-submit-essex-nuclear-plant-plans. 129 Ausführlich hierzu: Cox/Johnstone/Stirling, Understanding the Intensity of UK Policy Commitments to Nuclear Power. 130 Enemalta sind durch die EU-Kommission wegen der geringen Größe des maltesischen Elektrizitätsmarktes umfassende Ausnahmen insb. von Art. 9, Art. 26, Art. 32 und Art. 33 der

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B. Ausgangsbedingungen

sowie (als Verteilernetzbetreiber) für den Ausbau des maltesischen Energienetzes zuständig.131 Aufgrund eines 2014 durch die maltesische Regierung abgeschlossenen Investitionsdeals gingen ein Drittel von Enemalta sowie 90 % aller Anteile an dessen größtem Kraftwerk (in Delimara) mit dem Ziel an das chinesische Staatsunternehmen Shanghai Electric Power (SEP), die langfristigen Verbindlichkeiten Enemaltas zu reduzieren.132 Das chinesische Unternehmen hat durch seine Beteiligungen somit nicht nur wesentlichen Einfluss hinsichtlich aller Entscheidungen des einzigen Energieversorgungsunternehmens in Malta, sondern gleichzeitig die absolute Kontrolle über ein Kraftwerk, das in den letzten Jahren für nahezu ein Drittel der gesamten maltesischen Elektrizitätsproduktion verantwortlich war.133 (4) Portugal – Redes Energeticas Nacionais (REN) und Energias de Portugal (EDP) Auch Portugal war bekanntermaßen im Zuge der europäischen Staatsschuldenkrise in finanzielle Schieflage geraten und trennte sich auf Betreiben der „Troika“ zur Sanierung des Haushaltes von verschiedenen staatlichen Beteiligungen.134 Darunter auch Anteile an Unternehmen im Energiesektor, wie dem für den Transport von Elektrizität und Gas zuständigen staatlichen Übertragungsnetzbetreiber REN135 oder EDP136, dem größten Energieerzeuger Portugals. Wie im Falle Griechenlands, ging 2012 im Zuge des Privatisierungsprogrammes ein erheblicher Anteil RENs von immerhin 25 % an das chinesische Staatsunternehmen State Grid of China. Die Chinesen sind damit (vor der Oman Oil Company, die weitere 15 % hält) Hauptaktionär von Portugals einzigem Übertragungsnetzbetreiber.137 Richtlinie 2009/72/EG des EP u. des Rates v. 13. 07. 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt, ABl. EU 2009, Nr. L-211/55 (i. F.: Richtlinie 2009/72/EG) gewährt worden, vgl. SWD(2017) 405 final. 131 Vgl. https://www.enemalta.com.mt/about-us/profile/. 132 Vgl. Borg, The Malta Independent online, 12. 12. 2014 – Agreement on strategic investment in Enemalta by Shanghai Electric Power signed, abrufbar unter: http://www.indepen dent.com.mt/articles/2014-12-12/local-news/Agreement-on-strategic-investment-in-Enemaltaby-Shanghai-Electric-Power-to-be-signed-today-6736127225. 133 Vgl. Sansone, Times of Malta online, 21. 11. 2016 – BWSC plant generated 28 per cent of electricity last year, abrufbar unter: https://www.timesofmalta.com/articles/view/20161121/lo cal/bwsc-plant-generated-just-28-per-cent-of-electricity-last-year.631650. 134 Vgl. Focus Online, 02. 02. 2012 – China und Oman kaufen sich bei Energieversorger REN ein, abrufbar unter: https://www.focus.de/finanzen/finanz-news/finanzkrise-portugal-chi na-und-oman-kaufen-sich-bei-energieversorger-ren-ein_aid_710017.html. 135 Vgl. https://www.ren.pt/en-GB/quem_somos/perfil_da_empresa/. 136 Vgl. https://www.edp.com/en/energy-sector/generation. 137 Vgl. https://www.ren.pt/en-GB/investidores/estrutura_acionista/.

II. Akteure im Zentrum des Interesses

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Ebenfalls 2012 setzte sich die China Three Gorges Corporation (CTG) zunächst im Bieterwettbewerb um 21,35 % der Anteile an EDP unter anderem gegen den deutschen Energieversorger E.ON durch138 und unterbreitete Anfang Mai 2018 ein Angebot über neun Mrd. Dollar für dann insgesamt 77 % an Energias de Portugal.139 Auch bei Portugals größtem Energieerzeuger hält damit bereits im Augenblick das mit Abstand größte Aktienpaket ein chinesisches Staatsunternehmen und könnte seine Anteile schon sehr bald zu einer absoluten Mehrheit aufstocken.140 (5) Deutschland – 50Hertz Die 50Hertz Transmission GmbH ist die Nachfolgerin der Netzsparte des zuvor vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens Vattenfall und stand zunächst zu 60 % im Eigentum des belgischen Netzbetreibers Elia System Operator und zu 40 % im Eigentum des australischen Infrastrukturfonds Industry Funds Management (IFM Global Infrastructure Fund). Beide Inhaber hatten ihre Anteile in die belgischen Eurogrid International CVBA/SCRL-Holding eingebracht. Ende 2017 wurde bekannt, dass sich die IFM Global von der Hälfte ihres 40prozentigen Anteils an der 50Hertz-Muttergesellschaft trennen und an den chinesischen Staatskonzern State Grid Corporation of China (SGCC) veräußern wollte. Schließlich übte Elia sein Vorkaufsrecht aus, erhöhte seinen Eigentumsanteil von 60 % auf 80 % und kam zugleich den chinesischen Ambitionen für einen Einstieg in das deutsche Stromnetz zuvor.141 Im Juli 2018 unternahm die SGCC dann einen neuen Versuch, sich die bei IFM Global verbliebenen 20 % zu sichern. Erneut machte aber Elia, diesmal allerdings auf Betreiben der deutschen Bundesregierung zugunsten der deutschen Staatsbank KfW, von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch und gab die von IFM erworbenen Restanteile am 50Hertz-Mutterkonzern in Höhe von 20 % unmittelbar an die KfW weiter.142

138 Vgl. Reuters, 22. 12. 2011 – ChinaThree Gorges wins Portugal EDP stake sale, abrufbar unter: https://www.reuters.com/article/edp-china/china-three-gorges-wins-portugal-edp-stakesale-idUSL6E7NM2GX20111222. 139 Vgl. Witsch, Handelsblatt online, 14. 05. 2018 – Chinesen drängen mit Milliardenangebot auf den europäischen Strommarkt, abrufbar unter: http://www.handelsblatt.com/unterneh men/energie/energiemarkt-chinesen-draengen-mit-milliardenangebot-auf-den-europaeischenstrommarkt/22104744.html?ticket=ST-151918-YiW6CsTc6V2P2hcgU6QA-ap3. 140 Vgl. Rodrigues, Chinese Investment in Portugal, in: Seaman/Huotari/Otero-Iglesias (Hrsg.), Chinese Investment in Europe, S. 117 ff. 141 Vgl. Flauger, Handelsblatt online, 23. 03. 2018 – Chinesen scheitern beim Einstieg ins deutsche Stromnetz, abrufbar unter: https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/netzbe treiber-50hertz-chinesen-scheitern-beim-einstieg-ins-deutsche-stromnetz/21107306.html?ti cket=ST-2080304-5T6ZPzBZmlbUZE0iSkux-ap2. 142 Vgl. Spiegel Online, 27. 07. 2018 – Einstieg der Chinesen abgewehrt, abrufbar unter: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/netzwerkbetreiber-kfw-sticht-chinesischen-inves tor-aus-a-1220437.html.

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B. Ausgangsbedingungen

d) Zusammenfassung/Zwischenergebnis Während Norwegen zwar über den weltweit größten staatlichen Investitionsfonds verfügt, zeigt sich bei genauer Betrachtung schnell, dass von ihm für die europäische Energieversorgungssicherheit keine nennenswerte Gefahr ausgeht. Vielmehr wird klar, dass die Organisation und Investitionspolitik des norwegischen Government Pension Fund Global ein positives Beispiel für eine transparente und durch die Empfängerstaaten positiv rezipierte Investitionspraxis darstellt. Hinzu kommt die enge politische Verknüpfung Norwegens mit den Staaten der EU im Rahmen des EWR bzw. der NATO. Russland hingegen hat gerade in der jüngsten Vergangenheit – beispielsweise durch den Einsatz von Gaslieferungen als politisches Druckmittel oder die Annexion der Krim – seine Bereitschaft signalisiert, politische Interessen notfalls auch mit Gewalt durchzusetzen. Vor diesem Hintergrund erscheint die ohnehin bestehende und sich nicht zuletzt durch die geplante Nord Stream 2-Pipeline möglicherweise noch vergrößernde Abhängigkeit von russischen Energielieferungen eine Gefahr für die europäische Energieversorgungssicherheit darzustellen. Hinsichtlich der Volksrepublik China machen die dargestellten (nicht abschließenden) Beispiele das zunehmende Gewicht Pekings in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union deutlich. Sie zeigen, dass China sich nicht nur vorwiegend die am stärksten von der europäischen Finanz- und Staatsschuldenkrise betroffenen Staaten als Investitionsziel ausgesucht und hier in strategische Infrastrukturen investiert hat, sondern auch, dass Peking über sein finanzielles Engagement – nicht zuletzt im Rahmen seiner Neuen Seidenstraße – politisch auf Entscheidungen der EU Einfluss entweder bereits ausgeübt hat oder aber die Voraussetzungen dafür schafft, einen entsprechenden Einfluss nötigenfalls in Zukunft ausüben und Entscheidungen der Union im eigenen Interesse (mit-)gestalten zu können. Das gilt umso mehr, wenn es sich nicht nur um den erheblichen Einsatz chinesischen Kapitals handelt, sondern insbesondere dann, wenn das finanzielle Engagement sich speziell auf solche Infrastrukturen fokussiert, die von wesentlicher Bedeutung beispielsweise für die europäische Energieversorgungssicherheit oder vergleichbare strategische Interessen der Union sind. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich vor dem Hintergrund dieser Befunde daher auf Investitionen insbesondere aus der Russischen Föderation und China.

III. Investitionsarten

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III. Investitionsarten Für die Frage, welche Risiken mit Investitionen verbunden sind und letztlich auch für die europa-143 bzw. welthandelsrechtliche Beurteilung, ist neben der Herkunft des Kapitals auch relevant, um welche Art von Investition es sich im Einzelnen handelt. Entscheidend für die Klassifizierung ist nicht zuletzt die mit der Investition verfolgte Zielsetzung. Zu unterscheiden gilt es grundsätzlich zwischen sogenannten Portfolio- und Direktinvestitionen.144 Eine klare Abgrenzung dieser beiden Investitionsarten ist oft nicht uneingeschränkt möglich und ergibt sich erst aus dem Zusammenspiel verschiedener wesentlicher Elemente zu denen insbesondere ihre Funktion und das damit in unmittelbarem Zusammenhang stehende Interesse des Investors gehören.

1. Portfolioinvestitionen Portfolioinvestitionen beschreiben in der Regel Kapitalbeteiligungen an Unternehmen in Form von Aktien, Wertpapieren und/oder Darlehen. Mit ihnen strebt der Investor regelmäßig keinen Einfluss auf das Zielunternehmen an.145 Im Vordergrund steht vielmehr eine Beteiligung am etwaig erzielten Gewinn des Unternehmens. Zur Abgrenzung kann (neben dem mit der Investition verfolgten Ziel) auch auf die Beteiligungshöhe – liegt die Beteiligung bei über 10 % so wird allgemein von einer Direktinvestition ausgegangen146 – abgestellt werden. Im Rahmen einer Portfolioinvestition überschreitet lediglich das investierte Kapital die Grenze zu einem anderen Staat.147 Ein darüber hinaus gehendes Element der Niederlassung (wie bei Direktinvestitionen) gibt es hingegen nicht.

143

Vgl. zur Unterscheidung zwischen Portfolio- und Direktinvestitionen in der Rspr. des EuGH: EuGH, Urt. v. 28. 09. 2006, verb. Rs. C-282/04 u. C-283/04, Slg. 2006, I-9141 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/NL, Rn. 19; EuGH, Urt. v. 23. 10. 2007, Rs. C112/05, Slg. 2007, I-8995 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Deutschland (VWGesetz), Rn. 54. 144 Z. B. ist die Abgrenzung von Portfolio- und Direktinvestitionen gem. Art. 207 Abs. 1 AEUV in Bezug auf die Abgrenzung der Kompetenzen der EU von wesentlicher Bedeutung, s. u. C.I.1.a)aa)(1)(a), C.I.1.b)dd)(2)(a) sowie insb. D.I. 145 I. d. S. z. B.: Reinisch, § 8 – Internationales Investitionsschutzrecht, in: Internationales Wirtschaftsrecht, Rn. 30. 146 Vgl. Krajewski, Wirtschaftsvölkerrecht, Rn. 539. 147 Vgl. Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen, S. 9.

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B. Ausgangsbedingungen

2. Direktinvestitionen (FDI) Mit Direktinvestitionen (oder Foreign Direct Investment bzw. FDI) verfolgt der Investor das Ziel, sich einen gewissen Grad an Kontrolle über das Zielunternehmen zu sichern und sich länger als nur vorübergehend im Zielland wirtschaftlich zu betätigen. Direktinvestitionen beinhalten von ihrem Zweck aus betrachtet daher – neben der zwangsläufig mit ihnen verbundenen grenzüberschreitenden Verlagerung von Kapital – ein zusätzliches, mehr oder weniger dauerhaftes Element der Niederlassung.148 Direktinvestitionen treten in unterschiedlichen Formen auf. Möglich erscheinen etwa die Neuerrichtung, die Übernahme oder die Beteiligung an einem bereits bestehenden Unternehmen.149

3. Zwischenergebnis Wegen ihrer zu vernachlässigenden Größe und der Tatsache, dass mit ihnen keine Kontrolle über das fragliche Zielunternehmen angestrebt wird, dürfen Portfolioinvestitionen im Wesentlichen eher unkritisch, wenn nicht sogar positiv betrachtet werden. Insbesondere geht von ihnen grundsätzlich keine Gefahr aus. Für Direktinvestitionen hingegen ist – wie gezeigt – regelmäßig konstituierend, dass der Investor durch seine Beteiligung wesentliche Mitbestimmungsrechte erwirbt. Der Investor erhält also durch den Einsatz seines Kapitals die Möglichkeit, auf Entscheidungen des Zielunternehmens Einfluss zu nehmen. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich daher auf Direktinvestitionen – insbesondere aus Russland und China150 – während Portfolioinvestitionen unberücksichtigt bleiben können.

IV. Anlageobjekte Grundsätzlich stellt ein für ausländisches Kapital offener Markt die Grundvoraussetzung für ein offenes Investitionsklima dar und sorgt so dafür, dass im Sinne einer optimalen Kapitalallokation finanzielle Mittel dort zur Verfügung stehen, wo sie gebraucht werden. Das gilt umso mehr dort, wo es aus unterschiedlichen Gründen an dringend benötigten Investitionen fehlt. 148 149 150

Vgl. Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen, S. 9 f. Vgl. Krajewski, Wirtschaftsvölkerrecht, Rn. 538. Vgl. hierzu oben B.II.3.

IV. Anlageobjekte

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Gleichzeitig bestehen gegen einen zu offenen Umgang mit insbesondere drittstaatlichen Beteiligungen nachvollziehbare Bedenken. Vorbehalte ergeben sich insofern besonders dort, wo sicherheitsrelevante Schlüsselsektoren betroffen sind.151 Bei welchen Bereichen es sich um Schlüsselsektoren handelt und ob darunter auch die Energieversorgung zu fassen ist, soll im Folgenden erörtert werden.

1. Kritische Infrastrukturen – Begriffsklärung Zur juristischen Kategorisierung einer Einrichtung als „Kritische Infrastruktur“ können zahlreiche Begriffsdefinitionen herangezogen werden von denen jedoch bislang keine in der Lage wäre, allgemeine Gültigkeit zu beanspruchen.152 Im Folgenden soll aufbauend auf bereits bestehenden Definitionen unterschiedlicher Urheber herausgearbeitet werden, welche Begriffsdefinition die vorliegende Arbeit im Hinblick auf die Identifizierung Kritischer Infrastrukturen grundsätzlich zugrunde legt und welche Einrichtungen des Energiesektors im Einzelnen Kritische Infrastrukturen darstellen. a) Definitionsansätze Eine Definitionsmöglichkeit bietet die europäische KRITIS-Richtlinie153, mit der erreicht werden sollte, dass kritische Infrastrukturen mit grenzüberschreitendem Charakter – sogenannte europäische kritische Infrastrukturen (EKI) – durch die Mitgliedsstaaten ermittelt und ausgewiesen werden, um im Anschluss daran eine Bewertung im Hinblick auf möglicherweise notwendige Verbesserung des Schutzes von EKI abgeben zu können.

151 S. auch: Kohm, Auslandserwerb von Transportnetzen, S. 23; Hanemann/Huotari, Chinesische Direktinvestitionen in Deutschland und Europa, S. 47; Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen, S. 10. 152 Auf das vielfältige Angebot und das Fehlen einer allgemein anerkannten Definition verweisen m. w. N. auch Schmidt-Preuß, Europäische und internationale Ansätze zum Schutz kritischer IT- und Energie-Infrastrukturen, in: Kloepfer (Hrsg.), Schutz kritischer Infrastrukturen, S. 67; Kloepfer, Einleitung, in: Schutz kritischer Infrastrukturen, S. 11 ff. sowie zusätzlich mit Ausführungen zur Genese des Begriffes Wiater, Sicherheitspolitik zwischen Staat und Markt, S. 19 ff.; Kuhn, IFAR-Working Paper Nr. 5/2005, S. 4 ff.; Metzger, Das Konzept „Schutz kritischer Infrastrukturen“ hinterfragt, in: Bulletin zur schweizerischen Sicherheitspolitik, S. 73 ff sowie kritisch zur Begriffsbildung im Hinblick auf die Legaldefinition aus § 17 Abs. 1 Nr. 3 ZKSG: Kahrl, DÖV 2009, 535 ff. 153 Vgl. Richtlinie 2008/114/EG v. 08. 12. 2008 über die Ermittlung und Ausweisung europäischer kritischer Infrastrukturen und die Bewertung der Notwendigkeit, ihren Schutz zu verbessern, Abl. EG 2008 Nr. L-345/75 (i. F.: Richtlinie 2008/114/EG); hierzu ausführlich Wiater, Sicherheitspolitik zwischen Staat und Markt, S. 213 ff.

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B. Ausgangsbedingungen

Gemäß Art. 2 lit. a der Richtlinie bezeichnet der Begriff „Kritische Infrastruktur“ in einem Mitgliedstaat gelegene Anlagen, Systeme oder Teile davon, die von wesentlicher Bedeutung für die Aufrechterhaltung wichtiger gesellschaftlicher Funktionen, der Gesundheit, der Sicherheit und des wirtschaftlichen und sozialen Wohlergehens der Bevölkerung sind und deren Störung oder Zerstörung erhebliche Auswirkungen auf einen Mitgliedstaat hätte, da diese Funktionen nicht aufrechterhalten werden könnten. Auch die Bundesregierung hat zuletzt154 in ihrer „Nationalen Strategie zum Schutz Kritischer Infrastrukturen“155 die erfassten Einrichtungen ganz allgemein als „Organisationen oder Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden“156 definiert. Dieser Begriffserklärung folgt im Wesentlichen auch § 2 Abs. 10 des Gesetzes über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (i.F.: BSI-Gesetz)157 und definiert erstmals, worum es sich bei Kritischen Infrastrukturen handelt. Der Gesetzeber nimmt hier eine enumerative Aufzählung aller Wirtschaftsbereiche vor, in denen Anlagen oder Anlagenteile Kritische Infrastrukturen darstellen können. Er erwähnt insbesondere die Sektoren Energie, Informationstechnik und Telekommunikation, Transport und Verkehr, Gesundheit, Wasser, Ernährung sowie Finanz- und Versicherungswesen.158 Zusätzlich muss die fragliche Einrichtung von hoher Bedeutung für das Funktionieren des Gemeinwesens sein, weil durch ihren Ausfall oder ihre Beeinträchtigung erhebliche Versorgungsengpässe oder Gefährdungen für die öffentliche Sicherheit eintreten würden.159 Die Kritischen Infrastrukturen im Sinne des BSI-Gesetzes werden durch die Verordnung zum BSI-Gesetz160 bestimmt, wonach es sich um eine Kritische Infrastruktur handelt, sofern die fragliche Anlage einem der in den §§ 2 bis 5 BSI-Kri-

154 Zuvor hatte der Gesetzgeber bereits in § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 ZSKG Kritische Infrastrukturen legaldefiniert, wonach es sich bei Einrichtungen um Kritische Infrastrukturen handelte, „bei deren Ausfall die Versorgung der Bevölkerung erheblich beeinträchtigt wird“. 155 BMI, KRITIS-Strategie 2009. 156 BMI, KRITIS-Strategie 2009, S. 3. 157 Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI-Gesetz) v. 14. 08. 2009, BGBl. I, S. 2821 ff., § 2 Abs. 10 BSI-Gesetzt eingefügt durch das Gesetz zur Erhöhung der Sicherheit in der Informationstechnik (IT-Sicherheitsgesetz) v. 17. 07. 2015, BGBl. I, S. 1324 ff. 158 Vgl. § 2 Abs. 10 Nr. 1 BSI-Gesetz. 159 Vgl. § 2 Abs. 10 Nr. 2 BSI-Gesetz. 160 Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz (i. F.: BSIKritisV) v. 22. 04. 2016, BGBl. II, S. 958, erlassen auf Grundlage der Verordnungsermächtigung aus § 10 BSI-Gesetz.

IV. Anlageobjekte

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tisV161 beschriebenen Sektoren zuzurechnen ist und ihr Ausfall oder ihre Beeinträchtigung zu erheblichen Versorgungsengpässen oder zur Gefährdung der öffentlichen Sicherheit führen würde.162 Zusätzlich enthält die BSI-KritisV insgesamt vier, jeweils den in den §§ 2 bis 5 erwähnten Sektoren zugeordnete Anhänge, die ebenso ausführlich wie präzise die Anlagenkategorien sowie die entsprechenden Schwellenwerte enthalten, die eine Identifizierung von Anlagen als Kritische Infrastrukturen auf dem Gebiet der genannten Sektoren ermöglichen. b) Zwischenergebnis Bei allen Unterschieden der im Detail verwendeten Begrifflichkeiten – so wird etwa sowohl durch den nationalen als auch durch den europäischen Definitionsansatz der schillernde Begriff der „öffentlichen Sicherheit“ bemüht , ob ob der im BSIGesetz verwendete öffentliche Sicherheitsbegriff i. S. d. Dogmatik des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechtes verstanden werden muss, während derselbe Begriff, jetzt der KRITIS-Richtlinie entnommen, auch i. S. d. Rechtfertigungsdogmatik der europäischen Grundfreiheiten verstanden werden könnte – teilen die beiden hier skizzierten definitorischen Ansätze doch ihren Kerngehalt und beschreiben im Wesentlichen eine Kritische Infrastruktur als eine Einrichtung oder Anlage auf deren Funktionieren der Staat bzw. die Gesellschaft existenziell angewiesen ist und bei deren Ausfall oder Störung erhebliche Schäden für den Einzelnen, die Wirtschaft oder die gesamte Gesellschaft zu erwarten wären.163 Sie stellen hingegen ausdrücklich nicht allein auf die potenzielle Gefährlichkeit der fraglichen Infrastruktur (z. B. Atommeiler) selbst ab. Mit Blick auf den Energiesektor gilt zusätzlich und ohnehin, dass praktisch sämtliche Wirtschafts- und Gesellschaftsbereiche auf eine zuverlässige Energieversorgung angewiesen sind. Der Energieversorgung bzw. ihrem Ausfall kommt eine erhebliche Querschnittsbedeutung zu und erfüllt daher nach beiden definitorischen Ansätzen deren wesentliche Voraussetzungen bzw. entspricht ihrem gemeinsamen Kerngehalt. Darüber hinaus findet der Energiesektor in seiner Eigenschaft als Kritische Infrastruktur sowohl im nationalen BSI-Gesetz164 bzw. der BSI-KritisV165 als auch in der europäischen KRITIS-Richtlinie – deren Anwendungsbereich sich ohnehin auf Verkehr und Energie beschränkt166 – nicht nur Erwähnung, sondern ordnet

161 Namentlich sind die Sektoren Energie, Wasser, Ernährung sowie Informationstechnik und Telekommunikation gemeint. 162 Vgl. § 1 Nr. 3 BSI-KritisV. 163 So i. W. auch Schmidt-Preuß, Europäische und internationale Ansätze zum Schutz kritischer IT- und Energie-Infrastrukturen, in: Schutz kritischer Infrastrukturen, S. 67. 164 Vgl. § 2 Abs. 10 Nr. 1 BSI-Gesetz. 165 Vgl. § 2 BSI-KritisV. 166 Vgl. Art. 3 Abs. 3 Richtlinie 2008/114/EG.

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B. Ausgangsbedingungen

explizit an, dass es sich bei Anlagen des Energiesektors grundsätzlich um Kritische Infrastrukturen handelt.

2. Kritische Infrastrukturen im Energiebereich Nachdem nun festgehalten werden konnte, dass Anlagen und/oder Einrichtungen des Energiesektors grundsätzlich als Kritische Infrastrukturen infrage kommen, muss in einem weiteren Schritt geklärt werden, welche Einrichtungen/Anlagen konkret in den Blick zu nehmen sind. Im Energiebereich kommen als Kritische Infrastrukturen generell Netze und andere Energieanlagen, von denen ein hohes Schadenspotenzial ausgeht, in Betracht.167 a) Andere Energieanlagen mit hohem Schädigungspotenzial aa) Energieerzeugungsanlagen: Systemstabilität und Regelenergie Der Ausfall oder der teilweise Ausfall stationärer insbesondere zentraler (Elektrizitäts-)Erzeugungsanlagen kann zweierlei Konsequenzen haben: Zum einen den Ausfall des Energieangebots und damit die Gefahr der Nicht- oder Unterversorgung der Abnehmer (Privatkunden, Unternehmen, öffentliche Einrichtungen) mit Energie. Während schon durch eine Unterversorgung erhebliche (volkswirtschaftliche) Schäden entstehen können, ist die kontrollierte und berechenbare Einspeisung von elektrischer Energie in das Netz noch ungleich wichtiger.168 Das europäische aus Wechselstrom gespeiste Verbundnetz arbeitet mit einer gemeinsamen Frequenz von etwa 50 Hertz („Sollfrequenz“). In jeder Situation muss zur Erhaltung der Netzstabilität so viel Strom erzeugt und in das Netz eingespeist werden, wie aus ihm entnommen wird. Eine ggf. bestehende Differenz muss zur Frequenzhaltung mit Hilfe von sogenannter „Regelleistung“ ausgeglichen werden.169 167

So auch: Schmidt-Preuß, Europäische und internationale Ansätze zum Schutz kritischer IT- und Energie-Infrastrukturen, in: Schutz kritischer Infrastrukturen, S. 67. 168 Zum gesamten Thema instruktiv wie ausführlich: Niederhausen/Burkert, Elektrischer Strom, S. 22 ff. 169 S. für einen Überblick zur Systemführung und -sicherheit: https://www.amprion.net/ Übertragungsnetz/Systemführung/Netzführung/, Knorr, Abschätzung der Netzstabilität einer rein regenerativen Stromversorgung, 10/2012, S. 10, zum Umfang von Netz- und Systemsicherheitsmaßnahmen insgesamt s. die Übersichten über durchgeführte Maßnahmen in: BNetzA, Quartalsbericht zu Netz- und Systemsicherheitsmaßnahmen, Gesamtjahr und Viertes Quartal 2017, S. 7 ff.

IV. Anlageobjekte

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Wird mehr Strom in das Netz eingespeist als entnommen, ist also zu viel Strom vorhanden, muss entweder spontan zusätzlicher Verbrauch generiert oder aber die Einspeiseleistung der Erzeuger verringert werden („negative Regelenergie“)170. Ohne die zweifelsohne bestehenden Probleme, die mit einer zu großen Verfügbarkeit von erzeugter Elektrizität einhergehen, pauschalisieren zu wollen, kann – sofern kein ausreichender zusätzlicher Stromverbrauch bereitgestellt werden kann – durch die Abregelung von Erzeugungsleistung, insbesondere aus recht kurzfristig abschaltbaren erneuerbaren Quellen, ein tragfähiger Ausgleich geschaffen werden. Übersteigt die Netzentnahme hingegen die Einspeisung, sinkt die Netzfrequenz. In diesem Fall gestaltet sich die Lage ungleich schwieriger: Die entstehende Differenz muss entweder durch die Abregelung von Verbrauchern („Lastabwurf“) oder aber durch die Zuschaltung einer kurzfristig verfügbaren Leistungsreserve ausgeglichen werden („positive Regelenergie“)171, wobei die Größenordnung des Lastabwurfes abhängig ist von der Differenz zwischen Stromentnahme und Netzeinspeisung. Gelingt – weil bspw. zusätzliche Erzeugungskapazitäten nicht oder jedenfalls nicht kurzfristig verfügbar sind – der Frequenzausgleich nicht, droht im schlimmsten Fall der Blackout,172 in dessen Folge bei entsprechend langem Anhalten nicht nur volkswirtschaftliche, sondern auch erhebliche gesellschaftliche Folgen zu erwarten wären. Nach allem wird die strategische Relevanz von Energieerzeugungsanlagen für die Versorgungssicherheit deutlich. Erreicht die installierte Nennleistung einer Anlage innerhalb einer Regelzone eine solche Größenordnung173, dass mangels kurzfristig verfügbarer Leistungsreserven nicht die nötige Regelenergie aufgebracht werden könnte, um die aufkommende Lücke zwischen Einspeisung und Netzentnahme zu schließen oder besteht hierzu zumindest die Gefahr, kann es sich schon deshalb bei der fraglichen Erzeugungsanlage um eine Kritische Infrastruktur handeln. bb) Gefahren durch Emissionen Zum anderen kann auch von den Anlagen selbst eine Gefahr ausgehen. Zu denken ist in diesem Zusammenhang in erster Linie an Kernkraftwerke, soweit ihr sicherer Betrieb nicht mehr gewährleistet ist. Insbesondere die Nuklearkata170

Vgl. zum Begriff der negativen Regelenergie: Britz/Herzmann, in: Britz/Hellermann/ Hermes – § 22 EnWG, Rn. 3. 171 Vgl. zum Begriff der positiven Regelenergie: Britz/Herzmann, in: Britz/Hellermann/ Hermes – § 22 EnWG, Rn. 3. 172 Vgl. auch https://www.bdew.de/energie/systemstabilitaetsverordnung/495-hertz-pro blem/. 173 Nach Anhang I, Teil 3 (Anlagenkategorien und Schwellenwerte), Nr. 1.1. (Stromerzeugung), BSI-KritisV, liegt die Grenze für die Klassifizierung einer Stromerzeugungsanlage als Kritische Infrastruktur bei einer Netto-Nennleistung von 420 MW.

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B. Ausgangsbedingungen

strophen in Tschernobyl, Harrisburg und zuletzt im japanischen Fukushima zeigen, welches Zerstörungspotenzial für Mensch und Umwelt von einem atomaren Unglück – aufgrund einer Naturkatastrophe oder aber Sabotage – in einem Kernkraftwerk und den damit verbundenen nuklearen Emissionen ganz real ausgeht. b) Energienetze Zu unterscheiden und getrennt voneinander zu bewerten sind auf dem Gebiet der Energienetze zunächst Infrastrukturen zum Strom- und zum Gastransport. Wie schon im Hinblick auf andere Energieanlagen soll auch hier zwischen den Gefahren unterschieden werden, die durch einen (Teil-)Ausfall des Netzes entstehen und denen, die von möglichen Emissionen bei Schäden am Netz selbst ausgehen. aa) Stromnetz Die wesentlichen Infrastrukturen zum Transport von elektrischer Energie sind die Transport-, Übertragungs-, Mittelspannungs- und Niederspannungsnetze.174 Sie stellen das „Verbindungsglied“175 zwischen Stromerzeugern und Verbrauchern dar. Im Wesentlichen kommen den Stromnetzen zwei wichtige Aufgaben zu: Erstens dienen sie zum Transport von elektrischer Energie. Zweitens kommt ihnen eine Flexibilisierungsaufgabe zu. (1) Transportaufgabe Das Stromnetz dient dazu, die erzeugte elektrische Energie an ihren Bestimmungsort zu transportieren. Die Netze stellen als Infrastruktur der leitungsgebundenen Energieversorgung schon wegen ihrer Größe, aber auch wegen der mit ihrer Errichtung verbundenen, nicht selten erheblichen Eingriffe in die Natur natürliche Monopole dar. Bei ihrem Ausfall könnte nicht auf ein alternatives Netz zurückgegriffen werden.176 Die Versorgung der Verbraucher mit elektrischer Energie wäre deshalb bei einem Netzausfall nicht mehr möglich und es käme zum Blackout.177 Ein funktionierendes Stromnetz – gleichsam als Rückgrat der Stromversorgung – stellt 174 Die Einteilung erfolgt nach Netzspannung: Transportnetze 380 kV; Übertragungsnetze 110 kV; Mittelspannungsnetze 35 kV, 20 kV, 10 kV oder 6 kV, Niederspannungsnetze 690/ 400 V, 400/230 V, vgl. Niederhausen/Burkert, Elektrischer Strom, S. 19. 175 Grünwald, Moderne Stromnetze, S. 1. 176 I. d. S. auch Pielow/Benrath/Hoff/Schlegel, Energierecht, § 22, in: Öffentliches Wirtschaftsrecht, Rn. 86. 177 S. zu den gesellschaftlichen Folgen eines Blackouts eindrücklich die belletristische Beschreibung v. Elsberg, Blackout sowie hinsichtlich der entstehenden Kosten Piaszeck/ Wenzel/Wolf, Regional Diversity in the Costs of Electricity Outages: Results for German Counties.

IV. Anlageobjekte

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daher die absolut wesentliche Voraussetzung für eine zuverlässige Versorgung mit Elektrizität dar.178 (2) Flexibilisierungsaufgabe Gleichzeitig ermöglichen es die Stromnetze, insbesondere bei einem zunehmenden Anteil volatiler Erneuerbarer Energien an der Energieversorgung, flexibel auf verschiedene Ereignisse zu reagieren. Liegt beispielsweise zwischen der Ein- bzw. Ausspeisung von Strom ein Negativsaldo vor (in dessen Folge die Netzfrequenz sinkt), besteht Bedarf an der Erbringung positiver Regelleistung, der durch die kurzfristige Bereitstellung von zusätzlichen Einspeisemengen gedeckt werden kann.179 An dieser Stelle kommt – wie gezeigt – den Energieerzeugungsanlagen eine wesentliche Rolle zu. Die Netze sorgen nunmehr dafür, dass die Ausgleichsleistung selbst über weite Strecken – innerhalb der Europäischen Union inzwischen sogar grenzüberschreitend – erbracht und so die Netzstabilität aufrechterhalten werden kann. Liegt hingegen ein Positivsaldo vor, besteht die Möglichkeit Erzeugungsanlagen abzuregeln. Je nach Zusammensetzung des Strommixes zum fraglichen Zeitpunkt180 ist hierfür aber eine gewisse Zeitspanne einzukalkulieren. Gleichzeitig kann freilich versucht werden, dem Ungleichgewicht von Einspeisung und Entnahme durch zusätzlichen Stromverbrauch zu begegnen. Durch ihre Rolle als Bindeglied zwischen Energieerzeugern und Verbrauchern spielen auch an dieser Stelle besonders die Netze eine wesentliche Rolle. bb) Gasnetz Das Gasnetz besteht im Wesentlichen aus Pipelines zum Transport von Öl oder Gas. Wie auch auf dem Gebiet der Stromversorgung (und aus den gleichen Gründen)181 handelt es sich bei den entsprechenden Netzeinrichtungen um ein natürliches Monopol. Während allerdings Elektrizität nur unter großem Aufwand (und nach Durchlaufen entsprechender chemischer Prozesse i.E. dann ggf. sogar als Gas)182 gespeichert werden bzw. Netzausfälle nicht ohne weiteres überbrückt werden kön178 I. d. S. schon BVerfGE 91, 186, 206. Das Interesse an einer funktionierenden Energieversorgung sei, so das BVerfG, so wichtig wie „(…) das Interesse am täglichen Brot“. 179 Möglich bleibt neben der Generierung zusätzlicher Einspeiseleistung freilich auch der Lastabwurf zur Erbringung positiver Regelleistung. 180 Während etwa Windkraft- und Photovoltaikanlagen vergleichsweise schnell abgeregelt werden können, muss bei Gas- und insb. Kohle- und Atomkraftwerken mit einer wesentlich längeren Reaktionszeit gerechnet werden. 181 I. d. S. schon BVerfGE 91, 186, 206. Das Interesse an einer funktionierenden Energieversorgung sei, so das BVerfG, so wichtig wie „(…) das Interesse am täglichen Brot“. 182 Hierzu ausführlich Lietz, Rechtlicher Rahmen für die Power-to-Gas-Stromspeicherung sowie Zapf, Stromspeicher und Power-to-Gas im deutschen Energiesystem.

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B. Ausgangsbedingungen

nen, bestehen für Öl und Gas – wenn auch häufig unter unwirtschaftlichen Bedingungen – entsprechende Möglichkeiten.183 (1) Transportaufgabe Genau wie das Stromnetz fungiert auch das Gasnetz in erster Linie als Bindeglied und schafft die Voraussetzungen für eine schnelle und ausreichende Versorgung des Gasverbrauchers durch den Erzeuger. Öl und Gas sind körperliche Rohstoffe. Sie können daher wesentlich leichter gespeichert werden als etwa elektrischer Strom. Im Falle einer Versorgungskrise kann der Bedarf – zumindest vorübergehend – durch eingespeichertes Öl184 bzw. Erdgas185 gedeckt werden. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, Öl und (nach dessen Verflüssigung) auch Erdgas leitungsungebunden außerhalb des jeweiligen Netzes auf der Straße, der Schiene oder auf dem Wasserweg zu transportieren und ist insoweit aus der Perspektive der Versorgungssicherheit etwas weniger störungsanfällig als das Stromnetz. Die Versorgung mit LNG-Gas erfordert allerdings spezielle Einrichtungen (wie LNG-Terminals), die dann wiederum ihrerseits Kritische Infrastrukturen darstellen können. Auf der anderen Seite stellt das Stromnetz eine ortsfeste Einrichtung auf dem Hoheitsgebiet des jeweiligen Staates dar, was es ermöglicht, einen gewissen sichernden Einfluss auszuüben. Gleiches gilt grundsätzlich auch für die Gasnetze. Allerdings mit dem entscheidenden Unterschied, dass der Gaslieferant, selbst bei tadellos funktionierendem Netz, über die Möglichkeit verfügt, jederzeit die auf seinem Hoheitsgebiet stattfindenden Einspeisungen von Erdgas/Erdöl zurückzufahren oder ganz einzustellen, ohne dass die jeweiligen Zielländer direkt eingreifen könnten. Außerdem verlaufen insbesondere Fernleitungen in der Regel durch das Hoheitsgebiet verschiedener anderer Staaten. Das Zielland ist also außerdem auf die störungsfreie Durchleitung bis zu seinem Bestimmungsort angewiesen.

183 Das zeigt beispielhaft die aktuelle Diskussion um eine Steigerung amerikanischer LNGLieferungen in die EU als Alternative zum russischem Pipeline-Projekt Nord Stream 2: FAZ v. 14. 07. 2018 – Nord Stream 2 ein schlechtes Geschäft für Gasprom, S. 22; DeutscheWirtschaftsNachrichten.de – Themenseite: Nord Stream 2, abrufbar unter: https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/thema/nord-stream-2/. 184 Zur Vorsorge gegen kurzfristige Versorgungsstörungen besteht seit 2013 in der EU etwa eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Mindestvorräte an Erdöl und/oder Erdölerzeugnissen zu halten, s. Richtlinie 2009/119/EG v. 14. 09. 2009 zur Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Mindestvorräte an Erdöl und/oder Erdölerzeugnissen zu halten, Abl. EU 2009, Nr. L-265/9. 185 Eine der Ölbevorratungspflicht vergleichbare strategische Gasreserve existiert (bislang) in Deutschland nicht, wird aber immer wieder diskutiert, s. z. B. und m. w. N. Volk, Erdgasspeicherung: Zerrissen zwischen Markt, Politik und Recht?, in: Pielow (Hrsg.), Erdgas in Zeiten der Energiewende, S. 67 ff. Vor diesem Hintergrund ist auch die Übernahme des Gasspeicherbetreibers astora durch die russische Gazprom zu sehen, s. o. B.II.3.b)bb).

IV. Anlageobjekte

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Insgesamt ist daher festzuhalten, dass Gas- bzw. Ölversorgungsleitungen nicht nur als notwendiges Transportvehikel eine wesentliche Rolle einnehmen, sondern darüber hinaus ihre Existenz auch den jeweiligen Empfänger auf eine begrenzte Anzahl bestimmter Gas-/Ölbezugsquellen festlegt und in gewisser Weise von sich abhängig machen. (2) Flexibilisierungsaufgabe Aufgrund der bereits beschriebenen physikalischen Materialität von Öl und Erdgas sowie ihrer Speicherbarkeit kommt dem Gasnetz im Rahmen der Flexibilisierung eine wesentlich geringere Rolle zu als dem Stromnetz zur Aufrechterhaltung der Frequenz. Grundsätzlich gilt aber, dass es auch für das Gasnetz wichtig ist, dass die Summe der Ein- und Ausspeisungen ausgeglichen ist, sprich keine Differenz aufweist, damit der für den Netzbetrieb erforderliche Gasdruck aufrechterhalten werden kann. Im Unterschied zum Stromnetz weist Gas allerdings den unabweisbaren Vorteil auf, dass es sich im Netz selbst durch Komprimierung („Netzpufferung“) speichern und im Bedarfsfall, wenn also die Netzentnahmen die Menge der Einspeisungen übersteigt, als interne Regelenergie einsetzen lässt, um Differenzen auszugleichen. Ebenso besteht die Möglichkeit, das beschriebene Prinzip andersherum nutzbar zu machen: Wenn etwa weniger Gas aus dem Netz entnommen als eingespeist wird, kann die hierdurch entstehende Differenz durch die Komprimierung des Gases bis zu einem gewissen Punkt aufgefangen werden. (3) Gefahren durch Emissionen Die Gefahren, die bei einer Störung von den Öl- und Gasnetzen ausgehen, sind, insbesondere im Vergleich mit den nuklearen Gefahren, die der Betrieb eines Atomkraftwerkes mit sich bringt, eher gering. Dennoch dürfen speziell die möglichen Umweltschäden durch Emissionen, etwa durch austretendes Öl, nicht unterschätzt oder gar unerwähnt bleiben. c) Betreiber von Energienetzen Zwar sind – wie gezeigt – schon die entsprechenden Infrastrukturen für sich genommen absolut essentiell für eine sichere Versorgung mit Energie. Eine besondere Rolle kommt aber auch den jeweiligen Netzbetreibern zu, die je nach Entflechtungsentscheidung auch gleichzeitig Eigentümer des Netzes sein können und verantwortlich für das Funktionieren des Netzes sind. Inwieweit Netzbetreiber als Betreiber wesentlicher Infrastrukturen als Ziel für strategische Investitionen infrage kommen, soll der nachfolgende Abschnitt zeigen. Er beschäftigt sich mit den jeweiligen Aufgaben der Netzbetreiber auf unterschiedlichen Druckstufen bzw.

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B. Ausgangsbedingungen

Spannungsebenen und arbeitet die Stellung der Netzbetreiber im Koordinatensystem der Energieversorgungssicherheit sowie ihre Attraktivität für Investoren mit politischen Interessen heraus. aa) Netzbetreiber als Investitionsziel Die Kontrolle über das Netz oder einen Netzbetreiber bringt erhebliche Einflussmöglichkeiten mit sich, die insbesondere für Investoren interessant sein können, die neben etwaigen wirtschaftlichen Erwägungen auch politische Ziele im Auge haben. Zu untersuchen ist aber, welche Netze/Netzbetreiber für einen Investor mit politischen Absichten die größten Einflussmöglichkeiten versprechen und sich daher besonders als strategisches Investitionsziel eignen. Hierbei ergeben sich aufgrund der Eigentümer- bzw. Marktstruktur und der Stellung einzelner Netzbetreiber in Bezug auf die Versorgungssicherheit ggf. Unterschiede zwischen den Betreibern von Netzen unterschiedlicher Spannungs- bzw. Druckstufen. bb) Stellung der Betreiber von Energienetzen allgemein Maßgebend für die Stellung der Netzbetreiber ist in Bezug auf Deutschland die Vorschrift des § 11 EnWG (Betrieb von Energieversorgungsnetzen), die sowohl auf dem Gebiet des Elektrizitäts- als auch des Gastransportes für die Betreiber von Transport- und Verteilernetzen, also unabhängig von Spannungsebene oder Druckstufe, gilt.186 Im Wesentlichen dient die entsprechende Vorschrift dazu, im Rahmen der staatlichen Gewährleistungsverantwortung die Voraussetzungen für eine sichere Versorgung mit Strom und Gas (Stichwort Daseinsvorsorge) zu gewährleisten und entspringt den zwingenden europarechtlichen Vorgaben aus dem zweiten EU-Energie-Binnenmarktpakets,187 das durch die fraglichen Vorschriften in deutsches Recht umgesetzt worden ist.188 Wegen seiner europarechtlichen Wurzeln finden sich auch in allen anderen EU-Mitgliedstaaten dem Inhalt nach vergleichbare Vorschriften, weshalb die nachfolgenden, sich am deutschen EnWG orientierenden, Ausführungen im Wesentlichen auch auf andere EU-Mitgliedstaaten übertragen werden können. 186

Vgl. Sötebier, in: Britz/Hellermann/Hermes – § 11 EnWG, Rn. 13. Vgl. hins. ÜNBs Art. 9 lit. a – d und hins. VNBs Art. 14 Abs. 1, 2 und 7 der Richtlinie 2003/54/EG des EP u. des Rates v. 26. 06. 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt, Abl. EG 2003, Nr. L-176/37 (i. F.: Richtlinie 2003/54/EG) sowie hins. FNBs Art. 8 Abs. 1 lit. a und c und hins. VNBs Art. 12 Abs. 1 und 3 Richtlinie 2003/55/EG des EP u. des Rates v. 26. 06. 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt, Abl. EG 2003, Nr. L-176/57 (i. F.: Richtlinie 2003/55/EG). 188 Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts v. 14. 10. 2004, DRs. 15/3917, S. 56. 187

IV. Anlageobjekte

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Substantiell sind die Netzbetreiber gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 EnWG ganz allgemein verpflichtet, ein sicheres, zuverlässiges und leistungsfähiges Energieversorgungsnetz diskriminierungsfrei zu betreiben, zu warten und bedarfsgerecht zu optimieren. (1) Netzbetrieb Nachdem aufgrund des diesbezüglich auslegungsfähigen Wortlautes von § 11 Abs. 1 S. 1 EnWG,189 zunächst Uneinigkeit darüber bestand, ob die Betreiberpflicht auch eine Pflicht zum Netzbetrieb darstellt, hat sich inzwischen die zutreffende Ansicht durchgesetzt, dass vor dem Hintergrund der Versorgungssicherheit, der Netzbetreiber dazu verpflichtet ist, ein existierendes Netz auch tatsächlich zu betreiben.190 (2) Netzwartung Wie jede technische Einrichtung erfordern auch Energienetze zur Gewährleistung ihres zuverlässigen Betriebs eine regelmäßige Wartung.191 Da die Funktionsfähigkeit des Netzes Voraussetzung für dessen Betrieb ist, zu dem der Betreiber – wie gezeigt – ohnehin verpflichtet ist, kommt der Aufgabe der Wartung keine eigenständige Bedeutung zu und dient lediglich dazu, die Bedeutung des störungsfreien Betriebes nochmals zu betonen.192 (3) Bedarfsgerechter Ausbau Die Pflicht zum bedarfsgerechten Ausbau des Netzes verfolgt unterschiedliche Ziele: Erstens dient der Ausbau dem Anschluss von neuen Energieproduzenten, für deren Teilnahme am Wettbewerb auf dem Energiemarkt der Zugang zum Netz notwendige Voraussetzung ist.193 Zweitens können die zusätzlich angeschlossenen Erzeugungsleistungen im Bedarfsfalle – besonders vor dem Hintergrund einer Zunahme volatiler Erneuerbarer Energien im Rahmen der Energiewende – zur Erbringung von Regelenergie eingesetzt werden. Drittens können durch den Netzausbau in Zeiten, in denen kurzfristig aufgrund günstiger meteorologischer Umstände sehr viel elektrische Energie in das Netz eingespeist wird, der so produzierte Strom großflächig verteilt und im Ergebnis Frequenzschwankungen ohne Abrie189

So auch Sötebier, in: Britz/Hellermann/Hermes – § 11 EnWG, Rn. 44. I. d. S. auch König, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht – § 11 EnWG, Rn. 17; Sötebier, in: Britz/Hellermann/Hermes – § 11 EnWG, Rn. 43. 191 Der Begriff der „Wartung“ umfasst „(…) die regelmäßige Prüfung der Betriebsbereitschaft und Betriebssicherheit sowie die damit zusammenhängende Einstellung von Anlagen.“ Vgl. Sötebier, in: Britz/Hellermann/Hermes – § 11 EnWG, Rn. 53. 192 Vgl. Sötebier, in: Britz/Hellermann/Hermes – § 11 EnWG, Rn. 52. 193 Vgl. Säcker, RdE 2009, 305, 314; Koenig/Kühling/Winkler, WuW 2003, 228, 241. 190

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B. Ausgangsbedingungen

gelung von Erzeugungsanlagen vermieden bzw. rasch ausgeglichen werden.194 Der Netzausbau leistet somit unter diesem Gesichtspunkt insbesondere im Stromsektor auch einen wesentlichen Anteil zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit.195 cc) Betreiber von Transportnetzen Unter den Begriff des Transportnetzbetreibers fasste das deutsche EnWG – anders als zunächst der EU-Gesetzgeber – sowohl die Betreiber von Übertragungs- als auch von Fernleitungsnetzen.196 Inzwischen hat aber auch der EU-Gesetzgeber mit Art. 43 Abs. 3 der Richtlinie (EU) 2019/944 für eine Vereinheitlichung der Begrifflichkeiten gesorgt und stellt klar, dass die Begriffe „Übertragungsnetzbetreiber“ und „Übertragungsnetz“ auch „Fernleitungsnetzbetreiber“ und „Fernleitungsnetz“ einschließt.197 Wie bereits beschrieben, treffen die allgemeinen Verpflichtungen aus § 11 EnWG sämtliche Betreiber von Energienetzen und beanspruchen damit auch für Transportnetzbetreiber Geltung. Hinzu treten allerdings die speziellen Vorschriften für die Betreiber von Übertragungs- und Fernleitungsnetzen. Das EnWG differenziert hier trotz des gemeinsamen Oberbegriffs zwischen Elektrizitäts- (§§ 12 – 13 EnWG) und Gasbereich (§§ 15 – 16 EnWG). (1) Elektrizitätssektor – Übertragungsnetzbetreiber (a) Aufgaben Die Übertragungsnetzbetreiber trifft gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 EnWG in erster Linie die Pflicht, für ein sicheres und zuverlässiges Versorgungsnetz in ihrer jeweiligen Regelzone zu sorgen. § 12 Abs. 1 S. 1 EnWG ist damit Ausformung und Konkretisierung des allgemeinen Ziels der Versorgungssicherheit aus § 1 Abs. 1 EnWG. Dazu dient insbesondere die „koordinierte Bereitstellung von Ausgleichsenergie“198 auch im Austausch mit anderen Verbundnetzen. Zusätzlich trägt der Übertragungsnetzbetreiber wegen seiner zentralen Stellung im Elektrizitätsversorgungssystem gemäß § 13 EnWG die Systemverantwortung. Er 194

S. zum Ausgleich von Frequenzschwankungen bereist oben B.IV.2.b)aa)(2). Vgl. m. w. N. Ruthig, Kapitel 97: Grundsatz der Sicherheitsvorsorge, in: Baur/Salje/ Schmidt-Preuß (Hrsg.), Regulierung in der Energiewirtschaft. 196 Vgl. § 3 Nr. 31c EnWG; im Dritten EU-Energie-Binnenmarktpaket hingegen war diese Zusammenfassung nicht vorgesehen und sprachen die jeweils einschlägigen Richtlinien im Strom- bzw. Gasbereich nur von ÜNBs (Art. 2 Nr. 4 der Richtlinie 2009/72/EG) und FLNBs (Art. 2 Nr. 4 Richtlinie 2009/73/EG des EP u. des Rates v. 13. 07. 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG, ABl. EU 2009, Nr. L-211/94 – i. F.: Richtlinie 2009/73/EG). 197 S. auch C.I.2.a). 198 Koenig/Kühling/Rasbach, Energierecht, Kapitel 2, Rn. 40. 195

IV. Anlageobjekte

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ist dafür verantwortlich, durch entsprechende Maßnahmen Gefährdungen und Störungen im Gesamtsystem der Elektrizitätsversorgung zu verhindern, ihnen vorzubeugen und im Falle einer Störung ggf. einen Beitrag zur Schadensbegrenzung zu leisten. Im Einzelnen kommt dem ÜNB daher das Recht bzw. die Pflicht zu, durch sogenannte Systemsicherungsmaßnahmen erhöhte Netzbelastungen insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmenden Umstellung auf volatile Erneuerbare Energien auszugleichen.199 Zur Gewährleistung der Systemstabilität dient speziell der Einsatz von positiver bzw. negativer Regelenergie,200 die gemäß § 13 Abs. 1 EnWG zunächst durch „Redispatch“201, die Zuschaltung von Reservekraftwerken, die Abregelung von Stromeinspeisung aus Erneuerbaren Energien, aber notfalls auch gemäß § 13 Abs. 2 EnWG durch entschädigungslose Anpassungsmaßnahmen202 erbracht werden kann.203 Finden entsprechende Systemsicherungsmaßnahmen im Bedarfsfalle nicht statt, droht der Netz- und damit auch der Versorgungsausfall, der sich bei einer immer engeren Kooperation zwischen den Übertragungsnetzen in der EU und der grenzüberschreitenden Abhängigkeit einzelner Regelzonen voneinander auch über nationale Grenzen hinweg auswirken kann. (b) Eigentümerstruktur Betrieben wird das Strom-Übertragungsnetz in Deutschland von insgesamt vier privaten bzw. privatwirtschaftlich organisierten Netzbetreibern: 50Hertz, Amprion, TenneT TSO und TransnetBW. Bis ins Jahr 2007 gestaltete sich der „Markt“ für Übertragungsnetzbetreiber einigermaßen übersichtlich. Die vier großen Energieversorgungsunternehmen, RWE, Vattenfall, E.ON und EnBW, verwalteten jeweils über eine in ihre Konzernstruktur integrierte Betreibergesellschaft das Netz im eigenen Einflussbereich. Eine Veränderung in Richtung einer Marktstruktur ergab sich schließlich erst aufgrund extrinsischer Impulse, die letztlich und im Wesentlichen ihren Ursprung in den Entflechtungsvorgaben des dritten EU-Energie-Binnenmarktpaketes hatten und inzwischen zu einer eigentumsrechtlichen oder zumindest gesellschaftsrechtlichen 199 Vgl. BNetzA, Bericht zum Zustand der leitungsgebundenen Energieversorgung im Winter 2012/13, S. 18 ff. 200 Vgl. hierzu B.IV.2.a)aa). 201 Mit Redispatch sind die Drosselung und Erhöhung der Stromeinspeisung von Kraftwerken nach vertraglicher Vereinbarung oder einem gesetzlichen Schuldverhältnis mit dem Netzbetreiber unter Ersatz der Kosten gemeint, vgl.: https://www.bundesnetzagentur.de/DE/ Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Unternehmen_Institutionen/Versorgungssicherheit/Netz_Sys temsicherheit/Netz_Systemsicherheit_node.html. 202 Vgl. § 13 Abs. 4 EnWG. 203 Zu beachten ist allerdings § 11 EEG: Sollten auch Anpassungsmaßnahmen nicht zum Erhalt bzw. zur Wiederherstellung der Systemstabilität führen, muss der ÜNB gem. § 13 Abs. 6 EnWG die Regulierungsbehörde informieren, um ggf. Maßnahmen nach dem Energiesicherungsgesetz prüfen zu können, so auch Koenig/Kühling/Rasbach, Energierecht, Kapitel 2, Rn. 46.

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B. Ausgangsbedingungen

Herauslösung der Betreibergesellschaften aus dem jeweiligen Mutterkonzern geführt haben. Dennoch sind unverändert auf dem deutschen Markt nur vier ÜNB aktiv, deren Eigentümerstruktur sich seit dem Beginn der Liberalisierung des Strommarktes verändert hat und sich von Netzbetreiber zu Netzbetreiber teils deutlich unterscheidet. Wegen der überschaubaren Anzahl von ÜNBs in Deutschland kann hier im Einzelnen auf die Eigentümerstruktur der vier Netzbetreiber eingegangen werden. (aa) TransnetBW GmbH Im Zuge der Entflechtung der Netzbetreiber entschied sich das vormals vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen EnBW mit der Gründung von TransnetBW GmbH auf dem sogenannten „dritten Weg“204 zu einer Entflechtung nach dem Modell des unabhängigen Transportnetzbetreibers205 gemäß § 10 EnWG.206 TransnetBW GmbH konnte durch die Wahl des ITO-Unbundlingmodells unter Einhaltung der Entflechtungsvorgaben der §§ 10a bis 10e EnWG im Verbund des integrierten EVUs verbleiben und steht heute als Tochtergesellschaft im hundertprozentigen Eigentum von EnBW. Das Eigentum an EnBW wiederum halten neben einigen kleineren Aktionären207 im Wesentlichen die NECKARPRI-Beteiligungsgesellschaft mbH (die ihrerseits 100 %ige Tochtergesellschaft der NECKARPRI GmbH ist, welche wiederum 100 %ige Tochtergesellschaft des Landes Baden-Württemberg ist)208 und die OEW Energie-Beteiligungs GmbH (OEW). Die OEW setzt sich als Zweckverband oberschwäbischer Elektrizitätswerke aus neun oberschwäbischen Kommunen zusammen.209

204 Pielow/Benrath/Hoff/Schlegel, Energierecht, § 23, in: Öffentliches Wirtschaftsrecht, Rn. 84 sowie Hölscher, in: Britz/Hellermann/Hermes – § 10 EnWG, Rn. 1. 205 S. zum ITO-Modell ausführlich: Kemper/Michaelis, RdE 2012, 11 ff.; Hölscher, in: Britz/Hellermann/Hermes – § 10 EnWG. 206 Vgl. TransnetBW – Pressemitteilung v. 15. 04. 2013 zur Zertifizierung als Unabhängiger Transportnetzbetreiber, abrufbar unter: https://www.transnetbw.de/de/presse/presseinformatio nen/presseinformation?id=10. 207 Badische Energieaktionärs-Vereinigung (BEV) 2,45 %, Gemeindeelektrizitätsverband Schwarzwald-Donau (G. S. D.) 0,97 %, Neckar-Elektrizitätsverband (NEV) 0,63 %, EnBW Energie Baden-Württemberg AG 2,08 %, weitere 0,39 % befinden sich im Eigentum sonstiger Aktionäre. 208 Vgl. Angaben zur Aktionärsstruktur auf der Homepage von EnBW, https://www.enbw. com/unternehmen/investoren/anleihen-und-aktien/aktie/aktionaersstruktur.html. 209 Namentlich Alb-Donau-Kreis 20,989 %, Biberach 11,126 %, Bodenseekreis 15, 812 %, Freudenstadt 5,007 %, Ravensburg 21,821 %, Reutlingen 3,825 %, Rottweil 6,479 %, Sigmaringen 6,229 %, Zollernalbkreis 8,712 %, vgl. Angaben zu den Eigentumsverhältnissen auf der Homepage der OEW Energie-Beteiligungs-GmbH, http://www.oew-energie.de/OEW_daten. html.

IV. Anlageobjekte

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Durch die überwiegend staatlich geprägte Eigentümerstruktur EnBWs, handelt es sich im Ergebnis auch bei TransnetBW um ein Unternehmen, über dessen Eigentumsanteile der Staat die direkte Aufsicht ausübt. (bb) TenneT TSO GmbH Die TenneT TSO GmbH ist nach deren eigentumsrechtlicher Entflechtung gemäß § 8 EnWG210 die Nachfolgerin der ehemaligen Netzsparte des E.ON-Konzerns und heute Teil der TenneT Holding B.V., die sich zu 100 % im Eigentum des Königreichs der Niederlande befindet.211 (cc) Amprion GmbH Um den Anforderungen des Dritten EU-Energie-Binnenmarktpakets zu entsprechen, wurde zunächst die RWE-interne Netzbetreibergesellschaft als unabhängiger Transportnetzbetreiber (s. o.) entflochten und in die Amprion GmbH als hundertprozentige Tochter der RWE AG überführt. 2011 trennte sich dann die RWE AG von einem Großteil ihrer Amprion-Anteile und hält nunmehr noch 25,1 % an Amprion. Die verbleibenden 79,4 % befinden sich im Eigentum der M31 Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. Energie KG, einem „Konsortium von überwiegend deutschen institutionellen Finanzinvestoren aus der Versicherungswirtschaft und von Versorgungswerken“212. Über die beschriebene Beteiligungsgesellschaft halten ärztliche Versorgungswerke 21,6 %, die Munich RE 14 %, Swiss Life 13,2 %, Talanx 6,7 %, Sparkassen Versicherung 6,5 % sowie das Bankhaus Metzler, Degussa Pensionskasse und die Evangelische Versorgungskasse jeweils 4,3 % der Anteile an Amprion.213 (dd) 50Hertz Der im Zuge der Entflechtung aus Vattenfall hervorgegangene Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz steht heute nach mehreren chinesischen Versuchen, sich einen nennenswerten Eigentumsanteil an 50Hertz zu sichern, heute zu 80 % im Eigentum des belgischen Netzbetreibers Elia. Die verbleibenden 20 % hat im Sommer 2018 die deutsche Staatsbank KfW erworben.214

210 Vgl. BNetzA, 03. 08. 2015 – Beschluss zur Zertifizierung der TenneT TSO GmbH als eigentumsrechtlich entflochtener Transportnetzbetreiber. 211 Vgl. BNetzA, 03. 08. 2015 – Beschluss zur Zertifizierung der TenneT TSO GmbH als eigentumsrechtlich entflochtener Transportnetzbetreiber. 212 Hierzu: Homepage der Amprion GmbH, https://www.amprion.net/Amprion/Finanzen/ Anteilseigner/. 213 Vgl. http://www.bpb.de/politik/wirtschaft/energiepolitik/152918/amprion. 214 S.o. unter B.II.3.c)bb)(5).

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B. Ausgangsbedingungen

(ee) Fazit Wie gezeigt unterscheiden sich die Eigentümerstrukturen der einzelnen Übertragungsnetzbetreiber teils stark voneinander. Deutlich wird aber, dass sich aufgrund ihrer privatwirtschaftlichen Organisation insbesondere die ÜNBs, die nicht überwiegend im Staatseigentum stehen, seit ihrer Ausgliederung aus den vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen für Unternehmensbeteiligungen von Investoren geöffnet haben. Die entsprechenden Anteile werden nunmehr durch die jeweiligen, insbesondere privaten Eigentümer frei gehandelt. Dadurch ergeben sich auch Möglichkeiten der Kapitalbeteiligung215 für Investoren, die aus Sicht der Regierung insbesondere in Bezug auf den Betrieb einer Kritischen Infrastruktur ggf. eher unerwünscht sein können. (2) Gassektor – Fernleitungsnetzbetreiber (a) Aufgaben Ähnlich wie die Betreiber von Strom-Übertragungsnetzen trifft die Betreiber von Gasfernleitungsnetzen gemäß § 15 Abs. 2 EnWG insbesondere die Aufgabe, für ein sicheres und zuverlässiges Gasversorgungssystem und damit für eine sichere Energieversorgung zu sorgen. § 15 EnWG stellt damit eine weitgehend den §§ 12 und 13 EnWG in Bezug auf Übertragungsnetzbetreiber entsprechende Regelung dar. Die Fernleitungsnetzbetreiber trifft gemäß § 16 Abs. 1 EnWG ebenso die Systemverantwortung. Ihnen obliegt in diesem Sinne besonders die Aufrechterhaltung der technischen Voraussetzungen für eine sichere Gasversorgung, namentlich die Einhaltung des Maximal- sowie des Minimaldrucks, deren Über- bzw. Unterschreitung jeweils zu erheblichen technischen Schwierigkeiten bis zum Systemausfall führen können.216 Um einer entsprechenden Situationen wirksam begegnen zu können, ermöglicht es § 16 Abs. 1 EnWG den Fernleitungsnetzbetreibern mit netz- und marktbezogenen Maßnahmen auf Gefährdungen zu reagieren. Als marktbezogene Maßnahmen sind unter Einbeziehung der jeweiligen Netznutzer und ausschließlich auf vertraglicher Basis zunächst beispielsweise Versorgungsunterbrechungen oder die Aktivierung zugesagter Lastflussmöglichkeiten bzw. die Nutzung vorhandener Speicher möglich.217 Reichen die in § 16 Abs. 1 EnWG vorgesehenen Maßnahmen nicht aus, um einer Gefährdung oder gar Störung der Systemstabilität wirksam oder nicht rechtzeitig zu begegnen, berechtigt und verpflichtet § 16 Abs. 2 EnWG den FLNB dazu, im 215 So auch IHK für München und Oberbayern, Mit mehr privatem Kapital gegen die Dauerbaustelle Infrastruktur, S. 58 f. 216 S. zum druckbedingten Systemausfall bereits oben: B.IV.2.b)bb)(2). 217 Vgl. Bourwieg, in: Britz/Hellermann/Hermes – § 16 EnWG, Rn. 7 ff.

IV. Anlageobjekte

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Rahmen von Notfallmaßnahmen sämtliche Gaseinspeisungen, Gastransporte und Gasausspeisungen in ihren Netzen den Erfordernissen eines sicheren und zuverlässigen Betriebs der Netze anzupassen bzw. diese Anpassung zu verlangen.218 (b) Eigentümerstruktur Der deutsche Markt für Fernleitungsnetzbetreiber ist zwar auch überschaubar, allerdings deutlich vielfältiger als der Markt der Übertragungsnetzbetreiber. Insgesamt zeigt sich auch hier, dass sich durch die Unbundling-Vorgaben des Dritten EU-Energie-Binnenmarktpaketes der Europäischen Union im Zuge der Herauslösung der jeweiligen Betreibersparten aus den vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen Investitionsmöglichkeiten für eine Vielzahl von im Einzelnen recht unterschiedlich organisierten Investoren ergeben haben. Mit wenigen Ausnahmen219 befinden sich die entflochtenen Unternehmen nunmehr – zumindest anteilig – in privater220, teils sogar bereits in drittstaatlicher221 Hand. 218

Vgl. Bourwieg, in: Britz/Hellermann/Hermes – § 16 EnWG, Rn. 8 ff. Z. B. GTG Nord, 100-prozentige Tochter der EWE AG. Die Mehrheit der Anteilseigner sind 21 Landkreise und Städte aus dem Ems-Weser-Elbe-Gebiet, die derzeit zusammen 84 % der Anteile halten. Sie sind in zwei Verbänden organisiert: die Weser-Ems-Energiebeteiligungen GmbH (WEE) hält 64 % der Kapitalanteile, die Energieverband Elbe-Weser Beteiligungsholding GmbH (EEW) 20 %. Gemeinsam bilden sie den Ems-Weser-Elbe Versorgungsund Entsorgungsverband. EWE selbst hält 10 % der Anteile. Die verbleibenden 6 % liegen noch in Händen des Karlsruher Energieunternehmens EnBW, vgl. https://www.ewe.com/de/konzern/ ueber-uns/struktur/erneuerbare-netze-und-gasspeicher/gastransport-nord; Ontras Gastransport GmbH, 100-prozentiges Tochterunternehmen von VNG – Verbundnetz Gas, VNG – Verbundnetz Gas Eigentümerstruktur: 74,21 % EnBW, 21,58 % VNG Verbundnetz Gas Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft mbH (Treuhänderin für 8 Stadtwerke und kommunale Unternehmen: Annaberg-Buchholz, Chemnitz, Dresden, Hoyerswerda, Leipzig, Lutherstadt Wittenberg, Neubrandenburg, Rostock), 4,21 % OEW Energie-Beteiligungs GmbH (hierzu s. o.), vgl. https://vng.de/de/die-vng-gruppe; bayernets GmbH, 59,1 % Bayerngas GmbH (Zusammenschluss von Kommunen und kommunaler Unternehmen), 32,4 % Stadtwerke München Services GmbH, 8,5 % Stadtwerke Augsburg GmbH, vgl. http://www.bayernets.de/start_unter nehmen.aspx?int_name=_70406; Terranets BW GmbH, 100-prozentige Tochter von EnBW, vgl. https://www.enbw.com/unternehmen/konzern/ueber-uns/geschaeftsfelder/wesentliche-betei ligungen/; Gasunie Deutschland GmbH, zwar nicht im Eigentum eines deutschen öffentlichen Unternehmens, sondern im 100-prozentigen Eigentum des niederländischen Staatsunternehmens Gasunie und damit im Besitze eines europäischen Partners, vgl. https://www.gasunie.de/ unternehmen/gasunie. 220 Z. B. Open Grid Europe GmbH (OGE) befindet sich „ultimativ in Besitz eines Konsortiums bestehend aus Macquarie European Infrastructure Fund 4, Infinity Investments, British Columbia Investment Management Corporation und MEAG MUNICH ERGO Asset Management“, vgl. https://www.open-grid-europe.com/cps/rde/oge-internet/hs.xsl/Unsere-Historie537.htm; Nowega GmbH, 100-prozentige Tocher von Erdgas Münster GmbH, Gesellschafter der Erdgas Münster sind BEB Erdgas und Erdöl GmbH & Co. KG, DEA Deutsche Erdoel AG, ExxonMobil Gas Marketing Deutschland, Neptune Energy Deutschland GmbH, Vermilion Energy Germany GmbH & Co. KG sowie die Wintershall Holding GmbH, vgl. https://www.erd gas-muenster.de/erdgas_muenster/organisation/gesellschafter/ges ellschafter. html; GRTgaz Deutschland GmbH, 100 %-prozentige Tochter der frz. GRTgaz, SA, davon 219

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B. Ausgangsbedingungen

dd) Betreiber von Verteilernetzen im Strom- und Gasbereich (1) Aufgaben Die Betreiber von Verteilernetzen treffen sowohl im Strom- als auch im Gassektor im Hinblick auf die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Versorgung, „soweit sie sich im konkreten Einzelfall in einer vom Aufgabenzuschnitt und den tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten vergleichbaren Situation befinden“ im Wesentlichen die gleichen Pflichten wie die Betreiber von Übertragungs- bzw. Fernleitungsnetzen.222 Gemessen allein an ihren Aufgaben, stellen daher auch die Betreiber von Elektrizitäts- und Gasverteilernetzen potenziell kritische Investitionsziele dar. (2) Eigentümerstruktur Die Betreiberstruktur auf der Ebene der Verteilernetze in Deutschland sieht deutlich anders aus als auf der Ebene der Transportnetze. Während in der Bundesrepublik lediglich vier Übertragungsnetzbetreiber bzw. nur etwa ein Dutzend Fernleitungsnetzbetreiber aktiv und damit für vergleichsweise große Regelzonen zuständig sind, lagen der BNetzA im Mai 2018 gemeldete Stammdaten von knapp 900 Strom- und über 700 Gasverteilnetzbetreibern vor, die allerdings jeweils nur in einem überschaubaren geographischen Rahmen tätig sind.223 Mit der Übernahme 75 % Engie und 25 % Société d’Infrastructures Gazières (SIG), vgl. http://www.societe-infra structures-gazieres.com/presentation.html; Thyssengas GmbH, zunächst Macquarie, dann 2016 Verkauf (100 %) an DIF Infrastructure IV und EDF Invest, vgl. https://www.infrastructureinves tor.com/dif-edf-invest-to-buy-thyssengas/. 221 So z. B. die Gascade Gastransport GmbH, Tochterunternehmen der WIGA Transport Beteiligungs-GmbH & Co. KG, die zu gleichen Teilen ein Gemeinschaftsunternehmen von Wintershall (BASF-Tochter) und der russischen Gazprom ist, vgl. http://www.wiga-transport. de/home.html; Jordgas Transport GmbH, Tochter zu gleichen Teilen von Open Grid Europe und Gasunie Deutschland, vgl. https://www.energate-messenger.de/news/169514/oge-und-gasunieuebernehmen-jordgas; NEL Gastransport GmbH, Tochter der WIGA Transport BeteiligungsGmbH & Co. KG, Gemeinschaftsunternehmen der Wintershall Holding GmbH und Gazprom, vgl. https://www.nel-gastransport.de/unternehmen/; OPAL, 100-prozentige Tochter der WIGA Transport Beteiligungs-GmbH & Co. KG, die zu gleichen Teilen ein Gemeinschaftsunternehmen von Wintershall (BASF-Tochter) und der russischen Gazprom ist, vgl. https://www. opal-gastransport.de/unternehmen/; Fluxys Deutschland GmbH ist eine 100-prozentige Tochter von Fluxys Europe B. V., die wiederum eine 100-prozentige Tochter der Fluxvs Gruppe ist. An der Fluxys Gruppe hält 77,5 % des Kapitals die Publigas, ein Zusammenschluss von belgischen Kommunalwerken, 19,9 % die Caisse de dépot et placement du Québec, 2,1 % Federal holding and Investment Company sowie 0,43 % werden durch Mitarbeiter und das Management gehalten, vgl. https://www.fluxys.com/group/en/AboutFluxys/~/media/Fluxys/AboutFluxys/Finan cialInfo/Fluxys_annual_financial_report_2017.ashx. 222 Vgl. im Hinblick auf Stromverteilnetzbetreiber: Sötebier, in: Britz/Hellermann/Hermes – § 14 EnWG, Rn. 2 bzw. für den Gasbereich: Bourwieg, in: Britz/Hellermann/Hermes – § 16a EnWG, Rn. 1 sowie bereits oben: B.IV.2.c)cc). 223 Vgl. BNetzA – Übersicht Strom- und Gasnetzbetreiber.

IV. Anlageobjekte

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eines Verteilnetzbetreibers durch einen ausländischen Investor wäre also in den meisten Fällen224 „lediglich“ eine lokal begrenzte, freilich immer noch unerwünschte Gefahr verbunden, die aber wohl – im Sinne der hier vertretenen Definition einer Kritischen Infrastruktur225 – nicht dazu geeignet wäre, gesamtstaatliche bzw. Folgen für das staatliche Gemeinwesen auszulösen. Hinzu kommt, dass ein Großteil der entsprechenden Netzbetreiber im Zuge der zunehmend betriebenen Kommunalisierung der Netze sich nunmehr im Eigentum der öffentlichen Hand befindet, die regelmäßig nicht dazu bereit sein dürfte ihre Anteile zu veräußern.226 Ein Investor, der auf der Verteilnetzebene durch den Einsatz von Kapital ein nennenswertes Erpressungspotenzial aufbauen will, müsste sich also grundsätzlich die Kontrolle gleich über mehrere Verteilnetzbetreiber sichern und sich dabei zusätzlich gegen die öffentliche Hand deutscher Gebietskörperschaften durchsetzen. Im Ergebnis stellen also auch Verteilnetzbetreiber zwar potenziell ein Ziel für strategische Direktinvestitionen durch drittstaatliche Investoren dar. Gleichwohl dürften sie mit Blick auf die Verfolgung und Durchsetzung von politischen Interessen aber weniger attraktiv sein als Transportnetzbetreiber, da für ein gesamtstaatliches Schädigungspotenzial regelmäßig gleich mehrere Verteilnetzbetreiber übernommen werden müssten.

3. Zwischenergebnis – Investitionsziele Die vorstehenden Ausführungen machen deutlich, bei welchen Einrichtungen im Energiebereich es sich wegen ihres Stellenwertes in Bezug auf eine sichere Energieversorgung oder der mit ihrem Betrieb verbundenen Emissionen um Kritische Infrastrukturen handelt. Identifiziert werden konnten als Kritische Infrastrukturen insoweit, neben Energieanlagen mit hohem Schädigungspotenzial wie z. B. bestimmte Energieerzeugungsanlagen, insbesondere auch die Energienetze. Bei näherer Betrachtung der Netzbetreiber auf verschiedenen Spannungsebenen bzw. Druckstufen wurde deutlich, dass sowohl im Gas- wie auch im Elektrizitätsbereich Transport- und Verteilernetzbetreiber grundsätzlich wesentliche Aufgaben im Hinblick auf die Systemstabilität wahrnehmen, dass aber aufgrund ihrer unterschiedlichen Eigentümerstruktur und den potenziell großflächigen und ggf. sich sogar grenzüberschreitend auswirkenden Folgen eines Systemausfalls insbesondere die Betreiber von Transportnetzen als strategisches Investitionsziel infrage kommen. 224 Die BSI-Kritis-VO sieht einen Schwellenwert von 3.700 GWh/Jahr (Strom) bzw. 5.190 GWh/Jahr (Gas) durch Letztverbraucher und Weiterverteiler entnommene Jahresarbeit vor, der durch die Netzbetreiber nur in Einzelfällen (z. B. Westnetz) überschritten wird. 225 S. zur Definition einer Kritischen Infrastruktur bereits oben B.IV.1. 226 I. d. S. auch IHK für München und Oberbayern, Mit mehr privatem Kapital gegen die Dauerbaustelle Infrastruktur, S. 60.

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B. Ausgangsbedingungen

Schließlich erscheinen insbesondere Übertragungsnetzbetreiber wegen der physikalischen Immaterialität der transportierten Elektrizität im Vergleich mit den Betreibern von Fernleitungen zum Transport von Gas – das aufgrund seiner Materialität notfalls auch außerhalb des Leitungssystems transportiert werden könnte – kurzfristig nicht substituierbar zu sein und eignen sich daher in besonderer Weise für strategische Investitionen.

V. Zusammenfassung Abschnitt B. Nach den bis hierhin herausgearbeiteten Ergebnissen kann soweit folgendes festgehalten werden: Die europäische Wirtschafts- und Finanz- bzw. Staatsschuldenkrise hat zu einem allgemeinen Absinken des Investitionsniveaus in der Europäischen Union geführt, unter dem auch der Erhalt, die Modernisierung und der Ausbau der europäischen Infrastruktur zunehmend leiden. Gleichzeitig besteht erheblicher Ausbaubedarf gerade bei Energieinfrastrukturen vor dem Hintergrund der Zunahme von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Einhaltung der Klimaziele aus dem Pariser-Klimaabkommen. Das hieraus resultierende Investitionsdefizit eröffnet Spielräume für Investoren. Während privatwirtschaftliche Akteure grundsätzlich marktwirtschaftlichen Regeln unterworfen sein dürften, spielt die Wirtschaftlichkeit für staatlich gelenkte Investoren im Verhältnis zu strategischen Interessen häufig nur eine untergeordnete Rolle, wie die drittstaatliche Investitionspraxis insbesondere der Volksrepublik China und der Russischen Föderation zeigt. Investitionen gestalten sich darüber hinaus gemessen an den mit ihnen verfolgten Zielen und ihrem jeweiligen Umfang sehr unterschiedlich. Während mit Portfolioinvestitionen ausschließlich eine Gewinnbeteiligung ohne nennenswerte Mitbestimmungsmöglichkeiten angestrebt wird, geht von Direktinvestitionen die Gefahr aus, dass der Investor sich durch sein Engagement auch politischen Einfluss auf das Zielunternehmen sichert. Dieser Einfluss erreicht insbesondere dort auch eine sicherheitspolitische Dimension, wo ganz allgemein Kritische Infrastrukturen betroffen sind. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich speziell mit Investitionen in Kritische Infrastrukturen im Energiebereich und identifiziert neben bestimmten Energieerzeugungsanlagen insbesondere die Energienetze als neuralgischen Punkt für die Energieversorgungssicherheit. Während die Aufgaben der Netzbetreiber unterschiedlicher Druckstufen bzw. Spannungsebenen zwar im Wesentlichen vergleichbar sind, unterscheiden sie sich gemessen an ihrem jeweiligen Einflussbereich sowie ihrer Eigentümerstruktur deutlich voneinander. Im Ergebnis stellen speziell die StromÜbertragungsnetzbetreiber als Betreiber einer kurzfristig nicht ersetzbaren und

V. Zusammenfassung Abschnitt B.

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gleichzeitig für die grenzüberschreitende europäische Energieversorgungssicherheit wesentliche Infrastruktur das wohl interessanteste Ziel im Hinblick auf strategische, vornehmlich aus Peking oder Moskau stammende Investitionen dar. Den Schutz gerade dieser Infrastrukturen vor zweckfremder drittstaatlicher Einflussnahme gilt es durch leistungsfähige rechtliche Rahmenbedingungen zu gewährleisten.

C. Der Schutz vor drittstaatlichen Direktinvestitionen I. Bestehende Rahmenvorgaben Die unter B. beschriebenen Gefahren, die von Investitionen in Kritische Infrastrukturen insbesondere durch drittstaatliches, hoheitlich kontrolliertes Kapital ausgehen, haben in Teilen auch den Gesetzgeber zum Handeln veranlasst und zur Entwicklung unterschiedlichster Vorschläge im Umgang mit entsprechenden Investoren geführt. Auf diversen gesetzgeberischen Ebenen existieren daher bereits verschiedene Formen von sektorspezifischen und sektorübergreifenden Schutz-, Abwehr-, Kontroll- aber auch Fördermechanismen, die jeweils ihre Stärken, aber mit Blick auf eine wirksame Antwort auf die beschriebenen Gefahren auch Schwächen aufweisen. Im Folgenden sollen insbesondere bestehende sowohl nationale als auch europäische Ansätze im Umgang mit strategischen Investitionen beschrieben und analysiert werden.

1. Sektorübergreifende Regelungen Unter sektorübergreifenden Regelungen versteht die vorliegende Arbeit solche Ansätze, die sich nicht auf einen bestimmten Sektor beschränken, sondern Investitionen in sämtliche als kritisch wahrgenommene Bereiche erfassen. Entsprechende Ansätze existieren in unterschiedlicher Ausprägung auf verschiedenen Regelungsebenen. Im Folgenden sollen zunächst nationale und dann europäische Regelungsmechanismen dargestellt und auf ihre jeweilige Leistungsfähigkeit untersucht werden. a) Nationale Regelungen in der EU Während derzeit elf Mitgliedstaaten1 der Europäischen Union im Detail sehr unterschiedliche Überprüfungsmechanismen2 zur Kontrolle ausländischer Investi1 Es handelt sich dabei um Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Litauen, Lettland, Österreich, Polen, Portugal, Spanien und das Vereinigte Königreich. Dänemark verfügt ebenfalls über einen Mechanismus, der aber nur auf den Verteidigungssektor Anwendung findet.

I. Bestehende Rahmenvorgaben

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tionen unterhalten,3 machen drei Staaten von sogenannten „Golden Shares“4, also von Aktien Gebrauch, an die besondere staatliche Sonderrechte geknüpft sind.5 Insgesamt 18 Staaten verfügen – teilweise in Kombination mit einer ScreeningRegelung und/oder „Golden Shares“ – über gesetzliche Eigentumsbeschränkungen, die entweder eine Beteiligung durch ausländische Investoren vollständig untersagen, Beteiligungsgrenzen vorsehen oder aber eine staatliche Kontrolle über gewisse Infrastrukturen oder Unternehmen eines bestimmen Wirtschaftsbereiches vorschreiben.6 Insbesondere auf dem Gebiet der Energieversorgung übt außerdem in vielen Fällen die öffentliche Hand selbst die Kontrolle über relevante Unternehmen/Infrastrukturen aus.7 Ausländische Investitionen in fragliche Unternehmen oder Infrastrukturen sind in diesem Fall zwar nicht gesetzlich untersagt, der staatliche Eigentümer kann sich aber gezielt dazu entscheiden, seine Anteile zum Schutze der Versorgungssicherheit oder anderer staatlicher Interessen nicht oder zumindest nicht an solche Investoren zu verkaufen, die er für kritisch hält. aa) Investitionsüberprüfungsmechanismen Einen klassischen sektorübergreifenden Überprüfungsmechanismus stellt das erst jüngst novellierte deutsche Außenwirtschaftsrecht dar, das im Folgenden exemplarisch dargestellt werden soll.

2 I. S. v. Art. 2 Nr. 4 der EU-Screening-VO (vgl. Fn. 4) ist unter „Überprüfungsmechanismus“ „ein allgemein anwendbares Rechtsinstrument, bspw. ein Gesetz oder eine Vorschrift, und die damit zusammenhängenden verwaltungstechnischen Anforderungen, Durchführungsvorschriften oder -anleitungen, mit denen die Bestimmungen, Bedingungen und Verfahren für die Prüfung, Untersuchung, Genehmigung, Knüpfung an Bedingungen, Untersagung oder Rückabwicklung ausländischer Direktinvestitionen aus Gründen der Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung festgelegt werden“ zu verstehen. 3 Die Unterschiede zwischen den einzelnen mitgliedstaatlichen Mechanismen betreffen regelmäßig die folgenden Fragen: Ist die Prüfung der Investition freiwillig oder obligatorisch? Handelt es sich um eine Kontrolle ex post oder ex ante? Wer ist für die Entscheidung zuständig? Was löst eine Untersuchung der Investition aus? Gibt es eine Anmeldepflicht? Gibt es eine Ausschlussfrist? Gibt es Umgehungsregelungen? Ist die Prüfung auf bestimmte Sektoren begrenzt? Gibt es einen Rechtsbehelf gegen die Entscheidung? 4 Zum Begriff der „Golden Shares“ ganz allgemein: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/de finition/goldene-aktie-32593 sowie für einen detaillierten Definitionsversuch Weiss, Goldene Aktien im Lichte der Rechtsprechung des EuGH, S. 121 f. 5 Es handelt sich dabei um Belgien, Frankreich und Polen. 6 Dazu gehören Dänemark, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Litauen, Lettland, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Slowakei, Slowenien, Spanien, Schweden, Tschechien und Zypern. 7 Darunter Belgien, Bulgarien, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Kroatien, Lettland, Malta, Österreich, Rumänien, Slowenien, Schweden und Ungarn.

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C. Der Schutz vor drittstaatlichen Direktinvestitionen

(1) Der deutsche Überprüfungsmechanismus im Einzelnen8 Den Kern der deutschen Gesetzgebung zur Kontrolle ausländischer Investitionen stellt das Außenwirtschaftsrecht dar. Nach umfassenden Diskussionen zu Fragen bzgl. der Reichweite und Form einer entsprechenden Novellierung,9 hat der deutsche Gesetzgeber durch eine umfassende Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) sowie der dazugehörigen Außenwirtschaftsverordnung (AWV) bereits 200910 (und keinesfalls erst durch spätere Änderungen in der AWV)11 Regelungen geschaffen und wiederholt geändert, die dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) nunmehr ein Prüf- bzw. Beschränkungsrecht ab einem ausländischen, also nicht-europäischen, Anteilserwerb von über 10 % bzw. 25 % einräumen. Neben dem Militärsektor ermöglichten die Änderungen von 2009 auch die Prüfung von Sachverhalten, die über den Militärsektor hinausgehen.12 (a) Regelungskompetenz der Bundesrepublik Deutschland Gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. e AEUV ist die gemeinsame Handelspolitik Teil der ausschließlichen Zuständigkeit der Union (Art. 206 ff. AEUV). Sie ist damit berechtigt, im Verhältnis zu Drittstaaten die Interessen der Union und ihrer Mitgliedstaaten zu vertreten.13 Sofern der Union eine ausschließliche Zuständigkeit zukommt, „kann nur die Union gesetzgeberisch tätig werden und verbindliche Rechtsakte erlassen“14. Möglicherweise steht daher den Regelungen im deutschen Außenwirtschaftsrecht eine ausschließlich europäische Kompetenz und damit eine fehlende mitgliedstaatliche Zuständigkeit entgegen. Die Frage nach der zutreffenden 8 Teile dieses Abschnittes sind bereits als Aufsatz vorab und gesondert erschienen: Vgl. Schuelken, DVBl. 2017, 1407 ff. 9 Im Gespräch war zunächst auch ein staatlicher Schutzfonds, vgl. Spiegel Online, 23. 08. 2007 – Bundesregierung diskutiert über Schutzfonds, abrufbar unter: http://www.spiegel.de/ wirtschaft/unliebsame-investoren-bundesregierung-diskutiert-ueber-schutzfonds-a-501723. html; s. auch C.II.1. 10 13. Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung (AWG-ÄndG) v. 18. 04. 2009, BGBl. I, S. 770. 11 Vgl. etwa einen Bericht der Süddeutschen Zeitung online, der suggeriert, erst durch die Novelle im Jahr 2017 sei eine Prüfungs- bzw. Kontrollmöglichkeit in das Außenwirtschaftsrecht eingefügt worden: Süddeutsche Zeitung online, 12. 07. 2017 – Regierung schützt deutsche Firmen vor Übernahmen, abrufbar unter: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/uebernahmeschutz-regierung-schuetzt-deutsche-firmen-vor-uebernahmen-1.3583077, die wörtlich schrieb: „Damit (mit der Änderung der AWV, Anm. d. Verf.) kann der Bund in Zukunft Übernahmen untersagen, wenn sie so genannte kritische Infrastrukturen gefährden können.“ 12 Vgl. Preisser, Sovereign Wealth Funds, S. 83. 13 Vgl. Hahn, in: Calliess/Ruffert – Art. 207 AEUV, Rn. 1, Art. 207 Abs. 2 bis 6 AEUV regeln dann die bei der Durchführung der gemeinsamen Handelspolitik einzuhaltende (interne) Kompetenzverteilung zwischen den beteiligten Unionsorganen, Hahn, in: Calliess/Ruffert – Art. 207 AEUV, Rn. 3. 14 Art. 2 Abs. 1 HS. 1 AEUV.

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Kompetenznorm sowie das Verhältnis von nationalen und europäischen Überprüfungsmechanismen, das sich daraus ergibt, ist umstritten. Infrage kommen – worauf noch näher einzugehen sein wird – als Kompetenzgrundlage grundsätzlich Art. 207 AEUV, Art. 64 Abs. 3 AEUVaber auch Art. 207 i. V. m. den Rechtfertigungsgründen des Art. 65 Abs. 1 lit. b AEUV.15 Art. 3 Abs. 1 EU-Screening-VO16 räumt den Mitgliedstaaten allerdings ausdrücklich und bewusst die Möglichkeit ein, nationale Überprüfungsmechanismen aufrechtzuerhalten, sie zu ändern oder einzurichten und schafft so eine sekundärrechtliche Rückermächtigung17 im Sinne von Art. 2 Abs. 1 HS. 2 AEUV zugunsten der Mitgliedstaaten, die ein zuverlässiges unionsrechtliches Fundament in Bezug auf entsprechende mitgliedstaatliche Mechanismen schafft. Für den Fall, dass der Union eine ausschließliche Zuständigkeit zukommen sollte, kommt jedenfalls somit der Bundesrepublik Deutschland eine ausreichende Regelungskompetenz im Hinblick auf den hier besprochenen Investitionsüberprüfungsmechanismus im deutschen Außenwirtschaftsrecht zu und kann die aufgeworfene Frage nach der Kompetenzverteilung zwischen Union und Mitgliedstaaten hier zunächst offenbleiben.18 (b) Struktur des Prüfverfahrens nach AWG und AWV Strukturell unterscheidet das deutsche Außenwirtschaftsrecht zwischen einem sektorbezogenen (§§ 60 – 62 AWV) und einem sektorübergreifenden (§§ 55 – 59 AWV) Prüfverfahren. Während das sektorbezogene Prüfverfahren ausschließlich den Militärsektor betrifft19 und deshalb aus dem Blickwinkel des Investitionsschutzes zugunsten der Energieversorgungssicherheit zu vernachlässigen sein dürfte, ermöglicht das sektorübergreifende Prüfverfahren die Untersuchung aller Investitionen ab einer Beteiligungsschwelle von 10 %20 in Unternehmen, die in besonders kritischen Bereichen tätig sind sowie „sonstiger Unternehmen“21 ab einer Beteiligungshöhe von 25 % auf eine mit der Investition in Zusammenhang stehende „Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland“22. 15

S. hierzu ausführlich D.I.1. Verordnung (EU) 2019/452, vgl. Fn. 4. 17 S. zur Rückermächtigung allgemein Borchardt, Grundlagen der Europäischen Union, Rn. 469 sowie Calliess, in: Calliess/Ruffert – Art. 2 AEUV, Rn. 10. 18 So auch Günther, Beiträge zum transnationalen Wirtschaftsrecht Nr. 157 v. 08/2018, S. 34. 19 Vgl. § 60 Abs. 1 AWV. 20 Vgl. § 56 Abs. 1 Nr. 1 AWV. 21 § 56 Abs. 1 Nr. 2 AWV i. s. F. nach der jüngsten Überarbeitung durch: Verordnung des BMWi – Zwölfte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 19. 12. 2018, abrufbar unter: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/XYZ/zwoelfte-verordnungzur-aenderung-der-aussenwirtschaftsverordnung.pdf?__blob=publicationFile&v=4 (i. F.: 12. AWV-Änderungs-VO). 22 § 55 Abs. 1 AWV. 16

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(c) Persönlicher Anwendungsbereich In den Anwendungsbereich des außenwirtschaftsrechtlichen Prüfverfahrens fallen Beteiligungen nur dann, wenn sie durch „unionsfremde“ Investoren vorgenommen wurden. Als unionsfremd gilt gemäß § 2 Abs. 19 AWG jede Person oder Personengesellschaft, die nicht unionsansässig ist. Als unionsansässig wiederum gelten Investoren gemäß § 2 Abs. 18 AWG grundsätzlich dann, wenn sie ihren Sitz in der EU23 oder im EFTA-Raum24 haben. Gilt ein Erwerber als unionsansässig, ist für die Möglichkeit, ihn dennoch einer Investitionsprüfung zu unterziehen gemäß § 55 Abs. 2 AWV entscheidend, ob Hinweise auf eine missbräuchliche Gestaltung oder ein Umgehungsgeschäft vorliegen. Diesbezüglich konkretisiert § 55 Abs. 2 S. 2 AWV den Inhalt von § 55 Abs. 1 AWV, indem er enumerativ – aber keinesfalls abschließend – Beispiele aufzählt, in denen unwiderlegbar und übereinstimmend mit der Rechtsprechung des EuGH25 vom Vorliegen von Anzeichen für eine Gestaltung zum Zwecke des Unterlaufens der Investitionsprüfung ausgegangen werden kann.26 § 55 AWV27 stellt so eine konkretisierte Ausnahmevorschrift zur Legaldefinition des § 2 Abs. 15 AWG dar und verhindert, dass sich Investoren durch die Gründung einer Zweigniederlassung bzw. einer Betriebsstätte innerhalb der EU einer Investitionsprüfung entziehen. Zur Berechnung des vorgesehenen Schwellenwertes von mindestens 10 % bzw. 25 % der Stimmrechtsanteile am Zielunternehmen werden zu den unmittelbar durch den Investor erworbenen Anteilen diejenigen Anteile addiert, die zwar durch Dritte gehalten werden, an denen der Investor jedoch wiederum mit mindestens zu 10 %28 bzw. 25 %29 beteiligt ist. Ebenfalls hinzugerechnet werden Stimmrechtsanteile Dritter, mit denen der Investor eine Vereinbarung über die gemeinsame Ausübung von Stimmrechten abgeschlossen hat.30 23 Genauer: Als unionsansässig gelten gem. § 2 Abs. 18 AWG natürliche Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in der EU, juristische Personen oder Personengesellschaften mit Sitz oder Ort der Leitung in der EU, Zweigniederlassungen juristischer Personen, deren Sitz oder Ort der Leitung in einem Drittland liegt, wenn die Zweigniederlassungen ihre Leitung in der EU haben und es für sie eine gesonderte Buchführung gibt sowie Betriebsstätten juristischer Personen aus Drittländern, wenn die Betriebsstätten ihre Verwaltung in der EU haben. 24 Vgl. § 5 Abs. 2 AWG, § 55 Abs. 2 S. 2 AWV. 25 Vgl. EuGH, Urt. v. 12. 09. 2006, Rs. C-196/04, Slg. 2006, I-8031 – Cadbury Schweppes plc und Cadbury Schweppes Overseas Ltd/Commissioners of Inland Revenue. 26 Z. B. Erwerber unterhält keine nennenswerte eigenständige Wirtschaftstätigkeit oder unterhält innerhalb der EU keine auf Dauer angelegte eigene Präsenz in Gestalt von Geschäftsräumen, Personal oder Ausrüstungsgegenständen, vgl. § 55 Abs. 2 S. 2 AWV n. F. 27 Gestützt auf die Verordnungsermächtigung in § 3 Abs. 3 Nr. 4 AWG, so auch: Preisser, Sovereign Wealth Funds, S. 89. 28 Vgl. § 56 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AWV. 29 Vgl. § 56 Abs. 2 Nr. 1 lit. b AWV. 30 Vgl. § 56 Abs. 2 Nr. 2 AWV.

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(d) Prüfungsmaßstab Maßstab der Investitionsprüfung und damit auch für eine mögliche Untersagung ist, ob der Erwerb die „öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland“31 tatsächlich und hinreichend schwer gefährdet sowie Grundinteressen der Gesellschaft berührt sind. Das deutsche Außenwirtschaftsrecht ist hier einerseits bewusst angelehnt an die Terminologie des Europarechts, konkretisiert aber gleichzeitig in § 55 Abs. 1 S. 2 AWV, wann nach deutschem Verständnis eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gegeben ist. Andererseits sieht die AWV auch für „sonstige Unternehmen“ die Möglichkeit einer außenwirtschaftsrechtlichen Überprüfung vor. Wegen der Unbestimmtheit des Rechtsbegriffs der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit, der in diesem Zusammenhang nicht im Sinne des deutschen Polizei- und Ordnungsrechtes verstanden werden darf,32 hat die Bundesregierung zudem mit der neunten Verordnung § 55 AWV um Regelbeispiele ergänzt33 und so die Vorschrift konkretisiert. Eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit liegt nun insbesondere dann vor, wenn ein inländisches Unternehmen Ziel eines ausländischen Investors wird, das als Betreiber Kritischer Infrastrukturen tätig ist, Software entwickelt oder ändert, die zum Betrieb Kritischer Infrastrukturen dient, mit der Organisation oder der Umsetzung von Telekommunikationsüberwachung in Zusammenhang steht, Cloud-Computing Dienste erbringt, auf dem Gebiet der Telematikinfrastruktur tätig ist und diesem Unternehmen somit besondere Bedeutung für die Sicherheit des Gesundheitswesens sowie den Schutz der sicheren Kommunikation im Gesundheitswesen zukommt oder es sich um ein Unternehmen der Medienwirtschaft handelt, das mittels Rundfunk, Telemedien oder Druckerzeugnissen zur öffentlichen Meinungsbildung beiträgt und sich durch besondere Aktualität und Breitenwirkung auszeichnet.34 Aus der Perspektive der Energieversorgungssicherheit ist besonders der ausdrücklich in das Außenwirtschaftsrecht aufgenommene Schutz von Betreibern Kritischer Infrastrukturen35 sowie der Schutz von Unternehmen, die Software zum Betrieb von Kritischen Infrastrukturen entwickeln oder ändern36 relevant. Welche Infrastrukturen im Sinne des Außenwirtschaftsrechts grundsätzlich als kritisch gelten, legt § 2 Abs. 10 des Gesetzes über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI-Gesetz) fest. Insbesondere umfasst sind demnach Infrastrukturen des Energiesektors, sofern sie „von hoher Bedeutung 31

§ 55 Abs. 1 S. 1 AWV. Ausführlich zum Begriff der „öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ im deutschen Polizeirecht: Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, S. 26 ff. 33 Vgl. Bundesregierung – Neunte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung v. 12. 07. 2017, BAnz AT 17. 07. 2017 B1, abrufbar unter: https://www.bmwi.de/Redak tion/DE/Downloads/V/neunte-aendvo-awv.pdf?__blob=publicationFile&v=6 (i. F.: 9. AWVÄnderungs-VO). 34 Vgl. § 55 Abs. 1 S.2 Nr. 1 bis 6 AWV. 35 Vgl. § 55 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AWV. 36 Vgl. § 55 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AWV. 32

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für das Funktionieren des Gemeinwesens sind, weil durch ihren Ausfall oder ihre Beeinträchtigung erhebliche Versorgungsengpässe oder Gefährdungen für die öffentliche Sicherheit eintreten würden“.37 Eine nähere Bestimmung der erfassten Kritischen Infrastrukturen erfolgt durch die Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz (BSI-KritisV)38 und enthält in § 2 BSI-KritisV eine Auflistung aller wegen ihrer besonderen Bedeutung für das Funktionieren des Gemeinwesens als „kritisch“ qualifizierter Dienstleistungen39 sowie in Anhang 1 Teil 3 Spalte B BSI-KritisV eine ausführliche Auflistungen aller als Kritische Infrastrukturen qualifizierte Anlagen speziell im Energiesektor inklusive der jeweils wesentlichen Schwellenwerte.40 Der EuGH erkennt in seiner Rechtsprechung grundsätzlich an, dass der Schutz von Schlüsselinfrastrukturen zur öffentlichen Sicherheit i. S. d. Unionsrechtes gehört und ist hierbei in der Vergangenheit insbesondere dann von deren Betroffenheit ausgegangen, wenn es um die Sicherstellung der Versorgung im Krisenfall in den Bereichen Energie, Telekommunikation oder sonst um Dienstleistungen von strategischer Bedeutung ging.41 Die nunmehr in Art. 55 Abs. 1 S. 2 AWV aufgenommenen Konkretisierungen betreffen exakt die vom EuGH angesprochenen Bereiche und stehen somit wohl in Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes. Außerdem konkretisiert der Verordnungsgeber durch die Ergänzung des § 55 Abs. 1 S. 2 AWV um Beispiele für eine regelmäßig vorliegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland die Vor37

Vgl. § 2 Abs. 10 S. 1 BSI-Gesetz. Gestützt auf die Verordnungsermächtigung in § 10 Abs. 1 S. 1 BSI-Gesetz. 39 Erfasste Dienstleistungen sind im Einzelnen: Stromversorgung (in den Bereichen Erzeugung, Übertragung und Verteilung), Gasversorgung (in den Bereichen Förderung, Transport und Verteilung), Kraftstoff- und Heizölversorgung (in den Bereichen Rohölförderung und Produktherstellung, Öltransport, Kraftstoff- und Heizölverteilung) und Fernwärmeversorgung (in den Bereichen Erzeugung und Verteilung). 40 Grundsätzlich erfasste Anlagen gem. Anhang 1 Teil 3 Spalte B BSI-KritisV sind im Einzelnen (sofern sie den angegebenen Schwellenwert erreichen oder überschreiten): Erzeugungsanlagen, Erzeugungsanlagen mit Wärmeauskopplung (KWK-Anlagen), Dezentrale Energieerzeugungsanlagen, Speicheranlagen, Anlagen oder Systeme zur Steuerung/Bündelung elektrischer Leistung, Übertragungsnetze, Zentrale Anlagen und Systeme für den Stromhandel, soweit diese den physischen kurzfristigen Spothandel und das deutsche Marktgebiet betreffen, Verteilernetze, Messstellen, Gasförderanlagen, Gasspeicher, Fernleitungsnetze, Gasverteilernetze, Ölförderanlagen, Raffinerien, Mineralölfernleitungen, Öl- und Produktenlager, Anlagen zur zentralen standortübergreifenden Steuerung, Anlagen oder Systeme von Aggregatoren zum Vertrieb von Kraftstoff und Heizöl, Tankstellennetz, Anlagen zur zentralen standortübergreifenden Steuerung, Heizwerke, Heizkraftwerke, Fernwärmenetze. 41 Vgl. EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-483/99, Slg. 2002, I-4781 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Französische Republik unterstützt durch Königreich Spanien u. GB, Rn. 47; EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-503/99, Slg. 2002, I-4809 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Königreich Belgien unterstützt durch GB, Rn. 23; EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003, Rs. C-463/00, Slg. 2003, I-4581 – EuGH v. 13. 05. 2003, C-463/00, Slg. 2003, I4606 – 4640, Kommission der Europäischen Gemeinschaften vs. Königreich Spanien unterstützt durch GB, Rn. 67 ff.; Weller, ZIP 2008, 857, 863. 38

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schrift. Die im Zuge der 9. AWV-Änderungs-VO eingeführte Regelbeispielssystematik des § 55 Abs. 1 S. 2 AWV schafft mithin verschiedentlich geäußerter wie wohl zutreffender Kritik Abhilfe, AWG und AWV definierten ihrerseits und in alter Fassung nicht den Inhalt des Tatbestandes, sondern verwiesen über § 4 Abs. 1 Nr. 4 AWG sowie § 5 Abs. 2 AWG ausschließlich auf europarechtliche Begriffe sowie deren inhaltliche Ausgestaltung durch die Rechtsprechung des EuGH und seien somit nicht hinreichend konkret.42 (e) Verfahren (aa) Standardverfahren Das BMWi hat drei Monate Zeit, dem unmittelbaren Erwerber sowie dem betroffenen inländischen Unternehmen die Ausübung des Prüfrechtes anzuzeigen. Maßgeblich für den Beginn der Dreimonatsfrist ist die positive Kenntnis des BMWi vom Abschluss des schuldrechtlichen Kaufvertrages über den Erwerb eines inländischen Unternehmens im Sinne von § 55 Abs. 1 S. 2 AWVoder einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung im Sinne des § 56 AWV an einem inländischen Unternehmen im Sinne von § 55 Abs. 1 S. 2 AWV durch einen Unionsfremden.43 Der Abschluss dieses Vertrags ist dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie schriftlich anzuzeigen.44 Ist das Prüfverfahren eröffnet, kann der Erwerb innerhalb von vier Monaten beschränkt oder untersagt werden.45 Die Frist beginnt, sobald dem BMWi alle für seine Entscheidung wesentlichen Unterlagen vorliegen. Eine Fristhemmung ist für den Fall vorgesehen, dass das Ministerium mit den am Erwerb beteiligten Unternehmen in Verhandlungen über vertragliche Möglichkeiten zur Sicherstellung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit eintritt.46 In der Zeit zwischen Abschluss des schuldrechtlichen Kaufvertrages und entweder des Ablaufs der dreimonatigen Untersuchungsfrist i. S. v. § 55 Abs. 3 AWV oder aber des Abschlusses eines eingeleiteten Prüfverfahrens i. S. v. § 59 Abs.1 AWV

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S. statt vieler und m. w. N.: Preisser, Sovereign Wealth Funds, S. 109, 111. Vgl. § 55 Abs. 3 AWV; bis zur Novellierung der AWV 2017 war für den Beginn der Dreimonatsfrist lediglich der Abschluss des schuldrechtlichen Kaufvertrages maßgeblich ohne Rücksicht auf Kenntnis oder Unkenntnis des BMWi von diesem Vorgang. 44 Vgl. § 55 Abs. 4 AWV. 45 Vgl. § 59 Abs. 1 S. 1 AWV: Bis zur Novellierung der AWV 2017 war für Beschränkungen bzw. Untersagungen lediglich eine Frist von zwei Monaten vorgesehen. 46 Vgl. § 59 Abs. 2 AWV; bis zur Novellierung der AWV 2017 waren weder eine Fristhemmung noch damit einhergehende Verhandlungen mit dem Ziel einer vertraglichen Vereinbarung zur Gewährleistung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland in der AWV vorgesehen. 43

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ist das schuldrechtliche Rechtsgeschäft zwar wirksam, steht aber unter der auflösenden Bedingung einer Untersagung.47 Kommt das BMWi letztlich zu dem Ergebnis, der Erlass einer Beschränkung oder Untersagung sei zur Wahrung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, hat es hierzu die Zustimmung der Bundesregierung einzuholen.48 Zur Durchsetzung einer Untersagung kann das BMWi die Ausübung der Stimmrechte an dem erworbenen Unternehmen durch den drittstaatlichen Investor untersagen oder einschränken.49 Darüber hinaus kann das Ministerium auch die Einsetzung eines Treuhänders zur Rückabwicklung des vollzogenen Erwerbs anordnen. Die Kosten hierfür hat der Erwerber zu tragen.50 (bb) Unbedenklichkeitsbescheinigung Neben dem geschilderten Standardverfahren hat ein (potenzieller) Erwerber auch die Möglichkeit, bereits vor Abschluss des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts das BMWi (schriftlich) um die Erteilung einer rechtlich verbindlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung, die ihm bestätigt, dass die geplante Transaktion die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland nicht gefährdet, zu ersuchen.51 Der Erwerber kann so frühzeitig Rechtssicherheit über die Zulässigkeit des geplanten Erwerbs erlangen und der Gefahr einer drohenden Rückabwicklung im Rahmen des Standardverfahrens begegnen. Nach Eingang des Antrags auf Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung hat das BMWi zwei Monate Zeit, ein (Standard-)Prüfverfahren i. S. v. § 59 Abs. 3 Nr. 2 AWV52 zu eröffnen.53 Wird ein solches Verfahren nicht innerhalb der vorgegebenen Frist eingeleitet, gilt die Unbedenklichkeitsbescheinigung als erteilt.

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Vgl. § 15 Abs. 2 AWG, unangetastet bleibt zunächst selbst bei Eintreten der auflösenden Bedingung das dingliche Rechtsgeschäft (Eigentumsübertragung) und muss ggf. (bereicherungsrechtlich) rückabgewickelt werden. 48 Vgl. § 59 Abs. 1 S. 2 AWV. 49 Vgl. § 59 Abs. 3 Nr. 1 AWV. 50 Vgl. § 59 Abs. 3 Nr. 2 AWV. 51 Vgl. § 58 Abs. 1 AWV. 52 Das Standardprüfverfahren beginnt dann wiederum mit der dreimonatigen Vorprüfungsfrist gem. § 55 Abs. 3 S. 1 AWV, in der das BMWi über die Einleitung einer Hauptprüfung entscheidet, vgl. Fn. 43. 53 § 58 Abs. 2 AWV sieht seit der 9. AWV-Änderungs-VO eine nunmehr auf zwei Monate verlängerte Fiktionsfrist vor, um „der gestiegenen Komplexität der Erwerbsvorgänge“ Rechnung zu tragen sowie zu vermeiden, dass „wegen einer zu kurz bemessenen Frist allein zum Zwecke der Fristwahrung Prüfverfahren (nach § 55 AWVAnm. d. Verfassers) eröffnet werden“, vgl. Fn. 33.

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(f) Rechtsschutz Mangels spezialgesetzlicher Regelungen ist für die Anfechtung einer Untersagung das allgemeine verwaltungsgerichtliche Verfahren einschlägig.54 (2) Vereinbarkeit von AWG und AWV mit Unionsrecht55 Wie dargestellt, können im außenwirtschaftsrechtlichen Prüfverfahren gemäß § 56 Abs. 1 Ziff. 1 AWV drittstaatliche Beteiligungen an Unternehmen, die in besonders kritischen Bereichen tätig sind, schon ab einer Höhe von 10 % der Stimmrechte auf das Bestehen einer Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit überprüft werden. Darüber hinaus sieht § 56 Abs. 1 Nr. 2 AWV auch bei einem drittstaatlichen Beteiligungserwerb von mehr als 25 % der Stimrechte an „sonstigen Unternehmen“ die Möglichkeit eines Prüfverfahrens vor. Aus europarechtlicher Perspektive stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage, inwieweit das beschriebene Prüfverfahren und insbesondere die jeweiligen Prüfeintrittsschwellen von 10 % und 25 % der Stimmrechte mit den europäischen Grundfreiheiten in Einklang stehen. Für die Regulierung von Investitionen kommen in erster Linie Verstöße gegen die Niederlassungs- (Art. 49 ff. AEUV) und die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 ff. AEUV) infrage. Die Niederlassungsfreiheit findet insbesondere in Konstellationen Anwendung, in denen mit der (Direkt-)Investition auch ein „Kontrollerwerb“56 im Sinne eines mit der Investition verbundenen „bestimmenden“57 bzw. „sicheren“58 Einflusses in Bezug auf Entscheidungen des betroffenen Unternehmens einhergeht, der es dem Investor ermöglicht, die Tätigkeit des Zielunternehmens zu bestimmen.59 Kommt es 54 S. aber: Preisser, Sovereign Wealth Funds, S. 91, 95 f., der zutreffend feststellt, dass schon die Mitteilung über die Einleitung des Hauptprüfverfahrens gem. § 55 Abs. 3 S. 1 a. E. AWVeinen anfechtbaren Verwaltungsakt darstellt, gegen den bereits ein Rechtsbehelf eingelegt werden müsste, s. auch Voland, EuZW 2010, 132, 133. 55 Teile dieses Abschnittes sind bereits als Aufsatz vorab und gesondert erschienen, vgl. Schuelken/Sichla, NVwZ 2019, 1406 ff. 56 Korte, in: Calliess/Ruffert – Art. 49 AEUV, Rn. 35. 57 EuGH, Urt. v. 08. 11. 2012, Rs. C-244/11, EuZW 2013, 29 – Europäische Kommission/ Griechenland, Rn. 19 ff. 58 EuGH, Urt. v. 10. 11. 2011, Rs. C-212/09, Slg. 2011, I-10892 – Europäische Kommission/Portugal (Golden Shares Portugal IV.), Rn. 42. 59 Vgl. EuGH, Urt. v. 10. 11. 2011, Rs. C-212/09, Slg. 2011, I-10892 – Europäische Kommission/Portugal (Golden Shares Portugal IV.), Rn. 42 mit Verweis auf EuGH, Urt. v. 13. 04. 2000, Rs. C-251/98, Slg. 2000, I-113 – C. Baars vs. Inspecteur der Belastingen Particulieren/Ondernemingen Gorinchem, Rn. 22 sowie EuGH, Urt. v. 12. 09. 2006, Rs. C-196/04, Slg. 2006, I-8031 – Cadbury Schweppes plc und Cadbury Schweppes Overseas Ltd/Commissioners of Inland Revenue, Rn. 31 ff.; EuGH, Urt. v. 12. 12. 2006, Rs. C-374/04, Slg. 2006, I-11718 – Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation/Commissioners of Inland

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dem Investor hingegen gerade nicht auf die Ausübung von Einfluss an und möchte er sich ohne jeden Kontrollanspruch nur mit einer Geldanlage (z. B. zur Erwirtschaftung einer Rendite) am Kapital eines Unternehmens beteiligen, fiele eine solche (Portfolio-)Investition60 folglich nicht in den Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit und wäre allein am Maßstab der Kapitalverkehrsfreiheit zu messen.61 (a) Einschlägiger Anwendungsbereich: Niederlassungsfreiheit und/oder Kapitalverkehrsfreiheit? Nach dem eben Festgestellten gilt, dass vor dem Hintergrund der erforderlichen qualifizierten Mehrheiten im deutschen Gesellschaftsrecht62 jedenfalls im Hinblick auf § 56 Abs. 1 Ziff. 2 AWV bei einer Kontrolle über mindestens 25 % der Stimmrechte (Stichwort „Sperrminorität“) regelmäßig der geforderte maßgebliche Einfluss (s. o.) und damit ein Fall der Niederlassungsfreiheit vorliegen dürfte. Und auch im Hinblick auf die Prüfeintrittsschwelle in § 56 Abs. 1 Ziff. 1 AWV wird einerseits, z. B. durch die OECD aber auch durch das Statistische Amt der Europäischen Union (Eurostat), grundsätzlich davon ausgegangen, dass es sich auch bei einer Beteiligung von „nur“ 10 % um eine Direktinvestition, also eine Beteiligung handelt, durch die der Investor einen maßgeblichen Einfluss auf die Tätigkeit des Zielunternehmens erhält.63 Auch insofern besteht hier zumindest die nicht ganz fernliegende Möglichkeit, dass es sich auch bei einer Beteiligung von 10 % um einen Fall der Niederlassungsfreiheit handelt.

Revenue, Rn. 39; GA Geelhoed, Schlussantrag v. 06. 04. 2006, Rs. C-446/04 – Test Claimants in the FII Group Litigation/Commissioners of Inland Revenue, Rn. 37; EuGH, Urt. v. 13. 03. 2007, Rs. C-524/04, Slg. 2007, I-2157 – Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation/ Commissioners of Inland Revenue, Rn. 27; EuGH, Beschl. v. 10. 05. 2007, Rs. C-492/04, Slg. 2007, I-3777 – Lasertec Gesellschaft für Stanzformen mbH/Finanzamt Emmendingen (Lasertec), Rn. 20. 60 Vgl. Reinisch, § 8 – Internationales Investitionsschutzrecht, in: Internationales Wirtschaftsrecht, Rn. 30; Krajewski, Wirtschaftsvölkerrecht, Rn. 538 sowie in der Rspr. des EuGH: EuGH, Urt. v. 23. 10. 2007, Rs. C-112/05, Slg. 2007, I-8995 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Deutschland (VW-Gesetz), Rn. 54; EuGH, Urt. v. 28. 09. 2006, verb. Rs. C282/04 u. C-283/04, Slg. 2006, I-9141 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/NL, Rn. 19. 61 Vgl. EuGH, Urt. v. 10. 06. 2015, Rs. C-686/13 – X AB, Rn. 19; EuGH, Urt. v. 22. 10. 2013, C-105/12 – C-107/12 – Essent NV u. a., Rn. 39 ff.; EuGH, Urt. v. 13. 11. 2012, Rs. C-35/ 11, RIW 2013, 88 – Test Claimants in the FII Group Litigation/Commissioners of Inland Revenue, The Commissioners for Her Majesty’s Revenue & Customs, Rn. 92. 62 Vgl. etwa § 179 Abs. 2 AktG bzw. § 53 Abs. 2 GmbHG. 63 Der Verordnungsgeber stützt sich auf S. 9 der Erläuterungen zur 12. AWV-ÄnderungsVO, insb. auf die OECD Benchmark-Definition, vgl. OECD – OECD Benchmark Definition of Foreign Direct Investment, Fourth Edition 2008, abrufbar unter: http://www.oecd.org/daf/inv/in vestmentstatisticsandanalysis/40193734.pdf; in diesem Sinne aber auch die Definition von Eurostat: https://ec.europa.eu/eurostat/de/web/structural-business-statistics/global-value-chains/ fdi sowie bei Krajewski, Wirtschaftsvölkerrecht, Rn. 539.

I. Bestehende Rahmenvorgaben

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Allerdings bezieht sich das sektorübergreifende Prüfverfahren gemäß § 55 AWV lediglich auf Investitionen durch Unionsfremde64, denen nach dem Wortlaut von Art. 49 Abs. 1 AEUV ein Schutz durch die Niederlassungsfreiheit gerade nicht zukommt.65 Die Niederlassungsfreiheit ist hier daher zwar in sachlicher, nicht aber auch in persönlicher Hinsicht eröffnet. Die Kapitalverkehrsfreiheit hingegen sieht ein Verbot aller Beschränkungen von Art. 63 AEUV sowohl zwischen den Mitgliedstaaten als auch zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten vor und ermöglicht es somit – anders als die Niederlassungsfreiheit – auch EU-Ausländern, sich darauf zu berufen.66 Zusätzlich müsste Art. 63 AEUV allerdings auch in sachlicher Hinsicht einschlägig sein. Investitionen fallen insbesondere dann in den Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit, wenn sie als bloße Geldanlage erfolgen.67 Ist hingegen unklar, ob sich die Regelung lediglich auf eine Geldanlage oder aber auf eine Beteiligung bezieht, mit der ein bestimmender Einfluss verbunden ist, so sind nach der Meinung des EuGH die Anwendungsbereiche der Kapitalverkehrs- und der Niederlassungsfreiheit anhand einer Schwerpunktprüfung voneinander abzugrenzen, die sich am Gegenstand der fraglichen Regelung orientiert.68 Erfasse eine Vorschrift, so der EuGH, sowohl Fälle von Beteiligungen, die einen bestimmenden Einfluss ermöglichen als auch unbedeutendere Beteiligungen, so seien die Schutzbereiche der Kapitalverkehrs- und der Niederlassungsfreiheit nebeneinander eröffnet und beide Grundfreiheiten parallel anwendbar.69 Sei eine Vorschrift aber so ausgestaltet, dass sie überwiegend oder sogar ausschließlich Sachverhalte erfasse, in denen mit der Investition ein bestimmender Einfluss am Zielunternehmen verbunden sei, so habe die durch sie unter Umständen stattfindende Beschränkung von Art. 49 AEUV lediglich als deren unvermeidbare

64 Art. 49 AEUV bezieht sich auf Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, also auf natürliche Personen. Für unionsfremde juristische Personen vgl. Art. 49 i. V. m. Art. 54 AEUV sowie auch Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim – Art. 49 AEUV, Rn. 13 f. 65 Vgl. Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim – Art. 49 AEUV, Rn. 11. 66 Vgl. EuGH, Urt. v. 14. 12. 1995, verb. Rs. C-163/94, C-165/94 u. C-250/94, Slg. 1995, I4830 – Sanz de Lera, Rn. 48; Bröhmer, in: Calliess/Ruffert – Art. 63 AEUV, Rn. 6; Haag, § 11 Grundfreiheiten, in: Bieber/Epiney/Haag/Kotzur, Rn. 144. 67 Vgl. Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje – Art. 63 AEUV, Rn. 64 mit Verweis auf EuGH, Urt. v. 21. 10. 2010, Rs. C-81/09, Slg. 2010, I-10161 – Idryma Typou, Rn. 48 sowie EuGH, Urt. v. 17. 09. 2009, Rs. C-182/08, Slg. 2009, I-8591 – Glaxo Wellcome, Rn. 40. 68 Vgl. Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje – Art. 63 AEUV, Rn. 65. 69 Vgl. EuGH, Urt. v. 11. 11. 2010, Rs. C-543/08, Slg. 2010, I-11245 – Europäische Kommission/Portugal (Golden Shares Portugal III.), Rn. 44; EuGH, Urt. v. 10. 11. 2011, Rs. C212/09, Slg. 2011, I-10892 – Europäische Kommission/Portugal (Golden Shares Portugal IV.), Rn. 44; EuGH, Urt. v. 21. 10. 2010, Rs. C-81/09, Slg. 2010, I-10161 – Idryma Typou, Rn. 48 ff.; EuGH, Urt. v. 26. 03. 2009, Rs. C-326/07, EuZW 2009, 458, 464 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Italien, Rn. 36; EuGH 24. 05. 2007, Rs. C-157/05, Slg. 2007, I-4054 – Winfried L. Holböck/Finanzamt Salzburg-Land, Rn. 24 ff.

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C. Der Schutz vor drittstaatlichen Direktinvestitionen

Konsequenz auch Auswirkungen auf die Kapitalverkehrsfreiheit und rechtfertige keine eigenständige Prüfung von Art. 63 AEUV.70 Die Rechtsprechung des EuGH führt im Ergebnis also dazu, dass Vorschriften, die zumindest überwiegend Beteiligungen betreffen, mit denen ein bestimmender Einfluss verbunden ist, allein in den Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit fallen und damit Angehörigen von Drittstaaten – anders als die Kapitalverkehrsfreiheit – keinen grundfreiheitlichen Schutz bieten.71 Dass es nach dieser Ansicht und aus der Perspektive eines drittstaatlichen Investors auf die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme nicht mehr ankommen soll, erscheint wenig wertungsgerecht. Im Sinne ausgewogenerer Resultate und bei teleologischer, auf die maximale Entfaltung des Unionsrechts zielender Auslegung,72 erscheint es hier angezeigt, die Schutzbereiche der infrage kommenden Grundfreiheiten weit auszulegen und schließlich auf Rechtfertigungsebene – im Rahmen einer Prüfung der Kapitalverkehrsfreiheit – angemessen zu berücksichtigen, dass die Niederlassungsfreiheit eine „erga-omnesLiberalisierung“73 nicht vorsieht.74 Für die hier untersuchten Vorschriften bedeutet das Folgendes: (aa) § 56 Abs. 1 Nr. 1 AWV – die 10 %-Schwelle in kritischen Bereichen Sofern man davon ausgeht, dass die neue 10 %-Schwelle dem Investor einen bestimmenden Einfluss auf das Zielunternehmen verschafft, fiele sie schwerpunktmäßig in den Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit. Die parallele

70 Vgl. EuGH, Urt. v. 26. 03. 2009, Rs. C-326/07, EuZW 2009, 458, 464 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Italien, Rn. 39; EuGH, Urt. v. 12. 09. 2006, Rs. C-196/04, Slg. 2006, I-8031 – Cadbury Schweppes plc und Cadbury Schweppes Overseas Ltd/Commissioners of Inland Revenue, Rn. 33; EuGH, Urt. v. 25. 10. 2007, Rs. C-464/05, Slg. 2007, I9344 – Geurts und Vogten, Rn. 16; EuGH, Urt. v. 19. 07. 2012, Rs. C-31/11, EWS 2012, 345 – Marianne Scheunemann/Finanzamt Bremerhaven, Rn. 30; EuGH, Urt. v. 08. 11. 2012, Rs. C244/11, EuZW 2013, 29 – Europäische Kommission/Griechenland, Rn. 30; EuGH, Urt. v. 13. 11. 2012, Rs. C-35/11, RIW 2013, 88 – Test Claimants in the FII Group Litigation/ Commissioners of Inland Revenue, The Commissioners for Her Majesty’s Revenue & Customs, Rn. 92. 71 Vgl. Germelmann, EuZW 2008, 596, 599; Haslehner, IStR 2008, 565, 569; Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje – Art. 63 AEUV, Rn. 66 m. w. N.; i. d. S. auch die Rspr. des EuGH: EuGH, Urt. v. 19. 07. 2012, Rs. C-31/11, EWS 2012, 345 – Marianne Scheunemann/ Finanzamt Bremerhaven, Rn. 35. 72 Vgl. EuGH, Beschl. v. 17. 07. 1980, Rs. 792/79, Slg. 1980, 119 – Camera Care, Rn. 17; EuGH, Urt. v. 06. 10. 1981, Rs. 146/80, Slg. 1981, 2312 – Broekmeulen, Rn. 16; EuGH, Urt. v. 19. 11. 1991, verb. Rs. C-6/90 u. C-9/90, Slg. 1991, I-5403 – Francovich, Rn. 32; Seyr, Der effet utile in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs; Kulms, Der Effektivitätsgrundsatz; Potacs, EuR 2009, 465 ff. 73 Das fordert etwa auch: Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje – Art. 63 AEUV, Rn. 66. 74 Vgl. Germelmann, EuZW 2008, 596, 599 f.; EuGH, Urt. v. 18. 12. 2007, Rs. C-101/05, Slg. 2007, I-11568 – A, Rn. 37.

I. Bestehende Rahmenvorgaben

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Anwendung der Kapitalverkehrsfreiheit wäre zwar umstritten, nach hier vertretener Auffassung aber möglich (s. o.). Ginge man allerdings davon aus, dass eine Beteiligung von 10 % im Sinne der EuGH-Rechtsprechung keinen bestimmenden Einfluss mehr bedeute,75 wäre eine klare, sich am Schwerpunkt der Regelung orientierende Zuordnung zur Niederlassungs- oder Kapitalverkehrsfreiheit nicht mehr eindeutig möglich. Im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH76 wäre auch in diesem Fall eine Anwendung der Kapitalverkehrs- neben der – in persönlicher Hinsicht nicht anwendbaren – Niederlassungsfreiheit möglich. (bb) § 56 Abs. 1 Nr. 2 AWV – die 25 %-Schwelle für sonstige Unternehmen Das deutsche Gesellschaftsrecht sieht sowohl für die Aktiengesellschaft als auch für die GmbH wesentliche Minderheitenrechte vor, mit denen – in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH – bestimmender Einfluss auf das Zielunternehmen verbunden ist.77 Schwerpunktmäßig wäre also auch im Falle von § 56 Abs. 1 Nr. 2 AWV n. F. zwar der Schutzbereich von Art. 49 AEUV betroffen, eine Prüfung der Vorschrift am Maßstab der Kapitalverkehrsfreiheit aber nach hier vertretener Auffassung und aus den oben genannten Gründen neben der – hier ebenfalls in persönlicher Hinsicht nicht anwendbaren – Niederlassungsfreiheit gleichwohl möglich. (b) Eingriff Eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit liegt für den EuGH bereits vor, wenn die fragliche Regelung dazu geeignet ist, Investitionen weniger attraktiv zu machen.78 Schon die potenzielle und mittelbare Beeinträchtigung ist ausreichend; auf eine konkrete Beeinträchtigung kommt es nicht an.79 § 56 Abs. 1 AWV stellt somit eine Beeinträchtigung der Kapitalverkehrsfreiheit dar. 75 Gegen einen bestimmenden Einfluss bei einer Beteiligung von 20 %: EuGH, Urt. v. 07. 09. 2017, Rs. C-6/16 – Equiomi, Rn. 43; ebenfalls gegen einen bestimmenden Einfluss bei einer Beteiligung von 10 %: EuGH, Urt. v. 03. 10. 2013, Rs. C-282/12 – Itelcar, Rn. 22 sowie in Bezug auf eine 10-prozentige Beteiligung und vor dem Hintergrund deutschen Gesellschaftsrechts: EuGH, Urt. v. 11. 09. 2014, Rs. C-47/12 – Kronos, Rn. 35. 76 Vgl. Fn. 69. 77 Vgl. EuGH, Urt. v. 19. 07. 2012, Rs. C-31/11, EWS 2012, 345 – Marianne Scheunemann/ Finanzamt Bremerhaven, Rn. 26; EuGH, Beschl. v. 10. 05. 2007, Rs. C-492/04, Slg. 2007, I3777 – Lasertec Gesellschaft für Stanzformen mbH/Finanzamt Emmendingen (Lasertec), Rn. 22. 78 Vgl. EuGH, Urt. v. 28. 09. 2006, verb. Rs. C-282/04 u. C-283/04, Slg. 2006, I-9141 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/NL, Rn. 20 f.; EuGH, Urt. v. 19. 01. 2006, Rs. C-265/04, Slg. 2006, I-945 – Margaretha Bouanich/Skatteverket, Rn. 34 f.; EuGH, Urt. v. 02. 05. 2005, Rs. C-174/04, Slg. 2005, I-4933 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Italienische Republik, Rn. 30 f. 79 M. w. N. Tietje, Beschränkungen ausländischer Unternehmensbeteiligungen zum Schutz vor „Staatsfonds“, Policy Papers on Transnational Economic Law Nr. 26 v. 12/2007, S. 5.

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C. Der Schutz vor drittstaatlichen Direktinvestitionen

(c) Unionsrechtliche Rechtfertigung Die festgestellte Beeinträchtigung der Kapitalverkehrsfreiheit ist gleichwohl nicht europarechtswidrig, wenn sie durch einen geschriebenen oder ungeschriebenen80 Rechtfertigungsgrund gedeckt ist und sowohl dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als auch dem Grundsatz der Rechtssicherheit entspricht. Die Regelung müsste im Sinne der Verhältnismäßigkeit also einerseits zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet, erforderlich und angemessen sein81 und andererseits im Sinne der Rechtssicherheit objektiv und nachprüfbar82 die jeweiligen Umstände regeln, bei deren Vorliegen eine außenwirtschaftsrechtliche Prüfung bzw. die Möglichkeit einer Untersagung der Transaktion eröffnet wird. In Betracht kommt hier insbesondere der geschriebene Rechtfertigungsgrund der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit (sogenannter „ordre-public“-Vorbehalt) des Art. 65 Abs. 1 lit. b 3. Variante AEUV. Der EuGH geht in seiner Rechtsprechung mit diesem Rechtfertigungsgrund recht zurückhaltend um und verlangt eine enge Auslegung.83 Voraussetzung einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ist demnach, dass eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.84 Der EuGH erkennt in seiner Judikatur an, dass der Schutz von Schlüsselinfrastrukturen zur öffentlichen Sicherheit i. S. v. Art. 65 Abs. 1 lit. b 3. Variante AEUV gehört, und ist in der Vergangenheit insbesondere dann von deren Betroffenheit 80 Vgl. EuGH, Urtl v. 06. 01. 2000, Rs. C-35/98, Slg. 2000, I-4071 – Verkooijen, Rn. 43; EuGH, Urt. v. 07. 09. 2004, Rs. C-319/02, Slg. 2004, I-4933 – Manninen, Rn., 29; EuGH, Urt. v. 11. 09. 2008, Rs. C-43/07, Slg. 2008, I-6887 – Arens/Sikken, Rn. 53. 81 Vgl. Epiney, § 11 Grundfreiheiten, in: Bieber/Epiney/Haag/Kotzur, Rn. 60; EuGH, Urt. v. 12. 07. 1979, Rs. 153/78, Slg. 1979, 2556 – Kommission/Deutschland, Rn. 15; EuGH, Urt. v. 20. 09. 1988, Rs. 302/86, Slg. 1988, 4627 – Kommission/Dänemark, Rn. 11 ff.; EuGH, Urt. v. 26. 06. 1997, Rs. C-368/95, Slg. 1997, I-3709 – Familiapress/Bauer Verlag, Rn. 19 ff.; EuGH, Urt. v. 13. 03. 1997, Rs. C-358/95, Slg. 1997, I-1444 – Morellato/USL; EuGH, Urt. v. 28. 04. 1998, Rs. C-120/95, Slg. 1998, I-1871 – Decker, Rn. 39 ff. sowie ausführlich zur Verhältnismäßigkeit Trstenjak/Beysen, EuR 2012, 265 ff. 82 Vgl. EuGH, Urt. v. 26. 03. 2009, Rs. C-326/07, EuZW 2009, 458, 464 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Italien; EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-483/99, Slg. 2002, I4781 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Französische Republik unterstützt durch Königreich Spanien u. GB, Rn. 50 f.; EuGH, Urt. v. 13. 03. 2000, Rs. C-54/99, Slg. 2000, I-1253 – Association Eglise de scientologie de Paris/Premier ministre, Rn. 21 f. 83 Vgl. EuGH, Urt. v. 21. 06. 2018, Rs. C-480/16 – Fidelity Funds, Rn. 47; EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-483/99, Slg. 2002, I-4781 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Französische Republik unterstützt durch Königreich Spanien u. GB, Rn. 48; Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje – Art. 65 AEUV, Rn. 18. 84 Vgl. EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-483/99, Slg. 2002, I-4781 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Französische Republik unterstützt durch Königreich Spanien u. GB, Rn. 48; EuGH, Urt. v. 13. 03. 2000, Rs. C-54/99, Slg. 2000, I-1253 – Association Eglise de scientologie de Paris/Premier ministre, Rn. 17.

I. Bestehende Rahmenvorgaben

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ausgegangen, wenn es um die Gewährleistung einer Versorgung mit Energie, Telekommunikationsdienstleistungen oder anderen Dienstleistungen von strategischer Bedeutung speziell im Krisenfall ging.85 Der Verordnungsgeber beschreibt als Ziel der in der AWV vorgenommenen Änderungen den Schutz bestimmter Kritischer Infrastrukturen, um ihrer besonderen Sicherheitsrelevanz Rechnung zu tragen.86 (aa) Rechtfertigung der 10 %-Schwelle für Investitionen in kritischen Bereichen (§ 56 Abs. 1 Nr. 1 AWV) (a) Unionsrechtlich anerkannte Rechtfertigungsgründe Die von 25 % auf 10 % herabgesetzte Prüfeintrittsschwelle in § 56 Abs. 1 Nr. 1 AWV n. F. knüpft – ganz im oben beschriebenen Sinne – die Eröffnung eines Prüfverfahrens (und damit implizit auch die Entscheidung darüber, ob eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit vorliegt) daran, dass von der drittstaatlichen Investition ein Unternehmen betroffen ist, das in einem kritischen Bereich i. S. v. § 55 Abs. 1 AWV n. F. tätig ist. Die 12. AWV-Änderungs-VO verfolgt somit jedenfalls im Hinblick auf diese Änderung ein europarechtlich anerkanntes Ziel, das auch bei enger Auslegung durch den „ordre-public“-Vorbehalt aus Art. Art. 65 Abs. 1 lit. b 3. Variante AEUV gedeckt ist. Das außenwirtschaftsrechtliche Prüfverfahren ermöglicht sodann, eine Investition, sofern durch sie eine drittstaatliche Mindestbeteiligung von 10 % an einem inländischen Unternehmen erreicht wird, auf eine durch sie verursachte Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit zu untersuchen und sie ggf. zu untersagen. Typischerweise, so die Wertung der Regelbeispielssystematik in § 55 Abs. 1 AWV, liegt eine Gefährdung dann vor, wenn die beschriebene drittstaatliche Beteiligung einen der hier genannten, als besonders kritisch eingestuften Sektoren betrifft. Im Zuge ihrer Novellierung 2017 hat der Verordnungsgeber die AWV durch die Aufnahme von Beispielen für eine regelmäßig vorliegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit konkretisiert und begegnete hierdurch bestehenden Bedenken in Bezug auf die Rechtssicherheit bzw. Verhältnismäßigkeit der Vorschrift.87 Die in § 55 Abs. 1 AWV genannten Beispiele besonders kritischer Wirtschaftsbereiche orientieren sich zudem an der Liste der Sektoren, für die die EuGH-Recht-

85 Vgl. EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-483/99, Slg. 2002, I-4781 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Französische Republik unterstützt durch Königreich Spanien u. GB, Rn. 47; EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-503/99, Slg. 2002, I-4809 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Königreich Belgien unterstützt durch GB, Rn. 23; EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003, Rs. C-463/00, Slg. 2003, I-4581 – EuGH v. 13. 05. 2003, C-463/00, Slg. 2003, I4606 – 4640, Kommission der Europäischen Gemeinschaften vs. Königreich Spanien unterstützt durch GB, Rn. 67 ff.; Weller, ZIP 2008, 857, 863. 86 12. AWV-Änderungs-VO, S. 1 sowie S. 12 f. 87 Vgl. Schuelken, DVBl. 2017, 1407, 1408.

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C. Der Schutz vor drittstaatlichen Direktinvestitionen

sprechung die Möglichkeit einer Gefährdung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausdrücklich bereits anerkannt hat.88 Hinzugekommen ist zur Liste des § 55 Abs. 1 AWV durch die 12. AWV-Änderungs-VO zuletzt ein weiteres Regelbeispiel: Eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit liegt nunmehr wegen ihrer fundamentalen Bedeutung für die freiheitlich demokratische Grundordnung89 insbesondere auch dann vor, wenn es sich bei dem Ziel der drittstaatlichen Investition um besondere Unternehmen der Medienwirtschaft handelt.90 Aus europarechtlicher Sicht fügt sich das mit der Erweiterung des § 55 Abs. 1 AWV verfolgte Ziel nahtlos in das Bild jüngst unternommener Anstrengungen auf EU-Ebene ein, etwa durch einen „Aktionsplan gegen Desinformation“91 Gefahren zu begegnen, die speziell durch drittstaatlich gesteuerte Falschinformationen entstehen. Und auch Art. 4 Abs. 1 lit. e der EU-Screening-VO92 weist in diese Richtung, indem er die Freiheit und die Pluralität der Medien als Zielsektor für drittstaatliche Investitionen aufführt, der dazu geeignet ist, die Sicherheit oder öffentlichen Ordnung zu beeinträchtigen. Die mit der Aufnahme dieses Regelbeispiels in die AWV verfolgte Zielsetzung dürfte demnach aus europarechtlicher Perspektive wohl keinen Bedenken begegnen. (b) Verhältnismäßigkeit Die Herabsetzung der Prüfeintrittsschwelle trägt zum Schutz der Versorgung in kritischen Bereichen bei und ist damit wohl geeignet, die Erreichung des angestrebten Zieles zumindest zu fördern.93 88 Vgl. EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-483/99, Slg. 2002, I-4781 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Französische Republik unterstützt durch Königreich Spanien u. GB, Rn. 47; EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-503/99, Slg. 2002, I-4809 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Königreich Belgien unterstützt durch GB, Rn. 23; EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003, Rs. C-463/00, Slg. 2003, I-4581 – EuGH v. 13. 05. 2003, C-463/00, Slg. 2003, I4606 – 4640, Kommission der Europäischen Gemeinschaften vs. Königreich Spanien unterstützt durch GB, Rn. 67 ff.; Weller, ZIP 2008, 857, 863. 89 Vgl. Erläuterungen zur 12. AWV-Änderungs-VO, S. 12. 90 Genauer kann eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gem. § 55 Abs. 1 Nr. 6 AWV n. F. insb. dann vorliegen, wenn das Ziel der Investition ein „Unternehmen der Medienwirtschaft ist, das mittels Rundfunk, Telemedien oder Druckerzeugnissen zur öffentlichen Meinungsbildung beiträgt und sich durch besondere Aktualität und Breitenwirkung auszeichnet.“ 91 Vgl. Europäische Kommission v. 26. 09. 2018 – EU Code of Practice on Desinformation, abrufbar unter: https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/news/code-practice-disinformation; FAZ v. 22. 01. 2019 – EU geht gegen Desinformations-Kampagnen vor, S. 7. 92 Vgl. Verordnung (EU) 2019/452, vgl. Fn. 4. 93 Vgl. zur Geeignetheit in der Rspr. des EuGH: EuGH, Urt. v. 21. 12. 2011, Rs. C-28/09 – Kommission/Österreich, Rn. 126; EuGH, Urt. v. 16. 12. 2010, Rs. C-137/09 – Josemans, Rn. 70; EuGH, Urt. v. 11. 03. 2010, Rs. C-384/08 – Attanasio Group, Rn. 51; EuGH, Urt. v. 09. 09. 2010, Rs. C-64/08 – Engelmann, Rn. 35; EuGH, Urt. v. 01. 06. 2010, Rs. C-570/07 und C-571/07 – Pérez und Gómez, Rn. 94; EuGH, Urt. v. 17. 11. 2009, Rs. C-169/08 – Presidente del Consiglio dei Ministri, Rn. 42; EuGH, Urt. v. 08. 09. 2009, Rs. C-42/07 – Liga Por-

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Darüber hinaus müsste die Herabsetzung der Prüfeintrittsschwelle auch erforderlich sein. Das bedeutet, dass im Sinne der Rechtsprechung des EuGH bei mehreren, gleich geeigneten Mitteln, das für das jeweils betroffene Rechtsgut am wenigsten belastende zu wählen ist.94 Speziell bei der Senkung der Prüfungsschwelle muss freilich die Frage gestellt werden, ob die Herabsetzung notwendig war oder nicht auch der bisher geltende Grenzwert zur Zielerreichung – als gleichsam weniger belastendes Mittel – ausreichend sein könnte. Hierbei ist zu beachten, dass neben der tatsächlich durch ihn kontrollierten Anteilsgröße für den Einfluss eines Investors auf Unternehmensentscheidungen maßgeblich ist, wie viele stimmberechtigte andere Anteilseigner auf der Hauptversammlung bzw. der Gesellschafterversammlung anwesend sind. Die Betrachtung der Hauptversammlungspräsenz bei den 30 DAX-Unternehmen zeigt, dass im Zeitraum zwischen 2005 und 2015 im Durchschnitt nur etwa 55 % des stimmberechtigten Kapitals auf den Hauptversammlungen vertreten war.95 Von diesem Wert ausgehend, verfügt ein drittstaatlicher Investor mit nur 10 % der Stimmrechte schon fast über die Hälfte der anwesenden und damit zur Beschlussfassung maßgeblichen Stimmen. Betrachtet man hingegen die Durchschnittswerte einzelner Jahre, konkret 2005 (44,98 %) und 2013 (49,86 %), wird deutlich, dass ein Anteil von 25 % bereits für die Mehrheit der Stimmen ausreichend gewesen wäre. Legt man hingegen einzelne Beispiele zugrunde, wäre etwa im Jahr 2015 bei einer Präsenz von nur etwa 42 % des stimmberechtigten Kapitals auf der Hauptversammlung der ProSiebenSat1 Media SE (MDAX) – die nunmehr wohl als Betreiber einer kritischen Infrastruktur im Sinne des neu hinzugefügten § 55 Abs. 1 Nr. 6 AWV gelten dürfte – eine Beteiligung von weniger als 25 % sogar für eine Stimmenmehrheit auf der Hauptversammlung ausreichend gewesen.96 Aus der hier vertretenen Perspektive bestehen daher – zumindest bezogen auf die Herabsetzung der Prüfeintrittsschwelle auf 10 % – keine Bedenken an der Europarechtskonformität der AWV.

tuguesa de Futebol Profissional, Rn. 61; EuGH, Urt. v. 10. 03. 2009, Rs. C-169/07 – Hartlauer, Rn. 55. 94 Vgl. EuGH, Urt. v. 21. 07. 2011, Rs. C-150/10 – Bureau d’intervention et de restitution belge, Rn. 75; EuGH, Urt. v. 21. 07. 2011, Rs. C-15/10 – Etimine SA, Rn. 124; EuGH, Urt. v. 08. 07. 2010, Rs. C-343/09 – Afton Chemical Limited, Rn. 45; EuGH, Urt. v. 11. 06. 2009, Rs. C-33/08 – Agrana Zucker GmbH, Rn. 31; EuGH, Urt. v. 11. 07. 1989, Rs. 265/87, Slg. 1989, 2263 – Schräder, Rn. 31. 95 Vgl. Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e. V. – Statistiken zur Präsenz bei Hauptversammlungen, abrufbar unter: https://sdk.org/veroeffentlichungen/statistiken/. 96 Methodisch, jedoch bezogen auf den Zeitraum zwischen 1998 und 2008, so schon: Wolff, Ausländische Staatsfonds und staatliche Sonderrechte, S. 48.

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(bb) Rechtfertigung der 25 %-Schwelle für Investitionen in „sonstige Unternehmen“ (§ 56 Abs.1 Nr. 2 AWV) Zusätzlich kann laut § 56 Abs. 1 Nr. 2 AWV aber auch bei einer drittstaatlichen Beteiligung von 25 % an „sonstigen Unternehmen“ ein außenwirtschaftsrechtliches Prüfverfahren eröffnet werden. Insbesondere im Zusammenspiel mit § 56 Abs. Nr. 1 AWV sowie schon durch seinen Wortlaut, legt § 56 Abs. 1 Nr. 2 AWV nahe, dass es hier auf die Betroffenheit eines besonders vulnerablen Sektors gerade nicht ankommt.97 Unabhängig von der Frage der Verhältnismäßigkeit, verfolgt der Verordnungsgeber mit der fraglichen Regelung somit unter Berücksichtigung der EuGHRechtsprechung keinen anerkannten unionsrechtlichen Rechtfertigungsgrund. Sie stellt daher schon deshalb einen ungerechtfertigten Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit dar. Zudem wäre die Möglichkeit einer Investitionsprüfung ohne Beschränkung auf bestimmte, besonders kritische Sektoren im Sinne der EuGHRechtsprechung wohl auch unverhältnismäßig.98 (cc) Zwischenergebnis Das deutsche Außenwirtschaftsrecht in seiner aktuellen Fassung ist zum Teil europarechtswidrig. Zwar dürfte der Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit durch die nur noch 10 % betragende Prüfeintrittsschwelle wegen ihres Bezugs zu besonders kritischen und durch die Rechtsprechung des EuGH als schützenswert anerkannte Wirtschaftsbereiche gerechtfertigt und damit europarechtskonform sein. Die Aufnahme einer weiteren außenwirtschafsrechtlichen Prüfmöglichkeit auch für „sonstige Unternehmen“ verfolgt hingegen keinen von der Judikatur des EuGH anerkannten Rechtfertigungsgrund und greift damit in unionsrechtswidriger Weise in die Kapitalverkehrsfreiheit ein. (3) Bewertung und Kritik an Investitionsüberprüfungsmechanismen Schon in der Vergangenheit präsentierte sich das deutsche Außenwirtschaftsrecht als grundsätzlich ausgewogener Kompromiss zwischen einer für drittstaatliches Kapital offenen Marktwirtschaft und der Wahrnehmung gerechtfertigter Schutzin97 Die genannte Erweiterung in § 56 AWV um „sonstige Unternehmen“ findet erstaunlicherweise und anders als die Herabsetzung der Prüfeintrittsschwelle auf 10 % auch in den Verordnungszielen bzw. deren Begründung keinerlei Erwähnung, vgl. Ziele und Begründung der 12. AWV-Änderungs-VO, S. 1, 12 f. 98 Vgl. Wolff, Ausländische Staatsfonds und staatliche Sonderrechte, S. 202 f.; Preisser, Sovereign Wealth Funds, S. 114; Tietje, Beschränkungen ausländischer Unternehmensbeteiligungen zum Schutz vor „Staatsfonds“, Policy Papers on Trans-national Economic Law Nr. 26 v. 12/2007, S. 7; EuGH, Urt. v. 26. 03. 2009, Rs. C-326/07, EuZW 2009, 458, 464 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Italien; EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-483/99, Slg. 2002, I-4781 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Französische Republik unterstützt durch Königreich Spanien u. GB, Rn. 50 f.; EuGH, Urt. v. 13. 03. 2000, Rs. C-54/99, Slg. 2000, I-1253 – Association Eglise de scientologie de Paris/Premier ministre, Rn. 21 f.

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teressen, der jedoch an verschiedenen Stellen Anlass zu insbesondere europarechtlicher Kritik bot. Einige der größten, regelmäßig genannten Kritikpunkte wurde 2017 durch die Neunte AWV-Änderungsverordnung beseitigt: Die Erweiterung des § 55 Abs. 1 AWV um eine Konkretisierung des Begriffes der „öffentlichen Ordnung und Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland“ nimmt im Rahmen von Regelbeispielen eine eigene rechtliche Definition des Begriffes vor und nimmt gleichzeitig Abstand von der bis 2017 in Bezug genommenen ausschließlich europarechtlichen Ausformung des Begriffes. Außerdem ist der Anwendungsbereich zumindest des § 56 Abs. 1 Nr. 1 AWV – und insofern in Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH – auf bestimmte Schlüsselsektoren beschränkt und nimmt nicht mehr grundsätzlich jeden Wirtschaftsbereich ins Visier. Der deutsche Verordnungsgeber trägt so auch denjenigen Stimmen Rechnung, die hierin (und wohl zurecht) eine unverhältnismäßige Reichweite der bisherigen Fassung des deutschen Außenwirtschaftsrechtes bemängelten. Gleichzeitig gewährt die AWV seit ihrer letzten Reform im Winter 2018 mit § 56 Abs. 1 Nr. 2 AWV eine Überprüfung von Investitionen auch in „sonstige Unternehmen“. Die Bundesregierung hat hier einen Tatbestand geschaffen, der materiell auf einen Zustand hinausläuft, wie er bereits seit 2017 bestand und durch die 9. AWV-Änderungs-VO gezielt überarbeitet worden ist, um den beschriebenen europarechtlichen Bedenken zu begegnen. Nur folgerichtig ergibt dann auch die unionsrechtliche Prüfung einen ungerechtfertigten Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit. Letztlich bleibt außerdem aus europäischer und insbesondere auch der Perspektive der europäischen Energieversorgungssicherheit ein weiterer und entscheidender Punkt nach wie vor vollkommen unberücksichtigt: Trotz aller Konkretisierungen verbleibt die Letztentscheidungskompetenz hinsichtlich der Genehmigung oder Untersagung eines Investitionsvorgangs im Rahmen des festgelegten Verfahrens bei der Bundesregierung und damit auf politischer Ebene. Die hier getroffenen Entscheidungen dürften also eher darauf ausgelegt sein, zunächst eigenen (nationalen) Interessen Rechnung zu tragen und (wenn überhaupt) erst auf nachgeordneter Ebene auch gesamteuropäische Belange zu berücksichtigen. Es erscheint deshalb angezeigt, die nationale Entscheidung für einen potenziell riskanten drittstaatlichen Investor im Sinne der gesamteuropäischen Energieversorgungssicherheit in speziell diesem Punkt einer nochmaligen Überprüfung im Rahmen eines geordneten Verfahrens auf EU-Ebene zu unterziehen. bb) Golden Shares Grundsätzlich stellen Golden Shares ein Instrument dar, mit dem unabhängig vom jeweils betroffenen Sektor ein gewisser Schutz vor drittstaatlicher Kontrolle über ein Unternehmen erreicht werden kann. Erfahrungsgemäß stellen Golden Shares eine

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Begleiterscheinung der Vermögensprivatisierung99 von Unternehmen dar, die vom betroffenen Staat als besonders wichtig empfunden werden und an denen er trotz der Privatisierung gewisse Einflussmöglichkeiten behalten möchte.100 Nicht notwendigerweise stehen die durch seine goldenen Aktien beim Staat verbleibenden Rechte und Kompetenzen im angemessenen Verhältnis zum Umfang der wirtschaftlichen Beteiligung am jeweiligen Unternehmen. Trotz ihrer grundsätzlich sektorübergreifenden Natur soll im Folgenden an Beispielen auf dem Gebiet der Energieversorgung deutlich gemacht werden, wie sie im Einzelnen ausgestaltet sein können. Über entsprechende Regelungen verfügen in der EU mit Belgien, Frankreich und Polen im Energiesektor nur vergleichsweise wenige Staaten über Golden Shares.101 Und auch die genannten Staaten setzen zum Schutz vor bzw. der Kontrolle von drittstaatlichen Investitionen insgesamt nicht allein auf staatliche Sonderrechte, sondern auf eine Kombination aus verschiedenen Ansätzen. (1) Frankreich Frankreich verfügt über eine vergleichsweise vielfältige Mischung verschiedener Kontroll-Regelungen. Neben einem Prüfmechanismus102 gibt es hier außerdem gesetzlich verordnete staatliche Mindest-Eigentumsanteile zum Beispiel an EDF103 und ENGIE104 sowie 99 Vgl. Gusy, Privatisierung als Herausforderung an Rechtspolitik und Rechtsdogmatik, in: Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 330 ff. 100 Vgl. Wolff, Ausländische Staatsfonds und staatliche Sonderrechte, S. 111 f. 101 Dieser Befund steht jedenfalls von seiner Tendenz her im Einklang mit der Feststellung der EU-Kommission, staatliche Sonderrechte stünden kurz vor ihrem Ende („…special rights in privatised companies are being phased out), vgl. Europäische Kommission – Special rights in privatised companies in the enlarged Union, Arbeitsdokument v. 22. 07. 2005. 102 Vgl. zum französischen Außenwirtschaftsrecht: Preisser, Sovereign Wealth Funds S. 255 ff.; Tietje/Kluttig, Beschränkungen ausländischer Unternehmensbeteiligungen und -übernahmen, Beiträge zum transnationalen Wirtschaftsrecht Nr. 75 v. 05/2008, S. 17 ff. 103 Gem. Art. 111 – 67 Code de l’énergie liegt der rechtliche Mindest-Eigentumsanteil im Falle von EDF bei 70 %, bei ENGIE (vormals GDF-Suez) bei mindestens einem Drittel der Anteile, de facto hält der französische Staat derzeit allerdings sogar 83,7 % an EDF, vgl. https:// www.edf.fr/en/the-edf-group/dedicated-sections/finance/financial-information/the-edf-share/ shareholding-structure. 104 An ENGIE hält der französische Staat entgegen der gesetzlichen Vorgabe lediglich 24,1 % des Kapitals, vgl. https://www.engie.com/en/shareholders/engie-share/shareholder-struc ture/. Ermöglicht wird dies durch Art. 7 VI des Gesetzes Nr. 2014 – 384 v. 29. März 2014 (Loi n8 2014 – 384 du 29 mars 2014 visant à reconquérir l’économie réelle), wonach es für die Erfüllung der gesetzlichen Pflicht des Staates, sich in einer bestimmten Höhe an einer Aktiengesellschaft zu beteiligen, ausreicht, wenn die Höhe der Beteiligung in Kapital und Stimmrechten erreicht wird. Bedingung hierfür ist, dass die Höhe der gesetzlichen Beteiligungspflicht weniger als 50 % beträgt. Weiterhin erlaubt dieses Gesetz in Art. 7 VI S. 2 dem Staat, für eine Dauer von max. zwei Jahren die gesetzlich vorgeschriebene Höhe zu unterschreiten.

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schließlich auch Golden Shares. In der französischen Literatur wird unter diesem Begriff eine Aktie verstanden, die in privilegierender Weise ihrem Inhaber Rechte unabhängig von der Höhe der Beteiligung am Kapital der Gesellschaft zuspricht.105 Grundlage für die Einrichtung von Golden Shares im französischen Recht war zunächst Art. 10 des Gesetzes Nr. 86 – 912 vom 6. August 1986,106 das den Ministerpräsidenten dazu ermächtigt, nach Beratung mit der Privatisierungskommission (Commission des transferts et de la privatisation) per Dekret für bestimmte Gesellschaften Golden Shares mit umfassenden staatlichen Sonderrechten einzurichten. Als Reaktion auf die Debatte bezüglich der Vereinbarkeit von Golden Shares mit Art. 63 AEUV wurde dieses Gesetzes durch die sogenannte Loi Macron abgeschafft und durch den Art. 31 – 1 der Verordnung vom 20. August 2014107 ersetzt, auf den Art. L. 111 – 69 Code de l’énergie für die Engie SA verweist.108 Um eine Vereinbarkeit mit der europäischen Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit zu erreichen, sind nunmehr für die Begründung eines Golden Shares Motive der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich, die in Bezug auf einen etwaigen Eingriff in europäische Grundfreiheiten verhältnismäßig sein müssen. Vorgesehen werden können als staatliche Sonderrechte in Form von Golden Shares nunmehr insbesondere ein Erlaubnisvorbehalt für den Wirtschaftsminister109 für den Fall, dass eine Investition eine bestimmte Beteiligungsschwelle überschreitet oder die Entsendung eines staatlichen Vertreters in den Verwaltungsrat eines betroffenen Unternehmens, der für den Fall, dass eine geplante Investition den Interessen Frankreichs schadet, auch mit einem Vetorecht ausgestattet werden kann.110 (2) Belgien Belgien nutzt zur Kontrolle von ausländischen Investitionen eine Kombination aus staatlichem Eigentum an den betreffenden Unternehmen und Golden Shares; letztere speziell in Bezug auf den Fernleitungsnetzbetreiber Fluxys. Die an die staatliche Beteiligung gebundenen und durch den Energieminister auszuübenden Sonderrechte umfassen insbesondere das Recht, dem Verkauf von Anteilen oder einer Änderung dessen, wozu die Anlagen von Fluxys im Wesentlichen genutzt werden, zu widersprechen, soweit hierdurch das nationale Interesse auf dem Gebiet der Energie betroffen ist. Der belgische Staat hat außerdem das Recht, zwei bera105 106

1986).

Vgl. Dureau-Hazera/Thomas, RD banc. fin. 2016, Rn. 9. Vgl. Loi n8 86 – 912 du 6 août 1986 relative aux modalités des privatisations (JO, 7 août

107 Vgl. Ordonnance n8 2014 – 948 du 20 août 2014 relative à la gouvernance et aux opérations sur le capital des sociétés à participation publique. 108 Vgl. Dureau-Hazera/Thomas, RD banc. fin. 2016, Rn. 10 f. 109 Der Wirtschaftsminister kann allerdings seine Erlaubnis nur dann verweigern, wenn die Investition den essentiellen Interessen Frankreichs widerspricht, die die Errichtung dieser Aktie gerechtfertigt hat, Art. 31 – 1 I Nr. 1 Ordonnance n8 2014 – 948 du 20 août 2014. 110 Vgl. Art. 31 – 1 I Nr. 2 1 Ordonnance n8 2014 – 948 du 20 août 2014.

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tende Regierungsvertreter in den Unternehmensvorstand bzw. das Strategiekomitee zu entsenden. Diese Regierungsvertreter können innerhalb von vier Tagen beim zuständigen Minister Beschwerde gegen Entscheidungen des Vorstandes und des Komitees (einschließlich des Finanz- und Geschäftsplans) erheben, sofern aus ihrer Sicht die fraglichen Entscheidungen im Widerspruch zur staatlichen Energiepolitik bzw. -versorgung stehen. Die Beschwerde der Regierungsvertreter hat aufschiebende Wirkung. Greift der zuständige Minister nicht innerhalb von acht Tagen ein und korrigiert die Entscheidung von Vorstand oder Strategiekomitee, wird die durch die Regierungsvertreter aufgegriffene Entscheidung endgültig und darf umgesetzt werden. Schließlich besitzt der Energieminister ein besonderes Stimmrecht auf der Jahreshauptversammlung bei Fragen, die die nationale Energiepolitik betreffen.111 (3) Polen Auch das polnische Recht verfügt über eine Mischung verschiedener Kontrollinstrumente mit Blick auf die Kontrolle ausländischer Investitionen. Neben einem gesetzlichen Prüfmechanismus bestehen außerdem eine gesetzlich vorgeschriebene Eigentümerkontrolle in Bezug auf einige Unternehmen sowie auch Golden Shares. Sie ermöglichen es dem Energieminister, in bestimmten Wirtschaftsbereichen (Elektrizität, Schweröl und Gas) Einwände gegen die Veräußerung von Unternehmensanteilen112 zu erheben, sofern die betroffenen Einrichtungen von der (nicht öffentlichen) Liste Kritischer Infrastrukturen, die durch den Direktor des staatlichen Zentrums für Sicherheit erstellt wird, erfasst sind.113 Weiterhin muss die Veräußerung eine Gefahr für die Funktionsfähigkeit oder die Stabilität der jeweiligen Kritischen Infrastruktur darstellen.114

111

Vgl. Homepage von Fluxys, https://www.fluxys.com/belgium/en/financial %20info/gene ralmeeting/goldenshare.aspx. 112 Die Erhebung eines Einwandes ist außerdem gegen Unternehmensbeschlüsse auf den folgenden Gebieten möglich: im Falle der Unternehmensauflösung, der Änderung des Unternehmenszwecks bzw. des Geschäftsfeldes, zum Finanz-, Investitions- und Strategieplan, Verlegung des Geschäftssitzes ins Ausland. 113 Erfasst sind insb.: Infrastruktur zur Erzeugung oder zum Transport elektrischer Energie, Infrastrukturen zur Roh- und Mineralölgewinnung, Raffinerien, Ölverarbeitungs- und -speicheranlagen sowie Infrastrukturen zum Rohöltransport und zu dessen Verschiffung; außerdem Infrastrukturen zur Produktion, Gewinnung, Aufbereitung, Weiterverarbeitung und den Transport gasförmiger Brennstoffe via Pipelines und LNG-Terminals. 114 Vgl. Gesetz v. 18. 03. 2010 über spezifische Befugnisse des für Energiefragen zuständigen Ministers (Dz. U. z 2016, poz. 2012), abrufbar unter: http://isap.sejm.gov.pl/Down load;jsessionid=86CDF1412E9022F434C146747B009E5B?id=WDU20100650404&type=3.

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(4) Bewertung und Kritik an Golden Shares Fraglich ist, auf welcher gesetzlichen Grundlage ein Eingriff in Grundfreiheiten durch Golden Shares gerechtfertigt werden könnte.115 Nicht abwegig erscheint es in diesem Zusammenhang, einen Blick auf Art. 345 AEUV zu werfen. Im Zuge von Privatisierungen ist nachvollziehbar, dass der betroffene Staat ein Interesse daran hat, sich gewisse Einwirkungsmöglichkeiten auf das privatisierte Unternehmen zu erhalten. Das gilt nach Einschätzung des EuGH insbesondere dann, wenn das fragliche Unternehmen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse oder von strategischer Bedeutung erbringt.116 Dennoch eröffnet Art. 345 AEUV den Mitgliedstaaten nicht die Möglichkeit, sich unter Berufung auf ihre Eigentumsordnung den in den europäischen Verträgen enthaltenen Freiheiten zu entziehen.117 Eine Rechtfertigung ist daher nur aufgrund der primärrechtlichen Regelung des Art. 65 AEUV oder im Rahmen von ungeschriebenen Rechtfertigungsgründen und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes möglich.118 115 Für eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Phänomen Goldene Aktien insb. vor dem Hintergrund des Europarechts: Weiss, Goldene Aktien im Lichte der Rechtsprechung des EuGH. 116 Vgl. EuGH, Urt. v 04. 06. 2002, Rs. C-367/98, Slg. 2002, I-4756 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Portugiesische Republik (Golden Shares Portugal I.), Rn. 47; EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-483/99, Slg. 2002, I-4781 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Französische Republik unterstützt durch Königreich Spanien u. GB, Rn. 43; EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-503/99, Slg. 2002, I-4809 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Königreich Belgien unterstützt durch GB, Rn. 43 sowie unter Bezugnahme auf die vorgenannten Entscheidungen EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003, Rs. C-463/00, Slg. 2003, I4581 – EuGH v. 13. 05. 2003, C-463/00, Slg. 2003, I-4606 – 4640, Kommission der Europäischen Gemeinschaften vs. Königreich Spanien unterstützt durch GB, Rn. 66. 117 Vgl. EuGH, Urt. v 04. 06. 2002, Rs. C-367/98, Slg. 2002, I-4756 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Portugiesische Republik (Golden Shares Portugal I.), Rn. 48; EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-483/99, Slg. 2002, I-4781 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Französische Republik unterstützt durch Königreich Spanien u. GB, Rn. 44; EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-503/99, Slg. 2002, I-4809 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Königreich Belgien unterstützt durch GB, Rn. 44; EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003, Rs. C-463/00, Slg. 2003, I-4581 – EuGH v. 13. 05. 2003, C-463/00, Slg. 2003, I-4606 – 4640, Kommission der Europäischen Gemeinschaften vs. Königreich Spanien unterstützt durch GB, Rn. 67 jeweils unter Verweis auf EuGH, Urt. v. 01. 06. 1999, Rs. C-302/97, Slg. 1999, I-3122 – Klaus Konle/Republik Österreich, Rn. 38. 118 Vgl. EuGH, Urt. v 04. 06. 2002, Rs. C-367/98, Slg. 2002, I-4756 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Portugiesische Republik (Golden Shares Portugal I.), Rn. 49; EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-483/99, Slg. 2002, I-4781 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Französische Republik unterstützt durch Königreich Spanien u. GB, Rn. 45, EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-503/99, Slg. 2002, I-4809 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Königreich Belgien unterstützt durch GB, Rn. 45 jeweils unter Verweis auf EuGH, Urt. v. 13. 03. 2000, Rs. C-54/99, Slg. 2000, I-1253 – Association Eglise de scientologie de Paris/Premier ministre, Rn. 38 sowie EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003, Rs. C-463/00, Slg. 2003, I4581 – EuGH v. 13. 05. 2003, C-463/00, Slg. 2003, I-4606 – 4640, Kommission der Europäischen Gemeinschaften vs. Königreich Spanien unterstützt durch GB, Rn. 68; EuGH, Urt.

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Ob eine Regelung dann im Einzelnen den Ansprüchen des EuGH genügt, ist stark von deren individueller Ausgestaltung abhängig. Einen sinnvollen Orientierungspunkt kann die Entscheidung Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Königreich Belgien119 darstellen, die bislang die einzige ist, die im konkreten Fall Golden Shares für europarechtskonform hielt. Ausschlaggebend hierfür war im Wesentlichen, dass die fraglichen Sonderrechte dem belgischen Staat lediglich ein nachträgliches Widerspruchsrecht einräumen, das noch dazu an klare Regeln und eine strenge Frist gebunden ist,120 sich ausschließlich auf bestimmte Entscheidungen bezieht, die die Energieversorgungsnetze, also Infrastrukturen betreffen,121 von denen – ganz im Sinne der EuGH-Rspr. – tatsächlich eine hinreichend schwere Gefährdung für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit ausgehen kann und die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühren.122 Hinzu kommt, dass sie einer förmlichen Begründung bedürfen und einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle zugänglich sind.123 Im Ergebnis sieht der EuGH in der belgischen Regelung eine verhältnismäßige Einschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit. Die hier neben der belgischen Regelung untersuchten Sonderrechte in Frankreich und Polen beziehen sich zwar allesamt auf eine zuverlässige Versorgung mit Energie und stehen zumindest insofern in Einklang mit den dargestellten europarechtlichen Vorgaben. Inwieweit sie allerdings auch den weiteren Ansprüchen des EuGH entsprechen, erscheint zumindest fraglich. Und auch über die europarechtliche Bewertung hinausgehende Argumente sprechen gegen Golden Shares: Durch die Privatisierung von staatlichen Unternehmen soll in der Regel eine Liberalisierung des entsprechenden Marktes mit der Folge erreicht werden, Wettv. 22. 12. 2008, Rs. C-282/07, Slg. 2008, I-10767 – État belge/SPF Finances gegen Truck Center SA, Rn. 33. 119 Vgl. EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-503/99, Slg. 2002, I-4809 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Königreich Belgien unterstützt durch GB. 120 Im Gegensatz zu einem möglichen Genehmigungsvorbehalt im Vorfeld zur Transaktion vgl. EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-503/99, Slg. 2002, I-4809 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Königreich Belgien unterstützt durch GB, Rn. 49. 121 Vgl. EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-503/99, Slg. 2002, I-4809 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Königreich Belgien unterstützt durch GB, Rn. 50. 122 Vgl. EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-503/99, Slg. 2002, I-4809 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Königreich Belgien unterstützt durch GB, Rn. 47 mit Verweis auf EuGH, Urt. v. 13. 03. 2000, Rs. C-54/99, Slg. 2000, I-1253 – Association Eglise de scientologie de Paris/Premier ministre, Rn. 17. Vgl. grundsätzlich zu anerkannten Bereichen in denen von einer Gefährdung für die öffentliche Sicherheit, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühren (namentlich: Erdöl, Telekommunikation und Elektrizität) ausgegangen werden kann: EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003, Rs. C-463/00, Slg. 2003, I-4581 – EuGH v. 13. 05. 2003, C-463/00, Slg. 2003, I-4606 – 4640, Kommission der Europäischen Gemeinschaften vs. Königreich Spanien unterstützt durch GB, Rn. 71 123 Vgl. EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-503/99, Slg. 2002, I-4809 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Königreich Belgien unterstützt durch GB, Rn. 51.

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bewerb zu schaffen, sinkende Preise zu generieren und Investitionen zu fördern. Gleichzeitig versucht aber der Staat, sich durch entsprechende Sonderrechte bestimmte Einflussmöglichkeiten auf Unternehmensentscheidungen zu erhalten. Im Ergebnis wird so der Grundsatz durchbrochen, auf dem unsere Wirtschaftsordnung aufbaut, dass nämlich zu unternehmerischem Mitspracherecht immer die Übernahme unternehmerischer Verantwortung gehört. Behielte der Staat ein übermäßig starkes Mitbestimmungsrecht, ohne eine entsprechende unternehmerische Verantwortung tragen zu müssen, bestünde die Gefahr schlechter Entscheidungen insbesondere dort, wo staatliche gegen unternehmerische Interessen abgewogen werden müssen.124 Darüber hinaus trüge das durch Golden Shares manifestierte übergebührliche staatliche Mitspracherecht dazu bei, die Autonomie des fraglichen Unternehmens einzuschränken und wäre daher einer gesteigerten Attraktivität für drittstaatliche Investoren eher abträglich. cc) Eigentumsbeschränkungen Die Ausgestaltungen von Eigentumsbeschränkungen fallen sehr unterschiedlich aus. Sie reichen von Investitionsverboten über Investitionsbeschränkungen bis zu staatlicher Eigentümerkontrolle durch Gesetz125 oder einer de facto Kontrolle durch staatliches Eigentum. (1) Investitionsverbote Gesetzliche Investitionsverbote stellen in der Europäischen Union nur Zypern und Griechenland auf. In Zypern existiert ein Zertifizierungserfordernis für solche Unternehmen, die sich auf dem Gebiet der Energieerzeugung und/oder der Energieverteilung betätigen wollen oder die Pflichten eines Transport- oder Verteilernetzeigentümers bzw. des entsprechenden Betreibers wahrnehmen.126 Allerdings ist es ausschließlich europäischen Unternehmen möglich, sich für eine Zertifizierung zu bewerben, was einem Investitionsverbot für Drittstaaten auf dem Gebiet der Energieerzeugung und -verteilung gleichkommt.127 Etwas anders gelagert ist die Situation auf dem Gebiet der Kohlenwasserstoffe. Drittstaatliche Bewerber sind zwar nicht von vornherein von einer Bewerbung für die

124 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/2008, Rn. 629 f. 125 Vgl. für Deutschland und mit Blick auf die Eisenbahn Art. 87e Abs. 3 S. 2 GG. 126 Vgl. Law Regulating the Electricity Market of 2003 to 2017, Law 122(I)/2003. 127 Vgl. Art. 37(2) Law 122(I)/2003.

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obligatorische Zertifizierung128 ausgeschlossen. Gleichwohl kann der nationale Ministerrat einem drittstaatlich kontrollierten Investor die Zertifizierung aus Gründen der nationalen Sicherheit129 – oder weil der Investor-Staat sich Zypern oder der EU gegenüber im Hinblick auf den Marktzugang auf dem Gebiet der Kohlenwasserstoffe „nicht angemessen verhält“130 – versagen. Macht er von dieser Möglichkeit Gebrauch, besteht de facto ein Investitionsverbot für das entsprechende drittstaatliche Unternehmen. In Griechenland ist die Situation grundsätzlich vergleichbar. Im Bereich der Elektrizität bedarf es für die Energieerzeugung einer Produktionslizenz. Diese Lizenz ist ausschließlich natürlichen Personen mit EU-Staatsbürgerschaft und in der EU ansässigen Unternehmen vorbehalten.131 Auf dem Gebiet der Elektrizitätsversorgung und des Elektrizitätshandels sowie für Unternehmen – die sich auf dem Gebiet der Gasverteilung engagieren wollen – sind ebenfalls Lizenzen erforderlich, für die sich nur Unternehmen bewerben können, die in der EU nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründet worden sind und ihren Sitz in der EU haben, Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) angehören sowie der Energy Community132 oder einem solchen Drittstaat, der aufgrund eines bilateralen Vertrages mit Griechenland bzw. der EU dazu berechtigt ist.133 (2) Investitionsbeschränkungen Einige europäische Staaten sehen Eigentumslimitierungen in Form von Obergrenzen für drittstaatliche Beteiligungen vor. Italien beispielsweise erlaubt es öffentlichen Unternehmen, die in kritischen Bereichen134 tätig sind, in ihren Satzungen Obergrenzen von 5 % pro Anteilseigner

128 Zertifizierung erforderlich gem. „Law which provides for the provision of investment services, the exercise of investment activities, the operation of regulated markets and other related matters“, Law 4(I)/2007. 129 Vgl. Art. 4(3) Law 4(I)/2007. 130 Art. 29 Law 4(I)/2007. 131 Vgl. Art. 2 Nr. 1 Licensing Regulation for Generation and Supply (Gazette B 1498/8. 12. 2000). 132 Die Energy Community ist nach eigenen Angaben eine internationale Organisation, die die Europäische Union mit ihren Nachbarstaaten insb. im Südosten Europas sowie am Schwarzen Meer zusammenbringt, um einen integrierten paneuropäischen Energiemarkt zu schaffen, vgl. https://www.energy-community.org/aboutus/whoweare.html. 133 Vgl. Art. 3 License Regulation for the Supply and Trading of Electricity (Gazette B’ 2940/05. 11. 2012). 134 Gemeint sind neben dem Energiesektor auch die Bereiche Verteidigung und nationale Sicherheit, Transpost, Kommunikation und andere öffentliche Dienstleistungen sowie Banken und Versicherungsgesellschaften.

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vorzusehen. Dabei findet allerdings eine Unterscheidung nach Herkunft des Investors nicht statt.135 Spanien setzt ebenfalls eine Obergrenze von 5 %, die für Beteiligungen am spanischen Strom-Übertragungs- und Gas-Fernleitungsnetzbetreiber gilt.136 Eine in die gleiche Richtung weisende, in ihrer konkreten Ausgestaltung gleichwohl etwas weniger streng ausfallende Regelung gibt es auch in Portugal. Ähnlich wie in Italien besteht hier eine gesetzliche Beteiligungsobergrenze von 25 % für Strom-Transport-137 und Gas-Fernleitungsnetzbetreiber138. (3) Staatliche Eigentümerkontrolle durch Gesetz Der Schutz Kritischer Infrastrukturen durch einen gesetzlich vorgeschriebenen Staatsbesitz oder eine staatliche Kontrolle in Bezug auf die fraglichen Anlagen ist neben dem faktischen Staatsbesitz einer der in den Mitgliedstaaten der EU am weitesten verbreiteten Ansätze zum Schutz vor drittstaatlichem Kapital. Insgesamt elf Staaten (bzw. zwölf Staaten – Deutschland macht entsprechende Vorgaben nur für die Eisenbahnen) machen gesetzliche Vorgaben.139 Gemeint sind Regelungen, die gesetzlich vorgeben, dass der Staat eine bestimmte Mindestmenge der Anteile eines Unternehmens halten muss. Die Vorgaben, wie groß der staatlich kontrollierte Teil ausfallen muss, weichen hierbei deutlich voneinander ab. Eine Gruppe von Staaten sieht für bestimmte Infrastrukturen, darunter zumeist auch die Betreiber von Strom-Übertragungs- und Gas-Fernleitungsnetzen, ein vollständiges Staatseigentum vor.140 135

Vgl. Art. 3 Abs. 1 Decreto-Legge convertito con modificazioni dalla L. 30 luglio 1994, n. 474 (in G. U. 30/07/1994, n.177). 136 Vgl. Disposición adicional vigésimo tercera Nr. 2 lit. a, Ley 54/1997, de 27 de noviembre, del Sector Eléctrico; eine Ausnahme hiervon bildet die die staatlich kontrollierte Sociedad Estatal de Participaciones Industriales (SEPI), die zu jeder Zeit mindestens einen Anteil von 10 % am spanischen Strom-ÜNB Red Eléctrica de España halten muss, vgl. Disposición adicional vigésimo tercera Nr. 2 lit. B a. E., Ley 54/1997, de 27 de noviembre, del Sector Eléctrico. 137 Vgl. Art. 2 Decreto-Lei n.8 112/2012 de 23 de maio zur Änderung von Art. 25 ao Decreto -Lei n.8 29/2006, de 15 de fevereiro. 138 Vgl. Art. 3 2 Decreto-Lei n.8 112/2012 de 23 de maio zur Änderung von Art. 20 A und Art. 21 Decreto -Lei n.8 30/2006, de 15 de fevereiro. 139 Im Einzelnen handelt es sich um Dänemark, Finnland, Frankreich, Lettland, Litauen, Niederlande, Österreich, Polen, Slowakei, Slowenien und Spanien. Deutschland sieht Art. 87e Abs. 3 S. 2 GG eine staatliche Eigentümerkontrolle für die Eisenbahnen vor. 140 In Lettland ist gesetzlich vorgeschrieben, dass Latvenergo, der größte Energieversorger im baltischen Raum, im Eigentum des Staates verbleibt. In den Niederlanden soll einziger Anteilseigner an den Netzbetreiben sowohl im Strom- als auch im Gasbereich allein der Staat sein (Art. 85 Abs. 3 Gaswet, geldend van 01 – 07 – 2016 t/m 24 – 05 – 2018). In Polen ist bei den TSOs für Gas und Strom zwingend das Finanzministerium einziger Aktionär (Art. 9k, Act of 10. 04. 1997, The Energy Law). In der Slowakei befinden sich qua Gesetz alle wesentlichen

100

C. Der Schutz vor drittstaatlichen Direktinvestitionen

Eine weitere Gruppe schreibt zumindest vor, dass die Mehrheit der Anteile bzw. der Stimmrechte in der Hand des Staates liegen muss,141 während eine letzte Gruppe gesetzlich vorsieht, dass zumindest eine Minderheitsbeteiligung in festgelegter Größe in der Hand des Staates verbleiben muss.142 (4) Staatliche Eigentümerkontrolle de facto Neben gesetzlichen Vorgaben, die das Eigentum an bestimmten Unternehmen, Infrastrukturen oder Anlagen regeln, besteht ebenfalls die (in der EU wohl am weitesten verbreitete) Möglichkeit einer effektiven Eigentümerkontrolle durch de facto-Staatsbesitz an einem entsprechenden Unternehmen. Energieunternehmen, darunter auch die TSOs für Gas und Strom, im Eigentum des Staates. Einem Verkauf muss durch das Parlament zugestimmt werden (Act 92/1991 on Conditions of Transfer of State Property to Other Persons). In Litauen sieht das Gesetz Staatseigentum für einige speziell bezeichnete Infrastrukturen vor, die von besonderer strategischer Wichtigkeit für die Nationale Sicherheit sind (Art. 4(2) Law on Enterprises and Facilities of Strategic Importance to National Security and Other Enterprises of Importance to Ensuring National Security of 10 October 2002 No IX-1132). 141 Finnland hat erst 2016 die einschlägigen Vorschriften dahin geändert, dass sich nunmehr Gasum Oyj (Gas-TSO) und Fingrid Oyj (Strom-TSO) mehrheitlich (50,1 %) im Eigentum des Staates befinden müssen (Beschluss der Regierung zur Staatseigentumspolitik v. 13. 05. 2016, „Making the balance sheet work – Growth-generating ownership policy“). In Frankreich regelt Art. 111 – 67 Code de l’énergie, dass mindestens 70 % der Anteile an EDF im Eigentum des französischen Staates stehen müssen. In Litauen besteht die staatliche Pflicht an Unternehmen von strategischer Wichtigkeit, die gem. Art. 4(2) nicht schon vollständig unter staatlicher Kontrolle stehen müssen, mehr als die Hälfte (teilweise sogar 2/3 im Bereich von LNG-Anlagen) der Anteile zu kontrollieren, Art. 4(3) Law on Enterprises and Facilities of Strategic Importance to National Security and Other Enterprises of Importance to Ensuring National Security of 10 October 2002 No IX-1132. Nach österreichischem Verfassungsgesetz (Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Eigentumsverhältnisse an den Unternehmen der österreichischen Elektrizitätswirtschaft geregelt werden StF: BGBl. I, Nr. 143/1998) muss der Staat zu jeder Zeit mindestens 51 % der Anteile am EVU Verbundnetz AG halten. Anlage 2 zu § 1 Abs. 2 listet zudem weitere Unternehmen auf, die mindestens zu 51 % im Eigentum des Bundes stehen müssen. Anlage 2 zu § 1 Abs. 2 bestimmt solche Unternehmen, die mindestens mit 50 % im staatlichen Eigentum stehen müssen. In Slowenien unterteilt die Gesetzgebung Infrastrukturen anhand ihrer strategischen Wichtigkeit in drei Stufen. Handelt es sich um eine strategisch wichtige Infrastruktur (darunter auch Gas- und Strom-TSOs), so behält der Staat in jedem Fall einen Anteil von 50 % +1 der Anteile (Sovereign Holding Act und Ordinance on the State Assets Management Strategy, Official Gazette No 53/2015). 142 Gem. Art. 111 – 67 Code de l’énergie, ist der französische Staat dazu verpflichtet, mindestens 1/3 der Anteile an ENGIE (vormals GDF-Suez) zu halten. Handelt es sich in Slowenien nicht um eine strategische Infrastruktur, sondern „nur“ um eine wichtige Anlage, hat der Staat gem. Sovereign Holding Act und Ordinance on the State Assets Management Strategy, Official Gazette No 53/2015 mindestens 25 % zzgl. einer Aktie zu halten. In Spanien ist der Staat dazu verpflichtet, über die Sociedad Estatal de Participaciones (SEPI) zu jeder Zeit mindestens 10 % der Anteile am spanischen Strom-TSO Red Eléctrica de España (REE) zu halten, Disposición transitoria novena Nr. 1, Ley 54/1997, de 27 de noviembre, del Sector Eléctrico.

I. Bestehende Rahmenvorgaben

101

In einem solchen Fall ist es dem Staat weder durch Gesetz vorgeschrieben, Anteile an einem Unternehmen in einer vorgeschriebenen Größenordnung zu halten, noch bestehen Investitionsverbote. Der Staat kann, um seine Interessen zu schützen, schlicht die Entscheidung treffen, ein bestimmtes Unternehmen bzw. eine entsprechende Infrastruktur oder Anlage nicht an einen Investor zu verkaufen.143 Auch in Deutschland ist ein enstprechender Vorschlag, hier zur Bildung einer z. T. bundeseigenen „Deutschen Netzgesellschaft“, in die dann das Netzeigentum zu überführen wäre, immer wieder diskutiert, allerdings dann (zumindest bis heute) nicht umgesetzt worden.144 (5) Bewertung und Kritik an Eigentumsbeschränkungen Beschränkende Maßnahmen in Bezug auf die Eigentümerstruktur eines Unternehmens, das in einem kritischen Bereich tätig ist, stellen wohl den effektivsten Weg dar, potenziell kritische Investitionen zu steuern und ggf. zu verhindern. Gleichzeitig widersprechen solche Regelungen dem Prinzip eines offenen europäischen Marktes und haben unter Umständen abschreckende Wirkung auch auf solche Investoren, die mit ihrem Kapital lautere Absichten verfolgen und darüber hinaus auch für den Ausbau einer leistungsfähigen Infrastruktur vor dem Hintergrund der zunehmenden Umstellung auf Erneuerbare Energien einen wertvollen Beitrag leisten könnten. dd) Zusammenfassung zu bestehenden nationalen Regelungen und Zwischenergebnis Die bis zu diesem Punkt dargestellten Praktiken machen die vielfältigen Herangehensweisen im Umgang mit ausländischen Investitionen in den einzelnen Mitgliedstaaten in der Europäischen Union deutlich. Keines der untersuchten Instrumente vermag allerdings vollends zu überzeugen. Bei Überprüfungsmechanismen verbleibt die Letztendscheidungskompetenz über Zulassung oder Nicht-Zulassung einer Investition auf der Ebene der Mitgliedstaaten und wird hier regelmäßig durch politische Akteure getroffen. Das birgt die Gefahr, dass einem nationalen Interesse an einer finanziell lohnenden aber ggf. strategisch motivierten Investition aus einem Drittstaat im Verhältnis zu gesamteuropäischen Überlegungen – etwa im Hinblick auf die für diese Arbeit wesentliche europäische Energieversorgungssicherheit – der Vorzug gegeben werden könnte. Golden Shares hingegen begegnen neben europarechtlichen auch wirtschafts- bzw. ordnungspolitischen Bedenken, da durch die mit ihnen verbundenen staatlichen Sonderregeln regelmäßig die Kopplung 143

In Deutschland bspw. steht der ÜNB Transnet BW mit nahezu 100 % im Eigentum der öffentlichen Hand, vgl. B. IV.2.c)cc)(1)(b). 144 Stratmann, Handelsblatt online, 11. 12. 2019 – Bundesregierung will sich Einfluss auf Stromnetze sichern, abrufbar unter: https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/kriti sche-infrastruktur-bundesregierung-will-sich-einfluss-auf-stromnetze-sichern/25319660.html?ti cket=ST-16419-czAuWa3N2juEsTc7Isop-ap6.

102

C. Der Schutz vor drittstaatlichen Direktinvestitionen

von unternehmerischem Mitspracherecht und unternehmerischer Verantwortung aufgehoben wird. Und auch Eigentumsbeschränkungen stellen im Ergebnis kein geeignetes Instrument zur Investitionssteuerung dar. Sie sind zwar ein effektiver Weg zur Abwehr unerwünschter Investitionen, widersprechen aber gleichzeitig der Idee des Europäischen Binnenmarktes als grundsätzlich offenem Wirtschaftsraum für drittstaatliches Kapital und bergen die Gefahr, auch notwendige und erwünschte Beteiligungen von zuverlässigen und vertrauenswürdigen Investoren zu hemmen. b) Bestehende Regelungen auf der Ebene des EU-Rechts Neben nationalen Regelungsmöglichkeiten sieht auch das Unionsrecht verschiedene Möglichkeiten vor, drittstaatlichen Investitionen entgegenzutreten. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Sinne insbesondere solche Beschränkungsmöglichkeiten, die den Unionsorganen aufgrund der Regelungen im Primärrecht zukommen und den Erlass von entsprechendem Sekundärrecht erlauben. aa) Schutzmaßnahmen nach Art. 64 AEUV Die in den Art. 63 ff. AEUV normierte Kapitalverkehrsfreiheit stellt als Grundfreiheit, auf die sich ausdrücklich auch Drittstaaten berufen können, eine Besonderheit im Europarecht dar, die insbesondere der Liberalisierung des Kapital- und Zahlungsverkehrs dient. Art. 64 AEUV ermöglicht als Ausnahmevorschrift eine Einschränkung der gesetzgeberischen Liberalisierungsbemühungen und ist deshalb eng auszulegen.145 Gleichwohl verdeutlicht schon die bloße Möglichkeit zum Erlass von Maßnahmen, die die Reichweite der Kapitalverkehrsfreiheit in Bezug auf Drittstaaten beschränken, dass – trotz des Wortlautes der Vorschrift – Drittstaaten de facto nicht die gleiche, umfassende Geltung der Kapitalverkehrsfreiheit zuteil wird.146 (1) Art. 64 Abs. 1 AEUV Art. 64 Abs. 1 AEUV sieht vor, dass die Kapitalverkehrsfreiheit aus Art. 63 AEUV – trotz ihrer grundsätzlich auch Drittstaaten schützenden Formulierung – Einschränkungen durch einzelstaatliche Rechtsvorschriften oder aufgrund von Rechtsvorschriften der Union erfahren kann, sofern die entsprechende Regelung am 31. 12. 1993 bereits bestand.147 Da die Vorschrift lediglich für zum jeweiligen 145 Vgl. EuGH, Urt. v. 21. 05. 2015, Rs. C-560/13 – Wagner-Raith (Vorabentscheidungsverfahren), Rn. 21 mit Verweis auf EuGH, Urt. v. 17. 10. 2013, Rs. C-181/12 – Welte (Vorabentscheidungsverfahren), Rn. 29. 146 Vgl. Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim – Art. 64 AEUV, Rn. 2. 147 Für innerstaatliche Regelungen in Bulgarien, Estland und Ungarn ist maßgeblicher Zeitpunkt der 31. 12. 1999 bzw. für Kroatien der 31. 12. 2002.

I. Bestehende Rahmenvorgaben

103

Zeitpunkt bestehende Regelungen eine Art Bestandsgarantie („Versteinerungswirkung“)148 gibt, kann sie nicht als Ermächtigungsgrundlage zur Begründung neuer Vorschriften herangezogen werden, die als Reaktion auf wachsende Gefahren durch drittstaatliches Kapital eingeführt werden sollen.149 (2) Art. 64 Abs. 2 und Abs. 3 AEUV Art. 64 Abs. 2 AEUV hingegen erlaubt im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens150 auch den Erlass neuer, den freien Kapitalverkehr regelnder Vorschriften.151 Dabei sind allerdings inhaltlich bestimmte Vorgaben einzuhalten, die der Tatbestand des Art. 64 Abs. 2 AEUV vorgibt. Regelungsmöglichkeiten bestehen demnach etwa im Zusammenhang mit Direktinvestitionen, Anlagen in Immobilien, der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen sowie der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten. Handelt es sich hingegen um eine Vorschrift, die im Ergebnis zu einem Rückschritt für die Liberalisierung des Kapitalverkehrs mit Drittstaaten führen würde, also um eine Regelung, die dem Zweck des Art. 64 AEUV zuwider liefe, bedarf es für den Erlass solcher Vorschriften gemäß Art. 64 Abs. 3 AEUV im Rahmen eines besonderen Gesetzgebungsverfahrens konsequenterweise eines einstimmigen Beschlusses durch den Rat. Für das Europäische Parlament ist hingegen – anders als nach Abs. 2 – nur ein Anhörungsrecht vorgesehen. Durch das Einstimmigkeitserfordernis handelt es sich aus einer politischen Perspektive und unter Berücksichtigung zahlreicher im Einzelnen möglicherweise recht heterogen ausfallender nationaler Interessen allerdings um ein vergleichsweise „schwerfälliges Instrument“.152 bb) Schutzmaßnahmen nach Art. 66 AEUV Auf den ersten Blick erscheint es möglich, als Rechtsgrundlage für die Beschränkung drittstaatlicher Kapitalflüsse in die Europäische Union auch Art. 66 AEUV heranzuziehen. Art. 66 AEUV erlaubt es dem Rat auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlamentes und der Europäischen Zentralbank, Schutzmaßnahmen gegenüber Drittstaaten zu treffen. Es handelt sich allerdings, wie auch die Tatsache deutlich macht, dass entsprechende Schutzmaßnahmen maximal

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Sedlaczek/Züger, in: Streinz/Michl/Bings/Burgi/Dannecker – Art. 64 AEUV, Rn. 11. Vgl. Sedlaczek/Züger, in: Streinz/Michl/Bings/Burgi/Dannecker – Art. 64 AEUV, Rn. 10. 150 Vgl. Art. 294 AEUV. 151 Vgl. Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen, S. 49. 152 Vgl. Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen, S. 49. 149

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C. Der Schutz vor drittstaatlichen Direktinvestitionen

für sechs Monate eingerichtet werden können, um eine Vorschrift mit absolutem Ausnahmecharakter.153 Außerdem ermöglicht Art. 66 AEUV nur dann ein Einschreiten, wenn unter außergewöhnlichen Umständen das Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion schwerwiegend gestört ist. Schon die sprachliche Ausgestaltung der Norm macht deren restriktiven Anwendungsbereich deutlich. Darüber hinaus erfasst sie tatbestandlich gerade nicht die hier untersuchten Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, die regelmäßig von strategischen und hoheitlich kontrollierten Investitionen aus Drittstaaten ausgehen. Art. 66 AEUV kommt daher als Rechtsgrundlage für einen effizienten Schutz vor eben dieser Art von Investitionen nicht infrage. cc) Europäisches Kartellrecht Eine weitere bereits bestehende Möglichkeit, steuernd auf den Fluss von Kapital in die EU einzuwirken, stellen auf der Ebene des EU-Primärrechts die Art. 101 AEUV und Art. 102 AEUV sowie die sekundärrechtliche154 EU-Fusionskontrolle im Rahmen der Fusionskontrollverordnung (i. F.: FKVO)155 dar. (1) Art. 101 AEUV – Kartellverbot Art. 101 Abs. 1 AEUV enthält ein grundsätzliches Verbot von wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen und Verhaltensweisen zwischen Unternehmen und Unternehmenszusammenschlüssen. Ein Kartellverstoß liegt tatbestandlich dann vor, wenn aus einer der in Absatz 1 genannten Verhaltensweisen eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung mit zwischenstaatlicher Handelsbeeinträchtigung folgt. Gemäß Art. 101 Abs. 2 AEUV sind entsprechende Vereinbarungen oder Beschlüsse nichtig. Absatz 3 enthält wiederum Ausnahmetatbestände vom grundsätzlichen Verbot des Abs. 1. Die Vorschrift richtet sich an Unternehmen. Der Unternehmensbegriff ist funktional zu verstehen und umfasst jede Einheit, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausführt,156 unabhängig von ihrer Rechtsform oder der Art ihrer Finanzierung.157 153 Zum Charakter der Norm als Ausnahmevorschrift s. Bröhmer, in: Calliess/Ruffert – Art. 66 AEUV, Rn. 2; Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim – Art. 66 AEUV, Rn. 3. 154 Die rechtlichen Grundlagen für eine Zusammenschlusskontrolle sind auch durch den Vertrag von Lissabon nicht in das europäische Primärrecht aufgenommen worden, vgl. Montag/ Kacholdt, Kapitel H. I. § 4 Fusionskontrolle, in: Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Rn. 1. 155 Vgl. Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates v. 20. 01. 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, Abl. EU 2004, Nr. L-24/1 (i. F.: FKVO). 156 Zur Frage, was unter einer „wirtschaftlichen Tätigkeit“ in diesem Zusammenhang zu verstehen ist, vgl. EuGH, Urt. v. 18. 06. 1998, Rs. C-35/96, Slg. 1998, I-3851 – Kommission/ Italien, Rn. 36; EuGH, Urt. v. 01. 07. 2008, Rs. C-49/07 – MOTOE/Dimosio, Rn. 22.

I. Bestehende Rahmenvorgaben

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Erfasst werden also neben klassisch-privatrechtlich organisierten auch öffentliche Unternehmen und sogar der Staat selbst, solange er nicht rein hoheitliche Aufgaben wahrnimmt.158 Darüber hinaus richtet sich das unionsrechtliche Kartellverbot der Art. 101 und 102 AEUV aber auch direkt an die Mitgliedstaaten. Ausdruck dessen ist insbesondere, dass die EuGH-Rechtsprechung es nicht zulässt, dass ein Mitgliedstaat eine Maßnahme trifft oder beibehält, die die praktische Wirksamkeit der Wettbewerbsregeln aufheben könnte.159 (a) Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen Art. 101 Abs. 1 AEUV verbietet grundsätzlich wettbewerbswidrige Vereinbarungen und Beschlüsse sowie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen und Unternehmenszusammenschlüssen. Ausnahmen bilden nur ggf. gewährte Freistellungen nach Art. 101 Abs. 3 AEUV. Der EuGH geht von einer Vereinbarung aus, wenn die betreffenden Parteien ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten.160 Vereinbarungen können einerseits und ganz klassisch in Form von bindenden Rechtsgeschäften geschlossen werden. Sie können andererseits und unabhängig von ihrer Rechtsform aber auch Vereinbarungen betreffen, die nur faktisch z. B. im Rahmen eines „Gentlemen’s Agreement“161 Bindungswirkung entfalten. Beschlüsse sind das Ergebnis von Willensäußerungen durch mehrere Mitglieder oder hierzu berufener Organe, z. B. eines Verbandes bzw. einer Unternehmensvereinigung,162 die für deren Mitglieder zumindest faktisch verbindlich sind.163 157 Vgl. EuGH, Urt. v. 23. 04. 1991, Rs. C-41/90, Slg. 1991, I-1979 – Höfner und Elser, Rn. 21. 158 Zur Abgrenzung rein staatlicher („hoheitlicher“) von unternehmerischer Tätigkeit s. Herdegen, Europarecht, S. 374 f.; Haag, § 12 Wettbewerbspolitik, in: Bieber/Epiney/Haag/ Kotzur, Rn. 14 mit Verweis auf EuGH, Urt. v. 04. 05. 1988, Rs. 30/87, Slg. 1988, 2479 – Bodson sowie EuGH, Urt. v. 19. 01. 1994, Rs. C-364/92, Slg. 1994, I-43 – SAT/Eurocontrol. 159 In st. Rspr. s. z. B.: EuGH, Urt. v. 16. 11. 1977, 13/77, Slg. 1977, 2115 – GB-INNO-BM/ ATAB, Rn. 30/35; EuGH, Urt. v. 17. 11. 1993, Rs. C-2/91, Slg. 1993, I-5751 – Meng, Rn. 14; EuGH, Urt. v. 13. 03. 2008, Rs. C-446705, Slg. 2008, I-1377 – Doulamis, Rn. 19. 160 Vgl. EuG, Urt. v. 14. 10. 2004, Rs. T-56/02, Slg. 2004, II-3495 – Bayrische Hypo- und Vereinsbank/Kommission, Rn. 59 ff.; EuG, Urt. v. 06. 04. 1995, T-141/89, Slg. 1995, II-791 – Tréfileurope/Kommission, Rn. 95; EuG, Urt. v. 10. 03. 1992, Rs. T-15/89, Slg. 1992, II-1275 – Chemie Linz/Kommission, Rn. 301; EuGH, Urt. v. 29. 10. 1980, verb. Rs. 209 bis 215 u. 218/ 78, Slg. 1980, 3125 – Van Landewyck/Kommission, Rn. 86; EuGH, Urt. v. 15. 07. 1970, Rs. 41/ 69, Slg. 1970, 661 – Chemiefarma/Kommission, Rn. 110/114. 161 EuGH, Urt. v. 15. 07. 1970, Rs. 41/69, Slg. 1970, 661 – Chemiefarma/Kommission, Rn. 112; EuG, Urt. v. 06. 04. 1995, T-141/89, Slg. 1995, II-791 – Tréfileurope/Kommission, Rn. 95 f. 162 So auch: Stockenhuber, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim – Art. 101 AEUV, Rn. 103.

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C. Der Schutz vor drittstaatlichen Direktinvestitionen

Wettbewerbswidrige aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen stellen einen Auffangtatbestand dar,164 erfolgen formlos und sind unverbindlich. Sie liegen insbesondere dann vor, wenn ohne verbindliche Absprache, mehrere Unternehmen ein gemeinsames Vorgehen erreichen wollen, das sich in einheitlichem Verhalten niederschlägt und im Ergebnis wettbewerbliche Risiken vermeidet.165 Ihrer ökonomischen Wirkung nach reichen ihre potenziellen Folgen zwar an diejenigen einer Vereinbarung oder eines Beschlusses heran, weisen aber ein qualitatives Minus auf. Gleichwohl sind sie mehr als ein bloßes Parallelverhalten.166 Nicht entscheidend ist hingegen, ob die beabsichtigte Folge auch eingetreten ist. Indiz für das Vorliegen eines abgestimmten Handelns ist ein Verhalten, das nicht der Marktlage oder dem der Wettbewerber entspricht.167 Auf eine Abgrenzung der Handlungsalternativen kommt es im Einzelnen aber nicht an, da alle Tatbestandsvarianten nebeneinander stehen, schwer voneinander abzugrenzen sind und häufig erst ihrer Gesamtbetrachtung nach zu einer Wettbewerbsbeeinträchtigung führen.168 (b) Wettbewerbsbeschränkung Ziel des europäischen Kartellrechts ist es, den Binnenmarkt vor Wettbewerbsbeschränkungen zu schützen. Unbeachtlich ist, ob durch eine der beschriebenen Verhaltensweisen eine Wettbewerbsbeeinträchtigung tatsächlich eingetreten ist. Schon die bloße diesbezügliche Absicht oder aber die absichtslos herbeigeführte Folge ist für die Tatbestandsmä-

163 Vgl. zur unübersichtlichen Meinungslage sowie m. w. N. Stockenhuber, in: Grabitz/Hilf/ Nettesheim – Art. 101 AEUV, Rn. 104. 164 Vgl. Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, EU-Wettbewerbsrecht – Art. 101 AEUV, Rn. 85; Eilmansberger/Kruis, in: Streinz/Michl/Bings/Burgi/Dannecker – Art. 101 AEUV, Rn. 11; Stockenhuber, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim – Art. 101 AEUV, Rn. 106. 165 Vgl. EuGH, Urt. v. 04. 06. 2009, Rs. C-8/08, Slg. 1996 2009, I-4529 – T-Mobile Netherlands, Rn. 26; GA Vesterdorf, Schlussantrag v. 10. 07. 1991, Rs. T-1/89, Slg. 1991, II-867 – Rhône-Poulenc/Kommission, S. 923 ff. 166 Hierzu ausführlich: Haag, § 12 Wettbewerbspolitik, in: Bieber/Epiney/Haag/Kotzur, Rn. 16 sowie in der Rspr.: EuGH, Urt. v. 31. 03. 1993, verb. Rs. C-89/85, C-104/85, C-114/85, C-116/85, C-117/85, C-125/85 u. C-129/85, Slg. 1993, I-1307 – Ahlström Osakeyhtiö u. a./ Kommission, Rn. 126 in dem der Gerichtshof feststellt, dass neben der Möglichkeit einer Abstimmung zwischen den fraglichen Unternehmen auch die oligopolistischen Tendenzen des Marktes eine befriedigende Erklärung für die Parallelität und die Entwicklung der Preise darstellt und sah deshalb den Beweis für eine Preisabstimmung nicht als erbracht an. 167 Vgl. EuGH, Urt. v. 16. 12. 1975, verb. Rs. 40 bis 48/73, Slg. 1975, 1934 – Suiker Unie u. a./Kommission; EuG, Urt. v. 24. 10. 1991, Rs. T-1/89, Slg. 1992, II-499 – Rhône-Poulenc u. a./Kommission. 168 Vgl. GA Vesterdorf, Schlussantrag v. 10. 07. 1991, Rs. T-1/89, Slg. 1991, II-867 – Rhône-Poulenc/Kommission.

I. Bestehende Rahmenvorgaben

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ßigkeit ausreichend. Hierauf deutet insbesondere der Wortlaut der Vorschrift („bezwecken“ bzw. „bewirken“) hin.169 Eine Wettbewerbsbeschränkung liegt dann vor, wenn die Handlungsfreiheit der Wirtschaftsteilnehmer so beeinflusst wird, dass sich hierdurch potenziell die Marktverhältnisse ändern.170 Maßgeblich ist bei der Feststellung einer Wettbewerbsstörung nach st. Rspr. des EuGH die Frage nach der Marktsituation wie sie mutmaßlich bestünde, hätte es die vermeidlich wettbewerbsbeschränkende Handlung nicht gegeben.171 Einen Anhaltspunkt bieten auch die im Katalog des Art. 101 Abs. 1 lit. a bis e AEUV genannten Beispiele für Verhaltensweisen, bei denen regelmäßig vom Vorliegen einer Wettbewerbsbeeinträchtigung auszugehen ist. (c) Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels Der Tatbestand des Art. 101 Abs. 1 AEUV sieht zusätzlich eine Beeinträchtigung des Handels „zwischen den Mitgliedstaaten“ vor, um den Geltungsbereich des EUWettbewerbsrechts von dem des innerstaatlichen Rechts abzugrenzen172 und liegt nach st. Rspr. bereits dann vor, wenn sich anhand einer Gesamtheit objektiver rechtlicher und tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, dass durch die fragliche Handlung der innergemeinschaftliche Handel unmittelbar, mittelbar, tatsächlich oder potenziell in einer Weise beeinflusst sein kann, die die Verwirklichung eines einheitlichen Marktes der Mitgliedstaaten hemmen könnte.173 Denkbar ist neben grenzüberschreitenden Konstellationen auch der Fall einer einseitigen Marktabschottung, die letztlich die Wettbewerbschancen anderer Mitgliedstaaten negativ beeinflusst.174 (d) Spürbarkeit Das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal175 der Spürbarkeit schließt „Bagatellfälle“ vom Anwendungsbereich des Art. 101 AEUV aus und legt die EU-Kommis-

169 Vgl. EuGH, Urt. v. 04. 06. 2009, Rs. C-8/08, Slg. 1996 2009, I-4529 – T-Mobile Netherlands, Rn. 29. 170 Vgl. Haag, § 12 Wettbewerbspolitik, in: Bieber/Epiney/Haag/Kotzur, Rn. 17. 171 Vgl. EuGH, Urt. v. 11. 12. 1980, Rs. 31/80, Slg. 1980, 3775 – L’Oreal, Rn. 19; EuGH, Urt. v. 28. 05. 1998, Rs. C-7/95, Slg. 1998, I-3111 – John Deere, Rn. 76. 172 Vgl. EuGH, Urt. v. 13. 07. 1966, verb. Rs. 56 u. 58/64, Slg. 1966, 321 – Consten und Grundig/Kommission, S. 389 f. 173 Vgl. EuGH, Urt. v. 13. 06. 2006, Rs. C-295/04 bis C-298/04, Slg. 2006, I-6619 – Manfredi u. a., Rn. 42; EuGH, Urt. v. 11. 12. 1980, Rs. 31/80, Slg. 1980, 3775 – L’Oreal, Rn. 18. 174 Vgl. EuGH, Urt. v. 04. 10. 2011, verb. Rs. C-403/08 u. C-429/08, Slg. 2011, I-3083 – Football Association Premier League, Rn. 134 ff.; EuGH, Urt. v. 31. 05. 1979, Rs. 22/78, Slg. 1979, 1869 – Hugin, Rn. 17. 175 Vgl. EuGH, Urt. v. 30. 06. 1966, Rs. 56/65, Slg. 1966, 281 – Société Technique Minière/ Maschinenbau Ulm, S. 303 f.

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C. Der Schutz vor drittstaatlichen Direktinvestitionen

sion zu diesem Zweck bestimmte Schwellenwerte in Bezug auf die Marktanteile der betroffenen Unternehmen fest.176 (e) Folgen Gemäß Art. 101 Abs. 2 AEUV sind wettbewerbswidrige Vereinbarungen oder Beschlüsse nichtig. Einer entsprechenden Feststellung durch Behörden oder Gerichte bedarf es für den Eintritt der Nichtigkeitsfolge nicht.177 (2) Art. 102 AEUV – Missbrauchsverbot Art. 102 AEUV untersagt den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Die Vorschrift dient damit dem Schutz des Binnenmarktes vor Wettbewerbsverfälschungen. Das Kartellverbot aus Art. 101 AEUV und das Missbrauchsverbot aus Art. 102 AEUV unterscheiden sich im Wesentlichen dadurch, dass das Missbrauchsverbot auch einseitiges missbräuchliches Verhalten erfasst. Es greift ein, wenn ein Unternehmen eine zu seinen Gunsten bestehende beherrschende Stellung auf dem Binnenmarkt missbräuchlich ausnutzt und die Möglichkeit besteht, dass durch dieses Verhalten der Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt ist.178 (a) Beherrschende Stellung Nach st. Rspr. des EuGH liegt eine beherrschende Stellung vor, wenn „die wirtschaftliche Machtstellung eines Unternehmens (…) dieses in die Lage versetzt, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, indem sie ihm die Möglichkeit verschafft, sich seinen Wettbewerbern, seinen Arbeitnehmern und schließlich den Verbrauchern gegenüber in einem nennenswerten Umfang unabhängig zu verhalten“.179 Gradmesser für das Vorliegen einer beherrschenden Stellung auf dem relevanten Markt180 sind unter anderem die durch das entsprechende Unternehmen gehaltenen Marktanteile und die Struktur des jeweiligen Marktes sowie möglicherweise auch weitere Umstände.181 176

291/1.

Vgl. Europäische Kommission – Bekanntmachung v. 30. 08. 2014, ABl. EU 2014, Nr. C-

177 Vgl. EuGH, Urt. v. 06. 04. 1962, Rs. 13/61, Slg. 1962 – De Geus/Bosch, S. 97; EuGH, Urt. v. 27. 03. 1974, Rs. 127/73, Slg. 1974 – Belgische Radio en Televisie/Sabam, 51, 62. 178 Vgl. EuGH, Urt. v. 29. 02. 1968, Rs. 24/67, Slg. 1968, 86 – Parke Davis, S. 112. 179 In st. Rspr. EuGH, Urt. v. 14. 02. 1978, Rs. 27/76, Slg. 1978, 207 – United Brands/ Kommission, Rn. 63/66; EuGH, Urt. v. 13. 02. 1979, Rs. 85/76, Slg. 1979, 461 – Hoffmann-La Roche, Rn. 38. 180 S. ausführlich zum relevanten Markt: Lettl, Kartellrecht, S. 16 ff. 181 Vgl. m. w. N.: Haag, § 12 Wettbewerbspolitik, in: Bieber/Epiney/Haag/Kotzur (Hrsg.), Die Europäische Union, Rn. 27.

I. Bestehende Rahmenvorgaben

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(b) Missbräuchliche Ausnutzung Anders als bei Art. 101 AEUV ist für das Vorliegen einer missbräuchlichen Ausnutzung nicht schon die Absicht ausreichend, eine marktbeherrschende Stellung erlangen zu wollen. Erforderlich ist vielmehr – neben dem Vorliegen einer entsprechenden Stellung – deren tatsächliche missbräuchliche Ausnutzung. Art. 102 Abs. 2 AEUV enthält einen Beispielskatalog von verbotenen missbräuchlichen Verhaltensweisen, ist aber keinesfalls erschöpfend.182 (c) Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels Parallel zu dem entsprechenden Erfordernis in Art. 101 AEUV verlangt auch Art. 102 AEUV, dass sich die missbräuchliche Ausnutzung der marktbeherrschenden Stellung auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten auswirkt.183 (d) Folgen Nach Art. 102 AEUV ist die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung verboten. Wie auch die Nichtigkeitsfolge des Kartellverbotes, ist die Feststellung eines verbotenen Verhaltens nicht erforderlich. Ihr käme rein deklaratorische Bedeutung zu.184 (3) Fusionskontrollverordnung (FKVO) Die FKVO185 räumt der EU-Kommission weitreichende Befugnisse bei der Überprüfung von Unternehmenszusammenschlüssen ein und spielt seit ihrer Einführung eine immer wichtigere Rolle. Insbesondere ermöglicht sie der Kommission – anders als noch vor ihrem Inkrafttreten – eine ex ante Überprüfung von geplanten Unternehmenszusammenschlüssen186 mit gemeinschaftsweiter Bedeutung. (a) Anwendungsbereich In den Anwendungsbereich der europäischen Fusionskontrolle fallen gemäß Art. 1 FKVO Unternehmenszusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeu182 EuGH, Urt. v. 18. 04. 1975, Rs. 6/72, Slg. 1973, 215 – Europemballage, Rn. 26; EuGH, Urt. v. 14. 11. 1996, Rs. C-333/94, Slg. 1996, I-5951 – Tetra Pak, Rn. 37; EuGH, Urt. v. 15. 03. 2007, Rs. C-95/04 P, Slg. 1996, I-2331 – British Airways, Rn. 57. 183 Vgl. C.I.1.b)cc)(1)(c). 184 Vgl. Haag, § 12 Wettbewerbspolitik, in: Bieber/Epiney/Haag/Kotzur, Rn. 32. 185 Vgl. Fn. 155. 186 Haag führt unter Verweis auf EuGH, Urt. v. 21. 02. 1973, Rs. 6/72, Slg. 1973, 218 – Continental Can und EuGH, Urt. v. 18. 11. 1987, Rs. 142, 156/84, Slg. 1987, 4566 – Philip Morris aus, dass vor dem Erlass der FKVO die Kommission für eine nachträgliche Fusionskontrolle auf die Art. 101 und Art. 102 AEUV habe zurückgreifen müssen, vgl. Haag, § 12 Wettbewerbspolitik, in: Bieber/Epiney/Haag/Kotzur, Rn. 40.

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tung. Maßstab für einen solchen Zusammenschluss sind die ausführlich aufgelisteten Voraussetzungen und Schwellenwerte in Art. 1 Abs. 2 bzw. Abs. 3 FKVO. Um einen Zusammenschluss handelt es sich gemäß Art. 3 FKVO dann, wenn entweder zwei bislang voneinander unabhängige Unternehmen miteinander fusionieren oder aber dauerhaft eine Veränderung in Bezug auf die Kontrolle über das Unternehmen eintritt. Was im Einzelnen unter einer „Fusion“ zu verstehen ist, ist in der Verordnung nicht näher geregelt. Als Auslegungshilfe kann hier die Richtlinie 78/855/EG187 herangezogen werden, die die (rechtliche) Verschmelzung von Unternehmen durch Aufnahme (Art. 3) und Neugründung (Art. 4) beschreibt.188 Aufnahme bedeutet hier die Übertragung von Aktiv- und Passivvermögen von einem Unternehmen auf ein anderes, bereits bestehendes Unternehmen.189 Die Verschmelzung durch Neugründung erfolgt hingegen dadurch, dass mehrere bestehende Gesellschaften ihr gesamtes Aktiv- bzw. Passivvermögen auf eine zu diesem Zweck gegründete neue Gesellschaft übertragen und sich im Zuge dessen auflösen.190 In beiden Fällen besteht mindestens eines der beteiligten Unternehmen – jedenfalls seiner Rechtspersönlichkeit nach – im Anschluss an die Verschmelzung nicht fort.191 Die FKVO sieht ferner in Art. 3 Abs. 1 lit. a FKVO die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Fusion vor, die insbesondere dann vorliegt, wenn unabhängige Unternehmen ihre wirtschaftlichen Aktivitäten so bündeln, dass sie gemeinsam eine „neue wirtschaftliche Einheit“ formen, sich jedoch an ihrer jeweiligen Rechtspersönlichkeit nichts verändert.192 Für einen Kontrollerwerb im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. b FKVO ist entscheidend, dass eine oder mehrere Personen, die bereits mindestens ein Unternehmen kontrollieren, bzw. ein oder mehrere Unternehmen die unmittelbare oder mittelbare Kontrolle über ein anderes oder mehrere andere Unternehmen erwerben. Wann ein Erwerber die Kontrolle, also bestimmenden Einfluss auf ein Unternehmen erwirbt, entscheidet sich nicht anhand starrer Schwellenwerte, sondern anhand einer Betrachtung des Einzelfalls.193 Ausreichend für den Kontrollerwerb kann schon die Möglichkeit sein, Unternehmensentscheidungen – etwa durch Minderheitsbeteiligungen oder Vetorechte – beeinflussen zu können.194 187

Richtlinie 78/855/EWG des Rates v. 09. 10. 1978 betreffend die Verschmelzung von Aktiengesellschaften, Abl. EG 1978, Nr. L-295/36 (i. F.: Richtlinie 78/855/EWG). 188 So auch: Lettl, Kartellrecht S. 196. 189 Vgl. Art. 3 Abs. 1 Richtlinie 78/855/EWG. 190 Vgl. Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 78/855/EWG. 191 Vgl. Körber, in: Immenga/Mestmäcker, EU-Wettbewerbsrecht – Art. 3 FKVO, Rn. 19. 192 I. d. S. sowie ausführlich zu wirtschaftlichen Fusionen vgl. Körber, in: Immenga/ Mestmäcker, EU-Wettbewerbsrecht – Art. 3 FKVO, Rn. 20. 193 I. d. S. und m. w. N. Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen, S. 53. 194 Montag u. Kacholdt sprechen in diesem Zusammenhang etwa von einer notwendigerweise vorliegenden „negativen alleinigen Kontrolle“, vgl. Montag/Kacholdt, Kapitel H. I. § 4 Fusionskontrolle, in: Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Rn. 15; Lettl, Kartellrecht, S. 199.

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Hat ein Zusammenschluss nach den genannten Vorschriften gemeinschaftsweite Bedeutung, werden nationale Regelungen zur Fusionskontrolle durch die europäische Regelung verdrängt und es kommt allein auf die Bewertung nach der FKVO an.195 (b) Kontrollverfahren Kommt einem Zusammenschluss gemeinschaftsweite Bedeutung zu, so ist er grundsätzlich gemäß Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 FKVO und vor Vollzug des Zusammenschlusses (Art. 4 Abs.1 und Art. 7 Abs. 1 FKVO) bei der EU-Kommission anzumelden.196 Bis zu seiner Genehmigung ist das dem Zusammenschluss zugrunde liegende Rechtsgeschäft gem. Art. 7 Abs. 4 FKVO schwebend unwirksam und darf solange nicht vollzogen werden, wie eine Entscheidung der Kommission zur Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt noch aussteht.197 Ist er dennoch vollzogen worden, kann die Kommission anordnen, dass der Zusammenschluss rückgängig gemacht wird198 und/oder gemäß Art. 14 FKVO gegen die Beteiligten Geldbußen verhängen. Das Kontrollverfahren selbst findet im Anschluss an die Anmeldung in zwei Phasen statt, sofern nicht ein vereinfachtes Verfahren durchgeführt werden kann.199 (aa) Vorprüfung Fällt eine Transaktion in den Anwendungsbereich der FKVO, wird zunächst durch die Kommission eine Vorprüfung durchgeführt. Kommt sie dabei zu dem Ergebnis, dass ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt bestehen, so leitet sie das Hauptverfahren ein. Der Kommission stehen für diese erste Verfahrensstufe gem. Art. 10 Abs. 1 FKVO bis zu 25 Arbeitstage zur Verfügung.

195

Vgl. Art. 21 Abs. 3 FKVO. Art. 4 Abs. 5 FKVO ermöglicht es allerdings, dass ein Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung ganz oder teilweise durch einen Nationalstaat untersucht wird, sofern dies durch die an dem Zusammenschluss beteiligten Parteien beantragt wird, der Wettbewerb auf einem gesonderten Markt innerhalb eines Mitgliedstaates betroffen ist und die Kommission der Verweisung an den Mitgliedstaat zustimmt. Andersherum ist es gem. Art. 4 Abs. 5 FKVO auch möglich, dass ein Zusammenschluss, dem keine gemeinschaftsweite Bedeutung i. S. v. Art. 1 FKVO zukommt, auf Antrag der beteiligten Parteien durch die Kommission geprüft wird, sofern die originär zuständigen Mitgliedstaaten dem nicht widersprechen. 197 Vgl. Art. 7 Abs. 1 FKVO. 198 Vgl. Art. 8 Abs. 4 FKVO. 199 Vgl. Europäische Kommission – Bekanntmachung v. 14. 12. 2013, ABl. EU, Nr. C-56/ 32. 196

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(bb) Hauptprüfungsverfahren Im Rahmen der zweiten Prüfungsphase entscheidet die Kommission am Ende des Verfahrens über die Vereinbarkeit oder Unvereinbarkeit des fraglichen Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt. Sie kann die Genehmigung mit Bedingungen oder Auflagen versehen.200 Gem. Art. 10 Abs. 3 FKVO entscheidet die Kommission über diese Frage binnen einer Frist von regelmäßig 90 Arbeitstagen, außer die beteiligten Unternehmen haben angeboten bestimmte Verpflichtungen einzugehen, die dazu führen sollen, dass der Zusammenschluss im Ergebnis mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist. In diesem Fall erhöht sich die Entscheidungsfrist auf 105 Tage.201 Auf Antrag ist gem. Art. 10 Abs. 3 UAbs. 2 FKVO eine einmalige Fristverlängerung von maximal 20 Tagen möglich. Trifft die Kommission innerhalb der jeweils geltenden Frist keine Entscheidung, so gilt der Zusammenschluss als mit dem Binnenmarkt vereinbar.202 (c) Materieller Prüfungsmaßstab Den materiellen Prüfungsmaßstab für die Beurteilung eines Zusammenschlusses bilden Art. 2 Abs. 2 sowie Abs. 3 FKVO. Demnach ist für die Genehmigung einer Fusion entscheidend, dass durch sie der wirksame Wettbewerb im Gemeinsamen Markt (oder in einem wesentlichen Teil desselben) nicht erheblich behindert würde. Ursache hierfür kann insbesondere die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung sein. Die FKVO erweitert dadurch, dass sie nunmehr „nur“ auf eine Behinderung des Wettbewerbes abstellt, den materiellen Anwendungsbereich der Fusionskontrolle, die sich ursprünglich ausschließlich auf die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung bezog.203 Bei ihrer Prüfung berücksichtigt die Kommission die Struktur der betroffenen Märkte,204 die Marktstellung bzw. die Finanzkraft der beteiligten Unternehmen, die Interessen der Zwischen- und Endverbraucher sowie die Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts soweit sie dem Verbraucher dient und den Wettbewerb nicht behindert.205 Um feststellen zu können, ob durch den Zusammenschluss die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung eintritt, bedarf es der Festlegung

200

Vgl. Art. 8 Abs. 2 UAbs. 2 FKVO. Die Frist verlängert sich jedoch nicht auf 105 Tage, sofern das Angebot zur binnenmarktkonformen Ausgestaltung des Zusammenschlusses nach weniger als 55 Arbeitstagen seit Einleitung des Verfahrens der Kommission vorgelegt wurde, vgl. Art. 10 Abs. 3 a. E. FKVO. 202 Vgl. Art. 10 Abs. 6 FKVO. 203 Vgl. hierzu Haag, § 12 Wettbewerbspolitik, in: Bieber/Epiney/Haag/Kotzur (Hrsg.), Die Europäische Union. 204 Vgl. Art. 2 Abs. 1 lit. a FKVO. 205 Vgl. Art. 2 Abs. 1 lit. b FKVO. 201

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des relevanten Marktes anhand sachlicher und räumlicher Kriterien.206 Ein in räumlicher Hinsicht relevanter Markt muss in geografischer oder aber in wirtschaftlicher Hinsicht207 einen „wesentlichen Teil des Binnenmarktes“208 ausmachen. Kommt die Kommission bei ihrer Prüfung zu dem Ergebnis, dass durch den Zusammenschluss nach ökonomischen Kriterien209 eine erhebliche Beeinträchtigung des wirksamen Wettbewerbs im Gemeinsamen Markt eintreten würde, so erklärt sie den Zusammenschluss für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt.210 Die Beurteilung des Vorliegens einer erheblichen Behinderung des wirksamen Wettbewerbs erfolgt anhand des sogenannten „Significant Impediment to Effective Competition (SIEC) Test“.211 (4) Bewertung und Kritik Schon die Erwägungsgründe zur FKVO machen deutlich, welcher Zweck mit der europäischen Fusionskontrolle verfolgt werden soll. Sie ist, wie auch das Kartell- und Missbrauchsverbot, Teil des nach Art. 3 Abs. 1 lit. g des alten EG-Vertrages errichteten Systems zum Schutz des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarktes vor Verfälschungen. Art. 3 EGV ist zwar nicht in die EU-Verträge nach Lissabon

206 Vgl. Haag, § 12 Wettbewerbspolitik, in: Bieber/Epiney/Haag/Kotzur, Rn. 27, 45 mit Verweis auf Europäische Kommission, Bekanntmachung v. 09. 12. 1997, ABl. EG 1997, Nr. C372/5, Rn. 7 ff. Die Bekanntmachung definiert den sachlich relevanten Markt als einen Produktmarkt, der sämtliche Erzeugnisse und/oder Dienstleistungen, die von den Verbrauchern hinsichtlich ihrer Eigenschaften, Preise und ihres vorgesehenen Verwendungszwecks als austauschbar oder substituierbar angesehen werden, umfasst. Gem. Rn. 8 umfasst der geografisch relevante Markt das Gebiet, in dem die beteiligten Unternehmen die relevanten Produkte oder Dienstleistungen anbieten, in dem die Wettbewerbsbedingungen hinreichend homogen sind und das sich von benachbarten Gebieten durch spürbar unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen unterscheidet; zur Marktabgrenzung nach räumlichen und sachlichen Kriterien vgl. ebenfalls schon: EuGH, Urt. v. 14. 02. 1978, Rs. 27/76, Slg. 1978, 207 – United Brands/Kommission, Rn. 10 f. 207 Haag verweist darauf, dass der EuGH hieran allerdings keine besonders hohen Anforderungen stellt und in der Vergangenheit bereits 5 % des entsprechenden Marktes (hier: Zuckermarkt der Union) für die Klassifizierung als „wesentlicher Teil des Binnenmarktes“ ausreichen ließ, vgl. Haag, § 12 Wettbewerbspolitik, in: Bieber/Epiney/Haag/Kotzur mit Verweis auf EuGH, Urt. v. 16. 12. 1975, verb. Rs. 40 bis 48/73, Slg. 1975, 1934 – Suiker Unie u. a./Kommission. 208 Haag, § 12 Wettbewerbspolitik, in: Bieber/Epiney/Haag/Kotzur; im Rahmen der Bestimmung, ob es sich um einen wesentlichen Teil des Binnenmarktes handelt, kommt es naturgemäß darauf an, wie eng der fragliche Markt abgegrenzt wird, vgl. m. w. N.: Riesenkampff/ Steinbarth, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann – Art. 2 FKVO, Rn. 10. 209 Vgl. Möschel, JZ 2008, 383, 387; Roth, ZHR 172 (2008), 670, 673. 210 Vgl. Art. 8 Abs. 3 i. V. m. Art. 2 Abs. 3 FKVO. 211 Hierzu im Einzelnen und m. w. N. Montag/Kacholdt, Kapitel H. I. § 4 Fusionskontrolle, in: Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Rn. 73 ff.

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übernommen worden; inhaltlich gilt das in ihm beschriebene Anliegen über Protokoll Nr. 27 (i. V. m. Art. 51 EUV) aber fort. Am europäischen Kartellrecht ist insgesamt dessen europäische Perspektive zu begrüßen. Sie verhindert, dass nationale Entscheidungen in Bezug auf Unternehmenszusammenschlüsse lediglich von einem nationalen Standpunkt aus betrachtet werden und so letztlich zugunsten nationaler Interessen den innergemeinschaftlichen Wettbewerb verzerren. Speziell die FKVO ist darauf gerichtet, Sachverhalte auf ihre Auswirkungen für die Zukunft zu untersuchen. Sie ist damit – anders als etwa Art. 102 AEUV – ein präventiver Mechanismus,212 der geeignet ist, problematische Rückabwicklungssachverhalte zu verhindern. Insbesondere in Kombination mit den retrospektiv wirkenden Mechanismen der Art. 101 AEUV und Art. 102 AEUV, die es ermöglichen, auch nach dem Erwerb eines Unternehmens bzw. eines Unternehmenszusammenschlusses auf missbräuchliches Verhalten zulasten des Marktes und/oder der Verbraucher zu reagieren, präsentiert sich das europäische Kartellrecht als grundsätzlich leistungsfähiger Mechanismus zur Erreichung der mit ihm verfolgten Ziele. Zwar können in den Anwendungsbereich des europäischen Kartellrechts prinzipiell auch solche Investitionen fallen, die in dieser Arbeit für problematisch gehalten werden. In erster Linie dient es aber dazu, den Einfluss, den einzelne Unternehmen (ggf. durch einen Zusammenschluss) auf dem jeweiligen Markt haben, zu regulieren und so den Wettbewerb bzw. das Funktionieren des Binnenmarktes zu schützen. Eine Berücksichtigung anderer Belange213 ist im Rahmen der FKVO allenfalls über Art. 21 Abs. 4 FKVO denkbar, der es den Mitgliedstaaten erlaubt, Maßnahmen zum Schutz (außerwettbewerblicher) berechtigter Interessen – beispielsweise zum Schutz der öffentlichen Sicherheit, der auch die Energieversorgung zuzurechnen wäre –214 zu erlassen oder einen Zusammenschluss aus einem solchen Grund zu untersagen.215 Vereinzelt wird daraus abgeleitet, Art. 21 Abs. 4 UAbs. 1 FKVO habe allein deklaratorische Bedeutung, da sich der Ausschließlichkeit beanspruchende Geltungsbereich der FKVO ohnehin nur auf die Vereinbarkeit von Zusammen212 Zu den Unterschieden zwischen FKVO und Art. 102 AEUV s. Körber, in: Immenga/ Mestmäcker, EU-Wettbewerbsrecht – Art. 2 FKVO, Rn. 20. 213 S. für eine ausführlich Darstellung zur Berücksichtigung wettbewerbsfremder Aspekte in der Zusammenschlusskontrolle: Klingsch, Die Berücksichtigung wettbewerbsfremder Aspekte in der Zusammenschlusskontrolle. 214 Vgl. Körber, in: Immenga/Mestmäcker, EU-Wettbewerbsrecht – Art. 21 FKVO, Rn. 28 sowie EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-503/99, Slg. 2002, I-4809 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Königreich Belgien unterstützt durch GB, Rn. 46 ff. 215 Eine Anerkennung durch die Kommission i. S. v. Art. 21 Abs. 4 UAbs. 3 FKVO ist im Falle von Maßnahmen, die sich auf die in UAbs. 2 genannten Interessen beziehen, nicht vorgesehen. Dennoch müssen die Mitgliedstaaten entsprechende Maßnahmen allerdings bei der Kommission notifizieren.

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schlüssen mit dem Gemeinsamen Markt in wettbewerblicher Hinsicht“ beziehe.216 In jedem Fall komme den Mitgliedstaaten aber durch Art. 21 Abs. 4 FKVO nicht die Möglichkeit zu, durch die Kommission abgelehnte Zusammenschlüsse eigenmächtig zu erlauben.217 Im Ergebnis ist festzuhalten, dass ein Schutz vor strategischen Investitionen mithilfe des spezifisch ökonomischen europäischen Kartellrechts an seine Grenzen stößt, wenn nicht zumindest auch Auswirkungen auf den innergemeinschaftlichen Wettbewerb zu erwarten sind. Einer Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit kann jedenfalls allein durch das europäische Kartellrecht nicht ausreichend wirksam begegnet werden. dd) Verordnung zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union218 (EU-Screening-VO)219 Nachdem bereits im Februar 2017 die Wirtschaftsminister Deutschlands, Frankreichs und Italiens durch einen Brief an EU-Handelskommissarin Malmström220 auf die bestehende Problemlage hingewiesen und dadurch eine europäische Diskussion zum Umgang mit ausländischen Investitionen in strategischen Wirtschaftsbereichen in Gang gebracht hatten, legte eine Gruppe Abgeordneter der EVPFraktion nach Art. 46 Abs. 2 GOEP dem Europäischen Parlament einen Vorschlag für einen Unionsakt zur Überprüfung ausländischer Investitionen in strategischen Bereichen vor.221 Gleichzeitig und unter Befürwortung des Europäischen Rates222 griff auch die Kommission zunächst in ihrem Reflexionspapier „Die Globalisierung meistern“223 die Bedenken in Bezug auf ausländische Investoren, insbesondere staatliche Unternehmen, auf und veröffentlichte schließlich im September 2017 eine Mitteilung zur Offenheit für ausländische Direktinvestitionen bei gleichzeitigem 216 Vgl. Wagemann, in: Wiedemann (Hrsg.), Handbuch des Kartellrechts, Rn. 27; i. d. S. wohl auch Körber, in: Immenga/Mestmäcker, EU-Wettbewerbsrecht – Art. 21 FKVO, Rn. 25. 217 M. w. N. Westermann, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann – Art. 21 FKVO, Rn. 11. 218 Vgl. Fn. 240. 219 Vgl. Fn. 240. Teile dieses Abschnittes sind bereits als Aufsatz vorab und gesondert erschienen, vgl. Schuelken, EuR 2018, 577 ff. 220 Vgl. Zypries/Sapin/Calenda – Brief der Wirtschaftsminister Deutschlands, Frankreichs und Italiens an Handelskommissarin Malmström, abrufbar unter: https://www.bmwi.de/Redakti on/DE/Downloads/S-T/schreiben-de-fr-it-an-malmstroem.html. 221 Vgl. Caspary/Weber/Saïfi/Winkler/Cicu/Proust/Quisthoudt-Rowohl/Reding/Schwab/ Szejnfeld, Vorschlag für einen Unionsakt zur Überprüfung (Screening) ausländischer Investitionen in strategischen Bereichen v. 26. 04. 2017, B8 – 0302/2017. 222 Vgl. Europäischer Rat, Tagung des Europäischen Rates am 22./23. 6. 2017, Schlussfolgerungen v. 23. 06. 2017, EUCO 8/17. 223 Vgl. Europäische Kommission, Die Globalisierung meistern, Reflexionspapier v. 10. 05. 2017, COM(2017) 240.

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Schutz grundlegender Unionsinteressen224 sowie einen Vorschlag zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung225 ausländischer Direktinvestitionen in der Europäischen Union.226 Der Verordnungsvorschlag ist inzwischen mehrfach in Parlament und Rat diskutiert227 und schließlich am 19. März 2019 in konsolidierter Fassung beschlossen worden. Die Verordnung trat am 01. April 2019 in Kraft. (1) Ziel der Verordnung Die bis zu diesem Punkt dargestellten Praktiken machen die vielfältigen Herangehensweisen im Umgang mit ausländischen Investitionen in den einzelnen Mitgliedstaaten in der Europäischen Union deutlich. Gleichzeitig haben Investitionen in kritischen Bereichen häufig grenzüberschreitende Wirkung und daher eine europäische Dimension. Die hier behandelte Verordnung verfolgt deshalb erklärtermaßen das Ziel, einen Rahmen für eine systematische Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bzw. den Mitgliedstaaten und der Kommission sowie einen Rahmen für einen EU-weiten Ansatz zu schaffen, der denjenigen Mitgliedstaaten, die bereits über einen Mechanismus verfügen oder einen solchen Mechanismus einführen wollen, insbesondere in Bezug auf die ausschließliche Zuständigkeit der Union für Fragen der gemeinsamen Handelspolitik228 zu Rechtssicherheit verhilft und auch die Mitgliedstaaten einbezieht, die weder über einen Überprüfungsmechanismus229 verfügen, noch eine entsprechende Gesetzgebung planen. Gleichzeitig soll die Verordnung sicherstellen, dass alle bereits vorhandenen Mechanismen gewisse wesentliche (rechtliche) Anforderungen erfüllen und sieht zudem für die Kommission die Möglichkeit vor, Investitionen in bestimmten Fällen selbst überprüfen zu können.230 Im Ergebnis sollte so ein Rahmen geschaffen werden, der einerseits die offene Haltung der Union gegenüber FDI nicht beeinträchtigt bzw. die Europäische Union als attraktives Investitionsziel für ausländisches Kapital erhält, andererseits aber die Möglichkeit bietet, die legitimen Interessen der EU wirksam zu schützen.

224

Vgl. Europäische Kommission – Mitt. v. 13. 09. 2017, COM(2017) 494 final. In diesem Zusammenhang bezeichnet der Ausdruck „Überprüfung“ im weiteren Verlauf dieser Arbeit ein Verfahren, mit dessen Hilfe ausländische Direktinvestitionen geprüft, untersucht, genehmigt, an Bedingungen geknüpft, untersagt oder rückabgewickelt werden können, vgl. Art. 2 Nr. 3 EU-Screening-VO. 226 Vgl. Europäische Kommission – Vorschlag für eine Verordnung zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Europäischen Union v. 13. 09. 2017, COM(2017) 487 final (i. F.: Vorschlag COM(2017) 487 final). 227 S. hierzu insb. Stellungnahme des Rates der Europäischen Union v. 19. 02. 2019 zu Vorschlag COM(2017) 487 final, C-262/94. 228 Vgl. Art. 3 Abs.1 lit. e AEUV i. V. m. Art. 207 Abs. 1 AEUV sowie ebenfalls i. d. S. Verordnung (EU) 2019/452, Erwägungsgrund Nr. 6. 229 Vgl. Fn. 2. 230 Vgl. Begründung zu Vorschlag COM(2017) 487 final, S. 3. 225

I. Bestehende Rahmenvorgaben

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(2) Die Verordnung im Einzelnen (a) Regelungskompetenz der EU Der Europäischen Union kommt nach Art. 3 Abs. 1 lit. e AEUV die ausschließliche Zuständigkeit zu, Regelungen auf dem Gebiet der gemeinsamen Handelspolitik zu erlassen und beinhaltet gemäß Art. 207 Abs. 1 S. 1 AEUV auch die Kompetenz, Vorschriften zu erlassen, die sich mit der Regulierung von ausländischen Direktinvestitionen befassen.231 Auf die Frage, ob neben der unionsrechtlichen Regelung noch nationale Mechanismen stehen können und inwieweit diese neben europäischem Sekundärrecht anwendbar wären, kommt es wegen der oben beschriebenen ausdrücklichen Rückermächtigung, entsprechende Mechanismen aufrechtzuerhalten, zu ändern oder einzurichten232 zumindest mit Blick auf die hier behandelte Verordnung nicht an. (b) Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bzw. den Mitgliedstaaten und der Kommission Wie bereits angedeutet, besteht eines der Kernanliegen der EU-Screening-VO darin, einen besseren Informationsaustausch in Bezug auf geplante oder bereits durchgeführte ausländische Direktinvestitionen233 zu erreichen. Eine zentrale Stellung nehmen in diesem Sinne die Art. 5 ff. EU-Screening-VO ein, in denen verschiedene Notifizierungs- und Berichtspflichten im Verhältnis der Mitgliedstaaten untereinander bzw. im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission geregelt sind. (aa) Notifizierung von Überprüfungsmechanismen und jährliche Berichterstattung Die Art. 3 Abs. 7 lit. f der EU-Screening-VO sehen eine Notifizierungspflicht in Bezug auf nationale Überprüfungsmechanismen vor. Demnach sind neu eingerichtete oder geänderte (innerhalb von 30 Tagen nach deren Inkrafttreten)234 sowie bereits

231 S. zur mitgliedstaatlichen Kompetenz zum Erlass von Überprüfungsmechanismen: C.I.1.a)aa)(1)(a). 232 Vgl. Art. 3 Abs. 1 EU-Screening-VO. 233 In diesem Zusammenhang bezeichnet der Ausdruck „ausländische Direktinvestitionen“ im weiteren Verlauf dieser Arbeit und i. S. d. Art. 2 Nr. 1 der EU-Screening-VO eine durch einen ausländischen Investor getätigte Investition jeder Art zur Schaffung oder Aufrechterhaltung dauerhafter und direkter Beziehungen zwischen dem ausländischen Investor und dem Unternehmer oder Unternehmen, für den bzw. das das Kapital zur fortgesetzten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit in einem Mitgliedstaat bereitgestellt wird, einschließlich Investitionen, die eine effektive Beteiligung an der Verwaltung oder Kontrolle eines Unternehmens ermöglichen, das eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. 234 Vgl. Art. 3 Abs. 7 S. 2 EU-Screening-VO.

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bestehende nationale Überprüfungsmechanismen (bis zum 10. Mai 2019)235 bei der Kommission anzumelden. Für diejenigen Staaten, die bereits einen Mechanismus unterhalten, sieht die Verordnung in Art. 5 Abs. 2 die jährliche Pflicht vor, der Kommission über die Anwendung ihrer Überprüfungsmechanismen Bericht zu erstatten. Zusätzlich regelt Art. 5 Abs. 1, dass alle Mitgliedstaaten – also auch diejenigen, die bislang keinen Mechanismus im Sinne des Art. 2 Ziff. 4 EU-Screening-VO unterhalten – bis zum 31. März eines jeden Jahres die Kommission über in ihrem Hoheitsgebiet getätigte ausländische Direktinvestitionen sowie über erhaltene Ersuche anderer Mitgliedstaaten nach den Art. 6 Abs. 6 und Art. 7 Abs. 5 EU-Screening-VO unterrichten. (bb) Berichterstattung und Zusammenarbeit im Falle der Überprüfung durch einen Mitgliedstaat Sofern eine Investition überprüft wird, teilt der jeweilige Mitgliedstaat dies der Kommission und den übrigen Mitgliedstaaten gemäß Art. 6 EU-Screening-VO „so bald wie möglich“236 mit und stellt in Bezug auf die Beteiligung Informationen zur Eigentümerstruktur des ausländischen Investors und des Zielunternehmens237, den ungefähren Wert der Direktinvestition238 (inklusive Informationen zum Ursprung der für die Investition verwendeten Gelder239) sowie Informationen darüber bereit, auf welchen Geschäftsfeldern240 und in welchen Mitgliedstaaten241 sowohl der Investor als auch das Zielunternehmen schwerpunktmäßig tätig sind. Darüber hinaus informiert der betroffene Mitgliedstaat die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten darüber, für welchen Zeitpunkt die Investition geplant oder zu welchem Zeitpunkt sie bereits durchgeführt worden ist242, und „bemüht sich“ eine Einschätzung zu der Frage abzugeben, ob die Investition in den Anwendungsbereich der Fusionskontrollverordnung fällt.243 Art. 6 Abs. 1 EU-Screening-VO eröffnet außerdem die Möglichkeit, zusätzlich in ihrer Mitteilung die Mitgliedstaaten zu nennen, deren Sicherheit oder

235 Vgl. Art. 3 Abs. 7 S. 1 EU-Screening-VO, im Anschluss veröffentlicht die Kommission gem. Art. 7 Abs. 8 EU-Screening-VO innerhalb von 3 Monaten ein Verzeichnis der mitgliedstaatlichen Überprüfungsmechanismen und sorgt im Falle von Veränderungen für deren ständige Aktualisierung. 236 Art. 6 Abs. 1 EU-Screening-VO. 237 Vgl. Art. 9 Abs. 2 lit. a EU-Screening-VO. 238 Vgl. Art. 9 Abs. 2 lit. b EU-Screening-VO. 239 Vgl. Art. 9 Abs. 2 lit. e EU-Screening-VO. 240 Vgl. Art. 9 Abs. 2 lit. c EU-Screening-VO. 241 Vgl. Art. 9 Abs. 2 lit. d EU-Screening-VO. 242 Vgl. Art. 9 Abs. 2 lit. f EU-Screening-VO; Der Vorschlag COM(2017) 487 final sah die Übermittlung vergleichbarer Informationen erst im Falle eines Ersuchens um zusätzliche Informationen nach Art. 8 Abs. 4 Vorschlag COM(2017) 487 final vor. 243 S. hierzu C.I.1.b)cc)(3).

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öffentliche Ordnung voraussichtlich durch die überprüfte Investition beeinträchtigt sind.244 Sofern ein Mitgliedstaat der Meinung ist, dass eine ausländische Direktinvestition, die in einem anderen Mitgliedstaat überprüft wird, eine Gefahr für seine eigene Sicherheit oder öffentliche Ordnung darstellt, oder verfügt er über Informationen, die für die Überprüfung von Bedeutung sind, eröffnet Art. 6 Abs. 2 EU-Screening-VO diesem Mitgliedstaat die Möglichkeit, innerhalb einer „vertretbaren Frist“ – spätestens aber 35 Kalendertage nach Eingang der Informationen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 EU-Screening-VO245 – einen entsprechenden Kommentar an den überprüfenden Mitgliedstaat (und parallel dazu auch an die Kommission) zu richten. Die Kommission informiert wiederum alle anderen Mitgliedstaaten darüber, dass Kommentare abgegeben worden sind. Die gleiche Möglichkeit, allerdings unter der Bezeichnung „Stellungnahme“, sieht der Verordnungsentwurf auch für die Kommission vor, sofern sie der Ansicht ist, die durch einen Mitgliedstaat der Überprüfung unterzogene Investition beeinträchtige voraussichtlich die Sicherheit oder öffentliche Ordnung in mehr als einem Mitgliedstaat oder ihr wesentliche Informationen in Bezug auf die überprüfte Investition vorliegen. Die Möglichkeit der Kommission, eine Stellungnahme an einen Mitgliedstaat zu richten, ist nicht davon abhängig, ob andere Mitgliedstaaten von der Möglichkeit eines Kommentars im Sinne von Art. 6 Abs. 2 EU-Screening-VO Gebrauch gemacht haben. Sie ist allerdings, ebenso wie ein Kommentar, innerhalb einer „vertretbaren Frist“, spätestens aber 35 Kalendertage nach Eingang der in Art. 6 Abs. 1 EU-Screening-VO genannten Informationen, an den überprüfenden Mitgliedstaat zu übermitteln.246 Die Kommission kann im Anschluss an die Kommentare anderer Mitgliedstaaten eine Stellungnahme abgeben und ist hierzu in „begründeten Fällen“ gemäß Art. 6 Abs. 3 S. 3 EU-Screening-VO insbesondere dann, wenn mindestens ein Drittel der Mitgliedstaaten der Auffassung ist, dass eine ausländische Direktinvestition voraussichtlich ihre Sicherheit oder öffentliche Ordnung beeinträchtigt, sogar angehalten. Sofern die Kommission eine Stellungnahme abgibt, informiert sie alle anderen Mitgliedstaaten über diesen Umstand. Kommentare und Stellungnahmen sind gemäß Art. 6 Abs. 5 EU-Screening-VO hinreichend zu begründen sowie die Absicht dazu, einen Kommentar oder eine Stellungnahme abzugeben, spätestens 15 Kalendertage nach Übermittlung der in Art. 6 Abs. 1 EU-Screening-VO genannten Informationen dem Mitgliedstaat, der die Investition überprüft, anzukündigen. Mit Übermittlung der Absichtsbekundung können sowohl die Kommission als auch andere Mitgliedstaaten den Zielstaat der Investition zur Vorbereitung eines Kommentars oder einer Stellungnahme um 244

Es handelt sich hier ausdrücklich um die bloße Möglichkeit, die voraussichtlich durch die Investition betroffenen Mitgliedstaaten anzugeben, wie die Formulierung des Art. 6 Abs. 1 EU-Screening-VO („kann“) verdeutlicht. 245 Vgl. Art. 6 Abs. 7 EU-Screening-VO. 246 Vgl. Art. 6 Abs. 7 EU-Screening-VO.

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Übermittlung weiterer Informationen ersuchen, sofern die angeforderten Informationen hierzu erforderlich sind und der Zweck des Ersuchens nicht außer Verhältnis zu den Belastungen für den betroffenen Mitgliedstaat steht, der die Überprüfung der ausländischen Direktinvestition durchführt.247 Sowohl Absichtserklärungen (inklusive Informationsersuchen) durch Mitgliedstaaten als auch die hierauf ergehenden Antworten der überprüfenden Mitgliedstaaten sind gleichzeitig der Kommission zuzuleiten. Wurde ein Ersuchen im Sinne von Art. 6 Abs. 6 UAbs. 2 EU-Screening-VO gestellt, so gilt für die Abgabe eines Kommentars oder einer Stellungnahme eine Frist von 20 Kalendertagen ab dem Zeitpunkt, in dem die zusätzlichen Informationen (oder eine Mitteilung darüber, im Sinne von Art. 5 EU-Screening-VO, zur Beibringung der angeforderten Informationen nicht im Stande zu sein) dem Ersuchenden zugehen.248 Art. 8 EU-Screening-VO macht deutlich, dass sich die nationalen Überprüfungsmechanismen grundsätzlich an den Fristen des Art. 7 EU-Screening-VO zu orientieren haben, damit die Kommission und andere Mitgliedstaaten die Möglichkeit erhalten, sich zu einer Überprüfung im Sinne von Art. 2 Nr. 3 EU-ScreeningVO zu äußern. Nur in Ausnahmefällen darf der überprüfende Mitgliedstaat, sofern er davon überzeugt ist, dass seine Sicherheit oder öffentliche Ordnung ein sofortiges Handeln erfordert, die bestehenden Fristen unbeachtet lassen. Er hat in diesem Fall die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten über seine Absicht zu sofortigem Handeln sowie über die Gründe zu informieren, die es ihm unmöglich machen, die vorgegebenen Fristen einzuhalten.249 Die Kommentare bzw. Stellungnahmen müssen zwar durch die jeweils betroffenen Mitgliedstaaten „in angemessener Weise“250 berücksichtigt werden, die Überprüfungsentscheidung liegt aber letztlich allein in den Händen des Mitgliedstaates, auf dessen Hoheitsgebiet die Investition geplant ist oder bereits stattgefunden hat.251 (cc) Berichterstattung und Zusammenarbeit im Falle von Investitionen, die keiner Überprüfung unterzogen werden Neben dem einschlägigen Kooperationsmechanismus bei Investitionen, die einer Überprüfung durch einen Mitgliedstaat unterzogen werden, existiert mit Art. 7 EUScreening-VO eine zusätzliche Vorschrift, die die Zusammenarbeit zwischen der 247

Vgl. Art. 6 Abs. 6 UAbs. 2 EU-Screening-VO. Vgl. Art. 6 Abs. 7 UAbs. 2 EU-Screening-VO. 249 Vgl. Art. 6 Abs. 8 EU-Screening-VO. Zusätzlich sieht die Vorschrift vor, dass sich die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten in diesem Fall Kommentare und Stellungnahmen möglichst rasch abzugeben. 250 Art. 6 Abs. 9 EU-Screening-VO. 251 Vgl. Art. 6 Abs. 9 S. 2 EU-Screening-VO sowie Erwägungsgrund Nr. 17 UAbs. 2 und Erwägungsgrund Nr. 19 UAbs. 2 EU-Screening-VO. 248

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Kommission und den Mitgliedstaaten sowie den Mitgliedstaaten untereinander regelt, wenn die Überprüfung einer ausländischen Direktinvestition gerade nicht stattfindet. Im Wesentlichen entspricht das Verfahren in diesem Fall dem Kooperationsmechanismus gemäß Art. 6 EU-Screening-VO.252 Ausgelöst wird der Art. 7-Kooperationsmechanismus allerdings – anders als derjenige nach Art. 6 EU-Screening-VO – nicht durch die Mitteilung, dass eine Investition einer Überprüfung unterzogen wird. Vielmehr ist gemäß Art. 7 EUScreening-VO die Abgabe eines an den Zielstaat der Investition gerichteten und hinreichend begründeten Kommentars (der gleichzeitig an die Kommission übermittelt wird,253 die dann die anderen Mitgliedstaaten darüber informiert, dass ein Kommentar abgegeben wurde)254 durch einen anderen Mitgliedstaat oder einer hinreichend begründeten Stellungnahme durch die Kommission (die dann den anderen Mitgliedstaaten mitteilt, dass sie eine Stellungnahme abgegeben hat)255 immer möglich, sobald – und insofern parallel zu den Voraussetzungen des Art. 6 EUScreening-VO – ein Mitgliedstaat seine eigene oder die Kommission durch eine geplante oder abgeschlossene ausländische Direktinvestition die Sicherheit oder öffentliche Ordnung in mehr als einem Mitgliedstaates bedroht sieht oder der Mitgliedstaat bzw. die Kommission über einschlägige Informationen im Zusammenhang mit dieser Investition verfügt. Die Kommission kann auch nach Art. 7 EU-ScreeningVO unabhängig von mitgliedstaatlichen Kommentaren oder aber im Anschluss an einen solchen Kommentar ihre Stellungnahme abgeben. Sie ist hierzu in „begründeten Fällen“ angehalten. Für die Frage, wann es sich um einen solchen begründeten Fall handelt, zum Verfahren und den zu beachtenden Voraussetzungen in Bezug auf ein Ersuchen durch die Kommission oder einen Mitgliedstaat um weitere Informationen zur infrage stehenden ausländischen Direktinvestition beim Zielstaat sowie hinsichtlich der einzuhaltenden Fristen gelten zwar die Art. 7 Abs. 5 lit. f EUScreening-VO, ihrem Sinn und Inhalt nach kann aber auf die oben gemachten Ausführungen verwiesen werden.256 Auch die Berücksichtigung von Kommentaren und Stellungnahmen in „angemessener Weise“257 sowie der ausdrückliche Hinweis auf die Letztentscheidungskompetenz des jeweiligen Mitgliedstaates258 entspricht inhaltlich der Regelung in Art. 6 Abs. 9 EU-Screening-VO.

252 253 254 255 256 257 258

Vgl. C.I.1.b)dd)(2)(b)(bb). Vgl. Art. 7 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 EU-Screening-VO. Vgl. Art. 7 Abs. 1 UAbs. 2 EU-Screening-VO. Vgl. Art. 7 Abs. 2 UAbs. 2 EU-Screening-VO. Vgl. C.I.1.b)dd)(2)(b)(bb). Art. 7 Abs. 7 EU-Screening-VO. Vgl. Fn. 251.

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Sowohl für mitgliedstaatliche Kommentare als auch für Stellungnahmen der Kommission gilt gemäß Art. 7 Abs. 8 EU-Screening-VO eine Ausschlussfrist von 15 Monaten, beginnend mit dem Abschluss der ausländischen Direktinvestition. (dd) Überprüfung von Investitionen bei Projekten oder Programmen von Unionsinteresse Die Verordnung räumt zudem der Kommission in Art. 8 EU-Screening-VO die zusätzliche Möglichkeit zur Abgabe einer an den Zielstaat der Investition zu richtenden Stellungnahme ein, sofern aus ihrer Perspektive eine ausländische Direktinvestition voraussichtlich Projekte oder Programme von Unionsinteresse aus Gründen der Sicherheit oder öffentlichen Ordnung beeinträchtigt.259 Eine entsprechende Stellungnahme wird durch die Kommission an die anderen Mitgliedstaaten übermittelt.260 Um ein Projekt von Unionsinteresse handelt es sich insbesondere in solchen Fällen, in denen „Unionsmittel in erheblicher Höhe oder zu einem wesentlichen Anteil bereitgestellt werden oder die unter die Rechtsvorschriften der Union über kritische Infrastrukturen, kritische Technologien oder kritische Ressourcen fallen, die für die Sicherheit oder öffentliche Ordnung wesentlich sind“261. Den Ablauf des Verfahrens zur Formulierung einer Stellungnahme im Bezug auf Projekte und Programme von Unionsinteresse regelt Art. 8 Abs. 2 EU-ScreeningVO, der im Wesentlichen auf die Verfahrensregeln der Art. 6 und Art. 7 EUScreening-VO verweist, die genannten Vorschriften aber um die Möglichkeit ergänzt, in den mitgliedstaatlichen Kommentaren mitzuteilen, dass nach Einschätzung des betreffenden Mitgliedstaates durch eine ausländische Direktinvestition voraussichtlich Projekte oder Programme von Unionsinteresse beeinträchtigt werden.262 Der Einschätzung durch die Kommission trägt schließlich der betreffende Mitgliedstaat „umfassend Rechnung“263 und hat für den Fall, dass er dem Inhalt der Stellungnahme nicht Folge leisten will, seine Haltung zu begründen.264

259

Vgl. Art. 8 Abs. 1 EU-Screening-VO. Vgl. Art. 8 Abs. 2 lit. b EU-Screening-VO. 261 Art. 8 Abs. 3 EU-Screening-VO; darüber hinaus enthält Anhang 1 eine nicht abschließende Auflistung von Projekten/Programmen von Unionsinteresse, zu denen unter Nr. 5 insb. auch die transeuropäischen Energienetze zählen. Die Auflistung der Projekte und Programme von Unionsinteresse kann gem. Art. 8 Abs. 4 EU-Screening-VO durch delegierte Rechtsakte und unter Einhaltung der Vorgaben des Art. 16 EU-Screening-VO geändert werden. 262 Vgl. Art. 8 Abs. 2 lit. a EU-Screening-VO. 263 Art. 8 Abs. 2 lit. c EU-Screening-VO. 264 Vgl. Art. 8 Abs. 2 lit. c EU-Screening-VO. 260

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(ee) Kontaktstellen und Expertengruppe für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Europäischen Union Zur Koordinierung der dargestellten Verfahren und als Plattform für eine verstärkte Kommunikation zwischen den Mitgliedstaaten bzw. den Mitgliedstaaten und der Kommission sieht Art. 11 EU-Screening-VO die Einrichtung von Kontaktstellen in jedem Mitgliedstaat bzw. der Kommission sowie in Art. 12 EU-Screening-VO die Schaffung einer europäischen Expertengruppe für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Europäischen Union vor, die einen fortwährenden Gedankenaustausch zu allen Fragen im Zusammenhang mit ausländischen Direktinvestitionen und deren Überprüfung bzw. dem Umgang mit ihnen führt und die auf der Grundlage der hierdurch gewonnenen Erkenntnisse die Kommission berät. Die Kontaktstellen sind für alle Fragen zuständig, die die Durchführung der EUScreening-VO und speziell die Kooperation zwischen den Mitgliedern nach Art. 6 und Art. 7 EU-Screening-VO betreffen. Sie sollen zu diesem Zweck auf mitgliedstaatlicher Ebene mit den hierfür erforderlichen Kompetenzen ausgestattet sein.265 (c) Gemeinsame Rahmenregelungen (aa) Allgemeine Vorgaben für die Gestaltung eines Überprüfungsmechanismus Neben dem bereits beschriebenen Ziel einer verbesserten Koordinierung und Kooperation aller in Bezug auf ausländische Direktinvestitionen beteiligter Stellen verfolgt die vorliegende Verordnung außerdem das Ziel, für die bereits bestehenden bzw. für solche Überprüfungsmechanismen, die möglicherweise in Zukunft erlassen werden könnten, einen gemeinsamen Rahmen bzw. Mindeststandards zu formulieren sowie für die Mitgliedstaaten Rechtssicherheit zu schaffen. Art. 3 EU-Screening-VO gibt den Mitgliedstaaten rechtliche Mindeststandards an die Hand, die bei der Einrichtung eines neuen Überprüfungsmechanismus, aber auch im Hinblick auf bereits bestehende Mechanismen, zu beachten sind. Namentlich sind die Mitgliedstaaten etwa dazu angehalten, das Überprüfungsverfahren sowie die Umstände, die zu einer Untersuchung führen können, möglichst transparent auszugestalten, Angaben zum voraussichtlichen Zeitrahmen der Untersuchung zu machen, die einschlägigen Vorschriften zwischen unterschiedlichen Drittstaaten nicht diskriminierend anzuwenden266 sowie für den ausländischen Investorstaat die Möglichkeit eines „Einspruchs“ vorzusehen.267 Die nationalen Schutzmechanismen sollen dem Investor zudem innerhalb einer Frist die abschließende Entscheidung über seine geplante Investition garantieren, die einerseits für den Investor ausreichend schnell Rechtssicherheit schafft, den betroffenen Mitgliedstaaten aber auf der anderen Seite genug Zeit lässt, die oben be265 266 267

Vgl. Erwägungsgrund Nr. 27 EU-Screening-VO. Vgl. Art. 3 Abs. 2 EU-Screening-VO. Vgl. Art. 3 Abs. 5 EU-Screening-VO.

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schriebenen Verfahren zu Stellungnahmen und Kommentaren268 gewissenhaft durchzuführen sowie Maßnahmen enthalten, die eine Umgehung der eingerichteten Mechanismen verhindern. Zu denken ist in diesem Zusammenhang etwa an eine Investition durch ein zwar nach europäischem Recht gegründetes, aber im Wesentlichen durch ausländische Personen kontrolliertes Unternehmen. Im Rahmen einer Überprüfung selbst erhobene oder durch einen Mitgliedstaat bzw. die Kommission mitgeteilte vertrauliche Informationen sind gemäß Art. 4 Abs. 4 EU-Screening-VO durch entsprechende Regelungen in einem Überprüfungsmechanismus wirksam vor unbefugtem Zugriff durch Dritte zu schützen. (bb) Prüfungsmaßstab: Beeinträchtigung der Sicherheit oder öffentlichen Ordnung Art. 4 EU-Screening-VO enthält inhaltliche Vorgaben dazu, welche Eigenschaften die Mitgliedstaaten bzw. die Kommission bei der Überprüfung einer Investition aus Gründen der Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung berücksichtigen können und macht so insbesondere für potenzielle Investoren vorhersehbar, an welchen Kriterien die Mitgliedstaaten sich bei ihrer Prüfung orientieren. Ausschlaggebend kann demnach sein, in welchem Sektor die Investition geplant ist269 und inwieweit der Investor, z. B. als überwiegend staatlich finanziertes Unternehmen, der Kontrolle durch die Regierung eines Drittlandes unterliegt oder ob ein ausländischer Investor in der Vergangenheit bereits an Aktivitäten beteiligt war, die Auswirkungen auf die Sicherheit oder öffentliche Ordnung hatten.270 (3) Bewertung und Kritik Die vorliegende Verordnung erreicht durch die vorgesehene Einrichtung von Kontaktstellen bzw. einer Expertengruppe in Verbindung mit dem beschriebenen Verfahrensrahmen für die Abgabe von Kommentaren und Stellungnahmen das angestrebte Ziel eines besseren Austauschs von Informationen und einer verbesserten Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bzw. den Mitgliedstaaten und der Kommission. Die beteiligten Akteure erhalten insbesondere die Möglichkeit, wirksam und grenzüberschreitend in einem geordneten Verfahren Bedenken auch im Hinblick auf Investitionen in anderen Mitgliedstaat zu formulieren oder auf geäußerte Bedenken zu reagieren. Durch die in Art. 3 und 4 der EU-Screening-VO ausbuchstabierten (Mindest-)Anforderungen wird außerdem in den wesentlichen 268

Vgl. C.I.1.b)dd)(2)(b)(bb) ff. S. zu den einzelnen als besonders schützenswert eingestuften Sektoren: Art. 4 Abs. 1 EU-Screening-VO, der neben zahlreichen weiteren Wirtschaftsbereichen insb. auch Energieinfrastrukturen sowie die Versorgung mit kritischen Ressourcen, einschließlich Energie, beinhaltet. 270 Vgl. Art. 4 Abs. 2 EU-Screening-VO; es kann über die genannten Gründe hinaus noch berücksichtigt werden, ob ein erhebliches Risiko besteht, dass der ausländische Investor an illegalen oder kriminellen Aktivitäten beteiligt ist, Art. 4 Abs. 2 lit. c EU-Screening-VO. 269

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Bereichen Kohärenz zwischen den einzelnen mitgliedstaatlichen Überprüfungsmechanismen geschaffen und gleichzeitig im Interesse der Investoren für eine gewisse Berechenbarkeit im Hinblick auf den Ausgang eines Prüfverfahrens gesorgt, indem Art. 4 EU-Screening-VO – im Einklang mit der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH271 – Faktoren benennt, die für die Einschätzung, ob von einer ausländischen Direktinvestition eine Gefahr für die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung ausgeht, von Bedeutung sind. Als Schritt in die richtige Richtung ist ferner das vorgesehene Recht der Kommission zu begrüßen, Investitionen untersuchen zu können, wenn durch sie Projekte oder Programme von Unionsinteresse berührt sein können. Ob es zum Schutz der legitimen europäischen Interessen ausreichend ist, die Untersuchungskompetenz der Kommission von vornherein auf Projekte und Programme von Unionsinteresse zu beschränken und ihr „nur“ das Recht zu einer Stellungnahme zuzugestehen, der dann die betreffenden Mitgliedstaaten „umfassend Rechnung“ tragen, erscheint allerdings zumindest fraglich:272 Analog zur Verwendung dieser, in englischer Fassung („utmost account“) identischen Formulierung in Art. 11 Abs. 8 S. 2 der Richtlinie2009/ 72/EG273 sowie Richtlinie 2009/73/EG274 wird einer Stellungnahme schon dann umfassend Rechnung getragen, wenn der betreffende Mitgliedstaat das Votum der Kommission in den Blick nimmt und es bedenkt. Er muss aber keinesfalls die Einschätzung der Kommission auch zwingend umsetzen.275 In diese Richtung weist auch Art. 8 Abs. 2 lit. c EU-Screening-VO, der explizit die – dann allerdings begründungspflichtige – Möglichkeit zur Abweichung vom Inhalt der Stellungnahme durch die Kommission ausbuchstabiert.276 Ein solcher ergänzender Zusatz fehlte hingegen in Art. 11 Abs. 8 S. 2 der Richtlinien 2009/72/EG und 2009/73/EG, weshalb die Möglichkeit, der Stellungnahme der Kommission nicht zu folgen, erst aus der Genese des Art. 11 Abs. 8 der jeweils einschlägigen Richtlinie hergeleitet werden musste.

271

Vgl. EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-483/99, Slg. 2002, I-4781 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Französische Republik unterstützt durch Königreich Spanien u. GB, Rn. 47; EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-503/99, Slg. 2002, I-4809 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Königreich Belgien unterstützt durch GB, Rn. 23; EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003, Rs. C-463/00, Slg. 2003, I-4581 – EuGH v. 13. 05. 2003, C-463/00, Slg. 2003, I4606 – 4640, Kommission der Europäischen Gemeinschaften vs. Königreich Spanien unterstützt durch GB, Rn. 67 ff.; Weller, ZIP 2008, 857, 863. 272 I. d. S. auch Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses v. 19. 04. 2018 zum Vorschlag COM(2017) 487 final, C 262/94, Rn. 1.9. 273 Vgl. Fn. 130. 274 Vgl. Fn. 196. 275 Vgl. Schmidt-Preuß, Kapitel 96: Die Kontrolle des Verkaufs bzw. des Erwerbs von Netzen, in: Baur/Salje/Schmidt-Preuß (Hrsg.), Regulierung in der Energiewirtschaft, Rn. 26. 276 A. A. Brauneck, der die mitgliedstaatliche Pflicht, der Stellungnahme der Kommission „umfassend Rechnung zu tragen“ offenbar für bindend hält, vgl. Brauneck, EuZW 2018, 188, 194 f.

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C. Der Schutz vor drittstaatlichen Direktinvestitionen

Ferner unterhält nicht jeder Mitgliedstaat einen Überprüfungsmechanismus. Speziell hier besteht die Gefahr, dass ein drittstaatlicher Investor gezielt einen solchen Staat auswählt, um auf dem europäischen Markt Fuß zu fassen, der nicht über einen entsprechenden Mechanismus verfügt. Die trotz der EU-Screening-VO weiterhin lückenhafte Prüfung von Investitionen in kritischen Bereichen kann daher den Schutz insbesondere europäischer Interessen nicht gewährleisten und ist daher für einen wirksamen Schutz vor strategischen Investitionsoffensiven allein nicht ausreichend.277 ee) Europäische Mechanismen zur Investitionsförderung Um der im Hinblick auf den Ausbau des transeuropäischen Energienetzes bestehenden Finanzierungslücke aus eigener Kraft etwas entgegenzusetzen und so weniger anfällig für drittstaatliche Investitionen zu sein, hat die Union – mit dem Ziel den Mitgliedstaaten bei ihren Investitionsbemühungen unter die Arme zu greifen – verschiedene Mechanismen aufgelegt. (1) Die Fazilität „Connecting Europe“ Die EU hat zur Schaffung „moderner und leistungsstarker Infrastrukturen zur Verbindung und Integration der Union“ 2013 die Fazilität „Connecting Europe“278 (CEF) geschaffen.279 Die CEF dient neben der Unterstützung von Investitionen im Energiebereich auch der Investitionsförderung für Infrastrukturen im Verkehrs- und Telekommunikationssektor. Sie ist zunächst für einen Zeitraum von 2014 bis 2020 eingerichtet und – trotz eines festgestellten Investitionsbedarfs von rund 200 Mrd. Euro280 allein im Energiesektor – nur mit einem Budget von etwa 33 Mrd. Euro281 ausgestattet worden.282 Die Fazilität „Connecting Europe“ kann somit schon in Anbetracht ihrer verhältnismäßig geringen Finanzausstattung nur ein Baustein von vielen sein, um das Kapital für notwendige Infrastrukturinvestitionen aufzubringen.

277 I. d. S. auch Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses v. 19. 04. 2018 zum Vorschlag COM(2017) 487 final, C 262/94, Rn. 2.17. 278 I. F. und in Anlehnung an die allgemein gebräuchliche englische Bezeichnung („Connecting Europe Facility“) CEF. 279 Vgl. Verordnung (EU) Nr. 1316/2013 (vgl. Fn. 38). 280 Vgl. Verordnung (EU) Nr. 1316/2013, Erwägungsgrund Nr. 22. 281 Vgl. Art. 5 sowie Erwägungsgrund Nr. 4 der Verordnung (EU) Nr. 1316/2013. 282 Eine Verlängerung über den genannten Zeitraum hinaus wird aber derzeit diskutiert vgl. insb.: Europäische Kommission – Vorschlag für eine Verordnung zur Schaffung der Fazilität „Connecting Europe“ v. 06. 06. 2018, COM(2018) 438 final, S. 1 (Begründung).

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(2) Europäischer Fonds für strategische Investitionen Um dem seit der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise niedrigen Investitionsniveau in der Union zu begegnen, haben der Europäische Investitionsfonds und die Europäische Investitionsbank (EIB) gemeinsam mit der EU-Kommission den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) als tragende Säule einer Investitionsoffensive für Europa (sogenannter „Juncker-Plan“) aufgelegt.283 Das Ziel des EFSI ist es, Investitionen in Schlüsselbereichen zu fördern, die insbesondere auch der Vollendung des Energiebinnenmarktes durch den Ausbau der entsprechenden Netzinfrastruktur dienen.284 Zu diesem Zweck stehen dem EFSI 26 Mrd. Euro aus dem EU-Haushalt und 7,5 Mrd. Euro aus den Mitteln der EIB zur Verfügung, mit denen eine noch weitaus größere Investitionssumme von etwa 315 Mrd. Euro bis Mitte 2018 mobilisiert werden soll. Von der Gesamtsumme entfallen allerdings planungsgemäß nur 21 % – also rund 66 Mrd. Euro – auf den Energiesektor.285 Die aufgezeigten Größenordnungen machen deutlich, dass selbst bei denkbar günstigster Entwicklung der durch den EFSI generierten Investitionen, weiterhin erhebliche Finanzierungslücken beim Ausbau der europäischen Energie-Infrastrukturen bestehen blieben. Der EFSI muss daher als zwar gutes und wichtiges Mittel verstanden werden, um Investitionen in Schlüsselbereichen der Union anzukurbeln, er wird aber allein nicht ausreichen, den tatsächlichen Kapitalbedarf im Infrastrukturbereich zu decken. (3) Vorübergehende Regulierungsfreistellung bei der Errichtung grenzüberschreitender Energienetze (a) Ziel Eine weitere, wenngleich anders gelagerte Möglichkeit zur Förderung von Investitionen stellen Vorschriften dar, die Regulierungsfreistellungen für grenzüberschreitende Energie-Infrastrukturprojekte vorsehen.286 Sie ermöglichen es der jeweils zuständigen nationalen Regulierungsbehörde, im Rahmen der Errichtung von „Verbindungsleitungen“287 die Anwendung verschiedener Regulierungsvorschriften vorübergehend nicht anzuwenden.288 283

Vgl. Verordnung (EU) 2015/1017. Vgl. Verordnung (EU) 2015/1017, Erwägungsgrund Nr. 13. 285 Vgl. Factsheet der EU-Kommission zum Juncker-Plan, abrufbar unter: https://ec.europa. eu/commission/sites/beta-political/files/juncker-plan-factsheet-july2018_de.pdf. 286 Für den Gasbereich s. Art. 36 Richtlinie 2009/73/EG, geändert durch Richtlinie (EU) 2019 /962 (i. F.: Gasbinnenmarkt-Richtlinie 2019) sowie für den Elektrizitätsbereich Art. 63 der Verordnung (EU) 2019/943 des EP u. des Rates v. 05. 06. 2019 über den Elektrizitätsbinnenmarkt (i. F.: Verordnung (EU) Nr. 2019/943). 287 Die Legaldefinition in Art. 2 Nr. 17 Gasbinnenmarkt-Richtlinie 2019 beschreibt „Verbindungsleitungen“ als eine Fernleitung, die eine Grenze zwischen Mitgliedstaaten quert oder überspannt und dem Zweck dient, die nationalen Fernleitungsnetze dieser Mitgliedstaaten zu 284

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Die genannten Freistellungsmöglichkeiten verfolgen erklärtermaßen das Ziel, Investitionen in neue Großinfrastrukturen zu fördern,289 indem durch die o.g. Ausnahmen dem besonderen Risikoprofil von Großinfrastrukturvorhaben entsprochen, Sicherheit geschaffen und der Anreiz – in Form von Renditen – für entsprechende Investitionen nicht „wegreguliert“ wird.290 Insgesamt lässt sich also das Ziel der Freistellungsvorschriften aus Art. 36 Gasbinnenmarkt-Richtlinie 2019 und Art. 63 Verordnung (EU) 2019/943 damit zusammenfassen, dass für notwendige aber gleichzeitig sehr kapitalintensive Infrastrukturinvestitionen, die ohne eine Befreiung nach Art. 36 Abs. 1 Gasbinnenmarkt-Richtlinie 2019 bzw. Art. 63 Abs. 1 Verordnung (EU) 2019/943 nicht getätigt würden, ein günstigeres Investitionsklima geschaffen werden soll.291 (b) Verfahren Über die vorübergehende Freistellung von der Regulierung entscheidet bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen292 die jeweilige nationale Regulieverbinden, oder eine Fernleitung zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittland bis zum Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder dem Küstenmeer dieses Mitgliedstaats. Für den Elektrizitätsbereich beschreibt Art. 2 Nr. 1 Verordnung (EU) 2019/943 eine „Verbindungsleitung“ als eine Übertragungsleitung, die eine Grenze zwischen Mitgliedstaaten überquert oder überspannt und die nationalen Übertragungsnetze der Mitgliedstaaten verbindet. 288 Für den Gasbereich handelt es sich um die Vorschriften aus Art. 9, Art. 32, Art. 33 und Art. 34 sowie Art. 41 Abs. 6, 8 und 10 der Gasbinnenmarkt-Richtlinie 2019. Im Elektrizitätsbereich befreit eine Ausnahmegenehmigung nach Art. 63 Abs. 1 Verordnung (EU) 2019/ 943 von den Vorgaben des Art. 19 Abs. 2 und 3 Verordnung (EU) 2019/943 und der Art. 6, Art. 43, Art. 59 Abs. 7 und Art. 60 Abs. 1 Richtlinie (EU) 2019/944. 289 Vgl. Gasbinnenmarkt-Richtlinie 2019, Erwägungsgrund Nr. 35 sowie Verordnung (EU) 2019/943, Erwägungsgrund Nr. 66. 290 I. d. S. auch Koenig/Kühling/Rasbach, Energierecht, Kapitel 3, Rn. 120. 291 Vgl. dazu Art. 36 Abs. 1 lit. b Gasbinnenmarkt-Richtlinie 2019 bzw. Art. 63 Abs. 1 lit. b Verordnung (EU) 2019/943. 292 Um eine Ausnahme nach Art. 36 Abs. 1 Gasbinnenmarkt-Richtlinie 2019 genehmigen zu können, müssen der Wettbewerb bei der Gasversorgung und die Versorgungssicherheit verbessert werden (lit. a), das mit der Investition verbundene Risiko muss so hoch sein, dass die Investition ohne eine Ausnahmegenehmigung nicht getätigt würde (lit. b), die Infrastruktur muss Eigentum einer natürlichen oder juristischen Person sein, die zumindest der Rechtsform nach von den Netzbetreibern getrennt ist, in deren Netzen die Infrastruktur geschaffen wird (lit. c), von den Nutzern der fraglichen Infrastruktur müssen Gebühren erhoben werden (lit. d) und die Ausnahme darf sich nicht nachteilig auf den Wettbewerb auf den jeweiligen Märkten, die wahrscheinlich von der Investition betroffen sein werden, auf das effiziente Funktionieren des Erdgasbinnenmarktes, auf das effiziente Funktionieren der betroffenen regulierten Netze oder auf die Erdgasversorgungssicherheit der Union auswirken (lit. e). I. W. gelten die o.g. Voraussetzungen auch für den Elektrizitätsbereich, vgl. Art. 63 Abs. 1 Verordnung (EU) 2019/ 943. Als Voraussetzung hinzu tritt lediglich, dass seit der teilweisen Marktöffnung gem. Art. 19 Richtlinie 96/92/EG des EP u. des Rates v. 19. 12. 1996 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt, Abl. EG 1997, Nr. L-27/20 (i. F.: Richtlinie 96/92/EG) keine Anteile der Kapital- oder Betriebskosten der Verbindungsleitung über irgendeine Komponente der Entgelte für die Nutzung der Übertragungs- oder Verteilernetze, die durch diese Verbin-

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rungsbehörde.293 Um auszuschließen, dass eine nationale Regulierungsbehörde einem Unternehmen aus dem gleichen Mitgliedstaat nur deshalb eine Freistellung erteilt, um dem entsprechenden Infrastrukturbetreiber einen Vorteil im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern zu verschaffen, verfügt die EU-Kommission über die Kompetenz, die Entscheidung der nationalen Regulierungsbehörde vollständig zu überprüfen und – falls nötig – im Rahmen eines ihr zustehenden Vetorechts „die Änderung oder den Widerruf der Entscheidung über die Gewährung der Ausnahme“294 zu verlangen.295 Die entsprechende Regulierungsbehörde „kommt dem Beschluss der Kommission (…) innerhalb von einem Monat nach“296. (c) Bewertung und Kritik Vollkommen zutreffend hat der EU-Gesetzgeber auch bei der Verabschiedung der oben beschriebenen Freistellungsvorschriften die Notwendigkeit erkannt, gerade im Hinblick auf erforderliche und zugleich kapitalintensive Großinfrastrukturprojekte eine Verbesserung des Investitionsklimas herbeiführen zu müssen. Diesen Zweck fördern die beschriebenen Vorschriften. Gleichwohl sind sie allein nicht ausreichend, um Kapital in der erforderlichen Größenordnung für Erhalt, Modernisierung und Ausbau der europäischen Energienetze zu akquirieren. Das zeigt sich nicht zuletzt auch daran, dass seit Erlass der beschriebenen Vorschriften im Jahre 2009 der Finanzierungsbedarf im Infrastruktursektor nicht derart durch europäisches Kapital gedeckt werden konnte, als dass heute für den Zufluss drittstaatlicher Finanzmittel kein gesteigerter Bedarf mehr bestünde. ff) Zusammenfassung zu bestehenden Regelungen auf Ebene des EU-Rechts und Zwischenergebnis Wie gezeigt, kommen zwar sowohl Art. 64 als auch Art. 66 AEUV grundsätzlich als Rechtsgrundlage für neue, den freien Kapitalverkehr regelnde Vorschriften infrage. Während aber Art. 66 AEUV schon tatbestandlich ausschließlich an das Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion anknüpft und nur auf diesem Gebiet und nur zur Abwehr schwerwiegender Störungen zum Erlass entsprechender Schutzmaßnahmen mit einer maximalen Geltungsdauer von sechs Monaten erdungsleitung miteinander verbunden werden, gedeckt worden sein dürfen, vgl. Art. 63 Abs. 1 lit. e Verordnung (EU) 2019/943. 293 Vgl. Art. 36 Abs. 3 Gasbinnenmarkt-Richtlinie 2009 bzw. Art. 63 Abs. 4 Verordnung (EU) 2019/943. 294 Art. 36 Abs. 9 der Gasbinnenmarkt-Richtlinie 2019 bzw. Art. 63 Abs. 8 Verordnung (EU) 2019/943. 295 I. S. eines Vetorechtes auch: Britz, EuR 2006, 46, 65. 296 Art. 36 Abs. 9 UAbs. 3 Gasbinnenmarkt-Richtlinie 2019 bzw. Art. 63 Abs. 8 UAbs. 3 Verordnung (EU) 2019/943.

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mächtigt, erlaubt zumindest Art. 64 Abs. 3 AEUV tatsächlich den Erlass von Maßnahmen, die die Kapitalverkehrsfreiheit einschränken. Hierzu bedarf es allerdings eines möglicherweise politisch lähmenden bzw. kaum zu erreichenden einstimmigen Ratsbeschlusses, der die Zweckmäßigkeit der Regelungsmöglichkeiten nach Art. 64 Abs. 3 AEUV deutlich schmälert und daher als Basis für effektive Regelungsinstrumente nur bedingt taugt.297 Weiterhin kommt eine Investitionssteuerung über das europäische Kartellrecht in Form des Kartellverbotes aus Art. 101 AEUV, des Missbrauchsverbotes aus Art. 102 AEUV sowie der Fusionskontrollverordnung infrage. Das EU-Kartellrecht zielt – wie gezeigt – mit seiner spezifisch ökonomischen Ausrichtung allerdings vorwiegend auf den Schutz des innergemeinschaftlichen Wettbewerbs und kann damit ebenfalls nur eingeschränkt als taugliches Instrument zum Schutz vor drittstaatlichen Investitionen in Kritische Infrastrukturen gesehen werden. Die im April 2019 in Kraft getretene europäische EU-Screening-VO erreicht zwar eine bessere Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Hinblick auf drittstaatliche Investitionen und weist damit in die richtige Richtung. Letztlich verbleibt aber die Kompetenz über die Genehmigung oder Nichtgenehmigung einer Investition selbst dann auf mitgliedstaatlicher Ebene und regelmäßig in den Händen einer politischen Instanz, wenn durch die Investition die Sicherheit oder öffentliche Ordnung weiterer Mitgliedstaaten neben dem Zielstaat der Investition bedroht ist. Und auch die europäischen Bemühungen um eine Förderung von Investitionen innerhalb der Union, etwa durch die Fazilität „Connecting Europe“ oder den Europäischen Fonds für strategische Investitionen, konnten zumindest bislang weder jeweils für sich noch gemeinsam den Bedarf nach drittstaatlichem Kapital in wesentlichem Umfang decken. Das gilt ebenfalls für die im europäischen Sekundärrecht enthaltenen vorübergehenden Freistellungen von Regulierungsanforderungen bei der Errichtung grenzüberschreitender Energienetze. Im Ergebnis bieten somit weder die Art. 64 und Art. 66 AEUV, das EU-Kartellrecht noch die EU-Screening-VO ausreichend leistungsfähige Mechanismen zur Kontrolle und Notfalls zur Abwehr von strategisch motivierten Investitionen aus Drittstaaten. Ebenso hat sich gezeigt, dass Mechanismen zur Investitionsförderung zwar einen Beitrag zur Bedarfssenkung in Bezug auf drittstaatliches Kapital leisten können, dass sie aber allein nicht ausreichend sind, um das bestehende Investitionsdefizit speziell im Infrastruktursektor so weit zu senken, dass an drittstaatliche Investitionen nur noch geringer oder sogar kein Bedarf mehr besteht.

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I. d. S. auch Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen, S. 51.

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2. Sektorspezifische Regelungen – Die sogenannte „Gazprom-Klausel“ Neben den bereits dargestellten sektorübergreifenden Regelungen bestehen freilich schon seit der Umsetzung des Dritten EU-Energie-Binnenmarktpaketes298 spezielle, auf den Energiesektor zugeschnittene, Rahmenvorgaben zum Umgang mit drittstaatlichen Investitionen in kritische Energie-Infrastrukturen und insbesondere in die europäischen Stromübertragungs- bzw. Gasfernleitungsnetze. a) Vom Dritten EU-Energie-Binnenmarktpaket299 zum „Winterpaket“ 2019 Zeitgleich zu den Verhandlungen über die Inhalte des Dritten EU-Energie-Binnenmarktpaketes veröffentlichte die EU-Kommission 2008 ihre Mitteilung über ein gemeinsames europäisches Vorgehen gegenüber Staatsfonds300, in der sie ihre Bestrebungen versicherte, ohne weitere einschneidende Befugnisse drittstaatliche und durch Staatsfonds kontrollierte Investitionen in den EU-Binnenmarkt ausschließlich durch weiche und größtenteils völkerrechtliche Mechanismen kontrollieren und steuern zu wollen.301 Dennoch betonte der Unionsgesetzgeber in den Erwägungsgründen zu den Richtlinien 2009/72/EG bzw. 2009/73/EG die besondere Wichtigkeit des Energiesektors als Schlüsselindustrie der Union und rechtfertigt mit der akzentuierten Hervorhebung der wichtigen Rolle, die Stromübertragungs- und Gas-Fernleitungsnetze in diesem Zusammenhang – gewissermaßen als „backbone“302 der Versorgungssicherheit – innehaben, den Bedarf zusätzlicher Schutzmaßnahmen, die der Aufrechterhaltung der europäischen Energieversorgungssicherheit zu dienen und einer Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit entgegenzuwirken bestimmt sind.303 In diesem Sinne hatte der Unionsgesetzgeber jeweils in den Art. 9 ff. 298 Vgl. Richtlinie 2009/72/EG; Richtlinie 2009/73/EG; Verordnung (EG) Nr. 713/2009 des EP u. des Rates v. 13. 07. 2009 zur Gründung einer Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden, Abl. EU 2009, Nr. L-211/1 (i. F.: Verordnung (EG) Nr. 713/ 2009); Verordnung (EG) Nr. 714/2009; Verordnung (EG) Nr. 715/2009 des EP u. des Rates v. 13. 07. 2009 über die Bedingungen für den Zugang zu den Erdgasfernleitungsnetzen, Abl. EU 2009, Nr. L-211/36. 299 Vgl. zum Erwerb von Transportnetzen, zur Zertifizierung von Transportnetzbetreibern und speziell zur „Gazprom-Klausel“ ausführlich: Kohm, Auslandserwerb von Transportnetzen, S. 25 ff. 300 Vgl. Fn. 10. 301 Vgl. Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen, S. 71. 302 Schmidt-Preuß, Kapitel 96: Die Kontrolle des Verkaufs bzw. des Erwerbs von Netzen, in: Baur/Salje/Schmidt-Preuß (Hrsg.), Regulierung in der Energiewirtschaft, Rn. 6 303 Zu den Ausführungen des Unionsgesetzgebers zum Schutz des Elektrizitätsbinnenmarktes und des Stromübertragungsnetzes vgl. Richtlinie 2009/72/EG, Erwägungsgrund Nr. 25 sowie zum Schutz des Erdgasmarktes und des Fernleitungsnetzes vgl. Richtlinie 2009/73/EG, Erwägungsgrund Nr. 22.

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der Richtlinien 2009/72/EG bzw. der Richtlinie 2009/73/EG besondere Regelungen für die Betreiber bzw. Eigentümer von Übertragungs- sowie Fernleitungsnetzen vorgesehen, die sich jedoch – insbesondere mit Blick auf Art. 11 der Richtlinie – zwar als überwiegend „weiche“, jedoch nicht als „größtenteils völkerrechtliche“ Mechanismen zutreffend beschreiben liessen. Während sich Art. 9 Richtlinie 2009/ 72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG mit den durch alle Netzbetreiber allgemein einzuhaltenden Entflechtungsregelungen beschäftigte, enthielt Art. 10 Vorschriften zum Verfahren sowie zu den einzuhaltenden Voraussetzungen für die Benennung und Zertifizierung von Netzbetreibern. Art. 10 Abs. 2 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG verlangte hierzu insbesondere die Erfüllung aller Entflechtungsvorschriften des Art. 9 der jeweils einschlägigen Richtlinie. Während die Art. 9 und 10 der Richtlinien allgemeine Geltung entfalteten und auf jeden Netzbetreiber ohne Rücksicht auf seine Herkunft angewendet werden konnten, richtete sich Art. 11 gezielt und exklusiv an Netzeigentümer bzw. -betreiber aus nicht-europäischen Drittstaaten304. Inhaltlich bezog sich die sogenannte „Drittstaatenklausel“305 aus Art. 11 aber nicht ausschließlich auf staatlich gelenkte oder hoheitlich kontrollierte Investitionen – wie etwa durch Staatsfonds oder -unternehmen –, sondern auf drittstaatliche Investoren gleich welcher Eigentümerstruktur oder Organisationsform.306 Durch das Clean-Energy-Legislativpaket der Union von 2018/2019 (sogenanntes „Winterpaket“) wurden dann die beschriebenen Regelungen für die Zertifizierung von Übertragungsnetzbetreibern im Strombereich aus der ElektrizitätsbinnenmarktRichtlinie 2009/72/EG sowie der Erdgasbinnenmarkt-Richtlinie 2009/72/EG im Wesentlichen unverändert in Art. 53 der Richtlinie (EU) 2019/944 überführt. Dabei ist zwar in Art. 53 der Richtlinie (EU) 2019/944 nur von „Übertragungsnetzbetreibern“ die Rede. Allerdings stellt Art. 43 Abs. 3 der Richtlinie (EU) 2019/944 klar, dass „die Begriffe ,Übertragungsnetzbetreiber‘ und ,Übertragungsnetz‘ auch ,Fernleitungsnetzbetreiber‘ und ,Fernleitungsnetz‘“ einschließen.

b) Zielsetzung des Zertifizierungserfordernisses für Drittstaaten Zunächst Ausgehend von einem durch „natürliche (Netz-)Monopole“307 und staatliche Akteure dominierten, europäischen Energiemarkt und geleitet von der Erkenntnis, dass sich verschiedene Infrastrukturen wegen der mit ihrer Errichtung verbundenen Einschnitte in die Natur sowie einem unvertretbaren Bedarf an Raum und finanziellen Mitteln nicht parallel zur bereits vorhandenen Infrastruktur (öko304

Vgl. Stamm – § 4b EnWG, Rn. 4. Insb. im Zusammenhang mit Gas-Fernleitungsnetzen ist häufig auch die Rede von der sogenannten „Gazprom-Klausel“. 306 Vgl. Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen, S. 71. 307 Bettzüge/Kesting, Grundlagen der Regulierung von Energienetzen, in: Regulierung in der Energiewirtschaft, Rn. 7 ff. 305

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nomisch sinnvoll) errichten lassen, hat sich schon seit den 1970er Jahren immer mehr die Idee eines Wettbewerbs „in“308 den Netzen gegen die Idee eines Wettbewerbs „um“ bzw. „zwischen“309 den Netzen durchgesetzt. Zur Ermöglichung eines funktionierenden Marktes und um die Liberalisierung des Energiesektors (weiter)310 voranzubringen, sollten durch das Dritte EU-Energie-Binnenmarktpaket die vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen (EVU) entflochten und der diskriminierungsfreie Zugang für Dritte311 gewährleistet werden. Ganz nebenbei sollte durch effektives unbundling ein positives Umfeld für dringend notwendige Investitionen in die Energienetze geschaffen werden.312 Im Sinne einer möglichst wirkungsvollen Entflechtung von Übertragungs- und Fernleitungsnetzen sprach sich die EU-Kommission in den Verhandlungen zum Dritten EU-Energie-Binnenmarktpaket und im Rahmen ihres Richtlinienvorschlages313 zunächst ausschließlich für eine umfassende eigentumsrechtliche Entflechtung314 aus, konnte sich aber mit ihrer Forderung letztlich nicht gegen den Standpunkt des Rates315 durchsetzen. So sah die schließlich verabschiedete Fassung des Dritten EU-Energie-Binnenmarktpaketes neben der Möglichkeit einer eigentumsrechtlichen Entflechtung auch die Variante vor, sich – freilich in den zusätzlichen Grenzen des 308

M. w. N. Pielow, Energierecht, § 23, in: Öffentliches Wirtschaftsrecht, Rn. 28. M. w. N. Pielow, Energierecht, § 23, in: Öffentliches Wirtschaftsrecht, Rn. 28. 310 Erste Schritte zu einer Liberalisierung des Energiemarktes sind durch den Unionsgesetzgeber bereits mit dem Ersten EU-Energie-Binnenmarktpaket durch die Richtlinie 96/92/EG sowie Richtlinie 98/30/EG des EP u. des Rates v. 22. 06. 1998 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt, Abl. EG 1998, Nr. L-204/1 unternommen und im Rahmen des Zweiten EU-Energie-Binnenmarktpaketes durch Richtlinie 2003/54/EG sowie Richtlinie 2003/55/EG fortgesetzt worden, vgl. v. Koppenfels, Mehr Wettbewerb durch wirksame Entflechtung der Strom- und Gasversorgungsnetze, in: Dratwa/Ebers/Pohl/Spiegel/al. (Hrsg.), Energiewirtschaft in Europa, S. 79 f. 311 Sogenannter „Third Party Access“ (TPA). 312 Vgl. dazu v. Koppenfels, Mehr Wettbewerb durch wirksame Entflechtung der Strom- und Gasversorgungsnetze, in: Dratwa/Ebers/Pohl/Spiegel/al. (Hrsg.), Energiewirtschaft in Europa, S. 77. 313 Vgl. Europäische Kommission – Vorschlag für eine Richtlinie über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt v. 19. 09. 2007, COM(2007) 528 final (i. F.: Vorschlag COM(2007) 528 final) und Europäische Kommission – Vorschlag für eine Richtlinie über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt v. 19. 09. 2007, COM(2007) 529 final (i. F.: Vorschlag COM(2007) 529 final). 314 Das sogenannte „Ownership Unbundling“ sieht vor, dass keine natürliche oder juristische Person neben der Kontrolle über eine Transportnetzgesellschaft gleichzeitig auch die Kontrolle über ein Unternehmen auf den Gebieten der Gewinnung, des Vertriebs sowie der Erzeugung von Energie innehaben darf, vgl. Koenig/Kühling/Rasbach, Energierecht, Kapitel 5, Rn. 95. 315 Vgl. Gemeinsamer Standpunkt v. EP u. Rat v. 09. 01. 2009 im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des EP u. des Rates über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt, Abl. EU 2009, Nr. C-70 E/1 und Gemeinsamer Standpunkt v. EP u. Rat v. 09. 01. 2009 im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des EP u. des Rates über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt, Abl. EU 2009, Nr. C-70 E/37. 309

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Art. 43 Abs. 7 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 9 Abs. 8 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG316) – für ein unbundling nach dem sogenannten ISO-317 bzw. ITO-Modell318 zu entscheiden. Diese beiden Entflechtungsmodelle verlangen zwar im Gegensatz zum ownership unbundling keine eigentumsrechtliche Herauslösung des Netzes aus dem vertikal integrierten EVU, stellen aber auf andere Weise den vom Netzeigentümer unabhängigen Netzbetrieb sicher.319 Um die Einhaltung der einschlägigen Unbundling-Vorschriften gewährleisten zu können sowie die erzielten Liberalisierungserfolge abzusichern, wird im Rahmen des allgemeinen und für jeden Netzbetreiber obligatorischen Zertifizierungsverfahren nach Art. 52 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 10 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG) jeder Transportnetzbetreiber vor Aufnahme des Betriebs auf die Einhaltung der Entflechtungsregelungen aus Art. 43 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 9 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG) überprüft. Die dargestellten Formen der Entflechtung von vertikal integrierten EVU haben freilich das Ziel, den Energiemarkt weiter zu liberalisieren sowie ein positives Investitionsklima zu schaffen, erreicht.320 Neben zahlreichen neuen Marktakteuren und nachhaltigen sowie transparenten Investoren hat die Liberalisierung des Energiemarktes aber auch für Investoren mit weniger durchschaubaren Absichten ein neues Handlunsgfeld eröffnet. Um den potenziell hierdurch entstehenden Gefahren für die europäische Energieversorgungssicherheit etwas entgegensetzen und die erzielten Liberalisierungserfolge gegen eine Umgehung der dargestellten Entflechtungsvorschriften – insbesondere durch drittstaatliche Netzeigentümer – verteidigen zu können, hat sich der Unionsgesetzgeber dafür entschieden, mit Art. 53 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG) dem allgemeinen Zertifizierungsverfahren nach Art. 52 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 10 Richtlinie 2009/ 316 Vgl. Art. 43 Abs. 7 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 9 Abs. 8 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG) beschränken die Möglichkeit einer Entflechtung nach dem ITOModell auf Fälle, in denen dem vertikal integrierten Unternehmen das Übertragungs- bzw. Fernleitungsnetz am 03. 09. 2009 gehört. 317 Im Falle des ISO-Modells wird etwa das entsprechende Netz durch einen staatlicherseits eingesetzten und gesellschaftsrechtlich vom Netzeigentümer getrennten Independent System Operator betrieben und so ein unabhängiger Netzbetrieb gewährleistet. Ausführlich zum ISOModell: Koenig/Kühling/Rasbach, Energierecht, Kapitel 5, Rn. 109 ff. 318 Im Falle des ITO-Modells verbleibt das Eigentum am Netz beim EVU. Anders als bei der Einsetzung eines unabhängigen Systembetreibers, darf aber beim ITO-Modell der unabhängige Transportnetzbetreiber Teil des EVU bleiben, wenngleich er sich bei der Ausübung des Netzbetriebs strengen Regelungen unterwerfen muss, die die Unabhängigkeit des Transportnetzgeschäfts gewährleisten. Ausführlich zum ITO-Modell: Koenig/Kühling/Rasbach, Energierecht, Kapitel 5, Rn. 114 ff. 319 Vgl. Fn. 317 und Fn. 318. 320 Vgl. v. Koppenfels, Mehr Wettbewerb durch wirksame Entflechtung der Strom- und Gasversorgungsnetze, in: Dratwa/Ebers/Pohl/Spiegel/al. (Hrsg.), Energiewirtschaft in Europa, S. 84.

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72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG) einen zusätzlichen Schutzmechanismus zur Seite zu stellen, mit dessen Hilfe im Falle von drittstaatlichen Netzeigentümern bzw. -betreibern neben der Einhaltung der in Art. 43 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 9 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG) geregelten Unbundling-Vorschriften321 im Zuge eines Zertifizierungsverfahrens auch die Auswirkungen einer Zertifizierung auf die Energieversorgungssicherheit des Mitgliedstaats und die Gemeinschaft322 überprüft werden können.323 c) Ursprünglicher Kommissionsvorschlag und Entwicklungsgeschichte Die ursprünglichen Vorschläge der Kommission für das Dritte Energiepaket haben sowohl für den Elektrizitäts- wie auch für den Gasbereich324 im Verlauf des Gesetzgebungsprozesses zahlreiche und teils erhebliche Änderungen erfahren. Neben dem bereits dargestellten (und im Ergebnis fruchtlosen) Ruf der Kommission nach einer Entflechtung ausschließlich nach dem Modell des ownership unbundlings325, waren auch die Vorschriften zum Umgang mit drittstaatlichen Übertragungsund Fernleitungsnetzeigentümern bzw. -betreibern sowohl dem Inhalt als auch der verfahrenstechnischen Ausgestaltung nach Gegenstand von mitunter heftigen Diskussionen. Zwar musste feststehen, dass ein besonderes Regelungsregime für Netzeigentümer bzw. -betreiber aus Drittstaaten eine Einschränkung für den Freihandel auf dem Europäischen Binnenmarkt bedeuten würde. Unklar blieb aber bisweilen, inwieweit die europäischen Gesetzgebungsinstanzen bereit sein würden, Einschränkungen auf dem Gebiet des Freihandels in Kauf zu nehmen, um im Gegenzug einen Gewinn bei der Energieversorgungssicherheit zu erreichen. aa) Inhaltliche Ausgestaltung des Kommissionsvorschlags Der Vorschlag der EU-Kommission zur Frage des Umgangs mit drittstaatlichen Eigentümern/Betreibern von Übertragungs-/Fernleitungsnetzen schloss in Art. 8a Abs. 1 Vorschlag COM(2007) 528 final bzw. Art. 7a Abs. 1 Vorschlag COM(2007) 529 final326 den Kontrollerwerb327 bzgl. eines Übertragungs-/Fernleitungsnetzes für

321 Vgl. Art. 53 Abs. 3 lit. a Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Abs. 3 lit. a Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG). 322 Vgl. Art. 53 Abs. 3 lit. b Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Abs. 3 lit. b Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG). 323 Vgl. zu den durch die Drittstaatenklausel verfolgten Zielsetzungen auch: Lecheler/ Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen, S. 71. 324 Vgl. Fn. 313. 325 S. Fn. 314. 326 Vgl. Fn. 313.

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eine oder mehrere Personen aus Drittländern zunächst strikt aus. Der Inhalt des Richtlinienvorschlages lässt deshalb vermuten, dass sich die Kommission an dieser Stelle zugunsten der Versorgungssicherheit positionieren und das dargestellte Spannungsverhältnis zwischen Freihandel und Versorgungssicherheit zulasten des Freihandels auflösen wollte.328 Eine Ausnahme vom grundsätzlichen Kontrollverbot des jeweils einschlägigen Abs. 1 wäre lediglich in den engen Grenzen des Art. 8a Abs. 2 Vorschlag COM(2007) 528 final bzw. des Art. 7a Abs. 2 der Vorschlag COM(2007) 529 final und damit ausschließlich im Rahmen einer völkerrechtlichen Vereinbarung zwischen der Gemeinschaft und dem betroffenen Drittstaat möglich gewesen. Außerdem erforderlich für die Zertifizierung war der Nachweis durch den Netzeigentümer/-betreiber, dass sowohl eine mittelbare als auch eine unmittelbare Einflussnahme durch den Drittstaat auf den Netzeigentümer/-betreiber ausgeschlossen wäre.329 Die Überprüfung der dargestellten Voraussetzungen sollte dann eingebettet in ein Zertifizierungsverfahren unter Beteiligung zunächst der Regulierungsbehörden und dann der EU-Kommission stattfinden. bb) Die verfahrenstechnische Ausgestaltung des Kommissionsvorschlags (Art. 8b Vorschlag COM(2007) 528 final bzw. Art. 7b Vorschlag COM(2007) 529 final) Nach Ablauf und Struktur bzw. der Aufgaben- und Kompetenzverteilung zwischen Regulierungsbehörde und Kommission war der Richtlinienentwurf zur Zertifizierung von drittstaatlichen Netzeigentümern/-betreibern eng an das Aufsichtsverfahren im EU-Beihilferecht330 angelehnt und machte die Kommission zum zentralen Akteur des Entscheidungsprozesses.331

327 Den Maßstab für die Beantwortung der Frage, wann ein Netzeigentümer bzw. -betreiber unter der Kontrolle von Personen aus Drittstaaten steht, bildet Art. 3 Abs. 2 der FKVO (vgl. Fn. 155). Maßgeblich ist demnach nicht ausschließlich die prozentuale Höhe einer Beteiligung am fraglichen Unternehmen, sondern vielmehr alle „(…) Rechte, Verträge oder andere Mittel, (…) die einzeln oder zusammen unter Berücksichtigung aller tatsächlichen oder rechtlichen Umstände die Möglichkeit gewähren, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit eines Unternehmens auszuüben (…)“. 328 S. auch Vorschlag COM(2007) 528 final bzw. Vorschlag COM(2007) 529 final, jeweils Erwägungsgrund Nr. 14; dazu auch: Schmidt-Preuß, RdE 2007, 281, 284 f. 329 Art. 8b Abs. 2 Vorschlag COM(2007) 528 final bzw. Art. 7b Abs. 2 Vorschlag COM(2007) 529 final. 330 Ausführlich zum beihilferechtlichen Aufsichtsverfahren und m. w. N.: Cremer, in: Calliess/Ruffert – Art. 108 AEUV, Rn. 8 ff. 331 So auch: Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen, S. 78.

I. Bestehende Rahmenvorgaben

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(1) Entscheidungskompetenzen auf mitgliedstaatlicher Ebene Über den Antrag eines Netzeigentümers/-betreibers sollte zunächst auf mitgliedstaatlicher Ebene die nationale Regulierungsbehörde entscheiden. Sie sollte – neben der Einhaltung der Entflechtungsvorgaben – bei ihrem Entschluss insbesondere überprüfen, wer ganz generell und ob ggf. eine oder mehrere Personen aus einem Drittstaat die Kontrolle332 über einen Netzeigentümer/-betreiber ausüben.333 Kam die Regulierungsbehörde zu dem Ergebnis, die Kontrolle komme einer oder mehreren Personen aus einem Drittstaat zu, so war die Zertifizierung grundsätzlich zu versagen. Zu einem anderen Ergebnis durfte die Regulierungsbehörde nur dann gelangen, wenn entweder zwischen dem fraglichen Drittstaat und der Gemeinschaft ein völkerrechtliches Abkommen bestand, das eine Ausnahme von Art. 8a Abs. 1 Vorschlag COM(2007) 528 final bzw. Art. 7a Abs. 1 Vorschlag COM(2007) 529 final vorsah,334 oder aber der drittstaatliche Netzeigentümer/-betreiber nachweisen konnte, dass eine direkte oder indirekte Einflussnahme auf die fragliche Rechtsperson durch ein im Bereich der Strom-/Gasgewinnung bzw. Strom-/Gasversorgung tätiges Unternehmen aus einem Drittstaat oder sogar durch den Drittstaat selbst ausgeschlossen war.335 (2) Entscheidungskompetenzen auf EU-Ebene Nachdem eine nationale Entscheidung getroffen wurde, sollte sie zunächst zusammen mit allen relevanten und den Entschluss betreffenden Informationen zur Prüfung der EU-Kommission übermittelt336 und dann innerhalb von zwei Monaten durch die Kommission auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 8 Abs. 1, Art. 8a und Art. 8b Abs. 2 Vorschlag COM(2007) 528 final bzw. Art. 7 Abs. 1, Art. 7a und Art. 7b Abs. 2 Vorschlag COM(2007) 529 final überprüft werden. Hatte sich die Regulierungsbehörde für eine Zertifizierung entschieden, ergaben sich aber für die Kommission Zweifel an der Einhaltung der o.g. Vorschriften, konnte sie ein Verfahren i. S. v. Art. 8b Abs. 7 Vorschlag COM(2007) 528 final bzw. Art. 7b Abs. 7 Vorschlag COM(2007) 529 final einleiten und in einem ersten Schritt die zertifizierende Re-

332

Vgl. Fn. 327. Vgl. Art. 8b Abs. 2 COM(2007) 528 final bzw. Art. 7b Abs. 2 Vorschlag COM(2007) 529 final. 334 Etwa im Rahmen eines völkerrechtlichen Abkommens, das ganz allgemein den Zugang zum EU-Binnenmarkt zugunsten eines bestimmten Drittstaates regelt, vgl. Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen, S. 78. 335 Vgl. Art. 8b Abs. 2 COM(2007) 528 final bzw. Art. 7b Abs. 2 Vorschlag COM(2007) 529 final. 336 Vgl. Art. 8b Abs. 6 und Abs. 7 Vorschlag COM(2007) 528 final bzw. Art. 7b Abs. 6 und Abs. 7 Vorschlag COM(2007) 529 final. 333

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C. Der Schutz vor drittstaatlichen Direktinvestitionen

gulierungsbehörde zu einer Stellungnahme sowie zur Beibringung zusätzlicher Informationen auffordern.337 Innerhalb weiterer vier Monate sollte die Kommission endgültig darüber entscheiden, ob ein Verstoß gegen die fraglichen Vorschriften vorlag, und ggf. die mitgliedstaatliche Zertifizierungsentscheidung revidieren, indem sie die nationale Regulierungsbehörde aufforderte, den Inhalt der Zertifizierung zu ändern oder sogar vollständig zu widerrufen.338 Der Aufforderung der Kommission hatte die Regulierungsbehörde innerhalb von vier Wochen nachzukommen und die Kommission von der Umsetzung der Entscheidung in Kenntnis zu setzen.339 Die endgültige Zertifizierungsentscheidung lag somit auf europäischer Ebene und in Händen der Kommission. cc) „Entschärfung“ des Kommissionsvorschlags Das im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens beteiligte Europäische Parlament entschloss sich in erster Lesung340, den weitreichenden Vorschlag der Kommission ohne substanzielle inhaltliche Kritik oder Änderungen341 anzunehmen.

337 Vgl. Art. 8b Abs. 7 Vorschlag COM(2007) 528 final bzw. Art. 7b Abs. 7 Vorschlag COM(2007) 529 final. 338 Vgl. Art. 8b Abs. 8 Vorschlag COM(2007) 528 final bzw. Art. 7b Abs. 8 Vorschlag COM(2007) 529 final; an dieser Stelle des Kommissionsentwurfes und an der Tatsache, dass der Entwurf der Kommission faktisch ein letztinstanzliches Revisionsrecht einräumt, wird wohl am eindrücklichsten der Unterschied zur Kompetenzverteilung zwischen Regulierungsbehörde und Kommission im Verhältnis zur letztlich in Kraft getretenen Fassung der Drittstaatenklausel deutlich. 339 Vgl. Art. 8b Abs. 10 Vorschlag COM(2007) 528 final bzw. Art. 7b Abs. 10 Vorschlag COM(2007) 529 final. 340 Vgl. Standpunkt des EP v. 18. 06. 2008, festgelegt in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des EP u. des Rates zur Änderung der Richtlinie 2009/54/EG über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt, P6_TA (2008) 0294 und Standpunkt des EP v. 09. 07. 2008, festgelegt in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des EP u. des Rates zur Änderung der Richtlinie 2009/55/EG über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt, P6_TA (2008) 0347. 341 Die einschlägigen Erwägungsgründe Nr. 14 Vorschlag COM(2007) 528 final bzw. Art. 7b Abs. 10 Vorschlag COM(2007) 529 final (Erwägungsgrund Nr. 19 bzw. Nr. 22 im jeweils einschlägigen Standpunkt des Europäischen Parlaments, vgl. Fn. 340) zum Zusammenhang zwischen Versorgungssicherheit und Übertragungs- bzw. Fernleitungsnetzen erfuhren lediglich kleinste, teils deklaratorische, ihrem Inhalt nach jedenfalls unwesentliche Ergänzungen und blieben im Übrigen unverändert. Die Art. 8a, 8b und 10 Vorschlag COM(2007) 528 final sowie Art. 7b Vorschlag COM(2007) 529 final blieben unverändert, während Art. 7a Abs. 2 Vorschlag COM(2007) 529 final um den Zusatz ergänzt wurde, dass ein mit einem oder mehreren Drittländern geschlossenes Abkommen über einen gemeinsamen Rahmen für Investitionen in den Energiesektor und die Öffnung der Energiemärkte der Drittländer für in der Europäischen Union ansässige Unternehmen, bei dem die Gemeinschaft Vertragspartei ist, eine Ausnahme von Art. 7a Abs. 1 Vorschlag COM(2007) 529 final vorsehen können.

I. Bestehende Rahmenvorgaben

139

Allerdings – und wie schon bei der Frage der vorzugswürdigen Art der Entflechtung mit dem Ziel einer wirksamen Liberalisierung des Energiemarktes – konnte sich die Kommission mit der von ihr präferierten und durch das Parlament im Wesentlichen akzeptierten strengen Version der Drittstaatenklausel gegen die gemeinsamen Standpunkte des Rates342 nicht behaupten, ohne dass der Rat freilich in seiner Begründung343 die Motive für die vorgeschlagenen Änderungen am Kommissionsentwurf und insbesondere zu den Vorschriften der Drittstaatenklausel weiter erläutert hätte.344 Im Ergebnis entspricht die verabschiedete Version der Drittstaatenklauseln praktisch dem gemeinsamen Standpunkt des Rates und sieht nunmehr in Art. 52 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 10 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/ 73/EG) allgemeine Bestimmungen zur Benennung und Zertifizierung von Übertragungs-/Fernleitungsnetzbetreibern und in Art. 53 Richtlinie (EU) 2019/944 (exArt. 11 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG) Vorschriften über die Zertifizierung in Bezug auf Drittstaaten vor. d) Zertifizierungsverfahren nach Art. 53 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG) Wie dargestellt ist im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens praktisch der gesamte Vorschlag der Kommission zum Umgang mit drittstaatlichen Netzbetreibern durch den Rat „auf den Kopf gestellt“ und umfassend umgeschrieben worden. aa) Die Kompetenzverteilung zwischen Kommission und Mitgliedstaaten im Zertifizierungsverfahren nach Art. 53 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG) Zunächst hat insbesondere eine Verschiebung von Kompetenzen zwischen EUKommission und nationalen Regulierungsbehörden stattgefunden. Während ursprünglich eine Kompetenzverteilung nach dem Vorbild des EU-Beihilferechts mit einer zentralen Stellung der EU-Kommission vorgesehen war, verbleibt nunmehr die 342 Vgl. Gemeinsamer Standpunkt v. EP u. Rat v. 09. 01. 2009 im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des EP u. des Rates über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt, Abl. EU 2009, Nr. C-70 E/1 und Gemeinsamer Standpunkt v. EP u. Rat v. 09. 01. 2009 im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des EP u. des Rates über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt, Abl. EU 2009, Nr. C-70 E/37. 343 Begründung des Rates zum gemeinsamen Standpunkt v. EP und Rat v. 09. 01. 2009 im Hinblick auf die Annahme einer Richtlinie des EP u. des Rates über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG, S. 7 und Begründung des Rates zum gemeinsamen Standpunkt v. EP und Rat im Hinblick auf die Annahme einer Richtlinie des EP u. des Rates über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG, S. 6 f. 344 Insoweit zu den Beweggründen des Rates für seinen Standpunkt auch lediglich vermutend: Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen, S. 80.

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C. Der Schutz vor drittstaatlichen Direktinvestitionen

eigentliche Entscheidung über die Zertifizierung eines drittstaatlichen Netzbetreibers in der Zuständigkeit der nationalen Regulierungsbehörden. Gleichzeitig wird der Kommission im Wesentlichen nur noch die Möglichkeit eingeräumt, eine Stellungnahme zu der nationalen Zertifizierungsentscheidung abzugeben, der die Regulierungsbehörde dann zwar „so weit wie möglich“345 Rechnung trägt, deren Inhalt aber für die Regulierungsbehörde keinesfalls bindend wäre.346 Gleichwohl spricht die Tatsache, dass eine vom Inhalt der Stellungnahme durch die Kommission abweichende Entscheidung der Regulierungsbehörde einer gesonderten und zugleich veröffentlichungspflichtigen Begründung bedarf,347 für die gesteigerte Bedeutung, die der Unionsgesetzgeber der Einschätzung der Kommission über eine bloße Berücksichtigung hinaus verleihen wollte.348 Materiell-rechtlicher Prüfgegenstand sowohl für die Zertifizierungsentscheidung der Regulierungsbehörde als auch für die Stellungnahme der Kommission bilden einerseits die Einhaltung der Entflechtungsvorschriften349 für Netze bzw. Netzbetreiber nach Art. 43 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 9 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG)350 und andererseits eine mögliche Gefährdung der Energieversorgungssicherheit des betroffenen Mitgliedstaates sowie der Gemeinschaft.351 bb) Der Ablauf des Zertifizierungsverfahrens nach Art. 53 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG) Ausgangspunkt eines Prüfverfahrens nach Art. 53 Richtlinie (EU) 2019/944 (exArt. 11 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG) ist entweder der Zertifizierungsantrag eines drittstaatlichen Netzeigentümers/-betreibers bei der jewei345

Art. 53 Abs. 8 S. 2 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Abs. 8 S. 2 Richtlinie 2009/72/ EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG). 346 Vgl. Schmidt-Preuß, Kapitel 96: Die Kontrolle des Verkaufs bzw. des Erwerbs von Netzen, in: Baur/Salje/Schmidt-Preuß (Hrsg.), Regulierung in der Energiewirtschaft, Rn. 26; Stamm – § 4b EnWG, Rn. 15. 347 Vgl. Art. 53 Abs. 8 a. E. Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Abs. 8 a. E. Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG). 348 So auch Hendrich, in: Theobald/Danner – § 4b EnWG, Rn. 6. 349 Hinsichtlich der Entflechtungsvorschriften: Für die Regulierungsbehörde Art. 53 Abs. 3 lit. a Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Abs. 3 lit. a Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG), für die Stellungnahme der Kommission Art. 53 Abs. 5 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Abs. 5 lit. a Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG). 350 Ausführlich und m. w. N. zur nationalen Umsetzungsvorschrift zu den Entflechtungsvorschriften (§ 8 EnWG) aus Art. 43 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 9 Richtlinie 2009/72/ EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG) vgl. Hölscher, in: Theobald/Danner – § 8 EnWG. 351 Hinsichtlich einer möglichen Gefährdung der Energieversorgungssicherheit: Für die Regulierungsbehörde Art. 53 Abs. 3 lit. b Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Abs. 3 lit. b Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG), für die Stellungnahme der Kommission Art. 53 Abs. 5 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Abs. 5 lit. b Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG).

I. Bestehende Rahmenvorgaben

141

ligen nationalen Regulierungsbehörde oder aber die Erlangung der Kontrolle über ein Netz bzw. einen Netzbetreiber im Sinne von Art. 3 FKVO352 durch eine Person oder mehrere Personen aus einem oder aus mehreren Drittländern. Über den Eingang eines entsprechenden Antrags bzw. den Kontrollerwerb im o.g. Sinne informiert die Regulierungsbehörde die EU-Kommission.353 Innerhalb von vier Monaten, gemessen am Eingang der Mitteilung des Netzbetreibers, erarbeitet die Regulierungsbehörde (ggf. unter Beteiligung einer „anderen vom Mitgliedstaat benannten zuständigen nationalen Behörde“354 im Hinblick auf alle Fragen der Versorgungssicherheit) einen Entscheidungsentwurf,355 in dem sie die Zertifizierung verweigert, wenn nicht nachgewiesen wird, dass die Entflechtungsvorschriften des Art. 43 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 9 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG) eingehalten und – unter besonderer Beachtung des Art. 53 Abs. 3 lit. b Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Abs. 3 lit. b Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG) – weder die Sicherheit der Energieversorgung des fraglichen Mitgliedstaates noch die Energieversorgungssicherheit der Gemeinschaft durch eine Zertifizierung gefährdet wird.356 Vor Annahme ihrer Entscheidung holt die nationale Regulierungsbehörde bzw. die benannte und für eine solche Entscheidung zuständige nationale Behörde dann eine Stellungnahme der Kommission zu der Frage ein, „ob die betroffene Rechtsperson den Anforderungen des Artikels 43 genügt und eine Gefährdung der Energieversorgungssicherheit der Union durch die Erteilung der Zertifizierung ausgeschlossen ist“357. Die Regulierungsbehörde leitet zu diesem Zweck ihren Entscheidungsentwurf unmittelbar und zusammen mit allen die Entscheidung betreffenden relevanten Informationen der Kommission zu.358 352

Vgl. Fn. 155. Vgl. Art. 53 Abs. 1 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Abs. 1 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG). 354 Art. 53 Abs. 3 lit. b Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Abs. 3 lit. b Richtlinie 2009/ 72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG), in Deutschland zum Beispiel das BMWi. 355 Die Einschätzung, ob eine Gefährdung der Versorgungssicherheit vorliegt, trifft im Rahmen des Zertifizierungsverfahrens bspw. in Deutschland formal die BNetzA als nationale Regulierungsbehörde unter Berücksichtigung der Bewertung des BMWi als „Bestandteil der Entscheidung der Regulierungsbehörde“ gem. § 4b Abs. 2 S. 1 EnWG. Faktisch liegt die Kompetenz einer Entscheidung zur Frage der Versorgungssicherheit schon aufgrund demokratietheoretischer Gesichtspunkte allein beim BMWi und entfaltet für die letztendliche Entscheidung der BNetzA präjudizielle Wirkung, vgl. m. w. N. Schmidt-Preuß, Kapitel 96: Die Kontrolle des Verkaufs bzw. des Erwerbs von Netzen, in: Baur/Salje/Schmidt-Preuß (Hrsg.), Regulierung in der Energiewirtschaft, Rn. 22. 356 Vgl. Art. 53 Abs. 3 lit a und lit. b Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Abs. 3 lit. a und lit. b Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG). 357 Art. 53 Abs. 5 lit. a und lit. b Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Abs. 5 lit. a und lit. b Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG). 358 Vgl. Art. 53 Abs. 4 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Abs. 4 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG). 353

142

C. Der Schutz vor drittstaatlichen Direktinvestitionen

Besondere Bedeutung im Hinblick auf die Bewertung durch die Kommission kommt der Einschätzung zu, inwieweit sich möglicherweise die Kontrolle über einen Netzeigentümer/-betreiber durch eine Person aus einem Drittstaat auf die Energieversorgungssicherheit auswirkt. Die Kommission berücksichtig hierzu – insoweit analog zum Inhalt von Art. 53 Abs. 3 lit. b Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Abs. 3 lit. b Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG) – die besonderen Gegebenheiten des Einzelfalls und des jeweils betroffenen Drittlandes sowie die Rechte und Pflichten der Gemeinschaft, die sich aus dem Völkerrecht oder aus anderen Abkommen zwischen der Gemeinschaft und einem oder mehreren Drittstaaten zu Fragen der Versorgungssicherheit ergeben.359 Im Sinne einer Betrachtung der Kommission vornehmlich aus dem Blickwinkel der Union findet sich in Art. 53 Abs. 7 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Abs. 7 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG) freilich keine analoge Aufforderung zu Art. 53 Abs. 3 lit. b ii) Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Abs. 3 lit. b ii) Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG), für ihre Stellungnahme auch die Rechte und Pflichten zu berücksichtigen, die sich ggf. aus bilateralen Abkommen zwischen einem Mitgliedstaat und einem oder mehreren Drittstaaten ergeben. Für die Bewertung des Sachverhalts sowie die Übersendung ihrer Stellungnahme an die Regulierungsbehörde bzw. die benannte zuständige Behörde im Hinblick auf die Einhaltung der Anforderungen nach Art. 43 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 9 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG) (Unbundling) und die Versorgungssicherheit, wird der Kommission ein Zeitraum von zwei Monaten eingeräumt,360 sofern sie es nicht für notwendig erachtet, für ihre Stellungnahme die Standpunkte der ACER361, des betroffenen Mitgliedstaats sowie interessierter Kreise einzuholen. In diesem Fall verlängert sich die Frist von zwei auf insgesamt vier Monate.362Legt die Kommission weder in der Zweimonats- noch in der Viermonatsfrist eine Stellungnahme vor, so wird ihr Schweigen dahingehend gedeutet, dass sie keine Bedenken gegen eine Zertifizierung erhebt.363 Ausgehend vom Ablauf der jeweils einschlägigen Frist für die Stellungnahme der Kommission, also entweder zwei oder vier Monate nach Eingang des mitgliedstaatlichen Entscheidungsentwurfs, ist die nationale Regulierungsbehörde dazu aufgefordert, unter weitmöglichster Berücksichtigung der Stellungnahme der

359

Vgl. Art. 53 Abs. 7 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Abs. 7 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG). 360 Vgl. Art. 53 Abs. 6 UAbs. 1 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Abs. 6 UAbs. 1 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG). 361 Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden bzw. Agency for the Cooperation of Energy Regulators (ACER), Verordnung (EG) Nr. 713/2009. 362 Vgl. Art. 53 Abs. 6 UAbs. 2 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Abs. 6 UAbs. 2 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG). 363 Vgl. Art. 53 Abs. 6 UAbs. 3 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Abs. 6 UAbs. 3 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG).

I. Bestehende Rahmenvorgaben

143

Kommission364 innerhalb von wiederum zwei Monaten ihre endgültige Entscheidung zu treffen.365 e) Zusammenfassung bestehender sektorspezifischer Rahmenvorgaben und Zwischenergebnis Art. 53 Abs. 8 S. 3 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Abs. 8 S. 3 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG) spricht von der für die Mitgliedstaaten „in jedem Fall“ bestehenden Möglichkeit eine Zertifizierung abzulehnen, sofern sie der Überzeugung sind, dass eine Zertifizierung zu einer Gefährdung der Energieversorgungssicherheit des jeweiligen Mitgliedstaates führen würde. In Art. 53 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG) unberücksichtigt bleibt hingegen der gegenteilige und nicht weniger problematische Fall: Ein Mitgliedstaat könnte – ggf. aufgrund nationaler Interessen – bei seiner Betrachtung zur Frage einer Gefahr für die Energieversorgungssicherheit zu dem Ergebnis kommen, dass weder eine entsprechende Gefahr auf mitgliedstaatlicher noch auf Unionsebene vorliegt. Gleichzeitig könnte die Kommission nach einer (isolierten) Prüfung und Bewertung der Gefährdungslage auf Unionsebene zu einer den mitgliedstaatlichen Stellen widersprechenden Einschätzung gelangen. Aufgrund der gegenwärtigen Kompetenzstruktur in Art. 53 Richtlinie (EU) 2019/ 944 (ex-Art. 11 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG) wäre eine Korrektur national motivierter und ggf. die unionsweite Versorgungssicherheit gefährdender Zertifizierungsentscheidungen weder durch mitbetroffene Nachbarstaaten noch durch die Kommission oder ein anderes Unionsorgan möglich.366 Im Ergebnis bieten daher die Vorschriften über die Zertifizierung von Übertragungsbzw. Gas-Fernleitungsnetzbetreibern kein effektives Mittel zur Überprüfung bzw. Abwehr drittstaatlicher Investitionen speziell in Bezug auf diese für die europäische Energieversorgungssicherheit wesentlichen Infrastrukturen.

364

Vgl. C.I.2.d)aa). Vgl. Art. 53 Abs. 8 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Abs. 8 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG). 366 So auch: Cottier/Matteotti-Berkutova/Nartova, Third Country Relations in EU Unbundling of Natural Gas Markets, III. C. 365

144

C. Der Schutz vor drittstaatlichen Direktinvestitionen

II. In Wissenschaft und Politik diskutierte Alternativen 1. „Nationale Beteiligungsfazilität“ Eine immer wieder und keinesfalls allein in Deutschland367 diskutierte Möglichkeit im Umgang mit drittstaatlichen Investitionen stellt schon seit geraumer Zeit die Option eines nationalen Beteiligungsfonds dar. Sie wurde zunächst im Vorfeld zur umfassenden Novellierung des deutschen Außenwirtschaftsrechts durch das Dreizehnte Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung vom 18. April 2009368 im Wesentlichen durch die Vergabe eines entsprechenden Prüfauftrags im Rahmen der Klausurtagung des Bundeskabinetts in Meseberg zum Thema.369 Ein entsprechender staatlicher Fonds sollte als Kapitalsammelstelle drohende drittstaatliche Übernahmen dadurch verhindern, dass er als „weißer Ritter“ dort einspringt, wo andernfalls die Übernahme durch einen ausländischen Investor droht oder schon von vornherein durch langfristige strategische Beteiligungen Unternehmen, die in kritischen Bereichen tätig sind, dem Zugriff eines drittstaatlichen Investors entziehen.370 Um im Wettbewerb gerade mit staatlich kontrollierten bzw. finanzierten Investoren zu bestehen, ist speziell die Ausstattung einer nationalen Beteiligungsfazilität mit ausreichend und insbesondere kurzfristig verfügbarem Kapital essenziell.371 Ein entsprechender Fonds müsste in der Lage sein, notfalls zumindest die Hälfte eines Unternehmens, das in einem kritischen Sektor tätig ist, ad hoc übernehmen zu können.372 Das macht deutlich, in welcher Dimension sich die finanzielle Ausstattung eines solchen Fonds bewegen müsste. Offen bleibt hingegen, was die Quelle für das nötige Kapital sein soll. Zumindest für renditeorientierte Privatinvestoren dürfte ein solcher Fonds jedenfalls keine attraktive Anlageoption darstellen: Da die ver367 Vgl. z. B. die Bemühungen des damaligen frz. Präsidenten Sarkozy zur Errichtung eines europ. Schutzfonds Chaffin/Barber, Financial Times online, 21. 10. 2008 – Sarkozy calls for European wealth funds, abrufbar unter: https://www.ft.com/content/c2ba0fe0-9f5a-11dd-a3fa000077b07658 sowie eines frz. „Strategic Investment Fund“ Hall, Financial Times online, 23. 10. 2008 – Sarkozy plans new French wealth fund, abrufbar unter: https://www.ft.com/con tent/e1f97c38-a10d-11dd-82fd-000077b07658. 368 Dreizehntes Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung v. 18. 04. 2009, BGBl. 2009 I, S. 770 ff.; hierzu sowie zum entsprechenden Gesetzgebungsverfahren ausführlich: Pottmeyer, in: Wolffgang/Simonsen – § 53 AWV, Rn. 3. 369 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/2008, Rn. 675. 370 Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/2008, Rn. 588, 675. 371 I. d. S. auch Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2007/2008, Rn. 675. 372 Zwar ist der Autobauer VW nicht in einem kritischen Sektor i. S. d. EuGH-Rspr. tätig. Am Beispiel von VW wird aber deutlich, welche Summen etwa das Land Niedersachsen für seinen aktuellen Einfluss aufbringen müsste, gäbe es das VW-Gesetz nicht, Hammen, WM 2010, 1, 4.

II. In Wissenschaft und Politik diskutierte Alternativen

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folgten Ziele des Fonds regelmäßig keiner wirtschaftlichen, sondern einer strategisch-politischen Motivation folgen dürften, fiele wohl auch die durch den Fonds erwirtschaftete Rendite entsprechend gering aus. Hierfür spricht auch, dass ein solcher Fonds, um seinen Zweck zu erfüllen, schließlich gezwungen wäre, das Höchstgebot (das im Falle mitbietender staatlich kontrollierter Investoren schon nicht mehr auf der Grundlage marktwirtschaftlicher Gesetzmäßigkeiten entstanden wäre) noch zu überbieten. Dieser Vorschlag ist seinerzeit letztlich aus den beschriebenen Gründen nicht umgesetzt und stattdessen eine Novellierung des Außenwirtschaftsrechts durchgeführt worden. Gleichwohl lebt die Idee in der „Nationalen Industriestrategie 2030“ des BMWi sinngemäß, allerdings unter der Bezeichnung „nationale Beteiligungsfazilität“, angesichts zunehmender chinesischer Direktinvestitionen in kritischen Bereichen aktuell erneut auf, ohne freilich die aufgeworfenen Fragen zu beantworten.373 Aus der hier vertretenen Perspektive stellt daher eine nationale Beteiligungsfazilität kein geeignetes Alternativkonzept im Umgang mit drittstaatlichen Direktinvestitionen dar.

2. Preisser Eines der wohl umfassendsten Alternativkonzepte im Umgang mit drittstaatlichen Direktinvestitionen entwickelte Preisser. Sein Konzept, das im Wesentlichen Staatsfonds betrifft374 und Schwerpunkte gleichermaßen auf die Herstellung eines hinreichenden Grades an Transparenz sowie auf Modifikationen im deutschen Außenwirtschaftsrecht legt, zielt darauf ab, Vorbehalten gegen Investitionen drittstaatlicher Fonds in den Empfängerstaaten entgegenzuwirken, ohne gleichzeitig die Attraktivität des europäischen Marktes als Investitionsziel aufs Spiel zu setzen.375 Zu diesem Zweck wird zugunsten einer Selbstregulierung des Marktes durch das Instrument des „naming and shaming“376 auf ein schärferes Sanktionssystem verzichtet.

373

Vgl. BMWi, 05. 02. 2019 – Nationale Industriestrategie 2030, S. 16 f. Preisser stellt zwar die Frage, ob die Einbeziehung von „staatsnahen Unternehmen“ in eine Transparenzregelung zur Vermeidung von naheliegenden Umgehungskonstruktionen angezeigt sein könnte, kommt aber zu dem Ergebnis, eine Integration sei aufgrund des regelmäßig größeren Grades an Transparenz innerhalb der Unternehmensstrukturen, klaren ökonomischen Zielen sowie einer anderen Finanzverfassung nicht notwendig, vgl. Preisser, Sovereign Wealth Funds, S. 351. 375 Vgl. Preisser, Sovereign Wealth Funds, S. 296. 376 M. w. N. zum Instument des naming and shaming: Preisser, Sovereign Wealth Funds, S. 366. 374

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C. Der Schutz vor drittstaatlichen Direktinvestitionen

a) Herstellung von Transparenz Durch den Erlass einer europäischen Transparenzverordnung soll erreicht werden, dass jede durch einen Staatsfonds vorgenommene Investition in den EU-Binnenmarkt gegenüber der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) angezeigt werden muss, um dann die entsprechende Information an die jeweils national zuständige Aufsichtsbehörde weiterleiten zu können.377 Gleichzeitig soll durch die Verpflichtung der Staatsfonds zur Offenlegung ihrer „rechtlichen Strukturen, die innere Organisation und Corporate Governance, die Portfoliostruktur und Investitionsleitlinien sowie das Risikomanagement und die Rechnungslegungsstandards“378 eine „Grundtransparenz“379 geschaffen werden. Im Falle von Investitionen durch drittstaatliche Fonds in börsennotierte Unternehmen380 im Bereich des Europäischen Binnenmarktes werden die im Rahmen der „Grundtransparenz“ gesammelten Informationen auf der Internetseite der ESMA veröffentlicht und anhand eines (mindestens) jährlich einzureichenden und durch unabhängige Wirtschaftsprüfer zertifizierten Jahresabschlusses auf ihre Richtigkeit hin überprüft.381 Die eingereichten Unterlagen werden vertraulich behandelt und bleiben unveröffentlicht.382 Zur Durchsetzung der genannten Transparenzpflichten solle der ESMA das Recht zukommen, Informationen entweder dadurch zu erlangen, dass sie ein informelles Informationsersuchen mit der Bitte, die erforderlichen Auskünfte freiwillig zu erteilen, direkt an den fraglichen Fonds richtet oder aber durch Befragungen sowie den Zugriff auf die Kommunikation eines Unternehmens selbstständig zu ermitteln.383 Für den Fall eines festgestellten Verstoßes gegen Publizitäts- bzw. Transparenzpflichten soll der ESMA die Möglichkeit zukommen, den devianten Fonds zunächst ausdrücklich und öffentlich zu einer Änderung seines Verhaltens im Sinne einer Anpassung an die Transparenzanforderungen aufzufordern oder sogar mit einem Zwangsgeld zu belegen und dem Fonds vorübergehend weitere Investitionen im Bereich des Binnenmarktes zu untersagen.384 Weitergehende Sanktionsmechanismen auf europäischer Ebene sieht der Vorschlag nicht vor.

377 378 379 380 381 382 383 384

Vgl. Preisser, Sovereign Wealth Funds, S. 381. Preisser, Sovereign Wealth Funds, S. 381. Preisser, Sovereign Wealth Funds, S. 381. Vgl. Preisser, Sovereign Wealth Funds, Fn. 1935. Vgl. Preisser, Sovereign Wealth Funds, S. 381. Vgl. Preisser, Sovereign Wealth Funds, S. 382. Vgl. Preisser, Sovereign Wealth Funds, S. 365. Vgl. Preisser, Sovereign Wealth Funds, S. 365.

II. In Wissenschaft und Politik diskutierte Alternativen

147

b) Modifikation des Außenwirtschaftsrechts385 Zwar könne schon durch das oben dargestellte Konzept einem Großteil der Risiken begegnet werden, die mit Investitionen von drittstaatlichen Fonds einhergehe. Gleichwohl solle der dargestellten Transparenzordnung ein leistungsfähiger nationaler Mechanismus zur Seite gestellt werden, der eine mitgliedstaatliche Stelle – namentlich das BMWi – im Falle eines mutwilligen Missbrauchs und zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf nationaler Ebene zum Eingreifen ermächtigt.386 Modifikationen im AWG bzw. der AWV sollten zum einen dazu dienen, das Gesetz bzw. die Verordnung an die jeweiligen europarechtlichen Vorgaben anzupassen, um zu gewährleisten, dass das AWG im Streitfall einer Überprüfung durch den EuGH standhalte. Hierzu solle insbesondere eine – inzwischen freilich erfolgte – Beschränkung der Kontrolle auf Schlüsselsektoren und eine Erwähnung der betroffenen Schutzinteressen in § 53 AWV a.F. sowie eine Konkretisierung der drohenden Gefahren in § 7 Abs. 2 AWG a.F. aufgenommen werden. Zum anderen regt Preisser an, eine Kontrollmöglichkeit nach dem Außenwirtschaftsrecht auch für den Erwerb eines Unternehmens durch einen ausländischen gleichzeitig aber unionsansässigen Investor in das Außenwirtschaftsrecht aufzunehmen, die Kontrollschwelle von 25 % auf 10 % abzusenken und die Zusammenrechnung von Stimmrechtsanteilen zur Erfassung moderner Finanzinstrumente387 an „moderne Standards der Kapitalmarktgesetzgebung“388 anzupassen.389 Schließlich solle dem BMWi für den Fall einer ggf. notwendigen Rückabwicklung einer untersagten Transaktion im Außenwirtschaftsrecht die Möglichkeit eingeräumt werden, die betroffenen Beteiligungen zu beschlagnahmen und treuhänderisch über den Markt zu veräußern390 sowie bei nachträglich eintretenden Gefahren für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit den Beteiligungserwerb nochmals zu untersuchen und bei einer gerechtfertigten Neubewertung der Situation ggf. zu untersagen.391

c) Zusammenfassung und Kritik Eine Vielzahl der von Preisser geforderten Modifikationen fand inzwischen Eingang in das deutsche Außenwirtschaftsrecht: 385 Der hier besprochene Regelungsvorschlag bezieht sich auf Änderungen im deutschen Außenwirtschaftsrecht in seiner früheren Fassung nach dem Dreizehnten Gesetz zur Änderung des AWG und der AWV v. 18. 04. 2009 und berücksichtigt nicht die Novellierung der AWV durch die 9. AWV-Änderungs-VO bzw. die Änderungen, die im Rahmen der 12. AWV-Änderungs-VO vorgenommen worden sind, s. C.I.1.a)aa). 386 Vgl. Preisser, Sovereign Wealth Funds, S. 369. 387 Preisser schlägt i. d. S. eine Orientierung an § 25 WpHG vor. 388 Preisser, Sovereign Wealth Funds, S. 382. 389 Vgl. Preisser, Sovereign Wealth Funds, S. 382. 390 Vgl. Preisser, Sovereign Wealth Funds, S. 120. 391 Vgl. Preisser, Sovereign Wealth Funds, S. 374.

148

C. Der Schutz vor drittstaatlichen Direktinvestitionen

So nimmt etwa § 55 Abs. 1 AWVeine europarechtskonforme Konkretisierung des Begriffs der „öffentlichen Ordnung und Sicherheit“ vor und beschränkt sich (zumindest teilweise) auf konkrete Schlüsselsektoren.392 Zugleich können nunmehr auch Erwerbsvorgänge durch Unionsansässige einer außenwirtschaftsrechtlichen Prüfung unterzogen werden, wenn es Anzeichen dafür gibt, dass es sich um eine missbräuchliche Gestaltung oder ein Umgehungsgeschäft handelt, durch das eine Prüfung nach § 55 Abs. 1 AWV umgangen werden soll. Ferner gelten nunmehr Zweigniederlassungen und Betriebsstätten eines unionsfremden Erwerbers nicht als unionsansässig (§ 55 Abs. 2 S. 3 AWV) und ist inzwischen eine Absenkung der Prüfeintrittsschwelle von 25 % auf 10 % zumindest für solche Fälle erfolgt, in denen Unternehmen Ziel einer drittstaatlichen Direktinvestition sind, die in einem der in § 55 Abs. 1 S. 2 AWV bezeichneten Bereiche tätig sind.393 Die AWV begegnet inzwischen ebenfalls der Notwendigkeit, auch mittelbare Beteiligungen in den Blick zu nehmen, formuliert in § 55 Abs. 2 AWV Regelungen zur Berechnung der Stimmrechtsanteile und ermöglicht in § 55 ebenfalls die von Preisser geforderte treuhänderische Rückabwicklung des vollzogenen Erwerbs, wobei der Erwerber die entstehenden Kosten zu tragen hat. Gleichwohl handelt es sich bei den Vorschriften des deutschen Außenwirtschaftsrechts weiterhin um einen lediglich nationalen Ansatz, der zusätzlich unter dem Makel leidet, dass mit BMWi bzw. Bundesregierung letztlich eine politische Instanz die Entscheidung über die Zulassung oder Zurückweisung einer Investition zu treffen hat. Es besteht die Gefahr, dass bei dieser Entscheidung speziell europäische Interessen nur eine nachgeordnete Rolle spielen.394 Auch die Umsetzung der von Preisser geforderten Modifikationen führen somit allein nicht dazu, dass das deutsche Außenwirtschaftsrecht – aus der Perspektive der europäischen Energieversorgungssicherheit – einen ausreichenden Schutz vor den Gefahren drittstaatlicher Direktinvestitionen bietet. Und auch die Gesamtschau der Vorschläge Preissers unter Einbeziehung insbesondere der durch ihn geforderten EU-Tranzparenz-VO führt aus der hier vertretenen Perspektive nicht zu einem anderen Ergebnis: Begrüßenswert ist zwar der verfolgte europäische Ansatz, der anerkennt, dass dem Phänomen drittstaatlicher Direktinvestitionen am besten auf EU-Ebene zu begegnen ist. Gleichzeitig spricht sich der Autor aber ausdrücklich gegen „ein ,hartes‘ Sanktionssystem“ aus.395 Speziell die 392 Vgl. C.I.1.a)aa)(3); die Beschränkung auf Schlüsselsektoren gilt hingegen nicht für eine Überprüfung nach § 56 Abs. 1 Nr. 2 AWV. 393 Zu den europarechtlichen Problemen in Bezug auf die verbleibende Möglichkeit einer Investitionsprüfung bei einer Beteiligung von 25 % der Stimmrechte ohne Bindung an einen bestimmten Sektor s. C.I.1.a)aa)(2)(a)(bb). 394 S. zu Bewertung und Kritik an Investitionsüberprüfungsmechanismen C.I.1.a)aa)(3). 395 Vgl. Preisser, Sovereign Wealth Funds, S. 366, wenngleich der Autor feststellt, dass der ESMA die Überwachung über ihre Kontrollmechanismen obliegt und ggf. über „weitere Sanktionen“ nachgedacht werden müsse, sollte der „Druck der Öffentlichkeit“ nicht ausreichen. In Betracht kämen für Preisser hier insb. ein Sanktionssystem nach dem Vorbild von

II. In Wissenschaft und Politik diskutierte Alternativen

149

europäische Ebene sollte aber nach der hier vertretenen Ansicht als eine Art Revisionsinstanz auftreten können, die gerade auch mit „scharfen“ Mitteln zur Korrektur bzw. zur Abänderung nationaler Entscheidungen über eine drittstaatliche Direktinvestition ausgestattet sein sollte. Gegen einen im Wesentlichen auf die Herstellung von Transparenz gerichteten Ansatz spricht zusätzlich etwa auch, dass die strategisch-politische Dimension gerade chinesischer Beteiligungen im Rahmen der Seidenstraßen-Initiative den Zielstaaten bekannt sein dürfte, sie aber erfahrungsgemäß und regelmäßig nicht dazu veranlasst, solche Investitionen abzuwehren.

3. Europäisches CFIUS Denkbar wäre etwa auch ein europäischer Mechanismus nach dem Vorbild des US-amerikanischen Committee on Foreign Investment in the United States (CFIUS).396 Eine vergleichbare Einrichtung im Rahmen der EU könnte – wie das CFIUS – mit der Evaluierung ausländischer Investitionen beauftragt werden. Schon 2008, als vermehrt Investitionen durch Staatsfonds in der Europäischen Union zu beobachten waren, wurde diese Möglichkeit von der EU-Kommission aufgegriffen.397 a) Das Investitionsüberprüfungsverfahren in den USA Das CFIUS ist ein ressortübergreifendes Gremium mit der durch eine präsidentielle Executive Order übertragenen398 Kompetenz, ausländische Investitionen daraufhin zu überprüfen, ob es durch sie zu einer ausländischen Kontrolle über ein USamerikanisches Unternehmen kommen kann, und bewertet, inwieweit hiervon möglicherweise eine Gefahr für die nationale Sicherheit ausgeht. Seine rechtliche Grundlage hat das CFIUS im amerikanischen Omnibus Trade and Competitiveness Act sowie im Defense Production Act (sogenannte „Exon-

Art. 23e und Art. 36a der Verordnung (EU) Nr. 513/2011 des EP u. des Rates v. 11. 05. 2011 über Ratingagenturen, Abl. EU 2011, Nr. L-145/30. 396 Vgl. Bütikofer, WirtschaftsWoche online, 18. 01. 2017 – Gastbeitrag: Europa braucht mehr Kontrolle über ausländische Investoren, abrufbar unter: https://www.wiwo.de/politik/euro pa/schutz-vor-uebernahmen-europa-braucht-mehr-kontrolle-ueber-auslaendische-investoren/1 9262396.html sowie Forchielli, Chinese Investment in the EU, S. 1 ff. 397 S. Europäische Kommission – Mitt. v. 27. 02. 2008, COM(2008) 115 final, S. 8. 398 Vgl. Exec. Order No. 11858 (1975); Exec. Order No. 12661 (1988); Exec. Order No. 13456 (2008).

150

C. Der Schutz vor drittstaatlichen Direktinvestitionen

Florio“-Vorschrift)399 und wurde im Oktober 2007 durch den Foreign Investment and National Security Act (FINSA)400 verschärft.401 Das Gremium wird durch den Finanzminister gleitet. Vertreten sind außerdem der Außenminister sowie der Verteidigungs-, Heimatschutz-, Wirtschafts-, Justiz- und Energieminister. Außerdem der amerikanische Handelsbeauftragte sowie der Direktor des Büros für Wissenschafts- und Technologiepolitik.402 Im Januar 2008 wurde das CFIUS um fünf weitere Mitglieder aus dem Geschäftsbereich des Weißen Hauses ergänzt.403 Eine Untersuchung bzw. Untersagung kann auch nach längst erfolgter Durchführung der Investition zeitlich unbefristet und rückwirkend vorgenommen werden.404 Hierdurch wird in der Praxis erreicht, dass so gut wie jede Transaktion angezeigt wird, die potenziell in den Zuständigkeitsbereich des CFIUS fällt, um eine Entscheidung über die Genehmigung der Investition und damit Rechtssicherheit zu erhalten. Grundsätzlich ist die Einleitung eines Verfahrens aber nicht verpflichtend. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn es sich um eine staatliche oder zumindest staatlich gelenkte Investition handelt.405 Das Prüfverfahren besteht aus mehreren Phasen: In der ersten Phase („review“)406 prüft das CFIUS in 30-tägiger Frist, ob mit der Investition möglicherweise eine Gefahr für die nationale Sicherheit verbunden ist,407 eine ausländische Regierung die Kontrolle über das Zielunternehmen erlangen könnte408 und ob einer der in Sec. 721(f) Defense Production Act genannten, als 399

Vgl. Section 721 of the Defense Production Act of 1950, 50 U. S. C. App. 2170, abrufbar unter: https://www.treasury.gov/resource-center/international/foreign-investment/Documents/ Section-721-Amend.pdf . 400 Vgl. Foreign Investment and National Security Act of 2007, Public Law No. 110 – 49, 121 Stat. 246 (2007), amending 50 U. S. C. § 2170 (2000), abrufbar unter: https://www.con gress.gov/110/plaws/publ49/PLAW-110publ49.pdf. 401 S. ausführlich zu den rechtlichen Grundlagen: Tietje/Kluttig, Beschränkungen ausländischer Unternehmensbeteiligungen und -übernahmen, Beiträge zum transnationalen Wirtschaftsrecht Nr. 75 v. 05/2008, S. 7 ff. 402 Vgl. Jackson, Congressional Research Service, 02. 05. 2019 – The Committee on Foreign Investment in the United States, abrufbar unter: https://fas.org/sgp/crs/natsec/IF10177.pdf. 403 S. Sec. 3(c) Executive Order No. 13456 (2008), darunter der Direktor des Managementund Steueramtes, der Vorsitzende des Wirtschaftsrates, der nationale Sicherheitsberater, der nationale Wirtschaftsberater sowie der nationale Berater für innere Sicherheit. Der Präsident kann im Einzelfall weitere Mitglieder ernennen, s. Sec. 3(b)(iii) Executive Order No. 13456 (2008). 404 S. Sec. 721(a)(3) und Sec. 721(d) Defense Production Act. 405 S. National Defense Authorization Act for Fiscal Year 1993 (Byrd-Amendment), Public Law No. 102 – 484, 106 Stat. 2463 (1992), amending 50 U. S. C. § 2170 (1988), abrufbar unter: https://www.congress.gov/bill/102nd-congress/house-bill/5006. 406 Vgl. Sec. 721(b)(1) Defense Production Act. 407 Vgl. Sec. 721(b)(1)(A)(i) Defense Production Act. 408 Vgl. Sec. 721(b)(1)(B) Defense Production Act.

II. In Wissenschaft und Politik diskutierte Alternativen

151

besonders kritisch eingestuften Sektoren von der Investition betroffen ist.409 Wird die Investition durch das Komitee nicht genehmigt, beginnt die zweite, maximal 45 Tage dauernde Überprüfungsphase („investigation“).410 Erteilt das CFIUS keine Genehmigung, ersucht es den US-Präsidenten, binnen 15 Tagen eine Entscheidung zu treffen und gibt ihm hierfür entweder eine Empfehlung,411 teilt ihm mit, dass sich die CFIUS-Mitglieder uneinig darüber sind, ob sie dem Präsidenten zur Genehmigung oder Untersagung raten sollen,412 oder sieht von einer Empfehlung ganz ab.413 Die Entscheidung durch den Präsidenten unterliegt keiner gerichtlichen Kontrolle.414 b) Zusammenfassung und Kritik Dem Präsidenten werden in Sec. 721(f) Defense Production Act eine Reihe von dehnbaren und keinesfalls abschließenden, zum Teil gar politischen Faktoren, wie etwa die „langfristigen Interessen der Vereinigten Staaten an der Sicherung der Energie- und Rohstoffversorgung“415 oder das Engagement eines Investorstaates in der Terrorismusbekämpfung,416 an die Hand gegeben, die er bei seiner Entscheidungsfindung einbeziehen kann. Allerdings eröffnet Sec. 721(b)(11) Defense Production Act die Möglichkeit, über die in den Ziffern 1 bis 10 niedergeschriebenen Faktoren hinaus, weitere Faktoren zu berücksichtigen, sofern Präsident oder Komitee sie für „angemessen“ halten. Speziell durch diesen weiten Beurteilungs- bzw Ermessensspielraum gerät das Verfahren wenig transparent, für Investoren unkalkulierbar und sind auf diese Vorschrift gestützte Entscheidungen inbesondere mit Blick auf die fehlende rechtliche Überprüfbarkeit einer präsidentiellen Entscheidung417 zumindest dem Vorwurf der Willkür ausgesetzt. Schon aus diesem Grund bestehen erhebliche Zweifel an der Unionsrechtskonformität einer solchen Regelung.418 Zusätzliche Probleme ergeben sich unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit: Kritisch erscheint hier insbesondere die zeitlich unbefristete Möglichkeit, ein Überprüfungsverfahren einzuleiten und eine Investition ggf. sogar ex-tunc zu untersagen bzw. rückabwickeln zu lassen. Aus wirtschaftlicher Perspektive führen die beschriebenen Kritikpunkte bei unreflektierter Übertragung auf die Europäische Union zu einer abnehmenenden At409 410 411 412 413 414 415 416 417 418

Vgl. Sec. 721(b)(1)(A)(ii) Defense Production Act. Vgl. Sec. 721(b)(2) Defense Production Act. Vgl. CFR § 800.506(b)(1). Vgl. CFR § 800.506(b)(2). Vgl. CFR § 800.506(b)(3). Vgl. Sec. 721(e) Defense Production Act. Sec. 721(b)(10) Defense Production Act. Vgl. Sec. 721(b)(9)(B) Defense Production Act. So auch Preisser, Sovereign Wealth Funds, S. 250. S. C.I.1.a)aa)(2)(c).

152

C. Der Schutz vor drittstaatlichen Direktinvestitionen

traktivität der Union für dringend benötigtes Kapital – auch aus Drittstaaten – etwa für den Ausbau des europäischen Energienetzes.419

III. Zusammenfassung und Zwischenergebnis: Erforderlichkeit eines neuen Regulierungsansatzes Die bisherige Untersuchung zeigt, dass am Ende keines der bereits bestehenden oder in Wissenschaft und Politik diskutierten Regelungskonzepte vollends überzeugen kann: Eine „nationale Beteiligungsfazilität“ müsste über eine enorme Summe kurzfristig einsetzbaren Kapitals verfügen, dessen Ursprung speziell im Hinblick auf seine regelmäßig unwirtschaftliche Beteiligungspraxis zumindest fraglich erscheint. Der Ansatz einer „Transparenz-VO“ gerät mit Blick auf chinesische Investitionen dort an seine Grenzen, wo den Zielstaaten z. B. im Rahmen Chinas sogenannter „Seidenstraße“ die strategischen Intentionen Pekings bekannt sein müssen, sie aber trotzdem fragliche Beteiligungen keiner (wirksamen) Kontrolle unterziehen. Eine Übertragung des amerikanischen CFIUS-Modells auf die Europäische Union kann – wie gezeigt – gleich aus mehreren, im Wesentlichen europarechtlichen Gründen zumindest nicht ohne erhebliche Änderungen überzeugen. Am schwersten wiegt hierbei wohl der äußerst weite Beurteilungs- bzw. Ermessensspielraum des US-Präsidenten bei der Berücksichtung relevanter Faktoren im Hinblick auf die nationale Sicherheit ohne jede gerichtliche Kontrollmöglichkeit. Und auch die bereits auf unterschiedlichen Regelungsebenen bestehenden sektorübergreifenden420 bzw. sektorspezifischen421 Mechanismen zur Überprüfung und – soweit erforderlich – Abwehr drittstaatlicher Investitionen reichen für eine effektive Kontrolle nicht aus. Zwar weist insbesondere der europäische Ansatz einer EU-Screening-VO in die richtige Richtung, indem er die möglichen grenzüberschreitenden Auswirkungen von Investitionen über die nationalen Grenzen hinweg aufgreift, daraus die Notwendigkeit einer stärkeren Vernetzung der mitgliedstaatlichen und der europäischen Ebene in Bezug auf drittstaatliche Direktinvestitionen ableitet und in Teilen auch umsetzt.422 Gleichzeitig weist er allerdings Schwächen auf,423 die es aus der hier vertretenen Perspektive sinnvoll erscheinen lassen, die vorliegende EU-Screening-VO unter berücksichtigung unionsrechtlicher Belange zu einem europäischen Mechanismus mit einer stärkeren Rolle der Kommission im Hinblick auf den Schutz europäischer Interessen weiterzuentwickeln. 419 420 421 422 423

S. B.I.2.b). S. zu den sektorübergreifenden Regelungen: C.I.1. S. zu den sektrospezifischen Regelungen: C.I.2. S. C.I.1.b)dd). S. zu den Schwächen der EU-Screening-VO: C.I.1.b)dd)(3).

D. Entwicklung eines kohärenten europäischen Ansatzes im Umgang mit drittstaatlichen Direktinvestitionen Wie bereits gezeigt worden ist, gehen die Mitliedstaaten sehr unterschiedlich mit den Herausforderungen im Zusammenhang mit drittstaatlichen Investitionen um: Während einige Mitgliedstaaten drittstaatliches Kapital mit offenen Armen empfangen und es entweder keiner Kontrolle unterziehen424 oder die abschließende Entscheidung im Rahmen eines Überprüfungsmechanismus einer politischen Instanz überlassen,425 bestehen in anderen Teilen der Union für drittstaatliche Investoren und bestimmte Sektoren sogar Investitions- und/oder Beteiligungsverbote bzw. strenge Eigentümerbeschränkungen.426 Damit nicht einerseits durch einen zu strengen Umgang mit drittstaatlichem Kapital dringend erforderliche Investitionen in wesentliche Infrastrukuren ausbleiben und andererseits verhindert werden kann, dass aus rein nationalen Interessen auf mitgliedstaatlicher Ebene Investitionen genehmigt werden, die unter Umständen negative Auswirkungen auf grenzüberschreitende bzw. gesamteuropäische, insbesondere Sicherheitsinteressen haben könnten, bietet es sich an, auf Unionsebene anzusetzen. Ein entsprechender Ansatz soll gewährleisten, dass die bereits bestehenden nationalen Mechanismen im Umgang mit drittstaatlichen Investitionen koordiniert werden, aber darüber hinaus für die Union auch die Möglichkeit enthalten, eigeninitiativ mitgliedstaatliche Entscheidungen in Bezug auf eine Investition in letzter Instanz untersagen zu können – notfalls auch gegen die Einschätzung des unmittelbar betroffenen Mitgliedstaates. Ein solcher, die bestehenden nationalen Mechanismen um eine umfassende europäische Untersuchungs- bzw. Entscheidungsebene ergänzender Ansatz, wäre nicht nur im Sinne eines einheitlichen Binnenmarktes – einschließlich eines einheitlichen Investitionsrahmens – vernünftig, sondern auch dazu geeignet, dem strukturellen Ungleichgewicht zwischen insbesondere kleineren Mitgliedstaaten im Verhältnis zu kapitalkräftigen und politisch starken, beispielsweise staatlich kontrollierten Investoren, wirksam zu begegnen.427

424

So z. B. Luxemburg. So z. B. auch das deutsche Außenwirtschaftsrecht, vgl. § 59 Abs. 1 AWV und s. o.: C.I.1.a)aa)(1). 426 S. o.: C.I.1.a)cc). 427 Ähnlich: García-Herrero/Sapir, Bruegel.org 01. 09. 2017 Blog Post. 425

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D. Entwicklung eines kohärenten europäischen Ansatzes

Notwendige Voraussetzug hierzu wäre aber zunächst, dass ein entsprechender Überprüfungsmechanismus auf eine ausreichende Unionskompetenz gestützt werden könnte.

I. Regelungskompetenz der Union und Verhältnis zu nationalen Überprüfungsmechanismen Was die Kompetenz zur Regelung eines europäischen Mechanismus zum Screening von drittstaatlichen Direktinvestitionen angeht, bestand offenkunding schon während der Diskussionen zum Erlass der EU-Screening-VO428 keine Klarheit: Einerseits scheint die Kommission von einer ausschließlichen Kompetenz, gestützt auf Art. 3 Abs. 1 lit. e AEUV i. V. m. Art. 207 Abs. 1 AEUV, auszugehen429 und verweist im Verordnungsvorschlag und mit Blick auf die ausschließliche Unionskompetenz darauf, für die Mitgliedstaaten mit Überprüfungsmechanismus durch die EU-Screening-VO „Rechtssicherheit“ schaffen zu wollen.430 Andererseits soll den Mitgliedstaaten durch die EU-Screening-VO „bestätigt“ werden, dass sie aus Gründen der Sicherheit oder der Öffentlichen Ordnung drittstaatliche Direktinvestitionen überprüfen dürfen.431 Beide Formulierungen, die jeweils in der Begründung des Verordnungsvorschlages zu finden sind, werfen aber die Frage auf, ob die Verordnung nun eine Rückermächtigung zugunsten der Mitgliedstaaten oder aber die Bestätigung einer ohnehin für die Mitgliedstaaten bestehenden Kompetenz enthält.432 Der Europäische Rat geht offenbar von einer mitgliedstaatlichen Kompetenz aus und weist darauf hin, dass er zwar die Inititative der Kommission begrüße, Investitionen aus Drittstaaten in strategische Sektoren einer Prüfung zu unterziehen, verlangt aber ausdrücklich, hierbei die „Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten uneingeschränkt zu achten“433. In dieselbe Richtung weisen auch die Formulierungen der Wirtschaftsminister Deutschlands, Frankreichs und Italiens in einem Brief an EU-Handelskommissarin Malmström434 sowie einiger Mitglieder des Europäischen 428

S. hierzu C.I.1.b)dd). Vgl. Vorschlag COM(2017) 487 final, S. 9 (Begründung). 430 Vgl. Vorschlag COM(2017) 487 final, S. 2 (Begründung). 431 Vgl. Vorschlag COM(2017) 487 final, S. 5 (Begründung). 432 Zu den hier zutage tretenden Unstimmigkeiten im Verordnungsvorschlag s. auch: Günther, Beiträge zum transnationalen Wirtschaftsrecht Nr. 157 v. 08/2018, S. 13. 433 Europäischer Rat, Tagung des Europäischen Rates am 22./23. 6. 2017, Schlussfolgerungen v. 23. 06. 2017, EUCO 8/17, S. 8. 434 Vgl. Zypries/Sapin/Calenda – Brief der Wirtschaftsminister Deutschlands, Frankreichs und Italiens an Handelskommissarin Malmström, abrufbar unter: https://www.bmwi.de/Redakti 429

I. Regelungskompetenz der Union

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Parlaments,435 in dem die Minister und Abgeordneten wohl davon ausgehen, dass die Europäischen Verträge für die Mitgliedstaaten bereits das Recht enthalten, drittstaatliche Investitionen, die die Sicherheit oder öffentliche Ordnung bedrohen, zu untersagen. Die genaue Benennung der zutreffenden Kompetenznorm ist allerdings von erheblicher Bedeutung, denn ein Rechtsakt, der auf die falsche Kompetenzgrundlage gestützt wird, kann vor dem EuGH angegriffen und auf dem Wege der Nichtigkeitsklage zu Fall gebracht werden.436 Es ist daher nicht nur sinnvoll sondern auch absolut notwendig hier zunächst die tatsächlich einschlägige Kompetenz zum Erlass eines europäischen Mechanismus zur Überprüfung drittstaatlicher Direktinvestitionen auf EU-Ebene zu bestimmen und sicher zu gehen, dass sie auch die Einführung umfassender Eingriffsbefugnisse für die EU-Ebene ermöglicht.

1. Einschlägige Kompetenznorm Für eine Letztentscheidungskompetenz im Rahmen eines europäischen Überprüfungsmechanismus wäre eine ausschließliche Unionskompetenz erforderlich, durch die nationale Regelungen, die ihr ggf. entgegenstehen, im Rahmen des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs437 verdrängt bzw. schon deren Erlass untersagt würde.438 Es wäre der Union dann möglich, verbindliche Entscheidungen im Hinblick auf Investitionen zu treffen, die in den Mitgliedstaaten unmittelbar gültig wären.439

on/DE/Downloads/S-T/schreiben-de-fr-it-an-malmstroem.html; hier heißt es: „Foreign investment regimes in Member States as al-ready allowed by the EU treaty would remain in place. EU law gives the right to Member States to prohibit foreign investments which threatens public security and public order.“ 435 Vgl. Caspary/Weber/Saïfi/Winkler/Cicu/Proust/Quisthoudt-Rowohl/Reding/Schwab/ Szejnfeld, Vorschlag für einen Unionsakt zur Überprüfung (Screening) ausländischer Investitionen in strategischen Bereichen v. 26. 04. 2017, B8 – 0302/2017; hier heisst es: „(…) the EU law gives the right to Member States to prohibit foreign investments which threatens public security and public order (…)“. 436 Vgl. EuGH, Urt. v. 09. 08. 1994, Rs. C-327/91, Slg. 1994, I-3641 – Frankreich/Kommission. 437 S. zum Anwendungsvorrang des Unionsrechts Herdegen, Europarecht § 10, Rn. 3; Borchardt, Grundlagen der Europäischen Union, Rn. 141 ff.; Bieber/Kotzur, Strukturprinzipien, in: Die Europäische Union, Rn. 35 ff. sowie grundlegend in der EuGH-Rspr. EuGH, Urt. v. 15. 07. 1964, Rs. 6/64, Slg. 1964, 1141 – Costa/E. N. E. L., Rn. 1 ff. 438 Vgl. Nettesheim, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim – Art. 3 AEUV, Rn. 3; nur im Militärsektor und gestützt auf Art. 346 AEUV verbliebe die Regelungskompetenz bei den Mitgliedstaaten und stünden entsprechende Vorschriften in Einklang mit Europarecht. 439 Vgl. Günther, Beiträge zum transnationalen Wirtschaftsrecht Nr. 157 v. 08/2018, S. 18.

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D. Entwicklung eines kohärenten europäischen Ansatzes

Als eine solche Kompetenznorm kommen grundsätzlich Art. 3 Abs. 1 lit. e AEUV i. V. m. Art. 207 Abs. 1 AEUV und/oder die Regelungen über den freien Kapitalverkehr infrage. Welche Kompetenznorm letztlich einschlägig sein soll, ist – genauso wie das Verhältnis der genannten Normen zueinander – umstritten. a) Art. 207 Abs. 1 i. V. m. Art. 207 Abs. 2 AEUV Zunächst kommt hier als die ausschließliche Zuständigkeit der Union begründende Vorschrift Art. 207 Abs. 1 AEUV bzw. als einschlägige Kompetenznorm Art. 207 Abs. 2 AEUV infrage. Nach einer in der Literatur stark vertretenen Ansicht ist im Hinblick auf Außenbeziehungen die maßgebliche Aufgabennorm Art. 207 Abs. 1 AEUV lex specialis zu Art. 64 Abs. 2 AEUV440 und erfasst nicht nur den Abschluss von Abkommen über den Investitionsschutz, sondern darüber hinaus „alle mit ausländischen Direktinvestitionen zusammenhängende Regelungsmaterien“441 einschließlich EUautonomer Regelungen, die Direktinvestitionen aus Drittstaaten einer einheitlichen europäischen Überprüfung und ggf. Beschränkung unterwerfen können. Mit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon liegen nach dieser Ansicht entsprechende Regelungen nicht mehr in der Hand der Mitgliedstaaten.442 Sie könnten nur dann gesetzgeberisch tätig werden, wenn sie hierzu europarechtlich rückermächtigt werden. Ein entprechender Sekundärrechtsakt müsste – nach Zweck und Inhalt – dann Regelungsgegenstände erfassen, die der gemeinsamen Handelspolitik zugeordnet werden können und namentlich dazu dienen, ausländische Direktinvestitionen zu regeln. Ein europäischer Mechanismus zur Überprüfung und im Zweifel auch zur Beschränkung solcher Investitionen würde diese Voraussetzungen geradezu „idealtypisch“ erfüllen.443 Im Ergebnis würden mitgliedstaatliche Regelungen von einem auf Art. 207 Abs. 1 i. V. m. Art. 207 Abs. 2 AEUV gestützen Überprüfungsmechanismus verdrängt und wären unanwendbar. 440

Vgl. Weiß, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim – Art. 207 AEUV, Rn. 40; Benyon, Direct investment, national champions and EU treaty freedoms, S. 83. 441 Weiß, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim – Art. 207 AEUV, Rn. 40. 442 Vgl. Weiß, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim – Art. 207 AEUV, Rn. 43; Bungenberg, Going Global? The EU Common Commercial Policy, in: European yearbook of international economic law 2010, S. 144; ders., Die Kompetenzverteilung zwischen EU und Mitgliedstaaten „nach Lissabon“, in: Internationaler Investitionsschutz und Europarecht, S. 94 f.; Hindelang/ Maydell, Die Gemeinsame Europäische Investitionspolitik – Alter Wein in neuen Schläuchen?, in: Bungenberg/Griebel/Hindelang (Hrsg.), Internationaler Investitionsschutz und Europarecht, S. 72; Hermann, EuZW 2010, 207, 209. 443 Vgl. Hermann, EuZW 2010, 207, 210.

I. Regelungskompetenz der Union

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b) Art. 207 Abs. 1 AEUV i. V. m. Vorschriften der Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit Infrage käme ggf. auch der Rückgriff auf Normen aus dem Kapitel über den Kapital- und Zahlungsverkehr, auf den sich auch Investoren aus Drittstaaten berufen können.444 Hierzu müsste ein entsprechender europäischer Überprüfungsmechanismus in den Anwendungsbereich der Art. 63 ff. AEUV fallen. Speziell im Fall von Direktinvestitionen kommt neben dem Anwendungsbereich der Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit aber grundsätzlich auch die Niederlassungsfreiheit infrage.445 Beteiligungen fallen insbesondere dann in den Anwenungsbereich der Kapitalund Zahlungsverkehrsfreiheit, wenn sie in erster Linie als bloße Geldanlage erfolgen.446 Ist hingegen unklar, ob neben der Geldanlage mit der Investition auch ein bestimmender Einfluss bzw. ein Kontrollanspruch verbunden ist, so grenzt der EuGH die Anwendungsbereiche der Kapitalverkehrs- und der Niederlassungsfreiheit anhand einer Schwerpunktprüfung voneinander ab.447 Sind von einer Regelung potenziell bloße Kapitalbeteiligungen und Investitionen mit bestimmendem Einfluss bzw. Kontrollanspruch gleichermaßen betroffen, lässt der EuGH die Anwendung beider Grundfreiheiten nebeneinander zu.448 Erfasse eine Vorschrift aber überwiegend oder sogar ausschließlich Investitionen, mit denen bestimmender Einfluss bzw. ein Kontrollanspruch verbunden ist, sei für

444 Vgl. EuGH 24. 05. 2007, Rs. C-157/05, Slg. 2007, I-4054 – Winfried L· Holböck/Finanzamt Salzburg-Land, Rn. 28; Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim – Art. 49 AEUV, Rn. 11. 445 Vgl. EuGH, Urt. v. 13. 11. 2012, Rs. C-35/11, RIW 2013, 88 – Test Claimants in the FII Group Litigation/Commissioners of Inland Revenue, The Commissioners for Her Majesty’s Revenue & Customs, Rn. 92; EuGH, Urt. v. 12. 09. 2006, Rs. C-196/04, Slg. 2006, I-8031 – Cadbury Schweppes plc und Cadbury Schweppes Overseas Ltd/Commissioners of Inland Revenue, Rn. 33; Martini, DÖV 2008, 314, 317. 446 Vgl. Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje – Art. 63 AEUV mit Verweis auf EuGH, Urt. v. 21. 10. 2010, Rs. C-81/09, Slg. 2010, I-10161 – Idryma Typou, Rn. 48 sowie EuGH, Urt. v. 17. 09. 2009, Rs. C-182/08, Slg. 2009, I-8591 – Glaxo Wellcome, Rn. 40. 447 Vgl. EuGH, Urt. v. 13. 11. 2012, Rs. C-35/11, RIW 2013, 88 – Test Claimants in the FII Group Litigation/Commissioners of Inland Revenue, The Commissioners for Her Majesty’s Revenue & Customs, Rn. 91 f.; EuGH, Urt. v. 10. 06. 2015, Rs. C-686/13 – X AB; Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje – Art. 63 AEUV, Rn. 65; Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf/ Nettesheim – Art. 63 AEUV, Rn. 318. 448 Vgl. EuGH, Urt. v. 11. 11. 2010, Rs. C-543/08, Slg. 2010, I-11245 – Europäische Kommission/Portugal (Golden Shares Portugal III.), Rn. 44; EuGH, Urt. v. 10. 11. 2011, Rs. C212/09, Slg. 2011, I-10892 – Europäische Kommission/Portugal (Golden Shares Portugal IV.), Rn. 44; EuGH, Urt. v. 21. 10. 2010, Rs. C-81/09, Slg. 2010, I-10161 – Idryma Typou, Rn. 48 ff.; EuGH, Urt. v. 26. 03. 2009, Rs. C-326/07, EuZW 2009, 458, 464 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Italien, Rn. 36; EuGH 24. 05. 2007, Rs. C-157/05, Slg. 2007, I-4054 – Winfried L· Holböck/Finanzamt Salzburg-Land, Rn. 24 ff.

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D. Entwicklung eines kohärenten europäischen Ansatzes

die Anwendbarkeit der Kapitalverkehrsfreiheit neben der Niederlassungsfreiheit kein Platz.449 Ein Mechanismus wie der hier geforderte hätte ausdrücklich zum Ziel, sich gerade und ausschließlich auf die Überprüfung von Direktinvestitionen zu konzentrieren, mit denen – definitionsgemäß – ein bestimmender Einfluss bzw. ein Kontrollanspruch verbunden ist und würde daher – nach der EuGH-Rspr. – wohl allein in den Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit fallen. Portfolioinvestitionen sollen ausdrücklich nicht vom hier geforderten Überprüfungsmechanismus erfasst werden. Als Kompetenznorm käme dann nur der Art. 207 AEUV infrage. Zu einem Konflikt verschiedener, etwaig in Betracht kommender Kompetenzen, auf die der Erlass eines EU-Überprüfungsmechanismus gestützt werden könnte, käme es erst gar nicht. Allerdings dürfte im Sinne einer maximalen Entfaltung des Unionsrechts eine weite Auslegung der grundfreiheitlichen Anwendungsbereiche geboten sein, die es zusätzlich möglich macht, die getroffene Maßnahme auf ihre Verhältnismäßigkeit zu untersuchen. Dementsprechend hält es das Schrifttum für widersinnig bzw. „paradox“450, dass das für eine Beteiligung geltende Schutzniveau sinke, je größer die Beteiligung ausfalle451 und die Niederlassungsfreiheit die Kapitalverkehrsfreiheit verdrängen können soll, ohne freilich tatbestandlich einschlägig zu sein.452 Im Ergebnis stünde ein drittstaatlicher Investor ohne jeden grundfreiheitlichen Schutz da, was weder mit dem Wortlaut der Art. 63 ff. AEUV noch mit deren Sinn und Zweck vereinbar sei.453 Es spricht insofern Einiges für eine Anwendung der Kapitalverkehrsfreiheit neben der Niederlassungsfreiheit, um den geschilderten Problemen wirksam zu begegnen.454 Die fehlende erga-omnes-Liberalisierung zugunsten von 449 Vgl. EuGH, Urt. v. 26. 03. 2009, Rs. C-326/07, EuZW 2009, 458, 464 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Italien, Rn. 39; EuGH, Urt. v. 12. 09. 2006, Rs. C-196/04, Slg. 2006, I-8031 – Cadbury Schweppes plc und Cadbury Schweppes Overseas Ltd/Commissioners of Inland Revenue, Rn. 33; EuGH, Urt. v. 25. 10. 2007, Rs. C-464/05, Slg. 2007, I9344 – Geurts und Vogten, Rn. 16; EuGH, Urt. v. 19. 07. 2012, Rs. C-31/11, EWS 2012, 345 – Marianne Scheunemann/Finanzamt Bremerhaven, Rn. 30; EuGH, Urt. v. 08. 11. 2012, Rs. C244/11, EuZW 2013, 29 – Europäische Kommission/Griechenland, Rn. 30; EuGH, Urt. v. 13. 11. 2012, Rs. C-35/11, RIW 2013, 88 – Test Claimants in the FII Group Litigation/ Commissioners of Inland Revenue, The Commissioners for Her Majesty’s Revenue & Customs, Rn. 92. 450 Schraufl, RIW 2007, 603, 606. 451 Vgl. GA Alber, Schlussanträge v. 14. 10. 1999, C-251/98 Slg. 2000, I-2789 – 2804 – C. Baars vs. Inspecteur der Belastingen Particulieren/Ondernemingen Gorinchem, Rn. 50, Ress/ Ukrow, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim – Art. 63 AEUV, Rn. 314; vereinzelt wird sogar infrage gestellt, ob diese Folge noch der Logik der Grundfreiheiten entspreche, Hindelang, IStR 2013, 77, 80; a. A. Sedlaczek/Züger, in: Streinz/Michl/Bings/Burgi/Dannecker – Art. 63 AEUV, Rn. 35. 452 Vgl. Hindelang, IStR 2013, 77 80; Snell, in: Búrca/Craig (Hrsg.), The evolution of EU law, S. 547 ff., 572. 453 Vgl. Hindelang, JZ 2009, 829, 830 ff., 835 ff.; Hindelang, The free movement of capital and foreign direct investment, S. 17 ff., 170 ff. 454 Vgl. Hindelang, The free movement of capital and foreign direct investment, S. 108 ff.

I. Regelungskompetenz der Union

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Drittstaatsangehörigen auf dem Gebiet der Niederlassungsfreiheit kann dann im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ausreichend berücksichtigt werden.455 aa) Art. 207 Abs. 1 AEUV i. V. m. Art. 65 Abs. 1 lit. b AEUV Denkbar wäre nach dem zuvor Festgestellten, grundsätzlich Art. 207 Abs. 1 AEUV als Kompetenzgrundlage anzuerkennen, hiervon aber im Sinne von Art. 65 Abs. 1 lit. b AEUV gerechtfertigte Abweichungen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit zuzulassen.456 Allerdings stehen Art. 65 AEUV sowie alle in ihm enthaltenen Rechtfertigungsgründe im Kapitel über den Kapital- und Zahlungsverkehr. Zudem heisst es in Art. 65 Abs. 1 AEUV, dass Art. 63 nicht das Recht der Mitgliedstaaten berührt, Maßnahmen zu ergreifen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt sind. Art. 65 Abs. 1 AEUV enthält also die Möglichkeit, auf dem Gebiet der Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit Maßnahmen zu ergreifen, die sich beschränkend auf diese Grundfreiheit auswirken.457 Sowohl seine systematische Stellung als auch der in ihm ausdücklich enthaltene Bezug auf Art. 63 AEUV sprechen dafür, dass Art. 65 Abs. 1 lit. b AEUV nur auf dem Gebiet der Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit anwendbar sein soll.458 Einige Stimmen in der Literatur wollen daher über den Umweg des Art. 207 Abs. 6 AEUV die Rechtfertigungsgründe in Art. 65 Abs. 1 lit. b AEUV auf Art. 207 Abs. 1 AEUV ausdehnen.459 Gleichzeitig bliebe die interne Zuständigkeitsverteilung auch auf dem Gebiet der gemeinsamen Handelspolitik bestehen.460 Allerdings verkennt dieser Ansatz, dass durch Art. 207 Abs. 6 AEUV lediglich sichergestellt werden soll, dass in Umkehrung der sogenannten AETRRspr.461 des EuGH bzw. bei umgekehrter Anwendung von Art. 216 Abs. 1 und Art. 3 455

I. d. S. auch: Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje – Art. 63 AEUV, Rn. 66. Schmitt, Die Kompetenzen der Europäischen Union für ausländische Investitionen in und aus Drittstaaten, S. 281 f.; Beuttenmüller, R. L. R. 2011, 281, 288 f. sowie Günther, Beiträge zum transnationalen Wirtschaftsrecht Nr. 157 v. 08/2018, S. 25, der darauf hinweist, dass der deutsche Gesetzgeber in § 4 Abs. 1 Nr. 4 AWG auf eben diesen europarechtlichen Rechtfertigungsgrund Bezug nimmt. 457 Vgl. Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim – Art. 65 AEUV, Rn. 52. 458 Zu diesem Ergebnis kommt nach grammatischer und systematischer Auslegung auch Günther, Beiträge zum transnationalen Wirtschaftsrecht Nr. 157 v. 08/2018, S. 25. 459 Vgl. Beuttenmüller, R. L. R. 2011, 281 288 f.; Schmitt, Die Kompetenzen der Europäischen Union für ausländische Investitionen in und aus Drittstaaten, S. 281 f. 460 S. hierzu u. m. w. N. zu den unterschiedlichen Begründungsansätzen: Günther, Der Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Europäischen Union, Beiträge zum transnationalen Wirtschaftsrecht Nr. 157 v. 08/2018, S. 25. 461 Vgl. EuGH, Urt. v. 31. 03. 1971, Rs. 22/70, Slg. 1971, 263 ff. – AETR; i. d. S. auch: Beuttenmüller, R. L. R. 2011, 281, 288. 456

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D. Entwicklung eines kohärenten europäischen Ansatzes

Abs. 2 AEUV aus einer reinen Außen- nicht eine zusätzlich bestehende Innenkompetenz abgeleitet und insofern eine Kompetenzerweiterung erreicht wird.462 Art. 207 Abs. 6 AEUV soll folglich zwar auf die interne Zuständigkeitsverteilung zwischen Mitgliedstaat und Union bei der Umsetzung von Maßnahmen der vertraglichen Handelspolitik, gleichzeitig aber gerade nicht auf Maßnahmen der autonomen – also nicht umsetzungsbedürftigen – Handelspolitik wirken.463 Insofern wären über Art. 207 Abs. 6 AEUV die unionsrechtlichen Rechtfertigungsgründe des Art. 65 Abs. 1 lit. b AEUV allenfalls anwendbar, wenn es sich bei dem fraglichen Umsetzungsakt um eine Maßnahme in Bezug auf die vertragliche Handelspolitk handelte.464 Schließlich dürfte aber wohl Art. 65 Abs. 1 lit. b AEUV in erster Linie einen Rechtfertigungsgrund für Beschränkungen der Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit und weniger eine Norm zur „Abgrenzung der Zuständigkeiten“ im Sinne von Art. 207 Abs. 6 AEUV darstellen.465 Im Ergebnis ist nach hier vertretener Auffassung eine auf die Rechtfertigungsgründe des Art. 65 Abs. 1 lit. b AEUV gestützte Abweichung von der Kompetenzgrundlage des Art. 207 Abs. 1 AEUV nicht möglich. bb) Art. 64 Abs. 3 AEUV Wie bereits beschrieben, geht die wohl herrschende Meinung von einem Vorrang des Art. 207 AEUV als lex specialis im Verhältnis zu Art. 64 AEUV aus.466 Es komme entscheidend darauf an, ob es sich um einen Fall der vertraglichen oder der autonomen Handelspolitik handele: Denn während etwa Art. 207 Abs. 1 AEUV ausdrücklich die Kompetenz enthält, auf den dort genannten Gebieten Vertäge abzuschließen, beinhaltet Art. 64 Abs. 2 AEUV eine nur implizite diesbezügliche Kompetenz. Wegen des größeren sachlichen Bezugs gehe daher zumindest auf dem Gebiet der vertraglichen Handelspolitk Art. 207 AEUV dem Art. 64 Abs. 2 AEUV als Kompetenznorm vor.467 Auf dem Gebiet der autonomen Handelspolitik hingegen enthielten sowohl Art. 207 Abs. 1 und Abs. 2 AEUV als auch Art. 64 Abs. 2 und

462

Vgl. Hahn, in: Calliess/Ruffert – Art. 207 AEUV, Rn. 121; Hermann, EuZW 2010, 207 209; Johannsen, Beiträge zum transnationalen Wirtschaftsrecht Nr. 90 v. 08/2009, S. 19. 463 Zur Unterscheidung von autonomer und vertraglicher Außenhandelspolitk s. Weiß, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim – Art. 207 AEUV, Rn. 63 ff.; Hermann, EuZW 2010, 207, 210 f. 464 Vgl. Günther, Beiträge zum transnationalen Wirtschaftsrecht Nr. 157 v. 08/2018, S. 26; Hermann, EuZW 2010, 207, 209 f. 465 I. d. S. auch: Günther, Beiträge zum transnationalen Wirtschaftsrecht Nr. 157 v. 08/2018, S. 26. 466 Vgl. Weiß, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim – Art. 207 AEUV, Rn. 40; Benyon, Direct investment, national champions and EU treaty freedoms, S. 83. 467 Vgl. Johannsen, Beiträge zum transnationalen Wirtschaftsrecht Nr. 90 v. 08/2009, S. 21.

I. Regelungskompetenz der Union

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Abs. 3 AEUV ausdrückliche Kompetenzen.468 Bei genauer Betrachtung könnte hier sogar eine größere Sachnähe für Art. 64 Abs. 2 und Abs. 3 AEUV sprechen: Die Regelungen im Rahmen der Grundfreiheiten zielen auf den Erlass von nach innen wirkenden Rechtsakten. Art. 207 AEUV hingegen beschreibt ein Verfahren zum Abschluss von Abkommen mit Drittstaaten und könnte daher eher als Außenkompetenz zu verstehen sein. Ein Mechanismus, wie er in dieser Arbeit gefordert wird, würde aber als Maßnahme der autonomen Handelspolitik in erster Linie nach innen wirken. Ihn auf Art. 64 Abs. 2 und Abs. 3 AEUV statt auf Art. 207 AEUV zu stützen erscheint daher naheliegend. Und noch weitere Gründe sprechen grundsätzlich dafür, einen entsprechenden Rechtsakt auf Art. 64 Abs. 2 und Abs. 3 AEUV zu stützen: Aus der Sicht der Mitgliedstaaten bestünde die Möglichkeit, nationale Abweichungen von einem europäischen Überprüfungsmechanismus aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit (Art. 65 Abs. 1 lit. b AEUV) zu rechtfertigen. Bereits vorhandene nationale EU-Screening-Vorschriften (wie z. B. im deutschen Außenwirtschaftsrecht) könnten vor diesem Hintergrund bestehen bleiben. Weiterhin wäre gemäß Art. 64 Abs. 3 AEUV für den Erlass eines auf diese Norm gestützten Rechtsakts die Einhaltung eines besonderen Gesetzgebungsverfahrens – inklusive eines einstimmigen Ratsbeschlusses – erforderlich. Jedem Ratsmitglied käme so ein Vetorecht zu, mit dem es die Beschlussfassung blockieren könnte. Das dürfte zwar den (häufig heterogenen) Interessen der Mitgliedstaaten eher entsprechen als der auf Art. 207 Abs. 1 AEUV gestützte Erlass eines europäischen Überprüfungsmechanismus nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in dem einzelne Mitgliedstaaten durch qualifizierte Mehrheit überstimmt werden können.469 Gleichzeitig besteht aber die Gefahr einer politischen Lähmung im Rat, die ein auf Art. 64 Abs. 3 AEUV gestütztes Vorgehen nicht nur schwerfällig, sondern auch ineffizient erscheinen lässt. c) Zwischenergebnis: Art. 207 Abs. 1 AEUV als Kompetenznorm Trotz guter Gründe dafür, einen europäischen Überprüfungsmechanismus auf Art. 64 Abs. 2 und Abs. 3 AEUV zu stützen, erscheint es vorzugswürdig, Art. 207 Abs. 1 AEUV als Kompetenzgrundlage heranzuziehen. Im Wesentlichen spricht hierfür die Maßgabe aus Art. 207 Abs. 1 AEUV, dass nämlich die europäische Handelspolitik „nach gemeinsamen Grundsätzen“470 gestaltet wird. Beließe man den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, auf der Grundlage des ordre-public-Vorbehaltes aus Art. 65 Abs. 1 lit. b AEUV von einem europäischen Überprüfungsmechanismus 468

Vgl. Günther, Beiträge zum transnationalen Wirtschaftsrecht Nr. 157 v. 08/2018, S. 27. So auch Günther, der auf die politische Brisanz von Entscheidungen über Genehmigung oder Nicht-Genehmigung von drittstaatlichen Direktinvestitionen abstellt, s. Günther, Beiträge zum transnationalen Wirtschaftsrecht Nr. 157 v. 08/2018, S. 28. 470 Art. 207 Abs. 1 S. 1 AEUV. 469

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D. Entwicklung eines kohärenten europäischen Ansatzes

abweichende Regelungen zu erlassen, wäre das Ziel einer auf gemeinsamen Grundsätzen aufbauenden EU-Handelspolitik zumindest langfristig gefährdet. Es bestünde darüber hinaus die Gefahr, dass ein unterschiedlicher Umgang mit drittstaatlichem Kapital in den Mitgliedstaaten zu „Rissen innerhalb der EU“ führen und durch Investoren ausgenutzt werden könnte.471 Es ist daher angezeigt, hier Art. 207 AEUV auch dann als einschlägige Kompetenznorm anzuerkennen, wenn der fragliche Sachverhalt zusätzlich in den Anwendungsbereich einer europäischen Grundfreiheit fällt.472 Ein europäischer Überprüfungsmechanismus zum Schutz vor strategischen Investitionen durch Drittstaaten, wie er in dieser Arbeit gefordert wird, wäre demnach auf Art. 207 Abs. 1 AEUV zu stützen und nach Art. 207 Abs. 2 AEUV im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren zu erlassen.

II. Ausgestaltung Wie bereits angedeutet, kann für eine stärkere Rolle der Union bei der Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in zahlreichen Punkten die erst kürzlich in Kraft getretene EU-Screening-VO473 als Blaupause herangezogen werden. An wenigen, gleichwohl entscheidenden Stellen muss die Verordnung allerdings an das hier verfolgte Ziel einer stärkeren Berücksichtigung grenzüberschreitender bzw. gesamteuropäischer Interessen hinsichtlich drittstaatlicher Investitionen in kritischen Bereichen angepasst werden. Im Umgang mit drittstaatlichen Investitionen spielen als sachnächste Instanz speziell die betroffenen Mitgliedstaaten eine wesentliche Rolle. Gleichzeitig ist für die Effektivität eines europäischen Mechanismus ein kohärenter Umgang mit drittstaatlichen Direktinvestitionen erforderlich, der wohl am ehesten durch eine europäische Instanz sichergestellt werden könnte. Auf der Grundlage dieser, teilweise in Konkurrenz miteinander stehenden Interessen muss unter dem Gesichtspunkt der Sachgerechtigkeit über die Aufgaben- bzw. Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten und der EU-Kommission entschieden werden. In den nachstehenden Ausführungen soll deshalb erarbeitet werden, wie ein europäischer Mechanismus, der den beschriebenen Anforderungen genügt und sich möglichst schonend in den bestehenden Regelungsrahmen einfügt, ausgestaltet sein müsste. Eine entscheidende Rolle spielt an dieser Stelle die Frage, welche Aufgaben und Kompetenzen den Mitgliedstaaten bzw. der Kommission zukommen sollen und worauf hierbei insbesondere zu achten wäre. 471

Vgl. Brauneck, EuZW 2018, 188, 189. So auch: Schmitt, Die Kompetenzen der Europäischen Union für ausländische Investitionen in und aus Drittstaaten, S. 280 f. 473 S. hierzu bereits ausführlich: C.I.1.b)dd). 472

II. Ausgestaltung

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1. Die Rolle der Mitgliedstaaten Den Mitgliedstaaten kommt auch im Rahmen einer weiterentwickelten EUScreening-VO eine wesentliche Rolle zu. Speziell in Bezug auf Investitionen mit vorwiegend nationalen Implikationen verfügen gerade die Mitgliedstaaten über die größte Sachnähe zur Beurteilung der konkreten Auswirkungen einer drittstaatlichen Investition auf die nationale Sicherheit oder öffentliche Ordnung. Schon deshalb muss ein entsprechender Mechanismus (auch) auf mitgliedstaatlicher Ebene ansetzen. a) Anwendbarkeit Nach hier vertretener Ansicht wäre ein weiterentwickelter europäischer Überprüfungsmechanismus auf Art. 207 Abs. 1 AEUV zu stützen und daher ein Fall der ausschließlichen Unionszuständigkeit i. S. v. Art. 3 Abs. 1 lit. e AEUV.474 Bestehende nationale Überprüfungsmechanismen wären demnach nur dann und insoweit anwendbar, wie ein entsprechendes Regelwerk eine Rückermächtigung zugunsten der Mitgliedstaaten vorsähe. Die EU-Screening-VO enthält eine solche Rückermächtigung bereits.475 An ihr sollte grundsätzlich festgehalten werden, damit für die Mitgliedstaaten die gesetzgeberische Möglichkeit besteht, mit ihren nationalen Mechanismen als eine „erste Prüfungsinstanz“ tätig zu werden. b) Horizontaler Informationsaustausch Die EU-Screening-VO in ihrer derzeitigen Form sieht bereits leistungsfähige Mechanismen zum Austausch von Informationen zwischen den Mitgliedstaaten im Rahmen von „Kommentaren“476 vor. Ein Kommentar wird direkt an den Zielstaat einer ausländischen Direktinvestition gerichtet und kann in Bezug auf eine vorgenommene nationale Überprüfung aber auch dann abgegeben werden, wenn eine Überprüfung der Investition nicht stattfindet, weil entweder im fraglichen Mitgliedstaat ein Überprüfungsmechanismus nicht existiert oder aber ein Überprüfungsverfahren nicht eingeleitet wird und der entsprechende andere Mitgliedstaat eine von der Investition ausgehende Gefahr für seine Sicherheit oder öffentliche Ordnung befürchtet.477

474 475 476 477

S. bereits oben: D.I.1.c). Vgl. Art. 3 Abs. 1 EU-Screening-VO. Art. 6 Abs. 2 und Art. 7 Abs. 1 EU-Screening-VO. Vgl. C.I.1.b)dd)(2)(b).

164

D. Entwicklung eines kohärenten europäischen Ansatzes

c) Nationale Mechanismen als „erste Instanz“ Eine drittstaatliche Beteiligung betrifft zunächst und unmittelbar den Zielstaat der Investition. Es sollte daher in erster Linie auf sachnächster und damit mitgliedstaatlicher Ebene darüber entschieden werden, ob eine Überprüfung der Investition durchgeführt wird. Sofern es zu einer Überprüfung kommt, sollte sodann am Maßstab des nationalen Mechanismus über die Genehmigung der fraglichen Investition entschieden werden, wobei zu berücksichtigen ist, dass der nationale Überprüfungsmechanismus den schon geregelten Mindeststandards und Rahmenvorgaben aus Art. 3 EU-Screening-VO478 genügt bzw. sich bei der Beurteilung einer Gefährdung für die Sicherheit oder öffentliche Ordnung an den Faktoren orientiert, die beispielhaft in Art. 4 EU-Screening-VO aufgeführt sind. Art. 4 EU-ScreeningVO wäre allerdings um eine grenzüberschreitende Dimension zu erweitern: Damit bei einer später ggf. stattfindenden Überprüfung der nationalen Entscheidung durch die EU-Kommission zumindest in diesem Punkt der gleiche materielle Prüfungsmaßstab angelegt werden kann, sollten die Mitgliedstaaten bei ihrer „erstinstanzlichen“ Entscheidung auf nationaler Ebene auch die voraussichtlich für andere Mitgliedstaaten sowie für Projekte und Programme von Unionsinteresse entstehenden Gefahren für die Sicherheit oder öffentliche Ordnung i. S. v. Art. 4 EU-ScreeningVO479 berücksichtigen und deutlich benennen müssen. Als Grundlage für eine entsprechende Entscheidung dienen die im Rahmen der oben beschriebenen Kooperation durch Kommentare zwischen den Mitgliedstaaten ausgetauschten Informationen, denen aber selbst keine Bindungswirkung zukommt.480 Verfügt ein Mitgliedstaat derzeit nicht über einen Überprüfungsmechanismus, sollte die Verordnung die Einrichtung eines entsprechenden Mechanismus unter Berücksichtigung der beschriebenen Mindeststandards, Rahmenvorgaben und den bei der materiellen Prüfung zu berücksichtigenden Faktoren vorsehen. Die oben beschriebene Möglichkeit, dass nämlich eine Investition deshalb nicht überprüft wird, weil der Zielstaat nicht über ein entsprechendes Verfahren verfügt, bestünde dann folglich nicht mehr. Zusätzlich wäre die Einführung entsprechender Regelungen unter Umständen sogar dazu geeigent, durch eine kontrollierte Überführung staatlicher Unternehmensanteile bislang bestehenden diesbezüglichen Bedenken zu begegnen und eine Privatisierung dieser Beteiligungen zu erreichen.481 Das Ergebnis einer nationalen Überprüfung bzw. die Entscheidung, ein entsprechendes Verfahren nicht zu eröffnen, wären der Kommission mitzuteilen.

478

S. hierzu ausführlich bereits oben: C.I.1.b)dd)(2)(c). Als Unionsinteresse von besonderer Relevanz dürfte in diesem Zusammenhang und aus der Perspektive dieser Arbeit Art. 4 Abs. 1 lit. c EU-Screening-VO, namentlich die europäische Energieversorgungssicherheit, von besonderer Relevanz sein. 480 Vgl. Art. 6 Abs. 9 EU-Screening-VO bzw. Art. 7 Abs. 7. EU-Screening-VO, die davon sprechen, dass die Kommentare nur „in angemessener Weise“ berücksichtigt werden. 481 Vgl. Schuelken, EuR 2018, 577, 591 f. 479

II. Ausgestaltung

165

2. Die Rolle der EU-Kommission Der EU-Kommission kommen durch die Vorschriften der EU-Screening-VO bislang rein moderierende bzw. koordinierende Aufgaben zu. Damit verbleibt die Entscheidung über die Genehmigung einer drittstaatlichen Direktinvestition bislang grundsätzlich allein auf nationaler Ebene. Trotz dieser wichtigen Rolle der Mitgliedstaaten, die im Wesentlichen auch beibehalten werden soll, erscheint es aber erforderlich, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um einen einheitlichen Umgang in der Union mit drittstaatlichen Investitionen sicherzustellen. Wie sich insbesondere am Beispiel des europäischen Kartellverfahrens zeigen lässt,482 kann es hierzu sinnvoll sein, über eine stärkere Stellung der EUKommission nachzudenken. Die folgenden Ausführungen sollen verdeutlichen, welche konkreten Änderungen im aktuell bestehenden Regelungsrahmen in Bezug auf die Kompetenzen der EU-Kommission notwendig sind, um einen kohärenten Umgang mit drittstaatlichem Kapital zu gewährleisten, in welcher Form sie möglichst schonend in das bestehende System eingeflochten werden können und welche Aufgaben dann im Ergebnis durch die Kommission wahrzunehmen wären. a) Vertikaler Informationsaustausch Ein mitgliedstaatlicher Kommentar in Bezug auf eine Investition ist neben dem betreffenden Mitgliedstaat auch der EU-Kommission zu übermitteln. Die EUKommission informiert sodann die anderen Mitgliedstaaten darüber, dass ein Kommentar abgegeben wurde und sorgt so dafür, dass allen Mitgliedstaaten die gleichen Informationen zur Verfügung stehen. Auch im Rahmen eines weiterentwickelten Regelungsansatzes behielte die Kommission ihre Rolle als zentrale Instanz im Hinblick auf den Austausch von Informationen, die drittstaatliche Direktinvestitionen betreffen. Gleichzeitig würden die Kompetenzen der Kommission aber um eine weitere Dimension ergänzt. b) EU-Kommission als „zweite Instanz“ Schon nach aktueller Rechtslage hat die EU-Kommission die Möglichkeit, eine geplante oder abgeschlossene ausländische Direktinvestition – unabhängig davon, ob sie einer nationalen Überprüfung unterzogen wird – darauf zu untersuchen, ob aus ihrer Perspektive durch die fragliche Investition voraussichtlich die Sicherheit oder öffentliche Ordnung in mehr als einem Mitgliedstaat oder Projekte und Programme von Unionsinteresse i. S. v. Art. 8 Abs. 1 EU-Screening-VO beeinträchtigt werden.483 Die EU-Kommission kann bislang in diesem Fall eine „Stellungnahme“ an den

482 483

S. hierzu: Borchardt, Grundlagen der Europäischen Union, Rn. 1265 ff. Vgl. Art. 6 Abs. 3 bzw. Art. 7 Abs. 2 EU-Screening-VO.

166

D. Entwicklung eines kohärenten europäischen Ansatzes

entsprechenden Zielstaat richten.484 Dieser berücksichtigt dann „in angemessener Weise“485 die Stellungnahme der Kommission bzw. trägt ihr „umfassend Rechnung“486 soweit Projekte oder Programme von Unionsinteresse487 beeinträchtigt werden. In beiden Fällen kommt den Stellungnahmen aber im Augenblick keine bindende Wirkung zu.488 In diesem Punkt erscheinen wesentlich erweiterte Handlungsmöglichkeiten für die Kommission notwendig, um einer Gefährdung für die Sicherheit oder öffentliche Ordnung (i. S. v. Art. 4 EU-Screening-VO) in einem ggf. nur mittelbar betroffenen Mitgliedstaat bzw. für ein Projekt oder Programm von Unionsinteresse wirksam zu begegnen.489 Konkret wäre, bevor sie tätig wird, durch die Kommission zu prüfen, ob von einer drittstaatlichen Investition eine Gefahr für die Sicherheit oder öffentliche Ordnung nicht nur für den Zielstaat, sondern darüber hinaus für mindestens einen weiteren Mitgliedstaat und/oder für ein Projekt oder Programm von Unionsinteresse ausgeht. Stellt die Kommission bei ihrer Überprüfung eine entsprechende Gefährdung fest und kommt der Zielstaat der Investition bei seiner nationalen Überprüfung zu einem anderen Ergebnis, ist es im Sinne eines kohärenten Umgangs mit drittstaatlichen Direktinvestitionen angezeigt, einander widersprechende Überprüfungsentscheidungen490 durch Mitgliedstaat und Kommission zu vermeiden. Hierzu könnte insbesondere eine weitgehende und von den Stellungnahmen der Kommission ausgehende sowie für die betroffenen Mitgliedstaaten geltende Bindungswirkung beitragen.491 Die endgültige Entscheidung über die Genehmigung einer drittstaatlichen Investition, die mehr als einen Mitgliedstaat oder aber ein Projekt oder Programm von Unionsinteresse betrifft, läge dann auf europäischer Ebene bzw. in den Händen der Kommission.

484

Zum entsprechenden Verfahren s. ausführlich C.I.1.b)dd)(2)(b)(bb). Art. 6 Abs. 9 EU-Screening-VO bzw. Art. 7 Abs. 7. EU-Screening-VO. 486 S. zur Unverbindlichkeit einer Stellungnahme sowie zur Frage, wann ihr durch die Kommission „umfassend Rechnung“ getragen wird: C.I.1.b)dd)(3). 487 S. hierzu Art. 8 EU-Screening-VO sowie C.I.1.b)dd)(2)(b)(dd). 488 Vgl. C.I.1.b)dd)(3). 489 Vgl. D.II.1.c). 490 In diesem Zusammenhang bezeichnet der Ausdruck „Überprüfungsentscheidung“ im weiteren Verlauf dieser Arbeit eine in Anwendung eines Überprüfungsmechanismus getroffene Maßnahme, vgl. Art. 2 Nr. 6 EU-Screening-VO. 491 In struktureller Hinsicht ähnlich ausgestaltet war der ursprüngliche Verordnungsvorschlag zu Art. 11 Richtlinie 2009/73/EG, vgl. C.I.2.c)bb)(2). Ein ähnliches Verhältnis von mitgliedstaatlichen und Entscheidungen der EU-Kommission ist auch im EU-Kartellrecht zu finden, vgl. Borchardt, Grundlagen der Europäischen Union, Rn. 1268 sowie im EU-Beihilfeverfahren, vgl. hierzu Art. 107 f. AEUV und speziell Art. 108 Abs. 2 AEUV, durch den der Kommission das Recht eingeräumt wird, im Falle der Unvereinbarkeit einer staatlichen Beihilfe mit den Regeln des Binnenmarktes den betreffenden Mitgliedstaat – verbindlich – dazu aufzufordern, die fragliche Beihilfe „aufzuheben oder umzugestalten“. 485

III. Zusammenfassung und Zwischenergebnis

167

III. Zusammenfassung und Zwischenergebnis Durch die hier vorgeschlagenen Änderungen in der EU-Screening-VO wird für die Mitgliedstaaten die Einrichtung eines Überprüfungsmechanismus auf der Grundlage einheitlicher Mindeststandards und Rahmenvorgaben bzw. Faktoren, die für die Feststellung einer Gefahr für die Sicherheit oder öffentliche Ordnung von Relevanz sein können, zur Pflicht. Hierdurch kann verhindert werden, dass es durch einen unterschiedlichen nationalen Umgang mit ausländischem Kapital zu „Rissen“492 im Gesamtgefüge aller jeweils mitgliedstaatlichen Überprüfungsmechanismen kommt, die sich drittstaatliche Investoren zunutze machen könnten.493 Die hier vorgeschlagenen Modifikationen sehen vor, Entscheidungen auf der sachnächsten Ebene zu treffen und führen hierdurch mutmaßlich zu einer größeren Akzeptanz auf Seiten der Mitgleidstaaten für die Einrichtung eines europäischen Mechanismus. Hierzu bleiben die Mitgliedstaaten für die Überprüfung drittstaatlicher Investitionen grundsätzlich zuständig. Durch eine entsprechende Modifikation von Art. 4 EU-Screening-VO sind durch die Mitgliedstaaten – in quasi „erster Instanz“ – im Rahmen der Überprüfung auch grenzüberschreitende Implikationen im Zusammenhang mit der Investition zu berücksichtigen. Besteht eine Gefahr für die Sicherheit oder öffentliche Ordnung für mehr als einen Mitgliedstaat oder aber für ein Projekt oder Programm von Unionsinteresse, hat der überprüfende Mitgliedstaat die fragliche Investition zu untersagen. Lässt der fragliche Mitgliedstaat die Investition zu, hätte die EU-Kommission nunmehr – quasi in „zweiter Instanz“ – die Möglichkeit ihrerseits zu prüfen, ob aus ihrer Sicht von der Investition voraussichtlich eine Gefährdung der Sicherheit oder öffentlichen Ordnung in mehr als einem Mitgliedstaat oder für ein Projekt oder Programm von Unionsinteresse ausgeht. Für die Kommission bestünde – wie bisher auch – die Möglichkeit, eine Stellungnahme an den betreffenden Mitgliedstaat zu richten, in der sie die Anpassung der nationalen Überprüfungsentscheidung an ihre eigene Auffassung verlangen kann. Im Unterschied zur derzeitigen Rechtslage wäre die Stellungnahme der Kommission allerdings für den in „erster Instanz“ überprüfenden Mitgliedstaat bindend. Durch die hier beschriebenen, ihrem Umfang nach recht überschaubaren Änderungen in der EU-Screening-VO kann schnell und effektiv ein kohärenter und deutlich effektiverer Rahmen zum Umgang mit drittstaatlichen Direktinvestitionen geschaffen werden, der politisch motivierte Alleingänge einzelner Mitgliedstaaten wirksam verhindert und gleichzeitig dazu geeignet ist, dem strukturellen Ungleichgewicht zwischen insbesondere kleineren Mitgliedstaaten und finanzkräftigen, nicht selten staatlich finanzierten und kontrollierten Investoren aus Drittstaaten wirksam zu begegnen. 492 493

Brauneck, EuZW 2018, 188, 189. Vgl. Brauneck, EuZW 2018, 188, 189.

168

D. Entwicklung eines kohärenten europäischen Ansatzes

Im Ergebnis würde ein leistungsfähiger Mechanimus geschaffen, der für die Europäische Union konkrete Handlungsmöglichkeiten vorsieht und einen effektiven Schutz vor drittstaatlichem Kapital bietet, wo dieser zur Verteidigung strategischer Interessen notwendig ist.

IV. Rechtliche Umsetzbarkeit Auch die Europäische Union bewegt sich, wird sie gesetzgeberisch tätig, keinesfalls im rechtsfreien Raum. Von ihr erlassene Rechtsakte müssen vielmehr in Einklang mit Unionsrecht stehen und sich darüber hinaus am Maßstab des internationlen Wirtschaftsrechts messen lassen.

1. Vereinbarkeit mit Unionsrecht Die Grundfreiheiten dienen dazu, einen einheitlichen Europäischen Binnenmarkt zu errichten,494 der den freien Verkehr von Waren, Personen, Dienstleitstungen und Kapital gewährleistet sowie für einen unverfälschten Wettbewerb sorgt. Sie bieten insbesondere Angehörigen der Mitgliedstaaten Schutz vor nationalen Maßnahmen, die die Verwirklichung des Binnenmarktes gefährden. Adressaten der Grundfreiheiten sind insofern also vornehmlich die EU-Mitgliedstaaten. Zusätzlich geht der EuGH – jedenfalls für die Warenverkehrsfreiheit – beim Erlass von Sekundärrecht in st. Rspr. von einer Bindung auch der Unionsorgane an die Grundfreiheiten sowie – ähnlich wie bei nationale Maßnahmen – von der entsprechenden Anwendbarkeit der Rechtfertigungsgründe inklusive einer Verhältnismäßigkeitsprüfung aus.495 Wegen ihrer „gemeinsamen dogmatischen Grundstruktur“496 bildete sich in der Judikatur eine strukturelle Angleichung aller Marktfreiheiten heraus, die die Übertragung 494

Vgl. Art. 3 Abs. 3 EUV, Art. 26 AEUV. Vgl. in st. Rspr.: EuGH, Urt. v. 17. 05. 1994, Rs. 15/83, Slg. 1984, 2171 – Denkavit, Rn. 15, EuGH, Urt. v. 09. 08. 1994, Rs. C-51/93, Slg. 1994, I-3879 – Meyhui, Rn. 11; EuGH, Urt. v. 26. 10. 2000, Rs. C-165/99, Slg. 2001, I-5901 – Schwarzkopf, Rn. 37 ff.; EuGH, Urt. v. 12. 07. 2005, verb. Rs. C-154/04 u. C-155/04, Slg. 2005, I-6451 – Alliance for Natural Health, Rn. 47 ff.; sowie Herdegen, Europarecht §14, Rn. 11. Ausführlich zur Bindung des Unionsgesetzgebers an die Grundfreiheiten: Zazoff, Der Unionsgesetzgeber als Adressat der Grundfreiheiten, im Hinblick auf eine Bindung des Unionsgesetzgebers hingegen ablehnend: Kingreen, in: Calliess/Ruffert – Art. 36 AEUV, Rn. 109 f., der hauptsächlich auf eine fehlende Gefährdungslage abstellt, dabei aber den in dieser Arbeit behandelten Fall einer Maßnahme unberücksichtigt lässt, die jedenfalls im Verhältnis zu Drittstaaten die Beschränkung einer Marktfreiheit bedeutet. 496 Epiney, Diskriminierungsverbote aus Gründen der Staatsangehörigkeit, in: Bieber/ Epiney/Haag/Kotzur, Rn. 9; Ress/Ukrow sprechen hingegen von „deutlichen Parallelen zu den vergleichbaren Ausnahmebestimmungen“, vgl. Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim – Art. 65 AEUV, Rn. 52. 495

IV. Rechtliche Umsetzbarkeit

169

verschiedener, ursprünglich in Bezug auf die Warenverkehrsfreiheit entwickelter Rechtsprechung auf andere Grundfreiheiten zulässt497 und dürfte daher auch die zur Warenverkehrsfreiheit getroffene EuGH-Rspr. im Hinblick auf die Bindung von Unionsorganen an die Grundfreiheiten entsprechend übertragbar sein. Neben den Mitgliedstaaten sind daher alle Organe der Union insbesondere bei der Rechtsetzung an das europäische Primärrecht und damit – jedenfalls dem Grunde nach – auch an die europäischen Grundfreiheiten gebunden. a) Einschlägiger Anwendungsbereich: Niederlassungsfreiheit und/oder Kapitalverkehrsfreiheit? Wie bereits in anderem Kontext diskutiert,498 muss der hier vorgeschlagene Mechanismus auch bei angenommener Kompetenz nach Art. 207 Abs. 1 AEUV i. V. m. Art. 207 Abs. 2 AEUV inhaltlich/meteriell mit den Grundfreiheiten in Einklang stehen. Insoweit kommt hier eine Verletzung der Niederlassungsfreiheit sowie der Kapitalverkehrsfreiheit in Betracht. aa) Niederlassungsfreiheit (Art. 49 ff. AEUV) Die Niederlassungsfreiheit schützt in sachlicher Hinsicht insbesondere Direktinvestitionen, die sich nach der Rspr. des EuGH dadurch auszeichnen, dass mit ihnen „bestimmender“499 bzw. „sicherer“500 Einfluss verbunden ist. Art. 2 Nr. 1 EU-Screening-VO definiert „ausländische Direktinvestitionen“ jedoch als „eine durch einen ausländischen Investor getätigte Investition zur Schaffung oder Aufrechterhaltung dauerhafter und direkter Beziehungen zwischen dem ausländischen Investor und dem (…) Unternehmen, für das das Kapital (…) bereitgestellt wird, einschließlich501 Investitionen, die eine effektive Beteiligung an der Verwaltung oder Kontrolle eines Unternehmens ermöglichen (…).“ Diese zweideutige Formulierung könnte zu der Annahme verleiten, es gebe neben klassischen auch solche Direktinvestitionen, mit denen nicht zwingend ein bestimmender oder sicherer Einfluss auf das Zielunternehmen verbunden ist, die aber eine stärkere Verbindung zwischen Investor und Zielunternehmen begründen als eine bloße

497

Statt Vieler: Vgl. Herdegen, Europarecht, S. 284. S. zur Disskussion um die Europarechtskonformität des deutschen Außenwirtschaftsrechts bereits oben: C.I.1.a)aa)(2). 499 EuGH, Urt. v. 08. 11. 2012, Rs. C-244/11, EuZW 2013, 29 – Europäische Kommission/ Griechenland, Rn. 19 ff. 500 EuGH, Urt. v. 09. 03. 1999, Rs. C-212/97, Slg. 1999, I-1484 – Centros Ltd/Erhvervs- og Selskabsstyrelsen. 501 Hervorhebung durch den Verfasser. 498

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D. Entwicklung eines kohärenten europäischen Ansatzes

Portfolioinvestition.502 Da aber mit einer solchen Beteiligung zumindest kein bestimmender bzw. sicherer Einfluss verbunden wäre, wäre für eine solche Investition, die sich irgendwo „zwischen Kontrollerwerb und Portfolioinvestition“503 befände, zumindest der Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit nicht eröffnet. Ferner ist einem drittstaatlichen Investor schon aus persönlichen Gründen eine Berufung auf die Niederlassungsfreiheit verwehrt, da sie nur für EU-Mitgliedstaaten schützende Wirkung entfaltet.504 Schon aus diesem Grund ist hier im Hinblick auf die EU-Screening-VO der Anwendungsbereich von Art. 49 AEUV nicht eröffnet. bb) Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 ff. AEUV) Ein wesentliches Merkmal, das die Kapitalverkehrsfreiheit von den anderen Grundfreiheiten unterscheidet, ist die Anwendbarkeit von Art. 63 ff. AEUV auch bei Sachverhalten mit drittstaatlicher Beteiligung.505 Klassischerweise schützt sie speziell solche Investitionen, die als reine Geldanlage erfolgen.506 Kommen in sachlicher Hinsicht grundsätzlich sowohl der Anwendungsbereich der Niederlassungs- als auch der Kapitalverkehrsfreiheit infrage, nimmt der EuGH eine Abgrenzung anhand einer Schwerpunktprüfung in Bezug auf die fragliche Regelung vor und entscheidet anhand derer, nach welcher Grundfreiheit er den Sachverhalt beurteilt.507 Falle die Abgrenzung nicht klar zugunsten eines Anwendungsbereiches aus, sondern kommen vielmehr die Anwendungsbereiche sowohl von Art. 49 ff. AEUV als auch von Art. 63 ff. AEUV sachlich infrage, sei es möglich, Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit nebeneinander anzuwenden.508 502 Vgl. m. w. N. Günther, Beiträge zum transnationalen Wirtschaftsrecht Nr. 157 v. 08/ 2018, S. 32. 503 Günther, Beiträge zum transnationalen Wirtschaftsrecht Nr. 157 v. 08/2018, S. 32. 504 Vgl. Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim – Art. 49 AEUV, Rn. 11; s. auch D.IV.1.a) aa). 505 Vgl. EuGH, Urt. v. 14. 12. 1995, verb. Rs. C-163/94, C-165/94 u. C-250/94, Slg. 1995, I4830 – Sanz de Lera. 506 Vgl. Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje – Art. 63 AEUV, Rn. 65 mit Verweis auf EuGH, Urt. v. 21. 10. 2010, Rs. C-81/09, Slg. 2010, I-10161 – Idryma Typou, Rn. 48 sowie EuGH, Urt. v. 17. 09. 2009, Rs. C-182/08, Slg. 2009, I-8591 – Glaxo Wellcome, Rn. 40. 507 Vgl. EuGH, Urt. v. 13. 11. 2012, Rs. C-35/11, RIW 2013, 88 – Test Claimants in the FII Group Litigation/Commissioners of Inland Revenue, The Commissioners for Her Majesty’s Revenue & Customs, Rn. 91 f.; Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje – Art. 63 AEUV, Rn. 65; Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim – Art. 63 AEUV, Rn. 318. 508 Vgl. EuGH, Urt. v. 11. 11. 2010, Rs. C-543/08, Slg. 2010, I-11245 – Europäische Kommission/Portugal (Golden Shares Portugal III.), Rn. 44; EuGH, Urt. v. 10. 11. 2011, Rs. C212/09, Slg. 2011, I-10892 – Europäische Kommission/Portugal (Golden Shares Portugal IV.), Rn. 44; EuGH, Urt. v. 21. 10. 2010, Rs. C-81/09, Slg. 2010, I-10161 – Idryma Typou, Rn. 48 ff.; EuGH, Urt. v. 26. 03. 2009, Rs. C-326/07, EuZW 2009, 458, 464 – Kommission der Europäi-

IV. Rechtliche Umsetzbarkeit

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In Fällen hingegen, in denen die fragliche Regelung in klarer Weise überwiegend oder sogar ausschießlich Investitionen erfasse, mit denen ein bestimmender oder sicherer Einfluss am Zielunternehmen verbunden sei, komme für den Investor neben der Niederlassungsfreiheit kein gleichzeitiger Schutz durch die Kapitalverkehrsfreiheit infrage.509 Für die hier untersuchte Verordnung bedeutet das Folgendes: Die oben bereits beschriebene unklare Formulierung in der Definition von ausländischen Direktinvestitionen aus Art. 2 Nr. 1 EU-Screening-VO kann so verstanden werden, dass neben klassischen Direktinvestitionen von der Verordnung auch solche Investition erfasst werden, mit denen kein bestimmender bzw. sicherer Einfluss auf das Zielunternehmen verbunden ist. Es müsste dann festgehalten werden, dass die Verordnung bei entsprechender Auslegung zumindest keine vollkommen trennscharfe Abgrenzung der in Betracht kommenden Grundfreiheiten zulässt und dass deshalb eine Prüfung der Kapitalverkehrsfreiheit neben der Niederlassungsfreiheit jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen wäre. Es dürfte allerdings davon auszugehen sein, dass der Verordnungsgeber lediglich klarstellen wollte, dass neben dem Erwerb von Unternehmensbeteiligungen auch sogenannte „Greenfield Investments“510 von Art. 2 Nr. 1 EU-Screening-VO erfasst werden sollen. Es ist jedenfalls kein darüber hinaus reichendes Motiv der EUKommission erkennbar, das für eine intendierte Verwässerung der bislang bestehenden Abgrenzung zwischen den verschiedenen Investitionsarten spricht.511 Wahrscheinlicher ist aber wohl, dass mit der fraglichen Formulierung ein spezifizierender Teilaspekt der Definition, namentlich der Kontrollerwerb, besonders betont werden sollte. Schließt man sich dieser, auch hier vertretenen Interpretation von Art. 2 Nr. 1 an, wären folglich durch die EU-Screening-VO nur solche Investitionen erfasst, die klassischerweise und auch in der Rspr. des EuGH als Direktinvestitionen verstanden werden. Die Verordnung regelt damit also überwiegend, wenn nicht sogar ausschen Gemeinschaften/Italien, Rn. 36; EuGH 24. 05. 2007, Rs. C-157/05, Slg. 2007, I-4054 – Winfried L· Holböck/Finanzamt Salzburg-Land, Rn. 24 ff. 509 Vgl. EuGH, Urt. v. 26. 03. 2009, Rs. C-326/07, EuZW 2009, 458, 464 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Italien, Rn. 39; EuGH, Urt. v. 12. 09. 2006, Rs. C-196/04, Slg. 2006, I-8031 – Cadbury Schweppes plc und Cadbury Schweppes Overseas Ltd/Commissioners of Inland Revenue, Rn. 33; EuGH, Urt. v. 25. 10. 2007, Rs. C-464/05, Slg. 2007, I9344 – Geurts und Vogten, Rn. 16; EuGH, Urt. v. 19. 07. 2012, Rs. C-31/11, EWS 2012, 345 – Marianne Scheunemann/Finanzamt Bremerhaven, Rn. 30; EuGH, Urt. v. 08. 11. 2012, Rs. C244/11, EuZW 2013, 29 – Europäische Kommission/Griechenland, Rn. 30; EuGH, Urt. v. 13. 11. 2012, Rs. C-35/11, RIW 2013, 88 – Test Claimants in the FII Group Litigation/ Commissioners of Inland Revenue, The Commissioners for Her Majesty’s Revenue & Customs, Rn. 92. 510 Shenkar/Luo/Chi, International business, S. 370. 511 I. d. S. zur Auslegung der Definition in Art. 2 Nr. 1 EU-Screening-VO auch: Günther, Beiträge zum transnationalen Wirtschaftsrecht Nr. 157 v. 08/2018, S. 33.

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D. Entwicklung eines kohärenten europäischen Ansatzes

schließlich Investitionen, mit denen ein bestimmender oder sicherer Einfluss am Zielunternehmen verbunden ist und fällt deshalb ihrem Schwerpunkt nach in den Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit. Eine zusätzliche Prüfung am Maßstab der Kapitalverkehrsfreiheit wäre – zumindest nach Ansicht des EuGH – versperrt. Da allerdings die Niederlassungsfreiheit – wie gezeigt – in persönlicher Hinsicht nicht auf Angehörige von Drittstaaten anwendbar ist, griffe zugunsten eines ausländischen Investors keine der europäischen Grundfreiheiten ein. Deutlich wertungsgerechter erscheint es allerdings, den Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit im Sinne des „effet utile“ tunlichst weit zu fassen, um eine möglichst umfassende Entfaltung des Unionsrechts zu erreichen.512 Hierfür spricht auch, dass andernfalls mit steigender Höhe der Beteiligung der zugunsten eines drittstaatlichen Investors bestehende Schutz durch die europäischen Grundfreiheiten sinkt.513 Es ist außerdem nur schwer nachvollziehbar, dass Art. 49 ff. AEUV die Kapitalverkehrsfreiheit verdrängen können soll, obwohl – wie gezeigt – die Niederlassungsfreiheit tatbestandlich (genauer: in persönlicher Hinsicht) gerade nicht auf Drittstaatensachverhalte anwendbar ist.514 Im Ergebnis wäre ein drittstaatlicher Investor jedes grundfreiheitlichen Schutzes beraubt, was bei teleologischer sowie bei genauer Betrachtung des Wortlautes wohl nicht mit Art. 63 ff. AEUV in Einklang zu bringen sein dürfte.515 Die in Art. 49 ff. AEUV fehlende Liberalisierung auch gegenüber Drittstaaten würde dann – damit diesem Umstand dennoch ausreichend Rechnung getragen wird – in besonderer Weise im Rahmen der Rechtfertigungsprüfung von Art. 63 ff. AEUV berücksichtigt.516 cc) Zusammenfassung und Zwischenergebnis Nachdem festgestellt werden konnte, dass der Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit zwar in sachlicher, nicht aber in persönlicher Hinsicht eröffnet ist, wurde untersucht, ob stattdessen ein drittstaatlicher Schutz durch die Kapitalverkehrsfreiheit infrage kommt. Die Kapitalverkehrsfreiheit schützt zwar in persönlicher Hinsicht auch Angehörige aus Drittstaaten. Fraglich war allerdings, ob auch der sachliche Schutzbereich der Art. 63 ff. AEUV eröffnet ist. Grundsätzlich kommt die 512 Grundsätzlich spricht sich der EuGH i. S. d. „effet utile“ für eine weite Auslegung der grundfreiheitlichen Anwendungsbereiche aus, vgl. EuGH, Beschl. v. 17. 07. 1980, Rs. 792/79, Slg. 1980, 119 – Camera Care, Rn. 17. 513 Vgl. GA Alber, Schlussanträge v. 14. 10. 1999, C-251/98 Slg. 2000, I-2789 – 2804 – C. Baars vs. Inspecteur der Belastingen Particulieren/Ondernemingen Gorinchem, Rn. 50; Ress/ Ukrow, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim – Art. 63 AEUV, Rn. 314; Hindelang stellt gar infrage, ob das noch der Logik der Grundfreiheiten entspreche, vgl. Hindelang, IStR 2013, 77 80; a. A. Sedlaczek/Züger, in: Streinz/Michl/Bings/Burgi/Dannecker – Art. 63 AEUV, Rn. 35. 514 I. d. S. auch: Hindelang, IStR 2013, 77, 80; Snell, in: Búrca/Craig (Hrsg.), The evolution of EU law, S. 547 ff., 572. 515 So auch: Hindelang, JZ 2009, 829, 830 ff., 835 f.; Hindelang, The free movement of capital and foreign direct investment, S. 17 ff., S. 170 ff. 516 Vgl. Wojcik, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje – Art. 63 AEUV, Rn. 66.

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Prüfung der Niederlassungs- und der Kapitalverkehrsfreiheit nebeneinander nach der Ansicht des EuGH nur dann in Betracht, wenn der Schwerpunkt der in Rede stehenden Vorschriften nicht klar der einen oder der anderen Grundfreiheit zugeordnet werden kann. Obwohl die Definition einer ausländischen Direktinvestition in Art. 2 Nr. 1 EU-Screening-VO eine entsprechende Interpretation zulässt, sollen durch die fragliche Formulierung nach hier vertretener Ansicht nicht auch Beteiligungen von der Verordnung erfasst werden, die i. S. d. Rspr. des EuGH keinen bestimmenden Einfluss am Zielunternehmen vermitteln. Der Schwerpunkt der EU-Screening-VO läge somit auf Investitionen, mit denen ein bestimmender bzw. sicherer Einfluss verbunden ist und fiele exklusiv und ausschließlich in den Anwendungsbereich von Art. 63 ff. AEUV. Gleichwohl konnte gezeigt werden, dass nach hier vertretener Ansicht und entgegen der bisherigen EuGH-Rspr. die besseren Argumente dafür sprechen, eine Prüfung der Kapitalverkehrsfreiheit neben der (nur in sachlicher Hinsicht einschlägigen) Niederlassungsfreiheit zuzulassen. Im Ergebnis ist hier also der Schutzbereich von Art. 63 ff. AEUV eröffnet und die EU-Screening-VO am Maßstab dieser Grundfreiheit zu messen. b) Eingriff Schon wenn eine Regelung Investitionen potenziell und mittelbar weniger attraktiv macht, liegt für den EuGH eine relevante Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit vor.517 Insbesondere einer konkreten Beeinträchtigung bedarf es nicht.518 Die EU-Screening-VO birgt durch die hier vorgeschlagenen Modifikationen aus der Sicht eines drittstaatlichen Investors die Gefahr, dass selbst Investitionen, die durch den Zielstaat genehmigt wurden, durch die EU-Kommission in quasi „zweiter Instanz“ abgelehnt werden können. Schon diese Tatsache macht Investitionen für Angehörige aus Drittstaaten weniger attraktiv. Eine Beeinträchtigung und damit ein Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit liegt somit vor. c) Unionsrechtliche Rechtfertigung Art. 63 AEUV sieht ein Verbot für Beschränkungen des Kapitalverkehrs „zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Län517 Vgl. EuGH, Urt. v. 28. 09. 2006, verb. Rs. C-282/04 u. C-283/04, Slg. 2006, I-9141 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/NL, Rn. 20 f. 518 Vgl. m. w. N. Tietje, Beschränkungen ausländischer Unternehmensbeteiligungen zum Schutz vor „Staatsfonds“, Policy Papers on Transnational Economic Law Nr. 26 v. 12/2007, S. 5.

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D. Entwicklung eines kohärenten europäischen Ansatzes

dern“519, allerdings gerade nicht im Verhältnis von Union und Drittstaaten vor. Im gleichen Kontext spricht auch der Wortlaut des Art. 65 Abs. 1 lit. b AEUV davon, dass Art. 63 AEUV nicht das Recht der Mitgliedstaaten520 berührt, Maßnahmen zu ergreifen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt sind. Im Raum steht hier allerdings eine sekundärrechtliche Beschränkung durch die Union und gerade keine Maßnahme eines Mitgliedstaates. Hieraus könnte zu folgern sein, dass schon eine Bindung an die hier einschlägige Kapitalverkehrsfreiheit für Maßnahmen der Union nicht besteht. Es bestünde dann im Hinblick auf die hier diskutierte Verordnung – mangels Bindung an die Kapitalverkehrsfreiheit – nicht die Notwendigkeit einer Rechtfertigung der Maßnahme. Sie wäre unionsrechtskonform. Wie bereits gezeigt, finden aber die Grundfreiheiten und damit die jeweils einschlägigen Rechtfertigungsgründe auch bei Maßnahmen durch die Union grundsätzlich Anwendung.521 Dieser Befund gilt insbesondere für die Kapitalverkehrsfreiheit und Maßnahmen mit drittstaatlichem Bezug: Ohne die Möglichkeit – jedenfalls zum Schutz der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit – den freien Kapitalverkehr einzuschränken, ergäbe sich eine vorbehaltlose Wirkung des Art. 63 AEUV zugunsten von Drittstaaten. Andererseits können auch Einschränkungen der Kapitalverkehrsfreiheit nicht vorbehaltlos möglich sein, ohne dadurch den explizit in Art. 63 AEUV ausbuchstabierten Unterschied zu den anderen Grundfreiheiten (und insbesondere zur Niederlassungsfreiheit), namentlich die Liberalisierung zugunsten von Drittstaaten, – jedenfalls potenziell – aufzuheben. Im Ergebnis bestünde zugunsten der Union die Möglichkeit, durch Sekundärrecht (hier die modifizierte EUScreening-VO) zum Schutz der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit Maßnahmen zu erlassen, die die Kapitalverkehrsfreiheit auch im Verhältnis zu Drittstaaten einschränken. Gleichzeitig hätte der Unionsgesetzgeber dabei allerdings den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Der hier aufgeworfenen Diskussion kommt allerdings im vorliegenden Fall nur dann Bedeutung zu, wenn der Eingriff durch die modifizierte EU-Screening-VO vor dem Hintergrund der Kapitalverkehrsfreiheit nicht gerechtfertigt werden kann. aa) Rechtfertigungsgrund: Öffentliche Ordnung oder Sicherheit (Art. 65 Abs. 1 lit b AEUV) Zur Rechtfertigung einer Einschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit kommen hier – zumindest in entsprechender Anwendung – Maßnahmen zum Schutz gerade der europäischen öffentlichen Ordnung oder Sicherheit im Sinne des Art. 65 Abs. 1 519 520 521

Art. 63 Abs. 1 AEUV, Hervorhebungen durch den Verfasser. Hervorhebung durch den Verfasser. S. hierzu bereits oben: D.IV.1.

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lit. b AEUV jedenfalls dann infrage, wenn eine tatsächlich bestehende und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Union berührt.522 Durch die hier vorgeschlagenen Modifikationen in der EU-Screening-VO sollen legislative Lücken in den Mitgliedstaaten geschlossen werden, die bislang über keinen Überprüfungsmechanismus verfügen. Sie räumen außerdem der Kommission das Recht ein, bindende Stellungnahmen an die Mitgliedstaaten zu richten, wenn neben dem Zielland einer Investition für mindestens einen weiteren Mitgliedstaat oder ein Projekt/Programm von Unionsinteresse eine Gefahr ausgeht. Gerade in Zeiten einer immer mehr auf volatile erneuerbare Quellen setzenden Energieversorgung spielt das zuverlässige und grenzüberschreitende Zusammenspiel nationaler Energienetze eine wesentliche Rolle. Beeinträchtigungen in einem Teil des europäischen Gesamtnetzes haben zunehmend Auswirkungen auch auf andere Teile des Netzes.523 Nationalen Entscheidungen über die Genehmigung von potenziell schädlichen drittstaatlichen Investitionen kommt daher neben einer mitgliedstaatlichen eine immer stärker werdende grenzüberschreitend-europäische Bedeutung für die zuverlässige Versorgung mit Energie zu. Die hier diskutierte EU-Screening-VO in modifizierter Fassung begegnet mit den vorgeschlagenen Anpassungen dieser Problematik und dient damit der europäischen Energieversorgungssicherheit, aber darüber hinaus ebenfalls dem Schutz von Infrastrukturen in all jenen Schlüsselindustrien, denen in der Rspr. des EuGH eine strategische Bedetung beigemessen wird.524 Die hier festgestellte Beeinträchtigung der Kapitalverkehrsfreiheit zulasten von drittstaatlichen Investoren könnte folglich auf der Grundlage der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit im Sinne von Art. 65 Abs. 1 lit b AEUV gerechtfertigt sein. bb) Verhältnismäßigkeit der Maßnahme Die hier vorgeschlagenen Modifikationen in der EU-Screening-VO leisten einen Beitrag dazu, strategisch motivierten, aus der Perspektive der europäischen Ener522 Vgl. EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-483/99, Slg. 2002, I-4781 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Französische Republik unterstützt durch Königreich Spanien u. GB, Rn. 48; EuGH, Urt. v. 13. 03. 2000, Rs. C-54/99, Slg. 2000, I-1253 – Association Eglise de scientologie de Paris/Premier ministre, Rn. 17. 523 Zum Zusammenspiel der entsprechenden Infrastrukturen bzw. Netze sowie zur immer stärker werdenden grenzüberschreitenden Abhängigkeit in Bezug auf eine funktionierende Energieversorgung vor dem Hintergrund einer europäisierten Energiewende s. bereits oben B.I.2.b) sowie B.IV. 524 Vgl. EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-483/99, Slg. 2002, I-4781 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Französische Republik unterstützt durch Königreich Spanien u. GB, Rn. 47; EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003, Rs. C-463/00, Slg. 2003, I-4581 – EuGH v. 13. 05. 2003, C-463/00, Slg. 2003, I-4606 – 4640, Kommission der Europäischen Gemeinschaften vs. Königreich Spanien unterstützt durch GB, Rn. 67 ff.

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D. Entwicklung eines kohärenten europäischen Ansatzes

gieversorgungssicherheit potenziell gefährlichen Investitionen aus Drittstaaten wirksam zu begegnen und sind damit zum verbesserten Schutz einer Schlüsselindustrie mit strategischer Bedeutung grundsätzlich geeignet.525 Die vorgeschlagenen Anpassungen der EU-Screening-VO müssen außerdem erforderlich sein, also unter mehreren gleich geeigneten Maßnahmen das für das jeweils betroffene Rechtsgut am wenigsten belastende Mittel darstellen.526 Zunächst sind – wie gezeigt – bislang weder Schutzmaßnahmen nach Art. 64 AEUV527 bzw. Art. 66 AEUV528 oder das EU-Kartellrecht529 ihrer jeweiligen Zielrichtung nach die passenden Vorschriften, um strategischen Investitionen aus Drittstaaten zu begegnen. Darüber hinaus eignen sich zwar einige, bereits in Teilen der Union praktizierte sowie in Wissenschaft und Politik diskutierte Regelungsansätze grundsätzlich zum Schutz der europäischen Energieversorgungssicherheit, stellen sich aber entweder als zwar weniger belastendes, allerdings nicht als auch gleich geeignetes Mittel zur Kontrolle drittstaatlichen Kapitals dar oder sind zwar in gleicher Weise geeignet einen effizienten Schutz vor strategischen Direktinvestitionen aus Drittstaaten zu gewährleisten, sind allerdings auch eingriffsintensiver als die hier vorgeschlagene modifizierte EU-Screening-VO: Praktisch ohne jede Beschränkung könnte die Union drittstaatlichen Investoren auch durch die Förderung der Investitionskraft innerhalb der EU begegnen. Hierdurch würde der aus verschiedenen Gründen speziell auf den finanzschwachen EUMitgliedstaaten lastende Investitionsdruck530 gemildert und die Möglichkeit geschaffen, bei der Zulassung eines Investors neben der Höhe des jeweils für ein Anteilspaket gebotenen Preises auch weitere, etwa europäische Sicherheitsinteressen zu berücksichtigen. Wie gezeigt ist aber der Kapitalbedarf, um den anstehenden Herausforderungen in Bezug auf den Erhalt, den Ausbau und die Modernisierung des europäischen Stromnetzes gerade vor dem Hintergrund einer voranschreitenden Umstellung der europäischen Energieversorgung auf erneuerbare Quellen wirksam begegenen zu können, inzwischen so hoch, dass die Union diese finanzielle Last nicht allein tragen kann und sie deshalb auch auf drittstaatliches Kapital angewiesen 525 Vgl. zur Geeignetheit: EuGH, Urt. v. 21. 12. 2011, Rs. C-28/09 – Kommission/Österreich, Rn. 126; EuGH, Urt. v. 16. 12. 2010, Rs. C-137/09 – Josemans, Rn. 70; EuGH, Urt. v. 11. 03. 2010, Rs. C-384/08 – Attanasio Group, Rn. 51. 526 Vgl. EuGH, Urt. v. 21. 07. 2011, Rs. C-150/10 – Bureau d’intervention et de restitution belge, Rn. 75; EuGH, Urt. v. 11. 07. 1989, Rs. 265/87, Slg. 1989, 2263 – Schräder, Rn. 31. 527 S. zur Zielrichtung von Schutzmaßnahmen nach Art. 64 AEUV sowie den Gründen für ihre Unanwendbarkeit: C.I.1.b)aa). 528 S. zur Zielrichtung von Schutzmaßnahmen nach Art. 66 AEUV sowie den Gründen für ihre Unanwendbarkeit: C.I.1.b)bb). 529 S. zur Zielrichtung des EU-Kartellrechts (Art. 101 AEUV, Art. 102 AEUV u. der FKVO) sowie dessen Grenzen in Bezug auf die Abwehr drittstaatlicher Investitionen zum Schutz der europäischer Energieversorgungssicherheit: C.I.1.b)cc)(4). 530 S. zu den Ursachen des hier angesprochenen Investitionsdrucks bereits oben: B.I.

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ist. Hiermit wären dann allerdings weiterhin die in dieser Arbeit behandelten Probleme und Fragen im Zusammenhang mit drittstaatlichen und insbesondere staatlich kontrollierten Investitionen verbunden, auf die ein verbessertes Investitionsklima allein keine gleich geeignete Antwort wäre. Golden Shares bieten z. B. durch die mit ihnen verbundenen Sonderrechte des Zielstaates einen wirkungsvollen Schutz vor strategisch motivierten drittstaatlichen Investitionen. Selbst bei europarechtskonformer Ausgestaltung dürfte die Kehrseite von Golden Shares allerdings eine abnehmende Bereitschaft zu einer Beteiligung an den fraglichen Unternehmen sein, die wohl auch Auswirkungen auf dringend benötigte Investoren mit lauteren Absichten hätte.531 Der Schutz Kritischer Infrastrukturen durch Eigentumsbeschränkungen erscheint hingegen nicht nur möglich, sondern auch wirkungsvoll. Speziell unter dem Gesichtspunkt der Investitionsabwehr dürften sie damit die wohl effizienteste Form eines Schutzes vor drittstaatlichen Investitionen darstellen. Sie sind allerdings für einen potenziellen Investor gleichzeitig auch das wohl eingriffsintensivste Hindernis und damit wesentlich belastender als etwa ein Rahmen für mitgliedstaatliche Überprüfungsmechanismen mit zusätzlicher europäischer Dimension.532 Und auch ein Schutz der europäischen Energieversorgungssicherheit über das Zertifizierungsverfahren des Art. 53 Richtlinie (EU) 2019/944 (ex-Art. 11 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG) kommt zwar grundsätzlich infrage.533 Allerdings beschränkt sich das Zertifizierungsverfahren auf eine rein nationale Entscheidung, bei der insbesondere die Einschätzung der Kommission keine wesentliche Rolle spielt. Aus der Sicht eines Investors besteht also nicht die Gefahr, dass eine einmal getroffene mitgliedstaatliche Entscheidung für die Zertifizierung auf europäischer Ebene revidiert werden könnte und ist daher zwar weniger eingriffsintensiv allerdings nicht ebenso zum Schutz der europäischen Versorgungssicherheit geeignet wie die hier vorgeschlagene modifizierte EU-Screening-VO. Einen vergleichsweise zurückhaltenden Vorschlag macht hingegen Preisser,534 der eine gesteigerte Transparenz im Hinblick auf die Investoren und in Kombination mit einem leistungsfähigen nationalen Überprüfungsmechanismus fordert. Anhand der schon jetzt sichtbaren Fälle von möglicherweise politisch motivierten Infrastrukturinvestitionen zeigt sich aber, dass einige Mitgliedstaaten sogar lautstarke Warnungen vor mehr oder minder bekannten, etwa mit chinesischen Beteiligungen mutmaßlich verbundenen Gefahren in den Wind geschlagen und – entgegen aller Warnungen und trotz der bestehenden Möglichkeit – nicht abgewehrt haben.535 531

S. ausführlich zu Golden Shares bereits oben: C.I.1.a)bb)(4). S. ausführlich zu Eigentumsbeschränkungen bereits oben: C.I.1.a)cc)(5). 533 S. zum Zertifizierungsverfahren nach Art. 11 der Richtlinien 2009/72EG und 2009/73/ EG bereits oben: C.I.2. 534 S. zur Ausgestaltung des Vorschlags von Preisser bereits oben: C.II.2. 535 S. ausführlich hierzu bereits oben: C.II.2.c). 532

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D. Entwicklung eines kohärenten europäischen Ansatzes

Neben der geforderten Transparenz, gleichsam als zweite Säule seines Vorschlags, sieht Preisser leistungsfähige nationale Überprüfungsmechanismen und macht Vorschläge zur Verbesserung des deutschen Außenwirtschaftsrechts insbesondere im Hinblick auf seine Vereinbarkeit mit den Anforderungen des Europarechts. Allerdings verdeutlicht schon der Blick auf den deutschen Überprüfungsmechanismus, dass die Entscheidung über die Genehmigung einer Investition durch eine nationale politische Instanz getroffen wird, die sich u. U. und in erster Linie von nationale Interessen leiten lassen dürfte.536 Dieser Befund gilt nicht nur für den deutschen Mechanismus und macht deutlich, dass ein allein nationaler Ansatz erhebliche Risiken birgt und zum wirksamen Schutz vor politisch motivierten drittstaatlichen Investitionen eine zusätzliche europäische Dimension erforderlich ist. Einen in diese Richtung weisenden Ansatz stellt die im März 2019 in Kraft getretene EU-Screening-VO dar.537 Der Unionsgesetzgeber beschränkt sich allerdings im Wesentlichen darauf, ein europäisches Netz zur Koordinierung bzw. zum Informationsaustausch nationaler, ggf. verpflichtend einzuführender Überprüfungsmechanimsmen aufzubauen und wählt damit ein vergleichsweise zurückhaltendes Mittel, das insbesondere nicht den oben beschriebenen Bedenken im Hinblick auf möglicherweise nationalstaatlich-politisch motivierte Überprüfungsentscheidungen begegnet. Durch einen Mechanismus, bei dem der europäischen Ebene reine Informations- und Koordinationsfunktionen zukommen, kann damit also im Ergebnis einer Gefährdung der europäischen Energieversorgungssicherheit – als ein Rechtsgut, dessen Gefährdung im Hinblick auf seinen Stellenwert in jeder modernen Gesellschaft möglichst effizient vermieden werden muss – nicht ebenso wirkungsvoll begegnet werden wie durch den hier vorgeschlagenen Mechanismus, der insbesondere eine Aufsichtsrolle für die EU-Kommission inklusive eines Derogationsrechts vorsieht. Die modifizierte Verordnung beschränkt sich, indem sie sich ausschließlich auf Direktinvestitionen bezieht, außerdem auf wesentliche Beteiligungen und lässt ganz bewusst Investitionen, mit denen gerade kein sicherer bzw. bestimmender Einfluss verbunden ist, außen vor. Im Wesesentlichen unbedenkliche Portfolioinvestitionen werden somit vom Anwendungsbereich der modifizierten EU-Screening-VO nicht erfasst und bleiben weiterhin möglich. Weiterhin sieht die EU-Screening-VO eine Auflistung von Aspekten (Regelbeispielen) vor, die bei der Überprüfung einer Investition berücksichtigt werden können. Sie erfasst dabei – ganz im Sinne der EuGH-Rspr. – nur solche Sektoren, mit denen jedenfalls potenziell eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, durch die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt ist.

536 S. zum deutschen, im Außenwirtschafsrecht verankerten Überprüfungsmechanismus bereits oben: C.I.1.a)aa)(1). 537 S. zur EU-Screening-VO ausführlich bereits oben: C.I.1.b)dd).

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Im Ergebnis beschränkt sich die modifizierte EU-Screening-VO somit also auf das zur Zweckerreichung notwendige Maß und bietet unter den in dieser Arbeit untersuchten Ansätzen insbesondere das ausgewogenste Verhältnis zwischen Effizienz und damit verbundener Eingriffsintensität. Die modifizierte EU-ScreeningVO steht somit in Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. d) Zwischenergebnis: Vereinbarkeit mit Unionsrecht Die Kompatibilität der modifizierten EU-Screening-VO mit Unionsrecht hing insbesondere davon ab, inwieweit sie in Einklang mit den europäischen Grundfreiheiten – hier der Kapitalverkehrsfreiheit – steht. Zwar stellt die modifizierte EUScreening-VO einen Eingriff in Art. 63 ff. AEUV dar. Dieser Eingriff ist aber – speziell im Vergleich mit den anderen in dieser Arbeit untersuchten Mechanismen zum Schutz vor drittstaatlichen Investitionen – verhältnismäßig und damit auch zum Schutz der europäischen Energieversorgungssicherheit gerechtfertigt. Auf die oben aufgeworfene Frage, ob für Maßnahmen der Union überhaupt eine Bindung an die Kapitalverkehrsfreiheit besteht und daher eine Rechtfertigungsprüfung zu erfolgen hat, kommt es hier also im Ergebnis nicht an. Die Maßnahme ist unionsrechtskonform.

2. Internationales Wirtschaftsrecht bzw. Wirtschaftsvölkerrecht Den allgemeinen Rahmen für grenzüberschreitende Investitionen auf internationaler Ebene bildet das Wirtschaftsvölkerrecht. Es umfasst als Sammelbegriff alle völkerrechtlichen Regelungen von wirtschaftlichen Beziehungen auf internationaler Ebene zwischen Staaten oder zwischen Staaten und Privatsubjekten in Form von Völkergewohnheitsrecht, bilateralen vertraglichen Beziehungen sowie regionalen und multilateralen Vertragswerken.538 Neben dem Unionsrecht muss die modifizierte EU-Screening-VO auch in Einklang mit den Vorschriften dieser Regelungsebene stehen. Im Folgenden wird daher der hier vorgeschlagene Mechanismus auf seine Vereinbarkeit mit unterschiedlichen Regelwerken des internationalen Wirtschaftsrechts bzw. des Wirtschaftsvölkerrechts überprüft.

538

Vgl. Krajewski, Wirtschaftsvölkerrecht, Rn. 12.

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a) Energiecharta-Vertrag (EnCV) Wegen seiner sektoralen Ausrichtung ist für Investitionen im Energiebereich auch der am 17. 12. 1994 in Lissabon unterzeichnete Energiecharta-Vertrag539 von Bedeutung. Ausgangspunkt für seine Entstehung war die Notwendigkeit, die wirtschaftlichen Beziehungen von Ost und West nach Ende des Kalten Krieges und der Sowjetunion speziell im Energiebereich neu zu ordnen.540 Wegen der regelmäßig hohen Investitionskosten gerade für Energieinfrastrukturen war seit jeher das Ziel des EnCV, die wirtschaftlichen Risiken für potenzielle Investoren zu reduzieren.541 Um dem Bedürfnis der Investoren nach größerer Rechtssicherheit zu begegnen, enthält die EnCV unter anderem die Verpflichtung, im Falle einer Enteignung eine Entschädigung in Höhe des Werts der Investition zu leisten. Sie enthält außerdem Regelungen über die Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten und verweist in ihrem Art. 26 Abs. 4 EnCV hierfür insbesondere auf das ICSID542-Übereinkommen.543 Der EnCV enthält außerdem die auf den entsprechenden Vorschriften des WTORechts aufbauenden Grundsätze der Meistbegünstigung und der Inländergleichbehandlung (Art. 10 Abs. 3 EnCV).544 Gemäß Art. 10 Abs. 2 EnCV handelt es sich hierbei allerdings lediglich um die Zusage, nach der Verwirklichung dieser Grundätze zu streben und gerade nicht um eine belastbare oder gar einklagbare545 rechtliche Verpflichtung. Hinzu kommt, dass der Schutz, den der EnCV gewährt, sich im Wesentlichen auf Situationen bezieht, in denen eine Investition stattgefunden hat, der Marktzugang also bereits gewährt worden ist (Nach-Investitionsphase). In der Vor-Investitionsphase ist das Schutzniveau des EnCV noch deutlich schwächer. Die Entscheidung eines Staates darüber, ob er eine Investition auf seinem Hoheitsgebiet zulassen möchte oder nicht, fällt auch vor dem Hintergrund des EnCV und als Ausdruck seiner

539 BGBl. 1997 II, S. 5, Vertrag über die Energiecharta, abrufbar unter: https://energycharter.org/fileadmin/DocumentsMedia/Legal/ECT-de.pdf; ausführlich zum EnCV Liesen, Der Vertrag über die Energiecharta vom 17. Dezember 1994; Waelde, Journal of World Trade 29 (1995), 5 ff.; Gundel, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht – Einleitung D zum EnWG; Boute, in: Energy law in Europe, Rn. 3.01 ff. 540 Vgl. Art. 2 EnCV sowie zur geschichtlichen Entwicklung: Liesen, Der Vertrag über die Energiecharta vom 17. Dezember 1994, S. 1 ff. 541 Vgl. Boute, in: Energy law in Europe, Rn. 3.09. 542 International Centre for Settlement of Investment Disputes – ICSID. 543 Vgl. BGBl. 1969 II, S. 371, Gesetz zu dem Übereinkommen vom 18. März 1965 zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten. 544 Vgl. Boute, in: Energy law in Europe, Rn. 3.10. 545 Vgl. Waelde, Journal of World Trade 1995, 5 37; Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen, S. 110.

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Souveränität weiterhin in das alleinige Ermessen des jeweils betroffenen Staates.546 Weitergehende Regelungen soll künftig ein nach Art. 10 Abs. 3 EnCV noch abzuschließender Zusatzvertrag enthalten, dessen Verhandlung aber bislang nicht abgeschlossen werden konnte.547 Im Ergebnis zeigt sich zwar das Potenzial des EnCV, eine wichtige Rolle in Bezug auf Investitionen im Energiesektor zu spielen. Es offenbart sich aber auch, dass der EnCV freilich keinen Anspruch auf Marktzugang gewährt und schon deshalb kein Hindernis für die Beschränkung von Investitionen darstellen kann. Zusätzlich und speziell aus der Perspektive der für diese Arbeit besonders bedeutenden Investor-Staaten kommt hinzu, dass zwar die meisten EU-Staaten548 und auch die Europäische Union selbst den EnCV unterschrieben haben, allerdings weder die Volksrepublik China noch die Russische Föderation Mitglied des Abkommens und deshalb auch nicht an dessen Inhalt gebunden sind.549 b) Bilateral Investment Treaties (BITs) Die am weitesten verbreitete Form von Investitionsschutzregelungen stellen wohl die bilateralen Investitionsverträge (BITs) dar. Sie dienen dazu, speziell Fragen im Umgang mit Investitionen zu regeln. Zwar sind die Vertragsparteien grundsätzlich frei darin, wie sie den Investitionsvertrag ausgestalten und welche Fragen sie darin behandeln.550 Sie können sich daher auch mit den Umständen des Marktzutritts beschäftigen („entry and establishment“). Sie sind in vielerlei Hinsicht wirksame und nützliche Instrumente, um die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen zwei Staaten in Bezug auf Investitionen zu regeln. Ihr Kern besteht aber darin, den Schutz von bereits getätigten Investitionen zu gewährleisten und regelmäßig nicht, sich vor ihnen zu schützen. Sie enthalten daher neben den bereits angesprochenen Zugangsregelungen häufig Vorschriften zu Behandlungsstandards (sogenannte „treatment obligations“ insbesondere in Form der sogenannten Inländergleichbehandlung 546

Vgl. Gundel, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht – Einleitung D zum EnWG, Rn. 20; Der EnCV begründet also selbst kein Marktzugangsrecht, vgl. Lecheler/ Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen, S. 110. 547 Vgl. Gundel, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht – Einleitung D zum EnWG, Rn. 21. 548 Italien ist als einziges EU-Mitglied seit 2016 nicht mehr Vertragspartei des EnCV, s. hierzu Escher/Sliskovic, RIW 2016, 190, 196. 549 Während China schon an den Verhandlungen zur EnCV nicht beteiligt gewesen ist, hatte Russland zwar den EnCVunterzeichnet, das Abkommen allerdings nicht ratifiziert. Im Zuge der energiepolitischen Auseinandersetzungen mit der EU 2009 hat Russland schließlich die Entscheidung getroffen, die zunächst vorläufig nicht erfolgte Ratifizierung der EnCV endgültig nicht mehr vornehmen zu wollen und erklärte auch deren vorläufige Anwendung nach Art. 45 EnCV für beendet, vgl. https://energycharter.org/who-we-are/members-observers/countries/ russian-federation/. 550 Vgl. hierzu etwa: Sornarajah, The International Law on Foreign Investment, S. 217 ff.

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und dem Grundsatz der Meistbegünstigung bzw. der Einhaltung zumindest internationaler Mindeststandard, die Verpflichtung eines „fair and equitable treatment“ sowie voller und dauerhafter Schutz und Sicherheit z. B. in Form eines gewährleisteten Zugangs zu den nationalen Gerichten), zum Geldtransfer, einen Enteignungs- bzw. Repatriierungsschutz inklusive entsprechender Entschädigungsregelungen sowie Vereinbarungen über die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten.551 Ohne auf einzelne der zahlreichen BITs hier näher eingehen zu können, wird deutlich, dass sich aus entsprechenden Abkommen zwar Verpflichtungen ergeben können, die im jeweiligen Einzelfall ggf. einer Investitionsprüfung oder -beschränkung entgegenstehen. Typischerweise beschäftigen sich bilaterale Investitionsverträge aber mit Regelungen für bereits vorgenommene Investitionen.

c) Welthandelsrecht – General Agreement on Trade and Services (GATS) Das GATS enthält ganz allgemein Regelungen für den Handel mit Dienstleistungen, Art. I Abs. 1 GATS. In seinen Anwendungsbereich fallen im Energiesektor nach der sogenannten „Sektorenliste“552 mit „services incidental to energy distribution“ und „Pipeline Transport“ besonders auch solche Dienstleistungen, die durch Übertragungsnetzbetreiber erbracht werden.553 Direktinvestitionen in Energieinfrastrukturen unterliegen den GATS-Regelungen hingegen erst dadurch, dass der Katalog der Dienstleistungs-Erbringungsformen554 die „kommerzielle Präsenz“555 und damit auch die Niederlassung enthält. Den Marktzugang entsprechender Investitionen regelt dann Art. XVI GATS und ist abhängig davon, dass die Wirtschaftsbereiche, in denen Investitionen unbeschränkter Marktzugang gewährt werden soll, in eine sogenannte Marktzugangsoder „Positivliste“ aufgenommen werden. Ist eine entsprechende Marktzugangsverpflichtung übernommen worden, sind gemäß Art. XVI Abs. 2 lit f GATS „Beschränkungen der Beteiligung ausländischen Kapitals durch Festsetzung einer 551 S. zu den einzelnen Regelungsbereichen ausführlich: Reinisch, § 8 – Internationales Investitionsschutzrecht, in: Internationales Wirtschaftsrecht, Rn. 34 ff. sowie speziell und ausführlich zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten Reinisch, § 18 – Die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, in: Internationales Wirtschaftsrecht. 552 Services Sectoral Classification List. GATT-Dokument MTN GNS/W/120 v. 10. 07. 1991. 553 Vgl. van den bergh, JENRL 2009, 228, 242. 554 S. hierzu ausführlich: Weiss, § 4 – Internationaler Dienstleistungshandel, in: Tietje (Hrsg.), Internationales Wirtschaftsrecht sowie Pitschas, B. II. Allgemeines Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS), in: Prieß/Berrisch, Rn. 19 f. 555 Art. I Abs. 2 lit c GATS.

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prozentualen Höchstgrenze für die ausländische Beteiligung oder für den Gesamtwert einzelner oder zusammengefasster ausländischer Investitionen“ unzulässig. Ist eine entsprechende Verpflichtung nicht übernommen worden, besteht kein Anspruch auf Marktzutritt und ist auch die Meistbegünstigungsklausel556 aus Art. II GATS nicht anwendbar.557 In Bezug auf den Energiesektor hat – soweit ersichtlich und jedenfalls bislang – die Europäische Union eine Marktzugangsverpflichtung nicht übernommen. Ein Anspruch auf Marktzutritt ergibt sich daher weder aus Art. XVI GATS noch aus Art. XVII GATS. Zu denken wäre allenfalls an einen von der Meistbegünstigungsklausel558 in Art. II GATS abgeleiteten Zugangsanspruch. Da es hier aber ausschließlich um die gleich günstige Behandlung von allen ausländischen Marktteilnehmern geht, sofern ihnen der Zugang zum Markt bereits gewährt wurde, kann ein für sich stehender Marktzugangsanspruch aus Art. II GATS nicht hergeleitet werden. Hinzu kommt, dass selbst in den Fällen, in denen der Marktzutritt bereits gewährt worden ist und somit auch die Meistbegünstigungsklausel zur Anwendung kommt, sich hieraus eine unterschiedslose Behandlung von EU- und Nicht-EU-Staaten keinesfalls zwingend ergibt. Vielmehr sieht das GATS in Art. V ausdrücklich eine Ausnahmemöglichkeit für Staaten vor, die Mitglied eines wirtschaftlichen Integrationssystems wie beispielsweise der EU sind und erlaubt es innerhalb dieses Systems gewährte Vorteile anderen WTO-Mitgliedern vorzuenthalten.559 Und selbst soweit Marktzugangsverpflichtungen übernommen worden sind, bleibt die Möglichkeit einer Rechtfertigung von beschränkenden Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Moral oder der öffentlichen Ordnung durch Art. XIV lit a und zur Gewährleistung der Sicherheit Art. XIV lit. c (iii) GATS.560 Auch das GATS steht also einer Beschränkung von Investitionen jedenfalls dem Grunde nach nicht entgegen.

556 S. zur Meistbegünstigungsklausel ausführlich: Pitschas, B. II. Allgemeines Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS), in: Prieß/Berrisch, Rn. 40 ff. 557 I. d. S. auch: Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen, S. 100 f.; Roth, Investitionsbeschränkungen im deutschen Außenwirtschaftsrecht, S. 55. 558 S. hierzu ausführlich Ehring, Journal of World Trade 36 (2002), 921 ff. 559 Vgl. Krajewski, Wirtschaftsvölkerrecht, S. 134; Pitschas, B. II. Allgemeines Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS), in: Prieß/Berrisch, Rn. 63. 560 Vgl. Tietje, Beschränkungen ausländischer Unternehmensbeteiligungen zum Schutz vor „Staatsfonds“, Policy Papers on Transnational Economic Law Nr. 26 v. 12/2007, S. 4.

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d) OECD Code of Liberalisation of Capital Movements Der bereits 1961 durch einen Beschluss des OECD-Rats erlassene Kodex zur Liberalisierung von Kapitalbewegungen561 ist zwar kein völkerrechtlicher Vertrag,562 enthält für seine Mitglieder aber dennoch verbindliche563 Verpflichtungen zum Abbau von Hindernissen für den freien Fluss von Kapital „soweit, wie dies für eine wirksame wirtschaftliche Zusammenarbeit notwendig ist“564. Speziell die Einführung neuer Investitionsbeschränkungen soll – gemäß Annex A unter Berücksichtigung von Direktinvestitionen – durch Art. 1 verhindert werden. Allerdings enthält der OECD-Kodex in Art. 3 ausdrücklich die Möglichkeit, insbesondere Schutzbestimmungen zu erlassen, die sich auf die öffentliche Ordnung und wesentliche Sicherheitsinteressen beziehen. Ausreichend für das Vorliegen einer Gefährdung soll schon die entsprechende Einschätzung durch einen Mitgliedstaat sein.565 Zusätzlich können Vorbehalte formuliert und so bestimmte Wirtschaftsbereiche aus dem Anwendungsbereich des OECD-Kodex ausgeklammert werden.566 Auch der Austritt aus dem Kodex ist jederzeit möglich und wirkt sich nicht auf die Mitgliedschaft in der OECD selbst aus. Der OECD-Kodex zur Liberalisierung des Kapitalverkehrs stellt somit zwar für seine Mitglieder bindende Verpflichtungen auf, von denen aber entweder rechtmäßig abgewichen werden darf (Art. 3) oder deren Nichtbeachtung zumindest nicht wirksam sanktioniert werden kann.567 Auch der OECD Code of Liberalisation of Capital Movements stellt somit im Ergebnis kein Hindernis für die Beschränkung von strategischen Investitionen in Kritische Infrastrukturen dar.568

561

Vgl. OECD 2013 – Code of Liberalisation of Capital Movements, abrufbar unter: https:// www.oecd-ilibrary.org/docserver/9789264010352-de.pdf?expires=1556288777&id=id&accna me=ocid54022141&checksum=981F0AE14B40C134949195DADF2DA331. 562 M. w. N. Preisser, Sovereign Wealth Funds, S. 223. 563 Vgl. Nettesheim, ZHR, 729, 738. 564 Art. 1 lit. a OECD Code of Liberalisation of Capital Movements. 565 Vgl. Martini, DÖV 2008, 314, 321. 566 Tietje, Beschränkungen ausländischer Unternehmensbeteiligungen zum Schutz vor „Staatsfonds“, Policy Papers on Transnational Economic Law Nr. 26 v. 12/2007, S. 4; Martini, DÖV 2008, 314, 321. 567 Vgl. Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen, S. 96 f. 568 So i. E. auch Nettesheim, ZHR, 729, 738; Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen, S. 97.

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e) Völkergewohnheitsrecht Grundsätzlich kennt das Völkergewohnheitsrecht569 keinen Anspruch auf Zugang zu einem bestimmten Markt und stellt die wirtschaftliche Öffnung dem betroffenen Staat im Rahmen seiner staatlichen Souveränität sowohl der Form als auch dem Inhalt nach anheim.570 f) Zusammenfassung und Zwischenergebnis Das Wirtschaftsvölkerrecht sieht einen Anspruch auf Marktzugang grundsätzlich nicht vor und macht auch sonst für die Steuerung von drittstaatlichen Investitionen nur wenige Vorgaben. Grundsätzlich ist die Entscheidung über Gewährung oder Nicht-Gewährung des Marktzugangs eine in jedem Einzelfall durch die Souveränität des betroffenen Staates geprägte, individuelle Entscheidung, die sich regelmäßig im Abschluss eines bilateralen Investitionsschutzvertrages manifestiert. Diese Abkommen behandeln allerdings regelmäßig – wie auch das GATS – nur die sich an die bereits zugelassene Investition anschließende Phase. Der EnCV bietet schon keine ausreichende Handhabe gegen drittstaatliche Investitionen, da die für diese Arbeit wesentlichen Investorstaaten Russland und China nicht Mitglied der EnCV sind und sich deshalb auch nicht auf dessen Inhalt berufen können. Damit stehen auch die Regelungen des internationalen Wirtschaftsrechts bzw. des Wirtschaftsvölkerrechts der modifizierten EU-Screening-VO nicht entgegen.

569

Zum Völkergewohnheitsrecht vgl. allgemein u. m. w. N. Nowrot, § 2 – Steuerungssubjekte und -mechanismen im internationalen Wirtschaftsrecht, in: Internationales Wirtschaftsrecht, Rn. 51 ff. sowie Reinisch, § 8 – Internationales Investitionsschutzrecht, in: Internationales Wirtschaftsrecht, Rn. 17 ff. 570 Vgl. Reinisch, § 8 – Internationales Investitionsschutzrecht, in: Internationales Wirtschaftsrecht, Rn. 34 ff.

E. Schlussbetrachtung I. Zusammenfassung in Thesenform (1) Im Verlauf dieser Arbeit wurde gezeigt, dass moderne Gesellschaften besonders stark auf eine dauerhafte und unterbrechungsfreie Versorgung mit Energie angewiesen sind und dass gerade im Zuge einer immer weiter voranschreitenden europäischen Energiewende für eine sichere Energieversorgung insbesondere zuverlässige Energienetze notwendige Voraussetzung sind.1 Speziell die Betreiber von Transportnetzen eigenen sich – wie gezeigt – aufgrund ihrer zentralen Stellung bei einer flächendeckenden und zuverlässigen Energieversorgung als strategische Investitionesziele. Auf diesem Gebiet engagieren sich daher auch hoheitlich kontrollierte drittstaatliche Investoren, die mit ihren Beteiligungen neben wirtschaftlichen, zunehmend auch strategisch-politische Interessen verfolgen. (2) Dabei nutzen sie nicht zuletzt die aus der europäischen Wirtschafts-, Finanz-, bzw. Staatsschuldenkrise2 folgende europäische Investitionsschwäche sowie die Tatsache, dass die Anpassung der europäischen Netze neue, nicht zuletzt technische Herauforderungen – etwa im Hinblick auf den Ausgleich wetterbedingter Schwankungen vor dem Hintergrund einer zunehmenden Einspeisung volatiler Erneuerbarer Energien – mit sich bringt und erhebliche Investitionen zum Ausbau und zur Modernisierung der Netze erforderlich macht.3 (3) Die entstehende Finanzierungslücke wird zunehmend von staatlich gelenkten Investoren, insbesondere aus Russland4 und China5 genutzt, um sich zur Durchsetzung eigener Interessen – etwa im Bereich der europäischen Außenpolitik6 – Einflussmöglichkeiten zu sichern.

1 S. zur Rolle der Energienetze im Hinblick auf den Ausbau volatiler Erneuerbarer Energien in der Europäischen Union: B.IV. 2 S. zu Ursachen und Auswirkungen der europäischen Wirtschafts-, Finanz bzw. Staatsschuldenkrise im Hinblick auf drittstaatliche Investitionen: B.I.1. 3 S. zu den in der EU erforderlichen Energie-Infrastrukturinvestitionen im Zuge des Ausbaus Erneuerbarer Energien: B.I.2. 4 S. zur Rolle russischer Investitionen und den mit ihnen verfolgten strategischen Absichten: B.II.3.b). 5 S. zur Rolle chinesischer Investitionen und den mit ihnen verfolgten strategischen Absichten: B.II.3.c). 6 S. zu den strategischen Absichten, die die Volksrepublik China etwa mit ihren Investitionen in Griechenland verfolgt: B.II.3.c)bb)(1).

I. Zusammenfassung in Thesenform

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Dieses (Zwischen-)Ergebnis verdeutlicht, dass es eines Schutzes vor drittstaatlichen Direktinvestitionen insbesondere im Hinblick auf die Gewährleistung der europäischen Energieversorgungssicherheit bedarf. (4) Ein Blick auf die bislang in der Union bestehenden Mechanismen im Umgang mit Direktinvestitionen zeigt dann, dass in den Mitgliedstaaten, in denen ein mitgliedstaatlicher Überprüfungsmechanismus existiert, die Letztentscheidungskompetenz im Hinblick auf die Zulassung einer Investition in den Händen einer politischen Instanz liegt, die dazu geneigt sein dürfte, zunächst nationale Interessen zu verfolgen.7 (5) Und auch die Untersuchung weiterer bereits bestehender Rahmenvorgaben im Umgang mit drittstaatlichem Kapital macht in erster Linie deren Schwächen sichtbar: Gegen Golden Shares8 spricht neben europarechtlichen Bedenken auch eine Durchbrechung marktwirtschaftlicher Grundsätze, da die mit ihnen verbundenen Sonderrechte dem Staat Möglichkeiten zur Einflussnahme auf das entsprechende Unternehmen einräumen, die außer Verhältnis zur Höhe seiner Beteiligung stehen. Eigentumsbeschränkungen stellen sich als wirksames Mittel zum Schutz vor drittstaatlichen Investitionen heraus.9 Der Staat behält die Kontrolle über die Eigentümerstruktur von Unternehmen, die in kritischen Bereichen tätig sind. Allerdings widerspricht die strikte, teils sogar gesetzlich verankerte staatliche Pflicht, Mindestmengen von Anteilen an bestimmten Unternehmen zu halten10 dem Prinzip eines offenen europäischen Marktes und steht dadurch dringend benötigten Investitionen in die europäischen Energienetze – auch durch Investoren mit lauteren Absichten – im Wege. (6) Auf europäischer Ebene kommen dann zunächst auf Art. 64 AEUV gestützte Schutzmaßnahmen infrage:11 Art. 64 Abs. 1 AEUV stellt sich allerdings als reine Bestandsgarantie für mitgliedstaatliche, die Kapitalverkehrsfreiheit einschränkende Rechtsvorschriften heraus, die bereits vor dem 31. 12. 1993 bestanden. Art. 64 Abs. 2 und Abs. 3 AEUV hingegen erlauben auch den Erlass neuer, die Kapitalverkehrsfreiheit beschränkender Vorschriften. Dabei wäre allerdings ein besonderes Gesetzgebungsverfahren einzuhalten, das eine einstimmige Entscheidung des Rates erfordert und damit ein eher „schwerfälliges Instrument“12 darstellt. Auch Art. 66 AEUV vermittelt den Eindruck, als Rechtsgrundlage zum Erlass von Schutzmaß7 S. die Ausführungen zum deutschen Außenwirtschaftsrecht als Beispiel für einen nationalen Überprüfungsmechanismus: C.I.1.a)aa). 8 S. zum Schutz vor drittstaatlichen Investitionen mittels Golden Shares: C.I.1.a)bb). 9 S. zu Eigentumsbeschränkungen als Mittel zum Schutz vor drittstaatlichen Investitionen: C.I.1.a)cc). 10 S. zu staatlicher Eigentümerkontrolle durch Gesetz: C.I.1.a)cc)(3). 11 S. zu Schutzmaßnahmen gestützt auf Art 64 AEUV: C.I.1.b)aa). 12 Lecheler/Germelmann, Zugangsbeschränkungen für Investitionen, S. 49.

188

E. Schlussbetrachtung

nahmen gegenüber Drittstaaten infrage zu kommen.13 Art. 66 AEUV ermöglicht allerdings nur dann ein Einschreiten, wenn unter außergewöhnlichen Umständen das Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion schwerwiegend gestört ist. Insbesondere der Erlass von Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung kann nicht auf Art. 66 AEUV gestützt werden. Es kam außerdem das europäische Kartellrecht14 als Möglichkeit in Betracht, steuernd auf drittstaatliche Investitionen einzuwirken. Allerdings stellt das Kartellrecht einen spezifisch-ökonomischen Mechanismus dar, der in erster Linie dazu dient, den übermäßigen Einfluss einzelner Unternehmen auf dem jeweiligen Markt zu regulieren und so den Wettbewerb bzw. das Funktionieren des Europäischen Binnenmarktes, jedoch nicht auch die öffentliche Ordnung oder Sicherheit zu schützen. (7) Schließlich wurde die europäische Verordnung zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union (EU-ScreeningVO) untersucht.15 Dabei konnte gezeigt werden, dass die Verordnung zwar einen Schritt in die richtige Richtung darstellt, indem sie zur besseren Koordinierung der nationalen Überprüfungsmechanismen beiträgt und den Austausch von Informationen fördert, dass aber ohne eine umfassendere Untersuchungskompetenz für die EU-Kommission und das Recht nötigenfalls Investitionen in einem Mitgliedstaat zu untersagen, der Schutz der europäischen Energieversorgungssicherheit mit der EUScreening-VO nicht ausreichend verwirklicht werden kann. (8) Es wurde außerdem untersucht, inwieweit europäische Mechanismen zur Förderung von Investitionen drittstaatliches Kapital im Hinblick auf die bestehende Finanzierungslücke beim Ausbau des europäischen Energienetzes weniger attraktiv machen und dadurch einen Beitrag zur Abwehr strategisch motivierter Investitionen leisten können. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass weder die Fazilität „Connecting Europe“16 noch der Europäische Fonds für strategische Investitionen17 über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, um den enormen Kapitalbedarf im europäischen Infrastrukturbereich zu decken. Gleiches gilt auch für eine vorübergehende Regulierungsfreistellung bei der Errichtung grenzüberschreitender Energienetze: Zwar kann durch dieses Instrument besonders im Hinblick auf kapitalintensive Großinfrastrukturprojekte eine Verbesserung des Investitionsklimas erreicht werden. Das allein reicht aber nicht aus, um den Bedarf an drittstaatlichem Kapital in so nennenswertem Umfang zu senken, dass kein Bedarf mehr an Investitionen aus Drittstaaten bestünde.

13

S. zu Schutzmaßnahmen gestützt auf Art 66 AEUV: C.I.1.b)bb). Im Rahmen der Untersuchung des europäischen Kartellrechts sind insbesondere die Art. 101 AEUV, Art. 102 AEUV sowie die FKVO untersucht worden. S. zu den untersuchten Vorschriften des europäischen Kartellrechts ausführlich: C.I.1.b)cc). 15 S. zur EU-Screening-VO ausführlich: C.I.1.b)dd). 16 S. zur Fazilität „Connecting Europe“: C.I.1.b)ee)(1). 17 S. zum EFSI: C.I.1.b)ee)(2). 14

I. Zusammenfassung in Thesenform

189

(9) Im Hinblick auf den sektorspezifischen Schutz von Transportnetzbetreibern wurde das Zertifizierungsverfahren nach Art. 11 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG untersucht.18 Die Kompetenzstruktur von Art. 11 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG sieht allerdings eine alleinige Zuständigkeit der Mitgliedstaaten bei der Zertifizierung eines drittstaatlichen Transportnetzbetreibers vor und ist daher – wie schon die EU-Screening-VO – nicht dazu geeignet, auf europäischer Ebene national motivierte und möglicherweise negative Folgen für die europäische Energieversorgungssicherheit verursachende Zertifizierungsentscheidungen zu überprüfen und notfalls zu revidieren. (10) Untersucht wurde auch der Vorschlag für eine „Nationale Beteiligungsfazilität“19. Unklar blieb allerdings, woher das notwendige Kapital für einen solchen Fonds stammen soll, der für Anleger schon wegen der mit ihm verfolgten Ziele unattraktiv wäre. Immerhin wäre eine „Nationale Beteiligungsfazilität“ dazu gezwungen, das (bei einer Beteiligung staatlich kontrollierter bzw. finanzierter Investoren oftmals schon nicht mehr auf der Grundlage marktwirtschaftlicher Gesetzmäßigkeiten zustande gekommene) Höchstgebot eines drittstaatlichen Investors noch zu überbieten. (11) Weiterhin fand sich aus der Perspektive dieser Arbeit auch unter den in Wissenschaft und Politik diskutierten Alternativvorschläge zum Umgang mit drittstaatlichen Investitionen kein überzeugender Ansatz: Preissers Vorschlag für eine europäische Transparenzverordnung in Kombination mit leistungsstarken nationalen Überprüfungsmechanismen20 weist sicher in die richtige Richtung. Allerdings zeigt die Erfahrung insbesondere mit chinesischen Beteiligungen im Rahmen der Neuen Seidenstraßen, dass die jeweiligen Zielstaaten von den mit den fraglichen Investitionen verbundenen strategischen Interessen Chinas und daher auch von den mit ihnen verbundenen Risiken wissen mussten. Gleichwohl haben sie die Beteiligungen aus nationalem Interesse zugelassen. (12) Untersucht wurde auch der Vorschlag eines europäischen CFIUS.21 Problematisch erscheinen hier insbesondere die zeitlich unbefristete Möglichkeit, ein Überprüfungsverfahren einzuleiten sowie der sehr weite Beurteilungs- bzw. Ermessensspielraum im Hinblick auf die Faktoren, die im Rahmen einer Überprüfung berücksichtig werden können. Das gesamte Verfahren wird hierdurch intransparent, sein Ausgang für Investoren nur schwer zu kalkulieren und würde daher wohl einer Prüfung am Maßstab des Europarechts nicht standhalten.

18 S. zum Zertifizierungsverfahren nach Art. 11 Richtlinie 2009/72/EG bzw. Richtlinie 2009/73/EG: C.I.2.a). 19 S. zur „Nationalen Beteiligungsfazilität“: C.II.1. 20 S. zum Vorschlag von Preisser für eine europäische Transparenz-VO: C.II.2. 21 S. zum Vorschlag für einen europäischen CFIUS: C.II.3.

190

E. Schlussbetrachtung

(13) Die zu den einzelnen untersuchten Schutzmechanismen gefundenen Ergebnisse verdeutlichen deren Schwächen und machen klar, dass es eines köhärenten europäischen Ansatzes im Umgang mit drittstaatlichen Direktinvestitionen bedarf. (14) Dazu wurde die bereits beschriebene, allerdings in ihrer in Kraft getretenen Fassung defizitäre EU-Screening-VO um eine zusätzliche europäische Dimension erweitert und so zu einem leistungsfähigen europäischen Mechanismus mit Kontrollsowie Revisionsbefugnissen für die EU-Kommission weiterentwickelt, durch den der effektive Schutz der europäischen Energieversorgungssicherheit möglich erscheint.22 (15) Schließlich wurde die Vereinbarkeit der modifizierten EU-Screening-VO mit Unionsrecht23 sowie internationalem Wirtschafts- bzw. Wirtschaftsvölkerrecht24 geprüft und konnte schließlich bestätigt werden.

II. Untersuchungsergebnis und Ausblick Abschließend kann festgehalten werden, dass der Unionsgesetzgeber gut beraten wäre, die derzeit im Umgang mit drittstaatlichem Kapital und zum Schutz Kritischer Infrastrukturen maßgebliche EU-Screening-VO weiterzuentwickeln und um eine europäische Ebene mit Kontroll- und Revisionsbefugnissen auszustatten, um einen wirksamen Schutz der europäischen Energieversorgungssicherheit zu erreichen. Die hierzu an der bereits in Kraft getretenen EU-Screening-VO notwendigen Modifikationen stünden insbesondere auch in Einklang mit den materiellen Vorgaben des Unions- als auch des internationalen Wirtschaftsrechts bzw. Wirtschaftsvölkerrechts. Sie wären – wie gezeigt – auf Art. 207 Abs. 1 AEUV i. V. m. Art. 207 Abs. 2 AEUV zu stützen und daher im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren zu erlassen. Auch die ggf. ablehende Haltung von einzelnen Mitgliedstaaten, in denen bereits nennenswerte strategische Beteiligungen drittstaatlicher und hoheitlich kontrollierter Investoren bestehen, stünde daher der in dieser Arbeit vorgeschlagenen Weiterentwicklung der EU-Screening-VO zu einem effektiven Instrument zur Steuerung ausländischer Investitionen allenfalls aus politischen Ewägungen entgegen. Ob allerdings im Rat tatsächlich die erforderliche Merheit erreicht werden könnte, erscheint vor dem Hintergrund, dass eine Mehrheit für eine „schärfere“ Fassung der EU-Screening-VO bereits nicht zustande kam, eher fraglich.

22 S. zur Entwicklung eines kohärenten europäischen Ansatzes im Umgang mit drittstaatlichen Investitionen: Teil D. 23 S. zur Vereinbarkeit der modifizierten EU-Screening-VO mit dem Unionsrecht und insbesondere den europäischen Grundfreiheiten: D.IV.1. 24 S. zur Vereinbarkeit der modifizierten EU-Screening-VO mit internationalem Wirtschafts- bzw. Wirtschaftsvölkerrecht: D.IV.2.

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EuGH, Urt. v. 17. 11. 1993, Rs. C-2/91, ECLI:EU:C:1993:885, Slg. 1993, I-5751 – Meng. EuGH, Urt. v. 19. 01. 1994, Rs. C-364/92, ECLI:EU:C:1994:7, Slg. 1994, I-43 – SAT/Eurocontrol. EuGH, Urt. v. 17. 05. 1994, Rs. 15/83, ECLI:EU:C:1984:183, Slg. 1984, 2171 – Denkavit. EuGH, Urt. v. 09. 08. 1994, Rs. C-327/91, ECLI:EU:C:1994:305, Slg. 1994, I-3641 – Frankreich/Kommission. EuGH, Urt. v. 09. 08. 1994, Rs. C-51/93, ECLI:EU:C:1994:312, Slg. 1994, I-3879 – Meyhui. EuGH, Urt. v. 14. 12. 1995, verb. Rs. C-163/94, C-165/94 u. C-250/94, ECLI:EU:C:1995:451, Slg. 1995, I-4830 – Sanz de Lera. EuGH, Urt. v. 14. 11. 1996, Rs. C-333/94, ECLI:EU:C:1996:436, Slg. 1996, I-5951 – Tetra Pak. EuGH, Urt. v. 13. 03. 1997, Rs. C-358/95, ECLI:EU:C:1997:149, Slg. 1997, I-1444 – Morellato/USL. EuGH, Urt. v. 26. 06. 1997, Rs. C-368/95, ECLI:EU:C:1997:325, Slg. 1997, I-3709 – Familiapress/Bauer Verlag. EuGH, Urt. v. 28. 04. 1998, Rs. C-120/95, ECLI:EU:C:1998:167, Slg. 1998, I-1871 – Decker. EuGH, Urt. v. 28. 05. 1998, Rs. C-7/95, ECLI:EU:C:1998:256, Slg. 1998, I-3111 – John Deere. EuGH, Urt. v. 18. 06. 1998, Rs. C-35/96, ECLI:EU:C:1998:303, Slg. 1998, I-3851 – Kommission/Italien. EuGH, Urt. v. 09. 03. 1999, Rs. C-212/97, ECLI:EU:C:1999:126, Slg. 1999, I-1484 – Centros Ltd/Erhvervs- og Selskabsstyrelsen. EuGH, Urt. v. 01. 06. 1999, Rs. C-302/97, ECLI:EU:C:1999:271, Slg. 1999, I-3122 – Klaus Konle/Republik Österreich. EuGH, Urtl v. 06. 01. 2000, Rs. C-35/98, ECLI:EU:C:2000:294, Slg. 2000, I-4071 – Verkooijen. EuGH, Urt. v. 13. 03. 2000, Rs. C-54/99, ECLI:EU:C:2000:124, Slg. 2000, I-1253 – Association Eglise de scientologie de Paris/Premier ministre. EuGH, Urt. v. 13. 04. 2000, Rs. C-251/98, ECLI:EU:C:2000:205, Slg. 2000, I-113 – C. Baars vs. Inspecteur der Belastingen Particulieren/Ondernemingen Gorinchem. EuGH, Urt. v. 26. 10. 2000, Rs. C-165/99, ECLI:EU:C:2000:587, Slg. 2001, I-5901 – Schwarzkopf. EuGH, Urt. v 04. 06. 2002, Rs. C-367/98, ECLI:EU:C:2002:326, Slg. 2002, I-4756 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Portugiesische Republik (Golden Shares Portugal I.). EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-483/99, ECLI:EU:C:2002:327, Slg. 2002, I-4781 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Französische Republik unterstützt durch Königreich Spanien u. GB. EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002, Rs. C-503/99, ECLI:EU:C:2002:328, Slg. 2002, I-4809 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Königreich Belgien unterstützt durch GB.

Entscheidungen des EuGH

209

EuGH, Urt. v. 13. 05. 2003, Rs. C-463/00, ECLI:EU:C:2003:272, Slg. 2003, I-4581 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften vs. Königreich Spanien unterstützt durch GB. EuGH, Urt. v. 07. 09. 2004, Rs. C-319/02, ECLI:EU:C:2004:484, Slg. 2004, I-4933 – Manninen. EuGH, Urt. v. 02. 05. 2005, Rs. C-174/04, ECLI:EU:C:2005:350, Slg. 2005, I-4933 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Italienische Republik. EuGH, Urt. v. 12. 07. 2005, verb. Rs. C-154/04 u. C-155/04, ECLI:EU:C:2005:449, Slg. 2005, I-6451 – Alliance for Natural Health. EuGH, Urt. v. 19. 01. 2006, Rs. C-265/04, ECLI:EU:C:2006:51, Slg. 2006, I-945 – Margaretha Bouanich/Skatteverket. EuGH, Urt. v. 13. 06. 2006, Rs. C-295/04 bis C-298/04, ECLI:EU:C:2006:461, Slg. 2006, I6619 – Manfredi u. a. EuGH, Urt. v. 12. 09. 2006, Rs. C-196/04, ECLI:EU:C:2006:544, Slg. 2006, I-8031 – Cadbury Schweppes plc und Cadbury Schweppes Overseas Ltd/Commissioners of Inland Revenue. EuGH, Urt. v. 28. 09. 2006, verb. Rs. C-282/04 u. C-283/04, ECLI:EU:C:2006:608, Slg. 2006, I-9141 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/NL. EuGH, Urt. v. 12. 12. 2006, Rs. C-374/04, ECLI:EU:C:2006:773, Slg. 2006, I-11718 – Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation/Commissioners of Inland Revenue. EuGH, Urt. v. 13. 03. 2007, Rs. C-524/04, ECLI:EU:C:2007:161, Slg. 2007, I-2157 – Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation/Commissioners of Inland Revenue. EuGH, Urt. v. 15. 03. 2007, Rs. C-95/04 P, ECLI:EU:C:2007:166, Slg. 1996, I-2331 – British Airways. EuGH, Beschl. v. 10. 05. 2007, Rs. C-492/04, ECLI:EU:C:2007:273, Slg. 2007, I-3777 – Lasertec Gesellschaft für Stanzformen mbH/Finanzamt Emmendingen (Lasertec). EuGH, Urt. v. 24. 05. 2007, Rs. C-157/05, ECLI:EU:C:2007:297, Slg. 2007, I-4054 – Winfried L. Holböck/Finanzamt Salzburg-Land. EuGH, Urt. v. 23. 10. 2007, Rs. C-112/05, ECLI:EU:C:2007:623, Slg. 2007, I-8995 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Deutschland (VW-Gesetz). EuGH, Urt. v. 25. 10. 2007, Rs. C-464/05, ECLI:EU:C:2007:631, Slg. 2007, I-9344 – Geurts und Vogten. EuGH, Urt. v. 18. 12. 2007, Rs. C-101/05, ECLI:EU:C:2007:804, Slg. 2007, I-11568 – A. EuGH, Urt. v. 13. 03. 2008, Rs. C-446705, ECLI:EU:C:2008:157, Slg. 2008, I-1377 – Doulamis. EuGH, Urt. v. 01. 07. 2008, Rs. C-49/07, ECLI:EU:C:2008:376 – MOTOE/Dimosio. EuGH, Urt. v. 11. 09. 2008, Rs. C-43/07, ECLI:EU:C:2008:490, Slg. 2008, I-6887 – Arens/ Sikken. EuGH, Urt. v. 22. 12. 2008, Rs. C-282/07, ECLI:EU:C:2008:762, Slg. 2008, I-10767 – État belge/SPF Finances gegen Truck Center SA. EuGH, Urt. v. 10. 03. 2009, Rs. C-169/07, ECLI:EU:C:2009:141 – Hartlauer.

210

Literaturverzeichnis

EuGH, Urt. v. 26. 03. 2009, Rs. C-326/07, ECLI:EU:C:2009:193, EuZW 2009, 458, 464 – Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Italien. EuGH, Urt. v. 04. 06. 2009, Rs. C-8/08, ECLI:EU:C:2009:343, Slg. 1996 2009, I-4529 – TMobile Netherlands. EuGH, Urt. v. 11. 06. 2009, Rs. C-33/08, ECLI:EU:C:2009:367 – Agrana Zucker GmbH. EuGH, Urt. v. 08. 09. 2009, Rs. C-42/07, ECLI:EU:C:2009:519 – Liga Portuguesa de Futebol Profissional. EuGH, Urt. v. 17. 09. 2009, Rs. C-182/08, ECLI:EU:C:2009:559, Slg. 2009, I-8591 – Glaxo Wellcome. EuGH, Urt. v. 17. 11. 2009, Rs. C-169/08, ECLI:EU:C:2009:709 – Presidente del Consiglio dei Ministri. EuGH, Urt. v. 11. 03. 2010, Rs. C-384/08, ECLI:EU:C:2010:133 – Attanasio Group. EuGH, Urt. v. 01. 06. 2010, Rs. C-570/07 und C-571/07, ECLI:EU:C:2010:300 – Pérez und Gómez. EuGH, Urt. v. 08. 07. 2010, Rs. C-343/09, ECLI:EU:C:2010:419 – Afton Chemical Limited. EuGH, Urt. v. 09. 09. 2010, Rs. C-64/08, ECLI:EU:C:2010:506 – Engelmann. EuGH, Urt. v. 21. 10. 2010, Rs. C-81/09, ECLI:EU:C:2010:622, Slg. 2010, I-10161 – Idryma Typou. EuGH, Urt. v. 11. 11. 2010, Rs. C-543/08, ECLI:EU:C:2010:669, Slg. 2010, I-11245 – Europäische Kommission/Portugal (Golden Shares Portugal III.). EuGH, Urt. v. 16. 12. 2010, Rs. C-137/09, ECLI:EU:C:2010:774 – Josemans. EuGH, Urt. v. 21. 07. 2011, Rs. C-150/10, ECLI:EU:C:2011:507 – Bureau d’intervention et de restitution belge. EuGH, Urt. v. 21. 07. 2011, Rs. C-15/10, ECLI:EU:C:2011:504 – Etimine SA. EuGH, Urt. v. 04. 10. 2011, verb. Rs. C-403/08 u. C-429/08, ECLI:EU:C:2011:631, Slg. 2011, I-3083 – Football Association Premier League. EuGH, Urt. v. 10. 11. 2011, Rs. C-212/09, ECLI:EU:C:2011:717, Slg. 2011, I-10892 – Europäische Kommission/Portugal (Golden Shares Portugal IV.). EuGH, Urt. v. 21. 12. 2011, Rs. C-28/09, ECLI:EU:C:2011:854 – Kommission/Österreich. EuGH, Urt. v. 19. 07. 2012, Rs. C-31/11, ECLI:EU:C:2012:481, EWS 2012, 345 – Marianne Scheunemann/Finanzamt Bremerhaven. EuGH, Urt. v. 08. 11. 2012, Rs. C-244/11, ECLI:EU:C:2012:694, EuZW 2013, 29 – Europäische Kommission/Griechenland. EuGH, Urt. v. 13. 11. 2012, Rs. C-35/11, ECLI:EU:C:2012:707, RIW 2013, 88 – Test Claimants in the FII Group Litigation/Commissioners of Inland Revenue, The Commissioners for Her Majesty’s Revenue & Customs. EuGH, Urt. v. 03. 10. 2013, Rs. C-282/12, ECLI:EU:C:2013:629 – Itelcar. EuGH, Urt. v. 17. 10. 2013, Rs. C-181/12, ECLI:EU:C:2013:662 – Welte (Vorabentscheidungsverfahren).

Entscheidungen des EuGH

211

EuGH, Urt. v. 22. 10. 2013, C-105/12 – C-107/12, ECLI:EU:C:2013:677 – Essent NV u. a. EuGH, Urt. v. 11. 09. 2014, Rs. C-47/12, ECLI:EU:C:2014:2200 – Kronos. EuGH, Urt. v. 21. 05. 2015, Rs. C-560/13, ECLI:EU:C:2015:347 – Wagner-Raith (Vorabentscheidungsverfahren). EuGH, Urt. v. 10. 06. 2015, Rs. C-686/13, ECLI:EU:C:2015:375 – X AB. EuGH, Urt. v. 07. 09. 2017, Rs. C-6/16, ECLI:EU:C:2017:641 – Equiomi. EuGH, Urt. v. 21. 06. 2018, Rs. C-480/16, ECLI:EU:C:2018:480 – Fidelity Funds.

Sachverzeichnis 16+1-Plattform 42 50Hertz 47, 63, 65 ACER 142 ADMIE 43 Außenwirtschaftsgesetz, siehe Außenwirtschaftsrecht Außenwirtschaftsrecht – Prüfungsmaßstab 77 ff. – Prüfungsverfahren 79 ff. – Rechtsschutz 81 – Regelungskompetenz 74 f. – Unbedenklichkeitsbescheinigung 80 Außenwirtschaftsverordnung, siehe Außenwirtschaftsrecht Beherrschende Stellung 108 f., 112 Beihilferecht 136, 139 Belgien 92 f., 96 Bilateral Investment Treaties, siehe Kohärenter europäischer Ansatz Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) 74, 79 f., 145, 147 f. Bundesnetzagentur (BNetzA) 68 Bundesrepublik Deutschland 35, 39, 47, 60, 63 f., 68, 74 ff., 77 ff., 80, 91, 99, 101, 115, 144, 154 CDU 35 CFIUS 189 China 20, 23, 40 ff., 46 ff., 50, 70, 152, 181, 185 f., 189 China General Nuclear Corporation (GNC) 44 China National Nuclear Corporation (CNNC) 44 China Three Gorges Corporation (CTG) 47 CSU 35 Daseinsvorsorge 60 Defense Production Act

149 ff.

Deutschen Netzgesellschaft 101 Drittes EU-Energie-Binnenmarktpaket, siehe sektorspezifische Regelungen Dunkelflaute 28 E.ON 47 Effet utile 172 EFTA 33 Eigentümerkontrolle 94, 97, 99 f. Eigentumsbeschränkungen 97, 101 f., 177, 187 Électricité de France (EDF) 44 Emissionen 55 f., 69 Enemalta 45 Energiecharta-Vertrag, siehe Kohärenter europäischer Ansatz Energieunion 40 Energieversorgungssicherheit 20, 32 f., 37 f., 48, 55, 58, 60 ff., 70 f., 73, 75, 77, 91, 101, 131, 134 ff., 140 ff., 148, 175 ff., 187 ff. Entflechtung, siehe Unbundling Erneuerbare Energien 57, 61, 63, 101, 186 EU-Screening-VO – Berichterstattung 118 ff. – Expertengruppe 123 f. – Gemeinsame Rahmenregelungen 123 ff. – Kontaktstellen 123 f. – Notifizierung von Überprüfungsmechanismen 117 – Prüfungsmaßstab 124 – Regelungskompetenz 117 – Ziel 116 f. Europäischer Fonds für strategische Investitionen, siehe Investitionsförderung Europäischer Grüner Deal 28 Europäisches Klimagesetz 28 Eurostat 82 EVP 115 EWR 32

Sachverzeichnis Exon-Florio-Vorschrift, siehe Defense Production Act Expertengruppe, siehe EU-Screening-VO Fazilität „Connecting Europe“, siehe Investitionsförderung Fernleitungsnetzbetreiber 62, 66 ff., 93, 99, 132, 139, 143 Finanzkrise, siehe Staatsschuldenkrise Flexibilisierungsaufgabe 56 f., 59 Foreign Investment and National Security Act 150 Frankreich 92 f., 96, 115, 154 Fukushima 56 Fusionskontrollverordnung 104, 109 ff., 118, 130 Gazprom 37 Gazprom Klausel, siehe sektorspezifische Regelungen Gewährleistungsverantwortung 60 Golden Shares 73, 91 ff., 101, 177, 187 Government Pension Fund Global (GPFG) 32 ff. Harrisburg 56 Hauptprüfungsverfahren 112 Hinkley Point C 44 f. Horizontaler Informationsaustausch

163

ICSID 180 Investitionsbeschränkung 97 f., 184 Investitionsförderung – Europäischer Fonds für strategische Investitionen 127 ff., 188 – Fazilität „Connecting Europe“ 29, 126 f., 130, 188 – Vorübergehende Regulierungsfreistellung, siehe Regulierungsfreistellung Investitionsverbot 97 f., 101 Jinping, Xi 41 Juncker, Jean Claude Juncker-Plan 127

19

Kapitalallokation 50 Kapitalverkehrsfreiheit 81 ff., 90 f., 96, 102, 130, 158, 169 ff., 179, 187

213

Kartellrecht 104, 106, 114 f., 130, 176, 188 Kohärenter europäischer Ansatz – „Erste Instanz“ 164 – „Zweite Instanz“ 165 – Bilateral Investment Treaties 181 f. – Energiecharta-Vertrag 180 f. – GATS 182 ff. – Kompetenznorm 155 – OECD Code of Liberalisation of Capital Movements 184 f. – Regelungskompetenz 154 – Rolle der EU-Kommission 165 – Rolle der Mitgliedstaaten 163 – Vereinbarkeit mit Unionsrecht 168 ff. – Vertikaler Informationsaustausch 165 – Völkergewohnheitsrecht 185 – Zusammenfassung 185 Kommentare 119 ff., 163 f., Kontaktstellen, siehe EU-Screening-VO Kontrollerwerb 81, 110, 135, 141, 170 f. Konzeption Zivile Verteidigung (KZV) 34 ff. Kritische Infrastrukturen 21 – Außenwirtscahftsrecht 78 – Begriffsklärung 51 ff. – EU-Screening-VO 122 – im Energiebereich 54 ff. Lastabwurf 55 Lehman Brothers Loi Macron 93

24

Malmström, Cecilia 115, 154 Marktprinzip 30 May, Theresa 45 Missbrauchsverbot 108, 113, 130 Nationale Beteiligungsfazilität, siehe Regelungsalternativen Nationale Industriestrategie 145 Nationally Determined Contributions (NDCs) 27 NATO 33, 39, 48 Netzpufferung 59 Netzstabilität 54, 57 Neue Seidenstraße 20, 41 ff., 48, 149, 152, 189

214

Sachverzeichnis

Neue Strategie zum Schutz der Bevölkerung 35 f. Niederlassungsfreiheit 81 ff., 157 ff., 169 ff. Nord Stream 2 38 ff., 48 Norwegen 32 f., 48 Notifizierung 117 OECD 82, 184 Öffentliche Ordnung oder Sicherheit 75, 77 ff., 86 ff., 96, 115, 119 ff., 124 f., 130, 147, 155, 163 ff., 174, 184, 188 Omnibus Trade an Competitiveness Act 149 Ordre-public 86 f., 161 Pariser-Klimaabkommen 27 f., 70 Polen 38 f., 92, 94, 96 Polizei- und Ordnungsrecht 53 Portfolioinvestitionen 33, 49 f., 70, 158, 178 Preisser – Herstellung von Transparenz 146 f. – Kritik 147 – Modifizierung des Außenwirtschaftsrechts 147 Privatisierung 24, 26 f., 43, 46, 92 f., 95 f., 164 Programme/Programme von Unionsinteresse 122, 125, 164 ff. Prüfeintrittsschwelle 81 f., 87 ff., 148 Prüfungsmaßstab – AWG 77 ff. – Eigener Ansatz 164 – EU-Screening-VO 124 – FKVO 112 f. Redispatch 63 Regelenergie 54 f., 59, 61, 63 Regelleistung 54, 57 Regelungsalternativen – Europäischer CFIUS 149 ff. – Nationale Beteiligungsfazilität 152, 189 – Preisser, siehe Preisser Regulierungsfreistellung – Bewertung 129 – Verfahren 128

144 f.,

– Ziel 127 REN 46 f. Reprivatisierung 26 Russland 20, 23, 34 ff., 48, 50, 185 f. RWE 63, 65 Schlüsselinfrastrukturen 78, 86 Sektorspezifische Regelungen – Gazprom-Klausel 131 – Drittes EU-Energie-Binnenmarktpaket 63, 65, 67, 131, 133 – Winterpaket 2019 131 f. – Zweites EU-Energie-Binnenmarktpaket 60 – Kommissionsvorschlag 135 ff. – Zertifizierungsverfahren 139 f. Shanghai Electric Power (SEP) 46 Sollfrequenz 54 SPD 35 Sperrminorität 82 Staatsschuldenkrise 19, 24 ff., 43, 46, 48, 70, 186 Stabilitäts- und Wachstumspakt 24 f. Standardverfahren 79 f. State Grid Corporation of China (SGCC) 44, 46 f. Stellungnahmen 119 ff., 124, 166, 175 Systemsicherungsmaßnahmen 63 Systemverantwortung 62, 66 TenneT TSO GmbH 29, 63, 65 Timothy, Nick 45 TransnetBW GmbH 63 ff. Trump, Donald 39 Tschernobyl 56 Überprüfungsmechanismus – AWG 73 ff. – Eigener Ansatz 153 ff., 161 ff. – EU-Screening-VO 116 ff. Ukraine 35 ff. Unbundling 59, 63 ff., 67, 132 ff., 137, 139 ff., 137, 139 ff. USA 24, 40, 149, 151 Vereinigte Staaten von Amerika, siehe USA Vertikaler Informationsaustausch, siehe Kohärenter europäischer Ansatz

Sachverzeichnis Vertrag von Lissabon 156 Vetorecht – Eigener Ansatz 161 – FKVO 110 – Frankreich 93 – Regulierungsfreistellung 129 Völkergewohnheitsrecht, siehe Kohärenter europäischer Ansatz Vorprüfung 111 Warenverkehrsfreiheit 168 f. Weißbuch 34 f. Weißer Ritter 144 Welthandelsrecht 49, 182 f.

215

Wettbewerbsbeschränkungen 106 Winterpaket, siehe sektorspezifische Regelungen Wirtschaftlichkeitsprinzip 30 Wirtschaftskrise, siehe Staatsschuldenkrise Wirtschaftsvölkerrecht 20 f., 179, 185, 190 Zertifizierung – von Netzbetreibern 132, 134 ff., 177, 189 – Zypern 97 f. Zusammenfassung in Thesenform 186 ff. Zweites EU-Energie-Binnenmarktpaket, siehe sektorspezifische Regelungen