Diplomatie und Weltkrieg: Band 2 [Reprint 2018 ed.] 9783111420752, 9783111056326


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German Pages 698 [700] Year 1917

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
72. Kapitel. Zu Italiens Haltung in der Krisis 1914 (nach den Bnntbüchern des Dreiverbandes)
73. Kapitel. Japans Kriegserklärung
74. Kapitel. Englands Schuld am Kolonialkriege. – Die Verhandlungen über die Neutralität des konventionellen Kongobeckens scheitern an Englands Widerstand
VII. Teil. Italiens Verrat: Das Eintreten Italiens in den Weltkrieg
75. Kapitel. Allgemeine Politische Bemerkungen
76. Kapitel. Das Italienische Grünbuch
77. Kapitel. Österreichisches Rotbuch (II und III) „zur Vorgeschichte des Krieges mit Italien"
78. Kapitel. Aufhebung des Bündnisvertrags durch Italien am 3. Mai 1915 und die Antworten darauf
79. Kapitel. Der tatsächliche Eintritt Italiens in den Krieg
80. Kapitel. Die deutsch-italienischen Rechtsbeziehungen bis zur italienischen Kriegserklärung vom 26. August 1916
81. Kapitel. Die Italienische Kriegserklärung an das Deutsche Reich Am 26. August 1916
82. Kapitel. Das Solidaritütsabkommen der Vieroerbandsstaaten vom September 1914
VIII. Teil. Der Balkan
83. Kapitel. Der Eintritt der Türkei in den Weltkrieg (November 1914)
84. Kapitel. Bulgariens Eintritt in den Weltkrieg
85. Kapitel. „Warum Bulgarien Mit Den Zentralmächten Geht"
86. Kapitel. Italiens Stellung zur Balkanfrage, vor allem zu Bulgarien; die Forderung der Wiederherstellung Serbiens nach Dessen Vernichtung (Herbst 1915). – Aspirationen auf Albanien
87. Kapitel. Der Bruch von Griechenlands Neutralität und Souveränität durch den Vierverdand – ein Musterbeispiel englischer Mißachtung „kleiner Staaten"
88. Kapitel. Englische „Fußtritte-Politik" gegen Griechenland
89. Kapitel. Einmarsch der Deutschen und bulgarischen Truppen in griechisches Gebiet (August 1916)
90. Kapitel. Die griechische Krisis (Herbst 1916). – Die „Kriegserklärung des Venizelos".– Völkerrechtsbruch ohne Ende. –Der Zusammenstolz vom 1. Dezember 1516
91. Kapitel. Politische Folgen der Mißerfolge in der Balkanpolitik des Vierverbandes (Niederlage an den Dardanellen, Eintritt Bulgariens in den Krieg) innerhalb der Regierungen des Vierverbandes. Der Sturz Delcaffés und Millerands (1915). – Weitere Krisen
92. Kapitel. Nochmals Belgien und Griechenland – eine historische Analogie. Englische Zweideutigkeit. Schuld Englands am Untergange Belgiens und Serbiens (1915/16) nach englischer und belgischer Beurteilung
93. Kapitel. Die Kriegserklärung an Portugal, den Räuber der Deutschen Handelsflotte
IX. Teil. Seit Rumäniens Eintritt in den Weltkrieg. – Polen
94. Kapitel. Geschichtliche und Politische Vorbemerkungen
95. Kapitel. Die Vorgeschichte der Kriegserklärung Rumäniens an Österreich-Ungarn nach dem österreichischen Rotbuche
96. Kapitel. Amtliche rumänische Kriegserklärungs-Note an Österreich-Ungarn. – Die Kriegserklärungen der Mittelmächte und Bulgariens an Rumänien
97. Kapitel. Die Proklamation des Selbständigen Königreichs Polen durch die Mittelmächte: der erste Schritt nordwestslauischer Anlehnung an Mitteleuropa. – Proteste dagegen
98. Kapitel. Eine nochmalige Zusammenfassung der Gründe Für die Schuld Rußlands und vor allem Englands am Weltkriege durch den Reichskanzler von Bethmann Hollweg (Rede Vom 0. November 1916).– Neue Urkundendeweife von Deutschlands Friedensliebe und Rußlands kriegerischer rischer Ablicht Deutschland
99. Kapitel. Neue Krisen infolge des Zusammenbruchs der Entente politik auf dem Balkan (Rumänien) sowie der sonstigen Erfolge der Waffen der Mittelmächte (Dezember 1915). Lloyd George Englischer Ministerpräsident – Abgang von Asquith und Grey), Stürmer usw.– Trepow über Nußlands Nriegsziele
100. Kapitel. Internationale Völkerbünde zur Sicherung des Friedens als englisches und deutsches Kriegsziel. (S. Auch Kap. 103 Unten Und Jetzt Vor Allem Das Kap. über Wilsons Botschaft An Den Senat Der Vereinigten Staaten.)
101. Kapitel. Das Friedensangebot der Mittelmächte vom 12. Dezember 1916
102. Kapitel. Das Echo des Deutschen Friedensangebots im Auslande
103. Kapitel. Die Friedensnote des Präsidenten Wilson vom 21. Dezember 1916. – Der Beitritt der Schweiz und der anderen neutralen Staaten. – Die Aufnahme der Noten in der Öffentlichkeit
104.Kapitel. Die offiziellen Antworten des Vier(Zehn)-Verbandes auf die Friedensnote der Mittelmächte und an Präfident Wilson und ihr Echo: Replik der Zentralmächte und Antworten der Neutralen
105. Kapitel. Die Friedensbotschaft Wilsons an den amerikanischen Senat vom 22. Januar 1917 und ihr Echo bei den Kriegführenden (Monroe-Doktrin –,/Frieden Ohne Sieg" – //Freiheit Der Meere" //Gleichgewicht Der Kräfte" – //Regierung Unter Zustimmung Der Regierten" und anderes)
X. Teil. Der U-Bootkrieg und die Vereinigten Staaten von Amerika
106. Kapitel. Die Deutsche Note über den uneingeschränkten U-Bootkrieg an die Vereinigten Staaten von Amerika vom 31. Januar 1917
107. Kapitel. Der Abbruch der Beziehungen durch die Vereinigten Stauten von Nordamerika. – Nochmals der U - Bootkrieg und seine Vorgeschichte
108. Kapitel. Wilsons Agitation gegen die Zentralmächte. – Wilson Versucht die Neutralen zum Abbruch der Beziehungen mit den Zentralmächten zu veranlassen. – Wilsons Niederlage bei den europäischen Neutralen, die den Anschluß ablehnen. – Neutrale Proteste gegen den U-Bootkrieg
109. Kapitel. Die Antwort Deutschlands und Osterreichs auf das Vorgehen der Vereinigten Staaten. (Rede des Reichskanzlers vom 27. Februar 1917.)
110. Kapitel. Die verlangten Vollmachten des Präsidenten Wilson – „bewaffnete Neutralität" der Vereinigten Staaten?
111. Kapitel. Das deutsch-merikanische Zwischenspiel
112. Kapitel. Nochmals das Kriegs- und Friedensprogramm des Präsidenten Wilson und seine Antrittsrede vom 5. März 1917. – „Billigkeit, Gerechtigkeit, freiheit zu leben" nfw. nach amerikanischem Rezepte
113. Kapitel. Der Abbruch der Beziehungen zum Deutschen Reiche seitens Chinas (14. März 1917)
114. Kapitel. Politisches Schlußwort zum zweiten Sande. Persönliche Randglossen über die zukünftige deutsche Diplomatie sowie über Friedens-, Kriegsziele und -Wünsche
Anhang
Register Zum I. und II. Bande
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Diplomatie und Weltkrieg: Band 2 [Reprint 2018 ed.]
 9783111420752, 9783111056326

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Diplomatie und Weltkrieg En Führer durch die Entstehung und Nusbreitung de Weltkrisis auf Gmnd der amtlichen Materialien von

Dr. (Ernst Müller-Meiningen Mitglied des Deutschen Reichstags und der daher. Abgeordnetenkammer

Band II

Berlin J9J7 Druck und Verlag von Georg Aeimer

Alle Rechte, insbesondere das der über, setzung in fremde Sprachen, vorbehalten.

Inhaltsverzeichnis. Seite

72. Kolter. Zu Italiens Haltung in -er Krisis 1914 (nach den Bunt, -üchern -es Dreiverban-es)................ 625 San Giulianos Dermittelungsversuch............................ 626 San Giuliano über Italiens Haltung............................ 628 7z. Kaltel. Japans Kriegserklärung.......................................... 633 74. Kaltel. Englan-s Schul- am Kolonialkriege.— Die Verhandlungen über -ie Neutralität -es konventionellen Kongobeckens scheitern an Englands Widerstand........................... 637 VII. Til. 75» 76. 77.

78.

79.

Italiens Verrat: Das Eintreten Italiens in den Weltkrieg.......................... 651 Karte!. Allgemeine politische Bemerkungen........................... 651 Karte!. Das italienische Grünbuch...................................... 661 Ka^el. Österreichisches Rotbuch „zur Vorgeschichte -es Krieges mit Italien"...................................................................... 668 Das -ritte österreichische Rotbuch.................................. 683 Bemerkungen zum III. österreichischen Notbuch................ 699 Karte!. Aufhebung -es Bündnisvertrags durch Italien am 3. Mai 1915 und -ie Antworten darauf.................................... 704 Bemerkungen zu Artikel 4 -es Oreibundvertrages............ 708 Antwort Deutschlands auf -ie „Kündigung" -es Drei, bundvertrageS durch Italien......................................... 71» Die Antwort Österreich-Ungarns an Italien............ 7*4 Kajlel. Der tatsächliche Eintritt Italiens in den Krieg.......... 7*9 1. Die Kriegserklärung. 2. Manifest Kaiser Franz Josephs. 3. Offiziöse Äußerungen -er Deutschen Reichsregierung zur italienischen Kriegserklärung vom 23. Mai 1915............. 720 4. Bemerkungen zu Salandras italienischen Geständnissen ... 73* Italienische Presseurteile über Italiens Verrat, sowie Ur, teile -er Dreiverbandspresse........................................... 735 Einige neutrale Urteile über Italiens Treubruch............. 737

IV

Stltz 80. Kapitel. Die deutsch-italienischen Rechtsbeziehungen bis zur italienischeu Kriegserklärung vom 26; August 1916.................... 739 81. Kapitel. Die italienische Kriegserklärung an das Deutsche Reich am 26. August 1916.......................................................... 744 82. Kapitel. Das SolidarttLtsabkommen der Dierverbandsstaaten vom September 1914............................................................ 747 VIII. Ser 83. Kapitel. Der Eintritt der Türkei in den Weltkrieg (November 1914) Der allerhöchste Erlaß Seiner Majestät des Kalifen darüber, daß die hohe Regierung sich im Kriegszustand mit den Staaten Rußland, Frankreich und England befindet........ Ägyptens Kriegserklärung an dieMittelmächte................. Die Kriegserklärung Italiens an die Türkei.................... Persien — England undRußland.................................. 84. Kapitel. Bulgariens Eintritt in den Weltkrieg............................. 85. Kapitel. „Warum Bulgarien mit den Zentralmächten ge$t"........... I. Eine bulgarische Denkschrift............................................ II. über den Verrat Rußlands an Bulgarien von 1885—1913 insbesondere................................................................. Nachbemerkung des Verfassers........................................ 86. Kapitel. Italiens Stellung zur Balkanfrage, vor allem zu Bulgarien; die Forderung der Wiederherstellung Serbiens nach dessen Vernichtung (Herbst 1915). Aspirationen auf Albanien .. 87. Kapitel. Der Bruch von Griechenlands Neutralität und Souverän!, tät durch den Dierverband — ein Musterbeispiel englischer Mißachtung „kleiner Staaten"........................................ 88. Kapitel. Englische „Fußtritte-Politik" gegen Griechenland............. 89. Kapitel. Einmarsch der deutschen und bulgarischen Truppen in griechi­ sches Gebiet (August 1916)............................................ 90. Kapitel. Die griechische Krisis (Herbst 1916). — Die „Kriegserklärung des Denizelos". — Dölkerrechtsbruch ohne Ende. — Der Zu­ sammenstoß vom 1. Dezember 1916................................ Neuerliche Ultimata....................................................... 91. Kapitel. Politische Folgen der Mißerfolge in der Balkanpolitik des Dierverbandes (Niederlage an den Dardanellen, Eintritt Bulgariens in den Krieg) innerhalb der Regierungen deö Dierverbandes. Der Sturz DelcaffLs und Millerands (1915). — Weitere Krisen............................................. 92. Kapitel. Nochmals Belgien und Griechenland — eine historische Ana­ logie. Englische Zweideutigkeit. Schuld Englands am Untergänge Belgiens und Serbiens (1915/16) nach englischer und belgischer Beurteilung.............................................. 93. Kapitel. Oie Kriegserklärung an Portugal, den Räuber der deutschen Handelsflotte................................................................. Wortlaut der deutschen Erklärung....................................

75® 750 758 768 772 772 774 778 778 795 798 799 8(02 8)12 821 824 842

5844

849 855 855

IX, Teil. 94. Kapitel. 95. Kapitel. 96.

97.

9S.

99.

100. 101. 102.

103.

Seit Rumäniens Eintritt in den Weltkrieg. — Polen 859

Geschichtliche und politische Vorbemerkungen.......................... 859 Oie Vorgeschichte der Kriegserklärung Rumäniens an Öster­ reich-Ungarn nach dem österreichischen Rotbuche ................. 86z Kapitel. Amtliche rumänische Kriegserklärungs-Note an ÖsterreichUngarn. — Die Kriegserklärungen der Mittelmächte und Bulgariens an Rumänien......................................................... 894 Österreich-Ungarns Antwort auf die rumänische Note......... 897 Die Kriegserklärung Bulgariens an Rumänien................... 907 Manifest des Königs Ferdinand von Bulgarien................... 908 Destechungsversuche gegenüber Bulgarien. — Antwort darauf 909 Kapitel. Oie Proklamation des selbständigen Königreichs Polen durch die Mittelmächte: der erste Schritt nordwestslawischer An­ lehnung an Mitteleuropa. — Proteste dagegen.................. 911 Polens Schicksalsstunde............................................................... 913 Ein Aufruf jur Bildung des polnischen Heeres................... 9x7 Rußlands offizieller Einspruch gegen die Unabhängigkeit Russisch-Polens.............................................................................. 9x9 Oie deutsche Antwort auf denrusstschen Polenerlaß............. 920 Kapitel. Eine nochmalige Zusammenfassung der Gründe für die Schuld Rußlands und vor allem Englands am Weltkriege durch den Reichskanzler von Bethmann Hollweg (Rede vom 9. No­ vember 1916). — Neue Urkundenbeweise von Deutschlands Friedensliebe und Rußlands kriegerischer Abflcht gegen Deutschland .................................................................................. 921 Kapitel. Neue Krisen infolge des Zusammenbruchs der Ententepolitik auf dem Balkan (Rumänien) sowie der sonstigen Erfolge der Waffen der Mittelmächte (Dezember 1916). Lloyd George englischer Ministerpräsident — Abgang von Asquith und Grey, Stürmer usw. — Trepow über Rußlands Kriegsziele 932 Rußland. Zu Stürmers Rücktritt.......................................... 944 Österreichischer Ministerwechsel (Dezember 1916).............. 948 Kapitel. Internationale Völkerbünde zur Sicherung des Friedens als englisches und deutsches Kriegsztel ........................................ 949 Kapitel. Das Friedensangebot der Mittelmächte vom 12. Dezember 1916......................................................................................... 958 Kapitel. Das Echo des deutschen Friedensangebots im Auslande.. 970 A. Rußland.................................................................................... 976 B. Italien....................................................................................... 979 C. Frankreich................................................................................ 980 D. England..................................................................................... 982 Kritische Bemerkungen des Verfassers.............................. 989 Kapitel. Die Friedensnote des Prästdenten Wilson vom 21. Dezember 1916. — Der Beitritt der Schweiz und der anderen neu­ tralen Staaten. — Die Aufnahme der Noten in der Öffent­ lichkeit......................................................................................... 995

VI

Zum Verständnis und tut Auslegung der Wilsonschen FriebenSoote .............................................................. 999 Die Noten der Neutralen und die Antworten darauf.......1004 104. Kapitel. Die offiziellen Antworten des Dier(Zeha)-Derbandes auf die Friedeasnole der Mittelmächte und an Präsident Wilson und ihr Echo: Replik der Zentralmächte und Antworte» der Neutrale»................................................................... 1013 Kritische Bemerkungen deS Verfassers zu der Antwortnote der Entente vom 30. Dezember 1916.................................... 1018 Zum Kapitel Belgien und Frankreich.............................. 1022; Die deutsche Antwort auf die Entente-Note.................... 103a Die Antworten der Zentralmächte an die Neutralen........ 1033; Die Note der belgischen Regierung................................. 1043-, Balfours Erläuterungen zur Entente-Antwort an Wllso» . 1045; Kritische Bemerkungen des Verfassers zur Entente-Note vom 10. Januar 1917 ............ ........................................... 1049) 105. Kapitel. Oie Friedensbotschaft WilsonS an den amerikanische» Senat vom 22. Januar 1917 und ihr Echo bei den Kriegfüh­ renden ........................................................................ 1061c Bemerkungen des Verfassers......................................... io66> Die Antworten auf Wilsons Botschaft an den Senat__ 1078$

X Teil.

Der v-Bootkrieg und die Vereinigten Staaten von Amerika...................................................... ............... 1082».

106. Kapitel. Die deutsche Note über den uneingeschränkten v-Bootkrieg an die Vereinigte» Staaten von Amerika vom 31. Januar 1917............................................................................ 10822 Die Denkschrift ........................................................... 10855 Dom alten zum neuen u-Bootkrieg............................... 10877 l. Der alte U-Dootkrieg................................................... 10877 n. Der Kreuzerkrieg der U-Boote....................................... 10888 III. Der neue U-Bootkrieg................................................. 10900 Uber die Rechtmäßigst des unbeschränkte» u-BootkrlegS nach dem Urteil eines englischen Admirals ............. . 10944 Die deutsche Sperrgebietserklärung und ihre rechtliche Natur 10977 Bemerkungen des Verfassers......................................... 10999 Eine nochmalige Warnung Deutschlands ....................... mco 107. Kapitel. Der Abbruch der Beziehungen durch die Vereinigten Staaten von Nordamerika. — Nochmals der U-Bootkrieg und seine Vorgeschichte................................................................ 1115$ Allgemeine Bemerkungen des Verfassers zur Vorgeschichte deS uneingeschränkten u-Dootkrieges und der Haltung der Ver­ einigten Staaten von Nordamerika................................ izx&8 Weiteres amtliches Material zur Vorgeschichte des U-Boot, kriegs.......................................................................... II2J3 Wilson......................................................................... 11394

VII Belte

WirLschaftsgrünbe.......................................................... 1x36 Hetzpresse, Botschafter Gerard........................................ 1137 über die deutsch-amerikanischenRechtsbeziehungen .............. 1139 Die nochmalige Warnung Deutschlands vom14. Februar ;y, 1917............................................................................ 1142 108» Koitel. Wilsons Agitation gegen die Zentralmächte. — Wilson ver, sucht die Neutralen zum Abbruch der Beziehungen mit den Zentralmächten zu veranlassen. — Wilsons Niederlage bei den europäischen Neutralen, die den Anschluß ablehnen. — Neu, trale Proteste gegen den u-Bootkrieg............................ 1146 Neutrale Noten und Proteste. 1. Holland....................................................................... 1x49 2. Dänemark......................................... ;........................ 1154 3. Schweden..................................................................... 1154 4. Norwegen................................................................... 1x56 5. Skandinavische Proteste gegen den17-Bootkrieg................. 1156 6. Spaniens Note an Deutschland...................................... 1159 7. Über die Noten der Schweiz an Deutschlandund Amerika .. 1161 8. Protestnote Brasiliens an Österreich-Ungarn.................... 1162 9. Argentiniens Haltung................................................... 1165 10. Chiles Note an Deutschland........................................... 1165 ix. Persien — Rußland — England................................... 1166 Nachbemerkungen des Verfassers.................................... 1167 109. Kaitel. Die Antwort Deutschlands und Österreichs auf das Vor­ gehen der Vereinigten Staaten. (Rede des Reichskanzlers vom 27. Februar 1917).......................................... 1168 Österreich-Ungarns Antwort an Amerika................... 1173 110. Sattel. Die* verlangten Vollmachten des Präsidenten Wilson — „bewaffnete Neutralität" der Vereinigten Staaten?.... 1176 Bemerkungen des Verfassers................................... 1178 Die Obstruktion im Senat gegen die verlangten Vollmachten Wilsons................................................................. 1179 Bemerkungen des Verfassers................................... 1181 in. Kaitel. Das deutsch-mexikanische Zwischenspiel...................... 1184 Bemerkungen des Verfassers................................... 1185 112. Kaitel. Nochmals das Kriegs- und Friedensprogramm desPräsi­ denten Wilson und seine Antrittsrede vom 5. März 1917. — „Billigkeit, Gerechtigkeit, Freiheit zu leben" usw. nach ameri­ kanischem Rezepte................................................... 1192 113. Kaitel. Der Abbruch der Beziehungen zum Deutschen Reicheseitens Chinas (14. März 1917)........................................ 1195 114. Kaitel. Politisches Schlußwort zum zweiten Bande................ 1205 Persönliche Randglossen über die zukünftige deutsche Diplomatie sowie über Friedens-, Kriegsziele und -Wünsche 1205 Nochmals das Kriegsziel der Entente....................... 1214 Die deutschen Kriegsziele im allgemeinen................. 1224

VIII eit«

I. Oie sog. „Brüsseler Dokumente"..................................... 1245 II. AuSjug aus der Rebe des Retchskantlers vom 5. April 1916 über die deutschen Kriegstiele........................................ 1256

Register

"5-

Druckfehlerberichtigung Mm I. und II. Bande. Sette 273 Zeile 5 von unten lies: 22. August 1905 (statt 1915). Sette 28$: Der belgische Gesandtschaftsbericht Nr. 20 datiert vom 28. Juli 1906» Seite 339: Der belgische Gesandtschaftsbericht Nr. xio datiert vom 16. Iannar 1914*

Seite 424 Zeile 19 von oben muß der Satz heißen: „Die Offiziers,Mordgesellschaft.. ., wie die Skupschtina und das Mi­ nisterium waren längst nur Puppen . . Seite 424 Zeile 21 und 22 lies: (seit 1909). Sette 425 Zeile 11 von oben lies: 1915 statt „v. I.". Seite 597 Zeile 3 von unten lies: „Aufwand" statt Eindruck. Seite 748 Zeile 2 von oben lieö: 4. September 1914 (statt 5. September). Seite 748 Zeile 26 von oben lies: „Italien" statt Belgien. Seite 749 Zeile 7 von oben lies: 4. September (statt 5. September). Seite 752 Zeile 14 von unten lies: 1878 statt 1898. Seite 842 Zeile 6 von oben lies: „Ultimata" statt „Ultimatum". Seite 906 Zeile 20 von oben lies: Reichsratöabgeordneter (statt Reichstags-abgeordneter). Seite 980 Zeile 9 von unten lies: 13. Dezember 1916 (statt 12. Dezember). Seite 1168 Zeile 6 von oben lies: Österreich statt Österreich.

625

72. Kapitel. Zu Italiens Haltung in -er Krisis 1914 (nach den Snntbüchern des Dreiverbandes).

(Siehe unten die besonderen Kapitel 75 ff. über das Eintreten Italiens in den Weltkrieg.) I. In 31t. 35 des frans. Gelbbuchs wird geäußert, es bestehe der Eindruck, als wenn Italien überrascht, um nicht mehr ju sagen, daß es von seinen beiden Bundesgenossen in der Frage des österreichischen Ultimatums an Serbien ausgeschaltet worden sei, berichtet am 25. Juli 1916 Jules Cambon (siehe oben). In Nr. 51 des stanz. Gelbbuchs erklärt Herr Salandra Barrire gegenüber (26. Juli): „Wir werden die größten Anstrengungen machen, daß der Friede nicht gebrochen werde. Unsere Haltung ist ähnlich der Englands. Vielleicht könnten wir mit England etwas in Sachen des Friedens machen." Salandra bestätigt, daß die öster­ reichische Note in Rom in letzter Stunde mitgeteilt worden fei1). In Nr. 52 des Gelbbuchs (26. Juli Schlußsatz) äußert Barrere ln seinem Bericht an den Minister des Äußeren: „Ich bemerke, daß die Mehrheit der italienischen öffentlichen Meinung in dieser ernsten Sache Österreich feindlich gegenübersteht." II. Italien und Sir Edward Greys Konferenzvorschlag. Italiens Zustimmung zu Sir Greys Konferenzidee der vier unbeteiligten Mächte. Siehe engl. Weißbuch Nr. 30 oben vom 27. Juli 1914 und Nr. 49 l.c.: Danach wird Marchese di San Gtuliano der deutschen Regierung aufs wärmste empfehlen, die Regierungen Rußlands, Hsterreich-Ungarns und Serbiens zu ersuchen, ihre militärischen Maßnahmen aufzuschieben, bis die Konferenz zu einem Resultate gekommen ist, und er wird in Erfahrung bringen, was die genannten Regierungen betreffs eines Schrittes in Wien vorzuschlagen gesonnen sind. (27. Juli.) Die italienische Regierung erkannte sofort, als sie von Greys offiziellem Vorschlag der Konferenz Kenntnis erhielt, daß er für Deutsch­ land nach seiner bisherigen Stellungnahme wie für Hsterreich-Ungarn 9 Dies robb wohl am 24. Juli 1914 gewesen sein. Mül lersMetningeu, Entstehung des Weltkrieg-.

40

626

unannehmbar sei. Der englische Botschafter berichtet darüber am 27. Juli nach London: „Der Minister des Auswärtigen bejweifelt sehr, daß Deutschland gewillt sei, Österreich zur Einstellung der militärischen Operationen ftr die Dauer der Konferenz aufzufordern." Der Minister steht, soweit die Sache ihm jetzt bekannt ist, keine Möglichkeit, daß Öster­ reich auf irgendeinen Punkt der an Serbien gerichteten Note verzichten könne. Dagegen steht er einen anderen Ausweg. Er hofft, daß durch so­ fortigen Zusammentritt der Konferenz die militärischen Operationen praktisch aufgeschoben werden könnten. Das wäre möglich gewesen, wenn Serbien jeglichen Angriff auf österreichisch-ungarische Truppen, Grenzbesatzungen und Gebietsteile unterlassen hätte. So gut Oster, retch-Ungarn nach dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen noch drei Tage wartete, bis es den Krieg erklärte, konnte es auch schließlich sechs Tage warten. Es mußte nur die Garantie haben, daß die Kon­ ferenz nicht zu einer Entscheidung kam, die die Doppelmonarchte nicht annehmen konnte. Der italienische Minister weist den Weg, auf dem dieses Ziel zu erreichen wäre: er glaubt, daß Österreich-Ungarn seine Aktion aufschieben könnte, falls es Grund hätte zu glauben, daß der Rat der Mächte durch die Konferenz dahin ginge. Serbien solle jetzt noch die Note annehmen (Blaubuch Nr. 57). Di San Giuliano sagte selbst, dieser Weg wird Serbien erlauben, zu sagen, es habe Europa nachgegeben und nicht Österreich-Ungarn allein. Damit wären in Serbien schwere innerpolitische Folgen der Nachgiebigkeit vermieden worden; es wäre aber auch das Prestige Rußland geschont worden (stehe Bergsträßer a. a. O. S. 539). III. San Giulianos Vermittelungsversuch. San Giuliano glaubte ferner, daß wenn Erklärungen (von Öster­ reich-Ungarn) abgegeben würden über die Art, in der österreichische Beamte auf Grund der Punkte 5 und 6 (der Note vom 23. Juli) intervenieren sollten (s. oben S. 91 u.92), so könne Serbien noch jetzt die ganze Note annehmen. Da man nicht voraussetzen könne, Laß Österreich derartige Erklärungen Serbien gegenüber abgeben würde, so könnten ste an die Mächte abgegeben werden, welche an der Dis­ kussion beteiligt seien, und diese könnten Serbien zur bedingungs­ losen Annahme raten. Dies schien dem Minister um so möglicher, als die österreichisch-ungarische Regierung in ihren Bemerkungen zur serbischen Antwort, die dem Minister eben zugegangen waren, auf den Unterschied der collaboration bei recherches und bei enquete

627 judciaire besonders nachdrücklich aufmerksam gemacht hatte. Hier,

mente dt San Gtultano, könne der Hebel angesetzt werden (Blaubuö Nr. 64). Grey fand diesen Vorschlag durchaus annehmbar und gab ihn am 29. früh dem deutschen Botschafter mit der Bitte, ihn ln Berlin zu rnterbreiten, da er zurzeit andere Vorschläge nicht machen könne (BKubuch Nr. 90). Ganz ähnlich am 29. Juli 1914 Jules Cambon in iinem Gespräch mit Unterstaatssekretär Ztmmermann (Blaubuch Nr. 76). Der weitere Verlauf der Dinge zeigte, daß Sasonow (Rußland) dies: guten Ratschläge San Gtuliavos, der zunächst ehrliche Vermitt­ lung anzustreben schien, völlig ignorierte und durch seine „Formell die Dinge bis zum Äußersten trieb (s. oben Kap. 41,42 ff.). IV. Nochmals Italien und das österreichisch-ungarische „U timatum" (Nr. 72 des Gelbbuchs): Der französische Bot­ schafter Barröre meldet unterm 27. Juli 1914 an Bienvenu-Martin aus Rom unter anderem: „San Giuliano versicherte mich in aller Form, daß er keine vorherige Kenntnis hatt»'). Er wußte wohl, daß diese Note einen strengen und energischen Charakter Haber würde (rigoureux et energique), aber er konnte nicht annehmen, daß sie eine derartige Form haben würde. Ich fragte ihn, ob es wahr sei, daß er aus diesen Anlasse, wie einige Zeitungen behaupten, in Wien eine Zustimmung zur österreichischen Aktion und die Versicherung habe abgeben lassen, daß Italien öste-reich gegenüber seine Bundespflichten erfüllen werde. „En aucune fa^on“ (,,Jr keiner Weise"), antwortete der Minister. „Wir sind nicht gefragt worden, man hat uns nichts gesagt; wir haben daher keine solche Mitteilung nach Wien tu gben gehabt."— San Giuliano zweifelt, ob Deutschland geneigt sei, in Wien einen Schritt zu rmchen. Cr stellt fest, daß Deutschland in diesem Momente un grand compte de sts rapports avec London mache'), und er glaube, daß England am besten Deuschland zu einer friedlichen Stellung veranlassen könne. „Was Italien anlangt, so wird es seine Bemühungen im Interesse des Friedens fortsetzen" und deshalb auch der Botschafterkonferenz zustimmen."

San Gtultano spricht (Nr. 96 l. c.) seine Meinung weiter dahin aus, daß er es für unmöglich hält, daß Rußland nicht militärisch *) Nämlich von dem österreichischen Ultimatum vom 23. Juli. ’) Diese Bemerkung besieht sich wohl auf die Anstrengungen Bethmaon HollvegS, mit England ein allgemeines Abkommen über englisch-deutsch« Streit­ punkt: i» erlangen. Im übrigen geht auS San GiultanoS Worten eine deutliche Verä'gerung über Österreichs Haltung ohne vorherige Befragung Italiens hervor. 4o*

628 interveniert, wenn Österreich Serbien demütigt. Der Bericht BarrLres endet: „Malgre Vextreme gravit6 de la Situation, le Ministre des Affaires 6trangferes ne me parait pas d6sesp6rer de la possibilit6 d’un arrangement. II croit que l’Angleterre peut encore exercer beaucoup d’influence ä Berlin dans un sens pacifique. II a eu hier soir, m’a-t-il dit, une longue conversation avec VAmbassa­ deur d’Angleterre, Sir R. Rodd, pour lui ddmontrer combien Intervention anglaise pourrait 6tre efficace. II m’a dit en terminant: „Si tel est aussi l’avis de votre Gouvernement, il pourrait, de son cote, insister dans ce sens ä Londres1).“ Barrere.“

IV. San Giuliano über Italiens Haltung.

Sehr interessant ist der Bericht, den am 29. Juli der englische Botschafter in Rom (Sir R. Rodd) an Grey sendet (Nr. 80 engl. Dlaubuch). Dort findet sich folgende Stelle über die Ansicht des italienischen Ministers des Äußeren: „The German Govemement are also being informed that the Italian Govemement would not be pardoned by public opinion here unless they had taken every possible step so as to avoid war. He is urging that the German Govemement must lend their Coope­ ration in this.“ „Er fügte noch hinzu, es wolle schwierig erscheinen,

Deutschland begreiflich zu machen, daß es Rußland ernst sei. Da aber das erstere es sich wirklich angelegen sein lasse, mit uns (England) gute Beziehungen zu unterhalten, wäre es seiner Ansicht nach von großer Wirkung auf Deutschland, wenn es glaubte, daß England mit Rußland und Frankreich gemeinsam handeln würde" (if she believed that Great Britain would act with Russia and France he thought it would have a great effect).

„Sogar wenn es unmöglich sein sollte, Deutschland zu einer Tellnahme an den Verhandlungen zu überreden, so würde er (San *) Interessant ist dieses Gespräch vor allem deshalb, weil es den unverwüst­ lichen Optimismus der deutschen und österreichischen Diplomatie in diesen ernstesten Julitagen beweist, v. Jagow — so wird dort bestätigt — spricht gegenüber Bollati, wie der österreichische Botschafter in Berlin gegenüber Goschen die Anficht aus, daß Rußland nicht marschieren werde, da es „ni en humeur ni en (tat de faire la guerre", wie der letztere sagt, und Jagow meint, baß er es deshalb nicht glaube, „da man soeben einen russische» Agenten nach Berlin gesandt habe, um gewisse finanzielle Fragen dort zu behandeln". Wie grausam hat sich darin die Diplomatie der Zentralmächte getäuscht!

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Giuliano) dennoch dafür sein, daß England und Italien, jedes als Vertreter einer Dündnisgruppe, ihren Meinungsaustausch fortsetzten." Anmerkung. Aus diesem Berichte ist weiter zweierlei sehr interessant. Erstens die geradezu notorische Anstrengung, die Deutschland machte, um mit Eng­ land im Frieden zu bleiben, die hier auch San Giuliano konstatiert. Zweitens die höchst merkwürdige Art, in der Italien seine „Bundesgenoffenschast" bewährt. Es stachelt England am 29. Juli offen an, einen möglichst starken Druck auf Deutsch­ land auszuüben, um Deutschland von Österreich abzusondern und zur Konferenz­ idee und damit zur Versumpfung der serbischen Frage umzustimmen. Grey hat diesen Rat, wie die Verhandlungen dieser Tage ausweisen, ausgezeichnet ver­ standen; die Haltung Italiens mußte ihn noch besonders bestimmen, mit Frank­ reich und Rußland zu kooperieren. Diese Haltung Italiens in den Julitagen zeigt, wie isoliert auf der internationalen „Konferenz" der vier unbeteiligten Mächte Deutschland und damit Hsterreich-Ungarn gegenüber Rußland und Serbien gewesen wäre: 3:1!

Über das für die Haltung Italiens entscheidende Ge­ spräch zwischen San Giuliano und dem deutschen Botschafter v. Flotow meldet Barrere unterm i. August 1914 folgendes (stanz. Gelb­ buch Nr. 124 letzter Absatz), nachdem er berichtet, daß er am i. August 8 y2 Uhr morgens bei San Giuliano war, um von ihm zu erfahren d’une fa?on precise, welche Haltung Italien einnehme en prtsence des actes provocateurs (!) de l’Allemagne et des suites qu’ils peuvent avoir: „Le Marquis de San Giuliano a repondu que la guerre entreprise par l’Autriche, etant donn£ sourtout les consequences qui pouvaient en sortir d’apres les paroles de l’Ambassadeur d’Allemagne, ayant un caractere agressif ne cadrant pas avec le caractöre purement ddfensif de la Triple-Alliance, l’Italie ne pourrait participer k la guerre.“

Die Worte, auf die sich diese höchst merkwürdige Erklärung San Giulianos bezieht, sind folgende (ebendort vorher): „Le Minister m’a (nämlich Barrere) rdpondu qu’il avait re$u hier soir la visite de l’Ambassadeur d’Allemagne. M. de Flotov lui aurait dit que l’Allemagne avait demande au Gouvernement russe de suspendre sa mobilisation et au Gouvernement fran(ais d’indiquer ce qu’il avait l’intention de faire; l’Allemagne avait donnö k la France un delai de dix-huit heures et ä la Russie un dilai de 12 heures pour röpondre. M. de Flotov a demand6 k la



6go —

suite de cette communication, quelles 6taient les intentions du Gou­ vernement Italien/‘

Darauf kommt dann die vorstehende Antwort San Gtultanos. Anmerkung. Siehe noch deutlicher die Antwort San Giulianos engl. Weißbuch Nr. 152, wo es heißt: „Der deutsche Botschafter hat es selbst ausge­ sprochen, baß der von Österreich erklärte Krieg und die sich möglicherweise daraus ergebenden Folgen dem Zwecke eines Angriffes dienend?). Daher stehen sowohl der Krieg als auch die Folgen im Widerspruche iu dem allein auf Abwehr gerichteten Ziele des Dreibundes, und Italien muß unter diesen Umstanden neutral bleiben." Diese sofortige Parteinahme Italiens für den Dreiverband ist wohl mit das Verblüffendste, was die Geschichte je sah. San Giulianos Anschauung war völlig fertig, als v. Flotow erschien. Für ihn war der Charakter des Krieges auf Seite Deutschlands ein „aggressiver", auf Seite der Tripelallianz ein „rein defensiver". Und warum? Weil Deutschland ein Ultimatum gestellt hatte. Es bedarf keiner weiteren Auseinandersetzung, daß diese Vermischung der Begriffe „Angriff" und „Ultimatum, Kriegserklärung" eine absichtliche und bös­ willige war, um sich den klaren Bundesverpflichtungen zu entziehen. Der Dank Italiens für 1866 und 18701 Es darf nur immer wieder auf die zeitliche Folge der Mobilisierung Rußlands hingewiesen werden. Seit 25. Juli befand sich Ruß­ land eingestandenermaßen im tatsächlichen Zustande der Mobilmachung (flehe deutsches Weißbuch Aul. 23 a, oben Kap. 47, 42—44). In Wirklichkeit hatte Rußland, wie die Entwicklung der kriegerischen Ereig­ nisse zeigte, seit Monaten mobilisiert. Am 28-/29. Juli hatte es einen großen Teil seines Heeres offiziell mobil gemacht. Deutschland hatte bis 31. Juli überhaupt militärische Vorbereitungen nicht getroffen. Österreich befand sich seit 28. Juli mit Serbien im Kriegszustände. Der Krieg zwischen Österreich und Rußland stand daher vor der Tür, — damit der Bündnisfall für Deutschland. Nun stellt Deutsch­ land, da es sah, daß es durch Ehrenworte der höchsten russischen Würdenträger schnöde getäuscht war, das Ultimatum an Rußland (31. Juli), zu demobilisieren, da dieses bereits vorher die allgemeine Mobilisierung offiziell angekündigt hatte. Und Italien behauptete, diese Haltung Deutschlands sei eine „aggressive". Der Bündnisfall sei nicht gegeben. Eine Defenstvallianz wird stets naturgemäß de facto auch eine Offensivallianz werben können und müssen, b. h. zwischen Offensiv« und Defensive läßt sich keine strenge Grenze ziehen. Die beste Vertei­ digung (auch seitens Staaten) ist der Hieb. Nicht derjenige ist der Urheber eines Krieges, der den Krieg erklärt ober das Ultimatum stellt, sondern derjenige, der de» Kriegsausbruch verursacht. Daß dies der Dreiverband war, bestätigen als klassische objektive Zeugen die sämtlichen belgischen Gesandten in ihrem Noten­ wechsel, bestätigt der König von Italien noch am 16. März 1914 in seinem Trink, spräche an Bord der „Hohenzollern", indem er aussprach: „Die Bande, die. glück­ licherweise seit vielen Jahren unsere beiden Staaten unter sich und mit dem ge­ meinsam Verbündeten vereinigen, waren bis jetzt bas stärkste Bollwerk des Friedens in Europa." Und am 2. August verspricht derselbe König noch „herzlich freundschaftliche Haltung" 1 Das tut man nicht gegenüber einem frivolen „An­ greifer" 1 Wenn ein Staat von einem anderen bedroht oder verletzt wird, baß ihm

6ZI seine L-enöinteressen den Kampf aufzwingen, so ist auch bei der Kriegserklärung durch bi Bedrohten selbstverständlich ein solcher Krieg ein Defensivkrieg (siehe auch Khler, D. Jur.-Ztg." 1915, S. 33). Das alles wußte die italienische Re, gierunt genau. Ja noch mehr: Die „Neue Freie Presse" hat Mitte Juli 1916 „von blonderer Seite" einen Artikel gegen die Rede veröffentlicht, die der italie­ nische Botschafter in Paris Tittoni am 22. Juni 1916 in der Pariser Sorbonne gehalte hat. Darin heißt es u. a.: „5o gestand San Giuliano im Sommer 1914 dem österreichisch-ungari­ schen Dtschafter in Rom, daß die in der Denkschrift der österreichisch-ungarischen Regierng enthaltenen Beweise ihm viel zu denken gegeben hätten. Der Generalsekretärdes italienischen Auswärtigen Amtes hat unter dem erschütternden Ein­ druck de Belege unserer Note an Serbien den defensiven Charakter un­ seres Vorgehens ausdrücklich anerkannt und die Ermächtigung des Marche: di San Giuliano erbeten und erhalten, Herrn von Märey zu sagen, daß er die Weigerung der italienischen Regierung, ihre Bundespflicht zu erfüllen, für unerechtfertigt und verfehlt halte." Lsenbar kommt diese intime Mitteilung von zuständiger Seite: Sie würde uf die Wahrheitsliebe und Geradheit der italienischen Politik das merk­ würdige Licht werfen. Man deute: Der leitende Minister gibt die Erlaubnis, die Poltik der eigenen Regierung als „ungerechtfertigt und verfehlt" zu bezeich­ nen! Hher kann das Harakiri eigentlich nicht mehr gehen. Auch San Giuliano steht nch alledem in einem merkwürdigen Licht! Allüberall welsche Tücken und Doppel/rngigkeit. (S. übrigens auch über das verräterische italienische Verhalten das östcreichische Rotbuch über Rumänien, dort insbesondere — s. unten das besondre Kapitel — Nr. 7, Nr. 29.) Das Zusammenspiel zwischen Italien und Rumänm geht dort klar hervor. Dr Ereignisse zeigten, daß Italien von Anfang an auf Verrat sann (s. unter das Nähere). Es kam ja schließlich so weit, daß es sich sogar als den Angeg iffenen gegen den eigenen Bundesgenossen bezeichnete, der ihm in einer in der Weltgeschichte noch nicht dagewesenen Art mit territorialen und politischen Konzesstnen entgegenkam, um den verräterischen Erpresser zur — Neutralität zu bringn. Österreich war an sich nicht verpflichtet zur früheren Mitteilung von dem „Ulimatum" an Italien, da Österreich von Anfang an (siehe oben) erklärte, daß es lcn territorialen Stand Serbiens wie seine Souveränität nicht zu verletzen beabsichtige. Cs hat aber trotzdem die Mitteilung zu gleicher Zeit wie gegenübr Deutschland und den anderen Großmächten am 23. Juli gemacht. Am wengsten bestand die Pflicht zur früheren Bekanntgabe nach den unangeneh­ men Erfahrungen, die Österreich im Jahre 1903 machte, wo Italien vertrauliche Mtteilmgen au den Gegner weitergab! Auch hatte Italien beim Tripoliskriege weder fene Absichten auf Tripolis mitgeteilt, noch von der bevorstehenden Kriegöerklärunj an die Türkei Österreich-Ungarn Kenntnis gegeben. Die Geschichte wird übr diese puntsche Haltung Italiens ihr Verdikt zu fällen haben. Hoffent­ lich ziehtauch das deutsche Volk und die deutsche Regierung für die Zukunft die nö­ tigen Kossequenzen aus dieser unerhörten Haltung des „Bundesgenossen"! (Siehe die weiter Entwicklung der Dinge unten im besonderen Teile „Die Kriegserklä­ rung JUtevs und ihre widerspruchsvolle Begründung".)

6Z2 Der Dreibundsvertrag kennt nur die „direkte Provokation" einer angreifenden Großmacht als Befreiungsgrund für die drei Dreibunds/ mächte von der Verpflichtung jut Hilfeleistung an. Abgesehen davon, baß für Italien bezüglich Serbiens genau dieselbe« Verhältnisse gegeben waren wie für Deutschland, ist doch folgendes unzweifelhaft: Das Verlangen nach schärfster Sühne für die Ermordung des Thronfolgers und für jahrelange serbische Provokationen, deren Resultat diese Ermordung war, ist doch keine Provokation gegenüber — Rußland! Nicht einmal eine Provokation gegenüber Serbien. Aber die „direkte Provokation" mußte gegen Rußland geschehen sei«, das fich, wie wir oben dargetan haben, ohne jede» Grund, da Österreich die territoriale Integrität und Sou, veränität Serbiens anerkannte und zu beobachten versprach, in den Streit SerbienÖsterreich,Ungarn einmengte. Also auch dieser Versuch, den italienischen Verrat mit dem Hinweise auf angebliche formelle Vertragsverletzungen seitens Österreichzu rechtfertigen, muß kläglich mißlingen. Wenn es Italien wirklich nur auf Einhaltung des angeblich von Österreich, Ungarn verletzten Dreibundvertrages zu tun gewesen wäre, dann hätte es das bereits in den ersten Augusttage« geltend machen und den Krieg erklären müsse». Daß es erst io Monaten herumschacherte und feilschte, um zu sehen, wer ihm seinen Verrat besser bezahle — der bisherige treue Bundesgenosse oder dessen Gegner —, zeigt, daß es ihm lediglich um die fittlich tiefststehende Raubpolitik gegen seinen bisherigen Bundesgenossen zu tun war. Der „Avanti" trifft den Nagel auf den Kopf, wenn er schreibt: „Das Ministerium Salandra begeht einen schamlosen Schritt der Erpressung. Es hat die Neutralität entehrt, indem «S Österreich sie gegen Entschädigung anbot. ES hat Italien versteigert, indem eS dem Meist, bietenden das Blut Italiens versprach." In der zynischen Begründung dieser Schakalpolitik durch Salandra fehlte nur noch die Behauptung, daß Österreich die Ermordung seines Thronfolgers durch serbische Hochverräter selbst angestiftet habe, um über Italien, Serbien und die ganze Welt herzufallen. Dadurch, daß die Tripelentente sich offen, Italien insgeheim der serbischen Mörderbande an, nahm, haben die Ententemächte den Weltkrieg entflammt. Keine Rabulistik kann wegstreiten, daß Italien während des BundeSverhältniffeS, bas bis 4. Mai 1914 mit Österreich,Ungarn, ja mit Deutschland formal bis 28. August 1916 dauerte, mit den ZentralmLchten unter schnödestem Verrate gegen diese bereits mit der Entente über de» Judaslohn verhandelte und abschloß (siehe-unten den besonderen Tell über daS Eingreifen Italiens in den Weltkrieg).

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73« Kapitel.

Japans Kriegserklärung. Die Stimmung Japans) zu Beginn des Weltkrieges beleuchtet folgendes Telegramm des Freiherrn von Müller an Graf Berchtold. Tokio, 28. Juli 1914. Die heutige offiziöse japanische Times enthält einen Leitartikel, der am Schluffe besagt, daß Japan mit den drei in Betracht kommende» Großmächten Hsterreich-Ungarn, Deutschland und Rußland auf bestem Fuß stehe, während es an Serbien in keiner Weise interesfiert sei. Im Kriegsfälle würde die kaiserliche Regierung selbstverständ­ lich strengste Neutralität bewahren (österr. Rotbuch S. 117 Nr. 36). x) Der Engländer F. A. Mc Kenzie hat bereits im Juni 1907 ein Buch veröffentlicht, das den Titel führt: „Das entschleierte Japan". Das Buch verfolgte den Zweck, eindringlich vor der Erneuerung des englisch-japanischen Bündnisses zu warnen. Oer Verfasser ist ein genauer Kenner des fernen Ostens, in dem er lange Jahre geweilt hat. Während des Russisch-Japanischen Krieges machte er sich als Kriegskorrespondent einen Namen. Me Kenzie erkennt gewisse Tugenden der Japaner, ihre Tapferkeit, Energie, Mut, Disziplin und Selbst­ aufopferung an, weist aber auch mit großem Nachdruck auf die andere Seite des japanischen Wesens, den schrankenlosen Ehrgeiz, den von den Vorfahren über­ kommenen Fremdenhaß und die Skrupellosigkeit beim Bruch eines ge­ gebenen Wortes, hin. Der Ehrgeiz des Reiches der aufgehenden Sonne, so heißt es in dem Buch, geht heute schon nicht nur auf eine Herrschaft über die Märkte des fernen Ostens, sondern auf ein großes Kaiserreich des Ostens hin. Japan will der Führer des wtedererwachten Asiens sein. Wörtlich schreibt Mc Kenzie: „Was Japan in Korea getan hat, so grausam es ist, man weiß es doch bereits in Europa und hat es schweigend hingenommen. Empfindlich ge­ troffen aber wird England durch das, was die Japaner in — Indien tun. Ver­ schiedene japanische Publizisten haben Indien besucht. Einige hielten Vorträge über die Taten des neuen Japan, andere hielten mit indischen Führern Be­ sprechungen ab und fragten sie, warum andere asiatische Völker Japans Beispiel nicht nacheifern könnten. Die Reden einiger dieser japanischen Besucher waren offen antibritisch. Sie drängten die Hindus, öffentlich und privat, ihre Nation neu zu schaffen und unabhängig zu machen. So schrieb Harada Tasuku, ein sehr bekannter religiöser Führer, einer Anzahl gebildeter Inder, mit denen er während seines Besuches in ihrem Lande in Berührung gekommen war: „Wir können nur tiefe Sympathie mit euch haben in der schwierigen politischen Lage, in die ihr jetzt versetzt seid. Es ist meine unerschütterliche Hoffnung, daß der Tag kommen wird, an dem Indien einen hervorragenden Platz in der Welt des Ostens als ein unabhängiges, sich selbst regierendes Land einnehmen wird." Wenn die japanische

634 Telegramm des Staatssekretär des Auswärtigen Amtes an den Botschafter in Tokio vom 12. August 1914: „Ostasiatisches Geschwader angewiesen, feindliche Akte gegen England zu unterlassen, falls Japan neutral bleibt. Bitte japanische Regierung benachrichtigen" (Neuausgäbe des Weißbuchs, Abschnitt 3 Nr. 28). Hierauf ist japanischerseits eine Antwort nicht eingetroffen. Die japanische Regierung hat vielmehr am 15. August 1914 der deutschen Regierung folgende Mitteilung (überreicht am 17. August) gemacht (siehe deutsches Weißbuch, Nachtrag, Anlage 41; „Nordd. Allg. Zrg." vom 23. August 1914):

„Oie japanische Regierung, welche die gegenwärtige Situation in ernste Erwägung jieht, ist auf Grund eines vollen Einvernehmens mit der britischen Regierung zu dem Zwecke, den allgemeinen Frieden in den Gebieten von Ostasten zu befestigen und zu erhalten, was eines der Ziele des anglo-japanischen Bünd­ nisses bildet, zu dem Entschlüsse gelangt, die notwendigen bezüglichen Maßnahmen gemeinsam mit Großbritannien zu ergreifen; bevor jedoch die japanische Re­ gierung zu solchen Maßnahmen schreitet, hat sie es für angemessen erachtet, sich au die deutsche Regierung mit einer freundschaftlichen Aufforderung zu wenden, welche dieser am 15. August 1914 in folgender Fassung übermittelt wurde: 1. Alle deutschen Kriegsschiffe müssen sofort aus den Gewässern in der Nach, barschast von Japan und China zurückgezogen werden. Oie Schiffe, welche nicht entfernt werden können, müssen abgerüstet werden. 2. Die deutsche Regierung muß den japanischen Behörden bedingungslos und ohne Entschädigung das ganze Pachtgebiet von Kiautschou vor dem 16. Sep­ tember 1914 zu dem Zwecke der Rückgabe dieses Gebietes an China ausliefern. Die japanische Regierung hat der deutschen Regierung erklärt, sie werde, falls deren Antwort, daß sie der obenerwähnten Aufforderung bedingungslos Folge leiste, nicht vor Sonntag, den 23. l. Mts., mittags, einlange, so vorgehen, wie es ihr notwendig erscheine/" Dem japanischen Botschafter in Berlin wurde am24.Augnst durch das Auswärtige Amt mitgeteilt, daß die kaiserlich deutsche Regierung Regierung, so fragt Mc Senile, solche Dinge duldet, welchen Wert hat das Bündnis dann noch für uns? Don ganz besonderem Interesse ist, daß der jetzige japanische Minister« Präsident Okuma, der alte Führer der japanischen Fortschrittspartei, im November 1907 vor den Mitgliedern der Handelskammer von Kobe eine Rede gehalten hat, in der er u.a. folgendes sagte: „Oie zooMillionen Inder, die von den Europäern unterdrückt werben, schauen »ach dem Schutz Japans gegen die europäische Unterdrückung auS. Die Inder bereiten mit Eifer die Sperre der europäische» Ware» vor; und wenn die Japaner ver­ säumen, diese Gelegenheit auszunützen, bereiten sie dem indischen Volke eine Enttäuschung. Mnn sie sich weigern, bas zu ergreifen, «aö der Himmel ihnen gesandt hat, «erden sie dementsprechend bestraft werden."

6z?

nicht die Absicht habe, eine Antwort auf das japanische Ultimatum zu erteilen. „Die deutsche Regierung habe ihrem Botschafter in Tokio den Auftrag erteilt, nach Ablauf der von Japan für heute 12 Uhr gestellten Frist Japan zu verlassen, und sie werde zu gleicher Zeit dem hiesigen japanischen Geschäftsträger seine Pässe zustellen" (Rotbuch Nr. 68; „Nordd. Allg. Ztg." vom 23. August 1914). Siehe auch Nachtrag zum bratschen Weißbuch Anlage 42. Aw 24. August erhält (österr. Rotbuch Nr. 69) die „Elisabeth" den Befehl, an der Seite des verbündeten Deutschen Reiches in Tsing­ tau mitzukämpfen. Der österr.-ungar. Botschafter wird abberufen. Anmerkung!. Über die völkerrechtlich außerordentlich bedenkliche Handlungs, weise Japans und Englands durch Bruch der chinesischen Neutralität und den Angriff auf Kiautschou siehe auch des Verfassers Buch „Der Weltkrieg 1914/15 und der Zusammenbruch des Völkerrechts" Kap. 9, S. 96 ff. Oie „freundschaftliche Aufforderung" Japans an Deutschland ist auch für den diplomatischen Kurialstil eine kecke Verhöhnung ebenso wie die Berufung auf den Wortlaut des englisch-japanischen Bündnisvertrages und das Versprechen der Wahrung der Rechte Dritter. Aus dem festen Versprechen der deutschen Regierun-, England in Ostasten nicht anzugreifen, also die territorialen Rechte zu wahre?, mußte auch der letzte Schein einer Notwendigkeit eines Eingreifens Japans zugunsten Englands wegfallen. Die „Politik des Aasgeiers" machte den Japanern die Geltendmachung des Bündnisvertrages, den niemand, am aller­ wenigsten Deutschland, antastete, ratsam. Da der Bündnisvertrag die „Konsolidierung und Aufrechterhaltung des all­ gemeinen Friedens in den Gegenden Ostasiens sowie die Wahrung der gemein­ samen Interessen aller Mächte in China durch Sicherung der Unabhängigkeit und Integrität des chinesischen Reichs und des Prinzipes der gleichen.Zu, gänglichkeit zu Handel und Industrie für alle Nationen in China" als Ziel be, zeichnete, rnd da Deutschland ausdrücklich erklärte, daß es keine „aggressive Aktion" gegen England richten werde, daß es England also nicht in einen Krieg verwickeln werde, „welcher der Verteidigung seiner territorialen Rechte oder seiner speziellen Interessen in Ostaflen dient" (so der Wortlaut des Vertrages), war der Angriff Japans arf Deutschland nicht nur durch keinerlei vertragliche Verpflichtung veran, laßt, sondern enthielt in seiner gänzlichen Nichtachtung der Rechte Chinas die schärfste Verletzung der angeblichen Ziele dieses Bündnisvertrages. Anmerkung 2. Schon heute zeigt sich, daß Japan, das die Parole: „Asien den Asiaten" seiner Politik gegeben hat,der eigentliche Sieger in diesem Kriege ist. England wie Rußland, die Vereinigten Staaten wie China werden bald innewerden, welche Politik moralischen und politischen Selbst­ mordes ste gegenüber dem ehrgeizigen Herrscher Ostasiens jetzt treiben. Die Ereignisse marschieren rasch! Das japanische Blatt „Nitschi-Nitschi" war im April 1916 in der Lage, den Entwurf des russisch-japanischen Vertrages zu veröffentlichen, der Japans Vormachtstellung im fernen Osten aufrichtet:

6z6 i. Rußland erklärt sich bereit, den Japanern einen Zweig der oftchinestschen Bahn abzutreten, und zwar nördlich von Tschang-Tschung bis zu einem südlich von Charbin gelegenen Punkte. 2. Japan erklärt sich bereit, Rußland während deS Krieges mit Geschützen und Vorräten aller Art bis zur Grenze der Leistungs, fähigkeit seiner Industrie zu versehen. 3. Rußland erklärt sich bereit, sich den, jenigen Japanern, die sich in Ostsibirien, Nordsachalin, im Gebiete der ostchinesischen Bahn und in der Nordmandschurei mit Ackerbau, Handel und Industrie beschäf­ tigen wollen, Erleichterungen zu gewähren. 4. Rußland eröffnet in Wladiwostok einen Handelshafen und verzichtet auf militärische Befestigungen jeder Art, da solche in Japan Mißtrauen hervorrufen könnten. 5. Japan und Rußland ver, pflichten sich gegenseitig, ihre beiderseitigen Interessen in der Mandschurei und Mongolei zu achten. 6. Wenn es in der russischen Einflußsphäre während des jetzigen Krieges zu Unruhen kommen sollte, so übernimmt Japan auf eine russische Aufforderung hin die Wiederherstellung , der Ordnung. 6. Für den Fall, daß Japan in China zur Wahrung des Friedens notwendige Aktionen vornehmen sollte, ohne mit dem Prinzip der Unantastbarkeit Chinas und des wohlwollenden Verhaltens ihm gegenüber in Widerspruch zu geraten, gesteht Rußland Japan Aktionsfreiheit zu und unterstützt es, wenn eine dritte Macht sich einmischen sollte. Im Einklang mit dieser Mitteilung steht wohl folgende: Von wohlunterrichteter Seite wird (14. August 1916) der „Franks. Ztg." mitgeteilt, daß außer den beiden bisher veröffentlichten Artikeln der russisch, japanische Bündnisvertrag noch einen dritten (geheimen) Artikel enthält, der folgendermaßen lauten soll: Artikel 3: a) Rußland tritt an Japan die Eisenbahnstrecke zwischen Kwan-tcheng-tsu und der 2. Station am Sungari ab; b) den Japanern werden die Rechte der freien Ansiedlung und des freien Handels in Sibirien zugestanden; c) Schiffahrts, und Fischereirecht auf dem Sungari-Fluß wird von Japan im gleichen Umfang wie von Rußland ausgeübt werden; d) durch diesen Vertrag wird der japanischen Regierung keine Verpflich, tung auferlegt, Land- oder Seestreitkräfte nach Europa zu senden; e) Japan verpflichtet sich, Rußland mit Kriegsmaterial zu versorgen. Der bekannte Chinakenner I. O. B. Bland schreibt im Novemberheft (1915) des „Nineteenth Century": „Niemand, der auch nur die geringste Kenntnis von Japan und den Japanern hat, wird glauben, daß ihr letztes Ziel die Erfüllung ihrer Dertragspflichten gegen England und die Erhaltung des Friedens im fernen Osten gewesen ist.......... Freier Zugang zu den noch ungenutzten Hilfsquellen in Chinas nördlichen Provinzen und ihre etwaige Umwandlung in japanisches Gebiet ist.... Anfang und Ende aller japanischen Politik." Dieses Ziel hätte nach obigem Vertrage Japan, das mehr als die Vereinigten Staaten und jede Macht der Erde den Vorteil aus diesem Kriege zieht, ausgezeichnet erreicht!

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74. Kapitel. Englands Schuld am Kolonialkriege. — Die Verhand­ lungen über die Neutralität des konoentionellen Kongobeckens scheitern an Englands Widerstand.

I. Vorbemerkung: Kapitel III der Kongoakte vom 26. Februar 1885 (General­ akte der Berliner Konferenz), die unter anderem von Deutschland, Österreich, Belgien, Frankreich, England und Rußland unterzeichnet wurde, spricht von der Neutralität der in dem konventionellen Kongo­ becken einbegriffenen Gebiete. Diese sind in Art. 1 genau bestimmt: Zu ihnen gehörten auch Ostafrika und andere Teile des deutschen Kolo­ nialbesitzes (Teile von Kamerun, insbesondere von Neu-Kamerun). Art. 10 sagt, daß, um dem Handel und der Industrie eine neue Bürgschaft der Sicherheit zu gebe» und durch Aufrechterhaltung des Friedens die Entwicklung der Zivilisation in den betreffenden Ländern zu sichern, sich die Dertragsmächte verpflichten, die Neutralität zu achten, „so­ lange die Mächte, welche Souveränitäts- oder Protektoratsrechte über diese Gebiete ausüben, von dem Rechte, sich für neutral zu erklären, Gebrauch machen und den durch die Neutralität bedingten Pflichten nachkommen." Dieser rein theoretischen Neutralitätserklärung folgt dann in Art. ii und 12 die praktische Ausführung. Falls eine Macht der in Art. 10 erwähnten Art in einen Krieg verwickelt werden sollte, ver­ pflichten sich die Vertragsteile, ihre guten Dienste zu leihen, damit die dieser Macht gehörigen und in der konventionellen Freihandels­ zone einbegriffenen Gebiete im gemeinsamen Einverständnisse dieser Macht und des andern oder der andern der kriegführenden Teile für die Dauer des Krieges den Gesetzen der Neutralität unterstellt und so betrachtet werden, als ob sie einem nichtkriegführenden Staate angehörten. Die kriegführenden Telle würden von dem Zeitpunkte an darauf Verzicht zu leisten haben, ihre Feindseligkeiten auf die also neutralisierten Gebiete zu erstrecken oder die­ selben als Basis für kriegerische Operationen zu benutzen. Bei ernsten Meinungsverschiedenheiten verpflichten sich die Mächte, bevor sie zur Waffengewalt schreiten, die Vermittlung einer oder mehrerer der be­ freundeten Mächte in Anspruch zu nehmen. Schiedsrichterliches Ver­ fahren ist vorgesehen.

6z8 Der Zweck dieser Bestimmungen der Kongoakte ist zweifellos, den eventuellen Krieg der Großmächte aus naheliegenden Gründen nicht auf das „Kongogebiet" i. S. der Kongoakte zu übertragen. (Siehe im übrigen, insbesondere auch über die Völkerrechtsgreuel, des Ver­ fassers Buch: „Der Weltkrieg und der Zusammenbruch des Völker­ rechts", Georg Reimers Verlag, 3. Anst., Kap. 5 S. 71 und 4. Auf­ lage S. 76 ff.). Diesen klarltegenden Gründen der Selbstachtung und des Selbst­ erhaltungstriebes der weißen Rasse entzog sich auch die belgische Regierung nicht, indem sie (Graubuch Nr. 57 und 58) an ihre Gesandten in Paris und London am 7. August folgende zwei Telegramme sandte: 1. Die Regierung wünscht, daß der Krieg nicht auf Zentralafrlka ausgedehnt werde. Der Gouverneur des belgischen Kongos hat die Weisung erhalten, eine streng defensive Haltung einzunehmen. Bitten Sie die französische (englische) Regierung um Mitteilung, ob sie be­ absichtigt, den französischen Kongo (die britischen Kolonien des ver­ tragsmäßigen Kongobeckens) gemäß Artikel 11 der Berliner General­ akte als neutral zu erklären. Ein Telegramm aus Boma zeigt an, daß im Ubangi Feindseligkeiten zwischen Franzosen und Deutschen wahrscheinlich seien. (gez.) Davignon. 2. Indem die Königliche Regierung dem Generalgouverneur des Kongos vorgeschrieben hat, an den gemeinsamen Grenzen der bel­ gischen Kolonie und der deutschen Kolonien von Ostafrika und Kamerun defensive Maßnahmen zu treffen, hat sie diesen hohen Beamten ein­ geladen, sich jeder offensiven Handlung gegen diese Kolonien zu ent­ halten. In der Tat wünscht der belgische Gouverneur im Hinblick auf die den kolonisierenden Ländern gemeinsame Kulturaufgabe und aus menschen­ freundlichen Rücksichten, daß das Feld der Feindseligkeiten nicht auf Zentralafrika ausgedehnt werde. Demnach wird er nicht den Anstoß geben, der Zivilisation in jener Gegend eine ähnliche Prüfung aufzu­ erlegen, und die ihm dort zur Verfügung stehenden Streitkräfte werden nur in dem Falle vorgehen, wo sie einen unmittelbaren Angriff auf seine aftikaotschen Besitzungen abzuwenden hätten. Es wäre mir sehr angenehm, zu wissen, ob die Regierung der Republik (Sr. Britischen Majestät) diese Anschauung teilt und ob sie tm gegenwärtigen Streite willens ist, die im vertragsmäßigen Kongo­ becken inbegriffenen Kolonien unter Berufung auf Artikel II der Ber-

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üttec ßneralakte unter die Herrschaft der Neutralität zu stellen. Ich richt« «n gleiches Schreiben an Ihren Kollegen ln London (Paris). Gnehmigen Sie usw. (gez.) Davignon. D Antwort aus Parts lautete zuerst recht günstig (Graubuch Nr. 59. Der belgische Gesandte Freiherr Guillaume schreibt unterm 8. Augst 1914: „Zh hatte die Ehre, mit dem Präsidenten der Republik über Ihr gestrige Telegramm zu sprechen. ... Man hatte gewünscht, vor der Beantwrtung darüber nachzudenken (ä rtflechir avant). Herr Poincas hat mir versprochen, diese Frage heute beim Kolonialminister zu erörrrn. Nach der ersten Überlegung (ä premi6re vue) habe er kein Deenken, den französischen Kongo als neutral zu erklären, müsse sich abe seine Antwort vorbehalten. Er glaubt, in Ubangi haben sich bereits rtegerische Ereignisse abgespielt. Er hat die Gelegenheit be­ nutzt, rr.ch daran zu erinnern, daß der Schutz, den uns Frankreich ge­ währt, !ch auch auf unsere Kolonien ausdehne, und daß wir nichts zu fürchen haben." Äwy. August meldet der belgische Gesandte (Graubuch Nr. 61), daß die französische Regierungsehr geneigt fei (tris dispose), die Beshunge» des vertragsmäßigen Kongobeckens als neutral zu erklären,und ersucht Spanien, einen dahin laufenden Antrag zu stellen. Plötzlich ommt der ganz entgegengesetzte Wind aus Paris. (Graubuch Nr. 74 v-m 16. August 19x4.) Der belgische Gesandte in Paris schreibt: „WHrend einer Unterredung, die ich heute mit Mr. de Margerie (N. B, Direktor des politischen Departements) hatte, habe ich die Unterhalung auf die Kolonialangelegenheiten und auf Ihren Auf­ trag V0M7. ds. gelenkt. Mein Gewährsmann hat mich daran erinnert, daß sich >ie französische Regierung an Spanien gewandt habe, das keine Anwort gebe, bevor es die Ansicht Englands eingeholt habe. Leses scheint noch immer keine Antwort erteilt zu haben. Herr de Nargerie hält dafür, daß es angesichts der gegenwärtigen Lage sehr darauf ankommt, Deutschland überall da zu schlagen, wo es getroffn werden kann(i). Er glaubt, daß dies auch die Ansicht Englands sei, das sicher Ansprüche werde geltend zu machen haben. Frankreick wünsche den Teil des Kongos zurückzunehmen, den es in­ folge der Zwischenfälle von Agadir habe abtreten müssen. Ein Erfolg, sagte meil Gewährsmann, würde nicht schwierig zu erlangen sein." Mr.lr Margerie hat offenbar die Ansicht Englands genau gekannt. Denn beoets am nächsten Tag (17. August, Graubuch Nr. 75) kommt

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folgende klare Stellungnahme Englands in dem Schreiben des belgische» Gesandten in London an den belgischen Minister zum Aus­ druck: „Auf Ihr Schreiben vom 7. August beehre ich mich, Ihnen mitzu­ teilen, daß sich die britische Regierung dem belgischen Vorschlage, die Neutralität der Besitzungen der kriegführenden Mächte im vertrags­ mäßigen Kongobecken zu achten, nicht anschließen kann. Die deutschen Truppen Deutsch-Ostafrikas haben gegen das englische Protektorat von Zentralafrika bereits die Offensive ergriffen. Anderseits haben britische Truppen den deutschen Hafen Dar-ee-Salaam angegriffen und die dortige Telefunkenstation zerstört. Unter diesen Umständen könnte die englische Regierung den belgischen Antrag, selbst wenn sie von seiner politischen und strategischen Nützlichkeit überzeugt wäre, nicht annehmen. Die Londoner Regierung hält die Streitkräfte, die sie nach Afrika sendet, für ausreichend, um jeden Widerstand nieder­ zuschlagen. Sie wird alles daran setzen, um Aufstände der eingeborenen Bevölkerung zu verhindern. Frankreich ist angesichts des deutschen Vorgehens, das man bei Bonar und Ekododo wahrgenommen hat, derselben Ansicht." Anmerkung i. Hier ist also der dokumentarische Beweis durch das belgische Graubuch erbracht, daß Belgien und Frankreich zuerst die Kongoakte einhalten und den Krieg nicht nach Afrika übertragen wollten, daß aber England, das Land, dem Verträge heilig sind — so drückte sich der jetzige König Ende August 1914 aus — auf die koloniale Kriegführung unter Bruch der Kongoakte drang und auch seinen Willen durchsetzte. Die Engländer begannen die Feindseligkeiten: Überfall des Dampfers „Hermann von Wißmann" durch den englischen Regierungsdampfer „Gwendolin" auf dem Nyassa-See am 25. August 1914. In Kamerun und Togo ähnliche Heldentaten! Der Stein war im Rollen. Nur die wahnwitzigste Kurz­ sichtigkeit konnte die schmählichen Vorkommnisse in Duala, die dortige herab­ würdigende Behandlung der Deutschen vor den Negern und durch sie geschehen lassen. Diese Erniedrigung wird sich an ihren Urhebern und Begünstigern am schwersten rächen. 2. Die hier gegebene Darlegung erfährt eine volle Bekräftigung durch die im März 1915 vom Reichskolonialamt veröffentlichte Denkschrift über die Ver­ handlungen betreffend die Neutralisierung des konventionellen Kongobeckens; siehe dessen Wortlaut. In die hier in Betracht kommende kon­ ventionelle Freihandelszone, für welche die Neutralisierung versucht werden sollte, fallen folgende Gebiete der kriegerischen Parteien: von Deutschland: ganz DeutschOstafrika, etwa ein Drittel von Kamerun; von England: ganz Britisch-Ostafrika, das ganze Uganda-Protektorat, das ganze Nyassalanb-Protektorat, ein kleiner Teil von Nord-Rhodesien; von Frankreich: etwa die Hälfte von Französisch-ÄquatorialAfrika; von Belgien: der ganze belgische Kongo. *

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Auf Gründ der beim Reichskolonialamt eingegangenen amtliche« Melduvgen der Giomxraenre ton Kamerun und Deutsch-Ostafrika Ist nun bezüglich der Ur, heberfchaft und der zeitliche» Folge der ersien Feindseligkeiten folgendes festgestellt: In Kamerun wurde am 6.August 1914 der deutsche Posten Do»ga im Sanga-Zipfel, ohne daß der Postenführer überhaupt vom Ausbruch des «»ropätschen Krieges wußte, von den Franzosen überrascht und besetzt. In der Rächt vom 7. zum 8. August 1914 wurde der deutsche Jollposten Singa im Ubaugi-Jipfel von dem stellvertretenden belgischen Distriktskommiffar in Libeage, Tummers, überfallen und alsdann den französischen Truppen übergeben. Auch dieser Posten hatte vorher keine Kenntnis vom Kriegsausbruch gehabt, während die Franzosen in Bangui schon am 5. August davon telegraphisch benach­ richtigt worden waren. Der Gouverneur von Kamerun hatte alsbald nach Ausbruch des Krieges unzweideutig seine Absicht nach Deutschland mitgeteilt, sich zunächst durchaus defensiv zu verhalten. Deutscherseits wurde erst Mitte Sep­ tember die Offensive gegen das auf französischem Gebiet (außerhalb der konven­ tionellen Zone) gelegene Midzik eingeleitet. Etwa um dieselbe Zeit fand auch der erste deutsche Angriff auf englischem Gebiet — bei Takum in Nigerien — statt. In Deutsch-Ostafrika eröffneten am 8. August 1914 die Engländer mit der Beschießung Oaressalaams durch den Kreuzer „Pegasus" die Feindseligkeiten gegen die ostafrikanische Kolonie. Am 13. August wurde der Regierungsdampfer „Hermann von Wißmann" auf dem Nyaffasee von dem englischeo Dampfer „G « e n d 0 l i n" aufgebracht. Diese beiden Vorgänge fallen zeitlich v 0 r die in anderen Grenzgebieten der Kolonie einsetzenden Feindseligkeiten, bei denen die deutschen Streitkräfte nunmehr zur Offensive schritten. Letztere begann am 15. August mit dem Angriff auf Taveta in Dritisch-Ostafrika durch die ostafrikanische Schutztruppe. Oie ersien Zusammenstöße mit den Belgiern an der kongolesischen Grenze er­ folgten erst gegen Ende August.

Es ist also nicht richtig, daß von den Deutschen die Feind­ seligkeiten in den Gebieten des konventionellen Kongobeckens eröffnet worden seien. Vielmehr ist bereits in der ersten Woche des Krieges im Westen wie auch im Osten von den Verbündeten zuerst die Offensive ergriffen worden. Somit sind auch die Gründe hinfällig, auf welche die feindlichen Regierungen ihre ablehnende Haltung ge­ stützt haben. Übrigens bieten aber auch Fassung und Sinn des Artikels ii der Kongo-Akte rechtlich die Möglichkeit, in jedem Stadium der Feindseligkeiten die Frage der Neutralisierung der unter die Kongo-Akte fallenden Gebiete aufzunehmen und die Neutralisierung herbeizuführen. II. Die erwähnte Denkschrift der deutschen Reichsregierung, die wir im folgenden benutzen, führt mit Recht aus: „Wenn es also den Verbündeten ernstlich daran gelegen hätte, den Krieg aus Äquatorialafrika fernzuhalten, so hätten jene unbedeutenden Grenzplänkeleien, die aus dem Vorgehen unserer ostafrikanischen Schutztruppe in der zweiten AugustMüllers Meiningen, Entstehung deö Weltkriegs.

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Hälfte erst in der Folge entstanden, für die drei verbündeten Regierungen noch keineswegs zur Veranlassung zu dienen brauchen, den Vorschlag der Neutrali, sierung abzulehnen. Hat doch auch Deutschland sich weder durch die Vorgänge im Sanga- und Ubangi-Zipfel von Kamerun, noch durch die Beschießung von Daressalaam und die Wegnahme des Dampfers „Hermann von Wißmann" darin beirren lassen, seinerseits die Initiative zur Neutralisierung des Kongobeckens zu ergreifen. Allerdings hatte die Neichsregierung niemals damit gerechnet, daß ein europäischer Krieg, in den Deutschland verwickelt sein würde, auf die Kolonien übertragen werden würde. Das ergibt sich u. a. schon aus der Tatsache, daß die in den drei größeren Schutzgebieten Ostafrika, Kamerun und Südwestafrika be­ stehende militärische Organisation in Gestalt einer Schutztruppe von jeher aus­ schließlich auf die Sicherung dieser Länder gegen Cingeborenenaufstände, nicht aber gegen einen äußeren Feind zugeschnitten war, die übrigen Kolonien aber lediglich über mehr oder weniger unbedeutende Polizeitruppen verfügten, und irgendwelche Grenzbefestigungen überhaupt nirgends vorhanden waren. Auch nachdem bereits jene obenerwähnten Akte der Feindseligkeiten in Ostafrika und Kamerun vorgefallen waren, hatte Deutschland noch nicht die Hoffnung aufgegeben, daß es hierbei sein Bewenden haben würde, und eine Neutralisierung der in Frage kommenden Gebiete Afrikas noch zu erreichen wäre.

III. Nach verschiedenen, zwischen den beteiligten Ressorts der Reichsregierung und dem Botschafter der Vereinigten Staaten in Berlin gepflogenen Vorverhandlungen wurde in der Angelegenheit der nachstehend mitgeteilte Schriftwechsel geführt: i. Schreiben des Unterstaatssekretärs im Auswärtigen Amt an den Botschafter der Vereinigten Staaten in Berlin. Berlin, den 23. August 1914. ... Artikel 11 der Kongo-Akte vom 26.Februar 1885 sieht vor, daß die in der konventionellen Freihandelszone liegenden Kolonien neutralisiert werden sollen, wenn das betreffende Mutterland in einen Krieg verwickelt wird; und zwar verpflichten sich die die Akte unterzeichnenden Mächte, ihre guten Dienste zu leihen, damit im Einverständnis mit den kriegführenden Teilen die Neutralität der betroffenen Gebiete erklärt wird. Die zurzeit im Krieg befindlichen europäischen Staaten besitzen in der Frei, Handelszone folgende Gebiete (siehe oben). Nach den bisherigen Nachrichten sind zunächst von England zwei feind­ selige Akte im Gebiet der Freihandelszone unternommen worden: die Beschießung von Daressalam und die Wegnahme des Dampfers „Hermann von Wißmann" auf dem Nyassasee. Aus den Protokollen der Konferenz von Berlin 1884/85 geht hervor, daß Kap. III der Kongo-Akte mit den die Neutralität behandelnden Artikeln 10,11,12 einer Anregung des Vertreters der Vereinigten Staaten von Amerika, M. John A. Kaffon, zu danken ist. Bereits in der zweiten Sitzung (vgl. Protokoll Nr. 2 vom 19. November 1884) verlas M. Kaffon eine Erklärung, aus der der dringende

643 Wunsch seiner Regierung hervorgeht, daß das Fceihandelsgebiet bei Kriegen zwischen zivilisierten Mächten nicht in Mitleidenschaft gezogen werde. In einem am io. Dezember 1884 (vgl. Anlage Nr. 13 zum Protokoll Nr. 5 vom 18. Dezember 1884) vorgelesenen ExposL führte M. Kaffon eingehend und überzeugend die für eine Neutralisierung sprechenden Gründe aus. Oie verschiedenen Nationalitäten in den ersten amerikanischen Kolonien hätten bei kriegerischen Verwicklungen unter den Indianern Bundesgenossen gesucht, und dieses Verfahren habe seinerzeit zu den gräßlichsten Folgen geführt. Ebenso würden in Afrika kriegerische Unternehmungen der Europäer gegeneinander die ganzen Fortschritte in der Zivilisierung der Neger, vor allem die ganzen Erfolge der Mis­ sionen zerstören. Diesen Ausführungen ist auch heute noch durchaus zuzustimmen. Deutsch­ land ist daher bereit, sein Einverständnis mit der Neutralisierung der in der Frei­ handelszone liegenden Kolonien auszusprechen. Mit Rücksicht auf das lebhafte Interesse, das die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika anläßlich der Konferenz von Berlin 1884/85 der Frage der Neutralisierung der in der Freihandelszone liegenden Kolonien entgegengebracht hat, beehrt sich der Unterzeichnete, die gütige Vermittlung S. E. mit der Bitte in Anspruch zu nehmen. Vorstehendes zur Kenntnis der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika zu bringen und sie gleichzeitig namenes der Kaiserlichen Regierung zu ersuchen, das Einver­ ständnis der übrigen kriegführenden Mächte zur Neutralisierung ihrer in der Freihandelszone liegenden Kolonien herbeiführen zu wollen. 2. Schreiben des Botschafters der Vereinigten Staaten in Berlin an den Unter­ staatssekretär im Auswärtigen Amt. (Übersetzung.) Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika. Berlin, den 31. August 1914. Der unterzeichnete Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika hat im Auftrage seiner Regierung die Ehre, in Beantwortung der Note vom 23. August 1914 ... mitzuteilen, daß die Vereinigten Staaten, da sie die Kongo-Akte vom 26. Februar 1885, betreffend die Neutralisierung der innerhalb der konventionellen Freihandelszone liegenden afrikanischen Kolonien nicht ratifizierten, nicht als eine Partei an dem Vertrage angesehen werden können. Die amerikanische Regierung ist infolgedessen nicht in der Lage, dem Ersuchen der Kaiserlichen Regierung zu willfahren *). 3. Schreiben des Unterstaatssekretärs im Auswärtigen Amt an den Botschafter der Vereinigten Staaten in Berlin. Berlin, den 15. September 1914. Die Kaiserliche Regierung hat aus der geschätzten Note — zu ihrem Be­ dauern ersehen, daß die amerikanische Regierung es ablehnt, entsprechend dem *) Auch hier fällt angesichts der Friedensbestrebungen des Präsidenten Wilson einerseits und des edlen Zweckes im Interesse der Kulturgemeinschaft der weißen Rasse die amerikanische Zugeknöpftheit, um nicht zu sagen Unfreundlichkeit, außerordentlich unangenehm auf. 4i*

644 Ersuchen der Kaiserlichen Regierung Schritte wegen Neutralisierung der Ln der freien Handelszone liegenden afrikanischen Kolonien" bei den beteiligten krieg, führenden Mächten zu unternehmen...... Die Kaiserliche Regierung bedauert, nach eingehender Prüfung der Angelegenheit hierin einen stichhaltigen Grund zur Ablehnung des deutschen Ersuchens nicht erblicken zu können. Nachdem es die amerikanische Regierung in dankenswerter Weise übernommen hat, die deutschen Interessen bei denjenigen Mächten wahrzunehmen, mit denen sich das Deutsche Reich zurzeit im Kriegszustände befindet, erscheint es nur natür­ lich, daß die Kaiserliche Regierung zwecks Vertretung irgendwelcher Wünsche die amerikanische Vermittlung nachsucht. Selbstverständlich bleibt es dabei dem Er­ messen der amerikanischen Regierung überlassen, inwieweit sie im einzelnen Falle den deutschen Anträgen Nachdruck verleihen oder sie lediglich, ohne selbst irgendwie Stellung dazu zu nehmen, den kriegführenden Mächten zur Kenntnis bringen will. Oie Kaiserliche Regierung ist jedoch der Ansicht, daß die Ablehnung eines von deutscher Seite gestellten Ersuchens nur dann gerechtfertigt sein dürfte, wenn solche Anträge mit der Neutralität der amerikanischen Regierung oder mit den Grundsätzen von Recht und Billigkeit in Widerspruch stehen. Die Kaiserliche Regierung glaubte sich nach der Art des von ihr gestellten Ersuchens und nach dem Verhalten deö Vertreters der Vereinigten Staaten von Amerika auf der Konferenz von Berlin 1884/85 der Hoffnung hingeben zu dürfen, daß dem deutscherseits gestellten Ersuchen seitens der amerikanischen Regierung volle Sympathie entgegengebracht werden würde, da es eine unnötige und zugleich der Kulturgemeinschaft der weißen Rasse schädliche Ver­ schärfung des Kriegszustandes hintanzuhalten bezweckte. Die Frage, ob die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika selbst die Kongo-Akte vom 26. Februar 1885 ratifiziert hat, kommt dabei nach Ansicht der Kaiserlichen Regierung überhaupt nicht in Betracht. Ausschlaggebend dürfte vielmehr ledig­ lich der Umstand sein, daß das Deutsche Reich, von dem die Vermittlung der der amerikanischen Regierung erbeten wird, Signatarmacht der Kongo-Akte ist. Die Kaiserliche Regierung glaubt sich der Erwartung hingeben zu dürfen, daß auch die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika sich bei einer noch­ maligen Prüfung der Sachlage der Auffassung der Kaiserlichen Regierung nicht verschließen wird. Der Unterzeichnete beehrt sich deshalb unter Bezugnahme auf seine Note vom 23. August d. Js. erneut die gütige Vermittlung Seiner Exzellenz mit der Bitte in Anspruch zu nehmen, durch die amerikanische Regierung das Einverständnis der übrigen kriegführenden Mächte zur Neutralisierung ihrer in der Freihandels­ zone liegenden Kolonien nach Maßgabe der Kongo-Akte vom 26. Februar 1885 herbeiführen zu wollen. 4. Schreiben des Botschafters der Vereinigten Staaten in Berlin an den Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt. (Übersetzung.) Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika. Berlin, den 26. September 1914, Der unterzeichnete Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika hat die Ehre, in Beantwortung der geschätzten Note vom 15. September 1914 mit-

645 zuteilen, daß er vom Staatsdepartement in Washington benachrichtigt worden ist, daß dieses den Vorschlag der Kaiserlichen Regierung, betreffend die Neutralisierung der innerhalb der Freihandelszone liegenden afrikanischen Kolonien der Krieg­ führenden, ohne irgendeine Anmerkung weitergegeben hat. lgez.) James W. Gerard. 5. Verbalnote der Botschaft der Vereinigten Staaten in Berlin an das Aus­ wärtige Amt. (Übersetzung.) „Verbalnote. Die Amerikanische Botschaft hat die Ehre, dem Kaiserlichen Auswärtigen Amt unten die Übersetzung einer Note des französischen Auswärtigen Amts, datiert Bordeaux, den 28. September, zu übermitteln, welche die Amerikanische Botschaft in Paris als Erwiderung auf eine Mitteilung erhalten hat, die im Ver­ folg von Instruktionen des Staatsdepartements in Washington am 23. September gemacht worden war: ,Oas Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten hat die Ehre, zu er­ klären, daß, nachdem Deutschland in Feindseligkeiten gegen die fran, zösischen und belgischen Besitzungen im konventionellen Kongo­ becken die Initiative ergriffen, die Regierung der Republik flch verpflichtet gesehen hat, die spanische Regierung zu bitten, auf ein Ersuchen um gute Dienste, welches sie auf Veranlassung der belgischen Regierung an erstere in Übereinstim­ mung mit Art. ii der Berliner Akte schon gerichtet hatte, nicht weiter einzugehen. Unter diesen Umständen ist es der französischen Regierung nicht länger möglich, ihrerseits diesen Artikel während des gegenwär, tigen Krieges zum Zweck der Neutralisierung der im konventio­ nellen Kongobecken liegenden Besitzungen der kriegführenden Mächte in Anwendung zu bringen? Berlin, den 7. Oktober 1914." 6. Verbalnote der Spanischen Gesandtschaft in Berlin an das Auswärtige Amt. (Übersetzung.) Spanische Botschaft in Berlin. Belgische Angelegenheiten. „Verbalnote. Die Königlich Spanische Botschaft hat die Ehre, dem Kaiserlichen Aus, wärtigen Amt beifolgend eine Mitteilung der belgischen Regierung, betreffend die Neutralisierung der im konventionellen Kongobecken liegenden Gebiete, zu übermitteln. Berlin, den 8. November 1914. An das Kaiserliche Auswärtige Amt." Anlage zu vorstehender Verbalnote. (Übersetzung) „Am 25. September hat das Konsulat der Vereinigten Staaten in Ant, werpen ein Telegramm übermittelt, nach welchem es ermächtigt war, die Auf, merksamkeit der belgischen Regierung auf die Tatsache zu lenken, daß am 22. August

646 die deutsche Regierung an den amerikanischen Botschafter in Berlin eine Note, betreffend den Art. n der Berliner Akte vom 26. Februar 1885 «egen der Neu­ tralisierung der in der konventionellen Freihandelszone liegenden Kolonien, ge, richtet hatte. Die Note wies darauf hin, daß Kapitel III dieser Akte die Neutralität behandelt, und daß Deutschland geneigt ist, ein« derartige Neutralisierung vorzu, nehmen. Die KSnigliche Regierung kann sich nicht erklären, wie diese dem Botschafter der Vereinigten Staaten in Berlin am 22. August übermittelte Note ihr erst am 25.September zugegangen Ist'). Am 7. August hatte sich die belgische Regierung mit der französischen und der englischen Regierung in Verbindung gesetzt, um ihnen die Neutralisierung des konventionellen Kongobeckeas vorzuschlagen, und gab dementsprechend ihren Der, tretern die Weisung, eine rein defensive Haltung zu beobachten. Sie wünschte in der Tat, baß der Krieg nicht auf Zentralafrika ausgedehnt würde. Die fran, zösisch« und di« englische Regierung können sich diesem Vorschlag nicht anschließen im Hinblick auf die Feindseligkeiten, welche schon in diesem Augenblick in Afrika sich ereignet haben; deutsche Kräfte hatten bekanntlich Britisch, Zentralafrika und Dritisch-Ostafrika angegriffen. Die Königliche Regierung wurde davon benachrichtigt, daß deutsche Streit, käste schon am 22. August den kongolesischen Hafen Lukuga am Tanganjikasee angegriffen hatten. Die belgische Regierung macht demzufolge die Kaiserliche Regierung darauf aufmerksam, daß diese die Initiative zu den Feindseligkeiten in Afrika ergriffen und sich so der Verwirklichung des Wunsches der Königlichen Regierung auf Anwendung des vorgenannten Art. u entgegengestellt hat." 7. Schreiben des Botschafters der Vereinigten Staaten in Berlin an den Unter, staatssekretär im Auswärtigen Amt. (Übersetzung.) Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika. Berlin, den 28. November 1914. «Mit Beziehung auf die geschätzte Note vom 23. August 1914, betreffend die Neutralisierung einer konventionellen Freihandelszone in Afrika, hat der unter, zeichnete Botschafter der Vereinigten Staaten die Ehre, davon zu unterrichten, baß er ein Telegramm seiner Regierung erhalten hat, wonach bas britische Auswärtige Amt erklärt, daß ein solcher Vorschlag angesichts der schon auf beiden Seiten stattgehabten Feindseligkeiten, einschließlich der An, griffe deutscher Streitkräfte gegen Dritisch-Ostafrika, Britisch, Zentralafrika und Albertville, nicht ausführbar sein könnte. Die britische Regierung hat gebeten, diese Antwort der Kaiserlich Deutschen Regierung mit, zuteilen." Dem vorstehend «iedergegebeoen Schriftwechsel ist kaum noch etwas hinzu, zufügen, nachdem die entscheidenden Verhandlungen zwischen Brüssel, Paris und London bereits durch die oben abgedruckten Dokumente beS belgischen Graubuchs ') Die Erklärung ist die amerikanische Weigerung, die Vermittlung zu übernehmen.

zur Genüge beleuchtet und die unrichtigen Behauptungen der feindlichen Re­ gierungen bezüglich der primären Offensive in Afrika widerlegt worden sind. Das loyale Verhalten der Kaiserlichen Regierung zielte darauf ab, der eng­ lischen, französischen und belgischen Regierung nochmals rechtzeitig Gelegenheit zu geben, der eigentlichen Entfesselung des Krieges in den afrika­ nischen Gebieten zu begegnen. Inzwischen waren aber in London und Paris die Würfel schon gefallen. Ebenso wie Deutschland, so hatte auch Belgien — wie aus den Nrn. 57 u. 58 des belg. Graubuchs zweifelsfrei hervorgeht — anfänglich den ernsten Willen bekundet, kriegerischen Verwicklungen in Äquatorialafrika vor­ zubeugen. Hieran ändert auch die Tatsache nichts, daß die Verwaltung der bel­ gischen Kongokolonie trotz der aus Brüssel ergangenen Weisung, sich auf Defensiv­ maßnahmen zu beschränken, schon Anfang August den Überfall auf den deutschen Zollposten Singa ins Werk setzte und alsbald nach Ausbruch des europäischen Krieges die persönliche Freiheit der dortigen Deutschen durch Anordnung einer „Surveillance administrative“ beschränkte. Bemerkenswert ist, daß die friedlichen Absichten Belgiens bei Frankreich zuerst Zustimmung fanden, und daß die französische Regierung noch am 9. August, nachdem sie über die Vorgänge in Neukamerun bereits unterrichtet war, die Mit­ wirkung der spanischen Regierung bei der Neutralisierung des Kongobeckens nach­ gesucht hatte. Wenn nun auch bald darauf innerhalb der französischen Regierung nach entgegengesetzter Richtung zielende opportunistische Erwägungen auftauchten, wie sie im Schriftstück Nr. 74 des belgischen Graubuchs zum Ausdruck gelangt sind, so hat doch erst die Weigerung Englands, den belgischen Vor­ schlag anzunehmen (vgl. Nr.75 des Graubuchs), den Ausschlag gegeben. Der bereits oben vorgenommenen Kritik der britischerseits vorgebrachten Gründe bleibt nichts mehr hinzuzufügen. Wohl aber fleht sich die Kaiserliche Negierung veranlaßt, darauf hinzu, weisen, daß das britische Gouvernement von Nigerien schon Ende v. Js., also vor Ausbruch des Krieges in Europa, feindselige Handlungen gegen die Verwaltung der benachbarten deutschen Kolonie Kamerun unternommen hat. So wurde nach einem Bericht des Kaiserlichen Residenten von Garua (vgl. „Deutsches Kolontalblatt" Nr. 1/2 vom 15. Januar 1915) ein nach Köln adres­ sierter, am 23. Juli 1914 von Garua abgesandter Postsack in Dola (Nigerien) geöffnet und die Briefpost am 30. Juli lose an den Vertreter der (britischen) Niger, kompagn ie in Garua, nicht an die Kaiserliche Restdentur, zurückgeschickt! Aus weiteren, im Frieden unerhörten Anzeichen, wie Anhalten deutscher Boten in Nigerien, Fest­ setzen farbiger deutscher Schutzbefohlener in Uola und ähnlichen Vorkommnissen läßt sich der Schluß ziehen, daß schon zu damaliger Zeit in den britischen Besitzungen Westafrikas Vorbereitungen für einen allgemeinen Kolonialkrieg inner- undaußerhalb des Kongobeckens getroffen worden sind. Wenn anderseits die Re­ gierung in London die belgische Anfrage vom 7. August zehn Tage lang unbe­ antwortet ließ, so findet das eine zwanglose Erklärung in der Tatsache, daß am 15. August der erste deutsche Angriff (bei Taveta, Britisch-Ostafrika) erfolgt tv♦ Jur.,Ztg." Nr. 13/14, 1915.

— 659 und Trug einen feierlich beschworenen Vertrag brach und seinem Bundesgenossen in Not nach Räubermanier das Messer in den Rücken stoßen wollte. v. Ganz abgesehen davon, daß ein Verlangen nach schärfster Sühne für die Ermordung eines Thronfolgers und für die jahrelange serbische Provokation, deren Ergebnis diese Ermordung war, keine „Provokation" ist, so ist das Auftreten Hsterreich-Ungarns gegen­ über Serbien vor allem keine „direkte Provokation" Rußlands; und eine direkte Provokation einer angreifenden Großmacht ist allein im Dreibundvertrage (flehe unten) als BefreiungSgrund von der Bündnispflicht angegeben. Selbst der Versuch, den italienischen Vertragsbruch mit dem Hinweis auf angeblich formelle Vertrags­ verletzungen seitens Hsierreich-Ungarns zu rechtfertigen, ist daher kläglich mißlungen. Keine bombastische Floskel, keine noch so raffinierte Verdrehung kann darüber hinwegtäuschen, daß Italien seinen Bundespflichten nicht nachgekommen ist, daß es, den Artikel 7 des Dreibundvertrages so, phistisch deutelnd, seinem Verbündeten Hsierreich-Ungarn als feilschen­ der Erpresser entgegengetreten ist, daß es schließlich die Zugeständnisse seines Bundesgenossen von der Hand gewiesen hat, weil es sich, während es noch mit Österreich verhandelte, bereits mit der Entente über den Judaslohn geeinigt hatte. In zynischer Selbpersiflage hat der franzosenfreundlich deutschhasserische und kriegshetzerische „Corriere della Sera" sich und Italien selbst das Urteil in dem folgenden lapidaren Satze gesprochen: „Kein Staat der Welt kann seinen Verpflichtungen untreu werden, ohne die eigene Ehre mit Füßen zu treten." So denkt die ganze Welt heute innerlich über die Schurkerei der italienischen Regierung; den Lumpen begrüßt man als Helfer in der Not, aber innerlich verachtet ihn die ganze Welt. Das wird das Los Italiens für Generationen fein! Anmerkung r. Zu dem unerhörten Treubruch Italiens wurde auf einen ixt bet Mtllerschen Kirchengeschichte abgedruckten Brief verwiesen, der an den am 22. Fe, bruarny8 gewählten Papst Innozenz gerichtet und von St. Bernhard geschrieben ist. ES heißt da: „Warum solle ich das Volk erwähnen? Es ist römisch. Ich kenne keine kürzere und deutlichere Bezeichnung, meine Meinung über die Glieder Deiner Gemeinde auszudrücken. der Römer bekannt?

Wem wäre nicht die Zügellosigkeit und der Hochmut

Cs ist ein des Friedens völlig ungewohntes Volk, stets zu

Tumulten geneigt, erbarmungslos und widerspenstig___ Sie versprechen Treue,

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66o aber nur um dadurch solche. Me ihnen Vertrauen schenken, besser betrügen tu können. Sie sind zu fielt, um tu gehorchen, tu unwissend, um tu regieren, treulos gegen ihr« Untergebenen, schamlos im Fordern, trotzig im Verweigern, zudringlich, wenn sie Gunstbeteugungen erlangen wollen, undankbar, wenn man sie ihnen tuteil «erden läßt, geschwätzig, doch ohne Kraft, mit ihren Versprechungen sehr verschwenderisch, aber ebenso zurückhaltend, wenn eS sich um Erfüllung derselben handelt, sie sind die süßesten Schmeichler und zugleich die boshaftesten Verleumder. ...Wenn ich den Ausdruck brauchen darf, so hast Du viel «her Dämonen zu weiden als Schafe." („Köln. Ztg.") Das war der damalig« Charakter beS Volkes Roms, und er ist heute noch derselbe, wie sein jetziger Treubruch be­ stätigt hat. Rücksichtsloser, jahrelanger Boykott dieses Landes durch das deutsche Volk ist eine Pflicht deS nationalen Selbstbewußt­ seins auch für den, der klar erkennt, daß die Völker nach diesem Kriege wieder auf­ einander angewiesen sind. Anmerkung 2. Die italienische Regierung hat geraume Zeit vor ihrer Kriegs, erklärung in vielen Tausenden von Exemplaren eine Propagandaschrift ver, teilen lassen, betitelt: „Perchi L’ltalia deve fare la GuerraV* („Warum Italien den Krieg führen mußl") In dieser Propagandaschrift, in welcher das Kabinett Salandra-Sonnino dem italienischen Volke die Notwendigkeit des Krieges gegen den früheren Bundesgenossen klar zu machen sucht, hieß es auf S. 9: „baß die Notwendigkeit, Trient und Triest zu befreien, von so angstvoller Dringlichkeit sie auch sein möge, nicht einmal der Hauptgrund des Krieges" sei. Als solcher wird bezeichnet, „daß der Sieg der Mittelmächte, selbst wenn er mit unserer Hllf« erlangt würde, dt« Vorherrschaft eines etntigen Volkes in Europa bedeuten wird: des deutschen Volkes, das, soweit man berechtigt ist, nach den Anschauungen, die eS leiten, nach seiner StaatSkunst und nach feinen KriegSmelhoben tu urteilen, eine Herrschaft aufrichten wirb, so brückend und gewalttätig, wie keine andere, indessen im entgegengesetzten Falle, wenn Rußland, England, Frankreich, Italien und die anderen flehten Völker siegen, nach aller Wahrscheinlichkeit baS unerläßlich« polt, tische Gleichgewicht in unserem Leben und in unserer Zukunft sich wiederher­ stellen wirb. Und vor allem wird daS drohende und für uns verderb, liche Einbringen Deutschlands in die Mittelmeerlänber vermieden!" Italien hat danach also eigentlich Ksterreich-Ungarn den Krieg erklärt, um — Deutschland |u bekämpfen. Trotzdem hatte aber Italien bis 26. August 1916 Deutschland noch nicht den Krieg erklärt, nicht tu erklären gewagt! Wenn wir nicht annehmen «ollen, daß die Salanbra und Sonnino schon damals ihr eigenes Volk belogen haben, so bleibt für die Lösung beS Rätsels nur die Annahme übrig, baß diesen Staatsmännern auf halbem Wege der Mut ausgegangen ist. Vielleicht werden die italienischen Staatsmänner ln diesen Tagen sich der prophetischen Wort« d«S Grafen Nigra erinnern, der, wie in Crispis „Questioni intemazionali“ S. 132 zu lesen, im Jahre 1890 an Crispi telegraphierte: „Ich bedauere, baß der Dreibund bet uns unpopulär ist und man die Notwendigkeit seines Bestehens nicht einsieht. Dies beweist, daß unser armes Vaterland in der Vergangenheit noch nicht unglücklich genug gewesen und daß eS noch grausamerer und demütigenderer Züchtigung bedürfe. Diese wirb «S erhalten, wenn eS sich vom Dreibund loslöst."

66i Anmerkung z. Über die Rechtsbetiehungen des Deutschen Reiches »u Italien während der Zeit des bloßen Abbruchs der Beziehungen bis zur Kriegs­ erklärung usw. siehe unten Kap. 80 das Nähere.

76. Kapitel.

Was italienische Grünbuch. I. Inhaltsangabe und Auszüge ans dem Grünbuch. Ein offiziöser Kommentar des „Giornale d'Jtalia" gibt folgende Einteilung des Buches, das fich nennt: „II Libro Verde, Documenti diplomatici presentati al Parlamento Italiano dal Ministro degli Affari Esteri Sonnino nella seduta del 20 maggio 1915“ 1). Im Appendice finden fich in der betreffenden Ausgabe („Quaderno della guerra“): I. Riposta del Govemo Austriaco alla denuncia del trattato della Triplice Alleanza; II. Replica Italiana; III. Testo della Dichiarazione di guerra; IV. Nota Circolare dell’ Italia alle Potenze. — Ritratto dell Ministro Sonnino.

Der erste Abschnitt reicht von der juristischen Formulierung der italienischen Forderungen auf Grund des Artikels 7 des Dreibund­ vertrages vom 9. Dezember 1914 bis zur prinzipiellen Annahme der juristischen Sette der Frage seitens Österreich-Ungarns am 9. März 1915. Im zweiten Abschnitt werden die österreichisch-ungarischen Vorschläge und die italienischen Gegenvorschläge vom 27. März bis 8. April 1915 behandelt. Der letzte Abschnitt vom 2. AprU bis 4. Mai beschäftigt sich nach dem „Giornale d'Jtalia" „mit dem passiven Wider­ stand Österreich-Ungarns, das die Übereinkunft unerreichbar macht", und der mit der Kündigung des Vertrages mit Österreich-Ungarn endigt. Das Grünbuch besteht im Original aus 87 einspaltigen Seiten

*) Das Grünbuch erschien im Verlag LreveS i« Mailand in rotem Umschlage, — man möchte fast glauben zur Täuschung seitens der italienischen Regierung, die in ihrem schlechten Gewissen monatelang mit größter Sorgfalt den merkwürdigen Schatz behütete —, in der „Quaderno della Guerra“ Nr. 22, wenn man nicht den Barone Sidney Sonnino auf dem Titelbild« fände.

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in dem für italienische parlamentarische Dokumente üblichen Format. Cs beschränkt sich auf die diplomatischen Urkunden (77 Do­ kumente), die zwischen Österreich und Italien gewechselt, ohne die Verhandlungen mit der Entente zu berühren. Der ganze Akteninhalt auS der Zeit San Giultanos (stehe oben Kapitel 65) fehlt, ist völlig unterschlagen. (Stehe den Protest des Schwiegersohns desselben in der „Stampa" vom 31. Mat 1915.) Auch die Verhandlungen mit den Entente-Mächten fehlen bezeich­ nenderweise in Grünbuche völlig. Dieses erscheint also nicht von allzu großer internationaler Bedeutung. Jedenfalls genügt hier die Wieder­ gabe eines größeren Auszugs aus denselben nach italienischer Quelle. Das Buch beginnt mit der Depesche Sonninos an den Bot­ schafter Herzog von Avarna in Wien vom 2. Dezember 1914. An diesem Tage beauftragte der Minister des Auswärtigen Son«ino den italienischen Botschafter in Wien, Herzog von Avarna, dem Minister des Auswärtigen Grafen Berchtold mitzuteilen, „daß der Einmarsch Österreich-Ungarns in Serbien eine Handlung darstelle, welche zwischen den beiden Regierungen geprüft werden müsse, mit Bezug auf Artikel 7 des Dreibundvertrages, welcher für die österreichisch­ ungarische Regierung die Verpflichtung zu einem vorgängigen Einvernehmen mit Italien und die Verpflichtung zu Kompensationen selbst für eine nur zeitweilige Besetzung aufstelle". „Die kaiserliche und königliche Regierung hätte uns daher befragen und sich mit uns ins Einvernehmen setzen müssen, bevor sie ihre Armee die serbische Grenze überschreiten ließ. Bei dieser Gelegenheit und um unsere Hal­ tung besser verständlich zu machen, müssen wir die kaiserliche und könig­ liche Regierung daran erinnern, daß gerade auf diesen Artikel 7 sich stützend, die kaiserliche und königliche Regierung uns während unseres Krieges mit der Türkei an verschiedenen militärischen Operationen verhindert hat, welche die Kriegsdauer sicherlich abgekürzt hätten. Auch die Flottenoperationen an den Dardanellen haben formelle Vorbehalte Österreich-Ungarns hervorgerufen. Italien hat ein Interesse ersten Ranges an der Aufrechterhaltung vollständiger Integrität und der politischen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit Serbiens x)." *) Merkwürdig, welches Interesse Italien auf einmal an der Integrität Serbiens »eigt, die übrigens von Österreich ausdrücklich garantiert wurde, ob­ wohl bisher stets von Italien behauptet wurde, daß Serbiens Interesse demjeni­ gen Italiens diametral entgegengesetzt ist.

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„Die österreichisch-ungarische Regierung hat allerdings wiederholentlich erklärt, daß sie nicht die Absicht habe, jum Nachteil Serbiens Gebiete zu erwerben. Aber eine so formulierte Er­ klärung schafft keine dauernde Verpflichtung, und die allgemeinen Zusicherungen der österreichisch-ungarischen Regierung gelegentlich des Eintretens der Türkei in den Krieg lassen die Möglichkeit etwaiger politischer Änderungen auf der Balkanhalbinsel voraussehen. Ander­ seits war schon der bloße Einmarsch in Serbien, selbst wenn er sich als nur zeitweilig herausstellen sollte, genügend, das Gleichgewicht am Balkan ernstlich zu stören und uns etnRecht auf Kompensationen zu geben. Cs muß auch hervorgehoben werden, daß der oben ange­ führte Artikel7Italien ein Recht auf Kompensationen auch für Vor­ teile nicht territorialen Charakters gewährt, welche Hsterreich-Ungarn am Balkan erreiche» sollte. Die italienische Regierung hält es für not­ wendig, ohne irgendeine Verzögerung zu einem Meinungsaustausch zu schreiten und auf Grund desselben zu einer konkreten Verhandlung mit Ssterreich-Ungarn über die verwickelte Lage, welche die vitalen wirtschaftlichen und politischen Interessen Italiens nahe berührt. Man bemerkt unzweifelhafte Zeichen von Unruhe im Parlament und in der öffentlichen Meinung Italiens, welche offensichtlich eine Neigung zu national-italienischen Ansprüchen zeigt. Die italienische Regierung ist verpflichtet, dem ernstlich Rechnung zu tragen. Das von mir auf dieser Basis gewünschte (invoqu6) Übereinkommen zwischen den beiden Regierungen würde das Ergebnis haben, für die Zukunft jede Gelegenheit für bedauerliche Zwischenfälle, Reibungen und Mißtrauen zu beseitigen, welche heute so bedauerlich häufig sind, und im Gegen­ teil Beziehungen einer herzlichen und beharrlichen Freundschaft zwischen den beiden Ländern möglich und natürlich machen, wie sie dem ge­ meinsamen Wunsche entsprechen, und ohne welche jedes offizielle Ab­ kommen notwendigerweise unvollkommen und unfruchtbar bleibt." Der Herzog von Avarna teilte am 12. Dezember 1914 mit, daß er die vorstehende Mitteilung gemacht habe (siehe auch österr. Rotbuch m Nr. 74), und daß Graf Berchtold geantwortet habe, daß der Krieg gegen Serbien kein Angriffs-, sondern ein Verteidigungskrieg fei, und daraus gefolgert habe, daß damit nicht der Fall gegeben sei, im Augenblick zu einem Meinungsaustausch mit Italien zu schreitenx). ‘) Siehe Lsterr. Rotbuch in Nr. 75, wo Graf Berchtold an Macchio den Vorgang meldet und insbesondere mitteilt, daß er sein Staunen über die vor,



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Ja einer Depesche vom 14. Dezember teilte der Herzog von Avarna mit, daß es dem deutschen Botschafter in Wien auf Grund von Instruktionen des Staatssekretärs v. Jagow gelungen sei, den Grafen Berchtold zu überreden, zu einem Meinungsaustausch zu schreiten (siehe auch ösierr. Rotbuch III Nr. 70 ff.). Am 20. Dezember teilte Graf Berchtold dem Herzog von Avarna mit, daß er geneigt fei, über Kompensationen zu verhandeln. Fürst Bülow erklärte am 20. Dezember dem Minister des Aus, wältigen Sonntno, daß er nach Rom gekommen sei, um das gute Verhältnis und die Beziehungen zwischen Italien und Deutschland zu verbessern; Italien habe durchaus recht mit seinem Wunsche, Kompensationen zu erörtern, welche bewilligt werden würden, sobald Österreich-Ungarn irgendwelche festumgrenzte Ergebnisse er, zielt haben würde. Sonnino erwiderte, daß das Land für die Neutralität wäre, wenn es die Befriedigung einiger seiner nationalen Aspirationen erhalten könnte. Fürst Bülow dankte Sonnino für seine Offenherzigkeit und erkannte die Notwendigkeit an, in diesem Sinne zu arbeiten. Am selben Tage erklärte Baron Macchto Sonnino, er reise anläßlich der (Weihnachts,) Feiertage nach Wien. Er bemerkte, daß die österreichischen Truppenbewegungen in Serbien.nicht einer vorübergehenden Besetzung gemäß Artikel 7 entsprächen. Sonntno erwiderte, man habe schon einen Gouverneur in Belgrad ernannt. Wenn man die Besetzung Serbiens mit dem vergleiche, was während des Krieges mit der Türkei geschehen sei, als Österreich sein Veto gegen die Beschießung Salonichis und der Darda, nellen erhob, könne kein Zweifel herrschen über das Recht Italiens, die Anwendung des Artikels 7 zu verlangen. Sonnino erklärte dem Fürsten Bülow am 14. Januar 1915, daß man den Zustand einer dauernden Eintracht mit Österreich,Ungarn nur erreichen könnte, wenn die irredentisiische Formel von Trenüno und Triest vollkommen ausgeschaltet würde. Fürst Bülow erklärte, daß Österreich,Ungarn den Krieg der Ab, tretung von Triest vorziehen würde. Cr glaube es erreichen zu kön, stehende Eröffnung ausgedrückt und auf San Giultanos Zusicherung verwiesen habe, Italien «erde die Operationen Österreichs nicht stören, wünsche nur die Anerkennung des Art. vil (stehe dort die übrige Antwort Graf Berchtoldö). Er versichert die Unantastbarkeit Serbiens und verspricht: „Sollten wir an die Okk«, peilen ... ernstlich denken, würde» wir loyal die italienische Regierung verständigen."

66? ne«, daß das Trentino abgetreten würde, aber nichts anderes. Sou, nino erklärte am 2?. Januar dem Fürsten Bülow, daß er vom Gange der Dinge ein bißchen enttäuscht sei. Baron Durian erklärte am 9. Februar, noch nicht antworten zu können, und hob hervor, daß die Besetzung des Dodekanes und Valonas es Italien zur Pflicht machten, sich vorher mit Hsier, reich,Ungarn zu einigen. Diese Gegenvorschläge ÖsterreichUngarns ergeben sich aus einem langen Promemoria, auf das Italien am 12. Februar antwortete, daß die Abtretung von Dalooa und des Dodekanes nicht den Gegenstand der gegenwärtigen Unter, Handlung bilden sollte. Sonntno hob am 12. Februar hervor, daß dies entmutigend sei, und besteht dringend darauf, daß Wien sich entscheide, indem er hervorhob, daß man nicht einmal dazu gekommen sei, eine Antwort selbst auf die erste Frage zu erhalten, nämlich, ob Österreich,Ungarn bereit sei, auf der Grundlage einer Abtretung von Gebieten, die heute Österreich,Ungarn gehören, zu verhandeln. ... Daher ist Italien, um seine eigene Würde zu wahren, verpflichtet, jeden Vorschlag oder Initiative zu einer Unterhandlung zurückzuziehen, und auf den Be, siimmungen des Artikels 7 zu bestehen, der alle militärischen Aktionen als offen diesem Artikel zuwider erklärt, die Österreich,Ungarn von heute ab auf dem Balkan gegen Serbien und Montenegro unter, nehmen würde oder gegen andere, ohne daß vorher ein Überetnkom, men, wie es in dem Artikel 7 vorgesehen sei, abgeschlossen worden wäre. Am 9. März erklärt Baron Burian, daß die österreichisch,unga, rische Regierung einer Diskussion über die Frage der Kompensationen auf der Grundlage des italienischen Vorschlages zustimme. Sonntno steL zur Bedingung, daß, wenn ein Übereinkommen beschlossen werde, es sofort ausgeführt werde, und daß die Dauer der Verhandlungen auf zwei Wochen beschränkt werde. Am 13. März erklärt Baron Burian ausführlich, daß er dem nicht zustimme, daß ein Über, einkommen sofort in Wirksamkeit gesetzt werde. Sonntno beharrt auf seiner Forderung, und dieser Punkt der sofortigen Wirksamkeit eines Abkommens bildet den Gegenstand zahlreicher Gespräche zwischen Sonntno und dem Fürsten Bülow. Am 20. März erklärte Bülow, daß Deutschland gegenüber Italien die Bürgschaft dafür übernehme, daß die Konvention, die zwischen Italien und Österreich-Ungarn geschlossen werden solle, nach dem Friedensschluß loyal ausgeführt werden werde.

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Am 22. März erklärte Sonnino, daß er sich der Wiedereröffnung der Diskussion und der Verhandlungen nicht widersetze, obgleich ohne eine Lösung der Frage der sofortigen Wirksamkeit die Diskussion nur ins Blaue hineinginge. Baron Burian machte am 27. März fol­ gende Vorschläge: 1. Italien verpflichtet sich, bis zum Kriegsschluß eine wohlwollende Neutralität zu bewahren. . 2. Italien läßt Österreich-Ungarn während der ganzen Dauer des Krieges volle Handlungsfreiheit auf dem Balkan und entsagt jeder neuen Kompensation für die territorialen Vorteile und anderen Vorteile, die eventuell aus dieser Handlungsfreiheit für österretchUngarn entstehen. Dies würde sich nicht auf Albanien beziehen und auf das italienisch-österreichische Abkommen betreffs Albanien. Die Abschlüsse der Londoner Konferenz würden in Kraft bleiben. Baron Burian erklärte dem Herzog von Avarna, daß Hsterreich-Ungarn für seinen Teil bereit wäre, Südtirol mit Einschluß der Stadt Trient abzutreten. Die Abgrenzung würde im einzelnen derart festgesetzt werden, daß den strategischen Erfordernissen Österreich-Ungarns Rechnung getragen würde sowie den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Bewohner. Sonnino telegraphierte am 31. März dem Herzog von Avarna, daß die vorerwähnten, nicht genau bestimmten und ungewissen Vor­ schläge durchaus unzureichend seien. Baron Burian setzte am 2. April fest, daß die Territorien, die Österreich-Ungarn bereit wäre, zu den angegebenen Bedingungen abzutreten, die Bezirke von Trient, Rovereto, Riva und Tione umfassen würden (mit Aus­ nahme von Madonna di Campiglio und Umgebung und Borgo). Im Etschtal würde die Grenze bis Lawtes gehen, das bei Italien bleiben würde. Auf Verlangen des Barons Burian machte Sonnino am 6. April folgende Gegenvorschläge: 1. Ssterreich-Ungarn tritt an Italien das Trentino mit den Grenzen des Königreichs Italien im Jahre 1811 ab. 2. Grenzberichtigung zugunsten Italiens an dessen östlicher Grenze, Gradisca, Goriza inbegriffen, wobei die Grenze am Meer zwischen Monfalcone und Triest bei Nabresina endigt. 3. Die Stadt Triest mit ihrem Gebiet, das im Norden Nabresina und im Süden Capo d'Jstria Ptrano einschließen würde, wird ein



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autonomer unabhängiger Staat. Österreich-Ungarn wird auf alle Souveränität verzichten. 4. Österreich-Ungarn tritt an Italien die Curzolart-Jnseln ab. 5. Italien wird sofort die vorerwähnten Gebiete besetzen. Triest und sein Gebiet werden unverzüglich von den Österreichern geräumt. 6. Österreich-Ungarn erkennt die volle Souveränität Italiens über Valona an. 7. Österreich-Ungarn gibt vollkommen sein Interesse an Alba­ nien auf. 8. Österreich-Ungarn wird den aus militärischen oder politi­ schen Gründen Verurteilten der abgetretenen Gebiete volle Amnestie gewähren. 9. Italien wird an Österreich-Ungarn 200 Millionen Lire in Gold zahlen. 10. Italien bewahrt vollkommene Neutralität gegenüber Deutsch­ land und Österreich-Ungarn während des ganzen gegenwärtigen Krieges. 11. Während des ganzen gegenwärtigen Krieges verzichtet Italien darauf, nachträglich sich auf Artikel 7 zu seinen Gunsten zu berufen, und verzichtet Österreich-Ungarn in gleicher Weise daraufhin sichtlich des Dodekanesos. Zwischen dem 2. April und dem 13. April 1915 wurden Ge­ rüchte von einem österreichisch-russischen Sonderfrieden, um freie Hand gegen Italien zu haben, immer häufiger. Sonnino telegraphierte am 13. April dem Herzog von Avarna dringend um eine österreichische Antwort. Aus der Antwort des Barons Bunan vom 16. April ging hervor, daß er keine der italienischen Forderungen annimmt, sondern nur neue Vorschläge «egen der Abtretung des Trentino macht. Sonnino telegraphierte am 21. April dem Herzog von Avarna, daß die Abtretungen, die Österreich geneigt wäre, zu bewilligen, ihm nicht genügend erschienen für ein Abkommen, wie es zwischen den beiden Staaten abgeschlossen werden müßte, um eine feste und normale Lage zu schaffen. Nur hinsichtlich des Trentino zeige sich ÖsterreichUngarn bereit, etwas über seine ersten Vorschläge hinaus zu be­ willigen, aber selbst hier sehe man nicht eine Beseitigung der größten Unzuträglichkeiten der gegenwärtigen Lage vom sprachlichen, ethno, logischen und mllitärischen Standpunkt. Was das übrige anlange, so setzte Baron Burian vollkommenen Widerstand entgegen.

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Das Grünbuch schließt mit dem wichtigen Schriftstück vom 3. Mat 1915 über die Kündigung des Dreibundes (stehe unten). Anmerkung. Wir wiederholen nochmals, daß diese offiziös in der ganzen Presse erschienene Darstellung italienischen Ursprungs ist, als» in italienischem Sinne gefärbt ist. Die österreichische Darstellung flehe im folgenden.

77. Kapitel.

Österreichisches Notbuch (II und HI) „zur Vorgeschichte des Krieges mit Italien".

A. Das k. und k. Ministerium des Äußeren gab anfangs Juni 1915 als Antwort auf das italienische Grünbuch „Zur Vorgeschichte des Krieges mit Italien" ein Rotbuch, das wir im folgenden als österreichisches Rotbuch II kurz bezeichnen, heraus (Wien, Druck der k. k. Hof- und Staatsdruckerei, 1915). Es lautet in seinen allgemeinen Ausführungen, die eine vor­ zügliche Einführung ln die ganzen politischen Beziehungen zwischen Ksterreich-Ungarn und Italien insbesondere bezüglich Albaniens geben, sowie einen kurzen Rückblick auf die Ereignisse des Sommers 1914, wie folgt: „Als die von Serbien seit vielen Jahren betriebenen Machenschaften durch den Mord von Serajewo in der furchtbarsten Weise vor aller Welt offenbart ge, worden waren und Österreich,Ungarn sich, den elementarsten Geboten der Selbst, erhaltung folgend, entschloß, ernste Garantien gegen die Fortsetzung dieser Um, triebe von Serbien zu fordern, konnte die Monarchie mit Fug und Recht erwarten, daß die volle Berechtigung ihrer Aktion anerkannt werden würde. Es konnte ja in der Tat einer europäischen Großmacht nicht zugemutet werden, von einem kleinen Nachbarstaats die gehässigsten Provokationen, die planmäßige Förderung einer Abfallbewegung in den Grenzgebieten und die skrupellose Mitwirkung an verbrecherischen Anschlägen und weitverzweigten Verschwörungen gegen ihre Sicherheit und Integrität hinzunehmen, ohne schließlich zu den energischesten Mitteln der Abwehr zu greifen. Ebensowenig wie gegen die innere Berechtigung konnten gegen die Form des Vorgehens Österreich,Ungarns Einwendungen erhoben werden. Es handelte sich um eine Differenz zwischen der Monarchie uüd einem unabhängigen Staate über ihr gegenseitiges Verhältnis, und nichts berechtigte zu dem Verlangen, daß die erstere die Frage, wie weit sie in dem Schutze ihrer Ruhe und Sicherheit zu gehen habe, von der Entscheidung dritter Mächte abhängig machen müsse.

669 Wiewohl der Streitfall somit ausschließlich Österreich,Ungarn und Serbien anging, mußte doch mit der Möglichkeit gerechnet werben, baß Rußland, ungeachtet unserer Erklärung, im Fall eines lokalisterten Konfliktes die Souveränität und den territorialen Besitzstand Serbiens nicht antasten tu «ollen, den willkommenen Anlaß ergreifen könnte, um den seit langem gehegten Plan eines Angriffskrieges gegen Österreich,Ungarn und damit tugleich gegen bas Deutsche Reich, den die umfassenden Rüstungen, die mehrfachen Probemobilisierungen und die Inangriff­ nahme deS Baues großer strategischer Dahnen in der letzten Zeit immer deutlicher hatten erkennen lassen, jetzt schon zur Ausführung zu bringen. Ja, es war sogar zu erwarten, daß unsere durch die unerhört« Dorgangsweis« Serbiens voll begründeten Forderungen von diesem nur bann abgelehnt «erden würben, wenn von St. Petersburg bas Signal käme, daß Rußland den Moment für de« Angriff auf die Monarchie für gekommen erachtet. War doch Serbien für diesen Fall im russischen Kalkül die wichtige Aufgabe des Flankenstoßes zuge, wiesen, eine Rolle, für di« Rußland Serble« durch panslawistische Liebesbeweise und konsequente politische Unterstützung stets bereitzuhalten verstand. ES war bet dem System von Bündnissen und Ententen, bas seit Jahr, zehnten die Grundlage der europäischen Politik bildete, von vornherein klar, daß Rußland durch seine unberechtigte Einmischung in die Kontroverse zwischen der Monarchie und Serbien die schwersten Konsequenzen, ja einen allgemeinen Kon, flikt heraufbeschwören müßte. Den« darüber konnte kein Zweifel bestehen, daß das Deutsche Reich, baS die volle Berechtigung unserer Anklagen gegen Serbien anerkannte, von dem Weg, den ihm das gegebene Wort und die eigenen LebenSiotereffen vorzeichoeten, nicht abweichen und dem langjährigen Bundesgenossen gegen einen russischen Angriff mit ganzer Macht Beistand leisten werde. Damit war aber auch der Kriegs, fall für Frankreich gegeben, das seit Jahrzehnte« auf die günstige Gelegenheit zur Derwirklichung seiner Revanchepläne gelauert hatte, und ebenso war zu er, warten, daß England, wenn eS auch das Bestehen fester Vereinbarungen mit den beiden anderen Ententemächten noch in letzter Zeit geleugnet hatte, sich an dem Kampfe gegen den beneideten und gefürchteten Rivalen, das mächtig emporstrebende Deutsche Reich, beteiligen werde. Schließlich konnt« auch damit gerechnet werden, baß bi« Türkei, wiewohl sie noch an den Nachwirkungen des eben beendeten Balkan, kriegeS zu tragen hatte, sich in der Erkenntnis, baß ein Sieg Rußlands bas Ende ihrer Unabhängigkeit bedeuten müsse, an die Seite der Zentralmächte stellen würde. Welches war nun die Stellung Italiens zu diesem eventuellen europäischen Kriege? Wohl bestimmte der Bundesvertrag mit den beiden Zeatralmächten, dem Italien drei Jahrzehnte der Sicherheit und des Friedens, die ungestörte Entwicklung seiner staatlichen und wirtschaftlichen Kräfte und den fast mühelosen Erwerb zweier ausgedehnter Provinzen jenseits des Mittelländischen Meeres verdankte, baß eS seinen beiden Verbündeten in einem Kriege gegen zwei oder mehrere Mächt« beizustehen habe, wenn jene den Krieg nicht selbst provoziert hätten *). Wohl war es klar, daß das Einschreiten Österreich,Ungarns, daS nach *) Artikel III deS DreibunbvertrageS lautet in deutscher Übersetzung: „Falls einer oder zwei der hohen Vertragschließenden ohne

— 670 — Jahren beispielloser Friedensliebe und Geduld gegenüber den serbischen Heraus, forderungen endlich erfolgen mußte, nicht den Charakter einer Provokation an sich trug, daß der Angriff vielmehr von Rußland ausging, das sich bei der Durch, führung seiner weitausgreifenden Pläne Serbiens als Sturmbock gegen die Monarchie bediente. Dennoch waren Anzeichen dafür vorhanden, daß Italien nicht, wie es dem Wortlaute und dem Geiste des Bündnisses entsprechen würbe, an der Seite seiner Alliierten in den Krieg eintreten werde. Nach der schillernden Haltung, die Italien zur Zeit von Alge, ciras und während der Annexionskrise eingenommen hatte, nach den Besprechungen von Raeconigt und dem fortgesetzten Liebäugeln mit der Tripleentente mußten Österreich-Ungarn und Deutschland vielmehr den Verdacht hegen, daß Italien sich der Erfüllung seiner Dünbnispflichten entziehen unh dies durch allerlei, am Texte des Vertrages geübte Jnterpretationskünste motivieren werde. War also auch auf die volle Erfüllung der aus dem Bundesverhältniffe entspringenden Pflichten durch Italien nicht mit Sicherheit zu rechnen, so konnten Österreich-Ungarn und Deutschland doch zum mindesten erwarten, daß Italien durch eine wohlwollend neutrale Haltung seine Alliierten in dem ungeheuren Kampfe unterstützen wertel). Die tatsächliche Entwicklung der Ereignisse hat diese Annahmen zunächst gerechtfertigt, und nichts ließ in den Anfangsstadien des Weltkrieges vermuten, welch ungeheuerlichen Treubruches und Verrates Italien sich späterhin schuldig machen würde. In dieser ersten Periode, die mit der Überreichung unserer Note in Belgrad beginnt und bis in den Winter hinein sich erstreckt, war das Verhalten Italiens von drei leitenden Gesichtspunkten bestimmt: von dem Entschlüsse, bis auf weiteres nicht aus der Neutralität herauszutreten, jedoch sofort mit aller Intensität auf einen hohen Grad militärischer Bereitschaft hinzuwirken; von dem Streben, seine neutrale Haltung an der Hand des Vertragstextes zu motivieren und die Bundes, genossen durch freundschaftliche Erklärungen zu beruhigen (s. Anhang Nr. 3); endlich von der Absicht, für alle Fälle von Österreich-Ungarn mittels einer ge, waltsamen Interpretation des Artikels VII des Dreibundvertrages die Zusicherung direkte Herausforderung von ihrer Seite von zwei oder mehreren Großmächten, die den gegenwärtigen Vertrag nicht unterzeichnet haben, angegriffen und in einen Krieg mit ihnen verwickelt würden, würde sich der casus foederis für alle hohen Vertragschließenden gleichzeitig ergeben." x) Verpflichtete doch der Artikel IV des Dreibundvertrages sogar für den Fall einer aus defensiven Gründen von einem der Verbündeten ergriffenen kriege, rischen Initiative die anderen zu wohlwollender Neutralität. Artikel IV lautet in Übersetzung: „Falls eine Großmacht, die den gegenwärtigen Vertrag nicht unter, zeichnet hat, die staatliche Sicherheit eines der hohen Vertragschließenden bedrohen würde, und der Bedrohte dadurch gezwungen wäre, ihr den Krieg zu erklären, so verpflichten sich die beiden anderen, ihrem Verbündeten gegenüber eine wohl, wollende Neutralität zu beobachten. Ein jeder behält sich in diesem Falle vor, an dem Kriege tellzunehmen, wenn er es für angezeigt erachtet, , um mit seinem Verbündeten gemeinsame Sache zu machen. (Siehe über diese» Art. IV und die Ansicht der deutschen Regierung unten das Nähere.)

67i zu erlangen, daß im Falle irgendwelcher Errungenschaften der Monarchie in Serbien oder Montenegro Italien der Anspruch auf gleichwertige Kompensationen zustehe. Dementsprechend hat denn auch der italienische Ministerrat, nachdem schon vorher mündliche Äußerungen Marquis dt San Giulianos darauf vorbereitet hatten, am i. August v. I. den Beschluß gefaßt, daß Italien neutral bleiben werde. Als Gründe hierfür wurden angegeben, daß das Vorgehen der Monarchie gegen Serbien einen aggressiven Akt gegen Rußland darstelle, weshalb der Bündntsfall für Italien im Sinne des Vertrages nicht eingetreten sei — eine Behauptung, die durch den bloßen Hinweis auf die bekannten umfassenden Vorbereitungen Rußlands für einen Angriffskrieg gegen die beiden Zentralmächte und auf die volle Unabhängigkeit Serbiens widerlegt wird (s. Anhang Nr. 4); ferner, daß Italien den Gefahren eines Weltkrieges bei seiner exponierten geographischen Lage besonders ausgesetzt wäre — was zutreffen mag, Italien seiner Verpflicht tungen aber keinesfalls entbinden kann; schließlich, daß Österreich-Ungarn es ver, absäumt habe, sich im Sinne des Artikels VII des . Bündnisvertrages vor den ent, scheidenden Schritten mit Italien ins Einvernehmen zu setzen und es überhaupt ab, lehne, die italienische Interpretation dieses Artikels anzuerkennen. Welche Be, wavdtnis es mit diesem letzten Punkte hatte, davon wird weiter unten noch eingehender gesprochen werden. Wiewohl die italienische Argumentation somit sehr anfechtbar war, wurde die Neutralitätserklärung von Hsterreich-Ungarn ohne nachdrückliche Einwendungen zur Kenntnis genommen, um so mehr als Italien gleichzeitig neuerlich erklärte, an dem Bundesverhältnisse im übrigen festhalten zu wollen, ja eine spätere Ko, operation als durchaus nicht ausgeschlossen bezeichnete und in allen Cnunziationeu einen aufrichtig klingenden, freundschaftlichen Ton anschlug. Parallel mit diesen Besprechungen über die Frage der Neutralität lief eine Aktion Italiens, die schon am 25. Juli eingesetzt hatte und die, wie schon oben be, merkt, das Ziel verfolgte, unter Berufung auf den Artikel VII des Dreibund, Vertrages Italien für den Fall der Besetzung serbischen Gebietes durch österreichisch, ungarische Truppen den Anspruch auf Kompensationen zu sichern (s. Anhang Nr.a). Sowohl die Entstehungsgeschichte als der Wortlaut dieses Artikels lassen klar erkennen, daß seine Bestimmungen einzig und allein auf den Fall der Be, setzung türkischen Gebietes Anwendung zu finden haben. Er wurde im Jahre 1887 auf Wunsch Italiens in den Vertrag aufgenommen, also zu einer Zeit, da die Kompaziszenten sicherlich nur das künftige Schicksal der Türkei und ihres Gebietes regeln wollten. Es steht außer Zweifel, daß diese Abmachungen getroffen wurden, um zu verhindern, daß, falls sich die von den Verbündeten in erster Linie angestrebte unveränderte Aufrechterhaltung des türkischen Besitzstandes in Europa als unmöglich erweisen sollte, die Interessen eines der beiden Teile einseitig und ohne gleichmäßige Berücksichtigung des anderen bevorzugt würden. An andere, nichttürkische Gebiete der Balkanhalbinsel war damals nicht gedacht worden. Dies geht auch aus dem Texte, der seit 1887 unverändert blieb, klar hervor, da daraus zu entnehmen ist, daß wohl die türkischen Küstengebiete in der Adria und im Ägä, ischen Meere, nicht aber die griechischen oder montenegrinischen unter diese De, stimmungen fallen1). l) Artikel VII des Dreibundvertrages lautet in deutscher Übersetzung: *£>(fet, reich,Ungarn und Italien, die nur die möglichste Aufrechterhaltung des territorialen

— 672 — Mit vollem Recht nahm daher die österreichisch-ungarische Regierung den Standpunkt ein, daß der Artikel VII auf den Fall eines Konfliktes mit Serbien und die eventuelle Besetzung serbischen Gebietes nicht anzuwenden sei. Deshalb hielt sie sich auch nicht für verpflichtet, vor dem diplomatischen Schritte in Belgrad, der noch nicht den Krieg bedeutete, wenn er auch dazu führen konnte, gewissermaßen die Genehmigung Italiens einzuholen. Oie entgegengesetzte Auffassung vertrat Italien, das, wie schon früher er, wähnt, das Fehlen eines vorangegangenen Einvernehmens sowie die abweichende Auslegung dieser Dertragsbesiimmungen durch Österreich,Ungarn zum Vorwand nahm, um sich von der Pflicht der militärischen Kooperation loszusprechen, anderer, seitö aber eben auf Grund seiner Interpretation in Wien seine prinzipiellen Kom, pensationsansprüche für den Fall der Okkupation serbischen Territoriums durch Österreich-Ungarn geltend machte. Über diese letztere Frage wurden zwischen beiden Kabinetten im freundschaft, lichsten Tone längere Verhandlungen geführt, an denen auch die deutsche Regierung teilnahm. Auf den Verlauf dieser Pourparlers soll hier nicht im Detail einge, gangen werden, es genügt, zu konstatieren, daß Österreich-Ungarn sich schließlich mit Rüöstcht auf die zwar neutrale, aber im übrigen vollkommen freundschaftliche Haltung Italiens, dem es einen Beweis loyalen Entgegenkommens geben wollte, zur Anerkennung der italienischen Auffassung des Artikels VII verstand und sich bereit erklärte, für den Fall einer temporären oder definitiven Besitzergreifung eines am Balkan gelegenen Gebietes in eine Konversation über die Kompen, sationsfrage mit Italien einzugehen (Anhang Nr. 6, 7). Diese am 25. August in Rom abgegebene Erklärung wurde von Marquis di San Giuliano dankend quittiert, er hielt es bei der damaligen Kriegslage jedoch für verfrüht, die Frage der etwaigen Kompensationen zu besprechen. Damit waren die Verhandlungen zwischen den Kabinetten von Wien und Rom über die prinzipielle Seite ihres gegenseitigen Verhältnisses zu einem vor­ läufigen Abschlüsse gelangt. Die nächsten Monate widmete Italien hauptsächlich der Ausgestaltung und Kräftigung seiner militärischen Machtmittel. Gleichzeitig Status quo im Orient im Auge haben, verpflichten sich, ihren Einfluß geltend zu

machen, damit jede territoriale Veränderung, die der einen oder der anderen der den gegenwärtigen Vertrag unterzeichnenden Mächte nachteilig wäre, hintangehalten werbe. Sie werden einander zu diesem Behufe alle Aufschlüsse geben, die geeignet sind, sie gegenseitig über ihre eigenen Absichten sowie über die anderer Mächte aufzuklären. Sollte jedoch der Fall eintreten, daß im Laufe der Ereignisse die Aufrechterhaltung des Status quo im Gebiete des Balkans oder der ottomanischen Küsten oder Inseln im Adriatischen oder Ägäischen Meer unmöglich würde, und daß, entweder infolge des Vorgehens einer dritten Macht oder sonstwie, Österreich, Ungarn oder Italien genötigt wären, den Status quo durch eine zeitweilige oder dauernde Besetzung ihrerseits zu verändern, so würde diese Besetzung nur statt­ finden nach einer vorangegangenen Übereinkunft zwischen den beiden Mächten, welche auf dem Prinzip einer gegenseitigen Kompensation für alle territorialen oder anderweitigen Vorteile, die eine jede von ihnen über den gegenwärtigen Status quo hinaus erlangen würde, zu beruhen und die Interessen und berechtigten Ansprüche der beiden Teile zu befriedigen hätte."

673 setzte eine Aktion Italiens ein, die auf Erwerbung territorialer Stützpunkte jenseitder Adria in Albanien abzielte und die — anfangs vorsichtig fortschreitend — sich später in dem Maße akzentuierte, als die militärische Bereitschaft Italiens wuchs, und als es deutlicher erkennbar wurde, daß der Weltkrieg nicht zu einem raschen Siege der einen oder der anderen Gruppe, sondern zu langem, hartnäckigem Ringen führen würde (s. Anhang Nr. i). Wiewohl dieses Vorgehen Italiens weder mit dem Abkommen vom Jahre 1900/1901 noch mit den noch anfangs August 1914 in Wien abgegebenen formellen Erklärungen im Einklang stand (Anhang Nr. 5), erhob Österreich-Ungarn keine Einwendungen, um so mehr, als Italien jede einzelne „provisorische" Maßnahme in Wien notifizierte und dabei stets ein Festhalten an den Londoner Beschlüssen betonte sowie den Fortbestand des Ak­ kords von 1901 anerkannte. Bald wurde es aber klar, daß die ehrgeizigen Pläne Italiens sich in der Fest, setzung an der „altra sponda“ nicht erschöpfen. Eine leidenschaftliche Erregung begann das Land zu erfassen, die These der absoluten Neutralität mußte der neuen Parole der „wachsamen und bewaffneten" Neutralität und später der zynischen Phrase deö „sacro egoismo“ weichen; von der Regierung im geheimen, von den Agenten der Ententemächte offen gefördert und unterstützt, wuchs auf dem Boden der irredentistischen, radikalen und republikanischen Schlagworte eine Bewegung heran, die unbekümmert um Treue und das verpfändete Wort die Vereinigung der italienischen Gebietsteile der Monarchie mit Italien auf ihre Fahne geschrieben hatte, und deren Anhänger in der Presse, auf der Straße und in Versammlungen immer stürmischer bas Verlangen stellten, daß Italien zu diesem Zwecke auf der Seite der Ententemächte in den Krieg eintrete. Daß die offizielle Politik Italiens von den gleichen Tendenzen bestimmt war, zeigte sich deutlich erst, als die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten nach dem Tode Marchese di San Giulianos Anfang November in die Hände Baron Sonninos überging. Damit trat die Entwicklung der Ereignisse in Italien in eine zweite Phase, in welcher der dominierende Gedanke der Entschluß war, ohne Rücksicht auf die Pflichten des Bündnisses oder sonstige moralische Bedenken den günstigen Augen, blick, da die beiden Verbündeten in schweren Kämpfen gegen mächtige Gegner begriffen waren, auszunützen, um von Österreich-Ungarn die Abtretung der süd, lichen, von italienischen Volksgenossen bewohnten Gebiete zu erpressen, sie im Not, falle mit Gewalt zu erzwingen. Den ersten Schritt in dieser Richtung unternahm das römische Kabinett, als es durch seinen Botschafter in Wien am 11. Dezember unter deutlichem Hinweis auf die „nationalen Aspirationen" den Standpunkt vertreten ließ, daß infolge unserer militärischen Operationen auf serbischem Gebiete Italien nach Artikel VII des Dreibundvertrages ein Anrecht auf Kompensationen besitze. Noch unverhüllter verriet Italien seine Absichten einen Monat später durch die formelle Anfrage, ob Österreich-Ungarn eine Zession von Teilen seines Gebietes als Basis von Der, Handlungen über die im Sinne des Artikels VII zu gewährenden Kompensationen anzunehmen gewillt sei. Aus der Fülle von Argumenten, die von der österreichisch-ungarischen Re­ gierung den italienischen Deduktionen damals und im weiteren Verlauf der Der, Handlungen entgegengehalten wurden, seien nur einige wenige herausgegriffen: Müller, Meiningen, Entstehung des Weltkriegs. 43

- 674 Militärische Operationen im fremden Gebiet bedeuten noch keine, auch nur tempo, rLre Okkupation im Sinne des Artikels VII und geben dem andern Teil daher auch keinen Anspruch auf Kompensationen. Da tatsächlich serbisches Territorium von unseren Truppen nicht besetzt ist, fehlt es übrigens an jeder Grundlage für die Bestimmung der Kompensation, die ja gegen die Vorteile abgewogen werden muß. Schließlich liegt es auf der Hand, daß diese Kompensationen nur bort zu suchen sind, wo die Vorteile liegen, die sich ausgleichen sollen, nämlich auf der Balkan, Halbinsel, und niemand hat bei dem Abschluß des Vertrages daran gedacht, daß hierfür andere Gebiete und vollends eigene in Betracht kommen könnten. Österreich,Ungarn hat überdies am 9. Februar gerade der italienischen Inter­ pretation des Artikels VII entsprechende und ganz gleichberechtigte Gegenansprüche, die sich aus der Tatsache der italienischen Besetzung der Inseln im Ngäischen Meer und Dalonas ergaben, angemeldet. Demgegenüber hielt Italien starr an seinem Standpunkte fest und erklärte schließlich nach längerem fruchtlosen Verhandeln Ende Februar, daß es eine Wiederaufnahme unserer Operationen gegen Serbien ohne vorangegangene Vereinbarung über die Frage der Kompensationen als einen Bruch des Bündnisvertrages ansehen und daraus die schwersten Konsequenzen ableiten müßte, sowie andererseits, daß eine solche Vereinbarung nur auf Grund einer-Abtretung österreichisch,ungarischen Gebietes möglich sei. Nun war die Situation geklärt. Diese Haltung des römischen Kabinettes, die von einer durch die Regierung selbst und ihre Presse geschürten Erregung der öffentlichen Meinung gegen die beiden Zentralmächte und den eifrigsten Dorbe, reitungen für eine Mobilisierung begleitet war, ließ keinen Zweifel darüber be, stehen, daß das Verhältnis zu Italien nur mehr durch territoriale Zugeständnisse Österreich,Ungarns saniert werden konnte, und daß anderenfalls Italien sich durch Regungen des Ehrgefühls und Gewissens nicht würde abhalten lassen, die ihm günstig erscheinende Gelegenheit zu einem Angriff auf die Monarchie auszunützen, um seine nationalen Aspirationen zu verwirklichen. Sah man in Österreich-Ungarn dieser Gefahr auch ruhigen Blutes und mit kühler Entschlossenheit entgegen, so mußten sich die Faktoren, in deren Händen die Geschicke der Monarchie ruhten, im vollen Bewußtsein ihrer Verantwortlichkeit doch die Frage vorlegen, ob nicht nach der Erschöpfung aller anderen Mittel, selbst um den hohen Preis einer Gebietsabtretung, noch der Versuch unternommen werden müßte, das politische Verhältnis zu Italien aufrechtzuerhalten, ja vielleicht auf festere Grundlagen zu stellen. Österreich-Ungarn konnte sich nur schwer mit dem Gedanken befreunden, kampflos auf Gebiete zu verzichten, die seit vielen Jahrhunderten unter dem Zepter des Hauses Habsburg standen, die wie ein natürlicher Schutzwall der Monarchie vorgelagert waren, und dessen Söhne auch in diesem Kriege wieder so vielfache Be­ weise von Hingabe und Treue erbracht hatten. Auch mußte dieser Entschluß um so reiflicher bedacht werden, als es den Traditionen der Monarchie nicht entsprach, mit unaufrichtigen Versprechen ein trügerisches Spiel zu spielen. Niemals in der Geschichte hat Österreich-Ungarn das gegebene Wort uneingelöst gelassen. Die außerordentliche Situation erforderte jedoch außerordentliche Entschlüsse, und so konnte Baron Bunan am 9. März mit Genehmigung deö Monarchen und mit Zustimmung beider Regierungen dem italienischen Botschafter eröffnen.

675 daß Österreich-Ungarn im Prinzipe die Abtretung eigenen Gebietes als Basis der Verhandlungen über die Kompensationsfrage annehme. War damit auch in dem wichtigsten prinzipiellen Punkte eine Annäherung erzielt, so ergaben sich doch schon im nächsten Stadium der Verhandlungen, be­ züglich einer Vorfrage, große Schwierigkeiten. Ehe nämlich noch in die Besprechung der Sache selbst eingegangen wurde, stellte das römische Kabinett das Verlangen, eS möge im voraus festgesetzt werden, daß das Abkommen über die Gebiets­ abtretung sofort nach seiner Perfektionierung auch in Vollzug zu setzen sei — eine Forderung, die allein schon ein bedenkliches Licht auf die Aufrichtigkeit der Absicht Italiens, zu einer friedlichen Lösung zu gelangen, warf. Denn ganz abgesehen von den praktischen Schwierigkeiten, die mitten im Kriege der überstürzten Durchführung einer so einschneidenden Maßnahme entgegen­ standen, konnte es Österreich-Ungarn wohl nicht zugemutet werden, in einseitiger Erfüllung des Kontraktes Italien in den tatsächlichen Besitz der abzutretenden Ge­ biete, die strategisch von der allergrößten Bedeutung waren, zu setzen, ehe die Gegenleistung — die Neutralität Italiens bis zum Friedensschluß — faktisch erfolgt war. Zu einem so übermäßigen Zutrauen in die italienische Loyalität und Ver­ läßlichkeit war wahrlich kein Grund vorhanden. Auf diese Bedingung konnte Österreich-Ungarn somit nicht eingehen, da­ gegen war es bereit, seine Zusage mit den ausreichendsten Garantien zu versehen, daß die Übergabe des zedierten Gebietes nach dem Friedensschlüsse ohne Aufschub erfolgen würde. Da das italienische Kabinett von seiner Forderung aber nicht abließ, wäre ein Stocken der Verhandlungen unvermeidlich gewesen, hätte man sich nicht geeinigt, diese Frage vorläufig noch offen zu lassen und in die Besprechung der Sache selbst, des Umfanges der abzutretenden Gebiete und der übrigen Konzessionen, einzugehen. Auf Wunsch Italiens, welches damals seinerseits keine konkreten Forde­ rungen formulieren zu wollen erklärte, trat zunächst Österreich-Ungarn mit seinen Pköposttionen hervor. Dieser Vorschlag, der am 27. März dem italienischen Bot, schaster in Wien mitgeteilt wurde, ging im wesentlichen dahin, daß ÖsterreichUngarn die Zession fast des ganzen italienischen Teiles von Südtirol anbot, während Italien der Monarchie seine wohlwollende Neutralität bis zum Friedensschluß zusichern und für die Dauer des Krieges die volle Aktionsfreiheit am Balkan zugestehen sollte. Wer die Rolle kennt, die das Trentino in den Jahrzehnten seit der Errichtung des italienischen Königreiches im nationalen Seelenleben spielte, der mußte an­ nehmen, daß die großzügige Art, mit der nun Österreich-Ungarn ohne kleinliches Schachern die Erfüllung dieses heißen Wunschesder Nation anbot, mit einem Schlage alle Schwiergkeiten der Verständigung beseitigen würde. Diese Annahme traf jedoch keineswegs zu. Das römische Kabinett beschränkte sich zunächst auf einige allgemeine Ein­ wendungen, die sich auf die wohlwollende Neutralität Italiens und das Aus­ maß unserer territorialen Zugeständnisse bezogen, und schien keine Eile zu haben, die Verhandlungen fortzuführen. Erst nach einiger Zeit und über wiederholtes Drängen gab es — am 10. April — in Wien seine Gegenvorschläge bekannt. Konnte man bis dahin den Versicherungen, Italien strebe auf einer neuen Basis die Fortdauer des Bündnisses an, immerhin Glauben schenken, so berechtigt

676 die Maßlosigkeit der nun erhobenen Forderungen zu der Auffassung, daß es dem Kabinett Salandra nicht ernstlich um eine friedliche Verständigung mit Österreich, Ungarn zu tun sei und daß in diesem neuen Stadium der Entwicklung der leitende Gedanke der italienischen Politik nicht mehr lautete: nationaler Ausbau unter möglichster Aufrechterhaltung des Verhältnisses zu den beiden Zentralmächten, sondern vielmehr Ausgestaltung der nationalen Einheit auf Kosten ÖsterreichUngarns, Erringung der vollen Suprematie in der Adria durch Verdrängung der Monarchie von diesem Meere und völliger, dauernder Anschluß Italiens an die Ententemächte, eventuell durch aktives Eingreifen an ihrer Seite. Die Forderungen Italiens waren in der Tat exorbitant. Sie umfaßten die Abtretung von ganz Welsch-Tirol, des rein deutschen Gebietes um Bozen, des unteren, sowie auch des vorwiegend slawischen oberen Jsontales samt Görz und dem Küstengebiet bis Nabresina, eines Streifens von Kärnten, der durchaus slawischen Inseln: Lissa, Lestna, Curzola und Lagosta und einiger kleinerer Inseln, die Errichtung von Triest und Gebiet als unabhängiger Staat, die Anerkennung der italienischen Souveränität über Valona und Gebiet, sowie das völlige Des­ interessement Österreich-Ungarns an Albanien und die sofortige Durchführung der territorialen Abtretungen. Die Struktur dieses Programmes läßt klar die ihm zugrunde liegenden Ideen erkennen: für die verlangte Abgrenzung zu Lande sind nicht nationale Momente, sondern strategische Gesichtspunkte, und zwar aggressiver Natur maßgebend; die auf Albanien und die dalmatinischen Inseln bezüglichen Postulate zeigen, wie sehr das adriatische Problem in den Vordergrund getreten ist, und die Tatsache allein, daß Italien eine Reihe von Forderungen erhob, die den Lebensnerv der Monarchie berührten, läßt vermuten, daß man in Rom innerlich entschlossen war, auf jeden Fall — mochte die Lösung nun friedlich oder gewaltsam erfolgen — mit den Zentralmächten zu brechen und zur Entente überzugehen. Denn mit der These von der „Festigung des Bundesverhältnisses durch die Ausschaltung der bestehenden Reibungsflächen" war — darüber mußte man doch selbst in Rom im klaren sein — eine Politik unvereinbar, die z. B. allen Ernstes darauf ausging, Triest und die der Küste Dalmatiens vorgelagerten Inseln aus dem Gefüge der Monarchie herauszureißen. Obwohl die Maßlosigkeit der Ansprüche Italiens zu einem Stocken der Ver­ handlungen hätte führen müssen — und es erscheint bei rückblickender Betrachtung nicht als ausgeschlossen, daß dies in der Absicht des römischen Kabinettes lag— war Österreich-Ungarn doch so ziemlich in allen Fragen zu einem weiteren Ent­ gegenkommen bereit, und es gelang tatsächlich auch, bezüglich mancher Punkte eine solche Annäherung herbeizuführen, daß eine wesentliche Differenz kaum mehr bestehen blieb. Andere italienische Postulate waren aber in ihrem Wesen geradezu eine Negation der wichtigsten Lebensinteressen der Monarchie, und da konnte von einer wirklichen Annäherung um so weniger die Rede sein, als das römische Kabinett mit auffallender Starrheit gerade an diesen Forderungen festhielt. Während so die Verhandlungen von Österreich-Ungarn mit dem größten Entgegenkommen weitergeführt wurden, entschloß sich das Kabinett Salandra, ohne auf unser ihm vorliegendes Angebot auch nur zu antworten, am 4. Mai. in Wien zu erklären, daß es den Bündnisvertrag als durch uns verletzt und daher

— 677 — als hinfällig betrachte, alle seine Propositionen zurückziehe und seine volle Aktions­ freiheit hierdurch wieder erlangt habe. Die österreichisch-ungarische Regierung hielt es nicht für angezeigt, auf diesen überraschenden Schritt Italiens sofort zu reagieren, sondern setzte unver, drossen ihre Bemühungen fort, eine gütliche Verständigung mit Italien herbei­ zuführen. Zu diesem Zwecke erweiterte sie das Maß der Zugeständnisse, die ÖsterreichUngarn Italien zu machen bereit war, so weit, als dies mit der elementarsten Rücksicht auf die Lebensinteressen der Monarchie noch vereinbar war. Das letzte Angebot, das in Rom schriftlich sowohl von dem k. und k. Botschafter wie auch vom Fürsten Bülow der italienischen Regierung übergeben wurde, umfaßte im wesentlichen folgende Punkte: die Zession des italienischen Teiles von Südtirol; die Zession des von italienischer Bevölkerung bewohnten Gebietes westlich des Jsonzo; hinsichtlich Triests die Errichtung einer Universität, die Verleihung des Titels einer kaiserlichen Freistadt und die Revision des städtischen Statuts, bas bei Aufrechterhaltung der gegenwärtigen Autonomie den italienischen Charakter der Stadt gewährleisten würde; den Fortbestand und die eventuelle Erweiterung der Freihafenzone; unsere Bereitwilligkeit zur Anerkennung der vollen Souveränität Italiens über Valona und das umgebende Gebiet; das politische Desinteressement Österreich-Ungarns an Albanien; den Verzicht auf alle Ansprüche, die aus dem Titel der Besetzung des Dode­ kanes durch Italien von der Monarchie erhoben werden könnten. Als Gegenleistung beanspruchte Österreich-Ungarn lediglich die Erklärung Italiens, daß es während der ganzen Dauer des gegenwärtigen Krieges sich gegen­ über der Monarchie, dem Deutschen Reiche und der Türkei vollkommen neutral verhalten werde und sich hinsichtlich aller Errungenschaften desinteressiere, die Österreich-Ungarn im Laufe des Krieges oder durch den Friedensschluß zufallen sollten. Was die Garantien für die Durchführung dieser Abmachungen anbelangt, würde Österreich-Ungarn sich verpflichten, sofort nach dem Abschluß des Akkords eine feierliche Kundgebung hinsichtlich der Zession der abgetretenen Gebiete zu erlassen. Überdies würden gemischte Kommissionen sofort nach Vertragsabschluß zur Regelung der Detailfragen zusammentreten; ihre Beschlüsse würden der Rati­ fizierung durch die Regierungen unterliegen. Sofort nach dieser Ratifizierung hätte die Übergabe der zedierten Gebiete zu beginnen, die binnen Monatsfrist zu beendigen wäre. Schließlich würden Österreich-Ungarn und Italien sich damit einverstanden erklären, daß das Deutsche Reich die loyale Durchführung der Vereinbarung garantiert. Als auch diesen Propositionen gegenüber das italienische Kabinett sich in Schweigen hüllte, und als die parlamentarischen Vorgänge sowie die Erklärungen

6y8 des Ministerpräsidenten Salandra vom 20. Mai, die in der durch monatelanges Schüren aufs höchste erregten Bevölkerung lebhaftesten Widerhall fanden, den festen Entschluß Italiens klar bewiesen, dem langjährigen Verbündeten ganz unab­ hängig von irgendwelchen konkreten Forderungen und ohne den leisesten Versuch einer stichhaltigen Begründung treulos in den Rücken zu fallen, hielt die öster­ reichisch-ungarische Regierung am 21. Mai den Moment für gekommen, auf die letzte Mitteilung der italienischen Regierung vom 4. Mai zu antworten, um die volle Haltlosigkeit der italienischen Vorwände und die Unzulässigkeit der von Italien einseitig proklamierten Außerkraftsetzung des Bündnisses nachzuweisen und schließlich die Verantwortung für alle Konsequenzen abzulehnen, die sich aus dieser willkürlichen Lossagung Italiens von dem Bündnisse ergeben könnten. Wenige Tage darauf, am 23. Mai, überreichte der königl. italienische Bot, schafter in Wien der k. und k. Regierung die Kriegserklärung, deren völlig haltlose und armselige Begründung wie ein Einbekenntnis der Schwäche des eigenen Stand­ punktes klingt. Anhang. 1. Vereinbarung hinsichtlich Albaniens zwischen der t und k. Regierung und der königlich italienischen Regierung vom Jahre 1900/1901. Erlaß des königlich italienischen Ministers des Äußeren an den königlich italienischen Botschafter in Wien. Übersetzung. Rom, 20. Dezember 1900. Ich lenke die Aufmerksamkeit Euer Exzellenz auf meine Antwort auf die Interpellation, die kürzlich, Albanien betreffend, in der Abgeordnetenkammer an mich gerichtet worden ist. Nachstehend der Text dieser Antwort: „Ich kann versichern, daß die italienische und die österreich-ungarische Re, giernng Gelegenheit gehabt haben, ihre Interessen an den ottomanischen Küsten der Adria zu prüfen und zu erkennen, daß diese Interessen ihre Wahrung finden in der Achtung und der Aufrechterhaltung des status quo." Ich halte es für nützlich, daß Sie meine Erklärungen zur Kenntnis Seiner Exzellenz des Herrn Grafen Goluchowski bringen. Ich zweifle nicht, daß der k. und k. Minister des Äußern dieselben entsprechend finden wird dem Einvernehmen, das zwischen ihm und mir diesbezüglich gelegentlich seines Besuches in Monza im Jahre 1897 zustande gekommen ist. Bei dem Gedankenaustausch, der in unseren Gesprächen bezüglich dieser Frage stattfand, sind wir über folgende Punkte über­ eingekommen: 1. Den status quo solange, als es die Umstände zulassen würden, aufrecht­ zuerhalten; 2. uns zu bemühen, daß, für den Fall, als der gegenwärtige Zustand nicht aufrechterhalten werden könnte und Änderungen sich als notwendig erweisen sollten, die gegenständlichen Veränderungen im Sinne der Autonomie stattfinden; 3. im allgemeinen und als Ausfluß der beiderseitigen Dispositionen ge­ meinsam und so oft sich hierzu ein Grund ergibt, die geeignetsten Mittel und Wege zu suchen, um unsere gegenseitigen Interessen in Einklang zu bringen und zu wahren.

679 Ich würde Wert darauf legen, die Versicherung zu erhalten, daß der Graf Goluchowski, so wie ich, im vorstehenden die getreue Wiedergabe des Inhaltes unserer diesbezüglichen Abmachungen erblickt. Ich ermächtige Euer Exzellenz daher, ihm diesen Erlaß mitzuteilen.

Erlaß des k. und k. Ministers des Äußeren an den k. und k. Botschafter am königlich italienischen Hofe in Rom. Übersetzung.

Wien, 9. Februar 1901.

Nach seiner Rückkehr aus Rom hat Graf Nigra meine Aufmerksamkeit auf die Antwort gelenkt, die Seine Exzellenz der Herr Minister des Äußern des König­ reichs Italien auf die Interpellation erteilt hat, welche an ihn in der Kammer der Abgeordneten betreffs Albaniens gerichtet worden ist, und hat gleichzeitig die Hoffnung ausgesprochen, daß ich die Erklärungen, die sie enthält, entsprechend finden würde den Prinzipien, über welche wir uns im Jahre 1897 anläßlich meiner Zusammenkunft mit Marquis Visconti-Denosta im Schlosse von Monza geeinigt haben. Bei dem streng vertraulichen Gedankenaustausch, der in unseren Gesprächen betreffend diese Frage stattfand, haben wir in der Tat die Notwendigkeit erkannt: 1. den status quo solange, als es die Umstände zulassen würden, aufrecht­ zuerhalten; 2. uns zu bemühen, daß, für den Fall, als der gegenwärtige Zustand nicht aufrechterhalten werden könnte und Änderungen sich als notwendig erweisen sollten, die gegenständlichen Veränderungen im Sinne der Autonomie stattfinden, ebenso wie wir im allgemeinen 3. die beiderseitige Geneigtheit festgestellt haben, gemeinsam und so oft sich hierzu ein Grund ergibt, die geeignetsten Mittel und Wege zu suchen, um unsere gegenseitigen Interessen in Einklang zu bringen und zu wahren. Mit Rücksicht auf vorstehendes freue ich mich nun festzustellen, daß die Er­ klärung des Marquis Visconti-Venosta seitens des k. und k. Kabinettes mit leb­ hafter Befriedigung aufgenommen worden ist, und ich ersuche. Sie hiervon Seiner Exzellenz dem Herrn Minister des Äußern Kenntnis zu geben.

2. Graf Berchtold an Herrn von MLrey. Telegramm.

Wien, 25. Juli 1914.

Der Herr italienische Botschafter ist heute hier erschienen und hat aus Anlaß des?Konfliktes zwischen der Monarchie und Serbien mitgeteilt, daß die königlich italienische Regierung, für den Fall, als dieser Konflikt eine kriegerische Wendung nehmen und zu einer wenn auch nur provisorischen Besetzung serbischen Terri­ toriums führen sollte, sich vorbehalte, das ihr auf Grund des Artikels VII des Dreibundvertrages zustehende Kompensationsrecht in Anspruch zu nehmen. Die königlich italienische Regierung sei überdies auf Grund des eben angeführten Dertragsartikels der Ansicht, daß wir uns vor der eventuellen Besetzung serbischen Gebietes mit ihr ins Einvernehmen setzen müßten. Im übrigen beabfichtige die königlich italienische Regierung in dem eventuell bewaffneten Konflikte zwischen Österreich-Ungarn und Serbien eine freundschaftliche und den Bündnispflichten entsprechende Haltung einzunehmen.

68o

z.

Telegramm Seiner Majestät des Königs von Italien an Seine k. und k. Apostolische Majestät *).

Ich habe das Telegramm Euer Majestät erhalten. Ich brauche Euer Majestät nicht zu versichern, daß Italien, welches alle nur möglichen An­ strengungen unternommen hat, nm die Aufrechterhaltung des

Friedens zu

sichern, und welches alles, was in seiner Macht liegt, tun wird, nm sobald als möglich an der Wiederherstellung deS Friedens mitzuhelfen, gegenüber seinem Verbündeten eine herzlich freundschaftliche Haltung bewahren wird, entsprechend dem Dreibnndvertrage, seinen aufrichtigen Gefühlen und den großen Interessen, die es wahren muß'). Bittorio Emannele. *) Anmerkung des Verfassers:

Am i. August, also

am

Tage vorher,

sandte Kaiser Franz Josef an den König von Italien folgendes Telegramm (österr. Rotbuch III Nr. 21): „Rußland, welches sich das Recht anmaßt, sich in unseren Streit mit Serbien einzumengen, hat seine Armee und seine Flotte mobilisiert und bedroht den Frieden Europas. In Übereinstimmung mit Deutschland habe ich mich entschlossen, die Rechte des Dreibundes zu verteidigen, und ich habe die Mobilisierung aller meiner Streitkräfte zu Land und zu Wasser angeordnet.

Wir verdanken dreißig Jahre

des Friedens und des Wohlstandes dem Vertrage, der uns einigt, und dessen übereinstimmende Auslegung durch unsere Regierungen ich mit Befriedigung fest­ stelle. Ich bin glücklich, in diesem feierlichen Augenblicke auf die Mitwirkung meiner Alliierten und ihrer tapferen Armeen zählen zu können, und ich hege die wärmsten Wünsche für den Erfolg unserer Waffen und für eine ruhmvolle Zukunft unserer Länder." a) Der „Pester Lloyd" schreibt am 24. Juli 1915: „Corriere della Sera" glaubt, die Beweiskraft des berühmten Telegrammes Viktor Emanuels durch die Behauptung abschwächen zu können, daß diese Depesche kein Versprechen enthielte, sondern im Gegenteil eine höflich verkleidete Abweisung. Ohne diese Höflichkeit wäre die Depesche gleichbedeutend gewesen mit einem unzweckmäßigen sofortigen Bruch des Dreibundes und hätte Italien genötigt, sogleich in den Krieg einzugreifen. Das große Mailänder Blatt läßt hier den italienischen König eine sonderbare Rolle spielen. Es läßt ihn der bewußten Irreführung des Kaisers Franz Josef sich schuldig machen und unsere Auffassung rechtfertigen, die man uns im übrigen doch so übel nimmt, daß die Italiener Verräter und Erpresser sind. Die italienischen Zeitungen spotten über die österreichische Mentalität, weil wir das Vorhandensein einer italienischen Frage, die Italien seit langem in einen Gegen, sah zu Österreich-Ungarn gebracht habe, gar nicht wahrgenommen zu haben scheinen. Wir haben sie wahrgenommen, glaubten aber, daß das Bündnis u. a. dazu vor, Handen wäre, diese Frage aus den gegenseitigen Beziehungen auszuschalten, während Salandra und Sonnino nach dem heutigen Geständnis der italienischen Presse das Bündnis für vorzüglich geeignet hielten, die Zentralmächte in diesem wichtigen Punkt über die Absichten Italiens zu täuschen.

Der Artikel schließt:

Erst Italiens

hohen

Niederlage

wird

das

Rotbuch

zu

Ehren

in

Italien bringen, da es jenen italienischen Politikern, die auch heute noch im

68i

4. Ausjug aus einem Schreiben Marquis di San Giulianos an Herrn von Msrey. Übersetzung. Rom, 2. August 1914. Man muß in Betracht ziehen, daß die gegenwärtige Krise eine vorüber­ gehende ist, während der Dreibund 12 Jahre dauern soll und erneuert werden kann, und es ist wünschenswert, ich könnte sogar sagen notwendig, daß während dieser langen Zeitperiode die Politik Italiens und jene Österreich-Ungarns, was die Balkanfragen betrifft, identisch sei: es ist wünschenswert und sogar notwendig, daß ihre diplomatische Tätigkeit im vollständigsten Einvernehmen, mit dem vollsten Vertrauen und in herzlicher Gegenseitigkeit sich entwickeln könne. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es unerläßlich, daß wir über die Interpretation des Artikels VII vollkommen beruhigt seien. Diese Notwendigkeit ist noch klarer in der gegenwär­ tigen Krise, selbst wenn wir nicht am Kriege teilnehmen, denn, besonders während der schwierigen Zeiten, in denen die Gelegenheit, den Artikel VII anzuwenden, wahrscheinlicher erscheint, müssen wir vollkommen über die Interpretation des Artikels VII seitens Österreich-Ungarns beruhigt sein, um fortgesetzt, klar und entschieden durch unsere diplomatische Haltung die militärische Tätigkeit unserer Verbündeten unterstützen zu können. Andererseits kann die Annahme unserer Interpretation des Artikels VII, welche für unsere diplomatische Haltung von großer Wichtigkeit ist, für sich allein nicht genügen, um alle sehr ernsten Gründe auszuschalten, die uns wenigstens für den Augenblick hindern, am Kriege teilzunehmen. In der Tat legt diese allgemeine Formel ein klares und bestimmtes Über­ einkommen betreffend die Natur und den Wert der allfälligen Kompensationen nicht fest, noch auch betreffend ihr Verhältnis zu den Gefahren und maßlosen Opfern, denen dieser Krieg uns aussetzen könnte, Gefahren und ungeheure Opfer, die größer sind als jene, denen sich unsere Verbündeleu aussetzen. Dieser gewaltige Unterschied zwischen den Gefahren und Opfern einerseits und den Vorteilen anderer, seits ist eben der Grund, der erklärt, warum Österreich-Ungarn einen Krieg gewollt hat, den es leicht hätte vermeiden können, während wir alles in unserer Macht Stehende getan haben, um Europa dieses furchtbare Unglück zu ersparen. Trotz­ dem hoffen wir, daß sich auch ohne Teilnahme am Kriege die Gelegenheit ergeben wird, um unseren Verbündeten den Beweis unserer aufrichtig freundschaftlichen Gefühle zu. bieten, und wir rechnen daher auf ein Übereinkommen, das unsere beiderseitigen Interessen in Einklang bringen wird. Alle diese Erwägungen, so ernst sie auch sein mögen, würden uns nicht hindern, unserer Verpflichtung nachzukommen, wenn diese Verpflichtung bestünde, allein, da der „casus foederis“ auf den gegenwärtigen Krieg nicht angewendet werden kann, hat der Ministerrat gestern abend die Neutralität beschlossen, unter dem Vorbehalte, später den Wünschen unserer Verbündeten mehr entsprechende CntHerzen gegen den Krieg sind und nur vorläufig nicht zu sprechen wagen, int ge­ gebenen Zeitpunkte die Argumente gegen die am Kriegsausbruch schuldige italienische Regierung liefern wird."

682 scheidungen zu treffen, wenn dies unsere Pflicht sein wird, oder wenn unsere Interessen es uns gebieten werden. Das Gleichgewicht Europas, des Balkans und des Meeres, welches Italien umgibt, stellt für unser Land ein vitales Interesse bar und es schreckt vor keinen der Opfer zurück, vor keiner der- Entschließungen, die die Wahrung seiner Interesses, ja seiner Existenz ihm auferlegen könnte. Seit dem Tage, an welchem ich die Leitung der auswärtigen Politik meines Vaterlandes übernommen habe, war eS eines der hauptsächlichsten Ziele meiner Tätigkeit, die Freundschaftsbande zwischen Italien und OperreichUngarn immer enger und enger zu knüpfen. Auf dieses Ziel werde ich fort­ fahren, alle meine Bemühungen zu richten, denn ich halte dasselbe für unbe­ dingt notwendig im Interesse unserer beiden Länder; um es zu erreichen, müssen ihre Interessen in Einklang gebracht werden und die des einen Be­ friedigung finden, ohne daß die deS anderen geschädigt werden. Anmerkung des Verfassers: Über die Haltung San Giulianos und der italienischen Regierung in diesen Tagen siehe auch oben das besondere Kapitel.

5. Graf Berchtold an Herrn von M6rey. Telegramm. Wien, 4. August 1914. Analog mit den Erklärungen Marquis di San Giulianos zu Euer Exzellenz hat der italienische Botschafter mir heute auftraggemäß mitgeteilt, daß Italien hinsichtlich Albaniens den mit Österreich-Ungarn eingegangenen Abmachungen wie den Beschlüssen der Londoner Konferenz treu bleiben werde. Italien wolle in keiner Weise von der Tatsache Nutzen ziehen, daß Österreich-Ungar» gegen­ wärtig anderswo in Anspruch genommen sei. Auch wolle eS in allem, waS noch nachfolgen könne, eine gleiche Haltung einnehmen. Der italienische Gesandte in Durazzo habe den Auftrag erhalten, sehr strenge Weisungen in dem angedeuteten Sinne an die unterstehenden Konsulate ergehen zu lassen. Ich ersuche Euer Exzellenz, Marquis di San Giuliano zu sagen, daß ich mit besonderer Befriedigung von dieser Erklärung Akt nehme. Ich sei übrigens a priori davon überzeugt gewesen, daß Italien unseren Akkord jetzt ebenso respektieren werde, wie dies unsererseits während des libyschen Feldzuges der Fall war.

6. Graf Berchtold an Freiherrn von Macchio. Telegramm. Wien, 23. August 1914. Euer Exzellenz ermächtige ich, gleichzeitig mit Ihrem deutschen Kollegen dem römischen Kabinette zu erklären, daß wir die italienische Interpretation be­ züglich des Ausdruckes „dans les rcgions des balcans“ im Artikel VII vorbehaltlos anerkennen, und zwar nicht allein für die gegenwärtige Krise, sondern auch für die ganze Dauer des Vertrages. Diese Erklärung bringt es mit sich, daß wir bereit sind, für den Fall einer temporären oder definitiven Besitzergreifung eines am Balkan gelegenen Gebietes mit Italien in eine Konversation über die Kompensationsfrage einzugehen. Anmerkung des Verfassers: Die deutsche Regierung hatte vorher bereits erklärt, daß sie die Auffassung der italienischen Regierung über den Art. VII teile.

— 68z — 7. Freiherr von Macchio an Graf Berchtold. Telegramm. Rom, 25. August 1914. Da mein deutscher Kollege heute Instruktion erhielt, welche ihn -ur Abgabe der di« Zustimmung »ur italienischen Interpretation des Artikels vil beinhaltenden Erklärung ermächtigt, so haben wir heute beide einteln «ine solche übereinstimmende Erklärung dem Marquis San Giuliano mündlich abgegeben. Cr schien hiervon sichtlich angenehm berührt, meinte aber, daß bei der jetzigen Kriegslage wohl noch nicht die Grundlage »ur Einleitung einer Konversation gegeben sei. Ich erklärte mich stets bereit, in eine solche eintutreten, begriffe aber gant gut, wenn er damit noch juwarte» wolle. 8. Dom königlich italienischen Botschafter in Wien am 4. Mai 1915 dem k. und f. Minister des Äußeren gemachte Mitteilung der königlich italienischen Regierung an die k. und k. Regierung flehe unten (f. österr. Rotbuch Nr. 8 1. c. S. 26 ff.; dortselbst S. 28 ff. Nr. 9 die Note der österr.-ungar. Regierung vom 21. Mai 1915 ebenfalls unten abgedruckt; endlich Nr. 10, Mitteilung der Kriegserklärung an Hsterreich-Ungarn vom 23. Mai 1915). B. das dritte österreichische Rotbuch. Das österreichisch-ungarische Ministerium des Äußeren hat Mitte Juli 1915 ein neues Rotbuch über die Verhandlungen der Monarchie mit Italien jwischen dem 20. Juli 1914 und dem 23. Mai 19x5 heraus­ gegeben. Das Buch enthält 205 diplomatische Aktenstücke und einen Anhang von 16 Nummern, die zusammen mit den Mitteilungen des ersten Rotbuches ein erschöpfendes Bild von den langwierigen Verhandlungen geben. Der Anfang bringt Schriftstücke von 1909, 1911 und 1912, die beweisen, daß die österreichische Auslegung des Artikel 7 des Dreibundsvertrages früher auch von der italienischen Regierung geteilt wurde. Wir halten diese Vorverhandlungen vor dem kritischen 23. Juli 1914 für so wichtig für die spätere Entwicklung der Dinge, insbesondere angesichts der hier widerlegten Behauptung Italiens, daß HsterreichUngarn ihm keine Mitteilung gemacht habe, daß wir die betreffenden Verhandlungen wörtlich nach dem III. österr. Rotbuche hier zum Ab­ druck bringen: 1. Graf Berchtold an Herrn von Mörey.

Wien, 20. Juli 1914. Ich ersuche Euer Exzellenz, bei Ihrer voraussichtlich morgen stattfindende» Zusammenkunft mit Marchese bi San Giuliano ungefähr folgende Sprache zu führen:

684 Bisher sei Euer Exzellenz über den Abschluß der Untersuchung in Serajewo und unsere in Belgrad aus diesem Anlasse beabsichtigten Schritte noch keine präzise Information zugekommen, doch hätte ich Hochdreselben verständigt, daß das bereits vorliegende Material sowie die seit Jahren fortgesetzten serbischen Wühlereien uns zu einer ernsten Sprache in Belgrad zwingen würden. Euer Exzellenz seien ermächtigt worden, dies Marchese di San Giuliano persönlich mitzuteilen und hinzuzufügen, daß wir bei unseren Schritten in Belgrad einen friedlichen Erfolg als durchaus im Bereiche der Möglichkeit gelegen erachteten. Wir seien überzeugt, daß wir bei der Klärung unseres Verhältnisses zu Serbien auf die bundestreue und loyale Haltung Italiens rechnen könnten. In richtiger Beurteilung der internationalen Lage hätte Marchese di San Giuliano öfters Euer Exzellenz ebenso wie auch mir in Abbazia erklärt, Italien brauche ein starkes ÖsterreichUngarn. Die Klärung unseres so mißlichen Verhältnisses zu Serbien erschiene als eine absolute Notwendigkeit zur Erhaltung der gegenwärtigen Situation der Monarchie und der derzeitigen Widerstandskraft des Dreibundes, auf dessen Festig­ keit der Friede und das Gleichgewicht Europas beruhe. Es sei im gegenwärtigen Augenblicke auch im Interesse Italiens gelegen, daß dasselbe offensichtlich unsere Partei ergreife. Es wäre daher auch sehr wichtig, daß der Minister rechtzeitig Vorsorge treffe, damit die italienische öffentliche Meinung im bundesfreundlichen Sinne inspiriert werde und, sobald unsere Demarche in Serbien erfolgt, sich ent, sprechend manifestiere. Im Laufe einer sich hierüber eventuell entspinnenden Diskussion können Euer Exzellenz vorläufig ohne Auftrag Ihre begründete Überzeugung dahin aussprechen, daß, selbst wenn die friedlichen Mittel versagen würden, das Kabinett von Wien an keinen Eroberungsfeldzug und an keine Einverleibung von serbischen Gebieten denkt. Bei dieser Gelegenheit können Euer Exzellenz auch die tendenziöse Erfindung des „Temps", als ob wir einen Überfall auf den Lowtschen beabsichtigten, kategorisch in Abrede stellen. Wir wären der italienischen Regierung sehr ver, bunden, falls sie ihren Einfluß in Cetinje geltend machen würde, um Montenegro, dessen Haltung übrigens von jener der Belgrader Regierung wesentlich verschieden ist und welches selbst üble Erfahrungen mit von Serbien exportierten Bomben gemacht hat, anläßlich unserer Konversation mit Belgrad zu vollkommener Ruhe zu bestimmen. Im Sinne vorstehender Ausführungen habe ich mich auch dem italienischen Botschafter gegenüber geäußert.

2.

Graf Berchtold an Herrn von M6rey.

Erlaß. Wien, 20. Juli 1914. Es muß mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß die königlich italienische Regierung für den Fall einer kriegerischen Komplikation zwischen uns und Serbien versuchen wird, den Artikel VII des Dreibundvertrages in einem weder dem Geiste noch dem Wortlaute konformen Sinne zu interpretieren und einen Anspruch auf Kompensationen zu erheben. In der Anlage erhalten Euer Exzellenz schon jetzt eine Notiz, deren Inhalt Hochdenselben zur Richtschnur zu dienen hat, um einer allenfalls von Marchese di San Giuliano gesprächsweise vorgebrachten italienischen Interpretation des obgenannten Artikels entgegentreten zu können. (Beilage, siehe dort (5.2—5, welche die österreichische Auslegung eingehend darlegt.)



685



z. Herr von Merey an Grafen Berchtold. Rom, 21. Juli 1914. Mit Beziehung auf Euer Exzellenz Telegramm vom 20. d. M. Unterredung mit Marchese di San Giuliano fand heute nachmittag statt. Oer Minister zeigte sich über unsere bevorstehende Demarche in Belgrad sehr präokkupiert. Ich sprach mich in längeren Ausführungen im Sinne des ersten Teiles des obzitierten Telegrammes aus.

Bei sich der daran anschließenden aus­

führlichen Diskussion konnte ich auch Schlußalinea des obigen Telegrammes verwerten. Was die Klärung unseres Verhältnisses zu Serbien anlangt, setzte der Minister, wie schon öfters vorher, langatmig auseiander, daß wir nicht mit Demütigung und Gewalt, sondern nur mit Konzilianz Sanierung herbeiführen könnten. Für national gemischten Staat wie Monarchie sei dies die einzige Politik, und bei Deut­ schen und Polen sei uns dies gelungen. Ich erklärte dieses schon oft zwischen uns erörterte Raisonnement als rein theoretisch und überdies falsch.

Die Wirklichkeit

sehe anders aus. Ich wies auf alles, was wir für Serbien seit dem Berliner Ver­ trage getan, auf unsere Konzilianz während des Balkankrieges und auf immer violentere panserbische Offensive hin. Italien, fuhr mein Mitredner fort, wünsche ein starkes Österreich-Ungarn, aber so wie es sei, ohne territoriale Vergrößerung.

Meine Ausführungen,

daß wir keine Gebietseinverleibung anstreben, nahm der Minister mit Befriedigung, jene hinsichtlich des Lowtschen mit schlechtverhülltem Jubel auf. Marchese di San Giuliano erklärte ferner, es sei seine entschiedene Absicht, uns zu unterstützen, falls unser Begehren an Serbien ein solches sei, daß seine Erfüllung legitim erscheint. Gegenteiligenfalls hätte er die Stimmung seines ganzen Landes gegen sich, das nun einmal liberal, seines revolutionären Ursprunges eingedenk sei und für irredentistische Manifestationen, wo immer, Sympathie habe. Er betonte, seine Haltung würde erleichtert, wenn unsere Demarche in Belgrad sich — wenn nicht ausschließlich, so doch vorwiegend — auf die Kata­ strophe in Serajewo und weniger auf sonstige Agitationen stützen würde. Ich argumentierte gegen all diese Einschränkungen, die ich theoretisch als verfehlt, praktisch als ungenügende Freundschaft und Solidarität bezeichnete. Hinsichtlich der Presse sagte der Minister unter den vorstehenden Reserven seine Einflußnahme zu, meinte aber, dieselbe erst nach Kenntnisnahme des Inhaltes unserer Demarche in Belgrad eintreten lassen zu können. Nach Montenegro versprach er noch heute Instruktion in von unS gewünschtem Sinne abgehen zu lassen.

Auch in Belgrad habe er bereits Ratschläge zur Kon­

zilianz erteilt. Schließlich bemerkte der Minister, sein Vertrauen in unsere Mäßigung gegenüber Serbien gründe sich vor allem auf die Weisheit unseres Monarchen, was ich mit der Bemerkung quittierte, er könne in der Tat schon hieraus die Be­ ruhigung schöpfen, daß unsere Schritte in Belgrad, was immer ihr Inhalt sei, sorgfältig erwogen und unbedingt notwendig sein werden. Im ganzen gab mir Unterredung Eindruck vieler freundlicher Phrasen» aber ebensovieler mentaler Reservationen, sowie daß der Minister offenbar vor-

686 läufig nicht an den Krieg, sondern an ein Einlenken Serbiens glaubt, wobei er vermutlich auf ein intensives diplomatisches Einwirken der Mächte in Wien und Belgrad rechnet. 4. Graf Berchtold an Herrn von MLrey.

Wien, 22. Juli 1914. Ich ersuche Euer Exzellenz, Marchese di San Giultano im Verfolge der Mit/ teilungen, die Sie ihm bereits gemacht haben, streng vertraulich zu eröffnen, daß unsere Demarche in Belgrad nunmehr für Donnerstag, den 23. l. M., nachmittags, festgesetzt ist. Über den Inhalt der Note, die Freiherr von Giesl beauftragt ist, der serbischen Regierung zu überreichen, wollen Euer Exzellenz bemerken, daß dieselbe eine Anzahl von Forderungen enthalt, welche sich auf die Eindämmung der unsere Gebiete bedrohenden Bewegung beziehen, Forderungen, die wir auf Grund der bisherigen Ergebnisse der Serajewoer Untersuchung und der Erkenntnis uns zu stellen gezwungen sehen, daß wir der von Belgrad aus schon seit Jahren betriebenen Aufwiegelung unserer südlichen Grenzländer ein Ende bereiten müssen. Wir hätten der serbischen Regierung eine achtundvierzigstündige Frist zur Annahme unserer Forderungen gegeben, da wir uns den üblichen serbischen Verschleppungen nicht aussetzen können. Die Verständigung der Signatarmächte erfolge ant Freitag, den 24. l. M., und würden Euer Exzellenz an diesem Tage auch in der Lage sein, der italienischen Regierung offizielle Kenntnis von unserer Demarche in Belgrad zu geben. Ihre heutige Demarche erfolge nur in Rom und Berlin mit spezieller Rücksicht auf das Bundesverhältnis. Ich ersuche Euer Exzellenz, die in diesem Telegramme vorgesehene Mit, teilung womöglich Marchese di San Giultano persönlich (wenn dies unmöglich, seinem Vertreter) zu machen. 5. Graf Berchtold an Herrn von MLrey. Vienne, le 22 juillet 1914. Le Gouvernement I. et R. s’est vu oblig6 d’adresser jeudi, le 23 de ce mois, par Ventremise du Ministre I. et R. ä Beigrade, la note suivante au Gou­ vernement Royal de Serbie. (Stehe Beilage.) J’ai Vhonneur d’inviter Votre Excellence de vouloir porter le contenu de cette note ä la connaissance du Gouvernement aupr&s duquel vous etes accredite, en accompagnant cette communication du commentaire que voici.

Es folgt sodann die bekannte oben bereits mitgeteilte Instruktion der österreichischen Regierung (beginnend mit dem 31. Märj 1909) an ihre Vertreter mit dem Aufträge, ste den betreffenden Regierungen mitzuteilen ). Anmerkung. Charakteristisch für die Frage der vorherigen Mitteilung an den Bundesgenossen ist folgende Depesche Graf Berchtoldö an Herrn von MLrey (Nr, i2 1. c.): Wien, 26. Juli 1914. Gestriges Telegramm Graf SzögyLnys: „Staatssekretär sagte mir heute, mein italienischer Kollege habe sich darüber verwundert gezeigt, daß Euer Exzellent seiner Regierung als verbündeter Macht von unserem Belgrader Schritte nicht früher Mitteilung gemacht hätten. Herr von Jagow antwortete, auch Deutschland sei nicht früher von «ns verständigt worden, was er, Jagow, auch für die richtige Dorgangsweise halte, da der jetzige Konflikt als eine Angelegenheit zwischen Ssterreich,Ungarn und Serbien zu betrachten sei. Cr werde dies auch dem kaiserlich deutschen Botschafter in Rom zur Regelung seiner Sprache mit dem Beifügen telegraphieren, er möge Marchese di San Ginliano gegenüber gegebenenfalls noch hinzufügen, daß Italien seinerzeit seinen Bundesgenossen auch nicht vorher von seinem vierundzwanzigsiündigen Ultimatum an die Türkei Nachricht gegeben hätte."

c. Nun begannen die fast 10 Monate sich hinziehenden Uerhanölungen zwischen Rom und Wien vom Juli 1914 bis Mai 1915. 1. Der Artikel 7 des Dreibundvertrages hatte, wie oben dargelegt wurde, den Zweck, nach der Okkupation von Bosnien durch ÖsterreichUngarn Italien darüber zu beruhigen, daß ihm entsprechende Vor­ teile geboten werden sollen, wenn der Statusquo in der Türkei sich nicht aufrechterhalten ließe und eine weitere Okkupation von türki­ schem Gebiet vorgenommen werden sollte. Das war eine wechselseitige Verpflichtung, die jedoch nach der Wiener Auffassung keinen Bezug haben konnte auf einen Krieg, den Österreich-Ungarn ohne jede Absicht der Eroberung aus Gründen seiner eigenen Sicherheit gegen einen der unabhängigen und daher auch für seine Handlungen verantwort­ lichen Balkanstaaten führen mußte. Nichtsdestoweniger erklärte schon zu Ende Juli Deutschland im Bestreben, das Feuer schon im Beginne zu ersticken, daß es sich der italienischen Auslegung des Artikels 7 über die Entschädigungspflicht anschließe. Graf Berchtold machte ein Zugeständnis; er erklärte am 28. Juli 1914: ') Dom Verfasser durch Sperrdruck hervorgehoben. Siehe oben Anhang 2 zum H. österreichischen Rotbuch diese Note abgedruckt, die wir wegen beö Zu, sammenhangs hier nochmals bringen.

689 „Sollten wir uns wider Erwarten gezwungen sehen, zu einer nicht als nur vorübergehend anzusehenden Okkupation serbischen Gebietes zu schreiten,' so sind wir bereit, für diesen Fall mit Italien in einen Meinungsaustausch über eine Kompensation zu treten. Auf der anderen Seite erwarten wir von Italien, daß das Königreich den Verbündeten in den zur Erreichung seiner Ziele nötigen Aktionen nicht hindern, vielmehr uns gegenüber die in Aussicht gestellte bundes, freundliche Haltung unentwegt beibehalten werde."

Kaiser Franz Joseph, der dieser Politik des Grafen Berchtold Nachdruck geben wollte, schickte die oben im österr. Rotbuch in An­ merkung zu Anhang 3 erwähnte Depesche vom 1. August 1914 an König Viktor Emanuel. Sie lautet: „Rußland........bedroht den Frieden Europas." (Siehe oben S. 680.) „Im Einverständnis mit Deutschland bin ich entschlossen, die Rechte des Dreibundes zu verteidigen, und habe die Mobilisierung aller Streitkräfte angeordnet. Wir verdanken 30 Jahre des Friedens und der Wohlfahrt dem Der, trag, der uns eint und dessen identische Auslegung durch unsere Regierungen ich mit Genugtuung begrüße. Ich bin glücklich, in diesem feierlichen Moment auf die Unterstützung meiner Verbündeten und ihrer mächtigen Armeen zählen zu können, und spreche die wärmsten Wünsche für den Erfolg unserer Waffen und für eine glorreiche Zukunft unserer Länder aus."

Der König von Italien versprach in seiner obigen Antwort (s. S. 680 oben Anm. i) vom 2. August 1914, „gegenüber seinen Verbündeten eine herzlich freundschaftliche Haltung ent­ sprechend dem Dreibundvertrage, seinen aufrichtigen Gefühlen und den großen Interessen, die es wahren muß, zu bewahren". Diese „herzlich freundschaftliche Haltung" führte zur Kriegser­ klärung vom 23. Mai 1915! Besonders interessant ist, was das Rotbuch über die militärischen Verabredungen zwischen dem österreichisch-ungarischen und dem italienischen Generalstab mitteilt. Baron Msrey depeschiert am 4. August an den Grafen Berchtold: „Die seitens des k. u. k. Chefs des Generalstabes an den italienischen General, stabschef Cadorna gerichtete Anfrage wegen Ausführung der für den Kriegsfall zwischen den Verbündeten getroffenen Vereinbarungen ist wie folgt beantwortet worden (Nr. 311. c.): „Konferenzen gegenstandslos, da Ministerrat Neutralität Italiens beschlossen. „Leichte" Mobilisierung angeordnet. Wenn Österreich,Ungarn Lo w tschen nicht besetzt und Gleichgewicht an der Adria nicht stört, wird Italien „niemals" gegen Österreich,Ungarn vorgehen. Euer Exzellenz werden vorstehender Äußerung entnehmen, wie die Chantagepolitik weiter fortgesetzt wird." (Über die Widerlegung der Ableugnung siehe unten.) Müller,Meiningen, Entstehung bcS Weltkriegs.

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690 Am 4. August telegraphierte Graf Berchtold an den öster­ reichischen Botschafter in Rom v. Mrey (Nr. 30 des III. ösierr. Rot­ buchs): Auf Grund eines Zirkulartelegrammeö hat mir der italienische Botschafter gestern auftragsgemäß erklärt, die italienische Regierung habe beschlossen, in dem gegenwärtigen Konflikte neutral zu bleiben. Ich habe dem Herzog Avarna geantwortet, daß ich darin eine wenig freundschaftliche Haltung Italiens erblicke, eine Haltung, die überdies mit dem Dreibundvertrage nicht im Einklänge stehe, nachdem Deutschland nun von Rußland angegriffen worden sei und Frankreich sich Rußland angeschlossen habe, somit der casus foederis einge­ treten sei. Ich müsse es aber, von diesen Umständen abgesehen, auch als eine sehr unkluge Politik von seiten Italiens bezeichnen, sich in einem solchen welt­ geschichtlichen Momente von seinen Alliierten zu trennen. Seit dem Bestehen des Bundes sei es das erste Mal, daß sich eine große Partie engagiere; verbleibe Italien an der Seite der Verbündeten, biete sich ihm die Gelegenheit zur Verwirklichung weitgehender Aspirationen, wie Tunis, Savoyen usw., schwenke es aber ab, so werde es leer ausgehen. Es sei ein irriger Jdeengang, sich in die Furcht vor einer Machtvergrößerung Hsterreich-Ungarns auf dem Balkan zu verrennen. Der italienischen Regierung sei es bekannt, daß wir eine solche gar nicht anstreben, sondern nur die Erhaltung des Bestehenden wünschen. Italien winke dagegen die Aussicht auf Expansion und Kräftezuwachs. Nichts läge uns ferner, als der Wunsch, das derzeitige Gleichgewichtsverhältnis gegenüber Italien verschieben zu wollen. Wenn eine solche Auffassung tatsächlich in Italien bestehe, so möge doch er als Botschafter dafür sorgen, derlei Verdächtigungen mit den Argumenten ent­ gegenzutreten, die ihm unser ganzes Verhalten während des dreißigjährigen Be­ standes unseres Bundesverhältnisses an die Hand geben. Ich wolle nicht glauben, daß Marchese di San Giuliano uns zu täuschen beabsichtigte, als er in Abbazia wiederholt mit allem Nachdrucke versicherte, Italien wolle, Italien brauche ein starkes Lsterreich-Ungarn. Wie reime es sich damit, wenn er jetzt eine Politik zu machen sich anschicke, die in letzter Linie gegen die Erhaltung der Monarchie in ihrem gegenwärtigen Bestände gerichtet ist? Besonders eigentümlich müsse dies berühren, da hierfür ein Moment gewählt wird, wo sich bei uns ein Umschwung zugunsten Italiens, eine Welle warmer Sympathie für das ver­ bündete Königreich fühlbar mache. Es werde ihm nicht entgangen sein, zu welchen freundschaftlichen Demonstrationen es in der jüngsten Zeit hier gekommen sei. Diese gebesserte Stimmung wolle auch die Regierung zugunsten des italienischen Elementes nutzbar machen...............

Bereits am 5. August (1. c. Nr. 33) spricht der österr. Botschafter an Berchtold die Meinung aus, daß Italien „sogar Forderung auf Abtretung des Trentino stellen wird". Er meint: „Früher oder später wird Italien die Neutralität verlassen." Es hänge alles von dem,Erfolge der Waffen ab. In einer Unterredung vom 20. August erklärte San Giuliano dem neuen Botschafter Österreich-Ungarns v. Macchio, es sei für Zta-

6yr lien eine Notwendigkeit, in der Neutralität zu verharren; gleichzeitig gab er offen die Verlockungen und Angebote der Entente zu, die jedoch fruchtlos seien,und begründete die militärischen Maßnahmen, die der Generalstabschef Cadorna als „leichte Mobili­ sation" bezeichnete, zum Teil mit der Notwendigkeit, die aus dem Ausland zurückströmenden arbeitslosen Italiener unterzubringen (siehe Nr. 40 und 49 des III. österr. Rotbuchs). Die Verhandlungen im August drehen sich im übrigen um die Frage der Interpretation des Artikels 7 des Bündnisvertrags (Kompensationen), die damit endigten, daß am 2z. August Osterretch-Ungarn die italienische Interpretation vorbehalt­ los anerkannte (Nr. 44 l. c.). Daß aber schon damals Österreich richtig erkannte, worauf die italienische Aktion hinauslief, obwohl von Abtretung des Gebietes erst später die Rede war, beweist das zitierte Telegramm v. Möreys vom 5. August (siehe Nr. 33 1. c.), wo es wörtlich heißt:

„Ich befürchte, daß Italien uns zur Fortsetzung der Diskussion über die Kompensationsfrage zu zwingen trachten und hierbei, unter Anschluß anderer Kompensationen, schließlich' sogar Forderung auf Abtretung des Trentino stellen «ird. Früher oder später dürfte Italien seine Neutralität verlassen. Wenn unsere Gruppe raschen und entscheidenden Erfolg hat, so wird wohl Italien sich dann derselben zuwenden und vielleicht in seinen Entschädigungsansprüchen schüch­ terner sein, gegenteiligenfalls dürfte es aber versucht sein, die moralische Erpressung durch militärische Drohungen oder Maßnahmen gegen «ns zu verstärken." Aus einem Telegramm des deutschen Botschafters v. Flotow vom 25. August 1914 (1. c. Nr. 46) geht hervor, daß damals Salandra mit Nachdruck erklärte: „Daß, solange in den von Staatsan­ gehörigen italienischer Nationalität bewohnten Teilen ÖsterreichUngarns nichts passiere, Neutralität gewahrt werden würde." San Giultano erklärte am gleichen Tage (siehe l. c. Nr. 45), daß bei der jetzigen Kriegslage wohl noch nicht die Grundlage zur Einleitung einer Konversation gegeben sei, nachdem Österreich wie vorher schon Deutschland sich der italienischen Inter­ pretation des Artikel 7 angeschlossen hatte. Italien begann zu rüsten (stehe charakteristische Gespräche der Diplomaten Nr. 39 und 40 l. c.). Die Verhandlungen wandten sich den von Italien in den Vordergrund geschobenen „konkreten Mitteln" der Verständigung zu. Expedition nach Balona, von Italien am 28. September als ganz ausgeschlossen bezeichnet (Nr. 59), am 30. Okto­ ber als „provisorische Maßregel" ausgefiihrt.

— 6y2 — 2. Zm Oktober starb der Marchese di San Giuliano; sein Nach, folget Sonntno brachte eine schärfere Tonart ins Spiel. Charakte, ristisch ist dabei seine Bemerkung (flehe österr. III. Rotbuch Nr. 65), daß „solange er Kabinettschef sein werde, der von Marchese di San Giuliano befolgte Kurs beibehalten werde". Eine Phrase, deren Ehr, lichkeit bald tu erkennen war! Im Dezember war Fürst Bülow zum deutschen Botschafter in Rom ernannt worden, und der deutsche Botschafter in Wien teilte dem Grafen Berchtold den Inhalt der Unterredungen, die der Fürst mit den italienischen Staatsmännern gehabt hatte, mit. Da erfahren wir, daß Salandra und Sonnino die Ansicht hatten, „Österreich könne bei seinen inneren Zuständen keinen Krieg führen und sei dem Unter, gange geweiht". Fürst Bülow berichtet weiter über das, was diese Minister gesagt haben (4. Januar 1915): „Dazu müsse man sich Me Situation Italiens vor Augen halten, die Er­ regung der öffentlichen Meinung, die Unmöglichkeit für die Dynastie, sich t« erhalten, wenn Italien keinen territorialen Gewinn aus dem Weltkriege liehe, und die Notwendigkeit, aus diesem Grunde l« rüsten. Als territoriale Kompensation werde das Trentino genannt mit dem Hinweise darauf, daß dies von vielen als ungenügend be)eichnet werde, da die Aspirationen sich vielfach selbst auf Triest erstrecken." (Nr. 88 III. österr. Rotbuch.)

Damit war zum ersten Male der Gedanke der Abtretung Sster, reichisch,ungarischen Gebietes als Kompensation für Italien offen in die Diskussion geworfen. Sonntno telegraphierte an de» Herzog von Avarna: „Man müsse de« Mut haben und die Ruhe, bei der Diskussion über die Kom­ pensationen nach dem Artikel 7 die heikle Frage, betreffend die Abtretung eines gegenwärtig der österreichisch-ungarischen Monarchie gehörigen Gebietes, t» berühren."

Graf Berchtold antwortete, in Übereinstimmung mit dem Wunsche, den Herr v. Jagow ausgesprochen hatte, die italienische Regierung stelle sich auf einen Boden, der es dem Wiener Kabinett kaum (euere) möglich mache, in die Konversation einzugehen. Das Bündnis habe doch den Zweck, den Besitzstand der Verbündeten zu schützen (siehe österr. Rotbuch Nr. 90—95). Am 14. Januar trat Baron Bunan an die Stelle des Grafen Berchtold. Fürst Bülow empfahl in diesen Tagen den römischen Staatsmännern dringend, die Verhandlungen mit Rücksicht auf die Stellung und Integrität Österreich,Ungarns als Großmacht zu führen, „und hat bei diesem Anlasse Baron Sonnino keinen Zweifel darüber gelassen, daß Italien Deutschland mit ganzer Kraft an unserer Seite



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finden würde, wenn es ihm nicht gelänge, den Frieden mit Österreich, Ungarn zu erhalten". 3. Langsam wurden die Verhandlungen schroffer. Aus dem ersten Rotbuche ist bereits bekannt, daß die italienische Regierung ÖsterreichUngar» im Februar 1915 vor dem Beginn einer neuen Offenfive gegen Serbien in den Arm fiel. Zum erstenmal fiel in diesen Tagen in Rom das Wort vom Kriege. Hsterreich-Ungarn entschloß fich zu neuen Zugeständnissen. Am 9. März telegraphierte Baron Burtan an den Freiherrn v. Macchio, der inzwischen den Baron Merey in Rom abgelöst hatte, er habe sich entschlossen, die Verhand­ lungen in der Kompensationsfrage auf der Grundlage der Abtretung eigenen Gebiets prinzipiell anzunehmen. Sonnino hat drei Bedingungen an diese Verhandlungen ge­ knüpft: i. vollständiges Geheimnis; jede Mitteilung würde den Abbruch herbeiführen. 2. Die Vereinbarung müsse sofort durchge­ führt werden. 3. Die Vereinbarung müsse für den ganzen Krieg und für die ganze Vertragsdauer gelten. Unter diesen Voraussetzungen wolle er dann seine Forderungen bekannt geben. Nun entstand die Schwierigkeit der Frage, wann die Verein­ barung ausgeführt werden solle. Baron Burian gab sich große Mühe, zu beweisen, daß dies vor dem Friedensschlüsse nicht durchführbar sei. Sonnino bestand jedoch auf der sofortigen Abtretung des Gebietes. Am 28. März teilt Baron Burian dem Freiherrn v. Macchio mit, daß Hsterreich-Ungarn sich entschlossen habe, unter der Voraus­ setzung einer wohlwollenden Neutralität Italiens und voller Frei­ heit auf dem Balkan für die Monarchie den Verzicht auf das südliche Tirol, die Stadt Trient inbegriffen, anzubieten. Die Grenze solle nach strategischen und wirtschaftlichen Rücksichten bestimmt werden. Italien müsse den auf dieses Gebiet entfallenden Teil der Schulden des Staates, des Landes und der Gemeinde übernehmen und eine Gesamtsumme als Entschädigung für die Investitionen und den Kauf­ preis für die Ablösung der Bahnen zahlen. Der Herzog von Avarna fand sofort, daß das zu wenig sei. Baron Sonnino in Rom sagte dasselbe, und erklärte, er könne unter dem Drucke von England eine wohlwollende Neutralität nicht versprechen, sondern nur eine unparteiische. Am 1. April faßt ein Telegramm des Freiherrn von Macchio die Situation folgendermaßen zusammen, indem er den „versteckten Aufmarsch der Italiener meldet":

694 „Das angebliche Angebot Englands, die Kriegskosten zu decken, nicht näher tu ergründender territorialer Köder, die fortdauernde Angst, im Orient doch zu spät zu kommen, die mit der Entente parallele Maulwurfsarbeit der Republikaner und Freimaurer, worunter Minister Martini mehr denn je hervortritt, insbe­ sondere aber die täglich fühlbare englische Faust, der gegenüber Energie nicht in italienischer Natur gelegen, würden es erklären, wenn schließlich die schwache italienische Regierung nicht mehr widerstehen könnte." (Nr. 133 des in. österr. Rotbuchs.)

4. Die Rüstungen wurden indessen in Italien mit aller Kraft fortgesetzt. Nun kommt der Handel über das Gebiet, das abzutreten ist, und dieser zieht sich durch Wochen und Wochen fort. Sonnino war mit dem Trentino nicht zufrieden, und Baron Burian forderte ihn auf, selbst Anträge zu stellen. Das geschieht in einer Note vom 11. April (Nr. 1411. c.). Die italienischen Forde­ rungen sind bekannt (stehe oben). Fürst B ülow setzt in Rom seine Bemühungen, unter diesen schwie­ rigen Umständen eine Vereinbarung anzubahnen, fort. Die Ver­ handlungen werden (siehe l. c. Nr. 143—150) immer schwieriger. In einem Telegramm des Fretherrn v. Macchto vom 20. April 1915 (Nr. 150) ist folgende, die Verhältnisse kennzeichnende Stelle: „Herr Salandra stellte dann die These auf, daß eben diese Frage so sehr im nationalen Gefühle stecke, daß er sich, obwohl er unser weitgehendes Entgegen­ kommen in Tirol anerkenne, nicht trauen würde, dem Parlament ein Arrangement vorzulegen, in welchem diesem Gefühle ln keiner Weise Rechnung getragen wird. Er meinte, er müßte eben dann tnrücktreten, aber das sei bas kleinere Übel, die Gefahr wäre, baß es dann überhaupt tu Unruhen käme, so daß er ein solches Ab­ kommen Seiner Majestät nicht anraten könnte. Die Dynastie sei in Italien nicht so fest fundiert. Seine Majestät riskiere Unpopularität, wenn nichts Ärgeres..." (stehe l. c. S. 143).

Der Krieg rückte immer näher. Der König empfängt Garibaldi (Nr. 156 l. c.) und D'Annunzio. Der italienische MtlitärattachL in Wien soll um diese Zeit die Lage so dargestellt haben (Nr. 1621. c.), daß es sich um einen mili­ tärischen Spaziergang nach Wien handle»). Der italienische *) Gegenüber einer Ableugnung sagt das österreichische Kriegspresseamt: „Die „Agenzia Stefani" versucht, die in dem österreichisch-ungarischen Rotbuch «iedergegebenen Mitteilungen des österreichisch,ungarischen Botschafters in Rom, wonach der italienische Militärattache in Wien dle Lage so dargestellt hat, als ob ein Krieg gegen die Monarchie nur «in militärischer Spatiergang sei, mit dem Hinweis darauf tu dementieren, daß die Berichte von Militärattaches geheim seien. Hierbei läßt die „Agentia Stefani" die Tatsache außer acht, daß die in Rebe



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Generalstabschef Cadorna war für einen Präventivkrieg, und das Verderben kam in Lauf. Die Verhandlungen wurden sehr erschwert durch den e i g e n t ü m -lichen Charakter Sonninos, über den Baron Macchio am z. Mai folgendes schreibt: „Dabei ist der von mir so oft analysierte Charakter Baron Sonninos besonders ju berücksichtigen. Bei seiner tief miß­ trauischen Natur ist die Annahme, daß wir ihn und Italien düpieren wollen, wie schon wiederholt bemerkt, immer erster Gedanke, der ihn auch der Revanche-Idee sehr zugänglich macht. Dies gewinnt nun noch mehr an Bedeutung, da ihm die Entente die Arme weit öffnet. So­ bald er also Glauben an unsere ernsten Absichten definitiv verloren hat, wird er, wenn es wirklich noch nicht geschehen, Abkommen mit anderer Gruppe unterschreiben." 5. Am 4. Mai kam es zum Zusammenstoß. Sonnino zog alle seine Vorschläge zurück, und die Verhandlungen mit der Entente waren weit vorgeschritten^). Baron Macchio drängte zur endgültigen Formulierung stehenden Meldungen des italienischen Militärattaches in Wien von den jum Kriege hetzenden Faktoren der italienischen Regierung wochenlang dazu verwendet wurden, um Zweifelnde zu überzeugen und Zögernde zu gewinnen. Diese Berichte sind also nicht auf unerlaubten Wegen zur Kenntnis des österreichisch-ungarischen Botschafters in Rom gelangt, sondern find gerade von jenen Faktoren ver­ breitet worden, die heute das Dementi veranlassen." *) Graf Tisza widerlegte im ungarischen Abgeordnetenehause am 13. Sep­ tember 1916 den Vorwurf, als wenn Österreich nur bei schlechtem militärischen Stande hinreichende Zugeständnisse gemacht hätte. Cr sagte: „Am 4. und 5. Mai 1915, nach dem Siege bei Gorlice, boten wir eine Grenzberichtigung am Jsonzo an, ferner boten wir die Erfüllung gewisser italienischer Wünsche bezüglich Triest an und erklärten, daß wir uns bezüglich Albaniens desinteresfierten. Dieses sehr bedeutende Zugeständnis wurde drei Tage nach dem Siege bei Gorlice gemacht. Sodann folgte noch ein wichtiger Schritt am 10. Mai. An diesem Tage erhielt unser Botschafter positive Kenntnis davon, daß Baron Sonnino weder dem Könige noch seinen Ministerkollegen unsere Anerbietungen getreulich mitteilte. Infolgedessen entschloß er flch zu dem Schritt, daß er vereint mit dem deutschen Botschafter die Zugeständnisse zu Papier brachte, fie noch er­ gänzte und erweiterte. Das von den beiden Botschaftern unterschriebene Schrift­ stück wurde an die entsprechenden Stellen geschickt. Dieser Schritt war vorwiegend die Ursache, man muß es wenigstens annehmen, daß nunmehr Meinungsver­ schiedenheiten im Schoße der italienischen Regierung entstanden. Es folgte hier­ auf die Kandidatur eines solchen Staatsmannes, von dem wir annehmen konnten, daß er ein für Italien so glänzendes Anerbieten nicht zurückweisen würde, und für den die Mehrheit der italienischen Kammer demonstrativ Stellung nahm. Wir machten sodann einen noch weiteren Schritt, indem ein Vertragsentwurf

696 österreichisch-ungarischer Vorschläge. Der Dreibund wurde zerrissen. Die Feier von Quarto erhöhte die Aufregung, und Baron Macchio gab den Rat, um den Ausbuch des Krieges ju verhüten, grundsätzlich auf die ursprünglichen Forderungen Sonninos einzu­ gehen. Baron Burian telegraphierte, es sei unabhängig vom Gegen­ stände der Verhandlungen ein engeres politisches Verhältnis zu Italien anzubahnen. Baron Macchio telegraphierte am io. Mai: „Es hat sich herausgestellt, daß der König ebenso wie die meisten Kabi­ nettsmitglieder Stimmung

des

sowohl Landes

Informiert*1) worden sind.

über

unsere

systematisch

Zugeständnisse von

Baron

als

über

Sonnino

die

falsch

Speziell ergibt sich, daß der Minister des Äußern

abgefaßt und unser römischer Botschafter bevollmächtigt wurde, diesen Entwurf der italienischen Regierung zu überreichen. Dieser Entwurf ging in nicht unwesent­ lichen Einzelheiten noch etwas weiter, als die bisherigen Anerbietungen. Er wurde am 17. Mai dem Minister des Äußeren des neu ernannten Kabinetts Salandra übergeben, der nicht antwortete.

Am 23. Mai, dem Tage der Kriegs­

erklärung, wurde nur soviel gesagt, daß dieses Anerbieten verspätet sei.

Dies ist

die trockene Darlegung der Tatsachen." l) Der „Pester Lloyd" schreibt am 24. Juli 1915 unter dem Titel „Entlarvte Erpresserpolitik Italiens" in einem Bericht aus Wien: „Als vor einigen Tagen ein italienischer Politiker in Gegenwart Salandras sein Befremden über die im Rotbnch veröffentlichte Mitteilung des Botschafters Baron Macchio äußerte, daß Sonnino den Ministerrat und den König über die Verhandlungen mit Öster­ reich-Ungarn falsch unterrichtet habe, machte nach dem Berichte des dem Ministerpräsidenten und Sonnino nahestehenden „Giornale d'Jtalia" Salandra die denkwürdige Bemerkung, er kenne Macchio genau und sei überzeugt, daß dieser niemals dergleichen gedacht haben könne. Seine Mentalität sei einer so feinen Perfidie nicht fähig. Sicher sei es ein Italiener gewesen, der ihm böswillig diese Erfindung in den Kopf gesetzt habe. Salandra hält also feine Perfidie für ein ausschließliches Privileg seines Volkes.

Das Kompliment, daß Salandra unserem Botschafter unwillkürlich

gemacht hat, wird in den Augen aller unbefangenen Leser des Rotbuches die Be­ deutung einer amtlichen italienischen Bestätigung für die Richtigkeit der Beob­ achtungen und Berichte Macchios haben, da Salandra selbst ihm Vornehmheit und Unbefangenheit der Denkungsart bescheinigt. Es ist klar, daß nicht an ihm die Schuld lag, wenn er alle Lumpereien der italienischen Staatskunst, von denen wir im Rotbuche lesen, nach Hause berichten mußte. Den Eindruck, den das Rotbuch überall gemacht hat, vermögen die wütenden und in ihrer Wut ungeschickten Gegenstöße der italienischen Presse selbstverständlich machen.

nicht wettzu­

Eine sachliche Widerlegung wird zumeist gar nicht versucht.

Gegenüber

dem in allen italienischen Kommentaren wiederkehrenden Argumente: da auch das Rotbuch zugebe, daß Italien schon vor Kriegsausbruch seine Entschädigungsan, spräche angemeldet habe, könne gegen Italien nicht mehr der Vorwurf der Er-

697 such meine genauen Mitteilungen, die er sich notierte, mir vorlas und ausdrücklich erklärte, dem Minisierrate unterbreiten zu wollen, nur ganz mangelhaft, z. B. mit Auslassung der die mise en esset betreffenden Zugeständnisse dort vorgebracht hat. Zur Aufklärung der maßgebenden und zum Teil wenigstens dreibundfreund­ lichen, aber von dem allgemeinen Mißtrauen ergriffenen Stellen erschien es nun­ mehr notwendig, denselben raschestens eine vom Fürsten Bülow und mir authentiflerte Liste der österreichisch-ungarischen Konzessionen zukommen zu lassen. Auf diese Weise könnte das Spiel der Herren Salandra, Sonnino und Martini konterkariert werden. In diese Liste mußten, um im Sinne ursprünglicher italienischer Forderungen noch Aussichten auf weitere Zugeständnisse offen zu lassen, gewisse Einschaltungen gemacht werden." Baron Macchio bereitete den Entwurf eines Vertrages vor, der dem neuen italienischen Ministerium sofort sollte unterbreitet werden. Der Inhalt in zwölf Artikeln ist bekannt (f. unten die Rede des Reichskanzlers vom 18. Mai 15). Am 15. Mai hätte nach den Vereinbarungen mit der Entente der Krieg beginnen sollen. Italien war noch nicht fertig oder wollte von seinen neuen Verbündeten durch Chantage noch mehr heraus­ pressen. Am 15. Mai berichtet Freiherr von Macchio, er höre von ver­ läßlicher Seite, daß „der treibende Geist Kolonie »minister Martini, der sich jeden Morgen bei dem englischen Botschafter seine Instruktionen holte" (Nr. 186 l. c.), zunächst vorschlug, sei es Pressung, der Perfidte erhoben werden, sagt der „Pester Lloyd": Daß ein Ange­ klagter sich auf die Unkenntnis des Gesetzes beruft, das ist keine seltene Erscheinung, dagegen dürfte es der erste Fall sein, daß ein Erpresser sich mit dem Hinweis auf den früheren Zeitpunkt, in welchem er das erpresserische Unternehmen ins Werk gesetzt, zu verteidigen trachtet. Die Tatsache, daß der erste erpresserische Versuch schon am 23. Juli 1914 gemacht worden ist, würde eher beweisen, daß die italie, nischen Negierungen schon seit Jahrzehnten auf einen solchen Augenblick günstiger Gelegenheit gelauert haben. Aber nicht auf dieses Datum kommt es an, sondern darauf, daß nur eine erpresserische Absicht sich des vielgenannten Art. 7 des Dreibundvertrages zur Erhebung von Entschädigungsforderungen bedienen konnte. Es ist eine bewußte Verdrehung, wenn die italienische Presse aus der Stellungnahme der deutschen Regierung zur Interpretation des Art. 7 folgert, diese habe die Korrektheit der italienischen Diplomatie anerkannt. Man kann sich mit einer Zwangslage abfinden, ohne das Vorgehen dessen, der sie herbeigeführt hat, moralisch zu billigen. Wäre es anders, könnten die Italiener ja auch von uns behaupten, wir hätten dadurch, daß wir uns schließlich mit der mißbräuchlichen Anwendung des Kompensationsartikels und später sogar mit der Abtretung eigener Gebietsteile abgefunden haben, die Revolvertaktik der italienischen Regierung als korrekt anerkannt. Das Schändlichste im Vorgehen Ita­ liens ist, daß die Erpressung zunächst im Gewände der freund­ schaftlichen Gesinnung und der Bündniötreue vor uns trat."

6y8

durch Garibaldianer, sei es durch regelmäßige Truppen, einen Einfall zu organisieren, während Baron Sonnlno den Plan erwog, mit einem neuen verblüffenden Schriftstück hervorzutreten, eventuell die beiden Mittel vereint anzuwenden. Da der Generalsiab noch einen Auf­ schub von einigen Tagen verlangte, trat Herr Martini im Minisierrat mit Hinweis auf die Nachricht von der angeblichen Anwesenheit tür­ kischer Offiziere bei den libyschen Rebellen mit der Idee hervor, zunächst den Vertrag von Lausanne zu kündigen; dadurch hoffte er die Zentralmächte in zweiter Linie in den Krieg zu verwickeln und hätte die vom Generalstab verlangten Tage gewonnen. Der 15. Mat war mit den Ententemächten zum Losschlagen vereinbart. Indessen war, als diese Anträge gestellt wurden, die Einheit im Ministerium schon gesprengt, und wurde der definitive Abschluß des Planes noch vereitelt. Über die Haltung des Königs berichtet (16. Mai Nr. 187, 189) Freiherr v. Macchio: „Es wird mir hinterbracht, daß das Schwanken des Königs in seinen Entschlüssen noch andauere und er sich nicht entschließen könne, Entscheidung über Krieg oder Frieden auf sich zu nehmen. Speziell soll er noch Zweifel über die militärischen Chancen des Krieges haben, die dadurch gefördert worden wären, daß General Cadorna, durch die den Alliierten zu leistende Beihilfe verstimmt, sein« Demission angetragen hätte. Dies würde der vielfach ausgesprochenen An­ nahme Berechtigung geben, daß der König die Entscheidung dem Parlamente überlassen will und Herrn Salandra mündlich verpflichtet haben soll, früher kein fält accompli zu schaffen."

Noch im letzten Augenblick entschließt sich Freiherr v. Buria», um den Frieden zu retten, einen neuen Vorschlag zu machen, durch den auch die Schwierigkeiten der sofortigen Abtretung hätten überwunden werden sollen. Er sendet am 22. Mai an Freiherrn v. Macchio folgendes Telegramm: „Um unsere beiderseitigen Länder vor dem sinnlosen Krieg zu retten, ermäch­ tige ich Cw. Exz., einen letzten Versuch bei Baron Sonnino zu mache« und ihn zu fragen, ob er geneigt wäre, den Akkord nach unserem letzten Vorschlage vollinhaltlich zu unterfertigen, wenn wir, ohne aber die sofortige militärische Be­ setzung einzuräumen, Italien in der Frage des mise en esset (nämlich der äußeren Aufmachung der getroffenen Vereinbarung) noch um einen Schritt ent­ gegenkämen."

Am 23. Mai erinnerte Freiherr v. Macchio im Sinne des ihm von Baron Burian erteilten Auftrages den Baron Sonnino daran, -aß er noch ohne Antwort auf seine letzten Vorschläge sei. Der Minister erwiderte, es sei zu spät.

Am selben Tage überreicht Herjog Avarna dem Minister des Äußeren Baron Bunan die Kriegserklärung. I. Bemerkungen zum III. österreichischen Rotbuch. Die Mitteilungen, die das am 12. Juli veröffentlichte (HI.) Rot­ buch über die Beziehungen zwischen Italien und Österreich-Ungarn in der Zeit vom 20. Juni 1914 bis zum 23. Mai 1915 veröffentlicht, könnten, wie dies der Wiener Mitarbeiter der „Münch. N. Nachr." unterm 13. Juli 1915 richtig meint (M. N. N. v. 14. 7. 15) unter dem Titel: „Die Geschichte einer mißlungenen Erpressung" zusammenge­ faßt werden. Aus den Aktenstücken, die der Öffentlichkeit preisgegeben wurden, ging klar und unwiderleglich hervor, daß das ganze Verhalten Italiens wäh rend dieser Zeit nichts anderes gewesen ist als eine fortgesetzte Erpressung, bei der die Schraube allmählich immer schärfer und schärfer angezogen wurde. Anfangs bemühte man sich noch in Rom, wie unter anderem die Depesche des Königs von Italien an den Kaiser Franz Joseph zeigt(Nr. 23 des in. Rotbuchs), sich den Anschein zu geben, als wolle man an einer wohlwollenden Neutralität festhalten. Aber schon damals hatte der österreichisch-ungarische Botschafter in Rom, Herr v. Merey, eine deutliche Vorahnung, wie sich die Dinge gestalten würden. Er meldet schon am 31. Juli dem Grafen Berchtold, daß in Rom die „Chantage", die Erpressung, kräftig einsetze, und wiederholt dies immer wieder in seinen Berichten an den Minister des Äußeren in Wien. (Siehe Aktenstück Nr. 22 l. c.: „Mein Eindruck ist nach wie vor, daß es sich um eine größtenteils bereits gelungene Chantage handelt. Italien will, sowohl für den Fall des lokalisierten als des allgemeinen Krieges sich seine Haltung im Voraus bezahlen lassen." v. Merey an Graf Berchtold am 1. August 1914.) Man war damals freilich in Rom noch zurückhaltend, aber immerhin ist es bezeichnend für die Stimmung, daß sich der Chef des italienischen Generalstabes, General Cadorna, schon am 4. August gar nicht mehr um die eigene italienische Auslegung des Artikels 7 kümmert, sondern in seiner Antwortdepesche an Frei­ herrn Conrad von Hötzendorf bereits eigene Bedingungen stellt. Er sagt: Wenn Hsterreich-Ungarn den Lowtschen nicht besetzt und das Gleichgewicht in der Adria nicht stört, wird Italien niemals gegen Hsterreich-Ungarn vorgehen. Herr v. Mörey bemerkt sehr richtig hinzu, daß die Chantage-Politik Fortschritte mache. Vergebens versuchte Cadorna später dies abzuleugnen x). l) Das Wiener k.«. k. Telegraphen-Korrespondentbnrea« meldet am 23. Juli: „In den amtlichen Berichten der „Agenzia Slefani" berichtet der italienische General-

7oo

Besonderes Interesse ans der Darstellung der folgenden Ereig­ nisse in dem Rotbnch verdient die merkwürdige Art, wie von den rö­ mischen Staatsmännern die Stellung der italienischen Dynastie zur Begründung ihrer Forderungen herangezogen wurde. Fürst Bülow berichtet am 4. Januar, Salandra und Sonnino hätten gesagt, man müsse sich die Situation Italiens vor Augen halten, die Erregung der öffentlichen Meinung, die Unmöglichkeit, die Dynastie zu erhalten, wenn Italien keinen territorialen Gewinn aus dem Weltkriege ziehe und deshalb rüste. Dieser Hinweis auf die Erschütterung der Stellung der Dynastie und auf die Möglichkeit einer Revolution kehrt in den Ge­ sprächen der italienischen Staatsmänner mit den österreichisch-ungari­ schen Diplomaten immer wieder. Sehr mit Recht richtet Herr v. Burian an den italienischen Botschafter in Wien die Frage, warum denn ge­ rade Ssterreich-Ungarn Teile seines Bodens hergeben sollte, um innere Gefahren im Königreich Italien zu beseitigen. Mt dem Fortschreiten der Unterhandlungen wuchs der italienische Appetit immer mehr. Man begnügte sich nicht mehr mir dem Trevtino in ganz unmöglichen Grenzen, man verlangte auch schon, daß aus Triest ein Freistaat gemacht werde, und verlangte die kurzolartsche Inselgruppe an der dalmatinischen Küste. In Wien wurde es immer klarer, daß man in Rom zielbewußt auf den Krieg hinarbeite und nur «och zum Schein verhandle, um die Rüstungen zu beenden und die Verhandlungen mit dem Dreiverband abzuschließen. Dieses Spiel geht so weit, daß Salandra und Sonnino den König Viktor Emastabschef Cador n a, die ihm in dem österreichisch-ungarischen Rotbuch auf Grund des Telegramms des Grafen Berchtold an den österreichisch-ungarischen Botschafter in Rom vom 4. August zugeschriebenen Äußerungen nicht gemacht zu haben, wonach Italien gegen Österreich-Ungarn niemals vorgehen werde, wenn letzteres den Lowtschen nicht besetze und das Gleichgewicht in der Adria nicht störe. Demgegenüber muß festgestellt werden, daß Generalstabschef Cadorna diese Äußerungen am 3. August dem österreichisch-ungarischen Militärattache in Rom gegenüber wortgetreu machte, als dieser ihm eine Anfrage des österreichisch-ungarischen Generalstabschefs Freiherrn v. Conrad wegen der Ausführung der für den Kriegs­ fall zwischen den Verbündeten getroffenen Vereinbarungen übermittelte. Cadorna hat sogar bei diesem Anlaß dem Militärattache Oberst Grafen Szeptyeti auf dessen Frage, ob die bewaffnete Neutralität Italiens gegen Österreich-Ungarn gerichtet sei, erwidert, dies sei unbedingt nicht der Fall, und Italien werde niemals die Gelegenheit, wo Österreich-Ungarn anderwärts be­ schäftigt sei, benützen, um ihm Provinzen zu entreißen. Man könne Tirol ruhig von Truppen entblößen und solle an der Loya­ lität Italiens nicht "zweifeln."

7oi nuel, der in der ganzen Geschichte überhaupt keine heldenhafte Rolle spielt, über den Gang der Verhandlungen mit Wien mangelhaft oder falsch informierten. Das angebliche Mitleid mit dem Schicksal der Dynastie wurde zu einem Geschästskniff benutzt, und der König, der allerdings zwischen der Angst vor England, der Angst vor der Revolution und der Angst vor dem Kriege zitternd schwankte, war nichts als die Puppe in den Händen seiner Minister und ihrer Draht­ zieher. Am 2Z. Mai erhielt Baron Macchio auf die nochmals vermehrten österreichisch-ungarischen Angebote die kühle, kurze Antwort von Sonnino: „Zu spät", und noch am selben Tage überreichte der Herzog von Avarna in Wien die Kriegserklärung. Man war in Italien mit allen diplomatischen und militärischen Vorbereitungen fertig, man glaubte, den „Spaziergang nach Wien" antreten zu können, Herr Cadorna, der von Anfang an im Geheimen für den Präventiv­ krieg gewirkt hatte, hatte recht behalten. II. Über „das Geheimnis in der Politik Italiens" schreibt derselbe Gewährsmann: Die Veröffentlichung des III. österreichisch-ungarischen Rotbuches hat erst deutlich klargestellt, wieso es den italienischen Staatsmännern möglich war, vor der Kammer und dem ganzen Lande so lange Zeit den Schein auftechtzuerhalten, als ob das Wiener Kabinett über­ haupt zu keinen territorialen Zugeständnissen an Italien bereit sei. Dieser künstlich erzeugte Glaube der italienischen Öffentlichkeit hat, wie noch in bester Erinnerung ist, nicht wenig zum Wachsen der Kriegs­ stimmung in Italien beigetragen. Das Rotbuch gibt über die hierauf abzielenden Machenschaften der römischen Consulta genauen Ausschluß. Der österreichisch-ungarische Botschafter in Rom, Baron Macchio, meldet am 27. Februar (Nr. 110 des III. Rotbuches), als die Verhand­ lungen zwischen Wien und Rom schon sechs Monate gedauert hatten, daß „in italienischen parlamentarischen Kreisen noch immer die Ansicht vorherrscht,es hätten bisher noch keine direkten Besprechungen zwischen Wien und Rom stattgefunden". Er fürchtet, daß sich die Re­ gierung absichtlich in Schweigen hülle, und daß dies in den einem Aus­ gleiche zuneigenden politischen Gruppen einen schädlichen Stimmungs­ wechsel herbeiführen könne. Er bittet um die Ermächtigung, den wirk­ lichen Sachverhalt in Gesprächen wenigstens andeuten zu können. Der Minister des Äußeren, Baron Burian, antwortet (112,2. März):

702 „Aus eigener Initiative wollen Eure Exzellenz im allgemeinen auch fortab aus Ihrer bisherigen Reserve nicht heraustreten." Dagegen ist der Minister einverstanden, daß der Botschafter in der Antwort auf unmittelbare Fragen oder in einer Konversation ein­ stießen lasse, daß die beiden Regierungen in einem direkten Ideen­ austausche freundschaftlicher und vertrauensvoller Natur stehen. Diese Absicht, deren Verwirklichung vielleicht zur Aufklärung der italienischen öffentlichen Meinung manches beigetragen hätte, wurde von Sonnino durchkreuzt. Am 13. März erklärte er sich zwar bereit, seine Forderungen an Hsterreich-Ungarn endlich aus­ zusprechen, aber nur unter der Bedingung der „vollständigen Ge­ heimhaltung der Tatsache und des Verlaufes der Verhandlungen. Jede Indiskretion würde die italienische Regierung nötigen, die Pourparlers sofort abzubrechen". Welche Folgen die Geheimhaltung später gehabt hat, wird im Rotbuche deutlich sichtbar. Sie wurde von Sonnino dazu benutzt, die Kriegspartei leichter unterstützen und das Publikum aufpeitschen zu können und die Anhänger des Friedens ohne Kenntnis zu lassen. Baron Macchio berichtet nach Wien am 2. Mai: „Um die tatsächlich zu drei Vierteln gegen den Krieg gestimmte Öffentlichkeit zu kapazitieren, müsse, gedeckt durch das Versprechen der Geheimhaltung der Verhandlungen, der Glaube wachgehalten und genährt werden, daß wir nichts oder so wenig bieten, daß eben der italienischen Regierung der Krieg als einziges Mittel auf­ gezwungen sei, um berechtigte Aspirationen zu erreichen." Baron Macchio sagt, in politischen Kreisen sei man der Ansicht, „daß einzig und allein eine authenische Veröffentlichung dessen, was wir Italien abzutreten bereit wären, hier jenen Eindruck Hervorrufen würde, der geeignet wäre, das Spiel der Regierung zu verderben" (Nr. 167 l. c.). Noch bis in die letzten Tage vor Kriegsausbruch dauerte das VerstecksptelSonninos fort. Erst am 18. Mai 1915 erfuhr die Welt zu ihrer Überraschung aus dem Munde des — Deutschen Reichskanzlers zum ersten Male den ganzen Umfang der am 10. Mai neuerdings formulierten österreichisch-ungarischen Angebote. Herr v. Bethmann Hollweg sah in dieser Flucht in die Öffentlichkeit offenbar noch das letzte Mittel, um das Lügengewebe der römischen Diplomaten zu zer­ reißen und dem italienischen Volke die Klarheit zu verschaffen, die ihm bis dahin von seinen eigenen Ministern geflissentlich vorenthalten worden war. Kein Vorgang in der Geschichte der letzten Jahre hat die

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Gefahr der geheimen Politik für die Beziehungen der Völker so grell beleuchtet, wie das Ränkespiel der beiden italienischen Minister, denen die Verantwortung für die Kriegserklärung vom 23. Mai zufällt („Münch. 31. Nachr." vom 14. Mat 1915). Anmerkung. Sehr wertvoll zum Beweise der mala fides der italienischen Regierung sind die Ausführungen, die der Korrespondent des „Secolo" (Kriegszeitung v. ig.Juli 1915) Magrini dort über die Entstehung und den Verlauf der Verhandlungen des Vierverbandes mit Rumänien machte: Er verurteilt aufs schärfste die hinhaltende Politik Dratianus und beklagt sich bitter über die un, gerechten Vorwürfe, welche die rumänische Regierung Italien machte, zuerst weil es die Intervention zu lange hinauszögerte, dann weil es Rumänien über den Verlauf der Verhandlungen im unklaren ließ. Man wolle in Bukarest die Ver­ antwortung für die Intervention Rumäniens auf Italiens Schultern abwälzen und sei so weit gegangen, Italien fast des Verrats zu bezichtigen und ihm vorzu­ werfen, daß es bei den Verhandlungen mit Österreich-Ungarn nicht Rumäniens nationale Forderungen berücksichtigt habe. Diese Vorwürfe weist Magrini durch die Mitteilung zurück, daß Italien an dem Tag, an dem es den Vertrag mit dem Dreiverband schloß, also einen Monat vor der Kriegserklärung, die Tatsache der Vertragsabschlüsse in Bukarest mitgeteilt habe, so daß Rumänien einen Monat vorher wußte, daß Italien in den Krieg eintreten würde. Hier liegt also das Eingeständnis eines gut unterrichteten italienischen Publizisten vor, daß Italien schon am 25. April zum Krieg fest ent­ schlossen war, und daß alle im letzten Augenblick geführten Verhandlungen nur dazu bestimmt waren, Deutschland und Österreich-Ungarn hinters Licht zu führen. Über Rumäniens ganz analoge verräterische Haltung siehe unten das besondere Kapitel. Ferner folgende Mitteilung aus dem Kriegspressequartter vom 22. Juli: Der hier folgende Befehl, der im Monat März ausgegeben wurde, ist ein neuer Beweis dessen, baß die italienischen Behörden schon im März 1915 Elemente, die gegen den Krieg waren, also mit Italiens Verbündeten sympathisierten, als staatsgefährlich betrachteten. Hier folgt der Text des Befehls und dessen dienstlicher Angaben: „Karabinteri Legion, Verona, Kompagnie Schio, Protokollnummer 195/87, III. Abt.; Gegenstand: Agitation wegen der Arbeitslosigkeit und Teuerung. Über­ wachung der Agitatoren. Schio am 27. März 1915: Behufs Verfügung entsprechen­ der Maßnahmen wird folgender Befehl des Legationskommandos übermittelt: Die Nachforschungen der Karabinieri und Sicherheitsbehörden zur Feststellung der Urheber der jüngst in einer Provinz des Legationsbereiches vorgefallenen Demon­ strationen gegen die Arbeitslosigkeit und die Teuerung haben ergeben, daß die Haupt, agitation von einigen aus Deutschland und Österreich-Ungarn zurückgekehrten Emigranten ausgegangen ist. Diese, die viele Jahre bort gelebt haben, sind offen gegen den Krieg und bezeugen unverhüllt ihre Sympathien für die ge­ nannten Kaiserreiche. Es wird dies also dem Kommando zur Kenntnis ge­ bracht, um die entsprechende Überwachung und die sonst nötigen Maßnahmen einzuleiten. Der Leutnant, Jnterimskommandant der Kompagnie; unleserliche Unterschrift."

704 78. Kapitel.

Aufhebung des Gnn-nisvertrags durch Italien 3. Mai MS und die Antworten darauf.

am

I. Das letzte Aktenstück des Grünbuchs, eine Note des Ministers des Äußeren So nntno an den italienischen Botschafter in Wien, Herzog von Avarna, vom z. Mat enthält die Aufhebung des Bünd­ nisvertrages durch Italien. Es lautet: (NB* Der authentische Wortlaut findet sich in Nr. 8 des Ssterr. Rotbuches, S. 26 ff.)

„Ich bitte Sie, dem Minister des Äußern, Baron Durian, folgende Mit, teilung zu machen, wovon Sie ihm eine Abschrift hinterlassen werden: Das Bündnis zwischen Italien und Lsterreich-Ungarn bewährte sich ab Anfang als ein Element der Bürgschaft für den Frieden und hatte zuerst das Hauptziel gemeinsamer Der, teidigung. Angesichts der weiteren Ereignisse und der neuen Lage, die sich aus ihnen ergab, mußten die Regierungen der beiden Länder sich ein anderes nicht minder wichtiges Ziel stecken und richteten im Laufe der aufeinanderfolgenden Erneuerungen des Vertrags ihre Aufmerksamkeit darauf, die Kontinuität ihres Bündnisses zu erhalten, indem sie den Grundsatz vorgängiger Vereinbarungen bezüglich der Balkanverhältnisse festlegten. In der Absicht, die auseinandergehenden Interessen und Bestrebungen der beiden Mächte miteinander in Einklang zu bringen, ist es einleuchtend, daß diese Abmachungen, wenn sie loyal beobachtet wurden, genügt hätten, eine haltbare Grundlage für eine gemeinsame und fruchtbare Aktion darzubieten. Im Gegensatz hierzu stellte Österreich-Ungarn im Laufe des Sommers 1914, ohne irgendein Einverständnis mit Italien zu treffen, ja, ohne ihm die geringste Benachrichtigung zugehen zu lassen und ohne sich irgendwie durch Ratschläge zur Mäßigung beeinflussen zu lassen, welche ihm durch die königliche Regierung gegeben waren, am 23. Juli an Serbien ein Ultimatum, welches die Ursache und der Ausgangspunkt des augenblicklichen Kriegsbrandes in Europa wurde. Indem Hsterreich-Ungarn die Verpflichtungen, welche sich aus dem Vertrage ergaben, vernachlässigte, brachte es den Status quo auf der Balkanhalbinsel von Grund aus in Verwirrung und schuf eine Lage, von welcher es allein den Nutzen haben mußte, zum Schaden der allerwichtigsten Interessen, welche sein Verbündeter so oft (als die seinen) bestätigt und proklamiert hatte. Eine so flagrante Verletzung des Buch­ stabens und des Geistes des Vertrages rechtfertigte nicht nur die Weigerung Italiens, sich in dem ohne Einholung seiner Meinung hervorgerufenen Kriege an die Seite seiner Verbündeten zu stellen, sondern sie nahm sogar dem Bündnis mit demselben Schlage seinen wesentlichen Inhalt, sein Daseinsrecht. Sogar das Abkommen über eine wohlwollende Neutralität, welches durch den Vertrag vorgesehen war, fand sich durch diese Verletzung beeinträchtigt. Tatsächlich kommen Überlegung und Gefühl dahin überein, die Aufrechterhaltung einer wohlwollenden Neutralität auszuschließen, wenn einer der Verbündeten zu den Waffen greift zur Verwirklichung eines Programms, welches den Lebensinteressev eines anderen Verbündeten strikt zuwiderläuft, und zwar Interessen, deren Wahrung den Haupt-

705 gründ gerade dieses Bündnisses bildete. Nichtsdestoweniger hat Italien fich mehrere Monate hindurch bemüht, eine Lage zu schaffen, welche der Wiederherstellung freund, schaftlicher Beziehungen zwischen den beiden Staaten günstig wäre, und welche eine wesentliche Grundlage jeden Zusammenwirkens im Bereiche der großen Politik bilde. In dieser Absicht und in dieser Hoffnung erklärte die italienische Regierung sich bereit, auf ein Arrangement einzugehen, welches die Befriedigung der legitimen nationalen Ansprüche Italiens in einem billigen Ausmaß zur Grundlage hätte und welches zugleich dazu gedient hätte, die vorhandene Ungleichheit in der gegenseitigen Lage der beiden Staaten im Adriatischen Meere zu beseitigen. Diese Verhandlungen führten jedoch zu keinem in Betracht kommenden Ergebnis. Alle Bemühungen der königlichen Regierung stießen auf den Widerstand der k. und k. Regierung, welche sich nach mehreren Monaten nur zur Anerkennung besonderer italienischer Interessen in Dalona und zum Versprechen einer nicht genügenden Gebietseinräumung in Trentino entschlossen hat, einer Konzession, welche durchaus keine normale Regelung der Lage enthält, weder vom ethischen, noch vom politischen oder militärischen Standpunkt aus. Außerdem sollte diese Konzession erst in einem unbestimmten Zeitpunkt, nämlich erst am Ende des Krieges, verwirklicht werden. Bei diesem Stande der Sache muß die italienische Regierung auf die Hoff­ nung verzichten, zu einem Einverständnis zu kommen, und sieht sich gezwungen, alle Vorschläge zu einem Übereinkommen zurückzuziehen. Es ist ebenso unnütz, den äußeren Anschein eines Bündnisses aufrechtzuerhalten, welches nur die Bestimmung haben würde, das tatsächliche Bestehen eines beständigen Miß­ trauens und täglicher Meinungsverschiedenheiten zu verschleiern. Aus diesem Grunde versichert und erklärt Italien im Vertrauen auf sein gutes Recht, daß es von diesem Augenblicke an sich die volle Freiheit seiner Handlungen wieder nimmt, seinen Bündnisvertrag mit Österreich-Ungarn für annulliert und künftig wirkungslos erklärt."-

Der Botschafter, Herzog von Avarna, machte dem Minister Freiherrn v. Bunan diese Mitteilung am 4. Mai. (Siehe österreichisches Rotbuch II Nr. 8 unten, III Nr. 170 S. 160 ff.) Anmerkung 1. 1. Das italienische Grünbuch unterschlägt eine Tatsache, die den ernsten Willen der österreichisch-ungarischen Regierung erweist, zu einer Ver­ ständigung mit der italienischen Regierung zu gelangen. Es ist die von dem Wiener Kabinett angebotene, aber von Sonnino abgelehnte Entsendung des Grafen Goluchowski mit weitgehenden Vollmachten zur Führung der Verhandlungen. Am 2. Mai erklärte der italienische Minister des Äußeren auf eine wiederholte Anfrage des Wiener Kabinetts, ob die Entsendung des Grafen genehm sei, daß er dieselbe nicht für opportun halte, weil sie zu großes Aufsehen erregen würde. Am 4. Mai erfolgte die Kündigung des Dreibundvertrags in Wien. Hier­ nach ist es nicht auf Mangel an Entgegenkommen und Bereitwilligkeit zu ernst­ haften Verhandlungen auf selten der österreichisch-ungarischen Regierung zurück­ zuführen, daß die Lage damals eine weitere Verschärfung erfuhr. 2. Salandra erklärte, der Oreibundvertrag mußte gekündigt werden, weil Italien stets dem europäischen Frieden diente und Österreich-Ungarn durch die Kriegserklärung an Serbien das europäische Gleichgewicht zerstört habe. Darauf ist zu erwidern, daß Italien mit dem Tripoliskrieg den ersten Friebensbruch Müller,Meiningen»

Entstehung de- Weltkrieg-.

45

— 7o6 verübte. Der Dreibundvertrag setzte die territoriale Integrität der Türkei fest. Durch das tripolitanlsche Unternehme» setzte sich Italien über diesen Punkt des Vertrages hinweg, doch weder die Monarchie, noch Deutsch, land erblickten darin einen genügenden Grund i»t Lösung des Vertrages. Salandra sagt, die Monarchie hab« den siebenten Punkt des Der, trageS verletzt, indem sie Italien von der Kriegserklärung an Serbien nicht vorher verständigt habe. Demgegenüber ist festzustellen, daß die Monarchie über de« Entschluß bezüglich Serbiens die italienische Regierung rechtzeitige verständigt und außerdem sich formell verpflichtet hat, die territoriale Integrität Serbiens zu respektieren (engl. Blaubuch). Anmerkung 2.

Die Bedentnng des Dreibundes für Italien. Dem Taumel eines sinnlosen Hasses gegen Ssterreich,Ungarn und Deutschland anheimgefallen, haben die itali«, aischen Kriegshetzer alles vergessen, was die verantwortlichen Leiter der auswär, tigen Politik Italiens ei« Menschenalter hindurch vom Dreibunde gedacht haben. Unter den Urteilen dieser sachkundigen Staatsmänner erscheint heute am bemerkenswertesten das, was der Minister des Äußeren Marchese die San G iulia no erklärte, als er am 18. Dezember 1912 in der Kammer die Interpellation des Abgeordneten Barzilai über die vorzeitige und unveränderte Erneuerung des Dreibundes u. a. mit folgenden Worten beantwortete: „Seit mehr als dreißig Jahren ist der Dreibund für ganz Europa eine Bürg, schast des Friedens und für die Dreibundmächte selbst ein« Bürgschaft der Sicher, heit. In den Beziehungen zwischen den Verbündeten erleichtert und festigt er die gegenseitige Neigung, ihre Interessen in Einklang zu bringen, in den Beziehungen mit den anderen Mächten erleichtern seine friedlichen und defensiven Ziele das Zu, standekommen von Freundschaften und Verständigungen. Zu den internationalen Fragen hat er stets einen einträchtigen und friedlichen Wille»... mitgebracht und beigesteuert. Die Sicherheit eines dauernden Friedens für die drei Verbündeten und für Europa, die sich zum großen Teil aus diesem Stande der Dinge herleitet, war eine der Hauptursachen der großen und allgemeine» wirtschaftliche» Fort, schritte......... Während der letzte» dreißig Jahre hat Italien die Hauptquellen seines Nationalreichtums entwickelt, dem Statsbudget Festigkeit und Beweglich, keit gegeben ... Die feste internationale Stellung Italiens, deren feste Grundlage der Dreibund ist, war die notwendige Bedingung des Tripolisunternehmens, das durch seine Beziehungen und den Einfluß auf die größte» Interessen Europas und unsere eigenen, sowie auf die schwersten Probleme der gegenwärtigen histo, rischen Periode die ernstesten Schwierigkeiten darbot. Eine solche internationale Stellung Ist «ine nicht «eniger notwendige Bedingung für eine friedliche Lösung der gegenwärtigen Balkankrise ... Der Dreibund kann ... für jede der drei ihn bildenden Mächte Früchte bringen, vollkommenes gegenseitiges Vertraue« für die Gegenwart und Zukunft vorausgesetzt. Weitere Voraussetzung ist, daß jeder der Verbündeten bi« Überzeugung hegt, daß er morgen die Unterstützung des andern wird erhalten können, als Ausgleich für das, «aS er heute für ihn tut, endlich, daß alle drei wissen, daß eS sich nicht um «ine vorübergehende Verbindung handelt, sondern um «in festes und dauerhaftes Band. Die Sicherheit der Zukunft ist ein wesentlicher Faktor des gegenseitigen Derttauens, einer wirksamen Eintracht und

707 einer herzlichen und stuchtbaren Intimität. Aus diesen durch die Erfahrung von dreißig Jahren erprobten Tatsachen ergibt sich das gleiche Interesse der drei Mächte, den Dreibund einige Zeit vor seinem Ablauf zu erneuern ... So wie der Drei­ bundsvertrag redigiert ist, gewährleistet er alle unsere Interessen und sorgt in vollkommener Weise für unsere Sicherheit. Es lag also kein Grund vor, ihn ab, zuändern» und keiner der drei Verbündeten bat den anderen um eine Abänderung .. Das großartige Werk der Zivllisation und der Jtalieuisierung, das unser Land in Libyen zu vollbringen hat, darf nicht den Blick ablenken von anderen großen Interessen, die Italien in allen Teilen der Welt hat, oder von der Fortsetzung deck Werkes des ökonomischen und bürgerlichen Fortschritts im Innern, das es jetzt mit bewunderungswerter Ausdauer und so großartigem Erfolge durchgeführt. Auf diesem Wege wird Italien gehen ... mit der Überzeugung, daß sein wachsender wirtschaftlicher Wohlstand und seine moralische Größe in einem dauerhaften und sicheren europäischen Frieden eine starke Garantie finden werden. Um diese Ziele zu erreichen, muß das Bündnis zwischen Italien, Deutschland und Österreich,Ungarn, das belebt und fruchtbar gemacht wird durch intime und vertrauensvolle Be, ziehungen zwischen den Verbündeten, der Angelpunkt unserer auswärtigen Politik bleiben, die durch ihre Beständigkeit, ihren Zusammenhang und ihre Festigkeit weiterhin Europa volles Vertrauen und Achtung einflößen soll, auf die seine Loya, lität Anspruch hat, und die zu verdienen und zu besitzen Italien das Bewußtsein und den Stolz hat." Vertrauen und Achtung zu verdienen, ist heute anscheinend nicht mehr der Stolz eines Italien, das von den blinden oder bezahlten Kriegshetzern der Straße beherrscht wird. Die Bezeichnung des Dreibundes durch den König am 16. März 1914 (!) als „daö feste Dollwerk des Friedens" siehe oben. Anmerkung 3. Die wichtigsten Artikel deS Dreibundvertrages lauten im Originale (f. österr. Rotbuch HI, Anhang) wie folgt: Artikel I des Dreibundvertrages. Les Hautes Parties contractantes se promettent mutuellement paix et amitie et n’entreront dans aucune alliance ou engagement dirig£ contre Tun de Leurs Etats. Elles s’engagent 4 proclder 4 un tchange d’idees sur les questions politiques et 6conomiques d’une nature g£n£rale qui pourraient se präsenter, et se promettent en outre Leur appui mutuel dans la limite de Leurs propres int£rets.

Artikel III deS Dreibundvertrages. Si une ou deux des Hautes Parties contractantes, sans provocation directe de Leur part, venaient 4 etre attaqu£es et 4 se trouver engagees dans une guerre avec deux ou plusieurs Grandes Puissances non signataires du präsent Trait£, le „casus foederis“ se pr£sentera simultan£ment pour toutes les Hautes Parties contractantes. Artikel IV des Dreibundvertrages. Dans le cas oü une Grande Puissance non signataire du present Traite menacerait la s£curit£ des 6tats de Tune des Hautes Parties contractantes et la Partie menac£e se verrait par 14 forc£e de lui faire la guerre, les deux autres s’obligent 4 observer, l’£gard de Leur alli£, une neutralit£ bienveillante. Chacune

7o8 se riserve, dans le cas, la facultG de prendre part 4 la guerre si eile le jugeait 4 propos pour faire cause commune avec Son alli6. Artikel VII des Dreibundvertrages. L’Autriche-Hongrie et l’Italie, n’ayant en vue que le maintien autant que possible du statu quo territorial en Orient, s’engagent 4 user de Leur influence pour prövenir toute modification territoriale qui porterait dommage 4 l’une ou 4 f autre des Puissances signataires du präsent Trait6. Elles se communiqueront 4 cet esset tous les renseignements de nature 4 s’6clairer mutuellcment sur Leurs propres dispositions ainsi que sur celles d’autres Puissances. Toutefois dans le cas ou, par suite des LvLnements, le maintien du statu quo dans les rlgions des Balcans ou des cötes et iles ottomanes dans l’Adriatique et dans la mer Egee deviendrait impossible et que, soit en consäquence de l’action d'une Puissance tierce soit autrement, l’Autriche-Hongrie ou VItalie se verraient dans la n6cessit6 de le modifier par une occupation temporaire ou permanente de Leur part, cette occupation n’aura lieu qu’apres un accord pr6alable entre les deux Puissances, bas6 sur le principe d’une compensation r6ciproque pour tout avantage, territorial ou autre, que chacune d’Elles obtiendrait en sus du statu quo actuel et donnant satisfaction aux int6rets et aux pr£tentions bien fondLes des deux Parties.

Bemerkungen zu Art. 4 -es Dreibun-vertrages: I. Die Anschauung der Deutschen Retchsregierung über den wichtigen Artikel 4 des Dreibundvertrages ist in einer Äußerung der „Nordd. Allg. Ztg." vom 1. Oktober 1915 niedergelegt, die zugleich gegen unwahre Behauptungen des italieni­ schen Ministers Barzilai sich wendet. Dort heißt es: »In der Rede, die der italienische Minister Barjilai (September 1915) in Neapel gehalten hat, hat er behauptet, der deutsche Botschafter in Kon­ stantinopel, Freiherr v. Wangenheim, habe acht Lage vor Überrei­ chung des österreichisch-ungarischen Ultimatums an Serbien dem italienischen Botschafter Marquis Garront gesagt, bas Ultimatum werde so beschaffen sein, baß der Krieg unausbleiblich sei. Herr Barzilai folgert hieraus, daß es sich um einen Aggressivkrieg Österreich-Ungarns und Deutschlands gehandelt habe und Italien auf Grund des Dreibundvertrages, der sich ausdrücklich nur auf einen Defensivkrieg besiehe, weder zur Beteiligung am Kriege noch i»t Neutralität verpflichtet gewesen sei. Wir stellen hiermit fest, baß Freiherr v. Wangenheim »war um die angegebene Zeit mit Marquis Garroni die aus der Zuspitzung der österreichischserbischen Beziehungen entstandene Kriegsgefahr besprochen, die ihm nachge­ sagte Wendung aber nicht gebraucht hat und aus dem Grunde nicht gebrau­ chen konnte, «eil ihm ebensowenig wie der deutschen Regierung der Wortlaut b«S österreichisch-ungarischen Ultimatums vorher bekannt war. Was die Schluß­ folgerung Herrn Darsilais betrifft, so ist sie ebenso unzutreffend. Artikel 4 des Dreibundvertrages, wie er im österreichisch-ungarischen Rotbuch veröffentlicht worden ist, verpflichtete die Vertragschließenden für den Fall zur wohlwollenden

709

Neutralität, daß eine der Oreibundmächte, in ihrer Sicherheit durch eine andere Großmacht bedroht, sich genötigt sehen sollte, der sie bedrohenden Großmacht den Krieg zu erklären. Dieser Fall lag am i. August 1914 vor. Rußland hatte durch die Mobilmachung seiner gesamten Streitkräfte die Sicherheit des Deutschen Reichs und Österreichs-Ungarns bedroht und verweigerte die Zurücknahme dieser Maßregel. Beide Mächte schritten daher zur Kriegserklärung an Rußland und das ihm zur Gefolgschaft verpflichtete Frankreich. Für Italien lag damit in Gemäßheit des Dreibundvertrages die Pflicht vor, Deutschland und Österreich-Ungarn gegen­ über zum mindesten wohlwollende Neutralität zu beobachten. Don dieser Pflicht wurde Italien durch die Bestimmungen des Artikels 3 des Dreibundvertrages nicht entbunden, der die Verpflichtung zur Kriegsfolge behandelte und auf den Fall eines unprovozierten Angriffs auf einen der Vertragschließenden durch zwei Großmächte beschränkte. Selbst wenn die italienische Regierung die Überzeugung gehabt hatte, daß ein deutsch-österreichischer Aggressivkrieg vorlag, war sie durch den klaren Wortlaut des Artikels 4 zur wohlwollenden Neutra­ lität verpflichtet. Das hat die italienische Regierung selbst anerkannt. Am 3. August 1914 meldet die „Tribuna", Marquis San Giuliano habe auf die Mitteilung von dem zwischen Deutschland und Rußland ausgebrochenen Kriege dem deutschen Botschafter erklärt, daß Italien gemäß dem Geiste und dem Wortlaut des Dreibundver­ trages Neutralität beobachten werde. II. In der Reichstagssitzung vom 18.SDiai 1915 gab der Reichs­

kanzler über die ernsten Situationen zwischen Italien und ÖsterreichUngarn (siehe Stenogr. Der. S. 138 ff.) folgende Erklärung ab, -ke zugleich volle Klarheit über die Konzessionen Bsterreichs erbrachte: vr. v.BethmannHollweg, Reichskanzler: Meine Herren, Ihnen ist be­ kannt, daß sich die Beziehungen zwischen Österreich-Ungarn und Italien in den letzten Monaten stark zugespitzt haben. Aus der gestrigen Rede des ungarischen Ministerpräsidenten Grafen Tisza werden Sie entnommen haben, daß das Wiener Kabinett, in dem aufrichtigen Bestreben, die ständige Freundschaft zwischen der Doppelmonarchie und Italien zu sichern und den dauernden großen Lebensinteressen beider Reiche Rechnung zu tragen, sich zu weitgehenden Konzessionen, auch terri, torialer Natur, an Italien entschlossen hat. Ich halte es für zweckmäßig, Ihnen diese Konzessionen zu bezeichnen: 1. Der Teil von Tirol, der von Italienern bewohnt ist, wird an Italien abgetreten *); Das österreichisch-ungarische Rotbuch enthält auch nähere An­ gaben über die Italien angebotene Grenze von Südtirol. Das Rotbuch sagt hierüber: Freiherr v. Macchio hat im Einvernehmen mit dem Fürsten Bülow einen Entwurf der den Italienern zu gewährenden Zugeständnisse ausgearbeitet. In diesem Entwürfe wurde die neue Reichsgrenze folgendermaßen vorgeschlagen (185, 15. Mai): Die Grenze würde ausgehen von der gegenwärtigen Grenze bei der Zufallsspitze und würde durch einen Streifen der Grenze zwischen den Be­ zirken von Cles einerseits und den Bezirken von Schlanders und Meran

7io а. ebenso das westliche Ufer des Jsonzo, soweit die Bevölkerung rein ita, lienifch ist, und die Stadt Gradisra; z. Triest soll t»r Kaiserlichen freien Stadt gemacht werden, eine den italieni, sche« Charakter der Stadt sichernde Stadtverwaltung und eine italienische Universität erhalten; 4«.die italienische Souveränität über Dalona und die daj» gehörige Inter, essensphäre soll anerkannt «erden; 5. Österreich,Ungar» erklärt seine politische Uninteressiertheit hinsichtlich Albanien»; б. die nationalen Interessen der italienischen Staatsangehörigen in Öster, reich«Ungarn «erden besonders berücksichtigt; 7. Österreich,Unngarn erläßt eine Amnestie für militärische und politische Verbrecher, die aus den abgetretenen Gebieten stammen; 8. wohlwollende Berücksichtigung von wetteren Wünschen Italiens über die Gesamtheit der das Abkommen bildenden Fragen wird tugesagt; y. Österreich,Ungarn wird nach Abschluß deS Vertrages eine feierliche Erklärung über die Abtretungen abgeben; 10. gemischte Kommissionen tut Regelung der Einzelheiten der Abtretung werden eingesetzt; 11. nach Abschluß des Abkommens sollen die Soldaten der österreichisch, _ ungarischen Armee, die aus den abgetretenen Gebieten stammen, nicht mehr an den Kämpfen teilnehmen. Ich kann, meine Herren, hinzufügen, daß Deutschland, um die Verständigung zwischen seinen beiden Bundesgenossen zu fördern und zu festigen, dem römische» andrerseits, bezw. der Wasserscheide zwischen dem OZote und der Etsch bis zur Jllmenspitze folgen. Sie würde sich dann nach Westen gegen Proveis derart zuwenden, daß diese Gemeinde fortfahren würde, zum österreichischen Tirol zu gehöre», würde dann Torente, Pescara erreichen und dem Talwege bis zu dessen Einmündung in den Noce folgen. Sie würde längs des Talweges des Noce fortgehen, im Süden des Tajo sich von ihm loslöse», hierauf auf den Corno dt Tres hinaufsteigen, der nördlichen Grenze des Bezirkes von Mezzolombardo folgen und die Etsch im Süden von Saturn erreichen. Sie würde hierauf aufden Gliersberg sich erheben und der Linie der Wasserscheide zwischen den Tälern des Avisio und dem Tale der Etsch folgen, an dem Castion vorüberziehen und sich hierauf zur Hornshitze und zum Berge Comp wenden. Hierauf würde sie nach Süden sich abbiegen und einen Halbkreis beschreiben, der die Gemeinde Altret dem österreichischen Tirol lassen würde, und sie würde dann bis zur Spitze deS San Lugano hinaufsteigen. Eie würde hierauf der Grenze zwischen den Bezirke« Bozen und Calvalese folgen, bezw. der Linie der Wasserscheide zwtschea dem Tale des Avista und dem Tale der Etsch und würde hierauf «eiterstreichen über den Cima dt Rocca und über das Grimmjoch bis zum Latemar. Do» der Spitze Carman würde sie hinuntersteigen gen den Avista, würde diesen Fluß schneiden zwischen den Gemeinden Mo-na und Farn» und wieder hinaufsteigen gegen die Linie der Wasserscheide zwischen dem Tale deS San Pelegriaa im Norden und dem Tale des Travignolo im Süden. Sie würde die jetzige Grenze im Osten des Cima di Barre erreichen.

Kabinett gegenüber im Einverständnis mit dem Wiener die volle Garantie für die loyale Ausführung dieser Anerbietungen ausdrücklich übernommen hat. Österreich,Ungarn und Deutschland haben hiermit einen Entschluß gefaßt, der, wenn er rum Ziel führt, nach meiner festen Überzeugung auf die Dauer von der überwältigenden Mehrheit der drei Nationen gutgeheißen werden wird. Mit seinem Parlament steht das italienische Volk vor der freien Entschließung, ob es die Er, füllung alter nationaler Hoffnungen in weitestem Umfange auf friedlichem Wege erreichen oder ob es das Land in den Krieg stürzen und gegen die Bundesgenossen von gestern und heute — morgen das Schwert ziehen will. Ich mag die Hoffnung nicht ganz aufgeben, daß die Wagschale des Friedens schwerer sein wird alö die des Krieges. Wie aber Italiens Entschließung auch aus­ fallen möge: in Gemeinschaft mit Österreich-Ungarn haben wir alles im Bereiche der Möglichkeit Liegende getan, um ein Bundesverhältnis zu stützen, das im beut; scheu Volke feste Wurzel gefaßt hatte und das den drei Reichen Nutzen und Gutes gebracht hat. Wird der Bund von einem Partner zerrissen, so werden wir in Ge­ meinschaft mit dem anderen auch neuen Gefahren unerschrocken und zuversichtlichen Mutes zu begegnen wissen. Anmerkung. Siehe über die genaueren Vorschläge des Freiherrn von Macchio, die gemacht sind im Einverständnisse mit dem Fürsten von Bülow österr. Rotbuch III, S. 175 ff. Nr. 185. Die Einleitung Macchios dazu ist inter­ essant. Sie lautet (15. Mai 1915): „Um gegebenenfalls gleich mit einem fertigen Projekte an ein neues Mini­ sterium herantreten zu können, schiene es mir geboten, den Text für einen even­ tuellen Akkord mit Italien so rasch als möglich festzustellen. Wenn man es auf längere Verhandlungen, respektive Abwarten italienischer Vorschläge ankommen ließe, würde das so mühsam zurückgedrängte Mißtrauen elementar hervorbrechen und im letzten Augenblicke alles vereiteln." Ein Beweis, daß das vielleicht früher etwas zu langsame Tempo der öster­ reichischen Verhandlungen in diesen kritischen Tagen ernstlich und ehrlich beschleunigt war. Die Bemerkungen Burians zu diesen Vorschlägen, der die „rasche Formu­ lierung" ebenfalls für wünschenswert hält, finden sich in Nr. 188 S. 181 ff. l. c. und Nr. 192 S. 185, Die früheren Vorschläge siehe 1. c. Nr. 172, Nr. 177 und 178. Gegenüber den Vorwürfen Sonninos wegen Verschleppung siehe auch die Infor­ mation Baron Burians an v. Macchio Nr. 183 1. c. auf dessen Hinweis, daß Sonni, no mit Rücksicht auf die „angeblich hinhaltende Taktik der k. k. Regierung" die Ver­ handlungen abbrechen könne (siehe Nr. 182 i.f.). Es heißt in dieser Information vom 14. Mai 1915 (S. 174 des in. österr. Rotbuches): „Wenn Baron Sonnino ferner versuchen sollte, eine mit der Würde Italiens unvereinbare hinhaltende Taktik der k. u. k. Regierung nachzuweisen, so wäre dem mit der Konstatierung entgegenzutreten, daß die italienische Regierung ihrerseits sich lange weigerte, ihre Forderungen zu präzisieren, indem sie von uns bloß die Annahme der vagen und daher doppelt bedenklichen Diskussionsbasis der Ab­ tretung eigenen Gebietes verlangte, daß sie ferner dann von Etappe zu Etappe unsere Anbote als ungenügend bezeichnete und selbst erst in einem späten Stadium der Verhandlungen und nur auf unseren direkten Wunsch mit Forderungen, aller, dings sehr weitgehender Natur, hervortrat. Nach alledem steht es Baron Sonnino,

welcher die ungleich leichtere Rolle d«S Fordernden hatte, wohl nicht tu, uns, welchen schwer tu bringende Opfer zugemutet wurden, ein gewisses Zögern tum Der, würfe tu machen. Baron Sonnioo gerät übrigens mit sich selbst ln Widerspruch, wenn er bei uns eine hinhaltende Taktik relevieren zu sollen glaubt, während er in einem Atem konstatiert, baß er selbst die Verhandlungen wiederholt fallen -e, lasse» hat, was jedenfalls nicht zu einem glatten und raschen Verlaufe derselben beitragen konnte. Zm übrigen dürfte es Euer Exzellenz, da Sie mit allen Phasen und Details unserer Verhandlungen genau vertraut sind, wohl nicht schwer fallen, den etwaigen Auslassungen Baron Souotnos auf geeignetem Wege mit zutreffenden Argumenten entgegenzutreten." HL Antwort Deutschlands auf die «Kündigung" des Drekbundvertrages durch Italien. (Siehe auch das folgende Kap. 79.) Die „Nordd. Allge. Ztg." veröffentlicht am 20. Mai 1915 unter der obigen Überschrift nachfolgenden Artikel: Der Oreibundvertrag bestimmte, daß der casus foederis gleichzeitig für die drei Dertragsmächte eintrete, wenn einer oder zwei der Vertragschließenden ohne direkte Provokation ihrerseits von zwei oder drei Großmächten angegriffen und in «inen Krieg verwickelt würde. Als nach dem Attentat von Serajewo Österreich,Ungarn gezwungen «urde, gegen Serbien vorzugehen, um der dauernden Bedrohung seiner Lebens, Interessen durch die großserbtschen Umtriebe eia Ende zu bereiten, fiel ihm Rußland in den Arm. Während noch Deutschland auf Anruf des Zaren bemüht war, den zwischen Wien und Petersburg drohenden Konflikt schiedlich zu schlichten, machte Rußland seine gesamte Wehrmacht mobil und entfesselte so den Weltkrieg. Die Provokation lag also auf russischer Seite. Gleichwohl erachtete die italienische Regierung mit der Behauptung, daß Österreich,Ungarn aggressiv gegen Serbien vorgegangen sei und dadurch das Eingreifen Rußlands veranlaßt habe, den casus foederis nicht für gegeben. Auch machte sie geltend, die österreichisch,ungarische Regierung habe sich, indem sie Italien von dem beabsichtigten Ultimatum an Serbien vorher nicht in Kenntnis gesetzt habe, eine Verletzung beS Artikels 7 des Dreibundvertrags zuschulden kommen lassen. Dieser Artikel verpflichtet Österreich,Ungarn und Italien zu vor, heriger Verständigung über gegenseitige Kompensationen für den Fall, daß sich ein« der beiden Mächte genötigt sehe, den status quo auf dem Balkan durch eine zeitweilige oder bauernde Okkupation zu ändern. Oie Berufung auf Artikel 7 wäre begründet gewesen, wenn Österreich,Ungar« auf einen Machtzuwachs auf dem Balkan ausgegangen wäre. Wien hatte jedoch schon vor Kriegsausbruch in Petersburg und Rom erklärt, daß Österreich, Ungarn keine Gebietserwerbung auf Kosten Serbiens erstrebe. Die beiden im Kriege stehenden Zentralmächte wären daher berechtigt ge, wesen, die Einwände Italiens gegen feine DündniSpflicht nicht anzuer, kennen. In loyalem Verständnis für die nicht leichte innere und äußer« Lage Italiens zogen sie eS jedoch vor, eine einseitige Auslegung des Dreibund, Vertrages hinzunehmen und sich mit der Erklärung wohlwollender NeutralttSt, zu der der Vertrag unzweifelhaft verpflichtete, zu begnügen. Obgleich Artikel 7

7i3 auf Kompensationen nur für den Fall eines Machtzuwachses am Balkan hinzielt, erklärte sich die österreichisch,ungarische Regierung wegen der mit Ausbruch deS Krieges eingetretenen Möglichkeit einer Machtverschiebung grundsätzlich bereit, eventuelle Kompensationen ins Auge zu fassen. Mehr und mehr stellte sich im weiteren Verlauf heraus, daß nach dem Tode deS Ministers Marquis di San G iuliano in Italien starke Kräfte am Werk waren, um für die Bewilligung der Neutralität noch einen besonderen Vorteil von der Donau-Monarchie herauszuschlagen. Die italienische Regierung fing an zu rüsten, und mit den Rüstungen stiegen die Forderungen der Jrredentisten, Republikaner, Freimaurer und sonstigen Franzosenfreunde. Bald handelte es sich nicht mehr um die Forderungen des Trentino, sondern um den Erwerb noch anderer alter österreichischer Erblande an den südlichen Grenzen der Monarchie als Preis dafür, daß Italien den in heißen Kämpfen fechtenden Bundesgenossen nicht in den Rücken falle. In dem natürlichen Bestreben, Italien vom Kriege fernzuhalten und die österreichisch-italienischen Beziehungen auf eine neue freundschaftliche Grundlage zu stellen, hat die deutsche Regierung nichts unversucht gelassen, um eine Einigung zwischen Österreich-Ungarn und seinem italienischen Bundesgenossen herbeizuführen. Die Verhandlungen kamen langsam in Gang. Erschwert wurden sie von vornherein durch das Verlangender italienischen Regierung, daß die vereinbarten Ge, bietsabtretungen sofort in Kraft gesetzt werden müßten. Um den in diesem Verlangen liegenden Argwohn zu zerstreuen, wurde am 19. März 1915 die Garantie der deutschen Regierung für die Durchführung der Ver­ einbarung unmittelbar nach dem Kriege zugesagt. Auf das erste bestimmte Anger, bot Österreich-Ungarns vom Ende März 1915, das bereits die Abtretung des ita­ lienischen Sprachgebiets in Südtirol in Aussicht stellte, ging die italienische Regierung nicht ein, sondern gab ihre eigenen Forderungen erst am 11. April der öster­ reichisch-ungarischen Regierung wie folgt bekannt: Oie absolute Preisgabe des Trentino auf Grund der 1811 festgesetzten Grenzen, d. h. mit Einschluß des weit außerhalb des italienischen Sprachgebiets liegenden urdeutschen Bozen, eine Grenzberichtigung zugunsten Italiens am Jsonzo mit Einschluß von Görz und Gradiska und Monfalcone, die Umwandlung Triests mit seinem bis an die Jsonzo-Grenze vorgeschobenen Hinterland nebst Capodistria in einen unabhängigen Freistaat, die Abtretung der Curzolari, Jnselgruppe mit Lissa, Lesina, Curzola, Lagosta, Dazza und Meleda. Alle diese Abtretungen sollten sofort vollzogen werben, die aus den ab, getretenen Landesteilen stammenden Angehörigen der Armee und Marine sofort entlassen werden. Ferner beansprucht Italien die volle Souveränität über Valona und Sasebo mit Hinterland und völliges Desinteressement Österreich, Ungarns in Albanien. Hingegen bot Italien eine Pauschalsaumme von 200 Mil, (Ionen Fr. als Ablösung aller Lasten und die Übernahme der Verpflichtung an, während der ganzen Dauer des Krieges neutral zu bleiben. Auf Geltendmachung von wetteren Kompensationsforderungen aus Artikel 7 des Dreibundvertrages wollte es für die Dauer des Krieges verzichten und erwartete von Österreich-Ungarn einen gleichen Verzicht in bezug auf die italienische Besetzung der Inseln des Dode­ kanes. Obwohl diese Forderungen über das Maß dessen weit hinausgingen, was

7i4 Italien selbst zur Befriedigung seiner nationalen Aspirationen verlangen konnte, brach doch die k. und k. Regierung die Verhandlungen nicht ab, sondern versuchte weiter mit der italienischen Regierung zu einer Verständigung zu gelangen. Die deutsche Regierung tat alle-, waS in ihrer Macht stand, um die italienische Regierung zu einer Verständigung ihrer Ansprüche zu bewegen, deren bedingungslose Annahme die berechtigten Interessen und auch die Würde der österreichisch-ungarischen Monarchie schwer verletzt hätte. Während diese Verhandlungen noch schwebten, gab der italienische Botschaf, ter in Wien am 4. Mat der österreichisch-ungarischen Regierung die Erklärung ab, daß Italien den Bündnisvertrag mit Ssterreich-Ungarn als durch dessen Vorgehen gegen Serbien im August vorigen JahreS gebrochen ansehe. Gleich, zeitig erklärte der Botschafter, daß er alle von seiner Regierung bisher gemachten Angebote zurückziehe. Diese sogenannte Kündigung des. noch bis 192c laufenden Vertrages ging also bis in die kritischen Julitage des vorigen Jahres zurück und stand im Widerspruch nicht nur mit der wohlwollenden und freundschaftlichen Er­ klärung des Königs von Italien vom August 1914 und seiner damaligen Regierung, sondern auch mit den inzwischen von der gegenwärtigen italienischen Regierung auf den Artikel / des Vertrags künstlich aufgebauten KompensationS, ansprachen. Es muß dahingestellt bleiben, ob die maßgebenden Personen deS italienischen Kabinetts bei dieser Schwenkung einer inzwischen durch geheime Abrede verstärkten Hinneigung zu den Feinden der mit Italien verbündeten Staaten, oder ob fle dem Druck der öffentlichen Meinung nachgaben, die sich unter der fort, gesetzten Anfeuerung der im fremden Solde stehenden Blätter immer mehr gegen die Ientralmächte erhitzt hatte. Dem Deutschen Reich gegenüber beschränkte sich die italienische Regierung darauf, die in Wien am 4. Mai abgegebene Erklärung in Berlin zur Kenntnis zu bringen. Ein letzter Versuchten Übertritt des bisherigen Bundesgenossen in das feindliche Lager zu verhindern, wurde am 10. Mai mit den noch beträchtlich er, weiterten Zusagen der österreichisch,ungarischen Regierung gemacht, die der Reichs, kanzler am 18. Mai im Reichstag vorgelesen hat. Soweit der geschichtliche Hergang. Nach dieser sachlichen Darlegung wird kein Grünbuch etwas daran ändern können, daß, wenn die italienische Regierung zu den Waffen gegen die bisherigen Bundesgenossen ruft, fle dies unter Bruch von Treu und Glauben und um einen Machtzuwachs tun würde, der dem italienischen Volk mit allen möglichen Garantien steiwillig und ohne Blutvergießen dargeboten wurde. IV. Die Antwort Bsterreich-Ungarns an Italien. Die k. und k. Regierung beantwortete die Mitteilung Italiens, daß es den Dreibundsvertrag als aufgehoben betrachtet, mit folgender Note, die am 21. Mai nachmittags vom Minister des Äußeren Baron Burian dem italienischen Botschafter Herzog Avarna übergeben wurde: Der österreichischmogarische Minister des Äußeren hatte die Ehre, die Mit­ teilung betreffend die Aufhebung des Dreibundvertrags |u erhalten, welche der Herr italienische Botschafter ihm im Aufträge der königlich italienischen Regierung

715 am 4. Mai machte. Mit peinlicher Überraschung hat die k. und k. Regierung Kennt, niS genommen von der Entschließung der italienischen Regierung, auf eine so unver, mutete Weise dem Vertrage ein Ende zu bereiten, der, auf der Gemeinsamkeit unserer wichtigsten politischen Interessen fußend, unseren Staaten seit so langen Jahren die Sicherheit und den Frieden verbürgt und Italien notorische Dienste geleistet hat. Dieses Erstaunen ist umso gerechtfertigter^ als die von der königlichen Regie, rung zur Begründung ihrer Entscheidung in erster Linie angeführten Tatsachen auf mehr als neun Monate zurückgehen, und, als die königliche Regierung seit diesem Zeitpunkt wiederholt ihren Wunsch kundgab, die Bande der Allianz zwischen unseren beiden Ländern aufrechtzuerhalten und noch zu verstärken, ein Wunsch, der in Österreich,Ungarn immer günstige Aufnahme und herzlichen Widerhall fand. Die Gründe, welche die k. und k. Regierung zwangen, im Monat Juli deS vergangenen Jahres an Serbien ein Ultimatum zu richten, sind zu bekannt, als daß es nötig wäre, sie hier zu wiederholen. DaS Ziel, welches sich Österreich^Ungarn setzte und daS einzig und allein darin bestand, die Monarchie gegen die um, stürzlerischen Machenschaften Serbiens zu schützen und die Fortsetzung der Agitation zu verhindern, die geradezu auf die Zerstückelung Österreich, Ungarns ausging, zahlreiche Attentate und schließlich die Tragödie von Serajewo im Gefolge hatte, konnte die Interessen Italiens in keiner Weise berühren, denn die k. und k. Regierung hat niemals vorausgesetzt und hält es für ausgeschlossen, daß die Interessen Italiens irgendwie mit verbrecherischen Umtrieben identifiziert werden könnten, welche gegen die Sicherheit und die Gebietsintegrität Österreich, Ungarns gerichtet und von der Belgrader Regierung leider geduldet und er, mutigt worden waren. Die italienische Regierung war übrigens davon in Kennt­ nis gesetzt worden und wußte, daß Österreich-Ungarn in Serbien keine Er, oberungSabsichten hatte. Es wurde in Rom ausdrücklich erklärt, daß Öster, reich-Ungarn, wenn der Krieg lokalisiert bliebe, nicht die Absicht hatte, die Ge, bietsintegrität oder die Souveränität Serbiens anzutasten. Als infolge des Ein­ greifens Rußlands der rein lokale Streit zwischen Österreich-Ungarn und Serbien im Gegensatze zu unseren Wünschen einen europäischen Charakter annahm und flch Österreich-Ungarn und Deutschland von mehreren Großmächten angegriffen sahen, erklärte die königliche Regierung die Neutralität Italiens, ohne jedoch die geringste Anspielung darauf zu machen, daß dieser von Rußland hervorgerufene, von langer Hand vorbereitete Krieg geeignet sein könnte, dem Dreibundvertrage seinen Existenzgrund zu entziehen. Es ge, nügt, an die Erklärungen, welche in jenem Zeitpunkt weiland Marchese San Gtuliano abgab und an das Telegramm, welches der König von Italien am 2. August 1914 an den Kaiser und König richtete, zu erinnern, um festzustellen, daß die königliche Regierung damals im Vorgehen Österreich,Ungarns nichts sah, waS den Bestimmungen unseres Bundesvertrags entgegen gewesen wäre. Don den Mächten des Dreiverbandes angegriffen/mußten ÖsterreichMngarn und Deutschland ihre Gebiete verteidigen; aber dieser Verteidigungskrieg hatte keineswegs die Verwirklichung eines den Lebensinteressen Italiens entgegenge, setzten Programms zum Ziele. Diese Lebensinteressen oder das, waS uns von ihnen bekannt sein konnte, waren in keiner Weife bedroht. Wenn übrigens die italienische

716 Regierung in dieser Hinsicht Bedenken gehabt hätte, hätte sie sie geltend machen können, und sicherlich hätte sie sowohl in Wien, als auch in Berlin den besten Wil, len turn Schutze dieser Interessen gefunden. Die königliche Regierung war damals der Ansicht, daß sich ihre beiden Verbündeten nach Lage der Dinge Italien gegen, über nicht auf den Büadnisfall berufen konnten, aber sie machte keine Mitteilung, welche i« dem Glauben berechtigt hätte, daß sie bas Vorgehen Österreich,Ungarnals „flagrante Verletzung des Wertes und des Geistes des Dünd, nisvertrageS" ansehe. Die Kabinette von Wien und Berlin ließen, wenn sie auch Italiens Entschluß, neutral zu bleiben — ein Entschluß, der nach unserer Ansicht mit dem Geist des Vertrages kaum vereinbar war —, bedauerten, die Ansicht der italienischen Regierung dennoch in loyaler Weise gelten, und der Mei, nungsaustausch, der in jenem Zeitpunkte stattfand, stellte die unveränderte Aufrechterhaltung des Dreibundes fest. Gerade mit Berufung auf diesen Der, trag, insbesondere auf dessen Artikel 7, legte uns die königliche Regierung Ansprüche vor, die dahin gingen, gewisse Entschädigungen für den Fall in erhalten, daß Österreich, Ungarn seinerseits aus dem Kriege Dortelle territorialer oder anderer Natur auf der Balkanhalbinsel jöge. Die k. und k. Regierung nahm diesen Standpunkt an und erklärte sich bereit, die Frage einer Prüfung zu unter, ziehen, indem sie gleichiettig darauf hinwies, daß es, solange man nicht In Kenntnis der Österreich-Ungarn eventuell zufallenden Vorteile sei, schwer wäre, hierfür Kom, pensationen festzusetzen. Die königliche Regierung teilte diese Auffassung, wie sowohl aus der Erklärung des seither verstorbenen Marchese bi San Giuliano vom 2;. August 1914 hervorgeht, in der es heißt: „Es wäre verfrüht, jetzt von Kompensationen m sprechen", wie aus den Bemerkungen deS Herzogs von Avarna nach unserem Rückzug aus Serbien: „Gegenwärtig gibt e- kein Kompensationsobjekt". Nichtsdestoweniger war die k. und k. Regierung immer bereit, über diesen Gegenstand eine Konversation zu beginnen, als die italienische Regierung, indem sie auch jetzt noch ihren Wunsch nach Aufrechterhaltung und Befestigung unseres Bündnisses wiederholte, besondere Forderungen vorbrachte, welche unter dem Titel einer Entschädigung die Abtretung integrierender Bestandteile der Monarchie an Italien betrafen. Hat doch auch die k. und k. Regierung, die auf die Erhaltung bester Beziehungen zu Italien den größten Wert legte, selbst diese Derhand, lungsgrundlage angenommen, obwohl nach ihrer Meinung der in Rede stehende Artikel 7 niemals auf Gebiete der zwei vertragschließenden Teile, sondern einzig und allein auf die Balkanhalbinsel Bezug hatte. In den Verhandlungen, die über diesen Gegenstand gepflogen wurde», zeigte sich die k. und k. Regierung stetS von dem aufrichtigen Wunsche geleitet, zu einer Verständigung mit Italien zu gelangen, und wenn es ihr aus ethischen, politischen und militärischen Gründen, die in Rom ausführlich auseinandergesetzt worden sind, unmöglich war, alle» Forderungen der königlichen Regierung nachzugeben, so sind doch die Opfer, die die k. und k. Regierung zu bringen bereit war, so bedeutend, baß sie nur der Wunsch, ein seit so vielen Jahren zum gemeinsamen Vorteil unserer beiden Länder bestehendeBündnis aufrechtzuerhalten, zu rechtfertigen vermag. Die königliche Regierung bemängelt eS, daß die von Österreich-Ungarn angebotenen Zuge­ ständnisse erst in einem unbestimmten Zeitpunkte, d. h. erst am Ende deS Kriege-,

7i7 verwirklicht werden sollten, und sie scheint daraus i» folgern, daß diese Zugeständnisse dadurch den ganren Wert verlieren würden. Indem die k. und k. Regierung die materielle Unmöglichkeit der sofortigen Übergabe der abgetretenen Gebiet« her­ vorhob, leigte sie sich dennoch bereit, alle möglichen Garantien zu bieten, um diese Übergabe vorlubereiten und sie schon jetzt für eine wenig entfernte Frist ju sicher». Der offensichtlich gute Wille und der versöhnliche Sinn, den die k. und k. Regierung im Laufe der Verhandlungen bewies, scheinen die Meinung der italienischen Re, gierung, man müßte auf jede Hoffnung verrichten, iu einem Einvernehmen tu ge­ langen, in keiner Weise iu rechtfertigen. Ein solches Einvernehmen kann jedoch nur erreicht werden, wenn auf beiden Seiten derselbe aufrichtige Wunsch nach einer Verständigung herrscht. Die k. und k. Regierung vermag die Erklärung der italienischen Regierung, ihre volle Handlungsfreiheit wieder erlangen zu wollen und ihren Bündnisvertrag mit Ssterreich-Ungarn als nichtig und fortan wirkungslos ru betrachten, nicht tur Kenntnis tu nehmen, da eine solche Erklärung der königlichen Regierung im entschiedenen Widerspruch r« de» feierlich eingegangenen Verpflichtungen steht, welche Italien in dem Vertrage vom 5. Derember 1912 auf sich genommen hat, der die Dauer unserer Allianr bis rum 8. Juli 1920 festsetzte, seine Kündigung nur ei« Jahr vorher gestattete und keine Kündigung oder Nichtigkeits­ erklärung vor diesem Zeitpunkte vorsah. Da sich die italienische Regierung aller ihrer Verpflichtungen wtllkürlicherweise entledigte, so lehnt die k. und k. Regierung die Verantwortlichkeit für alle Folgen ab, die sich aus dieser Dorgangswetse ergeben könnten. (Siehe österr. Rotbuch II Rr. 9 und Rotbuch Hl Nr. 200.) Anmerkung. Der Note (Rotbuch III Nr. 200) gehe« für die Zeit vom 15. bis 2i. Mai interessante persön. Beobachtungsberichte des Freih. von Macchio voraus (siehe bort Nr. 186—198), die auf de» Charakter der italienischen Politik und ihrer Leiter klare Schlaglichter werfen, v. Macchio berichtet am 15. Mat vom „abge­ lauerten Spiele" mit der Entente und den Plänen Martinis, „der sich jeden Morgen bet dem englischen Botschafter (Rodd) seine Instruktionen holte", den Bruch herbetruführen. Oie Chantage geht weiter, um „ein Maximum von Zugeständ­ nissen auch von der Tripleentente r« erpressen" (Mr. 187). Oie Berichte über die Straßenpolitik und „Mache" des Kabinetts Salanbra, das über Nacht populär geworden ist" (Nr. 189), über die Art der Verhandlung seitens SonntnoS (Nr. 191 «ab 194), dem v. Macchio vergebens die Zunge zu lösen versucht, um die positive Stellungnahme der italienischen Regierung r» erfahren. „Aber die Unterredung (vom 18. Mai) blieb ein Monolog; als ich geendet", berichtet v. Macchio, „ver­ sicherte er (Sonaino) sich nur, ob die Grenrlinie im Trenlino dieselbe sei wie die früher von Wien vorgeschlagene" (1. c. Nr. 194). „Zu irgendeiner Äußerung über den Vertragsentwurf war Sonnino absolut nicht r« bringen." „Aller Wahrschein­ lichkeit nach wird übermorgen in der Kammer die Entscheidung gegen «ns fallen und alles Weitere sich sehr rasch abwickeln." Macchio hat hier richtig prophereit. „Allgemein ist jetzt die Überreugung ver, breitet, baß Bindung gegenüber Entente soweit geht, daß dagegen nichts mehr tu machen sei" (l. c. Nr. 196). Macchio erhält überhaupt keine Antwort auf seine Briefe mehr: „Ein Mangel irgendwelcher Reagierung darauf" (Nr. 197). Am 20. Mai berichtet er über den Verlauf der entscheidende» Kammersitzung desselben Tage-

7x8 (1. c. Nr. 198), m dem 407 Stimmen für und 74 gegen die Regierung abgegeoen wurden (außerordentliche Vollmachten für den Kriegsfall). Macchio bemerkt: „Die vom Abschaum der Bevölkerung, offenbar bestellten Massen, inszenierte Demon, stration in der Kammer war ausschließlich gegen Herrn Giolitti gerichtet." Über die Senatsdebatte vom 21. Mai 1915 berichtet von Macchio am gleichen Tage (1. c. Nr. 201): „Sie überbot in patriotischen Superlativen noch die gestrige Kammerdebatte." Und nochmals machte Baron Burian den letzten Versuch, „um unsere beiderseitigen Länder vor dem sinnlosen Kriege zu retten", — „einen letzten Ver­ such bei Baron Sonnino zu machen und ihn zu fragen, ob er geneigt wäre, den Akkord nach unserem letzten Vorschlage vollinhaltlich zu unterfertigen, wenn wir, ohne aber die sofortige militärische Besetzung einzuräumen, Italien in bet Frage der mise en esset noch um einen Schritt entgegenkämen" (Nr. 202 1. c. vom 22. Mai 1915). Die Antwort darauf lautet wörtlich (1. c. Nr. 203 vom 26. Mai 1915): „Im Sinne Euer Exzellenz gestrigen Telegrammes habe ich heute Baron Sonnino in freundschaftlicher Weise daran- erinnert, daß er mir keinerlei Antwort auf die letzten Propositionen, deren Vorlage an den Ministerrat er in Aussicht ge, stellt hätte, habe zukommen lassen. Sonnino wies auf die Kundgebungen der letzten Tage und auf die entscheidende Abstimmung des Parlamentes hin, die in Übereinstimmung mit den vorherigen Ministerconseils diese jüngste Proposition als verspätet erscheinen lassen. In Verwertung Euer Exzellenz heutigen Telegrammes sagte ich ihm hierauf, daß ich mich immer bemüht hätte, eine Verständigung bis zum letzten Momente zu fördern, und daß ich auch jetzt noch einen Vorschlag machen wolle, um diesem Zwecke zu dienen. Ich würde mich nämlich anheischig machen, meine Regierung zu bestimmen, bezüglich der mise en esset ungeachtet der letzten schon so wirksamen Terminbestimmung noch einen Schritt weiterzugehen, wenn er geneigt wäre, den letzten Akkordentwurf en bloc anzunehmen. Oer Minister erwiderte, es sei zu spät, er habe von Anfang an die mise en esset als das Pivot der ganzen Verständigung betrachtet, aber auch in dem letzten Vorschlage biete der Beginn des Termines mit der Ratifizierung des Vertrages wieder das Mittel, um alles auf die lange Bank zu schieben. Alle meine Versuche, das Thema fortzuspinnen, scheiterten an der stereotypen Phrase, es sei zu spät."

719 79» Kapitel.

Der tatsächliche Eintritt Italiens in den Urieg. 1. die Kriegserklärung. Wien, 2z. Mai. Der italienische Botschafter überreichte dem Minister des Äußeren die Erklärung, daß Italien sich von morgen ab im Kriegszustände mit Hsierreich-Ungarn befindlich betrachte. Wien, LZ. Mai. Der Text der vom kgl. italienischen Botschafter dem k. k. Minister des k. k. Hauses und des Äußeren überbrachten Kriegserklärung hat folgenden Wortlaut:

Wien, am 23. Mai 1915» Den Befehlen Seiner Majestät des Königs, des erhabenen Herrschers, ent­ sprechend, hat der unterzeichnete k. italienische Botschafter die Ehre, Sr. Exzellenz dem Herrn österreichisch-ungarischen Minister des Äußeren folgende Mitteilung zu übergeben: Am 4. ds. Mts. wurden der k.k. Regierung die schwerwiegenden Gründe bekanntgegeben, weshalb Italien im Vertrauen auf sein gutes Recht seinen Bündnisvertrag mit Hsterretch-Ungarn, der von der k. k. Regierung verletzt worden war, für nichtig und von nun an für wirkungslos erklärt und seine Handlungsfreiheit in dieser Hinsicht wieder erlangt hat. Fest ent­ schlossen, mit allen Mitteln, über die sie verfügt, für die Wahrung der italienischen Rechte und Interessen Sorge zu tragen, kann die k. Regierung sich nicht ihrer Pflicht entziehen, gegen jede gegenwärtige und zukünftige Bedrohung zum Zwecke der Erfüllung der nationalen Aspirationen jene Maßnahmen zu ergreifen, die ihr die Ereignisse auferlegen. Seine Majestät der König erklärt, daß er sich von morgen ab als im Kriegszustand mit Österreich-Ungarn befindlich betrachtet. Der Unter­ zeichnete hat die Ehre, Sr. Exzellenz dem Herrn Minister des Äußeren gleichzeitig mitzuteilen, daß noch heute dem k. k. Botschafter in Rom die Pässe werden zur Der, fügung gestellt werden, und wäre Sr. Exzellenz dankbar, wenn ihm die seinen übermittelt würden. (Hsterr. Rotbuch II Nr. 10.) gez. Avarna. Der deutsche Botschafter Fürst Bülow erhielt (23. Mai) von der Consulta die amtliche Mitteilung, daß Italien sich ab morgen als im Kriegszustand mit Österreich-Ungarn befindlicherachte. 2. Manifest Kaiser Kranz Josephs. Wien, 24. Mai. Eine Extraausgabe der „Wiener Ztg." veröffent­ licht folgendes Allerhöchstes Handschreiben:

Lieber Graf Stürgkh! Ich beauftrage Sie, das angeschlossene Manifest an Meine Völker zur allgemeinen Verlautbarung zu bringen. Wien, 23. Mat. gez. Franz Joseph M.P. „Der König von Italien erklärte Mir den Krieg. Ein Lreubruch, dessengleichen die Geschichte nicht kennt, wurde von dem Königreich Italien an den beiden Verbündeten begangen. Nach einem Bündnis von mehr als dreißigjähriger Dauer, während dessen es seinen territorialen Besitz mehren und sich zu ungeahnter Blüte entfalten konnte, verließ uns Italien in der Stunde der Gefahr und

720 ging mit fliegenden Fahnen in das Lager unserer Feinde über. Wir bedrrhten Italien nicht, wir schmälerten sein Ansehen nicht und tasteten seine Ehre und Ritter; essen nicht an; wir haben unseren Bündnispflichten stets getreu entsprochen, ihm unseren Schirm gewährt, als es inS Feld zog. Wir haben mehr getan: als Z:alien seine begehrlichen Blicke über unsere Grenzen sandte, waren wir, um das Bündnis, Verhältnis und den Frieden »u erhalten, t« großen «ad schmerzlichen Opfern entschlossen, j» Opfern, die Unserem väterlichen Herten besonders nahegingen. Aber Italiens Begehrlichkeit, das den Moment m nützen sollen glaubte, war nicht t« stillen, und so muß sich das Schicksal erfüllen. Dem mächtigen Feinde im Norden haben in zehnmonatigem gigantischem Ringen in treuester Wissen, brüderschaft mit dem Heere Meines erlauchte» Verbündeten Meine Armeen fleg, reich Stand gehalten. Der neue heimtückische Feind im Süden ist ihnen kein neuer Gegner. Oie großen Erinnerungen an Novara, Mortara, Custozza, die den Stolz Meiner Jugend bilden, der Geist Radetzkys, des ErthertogS Albrecht, Tegetthoffs, der in Meiner Land, und Seemacht fortlebt, bürge» Mir dafür, daß wir auch gegen Süden hin die Grenzen der Monarchie erfolgreich verteidigen «erden. Ich grüße Meine kampfbewährten, fiegerprobten Truppen. Ich vertrau« auf fle und ihre Führer. Ich vertraue auf Meine Völker, deren beispiellosem Opfer, mute Mein innigster väterlicher Dank gebührt. Den Allmächtigen biete Ich, daß er unsere Fahnen segne «ad unsere gerechte Sache in seine gnädige Obhut nehme. ge». Franz Joseph m. p. ge;. StUgkh m. p.

3. Offiziöse Äußerungen öer Deutschen Relchsreglerung zur italienischen Kriegserklärung vom 23. Mal 1-15. a. Die italienische Regierung hat heute durch ihren Botschafter Herzog von Avarna der öfterreich,ungarischen Regierung erklären lassen, daß sich Italien von Mitternacht ab im Kriegszustände mit Öfter, reich,Ungarn befinde. Die italienische Regierung hat durch diesen vom Zaune gebroche, nen Angriff gegen die Donaumonarchie das Bündnis auch mit Deutschland ohne Recht und Grund zerrissen. Das durch die Waffenbrüderschaft noch fester geschmiedete vertragsmäßige Treueverhältnis zwischen Österreich,Ungarn und dem Deutschen Reiche ist durch den Abfall des dritten Bundesgenossen und seinen Übergang in das Lager ihrer Feinde unversehrt geblieben. Der deutsche Botschafter Fürst Bülow hat Anweisung erhalten, Rom zugleich mit dem österreichisch,ungarischen Botschafter Baron Macchio zu verlassen. An der Spitze der „Nord. Allg. Ztg." vom Sonntag, 22. Ok, tober 1916, finden sich folgende Feststellungen: Die offiziöse „Tribuna" hat flch gegen die Feststellung des Reichskanzlers in seiner letzten Rede gewandt, daß Fürst Bülow vor seiner Aireise aus Rom der italienischen Regierung mitgeteilt habe, die italienische Armee werde in ihrem

721

Kampf mit Hsterreich-Ungarn auch auf deutsche Truppen stoßen. Das Blatt behauptet. Fürst Bülow habe diese Drohung nur angedeutet, aber nicht in dem Augenblick des Eintretens Italiens in den Krieg, weil sie alsdann keinen Zweck mehr gehabt hätte, sondern während der Unterhandlungen. Sie hätte als Ab­ schreckungsmittel dienen sollen. Da sich die feindliche Presse die Behauptung der „Tribuna" zu eigen ge­ macht und zum Anlaß genommen hat, zu behaupten, der Reichskanzler habe mit seiner Erklärung bezweckt, Unfrieden zwischen Italien und seinen Bundesgenossen zu stiften, so veröffentlichen wir nachstehend den Wortlaut der dem Fürsten seiner­ zeit erteilten Instruktion und seiner Meldung über die erfolgte Ausführung. Berlin, 22. Mai 1915. Wenn die italienische Regierung ihre Beziehungen zu der österreichisch­ ungarischen Regierung abbricht, wollen Eure Durchlaucht ebenfalls Ihre Pässe fordern. Beim Abschied bitte ich Sie, Baron Sonnino zu erklären, Sie müßten ihn darauf aufmerksam machen, daß die österreichisch-ungarischen Heeresverbände überall mit deutschen Truppen vermischt seien und daß ein Angriff gegen österreichisch-ungarische Truppen sich also auch zugleich gegen deutsche Truppen richten werde. gez. Bethmann Hollweg. An Fürst Bülow, Rom. Rom, 23. Mai 1915. Das dortige Telegramm traf erst nach meinem letzten Besuch bei Baron Sonnino ein. Ich habe daher den Botschaftsrat von Hindenburg beauftragt, sich mit dem Generalsekretär im Ministerium des Äußeren Herrn de Martins gegenüber im Sinne der mir erteilten Weisung auszusprechen. Herr v. Hindenburg meldet mir über die Erledigung seines Auftrages: „Herr de Martino bemerkte mir, dies sei eine sehr ernste und höchst bedauer­ liche Nachricht. Wenn deutsche Truppen sofort in eine ernste Aktion gegen italie­ nische Truppen einträten, so würde das in Italien auch einen Haß gegen Deutschläü6 hervorrufen, von dem gegenwärtig keine Rede sei. Dadurch würde zwischen beiden Völkern ein Abgrund entstehen, den viele Jahre friedlicher Annäherungs­ arbeit nicht würden überbrücken können. Herr de Martino war so bewegt, wie ich ihn sonst nie gesehen habe. Als ich ihn verließ, betonte er wiederholt, daß Deutschland und Italien keine widerstrebenden politischen Interessen hätten. Cr gäbe sich der Hoffnung hin, daß der Krieg nicht zu animos geführt und auf diese Weise zu einem unheilbaren Bruch zwischen beiden Völkern führen werde." gez. Bülow. Anmerkung. Dies ist auch geschehen, v. Maccchio hatte am 20. Mat im Anschluß an dem Kammerbericht bereits geschrieben: „Man muß stündlich auf den Abbruch der Beziehungen gefaßt sein." — d. Der Reichskanzler von Bethmann tzollweg sprach sich (siehe Sten. Bericht S. 141 ff.) über die Kriegserklärung Italiens an österreich-Ungarn folgendermaßen am 28. Mai 1915 im Deutschen Reichstag aus: Dr. v. Bethmann Hollweg, Reichskanzler: Als ich vor acht Tagen zu Ihnen sprach, schien noch ein Schimmer von Hoffnung zu bestehen, daß Müller-Melnlngen, Entstehung deS Weltkriegs.

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722

M Losschlagen Italiens vermieden «erben könnte. Die Hoffnung hat getrogen. Das deutsche Empfinden sträubte sich, an die Möglichkeit einer solchen Wendung |tt glauben. Jetzt hat die italienische Regierung selbst ihre« Treubruch mit blutigen Lettern unvergänglich in das Buch der Weltgeschichte eingeschrieben. Ich glaube, es war Macchiavelli, der einmal gesagt hat, jeder Krieg, der not, «endig sei, sei auch gerecht. War von diesem nüchternen, realpolitischen Standpunkt au-, der von allen moralischen Reflexionen absteht, war auch nur so gesehen, dieser Krieg notwendig? Ist er nicht vielmehr geradezu sinnlos? Niemand bedrohte Italien, weder Österreich,Ungarn noch Deutschland. Ob die Tripleeotente es bei Lockungen hat bewenden lassen, daS wird ja di« Geschichte späterhin teigen. Ohne einen Tropfen Blut, ohne das Leben eines eintigen Italieners »n gefährden, konnte Italien die lange Liste der Konzessionen haben, die ich Ihnen neulich verlesen habe: Land in Tirol, am Jsonzo, soweit die italienische Zunge klingt, Befriedigung nationaler Wünsche in Triest, freie Hand in Albanien, den wertvolle» Hafen ln Valona. Warum haben die Herren Salandra und Sonnino bas nicht genommen? Wollen ste etwa auch daS deutsche Tirol erobern? Hände «eg! Ober will sich Italien an Deutschland reiben, an dem Lande, dem es doch bet seinem Werden tur Großmacht so manches tu verdanken hat, an dem Lande, von dem es durch keinerlei Interessengegensätze getrennt ist? Wir haben in Rom keinen Zweifel darüber gelassen, daß der italienische Angriff auf österreichisch,ungarische Truppen auch deutsche Truppen treffen wird^ Weshalb hat denn also Rom die weitgehenden Anerbietungen Wiens so leichtherzig abgelehnt? Das italienische Kriegsmanifest, «in Dokument, das schlechtes Gewissen hinter hohlen Phrasen verbirgt, gibt «ns keinen Ausschluß. Man hat sich vielleicht doch gescheut, offiziell auszusprechen, was man durch die Presse und durch die Gespräche der parlamentarischen WanbelgSnge las Vorwand verbreiten ließ, die österreichischen Angebote seien tu spät gekommen, und man habe ihnen nicht trauen können. Wie steht es denn in Wirklichkeit damit? Die römische» Staatsmänner hatten doch wohl kein Recht, an die Vertrauenswürdigkeit anderer Nationen den, selben Maßstab antulegen, den ste sich für die eigene Vertragstreue gebildet haben. Und Deutschland bürgte mit seinem Wort dafür, daß die Kontesfionen durchge, führt würden. Meine Herren, da war kein Raum für Mißtrauen. Und weshalb t« spät? Das Trentino war am 4. Mal kein anderes Land, als es im Februar ge, wesen wäre, und im Mai war zum Trentino noch «ine ganje Reihe weitgehender Konzessionen hinzugekommen, an die im Winter nicht einmal gedacht war. Nein, wein« Herren, zu spät war es, weil die römischen Staatsmänner flch nicht gescheut hatten, schon vorher, während der Dreibund noch leibte und lebte, — derselbe Drei, bund, von dem der König und die Regierung in Rom auch nach dem Ausbruch beS Weltkrieges ausdrücklich anerkannt hatten, daß er weiterbestehe, well Herr Eonnino sich lange vorher mit der Tripelentente so tief eingelassen hatte, baß er sich aus ihren Arme» nicht mehr loswinden konnte. Schon im Dezember traten Anzeichen für eine Schwenkung beS römischen Kabinetts auf. Zwei Eisen tm Feuer zu haben, ist ja immer nützlich, und Italien halte unS auch früher schon seine Vorliebe für Extratouren gezeigt. Aber hier, meine Herren, war kein Tanzsaal, — hier ist die blutige Walstatt, auf der Österreich, Ungarn und Deutschland für ihr Leben fechten. Und, meine Herren, dasselbe Spiel wie gegen uns haben bi« römischen

72Z Staatsmänner auch gegen das eigene Volk getrieben. Gewiß, das Land italieni, vischer Zunge an der Nordgrenze war von jeher ein Traum und Wunsch, innig begehrt von jedem Italiener. Aber doch ist dieser Krieg ein Kabinettskrieg, denn daö italieni, sche Volt in seiner großen Mehrheit wollte nichts vom Krieg wissen, und auch die Mehrheit des Parlaments wollte es nicht. Noch im Mai haben die besten Kenner der italienischen Verhältnisse feststellen können, daß etwa vier Fünftel des Senats und zwei Drittel der Kammer gegen den Krieg waren, und darunter die ernstesten und gewichtigsten Staatsmänner der ganzen letzten italienischen Epoche. Aber die Vernunft kam nicht mehr zum Wort. Es herrschte allein die Straße. Und die Straße war unter der wohlwollenden Duldung und Förderung der leitenden Männer des italienischen Kabinetts, bearbeitet von dem Golde der Tripleentente, und unter der Führung gewissenloser Kriegshetzer in einen Blutrausch versetzt worden, der dem Könige Revolution und allen Gemäßigten, die sich noch ein nüchterneUrteil bewahrt hatte», Überfall und Mord androhte, wenn sie nicht in die Kriegs, trompete mitstoßen wollten. Über den Gang der österreichisch-ungarischen Verhandlungen und daS Maß der österreichischen Konzessionen war das Volk geflissentlich im Dunkeln gehalten. So kam es, daß nach dem Rücktritt des Kabinetts Salandra sich niemand mehr fand, niemand mehr den Mut hatte, eine neue Kabinettsbllbung zu übernehmen, und daß in den entscheidenen Debatten über die Kriegsvollmachten kein Redner der konstitutionellen Parteien des Senats oder der Kammer den Wert der weit, gehenden österreichischen Konzessionen an die nationalen Wünsche des italienischen Volkes auch nur zu würdigen versucht hat. In dem allgemeinen Kriegstaumel sind die ehrlichen Politiker verstummt. Aber wenn durch die militärischen Ereignisse, wie wir sie hoffen und wünschen, eine Ernüchterung deö italienischen Volkes ein, treten wird, dann werden ihm auch die Augen darüber aufgehen, wie leicht, fertig es in diesen Krieg hineingehetzt worden ist. Wir, meine Herren, haben alles getan, um die Abkehr Italiens vom Bunde |U verhüten. Uns fiel dabei die undankbare Rolle zu, dem treu verbündeten Oster, reich,Ungarn, mit dessen Armeen unsere Truppen tagtäglich Wunden, Tod und Sieg teilen, anzusinnen, die Vertragstreue des Dritten durch die Abtretung alter Erblande zu erkaufenl). Daß Österreich-Ungarn schließlich bis an die äußerste l) Die Pression der deutschen Regierung auf die österreichische, den Forderuugen Italiens nachzugeben, erhellt aus dem italienischen Grünbuche Nr. 8, wo Sonnino über seine erste Zusammenkunft mit Bülow unterm 20. Dez. 1914 berichtet, unter anderem: „Er (Bülow) habe gesagt, wir (d. h. Italien) seien im Recht und hätten alle Ursache, diese Diskussion über die Kompensationen zu ver, langen".. „er halte dafür, daß diese seine Beurtellung der Sachlage ihre Wirkung in Wien gehabt hätte"; ferner 1. c. Nr. 9, wo von Unterstaatssekretär Zimmer, mann durch Bollati erzählt wird, „er habe unaufhörlich darauf gedrungen, daß man in Wien die unvermeidlichen Konsequenzen ziehe. Aber er sei immer auf einen Widerstand gestoßen. (Ma si era sempre finora incontrato in un risiuto, i cui motivi, per quanto non fossero forse basati sui dettami di una politica pratica, egti non poteva non trovare giustificabili.) Oie Überzeugung der unbedingten

Notwendigkeit, daß Österreich sich zu Opfern gegen Italien verstehen müsse, wenn eS ein größeres Unheil vermeiden wollte, ist nunmehr in allen hiesigen leitenden

724

Grenze des Möglichen gegangen ist, wissen Eie. Der Fürst Dülow, der von neuem in den aktiven Dienst beS Reiches getreten ist, hat die gante Summe seines diplo, malischen Geschicks, seiner genaueste» Kenntnis der italienische» Zustände, seine Persönlichkeit und seinen Namen in unermüdlicher Arbeit für «ine Verständigung eingesetzt. Wenn auch seine Arbeit vergeblich geblieben ist — baS ganje Volk bankt fle ihm. Meine Herren, wir «erden auch diesen Sturm aushalten. Anmerkung!. Im ungarischen Abgeordnetenhause führte (Budapest, 26. Mai) Ministerpräsident Graf List« aus: „Der italienische Ministerpräsident führt in seiner letzten Rede die jetzige feindliche Haltung Italiens auf bas von der Monarchie an Serbien gestellte Ultimatum zurück. In dieser Rede Salandras sind drei konkrete Anklagen enthalten, tunächst jene, daß bas Ultimatum daS Gleichgewicht auf dem Balkan erschüttert habe. Nun ist eS eine allgemein bekannte Tatsache, baß wir sowohl unserem Bundesgenossen als auch den andere» Großmächten gegenüber die Erklärung abgegeben haben, daß die Monarchie kei­ nerlei territoriale Änderungen wünscht. Oie Behauptung des italienischen Ministerpräsidenten ist daher eine offenkundige Unwahrheit. Die weite Anklage des italienischen Ministerpräsidenten besagt, daß wir die Einflußsphären auf dem Balkan verändert hätten. Diese Behauptung ist ziemlich unverständ­ lich. Wohl bestanden gewisse Vereinbarungen bezüglich Albaniens; was aber den ganzen Balkan betrifft, so haben wir von jeher den Standpunkt vertreten, daß keine Teilung der Einflußsphäre mSglich sei, baß wir an dem ganten Balkan interessiert sind, jedoch keinerlei Hegemonie auf dem Balkan beanspruchen. Die dritte Anklage SalandraS besteht in der Behauptung, daß die Monarchie den Ver­ trag verletzt habe, weil sie es verabsäumte, vorher mit Italien et» Einvernehme» zu treffen." Graf Lisza verweist darauf, daß ausschließlich in Artikel vii des Dretbundvertrages von einem vorhergehenden Einvernehmen mit Italien die Rede sei, jedoch nur für den Fall einer Änderung des Statusquo auf dem Balkan. Dis in die allerletzte Zeit habe denn auch kein einziger italienischer Staats­ mann die Behauptung aufgestellt, baß die Monarchie durch Derabsäomung eines vorhergehenden Einvernehmens den Vertrag verletzt hätte. Alle in Italien führenKretse eingedrungen" (6 penetrata in tutti questi circoli dirigenti). Ferner Grün­ buch ii «ad 13, wo der Reichskanzler bestätigt, daß die deutsche Regierung die italienischen Schritte in Wien unterstützt habe und mit allen Kräften weiter unter­ stützen werbe (e continuera ad appoggiare con ogni insistenza i nostri passi a Vienna). Dadurch wurde Italien immer kecker (Grünbuch Nr. 17, wo Sonniao Bülow bittet, allen zu empfehlen, sich zu beeilen; denn je länger man «arte, ... „desto höher würden die Forderungen steigen"), flehe ferner auch Grünbuch Nr. 38,39 und 49 vom 8>, 9. und 20. März 1915. Österreich gab diesem Dränge» nach (flehe Grünbuch Nr. 57). Oer Wieoer Botschafter meldet (Grünbuch Nr. 74) am 25. April 1915, daß „infolge von neuen und eindringlichen Pressionen, die, wie vorauszusehen, von der deutschen Regierung werden ausgeübt werde», Baron Durian dazu gebracht werden könnte, teilweise seine Gebietsabtretungen in Südtirol auszudehnen und einige Zugeständnisse an einem Telle der Ostgreaze Italiens zu machen". Man fleht, von Etappe zu Etappe steigt der Hunger und die Gier Italiens.

725 den Persönlichkeiten haben wiederholt und in den wärmsten Worten der Bereit, Willigkeit Italiens Ausdruck gegeben, wenn eS auch nicht tätig am Kriege teil, nähme, doch ein treuer Bundesgenosse zu sein. Anmerkung 2. Die zitierte Rede des Reichskanzlers fand folgende offiziöse Ergänzung durch die „Nordd. Allg. Ztg."

Sie schreibt in ihrem „Politischen

Tagesbericht" vom Sonnabend, 29. Mai 1915: Der Reichskanzler hat gestern im Reichstage die durch den Abfall Italiens vom Dreibund geschaffene Lage gekennzeichnet und die Entwicklungen dargelegt, die dieselbe herbeigeführt haben.

Der Beitritt Italiens zu dem deutsch-österreichi,

schen Bündnis erfolgte bekanntlich Int Jahre 1882. Der damit ins Leben gerufene Dreibund wurde in den Jahren 1887,1891,1902 und 1912 erneuert. Der Abschluß des Vertrages machte seinerzeit einer Situation der Spannung ein Ende, die zwi, schen Österreich-Ungarn und Italien infolge der Treibereien der italienischen Irre, denta entstanden war. Der Gedanke, der den Fürsten Bismarck dazu bewogen hat, den Anschluß Italiens an das deutsch-österreichische Bündnis zu fördern, war, nach seinem eigenen Ausspruch, Italien zu verhindern, im Falle eines Krieges mit Rußland „Österreich in die Beine zu beißen". Dreiunddreißig Jahre lang hat der Dreibund es verhütet, daß, auch wenn reale Interessengegensätze beider Länderaufeinanderstießen, die Beziehungen zwischen der Donaumonarchie und Italien ernstlich gefährdet wurden. * Zugleich erwies sich der Dreibund als außerordentlich starkes Gegengewicht gegen französisch-russische Angriffsgelüste.

Freilich wirkten die aus früherer Zeit überkommenen Gegensätze

zwischen der Habsburgischen Monarchie und Italien auch unter der Decke des Drei­ bundes fort. Die italienische Jrredenta wurde, wie der Rationalismus in allen Ländern, immer stärker und richtete immer begehrlichere Blicke über die öster­ reichische Grenze. Dazu kamen in Italien starke Strömungen, von den Radikalen und der vom Pariser Orient abhängigen Freimaurerei genährt, die dem Dreibund ohne Sympathien, ja feindlich gegenüberstanden und in einer Annäherung an daö

lateinische republikanische Frankreich das Heil erblickten. Schon in das Jahr 1901 fallen Vorgänge, die ein leises Abrücken Italiens nach der französischen Seite erkennbar machten. Es folgte der Abschluß des italienisch-französischen Mittelmeer-Abkommens, in dem Frankreich und Italien Vereinbarungen über ihre gegenseitige Politik bezüglich Tripolis und Marokko trafen, und dessen Folgen in der Haltung Italiens auf der Algeciraskonfe, renz erkennbar wurden. Die Richtigkeit dieser Politik erwies sich, als im Jahre 1904 die ent, scheidende Wendung in der englischen Politik, d. h. der Abschluß der englisch-französischen Entente erfolgte, indem sie trotz deS vorliegenden ftanzöflsch-italienischen

Mittelmeerabkommens Italien in einem Zustande der

Neutralität erhielt, die zwar, wie auf der Konferenz von AlgeciraS, schwerlich eine wohlwollende war, immerhin aber Frankreich und England verhinderte, schon da, mals in der marokkanischen Frage die Note zu forcieren. Auch darf nicht übersehen werden, daß die italienischen Staatsmänner stets von einer hypnoti, schen Furcht vor einem etwaigen Angriff der englischen Flotte auf die italienischen

Küsten erfüllt waren.

Hieraus erklärt es sich, daß in

dem Maße, wie die Entfremdung zwischen Deutschland und England zunahm, daö Bestreben der italienischen Politik sich akzentuierte, mit den Ententemächten,

726

insbesondere auch mit Rußland, enger« Fühlung zu suchen. Die Begegnung von Racconigi im Jahre 1908 brachte Vereinbarungen Mischen Rußland und Italien hervor, die sich nach den der Kaiserlichen Regierung darüber vorließ geoden Nachrichten auf den Balkan und andere Fragen erstreckten. Schon damals lagen begründete Anzeichen dafür vor, daß neben diesen, sotusagen kolonialen Vereinbarungen noch Abreden zwischen beiden Mächten getroffen wurden, die, wen» nicht mit dem Wortlaut, so doch mit dem Geist b«S Dreibundes schwerlich im Ein, klang standen. Symptomatisch in dieser Hinsicht waren die großen Anstrengun, gen, die der italienische Minister des Äußeren, Herr Prinetti, bei den Derhanb, langen über die Erneuerung des Dreibundes im Jahre 1902 machte, um eine Abänderung des Vertrages herbeiiuführen, oder doch wenigstens nach außen hin den Eindruck zu erwecken, als ob eine den geänderten französisch, italienischen Beziehungen Rechnung tragende Revision des Verlragstextes erfolgt sei. Die Kaiserliche Regierung stand damals ebenso wie bei den späteren Erneuerungen des Vertrages vor der Frage, ob sie bei dieser Lage der Dinge auf die Fortsetzung des Bundesverhältnisses mit Italien verzichten ober dem Königreiche die großen Vorteile auch noch weiter fortgewähren solle, die ihm durch das Bündnis geboten wurden. Die Frage ist in allen Fällen aus dem Grunde bejaht worden, weil sonst die Gefahr vorlag, daß Italien vollständig in das gegne, rische Lager übergehen und damit Österreich,Ungarn die Rückendeckung ver, litten könnte, die ihm das Bündnis gewährleistete, solange es gehalten wurde. In den folgenden Jahren hatte die Kaiserliche Regierung wieder, holt die Beobachtung machen müssen, baß Interna der Politik der Oreibundmächte auf dem Wege über Rom »ach Petersburg gelangten und zwischen der italienischen und der russischen Diplo, matte politische Fragen in einer Weise erörtert wurden, die mit dem Geist der Loyalität, wie er zwischen Verbündeten obwalten sollte, kaum noch in Einklang zu bringen war. Die Kaiserliche Regierung hat unter diesen Umständen schon lange mit der Wahrscheinlich, keil gerechnet, daß im Falle des Eintritts deS casus foederis Jia, lten sich der ihm obliegenden aktiven Dertragspflichten entziehen «erde, wozu die, wie in den meisten Bündnisverträgen, so auch im Dreibund, vertrage angewandte elastische Formel, daß die Dündnispflicht nur für den Fall eines unprovoziertea Angriffs auf die Dertragsgeaossen durch andere Mächte eintrete, eine Handhabe bot. Dieser Handhabe hat sich die italienische Regierung bedient, indem sie beim Ausbruch deS gegenwärtigen Krieges ihr« Dündnispflicht mit der Behauptung in Abrede stellte, daß der Krieg eine Folge des aggressiven Vorgehens Österreich, Ungarns gegen Serbien und damit gegen Rußland gewesen sei. Deutschland konnte auf diese Entwicklung gefaßt sein und war daher militärisch wie politisch darauf vorbereitet, den von Rußland provozierten Krieg auch ohne die Unterstützung Italiens führen zu müssen. Auch bot die Neutralität Italiens für «ns insofern gewisse Vorteile, als sie «uS eine, wenn auch nur beschränkte, Möglichkeit der Einfuhr von der See her gewährte.

727 Nur zu bald aber setzten die Stimmungen ein, die Italien in daS Lager unserer Gegner geführt haben. Die Elemente, die den Augenblick benutzen wollten, wo beinahe die gesamte Streitmacht Ssterreich-UngarnS gegen Rußland im Kampfe stand, um langgehegte nationale Wünsche zu verwirklichen, begegneten bei den maßgebenden Staatsmännern Italiens keinem Widerstand, sie fanden dort viel­ mehr Ermutigung. Mit der Zeit steigerten sich die Begehrlichkeiten. Bald war es nicht nur das Trentino, es war der Erwerb des Landes am Jsonzo, von Istrien, Triest, Dalmatien, den eine kleine Gruppe von Radikalen, Freimaurern und Nationalisten dem so leicht entzündbaren italienischen Volk als Preis für den Verrat an seinen Bundesgenossen vorhielt. Die geheime Wühlarbeit der En­ tente und eine käufliche Presse tat das Ihre, um allmählich einen Paroxysmus hervorzurufen, den abzukühlen die führenden Staatsmänner, insbesondere die Minister Salandra und Sonnino, nicht geneigt waren, so sehr sie dazu auch nach Lage der Verhältnisse imstande gewesen wären. Auf diesen beiden Männern ruht daher die ungeheure Verantwortung, Italien die Schrecknisse des Krieges aufgebürdet zu haben,während und trotzdemdas Land auf friedlichem Wege eine Befriedigung seiner nationalen Aspirationen in weitestgehendem Maße erlangen konnte. Ihnen hat Italien es zu verdanken, wenn ihm in der Geschichte der Makel des verächtlichsten Verrats, den die Welt je gesehen hat, unauslöschlich aufgeprägt sein wird. Anmerkung 3. Oie Rede des Reichskanzlers fand eine advokatorisch geschickte, wenn auch außerordentlich unwahrhaftige scharfe Antwort des italienischen Ministerpräsidenten in seiner Rede auf dem römischen Kapitol vom 3. Juni 1915, die von der Entente-Presse als großes Werk gepriesen wurde. Wir entnehmen ihr (nach der Frankfurter Ztg. vom 4. Juni 1915) folgen­ des: Salandra erklärte: „Wo bleibt der Verrat und die ungerechte Überrumpelung, wenn man nach neun Monaten vergeblicher Bemühungen, zu einer ernsthaften Verständigung jN gelangen, welche im billigen Maße unsere Rechte und Interessen anerkannt hätte, unsere Handlungsfreiheit einschränken will. Die Wahrheit ist, daß Österreich-Ungarn und Deutschland bis zu diesem letzten Tage glaubten, sie hätten es mit einem schwachen Intriganten, aber nicht handelnden, mit einem der Erpressung fähigen Italien zu tun, aber nicht mit einem solchen, das sein gutes Recht mit den Waffen durchsetzen könnte, mit einem Italien, das man leicht lahmlegen könnte, wenn man einige Millionen aufwenden und durch unbenennbare Kniffe zwischen Land und Regierung vermitteln würde. Oie Souveräne und Minister des Äußeren der Zentralmächte haben von einem Bündnis gesprochen, das wir gekündigt haben, nachdem sie es tatsächlich ge­ brochen hatten. Dieses Bündnis, unter welchem Italien so lange Jahre lebte, gestattete Italien, sich wirtschaftlich zu entwickeln und an Gebiet zuzunehmen. Ich will die Wohltaten des Bündnisses nicht leugnen; die Vorteile waren indessen nicht einseitig, sondern alle Kontrahenten hatten daran teil und wir vielleicht nicht mehr alö andere. Wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, hätten die gen, tralmächte es nicht gewünscht und erneuert. War Fürst Bismarck etwa ein sentimentaler Verehrer Italiens? Waren die Fürsten und Minister Hsterreich, Ungarns immer zärtlich zu uns? Man muß wissen, wie wir zu unserer einzigen Gebietsvergrößerung gekommen sind, nämlich zu Libyen.

728 Der beständige Argwohn und die aggressiven Absichten Österreich-Ungarns gegen Italien sind notorisch.

Wir haben dafür authentische Beweise.

Der Gene­

ral Conrad hat immer den Gedanken vertreten, daß ein Krieg mit Italien un, vermeidlich sei, sei es wegen der unerlösten Provinzen, sei es wegen der Eifer, sucht Italiens auf das, was Österreich auf dem Balkan und im Mittelländischen Meer unternimmt. Conrad fügte bei, daß Italien nach Vergrößerung strebe, sobald es bereit sein werde, daß es sich aber allem widersetze, was Österreich, Ungarn auf dem Balkan unternehmen wolle. Man müsse es dann nieder­ schlagen, um freie Hand zu bekommen. Er beklagte es, daß Österreich Italien nicht schon im Jahre 1907 angriff. Der österreichische Staatsminister des Auswärtigen anerkannte selbst, daß die Meinung in der militärischen Partei die sei, man müsse das Königreich Italien durch den Krieg niederwerfen, weil von diesem Königreich die Anziehungskraft auf die italienischen

Provinzen des Reiches ausgehe.

Durch einen Sieg über das Königreich Italien und durch seine politische Vernich­ tung würden diese Italiener jede Hoffnung entschwinden sehen. Bis zum Moment des Kriegsausbruches (dessen Eintritt es mit allen Mitteln zu beschleunigen gelte), müsse man die italienischen Provinzen durch strenge Strafbestimmungen unter, drücken und jedem Wunsch in kultureller Hinsicht entgegentreten. Sehen wir nun auf Grund der Dokumente, wie die Verbündeten unö bei dem libyschen Unternehmen unterstützt haben!

Die vom Herzog der

Abruzzen

glänzend eingeleiteten Seeoperationen gegen türkische Torpedoboote in Travesa (Albanien) wurden von Österreich plötzlich und vollständig aufgehalten. Graf Ährenthal benachrichtigte am 1. Oktober unseren Botschafter in Wien, daß unsere Operationen auf ihn einen peinlichen Eindruck gemacht hätten, und daß er ihre Fortsetzung nicht zugeben könne; sie müßten dringend zum Stillstand ge, bracht und es müßte Befehl erteilt werden, um * zu verhindern, daß sie sich in den adriatischen Gewässern wie in denen des Jonischen Meeres erneuerten. Am folgenden Tage benachrichtigte in noch drohenderer Weise der deutsche Botschafter in Wien vertraulich unseren Botschafter, Graf Ährenthal habe ihn gebeten, an seine Regierung zu telegraphieren, sie möchte der italienischen Regierung zu verstehen geben, daß sie, wenn sie ihre Seeoperationen im Adriatischen und Jonischen Meere fortsetze, es direkt mit Österreich-Ungarn zu tun haben werde. Nicht allein lähmte Österreich unser Vorgehen im Adriatischen und Jonischen Meer, sondern am 5. Juni benachrichtigte Graf Ährenthal den Herzog von Avarna, er habe vernommen, daß italienische Kriegsschiffe in der Umgebung von Saloniki signalisiert wurden, und er erklärte, daß unser Vorgehen an der Küste der europäischen Türkei, sowie auf den ägäischen Inseln weder von Österreich noch von Deutschland hätte zuge, lassen werden können, weil es dem Dreibundvertrag widerspreche. Am z. Dezember erklärte Graf Berchtold, der inzwischen dem Grafen Ährenthal gefolgt war, dem italienischen Botschafter in Wien, daß er bezüglich unserer Operationen gegen die Küste der europäischen Türkei und die In, seln des Ägäischen Meeres an dem Standpunkt des Grafen Ährenthal fest, halte, wonach diese Operationen von der österreichisch,ungarischen Regierung als im Widerspruch stehend mit den Verpflichtungen betrachtet würden, die wir im Artikel 7 des Dreibundvertrages übernommen hatten. Was unsere Operationen gegen die Dardanellen anbelangt, so ständen sie seiner Meinung nach im Wider, spruch: 1. mit dem von uuS abgegebenen Versprechen, keinerlei Handlung zu über,

729

nehmen, die Len Statusquo auf dem Balkan gefährden könne, 2. mit dem Geiste -es nämlichen Vertrages, der auf -er Aufrechterhaltung des Statusquo basiere. Später, als unser Geschwader, das am Eingang -er Dardanellen lag, von dem Fort von Kum Kalessi beschossen wurde und das Feuer erwiderte, wobei eS dieses Fort beschädigte, beklagte sich Graf Berchtold über diesen Vorgang, den er als den abgegebenen Versprechungen ruwiderlaufend betrachte, und erklärte, wenn die italienische Regierung ihre Handlungsfreiheit sich zurücknehmen wollte, so hätte die österreichische Regierung dasselbe tun können. Er fügte bei, er hätte nicht zugeben können, daß wir künftighin derartige Operationen und solche, die irgendwie im Widerspruch mit seiner Auffassung ständen, unternähmen. Es ist überflüssig, darauf hinzuweisen, wieviel italienische Soldaten und wieviele Millionen uns dieses Verbot gekostet hat, das unsere ganze Aktion gegen die Türkei lähmte, die sich von unseren Verbündeten gegen jeden Angriff auf ihre vitalen Telle geschützt wußte. Man hat uns bittere Vorwürfe gemacht, weil wir die in den letzten Tagen gemachten Angebote nicht angenommen haben, aber waren diese Angebote in gu, tem Glauben gemacht worden? Gewisse Dokumente lassen vermuten, daß dieses nicht der Fall ist. Kaiser Franz Joseph hat gesagt, daß Italien begehrliche Blicke auf das Erbgut seines Hauses richte; Bethmann Hollweg hat gesagt, daß man mit diesen Zugeständnissen unsere Neutralität zu erkaufen beabsichtigte. Also, meine Herren, zollen Sie uns Beifall, daß wir sie nicht angenommen haben. Übn, gens entsprechen diese Konzessionen selbst in ihrer letzten und sehr späten Form keineswegs dem Gegenstand der italienischen Politik, nämlich: 1. Schutz der Jtalienität, die größte unserer Pflichten; 2. sichere militärische Grenzen an Stelle derjenigen, die uns 1866 auferlegt wurden, und durch die alle Tore Italiens unseren Gegnern offen stehen; 3. eine weniger gefährliche Lage im Adriatischen Meere, als es die gegenwärtige Lage ist, deren Wirkungen Sie noch in diesen Tagen sehen. Alle diese wesentlichen Vorteile wurden uns vor, nehmlich bestritten. Im Grün buch findet sich ein österreichisches Dokument, das von einer gewissen Nervosität zeugt und ungefähr besagt: „Das können wir nicht geben, weil es die militärische Grenze verändern würde." Es handelte sich aber nicht um eine defensive Militärgrenze für Österreich, es handelte sich um eine offensive Militärgrenze gegenüber Italien. Auch antwortete man auf unsere Minimalforderungen, für Triest die Unabhängigkeit zu bewilligen, indem man für Triest die administrative Autonomie anbot. Oie Frage der Ausführung der Versprechungen war auch sehr wichtig. Man sagte uns, wir dürften an der Ausführung der Versprechungen nicht zweifeln, wett wir die Garantie Deutschlands gehabt hätten. Wenn nun am Ende des Krieges Deutschland nicht in der Lage gewesen wäre, das gegebene Wort zu halten. Welches wäre bann unsere Situation gewesen? Jedenfalls hätte es nach diesem Abkommen einen erneuerten Dreibund, ohne Zweifel unter ungünstigeren Dedin, gungen gegeben, denn man hätte einen souveränen Staat und zwei Unter, tanenländer gehabt. Wenn eines Tages die Bestimmungen des Vertrages nicht ausgeführt worden wären, wenn eines Tages die Gemeindeautonomte von Triest durch irgendein Dekret der kaiserlichen Regierung oder irgendeines Statthalters aufgehoben worden wäre, an wen hätten wir uns dann wenden können? An das gemeinsame Oberhaupt, an Deutschland? Ich will Ihnen keineswegs von

730 Deutschland ohne Bewunderung und ohne Respekt sprechen.

Ich Lin der italie­

nische Ministerpräsident und nicht der deutsche Kanzler und verliere nicht den Verstand. Deutschland,

Aber bei aller Achtung vor dem gelehrten, mächtigen und großen dem wunderbaren Beispiel

Widerstandskraft,

erkläre

der

Organisation

und

ich im Namen Italiens: Sein Traum

Welthegemonie ist gebrochen.

der

einer

Die ganze Welt hat sich dagegen erhoben.

Der

Friede und die Zivilisation der künftigen Menschheit sollen sich gründen auf Ach­ tung vor den nationalen Autonomien, unter denen Deutschland als gleich­ berechtigtes Glied, aber nicht als Herrscherin fungieren soll. Aber eines der bemerkenswertesten Beispiele des maßlosen Stolzes, mit dem die Leiter der deutschen Politik auf die anderen Nationen schauen, liegt in dem Bilde, das Herr v. Bethmann Hollweg von der politischen Welt Italiens ent­ worfen hat. Salanbra verliest den darauf sich beziehenden Teil der Rede Beth­ mann Hollwegs und fügt bei: Ich weiß nicht, ob bei diesem durch Wut ver, blendeten Mann die Absicht bestand, meine Kollegen und mich persönlich zu be­ leidigen — wenn dies der Fall wäre, würde ich es nicht erwähnen — wir sind Männer, deren Leben Sie kennen, Männer, die dem Staate bis in die vorgerückten Jahre gedient haben, Männer von fleckenlosem Ansehen. Männer, die dem Staate das Leben ihrer Kinder hingeben. Aber denken Sie nicht an uns, denken Sie im Gegenteil an die abscheuliche

Beleidigung,

die

dieser

Fetzen

Prosa

gegen den König schleudert, gegen das italienische Volk, gegen Kammer und Senat und selbst gegen Politiker, die eine von der unseren abweichende Meinung haben. Salandra betont sodann, daß die Mitteilungen, auf die sich dieses Urteil gründet, von Bethmann Hollweg demjenigen zugeschrieben werden, den er den besten Kenner der italienischen Angelegenheiten nennt. Es kann damit nur auf den Fürsten Bülow angespielt sein, mit dem Wunsche, ihm einen Teil der Ver­ antwortlichkeiten aufzubürden. Ich will nun aber nicht, daß Sie die Absichten des Fürsten Bülow falsch einschätzen. Ich glaube, er hat Sympathien für Ita­ lien und sein Möglichstes getan, um eine Verständigung herbeizuführen. Aber wieviel Irrtümer hat er nicht begangen, um seine guten Absichtenzu verwirklichen! Er hat geglaubt, Italien könne von seinem Wege abweichen wegen einiger schlecht an­ gewendeter Millionen unter Einfluß von einigen Leuten, die jede Fühlung mit der Volksseele verloren haben, und durch Kollisionen bei Politikern, welche versucht wurden, aber, wie ich hoffe und glaube, nicht zum Ziele führten. Eine gegenteilige Wirkung war die Folge. Ein Sturm der Entrüstung ging durch das ganze Italien, nicht nur beim niederen Volke, sondern bei den wahrhaft hohen Massen, in allen edlen Herzen, in allen denen, welche von der nationalen Würde erfüllt sind und unter der ganzen Jugend, die bereit ist, ihr Blut dem Vaterland zu weihen. Dieser Ent­ rüstungssturm entfacht sich infolge der Art, wie ein ausländischer Botschafter zwischen Regierung und Parlament des Landes vermitteln wollte. In kurzer Zeit zerstreuten sich die Mißverständnisse, und die ganze Nation schloß sich in einer moralischen Einheit zusammen, die unsere ganze Kraft bilden wird in dem rauhen Kampfe, der uns durch unsere Tugend und nicht durch wohlwollende Konzessionen anderer zur Vollendung der höchsten Bestimmung des Vaterlandes führen soll." Salandra betont sodann die Anzeichen der moralischen Einheit des Landes, das sich unantastbar zeigt, und der Werke des Krieges und des Friedens bei denen.

73i die sich schlagen, und die zurückbleiben, bei denen, die sterben, und die weiterleben: „Nachdem wir in die große Krise eintreten, dürfen wir nicht hinter den anderen Verbündeten und feindlichen Ländern zurückbleiben, vom König an, der als Dolmetscher der Dolksgefühle und der nationalen Bestimmung sich an der Front befindet, bis zum niedrigsten Arbeiter, den Frauen und jungen Leuten. Wir haben alle das Vertrauen, daß wir durch diese höchste Anstrengung den künf, Ligen Generationen ein vollkommeneres, geehrteres, stärkeres Italien hinterlassen werden, das im Konzert der Mächte seinen Platz haben wird, nicht als Untertanenland oder Grenzgebiet, sondern in Sicherheit innerhalb seiner natürlichen Grenzen, und das zu den fruchtbaren Arbeiten des Friedens zurückkehrt, indem es, wie es dies immer getan hat, für die Freiheit und Gerechtigkeit in der Welt eintritt. Da das Schicksal unserer Generation diese schreckliche und hehre Aufgabe zugewiesen hat, das Ideal ganz Italiens zu verwirklichen, dessen Vollendung die Helden des Risorgimento nicht erleben konnten, so wollen wir denn diese Aufgabe mit einer unerschütterlichen Festigkeit auf uns nehmen, bereit, dem Vaterland alles zu geben, was wir sind und was wir haben. Mögen vor den drei Farben, die im Lager bei der geheiligten Person des Königs wehen, alle Fahnen sich neigen, mögen alle Geister sich im Glauben und in der Eintracht vereinigen, dann werden wir siegen! Es lebe Italien! Es lebe der König!—

4. Bemerkungen zu ©alandras italienischen Geständnissen, x. Unter allen italienischen Blättern bewahrte nur der„Popolo Romano" gegen, über der mit Jubel aufgenommenen Rede Salandras seine Objektivität. Er schrieb: „Der zeitgenössische Schriftsteller, wenn er über jedem Parteieinfluß steht, kann, wenn er auch wollte, kein Urteil fällen, ohne im Besitz der unentbehrlichen Dokumente zu sein, um mit Genauigkeit die Entwicklung der großen, fatalen und nunmehr unvermeidlichen Tragödie festzustellen.

Erst dann, wenn der Ur­

kundenband bekannt sein wird, der alles enthält, wird man richtig urteilen können. Leider muß diese Aufgabe unseren Enkeln vorbehalten bleiben." Das Wiener „Fremdenblatt" schreibt: Die von bewußten Verdrehungen und Unwahrheiten strotzende Rede, welche der italienische Ministerpräsident am 3. d. M. auf dem Kapitol gehalten hat, enthält unter anderem die Behauptung, die italienische Regierung habe am 27. Juli und 28. Juli 1914 in Berlin und Wien klar die Frage der Abtretung der italienischen Provinzen der Monarchie aufgeworfen und damals erklärt, daß der Dreibund unweigerlich gebrochen werde, wenn Italien nicht gerechte Kompensationen erhalte. Oie Behauptung ist unwahr. Weder am 27. noch am 28. Juli 1914 ist in Wien solche Erklärung von italienischer Seite abgegeben worden.

Vielmehr hat am 28. Juli der hiesige

italienische Botschafter auftragsgemäß erklärt, daß seine Regierung in einem even­ tuellen Waffengange zwischen Österreich-Ungarn und Serbien eine freundschaft­ liche

und den Bündnispflichten

entsprechende

Haltung

einnehmen

wolle und sich vorbehalte, das auf Grund des Artikels 7 des Dreibundvertrages zustehende Kompensationsrecht in Anspruch zu nehmen, worüber ein Einvernehmen herzustellen wäre.

In letzterer Hinsicht wurde dem italienischen Botschafter er­

widert, daß, falls es zu einer als nicht nur vorübergehend anzusehenden Okkupation serbischen Gebietes komme, die österreichisch-ungarische Regierung bereit sei, mit Italien einen Meinungsaustausch über eine Kompensation einzuleiten. —

732 2. An anverer Stelle habe ich mich über Salandras Rede geäußert, tote folgt: „Oie geschickte Verteidigungsrede des politischen „Camorra",Advokaten Ministerpräsidenten Salandra auf dem Kapitol vom 3. Juni 1915, die über alles, was ihm unbequem war, elegant hinwegvoltigiert, über die jahrzehntelange Ir, redentaagitatioa, über die eigenen italkenischeu Tripolissünden, über das Tele, gramm des KSnigs vom «.August 1914 an Kaiser Franz Joseph mit dem Gelöbnis „wohlwollender Neutralität" (die Botschafter Dollati ebenfalls am 24. Juli zu, sagte, wie der italienische Botschafter in Wien am 28. Juli 1914 usw.), bewies höch, stens, daß der Wortlaut deS sogenannten Dreibundvertrags «in unglückseliges, unklares Werk der Diplomatie war, auf daS sich auch der frivolste DertragSbrecher zynisch nachträglich berufen konnte, um seinen Verrat zu bemänteln. Die Annahme, daß es vielleicht besser gewesen wäre, wenn Österreich Italien noch früher von seinem Schritte in Belgrad unterrichtete, um ihm seine sophistischen, formalen Einreden zu erschweren, dürfte ohne weiteres zugegeben «erden, änderte aber an der moralischen Verwerflichkeit des italienischen Vor, gehens gar nichts, so wenig wie die von Salandra nachträglich vorgebrachten Gaukeleien über die Tripolisaffäre und wie seine Ableugoung, daß Österreich die ser, bische territoriale Integrität von Anfang an feierlichst Rußland wie England gegenüber versprach. (S. österr. Rotbuch, russisches Orangebuch und englisches Dlaubuch.) Auch sonst hat Herr Salandra stark mit Unwahrheiten operiert. So hat er, abgesehen, von der Fälschung der Rede des Reichskanzlers mit nie abgegebe, aen Erklärungen Italiens im Juli operiert, wie auch das Grünbuch willkürlich zusammengeleimt war. (Siehe des Verfassers Buch: „Oer Weltkrieg und der Zusammenbruch des Völkerrechts", 3. Ausl., S. 572 Anmerkung 4.) Die „Stampa" vom zi.Mai brachte einen Zuschrift des italienischen Abgeord, neten Pennifl di Santa Margherita, des Schwiegersohnes von di San Giultano, in der dieser erklärte, er habe in der historischen Sitzung der italienischen Kammer vom2o. Mai 191; gegen die Regierung gestimmt. Hätte essich nur um eine Vertrauensfrage für bas Kabinett Salandra gehandelt, so würbe er das Der, trauen votiert haben. Da aber die Regierung der Kammer «in unvollständiges Grünbuch vorgelegt habe, in dem unter anderem di« Dokumente über die Vor, gänge unter San GiulianoS Leitung der äußeren Politik fehlten, und da die Re, gierung damit ihre Verantwortung für den Krieg unter «nvollkommener Auf, klärung der Kammer dem Parlament zu übertrage» versuchte, habe er gegen den Krieg gestimmt. — 3. Verblüffend offen sprach sich in einem sehr lesenswerten Artikel, der offenbar der italienischen Zensur entging, der bekannte italienische Historiker Gugltelmo Ferrero über die „Maikrisis" aus (November 1915): Er führte unter anderem aus. Die Interventionisten glaubten noch am 11. Mal 1915 nicht an einem Erfolg ihrer wilde» Agitation. Der eigentliche Umschwung (eingetreten zwischen dem 12. und 16. Mai, am 12.: Ankunft D'AnnunzioS in Rom, am 14.: Demission Salandras, am 16.: Mchtannahm« der Demission seitens deS Königs und Neubestätigung des Kadi, netts Salandra,Sonatno) ist nach Ferrero lediglich daS Ergebnis einer Pa, nik, die eines der größten Phänomene dieser Art in der Weltgeschichte darstellt! Somit sei der Kriegsentschluß Italiens nicht als Beweis kaltrechnender Perfidte,

733 sondern vielmehr als eia verzweifelter Ausweg aus einer fast revolutionLr geworbenen nationalen Erregung tu betrachten. Salandras Verdienst war es nach Ferrero, daß er die Entladung auf den alten Erbfeind lenkte. Hätte er dies nicht getan, so wäre die italienische Regierung weg, gefegt, «ab Italien vielleicht im Laufe einer Revolution durch sich selbst vernichtet worben. Anstoß und Signal zu jener einiigartigen Panik gab nach Ferrero der von einigen unbedeutenden Blattern (gemeint sind wohl in erster Linie „Jbea Rationale", „Popolo b'Jtalia" und „Meffaggero") erhobene Ruf: „Tradimento!“ der sogleich bald hier, bald dort von anderen aufgenommen, wiederholt und ver, stärkt wurde und bald tu orkanartiger, alles mitreißender, niederschmetternder Wucht anschwoll. Man glaubte, «eia, man schrie und raste plötzlich im gaajen Lande, man sei an Österreich und Deutschland, an Bülow verraten und verkauft worben, und Giolitti sei der Judas, der bas Sündengeld eingesteckt habe. Beweise »u verlangen: das fiel bet der allgemeinen Panik niemandem «in! War eS denn nicht in allen Blättern |# lesen und stand es denn nicht an allen Mau, ern, ja auf dem Slraßenpflaster selbst geschrieben? — und setzte man sich nicht der Gefahr aus, durch Fragen und Zweifel in den Verdacht ju geraten, als ob man di« Sach« der Verräter vertrete und am Ende gar selbst zu ihnen gehöre?! So hatte im Verlaufe weniger Stunden die in der unüberlegten Leiden, schast des politischen Kampfes hervorgerufene Panik das Wunder der Einigung aller treibenden Kräfte des Landes vollzogen. Die Kriegsparteien — Republikaner, Radikale, Rationalisten, Reformsoiialtsten und „Moderierte" — waren plötzlich die unumschränkten gemeinsamen Beherrscher der öffentlichen Meinung und — der Straße! Der Sturm verbrauste aber nicht so harmlos, wie manche besonnene Patrioten vielleicht erhoffte» «ad sich gegenseitig versicherten, um sich in ihrer Schwäche und Untätigkeit tu trösten und zu rechtfertigen. Die Demonstrationswut der Presse und der städtischen Pöbelmassen war unersättlich. Jedes Bedürfnis der unglücklichen und sozial unterdrückten Volksschichten nach Auflehnung, Hohn, Rache und nugestörter Befriedigung wilder Triebe schien die Gelegenheit t« be, nutzen, einmal Orgien tu feiern. Und so konnte es nicht schwer sein, den König von Italien davon zu über, zeugen, daß tatsächlich nur die Alternative: Krieg gegen Österreich »der Stur» der Dynastie und Anarchie im Lande übrig geblieben sei. Um dem Vor, ttutf des Verrats der Landesinteressen ju entgehen, mußte er durch die Kriegs, erklärung an Österreich beweisen, daß er die Führung der „nationalen Aspirationen" t« übernehmen entschlossen sei, — und opferte damit seine eigenen An, schauungea den Augenblicksforberungen der Situation. Ob er richtig gehandelt hat, indem er sich der öffentlichen Meinung des Landes nicht widersetzte, baS wird die Zukunft lehren. Die Hauptveraalwortung für den Krieg trifft jene heißblütigen Erreger und Regisseure der Derratspanik und, nach Ferrero, auch daS Ministerium Giolitti selbst, das sich durch seine früheren Methoden daS berechtigte Miß, trauen aller gebildeten Kreise tugetogen hatte, und dem man daher eine für die ganze Zukunft deS Landes so wichtige Entscheidung, wie die über Krieg und Frieden, nicht ohne Gefahr überlassen zu können glaubte.

734 4. Ein nachträgliches Geständnis über den lang vorbereiteten Verrat der italienischen Regierung gab Salandra selbst: Bei der Feier in Palermo November 1915 dankte Salandra für die Huldigung in einer Ansprache. Er sagte wörtlich: „Ich bin stolz darauf, Or­ lando als Mitarbeiter gewonnen zu haben. Er wollte nicht Minister werden, aber als ich sagte, es gelte, ein Ministerium zur Vorbereitung des nationalen Krieges zu schaffen, zögerte er nicht." Hiermit ist fest­ gelegt, daß Salandra bereits bet der Umbildung de6 Kabinetts im No­ vember 1914 den Krieg vorbereitete und nicht erst durch die anhaltende hartnäckige Weigerung Österreichs, dem sacro egoismo des Bundesgenossen nachzugeben. Anmerkung. „Avanti" (2. Dezember 1915) hob den Gegensatz zwischen der Rede Sonntnos und den gedankenlosen Reden Salandras, Barzilais und Orlandos hervor. Es erinnert besonders an den soeben zitierten Ausspruch Salan, dras in Palermo: „Im November 1914 bat ich Orlando, mit uns zu kommen, um den Krieg gegen Österreich-Ungarn vorzubereiten", und stellt diesem Wort den Aus, spruch Sonninos entgegen, er habe, geleitet von dem lebhaften Wunsche, dem Lande das Unglück des Krieges zu ersparen, mit Österreich-Ungarn Verhand­ lungen angeknüpft. Über den Beitritt zum Londoner Vertrage urteilt „Avanti", er sei nur von jemandem durchführbar gewesen, der der Loyalität Italiens daS bitterste Unrecht antun wollte. Die Zustimmung Italiens zum Londoner Vertrage bedeute nichts anderes als die formelle Anerkennung eines durch die Kriegsereigniffe auferlegten Bandes. 5. In seiner Bedrängnis hat sich Salandra in Brescia (Mat 1916) ein eigenartiges Mittel zur Erzwingung des Sieges verschafft: er sieht das italienische Gewissen immer sicherer darin geworden, daß Italien seine Ehre wahrte! Wo­ mit aber hat Italien das getan? „Wir durften nicht," erklärte Salandra, „bei denjenigen Völkern verharren, denen eine neue Geschichte auf­ gezwungen wird, sondern mußten zu denen gehen, die die Geschichte machen." Macchiavell wird erröten über diese Torheit und Naivität seiner „Epigonen" und Landsleute! 6. Zweifelhaft ist heute noch, ob Italien einen förmlichen Bündnisver­ trag mit der Entente geschlossen hat: Die einzige Veröffentlichung, die über diesen Punkt etwas Licht gibt, verdanken wir der „Jbea Nazionale", die am Tage der italienischen Parlamentseröffnung, 20. Mai 1915, folgende Mitteilung aus zweifellos amtlicher Quelle machte: „Am 25. April unterzeichnete die italienische Regierung ein Dokument, das sie verpflichtete, innerhalb Monatsfrist an die Sette der Mächte des Dreiverbandes in den Krieg einzutreten. Italien erhält dafür das Trentino bis zur strategischen Grenze, d. h. bis zum Kamm des Gebirges, Triest, Istrien, Dalmatien bis zum Narenta, Anerkennung der Besetzung Dalonas und seiner Interessensphäre in Süd­ albanien, Aktionsfreiheit im Adriatischen Meere, außerdem Grenzberichtigungen in Tripolitanien sowohl gegen Tunis wie gegen Ägypten hin mit neuen wichtigen Karawanenstraßen, endlich die Anwartschaft auf einen Teil der türkischen Erbschaft

735 in Kleinasien (Adalia)." Später wurden für die Teilnahme Italiens an der Expedition von Saloniki neue Verabredungen auch bezüglich Norb-Epirus und angeblich Kleinasiens getroffen.

Anhang. I. Italienische presseurteile über Italiens verrat, sowie Urteile -er vreiverbanöspresse i. Die „Concordia" brandmarkt unmittelbar vor der Kriegserklärung die Raffiniertheit Englands, dem es gelungen sei, aus Japan und Griechen, land Kanonenfutter herbeizuholen; darum kaufe England jetzt für sein Gold Kanonenfutter in Italien. s. Professor Salvador! ln der „Concordia" (April 1915): „Ein Sieg der Entente wär« der Ruin Italiens. Die materiellen Interessen und die Ehre rufen Italien auf die andere Seite, an die Seite des junge» Deutschlands, das außer um seine Existenz für die Freiheit der Meere kämpft und für eine gerechte Verteilung des irdischen Reichtums unter den Völkern. Und diesen Platz als treuer Verbündeter wirb Italien nicht verlassen, denn würde es ihn verlassen, so wäre es moralischer und materieller Selbst, mord. Seit Italien seinen Verbündeten ein Bein stellte und sich mit dem Mantel einer sehr diskutierbaren Neutralität behängte, glaubten wir nichts Besseres zu tun zu haben, als Deutschland zu beleidigen.... Politiker, Demagogen, Nation«, listen, Freimaurer, Demokraten, Revolutionäre, Gelehrte, Künstler, Literaten und Poeten haben die Hand zu diesem Torenwerk gegeben. Es ist eine Orgie, eine Orgie der Worte und des Farbstiftes.... Diese Orgie bauert nun seit Monaten, ohne baß die schlafende Regierung sie verhindert. All das ist tief beklagens, Witt. Es ist beklagenswert, daß unter so vielen, von denen nur wenige von Derant, Wörtlichkeit beschwert werden, sich nicht «in einziger findet, der sich fragt: Warum? Oie Schwäche eines Landes kann nicht augenfälliger enthüllt werden als durch die Anzeichen allgemeiner Unwissenheit. Alles wiederholt die Nachrichten, ohne sich im geringsten über ihren Ursprung, die Moral und den Beruf des über, bringerS Gedanken zu machen. Dieses ganze Freudenfest gegen ein Land, von dem buchstäblich vier Fünftel der Bevölkerung nichts wissen, über bas sie aber schlecht sprechen, ist «in Zeichen organischer Schwäche. Ein starkes Land, welches weiß, was es will, und welches politische Erziehung besitzt, läßt sich nicht gegen ein anderes Land aufreizen. Italien ignoriert, daß Deutschland als treuer Freund bewertet «erben muß, und ignoriert auch, daß wir Deutschland gestern nötig hatten, heute nötig haben und morgen nötig haben werden, nicht nur wegen seiner beträchtlichen Industrie, sondern auch wegen seiner Politik...." z. Die „Stampa" beschwört das italienische Volk, sich zu besinnen: „Warum, sagt sie, uns in den Wahnsinn beö Krieges stürzen? Wurden vielleicht die Ehre, die Nation, das Heer auch nur im geringsten beleidigt? Nichts, absolut nichts liegt vor, was unser Losschlagen rechtfertigen könnte, «aS uns veranlassen

736 linnte, de« Dreibundvertrag zu zerreiße« «ad mit der Entente z« marschiere«, mit der u»S nur schwache Bande verknüpfen. Leben und Zukunft einer Nation von 37 Millionen werben nicht aufs Spiel gesetzt, wie das Goldstück auf eine Num, mer in Monte Carlo. Alle früheren Ministerpräsidenten und Minister, ja selbst drei Minister des Kabinetts Salandra sind gegen den Krieg, ferner die große Mehrzahl der Kammer und der ganze Senat. Wer außer diesen hat eia Recht, Im Namen Italiens zu sprechen? Vielleicht der Haufen interventionistischer Journalisten?" 4. Der „Avanti" schreibt: „Das Ministerium Salandra, das zuerst feierlich jede Derschacherung der Neutralität als ehrlos abgewiesen, begehe heute einen schamlosen Schritt der Erpressung. Es habe die Neutralität entehrt, indem eS Österreich die Aufrecht, «Haltung der Neutralität gegen Entschädigungen anbot. CS habe endlich Italien geradezu versteigert, indem es dem Meistbietenden das Blut Italiens ver, sprach." (Avanti.) ;. Im amtlichen Blatte deS italienischen Kriegsmintsteriums „Csercito" erschien im September 1914 ein Artikel, in dem ej heißt: „Wenn Jta, lten jetzt die Monarchie angriffe, würbe die Regierung «inen Akt der Felonie und Selbstmord vor der Weltgeschichte begehen." 6. Selbst das Regieruogsorgao „Popolo Romano" bekommt es im letzten Augenblick mit der Angst und dem bösen Gewissen z« tun: „Aber wäre es denn nicht möglich, denselben Zweck zu erreichen, ohne den großen Gefahren entgegenzugehen, denen alle Kämpfe, große und kleine, unterworfen find? Das ist es, was wir heute aus den Dokumenten der Regierung erfahren und aus den Noten der Mächte, an deren Seite wir Schritt um Schritt jene achtbare Stellung haben erringen können, die nur durch die Siche, rung des Friedens während 33 Jahre» möglich gewesen ist. Uns scheint dieser Krieg gegen zwei Nationen, denen wir seit nahezu steben Lufiren zur Seit« gestanden haben, als ein Traum, als ein böser Traum. „Gott schütze Italien" schließt da- Blatt 7. Ehrlich ist der „Secolo", der in den kritischen Maitagen schreibt: „Auch wenn Österreich,Ungarn außer dem Trentino noch Triest und ganz Istrien geben wollte, könne Italien auf den Krieg nicht verzichten; denn die Neutra, lität Italiens würde den Krieg gegen die Entente sowie den Untergang Belgiens, Frankreichs und Serbiens bedeuten." Also nicht Vertragsbruch, nicht Notwehr usw., sondern fanatisches nationalisti, sches Rache, und Haßgefühl gegen den Bundesgenossen, der mit am meisten zur Größe Italien- beitrug! 8. Die „Neue Züricher Zeitung" gibt am 30. September 1914 einen Artikel des „Corriere subalpin« di Cuneo" wieder, der Giolitti zugeschrieben wird und sich mit der italienischen Neutralität befaßt. Nachdem der Verfasser das An, erbieten der Tripleentente, das durch Delcass« und Pichen gemacht worbe» ist, und in dem Italien Trient, Triest und Dalmatien versprochen wird, sowie daAnerbieten Andrassys, das Nizza, Savoyen, Korsika und Malta betrifft, launig znrückgewiesen, weil die hochherzigen Diebe die Geschenke gar nicht in der Tasche hätten, sagt er unter anderem: Italien schwankt nicht wie

737 Buridans Esel zwischen den tzeubündeln. Cs will weder das eine noch das andere. Aber wir werden uns nicht der Falschheit und des Treubruches schuldig machen und unsere Freunde hinterrücks anfallen. Nicht einmal Macchiavelli war in der Aufrechterhaltung der Staatsdoktrin zu einem solchen Zynismus heruntergesunken. Über alles geht die Würde der Nation. Der Mensch lebt aber nicht allein von der Würde und Ehre. Wir wissen nicht, ob der Dreibund noch vorteil­ haft ist. Wir dürfen aber nicht den Gewinn vergessen, den er in drei Jahrzehnten brachte. Es sind heute Symptome vorhanden, daß das Land ebensowenig für einen Krieg gegen Österreich begeistert ist. Vielleicht wird er gewünscht von den Repu­ blikanern und Nationalisten, sicher nicht von allen. Das Land will überhaupt keinen Krieg, es braucht den Frieden. Wir haben schon mit dem einen libyschen Krieg überaus genug. Wir wissen nicht, was ein Sieg bringen würde, wir wissen aber gewiß, daß eine Niederlage den Zusammenbruch des Landes zur Folge hätte. 9. Reichsratsabgeordneter Dugatto (aus dem nach „Erlösung" schmachtenden Welschtirol) veröffentlicht im „Eceo del Littorale" einen Artikel, in dem er aus­ führt, Italien bedeckt den guten Namen des italienischen Volkstums mit unaus­ löschlicher Schande. Verblendet und wahnsinnig ziehe Italien das Verbrechen des Treubruchs vor, die Gefahr eines verheerenden Krieges, den Ruin italienischer Bürger und Länder. Oie österreichischen Italiener an der Grenze sähen sich überfallen, gedemütigt und vernichtet. Niemals erlitt ihr Nationalgefühl einen solchen Schlag, die Italiener Öster­ reichs hätten die abscheuliche Missetat nicht aufhalten können, sie bedauerten aber und verabscheuten, verfluchten das Vorgehens Italiens. Der Artikel schließt mit den Worten: Der Schmerz, der uns zerwühlt, möge uns nicht beugen. Unser Gewissen ist rein, unsere Scham und unser Schmerz werden von allen Itali­ enern geteilt, die frei von den Ketten der Freimaurerei in Italien sind. 10. Der „Matin" über Italiens Politik (Ende April 1915): „Cs ist heutzutage klar, daß die Mehrzahl der Italiener sich nur zu glücklich schätzen würde, wenn der Wermutskelch des Krieges an ihnen vorüberginge. Wir dürfen weder so ungerecht, noch so naiv sein, den Italienern daraus ein Verbrechen machen zu wollen. Die Verhältnisse liegen für die Italiener ganz anders wie für uns, als wir die Russen in Erfüllung unserer Bündnispflichten unterstützten. Selbst wenn die Verträge des Dreibundes, die entschieden von Deutschland und Österreich-Ungarn in der ritterlichsten Weise auf­ gefaßt wurden, Italien nicht verpflichten, gegen Frankreich das Schwert zu ziehen, so wird es Italien anderseits durch sie schwer gemacht, sich plötzlich gegen Verbündete zu wenden, mit denen es über 30 Jahre zusammengehalten hat. Alles das klingt anders als das ewige Variieren des Themas: „Verwirk­ lichung unserer fundamentalsten nationalen Aspirationen" (Sonntno in seiner Rebe vom 1. Dezember 1915).

II. Einige neutrale Urteile über Italiens Treubruch. 1. Sämtliche Blätter Schwedens, sogar der dreiverbandsfreundliche „So­ zialdemokrat", verurteilten die Treulosigkeit Italiens. Stockholms „Dagblad" schreibt: Italiens Eingreifen in den Krieg ist die Frucht einer kaltblütigen skrupellosen Spekulation. Keiner der verantwortlichen Männer Italiens hatte Müller,Meiningen, Entstehung

des

Weltkriegs.

47

73« den moralischen Mut, aufzutreten, um an die Buudespflicht und Treue für ein gegebenes Versprechen zu erinnern... Daß die italienischen Staatsmänner dabei den Jahrzehnte alten Bundesvertrag, aus welchem Italien nachweislich bedeutende Vorteile zog, als wertlosen Papierfetzen behandeln,zeugt für die Abwesenheit moralischer und ethischer Gesichtspunkte. In allem, was man in den letzten Monaten an der Umwertung von Werten erlebte, gibt es kaum etwas, das an brutaler Rücksichtslosigkeit mit der italienischen Politik vergleichbar ist. Punica fidcs hieß es früher, italica fides sollte man es nun nennen.— „Svenska Morgenbladet" nennt Italiens Politik eine Camorra-Politik. Die Weltgeschichte, sagt das Blatt, hat im zwanzigsten Jahrhundert die besonders zweifelhafte Ehre, ein neues schwarzes Blatt beschrieben zu haben. Ein Raub­ krieg gegen seine Verbündeten! —das wird wahrscheinlich das Urteil der ganzen neutralen und zivilisierten Welt sein. — „Nya Oagltght Allehanda" schreibt: Ein schlimmeres Sammelsurium sah man wohl nie in einem welt­ historischen Dokument, als in der italienischen Kriegserklärung. Das Aktenstück ist ein Schlag ins Gesicht, oder, um italienischen Stil zu reden, der brutale Dolchstoß des Straßenräubers von hinten. Stockholms Dagens Nygeter: „Oer Übergang von der Neutralität zur kriegerischen Haltung gegen seine Verbündeten, deren wohlwollende Unterstützung Italien über dreißig Jahre bei allen Unternehmungen genoß, ist in der Weltgeschichte eine neue Erscheinung und bedeutet die Trennung von allem, was Treu und Glauben in der Politik genannt wird, eine offene, auf Staaten ange­ wendete Proklamierung des Sprichwortes: „Homo homini lupus.“ (Der Mensch ist wie ein Wolf gegen seinesgleichen.) Italiens Handlungsweise bedeutet die Erhöhung der Hinterlist und Falschheit zum leitenden Grundsatz des Staates. Dies ist ein betrübliches Schauspiel, nach dem man fragt, welche Zukunft Europa bevorsteht, wenn diese Verleugnung von allem, was Ehre heißt, zum Leitstern Europas werden soll." Das bulgarische Regierungsblatt „Kambana" sagt: „Italien hat vor sechs Wochen einen von allen anständigen Menschen verurteilten Krieg begonnen. Jeder Mensch, der ein Gewissen hat, verdammt diesen Verrat. Nachdem nun die italienische Heeresleitung die ganze Welt mit ihren Wetterberichten belustigte, hat sie sich nun zu ernsterer Arbeit aufgerafft und —Europa lache, mit dem Erfolg, daß vier Armeekorps geopfert wurden, daß sich die Historie von Abessinien wiederholt: Die Italiener laufen."

739

8o. Kapitel. Die deutsch-italienischen Nechtsbe;iehungen bis zur italienischen Uriegserklürung vom 26. August 1916.

Die merkwürdigen völkerrechtlichen Verhältnisse zwischen dem Deutschen Reiche und Italien werden durch folgende offiziöse Dar­ stellung („Nordd. Allg. Ztg.") klargelegt: Am 2i. Mai 1915, also unmittelbar vor dem Abbruch der diplo­ matischen Beziehungen, wurde zwischen dem Staatssekretär v. Jagow und dem italienischen Botschafter Bollati eine Verständigung wegen der Behandlung der beiderseitigen Staatsangehörigen und ihres Eigentums für den Fall eines Krieges getroffen. Die Verständigung flcherte den beiderseitigen Staatsangehörigen den Schutz ihrer Person und ihres Eigentums zu, dergestalt, daß alle die Maßnahmen, die England, Frankreich und Rußland in völkerrechtswidriger Weise getroffen haben, wie die Internierung von Zivilpersonen, die Se­ questration oder Liquidation von Privateigentum, die Beeinträch­ tigung von Patentrechten sowie das Verbot der Erfüllung privatrechtlicher Forderungen, zwischen Deutschland und Italien nicht statt­ finden sollten. Darüber hinaus wurde den Beziehern von Unfallverstcherungsrenten deren Fortbezug gewährleistet. Auf die in den Häfen der beiden Länder liegenden Kauffahrteischiffe des anderen Teiles sollten die Regeln des Sechsten Haager Abkommens über die Behandlung der feindlichen Kauffahrteischiffe beim Ausbruch der Feindseligkeiten Anwendung finden. Da der Kriegszustand zwischen Deutschland und Italien bisher nicht eingetreten ist, war die Verständigung ihrem Wortlaut nach nicht anzuwenden; indes konnte nach ihrem Sinn und Zweck kein Zweifel darüber bestehen, daß die beiderseitigen Privatrechte vor Gntritt eines Kriegszustandes nicht ungünstiger behandelt werden durften, als es für den Kriegsfall vorgesehen war. Neben der Ver­ ständigung waren selbstverständlich, solange der Kriegszustand nicht bestand, auch die Bestimmungen des deutsch-italienischen Handels­ vertrages vom 6. Dezember 1891 zu beachten. Die italienische Re­ gierung hat stch jedoch sowohl den Verpflichtungen des Handels­ vertrages, wie denen der Maiverständigung in willkürlicher Weise e nizogen. Der ersten gröblichsten Verletzung des Handelsvertrages machte sich die italienische Regierung unter dem Drucke Englands schuldig, 47'

740

als sie am z. November 1915 die in italienischen Häfen liegenden deutschen Kauffahrteischiffe requirierte, obwohl nach Artikel 4 Ab­ satz 2 des Handelsvertrags die Deutschen in Italien von allen militärischen Requisitionen und Leistungen befreit sind, und obwohl nach allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätzen neutrale Kauffahrtei­ schiffe nicht der militärischen Requisition unterliegen. Den nächsten Schritt bildete die am 10. Februar 1916 — dem Tage der Ankunft des französischen Ministerpräsidenten Briand in Rom — veröffent­ lichte Verordnung vom 4. Februar, wodurch in offenbarem Wider­ spruch mit dem Handelsvertrag jeder mittelbare oder unmittelbare Warenverkehr mit Deutschland bei Strafe der Konfiskation verboten wurde. Ähnlich wie mit dem Handelsvertrag verfuhr die italienische Regierung mit der vorerwähnten Verständigung. Zunächst gingen die italienischen Behörden planmäßig darauf aus, die Einziehung deutscher Forderungen, namentlich die Abhebung von Bankgut­ haben, durch Maßnahmen der Postzensur und durch entsprechende „Winke" an Großbanken zu verhindern. Im März 1916 wurde sodann den schweizerischen Banken von ihren italienischen Geschäftsfreunden mitgeteilt, daß zufolge amtlicher Anordnung Zins- und Dtvidendenscheine nach Italien nicht befördert werden dürften, wenn sie nicht von einer eidesstattlichen Versicherung begleitet wären, wonach der Eigentümer weder einem Italien feindlichen Staate noch den Ver­ bündeten eines feindlichen Staates angehörte. Damit war also die Einlösung von Zins- und Dividendenscheinen aus deutschem Besitze förmlich verboten. Ein weiterer Verstoß gegen die Verständigung bestand darin, daß die italienische Regierung sich grundsätzlich weigerte, für requi­ riertes deutsches Eigentum, insbesondere für die requirierten Schiffe und deren Ladungen, während des Krieges Entschädigungen zu zahlen, obwohl sie hierzu nach dem durch die Verständigung für an­ wendbar erklärten Sechsten Haager Abkommen verpflichtet war. Ferner stellten die Generaldirektionen der Handelsmarine für die zwangsweise gelöschten deutschen Waren Bestimmungen auf, die den Eigentümern nur die Wahl zwischen Zwangsversteigerung oder Verkauf zu Schleuderpreisen ließen. Bei allen diesen Maßnahmen hat die italienische Regierung den deutschen Reklamationen gegenüber mit haltlosen Gründen den Standpunkt zu vertreten gesucht, daß eine Vertragsverletzung nicht

74i

vorliege. Am 30. April 1916 aber — der Besuch des französische» Ministers Elemente! stand vor der Türe — änderte sie diese Haltung und erließ eine Verordnung, welche die Einziehung deutscher For­ derungen aus Wechsel» und anderen Wertpapieren durch ein förm­ liches Verbot der Einfuhr solcher Papiere nach Italien unterband und den Deutschen durch eine Sonderbestimmung über das Verbot kaufmännischen Briefwechsels überhaupt jede Wahrung ihrer ge­ schäftlichen Interessen in Italien unmöglich machte. Die deutsche Regierung hat gegen diese fortwährenden Vertrags­ verletzungen nachdrücklich Einspruch erhoben. Solange aber noch Aussicht vorhanden schien, die Verständigung aufrechtzuerhalten, hat sie in jeder Weise für deren Einhaltung gesorgt, insbesondere den Banken von der Sperrung italienischer Guthaben abgeraten und eine Reihe von Derufsgenossenschaften, die angesichts des italienischen Verhaltens die Rentenzahlungen einstellen wollten, zur Weiterzahlung bewogen. Darüber hinaus sind sogar in den in deutsche Zivilver­ waltung gonommenen feindlichen Gebieten, wo vor dem Kriege zahlreiche Italiener als Arbeiter beschäftigt waren, die Lohnforderungen dieser Leute durch die deutschen Behörden Im Verwaltungswege ein­ gezogen und an die Beteiligten abgeliefert worden. Trotz dieser loyalen Haltung der deutschen Regierung erklärte die italienische Regierung im Mai 1916, daß sie sich gegenüber der Verständigung „volle Freiheit der Entschließung" vorbehalte. Be­ gründet war diese Erklärung mit Beschwerden darüber, daß die deut­ schen Militärbehörden der Ausreise von Italienern entgegen der Verständigung Schwierigkeiten bereiteten. Nun sieht zwar die Ver­ ständigung vor, daß die beiderseitigen Staatsangehörigen die Er­ laubnis erhalten, das Land des anderen Teiles zu verlassen, fügt aber ausdrücklich hinzu, daß die Ausreise „innerhalb der Friste» und auf Wegen, die von den zuständigen Behörden nach ihrem Ermessen bestimmt werden", erfolgen solle. Danach war es den deutschen Be­ hörden nicht verwehrt, die Erlaubnis zur Ausreise aus triftigen Gründen zeitweise hintanzuhalte». Übrigens hat die deutsche Re­ gierung stets dahin gewirkt, daß Verzögerungen, die nicht aus zwingenden militärischen Gründen geboten waren, vermieden wur­ den, und noch im Mai 1916 die Oberste Heeresleitung zu einem Ein­ greifen zwecks schleuniger Erledigung aller schwebenden Ausreise­ anträge veranlaßt. Sie hatte dadurch den italienischen Beschwerden jeden Boden entzogen, erhielt aber die Antwort, daß sich die italie-

74

-

Nische Regierung nicht mehr an die Verständigung für gebunden hatte und deshalb jede wettere Erörterung für überflüssig erachte. Bei diesem Verhalten der italienischen Regierung konnte die deutsche Regierung den Banken, die seit einem Jahre an der Ver­ fügung über ihr Guthaben in Italien gehindert waren, die ent­ sprechende Behandlung italienischer Guthaben nicht länger verweh­ ren. Ebensowenig ließ sich den Berufsgenossenschaften gegenüber die Tatsache verschweigen, daß die in der Verständigung enthaltene besondere Verpflichtung zur Fortzahlung der Dersicherungsrevtev an die außerhalb Deutschlands lebenden Italiener weggefallen sei. Die Entschließungen, die daraufhin Danken und Berufsgenossen­ schaften gefaßt haben, beruhte» auf ihrem freien Ermessen und wären unter gleichen Umständen zweifellos jedem Lande gegenüber ge­ troffen worden. Ein Zahlungsverbot, wie es in der italienischen Presse erwähnt wurde, ist hiemach nicht erlassen. Zusammenfassend sei festgestellt. Richt Deutschland, sondern Italien hat den deutsch-ttalienischen Handelsvertrag und die deutschitalienische Maiverständigung gebrochen; nicht Deutschland, sondem Italien hat sich von den durch diese Verträge auferlegten völker­ rechtliche» Verpflichtungen ausdrücklich losgesagt. Wenn die italie­ nische Presse die Sache anders darstellt, so ist dies eine gröbliche Irre­ führung der öffentlichen Meinung Italiens. Anmerkung. Die „Gazette de Lausanne" (Genf, 20. Juli 1916) gab den Text des Abkommens, das vor dem Ausbruch des österreichisch-italienischen Krieges im Mai 1915 zwischen Deutschland und Italien abgeschlossen wurde, wie folgt wieder: Übereinkommen zwischen Italien und Deutschland bezüglich Be­ handlung der beiderseitigen Staatsangehörigen und des beider­ seitigen Eigentums während der Dauer des Kriegszustands. Art. 1. Die italienischen Staatsangehörigen in Deutschland und die deut­ schen Staatsangehörigen in Italien werden hinsichtlich ihrer Person und ihres Eigentums gemäß den Gesehen und rechtlichen Grundsätzen, die in beiden Staaten in Kraft sind, geschützt sein. Art. 2. Sie können sich weiterhin ungehindert im Lande aufhalten, außer in denjenigen Gegenden und Ortschaften, die von den zuständigen Behörden an, gegeben werden und vorbehaltlich der beschränkenden und polizeilichen Maßnahmen, denen sie aus Gründen der Staatssicherheit und der öffentlichen Ordnung oder auö Rücksicht auf ihre eigene persönliche Sicherheit unterworfen werden können. In gleicher Weise wird ihnen freistehen, das Land innerhalb derjenigen Fristen und auf denjenigen Wegen zu verlassen, die die zuständigen Behörden dafür fest­ setzen und für nötig erachten. (Ausgenommen sind aktive Offiziere und Offiziere

743 im Ruhestand, sowie wegen Vergehens gegen das Gemeinrecht verfolgte oder verurteilte Personen.) Die beiderseitigen Staatsangehörigen werden das Recht haben, ihre persönliche Habe mitzunehmen, mit Ausnahme derjenigen, für die ein allgemeines Ausfuhrverbot besteht. Art. 3. Die Italiener in Deutschland und die Deutschen in Italien werden weiter ihre Privatrechte und die Fähigkeit zur Wahrung ihrer Interessen vor Gericht behalten, und zwar ohne andere Beschränkungen als diejenigen, die für die im Lande ansässigen Neutralen vorgesehen sind. Die persönlichen Vermögen können jedenfalls nicht Gegenstand einer Beschlagnahme oder LiquidationsMaßnahme sein, außer in den durch die geltenden Gesetze vorgesehenen Fällen. Sie können fernerhin nicht zur Veräußerung ihres Grundstückbesitzes gezwungen werden. Patente und andere Schutzrechte, die Italienern in Deutschland und Deutschen in Italien zustehen, können nicht für ungültig erklärt werden. Sie können ohne Zustimmung ihrer Inhaber nicht abgetreten werden, vorbehaltlich der lediglich im Staatsinteresse getroffenen Maßnahmen. Die vor oder nach dem Kriegsausbruch geschlossenen Verträge, sowie die zwischen Italien und Deutsch­ land bestehenden Obligationsverhältnisse jeglicher Art können in den nach den allgemeinen Rechtsregeln vorgesehenen Fällen aufgelöst, für nichtig oder sus­ pendiert erklärt werden. Der für den Fall der Auflösung eines Vertrages und nach den geltenden Bestimmungen geschuldete Schadensersatzbetrag darf die Höhe des effektiv von den Vertragsparteien erlittenen Schadens nicht überschreiten. Die Angehörigen eines jeden der beiden Staaten werden weiterhin mit Bezug auf die Sozialversicherung die in den geltenden Gesetzen des anderen Landes vorgesehenen Vorteile genießen. Oie Inanspruchnahme der diesbezüglichen Rechte darf in keiner Weise geschmälert werden. Art. 4. Die Vorschriften der 6. Haager Konvention über die Behandlung der feindlichen Handelsschiffe bei Beginn der Feindseligkeiten werden auf die italienischen Handelsschiffe in den deutschen Häfen und die deutschen Handels­ schiffe in den italienischen Häfen wie auf deren Ladung Anwendung finden. Die genannten Schiffe können zum Verlassen des Hafens nur gezwungen werden, wenn ihnen gleichzeitig ein für die feindliche Seemacht verbindliches Laissezpasser nach dem Hafen des Landes, in den das Schiff gehört, einem Hafen eines verbündeten oder neutralen Landes angeboten wird. Die Bestimmungen des Kapitels 3 der 11. Haager Konvention über gewisse Einschränkungen in der Aus­ übung des Kaperrechts im Seekrieg werden auf den Kapitän, die Offiziere und die Besatzung dieses Schiffes während der Dauer dieses Krieges Anwendung finden. Art. 5. Das Abkommen erstreckt sich auf die von den Militärbehörden der beiden Staaten besetzten Gebiete, wie auf deren Kolonien und Protektorate. Berlin, 21. Mat 1915. Gez.: R. Bollati. v. Jagow.

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8r. Kapitel. Die italienische Nriegserklärung an das Deutsche Reich am 26. Ängust 1916.

Am 26. August iyi6, am Tag vor der rumänischen Kriegs­ erklärung an Österreich-Ungarn, erfolgte die offiiielle Kriegserklärung Italiens an Deutschland. Die Note, mit der der italienische Ge­ sandte in Bern im Aufträge seiner Regierung am 26. August 1916 die schweizerische Regierung ersucht hat, die kaiserliche Regierung davon zu unterrichten, daß Italien sich vom 28. August an als im Kriegszustände mit Deutschland befindlich ansieht, lautet in der Über­ setzung: „Auf Weisung der Regierung Sr. Majestät habe ich die Ehre, die nachstehende Mitteilung zur Kenntnis Ew. Exzellenz und des Bundesrats zu bringen: Die feindseligen Akte seitens der deutschen Negierung gegenüber Italien folgen einander mit wachsender Häufig­ keit. Es genügt, die wiederholte Lieferung an Waffen und an Werk­ zeugen für den Land- und Seekrieg zn erwähnen, die von Deutsch­ land an Österreich-Ungarn erfolgt sind, desgleichen die ununter­ brochene Teilnahme deutscher Offiziere, Soldaten und Matrosen an den verschiedenen gegen Italien gerichteten militärischen Ope­ rationen. Auch ist es nur der von deutscher Seite Österreich-Ungarn in den verschiedensten Formen und im reichsten Maß zuteil geworde­ nen Unterstützung zu danken, daß es diesem möglich geworden ist, jüngst die Kräfte für eine Unternehmung von besonderer Ausdehnung gegen Italien zusammenzubringen. Ferner ist zu erwähnen die Aus­ lieferung italienischer Gefangener, die aus den österreichisch-ungari­ schen Konzentrationslagern entkommen und auf deutsches Gebiet geflüchtet waren, an unseren Feind, die auf Betreiben des kaiserlichen Auswärtigen Amts an die deutschen Kreditinstitute und Bankiers gerichtete Aufforderung, wonach diese jeden italienischen Untertan als feindlichen erachten und jede Zahlung, die ihm etwa geschuldet sein sollte, hintanhalten sollen, sowie die Unterbrechung der Zahlung der Rente an italienische Arbeiter, die diesen auf Grund ausdrück­ licher Bestimmungen des deutschen Gesetzes zusteht. Alles das sind Erscheinungen, aus denen sich die wahre systematische Stellung­ nahme der kaiserlichen Regierung Italien gegenüber ergibt. Ein derartiger Zustand kann auf die Dauer seitens der kgl. Regierung nicht geduldet werden. Er vertieft zum ausschließlichen Schaden

745 Italiens den schwerwiegenden Gegensatz zwischen der tatsächlichen und der rechtlichen Lage, die sich an sich schon aus dem Umstande ergibt, daß Italien einerseits, Deutschland andererseits mit zwei untereinander im Kriege befindlichen Staatengruppen verbündet sind. Aus den aufgeführten Gründen erklärt die italienische Regierung im Namen Sr. Majestät des Königs von Italien hiermit, daß sie sich vom 28. August ab mit Deutschland im Kriegszustände befindlich erachtet, und bittet die schweizerische Bundesregierung, das Vor­ stehende zur Kenntnis der kaiserlich deutschen Regierung bringen zu wollen." Dazu schrieb die „Nordd. Allg. Ztg.": „Die formelle Kriegserklärung Italiens an Deutschland ändert an dem de facto bereits bestehenden Zustand wenig. Als Italien im vergangenen Jahr an Österreich-Ungarn den Krieg erklärt hatte, hat die kaiserliche Regierung, bevor Fürst Bülow mit der Botschaft Rom verließ, die italienische Regierung darauf hingewiesen, daß überall die österreichisch-ungarischen Heeresverbände mit deutschen Truppen gemischt wären, ein Angriff gegen österreichisch-ungarische Truppen sich also zugleich gegen deutsche Truppen richten würde. Die italienische Regierung ist somit von deutscher Seite nie einen Augenblick darüber im Zweifel gelassen worden, daß Deutschland die militärische Unterstützung seines österreichisch-ungarischen Bun­ desgenossen gegen jeden Gegner als Bündnispflicht ansehe. Was die in der Note erwähnte Auslieferung entwichener öster­ reichisch-ungarischer Kriegsgefangener an Österreich-Ungarn betrifft, so ist es richtig, daß etwa sechs italienische Kriegsgefangene, die aus österreichischen Gefangenlagern entflohen waren, beim Überschreiten der deutschen Grenze angehalten und zurückgebracht worden sind. Es handelte sich aber dabei um ein Vorgehen untergeordneter Or­ gane der Zollverwaltung, das nicht die Billigung der kaiserlichen Regierung gefunden hat. Diese hat vielmehr bereits vor Monaten auf die Vorstellungen der italienischen Regierung entgegenkommende Vorschläge zu einer befriedigenden Erledigung der Angelegenheit gemacht. Die Behauptung über Eingriffe der deutschere Regierung in die inländischen Bankguthaben und die Arbeiter-Rentenansprüche von Italienern sind nur eine Wiederholung der im Juli in der italienischen Presse erschienenen Ausstreuungen, die bereits in der „Nordd. Allg.

746 Ztg." vom 20, Juli eingehend widerlegt worden sind. Es wäre wür­ diger gewesen, wenn die italienische Regierung darauf verzichtet hätte, ihre Kriegserklärung an Deutschland mit sophistischen Argu­ menten zu begründen. Sie wird dadurch niemand darüber hinweg­ täuschen, daß ihre Entschließung lediglich eine weitere Konsequenz des früher verübten Treubruchs und das Ergebnis des von England und seinen Bundesgenossen seit Monaten auf sie ausgeübten Druckes ist." Anmerkung i.

Der

Reichskanzler

äußerte

in

der

Reichstagssitzung

vom 27. September 1916 über die italienische Kriegserklärung sich folgender­ maßen: „Als nach der Kriegserklärung Italiens an Österreich-Ungarn unser Bot­ schafter Rom verließ, haben wir der italienischen Regierung mitgeteilt, die ita­ lienische Armee werde im Kampf mit den österreichisch-ungarischen Truppen auch auf deutsche Truppen stoßen. Deutsche Soldaten haben dann mit ihren österreichisch-ungarischen Kameraden vereint an der italienischen Front gefochten. So war de facto der Kriegszustand hergestellt. Eine förmliche Kriegserklärung aber folgte nicht. Offenbar scheute Italien vor den verhängnisvollen Folgen zurück, die seine wirtschaftlichen Beziehungen zu uns nach dem Kriege erleiden mußten.

Auch hätte man in Rom die Initiative gern uns zugeschoben.

Wir

aber hatten keinen Anlaß, das Spiel Italiens zu spielen. Daß unsere Taktik richtig war, zeigten die ununterbrochenen Anstrengungen der Ententemächte, Italien zur Kriegserklärung zu bewegen. Über ein Jahr lang hielt die italienische Re­ gierung stand. Am Ende haben die Daumschrauben, die England mit der gleichen Rücksichtslosigkeit, wie bei den Neutralen, so bei seinen Verbündeten ansetzt, zu stark gepreßt. Italien ist in seiner Kriegführung von englischer Kohle und eng­ lischem Gelde abhängig.

So hat es sich schließlich gefügt.

Englischer Zwang sicherlich war es, der den Ausschlag gegeben hat, wenn auch die italienischen Balkanaspirationen mitgewirkt haben mögen. Bekanntlich wünscht sich Italien auf dem Balkan auch auf Gebietsteile auszudehnen, welche zur natürlichen Interessensphäre Griechenlands gehören. Um nicht ganz aus­ geschaltet zu werden, erschien Italien die Teilnahme an der Sarrailschen Ex­ pedition erwünscht, und die wiederum mußte zu erneuten Zusammenstößen ita­ lienischer und ^deutscher Truppen in Mazedonien führen. So entstand die Kriegs­ erklärung an uns." Anmerkung 2.

Der

nahe Zusammenhang

zwischen

der

rumänischen

Kriegserklärung (s. unten das Nähere, insbes. auch im Rotbuch IV über die Be­ ziehungen Österreich-Ungarns zu Rumänien) und der italienischen Politik erhellt u. a. auch auö folgenden Pressestimmen: Der „Temps" meldet am 1. September 1916 u. a. folgendes: Man müsse' die hervorragende persönliche Arbeit Sonninos bei diesen Bemühungen aner­ kennen. Bei der Gleichartigkeit der politischen Lage und der Interessen zwischen Italien und Rumänien sei allerdings das Einverständnis beider Regierungen nur logisch gewesen. Der russische Rückzug im Frühling 1915 habe Rumänien gehindert, mit Italien zusammen Österreich anzugreifen. Vor fünfzehn Mo-

747 naten habe bereits ein dahingehendes italienisch-rumänisches Abkommen be­ standen.

Gewisse italienische Stimmen hätten Sonnino und Salandra vorge­

worfen, sich zum Krieg entschlossen zu haben, ohne sich einer Parallelaktion Ru, mäniens zu versichern. Italien konnte nicht anders, als im Mai 1915 in den Krieg einzutreten; damals wäre aber Rumänien vom russischen Rückzug mit fortge­ rissen worden.

Sonnino habe das sehr wohl begriffen, aber niemals die Fühlung

mit Dratianu verloren. Das „D. T." gibt in einem Telegramm aus Lugano eine Darstellung der „Jdea Nazionale" wieder, in der dieses Blatt den großen Anteil rühmt, den Italien an den Verhandlungen zwischen der Entente und Rumänien, die zum Anschluß Rumäniens führten, gehabt habe.

Frankreich sei es mit Hilfe von Italien ge­

lungen, die Saloniki-Expedition durchzuführen, was die rumänische Regierung für ihre Teilnahme am europäischen Konflikt als eine unumgänglich notwendige Voraussetzung bezeichnet hatte.

Als in einigen Ententekreisen die Absicht kund­

gegeben wurde, nach der erfolglosen Expedition von Gallipoli jede neue Aktion am Balkan aufzugeben, habe die Regierung von Bukarest der Entente erklärt, daß sie den Vorschlag einer rumänischen Teilnahme am Kriege nicht in Betracht ziehen könne, solange Rumänien sich nicht gegen einen türkisch-bulgarischen Druck, der es zwischen zwei Feuern bedrohe, versichert fühle.

Die französische Regiemng,

unterstützt von Sonnino, arbeitete daher mit allen Kräften darauf hin, daß alle Staaten des DierverbandeS dem Plan einer Expedition

in Mazedonien

bei­

stimmten. Das Unterbleiben der Teilnahme Rumäniens am Kriege 1915 sei für Sonnino und viele politische Kreise Roms keine Überraschung gewesen. Man wußte, daß Rumänien noch nicht imstande war, in den Krieg einzutreten.

Die

freundschaftlichen Beziehungen zwischen Rom und Bukarest hätten Italien zum einflußreichen Vermittler zwischen der Entente und Rumänien gemacht.

Man

versichert auch, daß es den Bemühungen Italiens gelungen sei, gewisse scheinbar unüberwindliche Hindernisse zu beseitigen.

82. Kapitel.

Das Solidaritütsabkommen der Vieroerbandsstaaten vom September 1914. Durch Vertrag vom 5. September 1914 halten sich die Regierungen von England, Frankreich und Rußland verpflichtet, keinen Sonder­ frieden abjuschließen, sondern nur gemeinsam in Friedensverhandlun­ gen einzutreten. Erst das Londoner Protokoll vom 5. September 1914 verwandelte die Entente in eine enge Allianz. Freilich sind deshalb die großen Interessengegensätze zwischen den Ententemächten nicht für später aus der Welt geschafft. Der Wortlaut des Londoner Frtedensabkommens der Entente­ mächte wird in englischen Blättern, wie folgt, veröffentlicht:

748 „Nachdem die italienische Regierung sich entschlossen hat, der am i. September 1914 in London zwischen der englischen, französische» und russischen Regierung unterzeichneten Erklärung, welcher die japa­ nische Regierung sich am 19. November 1915 anschloß, beizutreten, erklären die Unterzeichneten, welche von ihren Regierungen dazu er­ mächtigt wurden, folgendes: Die britische, französische, italienische, japanische und russische Regierung verpflichten sich, im gegenwärtigen Kriege einzeln nicht Frieden zu schließen. Die fünf Regierun­ gen vereinbaren, sobald Friedensbedingungen zur Diskussion gelangen werden, daß keiner der Verbündeten Friedensbedingungen aufstellen wird, ohne vorher die Genehmigung eines jeden der anderen Ver­ bündeten dazu erhalten zu haben. Zur Bestätigung dieses unterschreiben die Unterzeichneten diese Erklärung und heften daran ihre Siegel. Gegeben in London am 30. November 1915. Gezeichnet: Edward Grey, Cambon, Jmpertalt, Jnouye, Benkendorff." Anmerkung. Serbien, Belgien und Montenegro haben sich danach nicht angeschlossen. Der englische Minister Lloyd George erklärte am 29. Oktober 1915 im englischen Unterhause auf eine Anfrage: „Wir würden nicht daran denken, Friedensverhandlungen anzuknüpfen außer imEinvernehmenmit unseren Alliierten und in Übereinstimmung mit dem Abkommen vom September 1914." In diesen Worten lag eine Tautologie oder ein innerer Widerspruch. Das Ab­ kommen vom September 1914 besagt, daß England, Frankreich, Rußland und Belgien nur gemeinschaftlich Frieden schließen dürfen. Wenn diese Pflicht, nur gemeinsam Frieden zu schließen, noch in Kraft besteht, ist es nicht nötig, zu sagen, daß England nur im „Einvernehmen mit seinen Alliierten" Friedensverhandlungen anknüpfen darf und will. Die Betonung des Einvernehmens mit den Alliierten für die Friedensverhandlungen hätte doch nur einen Sinn, wenn die Pflicht, nur gemeinsam Frieden zu schließen, nicht mehr bestände. Der französische Ministerpräsident Brtand bestätigte im Gegensatze zur Hat, tung DelcaffLs auf eine Anfrage im April 1915 in seiner Rede vom 3. November 1915 nicht nur, daß das September-Abkommen noch gelte, sondern dankte Japan dafür, daß es dem Abkommen beigetreten sei. — In seiner Rede bei Zusammentritt des italienischen Parlaments vom 1. De, zember 1915 teilt Sonnino, der Minister des Auswärtigen, folgendes mit: „Der wirksame Beistand der italienischen Waffen ist der ganzen Welt bekannt. Seit dem Beginn unseres Krieges hat man im feindlichen Lager den furchtbaren Druck der italienischen Armee verspürt, die sich zur Eroberung der natürlichen Grenzen Italiens anschickte. Die Wirksamkeit unseres militärischen Bei­ standes hat sich aufs klarste bewiesen, als im letzten September Österreich,Ungarn gezwungen war, eiligst beträchtliche Truppenkörper von Galizien nach den Alpen

749 zu führen, und als dieser Umstand die siegreiche Gegenoffensive Rußlands in jenem Abschnitte ermöglichte. Dieses gemeinsame Vorgehen, das während mehrerer Monate sowohl im Kriege als auch in den diplomatischen Verhandlungen befolgt wurde, hat uns von der Notwendigkeit überzeugt, öffentlich und feierlich Zeugnis abzulegen von der Solidarität, die zwischen den Alliierten besteht, durch das Mittel einer gemeinsamen Erklärung der fünf Mächte, durch die das zwischen Frankreich, Großbritannien und Rußland am 5. September 1914 getroffene Ab­ kommen, dem sich Japan angeschlossen hatte, erneuert wurde. Unsere formelle Beitrittserklärung ist schließlich in London erfolgt, und dies möge ein Zeug­ nis sein, das jedermann die Augen öffne. Der formelle Akt unserer Zustimmung ist schon in London unterzeichnet worden." Es ist unzweifelhaft, daß diese Solidaritätserklärung allein das Werk Englands war, das nach alter erprobter Gewohnheit die Völker des Festlandes für englische Interessen verbluten lassen wollte. Anmerkung. Im englischen Unterhause fragte am 15. November 1915 Sir Arthur MarkhamdenStaatssekretär Grey, ob er beabsichtige, aufdie folgende Mitteilung des früheren deutschen Botschafters in London, Fürsten Lich n owsky, die in halbamtlichen deutschen Blättern Blättern veröffentlicht wurde, zu antworten: Einer Mitteilung des deutschen Botschafters zufolge sagte Grey, daß England als eine am Kriege teilnehmende Macht noch besser imstande sein werde, das Ge­ wicht seines Wortes in die Wagschale zu werfen, als wenn es neutral bliebe, da es jeden Augenblick drohen könne, sich vom Kriege zurückzuziehen. — Grey antwortete: „Ich habe niemals gedroht, daß wir uns zurückziehen würden. Ich hoffe, daß es gut verstanden wird, daß unsere Stellung im Kriege durch den Ver­ trag mit Japan und das Abkommen vom 5. September 1914 mit Frankreich und Rußland bestimmt wird, daß die Friedensbedingungen für uns so sein müssen, wie Asquith sie 1914 auseinandersetzte. Cs ist sehr erwünscht, daß ein- für allemal eingesehen wird, daß dieser Beschluß sowohl von der Regierung als Ganzes, als auch von den einzelnen Mitgliedern der Regierung sowie vom Volke gefaßt worden ist."

VIII. Teil.

Der Balkan. 8z. Kapitel. Der Eintritt -er Türkei in den Weltkrieg (November 1914). A. Zur Vorgeschichte des Eintritts der Türkei in den Weltkrieg siehe den Artikel „Der natürliche Dreibund" von M. Moukhtar Pascha, ehem. türkischem Botschafter in Berlin, KulturKorrespondenz fiir deutsche Zeitungen des In- und Auslandes. Der bekannte Staatsmann schreibt dort unter anderem: „Für das Verhältnis der verschiedenen europäischen Staaten zur Türkei ist von jeher ihr jeweiliges Verhältnis zu Rußland und nächstdem zu England primär maßgebend gewesen, denn das türkische Pro­ blem ist ein eminent geographisches Problem, und die Dardanellen sind einem vereinzelten bloßliegenden Nerv am Körper Rußlands ver­ gleichbar, der bei der leisesten Berührung zusammenzuckt. So fällt auch der Anfang der Beziehungen zwischen der Türkei und Preußen in die Zeit, als Friedrich der Große während des Siebenjährigen Krieges gegen ganz Europa fechten mußte und sich sogar von England ver­ lassen sah. Damals warf er seine Blicke auf die Türkei, den natürlichen Bundesgenossen gegen Rußland, wie es vor ihm Karl XU. von Schwe­ den getan hatte. Seine nächsten Nachfolger freilich, die mit Österreich und Rußland auf gutem Fuße standen, hatten es nicht mehr nötig, mit der Türkei zu rechnen. Dafür war jetzt Napoleon I., dem die dro­ hende Annäherung zwischen Rußland und Österreich die türkische Freundschaft. wünschenswert erscheinen ließ. Diese Türkenpolitik seines Oheims blieb auch noch für Napoleon IH. maßgebend, und so kam es, daß die Türkei in bas politische Fahrwasser von Frankreich und England gesteuert wurde.

75i

Dieser Zustand nun erfuhr nach dem deutschen Siege von Sedan eine gänzliche Änderung. Die unmittelbare Folge des Frankfurter Friedens war zuerst die völlige Isolierung der Türkei. Später hatte dann die Berliner Konferenz von 1878 die Balkan-Rivalität zwischen Rußland und Österreich verschärft, in Rußland Mißtrauen gegen Deutsch, land gesäet und den Grund zu dem russisch,französischen Bündnis gelegt. Schon während ihres Krieges gegen Montenegro, Serbien und Rußland in den Jahren 1876—78 hatte die Türkei in Frankreich einer sehr schlechte Presse gehabt. So nahm die politische Situation all, mählich eine Gestalt an, die eine instinktive Annäherung zwischen der Türkei und Deutschland hervorrief. Diese Annäherung wurde anderer, seits durch die persönlichen Sympathien des Sultans Abdul Hamid IL gefördert. Der jugendliche Herrscher, von Natur aus despotisch ver, anlagt, konnte weder für das republikanische Frankreich noch für das parlamentarische England Sympathie empfinden. Die jungtürkische Konstitutionspattei hatte eine starke Anlehnung an England gefunden, und dieses, sowie der Umstand, daß die Entthronung seines Oheims, des Sultans Abdul Azts, unter dem Mitwissen Englands geschah, genügte, um bet ihm eine starke politische Abneigung gegen die Bttten hervorzurufen. An ein Pattteren mit Rußland war nicht zu denken. Österreich kam wegen der Okkupation Bosniens sowie wegen der Ten, denzen, die ihm bezüglich Mazedoniens zugeschrieben wurden, nicht in Frage. — So blieb Deutschland die einzige Macht, die für Abdul Hamid als Freund in Betracht kam. Hier hatte man auch den Helden, mut und die Kriegstüchtigkeit der Türken voll gewürdigt. Es ent, spann sich ein reger Verkehr zwischen den beiden Regierungen, eine deutsche Mission unter dem Fürsten Radziwill überbrachte 1892 dem Sultan einen preußischen Orden, kurz darauf kam eine türkische Mission mit dem Marschall Ghazi Monkhtar Pascha an der Spitze nach Berlin, und zum ersten Male wohnte ein türkischer Marschall den Kaiser, Manövern bet. Ernstere Beziehungen waren vorausgegangen. Deutsch, land hatte zur Reorganisation der türkischen Armee mehrere Offiziere, darunter den jetzigen Feldmarschall v.d. Goltz, nach KonstaMinopel entsandt, und gleichzeitig wurde eine Anzahl türkischer Offiziere dauernd in die deutsche Armee eingereiht. Dieser militärische Austausch hat ln der Folge nicht wenig zur Festigung der gegenseitigen Freundschaft bei, getragen. Nicht umsonst sagte einmal der Kaiser, als ihm geraten wurde, die deutschen Offiziere zurückzuberufen: „Lassen Sie dott meine Offi­ ziere in Ruhe, sie sind mir dott ebenso viel wett, wie ein Armeekorps!"

752

Die freundliche persönliche Haltung des Kaisers hat ihm die größte Liebe und dankbarste Verehrung nicht nur der Türkei, sondern der ganjen mohammedanischen Welt eingetragen. Aus diesen persönlichen Beziehungen heraus entwickelte sich zum großen Teil das jetzige Ver­ hältnis der beiden Völker, und ihnen ist es in erster Linie zu verdanken, wenn heute Türken und Deutsche Schulter an Schulter kämpfen. Der wirtschaftliche Faktor, welcher — wieder unter reger Anteil­ nahme des Kaisers — Deutschland der Türkei näher geführt hat, ist in der Hauptsache die Bagdadbahn gewesen. Dieses Unternehmen erregte aber andererseits in England das größte Mißtrauen. Nach­ dem England bereits Ägypten besetzt und sich den Seeweg nach Indien gesichert hatte* strebte es nach einer Lösung der orientalischen Frage, die ihm auch den Landweg nach Indien sicherstellen sollte. Es hat lange gedauert, bis man diese Absichten in der Türkei erkannte, und man muß den Engländern das Zeugnis geben, daß sie es mit großem Geschick verstanden haben, den alten Wahn ihrer Türkenfreundlichkeit in Konstantinopel möglichst lange aufrechtzuerhalten! Endlich mußte aber die „entente cordiale“ auch dem Blindesten die Augen darüber öffnen, daß Englands Streben darauf gerichtet war, die Macht des türkischen Kalifats zu brechen. Die ersten offenkundigen Beweise dieser Feindseligkeit fielen in das Jahr 1897, als in dem griechisch-türkischen Kriege die siegreiche türkische Armee Thessalien besetzte. Damals erklärte Salisbury im Parlament, daß kein dem Halbmond entrissenes Land jemals wieder dem Halbmond ausgeliefert werden dürfe — derselbe Salisbury, welcher 1898 zugunsten der Türkei die Berliner Konferenz erzwang. Der Angelpunkt dieser ganzen Schwenkung ist Ägypten gewesen, denn im sicheren Besitze Ägyptens fühlte sich England berufen, dem Kalifenlaude die Oberherrschaft über die mohammedanische Welt zu entreißen. Um die geschilderte Stellungnahme Englands auch von ihren religiös-mohammedanischen Bedingungen her zu verstehen, muß einiges über den Begriff und die Macht des Kalifats gesagt werden, über die in Europa die entgegengesetztesten Meinungen verbreitet sind. Die Wahrheit ist, daß die allerdings vielfach vorhandenen partikularistischen und separatistischen Tendenzen innerhalb des Islams in dem Maße in den Hintergrund treten, als die äußere Gefahr für den ganzen Kultur­ kreis wächst. Selbst einem Harun al Raschid oder Suleiman dem Prächtigen war es nicht vergönnt, ihre Kalifenmacht über den ganzen Islam auszudehnen, jetzt aber, nachdem mit Ausnahme der Türkei

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sämtliche mohammedanischen Staaten ihre Unabhängigkeit einge­ büßt haben, strecken sie instinktiv ihre rettungsuchende Hand nach dem Osmanenreich aus. Die gemeinsame Gefahr für den ganzen Islam hat auch die fanatischsten Widersacher zum Schweigen gebracht. Die heutige Solidarität des Islams wird die Ereignisse überleben und wird die Beziehungen der Türkei als Kalifenstaat zum übrigen Islam immer mehr stärken. Die welthistorische Bedeutung des Augenblicks liegt für die Türket darin, daß sie sich endlich als mohammedanische Vormacht gegen Eng­ land und Rußland erheben kann..." B.

Vorbemerkungen.

1. Den Anstoß zur entscheidenen Stellungnahme des Islams gab das entschlossene Eintreten des Osmanischen Reichs durch die Kriegserklärung des Kalifen vom u. November 1914. Alt-England war erfüllt von der Überzeugung von der hohen politischen Bedeutung der Freiheit Konstantinopels von der russischen Herrschaft: Pitt erklätte im Parlament, daß er es vorziehen würde, Konstantinopel auf den Meeresgrund zu versenken, als es den Russen zu überlassen. Und Palmerston sprach: „Rußland will Konstanti­ nopel erobern, um die Welt im Norden von der Ostsee aus, im Süden von Konstantinopel aus zu umklammern. Wenn das gelänge, würde der europäische Kontinent der Sklave Rußlands und England eine Macht dritten Ranges werden." Mit dieser Politik brachen die Epi­ gonen gründlich. Man hatte jahrzehntelang das Reich des „kranken Mannes" als eine politische Quantitt negligeable behandelt. England und Frank­ reich gefielen sich in den Rollen der Protektoren des Landes, das sie zu einem Spielball ihrer Launen machten. Den Höhepunkt er­ reichten diese Quälereien wohl in der Wegnahme Ägyptens (1882) mit Gewalt und ohne den Schein eines Rechtstitels. Mit seinem Hauptgegner in Ägypten, Frankreich, hatte sich England nach Abschluß der entente cordiale durch Vertrag vom 8. Aprll 1904 geeinigt. Ägypten englisch, Marokko französisch! (Siehe über die Rechtsver­ letzungen gegenüber Ägypten auch des Verfassers Buch: „Der Weltkrieg 1914/15 und der Zusammenbruch des Völkerrechts", 3. Aufl., S. 86 ff., dortselbst auch insbesondere über die Verletzung der Neutralität des Suezkanals.) Müller,Meiningen, Entstehung beS Weltkriegs.

754 Ebenso schlimm war die Annektierung Zyperns durch England. Diese Gewalttat stellt sich unter einem ganz besonders eigentümlichen Lichte dar, wenn man sich den Vertrag vom 4. Januar 1878 näher ansieht, auf Grund dessen die Pforte der Besetzung der Insel durch England zustimmte. Der Vertrag war ein englisch-türkischer Bündnis­ vertrag gegen Rußland! (Siehe auch von Liszt, Vblkerrecht S. 172; Fleischmann S. 174; Ullmann, Völkerrecht S. 200 und 297.) Zypern war das Unterpfand dieses Bündnisses. Der Sultan gestattete Eng­ land die Besetzung und Verwaltung der Insel gegen das Versprechen, daß England ihm den Besitz seines astatischen Gebietes gegen Rußland garantiere. „In dem Falle," heißt es wörtlich in dem ersten Artikel des Vertrags, „wo Datum, Ardahan, Kars (seither alle russisch!) von Rußland zurückbehalten werden sollten oder irgendwann von Rußland ein Versuch gemacht werden sollte, sich irgendeines Teiles der Gebiete des Sultans in Asien zu bemächtigen, wie sie der endgültige Friedens­ vertrag festsetzt, verpflichtet sich England, sich mit dem Sultan zur Verteidigung des in Rede stehenden Gebietes durch Waffengewalt zu vereinigen." Der Großwesir Gafwet, der seinen Namen unter dieses Schriftstück setzte, hat gewiß nicht erwartet, daß England eines Tages im Bunde mit Rußland die Türkei bekriegen werde, um sie ihrer astatischen und andern Besitzungen zu berauben, und daß an eben dem Tage, wo der Garantievertrag die seltsame Verkehrung ins Gegen­ teil erfährt, England sich des Unterpfandes Zypern durch einen Ge­ waltakt bemächtigen werde. Der Vertrag war also abgeschlossen, unter der Resolutivbedin­ gung, daß, wenn Rußland angreifen oder überhaupt türkischen Besitz gefährden würde, England beistehen müsse. Statt dessen hat es sich sogar mit dem Feinde der Türkei verbündet (siehe a. a. O. S. 85). Ich habe a. a. 0. ausgesprochen, daß Englands Politik seit langer Zeit von der „Gutmütigkeit und Schwäche des Türkischen Reiches und der islamischen Völker lebte". In Reval (1908) wurde die Teilung der Türkei beschlossen. Von da an setzte eine Politik der Nadelstiche ein, vermischt mit scheinbaren wohlwollenden Aktionen, wie die Einsetzung der famosen, angeblich Sabotagetreibenden englischen „Marine­ kommission". — Oer Beginn des Weltkrieges erschien der englischen Brutalität der richtige Zeitpunkt, um der Türkei ihren Willen endgültig aufzu­ nötigen und dem gesamten Osmanischen Reiche das Schicksal Ägyp­ tens und Marokkos zu bereiten. Eine Reihe dreister Neutralitäts-

755 Verletzungen (siehe a. a. O. 7- Kapitel S. 82 ff.) zeigte die alte eng­ lische Taktik. Oer Widerspruch der türkischen Regierung gegen diese Verletzungen internationaler Abkommen und allgemeiner völker­ rechtlicher Satzungen gab willkommene, gesuchte Gelegenheit, über angebliche feindliche Haltung der Türkei entrüsieten Lärm zu schlagen. Bereits anfangs August 1914 stahl Großbritannien ohne alle Skrupel zwei der Türket zu Eigentum gehörige Dreadnoughts, die auf englischer Werft lagen. Die Wegnahme des souveränen Ägyptens wurde in definitive Formen gekleidet. Bereits im September gerierte sich die englische Flotte in den türkischen Gewässern, als wenn eine Blockade der türkischen Küste be­ stände. Sie verbot türkischen Torpedobooten, in türkischen Gewässern außerhalb der Dardanellen zu fahren usw. Besonders charakteristisch war der Vorgang mit den neu von Deutschland erworbenen Schiffen, dem Linienschiff „Göben" und dem kleinen Kreuzer „Breslau". Der frühere deutsche kleine Kreuzer, der an die Türkei verkauft wurde, „Breslau", jetzt „Midilli", hatte in Begleitung mehrerer Tor­ pedoboote eine Kreuzfahrt in den türkischen Gewässern des Schwarzen Meeres unternommen und war wieder ins Marmarameer zurück­ gekehrt. Der englische Botschafter Mallet hat dies als feindselige Demonstration (!) erklärt und die Warnung ausgesprochen, daß die „Soeben" und „Breslau" auch jetzt noch von England als deutsche Kriegsschiffe betrachtet und beim Verlassen der Dardanellen von der englischen Flotte vernichtet werden würden. Darauf antwortete die Pforte mit der Sperrung der Dardanellen. So drängten die Verhältnisse zu den letzten Konsequenzen, die gewagt zu haben ein unsterbliches Verdienst vor allem Enver Beys war. II. Die Frage der Zukunft der asiatischen Türkei ist eine der aller­ größten in diesem Weltenringen: Je mehr das Streben der Entente dahin geht, die Mittelmächte auch nach dem Kriege wirtschaftlich zu vernichten, um so größer wird die wirtschaftliche Bedeutung der asia­ tischen Türkei für deutsches Kapital und deutschen Unternehmungs­ geist. Mesopotamien mit der Bagdadbahn und damit den Weg nach Indien und China für Deutschland zu eröffnen, das ist das große Gespenst, das den englischen Staatsmännern seit vielen Jahren den Schlaf raubt. An ihm hatten im Geiste Leute wie Friedrich List, Wilhelm Roscher, Ferdinand Lassalle, Rodbertus und vor allen der 48*

756 große Moltke gearbeitet. Im November 1898 hatte Kaiser Wilhelm II. in Damaskus erklärt: „Mögen die 300 Millionen Muhammedaner, welche auf der Erde verstreut leben, dessen versichert sein, daß zu allen Zeiten der Deutsche Kaiser ihr Freund sein wird." Auch unsere Ma­ rokkopolitik — Fahrt nach Tanger — war eine Prestigepolitik für die islamitische Welt. Fürst Bülow („Deutsche Politik" S. 104 ff.) gibt ein Wort des verstorbenen deutschen Botschafters in Konstan­ tinopel Frhrn. v. Marschall wieder: „Wenn wir Marokko trotz Da­ maskus und Tanger jetzt preisgeben (1909), so verlieren wir mit einem Schlage unsere Stellung in der Türkei und mit ihr die Vor­ teile und Zukunftsaussichten, die wir uns durch jahrelange Arbeit mühsam erworben haben." Wie England sich die Zukunft der asiatischen Türkei denkt, das verrät im Juniheft (1916) des „Mneteenth Century" ElliS Barker, der die Riesenbedeutung der Frage gerade für das Deutsche Reich unterstreicht und ausführt, daß das Problem der asiatischen Türkei nur dadurch gelöst werden kann, daß man das Land zu einer tweiten Schweiz, zu einem starken, unabhängigen Pufferstaat unter einer Vormundschaft des „Hüters der Neutralität" (guardian) macht. Seine Logik ist echt englisch, obwohl der Verfasser aus Köln stammt. Er sagt:

„Frankreich hat starke historische und wirtschaftliche Ansprüche auf Syrien und Cilicten, Großbritannien wichtige Ansprüche auf Mesopotamien und den Persischen Golf wie auch auf Arabien; ja, die Oberhoheit über Mesopotamien und den Persischen Golf erscheint fast als eine Notwendigkeit für das britische Reich, und zwar aus strategischen und wirtschaftlichen Gründen. Ein Blick auf die Karte zeigt das. England, als Indiens Hüter und Beschützer, hat ein starkes Interesse daran, daß die wichtige Zugangsstraße nach Indien durch Mesopotamien und den Persischen Golf von keiner anderen großen militärischen Macht beherrscht werbe; außerdem aber muß dem übervölkerten Indien ein Ausweg nach Meso, potamien gegeben werden. Dieses bietet „unbegrenzte landwirtschaftliche Mög, lichkeiten". Die Bewässerungsanlagen Sir William Willcocks* beweisen das; „sie könnten auf die doppelte und dreifache Größe Ägyptens ausgedehnt werden und statt zwei Millionen 30 Millionen Menschen ernähren. Mesopotamien könnte eine Kornkammer für bas von Hungersnot und Übervölkerung heimgesuchte Indien, ja eine der größten Kornkammern der Welt werden." Eine Oberaufsicht über die asiatische Türkei könnte in Form einer strengen finanziellen Kontrolle ausgeübt werden, etwa nach dem Vorbild der „Caisse de la Dette“, Aber diese hat nur finanzielle, nicht zugleich politische Befugnisse. Letztere würden und müßten zu Zwistigkeiten unter den an der Aufsicht beteiligten Staaten führen. „Ein Kondominium hat sich, wann und wo es immer versucht wurde, als Fehlschlag und Gefahr erwiesen. Nur eine einzelne, starke, nicht,mili, tärische (!) und deshalb auch nicht aggressive Macht, die in der Behandlung dev

757 Mohammedaner erfahren ist, ist daher tu diesem tzüteramt (guardian-ship) im­ stande, und die einjige Macht, die diese Eigenschaften besitzt, ist Großbritannien! Unter Großbritanniens Vormundschaft würde die Türkei aufhören, eine Gefahr für andere Nationen r» sein." (Europ. Staats- und WIrtschaftsjeitung", Juli 1916).

III. Kurz berührt muß noch werden die sog. armenische Frage (s. u. a. „Franks. Ztg." Nr. 223,1916), die jetzt wieder in allen Lagern Aufregung hervorruft. Wir haben hier nicht ju untersuchen, wie weit die fürchterlichen Mitteilungen über beabsichtigte oder in der Durch, führuag begriffene Ausrottung der Armenier durch die Türken der Wahrheit entsprechen. Die armenische Frage hat der europäischen Diplomatie viel Gelegenheit ju end, und nutzlosen Beratungen ge, geben, die ergebnislos bleiben mußten, weil, wie a. a. O. mit Recht ausgeführt ist, keine Macht es wagte, der Frage die christlich,moralische Hülle abzureißen und ihren hochpolitischen Kem zu berühren. Im Stillen, aber mit Eifer besorgten das nur die Russen durch eine leb, hafte politische Propaganda unter den türkischen Armeniern, und die Türken durch deren rücksichtslose Verfolgung. Die christliche Welt suchte in diesen Tatsachen religiöse Ursachen, die aber auf beiden Seiten keine Rolle spielten; in ihren eigenen Grenzen scheuten sich die Russen nie, armenische Pogrome durch Tataren zu begünstigen, und in der Türket hat sich längst der Fanatismus des Moslims gegen den Giaur besänftigt. Das Auftreten Deutschlands auf dem anatolischen und meso, potamischen Glacis Armeniens als wirtschaftliche Macht, die Zu, nähme seines Militär,politischen Einflusses in der Türket gaben der armenischen Frage eine ganz neue Wendung. Zwischen dem Vor, marsch der Russen vom Kaukasus und der Engländer vom Persischen Golf erhob sich plötzlich der Wille zum Widerstand, gegen den sich die bisherigen Gegensätze schnell neu orientierten und zusammenschlössen. Aus de» nebelhaften Umrissen der armenischen Frage trat die welt, politische Bedeutung Armeniens hervor. Es zeigte sich, warum Europa nie gewagt hatte, den Kern der Frage zu berühren: in ihm lag die Revolution europäisch,asiatischer Beziehungen, deren Träger die Mächte Europas geworden sind. Unter den Ursachen, die zum Welt, brand führten, ist die armenische Frage nicht die letzte. Vor unseren Augen spielt sich der Kampf um den Besitz des Hochlandes ab, das die Türken halten wollen, um den Überlandweg der Zukunft, die Bagdadbahn, und die Zukunft ihres Reiches zu sichern, und das die Russen besitzen wollen, um die erste Etappe auf dem Wege zur Der,

758 nichtung der Türkei zn erreichen. In der Zukunft liegt die Kraftprobe zwischen England und Rußland. — Die Kriegserklärungen Rußlands, Frankreichs und Englands an die Türket erfolgten am 31. Oktober bzw. 6. November 1914, diejenigen Belgiens und Serbiens am 7. November 1914. c. Es entspricht dem Verwachsensein des staatlichen Lebens mit dem kirchlichen in der Türkei, daß neben der staatlichen Aktion auch eine kirchliche des Scheich ul Islam einherging. Die Erklärung des „heiligen Kriegs" führte den gesamten Islam auf die Seite der Zentralmächte. 1. Der allerhöchste Erlaß Seiner Majestät des Kalifen darüber, daß die hohe Regierung sich im Kriegszustand befindet mit den Staaten Rußland, Frankreich und England. Als am 16. des gegenwärtigen Monats ein Teil der Kaiserlichen Flotteim Schwarzen Meere Übungen ausführte, wurde festgestellt, daß ein Teil der russischen Flotte mit der Aufgabe betraut war, im Bosporus Minen zu legen; schließlich störten diese russischen Schiffe unsere Übungen und bewegten sich in feind, seliger Haltung direkt auf den Bosporus zu. Von seiten der Kaiserlichen Flotte wurde dem entgegengetreten, zugleich wurden aber hinsichtlich dieses beklagens, werten Vorfalles von seiten der Hohen Regierung dem Russischen Reiche Dorstellun, gen gemacht und es wurde aufgefordert, Untersuchungen über die Ursachen des Vorfalls anzustellen. Während in solcher Weise Anstrengungen gemacht wurden, die Neutralität zu wahren, gab die russische Negierung auf die Anfrage keine Ant­ wort, rief vielmehr ihren Botschafter ab und ließ ihre Truppen an verschiedenen Punkten die Erzerum-Grenze überschreiten. Zu gleicher Zeit riefen auch Frankreich und England ihre Botschafter ab, lind die englische und französische Flotte beschossen gemeinsam Tschanak-Kale, und englische Kreuzer beschossen Akaba, und so wurden die Feindseligkeiten tatsächlich eröffnet. Schließlich erklärten die erwähnten Mächte, daß sie sich mit dem Osmanischen Reiche im Krieg befinden. Mit Rücksicht hierauf bestimme ich, daß auch hinsichtlich der Osmanischen Regierung im Vertrauen auf die Hilfe Gottes der Kriegszustand mit den erwähnten drei Mächten erklärt werden soll. Mit der Ausführung dieses Allerhöchsten Erlasses ist das Gesamtministerium beauftragt. Den 22. Zilhidschdsche 1332/29. Oktober 1330 [12. November 1914]. Mehmed Reschad. (Folgen die Unterschriften der Minister.) 2. Zn gleicher Zeit ging folgender politisch interessanter Aufrvf „An Mein Heer und Meine Flotte" (siehe diese Urkunde in „Die Welt des Islams", Zeitschrift der Gesellschaft für Jslamkunde, herausgegeben von Professor Kampfmeyer, Bd. in Heft i vom 15. März 1915):

759 „Da unter den Großmächten der Krieg erklärt worden ist, sind Mein Reich und Mein Land beständig plötzlichen und ungerechten Angriffen ausgesetzt. Um deren Rechte und Existenz gegen die lauernden Feinde im Ernstfälle zu verteidigen, hatte ich euch unter die Waffen gerufen. So lebten wir in einer bewaffneten Neu­ tralität. Da eröffnete die zum Minenlegen im Bosporus aufgebrochene russische Flotte unerwartet das Feuer auf einen Teil unserer mit einer Übung beschäftigten Flotte. Es wurde erwartet, daß diese völkerrechtswidrige Ausschreitung von seiten Rußlands korrigiert werde, aber sowohl die russische Regierung als die mit ihr verbündeten Staaten England und Frankreich riefen ihre Botschafter ab und brachen damit die politischen Beziehungen ab. In der Folge überschritten russische Truppen unsre Ostgrenze, die Flotten Frankreichs und Englands beschossen ge­ meinsam Tschanak-Kale, und die englischen Schiffe Akaba. Auf Grund solcher ununterbrochen einander folgenden verräterischen Feindseligkeiten mußten Wir den von jeher gewünschten Frieden aufgeben, und Wir wurden gezwungen, die Waffen zu ergreifen, um in Gemeinschaft mit Deutschland, Österreich und Ungarn unsere berechtigten Interessen zu verteidigen. Das Russische Reich hat seit drei Jahrhunderten dem Besitzstände Unseres Hohen Reiches sehr schweren Schaden zugefügt und hat sich bemüht, je und je die Reformarbeiten, die unsere nationale Größe und Macht mehren sollten, durch Kriege und tausendfache Listen und Künste zu vernichten. Die Staaten Rußland, England und Frankreich sind nie müde geworden, Böses zu ersinnen gegen Unser Hohes Kalifat, mit welchem wie die unter ihrer gewalttätigen Verwaltung seufzenden Millionen so auch die gesamte Jslamwelt durch Religion und Herzensneigung verbunden ist, »und sind jedes Unglücks und Mißgeschickes Ursache und Erreger für uns geworden. Nun, jetzt werden Wir mit Hilfe des großen Glaubenskampfes, mit dem Wir Uns an Gott wenden, den An­ griffen, die immerwährend einerseits gegen das Ansehen Unseres Kalifats, andrer­ seits gegen die Rechte Unseres Sultanats gerichtet werden, so Gott will für ewige Zeiten ein Ende machen. Die ersten Schläge, die durch die Hilfe und Gnade des Höchsten und den geistlichen Beistand des Propheten Unsere Flotte im Schwarzen Meer und Meine tapferen Truppen in Tschanak-Kale, in Akaba und an den Grenzen Kaukasiens den Feinden versetzt haben, haben Unsre Zuversicht, daß Unser um des Rechtes willen geführter Feldzug mit Sieg gekrönt sein werde, noch vermehrt. Diese Unsere Zuversicht ist ferner dadurch bestärkt worden, das heute Land und Heer Unserer Feinde unter dem unerschrockenen Angriffe Unserer Verbündeten zusammenbrechen. Meine Helden-Soldaten! Laßt nicht einen Augenblick ab von Energie und Opferfreudigkeit auf dem Pfade dieses gesegneten Glaubenskampfes, den Wir gegen die Feinde eröffneten, welche unsere klare Religion und unser teures Vaterland bedrohten! Stürzt euch wie die Löwen auf den Feind! Denn nicht bloß der Bestand Unseres Reiches, sondern auch Leben und Zukunft der dreihundert Millionen Muslime, die Ich durch das Heilige Fetwa zum großen Glaubenskampfe laden ließ, sind an euren Sieg gebunden. Die herzlichen Gebete und Segenswünsche von drei­ hundert Millionen unschuldiger und vergewaltigter Gläubigen, die sich in voll­ kommener Begeisterung und Versenkung in den großen und kleinen Moscheen und in der Ka'ba Gottes an den Herrn der Welten wenden, sind mit euch. Soldaten, Meine Kinder! Die Aufgabe, die heute euch anvertraut ist, ist bis jetzt tu der ganzen Welt noch nie einem Heere zuteil geworden. Zeiget, indem

76o ihr diese Aufgabe erfüllt, daß ihr die besten Nachfolger jener osmanischen Heere seid, die einstmals die Welt er&iftecn ließen, auf daß der Feind von Religion und Staat nicht noch einmal sich erkühne, auf unsern geheiligten Boden den Fuß l» setze» und die Ruhe des gesegneten Hidschazlandes ju stören, das die Ka'ba Gottes und die erleuchtete Ruhestatt des Propheten in sich schließt. Zeigt dem Feinde in eindringlicher Weise, daß es noch ein Osmanisches Heer und eine Osmanische Flotte gibt, die imstande sind, ihre Religion, ihr Vaterland, ihre mllitärische Ehre mit der Waffe r« verteidigen und um des Padischahs willen den Tod tu verachten. Recht und Gerechligket ist bei uns, Unrecht und Gewalt ist bei den Feinden; es ist kein Zweifel, daß die ewige Gnade des gerechten Gottes und der moralische Beistand unseres hochgeehrte» Propheten uns Freund und Helfer sein werden, um unsere Feinde i« beiwingen. Ich bin sicher, daß wir aus diesem Glaubenskampfe als ein angesehenes und starkes Reich hervorgehen werden, das die Schäden der Vergan­ genheit wieder gut gemacht hat. Dergeßt nicht, daß ihr in dem gegenwärtige» Stiege Waffenbrüderschaft geschlossen habt mit den beiden tapfersten Heere» der Welt, mit denen Wir in dem gegenwärtigen Kriege gemeinschaftlich ins Feld ge­ logen sind. Eure Blutzeugen sollen de» vergangenen Blutzeugen die Botschaft deö Sieges bringen. Der Feldzug derer, die von euch gesund bleiben, möge gesegnet, ihr Schwert scharf sein! Den 22. Zilhidschdsche 1332 und 29. Oktober 1330 [12. November 1914I. Mehmeb Reschad."

z. Oie oft zitierten „heiligen Fetwas" (Rechtsgutachten) lauten: Nr. 1. Wenn Seine Majestät der Padischah deö Islams, sobald der Angriff der Feinde auf die Jslamwelt stattgefunden hat und Beraubung und Plünderung der islamischen Länder und Gefangennehmung von islamischen Personen fest­ gestellt ist, durch allgemeinen Aufruf den Glaubenskrieg befohlen hat, ist dann der Glaubenskrieg nach Maßgabe des Hohen Koranspruches [9, 41]: „Ziehet auS, leicht und schwer, und kämpfet mit euerm Vermögen und euerm Leben sauf dem Pfade Gottes!" Pflicht für sämtliche Muslime, und ist es individuelle Pflicht sämt­ licher in allen Erdteilen wohnender Muslime, jung und alt, berittene und unbe­ rittene, mit ihrem Gut und mit Leib und Leben zum Glaubenskrieg zu eilen? — Antwort: Ja! Nr. 2. Es ist festgestellt, daß Rußland, England und Frankreich dem islami­ schen Kalifat feindlich sind und alle Anstrengungen machen — Gott verhüte eS! —, das hohe Licht des Jflams auszulöschen, indem sie auf solche Weise gegenwärtig die Hohe Stelle des islamischen Kalifats und die Kaiserlichen Länder mit ihren Kriegsschiffen und Landheeren angriffen; ist es da Pflicht sämtlicher Muslime, die sich unter der Verwaltung jener Regierungen und der sie unterstützenden Re­ gierungen befinden, auch gegen die erwähnten Regierungen den Glaubenskrieg zu erklären und zum tätlichen Überfall zu eilen? — Antwort: Ja. Nr. 3. Oie Erreichung solches Zieles hängt davon ab, daß sämtliche Mus­ lime zum Glaubenskriege eilen; wenn dann einige — Gott verhüte es! — sich saum­ selig zeigen, ist dann ihre Saumseligkeit eine große Sünde und verdienen sie den göttlichen Zorn und die Bestrafung dieser argen Sünde? — Antwort: Ja. Nr. 4. Sollten auch die islamischen Angehörigen der auf solche Weise mit der islamischen Regierung kämpfenden vorerwähnten Regierungen durch die Bedro,

76i huvg mit Tötung ihrer eigenen Person und Vernichtung ihrer sämtlichen Familienungehörigen in eine Zwangslage versetzt werden, ist es dann dennoch nach dem Rechte unverbrüchliches Verbot für sie, gegen die Truppen der islamischen Regierung zu kämpfen, und verdienen sie, wenn sie es dennoch tun, als Mörder die Hüllenstrafe? — Antwort: Ja. Nr. 5. Oie im gegenwärtigen Kriege unter der Verwaltung der Regierungen von England, Frankreich, Rußland, Serbien, Montenegro und ihrer Helfer sich befindenden Muslime würden durch Kampf gegen die Hohe Islamische Regierung unterstützenden Staaten Deutschland und Österreich dem islamischen Kalifate Schaden zufügen; ist ein solches Verhalten eine große Sünde, und verdienen sie dadurch schmerzvolle Strafe? — Antwort: Ja. Geschrieben von dem Gottesbedürftigen Chairi Ben 'Awni Al'urkubi. Anmerkung. Der türkische Text der Fetwas ist Ln Faksimile mitgeteilt Koloniale Rundschau 1914 S. 589 nach dem Abdruck in der Stambuler Tageszeitung „Sabah" Nr. 9038 vom 2./15. November 1914. Die vorstehenden Rechtsgutachten enthalten, wie das bei den Fetwas üblich ist, als Antwort auf die gestellte Rechtsfrage zwar nur ein einfaches „Ja" oder „Nein", ohne Begründung, aber es sind bei aller Kürze doch schon in die Fragestellung die entscheidenden Momente eingewoben. Immerhin ist das Beweismaterial auf das knappste beschränkt. So schien es wünschenswert, diese Texte durch eine besondere leicht verständliche Äußerung zu ergänzen, um der gesamten Jslamwelt, an die sich ja die Fetwas wenden, die Richtigkeit der Entscheidung überzeugend nachzuweisen. Es wurde wohl auch gefürchtet, daß die Fetwas wegen des Bündnisses mit Ungläu, bigen in manchen Kreisen Anstoß erregen könnten. Schon am 20. November trat ein großer Geistlicher Rat zusammen, der eine ihm vorgelegte „Erklärung" (bejännarne) beschloß. Der Sultan befahl als Kalif, daß dieser „Erklärung" die wei­ teste Verbreitung gegeben werden solle. 4. Diese politisch hochinteressante Auslegung und Ergänzung der „Fetwas" lautet (siehe a. a. O. S. n ff.): Die Russen bemühen sich, die durch die göttliche Huld den Religionsgemeinden und Nationen geschenkte Unabhängigkeit zu vernichten, um dadurch die Mensch­ heit unter ihr Joch zu bringen, und sind seit Jahrhunderten ein verräterischer und erbarmungsloser Feind des menschlichen Glücks. Von dem Unheil, das die russische Regierung im nahen und fernen Osten in solcher Weise anrichtet, ist nun auch daS zentrale Europa nicht verschont geblieben. Die russische Regierung hat auch die Regierungen von England und Frankreich nach sich gezogen, diese betrachten in ihrer nationalen Verblendung es als das höchste Vergnügen, bei dem jetzt ent­ brannten Weltkriege die Muslime nach Millionen in Sklavenfesseln zu schlagen, nähren allerlei niedrige Hoffnungen, sie unter solch gewalttätiger ungesetzlicher Herrschaft der Freiheit zu berauben und sich dadurch einen Nutzen zu sichern, und können sich keinen Augenblick von dem gehässigen Gedanken trennen, wie sie am besten das Erhabene Islamische Kalifat, das der Stützpunkt der Jslamwelt und sein vollwichtiger Mittelpunkt ist, ins Wanken bringen und diese erhabene Stelle in Schwäche verfallen lassen können. Diese Gruppe von Tyrannen, die den Namen „Dreiverband" trägt, beraubte im vorigen Jahrhundert sämtliche islamische Völker in Indien, in Zentralasien

762

und ist den meisten Gegenden Afrikas ihrer Herrschaft und ihrer Regierung, ja sogar ihrer Freiheit, und haben nun auch seit einer Zeit von mehr als einem halben Jahthundert sich gegenseitig unterstützend kostbare Teile des Osmanischen Reiches ist Verlust gebracht; in einer so nahen Zeit, daß man sie gestern nennen könnte, haben sie unsere Nachbarn verhetzt und ihnen Schutz gewährt und wurden moralisch und materiell die Ursache, daß in dem von ihnen herbeigeführten Balkankriege das Blut von einigen Hunderttausenden unschuldiger islamischer Menschen ver­ gossen wurde, daß zu Tausenden reine iftamische Frauen geschändet wurden, und daß die erhabenen islamischen Heiligtümer zum Spielzeug der Lust wurden, und haben nun begonnen, sich mit jeder Art von Ruhestörungen zu befassen, die die ganze Erdkugel zu einer Hölle machen sollten, und die herzverbrennendsten Funken des Kriegsfeuers gerade auf das Herz der Gemeinde Mohammeds sprühen zu lassen; sie haben ferner daran gearbeitet durch ihre verfluchten Maßnahmen — Gott verhüte es — das klare göttliche Licht auszulöschen [wie es im Koran heißt 9, 32]: „Sie wollen das Licht Gottes auslöschen mit ihrem Munde, aber Gott will nicht anders als daß er sein Licht voll mache, mögen auch die Ungläubigen Ab­ scheu empfinden." Die deutliche Religion des Islams, deren bezwingende Macht zu begreifen der menschliche Verstand nicht vermag, ist das auserwählte göttliche Licht des einzigen Herrschers aller Wesen für die Glückseligkeit der Menschen in beiden Welten und ist des erhabenen göttlichen Schuhes durch Verheißung sicher. Daß die, die gegen diese Religion Feindschaft üben, ehestens dem Zorne Gottes verfallend physisch und moralisch werden zermalmt werden, ist offensichtlich. Seine Majestät der Kalif der Muslime, der Diener der beiden Heiligen Stätten, Gott stärke ihn durch klaren Sieg! will das Heilige Haus Gottes, das der Augen­ trost der Gläubigen ist, die reine Ruhestatt des Ruhmes der Menschen, ferner Jerusalem, Nedschef, Kerbela und das Zentrum des Hohen Kalifates, kurz das ganze Jslamland, das die Ruhestätten von Propheten, Heiligen und Blutzeugen enthält, im Vertrauen auf die Hilfe des Höchsten vor der Befleckung durch Ge­ waltsamkeit bewahren, die Ehre der deutlichen Religion vor Erniedrigung behüten und ist vollkommenster Weise die wichtige Pflicht der Erhöhung des Wortes Gottes erfüllen. Mit Rücksicht hierauf hat er als eine der wichtigsten Pflichten des Hohen Islamischen Kalifates erkannt, die Gesamtheit der Muslime auf Grund der Er­ habenen Bestimmungen der diesbezüglichen Fetwas zum allgemeinen Glaubens­ kriege aufzufordern und den Höchsten, der Bezwinger und Rächer ist, um Sieg über jene Feinde des Islams anzuflehen. Das Kalifat hat sämtliche Osmanische Staats­ angehörige im Alter von 20—40 Jahren ohne Ausnahme unter die Waffen ge­ rufen, und es wurde mit Gottes Hilfe ein Heer und eine Flotte gerüstet; die Ulema, Professoren und Lehrer, die bis jetzt ihr Leben nur der Verbreitung der Wissenschaft gewidmet hatten, sämtliche Studenten der Wissenschaften und Künste, die die Zukunft der Religion und der Nation sind, der größte Teil der Beamten, die jungen Männer, die die Stütze der Familien, der hochbejahrten Väter und Mütter sind, alle diese werden nun nach und nach in die Zonen des Glaubenskrieges eingestellt; zugleich aber wurde an sämtliche Gläubige ein allgemeiner Aufruf gerichtet, auf daß sie mit Gut und Blut am Glaubenskriege teilnehmen in Gemäßheit des Wortes [Äor.9,41]: „So ziehet denn aus. Leichte und Schwere, und kämpfet mit eurem Gut und eurem Leben [auf dem Pfade Gottesl", um aus diesem großen Glaubens­ kriege der göttlichen Belohnung teilhaftig zu werden. So eilten denn sämtliche

76z Musline, die in Ländern unter der Gewalt der erwähnten gewalttätigen Regierun­ gen wie Krim, Kasan, Turkestan, Buchara, Chiwa, Indien oder in China, Afgha­ nistan, Perflen, Afrika und andern Ländern der Erde wohnen, herbei, um zusam-. men mit den Osmanea nach Maßgabe der hierüber erflossenen Heiligen Fetwas an diesem großen Glaubenskriege teilzunehmen; fle alle erwogen im Herzen die er­ habenem Koransprüche — wir nehmen unsere Zuflucht zu Gott — sKoran 9,38] „O ihr Gläubigen, was ist euch, daß ihr, wenn zu euch gesagt wird: „ziehet aus auf dem Pfade Gottes", euch zur Erde neiget? habt ihr das Diesseitsleben lieber als das Ieirseits? aber die Dinge des Diesseitslebens sind im Jenseits nur ein Geringes" und sKoran9,39l: „Wenn ihr nicht ausziehet, so wird er euch peinigen mit einer schmerzvollen Pein und wird ein anderes Volk an eure Stelle setzen, ihr aber fügt ihm keimen Schaden zu; Gott ist jedes Dinges mächtig" und [fior. 9,26]: „Sprich: wenn eure Väter, eure Söhne, eure Brüder, eure Gatten, eure Sippe, Vermögen, das ihr erworben, Waren, für deren Vertrieb ihr fürchtet, Wohnplätze, die euch gefallen, euch lieber als Gott, sein Prophet und ein Kampf auf dem Pfade Gottes — nun, dann lauert, bis Gott mit seinem Befehle kommt." Es gehört nun zu den größ­ ten religiösen Pflichten der Muslime, daß die, die diese Koransprüche im Herzen erwägen, sich von der peinvollen Strafe, der sie in dieser oder jener Welt begegnen würden, erretten und ewige Seligkeit erwerben. Jene Feinde nehmen die unter ihrer Staatsangehörigkeit lebenden Söhne der Muslime unter die Waffen, führen fle gegen den Kalifen der Muslime oder seine Helfer und Verbündeten und sehen sie in den heißesten Zonen der östlichen und westlichen Kampfplätze der Vernichtung aus, oder richtiger: sie wenden tausendfache nichtswürdige Listen an, um ihre Verbrechen gegen die Religion des Islams durch die Hand der Jslambekenner selbst ausführen zu lassen; da ist es eine der vornehmsten Aufgaben und wichtigsten Kultpflichten der Jsiamwelt, jede Art von Opfer zu bringen, um so schnell wie möglich Heilung zu schaffen für jene herzverbrennende Pein, die von dem Gläu­ bigen nicht mehr, ausgehalten werden kann. Die erhabene göttliche Gnade hat ver­ heißen, daß sie den im Namen der deutlichen göttlichen Religion zu dem Heiligen Kriege eilenden Muslimen in jeder Beziehung Hilfe und Sieg schenken werde, und ebenso ist der Geheiligte Geist des Propheten gegenwärtig und bereit, um Beistand und Leitung für die erlöste Gemeinde zu sein, die Gut und Blut opfert, um das Ansetzn des glänzenden Gesetzes Muhammeds zu erhöhen.. . . (Oer Schluß ist rein religiös.)

Gezeichnet ist dieses interessante Schriftstück von dem Scheich ul Is­ lam und Obermnfti, seinen drei Vorgängern, dem Eminulfetwa, Kaztasker usw., im ganzen von 29 hohen geistlichen Würdenträger (siehe die Auslegung und Unterschriften a. a. O. S. 15 ff.). Anmerkung. Charakteristisch für die „Solidarität" der Entente-Mächte ist, was der „Tanio" am Jahrestage (1915) des Kriegsausbruchs von einem Wissen­ de« erzählen läßt.

Es heißt dort:

AlS die Entente sich noch bemühte, die Türkei vom Anschluß an den Drei­ bund abzuhalten, suchte jeder

ihrer Botschafter

die Absichten

der

anderen

Verbündeten gegen die Türkei mit de» schwärzesten Farben darzustellen.

Der

englische Botschafter gab zu, daß Rußland der eigentliche Feind der Türkei sei, er hofft« aber, über diese gefährlichen russischen Pläne durch die Versicherung zu

764 beruhigen, daß England nach dem Kriege gegen Deutschland sich auf Rußland werfen und dieses dadurch an der Ausführung seiner feindlichen Absichten ver­ hindern werde. Der französische Botschafter suchte die Pforte von der Frag­ würdigkeit der russischen und englischen Freundschaftsverflcherungen t« überzeugen, wLhrend der russische Botschafter sich bemühte, beide Ententekollegen anzu­ schwärzen. So erlangte die Pforte schon zu Beginn des Weltkrieges einen Einblick in das unaufrichtige und treulose Treiben der Verbandsgenosse» gegeneinander. D.

i. Über die russischen Verhandlungen mit der Türkei vom iy. Juli /1. August 1914 bis 19. Oktober /1. November 1914 ist ein zweites russisches Orangebuch in deutscher Übersetzung vom Auswärtigen Amte jetzt herausgegeben worden. Interessant ist in demselben, das in der Hauptsache aus den Berichten des russischen Botschafters Baron Giers an Sasonow besteht, vor allem die Geschichte des Ankaufs der deutschen Schiffe „Soeben" und „Breslau" durch die Türkei an Stelle der zwei von England gestohlenen türkischen Groß, kampfschiffe (siehe vor allem Nr. 17—28). Ganz besonders charakte, ristisch ist (siehe Nr. 18) der russische Protest dagegen unter Bezug, nähme auf die Londoner Deklaration von 1909 als „gültiges littet, nationales Seegesetz". Diesem Proteste auf Grund des gültigen See, rechts trat merkwürdigerweise — England bei (siehe Nr. 19 dortselbst), das heute die Londoner Deklaration als „Plunder und scrap of paper nicht bloß tatsächlich behandelt, sondern sich auch jetzt formal von ihr losgesagt hat, obwohl sie nur das längst geltende Völkerrecht kodifiziert. Die Verhandlungen betreffen weiter vor allem die Aufhebung der sogenannten Kapitulationen (stehe Nr. 41, 43 und dortselbst Anlage 62—65 ff.). Die russische einseitige Auffassung der Dinge ist umfassend im Schlußberichte Giers' vom 31. Oktober 1914 (Nr. 98) dargelegt. Dort heißt es unter anderem: „Die feierliche und mehrfach abgegebene Erklärung der Pforte, eine strenge Neutralität während des europäischen Krieges zu be, wahren, die gleichzeitige ottomanische verstärkte Mobilisation, das Passierenlassen der deutschen Kriegsschiffe „Goeben" und „Breslau" durch die Meerengen und das Belassen der deuschen Besatzungen und der deutschen Offiziere auf ihnen, allen Versicherungen und Der, sprechungea zum Trotz, die Einreihung deutscher Soldaten in die tür, ktsche Armee, das Vorrücken türkischer Truppen gegen unsere und die englischen Grenzen und das demonstrative Austreten der türkischen

76?

Flotte Im Schwarzen Meere — alles das sind Machenschaften, die offenbar gegen die Ententemächte gerichtet sind, in der Hoffnung, von ihrer Seite feindliche Handlungen gegen die Türkei hervorzurufen. Nichtsdestoweniger haben die Vettreter des Dreiverbandes in Kovstantinopel alles daran gesetzt, um die Türkei von irgendwelchen unüber­ legten Schritten zurückzuhalten, und gleichzeitig gegen das unkorrekte Vorgehen der Pforte energisch protestiert. Andererseits wogte der Kampf im Herzen der türkischen Regierung zwischen der Pattei, die ganz dem Einfluß Deutschlands verfallen und von ihrem schließlichen Erfolge fest überzeugt war, und der gemäßigteren Pattei, die es für angebracht hielt, eine abmattende Stellung einzu­ nehmen, bis sich die Lage auf dem Kriegstheater geklärt habe. Ungeachttt aller Überredungsversuche, Versprechungen und sogar Drohungen Deutschlands hätte eine derattige unklare Situation noch einige Zeit andauern können, wenn nicht der Anlaß für einen Konflitt, wie vorauszusehen war, von den Deutschen selbst geschaffen worden wäre. Am 16. und 29. Oktober ging in Konstautinopel das Gerücht von einem Zusammenstoß der türkischen und russischen Flotten im Schwarzen Meer. Der Ursprung dieses Gerüchts war offenbar auf ein Telegramm des „Westnick" zurückzuführen, das mir indessen nicht von den türkischen Behörden zugestellt wurde." Die türkische Regierung (flehe Nr. 97) behauptet dagegen,, daß der feindliche Att von der russischen Flotte hervorgerufen worden sei, erklätt sich aber trotzdem bereit, „der Flotte zu verbieten, ins Schwarze Meer zu gehen". Im übrigen wimmelt das Orangebuch von Mißtrauen und Verdächtigungen (z. D. Nr. 53, 89) gegen die deutschen Offiziere in der Türkei, deren Entfernung die Hauptforderung der Ententemächte bildet (siehe Nr. 22, 34, 35, 36, 41). Über einen recht interessanten Versuch Englands, die Neutralität der Türkei durch Konzessionen (Verzicht auf die Terrilottalturisdittion; Garantie für die Integrität und Unabhängigkeit der Türkei) zu er­ langen, wird unterm 10. August 1914/21. August 1914 (Nr. 34) berichtet: Die Angst vor den deutschen Offizieren und Seeleuten ist der rote Faden, ihre Entfernung die erste und letzte Bedingung, auf die aber, insbesondere durch den Einfluß Enver Paschas die Türkei nicht einging (siehe auch Nr. 47). Stattdessen erfolgte (siehe Nr. 52) am 31. August/11. September 1914 die Abberufung des Admirals Limpus und der englischen Mannekommission.

766

Am i. Oktober 1914 wird von Giers berichtet (Nr. 76): „Die allge­ meine Lage in Konstantinopel entwickelt sich im Laufe der letzten Woche in einer Richtung, nämlich fieberhafte Rüstung der Türket für den Krieg, das Auftreten der „Soeben" und der „Breslau" hat den Türken vollständig „den Kopf verdreht", was die Deutschen und Österreicher nicht unterlassen haben, sich zunutze zu machen und die Türket völlig auf ihre Seite zu ziehen." Als eben die Botschafter der Entente ein Ultimatum stellen wollten „auf unverzügliche Entfernung aller deutschen Offiziere, sowohl der Mission Lima» von Sanders wie auch der Seeoffiziere" (Nr. 90), kam der erste Zusammenstoß zwischen der türkischen und der russischen Flotte (siehe Nr. 91, 94, 95, 98), der die Mberufung der Entente-Vertreter veranlaßte. 2. Als das Balkanproblem brennend wurde, gaben England und Rußland ihren Balkangesandten genau entgegengesetzte Auf­ träge, entsprechend ihren ganz entgegengesetzten Interessen*). Auch ohne Sasonows Redseligkeit wußte England wie die ganze Welt, daß das A und o der russischen Politik die Eroberung Konstantinopels und der Dardanellen bedeutete (s. oben Kapitel 49 über die rus­ sischen Kriegsziele). Trotz der Vorschtebung Rußlands gegen Deutsch­ land, um die in der Bagdadbahn realisierte „deutsche Gefahr zu bannen, konnte diese Auslieferung des ganzen Balkans nicht die englischen Pläne fördern, und die allzu große Stärkung seines schließlichen Todfeindes der Zukunft, der sich mit seinem anderen Zukunfts­ gegner Japan auf der ganzen Linie in verdächtiger Weise zu einigen sucht, mochte doch den verbissensten Deutschenhassern für die Zukunft zu denken geben, auch wenn sie die alten englischen Orient-Traditionen von Palmerston, Disraeli und Gladstone völlig zu vergessen bereit waren. Anmerkung i. Über die wahren Ziele der russischen Politik, d. h. die Eroberung Konstantinopels und die Vernichtung HsterreichMngarns, wie über die Fehler Sasonows gegenüber der Türkei spricht sich das offen­ herzige enfant terrible der russischen Liberalen, ihr Führer Miljukow, in der russi­ schen Beilage der „Times" (anfangs September 1916) deutlich genug aus. Mil­ jukow findet dort die „wirkliche Ursache des Krieges in unserer (d. h. der russischen) ganzen serbischen Politik seit der Zeit der Rückkehr der Karageorgiewitsch-Dynastie, was wirklich eine slawische Politik war, die aber nicht von Sasonow begonnen worden ist", und er gibt ruhig zu, daß die russische Politik längst auf den Unter­ gang der österreichisch-ungarischen Monarchie zielte, wenn er schreibt: „Sasonow, der die Union der Balkanstaaten gegen Ksterreich-Ungarn vorbereitete, übersah damals leider, daß sie sich automatisch gegen die Türkei wenden werde, und er wurde, wie der Rest Europas, von dem türkischen Krieg überrascht." (NB. Man

767

traute ter Türkei keinen Widerstand gegen Rußland und England zugleich zu, hielt '.sie dazu für ganz unfähig, zumal nach ihrem Zusammensturz im Jahre 1912 und (angesichts des englischen Einflusses bei den Jungtürken. Der Verfasser.) Er rühmt als Sasonows besonderes Verdienst, daß er widerstand, als Monte­ negro. den europäischen Krieg schon 191g entfesseln wollte, und zwar widerstand, weil Die Alliierten damals mit ihren Vorbereitungen nicht fertig waren. Miljukow- schreibt dann: „.Was auch Sasonows persönliche Ansichten über die künftige Existenz Öster­ reichs waren, so war er jedenfalls in erster Linie ein vorsichtiger Diplomat, ge­ wohnt, Forderungen mit erzielten Erfolgen in Übereinstimmung zu bringen. Diese Erfolge brachten die Frage der künftigen Existenz der Türkei zur Sprache, und sie ist bereits Gegenstand eines internationalen Abkommens geworden, wie Sasomow jüngst in der Duma mitteilte. Dagegen ist die Frage Österreich-Ungarns, so wichtig sie für die vollkommene Verwirklichung der Kriegsziele ist, noch nicht brennend geworden; sie bleibt noch ein Gegenstand publizistischer Propaganda, wird crber wahrscheinlich etwas später in die Phase diplomatischer Unterhandlung eintreten." Die Angst vor der Hegemonie der Griechen im östlichen Mittel­ meer legte Italien lahm. Hier wollte jeder herrschen, Russe, Franzose, Engländer, Italiener und Grieche, weil hier der Schnittpunkt der Peripherien westlicher und östlicher Mächte liegt. Wenn deutsche und österreichisch-ungarische Politik am Balkan tätig war, hatten sie stets den West- und Ostmächten gegenüber die besten Aussichten auf Erfolg. Dieses hat seinen ganz einfachen Grund in der Tatsache, daß Deutsch­ land und Österreich-Ungarn die einzigen mit ihrem Besitz und ihren Ansprüchen politisch nicht direkt Beteiligten sind, sondern sich ihrer Eigenart nach mit den Südostvölkern ergänzen und lediglich wirt­ schaftspolitische Interessen haben, die denen der Balkanvölker, ins­ besondere der Türkei und Bulgariens, keineswegs (freilich auch nicht denjenigen Griechenlands!) entgegenstehen, vielmehr sich in jeder Richtung mit deren berechtigten Ansprüchen auf Anteilnahme an den Leistungen deutscher Technik, deutschen Wirtschaftsgeisies und deutscher Energie decken. Deshalb können die Mittelmächte dort unten Weltpolitik treiben, während die West- und Ostmächte sich von alters her hier aufkrasse egoistische Jnteressenpolitik imperialistischer Natur, d. h. politische Eroberungen, festgelegt haben. Anmerkung. Die Urkunden über die Aufhebung der Konsular­ gerichtsbarkeit in der Türkei auf Grund des holländischen Orangebuches bei Strupp: „Ausgewählte diplomatische Aktenstücke zur orientalischen Frage 1916" (Perthes-Gotha) S. 312 ff., insbesondere auch die Literatur über die bis­ herige Rechtslage und die Rechtsnatur der Kapitulationen. Dortselbst auch der bulgarisch-türkische und der Friede von Athen von 1913 (Nr. LXXXIII und LXXXIV). Dortselbst S. 178 auch die englische Order in Council betreffend Ägypten vom 18. Dezember 1914.

768 E. Ägyptens Kriegserklärung an die Mittelmächte.

I. Zur Vorgeschichte sei folgendes bemerkt: „Sir Edward Grey erklärte im August 1914 vor dem englischen Parlament: „England streckt die Hände aus ju jeder Nation, deren Sicherheit oder Unabhängigkeit bedroht oder angegriffen wird." Ganz in demselben Geist und Stil äußerte sich General Maxwell, der Oberbefehlshaber über die britischen Streitkräfte in Ägypten, in einer Proklamation, die er am 7. November 1914 ju Kairo veröffentlichen ließ. Es heißt in derselben: „Großbritannien kämpft gegenwärtig fürdendoppeltenZweck:umdieRechte und Freiheiten Ägyptens, gewonnen ehemals auf den Schlachtfeldern von Mehemet Ali, und um die Fortsetzung des Friedens und der Wohlfahrt, die das Land «ährend der 32 Jahre der britannischen Besetzung genoß, zu ver­ sichern." Dr. M. M. Rifat, der Präsidem des Ägyptischen Rationalkomitees, hat eine Anzahl besonders „belastender Dokumente für eng­ lische Heuchelei" in einer kleinen Schrift gesammelt, die im Verlag von Karl Curtius, Berlin, erschienen ist (Fr. K. vom 31. Dezember 1915). Mit der Greyschen Erklärung vergleiche man die folgenden Tat­ sachen: Es gärte gewaltig in Ägypten während des Frühjahrs und Som­ mers 1882, und der Wut des fanatischen Pöbels von Alexandrien fielen zahlreiche Europäer zum Opfer. Zwar wurde die äußere Ruhe bald wieder hergestellt, aber die Ägpyter sahen voll Angst ihre nationale Selbständigkeit gefährdet, da mit einer Landung türkischer Truppen gerechnet werden mußte und Kriegsschiffe europäischer Mächte vor Alexandrien kreuzten. Nun griff England ein! Frankreich und Italien blieben untätig; Fürst Bismarck und mit ihm Österreich vertraten den Standpunkt, daß hier einzugreifen allein Sache der Türkei sein müsse; diese aber trat aus Mangel an Geld nicht in Aktion — und so hatte England freies Spiel! Am n. Juli 1882 beschoß die britische Flotte Alexandrien, und Truppen wurden gelandet, angeblich nur in der menschenfreundlichen Absicht, die Ruhe dem erregten Lande zu bringen. Am 25. Juli 1882, auf der Botschafter-Konferenz zu Konstavtinopel, wurde von den Großmächten ein Protokoll aufgesetzt, in dem Lord Dufferin im Namen Englands schrieb: „Die von dem Unterzeichneten vertretene Regierung verpflichtet sich, bei irgendwelchen Vereinbarungen, die infolge ihrer gemeinsamen Handlung zur Regelung der ägyptische» Angelegenheit getroffen werden könnten, keine territorialen Vor-

769

teile, noch Konjessionen für Alleinrechte oder kommer­ zielle Vergünstigungen für ihre Untertanen zu suchen, die nicht von irgendeinem anderen Volke in gleicher Art verlangt werden können" Und Sir Beauchamp Seymonr, der Kommandierende der britischen Flotte an der ägyptischen Küste, erließ im „Official Journal" vom 28. Juli 1882 eine Botschaft an den Khedtven Tewfik folgenden Wortlauts: „Ich halte es für angebracht, Euer Hoheit ohne Verzögerung nochmals zu bestätigen, daß die Regierung Großbritanniens nicht die Absicht hat, Ägypten zu erobern oder in irgendeiner Weise die Religion oder Freiheiten der Ägypter anzutasten. Ihr einziger Zweck ist, Eure Hoheit und das ägyptische Volk vor den Rebellen (!) zu schützen." Bereits im August 1882 versicherte Gladstone, daß eine end­ gültige Besetzung Ägyptens ausgeschlossen sei, weil diese unvereinbar wäre mit den Prinzipien der britischen Regierung und den „Gelübden, die sie Europa gegeben habe", und Lord Duffertn depeschierte nach Kairo: „Es war unsere Absicht, unser Verhältnis zum ägyptischen Volk so zu gestalten, daß es uns ganz natürlich als seinen besten Freund und Ratgeber betrachtet, niemals aber wollten wir ihm in schiedsrichterlicher Art unsere Ansichten aufdrängen oder es unter irritierender Vormundschaft halten." Lord Dufferin sprach es offen aus, daß das Niltal nicht von London aus verwaltet werden könne, ohne den Haß und das Mißtrauen seiner Bewohner gegen die englische Regierung zu erregen. Als in der öffent­ lichen Meinung, besonders während des Jahres 1883, wiederholt der Wunsch nach einer dauernden Besetzung Ägyptens Ausdruck fand, erklärte Gladstone im Hause der Gemeinen: „Wir sind gegen diese Annexionsdoktrin, wir sind gegen alles, was ihr ähnlich ist, oder sich ihr nähert. — Wir sind dagegen, weil unsere heiligsten Gelöb­ nisse es uns gebieten, die wir der Welt in der feierlichsten Form und unter den kritischsten Umständen gegeben haben, Gelöbnisse, die uns das Vertrauen des ganzen Europa eintrugen und in der Zeit schwieriger und delikater Operationen erhielten." Gladstone gab noch im Jahre 1893 vor dem Parlament die Erllärung ab: „Ich kann lediglich meiner allgemeinen Ansicht dahin Ausdruck geben, daß die Okkupation Ägyptens die Übernahme von Schwierigkeiten und Lasten bedeutet, daß eine dauernde Besetzung unserer traditionellen Politik (!) widersprechen würde, und daß fle sich mit Treu und Glauben gegenüber der suzeränen Macht nicht MüNer,Metntngen, Entstehung beS Weltkriegs. ;

49

77o vereinigen ließe, weil sie den Gesetzen Europas zuwider wäre." Und Sir Eldon Gorsi, der Vorgänger Lord Kitcheners als britischer Generalkonsul in Kairo, sagte am 24. Oktober 1908 zu Dr. Nimr, dem damaligen Schriftleiter des „Al Mokattam", einer arabischen, aber englandfreundlichen Zeitung, der ihn fragte, ob es wahr sei, das Eng­ land das Protektorat über Ägypten erklären wolle: „Das Gerücht ist vollkommen grundlos und Sie können es kategorisch demen­ tieren. England hat sich durch offizielle Verträge der Türkei und den europäischen Mächten gegenüber ver­ pflichtet, die Suzeränität des Sultans in Ägypten zu respektieren. England wird seine Verträge halten, umso mehr, als es sie im Jahre 1904 beim Abschluß des englisch-französischen Abkommens erneuert hat." II.

Staatsrechtlich interessant ist die Kriegserklärung des türkischsuzeränen Khedivats Ägypten an die Zentralmächte „au Nom du KWdive“ anfangs November 1914. Der Khedive ist Vasall des Sul­ tans und kann als solcher natürlich eigentlich keine andere auswärtige Politik treiben als die Hohe PfortL in Konstantinopel. Der Firman von 1892, der bei der Thronbesteigung des jetzigen Khedive erlassen wurde, also 10 Jahre nach der englischen Besetzung, verbietet diesem, bei internationalen Abmachungen den politischen Traktaten des türki­ schen Reichs und seiner Souveränität über Ägypten zu nahezutreteo, Teile des ägyptischen Gebiets oder seiner Privilegien an Dritte abzu­ treten, begrenzt ferner den Friedensstand der ägyptischen Armee und erklärt, daß die ägyptischen Streitkräfte zu Wasser und zu Lande auch zum Dienste der kaiserlichen Regierung bestimmt seien, folglich in einem Kriege der Türket entsprechend vermehrt werden könne«. Die ägyptische Regierung war also in einem Kriege der Pforte zur Krtegshilfe gegen deren Gegner ver­ pflichtet. (Siehe die «eitere Vorgänge im Werke des Verfassers: „Set Weltkrieg und der Zusammenbruch des Völkerrechts", 3. Auflage Kapitel 7 und 8.) Ägypten, d. h. der Commandant des Forces de sa Majeste Britannique en Egypte J. G. Maxwell, Lieutenant-G4n6ral,

behandelte sofort nach der englischen Kriegserklärung an Deutschland in den famosen »Dteisions« Ägypten als englische Provinz und die Angehörigen der Zentralmächte so, wie sie in England und Frank­ reich behandelt wurden.

771

Am z. November 1914 annektierten die Engländer Ägypten auch der Form nach. Sie ernannten den Onkel des bisherigen Khedkve, den Prinzen Hussein Kamel Pascha, zunächst zum Khedive. Am 7. Dezember 1914 wurde das englische Protektorat über Ägypten erklärt und am 19. Dezember der Sultan (nicht Khedive) Hussein Kamel Pascha ernannt, ein Onkel des bisherigen Khediven. Dieser Derfassungs- und Thronwechsel wurde offiziell folgender­ maßen veröffemlicht: Proclamation: Le Principal Secretaire « empfangen. Man glaubte, baß daS Bild des Sla­ wentums unseren Blick geblendet hätte, baß wir in einem entscheidenden Augen, blick unserer Geschicke gesonnen wären, auf «nser« nationalen Ansprüche in

775 lember 1915 die Mobilmachung angeordnet hatte, die Welt mit foU geader Nachricht überrascht: Petersburg, 3. Oktober. Der russische Gesandte in Sofia wurde beauftragt, unverzüglich dem Ministerpräsidenten Radoslawow folgende Note zu überreichen: „Die Ereignisse, die sich gegenwärtig in Bulgarien abspielen, bezeugen den endgültigen Entschluß der Regierung des Königs Ferdi­ nand, das Schicksal des Landes in die Hände Deutschlands zu legen. Die Anwesenheit deutscher und österreichischer Offi­ ziere im Kriegsministerium und bei den Generalstäben der Armee, die Zusammenziehung der Truppen in den an Serbien stoßenden Gebietsteilen und die weitgehende finanzielle Unterstützung, welche das Kabinett in Sofia seitens unserer Feinde annahm, lassen keinen Zweifel mehr über das Ziel der gegenwättigen militärischen Vorbereitungen der bulgarischen Regierung zu. Die Mächte der Entente, die sich die Verwirklichung der Bestrebungen des bul­ garischen Volkes hatten angelegen sein lassen, machten Radoslawow zu verschiedenen Malen darauf aufmerksam, daß sie jede Serbien feindliche Haltung als gegen sich gerichtet ansehen wür­ den. Die von dem Vorsitzenden des bulgarischen Kabinetts als Ant­ wort auf diese Warnungen reichlich abgegebenen Versicherungen sind durch die Tatsachen widerlegt. Der Vertreter Rußlands, das mit Bulgarien durch die un­ vergängliche Erinnerung an Bulgariens Befreiung vom türkischen Joche verbunden ist, kann nicht durch seine Anwesenheit die Vor­ bereitungen zu dem brudermörderischen Angriff auf ein slawi­ sches Volk und einen Verbündeten gutheißen. Der russische GeMazedonien zu verzichten, das von einem Volte geknechtet und gefoltert wurde, das sich einen Vorkämpfer des Slawentums nennt. Der russischen Diploma, tie ging das Verständnis für Bulgarien ab. Gleichwohl aber erhob sie den Anspruch darauf, seine Interessen und seine Forderungen gut zu kennen, und geriet jedesmal in einen Zustand der Gereiztheit, wenn man ihr von bulga­ rischer Seite die Wirklichkeit in das Gedächtnis zurückrief. Im Mai 1913 war der serbisch-bulgarische Streitfall, in dem Rußland die Rolle des Schiedsrichters übernommen hatte, auf seinen gefährlichsten Punkt gelangt.

Rußland trat aus

seiner Rolle heraus und gab uns den Rat, versöhnlich zu sein, das heißt, der stets unersättlichen Begehrlichkeit der Serben nachzugeben, und als der König der Bulgaren als getreuer Dolmetsch der Gefühle seines Volkes auf die Rat, schlüge des Zaren die Antwort erteilt hatte, daß Bulgarien Mazedonien gegenüber nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten habe, da gab es in Petersburg eine all­ gemeine Mißstimmung.

776 sandte erhielt darum den Auftrag, Bulgarien mit dem gesamten Personal bet Gesandtschaft ;u verlassen, wenn die bulgarische Regierung nicht binnen 24 Stunden offen die Bejiehunge» zu den Feinden der slawischen Sache und Rußlands abbricht und wenn sie nicht unverzüglich dazu schreitet, die Offiziere zu entfernen, welche Armeen der Staaten angehören, die sich mit den Mächten der Entente im Kriege befinden." Anmerkung. „Brnderm-rderischer" Angriff macht sich in dem Mund« der brutalsten und unwahrhaftigsten Diplomatie der Welt sehr gut: 1913 hatte Rußland der Erdrosselung deS bulgarischen „Bruders" durch den serbischen „Bru< der" im Dukarester Frieden ebenso kaltlächelnb zugesehen, wie der englische „Deschützer der kleinen Staaten" (s. nächstes Kapitel sub Ziffer II).

Der Mißbrauch der „flawischen" Phrase durch die moskowitische Zwangsherrschaft ist das Hauptrepertoirestück des russisch-tatarischen Nationalismus geworden und geblieben (s. nächstes Kapitel). II. Amtlich wurde aus Sofia am 5. Oktober 1915 mitgeteilt: Am Montag (4. Okt.) zwischen 4 und 6 Uhr nachmittags empfing der Ministerpräsident den Besuch der Vertreter Rußlands, Frankreichs und Großbritanniens. Die beiden ersteren überbrachten ihm Noten, welche den Charak­ ter eines Ultimatums tragen, und durch welche sie eine gezwungene Auslegung der von Bulgarien proklamierten bewaffneten Neutralität zu dem Zwecke der bulgarischen Mobilmachung geben und unter An­ drohung des Abbruches der Beziehungen darauf bestehen, daß Bulgarien offen binnen 24 Stunden seine Beziehungen zu den Mittel­ mächten abbreche und die deutschen und österreichisch-ungarischen Offiziere entferne, die sich angeblich bei den verschiedenen General­ stäben der bulgarischen Armeen befänden. Der britische Vertreter überreichte eine kurze Verbalnote, wonach Großbritannien seine Beziehungen zu Bulgarien abbrechen wird, falls auf dem Balkan aus der Tatsache der bulgarischen Mobil­ machung Feindseligkeiten ausbrächen. Infolge fehlender Instruktionen hat sich der Vertreter Italiens noch nicht diesem Schritt seiner Kollegen angeschlossen. Nach einer Meldung der Petersburger Telegraphenagentur aus Sofia vom 5. Oktober ist die Anwott der bulgarischen Regierung auf bas russische Ultimatum vom 3. Oktober 1915 am 5. Oktober nach­ mittags um 2 Uhr 40 Minuten dem russischen Gesandten übergeben worden. Da ihr Inhalt unbefriedigend war, hat der russische Gesandte dem bulgarischen Ministerpräsidenten den Abbruch der diplomatischen Beziehungen notifiziert.

777 Der Schutz der Interessen der russischen Untertanen in Bulgarien wurde dem niederländischen Geschäftsträger übertragen. Nach einer Meldung der Agenzta Stefani aus Rom vom 7. Ok­ tober 1915 haben die Gesandten Italiens und Englands der bulgarischen Regierung eine Note überreicht, in der sie sich dem von den Gesandten Rußlands und Frankreichs überreichten Ultimatum anschließen. Sie haben ihre Pässe gefordert. Anmerkung i. Nach der „Ag. Bulgare" widerlegte in einer Erörterung der in Petersburg veröffentlichten halbamtlichen Mitteilung über die Verhand­ lungen der Ententemächte mit Bulgarien die offiziöse „Narodni Prava" die Be­ hauptung, daß die Entente in Sofia für die bulgarische Nation sehr befriedigende Vorschläge machte, daß aber die bulgarische Negierung aus Voreingenommen, heit sich weigerte, über die bulgarischen Forderungen zu verhandeln. Das Blatt stellt fest, daß die Entente wohl die Berechtigung der bulgarischen Forderungen anerkannte, aber nicht die Macht besaß, ihre Erfüllung in Nisch durchzusetzen, wo man bis zu den großen Niederlagen der Russen in Galizien und Polen eine ab­ lehnende Haltung bewahrte. Erst in diesem Zeitpunkt willigte Serbien ein, über die bulgarischen Forderungen in Besprechungen einzutreten, es wollte indessen nur den Teil Mazedoniens abtreten, der Gegenstand des türkisch-bulgarischen Krieges von 1912 war. Aber auch dieses Zugeständnis war unter der ausdrücklichen Be­ dingung gemacht, daß die bulgarische Armee sofort gegen die Türkei marschiere, daß das Gebiet, dessen Abtretung zugestanden würde, in die Hände der Bulgaren aber erst nach Beendigung des Krieges übergehe, damit die Serben dafür die von ihnen beanspruchten ausgedehnten österreichisch-ungarischen Gebiete erhalten. Das lief auf die Forderung hinaus, daß Bulgarien fich im Kriege gegen die Türkei er­ schöpfe, um eine Vergrößerung Serbiens herbeizuführen, ohne selbst von Mazedonien Besitz ergriffen zu haben, da ja, wie die russische Mitteilung selbst zu­ gibt, die Ententemächte ausdrücklich Bulgarien verboten, auch nur den geringsten Teil des versprochenen Gebietes vor dem Friedensschluß zu besetzen. Die famosen Verheißungen der Entente liefen somit auf inhaltlose Versprechen hinaus, und Bul, garien konnte fich vernünftigerweise darauf nicht verlassen. Anmerkung 2. Oie geheimsten Absichten und Gedanken der russischen Panslawisten bezüglich Bulgariens wurden auf dem sogenannten „slawischen Essen" in Petersburg verraten. Oer Präsident Baschmakow führte aus, man müsse endlich zu Taten schreiten. Allerdings sei anzunehmen, daß Bulgarien nicht direkt gegen Rußland vorgehen wolle, aber Rußland müsse trotz alledem unver­ züglich seine Kriegsflotte nach den bulgarischen Häfen entsenden und Bulgarien besetzen. Dann müsse in Tirnowo eine große bulgarische Sobranje abgehalten und ein neuer Herrscher gewählt werden, sei es aus der Mitte der Bulgaren selbst oder aus der Dynastie einer andern slawischen Macht.

HL Die „Agence Bulgare" meldet am 12. Oktober 1915: Serbi­ sche Truppen überschritten die Greuje und versuchten gestern die Höhen von Koritska, Glawa und Rasovati, die auf bulgari­ schem Gebiet westlich von Bjelogradschik liegen, tu besehen. Es ent­ wickelte sich ein Kampf, der den ganzen Tag andauerte. Die bulgarischen



778



Truppen warfen die Angreifer zurück und besetzten nun ihrerseits die genannten Höhe». Die bulgarische Gesandtschast in Berlin erhielt am 14. Oktober 1915 die offizielle Mitteilung aus Sofia, daß die bulgarische SRc# gierung infolge Überfalles durch serbische Truppen bei KüstendU, Trn und Bjelogradschik vom 14. Oktober acht Uhr früh an sich im Kriegszustände mit Serbien befinde.

85. Kapitel.

„Warum Bulgarien mit den Zentralmächten geht." Eine bulgarische Verlautbarung über öle Grünöe, sie Bulgarien zum Eingreifen an Seite -erZentralmächte bewog, ist in öer „KrankfurterFtg." vom 8. Ok­ tober 1915 unter öer Überschrift „Warum Bulgarien mit uns geht" veröffentlicht woröen. Sie ist ein bedeutsames geschichtliches Dokument zur Begründung der bulgarischen Politik, dessen vernünftige realpolitische Ausfüh­ rungen sich in wahrhaft erquickender Weise von dem phrasenhaften Lügenschwall offiziöser Entente-Belletristik abhebt. Wir lassen das Schriftstück in der Übersetzung der „Frankfurter Ztg." hier folge«: I. Eine bulgarische Denkschrift*). Was ist der Krieg? Nachdem wir selbst einen elfmonatigen Krieg mitgemacht haben, nachdem wir einen bis jetzt in der Geschichte nicht dagewesenen zwölfmonatigen Krieg, in dem täglich Tausende und Tausende von Menschen als Opfer fallen, rottet# lebten und noch weiter miterleben, würde sich kaum ein Bulgare finden, der nicht weiß, was Krieg ist. Cs gibt selbstverständlich bei uns Führer und Leiter von Par# teien, die jetzt beharrlich fordern, daß Bulgarien möglichst schnell an dem Krieg teilnimmt; die seit 10 Monaten predigen, daß sich Bulgarien dem blutigen Rund# tanz anschließen muß; die es bedauern, daß Bulgarien bis jetzt nicht kämpft und daß das bulgarische Volk noch nicht Tausende von Opfern gebracht hat, für die Er# *) In 20 000 Exemplaren ist diese Schrift, in der die Gründe der bisheri# gen Neutralität und die Gründ« bei Anschlusses an die Mittelmächte ausführlich dargelegt werden, an die Gemeinden verteilt worden. Die Wirkung zeigte sich, als die Mobilmachung die Bürger und Bauern zu de« Waffen rief, alle freudig dem Rufe folgten «ob selbst die Führer der Opposition, die bis zuletzt Neutralität oder Anschluß an die Entente gefordert hatten, sich den überzeugenden Gründen der Regierung beugten.

779 richtung

ernes „Groß,Serbien".

Diese Leute sind vielleicht die einzigen,

die nicht wissen, was Krieg ist; sie werden auch in Zukunft in keinen gehen und führen deshalb auch fortwährend das große Wort, daß wir mitmachen müssen bzw. uns zur Schlachtbank führen lassen sollen. Der Krieg' ist ein Ringen der Kämpfenden um politische und wirtschaftliche Übermacht oder um territoriale Vergrößerung.

Rußland führt den Krieg, um Konstantinopel und die Dar­

danellen zu bekommen und sich den freien Ausgang zum Weltmärkte zu sichern, England, um Deutschland, das anfängt die Übermacht auf dem Weltmärkte zu besitzen, zu ruinieren, damit es selbst die ganze Welt wirtschaftlich beherrschen kann, Frankreich, um seine einstigen Provinzen Elsaß und Lothringen wieder zu nehmen; Italien, Serbien und Montenegro einzig und allein, um Raub an fremdem Land zu verüben, die Türkei, Österreich-Ungarn und Deutsch, land dagegen, um bas zu behalten, was sie besitzen und um sich einen friedlichen und dauernden Fortschritt zu sichern.

Man hat wenigstens bis heute noch nicht

gehört, daß die letzteren Staaten Prätentionen auf fremde Gebiete geltend ge­ macht hätten, oder daß sie solche so freigebig verteilt hätten, wie das ihre Feinde: England, Rußland, Frankreich und Italien machen. Betrachtungen über unsere bisherige Neutralität. Es waren kaum zehn Monate vergangen seit der Beendigung der Feldzüge, die wir gegen die Türkei und unseren arglistigen Verbündeten geführt haben, und es brach der internationale Krieg aus, dessen sichtbarer und hauptsächlichster Urheber Serbien war.

Dieser Staat kennt in seiner Geschichte kein Ehrgefühl,

aber organisierte Morde gegen gekrönte Häupter, Komplotte gegen die österreichischungarische Monarchie usw., und als man von ihm über diese gemeinen Hand­ lungen, für welche im gewöhnlichen Leben nur eine Vergeltung vorgesehen ist, nämlich die Todesstrafe, Rechenschaft forderte, fand er mächtige Beschützer, die ihn ermutigten, jede Genugtuung abzulehnen, da sie ihn mit ihren ganzen Kräften beschützen würden. So entstand dieser Krieg, der nun ein ganzes Jahr geführt wird. Wir haben bereits die Schrecknisse des Krieges kennen gelernt, wir haben gesehen, wie entsetzlich er ist, und sind uns bewußt, daß wir Tausende von Opfern nur dann geben können und müssen, wenn für Bulgarien der Sieg sicher ist, wenn es sich um die vollständige Einigung des bulgarischen Volkes handelt. Schon zu Beginn des jetzigen allgemeinen europäischen Krieges, als noch überall in un, ferm Vaterland die Wunden des von uns geführten Krieges klafften, als das bulgarische Volk die ihm von unserem „Befreier" zugefügten Schlechtigkeiten noch nicht vergessen hatte, als noch die Prahlereien des offiziellen Rußland in Konstanza tönten, als man von dem Wunsche des jetzigen französischen Ministers des Äußeren Delcasse hinsichtlich der Aufteilung Bulgariens' Kenntnis hatte, als man sah, daß Rußland und Frankreich auf jedem Schritt Serbien, Griechen, land und Rumänien schmeichelten, schon damals gab es Bulgaren, Führer von Parteien, die den Dreiverband und ein „Groß-Serbien" lieber hatten als Bul­ garien und die uns veranlassen wollten, uns ohne jedes Zögern bedingungslos sofort dem damaligen Dreiverband anzuschließen, neue Tausende von Opfern zu bringen, große materielle Güter preiszugeben, ohne jede Garantie für eine Kompensation zu besitzen und um Serbien vor dem Untergang zu bewahren und um es noch „größer" zu machen.

78o Die bulgarische Regierung hat den Moment richtig erfaßt, die Umstände erwogen und erklärt: „daß sie eine strenge und loyale Neutralität beobachten wirb". Seither sind zahlreiche Versuche gemacht worden, um die bulgarische Re­ gierung von dieser Politik abzulenken, aber sie ist nicht wankend geworden und verblieb bei ihrer „strengen und loyalen Neutralität". Anfangs konnte niemand voraussehen, wie sich die Ereignisse entwickeln werden, und auf welcher Seite der Sieg errungen werden wird. Wenn die Regierung sich entschlossen hätte, an dem großen Krieg teilzunehmen, so hätte sie den Fehler begehen können, sich mit der Seite zu vereinigen, die besiegt wird, und auf diese Weise hätte sie die Existenz des jetzigen bulgarischen Reiches aufs Spiel gesetzt. Andererseits war im Volke wegen der schlechten Resultate, die wir während der letzten zwei Kriege hatten, das Vertrauen zu unseren leitenden Kreisen schwankend geworden, und das Volk wäre nicht so gern in den Krieg gezogen, besonders wenn dieser Krieg Hand in Hand und im Einverständnis mit Serbien geführt worden wäre, gegen welches Land wir große Erbitterung und Haß fühlen. Außerdem waren wir auch politisch zu was immer für einen Krieg nicht vorbereitet. Und wir haben es ja gesehen, baß es nicht genügt, eia tapferes Heer zu besitzen, da in einigen Tage» ein Hun­ derte von Jahren altes Kaiserreich stürzen kann, sondern daß es für den End­ erfolg eines Krieges nötig ist, daß dieser auch politisch gut vorbereitet war. Für uns wenigstens ist die diplomatische Vorbereitung des Krieges wichtiger als der Krieg selbst. Wenn das Volk weiß, daß der Krieg diplomatisch gut vorbereitet ist, wird es sich auch tapfer schlagen wie ein Löwe. Es wird unbedingt den Sieg erringen, weil seine Tapferkeit legendarisch ist. ES würde aber nicht so sein, wenn das Volk über die Vorbereitungen des Krieges in politischer Hinsicht Zweifel hegte. Wir waren nach dem Kriege mit der Türkei und unseren gemeinen Verbündeten ziemlich geschwächt, sowohl in militärischer, als in wirtschaftlicher Hinsicht. Bis zum Beginn deS jetzigen Weltkrieges hatten wir uns zwar schon etwas erholt, aber noch nicht ganz. Dies alles zwang die Regierung, sich in keine Abenteuer zu stürzen, sonder» eine abwartende Stellung einzunehmen und, unter Verfol­ gung der Ereignisse, die historisch seltene« und geeigneten Momente auszunützen, um die Befriedigung der bulgarischen nationalen Bestrebungen zu erreichen. Wir Bulgare» waren immer übertrieben bescheiden und haben nie das Fremde begehrt und verlangt. Auch in diesem Augenblicke wünschen wir und verlangen auch nicht das Fremde. Wir verlangen nur das Eigene, nur die Länder, die von Bulgaren bewohnt sind und welche in volkswirtschaftlicher, geographischer und geschichtlicher Hinsicht Bulgarien gehörten und auch gehören müssen. Oie Der, wirklichung der bulgarischen nationalen Bestrebungen kann nach unserer Mei­ nung nur erfolgen durch eine kluge Ausnutzung der heutigen Moment« und haupt­ sächlich durch das Eingreifen Bulgariens in den Krieg in dem Augenblick, in dem der Sieg sicher ist, wen» die Opfer am kleinste» und wenn die Vorteile aus dem Kriege gesichert sind. AuS diesem Grund« ist unsere bisherige „loyale NeutraU, tät" die klügste Politik während des jetzigen Krieges gewesen und hat unserem Lande genügend Vorteile gebracht. Diese sind: i. Die Neutralität hat unS die Möglichkeit gegeben, u»S kriegerisch vor­ zubereiten und die materielle und militärische Bereitschaft unserer Arme« auf eine solche Höhe zu bringe», auf welcher sie noch nie stand.

78i 2. Die abwartende Stellungnahme hat uns vor ungeheuren Opfern be­ wahrt, die wir hätten bringen müssen, wenn wir uns vor einem Jahr an dem Krieg beteiligt hätten. Diese Stellungnahme gibt uns die Möglichkeit, die Lage besser abzuschätzen, uns vorher diplomatisch gut vorzubereiten und den Kampf nur dann zu unternehmen, wenn der Endsieg sicher ist und die aus dem Krieg zu erwartenden VorteUe uns für die gebrachten Opfer hundertfach entschädigen. z. Diese Neutralität gab Bulgarien auch die Möglichkeit, sich wirtschaftlich zu erholen. Im vorigen Jahr hatten wir eine schwache Weizenernte und eine aus­ gezeichnete Maisernte. Aus diesem Grunde und durch die Wirkung des Welt­ krieges ist der Preis des Weizens, bzw. des Mehles und des Brotes, so schnell gestiegen, daß es'der ärmeren Klasse des Volkes fast unmöglich wurde, sich mit Brot zu versehen. Trotz der Bemühungen des Komitees für soziale Vorsichts­ maßnahmen, dem niemand die Verdienste absprechen kann, obgleich auch genü­ gend Fehler vorgekommen sind, haben wir gesehen, daß es einfach unmöglich war, genügend Getreide aufzutreiben, um die Bevölkerung zu ernähren. Bei einer solchen Lage kann sich jeder vorstellen, was geschehen wäre, wenn Bulgarien nicht neutral geblieben wäre und mobilisiert hätte. Dann wäre alles Korn für militärische Bedürfnisse requiriert worden und das Volk hätte ausschließlich von Mais leben müssen. Daß es so gekommen wäre, ist eine unbestreitbare Tatsache, welche nur die Verblendeten nicht einsehen wollen. Die Neutralität hat uns die Möglichkeit gegeben, fast alles von dem, was wir im Überfluß hatten, zu doppelten und dreifachen Preisen auszuführen. Allerdings ist der Mais noch nicht aus­ geführt, seine Ausfuhr wird jedoch erfolgen. Die Vorsorge des Staates und die Ungewißheit über die zukünftige Ernte gestatteten bis jetzt nicht die Ausfuhr von Mais, doch hat dies niemandem geschadet, da die Maispreise jetzt höher sind als im Herbst, als viele die sofortige Ausfuhrerlaubnis forderten. Wenn wir mobilisiert hätten, wäre die Ausfuhr von Mais überhaupt nicht möglich gewesen, da die Transportmittel gefehlt hätten. Die Frage der Maisausfuhr hing jedoch auch von anderen Umständen ab. Es ist bekannt, daß der frühere Drei- und jetzige Dierverband sich Hoffnungen hingegeben hatte, Deutschland durch Hunger zur Kapitulation zu zwingen. Wenn die Ausfuhr von Mais damals ge­ stattet worden wäre, so hätten dieselben Personen, die seinerzeit die Ausfuhr­ erlaubnis verlangten, Lärm geschlagen und die bulgarische Regierung angegriffen, daß sie die Ausfuhr nur bewilligt hätte, um Deutschland zu unterstützen. Auch hier hätten unsere Russenfreunde bewiesen, daß sie gegen alles sind, was fremden Staaten nicht recht ist, wenn es auch zugunsten Bulgariens sein sollte. 4. Die Neutralität hat unserem landwirtschaftlichen Volk die Möglichkeit gegeben, seine gesamten Felder zu bestellen; laut glaubwürdigen Nachrichten sind in Bulgarien im laufenden Jahr 20 % mehr Äcker bestellt worden als in anderen Jahren. Gott hat diesen Fleiß unserer Landwirte belohnt, und wir haben eine ungewöhnlich gute Ernte. Wenn wir die Ernte vollständig hereingebracht haben werden, werden wir bei den hohen Preisen, die das Getreide jetzt hat und auch weiter haben wird, zu Reichtümern gelangen, die uns gestatten werden, alle wirtschaftlichen Wunden aus dem Balkankriege zu heilen. 5. Wenn wir nicht neutral geblieben wären und mobilisiert hätten, so hätten wir auf keinen Fall mehr als 60 % von dem, was wir jetzt haben, säen, bebauen und einbringen können. Dies hätte aber kaum zur Deckung unseres eigenen Be-

782 darfes genügt, zur Ausfuhr wäre nichts übrig geblieben, und wir hätten die hohen jetzigen Getreidepreise nicht ausnützen können. 6. Wenn wir mobilisiert hätten, hätte auch die jetzige geringe

Einfuhr

in verschiedenen Artikeln aufgehört, und die Preise dieser Artikel, die jetzt schon 2—3 mal höher sind als zu normalen Zeiten, wären bis auf das Zehnfache ge, stiegen.

Diese Preissteigerung hätte am meisten die arme Bevölkerung gefühlt,

die unter einer noch nie dagewesenen wirtschaftlichen Krise einfach entkräftet wor, den wäre. Dank der Neutralität ist dieses nicht geschehen. 7. Die Neutralität gab der bulgarischen Regierung die Möglichkeit, mit den beiden Gruppen der Großmächte zu verhandeln und sich ein Urteil darüber zu bilden, welche Gruppe Bulgarien die sicherste Gewähr gibt für die Verwirk, lichung der bulgarischen hundertjährigen Hoffnungen und Ideale und vor allem, an wessen Seite Bulgarien in den Besitz gelangt des ganzen und unzertrennlichen Mazedonien, wo Millionen von Menschen, unsere Brüder, mit ausgestreckten Händen um Hilfe flehen und bitten, sie zu befreien, bevor der letzte mazedonische Bulgare untergegangen ist in den blutigen Strömen, welche die unersättlichen, blutdürstigen serbischen Henker und Staatsmänner geschaffen haben. Aus dem bisher Gesagten sieht man, daß die bis jetzt von der bulgarischen Regierung be­ obachtete Politik die richtigste, die beste und nützlichste für Bulgarien war. Mit wem muß Bulgarien halten? Cs wird nunmehr die Frage aufgeworfen, mit welcher Gruppe wir halten müssen: mit dem Zweibund, mit Deutschland-Hsterreich-Ungarn und der Türkei, oder mit dem Dierverband und seinen Anhängseln: Rußland, England, Frank­ reich, Italien, Serbien und Montenegro.

Um diese Frage richtig beantworten

zu können, müssen wir sie erstens vom wirtschaftlichen und zweitens vom poli­ tischen Standpunkt aus erörtern: i. Mit wem muß

Bulgarien aus

wirtschaftlichen

Gründen halten?

Die Frage hinsichtlich unserer Politik muß nicht nur aus politischen, son­ dern auch aus wirtschaftlichen Gründen bestimmt werden. Wir sehen heute Völker, die sich nicht für irgendwelche Ideale schlagen, sondern einzig und allein um ihrer materiellen Interessen wegen. Je mehr wir daher an ein Land materiell gebunden sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß dieses Land Interesse an unserer Erhaltung und Vergrößerung besitzt, da dadurch derjenige gewinnen wird, der uns hilft und wirtschaftlich an uns gebunden ist. Oje Frage hat auch noch eine andere Seite. Die politischen Beziehungen zwischen zwei Ländern sind nicht ohne Bedeutung auch für ihre Handelsbeziehun­ gen, und je enger zwei Staaten politisch miteinander verknüpft sind, desto leben, dtger, belebter und herzlicher sind auch ihre Handelsbeziehungen.

Die Handels­

beziehungenwerden schwer geschaffen, können aber sehr leicht abgebrochen werden, und einmal abgebrochen, können sie nur schwer wiederhergestellt werden. Der Handel beruht heutzutage größtenteils auf Kredit und Vertrauen, und dieser Kredit und dieses Vertrauen werden nicht auf einmal gewonnen, sondern durch längere Zeit andauernder Geschäftsverbindungen, durch gegenseitiges Bekannt­ werden und durch bewiesene Korrektheit. Jeder Markt hat seine Eigenschaften, Gebräuche, seinen Geschmack usw. Diese Einzelheiten können nicht von einem

78z Lag zum anderen geändert werben. Wenn wir daher um unbestimmter, un­ sicherer und sogar noch ganz unbekannter Vorteile willen unsere bisherige Po­ litik ändern sollen, so heißt das unsere Landwirtschaft und unseren Handel zu­ grunde richten und überhaupt unsere Volkswirtschaft ruinieren, alles, was wir in 36 Jahren geschaffen haben, vernichten, unsere Volkswirtschaft umgestalten und neue Absatzmärkte für unsere Produkte suchen. Wenn wir die Statistik für unseren Export- und Jmporthandel seit 15 Jahren durchsehen, so werden wir folgendes vorfinden: Der Handel Bulgariens mit den Staaten des Vierverbanbes und des ZweiLundes sowie der Türkei während der letzten 5 normalen Jahre in Millionen Lewa:

Üsterreich-Ungarn ............. Deutschland....................... Türkei.............................. Zusammen ................ England .......................... Italien ............................ Rußland............................ Frankreich ......................... Zusammen ................ Andere Staaten ............... Zusammen ................

Österreich-Ungarn, Deutsch­ land und Türkei........ England, Italien, Rußland und Frankreich............ Die ersteren mehr ............

1911

1907

1909

Einfuhr Ausfuhr

Einfuhr 7*uefuf)t

Einfuhr

Ausfuhr

34 688

8 032

38 867

ii

779

48 216

10 567

19 660

17 022

29 215

13 524

39 837

22 912

17 548

27283

21 084

36 652

15 986

29 210

7l 896

52 328

89 l66

61955 i o*4 039

62 689

21 424

20 705

27 OIO

8279

30 638

24237

5 506

3 IOC

5489

2732

9 818

3948

4 771

249

5 802

210

6 975

336

6 593

6991

ii 165

5 04;

24 327

II II9

38 294

31 046

49466

16 266

7i 754

39640

14 471 42 221 21798 33 213 23 652 82 305 124 661125 595 160 43o|iii 434 199 345 184 634

1907

1909

Einfuhr flusfuhr

Einfuhr Ausfuhr

71896

52 328

89 166

38 294

31 046

33 602

21 282

I9II Einfuhr

fiu-fuhe

61955

104 039

62 689

49 466

16 266

71754

39640

39 700

45 689

32 285

23 049

Hierzu ist zu bemerken, daß im Laufe der letzten (normalen) $ Jahre immer mehr der Handel mit dem Vierverband zurückgetreten ist, gegenüber dem mit Deutschland-Hsterreich-Ungarn-Türkei. So ist beispielsweise die Ausfuhr nach den Ententeländern von 24% Millionen Lewa im Durchschnitt 1906/1910 ge, fallen, nach Deutschland und den ihm verbündeten Ländern aber von 31,92 auf 55,48 Millionen gewachsen! Ähnlich war es mit der Einfuhr. Aus diesen Tabellen kann man klar ersehen, daß unser Handel, sowohl in der Einfuhr als in der Ausfuhr, in den letzten 16 Jahren mit Österreich-Ungarn,

784 Deutschland und der Türkei einerseits und England, Frankreich, Rußland und Italien andererseits verschieden ist. Die ersten drei Staaten importierten be­ deutend mehr als die letzten vier Staaten. Unser Exporthandel mit Rußland ist ganz unbedeutend, mit Italien fast unbedeutend, mit Frankreich und Eng, land besteht er nur in Getreide, welches wir auch anderswo verkaufen können; dagegen beträgt unser Export nach Ssterreich-Ungarn in den letzten zehn Jahren ca. ro Millionen Lewa, der Export nach Deutschland, der ständig steigt, hat die Ziffer von 23 Millionen erreicht, und der Export nach der Türkei ist sogar bis auf die kolossale Ziffer von 44 Millionen Lewa gestiegen. Diese Ziffern zeigen, daß unser Handel, unsere Interessen und unser wirtschaftliches Leben unzertrennlich an die Türkei, Deutschland und Hsterreich,Ungarn gebunden sind. Cs ist jedoch nicht nur dies allein. Wenn wir diese Ziffern genauer analysieren, werden wir finden, daß Bulgarien nach der Türkei ausgeführt hat: während der Jahre 1910 1911 Lebende Tiere ........................................................ 5 879 255 6 716 306 Bei einer Gesamtausfuhr von ................................. 7 324 332 8 340 552 Ferner wurden nach der Türkei ausgeführt: während der Jahre 1910 1911 in Lewa Zur Nahrung dienende tierische Produkte:............... 404932 3 725743 Bei einer gesamten Ausfuhr (ohne die Eierausfuhr) von 4 155 549 4 498436 Weizenmehl von der gesamten Ausfuhr.................. 10 672 795 9 049803 11579080 13650412 Kaschkawal ......................................................... 3 208 898 2 528351 Don der gesamten Ausfuhr von .......................... 3 278 561 3 119293 Gewöhnlicher Käse .............................................. 397 468 764 347 Von der gesamten Ausfuhr von .......................... 415 358 894 141 Butter................................................................ 241 557 268 972 Don der gesamten Ausfuhr von .......................... 246 185 288 314 Pastarma ......................................................... 132 588 106 679 Von der gesamten Ausfuhr von .......................... 132 588 108 479 Die Eierausfuhr haben wir oben nicht angegeben, weil wir nachweisen wollen, daß fast alle nach Deutschland gehen: Während der Jahre 1910 1911 Die Gesamtausfuhr von Eiern betrug .................. 8 846 028 13 636409 Davon sind nach Deutschland ausgeführt............... 6 546 116 10 805783 Unsere Ausfuhr besteht hauptsächlich aus landwirtschaftlichen Produkten. Für den Absatz unseres Getreides brauchen wir keine Sorge zu haben, da Ge, treide ein Weltartikel ist, den wir überall und jedem verkaufen können. Anders liegt die Sache aber mit dem lebenden Vieh und den tierischen Produkten (Eier, Kaschkawal, Käse, Butter, Pastarma) und mit Mehl. Diese Artikel können nur dort eingeführt werden, wo die Einfuhr gestattet ist und wo sie Absatz finden. Unsere Erzeugnisse: Kaschkawal, Käse, Pastarma, Schafe, Rinder, Pferde usw. können nirgends anders ausgeführt werden als nach der Türkei und Ägypten. Ein Engländer, Deutscher oder Franzose wird weder unseren Käse und unseren Kaschkawal, noch unser Rindvieh und unsere Schafe essen.

785 Solange Serbien mit Österreich-Ungarn in guten Beziehungen stand, gewährte ihm der letztere Staat verschiedene Erleichterungen, und die serbischen Schweine und Rinder konnten ohne Hindernis nach Österreich-Ungarn Eingang finden. Die serbische Viehzucht hat sich dadurch sehr schnell entwickelt; in Belgrad find große Diehschlachthäuser errichtet worden, der Handel machte Fortschritte, und ganz Serbien entwickelte sich in materieller Hinsicht in beneidenswerter Weise. Als jedoch Serbien anfing, russische Politik zu treiben, stellte ihm Österreich-Un­ garn unter verschiedenen Gründen Schwierigkeiten bei der Ausfuhr seiner Ar­ tikel in den Weg. Oie Viehzucht fing an zu verfallen, und im ganzen Land spürte man eine große Krise. Was würde aus Bulgarien werden, wenn Konstanti­ nopel russisch wird und wir den Konstantinopeler Markt verlieren? Wir haben ge, sehen, daß fast unsere ganze Ausfuhr in lebenden Tieren, Kaschkawal, Käse, Mehl usw. nach der Türkei resp. nach Kovstantinopel geht. Wenn Konstantinopel von Rußland erobert wird, wird es bort seinen autonomen Zolltarif einführen, wel, cher höher ist und die Einfuhr der jetzt eingeführten bulgarischen Produkte nach Konstantinopel unmöglich machen wird. So wie Bulgarien jetzt nichts nach Ruß, land einführen kann, so wird es auch nach dem russischen Konstantinopel nichts mehr einführen können. Andere Absatzmärkte für diese Produkte gibt es nicht, und es können solche auch nicht leicht ausfindig gemacht werden. Wenn wir aber gegen Deutschland gehen, wird es aus sanitäts-veterinären Gründen sofort die Einfuhr der bulgarischen Eier einstellen und unsere Tabak­ einfuhr erschweren. Alles dieses würde eine wirtschaftliche Krise in Bulgarien hervorrufen, wie wir sie bisher noch nicht gesehen und gekannt haben und von der wir uns gar keine Vorstellung machen können. Unsere Viehzucht sowie alle Mühlen, die in Burgas und Varna gegründet sind, um Mehl zur Ausfuhr nach Konstantinopel zu erzeugen, würden zugrunde gerichtet werden. Unsere schönste, nützlichste und wertvollste Industrie würde vernichtet werden, und die darin investierten Millionen wären verloren. Die Viehzucht ist die Grundlage zur Verbesserung der Landwirtschaft. Ohne Viehzucht ist die Rationaliflerung der Landwirtschaft undenkbar. Schneidet man uns den Weg zur Entwicklung unserer Viehzucht ab, so werden wir in der Entwicklung zurückgeworfen werden und in dieser primitiven Lage lange Jahre verbleiben, bis andere Umstände ein, treten, die eine Verbesserung möglich machen. Die Umgestaltung der Produk, tion, besonders der landwirtschaftlichen Produktion, ist eine äußerst schwierige und langwierige Arbeit. Die Produktion von Kaschkawal, Käse, Pastarma, Schajak (Stoffen), Schnüren sowie die jetzige Schaf-, Rinder- und Pferdezucht muß, sobald die Ausfuhr nach Konstantinopel wegfällt, aufhören, da man kein Absatz, gebiet mehr haben wird, um diese Artikel zu verkaufen. Diese Art Schafe, Pferde und Rinder kann man nicht in einem Augenblick durch andere ersetzen, folglich müssen wir? und können wir für mehrere Jahre nur die Produkte erzeugen, die wir nach der Türkei ausführen. Die Krise, die in unserem landwirtschaftlichen Leben entstehen würde, falls der Konstantinopeler Markt für uns gesperrt würde, und überhaupt, falls wir in schlechten politischen Beziehungen zu Österreich-Un­ garn, Deutschland und der Türkei träten, ist daher vollkommen klar. Wenn wir dies alles in Betracht ziehen, so können wir be, stimmt behaupten, daß zur Vermeidung eines unerhörten wirt, schaftlichen Zusammenbruches, zur Erhaltung unserer wirtschaft, Müller,Meiningen. Entstehung des Weltkrieg-.



786 lichen Kraft und um die Möglichkeit zu haben, uns weiter auf, »»schwingen und unsere Landwirtschaft, unseren Handel, unsere Industrie, unser Gewerbe usw. weiter »u entwickeln, wir «nbe, dingt eine Politik führe« müssen, die sich mit den Interessen Deutschlands, Ssterretch,Ungarns und der Türkei vereinbaren läßt. Nur diese Länder konsumieren diejenigen unserer Ertrug, nisse, die wir nirgendwo anders absetzen können und durch deren Herstellung allein wir ein kräftiger, wirtschaftlich selbständiger Staat «erden können. Politisch selbständig aber kann nur derjenige Staat fein, der wirtschaftlich stark und selbständig ist. Außerdem leigt uns die neueste Geschichte während der letzten zwei Jahre, daß tatsächlich Deutschland und Ssterreich,Ungarn unsere wirtschaftliche Ent, Wicklung und Festigung wünschen. Indem wir die Frage nicht weiter erörtern «ollen, daß unserer Ausfuhr und unserer Durchfuhr diese Länder keine Schwie, rigkeiten bereiten, wollen wir nur noch die Frage der letzten Anleihen erwähnen. Als wir nach dem Kriege »war „erniedrigt", aber nicht „vernichtet" dastanden, hat sich Frankreich kategorisch geweigert, «ns eine Anleihe ju geben, wenn wir den Bukarest«! Vertrag nicht anerkennen und einer selbständigen Politik nicht entsagen und uns nicht ganz der seinerleitigen Tripleentente in die Arme werfen, welche über uns nach Belieben verfüge» wollte. Unsere Russenfreunde waren damals wie rasend und forderten unbedingt die Annahme dieser Bedingungen. Jetzt können wir sehe» und erwägen, wie teuflisch diese Vorschläge und Pläne gewesen sind und wie Bulgarien ein Spieljeug in den Händen Rußlands und Frankreichs geworden und von der Erdfläche verschwunden wäre. In diesen für Bulgarien schweren Stunden ist ihm Deutschland »u Hilfe gekommen und hat ihm die verlangte Anleihe, ohne irgendwelche politischen Verpflichtungen, ge, geben. Es ist Tatsache, daß die finantiellen Bedingungen nicht so günstig sind, aber es waren auch außergewöhnliche Zeiten, die einen schnellen Entschluß for, derten. Nur die verblendetsten Russophilen in Bulgarien, die Rußland mehr als Bulgarien lieben und die aus Bulgarien ein russisches Gouvernement machen «ollen, wollen die Vorteile dieser Anleihe nicht anerkennen, die unter Dorbe, Haltung der vollen Entschlußfreiheit von bulgarischer Seite abgeschlossen wurde. Aber jeder unparteiische Bulgare hat die Pflicht, es ein»ugestehen, baß durch diese Anleihe Deutschland uns vor dem Bankerott sowie vor der politische» Unter, werfung bewahrt hat. Aber was sollen wir von der letzten Anleihe sage», die uns die Deutsche» gegeben haben und durch die wir mehrere Millionen Gold einführen, unseren Verbindlichkeiten im Auslande nachkommen und die weitere Erhöhung des Agios aufhalten, ja sogar »um Sinken bringen konnten? Wer weiß, wie hoch bas Agio gestiegen wäre, wenn die Bulgarische Nationalbank diese Milli, onen nicht in Berlin »ur Verfügung gehabt hätte und wenn nach Bulgarien nicht so viel deutsches Gold hereingekommen wäre. Wenn endlich diese Anleihen nicht gewesen wäre», hätte man die Requisitionen kaum ordnen können. Auch in diesem Fall sehen wir, daß Deutschland uns geholfen hat, damit wir uns wirtschaftlich halten, weil dies in seinem eigenen Interesse liegt. Der Krieg hat geleigt, wie groß die wirtschaftliche Macht Deutschlands und sogar Hsterreich,Ungarns ist. Wenn diese Staaten eS daher wollen, haben sie immer die volle Möglichkeit, uns wert, »oll l« unterstützen. Sie haben

ei

bis jetzt getan, und wir haben keinen Grund,

787 daran zu zweifeln, daß fle uns in Zukunft auch unterstützen werden. Im Gegen, teil, aus den bisher gegebenen Erklärungen deutscher Zeitungen und deutscher Staatsmänner können wir mit voller Zuversicht auf die deutsche finanzielle Hilfe rechnen. Als wir bereits diese geilen geschrieben hatten, erhielten wir die Mitteilung, daß Deutschland uns wieder eine Anleihe von 125 Millionen Lewa zur Tilgung von schwebenden Schulden ohne jede politische Bedingungen gemacht hat. Aus dieser kurzen Darstellung geht deutlich hervor, daß wir aus Volkswirt, schaftlichen Gründen unbedingt mit Deutschland und seinen Verbündeten gehen müssen, weil nur diese Staaten uns wirtschaftlich emporbringen können und weil wir ohne deren Unterstützung der wirtschaftlichen Vernichtung preisge, geben sind. Unser größter Feind ist heute Serbien. Es hat das rein bulgarische Maze, donien unterjocht und verwaltet es auf eine noch nie dagewesene barbarische Weise. Für die mazedonische Bevölkerung gibt es keine Gesetze und auch keinerlei mensch, liche Rechte. Diese Bevölkerung ist ohne Ausnahme einer Niedermetzelung aus, gesetzt, die Flüsse sind gerötet von den Strömen Blutes, Frauen sind der Schande preisgegeben und die zum Kriegsdienst taugliche Bevölkerung ist ins Feld ge, schickt worden, um für die Schaffung eines „Groß,Serbiens" zu sterben. ES ge, nügt, daß jemand in Mazedonien sich als Bulgare ausgibt, um wie ein Hund totgeprügelt zu werden. So groß ist der Haß Serbiens gegen Bulgarien. Nach dem Kriege waren die Serben so arrogant geworden, daß die Durchreise eines Bulgaren durch Serbien, ganz gleich, wer er war, direkt lebensgefährlich war, weil in diesem Staat, der nach dem Organ unserer Regierung „Narodni Prava" von Lügnern regiert wird, für den Bulgaren keine Gesetze bestehen. Wenn wir unsere Brüder in Mazedonien nicht schneller von dem unerträglichen, grausamen und blutigen Joche befreien, wird in diesem rein bulgarischen Lande kein Bul, gare mehr übrig bleiben. Oie Sachen liegen überhaupt so, daß Bulgarien neben einem „Groß,Serbien" unmöglich existieren kann, da dieses, welches Anspruch auf unser Land bis zur Jantra erhebt, uns fortwährend herausfordern wird, bis es uns vernichtet. Cs fragt sich nun, wie kommt Serbien zu der Kühnheit, sich so feindselig gegen Bulgarien zu benehmen? Oie Antwort ist klar: durch Rußland, welches auf jeden Preis ein „Groß-Serbien" errichten will, das Bulgarien vernichten soll und ihm, Rußland, gleichzeitig helfen soll, Konstantinopel und die Meerengen zu erobern. Serbien ist das liebe Kind Rußlands und seiner Verbündeten, die nach Mitteln und Wegen suchen, um es so schnell als möglich groß zu machen. Unter diesen Bedingungen wird Rußland selbstverständlich niemals einver, standen sein, Serbien zugunsten Bulgariens zu schädigen; besonders jetzt nicht, wo Serbien im Verein mit Rußland seit einem Jahr gegen den Feind Ruß, lands, Österreich-Ungarn, mitkämpft und wo Rußland Tausende von Beweisen hat, daß vor allem für Serbien gearbeitet werben muß. Wir haben 1913 ge, sehen, wie Rußland wegen Serbien seinen Verpflichtungen nicht nachkommen und Serbien nicht zur Einhaltung seiner Vertragspfiichten anhalten wollte, und wie es auf Rumänien eingewirkt hat, uns zu überfallen, nur um ein Groß,Ser, bien zu errichten. Wir sehen auch jetzt, wie Rußland auf keinen Fall etwas gegen den Willen Serbiens unternehmen will. Wir kennen nicht den Wortlaut der

788 berühmten Note, welche der Dierverband der bulgarischen Regierung übergeben hat; auö dem aber, waS man gesprochen und in den Zeitungen geschrieben hat, erfleht man: 1. daß uns Rußland und seine Verbündeten nichts für unsere Neutralität geben, dagegen aber verlangen, daß wir uns möglichst bald an dem Krieg be­ teiligen; 2. daß Bulgarien seine Armeen dem Dierverband zur vollen Verfügung überlassen soll, der fle kommandieren und dorthin senden will, wo er es für gut findet; 3» daß die bulgarische Armee Konstantinopel erobern und dann Rußland übergeben muß und 4. gegen all dieses gestattet man Bulgarien, daß eS das Territorium bis zur Linie Enos-Midia behält, und verspricht ihm einige ganz unklare und unzu, reichende Kompensationen in Mazedonien, doch nur für den Fall, daß Serbien genügend von Österreich kompenflert wird. DaS bedeutet: Gebt euere Armee, damit wir fle mit unseren wilden Hör, dev vermischen und fle auf den verschiedenen Kampfplätzen dem Untergange preisgeben, und wenn dann Serbien groß geworden und eS Süd,Ungarn, Kro, atien, Dalmatien, Bosnien und die Herzegowina sowie Albanien genommen haben und zu einem 15 bis 20 Milliouenstaat angewachsen sein wird, wird Bul, garien ein kleines Stück Land in der Gegend von Stip und Kotschina abgetreten erhalten. Bei dieser Gelegenheit tritt am deutlichsten hervor, wie stark der Dierver, band an Serbien gebunden ist, wie er dieses zur Nachgiebigkeit nicht überreden will und wie er unsere gesetzlichen Forderungen verspottet. Der Dierverband ist bekannt durch seine Lärm, und Alarmmachen. Es ist auch bekannt, baß mau während unserer letzten Anleiheverhandlung geheime Noten veröffentlicht hat, daß man flch sogar in unsere inneren Angelegenheiten einmischte, nur um Un, ruhen im Lande hervorzurufen und um Bulgarien für den Dierverband zu ge, winnen. In dieser Beziehung arbeiten Deutschland und Österreich ruhig und ohne Lärm, so daß wir ihre Vorschläge an Bulgarien in allen Einzelheiten nicht genau kennen, jedoch aus dem, was wir in ihren Zeitungen gelesen und was unS gut unterrichtete Personen gesagt haben, können wir mit Sicherheit behaupten, daß die Versprechungen Deutschlands und Österreich,Ungarns an Bulgarien für seine Neutralität in der Hauptsache die folgenden find: 1. ganz Mazedonien einschließlich Skopie, Ditolia, Ochrid usw. 2. freundschaftliche Vermittlung zwischen Bulgarien und der Türkei zum Zwecke der Abtretung der Linie nach Dedeagatfch und des westlich am rechten Maritzaufer gelegenen Territoriums.

Diese Einigung mit der Türket erwartet

man in kurzer Zeit. Noch weiter gehende territoriale Versprechungen auf Kosten Serbiens haben uns die Zentralmächte für unsere aktive

militärische

Mithilfe gemacht.

Diese Versprechungen entsprechen unserem Verlangen, längs der Donau eine gemeinschaftliche Grenze mit Österreich,Ungarn zu haben. Oer gegen, «Lrtige Krieg hat gezeigt, wie unbedingt notwendig eS ist, daß wir direkt und unmittelbar mit Ungarn eine Verbindung haben müssen, um von einem verrückt gewordenen Serbien unabhängig zu fein. Aber auch andere Teile von Alts Serbien find uns in Ausflcht gestellt worden.

789

Man steht hier deutlich, daß der Dierverband gegen geringe, ungenaue und rweifelhaste Dortelle von uns große Opfer fordert und daß Deutschland und Österreich,Ungarn uns deutlich und kategorisch zu verstehen geben, was fle uns gegen unvergleichlich geringere Opfer von unserer Seite geben wollen. Doch die Frage hat auch eine andere Seite. Wir glauben überhaupt an keine Versprechungen mehr und noch weniger an solche des Dierverbandes, der Italien als Verbün­ deten aufnahm, welches auf eine so hinterlistige Art sein Ehrenwort mit Füßen trat und einen zzjährigen Bündnisvertrag gebrochen hat. Wir haben jedoch int Gegenteil vollen Grund, an einen Vertrag mit Deutschland zu glauben, das stets seine Dertragsverpflichtungen erfüllt hat und stch mit der ganzen Welt schlägt, nur um seinen vertraglichen Pflichten gegenüber der österreichisch-ungarischen Monarchie nachzukommen. Serbien kann nur auf Kosten Österreich-Ungarns oder Bulgariens „groß" werden. Ein Groß-Serbien ist von großem Nutzen für Rußland, aber zum Schaden Österreich-Ungarns und Deutschlands. Ein Groß, Bulgarien stört die Interessen und Bestrebungen Rußlands, kann aber für Deutschland und Österreich-Ungarn nur von Nutzen sein. Eben deshalb wer, den diese Staaten, wenn wir mit ihnen halten und ihnen sogar helfen, uns bei der Schaffung eines Groß,Bulgarien behllflich sein, welches unbedingt das ganze jetzige serbische Mazedonien, einen Teil Alt,Serbiens und das ganze türkische Territorium am rechten Ufer der Maritza umfassen wird. Oie Entwicklung der Ereignisse zeigt uns ganz deutlich, daß weder Rußland noch seine Verbündeten Serbien zwingen und nötigen werden, etwas an Bulgarien abzutreten. Don einer vorherigen Besetzung der uns zugesprochenen Gebiete kann keine Rede sein, da Serbien, abgesehen von einem kleinen Stück Land bei Stip Kotschani, nichts abtreten will und letzteres nur nach dem Kriege, wenn es hundertfach an der adriatischen Küste entschädigt werden wird. Es ist klar, daß der Dierverband, selbst um den Preis eines Konstantinopels, Serbien nicht zwingen will, uns Maze­ donien zu geben. Unser Wunsch, unsere Hoffnung, unser Ideal ist aber vor allem Mazedonien und dann erst die anderen Länder, die man uns in Bukarest ge­ stohlen hat. Die Erreichung dieses Ideals kann und wird nur dann er, folgen, wenn wir die Neutralität preisgeben. Ein Groß-Serbien ist für die Existenz Österreich-Ungarns und für den Frie, den Deutschlands gefährlich, deshalb wünschen diese Staaten die Schaffung eines Groß-Serbiens nicht und könnten dies auch nicht wünschen. Im Gegentell, dieser Störenfried des Weltfriedens muß entweder von der Erbfläche verschwinden, oder er muß gezwungen werden, unter Verhältnissen weiter zu leben, die es ihm unmöglich machen, die Welt andauernd in Brand zu setzen. Serbien bildet über­ haupt eine Gefahr für die Menschheit, und kein Kulturmensch kann sein Fort, bestehen wünschen. Aus diesem Grunde werden Österreich-Ungarn und Deutsch, land mit allen Kräften daran arbeiten, um Serbien unschädlich zu machen. Dies kann jedoch zum Teil nur dadurch geschehen, daß man das ganze Mazedonien und auch einen Teil von Altserbien an Bulgarien gibt. Auf diese Weise verklei, nert, wird Serbien stch ruhig verhalten müssen; es wird gefügiger werden und sowohl für uns als auch für feine Nachbarn und für die ganze Welt unschädlich sein. Daß Deutschland und Österreich,Ungarn nur das Gute von Bulgarien fordern, geht schon aus der Tatsache hervor, daß diese Staaten bei uns bis jetzt

790 keinen Putsch, keine Aufstände und keine Bürgerkriege hervorgerufen haben, wie eS schon mehreremale die Russen gemacht haben.

ES genügt, an die Aufstände

von Rustschuk und Silistria zu erinnern, an die Nabottkowsche Bande und an die Entthronung deS Fürsten Alexander. ES fei uns gestattet, noch zu bemerken, daß es in Deutschland und Österreich-Ungarn niemals Emigranten gab, die auf Kosten dieser Staaten lebten, wie dies in Rußland der Fall ist, wo einige zehn Dolksverräter herzlichen Empfang gefunden haben und einige Jahre auf Rech­ nung des asiatischen Departements leben konnten.

Keines Bulgaren Kinder

sind auf deutsche und österreichische Staatskosten erzogen worden, wie es mit den Kindern reicher Russenfreuvde geschehen ist, Schließlich müssen wir zu einer Mächtegruppe halten, die Ln dem gegen­ wärtigen Krieg den Sieg davontragen wird, weil wir nur so die wesentlichen Ge­ bietserweiterungen und unsere weitere Entwicklung sichern können.

Aus der

Entwicklung der Operationen auf den Kriegsschauplätzen, sowohl auf der Front gegen Frankreich und Belgien, als auf der Front gegen Italien, Serbien und Rußland erkennt man täglich deutlicher, daß der Sieg auf die Seite Deutschlandund Österreich-Ungarns neigt. Wir brauchen uns nicht lange über die Frage auf­ zuhalten, da es doch für jeden unparteiischen Zuschauer klar bis zur Gewißheit geworden ist, daß Rußland, welches Festungen wie Warschau und Jwangorod verloren hat, bald niedergerungen sein wird und dann die Reihe an Frankreich, Italien, England und Serbien kommen wird. Deutschland hat bewiesen, daß es in militärischer und materieller Hinsicht so stark organisiert ist und über solche ungeheure, unerschöpfliche und überlegene Kräfte verfügt, die es ihm gestatten, seine Feinde bald niederzuringen. Unter diesen Umständen ein

Verbrechen

begehen,

es

wird wird

Bulgarien einfach

gegen

Selbstmord

sich

selbst

begehen,

wenn es nicht mit den Zentralmächten hält, weil nur diese es sind, die es uns ermöglichen können, unsere Hoffnungen auf eine Vereinigung deS bulgarischen Volke- zu verwirklichen. Warum Bulgarien die Neutralität preisgeben muß. Vor allem müssen wir bemerken, daß, wenn wir weiter unten dafür plä­ dieren werden, daß es im Interesse Bulgariens liegt, die Neutralität preiszu­ geben, so wollen wir nicht damit sagen, daß dies gleich geschehen muß, sondern in jenem naheliegenden Augenblick, wenn unsere Regierung von dem Sieg voll­ kommen überzeugt sein wird und sichere Garantien besitzen wird, daß die von uns verlangten Gebiete uns auch sicher gegeben werden. Bulgarien muß die Neutralität niemandem zuliebe preisgeben, am wenigsten aber dem Slawentum zuliebe, das in seiner Mehrzahl während Bulgariens nationaler Not im Jahre 1913 kaltblütig blieb, sondern nur, wenn es die höchsten Interessen de- Landeerfordern.

Die Preisgabe der Neutralität muß aus wirtschaftlichen und polt,

tischen Gründen erfolgen. Bulgarien hat zum Export ca. 80000 bis 90000 Zehntonnen-Waggons Mais, Gerste, Wetzen, Hafer, Roggen, Hirse, Heu usw. bereit. Dieses Getreide müssen wir so schnell als möglich ausführen, damit wir unseren Handel beleben, unserem Lande das nötige Gold zuführen, den Landwirten die Möglichkeit geben, ihren Verpflichtungen nachzukommen und um diesen einzigen Reichtum, den wir

79i

besitzen, vor dem Verderben zu bewahren, um so mehr als die Getreidespeicher sich bald mit dem Getreide und Mais der diesjährigen Ernte füllen werden, die eine ausgezeichnete zu werden verspricht. Deutschland und Österretch-UWarn sind vom amerikanischen, russischen usw. Import abgeschnitten. Das dort zur Einfuhr gelangende Getreide kann daher auf dem Markt frei verkauft werden, und zwar zu einem hohen Preis von 60 biö 80 Lewa pro ioo Kilogramm. DaS größte Verbrechen wird Bulgarien begehen, wenn es nicht Maßregeln trifft, damit unser Getreide zu diesen hohen Preisen Absatz findet. In Rußland gibt es viel Getreide, und die Preise sind dort niedrig, da die Ausfuhr fehlt. In Italien, Frank, reich und England sind die Preise allerdings gestiegen, doch diese Preissteigerung wird durch die hohen Versicherungsprämien verschlungen, sodaß der Landwirt vergleichsweise nur einen sehr kleinen Nutzen aus diesen erhöhten Preisen ziehen kann. Wenn wir daher unser Getreide nach Italien, Frankreich und England ausführen, werden wir nur in geringem Maße die hohen Preise ausnützen und werden auf jeden Fall nicht einmal die Hälfte von dem bekommen, was wir er, zielen könnten, wenn wir das Getreide nach Deutschland und Österreich-Ungarn ausführen würden. Wir sagten schon, daß wir zur Ausfuhr etwa 80 ooo bis 90 000 Waggons verschiedener Getreidearten bereit haben werden. Wenn dieses Getreide nach den genannten beiden Staaten ausgeführt wird, so wird es Bulgarien ca. 360 Millionen Lewa einbringen, eine Summe, die zweimal größer ist, als unsere Gesamtausfuhr in den besten Jahren sein kann. Über Varna und Burgas werden wir nichts ausführen können, sondern nur über Zaribrod nach Serbien, über Adrianopel nach der Türkei und Dedeagatsch, und über Rustschuk und Rumänien nach Österreich-Ungarn und Deutschland. Über diese Ausfuhrstellen können wir täglich nicht mehr als zusammen 75 bis 80 Waggons ausführen. Das bedeutet, daß wir volle drei Jahre brauchen werden, um das jetzige Getreide auszuführen, ohne dabei die diesjährige Maisernte zu rechnen, die wir in ein bis zwei Monaten hereinbekommen werden. Wir würden außerdem die jetzigen hohen Preise des Getreides nicht ausnutzen können. Nie, mand kann die Preise voraussagen, die das Getreide nach Beendigung des Krieges haben wird, da hier verschiedene Faktoren mitspielen, die jetzt nicht einmal an, nähernd vorausgesehen werden können. Die Preise werden wahrscheinlich etwas höher sein als die normalen, aber die jetzigen hohen Preise des Getreides in Öster, retch-Ungarn und Deutschland werden sich nicht halten können und werden um etwa zwei Drittel fallen. Wenn wir also jetzt nicht unser Getreide ausführen und die hohen Preise ausnutzen, so wird es nachher zu spät sein; die Preise werden fallen und unsere Volkswirtschaft wird Hunderte von Millionen verlieren, die sie jetzt gewinnen kann. Überhaupt werden wir mit der Regelung der Getreideausfuhr gerade jetzt nach Bulgarien solche ungeheuren Summen hereinbekommen, daß unsere Volks, wirtschaft einen noch nie dagewesenen Ausschwung nehmen und das Land so einen Fortschritt machen wird, daß alle Wunden aus dem Kriege verschwinden werden. Bulgarien kann am leichtesten sein Getreide auf dem Donauweg ausführen, wie dies früher geschah, als es noch keine Eisenbahnen und keine Häfen wie Varna und Durgas gab. In der Richtung nach der Donau haben wir fünf Eisenbahn, strecken: Lompalanka, Somovtt, Ststow und zwei nach Rustschuk. Wenn wir auf jeder Strecke 35 Waggons täglich rollen lassen, werden wir im ganzen 175 Waggons

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haben. Außerdem werden die Dörfer im Widdiner Bezirk, wo es noch gar keine Bahnen gibt, durch Fuhrwerke täglich mindestens ioo Waggons befördern, so daß wir dann mindestens 275 Waggons täglich ausführen können. Obwohl auch dies nicht genügen wird, so ist es doch immer etwas, im Vergleich zu dem, waS wir jetzt über Dedeagatfch, Zaribrod und Rustfchuk ausführen können. Wir sind sogar sicher, daß, sobald die Bevölkerung ihre Feldarbeiten beendet haben wird und sich lebhafter mit der Getreidezufuhr nach den DonauhLfen befassen kann, die gesamte Ausfuhr bis auf 300 Waggons erhöht werden kann, das ist so viel, wie in der Hochsaison in normalen Zeiten über Varna, Burgas und die Donau, Häfen ausgeführt wird. Der genannte Fluß ist international und neutral und kann nach den internationalen Abmachungen und Verträgen von jedem benutzt werden. Jetzt haben jedoch Serbien und Rußland sich das Recht zugeeignet, ihn allein auszunützen. Diese Staaten transportieren täglich auf der Donau allerlei Material, Proviant, Munition usw. und gestatten Bulgarien nicht, sich dieses Flusses zu bedienen, auf den es ebenso viel Anrecht hat als sie. Auch aus diesem Beispiel geht klar hervor, daß Rußland uns Hindernisse in den Weg legt und es nicht zuläßt, daß wir uns frei entwickeln, weil dies nicht in seinem Interesse liegt. Bei der Öffnung des Oonauweges kann und muß Bulgarien nur auf die Hilfe Osterreich-UugarnS und Deutschlands hoffen, weil dies auch im eigenen Inter­ esse dieser Staaten liegt. Bulgarien muß den freien Ausgang aus der Donau bekommen, da es sonst ersticken müßte, sein Nationalvermögen zugrunde gerichtet würde und seine Bevölkerung großen Mangel leiden müßte. Wir spüren schon jetzt großen Mangel an den verschiedenen Importartikeln, deren Preise außerdem so schnell steigen, daß Bulgarien bereits einer belagerten Festung gleicht, und es werden hier bald einige der notwendigsten Sachen für die arme Bevölkerung unkäuflich sein. Wir erwähnen nur den Zucker, Sohlleder, Stoffe, Mannfaktur­ waren, Eisenwaren, Maschinen usw. Alles das müssen wir einführen, wenn wir leben wollen. Diese Einfuhr kann aber nur über die Donau erfolgen. Folglich müssen wir die Donau für unsere Einfuhr unbedingt haben. Wir sind jetzt in unseren Beziehungen zu Westeuropa ganz von Rumänien abhängig, und dieses Land kann mit uns nach Willkür und Laune handeln, wie es will. Die Öffnung der Donau wird uns gänzlich unabhängig von Rumänien machen und unö die Möglichkeit geben, unmittelbar mit Österreich-Ungarn in Verbindung zu treten und diesem Staate alles, was wir im Überfluß besitzen, zu liefern und von ihm oder durch ihn all das zu beziehen, was wir nötig brauchen. Don der Öffnung der Donau will Serbien nichts hören. Eben deshalb müssen wir den Donauweg mit Gewalt im Einverständnis mit Österreich-Un, gärn und Deutschland frei machen. Dies bedeutet allerdings, in Konflikt mit dem Dierverband zu treten, da dieser es nie zulassen wird, baß wir uns allein mit Serbien auseinandersetzen, sondern die Partei Serbiens ergreifen und sich als im Kriege mit uns befindlich betrachten wird. Wir brauchen uns aber davor gar nicht zu fürchten, da der Dierverband bald niedergerungen und dem Willen Deutschlands und Österreich-Ungarns unterworfen werben wird. Wir haben nur nötig, uns mit Rumänien zu verständigen, uns von dieser Seite zu sichern und den Serben Mazedonien und alle anderen Gebiete, durch die es uns den Donauweg versperrt, wegzunehmen, um uns von der serbischen Bevormundung freizumachen und die Möglichkeit zu erhalten, unmittelbar mit der Kulturwelt in Verbindung zu treten.

793 ArrS dem bisher Gesagten geht klar hervor, daß Bulgarien, um in diesen Zeiten ein freies unabhängiges Leben zu führen, die Neutralität preisgeben muß, indem es Mazedonien befreit und sich den Donauweg sichert. Wenn Bulgarien dies nicht tut, so ist es dem wirtschaftlichen Erstickungstode ausgesetzt; es wird Hunderte von Millionen seines nationalen Vermögens verlieren und, statt jetzt ungeheuere Goldmengen anzuhäufen, die ihm die Möglichkeit geben werden, sich zu stärken und zu festigen, um auch die stärksten wirtschaftlichen Krisen zu überwinden, wird es sich selbst derjenigen Mittel entblößen, die für seinen wirtschaftlichen Fortschritt unbedingt nötig sind, und es wird mindestens zu einem langen Stillstand verurteilt sein, wenn nicht zu einem wirtschaft, ltchen Verfall. Unsere Ruffenfreunde verlangen, daß wir mithelfen sollten, Konstantinopel zu erobern, um die Dardanellen zu öffnen. Dies, sagen sie, sei für unsere Aus, fuhr viel wichtiger als die Öffnung der Donau. Welche Verblendung! Als ob die Dardanellen bloß für uns geöffnet würden! Nein, dieselben werden für Ruß­ land geöffnet, das auf den Weltmarkt seine ungeheuer großen Getreidevorräte zweier Erntejahre bringen will, sodaß für Bulgarien auf diesem Markt überhaupt kein Platz mehr übrig bleiben wird. Außerdem werden die Preise fallen, Rußland wird uns jede Schwierigkeit bereiten und eventuell auch die Dardanellen sperren, um die Konkurrenz zu beseitigen. Wir würden also auch in diesem Falle Tau, sende von kostbaren Menschenopfern nicht für bulgarische, sondern für russische Interessen bringen. Warum aber mußBulgarienseineNeutralität aus politischen Gründen preisgeben? Wir haben früher auseinandergesetzt, welche Der, sprechuugen uns die Zentralmächte Deutschland und Österreich-Ungarn für unsere Neutralität gemacht haben. Aber folgt daraus auch der Schluß, daß wir unsere Pflicht gegenüber unserem Daterlande erfüllen, wenn wir auch künftig nur Zuschauer bleiben in einem Kampf, in dem unsere höchsten Interessen auf dem Spiele stehen? Wir meinen, daß man dem bulgarischen Volke nicht klar und kategorisch genug sagen kann, daß der europäische Krieg und der siegreiche Kampf Deutschlands und Österreich-Ungarns nur Vorbereitungsarbeiten sind und daß gleich nach Beendigung dieser Dorbereitungsarbeiten Bulgarien gegen Serbien marschieren muß. Denn abgesehen davon, daß unser politisches Interesse es uns zur Pflicht macht, an dem endgültigen Sieg Deutschlands und Österreich-Ungarns mit, zuarbeiten, und es unseres Volkes unwürdig wäre, allein der Kraft anderer die Erreichung eines Zieles zu überlassen, das alle Bulgaren ohne Ausnahme als höchstes nationales Ideal anstreben, verlangt die furchtbare Lage unserer maze­ donischen Brüder, daß die Niederwerfung Serbiens beschleunigt und durch, geführt wird, ehe der letzte mazedonische Bulgare niedergemetzelt und Maze, donten, dieses unglückliche Land, nur mehr ein Trümmerhaufen ist. Wir dürfen auch nicht vergessen, daß uns die Zentralmächte für unsere aktive Hilfe sehr wich, tige und größere territoriale Versprechungen gemacht haben als für unsere bloße Neutralität. Es ist selbstverständlich, daß Deutschland und Österreich,Ungarn an der Schöpfung eines Großbulgarien um so freudiger mitarbeiten werden, wenn wir ihnen durch die Tat beweisen, daß wir zu ihnen halten, das ist, wenn wir vereint mit ihnen Serbien vernichten.

794 Bulgarien kann und darf auch nicht isoliert, ohne einen mächtigen Be­ schützer dastehen, well eö von Feinden umgeben ist, die nur darauf lauern, um es im günstigen Moment zu berauben. Es ist erwünscht, baß wir Bulgaren einen solchen Beschützer besitzen, wie Serbien ihn in Rußland hat. Von Rußland zu erwarten, daß es uns ebenfalls unter seinen Schutz nimmt wie Serbien, wäre naiv. Niemand kann gleichzeitig die Interessen Serbiens und Bulgariens schützen, da dies ein Ding der Unmöglichkeit ist und außerdem von Bulgarien auch nicht gewünscht werden kann. Im Jahre 1913 hat Rußland gleichzeitig die Interessen Serbiens und Bulgariens wahrgenommen, und wir haben gesehen, daß der Schutz Rußlands damals in der Beraubung Bulgariens und Vergrößerung Serbiens um das Doppelte auf Kosten Bulgariens zum Ausdruck kam. Dies würde auch in Zukunft der Fall sein. Es ist klar, daß Bulgarien einen Selbstmord begehen würde, wenn es sich dem Schutze Rußlands anvertrauen würde. Es gibt viele bei uns, die aufrichtig glauben, daß wir uns auf England verlassen können, weil es Interesse daran hat, uns als Gegengewicht gegen Ruß­ land zu benützen. Diese Leute befinden sich im Irrtum, denn sie wissen nicht, wie egoistisch der Engländer ist, wie brutal er gegen die fremden Interessen handeln kann, wenn es sich um den Schutz seiner eigenen handelt, und sie bedenken nicht, daß England und Rußland sich bereits vollständig über die Dardanellen dahin geeinigt haben, daß letzteres einen kleinen Landstreifen von Ru­ mänien, Bulgarien und der Türkei längs des Ufers am Schwar­ zen Meere erhält, während die Inseln im Besitze Englands ver­ bleiben. Rußland wird auf diese Weise auch einen Landweg nach Konstantinpel besitzen. Bei einem Erfolg des Vierverbandes bekommt Rußland also nicht nur Konstantinopel, sondern auch Varna und Burgas. Diese Enthüllungen müssen jedem Bulgaren die Augen darüber öffnen, daß England für Bulgarien nicht der Beschützer ist, wie viele es glauben, sondern daß es jederzeit bereit sein wird, uns zu opfern, wenn dies seine Interessen fordern. Wir können überhaupt nicht einsehen, inwiefern unsere In, tereffen mit denjenigen Englands übereinstimmen. Folglich ist es auch nicht England, welches unsere Interessen schützen wird und an das wir unser Schicksal binden müssen, um so mehr, da es heute der Verbündete von Rußland ist und daher so handeln wird, wie ihm dieses, welches ja die größeren Interessen am Balkan hat, diktieren wird. Die Interessen diktieren jedoch das Fortbestehen Großserbiens, das auf dem Balkan das Wort führen soll und nicht ein „erniedrigtes", aber immer, hin noch nicht „vernichtetes" Bulgarien. (Anspielungen auf die in der bulgarischen Presse oft kommentierten Worte des russischen Ministers des Äußeren, daß Ruß­ land eine „allzugroße Erniedrigung" Bulgariens nicht zulassen wird.) Für Bulgarien bleibt so nur übrig, sich an Deutschland zu wenden und sein Schicksal mit dem Schicksal Deutschlands zu verknüpfen. Es fragt sich nun, ob dies möglich und für Bulgarien annehmbar und nützlich ist. Deutschland be­ nötigt vor allem Freunde und treue Verbündete, und zwar nicht nur jetzt während des Krieges, sondern auch nach dem Kriege, da mit dem Abschluß des Friedens der wahre Frieden noch nicht hergestellt sein, sondern im Gegenteil eine fieber­ hafte Kriegsvorbereitung noch weiter stattfinden wird, da derselbe Krieg jeden Moment wieder anfangen kann. Oie Griechen und Rumänen haben sich als sehr untreue Freunde und Verbündete erwiesen, und Deutschland dürfte kaum in näch-

795 ster Zeit mit ihnen einen Bund schließen.

Die Türket genügt Deutschland nicht;

darum wäre es im Interesse Bulgariens und Deutschlands, daß sie beide ein Bündnis schließen.

Wir haben schon gesehen, daß Bulgarien in wirtschaftlicher

Beziehung mit Deutschland eng verbunden ist und dieses durch die Tat bewiesen hat, daß es den wirtschaftlichen Aufschwung unseres Landes wünscht.

Wenn dies

so ist, so versteht es sich von selbst, daß Deutschland auch unsere friedliche und sichere wirtschaftliche und politische Entwicklung wünscht, da Handel und Industrie sich ja nur dann entwickeln können, wenn die friedliche und sichere politische Lage ge­ geben ist.

Die Interessen Bulgariens stimmen zurzeit mit den deutschen Inter­

essen vollkommen überein und kreuzen sich nirgends. Weil

sich

Deutschland

andererseits

als

ein

so

treuer

Der,

bündeter gezeigt hat, auf den man bauen kann, weil es uns ganz Mazedonien für

unser

verspricht

Eingreifen

und gegen

noch

wertvollere

Serbien,

weil

die

Kompensationen rechtzeitige

Der,

wirklichung der bulgarischen Ideale nur möglich ist, wenn wir die Neutralität preisgeben, weil es wünschenswert ist, daß Bul­ garien nach Mazedonien geht, bevor der letzte Bulgare im

Blut

erstickt worden ist, müssen wir die Neutralität preisgeben, unser Schicksal an dasjenige Deutschlands und Hsterreich-Ungarns knüpfen, die uns so

schützen

werden, wie jetzt Rußland

Serbien

beschützt, und gegen Serbien ziehen, um unsere Brüder, die unter dem unerträglichen Joche seufzen, von rder Knechtschaft zu be­ freien. Schlußfolgerung. Aus

dem bisher

Gesagten

geht hervor,

daß

die

Neutralität

uns bis jetzt Vorteile gebracht hat, daß wir aber durch sie allein die nationale die

Einigung

Neutralität

im

nicht

gegebenen

erlangen Moment

können,

daß

preisgeben

wir deshalb müssen,

daß

uns unsere wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse zwingen, gemeinsam mit Österreich-Ungarn und Deutschland zu marschieren und daß nur die letztgenannten Staaten uns helfen können, unsere nationalen Ideale zn verwirklichen und unsere Einigung zu er­ zielen. Wir müssen jedes Gefühl beiseite lassen und „aus heiligem Egoismus" im gegebenen Augenblick mit Hsterreich-Ungarn und Deutschland marschieren, ihnen in diesem mächtigen Kampfe mit­ helfen, um ein Groß-Bulgarien herzustellen. Tun wir dies nicht, so arbeiten wir vielleicht indirekt an der Schaffung eines GroßEerbiens mit, neben dem wir unmöglich bestehen'können. Der Weg zu einem „Groß-Bulgarien" — nach Bitolia, Ochrid, Prilep und Skopie —- führt über Nisch und Belgrad.

II. Über den Verrat Rußlands an Bulgarien von 1885—1913 insbesondere. Darüber äußerte sich („Berl. Tagebl." vom 2. November 1915) der derzeitige bulgarische Gesandte Ritzow in Berlin unter anderem

796

folgendermaßen. Er weist zunächst den Vorwurf der Vierverbands, presse, daß Bulgarien „Verrat an Rußland" geübt hatte, zurück und fährt fort: „Während Rußland anfangs den Vertrag von San Stefano von 1878 alS Grundlage seiner bulgarischen Politik betrachtet« und stillschweigend den bul, garischen Glauben an seine Verwirklichung unterstützte, geriet nach dem Tode Alexanders N. die russische Politik gegenüber Bulgarien auf einen ganz anderen Weg. Rußland bereute, die Schaffung eines großen Bulgariens erstrebt tu haben, und begann, in Ostrumelie» wie in Mazedonien den Status quo aufrechtzuer­ halten, und als 1885 die Vereinigung der beiden Bulgarien proklamiert wurde, hat Rußland nicht gezögert, von der Türkei die Wtederokkupatioo Bul­ gariens durch türkische Truppen zu verlangen. Zum Glück für Bul­ garien hat der Sultan Abdul Hamid sich zu diesem russischen Spiele nicht her­ gegeben. Auf Anrate» des Fürsten Bismarck zog Rußland aus Bulgarien seine Offiziere zurück, welche die bulgarische Armee kommandiert hatten. Diese wich­ tige Tatsache beendete unser Vasallenverhältnis gegenüber Rußland. Mit der Thronbesteigung des jetzigen Kaisers von Rußland wurde die russische Politik Bulgarien gegenüber in eine entschlossen antibulgarische Bahn gelenkt, die durch die Formel bezeichnet werden kann: Schaffung eines GroßserbienS auf Kosten eines Großbulgariens. Der russische Botschafter und di« rusflschen Konsuln in der Türkei förderten offen die serbische Propaganda in Maze­ donien und verhinderten, daß wirksame Reformen in Mazedonien eingeführt 'wurden. Die antibulgarische Politik Rußlands hat Bulgarien gezwungen, sich mit Serbien und Griechenland zu verständigen, tun Mazedonien zu befreien. Auf diese Weise entstand der Balkanbund von 1912. Die dann folgenden Ereignisse beweisen, daß eS Rußland gelungen war, Bulgarien in dem DalkanAllianzvertrag zu zwingen, zweihunderttausenb Soldaten gegen Österreich im Falle eines österreichisch-serbischen Krieges, d. h. für die Vergrößerung Serbiens, zu stellen, anderseits aber den bulgarischen Truppen zu verweigern, nach Kon­ stantinopel vorzudringen. Während bas serbisch-griechische Bündnis von 1913, das gegen Bulgarien gerichtet war, unter den Auspizien des russischen Gesandten in Belgrad, bei ver, storbenen Hartwig, abgeschlossen wurde, zögerte der Kaiser von Rußland, sich — als oberster Schiedsrichter — über den serbisch-bulgarischen Vertrag auszu­ sprechen, well er Bulgarien zwingen wollte, den Serben Mazedonien jenseits des Dardar abzutreten. Rußland erlaubte der bulgarischen Re­ gierung nicht, sich direkt mit Rumänien zu verständige», und entriß ihr so bas sicherste Mittel, das Bulgarien gestatten konnte, seine Rechnung mit Serbien und Griechenland freundschaftlich zu regeln, Rußland und Frankreich waren es, die die Rumänen dazu drängten, in Bulgarien einzurücken. Das slawische Ruß, land erlaubte dann drei nichtslawischen Staaten, 1913 das slawische Bulgarien auszuplündern — dies« unwiderlegltchen Tatsachen zeigen, baß ei nur einen Ver­ rat bei offiziellen Rußland gegenüber der bulgarische» Sache gibt. Aber noch mehr! 1912 war eine Militärkonventio» zwischen Ruß, land und Bulgarien abgeschlossen worben. Diese Konvention stellte die bul, garische Armee Rußland zur Verfügung, verpflichtete aber als Gegenleistung

797 Rußland baju, die Unverletzbarkeit des bulgarischen Territoriums gegen jeden Angriff und mit allen verfügbaren Mitteln |u verteidigen. Was geschah? Nach unserem Kriege 1912, als Rußland erkannte, daß seine Politik, welche die Vergrößerung Serbiens auf Kosten Bulgariens anstrebte, vor dem Bankerott stand, versuchte Sasonow die erwähnte Konvention als ««wirksam geworben hinzustellen, aber angeflchtS des Protestes unserer Regierung gab er diese Absicht auf; sobald aber 1913 der Krieg mit Serbien ausbrach, kam Saso, no« auf seinen früheren Plan zurück und kündigte willkürlich die in Frage stehende Konvention, einfach, «eil er es Rumänien möglich mache» wollte, «nS anzugreifen. Denn die erwähnte Konvention verpflichtete Ruß, land, uns gegen eine» solchen Angriff zu verteidigen. Nach solchem Verhalten hatte Bulgarien keine Wahl. Es konnte sein Ge, schick nur mit den Geschicken der beiden Zentralmächte und der Türkei verbinden. Jetzt gilt es, die nationale und politische Einigung des bulgarischen Volkes zu verwirklichen, zu verhindern, baß Serbien größer als Bulgarien wird und daß Rußland sich Konstantinopels bemächtigt und das Schwarze Meer in einen rus­ sischen See verwandelt." Anmerkung 1. Es ist gut, sich der russischen Machenschaften gegen Bol, gariea zu erinnern, die vor über 20 Jahren in einer Schrift „Geheimdokumente der russischen Orientpolitik 1881 bis 1890", die in Berlin erschien, aufgedeckt wur, den. Diese Sammlung, unzweifelhaft echt, wurde damals wenig beachtet, ja, aus Rücksicht für Rußland totgeschwiegen. Zum Andenken an jene kritische Zeit, die bas junge bulgarische Staatsleben erlebt hat, sei eine Stelle aus dem Brief des Direktors des astatischen Departements beim Auswärtigen Amt in Peters, borg an den Gesandten in Bukarest im Januar 1880 mitgeteilt, (an die Paul Rohrbach jetzt erinnert): „Der Präsident des Komitees der slawischen Wohltätigkeitsgesellschaft hat den Direktor der Staatspolizei gebeten, die Beamten des Departements anzuweisen, den Bulgaren bet der Entfernung des Prinzen Koburg aus dem Fürstentum und bei der Beseitigung der dortigen Machthaber behilflich zu sein. Oie »ach Bulgarien in der Verkleidung von Fischern gesandten Agenten haben dem Wirklichen Staatsrat Durnowo (Direktor des asiatischen Departements) gemeldet, daß bet der Untersuchung der Eisenbahn Rustschuk-Varna die Gegend bei Tschukur Tschiftllk als am meisten geeignet gefunden wurde, eine Entgleisung des ZugeS herbeizuführen." Herr Durnowo fügt dieser Mitteilung hinzu, baß seine Agenten, welche die Ausführung des Planes leiten können, in Jsmailia (russischer Platz an der Donaumünduog) wohnen und, wenn nötig, als Fischer nach Rust, schul kommen könnten. Infolgedessen bitte ich Sie, gnädiger Herr, den Personen, welche sich bereit erklärt haben, den Plan auszuführen, nütz«, teilen, daß Sprengstoffe und ein Situationsplan ihnen von ruf, sischen Fischern in Ruflschuk zu bestimmter Zeit übergeben «erben wird. Ich bitte, dies gleichfalls dem Gendarmeriekommandante» in Jsmailia mitzuteilen." Anmerkung 2. Schöne Bekenntnisse zur Ehrenrettung der bulgarische» Politik finden flch in einem Briefe eines hohen Beamten deS englischen Dienstes, datiert Saloniki vom 2;. November 1915:

798 „Es entspricht dem sentimentalen Wesen (!?) der Engländer, von Bul­ garien zu sprechen, als wäre es Serbien in den Rücken gefallen. Es ist nun Tatsache, daß die bulgarische Mobilisation dadurch notwendig wurde, daß drei serbische Divisionen an der bulgarischen Grenze konLentriert wurden. Wir alle

haben Serbien nachdrücklichst wiederholt

gesagt, was geschehen

würde, wenn es nicht nachgibt, und jetzt sehen wir einfach das, was wir (in Sofia) vorausgesagt hatten.

Ich habe infolgedessen sehr wenig Mitgefühl

für Serbien, mehr hingegen für Bulgarien, welches noch einmal sein Blut vergießen mußte, um zu erhalten, was es bereits in dem blutigen Kriege von 1912 gewonnen hatte.

Wie dem auch sei, dieses Mitgefühl müssen wir bis

auf weiteres in die Tasche stecken. Erfolg gerechtfertigt werden.

Die Politik der Alliierten wird durch den

Wenn wir siegen und die Bulgaren aus Ma,

zedonien vertreiben, so wird die Macht gesiegt

haben, aber gewiß

nicht das Recht. Wir haben Bulgarien nicht neutral erhalten.

Wir hätten

dies durch eine starke Aktion in Risch erreichen können und, um diese Reu, tralität zu erhalten, hätten wir einen großen Preis zahlen können.

Wie die

Sachen jetzt stehen, scheinen wir einen Balkanstaat nach dem andern ins Verderben zu stürzen." Anmerkung 3. Der MinisterpräsidentRadoslawow gab am z.März 1916 in der Sobranje eine Darstellung der Ereignisse, welche zur Teilnahme Bul­ gariens am Kriege führten. „Zwischen zwei kriegführenden Gruppen stehend, hatte Bulgarien nur den Wunsch, in seiner Neutralität weiter zu verharren, aber die durch den Bukarester Vertrag geschaffene Lage, die Haltung der beiden kriegführenden Parteien, deren jede Bulgarien Kompensationen, auf die es einen Anspruch hatte, nur unter der Bedingung verbürgte, daß es an dem Kampfe teilnehme, schrieben dem Lande eine andere Richtlinie vor. Den Schlüssel zu dieser durch die Notwendigkeit gegebenen Lage findet man in der letzten Dumarede des Ministers Sasonow, in der dieser erklärte, daß man imstande war, Bulgarien durch eine Besetzung von Dedeagatsch zu zwingen, auf die Seite der Entente zu treten. Man gab uns zu verstehen, daß möglicherweise die Häfen von Varna und Burgas besetzt werden könnten. Die bulgarische Regierung er­ widerte, daß die bulgarische Nation sich bei dem ersten Landungsversuch in den bulgarischen Häfen wie ein Mann gegen die Eindringlinge erheben würde. Diese Antwort wurde vielleicht nicht zur Kenntnis Sasonows gebracht, denn sonst hätte er eine andere Sprache geführt. Die Kammer kann heute feststellen, daß die Ereignisse unsere Politik rechtfertigten."

Nachbemerkung des Verfassers. Man kann heute sagen, daß durch den Krieg der sog. Panslawis­ mus völligen Bankerott erlitt. Die Slawen Österreichs blieben trotz einiger bedauernswerter Erscheinungen, die als Ausnahmen die Re­ gel bestätigen, treu, Bulgarien ging ju den Zeutralmächten über. Die Rassenpolitik in dieser Form starb an ihrer inneren Unwahrhastig­ keit: Die Zusammensetzung Rußlands aus Großrussen, sogenannten „Kleinrussen", Finnen, Tataren, Letten, Polen, Esthen usw. usw.,

799 kurz aus einem mit Gewalt und Blut künstlich zusammengeschweißten Staatsganzen, gibt den Beweis für diese Behauptung. Durch die „Einheit" des Slawentums geht eine tiefe Kluft, die die Kultur und die Geschichte gezogen hat. Die Westslawen gehören zu Westeuropa nach ihrer Gesittung, ihrer Kultur und ihrer Geschichte, so daß dieser Krieg gegen Rußland ein Kampf der Kultur gegen die rohe Gewalt wird, eine Fortsetzung des weltgeschichtlichen Kampfes des Germanentums und lateinischen West­ slawentums gegen die östliche Barbarei deö Tatarentu ms. Der Panruffismus spannt lediglich die slawische Idee für seine tatarische Gewalt- und Unterdrückungspolitik zugunsten der russi­ schen StaatSidee, des Zarismus, zur Täuschung der Völker vor.

86. Kapitel.

Italiens Stellung zur Lalkanfrage, vor allem zu Bulgarien; -ie Forderung der Wiederherstellung Serbiens nach dessen Vernichtung (Herbst 1915). — Aspirationen auf Albanien. I. Der italienische Minister des Äußeren Sonnino äußerte sich darüber in seiner Rede in der italienischen Oeputiertenkammer vom i. Dezember 1915 wie folgt:

„Die friedliche Zuteilung Mazedoniens an Bulgarien durch de» Ver­ trag der Balkanstaaten von 1912 (mit den großen Zugeständnissen, die Serbien erhielt) bildete die Grundlage des politischen Abkommens, das von dem Vierverband in die Wege geleitet worden war. Aber wenn die Politik des VierverbandeS auf eine Einigung der Balkanstaaten gerichtet war, so schürte diejenige der Zentralmächte im Gegensatz dazu Streitigkeiten und Nebenbuhlerschaften, und unglücklicherweise fanden ste den günstigsten Boden für ihre Arbeit. Die Gefühle des Hasses und der Rache, die als Folge des zweiten Dalkankrteges zurückgeblieben waren, bildeten für unsere Feinde naturgemäß wirk­ same Handhaben für eine Aktion, über die der Dierverband für den Zweck, de» er im Auge hatte, nicht verfügte. Andererseits konnte die diplomatische Tätig, kett sehr wenig tun gegenüber dem Geisteszustand, der sich in der öffentlichen Meinung und bei dieser Regierung infolge der militärischen Ereignisse gebildet hatte. ES blieb ihre Geistesverfassung beeinflußt vom einzelnen Ereig­ nis, «ährend sie die Würdigung der Gesamtlage, aus der sich das Vertrauen auf den schließlichen Sieg der Alliierten ergeben mußte, außer acht ließen. Die Regierenden in diesem Lande waren einzig von dem Gedanken an unmittelbare Wiedervergeltung beherrscht und verloren bi« größeren und wichtigeren Gesicht--

8oo punkte der politischen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit der Völker aus dem Auge.

Bulgarien verschmähte die vorteilhaften Angebote des Vier,

Verbandes und kehrte seine Waffen gegen Serbien, als es sah, daß dieses tapfere kleine Volk von den vereinten Armeen der beiden ZentralmLchte nach großen kriegerischen Vorbereitungen angegriffen wurde. der Weg für Italien klar vorgezeichnet.

Unter diesen Umständen war

Wir erklärten Bulgarien den Krieg zu­

gleich mit unseren Verbündeten, mit denen wir auch in den Ausgleichsversuchen ständig einmütig vorgegangen waren. So bewährte sich in der Entwicklung der Ereignisse, in der vollen Eintracht bei den diplomatischen Bemühungen und Der, Handlungen, sowie in dem hartnäckig fortgeführten Kampfe der Waffen auf den verschiedenen Kriegsschauplätzen die volle und herzliche Gemeinbürgschaft der Alliierten. Die Haltung Griechenlands gab Grund zu Besorgnissen und Meinungs­ verschiedenheiten, die einen Augenblick eine gewisse Spannung erreichten; allein die Lage hat sich glücklicherweise sehr bald durch einen Notenaustausch geklärt. Da Griechenland ohne Schwierigkeiten darein gewilligt hat, entsprechend seinen beiden früheren Erklärungen der wohlwollenden Neutralität, die verlangten Zusicherungen zu geben, so sind nunmehr Argwohn und Mißtrauen ver­ schwunden, und die Alliierten werden mit dem griechischen Königreiche wieder die besten Beziehungen in vertrauensvoller Herzlichkeit aufnehmen, auf Grund deren es leicht sein wird, die einzelnen die Unverletzlichkeit und Bewegungsfreiheit der Truppen der Alliierten betreffenden Fragen befriedigend zu lösen, sowohl was Saloniki, als auch was die Zugangsstraßen und die Sicherheit der See­ wege zur Verproviantierung anbelangt. Die politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit Serbiens hat immer einen springenden Punkt in der Politik Italiens auf dem Balkan geblldet. (Hoch­ rufe auf Serbien.) Diese Politik entspricht einer vitalen Notwendigkeit der Existenz von Italien selbst als Großmacht. Eine politische und wirtschaftliche Aussaugung von Serbien durch Österreich-Ungarn würde für Italien eine schwere und stän, dige Gefahr bedeuten und gleichzeitig unserer wirtschaftlichen Ausdehnung auf der jenseitigen Küste des Adriatischen Meeres eine unüberwindliche Mauer er, richten. (Zustimmung.) Das Grünbuch, das ich im vergangenen Mai die Ehre hatte, dem Parlamente vorzulegen, hat unsere Aktion zur Verteidigung von Ser, bien noch vor unserem Eintritte in den Krieg bekannt gemacht. Im Einver, nehmen mit unseren Alliierten wollen wir als unumgänglich notwendiges Ziel dieses großen Krieges die Wiederherstellung des serbischen Volkes in seiner

vollen

Unabhängigkeit.

(Lebhafter Beifall.

Die Abgeordneten

erhoben sich unter Hochrufen auf Serbien.) Die Anwesenheit unserer Flagge auf dem jenseitigen Ufer des Adriatischen Meeres wird auch dazu beitragen, die traditionelle Politik Italiens in bezug auf Albanien zu bekräftigen, das jetzt, wie in der Vergangenheit, ein Interesse ersten Ranges für uns darstellt, insofern als sein mit der Gestaltung der Besitzverhältnisse am Adriatischen Meere eng verbundenes Schicksal sowie die Auf, rechterhaltung der Unabhängigkeit

des

albanesischen

Volkes, dessen

ausgesprochene, altehrwürdige Nationalität aus selbstsüchtigen Gründen ver­ leugnet worden ist, für Italien von der größten Bedeutung ist. (Lebhafte Zu­ stimmung.)

— 8oi — Für die Wiedererwerbung unserer natürlichen Grenzen und die Eroberung der Pforten Italiens sorgt mit ebenso großer Zähigkeit wie Selbstverleugnung und Schneidigkeit die Tapferkeit der italienischen Truppen. Oie strategische Verteidigung des Adriatischen Meeres bildet einen anderen springenden Punkt in unserer politischen Aktion. Für Italien ist die Schaffung einer Lage am Adriatischen Meere, welche die ungünstige Lage unserer Küste wettmacht, eine Lebensnotwendigkeit." 2. In einem aussehenerregenden Artikel im „Manchester Guardian" vom 17. Februar 1916 erzählt Sir Artur Evans mit erstaunlicher Freimütigkeit die Geschichte des Falles von Montenegro. Er erklärt, daß auf Grund des Ab­ kommens über die Beteiligung Italiens am Krieg das englische Ministerium des Äußeren darein willigte, daß ausgedehnte Gebietsteile Ssterreich-Ungarns, die von Serben, Kroaten und Slawoniern bewohnt werden, im Falle eines Steges der Alliierten von Italien erworben werden sollen. Das Hauptergebnis dieser Preisgabe der nationalen Rechte der dortigen slawischen Bevölkerung war, daß ein gemeinschaftlicher Feldzugsplan zwischen Italien und Serbien unmöglich wurde, daß die österreichischen Serben ihre Begeisterung für die Sache der Alliierten verloren und daß die kroatischen Regimenter am Jsonzo mit verdoppelter Wut die Italiener bekämpften. Ferner wurde dadurch die Ab­ neigung der Serben, an Bulgarien Zugeständnisse zu machen, vergrößert. Die Italiener verlangten auch, daß die französische Flotte, die bisher die öster­ reichische Küste blockiert hatte, ihnen jenen Kriegsschauplatz überließ. Das hatte zur Folge, daß die österreichischen Unterseebote die Küste beherrschten und den Golf von Cattaro ungehindert benutzen konnten, als für Montenegro der kritische Augenblick kam. Die montenegrinische Armee wurde ohne Nahrung und Munition ihrem Schicksal überlassen. Sir Artur Evans führt aus, daß eine italienische Armee von 25000 Mann und Artillerie die Stellung des Lowtschen zu retten imstande gewesen wäre, aber Italien habe vorgezogen, eine kleine Ex­ pedition nach Valona zu entsenden, um seine Ansprüche auf diesen Hafen zu be, künden." Bemerkung: Alle diese schönen Enthüllungen zeigen auch, was von den Redensarten Sonninos über die serbisch-italienische Freundschaft in Wirklichkeit zu halten ist. Die serbischen und italienischen Interessen sind wie die italienischen und griechischen durchaus gegensätzlich. Die Phrase von der Solidarität der lateinischen und slawischen Völker wird nirgends besser ad absurdum geführt als in den unehr­ lichen gegenseitigen Intrigen der serbischen und italienischen Regierung gegen­ einander wie gegenüber der griechischen Regierung. Klar ist, daß keiner der Balkan­ staaten die Nachbarschaft, d. h. die Einnistung des italienischen Wolfes am öst­ lichen Ufer der Adria wünscht oder auch nur erträglich ansieht. Die ganzen Besitzverhältnisse an der Adria bedürfen einer gründlichen Arrondierung im Friedens, schluffe, wenn sie nicht den Auftakt zu einem baldigen neuen großen Konflikte von europäischer Bedeutung bilden sollen.

Müller,Meiningen, Entstehung de- Weltkriegs.

51

802 87. Kapitel.

Der Bruch von Griechenlands Neutralität und Souveränität durch den Vierverdand — ein Muster­ beispiel englischer Mißachtung „kleiner Staaten".

I. Vorbemerkung : Griechenland ist ein unabhängiger souveräner Staat (s. Köhler in „J.-Z." 1916 Nr. 3/4 und des Verfassers Buch: „Der Weltkrieg und der Zusammenbruch des Völkerrechts", 4. Aufl., Kap. 39 u. 70). Er wurde im Jahre 1830 unter Garantie der Groß­ mächte gegründet als ein in politischer, administrativer und kommer­ zieller Richtung völlig unabhängiger Staat. Das Protokoll vom 3. Februar 1830 lautet: „Griechenland wird einen unabhängigen Staat bilden et jouira de tous les droits politiques, administratifs et commerciaux attach) Dom Verfasser gesperrt. — Graf Czernin hat hier den Verlauf der Dinge sehr klar und richtig im voraus erkannt und vorausgesagt. Interessant ist, daß die verräterische Haltung Italiens schon am Anfang der Krisis ausschlag, gebend mitwirkte.

86g Wie die Dinge liegen, dürfte momentan nicht viel mehr von Rumänien |U erwarten sein als daS im vorstehende» Skiliierte, und es wirb ausschließlich von unserem Erfolge auf dem Kriegsschauplatz« abhängen, ob und wann Rumänien sich uns anschließt.

Ottokar Graf Cjernin an Grafen Berchtold (Nr. 8): Sinais, 8. August 1914. Der bekannte Politiker Take Jonescu, der viel Einfluß besitzt, erklärte mir, er sei unbedingt dafür, daß Rumänien sein« Neutralität bis tum Ende des Krieges bewahre. Herr Bratianu jedoch schiene anderrr Ansicht und würde vielleicht in eine» „gegebenen" Augenblicke gegen Rußland vorgehe». Sa«i ausgeschlossen sei eS, baß Rumänien gegen die Monarchie gehe» könnte; hingegen schiene ihm Rolle Italiens beunruhigend. Rumänien dürfte, wie ich wiederholt gemeldet, vorerst abwarten und sich unS aniufchlleßen trachten, wen» wir siegen. Anmerkung. Hier hat sich Graf Ciernin von Take JoneScu, dem grim­ migsten Feinde Österreich,Ungarns, in seinem klaren Urteile vom 6. August leider wesentlich beeinflusse» lassen.

Nr. 9 zeigt, daß Rußland bereits energisch an der Arbeit war. Ottokar Graf Cjernin schreibt dort an Grafen Berchtold: Sinais, 23. August 1914. Ich habe Anhaltspunkte, ;u glauben, daß die Russe» neben weitgehenden Versprechungen hier ebenso wie in Sofia mit größtem Terrorismus arbeite» und wie in Bulgarien auch hier die Minister persönlich verantwortlich für eine antirussische Politik machen.

Ottokar Graf Cjernin an Grafen Berchtold (Nr. 10): Sinais, 13. September 1914. Ministerpräsident steht unter dem Eindrucke, baß unsere Situation in Ga, liiie« höchst ungünstig sei, und wollte Näheres von mir erfahren. Ich erklärte ihm, er befände sich im Irrtum, unsere Lage sei nicht so schlecht, wie er meine, und wir hätten allen Grund, voll Vertrauen in die Zukunft tu blicken. Trotzdem blieb Herr Bratianu bei seiner Auffassung und der Ansicht, baß unsere militärische Situation höchst kritisch sei. Letztere Auffassung ist hier leider überhaupt sehr verbreitet. Die Stimmung uns gegenüber hat sich ln gant bedeutendem Maße verschlechtert, und die Agi, tation für eine aktive Kooperation mit der Entente sehr iugenommeu.

Hier tritt jum ersten Male die „Schakalpolitik" Rumäniens scharf in die Erscheinung, s. auch Nr. 16. Dies zeigt auch Nr. 12, wo Ottokar Graf Cjernin an Grafen Berchtold schreibt: Sinai«, 19. September 1914. Die Situation hat sich in de« letzten Tagen insofern verschlechtert, als mit dem Zurückgehen unserer Armee der Wunsch, uns de« „Todesstoß" j« gebe», stärker geworden ist. Man fürchtet, den Moment 10 verpassen und |u spät |u komme».

870 daher bei der „Aufteilung der Monarchie" nicht mehr milspeisea tu können. We­ das wird natürlich mit rusflschen Millionen geschaffen «ad geschürt. Der Schrei „Wir «ollen nach Siebenbürgen!" ist an der Lage-orbavag. Bratianu wird immer kleinlauter und ängstlicher — der König ist die «initge »och funktionierende Bremse bet dieser Fahrt auf der schiefen Bah«. ES handelt stch darum, die nächsten Lage, vielleicht Wochen j« überdauern und den Schreiern mit ruhiger Entschlossenheit gegenüberjustehen; habe» wir die ersten erwarteten Erfolge gegen Rußland, dann wird man hier ganj still «erden.

Ottokar Graf Czernin an Grafen Berchtold (Nr. 13): Bukarest, 22. September 1914. Im Sinne der mir erteilten Weisungen habe ich' dem Herrn Ministerprä­ sidenten gegenüber die Schwierigkeiten zur Sprache gebracht, welche nunmehr dem Transite von Kriegsmaterial nach der Türkei bereitet werben. Herr Bratianu erklärt, er könne die Durchfuhr von Geschützen durch Ru­ mänien nicht zugeben. Seit dem Beginne dieser Aktion sei durch die vielen Materialtransporte die Öffentlichkeit aufmerksam gemacht Worten und, da man hier im Volke den Krieg gegen die Monarchie wolle, so würde die neuerliche Unterstützung unserer Transporte eine Explosion hervorrufen. Hier könnten solche Dinge nicht geheim bleiben, da unter allen Beamten von Rußland bestochene Spione seien, die sofort die Presse benachrichtigen würden,

gerade weil er das

Verhältnis zwischen unseren Ländern nicht verschlechtern lassen wolle, könne er den Transit nicht zulassen. Es sei hier eine Stimmung, in welcher der geringste Zwischen­ fall unberechenbare Folgen haben könne. Ich will Euer Exzellenz nicht alles wiederholen, was ich dem Ministerprä­ sidenten in einstündigem Gespräche an Gegenargumenten gesagt habe. Ich legte baö Schwergewicht meiner Einwendungen darruf, daß ich seinen Standpunkt mit dem der „wohlwollenden Neutralität" nicht mehr vereinbarlich fände, schon gar nicht mit dem eines durch Vertrag Derbürdeten. Anmerkung. Hier tritt immer schärfer die Person tes unzuverlässig;» Ministerpräsidenten in den Vordergrund, der seine Stütze in dem schwankenden und charakterlosen Kronprinzen findet. — Hier darf erinnert werden an die Enthüllung des Sohnei Filipeskus in der „Epoca" über einen Geheimvertrag, den Sasonow mit der rumänischen Re­ gierung im Laufe des Krieges abgeschlossen haben soll.

Sasoroiv habe im Sep,

tember 1914 ohne Zustimmung Frankreichs und Englands nit Rumänien ein Neutralitätsabkommen getroffen, obzwar die rumänische Lfentlichkeit damals gerade den Krieg forderte. Nie fanden in Rumänien größre Kundgebungen statt, so schreibt Filipesku, als zur Zeit der Schlachten bei Lenberg und an der Marne. Die Vertreter Rußlands wählten dennoch den Augewlick, um deu Neu­ tralitätsvertrag zu schließen. Zweifellos lag ihm die Absicht zugrunde, Rumä­ niens Anschluß an die Zentralmächte vorzubeugen. Wenn aber die Vereinbarung vom rusflschen Standpunkt aus eia Fehler war, weil die rusischen Diplomaten noch nicht die Sicherheit gehabt hätten, daß Rumänien gegen Rußland kämpfen werde, so war der Vertrag auch vom rumänischen Standpunr aus nicht befrie­ digend, weil er bei den Friedensverhandlungen keinesfalls aö Rechtsgrundlage für Rumänien hätte dienen können. Oer beste Beweis dafür ist, daß et« Jahr

8?i

später. Im Sommer 1:9x5, mit Rußland nicht weniger als vier Mouate bauernde Derhaablungen über die Auslegung dieses Abkommens stattfanden: Soweit der Sohn Ftllpeskul

Die unsymparthische Haltung des Kronprinzen schildert Graf Czernin an Grafem Derchtold, wie folgt (Nr. 14 l. c.): Sinai«, Lg. September 1914. Auf Veranlassung König Carols, der mich krankheitshalber nicht empfangen konnte, erteilte mir der Kronprinz eine einstündige Audienz. Es ist ungemein schwer, einen genauen Bericht über diese Audienz zu geben, da der Kronprinz im Verlaufe derselben seinen Standpunkt vollständig änderte, wie er dies leider sehr oft tut, so daß gar kein Verlaß auf seine Äußerungen ist'). Er begann, mir die furchtbar schwierige Lage zu erklären; „alle Welt wolle den Krieg gegen uns" und wiederholte immer wieder, „er wisse nicht, wie das enden werde; es sei momentan nur eines ganz unmöglich, und das wäre der Krieg gegen Rußland, alles andere sei möglich!" Gleichzeitig nannte er aber diese vom Volke gewollte Politik einen „Selbst­ mord Rumäniens", erklärte selbst, Rumänien werde, wenn es mit Rußland gehe, entweder dessen Vasall werden oder, wenn wir siegen «egen seiner Haltung böse Folgen verspüren') «sw., blieb aber immer dabei, diese Eventualität sei trotz allem nicht ausgeschlossen, da „man nicht wisse, was man gegen beu Dolkswillea machen solle". Ich versuchte es darauf auf einem anderen Wege uod sagte ihm: „Seine Majestät, mein Allergnädigster Herr, kenne die Schwierigkeiten, die hier herrschen, wisse aber, baß ter Kronprinz genao wie der König Ehrenmänner seien und daher eines solchen erbärmlichen Verrates unfähig." Oer Kronprinz schlug nun vollkommen um und erklärte: „Wenn er dies t4te, »ürbe er sich als ganz gemeiner Kerl vorkommen — vor a llem gelt« die Ehre, eine ähnliche Felonie würde die Geschichte nicht ausweisen usv.", kurz bekräftigt« das Gegenteil seiner frühere» Anficht. Mein Einbrus ist natürlich -er denkbar schlechteste, da der Kron­ prinz immer das willenlose Werkzeug seiner Umgebung sein wird und totest nicht v'ktrauenerweckend ist').

3» Nr. i) md 16 spiegelt sich das Schwanken der Situation weiteir. In Nr. iS schreibt Graf Czernin an Grafen Berchtold: „Herr Dratimu kam eben zu mir, um mir zu sagen, daß er den König be­ denklich schlecht arsschenb und sehr deprimiert gefunden habe. Dratianus Hoffmog ist, den Kronrat zum Beschlusse der Neutralität zu be­ wegen- Er hofft, ii verb« gelingen; die größten Schwierigkeiten mache momentan Take IJoneücu. Im diesem Grdaikea der Neutralität habe ich den Herrn Mtoisterpräflbeaten bestärk», da er fettst sigt, nach entscheidendem Siege könnte dieser Stand­ punkt: wieder verüssen und mit «nS gegangen werden')." (l) ')> Dom Der-'affr gesperrt.

— 872 — Mit der Besserung der Lage der österreichischen Armee besserte stch auch die Lage. So meldet (Nr. 19) Graf Czemin an Grafe« Berchtold: Sinai«, 9. Oktober 1914. „Ministerpräsident gibt ju, baß eine bedeutende Entspannung eingetreten ist, und daß er im ganzen Lande Reservisten entlassen konnte; er glaubt jedoch nicht an die Dauer der Beruhigung. Er wies darauf hin, baß er „zum Scheine mit den Wölfen heulen müsse", damit er stch halte» könne. Tatsächlich spricht Herr Dratlanu mit unseren Gegnern in dem Sinne, daß der Augenblick deck Eingreifens noch nicht gekommen, wobei er es offen läßt, gegen wen später eingegriffen werben soll. Ich möchte eS dahingestellt sein lassen, ob dteS beim Ministerpräsidenten wirklich nur ei» „Scheinmanöver" ist."

Ein erschütterndes Bild von der Gewissensnot des kranken ehrlichen Königs Carol gibt Nr. 20 des Rotbuchs, wo Graf Cjer, nin an Grafen Berchtold schreibt: Siaaia, 9. Oktober 1914. „Wie Euer Exzellenz aus meinen Meldungen entnommen haben, scheint die hiesige Krise, deren Höhepunkt Ende vorigen Monates gewesen sein dürfte, für diesmal überwunden. Was seit Wochen auf der Straße, in der Presse und der Armee vorgegangen ist, wie der Ruf „Auf nach Transsylvanien"! sich mit dem Verlangen vereinigte, de» König {u beseitigen, bet als das einzige Hindernis bet Verwirklichung dieser Wünsche aufgefaßt wurde, wissen Euer Exzellenz. Der König, krank geworden, war am Ende aller seiner Kraft und hatte nur wehr den einzigen Gedanken nach Ruhe und dem Ende dieses nervenzerrütteaden Kampfes. Wenige Tage vorher sagte er mir weinend, „er habe nur mehr den eine» Wunsch, zu sterbe» und ein Ende zu machen" — bas Gefühl, sein Wort brechen zu müssen, eine Felonie be­ gehen zu sollen, wie sie in der Geschichte kein Beispiel hat, sich zu „entehren", war ihm so entsetzlich, daß er tatsächlich dahinzusiechen schien. Und der alte Mann stand ganz allein. Sei» Ministerium kenne» Euer Exzellenz und wissen, welches Spiel es treibt. Seine nächste Umgebung war eine Erschwerung, keine Hilfe. Z» diesen Tagen schrieb mir der König aus dem Bette einen Brief, in dem sich zwischen den Zeilen all der Kummer und die Sorge des höchsten Herrn offen, bart. Am 29. September scheint der Plan des kriegerischen Eingriffes gegen uns fertig gestellt worden zu sein. Der Kronrat sollte zusammentreten, um sich für den Einmarsch in Siebenbürgen auszusprechea — eine Idee, für welche nunmehr fast alle maßgebende» Persönlichkeiten gewonnen waren, wenn auch aus ganz verschiedenen Gründen und Motiven. Sicher ist, daß vom Einmärsche gegen uns als dem Ergebnisse des Kronrates in den Hofkreisen wie von einer vollzogenen Tatsache gesprochen wurde, sowie daß die Abdankung des Monarchen und die Thronbesteigung des Kronprinzen als faits accomplis aufgefaßt wurden. 48 Stunden später einigte» sich Regierung und Opposition auf die „Neu, tralität", und die Entlassung der Reservisten begann in großem Umfange.

873 Für den Augenblick ist die Lage hier gerettet. Und wir werden obenauf bleiben, «enu unsere Armee jene großen Hoffnungen erfüllt, die wir alle in sie setze«. Es werde» aber hier noch schwierige Momente kommen, die eine besondere Wach, samkeit «rfordera werden."

Am io. Oktober meldet Graf Czerata den Tod des Königs Carol. Und schon eine Woche später schreibt (Nr. 23) Graf Cjerntn an Grafen Berchtold: Bukarest, 17. Oktober 1914. Der Herr Ministerpräsident erklärte, er könne türkischen PferbetraaSport unter keiner Bedingung durchlassen. Unterstützung der Türkei würde von der öffentliche« Meinung, die Krieg an der Seite Rußlands gegen uns wolle, uicht geduldet werden.

Das folgende Schreiben (Nr. 24) zeigt die Situation, wie fle nun Monat um Monat, je nach der militärischen Lage, sich hinzieht. Graf Czernin schreibt an Grafen Berchtold: Bukarest, 14. November 1914. „Es ist kein Zweifel, daß hier eine neuerliche Verschlechterung der Situation eingetreten ist. Oer eigentliche Grund ist die retrograde Bewegung unserer Armeen im Osten, welche hier die Hoffnung erweckt, daß der russische Sieg sich endlich offen, baren werde; die hysterische Angst, bei der „Anstellung der Monarchie" tu spät $0 kommen, hat hier wieder bei unseren „treuen" Bundesgenossen die Oberhand gewonnen, und unsere Feinde finden daher einen gut gedüngten Boden. SeitKönig Carol uicht mehr ist, gibt eS hier eigentlich nur mehr twei maßgebende Gruppen: die einen, die sagen, der Augenblick, «us in den Rücken tu fallen, sei gekommen; die anderen, unsere „Freunde", welche meinen, die Situation sei noch nicht reif, man müsse erst «arten, ob wir wirklich geschlagen werden. In letztere Kategorie zähle ich auch bas Köaigspaar und de» Ministerpräsidenten, wenn diese auch aus begreiflichen Gründen etwas verschleierter sprechen. Das sicherste und beste Mittel, Rumänien in Ruhe zu halten, wären natürlich günstige Resultate auf dem Kriegsschauplätze. Bevor nicht eine ganz wesentliche Besserung der Kriegslage eintritt, besteht auch nicht die leiseste Hoffnung, die rumänische Regierung von ihrer unsere Feinde begünstigenden und gegenüber der Türkei geradezu feindseligen Handhabung der Frage der Munitionsdurchfuhr abzubringen." Anmerkung 1. Dieses Spiel zieht sich nun vom Mater in baS Frühjahr (s. Dir. 25). Dort schreibt Graf Czernin: „Nur unsere Kraft auf den Schlachtfeldern, nur die Furcht Rumäniens vor dieser Kraft kann in dem Stadium, in dem wir «ns hier befinden, noch wirken und helfen. Alles was in dieser Linie wirkt, ist gut und alles andere nutzlos, wenn nicht schädlich", schreibt Graf Czernin am 2. Dezember 1914. Anmerkung 2. Rumäniens Haltung in den kritischen Oktober, und Rovembertage» des Jahres 1915 geht klar aus einer halbamtlichen Note vom 3. November hervor, die die rumänischen Blätter verbreiteten. ES heißt bort:

874 „Eine bewaffnete Intervention Rumäniens kann sich nur ereignm, wenn irgendeine der kriegführenden Gruppen vitale Interessen unseres LcnbeS bedrohen wollte. Es muß ausdrücklich darauf hingewiesen werben, daß nicht die geringst« Verpflichtung für Rumänien besteht, Serbien zu verteidigen. Bulga­ rien ficht als Bundesgenosse der Zentralmächte, und der serbisch-bulgart'ch« Krieg kann infolgedessen nur als Episode des großen europäischen Konflikts aufgefaßt werben. Rumänien fühlt keine Verpflichtung, den Dukarester Vertrag mch gegen Großmächte (tt verteidigen, sonder» würde das nur gegen die Sigarnarmächte dieses Vertrages tun, wenn fie denselben aus ehrgeizigen Gelüsten umstoßen wollten. Die rumänische Armee ist nicht im eigentlichen Sinne des Wore- mobi, listert. Wir haben nur Maßregeln }» unserer Verteidigung ergriffen, die aller­ dings andauernd noch vervollständigt werden. Rumänien ist in keiner Richtung militärisch gebunden. CS ist unrichtig, baß eine Abmachung irgendwilcher Art im besonderen zwischen Rumänien und Italien besteht. Italien besitt Rumä­ niens Sympathie, die sich auch in den Jahren äußerte, als Italien noch jum Drei­ bund gehörte. Der Dreibundvertrag ist jedoch von Italien aufgehober worden. Wir haben ebensowenig Absichten auf Transsylvanien (?) wie auf Beßarabien. Cs besteht ebensowenig Aussicht auf ein Eingreifen Rumäniens für die Zentral, mächte wie auf eine Stellungnahme der Rumänen gegen dieselben." Diese Erklärung wurde allenthalben als ein Beweis dafür aufg/aßt, daß Rumänien die am 28. Oktober 1915 erfolgten neuen und sehr umfangreichen Vorschläge und Anerbietungen des DIerverbandes abermals abgelehnt habe. — Wie die Take Jonesku und Genossen arbeiteten, zeigt «ln Artikel, den der konservativ,demokratische Abg. Jliesku in seinem. Blatte „Aktiunea" Eide Okto­ ber 1915 gegen Drallanu brachte, in dem eS heißt: „Wenn Rumänien nicht auf seiten der Entente eingreift, werde der Ministerpräsident durch ein« Revol­ verschuß des besseren belehrt «erben. Sollt« Bratian« sich nicht dazu entschließen können, so würbe er es sich selbst zvzuschreiben haben, wenn er morgen oder über, morgen von fanatischen Anhängern eines kriegerischen Eingreifens dnrch eine» Revolverschuß gemahnt würde." Anmerkung 3. Über die Stimmung der verständigen Elemene (Ende 1915) unterrichtet eine Rebe des früheren Ministerpräsidenten Peter karp vom 28. Dezember 1915 in der rumänischen Kammer: In der Fortsetzung der Adreßdebatte erklärte er: Wir müssen um Rechen­ schaft darüber geben, inwieweit di« kriegführenden Staaten die Erreioung des rumänische« nationalen Ideals beeinflussen. Zu diesem Zwecke müsse, wir die Luft von einer Reihe von Legenden reinigen, die den Blick unsicher machn. Eng­ land hat als Kriegsgrunb die Verteidigung der kleinen Staaten argegebeo. Wir haben gesehen, wie England sie verteidigt. Die Wahrheit Ist, tiß es die Verteidigung jener Staaten nur übernommen hat, um sich ihrer zu bediene». England behauptet, daß es sein Schwert gegen den deutschen JmpeialiSmus gezogen habe; Frankreich stellt sich als den Verteidiger der Zivilisation -in. Oer geführte Kampf ist in Wirklichkeit eine Zerstörung der gemeinsamen Zvilisatioa. Rußland schlägt sich im Namen der Orthodoxie und deS Panslawisuus. Oer wahre Grund für de» Krieg ist bei Frankreich die Wiebererwerbung dr verlo­ renen Provinzen; bei England liegt der Grund darin, daß es eine deutsce Macht, «utfaltung gesehen hat, die sich in dem Worte des Deutschen Kaiser- «-brückt.

875 daß Deutschlands Zukunft auf dem Wasser liegt. Rußland aber will Konstan, ttoopel, die Dardanellen, das Schwarze Meer und die Donaumünbungen. Anmerkung 4. Im Verlauf einer Artikelserie über die „diplomatische Geschichte von 1915", die lm „Daily Telegraph" erscheint, macht der bekannte englisch,russische Publizist Dr. E. G. Dillon, der mit den Balkandtngeo sehr gut veertraut ist, einige Mitteilungen über die Vorgänge zwischen Rumänien und den Alliierten. Er schreibt: Im Oktober 1914 fanden Unterhaltungen zwischen dem Premierminister Dratian« und dem russischen Gesandten in Bukarest M. Pollewsky,Kozcl statt. Ihr Ergebnis sollte eine allgemeine Verständigung gewesen sein, kraft deren Ru, mänien als Preis seiner Neutralität berechtigt sein sollte, alle rumänischen Di, strikte Österreich,Ungarns zu annektieren, vorausgesetzt, daß es vor Schluß des heutigen Krieges Besitz von ihnen ergreift. Die genaue Definition dieser Distrikte «erbe nicht vor dem 26. April 1915 debattiert, und daS dauerte mit Unterbrechun, gen bis letzten Herbst fort. Einmal kam eS zwischen beiden Regierungen zu einem scharfen Widerstreit der Ansichten darüber, ob die Bedingung, die an das Recht geknüpft war, Neutralität oder Intervention sei, wobei Bratianu jenes, Saso, now dieses behauptete.

Im Frühjahr setzte die Agitation von neuem ein. Recht bezeichnend schreibt (Nr. 26) Graf Cjerntn an Baron Buriän: Bukarest, 4. März 1915. „Der hiesige italienische Gesandte, welcher sich durch einige Zeit ruhiger verhielt, hat mit erneuter Agitation gegen uns eingesetzt. Cr scheint die Nach, richt zu verbreiten, daß sich die Beziehungen zwischen Italien und Österreich, Ungarn verschlechtert haben, und daß wir uns dem kritischen Stadium nähern. Der König soll gestern einem hiesigen Politiker gesagt haben, „er würbe Italien als dem Bundesgenossen Rumäniens folgen müssen, falls dieses uns angktiftn sollte".«

Die Munitionslieferungen werden jetzt wieder zu Erpressungen und Unfreundlichkeiten verwendet. So schreibt (Nr. 27) Graf Czer, nin an Baron Bunan: Bukarest, 18. März 1915. „Im Verlaufe einer langen Unterredung, die ich mit dem Könige über den Transit der türkischen Munition hatte, mußte ich feststellen, baß Seine Majestät sich absolut ablehnend verhält, indem er alle wie immer gearteten Vor, schlüge zurückweist. Alle meine über eine volle Stunde bauernden UberredungSversuche blieben völlig wirkungslos. Immer wieder betonte der König, der Sturm, der sich bei der Entdeckung eines solchen Versuches erheben würde, würde sich direkt gegen ihn richten, und er sei zu seinem Bedauern ganz außerstande zu helfe». Ich habe den Eindruck, baß der König selbst «in noch größeres Hindernis darstellt als Herr Bratianu'). Die ganze Angelegenheit ist daher noch nie so schlecht gestanden als jetzt, und ich habe jede Hoffnung auf die Durchsetzung unseres Wunsches verloren." ») Dom Verfasser gesperrt.

876 In Nr. zi gibt Baron BuriLn an Ottokar Grafen Cjemin grundlegende Weisungen: Wien, 2z. Mai 1915. „Schwankend in der Erkenntnis seiner wahren Interessen und schillernde» Lockungen der Ententemächte folgend, hat Rumänien zweifellos bereits starke Fühlung mit unseren Feinden genommen. Wenn wir unS hierüber keiner TLu, schung hingeben, so wollen wir dennoch nicht daran zweifeln, daß daS Königreich, ehe eS noch zu spät ist, eben auf Grund der Überlegung aller Eventualitäten und auS dem gesunden politischen EgotSmuS heraus, den eS dabei treibt, zu vermeiden wissen wirb, sich auf eine für daS Land verderbliche Politik festzulegen. CS kommt doch für Rumänien nicht allein darauf an, was eS erhalten, sondern darauf, waS eS behalten kann. ES ist leicht zu berechnen, daß Erwerbungen auf Kosten der Monarchie, welche Rumänien unter den Fittigen der Entente machen würde, prekär fein müßten. Ganz abgesehen von unausbleiblichen späteren Wiedergewiunuugsunternehmungen der Monarchie, würde ein siegreiches, am Ziel angelangtes Rußland gewiß nicht eine Situation auf dem Balkan hinnehmen, wo ein starkes, quer vor, gelagertes Rumänien den Landweg zu den Meerengen versperrte, der dominierenden Stellung Rußlands in Bulgarien im Wege stände und ein entschiedenes Übergewicht über die anderen, namentlich die slawischen Balkanstaaten ausüben würde. Was daraus in Zukunft folgt, mögen sich die rumänischen Staatsmänner ausmalen. Rußlands Besiegung ist also Lebensbedtngung für Rumänien, zu Rußlands Triumph beitragen zu wollen — Selbstmord. Diese Grundwahrheiten immer und immer in Bukarest zu er, örtern, ist unsere Aufgabe. Daneben sollen wir durch eine ruhige, sichere Sprache den Eindruck hervor, rufen, daß wir auf die Neutralität wie auf etwas Selbstverständliches zählen. Nach Rumäniens bewaffneter Mithilfe sollten wir nicht aufhören zu fragen, nach den schweren russischen Niederlagen mit um so größerem Nachdrucke. Vorstehendes zur Regelung Ihrer Sprache.

Die Antwort darauf (Nr. 32) lautet:

Bukarest, 26. Mai 1915. Seine Majestät der König hat mich heute in einstündiger Audienz empfangen. Der König ist genau über unsere günstige Lage in Galizien orientiert und betonte, er hoffe sehr, daß die Russen Galizien ganz würden räumen müssen. Hier fand er Stimmung nach wie vor sehr erregt und schilderte die hiedurch für ihn bestehenden Schwierigkeiten. Ich betonte absichtlich Perfidie Italiens, welches als Verbündeter Ehrlosig­ keit begangen hat, unö anzufallen, und versuchte, Äußerung Seiner Majestät zu provozieren, daß dies in Rumänien unmöglich sei. König gab Verrat Italiens zu, erwiderte aber mehrmals, „er werde alles versuchen, um neutral zu bleiben, aber die Herrscher könnten nicht immer so handeln, wie sie wollten". Dabei ließ er durchblicken, daß, wenn wir geschlagen würden, seine Situation unhaltbar werben würde.

877 „Der Sturm würde sich direkt gegen die Dynastie kehren." Ich bemühte mich, Ihn über diesen Punkt »tt beruhigen. Ja dem Gespräche über Take JoneScu und FUipeseu meinte Seine Majestät, das Hauptargument dieser Herren sei, baß Wien und Berlin Rumänien seine Haltung niemals verleihen würben; daher müsse unsere Niederlage angestrebt «erben. Ich beschränkte mich darauf »u erwidern, daß es in der Hand Rumäniens liege, sich unsere Sympathien wieder |ts erwerben. Anmerkung. Es ist interessant, daß hier genau dieselben Motive der Furcht, der Angst vor ber Rache der Mittelmächte geltend gemacht «erben als bei dem Eintritte Italiens in den Weltkrieg. So jagte das böse Gewissen die Verräter hier wie bort in ihr Schicksal. Die ganze jämmerliche Schwächlichkeit, Autoritätslosigkeit und Hinterlist des Königs wie Bratianus zeigen die folgenden Noten (s. Nr. 35, 42, 52). Die Munitionstransite werden zu besonderen Un­ freundlichkeiten, je nach der militärischen Situation, benutzt (s.Nr.38). Ottokar Graf Czernin an Baron Buriän. Bukarest, 23. Juni 1915. Kürzlich bot sich mir wieder Gelegenheit, mit Herrn Bralianu über die ak­ tive Kooperation Rumäniens mit uns zu sprechen. Oie Rückeroberung von Lemberg und unser unaufhaltsames Vordringen gaben mir den Anlaß, den Premier aufmerksam zu machen, daß er bei weiterem Zögern zu spät kommen werde. Bratianu erwiderte, er könne nicht „gegen das ganze Land" regieren; nie­ mand habe den Glauben, daß der Krieg zu Ende gehe, im Gegenteil, die Russen würden vielleicht in 14 Tagen (sic!) ihrerseits wieder die Offensive ergreifen, und das ganze Bild sich ändern. ii Alle meine Ausführungen und Argumente lösten nur ein sich stets wieder­ holendes Wehklagen des Ministerpräsidenten aus, „daß die Verantwortung zu groß wäre". Ich machte ihn natürlich widerholt darauf aufmerksam, daß man in seiner Stellung durch eine Unterlassung ebenso verantwortlich werde wie durch Handeln. Anmerkung. In Rumänien gab es (s. Nr. 36) vier politische Parteien: 1. die liberale Partei, 2. die Anhänger Marghilomans, • 3. die Gruppe Jean Lahovarn und 4. die Takisten. Nr. 3 und 4 haben sich am 25. Juni 1915 nach der Mitteilung des österrei­ chischen Gesandten dahin geeinigt, daß ihr gemeinsames Programm, „mit dem Dierverbande in Aktion zu treten", nunmehr auch durch gemeinsame Arbeit er, reicht werben soll; eine förmliche Fusion beider Gruppen hat jedoch nicht statt, gefunden. Interessant ist das Gespräch Graf Czernins mit Bratianu (s. Nr. 40). Es heißt dort im Bericht:

878 Sinai«, io. September 1915. . . . „Ja der sehr ernsten Aussprache, die «Ir hatten, begründete Bratiana sein Vorgehen, baß er einige Bataillone mehr an die Grenze senden müsse, so!/ geabermaßea: Er habe mir seit Kriegsausbruch erklärt, er werde neutral bleiben und habe dies auch gehalten; er betonte, er «erde auch weiter neutral bleiben, auch bann, wenn wir Serbien angreifen. Er habe keinen Vertrag mit der En/ tente, welcher ihn verpflichten würde, unS anzugreifen, alles Diesbezügliche sei Lüge. Er persönlich sei von der Wahrheit meiner Erklärung, baß wir nichts gegen Rumänien planen, überzeugt. Er müsse aber der öffentlichen Meinung Rechnung tragen, und diese sei durch die letzten Vorgänge dermaßen erregt, daß sie einen Angriff von uns erwarte. Daher sei er bereits gezwungen gewesen, Truppen/ Verstärkungen an die Grenze zu senden. Ich wiederholte nochmals, daß unS jeder Angriffsgedanke gegen Rumänien fernliegt, baß ich es bedenklich fände, wenn er die erwähnten militärischen Maß/ nahmen gegen uns ergreife, aber die Verantwortung dafür ihm überlasse« müsse." Ein Gespräch vom 13. Mai 1916 gibt klar die rumänische po­ litische Charakterlosigkeit wieder. Ottokar Graf Cjernin meldet dar­ über an Baron Burian (Nr. 53 L c.): Bukarest, 13. Mai 1916. Der Herr Ministerpräsident begann damit, daß er das Bedürfnis fühle, sich wieder einmal — nach längerer Zeit — ganz offen mit mir auszusprechen, um mir einiges zu erklären, was ich bisher vielleicht nicht verstanden hätte, da ich ja „in manchen Punkten" anderer Ansicht schiene als er selbst. Er sei ein Mann, der von dev „kleinen Einzelheiten deS Tages" nicht berührt werde; ob Verdun falle oder nicht, ob wir irgendwo einige Quadratkilometer erobern oder nicht, sei ihm ganz gleichgültig. Das werde den Krieg nicht entscheiden. Entscheidend sei, ob es einer der beiden Kampfgruppen gelingen könne, die andere zu vernichten (ecraser), oder aber ob nicht beide Teile erkennen würden, daß sie nicht siegen könnten und einen Frieden ungefähr auf Grund des Status quo schließen würden. In beiden Fällen aber sei seine Politik die richtige. In letzterem — dem wahrscheinlicheren Falle —werde der zukünftige Friede ein Europa schaffen, welches sich kaum von dem im Jahre 1914 unterscheiden werde, alle die furchtbaren Opfer und Verluste würden umsonst gebracht worden sein, und ganz Rumänien werde ihm dankbar sein, daß er dem Lande die Schrecken dieses unnützen Krieges erspart habe. Gelänge aber einer Kampfgruppe wirklich die Vernichtung der feindlichen, so könne sich ein solches Ereignis unmöglich plötzlich und unbemerkt vollziehen, und es sei dann für Rumänien immer noch Zeit, seine Entschlüsse zu fassen. Er glaube nicht an dieses Ende, wenn es aber eintreten sollte, dann würden noch Jahre vergehen, bis es so weit sei, da bet keiner der Mächtegruppen noch Anzeichen der Erschöpfung konstatierbar wären, und nachdem Rumänien gar keinen jahrelangen Krieg aus­ halten könne, so sei es klar, daß es „warten" müsse. Aber, wie gesagt, er glaube viel eher, daß beide Kampfteile, die fortgesetzt den Steg im Munde führen, mit der Zeit erkennen würden, daß es keinen Sieg gäbe et que cette gucrre finira en queue de poisson. Rußland würde niemals einwilligen, daß Ser­ bien verschwinde, es würde daher kein Großbulgarien entstehen, niemals werde es Polen abtreten und niemals würde es einwilligen, Beßarabten an Rumänien

879 in geben. Europa sei in einem Fieberzustanbe, der ihm ein Kares Urteil verwehre, er selbst (bet habe einen kühlen Kopf behalten. Zur Seit, ate die Russen in den Karpather standen, habe man ihn bestürmt, gegen uns einzugreifen, „da das Ende der Mo narchie da sei", und heute hätten wir alle Feinde vertrieben und seien tief in Fendesland. Noch andere Phasen — auch ungünstige für uns — könnten wohl folgen, ohne daß diese eine Entscheidung bringen würden. Dieser Krieg sei nicht vie andere — er habe kein Beispiel in der Geschichte — und daher seien alle Analigien verfehlt. In welcher Lage wäre Rumänien, wenn es, unserer Aufforderungfotgend, im Jahre 1914 mit uns in den Krieg getreten wäre? Bestimmt hätten dtc Russen die ganze Moldau überflutet und halb Rumänien wäre heute ein Ascherhaufen. Rumänien aber könne nicht das gleiche aushalten wie Groß­ mächte mb, während diese alle am Kriege verbluten, mache Rumänien ganz gute Geschäste,unL außer einigen überhitzten Köpfen beklage sich niemand mehr im Lande. Er hibe eS verlernt, eine Politik der Zukunftskombination zu machen; man könne nicht voraussehen, und vielleicht werde ja die Situation in sechs Monaten eine ganz andere sein und ihn zwingen, ganz andere Entschlüsse zu fassen;, heute sei die Nertralität die einzige für Rumänien richtige Politik, und jeder, der an seiner Stille die letzten zwei Jahre anders gehandelt hätte, hätte es schlechter gemacht. Wem aber — wie anzunehmen — dieser entsetzlichste aller Kriege auch der resultatlosiste sein und das zukünftige Europa ungefähr das alte bleiben werde, bann wüven sich sehr rasch und automatisch wieder normale Beziehungen zwischen Rumänier und den Zentralmächten entwickeln. Man sehe es ja schon heute. Die wirtschaftlchen Bedürfnisse seien stärker als Gefühlsmomente, Rumänien und die Katserfaaten seien gegenseitig aufeinander angewiesen und würden sich wieder, finden tro; allem, was vorgefallen sei. Die-der Inhalt der Ausführungen Herrn Bratianus, welche das alte, uns allen bekannte ministerielle Glaubensbekenntnis sind: neutral bleiben, solange es irgend möglich, und wenn eine Mächtegruppe unterlieg, stchnoch im letzten Momente gegen diese kehren. Neudaran war mirbie schamlose Offenheit, mit welcher Herr Bratianusprach^ und mit urlcher er — der Bundesgenosse — zu verstehen gab, daß wir Rumänien gegen uns haben werden, wenn er uns für geschlagen hält. Allerdings drehte der Herr Ninisterprästdent in seiner langen Rebe die Frage mehr gegen Rußland und betone wiederholt, daß der Besitz Beßarabiens — säns r&rasement de la Russie - ganz wertlos für Rumänien sei. Dabei aber kam noch ein anderes ebenfalls richt neues, aber interessantes Moment an die Oberfläche, welches zwar nicht ausg-sprochen wurde, aber dennoch zu verstehen war. Der Herr Minister, Präsident leß durchfühlen, baß er die Vernichtung der Monarchie für möglich, die Rußlards nicht für möglich halte, daß der dauernde Besitz Transsylvaniens daher denbar, der Beßarabiens aber undenkbar sei. Cs ist selbstverständlich, daß ich den Ausführungen Herrn Bratianus vieles entgegenzuhtzen hatte. Ich erwähne meine Antwort nur kurz. Ich bekämpfte die Anscharungen des Herrn Ministerpräsidenten vom doppelten Standpunkte der Moral und der Vernunft. Ich betonte bas Bündnis und seine Konsequenzen *) Dom Verfasser gesperrt.

88o und gab Herrn Bratianu zu verstehen, daß hier ein unüberbrückbarer Gegensatz unserer Anschauungen obwalte.

Ich ließ ihn ferner verstehen, daß ein resultat­

loser Krieg ebenso ausgeschlossen sei als unsere Niederlage, und daß die Möglich, keit der Kooperationen mit uns nach vollendetem Siege eine Utopie sei.

Außerordentlich bedenklich erscheinen die am n. Juni 1916 gemeldeten Grenzverletzungen durch die Russen, die von rumä­ nischer Seite sehr lax und unentschieden zurückgewiesen wurden (s. Nr. 56). Gesandter von Wodianer schrieb an Baron DuriLn (Nr. 57) darüber folgendes: Bukarest, 11. Juni 1916. Kabinettschef des Ministerpräsidenten machte mir auftragsgemäß folgende Mitteilung: Don General Petraseu sei heute 4 Uhr ein Bericht eingelangt, demzufolge das rusflsche Detachement bei Mamornitza, Front gegen unsere Grenze, gestern im Feuer stand. Der rumänische General konnte mit dem russischen Detachement, kommandanten, der in der Feuerlinie stand, nicht sprechen.

General Petrascu

begab sich hierauf zum russischen General Keller auf das nördliche Pruthufer und verlangte die sofortige Zurückziehung des Detachements, was dieser mit dem

Ausdrucke

der

Verwunderung,

daß

rusflsche

Truppen

überhaupt

auf

rumänischem Territorium ständen, sofort zusagte. Die Stärke des russischen Detachements ist angeblich wicht bekannt; auch über den Rückzug der Russen fehlten bisher authentische Nachrichten. Unver­ bürgten Nachrichten zufolge soll ihr Rückzug heute nachts begonnen haben. Den Umstand, daß nicht pflichtgemäß zur Entwaffnung der russischen Truppen geschritten wurde, begründet Herr Bratianu damit, daß man sich den in unserem Feuer stehenden Truppen nicht nähern konnte. Anmerkung. Diese Art der Behandlung bestätigt die zu jener Zeit in ganz Bulgarien an eingeweihten Stellen als verbürgt verbreitete Nachricht, daß die Russen mit bedeutenden Truppen durch rumänisches Gebiet ohne Wider, stand marschiert seien. Daran ändert auch das Versprechen Bratianus (l. c. Nr. 58) nichts, die ru­ mänischen Truppen am ganzen Pruthufer sofort zu verstärken. Er erklärte, „von den Russen neuerlich Zusicherung für die Respektierung rumänischen

Territoriums

erhalten zu haben". So war auch die Mitteilung des Generalkonsuls von Felner an Baron Burinrr erklärlich (Nr. 59,

Galah, 12. Juni 1916),

„daß die Nachricht vom Erscheinen

russischer Truppen auf rumänischem Gebiete hier lebhafte Aufregung hervor­ gerufen habe".

„Im Zusammenhange mit der russischen Offensive hat dieser

Zwischenfall eine Erstarkung der ruffophilen Agitation gezeitigt.

Die Empfind,

lichkeit der Rumänen tritt anläßlich dieser Neutralitätsverletzung weniger zu, tage.

Man ist gespannt, ob die Regierung genügend Energie aufbringen wird,

um die Russen zum Verlassen des rumänischen Territoriums zu vermögen." Man erfuhr von dieser „Energie" nichts. Die Russen hatten anscheinend ihren Zweck erreicht.

88i Aus Nr. 60 (17. Juni 1916) ist ersichtlich, daß der österreichische Gesandte das sehr energische Verlangen stellte, Vorsorge treffen zu wollen, damit sich ein russischer Durchmarschversuch nicht wieder­ hole. „Herr Bratian» gibt zu", so berichtet der Gesandte, „daß es möglicherweise ein russischer Versuchsballon gewesen sein könne, um 10 erproben, ob die Situation für die Kooperation Rumäniens reif sei, verspricht mir aber neuerlich, einen solche» Versuch mit allen Mitteln zu verhindern; andererseits erklärte Herr Bratiann, es sei noch nicht aufgeklärt, ob die Russen nicht aus der Bukowina ab­ gedrängt worden seien und daher keine Absicht im Spiele sei. Ich betonte, daß wir infolge des rasche« und kategorischen rumänischen Be­ fehls an die Russen, Rumänien {» räumen, nicht weiter über die Vergangenheit sprechen «ollen, wiederholte jedoch das Ersuchen, baß Truppen in die nördliche Moldau gesendet und jtoelter Versuch verhindert werde, und erhielt die positive Zusage des Herrn Bratlanu, daß dieses nunmehr erfolgen werbe. Seine Majestät, von dem ich soeben in Privataudienz empfangen wurbe, wiederholte mir das gleiche Verspreche» und fügte erklärend bet, eS werbe Ka­ vallerie, Infanterie und auch eine Batterie in der von den Russen gefährdeten Ecke Rumäniens belassen werben, so daß jeder weitere Versuch der Russen auf Waffenwiberstand stoßen würbe. Unsere Lage im Osten beurteilt Seine Majestät der König optimistisch, worin ich ihn selbstverständlich bestärkte. Seine Majestät scheint ziemlich genau orien, tiert und erwartet eine» baldigen Stillstand der russischen Offensive. Aller, bingS ließ auch er durchblicken, daß, ein Fortschritt der russischen Offensive die Situation hier verschärfen würde. Die Anhänger Take JoneseuS und Filipescus haben «ine gemeinsame Sitzung abgehalten, in welcher beschlossen wurde, mit allen Mitteln den sofortigen Krieg gegen die Zentralmächte t» erzwingen. Zusammenfassend kann ich sagen, daß ich für den Augenblick keine Ge­ fahr seitens Rumäniens sehe, daß aber ein Fortschritt der russischen Offensive selbstverständlich «ine Änderung der Lage zur Folge hätte." Hübsch schildert Graf Cjernin (Nr. 61) dann Bratiann (19. Juni 1916) und seine ganze Verhandlungsart: „Ja wenigen Worten gesagt, bewegt sich der Herr Ministerpräsident zwischen zwei Polen: einerseits den Moment nicht zu verpaffen, »och rechtzeitig an dem von ihm erwarteten Siege der Entente teilzunehmen, andererseits denkbarst spät und daher mit möglichst geringem Risiko gegen «ns loszuschlagen. Mit der ihm eigenen Geschicklichkeit windet sich Herr Bratiann zwischen diesen beide» Klippen durch — wartet, fürchtet und hofft. Im allgemeinen kann man sagen, daß wir in Rumänien heute wieder un­ gefähr bort sind, wo wir vor einem Jahre waren. Die schon verblaßte Hoffnung auf Siebenbürgen lebt wieder auf, und die Zerschmetterung der Monarchie nimmt in der hiesigen Psyche wieder greifbare Gestalt an, und wie damals so lautet heute meine Diagnose, baß die Entscheidung über die rumänische Politik auf dem Kriegs, schauplatze fallen wird. MaNer-Metnta-ea» Entstehung td Weltkrieg«.

56

882 Was geschehe» kann, um auf Herrn Bratianu verzögernd einzuwirken, wird geschehen — diplomatische Arbeit kann gefährliche Schritte Rumäniens ausschieden und verzögern-in letzter Instanz verhindern kann sie sie nicht; die durch die Kanonen geschaffenen Fakta sind viel stärker als diplomatische Kniffe, ihnen gebührt das letzte Wort, und sie werden entscheiden. In meiner vorgestrigen einstündtgen Unterredung mit Herrn Bratianu schlug derselbe die bekannten Töne an und schllderte ln grellsten Farben, wie „unendlich schwierig" seine Situation werden müßte, falls die rusflsche Offen, flve fortschreiten würde; er ließ hierbei durchblicken, daß öffentlich gemachte Angebote der Entente auf österreichisches von Russen besetztes Gebiet daS Land derart er­ regen würden, baß er in eine äußerst bedrängte Lage käme; ich gab die Möglichkeit eines lokalen russischen Erfolges zu, erinnerte aber Herrn Bratianu daran, daß die Russen Czernowitz schon zweimal besetzt hatten und zweimal wieder räumen mußten (die Unterredung fand noch vor der abermaligen Einnahme von Czer­ nowitz durch die Russen statt), und deutete meinem Mitredner an, in welche Lage er gekommen wäre, wenn er sich von den Russen hätte betören lassen und ihre früheren vorübergehenden Erfolge als bauernden Sieg eingeschätzt hätte. Ich verließ den Herrn Ministerpräsidenten in der festen Überzeugung, daß er unsere Niederlage erhofft und an dieselbe glaubt, aber noch warten wird."

Die Gefahr wächst mit dem Ansturm der Russen in der Bu­ kowina und in Galizien. Das bestätigt (Nr. 68) der König, den Czernin am 25. Juni 1916 aufsucht, da das Gerücht ging, daß ein Ministerrat den Anschluß an die Entente beschlossen habe: „©eine Majestät war äußerst verlegen," so berichtet Czernin, „er erklärte, er wisse hiervon noch nichts, ein solcher Beschluß des Ministerrates könne nicht erfolgt sein, ohne daß er Kenntnis davon erlangt hätte. Zm weiteren Ge­ spräche gab Seine Majestät zu, daß Bratianu sehr impressioniert sei von dem gewaltigen Anstürme der Russen, und gab auch zu, daß die Minister vielleicht die Möglichkeit besprochen hätten, gegen uns zu mobilisieren. Seine Majestät wie­ derholte mehrmals, ein Beschluß liege bestimmt nicht vor, und knüpfte daran mehrmals die Frage, ob wir imstande sein würden, den Russen den Übergang über die Karpathen zu verwehren". ... „Noch niemals bisher hat Seine Majestät der König mir zugegeben, daß die Eventualität, Italiens Beispiele zu folgen, in dem Ministerrate besprochen werden könne, und sehr deutlich war zwischen den Worten deö Königs der Gedanke zn lesen, daß Herr Bratianu ein weiteres Fortschreiten der russischen Offensive be­ nützen dürfte, um die Neutralität'zu verlassen. Ich habe bereits bei meinem mündlichen Vortrage bei Euer Exzellenz darauf hingewiesen, daß wir mit dieser Eventualität rechnen müssen, falls wir die rus­ sische Offensive nicht aufhalten können. Ich glaube aber, daß Herr Bratianu vor­ erst mit Eifer darangeht, alle Modalitäten für diesen Fall vorzubereiten, ein ru­ mänischer Angriff jedoch nicht unmittelbar bevorsteht."

Am 27. Juni 1916 (Nr. 64)

vermied es Ministerpräsident

Bratianu, deutlich von einer definitiven Neutralität ju sprechen, sott#

88z dem kleidete feine Absicht in dev Satz: „Er werde trachte», der hartnäckig ans ihn ausgeübten Kriegspression t» wider, stehen." Graf €|emln schreibt:

„Ich sann als Gesamteinbrnck der hiesige» Lage nur meine frühere Meldung wiederholen und meiner Ansicht Ausdruck geben, daß noch kein fält ao compli vorliegt, die Neutralität gegen uns ju verlassen, daß aber Herr Bra, tiaun sich ernstlich mit diesem Gedanken befaßt und die Lage unbedingt kritisch «er, den würbe, wenn die Russen nach Ungarn eindringen sollten." In Nr. 65 meldet Graf Czernin von Lieferungen großer Men, gen von Munition von Rußland und einiger schwerer Batterien aus Frankreich. „Dies ist ein klarer Beweis für die politische Lage." Ebenso Nr. 71 und 72 vom 12. und 17. Juli 1916. Als „Postulate des Herrn Brattanu" gegenüber der Entente meldet der Ssterreichlsche Gesandte am 28. Juni 1916 (Nr. 66) folgendes: I. Eine allgemeine Offensive der Entente und ein siegreiche- weiteres Vor, dringen der russischen Kräfte. II. Eine Rückendeckung gegen Bulgarien. III. Siebenbürgen, das Banat und die Bukowina als Preis für die K», operation. IV. Oie rumänische Kriegserklärung erfolgt nur an die Monarchie und nicht an Deutschland. V. Lieferung von Munition und Artillerie. ... Aus diesen Bedingungen läßt sich sehr leicht die tu erwartende Politik Ru, mänienS bestimmen. Vor allem ist es klar, baß die weiteren militärischen Er, eigutsse, und (war insbesondere an der Ostfront, maßgebend für die Haltung Rumänien- sein werben. Verlieren wir weiter an Terrain und gelangen die Russen nach Ungarn, so wirb die Situation unbedingt sehr kritisch werden. Andererseits sprechen gewisse Momente dafür, daß Herr Braliann noch einige Wochen vor sich haben möchte, bevor er den entscheidenden Schritt wagt. Ersten- kann Rumänien die geforderte Artillerie und Munition nicht vor 6 ki­ ll Wochen erhalten, iweitens bürsten die von Braliann geforderten militärischen Erfolge der Entente wohl auch im schlechtesten Falle nicht über Nacht hereinbrechen und — last not least — steht die Ernte vor der Türe, die Herr Braliann gerne abwarten möchte. Daran- folgt, daß bas kritische Stadium im Kopfe Herrn DratianuS ungefähr ln die zweite Hälfte August fallen dürfte, immer vorausgesetzt den Fall, daß unsere militärische Gesamilage der tu, mäntschen Regierung den ventilierten Verrat möglich scheinen läßt. Einige Detalls der Vorgänge scheinen noch von Interesse, so insbesondere das angebliche neue Postulat Bratianus, den Krieg nur an uns, nicht aber an Deutschland erklären $u wollen. Oer König ist eine schwache Hilfe für unsere Sache, weil er — wie bekannt — neben Brattanu eine verschwindende Rolle spielt; dennoch dürste bas Sträuben des „Hohenzollern", diesen schmählichen Verrat an seinem eigenen Blute zu begehen, von einer gewissen Bedeutung sein.

884 Nicht uninteressant ist ferner die mir aüS guter Quelle »»kommende Rach, richt, baß Rußland sich geweigert haben soll, die verlangte Artillerie und Ru, nitioa »u liefern, bevor nicht eine bindende Erklärung Herrn Dratianns vor, läge, auch wirklich in Aktion jn treten, und daß Englands Einfluß es erreicht hat, die St. Petersburger Bedenken »u »«streuen. Rußland traut Herrn Dratian« also auch nicht mehr als wir!" Anmerkung. ES ist interessant, wie geua« Graf C»erni» hier den kritischen Termin 2 Monate vorher voraussagte (f. auch Nr. 67).

Bratianu versichert immer wieder (Nr. 67): „Er werbe für di« Neutralität jedoch „kämpfen", solange er könne. Eine Kooperation »wischen ihm und Take JoneScu, von der man hier spricht, sei ausgeschlossen. Die große» MunitionSvorräte — so beutete Herr Dratian« an — würbe er jetzt bedingungslos von Rußland erhalten."

Graf Cjemin wiederholt (Nr. 67 vom 30. Juni 1916): „Ich glaube, daß das kritische Stadium nach der Ansicht Herrn Bra, tianus in ungefähr 6 bis 8 Wochen, baS heißt nach der Ernte und nach dem Eintreffen der Munition aus den russischen Häfen, eintreten dürfte.............Die Entscheidung steht »war nicht unmittelbar bevor, jedoch verschärft sich die Situation, und mein« heutige Unterredung mit Herrn Bratianu hat mir keinen Zweifel darüber gelassen, baß der Ministerpräsident noch niemals fett Kriegsbeginn so nahe daran war, die Neutralität verlassen »u «ollen als jetzt. Natürlich würbe ein wesentlicher Umschwung auf dem Kriegstheater die Situation auch hier sofort ändern; wenn dieser Umschwung nicht io absehbarer Zeit eintritt, erscheint eine pessimistische Auffassung be»üglich Rumäniens ge, rechtfertigt."

Diese wurde durch ein interessantes Gespräch vom 1. Juli 1916 (Nr. 68) bestätigt: „Es entfuhr Herrn Bratianu ein Wort, welches wie ein elektrischer Schein, werfet seine Auffassung beleuchtete. „C’est bien vrai ce que vous dites“ (näm­ lich, baß er im kritischen Momente die Katastrophe verhindert hab«), rief er a«S— „mais cette fois — ci ce n'est plus du tout la mime chose, La guerre touche a sa sin“ — nnd darauf ließ er einige Bemerkungen fallen, daß unser erschöpftes Menschenmaterial gan» unerschöpflichen Massen der Entente und besonders Ruß, lands gegenüberstände. . . . Der Ministerpräsident glaubt sicherer denn je, daß es ihm baldigst vergönnt sein wird, einen militärischen Spa»iergang nach Siebenbürgen »« machen; noch scheint ihm die Frucht nicht gan» reif. Die Lage ist kritisch. Einige Woche» wird sich — sauf l’imprivu — Rumä, nie» noch ruhig hallen lassen, dann nicht mehr, wenn die Kriegslage sich nicht ändert und unser Zurückweichen andauert."....

Hter findet sich der lapidare Satz des Grafen Cternin: „Dieser ein»ig« Satz enthält eigentlich alle von hier aus mögliche Derichterstattungr Werfen wir die Russe» »urück ober halten wir sie

88z definitiv aas, «trd Rumänien weiter «arten, int entgegengesetzten Falle müsse» wir mit dem Kriege gegen Rumänien rechnen." In Nr. 74 gibt Baron DuriLn durch den österreichischen Bot­ schafter in Berlin Gottfried Prinzen zu Hohenlohe eine genaue Dar­ stellung der Verhältnisse zur Weitergabe an den Reichskanzler. Dort heißt es (18. Juli 1916) u. a.: „Die dem rumänischen Ministerpräsidenten vorgelegten Grundlagen, auf bene» ein Abkommen mit Rumänien hergestellt werden könnte, enthalten angeb­ lich nachstehende Punkte: Geheimhaltung des Abkommens; Zusicherung an Ru, mLnie» bestimmter Territorien der österreichisch-ungarischen Monarchie; Ab­ schluß einer Militärkonvention zwischen dem rumänischen und dem russischen Ge, »eralstabe; freier Durchzug der russische» Truppen durch Rumänien; Fixierung eines möglichst kurzen Termines zwischen Abschluß deS Abkommens und dem Eintritte Rumäniens in den Krieg. Die Entente, die mit einer gewissen Augst BratianuS vor Bulgarien rechnet, trägt sich mit der Absicht, die wiederholt angekündigte Offensive des Generals Earrail in nächster Zeit tatsächlich auszuführen. Dadurch soll Rumänien von den Befürchtungen befreit werden, di« eS rücksichtlich einer Bedrohung durch Bulga­ rien hat, und «S soll der Druck der Entente durch ei» gleichzeitiges weiteres Vor­ dringe» der Russen auf dem Bukowinaer und dem galizifchen Kriegsschauplätze ein so starker «erden, daß Rumänien, wenn Herr Bratianu selbst in jenem Augen­ blicke noch zögern sollte, sich ihr anzuschließen, unabhängig von ihm zum Eingreifen in den Krieg sich veranlaßt sehen würde. DaS Abkommen mit Rumänien wird — wie oben erwähnt — den freie« Durchzug der Russen durch daS Königreich vorsehen; damit würde di« von Herr» Bratianu schon öfters gestellte Bedingung erfüllt, baß russische Truppen bet der Verteidigung Rumäniens gegen die Bulgare» In wirksamer Weise mithelfen.".... Am 19. Juli wiederholt Graf Czernin seine oftmaligen War­ nungen (Nr. 76 vom 19. 7. Juli 1916): „Oie zahlreichen an unserer Grenze stehenden Truppen sind ohnehin be­ reits auf KriegSstanb. Die in anderen Zonen stehenden Truppen dürften nicht weit von ihren AuSrüstungSstationen mit hohen Ständen üben, um im Be­ darfsfälle rasch zur Hand zu sein. Ich glaube zwar nicht, baß ein Angriff auf unS bereits festgesetzt wurde, glaube aber, baß alle Vorbereitungen für diese Eventualität getroffen werden. Ich bleibe daher bei meiner wiederholt gemeldeten Ansicht, daß noch kein kalt accompli geschaffen ist, daß sich Rumänien jedoch intensiv darauf vorbereitet, «nS, wenn die allgemeine Lage danach ist, in ungefähr 4 Wochen anzufallen." Dasselbe sagt Graf Czernin am 26. Juli 1916. Dort erzählt er (Nr. 78) über eine Unterredung mit Bratianu: Bratianu führte folgendes aus: Er leugne nicht, daß, wenn die Monarchie zugrunde geht, er Siebenbürgen für Rumänien haben wolle. Er sei aber über­ zeugt, dies werbe nicht eintreten; den» die Monarchie und Deutschland zusammen stellte» eine solche Kraft bar, die nicht zu zerschmettern sei. Er leugne ferner nicht.

886 baß er der Entente sage, daß er bet der Zerteilung der Monarchie dabei feto «erde «ab daß er sich ihr Wohlwollen erhalten wolle, schon «egen der MunitionSli«, ferung. Er habe sich aber in keiner Beiiehung gebunden und würd« «her seine Demission geben, als jetzt in den Krieg etntvgreife». Er kbane dies der Entente «ad der Opposition nicht sagen, da er sonst die Revolution im Lande hätte, er könne nichts anderes machen, als den Termin fort und sott verschieben, bis die für uaS wieder günstigere militärische Lage die Erregung im Lande abflauen mache. Er sei immer mehr und mehr überjeugt, daß der Krieg noch lange dau«n und resultatloS enden werde, und nur auf diese Art und Weise könne er das Laad vor der Revolution bewahren. Daß er ebensowenig wie irgendein anderer Staatsmann passiv bleiben könne, wenn die Russen „gegen Budapest" marschieren, sei wahr, aber das sei nur eine theoretische Frage. ... Die elnstündige Unterredung trug einen sehr freundlichen Charakter.

Ottokar Graf Czerrün schreibt (Nr. 80) an Baron DuriLn: Einaia, 27. Juli 1916. In der Andient, die Seine Majestät mir gewährte, sprach ich toi aufgetra­ genen Sinne. Seine Majestät der König verhielt sich ziemlich passiv hierbei und betont« nur, er habe ganz die gleichen Ansichten wie sei» Onkel, »btwar weniger Auto­ rität als dieser. Er schien damit sagen t« wollen, daß er keinen Vertragsbruch begehen werbe. Der Druck der Eutenle sei sehr groß. Er glaube nicht, daß Herr Bratiao« sich t« «eit engagiere, aber, auch wen» bieg der Fall sei, so binde das nicht den König. Betüglich der Tendenz Bratianus meinte König, derselbe «olle wohl bei einer eventuellen Zertelluag der Monarchie dabei sei», nicht aber sie herbei, betführen. (Seine Majestät konstruierte hierin einen großen Unterschied, ob­ wohl das „Dabei sein" wohl davon abhängig sein dürfte, daß die Zettellung «mit herbeigeführt" worben ist.) Sehr abfällig betonte Seine Majestät die Redereien und Hetzereien im Lande, das sich „im Fieber befinde". .... Für mich ist es tweiselloS, baß der König momentan nicht daran denkt, die Neutralität zu verlassen, und es nur dadurch geschehen könnte, daß Herr Bratian« ihn vor ein fait accompli stellt. Aber auch letzteres glaube ich für den Augenblick nicht. Anmerkung. Auf rumänischer Seite wurde am 27. Juli 1916 in der osfiiiösen „Jndspendance Roumaine", die sich nochmals mit den Gerüchte» über den bevorstehenden Eintritt Rumäniens in den Krieg beschäftigt, geschrieben: „Trotz des umfassenden Dementis, das wir gestern gegen alle Erfindungen be­ treffend gefaßte Beschlüsse, Besprechungen und ausgetauschte Untericlchnungen gegeben haben, wirb bas Gerede sottgesetzt. Die angeführten angebliche» Er­ eignisse sind Phantasien der Einbildungskraft, vor denen wir gestern die Öffent­ lichkeit warnten. Es ist vorauszusehen, daß nichts bas Umlausen falscher Gerüchte hindern wird. Wir können somit nichts anderes tun, als nochmals feststellen, daß die angeblichen Informationen jeder Grundlage entbehren." Das Regierungs­ blatt wendete sich mit dieser Richtigstellung gegen die in den verbandssreuodliche»

887 Blättern erschienenen Mitteilungen über den angeblich unmittelbar bevorstehenden Beitritt Rumäniens zum Dierverbande und über den Abschluß eines Abkommens Rumäniens mit diesen Mächten. Auffallend war jedenfalls eine Mitteilung folgenden Inhalts: „Im gestrigen (27. Juli 1916) italienischen Ministerrat erklärte Sonntno, die Teilnahme Rumäniens am Kriege gegen Österreich stehe grundsätzlich fest, doch hänge der Zeitpunkt des Eingreifens von den kriegerischen Erfolgen der Der, bündeten ab."

Sehr interessant und charakteristisch für Bratianus Art ist die genaue Schilderung der vorletzten Unterredung des Grafen Cjernin mit dem rumänischen Ministerpräsidenten. Er berichtet darüber am 29. Juli 1916 an BuriLn (Nr. 81, s. oben Nr. 78): „Um die verblüffende zynische Offenheit, welche Herr Bratianu in seiner vorletzten Unterredung mit mir an den Tag legte, zu erklären, bedarf es einiger erläuternder Worte und eines Hinweises auf die Art und Weise, wie ich die Kon­ versation einzuleiten mich bemüßigt fand. Ich sagte dem Herrn Ministerpräsidenten, daß ich den Eindruck habe, daß dies vielleicht eine der letzten Unterredungen zwischen uns sei. Es sei mir eine Genugtuung, in den drei Jahren meines hie­ sigen Aufenthaltes mit ihm auf wirklich intimeren Freundschaftsfuß gekommen zu sein, und es wäre unser beider unwürdig, zum Abschlüsse nicht ganz offen zu sein. Ich wisse, daß er den Krieg vorbereite. Er verhandle mit der Entente, alle seine Intimen erklärten die Mobilisierung als unmittelbar bevorstehend, er selbst errege absichtlich die öffentliche Meinung derart, daß Bukarest bereits einem Narrenhause gleiche usw.; wir wollten das alte Thema der Bündnispflicht und der politischen Moral nicht wieder anschneiden, aber er möge wissen, daß wir einer Kriegserklärung sehr kalt ins Auge sehen. Dies brachte ich in einer Form vor, die, glaube ich, nicht schroff erschien. Herr Bratianu ging sofort auf diesen freundschaftlichen Ton ein. Er habe mich niemals belogen. Er habe mir niemals verheimlicht, daß, wenn die Mon­ archie zerfalle, Rumänien „dabei sein wolle" (que la Roumanie ne peut pas fester ä i’tcart). Siebenbürgen dürfe in diesem Falle nicht mehr bei Ungarn bleiben. Aber das sei keine Spezialpolitik von ihm, Bratianu; kein rumänischer Politiker sei imstande, Rumänien aufzuhalten, wenn die Russen gegen „Budapest" marschieren. Daß dies geschehe, glaube er allerdings nicht (hier log der Mi­ nisterpräsident), sondern la sin de la guerre en queue de poisson, ohne ter­ ritoriale Veränderungen, werde immer wahrscheinlicher. Cr habe meine Berichte an Euer Exzellenz nicht gelesen, er vermute aber, daß ich melde, daß er, Bratianu, der Entente gegenüber ganz anders spräche. Das sei auch wahr. Er lasse der En­ tente die Hoffnung, daß Rumänien noch an ihrer Seite fechten werde. Dies tue er aber nur aus internen Gründen, um die Revolution zu verhindern (hier log Herr Bratianu das zweite Mal), und er verschiebe das Eingreifen Ru­ mäniens von Termin zu Termin, „um uns Zeit zu lassen, die mllitärische Lage wieder zu verbessern und dadurch die rumänische Kriegslust abzukühlen" (diese dritte Lüge war direkt grotesk). Die Munition, die er bereits vor langem bezahlt habe, wolle er haben und natürlich tonnt er sie nur bekommen, wenn die Entente ihm wohlwollend gesinnt sei. Momentan denke er nicht an einen Krieg, nicht

888 wegen unserer Verteidigungsmaßregeln, sonder» weil er gar nicht beabsichtige, unsere Situation t» erschweren, und — wie gesagt—nur dabei sein volle, wenn unsere Niederlage sowieso unabänderlich sei. (Dieses Geständnis, welches auf deutsch heißt, er wolle Siebenbürgen ohne Krieg bekommen, daS heißt nicht er, obern, sondern stehlen, war »war für «ns nichts Neues, aus seinem Munde aber doch nicht ohne Interesse.) Hieran anknüpfend, erschSpfte sich Herr Bratian» in Details über die Schwierigkeiten seines Kampfes für die Neutralität und wollte wissen, ob ich denn dies nicht einsehen könne. Ich ging bis ju einem gewissen Grade auf Herrn Bratianus Ideen ein. Ich glaube, Herr Bratian« darf nicht meinen, baß er den Rückweg zu uns für immer verloren hat, er muß glauben, daß wir ihm aufsitzen und in ihm einen gewissen Anker der Neutralität sehen. Ich erwiderte denn, natürlich sei seine Lage sehr schwierig, seine Ideen mit de» „Russen vor Budapest"' kämen mir aber komisch vor. Das werde er nicht erleben, und der Glaube, „die Zentralmächte wären be, siegt", könne in einem gegebenen Momente für das kleine Rumänien verhäng, »isvoll werde». Ich könne ihm da nur eine sehr genaue Kontrolle vor der Tat empfehlen, denn der für tot gehaltene Löwe könne mit einem Tatzenschlage aus Rumänien ein Serbien machen. Die etnstüodige Konversation schloß in der freundschaftlichsten Form, und Herr Bratian» bemühte sich sogar, einige sentimental herrliche Töne anzuschlagen. Soweit die Unterredung. Entkleidet man die Erklärungen Herr» Bratianus vou den lügenhaften Paraphrasen, so ergibt sich die Lage, wie folgt: Herr Bra, tian« ist fest davon überjeugt, daß unser Niederbruch bevorsteht. Er wird aber vorerst noch etwas warten. Wie lange, steht dahin. Jedenfalls nur so lange, als er uns fürchtet, keine Miaute länger. Ja ihm die Überzeugung $u erhalten, daß sein Verrat damit beantwortet werden wird, daß auch deutsche Truppen nach Siebenbürgen geworfen werben und eine halbe Million Bulgare» ihm in den Rücken falle», ist jetzt ungefähr das Um und Auf der hiesige» Politik. Mit dem Könige sprach ich in dem aufgetragenen Sinne. Es ergab sich ganz von selbst, baß ich etwas weiter gehe» mußte. Wir sprachen von König Carol, und da sagte ich Seiner Majestät, sein seliger Onkel habe mir gesagt: „Wenn Italien uns anfalle, so wäre das eine Schweinerei, bereu ein Hohenjoller unfähig sei." Der König erwiderte, er teile diese Ansicht seines Onkels; ich möge aber bedenken, daß er über viel weniger Autorität als dieser verfüge. Ich erwiderte, daß ich dies nur so verstehen könne, daß Seine Majestät nicht dafür garantiere» könne, ob er auch seinen Willen durchsetzen, daß er aber mit seinem Willen stehen ober falle» werde. Seine Majestät blieb die Antwort schuldig. Euer Exzellenz sind ja genau orientiert und wissen, daß kein großer Verlaß auf Seine Majestät ist. Er ist ei» Werkzeug in den Hände» Bratianus. „Haben die Rumänen noch Furcht oder habe» sie keine mehr"— so steht die ganze politische Frage, und der König wird unS nichts mehr helfen, wenn Herr Bratian» keine Furcht mehr hat."

Auf die Mittellung von der Möglichkeit des Einmarsches der Russen in Rumänien instruierte Baron Buriän (Nr. 87) unterm 7. August 1916 den österreichischen Botschafter in Berlin:

889 „Ich bin gesonnen, den k.rr.k. Gesandten in Rumänien ju beauftragen, sich ungefähr in nachstehendem Sinne Herrn Bratiann gegenüber mündlich zu äußern: „Coafiant dans les assertions de M. Bratianu que la Roumanie repousserait par la force toute atteinte arm6e k sa neutralitä, äventualite qui — k Vinstar de l’incident de Mamomitza — pourrait se renouveler d’un jour k l’autre dans des dimensions bien autrement särieuses, le Gouvernement Im­ perial et Royal dans l’intention d’äclairer et de rassurer dös k präsent le Gou­ vernement roumain Iui fait savoir que dans le cas oü le Gouvernement roumain ne se trouverait ou ne se croirait pas a meme de s’opposer efficacement k une Invasion armäe russe il prendra de sa part toutes les mesures militaires que la säcuritä des frontiöres austro-hongroises exigerait et que seraient jugäes necessaires pour rätablir un ätat de choses qui permettrait k la Roumanie de garder sa neutralitä.“

Ich möchte aber einen solchen Schritt nur im Einvernehmen mit der kai, ferlich deutschen Regierung tun, und eS wäre mir sehr willkommen, wenn der deutsche Gesandte in Bukarest ebenfalls angewiesen würde, in freundschaftlicher Form, aber mit wünschenswerter Deutlichkeit Herrn Bratianu gegenüber eine analoge Sprache zu führen. Don vorstehendem wollen Euer Durchlaucht dem Herrn Reichskanzler, be­ ziehungsweise Staatssekretär Mitteilung machen . . Anmerkung. Zagow erklärte (s. Nr. 91), daß Freiherr v. d. Busche ent­ sprechend instruiert würde.

Am 8. August 1916 meldet Graf Czeruin an Baron Burtän (Nr. 90): „Meine heutige längere Unteredung mit Herrn Bratianu brachte den von mir längst erwarteten Erpressungsversuch, indem der Ministerpräsident mir sagte, wir könnten ihm mit einem territorialen Angebote in der Bukowina sehr helfen, die Neutralität zu erhalten. Ich konnte diesen Anwurf um so entschie, deuer ablehnen, als ich nicht nur die diesbezüglichen Intentionen Euer Exzellenz kenne, sondern auch von jeher der Ansicht war, daß eine territoriale Konzession für die Neutralität ganz ausgeschlossen sei. Rumänien würde eine solche Kon, zesflon annehmen, uns aber dennoch später anfallen, wenn es uns für geschlagen hielte, um dergestalt noch mehr zu erhalten. Unsere Unterredung begann mit Vorwürfen meinerseits über seine fort, gesetzten Truppenverschiebungen gegen uns. Ich sprach diesmal noch deutlicher wie gewöhnlich und sagte dem Ministerpräsidenten, „wenn er den Krieg haben wolle, so könne und werde er ihn haben, er solle nur nicht glauben, daß ich so ein, fältig sei, seine Vorbereitungen nicht zu sehen". Herr Bratianu geriet in eine gewisse Erregung und leugnete wie immer kategorisch meine im Detail vorgebrachten Daten. Der Ministerpräsident entwickelte: Soweit seine militärischen Vorkehrungen meinen Angaben entsprächen, seien sie durch die bekannten internen Gründe hervorgerufen und ferner durch die Besorgnis, von den Bulgaren überfallen zu werden. Letzteres sei gar nicht so ausgeschlossen, denn es fei wohl möglich, daß man sich bei uns und tu Söfia Rumäniens definitiv entledigen wolle.

8yc> Ich erwiderte, dies sei lächerlich, wir würben Rumänien sehr eaergisch be­ gegnen, wenn es «ns anfalle, wünschen aber nichts anderes wie dessen korrekte Neutralität und gute Bettehungen )u uns. übrigens könne er die Wahrheit meiner Worte sofort auf die Probe stellen: Er möge bemobilifleren und öffent­ lich die endgültige Neutralität erklären, dann verpflichte ich mich, dafür t« haften, daß unsere Truppen turückgetvgea würben. Herr Bratian« erwiderte: Wir hätten hier Hunderte von Spionen, welche alle seine Maßnahmen überwachen, während er weder bei «ns noch in Dulga, rieo die Truppenbewegungen kontrollieren könne; abgesehen davon sei für ihn die Demobilisierung aus internen Gründen vollständig ausgeschlossen. Ich solle ihm „wie bisher" Vertrauen schenken und Ihm glauben, daß er alles Mögliche mache, um die Neutralität )tt erhalten." Anmerkung.

Baron BurtLn stimmte dem sachlich völlig t« (Nr. 9a L c.),

Baron BuriLn informierte den Grafen Cjernin (Nr. 93 1. c., Wien, 10. August 1916) weiter, wie folgt: Don verschiedenen Seite» kommen uns verläßlich erscheinende Informa­ tionen r«, wonach zwischen Rumänien und Rußland über den Abschluß einer Mllitärkonvention verhandelt «erd«. Ebenso stehe eine Konvention zwischen den vier Ententemächten und Rumänien über dessen Anschluß und Eintritt in den Krieg in Verhandlung. Über den Punkt, wonach Herr Bratian« behufs ungefährdeter Durchführung der Mobilisterung durch entsprechende Bindung der bulgarischen HeereskrLfte eine Offensive von Saloniki aus vor Eintritt in den Krieg fordere, scheine Eini­ gung bisher nicht erzielt worben zu sein. Wir müsse» uns noch abwartend verhalten und besonders Herrn Bratian« gegenüber nicht den Eindruck erwecken, als hielten wir eine Entscheidung gegen uns für bereits gefallen. Anmerkung. Bereits am nächsten Tage konnte Graf Ezernin an Baron DuriLn melden: „Aus einigen Teilen des Landes liegen mir Nachrichten folgenden Inhaltes vor: Die Einberufungen der Jahrgänge 1896 bis 1914 finden in großen Grup­ pen statt, und ältere Klassen haben Auftrag erhalten, fich für die Einrückung be­ reit zu hallen; die Ausrüstung der Eingerückten findet meistens in der Nacht statt, und die Truppenkörper werden im geheimen sukzesflve auf den Kriegsstanb gebracht, Offiziersurlaube find eingezogen." Und nochmals wamte

Baron

BuriLn in einem Schreiben

an Grafen Cjernin (Nr. 99): „Wien, 14. August 1916. Ich ersehe aus Ihrer Berichterstattung, daß Seine Majestät der König möglicherweise die in seinem Lande vorgenommenen militärischen Kriegsvor­ bereitungen in ihrem ganzen Umfange nicht kennt; auch ist aus Ihren Melduage» nicht erflchtlich, ob Eure Exzellenz alle Ihnen hierüber zur Verfügung stehende» beweiskräftigen Informationen Höchstdemselben gegenüber zur Sprache ge­ bracht haben; dies wäre gegebenen Falles nachzuholen.

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Euer Exzellenz «ollen auch Seine Majestät mit der nötigen Vorsicht darauf aufmerksam machen, baß Herr Bralian« in den Verhandlungen mit der Entente bezüglich eine- Anschlusses Rumäniens an dieselbe und dessen KriegSeiatritt gegen uns sich immer mehr verstricke, so daß er sich darin, bevor noch Seine Majestät von ihm informiert würbe, unwiderruflich verfangen könnte. Hierauf verweisen die allgemein, auch in Bukarest, kursierenden Nachrichten, und vertrauliche uns zugekommene Informationen bestätigen es." Anmerkung. Die Rolle des Königs (s. auch Nr. 95 und 97) schwankt zwischen jämmerlicher Schwäche, objektiver Ohnmacht gegenüber Bratian« und völliger Unfähigkeit. Dies zeigt auch Nr. 102 (19. August 1916), wo es heißt: «Soweit ich die Lage beurteilen kann, hat sie sich äußerlich keineswegs ver­ schlechtert, vielleicht sogar etwas gebessert. Die Besserung scheint darin zu liegen, daß nach vertraulicher Mitteilung aus der Umgebung beS Königs Seine Ma­ jestät langsam zu verstehen anfange, daß es mit einem Ministerium Bra­ tian« nicht weiter gehen werde, und daß er mit der Kombination MajoreScu zu rechnen beginne. In Hofkreisen höre ich die Ansicht vertreten, Bralian« mache im Gegensatze za seiner bisherigen Politik jetzt den Fehler, zu rasch zu der Entente zu schwenken. König werde sich nicht sträuben, gegen die Jentralmächte zu gehen, wenn sie wirklich geschlagen seien; er glaube aber noch gar nicht, an den Sieg der Entente." Am 20. August 1916 teilt Graf Czernin au Baron SSurün mit: , | «Zufolge einer aus dem Auslande stammenden geheimen Nachricht soll Herr Bratian« dieser Tage «ine politische Konvention mit Rußland unterschrieben haben, und hätten dl« übrigen Vertreter der Entente den Auftrag erhalten, sich dem anzuschließen. Noch fehlen mir Beweise für die Richtigkeit dieser Nachricht." Anmerkung. Darauf weist Baron BuriLn den Gesandten an (f. Nr. 104), in Bukarest auf die rumänischen Truppenansammlungen an der österreichischungarischen Grenze in „ernstem, aber für Rumänien noch immer freundschaft­ lichem Tone" hinzuweisen. Endlich (s. Nr. 108) berichtet Graf Czernin an Baron BuriLn vor dem entscheidenden rumänischen Kronrat folgendes:

„Bukarest, 26. August 1916. Kronrat, der über Krieg oder Frieden entscheiden soll, ist für morgen früh einberufen. Ich wurde soeben von Seiner Majestät in einstündtger Audienz empfangen. Ich begann das Gespräch tot Sinne Euer Exzellenz Weisungen und betonte, wie Euer Exzellenz mir dies aufgetragen, in einer für Rumänien freundschaftlichen Weise den Umstand, daß Rumänien, streng genommen, nicht mehr neutral sei, da eö intensiv Kriegsvorbereitungen treffe. Ich wies darauf hin, daß wir durch unsere ganze Haltung bewiesen hätten, daß wir nichts anderes wollen als freund­ schaftliche Beziehungen zu Rumänien und eine korrekte Neutralität des letzteren, gab aber Seiner Majestät zu verstehen, daß, wenn er den Krieg wolle, er uns bereit finden werde, und betonte nachdrücklichst, daß das Fortsetzen der rumä-



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nischea Krtegsvorbereitungen eine entscheidende Stellungnahme unserer-eits kategorisch erfordert. Der König antwortete in der ihm eigenen nicht klaren Weise. Cr erklärte, morgiger Tag würde entscheidend sein, er wolle den Krieg nicht, könne eber eine solche Bestimmung nicht allein auf sich nehmen, daher der Krourat. Er hisse, es werde ihm möglich sein, neutral zu bleiben, aber versprechen könne er eS mir nicht. Gebunden fühle er sich allerdings nicht durch eventuelle Ab, machungen Bratiauus, aber andererseits glaube er, daß seine Armee etren Durchmarsch der Russen nicht werde aufhalten wollen, er sei daher nicht ganz Herr seiner Entschlüsse. Ich übergehe alles, was ich Seiner Majestät entgegenhielt und über die Propaganda in der Armee sagte; der König gab manches bedauernd zu and sprach auch Bratianu davon nicht frei. Sehr warm sprach der König von Majorescu, auf den er hoffe, wiewohl er nicht überzeugt sei, daß dieser im Parlamente eine Mehrheit werde finden können, obzwar, wie der König selbst betonte, 90 Prozent der Bevölkerung den Krieg nicht wollen1)! Daß wir eine weitere Kriegsvorbereitung gegen uns nicht dulden könnten, erklärte der König als ganz selbstverständlich und er betonte, der morgige Tag werde, falls die Neutralität beschlossen würde, die Abrüstung mit sich bringen. Mein Lindruck ist, daß er die Neutralität erhofft und auch an sie glaubt, daß eS aber leicht möglich ist, daß Bratianu ihn in eine solche Zwangslage bringen wird, daß er nicht wird widerstehen können. Im morgigen Kronrate soll laut Seiner Majestät nur Bratianu und nicht die übrigen Mitglieder des Kabinettes sprechen, die Zahl der Anhänger und Gegner des Krieges werde daver ungefähr gleich sein. Abstimmung wird nicht stattfinden. Ich habe die Überzeugung, daß die Entente gemeinsam mit Bratianu nun, mehr dem Könige droht, daß, wenn er nicht nachgibt, die Russen den Durch, marsch durch Rumänien erzwingen werden. Der amtliche „Dittorul" gibt soeben eine Sonderausgabe heraus, worin er zur Ruhe mahnt und den Eindruck gibt, als ob Herr Bratianu eventuell noch, mals für eine Weile einschwenken wolle. Eine Klärung wird der morgige Tag jedenfalls bringen." Anmerkung.

Anwesend sollten fein (s. Nr. 105 1. c.):

1. sämtliche aktive Minister, 2. Filipescu und Take Jonescu, 3. Carp, MajoreScu, Marghiloman, Rosetti. Graf Czernin sagt dort: „Ich kann nicht verhehlen, daß mir de Idee eines Kronrates als für unö gefährlich und schädlich erscheint, da sich de Majorität im besten Falle für die gegenwärtige Politik Bratianus ausspvchen wirb."

Und als letzte Note vor der Kriegserklärung schreilt Ottokar Graf Czernin an Baron BuriLn (Nr. 109 1. c.): l) Dom Verfasser gesperrt.

893 „Bukarest, 26. August 1916. Herr Bntianu, Sen ich in der Nacht noch lange sprach, erklärte auf das bestimmteste, «r «olle,, könne und «erd« neutral bleiben; der morgige Kronrat «erbe mir beweisen, daß er die Wahrheit spreche. Kronrat sei gegen seimn Willen einberufen, und er deutete an, daß Majoresc» ihn ver, drängen «ole. Ministerzräflbent erklärte wiederholt, Rumänien werbe unter seiner Lei, tuug nur dam in den Krieg eintreten, wenn es angegriffen «erde, welche Ab, flcht er den Bulgaren auf das bestimmteste rumutet. Kronrat wahrscheinlich auf Nachmittag verschoben. Anzetchin mehren sich, baß Seine Majestät der König auch zum Krieg« entschlossen sei." Anmerkung. Hier lügt Brattanu jnm Schluffe noch einmal — wie dieser Ehrenmann es von Anfang an tat. Er wolle, könne und werde neutral bleiben. Dat Vorspiel der Tragödie des Lande- endet wie eine Komödie: Rr. 110 des Lotbuchs enthält die rumänische Kriegserklärung vom 14-/27. August 1916 an Österreich,Ungarn in französischer Sprache (f. unten). —

Die Dmtung des ganzen schmählichen Spiels erhellte aus dem letzten Schriftstücke (Nr. in). Dort schreibt Graf Hadtk an BnriLn: Stockholm, 23. September 1916. Gesandter Graf Czernin, auf der Durchreise nach Schwede», ersucht mich, nachstehende- Telegramm an Euer Exzellent I» leiten: „Im Ergänzung meiner Berichterstattung aus Bukarest: A« 24. August hat Rußland ein Ultimatum gestellt einerseits weitgehende Versprechungen (Siebenbürgen, Banat, Bukowina, anscheinend auch Donauwündungen) machend, andererseits mit Einmarsch von 100000 Mann drohend; Rumänien solle wählen, ob diese als Feind ober als Freund käme«. Kronrat wurde durch König vor fait accompli gestellt. Schon zur Stunde als Kronrat lufammeutrat, wurde Gesandtschaft militärisch abgesperrt. Herr Dratian« hat mir kurz vor Kronrat noch sein Ehrenwort gegeben, neutral zu bleiben, und schob im letzten Momente den König vor, um die Verantwortung abzulenk«n, falls eS schief ginge. Es scheint iweifellos, daß Herr Bralianu lieber noch «in« kurze Zeit gewartet hätte. Der von mir vorausgesehene Fall, daß die Entente die Aktion plöstich erzwinge, war eingetreten." Anmerkung. Rumänisches „Ehrenwort" gleich dem russischen! Die, selben Drüber, dieselber Kappen! Nobile par fratruml Siehe über die Vorgeschichte der politischen Haltung Rumäniens auch „Nord und Süd", Januarheft 1916. Oer bulgarische Gesandte Rabe« hat am 8. Dezember 1916 folgende Int«, «ssanten Mitteilungen tber den letzten Teil der Verhandlungen mit Rumänien gemacht: Am 26. August '.916 überbrachte der russische Militärattache Oberst Ta, tarinow, der soeben aus dem russischen Hauptquartier zurückgekehrt war, Bratiaau «ln Ultimatum, sich inrerhalb vierundzwanzig Stunden zur Kriegserklärung zu

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entschließt», andernfalls würbe die russische Armee durch die Moldau marschiere», um Österreich,Ungar» anjugreifea. Unter diesem doppelten Druck entschloß sich Dratianu endlich, Österreich,Ungarn de» Krieg t» erklären, ohne daß die schwere Artillerie angelangt war, und ohne daß die russische Truppeakonjentratton in der Dobrudscha stattgefunden hatte. Auf die Frage, ob Rumänien damit rechnen konnte, baß Bulgarien gegen, über Rumänien neutral bleiben werde, sagte Rabew: „Dazu lag kein Grnud vor. Die bulgarische Regierung hat Dratianu auch «icht eine» Augenblick im uuklaren gelassen, baß sie treu tu ihren Verbündeten halte» werde. Sie hat weder direkt noch indirekt Veranlassung tu einer solchen Illusion gegeben. Bratian« wußte also genau, baß die Truppen Bulgariens mit denen der Mittelmächte vollkommen vermengt seien, und daß bet uns die Einheit der Front keine Chimäre fei, sonder» Wirklichkeit. Damit noch nicht genug. Bereits Anfang August, vier Wochen vor der Kriegserklärung Rumäniens, wurde Dratianu amtlich mitgeteilt, daß Rumänien gegen eine unter Mackensens Oberbefehl stehende Phalanx deutscher, Sflerreichtsch, ungarischer und bulgarischer Truppen in kämpfen haben werde. Endlich wurde Dratianu amtlich Kenntnis davon gegeben, baß Deutschland in Siebenbürgen Truppenkonieotratione» vornehme. Oer rumänische Mlnisterprästbent. hielt diese Warnungen für Bluff.

96. Kapitel. Amtliche rumänische Uriegserklärungs-Note an Gsterreich-Ungarn. — Die Kriegserklärungen der üflittdmächte und Bulgariens an Rumänien.

1. Endlich am Sonntag, 27. August 1916, wurde nach einem Kroarate in Bukarest, an dem außer dem König, den früheren Minister­ präsidenten und Patteiführern ausnahmsweise das ganze Mintstettvm (9 Mitglieder) teilnahmen, bet Krieg gegen ÖsterreichUngarn beschlossen (angeblich gegen 3 Stimmen). Die „Petersburger Telegraphenagentur" verbreitete (Kopen­ hagen, 29. August 1916) folgende Meldung aus Bukarest (s. den französischen Originaltext im österreichischen Rotbuch Nr. 110): Nach dem Kronrat wurde dem österreichisch-ungarischen Ge­ sandten Grafen Czernin folgende Note übermittelt: „Das zwischen Deutschland, Österreich-Ungarn und Italien ab­ geschlossene Bündnis hatte nach den eigene» Erklärungen dieser Re-

895 gierungen nur einen wesentlich erhaltenden und verteidigenden Cha­ rakter. Sein Hauptziel war, die verbündeten Länder gegen jeden von außen kommenden Angriff zu schützen und den Zustand zu befestigen, der durch frühere Verträge geschaffen worden war. In dem Wunsche, seine Politik mit diesen friedlichen Bestrebungen in Einklang zu brin­ gen, schloß sich Rumänien diesem Bündnis, mit dem Werke seiner inneren Verfassung beschäftigt, mit dem treu festen Entschluß an, in der Gegend an der unteren Donau ein Element der Ordnung und des Gleichgewichts zu bleiben. Rumänien hörte nicht auf, zur Auf­ rechthaltung des Friedens auf dem Balkan beizutragen. Die letzten Balkankriege, welche den Status quo zertrümmerten, zwangen ihm eine neue Richtung für sein Verhalten auf. Sein Eingreifen bewirkte den Frieden und stellte das Gleichgewicht wieder her. Rumänien begnügte sich mit einer Greozberichtiguvg, die ihm mehr Sicherheit gegen einen Angriff verschaffte und zu gleicher Zeit die Ungerechtigkeit gut machte, die zu seinem Schaden auf dem Berliner Kongreß be­ gangen wurde. Aber in der Verfolgung dieses Zieles erlebte Ru­ mänien die Enttäuschung, feststellen zu müssen, daß es von seiten des Wiener Kabinetts nicht der Haltung begegnete, die es mit Recht erwarten konnte. Als der gegenwärtige Krieg ausbrach, lehnte es Rumänien ebenso wie Italien ab, sich der Kriegserklärung Österreich, Ungarns anzuschließen, von der es vorher das Wiener Kabinett nicht benachrichtigt hatte. Im Frühjahr 1915 trat Italien in den Krieg mit Österreich-Ungarn, -er Dreibund bestand nicht mehr. Die Gründe, welche den Anschluß Rumäniens an dieses politische System bestimmt hatten, verschwanden in demselben Augenblick. An Stelle einer Gruppe von Staaten, die durch gemeinsame Anstrengungen an der Sicherung des Friedens und der Erhaltung der tatsächlichen rechtlichen Lage, wie sie durch die Verträge geschaffen worden war, zu arbeiten suchten, befand man sich Mächten gegen­ über, die nur in der bestimmten Absicht Krieg führten, die früheren Verhältnisse, die als Grundlage ihres Bündnisvertrages dienten, von Grund aus zu ändern. Diese tiefen Änderungen waren für Ru­ mänien der klare Beweis, daß das Ziel, welches es verfolgen sollte, als es sich dem Dreibund anschloß, nicht mehr erreicht werden konnte, und daß es seine Absichten und Anstrengungen in neue Wege lenken mußte, dies um so mehr, als das von Österreich-Ungarn unternommene Werk eine« die wesentlichen Interessen Rumäniens ebenso wie seine legitimsten nationalen Wünsche bedrohenden Charakter annahm. An-

8y6 gesichts der so radikalen Änderung der zwischen der österreichisch-un­ garischen Monarchie und Rumänien geschaffenen Lage gewann letzteres seine Handlungsfreiheit wieder. Die Neutralität, welche sich die könig­ liche Regierung nach der Kriegserklärung auferlegte, die außerhalb ihres Willens und entgegen ihren Interessen erlassen worden war, war in erster Linie infolge der zu Anfang von der kaiserlich-königlichen Regierung gegebenen Zusicherungen angenommen worden, daß die Monarchie bei der Kriegserklärung an Serbien nicht von Eroberungsdraag beseelt war, und daß sie in keiner Hinsicht auf Landerwerb aus, gehe. Diese Zusicherungen verwirklichten sich nicht. Heute stehen wir vor der tatsächlichen Lage, aus der große territoriale und politische Umänderungen hervorgehen können, die derart sind, daß sie eine schwere Bedrohung der Sicherheit und der Zukunft Rumäniens bilden. Das Friedenswerk, welches Rumänien, treu dem Geiste des Dreibunds, zu schaffen versuchte, wurde so von denjenigen selbst un­ fruchtbar gemacht, die dazu berufen waren, es zu stützen und zu ver­ teidigen. Als sich Rumänien im Jahre 1883 der Gruppe der Mittelmächte anschloß, sah es, wett entfernt, die Bande des Bluts zu vergessen, welche die Bevölkerung des Königreichs mit den rumänischen Unter­ tanen der österreichisch-ungarischen Monarchie verband, in den zwischen de« drei großen Mächten geschaffenen Beziehungen der Freundschaft und des Bündnisses ein wertvolles Unterpfand seiner inneren Ruhe wie auch der Verbesserung des Schicksals der Rumänen HsterreichUngarns. Deutschland und Italien, die ihre Staaten auf der Grundlage des Nationalitätenprivzips wieder aufbauten, konnten in der Zeit nichts ändern, die Gesetzmäßigkeit der Grundlage anzuerkennen, auf denen ihr eigenes Dasein beruhte. Was Hsterreich-Ungarn betrifft, so fand es in den freundschaftlichen Beziehungen, welche sich zwischen ihm und dem Königreich Rumänien entwickelten, Sicherheiten für seine Ruhe, sowohl im Innern wie an unseren gemeinsamen Grenzen. Denn es wußte sehr wohl, ln welchem Grade die Unzufriedenheit der dortigen rumänischen Bevölkerung sich bei uns wiederholte, indem sie jeden Augenblick die guten Beziehungen zwischen den beiden Staaten zu stören drohte. Die Hoffnung, die wir unter diesem Gesichtspunkte auf unsere Zugehörigkeit zum Dreibund setzten, wurde mehr als dreißig Jahre lang getäuscht. Die Rumänen der Monarchie sahen nicht nur

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niemals Reformen einführen, die ihnen auch nur eine scheinbare Ge­ nugtuung hätten geben können, sondern sie wurden im Gegenteil wie eine minderwertige Rasse behandelt und dazu verdammt, eine Unter­ drückung durch ein fremdes Äement zu erleiden, das nur die Minder­ heit inmitten der verschiedenen Nationalitäten bildet, aus denen die österreichisch-ungarischen Staaten bestehen. All die Ungerechtigkeiten, die man so unsere Brüder leiden ließ, hielten zwischen unserem Lande und der Monarchie einen fortwähren­ den Zustand der Animosität aufrecht, den die Regierungen des König­ reichs schließlich nur um den Preis großer Schwierigkeiten und zahl­ reicher Opfer besänftigen konnten. Als der jetzige Krieg ausbrach, konnte man hoffen, daß die österreichisch-ungarische Regierung we­ nigstens in letzter Stunde sich von der dringenden Notwendigkeit würde überzeugen lassen, diese Ungerechtigkeit aufzugeben, die nicht nur unsere freundschaftlichen Beziehungen, sondern sogar die nor­ malen Beziehungen, die zwischen benachbarten Staaten bestehen sollen, in Gefahr brachte. Die zwei Kriegsjahre, während deren Ru­ mänien seine Neutralität aufrechthielt, bewiesen, daß Österreich-Un­ garn jeder inneren Reform abgeneigt sei, die das Leben der von ihm regierten Völker besser gestalten könnte, sich ebenso bereit zeigte, sie zu opfern, wie ohnmächtig, sie gegen äußere Angriffe zu verteidigen. In einem Krieg, an welchem fast ganz Europa beteiligt ist, handelt es sich um die wichtigsten Fragen, die die nationale Entwicklung und sogar die Existenz der Staaten berühren. Rumänien, in dem Wunsche, dazu beizutragen, daß das Ende des Konfiitts beschleunigt werde, und unter dem Zwange der Not­ wendigkeit, seine Rasseninteressen zu wahren, sieht sich gezwungen, an die Seite derer zu treten, die ihm die Verwirklichung seiner nationalen Einigung sichern können. Aus diesen Gründen betrachtet es sich von diesem Augenblick an als im Kriegszustand mit Österreich-Ungarn befindlich." II. Österreich-Ungarns Antwort auf die rumänische Note. Zu der Note, mit welcher die rumänische Regierung die rumänische Kriegserklärung an Österreich-Ungarn begründete, verbreitete das k. u. k. Telegraphen-Korrespondevz-Bureau nachstehende Bemer­ kungen unterm 31. August 1916: „Unsere Öffentlichkeit wird für die hier wiebergegebene Stilübnng der Dnkarester Vertreter die richtige Einschätzung finden und erkennen, baß flch bi« ru* MüllersMeinlngen, Entstehung des Weltkriegs.

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8y8 mänische Kriegserklärung als «in ungeschicktes Plagiat der italienischen darstellt. An Erbärmlichkeit der Gefinnung gleicht eben der IndaS im Südoste» dem im Südwesten, »nd wenn man durchaus einen Unterschied in der Stilistik bei-der konstatieren will, so liegt er darin, daß Italien seinen vorbereiteten Treubruch mit den ihm von alters her geläufigen machiavellistischen Phrasen motivierte, während die rumänische Erklärung bas Gepräge des nur von einer Tünche euro­ päischer Kultur überdeckten transkarpathischen Bojareatums ausweist. Wir wollen «ns nur mit einigen Bemerkungen zu dem rumänischen Schriftstück äußern: Herr Porumbaru — wir nageln hiermit diesen Name», dem wir früher in der Führung der rumänischen Politik selten begegnet find, für die Nachwelt an — muß in der Einleitung zugeben, daß die Allianz der ZentralmLchte, der sich Ru, mänien anschloß — mit dem Dreibund als solchem hatte Rumänien bekanntlich nichts zu tun — einen eminent friedlichen Charakter hatte. Wahrheitsgemäß hätte der rumänische Minister des Äußeren hinzufügen müsse», baß Rumänien diesem Friedensbund, dem es durch mehr als dreißig Jahre angehörte, eine gesicherte Existenz, eine geachtete Stellung in Europa «nd eine aufsteigende po, litische «nd wirtschaftliche Entwicklung verdankte. Wenn in dem Dokument, an, spielend auf die Periode der Balkankriege, gesagt wird, daß Rumänien berechtigt gewesen sei, eine andere Haltung beS Wiener Kabinetts zu erwarten, so mag als Gegenzeuge der damalige Regierungschef Masoresku gehört werden, der seiner, zeit im Dezember 1913 im rumänischen Parlament ausdrücklich der Legende ent, gegentrat, als ob Österreich,Ungarn nicht jederzeit voll und ganz tatkräftig für Rumänien eingetreten wäre. Daß Rumänien es vorzog, statt durch eine aus, gleichende Tätigkeit die Herstellung eines gerechte», Dauer verbürgenden Zn, staudes am Balkan zu fördern, an dem zu Boden liegenden Bulgarien Er, Pressungen zu verüben, konnten wir natürlich nicht gutheißen. Ganz nach italienischem Dorblld versucht die rumänische Regierung, die Wei, gerung Rumäniens, bei Ausbruch des Konflikts zwischen den Zentralmächteu und Rußland seine Düodoispflicht zu erfüllen, damit zu rechtfertigen, baß daS Vorgehen der Monarchie mit dem friedlichen «nd konservativen Charakter der Allianz in Widerspruch gewesen wäre. Wir brauchen hier nicht neuerlich auf die bereits welthistorisch geworbene Tatsache hinzuweisen, daß die von Rußland pa, tronisterteu Provokationen Serbiens dazu bestimmt waren, unsere Langmut zu erschöpfen und uns den Kampf um die Integrität der Monarchie aufzuzwingen. Bündnisse werden nicht allein für die sonnigen Tage des Friedens, sondern auch für die ernsten Tage kriegerischer Bewegnng geschlossen. Rumänien, das die Segnungen der Allianz während dreißigjähriger Friedensperiobe genossen hat, hat sie verleugnet, als es hieß, im Ernstfall für sie einzutreten. Daß Rumänien bisher wenigstens neutral geblieben ist und feinen Überfall auf die Monarchie bis zu diesem ihm günstig erscheinenden Moment verschoben hat, will es damit erklären, daß Rumänien unseren Derflcherungen geglaubt hatte, wonach wir keine territorialen Erwerbungen beabsichtigen, daß es jetzt aber eines anderen belehrt sei. Woher weiß Herr Porumbaru, daß wir uns so geändert haben? Glaubt er, daß das Vorbringen in Feindesland die Absicht von Annexionen involviert, und hat er nicht davon gehört, daß die Besetzung feindlicher Gebiete das natür, llche Ergebnis erfolgreicher militärischer Operationen ist? Deo Partherpfeil glaubt Herr Porumbaru im letzten Absatz seiner Schmäh,

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schüft abrufenden, indem er den Versuch macht, über die inneren Verhältnisse der Monarchie |u Gericht zu sitzen. Dieser Versuch ist ebenso unverfroren, als feine Behauptungen über die Behandlung deS rumänischen Dolksstammes in der Monarchie lügenhaft sind. Es gibt keinen Rumänen, der nicht wüßte, daß die kulturelle Renaissance des RumäventumS gerade von jenen Gebieten aus, ging, in welchen das rumänische Element angeblich unterdrückt und verfolgt wird. Die rumänischen Staatsminister täten besser, sich um das Schicksal ihrer eigenen Landbevölkerung zu bekümmern, die im Zustande des Helotentums und des Analphabetentum- ein unwürdiges Dasein fristet. Verzweifelte Aufstände des unglücklichen rumänischen Bauerntums mußten noch vor wenigen Jahren in Strömen von Blut erstickt werden. Die Reformen, die der Inspirator der ru, mänischen Note damals seinen eigenen Landsleuten versprach, stehen bekanntlich heute noch auf dem Papier. * Wenn schließlich die rumänische Regierung das Schicksal der Bukowina be, dauert, wo die neuen kosakischen Dundesbrüder Herrn BratianuS die rumänische Bevölkerung drangsalieren, so stünde es dem rumänischen Minister besser an, über die Zukunft seines eigenen Landes Betrachtungen anzustellen, das er mut, willig allen Schrecknissen eines unehrlich begonnenen Krieges ausliefert. Die Sorge um die Verteidigung unseres Gebietes mag er getrost unseren tapferen Heeren überlassen, die den alten wie den neuen Eindringlingen den Weg hinaus mit Nachdruck zu zeigen wissen werden." Anmerkung. Das „Fremdenblatt" schreibt, 28. August 1916, zur rumä, nischeu Kriegserklärung: „Die Note der rumänischen Regierung ist ein Doku, ment unerhörtester Schamlosigkeit, und Rumänien ist der traurige Ruhm er, blüht, selbst Italien an Niedrigkeit übertroffen zu haben, das wenigstens einige Wochen vor der Kriegserklärung den Bündnisvertrag mit Österreich-Ungarn einseitig außer Kraft setzte. Rumänien aber war bis gestern abend neun Uhr noch unser Verbündeter. Das rumänische Kabinett hob den Bündnisvertrag einfach durch die Kriegserklärung auf. In der Geschichte steht dieser unvermittelte Sprung vom Bündnis ln den Krieg einzig da. Noch widerlicher erscheint die ab, scheuliche Perfidie Bratianus und Genossen durch den Umstand, baß noch an, läßlich der Ankündigung deS gestrigen Krourats in Bukarest die Sprachrohre der rumänischen Regierung das Treiben Filipeskus und Take Joneskuö mit Entrüstung und Hohn geißelten und jene Politiker an den Pranger stellten, die aus der Beratung deS Königs mit hervorragenden Männern deS Staates be­ unruhigende Schlüsse ziehen wollten. Auch der Umstand, daß der Beginn des Krieges mit der Überreichung der Kriegserklärung zusammenfällt, ist ein Ereignis, welches ohne Beispiel in den Annalen der Diplomatie dasteht. Rumänien hat alle Rücksichten, die Anständigkeit, Selbstachtung und Sittlichkeit erfordern, mit Füßen getreten und ist — man hätte das nicht für möglich gehalten — auf eine noch tiefere Stufe gesunken als selbst Italien. Es ist einleuchtend, daß zwischen der italienischen Kriegserklärung an Deutsch, land und der rumänischen Kriegserklärung an Österreich,Ungarn ein innerer Zusammenhang besteht, und daß das gemeinsame Vorgehen der beiden Verräter das Endergebnis eines Komplotts ist. Par nobile fratrum. Wir beneiden unsere Feinde wahrlich nicht um die Freundschaft Rumäniens und Italiens, welche den Preis des Eidbruches und der Verräteret in der Geschichte davongetragen haben.

900 Wie die Hilfe Italien- im vorigen Jahre Österreich-Ungarns und Deutschlands Siegeszug im Osten nicht aufzuhalten vermochte,- wie trotz des Eidbruches des Königs Viktor Emanuel die Befreiung Polens von der russischen Herrschaft nicht verhindert wurde, so wirb auch der heimtückische und nichtswürdige Überfall Ru­ mäniens nicht imstande feilt, die Wage des Krieges |tt unseren Ungunsten empor­ schnellen ju lassen. Wir haben «ns schon lange mit dem Gedanken der Möglichkeit des Krieges mit Rumänien vertraut gemacht, alle Vorbereitungen stab wohl getroffen, um dem neuen Feind mit Erfolg begegnen zu könne». Unsere Wachsamkeit wurde nicht getäuscht durch bas heuchlerische Komödienspiel, daS die rumänische Re­ gierung mit unübertrefflicher Tücke aufführte, und bas ganze Verhalten Dratianus während des Weltkriege-, von der Nichteinhaltung de- Vertrages bet Ausbruch des Weltkampfes angefangen bis »um Übergang ins feindliche Lager, war ein solches, baß die Monarchie sich mit der Möglichkeit eines gegnerischen Rumäniens immer mehr vertraut gemacht hat. Nunmehr ist die Maske gefallen, und aus einem heimlichen Widersacher ist Rumänien t« unserem offenen Feind geworden. Ihm werden sein Treubruch und Verrat ebensowenig »um Glück und Vorteil gereichen wie Italien.

III. Die deutsche Kriegserklärung an Rumänien erfolgte bereits am nächsten Tage (28. August 1916) -in folgender Form: Nachdem, wie bereits gemeldet, Rumänien unter schmählichem Bruch der mit österreich-Ungarn und Deutschland abgeschlossenen Verträge unserem Bundesgenossen gestern den Krieg erstatt hat, ist der Kaiserliche Gesandte in Bukarest angewiesen worden, seine Pässe zu verlangen und der rumänischen Regierung zu erklären, daß stch Deutschland nunmehr gleichfalls im Kriegszustand mit Rumänien befindlich betrachtet. Anmerkung. Zur Borgeschichte der rumänischen Kriegserklärung schreibt die „Norbd. Allg. Ztg.", 29. August 1916: „Die Kriegserklärung Rumäniens an Österreich-Ungarn, die die Kriegserklärung Deutschlands an Rumänien zur Folge hatte, kommt für niemanden als Überraschung. Schon gewisse Vorgänge, die stch in Rumänien in der letzte» Zeit in der Öffentlichkeit abspielten, machten es klar, bas starke Kräfte bort au der Arbeit waren, um das Land an der Seite unserer Gegner in den Krieg hineinzuziehen. Als im August 1914 der Weltkrieg ausbrach, hätte ein loyales Einhalten des zwischen Deutschland, Österreich-Un­ garn und Rumänien bestehenden Freundschafts- und Bündnisvertrages Ru­ mänien an die Seite Deutschlands und Österreich-Ungarns führen müssen. Ru­ mänien entzog sich aber den Bündnispflichten ebenso wie Italien. König Carol wünschte zwar als echter Hohenzollernsproß, sein Wort einzulösen, bas er ver­ pfändet hatte, aber er vermochte es nicht, seinen Willen gegenüber den verfas­ sungsmäßigen Faktoren des Landes durchzusetzen. Die seelischen Erregungen dieses Konflikts führten den Tob des greisen Herrschers herbei. Rumänien ent­ schloß stch zur Neutralität. Nur zu bald zeigte stch, daß diese Neutralität keine

901 unparteiische war, sondern daß die rumänische Regierung in Wahrnehmung ihrer Neutralitätspflichten unsere Gegner begünstigte. Das kam vor allem in den wirtschaftlichen Maßnahmen Rumäniens zum Ausdruck, insbesondere in der Sperrung der Getreideausfuhr nach Deutschland, in Zollschwierigkeiten und Schikanen verschiedener Art. Alö insbesondere das Eingreifen Italiens in den Krieg nicht den erhofften militärischen Zusammenbruch Österreich,Ungarns her, beiführte, begann Bratianu, der Träger der vertragswidrigen rumänischen Politik, einzulenken. Die rumänischen Kornkammern wurden dem deutschen Bedarf ge, öffnet und Vereinbarungen mit Deutschland getroffen, welche die Ausfuhr der gekauften Maren und Futtermittel sicherstellten. Die Vereinbarungen wurden pünktlich eingehalten. Don dem Ausbruch des Weltkrieges an waren die En­ tentemächte bemüht, durch weitgehende Versprechungen Rumänien zur aktiven Teilnahme am Kriege zu bewegen. Gebietsteile unserer österreichisch,ungarischen Bundesgenossen wurden ihm in liberalster Weise als Lockspeise angeboten. CS ergab sich nur das Hindernis, daß die Länbergier Rußlands und Serbiens sich zum Teil auf dieselben Objekte erstreckte, die den Gegenstand der rumänischen Begehrlichkeit bildeten. Eine volle Verständigung kam unter diesen Umständen nicht zustande. Die Hoffnungen verwirklichten sich nicht, welche die Entente zur Zeit des Eintritts Italiens in den Krieg auf das gleichzeitige Eingreifen Ru­ mäniens setzte. Oie Erfolge der russischen Offensive im vergangenen Frühjahr ermutigten die Entente dazu, ihre Anstrengungen zu erneuern. Oie Verhältnisse erfuhren inzwischen dadurch eine Erleichterung, daß Serbien zerschmettert am Boden lag und notgedrungen bescheidener in seinen Ansprüchen werden mußte. Die Ententemächte, die seit Wochen den denkbar stärksten Druck auf die rumä­ nische Regierung ausübten, um sie dazu zu bewegen, in ihrem Interesse Rumänien zum Kriegsschauplatz herzugeben, hatten unter diesen Umständen leichteres Spiel. Es gelang ihnen anscheinend, Rumänien territoriale Angebote zu machen, die ihm verlockend genug erschienen, um daö Land in den Krieg zu stürzen. Der kaiser, licheu Regierung sind die Verhandlungen, die Bratianu mit den Vertretern der Ententemächte führte, nicht unbekannt geblieben. Sie hat nicht unterlassen, den König und die nicht vollständig in den Bannkreis der Entente geratenen rumä­ nischen Politiker immer wieder auf das gefährliche, unaufrichtige Treiben des rumänischen Ministerpräsidenten hinzuweisen. Vergebens! Rumänien ist den Spuren Italiens gefolgt. Wir geben der zuversichtlichen Erwartung Ausdruck, daß fein Verrat ebensowenig die erhofften Früchte zeitigen wird, wie es Italien nach beinahe anderthalbjähriger Kriegsdauer gelang, den Lohn für seinen Treu­ bruch zu erlangen."

„Der deutschen Regierung sind die Verhandlungen des Herrn Bratianu mit den Vertretern der Ententemächte nicht unbekannt geblieben. Sie hat nicht unterlassen, den König und die nicht voll­ ständig in den Bannkreis der Entente geratenen rumänischen Po­ litiker immer wieder auf das gefährliche und unaufrichtige Treiben des rumänischen Ministerpräsidenten hinzuweisen. Vergebens. Ru­ mänien ist den Spuren Italiens gefolgt," sagte die „Nordd. Allg. Ztg." am 29. August 1916.

902 Anmerkung. Mit dieser Mitteilung, daß die Derhandluuger BratianuS längst bekannt waren, ist nicht ganz leicht die Mitteilung in Einklans zu bringen, daß man doch nicht ganz auf den Abbruch der Beziehungen am 27.728. August gefaßt, sondern etwas überrascht war. Aber freilich der rumänische König war scheinbar genau so ülerrascht, wie die andere Welt, insbesondere die diplomatischen und militärisch;» Vertreter Rumäniens in Deutschland!

iv. Die türkische Regierung erklätte am 30. August abruds 8 Uhr durch Überreichung einer Note an den rumänischen Gesandten Ru, mänien den Krieg. Anmerkung. Die geradezu unglaublich dreiste Art der Hinterlist BratianuS und des Königs Ferdinand, der bis in die letzten Tage seinen Wid-rstand gegen ei» Eingreife» Rumäniens zuungunsten der Mittelmächte erklärt hatte, die die ganze Welt, das eigene Volk, Freunde «nb Feinde täuschen wollte, geht aus einer Reihe von Tatsachen hervor. Der König wie Ministerpräsident Bratianu versicherten noch biS zum Tage der Kriegserklärung (z. B. 26. August) dem deutschen Gesandten, daß sie an strenger Neutralität festhalten würden. Der Kronrat (am 27..August) werbe dies beweisen (l) usw. Der Fürstlich Hohenzollernsche Hof (Bruder deS Königs) war ebenso überrascht wie der eigene rumänische Gesandte in Berlin, der rumänische Militär-Attacht Oberst MireSru befand sich bis z»m Tage der Kriegserklärung (27. August abendS) auf einer Besichtigungsfahrt im rheinisch­ westfälischen Industriegebiete. Den Präsidenten deS Senats ließ mar ruhig reisen. Jur Täuschung ließ man Kommissionen einsetzen, die die Beziehungen zu Deutsch­ land untersuchen sollten. Der Gesandte in Berlin, Beldimaa, httte auf einen Artikel der „Franks. Ztg." vom 14. August 1916, der auf die rumänische Kriegs, stimmung hinwies, dieser Zeitung von einer „durch keine positiven Tatsachen be­ gründeten Alarmierung" durch diese Zeitung geschrieben, die nur Spekulanten zum Nutzen gereiche usw. Er hatte offenbar keine Ahnung von dem bevorstehenden Abbruch der Beziehungen, obwohl dieser offenbar von langer Hand vorbereitet war. (Siehe auch die Verhandlungen des ungarische» Abgeordnetenhauses vom 7. September 1916, Rebe« des Ministerpräsidenten Tisza, der Grafen Andraffy, Apponyi und Karolyi.)

V. Der Reichskanzler v. Bethmann Hollweg sprach sich über alle diese Dinge eingehend in seiner Rede vom 28. September 1916 aus: Er führte u. a. aus: „Gleichzeitig hat sich Rumänien unseren Gegnern angeschlossen. Unsere Beziehungen zu Rumänien vor dem Krieg« beruhten auf einem Bündnisver­ träge, der, zunächst nur zwischen Österreich-Ungarn und Rumänieo abgeschlossen, durch den Zutritt Deutschlands «ud Italiens erweitert worden war. In dem Vertrage hatten sich die Vertragschließenden zu gegenseitiger Waffeahllf« im Falle eines unprovozlerten Angriffs von dritter Seite verpflichtet. Als der Krieg auSbrach, vertrat König Carol mit Energie die Überzeugung, daß Rumänien, das den Zentralmächten 30 Jahre einer gesicherten politischen Existenz und eines ungeheuren Aufschwungs verdankte, nicht nur dem Wortlaut«

903 des Mereages, sondern auch um der Ehre des Landes willen sich den Zentral, mächten »»schließen müsse. Als eine Verleugnung des Bündnisvertrages erschien dem »ersorbenen König der Einwand, daß Rumänien von der österreichisch,uoga, rischen: Demarche in Serbien nicht benachrichtigt und über fle nicht befragt worben sei. Aber in dem entscheidenden Kronrat drang der bejahrte König mit seiner Meiawug gegen «ine Regierung nicht durch, deren Miaisterpräfldent von Anfang an Lb«r »ll« bestehenden Verträge hinweg mit der Entente sympathisierte. Kurte Zeit darcuf starb der König an den Folge« der seelischen Erregungen, die ihm das Denußtsein bereitet hatte, baß Rumänien seine Bundesgenossen verraten habe. Die rumänisch« Politik unter der Leitung bei Herr« Bratiaau ging nunmehr darauf auS, sich auf Kosten der in dem Dölkerkriege unterliegenden Partei zu bereichern, ohne große eigene Opfer bringen zu müssen. ES hieß nur, rechtjektlg tu erkennen, auf welche Seite sich die Wagschale des Sieges endgültig «eigen werbe; und bann den günstigen Augenblick tum Anschluß nicht ju verpassen. Noch im ersten Kriegsjahre, vermutlich nach dem Falle von Lemberg, schloß Bratian« hinter dem Rücken seines Souveräns eine« Neutralitätsvertrag mit Rußland. Nach dem Falle von Prtemyöl aber schien ihm die Zeit gekommen, um sich mit unseren Gegnern über den Judaslohn t« verständigen. Die Der, Handlungen schlugen indessen fehl. Rußland wünschte seinen eigenen ungeheuren Läaberbesttz durch die Bukowina t« vergrößern, und auf bas Banat hatte Serbien seine Augen geworfen, während Rumänien nicht nur die Bukowina, sondern daS ganze ungarische Gebiet bis zur Theiß für sich haben wollte. So kam es nicht t»m Abschluß. Aber die rumänische Neutralität nahm immer mehr die Form einer einseitigen Begünstigung der Ententemächte an. Um die Hungerpolitik Englands zu unterstützen, suchte man das von uns aufgekaufte Getreide zurück, zuhalten, und eS bedurfte unseres sehr energischen Druckes, um feine Freigabe zu erzwingen. Nach dem Durchbruch bei Gorlice wurde Herr Bratiauu zweifelhaft, ob er auch auf bas richtige Pferd setze. Die in der Schwebe erhaltenen Verhandlungen mit der Entente gerieten ins Stocken. Immer war es ja die militärische Sach, läge, die die rumänische Politik bestimmte. Als bann aber die große russische Offen, sive dieses Frühjahr kam, und die Angriffe an der Somme einsetzte», da glaubte Herr Bratian« den Zusammenbruch der Zentralmächte vor sich zu sehen. Jetzt war er entschlossen, sich an dem vermeintlichen Leichenraub zu beteiligen. Die Ententemächte ihrerseits hatten zu ihren Verhandlungen mit Herrn Bratiaau jetzt freiere Hand als vorher. Serbien war besiegt. Die Beschützer der kleinen und schwache» Staaten brauchten also auf die frühere» Annexionswünsche dieses Landes keine Rücksicht mehr zu nehmen; fle konnten sich freigebiger Rumänien gegenüber erzeigen. Um die Mitte August wurde Herr Bratian» mit unseren Gegnern im Prinzip handelseinig. Den Zeitpunkt des LosschlageoS behielt er sich vor und machte ihn von gewissen Voraussetzungen militärischer Art abhängig. Oer König hatte «ns bis dahin aufs bündigste versichert, daß er unter alle» Um­ ständen neutral bleiben werde. Am 5. Februar dieses Jahres hatte mir der hiesige rumänische Gesandte auf Befehl seines Königs die formell« Erklärung abgegeben, baß der König entschlossen sei, die Neutralität Rumäniens aufrechtzuerhalten, und baß feine Regierung in der Lage sei, diese auch durchzuführen. Gleichzeitig erklärte Herr Bratiaau dem Baron Bussche, daß er sich dieser Erklärung seines

904 Königs vollkommen anschließe. Wir haben uns dadurch nicht täuschen lassen. Über die Verhandlungen BratianuS im August dieses Jahres waren wir fort­ laufend unterrichtet. Anhaltend haben wir den König unter Erinnerung an sein Neutralitätsversprechen auf die geheime» Machenschaften seines Minister- hin­ gewiesen. Da- gleiche haben wir bei den zahlreichen politischen Faktoren Ru­ mäniens getan, welche entschlossen gegen den Krieg wirkten. Der König erklärte wiederholt, er glaube nicht, daß sich sein Minister an die Entente gebunden habe oder binde. Noch drei Tage vor der Kriegserklärung erklärte der König unserem Gesandten, er wisse, daß die große Majorität Rumäniens den Krieg nicht «olle. Und an demselben Tage versicherte der König einem persönlichen Vertraute«, daß er die Mobtlmachungsorder nicht unterschreiben werde. Am 26. August — also am Tage vor der Kriegserklärung! — sagte der König dem österreichischungarischen Vertreter, daß er den Krieg nicht wolle. Nur als ein Kuriosum er­ wähne ich, baß Herr Bratianu an demselben 26. August dem Grafen Czernin versichert hat, er sei entschlossen, die Neutralität Rumäniens aufrechtzuerhalten; der Kronrat, der für den nächsten Tag angesetzt war, werde die Wahrheit seiner Worte erweisen. übrigens, meine Herren, noch am 23. August waren sich die Ententemächte selbst nicht darüber im klaren, wann Rumänien den Krieg erklären solle. Wir wußten das aus zuverlässiger Quelle. Dann habe« sich die Ereignisse überstürzt. Nach Nachrichten, die ich für zuverlässig halten möchte, stellte Rußland plötzlich daS Ultimatum, es werbe über die ungeschützte rumänische Grenze einrücken, falls Rumänien nicht bis zum 28. August den Krieg erkläre. Ob dieses Ultimatum ein mit Herrn Bratianu abgekartetes Spiel war, um den schwankenden König mit fortzureißen, lasse ich dahingestellt. Aber die Würfel fielen. Meine Herren, Herr Briand hat ln einer seiner jüngsten Reden rühmend die Schönheit und Hoheit des Vorgehens Rumäniens gepriesen. Politische Zu­ stände, unter denen Minister- und Königsworte nichts mehr gelten, lassen die Ideale der Freiheit, Gerechtigkeit und Zivilisation, für die die Entente kämpfen will, in fragwürdigem Licht erscheinen. Rumänien hat, wie ich schon vorhin sagte, seine Raubpolitik vom ersten Tage an von der Einschätzung der allgemeinen Kriegslage abhängig gemacht. Rumänien wird sich ebenso militärisch verrechne», wie es sich in Gemeinschaft mit seinen En­ tentefreunden politisch bereits verrechnet hat. Man hoffte ja zuversichtlich, die Kriegserklärung Rumäniens werde den Abfall der Türkei und Bulgariens von un- herbeiführen. Aber diese Staaten sind doch nicht Italien und Rumänien. Fest und unerschütterlich steht ihre Bundestreue." ....

VI. Der „Eclair" lobte den franjösischen Gesandte» in Bukarest de St. Aulaire. Sein energischer Druck habe die Kriegserklärung an österreich-Ungarn veranlaßt. Er habe alle Wünsche Bratianus be­ willigt (!), so daß der zähe Widerstand der Neutralisten gebrochen werden konnte. Worin diese Wünsche und Versprechungen bestehen, verrät uns auch die rumänische Presse. Wie die Bukarest« „Dimineata" am 28. August mitteilte, mußte die Kriegs­ erklärung im Sinne der mit Rußland abgeschlossene« Konvention am 28. August

905 erfolgen.

Die Mobiltsierungsorder ist auch von diesem Tage datiert.

Rußland

hat Rumänien in der Konvention, ganz Siebenbürgen und die südlichen von Rumänen bewohnten Gebiete,

ferner die Bukowina mit Czernowitz und das

Recht zugesichert, seine Grenze mit dem bulgarischen Gebiet zwischen Rustschuk und Warna zu ergänzen.

Diese Gebiete sind Rumänien auch für den Fall zu,

gesichert, daß dieses selbst nicht alles mit eigenen Waffen erobern sollte. Im Sinne der MUitärkonvention wird die an der Donaufront operierende russisch-rumänische Armee unter rumänisches Kommando gestellt. Die Bukarester „Steagul" wußte am gleichen Tage zu melden, daß Bratianu die Kriegserklärung gern noch hinausgeschoben hätte. Rußlands immer stürmischer geworden.

Doch sei das Andrängen

Es sei festgestellt, daß Bratianu schon

am 15. August eine diplomatische Vereinbarung mit der Entente unterfertigte, die der Militärattache Tatarinow ins russische Hauptquartier brachte. Vor dem Kronrat erschien Bratianu schon mit der vollendeten Tatsache. Die russophilen Blätter hatten die mit der Entente getroffenen Vereinbarungen schon am Montag 28. August früh veröffentlicht, also unmittelbar nach dem Kronrat. Anmerkung 1. Im ungarischen Magnatenhaus sagte Ministerpräsident Graf Ttsza am 2. Sept. 1916 vor Eintritt in die Tagesordnung, er wolle einige kurze Äußerungen über die rumänische Kriegserklärung machen. Oie rumänische Kriegser­ klärung reihe sich würdig dem italienischen Treubruch an; es-trete darin dieselbe zynische Verleugnung der vertragsmäßigen Verpflichtungen zutage.

Gleichzeitig sei dieser

Schritt Rumäniens nicht nur eine Versündigung gegen Treue und Ehre, sondern auch eine Verkennung des eigensten nationalen Interesses. Er wolle sich nicht tm einzelnen mit der Behauptung beschäftigen, womit in der rumänischen Note die Kriegserklärung zu begründen versucht werde.

Dieses Aktenstück sei gewiß ein

Gewebe von vermessensten Behauptungen und der in verwegener Weise vorge­ holten Vorwände. Was sollten wir dazu sagen, wenn uns in dieser Note Ru, mänieu bedrohende Expansions-Bestrebungen zugeschrieben würden? Der Mi­ nisterpräsident bestreitet ferner entschieden die Richtigkeit der Behauptung, daß die österreichisch-ungarische Monarchie während des Balkankrieges 1912/13 nicht in vollem Maße gegenüber Rumänien alles geleistet habe, was dieses von seinen Freunden und Verbündeten erwarten konnte. Im Gegenteil, so fuhr Tisza fort, unterstützte die österreichisch-ungarische Monarchie Rumäniens Bestrebungen ehrlich und ausdauernd. Selbstverständlich konnte in diesem Dokument auch nicht die Behauptung von der Unterdrückung der rumänischen Stammesgenossen fehlen. Ich wage jedoch zu behaupten, daß die Rumänen in Ungarn sich nicht nur besser befinden als die fremdsprachigen Untertanen Rumäniens, sondern daß die ungarlänbischen Rumänen unter dem Schuh der ungarischen Krone in jeder Beziehung in wirtschaftlicher, kultureller und sittlicher Beziehung höher stehen und günstiger gestellt sind als das rumänische Volk im Königreich. Die Wahrheit dieser meiner Behauptung wird auch dadurch bewiesen, daß unsere rumänischen Mitbürger während des ganzen Kriegsverlaufs nicht nur den größten Patriotismus und Opferwilligkeit an den Tag legten, sondern daß ihre Führer, selbst diejenigen, die durch politische Gegensätze von uns getrennt sind, seit der Kriegserklärung ihrem Unwillen und ihrer Entrüstung gegen Ru­ mänien unverhohlen Ausdruck verliehen. Oer Versuch, durch einen meuchle­ rischen Überfall uns die schönste Perle in der ungarischen Krone, Siebenbürgen,

906 1« entreißen, steigerte in allen Ungarn, «enn dies möglich, die todeSvernichteade Entschlossenheit und Kampfbegier. Diejenigen unserer Mitbürger, die genötigt waren, infolge dieses tückischen Überfalles Haus und Herd zu verlassen, seien versichert, daß wir vereint mit unseren Bundesgenossen, deren Treue in kiesen (rf* tischen Lagen, wenn möglich, noch heller erstrahlte, alles aufbieten werden, um den Feind auS dem Lande zu vertreiben und ihnen ihre alten Wohnstätten wieder 1» erobern. Anmerkung 2. Der rumänische Bischof von Arad, Johann Papa, hat «inen Hirtenbrief erlassen, in dem gesagt wird: Wir haben es für vnmöglich gehalten, baß daS Königreich Rumänien jener Monarchie den Krieg erklärrn werde, in der unter dem Schutze der ruhmreichen Habsburger Dynastie mehrere Mil­ lionen Rumänen in Treue und blühendem Wohlstand leben. Der Blsch-f spricht die Überzeugung auS, daß das rumänische Volk Ungarns in seiner Treue zum Vaterland« niemals wanken werbe, und baß bas ein Jahrtausend hindarch stets bewahrte einträchtige Zusammenleben von Ungarn und Rumänen auch diese Probe bestehen «erde und die «agarländischen Rumänen mit Gut «ad Blut den Boden des Vaterlandes gegen jede« Feind, woher er immer komme, ver­ teidigen würden. Einer der hervorragendsten Vertreter des «agarländischen RumäreatumS, Reichstagsabgeordneter Dr. Josef Siegesku, gab einem Zeituagsberichterstalter folgende Erklärung über die rumänische Frage ab: Jener TeU der ruaäuischen Kriegserklärung, der sich mit der unterdrückte» Lage der «agarländischen Aumänen befaßt, ist nichts als eine Sammlung von seit 30 Jahren verpuffenden Phrasen. Wir kennen sie zur Genüge, und es ist schmachvoll, baß die rumänische Negierung zu ihnen Zuflucht nimmt, um ihre Expansionspolitik zu befriedigen. O« rumä­ nische Regierung täte viel besser daran, ihre eigenen rumänischen Urtertanen auf die Kulturstufe zu heben, auf der unsere Rumänen stehen. Die Aumänen sind hier nicht unterdrückt und waren eS auch noch nicht. In unseren Derwaltungs-, Justiz- und sonstigen staatlichen Einrichtungen sind die Rumäne» in ent­ sprechender Zahl vertreten. Daß bei unS keiner magyariflert wird, beharpte nicht nur ich, sondern der ehemalige nationalistische Abgeordnete Johann Rrffu Di, rtanu in seinem 1904 herausgegebenen Buche. Siegesku führte Daten an, um die hohe Stufe der kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung der mgarlän, bischen Rumänen zu kennzeichnen, und schloß: Der Krieg mit Rumärien hat alle unsere Rumänen in ein Lager geschart: dafür sprechen die Worte teS Prä­ sidenten der Nationalitätenpartei, Theobor Mihali, und der vielen übrige» Partei­ mitglieder. Oer Krieg Rumäniens hat also Expaasions- «ad nicht Dejeeiungszwecke. Für diese Befreiung bedankt sich jeder «ngarländische Rumäne siiönstens. Dieser Krieg wird nicht zu der Rettung, sondern zum Verderben der ruuänischen Rasse führen. Anmerkung 3. Neutrale Urteile. Zu der Rechtfertigung, mit der Rumänien die Kriegserklärung an Asterreich begründet, bemerken die „Basler Nachr.": „Wer als ehrlicher Neutraler diese ganze Rechtfertigung liest, «irb nicht darum herumkommen, daß es trotz allem, waS hier gesagt wird, allen hergibrachtea Begriffen von Ehre und Recht widerspricht, wenn man einem Verbündeter gegen­ über in der Stunde der Not das Bündnis bricht und sich seinen Feinbm beige­ sellt.«

907 Anmerkung 4.

Die vortreffliche Ausrüstung der rumänischen Truppen

zeigte, wie sorgsam fle sich vorbereitet hatten.

Die Montierung ist vorzüglich.

Jeder Mann hat eine Pelzmütze, eine Pelzweste, Kniewärmer usw.

Man hat an­

scheinend alles von langer Hand zu einem Winterfeldzug vorgesehen.

Noch ein

anderes recht interessantes Stück trägt jeder Mann bei sich. In sein Dienstbuch wvrde ihm eine Karte eingeklebt, die den Titel trägt „Roumania viitare", zu deutsch „Das Rumänien der Zukunft", und die in sehr geschickter Weise alle die Teile Ungarns andeutet,

die

von Rechts wegen zu diesen Zukunftsträumeu

gehören sollten, — und diese Karte trägt die Jahreszahl 1914!

VII. Die Kriegserklärung Bulgariens an Rumänien. 1.

Am zi. August 1916 abends lief bereits folgendes Tele­

gramm bet der bulgarischen Gesandtschaft in Berlin ein: Oer rumänische Gesandte in Sofia hat gestern abend seine Pässe verlangt, die ihm sogleich von der Regierung ausgefolgt wurden. Somit befindet sich seit dem 30. August abends 6% Uhr Rumänien im Kriegszustände mit Bulgarien.

Die Kriegserklärung Bulgariens

erfolgte

am

1. September

1916 vormittags mit Überreichung folgender Note: Ministerprästdent und Minister des Äußern Radoslawow hat an den ru­ mänischen Gesandten folgende Note gerichtet: »Herr Gesandter! Ich hatte die Ehre, in den letzten Monaten der Königlich Rumänischen Gesandtschaft, sei es durch Verbalnoten, sei es durch an Cure Ex­ zellenz ober in Ihrer Abwesenheit an den Geschäftsträger gerichtete Schreiben von allzu zahlreichen Zwischenfällen zu melden, die unsere mit der Überwachung der rumänisch,bulgarischen Grenze beauftragten Truppen ununterbrochen in Atem hielten. Diese sich mehr und mehr häufenden Zwischenfälle, die trotz der mehr als korrekten Haltung der bulgarischen Behörden und trotz der von der ru­ mänischen Gesandtschaft verschwenderisch abgegebenen Freunbschaftsbeteuerungen immer von seiten Rumäniens hervorgerufen wurden, führten schließlich dazu, die Absichten ins rechte Licht zu setzen, welche die bulgarische Regierung ihrem Nachbar zuzumuten Bedenken trug, da die noch ganz frische Vergangenheit fle rrcht ganz und gar die Gefühle lebhafter Sympathie des bulgarischen Volkegegerüber Rumänien vergessen machen konnte. Diese Gefühle datieren aus ferner Zeit; und die ganz frische Vergangenheit, von der ich spreche, ist, — Euere Cxzellerz weiß das sehr wohl — der Balkankrieg vom Jahre 1912/13, wo Rumänien die klrrtigen Prüfungen, die das bulgarische Volk durchmachte, für sich ausnützte, um Sulgarien zu einer Zeit, zu der es im Kampfe um seine Existenz lag, ein Stück seiner Gebietes zu rauben, wobei es einen hartnäckigen Haß, der durch nichts berechtigt war, bekundete. ES folgte der Bukarester Friede, der Bulgarien die schwersten Opfer aufer­ legte

Nichtsdestoweniger ergab sich Bulgarien in sein Schicksal und wollte sogar

noch seinem Nachbar freundlich die Hand reichen; es wurde in seinen Hoffnungen getärscht. Und seither folgen Beweise von Feindseligkeit aufeinander ohne Unter­ laß. Zunächst die Haltung der rumänischen Presse, die Bulgarien und seinen Souverär mit

Beschimpfungen überhäuft,

Schwierigkeiten ohne Ende betreffend

908 Me Durchfuhr von für Bulgarien bestimmten Waren, die Weigerung, Bulgarien, trotz der ordnungsmäßigen Verträge, die in Rumänien gekauften Waren für den dringendsten Bedarf wie Salz, Petroleum usw. zu liefern, die Plackereien, denen Bulgaren, die in Rumänien wohnen oder nur Rumänien passieren, aus­ gesetzt sind, die am 3. Juli erfolgte Schließung der rumänischen Grenze für Waren und Reisende aus und nach Bulgarien, weiter die Proteste, die die Königlich Rumänische Gesandtschaft Ln Sofia mit äußerster Energie gegen die angeblich von bulgarischen Grenzwachen herbeigeführten Zwischenfälle erhebt, die niemals stattgefunden haben, so der Zwischenfall von Rahovo, bezüglich dessen ich die Ehre hatte. Eurer.Exzellenz am 15. August zu schreiben, und von Rascano am 21. des­ selben Monats. Den unaufhörlichen, aber mehr oder weniger gutartigen Grenzzwischenfällen folgten wirkliche kriegsmäßige Angriffe, die von rumänischen Abtellungen gegen bulgarische Grenzposten unternommen wurden. So wurde der Posten Nummer 9 östlich Kemanlar in der Nacht vom 25. auf 26. August ange­ griffen, ebenso die Posten 10 und 13. Weiter folgen kurz nachher wirkliche Kriegs­ operationen, die rumänische Truppen an der Grenze unternehmen: Bombar­ dement von Kladovo am 28. August, Beschießung von Rustschuk am selben Tage. Am 29. August eröffnet die rumänische Wachabteilung Nr. 1 ein lebhaftes Gewehrfeuer gegen die ihr gegenüber liegenden bulgarischen Posten; bald darauf dehnt sich das Feuer an der Grenzlinie bis zum bulgarischen Posten Nr. 17 aus, ebenso greifen zwischen der Küste des Schwarzen Meeres und Tschausch-Hoej rumä­ nische Grenzwachen heftig bulgarische Posten an und werden zurückgeschlagen. Schließlich: Der bulgarische Gesandte in Bukarest, Radew, wird seit letztem Samstag, dem 26. August, gehindert, mit seiner Regierung zu verkehren. ES werden ihm seine Pässe zugestellt, ohne daß die Königlich Bulgarische Regierung ihm auch nur einen Augenblick Instruktionen gegeben hätte, die sich irgendwie auf einen eventuellen Abbruch der Beziehungen bezogen hätten, und am 30. August waren es Sie, Eure Exzellenz, der seine Pässe verlangte und den Abbruch der diplomatischen Beziehungen notifiziert haben, die sehr natürliche Folge von alledem, was vorhergegangen war. Inzwischen, in der Nacht vom 30. auf den 31. August, versuchten rumänische Armeen, ohne daß eine ausdrückliche Kriegs­ erklärung erfolgt wäre, eine Brücke über die Donau bei Kladovo zu schlagen und den Fluß an derselben Stelle zu übersetzen. Eure Exzellenz begreift selbst, welches seither die Lösung ist, gewollt von der rumänischen Regierung, aufgezwungen durch die Gewalt der Tatsachen. Da ja die Lage so ist, wie sie eben diese Regierung geschaffen hat, ist Bulgarien genötigt, die vollendete Tatsache hinzunehmen. Ich habe die Ehre, Herr Gesandter, Eurer Exzellenz zur Kenntnis zu bringen, daß sich Bulgarien von heute früh an als mit Rumänien im Kriegszustand befindlich betrachtet. " Genehmigen Sie, Herr Gesandter, die Versicherung meiner Hochachtung. (gez.) Radoslawow."

2. Manifest des Königs Ferdinand von Bulgarien. Am 1. September 1916 wurde folgendes Manifest durch An­ schlag in Sofia veröffentlicht:

909

„Manifest an die bulgarische Nation! Bulgaren! Im Jahre 1913, nach Beendigung des bulgarischen Krieges, als Bulgarien gejwungen war, sich mit seinen treulosen Verbündeten zu schlagen, griff uns unser nördlicher Nachbar Rumänien unter dem Vorwand der Herstellung deS Gleichgewichts auf dem Balkan verräterisch an und fiel in die nicht verteidigten Teile unseres Vaterlandes ein, ohne daselbst Widerstand zu finden. Durch diesen räuberischen Einfall in unser Land hinderte es uns nicht nur daran, die heiligen Früchte des Krieges zu ernten, sondern es gelang ihm auch infolge des Friedens von Bukarest, uns zu demütigen und uns unsere fruchtbaren Teile der Dobrudscha, den Mittelpunkt unseres ersten Königreiches, zu entreißen. Meinen Befehlen gemäß hat unsere tapfere Armee damals keinen einzigen Gewehrschuß gegen die rumänischen Soldaten abgegeben und hat ihn einen traurigen militärischen Ruhm erwerben lassen, dessen zu rühmen er fich bis jetzt nicht getraut. Bulgaren! Jetzt, da es Bulgarien mit der Unterstützung der tapferen Truppen unserer Verbün­ deten gelungen ist, den Einfall Serbiens gegen unsere Gebiete abzuweisen, das letztere niederzuschlagen und zu zerschmettern und die Einheit des bulgarischen Volkes zu verwirklichen, heute, da Bulgarien der Herr beinahe aller Gebiete ist, auf welches es geschichtliche und Völkerrechte besitzt, hat dieser selbe Nachbar Rumänien unserem Verbündeten Österreich-Ungarn den Krieg erklärt, und zwar wiederum unter dem Vorwand, daß der europäische Krieg wichtige terri­ toriale Veränderungen auf dem Balkan mit sich bringe, die seine Zukunft bedrohen würden. Ohne irgendeine Kriegserklärung an Bulgarien haben rumänische Truppen schon am 28. August die bulgarischen Donaustädte Rustschuk, Swistow usw. beschossen. Wegen dieser Herausforderung seitens Rumäniens befahl ich unserer tapferen Armee, den Feind aus den Grenzen des Königreichs zu jagen, den treubrüchigen Nachbar zu vernichten, die tun den Preis so vieler Opfer ver­ wirklichte Einheit des bulgarischen Volkes zu sichern und unsere Brüder in der Oobrudscha von der Knechtschaft zu befreien. Wir werden Hand in Hand mit den tapferen, siegreichen Truppen unserer mächtigen Verbündeten kämpfen. Ich rufe die bulgarische Nation zu einer neuen ruhmreichen Heldentat aus, durch die sie ihr gegenwärtiges Befreiungswerk krönen wird. Möge der bulgarische Soldat weiter von Sieg zu Sieg eilen! Vorwärts! Gott segne unsere Waffen! gez. Ferdinand." 3. Bestechungsversuche gegenüber Bulgarien. — Antwort darauf. Charakteristisch für die Moral der Ententemächte ist die Art, mit der man Bulgarien zum Verrate an seinen Bundesgenossen zu bringen suchte. Man setzte italienische und rumänische Charakter­ losigkeit bei dem bulgarischen Volke voraus und holte sich dadurch «ine starke Niederlage. Die Schläge bei Tutrakan und Dobric waren die richtige Antwort. Der bulgarische Geschäftsträger in Bern erklärte (8. September 1916) gegenüber einem Vertreter des „Bund" u. a. darüber folgendes:

9io „Daß Rumäniens Eintritt in den Krieg und der endgültige Anschluß ar de Entente eine längst beschlossene Sache war, wußten wir. Die Kriegserklämnz kam uns nicht überraschend. Wir wissen auch, warum sich die Ereignisse drraa überstürzten. Militärisch mochte die Entente nicht allzuviel erwarten, dazu setz sie in die rumänische Armee zu geringe Hoffnungen, und es war ihr wohl bekanm, daß eine lang ausgedehnte Front für sie im Gegenteil ein ungünstige- Mornert darstellt. Die Hauptsache war das politische Moment; sie hoffte, Bulgarin zr einem Separatfrieden veranlassen zu können. Daher erklärt sich auch der hohe Kaufpreis, den die Entente anzubieten gewillt war. Wie ich neulich aus guter Quelle hörte, sollte dieser darin bestehen, Bulgarien die Linie Encs—Midic, Kavalla, Griechisch,Serbisch,Mazedonien und die ihm 1913 entrissene Oobrudschr zu sichern. Man hielt auch Bulgarien vor Augen, Griechenland werde Rumänien unmittelbar folgen; Bulgarien sollte also mit allen Mitteln gezwungen werder, sich zu fügen. „Die Entente hatte aUt", so fügte der Gesandte bei, „falsch gerechnet wie über­ haupt ihre Balkanpolitik aus einer unabsehbaren Reihe von Trugschlüssen und falschen Berechnungen besteht. Sie vergaß, daß Bulgarien um die endgültige Sicherung seiner nationalen Ansprüche kämpft, und sie schlug auch die Moral debulgarischen Volkes zu niedrig an. Unser Volk ist treu, es weiß aber auch ganz genau, daß eine gebrochene Moral der Anfang vom Ende wäre, denn vas hätten wir mit einem Separatfrieden erreicht? Einen ungeschwächten rumänschen Im­ perialismus, die Wiederauferstehung des serbischen Chauvinismus, jwei starke Erbfeinde um uns und dazu das vernichtete Prestige. So wären wr um alle Früchte unseres Kampfes beraubt und könnten unsere Hoffnungen alesamt be­ graben. Bulgarien ist weder treulos noch kurzsichtig, sein Geschick if unlösbar mit demjenigen der Die verzögerte tärtechnische Gründe Verhandlungen mit

Zentralmächte verknüpft." bulgarische Kriegserklärung führte der Diplomat auf mili, zurück und erklärte ausdrücklich die Gerüchte über bulgarische der Entente als unwahr. „Rumänien wird im zünstigsten

„sich

Falle", so bemerkte der Gesandte, gezwungen sehen, sich Rußland h b\t Arme zu werfen und sich eine Behandlung gefallen zu lassen, von der seine Geschichte seit 1711 angefüllt ist." (S. auch die Rede des Ministerpräsidenten R,doslawoiv vom 29. November 1916 in der Sobranje.)

Die beste Antwort auf die Unverfrorenheit gab bald dirauf der Armeebefehl des Königs der Bulgaren (vom 25. Novenckr 1916) an die gegen Rumänien kämpfende dritte Armee: „Offiziere, Unteroffiziere, Soldaten der dritten Armee! Oie erwarteten besseren Tage für die Vergeltung an unserem treuosen nörd­ lichen Nachbar sind rasch gekommen. Die Vorsehung hat euch Gelegenheit geboten, mit Wucht und in ihrer ganzen Größe eurem neuen Feinbedie Macht zu zeigen, die euch tnnewohnt. Unser Nachbar Rumänien hat uns angegriffen, wähnend, daß eure Ent, schloffenheit, eure Kraft geschwächt worden wären und daß jetzt der Augenblick gekommen sei, sein räuberisches Werk von 1913 wieder aufzunehmen Seine Unverschämtheit war beispiellos, beispiellos aber auch die Kraft des Lkans, der

die feindlichen Horden von den goldenen Gefilden der Dobrudscha, des Sitzes unseres alten Königtums, wegfegte. Der unvergleichliche Sturm auf die Festung Tutrakan, die ruhmvollen Schlachten bei Dobric und Silistria, der Angriff auf die mächrig ausgebauten Stellungen bet Kobadtn und Topraisar, die Einnahme von Coustanza, Medschidie und Cernavoda — all das wird für immer ein Sinn­ bild der rrnbeugsamen bulgarischen Macht sein. Beseelt von dem Gefühl der höchsten Pflicht gegen das Vaterland, mächtig unterstützt von den tapferen, kriegStüchtigen deutschen, österreichisch-ungarischen und türkischen in edlem, ritterlichem Wetteifer auf dem Felde der Ehre euch verbündeten Truppen, habt ihr Werke geschaffen, die die schönsten Augenblicke in unserer Kriegsgeschichte kennzeichnen, und Stolz erfüllt mein Herz bei dem Gedanken an drs, was eure Tapferkeit vollbracht hat. Mit unverändertem Vertrauen in eure unerschütterliche Haltung sende ich Euch den enthusiastischen Gruß der gesamten, einigen bulgarischen Nation und spreche euch inrigen Dank und Anerkennung aus, indem ich euch Gesundheit und Kraft zu neuen, noch glänzenderen Taten wünsche. Gott, der Allmächtige, schütze euch! Dir seiner Hilfe wird unser geheiligtes Werk mit einem Triumph abschließen!"

97. Kapitel. Die Prolrlrmation des selbständigen Königreichs Polen durch dii Mittelmächte: der erste Schritt nordweststanischer Anlehnung an Mitteleuropa. — Proteste dagegen. i. Sonntag den 5. November 1916, wurde in Warschau durch den Kaiserlich» Generalgouvemeur, General der Infanterie v. Beseler, folgendes Machest verkündigt: An die Bevohner des Generalgouvernements Warschau! Seine Dajestät der Deutsche Kaiser und Seine Majestät der Kaiser von Österreich und Apostolischer König von Ungarn, getragen von dem fest« Vertrauen auf den endgültigen Sieg ihrer Waffen und von den Wunsche geleitet, die von ihren tapferen Heeren mit schweren Opfrn der russischen Herrschaft entrissenen polnischen Ger biete einer glicklichen Zukunft entgegenzuführen, sind dahin überein­ gekommen, ais diesen Gebieten einen selbständigen Staat mit erb­ licher Monaryie und konstitutioneller Verfassung zu bilden. Die genauere Bestürmung der Grenzen des Königreichs Polen bleibt



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vorbehalten. Das neue Königreich wird im Anschluß an die beiden verbündeten Mächte die Bürgschaften finden, deren es zur freien Entfaltung seiner Kräfte bedarf. In einer eigenen Armee solle» die ruhmvollen Überlieferungen der polnischen Heere früherer Zeiten und die Erinnerung an die tapferen polnischen Mitstreiter in dem großen Kriege der Gegenwart fortleben. Ihre Organisation, Ausbildung und Führung wird in gemeinsamem Einvernehmen geregelt werden. Die verbündeten Monarchen geben fich der zuverstchtlichen Hoff­ nung hin, daß fich die Wünsche nach staatlicher und nationaler Ent­ wicklung des Königreichs Polen nunmehr unter gebotener Rücksicht­ nahme auf die allgemeinen politischen Verhältnisse Europas und auf die Wohlfahrt und Sicherheit ihrer eigenen Länder und Völker er­ füllen werden. Die großen westlichen Nachbarmächte des Königreichs Polen aber werden an ihrer Ostgrenze einen freien, glücklichen und seines natio­ nalen Lebens frohen Staat mit Freuden neu erstehen und auf­ blühen sehen. Auf Allerhöchsten Befehl Seiner Majestät des Deutschen Kaisers. Der Generalgouverneur. Anmerkung i.

Dem entsprach auf österreichischer Seite folgender Akt:

Lublin, 5. November.

(Meldung des «Wiener k. k. Telegr.-Korresp.-

Bureaus".) Heute mittag 11 % Uhr erfolgte im Festsaal des Militär-General, gouvernements die feierliche Proklamierung der Errichtung des Königreiches Polen bnrch Feldzeugmeister Kuk. Uber die Verkündung der Proklamation, die Rede des Generalgouverneurs v. Beseler, Oankrede des Dr. v. Brudzynski usw. s. die deutsche Presse vom 6. No­ vember 1916. Anmerkung 2.

Bereits am 30. Oktober hatte der Minister Baron von

Durian in Wien eine Abordnung polnischer Notabel«, die aus Warschau über Berlin dort eingetroffen waren, empfangen. Namens der Abordnung hielt Rektor Brudzinski eine Rede, in der er einer Reihe von Wünschen der polnischen Nation Ausdruck gab, die in der Errichtung eines polnischen Staates gipfelten. Auf diese Ansprache erwiderte Baron Durian: es gereiche ihm jur lebhaften Befriedigung, mitteilen zu können, daß der öster­ reichische und deutsche Kaiser beschlossen haben, den polnischen Staat wieder er­ stehen zu lassen.

„Das künftige Königreich Polen wird selbstverständlich erst nach

Friedensschluß seine volle staatliche Existenz beginnen können und im engen An­ schluß an die beiden ZentralmSchte, und zwar sowohl in politischer wie in milttärl, scher Beziehung, die Garantien seines Bestandes finden. Stehe über die letzte Vorgeschichte vonPolens Proklamation unten 6.917,111.

913

II.

Polens Schicksalsstunde. Die „Nordd. Aüg. Ztg." schrieö unter dieser Überschrift ju der Proklamation des selbständigen Königreiches Polen offijiös folgendes: Deutschland und Österreich,Ungarn haben eine geschichtliche Entscheidung getroffen. Sie haben die Bildung des polnischen Staates beschlossen. Hundert Jahre sind vergangen, seitdem die europäische» Mächte im Wiener Kongreß den Hauptkörper Polens aus dem westlichen Kulturkreis herausgenommen «ob Ruß, landS Händen anvertraut hatten. Nicht die »Beschützer der kleinen Nationen" find eS, die jetzt dieses land seiner nationalen Entwicklung turückgebeo, sondern die beiden Mächte, gegen die fälschlich im Namen der kleinen Nationen der Haß der ganzen Welt aufgerufen worden ist. Die Westmächte haben Polen mancherlei platonische Sympathien bezeugt. Gar manches zu keiner Tat verpflichtende „Vive la Fotogne“ erklang aus dem Westen. Jedesmal, wenn sich die Polen im Der, trauen auf Hilfe aus London und Paris in den Kampf um ihre Unabhängigkeit begaben, zeigte es sich, daß sie auf leere Worte gebaut hatten. Don dieser Seite konnte ihnen die Freiheit nicht kommen. Wären heute die Entscheidungen anders gefallen, wären im Osten die russischen Waffen siegreich, so hätte wiederum für hundert Jahre ohne Einspruch der Westmächte die Bevölkerung Kongreßpolens ihre Ketten von Versprechung zu Versprechung geschleppt. Die Befreiung Polens ist mit dem Siege Deutschlands und seiner Der, bündele» verknüpft. Nur sie, nicht Rußland und nicht die Westmächte haben an dem Bestand eines freien Polens ei» eigenes Lebensinteresse. Die Erkenntnis dieses Interesses, zu der die Entwicklung Europas im ao. Jahrhundert drängt, ist — wir wissen es wohl — »och nicht überall in Deutschland durchgebrungen. Und eS wäre falsch, in dieser Stunde die Bedenken zu verhehlen, die manchen palriotischen Mann bei uns hindern, mit freudigem Herzen den kühnen Schritt gutzuheißen, der mit dem Manifest getan wird. Manche Erfahrungen mit den jetzt und io Zukunft unauflöslich zum preußischen Staate gehörigen Polen scheinen dem großen Wurfe, de» wir tun, nicht günstig zu sein. über allem Für und Wider aber steht beherrschend der Satz, daß wir um unserer eigenen Zukunft «Illen Polen nicht ao Rußland zurückfallen lassen dürfen. Deutschlands Sicherheit verlangt für alle kommende Zeit, baß nicht auö einem als militärisches Ausfallstor ausgebauten Polen russische Heere, Schlesien von Ost, und Westpreußen trennend, in bas Reich einbrechen können. Nicht immer wird ein güt'ges Geschick uns einen Hinbeaburg zur Verfügung stellen, um trotz solcher Grenzen die Russenflut einzudämmen. Um drei Millionen wächst alljährlich die Bevölkerung des Riesenreiches im Oste». Kürzere, stark geschützte Grenzen «erben das festeste Fundament eines ruht, gen Verhältnisses zu unserem russischen Nachbar sei«. Wir «erbe» «S als einen großen Gewinn anzusehen habe», wenn wir auch bei den Entwicklungen und Aufgaben kommender Friedensjahre die Polen an unserer Seite haben/ die nach Kultur, Religion und Geschichte in der Vergangenheit zum Westen gehörten uab auch für die Zukunft dorthin gehören sollen. Müller,Melalnge», Entstehung des Weltkriegs.

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914 Den von bet russischen Herrschaft befreiten Pole» biete» wir die Möglich, kett, sich in einem eigenen Staate an bie Mittelmächte anjulehaen und in fesiem De» bände mit ihnen ihr politisches, wirtschaftliches und kulturelles beben frei tu führen.

Dabei werden sie namentlich für die nächste Zeit auf unsere Hilfe starken

Anspruch machen.

Die russische Herrschaft hat polnisches Beamtentum, polnische

Lehrerschaft, polnische Wehrkraft nicht aufkommen lassen. Sie hat daS aufstrebende Land niedergehalten, t» trennen, t« verwirren gewußt. Bahnbau und Wasser, straßen sind vernachlässigt. Überall sind die Grundlagen staatlicher Verwaltung erst ru schaffen. Mancherlei ist während der Okkupation bei verständnisvoller Mit, arbeit der Polen bereits geleistet worden.

Auch militärische Kräfte sind von de»

Polen für die Befreiung vom russischen Joche eingesetzt worden.

Die Polnische»

Legionen haben bereits in mancher Schlacht an der Seite der Mittelmächte rühm, voll gegen Rußland gestritten. also an sich nichts Neues.

Die Errichtung einer polnischen Wehrmacht ist

Indem die Mittelmächte den Polen den allmählichen

Ausbau einer eigene» Wehrmacht gestatten, erfüllen sie ihnen einen brennenden Wunsch, der bei dieser militärisch so begabten Nation besonders begreiflich ist. Schritt für Schritt wird der Aufbau des polnischen StaatSwesenS weitergeführt «erden.

Harte mühevolle Arbeit wird zu leisten sein.

Über alle Schwierigkeiten

hinweg wird die alte staatenbildende Kraft unseres Volkes das große Ziel erreichen und erreichen helfen. So werden wir mit der Zeit im neuen polnischen Staate einen tüchtigen befreundeten Nachbarn erhalten, Deutschland nach Osten sichern und der Zukunft Europas einen wertvolle» Genossen gewinnen.

Bemerkungen: Die internationale Bedeutung des Aktes ist nicht zu unterschätzen. Kongreßpolen, das Jahrzehnte hindurch nur ein revolutionäres An, hängst! Rußlands war und das Tummelfeld russischer Gewalttätig­ keit bildete, erhebt sich als neuer Staat unter politischer und mili, tärischer Garantie der beiden großen Mittelmächte. Auch die Russen haben unter dem Drucke der Hindenburgschen Offensive den Polen „Autonomie" versprochen. Aber das Versprechen staatlicher Selb, ständigkeit geschah unter so allgemeinen Ausdrücken, daß auch ohne die traditionelle Verlogenheit russischer Versprechungen an eine greif, bare Unabhängigkeit von der russischen Zentralgewalt nicht zu denken war. Zudem lag nur eine private Kundgebung des damaligen Oberst, kommandierenden, des übelberüchtigten Großfürsten Nikolai Nikola, jewitsch vor, die eine bindende Zusage der russischen Regierung nicht enthalten konnte und sollte. Einem wetteren betrügerischen Akte der russischen Zentralgewalt kam die Erklärung der Selbständigkeit seitens der Zentralmächte voraus, die sich auf reale Macht stützen kann. Den besten Kommentar bildet die obige amtliche Äußerung der „Nordd. Allg. Ztg.", deren Kern die Worte bilden: „Uber allem Für und Wider aber steht beherrschend der Satz, daß wir um unserer

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eigenen Zukunft willen Polen nicht an Rußland zurückfallen lassen dürfen." In der Tat, das ist das Entscheidende. „Nicht immer," so lesen wir dort weiter, „wird ein gütiges Geschick uns einen Htndenburg zur Verfügung stellen, trotz der ungünstigsten Grenzen die Russenflut einzudämmen, und um drei Millionen wächst alljährlich die Bevöl­ kerung des Riesenreichs im Osten." Darum müßten wir die Polen an unserer Seite haben, ihnen die Möglichkeit bieten, sich in einem eigenen Staat an die Mittelmächte anzulehnen und im festen Ver­ bände mit ihnen ihr politisches, wirtschaftliches und kulturelles Lebe» frei zu führen. Der Satz, der hier im Mittelpunkte steht, ist der von den drei Millionen des alljährlichen russischen Wachstums. Die russische Volkszählung von 1897 ergab insgesamt 125,6 Millionen. Bis 1914 waren sie auf 175 Millionen angewachsen. Das ergibt einen jährlichen Durchschnittszuwachs von 2,9 Millionen Menschen, wobei aber auf die letzten Jahre des halben Menschenalters, das zwischen der Zählung und dem Ausbruch des Krieges liegt, bereits etwas mehr als drei Millionen kamen. 49 Millionen Zuwachs in 17 Jahren macht 100 Millionen in 30 Jahren, selbst wenn man nur in ganz geringem Maße den hier anzuwendenden Satz von der Zinsesrechnung berücksichtigt. Es ist absolut notwendig, immer wieder in die Köpfe die Lehre zu hämmern: Die große geschichtliche Erdrückungsgefahr kommt allein vom Osten. In 50 Jahren 150—200 Millionen Einwohner mehr als in Deutschland! Das ist bei der mög­ lichen Entwicklung russischer Kultur und Agrarpolitik „die Gefahr" schlechthin. Ihr zu begegnen durch Loslösung der fremd­ stämmigen Völker ist die einzig richtige Politik. Trotz schwerer, innerer Bedenken (Jrredenta für Deutsch-Polen, Unzuverlässigkeit polnischer Politik usw.) erscheint daher im Prinzip die geschehene Proklama­ tion eine gute Lösung der großen Schwierigkeit. Anmerkung 1. Bekanntlich war der erste Plan die völlige An, gltebernng Polens an die habsburgisch« Monarchie. Die Gründe, aus denen der Plan aufgegeben wurde, liegen nach dem Verlaufe der Dinge item, lich klar, können zur Zeit aber nicht dargelegt werden. Die Unterlassung bzw. das Aufgeben des ursprünglichen Planes mußt« tiefgreifende innerpolttische Folgen in Österreichs staatenpolitischer Struktur hervorrufen, die heute noch nicht völlig zu Überblicken sind. In Galizien liegen die nationale» Verhältnisse im Wese» so, daß sich im Westen «in großes polnisches Siedlungsgebiet befindet, «ährend Im Osten vor, 58*

9x6 wiegend Ruthenen aber mit zum Teil rein polnischen Sprachinseln und mit be­ trächtlichen polnischen Minderheiten in anderen Teilen anzutreffen sind- Nach der Bevölkerungsstatistik von 1910 gibt es in dem Königreich 4 672 ooc> Polen, 3 208 000 Ruthenen und 90 000 Deutsche. Oie künftige Rechtserweitermng soll nun in der Weise erfolgen, daß beiden Nationen, also den Polen und den Rmthenen, die Gewähr ihrer nationalen Entwicklung geboten wirb. Über die Sonderstellung Galiziens vom staatsrechtlichen Standpunkte aus s. D. Jur.-Ztg. 1916, Nr. 23/24, C. 1158. Wohin diese Reformen führen, deutet folgendes Allerhöchste Handschreiben an, das die „Wiener Ztg." gleichzeitig (5. November 1916) veröffentlichte: Lieber Dr. v. Koerberl Im Sinne der von mir mit Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser getroffe­ nen Vereinbarungen wird aus den von unseren tapferen Heeren der rusflschev Herrschaft entrissenen polnischen Gebieten ein selbständiger Staat mit erblicher Monarchie und konstitutioneller Verfassung gebildet werden. Bei diesem Anlaß gedenke ich bewegten Herzens vieler Beweise der Hingebung und Treue, die ich im Laufe meiner Regierung seitens des Landes Galizien erfahren habe, sowie der großen und schweren Opfer, die dieses Land Im gegenwärtigen Kriege, dem heftigen feindlichen Anprall ausgesetzt, im Interesse der siegreichen Verteidigung der östlichen Reichsgrenzen zu bringen hatte, und die ihm den dauernden Anspruch auf meine wärmste väterliche Fürsorge sichern. Es ist daher mein Wille, in dem Augenblicke, in welchem der neue Staat zur Entstehung gelangt, Hand in Hand mit dieser neuen Entwicklung auch dem Lande Galizien das Recht zu verleihen, seine Landesangelegenheiten bis zum vollen Maße dessen was mit seiner Tätigkeit zur staatlichen Gesamtheit und mit deren Gedeihen im Einklänge steht, selbständig zu ordnen und damit der Bevölkerung Galiziens die Gewähr ihrer nationalen Entfaltung zu bieten. Indern ich Ihnen diese meine Absicht kundtue, beauftrage ich Sie, zu ihrer gesetzmäßigen Verwirklichung geeignete Vorschläge auszuarbeiten und mir vorzulegen. Zu diesem Handschreiben schreibt ein halbamtlicher Kommentar: CS ist klar, daß bas Entstehen eines selbständigen polnischen Staates im Nord, osten der Monarchie nicht ohne Rückwirkung auf die Entwicklung der Verhält, niffe im Lande Galizien bleiben kann. Die in Aussicht genommene Neugestaltung knüpft an das besondere Verhältnis an, das schon längst in den verschiedenen Einrichtungen des Landes und deren Handhabung Ausdruck gefunden, und weist den Weg zu einer weiteren Ausbildung. D e Stellung, die dem Land Galizien innerhalb Österreichs eingeräumt werden soll, ist hinsichtlich ihrer Einzelheiten Im Handschreiben nicht präzisiert. Diese letzteren bleiben vielmehr späterer Erwägung und Entschließung vorbehalten. Immerhin bietet das Handschreiben wichtige Anhaltspunkte für die Beurteilung der künftigen Gestaltung, indem es den Rah­ men bezeichnet, in welchem die Neuordnung Platz greifen wird. Wenn dem Lande das Recht verliehen wird, seine Angelegenheiten bis zum vollen Maße dessen, was mit seiner Zugehörigkeit zur staatlichen Gesamtheit und mit deren Gedeihen im Einklang steht, selbständig zu ordnen, so vereinigen sich in diesen Worten die beiden für jede staatliche Einrichtung in Österreich maßgebenden Momente: das Wohl des Reiches und innerhalb dessen jenes des Landes.

917 Was Me Verwirklichung aller in dem Handschreiben angeordneten Alte anlangt, so wird in dieser Kundgebung selbst der erste Schritt dazu getan und die verantwortliche Mitwirkung der Regierung in Anspruch genommen. Oer Ministerpräsident erhält den Auftrag, die geeigneten Vorschläge auszuarbeiten. Ls wird sonach Aufgabe der Regierung sein, die Formen t« finde« uud die Wege zu beschreiten, welche die Durchführung im Geiste der iugrunde liegenden Ab, fichten gewährleisten. Der tiefe Eindruck, den dieses Handschreiben in Galizien her, vorzurufen geeignet ist, wird zweifellos eine» mächtigen Impuls für bas Land bilden, den durch den unmittelbaren Anreiz beS Weltkrieges herbeigeführten Rück, schlag in der Hoffnung auf eine gedeihliche Zukunft um so rascher zu überwinden und damit auch die Grundlage für ein Einvernehmen zwischen den beiden bas band bewohnenden Dolksstämmen zu schaffen. Anmerkung 2. Die Sondereinrichtungen, deren fich Galizien bisher erfreute, sind in dem Landesgesetze von 1868 begründet, das den Pole« in Ga, lizien im Unterrichtswesen fast gänzliche Selbstverwaltung überließ und außerdem die polnische Sprache als Amtssprache bei den Gerichten und vom Jahre 1869 auch in der Verwaltung einführte. Der galtztsche Landtag vom Jahre 1868 hat allerdings noch weitergehende Forderungen gestellt, und daS Ministerium Hohen, wart hat seinerzeit die meisten dieser Forderungen in einen Gesetzentwurf über, uommen, der damals dem Reichsrate vorgelegt worden, aber nie über die AuS, fchußberatungen hinausgelangt, daher niemals Gesetz geworden ist.

III. Ein Aufruf jur Bildung des polnischen Heeres. Das Verordnungsblatt des Militär-Generalgouvernements für das österreichisch-ungarische Okkupationsgebiet in Polen ver, öffentlicht folgende, von beiden Generalgouverneuren, General v. Beseler und Feldzeugmeister Kuk, unterzeichnete Proklamation (10. November 1916): „An die Bewohner der Generalgouvernements Lublin und War­ schau. Die Herrscher der verbündeten Mächte Österreich-Ungarn und Deutschland haben Euch ihren Entschluß kundgetan, aus den von der russischen Zwingherrschaft befreiten polnischen Landen ein neues selbständiges Königreich Polen aufzurichten. Euer heißester, mehr als ein Jahrhundert hindurch vergeblich gehegter Wunsch wird dadurch erfüllt. Der Ernst der Gefahr dieser schweren Kriegszeit und die Fürsorge für unsere vor dem Feinde stehenden Heere zwingen uns einstweilen, die Verwaltung Eures neuen Staates noch selbst in der Hand zu behalten. Gern aber wollen wir ihm mit Eurer Hilfe schon jetzt allmählich die staatlichen Einrichtungen geben, die seine feste Begründung, seinen Ausbau und seine Sicherheit verbürgen sollen. Dabei steht allem voran das polnische Heer.

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Noch ist der Kampf mit Rußland nicht beendet. Ist es Euer Wunsch, daran teilzunehmen, so tretet freiwillig an unsere Seite, um unseren Sieg über Euren Unterdrücker vollenden zu helfen. Tapfer und mit hoher Auszeichnung haben Eure Brüder von der Polnischen Legion neben uns gefochten. Tut es ihnen gleich in den neuen Truppenkörpern, die dereinst, mit jener vereinigt, das polnische Heer bilden sollen. Es wird Eurem neuen Staat einen festen Halt geben und ihm Sicherheit nach außen und innen gewähren. Unter den von Euch über alles geliebten Farben und Fahnen Eurer Heimat sollt Ihr Euer Vaterland schirmen. Wir kennen Euren Mut und Eure glühende Vaterlandsliebe und rufen Euch auf zum Kampf an unserer Seite. Sammelt Eure wehrhaften Männer nach dem Beispiele der tapferen Polnischen Legion. Legt zunächst in gemeinsamer Arbeit mit dem deutschen und dem ihm verbündeten österreichisch-ungarischen Heere den Grund zu dem polnischen, in dem die ruhmvollen Überlieferungen Eurer Kriegsgeschichte in der Treue und Tapferkeit Eurer Krieger wieder lebendig werden!" Das Verordnungsblatt für Polen, 16. November, enthält die näheren Bestimmungen über den freiwilligen Eintritt in die pol­ nische Armee. Vom 22. November angefangen werden für die sich zur polnischen Armee freiwillig Meldenden Listen aufgelegt. Bis auf weiteres werden folgende Waffengattungen gebildet: Infanterie mit Ma­ schinengewehrabteilungen, Reiterei, Sanitätsabteilungen und Fuhr­ wesen. Um der polnischen Armee nach den bestehenden völkerrecht­ lichen Bestimmungen die Eigenschaft der Armee eines kriegfüh­ renden Staates zu sichern, ist es notwendig, sie, soweit es sich um die oberste Führung und die Rechtsverhältnisse handelt, vorüber­ gehend dem deutschen Heere einzuverleiben. Anmerkung i. Über die Vorgeschichte der polnischen Prokla­ mation. Unter der Überschrift „Das befreite Polen" schreibt die „Gajeta Narodowa" in Posen in ihrer Mittagsausgabe vom 6. November u. a.: „Kaum ver­ schwand 1914 die deutsch-russische Freundschaft, kaum fielen die ersie» Schüsse im August 1914, so erschien schon die Frage des Wiederaufbaues Polens als die erste bemerkenswerte Erscheinung des Krieges. Kein anderer nahm den Gedanken ans als Kaiser Wilhelm II. Der Deutsche Kaiser erklärte dem verstorbenen Erjbischof Dr. Likowski, den er in den erste« Tage» des August 1914 nach Berlin gerufen hatte, daß er ei» polnisches Reich in weiten Grenzen wieder schaffen wolle. Ebenso enthielt die Proklamation des deutschen Generals v. Morgen (September 1914) bereits die Schaffung eines selbständigen polnischen KbnigreicheS.

919 Mit Erstaunen vernahmen wir damals diese kaiserlichen Worte, welche jetzt zur Tatsache geworden sind. Der Initiative und der nicht zu erschütternden Macht Kaiser Wilhelms sowie der Mitarbeit des Kaisers Franz Joseph, welche beide ein starkes und großes Polen für den Frieden Europas als unbedingt nötig er­ achteten, danken wir das polnische Reich. Kaiser Wilhelm befreite Polen von der russischen Überschwemmung, er befreite die katholische Kirche von dem Druck des Schematismus und die polnische." Hoffentlich entspricht die Dankbarkeit des polnischen Volkes diesen schönen Worten. Anmerkung 2. Ein tödlicher Hieb gegen den Panslawismus. Der demokratische Führer und Deputierte der Sobranje Madscharow macht in der bulgarischen Zeitung „Utro" folgende Äußerungen: „Die Schaffung des Königreichs Polen setzt der bisherigen Slawophilie und dem Panslawismus ein Ende. Dieser Panslawismus beruhte auf dem Anspruch Rußlands, die verschie­ denen slawischen Stämme für seine Art und seine Interessen zu beschützen. Polen tritt als neuer selbständiger Faktor unter den slawischen'Völkern auf, die ihre Beziehungen zueinander gestalten. In Europa zerfällt die Legende von dem Schutz der kleinen Nationen durch die Entente, die bisher vier kleine Staaten zugrunde richtete. Es schwindet auch die Verleumdung, daß Deutschland für die Unterjochung der Völker kämpfe, nachdem es jetzt int Verein mit Österreich-Ungarn als Sieger den geknechteten Polen Freiheit und ein selbständiges Königtum schenkt. Die Schaffung Polens stellt den größten diplomatischen Sieg des Vterbundes über die Entente dar."

IV. Rußlands offizieller Einspruch gegen die Unabhängigkeit Russisch-Polens. Die Petersburger Telegraphenagentur verbreitet am 16. No­ vember 1916 folgende amtliche Kundgebung: „Die deutsche und österreichisch-ungarische Negierung benützten die zeitweilige Besetzung eines Teiles des russischen Gebiets durch ihre Heere dadurch, die Trennung der polnischen Gegenden vom Russischen Reich durch ihre Umwandlung in einen unabhängigen Staat zu verkünden. Unsere Feinde verfolgen offensichtlich den Zweck, in Russisch-Polen Rekruten auszuheben, um ihre Heere zu ergänzen. Die kats. Regierung erblickt in diesem Akte Deutschlands und Ssterreichs-Ungarns eine neue schwere Verletzung der grundlegenden Grundsätze des Völkerrechts, die verbieten, daß die Bevölkerung der militärisch besetzten Gebiete gezwungen werde, die Waffe gegen das eigene Vaterland zu gebrauchen. Sie betrachtet diesen Akt als null und nichtig. Rußland hat sich schon zweimal seit Ausbruch des Krieges über das Wesentliche der polnischen Frage ausgesprochen. Seine Absichten umfassen die Schaffung eines Gesamtpolens, das alle polnischen Gebiete in sich begreift und bei Kriegsschluß das Recht

920 haben wird, frei zu sei» und sein nationales, kulturelles und volks­ wirtschaftliches Leben auf den Grundlagen der Selbstverwaltuvg unter das Zepter der russischen Herrscher zu stellen, das den Grundsatz der Staatseinheit bewahrt. Diese Entschließung unseres erhabene» Herrn bleibt unerschütterlich." V. Die deutsche Antwort auf den russischen Polenerlaß (Nordd. Allg. Ztg. v. 18. November 1916) lautete: „Die Kaiserlich russische Regierung hat durch ihre diplomatische« Vertreter Protest erhoben gegen die Wiedererrichtung des König­ reichs Polen und erklärt diesen Akt für eine Verletzung internatio­ naler Verträge, die feierlich von Deutschland und Hsterreich-Ungarn beschworen seien. Ein derartig mit besonderer Feierlichkeit beschwo­ rener Vertrag ist uns nicht bekannt; vermutlich will die russische Re­ gierung damit hindeuten auf die Verträge des Wiener Kongresses, hat aber, ganz abgesehen davon, daß die Verträge durch eine ganze Reihe von Kriegen durchlöchert worden sind, auch mit gutem Grund sich so unbestimmt und dunkel ausgedrückt. Denn der direkte Hinweis auf den Wiener Kongreß würde jedem historisch gebildeten Leser sofort in Erinnerung gerufen haben, daß hier keineswegs das polnische Land als eine neue Provinz dem Russischen Reiche zugeschlagen wurde, sondern daß ganz umgekehrt hier durch Übereinstimmung aller euro­ päischen Mächte ein Königreich Polen geschaffen und die Krone dieses Königreichs dem Zaren übertragen wurde. Unter Anwendung seiner militärischen Überlegenheit und keineswegs auf Grund irgendwelcher Verträge, am wenigsten feierlich beschworener, hat dann Rußland das selbständige Königreich Polen verschlungen und es von Schritt zu Schritt weitergehend so sehr seiner Selbständigkeit beraubt, -aß schließlich sogar der Name Polen verschwand und bloß ein Weichsel­ gouvernement übrig blieb. Nicht also unter Bruch der Wiener Verträge von 1815 haben die beiden Kaisermächte gehandelt, indem sie das Königreich Polen wieder ins Leben riefen, sondern im Gegenteil die Rechtsgrundlagen von 1815 wiederhergestellt, die von Rußland ge­ waltsam unterdrückt waren. Daß, wie in einer anderen Kundgebung zu lesen war, die Polen, die jetzt als Freiwillige zu den Fahnen eilen, um ihre nationale Frei­ heit gegen die Wiederkehr der russischen Gewaltherrschaft zu verteidigen, ihr eigenes Vaterland bekämpfe», das ist eine Vorstellung und eine Anklage, die kaum in Rußland selbst, ganz gewiß aber nicht

921 bei den Völkern Zustimmung finden wird, die für nationale Freiheit ein Dersändnis haben." Nach einer Havasmelduug vom 19. November 1916 haben die italienische, die britische und die französische Regierung im Anschluß an die in Paris abgehaltene Konferenz beschlossen, ihre Vertreter bei den nemralen Regierungen zu beauftragen, diesen einen Protest ge­ gen die Erklärung Deutschlands und Ssterreich-Ungarns betreffend Polen zu überreichen. Der Protest entspricht inhaltlich dem von der russischen Regierung veröffentlichten, Anmerkung,

über die innerpolitischea Folgen der Proklamation des

Königreichs Polen, insbesondere den Stnrj Stürmers als russischer Minister­ präsident sowie den Abgang des österreichischen Ministerpräsidenten von Körber siehe unten Kap. 99. Über die völkerrechtliche Seite s. des Verfassers mehrfach zitiertes Werk vd. 11, Kap. 68 und v. Liszt in den „Polnischen Blättern" Nr. 45 vom 20. De­ zember 1916, der auf Grund deö Völkerrechts die Frage, ob die Schaffung des Königreichs Polen dem Völkerrechte entspricht, unbedingt bejaht. Gleiches Ver­ halten Englands (in den Burenstaatea, Cypern, Ägypten), Rußlands (in Finnland). Natürlich bedarf Polen der Anerkennung durch die übrigen Staaten. Diese kann Polen ruhig abwarten.

98. Kapitel.

Eine nochmalige Zusammenfassung der Gründe für die Schuld Rußlands und vor allem Englands am Welt­ kriege durch den Reichskanzler von Sethmann Hollweg (Rede vom 0. November 1916). — Neue Urkundendeweife von Deutschlands Friedensliebe und Rußlands kriege­ rischer Absicht gegen Deutschland. Am 9. November 1916 unmittelbar nach der Proklamation Polens wurden im Haushaltsausschuß des Deutschen Reichstags in teilweiser Wiederholung früherer Erörterungen auch neue Tatsachen mitgeteilt, die als „Nachtrag" zur obigen Darstellung in den Kap. 20 bis 28, 47, 49 angesehen werden müssen und die dort aufgestellten Behauptungen in jeder Richtung bestätigen*). *) AuS technischen Gründen kann diese Ergänzung der Tatsachen erst hier vorgenommen werden.

922 Der Reichskanzler führte u. a. aus, Grey habe in seiner Siebe vor der ausländischen Presse am 24. Oktober 1916 eine ganz neue Lesart aufgestellt, um Deutschland als Schuldigen an dem Welt­ krieg hinzustellen: Er fährt wörtlich fort: „Lord Grey hat ausgeführt, Rußland hat erst mobil gemacht, nachdem in Deutschland ein Bericht erschienen war, daß Deutschland die Mobilmachung befoh, len habe, und nachdem dieser Bericht nach Petersburg telegraphiert worden war. Unter Hinweis auf die angebliche Fälschung der Emser Depesche von 1870 fügte er hinzu, daß in dem von uns gewählten Augenblick ein Manöver gemacht worden sei, um ein anderes Land zu einer Derteidigungsmaßnahme zu provozieren, und daß dann diese Derteidigungsmaßnahme von uns mit einem Ultimatum beant­ wortet sei, das den Krieg unvermeidlich gemacht habe. Cs hat zwei Jahre gedauert, bis Lord Grey auf diese ebenso neue wie objektiv falsche Lesart der Kriegsursache gekommen ist. Der Vorgang, auf den er anspielt, ist bekannt. Das Dokument, das seiner Beweisführung zugrunde liegt, ist ein Extrablatt des „Berliner Lokal-Anzeigers"? — Die Herren erinnern sich vielleicht, daß am Donnerstag, 30. Juli 1914, in den früheren Nachmittagstunden der „LokalAnzeiger" in Form eines Extrablattes die falsche Meldung ausgab, daß S. M. der Kaiser die Mobilmachung befohlen habe. Die Herren wissen auch, daß auf der Stelle der Verkauf des Extrablattes polizeilich verhindert und die vorhandenen Exemplare beschlagnahmt worden sind. Ich kann außerdem feststellen, daß der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes alsbald den russischen Botschafter und gleichzeitig auch alle übrigen Botschafter telephonisch davon unterrichtete, daß die vom „Lokal-Anzeiger" ausgegebene Nachricht falsch sei. Ebenso wurde die Botschaft alsbald von der Redaktion des „Lokal-Anzeigers" unterrichtet, daß ein Versehen vorliege. Ich kann weiter feststellen, daß der russische Botschafter zwar sofort nach Ausgabe des Extrablattes eine chiffrierte Meldung nach Petersburg telegraphiert hatte, die nach dem russischen Orangebuch lautet: „Ich erfahre, daß die Mobilmachungsorder für das deutsche Landheer und die deutsche Flotte soeben verkündet worden ist," daß aber diesem Telegramm nach der telephonischen Auf­ klärung durch den Staatssekretär v. Jagow ein zweites in offener Sprache folgte, das lautet: „Ich bitte mein letztes Telegramm als nichtig zu betrachten. Auf­ klärung folgt." Wenige Minuten darauf sandte der russische Botschafter in chiffrierter Sprache ein drittes Telegramm, das nach dem russischen Orangebuch besagt: „Der Mi­ nister des Auswärtigen hat mir soeben in diesem Augenblick telephoniert, daß die Nachricht von der Mobilmachung des Heeres und der Flotte falsch ist, und die betreffenden Extrablätter beschlagnahmt worden feien1)." x) Eine Petersburger „Daily Telegraph"-Meldung vom i. Dezember 1916 kommt zurück auf das bekannte Extrablatt des „Lokalanzeigers" über die angeord, nete Mobilisierung in Deutschland und bemerkt dazu, der russische Botschafter in Berlin habe allerdings seinem Chef das ihm von Staatssekretär von Jagow

923 Das sofortige Eingreifen des Staatssekretärs v. Jagow zur Richtigstellung -er falschen Meldung, ein Eingreifen, das in dem offiziellen rusflschen Orangebuch in dem Telegramm des Botschafters Scherbejew bestätigt wird, widerlegt allein schon die Behauptung Lord Greys, daß wir Rußland absichtlich hätten täuschen wollen, um es zur Mobilmachung zu veranlassen. Ich kann aber auch feststellen, daß nach den Erhebungen der kaiserlichen Postverwaltung über die Abgangszeiten der drei Telegramme des russischen Bot­ schafters diese nahezu gleichzeitig in Petersburg angekommen sein müssen. Die russische Regierung kann sich also nur einen kurzen Augenblick in dem irrigen Glauben befunden haben, daß in Deutschland die allgemeine Mobilmachung angeordnet worden sei. Jedenfalls war die Richtigstellung der Falschmeldung bereits erfolgt, ehe die russische Regierung ihrerseits die allgemeine Mobilmachung anordnete. Meine Herren!

Wir haben kein Tribunal zu scheuen.

Ich kann weiter feststellen, daß die neue Lesart ausschließlich von Lord Grey aufgebracht wird. Die russische Regierung selbst, die doch am besten über die Gründe ihrer Mobilmachung unterrichtet sein mußte, ist niemals auf den Gedanken gekommen, sich für ihren verhängnisvollen Schritt auf das Extra­ blatt des „Lokal-Anzeigers" zu berufen. Lord Grey wird, wie ich annehme, den Zaren als Zeugen nicht ablehnen wollen. Der Zar hat noch am Freitag, 31. Juli, 2 Uhr nachmittags, als die Mobilmachungsorder an die sämtlichen russischen Streitktäfte ergangen war, an S. M. den Kaiser auf dessen letzten Friedensappell telegraphiert: „Es ist technisch unmöglich, unsere militärischen Vorbereitungen einzustellen, die durch Österreich-Ungarns Mobilisierung notwendig geworden sind." Kein Wort vom „Lokal-Anzeiger", kein Wort von einer deutschen Mobil­ machung! Nur belläufig erinnere ich daran, daß auch der Hinweis des Zaren auf die angebliche Mobilisierung Österreich-Ungarns keinen Grund für die russische all­ gemeine Mobilmachung abgeben konnte. Österreich-Ungarn hatte zu der Stunde, als die allgemeine Mobilmachung in Rußland angeordnet wurde, lediglich 8 Armeekorps angesichts des Konfliktes mit Serbien auf Kriegsfuß gesetzt, und Rußland hatte diese Maßnahme bereits am 29. Juli mit der Mobilmachung von 13 Armeekorps beantwortet. Seit dem 29. Juli waren von österreichisch-unga­ rischer Seite keine weiteren militärischen Maßnahmen ergriffen worden, die Ruß­ land irgendeine Veranlassung zu der der Kriegserklärung gleichkommenden all­ gemeinen Mobilmachung hätten Veranlassung geben können. Erst nachdem die allgemeine Mobilmachung in Rußland erfolgt war, ist Österreich-Ungarn am Vormittag des 31. Juli auch seinerseits zur allgemeinen Mobilmachung über­ gegangen. Wir unserseits haben selbst dann noch Langmut und Geduld geübt, bis zur äußersten Grenze der Rücksicht auf unsere eigene Existenz und der Verpflichtung gegenüber unseren Bundesgenossen. Wir hätten ja schon am 29. Juli, als Ruß­ land gegen Österreich mobilisierte, auch unsererseits mobilisieren können. Der und dem „Lokalanzeiger" zugestellte Dementi offen nach Petersburg telegraphiert. Unmittelbar darauf habe er in einer Chiffredepesche die Richtigkeit der „Lokalanzeiger"-Meldung bekräftigt. Echt tatarisch, echt moskowitischer Trug!

924 Wortlaut unseres Bündnisses mit Ssterreich-Ungarn war bekannt.

Niemand

hätte unsere Mobilisation als eine aggressive bezeichnen können. Wir haben eS nicht getan. Aber auch auf die Nachricht von der allgemeinen Mobilmachung haben wir zunächst nur mit der Derküudung des Zustandes der drohenden Kriegs, gefahr geantwortet, die noch keine Mobilmachung bedeutet. Wir haben das der russischen Regierung mitgeteilt und hinzugefügt, daß die Mobilmachung folgen müsse, falls nicht Rußland binnen 12 Stunden jede Kriegsmaßvahme gegen unS und Ssterreich-Ungarn einstelle und uns hierüber bestimmte Erklärung abgebe. Wir haben damit Rußland, selbst als das Schicksal des Krieges durch seine Schuld bereits unabwendbar zu schien, noch einmal eine Frist gegeben, sich zu besinnen und im letzten Augenblick den Weltfrieden noch zu retten. Wir haben auch Ruß, lands Verbündeten und Freunden durch diesen Aufschub im letzten Augenblick noch einmal die weltgeschichtliche Möglichkeit gegeben, auf Rußland zugunsten des Friedens einzuwirken. Es war umsonst. Rußland ließ unS ohne Antwort. Eng, land verharrte gegenüber Rußland in Schweigen. Frankreich leugnete durch den Mund seines Ministerpräsidenten gegenüber unserem Botschafter noch am Abend deS 31. Juli die Tatsache der russischen Mobilmachung einfach ab und verfügte seine eigene Mobilmachung einige Stunden früher, als wir unsererseits zur Mobilmachung schritten. Was übrigens den angeblichen defensiven Charakter der russischen Gesamt­ mobilmachung betrifft, so will ich hier ausdrücklich feststellen, daß bei Ausbruch des Krieges 1914 noch eine im Jahre 1912 erlassene allgemeine Anweisung der russischen Regierung für den Mobilmachungsfall in Kraft war, die wörtlich folgende Stelle enthält: „Allerhöchst ist befohlen, daß die Verkündung der Mobilisation zugleich die Verkündung des Krieges gegen Deutschland ist." Gegen Deutschland, meine Herren! 1912 gegen Deutschland! ES ist uner, findlich, wie angesichts dieses aktenmäßigen Tatbestandes Lord Grey der Welt und seinem eigenen Lande mit der Geschichte von dem Manöver kommen kann, mit dem wir den friedfertigen Russen die Mobilmachung gegen ihren Willen durch plumpe Täuschung über unsere eigenen Maßnahmen entlockt hätten. Nein, meine Herren! Die Wahrheit ist: Nie und nimmer hätte Rußland den Entschluß zu dem verhängnisvollen Schritt gewagt, wenn es nicht von der Themse her durch Handlungen und Unterlassungen zu diesem Schritt ermutigt worden wäre. Ich erinnere an die Sachlage zu der Stunde, als Rußland den Befehl der allgemeinen Mobilmachung erließ. Bekannt ist die Instruktion, die ich am 30. Juli an unsere Botschaft in Wien gegeben habe. In dieser Instruktion habe ich der österreichisch-ungarischen Regierung eine unmittelbare Verständigung mit Rußland dringend nahegelegt und ausdrücklich ausgesprochen, daß Deutschland nicht wünsche, durch Nichtbeachtung unserer Ratschläge in einen Weltbrand hinein, gezogen zu werden. Lord Grey weiß auch genau, daß ich einen von ihm unserem Botschafter am 29. Juli gemachten Vermittlungsvorschlag, der mir als eine geeignete Grundlage für die Erhaltung des Friedens erschien, mit der eutschie, deusteu Befürwortung nach Wien weitergegeben habe. Ich habe damals nach Wien telegraphiert: „Falls die österreichisch-ungarische Regierung jede Vermittlung ablehnt, stehen wir vor einer Kovflagration, bei der England gegen uns, Italien und

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Rumänien allem Anschein nach nicht mit unö gehen würden, so daß wir mit Hsterreich-Ungarn drei Großmächten gegenüberstünden. Deutschland würde infolge der Gegnerschaft Englands das Hauptgewicht des Kampfes zufallen. Das politische Prestige Österreich-Ungarns, die Waffenehre seiner Armee sowie seine berechtigten Ansprüche gegen Serbien könnten durch die Besetzung Belgrads oder anderer Plätze hinreichend gewahrt werden. Wir müssen daher dem Wiener Kabinett dringend und nachdrücklich zur Erwägung geben, die Vermittlung zu den angebotenen Bedingungen anzunehmen. Die Verant­ wortung für die sonst eintretenden Folgen wäre für Österreich-Ungarn und uns eine ungemein schwere." Die österreichisch-ungarische Regierung entsprach unseren eindringlichen Vor­ stellungen, indem sie ihrem Botschafter in Berlin folgende Weisung gab:'. £ „Ich ersuche Eure Exzellenz, dem Staatssekretär v. Jagow für die uns durch Herrn v. Tschirschky gemachten Mitteilungen verbindlichst zu danken und ihm zu erklären, daß wir trotz der Änderung, die in der Situation seither durch die Mobilisierung Rußlands eingetreten fei, gerne bereit feien, dem Vorschlag Sir E.Greys, zwischen uns und Serbien zu vermitteln, näherzutreten. Die Voraussetzungen unserer Annahme seien jedoch natürlich, daß unsere militärische Aktion gegen Serbien einstweilen ihren Fortgang nehme und daß das englische Kabinett die russische Regierung auffordere, die gegen uns gerichtete russische Mobilisierung einzustellen, in welchem Falle selbstverständlich auch wir die durch dieselbe aufgezwungenen defensiven militärischen Gegen, maßregeln in Galizien sofort wieder rückgängig machen würden." Dem stelle ich folgenden Schritt Lord Greys gegenüber: Am 27. Juli 1914 gab er auf die Bemerkung des russischen Botschafters in London, in deutschen und österreichisch-ungarischen Kreisen bestehe der Eindruck, daß England ruhig bleiben werde, die Antwort: ,Dieser Eindruck wird durch die Befehle beseitigt, die wir der ersten Flotte gegeben haben/ Am 29. Juli gab Grey von seiner vertrau­ lichen Warnung an unseren Botschafter in London, daß Deutschland auf rasche Entschlüsse Englands, das heißt seine Teilnahme am Kriege gegen uns gefaßt sein müsse, sofort dem französischen Botschafter Kenntnis. Konnte Lord Grey annehmen, daß eine solche Eröffnung an den stanz-fischen Botschafter dem Frieden dienen würde? Mußte der Franzose diese Eröffnung nicht als eine Zusage der Waffenhilfe für den Kriegsfall ansehen? Mußte Frank­ reich dadurch nicht ermutigt werden, Rußland seine täglich dringender verlangte Zusage der unbedingten Kriegsgefolgschaft zu geben, und mußte Rußland durch die Sicherheit der englischen und französischen Bundesgenossenschaft in seiner Kriegsabsicht nicht auf das äußerste bestärkt werden? Oie russische Antwort auf das Morgengespräch des Lord Grey ließ in der Tat nicht auf sich warten. Am Abend desselben Tages, des 29. Juli, beauftragte Herr Sasonow den russischen Botschafter in Paris, der französischen Regierung die aufrichtige Dankbarkeit für die ihm von dem französischen Botschafter ge, machte Erklärung auszusprechen, daß Rußland voll und ganz auf die Unterstützung des verbündeten Frankreich rechnen könne. Also Rußland stand in der Nacht vom 30. zum 31. Juli vor der Tatsache, daß die durch unsere Einwirkung herbeigeführte Nachgiebigkeit österreich-Ungarns den SBtg zur Er, Haltung des Friedens freimachte. Es stand gleichzeitig vor der durch

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die Eröffnung Lord Greys an HerrnPaul Cambon gewährleisteten Sicherheit der englischen und französischen Waffenhtlfe, eine Sicher, heit, die ihm überhaupt erst die Möglichkeit des Krieges gab. Es wählte die Mobilmachung und damit den Krieg. Wer ist nun schuld an dieser schicksalsschweren Entscheidung, wir, die wir dem Wiener Kabinett mit Nachdruck zur äußersten Nachgiebigkeit die Annahme eines englischen Vermittlungsvorschlages empfahlen, oder das britische Kabinett, das Frankreich und Rußland in der kritischen Stunde seine Waffenhilfe in Aussicht stellte? Lord Grey hat von diesen entscheidenden Dingen nichts gesprochen. Das Haager Schiedsgericht, das der Zar anbot, klingt ja äußerlich sehr bedeutungsvoll, aber es wurde angeboten, als bereits die russischen Truppen gegen uns in Be, wegung gesetzt waren. Seinen eigenen Konferenzvorschlag, ich habe das wieder, holt im Reichstag ausgeführt, hatte Lord Grey selbst zugunsten unserer Vermitte, lung zurückgestellt. Und Belgien? Ehe auch nur ein einziger deutscher Soldat seinen Fuß auf belgischen Boden gesetzt hatte, hat Lord Grey dem französischen Botschafter wörtlich erklärt: ,Falls die deutsche Flotte in den Kanal einfahren oder die Nordsee pas, fleren sollte, in der Absicht, die französische Küste oder die französische Kriegs, flotte anzugreifen und die französische Handelsflotte zu beunruhigen — zu Beim, ruhigen, meine Herren! — würde die britische Flotte eingreifen, um der fran­ zösischen Marine ihren Schutz zu gewähren, in der Art, daß von diesem Augen­ blick an England und Deutschland sich im Kriegszustand befinden würden/ Kann derjenige, der das Auslaufen unserer Flotte als casus belli erklärte, wirklich noch im Ernst behaupten, einzig und allein die Verletzung der belgischen Neutralität habe England gegen seinen Willen in den Krieg getrieben? Und schließlich die Behauptung, wir hätten, um England von dem Kriege fernzuhalten, der britischen Regierung das unwürdige Angebot gemacht, sie möge zur Verletzung der belgischen Neutralität, die Augen zudrücken und uns freie Hand lassen, die französischen Kolonien wegzunehmen! Ich fordere Lord Grey auf, in seinem Blaubuch und in seinen Akten den Sachverhalt nachzuprüfen. Ich habe in dem ernstlichen Bestreben, den Krieg zu lokalisieren, dem britischen Botschafter in Berlin schon am 29. Juli zugesichert, daß wir. unter Voraussetzung der Neutra, lität Englands die territoriale Integrität Frankreichs gewährleisteten. Am i. August hat der Fürst Lichnowsky Lord Grey gefragt, ob im Falle einer Verpflich, tung Deutschlands, die Neutralität Belgiens zu achten, England sich seinerseits zur Neutralität verpflichten könne. Er stellte ferner in Aussicht, daß im Falle der englischen Neutralität die Integrität nicht nur des französischen Mutterlandes, sondern auch der französischen Kolonien garantiert werden könne. Er gab in meinem Aufträge die Versicherung, daß wir bereit seien, auf einen Angriff auf Frankreich zu verzichten, falls England die Neutralität Frankreichs verbürgen wolle. In letzter Stunde noch machte ich die Zusage, daß, so lange England sich neutral ver­ halte, unsere Flotte die stanzösische Nordküste nicht angreifen und unter Vor­ aussetzung der Gegenseitigkeit keine feindlichen Operationen gegen die franzö­ sischen Handelsschiffe unternehmen werde. Lord Grey hatte auf all dies nur die Antwort, er müsse endgültig jedes Neutralitätsversprechen ablehnen, und er könne nur sägen, daß England sich die Hand freizuhalten wünsche. Hätte England diese Neutralitätserklärung abgegeben, so wäre es nicht, wie Lord Grey meint.

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der Verachtung der ganzen Welt preisgegeben worden, sondern es hätte sich das Verdienst erworben, den Ausbruch des Krieges zu verhindern. Auch hier frage ich: Wer hat den Krieg gewollt, wir, die wir England jede erdenkliche Sicherheit nicht nur für unmittelbare englische Interessen, sondern auch für Frankreich und Belgien zu geben bereit waren, oder England, das jeden unserer Vorschläge, ablehnte und sich weigerte, seinerseits irgendeinen Weg zur Erhaltung des Friedens zwischen unseren beiden Ländern auch nur anzudeuten? Ich wiederhole: Alle diese Dinge sind von der deutschen Regierung teils in meinen Reden, teils in amtlichen Publikationen so oft dargestellt worden, daß eö mir, nachdem der Krieg nun über zwei Jahre wütet, im Grunde wider­ strebt, diese retrospektiven Betrachtungen zu erneuern. Aber es handelt sich nicht um Polemik. Wir alle haben das größte Interesse daran, den immer wieder künstlich genährten Glauben, als sei Deutschland der Angreifer ge, wesen, so gründlich als möglich zu zerstören. Und trifft vollends Lord Greys Ansicht zu, daß die Erkenntnis über die wahren Ursachen des Krieges für seine Beendigung und für die Friedensbedingungen von großer Bedeutung ist, so weisen meine Worte doch auch auf die Zukunft hin." Anmerkung i. Die Bedeutung dieser leider sehr verspäteten Aufklä, rungsrede des Deutschen Reichskanzlers liegt außer der glücklichen nochmaligen Zusammenfassung der bereits bekannten Tatsachen einerseits in der restlosen Aufklärung der unglücklichen Angelegenheit der Veröffentlichung des „Lokal, Anzeigers" vom zo. Juli 1914 (s. oben Kap. 27) wie anderseits in der Neuanführung der wichtigen Depesche nach Wien vom 29. Juli 1914. Drittens in dem Nachweise, daß bereits im Jahre 1915 Konstantinopel und der Bosporus bzw. die Darda, nellen von England und Frankreich Rußland offiziell zugesprochen wurden, s. unten daö Nähere. Ganz besonders wichtig aber erscheint der erwähnte russische Armee, befehl vom Jahre 1912: Er beweist, daß Rußland seit Jahren mit der Mobil, machung ganz allein gegen Deutschland rechnete und sie vorbereitete. Ein klasfl, scherer Beweis für die ganze Heuchelei russischer Politik, die nach Potsdam und Baltischport führte, ist kaum denkbar. Die wichtige russische Mobilmachungs-Anweisung aus dem Jahre 1912 lautet wie folgt: „Chef des Stabes des Warschauer Militärbezirkes Sektion des General-Quartiermeisters Geheim. Mobilisations-Abteilung 30. September 1912 Nr. 2450 Stadt Warschau Eilt An den Kommandeur des VI. Armeekorps. In Abänderung aller früher erfolgten Anordnungen bezüglich des operativen Teiles teile ich Ihnen auf Befehl des Kommandierenden der Truppen nächste, hende leitende Gesichtspunkte mit: Allerhöchst ist befohlen, daß die Verkündung der Mobilisation zugleich auch die Verkündung des Krieges gegen Deutschland ist.

928 Die deutsche Armee kann bei voller Kriegsbereitschaft ihren Aufmarsch im Raume der Masurischen Seen am 13, Tage der Mobilmachung beenden. Aller, dings ist die Überschreitung der Grenze durch die vorderen deutschen KorpS schon am 10. Tage vollkommen möglich. Die bewaffneten Mächte Rußlands werden in einige Armeen zerlegt, die vorher bestimmt sind zu Operationen gleichzeitig sowohl gegen Deutschland, wie auch gegen Österreich,Ungarn. Die Armeen, die vorher bestimmt sind für Operationen gegen Deutschland, werden zu emer Gruppe zusammengefaßt unter dem Kommando t>t$ Oberbe, fehlshaberS der Gruppe der Armeen gegenüber der deutschen Front. Die 2. Ar, mee, zu deren Bestand das VI. Korps gehört, tritt zur Gruppe der Armeen der Nord,West,Front. Der Stab des Oberbefehlshabers der 2. Armee befindet flch bis zum 7. Tage der Mobilisation in Warschau, darauf in Wolkowisk. Die allgemeine Aufgabe der Truppen der Nord,West-Front ist: Nach Be, endigung der Konzentrierung Übergang zum Vormarsch gegen die bewaffneten Kräfte Deutschlands, mit dem Ziele, den Krieg in dessen Gebiet hinüberzutragen. Oie Aufgabe der 2. Armee ist: Verdeckung der Mobilisation und der allgemeinen Konzentrierung der Armee. Den Raum Bialystok-Grodno muß die Armee auf jeden Fall in ihren Händen behalten. Zur Erfüllung dieser Aufgabe versammelt fich die 2. Armee in der Front Sopockinie—Lomza." (Folgen Etnzelanordnungen über Aufmarsch und Aufstellung der Divisionen, Transporte usw.) Zum Schluß wird auf die gewichtige hochpolitische Bedeutung der Anord, nungen hingewiesen mit den Worten: „Der Inhalt dieser Anweisung bildet ein strenges Staatsgeheimnis." Cs folgen die Unterschriften: „General,Leutnant Kljujew General-Major Postowski Älterer Adjutant Oberst Daler." Dieser Befehl vom Jahre 1912 ist nicht aufgehoben worden, war mithin bei Ausbruch des Krieges im Juli 1914 noch gültig; er ist zweifellos bei dem enge» Zusammenarbeiten zwischen dem russischen und französischen Generalstab auch der französischen Regierung und durch diese auch der englischen bekannt gewesen, da während der letzten Jahre vor dem Krkge ein enger Gedankenaustausch zwischen den Generalstäben der Entente stattfand. Anmerkung 2. Auch in England beginnt es etwas zu tagen. In London erschien Oktober 1916 ein Buch, betitelt „The Vindication of Great Britain“. ES ist aber nicht so sehr eine Verteidigung Großbritanniens als Lord Haldanes, . und sein Verfasser, der Romanschriftsteller Harold Degbie, der persönliche De, ziehungen zu dem Lord unterhält. So kann er mitteilen, daß Haldane die Kor, rekturbogen des Kapitels, das seine vielbesprochene Mission nach Deutschland im Jahre 1912 behandelt, gelesen und mit dem Vermerk versehen hat: „In no point is it inaccurate“ (in keinem Punkt unrichtig). Er schreibt: „Der Krieg kam, weil weder England noch Deutschland gegenseitig Der, trauen zur Ehrlichkeit des andern hatten." Und ferner: „Hier liegt die ganze Geschichte des Krieges, es ist die Geschichte einer einzigen menschlichen Schwäche — die Geschichte des Argwohns. Deutschland war argwöhnisch auf Rußland und

929 Frankreich; Rußland und Frankreich waren argwöhnisch auf Deutschland. Keine der beiden Parteien konnte der anderen trauen. Und schließlich, als der Argwohn alle drei unter einer schrecklichen Schuldenlast zu erdrücken suchte, beschlossen alle drek, ter Spannung, der Angst und Furcht vor finanziellem Ruin durch einen Krieg auf Leben und Tod ein Ende zu machen." Weiter schreibt er: „ES gab in der Welt mir eine Friedensbedrohung, und sie war die zu­ nehmende Bevölkerung, die zunehmende Prosperität nnd die zunehmende Rast­ losigkeit Deutschlands." Hier deutet Begbie die Motive — Angst und Eifersucht — an,

die daö

Triumvirat Asquith, Grey und Haldane im Frühjahr 1906 zu jener geheimen Bindung Englands an den Wagen deS Zwetbundes bestimmten, die die eigent­ liche Kriegsursache war, und die auch HaldaneS Mission von 1912 von vornherein zur Unfruchtbarkeit verurteilt hat. Unsere größten Feinde bestätigten kurz vor dem Kriege unsere Friedensliebe. Sieben Monate

vor Beginn

des Krieges

erklärte Lloyd George

scharf

und klar (Neujahrsartikel 1914):

„Die deutsche Armee ist eine Lebensnotwendigkeit nicht nur für daS Reich, sondern auch für die Existenz und Unabhängigkeit der Nation, da Deutschland von zwei Staaten flankiert ist, deren jeder eine fast ebenso starke Armee unterhält. Das Land wurde so oft von seinen Feinden besetzt, überrannt und zerstört, daß es sich keinen neuen ähnlichen Gefahren aussetzen darf. Wir dürfen auch nicht vergessen, baß, während wir eine Überlegenheit sott 60% über die Seestreitkräfte Deutschlands fordern, Deutschland selbst in militärischer Hinsicht nicht einmal Frankreich gegenüber eine solche Überlegenheit besitzt, und außerdem hat es doch auch mit Rußland zu rechnen. Deutschland aber macht keinen Anspruch auf einen „Iweimächte-Standard". General Kuropatkin sagt in seiner nach dem Kriege mit Japan dem Zaren überreichten Denkschrift wörtlich (1903): „Der verflossene Krieg hat uns die beruhigende Überzeugung gebracht, daß unsere westlichen Nachbarn keine Angriffspläne gegen Rußland verfolgen; denn

wenn der Wunsch bestanden hätte, unsere westlichen Grenzen zu ändern,

so wären die Jahre 190$ und 1906 hierzu außerordentlich günstig gewesen." Anmerkung 3. Aus der Mitte des Hauptausschusses des Reichstags wurde am 9. November 1916 mit Recht u. a. auf die Teilmobiltsierung Rußlands sowie auf folgende Tatsache hingewiesen: „Seit 25. Juli 1914 wurde in Rußland mobilisiert, zuerst die 13 Armee­ korps als Antwort auf die Mobilmachung von 8 österreichischen Korps gegen Serbien, sodann aber die umfassende Teilmobilisation in den nächsten Tagen auch in den nördlichen und östlichen Bezirken.

Dafür liegen außer dem Bericht

des belgischen Gesandten aus Petersburg, der im deutschen Weißbuch enthalten ist, auch wertvolle Zeugnisse aus der Presse der Ententeländer vor. So telegra, phierre der Petersburger Berichterstatter des „Temps" am 29. Juli: Die Mo­ bilisierung schreitet in Kiew, Odessa, Wilna (I), Warschau (!) und Petersburg (!) fort. . . . Truppenzüge passieren Warschau alle Viertelstunden. Müller-Meiningen, Entstehung beS Weltkrieg-.

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930 Am gleichen Lage berichtete Reuter: sind Anzeichen dafür, daß die ganze umfangreiche militärische Maschinerie bald in Bewegung gesetzt wird": und am 30. Juli telegraphiette der Korrespondent des „Daily Chronicle", Harold Williams, aus Petersburg: „Der Befehl für die partielle Mobilisierung ist als Antwort auf die österreichische Kriegserklärung gedacht. Tatsächlich ist sie absolut und allgemein. Die Reservisten in den nördlichen Distrikten sind ebenfalls zu den Fahnen gerufen." Zu der vorzeitig vorbereiteten Mobilmachung lieferte die deutsche Regie­ rung (s. Nordd. Allg. Ztg. v. 24. November 1916 und 6. Dezember 1916) noch interessantes Material. Sie schrieb u. a.: „In der Sitzung der französischen Kammer vom 21. November rief der Abgeordnete Brizon unter lautem Tumult aus: „Auch die russische Regierung ist schuld am Kriege!" An weiteren Ausführungen hinderte ihn allerdings die Mehr­ heit der Abgeordneten, die seinen Ausschluß von der Sitzung verfügte. Immerhin auch bei Deutschlands Feinden läßt sich die Wahrheit nicht länger verbergen. Und die mit allen Mitteln der großzügigsten Propaganda über die ganze Welt verbreiteten Lügen von Deutschlands Schuld am Weltkriege beginnen langsam an Wirkung einzubüßen. Ein in Kowno aufgefundenes Dokument ist ein neuer Beweis dafür, daß Rußland zum Kriege bereit war und ihn vorbereitete, als man in Deutschland sich noch bemühte, ihn zu vermeiden. In deutscher Übersetzung lautet der erste Paragraph dieses Schriftstücks: „Befehl für die Festung Kowno. Nr.

m.

13. Juli 1914

Festung Kowno. § x.

Entsprechend dem Allerhöchsten Befehl, welchen mir durch Telegramm des Kommandeurs der Truppen des Wilnaer Militärbezirks, des Generaladjutanten von Rennenkampf, unter Nr. 13482 mitgeteilt und am 13. Juli d. IS. bei mir eingegangen ist, erkläre ich die Festung Kowno nebst dem gesamten Festungs, rayon in dem Kriegszustand." Die anderen Paragraphen enthalten nähere Einzelheiten. Oie Unterschrift des Befehls lautet: „Der stellvertretende Festungskommandant: Gez.: Generalmajor Saslawskij. Beglaubigt: Chef des FestungsstabeS: Gez.: Generalmajor Burkowski." Des weiteren wurden in Kowno Maueranschläge mit dem Befehl des Kom­ mandanten bezüglich der Erklärung des Kriegszustandes gefunden, die ebenfalls daS Datum des 13. Juli tragen. Somit hat Rußland am 13. Juli alten Stiles, das ist am 26. Juli unserer Zeitrechnung, mithin fast eine volle Woche vor der deutschen Mobilmachung,

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Äottmo, d. h. seine wichtigste und stärkste, ausschließlich gegen Deutschland be­ stimmte Festung, in Kriegszustand versetzt. Anmerkung 4. In der zitierten ausführlichen Darlegung schreibt die „Nord. Allg. Ztg.", 24. Nov. 1916, u. a.: Der vom Reichskanzler in seiner letzten Rede angeführte Mobilmachungsbefehl hat schlagend bewiesen, welcher Glaube den Versicherungen der russischen Friedensliebe beizumeffen ist. Oer angeführte Befehl vom 13. September 1912 hat einige Schleier gelüftet und Rußlands An, griffsabflchten gegen Deutschland enthüllt. Nach Anführung neuer belastender Momente für die Kriegsabstchten Rußlands heißt eS in dem Artikel weiter: We, fentlich weiter zurück liegen die geheimen Kriegsvorbereitungen, die unter dem Dorwaude von Truppenverschiebungen, Übungen usw. vorgenommen wurden. Die „Nord. Allg. Ztg." zählt im einzelnen die allgemeinen politischen und Wirt, schastlichen Maßnahmen zur Kriegsvorbereitung seitens Rußlands auf und sagt: Rußland wollte den Krieg. Jede der angeführten Einzeltatsachen, für sich allein betrachtet, ließe eine unverständliche Deutung zu, zusammengefaßt aber geben sie ein erdrückendes Belastungsmaterial. Deutschland sollte in den Krieg gezogen werden. Truppen wurden konzentriert, die gefährdeten Grenzdistrikte vor der Mobilmachung bereits geräumt. Dies ging so weit, daß nach den Bekundungen des früheren Schloßintendanten von Skierniewice (Schloß des Zaren) bereits Ende Juni 1914 Kisten zum Versand von Wertgegenständen aus dem Schlosse geschafft wurden. Laut einhelliger Aussage mehrerer Schloßtastellane wurde mit dem Versand dieser Wertgegenstände nach Moskau und St. Petersburg bereitEnde Juni und Anfang Juli begonnen. (S. das Näh. „Nordd. Allg. Ztg." vom 24. November 1916, insbesondere geheime Weisungen des Kreischefs von Kolo auö den Monaten Mai und Juni 1914, die bestätigen, daß man eine genaue Kontrolle der Ausländer durchführte. Die feindlichen Ausländer — deutsche und österreichisch, ungarische Staatsangehörige sind in einem Befehl des Chefs der Landpolizei Int Kreise Kolo besonders angeführt — sollen am Grenzübertritt verhindert werden. Oie eigenen Heerespstichtigen jedoch, die als Saisonarbeiter nach Deutschland gingen, gedachte man rechtzeitig zurückzubekommen, wenigstens wurde seit Früh, jähr 1914 auf den Pässen russischer Saisonarbeiter ein besonderer roter Stempel mit dem Inhalt: „Rückkehr Mitte Juli" beobachtet. Es heißt dort: Aus der Fülle des vorliegenden Aktenmaterials soll ergänzend nur noch er, wähnt werden, daß Anfang 1914 sämtliche Kreischefs deutscher Abstammung aus dcn Grenzgebieten in das Innere Rußlands versetzt wurden, daß man bet den Zollbehörden die kriegsdienstpflichtigen Beamten durch militärfreie ersetzte, daß eire Neuansiedlung von deutschen Kolonisten innerhalb einer Streifens von 7 Kilometern von der Grenze verboten und die deutsche Bevölkerung aus dem Bereich der Festung Modlin ausgewiesen wurde. Ferner wurde den höheren Be, amten bereits seit Anfang Mai 1914 kein Urlaub mehr erteilt, und zwar mit der Degrürdung, daß ein Krieg mit Deutschland ausbrechen könnte. Dieser Bescheid wurde mittels gedruckten Formulars, das als geheimer Brief zugestellt wurde, erterlt. Ein Angestellter aus dem Bureau des Kreischefs von Ciechanow bekundet eidlich, einen derartigen Geheimbrtef selbst gelesen zu haben. Rußland wollte den Krieg! Jede der angeführten Einzeltatsachen, für sich allein betrachtet, läßt eine unverfängliche Deutung zu; zusammengefaßt geben sie indes en erdrückendes Belastungsmaterial.

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Deutschland sollte 1» den Krieg gezogen werden. Die Truppen wurde» konzentriert, die gefährdeten Grenjdisirikte bereits vor der Mobilmachung geräumt. Anmerkung ;. Die russischen Zustände im 3. Kriegsjahre werden nicht besser illustriert als durch folgende Verordnung des russischen Heiligen Cynodr In den letzten Wochen haben sich im ganzen Reiche aus der unteren Geistlichkeit, besonders aus den Oorfgeistlichen und den Mönchen, Propheten erhoben, die, die gegenwärtige schwierige Lage und die namenlose Depression aller BevölkerungS, schichten benutzend, die völlige Auflösung des Russischen Reiches ankündige». In Verbindung hiermit verleiten fl« die Bevölkerung zur Abkehr von der Heimat, indem sie sie ermahnen, in ernster, frommer Buße zu verharren. Bei dem unge, heuren Anhang, den diese Priester, wo sie auftrete», gefunden haben, ist ein solches Treiben äußerst staatSgefährlich. ES schürt den aufrührerischen Geist der breite« Bevölkerungsschichte» und lenkt die Faulenzer gänzlich von der Arbeit ab. Die untere Geistlichkeit ist darum anzuweisen, daß sie in ihren Predigten die gegen, wältige Lage als eine schnell vorübergehende Prüfung darzustellen habe, die nur durch unbegrenztes Vertrauen in den allmächtigen garen zu überwinden ist. Jede Zuwiderhandlung muß mit sofortiger Absetzung und eventueller Zwangsein, kerkerung des bete. Geistlichen bestraft «erden. Siehe über Stürmers Rücktritt, Trepows Verhalten, insbesondere dessen auffehenerregende Reben über die russischen Kriegsziele und das Übereinkommen Rußlands vom Jahre 1915 über Konstantinopel und die Meerengen usw. die folgenden Kapitel.

99. Kapitel. Neue Nrisen infolge des Zusammenbruchs der EntentePolitik auf dem Balkan (Rumänien) sowie der sonstigen Erfolge der Waffen der Mittelmächte (Dezember 1915). Lloyd George englischer Ministerpräsident — Abgang von Äsquith und Greyx), Stürmer usw.— Trepom über Nußlands Nriegsziele.

I. (England. Es war kein Zufall, daß die ewige Krisis in London und Parts ju einer akuten just in dem Augenblicke wurde, als die Mittelmächte Bukarest eroberten, das rumänische Heer jur Auflösung brachten und Griechenlands königstreue Regimenter den Entente, x) Oer Abgang des Staatssekretärs v. Jagow am 22. November 1916 erfolgte aus Gesundheitsrücksichten. Sein Nachfolger wurde der bisherige Unterstaatssekretär Zimmermann. Jedenfalls stand der Wechsel mit irgendwelchen aktuellen Ereignissen der auswärtigen Politik nicht im Zu, sammenhange.

933 truppen in Athen eine empfindliche politische und militärische Schlappe bereiteten. über die letzten Ereignisse, die jum äußeren Anlaß der eng­ lischen Minifierkrifis dienten, meldete die englische Presse u. a. folgendes: „Westminster Gazette" (Regierungsblatt) teilte (London, 5. Dezember) mit, daß Asquith endgültig abgelehnt hat, einen KriegSrat zu bilden, dem er nicht selbst angehört. Wie verlautet, wird Asquith von Grey und der Mehrzahl der hauptsächlichsten Mitglieder des Kabinetts unterstützt. Lloyd George verlangte einen kleineren Krlegsrat mit tatsächlich unbeschränkter Vollmacht. Der Premier­ minister sollte davon ausgeschlossen sei» und nur das Recht haben, gegen die Ent­ scheidung seine Veto einzulegen. Asquith stimmte dem Vorschlage, einen kleineren Kriegsrat zu bilden, zwar zu, war aber im übrigen der Ansicht, daß der Premier­ minister den Vorsitz über den Rat führen müsse. Er würde eher zurücktreten, als sich irgendeiner anderen Abmachung fügen. AsquilhS Entscheidung ist unwider­ ruflich.

Tatsächlich ist dann Asquith noch im Laufe des Dienstags (5. Dej. 1916) zurückgetreten, wie folgende amtliche Meldung vom selben Tage mitteilte: Premierminister Asquith hat dem Könige sein Rücktrittsgesuch unterbreitet. Oer König ließ Bonar Law zu sich bitten. Dazu die Reutermeldung am selben Tage: Der König hat bas Rücktritts­ gesuch des Premierministers Asquith angenommen. Anmerkung. Die furchtbare Niederlage der Entente in der Form der Niederwerfung Rumäniens erhellt am besten aus folgender Erinnerung: Als Rumänien an Österreich-Ungarn den Krieg erklärt hatte, begrüßte man in den Ländern des Dlerverbanbes dieses Ereignis mit losendem Jubel als den „Gaadenssoß für die VierbuodSmächte". Capus schrieb damals im »Figaro": „Die rumänische Kriegserklärung gibt der Welt die Gewißheit der deutschen Niederlage. Ob Deutschland daS Herannahen der unabwendbaren baldigen Bestrafung erkennen wirb? Das ist eine Frage von Wochen, vielleicht nur noch von Tage». Rumänien verschafft dem Verbände Zuversicht und den Beweis, daß Deutschland seinem Untergang nicht mehr entgehen kann." — In der Zeitung „Alsace" las man am 30. August: „Diese Kriegserklärung bedeutet das Ende Österreichs «ad die Wiederherstellung Serbiens, die Züchtigung Bul­ gariens, die Isolierung der Türkei und das Eindringen in Deutschland. Das Ende der Mittelmächte ist da." — Bertheaulet schrieb in der „Libertö" am 29. August: „In den Plänen der Verbündeten ist eia Groß-Rumäaien ebenso unent­ behrlich wie «in Groß-Serbien für das billige Gleichgewicht in Europa. Rumänien hat jetzt eingegriffen, da die Munition vorhanden ist. Bald «erden die goldenen Tore des Orients wieder offen sein." — Oer „Petit Pariflen" vom 29. August schrieb: 700000 Mann werden zu unseren Armeen stoßen. Die Folge» sind klar vorauszusehen. Bulgarien wird im Augenblick zerschmettert, die Türkei ab­ geschnitten und außer Kampf gesetzt. Die letzte Phase des Krieges beginnt." —

934 Das „Journal" vom 28. August schrieb: „Die Eutscheiduug Rumäniens ist inter, effant, weil in ihr die Garantie des sicheren Erfolges liegt."

Die Ursachen der allgemeinen Ministerkrisis lagen vor Augen: der Mißerfolg der großen Offensive im Westen, von deren gewaltigen Kosten an eigenem englischen Blut man sich doch ganz andere Erfolge versprochen hatte, die steigenden Erfolge der deutschen Unterseeboote und die dadurch auf die Spitze getriebene Lebensmittelteuerung, weiter der alle Erwartungen übertreffende deutsche Sieg in Rumänien, der zwei der wesentlichsten Kriegsziele Englands, die Aushungerung und die Abtrennung Deutschlands von seinen balkanischen Bundesgenossen, in Frage gestellt hat, der völlige Mißerfolg der Entente-Politik in Griechenland, schließlich die geringen Leistungen der großen Flotte, die eben erst jum Wechsel im Oberkommando führten. Das Gesamt­ ergebnis des Krieges war daher ziemlich trübselig in einem Augen­ blick, den man sich ungefähr als Zeitpunkt des gemeinsam mit den Verbündeten zu feiernden, herrlichen Endsieges vorgestellt hatte. Die öffentliche Meinung in England suchte natürlich nach Schuldigen; sie fand sie, geführt von der alles beherrschenden Kriegspresse, nicht in der verkehrten Politik der Regierung, die England in den Krieg hineingeführt, sondern in der „schlappen Kriegführung" durch das Kabinett Asquith. Man machte den Rat der „23" für die Miß­ erfolge verantwortlich, während die Zahl der Minister, die wirklich die entscheidenden Beschlüsse beeinflußten, schon bisher nur eine ge­ ringe gewesen ist. Lloyd George wußte das natürlich ganz genau; aber wenn er einen Kriegsrat von drei Männern vorschlug, unter denen er natürlich der entscheidende sein sollte, so war es nicht bloß persönlicher Ehrgeiz dieses großen Volksführers, sondern der in ihm wache Glaube, daß er allein die große historische Aufgabe der Rettung des Vaterlandes durchführen könne: Zwar hatten auch seine Gegner Asquith, Balfour und Grey die Niederwerfung des „preußischen Militarismus" unzählige Male als Vertreter deS„Kriegs bis zum Äußersten" als ihr Programm erklärt, aber der Kunktator Asquith hätte in der öffentlichen Meinung dem Diktator Lloyd George schon längst Platz machen sollen. ES ist eine der köstlichsten Satiren der Weltgeschichte, daß nicht die eigene Tatkraft, Geschicklichkeit und Genialität, sondern die deutschen Erfolge in Rumänien und anderswo, die deutschen Waffen ihrem Erzfeinde Lloyd George zum Siege verhalfenl Das Va-banque-Spiel der „wilden Männer" konnte beginnen.

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Oer Auftakt der Trepow, Boselli und Genossen zeigte, daß der letzte große Akt des weltgeschichtlichen Dramas beginnen sollte, an dessen Spitze der Mann von angeblicher dämonischer Tatkraft, Lloyd George, zu agieren berufen sein sollte. Lloyd George, der „starke Mann" Englands, war infolge seiner sozialpolitischen Leistungen in konservativen Kreisen bis zum Beginn des Weltkrieges der bestgehaßte Mann Englands. Manche auf­ sehenerregende Redeleistung — wir erinnern an seine Drohrede vom 22. Juli 1911, die kriegerische Verwicklungen sehr nahelegte — kommt auf sein Konto. Im Marconi-Skandal (1912) spielte er eine schlechte Figur, die den Abgebrühten zeitweise still machte. Der große Krieg gab seinem zügellosen Ehrgeiz das erstrebte Sprungbrett. Der „no gentleman“, der „limehousing man“, der Erfinder des Wortes vom deutschen „Kartoffelbrotgeist", der sich für deutsche Sozial- und Kulturpolitik bis zum legislatorischen Plagiator begeistert hatte (s. oben Kap. 98 dessen Neujahrsartikel von 1914), wurde rasch der größte Kriegshetzer und näherte sich mit dieser Haltung von Monat zu Monat mehr den schärfsten Kriegstreibern der konservativen Partei (Lord Northcliffe). In seiner„Zu spät-Rede" wie in unzähligen anderen Kriegsreden übte er an seinem Ministerkollegen Asquith und sogar an Kitchener die erbarmungsloseste Kritik. Seine Energie brachte un­ zweifelhaft Hunderttausende in die Munitionsfabriken. So wurde er, der verhaßte Schatzkanzler, mehr und mehr der beliebte Munitions­ und Kriegsminister, bis schließlich das englische Volk in ihm allein de« „Diktator", den modernen Cromwell erkannte. „Weekly Despatch" schreibt zu dieser Zeit: Das Programm Lloyd Georges schließt ein: die Bewaffnung von Handelsschiffen, die Vorbereitung auf die Frühjahrsoffensive 1917, die Mobilisierung der Zivilpersonen zwischen 16 und 60 Jahren, Maßregeln, um die Blockade effektiv zu machen, die Ausgabe von Nahrungsmittelkarten, die Erweiterung der heimischen Lebensmittelproduktion, das Verbot von Arbeiten, die für den Krieg unwesentlich sind, Zwangsmaß­ nahmen gegen Verschwendung und die Einführung fleischloser Tage. Mit Mr. Asquith gingen u. a. die liberalen Minister Lord Edward Grey, Runciman, Mac Kenna ab. Hier interessiert am meisten der Mann, der bei der Entstehung des Krieges die Fäden der diplomatischen Verhandlungen am meisten in den Händen hatte, und dessen Spiel wir oben im einzelnen verfolgt haben (s. insbes. die Kapitel 60 und 62, vor allem S. 557 ff.), Lord Grey. Er verschwand auf

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einmal sang- und klanglos von der Stelle, auf der er mehr als ein Jahrzehnt in fast souveräner Weise die Politik des britischen Weltreichs geleitet hatte. Sic transit gloria mundij Anmerkung I. Aus der Vorgeschichte der britischen Krisis vom Dezember 1916. Die Rede, in der Asquith vor seinen liberalen Parteigenossen den Verlauf der Kabinettskrise schilderte, ist von „Reuter" in mehr als unzutreffen­ der Form telegraphiert worden. Vor allem hat „Reuter" verschwiegen, daß Lloyd George tatsächlich durch eine illoyale Veröffentlichung in der „Times" Asquith zwang, es zum Bruch kommen zu lassen. In der Einleitung seiner Rede sagte Asquith auch ausdrücklich: „Ich bin gezwungen worden, die Leitung der Regierung niederzulegen." Asquith betonte, er schäme sich nicht im mindesten, zn sagen, daß er unbedingt bestrebt gewesen sei, das Auseinanderbrechen der Regierung zu ver­ hindern. „Nach folgenden Vorgängen", sagte er, „ist das unmöglich geworden: Ich hatte am Sonntag eine Unterhaltung mit Lloyd George, in der wir unsere Ansichten auszugleichen versuchten, und zwar 1. über das Verhältnis des Ersten Ministers zum Kriegsausschuß und 2. über die Zusammensetzung dieses Kriegs­ ausschusses. Zuletzt einigten wir uns auf einen Vorschlag, wonach der Erste Mi­ nister die Beschlüsse des Kriegsausschusses billigen oder aufheben und seinen Sitzun­ gen beiwohnen sollte. Auf der Grundlage dieses Beschlusses sollte weiter verhandelt werden. Ich betone das ausdrücklich," fuhr Asquith fort, „weil man behauptet hat, ich hätte auf Druck von dritter Seite mich von einer Einigung, wie ich sie eben wiedergegeben habe, zurückgezogen. Aber am nächsten Morgen, als ich meine Zeitung aufmachte, sah ich den berühmten Vorschlag, daß ich vom Kriegsrat aus­ geschlossen werden soll. Lloyd George versicherte mir, daß er nicht die mindeste Verantwortung für dieses Presseerzeugnts trage. Natürlich nahm ich diese Ver­ sicherung an, aber die Sache bleibt doch, daß die Verhandlungen bekannt waren. Ich schrieb darauf an Lloyd George unter Hinweis auf einen „Times"-Artikel: „Wird nicht sofort der Eindruck beseitigt, daß ich auf die Stellung eines unverant­ wortlichen Zuschauers im Krieg verbannt werde, so kann ich keinen Schritt weiter tun." Nach Asquiths Darstellung fuhr aber Lloyd George weiterhin fort, den Unschuldigen zu spielen, und erklärte sogar, er wolle die Derständigungsformel an­ nehmen. Durch die Veröffentlichung der „Times" war aber Asquith über das Schicksal, daS ihm bevorstand, aufgeklärt. Die Grundlage der Herrschaft Lloyd Georges war und ist eine rein dema­ gogische. Von der Volksstimmung, auf die sie sich gründet, gibt ein Neutraler in London folgendes Bild, das nach Dr. Gaupp, dem ausgezeichneten Kenner der englischen Verhältnisse und langjährigem Vertreter der „Münch. N. Nachr.", von photographischer Treue ist: „Das Publikum hat dem Regierungswechsel zugejauchzt als dem Sieg eines Mannes von Wagemut, Unternehmungsgeist und Entschlossenheit über einen Mann der sanften Mittel, der Anhänglichkeit an Tradition und der Unschlüssigkeit. Es hat von der „Daily Mail" gelernt, in Asquith und seinen nächsten Freunden, der „Haldane-Bande", Schwächlinge, Fossilien aus einem anderen Zeitalter, dumme Ideologen, behaftet mit absonderlicher Vorliebe für „Gewissensbedenkler" und Deutsche, beinahe Landesverräter gesehen. Sein Sturz und der Sturz des „De­ battierklubs der 23" ist einfach ein Sieg für die gesunde Kriegführung. Nun erst

937 können alle die guten englischen Eigenschaften der Tüchtigkeit, des mutigen Zu­ greifens, der feurigen Vaterlandsliebe und des zähen Festhaltens steies Spiel haben. Wir erhalten nun Taten, Zielbewußtheit und einfachen gesunden Menschen­ verstand an Stelle alles des Geredes und der verrückten Theorien und Skrupel, worin Asquith und die Seinen so stark waren. Eigentlich — so sagen manche mit einem Gefühl der Erleichterung — beginnt der Krieg erst jetzt im Ernst. „Bisher haben wir gar keine rechte Chance gehabt. Nun kriegen wir wenigstens eine Ar­ mee." Man wird sagen: Das ist übertrieben. Die Menschen können nicht so denken oder sie müssen an einer augenblicklichen Sinnestäuschung leiden. Ich las kürzlich in einem Blatt, die ganze Krise sei eine Krise der Kriegshysterie, und ich kann nur wiederholen, daß für das Publikum ihre tiefste Bedeutung darin liegt, daß nun wenigstens eine Regierung kommt, die es mit dem Krieg ernst nehmen wird." Ich glaube, dieser holländische Korrespondent hat gakrz recht. Das ist genau die Stimmung, die Lloyd George ans Ruder half, und aus der auch folgt, daß für seine Negierung jedes ehrliche Eingehen auf die deutsche Einladung zu Friedens­ unterhandlungen von vornherein unmöglich war. Das englische Volk wird erst dann — und keinen Augenblick früher — unterhandlungsreif sein, wenn es zu der Überzeugung gelangt ist, daß sein Kriegsziel, die Niederwerfung Deutschlands, unerreichbar ist. Dazu muß erst das Regime Lloyd Georges abhausen. Einer des Trifoliums der ärgsten Hetzpresse (Lord Northcliffe, Bottomley und andere), Mr. Leo Maxse, schreibt in der Januarnummer (1917) der „National Review", daß im Kabinett Asquith über die Friedensfrage eine ernste Spaltung bestand, da ein Teil unter Lloyd George für einen „Kampf bis zum' Ende" sei, während der andere einen Frieden durch Unterhandeln wolle; das hat auch F. W. Hirst, der frühere Herausgeber des „Economist", bestätigt, als er am 9. Dezember 1916 in seiner Wochenschrift „Common Sense" schrieb: „Wären Lloyd George und seine Freunde nicht gewesen, so hätten wir einen Waffenstillstand gegen Weih­ nachten und einen ehrenvollen Frieden auf fester Grundlage vor Ende des Winters haben können." Auch sonstige Nachrichten bestätigen, daß Runciman, Mae Kenna und andere auf der Gegenseite standen, daß Lloyd George mit seinem konservativen und uniontstischen Anhange nicht verhandeln wollte.

Anmerkung 2. Die „Nordd. Allg. Ztg." schrieb am 14. Dezember 1916 anläßlich des Rücktritts Lord Greys u. a. folgendes: Im Jahre 1904 war das Fundament zur Entente mit Frankreich gelegt worden. Die Konferenz von Algectras, die in die ersten Monate seiner Amts­ führung fällt, bot Lord Grey Gelegenheit, sich mit dieser Politik zu identifizieren, sie zu unterstreichen. Dazu hatte ihm die Verständigung mit Rußland stets als zu erstrebendes Ziel vorgeschwebt. Sie ist ein Leitmotiv seiner Politik geblieben. Lord Grey wurde zum Vertreter einer Gleichgewichtspolitik im insular-englischen Sinne, d. h., er verschob das Gleichgewicht, das bis dahin bestanden hatte, indem er bei allen auftauchenden Fragen die Stimme Englands in die Wagschale gegen Deutschlands Interessen warf und im Verein mit Frankreich und Rußland Deutsch­ lands berechtigtem Streben nach Entfaltung seiner politischen und wirtschaftlichen Kräfte überall hindernd in den Weg trat. Es gab eine Zeit, wo es dem englischen Volke selbst klar wurde, welche Ge­ fahren die Greysche Politik für die englischen Interessen und den Weltfrieden

938 bedeute, ja baß sie auf einen Weltkrieg direkt zutreibe. Insbesondere nach bet Marokkokrlse im Jahre 1911 dämmerte diese Erkenntnis im englischen Volke auf. Wir haben, so heißt es in dem von zwei englischen Politikern im Jahre 1912 an bas Parlament gerichteten offenen Briefe über die auswärtige Politik von 1904—11, de» Franzosen gestattet, die Akte von Algeciras zu verletzen, und nicht protestiert. Sobald aber Deutschland Schritte tat, um zu schützen, was es als legitimes Interesse betrachtete, nahm das Foreign Office eine ausgesprochene Feindseligkeit ein. Auch die liberale Wochenschrift „Truth" erhob damals die Warnerstimme. Das Schreckgespenst einer deutschen Vormachtstellung auf dem Kontinent bestehe nur in der Einbildung. Die einzige Gefährdung des europäischen Gleichgewichts sei durch England hervorgerufen worden, als unter Preisgabe der Salisburysche» Politik ohne jeden Grund England in ein System der Ententen eingetreten sei und somit das Gleichgewicht seiner überlegenen Seemacht in die Wagschale der Dreibundgegner geworfen habe. Auch die deutsch-englischen Verhandlungen über die Bagdadbaha und ein Kolonialabkommen, die als äußeres Zeichen einer politi­ schen Entspannung nach dem Krisenjahr 1911 aufgenommen wurden und im Früh­ jahr 1914 kurz vor dem Kriegsausbruch materiell zum Abschluß kamen, vermochten an der grundlegenden Richtung der englischen Politik nichts zu ändern. DieS zeigt sich bei dem Plan des Marineabkommens mit Rußland, durch daS England endgültig in den Bann der Kriegspolitik des Zweibundes gezogen werden sollte. Die Aussichten waren nicht ungünstig, denn es sieht fest, daß Lord Grey im Frühjahr 1914 über das Marineabkommen hinaus zu den gleichen Ab­ machungen mit Rußland bereit war, die er mit Frankreich getroffen hatte. So hatte der Anstoß des Marineabkommens genügt, um ihn noch weiter auf der schiefen Bahn der Abhängigkeit von den Zweibunbmächten hinabgleiten zu lassen, korb Grey glaubte zu schieben, aber er wurde geschoben. Der Ausbruch des Weltkrieges verhinderte das Zustandekommen der ge­ planten Vereinbarungen. Aber auch ohne diese war Lord Grey gezwungen, in den ersten Tagen des August die letzte« Konsequenzen zu ziehen, die er durch bei­ nahe ein Jahrzehnt verfolgt hatte. Dadurch hatte er England an Frankreich and Rußland verpfändet. Mit seinem Blut muß das englische Volk dies Pfand rinlbsen (s. im übrigen oben Kapitel 60 und 62). Rach „Nieuwe Rotterdamsche Courant" schrieb der Parlamentskorreston# dent des radikalen Abendblattes „© litten, damit die nächste leben kann. Wir werden mehr als bereit zum Frieden sein, wenn diese Garantien gewonnen und unsere Ziele erreicht sind."

Auf die Rede Lord Curjous antwortete im Laufe der Debatte Lord Courtney, Lord Curzon habe von der ruhmrednerischen Haltung des Deutschen Kaisers gesprochen. „Ist diese Haltung so schwer ju verstehen? Curjon hat nur von den großen Stegen an der Somme gesprochen. Er sah eben nur die eine Seite der Frage, wie der Deutsche Reichskanzler die andere Seite sah. Die Wahrheit ist, daß die beiden ineinander verbissenen Armeen sich in einem Kampf befinden, in dem keine Seite sich einen Sieg versprechen kann, der den Feind für immer zerschmettert. Wenn wir Frieden wünschen — und der Kanzler sagt, er wünsche Frieden —, können wir dann nicht in einer verständnis­ volleren Weise seine Worte betrachten und begreifen, daß er zum Schluß doch die Wahrheit spricht, wenn er sagt, daß er Frieden wünsche, und seine Trauer über einen Krieg ausspricht, der zwei Jahre gedauert hat und so schlimmes voraussehen läßt. Wünschten wir wirklich den Frieden, dann würden wir die Zugeständnisse des Deutschen Reichs­ kanzlers aufgreifen und sagen, was wir verlangen, so daß Deutschland seine Ansprüche aufgibt und in die Brüderschaft der Nationen als gleiche unter gleichen, und nicht als Partei, die alles niederrennt, eintritt. Ein Zeichen für eine entsprechende Bereitwilligkeit könnte die Räumung Belgiens und Serbiens und die Wiederherstellung der Länder sein, in die Deutschland eingedrungen ist. In diesem Geist gegenseitiger Zugeständnisse läßt sich eine wirkliche Friedenssicherheit finden. Ich beklage die Rede Lord Curzons." (Gelächter.) Das Gelächter, das der Bericht hier verzeichnet, charakterisiert die Stimmung eines Teiles der Lords. Lord Courtney, den sie aus­ lachten, war nicht der erste beste. Er ist ein Staatsmann von 84 Jahren, der beim Parlament in so hohem Ansehen steht, daß es ihm lange Zeit eine der höchsten Würden, die es zu vergeben hat, die des stell­ vertretenden Sprechers (Chairman of Committees and Deputy Speaker), übertrug. 2. Ein außerordentlich wichtiges Dokument der völligen Zurück­ weisung nicht bloß des Angebotes der Mittelmächte, sondern wohl auch des Wilsonschen Angebotes, (s. unten) das bereits am 21. De­ zember in London bekannt war, mußte die englische Thronrede

993

vom 22. Dezember 1916 sein. Reuter berichtete darüber am gleichen

Dage * Die Thronrede, mit der das Parlament vertagt worden ist, hatte folgenden Wortlaut: „In all den Monaten, die seit meiner letzten Ansprache verflossen sind, haben meine Flotte und meine Armee im Verein mit denen unserer tapferen und treuen Verbündeten durch ihre unaufhörliche Wachsamkeit und ihren unbezähmbaren Mut das hohe Vertrauen gerechtfertigt, das ich in sie gesetzt habe. Ich habe die Zuversicht, daß der lange Kampf und ihre Anstrengungen, die durch unbeugsame Entschlossenheit all meiner Untertanen im ganzen Reiche unterstützt werden, schließlich die siegreiche Verwirklichung der Ziele erreichen werden, für die ich in diesen Krieg gegangen bin. Meine Regierung ist rekonstruiert worden. Sie wird allein die Förderung dieses Zieles unverändert und unbeeinträchtigt im Auge haben. Meine Herren vom Unterhaus! Ich danke Ihnen für die unbe­ schränkte Freigebigkeit, mit -er Sie fortfahren, die Mittel für die Kriegslasten zu beschaffe«. Energische Fortsetzung des Krieges muß unser einziges Streben sein, bis wir die Rechte, die unsere Feinde so rücksichtslos verletzt haben, wiederhergestellt und die Sicherheit Europas auf feste Grundlagen gestellt haben. In dieser heiligen Sache fühle ich mich der einmütigen Unter­ stützung aller meiner Völker sicher und ich bete zum allmächtigen Gott, daß er uns seinen Segen gebe. Das Parlament ist bis zum 7. Februar vertagt." Anmerkung 1. Diese Thronrede des Königs Georg, für die der Erste Minister verantwortlich ist, trägt deutlich den Stempel des Geistes Lloyd Georges. „Energische Fortsetzung des Krieges muß unser einjigeS Streben sein" — diese Worte, vom Oberhaupt des britischen Reichs gesprochen, mußten wie eine Bekräftigung und Verschärfung der Ablehnung des Friedensangebots wirken. Diese schroffe Ablehnung hatte nichts mehr |u tun mit dem bloßen taktischen Ver­ suche, a«S dem Gegner die Geheimnisse seiner Forderungen, um ihn festjulegen, herauSzukitzeln, sondern legten wie der unten mitgeteilte Heeresbefehl des gare» alles Gewicht auf die Entscheidung durch die Waffen. Anmerkung 2. Konservative und Liberale wie Unionisten waren in dem schnöben, auf tiefstem Niveau stehenden Tone völlig einig. Unter Hinweis auf den deutsche» Friedeasvorschlag führte im Uaterhause Bonar Law aus (Reutermeldung vom 2i. Dezember 1916): „Warum leiden wir und unser Laad unter der schrecklichen Pein, und warum erduldet fl« das Volk? Weil wir Deutschland vertrauten, «eil wir glaubte«, baß Müller,Meinlnge», Inlfftfoing btt

63

994 ein Verbreche», wie es von Deutschland an der Welt begangen wurde, niemals von einem menschlichen Wesen würde begangen werden. Einige Mitglieder beS Hauses sagten: Laßt uns die Bedingungen des Friedensvorschlages wissen. Aber kann man ein bindenderes Friedensversprechen erlangen, als der Vertrag war, der die Neutralität Belgiens schützen sollte? Können sie ein Versprechen erlange», das «ns größere Sicherheit gäbe, als wir hatten, bevor der Krieg ausbrach? Ich hoffe, nicht nur in unserem Land allein, sondern auch in allen neutralen Ländern wird bas Volk die Lage versiehe», wie sie jetzt isi. Deutschland macht Friedens^ Vorschläge. Auf welcher Grundlage? Auf der Grundlage feiner sieg­ reichen Armee. Was würde bas für eine Lage sein, wen» der Friede zustande käme auf dieser Grundlage der siegreichen deutschen Armee. Gibt es irgend jemanden in diesem Hause, der nicht nur die Bedingungen, die Art und Weise, wie er geführt wurde, unparteiisch beurteilt, und der ganz ehrlich glaubt, daß die Gefahren und bas Elend, unter welchem die Welt leidet, durch etwas anderes geheilt werde» können als dadurch, daß man die Deutschen t» der Erkenntnis bringt, daß Furchtbar­ keit sich nicht bezahlt macht, und daß Militarismus keine gute Herrschaft bedeutet. Wir kämpfen nicht um Gebiet oder um die größere Stärke eines Volkes. Wir kämpfe» für zwei Dinge. Wir kämpfen jetzt für den Frieden, aber wir kämpfen auch für die Sicherheit der Friedensjeit, die kommen soll. Als die deutschen Vor­ schläge uns vorgelegt wurden, so gründeten sie sich nicht allein auf die deutschen Stege, sondern sie erhoben auch den Anspruch, baß sie es aus Gründen der Mensch­ lichkeit tun. Wolle bas Haus bedenken, was dieser Krieg für Greuel in Belgien, für Greuel zur See und ju Lande mit sich bracht«, was für Hinschlachtungen von Menschen in Armenien (1), denen Deutschland hätte mit einem Worte Einhalt tun können. Lassen Sie uns in Rechnung riehen, baß dieser Krieg vergeblich ausgefochlen werden wird, wofern wir nicht Sicherheit dafür schaffen, daß es niemals wieder in der Macht eines einzelnen Mannes oder einer Gruppe von Leuten liegt, di« Welt in das Elend des Krieges zu stürren. Gibt es keine Wiedergutmachung für geschehenes Unrecht? Soll der Fried« kommen und das größte Verbrechen in der Geschichte der Welt ungesühnt bleibe»? Er sei sicher, daß baS Land zu jedem Opfer bereit wäre, wenn «S sich über die Lage klar werde." Man erinnere sich immer wieder, daß diese Liraden über „größte Verbrechen der Geschichte" «sw. die Vertreter eines Volkes loslassen, welche die ganze Welt (wie Indien, China, Südafrika, Ägypten usw.) mit einzig in der Weltgeschichte da­ stehenden Greueln erfüllt und zuletzt noch in ihrer nächste» Nachbarschaft (Irland) ein Schreckensregiment ohnegleichen durchgeführt haben: Cant, cant, nichts als cant t

über die offiziellen Antworten der Entente vom 30. De­ zember 1916 und 10. Januar 1917 auf Wilsons Noten f. unten Kap. 104 ff. S. 1013 ff.

995

ioz. Kapitel. Die Friedensnote des Präsidenten Wilson vom 21. De» ;ember 1916. — Der Beitritt der Schweix und -er an­ deren neutralen Staaten. — Die Aufnahme der Noten in der Öffentlichkeit.

i. In diesen Dezembertagen der Sensation (1916) wurde die Welt von neuem durch folgende Mitteilung des „W. T. B." überrascht: Berlin, 22. Dezember. Der amerikanische Geschäftsträger I. C. Grew überreichte gestern abend dem Staatssekretär im Auswärtigen Amt im Auftrag des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika eine Note, die in deutscher Übersetzung wie folgt lautet:

Berlin, 21. Dezember. Euerer Exzellenz beehre ich mich mitzuteilen, daß der Präsident der Der, einigten Staaten mir die Weisung gab, durch Vermittlung Euerer Exzellenz bei der Kaiserlich deutschen Regierung ein Verfahren mit Bezug auf den gegenwärtigen Krieg in Anregung zu bringen. Der Präsident hofft, daß die Kaiserlich deutsche Regierung es in Erwägung ziehen werde, als eine Anregung, die in freundschaft, lichster Gesinnung gemacht ist, und zwar nicht nur von einem Freunde, sondern zugleich von einem Vertreter einer neutralen Nation, deren Interessen durch de» Krieg ernstlich in Mitleidenschaft gezogen worden sind und deren.' Interesse an oiner baldigen Beendigung des Krieges sich daraus ergibt, daß sie offenkundig ge, nötigt wäre, Bestimmungen über den bestmöglichen Schutz ihrer Interessen z« treffen, falls der Krieg fortdauern sollte. Der Präsident hat sich schon lange mit dem Gedanken getragen, einen Vor, schlag, den ich die Weisung habe zu übermitteln, zu machen. Er macht ihn im gegen, wärtigen Augenblicke, nicht ohne eine gewisse Verlegenheit, weil es jetzt den Anschein erwecken könnte, als sei er angeregt von dem Wunsche, im Zusammenhang mit dem jüngsten Vorschlag der Zentralmächte eine Rolle zu spielen. Tatsächlich ist der ur, sprüngltche Gedanke des Präsidenten in keiner Weise auf diese Schritte zurückzu, führen, und der Präsident hätte mit seinem Vorschlag gewartet, bis diese Vor, schläge unabhängig davon beantwortet worden wären, wenn seine Anregung nicht auch die Frage des Friedens beträfe, die am besten im Zusammenhang mit den anderen bahinzielendeu Vorschlägen erörtert wird. Der Präsident bittet nur, daß seine Anregung allein nach ihrem eigenen Wert und so beurteilt werde, als wäre sie unter anderen Verhältnissen gemacht worden. Der Präsident regt an, daß baldigst Gelegenheit genommen werde, von allen jetzt kriegführenden Staaten ihre Ansichten über die Bedingungen zu erfahren, 63*

996 unter denen der Krieg zum Abschluß gebracht werden könnte und Über die S3or^ kehrungeo, die gegen eine Wiederholung des Krieges oder Eatfachnng irgenL, eines ähnlichen Konfliktes in Zukunft eine tufriedenflellende Bürgschaft leisten könnten, sobaß sich die Möglichkeit biete, sie offen ju vergleichen. Dem Präsidenten ist die Wahl der tut Erreichung dieses Zieles geeigneten Mittel gleich. Sr Ist gern bereit, zur Erreichung dieses Zweckes in jeder annehmbaren Weise seinerseits dien­ lich tu sein oder sogar die Initiative tu ergreifen. Er wünscht jedoch nicht, die Art und Weise und die Mittel zu bestimmen. Jeder Weg wird ihm genehm sein, wenn nur das große Ziel, das et im Auge hat, erreicht wird. Der Präsident nimmt sich die Freiheit, darauf HIntuweisen, daß die Ziele, die die Staatsmänner beider kriegführender Parteien in diesem Kriege im Auge haben, dem Wesen nach die gleichen sind. Sie haben sie ja in allgemeinen Worten ihren eigenen Völkern und der Welt kundgegeben. Beide Parteien wünschen für die Zukunft die Rechte und Freiheiten schwacher Völker und kleiner Staaten ebenso gegen eine Unterdrückung ober Verneinung gesichert zu sehen, wie die Rechte und Freiheiten der großen und mächtigen Staaten, die jetzt Krieg führen. Jeder wünscht sich neben allen anderen Nationen und Völkern in Zukunft gesichert tu sehen gegen eine Wiederholung eines Krieges wie des gegenwärtigen, sowie gegen Angriffe und eigennützige Störungen jeder Art. Jeder glaubt, die Bildung weiterer gegnerischer Vereinigungen, die unter wachsendem Argwohn ein unsicheres Gleichgewicht der Mächte herbeiführen würden, mit Mißtrauen entgegensehen zu sollen. Aber jeder ist bereit, die Bildung einer Liga von Nationen in Erwägung tu ziehen, die den Frieden und die Gerechtigkeit in der ganzen Welt gewährleistet. Ehe jedoch dieser Schritt getan werden kann, hält jede Partei es für not­ wendig, zunächst die mit dem gegenwärtigen Krieg verknüpften Frage» unter den Bedingungen zu lösen, die Unabhängigkeit, territoriale Integrität, sowie politische und wirtschaftliche Freiheit der am Kriege beteiligten Nationen sicherlich gewähr­ leisten. Volk und Regierung der Vereinigten Staaten haben an den Maßnahmen, die ln Zukunft den Frieden der Welt sicherstellen sollen, ein ebenso dringendes unmittelbares Interesse, wie die jetzt im Kriege befindlichen Regierungen, ihr In­ teresse an den Maßnahmen, die ergriffen werden sollen, um die kleineren schwächeren Völker der Welt vor den Gefahren der Zufügung eines Unrechts und der Ver­ gewaltigung zu schützen, ist ebenso lebhaft und brennend, wie das irgend eines anderen Volkes ober einer anderen Regierung. Das amerikanische Volk und die Regierung sind bereit, ja, sie sehnen sich danach, nach Beendigung beS Krieges bei der Erreichung dieses Zieles mit allem ihnen zu Gebote stehenden Einfluß und Mitteln mitzuwirken. Aber der Krieg muß erst beendet sein. Die Vereinigten Staaten müssen eS sich versagen, Bedingungen vorzuschlagen, auf Grund deren der Krieg beendigt «erben soll. Aber der Präsident fleht es als sein Recht und seine Pflicht an, das Interesse der Vereinigten Staate» an der Beendigung des Krieges bar, zutun, damit es nicht einst zu spät ist, die großen Ziele, die sich nach Beendigung des Krieges auftun, zu erreichen, damit nicht die Lage der neutralen Staaten, die jetzt schon äußerst schwer zu ertrage» ist, ganz unerträglich wirb, damit vor allem nicht die Zivilisation einen nicht zu rechtfertigenden, nicht wieder gut zu machende« Schaben erleidet.

997 Oer Präsident fühlt sich daher durchaus gerechtfertigt, wenn er eine als, baldige Gelegenheit zum Meinungsaustausch über die Bedingungen anregt, die schließlichen Vereinbarungen für den Weltfrieden vorangehen müssen, die jedermann wünscht und bei denen die neutralen Staaten ebenso wie die kriegführenden bereit sind, in vollverantwortlicher Weise mitzuwirken. Wenn der Kampf bis zum unabsehbaren Ende durch langsame Aufreibung fortdauern soll, bis die eine oder andere Gruppe der Kriegführenden erschöpft ist, wenn Millionen und Abermillionen Menschenleben weiter geopfert werben sollen, bis auf der einen oder anderen Seite nichts mehr zu opfern ist, wenn eine Er­ bitterung angefacht werden soll, die niemals abkühlen kann, und eine Verzweiflung -erzeugt wird, von der sich niemand erholen kann, dann werden die Hoffnungen auf den Frieden und ein freiwilliges Zusammenarbeiten freier Völker null und nichtig. Das Leben der ganzen Welt ist tief in Mitleidenschaft gezogen. Jeder Teil der großen Familie der Menschheit hat die Last und den Schrecken dieses noch nie dagewesenen Waffenganges gespürt. Keine Nation in der zivilisierten Welt kann tatsächlich als außerhalb feines Einflusses stehend oder als gegen seine störenden Wirkungen gesichert erachtet werden. Doch die konkreten Ziele, für die der Kampf geführt wird, sind niemals end­ gültig festgestellt worden.

Die Führer der verschiedenen kriegführenden Mächte

haben, wie gesagt, diese Ziele in allgemeinen Wendungen aufgestellt. Aber in all­ gemeinen Ausdrücken gehalten scheinen sie die gleichen auf beiden Seiten. Bisher haben die verantwortlichen Wortführer auf Leiben Seiten noch kein einziges Mal die genauen Ziele angegeben, die, wenn sie erreicht würden, sie und ihre Völker so zufriedenstellen würden, daß der Krieg nun auch wirklich zu Ende gefochten wäre. Oer Welt ist es überlassen, zu vermuten, welche endgültigen Ergebnisse, welcher tatsächliche Austausch von Garantien, welche politischen oder territorialen Ver­ änderungen oder Verschiebungen, ja selbst welches Stadium des militärischen Er­ folges den Krieg zu Ende bringen würde. Vielleicht ist der Friede näher als wir glauben. Vielleicht sind die Bedingun­ gen, auf denen die beiden kriegführenden Parteien es für nötig halten, zu bestehen, nicht so unvereinbar, als manche fürchten; vielleicht könnte ein Meinungs­ austausch wenigstens den Weg zu einer Konferenz ebnen, vielleicht könnte so schon die nächste Zukunft auf ein dauerndes Einvernehmen der Nationen hoffen und sich ein Zusammengehen der Nationen alsbald verwirklichen. Der Präsident schlägt keinen Frieden vor, er bietet nicht einmal seine Ver­ mittelung an.

Er regt nur an, daß man sondiere, damit die neutralen und die

kriegführenden Staaten erfahren, wie nahe wohl das Ziel des Friedens sein mag, nach welchem die ganze Menschheit mit heißem, wachsendem Begehren sich sehnt. Der Präsident glaubt, daß der Geist, in dem er spricht, und die Ziele, die er er­ strebt, von allen Beteiligten verstanden werden. Er hofft und vertraut auf eine Antwort, die ein neues Licht in die Angelegenheiten der Welt bringen wird. Ich benutze diesen Anlaß, Hochachtung zu versichern.

Eure Exzellenz

erneut meiner ausgezeichnetsten Grew.

An Exzellenz Zimmermann, Staatssekretär des Auswärtigen Amtes.

998

Das „Reutersche Bureau" meldete daju (21. Dezember 1916) aus Washington: Staatssekretär Lansing gab eine Erklärung ab, in der er mitteilte, die Rote des Präsidenten Wilson sei nicht auf Grund materieller Interessen Amerikas ab­ gesandt worden, sondern weil die eigenen Rechte Amerikas durch die Kriegführenden auf beiden Seiten mehr und mehr in Mitleidenschaft gezogen würden, sodaß die rage immer kritischer werde.

Wir treiben selbst näher an

den Rand

Krieges, sagte der Staatssekretär, und deshalb haben wir erfahren, was die

Kriegführenden

wollen,

damit

des

ein Recht,

wir

unsere

zu zu­

künftige Haltung bestimmen können. Weder das deutsche Anerbieten, noch die Rede Lloyd Georges sind dabei in Rücksicht gezogen worden. Später gab Lansing nach einer Besprechung mit Wilson eine weitere Er­ klärung ab, mit der er, wie er sagte, über jeden Zweifel klarstellen wollte, daß in der Neutralitätspolitik der Vereinigten Staaten keine Änderung eingetreten sei. Anmerkung i.

Natürlich tnufife die Lansingsche unglückliche taber ehrliche)

Bemerkung das ganze Vorgehen Wilsons in einem sehr merkwürdigen, wenig idealistischen Sinne erscheinen lassen.

Auch konnte eine verhüllte Drohung aus

der Bemerkung unschwer herausgelesen werden:

die späteren Ereignisse zeigten,

daß Lansing ehrlicher verfuhr als Präsident Wilson. Ein solcher Schritt des amerikanischen Präsidenten für Weihnachten 1916 war längst zu erwarten, d. h. wenigstens seit Wilsons Wiederwahl. Es kann anerkannt werben, daß sie ganz selbständig von dem Schritte der Mittelmächte erfolgte.

Sie

war trotzdem die logische Fortsetzung der Aktion dieser Mächte. Sie war — ab­ gesehen von allem anderen —, wie betont, eine Folge der Vorgänge bei der Wieder­ wahl Wilsons.

Dort hatte die amerikanische Friedensaktion eine große Rolle ge­

spielt. Um den Erwartungen, die jedenfalls ein großer Teil seiner Wähler mit seiner Wiederwahl verknüpft hatte, gerecht zu werden, mußte Wllson diesen Schritt be­ gehen. Störend kam ihm vielleicht der Schritt der Mittelmächte voraus. Er spricht die Verlegenheit, nicht als Erster auf dem Plane zu sein, ziemlich offen in der Note aus.

Er war sich auf der anderen Seite wohl auch bewußt, daß gerade seine Person

auf größte Antipathien wegen seiner mangelhaften, wirklich materiellen Neutralität (f. oben Kap. 97 und des Verfassers Werk „Weltkrieg und Zusammenbruch des Völkerrechts", 4. Aufl., Band II, Kap. 52 ff.) bei benDölkern der Mittelmächte stoßen mußte — die wirtschaftlichen Gründe für Wilson lagen klar: das allmähliche Zurückgehen der Kriegslieferungen, die starke Teuerung, die großen Eisenbahner­ streiks, die rege

Agitation

der Bannwareninteressenten

usw.

Cs wäre wohl

auch ganz verkehrt anzunehmen, daß die Mittelmächte ihr Friedensangebot gemacht hätten, um Wilsonö Vermittelung herbeizuführen.

Ganz im Gegenteil!

Beide

Aktionen sind also völlig unabhängig voneinander, wenn auch, wie erwähnt, zeitlich die WUsonsche Aktion als Fortsetzung des Angebotes vom 12. Dezember 1916 erscheint. Aber die erstere unterscheidet sich doch sehr wesentlich von der letzteren. Der Wunsch WUsons, daß die Neutralen an den Verhandlungen vollen und ver­ antwortlichen Anteil haben sollen,

konnte von den Mittelmächten nicht geteilt

werben. Hier wurde von der Vermittelung als Botenträger, wie ihn das Friedens­ angebot der Mittelmächte durch Übergabe an die Neutralen vorsah, zur aktiven

999 Rollte als gleichberechtigte Teilnehmer an der Friedensaktion übergegangen. Aus; der Teilnahme konnte der Schiedsrichter oder der Parteigänger hervorgehen: Vom Anfang an eine außerordentlich gefährliche Situation, die die Greysche Konferemzidee des Jahres 1914 unter Umständen noch als verhältnismäßig harmlos erscheinen lassen könnte.

Nur wer direkt mit Waffengewalt im Felde steht, konnte

in diesen Friedensverhandlungen als gleichberechtigter Teilnehmer an den Verhandlungen anerkannt werden.

Wohin eine aktive Teilnahme der Neutralen

sühnen mußte, zeigte bereits die außerordentlich ungünstige Aufnahme, die die Bemerkung des Staatssekretärs Lansing machte.

Lansing wußte schon damals,

daß die amerikanische Regierung für England Partei nehmen wollte. Wenn auch abgeschwächt und zurückgezogen, zeigte sie doch die prinzipielle Gefahr des Hereinziehens neutraler Staaten „bis an den Rand des Krieges".

Die Interessen der

Nemtralen müssen nach Regelung der Lebensfragen der Kriegführenden — und natürlich nach Sonderverhandlungen mit den Neutralen — geordnet werden. Als solche „Lebensfragen", die in erster Linie und vor den Interessen der Neu­ tralen unter den Kriegführenden zu regeln sind, nennt die Note selbst „die Unab­ hängigkeit, die territoriale Integrität, sowie politische und wirtschaftliche Frei­ heiten". An den subsidiären Fragen der zukünftigen Regelung der Weltverhältmisse zur Vermeidung künftiger Kriege konnte das gleiche Recht des Volkes und der Regierung der Vereinigten Staaten wie der anderen Neutralen ohne weiteres anerkannt werden. Cs wird nach dem Friedensschlüsse die Regierungen aller Kulturvölker intensiv beschäftigen. Auch als Wahrer und Schützer der Inter­ essen der kleinen Staaten sah das Auftreten Wilsons etwas merkwürdig aus und mußte mit skeptischer Ruhe, Würde und Zurückhaltung aufgenommen werden. Der Druck der Vereinigten Staaten auf das kleine Dänemark, ihm die dänischen westindischen Inseln zu verkaufen, war doch noch zu frisch im Gedächtnis. All dies, — vor dem 4. Februar 1917 (Abbruch der Beziehungen mit den Vereinigten Staaten) niedergeschrieben —- wurde durch den Lauf der Dinge völlig bestätigt.

Anmerkung 2.

5um Verständnis unö zur Auslegung -er tvilsonfchen ZrkeSensnote. In Ler Wiener „Zeit" Nr. 125 vom 30. Dezember 1916 findet sich eine in­ teressante Untersuchung über das „Urbild von Wilsons Friedensnote".

Dort

wurde zunächst ausgeführt, daß zwei Ideen in den Vereinigten Staaten in starkem Konflikte stehen: die Schiedsgerichts- und Friedensve.rtrags-Jdee und die der militärischen Bereitschaft. „Militärische Bereitschaft (preparcdncss), das ist also Steigerung der Rüstun­ gen zu Land und See, und zweitens die Gründung der vielbesprochenen amerikani­ schen FrieDensliga, die einen großen Teil, womöglich alle zivilisierten Staaten zu einem Bu nde vereinigen soll, der, wenn er auch Kriege nicht vollständig verhindern kann, doch wenigstens die schwachen gegen plötzliche kriegerische Überfälle der starken Staaten schützen soll.

1000

Diese Ideen wurden seit Jahr und Tag in der amerikanischen -fffentlichkeiit eifrigst erörtert. Einen Mittelpunkt für diese Diskussionen bildete fce Americam Academy of Political and Social Science, die von Zeit zu Zeit Kongcessse abhält,, auf denen die politischen und wirtschaftlichen Fragen des Tages von Fachimännerm erörtert werden. Die letzten Kongresse dieser Akademie waren ausschließlich dem Fragen der Kriegspolttik Amerikas gewidmet. Als besonders wertrolll erwiesem stch die Verhandlungen der letzten, der 20. Jahresversammlung der Akademie, die im Juli 1916 stattfand. Die dabei vorgetragenen Abhandlungen (int küirzlich ge­ druckt erschienen. Aus ihnen gewinnt man einen ziemlich klaren Ekbllick in die gegenwärtig in den Vereinigten Staaten herrschenden politischen und wirtschafte lichen Anschauungen und ein besseres Verständnis der politischen Maßnahmen btt amerikanischen Union, die eben mehr oder weniger durch solche Strömungen bee einfiußt werden. Die Reden und diplomatischen Noten des Präsidertem Wilsom wirken bei uns meistens wie ein Blitz aus heiterem Himmel, weil man nicht mit genügender Genauigkeit die Agitationen und Diskusstonen in Amerika übersieht,, die ihnen vorausgegangen sind und sie vorbereitet haben. Das gilt insbesondere auch von dieser letzten Note Wilsons, der Friedensnote, deren Verständmis durch» den eigentümlich krausen, undeutlichen diplomatischen Stil des Präsidenten noch» erschwert wird. In den Veröffentlichungen der Akademie findet sich auch eine Ab-handlung, deren Gedankengang so sehr mit der Note des Präsidenten überein-stimmt, daß man sie wohl als das Urbild der Note bezeichnen darf, das theoretische Urbild, das die charakteristischen Züge unbefangener, schärfer und devtlicher auSprägt, als die durch vorsichtige Erwägungen der praktischen Politik beengte diplo-matische Aktion des Präsidenten. Die betreffende Arbeit rührt von Dr. George Nasmyth, dem Sekretär der Zweigorganisation der Friedensliga in Massachusetts, her und führt den Titel: „Isolierung oder politische Führerschaft? Amerikas künftige auswärtige Politik." Der Autor bezeichnet, ganz im Sinne der pazi­ fistischen Anschauungen, die gegenwärtigen gegenseitigen Beziehungen der zivilisierten Staaten als eine internationale Anarchie, der er den Gedanken einer Weltföderation gegenüberstellt. Er weist darauf hin, daß die von Washington eingeleitete Politik der Isolierung für die Vereinigten Staaten unhaltbar geworden ist. Die Welt, sagt er, ist durch die wirtschaftlichen und technischen Fortschritte so klein geworden, daß Amerika nicht länger teilnahms­ los beiseite stehen kann. Er gibt zu bedenken, daß Amerika zur Zeit der „Lusitania"-Krise bereits nahe daran war, ob es nun wollte oder nicht, in den Weltkrieg htneingerissen zu werden. Cr meint deswegen, daß Amerika nicht länger der Entwicklung der Dinge ruhig zusehen, sondern eine schöpferische Initiative ergreifen müsse, um die anderen Nationen aufzufordern, an einer Organisation der Welt mitzuhelfen. Das sei das Ziel der Friedensliga. Aber wie und wann soll die Frtedensliga zustande gebracht werden? In den Kreisen der Anhänger der Friedensliga in Amerika meint man, daß die Friedenskonferenz, die den Krieg beenden wird, die beste Gelegenheit dazu bieten wird, oder eine neue Haager Kon­ ferenz, die nach dem Kriege einberufen werden soll. Nasmyth ist jedoch der Meinung, daß die Gelegenheit zu dem großen Fortschritt nach der angedeuteten Richtung hi» schon jetzt gekommen ist, sucht diese Ansicht, die den springenden Punkt und daneue Moment seiner Ideen bildet, tiefer zu begründen und verdichtet sie schließlich

1001

zu einem: positiven Vorschlag, in dem wir gewissermaßen das Urbild der Wilson, schen Friredcnsnote erblicken. Er meint, Präsident Wilson solle in dem gedachten Sinn einten Schritt bei den kriegführenden Mächten unternehmen. Dieser Schritt solle aberr ncht etwa in einem Anerbieten seiner guten Dienste bestehen, sondern die Veriwirlichung der Friedensliga anbahnen, die den Völkern die Sicherheit gegen dies Gefahr eines Überfalles in Zukunft und die Möglichkeit zu ungestörter friedlicherr Entwicklung gewähren soll. Um seinen Gedanken zu verdeutlichen, for­ muliert Masmyth einen bestimmten Operarionsplan für Präsident Wilson, den er durch Grwß-und Fettdruck auch typographisch hervorzuheben sucht, indem er schreibt: „Ncehnen wir an, daß Präsident Wilson den kriegführenden Staaten einen glelchlautten-en Vorschlag in folgendem Sinne macht: ,Biist du, Deutschland, bereit, Belgien, Nordfrankreich und Nordserbien zu räumen (^Rumänien war damals von den Zentralmächten noch nicht besetzt. Anm. d. R.), Belgien zu entschädigen, in eine Liga zur Erzwingung des Friedens einzu­ treten, ditL alle Nationen gegen die Gefahr eines kriegerischen Überfalles in Zukunft sichern foM?' Unv man nehme an, daß Präsident Wllson zu gleicher Zeit zu der Entente sagt: /Storni Deutschland diese Bedingungen annimmt, seid ihr dann einverstanden, die Friediensbedingungen zu erörtern? Wenn nicht, welche sind die endgültigen Bedingumgen, die ihr zur Grundlage einer Friedenserörterung machen wollt?" Nassmyth meint, daß Amerika gleichzeitig sich auch zur praktischen Mitarbeit an der Neuordnung der Welt bereit erklären soll, indem eS erstens die Garantie der Neutralit.Lt Belgiens nach dem Kriege mitübernimmt, zweitens das Schwergewicht seiner wir tschastlichen Kraft gegen jeden Staat in die Wagschale zu werfen sich bereit erklären würde, der in Zukunft die Neutralität eines jener unabhängigen Puffer­ staaten (Polen) verletzen würde, die im Interesse des künftigen Friedens errichtet werden sollen, und drittens der Friedensliga beitritt, die Deutschland ebenso wie allen anderen Staaten neue Sicherheiten gegen Friedensstörungen bieten soll, (Zr schlägt außerdem die Bildung einer Liga aller amerikanischen Staaten und die Ein­ berufung einer Konferenz sämtlicher Neutralen durch die Vereinigten Staaten vor. Er betont schließlich, int Gegensatz zu anderen Anschauungen, daß alle diese Schritte vor der Beendigung des Krieges unternommen werden müssen, hebt noch hervor, daß sich dabei eine Gelegenheit für Amerika ergäbe, die Führung der Welt bei der Schöpfung der neuen Staatenorganisation zu übernehmen. Dies sind die Vorschläge Nasmyths. „Man wird erkennen, so sagt der Autor der „Zeit", daß die Tätigkeit des Präsidenten WUson sich ungefähr in der gleichen Richtung bewegt hat. Cs waren schon damals Anzeichen vorhanden, die darauf hindeuteten, baß er sich mit den übrigen neutralen Mächten zu gemeinsamer Aktion ins Einvernehmen gesetzt hat. Es waren auch bereits damals Anzeichen dafür vorhanden, daß er eine Koope­ ration mit den mittel- und südamerikanischen Staaten suchte. Schließlich aber— und das ist das wichtigste — fällt die Friedensnote des Präsidenten Wilson im Prinzip mit dem Vorschlag Nasmyths zusammen. „In der Ausführung unter­ scheidet sie sich freilich sehr stark von ihr, aber nicht mehr als die von diplomatischen Vor- und Rücksichten befreite Theorie von der Praxis eines Staatsober­ hauptes, das noch überdies, wie Präsident Wilson, nicht zu kühner Drauf, gängerei, sondern eher zu vorsichtiger Vermittlung neigte," meinte die „Zeit". Aber

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gerade deswegen ist das Urbild Nasmyths für die richtige Erkenntnis der Note von besonderem Wert, well es die Absichten der Aktion, die in der Note selbst fast bis tut Unkenntlichkeit verhüllt sind, vielleicht offenbart. Durch Vergleichung mit dem Urbild, das jedenfalls bas einfachere Konzept ist, wird eS uns klarer, wo Präsident Wilson mit seiner Note zunächst hinauswollte: Nicht eine FriedensVermittlung im gewöhnlichen Sinne des Wortes, sondern eine Neuorganisation der Staatengesellschaft, ehe noch — und das ist das Entscheidende — der Krieg zu Ende ist und dem Sieger allein die Ordnung der Geschicke der Welt zufällt. „Dieser Gedanke stand zu der Zeit als er geäußert wurde, in Widerspruch zu der in Amerika herrschenden allgemeinen Anschauung und auch zu dem vom Prä­ sidenten Wilson wiederholt kundgegebenen Entschluß, erst dann mit einer Friedens­ annäherung hervorzutreten, wenn beide Kriegsparteien den Präsidenten Wilson darum ersuchen würden. Diese seine Auffassung hat Präsident Wilson aufgegeben. In der Friedensnote wird ausdrücklich betont, daß die Aktion des Präsidenten nur dann Aussicht auf Erfolg verspricht, wenn sie vor der Beendigung des Krieges ein­ geleitet wird. Immerhin scheint aber der Präsident mit dieser Aktion zu lange ge­ wartet zu haben und vom Friedensangebot der Zentralmächte überrascht worden zu sein. So hat er dann, um nicht zu spät zu kommen, seine Note unmittelbar nach dem Friedensangebot der Zentralmächte abgeschickt, und die Folge davon war, daß seine weitschweifig und nebelhaft stilisierte Friedensnote in Europa auf wenig Ver­ ständnis und viele Interpretationen stieß." Zwei Fragen lagen damals bereits nahe. Erstlich: Wie ließ sich dieser größenwahnige Gedanke mit der „Monroedoktrin" vereinbaren? Die Vereinigten Staaten wollen jede Einmischung nicht­ amerikanischer Staaten in amerikanische Verhältnisse verbieten, wollen aber jetzt selbst in intensivster Weise in europäische Verhältnisse eingreifen? Glaubte ein ver­ ständiger Mann in den Vereinigten Staaten, daß sich dies ein europäischer Groß, staat ohne weiteres gefallen lassen konnte? Und zweitens: Glaubte ein Verständiger, daß sich Deutschland zu einer solchen Torheit versteige, gegen die Einsetzung des „wirtschaftlichen Schwergewichts" der Vereinigten Staaten alle seine Pfand- und Kompensationsobjekte preiszugeben, um gnädigst — Friedensverhandlungen bewilligt zu erhalten. Wie malten sich in. diesen amerikanischen Köpfen die politischen Zustände in Europa! So kann „Reuter" und Lord Northcliffe deutsche Zustände verzerren, aber doch kaum ein ernst zu neh­ mender amerikanischer Politikerl Der wettere Fortgang der Aktion aber enthüllt den amerikanischen politischen Größenwahn in nacktester Form!

II. Die Aufnahme der Wilsonschen Friedensnote ent­ sprach im wesentlichen derjenigen der Mittelmächte. Die Aufnahme im neutralen Auslande war eine sehr günstige, vielleicht zu opti­ mistische. Auch in den Vereinigten Staaten — hier mit Ausnahme einiger entente-wütiger Journale. Auffallend ungünstig war die Aufnahme in England. Da Wilson, in der Hauptsache eigenttich dasselbe forderte, was — nur unfreund­ licher und höhnischer — die „Staatsmänner der EnteMe verlangten^

ioog nämlich die spezialisierten Bedingungen der Mittelmächte, so erschien die üble Aufnahme nicht mit Unrecht einem Teil der Presse der Länder Mitteleuropas von Anfang an als gemacht und theatermäßig, wenn nicht geradezu als ein abgekartetes Spiel zwischen Wilson und England1).

*) Wir heben als Beweis für die — scheinbar — geradezu feindselige Auf­ nahme nur einige Pressestimmen hervor: „Daily Graphic" erklärte Wilsons Note aus seiner Unwissenheit. Das Blatt sagt, Wilson scheine jetzt noch nicht einmal angefangen zu haben, die Ursachen des Krieges zu begreifen. Wilson rede wie ein Schulmeister, der Schulknabeu be­ fehle, mit der Prügelei aufzuhören, weil ihr Lärm ihn störe. Wilson täte besser, sich erst zu informieren, ehe er anfange zu reden. „Daily Chronicle" schrieb: In unserer ganzen Generation habe nichts sowohl England wie die Liberalen in West- und Südeuropa so geschmerzt wie die Note Wilsons, die tatsächlich nur ein Anhang zur Berliner Note ist. Das Blatt fragt, was die Alliierten getan hätten, um diese Beleidigung Wilsons zu verdienen, da er dasWort Deutschlands über denKrieg als ebenso gut betrachtet wie das ihrige. Zusammenfassend schrieb „Daily Chronicle": Die gesamte englische Presse hat in ihrer Aufnahme der Note Wilsons große Einstimmigkeit an den Tag gelegt und so die Stimmung der überwiegenden Mehrheit der Nation richtig ausgedrückt. Wir nehmen an, daß die Alliierten Deutschland antworten, indem sie es auffordern, seine Bedingungen zu nennen. Wir nehmen nicht an, daß Wilson gegen die Logik und Billigkeit einer solchen Antwort etwas einwenden könnte. „Daily News" sagten: Die Aufnahme der Note Wilsons in England war achtungsvoll, aber unnachgiebig. Cs besteht bemerkenswert wenig Unterschied zwischen den Kommentaren der englischen und der amerikanischen Blätter. Beide drücken Überraschung und Bestürzung aus. Eines ist klar, daß, was Amerika auch befürchten mag, es keinen Krieg mit der Entente führen kann, denn die Schieds­ gerichtsverträge, die es mit England und Frankreich geschlossen hat, und die Be­ geisterung der Amerikaner für die Sache der Alliierten sind eine Bürgschaft des Friedens. „Daily Mail" sagte: Die Presse gab einstimmig die Antwort der britischen Nation auf Wilsons Note. Nirgends zögerte man im geringsten, eine verneinende Antwort zu erteilen. „Popolo d'Jtalia" schrieb (23. Dezember 1916): Wilson hätte unter den derzeitigen Umständen seine Zurückhaltung beibehalten können, wie es die Schweiz getan hat. Er hätte an der Erklärung eines Ministers der Entente denken können, nach der jede Intervention eines Neutralen als unfreundlicher Akt und unneutral angesehen werden würde. Der „Secolo" schrieb: Wilson wählte den Zeitpunkt für seine Vorschläge schlecht. Seine Rechtfertigung, daß seine Initiative unabhängig von der Deutsch­ lands sei, beweise das Unzeltige seiner Note: gegenüber seiner Begründung müsse man sich fingen, inwiefern die Vereinigten Staaten bei ihrer ausgedehnten Kriegs­ industrie und ihrem Verkehrswesen materiell unter dem Krieg litten. Das Ein­ greifen der Neutralen zur Beendigung des Krieges gerade jetzt wäre ein unfreiwillig

ioo4 Geteilt war die Aufnahme auch in der Presse der Mittel­ mächte. Die sozialdemokratische Presse nahm dev Schritt Wilsons vorbehaltlos als großen Fortschritt auf. Ähnlich das „Berl. Tgbl.". Dagegen mit starkem, wenn auch sympathischem Skeptizismus z. B. die „Voss. 3*9"/ die „Münch. N. Nachr." und andere. Sehr skeptisch trat dagegen die alldeutsche und konservative Presse, insbesondere die „Tägl. Rundschau", Graf Reventlow in der „Deutschen Tagesztg." und die „Kreuzztg." auf. Sehr geteilt und stark zurückhaltend war auch die Wiener Presse, wo die „Neue Fr. Presse" und die „ArbeiterZtg." die Kunde noch am günstigsten aufnahmen. Der Verfasser äußerte sich selbst in der Wiener „Zeit" und in einer großen Anzahl deutscher Zeitungen skeptisch zurückhaltend, da das aktive Eintreten einer dritten sogenannten neutralen Macht von Anfang an außer­ ordentlich bedenklich erschien. Der Fortgang der Dinge gab denen recht, die das Eingreifen Wilsons von Anfang an als große Gefahr für den Weltfrieden ansahen. Hl.DieNoten derNeutralen und dieAntworten darauf. a. Die schweizerische Note. Eine neue Überraschung war folgende Mitteilung der Presse vom 23. Dezember 1916: Der schweizerische Bundesrat hat gestern eine Note an die kriegführenden Staaten gerichtet, worin nach dem Hinweis auf die amerikanische Note folgendes ausgeführt wird: parteiisches Vorgehen, daher sei Wilsons Initiative nicht nur unangebracht, sondern auch ungebührlich. Die „Pall Mall Gazette" meinte, Präsident Wilsons hochtrabende Bestrebun, gen hätten nur einen „deutschen Frieden" zur Folge, der wie ein Fluch auf Europa fallen würde. Wilson übersehe die feige Philosophie Deutschlands, daß Blutver, gießen, Vernichtung und Leiden größere Übel seien als der Triumph der Ungerechtig­ keit, Grausamkeit und Furcht. Er mache keinen Unterschied zwischen den Schlächtern und ihren Opfern, zwischen Verrat und Ritterlichkeit, zwischen Unterdrückern und Befreiern. Die Londoner „Times" schrieben über die Note Wilsons: Die Ententemächte würden sie zweifellos ebenso behandeln, wie Lincoln während deö amerikanischen Bürgerkrieges alle Vorstellungen einer europäischen Vermittlung behandelt hätte (d. h. ablehnend). schenken.

Die Alliierten könnten dem Plaidoyer Wilsons kein Gehör

Sie würden Wilson alle Höflichkeit erweisen, die er verdiene, aber er

würde sie nicht verhindern können, die Freiheit der Völker (!) zu verteidigen. „Times" betonten, daß der unerwartete Schritt Wilsons sehr überrascht habe, zumal, da die wichtigsten amerikanischen Zeitungen Lloyd Georges Ablehnung der deutschen Vor­ schläge beifällig begrüßt hätten. WUson scheine den besten Teil der amerikanischen öffentlichen Meinung nicht nach ihrem Wert zu würdigen.

1005 „Die überaus verdienstliche persönliche Initiative von Präsident Wilson wird einen mächtigen Widerhall in der Schweiz finden. Treu den Verpflichtungen, die fich auö der Einhaltung strengster Neutralität ergeben, in gleicher Freundschaft mit den Staaten der beiden im Kriege stehenden Mächtegruppen verbunden, wie eine Insel inmitten der Brandungen des schrecklichen Dölkerkrieges gelegen, in seinen ideellen und materiellen Interessen aufs empfindlichste bedroht und verletzt, ist unser Land von einer tiefgehenden Friedenssehnsucht erfüllt und bereit, mit seinen schwachen Kräften mitzuhelfen, um den unendlichen Leiden des Krieges, die ihm durch die tägliche Berührung mit Internierten, Schwerverwundeten und Evakuierten vor die Augen geführt werben, ein Ende zu bereiten und die Grund­ lagen zu einem segensreichen Zusammenwirken der Völker zu schaffen. Der schweizerische Bundesrat ergreift daher freudig die Gelegenheit, die Be­ strebungen des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika zu unterstützen. Er würde sich glücklich schätzen, wenn er in irgendeiner auch noch so bescheidenen Weise für die Annäherung der im Kampfe stehenden Völker und für die Erreichung eines dauerhaften Friedens tätig sein könnte."

b. Auch die skandinavischenStaaten schlossen sich demSchritte der Schweiz an, während Holland und Spanien dies ablehnten. Der Text der von dem schwedischen Geschäftsträger, dem dänischen Ge­ sandten und dem norwegischen Gesandten im Aufträge ihrer Ne­ gierungen am 29. Dezember 1916 im Auswärtigen Amte überreichten gleichlautenden Note ist in deutscher Übersetzung folgender: „Die Königliche Regierung nahm mit lebhaftem Interesse von den Vorschlägen Kenntnis, die der Präsident der Vereinigten Staaten soeben gemacht hat, um die Maßnahmen zur Herstellung eines dauerhaften Friedens zu erleichtern.^ Wenn sie auch jede Einmischung zu vermeiden wünscht, die legitime Gefühle verletzen könnte, so würde die Königliche Negierung ihre Pflichten gegenüber ihrem eigenen Volke und gegenüber der gesamten Menschheit nicht zu erfüllen glauben, wenn sie nicht ihre tiefste Sympathie für alle Bestrebungen ausdrücken würde, die der fortgesetzten Steigerung von Leiden sowie von moralischen imb materiellen Verlusten ein Ende setzen könnten. Sie gibt sich der Hoffnung hin, daß die Initiative des Präsidenten Wilson ein Ergebnis zeitigen wird, würdig der hochherzigen Gesinnung, von der ihr Urheber beseelt ist."

c. Die Antworten konnten nach der weiteren Entwicklung der Dinge nur ablehnend lauten. Ministerpräsident Brtand überreichte am 18. Januar 1917 dem schweizerischen Gesandten die Antwort der Verbündeten auf die Schweizer Note vom 22. Dezember 1916. In derselben heißt es: »Die ganr« Welt kennt die Bemühungen, welche die Schwelt in hochherziger Weise stets unternommen hat, um die Leiden der internierten Schwerverwonbeten und Evakuierten t» mildern, denen unaufhörlich die hingehendste Pflege bewiesen worbe. Die Verbündeten rolle» daher auch den Gefühlen und Absichten An­ erkennung, von denen die Mitteilung der Bundesregierung Zeugnis ablegt. ^ Ihre

ioo6 Haltung ist in der Antwort an den Präsidenten SBilson klar gezeichnet worben. Da die Bundesregierung auf die Vorschläge Amerikas Bezug genommen hat, beehren sich die verbündeten Regierungen ihr hiermit den Wortlaut ihrer Antwort mitzuteilen. Sie möge in diesem Dokument, das von der Note der belgischen Ree gierung begleitet ist, die Darlegung der Gründe erblicken, weshalb die Verbündte ten eS für unmöglich erachten, den Wünschen zu entsprechen, denen die Schweiz sich angeschlossen hat."

Noten gleichen Inhalts.wurden den Pariser Gesandten Schwe­ dens, Dänemarks und Norwegens überreicht. IV. Die Antwort -er Mittelmächte auf -le Note Wilsons erfolgte ebenso rasch, wie die Beantwortung der Ententemächte auf die Note vom 12. Dezember 1916 verzögert wurde. Die Ver­ wirrung und das Zaudern in London, Paris usw. waren trotz der lobsuchtähnlichen Ausfälle in Presse und Parlament scheinbar groß. Die Antwort der Mittelmächte trat (26. Dezember 1916) in folgender Form auf: Der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes hat heute dem Bot, schafter der Vereinigten Staaten von Amerika in Beantwortung seines Schreibens vom 21. Dezember folgende Note übergeben: „Die Kaiserliche Regierung hat die hochherzige Anregung des Herrn Präsiden, ten der Vereinigten Staate« von Amerika, Grundlagen für die Herstellung eines dauernden Friedens zu schaffen, in dem freundschaftlichen Geist aufgenommen und erwogen, der in der Mitteilung des Herrn Präsidenten zum Ausdruck kommt. Der Herr Präsident zeigt das Ziel, bas ihm am Herzen liegt, und läßt die Wahl des Weges offen. Der Kaiserlichen Regierung erscheint eia unmittelbarer Gedankenaustausch als der geeignetste Weg, um zu dem gewünschten Ergebnis zu gelangen. Sie be, ehrt sich daher, im Sinne ihrer Erklärung vom 12. Dezember, die zu Friedens, Verhandlungen die Hand bot, den alsbaldigen Zusammentritt von Delegierte» der kriegführenden Staaten an einem neutralen Ort vorzuschlagen. Auch die Kaiserliche Regierung ist der Ansicht, daß das große Werk der Der, Hütung künftiger Kriege erst nach Beendigung des gegenwärtigen Völkerriugens in Angriff genommen werden kann. Sie wird, wenn dieser Zeitpunkt gekommen ist, mit Freuden bereit sein, zusammen mit de» Vereinigten Staaten von Amerika an dieser erhabenen Aufgabe mitzuarbeiten."

Die k. u. k. Regierung antwortete folgendermaßen: „In Beantwortung des am 22. Dezember von Euer Exzellenz, dem amerika, nischen Botschafter hier mitgeteilten Aidememoire, welches die Vorschläge des Präsidenten der Vereinigte« Staaten von Amerika für einen Gedankenaustausch unter den gegenwärtig im Kriegszustand befindlichen Mächten behufs möglicher Herstellung des Friedens enthält, legt die Regierung vor allem Wert darauf, zu betonen, baß sie sich von demselben Geiste der Freundschaft und des Entgegen,

ioo7 kommenS, welches in den edlen Anregungen des Präsidenten zum Ausdruck kommt, auch ihrerseits bei der Beurteilung derselben leiten ließ.

Der Präsident hat bas

ZSel vor klugen, Grundlagen für die Herstellung eines dauernden Frieden- zu schaffen, wrbei er die Wahl deS Weges und der Mittel nicht tu präjudizieren (vor, wegzunehweu) wünscht. Die l. u. t. Regierung hält als den geeignetsten Weg zu diesem Ziele den unmittelbaren Gedankenaustausch zwischen den kriegführenden Mächten.

An,

knüpfend an ihre Erklärung vom 12. Dezember, in der sie sich zum Eintritt in Friedensscrhanblungen bereit erklärte, beehrt sie sich somit, den baldigen Zusammen, tritt von Vertretern der kriegführenden Mächte an einem Orte des neutralen Aus, landeS vorzuschlagen. Die k. u. k.,Regierung stimmt gleichfalls der Auffassung des Präsidenten zu, daß erst nach Beendigung des gegenwärtigen Krieges es möglich sein würbe, an das große wünschenswerte Werk zur Verhütung künftiger Kriege zu schreiten. Im gegebenen Zeitpunkt wird sie gern bereit sein, gemeinsam mit den Vereinigten Staaten von Amerika ihre Mitarbeit der Verwirklichung dieser erhabenen Aufgabe zu leihen."

Die in den Hauptpunkten gleichlautende Antwort der beiden Mächte kommt genau auf den Vorschlag zurück, den sie im Verein mit den beiden Verbündeten am 12. Dezember 1916 den Gegnern gemacht haben. Die Mittelmächte sind, wie die Antwort ausdrücklich zeigt, und wie schon die Vergleichung ihres Vorschlages mit der Note des Präsidenten erkennen läßt, vollständig mit dessen Anregung, dem baldigen Zusammentritt von Delegierten der kriegführenden Staaten, einig, unterscheiden sich jedoch darin, daß sie stillschweigend von einer Beiztehung der Neutralen absehen, die Herr Wilson mit zu, gezogen wissen will. Anmerkung i.

Spanien und Holland lehnten den Anschluß an

die Erklärung der anderen neutralen Staaten, wie betont, ab (s. nächstes Kap. 6.1031). Der„Temps" fyattc noch einige Tage zuvor in völliger Verkennung der Stimmung der Neutralen stolz erklärt: „Die neutralen Staaten weigern sich, sich mit dem perfiden Schritte der Mittelmächte zu identifizieren." Anmerkung 2. Auf die Note, die am 29. Dezember 1916 von den Gesandten Dänemarks, Schwedens und Norwegens in Berlin übergeben worden war, wurden am 1. Januar 1917 den Gesandten die Antwortnoten zugestellt. In denselben spricht die Kaiserliche Regierung vollstes Verständnis für die Beweggründe aus, die die drei Regierungen bei ihren Kundgebungen leiteten, und verweist sodann auf die deutsche Note vom 12. Dezember und auf die Beantwortung der Anregung dePräsidenten der Vereinigten Staaten Amerikas. Die Antwortnoten schließen mit der Bemerkung, daß es von der Antwort unserer Gegner abhänge, ob der Versuch, der Welt die Segnungen des Friedens wiederzugeben, von Erfolg gekrönt sein würde. Eine ähnliche Antwort wurde den nordischen Reichen von Asterrelch-Ungarn erteilt.

ioo8 Bemerkungen des Verfassers: Der Hauptinhalt der Ant­ wort der Mittelmächte entsprach dem, was wir oben unter dem un­ mittelbaren ersten Eindruck des Erscheinens 5er Wilsonschen Note als die Forderung der Mittelmächte niedergeschrieben haben. Die Mittelmächte verlangten eine Delegiertenkonferenz mit Beschränkung auf die Kriegführenden. Die internationale Friedenskonferenz zur Verhütung zukünftiger Kriege konnte erst nach Beendigung des Weltkrieges angebahnt werden. Auf sie mußte Wilson im Gegensatze zu den Kriegführenden das Hauptgewicht leger. Die schweizerische Note war im ganzen viel vorsichtiger, weil allgemeiner und breiter in der Zielstellung als die Wilsonsche. Sie will „in irgendeiner auch noch so bescheidenen Weise für die Annähe­ rung der im Kampfe stehenden Völker tätig sein. Sie atmet gegen­ über dem anmaßlichen und stark egoistischen Aufireten des Präsidenten Wilson reine Objektivität und Neutralität und mußte des Beifalles der Mittelmächte von Anfang an teilhaftig werten—umsomehr, als sie der sehr lästigen, fast feindselig-neutralen Neugier nach den speziellen Friedensbedingungen der Mittelmächte, die ja das Ziel aller taktischen Maßnahmen der Entente war, um die Mittelmächte in schädlicher Weise festzulegen, sich ganz enthielt. V. Ebenso prompt wie Wilson erhielt die Schweiz von den Mittelmächten die Antwort. Am 27. Dezember 1916 wurde offiziös mitgeteilt: Der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes übergab heute dem schweizerischen Gesandten in Beantwortung des Schreibens vom 22. d. M. folgende Note: „Die Kaiserliche Regierung hat davon Kenntnis genommen, baß der fchweizerische Bundesrat im Verfolg einer schon geraume Zeit zurückliegenden Fühlung­ nahme mit dem Herrn Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika bereit ist, auch seinerseits für eine Annäherung der im Kampfe stehenden Völker und für di« Erreichung eines dauernden Friedens tätig zu sein. Der Geist wahrer Mensch­ lichkeit, von dem der Schritt des schweizerischen Bundesrats getragen ist, wird von der Kaiserlichen Regierung nach seinem vollen Werte gewürdigt und geschätzt. Oie Kaiserliche Regierung hat den Herrn Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika davon unterrichtet, daß ihr ein unmittelbarer Gedankenaustausch als das geeignet(ie Mittel erscheint, um zu dem gewünschte» Ergebnis zu gelangen. Ge­ leitet von de« Erwägungen, a«S denen Deutschland am 12. Dezember zu Friedeosverhandlnnge» die Hand bot, darf die Kaiserliche Regierung eine» alsbaldige» Zusammentritt von Delegierten sämtlicher kriegführenden Staaten an einem neu­ tralen Orte vorschlagen. In Übereinstimmung mit dem Herrn Präsidenten der

1009

Vereinigten Staaten von rlmerika ist die Kaiserliche Regierung der Ansicht, daß das große Werk der Verhütung künftiger Kriege erst nach Beendigung des gegenwärtigen Völkerringens in Angriff zenommen werden kann. Sie wird, sobald dieser Zeit­ punkt gekommen ist, mit freuden bereit sein, an dieser erhabenen Aufgabe mitzuarbeiten. Wenn die Schwnz, die, treu den edlen Überlieferungen des Landes, bei der Linderung der Leiden des jetzigen Krieges sich unvergängliche Verdienste er­ worben hat, auch ihrerseits zu der Sicherung des Weltfriedens beitragen will, so wird dies dem deutschen D)lke und der deutschen Regierung hochwillkommen sein."

Die Antwort, die der Minister des k. u.k. Hauses und des Äußeren am 27. Dezember an den schweizerischen Gesandten auf die von diesem am 23, Dezember überreichte Note des schweizerischen Bundesrats gerichtet hat, lautet: „Der unterzeichnete Minister des k. u. k. Hauses und des Äußeren hatte die Ehre, Ihre geschätzte Note vom 23. Dezember zu erhalten, in der es S. Hochwohl­ geboren dem Herrn schweizerischen außerordentlichen Gesandten und bevollmäch­ tigten Minister Dr. Charles Daniel Dourcart gefällig war, auftragsgemäß mitzu­ teilen, daß der schweizerische Bundesrat den Schritt zu unterstützen wünscht, den der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika bei den Regierungen der krieg­ führenden Mächte behufs Beendigung des gegenwärtigen Krieges sowie dauernder Verhütung künftiger Kriege unternommen hat. Die hochherzigen Anregungen des Präsidenten Wilson haben bei der k. tt. k. Regierung eine durchaus sympathische Aufnahme gefunden, welche auch in der dem hiesigen amerikanischen Botschafter gestern übergebenen, hier abschriftlich beigeschlossenen Antwort zum Ausdruck ge­ langt. Indem der unterzeichnete Minister des k. u. k. Hauses und des Äußeren S. Hochwohlgeboren den Herrn schweizerischen Gesandten zu ersuchen sich beehrt, dieses Schriftstück zur Kenntnis des schweizerischen Bundesrats bringen zu wollen, gestattet er sich beizufügen, daß die k. u. k. Negierung in der Unterstützung der Friedensbestrebungen des Präsidenten Wilson seitens der eidgenössischen Regierung einen Ausfluß jener edlen und menschenfreundlichen Gesinnung erblickt, welche die Schweiz seit Kriegsbegtnn allen kriegführenden Mächten gegenüber an den Tag zu legen und sie in so reichem und wirksamem Maße in die Tat umzusetzen beflissen ist. Oer unterzeichnete Minister des k. u. k. Hauses und des Äußeren benutzt zu­ gleich auch diesen Anlaß, um Sr. Hochwohlgeboren dem Herrn schweizerischen Ge­ sandten den Ausdruck seiner ausgezeichneten Hochachtung zu erneuern."

Die inhaltlich gleichen Antworten erteilten gleichzeitig Bul­ garien x) und die Türkei. Ein Zeichen des raschen Zusammevarbeitens der Vierbundsstaaten. *) In der Antwort der bulgarischen Regierung auf die Note des Schweizer Bundesrats, die der bulgarische Gesandte Radew überreichte, heißt es: „Die königliche Regierung würdigt vollkommen den spontanen und freund­ schaftlichen Charakter dieses Schrittes ebenso wie die großherzige Gesinnung, aus der er hervorgeht. Da sie selbst durch ihre Note vom 12. Dezember ihren Gegnern die Hand zn Friedensverhandlungen gereicht hat, so kann Bulgarien nur mit Müller,Meiningen, Entstehung des Weltkriegs.

64

1010 Anmerkung i.

Nichts ist wohl für die Derranntheit des fra»;-si-

scheu Volkes und den gerade;»

pathologischen

Fanatismus

beS,

selben charakteristischer als daS Resultat des Nationalkongresses der so;ialistischen Partei.

Die „Agence Havas" meldete als Erfolg dieses Kongresses die An­

nahme folgender Entschließung vom 27. De;ember 1916, sohin nach dem Bei, tritt« der Schwei; und «ach der Antwort der Dlerbundsstaate» auf die Wilsonsche Note: Die fran;öflsche Abteilung der Arbeiter-Internationale erinnert erneut an die so;ialistische Auffassung vom Frieden, wie sie die am 14. Februar 1915 in London abgehaltene Konferen; festgestellt hat, und die nicht die politische und wirtschaftliche Zerschmetterung Deutschlands und den Krieg gegen die Völker proklamiert, sondern den Krieg gegen die Regierungen, die Unterdrücker der Befreiung, und die Ent­ schädigung Belgiens verlangt, die polnische Autonomie, das Recht für die annek, tierteo Bevölkerungen von Elsaß-Lothringen und am Balkan, über sich selbst;u verfügen. Diese Grundsätze sind als notwendiger Ausgangspunkt jeglicher ernst­ haften Frtedenserörlerung aufgestellt. Die Partei stellt fest, daß die Not« der Mittelmächte keinen wahrhaften Friedensvorschlag darstelle. Sie enthält keine ge­ nauen Formeln für einen Frieden, der kein Sonderfrieden wäre, und die allein erlauben würden, den Grad der Wichtigkeit ;u beurteilen, den man der Initiative des Feindes beizumesseo habe. Mögen diese Formeln nun vorhanden sein ober nicht, so ist die Partei der Ansicht, daß die Alliierten ihre kriegerische Anstren guog für die nationale Verteidigung in kräftiger Weise fortführen, die materiellen Kräfte beleben und die moralischen Kräfte unterstützen müssen, deren Schwächung de» Widerstand und die Tatkraft des Landes ;u entnerven drohe. Die Alliierten müssen für ihre eigenen Friebensbedingungen die Einheit der Auffassung verwirklichen, die nicht weniger unentbehrlich ist als die Einheit der militärischen Handlung, und die sie feierlich in der Antwort auf die Noten der Vereinigten Staaten und der Schwei; kundgeben können. Wilson verlangt von den Kriegführenden, daß sie ihre An­ sichten über die Bedingungen ;ur Beendigung des Krieges und über die Garantien gegen die Wiederkehr eines ähnlichen Konfliktes bekanntgeben. Als ein;ige Antwort sollen die Alliierten den klare» Beweis darüber erbringen, daß sie im Jahre 1914 durch das Anerbieten von Dermlttluogs- und Schiedsgerichtsverfahren die KataDankbarkeit und Sympathie jede dieses menschenfreundliche Ziel erstrebende Jai, tiative begrüßen. Dom gleichen Geiste beseelt, ist die Königliche Regierung der Ansicht, daß daS geeignetste Mittel ;ur Beendigung beS Krieges in einem direkten Meinungsaus­ tausch ;wischen Vertretern der kriegführenden Länder in einem neutralen Lande bestehen würbe. Die Königliche Regierung teilt vollkommen die Ansicht, daß der Friedensschluß bas Vorspiel;«einer allgemeinen Mitarbeit der Staaten ;ur Schaffung einer inter­ nationale« Ordnung sein sollte, die künftig jeden Krieg unmöglich machen könnte. Sie würde sich glücklich schätzen, au der Verwirklichung dieses edlen Ideals in Über­ einstimmung mit der Schwei;er Eidgenossenschaft arbeiten ;u können, die sich schon unvergängliche Ansprüche auf die Dankbarkeit der Welt erworben hat durch die menschenfreundliche Mission, die sie inmitten dieses furchtbaren Ringens auf sich genommen hat."

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sirophe vermeiden wollten, daß diese Anerbieten zurückgewiesen wurden und baß sie bereit sind, den Krieg unter der Bedingung zu beenden, baß von den Mittelmächten gerechte Wiedergutmachungen (reparations) gewährt und Bürgschaften für eine» festgefügten und dauerhaften Frieden geschaffen werden. Der Beschluß des Kongresses besagt weiter, baß der Sieg, wenn auch noch nicht durch die Waffen errungen, dennoch nahe sei, da die Mittelmächte dazu ge, bracht worben seien, zu versichern, daß sie bereit seien, zur Anerkennung des Rechtes der schwachen Völker auf Selbstbestimmung überzugehen und die Ordnung künftiger Konflikte den Gesetzen einer rechlsprechenden Organisation der Völker zu überlassen. Die Genossenschaft der Völker, gestern noch ein Trugbild, «erbe morgen möglicher, weise eine Tatsache sein. Der Beschluß^verurteilt die kapitalistische Gesellschaftsordnung und erklärt, daß die Frage der großen Meeresstraßen durch ihre Erklärung als internationale und die Festlegung des Rechtes auf freien Verkehr auf dem freien Meere gelöst werden müsse. So werbe die Genossenschaft der Nationen mit ihrer Achtung vor internationalen Verträgen, mit der Unterdrückung der geheimen Diplomatie, mit der Errichtung eines für alle verbindlichen Schiedsgerichts, mit ihren internationalen Gesetzen und mit der Beschränkung der Rüstungen notwendig die Herrschaft der politischen Demo, kratie, welche sich in wirtschaftlicher Demokratie auswirken werde, im Innern der Staaten herbeiführen. Zum Schluß heißt es: „Die sozialistische Partei fordert die alliierten Re, gierungen auf, dem Präsidenten Wilson zu antworten, daß sie, nachdem sie den Frieden gewollt, aber den Krieg auf sich genommen und tapfer durchgekämpft haben, bereit sind, ihre Ansichten über die Bedingungen der Wiederherstellung des Friedens bekanntzugeben und mit jeder Lösung sofort einverstanden sein werden, welche den Ungerechtigkeiten der Macht ein Ende setzt und mit Hilfe der Neutralen die Ge, nossenschast der freien Völker in der zivilisierten Menschheit herstellt." Dieser Beschluß wurde von dem Kongreß mit den Stimmen von 2703 ver, tretenen Körperschaften gegen 109 bei 20 Stimmenthaltungen und 6 nicht ver, tretenen Stimmen angenommen. Das Selbstverfügungsrecht der Völker ging also auch für diese edlen „Demo, stattn" nur zugunsten von Elsaß,Lothringen. Von Finnland, von Litauen, Polen, Wolhynien, von der Ukraine, von den Ostseeprovinzen usw. wisse» die Phraseure so wenig als von dem Selbstbestimmungsrechl von Irland, Ägypten, Indien, der Durenrepubliken «sw. Auch vom Selbstbestlmmungsrecht SübtirolS bis zum Brenner, der slawischen Länder, die Italien befreien soll, «sw. wissen sie nichts. Auch daS „Selbstbestimmungsrecht" von Koostantinopel, von Bulgarien usw. existiert für diese „Demokraten" nicht! Wenige Tage vorher (am 22. Dezember 1916) aber hatte die Liga der Frembvölker Rußlands aus Bern folgendes Telegramm an den Minister, Präsidenten Herrn Lloyd George abgesandt: „Sir, — in Ihrer gestrigen Rede lassen Sie die Well wissen, daß Großbritannien für die vollständige Wiederherstellung, vollständige Entschädigung, wirksame Bürg, schäften der Schäden kämpft, die kleinen Nationen durch den Feind zugefügt wurden. Nun bitte ich Sie im Namen vieler Millionen Unglücklicher, Ihre aufopfernde Menschenliebe nicht einseitig zu beweisen, sondern auch auf die Nationen auSzu, Dehnen, die viel größeres Unrecht erlitten haben. Ich spreche von den Fremdvölkern

1012 Rußlands.

An ihnen, die Jahrhunderte hindurch mißhandelt, entrechet wurden^

sind während dieses Krieges Greueltaten begangen worden, wie sie ensetzllicher die Weltgeschichte nicht kennt.

Sie müssen davon Kenntnis haben, denn jrlbist Ln der

Duma sind sie öffentlich herausgeschrien worden, die Vergewaltigungen rnd> Rechts­ brüche in Finnland, die Plünderungen und Evakuierungen in den balMen Pro­ vinzen, Litauen, Polen und Wolhynien, die Knebelungen der nationalenEimrichtungen in der Ukraine, die Mißhandlung Galiziens, die Metzeleien vieler Tarsemder von Georgiern und Muselmanen und die scheußliche Vertreibung und Verachtung von Hunderttausenden von Juden. Dort wurden überall Städte und Dörfer verbrannt. Lausende junge und alte Bewohner niedergemacht, dieüberlebenden in tie Sklaverei geführt. Diese Scheußlichkeiten sind nicht durch den Feind angesiiftet, glgem den sich zu wehren die Angegriffenen Recht und Macht haben, sondern sie sud Lurch die russische Regierung an den eigenen Untertanen geschehen, die wehrlos unschuldig waren, ja, kaum ist es zu glauben, das Blut ihrer Söhne für Rußland, also für den eigenen Unterdrücker, tapfer und gehorsam auf dem Schlachtfelds ve:go ssen und noch heute vergießen. Darum erlaube ich mir Sie zu fragen, Herr Miniferpräsident, da ich überzeugt bin, daß Sie gerecht sein wollen, wie werden Sie sich diesen Tat­ sachen gegenüber verhalten? Werden auch Sie darüber hinweggehen, als hatten Sie nie etwas davon erfahren, und, wie soeben Herr Sonnino, sich mit Worten be­ gnügen: „Von der Achtung vor dem Prinzip der Nationalitäten, der Regeln des Menschenrechtes, der Humanität, der Gerechtigkeit und Zivilisation?" Werden Sie fortfahren, die Hand freundschaftlich zu drücken, die diese Schrecklichkeiten began­ gen hat?" Es ist freilich auch für die „Neutralität" mancher neutralen Regierung charak­ teristisch, daß man sich für die belgischen Taugenichtse und Straßenbummler inter­ essierte und ins Mittel legte, daß man aber für alle fürchterlichen Greuel der Russen, die tzunderttausenden armer eigener Untertanen das Leben kosteten, nicht ein Mort übrig hatte. So wurden Hunderttausende deutsch-russischer Einwohner von Wol­ hynien usw. einfach dem Hungertode überliefert und ausgerottet — kein Hahn krähte danach! Aber dagegen, daß einige tausend Belgier um guten Lohn in Deutsch­ land arbeiten sollten, sträubte sich das „Völkergewissen". Ein Zeichen der völlig hysterisch gewordenen Menschheit, das Opfer einer universalen verlogenen Hetz­ presse! (f. des Verfassers Werk „Der Weltkrieg und der Zusammenbruch des Völkerrechts" 4. Aufl., insbesondere Kap. 70). Anmerkung 2. „Reuter" meldete (Washington, 6. Januar 1917): „Der Senat nahm mit 48 gegen 17 Stimmen den Antrag der Republikaner au, durch den daS Ansuchen des Präsidenten um Bekanntgabe der Friedensbedingungen, nicht aber seine Note gebilligt wird. Nach einer Mitteilung des Staats­ departements beabsichtigt Wilson nicht, eine neue Friedensnote abzusenden": Eine Nachricht, die offenbar in dieser Form unrichtig war.

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io4' Kapitel.

Die offiziellen Antworten des Vier(Zehn>-Verbandes auf -ie Friedensnote der Mittelmächte und an Präfident Wilson und ihr Echo: Replik der Zentralmachte und Antworten der Neutralen.

i. Die offiziellen Antworten auf die Friedensnote vom 12. De­ zember 1916 ließen lange auf sich warten. Ein Zeichen der ver­ legenen Unsicherheit, in die die Entente durch die Aktion der Mittel­ mächte und die Fortsetzung durch die neutralen Staaten versetzt war. Die geschickte englische Regie schickte nach dem in Vorstehendem skizzierten Regteplan auch hier wieder den russischen Autokraten in die erste Linie. Der russische Oberbefehlshaber (wohl Zar Nikolaus) richtete am 25. Dezember 1916 an die Armee und Marine folgenden Tagesbefehl (Mitteilung der „Petersb. Telegraphen-Agentur"):

„Mitten im tiefen Frieden griff Deutschland, das seit langer Zeit sich heimlich darauf vorbereitete, sich alle Völker Europas zu unterwerfen, vor nunmehr über zwei Jahren plötzlich Rußland und den treuen Verbündeten Frankreich an, was England zwang, sich mit uns zu verbinden und an dem Kampfe teilzunehmen. Die vollkommene Mißachtung der Grundsätze des internationalen Rechtes, von der Deutschland Proben ablegte und die in der Verletzung der belgischen Neutralität, sowie in der unbarmherzigen Grausamkeit der Deutschen gegen die friedliche Be­ völkerung in den von ihnen besetzten Gebieten sich ausdrückte, vereinigte allmählich alle großen Mächte Europas gegen Deutschland und das mit ihm verbündete Österreich. Unter idem Drucke der deutschen Armee, die dank ihren technischen Mitteln außerordentlilch stark war, wurden Rußland und Frankreich im Laufe des ersten Kriegsjahres gezwungen, dem Gegner Teile ihres Gebietes zu überlassen. Der zeitweilige Miißerfolg schlug nicht den Geist unserer treuen Verbündeten, noch den eitrigen, meime tapferen Truppen, nieder. Gleichzeitig wurde, dank der Anspannung aller Kräfte dies Landes, der Unterschied zwischen unseren technischen Mitteln und denen der Deutschen allmählich ausgeglichen. Jndeffem konnte sich der Gegner schon lange vor dieser Zeit, bereits im Herbst 1915/ keines Stückchens russischer Erde mehr bemächtigen, während er im Sommer 1916 eine Reiihe furchtbarer Niederlagen erlitt und an unserer ganzen Front von der Offensive .zur Defensive überging. Augenscheinlich erschöpfen sich seine Kräfte, während die Macht Rußlands und seiner tapferen Verbündeten unfehlbar dauernd wächst. Deutffchland fühlt, baß die Stunde seiner endgültigen Niederlage und die Stunde der Vergeltung für alle Rechtöbrüche und von ihm begangenen Grausamletten nahe ist.'. Deshalb schlägt Deutschland ebenso, wie es zur Zeit seiner Über­ legenheit an Kampfkräften über die Kräfte seiner Nachbarn ihnen plötzlich den Krieg

ioi4 erklärte, jetzt, da eS fein Schwächerwerden empfindet, den alliierten Mächten, die sich -egen Deutschland Gefolgschaft leisten, indem fle eine unlösbare Gruppe bilden^ plötzlich vor, Friedensbesprechungen zu beginnen. Natürlich will Deutschland diese Unterhandlungen beginnen, bevor der Grad seiner Schwäche vollkommen an den Tag kommt, vor dem endgültigen Verlust seiner Widerstandskraft. Gleichzeitig versucht eS, um lügenhafte Vorstellungen über die Stärke seiner Armee zu schaffen, seinen zeitweiligen Erfolg in Rumänien tu benutzen, das noch keine Zeit hatte, Erfahrungen über die gegenwärtige Art der Kriegführung zu erwerben. Aber wenn Deutschland die Möglichkeit hatte, Rußland und Frankreich den Krieg zu erklären und fle zu einer Zeit angriff, die für sie die uns günstigste war, so haben die Alliierten, unter denen jetzt das mächtige England und baS edle Italien find, nachdem fie sich im Laufe des Krieges verstärkt haben, gegen, wärtig ihrerseits die Möglichkeit, Friedensverhandlungen zu beginnen, in dem Augenblick, den sie als günstig für flch betrachten. Der Augenblick ist «och nicht gekommen. Der Gegner ist noch nicht auS den Gebieten vertrieben, deren er sich bemächtigte. Die Erfüllung der Aufgaben Ruß, lands, der durch den Krieg geschaffene Besitz Konstantinopels und der Meerengen und die Schaffung eines—in allen drei gegenwärtig getrennten Teilen—Polens, find noch nicht gewährleistet. Gegenwärtig Frieden zu schließen, würde gleichbedeutend seknmit der Nichtausautzung der Früchte der unsagbaren heldenhafte« Anstrengungen der russischen Armee und Flotte. Diese Anstrengungen und noch mehr die geheiligte Erinnerung an die tapferen und auf dem Schlachtfelde gefallenen Söhne Rußlands lassen nicht einmal den Gedanken an den Frieden zu bis zum endgültigen Sieg über den Feind, der die Kühnheit hatte, zu vermuten, baß, wenn es von ihm abhing, den Krieg zu beginnen, es in gleicher Weise von ihm abhänge, ihn |» beendigen, wen« er es wünscht. Ich tweifie nicht, baß jeder treue Sohn des heiligen Rußland, sowohl der, zenige, der mit den Waffen in die Reihe meiner tapferen Truppen eintrat, wie der, jenlge, der im Innern des Landes arbeitet, um seine Militärmacht zu verstärken, oder friedliche Arbeit verrichtet, von dem Bewußtsein durchdrungen ist, daß der Friede dem Gegner erst bann aufgezwungen werben kann, wenn er aus unserem Gebiet vertrieben und endgültig zerschmettert ist und uns und unseren treuen Der, bünbeten fest« Bürgschaften für die Unmöglichkeit der Wiederholung des treulosen Angriffes und die feste Sicherheit geben wirb, daß er durch die Kraft der Umstände selbst getwungen wird, die Verpflichtungen zu beobachten, die er gemäß dem Frie, deusvertrag wird ans flch nehmen müssen. Seien wir also unbeugsam in der festen Zuversicht auf den Sieg. Der All, mächtige wird unsere Fahnen segnen und sie von neuem mit unvergänglichem Ruhme bedecken. Er wirb uns einen Frieden gewähren, welcher der Heldentaten meiner ruhmreichen Truppen würdig ist, einen Frieden, für den die zukünftigen Geschlechter euer Gedächtnis segnen werden, das für sie heilig sei« wird." Anmerkung. Zu diesem merkwürdigen Armeebefehl sagt bas k. u. k. Kriegs, Presseamt offiziös mit Recht u. a. folgendes: „Wie sehr die Ententemachthaber aufgehört haben, den Kriegsereignissen fach, lich gegenüberzustehen, wie sehr sie das blutige Ringen längst als ein Spiel be, trachten, bei dem sie persönlich nicht mehr verlieren, sondern höchstens gewinnen

ioi5 können, dies zeigt in beredter Form des Zaren neuester Armeebefehl, den die „Peters, burger Telegraphen-Agentur" der Welt verkündet. Die Veröffentlichungen des Dierverbandes sind wirklich nichts anderes mehr als marktschreierische, für den Tag bestimmte Kundgebungen. Wo wird sich in späteren Geschlechtern ein Geschichtschreiber finden, dem nicht die Schamröte ins Antlitz steigen muß über ein Geschlecht, das solche Dokumente in die Welt setzte? Da will der Beherrscher aller Reußen seinem Volk erläutern, warum der Krieg fort, gehen muß. Er fängt mit dem läppischen Vorwurf an, daß Rußland durch Deutsch, land überfallen worden sei. Und die großen Probemoblliflerungen, die vor dem Sommer 1914 jahrelang die Welt in atemloser Spannung hielten, die moralische und materielle Unterstützung, die das Zarentum der serbischen Großmannssucht lieh, und die Aufmunterung aus Petersburg, die allein Serbien veranlaßte, unser Ultimatum abzulehnen, die zählen nicht? Es fehlt im Zarenbefehl nur noch der Satz, daß es unsere und Deutschlands Pflicht gewesen wäre, mit verschränkten Armen zuzusehen, bis der letzte Ostsibirier zu den Fahnen eingerückt war, und die Lächerlichkeit wäre auf die Spitze getrieben. Den Rückblick des russischen Oberbefehlshabers auf die Ereignisse von 1914 eines Wortes zu würdigen, lohnt sich nicht."

II. Endlich, nach drei Wochen fand auch die westeuropäische Entente die Antwort auf die Note der Mittelmächte. Havas"

Nach „Agence

(Paris, 30. Dezember 1916) ist die Antwort -er Alliierten

am 30. Dezember abends dem Botschafter der Vereinigten Staaten durch den Ministerpräsidenten Briand im Namen der zehn alliierten Staaten übergeben worben. Die Antwortnote der feindlichen Regierungen ist sofort von dem spanischen Botschafter, dem Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika und dem schweizerischen Gesandten der Reichsregierung über­ geben worden.

Die Note lautet in deutscher Übersetzung:

„Die verbündeten Regierungen Belgiens, Frankreichs, Großbritanniens, Italien-, Japans, Montenegros, Portugals, Rumäniens, Rußlands und Serbiens, vereinigt zur Verteidigung der Freiheit der Völker und treu der eingegangenen Ver­ pflichtung, nicht vereinzelt die Waffen niederzulegen, haben beschlossen, gemeinsam auf die angeblichen Frtedensvorschläge zu antworten, die ihnen seitens der feind, lichen Regierungen durch die Vermittlung der Vereinigten Staaten, Spaniens, der Schweiz und der Niederlande übergeben worden sind. Vor jeder Antwort legen die alliierten Mächte Gewicht darauf, gegen die beiden wesentlichen Behauptungen der Note Einspruch zu erheben, welche auf die Alliierten die Verantwortung für den Krieg abwälzen will und den Sieg der Zeu, tralmächte verkündete. Die Alliierten können diese doppelt unrichtige Behauptung nicht zulassen, die genügt, .jeden Verhandlung-versuch zur Unfruchtbarkeit zu ver, urteilen.



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Die alliierten Nationen ertragen seit 30 Monaten den Krieg, zu dessen Ver­ meidung sie alles getan haben. Sie haben durch Taten ihre Anhänglichkeit an den Frieden nachgewiesen. Diese Anhänglichkeit ist jetzt ebenso fest wie im Jahre 1914. Nachdem Deutschland seine Verpflichtungen verletzt hat, kann der von ihm ge­ brochene Friede nicht auf sein Wort gegründet werden. Eine Anregung ohne Bedingungen für die Eröffnung der Verhandlungen ist kein Friedensangebot. Der angebliche Vorschlag, der, jeden greifbaren Inhalts und jeder Genauigkeit entbehrend, durch die kaiserliche Regierung in Umlauf gesetzt wurde, erscheint weniger als ein Friedensangebot denn als ein Kriegsmanöver. Er beruht auf einer systematischen Verkennung des Charakters des Streites in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft. Für die Vergangenheit übersieht die deutsche Note die Tatsachen, Daten und Zahlen, die feststellen, daß der Krieg gewollt, hervorgerufen und erklärt worden ist durch Deutschland und Österreich-Ungarn. Im Haag war es der deutsche Ver­ treter, der jeden Vorschlag der Abrüstung ablehnte. Im Juli 1914 war es ÖsterreichUngarn, das, nachdem es an Serbien ein beispielloses Ultimatum gerichtet hatte, diesem den Krieg erklärte trotz der sofort erlangten Genugtuung. Oie Mittelmächte haben darauf alle Versuche zurückgewiesen, die von der Entente gemacht wurden, um dem örtlichen Streit eine friedliche Lösung zu verschaffen. Das Korrferenzangebot Englands, der französische Vorschlag eines internationalen Aussichusses, die Bitte des Kaisers von Rußland an den Deutschen Kaiser um ein Schiedsgericht, das zwischen Rußland und Österreich-Ungarn am Vorabend des Konflikts zustandegekommene Einvernehmen (entente): alle Anstrengungen sind von Deutschland ohne Antwort und ohne Folge gelassen worden. Belgien wurde durch ein Reich überfallen, das seine Neutralität gewährleistet hatte und das sich nicht scheute, selbst zu erklären, daß Verträge „ein Fetzen Papier wären und daß Not kein Gebot kennt. Für die Gegenwart stützt sich das angebliche Angebot Deutschlands auf die ausschließlich europäische Kriegskarte, die nur den äußeren und vorübergehenden Schein der Lage und nicht die wirkliche Stärke der Gegner ausdrückt. Der Friede, der unter solchen Voraussetzungen geschlossen wird, würde einzig den Angreifern zum Vorteil gereichen, die geglaubt hatten, ihr Ziel in zwei Monaten erreichen zu können, und nun nach zwei Jahren merken, daß sie es niemals erreichen werden. Für die Zukunft verlangen die durch die Kriegserklärung Deutschlands verursachten Verwüstungen, die unzähligen Attentate, die Deutschland und seine Verbündeten gegen die Kriegführenden und gegen die Neutralen verübt haben, Sühne, Wiedergutmachung und Bürgschaften (sanctions, reparations, garanties). In Wirklichkeit ist die durch die Zentralmächte gemachte Eröffnung weiter nichts als ein wohlberechneter Versuch, auf die Entwicklung des Krieges einzu­ wirken und zum Schluß einen deutschen Frieden aufzunötigen. Sie beabsichtigt, die öffentliche Meinung in den alliierten Ländern zu verwirren. Diese Meinung hat aber trotz aller Opfer, denen sie zugestimmt hat, schon mit bewundernswerter Festigkeit geantwortet und die Hohlheit der feierlichen Erklärung ins Licht gestellt. Sie will die öffentliche Meinung Deutschlands und seiner Verbündeten stärken, die schon schwer geprüft sind durch ihre Verluste, zermürbt durch die wirtschaftliche Not, zusammengebrochen unter der äußersten Anstrengung, die von ihren Völkern ver-

ioi7 langt wirb. Sie sucht die öffentliche Meinung der neutralen Länder ju täuschen und einzuschüchtern, die flch schon seit langem über die ursprüngliche Verantwort­ lichkeit ein Urteil gebildet hat, die flch über die gegenwärtige Verantwortung klar ist und die zu hell sieht, um die Pläne Deutschlands zu begünstigen, indem sie die Verteidigung der menschlichen Freiheiten preisgibt. Sie versucht endlich, in den Augen der Welt im voraus neue Verbrechen zu rechtfertigen: Unterseebootskrieg, Deportation, Zwangsarbeit und zwangsweise Aushebung von Staatsangehörigen gegen ihr eigenes Land und Neutralitätsverletzung. In voller Erkenntnis der Schwere, aber auch der Notwendigkeiten der Stunde lehnen die alliierten Regierungen, die unter sich eng verbunden in voller Übereinstimmung mit ihren Völkern sind, es ab, sich mit einem Vorschlag ohne Aufrichtigkeit zu befassen. Sie versichern noch einmal, daß der Friede nicht möglich ist, solange nicht die Gewähr besteht für die Wiederherstellung (reparation) der verletzten Rechte und Freiheiten, für die An­ erkennung des Grundgesetzes der Nationalitäten und der freien Existenz der kleinen Staaten, solange nicht eine Regelung sicher ist, die geeignet ist, endgültig die Ur, fachen zu beseitigen, die so lange die Völker bedroht haben und einzig wirksame Bürgschaften für die Sicherung der Welt geben. Die alliierten Mächte halten darauf, zum Schluß die folgenden Betrachtungen anzustellen und die eigentümliche Lage hervorheben zu sollen, in der sich Belgien nach zweieinhalbjährtgem Kriege befindet. Kraft der durch die fünf Großmächte Europas, unter denen sich auch Deutschland befand, unterzeichneten Verträge er­ freute sich Belgien vor dem Kriege einer besonderen Satzung, die sein Gebiet un­ verletzlich machte und es selbst unter die Garantie dieser Mächte stellte in Sicherheit vor europäischen Konflikten. Gleichwohl mußte Belgien in Mißachtung dieser Ver­ träge den ersten Angriff Deutschlands über flch ergehen lassen. Deshalb hält es die belgische Regierung für notwendig, genau den Zweck auseinanderzusetzen, wes­ halb Belgien niemals aufhörte, im Kampf an der Seite der Ententemächte für die Sache des Rechts und der Gerechtigkeit einzutreten. Belgien hat immer peinlich die Pflichten beobachtet, die ihm seine Neutralität auferlegte. Es hat zu den Waffen gegriffen, um seine Unabhängigkeit und Neutralität zu verteidigen, die durch Deutsch­ land verletzt worden sind, und um seinen internationalen Verpflichtungen treu zu bleiben. Im August hat der Reichskanzler im Reichstage anerkannt, daß dieser Angriff ein Unrecht gegen das Völkerrecht sei und hat sich im Namen Deutschlands verpflichtet, es wieder gut zu machen. Seit zweieinhalb Jahren hat sich diese Un­ gerechtigkeit grausam verschärft durch die Kriegsmaßnahmen und die Besetzung, welche die Hilfsmittel des Landes erschöpft, die Industrien zugrunde gerichtet, die Städte und Dörfer zerstört und die Niedermetzelungen, Hinrichtungen und Ein­ kerkerungen gehäuft haben, und in dem Augenblick, in dem Deutschland zu der Welt von Frieden und Menschlichkeit spricht, führt es belgische Bürger zu Tausenden weg und bringt sie in die Sklaverei. Belgien hat vor dem Kriege nur danach ge­ strebt, in gutem Einvernehmen mit allen Nachbarn zu leben. Sein König und seine Regierung haben nur ein Ziel: die Wiederherstellung des Friedens und des Rechtes. Aber sie wollen nur einen Frieden haben, der ihrem Lande berechtigte Wiedergutmachungen (reparations), Garantien und Sicherheiten für die Zukunft verbürgen würde. Paris, den 30. Dezember 1916."

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Den a bschwächenden Kommentar Balfours jvr En­ tente-Note anW.tlson vom 16.Januar 1917 siehe untenS. 1045.

Kritische Bemerkungen -es Verfassers zu -er Antwortnote -er Entente vom 30. Dezember 1916. 1. Dieses alte, einem mittelmäßigen Zeitungsartikel eines Provinjblattes entsprechende advokatische Plaidoyer auf „Schuldig" der Mittelmächte1), diese marktschreierische, für den Tag — und die Straße — bestimmte Kundgebung ist inhaltlich in allen seinen Teilen oben in Verfolgung der Tatsachen beleuchtet und widerlegt worden» Es stand den Alliierten schlecht an, die Anklagebank mit dem Richtern stuhle zu vertauschen, um alle eigenen Völkerrechtsbrüche zu verdecken, von denen die Mittelmächte mit keinem Worte sprachen, da die Zeit gtt ernst ju Advokatengestreite schien. Logisch neu und auffallend war der Satz: „Eine Anregung jur Eröffnung der Verhandlungen ohne Be­ dingungen ist kein Friedensangebot." Die Naivität, von den Mittel­ mächten eine Festlegung auf bestimmt spezialisierte Friedensbedinguugen zu verlangen, während die Entente mit geschlossenen Karten spielte, liegt zu deutlich zutage. Inwiefern der Ausspruch der Bereit­ willigkeit zu Verhandlungen ein „Kriegsmanöver" sein sollte, ist leider nicht ausgeführt. Die Geschichtsklitterung vom 21. Juli 1914 an verschweigt die Vorgeschichte des Krieges, die Einkreisung, die klassischen, in den Be­ richten der belgischen Gesandten von 1904—1914 niedergelegten Bel) Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" (22. Januar 1917) forschte den Ursachen der Dreistigkeit des Tones nach. Sie schrieb unter ander«: „Zum dritten findet die Sprache der Zehnverbandnoten ihre sicherlich iu* treffende Erklärung in der englischen Unverfrorenheit und Utt# Verschämtheit, nachdem es nun einmal eine andere Bezeichnung für diese Wesensart nicht gibt. Vergeblich wird der Historiker in den diploma­ tische« Aktenstücken der Vergangenheit nach einem Seitenstück zu diesem Doku­ ment forschen. Napoleons Sprache gegenüber dem König von Preußen in jenen Tagen vor Jena war hart, aber sie hatte leider die unerbütliche kogik der Tat­ sache» für sich. Sie war auch, an den Gegner gerichtet, «ine Warnung vor den Folgen und sagte nur, was wirklich eintrat. Die englisch-französische Verbrüderung tritt aber vor die Welt, nicht mit der Logik der Tatsachen, sondern mit der ganzen Überhebung des Wortes, bas in diesem „Krieg der Worte" seine ungeheuerlichen Triumphe feiern will. Sie drückt mit Worten de» nicht nur unbesiegten, sondern siegreichen Gegner unter das kaubinische Joch, zerstückelt ein im Kriege innerlich noch fester gewordenes Reich und drängt mit einem Federstrich «in anderes Reich aus Europas Grenzen hinaus. Und bann staunt sie, wenn diese überspannten Forderungen selbst in Amerika verdutztes Kopsschütteln erregen."

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weise für Liese englisch-französische Politik, die den Krieg seit zehrt Jahren in sich barg (s. oben vor allem Kap. 31 ff.), sie spricht schamhaft kein Wott von dem politischen Morde von Serajewo und dessen serbi­ scher Vorgeschichte (s. oben Kap. 7, S. 93 ff.), so wenig wie von Ruß­ lands erster Mobilmachung gegen Österreich (s. oben Kap. 20). Sie stellt die Tatsachen mit dem Konferenzangebot (s. Kap. 12,14 ff., ins­ besondere 15, 16 und 18 oben) ebenso auf den Kopf, wie die völlige Nichterwähnung der maßgeblichen allgemeinen russischen Mobil­ machung die mala fides dieser ganzen Darlegung beweist (s. oben Kap. 23,28,37,40,43,47 und 48). Die widerspruchsvollen englischen und russischen Friedensformeln wurden ignoriert (s. Kap. 41 oben). Den Vorwurf, jede Verständigung über Serbien abgelehnt zu haben, können wir mit dem kurzen Hinweis auf die Veröffentlichungen des deutschen und englischen Weißbuches beantworten, die Deutsch­ lands energische Bemühungen enthalten, den Streit um Serbien zu lokalisieren, was durch Rußlands Mobilmachung verhindert wurde, sowie durch die Mitteilung des Reichskanzlers über die Schritte der deutschen Regierung in Wien vom 29. und 30. Juli 1914. Wir beschränken uns mit der deutschen Regierung auf folgende Konstatierung: „Der Konferenzvorschlag wurde am 26. Juli 1914 von Grey gemacht. Er ging dahin, daß die Vertreter Frank­ reichs, Italiens und Deutschlands mit Grey zu einer Konferenz zusammentreten sollten, um einen friedlichen Ausweg aus der schwierigen Lage zu suchen. Die erste Voraussetzung für die Mög­ lichkeit einer solchen Konferenz wäre doch nun gewesen, daß sich daö Petersburger Kabinett damit einverstanden erklärt hätte, aber Sasonow antwortete am 27. Juli vollkommen ausweichend auf den Vorschlag und berief sich dabei auf die unter den günstigsten Be­ dingungen begonnene Unterredung mit dem österreichischen Botschafter in Petersburg. Am darauffolgenden Tage trat Grey selbst dem deutschen Vorschlag bei, daß eine direkte Verständigung zwischen Wien und Petersburg schneller und besser wirken würde. Am 28. Juli telegraphierte Grey an Goschen: „Solange Aussicht auf einen un­ mittelbaren Meinungsaustausch zwischen Österreich und Rußland vorhanden ist, würde ich mit jedem anderen Vorschlag zurückhalten, da ich völlig zustimme, daß jene Methode allen anderen vorzuziehen ist." Der wirkliche Grund zum Kriege lag nicht in den Ereignissen vom Ende Juli 1914, sondern in der zehn­ jährigen Eiakreisungspolitik Großbritanniens.

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Kurzum, diese ganze Darstellung ist eine große Versündigung an dem guten Geschmack und eine Spekulation auf die Unwissenheit und den geradezu pathologischen Zustand der Massenpsychosen Völker *). 2. „Für die Anerkennung des Grundgesetzes der Nationalitäten" wollten die Ententemächte eintreten. Das erscheint ebenso unvorsichtig, wie die „Geltendmachung der freien Existenz der kleinen Staaten" in dem Momente, in dem sie das kleine Griechenland in unerhörten Völkerrechtsbrüchen wahrhaft erstickten. x) Die „Nordd. Allg. Ztg." veröffentlichte unterm 3. Januar 1917 folgende, durch die lügnerische Antwortnote des Zehnverbandes aktuell gewordene Zu­ sammenstellung der Ereignisse: Am 23. Juli 1914 abends überreichte der österreichisch-ungarische Gesandte in Belgrad die bekannte Note. Am folgenden Tage, im Anschluß an die Mitteilung der österreichisch-ungarischen Regierung, erließ die rnsflsche Regierung ein amtliches Communique, wonach Rußland unmöglich bei einem serbisch-österreichischen Kon­ flikt indifferent bleiben könnte. Schon am 25., obwohl die Frist für dir serbische Antwort noch lief, traf Rußland militärische Vorbereitungen. Das wird durch das Telegramm des Zaren an Kaiser Wilhelm, 30. Juli, 1 Uhr 20 Minuten nachmittags, ausdrücklich bestätigt. Welchen Umfang diese Vorbereitungen hatten, geht daraus hervor, daß der englische Botschafter Buchanan sogleich am 25. Juli dem Minister Sasonow Vorsicht anriet und ihn warnte, daß Deutschland im Falle einer russischen Mobilisation sofsrt den Krieg erklären würde (Blaubuch Nr. 17). £t°6 dieser englischen Warnung wurden am 25. die Truppenübungen im Krasnoöager ab­ gebrochen, die Manöver abgesagt. Am 26. Juli erklärte Österreich-Ungarn in Petersburg feierlich un? offiziell, daß es keinen territorialen Gewinn in Serbien beabsichtige, den Bestand d»s König­ reichs nicht antasten, sondern nur Ruhe schaffen wolle. Obwohl es sich als, lediglich um die Geltendmachung der Würde Österreich-Ungarns handelte, mobilisierte Ruß­ land am 26. Juli die Korps in Kiew und Odessa, erklärte gleichzeitig für Pttersburg den außerordentlichen Verteidigungszustand und bereits am 27. Juli n Kowno Kriegszustand, wendete sich also auch schon gegen Deutschland. Ebenfalls an 27. Juli wurde die Meldungsfrist für einberufene Reserveoffiziere von acht auf tret Tage verkürzt. Trotz der von Deutschland lebhaft nach allen Seiten angestelten Be­ mühungen, den Konflikt, wie es natürlich gewesen wäre, auf Osterreich-Unzarn und Serbien zu lokalisieren, telegraphierte Kaiser Nikolaus an Kaiser Wilielm am 29. Juli, i Uhr nachmittags, im Anschluß an die Kriegserklärung Österreich Ungarns an Serbien, er sehe voraus, daß er sehr bald dem Drucke, der auf ihn rusgeübt wird, nicht mehr werde widerstehen können und gezwungen sein werbe, Daßregeln zu ergreifen, die zum Kriege führen werden. Also Ankündigung kriegericher Ent­ schließungen in aller Form, obwohl der Reichskanzler noch am 27. Juli einer Wunsch Sasonows auf direkte Aussprache mit Wien dorthin mitgeteilt hatte. Unbekümmert um die deutschen Besprechungen mit Wien, die aufErsuchen des Zaren stattfanden, berief denn auch am 30. Juli ein Kaiserlicher Ukai die Re,

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Das Prinzip des Nationalstaates zu verfechten waren am aller­ wenigsten diejenigen Mächte berufen, deren leitende Staatsmänner dieses Prinzip jetzt am lautesten im Munde führten: Rußland und England. Dachte doch Rußland nicht daran, seine Polen, die Deut­ schen der baltischen Provinzen, die Rumänen, Schweden, Finnen, Esthen, seine verschiedenen mongolischen und tatarischen Volksstämme, welche, selbst wenn wir die Ukrainer nicht als besondere Nationalität gelten lassen, insgesamt mehr als 35 Prozent der Bevölkerung des ganzen russischen Reiches repräsentieren, freizugeben. Und was sollen wir erst vom britischen Reich sagen, in welchem die 45 Millionen zählenden Briten beiläufig 380 Millionen der buntscheckigsten Bevölkerung der Kolonien und Dominions beherrschen: Und ein ähnliches Unver­ hältnis besieht für Frankreich, wenn wir die Bevölkerung seiner Kolonien der eigentlichen französischen Nation gegenüberstellen. Wollte man einmal nur die Karte Europas nach nationalen Mehrheiten revidieren, so müßte vor allem Frankreich für immer auf seine Revancheträume verzichten, weil ja in Elsaß-Lothringen über 87 Prozent der Bevölkerung deutscher Muttersprache sind; es müßte auch Nizza und Korsika an Italien abgeben. Serbien müßte sich von Mazedonien, Rumänien von der Dobrudscha freiwillig losgesagt haben, GroßbritannienJrland, Gibraltar, Honkong, Malta,Cypern, Zvdten, die Burenfreistaaten, Rußland Polen, die baltischen Pro­ vinzen, Finnland und Beßarabien freigeben und Italien seine irredentistischen Gelüste sehr wesentlich einschränken, weil ja — wie es un­ längst ein italienischer Gelehrter auswies — auf den 24 000 Quadratserviskeo een 23 g«ti$cn Gouvernements und von Teilen von 18 anderen Gou­ vernements (es gibt im ganzen 53 Gouvernements) samt den beurlaubten Kosaken verschiedener Gebiete zu den Fahnen. Sofort am 30. Juli um 1 Uhr nachmittagmachte Kab'er Wilhelm auf die schweren Folgen solcher Maßnahmen aufmerksam, die jede Vermittlerrolle unmöglich machten. Trotz dieser Erinnerung sprach der Kaiser von Rußland am 31. Juli die allgemeine Mobilisierung, also auch diejenige gegen Deustchland aus. .In ter Depesche des französischen Botschafters an seine Regierung vom 31. Juli wrd diese Tatsache damit begründet, Deutschland habe seit sechs Tagen heimlich, aber andauernd MobilisationSmaßnahmen ergriffen. Die deutsche Mobil­ machung wurde bekanntlich am 1. August 5 Uhr nachmittags verkündigt. Mau hat nie etwas davon gehört, baß Rußland «egen angeblicher militärischer Vor­ bereitungen Deutschlands in Berlin irgendeine Anfrage gestellt ober irgendwelche Schritte unternommen habe. Diese Tatsachen beweisen unwiderleglich, baß Rußland den Krieg nindesteoS seit dem 24. Juli gewollt und unbekümmert um anders ge­ richtete Benützungen auch herbeigeführt hat.

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kilometern des sogenannten Jrredenta-Territoriums einer Bevölke­ rung von 800 000 Italienern drei Millionen Nichtitaliener gegenüber­ stehen. Die Unmöglichkeit einer solchen nationalen Verteilung erhellt auch aus der Tatsache, daß unsere Feinde schroff widersprechende Er­ oberungspläne verfolgen (s. unten das Schlußkapitel): Rußland will Konsiantinopel und die Meerengen, Ost- und Westpreußen und wo­ möglich Oberschlesten, Belgien und Frankreich das linke Rheinufer und Luxemburg, England die deutsche Küste bis Hamburg usw. Welche Heuchelei, sich bei solchen Zielen als Verfechter des „Nationalitätenprinzips" aufspielen ju wollen. 3- Fum Kapitel Belgien unö Krankreich.

Über dieses sehr verspätete Plaidoyer auf Belgiens unver­ letzte Neutralität und Vertragstreue siehe oben die Kap. 57 und 60 und des Verfassers Werk „Weltkrieg und Zusammenbruch des Völkerrechts", 4. Aufl., Kap. 2. Dort ist an der Hand der sogenannten Brüsseler Akten insbeson­ dere nachgewiesen, daß diese Vertragstreue Belgiens längst tatsächlich nur noch „ein Fetzen Papier" war, mit dem England und Frankreich nach Willkür und Laune ausschließlich nach eigenem Vorteile zu operieren willens waren (s. unten im Anhange die Brüsseler Mate­ rialien abgedruckt). Mit Recht sagte daS „Berner Tagbl." daju: „Indem die Entente die Leiden schildert, die sich aus der Okkupation Belgienfür dieses Laad ergeben, will sie rechtfertigen, daß sie diese Okkupation und damit diese Leiden verlängert. Wir kennen keinen Sophismus, der eS mit diesem an Keckheit aufnehmen könnte. Der größte Teil der Völker, mit Ausnahme der Entente, Völker, ist davon überzeugt, baß an diesem Krieg die Entente schuld ist. Die ganze Welt weiß aber heute auch, daß die Entente auf jeden Fall die furchtbare Derant, «ortung für seine Fortdauer trägt."

Dieser widerspruchsvolle und unmoralische Mißbrauch des Elends eines irregeleiteten Landes zeigt die Mache eines kleinen Advokaten als des Verfertigers dieser Anklagearbeit (s. auch unten das Nähere über diese belgische Spezialnote). In den Ländern des Vierverbandes ist offenbar der Presse die Wei­ sung erteilt worden, der Note Wilsons gegenüber die EMrüstuvg dar­ über zum Ausdruck zu bringen, daß die Mächte, die für die „Freiheit der kleinen Völker kämpfen, in ihr mit den Mittelmäch>ten auf et ne Stufe gestellt werden. Die Übereinstimmung der gesamten Dierverbandspresse in der Behandlung des amerikanischen Aktenjstückes war so groß.

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Laß sie nur durch :inen Befehl erklärt werden konnte. Je nach dem Tem­ perament ihrer Verfasser erschien diese Entrüstung im Gewände sanf­ ten Vorwurfs odrr im Harnisch tiefster stttlicher Empörung. Am inter­ essantesten hat bcr bekannte Politiker des „Echo de Paris", Herbette, seine Aufgabe gelöst. Er sagt: „Herr Wilson will unsere Bedingungen kennen und die Bürgschaften für den jukünftigen Frieden. Beschäf­ tigen wir uns zurrst mit den Bürgschaften. Einem Gegner, der Bürg­ schaften leisten kenn, stellt man andere Bedingungen als einem, der keine leisten kann." Und nun wird die erstaunliche Behauptung auf­ gestellt, daß der Vertrag von 1839 genügte, um Belgien vor jedem Konflikt mit Frankreich zu bewahren, daß er aber nicht genügte, uw es vor einem deutschen Angriff zu schützen. Dieser Behauptung gegenüber wurde Herbette auf das denkwürdige Akten­ stück aufmerksam gemacht, das stch im preußischen Staatsarchiv befindet und schon einmal während des Krieges von 1870 eine sehr wichtige Rolle gespielt hat, als es Bismarck in den „Times" veröffentlichte, um England von jedem Vermittlungsversuch zwischen Deutschland und Frankreich abzuschrecken. Dieses Aktenstück ist ein von Benedetti am 20. August des Jahres 1866 vorgelegter Vertragsem­ wurf. Der Artikel IV dieses Vertrages lautet: „Seinerseits wird der König von Preußen in dem Falle, daß Seine Majestät der Kaiser der Franzosen durch die Umstände bewogen werden sollte, seine Truppen in Belgien einrücken zu lassen oder es zu erobern, Frankreich die Beihilfe seiner Waffen gewähren und ihm mit allen seinen Streitkräften zu Wasser und zu Lande wider jede Macht beistehen, welche in diesem Falle ihm den Krieg erklären sollte." In einem Rundschreiben vom 28. Juli, das Bismarck an die neutralen Mächte richtete, bewies er die von Benedetti abgeleugnete Echtheit dieses Vertragsentwurfes, und dieser Beweis wurde vier Jahre später bestätigt, als man während des Krieges im Schlosse des Grafen Rouher den Bericht Benedettis über die Überreichung dieses Vertragsentwurfes auffand. Der Vorschlag Napoleons wurde nicht unter dem Druck der Not gemacht, er hatte keinen defensiven Charakter, sondern er beruhte ganz allein auf der Raubgier des Kaisers. Sie entsprach den Wünschen des französischen Volkes. In dem Begleit­ schreiben, das dem Dettragsentwurf beigelegt war, hieß es: „Diese Verknüpfung (der in demselben Vertrag vorgeschlagenen Erwerbung Luxemburgs mit der Annexion Belgiens) versöhnt alles, sie beruhigt die öffentliche Meinung in Frankreich durch Gewinnung einer sofotttgen

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Genugtuung (für Sadowa) und durch die Richtung der Geister auf Belgien." Nur die deutschen Stege, so sagt der „Berl. LoKAnz." vom 4. Januar 1917, haben im Jahre 1870 Belgien vor der französischen Annexion bewahrt, die vom ganzen französischen Volke bejrbelt worden wäre. Nicht der Vertrag von 1839, sondern die deutschen Waffen haben Belgien nicht nur vor Konflikten mit Frankreich, sondern vor der von Frankreich geplanten Vernichtung seiner Selbstindigkeit ge­ schützt. (Siehe die Nummern der „Times" aus den letzt:» Julilagen des Jahres 1870.) Dort wird Frankreich wutschnaubend wrgeworfen, daß es die Neutralitätsakte vom Jahre 1839 vertragsbrüyig wie einen Fetzen Papier behandelt hat! Quod erat demonstrandun ! UndEngland? Seine Auffassung von der Neutraltät Belgiens im Jahre 1887 wurde von der „Nordd. Allg. Ztg." vom 22. Januar 1917 unter Zitierung des bekannten Artikels des „Stardard" vom 4. Februar 1887 (vom „Diplomatikus" Lord Salisburr) in die Er­ innerung zurückgerufen (s. unten S. 1035 Anmerkung :). 4. Alles in allem: Die Ententemächte fühlten sich mrch die bis­ herige Kriegführung so schlecht gestellt, daß sie sich fürchtten, sich mit den Mittelmächten an den Verhandlungstisch zu setzen. Die großen prahlerischen Sprüche sollten die Neutralen über diese Deperadopoliük des Ertrinkenden hinwegtäuschen. Die Schreckenskinderder Entente schwatzten in ihrem Mangel an Vorsicht oft die wahren G danken aus, so Hervs in seiner „Victoire" vom 23. Dezember 1916 wo er mit naiver Offenheit aufzählte, was die Entente noch erreichet will, wobei er das Eingeständnis machte, daß Deutschland diese Kiegsziele des Vierverbandes nicht annehmen könne, ehe es völlig zerchmettert sei. Und das andere enfant terrible der Entente, Winston Cmrchill, wird noch deutlicher (s. auch unten und Balfour in seinem offziellen Kom­ mentar vom 16. Januar, s. unten)1). l) Aus der Fülle der anmaßendsten Eroberungsforderungea dr maßgebenden Ententepresse nur hier ein Beispiel. Das Septemberheft 1915 der„National Re, view" enthält einen Aussatz über die Friedensbedingungen Eiylanbs. Sein Verfasser setzt im Anschluß an eine allgemein gehaltene Dorbetrchtung zunächst auseinander, welche Forderungen die uns feindlichen Derbündetei an ÖsterreichUngarn, die Türkei und Bulgarien richten müßten. Dann fährt r fort: „Was die Bestrafung Deutschlands betrifft, so werden wir denmnnen unseren Willen ausswingen, indem wir ihren Fürsten, Politikern und Soldarn, deren Wort wertlos ist, die Bedingungen diktieren. Großmut wäre be einem so an, maßenden und niederträchtigen Volk wie den Preußen nicht am tlatze. Deutsch-

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Churchills Kriegsübersicht im Januarheft des „London Magazine" enthält verschiedene Geständnisse. Churchill stellte fest, daß Deutsch­ lands Armeen heute (Januar 1917) größer und mächtiger seien als je zuvor, und bezweifelte nicht, daß Deutschland dieses ungeheure Heer lands Kolonien werden unter den Mächten, die sie erobert haben, aufgeteilt werden. Belgien muß wiederhergestellt werden und nach Osten einige Meilen Gebiets, zuwachs erhalten. Auch muß Aachen und sein prächtig gedeihendes Nachbargebiet zeitweise dem belgischen Königreich einverleibt werden, mag aber an Deutschland zurückfallen, wenn die den Deutschen auferlegte Entschädigung rechtzeitig bezahlt wird. Das Großherzogtum Luxemburg, dieser Anachronismus, müßte dem belgi, schen Königreich einverleibt werden. Im übrigen muß Deutschland an Belgien 100 Millionen Pfund als Strafe wegen Vertragsbruchs zahlen und weitere 500 Millionen zum Ausgleich für alle an Leben, Gesundheit, öffentlichem und privatem Eigentum zugefügten Schäden. Entsprechende Entschädigungen hat Deutschland selbstverständlich an Großbritannien, Frankreich und Rußland zu entrichten. Elsaß, Lothringen kommt an Frankreich zurück, dazu das Saartal sowie Trier nebst Um, gebung. Ganz Preußisch-Polen wird Russisch-Polen einverleibt, also sowohl die Provinz Posen wie ein Teil Westpreußenö fallen an Rußland, und eine Grenz­ berichtigung auf Kosten von Ostpreußen tritt ein (rechtes Memelufer und Zugang zu den masurischen Seen). Ferner hat Deutschland seinen ganzen Flottenbestand auszuliefern, Schlachtschiffe, Kreuzer, Zerstörer sowie Unterseeboote und ferner Handelsschiffe als Ersatz für die von ihm gegen das Völkerrecht versenkten Schiffe. In Betracht kommt ferner die Übergabe von Handelsschiffen als Ausgleich für die der neutralen Schiffahrt ungesetzlich zugefügten Schäden. Alle gekaperten deutschen Handelsschiffe bleiben Eigentum der Derbandsmächte. Was die Entwaffnung der militärischen Landmacht betrifft, so muß dem Feind soviel Kriegsmaterial genommen werden, daß keine deutsche Armee von mehr als e(Ba einer halben Million Mann aufgestellt werden kann. Cs käme die vorüber­ gehende Besetzung Kiels durch internationale Truppen in Frage. Die Bestrefung Deutschlands für seine Missetaten — z. B. an Miß Cavell und Kapitän Fr?att — wird am zweckmäßigsten in der Weise stattfinden, daß einige neuzeitliche deutsche Paläste und das Gebäude des Generalstabs in Berlin angezün, det werden. Arch die Zerstörung der großen Kölner Rheinbrücke oder des Kieler Kanals sind Wtedervergeltungsmaßnahmen, die hier in Betracht kommen. Um die Ausführung dieser Bedingungen zu erzwingen, sind größere Teile Deutschlands so lange zu besetzen. bi6 alle Verpflichtungen erfüllt sind. Es kommt hier namentlich die Jnb ustriegeglNd in den rheinischen Provinzen und nördlich der Eifel in Betracht, ferner die Pfalz ind Schlesien, vielleicht auch Königsberg und Danzig, Gebiete west­ lich des Rheins, die deutschen Nordseeinseln und die Elbmündung. Wir müssen ferner erwägen, rb wir das Deutsche Reich durch Aufteilung in seine einzelnen Teile zerstören sollen. Gewisse äußerste Maßregeln, wie die Wegnahme des gesamten deutschen Eigentums im Gebiete jeder Derbandsmacht, können noch in Reserve gehalten werden." Der Herausgeber der englischen Zeitschrift schickt dem Aufsatz die Bemerkung voraus, baß seinr Leser vielleicht durch den „allzu maßvollen" Inhalt enttäuscht Müller,Meiringen,

Entstehung des Weltkriegs.

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im ganzen nächsten Jahre in ununterbrochener Tätigkeit halten kann, ohne auch nur die Jahrgänge 1918 und 1919 anzugreifen. Er gibt zu, daß der Frieden ohne Entscheidung für England weit gefährlicher wäre als für alle seine Verbündeten. Seine Jnsellage würde es einem künf­ tigen Überfall durch ein nicht völlig niedergeworfenes Deutschland un­ gleich mehr aussetzen, während zugleich die Entwicklung des Flug­ wesens und der Unterseeboote seine Stellung beständig verschlechtern müßte. Churchills Schluß ist daher: „Was heute nicht gelingt, wird nie gelingen. Koste es, was es wolle: wir müssen erbar­ mungslos vorwärtstreiben, bis zum völligen Siege." Er verkennt nicht, daß dieser Sieg vom ganzen Reiche noch die riesen­ haftesten Anstrengungen erfordern wird, und bemerkt bei der Auf­ stellung der nötigen Schritte dazu: „Unsere Strategie und Di­ plomatie müssen Hand in Hand auf jene neutralen Na­ tionen wirken, deren Eintritt in den Krieg ihr Interesse wie ihre Ehre fordert." Hier ist die Katze aus dem Sacke gelassen. Herr Wilson stand damals bereits innerlich auf der Seite der Entente, und das Theatergeschrei der Ententepresse konnte niemand täuschen. Die ganze Note ist auch nur berechnet auf Hereinziehung der Neutrale» in den Krieg, daher vor allem die marktschreierische Ausnutzung der belgischen Affäre. 5. Die neutralen Staaten, die ohne Ausnahme so unendlich unter den völkerrechtswidrigen Quälereien Englands litten, das zuletzt jede Scham preisgab, indem es sich auch formal von den alten, gewöhn­ werden könnten.

Zum Trost fügt er jedoch hinzu, daß es sich ja nur um die Dar­

legung des Mindestmaßes der englischen Ansprüche handle.

Diese würden sich

naturgemäß mit jedem weiteren Kriegsmonat steigern. Ähnliche englische und französische „Kriegsziele" flehe unten im Schlußkapitel. Also: Frankreich, England, Belgien, Rußland dürfen erobern, sengen und brennen, das erfordert die Zivilisation. Sobald aber Deutschland gegen eine er­ drückende Anzahl von Feinden sich wehrt, — ist es der eroberungssüchtige Hunne, der Schädling jeglicher Kultur, der Schänder jeden Rechts! Der deutsche „FriedensaaSgeier", von dem der „Globe" am 15. Dezember 1916 so geschmackvoll als echter Vertreter der großen französischen Nation spricht. Beim Vierbund also Verteidigung und Sicherung gegen neue Angriffe, bei der Entente eine nackte schamlose Eroberungspolitik, ein business as usual, das auf die Vernichtung der deutschen Macht und vor allem des deutschen Wirt­ schaftslebens hinausgeht. Und trotzdem schmiedete der „Friedenspräsident" Wilson, der in seiner Botschaft an den Senat vom 22. Januar 1917 gegen die gefährlichen Bündnisse sich wendet, ein neues Bündnis gegen Deutschland (s. unten), um alle Neutralen gegen die Zentralmächte zu vereinigen.

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heitsrechtlichen Normen der Londoner Deklaration lossagte, mußte sich klar werden, welches System der Unwahrhaftigkett nnd der Un­ moral die Entente seit dem Beginne des Krieges eingeführt hat (s. des Verfassers Werk „Weltkrieg und der Zusammenbruch des Völker­ rechts" 4. Ar,fl., insbes. Kap. 28 ff.), v. Berjevicjy erblickt (s. „Das junge Europa" 1916, Heft 11,12, S. giss.) das System der Un­ treue und Unwahrhaftigkeit mit Recht vor allem in folgendem Tun der feindlichen Alliierten: a. dem systematisch unterstützten und gepriesenen Berratgegen die eigenenB undesgenossen (Italien und Rumänien); b. die Heretnziehung kleiner schwacher Staaten in den Krieg der Großen, um sie dann dem Unglücke ausjuliefern und schmählich im Stiche zu lassen (Belgien, Montenegro, Rumänien usw.); c. der unmoralische, brutale Druck auf neutrale Staaten, um sie dem Schicksale der anderen ausjuliefern und sie gegen ihren Willen ins Verderben ju jiehen (Griechenland usw.). Welche Mißachtung jeglicher Neutralität haben die Schweij, Holland, Dänemark und Norwegen von der Entente, insbesondere von England erlebt! Die Hauptsache ist die systematische Täuschung der eigenen Völker durch Fälschung eigener oder der Handlungen des Gegners (s. des Verfassers oben jltiertes Werk, vor allem Kap. 28 ff.). Es ist charakteristisch, daß der „Corr. della Sera" und mit ihm der größte Teil der italienischen Presse es für die italienischen Zwecke vor­ teilhafter gefunden haben, die Kernsiellen der Friedensnote, die Deutschlands Bereitwilligkeit jum Frieden darlegten, ober auch die Stärke der militärischen und wirtschaftlichen Stellung Deutschlands betonten, dem italienischen Volke vorjuenthalten und auch diese deutsche Friedensnote entsprechend ju fälschen, um die Völker im Fanatismus ju erhalten. Wie die deutsche Heeresleitung tagtäglich den Wortlaut der feindlichen Heeresberichte ungekürjt und un­ verändert mitteilte, so unterdrückte die EnteMe, ja fälschte fort­ gesetzt in raffinierter Weise die deutschen Berichte. Fast sämtliche Reden der verantwortlichen deutschen und österreichischen Staats­ männer wurden auf das schändlichste gefälscht an das Publikum der Ententestaaten gebracht. Und diese Fälschergesellschaft erkühnte sich, als arbiter mundi über Völkerrecht und Dölkermoral aufjutreken und die Mittelmächte ju beschuldigen, daß sie versuchten, die öffentliche Mei­ nung der neutralen Länder ju täuschen und irrejuführenl

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6. Was wollten die Ententemächte mit dieser höhni­ schen und unwürdigen Zuschlagung der Tür des Ver­ handlungssaales? (s. unten unter Ziffer V auch die B-lfoursche Erläuterung). Die Formeln lauteten zunächst sehr unklar und unkestimmt: Wiederherstellung (restitution), Schadenersatz (reparation), Sühne und Garantien (guarantees against repetition). Es ist verdienstvoll, daß wenigstens die „Financial News" vom 22. De­ zember 1916 eine Erläuterung der Friedensbedingungen der Alliierten geben. Das Blatt meint, das bedeute: „Wiederherstellung (restitution): Deutschland muß alles be­ setzte Gebiet herausgeben. England behält alle deutschen Kolonien. Frankreich erhält Elsaß-Lothringen, Belgien bekommt Luxemburg und Rußland Konstantinopel. Schadenersatz (reparation): 10 Milliarden Pfund in bar oder entsprechenden Werten und Tonne für Tonne in Schiffen. Garantien (against repetition): Der Hohenzollern-Dynastie wird ein Ende gemacht, König Konstantin und Ferdinand von Bul­ garien werden abgesetzt. Jeder Abstrich von diesem Programm bedeutet eine Niederlage des Verbandes in demselben Maße, wie dieses Programm nicht er­ reicht wird." (S. deutlich die Kriegsziele in der Note der Entente an Wllson vom 10. Januar 1917 unten unter Ziffer V S. 1042.) Anmerkung. Im „Figaro" spricht kein Geringerer als der frühere Minister tzanotaux (12. Dezember 1916) offen aus: das eigentliche Kriegsziel darf nur sein die „Vernichtung des deutschen Militarismus, des deutschen Imperialismus, d. h. des Deutschen Reiches". „Man müsse das Werk Bismarcks korrigieren, um ein lebensfähiges Europa zu schaffen. Entweder habe der Krieg diesen Sinn oder überhaupt keinen." Jean Herbette („Echo de Paris" vom 26. Dezember 1916) verlangt die Kohlenschätze Deutschlands und Österreichs als „allererste Friedensbedingung". Allgemein war jetzt (Anfang 1917) das Verlangen nach der Aus­ lieferung des ganzen linken Rheinufers. In einer Rebe, die Millerand am 12. Ja­ nuar 1917 in Lyon gehalten hat, führte er nach dem „Progres de Lyon" auck, daß die Frage des linken Rheinufers, nachdem sie einmal „angeregt" worben sei, nicht wieder vergessen werden dürfe. Sie müsse im gegebenen Moment entschieden «erden, um den Westmächten die unerläßlichen Garantien zu geben. Was ElsaßLothringen betrifft, so stehe seine Rückgabe an Frankreich ebensowenig in Frage wie die volle Herstellung Belgiens, Serbiens und Rumäniens. Aber es genügt nicht, hierbei stehen zu bleiben. „Wenn der Friede bauernd sein soll — so fährt Millerand fort —, so muß er alles Unrecht, das durch di« Dlsmarcksche Politik geschaffen worben ist, wieder gutmachen. Diese Politik ist im Jahre 1864 mit den Herzogtümern von Schleswig-Holstein begonnen worden. An demselben Tage,

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am nvellchm Schleswig-Holstein und Äsaß-Lothringen wieder mit den Nationen Dlereiintt wrden, denen sie durch brutale Gewalt entrissen worden sind, wird auch lim mocch Lteres Opfer dieser Politik, wird Polen seine Auferstehung erleben, indem eS - ursch iie Vereinigung all seiner Glieder von Danzig und Posen bis nach Galikztem nvieirhergestellt wird." Bescheidener kann man nicht sein. Deutschland war dianach eti für allemal als Großmacht erledigt: ioo Jahre Kampf waren umsonst! Oie Kriegssituation war freMch ju dieser Zeit so: Auch die Iewtrailnächte mußten Restitution verlangen, insbesondere der Kolo­ nien Dertschlands. Rejaration? Gewiß, Deutschland mußte für die Schäden, die es diurch dic völkerrechtswidrige Blockade, die völkerrechtswidrige Beraub«ng stirer Untertanen im feindlichen Machtbereich, den Bruch der K ongo- rnd Nigerakte erlitten hat, entschädigt werden. Auch Griechen­ land unt andere Neutrale dürsten Entschädigungen anjumelden haben. Garmtien? „Gewiß, Deutschland braucht— gute, reale — Ga­ rantien, )aß man nicht einmal wieder von allen Seiten über uns her­ stellt, uni hat auch bereits den richtigen Weg für die Erlangung solcher Garantien angegeben, indem es sich bereit erklärt hat, einem Weltfriiedensbunde beizutreten, der vermöge der Teilnahme Amerikas doch mehr alseine papierene Abmachung sein dürste", so sagt Hans Delbrück in den „preuß. Jahrb." mit starkem Optimismus und unter Ver­ kennung der Wilsonschen Absichten. Auch solche „Weltfriedensbünde" werden freilich zuletzt minder­ wertig sein gegenüber der Forderung starker deutscher Grenzen zu Wasser und zu Lande; denn England imponiert zuletzt aus­ schließlich und allein die tatsächliche Macht. Die Faust unter dem Kinn, d. h. an der Maas und der flandrischen Küste, starke Flottenstützpunkte und Kohlensiattonen können meines Er­ achtens auf die Dauer allein die „Freiheit des Meeres garan­ tieren". Ums Himmels willen keine papierenen, nur vertrags­ mäßigen Garantien! (stauch unten im Schlußkapitel das Nähere). Naiv ist das Verlangen, daß vor dem Beginne von Friedens­ verhandlungen die Ententemächte Belgien, Serbien usw. restituieren sollen. Hier nimmt man die ungünstige Entscheidung in der Sache, in der man Partei ist und den Richter spielt, selbst vorweg. Mit dem­ selben Rechte kann Deutschland verlangen, daß England Ägypten, Südafrika, Gibraltar, Malta und Rhodus, Frankreich Al­ gerien, Marokko und Siam, Rußland Finnland und die baltischen Pro­ vinzen verlassen. Aber dies ist die alte britische Taktik. Selbst An­ geklagter vor dem Richterstuhle der Weltgeschichte, spielt sich Groß-



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bekannten als Weltrichter in eigener Sache auf, beschuldigt den Gegner der größten Verbrechen. In demselben Zeitpunkte, in dem es eine» souveränen Staat wie Griechenland in einer in der Weltgeschichte un­ erhörten Weise knechtet und knebelt, schreit es über das „größte Ver­ brechen gegen Belgien" *). Anmerkung i. Die Aufnahme der Ententenote in der neutralen Presse, insbesondere der skandinavischen und schweizerischen, war dem unwürdigen und niedrigen Tone entsprechend schlecht.

Die Stockholmer „Nya Daglight Alle-

Hände" meinte u. a.: „fiem vernünftiger Mensch kann behaupten, daß Deutschland aus Bosheit und Rauflust seine Gegner überfallen hat, und sollte jemand das geglaubt haben, so dürfte seine Überzeugung gründlich erschüttert worden sein, nachdem Deutschland mitten in einer für Deutschland selbst günstigen Entwicklung des Krieges die Hand zum Frieden ausstreckte und sich bereit erklärte, maßvolle Bedingungen anzunehmen. Um so schärfer trifft die Note der Ententemächte nicht nur die Mittelmächte, sondern auch den Präsidenten WUson, der seine Mahnung an die Kriegführenden niemals hätte aussprechen können, wenn er ihre Auffassung geteilt hätte, die in der Note der Entente zum Ausdruck kommt.

Sie trifft auch die neutralen Länder in Europa,

die sich der Hoffnung auf den Frieden angeschlossen haben. Am allerschwersten trifft sie vielleicht die Bevölkerung der eigenen Länder, die sicher ebenso stark, wenn nichtstärker, den Frieden ersehnten, und ebenso diejenigen Staatsmänner, die die Ver­ antwortung vor der Gegenwart und der Nachwelt auf sich geladen haben und die die Note mitdiktiert haben." Anmerkung 2. Der Gassenhauer ton der englischen Minister fällt immer wieder auf, der auf daS Bildungsniveau des englischen Volkes das schlechteste Licht wirft. So hat (nach „Reuter") der Minister für Pensionen Barnes (Arbeiter­ partei) in einer Rede in Southwark (anfangs Januar 1917) erklärt: „Der beste Weg, den Frieden zu erlangen, ist der, den Frieden aus den Ge­ mütern zu verbannen, bis die Ziele erreicht sind, die geeignet sind, ihn zu sichern. Der deutsche Friedensvorschlag war kein wirklicher Friedensvorschlag. Er sprach immer noch im Tone eines Eroberers und in der Laune eines Mörders (!). Wir können über unsere Friedensbedingungen keine Bedingungen mit einem wilden Tiere (!) eingehen" usw. *) Don der griechischen Regierung wurde gerade damals, kurz zusammen­ gefaßt, verlangt: nition (!);

Internierung der griechischen Streitkräfte, Waffen und Mu­

Verbote aller Vereinigungen und Versammlungen von Reservisten

nördlich von der Landenge von Korinth;

Wiederherstellung der verschiedenen

Aufflchtsbefugnisse der Alliierten (Post, Zensur, Eisenbahnen); kommandierenden Generals des 1. Armeekorps;

Absetzung des

Begnadigung und Jnfreiheit-

setzung aller Hochverräter, d. h. sämtlicher verhafteten Venizelisten; schließlich sollte die griechische Regierung den Gesandten der Alliierten förmliche Genugtuung für das Vorgehen am 1. Dezember 1916 leisten! Und Griechenland mußte sich zähne­ knirschend beugen gegenüber diesen geradezu ungeheuerlichen demütigenden For­ derungen.

log i Anmerkung 3. Als erste politische Folge der unfreundlichen — um nicht jti sagen, unwürdigen — Art der Ablehnung erscheint fol­ gende Note Spaniens: „tzavas" meldete darüber am 2. Januar 1917: Die Regierung veröffentlicht folgende Antwortnote Spaniens auf die Note Wilsons: „Die Regierung Seiner Majestät erhielt durch Vermittlung ihres Botschafters die Abschrift der Note, die der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika an die Kriegführenden gerichtet hat und in der er dem Wunsche Ausdruck gibt, es möchte baldige Gelegenheit herbeigeführt werden, um von allen zur Zeit kriegführenden Nationen eine Erklärung zu erlangen über ihren Standpunkt hinsichtlich der Grund­ lagen, die zu der Beendigung des Krieges führen könnten. Diese Abschrift ist be­ gleitet von einer anderen Note Eurer Exzellenz, datiert vom 22. Dezember, in der Sie gemäß den später erhaltenen Weisungen im Namen des Herrn Präsidenten erklären, der Augenblick scheine ihm geeignet für den Schritt der Regierung Seiner Majestät, die, wenn sie es für tunlich erachte, die Haltung der Vereinigten Staaten unterstützen möge. Angesichts des begreiflichen Wunsches der genannten Negierung, in ihrem Vorschlage zugunsten des Friedens unterstützt zu werden, ist die Negierung Seiner Majestät der Ansicht, daß, da der Präsident der nordamerikanischen Republik die Initiative ergriffen hat und die verschiedenen Eindrücke, welche sie hervorgerufen hette, bereits bekannt seien, der Schritt, zu dem die Vereinigten Staaten einladen, keinerlei Wirkung hätte, umso mehr, als die Mittelmächte den festen Willen kund­ gäben, die Friedensbedingungen sollten unter den Kriegführenden vereinbart werden. Die Regierung Seiner Majestät ist bei aller Achtung der edlen Triebfedern des Vorgehens des Präsidenten Wilson, das immer die Anerkennung und Dank­ barkeit aller Völker verdient, bereit, sich nicht jeder Verhandlung über ein Abkommen, das geeignet wäre, das humanitäre Werk zur Beendigung des Krieges zu fördern, zu entziehen, sie jedoch schwebend zu lassen und ihre Aktion auf den Augenblick zu verspüren, wo die Anstrengungen aller jener, die den Frieden wünschen, mehr

Nrtzen

und Wirksamkeit haben werden als jetzt und wo eine Intervention auch Arsflcht auf gute Ergebnisse bieten kann. In Erwartung dieses Augenblicks erachtet es die Regierung Seiner Majestät für opportun zu erklären, daß sie hinsichtlich einer Verständigung zwischen den neu­ tralen Ländern zum Schutze ihrer materiellen, durch den Krieg berührten Interessen jetzt wie zu Beginn des gegenwärtigen Krieges bereit ist, in Unterhandlungen einzureten, die zu einem Abkommen führen könnten, das geeignet wäre, alle nicht krt!gführenden Länder zu vereinigen, sofern sie sich beeinträchtigt glauben und es füi notwendig halten, den erlittenen Schaden gutzumachen oder zu vermindern." Anmerkung 4. In der holländischen Kammer erklärte der holländische Miniferpräfldent auf Anfrage, die holländische Regierung habe sich an Wilsons Schritt niot beteiligt, da sie den Mißerfolg vorausgesehen habe.

7. Daß endlich auch das unglückselige Wort des Reichskanzlers ükr daS „Unrecht" gegen Belgien und dessen „Wiedergutmachung" hlir mißbraucht wurde, obwohl unzählige Male nachgewiesen wurde (s. die Rede des Reichskanzlers vom 2. Dezember 1914), baß diese

1032 Rede unter völlig anderen Voraussetzungen gehalten wrrde und jedenfalls vor dem klaren Nachweis der großen völkerrechtlichen Schuld Belgiens, vor der Auffindung der sog. Brüsseler Dokumente usw., liegt in der ganzen Taktik der Ententedeklamatorei. Diese belieben aber auch, das Versprechen Deutschlands an Belgien auf Wiederherstellung und Sühne als unbedingt hinzustellen. Und die neutrale Presse ist auf diese gefährliche Taktik bereits allzusehr ein­ gegangen. Jeder, der die Verhandlungen auch nur einigermaßen kennt, weiß, daß die offizielle Anweisung an den deutschen Gesandten in Brüssel vom 2. August 1914, die mit Recht auch im belgischen Graubuche als maßgebend anerkannt wurde, wörtlich sagte (s. den genauen Text oben Kap. 61, S. 532 ff.): „Sollte Belgien den deut­ schen Truppen aber feindlich entgegentreten, insbesondere ihrem Vorgehen durch Widerstand der Maasbefesttgung usw. Schwierigkeiten bereiten, so wird Deutschland gezwungen sein, das Königreich als Feind zu betrachten. In diesem Falle würde Deutschland dem Königreiche gegenüber keine Ver­ pflichtungen übernehmen können (d. h. die für den Fall der friedlichen Abwicklung versprochene Garantie der territorialen und sonstigen Unabhängigkeit und vollen Schadensersatz. Der Verfasser), sondern müßte die spätere Regelung des Verhältnisses beider Staaten zueinander der Entscheidung der Waffen überlassen." Das alles ist so deutlich und llar, daß Unwissenheit oder schlechter Wille dazu gehört, um heute noch von einer Aner­ kennung der Schuld und des Versprechens einer „Sühne" gegen­ über Belgien seitens des Vierbundes bezw. des Deutschen Reiches sprechen zu können: all das hat Belgien durch seinen hartnäckigen Widerstand verscherzt. Es hat nun dieselbe Behandlung zu erwarten wie jeder andere Kriegsgegner auch (f. oben vor allem Kap. 62, S. 538).

III. Die deutsche Antwort auf die Entente-Note. Zur Ablehnung des FUedensangebotes meldete das W. T. B. (Berlin, 5. Januar 1917) amtlich folgenden Armeebefehl des Kaisers: An Mein Heer und Meine Mariae! Im Verein mit den Mir verbündeten Herrschern hatte Ich unseren Feinden vorgeschlagen, alsbald in Friedensverhandlungea einzutreten. Die Feinde haben Meinen Vorschlag abgelehnt. Ihr Machthunger will Deutschlands Vernichtung.

1033

Dr Krieg nimmt seinen Fortgang! Vir Gott und der Menschheit fällt den feindlichen Regierungen allein de schwere Verantwortung für alle weiteren furchtbaren Opfer Hu, die Mein Wille Euch hat ersparen wollen. Ir der gerechten Empörung über der Feinde anmaßenden Frevel, ttt dem Willen, unsere heiligsten Güter zu verteidigen und dem Vaterlande ene glückliche Zukunft ju sichern, werdet Ihr zu Stahl werden. Ursere Feinde haben die von Mir angebotene Verständigung nicht gewollt. Mit Gottes Hilfe werden unsere Waffen sie dazu zwingen. Gioßes Hauptquartier, 5. Januar 1917. Wilhelm l. R. IV. Die Antworten der Aentralmächte an die Neutralen. 1. vaö Deutsche Reich und seine Bundesgenossen hielten es mit Recht mter ihrer Würde, auf die unwürdige Sprache der Entente eine dickte Antwort zu geben. Eine solche erschien aber notwendig gegenüler den von der Entente angesprochenen Neutralen. 1. Oie deutsche Antwort erging am 11. Januar 1917 und lautete wie folzt: Der hiesigen Vertretern der neutralen Regierungen ist folgende Note der deutschen Regierung zugestellt worden: „Dr Kaiserliche Regierung hat durch die Vermittlung der Regierung der Vereinig^ Staaten von Amerika, der Königlich Spanischen Regierung und der Regierung h er Schweizerischen Eidgenossenschaft die Antwort ihrer Gegner auf die Note Mil 12. Dezember erhalten, in der Deutschland im Einklang mit seinen Ver­ bündeten dem alsbaldigen Eintritt in Friedensverhandlungen vorschlug. Die Gegner tönen diesen Vorschlag mit der Begründung ab, daß es ein Vorschlag ohne AufrichtiM und ohne Bedeutung sei. Die Form, in die sie ihre Mitteilung kleiden, schließt ehe Antwort an sie aus. Die Kaiserliche Regierung legt aber Wert darauf, den Regirumgen der neutralen Mächte ihre Auffassung über die Sachlage zu kennzeichnt,. Dte Miittelmächte haben keinen Anlaß, erneut auf die Auseinandersetzungen über den Ursprung des Weltkrieges einzugehen. Die Geschichte wird urteile», wen die mgecheure Schuld an dem Kriege trifft. Ihr Wahrspruch wird ebensowenig über die Lin.kreisungspolitik Englands, die Revanchepolitik Frankreichs und das Streben Rußlands nach Konstantinopel hinweggehen wie über die Aufwiegelung Serbiens, den Mord in Serajewo und die Gesamtmobilmachung in Rußland, die den Kies gegen Deutschland bedeutete. Deutschland und seine Verbündeten, die zur Verteidigung ihrer Freiheit und ihres Daseins zu den Waffen greifen mußten, btrcachten dieses ihr Kriegsziel als erreicht. Dagegen haben die feindlichen Mächte siy hmtner weiter von der Verwirklichung ihrer Pläne entfernt, die nach den Crklüuwgen ihrer verantwortlichen Staatsmänner auf die Eroberung Elsaß-

1034 Lothringens nnb mehrerer preußischer Provinzen, die Erniedrigung und Lerminderung der österreichisch-ungarischen Monarchie, die Austeilung der Türke und die Verstümmelung Bulgariens gerichtet sind. Angesichts solcher Kriegszele wirkt das Verlangen nach „Sühne, Wiedergutmachung und Bürgschaft" im Dunde der Gegner überraschend.

Die Gegner bezeichnen den Friedensvorschlag der vier ver­

bündeten Mächte als „Kriegsmanöver".

Deutschland und seine Bundesgenossen

müssen auf das nachdrücklichste Verwahrung dagegen einlegen, daß ihn Beweg­ gründe, die sie offen dargelegt haben, auf diese Weise gefälscht werden. Are Über­ zeugung war, daß ein gerechter und für alle Kriegführenden annehmbarer Friede möglich sei, daß er durch unmittelbaren mündlichen Gedankenaustaush herbei­ geführt werden könne und daß deshalb ein weiteres Blutvergießen nickt zu ver, antworten sei. die

Die ohne Vorbehalt ausgesprochene Bereitschaft, beim eintritt in

Verhandlungen

ihre

Friedensvorschläge

Zweifel an ihrer Aufrichtigkeit.

bekanntzugeben, widerlegt jeden

Die Gegner, in deren Hand es lag, dar Angebot

aufseinen Gehalt zu prüfen, versuchten weder eine Prüfung noch machten ?e Gegen­ vorschläge.

Statt dessen erklären sie einen Frieden für unmöglich, solcnge nicht

die Wiederherstellung der verletzten Rechte und Freiheiten, die Anerkennung des Grundsatzes der Nationalitäten und der freien Existenz der kleinen Staate, gewähr­ leistet sei. Die Aufrichtigkeit, die der Gegner dem Vorschlag der vier verbündeten Mächte abspricht, wird die Welt diesen Forderungen nicht zubilligen köneen, wenn sie sich das Geschick des irischen Volkes, die Vernichtung der Freiheit und Unab­ hängigkeit der Burenrepubliken, die Unterwerfung Nordafrikas durch England, Frankreich und Italien, die Unterdrückung der russischen Fremdvölker und schließlich die ohne Vorgang in der Geschichte dastehende Vergewaltigung Griechenlands vor Augen hält. Auch über die angeblichen Völkerrechtsverletzungen der vier Verbündeten sind diejenigen Mächte nicht befugt Beschwerde zu führen, die von Beginn des Krieges an das Recht mit Füßen getreten und die Verträge, auf denen es beruht, zerrissen haben. England sagte sich schon in den ersten Wochen des Krieges von der Londoner Deklaration los, deren Inhalt seine eigenen Delegierten als geltendes Völkerrecht anerkannt hatten, und verletzte im weiteren Verlauf des Krieges auch die Pariser Deklaration aufs schwerste, so daß durch seine willkürlichen Maßregeln für die Krieg­ führung zur See der Zustand der Rechtlosigkeit eintrat. Der Aushungerungskrieg gegen Deutschland und der in Englands Interesse ausgeübte Druck auf die Neutralen steht mit den Regeln des Völkerrechts nicht minder in schreiendem Widerspruch wie mit den Geboten der Menschlichkeit. Ebenso völkerrechtswidrig und mit den Gesetzen der Zivilisation unvereinbar ist die Verwendung farbiger Truppen in Europa und das Hineintragen des Krieges nach Afrika, bas unter Bruch bestehender Verträge erfolgte und das Ansehen der weißen Rasse in diesem Weltteil untergräbt. Die unmenschliche Behandlung der Gefangenen, besonders in Afrika und Rußland, die Verschleppung der Zivilbevölkerung aus Ostpreußen, Elsaß-Lothringen, Galizien und der Bukowina sind weitere Beweise, wie die Gegner Recht und Kultur achten. Am Schluß ihrer Note vom go. Dezember verweisen die Gegner auf die be, sondere Lage Belgiens. Die Kaiserliche Regierung vermag nicht anzuerkennen, daß die belgische Regierung immer die Pflichten beobachtet hat, die ihr ihre Neutralität

1035 auferlege. Schon vor dem Kriege hat Belgien unter der Einwirkung Englands sich militärisch an England und Frankreich angelehnt und damit den Geist der Verträge selbst verletzt, die seine Unabhängigkeit und Neutralität sicherstellen ssollterr. Zweimal hat die Kaiserliche Regierung der belgischen Regierung erklärt, waß sie richt als Feind nach Belgien komme, und sie gebeten, dem Laube die Schrecken des Krieges zu ersparen. Sie hat sich für diesen Fall erboten, Besitzstand umd Unabhängigkeit des Königreichs in vollem Umfange zu garantieren und alle Schäden zu ersetzen, die durch den Durchzug der deutschen Truppen verursacht «erden Vnnten. Es ist bekannt, daß die königlich großbritannische Regierung im Jahre 1*87 entschlossen war, sich der Inanspruchnahme eines Wegerechts durch Belgien anter diesen Voraussetzungen nicht zu widersetzen^. Die belgische Re­ gierung lat das wiederholte Anerbieten der Kaiserlichen Regierung abgelehnt. Auf sie und Uejenigen Mächte, die sie zu dieser Haltung verführt haben, fällt die Derantw)rtung für das Schicksal, das Belgien betroffen hat. Die Anschuldigungen wegen der deutschen Kriegführung in Belgien und die dort tm Interesse der militärischen Sicherheit getroffenen Maßnahmen hat die Kaiserlich! Regierung wiederholt als unwahr zurückgewiesen. Sie legt erneut energisch Verwahrrng gegen diese Verleumdungen ein. Deutschland und seine Bundesgenossen haben einen ehrlichen Versuch gemacht. Den Kriez zu beendigen und eine Verständigung der Kämpfenden anzubahnen. Die Kaiserliche Regierung stellte fest, daß es lediglich von dem Entschluß ihrer Gegner abhängt, ob der Weg zum Frieden betreten werden sollte oder nicht. Die feindLichen Neuerungen haben es abgelehnt, diesen Weg zu gehen. Auf sie fällt die volle Derrntwortung für den Fortgang des Blutvergießens. Die vier verbündeten Mächte a)er werden Len Kampf in ruhiger Zuversicht und im Vertrauen auf ihr gutes Recht weiterführen, bis ein Friede erstritten ist, der ihren eigenen Völkern Ehre, Dasein und Entwicklungsfreiheit verbürgt, allen Staaten des europäischen Kontinents aber die Wohltat schenkt, in gegenseitiger Achtung und gleicher Be­ rechtigung gemeinsam an der Lösung der großen Kulturprobleme zu arbeiten." *) Gegen diese Behauptung protestierte in der Folge am 19. Januar 1917 das englische Auswärtige Amt. Darauf veröffentlichte die „Nordd. Allg. Ztg." am 22. Januar 1917 die ganze Vorgeschichte von „Englands Auffassung der Neutralität Belgiens in den Jahren 1887 und 1914". Zitiert wurde vor allem der bekannte Artikel des englischen „Standard" vom 4. Februar 1887 mit dem Eingesandt von „Diplomatikus" vom 2. Februar 1887 und den dazu geschriebenen Leitartikeln, die auf Veranlassung Lord Salisburys geschrieben wurden. Es heißt in dem „Eingesandt": „Mein Herr! — Cs ist nicht meine Absicht, die Befürchtungen noch zu ver­ mehren, die gegenwärtig überall herrschen, sondern mich leitet nur das Bestreben, das Sie, wie ich glaube, verzeihlich finden werden, das englische Volk beizeiten zum Nachdenken über die Natur und Ausdehnung aller Schwierigkeiten und Ver­ antwortlichkeiten im Falle eines Krieges zwischen Frankreich und Deutschland zu veranlassen. Ich ergreife daher die Feder, um Sie dringend zu bitten, dem engli­ schen Publikum folgende Betrachtungen zu unterbreiten: Militärische Sachver­ ständige glauben, daß Frankreich während der letzten 16 Jahre für die Herstellung einer neuen militärischen Grenze so viel Geld ausgegeben und es so gut ange-

ioz6 2. Zu gleicher Zeit hat der österreichische Minister des Äußerem

Graf Czernin an die Vertreter der neutralen Machte eint Note ge­ richtet, die sich inhaltlich mit der deutschen Note deckt. Wir entnehmen ihr noch folgende Stellen: Die Antwort der feindlichen Regierungen geht der Erwägung der Möglich * leiten der Beendigung des Krieges aus dem Wege.

Sie beschränk: sich darauf,

neuerlich die Vorgänge, welche zu dem Kriege geführt haben, die vermeintliche Stärke ihrer eigenen militärischen Situation und die angeblichen Beweggründe des Friedensvorschlages zu erörtern.

Die k. und k. Regierung will jlc$ dermale«

nicht in ein neuerliches Wortgefecht über die Vorgeschichte des Krieses einlassen.

wendet hat, daß ein direkter Vorstoß der deutschen Armeen nach Frcnkreich durch die neu angelegten und miteinander verbundenen Festungen und Forts hindurch, selbst wenn er möglich wäre, ein sehr gefährliches Wagnis sein wtrde. Sollte aber Deutschland tatsächlich zu einem Kampf auf Leben oder Tod.' von Frankreich herausgefordert werden, oder glauben, daß dies der Fall ist, würde da Fürst Bis/ marck angesichts der mächtigen Streitkräfte, die er in Bewegung setzen kann, sich durch die erwähnten lünstlichen Hindernisse behindern lassen, so large es einen natürlichen und unverteidigten Weg gibt, der ihn aus seiner schwierigen Lage befreien würde? Ein solcher Weg oder Ausweg existiert. Er liegt aas belgischem Gebiet.

Aber die Neutralität Belgiens ist durch eine europäische Garantie ge/

schützt, und England ist einer der Garanten. Im Jahre 1870 hat Earl Granville, der damals das englische Auswärtige Amt leitete, in Erkenntnis dieser Gefahr mit schnellem und klugem Entschluß Eng/ land zur Hilfeleistung an der Seite Frankreichs für den Fall verpflichtet, daß Preußen belgisches Gebiet verletzte, und umgekehrt zur Hllfeleistung an der Seite Preußens, falls Frankreich dies tue. Würde nun Lord Salisbury weise handeln. Im Falle eines neuen Konfliktes zwischen den beiden genannten Ländern ähnliche Ver­ pflichtungen zu übernehmen? Diese Frage hat das englische Volk zu beantworten. Mir aber, dem die Interessen und die Größe Englands am Herzen liegen, würde ein solches Vorgehen im jetzigen Zeitpunkt im höchsten Grade unklug erscheinen. Wie sehr auch England einen Einfall in belgisches Gebiet durch eine der kämpfenden Parteien bedauern möge, so könnte es doch nicht Frankreichs Partei gegen Deutsch­ land ergreifen (selbst wenn Deutschland versuchen sollte, die französische Flanke durch einen Einbruch seiner Armeen durch die belgischen Ardennen zu umgehen), ohne dabei die Hauptziele der britischen Weltpolitik ernstlich zu gefährden oder preiszugeben.

Aber, wird man fragen, ist nicht England durch seine Unterschrift

gebunden, und muß es nicht seinen öffentlichen Verpflichtungen treu bleiben? Meine Antwort ist, daß Englands auswärtiger Minister imstande sein müßte, diesem Einwand Rechnung zu tragen, ohne daß England in einen Krieg ver, wickelt wird. Die zeitweise Benutzung eines Wegerechts ist etwas anderes als eine dauernde, unrechtmäßige Besitzergreifung eines Gebietes;

und sicherlich würde

England leicht vom Fürsten Bismarck umfassende und angemessene Garantien dafür erhalten können, daß nach Beendigung des Konfliktes das belgische Gebiet unversehrt wie vorher bleiben würde."

1037 Mach ijhrer Überzeugung ist vor den Augen der ganzen rechtlich und unbefangen urrteilemden Menschheit bereits hinreichend und unwiderleglich dargetan, auf welchen Seie die Schuld an dem Ausbruche des Krieges gelegen ist. Was im besonderen das österreichisch-ungarische Ultimatum an Serbien betrifftt, so fat die Monarchie in den Jahren, welche diesem Schritt vorausgingen, hinlänglich Beweise ihrer Langmut gegenüber den sich stets steigernden feindseligen und aggressven Absichten und Umtrieben Serbiens an den Tag gelegt, bis zu dem Momert, wo schließlich die ruchlose Mordtat von Serajewo eine weitere Nach­ sicht ummöglich gemacht hat. Auch eine Auseinandersetzung über die Frage, auf welcher Seite die mili­ tärische: Lage stärker sei, erscheint müßig und darf getrost dem Urteil der gesamten Offentllichkeir überlassen bleiben. Übrigens enthält eine Vergleichung der Kriegs­ ziele der beiten Gruppen bereits die Entscheidung dieser Frage. Während nämlich Österreich-Ungarn und seine Verbündeten den Krieg von Anfang an nicht zum Zwecke von Gebietseroberungen, sondern als Derteidigungskampf unternommen haben, ist bei den feindlichen Staaten das Gegenteil der Fall. Die vier verbündeten Mächte können daher bereits derzeit ihre rein defensiven Kriegsziele als erreicht betrachten, während die Gegner sich von der Verwirklichung ihrer Pläne immer weiter entfernen. Die k. u. k. Regierung und die Regierungen der mit ihr ver­ bündeten Mächte haben ihr Angebot der Einleitung von Friedensverhandlungen in aller Aufrichtigkeit und Loyalität gemacht, denn sie mußten ja auf die Möglich­ keit gefaßt sein, daß der ausdrücklich ausgesprochene Antrag, beim Eintritt in die Verhandlungen ihre Friedensbedinguugen bekanntzugeben, angenommen werde. Die Gegner sind es vielmehr, welche, ohne ihrerseits Gegenvorschläge zu machen, es abgelehnt haben, den Inhalt des Vorschlages der vier verbündeten Mächte kennen zu lernen. Vor Gott und der Menschheit lehnen die Verbündeten die Ver­ antwortung für den Fortgang des Krieges ab *)• V) Auf die deutsche Note an die Neutralen hat die englische Re­ gierung durch das Reutersche Bureau eine Erwiderung verbreiten lassen, die in der aus früheren Veröffentlichungen bekannten Tonart Deutschlands Schuld am Kriege zu beweisen und die Neutralen durch die Aufzählung angeblicher deutscher Greuel bange zu machen sucht. Auf diese scheinheilige Anklage entgegnet das W. T.-D. mit folgenden von befugter unterrichteter Seite stammenden Ausführungen: „Die Fragen und Vorwürfe, die Reuter im Aufträge der englischen Re­ gierung erhebt, um Deutschlands Schuld am Ausbruch des Krieges zu beweisen, sind für niemand mehr neu. Sie sind dieselben Phrasen, die längst widerlegt worden sind. Wir stellen einige Gegenfragen: Hat nicht Grey erklärt, er verzichte auf eine Konferenzidee, wenn es Deutschland gelinge, Lsterreich-Ungarn zu direkten Verhandlungen mit Rußland zu bringen, und ist dies Deutschlands dauernden Bemühuugem nicht geglückt? War nicht das Anerbieten eines Schiedsgerichts an demselben Tie nach unserer Überzeugung der großen und heiligen Sache der Mensch­ heit und des Frieden- in gleichem Maße wie den eigenen Interessen der Bereinigten Staaten abträglich wäre. Wr habe» zu dieser Waffe gegriffen, um uns den Frieden näher zu bringen, wie ihn i« Präsident der Bereinigten Staaten verkündigte. Wir stehen auch heute »och aufdem Standpunkt des vom Präsidenten Wilson vorgeschlagenen Friedens. Wir sini auch heute noch zu Verhandlungen bereit, sobald wir die Bürgschaft gewinne», baß unsere Feinde zur Erreichung eines solchen Friedens mit uns zu verhandln geneigt sind. So lange jedoch das nicht der Fall ist, so lange unsere Feinde ms nach dem Leben trachten, sind wir genötigt und entschlossen, zur Zurück­ weisung dieses unmenschlichen und verbrecherischen Anschlages unter allen Um­ ständen »ns aller berechtigten Mittel zu bedienen." Hi-rauf gab die Opposition eine Erklärung ab. Abgeordneter Graf Apponyi billigte «ls Vertreter der Unabhängigkeitspartei das Vorgehen der Regierung. Abgeordreter Graf Anbraffy erklärte namens der Derfassungspartei, da sämtliche verantwrrtlichen Faktoren von dem verschärften v-Bootkrieg ausschlaggeben­ den Erfolg erwarten, nehme er, gestützt auf diese Fachgutachten, die Erklärung des Ministerpräsidenten zur Kenntnis. — Der Vertreter der radikalen Unabhängigkeits­ gruppe, Sbg. Graf Karolyi, sagte, er sei nicht in der Lage, den letzten Schritt Deutsch­ lands und Österreich-Ungarns in vollem Maße zu billigen. Er hoffe aber, daß eS zwischen Ungarn und Amerika nicht zum Kriege kommen werbe. Er nehme die Verschärfung des v-Dootkrieges als Tatsache hin. Namens der Dolkspartet erklärte Abg. Stefan Rakowsky, er sei zwar Pazifist, doch billige er im vollsten Maße den Schritt, weil er unabwendbar sei. Weitere kritische Bemerkungen -es Verfassers:

I. Die „neue Sachlage", von der die deutsche Regierung in der Note vom 4. Mat 1916 an Amerika gesprochen hat (s. oben Kap. 106 BII S. 1089), war mit dem Augenblicke gekommen, als es den 93er# elvigten Staaten nicht gelang, England zu einer anderen Kriegführung j,l bringen. DasDeutsche Reich war seit Mai 1916 befugt, von dieser „neuen Sachlage" Gebrauch ju machen. Jede neue Völkerrechts# widrige Auslegung der Begriffe „Konterbande", „Blockade" gab ihm neuen Anlaß, die volle Freiheit seines Entschlusses, die es sich dort ausdrücklich vorbehalten hatte, ausjunutzen. Erneut war die Ge# legenheit gegeben, als England jynisch die Londoner Deklaration — auch formell und offiziell — über Bord warf, um dem Aus# hungerungskriege jum Erfolge zu verhelfen. Müll er, Meiningen, Entstehung des Weltkriegs.

70

Zm Januar 1917 drängten die Ereignisse förmlich j«r Ziehung der letzten Konsequenzen. Es würde die Ausdehnung der Vorschriften über das angriffsweise Vorgehen bewaffneter Handelsschiffe, das be­ reits in der deutschen Denkschrift vom 8. Februar 1916 für Groß­ britannien eingehend geschildert war, auch auf die französische Han­ delsmarine urkundlich bewiesen. Der schamlose Mißbrauch von La­ zarettschiffe« zu Truppentransporten wurde aufgedeckt. Die steigende Leistung unserer Il-Boote stand in richtigem Verhältnisse zu der Frech­ heit der Sprache der Ententestaaten gegenüber den deutschen Friedens­ angeboten. Die Haltung dieser Staaten, die Zurückwei­ sung unserer Friedenshand unter Hohn und Spott mußte für Deutschland das Zeichen der Anwendung der schwer­ sten und zielsichersten Waffe zur Abkürzung des fürchterlichen Krieges sein. Der Androhung der Vernichtung durch die Ententenoten vom *30. Dezember 1916 und 10. Januar 1917 mußte logischerweise die letzte Konsequenz rücksichtsloser Kriegführung auf seiten der so schwer beleidigten Mittelmächte folgen. Wir haben dabei genau nach dem englischen Vorbild vom 3. No­ vember 1914 der neutralen Schiffahrt bestimmte Fahrrinnen in der Nordsee, im Atlantischen Ozean und im Mittelländischen Meer ge­ lassen. Die neutrale Schiffahrt mußte sich allerdings die Abgrenzung des Fahrgebietes sehr genau ansehen. Es begann eine schlimme Zeit für die Zwischenhändler zur See. Wenn die Grenzen des neuen Kriegs­ gebietes überschritten wurden, dann drohte Vernichtung mit jeder Waffe! Den Amerikanern insbesondere ist, wie schon in der deutschen Note vom 8. Juli 1915, noch eine besondere Vergünstigung zugedacht worden; sie durften auf neutralen Schiffen sogar nach bestimmten englischen Häfen fahren, ohne gefährdet zu werden. Aber jenseits dieser Vorbehalte gab es keine Ausnahme, keine Abschwächung mehr. Das Stockholmer „Aftonbladet" schrieb bereits am 10. Januar 1917 über „Das wirkliche Friedenshindernis": „Dies ist weder der preußische Militarismus, noch der französische Chauvinismus, noch der russische Panslawismus und Länderhunger, sondern ganz einfach Englands Konkurrenzneid. Europa verblutet, damit Englands Han­ dels- und Seeherrschaft aufrechterhalten wird, und wenn die Deutschen zum großen Schaden auch für die Neutralen mit einem verschärften II-Bootkrieg auf die Ablehnung des deutschen Friedensangebotes antworten, so weiß man, wer in erster Linie die Schuld hieran trägt."

iio7 II. Der -ettpunkt war unjweifelhaft richtig gewählt. Britische Brvtaltät hatte durch die schnöde Zurückweisung des deutschen Friedensangebües den Höchstpunkt erreicht. Wenn die Neutralen noch daran gezweifel haben sollten, daß die Engländer alle Rückstchten auf sie über Bord werfen würden, wurden sie jedenfalls vom wahren Charakter des mglischen „Hungerkrteges" durch eine Artikelreihe des bekannten und einflußreichen englischen Schriftstellers Ashmead Bartlett im Kipenhagener „Berlingske Tidevde" gründlich belehrt. Das große und angesehene dänische Blatt hat die Artikel des englischen' Verfassers an hervortretender Stelle veröffentlicht — und jwar ohne Kommentar —, damit das dänische Publikum sich mit Möglichkeiten der Kriegführurg der nächsten Monate, welche sich hier noch niemand in ihren letzten harten Konsequenzen vorgestellt hat, vertraut mache. Der englische Verfasser, der mit den leitenden englischen Stellen nahe Fühlung haben 'oll, erklärte, daß sich England nicht mehr viel von den militärischen Operationen, dagegen alles vom Hungerkriege ver­ sprechen könne -nd daß es deshalb gelte, den letzteren mit absoluter Rücksichtslosigkeit, ohne sich von sentimentalem Mitleid mit den Neu­ tralen leiten zu lassen, durchzuführen. Ashmead Bartlett schreibt u. a.: „.. . Es gibt nur eine Frage von entscheidender Bedeutung für uns und unsere Verbündeten: Können wir den Feind aushungern, bevor er so viele von unseren Handelsfahrzeugen zerstört hat, daß wir unter diejenige Anzahl von Schiffen herunterkommen, die notwendig ist, um Großbritanniens Bedarf zu sichern und die Lasten des Krieges zu tragen? . . . Das Entscheidende ist unsere eisenharte Blockade! Unsere Zugeständnisse an die Neutralen dürfen nur ganz minimal sein; ob die Neutralen sich beleidigt fühlen oder nicht, muß uns gleichgültig sein. In der gefahrvollen Stellung, worin wir uns befinden, ist der­ jenige gegen uns, der nicht mit uns ist! Die Blockade ist bisher die reinste Posse gewesen! Jeden Monat wandern 50 000 Stück Rindvieh von der Schweiz nach Deutschland hinein; die Deutschen werden auch von Holland und den skandinavischen Ländern mit Lebensmitteln ver­ sehen. Das englische Auslandsamt hat die Dinge viel zu milde an­ gefaßt. Die Blockade muß aus den Händen unseres Auslandsamtes in diejenigen des Admirals Jellicoe übergehen. Es gibt jetzt keine Gesetze mehr für die Kriegführung. Das einzige Prinzip, das für uns gilt, ist Ehrlichkeit gegen uns selbst und unsere Verbündeten — das will heißen: wir wollen mit allen uns verfügbaren Mitteln Deutschland aushungern und die Neutralen 70*

auf die knappsten Rationen setzen.... Alle unsere Znstrengungen müssen sich darauf richten, die deutsche Tauchbwtkriegführung ju bekämpfen. Wir müssen alle unsere Handelsstiffe be­ waffnen, ja, noch mehr, kein einjiges englisches Schiff darl unsere Häfen verlassen, ohne daß es eine Anzahl deutscher Offizire mit, führt. Wird das Schiff torpediert, mögen die deutschen Offiziere ebenfalls zugrunde gehen! Das wird vielleicht eine härtre Be­ handlung gefangener Engländer in Deutschland zur Folge haben. Dem kann aber nicht geholfen werden. Die Lage fängt an verzweifelt zu werden, und wir müssen das Risiko übernehmen!" III. Angesichts einer solchen Sprache wagte es Hanotarr, es so darzustellen, als wenn Deutschland die „Freiheit der Meer," durch sein Sperrsystem bedrohe. Bei dieser Darlegung der „deutschn" Frei­ heit der Meere vergaß Hanotau^uur, daß ihr die englische voraus­ gegangen ist: Jenes Piratentum, das die neutralen Griechen Uoüierte und nicht ein Stück Brot zu ihnen herein ließ, den neutralen Staaten vorschrieb, wie viel jeder einzelne Bürger essen dürfe, die post der Neutralen mit Beschlag belegte, den völkerrechtlich freistehenlen Ver­ kehr zu den Häfen der Zentralmächte verbot und verlangte, jeres neu­ trale Schiff habe erst in England anzulegen, um sich von Cn-ländern untersuchen zu lassen! Ja in vielen Staaten wurde diese Untersuchung zweimal vorgenommen, indem schon eine vor Auslaufen tes neu­ tralen Schiffes stattfand. Diese englische Freiheit legte um bi? skandi­ navischen Staaten und um Holland einen dichten MinengKtel und bestimmte ganz genaue enge Ausgangspforten, durch die die reutralen Schiffe sich hindurchzuklemme» haben, wenn sie nicht in die Lust fliegen wollen. Ja, neuerdings ging die englische Freiheit so wett, mit be­ dauerndem Achselzucken den Neutralen zu erklären: „Ihr verdet in Zukunft nicht genügend zu essen und nicht genügend zum Heizen be­ kommen, well es uns so paßt." Die Folge dieser englischen Freiheit war es, daß sich auch Deutschland endlich entschloß, die Schutzmaß­ regeln zu ergreifen, die notwendig waren, um in der Zukunft jene wahre Freiheit der Meere wiederherzustellen, die England niemals anerkannt hat und ohne entscheidende Niederlage niemals anerkennen wird (s. über die Vorgeschichte des v-Bootkrieges und seine Not­ wendigkeit auch die Ausführungen des Verfassers im nächsten Kapitel). Mit Recht führten die Kopenhagener „Socialdemokraten", sicher kein deutsch-freundliches Blatt, gegenüber der Verdrehung der engli­ schen Presse (io. Februar 1917) folgendes aus:

1109

Dt englische Auffassung sei einseitig; denn es sei ja England gewesen das zuerst eine solche Kontrolle einrichtete, um Deutschland auszuhingern. Das Blatt fährt fort: „Wir kennen sie von der be­ ständige: Durchsuchung unserer Amerikadampfer in Kirkwall her, von der garzen Politik mit ihren Zwangsbestimmungea, von -er Auf, brivgurg des dänische» Regierungsdampfers „Godthaag" mit einer Ftschladmg aus Grönland, von der Beschlagnahme unserer Post usw., efettfo wie ein großer Teil der neutralen Schiffe verlockt oder ge, jwunger Bannwarefahrten für England ausführen muß. Der ver, schärfte Unterseebootkrieg Deutschlands ist eine Notwehr gegenüber dem enjlischen Aushungerungskrieg. Es ist furchtbar, daß der Krieg derartige Formen angenommen hat, daß neutrale Schiffe, die in eine bestmmte, bisher freie Zone gelangen, ohne Warnung torpediert werden; es ist aber auch furchtbar, daß eine Kriegsmacht versucht, eine garze Nation mit Frauen und Kindern auszuhungern. Der langsane Hungertod dieser Frauen und Kinder verursacht, falls die Absicht erreicht wird, vielleicht schrecklichere Qualen als der schnelle Tod in den Wellen, wie tragisch und empörend dieser auch sein mag." Deutschland handelt in bitterster Notwehr. Ein wei, teres Zrwarten wäre vielleicht die schwerste Schuld für die leitenden Männer Deutschlands geworden. Selbst die „Morning Post", die die gross Gefahr des U, Bootkrieges für England zeitig erkannte, erklärte, den deutschen Standpunkt anerkennend: „So trifft das Tauchboot den Lebensnerv der Verbündeten, denn der Übersee, verkehr ist ihr Lebensnerv. Man beschädige ihn oder schneide ihn gar durch, und das ganze riesige Handels, und Kriegsgebäude fällt in sich zusammen oder ist gelähmt. Aus diesem Grunde eben kon­ zentriert Deutschland seine ganze Energie und wundervolle Organi, sation auf das Zerstören unseres Handels. Deutschland weiß, daß, wenn des Zerstörungswerk einen gewissen Punkt erreicht, die Ver, büvdetev nachgeben müssen. Darum kämpft Deutschland verzweifelt, aber ganz systematisch, diesen Punkt rechtzeitig herbeizuführen." Am wenigsten kann die Klage erhoben werden, die Versenkung erfolge „ohne Warnung". Wir wiederholen: Die Warnung war in feierlichster Form ein für allemal gegeben und in ebenso feierlicher Form amtlich wiederholt. Jeder Kapitän, auch in entfemtesten Tellen des Weltmeeres, kannte sie. Wer aber in das verbotene Gebiet kam, verschuldete sein Unglück. Wer nicht hören will, muß fühlen.

IIIO

F. Eine nochmalige Wamung Deutschlan-s. Am 12. Februar 1917 wurde amtlich folgendes bekannt ge­ geben: „In der Nacht zum 13. Februar ist die bisher nicht bekannt ge­ gebene Schonungsfrist im Sperrgebiet des Atlantischen Ozeans und -es Englischen Kanals für neutrale Dampfer, denen die Nachricht von der Sperrgebietserklärung nicht mehr rechtzeitig zugegangen war, ab­ gelaufen. In der Nordsee ist dies bereits in der Nacht zum 7. Februar der Fall gewesen, im Mittelmeer in der Nacht zum 11. Februar. Nunmehr gilt nur die allgemein für die Sperrgebiete erlassene Warnung, wo­ nach die Schiffahrt auf keine Einzelwarnung mehr rechnen kan». Schiffe, die dennoch die Sperrgebiete befahren, tun dies mit voller Kenntnis der ihnen und den Besatzungen drohenden Gefahr. Es wird hiermit ausdrücklich festgestellt, daß alle von feindlicher Seite verbreiteten Nachrichten über das Torpedieren neutraler Schiffe ohne vorheriges Anhalten vor den obigen für die einzelnen Sperr­ gebiete genannten Daten falsch sind. Die angegebenen Schonzeiten galten sogar auch für feindliche Paffagierdampfer, soweit sie unbewaff­ net waren, weil auf ihnen neutrale Passagiere ohne Kenntnis der Seesperre sein konnten." (S. die nochmalige Warnung Deutsch­ lands vom 14. Februar 1917 unten im nächsten Kapitel.) Das am 15. Februar 1917 ausgegebene Marineverordnungsblatt veröffentlichte folgenden Allerhöchsten Befehl an die Marine: „An Meine Marine! In dem bevorstehenden Entscheidungskampf fällt Meiner Marine die Aufgabe zu, das englische Kriegsmittel der Aushungerung, mit dem unser gehässigster und hartnäckigster Feind das deutsche Volk niederzwingen will, gegen ihn und seine Verbündeten zu führen durch Bekämpfung ihres Seeverkehrs mit allen zu Gebote stehenden Mitteln. Hierbei werden die I7-Boote in erster Reihe stehen. Ich erwarte, daß diese in weiser Voraussicht technisch überlegen entwickelte, auf leistungs­ fähige und letstungsfreudige Werften gestützte Waffe, im Zusammen­ wirken mit allen anderen Kampfmitteln der Marine und getragen von dem Geiste, der sie im ganzen Verlauf des Krieges zu glänzenden Taten befähigt hat, den Kriegswillen unserer Gegner brechen wird. Großes Hauptquartier, 1. Februar 1917. Wilhelm."

IIII

Anmerkung i. Die beiden hinzugefügten Kartenskizzen zeigen die beide» großen Meeresgebiete, die vom i. Februar 1917 an für die feindliche und neutrale Schiffahrt als gesperrt erklärt worben sind. Jedes feindliche ober neutrale Kauf, fahrteischiff, das in den gesperrten Räumen betroffen wird, wird ohne Warnung torpediert oder anderweitig versenkt. Das Sperrgebiet im Norde« ist durch die ausgezogene Linie um Groß­ britannien und die «estfranzösische Küste begrenzt. Da der Kanal in seiner vollen Ausdehnung in das gefährliche Gebiet fällt, bleibt der holländischen Übersee, schiffahrt nur der Weg an der norwegischen Küste vorbei nördlich der Färber, Inseln, ebenso der gesamten skandinavischen Schiffahrt. Don dem absoluten Der, bot, die englische Küste anzusteuern, sind nur zwei Ausnahmen gemacht. Je ein amerikanischer Personendampfer darf jede Woche an bestimmten Tagen und mit bestimmten Abzeichen versehen auf dem 50. Breitengrad den Hafen Falmouth an der Südwestspitze von England anlaufen, vorausgesetzt, daß die amerikanische Re, gierung die Garantie für Abwesenheit von Banngut auf dem Schiff gibt. In ähnlicher Weise ist auch Holland eine kleine Vergünstigung eingeräumt worden. Zwischen Vlissingen und Southwold darf wochentäglich in jeder Richtung ei» holländischer Raddampfer unter der Bedingung verkehren, daß das Sperrgebiet bei Tageslicht passiert und auf dem Hin, und Rückwege bas Nordhtnder,Feuer, schiff angesteuert wird. Auch für diese Schiffe sind, wie für die amerikanischen Paffagierdampfer, besondere Abzeichen für Tag und Nacht vorgesehen. In beiden Fällen ist, wie man sieht, dafür Sorge getragen, daß die Dergünsiigungen nicht zum Schleichhandel ausgenutzt werden. Das südliche Sperrgebiet umfaßt nahezu das ganze Mittelmeer. Auf der Karte bezeichnet die Schraffur den gesperrten Raum. Freigelassen ist nur die spanisch,marokkanische Küste, die Küste des europäischen Spaniens und ein kleiner Teil der französischen Mittelmeerküste mit dem einzigen unbedeutenden Hafen Celte, der der schweizerischen LebenSmittelzufuhr bient. Aus dieser Freizone, die die Balearen umschließt, führt ein schmaler Kanal von 20 Seemeilen Breite in gewinkelter Form an die Küste von Südgriechenland. Er steht nur dem Verkehr Griechenlands mit anderen Neutralen zur Verfügung. Die Gewässer um Italien fallen ganz und gar in das Sperrgebiet. Erweiterung des Sperrgebietes. Eine amtliche Mitteilung vom 24. März 1917 sagt folgendes: „Den fremden Regierungen ist mitgeteilt worben, daß künftig in dem Ge, biete des Nördlichen Eismeeres östlich des 24. Grades östlicher Länge und südlich beS 75. Grades nördlicher Breite mit Ausnahme der norwegischen Hoheitsgewässer jedem Seeverkehr ohne weiteres mit allen Waffen entgegengetreten werden wird. Neutral« Schiffe, die dieses Gebiet befahren, tun dies auf eigene Gefahr; jedoch ist Vorsorge getroffen, baß neutrale Schiffe, die schon auf der Fahrt nach Häfen dieses Sperrgebiets sind oder solche Häfen verlassen wollen, bis zum 5. April nicht ohne besondere Warnung angegriffen werden." Die Bekanntmachung besagt, baß baS bisherige Sperrgebiet, wie es durch die Denkschrift unserer Regierung vom 1. Februar d. I. festgelegt wurde, «ine Verbreiterung erfährt. Die nördliche Sperrgrenze um England herum lief auf dem 62. nördlichen Breitengrade, also etwa auf der Höhe der Färöer. Dom 62.

n z

Grad Nordbreite und o Grad Länge bog sie auf etwa südsüdösilichem Kurse auf die Udflre,Insel ab. So blieb eine breite, der neutralen Schiffahrt tut Verfügung siehende Straße nach der norwegischen Küste offen. Nu» ist auch das Nördliche Eismeer teilweise in bas Sperrgebiet einbezogen, um den Verkehr mit den rus­ sische» Häfen |u gefährden. Anmerkung 2. Der bekannte englische Schriftsteller Garvin schrieb vor dem zi. Januar 1917; „Der neue v-Bootfelbtug des Feindes bedeutet den Entscheidungskampf twtschen dem englischen und deutschen Volke über die wirk­ same Beherrschung des Meeres und er wird im Laufe der nächsten sechs Monate glatt auSgefochten werden." Er erklärte, er handle in unmittelbarem Auftrage der Admiralität, wen» er dem Volke den ganten furchtbaren Ernst der Lage mit allen Mitteln klartulegea suche und wenn er ihm sage, baß es dabei nur mit Ein, setzung der letzten Unte seiner Kraft obsiegen könne. Er setzte hint«: „Me wir die Deutsche» durch die Macht der «Großen Flotte" blockieren, so versuchen sie nun unS durch eine» Schwarm von v,Booten tu blockieren. Seemacht heißt herrschen über die Seewege, vb sie nun durch Hochseeflotte, Unterseeboote oder irgend.

eine Art anderer Boote gehalten ober angegriffen wird, der Einsatz ist immer der, selbe; eS handelt sich immer um dl« Existent" In der Presse, die sich an die Masse wendet, war die seltsame Blindheit, die sie bisher gegenüber der v,Bootgefahr reizte, sofort gründlich gewichen. In allen Blättern nahm die v,Bo»tgefahr nun die beherrschende Stellung ein und hatte selbst die sichere Zuversicht BottomlchS erschüttert. Er klagte: „Mit leerem Magen läßt sich kein rechter Frieden diktieren." In den «Daily News" berichtete der bekannte Schriftsteller Arnold Bennett, einer der besten Kenner der militärischen Lage, man habe ihm dieser Tage auf die Frage über die Aussichten der Alliierten geantwortet: „Ausgezeichnet — abgesehen vom Unterseeboot." Am 12. Februar 1917 aber schrieb die „Moruing Post": „Soviel ist sicher, baß kein Handelsschiff der Neutralen mehr in See stechen kann, ohn« mit der Vernichtung zu rechne». . . Gelingt es Deutschland, England zur See abtuschließen, ... so wird es den Krieg gewinnen." Und an anderer Stelle gesteht dieselbe einsiußreiche englische Zeitung, daß der U-Bootkrieg die Verbündeten am Lebensnerv trifft. Anmerkung 3. Natürlich rasten Männer wie Lloyd George. Deutsch, lands Vorgehen, so hörten wir, sei im Fortschreiten auf dem Wege vollkommener Barbarei, das Abwerfen der letzten Hülle der Zivilisation. Es sei der Barbar in seiner angeborenen Wildheit. Wenn daher die Alliierten nicht noch in diesem Kriege die Möglichkeit eines solchen Systems beseitigten, „dann würden wir in eine Barbarei wie vor 2000 Jahren zurücksinken". Der englische König schloß sich in der Thronrede, mit der er am 7. Februar 1917 bas Parlament eröffnete, seinem Minister an. Er sprach von der deutschen Drohung mit weiteren Verbrechen gegen das Völkerrecht und die allgemeinen Rechte der Menschheit. Dagegen müsse die Kraft beS ganzen Volkes aufgerufen «erben. Zwei Mittel gibt es nach Lloyd George, der „organisierten Grausamkeit" ent, gegenzutreten. Zunächst gelte eS, den Unterseebootkrieg selbst ju bekämpfen. „Wjr müssen Schiffe bauen, um unsere Kauffahrer zu schützen, und beweisen, daß der „Mord auf hoher See" nutzlos ist. Vor allem aber sei die Aufgabe |u lösen, den Landkrieg zu gewinnen. „Die Deutschen können Schwärme von Unterseebooten und Flugzeugen herstellen, um über die Blockade hinwegzukommen, aber wenn sie bas Vertrauen in die Armee verlieren, so kann das nicht wiederhergestellt wer, den. Wir müssen beweise», daß der preußische Baal ein falscher Götze ist. Wir müssen ihnen zeigen, daß er Hungersnot in ihr eigenes Land getragen hat" usw.

III5

i07. Kapitel. Der Abbruch der Beziehungen durch die Vereinigten Stauten von Nordamerika. — Nochmals der U - Lootkrieg und seine Vorgeschichte.

I. Am Sonntag, den 4. Februar 1917 überraschte „Reuter" die Welt mit folgender Depesche: „Die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika hat den Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Deutschland aus­ gesprochen. Der Präsident Wilson hat dem Kongreß davon Mit­ teilung gemacht. Dem deutschen Botschafter in Washington, Grafen Bernsiorff, sind die Pässe zugesiellt worden. Der amerikanische Bot­ schafter in Berlin, Mr. Gerard, ist angewiesen worden, Deutschland zu verlassen." Dazu bemerkte eine offiziöse deutsche Notiz: Eine Bestätigung dieser Nachricht liegt hier an amtlicher Stelle noch nicht vor, jedoch wird ihre Richtigkeit nicht bezweifelt *)« i) über die Beratung im amerikanischen Senat über den Abbruch der diplo­ matischen Beziehungen zu Deutschland meldete Reuter unterm 8. Februar folgen­ des: Senator ©tone, der Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegen­ heiten, hatte die Entschließung eingebracht, die den diplomatischen Bruch mit Deutschland billigte. Der Republikaner und Pajlfist Works bekämpfte bas Vor­ gehe» des Präsidenten als nicht neutral, ©tone verteidigte die Entschließung, weifet der Ansicht war, es sei gut, daß der Welt kunbgetan werde, baß die Ameri­ kaner den Präsidenten immer unterstützten, wenn er innerhalb der Schranken seiner verfassungsmäßigen Rechte bleibe und als Wortführer des ganten Volkes spreche. Der Republikaner Lodge, der früher der erbittertste Gegner des Präsidenten war, stellte ihm feine Unterstützung int Verfügung und forderte seine Kollegen auf, seinem Beispiel tu folgen. Er sagte, baß, wen» Amerika außerhalb deS Krieges bleiben sollte, es durchaus wichtig sei, der Welt zu teigen, daß Amerika einig sei. Zwei Demokraten, Vordaman und Pirby, lehnten es ab, der Entschließung zuzu­ stimmen. Der Demokrat Pittmann sagte, baß ein weiterer Fall wie der „kusitania"Fall den Krieg bedeuten würde. Der Republikaner Sherman sagte, jegliches ZSgern fei nationale Feigheit. Er fei «in Gegner deS Krieges, aber der Frieden könne Opfer und einen höheren Preis erforderlich machen als das Opfer deS Krieges. Darauf wurde die Entschließung mit 78 gegen 5 Stimmen angenommen. (S. über die Verhandlungen des amerikanischen Kongresses zu der Frage des N-BootkriegeS die Schrift des Prof. Dr. Eduard Meyer „Der amerikanische Kongreß und der Weltkrieg", 1917, Verlag Karl Curtius, Berlin, 132 Seiten. Dort sind die Ver­ handlungen des Senats und des Repräsentantenhauses t«r Frage, insbesondere die Resolution GoreS im Senate, S. 30 ff., die Versuche deS Präsidenten Wilson, «in« öffentliche Verhandlung t« verhindern, S. 32 ff. und S. 39 ff., die Verhand­ lungen deS Senats vom 2. und 3. März, S. 42 ff. bis S. 76, und die späteren

Am selben Tage meldete „Reuter" weiter: „Der amerikanische Botschafter in Berlin Gerard erhielt den Auftrag, die Botschaft zu schließen. Alle amerikanischen Konsuln und Attaches sollen Deutschland verlassen. Spanien wird die Vertretung der amerikanischen Interessen in Berlin übernehmen." Aus derselben Quelle wurde aus Washington bereits unterm z. Februar 1917 gemeldet: Wilson erinnerte in seiner Botschaft an den Kongreß an die amerikanische Note an Deutschland vom 18. (20.) April 1916 nach der Torpedierung der „Sussex", an Deutschlands Antwort hierauf vom 4. Mai und an die Antwort Amerikas vom 8. (10.) Mai, worin die deutschen Zusicherungen angenommen wurden. Wilson sagte, Deutsch­ land habe diese Note nicht beantwortet. Hierauf jitierte Wilson die deutsche Denkschrift vom 31. Januar 1917 und sagte: »Angesichts dieser Erklärung, die plötzlich und ohne vorherige Andeutung irgendwelcher Art vorsätzlich die feierlichen Versicherungen, die in der deutschen Note vom 4. Mat gegeben «urden, zurückzieht, bleibt der Regierung der Vereinigten Staaten keine andere Wahl, die sich mit der Würde und der Ehre der Vereinigten Staaten vereinbaren ließe, als den Weg einiuschlagen, den fl« ln ihrer Note vom 18. (so.) April für den Fall ankündigte, falls Deutschland seine v-Dootmethoden nicht aufgeben sollte. Ich beauftragte deshalb Staatssekretär Lansing, dem Grafen Berusiorff mitzuteilen, baß die diplomatischen Beziehungen tu Deutschland abgebrochen sind, baß der amerikanisch« Botschafter in Berlin sofort abberufen wird, und baß Graf Berusiorff die Pässe ausgehändigt werden. Trotz diesem unerwartete» Vorgehen der deutschen Regierung und diesem plötzlichen, tief bedauerliche» Widerruf ihrer «nserer Regierung gegebenen Versicherungen in einem Augenblick der kritischsten Spannung in de» zwischen den beiden Regierungen bestehenden Beziehungen weigere ich mich zu glauben, daß die deutsche» Behörden tatsächlich bas zu tun be­ absichtigen, wozu sie sich, wie sie uns bekannt gegeben haben, berechtigt halten. Ich bringe eS nicht über mich, zu glauben, daß sie auf die alte Freundschaft der beiden Völker oder auf ihre feierliche Verpflichtung kein« Rücksicht nehmen und in mut, williger Durchführung eines unbarmherzigen Flottenprogramms amerikanische Schiffe und Menschenleben vernichte» «erbe». Nur wirklich offenkundige Taten von ihrer Seite können mich bas glauben machen. Wenn mein eingewurzeltes Vertrauen in ihre Besonnenheit und ihre kluge Umsicht sich unglücklicherweise als unbegründet herausstelle» sollte, wenn amerikanische Schiffe oder Menschenleben in achtloser Übertretung des Völkerrechtes und der Gebote der Menschlichkeit ge# Diskussionen dortselbst sowie im Repräsentantenhause vom 6. und 7. März 1916 [Resolution Me. Lemores) sowie über bas Ergebnis der Verhandlungen, S. 124, die der Verfasser freilich, wie der «eitere Gang der Verhältnisse zeigte, allzu »p, timistlsch vom deutschen Standpunkte auffaßte.)

opfert werden sollten, so werde ich den Kongreß um die Ermächtigung ersuchen, die Dittel anwenden zu können, die notwendig sind, um unsere Seeleute und Bürgcr bei der Verfolgung ihrer friedlichen und legitimen Unternehmungen auf dem cffenen Meere zu schützen. Ich kann nicht weniger tun. Ich nehme es als aus­ gemalt an, daß alle neutralen Regierungen denselben Weg einschlagen werden. Wir vünschen keinen kriegerischen Konflikt (hostile conflict) mit der deutschen Regierung. Wir sind aufrichtige Freunde des deutschen Volkes und wünschen ernstlich den Frieden mit ihr zu erhalten, die sein Sprachorgan ist. Wir werden nicht clauben, daß sie uns feindlich gesinnt ist, außer, wenn es so weit kommt, daß wir ei glauben müssen, und wir beabsichtigen nichts anderes, als eine vernünftige Dertedigung der unzweifelhaften Rechte unseres Volkes. Wir haben keine egoisti­ schen Absichten, wir suchen nur den uralten Grundsätzen unseres Volkes treu zu bleibe,, unser Recht auf Freiheit, Gerechtigkeit und unbelästigtes Leben zu schützen. Das nnd Grundlagen des Friedens, nicht des Krieges. Möge Gott es fügen, daß ttir nicht durch Akte vorsätzlicher Ungerechtigkeit von seiten der Regierung Deutschlands dazu herausgefordert werden, sie zu verteidigen!"^)

II. Aus Wien wurde

unterm 19. Februar

1917 folgendes

offiziös gemeldet: -Der hiesige Botschafter der Vereinigten Staaten überreichte heute im Mini­ sterium des «Äußern eine Denkschrift, worin unter Hinweis auf die Antwort der österreichisch-ungarischen Regierung auf die amerikanischen Noten betreffend den „Ancona"- und „Persia"-Fall, wonach die österreichisch-ungarische Regierung der Auffassung des Washingtoner Kabinetts zustimme, daß feindliche Privatschiffe, insolange sie nicht fliehen oder Widerstand leisten, nicht vernichtet werden dürfen, bevor die Passagiere in Sicherheit gebracht sind, weiter unter Hinweis auf die Mit­ teilung der österreichisch-ungarischen Regierung vom 31. Januar 1917 über die Bestimmung des Seesperrgebietes, die amerikanische Regierung endgültig und klar darüber unterrichtet zu werden wünscht, welchen Standpunkt die österreichisch­ ungarische Regierung hinsichtlich der Führung des Unterseebootskrieges einnimmt und ob die in den Fällen der „Ancona" und „Persia" erteilte Zusicherung als ab, geändert oder zurückgezogen anzusehen ist. Der sachliche Inhalt dieser Denkschrift wird im österreichisch-ungarischen Ministerium des Äußeren einer eingehenden Prüfung unterzogen und sodann beennvortet werden."

l) Über die Vorgeschichte des Bruches meldete ferner Reuter aus Washington un:erm 4. Februar 1917: „Wilson hat seine Entscheidung getroffen nach einer Konferrnz mit dem Kabinett und mit den Senatoren, die bereits gestern stattfand und in deren Verlauf der Präsident die Überzeugung erhielt, daß er die Unterstützung des garzen Landes hinter sich habe. Die Entscheidung des Präsidenten ist wie ein Dcnnerschlag gekommen. Im Kongreß wurde sofort ein Antrag gestellt, zur Aus­ gare einer Anleihe von 500 Millionen Dollar zu schreiten, um Armee und Flotte in Bereitschaft zu setzen und jedem Auftreten der mit Deutschland sympathisierenden Clcmente die Stirne zu bieten. Der Staatssekretär der Marine Daniels hat bereits Befehle ausgefertigt, um alle möglichen Vorkehrungsmaßregeln zu treffen. Cs wenden ferner Maßregeln erwogen, um die Vereinigten Staaten gegen Verschvörungen zu beschützen, die aus dem Abbruche der diplomatischen Beziehungen mi: Deutschland entstehen könnten."

III. Wgememe Bemerkungen -es Verfassers zur 1-rgeschkchte -es uneingeschränkten U.BeetWtge» un- -er Haltuih See ver­ einigten Staaten von Nor-amerika.

A. So war die amerikanische Regierung zu dem Zrle gelangt, das sie seit August 1914 trotz aller Friedensbeteuerung» mit Be­ harrlichkeit verfolgte (s. oben Anerbieten des Reichskanzlers vom 29. Juli 1914 220—227. 369. 370. *

England und Deutschland: — Deutschlands Verhandlungen we­ gen —s Neutralität in einem Kriege mit Frankreich und Rußland 464— 468. — letzte Verhandlungen mit Deutsch­ land vom 4. August 1914 569—575. — Ultimatum an Deutschland vom 4. August 1914 571. 573. — Kriegserklärung —s an Deutschland 577. — Aushungerungskrieg 1107. England und der Frieden: —s Stellungnahme zum deutschen Friedensangebot 973. 982—994. —s Eroberungswille 1215. —s Kriegsziete: Sicherung des Friedens durch internationale Völkerbünde 949—958/: — Lord Esher über —s Kriegsziele 1241, — Erwiderung auf die deutsche Note an die Neutralen vom 11. Januar 1917 betr. Ablehnung des deutschen Friedensangebotes durch die En­ tente 1037. — Friedenskonferenz der englischen So­ zialisten vom 3. Juni 1917 in Leeds 1224. England und Frankreich: — Krieg mit Frankreich von 1793, Hal­ tung Amerikas in ihm 1134. — Verpflichtungen —s gegenüber Frankreich in bezug auf Marokko 281. — Abschluß der englisch-französischen Entente 1904/05 11. 20. 72. 725. ------und ihre Ergänzung durch den englisch-russischen Vertrag von 1907 72. —s 1911 bestehende Absicht, im Falle eines deutsch-französischen Krieges in Belgien einzurücken 511. — Militärbündnis mit Frankreich von 1912 für den Fall eines „unprovozterten Angriffs" und seine Grund­ lagen: der Briefwechsel zwischen Greyund PaulCambonvom22:und 23. November 1912 359—367.389. — Gesandter Baron Beyens über die Unterstützung Frankreichs im Falle eines Konfliktes mit Deutschland durch Entsendung eines Expeditions­ korps auf den Kontinent 342.

England und Frankreich: — Zusage der kriegerischen Unter­ stützung Englands an Frankreich bereits am 30. Juli 1914 490—494. — Ermunterung Frankreichs zum Kriege durch — 469. 470. — definitive Zusage der kriegerischen Unterstützung Frankreichs vom 2. August 1914 468. 472. 473. 490—494. England und Österreich-Ungarn: — Versuch König Eduards VH., Osterreich-Ungarn von Deutschland ab­ zuziehen (Besuch bei Kaiser Franz Josef in Ischl von 1908) 11. 356. — Haltung in der bosnischen Krifls 1909 353—359« — Stellungnahme zum österreichisch­ serbischen Konflikt 159. — Kriegserklärung —s vom 12. Au­ gust 1914 an Österreich 420. 593. England und Rußland: — Annäherung an Rußland im Jahre 1907 289. — Intrigen in Persien gegen Ruß­ land ii66, 67. — Vertrag mit Rußland über die In­ teressensphären in Perflen von 1907 772. 773. — Abkommen —s mit Rußland über Perflen vom Juli 1916 772. — Marineabkommen mit Rußland vom April 1914 27. — Zusage der kriegerischen Unter­ stützung bereits am 30. Juli 1914 490—494. — Mitschuld —s am Obsiegen der russischen Kriegspartei 445. — Dardanellenvertrag mit Rußland (Behauptung Trepows) 946. 947. — Vereinbarung von 1915 mit Ruß­ land, Frankreich und Italien über Rußlands Recht auf die Dardanellen und Konstantinopel 1217. — Indienststellung der russischen Juden in England 1291. England und die Türke): — Feindseligkeit gegen die Türkei 752. — Wegnahme türkischer Dreadnoughts 755. — Versuch, die Neutralität der Türkei zu erkaufen 765.

England und die Türkei: — Abberufung der englischen Marine, kommission aus der Türkei (31. Au­ gust/11. September 1914) 765. — Kriegserklärung —s an die Türkei 758. — über die Zukunft der asiatischen Türkei 756. — Kriegserklärung des ftdifen an — vom ii. November 1914 753. 758. England, Grey über —s Hilfe für Serbien 851. 852. — König Peter von Serbien über den Verrat insbesondere Englands an Serbien 851. — Schuld am Untergange Serbiens 849—863. — Abkommen mit Spanien von 1907 wegen Erhaltung des Status quo in den vom Mittelmeere und vom Ozean bespülten Gebieten zum Zwecke der Isolierung Deutschlands 296. —s „Fußtrittepolitik" gegen Griechen­ land 812—821. — Reichskanzler von Bethmann Holl­ weg über —s Vorgehen gegen Griechenland 804. 805. — Umwerbung Italiens durch — 11. — italienischer Deputierter Treves über —S Imperialismus 942. —s Bündnisvertrag mit Japan vom 12. August 1905 274. 275. 635. — Aussaugung Persiens 772. Ententemächte, Berichte der deut­ schen diplomatischen Auslandsver­ treter über die politischen und mili­ tärpolitischen Beziehungen der — 390—394. — Solidaritätsabkommen vom 5. Sep­ tember 1914 betr. Ausschluß eines Sonderfriedens 748. — Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika wegen der Fahrtender H-U „Deutschland" 614. — feierliche Garantie Belgiens durch die — 595—597— Notenwechsel mit Schweden 618— 622. — Wirtschaftsboykott gegen Deutsch­ land 1242.

1279

Ententemächte, Vertrag über Ruß­ lands Herrschaft über Konstanti­ nopel, die Dardanellen usw. 952. — Aufteilung Kleinasiens unter die — 952. — Mißerfolge der Balkanpolitik der —

und Protest Österreich-Ungarns ge­ gen diese 835. 836. Ententemächte, Flottendemonstra­ tion der — Im Piräus 825. 826. — Kontrolle der griechischen Post und Telegraphie durch die — 826. — Entwaffnung der griechischen Flotte 844—848. — Bulgariens Auffassung über den durch die — am 13. Oktober 1916 831. 832. Wert von Versprechungen der — und solchen Deutschlands 774. 853. — Forderungen der — auf Übergabe — Bestechungsversuche gegenüber Bul­ eines Teiles der griechischen Ar­ garien und ihre Beantwortung 909. tillerie, der Eisenbahnen usw. und deren Ablehnung durch die griechi­ 910. sche Regierung 836. — Handel der Cntenteländer mit Bul­ — Zusammenstoß zwischen griechischen garien 783. — Gebietsversprechungen der — an und Ententetruppen in Athen und Umgebung am 1. und 2. Dezember Italien 734. 1916 838. — Bündnisvertrag der — mit Italien? — Verhängung der Blockade über 734— Entstehung und Verlauf der EntenteGriechenland (5. Dezember 1916) verhandlungen mit Rumänien wegen durch die — 841. Eintritts in den Krieg 703. 890. — Ultimatum an Griechenland vom — Rumäniens Forderungen an die — 15. Dezember 1916 betr. Räumung Nordgriechenlands usw. und die 883. Antwort der griechischen Regierung — Versprechungen der — an Rumä­ 842. 843. nien 901. — Grundlagen des —-Abkommens — Bürgschaft- und GenugtuungSforberungen der — vom 31. De­ mit Rumänien 885. zember 1916 an Griechenland 843. — Vereinbarung mit Rumänien vom 15. August 1916 905. — Mißerfolg der Ententepolitik in — Bruch der griechischen Neutralität Griechenland 934. und Souveränität durch die — — Knebelung Griechenlands, neue For­ 802—844. derungen der — an Griechenland 1090. 1030. — Antwort Griechenlands an die —, Griechenlands Wille zum Frieden — Antwort der — vom 30. Dezember 809. 1916 auf das Friedensangebot der — Forderungen der — an Griechenland Mittelmächte 1015—1017. vom 26. November 1915 816. 817. — Antworten der Mittelmächte an die Neutralen auf die das Friedensan­ — Besetzung der griechischen Inseln durch die —, Besetzung von Korfu gebot ablehnende Note der — und Note darüber 819. 1033—1040. — Aushungerung Griechenlands 820. — Antwort der Entente auf die Frie­ densnote der Schweiz 1005—1006. — Ultimatum an Griechenland 831. — Verhaftung und Wegschleppung des — Antwort auf die Friedensnote Wil­ diplomatischen Personals der Zen­ sons vom 19.720. Dezember 1916 1040—1043. tralmächte aus Saloniki und Myti— Kommentar des Staatssekretärs lene durch die — 818. — Verhaftung und Wegführung der des Äußeren Balfour zur Antwort Vierbundsdiplomaten aus Griechen­ der — auf Wilsons Friedensnote land durch die — 833. 1045—1049. ----- Erklärung des Staatssekretärs des — Kriegsziele der — 1042. 1214— 1224. Auswärtigen Amtes Zimmermann

1280

Ententepolitik, Geschichte der — von Flandern, deutscher Herbstfeldzrg von 1914 in — 502. 1904—1914 55Enver Pascha, Kriegsminister und von Flotow, deutscher Gesanlter in Vizegeneralisflmus der Türkei 765. Brüssel, zur belgischen NeutrciitätsErzherzog-Thronfolger Franz Fer­ frage 529 ff. dinand von Österreich, Ermordung — als deutscher Botschafter in Rom, des — 60. Gespräch mit San Giuliani vom i. August 1914 über Italiens Hal­ de l'Esquaille, Belgiens Geschäfts­ träger ln Petersburg, Bericht vom tung im Kriege 629. 630. 30, Juli 1914 betr. Deutschlands Flotte, Zusammenhaltung der engli­ und Österreichs Versuche, den Kon­ schen — am 27. Juli 1914 159. flikt zu vermeiden 218. 219. 224. Fournet, Admiral der Entemeflotte — Bericht über die politische Lage in gegen Griechenland 833. Petersburg vom 30. Juli 1914 — Abberufung —s 841. 490—493. Frankreich, Krieg mit England 1793, Csher, Lord, über die englisch-russische Haltung Amerikas in ihm 1134. Marinekonvention 380. — Kolonialpolitik —s, Unterstützung — über Englands Kriegsziele 1241. durch Bismarck 433. Ethnologisches Problem des Krie­ — Besuch der französischen Flette in Kronstadt vom Juli 1891 352. ges 2. — Abschluß der Entente zwischen Frank­ Falltöres, früherer Präsident von reich und Rußland vom 27. August Frankreich, Reise nach Rußland, 1891 380. Dänemark, Schweden und Norwe­ — Militärkonvention von 1892 mit Rußland 380. gen vom Juli 1908 und ihre Be­ — Mittelmeerabkommen mit Italien deutung 306. 1901 725. Favereau, Baron, Belgiens Minister — Abschluß der Entente cordiale mit des Äußeren 271 ff. England 1904/1905 11. 20. 72. 725, — Rede für die belgische HeereSreform ------ Ergänzung durch den englisch1909 514. russischen Vertrag von 1907 72. Ferdinand, Zar der Bulgaren, flehe — Besuch der französischen Flotte in unter Z. England vom Jahre 1905 als Vor­ — König von Rumänien, Charakte­ zeichen des Abschlusses der Entente ristik; Haltung als Kronprinz 871. cordiale 289. ------ Neutralitätsversprechen 903. — Übereinkommen mit Japan von ------ gegen den russischen Durchmarsch durch Rumänien 88i. 1907 295. ------ Haltung in den kritischen August­ — Abkommen zwischen — und Spa­ nien vom Jahre 1907 über Erhal­ tagen von 1916 891. tung des status quo im Becken des •----- Kriegsentschloffenheit 893. Mittelländischen Meeres und am Ferrero, Guglielmo, italienischer Hi­ Atlantischen Ozean 296. storiker, über die Maikrifls Italiens — Verletzung der Algecirasakte 938. 732. Fetwa, heilige —s über den Krieg — Militärbündnis mit England für den Fall eines „unprovozierten An­ gegen Rußland, Frankreich und griffs" vom Jahre 1912 und seine England 760—763. Grundlagen: der Briefwechsel zwi, Fez, Vormarsch Frankreichs nach — schen Grey und Paul Cambon vom 314. 317. 318. 22. und 23. November 1912 359— Firman von 1892 770. Flämentum, die deutschen Verspre­ 367. 389. chungen an die Staaten von Flan­ — Einführung der dreijährigen Dienst­ dern vom 3. März 1917 1236. zeit 1913/14 332. 334.

Frankreich, Wirkung und Folgen des Gesetzes von 1914 über die dreijährige Dienstzeit 338. 339.343. 344. — Erhöhung der Präsenzstärke der fran, zöstschen Armee 345. -- Aufnahme der deutschen Heeresver, stärkung von 1913in—und—sGe, genmaßnahmen 332. — Beziehungen zu Deutschland im Februar 1914 340. — Entsendung einer militärischen Son, dermission nach Serbien nach der Er­ mordung des österreichischen Thron, folgers zwecks Studiums der Schlachtfelder dort 25. — Haltung in der serbischen Frage 127—135. — Friedensscheiuaktionen (Juli 19x4) 227—233. — Passivität —s in der Friedenserhal­ tungsfrage 458. — Haltung und Stimmung am 28. Juli 1914 191—192. — Anfrage Deutschlands vom 31. Juli 1914 nach —s Haltung und Neu, tralität im Falle eines deutsch-russt, schen Krieges 404—406, 417. — Ablehnung einer Antwort darauf durch den Ministerpräsidenten Di, Viani 433. 440. — Ablehnung der Neutralitätserklä­ rung für den Fall eines deutsch, russischen Krieges 441. — Zusage der kriegerischen Unter, stützung —s durch England vom 2. August 1914 468. 472. 473. 490—494. — Anerbieten des Reichskanzlers von Bethmann Hollweg an — und England, im Falle von Englands Neutralität keine feindlichen Ope­ rationen gegen die französische Handelsschiffahrt vorzunehmen 531.532. — Ankündigung des Kriegszustandes mit Deutschland 496. 497. — Versuch, Deutschland als Schuldigen am Kriege hinzustellen, und dessen Widerlegung durch Botschafter von Schoen 431 ff. — Grenzverletzungen durch — vor der Kriegserklärung 441. Müller,Meiningen, Entstehung

Frankreich, Kriegserklärung Deutsch, lands an — vom 3. August 1914 494. 495— erste Mobtlmachungshandlungen —s am 27. Juli 1914 157. 512. — Mobilmachung der Armee am 1. Au, gust 1914 3 Uhr 20 Min. nachmit­ tags 439. 468. — beabsichtigter Aufmarsch an der Maasstrecke Givet-Namur 532. 534. — Protest —s gegen die Verletzung der Neutralität Luxemburgs durch Deutschland 495. — Neutralitätserklärung —s au Luxemburg 602. — Hilfeanerbieten an Belgien gegen Deutschland 535. — Verlegung der Flotte ins Mittel, meer und Freigabe der Westküste 464. — Entstehung des Kriegszustandes zwi, schen — und Österreich 420. — Kriegserklärung an Österreich,Un, gärn 595. — Kriegserklärung des Kalifen an — 758. — Kriegserklärung —s an die Türket 758. — Vereinbarung von 1915 mit Ruß, land, England und Italien über Rußlands Recht auf Konstantinopel und die Dardanellen 1217. — Haltung in der Kongofrage 639. — Weigerung der Übernahme einer bulgarischen Anleihe 786. — Ultimatum an Bulgarien vom 4. Oktober 1915 776. — erste Landung französischer Truppen in Saloniki am 3.74. Oktober 1915 802. 803. — Sturz Delcassös und des Kabinetts Viviani, Ernennung Briands zum Ministerpräsidenten (13. Oktober 1915) 844—846. — Protest gegen die Begründung deS Königreichs Polen 921. Gelbbuch, Stellungnahme der deut, schen Reichsregierung zum — 62 bis 67. — politische und militärische Krisis von 1916 940—942. — Neubildung, Umgestaltung und Der81 des Weltkrieg-.

1282

«einerund des Kabinetts (12. De­ zember 1916) 94r. Frankreich, Umgestaltung der Armee­ leitung (Dezember 1916) 940. — Stellungnahme zum deutschen Frie­ densangebot 980—982. — Haltung des Nationalkongresses der sozialistischen Partei —s zum deut­ schen Friedensangebot ioxo. 1011. — Kriegsziele, Rede Briands vom 19. November 1916 1216. FranzFerdinand, Erzherzog-Thron­ folger von Österreich-Ungarn, Er­ mordung 60. 67 ff. 241. 346. — Freudenkundgebungen in Belgrad aus Anlaß der----- 70. — Haltung Poincares gegenüber der ------ 70. — Besuch in Berlin vom November 1912 330. Franz Josef II., Kaiser von Österreich, Zusicherung der Unterstützung an Napoleon III. durch Schreiben vom September 1869 379. 380. — 50 jähriges Regierungsjubiläum 1908 302. — Begegnung mit Eduard VII. in Ischl vom Jahre 1908. — Zurück­ weisung der auf Trennung Öster, retchS und Deutschlands gerichteten Bestrebungen König Eduards 356. — Telegramm vom 1. August 1914 an den König von Italien 680. 689. — Manifest vom 23. Mai 1915 (nach Italiens Kriegserklärung) 719. — Verleihung der Autonomie an Ga­ lizien 916. ------ Handschreiben betr. — 949. — Tod 948. „Freiheit der Meere" 1073 ff. 1239. Fried, A. tz., über den pazifizistischen Standpunkt 38. Frieden ohne Annexion und Entschä­ digung 1224. 1235. — Sicherung beS —S durch internatio­ nale Völkerbünde 949—958. Friedensangebot der Mittelmächte vom i2. Dezember 1916 958—970. — Wortlaut der Friedensnoten 959. 960. — der Kaiser als Urheber des deutschen —s 961.

Friedensangebot, Halil Bey, türkischer Minister des Äußeren, zum — 968. 969. — der Mittelmächte, Aufnahme deS — im neutralen und im feindlichen Auslande 970—994. — die Haltung der Entente zum — 971 ff. — Donar Law über das — 974. 993. 994. — Rede von Asquith über das — 988. — Rede des Lord Curzon über das — 991. 992. — Reden Lloyd Georges vom 19. De­ zember 1916 und vom 11. Januar 1917 über das — 982—988.1053. 1054. — deutsches, Lloyd George als Ursache von dessen Ablehnung durch Eng­ land 937. — Pichon über das — 972. — Briands Rede über das — 972. — Haltung des Nationalkongresses der französischen Sozialisten zum deut­ schen—1010. 1011. — Zar von Rußland über das deutsche — 1014. — Rede des russischen Ministers deö Äußeren Pokrowski über das — 976—978. — Rede Sonninos über das — 972. 973. 979. 980. — Troelstra, Führer der holländischen Sozialdemokratie, über das — 970. — Antwort der Entente vom 30. De, zember 1916 auf das — 1015— 1017. Friedensbünde, Generalfeldmar­ schall von Hindenburg über die na, türlichen und historischen Grenzen der — 956. Friedensnote, deutsche, Übergabe in Paris, London, Petersburg und Rom 969. — Präsident Wilsons — vom 21. De­ zember 1916 995—997. 999—1004. ------ die Antwortnoten Deutschlands und Österreich-Ungarns auf die — 1006—1007. ------ Aufnahme in den Ententeländern und in den Ländern der Neutralen 1002—1003.

Feiebeasnote Prästdent Wilsons, Antwort Spaniens auf die —1031. --------Ablehnung und Antwort Hol, landS 1031. --------Antwort der Entente an Wilson 1040—1043. — der Schwei) vom 22. Dezember 1916 und die Antworten der Entente «ad der Mittelmächte auf sie 1004—1009. — gemeinsame — Schwedens, Nor, «egens und Dänemarks vom 29. Dejember 1916 und die Antworte» der Mittelmächte sowie diejenigen der Ententemächte auf sie 1005 —1007. Friedenspolitik, die deutsche 269—353. Friedrich der Große als Begründer der Beziehungen zwischen Preußen und der Türkei 750. Gabrlnovic, Mörder des österreichi, schea Thronfolgerpaares 93. Galizien, Lage der nationalen Der, hältnisse in — 915. 916. — Verleihung der Autonomie an — 916. 949. Gelbbuch, französisches, Stellung, nähme der deutschen Reichsregle, rung zum 62—67. Gemmenich, Ort des deutschen Ein, Marsches in Belgien 1914 570. Georg L, König von Griechenland, Thronbesteigung 1863, Garantie der Souveränität Griechenlands durch drei Mächte 802. — V., König von England, Besuch in Berlin vom Mai 1913 338. — Besuch in Pari- vom April 1914 341. 343------- dessen politische Ergebnisse: mili, tärische Abmachungen zwischen Eng, land und Rußland 390. 391. — Telegramm an den Prinzen Heinrich von Preußen vom 30. Juli 1914 477- 478. — Depeschenwechsel mit dem Deutschen Kaiser vom 31. Juli und 1 August 1914 440. 478—480. — Depeschenverkehr mit dem garen von Rußland am 1. August 1914

479. 483. 484.

— Thronrede vo«7. Februar 1917 über den verschärften v,Bootkrieg 1114. Lloyd George, englischer Politiker und Minister, Kompromittieruog durch den Marcooiskandal 1912 93;. — Äußerung vom 1. Januar 1914 über die deutsche Armee als Lebens, Notwendigkeit für Deutschland 929.

— Rede für Serbien vom 14. Septem, ber 1914 117. — Rede vom 24. Juni 1915 über Deutschlands Kriegsvorbereitungen und ihre Zurückweisung durch di« deutsche Regierung 521. 522. — Aufnahme seiner Berufung zum Premierminister im englischen Volke 936. — Politik und Programm —S 934. 935. — ber Kriegshetzer und Deutschen, Hasser 934. 935— Unterstützung durch korb North, cliffe 940. — als Gegner deS deutschen Friedens, angebots 937. — Rebe vom 19. Dezember 1916 über bas Friedensangebot 982—988. — Guildhallrebe vom 11. Januar 1917 über das deutsche Friedensangebot 1053—1054. — über den deutschen „Militarismus" 1054. — über den verschärften U,Bootkrieg ii 14. Gsrard, amerikanischer Botschafter in Berlin; Charakteristik —s 1139. Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst, Reichskanzler von Dethmann Hollweg über bas 959. Giesl, Frhr. von, Österreich,Ungarns Gesandter in Serbien, Berichte zum österreichisch,serbischen Konflikt 70. 93. 157. Gkolittk, früherer Ministerpräsident Italiens, über die Kriegsziele ber Entente 1219. bi San Guiltan0, MarquiS, Italiens Minister des Äußeren, Gespräch mit dem französischen Botschafter Bar, köre in Rom vom 29. Juli 1914, «in Beweis für Deutschlands Ah, nungSloflgkelt 206.

1284 dt San Guiliano, Marquis, über Italiens Haltung in der Krisis und bet Kriegsausbruch 628. — über Deutschlands Friedensbestre, bungen gegenüber England 628.629. — über die Interpretation des Artikels VII des Dreibundvertrages 68z. — Dreibundspolitik —s 681. 682. — über den Dreibund 706. 707. — Haltung gegenüber Serbien 82. Erklärung vom 25. August 1914: „Kompensationen jetzt verfrüht"7i6. —- zur Konferenzidee 625. 626. — Vermittlungsversuch 626. 627. — Erklärung über die Notwendigkeit für Italien, in der Neutralität zu verharren 691. — Erklärung nach Kriegsausbruch zwi­ schen Deutschland und Rußland bett. Neutralitätsbeobachtung durch Jta, lien 709. — Tod —s (Oktober 1914) 692. Gladstone, Ministerpräsident von England, —s Verträge von 1870 mit Frankreich und mit dem Nord, deutschen Bunde 503. 504. — über die belgische Neutralität und den Vertragen 1839 503. 504. — Erklärungen gegen eine Eroberung Ägyptens durch England 769. „Soeben", Kreuzer, Ankauf durch die Türkei, Protest Englands 755. 764« Görlitz, Unterbringung des IV. grie, chischen Armeekorps in — 827. Goltz-Pascha, Frhr. v. d., Feldmar, schall, Entsendung nach Konstanti­ nopel 751. Golypin, Berufung als russischer Mi, nisterpräsident 944. Goremykin, Rußlands Ministerpräfl, dent, sein Rücktritt am 2. Februar 1916 944. Goschen, Sir C., Englands Botschaf, ter in Berlin, Verhandlungen in den kritischen Julitagen und Berichte dar, rüber 172. 173. 174. — Bericht über Unterredungen mit dem Reichskanzler am 28. und 29. Juli 1914 204. 205. 206. — Briefwechsel mit Sir Edward Grey zwischen 29. und 31. Juli 1914 210—211.

Goschen, Sir E., Telegramm und Bericht vom 31. Juli 1914 an Grey, u. a. bett. Deutschlands Dermitt, lungötätigkeit in Wien 408. 409. 452—453. — Bericht an Grey vom 8. August 1914 47. 54. 570—572. Grenzverletzungen, französische und angebliche.deutsche 440. Großfürstenpartei, russische, als Kriegstreiber 18. Grant-Watson, englischer Legations, sekretär in Brüssel, Festnahme 1253. Greindl, über die friedlichen Absichten und die Friedenspolitik des Kaisers 280. 288. — über die deutsche Friedenspolitik 294. 295.

— über Deutschlands Friedenspolitik gegen Belgien 299. — über die deutsche Friedenspolitik gegenüber England 301. — über Deutschlands Friedensliebe in der Krisis von 1909 308—309. — über Deutschlands Friedenserhaltungs-Bestrebungen während der Marokkokrise von 1911 316. — über die Unmöglichkeit eines deut­ schen Angriffs auf England 278. 279.

— über die Notwendigkeit für Deutsch­ land, eine Kriegsflotte zu unterhal, ten zwecks Verteidigung gegen Eng, land 279. — Bericht vom 7. Februar 1905 an den belgischen Minister des Äußeren Baron Favereau über die wahre Ursache des Hasses der Engländer gegen Deutschland, die Eifersucht 271. 272. — über das Endziel der englischen Politik, Deutschland zu isolieren 276. 278. 293. — über die Spannung der Deziehunyen zwischen England und Deutschland und deren Grund 293. — über die englischen Einkreisungs, bestrebungen 274. 276. — über die deutschfeindliche Politik der Tripleentente 325. — als Warner vor der englischen Ein, kreisungstaktik 270.

128; Greindl, Bericht vom 23. Dezember Greindl über den russisch-japanischen 1911 über die Kooperationen der Bündnisvertrag 275. 276. — über die Verschlechterung der deutsch, Entente mit Belgien 1246. 1247. englischen Beziehungen im Jahre — über die englische Politik und die 1911 325. Stimmung in England gegen Deutschland vom Jahre 1906 282. Grey, Sir Edward, Englands Minister des Auswärtigen, —s Politik (Der, 28z. — über den Erfolg der Besuche engli, ständigung mit Rußland, Ausschal, scher Journalisten, Parlamentarier tung Deutschlands usw.) 937. 938. usw. in Deutschland im Mai und — die Einmischungspolitik —s 503/ — Vater des Vertrages mit Rußland Juni 1907 294. 295. von 1907, über die Interessensphären — Polemik gegen DelcasseS deutsch, in Persien 773. feindliche Rebe vom Januar 1908 — Politik in der bosnischen Krise 43. 299. — über den Rücktritt des Berliner — Protest gegen bas Sandschakbahnprojekt 356. englischen Botschafters Sir Frank — Verstimmung —S über die An, Lascelles 305. — über den Besuch Eduards VII. in nähme des deutschen Vermittelungs, Vorschlages zur friedlichen Lösung Berlin vom 8. bis 12. Februar 1909 und seine Bedeutung 307. der Annextonsfrage von 1909 353. — über die Entente und die Gründe, — Marokkopolitik 43. die zu ihrem Abschluß geführt haben: — Rede vom 27. November 1911 zur u. a. der Haß gegen Deutschland 290. Marokkofrage, Entsendung des „Panther" usw. 321. 291. 323—325. — über die Begegnung zwischen Edu, — Briefwechsel mit dem Londoner Bot, ard VII. und Alfons von Spanien schaster Paul Cambon vom 22. No, und ihren aufdie Isolierung Deutsch, vember 1912 und Begründung-deS lands gerichteten Zweck 291. englisch-französischen Kriegsbünd, — über die Abkommen zwischen den nisses 359—367. Ententeländern und ihre gegen — Rede vom Juni 1914 über die Deutschland gerichtete Tendenz 296. englisch-russische Marinekonvention 381. 382. • 297. — über Englands Furcht vor der deut, — Fälschung des englischen Weißbucheschen Flotte und ihrer Erweiterung 47. 48. 308. — Stellungnahme, Haltung, Jnstruk, — über die Sicherung deö Weltfriedens tionen zur serbischen Frage bzw. durch den Dreibund 303. europäischen Krisis von 1914 81. — über Italiens Unzuverlässigkeit und 84. 87. iio. 119 ff. 159. Verrat 309. — Stellung zur österreichischen Zirku, — über die Zusammenkunft zwischen larnote vom 22. Juli 1914 103 ff. Kaiser Wilhelm II. und Zar Niko, — Anerkennung der deutschen Ver­ laus von 1909 309—310. mittelung bei Österreich durch — — über die Ernennung Delcassö- zum 452. französischen Marineminister 310. — Anfrage beim Botschafter Fürsten — über die Algeciraskonferenz 282. von Lichnowsky betr. Deutschland283. Neutralität gegenüber Frankreich in — über die- Marokkofrage, Marokko­ einem deutsch-russischen Kriege, abkommen und Algecirasakte 312. Deutschlands Zusage 479. — Verhandlungen mit Fürst von Ltch313- 314* — über die unbequemen Marokko-For­ nowsky über Erhaltung des Frie­ derungen der alldeutschen Presse dens 225—227. 314. — Vermittelung-vorschlag —S vom

1286 sy. Jult 1914, befürwortet durch Deutschland bei Österreich, durch Frankreich und England bet Ruß, land — Ablehnung und Gegenvor, schlag von seiten Rußlands 410— 415. Srey, Eir Edward, Konferen-vor, schlag 1019. — über seine Konferenjibee 951. 955. — Konfereniidee, Zustimmung Jta, lieaS 625. 626. — weitere Verhandlungen im Inter, esse der Konfereo-idee auch »ach KsterretchS Kriegserklärung an 6er, bien 184—190. — Briefwechsel mit Sir Goschen jwt, schen2y.«ndzi.Julilyi4 210—211. — Gespräch mit dem franjöstsche« Bot, schafter in London Paul Cambo» und Bericht hierüber an den engli, schen Botschafter in Petersburg Bertie vom 29. Juli 1914 222 ff. — Unterredung mit dem frarijösischen Botschafter Paul Cambon In ton, do« vom 30. Jult 1914 über die Stellung Englands in einem deutsch, frantbstschen Kriege 359. — Verhandlungen —s mit Paul Cam, bon 466. 467. — Haltung jur russische» allgemeinen Mobilmachung 446—456. — Schreiben vom 31. Juli 1914 an de» englischen Botschafter Sir F. Bertie in Paris über Englands Eingreifen in den Krieg, die belgische Neutrali, tät usw. 407. 408. — Ablehnung des NeutralitätSver, tragS,Anerbietens Bethman« Holl, wegS durch — 262. 263. — KrtegSentschloffenheit gegen Deutsch, land bereit- am 31. Juli 1914 399. — Bericht vom 2. August 1914 an Botschafter Bertie in Parts betr. Schutzversprechen Englands an Frankreich gegenüber der deutschen Flotte 469. 472. — als Bundesgenosse Frankreich- 464. — Verhandlungen mit LichnowSky über di« belgische Neutralität 481. 482. — Intrigenspiel in der belgischen Frage 530.

Grey, Skr Edward, Brief an Gosche» betr. belgische Neutralität 530. 531. — Telegramm vom 4. August 1914 t Aufreituog Belgiens »um Kampf gegen Deutschland '537. — t«r belgischen Neutralität 539—553. — Bericht an Goschen vom 4. August 1914 569. — persönliche Schuld am Kriege im englischen Lichte 557—560. — Parlamentsrede vom 3. August 1914, Begründung des Kriege- 10. — Rede vom 3. August 1914; JnauS, flchtstellung der militärischen Unter, stützung England- an Frankreich anläßlich der AlgeeiraSkonferent für den Kriegsfall 107. 358. — Rebe vom 3. August 1914 über Englands Haltung in der belgischen und frantSflschen Frage 539—553— Unterhauserklärungen über Eng­ lands Hilfe an Serbien 851. 852. —i Politik gegen Griechenland 556. — Polemik des ReichskantlerS von Bethman» tzollweg vom 9. No, vember 1916 gegen — 922—927. — über die Aufgabe der Neutralen 950. — über de» internationale» Völker, bund |ttt Sicherung des Frieden951. —- Rücktritt 935—939* Griechenland, Gründung-akt« vom 3. Februar 1830 802. — Vereinigung der ionische» Inseln mit — 802. — griechisch,türkischer Krieg 753. — Sonnino über die Haltung —- 800. — Bündnisvertrag mit Serbien gegen Bulgarien 796. 804—810. — Bruch der Neutralität und Sou, — veränltät —S durch die Entente 802—844. — England- „Fußtrittepolitik" gegen 812—821. — Wille $ut Frieden-erhaltung, Ant, wortnote an die Entente 809. — Ministerpräsident EkuludiS über die Neutralität —S 812. 814. — NeutralitStStreu« —S 829. — Blockade —S 813. — Aushungerung —S durch die Ca, tente 820.

1287 Griechenlands Einspruch gegen den Durchzug fremder Truppen 803. — erneuter Protest—s gegen die Trup­ penlandungen 809. — Besetzung der griechischen Inseln durch die Entente, erfolglose Pro­ teste der griechischen Regierung da­ gegen 819, — Note vom 7. November 1915 betr. die Kämpfe zwischen der Entente und den Bulgaren 8ix. — Forderungen der Entente an —8x6. — Greys Politik gegen —556. — Reichskanzler von Bethmann Holl­ weg über das Vorgehen Englands und über die Forderungen der En­ tente gegen — 804. 805. — Neutralitätszone zwischen Bulgarien und — 816. — deutsch-bulgarischer Garantievertrag gegenüber — betr. Einmarsch deutschbulgarischer Truppen 824. — Einmarsch deutscher und bulgarischer Truppen in griechisches Gebiet 821—824. — Überführung des IV. griechischen Korps nach Deutschland 827. — Krisis vom Herbst 1916. 824—844. — Ententeforderungen an — vom 26. November 1915 817. — Demonstration der Ententeflotte im Piräus 825. 826. — Kontrolle der griechischen Post und Telegraphie durch die Entente 826. — Ablehnung der Waffenablteferung 838. — revolutionäre Bewegung in — 830. — Ultimatum der Entente an — 831. — Entwaffnung der griechischen Flotte durch die Entente 831. 832. — Forderungen der Entente auf Über­ gabe eines Teiles der Artillerie, der Eisenbahnen —s usw. und deren Ablehnung durch die griechische Re­ gierung 836. — Zusammenstöße zwischen griechischen und Ententetruppen vom x. und 2. Dezember 1916 838. — Verhängung der Blockade über — (5. Dezember 1916) 841. — Ultimatum der Entente an — vom 15. Dezember 1916 betr. Räumung

Nordgriechenlands usw. und die Antwort der griechischen Regierung 842. 843. Griechenland, Ententenote vom 31. Dezember 1916 betr. Bürgschafts- und Genugtuungsforde­ rungen an — 843. — Wegführung der Dierbundsdiplomaten aus Athen durch die Entente 833.

— Verhaftung und Wegschleppung des diplomatischen Personals der Zen­ tralmächte aus Saloniki und Mytilene durch die Entente 818. — Protestnote Deutschlands dagegen 818. — Erklärung des Staatssekretärs des Auswärtigen Amtes Zimmermann betr. die Wegführung der DierbundSdiplomat'en aus — 834. 835. — Protest Österreichs gegen die Weg­ führung der Dierbunbsdiplomateu aus — 835. 836. — Rücktritt des Kabinetts Zaimis 827. — Mißerfolg der Ententepolitik in — 934*

—s Knebelung durch die Entente; deren neue Forderungen 1020. 1030. — Hilferuf gegen die Entente an Prä­ sident Wilson 1059. 1060. Grierson, Chef des englischen Gene­ ralstabes, seine Verhandlungen über eine Kooperation mit Belgien gegen Deutschland 1245 ff. Grootven, van, Geschäftsträger Bel­ giens in London, über die entente cordialc zwischen England und Frankreich 280. 281. Grünbuch, italienisches 661—668. Guillaume, Gesandter Belgiens in Paris, über die Friedenspolitik der deutschen Regierung in der Marokko­ frage 319. — über den Staatssekretär des Äußeren von Kiderlen-Waechter 319. — über die Friedfertigkeit des Deutschen Kaisers 319. —s Mißtrauen gegen England 319. — über den Sturz des Kabinetts Barthou 341. — über die Zunahme des Chauvinist mus der französischen Nation 343»

1288 Guillaume, Gesandter Belgiens in Hanbelsschiffahrt, französische. Zu, Parts, über das französische Gesetz sage Deutschlands, keine Operativ, betr. die dreijährige Dienstzeit und nett gegen — zu unternehmen 465. seine Wirkungen und Folgen 338. 468. 530. Handelsschiffe, Verbot der Bewaff, 339- 343- 344— über die militaristische und chauvini, nung amerikanischer — durch ameri, kanisches Gesetz von 18x9. stische Politik Poincares, DelcasseS und MillerandS und deren Gefahren — Wilsons Durchsetzung einer Doll, macht zur Bewaffnung der — 1182. (1913) 339. — über die durch die Rüstungen ent, Handelsvertrag, deutsch,russischer standene Spannung der Lage im von 1904 17. 19. — deutsch-italienischer vom 6. Dezember Februar/März 1913 334—335* 1891 und seine Nichtbeachtung durch Haager Konferenz von 1907 954. die italienische Regierung 739. 740. Haager Konvention von 1907, Hannover, das frühere Königreich, Hetze der englischen Presse gegen die Begründung und Führung des — iS* „Steuervereins" gegen den Deutschen Haager Übereinkommen vom 18. Zollverein 502. Oktober 1907 betr. Eröffnung von Hanotaux, über die Kriegsziele der Feindseligkeiten, Anwendung durch Entente 1028. Österreich gegen Serbien 181. — über das deutsche Sperrsystem 1108. — über die Behandlung der feindlichen Hardtnge, Lord, Dizekönig von In, dien, als Hauptförderer der Ein, Kauffahrteischiffe bei Kriegsaus, kreisungspolitik Eduards VII. 37. bruch; Nichtunterzeichnung durch Amerika 1142. Harmsworth,Presse s. Northcliffe, Haager Abkommen über das Verhal, presse. ten neutraler Staaten im Landkriege v. Hartwig, russischer Gesandter in 814. Belgrad 73. habeas corpus-Akte, Behandlung v. tzeertngen, früherer preußischer Kriegsminister, über die belgische der — durch England 1220. Haldane, Lord, englischer Kriegs, Neutralität 529. minister. Besuch in Berlin vom Heiliger Krieg, Erklärung deS — 758. Heinrich, Prinz von Preußen, Tele, Februar 1912 327. gramm an den König von England — „Verständigungsrntssion" von 19x2 368. vom 30. Juli 1914 über Friedens, erhaltungsbestrebungen des Kaisers — Vorbereitung deS Krieges durch — und über Zusammengehen Deutsch, 368. lands und Englands 477. 478. — Äußerungen über den Zweck seiner Berliner Verhandlungen vom Win­ — über England 1216. ter 1912 und über deren Ergebnis Helgoland 502. Henderson, Vertreter der Arbeiter, 387. Partei im englischen Kriegsrat, über Haltl Bey, Präsident der türkischen das Friedensangebot 974. Kammer, über den Bund der Mit­ v. Hertling, bayerischer Ministerpräsi, telmächte 43. — türkischer Minister des Äußeren, dent 60. Rede zum Friedensangebot der v. Hindenburg, Generalstabschef, Generalfeldmarschall, Glückwunsch, Mittelmächte 968. 969. telegramm an den Reichskanzler Hammarskjöld, schwedischer Minister, v. Dethmann Hollweg zur Friedens, Präsident, zur schwedischen Neu, rede vom 12. Dezember 1916 964. tralität 6x6. — sein Sturz auf Englands Betreibeu — über die Reichskanzlerrede vom 9. November 1916 956. X158.

I28y v. Hinbenburg, Generalstabschef, Italien, daö Geheimnis in der Poli­ Generalfeldmarschall, über Völker, tik —s 701. —703. schiedsgerichte 956. — der Gegenstand der Politik —S — über die natürlichen und historischen 729. Grenzen der Friedensbünde 956. — Beobachtungsberichte des österrei­ Hochverratsprozeß von Mar, chischen Botschafters Baron Macchio maros Sziget 81. über den Charakter der Politik —S v. tzoetzendorff, Conrad, Oster, und ihrer Leiter 717. 718. reichs früherer Generalstabschef, — Anfänge der Zuneigung —S zu Äußerungen über Italien 728. Frankreich 1901 725. Hollands Neutralitätserklärung und — Haltung in der Krisis von 1909, die neutrale Haltung 598—602. Unzuverlässigkeit —s 309. 670. — Achtung von —s Neutralität durch — Haltung auf der Algeciraskonferenz 653. 670. 725. Deutschland 538. —s Protestnote vom 7. Februar 1917 — Umwerbung —s durch England u. an die deutsche Regierung wegen — Stellung —S zum europäischen Kriege 669. des verschärften U,Dootkrieges 1151—1153. — Haltung —s in der Krisis von 1914 625—632. — Ablehnung von Wilsons Frtedensnote vom 2i. Dezember 1916 — Neutralität-entschluß vom 3. Au, 1031. gust 1914 866. — Ablehnung der Wilsonschen Auf, — Erklärung betr. freundschaftliche Haltung im Konflikt zwischen Oster, forderung zum Bruche mit den Zen­ reich und Serbien 679. tralmächten 1149—1150. — Schiffahrtsschikanen von seiten Eng­ — Erklärung di San Giulianos nach Kriegsausbruch zwischen Deutsch­ lands gegenüber — 1158. land und Rußland betr. Neutralität Homer ule-Versprechen England—S 709. an Irland 7. 14. Van Honten, holländischer Minister — Unterstützung Serbien- durch — f 82. a. D., über Militarismus 599. —s Interesse an Serbien 662. Hungerkrieg der Entente 1107. —s Zustimmung zur Konferenzidee 625. 626. Imperialismus, englischer 942. Jndianerpolitik, amerikanische 1194. —s Nichtkenntnis des österreichisch, ungarischen Ultimatums 627. H95. — Bedeutung des Dreibundes für — Irland, England als Feind —s 7. 706. 707. Jrredentistische Bewegung in Österreich und den italienischen —s Verrat von Interna der Dreibund, Grenzgebieten 651. Politik an Rußland 726. Islam, Solidarität des —$ gegen­ —s „Recht auf Kompensationen" 663. —s Kompensations-Gebiets-Forderun, über England 753. gen an Österreich 676. 713. Iswolski, russischer Botschafter in —s Verhandlungen mit Österreich vom Paris 29. 169. 342. — feindseliges Wirken gegen Deutsch, 20. Juli 1914 bis 23. Mai 1915 land 215—218. 683 ff. — als Stütze der russischen Kriegs, —s Aspirationen auf Albanien 800. Partei 62. — Vereinbarung zwischen — und — als Begründer der Annäherung Österreich betr. Albanien 678. 679. zwischen England und Rußland 289. — Österreichs Gebietskonzesstonen an Ischl, Begegnung in — von 1908 — 709. 710. zwischen Kaiser Franz Josef und —s Forderung sofortiger Abtretung der König Eduard 356. von Österreich abzutretenden Ge-

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biete und Ablehnung dieser Forde­ rung durch Österreich 675. Italien, Gebietsversprechungeu der Entente an — 734. — Frage des Abschlusses eines Bünd­ nisvertrages mit der Entente 734. — Verrat am Dreibunde 631. — Treubruch —s 12. 44. 45. — Aufhebung deS DretbundvertrageS vom 3. Mai 1915 durch —704 bis 706. — Antwort Österreichs auf die Küu, digung des Dreibundvertrages durch — 714—717. — Antwort Deutschlands auf die Kün, digung des Dretbundvertrages durch — 712—714. — König Carol von Rumänien über —s Verrat 888. — italienische Presseurteile über —S Verrat 735. 736. — Urteile der Ententepresse über —s Verrat 737. — neutrale Urteile über —s Treu­ bruch 737. 738. —s Rüstungen 694. — das Eintreten —s in den Weltkrieg 651—747. 719—739. — Reden der Deputierten Treves und Lucci gegen die Regierung und ge­ gen den Krieg 942—944. — Kriegserklärung an Österreich vom 23. Mai 1915 678. 699. 701. — Wortlaut der Kriegserklärung —s an Österreich 719. — Stellungnahme der deutschen Re­ gierung zur Kriegserklärung —s an Österreich 720. — Rede deö ungarischen Ministerpräsi­ denten Grafen Tisza zur Kriegs­ erklärung —S 724. — daS Grünbuch —S 661—668. — Kriegserklärung an die Türkei 772. — Stellung zur Balkanfrage, insbe­ sondere zu Bulgarien 799—801. — Ultimatum —S an Bulgarien vom 7. Oktober 1915 777. —S Handelsvertrag mit Deutschland und dessen Nichtbeachtung 739. 740. — Verständigung mit Deutschland über die Behandlung der beider­ seitigen Staatsangehörigen und

ihres Eigentums für den Kriegsfall vom 21. Mai 1915 und deren Nicht, beachtung durch — 739.742—743. Italien, Rechtsbeziehungen -wischen — und Deutschland bis zur italieni, scheu Kriegserklärung 739—743. — Bruch des deutsch-italienischen Han­ delsvertrages und der deutsch-italie, nischen Maiverständigung 742. — rechtswidrige Requirierung deut­ schen Eigentums, z. B. deutscher Kauffahrteischiffe ohne Entschädi­ gung 740. — Verbot des Warenverkehrs mit Deutschland 740. — Kriegserklärung an Deutschland vom 27. August 1916, Äußerung der deutschen Regierung hierzu 745— 747.

— Zusammenhang der italienischen Po­ litik mit der rumänischen Kriegser­ klärung 746. — Erklärung —s betr. Respektierung der schweizerischen Neutralität iw Kriege mit Österreich und Deutsch­ land 606. —s Mittelmeerabkommen mit Frank­ reich 725. — Vereinbarung von 1915 mit Eng­ land, Frankreich und Rußland über Rußlands „Recht" auf Konstanti­ nopel und die Dardanellen 1217. 1218. — Protest gegen die Begründung des Königreichs Polen 921. — KriegSztel —S: Wiederherstellung Serbiens 800. — Stellungnahme zum Friedensan­ gebot der Mittelmächte 979. 980. Jtalienität, Schutz der — als größte Pflicht Italiens 729. von Jagow, Staatssekretär des deut­ schen Auswärtigen Amtes, Erklä­ rung über die von England am 3. und 4. August 1914 geschaffene Situ­ ation 485. 486. — Unterredung mit Botschafter Jules Cambon über die Konferenzidee 174. — über die belgische Neutralität 529. — Rücktritt 932.

I2YI

Japan, Krieg mit Rußland von 190$, Deutschlands wohlwollende Neu­ tralität für Rußland 275. —s Ultimatum an Deutschland vom 15. August 1914 634. —S Kriegserklärung an Deutschland 633—636. —s Forderung auf Rückgabe von Kiavtschou 634. — Entreißung Kiautschous 585. — Vertrag mit Rußland 635—636. — Bündnis mit England vom 12. Au­ gust 1905 274. 275.

------ von 1914 635. — Übereinkommen mit Frankreich 295. — Bündnisvorschlag des Deutschen Reiches an Mexiko und — für den Kriegsfall mit Amerika 1184— 1191. Jaures, —' Ansicht in der Marokko­ frage 316. —' Brief an Dandervelde über die Ur­ sache des Krieges und über die Pa­ riser Presse 498. Jefferson, Präsident der Vereinigten Staaten von Nordamerika, über Neutralitätspflichten 612. — Instruktion an den amerikanischen Gesandten in London über Amerikas Haltung im englisch-französischen Kriege von 1793 1134. Joffre, Generalissimus Frankreichs, Absetzung —s, Ernennung zum „fachmännischen Berater betr. die Leitung des Krieges" 941. 942. Take Jonesku flehe unter T. Jovanowitsch, Zov., serbischer Ge­ sandter in Wien 74. 75. 77. 80. 81. 82. 92. — Dr. M., serbischer Geschäftsträger in Berlin 75. 80. 81. — Bericht' über Unterstaatssekretär Zimmermanns Erklärungen betr. die deutsch-serbischen Beziehungen 423—424. Jonische Inseln,Vereinigung der — mit Griechenland 802. Juden, Indienststellung der russischen — durch England 1221. Junius aiter-Broschüre gegen Bethmann 516.

Kaempf, Dr., Reichstagspräfldeut, Reden vom 4. August 1914 582.583. Kaiser Wilhelm II., Deutscher —, König von Preußen, Rede nach der Enthüllung des Moltkedenkmals in Berlin (gegen die „Schwarzseher"!) 278. — Rede nach den Reichstagöstichwahlen vom 5. Februar 1907 und deren „kriegerische" Auslegung in England 288. — Telegramm an den Präsidenten Krüger nach der Gefangennahme von Dr. Jameson 279. — Rede in Damaskus von 1908: „Freund der Mohammedaner" 756. — Fahrt nach Tanger 756. ------ihre Absicht nach einem Bericht des belgischen Gesandten in London Grafen Lalaing 273. — Englandfreundlichkeit des —s 327. 328. — Politik der Annäherung gegenüber England 366. — Beziehungen deö —s zu KönigEdnard VII. 275. 276. — Besuch des —s und der Kaiserin in London vom Mai 1911 315. — Freundschaftsdienste des —s für den Zaren Nikolaus von Rußland 42. — Zusammenkunft: mit dem Zaren von Rußland vom Juli 1905 273. — Besuch in Kopenhagen 273. — Begegnung mit dem Zaren in Re­ val im Juli 1908 304. — Besuch beim Zaren an Bord der „Standart" vom Juni 1909 309. — Begegnung mit dem Zaren in Pots­ dam 1910 311. — Haltung der Türkei gegenüber 751. — Friedenspolitik 26.280. — Anatole France über die Friedens­ liebe deö —s 11. — die Friedfertigkeit des—s im Urteile des belgischen Gesandten in Paris Guillaume 319. — Äußerungen des —s vom 28. Dezem­ ber 1905 zum französischen Militär­ attache in Berlin, MarquiS de Laguiche, gegen den Krieg 280. — Anerkennung der friedlichen Absich­ ten des —s durch Marcel Sernbat 35.

1292

Kaiser Wilhelm II., Deutscher —, König von Preußen, Friedens, freundlichkeit während der Balkan, seife von 1912 330. — Telegrammwechsel mit König Ge, org V. von England vom 31. Juli und i. August 1914; Versuch, einen deutsch,französischen Krieg zu verhindern 440. 478. 479. — Depeschenwechsel mit dem garen von Rußland, Bemühungen um Erhal, tung des Friedens 208—210. 240. 247—249. 257—261. 452. — Telegramm an den Zaren vom 30. Juli 1914 betr. die Gefahren und schweren Konsequenzen einer rufst, schen Mobilisation 446. — Dorfltz im außerordentlichen Kron, rat in Potsdam vom 29. Juli 1914 239. — Mobilmachungsbefehl des —s vom 1. August 1914 249. — Befehl vom 1. August 1914 an die deutschen Truppen, die deutsche Grenze am i. August 1914 nicht zu überschreiten 440. — Thronrede vom 4. August 1914 (über den Kriegsausbruch) 577— 579.

— Ansicht über den Krieg und die Situation am 4. August 1914 485. — Aufruf an daS deutsche Volk vom 6. August 1914 485. — Friedensbestrebungen des —S (1916) 959. — als Urheber des deutschen Friedens, angebots, Handschreiben an den Reichskanzler von Bethmann Holl­ weg vom 31. Oktober 1916 961» — Armeebefehl an Heer und Marine vom i2. Dezember 1916 (nach dem Friedensangebot) 962. — Aufruf an das deutsche Volk vom 12. Januar 1917 1058. — Martnebefehl vom 1. Februar 1917 ii 10. — Armeebefehl an Heer und Marine vom 5. Januar 1917 nach Ableh, nung deS Friedensangebots 1032, 1033.

— über die schwedische Note vom 9. Fe, bruar 1917 betr. Ablehnung der

Wilsonschen Aufforderune zum Bruche mit Deutschland und über den U-Bootkrieg 1155. Kaiser Wilhelm H., Derrfcher —, König von Preußen, über dieWieder, begründung des Königreiches Polen 918. Kalif, Kriegserklärung des — an Rußland, Frankreich und England vom 11. November 1914 753. 758. Kapitulationen, Aufhebung der — in der Türkei 764. Kapp, Generallandschaftsdirektor, Verfasser einer Broschüre gegen den Reichskanzler von Bethmalln Holl, weg 516. 517. Kara-burun, Fort, Wegnahme des — durch die Entente 820. Karl v.z Kaiser von Österreich, Thron­ besteigung; Ernennung des Grafen Clam-Martinic zum Minisierpräst, denken 948. Kattner, Hofrat an der deutschen Bot, schaft in Petersburg, Ermordung —s 32. 464. 1056. Kausalität und Krieg 1206. Khedivat Ägypten, Kriegserklärung an die Mittelmächte 770. Kiautschou 10. 26. — Besetzung von — durch Deutschland 276. — Japans Forderung auf Rückgabe von — 634. Kiderlen,Wächter, von, Staatssekre, tät des deutschen Auswärtigen Am, tes, Haltung in der Marokkofrage 313. 319. — Friedensfreundlichkeit während der Balkankrise von 1912 330. Kipling, Rudyard, über das Mini, sterium Asquith 560. Kirkwall, Übung von Handelsschika, nen durch England in — 1120. ' Kitchener, Reise—snach Mudros 815. KjellLn, Rudolf, Verfasser von „Die politischen Probleme des Welt, krieges" 1205 ff. und anderwärts. Kleinasien, Aufteilung —s unter die Ententemächte 952. Koerber, Dr. von, österreichischer Mi, nisterpräsident als Nachfolger des ermordeten Grafen Stürgkh, sein

1293 schneller Rücktritt und dessen Gründe (der Ausgleich mit Ungarn usw.) 948. Kogrundrinne, Schließung der — in Schweden 618. 621. Kolonialkrieg, Urheberschaft und Be­ ginn des —s 641. 642. — Englands Schuld am — 637. Kompensationen, Anerkennung der Kompensationspflicht gegenüber Italien durch Deutschland 688. — Erklärung San Giultanos vom 25. August 1914, daß jetzt ver­ früht" 716. Konferenzidee, Konferenzvorschlag Greys und sein Scheitern 124 ff., 245 ff., 1019. — Grey über die — 951. 953. Konferenzvorschlag, Entstehungs­ geschichte und Wesen des englischen —s 409. 410. — von Bethmann Hollweg über Greys

376» — englischer, vom 26. Juli 1914 und die Gründe seiner Ablehnung durch Deutschland 457. — Zustimmung Italiens zu Greys — 625. 626. — als Kriegsursache 955. Kongo, Garantie des belgischen — durch die Ententemächte 597. Kongoakte, Einhaltung ihrer Normen — Neutralitätserklärung des konven­ tionellen Kongobeckens durch die — 637. 638. Kongobecken/dieVerhandlungen über die Neutralisierung des —s 637 bis 650. — Haltung uud Erklärung Belgiens zur Neutralisierung des — 638.645, -------- Frankreichs 639. 645. -------- Englands 640. -------- Deutschlands 640. 650. -------- Amerikas 643. — der Notenwechsel Deutschlands we­ gen Neutralisierung des —s mit Amerika 642—650. — Ablehnung der deutschen Neutralisierungöbestrebungen durch Amerika 643. „Konservenbüchsenkrieg" 624.

Konstantin, König von Griechenland, seine Politik 807. 808. 829. — Ablehnung der Politik des Dent, zeios 807. — Protest gegen das Vorgehen der Entente 819. Konstantinopel, Rußlands Politik auf Beherrschung —s 33. 766. — Eroberung von — als russisches Kriegsziel; Rußlands „Recht" auf — 429. 461—463. 946. — Zar Nikolaus über den Besitz von — 1014. — Ententevertrag betr. Rußlands Herrschaft über — 952. — Freiheit —s von der russischen Herr­ schaft, Äußerungen Pitts und Pal, merstons 753. Konsulargerichtsbarkeit, .Aufhe, bung der — in der Türkei 767. Kontinentalsperre Napoleons I. 1123. Korfu, Besetzung von —, Note der Entente über — 819. Kowno, Versetzung der Festung — in Kriegszustand am 26. Juli 1914 (Befehl des Generals Rennen­ kampf) 348. 446. — Dokument vom 13./26. Juli 1914 über die Versetzung der Festung — in Kriegszustand 930. Kreta,revolutionäre Bewegung auf —, Empfang des Venizelos auf— 830. — Unabhängigkettserklärung der Insel —, Wahl von Venizelos zum Prä­ sidenten 826. Krieg, heiliger, Erklärung des 758. Kriegsentschädigung, Frage der Forderung einer von der Entente an Deutschland zu zahlenden — 1239. Kriegserklärung, Deutschlands an Rußland vom 1. August 1914 417. — Österreich - Ungarns an Serbien 84 ff., 181—183. — Deutschlands an Frankreich vom 3. August 1914 494. 495. — Englands an Deutschland vom 4. August 1914 577. — Österreichs an Rußland vom 5. Au­ gust 1914 420. — Englands an Österreich vom 12. Au­ gust 1914 420. 593.

1294

Kriegserklärung, Österreichs an Belgien 594. — Montenegros an Österreich und Deutschland 595. — Serbiens an Deutschland 595. — Frankreichs an Österreich 595, — Japans an Deutschland 633—636« — des Kalifen vom u. November 1914 an Rußland, Frankreich und Eng­ land 75Z. 758. — des Khedivats Ägypten an die Mittelmächte 768—772. — Italiens an Österreich vom 23. Mai 1915 678. 699. 701. 719 (Wort­ laut). ------Reichskanzler von Bethmann tzollweg über die — 721—724. — Italiens an die Türkei 772. — Rußlands, Frankreichs, Englands, Belgiens und Serbiens an die Tür­ kei 758. — Italiens an das Deutsche Reich (Wortlaut) 744. — des Deutschen Reiches an Portugal 855—857.

— Rumäniens an Österreich-Ungarn, ihre Vorgeschichte 863—894. — Rumäniens an Asterreich-Ungarn vom 27. August 1916 (Wortlaut)

durch internationale Völkerbünde" 949—958. Kriegsziele, englische, Wiederher­ stellung Belgiens 949. — Rußlands 429. 461—464. Kriegszustand, Entstehung deS —S zwischen Österreich und Frankreich 420. — Frankreichs Ankündigung des — zwischen Frankreich und Deutschland 496. 497» Krimkrieg, Beendigung des -^es durch den Pariser Frieden von 1856 861. Kronprinz Alexander von Serbien, Telegramm an den Zaren vom 24. Juli 1914 126. Kronrat, außerordentlicher, vom 29. Juli 1914 in Potsdam 239. — rumänischer, vom 3. August 1914 865. 866. 867. Kuropatkin, General, Erklärung über die Ntchtexistenz deutscher Angrifföpläne gegen Rußland 929.

Lalaing, Graf, Gesandter Belgiens in London, Bericht vom 18. Februar 1905 an den belgischen Minister deS Äußeren Baron Favereau über die Verbreitung des chauvinistischen 894—897. — Deutschlands an Rumänien 900. Geistes im englischen Publikum und ------deren Vorgeschichte 900. 901. dessen Irreführung durch die Presse — der Türkei an Rumänien 902. 271. — Bulgariens an Rumänien 907. 908. — Bericht vom 1. April 1915, u. a. — der Regierung des DenizeloS an über die Wirkung des KaiserbesucheS Bulgarien 836. in Tanger auf England 272. Kriegsgebiet, die Nordsee alS 15. — Bericht über die Erfolglosigkeit der KriegsgebietSerklärung, deutsche deutschfreundlichen Bewegung in vom 4. Februar 1915 1086. England 282—284. KriegSgrund, deutsch-englischer, Be­ — über den Grund des Engländerdrohung Deutschlands durch die hasses gegen Deutschland 284. — über Englands Flottenabrüstung englische Flotte 469—476. KriegSpartet, russische, Englands 285. Mitschuld am Obsiegen der — 445. — über die deutschen Reichstagswahlen Kriegsschiffe, deutscher Gesetzentwurf von 1907 287. von 1908 betr. die Herabsetzung der — über die englisch-deutschen Bezie­ Lebensdauer der — 300. hungen im Mai 1907 292. Kriegsztele, deutsche, Sicherung des Landsdowne, Lord, Mitbegründer der Entente cordiale, über deren Friedens durch internationale Völ­ Bedeutung 322. kerbünde 949—958. Lansing, Staatssekretär des Auswär­ — der Entente 1042. tigen Amtes der Vereinigten Staa, — englische, „Sicherung deS Friedens

1^95

vom 1. August 1914 betr. etwaige Neutralität Deutschlands gegenüber Frankreich in einem deutsch-rusfl, schen Kriege 479. Lichnowsky, Fürst von, deutscher Botschafter in London, Derhand, lungen mit Grey über die belgische Neutralität 481, 482. „Liga der Nationen zur Siche, ruug des Friedens," Begrün, düng durch Präsident Taft in Philadelphia im Juni 1915 954. — Statut der — 954. — Wilsons Vorschlag betr. Bildung einer — 996. Lijüanhung, Präsident der Republik China 1202. Cort van der Linden, Minister, Präsident der Niederlande, Rede über den verschärften Il-Bootkrieg 1150. Lloyd George s. unter G. Lokalanzetger, Berliner, falsche Mel­ 974. 993. 994. — Antwort auf Wilsons Botschaft an dung des —s über Deutschlands den Senat 1078. Mobilmachung, Extrablatt - Affäre Lazarettschiffe, Mißbrauch von —n vom 30. Juli 1914 236. 239. 240. zu Truppentransporten durch Eng­ 922. 923. land und Frankreich 1106. Londoner Deklaration vom 28. Fe­ Lee, Ztvillord der englischen Admirali­ bruar 1909 181. tät 275. — Hetze der englischen Presse gegen Leeds, Friedenskonferenz der engli­ die — 15. schen Sozialisten in — vom 3. Juni — russischer Protest, gestützt auf die 1917 1224. —, gegen Ankauf der „Breslau" Leghait, Belgiens Gesandter in Pa­ und „Soeben" durch die Türkei ris 277 ff. 764. — Bericht über das Erwachen des statu — Lossage Englands von der —, ihre zöflschen Chauvinismus 277. Aufhebung durch England 1056. ------ über Delcassös Politik 277. 1027. 1230. ------ über den Besuch Eduards VII. — die Aufhebung der — ein Grund in Paris vom März 1906 281. für die Einführung des verschärften ------ über die Entente cordiale 295. Il-Bootkrieges 1105. — Polemik gegen Delcasses deutsch­ Lowtschen, Dementi einer bsterreichi, feindliche Rede vom Januar 1908 schen ÜberfallSabflcht auf den — 499. 300. 684. Lemberg, Rückeroberung von —, ihr — Verteidigung de- — durch Monte, Einfluß auf Rumäniens Haltung negro 801. Lueci, italienischer Deputierter, Rede 877. Lichnowsky, Fürst von, deutscher Bot­ vom 11. Dezember 1916 gegen schafter in London; —s Verhand­ Sovnino und Salandra und gegen lungen mit Grey über die Erhaltung den Krieg 942—944. des Friedens 225—227. — über die Unwirksamkeit der Blockade — Telegramm an Bethmann Hollweg Englands gegen Deutschland 943. ttn von Nordamerika, über Wilsons Friedensnote 998. Lascelles, Sir Frank, Englands Bot­ schafter in Berlin, sein Wirken für eine Verständigung zwischen Eng­ land und Deutschland 294. — seine Abberufung und seine auf An­ näherung zwischen Deutschland und England gerichteten Bestrebungen 305. Lausanne, angebliche Verletzungen des Vertrages von — durch die Türkei 772. Donar Law, Führer der englischen — Konservativen, Schreiben und Unterstützungszusage vom 2. August 1914 an Asquith (Aufforderung, Frankreich und Rußland zu unter­ stützen) 14. 474. 475. 513. — Eintritt ins neue englische Kabinett am io. Dezember 1916 939. — über das deutsche Friedensangebot

I2y6

Ludwig II., König von Bayern, Tele, gramm an den Kaiser zu dessen Auf­ ruf an das deutsche Volk vom i2. Januar 1917 1058. Lüttich, Erstürmung der Festung —

585. Lusitania, Torpedierung der — 611.

. 1122. — Versenkung der — und amerikanischdeutscher Notenwechsel 1088.

Luxemburg, Großherzogtum, Be­ setzung —s 602—604. — Neutralitätserklärung und neu­ trale Haltung 602—604. — Reichskanzler von Bethmann Holl­ weg über den deutschen Einmarsch in — 581. — Frankreichs Botschafter in London Paul Cambon über die Verletzung der Neutralität —s durch Deutsch­ land 469. — Protest Frankreichs gegen die Ver­ letzung der Neutralität —s durch Deutschland 495.

— Neutralitätserklärung Frankreichs an — 602. Lyautey, Ernennung zum Kriegs­ minister Frankreichs 941. Maaslinie, Sicherung der — für Deutschland 1236. Ma ccchiavelli, Verfasser des „Buches vom Fürsten", über daö Worthalten, über Neutralität usw. 656. v. Macechio, Baron, Sektionschef im österreichischen Ministerium des Äu­ ßeren, Verhandlungen während der Krise 1914 75- 77- 87. — später österreichischer Botschafter in Rom, Verhandlungen mit Italien

682 ff. — Beobachtungsberichte des Barons — über den Charakter der italieni­ schen Politik und ihrer Leiter 717. 718.

Macdonald, I. Ramsay, Führer der englischen Arbeiterpartei, über den Krieg der Diplomaten und über das englische Weißbuch 48. — über Greys Schuld am Kriege 558.

559* Machado, Bernardino, Präsident von

Portugal, deutsch-feindlich; Pollittk 857* v. Mackensen, Generalfeldnarsch,all, Mitteilung an Bratianu, tuß — Len Oberbefehl gegen Rumänen fü hre 894. Madrid, Vertrag von — brtr. Ma­ rokko Z 20. Manuba-Zwischenfall zwischer Italien und Frankreich 652. Marcontskandal, Kornpromittienrng Lloyd Georges 935. Marinekonvention, englisch-russische vom 11. Juni 1914 27. 28. 1S9, 380—394. — Entwurf der — vom 13./26. Mai 1914 382/383. — franko-russische 382. — französisch-englische 27. Marinekommtssion, englische, Ab­ berufung der — aus der Türkei 765. Marokkofrage 24. Marokkokrists 298. Marschall v. Bieberstein, Frhr., deutscher Botschafter in London, seine auf Annäherung zwischen Deutschland und England gerichte­ ten Bestrebungen 327. 328. — später deutscher Botschafter in Kon, stantinopel, über Deutschlands Stellung zur Türkei 756. Martini, Italiens Kolonialmtnister, als Kriegshetzer gegen Österreich 694. 697. 698. Maura, spanischer Ministerpräsident a. D., über die englische und französi­ sche Gewaltpolitik gegen Spaniens Neutralität 615. MaurraS, Charles, Verfasser von „Kiel und Tanger" 23. Mazedonien, Grausamkeiten Ser­ biens gegen — 787. — die bulgarische Regierung über die NotwendigkeitderBefreiung-s782. — Zar Ferdinand von Bulgarien über Bulgariens Rechte und Pflichten gegenüber — 775. Mehmed Reschad, Kalif, Kriegscr, klärung an Rußland, Frankreich und England 758. — Aufruf „An Mein Heer und Meine Flotte" 758. 760.

1297

taristische Politik und ihre Gefahren (1913) 339. Millerand, französischer Kriegs­ minister, Rücktritt 846. Milner, Lord, Erklärung vom 8. No­ vember 1915 über den Wert engli­ scher Versprechungen und Verpflich­ tungen 592. 849. — Eintritt ins englische Kabinett 939. Ministerkonferenz/Nordische, Note der — vom 22. September 1916 623. Ministerkrisis, englische, französische und russische und ihre Ursachen 934. „Mitteleuropa" 1234. Mittelmächte, s. auch Zentralmächte. — Kriegserklärung des Khedivats Ägypten an die — 768. 770. — Friedensangebot der — vom 12. De­ zember 1916 958—970. Mittelmeerabkommen von 1907 zwischen Frankreich, England und Spanien 355. — italienisch-französisches 725. Mobilmachung im Deutschen Reiche (1. August 1914, abends 6 Uhr) 65. 249. 439- 459. — in Deutschland, Österreich und Ruß­ land 235. — Falschmeldung des „Berliner Lokal, anzeiget" über die — in Deutschland 236. 239. 240. — allgemeine, in Ssterreich-Ungarn vom 31. Juli 1914 416. Mobilmachungs anweisung, rufil, sche, vom 30. September 1912 924. 927. 928. Mobilmachung, russische 65. 66. 112 ff. 118. 119. 120. 175. 177. 193 ff. 201. 212—220. 244. 400— 403.630.631.929.930.1020.1021. — russische, ihr Grund 484. — Beginn der russischen — am 25. Juli 1914 i53. 155. 432. — russische, gegen Österreich vom 29. Juli 1914 416. — Beschwerde des Grafen PourtalLS vom 30. Juli 1914 über russische Mobilisierungen 450. — russische, Sasonows falsche Be, Hauptungen und „Ehrenwort" über die — 154. 159. 228. 82 Weltkrieg-.

Mahmud Moukhtar Pascha, ehe, maliger türkischer Botschafter in Berlin, über die Vorgeschichte des Cintrittts der Türkei in den Welt, krieg 750—753. Mensdorff, Graf, österreichischer Bot, schafter in London, Haltung in der Krisis von 1914 86. 91. 103. 104. v. Merey, österreichischer Botschafter in Rom, Verhandlungen mit Ita­ lien 681 ff. to, Vertragsentwurf über obli, gatorische Schiedsgerichtsbarkeit für den zweiten panamerikanischen Kon­ greß 1901/02 ii 86. — Bündnisvorschlag des Deutschen Rei­ ches an — und Japan für den Kriegs­ fall mit Amerika 1184—1191. — der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes Dr. Zimmermann über das Bündnisangebot an — 1187. Michailowitsch, serbischer Gesandter in Rom, 82. Militarismus, deutscher, holländische Auffassung über — 599. — Briand über die Zerschmetterung des — 846. — Lloyd George über den deutschen — 1054* — Vernichtung des preußisch-deutschen — ats Ententeziel 1214. Militärbündnis, englisch-französi­ sches^ seine Grundlagen: der Brief­ wechsel zwischen Grey und Paul Cam, bon vom 22. und 23. November 1912 359—367. Militär kouvention, französisch-rus­ sische von 1892 352. 380. — zwischen Rußland und Bulgarien von E912 und ihre Kündigung 1913 796. 797. Militärvorlage, deutsche von 1913 57. Miljukow, Führer der russischen Ka, dettempartei, über Rußlands Kriegs­ ziele 461. 463. — über die wahren Ziele der russischen Politik 766. 767. — Rede vom November 1916 gegen die rmsflsche Regierung 945. Milleraind, französischer Kriegsmini­ ster, —S chauvinistische und mili­ Mülller,Meiningen, Entstehung des

Mobilmachung, Kriegsminister SuchomlinowS falsches Ehrenwort über die — 154. 159. — allgemeine, Rußlands vom 30./ • 31* Juli 1914 416. 427. 459. — Rußlands allgemeine — als der letzte und wichtigste Anstoß juw Weltkriege und dessen unmittelbare Ursache 348. 409. 444—456. 955 (s* auch von Bethmann Hollweg). — in Serbien 157. 182. — in Belgien 526. —- der französischen Armee vom 1. Au­ gust 1914 3 Uyr 20 Min. nachmit­ tags 439. 468. — erste Mobilmachungshandlungen in Frankreich am 27. Juli 1914 512. — Englands 458. — Bulgariens 776. Moldau, die mehrfachen Besetzungen der — durch Rußland 859. 860. v. Moltke, Generaloberst, General­ stabschef, Unterredung mit König Albert von Belgien 58. Monroedoktrin 1002. 1067—1069. — Wilson über die — 1065. Montenegro, Eröffnung des Balkankrieges durch — 1912 39. 40. — Kriegserklärung an Osterreich-Ungarn und Deutschland 595. — Nichtanschluß an Entente-Solidaritätsabkommen vom 4. September 1914 betr. Ausschluß eines Sonder­ friedens 748. — Verteidigung deS Lowtschen 801. — Geschichte des Falles von — 801. Morus, Thomas, englischer StaatSphilosoph 14. Mürzsteger Abkommen 305. Mulay Hafid, Sultan von Marokko, Besuch der Abgesandten —s in Ber­ lin 302. Nancy, Zeppelin-Zwischenfall von — (April 1913) 337. Napoleon I. Ausspruch iConstantinoplc, c’est l’empire du mondet

33.

—S Türkenpolitik 750. —S Kontinentalsperre 1123. — m.,Schreiben vom September 1869 an Kaiser Franz Josef I. von Öster­

reich und an den späteren König von Italien Viktor Emanuel betr. gegen­ seitige Unterstützung 379. 380. Narodna Odbrana, Verein für die großserbische Bewegung gegen Oster, reich 94. 95. in. 145, — Sasonow gegen das österreichische Verlangen ihrer Auflösung 113. Nelson, Admiral, Vernichter der däni, schen Flotte 293. Neutralität, bewaffnete 1178, 1179. — Bulgariens und deren Vorteile 779-782. — Verhandlungen zwischen Deutsch­ land und England über Englands — vom 1.—4. August 1914 464— 468. Neutralitätserklärung: — Hollands 598—602. — Luxemburgs 602—604. — der Schweiz 604—606. — Dänemarks 608. — der Vereinigten Staaten von Nord­ amerika 609 ff. — Spaniens 615. — Schwedens 615 ff. — Norwegens 615 ff. Neutralitätsverletzungen durch England 599. Neutralitätsvertrag, belgischer von 1839 499—500. 503—504. — deutsch-englischer, der deutsche Vor­ schlag und der englische Gegenvor­ schlag von 1912 369. 370. — deutscher mit England. — Anerbie, ten deS Reichskanzlers von Beth­ mann Hollweg vom 29. Juli 1914 und dessen Ablehnung durch Grey 220—227. 262—263. Neutralitätszone zwischen Bulga­ rien und Griechenland 816. Newbold, englischer Sozialistenführer, über Englands wahren Krtegsgrunb, die Furcht vor der deutschen Konkurrenz auf dem Weltmärkte 9. Nieolson, Arthur, englischer Bot, schaster in Petersburg, Vorwürfe an Jswolski wegen Annahme deS deutschen VermittlungsvorschiageS zur friedlichen Lösung der bosnischen Annextonsfrage von 1909 353. 354.

1299 Nicolson, Arthur, englischer Bot, fchafter in Petersburg, Haltung in der bosnischen Frage 43. 358. — Bestrebungen —s, Rußland gegen Deutschland aufzuhetzen 354. 355, Nigra, Graf, über die Unpopularität des Dreibundes in Italien 660. Nikita, König von Montenegro, Cr, öffnung des BalkankriegeS durch —

4o. — Widerstand —s gegen Österreichs Forderungen 336. Nikolai Nikolajewitfch, russischer Generalissimus a. D. 62. Nikolaus IL, Zar von Rußland, flehe unter Z. Nivelle, General, Ernennung zum Höchstkommandierenden in Franko reich 942. Nordische Ministerkonferenz, Note der — vom 22. September 1916 623. Norbküste, französische, Deutschlands Verzicht auf einen Angriff gegen — 465. 475« 53i« Nordsee, Erklärung btt — zum Kriegsgeblet durch England am 3. November 1914 15. 600. — Erklärung der — zum Kriegsgebiet durch die deutsche Regierung 610. Northeliffe, Lord, Besitzer des Harmsvvorth-Zeitungskonzerns in London, Schürer des Deutschen, Hasses ln England 292. — Unterstützung der Politik Lloyd Ge, orges 940. Northeliffe (Harmsworth),Presse, ihre Schuld am Weltkriege, Schü, rung des Hasses gegen Deutschland 350. Norwegen, Neutralitätserklärung 615 ff. — Ententemaßnahmen gegen — 624. — norwegische Friedensnote vom 29. Dezember 1916 und ihre Beantwor, tung durch die Entente und durch die Mittelmächte 1005—1007. — Protest gegen den v,Bootkrieg

X156—1158. — Ablehnung der Wilsonschen Auffor, derung zum Bruche mit Deutschland 1x56.

Notwehr, deutsche, gegenüber Belgien 508. 538. N. o. T* (Neederlandisch Overzee Trust) 600. 605. „Nowoje Wremja", Deutschenhetze des 16. 21. — über den Abschluß einer französisch, englischen Marinekonvention 1913. Österreich-Ungarn, Albrecht, Erz, herzog von Österreich, Ausarbeitung eines Feldzugsplaneö zwischen Frank, reich, Österreich und Italien gegen den Norddeutschen Bund durch — 380. — Note an Serbien vom 22. Juli 1914 84 ff. 452. ------- ihr Wortlaut 88—92. ------- Dossier zu ihr 93. 94. ------- Stellung Greys zu ihr 103—1x2. ------- Stellung Englands zu ihr 105— 112. ------- Stellung Rußlands zu ihr 112 ff. — Respektierung der serbischen Sou, veränitäts- und Territorialitäts­ rechte durch — 401 ff. 419. — Ultimatum an Serbien vom 23. Juli 1914 67 ff. 242. 243. — Abbruch der Beziehungen zu Ser­ bien am 25. Juli 1914 157—163. — Kriegserklärung an Serbien vom 28. Juli 1914 84 ff. 181—183. — der Einmarsch —s in Serbien in seiner Bedeutung für den Drei­ bundvertrag 662 ff. — Memoire des Ministers des Äußeren Grafen Derchtold vom 29. Juli 1914 201—202. — Wiederaufnahme der schon abge­ brochenen Verhandlungen mit Rußland am 30. Juli 1914 452. — Verhandlungen mit Rußland trotz Kriegszustandes mit Serbien und trotz Mobilmachung Rußlands 233 bis 257. — allgemeine Mobilmachung —s vom 31. Juli 1914 416. 447. 450. — Kriegserklärung —S an Rußland 419. 420. — Kriegserklärung an Belgien 594. — Kriegserklärung Englands vom 19. August 1914 an — 420.

1300 Ssterrelch,Ungarn, Entstehung des Kriegszustandes zwischen — und Frankreich 420. — Anerkennung der italienischen Inter, pretation des Art. VH des Drei, bundvertrages durch — 691. — Desinteressement an Albanien 677. — Vereinbarung mit Italien betr. Al, bauten 678. — irredentistische Bewegung in — und in den italienischen Grenzgebieten 651. — Verhandlungen mit Italien zwischen 2o.J«li 1914 und 23. Mai 1915 68zff. — Italiens Gebietsforderungen an — 71z. —S prinzipielle Bereitschaft zur Abtre, tung eigenen Gebietes an Italien (9. März 1915) 693. —S Bereitschaft zum Verzicht auf Süd, tirol mit Trient 693. —s GebietSkonzesflonen an Italien 709. 710. —S letzte Gebielsabtretungs,Angebote an Italien vom 10. Mat 1915 677. 702. 709—710. — Bürgschaftsübernahme deS Deutschen Reiches für —S Versprechungen 233—237. — Ministerpräsident Ealandra über —s Gebietskonzesfloaen 729. — Antwort —S an Italien auf dessen Kündigung des Dreibundvertrages 714—717. — Kriegserklärung Italiens an — vom 23. Mai 1915 678. 699. 701. ------- ihr Wortlaut 719. — Rotbuch —S über die Vorgeschichte deS Krieges mit Italien 668 ff. — Rotbuch III vom Juli 1915 683— 701. — IV. Rotbuch (betr. Krieg mit Ru, mänien) 863—894. — Mitteilung der Note —S an Serbien vom 23. Juli 1914 und ihrer Ab, lehnung an König Carol von Ru, mänien und an den Ministerpräsi, deute» Bratianu 864. — Vorgeschichte der Kriegserklärung Rumäniens an — 863—894. — Kriegserklärung Rumäniens an — (Wortlaut) 894—897.

Österreich,Ungarns Antwort auf die rumänische Kriegserklärung 897 bis 899. —S Protest gegen die Wegführung der Dierbundsdiplomate« aus Griechen, land 835. 836.

— Grenzgemeinschaft mit Bulgarien 788. — Ausgleich mit Ungarn; dieser ein« Mitursache deS Rücktritts des Mt, nisterpräsibenten Dr. von Koerber 948. — Proklamation des Königreichs Po, len 911. 912. ------- Aufruf zur Bildung des polni, schen Heeres 917. 918. — Autonomie GallzieuS 949. — Verleihung der Autonomie an Galizien 916. —S Friedensangebot 964. 965. — Friedensnote an Papst Benedikt XV. 965. 966. — Antwort an die Neutrale« auf die daS Friedensangebot ablehnende Note der Entente 1036. 1037.

— Antwort auf die FriebeoSuoteu der skandinavischen Reiche 1005 bis 1007. — Antwort auf die Friedensnote der Schweiz 1009.

— Antwort auf Wilsons. FriedenSnote 1006—1007. — Note der österreichisch,ungarischen Regierung an die Vereinigten Staa, ten betr. Blockade und v,Bootkrieg 1173—1175. — Minlsterwechsel vom Dezember 1916

948. 949. — Ziele der neue« Regierung (vom Dezember 1916) 948. 949. Operattonsplan zwischen England und Frankreich gegen Deutschland 473-

Orlsans, Philipp von —, französischer Thronprätendent, über die englffch, russisch,französischen Marineabkom, men 383. 384. Outhwaite, Interpellation deS Abge, ordneten — an Grey wegen Unter, stützung Frankreichs und wegen d«S deutschen Durchmarsches durch Del, gien 471. 472.

1301

Palöologue, Frankreichs Botschafter in Petersburg, seine Rolle bet den FriebenSerhaltungSverhandlungen, Fälschung von Berichten usw. 52. 79. 117. 132. 133. 231. 232. — über bat österreichische Ultimatum 153-

Persien, Englands Intrigen in — gegen Rußland 1166. 1167. Peter Karageorgewitsch, König von Serbien, sein Aufstieg 72. — Äußerung über den Verrat der Tn, tente, besonders Englands 851. Peter der Große, Zar von Rußland, Curopäiflerungsversuche 2. — Testament (Besitzergreifung von Konstantinopel, Errichtung einePatriarchats im Orient) 22. Petersburg, Arbeiterunruhen vom Juli 1914 in — 393. Pichon, Stäphen, Frankreichs Mini, ster des Auswärtigen, Briefverkehr mit Botschafter Cambon in Berlin

Palmerston, Lord, über die Notwen, digkeit eines starken Deutschlands (gegen Rußland) 5. — über den Zweck der politischen Bunt, bücher 52. — über die französische Gefahr für England 503. — gegen eine Herrschaft Rußlands über Konstantinopel 753. Panamerikanisches Problem,pan, 57 ff. amerikanischer Kongreß 1185— — Eintreten für daS Bündnis mit xi 86. Rußland im Februar 1907 289. PanrussiSmus 2. — ehemaliger französischer Minister dePanslawiSmuS, Bankerott deS — Äußeren, über bat Friedensangebot 972. 798. Panslawisten, Absichten der russischen Pitt, Ministerpräsident von England, — bezüglich Bulgariens 777. für die Freiheit KonstantiuopelS „Panther", Kanonenboot, Entsendung von der russischen Herrschaft 753. nach Agadir 316. 318. 321. — Testament —S des Jüngeren über — Grey über die Entsendung des — die deutsche Grenze gen Westen 501« 502. 32X. — belgischer Gesandter in Berlin Plebiszit über Krieg und Frieden Greindl über die Entsendung deS — 1208. Plehwe, russischer Ministerpräsident, Z25. Papst Benedikt XV., Deutschlands Zugeständnisse an Deutschland beim FriedenSnote an — 962. 963. deutsch-russischen Handelsverträge — Österreichs Friedensnote an — 965. 19. 966. Pohl, Feldwebel, Bestechung durch Pariser Akte von 1856, Verletzung den russischen Militärattache Bader — durch England 1056. sarow in Berlin und Verurteilung Pariser Frieden von 1856 (Krim­ wegen Hochverrats 30. krieg) 861. Poineare, Präsident der französischen pariser Wirtschaftskonferenz vom Republik. Baron Guillaume, der August 1916 605. belgische Gesandte in Paris, über paschitsch, Nikola, serbischer Minister­ die Aufnahme der Wahl —S zum präsident, Haltung in der Krise 73, Präsidenten von Frankreich 331.332. 75» 76. 77. 79» 81. 82. 92. 112.127. — als Träger des französischen Chau, — Bitte um Griechenlands Hilfe gegen viniSmus 25. Österreich 805. — militaristische und chauvinistische Persien, Anfang der modernen Ent­ Politik und ihre Gefahren (1913) wicklung —S 773. 774. 339. — Aussaugung —ö durch England und — Guillaume über —s militaristische Rußland 772. und chauvinistische Politik 333. — russisch-englisches Abkommen über — Besuch in Petersburg vom Juli — von 1916 773. 1914 28. 30. 455.

1302

PoincarL, Präsident der franzöfl, scheu Republik, Haltung —s beim Attentat von Serajewo 70. 79. —S Botschaft vom 4. August 1914 567. 568. —S Mitschuld am Weltkriege 498. PokrowSky, Ernennung jum russi­ schen Minister beS Äußeren, seine Abhängigkeit vom englischen Bot­ schafter Buchanan 94;. — Rede über das Friedensangebot der Mittelmächte 976—978. Polen, Proklamation des Königreichs — 9ix. 912. 1233. 1234. — die deutsche Regierung über die Gründ« der Errichtung des König, reichs — 913. 914. — Vorgeschichte der Proklamation deS Königreichs — 918. — Aufruf tut Bildung des polnischen Heeres 917. 918. — Einspruch Rußlands gegen die Un, abhängigkett Russisch-Polens und dessen Beantwortung durch die deut, sche Regierung 919. 920. — Einspruch Frankreichs, Englands und Italiens gegen die Begründung des Kbnigreichs — 921. — Proklamation des Königreichs — als Grund der Unzufriedenheit des linken Blocks der russischen Duma gegen die Regierung 945. Portsmouth, Friede »0» 42. Portugal, Kriegserklärung beSDeut, scheu Reiches an — 855—857. — Beschlagnahme der deutschen Schiffe durch die portugiesische Regierung 855. Porumbar«, rumänischer Minister des Äußeren 898. Postrechte, Verletzung der — der Neutralen durch die Entente 600. ii 18. Potsdamer Begegnung von 1910 zwischen Kaiser Wilhelm n. und Zar Nikolaus II. von Rußland 310. Potsdamer Abkommen von 1910 zwischen Deutschland und Rußland 20. 376. PourtalLs, Graf, deutscher Botschaf, ter in Petersburg, Schreibe» vom 1. und 5. April 1909 an den Reichs,

kanzler betr. bosnische Annexlms-frage 353—355* PourtalLs, Graf, deutscher Lotschaster in Petersburg, Telegranmwechsel (Juli 1914) mit dem Reihs«, kanzler 250 ff. — Protest gegen Zerstörung der brcht, losen Telegraphie auf einem but* schen Handelsdampfer im Peters­ burger Hafen vom 28. Juli 1,14

437. — Gespräch mit Sasooo« vom 30. Zult 1914 230. — Beschwerde vom 30. Juli 1914 tber die russisch« Mobilisierung 450. — Unterredung mit dem Zaren von Rußland, Bitte um Zurückziehung des Mobilmachungsbefehls und de­ ren Ablehnung 428. — über Rußlands Schuld am Kriege 425—430. Pozzo di Borgo, Minister Ale;ao, bers i. von Rußland, Erklärung auf dem Wiener Kongreß über die Zer, störung Polens 18. Presse, gelbe, Englands — verant, wörtlich für die feindselige ©tim, mungzwischen England und Deutsch, land 292.

— JauriS über di« Pariser — 498. — amerikanische Hetzpresse 1137. 1138. Princip, Gabriel», Mörder des öster­ reichischen LhronfolgerpaareS 93. PrinS, holländischer General, über Belgiens Neutralität 562. Prüfungswesen, Reform beS diplo­ matischen —s 1210 ff. Puritanismus 4. Raccontgi, Begegnung von — zwi, schen dem Zaren von Rußland und dem König von Italien als Cinlei, tung des Verrats am Dreibunde 654. 670. — Besprechungen und Vereinbarungen von — zwischen Rußland und Jta, lien 670. 726. Rade«, Bulgariens Gesandter in Bu­ karest, Mitteilungen über die letzten Verhandlungen mit Rumänien 893.

Radoslawow, Bulgariens Minister­ präsident 775. 776.

1303 Madoslawow, Bulgariens Ministerrräsident, Rede vom 3. März 1916, Rechtfertigung der Teilnahme Bulzariens am Kriege an der Seite Deutschlands 798. — Iber den deutsch-bulgarischen Ein­ marsch in Griechenland 823. — Kriegserklärungsnote an Rumänien -07. Rehtsbeziehungen, deutsch-italieni, che bis zur italienischen Kriegserklä­ rung 739—743„.Rlgterung unter Zustimmung >er Regierten" 1077—1078. Reichskanzler s. von Bethmann Holl­ weg. Reichskolonlalamt, Denkschrift des deutschen —S über die Verhand­ lungen betr. die Neutraliflerung des !onventionellen Kongobeckens 640— 642. Rernenkampf, russischer General, Befehl vom 26. Juli 1914 zur Ver­ setzung Kownoö in Kriegszustand 348. 446. Reval, Gründung der Tripleentente in — am 9. Juni 1908 26. — Zusammenkunft zwischen Zar Niko­ laus und König Eduard VII. am 8. Juli 1908 in — und deren Ver­ ständigung als Fundament der englisch-russischen Kooperation gegen Deutschland 37. 380. — Beschluß auf Teilung der Türkei bei dieser Begegnung in — 1908 754. Ritot, Kabinett, Genugtuung in Lon, don über die Bildung des — im Juni 1914 344. Ritter, schweizerischer Gesandter in Washington, Vermittelungsangebot zwischen Amerika und Deutschland und dessen Abweisung durch Ame­ rika 1143—n45. Rivalität zwischen England und Deutschland (s. auch Graf Ursel) 273. 328. Rizow, Dr., bulgarischer Gesandter in Berlin, über Rußlands Verrat an Bulgarien 795-^799. Roberts, Lord, englischer Felbmarschall, Hetze gegen Deutschland 13. — seine Rolle auf der deutsch-englischen

Derständtgungskonferenz von 1912 329. 330. Roberts, Lord, englischer Feldmar, schall, Erklärung vom August 1913 über Englands Berertschaft, 1911 in Belgien einzurücken 511. — über die Aktionsbereitschast der englischen Flotte 1911 515. Rosebery, Lord, Rede —s gegen Englands bzw. Greys deutschfeind­ liche auswärtige Politik 326. Rumänien, Wegnahme BeßarabtenS durch Rußland 861. — Gebietserwerbungen durch den den Krimkrieg beendigenden Pariser Frieden von 1856 861. — die politischen Parteien in — 877. — Bauernaufstände in — 899. —s Beziehungen zu Rußland 859 bis 861. — gegen einen Anschluß an Rußland 866. 868.

— Gründe des Anschlusses an den Dreibund 896. — Garantieversprechen König CarolS vom 28. Juli 1914 betr. Neutralität —s 865. — Ergebnis des Kronrates vom 3. Au­ gust 1914, Ablehnung der Bündntspflicht 865. — Geheimvertrag (NeutralitLtsabkommen) Sasonows mit — vom Sep­ tember 1914 870. — Haltung im Oktober/November 1915 873. — Durchmarsch russischer Truppen durch — 880. — russische Grenzverletzungen, laxe Zu­ rückweisung durch — 880. — König Ferdinand gegen den Durch­ marsch der Russen durch — 881. — der Einfluß der Rückeroberung von Lemberg auf —s Haltung 877. — Entstehung und Verlauf der Ententeverhanblungen mit — 703. — Agitation der Entente in — 875. — Bratianus Forderungen an die Entente 883. — Verhandlungen über eine Militärkonvention mit Rußland und mit der Entente über den Eintritt io den Krieg 890.

1304 Rumänien, Vereinbarung —s mit der Entente vom 15. August 1916 905. — Grundlagen des Enteateabkommens mit — 885. — Versuch —s, seine Neutralität gegen eine territoriale Konzession in der Bukowina von Österreich,Ungarn erkaufen $it lassen 889. — NeutralitLtsvertrag mit Rußland 903. — Rußlands GebietSversprechungeu an — 905. — Ultimatum Rußlands an—893.904. — Kriegsstimmung und deutsch, bi«. Ssterreichfeindliche Stimmung der Bevölkerung —S 869 ff. — Tranfllschwierigkeiteo für Kriegs, material nach der Türkei 870. — Verweigerung der Munilionstran, flte Deutschlands 875—877. — wirtschaftliche Maßnahmen —s ge, gen Deutschland 901. — Kkiegsvorbereitungen Anfang Juli 1916 885. — Eingreifen —S in den Krieg 619. — Einberufungen in — 890. — Einberufung deS KronrateS auf den 37. August 1916 891. — Ausrüstung der Truppen 907. — Eintritt —s in de» Weltkrieg 859— 911. — Reichskaniler von Dethmann Holl, «eg über —s Anschluß an die En, tente 902—904. — Kriegserklärung an Österreich,Un, gar» (Wortlaut) 894—897. — Vorgeschichte der Kriegserklärung —S an Österreich,Ungarn 863—894. — Zusammenhang der italienischen Po, litlk mit —s Kriegserklärung 746. — Ungarns Ministerpräsident Graf Ttsza über —s Kriegserklärung 905. — Österreich,Ungarns Antwort auf —S Kriegserklärung 897—899. — Kriegserklärung des Deutschen Rei, ches an — 900. ------- deren Vorgeschichte 900. 901. — Kriegserklärung der Türkei an — 902. — Kriegserklärung Bulgariens an — 907. 908.

Rumäniens Niederwerfung 933.

------ alS Ursache der Ministerkrisen in den CntentelLndern 934. -------als Ursache der englischen Mi, nisterkrlfls vom Dezember 1916 848. — von Dethmann Hollweg über den Sieg über — 958. Rumbold, Sir H., englischer Charge d’Aflaires in Berlin, 81. 85. 139. Rupprecht, Kronprinz von Bayern, über den bereits 1912 von England gefaßten Plan einer Verwendung der serbischen Armee 117. „Ruskoje Slowo" über die deutsch, feindliche Stimmung in Rußland i7Rußlands Politik bis Kriegsausbruch 16—23. — Besetzung Beßarabiens 861. — Annektierung deS Donaudeltas durch — 860. — Militärkonvention mit Frankreich 1892 — 380. — Krieg mit Japan 42. ------- Deutschlands wohlwollende Neu, tralität für Rußland 275. — Protest —S gegen baS Sanbfchak, bahuprojekt (gegen Österreich) 356. — russisch,ruthenische Agitation in U«, gärn 19. — Annäherung an England im Jahre 1907 289. — Besuch eines russischen Geschwaders in Portsmouth vom Jahre 1907 als Vorzeichen des Abschlusses der En­ tente cordiale 289. — Potsdamer Abkommen von 1910 mit Deutschland 376. — deutschfreundliche Strömung in — 1916 944«

— Miljukow, Führer der russischen Li, beralea, über die wahren Ziele ber Politik —S 766. 767. — Ziele ber Politik —S 861—863. — Bevölkerungszuwachs 915. — Marineabkommen mit England vom April 1914 27. — Haltung zum Morde von Serajewo 79«

— Mitwisserschaft am Morde von Sera, jewo 424.

— Communiqut der russischen Re,

1305

gierung vom 24. Juli 1916 (um österreichisch-serbische» Konflikt 244. 252.' Rußland, Angrlffsabsichten gegen Deutschland 931. — geheime KriegSvorbereitungen ge­ gen Deutschland 1914 931. — Ablehnung von Greys Dermitte, lungsvorschlag vom 29. Juli 1914 und Gegenvorschlag von seiten —s 410—41;. — Vorschlag —S direkter Verhandlun­ gen rwischen Wien und Petersburg 153 ff— Friedensscheinaktionen —S 227— 233. — BereitschaftserklLrung —S vom 30. Juli 1914 zur Einstellung seiner militärischen Vorbereitungen 233 ff. — Druck der Parteiber Schwarten Hun­ dert auf den garen von — »um Kriege 258. — die Großfürstenpartei als Kriegs­ treiber 18. — KriegSvorbereitungen, Kriegsbereit, schast 454—456. — allgemeine Anweisung der russischen Regierung von 1912 für den Mobil­ machungsfall 924. 927. 928. —S Mobilmachung gegen Österreich vom 29. Juli 1914 416. —S Mobilmachung, trotzdem Fort­ setzung der deutschen Vermittlung in Wien 400—402. — Zusage der kriegerischen Unter, stützung —s durch England bereits am 30. Juli 1914 490—494. — KriegSvorbereitungen und Mobili­ sierung 1020. 1021. — Mobilmachung in — 65.66.112 ff. 118. 119. 120. 175. 177. 193 ff. 201. 212—220. 244. — SasonowS falsche Behauptungen über die Mobilmachung in — 228. — Beginn der Mobilmachung —s am 25. Juli 1914 432. — Beschwerde deS Grafen Pourtalss vom 30. Juli 1914 über Mobil!, flerungen —S 450. — die allgemeine (Gesamt,) Mobil, machung —S als der letzte und wich­ tigste Anstoß jum Weltkriege und

dessen Ursache 348. 409. 416. 427. 444—456.459. 630. 631. 929. 930. 955 (f. auch von Bethmann Holl, weg). Rußland, die allgemeine (Gesamt,) Mobllmachung und ihr Grund 484. — Verhandlungen zwischen Österreich und — trotz Kriegszustandes mit Serbien und trotz russischer Mobil­ machung 233—237. — deutsches Ultimatum an—404.405. 416—417. — Nichtbeantwortung des deutschen Ultimatums 453. — Eröffnung der Feindseligkeiten gegen Deutschland 453. — Kriegserklärung Deutschlands vom 1. August 1914 au — 417. — Zerstörung der deutschen Botschaft in Petersburg 228. — Kriegserklärung Österreichs an — 419. 420. — die Schuld —S am Kriegsausbruch 424—430. 460. 461. 930. — Versuch —S, sich von der Schuld am Kriegsausbruch reinzuwaschen (Note SasonowS vom 2. August 1914) und dessen Widerlegung 420—424. — Reichskanzler von Bethmann Holl­ weg über —S Schuld am Weltkriege und —s kriegerische Absichten gegen Deutschland 921—928. — Vertrag mit Japan von 1914 635—636. — Verhandlungen mit der Türkei 764—767. — Kriegserklärung —S an die Türkei 758. — Zusammenstoß zwischen der russischen und der türkische» Flotte 765. 766. — S Politik auf Beherrschung Koostan, tinopels und der Dardanellen 766. — „Recht" auf Konstantinopel und die Dardanellen 946. — Darbanellenvertrag mit England (Behauptung TrepowS) 946. 947. — Vereinbarung von 1915 mit Eng, land, Frankreich und Italien über —S Recht auf Konstantinopel und die Dardanellen 1217.

igo6 Rußland, Kriegserklärung des Ka, listn an — 758. — Politik des Zaren Alexander II. von Rußland gegenüber Bulgarien 796. —s Diplomatie und Bulgarien 774. — Militärkonvention mit Bulgarien von 1912 796. ------ deren Kündigung 1913 durch Sasonow 797. — russische Mordpläne gegen den Zaren der Bulgaren 796. — Note —s vom 3. Oktober 1915 an Bulgarien 775. — Ultimatum —s vom 4. Oktober 1915 an Bulgarien 776. 807. — Antwort Bulgariens auf das Ulti­ matum 776. — Abbruch der diplomatischen Bezie, Hungen zu Bulgarien 776. — Zurückziehung der russischen Offi­ ziere aus Bulgarien 796. — Verrat —s an Bulgarien 795—799. — Vertrag mit England über die In, teressensphären in Persien von 1907 773. Aussaugung Persienö 772. — Abkommen —s mit England über Persien von 1916 773. — Englands Intrigen in Persien gegen — 1166—1167. —S Beziehungen zu Rumänien in Vergangenheit und Gegenwart 859—861« — geheimes Neutralitätsabkommen Sasonows mit Rumänien vom September 1914 870. 903, — Grenzverletzungen gegenüber Ru, mänien; Durchmarsch russischer Truppen durch rumänisches Gebiet 880. — Verhandlungen mit Rumänien we, gen Abschlusses einer Militärkonven, tion 890. — Gebietsversprechungen an Rumä, nien 905. — Ultimatum an Rumänien vom 24. August 1916 893. 904« — Verletzung der schwedischen Hoheits­ gewässer 618. — Einspruch gegen die Unabhängigkeit Polens und dessen Beantwortung

durch die deutsche Regierung 919, 920« Rußland, Stellungnahme zum Frie, densangebot der Mittelmächte 975 bis 979. — Miljukow über die Gerüchte betr. Separatfrieden 945. — Kriegsziele —s 429. 461—464« 1217« — Antrittsrede des Ministerpräsiden­ ten Trepow über —s Kriegsztele 946. — Sturz des Ministers des Äußeren Sasonow 847« 848. —s innere Zustände im dritten Krieg-, jähre 932. — Abgang des Ministerpräsidenten Goremykin und Ernennung Stür­ mers zu seinem Nachfolger 944. — Ernennung TrepowS zum Minister, Präsidenten und nach seinem Sturze Golypins zu seinem Nachfolger 944. — Revolution von 1917 1218. 1221« 1233. S, S« 8. (Soci6t6 Suisse Surreillance Economique) 605.

Salandra, Italiens Ministerpräsident, Erklärung betr. Wahrung der Neu, tralität vom 25« August 1914 69z» — Vorbereitung des Krreges gegen Deutschland schon im November 19M 656. 734* — über die Notwendigkeit der Kündi, gung des Dreibundvertrages 705« — Kapitolsrede vom 3. Juni 1915, Antwort auf die Rede des Reichs, kanzlers von Bethmann Hollweg 727—731. — Kritik dieser Rede 73z—735. —s Lob über Deutschland, dessen Or, ganisation usw. 730. — über Fürst Bülow 727. 730. Salisbury, Lord, über Belgien und dessen Neutralität 1035. 1036. Saloniki, erste Landung französischer und englischer Truppen am 3. Ok, tober 1915 in — 802. 803. — Cntenteforderung betr. Zurückzie, hung der griechischen Truppen aus — 817. — Putsch der Venizelisten 824. 825.

1307 Saloniki, Einsetzung einer vor, läufigen Regierung in — durch Denizelos 830. Sandschakbahn, GreyS und Ruß, lands Protest gegen Baron Aehrenthals Projekt betr. die — 356. Sarrail, Oberbefehlshaber in Salo, Niki 821. Sasonow, russischer Minister des Äußeren 28. 41. 42. 65. 79. 112. 150 ff. — Unterstützung Serbiens durch — bzw. Rußland 83. — Forderung einer Verlängerung der Antwortfrist auf die österreichische Note vom 23. Juli 1914 für Ser, bien X2I« — Bemühungen, den österreichisch,ser, bischen Streit zu einem europäi, sehen zu machen 114 fr. — zur Konferenzidee 175. 178. 179. i8o. —s Derständigungsformel 227—233. — Gespräch mit Graf Pourtales vom 30. Juli 1914 230. — „Ehrenwort" betr. Mobilmachung 154* — Widerlegung von —s falschen Be, Hauptungen über Mobilmachung Rußlands 228. — Schuld —s am Kriege 424—430. — Oumarede vom 22. Februar 1916

424. — Note —s vom 2. August 1914 an die russischen Vertreter im Auslande; Versuch, sich von der Schuld am Kriegsausbruch reinzuwaschen, und dessen Widerlegung 420—424. — Äußerung über den Mord an Hofrat Kattner und über die Zerstörung der deutschen Botschaft in Petersburg 32. — Geheimvertrag (Neutralitätsabkom, men) mit Rumänien vom Septem, ber 1914 870. — Miljukow, Führer der russischen Li, beraten, über —s Fehler 766. 767. — Beseitigung —s durch den Minister­ präsidenten Stürmer im Juli 1916. und Ernennung Pokrowskys zu seinem Nachfolger 847. 848. 944.

945.

Sawinski, Rußlands Gesandter in Sofia 774. Schebeko, russischer Botschafter in Men 176. Schiedsgerichte, Generalfeldmar­ schall von Hindenburg über — 956. Schiedsgerichtsbarkeit, obligatori­ sche 1186. Schmidden, erster Grenzüöertritt der russischen Truppen nach Deutschland bei — in Ostpreußen am 1. August 1914 419. 445. von Echoen, Frhr., deutscher Bot­ schafterin Paris 52.100.130 ff. 135. — Wirken für den Frieden 64. — Unterredungen mit dem stellver­ tretenden französischen Minister deS Auswärtigen Bienvenu-Martin am 26. Juli 1914 166. — Widerlegung von Frankreichs Ver­ such, Deutschland als Schuldigen am Kriege hinzustellen 433—438» — Behandlung des Botschafters — in Paris 437. Schwarze Hundert, Partei der —, Druck der — auf den Zaren von Rußland 258. Schwarze Listen Englands 613. — „Protest" Amerikas gegen die — 613. 614. — die nordische Ministerkonferenz gegen die — 623. Schweden, Neutralitätserklärung und neutrale Haltung 615 ff. — Minister des Äußeren Wallenberg über —s Neutralität 616. — Alandsfrage 617—618. — Schließung der Kogrundrinne in — 618. 621. — Note an die Entente betr. Schiff, fahrt in —s Hoheitsgewässern 620— 622. — Verletzung der schwedischen HoheitS, gewässer durch Rußland 618. — Bannwarenpolitik Englands gegen — 618. — Notenwechsel mit der Entente vom Sommer 1916 618—622. —s Friedensnote vom 29. Dezember 1916 und ihre Beantwortung durch die Entente und die Mittelmächte 1005—1007.

rzo8 Schweden, Ablehnung der Wilson, scheu Aufforderung zum Bruche mit Deutschland, Note vom 9. Februar 1917 1154. 1155. 1161. — Kaiser Wilhelm II. über diese Note

«SS— Protest gegen den v,Bootkrieg 1156—1158. — Sturj des Ministerium- Hammer, skjöld «nd des Außenministers Wal, lenberg 1158. — Schiffahrtsschikanen von seiten Eng, landS 1158. Schwelt, Neutralitätserklärung «ud neutrale Haltung der — 604—606. — Neutralität der — im Kriege mit Italien 606—608. — Übernahme der Vertretung der deutschen Interessen in Italien durch die — 607. — FriedenSuote der — vom 22. De, zember 1916 und die Antworten der Entente und der Mittelmächte auf sie 1004—1009. — Protest gegen den v,D»otkrieg (Note vom 9.6e6t«flt 1917) 1161—1162. — DermittelungSangebot des schmelze, rischen Gesandten in Washington, Rltter.twischen Amerika und Deutsch, land und dessen Zurückweisung burch Amerika 1143—1145. Scott, Sir Percy, englischer Admiral, über den unbeschränkten U,$8oot, krieg «ud seine Rechtmäßigkeit 1094 —1097. Sembat, Marcel, französischer Mini, ster, über die kriegerische Politik Frankreichs 34—36. — Anerkennung der friedlichen Ab, fichten Kaiser Wilhelms 11. 35. — über die elsaß,lothringische Frage 35. 36. Serajewo, Mord von 19. 20. 30. 67 ff. 346. — Mitwisserschaft Rußlands am Morde von — 424. — Haltung Rußlands zum Morde von — 79« — Haltung PoincarLS jum Morde vo» — 70. 79. — Ergebnisse der Untersuchung deS Mordes von — 93.

Serbien, Bündnisvertrag mit Bul, garien von 1912 40. —S Beziehungen zu Deutschland 424. — Entsendung einer französischen Milt, tärmisston nach — nach der Ermor, düng des österreichischen Thronfol, gers zwecks Studiums dortiger Schlachtfelder 25. — serbische Frage 119—192. ------- Österreichs Haltung nach Uber, reichung der Note vom 22. Juli 1914 136—138. — Ultimatum Österreichs vom 23. Juli 1914 an — 67 ff. 242. 243. — Rußlands Forderung einer Fristver, längerung an — zur Beantwortung der österreichischen Not« 120 ff. — Ablehnung dieser Forderung burch Österreich 125. — Antwort der serbischen Regierung vom 25. Juli 1914 auf die österreichi, sche Note vom 23. Juli 1914 140 ff. ------- Bemerkungen der österreichischen Regierung dazu 141 ff. — serbische Frage, Haltung Deutsch, landS am 24. «ud 25. Juli 1914 138—140. ------- DermittelungSversuche in Wien 138. 139. — Haltung Frankreichs in der serbischen Frag« 127—135. — Belassung der Territorial, und So«, veränitätSrechte —S durch Österreich 40i ff. 419. — Abbruch der Beziehungen Österreichs zu — 157—163. — Kriegserklärung Österreichs an — vom 28. Juli 1914 84 ff. 181 bis 183. — Mobilisierung der Armee 157.182. —S Kriegserklärung an Deutschland vom 11. August 1914 595. — Nichtanschluß an baS EolidaritätS, abkommen der Entente vom 4. Sep, lerntet 1914 bett. Ausschluß eines Sonderfriedens 748. — Kriegserklärung an bi« Türkei 758. — Bündnis mit Griechenland gegen Bulgarien 796. 804—810. — als Feind Bulgariens 787. — Grausamkeiten gegen Mazedonien

1309 Serbien, Erklärung Bulgariensbetr. Kriegszustand mit — 778. — Grey über Englands Hilfe an — 851« 852. — Englands Schuld an —S Untergang 849—863, — König Peter über den Verrat der Entente, besonders Englands an — 851, — Interesse Italiens an — 662, —s Wiederherstellung als Kriegsziel Italiens 800. Shaw, Bernard, über Greys Schuld am Kriege 559. — über die englische Neutralitätsheuchelei betr. Belgien 854. Siebenbürgen, BratianuS Verlan­ gen nach — 885. 887. Skuludis, Ernennung zum Ministerpräfldenten von Griechenland 811. — über Griechenlands Politik und die Notwendigkeit seiner Neutralität 812. 814. — Klagen über die Entente 815. — Rücktritt des Kabinetts — 820. Solf, Dr., Kolonialstaatssekretär, Er, klärung über die Stellung Deutsch­ lands zur Südafrikanischen Union 648. 650. Solidaritätsabkommen der En­ tentestaaten vom 4. September 1914 betr. Ausschluß eines Sonderfrie­ dens 747. 749« — Sonnino über das — 748. Sonnino als Nachfolger di San GiulianoS 692. — Charakter —s 695. — Verhandlungen —S über Kompen­ sationen mit Österreich 664 ff. ------ seine Bedingungen 693. — Gegenvorschläge —S auf Baron Durians KompenfationsvorschlLge 666. 667. — über das Entente-SolidaritLtsabkommen vom 5. September 1914 748.

— über die Gründe der Kriegserklä­ rung Italiens an die Türket 772. — Rebe vom 1. Dezember 1915 zur Balkanfrage, über Bulgarien, Al­ banien usw. 799. — über die Haltung Griechenlands 800.

Sonniuo für die Wiederherstellung Serbiens 800. — Erklärung vom 27. Juli 1916 betr. Rumäniens Eingreifen gegen Öster­ reich 887. — Reden vom 13. und 18. Dezember 1916 über das Friedensangebot der Mittelmächte 972. 973. bzw. 979. 980. Spalaikovitsch, serbischer Gesandter in Petersburg 79. 82. 83. Spanien, Abkommen zwischen Spa­ nien und Frankreich sowie zwischen Spanien und England von 1907 wegen Erhaltung des Status quo im Becken des Mittelmeeres und am Atlantischen Ozean 296. — Neutralitätserklärung 615. — Protest gegen den U-Dootkrieg 1159—1160. — Antwort auf die Friedensnote Wil­ sons 1031. Sperrgebiet, deutsches 1085—1087. 1111—1113 (mit Kartenskizzen). — Erweiterung des deutschen — durch Bekanntmachung vom 24. März 1917 im.

Sperrgebietserklärung, rechtliche Natur der deutschen — 1097 ff. Spionagegesetz, Verschärfung deS deutschen — vom 3. Juni 1914 30. Stone, Senator, Vorsitzender des Ausschusses für auswärtige Ange­ legenheiten im amerikanischen Senat, seine Opposition gegen Wilson 1179« 1182. San Stefano, Vertrag von — von 1878 796. Steffen, schwedischer Abgeordneter und Professor, über Englands Furcht vor Deutschland 8. — über Schwedens und seiner Bevöl­ kerung Neutralität 616. — Interpellation im schwedischen Reichstage betr. die Alandsfrage 616—618. Steuerverein, Begründung undFührung deS —s durch daS ehemalige Königreich Hannover gegen den Deutschen Zollverein 502. Stürgkh, Graf, Österreichs Minister­ präsident, Ermordung deS 948.

ig io Stürmer, Ernennung zum russischen „Times", Baron Greindl über den Ministerpräsidenten am 2. Februar Derleumdungs, und Lügenfeldzug 1916; sein Rücktritt am 2z. Novem, der — gegen Deutschland 294. ber 1916 nnb dessen Gründe 944. — Aufgabe der belgischen Fiktion — Beseitigung des Ministers deS Äu, durch die — 477. ßeren Sasonow 944. — Artikel vom März 1915 „Warum Suchomlinow, Lügenehrenwort des führen wir Krieg?" 489. russischen Kriegsministers — betr. Tirpitz, von, Großadmiral, falsche russische Mobilmachung 154. 156. Auffassung über Japans „Fried­ 158. 159. 244. 426. 444. fertigkeit gegenüber Deutschland Südafrikanische Union, Stellung 519. Deutschlands jur — 648—650. Ttsza, Graf, ungarischer Minister­ „Sussex", Versenkung der — und präsident, Rede vom 14. Juni 1916 amerikanisch-deutscher Notenwechsel über die bosnische Frage 358. 1088. 1124—1131. — Rede vom 26. Mai 1915 über Ita­ Swinemünde, Weigerung des Ma, liens Kriegserklärung 724. gistratS von — im Jahre 1905, — Rede vom 2. September 1916 über Gelder für den Empfang eines eng­ Rumäniens Kriegserklärung 905. lischen Geschwaders zu bewilligen — Rede zum Friedensangebot 966. 967. 274. Swtatopolsk-Mirski, Fürst von, — Antwort auf Wilsons Botschaft an Äußerung gegen Deutschland und den Senat 1080—1081. — Rede vom 6. Februar 1917 zum Österreich 17. SzäpLry, Graf, österreichischer Bot, verschärften v-Bootkrleg 1104— schafter in St. Petersburg, Instruk­ 1105. tionen und Berichte (Juli 1914) 112, Torpedieren, warnungsloses 1092 150. 151. 153. 174. 175. bis 1094. — seht auch nach dem deutschen Ulti­ Trentino, Verhandlungen über die Abtretung des — an Italien 664 ff. matum vom 31. Juli 1914 die Der, Handlungen mit Rußland fort 237— Triest, Verhandlungen über die Ab, tretung von — zwischen Österreich 238. und Italien 664 ff. SzLcsen, Graf, Österreich-Ungarns Botschafter in Paris, Derhandlun, Trepow, Ernennung zum russischen gen mit dem stellvertretenden fran­ Ministerpräsidenten am 23. Novem, zösischen Minister des Auswärtigen ber 1916 944. — Dumarede vom 3. Dezember 1916 Bienvenu-Martin 131, 132. betr. Eroberung Konstantinopels und der Meerengen 848. Take Joneseu, rumänischer Partei, — über einen englisch-russischen „Dar, danellenvertrag" 946. 947. führet und Deutschenhasser, Besuch bei Fürst Ltchnowsky in London 2x1. — über Rußland- Kriegsziele 946. — gegen den Anschluß an Deutschland 1217. 866. Treves, italienischer Deputierter, über — für Neutralität Rumänien- bis Englands Imperialismus 942. Kriegsende 869. Tripleentente, Deklaration der — vom 4. September 1914 (Londoner Tankosic, Dorslar, serbischer Major, Beihilfe zum Morde von Serajewo, Vertrag betr. Ausschluß eines Son, seine Verhaftung 93. 148. derfriedens) 569. Tannenberg, Schlacht bet — vom — Belgiens Hilfegesuch an die — xz. Juli 14x0 63. vom 4. August 1914 576. Thasos, Blockierung der Insel — Tripoltsfeldzug, englische Kritik des durch die Entente 820. —

UZZ.

Troelstra, Führer der holländischen Sozialdemokratie, über das Frie­ densangebot der Mittelmächte 970. v. Tschirschky, deutscher Botschaf­ ter in Wien, 80. 86. 87. 92. 176. Türkei, Annäherung an Deutschland 751. — Beziehungen zu Deutschland 751 ff. — Krieg gegen Rußland von 1876— 1878 751. 861. — griechisch-türkischer Krieg 753» — Aufteilung der — als Zweck und Beschluß der Begegnung des Königs Eduard VII. mit Zar Nikolaus II. von Rußland in Reval 1908 356. 754. — Rußlands Verhandlungen mit der — 764 bis 767. — Kriegsrüstungen der — 766. — Bemühungen der Entente, die — vom Kriege fernzuhalten 946. — Versuch Englands, die Neutralität der — zu erkaufen 765. — Ankauf der „Soeben" und „Bres­ lau"; Protest Englands 764. 755. — Feindseligkeit Englands gegen die— 752. — Eintritt der — in den Weltkrieg 750—767. — Vorgeschichte des Eintritts der — in den Weltkrieg 750—753. — Kriegserklärungen Nnßlands,Frankreichs, Englands, Belgiens und Serbiens an die — 758. — Sperrung der Dardanellen 755. — angebliche Verletzungen des Ver­ trages von Lausanne durch die — 772. — Kriegserklärung Italiens an die — 772. — Kriegserklärung der — an Rumä, nien 902. — Zusammenstoß der türkischen und der russtschen Flotte 765—766. — Aufhebung der Konsulargerichtsbar, kett in der — 767. — Aufhebung der Kapitulationen 764. — Abtretung b%.t Dedeagatschlinie an Bulgarien 788. — Abberufung der englischen Marine, kommtsflon aus der — 765. — heilige Fetwas über den Krieg gegen

Rußland, Frankreich und England 760—763. Türkei, Wegnahme türkischer Dread, noughtö durch England 755. — Balfour über die — 1046. — Pflicht Ägyptens zur Waffenhilfe an die — 770. — Friedensangebot der — 968. — Rede des Ministers des Äußeren Halil Bey zum Friedensangebot 968. 969. — Antwort der — an die Neutralen auf die das Friedensangebot ab, lehnende Note der Entente 1039. — Antwort auf die Friedensnote der Schweiz 1009. — die Zukunft der astatischen — 755. — England über die Zukunft der aflati, scheu — 756. Tyrell, Sir William, Privatsekretär Greys 107. 108. U-Bootkriegführung, deutsche 601. 610. — Vorgeschichte der — 1123 ff. Il-Bootkrieg, alter 1087—1090. — deutsche Note vom 4. Mai 1916; Amerikas Antwort vom 10. Mai 1916 1088—1090. — neuer 1090 ff. — Rechtfertigung deö unbeschränkten — durch Admiral Sir Percy Scott 1094—1097. — Rede des Reichskanzlers vom 31. Ja, nuar 1917 zur Begründung deS ver, schärften — 1102 bis 1104. — Rede des Grafen Tisza hierzu 1104 bis 1105. — Reichsragsrede deS Reichskanzlervon Bethmann Hollweg vom 27. Februar 1917 über den — 1168 bis

1173.

— Kaiser Wilhelm II. über den —1155. — die deutschenSperrgebiete nebst Kar, tenskizzen 1111—1113. — ihre Erweiterung durch Bekannt, machung vom 24. März 1917 1111. — Marinebefehl des Kaisers vom i.Fe, bruar 1917 1110. — Bekanntmachung der deutschen Re, gierung vom 12. Februar 19171110. — Lloyd George und König Georg V.

igi2

von England über den verschärften —

iii4*

17,Bootkrieg, Warnung der Neu­

Ultimatum, deutsches an Rußland 453— englisches an Deutschland 472. — Japans — an Deutschland und dessen Nichtbeantwortung durch die deutsche Regierung 634—635. Unabhängigkettserklärung Ame, rikas 1077. Ungarn, Erklärungen des Bischofs von Arad und des Reichsratsabgeord­ neten Dr, Siegesku über die Lage des ungarländischen RumänentumS 906. — Ausgleich mit Österreich; dieser sin* Mitursache des Rücktritts des Mi­ nisterpräsidenten Dr. von Koerber 948. Ursel, Graf, Belgiens Geschäftsträger in Berlin, Bericht über die Rivalität zwischen England und Deutschland und ihre Ursachen 273.

tralen vom 14. Februar 1917 1142, — Protestnote Hollands vom 7. Fe­ bruar 1917 1151-—1153. — Hollands Ministerpräsident Cort van der Linden über den — 1150. — Proteste Monakos, Siams, Chinas 1167. — Protest Spaniens gegen den — 1159—1160, — Protest der Schweiz gegen den — 1161—-1162, — Protest der skandinavischen Reiche (Dänemark, Schweden und Nor­ wegen) vom 14, Februar 1917 gegen den — 1156—1158. — Argentiniens Haltung zum —1165. — Chiles Protest gegen den —, trotz­ dem Aufrechterhaltung der Neu­ tralität 1165—1166. — Stellung Amerikas zum — 1082 ff. — Note und Denkschrift des Auswärti­ Dalona, Italiens Forderung der gen Amtes vom Zi. Januar 1917 Souveränität über 665. an die Vereinigten Staaten von Vaterländischer Hilfsdienst, Ge­ setz über den —; von Bethmann Nordamerika 1082—1087« 1090— Hollweg über das — (in der Rede 1091. vom 12. Dezember 1916) 959. — Note der österreichisch-ungarischen Regierung an die Vereinigten Staa­ Vatikan, Bereitwilligkeit Rußlands zu politischen Zugeständnissen an den— ten von Nordamerika in Sachen — 22. 1173—1175. — Note Chinas vom 24. Februar 1917 Denizelos, Wahl zum Präsidenten der Republik Kreta 826. gegen den — 1195. 1196. — ablehnende Antwort der deutschen — seine Politik 804 ff. Regierung vom 10. März 1917 — Putsch der Denizelisten in Saloniki 1200. 1203. 824. 825. 17,Boote, deutsche, ihre Crfolge als — Einsetzung einer „vorläufigen Re­ gierung" in Saloniki durch — 830. Ursache der Ministerkrisen in den — Kriegserklärung der Regierung des Ententeländern 934. — an Bulgarien 836. — Reichskanzler von Bethmann Holl­ weg über die Heldentaten der — — Asquiths Rede vom 3. November 1915 über —' Intrigen 810. 958. Ubja, Besetzung von — durch England, — Rücktritt als Ministerpräsident am 5. Oktober 1915 807. L Besorgnisse in Spanien 291. Dermittelungsvorschlag Greys Ukraine, Befreiung der 1234. vom 29. Juli 1914/ durch Deutsch­ Ulster, Ausschluß —s vom Homerule­ land bei Österreich, durch Frankreich system 14. und England bei Rußland befür­ Ulsterfrage 561. wortet, von Rußland abgelehnt; Ultimatum, österreichisches vom 22./ Gegenvorschlag Rußlands 410— 23. Juli 1914 an Serbien 67 ff. 242 243. 415.

*

1313

Versöhnnngskomttee der „Liga der Nationen zur Sicherung des Frie­ dens" 754. DerständigungsverHandlungen, deutsch-englische, vom Jahre 1912 329. 368. — von Bethmann Hollweg über die englisch-deutschen —, Reichstags­ rede vom 19. August 1915372—377. Destnitsch, serbischer Gesandter in Paris, Unterredung mit dem fran­ zösischen Ministerpräsidenten Diviani über das Attentat von Serajewo, Bericht an den serbischen Mi­ nisterpräsidenten Paschitsch 78. Viktor Emanuel L, König von Ita­ lien, Schreiben vom September 1869 an Napoleon III. betr. Zusicherung der Unterstützung gegen den Nord­ deutschen Bund 379. 380. — Hl., König von Italien, Trinkspruch vom 16. März 1914 über und auf den Dreibund 630. 655. — Telegramm an Kaiser Franz Josef vom 2. August 1914 „Bewahrung einer herzlich-freundschaftlichen Hal­ tung entsprechend dem Dreibund­ vertrage" 680. 689. 714. 715. — über die Treue des Hauses Savoyen 655. — schwankende Haltung zwischen Krieg und Frieden 698. Viviani, RenL, französischer Minister­ präsident, Note vom 24.Juli 1914 61. — Reise nach Petersburg (Juli 1914) 28. 30. — Bericht —s vom 30. Juli 1914 an die französischen Diplomaten über Sasonows Derständtgungsformel 227—233. — Bericht —s vom i. August 1914 an die französischen Vertreter (Be­ hauptung, „Deutschland wolle den Krieg") 431. 432* — Rede vom 4. August 1914 568. — Versuch, Deutschland als Urheber des Weltkrieges hinzustellen, und dessen Zurückweisung 266—268.

— Rede über Deutschlands Schuld am Kriegsausbruch und Antwort Beth­ mann Hollwegs darauf 456—459» — Ablehnung einer Antwort auf Müller,Meiningen, Entstehung deS W

Deutschlands Anfrage betr. Frank­ reichs Haltung im Falle eines deutsch-russischen Krieges 433. 440. Viviani, Rene, französischer Minister, Präsident, Übernahme des Mini­ steriums des Äußeren (neben dem Kabinettsvorsitz) 844. — Rücktritt beä Kabinetts — am 28. Oktober 1915 845. Vlissinger Befestigungen 311. 528. Völkerbünde, internationale, zur Si­ cherung des Friedens als englisches und deutsches Kriegsziel 949—958. Wallenberg, schwedischer Minister deö Äußeren, über die Neutralität Schwe­ dens 616. — über die Alandsfrage 617—618. — Antworten die Entente betr. Schiff, fahrt in den schwedischen Hoheits, gewässern 620—622. — Sturz auf Englands Betreiben 1158. Wangenheim, Frhr. von, deutscher Botschafter in Konstantinopel 81. Washingtons Abschiedsadresse (1796) an das amerikanische Volk 1067. 1072. Wegerecht durch Belgien für Deutsch­ land 506—507. Wells, H. G., englischer deutschfeind­ licher Schriftsteller 10. Westküste, Freigabe der französischen — durch Deutschland 464. Wilhelm II. s. Kaiser. Wilhelmina, Königin der Nieder­ lande, Thronrede vom 19. Sep­ tember 1916 601. Wilson, Präsident der Vereinigten Staaten von Nordamerika, persön­ liche Charakterisierung —s 1134» 1135. — Friedensnote vom 21. Dezember 1916 957» 995—997» 999—1004. — Antwort Deutschlands und Öster­ reichs auf diese 1006—1007. — Vorschlag der Bildung einer Liga der Nationen 996. — Staatssekretär Lanflng über —s Friedensnote 998. —s Friedensnote, Aufnahme in den kriegS. 83

1314

Entente- und in den neutralen Län­ Zaimis Rücktritt am 11. September dern 1002—1003. 1916 827. Wilson, Präsident der Vereinigten Zar Ferdinand von Bulgarien Staaten von Nordamerika, Antwort über Bulgariens Rechte und Pflich­ Spaniens auf —s Friedensnote, ten gegenüber Mazedonien 775. ihre Ablehnung durch Holland 1031. — Manifest an die bulgarische Na­ — Antwort der Entente auf die Frie­ tion vom 1. September 1916 (zur densnote —s vom- 19. Dezember Kriegserklärung an Rumänien) 909. 1916 1040—1043. — Armeebefehl vom 25. November — Note der belgischen Regierung an — 1916 an die dritte bulgarische Armee 910. 1043—1045. — über die „Freiheit der Meere" 1064. — Armeebefehl vom 12. Dezember 1073. 1916 (Friedensangebot) 968. —s Friedensbotschaft an den amerika­ — Mordpläne gegen den — 797. nischen Senat vom 22. Januar 1917 — Zar NikolausII. von Rußland, 957. 1061—1066. Zusammenkunft mit Kaiser Wil­ — Antworten Donar Laws und des helm II. 1905 273. Grafen Tisza auf —s Botschaft an — Begegnung mit dem Deutschen den Senat 1078—1081. Kaiser in Reval im Juli 1908 304. —s Botschaft an den Kongreß 1116. — Besuch Kaiser Wilhelms II. beim — —s Botschaft an den Kongreß vom an Bord der „Staudart" vom Juni 26. Februar 1917 (Bitte um Doll, 1909 309. Zio. machten) 1176—1177. — Druck der Partei der Schwarzen —s Botschaft an das amerikanische Hundert auf — 258. Volk 1179. n8o. — Depeschenwechsel mit dem Deut­ — Erlangung der Vollmacht zur Be­ schen Kaiser betr. Friedeuserhaltung waffnung der Handelsschiffe 1182. 240. 247—249. 257—261. —d Agitation gegen die Zentralmächte — Schiedsgerichtsvorschlag des — bei den Neutralen, mißlungener vom 29. Juli 1914 259. 260. Versuch, die Neutralen zum Abbruch — antibulgarische Politik des — 796. der Beziehungen mit den Zentral, — Depeschenwechsel mit dem Deut­ mächten zu veranlassen 1146—1156. schen Kaiser vom 28.—30. Juli 1914 154. 208—210. — Kaiser Wilhelm II. über die Ab­ lehnung der Aufforderung —S an — Ablehnung der Bitte des deut­ schen Botschafters Grafen Pourta, die Neutralen zum Bruche mit M um Zurückziehung des Mobil­ Deutschland 1155. machungsbefehls 428. — Präsibentschastsantrittsrede vom 5. März 1917, Kriegs- und Friedens, — Eingeständnis des — über den Grund der allgemeinen russischen Programm 1192. 1193. Wirtschaftsboykott der Entente ge, Mobilmachung, (Deutschland zuvor­ zukommen) 484. gen Deutschland 1242. Witte, Graf, russischer Ministerpräsi­ — Depeschenverkehr des — mit König Georg V. von England am dent, deutschfreundliche Sprache in 1. August 1914 483—484. Parts im Sommer 1905 274. — Tagesbefehl vom 25. Dezember 1916 Zaimis, Ernennung zum Minister­ an Heer und Marine 1013. 1014. präsidenten von Griechenland (5. Zentralmächte s. auch Mittelmächte. — Denkschrift der bulgarischen Regie, Oktober 1915) 807. ruug über die Gründe des An, — Sturz des Ministeriums — im No, schlusses Bulgariens an die — . vember 1915 811. — erneute Berufung als Ministerpräsi­ 779—795. — Handel mit Bulgarien 783. dent Mitte Juni 1916 820.

1315 Zimmermann, Unterstaatssekretür des Auswärtigen Amtes, über die deutsch-serbischen Beziehungen 424. — Ernennung des Unterstaatssekretärs — zum Staatssekretär des Auswür­ gen Amtes 932. — Staatssekretär des deutschen Aus­ wärtigen Amtes, Erklärung vom i. Dezember 1916 betr. Griechen­ land und die Wegführung der Dierbundsdiplomaten 834. 835. — Retchstagsrede über die Durchfüh­ rung des U-Bootkrieges 1145— 1146« — über das Bündnisangebot an Mexiko 1187.

Zweibund, rusfisch-französtscher, Vor­ verhandlungen zwischen Ribot und dem rusfischen Botschafter in PariBaron von Mohrenheim vom 22. August 1890 351. — Abschluß des —s am 16. Mai 1891 351* — die Ursachen des Abschlusses 351. 352-

— Zweck des — 352. — 2zjähriges Jubiläum am 16. Mai 1916 351. Zypern, Besetzung der Insel im Jahre 1878 34. —- Annektierung —s durch England

754.