Die Struktur des strafrechtlichen Vermögensschutzes [1 ed.] 9783428420971, 9783428020973


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Die Struktur des strafrechtlichen Vermögensschutzes [1 ed.]
 9783428420971, 9783428020973

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HARRO

OTTO

Die Struktur des strafrechtlichen Vermögensschutzes

Strafrechtliche Abhandlungen · Neue Folge Herausgegeben von Dr. Eberhard Schmidhäuser ord. Professor der Rechte an der Universität Hamburg

in Zusammenarbeit mit den Strafrechtslehrern der deutschen Universitäten

Band 7

Die Struktur des strafrechtlichen Vermögensschutzes

Von

Priv.-Doz. Dr. Harro Otto Gießen

D U N C K E R

&

H Ü M B L O T / B E R L I N

Als Habilitationsschrift auf Empfehlung der Rechts- u n d Wirtschaftswissenschaftlichen

Fakultät

der Universität Gießen gedruckt m i t Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Alle Rechte vorbehalten © 1970 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1970 bei Berliner Buchdruckerei Union GmbH., Berlin 61 Printed in Germany

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Untersuchung wurde i m Dezember 1968 abgeschlossen. Doch war es möglich, für den Druck Lehre und Rechtsprechung noch bis zum 1. Januar 1970 zu verwerten. Herzlich danken möchte ich Frau Prof. Brauneck und den Herren Professoren Hardwig, Roxin, Schmidhäuser und Sieverts als den akademischen Lehrern, die durch Anteilnahme und Förderung meinen wissenschaftlichen Werdegang wesentlich bestimmt haben; nicht zuletzt hat die Diskussion m i t ihnen den Gedankengang dieser Arbeit geprägt.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung I. Z u r Zulässigkeit der Argumentation aus einem übergreifenden Zusammenhang zwischen den Vermögensdelikten I I . Inhaltlicher u n d methodologischer Überblick

15 22

1. Kapitel Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte I. E i n einheitlicher suchung

Vermögenbegriff

1. Problemstellung

als Grundlage der

Unter-

.

26

2. Ausgangsbasis

28

I I . Das Rechtsgut

32

I I I . Der Vermögensbegriff 1. Die wechselseitige Begrenzung subjektiver u n d Elemente des Vermögensbegriffs

26

34 objektiver

36

a) Überbewertung subjektiver Elemente

36

b) Überbewertung objektiver Elemente

38

c) Zwischenergebnis

42

2. Die objektiven Elemente der Vermögensbeziehung a) Die Vermögensobjekte

42 42

b) Die Konkretisierung der Vermögensbeziehung

45

c) Die Zuordnung der Vermögensobjekte

49

3. Die subjektiven Elemente der Vermögensbeziehung

56

4. Ergebnis

69

5. Vermögen u n d Vermögensschaden i n Einzelfällen

70

6. Zusammenfassung

80

Inhaltsverzeichnis

10

2. Kapitel Die Systematik der Vermögensdelikte

I. Erörterte Einteilungsprinzipien

85

I I . Vermögensentziehung u n d Aufrechterhaltung rechtswidriger V e r mögensanlagen als strafwürdige — einander ausschließende — Vermögensbeeinträchtigungen

90

1. Begründet die Wegnahme oder Weggabe einer deliktisch erlangten Sache notwendig einen weiteren Schaden des Sacheigentümers?

90

2. Begründet die rechtswidrige Zueignung einer fremden Sache auch ohne Vermögensentziehung gegenüber dem Eigentümer ein Eigentumsdelikt gegen diesen?

98

a) Zueignimg geldwertloser Sachen aa) Gewahrsam als Schutzobjekt der sog. Eigentumsdelikte bb) Schutz „formaler Rechtspositionen", Schutz des Rechtsfriedens cc) Schutz des Gebrauchswertes als Vermögenswert

99 100

b) Die aa) bb) cc) dd) ee) ff)

106 107 126 132 138 140 141

straflose Nachtat nach einer Vermögensentziehung Unterschlagung nach einer Unterschlagung Unterschlagung nach einem Diebstahl oder Raub Unterschlagung nach einem Betrug Betrug nach einer Zueignung Sachbeschädigung nach einer Zueignung Zusammenfassung

101 104

c) Eigentumsdelikte ohne Eigentumsverletzung

141

d) Ergebnis

158

I I I . Die A r t e n der Vermögensentziehung: Bereicherung, Zueignimg, bloße Vermögensschädigung 1. Vermögensminderung u n d Vermögensvergrößerung

158 158

a) Zueignung u n d Bereicherung

158

b) Begründung reicherung

162

v o n Eigenbesitz über eine Sache u n d Be-

2. Die Zueignung a) Ausgangsposition

167 169

b) Die Enteignung des Berechtigten

177

c) Die Aneignung durch den Täter aa) Umfassende Sachherrschaft auf Seiten des Täters bb) Weitere Begriffsmerkmale der Aneignung

190 190 196

d) Zusammenfassung

205

Inhaltsverzeichnis

11

3. Die Bereicherung

206

4. Die bloße Vermögensentziehung

211

5. Systematischer Überblick

212

6. Die Rechtswidrigkeit der Bereicherung

212

7. Überblick über die Vermögensentziehungsdelikte a) Bereicherung durch die entzogene Vermögensposition

231 231

b) Bloße Vermögensentziehungen

234

c) Keine Vermögensdelikte

236

I V . Die Vermögensschädigung durch Perpetuierung einer rechtswidrigen Vermögenslage 1. Die Perpetuierung einer rechtswidrigen Besitzlage als Strafgrund, Hehlerei

236 237

a) Die Restitutionstheorie

237

b) Die Ausnutzungstheorie

239

c) Die Verbindung v o n Perpetuierungs- u n d Ausnutzungstheorie

242

d) Die Perpetuierungstheorie

242

2. Die weiteren Perpetuierungsdelikte

244

a) Die sogenannte fahrlässige Hehlerei

244

b) Die sachliche Begünstigung

246

3. Die Systematik der Perpetuierungsdelikte V. Strafbare Vermögensbeeinträchtigungen neben der Vermögensentziehung u n d der Perpetuierung rechtswidriger Vermögenslagen

247

249

3. Kapitel Konsequenzen für Schutzfunktion und Schutzbereich einzelner Delikte I. Unterschlagung

254

1. Die berichtigende Auslegung des Tatbestandes

254

2. „Sich zueignen" u n d „Ermöglichung einer Drittzueignung" . .

258

3. Die Mittäterschaft u n d mittelbare Täterschaft bei der U n t e r schlagung

261

4. Die Unterschlagung bei Ersatzleistung oder Bereitschaft zum Ersatz

263

12

Inhaltsverzeichnis I I . Diebstahl

266

1. „Sich zueignen"

266

2. Die Berechtigung zur Stellung des Strafantrages

273

I I I . Betrug

275

1. Vermögensgefährdung u n d Vermögensschaden

275

2. Vermögensminderung u n d Leistungsäquivalent

281

3. Die wirtschaftliche Zweckverfehlung

288

4. Vermögensschaden bei verbotenen oder unsittlichen Rechtsgeschäften, Betrug u m den sogenannten vitiösen Erwerb

292

5. Kundenfang, Nutzung eines fremden „good w i l l " u n d fremder Verdienstmöglichkeiten nach einer Täuschung

296

I V . Erpressung

298

1. Die Vermögensgefährdung durch rechtswidrige Nötigung

298

2. Die Vollstreckung aus einem rechtswidrig erlangten T i t e l

299

3. Die Verfehlung des sozialen (wirtschaftlichen) Rahmen der Erpressung

302

Zweckes i m

4. Fehlen der Bereicherungsabsicht trotz bewußter Bereicherung Dritter V. ZumVerhältnis zwischen Raub u n d räuberischer Erpressung V I . Untreue

303 304 306

1. Der Vermögensbegriff des Untreuetatbestandes

306

2. Der Schutzbereich des Untreuetatbestandes

310

3. Beispielhafte Skizzierung des Anwendungsbereichs des U n treuetatbestandes

313

V I I . Sachbeschädigung

315

1. Zerstören, Beschädigen u n d bloße Vermögensentziehung

315

2. Die Sachbeschädigung als straflose Nachtat

318

V I I I . Sachliche Begünstigung u n d Hehlerei 1. Die Vortat der Perpetuierungsdelikte

320 320

Inhaltsverzeichnis 2. Der Täter der Perpetuierungsdelikte

13 322

a) Sachliche Begünstigung

322

b) Hehlerei

323

3. Einzelprobleme der sachlichen Begünstigung

325

a) Die Beistandsleistung

325

b) Die Vorteilssicherung

326

4. Einzelprobleme der Hehlerei

326

a) Verheimlichen

326

b) Das zeitliche Verhältnis der Hehlerei zur Vortat

327

c) Der Mitverzehr von Nahrungs- u n d Genußmitteln

329

d) Hehlerei des Gewerbegehilfen

330

e) Das Verhältnis des § 370 I Ziff. 5 zur Hehlerei

332

I X . Die Problematik der Wahlfeststellung i m Bereich der Vermögensdelikte

332

4. Kapitel Die Struktur des strafrechtlichen Vermögensschutzes und die gesetzliche Regelung der Vermögensdelikte I. Zusammenfassung der Ergebnisse I I . System- Problem- u n d Strukturdenken i m Bereich des strafrechtlichen Vermögensschutzes I I I . Dogmatische Folgerungen de lege ferenda

336

338 342

1. S t r u k t u r des Vermögensschutzes u n d Gesetzesreform

342

2. Vorschläge zur Gesetzesreform

347

Literaturverzeichnis

349

Stichwortverzeichnis

373

Einleitung I. Zur Zulässigkeit der Argumentation aus einem übergreifenden Zusammenhang zwischen den Vermögensdelikten Von allen wegen eines Verbrechens oder Vergehens i n der Bundesrepublik Deutschland verurteilten Personen werden etwa ein Viertel wegen eines Delikts gegen die §§ 242—266 StGB v e r u r t e i l t Ließe man die Straßenverkehrsdelikte unberücksichtigt, wären es die Hälfte aller Verurteilten, wobei noch zu beachten wäre, daß die §§ 242—266 StGB zwar den klassischen Bestand der sogenannten Vermögensdelikte erfassen, daß jedoch noch nicht einmal die meisten Vermögensdelikte des geltenden Rechts i n ihnen normiert sind. Die praktische Bedeutung dieser Delikte, und damit der Tatbestände, auf Grund deren die Verurteilungen ergehen, bedarf daher keiner weiteren Betonung. Sie ist i n Lehre und Rechtsprechung nicht verkannt worden, und die umfangreiche höchstrichterliche Rechtsprechung und Literatur allein zur Auslegung der §§ 242—266 StGB legt beredtes Zeugnis ab für die Bemühungen, den Anwendungsbereich der einzelnen Delikte klar abzugrenzen. — Dennoch ist es bisher nicht gelungen, auch nur i n den wesentlichsten Streitpunkten Einigkeit zu erzielen, so daß nicht einmal von einer grundsätzlichen Übereinstimmung i n der Auslegung der einzelnen Vermögensdelikte gesprochen werden kann. Ein kurzer Blick i n einen beliebigen Kommentar zum StGB zeigt bereits, m i t welcher Zahl ungelöster Probleme Lehre und Praxis i m Rahmen des Vermögensstrafrechts nach wie vor konfrontiert sind. Aber nicht nur die Anwendung des geltenden Rechts ist durch die vielfältigen Problemstellungen, die bisher keine abschließende Lösung gefunden haben, belastet. Je nach der Auslegung der einzelnen Tatbestände bestimmt sich auch die Stellungnahme zu der Frage, ob diese Tatbestände i n ihrer jetzigen Form die Materie befriedigend regeln, oder ob das Bedürfnis des Rechtsschutzes auf diesem Gebiet eine andere Normierung verlangt oder — gerade unter dem Gesichtspunkt einer vernünftigen Einschränkung der Strafmöglichkeiten — wenigstens zuläßt. Problematisch ist allerdings, woher überhaupt Prinzipien zur Auslegung der einzelnen Normen zu gewinnen sind. Schon der Versuch, aus einem einheitlichen, übergreifenden Zusammenhang zwischen den einzelnen sogenannten Vermögensdelikten zu argumentieren, könnte

Einleitung

16

unzulässig sein, wenn jeder einzelne Tatbestand des Besonderen Teils des geltenden StGB eine historisch gewachsene, unabhängig von anderen Normen entstandene und nur so überhaupt sinnvolle Einheit bildete. Der Gedanke, daß es gerade bei den Vermögensdelikten so sein könnte, drängt sich auf angesichts des so ganz unterschiedlichen Wortlauts und der offensichtlich unterschiedlichen Konstruktion z. B. der §§ 242 und 263 StGB. Sie sind zweifellos vom Gesetzgeber nicht bewußt als Unterfälle eines gemeinsamen Oberbegriffs konzipiert worden. Jeder dieser Tatbestände hat sich i m Gegenteil für sich als eine Abstraktion aus noch konkreteren Fallbildern entwickelt. Das Strafrecht pflegt i n seinen Anfängen bei der Tatbestandsformulierung von einem K e r n anschaulicher kriminologischer Typen auszugehen, die i n ihrer Eigenart, aber auch i n ihrer betonten Verschiedenheit als bekannt vorausgesetzt werden, wie etwa von der Figur des „Diebes" i m Unterschied zu der des „Betrügers". I n einem Straf recht, das von solchen anschaulichen Bildern bestimmt ist, kann der Wortlaut der einzelnen Tatbestände noch nicht so streng und ausschließend ausgelegt werden, wie es das moderne, unter der Maxime „ n u l l u m crimen sine lege" stehende Strafrecht verlangt. Zu dieser Maxime gehört die abstrakte, kriminologieferne Tatbestandsformulierung 1 , die sich unter dem Einfluß des sogenannten rationalen Naturrechts etwa gleichzeitig entwickelt hat 2 . Immerhin sind Reste der früheren Gesetzgebungsmethode auch i n den gegenwärtigen Strafgesetzen noch vorhanden. Sie könnten für die auf den ersten Blick unsystematische Nebeneinanderreihung der einzelnen Tatbestände mindestens mitverantwortlich sein, aber vielleicht doch Raum für eine mehr systematische Betrachtung lassen. Ein logisch lückenloses System braucht sich dabei nicht zu ergeben, weil bei weitem nicht alles, was logisch ins System gehören würde, auch strafwürdig sein muß. Lücken haben i m Strafrecht oft positive Bedeutung. Sie bekunden, daß der Gesetzgeber nicht alles unerfreuliche und sozial unerwünschte Verhalten unter Strafe stellen w i l l . Nun w i r d aber auch die Ansicht vertreten, noch der Gesetzgeber von 1871 habe die §§ 242—263 m i t relativ eng begrenztem Inhalt konzipiert, und an diese Konzeption sei die gegenwärtige Auslegung gebunden. — So hat zuletzt Naucke gemeint 3 , da A r t . 103 Abs. 2 GG historisch an § 2 des pr. StGB von 1851 anknüpfe, habe er auch dessen Inhalt und enthalte nicht nur ein Verbot der Analogie i m Strafrecht, vielmehr zugleich ein Bekenntnis zur subjektiven Auslegungsmethode, die allein den W i l 1

Z u r Differenzierung zwischen Deliktstypen u n d kriminologischen T a t typen vgl. Geerds, Engisch-Festschr. S. 414 f. 2 Vgl. dazu Geerds, Engisch-Festschr. S. 409 f. 3 Betrug, insbes. S. 182 ff.

I. Zur Zulässigkeit der Argumentation

17

len des historischen Gesetzgebers als verbindlich ansieht und den Inhalt einer Norm demgemäß ausschließlich am historischen Vorstellungsbild des Gesetzgebers orientiert 4 . Träfe diese Ansicht zu, so wären i n der Tat verboten: „die Auslegung nach dem Geist der gesamten Gesetzgebung; die Auslegung nach dem systematischen Zusammenhang oder der systematischen Stellung einzelner Bestimmungen; die Auslegung zur Ergänzung oder Verbesserung des Gesetzes; die Auslegung, u m die Aufgabe des Gesetzgebers zu Ende zu führen; die Auslegung zur Rechtsentwicklung aus einer ratio des Gesetzes; die Auslegung m i t Hilfe naturrechtlicher Erwägungen 5 ." Übrig bliebe allein die Erhellung des historischen Willens des Gesetzgebers. Über die Bedeutung, die der historische Gesetzgeber den Merkmalen eines Tatbestandes geben wollte, dürfte nicht hinausgegangen werden®. Gewiß kann die Rechtsgesellschaft sich nicht bedenkenlos über den Willen des historischen Gesetzgebers hinwegsetzen, und insoweit verdient der Versuch Nauckes, einer gesetzeskorrigierenden Auslegung Einhalt zu gebieten, durchaus Beachtung. A l l e i n diese Prämissen können nicht die von i h m geforderten weitreichenden Konsequenzen rechtfertigen. Es kann an dieser Stelle der Streit über Bedeutung und Tragfähigkeit der subjektiven und der objektiven Auslegungsmethode nicht noch einmal aufgerollt werden 7 . Unabhängig von den einzelnen Argumenten i n dieser Auseinandersetzung nur das Folgende: Auch historisch gesehen bilden sich die einzelnen Tatbestände eines Strafrechtssystems nicht isoliert und ohne jeden gegenseitigen Bezug heraus. Jede Rechtsnorm entsteht und ist allein zu verstehen als Teil der Gesamtrechtsordnung. Sie existiert nicht unabhängig, isoliert von dieser Ordnung, sondern allein i n dem Gesamtgefüge. Die Befriedigung eines Rechtsschutzbedürfnisses durch Formulierung eines Tatbestandes hat stets auch Konsequenzen für den gesamten Rechtsstoff. Die A n t w o r t auf die Frage, ob eine Norm einem bestimmten Rechtsschutzbedürfnis gerecht wird, entscheidet letztlich nicht nur über die Existenz dieser Norm, sondern zugleich darüber, ob weitere gesetzgeberische Maßnahmen nötig werden oder nicht. — M i t der Einfügung jeder einzelnen Norm i n ein Gesetz trifft der Gesetzgeber Entscheidungen, deren Auswirkungen — gewollt oder ungewollt — über den unmittelbaren Anwendungsbereich der eingefügten Norm hinausgehen. Eine Gesetzesauslegung, die sich dieser Tatsache nicht bewußt ist, läßt sich nicht nur jene Erkenntnisse entgehen, die sich aus dem gegenseitigen Verhältnis der Tatbestände 4 5 6 7

Vgl. Naucke, Betrug S. 184 ff. ; dazu Cramer , Vermögen S. 28 ff. Naucke, Betrug S. 186 So ausdrücklich Naucke, Betrug S. 189. Vgl. dazu die ausgewogene Darstellung v o n Engisch, Einführung S. 85 ff.

2 Otto

18

Einleitung

zueinander und aus der wechselseitigen Erhellung von Teil und Ganzem ergeben, sondern sie mißachtet sie geradezu. Nicht von einer Ganzheit, sondern immer nur von dem Teil einer Ganzheit her w i r d argumentiert, und zwar selbst dann, wenn beachtet wird, daß schon das Prinzip der Rationalität gesetzlicher Regelungen es verbietet, die einzelnen Normen eines Gesetzes willkürlich und zusammenhanglos nebeneinanderzusetzen. Das Gesetz w i r d als Summe einzelner Vorschriften angesehen, von einer Ganzheit kann keine Rede sein. Unmöglich ist es von diesem Ausgangspunkt zu berücksichtigen, daß eine Norm nur Rechtsnorm ist, weil sie einer Rechtsordnung angehört und daher i n ihrer Auslegung der Tatsache Rechnung zu tragen ist, daß ihr Inhalt stets auch durch die Prinzipien der Gesamtordnung und der Rechtsfindung bestimmt wird. „Sobald jemand einen Paragraphen eines Gesetzbuches anwendet, wendet er nicht nur das ganze Gesetzbuch an, sondern führt den Gedanken des Rechts selber ein 8 ." — Die Auslegung ζ. B. nach dem systematischen Zusammenhang eines Gesetzes oder nach dem Geist der Gesetzgebung ist daher keineswegs m i t einer historischen Auslegung unvereinbar, soll überhaupt noch eine Auslegung des Gesetzes erfolgen und nicht etwa der Wille des Gesetzgebers zum Auslegungsobjekt werden. Wenn demnach jeder Rechtssatz nur aus dem Zusammenhang der gesamten Rechtsordnung und nicht isoliert aus sich selbst heraus verständlich ist, so gilt das u m so mehr für Tatbestände, die sich sachlich so nahe berühren, daß sie allgemein unter dem Oberbegriff „Vermögensdelikte" zusammengefaßt werden. Erst die Betrachtung der übergreifenden Zusammenhänge zwischen diesen Delikten kann dann aber Rückschlüsse auf die Qualität des gesamten strafrechtlichen Vermögensschutzes des geltenden Rechts ermöglichen und Hinweise auf eine unter Umständen notwendige Gesetzesreform geben. Diese Betrachtung ist auch nicht durch den Verständnishorizont des historischen Gesetzgebers begrenzt. Der historische Gesetzgeber ist nicht die Autorität, die das endgültige Wirkungsfeld einer gesetzlichen Regelung bis zu deren Aufhebung bestimmen könnte. Es ist die durch die Kontinuität der Problemerörterung gekennzeichnete Rechtspraxis, die jeweils am neuen Fall über die Eignung, die Tauglichkeit und unter Umständen auch über die Verbesserungswürdigkeit einer Norm entscheidet. Maßgeblich ist dabei nicht die Frage, ob der Gesetzgeber die Anwendung dieses Tatbestandes auf einen konkreten Sachverhalt bereits vorausgesehen hat, sondern ob die Anwendung i m Einzelfall noch durch Wortlaut, Sinn und Zweck der Norm gedeckt ist. Damit artet die Rechtsentwicklung nicht i n eine vom Willen des Gesetzgebers befreite 8 Stammler, Theorie S. 24/25; dazu Engisch, Einheit S. 26 ff. — Eingehende Literaturübersicht dazu bei Otto, ARSP 55 (1969) S. 498/9 A n m . 17; dort auch weiter zur Differenzierung zwischen echtem Ganzen u n d bloßer Summe.

I. Zur Zulässigkeit der Argumentation

19

W i l l k ü r aus, sie b l e i b t v i e l m e h r i n d e m d u r c h das Gesetz gesteckten R a h m e n , d e r z u d e m i m S t r a f r e c h t d u r c h das V e r b o t der A n a l o g i e z u L a s t e n des T ä t e r s b e g r e n z t ist 9 . Solange m a n sich n ä m l i c h b e i A n w e n d u n g der R e c h t s n o r m d e r O b j e k t i v i t ä t s m a x i m e des „ S i c u t l e g i s l a t o r " u n t e r w i r f t u n d die d u r c h d e n W o r t l a u t d e r N o r m gesetzten G r e n z e n beachtet, f ü g t sich die E n t s c h e i d u n g i n die vorgegebene O r d n u n g ü b e r zeugend ein. — Vorausgesetzt w i r d a l l e r d i n g s , daß auch die e i n z e l n e n V o r s c h r i f t e n eines Gesetzes n i c h t als bloßes W i l l k ü r p r o d u k t , s o n d e r n als V e r g e g e n s t ä n d l i c h u n g des G e r e c h t i g k e i t s p r i n z i p s v e r s t a n d e n w e r den. D a n n aber ist A u s l e g u n g e i n A k t , i n d e m — positives u n d ü b e r p o s i t i v e s Recht als E i n h e i t e r f a ß t — Gesetzesanwendung z u r Rechtsa n w e n d u n g w i r d , w o b e i die i m p o s i t i v i e r t e n Gesetz u n v o l l k o m m e n e V e r g e g e n s t ä n d l i c h u n g des G e r e c h t i g k e i t s p r i n z i p s z u g l e i c h eine K o r r e k t u r e r f ä h r t 1 0 . „ D a h e r s i n d die A u f b a u - u n d W e r t u n g s p r i n z i p i e n dieses Systems, seine Sachzusammenhänge, a l l e seine Rechtsgedanken, die ,die R e c h t s o r d n u n g n i c h t f e r t i g gedacht h a t ' , i n dieser K a s u i s t i k O b j e k t e 9 Trotz Anerkennung der notwendigen, durch den Gesetzeszweck bedingten Offenheit der strafrechtlichen Tatbestände k a n n daher Hassemer — a. a. O. S. 160 ff — i n der Ablehnung jedes qualitativen Unterschiedes zwischen extensiver Auslegung u n d Analogie nicht gefolgt werden. — Rechtstheoretisch ist Hassemer allerdings zuzugeben, daß auch Analogie eine Weise der extensiven Gesetzesauslegung ist. (Ob es richtiger heißen müßte, extensive Auslegung sei eine Weise der Analogie, soll hier nicht entschieden werden.) I m Strafrecht setzt das sogen. Analogieverbot der extensiven Auslegung aber dort eine Grenze, w o der i m Tatbestand erfaßte Unrechtstypus auf einen anderen, ähnlichen Sachverhalt angewendet w i r d . — Die A u t o r i t ä t des historischen Gesetzgebers w i r d demgemäß hier nicht soweit anerkannt, daß v e r sucht würde, „durch Nachlesen i n einschlägigen, zeitgenössischen Quellen zu ermitteln, welche w i r k l i c h vorkommenden Fälle die Personen, die eine Strafbestimmimg formuliert u n d als Gesetz verabschiedet haben, aus dieser Bestimmung bestraft wissen w o l l e n oder wollten", — Naucke, Engisch-Festschr. S. 274 — w o h l aber ist es nötig, „durch Nachlesen i n einschlägigen, zeitgenössischen Quellen zu ermitteln, auf welche Problemstellung die N o r m setzung durch den historischen Gesetzgeber als A n t w o r t gedacht w a r " . U n w e sentlich ist, ob sich der historische Gesetzgeber der vollen Tragweite u n d der künftigen Entwicklung der Problematik bewußt w a r oder nicht. Wo sich aber dem Gesetzgeber ein bestimmtes Problem noch gar nicht stellte oder stellen konnte oder w o bewußt n u r ein Teilbereich i m Gegensatz zu einem anderen Bereich geregelt werden sollte, verbietet das sogen. Analogieverbot die A u s dehnung der N o r m auf diesen Sachverhalt. — Das k a n n hier n u r angedeutet werden; vgl. dazu aber Arthur Kaufmann, Analogie S. 41; Sax, Grundsätze S. 1008 f.; ders., Analogieverbot S. 148 ff.; zur Praxis: Naucke, Engisch-Festschr. S. 275 ff. — I n diesem Rahmen, w i e auch i n dem grundsätzlichen A n l i e gen der Konkretisierung des Grundsatzes nulla poena sine lege, besteht Übereinstimmung m i t den Intentionen Nauckes t w e n n der hier beschrittene Weg auch ein anderer ist. 10 Vgl. dazu Buschendorf, a. a. O. § 50, m i t eingehenden Nachweisen i n Anm. 25; Coing , Auslegungsmethoden S. 9; Engisch, Einheit S. 73; ders., Stud Gen 12 (1959) S. 77; Esser, StudGen 7 (1954) S. 375 ff., insbes. S. 379; Gmür, a . a . O . S. 54; F. v. Hippel, Gesetzmäßigkeit S. 18 ff.; Arthur Kaufmann, Gesetz u n d Recht S. 381 ff., insbes. S. 388 ff.; Reichel, a. a. O. S. 77 f.; Stammler, Theorie S. 621 ; Wenzel, a. a. O. S. 140 ff.

2*

20

Einleitung

echter Erkenntnisbemühungen. Aber sie begrenzen diese Erkenntnis nicht, sondern sind nur ein Teil ihrer Grundlage, ein Ausschnitt aus der vom Gesetzessystem des derzeitigen Rechts bestimmten Wertungsskala 11 ." Man braucht kein Anhänger des historischen Materialismus zu sein, u m zu erkennen, daß die Rechtsordnung — geschriebenes und ungeschriebenes Recht — durch die konkreten wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse mitbestimmt w i r d und daher genau wie diese Wandlungen unterworfen ist, die jeweils gesetzgeberisch i n ihren Nuancen zu erfassen nur zu Rechtsunsicherheit führen müßte. Wenn ζ. B. die gesellschaftliche Entwicklung die vermögensrechtlichen zwischenmenschlichen Verhältnisse beeinflußt, wäre der Versuch des Gesetzgebers, jeder Akzentuierung gerecht zu werden, geradezu verfehlt. Erst nach erheblichen Entwicklungsabschnitten, wenn sich herausgestellt hat, daß die vorhandenen rechtlichen Regelungen der gesellschaftlichen Entwicklung nicht mehr gerecht werden können, empfiehlt sich der Eingriff des Gesetzgebers. Die Normen sollen gerade so bestimmt formuliert sein, daß sie dem Erfordernis der Rechtssicherheit genügen, jedoch der Rechtsentwicklung nicht schon nach kurzer Zeit hemmend i m Wege stehen 12 . Auch die Schöpfer des Grundgesetzes waren sich dieser Aufgabe bewußt. Sie gingen keineswegs davon aus, daß das Problem „ n u l l u m crimen sine lege" sich nur durch Kommentierungsverbote und strengste richterliche Bindung an den historischen Willen des Gesetzgebers lösen lasse13. Mag das noch die Vorstellung des preußischen Gesetzgebers von 1851 gewesen sein, die Zeit der Gesetzcommission des Pr. A L R ist vorbei, und die Idee, alle Interpretationsschwierigkeiten oder jede Nuance der Rechtsentwicklung m i t Gesetzeskraft aus der Welt zu schaffen, überzeugt nicht mehr. Nach wie vor gilt die Feststellung Reichels: „Dieser Vorschlag ist ein Rückfall i n die Denkweise des absoluten Staates. Er findet denn auch sein ganzes Vorbild i n gewissen Institutionen des 18. Jahrhunderts, über die die Geschichte längst ihr Todesurteil gefällt hat. Er bekundet einen bedauerlichen Mangel an Sinn für die Stellung des heutigen Richters; seine Verwirklichung (an die wohl nicht zu denken ist) würde das Richteramt subalternisieren. Auch die Rechtswissenschaft bedankt sich bestens für diese neue Einschnürung ihrer Aktivität. Es fehlt nur noch ein Zitiergesetz, u m die Renaissance byzantinischer Justizverhältnisse zu vollenden 14 ." 11

Esser, Grundsatz S. 285 f. ; dazu auch Cramer , Vermögen S. 31 Vgl. auch Valkhoff, a. a. O. S. 223 ff. 13 So Naucke, Betrug S. 189 ; dazu auch Cramer , Vermögen S. 29 f. 14 a . a . O . S. 111; dazu auch Bockelmann, Festschrift f ü r Smend S. 26 f.; Engisch, Einführung S. 106 ff.; Simitis, Anwendungsmöglichkeiten S. 5 ff.; Viehweg, StudGen 11 (1958) S. 338. 12

I. Zur Zulässigkeit der Argumentation

21

Weder der Wille des historischen Gesetzgebers noch die Tatsache, daß die Normen des Vermögensstrafrechts nicht deduktiv aus einem Oberbegriff abgeleitet wurden, steht somit einer Auslegung, die diese Delikte als Einheit betrachtet, entgegen. Könnte es daher gelingen, einen funktionalen Zusammenhang innerhalb der Gruppe von Delikten aufzuzeigen, denen gemeinsam ist, daß sie dem „Vermögensschutz" dienen, so ließe sich eine Auslegung der einzelnen Tatbestände zur Diskussion stellen, die auf einen gegenseitigen Ausschluß oder doch eine möglichst geringe Überschneidung dieser Tatbestände gerichtet ist, selbst wenn der historische Gesetzgeber sie nicht so gesehen hat. Die Beachtung der leitenden Prinzipien, die hinter jenen Tatbeständen stehen, die Gleiches auf verschiedenen Gebieten und i n unterschiedlicher Weise anstreben, und die scharfe Abgrenzung von jenen Gedanken, die einer anderen A r t des Vermögensschutzes zugrunde liegen, muß die Konturen der einzelnen Tatbestände klarer heraustreten lassen und der Einheitlichkeit der Auslegung mehr Raum gewähren, als i h r bisher zugebilligt wurde. Schließlich aber muß durch die notwendige wechselseitige Erhellung von Teil und Ganzem auch die Bedeutung einzelner Tatbestandsmerkmale i n neuem Licht erscheinen. Es gibt einige Vorerwägungen, die zu dem Versuch ermutigen, die Tatbestände der §§ 242—266 StGB sämtlich als „Vermögensdelikte" anzusehen, die das gleiche Rechtsgut, das „Vermögen", schützen sollen. Wenn z. B. § 242 nicht wie § 263 vom Vermögen, sondern von einer fremden Sache und statt von Bereicherung von Zueignung spricht, so könnte sich das einfach daraus ergeben, daß m i t den Tatmitteln, die § 242 treffen w i l l — dem Gewahrsamsbruch — einem anderen tatsächlich nur Sachen, nicht aber Rechte abwendig gemacht werden können. Dazu würde es der M i t w i r k u n g des Geschädigten selbst bedürfen, von dem, wenn nicht alles ordnungsgemäß zugeht, Rechte nur auf Grund einer Täuschung (Betrug) oder einer Nötigung (Erpressung) zu erlangen sind. Dazu kommen noch die i n § 266 StGB (Untreue) geregelten Fälle, i n denen der Geschädigte die Rechte ungetäuscht und unerpreßt auf den Täter übertragen hat, der sie aber später mißbraucht, eine Situation, die insoweit dem Regelfall der Unterschlagung hinsichtlich der „Sachen" entspricht. Wenn dennoch nach h. M. z.B. durch den Betrugstatbestand nur geldwerte Objekte, hingegen durch den Diebstahlstatbestand auch Sachen m i t bloßem Affektionswert geschützt werden sollen, so ist zu überlegen, worin die Rechtfertigung für diese Unterscheidung liegt. Ebenso sind die besonderen Gründe dafür zu suchen, warum — nach h. M. — „fremd" beim Diebstahl etwas anderes bedeuten soll als zum „Vermögen eines anderen" gehörig beim Betrug. Vielleicht lassen sich für beides über die bloßen Wortunterschiede hinausgehende Sach-

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Einleitung

gründe finden. Denkbar ist aber auch, daß diese Unterscheidungen nicht begründet sind, daß diese Tatbestände also, wenn auch i n verschiedenem Umfang, „fremdes Vermögen" schützen. Beide Ergebnisse würden das Verständnis und die widerspruchsfreie und sachgerechte Auslegung des geltenden Rechts fördern. Wo aber die gegenwärtige Gesetzesfassung eine solche widerspruchsfreie und sachgerechte Auslegung überhaupt nicht mehr zuläßt, ist aufzuzeigen, wie sie de lege ferenda zu gestalten ist. I I . Inhaltlicher und methodologischer Überblick Die Suche nach dem einheitlichen, übergreifenden Zusammenhang zwischen den einzelnen Vermögensdelikten scheint von einer Gemeinsamkeit aller sog. Vermögensdelikte ausgehen zu können, nämlich von dem einheitlichen Zweck dieser Delikte, dem Vermögfensschutz. — A l l e i n schon hier zeigen sich die ersten Schwierigkeiten: Der Inhalt des Vermögensbegriffs ist streitig, und Uneinigkeit besteht weiter darüber, ob i n allen sog. Vermögensdelikten überhaupt das gleiche Rechtsgut — Vermögen — geschützt wird. U m der Untersuchung daher von vornherein Konturen zu geben, muß zunächst geprüft werden, ob es möglich ist, „Vermögen" begrifflich so zu beschreiben, daß der gefundene Begriff das einheitliche Rechtsgut der verschiedenen Vermögensdelikte bezeichnet und sich i n der Lösung der unterschiedlichsten Problemstellungen durchhalten läßt. Vorab ist dann aber eine Besinnung auf das erforderlich, was der Begriff „Rechtsgut" überhaupt meint, insbesondere gilt es — unabhängig von den einzelnen Merkmalen dieses Begriffs — zu der Frage Stellung zu nehmen, ob „Rechtsgut" etwas bezeichnet, was für die Entwicklung des Einzelnen oder für die Gesellschaft oder für die des Einzelnen und der Gesellschaft gut, wertvoll ist. I n der A n t w o r t auf diese Frage liegt das grundsätzliche Werturteil über die Zwecke der Strafrechtsordnung und damit auch über den Zweck des strafrechtlichen Vermögensschutzes. A n dieser Zweckrichtung kann die Begriffsbestimmung des Vermögensbegriffes nicht vorbeigehen, soll dieser Begriff überhaupt für den angestrebten Zweck tauglich sein. Die Untersuchung geht davon aus, daß die Strafrechtsordnung die Entfaltung der Persönlichkeit des Einzelnen i n der Rechtsgesellschaft, d. h. i m Miteinander m i t anderen Rechtsgenossen gewährleisten soll. Hier liegen Schutz- und Garantiefunktion des Strafrechts, das die w i l l k ü r liche Entfaltung des Einzelnen auf Kosten anderer nicht dulden kann, jedoch genauso wenig den Einzelnen nur als bloßes M i t t e l zum Zweck der Errichtung bestimmter Gesellschaftsordnungen einschätzen darf. Der Einzelne ist als Person stets auch Rechtssubjekt. Die harmonische Entfaltung seiner Persönlichkeit sollte vornehmstes Anliegen der Straf-

II. Inhaltlicher und methodologischer Überblick

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rechtsordnung sein. Noch ist Jewgeniy Samjatins Utopie „ W i r " nicht Wirklichkeit, noch gilt nicht: „Dem Ich irgendwelche Rechte dem Einzigen Staat gegenüber einzuräumen, wäre das gleiche, wie wenn man behaupten wollte, daß ein Gramm eine Tonne aufwiegen könne. Daraus ergibt sich der Schluß: Die Tonne hat Rechte, das Gramm hat Pflichten, und der einzige natürliche Weg von der Nichtigkeit zur Größe ist: Vergiß, daß du nur ein Gramm bist, und fühle dich als millionster Teil einer Tonne." Dem notwendigen funktionalen Bezug zwischen „ G u t " und „Person" muß demgemäß der Vermögensbegriff, der sich als Rechtsgut eines modernen Straftatbestandes bewähren soll, verpflichtet sein. Er w i r d von der Fragestellung nach dem sinnvoll als Schutzobjekt eines umfassenden Vermögensdelikts zu bezeichnenden Vermögensbegriff her entwickelt und i n der Auseinandersetzung m i t konkreten Problemstellungen — welche Bedeutung hat die sachwidrige Betonung objektiver oder subjektiver Merkmale für den strafrechtlichen Vermögensschutz, wieweit erfordert jeder Vermögensbegriff die Zuordnung einzelner Güter durch die Sozietät, erscheint die Begrenzung des Vermögensschutzes auf den homo oeconomicus vernünftig, gibt es überhaupt eine Vermögenseinheit oder stellt das Vermögen einer Person nur eine Summe einzelner Vermögensgüter dar? — abgesichert. I n der Uberprüfung der Leistungsfähigkeit dieses Begriffes w i r d sodann weiter gezeigt, daß der Begriff i n sich stimmig ist und bei der Lösung der verschiedensten Fragen durchgehalten werden kann, während die sonst verwandten Vermögensbegriffe, auch der z. Zt. herrschende juristisch-wirtschaftliche, jeweils für bestimmte Fallgruppen abgewandelt werden müssen (Kap. 1). Dann wendet sich die Untersuchung der Überprüfung der einzelnen Tatbestände, ihrem Zusammenhang und ihrem gegenseitigen Verhältnis zu, um „die Struktur des Vermögensschutzes" aufzuspüren. I m Rückblick w i r d damit auch der zunächst mehr hypothetisch verwandte, i n der Schwebe gehaltene Vermögensbegriff des Verfassers als generell brauchbar gerechtfertigt, i m übrigen aber versucht herauszufinden, welche Prinzipien den Vermögensschutz bestimmen. Ausgehend von der Hypothese, daß reale Vermögensentziehung und Aufrechterhaltung rechtswidriger Vermögenslagen nach geltendem Recht strafwürdige, einander ausschließende Beeinträchtigungen sein könnten, w i r d i n der Auseinandersetzung m i t einzelnen dieser These entgegenstehenden Problemlösungen Tragweite und Bedeutung der Hypothese gezeigt und ihre Bewährung i n der Erhellung der unterschiedlichsten Problemstellungen — Zueignung geldwertloser Sachen, straflose Nachtat nach realer Vermögensentziehung, Verletzung formaler Eigentümerpositionen und Eigentumsdelikt — versucht und eine Gruppierung der verschiedenen Delikte durchgeführt (Kap. 2).

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Einleitung

Schon dieser skizzenhafte Überblick macht deutlich, daß die Arbeit nicht auf die Errichtung eines axiomatisch-deduktiven Systems angelegt ist. Versucht w i r d vielmehr, den einheitlichen Begründungszusammenhang i n der Vielheit der einzelnen Problemlösungen auszuweisen und zu zeigen, daß trotz der historisch unterschiedlichen Entwicklung und Ausgestaltung der einzelnen Delikte ein funktionaler Zusammenhang zwischen den verschiedenen Normen des Vermögensstrafrechts besteht, der einen Wechselbezug zwischen den einzelnen Problemstellungen gewährleistet. Die Verbundenheit i n einem Begründungszusammenhang bildet die Einheit, i n deren Gefüge sämtliche Normen des strafrechtlichen Vermögensschutzes stehen. Das Ergebnis der Untersuchung kann daher niemals ein perfektionistisches, starres, axiomatisches System sein, das durch eine winzige Gesetzesänderung oder einen Wechsel der Anschauungen i n der Sozietät durcheinander gerät und sachwidrige Entscheidungen begünstigt, sondern ein offenes, dynamisches System, das nicht nur bisher bekannten Problemstellungen genügt, sondern eine Vielzahl weiterer Lösungsmöglichkeiten hinreichend scharf umrissen enthält. Die Suche nach dem einheitlichen Begründungszusammenhang i n den verschiedenen Normen des strafrechtlichen Vermögensschutzes begegnet allerdings einer Schwierigkeit, die darin begründet ist, daß es hier nicht darum geht, eine Systematik zu erfinden, axiomatischdeduktiv zu konstruieren und dem Rechtsstoff von außen her aufzuzwingen, sondern darum, sie zu finden, zu entdecken, der Realisierung des Gerechtigkeitsprinzips i n der Mannigfaltigkeit der Rechtsregeln nachzuspüren. Diese Aufgabe bedingt ein Vorgehen ständiger Rückschau und Vorschau i n der Auseinandersetzung m i t konkreten Problemstellungen, Entscheidungen und Rechtsansichten, wobei der i m Vorverständnis als unartikulierte Ganzheit erfaßte Ableitungszusammenhang i n jeder Problemlösung erneut i n Frage gestellt wird. Die wissenschaftliche Erforschung der Struktur des Vermögensstrafrechts erfolgt stufenweise. Jeder Fortschritt bedingt notwendig den Rückblick. Der jeweils gesuchte Begriff w i r d eingekreist, fortschreitend präzisiert, verbessert und dennoch m i t jedem weiteren Vorgehen erneut i n Frage gestellt. — Da aber erst i n dieser zugleich zurück- und vorschauenden Auseinandersetzung m i t der Vielzahl der Probleme des Rechtsgebietes die Struktur des strafrechtlichen Vermögensschutzes sichtbar wird, kann es dem Leser nicht erspart werden, zusammen m i t dem Autor die zum Teil recht verschlungenen Pfade abzuschreiten. Nur dieses — manchmal durchaus mühsame — gemeinsame schrittweise Vorgehen vermag die Teilhabe an der Erkenntnis zu gewährleisten, nicht aber die Lektüre des vom Ergebnis her w o h l aufbereiteten Stoffes. I n keinem Moment soll und kann jedoch von einer mythischen Schau die Rede sein. Genauig-

II. Inhaltlicher und methodologischer Überblick

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keit, Eindeutigkeit und Nachprüfbarkeit der verwandten Begriffe sind daher selbstverständliche Pflicht, denn wo Begriffe miteinander verknüpft werden und die Folgerichtigkeit eines Gedankenganges i n Frage steht, sind scharf abgegrenzte, klare Begriffe nicht nur Voraussetzung des axiomatisch-deduktiven Systems, sondern des wissenschaftlichen Denkens schlechthin 15 . Sind die Prinzipien des strafrechtlichen Vermögensschutzes aufgedeckt, so erhält der Leser Gelegenheit, ihre Leistungsfähigkeit i n der Erhellung bekannter Problemstellungen noch einmal zu überprüfen. Wieweit nämlich das geltende Recht den Anforderungen dieser Prinzipien entspricht, und wie das B i l d der einzelnen Tatbestände durch die Beachtung des übergreifenden Zusammenhangs zwischen den Delikten geformt wird, soll i n der Lösung streitiger Problemlagen i m Kernbereich des strafrechtlichen Vermögensschutzes — Unterschlagung, Diebstahl, Betrug, Erpressung, Untreue, Sachbeschädigung, Hehlerei, sachliche Begünstigung — zum Ausdruck gebracht werden. A u f die durch das geltende StGB begründeten Hindernisse sachgerechten Vermögensschutzes w i r d hingewiesen (Kap. 3). — Hier w i r d die mehr rechtstatsächliche Betrachtung des 1. Kapitels, der i m 2. Kapitel die dogmatische Klärung folgte, wieder i n den rechtstatsächlichen Raum, den Bereich der täglich zu entscheidenden Fallproblematik, zurückgeführt. Abschließend (Kap. 4) werden die Ergebnisse kurz zusammengefaßt, über die Methode w i r d Rechenschaft abgelegt und dogmatische Folgerungen werden insbesondere de lege ferenda gezogen. Vorschläge zur Gesetzesreform beenden die Untersuchung.

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Daß Eindeutigkeit des Begriffes u n d Genauigkeit verwandter Definitionen nicht Unveränderlichkeit des Begriffsinhaltes und Unabhängigkeit der Begriffsbestimmung v o m Gesetzeszweck bedeuten, bedarf keines Hinweises. Das ergibt sich bereits aus der D y n a m i k der Rechtsentwicklung, die zwar auch i n den Begriffen eingefangen werden soll, nicht aber auf Dauer starr fixiert werden k a n n ; vgl. dazu Arthur Kaufmann, Analogie S. 35 ff. m i t zahlreichen weiteren Angaben. — Daß diese „Korrigierbarkeit" der Definit i o n allerdings nicht die Verwendung verschiedener widersprechender Begriffsbestimmungen o. ä. erlaubt, sollte selbstverständlich sein. — Die Schwierigkeiten, die Begriffsbestimmungen zu präzisieren u n d dennoch f ü r die E n t wicklung offenzuhalten, sind bekannt, doch auch die exemplifizierende Methode steht vor ähnlichen Problemen.

1. Kapitel

Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte I. Ein einheitlicher Vermögensbegriff als Grundlage der Untersuchung 1. Problemstellung

Unter der Bezeichnung „Vermögensdelikte" w i r d die Gruppe jener Delikte zusammengefaßt, die sich gegen das Vermögen eines Rechtssubjektes richten. Je nachdem, ob ein Tatbestand das Vermögen umfassend oder nur i n begrenztem Umfang — z.B. Eigentum, Besitz oder Aneignungsrechte — schützen soll, w i r d herkömmlich zwischen generellen und speziellen Vermögensdelikten unterschieden. Einigkeit besteht dementsprechend darüber, daß als Rechtsgut der generellen Vermögensdelikte das gesamte Vermögen und als Rechtsgut der speziellen Vermögensverbrechen bestimmte Vermögenspositionen des Rechtssubjekts anzusehen sind. Doch schon bei der Bestimmung des Inhalts der Begriffe „Rechtsgut" und „Vermögen" weichen die einzelnen Definitionen erheblich voneinander ab. Darüber hinaus ist streitig, ob die Delikte, die man gemeinhin unter dem Ausdruck „Vermögensdelikte" zusammenfaßt, überhaupt ein gemeinsames Rechtsgut haben, eine Frage, die sich erst entscheiden läßt, wenn man sich m i t dem Rechtsgut der einzelnen Tatbestände befaßt hat, die jedoch nicht aus ihnen als einzelnen, sondern nur aus ihrem Zusammenhang zu beantworten ist. Bereits eine beispielhafte Aufzählung verschiedener zur Zeit noch erörterter Definitionen des Begriffs „Rechtsgut" gibt einen überzeugenden Eindruck von der Vielfalt des Gebotenen. Das Rechtsgut (auch Schutzobjekt) soll der „Rechtswert", das „Rechtsinteresse" sein 1 , „ein von der Gesamtheit oder den maßgebenden Schichten der staatlichen Gemeinschaft anerkanntes Interesse" 2 , „eben das rechtlich anerkannte Interesse an einem Gut als solchem i n seiner generellen Erscheinungsart" 3 , „ein gedankliches Gebilde, . . . der auf seine einfachste Formel gebrachte objektive Wert, den das geschützte Gut i n sich schließt" 4 , 1 2 3 4

Baumann, Lb. S. 124. Maurach, A . T. S. 180. Maurach, A . T. S. 181. Mezger-Blei, Stub. I S. 115.

I. Einheitlicher Vermögensbegriff

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„jeder erwünschte soziale Zustand, den das Recht vor Verletzungen sichern w i l l " 5 , „ein bestimmtes Lebensgut oder objektiver Wert" 6 , „Güter des sozialen Lebens . . . insofern sie juristisch geschützt werden" 7 , „der auf eine einfachste Formel gebrachte Zweck des Strafgesetzes" 8 , „werthafte Zustände, die durch menschliches Handeln verändert und die deshalb auch durch strafrechtliche Regelungen vor solchen Veränderungen bewahrt werden können" 9 , „ein für den Menschen wertvolles Lebensgut, an dessen Erhaltung der Inhaber des Rechtsguts ein von der Rechtsordnung als Schutzwert anerkanntes Interesse hat" 1 0 , „ein rechtlich geschütztes Lebensgut" 11 . Daß es bei der Bestimmung des Rechtsguts wesentlich um eine Beziehung zwischen Person und bestimmten Objekten geht, haben darüber hinaus zuletzt Stratenwerth, Salm, Sina 12 und Schmidhäuser 13 betont. Dennoch, bei aller Verschiedenheit, auch bei oberflächlicher Betrachtungsweise finden sich hier Ähnlichkeiten und Anklänge an gemeinsam Gemeintes. Demgegenüber sind die verschiedenen Vermögensbegriffe zu einem nicht unerheblichen Teil gerade als Ausdruck gegensätzlicher Auffassung formuliert worden. Zu nennen sind der wirtschaftliche 14 , juristische 15 , juristisch-ökonomische 16 , personale 17 , dualistisch-dialektische 18 , dynamische 19 , subjektive und objektiv-summative 2 0 Vermögensbegriff. 5

Welzel, L b . S . 4 . H. Mayer, Lb. S. 51. Bettiol, ZStW 72 (1960) S. 280. 8 Schwinge-Zimmerl, Wesensschau S. 70, i m Anschluß an Mezger; dazu i m einzelnen: Schwinge, Begriffsbildung S. 21 ff.; bereits grundsätzlich: Honig, E i n w i l l i g u n g S. 92 ff. 9 Jäger, a. a. O. S. 13. 10 Arthur Kaufmann, Unrechtsbewußtsein S. 120. 11 Jescheck, Lb. S. 176. 12 Vgl. die Angaben bei Sina, a. a. O. S. 99 f. 13 Vgl. Engisch-Festschr. S. 443 ff. 14 Vgl. RGSt. 44 S. 233; OGHSt. 2 S.201f.; BGHSt. 1 S. 264, 2 S.364f.; 16 S. 221; Grünhut, RG-Festgabe V S. 116 ff.; ders., JW 1932 S. 2434; H. J. Bruns, Mezger-Festschr. S. 335, 359 f.; Jagusch, L K I I , A n m . I I 1 b, c v o r § 249; Maurach, B. T. S. 320; Mezger-Blei, Stub. I I S. 192; Olshausen-Kirchner, 11. Aufl. § 263 A n m . 18 I ; Schönke-Schröder, StGB § 263 Rn 58. 15 Binding, Lb. I S. 238, 341; Merkel, I I S. 101 f., 199; grundsätzlich auch Naucke, Betrug S. 215. 18 Trotz einzelner Unterschiede grundsätzlich übereinstimmend: Cramer, JuS 1966 S. 474; ders., Vermögen S. 50 ff.; Foth, G A 1966 S. 40 f; Frank, StGB § 263 A n m . V ; Franzheim, G A 1960 S. 270 ff; Gallas, Eb. Schmidt-Festschr. S. 401 ff.; Gutmann, M D R 1963 S. 5; Kohlrausch-Lange, StGB § 263 A n m . V, 1; Lenckner, JZ 1967 S. 107; v. Liszt-Schmidt a.a.O. S. 668; Nagler, Z A k D R 1941 S. 294 f. ; Sauer, B. T. S. 85 ff. ; Welzel, Lb. S. 372. 17 Bockelmann, Kohlrausch-Festschr. S. 226 ff.; ders., J Z 1952 S. 461 ff.; Hardwig, G A 1956 S. 17 ff.; Mertens, a. a. O. S. 128 ff., der seinen Vermögensbegriff allerdings selbst als subjektiven Vermögensbegriff bezeichnet. 18 Mohrbotter, Betrug S. 65 ff. 19 Eser, GA 1962 S. 289 ff. 20 Diese stimmen grundsätzlich m i t dem juristischen bzw. wirtschaftlichen 6

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1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

Wenn die Darstellung der Struktur des strafrechtlichen Vermögensschutzes nicht konturenlos und verwirrend werden soll, ist eine eindeutige Stellungnahme zum Inhalt der Begriffe „Rechtsgut" und „Vermögen" nötig. Dabei geht es nicht darum, Wandlungen i n der Auffassung oder jeden möglichen bzw. erörterten Inhalt dieser Begriffe i m einzelnen aufzuzeigen. Insoweit kann einerseits auf die Schrift von Sina: „Die Dogmengeschichte des strafrechtlichen Begriffs, ,Rechtsgut'" (1962) und andererseits auf die Arbeiten von H. J. Mertens: „Der Begriff des Vermögensschadens im Bürgerlichen Recht" (1967) und P. Cramer: „Vermögen und Vermögensschaden im Strafrecht" (1968) verwiesen werden. A u f zuzeigen bleibt jedoch, an welchen Stand der Diskussion die Untersuchung anknüpft, auf welchen Prämissen die hier vorgetragene Ansicht aufbaut und w o r i n ihre Vorzüge gegenüber anderen Meinungen gesehen werden. 2. Ausgangsbasis

Vergegenwärtigt man sich, daß die Untersuchung demnach weder von einem anerkannten Vermögensbegriff noch von einem unbestrittenen Bestand der Vermögensdelikte ausgehen kann, von denen angenommen werden könnte, sie schützten i n ihrer Gesamtheit das Vermögen umfassend, so leuchtet es ein, daß Birkmeyers Versuch, das Rechtsgut der Vermögensdelikte allein durch Interpretation und Addition des jeweils festgestellten Schutzbereiches einzelner Vermögensdelikte zu bestimmen, vergeblich sein muß te 21 . M i t Recht ist sein Werk allgemein als nutzlos bezeichnet worden, denn über die einzelnen Tatbestände hinaus hat diese Zusammenstellung keinen Wert. Weil kein K r i t e r i u m für „Vermögen" gegeben ist, bleibt ungewiß, ob die gefundene Gesamtheit überhaupt das Schutzgut des Vermögensschutzes ist oder ob einzelne Tatbestände nicht etwas schützen, was z. B. von der h. M. nur i r r i g als Vermögen angesehen wird. Lücken oder Qualität des Vermögensschutzes gerade i m Gegensatz zum Ehren-, Dispositions- oder Gutglaubensschutz können anhand dieses Konglomerats nicht aufgezeigt werden. Die Arbeit kann nur die Überlegung fördern, ob alles Geschützte oder darüber hinaus noch Weiteres schutzwürdig ist. Da diese Frage jedoch erst beantwortet werden kann, wenn auch der Umfang der strafrechtlich geschützten Dispositionsfreiheit usw. geklärt ist, bleibt die auf die Vermögensdelikte beschränkte Untersuchung nutzloses Stückwerk. Gleichfalls verbietet es sich, allein i n der Auseinandersetzung m i t den i m Rahmen des Betrugstatbestandes vertretenen Vermögensbegriffen die Wahl für einen dieser Begriffe zu treffen, denn bei diesem Vorgehen Vermögensbegriff überein; dazu vgl. Bockelmann, Kohlrausch-Festschr. S. 236 ff.; Gallas, Eb. Schmidt-Festschr. S. 406 ff. 21 Ueber das Vermögen i m juristischen Sinne, 1879.

I. Einheitlicher Vermögensbegriff

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bleibt ungeprüft, ob die Problemstellung überhaupt i n den erörterten Vermögensbegriffen hinreichend erfaßt ist oder ob sich die Diskussion — aus welchen Gründen auch immer — nur auf einen Teilbereich der Problematik erstreckt. Auszugehen ist von der Feststellung, daß Vermögensschutz Schutz der Persönlichkeit des Rechtssubjektes bedeutet und von hierher seine soziale Relevanz erhält. Dieser Ansatz begründet zwar die Notwendigkeit, die Richtigkeit der zur Zeit erörterten Vermögensbegriffe einmal i n Frage zu stellen und zunächst die hinter dem Vermögensschutz stehenden Sachgründe zu erhellen und ihre Bedeutung für den konkreten Vermögensschutz nachzuweisen. Er gestattet es aber durchaus, die Leistungsfähigkeit des Vermögensbegriffs, der unter der Fragestellung nach dem Begriff, der „Vermögen" sinnvoll als Rechtsgut der Vermögensdelikte kennzeichnet, entwickelt wird, i m Rahmen des Betrugstatbestandes zu erproben. — Qualität und Bedeutung des eigenen Entwurfs lassen sich nämlich am ehesten i m Vergleich m i t bekannten Lösungen der anerkannten und diskutierten Vermögensbegriffe abschätzen. I m Bereich des Betrugstatbestandes hat sich jedoch die Diskussion u m den Vermögensbegriff i m wesentlichen bewegt, und „Vermögen" w i r d i n diesem Tatbestand ausdrücklich als Schutzgut genannt. Die Abgrenzung gegen ähnliche Rechtsgüter gehört hier zu den eingehendst erörterten Problemen. So kann i n der Diskussion an bekannte Problemstellungen angeknüpft werden, da gerade die Abgrenzung des Vermögens gegen andere Rechtsgüter ein grundsätzliches Anliegen der Arbeit ist. Denn auch, wenn ein Vermögensschutz nicht schon deshalb gerechtfertigt sein sollte, w e i l bestimmte Gegenstände von Geldwert einer Person durch die Sozietät zugeordnet werden, sondern w e i l ζ. B. das Haben von Vermögensgütern der Vermögensperson einen Entfaltungsspielraum i m gegenständlichen Bereich gewährleistet, der — i n bestimmtem Rahmen — von der Rechtsordnung anerkannt und geschützt wird, ist damit noch nicht Stellung bezogen zu der Frage, ob nicht auch die Dispositionsfreiheit oder die Möglichkeit, sich aus einer bestehenden Vermögenssphäre hinaus auszudehnen, schutzwürdig ist. Fest steht nur, daß es grundsätzlich etwas anderes ist, jemandem gegenständlich gesicherte Potenz i m wirtschaftlichen Bereich zu gewährleisten, als seine bloße Dispositionsfreiheit zu schützen oder seine Chancen, sich aus einer bestehenden Vermögenssphäre auszudehnen. Trotz vorhandener Ähnlichkeit und trotz gewisser Berührungspunkte wäre es verfehlt, diese Güter i n einem einzigen Tatbestand zu schützen, soll dieser nicht i n seiner Schutzrichtung vage und i n seinem Wortlaut vieldeutig werden. Die Vielzahl der Schutzgüter erfordert verschiedene gesetzgeberische Überlegungen und Maßnahmen, denen die scharfe Abgrenzung der einzelnen Bereiche vorauszugehen

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1. Kap.: Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

hat. Gerade i n einer Entwicklung, die wesentlich durch das Schlagwort „ V o m Kapital zur Arbeit" gekennzeichnet wird, kann es ζ. B. gesetzgeberisch höchst angemessen erscheinen, den Schutz bestimmter Möglichkeiten, Vermögen zu erwerben, weit umfassender auszugestalten, als den Schutz bestehenden Vermögens. Die Erfassung beider Anliegen i n einem einzigen Tatbestand würde sich dann geradezu dem gesetzgeberischen Willen als Hindernis entgegenstellen. Aber auch unabhängig von diesen Überlegungen würde eine gleichzeitige Konfrontation des zu entwickelnden Vermögensbegriffs m i t den Schadensproblemen aller Vermögensdelikte nur Verwirrung stiften. Offensichtlich schützt nicht jeder Tatbestand das gesamte Vermögen. Daher müßte die Untersuchung zwangsläufig unübersichtlich werden, wenn die Entwicklung des Vermögensbegriffs m i t der Einschränkung dieses Begriffs i n den einzelnen Tatbeständen verbunden würde. Diese Gefahr besteht jedoch nicht, solange die Erörterung auf den Betrugstatbestand begrenzt bleibt. Zwar ist auch hier noch immer streitig, ob das „rechtlich geschützte Vermögen" das Vermögen überhaupt ist oder ob es darüber hinaus auch rechtlich nicht geschütztes Vermögen gibt. Aber selbst, wenn man sich auf den Standpunkt stellt, das Strafrecht solle auch i m Bereich des Vermögensschutzes nur dort eingreifen, wo zivilrechtliche Restitutionsmittel versagen, steht das der Entwicklung eines umfassenden Vermögensbegriffs und der Überprüfung seiner Leistungsfähigkeit i m Rahmen des Betrugstatbestandes nicht entgegen. I m Gegenteil, erst wenn feststeht, was überhaupt als Vermögen anzusehen ist, kann das Für und Wider einer Begrenzung des Vermögensschutzes i m Rahmen eines Tatbestandes, der ausdrücklich keine Einschränkung enthält, sorgfältig abgewogen werden. Aus dem Gesetzeswortlaut des § 263 StGB ergibt sich nämlich keine Einschränkung des Vermögensschutzes gegen Verminderung des Vermögens infolge Täuschung. Insoweit ist dem Reichsgericht 22 zuzustimmen, daß der Begriff des „rechtlich geschützten Vermögens" i m Rahmen des Betrugstatbestandes irreführend ist, w e i l er die Vorstellung erwecke, es gebe auch ein Vermögen, das rechtlich nicht geschützt ist. Wenn dennoch Argumente für die Einschränkung des Vermögensschutzes auch i n diesem Bereich sprechen sollten, müssen sie auf Erwägungen beruhen, die i n der Formulierung des Tatbestandes keinen Ausdruck gefunden haben. Dann kann aber eine Einschränkung des Strafrechtsschutzes nur überzeugend begründet werden, wenn zuvor feststeht, was überhaupt als Rechtsgut dieses Tatbestandes angesehen, d.h. was überhaupt noch sinnvoll als Vermögen i m Sinne eines Rechtsgutes bezeichnet werden kann 2 3 . — 22 Vgl. RGSt. 44 S. 232. 23 w e r allein d e n w i l l e n des historischen Gesetzgebers f ü r die Auslegung maßgeblich hält, muß allerdings zu dem Ergebnis kommen, es fehle über-

I. Einheitlicher Vermögensbegriff

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Eine befriedigende Realisierung gerade der Forderung, Strafrecht und Strafverfahren von jenen Vorgängen zu befreien, die bei vernünftiger sozial-ethischer Wertung mehr sachgerecht als zivilrechtliche Vermögensstreitigkeiten zu entscheiden sind 24 , muß fehlschlagen, solange Inhalt und Funktion des Vermögensbegriffs noch nicht eindeutig umrissen sind. W i r d nämlich von einzelnen Fallgruppen her die Einschränkung des Strafrechtsschutzes durch Begrenzung des Vermögensbegriffs auf bestimmte Vermögenspositionen versucht, so führt dies letztlich zu einer Vielzahl von Vermögensbegriffen, die jeweils auf einen begrenzten Kreis zugeschnitten sind. U m dieses Ergebnis zu verdecken, können die Begriffsmerkmale des jeweiligen Vermögensbegriffs zwar so weit offengehalten werden, daß begriffliche Hindernisse der Einschränkung oder Ausdehnung des Vermögensschutzes nicht i m Wege stehen. M i t dem Grundsatz nulla poena sine lege ist dieses Verfahren aber kaum i n Einklang zu bringen. N u r konsequent ist es von diesem Standpunkt ζ. B., wenn Anhänger des — scheinbar — gleichen Vermögensbegriffs i n der Lösung konkreter Problemstellungen zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, ohne nachweisbar widersprüchlich zu argumentieren oder zu deduzieren. — Die Geschichte des sog. juristisch-wirtschaftlichen Vermögensbegriffs legt für dieses Verfahren und seine Ergebnisse — hingewiesen sei nur auf die zahlreichen divergierenden Stellungnahmen zum Betrug an sog. nichtigen Forderungen — beredtes Zeugnis ab. I n dieser Situation bedurfte der Versuch Cramers — „Vermögen und Vermögensschaden i m Strafrecht" (1968) —, einheitliche Lösungen der verschiedensten Sachprobleme des Vermögensschutzes vom juristischwirtschaftlichen Vermögensbegriff her zu entwickeln, keiner Rechtfertigung. Doch gerade Cramers Arbeit macht deutlich, daß es bei der Entfaltung des juristisch-wirtschaftlichen Vermögensbegriffs gar nicht u m die Begründung eines eigenständigen Vermögensbegriffs geht. Es w i r d vielmehr versucht, den wirtschaftlichen Vermögensbegriff m i t rechtlichen Kriterien einzuschränken, d. h. aber, vom „wirtschaftlichen Vermögen" das „rechtlich geschützte Vermögen" zu trennen. Ob jedoch der wirtschaftliche Vermögensbegriff überhaupt ein gemäßer Ansatz zur Lösung der Probleme der Vermögensdelikte — zumindest der des Betruges — ist, bleibt ungefragt. N u n ließe sich zwar argumentieren, daß diese Problematik endgültig durch die Ausführungen von Gallas — Der Betrug als Vermögensdelikt, Eb. Schmidt-Festschr., 1961, S. 401—436 — geklärt worden sei. Diese Argumentation ginge jedoch an der Tatsache vorbei, daß Gallas nicht haupt jeder Grund, einen einheitlichen strafrechtlichen Vermögensbegriff aufzustellen; so H. Mayer, Untreue S. 153. 24 Vgl. Peters, Eb. Schmidt-Festschr. S. 491 ff.; dazu Naucke, Betrug S. 173 ff.; Cramer , Vermögen S. 63.

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1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

nur die Vorzüge des juristisch-wirtschaftlichen Vermögensbegriffs herausgestellt, sondern zugleich nachgewiesen hat, daß dieser Begriff i n der Lösung verschiedener Probleme — Spenden-, Subventionsbetrug — versagt. Daß ein Vermögensbegriff, der sich i n der Lösung aller Problemstellungen des Vermögensschutzes durchhalten läßt, dem juristischwirtschaftlichen Vermögensbegriff überlegen ist, bedarf gerade nach der Stellungnahme von Gallas keiner weiteren Begründung. Es ist durchaus denkbar, daß die grundsätzliche Anerkennung des wirtschaftlichen Vermögensbegriffes auf seiner Praktikabilität bei der Beurteilung von Sachverhalten beruht, die dadurch gekennzeichnet sind, daß jemand einen geldwerten Vermögensgegenstand weggibt, w e i l er einen Austausch wirtschaftlicher Güter anstrebt oder sich der vermögensmindernden Bedeutung seines Tuns nicht i m vollen Umfang bewußt ist. Die Möglichkeit, diese Streitfälle zufriedenstellend lösen zu können, kann aber einer Betrachtung des Vermögensschutzes i m Wege gestanden haben, die zentral vom Rechtsgutsbegriff her argumentierend, von den Gründen, die hinter einer Vermögensminderung stehen, ausgeht und alle Fälle einer überzeugenden Lösung zuführt, ζ. B. auch jene, die nicht durch den Austausch geldwerter Leistungen, sondern nur durch die Erstrebung eines bestimmten sozialen Erfolges gekennzeichnet sind. Der Schutz von Geldwerten als Geldwerte einer Person fällt zwar i m Rahmen des Vermögensschutzes sofort auf. Ob er jedoch sinnvoll ist oder auch nur dem Vermögensverständnis einer Rechtsgesellschaft entspricht, die sich zu einer Sozialbindung des Eigentums bekennt, bleibt zweifelhaft. Solange der Vermögensschutz als Schutz bestimmter Geldsummen aufgefaßt wird, ist weder eine Sozialbindung noch eine bestimmte soziale Begrenzung des Vermögens durchzuführen. Ein Strafrechtsschutz, der an den Schutz bestimmter Geldsummen anknüpft, ist jeder sozialen Ausgestaltung dieses Schutzes verschlossen. Geradezu unverständlich muß es von diesem Ausgangspunkt her erscheinen, wenn ζ. B. „das Bestehlen oder Begaunern von Rentnern schwerer als Diebstahl oder Betrug an Industriegütern" bewertet wird 2 5 . I I . Das Rechtsgut Trotz einer Vielzahl von Unterschieden i n den einzelnen Umschreibungen des Begriffs „Rechtsgut" kann heute davon ausgegangen werden, daß weder das konkret betroffene Objekt (Handlungsobjekt) — beim Diebstahl ζ. B. die i m konkreten Fall gestohlene Sache — noch das subjektive Recht an diesem Objekt — beim Diebstahl ζ. B. das Eigentumsrecht — als Rechtsgut bezeichnet wird. Die Sache selbst w i r d näm25

Vgl. Hellmer,

JZ 1969 S. 198.

II. Das Rechtsgut

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lieh ζ. B. durch eine Wegnahme nicht gefährdet oder verletzt, das Eigentumsrecht durch den Diebstahl gerade nicht betroffen 26 . Gleichfalls überwunden ist die Vorstellung, als Rechtsgut könne ein Objekt als solches i n seiner generellen Erscheinungsart — alle fremden Sachen, alle bestimmten Aneignungsrechte — gemeint sein. Auch abstrakt gesehen w i r d eine A r t bestimmter Objekte nicht dadurch zum Rechtsgut, daß sie der Befriedigung von Bedürfnissen der Individuen dienlich sind und deshalb für diese einen Wert haben, so daß sie Gegenstand vielfältiger Interessen sein können, die auch die Rechtsordnung als schutzwürdig anerkennt. Mögen die Objekte i n diesem Zusammenhang durchaus treffend als Werte oder Güter — weil gut zur Befriedigung verschiedenster Interessen — bezeichnet werden 27 , der Begriff „Rechtsgut" meint einen anderen Sinngehalt 28 . Schließlich kann das Interesse des Individuums an bestimmten Objekten nicht als das i n den strafrechtlichen Tatbeständen geschützte Rechtsgut angesehen werden. Ein Interessenschutz wäre auf Grund der jeweils zusammentreffenden zahlreichen verschiedenen Interessen überhaupt nur durch einen der actio iniuriarum des römischen Rechts ähnlichen Tatbestand möglich, denn jedes Interesse kann auf unterschiedlichste Weise beeinträchtigt werden. Das Interesse am Haben einer Sache w i r d durch den Zerstörer oder Dieb der Sache mißachtet, nicht aber beseitigt. Die Verletzung des Rechtssubjekts wiederum kann — neben der Beeinträchtigung weiterer materieller und immaterieller Interessen — gerade auch das Haben einer bestimmten Sache uninteressant machen 29 . Sinnvoll kann als „Rechtsgut" nur die tatsächliche Beziehung einer Person zu einem Objekt i m weitesten Sinne, die durch eine Rechtsnorm geschützt wird, bezeichnet werden. Zuzustimmen ist daher Sina 30 , wenn er ausführt, daß das Rechtsgut nicht von seinen Beziehungspunkten: Person bzw. ihren Verwirklichungsmedien wie Familie und Staat einerseits und dem Beziehungsgegenstand andererseits her bestimmt werden kann: „Weder der eine noch der andere Beziehungspunkt wäre das Rechtsgut, sondern die Beziehung als solche wäre es, wobei also die vielfältigen Lebensbeziehungen des Menschen bzw. seiner V e r w i r k 26

anders neuerdings Cramer, Vermögen S. 232 f. Vgl. hierzu i m einzelnen M. L. Müller, a. a. O. S. 86 f. ; Brauweiler, Vermögensbegr. S. 45 ff.; M. Hirschberg, Schutzobjekte S. 60 f.; Sauer, Diebstahl S. 42 ff. 28 Birnbaum, der als erster den Begriff „ G u t " i n die Strafrechtswissenschaft einführte, scheint allerdings bei den Vermögensdelikten diese Güter i m Auge gehabt zu haben — vgl. A r c h C r i m N. F. 1834 S. 150, 172, 180 —, während i h m i m übrigen die Bestimmung des Guts als körperlicher Gegenstand w o h l fernlag; dazu Sina, a. a. O. S. 19 ff. 29 Vgl. auch R. Hirschberg, Vermögensbegriff S.276ff.; M . Hirschberg, Schutzobjekte S. 65 ff. 30 a. a. O. S. 102; vgl. i m übrigen auch Stratenwerth, ZStW 68 (1956) S. 42 ff. 27

3 Otto

34

1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

lichungsmedien zu beliebigen materiellen oder ideellen Gegenständen rechtlich geschützt würden, die allererst die Fülle der menschlichen Wirklichkeit ausmachen." Die Umschreibungen des Rechtsguts als Rechtswert, Rechtsinteresse, objektiver Wert oder Gut des sozialen Lebens treffen die Sache daher nicht genau. — Recht weit ist auch noch Schmidhäusers Beschreibung der Rechtsgüter als komplexe Sachverhalte, die als wertvoll i m Hinblick auf die gedeihliche Existenz des Einzelnen oder der Gesellschaft erlebt werden 31 . Die Kennzeichnung des Rechtsgutes als „Zustand" 3 2 erscheint bereits schärfer, doch bedarf sie der jeweils konkreten inhaltlichen Ausfüllung durch den Hinweis auf die A r t des Zustandes, sonst stellt sie i n der Tat lediglich eine Verwässerung des Rechtsgutsbegriffs dar 33 . Es ist der Zustand einer bestimmten, in den einzelnen Tatbeständen umrissenen, realen Beziehung der Person zu konkreten von der Rechtsgemeinschaft anerkannten Werten, in der sich das Rechtssubjekt mit Billigung durch die Rechtsordnung personal entfaltet — Rechtsgut des Diebstahls ist demnach ζ. B. die reale umfassende Sachherrschaftsbeziehung des einzelnen Rechtssubjekts zu bestimmten Sachen; Rechtsgut ζ. B. der Aussagedelikte die Vertrauensbeziehung der i n der Rechtsgesellschaft vereinten Rechtsgenossen i n eine bestimmte Wirkweise der Rechtspflege, die sich dadurch realisiert, daß die Rechtssubjekte i m Vertrauen auf die Existenz dieser Wirkweise ihre Entfaltung i m Rechtsraume einrichten.

I I I . Der Vermögensbegriff Aus der Bestimmung des Rechtsguts als Beziehung zwischen Rechtssubjekt und Objekt, i n der sich das Rechtssubjekt personal entfaltet, scheinen sich für den Vermögensbegriff zunächst kaum grundlegende Konsequenzen zu ergeben: Gleichgültig welcher i n der Literatur erörterte Vermögensbegriff überprüft wird, die personale Beziehung zwischen Subjekt und Objekt w i r d i n i h m berücksichtigt. I m Mittelpunkt z.B. des wirtschaftlichen Vermögensbegriffs steht die Beziehung des Rechtssubjekts zu geldwerten Objekten schlechthin, und der juristische Vermögensbegriff verlangt sogar, daß die Subjekt-Objekt-Beziehung zum Recht erstarkt sein muß. — Dennoch sind bereits m i t der Definition des Rechtsgutsbegriffs und seiner Wahl als Ausgangspunkt der Bestimmung des Vermögensbegriffs die grundlegenden Entscheidungen getroffen, und zwar unter drei verschiedenen Gesichtspunkten: 31 32 33

Engisch-Festschr. S. 443 ff. M. Hirschberg, Schutzobjekte S. 68 ff. So R. v. Hippel, Strafr. I S. 13 u n d Sina , a. a. O. S. 96.

III. Der Vermögensbegriff

35

Zum einen bietet die Bestimmung des Vermögensbegriffs von den notwendig i n ihr enthaltenen Merkmalen des Rechtsgutsbegriffs her die gesuchte Gelegenheit zu einer Begriffsbestimmung, die nicht von den überkommenen Lehren ausgeht und nur aus ihrer K r i t i k und Modifizierung zu einem neuen Standpunkt gelangt. Dadurch werden Problemstellung und Verständnishorizont nicht schon von vornherein durch den Inhalt der bekannten Lehren begrenzt. Der Weg der schrittweisen Konkretisierung der abstrakt bekannten Begriffselemente und ihrer Überprüfung i n Einzelfallösungen eines Vermögensdelikts bietet vielmehr die Möglichkeit, m i t jedem Fortschritt, und das heißt m i t jeder Erweiterung der Inhaltsbestimmung eines Begriffselementes zu überprüfen, ob die Begriffsbestimmung i n allen Problemstellungen durchgehalten werden kann, ohne daß andere außer den jeweils erörterten Merkmalen den Blick trüben. So zeigen sich gleichsam nebenbei Schwächen und Vorzüge anderer Lehren, deren Lösungen i n umstrittenen Problemlagen den eigenen gegenübergestellt werden. — Methodisch erweist sich hier die Überlegenheit der strukturellen gegenüber der bloß analytischen Fragestellung. Nicht allein die Deduktion aus einem Oberbegriff steht i n Rede, sondern m i t jeder Problemlösung werden das gesamte Frageprogramm und damit auch die schon festgelegten Begriffselemente erneut i n Frage gestellt. Die Probleme werden unter bestimmten Erwartungen der Lösung zugeführt. Das Ausbleiben einer Erwartung führt notwendig zu einer erneuten Überprüfung des Frageprogramms und der gefundenen Antworten. Sodann führt die Betonung der Tatsache, daß die Rechtsordnung den Vermögensschutz gewährt, u m dem Rechtssubjekt auch i n diesem Bereich Möglichkeiten personaler Entfaltung zu gewähren, zur selbstverständlichen Einbeziehung des Grundes des strafrechtlichen Rechtsschutzes i n die Überlegungen seiner Ausgestaltung. Hier liegt der wesentliche Ansatz zur einheitlichen Bestimmung des Vermögensbegriffs und von hierher kann erhellt werden, bis zu welchem Punkt die Rechtsordnung die Entfaltung einer Person i m wirtschaftlichen Bereich dulden kann und demgemäß Güter als Vermögensgüter schützen w i l l . Schließlich steht damit von vornherein außer Frage, daß der Vermögensschutz nicht irgendwelchen Objekten als Vermögensobjekten gilt, die nun einmal rechtlich oder „irgendwie tatsächlich" einer Person zugeordnet werden, sondern daß stets die Beziehung des Subjekts zu dem Objekt die geschützte Vermögensbeziehung, d. h. das Schutzobjekt i m Sinne des Rechtsgutsbegriffs ist. — Hier liegt der entscheidende Unterschied zum Denkansatz der Vertreter des wirtschaftlichen und des juristischen Vermögensbegriffs und ihren Modifizierungen: Nicht bestimmte Objekte werden als Vermögen angesehen, wobei allein streit i g ist, wie die Beziehung des Rechtssubjekts zu diesen Objekten aus3*

36

1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

gestaltet sein muß, u m schutzwürdig zu erscheinen, sondern Beziehung selbst ist das Schutzobjekt.

die

So w i r d durch die Entfaltung der allgemeinen Merkmale des Rechtsgutsbegriffs i m wirtschaftlichen Bereich gleichsam nebenbei und als selbstverständliche Folgerung aus den durch die Bestimmung des Rechtsgutsbegriffs gesetzten Prämissen der Rahmen gewiesen, i n dem die Präzisierung des Vermögensbegriffs erfolgen muß, und die grundlegenden Elemente dieses Begriffs — Entfaltung der Person i n der Beziehung zu bestimmten Objekten i m wirtschaftlichen Bereich — sind festgelegt. — A l l e i n m i t dieser Skizzierung des Vermögensbegriffs ist so lange noch wenig gewonnen, als nicht geklärt ist, inwieweit subjektive und objektive Elemente zu berücksichtigen sind, und welche Kriterien überhaupt die Zuordnung eines Objekts zu einem Rechtssubjekt bestimmen. Eine sachwidrige Akzentuierung muß hier zwangsläufig zu einem schiefen Vermögensbegriff führen.

1. Die wechselseitige Begrenzung subjektiver und objektiver Elemente des Vermögensbegriffs

a) Überbewertung

subjektiver

Elemente

Von der Einsicht, daß das Vermögen einer Person seine Einheit i n seinem Herren findet 34, bis zu der Auffassung, das Vermögen sei nur eine Eigenschaft des konkreten Rechtssubjekts, ist nur ein kleiner Schritt, der zudem durch den allgemeinen Wortsinn des Ausdrucks „Vermögen" unterstützt wird. Richtig ist nämlich, daß das Rechtssubjekt die verschiedensten Objekte trotz dauernden Wechsels zu einer Einheit i n seinem Vermögen zusammenfaßt, denn nicht die Summe der Vermögensobjekte bildet das Vermögen i m Sinne des Rechtsguts der Vermögensdelikte, sondern die Subjekt-Objekt-Beziehung. Vermögen ist damit die durch die einzelnen Objekte vermittelte „facultas", die durch sie gewährleistete Potenz, d. h. Macht i m wirtschaftlichen Raum. Vermögen ist Herrschaftsbeziehung der Person über bestimmte Güter, d.h. „gegenständliche Gewährleistung subjektiver Entfaltung" 3 5 , und zwar i n jenen Bezirken „des menschlichen Seins..., i n denen es sich um Erwerb und Verlust, u m Gewinn oder Besitz, u m Reichtum und A r m u t handelt" 3 6 . Insoweit w i r d durch das Wort „Vermögen" „unmittelbar das Wesen der Sache ausgedrückt, die durch das Daseyn jener Rechte uns 34 35 36

Eingehend dazu Pernice , a. a. O. S. 310. Mertens, a. a. O. S. 151. Bockelmann , Kohlrausch-Festschr. S. 248.

I .

er Vermögensbegriff

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zuwachsende Macht, das was w i r durch sie auszurichten imstand sind oder vermögen"* 7. Der Vermögensschutz geht aber i n einen allgemeinen, von diesem nicht mehr trennbaren Persönlichkeitsschutz über, wenn der Vermögensbegriff: nicht auf die reale, durch ein konkretes Vermögensobjekt vermittelte Herrschaftsmacht beschränkt bleibt, sondern so weit gefaßt wird, daß ein Vermögen des Rechtssubjekts auch dann noch anerkannt wird, wenn diesem kein einziger Vermögensgegenstand mehr gehört 38 . Dann sind Vermögen und die Fähigkeit, Vermögen zu haben, gleichgesetzt 39 . Konsequent formuliert C. Neuner 40: „Das Vermögen i m ideellen Sinne besteht primär i n der als unkörperliches Objekt und Gut gedachten Vermögensfähigkeit der Person 41 ." Wenn dann überhaupt noch zwischen allgemeinem Persönlichkeitsschutz und Vermögensschutz differenziert werden soll, dann muß dem „ideellen" ein „reelles" Vermögen — Summe der Aktiva, welche die Person i n ihrem ideellen Vermögen hat 4 2 — gegenübergestellt werden. Damit w i r d für den Vermögensschutz die feinsinnige Konstruktion des ideellen Vermögens bedeutungslos. Ähnlichen Einwänden ist die Interpretation der Herrschaftsbeziehung des Subjekts zu den Vermögensobjekten als „realer Wertbeziehung" ausgesetzt. Kann auch dem Ausgangspunkt dieser Lehre — der Schaden t r i t t nicht an der Sache ein, sondern an der Beziehung des Vermögenssubjekts zu i h r 4 3 — zugestimmt werden, so scheitert die Errichtung eines Vermögensschutzes als Gegensatz zu einem allgemeinen Persönlichkeitsschutz dennoch an der Allgemeinheit dieses Vermögensbegriffs, der als Vermögen die Summe aller Wertbeziehungen unter Abzug der Unwertbeziehungen erfaßt, wenn das jeweilige Maß der Lust- bzw. Unlustempfindung für die Quantität der Wertbeziehung und damit für Vermögens- und Schadensumfang als maßgeblich angesehen wird 4 4 . Eine Unterscheidung zwischen materiellen und immateriellen Schäden ist kaum noch möglich, und die konkrete Schadensberechnung w i r d ein A k t reiner W i l l k ü r des Geschädigten, wenn nicht durch die Fiktion objektiver Maßstäbe dem subjektiven Ermessen eine Schranke gesetzt — Schadensumfang bei Zerstörung einer Sache mindestens die Höhe des 37 Savigny, System I S. 340 Note b ; dazu auch Birkmeyer, Vermögen S.325 ff. 38 So von Tuhr, A. T. I S. 321. 39 I n der Diskussion darüber, ob die menschliche Arbeitskraft selbst „ V e r mögen" ist, w i r d ζ. T. auf diese Konstruktion bedenkenlos zurückgegriffen; vgl. dazu unten S. 43 f. 40 a. a. O. S. 90. 41 Dazu Fischer, Subjekt S. 7 ff. ; Endemann, a. a. O. S. 12. 42 Vgl. C. Neuner, a. a. O. S. 98 f. 43 Vgl. Möller, a. a. O. S. 36 ff. 44 Vgl. Möller, a. a. O. S. 15.

38

1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

beeinträchtigten Wertes der Sache45 —, und damit wiederum der extrem subjektive Ansatz aufgegeben würde 4 8 . Diese Konsequenz ist nach dem bereits zum Begriff des Rechtsguts Ausgeführten allerdings zwingend, denn w e i l das Rechtsgut subjektive und objektive Elemente enthält, kann ein rein subjektiver Vermögensbegriff seinen Anforderungen nicht entsprechen. b) Überbewertung

objektiver

Elemente

Die Bestimmung des Vermögensbegriffs durch objektive Elemente und damit die Interpretation des Vermögens als objektive Einheit, i n der das Rechtssubjekt weitgehend eliminiert ist, wurde von Otto von Gierke 47, Schwarz* 8, Meszlény 49 und Stampe 50 zu begründen versucht 51 . Das Vermögen wurde als Sachganzes, das selbst als Rechtsobjekt vorgestellt werden kann, als ein „Inbegriff m i t gemeinsamer Zweckbestimmung" definiert, und das Rechtssubjekt sollte nur noch als „Zweckbesorger", „Zweckvertreter" oder „Zweckausüber" i n Erscheinung treten 5 2 . I m übrigen aber war das Rechtssubjekt unwesentlich. Nicht die Identität der Person, sondern die Identität des Zwecks, dem die Bestandteile des Vermögens zu dienen bestimmt sind, sollte das Vermögen einen. Jedoch, abgesehen von der Tatsache, daß dieser Vermögensbegriff den Anforderungen des Rechtsgutsbegriffes nicht genügen kann, zeigen sich bereits bei der Erfassung von Rechten als Vermögensbestandteil die Grenzen dieser Auffassung 53 , und i m Falle der Abschätzung des Vermögens der natürlichen Person muß der Begriff der Gesamtinteressen (Gesamtzwecke) dieser Person, die allerdings durch die natürliche Person wahrgenommen werden, eingeführt werden 54 . I n Wirklichkeit erweist sich damit, daß sich das aus der Definition des Vermögensbegriffs verdrängte Rechtssubjekt hinter der Fassade anderer Begriffe verbirgt 5 5 . Dieser Einsicht folgend gehen die modernen Versuche, einen objektiven Vermögensbegriff zu begründen, nicht mehr davon aus, daß es dar45

Vgl. Möller, a. a. O. S. 18,49. Vgl. auch Mertens, a. a. O. S. 40 ff. ; Rinne, a. a. O. S. 40. Vgl. Ο. υ. Gierke, Privatrecht I S. 275 ff., I I S. 49 ff., I I I S. 60 ff.; ders., Personengemeinschaften S. 112 ff. 48 Arch. f. B R Bd. 32 (1908) S. 12 ff., Bd. 35 (1910) S. 10 ff. 49 a. a. O. S. 17 ff. 50 Einführung S. 8. 51 Eingehend zu den Grundlagen u n d zu der K r i t i k dieser Lehre: Fischer, Subjekt S. 11 f. 52 Vgl. Schwarz, Arch. f. B R Bd. 32 (1908) S. 33; dazu Fischer, Subjekt S. 16 f. 53 Deshalb hat O. v. Gierke , Privatrecht I S. 276 f., dem Vermögen i m objektiven Sinn das Vermögen i m subjektiven Sinn gegenübergestellt. 54 Vgl. Schwarz, Arch. f. B R Bd. 32 (1908) S. 31 ff. 55 Vgl. auch Fischer, Subjekt S. 15 ff., insbes. S. 17. 48

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er Vermögensbegriff

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auf ankommt, das Rechtssubjekt vollkommen aus diesem Begriff zu eliminieren. Es w i r d lediglich ein Vermögensbegriff angestrebt, der unabhängig ist von der Individualität des konkreten Vermögensträgers. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß es den Verteidigern dieser Ausgangsbasis i m Zivilrecht nicht primär darum geht, einen allgemeinen objektiven Vermögensbegriff zu konstruieren, sondern einen normativen Schadensbegriff zu schaffen. Dieser Zweck grenzt die Übertragbarkeit der gefundenen Ergebnisse aus dem Zivilrecht i n das Strafrecht erheblich ein, weil sein Motiv nicht allein die Erfassung jedes möglichen Vermögensschadens ist, sondern zugleich unter Berücksichtigung der Gesamtinteressenlage eine rechtliche Begrenzung des tatsächlichen Schadens angestrebt wird 5®. Der durchaus auch für das Strafrecht akzeptable Satz, Vermögen sei das, dessen Verletzung als Vermögensschaden erfahren wird, verliert dann aber außerhalb jenes Rechtsgebietes, i n dem er begründet worden ist, jegliche Bedeutung, weil bei der Bestimmung des Schadensbegriffs nach Erfordernissen des speziellen Rechtsgebietes schon eine Auswahl getroffen worden ist, welcher Schaden überhaupt als Schaden berücksichtigt werden soll. W i r d ζ. B. das i n einem gegenseitigen Vertrag begründete Risiko von vornherein begrenzt, u m den Vertragspartnern die Möglichkeit zu geben, das jeweilige Risiko i n jeder Phase des Rechtsgeschäfts überblicken zu können, oder soll bei der Verletzung von Ausschließlichkeitsrechten der jeweilige Interessenausgleich ohne Rücksicht auf die konkreten Verhältnisse bestimmt sein, u m die Rechtsverfolgung zweckentsprechend zu vereinfachen, so ist die abstrakte Festlegung eines bestimmten Schadensumfangs m i t guten Gründen zu rechtfertigen. Auch außerhalb des Schadensersatzrechts ist dementsprechend überall dort, wo das Interesse mehrerer Rechtsgenossen an einer Gütermasse i n Frage steht, ein objektiver Vermögensbegriff geläufig, w e i l allein sinnvoll 5 7 . Ein derartiger auf die Währungseinheit bezogener rechnerischer Vermögensbegriff ist nämlich dort notwendig, wo es nicht u m die Bewertung des Vermögens einer konkreten, aktiv tätigen Person geht, sondern eine Wertsicherung ohne Bezug auf eine bestimmte Vermögensperson oder die Aufteilung des Vermögens zu gleichen Wertteilen unter mehreren Personen erfolgen soll, ζ. B. bei der Erbteilung oder der Auflösung eines Gesamthandvermögens 58 . U m hier überhaupt einen Maßstab zu finden, w i r d ein nicht existierendes Vermögenssubjekt, gleichsam die unter Berücksichtigung der Interessenlagen der Berechtigten konstruierte „Durchschnittsvermögensperson", als Vermögensträger fingiert. Dieser verallgemeinerte Vermögensbegriff 56 Die Verschiedenheit der Strafrechts- u n d Zivilrechtszwecke steht grundsätzlich jeder unkritischen Übertragung des Vermögensbegriffs aus dem Z i v i l recht i n das Strafrecht entgegen; dazu Schaffstein, DRWiss 1939 S. 250. 57 Vgl. hierzu auch Larenz, Nipperdey-Festschr. S. 489 ff. 58 Vgl. dazu Wiedemann , a. a. O. S. 253 f.

40

1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

kann aber nicht vorausgesetzt werden, wenn es grundsätzlich u m den Schutz des Vermögens individueller Vermögensträger geht. Es ist daher nur folgerichtig, daß i m Mittelpunkt der Überlegungen zu einem normativen Schadensbegriff nicht das Bedürfnis nach Wiedergutmachung steht, sondern die möglichst einfache und effektive Durchsetzung des verletzten Rechts 59 , und daß Wortlaut oder Auslegung der konkreten, haftungsbegründenden Norm als maßgeblich für A r t und Umfang des relevanten Schadens angesehen werden. Eine Verallgemeinerung oder Übertragung des gefundenen Schadensbegriffs auf andere Rechtsbereiche verbietet sich aber von selbst 80 , solange nicht der Beweis erbracht ist, daß jede haftungsbegründende Norm innerhalb einer Rechtsordnung von der gleichen Interessen- und Risikoverteilung zwischen Schädiger und Verletztem ausgeht. — I n der modernen zivilrechtlichen Literatur hat nur Selb, „Schadensbegriff und Regreßmethoden" (1963), den Versuch unternommen, nachzuweisen, daß einer seit dem Jahre 1900 erfolgten Wandlung i n der Auffassung des Verletzten als Glied der Gesellschaft bereits heute ein normativer Schadensbegriff entspreche, denn „ein konkreter Schaden kann dem Einzelnen dann nicht mehr entstehen, wenn er gegen alle Wechselfälle des Lebens durch eine soziale Versorgung gesichert ist, die keine differenzierte Vermögensgestaltung mehr zuläßt" 8 1 . Selb meint, die Versorgung des Einzelnen und eine Absicherung des Einzelnen gegen Schäden sei bereits so weit erreicht, daß ein Schadensersatz allein noch als Sozialausgleich verstanden werden könne 82 . — Träfe es zu, daß ein bis ins einzelne wirksames soziales Vorsorge- und Versorgungssystem jede differenzierte Vermögensgestaltung ausschlösse, so spräche dieses weitgehend für die Darlegung Selbs. A l l e i n dieser absolute Versorgungsstaat ist nicht Realität, und die Gewährleistung freier Entfaltung der Persönlichkeit des Einzelnen auch i m gegenständlichen Bereich schließt i h n zumindest i n einem absoluten, aber für die Konsequenzen Selbs notwendigen Umfang aus. Demgemäß w i r d die Schadensersatzleistung heute keineswegs als ein A k t notwendigen Ausgleichs unter den Rechtsgenossen verstanden, sondern durchaus zwischen der Haftung für rechtswidrig zugefügte Schäden, der Gefährdungshaftung und einer Risikoausgleichshaftung unterschieden. Für das Strafrecht ist Selbs Schadensbegriff so lange nur als gedankliche Spielerei zu werten, als die strafrechtliche Haftung an das vom Täter verwirklichte Unrecht anknüpft 8 3 . 59 Vgl. eingehend hierzu Steindorff, A c P 158 (1959/60) S. 431 ff., insbes. S. 451 f. 60 Vgl. Steindorff, A c P 158 (1959/60) S. 468 f. 61 Selb, a. a. O. S. 49. 62 Vgl. Selb, a. a. O. S. 50 f. 63 Vgl. i m übrigen zur zivilrechtlichen Diskussion die Ausführungen u n d Literaturhinweise bei Mertens, a. a. O. S. 80 ff. u n d Deutsch, J Z 1968 S. 721 ff.

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er Vermögensbegriff

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I m Gegensatz zu Selb sehen die Anhänger eines grundsätzlich objektiv-normativen Schadensbegriffs ihre Aufgabe auch nicht darin, einen für alle Rechtsgebiete gleichen, objektiven Schadensbegriff zu konstruieren. Ihnen geht es — wie bereits angedeutet — vielmehr darum, den Gedanken der Rechtsverfolgung i m Schadensersatzrecht stärker zu betonen 64 oder den Interessenausgleich bereits als schadensbegründende und damit gegenüber einem natürlichen Schadensbegriff einengende Tatsache zu verstehen 65 , um die Realisierung und Abwicklung der Schadensleistung übersichtlicher und einfacher zu gestalten. Diesem Zweck entspricht es, den Schaden grundsätzlich als Verletzung eines Gutes zu interpretieren, das i m Verkehr gegen Geld erworben und veräußert w i r d und dessen Wert objektiv, d. h. nach Auffassung der A l l gemeinheit der Rechtsgenossen ohne Rücksicht auf die Individualität des Vermögensinhabers festzustellen ist, und die Anerkennung eines höheren Schadens von besonderen Voraussetzungen abhängig zu machen bzw. dort zu versagen, wo der Normzweck es gebietet. M i t der grundsätzlichen Objektivierung des Minimums des Schadens66 ist aber kein objektiver oder normativer allgemeiner Schadensbegriff begründet. Auch liegt dieses kaum i n der Absicht der genannten Autoren. Eine allgemeine Beschränkung des strafrechtlichen Vermögensschutzes ist demgemäß m i t diesen Erwägungen weder zu rechtfertigen noch überhaupt gewollt. Mag daher ein objektiver Vermögensbegriff den Zwecken des zivilrechtlichen Schadensersatzes i n einer Reihe von Tatbeständen entsprechen — das braucht hier nicht näher erörtert zu werden —, der grundsätzlichen Funktion eines strafrechtlichen Vermögensschutzes w i r d er nicht gerecht. Diesem Vermögensschutz geht es nämlich darum, die Entfaltung der Person i m gegenständlichen Bereich zu sichern, nicht aber darum, allein der Person i n der Rolle des homo oeconomicus, dem das Vermögen allein als abstrakte Wertsumme wesentlich ist, Schutz zu gewähren. Das bedeutet aber notwendig die Sicherung der Vermögenseinheit i n der Gestalt, die ihr der Vermögensträger gegeben hat. Eine Einschränkung dieses Schutzes bedarf besonderer Begründung. Die Interessenlage mag sie i n einzelnen Tatbeständen fordern, so z. B. i m Rahmen der Untreue, wenn etwa ein Vermögensfürsorger gerade an Stelle des Vermögensträgers für den Vermögensbestand verantwortlich ist 67 . — Dieser Problematik ist i n der Auslegung der einzelnen Vorschrif64 So i m Anschluß an R. Neuner, AcP 133 (1931) S. 290 ff., 307 f.; Wilburg, Dogm. Jb 82 (1932) insbes. S. 127 ff.; Rabel, a. a. O. S. 449 ff.; Coing , SJZ 1950 Sp. 866 ff.; Bydlinski, a. a. O. insbes. S. 29 ff., 36. 65 Vgl. Niederländer, J Z 1960 S. 619f.; Larenz, Lb. I S. 151 f.; ders., VersR 1963 S. 3 f.; Zeuner, A c P 163 (1964) S. 381 ff. 66 Dazu Bydlinski, a . a . O . S. 29 f.: Coing , SJZ 1950 Sp 870; R. Neuner, A c P 133 (1931) S.313f.; Zeuner, A c P 163 (1964) S. 387 f.; Wilburg, Dogm. Jb 82 (1932) S. 127. 67 Vgl. dazu weiter Kap. 3. V I . 1.

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1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

ten weiter nachzugehen. Bei der Bestimmung des Schutzumfangs von Tatbeständen, die selbst weder ausdrücklich dem Schutz der Interessenlagen verschiedener Personen dienen, noch sonst einen Hinweis auf eine Einschränkung des Vermögensschutzes enthalten, ist aber davon auszugehen, daß der Gesetzgeber den umfassendsten sinnvollen Schutz des Vermögens gewähren wollte. Dieser kann dann aber nicht auf die Sicherung einer abstrakten Geldwertsumme beschränkt sein, sondern muß das Vermögen i n seiner individuellen Ausgestaltung durch den Vermögensträger gegen Minderung schützen. Zutreffend hat Brauweiler 68 bereits 1910 ausgeführt, daß ein Schutz des objektiv verstandenen Vermögens bereits eine Einengung der möglichen sinnvollen Vermögenssicherung darstellt und daß die Anhänger derartiger Lehren i m Strafrecht den Nachweis nicht erbracht hätten, daß dieser Vermögensbegriff für das Strafrecht richtig oder auch nur zweckvoll ist. c) Zwischenergebnis Es ist daher festzustellen, daß die Mißachtung der Abhängigkeit der Vermögensbeziehung von Subjekt und Objekt vom Schutz des Vermögens als realer Herrschaftsbeziehung des konkret betroffenen Rechtsubjekts zu bestimmten Objekten fortführt. Die Überbetonung jeweils der einen Seite hat entweder zur Folge, daß bereits die Fähigkeit der Person, Vermögen zu haben, zum Schutzobjekt erhoben wird, oder führt zu einer Sicherung eines bestimmten wirtschaftlichen Potentials gerade unabhängig von der Person des konkreten Vermögensträgers. Erforderlich ist demgemäß für den Fortgang der Untersuchung die Konkretisierung der objektiven und subjektiven Elemente, die den Vermögensbegriff bestimmen. Zunächst gilt es dabei zu klären, welche Voraussetzung ein Objekt erfüllen muß, u m überhaupt als Vermögensobjekt i n Betracht zu kommen, so daß die Herrschaftsbeziehung eines Rechtssubjekts zu diesem Objekt als Vermögen angesehen werden kann (2a), wieweit diese Herrschaftsbeziehung konkretisiert sein muß (2b) und unter welchen Voraussetzungen sie als strafrechtlich schutzfähig und -bedürftig anerkannt w i r d (2c). Sodann ist die Bedeutung der subjektiven Elemente der Vermögensbeziehung näher zu umreißen (3) und die Tragfähigkeit der geforderten Kriterien i n der Erörterung einzelner Problemstellungen vorzustellen (4). 2. Die objektiven Elemente der Vermögensbeziehung

a) Die Vermögensobjekte Bereits innerhalb der Erörterungen über die Bedeutung subjektiver und objektiver Elemente des Vermögensbegriffs wurde wiederholt von 88

Vermögensbegr. S. 30.

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er Vermögensbegriff

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Vermögensgütern gesprochen. Dabei wurde gleichsam als selbstverständlich vorausgesetzt, daß es neben diesen Gütern andere gibt, zu denen das Rechtssubjekt i n Beziehungen steht, daß aber der rechtliche Schutz dieser Beziehungen gerade nicht Vermögensschutz sei. Die Verletzung dieser Beziehungen — ζ. B. eine Körperverletzung — kann zu einem Schadensersatz i n Vermögensgütern führen, w e i l diese zur Herstellung des Gutes aufzuwenden sind. Dadurch jedoch werden diese Objekte nicht selbst zu Vermögensgütern. Innerhalb des Raumes, i n dem sich die Person entfaltet, ist die Vermögenssphäre nur ein Teilbereich. Der Vermögensschutz soll gerade nicht die Person schlechthin schützen. Der personale Bereich ist insoweit von der Vermögenssphäre zu trennen. Die Persönlichkeitsgüter Körper, Leben, Ehre sind genausowenig Vermögensgüter wie Arbeitskraft, d.h. die Fähigkeit unter Einsatz von Kräften Arbeit zu verrichten, und künstlerisches Empfinden 69 . Es handelt sich um Güter, die dem personalen Bereich angehören, mag ihnen auch i m Einzelfall durchaus wirtschaftliche Bedeutung zukommen. Die Person und ihre Verhaltensmöglichkeiten sind gerade nicht Objekt der Vermögensbeziehung, sondern Subjekt derselben. Die Person ist dem Wirtschaftsverkehr als Objekt entzogen, ihre Fähigkeiten — z.B. zur Arbeitsleistung, zur künstlerischen Gestaltung und Empfindung — sind persönliche Verhaltensmöglichkeiten, die von der Person nicht getrennt gedacht werden können und denen daher keine Gegenständlichkeit zukommt, so daß sie nicht selbständige unpersönliche Objekte des W i r t schaftsverkehrs sein können. Vermögensgüter können hingegen Leistungen der Person sein. Diese sind, weil realisierte Fähigkeiten der Person, als selbständige Objekte anzuerkennen. Die objektivierte Arbeitskraft i n der Leistung ist demgemäß Vermögensgut, wie auch die Verpflichtung, seine Fähigkeit i n bestimmter Weise zu nutzen oder nicht zu nutzen, durchaus als wirtschaftliche Leistung anzusehen ist 70 » 71 . 69

Vgl. i m einzelnen A n m . 70, 71. Unrichtig Brauweiler, Vermögensbegr. S. 187 A n m . 6, der nicht die Dienstleistung zum Vermögen zählt, sondern n u r den Anspruch auf Entgelt. Richtig i n der Ablehnung der Arbeitskraft als Vermögensgut u n d der A n e r kennung der üblicherweise geldwerten Leistung, d. h. der realisierten Arbeitsk r a f t als Vermögensobjekt: Frank, StGB § 263 A n m . I V ; Rotering, GS 60 S. 246, 264 ff.; Mezger-Blei, Stub. I I S. 193; Schönke-Schröder, StGB § 263 Rn. 68; Olshausen-Kirchner, 11. Aufl. § 263 A n m . 20 I f.; RGSt. 68 S. 379, m i t A n m . Mezger JW 1935 S. 288; Mertens, a. a. O. S. 152 m i t Hinweisen auf die zivilrechtliche L i t e r a t u r u n d Grunsky, a. a. O. S. 73 ff. Wenn die h. M. demgegenüber betont, die Arbeitskraft als solche stelle ein Vermögensgut dar, so k a n n daraus nicht ohne weiteres auf eine andere Ansicht geschlossen werden, denn die Anhänger der h. M. sehen keinen Gegensatz zur Ansicht der eben Genannten; vgl. Bockelmann, Kohlrausch-Festschr. S. 250; Eser, G A 1962 S. 296; R. Hirschberg, Vermögensbegriff S. 328 f.; Kohlrausch-Lange, StGB §263 A n m . V 1; Jagusch, L K I I , I I 4e) v o r §249; Sauer, B . T . S. 87; Maurach, B.T. S. 322; Birch t K r i m . 1962 S. 182 unter Verweis auf Entscheidungen des Schweizer. Bundesgerichts. Dieses zeigt sich besonders deutlich i n den Ausführungen v o n Rabeis, a. a. O. S. 20 f., der durchaus zugesteht, daß 70

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1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

Die Vorstellung, die Arbeitskraft einer Person könne die einzige verfügbare Möglichkeit dieser Person sein, u.U. lebensnotwendige Güter zu erwerben, verleitet leicht dazu, die Arbeitskraft als solche als Vermögensgut anzuerkennen. Damit wäre jedoch gerade nicht der angestrebte erhöhte Schutz der Arbeitskraft gewonnen. Als Gegenstand eines Bereicherungsdelikts kommt auch dann nur die Arbeitsleistung, die ζ. B. auch durch Bindung i n bestimmter Weise — Verpflichtung, sich zur Arbeitsleistung bereitzuhalten —, realisiert werden kann, i n Betracht. Der Schutz durch ein bloßes Vermögensschädigungsdelikt, ζ. B. Untreue, geht an der Sache vorbei. — Weil jedoch i n der Tat der Arbeitskraft lebensnotwendige Bedeutung zukommt, erscheint der Schutz allein durch die Körperverletzungsdelikte zu gering. Hier muß durch eine selbständige Schutznorm Abhilfe geschaffen werden. Dabei würde es sich allerdings nicht um die Schaffung eines Vermögensdelikts handeln, daher ist i n dieser Untersuchung auf diese Problematik nicht näher einzugehen. Als erstes Element des Vermögensgutes ist somit die Fähigkeit des Gutes zur Teilnahme am Wirtschaftsverkehr festzustellen: Vermögensgüter einer Person sind diejenigen Objekte, die mit ihr verbunden, dennoch getrennt gedacht werden können und von der Verkehrsanschauung als wirtschaftliche Güter, Gegenstände des Wirtschaftsverkehrs, betrachtet werden 72. Grundsätzlich sind demnach m i t der herrschenden zivilrechtlichen Meinung und den Anhängern des wirtschaftlichen Vermögensbegriffs i m Strafrecht, die ausdrücklich Bezug nehmen auf die Verkehrsanschauung, das „Sacheigentum und alle sonstigen Rechtspositionen sowie faktischen Erwerbschancen", die einen selbständigen Wert haben, als Vermögensgüter anzuerkennen 73 . Einen selbständigen wirtschaftlichen Wert i n diesem Sinne haben — und damit ist ein weiteres objektives Element des Vermögensgutes gefunden — alle Objekte, denen ein Geldwert i n der Rechtsgesellschaft die Arbeitskraft eine Fähigkeit ist. Da er aber Arbeitskraft u n d Arbeitsleistung als das gleiche ansieht, bereitet i h m die Anerkennung als Vermögensgut keine Schwierigkeit. — Z u r Differenzierung zwischen dem personalen Gut der Arbeitskraft u n d seiner i n der Nutzungsmöglichkeit liegenden w i r t schaftlichen Komponente vgl. eingehend Cramer , Vermögen S. 237 ff. 71 W o h i n m a n gerät, w e n n man die Arbeitskraft selbst zum Vermögen zählt u n d nicht n u r die Arbeitsleistung, zeigen die Ausführungen v o n Nevoigt, a. a. O. S. 14 f. : Der Mensch selbst erscheint als Bestandteil seines Vermögens. M a g man auch beim lohnabhängigen Arbeiter von der „Veräußerung seiner Arbeitskraft" sprechen, juristisch handelt es sich u m die „Veräußerung einer Leistung". 72 I m Verhältnis zu den Vermögensrechtslehren des Zivilrechts handelt es sich hier u m eine durch das Kennzeichen der Unabhängigkeit v o m Rechtssubjekt modifizierte Geldwertlehre; vgl. dazu auch Ernst Wolf i n Wolf-Naujoks, a. a. O. S. 189 f. — Z u r Geldwertlehre u n d den anderen Vermögensrechtslehren vgl. Gießler, a. a. O. S. 103 ff., 113 ff. 73 Vgl. auch Mertens, a. a. O. S. 151.

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zuerkannt wird. Allgemeiner Wertmesser i m wirtschaftlichen Bereich ist das Geld 74 . Das bedeutet: Vermögensgüter sind geldwerte Güter, die selbständig Gegenstand des Wirtschaftsverkehrs sein können, d. h. Güter, die grundsätzlich i m Wirtschaftsverkehr für Geld erworben und gegen Geld wieder veräußert werden können 75 . Dabei ist die Veräußerlichkeit i m konkreten Fall jedoch nur als Indiz, nicht aber als zwingende Voraussetzung des Vermögensgutes anzusehen. Daß das konkret i n Frage stehende Gut selbst wieder veräußert werden könnte und sich damit stets als eine „ A r t Geldreservoir oder als ein mittelbarer Träger geldmäßiger Tauschfunktion" 76 darstellt, ist genauso unwesentlich wie die Feststellung, ob eine Wiederbeschaffung nach Zerstörung überhaupt möglich ist, ob der Berechtigte selbst das Gut gegen Geldzahlung erworben hat oder ob er jemals beabsichtigte, das Gut zu veräußern. Wenn der Geldwert als wesentliches Merkmal des Wirtschaftsgutes herausgestellt wurde, dann gerade deshalb, weil diesem neben seiner Tauschfunktion die Funktion des allgemeinen Wertmaßstabes zukommt. A n diesem werden aber Güter auch dann gemessen, wenn sie nicht wieder i n Geld umsetzbar sind oder i m konkreten Fall nicht gegen Geldleistung erlangt wurden, jedoch allgemein und grundsätzlich gegen Geld erworben werden. Die Bestimmung, zu welchem Objekt überhaupt Vermögensbeziehungen möglich sind, ist demnach dem Rechtssubjekt entzogen. Dieses ist der objektive K e r n einer jeden Vermögensbeziehung. Maßgeblich ist i n diesem Bereich die Verkehrsanschauung, nicht aber die Einschätzung durch das konkrete Rechtssubjekt. W i r d dieses objektive Element der Vermögensbeziehung preisgegeben, so w i r d aus dem Schutz bestehenden Vermögens eine Sicherung beliebiger Verhaltensmöglichkeiten, denn allein die W i l l k ü r des einzelnen Rechtssubjekts ist dann maßgeblich für die Einordnung eines Gutes als Vermögensgut und damit für den jeweiligen Umfang des Vermögensschutzes. b) Die Konkretisierung

der Vermögensbeziehung

Ist somit das mögliche Gut der Vermögensbeziehung und demgemäß der eine Bezugspunkt der Herrschaftsbeziehung umrissen, gilt es nun, die Herschaftsbeziehung zu konkretisieren. 74 Vgl. RGSt. 49 S. 22; Mommsen, a . a . O . S. 12; Fischer, Schaden S. 17; Esser, Schuldrecht S. 271; Larenz, VersR 1963 S. 312; Mertens, a . a . O . S. 154; Zeuner, AcP Bd. 163 (1964) S. 386; Wiese, a. a. O. S. 21. 75 Vgl. Fischer, Subjekt S. 10; R. Neuner, A c P Bd. 133 (1931) S. 307; Planck-Siber, a. a. O. § 253 A n m . 1; M. L. Müller, a. a. O. S. 97; u n d eingehend Mertens, a. a. O. S. 154. 70 Zeuner, A c P Bd. 163 (1964) S. 386; dazu auch Brückler, DRiZ 1964 S. 121.

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1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

Damit eine Beziehung überhaupt als Herrschaftsbeziehung zu einem Vermögensgut i m Sinne einer Rechtsbeziehung angesehen werden kann, ist es erforderlich, daß das Rechtssubjekt eine reale und nicht nur eine potentielle Herrschaftsbeziehung zu einem bestimmten Gut unterhält. Dieses erscheint selbstverständlich, ist aber zu betonen, weil damit vorausgesetzt wird, daß das Objekt bereits so weit konkretisiert ist, daß es als solches selbständiger Gegenstand realer Herrschaftsbeziehung sein kann. W i r d diese Voraussetzung der Vermögensbeziehung mißachtet, so w i r d die Grenze zwischen der realen Herrschaftsposition und einer bloß möglichen oder wahrscheinlichen Herrschaftsbeziehung, d. h. aber zwischen dem „Haben" und dem bloßen wahrscheinlich „Haben—Werden" 7 7 eines Vermögensgutes verwischt. Dann w i r d dem Vermögen nicht nur eine konkrete nachweisbare Herrschaftsbeziehung zugeordnet, sondern bereits die Wahrscheinlichkeit, demnächst eine Herrschaftsbeziehung ausüben zu können. Das bedeutet aber, daß gegenwärtiges und zukünftiges Vermögen als eine Einheit angesehen werden und daß der Schutz des gegenwärtigen Vermögens zugleich den des zukünftigen Vermögens umfaßt. — N u n mag ein Schutz zukünftigen Vermögens aus zahlreichen Gründen sinnvoll sein, der konkrete Vermögensschutz w i r d damit aber ausgedehnt auf einen allgemeinen und umfassenden Schutz w i r t schaftlicher Interessen. Der Schutz realer Herrschaftsbeziehungen ist dann umgewandelt i n die Sicherung der Fähigkeit, Herrschaftsbeziehungen anknüpfen zu können. Aus dem Schutz der Entfaltung der Persönlichkeit i m gegenständlichen Raum ist eine Gewährleistung der Möglichkeit des Individuums geworden, sich aus seiner bestehenden Vermögenssphäre ausdehnen zu können. Der gegenüber dem allgemeinen Persönlichkeitsschutz getrennte, hier erörterte, selbständige Vermögensschutz setzt somit eine bereits bestehende reale Herrschaftsbeziehung voraus. Er kann sich nicht m i t der Möglichkeit oder der Wahrscheinlichkeit einer Herrschaftsbeziehung begnügen. Anwartschaften, Gewinn- und Erwerbschancen sind demgemäß Vermögensbestandteile, soweit sie derart konkretisiert und individualisiert sind, daß sie als selbständige Bestandteile des Vermögens angesehen werden, w e i l sie selbst als konkretisierte Chancen am Wirtschaftsverkehr teilnehmen 78 . Dieses trifft zu bei allen Anwartschaftsrechten, Bezugsberechtigungen und bindenden Offerten auf Vermögensgüter. Gleiches gilt für Gewinnchancen bei Auslosungen, Lotto, Toto, Wetten bei Pferderennen usw., soweit diese Chancen i n Losen oder Berechtigungsscheinen konkretisiert und objektiviert sind und damit selbständige Wirtschaftsobjekte geworden sind. 77

Vgl. Gallas, Eb. Schmidt-Festschr. S. 411. Dazu Gallas, Eb. Schmidt-Festschr. S. 411 ff.; dazu eingehend m i t w e i teren Nachweisen: unten S. 48 A n m . 82. 78

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Deshalb ist i m Falle der Vernichtung z.B. eines Lotterieloses der Beschaffungswert grundsätzlich unabhängig von der Frage, ob das Los gewinnt oder nicht, zu ersetzen. Auch der gegenwärtige Chancenwert spielt keine Rolle, es sei denn, es wäre anerkannt, daß der allgemein übliche Preis sich von Ziehung zu Ziehung erhöhte. Steht jedoch fest, daß eine Individualisierung und Konkretisierung der Chance nicht möglich ist oder daß die Rechtsgesellschaft eine selbständige Bewertung der Gewinnchance ζ. B. wegen fehlender Typisierung — u m einen öffentlichen Auftrag bewerben sich 5 Unternehmer, obwohl feststeht, daß nur einer den Auftrag erhalten kann — nicht vornimmt, so ist die Wahrscheinlichkeit des Gewinns bedeutungslos. Dieses wäre lediglich anders, wenn sich die Konstruktion Möllers 79 durchgesetzt hätte, alle Gewinnmöglichkeiten von einer gewissen Wahrscheinlichkeit ab als sogenannte Vorgüter anzuerkennen. Eine allgemeine Anerkennung von Gewinnchancen als selbständige Güter ist i n der Rechtsgesellschaft bisher jedoch noch nicht erfolgt. Weder die Kundschaft eines Gewerbetreibenden noch die Patienten eines Arztes oder die Klientel eines Anwalts sind selbständige Vermögensgüter. Unabhängig von der Frage der Wahrscheinlichkeit weiterer Beziehungen zwischen den Patienten usw. erkennt die Rechtsgesellschaft ein persönliches subjektives Recht am Kunden, Patienten oder Klienten gerade nicht an. Obwohl dennoch i m Falle der Wahrscheinlichkeit, einen Vermögenszuwachs zu erzielen, diese Gewinnchancen von der h. M. wie ein Vermögensobjekt bewertet werden, werden sie auch von der h. M. gerade nicht als selbständige Objekte des Wirtschaftsverkehrs angesehen. Dem ist zuzustimmen, denn der Besitz der Mausefalle bedeutet trotz aller Wahrscheinlichkeit des Erfolges noch nicht den Besitz der Maus! Dem widerspricht nicht, daß ζ. B. die K u n d schaft eines Gewerbetreibenden beim Verkauf des Handelsgeschäfts i m Verkaufspreis mitbewertet wird. Dabei w i r d nämlich die Kundschaft gerade nicht als selbständiges Vermögensgut angesehen, denn der „good w i l l " eines Unternehmens ist nach einhelliger Ansicht als solcher allein nicht veräußerlich. Daß er allerdings den Wert des Geschäftes mitbestimmt, ist selbstverständlich, w e i l das Vermögen eines Unternehmers nicht als toter Hausrat bewertet wird. Die Werbekraft eines organisierten Unternehmens, die Möglichkeiten des Umsatzes und eine gut eingesetzte Belegschaft sind wesentliche Wertfaktoren des Unternehmens. Sie werden daher, wie auch andere Umstände — verkehrsgünstige Lage —, als wertbildende Faktoren jeweils berücksichtigt. Die Fähigkeit, selbständig Vermögensgut zu sein, fehlt ihnen jedoch. Würde der Vermögensschutz auf diese Positionen über die Bewertung des einheitlichen Unternehmens hinaus ausgedehnt, so würde das gleiche Gut doppelt ge79

a. a. O. S. 52,111 ff.

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1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

schützt. Dieser Vorzug gegenüber anderen Gütern wäre durch nichts gerechtfertigt. Für die Gegenmeinung scheint allerdings die Tatsache zu sprechen, daß auch die Vereitelung nur tatsächlicher Vermögenschancen eine zivilrechtliche Pflicht zum Schadensersatz begründet, weil der nach § 252 BGB zu ersetzende Vermögensschaden den entgangenen Gewinn auch umfaßt, soweit ein Rechtsanspruch darauf nicht bestand 80 . Jedoch gerade die Regelung des Schadensersatzes für entgangenen Gewinn zeigt eindeutig, daß es dabei u m etwas anderes geht als u m den Ausgleich für den Verlust einer bestimmen faktischen Gewinnchance. Nicht die Minderung eines vorhandenen Vermögens um eine Gewinnaussicht steht hier i n Rede, sondern die Vereitelung der Vermehrung des Vermögens u m einen Gewinn, d. h. aber, die Verhinderung des Erwerbes zusätzlicher Vermögensbestandteile 81 . Daß aber derjenige, der einem anderen Schaden zugefügt hat, nicht nur verpflichtet ist, den Schaden an dem i m Schadenszeitpunkt gegenwärtigen Vermögen auszugleichen, sondern dem Geschädigten Ersatz zu leisten hat für den Vermögenszuwachs, den dieser ohne Schadensfall hätte tätigen können, ergibt sich aus anderen Erwägungen als denen des Schutzes des gegenwärtigen Vermögens. Wenn der Gesetzgeber für die Schadensersatzpflicht dabei bereits die Wahrscheinlichkeit des Gewinns genügen läßt und nicht den Nachweis der sicheren Vermögensvermehrung fordert, so ist dieses eine Entscheidung auf Grund sinnvoller Verteilung des Risikos und des gerechten Interessenausgleichs. Der Schädiger w i r d unter Umständen zugunsten des Geschädigten schlechter gestellt. Dieses ist jedoch aus einer billigen Abwägung der Interessen heraus zu rechtfertigen. Es hat nichts damit zu tun, daß der Gesetzgeber hier ein besonderes „Wahrscheinlichkeitsgut" anerkannt hätte. Unabhängig von der Frage, inwieweit i n besonderen Fällen auch die Möglichkeiten, Gewinn zu erzielen, eines strafrechtlichen Schutzes bedürfen — dieser Frage w i r d i m Rahmen der Erörterung der einzelnen Delikte weiter nachgegangen —, ist die Gewinnchance — Hoffnung oder Aussicht — jedenfalls nur dann als Vermögensgut anzuerkennen, wenn sie so weit konkretisiert und individualisiert ist, daß sie als selbständiges Objekt des Wirtschaftsverkehrs angesehen wird. Wo dieses nicht der Fall ist, kann von einer Herrschaftsbeziehung zu einem Vermögensgut nicht gesprochen werden, weil es an einem konkreten Gut fehlt 8 2 . 80 Eingehend dazu Gallas, Eb. Schmidt-Festschr. S. 412 ff.; Fischer, Schaden S. 62 ff. 81 So treffend Gallas, Eb. Schmidt-Festschr. S. 414 m i t weiteren Nachweisen. 82 So auch i m Rahmen der Erörterung des Vermögensbegriffs beim Betrug: Cramer , JuS 1966 S. 474; Frank, StGB § 263 A n m . V 3 b); Gallas, Eb. SchmidtFestschr. S. 411 ff.; Gutmann, M D R 1963 S. 5; Hardwig, G A 1956 S. 7 f.;

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c) Die Zuordnung der Vermögensobjekte Wenn als Vermögensgüter allein Objekte angesehen werden, die auf Grund der Verkehrsanschauung selbständige Wertträger des wirtschaftlichen Tauschverkehrs sein können, ist damit bereits die grundsätzliche Entscheidung gegen einen rein normativen Vermögensbegriff gefallen 83 . Ein Vermögensbegriff, der das Vermögen als Summe von Rechten und Pflichten erfaßt, könnte einen Schaden nur als Minderung oder Vernichtung eines Rechts erfassen, nicht aber als negative Einwirkung auf reale Herrschaftsverhältnisse. Diese Herrschaftsverhältnisse brauchen nämlich nicht bereits zu subjektiven Rechten erstarkt zu sein, es genügt vielmehr die Existenz tatsächlicher Herrschaftsmacht über Vermögensgüter, die derart i n der Sozietät erkannt und anerkannt wird, daß eine selbständige Zuordnung des Gutes zu einem bestimmten Rechtssubjekt vorgenommen wird. Besitz und Gewahrsam ζ. B. kennzeichnen treffend derartige tatsächliche Herrschaftsverhältnisse. Das Vermögen ist kein Rechtsstatus, sondern eine soziale Tatsache 84. Jedoch der Maßstab für die Zuordnung eines Vermögensgutes zum Vermögen einer Person ist stets auch ein rechtlicher. So w i r d z.B. der Besitzer i n seinem Besitz durch § 859 ff. BGB geschützt und die Frage, ob jemand Gewahrsam an einer Sache hat, ist jeweils auch nach Prinzipien sozialer Zuordnung unabhängig vom Bestehen tatsächlicher Sachherrschaft zu beantworten. Eine Bestimmung der Herrschaftsbeziehung der Person zu Vermögensgütern allein auf Grund faktischer Beherrschbarkeit, unabhängig von einer rechtlichen Zuordnung, ist nur i m vorrechtlichen Raum möglich. Die soziale Wirklichkeit i n der Rechtsordnung ist stets rechtlich geordnete Wirklichkeit, i n der nicht faktische Machtverhältnisse allein entscheiden, sondern zumindest jeweils auch eine rechtliche Zuordnung maßgeblich ist. Der Wirtschaftsverkehr ist auch Rechtsverkehr und nicht bloßes Willkürverhalten. Insoweit ist die Antithese vom juristischen und wirtschaftlichen Vermögensbegriff i m Rahmen der Vermögensdelikte sicher überspitzt. Jede Vermögenstheorie enthält zwangsläufig j u r i stische und ökonomische Elemente. Dieses hat Gallas 85 überzeugend nach-

Pröll, G A 66 (1918) S. 364 u n d G A 67 (1919) S. 116; Schönfeld, J Z 1964 S. 208; zögernd Jagusch, L K I I A n m . 4 b) cc) v o r § 249; — a. A . die h. M.: RGSt. 38 S. 109, 41 S. 375, 63 S. 191, 71 S. 334, 74 S. 317; BGHSt. 17 S. 147; O L G Hamburg N J W 1962 S. 1408; Eser, G A 1962 S. 298 f.; R. Hirschberg, Vermögensbegriff S. 326 f.; Maurach, B. T. S. 321; Mezger-Blei, Stub. I I S. 194; OlshausenKirchner, 11. Aufl. § 263 A n m . 21 m i t eingehenden Nachweisen zur älteren L i t e r a t u r ; Welzel t Lb. S. 372. 83 Der Gegensatz v o n juristischem u n d wirtschaftlichem Vermögensbegriff ist damit zwar berührt, doch geht er erheblich weiter, w i e noch gezeigt wird. 84 Vgl. dazu H. Mayer y Untreue S. 166; Mertens, a.a.O. S. 123; eingehend dazu jetzt auch Mohrbotter, G A 1969 S. 227 ff. 85 Eb. Schmidt-Festschr. S. 408 ff. 4 Otto

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1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

gewiesen. Auch die Anhänger des sogenannten juristischen Vermögensbegriffs, Binding und Merkel 8e, die das Vermögen eines Rechtssubjekts als Summe aller Vermögensrechte und -pflichten auffaßten, mußten bei der Bestimmung dessen, was ein Vermögensrecht ist, auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise zurückgreifen bzw. setzten die Trennung Vermögensrecht — Persönlichkeitsrecht als selbstverständlich voraus 87 . A u f der anderen Seite würde die Anerkennung jeder faktischen Zugriffsmöglichkeit auf ein Vermögensobjekt als Vermögensbestandteil zwangsläufig zur Auflösung jedes rechtlichen Vermögensschutzes führen 88 . Problematisch kann daher nicht sein, ob die Vermögensbeziehung zivil- oder öffentlich-rechtlich vorgeformt sein muß, damit sie als Schutzobjekt für das Strafrecht i n Betracht kommt, oder ob eine rein faktische Herrschaftsbeziehung genügt, sondern lediglich, wieweit eine rechtliche Zuordnung möglich ist. Wenn demgegenüber die Vertreter eines rein wirtschaftlichen Vermögensbegriffs auch „wirtschaftlich bedeutsame, faktische Positionen", die entgegen dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers bestehen — sogenannte nichtige Forderungen —, zum Vermögen i m Sinne des Rechtsguts der Delikte gegen das Gesamtvermögen zählen 89 , so ist diese Zuordnung nicht gerechtfertigt: Das Substrat eines Forderungsrechts ist allein die Möglichkeit, eine Leistung von einem Schuldner zu erhalten, sei es freiwillig, sei es i m Wege der Zwangsvollstreckung 90 . Diese Möglichkeit besteht deswegen, weil die Rechtsordnung ein „Band" zwischen Schuldner und Gläubiger anerkennt und dem Gläubiger die Möglichkeit gibt, seine Forderung geltend zu machen und unter Umständen auch durchzusetzen. Eine Forderung, die gerade des Rechts entbehrt, die Leistung dem Schuldner gegenüber geltend zu machen, ist i m rechtlichen Raum ein nullum. Substrat dieser „Forderung" ist entweder der freie Wille des Schuldners, eine Leistung zu erbringen, zu der er nicht nur nicht verpflichtet ist, sondern die ausdrücklich durch das Recht unter86 Binding , Lb. I S. 238, 341; ders., D J Z 1911 Sp. 559; Merkel, I I S. 101, 199; neuerdings auch Naucke, Betrug S. 215. Zuvor hatten bereits Temme, Betrug S. 60 ff., u n d Köstlin, Abhandlungen S. 142 f., die Richtung gewiesen; dazu auch Cramer , Vermögen S. 26 ff. 87 Sie knüpften, ohne darin überhaupt ein Problem zu sehen, an die z i v i l rechtliche Einteilung der subjektiven Rechte i n Personen-, Familien- u n d Wirtschaftsrechte an. 88 Treffend Gallas, Eb. Schmidt-Festschr. S. 408: „Auch, w e r die Dinge m i t den Augen eines Wirtschaftlers betrachtet, w i r d schwerlich auf den Gedanken kommen, daß die Möglichkeit, die Obstbäume des verreisten Nachb a r n unbemerkt u n d ungestört abzuernten, Bestandteil des „Vermögens" des m i t diesem Gedanken Spielenden oder bereits hierzu Entschlossenen sei." 89 Vgl. OGHSt. 2 S. 201; BGHSt. 2 S. 366 f.; H. J. Bruns, Befreiung S. 72 ff., 231 ff.; ders., Mezger-Festschr. S. 358 ff.; Grünhut, J W 1932 S. 2434; Jagusch, L K I I Vorb. I I 4 c) v o r § 249; eingeschränkt auch Schönke-Schröder, StGB § 263 Rn. 70 a). 90 Vgl. dazu Wiedemann , a. a. O. S. 7 f.

III. Der Vermögensbegriff

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bunden werden soll, oder aber die rein faktische Machtmöglichkeit des Fordernden, der m i t Androhung oder Ausübung rechtswidriger Gewalt eine Leistung eintreibt, die die Rechtsordnung i h m gerade nicht gewähren w i l l . Es geht hier keineswegs darum, daß der Schutz der Rechtsordnung einem vielleicht schutzunwürdigen Verletzten versagt werden soll. Dieses mag problematisch erscheinen beim Kauf von Abtreibungsmitteln, Mordinstrumenten oder gefälschten Papieren. Auch steht nicht i n Frage, ob etwa der Dieb um die gestohlene Sache betrogen werden kann oder ob die vermögensrechtlichen Interessen, die das Strafrecht schützen soll, besonders schutzwürdig sein müssen. Selbst m i t der Umschreibung des Problems, daß es sich u m Fallgruppen handelt, i n denen Komplizen sich gegenseitig um rechtsunwirksame Ansprüche auf ihren „ganovengerechten" Anteil an dem Erlös der Verbrechensbeute prellen, d. h. durch Täuschung davon abhalten, diese zwar zivilrechtlich nichtigen, aber unter Umständen wirtschaftlich realisierbaren Ansprüche geltend zu machen 91 , ist der Kreis noch zu weit gesteckt. Hier kann immer noch eine Leistung des Opfers — Herausgabe der vom Komplizen i n Besitz genommenen Beute oder die Tätigkeit des Komplizen als Gehilfe oder ähnliches — mitbewertet werden und den Blick insoweit trüben, als i n der durch Täuschung oder Nötigung bedingten Leistung des Komplizen eine schutzwürdige Vermögensposition liegen könnte. Es geht u m Fälle, wie die folgenden: aa) Der Hehler H u n d der Dieb D vereinbaren die Teilung des Erlösers aus dem Weiterverkauf des Diebesgutes. D übergibt dem H die Beute. H verkauft diese weiter. Jetzt k o m m t H auf den Gedanken, dem D einen geringeren V e r kaufserlös zu nennen. E r t u t dieses u n d D erhält dementsprechend einen geringeren A n t e i l am Gewinn. bb) Der Erpresser E fordert f ü r sein Wissen jeweils zum 1. eines Monats v o n Q 1000 D M . Diese erhält er auch. A l s E eines Tages i n Geldverlegenheit ist, t r i t t er seine nächste Forderung dem X gegen Zahlung von 500 D M ab. X zahlt m i t Falschgeld. cc) Der Dieb D hat dem Hehler H ein wertvolles A r m b a n d f ü r 1000 D M v e r kauft. Als er eines Tages Geld braucht, macht er eine Nachforderung geltend m i t dem Bemerken, er werde es sich sonst überlegen, den H entweder anzuzeigen oder seine nächste Beute von X hehlen zu lassen. H spiegelt dem D vor, er selbst habe durch außerordentliche Risiken so viele Verluste i n der letzten Zeit gehabt, daß selbst die 1000 D M schon ein Freundschaftspreis gewesen seien. Gerührt verläßt D den H, der i n W i r k l i c h k e i t m i t einer Gewinnspanne v o n 1000 %> arbeitet. dd) Der Freier F hat der Dirne D den Dirnenlohn ausgehändigt. Später verweigert diese entgegen ihrer ursprünglichen Absicht die zugesagten Dienste. F fordert das Geld zurück. D zeigt sich rückzahlungswillig, indem sie sich auf ein Gespräch über die T e i l u n g des Betrages einläßt. A l s i h r Zuhälter erscheint, erhält F Prügel statt Geld. 91



H. J. Bruns, Mezger-Festschr. S. 339—340.

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1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

ee) V u n d Κ haben einen Grundstücksvertrag zu gesetzlich festgesetztem Preis geschlossen, heimlich aber eine höhere Summe vereinbart. X veranlaßt den V durch Täuschung oder Nötigung, die Forderung bezüglich des überschießenden Betrages an i h n abzutreten.

I n diesen Fällen ist die Möglichkeit des „Gläubigers", vom „Schuldner" die Leistung i n voller Höhe seiner „Forderung" zu erhalten, allein abhängig vom Willen des „Schuldners" zu zahlen. Dieser aber ist deshalb zahlungswillig, w e i l er freiwillig dem „Gläubiger" etwas zukommen lassen w i l l , oder weil er rechtswidrige Repressalien desselben fürchtet, da der Zivilgesetzgeber rechtliche Zwangsmöglichkeiten i n derartigen Geschäften gerade verweigert hat. Der Gesetzgeber wollte verhindern, daß hier wirtschaftlich wertvolle Positionen entstehen, und hat deshalb Forderungen dieser A r t die Rechtswirksamkeit versagt. Es geht nicht darum — wie ζ. B. H. J. Bruns i m Anschluß an R. Hirschberg 92 meint —, ob man wirtschaftlichen Werten jede Anerkennung versagen w i l l oder man ihnen doch wenigstens strafrechtlichen Schutz gewähren w i l l , sondern darum, ob man reine Machtpositionen, die gegen den W i l len der Rechtsordnung entstanden sind, als wirtschaftliche Vermögenswerte anerkennt oder nicht. Das Straf recht ist dazu jedoch nicht i n der Lage. Die Vermögensdelikte sollen dem Schutz des Vermögens dienen; hier werden sie aber mißbraucht dazu, reine Machtpositionen, denen vermögensrechtliche Anerkennung gerade von der Rechtsordnung verweigert wird, zu wirtschaftlich wertvollen Faktoren umzugestalten, und dies entgegen dem Willen des Zivilrechtsgebers. Es trifft nicht zu, daß die gegenteilige Ansicht zwar nicht die „logisch abzuleitende Geltung einer Forderung, nicht ihre juristische Existenz, sondern ihre empirisch bestimmbare Vollwertigkeit i m Wirtschaftsleben, ihre tatsächliche Erfüllbarkeit, ihren faktischen Geldwert als Vermögensbestandteil anerkennt und strafrechtlich schützt" 93 . Ohne Strafrechtsschutz fehlt diesen Positionen die wirtschaftliche Vollwertigkeit. Es bestehen nur Möglichkeiten, durch Einsatz rechtswidriger M i t t e l wirtschaftliche Güter zu erlangen. Die Nichtanerkennung solcher Positionen als Vermögensobjekte hat nicht zur Folge, daß vollwertigen Wirtschaftsgütern der Schutz versagt wird, vielmehr w i r d nur verhindert, daß ζ. B. die Körperkraft des Zuhälters, die Möglichkeit des Diebes und Erpressers, sich fremde Vermögensgüter zu verschaffen, i n den Rang von Wirtschaftsgütern erhoben werden. Wo das Gesetz die Entstehung einer Forderung gerade verhindern w i l l , entsteht kein Vermögensgut. Inkonsequent ist es daher von Schröder 94 , wenn er den nichtigen Forderungen aus Ganovenab92

Mezger-Festschr. S. 359. H. J. Bruns, Mezger-Festschr. a. a. O. S. 359 ; vgl. auch ders., Befreiung S. 72, 231; Grünhut, J W 1932 S. 2434; einschränkend noch ders., RG-Festg a b e V S . 119. 94 Schönke-Schröder, StGB § 263 A n m . 70 a. 93

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reden i m Rahmen der Erpressung den Schutz versagen w i l l , hingegen i m Falle der Forderungsabtretung einer Forderung, die vom Gesetz ausdrücklich für nichtig erklärt w i r d — gesetzlich festgesetzter Grundstückskaufpreis —, Rechtsschutz gewährt. Auch hier entsteht kein Forderungsrecht, und das, was entsteht, kann nicht wie ein Forderungsrecht durch das Strafrecht geschützt werden, soll nicht der Wille des Z i v i l gesetzgebers außer K r a f t gesetzt werden. Die Versuchung, die Forderungsabtretung aus dem nichtigen Grundstücksgeschäft anders zu bewerten als die Ganovenabreden, erklärt sich aus der Tatsache, daß bei solchen Geschäften i n der Regel Personen mitwirken, denen das Verbrechen fremd ist und die daher nicht schutzunwürdig erscheinen. Eine solche Einstellung mag zur Überprüfung der Notwendigkeit der einschlägigen zivilrechtlichen Vorschriften Anlaß geben 95 . Solange diese aber nach dem Willen des Gesetzgebers Bestand haben, ist ein M i t t e l ihrer Wirksamkeit auch die Tatsache, daß die unter Verstoß gegen diese Normen entstandenen Forderungen von der gesamten Rechtsordnung als nicht existent behandelt werden. Eine Umgehung dieses Willens des Gesetzgebers durch das Strafrecht muß hier, wo es u m die Frage der Entstehung der wirtschaftlichen Position, nicht aber u m die des Schutzes ihrer Ubertragbarkeit geht, zu einer Auflösung der Rechtsordnung führen, denn es würden Normen, die dem Schutz bestimmter Rechtsgüter dienen, dazu mißbraucht, neue Rechtsgüter zu begründen, und zwar entgegen dem Willen des dafür zuständigen Gesetzgebers 96. Sieht man nämlich i n diesen Fällen von der Zwangsmöglichkeit durch Einsatz rechtswidriger M i t t e l ab, so fehlt es dem „Gläubiger" an jeder Möglichkeit, auf den „Schuldner" i n Richtung einer Leistung einzuwirken. Das bloße Faktum der Erfüllungsbereitschaft begründet noch keine Vermögensposition, die als Objekt einer Herrschaftsbeziehung dem Vermögen eines Rechtssubjekts zuzuordnen wäre, denn gerade an der von der Sozietät anerkannten Herrschaftsmöglichkeit fehlt es. Die Möglichkeit, etwas als Geschenk zu erhalten oder i n Empfang zu nehmen, ist keine Herrschaftsbeziehung; das freie Belieben eines anderen, etwas zu leisten, kein Vermögensgut des vielleicht Begünstigten, der nicht einmal seine „Forderung" vor Dritten erwähnen darf, w i l l er nicht das ganze Geschäft gefährden. Hierin liegt auch der wesentliche Unterschied zwischen der nichtigen Forderung und der sogenannten Naturalobligation. Zwar kann der Gläubiger aus einer Naturalobligation nicht durch Klage und Vollstreckung zur Leistung gelangen. Er kann die Leistung aber frei und offen geltend machen und braucht etwa erhaltene Leistungen nicht 95 Inzwischen sind die Festpreisvorschriften f ü r Grundstücksveräußerungen aufgehoben worden. 96 Vgl. auch Cramer, JuS 1966 S. 475.

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1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

zurückzuerstatten. Liegt demgemäß Zahlungswilligkeit auf Seiten des Schuldners vor, so erkennt die Rechtsordnung die Position des Fordernden durchaus als Vermögensposition an und bewertet diese Forderungen als vollwertige Ansprüche 97 . Die hier maßgebliche Herrschaftsmöglichkeit liegt zwar i n der „ n u r " moralischen Verpflichtung des Schuldners. Diese w i r d jedoch von der Rechtsordnung insoweit anerkannt, als sie davon ausgeht, daß ein erfüllbares, wenn auch nicht klagbares Rechtsgeschäft vorliegt 9 8 . Steht hingegen fest, daß der Schuldner nicht zahlen wird, so fehlt der Naturalobligation der Vermögenswert. Dieses ist aber nichts Besonderes, denn auch eine rechtlich vollwertige Forderung ist dann wertlos, wenn feststeht, daß eine Leistung vom Schuldner nicht zu erlangen ist. Damit ist die rechtliche Mindestvoraussetzung der als vermögensrechtliche Forderung zu bezeichnenden Herrschaftsbeziehung umrissen: Eine tatsächliche Herrschaftsbeziehung, gekennzeichnet durch die Möglichkeit des Gläubigers, eine Leistung vom Schuldner mit Billigung der Rechtsgesellschaft fordern zu können, genügt, soweit der Schuldner zur Leistung bereit ist Dann liegt nämlich die für das Vermögensrecht charakteristische Einheit von wirtschaftlichem Wert und rechtlicher Befugnis 99 vor. Weitere Mindestanforderungen sind nicht zu stellen. Eine Durchsetzbarkeit der Forderung i m Klagewege ist nicht erforderlich. Eine Herrschaftsbeziehung hingegen, die gegen den ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers besteht und von den Rechtsgenossen mißbilligt w i r d und nur gegen den Willen des Gesetzgebers und der Rechtsgesellschaft realisiert werden kann, stellt eine reine Machtposition dar, nicht aber eine Vermögensbeziehung. Das rechtliche M i n i m u m auch der wirtschaftlich bestimmten Vermögensbeziehung ist die Duldung der Realisierung dieser wirtschaftlichen Herrschaft durch die Rechtsordnung, d.h. aber: wirtschaftlicher Wert und rechtliche Befugnis sind stets Mindestvoraussetzungen der Vermögensposition. Gleiches wie für die nichtige Forderung gilt für alle faktischen Positionen, die es einer Person ermöglichen, durch verbrecherisches Verhalten m i t großer Wahrscheinlichkeit einen Gewinn zu erzielen. Unabhängig von der Frage der Anerkennung von Gewinnchancen oder -hoffnungen 97 Vgl. i m einzelnen dazu Bockelmann f Mezger-Festschr. S. 363 ff., insbes. S. 378 f. 98 Dieses gilt entgegen der Absicht des Zivilgesetzgebers auch f ü r den Ehemaklerlohn. Der Versuch, die Forderung aus der Heiratsvermittlung m i t sittlichem M a k e l zu versehen, ist dem Gesetzgeber nicht gelungen; vgl. dazu RGZ 46 S. 152 ff.; sowie eingehend Bockelmann, Mezger-Festschr. S. 379 A n m . 1. 99 Dazu Wiedemann , a. a. O. S. 9 m i t zahlr. Nachw.

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als selbständige Vermögensobjekte gilt generell, daß Machtpositionen, die nur gegen den Willen des Gesetzgebers realisiert werden können, keine Vermögensbeziehung darstellen. Derjenige, der das Obst i m Garten des verreisten Nachbarn ungestört abernten kann, verliert genausowenig einen Vermögensbestandteil, wenn er durch einen Vorwand weggelockt wird, während ein anderer das Obst aberntet, wie derjenige, der an einsamer Stelle einem Bankboten auflauert und durch eine List abgelenkt wird, während ein Dritter den Raubüberfall ausübt. Rein faktisch gesehen mögen derartige Positionen erheblichen Geldwert haben, wenn man auf die Wahrscheinlichkeit der zu erlangenden Beute abstellt. Vermögensbeziehungen sind diese Machtmöglichkeiten auf Grund des Einsatzes deliktischer M i t t e l jedoch nicht 1 0 0 . Die faktische Herrschaftsgewalt ist nur dort Vermögensbeziehung, wo das Rechtssubjekt i n der Realisierung dieser Herrschaftsbeziehung durch die Rechtsordnung geschützt wird. Die Stellung des Besitzers zu der besessenen Sache ist demgemäß stets Vermögensbeziehung, gleichgültig, ob dem Besitz ein Recht zum Besitz entspricht oder nicht. Der Besitz ist zwar kein subjektives Recht i m eigentlichen Sinne 101 , wegen der Rechtsscheinwirkungen, die an ihn anknüpfen, und wegen des rechtlichen Schutzes durch die §§ 859 ff. BGB w i r d er aber als „Rechtsstellung mit der praktischen Bedeutung eines vorläufigen Rechts" 102 geschützt. Dabei sind die Rechtsscheinwirkungen i m weitesten Sinne hier von sekundärer Bedeutung, da sie eindeutig zugunsten des Erwerbers von der Rechtsordnung gewollt sind. Wesentlich ist der Besitzschutz, den auch der unredliche Besitzer genießt. Mag der Sinn und Zweck dieses Besitzschutzes die Wahrung des Rechtsfriedens sein 103 . Indem die Rechtsordnung den Besitzer gegen eigenmächtige Besitzstörungen schützt, duldet sie die Realisierung von Herrschaftsmacht durch Innehabung des Besitzes auch durch den unredlichen Besitzer. Seine Potenz i m wirtschaftlichen Bereich w i r d geachtet und geschützt. Daß die damit errichtete Ordnung nicht endgültig ist, kann für die Frage der Zuordnung des Besitzes zum Vermögen eines Rechtssubjekts nicht erheblich sein. Auch i n der vorübergehenden Herrschaftsbeziehung entfaltet sich das Rechtssubjekt i m gegenständlichen Bereich. Der Besitz ist auf Grund des

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Rechtsprechung u n d Anhänger des extrem wirtschaftlich ausgerichteten Vermögensbegriffs haben zum Vermögenswert dieser Position bisher nicht Stellung genommen. K o n s t r u k t i v ist jedoch zwischen diesen Positionen u n d den sog. nichtigen Forderungen k e i n Unterschied. — Die Ausführungen von Gallas, Eb. Schmidt-Festschr. S. 408, sind bisher nicht auf Widerspruch gestoßen. 101 Vgl. RGSt. 44 S. 235; Gallas, Eb. Schmidt-Festschr. S. 426 m i t Nachweisen. 102 Jagusch, L K I I Vorbem. I I 4 a) v o r § 249 m i t Nachweisen. 103 Vgl. Gallas, Eb. Schmidt-Festschr. S. 426.

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1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

Besitzschutzes und der Rechtsscheinwirkung eine wirtschaftlich wertvolle Position. Das Haben einer Sache stellt wirtschaftliche Macht dar und w i r d auch als solche von der Rechtsordnung anerkannt. Das Recht zum Besitz ist demgegenüber unwesentlich 104 » 105 . 3. Die subjektiven Elemente der Vermögensbeziehung

W i r d das Vermögen als eine im rechtlichen Raum anerkannte reale Herrschaftsbeziehung des Rechtssubjekts zu Gütern oder Positionen von selbständigem wirtschaftlichem Wert gekennzeichnet, so erscheint das Rechtssubjekt bereits als notwendiger Pol dieser Vermögensbeziehung. Jede Vermögensbeziehung setzt zumindest gedanklich ein Rechtssubjekt voraus. I n dieser formalen Stellung erschöpft sich die Position des Rechtssubjekts jedoch nicht. Es w i r d nicht lediglich als beliebig auswechselbares Subjekt der Vermögensbeziehung angesehen. Das Vermögen w i r d als ein jeweils individuelles bewertet und keineswegs nach einem einheitlichen, für alle Rechtssubjekte verbindlichen Maßstab bestimmt, wenn der Schutz der Entfaltung der Person i m gegenständlichen Bereich i n Rede steht und nicht die Bewertung eines „toten Hausrats". Allgemein w i r d als selbstverständlich anerkannt, daß ein bestimmtes Vermögensgut i n der Hand verschiedener Vermögenssubjekte, ζ. B. Erzeuger, Großhändler, Kleinhändler und Verbraucher einen unterschiedlichen Vermögenswert haben kann. Ein objektiver Wert wohnt einer Sache nicht inne, sondern der Wert eines Gutes ist intersubjektiv i m Rahmen eines bestimmten Wirtschaftskreises zu bestimmen 106 . Eine individuelle Wertung der Verhältnisse des einzelnen Vermögensträgers w i r d demgemäß grundsätzlich auch von der herrschenden zivil- und strafrechtlichen Vermögenstheorie befürwortet. Die herrschende Lehre i m 104 So auch die h. M. zum Vermögensbegriff beim Betrug: vgl. RGSt. 44 S. 248; OGHSt. 2 S. 201; BGHSt. 2 S. 365, 8 S. 256; Bockelmann, KohlrauschFestschr. S. 249; H. J. Bruns, Mezger-Festschr. S. 343; Grünhut, RG-Festgabe V S. 119; Gutmann, M D R 1963 S. 7; Jagusch, L K I I Vorbem. I I 4 c) vor § 249; Lackner-Maassen, a . a . O . § 263 A n m . 7 a); Maurach, B. T. S. 321; Schönke-Schröder, StGB § 263 Rn. 70. — A. A. Cramer, JuS 1966 S. 475 A n m . 33; ders., Vermögen S. 224 ff.; Frank, StGB § 263 A n m . V 3 c); Gallas, Eb. Schmidt-Festschr. S. 426—427; Welzel, Lb. S. 373. Die zuletzt genannte Ansicht ist jedoch n u r bei einer sehr weitgehend normativen Bestimmung des Vermögensbegriffs richtig. Einem natürlichen Vermögensbegriff widerspricht sie jedenfalls evident. — A u f die Frage, ob der Schutz des § 263 hier eingreift, ist an dieser Stelle noch nicht einzugehen. Es w i r d lediglich die Verneinung des § 263 m i t der Begründung, der Verlust des Besitzes, dem k e i n Besitzrecht entspricht, führe nicht zu einem Vermögensschaden des Besitzers, abgelehnt. 105 Daß der Besitz überhaupt eine Vermögensposition sei, bestreiten die Anhänger der juristischen Vermögenstheorie und ihnen folgend R. Hirschberg, Vermögensbegriff S. 327 f. 108 Vgl. dazu: Weber-Albert-Kade, i n HdSW 11, Stichwort „ W e r t " , S. 637 ff.

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Zivilrecht geht i m Anschluß an Mommsen und H. A. Fischer 107 davon aus, daß die Schadensbemessung relativ subjektiv, d. h. bezogen auf die Verhältnisse des Verletzten sei 108 , weil das Interesse des Geschädigten ersetzt werden müsse; dieses sei eine rechnerische Größe, die sich aus dem Unterschied zwischen der Vermögenslage des Geschädigten, wie sie sich infolge des schadensstiftenden Ereignisses gestaltet hat, und seiner Vermögenslage, wie sie ohne dieses Ereignis bestehen würde, wenn dabei der Ersatzanspruch unberücksichtigt bleibt, ergebe 109 . U m die Differenzsumme zu errechnen, w i r d der Geldwert der „Gesamtheit der wirtschaftlichen Güter" des Geschädigten, d. h. die Summe der i h m zustehenden Rechte und Güter von wirtschaftlichem Wert sowie der rein faktischen geldwerten Positionen vor und nach dem schädigenden Ereignis objekt i v unter Berücksichtigung der besonderen Interessen des Geschädigten bewertet 110 . Der Standpunkt der herrschende^ strafrechtlichen Vermögenstheorie entspricht dieser Stellungnahme. Sowohl für die Anhänger der w i r t schaftlichen wie auch der juristisch-ökonomischen Vermögenslehre ist für die Schadensfeststellung eine grundsätzlich objektiv-wirtschaftliche Schadensfeststellung maßgeblich. Als persönlicher Schadenseinschlag w i r d sodann berücksichtigt, ob die Leistung, die der Getäuschte als Gegenwert erhält, auch i m Hinblick auf seine speziellen Bedürfnisse und Zwecke ein ausreichendes Äquivalent darstellt 1 1 1 . Als Beispiel für Vermögensschäden i m Rahmen des § 263 werden demgemäß genannt: Kauf eines Schulbuches, das an der Schule des Betreffenden nicht benutzt wird 1 1 2 , Lieferung eines Leinenfängers, wenn der Getäuschte ein Wagen107 Mommsen: Z u r Lehre v o n dem Interesse (1855); H. A. Fischer: Der Schaden nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch f ü r das Deutsche Reich (1903); dazu eingehend Mertens, a. a. O. S. 17 ff., 23 ff. 108 Vgl. Staudinger-Werner, I I 1 c) Rn. 86 v o r §§ 249—255, Rn. 1 zu § 252. 109 Staudinger-Werner, I I 1 c) Rn. 9 v o r §§ 249—255; Enneccerus-Lehmann, a . a . O . § 14 I ; Esser, Schuldrecht S. 273; Ermann-Sirp, a . a . O . § 249 A n m . 2; Soergel-Siebert-Schmidt, I I Rn. 3, 8 zu §§ 249—253; v. Caemmerer, a. a. O. S. 5 ff.; Wiese, a. a. O. S. 17 ff., 24; Steindorff, A c P 158 (1959/1960) S. 448; i m übrigen vgl. die zahlreichen Angaben bei Mertens, a. a. O. S. 35 A n m . 47. 110 Gegen diese A r t der Schadensberechnung richtet sich der methodische Angriff von Walsmann, a. a. O. S. 10 ff., u n d Oertmann, a. a. O. S. 6 ff., nicht aber gegen den Grundsatz des Interessenausgleichs. Walsmann u n d Oertmann stellen diesem Berechnungsmodus die Bewertung allein der vernichteten oder beeinträchtigten Vermögensgüter gegenüber; dazu eingehend H. A. Fischer, Schaden S. 22 ff.; C. Neuner, A c P 133 (1931) S. 278 f. 111 Vgl. RGSt. 16 S. 7, 23 S. 434, 49 S. 23, 76 S. 51; BGHSt. 16 S. 222 m i t weit. Rechtsprechungsnachw., 16 S. 325 f.; B G H N J W 1953 S. 836; B G H G A 1966 S. 52; B G H bei Dallinger, M D R 1952 S. 4 0 8 ^ 0 9 ; O L G H a m m HESt. 1 S. 114; O L G Düsseldorf JMB1NRW 1964 S. 283; K G JR 1966 S. 391 m. zustimm. A n m . v o n Schröder, JR 1966 S. 393; Gutmann, M D R 1963 S. 92; Jagusch, L K I I Vorb. I I I 1 vor § 249; Kohlrausch-Lange, StGB A n m . V 2 zu § 263; Maurach, B. T. S. 323; Mezger-Blei, Stub. I I S. 196; Welzel, Lb. S. 374 f.; Grünhut, RG-Festgabe V S. 121 ; Schönfeld, JZ 1964 S. 206. 112 O L G K ö l n JR 1957 S. 351.

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pferd erwerben wollte, selbst wenn der Weiterverkauf ohne Schwierigkeiten möglich war 1 1 3 , Abschluß einer Lebensversicherung an Stelle eines Sparvertrages 114 , Bestellung einer Zeitschrift, für die der Besteller keinerlei Verwendung hat 1 1 5 . — Über die Brauchbarkeit soll jedoch nicht etwa das subjektive Belieben des Betroffenen entscheiden, sondern die objektive Brauchbarkeit unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des Betroffenen: „maßgebend ist nicht, ob er die Gegenleistung gebrauchen will, sondern, ob er sie gebrauchen kann 11β." Keinen Schaden dürfte dann eigentlich der erleiden, der statt eines Romans von W.Beumelburg eine Darstellung vergleichbaren Geschehens von Ernst Glaeser erhält. Genausowenig hat nach dieser Betrachtungsweise einen Schaden erlitten, wer ein Grundstück für D M 100 000,— erwirbt, w e i l i h m versichert wird, dieses habe mindestens einen Wert von D M 120 000,—, obwohl der wirkliche Wert nur D M 100 000,—beträgt, denn bei der Wertberechnung ist vom gemeinen Handelswert auszugehen. Danach liegt ein Schaden nicht vor, wenn der Getäuschte wegen des i n i h m erregten Irrtums glaubt, durch den Erwerb eines Gegenstandes einen Gewinn zu machen, den er tatsächlich nicht erzielen kann. Zu berücksichtigen ist lediglich, ob der Erwerber den Gegenstand überhaupt verwerten kann 1 1 7 . Nun ließe sich über den Sinn eines derartigen Vermögensschutzes noch diskutieren, wenn er — i m Strafrecht wenigstens bei den Delikten gegen das Gesamtvermögen — sinnvoll durchgeführt werden könnte. Gerade dieses ist jedoch zu bestreiten. Schon beim sogenannten Spenden- und Bettelbetrug löst sich die individuell-objektiv-wirtschaftliche Betrachtungsweise von ihren eigenen Prämissen. I m Falle der Hingabe einer Spende gibt der Spendende bewußt ein Vermögen auf. Seine Lage ändert sich nicht, gleichgültig, ob die Spende einem wohltätigen Zweck zugeführt w i r d oder nicht, bzw. unabhängig davon, ob der Bittende arm oder nicht arm ist. W i l l man hier einen Vermögensschaden konstruieren, so 113

O L G H a m m JZ 1952 S. 494. RGSt. 76 S. 49; dazu Bockelmann, DR 1942 S. 1113. O L G Braunschweig NdsRpfl. 1960 S. 279; vgl. i m übrigen auch SchönkeSchröder, StGB § 263 Rn. 87 b. 116 Welzel, Lb. S. 375. 117 Vgl. BGHSt. 8 S. 49, 16 S. 222, 16 S. 325; O L G Stuttgart N J W 1960 S. 2264; Gutmann, M D R 1963 S. 93; Hengsberger, L M Nr. 54 zu § 263 StGB; Schönfeld, J Z 1964 S. 209. Α . Α., obwohl der Ausgangspunkt der h. M. grundsätzlich geteilt w i r d : Lenckner, N J W 1962 S. 59; ders., M D R 1961 S. 654; Parsch, N J W 1960 S. 977; Cramer, Vermögen S. 190 ff.; Schmitt, Polizeibl. 1967 S. 178 f.; Schönke-Schröder, StGB § 263 Rn 89; zum T e i l eingeschränkt: O L G K ö l n N J W 1959 S. 1980; O L G H a m m N J W 1960 S. 642; Stenglein, GS 40 S. 111 ff.; Mezger, J W 1934 S. 40. Schon v o m Ausgangspunkt her anderer Ansicht: R. Hirschberg, Vermögensbegriff S. 309 f.; Eckstein, G A 58 (1911) S. 343. 114

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kann man diesen allein i n der Verfehlung des sozialen Sinnes sehen 118 . Warum jedoch die Erreichung des sozialen Zweckes den Eintritt des Vermögensschadens hindern soll, können die Anhänger einer grundsätzlich objektiv ausgerichteten Vermögenslehre nicht erklären. Blieben die Vertreter dieser Vermögenslehren konsequent, so müßten sie bereits einen Vermögensschaden i n jeder unentgeltlichen Zuwendung sehen, gleichgültig, welche Zwecke verwirklicht werden sollen. Dann müßte jede unentgeltliche Hingabe eines Vermögensgutes, die auf irgendeiner Täuschung beruhte, einen Betrug darstellen: Betrug, wenn jemand sich von einem Bekannten ein Kraftfahrzeug leiht, indem er vorgibt, seine Großmutter zu besuchen, während er i n Wirklichkeit zu seiner Braut w i l l ; Betrug, wenn jemand einen anderen zu einer hohen Spende veranlaßt, weil er diesem vortäuscht, sein Nachbar habe eine große Summe gestiftet 119 . Ob die Anhänger der h. M., die i n der kompensationslosen Hingabe eines geldwerten Vermögensbestandteils bereits einen Schaden sehen, diese Konsequenz allgemein ziehen wollen, ist zweifelhaft 1 2 0 . Sinnvoller erscheint es dann schon, die Möglichkeit des Spenden- oder Bettelbetruges überhaupt auszuschließen 121 , ein Ergebnis, das bereits i m gemeinen Recht vertreten wurde 1 2 2 . Soweit sich die h. M. aber gegen die absolute Ablehnung des Spenden- und Bettelbetruges wendet, und dafür sprechen i n der Tat sachlich beachtliche Gründe, w e i l gerade Grußbesteller und ähnliche Täter erhebliche Schäden anrichten, gerät sie i n Widerspruch zu ihrem objektiv-wirtschaftlichen Vermögensbegriff 123 . Die Bejahung eines Vermögensschadens dort, wo ein „ideeller Gegenwert 118

So i n der T a t auch Gribbohm, M D R 1962 S. 950; Kohlrausch-Lange, StGB Vorb. I I v o r §263; Mezger-Blei, Stub. I I S. 189 f.; Schönke-Schröder, StGB § 263 R n 74; Schröder, N J W 1962 S. 722; ders., JR 1962 S. 432; Welzel, Lb. S. 376; m i t eingehender Begründung u n d klarer Herausstellung der F r o n t stellung zum Ausgangspunkt der h. M . : Gallas, Eb. Schmidt-Festschr. S. 435; Mohrbotter, G A 1969 S. 225 ff.; dazu: Cramer , Vermögen S. 211 ff.; noch zögernd: RG H R R 1937 Nr. 535, w o neben der Verfehlung der sozialen A u f gabe auch die Befreiung v o n der Unterstützungspflicht durch Zahlung herangezogen w i r d . 119 Diese Konsequenz hat das B a y O b L G N J W 1952 S. 798 allerdings gezogen, indem es einen Vermögensschaden des Spenders, der darüber getäuscht w i r d , daß v o r i h m andere Spender hohe Beträge geleistet haben, bejaht hat; weit. Nachw. bei Cramer, Vermögen S. 211 ff. 120 Vgl. zur h. M . RGSt. 6 S. 360, 53 S. 225, 70 S. 256; Jagusch, L K I I § 263 Anm. I I b ) ; Maurach, B. T. S. 312 f. 121 So Frank, StGB §263 A n m . V I l a ; Gerland, a . a . O . S. 639 A n m . 1; v. Liszt-Schmidt, a. a. O. S. 671; Gutmann, M D R 1963 S. 3; Grünhut, RG-Festgabe V S. 122. 122 Vgl. m i t jeweils weiteren Angaben: Escher, a. a. O. S. 101 f.; Geib, ArchCrim N. F. 1840 S. 210; Merkel, I I S. 199 f.; Mittermaier zu Feuerbach, § 412 Note V I I . 123 Gallas, der den Standpunkt der h. M. grundsätzlich teilt, hebt diesen Gegensatz ausdrücklich hervor, hält die Konsequenz aber f ü r notwendig, w e i l das Ergebnis sachlich richtig sei; vgl. Eb. Schmidt-Festschr. S. 435—436.

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nur vorgetäuscht" 124 , bzw. der erstrebte soziale Zweck verfehlt wird, ist unverständlich, wenn der wirtschaftliche Schaden gerade als Gegensatz zum ideellen Schaden herausgestellt und ein wirtschaftlicher Schaden nur anerkannt wird, wo der Gesamtwert des Vermögens des Betroffenen bei objektiver Betrachtungsweise geringer geworden ist. Die Erfassung der Verfehlung eines ideellen Zweckes muß hier fehlschlagen, weil ein wirtschaftlicher Nutzen i m Vermögen des Betroffenen nicht einmal angestrebt wird. Bei der Bestimmung der Differenzsumme fehlt es gerade an der relevanten Differenz. Der Wert des Vermögens bleibt der gleiche, ob der Spendende D M 1000,— stiftet, die einem Kinderheim zugute kommen, oder D M 1000,—, die einem Alkoholiker zu weiterer Freude und weiterem Schaden gereichen. Der Hinweis auf die Berücksichtigung des ideellen oder sozialen Wertes ist vom Standpunkt der h. M. aus unbefriedigend. Auch der Versuch «Schröders, i m Rahmen des Betrugstatbestandes einen relevanten Ausnahmefall zu konstruieren, w e i l das Gesetz selbst einen Anhaltspunkt dafür gebe, daß derartige Zuwendungen eine Ausnahmestellung einnehmen — das zeigten die Vorschriften des BGB über die Anstandsschenkungen 125 —, überzeugt nicht. Dem § 263 StGB läßt sich nämlich kein Hinweis für eine derartige Sonderstellung des Bettel- und Spendenbetruges entnehmen. Wenn hier dennoch ein echtes Strafbedürfnis vorzuliegen scheint, so ist dieses ein Indiz dafür, daß die Konstruktion des Vermögensschadens durch die h. M. fehlerhaft ist, w e i l das Prinzip der Beziehung des Schadens auf das Vermögen als eine durch das Rechtssubjekt gebildete und strukturierte Einheit vernachlässigt wird. Dadurch w i r d der von der h. M. zugebilligte Schutz nicht dem Vermögen als funktionaler Einheit seines Vermögensträgers, sondern der durch die Summe der geldwerten Güter repräsentierten Geldwertsumme gewährt. Trotz gegenteiliger Behauptungen der h. M. w i r d nicht mehr die Person i n ihrer freien Entfaltung i m gegenständlichen Raum geschützt, sondern allein die Person als homo oeconomicus, wobei Ausnahmen zugestanden werden. Aber selbst wenn man diese Konsequenz der h. M. für richtig hält, und unabhängig von der Frage der Strafwürdigkeit des sogenannten Bettelbetruges als Vermögensdelikt, bleibt uneinsichtig, warum die h. M., und zwar sowohl i m Strafrecht als auch i m Zivilrecht überhaupt an den Begriff des Gesamtvermögensinteresses festhalten w i l l . Gerade i n der Auseinandersetzung m i t Oertmann und Walsmann 126 ist i m Zivilrecht ausdrücklich die Notwendigkeit dieser Konstruktion betont worden, und die h. M. i m Strafrecht setzt sie als selbstverständlich voraus. — Ist das Vermögen aber wirklich eine Summe von Rechten, Sachen und w i r t 124 125 126

Jagusch, L K I I § 263 A n m . 11 b). Vgl. Schönke-Schröder, StGB § 263 Rn 74 a). Vgl. oben S. 57 A n m . 110.

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schaftlichen Positionen, d. h. die „Summierung gewisser heterogener Einheiten" 1 2 7 — Gesamtgeldwert —, so werden bei der Schadensfeststellung tatsächlich Einzelschäden addiert. Der Vergleich der Gesamtvermögenslage vor und nach einem schädigenden Ereignis ist eine überflüssige Tätigkeit. Eine Gegenüberstellung aller betroffenen Güter vor und nach dem schadensstiftenden Ereignis müßte genügen 128 . Wenn die h. M. dennoch an dem Begriff des Gesamtinteresses festhält, so deshalb, weil hier die Bedeutung des subjektiven Elements der Vermögensbeziehung — erst das konkrete Subjekt bildet aus der Summe der Vermögensgüter die jeweils individuelle Einheit seines Vermögens — zum Tragen kommt, und die Eliminierung dieses Begriffes deutlich machen würde, daß die h. M. nicht mehr die Person als konkreten Vermögensträger, sondern nur noch als Durchschnittssubjekt einer Vermögensbeziehung schützt. Ein Vermögensschutz ist aber gerade als Vermögensschutz i m Gegensatz zu einem bloßen Dispositionsschutz nicht nur sinnvoll und notwendig als Schutz eines bestimmten, objektiv bewerteten wirtschaftlichen Gesamtpotentials, d. h. als Schutz einer „ n u r formal (d. h. allein durch die Beziehung des Habens) m i t einem Subjekt als Träger verknüpften Summe von Rechten, Sachen und Gewinnerwartungen" 1 2 9 , sondern als Schutz der Entfaltung der Persönlichkeit i m wirtschaftlichen Raum. Diese Schutzrichtung schließt die Betrachtung des Vermögens als eines objektiven wirtschaftlichen Gesamtpotentials aus. Die einzelnen Vermögensgegenstände sind vielmehr i n ihrer Beziehung auf die individuelle Interessenentfaltung des Vermögensträgers zu erfassen und zu schützen. Deshalb und nur deshalb ist das „Gesamtvermögensinteresse" des konkreten Rechtssubjekts für die Bestimmung des Vermögensschadens bedeutsam, und nur, wenn man den Gedanken, Vermögen einer Person sei die Summe ihrer objektiv-geldwerten Güter, aufgegeben hat, w i r d einsichtig, w a r u m auch unselbständige rein faktische Gewinnchancen, die gerade nicht selbst als Vermögensobjekte anzuerkennen sind, den Wert des Gesamtvermögens oder einzelner Vermögensgüter erheblich mitbestimmen können. Wäre ζ. B. der Betrug, wie Gallas 130 meint, „ein Delikt gegen das Vermögen i n seinem konkreten Bestand, dem geschützten Interesse nach jedoch (als) ein Delikt, das auf Schmälerung des durch den Vermögensbestand repräsentierten wirtschaftlichen Potentials" geht, so läge es keineswegs auf der Hand, „daß der wirtschaftliche Wert von Gütern, die dem Inhaber i n der Form von Vermögensrechten zur Verfügung stehen, auch durch nur tatsächliche Erwerbschancen — good w i l l eines Unter127 128 129 130

Mertens, a. a. O. S. 126. Dazu auch Cramer, Vermögen S. 47 ff. Mertens, a. a. O. S. 126. Eb. Schmidt-Festschr. S. 432.

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nehmens — bestimmt w i r d " 1 3 1 . Welchem konkreten Vermögensobjekt wäre wohl der Wert der tatsächlichen Erwerbschance zuzuschlagen? Liegt der Wert eines Warenlagers ζ. B. 20 °/o über dem gemeinen Wert, w e i l das Handelsgeschäft, zu dem das Lager gehört, über eine günstige Lage, einen großen Stammkundenkreis oder eine gute Betriebsorganisation verfügt? Wohl kaum! „Denn das Handelsgeschäft oder Handelsvermögen . . . umfaßt niemals „rein tatsächliche Beziehungen" neben den Rechten oder Rechtsgütern, sondern es umfaßt, weil es ein Rechtsbegriff ist, nur Rechte oder Rechtsgüter, aber es umfaßt sie i n ihrer Gliederung und nicht i n ihrer Summierung. Darum ist, was von entscheidender Bedeutung ist, „die Möglichkeit gewinnbringenden Fortbetriebes des Geschäftes" nicht als bloße Tatsächlichkeit neben den Rechten oder Rechtsgütern, sondern sie ist als deren Gliederung i n ihm, weil sonst ihr Inbegriff nicht „Vermögen", sondern Summe wäre" 1 3 2 . Damit zeigt sich aber, daß die Vertreter der juristischen, wirtschaftlichen und juristisch-wirtschaftlichen Vermögenslehre i m Strafrecht nicht einmal die grundsätzliche Bewertung der Vermögensgesamtheit zufriedenstellend durchführen können. Es erweist sich vielmehr die Feststellung Papes 133 als richtig, nur ein Zauberkünstler könne zeigen, wie man ein Vermögen — i m Sinne der Gesamtheit von Vermögensmitteln — einer Person „ i n Geldeinheiten messen" oder „ i n einer Geldsumme veranschlagen" kann. Die einen (juristischer Vermögensbegriff) sind gezwungen, jedem einzelnen Vermögensobjekt einen Zuschlag zu gönnen, u m den good w i l l erfassen zu können, die anderen (wirtschaftlicher Vermögensbegriff) hingegen schlagen zu der Summe von Rechtsgütern und Rechten den Wert eines selbständigen Vermögensobjektes, das es überhaupt nicht als selbständiges Vermögensgut gibt. Ihnen bleibt aber kein anderer Weg, w e i l sie das Vermögen nicht als dynamische Einheit (Struktur) sehen, sondern es als einen toten Hausrat behandeln. Auch Eser 134 , der die dynamische Natur des Vermögensbegriffes klar herausstellt, verbaut sich die folgerichtige Lösung, indem er aus der richtigen Einsicht, daß Gewinn- und Erwerbschancen auf Grund der Dynamik des Vermögensbegriffs wertbildende Faktoren seien, folgert, deshalb seien derartige Wahrscheinlichkeitsgüter als unmittelbar verletzbare selbständige Vermögenswerte anzuerkennen. Die Anhänger des juristisch-wirtschaftlichen Vermögensbegriffs — Vermögen ist die Summe der jemandem unter dem Schutz der Rechtsordnung zu Gebote stehenden wirtschaftlichen Werte — schließlich sind zwar frei i n der Wahl, ob sie derartigen unselbständigen Chancen die 131 132 133 134

Gallas, Eb. Schmidt-Festschr. S. 412 A n m . 30. Schönfeld, RG-Festgabe I I S. 267. Zeitschr. f. Betriebswirtschaft 6 (1929) S. 64. G A 1962 S. 298 f.

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Eigenschaft eines selbständigen Vermögensgutes zuerkennen. Die Entscheidung ist i m wesentlichen davon abhängig, inwieweit mehr j u r i stischen bzw. wirtschaftlichen Gesichtspunkten Bedeutung zugemessen wird. Die Berechtigung und Weise der Bewertung dieser Chancen kann von ihnen nicht begründet werden. Dennoch ist unbestreitbar, daß ζ. B. i m Falle der Veräußerung bei der Bewertung eines Unternehmens erhebliche Differenzen auftreten, je nachdem, ob das Unternehmen als Ganzes bewertet oder der Wert der Einzelobjekte addiert wird. Diejenigen, die den Gewinnchancen selbständigen Wert zuerkennen, bleiben den Beweis schuldig, warum diese Vermögensgüter i m einzelnen gerade nicht versilbert werden können. Diejenigen, die eine derartige Anerkennung ablehnen, müssen die Differenz auf Grund verschiedener Bewertungsarten zugestehen, können sie aber nicht erklären. Vollzieht man hingegen den gedanklichen Sprung von der Auffassung des Vermögens als summativer Güterzusammenfassung zu der Einsicht, daß das Vermögen nicht nur subjektverbundene, sondern „personbezogene gegliederte Ganzheit und Einheit" 1 8 5 ist, so w i r d einsichtig, daß Güter von einem bestimmten gleichen „gemeinen Wert" i n der Hand der einen Person einen weit größeren Wert darstellen können als i m Besitz einer andern Person, wenn man von der Summierung der einzelnen Objekte absieht und die Ganzheit i n den Blick nimmt. I m Rechtsleben ist diese Betrachtungsweise auch nicht außergewöhnlich, sondern durchaus selbstverständlich. Es ist keine Seltenheit, daß ζ. B. der zweckvolle Einbau einer bestimmten Maschine den Wert eines Unternehmens weit über den Kaufpreis dieser Maschine hinaus erhöhen kann. I n jedem Konkurs eines Unternehmers ist es eine bekannte Tatsache, daß der Erlös aus dem Verkauf des Gesamtunternehmens grundsätzlich erheblich über dem Erlös aus dem Verkauf der Einzelobjekte des Unternehmens liegt. Bereits diese alltäglichen Beispiele zeigen, daß das summarische Verfahren der h. M. der Realität nicht annähernd entspricht. Dieses ist m i t Recht nachdrücklich von den Anhängern der phänomenologisch ausgerichteten Jurisprudenz betont worden. I m Anschluß an Hegels Bestimmung des Eigentums als ein Dasein der Freiheit der Persönlichkeit, als ein „Dasein der Persönlichkeit" 136 , als „Objektivierung meines persönlichen Willens" 1 3 7 und als das Zu-eigen-Haben einer Sache, welche dadurch die „Meinige" wird, w e i l ich meinen Willen i n sie lege zu meinem substantiellen Zweck 1 3 8 , wurde hier der Gedanke des Vermögens als 135 136 137 138

Mertens, a. a. O. S. 127. Rechtsphilosophie § 45 Anm., § 51. Rechtsphilosophie § 46. Vgl. Rechtsphilosophie §§ 44—46.

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1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

„sachbezogener Gesamtwirkungsraum des Rechtssubjekts" 139 entwickelt. Der objektiv-individuell-summativen Vermögensauffassung w i r d ein Vermögensbegriff gegenübergestellt, der von dem Gedanken des Vermögens als einer Einheit, die jeden dazugehörigen Gegenstand als Untereinheit erfaßt, ausgeht 140 . Diese Einheit ist nicht bloß objektiv-systematische Einheit jener als Vermögensgegenstände bezeichneten Güter, sondern eine Einheit, die durch das Rechtssubjekt gebildet w i r d : „Es ist der Mensch, der i n i h m die Einzelgegenstände zusammenfaßt 141 ." Es handelt sich um eine wesentlich durch die Person strukturierte Einheit, die offen ist für jede Erweiterung und Verringerung des Vermögensbestandes und die dennoch ihre Identität bewahrt, weil sie dynamisch die einzelnen Elemente i n ihrer Wechselwirkung ins Spiel bringt, so daß das Vermögen als eine dem Rechtssubjekt zugehörige, aber doch von i h m gedanklich lösbare Ganzheit erscheint 142 . W i r d dieser Gedanke des Vermögens als einer durch die Person strukturierten Einheit beachtet, dann w i r d einsichtig, daß das Vermögen der gegenständliche Bereich ist, i n dem sich die Person als Vermögensperson entfaltet 1 4 3 , und daß sich das Vermögen stets i n einer „von den Lebenszielen des Subjekts bedingten Organisation befindet" 144 . Das Problem einer unterschiedlichen Vermögensbewertung verschiedener Rechtssubjekte m i t gleicher Summe an Vermögensgütern löst sich genauso selbstverständlich wie das Problem des Vermögensschadens i m Falle einer Ausgabe, die ihren gewollten wirtschaftlichen — sozialen — Zweck verfehlt. Durch kluge und sich ergänzende Ausnutzung eines Maschinenparks kann unter Umständen ein Unternehmen einen hohen Wert haben, obwohl die Maschinen so alt sind, daß ihnen nur noch Schrottwert zukommt, während andererseits der Gesamtwert eines Unternehmens, i n dem modernste Maschinen unrentabel eingesetzt sind, dem summierten Zeitwert der einzelnen Maschinen entsprechen kann. Hat man einmal den Blick von einem statischen Vermögensbegriff — Vermögen ist die objektiv bewertete Summe der Geldwerte einer Person — gewendet und sieht das Vermögen als dynamische Einheit an — „wirtschaftliche Potenz eines Subjekts, welche auf der Verfügungsgewalt über äußere M i t t e l beruht" 1 4 5 —, so überzeugt es, daß ein Vermögensscha139 G. Husserl , Rechtsgegenstand S. 35, vgl. bei Husserl darüber hinaus S. 8 Anm. 26 die Hinweise auf den grundsätzlich gleichen klassischen französischen Vermögensbegriff. 140 Vgl. Schönfeld, RG-Festgabe I I S. 249 ff., 267 ff. 141 Brecher, a. a. O. S. 105; zum ganzen auch Mertens, a. a. O. S. 126 f. 142 Vgl. auch Brecher, a. a. O. S. 105. 143 Dazu Bockelmann, Kohlrausch-Festschr. S. 248; jetzt auch Mohrbotter, G A 1969 S. 227 ff. 144 Mertens, a. a. O. S. 129 m i t eingehenden Nachw. — A n m . 33 — zur dynamischen u n d funktionalen Definition des Vermögens i n den Wirtschaftswissenschaften. 145 Conzelmann, a . a . O . S. 21; vgl. dazu auch Ackermann, a . a . O . S. 62 f.;

III. Der Vermögensbegriff

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den nicht nur i m materiell nicht ausgeglichenen Verlust gegenwärtiger Vermögensgüter liegen kann, sondern eine Vermögensbeschädigung auch darin zu sehen ist, daß Ausgaben ihren wirtschaftlichen Zweck verfehlen, und zwar nicht nur dann, wenn von vornherein m i t einem materiellen Gegenwert überhaupt nicht zu rechnen war. Jedoch, und das ist wesentlich, der Schaden liegt nicht i m Ausbleiben des Gewinns, womit auf einem Umweg wiederum unselbständige Gewinnchancen und -hoffnungen als Vermögensgut anerkannt würden, sondern i m Verlust des eigenen Gutes, i n der Funktionsstörung, d. h. der Störung jener w i r t schaftlichen und finanziellen Planungen, aus denen sich wirtschaftliche Effizienz ergibt 1 4 6 . Eindeutig ist dieses i n den Fällen der Aufwendung von Vermögensmitteln zu bestimmtem Zweck, ζ. B. Kauf einer Theaterkarte, Anmietung eines Bootes usw., wenn der Zweck nicht erreicht wird, w e i l der Berechtigte durch rechtswidriges Verhalten gehindert wird, das Objekt zweckmäßig zu nutzen, ζ. B. die Theatervorstellung zu besuchen oder das Boot zu benutzen 147 . Aber auf Grund der gleichen Erwägungen liegt auch ein Vermögensschaden vor, wenn jemand eine Leistung erbringt, ohne den dafür vereinbarten Gegenwert zu erhalten, gleichgültig, ob die erlangte Leistung objektiv gesehen den Wert der erbrachten Leistung erreicht oder nicht. Die konkrete Vermögensorganisation des Rechtssubjekts ist hier i n ihrer Funktion gestört, denn ζ. B. das Haben von D M 10 000,— i n bar kann dem Haben eines Grundstücks i m Werte von D M 10 000,— nicht gleichgesetzt werden, wenn der Berechtigte m i t seiner Aufwendung ein Grundstück i m Werte von D M 15 000,— erlangen wollte und nach dem Vertragsinhalt auch erlangen sollte. Jedoch wäre es unrichtig, die Erwerbszwecke innerhalb der Vermögensorganisation zu sehr zu betonen. Die Dynamik der als Vermögen bezeichneten, auf die Vermögensperson bezogenen funktionalen Einheit ist Ergebnis allgemeiner Entfaltung der Person i m gegenständlichen Raum. Funktion dieses Vermögens ist nicht nur die Realisierung von Erwerbszwecken, sondern wesentliche Aufgabe der Vermögensgüter ist es, gerade dem Gebrauch, Verbrauch oder Genuß zu dienen. Auch wenn der Berechtigte plante, eine Sache zu verbrauchen, und ein Dritter sie i h m vor dem Verbrauch rechtswidrig entzieht, liegt ein Vermögensschaden vor, selbst wenn der Berechtigte sich keinen Ersatz beschafft 148 . Schließlich verliert die Vermögensbeziehung ihren Charakter als VerPape, Zeitschr. f. Betriebswirtschaft 6 (1929) S. 60 ff.; Mertens, a . a . O . S. 129 A n m . 33 m i t weit. Angaben. 146 Vgl. Mertens, a. a. O. S. 129 A n m . 33. 147 Vgl. hierzu von Tuhr, A. T. I. S. 320 A n m . 33 a; ders., K r i t V J 47 (1907) S. 65 f.; Larenz, VersR 1963 S. 312—313; — a. Α. E. Böhmer, M D R 1964 S. 453; i m einzelnen dazu: Mertens, a . a . O . S. 159 ff. u n d Grunsky, a . a . O . S. 12 f., 16 ff. 148 Eingehend dazu Zeuner, A c P 163 (1964), S. 388 f.; Kohler, A r c h f. BR 12 (1897) S. 1 ff.; Grunsky, a. a. O. S. 36 ff. 5 otta

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1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

mögensbeziehung nicht, wenn das Rechtssubjekt für ein Gut zur Zeit keine bestimmte Verwendung hat, sondern sich nur entschließt, das Objekt aufzuheben. Diese Güter bleiben Objekte der Vermögensbeziehung, denn sie dienen der Sicherheit des Individuums i m gegenständlichen Raum. I m Bedarfsfall kann das Vermögenssubjekt auf sie zurückgreifen und sie durch erneute Zwecksetzung der Dynamik des Vermögens stufenlos einordnen. Die Beachtung der subjektiv-funktionalen Struktur des Vermögensbegriffs weist schließlich die Lösung des i n der strafrechtlichen Vermögenslehre umstrittenen Problems, ob Sachen oder überhaupt Vermögensgüter einer Person, die zur Zeit keinen konkreten, objektiv bestimmbaren Geldwert haben, zum Vermögen gehören oder nicht. Die h. M. i m Straf recht lehnt einen Schutz derartiger Objekte als Vermögensschutz zumindest i m Rahmen der Delikte gegen das Gesamtvermögen ab. Die hier entwickelte personale Vermögenstheorie muß zu der entgegengesetzten Stellungnahme gelangen. — Wie dargelegt, w i r d das Vermögen nicht durch die Summierung des Geldwertes einer Reihe verschiedener Objekte gebildet, sondern stellt als eine durch die Vermögensperson strukturierte Einheit jeweils ein wirtschaftliches Potential der Vermögensperson dar, das auf der Herrschaftsgewalt über Vermögensgüter beruht. Als Einzelbestandteil des Vermögens kann daher nicht das Gut als solches angesehen werden, sondern stets die durch die Herrschaftsmacht über das Gut vermittelte wirtschaftliche Position, d. h. der durch diese Position repräsentierte Vermögenswert. Dieser Wert muß auf Grund der funktionalen Zwecksetzung durch die Vermögensperson subjektiv bestimmt werden. Er bedeutet: Wert für die Vermögensperson 149 und ist weder von einem konkreten jeweiligen Geldwert abhängig noch von einem konkreten erwirtschafteten derzeitigen Nutzen. Objektiv vorauszusetzen ist zwar, daß es sich u m ein Objekt handelt, das auf Grund der Verkehrsanschauung als selbständiger Gegenstand einer wirtschaftlichen Beziehung anerkannt wird. Ob diesem Objekt aber i m konkreten Fall, i n einem bestimmten Augenblick ein Geldwert zugemessen w i r d oder nicht, ist demgegenüber unerheblich, soll nicht der Gebrauchswert eindeutig zugunsten des Tauschwertes eines Vermögensobjekts mißachtet werden. Objekt einer Vermögensbeziehung vermögen daher durchaus Sachen m i t sogenanntem Affektionswert zu sein, wie ζ. B. Tagebücher, Bildnisse, Gemälde von noch unbekannten Künstlern, Briefe und auch m i t Kohler 150 gegen H. A. Fischer 151 die Katzen der alten Jungfer, auch wenn der Lebenszweck der Katzen allein darin besteht, 149 150

S. 65.

151

Dazu vgl. Mertens, a. a. O. S. 134. A r c h f. B R 12 (1897) S.2; grundsätzlich auch v. Tuhr, K r i t V J 47 (1907) Schaden S. 19 f.

III. Der Vermögensbegriff

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die Suppen ihrer Herrin zu essen und deren Teppiche zu zerreißen; denn diesen Objekten w i r d i n der Sozietät durchaus die grundsätzliche Fähigkeit, Wertträger und Objekt eines wirtschaftlichen Tauschverhältnisses zu sein, zuerkannt. Darüber hinaus w i r d auch die individuelle Wertbeziehung des Rechtssubjekts zu diesen Objekten geachtet. Weil jedoch der Wert dieser Güter nur i m Hinblick auf den konkreten Vermögensträger besteht, fehlt diesen Vermögenswerten die Bezifferbarkeit 152 . Die Tatsache, daß die Vernichtung derartiger Werte nicht zivilrechtlich i n Geld ausgeglichen werden kann, muß aber für den strafrechtlichen Schutz unerheblich bleiben, denn die Unmöglichkeit der Bezifferbarkeit beruht nicht auf einer grundsätzlich zu geringen Wertschätzung, d.h. auf der Vorstellung, der hier i n Rede stehende Wert sei so gering, daß seine Erfassung und sein Ausgleich indiskutabel wären. Soweit es aber u m die Leistung von Schadensersatz geht, kann es die Rechtsordnung nicht allein dem Geschädigten überlassen, jenen Wert selbst abzuschätzen, den der Schädiger ersetzen soll. Die Schadensersatzbeziehung erfaßt Geschädigten und Verletzer. Auch schutzwürdige Interessen des Verletzers sind zu berücksichtigen. Er darf nicht der W i l l k ü r des Geschädigten ausgesetzt werden, soll der Schadensersatz nicht i n eine maßlose Strafe umgewandelt werden. Da aber auch jede Schätzung durch einen Dritten i m Falle von Affektionswerten unsachgemäß erscheinen muß, ist die Bezifferbarkeit der Leistungssumme hier unmöglich. Doch gilt dieses nicht einmal für alle Gegenstände ohne einen derzeit bestimmbaren Geldwert. I n verschiedenen Großstädten, die über keine Autoschrottpresse verfügen, ist es z.B. üblich, schrottreife Kraftfahrzeuge und solche, die wegen ihres Alters keine Käufer mehr finden, Schrotthändlern gegen Zahlung eines Aufgeldes (DM 30,— bis 50,—) zu überlassen. Man kann daher ohne weiteres davon ausgehen, daß derartige Fahrzeuge von einem bestimmten Alter an nicht nur keinen Handelswert haben, sondern sogar m i t einem „Unwert" belastet sind. Dennoch gibt es zahlreiche Kraftfahrzeuge dieser A r t , die infolge guter Pflege nach wie vor ihren Dienst versehen. Ein Verkaufserlös kann bei ihrer Veräußerung aber deshalb nicht erzielt werden, weil sich kein Käufer findet, der das Vertrauen i n ein solches Fahrzeug setzt, dieses werde weiterhin fahrbereit sein. W i r d aber das Fahrzeug eines Eigentümers, der es 20 Jahre sorgfältig gepflegt hat, vernichtet oder weggenommen, so wäre es geradezu abwegig, i h m zu bescheinigen, er habe keinen Vermögensschaden erlitten. Soll hier vielleicht die Feststellung eines Vermögensschadens davon abhängig sein, ob sich noch ein Käufer gefunden hätte, ζ. B. ein guter Freund des Eigentümers, der über den Zustand des Fahrzeugs

152 So treffend Mertens, a. a. O. S. 155 f.; Soergel-Siebert-Schmidt, bis 253 Rn. 40.

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I I §§ 249

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1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

informiert war, bzw. soll auch dann ein Schaden abgelehnt werden, wenn ein Käufer sicher nachweisbar ist, jedoch feststeht, daß ein derartiges Fahrzeug allgemein nicht mehr gehandelt worden wäre? Bereits i m Zivilrecht w i r d hier eine Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO unter Berücksichtigung der konkreten Beschaffenheit der Sache und des Betrages, der zur Erlangung vergleichbarer Gebrauchsvorteile aufzubringen ist, angemessen erscheinen. Den strafrechtlichen Schutz vom Alter des Fahrzeugs abhängig zu machen und nicht von den konkreten Faktoren, die beweisen, daß das ζ. B. vernichtete Fahrzeug auf Grund seiner tadellosen Zweckerreichung anderen jüngeren Kraftfahrzeugen gleichzusetzen gewesen wäre bzw. dem Eigentümer durchaus vermögensrechtlich bedeutsame Gebrauchsvorteile gewährte, ist nicht zu rechtfertigen. I m übrigen ist es auch unrichtig, davon auszugehen, daß sogenannte Affektionswerte zivilrechtlich nicht geschützt würden. Falls nämlich das betroffene Gut durch Aufwendung eines Geldbetrages wiederhergestellt werden kann, ist dieser Aufwendungsbetrag gemäß § 249 Abs. 2 BGB als Vermögensschaden anzusehen. Bei der Zerstörung eines Fotos sind die Kosten der Kopie zu ersetzen, bei der Vernichtung sämtlicher Exemplare eines bisher unverkäuflichen Romans, dessen Urschrift noch vorhanden ist, muß der Verletzer für die Kosten der Wiederherstellung bis zur Opfergrenze aufkommen, und Gleiches gilt für die Restaurierung eines Gemäldes, dessen künstlerischer Wert bestreitbar sein mag 1 5 3 . Erst dort, wo eine konkrete Bezifferbarkeit des Schadens nicht mehr möglich ist, entfällt die Ersatzleistung. So ist es unter Umständen erheblich kostspieliger, eine Sache nur zu beschädigen, als sie ganz zu zerstören. Das muß auf Grund der Berücksichtigung auch der Interessen des Schädigers i n Kauf genommen werden. Ein allgemeiner Grundsatz, i n solchen Fällen jeden Schutz zu versagen, besteht jedoch nicht. Der hier gewährte Schutz dient auch nicht nur dem Rechtsfrieden oder der Dispositionsbefugnis, sondern ist echter Vermögensschutz, den das subjektive Element des Vermögensbegriffs zwingend fordert, soll nicht an Stelle der freien Entfaltung des Individuums i m wirtschaftlichen Raum lediglich eine abstrakte Geldsumme geschützt werden, die allein formal dem Rechtssubjekt zugeordnet wird. Die Einschätzung des wirtschaftlichen Wertes als subjektbezogener Wert entspricht aber nicht nur einem sinnvollen Schutz der Person i m gegenständlichen Raum, sie vermag nicht nur die Fälle der Zweckverfehlung von Vermögensaufwendungen und das Problem der Bewertung des Vermögens als dynamische Einheit zu erfassen, sondern sie ist auch weitgehend i n der modernen Wertlehre, soweit diese sich m i t dem w i r t 153 Vgl. auch RGZ 71 S. 214; Esser, Schuldrecht S. 278; Mertens, a. a. O. S. 155 A n m . 50.

III. Der Vermögensbegriff

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schaftlichen Wert beschäftigt, anerkannt 1 5 4 . Wertvoll ist ein Gut, das auf Grund der Verkehrsanschauung als Vermögensgut angesehen wird, nicht, w e i l es einen bestimmten, jederzeit realisierbaren Geldwert verkörpert, sondern w e i l es dem Rechtssubjekt die Möglichkeit vermittelt, das Gut nach seinem Belieben und seinen individuellen Bedürfnissen entsprechend einzusetzen 155 . Daher ist ζ. B. bereits unabhängig von jeder konkreten Zweckgestaltung das Zu-eigen-Haben einer Sache ein Vermögenswert für den Besitzer. W i r d das Vermögen als gegenständliche Gewährleistung eines subjektiven Freiheitsraumes 15® bestimmt, so ist jedem Vermögensgut ein Wert zuzumessen, ohne Rücksicht auf ein konkretes Nutzungsinteresse, wenn überhaupt ein Interesse des Vermögensträgers an dem Objekt besteht. Weil das Vermögen Struktur ist und als solche dynamisch, kann das Vermögenssubjekt weder auf seine gegenwärtig verfolgten Ziele festgelegt werden noch darauf, ob es i m konkreten Fall überhaupt einen bestimmten Zweck m i t einem Objekt verfolgt. Auch nicht eingesetzte Vermögensgüter bleiben Vermögensbestandteil, gerade w e i l sie ζ. B. als Rücklage der wichtigen Funktion der Sicherung künftiger Lebensgestaltung dienen. Die Möglichkeit des Subjekts, ein Vermögensgut nach freiem Belieben i n neue Zweckzusammenhänge zu stellen, ist ein derart wesentlicher Wertfaktor, daß er i m Rahmen eines sinnvollen Vermögensschutzes unbedingt schutzwürdig erscheint. Die Beschädigung oder der Entzug eines Vermögensobjekts führt demgemäß nicht nur zu einem Ausfall hinsichtlich bestimmter bereits realisierter Wirtschaftszwecke, sondern jeweils zu einer „Verengung des gegenständlich gesicherten subjektiven Entfaltungsraumes" 157 . Der jeweilige Wert dieses Objekts ergibt sich aus der für die Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung nötigen Geldsumme bzw. dem Betrage, der erforderlich ist, eine Vermögensposition gleicher wirtschaftlicher Bedeutung herzustellen 158 » 1 5 9 . 4. Ergebnis

Vermögen ist eine personal strukturierte Einheit, die die Entfaltung der Person i m gegenständlichen Bereich gewährleistet. Sie konstituiert sich i n von der Rechtsordnung anerkannten Herrschaftsbeziehungen der 154 Vgl. den Überblick bei Weber-Albert-Kade, HdSW Bd. 11 S. 642 ff.: Stichwort „ W e r t " , I I . Die Lehre v o m wirtschaftlichen Wert. 155 Vgl. Zeuner, A c P 163 (1964) S. 386; Brückler, D R i Z 1964 S. 121; Grunsky, a. a. O. S. 34 f. 156 Mertens, a. a. O. S. 142. 157 Mertens, a. a. O. S. 144. 158 Mertens, a. a. O. S. 141 ff. 159 Diese A r t der Wertfeststellung, die die h. M. bei Affektionswerten ablehnt, ist durchaus geläufig bei Sachen, die dem persönlichen Gebrauch einer Person dienen — Gebiß, Perücke —, u n d die gleichfalls keinen Handelswert mehr haben, w e i l sich k e i n Zweitkäufer findet.

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1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

Person zu Objekten (Vermögensgütern), die von der Rechtsgesellschaft als selbständige Gegenstände des wirtschaftlichen Verkehrs anerkannt werden, d.h. Vermögen ist wirtschaftliche Potenz des Rechtssubjekts, die auf der Herrschaftsgewalt über Objekte beruht, die die Rechtsgesellschaft als selbständige Objekte des Wirtschaftsverkehrs ansieht. Ein i m Zeitpunkt der Bewertung vorhandener Veräußerungswert ist unerheblich. 5. Vermögen und Vermögensschaden in Einzelfällen

Der personalen Vermögenslehre, die das Vermögen als das gegenständlich gewährleistete Können der Vermögensperson ansieht, ist wiederholt der V o r w u r f gemacht worden, sie sei zu unbestimmt, ihre Ergebnisse seien nicht vorausberechenbar, und Anerkennung oder Ablehnung eines Vermögensschadens seien der W i l l k ü r des Geschädigten soweit unterworfen, daß sich der Vermögensschutz i n einen Schutz der bloßen personalen Dispositionsfreiheit verflüchtige. Die herrschende summativobjektive Vermögenslehre soll hingegen dieser Gefahr nicht ausgesetzt sein. N u n wurde bereits dargelegt, daß die h. M. zumindest i n den Fällen der zweckverfehlten Aufwendungen und der Bewertung von Gewinnmöglichkeiten keineswegs konstruktiv zu überzeugen vermag, vielmehr hier ihre Ausgangsposition verläßt und als sinnvolle Deduktion aus dem zugrunde gelegten Vermögensbegriff das ausgibt, was — u m einem Strafbedürfnis gerecht zu werden — losgelöst von den Prämissen des Vermögens- und Schadensbegriffs sinnvollerweise als Schaden anzusehen ist. Angedeutet sei hier lediglich weiter, daß der Gedanke eines aus objektiven Größen zusammengesetzten Schadens gleichfalls scheitert, wenn das Vermögen m i t einer Verbindlichkeit belastet w i r d ; denn hier sind nicht etwa alle Güter anteilig m i t der Schuld belastet, noch viel weniger steht die Verbindlichkeit isoliert als negative Größe neben den positiven Faktoren, der Schaden liegt vielmehr i n der Gesamtkürzung des Potentials des Vermögenssubjekts 160 . Gleichfalls steht die h. M. einer Funktionsstörung innerhalb der Vermögensorganisation konstruktiv hilflos gegenüber, denn auch hier t r i t t der Schaden — ζ. B. die falsche Einstellung einer Maschine — nicht als Minderung der Güteransammlung oder als Wertminderung einer konkreten Sache auf. Die hier vorgetragene personale Vermögenslehre kann hingegen nicht nur den Vermögensschaden bei der Beeinträchtigung einzelner Vermögensgüter oder bei der Verminderung der Summe der Vermögensgüter eines Vermögenssubjekts sinnvoll und eindeutig bestimmen, sondern ιβο Vgl. eingehend dazu Mertens, a. a. O. S. 162 f.

III. Der Vermögensbegriff

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auch erklären, warum ein echter Vermögensschaden i m Gegensatz zu bloßer Beeinträchtigung personaler Dispositionsîreiheit des Rechtssubjekts vorliegt i m Falle der Störung einer Vermögensfunktion, der Bindung des Vermögens an Zwecke, die nicht dem Willen der Vermögensperson entsprechen, und i m Falle der Zweckverfehlung. Die Vermögensbeziehungen als Gewährleistung freier Entfaltung der Person i m wirtschaftlichen Bereich gewähren dem Vermögensträger entweder einen bestimmten ausschließlichen Nutzungsspielraum — so ζ. B. das Eigentum, der Besitz, Dienstbarkeiten, Nutzungsrechte wie Pacht, Miete und die Aneignungsrechte —, oder sie bieten i h m die Möglichkeit, sich fremde Vermögensgüter zu verschaffen oder diese zu verwerten. Der Wert der erstgenannten Vermögensbeziehung liegt für das Subjekt i n der Möglichkeit, i m Rahmen seiner — von der Sozialordnung anerkannten und zugestandenen — Herrschaft m i t diesen Vermögensgütern nach Belieben umzugehen. Sie haben einen von ihrer konkreten Nutzung unabhängigen Wert, w e i l sie der Vermögensperson die Entfaltung i m wirtschaftlichen Raum sichern. Der Wert der Verschaffungs- und Verwertungsbefugnisse w i r d durch den Geld- oder Sachwert bestimmt, den das Vermögenssubjekt aus der Rechtsausübung erwarten kann. I m einzelnen gilt:

a) Grundlage der Bewertung jener Vermögensbeziehungen, die dem Vermögensträger einen Ausschließlichkeitsbereich gewährleisten, i m Rahmen dessen er den einzelnen Vermögensgegenstand i n jeweils andere Zweckzusammenhänge stellen kann, ist die Haben-Beziehung. Diese Herrschaftsposition beruht gerade auf der Möglichkeit, das Vermögensgut nach dem jeweiligen Belieben zu nutzen. Ein Vermögensschaden liegt demgemäß i m Falle der Beeinträchtigung des Eigentums, des Besitzes, der Ausübung eines Mietrechts oder eines Aneignungsrechts jeweils dann vor, wenn die „Haben-Beziehung" gestört w i r d dadurch, daß dem Vermögenssubjekt das Vermögensgut entzogen w i r d und auf diese Weise die Haben-Beziehung vernichtet wird. Aber auch bereits dann erfolgt eine Vermögensschädigung, wenn jemand diese Beziehung nur stört, indem er das Vermögen zu eigenen Zwecken unabhängig oder gegen den Willen des Vermögensträgers nutzt bzw. durch Funktionsstörung die Zwecksetzung des Vermögensträgers beseitigt. Ein Vermögensschaden ist weiter gegeben, wenn dem Eigentümer die Sache zwar nicht fortgenommen wird, jedoch i n die Zwecksetzung des Eigentümers derart eingegriffen wird, daß das Objekt für die Zwecke des Berechtigten nicht mehr tauglich ist. Dabei sind Schadenseintritt und u. U. summenmäßig gesehener Schadensausgleich scharf voneinander zu trennen. Geschädigt ist daher der Berechtigte auch, wenn er durch Ver-

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1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

äußerung einer minderwertigen Sache den gleichen Preis erzielt, den er für das vollwertige Gut erlangt hätte. Einen Schaden hat der Bäckermeister, i n dessen Betrieb ein angestellter Bäcker Teig entwendet, audi wenn dieser die gleiche Anzahl Brötchen herstellt, die aus der Gesamtmenge des Teiges hergestellt worden wäre, und der Meister durch den Verkauf den gleichen Preis erzielt 1 6 1 . Gleichfalls ist der Brauereiinhaber geschädigt, dessen Braumeister den Verlust mehrerer Fässer Bier durch ein dünneres Einbrauen weiterer Biermengen ausgleicht 162 . M i t der Entwendung des Teiges und dem Auslaufenlassen des Bieres ist ein Vermögensschaden eingetreten. Den Entscheidungen, die i n beiden Fällen einen Schaden bejahen, ist zuzustimmen 168 . Gleichfalls ist weiter der Eigentümer einer V i l l a geschädigt, wenn sich während seiner Abwesenheit Vagabunden darin einquartieren 164 , der Jagdberechtigte, dem ein Wilderer die Hasen wegschießt, auch wenn der Berechtigte als Vegetarier lediglich beabsichtigte, diese zu hegen und zu pflegen 165 , und schließlich der Pächter eines Fischwassers, dem jemand Fische entzieht, selbst wenn der Pächter das Wasser durch Ausgabe von Fischkarten nutzt und die Entwendung nachweislich den Umsatz nicht schmälert 166 , wie auch der Mieter eines Passagierschiffes, das vertragsgemäß 200 Sitzplätze haben soll, wenn er ein Schiff erhält, auf dem lediglich 120 Personen Platz haben, gleichgültig, ob zur Ausflugsfahrt 80 oder 180 Personen erscheinen 1 6 7 , falls die Personenzahl einen preisbindenden Faktor darstellt. Der Schaden, der durch derartige Beeinträchtigungen dieser Rechtspositionen eintritt, verringert das Vermögen zunächst i n Höhe der Wertminderung dieser Rechtsposition, wobei für die Bemessung des Schadens der Wiederbeschaffungspreis bzw. der Aufwand geldlicher M i t t e l zur Schaffung einer adäquaten Vermögensposition oder der Betrag, den die Nutzung des Vermögensgutes gekostet hätte, maßgeblich ist. Ob z.B. eine vernichtete Sache zweckentsprechend i n die Vermögensorganisation paßte oder lediglich eine Last für das Gesamtvermögen darstellte — zerstört w i r d eine Maschine, m i t der ein Buchdrucker und ein Verleger von ihnen herausgegebene Werke m i t Ornamenten auf dem Einband verzieren, die infolge ihrer Scheußlichkeit die Käufer lediglich abschrekken — oder ob der Eigentümer die Sache demnächst sowieso derelinquieren wollte, ist unbeachtlich. Ist i n einer Wirtschaftsordnung das Geld als allgemeine Werteinheit nicht funktionsfähig — es existieren ein 161

O L G Braunschweig Seuff Arch. 46 Nr. 173. RGZ 34 S. 223 f. So auch Mertens, a. a. O. S. 149 A n m . 20 gegen Rother, a. a. O. S. 245 m i t weit. Zitaten unter A n m . 2. 164 Vgl. dazu Bötticher, A c P 158 (1959/1960) S. 406. 165 Vgl. Mertens, a. a. O. S. 150—151. 166 Österreich. Ο G H Zbl. 47 (1929) S. 699 f. 167 R O H G Seuff Arch. 34 Nr. 291. 162

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III. Der Vermögensbegriff

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freier und ein bewirtschafteter Markt —, so ist die Schadenshöhe an dem Betrag zu messen, der nötig ist, um das betroffene Gut unter den konkreten Umständen zu erlangen. I m Falle von bewirtschafteten Sachen, die gegen Geldzahlung nicht ohne weiteres erhältlich sind, ist für die Wertbemessung der Vermögensaufwand auf dem „freien M a r k t " wesentlich 168 . Neben dem damit erfaßten „Substanzinteresse" ist eine weitere Vermögensminderung i n dem Schaden zu sehen, den der Ausfall des betroffenen Gutes i n der Zeit zwischen dem Schadensereignis und der Wiederbeschaffung oder Wiederherstellung zur Folge hat. Dieser Schaden ergibt sich aus einem Vergleich der Vermögensentwicklung nach der Zwecksetzung des Vermögenssubjekts ohne den Substanzschaden und m i t dem Substanzschaden. Ein solcher, i m Strafrecht i m Falle des sogenannten Gebrauchsdiebstahls u. U. erheblicher Ausfallschaden 169 liegt vor, wenn durch die Zerstörung oder den Entzug einer Maschine ein Umsatzverlust eintritt, nicht aber, wenn die betroffene Maschine erst i n vier Wochen i n das Produktionsprogramm eingebaut werden sollte, und vier Tage nach dem störenden Ereignis bereits eine gleichwertige, neue Maschine zur Verfügung steht. Hingegen kann m i t dem Argument, die Maschine hätte nach dem Plan des Eigentümers vier Wochen nutzlos herumgestanden, ein „Substanzschaden" nicht wegdiskutiert werden, da dem Vermögensträger auf Grund seiner umfassenden Herrschaftsmacht gerade die Ausschließlichkeit seines Nutzungsspielraums gewährleistet werden soll. Dann kommt es aber für die Feststellung eines Substanzschadens allein darauf an, ob bestehende Herrschaftsmacht vermindert worden ist oder nicht. Die Entziehung einer Sache auf Zeit ist jedoch für den Eigentümer stets Minderung seiner aktuellen wirtschaftlichen Potenz. Der Verlust der Gebrauchsmöglichkeit ist demnach Vermögensschaden. Allerdings ist zu beachten, daß die Gebrauchsmöglichkeit als solche nicht als selbständiger Vermögensbestandteil anzusehen ist, sondern die Entziehung dieser Möglichkeit eine Störung der Vermögensfunktion des betroffenen Gebrauchsguts darstellt. Der Vermögensschaden, der durch Störung der Vermögensfunktion bedingt ist, muß demnach aufgeteilt werden i n den unmittelbaren Schaden durch Substanzverlust und den wiederum dadurch bedingten Ausfallschaden. b) Neben der Beeinträchtigung der Ausschließlichkeit der Vermögensbeziehung kann sich ein Vermögensschaden als Vermögensfunktions168 Vgl. dazu: O L G H a m m M D R 1948 S. 178 f. m i t A n m . v o n R. Bruns, M D R 1948 S. 181; Bockelmann, Kohlrausch-Festschr. S. 249; Mertens, a . a . O . S. 147 A n m . 15; Withake, M D R 1948 S. 134 ff. lee vgL Mertens, a. a. O. S. 141 ff. — Z u r Bedeutung dieses Schadens f ü r das Strafrecht vgl. unten S. 344 i n Verb, m i t S. 348.

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1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

Störung daraus ergeben, daß die Aufwendung bestimmter Vermögensgüter i n Richtung auf einen bestimmten subjektiven Zweck h i n mißlingt. I m Rahmen der Schadensfeststellung ist hier jedoch vorsichtig zu verfahren. Da die Vermögensperson unter Umständen verschiedene Zwecke m i t einer Aufwendung verfolgt oder verschiedene Motive für die Aufwendungen maßgeblich sind, gilt es jeweils genau abzuwägen, ob der Betroffene das durch seine Aufwendung erreicht hat, was er wirtschaftlich erreichen wollte, d. h. ob er ζ. B. das Gut erhalten hat, das er haben wollte, bzw. ein Gut, das bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise gerade auch bei genauer Berücksichtigung seiner subjektiven wirtschaftlichen Zwecke gleichwertig für die konkrete Zweckgestaltung ist. I n diesem Problemkreis w i r d besonders die Abgrenzung der Minderung der Vermögensbeziehung vom Schutz reiner personaler Dispositionsfreiheit wesentlich. Hier erweist es sich, daß der personale Vermögensbegriff nicht m i t einem rein subjektiven Vermögensbegriff zu verwechseln ist. Nach streng subjektiver Bewertung könnte ζ. B. stets ein Schaden bejaht werden, wenn der Getäuschte eine m i t Aufwendungen oder dem Eingehen einer schuldrechtlichen Verpflichtung verbundene Verfügung trifft, die er i n Kenntnis der wahren Sachlage nicht vorgenommen hätte 1 7 0 . Maßgeblich für die Bewertung innerhalb eines personalen Vermögensbegriffs ist die Feststellung, ob der Berechtigte durch seine Aufwendung den wirtschaftlichen Erfolg erreicht hat, den er angestrebt hat, nicht aber, ob er diesen Erfolg auch i n der Gestalt realisiert hat, die i h m erwünscht schien. Die h. M. w i r d oftmals zu gleichen Ergebnissen kommen, jedoch nicht immer, denn die Entscheidung, ob jemand das Erhaltene auch gebrauchen kann, ist nicht identisch m i t der, ob das erhaltene Gut das für einen bestimmten Zweck benötigte Gut ist. aa) Einen Schaden hat demnach, w e r f ü r das Rote Kreuz zu spenden glaubt, w e n n die Sammlung f ü r das Rote Kreuz n u r vorgetäuscht w i r d , u n d der Sammler das Geld v e r t r i n k e n w i l l oder ähnlich 1 7 1 . — Keinen Schaden hat hingegen, w e r 100 D M f ü r das Rote Kreuz spendet, w e i l sein Nachbar angeblich 90 D M gespendet hat, u n d er zeigen w i l l , daß er mehr leisten k a n n als dieser Nachbar. Die Spende hat nämlich den wirtschaftlichen Zweck, die A r b e i t des Roten Kreuzes zu unterstützen, nicht aber das Ansehen des Spenders zu heben. Das weiß der Spender auch, deshalb hat er keinen Schaden durch einen Fehlschlag von Aufwendungen 1 7 2 . ito V g L V o t u m zu RGSt. 16 S. 1 i n GS 43 S. 326; Maurach, B. T. S. 324; eingehend dazu m i t zahlr. Beisp. aus der älteren Rechtsprechung: Cramer , V e r mögen S. 40 ff. 171 Ä h n l i c h liegt die Problematik, w e n n auf G r u n d einer Täuschung eine Zeitschriftenbestellung m i t einer angeblichen Unterstützung verbunden ist; dazu unter A n f ü h r u n g eines Urteils des O L G Düsseldorf: Just-Dahlmann, M D R 1960S. 270f. 172 Vgl. eingehend zu dieser Problematik oben S. 58 ff.

III. Der Vermögensbegriff

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bb) Schaden, w e n n jemand eine Melkmaschine, an der 12 K ü h e zur gleichen Zeit gemolken werden können, kaufen w i l l u n d eine Maschine erhält, an der lediglich zwei Kühe zu melken sind, auch w e n n die Maschine ihren Preis w e r t i s t 1 7 3 . — K e i n Schaden, w e n n jemand eine Maschine der M a r k e X haben w i l l u n d zum gleichen Preis eine Maschine der Marke Y erhält, die i n Qualität u n d Brauchbarkeit gleichwertig ist. cc) Schaden, w e n n jemand einen Sparvertrag abschließen w i l l , aber eine Lebensversicherung erhält. Gleichfalls Schaden, w e n n eine Lebensversicherung abgeschlossen werden soll, hingegen durch Täuschung eine K r a n k e n haustagegeldversicherung zustande kommt. — K e i n Schaden hingegen, w e n n eine Lebensversicherung bei einer Aktiengesellschaft gewollt ist, auf G r u n d der Täuschung aber ein Vertrag m i t einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit zustande k o m m t u n d feststeht, daß i n der Risikodeckung k e i n Unterschied besteht 1 7 4 . dd) Schaden, w e n n jemand f ü r 10 000 D M bei einem anderen kaufen w i l l , u m diesen aus der Konkursgefahr zu retten, hingegen die gleiche Ware v o n einer anderen F i r m a erhält. — K e i n Schaden, w e n n der Käufer bei X kaufen w i l l , w e i l er dessen Angebot für besonders preiswert hält, hingegen das Geschäft m i t Y abgeschlossen w i r d , der gleiche Qualität zum gleichen Preis liefert 1 7 5 . ee) Schaden, w e n n jemand eine Ware, ζ. B. Hopfen des Anbaugebietes A , der m i t 300 D M pro Zentner gehandelt w i r d , kaufen w i l l , jedoch Hopfen des Anbaugebietes Β erhält, der f ü r 180 D M pro Zentner gehandelt w i r d , auch w e n n die Qualität gleich i s t 1 7 6 . — K e i n Schaden, falls derartige Unterschiede i m Handelspreis nicht üblich sind. ff) Schaden, w e n n jemand ζ. B. Deutsche Markenbutter kaufen w i l l u n d objektiv wertvollere Auslandsbutter erhält, die aber i m Handel erheblich schwerer abzusetzen ist, w e n n der Käufer m i t der B u t t e r handeln w i l l 1 7 7 . — K e i n Schaden, falls solche Absatzschwierigkeiten nicht nachweisbar sind. gg) Schaden, w e n n der Käufer gutgläubig eine gestohlene Sache erwirbt, w e i l der Käufer nicht Eigentümer werden kann. — K e i n Schaden beim K a u f einer nicht abhandengekommenen, z.B. unterschlagenen Sache, denn der Käufer erlangt unanfechtbares Eigentum an der Sache. Auch nach den subjekt i v e n Zwecken des Käufers ist das Äquivalent f ü r seine Zahlung als v o l l w e r t i g anzusehen. Durch den angeblichen sittlichen Makel, der der Sache trotz guten Glaubens des Käufers anhaften soll, w i r d die wirtschaftliche Zweckbestimm u n g nicht wesentlich betroffen, u n d das Risiko, überhaupt einen Prozeß führen zu müssen, k a n n nicht einmal als konkrete Vermögensgefährdung, v i e l weniger denn als Vermögensschaden, angesehen werden 1 7 8 . Z w a r mag es Fälle 173 174

S.1113. 175

Vgl. BGHSt. 16 S. 321. Zögernd noch RGSt. 76 S. 49; i m einzelnen dazu Bockelmann,

DR 1942

Dazu Bockelmann, Kohlrausch-Festschr. S. 249. Vgl. BGHSt. 8 S. 46 ff. ; Maurach, B. T. S. 323. 177 Vgl. BGHSt. 12 S. 347 ff. 178 So auch für den F a l l des Risikos, einen Prozeß u m streitigen V e r sicherungsschutz führen zu müssen: BGHSt. 21 S. 114; vgl. auch Cramer , Vermögen, S. 128 f.; anders jedoch bezüglich des Vindikationsprozesses die ständ. Rspr. — Sittlichen M a k e l u n d Prozeßrisiko sehen als Vermögensschaden an: RGSt. 73 S. 61 ff. m i t zustimm. A n m . Mezger, Z A k D R 1939 S. 203; BGHSt. 1 S. 92 ff., 3 S. 370 ff. m i t ablehn. A n m . R. Maurer, N J W 1953 S. 1480; B G H G A 1956 S. 181; O L G H a m b u r g N J W 1956 S. 392; Jagusch, L K I I A n m . I I I 4 i v o r § 249; Lackner-Maassen, a. a. O. § 263 A n m . 7 b, aa, 176

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1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

gutgläubigen Erwerbs geben, i n denen sich der Käufer moralisch verpflichtet fühlt, die gekaufte Sache dem ursprünglichen Eigentümer zurückzugeben. Dieses scheint f ü r die Ansicht Bockelmanns 170 u n d Langes180, die auch i n der neueren Rechtsprechung A n k l a n g gefunden h a t 1 8 1 , zu sprechen, daß auf die konkreten Umstände des Einzelfalles abzustellen ist. E i n Schaden könnte z.B. dann bejaht werden, w e n n zwischen dem Käufer einer unterschlagenen Sache u n d dem Eigentümer dieser Sache seit langem Geschäftsbeziehungen bestehen, die gestört zu werden drohen. — I m Rahmen zivilrechtlicher Gewährleistungsansprüche oder einer Irrtumsanfechtung erscheint die Berücksichtigung solcher Umstände auch ohne weiteres angemessen. I m Strafrecht spricht aber mehr f ü r die grundsätzliche Ablehnung des Vermögensschadens. Gerade i m Falle der T r ü b u n g von Geschäftsbeziehungen zeigt sich, daß es nicht der sittliche M a k e l der Sache ist, der das Ergebnis ausschlaggebend beeinflußt, daß vielmehr die persönlichen Beziehungen zwischen Erwerber u n d Eigentümer allein bedeutsam sind. Die Problematik liegt hier nicht i m wirtschaftlichen, sondern i m persönlichen Bereich. Die Tatsache, daß durch Störung der persönlichen Beziehung wirtschaftliche Folgen ausgelöst werden können, ändert den Charakter der Beziehungen nicht. Auch derjenige, der ζ. B. v o n einem D r i t t e n einen H u n d gekauft hat, den sein ursprünglicher H e r r i n großer Not zu einem Spottpreis an einen D r i t t e n veräußert hat, mag sich u. U. gezwungen sehen, seinen Besitz zu opfern oder durch kostspielige Pflege und Speisen sich i n Unkosten zu stürzen, u m wirtschaftliche Beziehungen zum ursprünglichen Eigentümer des Hundes günstig zu gestalten. Den wirtschaftlichen Wert des Kaufgegenstandes betreffen diese Überlegungen aber nicht. Wenn daher die Rechtsprechung inzwischen von der Theorie des sittlichen Makels abgerückt i s t 1 8 2 , u n d damit wieder zu „jenem M o r a l u n d Recht spaltenden k o n s t r u k t i ven Rechtsdenken, w i e es unter Vernachlässigung der i m Volke lebenden sittlichen Vorstellungen schließlich zu einer Spaltung v o n V o l k u n d Justiz führen m u ß t e " 1 8 3 , zurückgekehrt ist, so sollte auch der inzwischen v o n der Rechtsprechung gefundene Ausweg, den Schaden m i t der Rufgefährdung desjenigen, der m i t einem Prozeß überzogen w i r d , zu begründen 1 8 4 , aufgegeben werden, sonst „ w i r d der Betrug i n ein D e l i k t gegen die Ehre verfälscht" 1 8 5 . hh) Schaden, w e n n jemand ein Grundstück, Gemälde oder anderes Objekt f ü r 1000 D M erwerben w i l l , w e i l sein Vertragspartner i h m vorspiegelt, das Gut habe einen gemeinen Wert von 2000 D M , obwohl der Wert n u r 1000 D M beträgt. Auch i n diesem F a l l w i r d nicht auf einem U m w e g eine Gewinnchance als selbständiger Vermögensbestandteil anerkannt, sondern allein der doch bereits stark eingeschränkt gegenüber Dreher-Maassen, a. a. O. § 263 A n m . 6 b ; Sauer, B . T . S. 91; Linkhorst, DR 1939 S. 156—157; SchönkeSchröder, StGB § 263 Rn. 82; Weigelin, ZStW 61 (1942) S. 293 ff. — a. A . RGSt. 49 S. 16; Gutmann, M D R 1963 S. 94; Maurach, B. T. S. 325; ders., N J W 1961 S. 629; Mittelbach, JR 1961 S. 69; Naucke, Betrug S. 179 ff.; Oehler, G A 1956 S. 161 ff.; Niemeyer, a. a. O. S. 41 ff.; grundsätzlich auch Traub, N J W 1956 S. 450 f. 179 J Z 1952 S. 463 f. 180 Kohlrausch-Lange, StGB § 263 A n m . V 2 g. 181 Vgl. ζ. B. BGHSt. 15 S. 87—88. 182 Vgl. z. B. BGHSt. 15 S. 87. 183 Linkhorst DR 1939 S. 157. 184 Vgl. B G H G A 1956 S. 182; BGHSt. 15 S. 87 m i t zustimmender A n m . von Geier, L M § 263 Nr. 51 u n d Tröndle, G A 1962 S. 243 f.; ablehnend: Maurach, B . T . S. 325; ders., N J W 1961 S. 629; Mittelbach, JR 1961 S. 70; Gutmann, M D R 1963 S. 94. 185 Maurach, B. T. S. 325.

III. Der Vermögensbegriff

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Tatsache Rechnung getragen, daß das Vermögen einer Person sich i n einer von der Person dynamisch strukturierten Einheit befindet. Die Änderung dieser Gestalt der Einheit ist zwar dann nicht als Schaden anzusehen, w e n n die Vermögensperson die von i h r gewollten wirtschaftlichen Zwecke erreicht, dieses ist aber nicht der Fall, w e n n ein Bargeldbestand i n ein Vermögensgut gleichen Wertes umgetauscht w i r d , obwohl der Berechtigte durch die Übertragung des Bargeldes den Wert des Sachvermögens erhöhen wollte. Gerade w e i l eine unterschiedliche Wertschätzung des gleichen Gutes durch verschiedene Personen möglich ist, k a n n der Handelsverkehr überhaupt stattfinden 186. Diese Tatsache k a n n das Strafrecht nicht ignorieren. Geschädigt ist demgemäß derjenige, der nicht das erhält, was er nach dem Vertragsinhalt von seinem Vertragsgegner erhalten sollte. Der Minderwert der erhaltenen Leistung gegenüber der gewollten Leistung ist der Schaden. U m diesen Betrag hat der Leistende mehr hingegeben als i h m das Objekt wert war. Zutreffend hat Lenckner 167 darauf hingewiesen, daß der Käufer i n den Fällen der Z u sicherung eines bestimmten höheren Handelswertes von seinem Recht auf Minderung Gebrauch machen kann. Dieses Recht ist dem Käufer aber nicht aus allgemeinen Billigkeitserwägungen oder aus Gründen besonderen Dispositionsschutzes gegeben, sondern w e i l auch der Gesetzgeber davon ausgeht, daß derjenige geschädigt ist, der den vollen Preis für eine Sache bezahlt, obw o h l dieser zugesicherte, einen höheren Handelswert begründende Eigenschaften fehlen. Dem Verkäufer geschieht durch diese Auslegung kein U n recht, denn er weiß genau, daß der Käufer sein Vermögensgut i n bestimmter Weise bewertet u n d n u r deshalb hergibt, w e i l er meint, daß der i n der H e r gabe des Gutes liegende Verlust durch den Gewinn eines höheren Handelswertes ausgeglichen ist. — K e i n Schaden hingegen, w e n n jemand ein Objekt, ζ. B. ein Gemälde, kauft, dessen Wert streitig ist, i h m aber wahrheitswidrig versichert w i r d , das Objekt sei Jahrhunderte i m Besitze einer alten Adelsfamilie gewesen, denn diese A r t des Vorbesitzes allein w i r d grundsätzlich nicht als besonderer Wertfaktor v o n der Rechtsgesellschaft anerkannt. ii) Schaden, w e n n jemand eine Sache zum üblichen Ladenpreis kauft, den K a u f aber n u r tätigt, w e i l i h m weisgemacht w i r d , der i h m genannte Preis liege 20 °/o unter dem preisrechtlich gebundenen Ladenpreis 1 8 8 . Nach subjektiver Wertung k a n n nämlich i m Falle zahlloser Güter, bei deren Verkauf hohe Gewinnspannen garantiert sind, der Ladenpreis zu teuer erscheinen, während die eigene K a l k u l a t i o n ergibt, daß ein u m 2 0 % geringerer Preis durchaus akzeptabel ist. Dabei ist aber zu beachten, daß ein Schaden n u r dann zu bejahen ist, w e n n feststeht, daß der Käufer das Objekt sonst überhaupt nicht gekauft hätte, oder ein billigeres Gut den Zwecken des Käufers v o l l entsprochen hätte. Dann ist allerdings auch, entgegen der Ansicht des B G H 1 8 9 unerheblich, ob der Käufer durch die eingegangene Verpflichtung zu v e r ΐ8β Y g i d a z u Bockelmann, Kohlrausch-Festschr. S. 243. 187 N J W 1962 S. 59; ders., M D R 1961 S. 654; dazu auch Cramer, Vermögen S. 190 ff. 188 I n der Regel w i r d n u r eine Täuschung über einen Festpreis relevant sein, da die sog. Richtpreise den üblichen Handelswert nicht angeben, denn sie werden gemeinhin unterboten. Die Vortäuschung eines „besonders günstigen Geschäfts" schließlich ist irrelevant. Diese Anpreisung ist sozialadäquat genau w i e die Behauptung, günstiger werde eine Sache nie wieder erworben oder es sei schon ein anderer Interessent da; vgl. Bockelmann, ZStW 79 (1967) S. 33. ' 1 8 9 Vgl. BGHSt. 16 S. 321 ff.; dazu Eser, G A 1962 S. 290 ff. u n d Schröder, N J W 1962 S. 721 f.

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1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

mögensschädigenden Maßnahmen genötigt w i r d oder infolge der Verpflicht u n g nicht mehr über die M i t t e l verfügen kann, die zur ordnungsgemäßen E r f ü l l u n g seiner Verbindlichkeiten oder sonst f ü r eine seinen persönlichen Verhältnissen angemessene Wirtschafts- oder Lebensführung unerläßlich sind. — K e i n Schaden, w e n n feststeht, daß es eine Ware m i t vergleichbarer Zweckdienlichkeit zu günstigerem Preise nicht auf dem Markte gibt, w e n n der Käufer die Ware i n jedem Falle gebraucht hätte u n d auch der Zeitpunkt des Ankaufs der gleiche geblieben wäre. (Wenn die Frage des Anschaffungszeitpunkts erheblich ist, k a n n es allerdings f ü r die Frage eines Schadens maßgeblich sein, ob der Käufer durch die Anschaffung gehindert ist, andere beabsichtigte wirtschaftliche Zwecke zu erreichen.) K e i n Schaden auch, w e n n dem Käufer vorgespiegelt w i r d , der Verkaufspreis der Ware müßte nach den i n der Branche üblichen Gewinnspannen u m 20 °/o höher liegen. j j ) Schaden, w e n n jemand ein Buch des Schriftstellers X haben w i l l u n d ein Buch des Schriftstellers Y zum gleichen Thema erhält. Auch unter wirtschaftlichen Wertgesichtspunkten liegt hier keine Identität vor. — K e i n Schaden, w e n n es dem Käufer lediglich darauf ankommt, ein Buch zu einem bestimmten Thema zu erhalten, ohne daß er einen bestimmten Wert auf den A u t o r legt. kk) Schaden, w e n n ein Eintrittsbillett zu einem F i l m zum üblichen Preis gelöst w i r d , w e i l dem Kinobesucher vorgespiegelt w i r d , die Hauptdarstellerin des Filmes zeige i n einem Strip-tease auf der Bühne, daß sie sich während der Filmaufnahmen keineswegs durch ein Double habe vertreten lassen. Hier w i r d zu dem Preis einer Leistung A eine üblicherweise geldwerte Leistung Β mitangeboten. — K e i n Schaden hingegen, w e n n ein B i l l e t t gelöst w i r d , w e i l der F i l m angeblich bereits i n der 13. Woche gezeigt w i r d , während er erst 3 Tage läuft, oder w e i l die Hauptdarstellerin anwesend sei oder w e i l bereits bekannte Persönlichkeiten des K u l t u r - oder Skandallebens sich den F i l m angeschaut haben. H i e r handelt es sich nicht u m Wertfaktoren, die nach der V e r kehrsanschauung den Preis einer Leistung mitbestimmen 1 9 0 , mag die Entscheidung auch auf der Grenze liegen. C) E i n Schaden i s t w e i t e r i n j e n e n V e r m ö g e n s f u n k t i o n s s t ö r u n g e n z u sehen, die z w a r die Substanz der d e m V e r m ö g e n s o b j e k t z u r N u t z u n g z u r V e r f ü g u n g stehenden V e r m ö g e n s g ü t e r n i c h t v e r l e t z e n , j e d o c h die zweckbezogene O r g a n i s a t i o n dieser G ü t e r stören. E i n e n Schaden h a t der U n t e r n e h m e r , dessen A b l a g e aus O r d n e r n e n t f e r n t u n d a u f e i n e n g r o ß e n H a u f e n g e w o r f e n w i r d , dessen L o c h k a r t e i d u r c h e i n a n d e r gebracht w i r d u n d dessen a u f e i n a n d e r eingestellte P r o duktions- u n d Verpackungsmaschinen verstellt werden 191. I m p r i v a t e n B e r e i c h t r i t t e i n d e r a r t i g e r Schaden auf, w e n n ζ. B . d e r Papagei, der z u r F r e u d e seiner B e s i t z e r i n f r o m m e W e i s h e i t e n w i e d e r h o l t , d a z u gebracht w i r d , v o n n u n a n n u r n o c h w i e e i n S e e m a n n z u fluchen 1 9 2 , d e n n sein Z w e c k , die d u n k l e n S t u n d e n seiner B e s i t z e r i n d u r c h e r b a u l i c h e Sprüche 190 191 192

Vgl. auch dazu Gallas, Eb. Schmidt-Festschr. S. 430. Vgl. auch Mertens, a. a. O. S. 161. Vgl. Maurach, B. T. S. 191.

III. Der Vermögensbegriff

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zu erhellen, ist vernichtet. Damit ist der Wert des Objekts für die Besitzerin vermindert, mag sich auch der gemeine Handelswert wesentlich erhöht haben. d)

Unter dem Gesichtspunkt der Funktionsstörung ist sodann weiter die Erschleichung geldwerter Leistungen zu bewerten. Wer gegen Entgelt ein Verkehrsmittel zur Verfügung stellt, eine Theateraufführung oder ein Fest veranstaltet, ist geschädigt, wenn jemand die Beförderung oder den Eintritt ohne Entgelt erlangt bzw. sich auf einen teureren Platz setzt als den, für den er bezahlt hat. Dabei ist es gleichgültig, ob eine andere Person den Platz gegen Bezahlung eingenommen hätte. Der Täter nimmt eine geldwerte Leistung i n Anspruch, die nach der Vermögensorganisation des Berechtigten nur gegen Entgelt zu haben war. I n der Inanspruchnahme als solcher liegt bereits die Schädigung. Einen Schaden erleidet daher auch die Eisenbahngesellschaft, die einen „blinden Passagier" befördert, obwohl ζ. B. der Zug unabhängig von diesem Fahrgast dieselbe Strecke m i t demselben Kostenaufwand zurückgelegt hätte 1 9 3 . I n gleicher Weise ist geschädigt, wer eine bestimmte Leistung erbringt, die nach dem Willen der Parteien bezahlt werden sollte, das Entgelt jedoch nicht erhält. Wer einen fremden Garten umgräbt, wer auf einer Veranstaltung als Künstler auftritt, wer seine Arbeitskraft vertraglich für bestimmte Zwecke festlegt, hat einen Vermögensschaden erlitten, wenn er die Gegenleistung nicht erhält. Seine eigene Leistung hat dann ihren Vermögenszweck verfehlt. Der Schaden liegt daher i n der eigenen Leistung, doch kann der Schadenseintritt erst dann festgestellt werden, wenn die Gegenleistung nicht erfolgt.

e) Werden hingegen Rechtspositionen beeinträchtigt, die dem Rechtssubjekt keinen ausschließlichen Nutzungsspielraum gewähren — Erwerbs-, Sicherungs- und Verwertungsrechte —, so ist der Vermögensschaden nicht bereits i n der Beeinträchtigung dieser Forderungen zu sehen. 193

Zutreffend hat Bockelmann — DR 1941 S. 2663 f. — darauf hingewiesen, daß die h. M . auch i n diesen Fällen keinen Vermögensschaden k o n s t r u k t i v begründen kann, w e i l ζ. B. das Vermögen der B a h n auch nach der Fahrt m i t einem blinden Passagier nicht verändert ist. Dem V o r t e i l der unentgeltlichen Beförderung entspricht k e i n rechnerisch nachweisbarer Vermögensnachteil der Bahn. — Der personalen Vermögenslehre bereiten diese Fälle keine Schwierigkeiten; vgl. auch Bockelmann, DR 1941 S. 2664. Z u beachten ist hier aber, daß der Betrug oftmals am Fehlen einer Täuschung scheitern w i r d , so z.B. w e n n der Täter die Vorstellung des Schaffners, alle Mitreisenden seien i m Besitz eines gültigen Fahrtausweises, nicht korrigiert; dazu BockelmannEb. Schmidt-Festschr. S. 439.

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1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

A l l e i n die Behauptung einer Gläubigerstellung oder die Vorspiegelung, eine geschuldete Leistung bereits erbracht zu haben, begründet noch keinen Schaden. Erst der infolge der „Vermögensstörung" eintretende Vermögensausfall kann als Schaden interpretiert werden. War ζ. B. eine Forderung auf Übereignung einer Sache oder die Zahlung einer Geldsumme gerichtet, so liegt ein Schaden i n Höhe des Sachwertes oder der Geldsumme vor, wenn die Leistung ohne die Beeinträchtigung der Vermögensbeziehung erbracht worden wäre. Keinen Schaden erleidet demgemäß der Inhaber einer Geldforderung, wenn sein Rechtsanwalt eine Forderung verjähren läßt, der Schuldner aber dennoch zahlt oder wenn feststeht, daß der Schuldner lange vor Eintritt der Verjährung bereits zahlungsunfähig war 1 9 4 . f)

Nicht u m eine Beeinträchtigung der einzelnen Vermögensgüter oder die Störung konkreter Vermögenspositionen handelt es sich i n den Fällen der Belastung des Vermögens m i t einer Verbindlichkeit, der kein Äquivalent entgegensteht. Keine einzelne der konkreten Vermögensbeziehungen des Rechtssubjekts w i r d hier gestört, sondern seine gesamte Vermögensorganisation w i r d i n Mitleidenschaft gezogen, i h m zur Verfügung stehende Möglichkeiten werden beschnitten, weil die Vermögensperson i m Rahmen der zu treffenden Vermögensdisposition darauf Rücksicht nehmen muß, daß sie die ihr auferlegten Verbindlichkeiten i m rechten Zeitpunkt erfüllen kann. W i r d jemand daher dazu gebracht, die Existenz einer Forderung anzuerkennen, so t r i t t der Schaden nicht erst m i t der Erfüllung ein, wenn die Forderung i n Wirklichkeit nicht besteht, sondern bereits m i t der Anerkennung der Forderung. Gleiches gilt, wenn es jemand unterläßt, einen Gewinn zu machen, weil i h m ein Geldbedarf eingeredet wird, ζ. B. i h m Rücklagen für den Neukauf demnächst i m Handel erscheinender Maschinen nahegelegt werden, die i m Konkurrenzkampfe notwendig seien, die aber i n Wirklichkeit noch nicht einmal erfunden sind. I n diesen Situationen handelt es sich nicht u m eine Vermögensgefährdung, die lediglich einem Schaden gleichgestellt wird, sondern die Verkürzung der Entfaltungsmöglichkeiten der Vermögensperson i m wirtschaftlichen Raum stellt einen aktuellen Schaden dar 1 9 5 » 1 9 β . 6. Zusammenfassung

Der hier entwickelte Vermögensbegriff — Vermögen als gegenständlich gewährleistete Potenz der Person i m wirtschaftlichen Raum — ist 194

Vgl. auch Mertens, Vgl. auch Mertens, 196 Nicht entschieden auf Täuschung beruhen, S. 283. 195

a. a. O. S. 150. a. a. O. S. 164. ist damit, ob durch derartige Manöver, w e n n sie der Betrugstatbestand erfüllt ist; dazu vgl. unten

III. Der Vermögensbegriff

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wesentlich durch personale Elemente gekennzeichnet. Er beruht auf dem Gedanken, daß der Vermögensschutz nicht Schutz irgendwelcher Gegenstände oder abstrakter Geldsummen sein kann, die deshalb geschützt werden, weil sie einer Person zugeordnet werden und objektiv betrachtet einen Geldwert darstellen, sondern daß ein Vermögensschutz sinnvoll nur deshalb zu rechtfertigen ist, weil das Haben von Vermögensgütern der Vermögensperson einen Entfaltungsspielraum i m gegenständlichen Raum gewährleistet, i n dem sich das Rechtssubjekt frei entfaltet. Dieses Vermögen ist durch die Zwecksetzung der Person strukturierte Einheit, die nicht abschließend i n ihre Einzelteile — Sachen, Rechte, Besitz usw. — aufgeteilt werden kann, ohne daß die Einheit ihre Identität verlöre. Die konkrete Herrschaftsbeziehung w i r d aber mißachtet und i n ein lediglich zufälliges Zuordnungsprinzip umgedeutet, wenn man versuchen w i l l , das Vermögen objektiv-summativ zu erfassen. Auch dann ist zwar noch ein subjektives Element i n der Vermögensbeziehung beachtlich, dieses ist aber notwendig austauschbar, weil abstrakt und ohne individuelle Züge. Da jedoch eine allgemeine Austauschbarkeit der Vermögensperson nur möglich wäre, wenn sich die personale Individualität i m Rahmen der Vermögensbeziehung überhaupt nicht oder nur unwesentlich auswirkte — nur dann wäre eine objektive Wertbestimmung eines jeden Vermögensgutes möglich —, muß auch die h. M. Konzessionen machen und den individuellen Verhältnissen Rechnung tragen; denn es ist offensichtlich, daß die individuelle Vermögensorganisation einen der bedeutendsten Wertbildungsfaktoren für das Vermögen darstellt. Es ist deshalb einleuchtend, daß die Ergebnisse der herkömmlichen Vermögenslehren i n weiten Bereichen m i t denen der hier entwickelten Vermögenstheorie übereinstimmen. I m Gegensatz zur h. M. bleiben aber nicht Umfang und A r t der Berücksichtigung individueller Verhältnisse verschwommen und zufällig. I m Denkschema der h. M. bleibt die Frage der Abgrenzung des „personalen Einschlags" der Vermögensbeziehung ungeklärt. Zumutbarkeitserwägungen i m konkreten Fall — es ist objektiv zu entscheiden, ob eine bestimmte Gegenleistung adäquater Ausgleich einer Vermögensminderung ist, wobei nicht maßgeblich ist, ob das Rechtssubjekt i m Rahmen seiner Vermögensorganisation den erworbenen Gegenstand gebrauchen wollte, sondern nur ob es ihn gebrauchen kann — treten an die Stelle konstruktiver Kriterien. I m Gegensatz dazu läßt sich — wie oben gezeigt wurde — das personale Moment innerhalb der Vermögensund Schadensbeziehung sehr klar erfassen, wenn man darauf abstellt, ob eine Identität der wirtschaftlichen Zweckbewältigung erreicht w i r d oder nicht. Gleichfalls sind die Stellungnahmen der h. M. zum Schadensproblem beim Fehlschlagen von Aufwendungen durch ein anerkennens6 Otto

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1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

wertes Rechtsgefühl begründet, sie basieren aber nicht auf sinnvollen Konstruktionen. Für eine personale Vermögenslehre stellen sich hier keine besonderen Probleme, weil sie als Einzelbestandteil des Vermögens nicht die einzelnen Vermögensgüter ansehen kann, sondern stets die dem konkreten Vermögenssubjekt durch das Haben dieses Gutes vermittelte wirtschaftliche Position, die einer Bewertung unterliegt. Die Verkürzung der Vermögenspotenz ist der Schaden. Die Verminderung des w i r t schaftlichen Potentials entscheidet allein und eindeutig darüber, ob ein Vermögensschaden vorliegt oder lediglich eine Störung der Dispositionsfreiheit. Ein geringerer Geldwert des Gesamtvermögens braucht nicht nachgewiesen zu werden. Daß damit nicht einer subjektiv-willkürlichen Einschätzung von Vermögen und Schaden Raum gegeben wird, folgt aus der Beachtung der notwendigen objektiven Elemente der Vermögensbeziehung, die dadurch gekennzeichnet sind, daß die Rechtsgesellschaft das Objekt generell als Vermögensgut ansieht, und daß die Herrschaftsbeziehung sowohl objektiv bestehen — Herrschaft haben heißt nicht auch Herrschaft haben werden — wie ihrerseits von der Rechtsordnung anerkannt sein muß. Werden diese Elemente der Vermögensbeziehung beachtet, so ist die Entscheidung, ob ein Potenzverlust i m wirtschaftlichen Bereich eingetreten ist, durchaus objektiv zu treffen, wenn die konkrete wirtschaftliche Zwecksetzung des Vermögensträgers berücksichtigt wird. Innerhalb der wissenschaftlichen Diskussion knüpft die hier entwikkelte personale Vermögenslehre weitgehend an Überlegungen von Bockelmann 197, Gallas 198 und Hardwig 199 an. I m Zivilrecht entspricht dieser Grundposition die von Mertens entwickelte Vermögenslehre, obwohl Mertens seinen Vermögensbegriff ζ. T. von anderen Ausgangspunkten her und konfrontiert m i t zahlreichen i m Strafrecht nicht bedeutsamen Problemen entwickelt hat 2 0 0 . I n der Betriebswirtschaftslehre finden sich verwandte Grundlagen, insbesondere bei Schmaleribach, Nicklisch und Wäckerlin 201. 197 Vgl. Kohlrausch-Festschr. S. 226 ff.; JZ 1952 S. 461 ff., Mezger-Festschr. S. 378 f. 198 Vgl. Gleispach-Festschr. S. 56 u n d auch Eb. Schmidt-Festschr. S. 401 ff., obwohl Gallas hier — S. 430 A n m . 76 — seinen ursprünglichen Standpunkt ζ. T. ausdrücklich aufgegeben hat. 199 G A 1956 S. 6 ff.; i m Ergebnis ähnlich jetzt auch Mohrbotter, G A 1969 S. 227 ff. 200 Mertens: „Der Begriff des Vermögensschadens i m Bürgerlichen Recht", (1967); auch Fikentscher, a. a. O. S. 243 scheint grundsätzlich einer subjektiven Vermögenslehre nahezustehen, doch w i r d diese nicht eingehend begründet. 201 Vgl. Wäckerlin, a. a. O. S. 20 ff. u n d 28 ff.; desgl. Mertens, a. a. O. S. 129 A n m . 33; i m übrigen vgl. oben S. 64 A n m . 145.

III. Der Vermögensbegriff

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Wie bereits angedeutet, ist die h. M. i n ihren Ergebnissen von denen dieser personalen Vermögenslehre nicht soweit entfernt, wie es scheinen mag. Die sachlich richtigen übereinstimmenden Problemlösungen ergeben sich jedoch keineswegs aus dem konsequent durchgeführten w i r t schaftlichen Vermögensbegriff, sondern gerade aus seiner Vernachlässigung i n bestimmten Problemsituationen. Der konstruktive Fehler der wirtschaftlichen, juristisch-ökonomischen und juristischen Vermögenslehre, das Vermögen als Gesamtgeldsumme und nicht als Gewährleistung wirtschaftlicher Potenz zu erfassen, muß ζ. B. bei der juristischen Vermögenslehre die Gefahr der Verwechslung von Störung der Dispositionsfreiheit und Vermögensschädigung begründen. W i r d nämlich mißachtet, daß nicht jede Beeinträchtigung eines Vermögensrechts ein Schaden sein kann, sondern nur eine solche, die zur Verminderung der durch das Recht vermittelten Position führt, kann zwischen Dispositionsstörung und Vermögensschaden nicht mehr getrennt werden. Der w i r t schaftliche Vermögensbegriff führt andererseits zu einer willkürlichen Sicherung einer bestimmten abstrakten Geldsumme unter Mißachtung der Tatsache, daß nicht die Geldsumme als solche schon schutzwürdig ist, w e i l sie einer bestimmten Person zugeordnet wird, sondern daß eine Vermögenssicherung i n unserer Rechtsordnung nur deshalb sinnvoll erscheint, weil sie zugleich auch immer Gewährleistung der freien Persönlichkeit darstellt. Die juristisch-ökonomische Betrachtungsweise erweist sich zwar als flexibler i n der Fallösung als die beiden Lehren, auf denen sie aufbaut. Dieses ist aber ihr einziger Vorteil, denn die Mängel i m konstruktiven Bereich werden auch von dieser Lehre nicht behoben. Der dualistisch-dialektische Vermögensbegriff Mohrbotters 202 kommt über die Ausgangsposition der herrschenden Lehre nicht hinaus. Indem Mohrbotter das Vermögen sowohl als „Summe seiner Teile" als auch als „abstrakte Werteinheit" definiert, hat er die Ausgangsposition des j u r i stischen m i t der des wirtschaftlichen Vermögensbegriffs vereint. Der scheinbare Vorteil dieser Konstruktion erweist sich aber als ihr Nachteil, denn hier w i r d nicht mehr ein Begriff verwendet, sondern aus zwei verschiedenen Begriffen heraus argumentiert. Der Oberbegriff fehlt, denn ein Begriff ist niemals definierbar durch ein „sowohl . . . als auch . . . " . Eine Aufzählung macht keinen Begriff aus, sondern erst die Zusammenfassung der wesentlichen Merkmale einer Sache unter einer leitenden Hinsicht 2 0 3 . Gallas, der den Betrug seinem unmittelbaren Angriffsobjekt nach als ein Delikt gegen das Vermögen i n seinem konkreten Bestand, den geschützten Interessen nach jedoch als ein Delikt, das auf Schmäle202

Betrug S. 65 ff. ; anders jetzt aber i n G A 1969 S. 227 ff. Das ist unbestreitbar, denn es würde auch w o h l niemand auf die Idee kommen, den Begriff H u n d als Dackel w i e auch Pudel zu definieren, w e i l Dackel u n d Pudel Hunde sind. 203

6*

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1. Kap. : Das Vermögen als Rechtsgut der Vermögensdelikte

rung des Gesamtgeldwertes gerichtet ist 2 0 4 , auffaßt, erliegt diesem Fehlschluß keineswegs, wie Mohrbotter offenbar meint, wenn er Gallas für seine Meinung zitiert 2 0 5 . Gallas definiert nicht das Vermögen zweifach i n einander ausschließender Weise, sondern unterscheidet scharf zwischen Vermögen und geschütztem Vermögensinteresse. Der dynamische Vermögensbegriff Esers 206 kommt i n einem Teilbereich, soweit nämlich die Vermögensfunktionsstörung als Vermögensschaden i n Rede steht, zu gleichen Ergebnissen, wie sie hier begründet wurden. Der Versuch Esers, vom wirtschaftlichen Vermögensbegriff her zur Anerkennung der Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit als Vermögensschaden zu gelangen 207 , muß aber fehlschlagen. Nach Ablehnung der personalen Vermögenslehre Bockelmanns m i t der Begründung, Bockelmann beziehe die Dispositionsfreiheit i n vollem Umfange i n den Schutz des Vermögens ein, begründet Eser nicht, warum die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit i m Rahmen des wirtschaftlichen Vermögensbegriffs überhaupt, und wenn auch nur teilweise, als Vermögensgut anzusehen ist. Zutreffend weist Eser vielmehr nur nach, daß zahlreiche Ergebnisse der h. M. unter dem Gesichtspunkt sinnvollen Vermögensschutzes sachgemäß erscheinen. Aus der objektiven Seite des Vermögensbegriffs ergibt sich keineswegs, daß ein Schaden vorliegt, wenn Aufwendungen zum Zwecke einer Vermögensvermehrung fehlschlagen, wenn langfristige Liquidationsbeschränkungen eintreten oder hochverzinsliche Kredite aufgenommen werden müssen, die unter anderen Umständen hätten vermieden werden können. Aus der Tatsache, daß Vermögen niemals Ruhe, sondern Bewegung ist, ergibt sich leider nicht zwingend, daß „solche noch i n Bewegung befindlichen Vermögenswerte wie Anwartschaften, Gewinnaussichten oder Kundenkreise von Gewerbetreibenden" i n den Schutz des Vermögens einzubeziehen sind. Durch die scharfe Ablehnung der Ausführungen Bockelmanns schneidet sich Eser die zutreffende Begründung seiner Thesen ab.

204 205 206 207

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Eb. Schmidt-Festschr. S. 432. BetrugS. 69. G A 1962 S. 289 ff., insbes. S. 295 f. G A 1962 S. 295 f.

2. Kapitel

Die Systematik der Vermögensdelikte I. Erörterte Einteilungsprinzipien Für den Versuch einer Systematik der einzelnen Vermögensdelikte bieten sich grundsätzlich zwei Gliederungsmöglichkeiten an: Die Einteilung nach dem jeweils geschützten konkreten Rechtsgut oder die Differenzierung nach Modalitäten — A r t oder Motiven — des verletzenden Eingriffs. Von beiden Einteilungsprinzipien ist i m Rahmen der Systematisierung der Vermögensdelikte wiederholt Gebrauch gemacht worden. — I n den Lehrbüchern der letzten Jahrzehnte w i r d überwiegend die Einteilung nach dem konkreten Schutzobjekt bevorzugt; v. Liszt-Schmidt 1 z.B. trennen zwischen Delikten gegen dingliche Rechte, gegen Zueignungsrechte, gegen Forderungsrechte und gegen das Vermögen überhaupt. Welzel 2 und Maurach 3 legen eine Dreiteilung zugrunde: Eigentumsverbrechen, Straftaten gegen Aneignungs-, Forderungs- und Sicherungsrechte (spezialisierte Vermögenswerte) und Verbrechen gegen das gesamte Vermögen. Es ist offenbar, daß eine derartige Einteilung gerade unter systematischen Gesichtspunkten wenig befriedigt, denn die letzte Gruppe, Delikte gegen das Vermögen als Ganzes, wiederholt den Oberbegriff, den die anderen Gruppen spezialisieren, so daß hier streng genommen keine Gliederung, sondern eine bloße Aufzählung vorliegt. Jedoch scheint eine sinnvollere Zusammenfassung einzelner Gruppen nach A r t des Schutzobjekts kaum möglich, weil die Deliktstatbestände des geltenden Vermögensstrafrechts nicht durch Zerlegung des Vermögensbegriffs und Ausgestaltung einzelner scharf umrissener Schutzsphären gebildet w o r den sind, sondern historisch gewachsene Tatbestände darstellen, für deren Entwicklung jeweils verschiedene Einflüsse und Schutzbedürfnisse maßgeblich waren. Diese Einsicht hat einerseits dazu geführt, innerhalb der Darstellung der Vermögensdelikte weitere kleinere Einheiten zu bilden, die gleichfalls keine gleichwertigen Untergruppen darstellen, weil auch hier den Angriffen gegen spezialisierte Rechtsgüter 1 2 3

Vgl. a. a. O. S. 606 ff. Vgl. Lb. S. 339. Vgl. B. T. S. 186 ff.

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2. Kap.: Die Systematik der Vermögensdelikte

wiederum Delikte gegen alle Vermögensgüter gegenübergestellt werden 4 . Andererseits wurde die Konsequenz gezogen, die Einteilung nach dem verletzten Rechtsgut insgesamt als unbrauchbar zu verwerfen und die zweite Möglichkeit, die Gliederung nach Modalitäten des verletzenden Angriffs, gewählt. So bildete Sauer sein System nach dem Charakter des „dem Verbrechenstyp zugrunde liegenden typischen Willens" und ordnete die meisten Vermögensdelikte als Nutz- oder Notdelikte, die Sachbeschädigung hingegen als reines Angriffsdelikt (Schädigungsdelikt) ein 5 . Damit wurde jedoch die Eigenständigkeit der Vermögensdelikte als einer selbständigen Deliktsgruppe aufgegeben. — Bockelmann meint, dem Gesetz die deutliche Einteilung der Vermögensverbrechen i n Wertverschiebungs- und Sachaneignungsdelikte entnehmen zu können 6 . Typisches Wertverschiebungsdelikt wäre nach dieser Einteilung der Betrug, beispielhaft für ein Sachaneignungsdelikt die Unterschlagung. Jedoch kann der Täter sich auch durch einen Betrug eine Sache aneignen, ja sogar vollwertiges Eigentum an der Sache erlangen — Zahlung des Kaufpreises einer Sache m i t falschem Geld —, so daß auch diese Differenzierung, sieht man die SacTianeignung i m Gegensatz zum Vermögensioertzuwachs als Unterscheidungsmerkmal an, nicht hinreichend scharf abgrenzt. Ist jedoch durch die Akzentuierung von Aneignung und Verschiebung eine Unterscheidung nach der Angriffsart gemeint — Aneignung: Täter allein w i r d aktiv; Verschiebung: auch Handlungen des Opfers sind notwendig —, so w i r d die Einordnung dort schwierig, wo die Typik des Verhaltens der Beteiligten nicht i n jedem Falle eindeutig ins Auge fällt, wie z.B. bei den Bankrottdelikten und der Untreue. Auch müßte für die „reinen Schädigungsdelikte" eine dritte Gruppe gebildet werden. Das mag jedoch dahinstehen, denn Bockelmann benutzt die Gruppierung i m Rahmen einer Abgrenzung des Betruges von der Unterschlagung und nimmt darüber hinaus zu einer weiteren Systematisierung der Vermögensdelikte nicht Stellung. Schließlich ist hier der Versuch Heglers zu nennen, der die A r t des verletzenden Eingriffs differenzierend als Einteilungsprinzip verwertete 7 und zwei Gruppen bildete: die bloßen Vermögensentziehungsdelikte, bei denen nur eine Entziehung von Vermögensbestandteilen zu Lasten des Betroffenen stattfindet, und die Vermögensverschiebungsdelikte, bei welchen der Entziehung von Vermögensbestandteilen zu Lasten des betroffenen Vermögensinhabers eine Bereicherung des Täters oder eines Dritten um diese Vermögensbestandteile entspricht. 4 Vgl. z. B. R. v. Hippel, Lb. S. 234 ff. u n d Niethammer, der Legalordnung folgt. 5 B. T. S. 4 ff., 16 ff., 303 ff. 6 JZ 1960 S. 621. 7 Vgl. A R W P h I X S. 158 ff.

Lb. S. 226 f., der

I. Erörterte Einteilungsprinzipien

87

Genau gesehen ist aber hier nicht die A r t des Angriffs für die Klassenbildung maßgeblich, sondern die Verschiedenheit des Motivs, das hinter dem Angriff steht. Damit hatte auch Hegler wieder zu einer Differenzierung zurückgefunden, die dem gemeinen Recht durchaus geläufig war, nämlich zur Gegenüberstellung von Schädigungs- und Bereicherungsdelikten 8 . Sehr klar stellte Erhard diesen Unterschied heraus 0 : „Eigenthumsverletzungen, bey welchen keine Zueignung fremden Eigent u m e s beabsichtigt wird, sondern die Rache, Schadenfreude, Neid oder M u t h w i l l e n zur Veranlassung haben, machen eine eigene Gattung der Verbrechen aus." Der bei Sauer nicht mehr vorhandene Zusammenhang der Vermögensverbrechen bleibt hier gewahrt; überdies werden zwei sich ausschließende Klassen gebildet, i n deren Summe sich die Zahl der Vermögensdelikte erschöpft. A l l e i n die Richtigkeit dieser Gliederung soll hier bestritten werden. Die These Heglers, alle Vermögensverbrechen seien Vermögensentziehungsverbrechen, die Vermögensentziehung sei die leitende Hinsicht, unter der die übrigen Merkmale der Vermögensdelikte zusammenzufassen seien, erscheint angreifbar. I h r w i r d die These entgegengestellt, daß es neben den Vermögensentziehungsdelikten — seien es bloße Vermögensentziehungsdelikte oder Vermögensverschiebungsdelikte — Vermögensverbrechen gibt, die gerade nicht durch die Entziehung von Vermögen gekennzeichnet sind. Zu differenzieren sei vielmehr grundsätzlich zwischen Vermögensentziehungsdelikten und jenen Delikten, die das Vermögen durch Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Vermögenslage beeinträchtigen (Perpetuierungsdelikte). Die Richtigkeit dieser These ist vor allem andern zu beweisen. Der Einteilung der Vermögensdelikte i n Vermögensentziehungs- und Perpetuierungsdelikte kommt nämlich nicht nur ein gewisser pädagogischer Ordnungswert zu, sie bildet vielmehr den Hintergrund, vor dem eine weitreichende und über den Bedeutungsgehalt einzelner Tatbestände hinausgehende strukturelle Betrachtung der Vermögensdelikte als Einheit überhaupt erst möglich wird. Der einheitliche Vermögensbegriff ist zwar Voraussetzung für eine Erörterung der Vermögensdelikte i n einem umfassenden Zusammenhang, er gibt aber der Untersuchung noch nicht den notwendigen Halt, weil die geschützten Vermögensobjekte i n den einzelnen Tatbeständen i m allgemeinen hinreichend deutlich umschrieben sind, so daß seine Betonung nur für jene Delikte neue Erkenntnisse hervorbringen könnte, die das Vermögen schlechthin schützen. Dieses zeigte sich bereits bei der Bestimmung des Vermögensbegriffs. 8

S. 8.

Vgl. den Überblick u n d die eingehenden Nachweise bei Sauer, Diebstahl

9 a . a . O . S. 339 A r t . 1470; ähnlich k l a r : Dabelow, einerseits, § 190 andererseits.

a . a . O . §§ 149, 150—189

88

2. Kap.: Die Systematik der Vermögensdelikte

Wären daher innerhalb jener Delikte, die das Vermögen schützen, keine oder doch nur kleine Gruppen verschiedener Delikte unter einer einheitlichen leitenden Hinsicht zu erfassen, so würde eine monographische Einzelbetrachtung ausreichen. Die wissenschaftliche Erörterung von Betrug und Diebstahl, als handele es sich um Delikte, die nur zufällige und unbedeutende Gemeinsamkeiten aufweisen, wäre dann z.B. i n vollem Umfang gerechtfertigt. Selbst die Untersuchung, ob der Vermögensschutz lückenhaft ist, bliebe nämlich verhältnismäßig wertlos, da von vornherein feststeht, daß nicht jeder Angriff gegen das Vermögen strafbar ist oder auch nur strafwürdig erscheint. Über eine Katalogisierung der Einzelnormen käme eine umfassende Erörterung der Vermögensdelikte nicht hinaus. Grundlegend anders ist das B i l d jedoch, wenn wirklich nachgewiesen werden kann, daß sämtliche Vermögensdelikte entweder eine reale Vermögensentziehung oder aber die Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Vermögenslage betreffen, ein Delikt aber nur zu der einen oder zu der anderen Gruppe gehören kann. — Ausgeschlossen ist dann eine Interpretation ζ. B. nicht nur des Diebstahls als „formelles Eigentumsdelikt" i n einigen Fallkonstellationen und als „reales Vermögensentziehungsdelikt" i n anderen Fallgestaltungen. Das Vorhandensein einer so weitgehenden gemeinsamen Grundlage i n einer Vielzahl von Delikten muß sich notwendig auch auf die Interpretation eines jeden Delikts auswirken. M i t jeder weiteren Klarstellung dessen, was als „Vermögensentziehung" und was als „Perpetuierung einer rechtswidrigen Vermögenslage" zu verstehen ist, werden zugleich die Unterschiede der i n den einzelnen Tatbeständen jeweils geschützten Vermögensbeziehungen und die A r t und Weise der Angriffe, gegen die sie geschützt sind, deutlich. Überflüssige und de lege ferenda zu beseitigende Überschneidungen können offen zu Tage treten, unerträgliche Gesetzeslücken abgegrenzt werden. Das Gegeneinandersetzen von Vermögensentziehung und Perpetuierung einer rechtswidrigen Vermögenslage wiederum hebt automatisch den Anwendungsbereich verschiedener Weisen des strafrechtlichen Vermögensschutzes von einander ab, so daß ζ. B. einsichtig würde, daß Konkurrenzen wie die Idealkonkurrenz von Unterschlagung und Hehlerei i n Bezug auf dasselbe Objekt nicht möglich sind, weil es sich u m Delikte handelt, die ganz verschiedene, einander ausschließende Arten des deliktischen Eingriffs i n fremdes Vermögen unter Strafe stellen. Gleichsam als selbstverständlich ergäbe sich, daß verschiedene Weisen strafrechtlichen Vermögensschutzes nicht auseinander ableitbar sein müssen, sondern nur miteinander i n Einklang zu stehen brauchen, sollen sie ihrer Aufgabe gerecht werden, den Schutz der Person i m wirtschaftlichen Bereich zu gewährleisten.

I. Erörterte Einteilungsprinzipien

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Zunächst ist jedoch erst einmal der Nachweis zu erbringen, daß reale Vermögensentziehung und Perpetuierung bestimmter rechtswidriger Vermögenslagen wirklich die beiden Weisen strafwürdiger und strafbarer Vermögensbeeinträchtigungen sind. Da diese These allerdings nicht aus anderen Axiomen deduktiv abgeleitet wurde, ist streng genommen nur ihre Falsifizierung, nicht aber ihre Verifizierung möglich, d.h. der Beweis kann allein durch den Nachweis der Bewährung der These i m Rechtsstoff erbracht werden. Das bedeutet: 1. Es ist nachzuweisen, daß nicht anerkannte und bewährte Konstruktionen innerhalb des Vermögensstrafrechts dieser These widersprechen oder sie sogar widerlegen. — Von zwei verschiedenen Ausgangspunkten her könnten Bedenken dagegen geltend gemacht werden, daß die aufgestellte These zur Erhellung der Struktur des Vermögensstrafrechts und der Auslegung der einzelnen Straftatbestände tauglich ist: a) Jedes Vermögensdelikt könnte eine Vermögensschädigung des Berechtigten durch Minderung seiner wirtschaftlichen Potenz, d.h. durch Vermögensentziehung zur Voraussetzung haben, so daß ζ. B. jede Weggabe oder Wegnahme einer deliktisch erlangten Sache auch einen erneuten Schaden des Eigentümers zur Folge hätte. b) Die sog. Eigentumsdelikte (ζ. B. Diebstahl, Unterschlagung) könnten überhaupt durch eine andere Schädigung gekennzeichnet sein als durch den Entzug von Vermögen oder durch die Aufrechterhaltung einer bestimmten Schadenslage. Die Möglichkeit der Zueignung geldwertloser Sachen, die Annahme einer straflosen Nachtat nach einer realen Vermögensentziehung und die Konstruktion eines Eigentumsdelikts als bloß „formale Verletzung einer Rechtsposition" deuten jedenfalls i n diese Richtung. 2. Hat sich i n der Auseinandersetzung m i t diesen Konstruktionen gezeigt, daß aus ihnen keine Argumente gegen die Richtigkeit der vorangestellten These hergeleitet werden können, so ist die Überlegenheit dieser These gegenüber den herkömmlichen Problemlösungen nachzuweisen. Es ist zu zeigen, daß die hier vorgeschlagene Betrachtung der Probleme zu sachgemäßeren Ergebnissen führt, weil die Grundsätze, die hinter dem strafrechtlichen Vermögensschutz stehen, ihre Wirksamkeit i m Bereich jedes einzelnen Delikts entfalten. Damit w i r d dann auch zugleich jene Einübung i n eine vielleicht noch ungewohnte Denkmethode gewährleistet, die für die eigene kritische Stellungnahme unbedingt erforderlich ist.

2. Kap.: Die Systematik der Vermögensdelikte

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I I . Vermögensentziehung und Aufrechterhaltung rechtswidriger Vermögenslagen als strafwürdige — einander ausschließende — Vermögensbeeinträchtigungen 1. Begründet die Wegnahme oder Weggabe einer deliktisch erlangten Sache notwendig einen weiteren Schaden des Sacheigentümers?

Wenn der Täter dem Eigentümer eine fremde Sache wegnimmt, sich eine geliehene Sache rechtswidrig zueignet, durch Täuschung oder Drohung das Opfer bestimmt, eine Sache herzugeben, das anvertraute Unternehmen durch pflichtwidrige Entnahmen ruiniert, sich ein nicht i h m zustehendes Aneignungsrecht anmaßt, böswillig die Funktion bestimmter Vermögensorganisationen stört oder schlicht fremde Vermögensgüter vernichtet, entzieht er dem Berechtigten jeweils bestehende Herrschaftsmacht über Vermögensgüter. Er verringert die wirtschaftliche Potenz des Berechtigten gegen dessen Willen, und zwar liegt eine Entziehung auch dann vor, wenn das Opfer auf Grund einer Täuschung oder Nötigung dem Täter einen Vermögensgegenstand übergibt. Hier beruht die Vermögensverringerung nicht auf einer rechtsverbindlichen, freien Willensentscheidung, sondern kommt infolge einer rechtswidrigen Willensbeeinflussung zustande. Der Täter beherrscht die Verringerung des Vermögens, mag auch das Opfer bewußt an seiner Schädigung mitwirken 1 0 . — Vermögensentziehung, vom Berechtigten her gesehen, ist das wesentliche Merkmal der hier beispielhaft berührten Delikte: Diebstahl, Unterschlagung, Betrug, Erpressung, Untreue, Wilderei, böswillige Vermögensbeschädigung, Sachbeschädigung. Innerhalb dieser Gruppe könnten sodann — Hegler folgend — bloße Schädigungs- und Bereicherungsdelikte gegenübergestellt werden; gemeinsam wäre ihnen, daß es sich u m Vermögensentziehungsdelikte handelte, deren Strafwürdigkeit unter dem Gesichtspunkt des Vermögensschutzes gerade i n der Minderung der wirtschaftlichen Potenz des Betroffenen liegt. Auch wenn es i m einzelnen problematisch sein mag, wo die Vermögensentziehung ein solches Maß sozialer Unerträglichkeit erreicht hat, daß sie unter Strafe zu stellen ist, so bleibt der Strafgrund doch die sozial unerträgliche Entziehung von Vermögenswerten. N i m m t hingegen ein Dieb (D 2) einem anderen Dieb (D 1) die von diesem gestohlene Sache weg, kauft ein Bösgläubiger dem Dieb die gestohlene Sache ab, nimmt diese zum Pfände oder verheimlicht sie i n Vorteilsabsicht, so erscheint die Konstruktion einer erneuten Vermögensentziehung und damit eines erneuten Vermögensschadens gegenüber dem ursprünglich Berechtigten durchaus angreifbar. Die umfassende Vermögensentziehung könnte nämlich bereits durch den ersten 10

Vgl. Hälschner, I I S. 249 ; Binding , Normen I I S. 1076 f.

II. Vermögensentziehung und rechtswidrige Vermögenslagen

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Diebstahl eingetreten sein. Wenn dennoch i n dem Verhalten des zweiten Diebes (D 2) ein Diebstahl und i n dem Handeln des Bösgläubigen eine Hehlerei gesehen wird, so ist jedenfalls die Begründung dieser Delikte damit, daß dem ursprünglich Berechtigten ein weiterer Vermögensschaden durch Vermögensentziehung entstanden ist, Zweifeln ausgesetzt. — I n der Tat w i r d i n diesen Fällen von einem Teil der Lehre die Anerkennung eines weiteren Vermögensschadens durch Vermögensentziehung abgelehnt 11 . Jedoch ist diese Ansicht nicht unbestritten. Es w i r d behauptet, durch eine Handlung, durch die ζ. B. dem Dieb die gestohlene Sache wiederum entzogen wird, werde i n Wirklichkeit der Eigentümer weiter geschädigt, denn es handele sich „ u m eine faktische Steigerung der Verlustwirkung, wenn die Sache über den Bereich des Diebes hinaus i n die Hände eines i n Zueignungsabsicht handelnden Dritten gelangt" 12 . Der Dieb sei nicht als Geschädigter anzusehen, denn „geschädigt ist nach wie vor der wahre Eigentümer" 1 3 . N u n ist zwar der Eigentümer i n der Tat so lange geschädigt, wie i h m die Sache vorenthalten bleibt, denn er kann die i h m zustehende Herrschaft über die Sache nicht ausüben. Das ist schwerlich bestreitbar. Jedoch liegt dieser Schaden auch bei einem Besitzerwechsel nach Entziehung der Sache keineswegs i n einer weiteren Vermögensentziehung begründet, wie sie für den Diebstahl oder überhaupt ein Vermögensentziehungsdelikt typisch ist, vielmehr bleibt der infolge des ersten Vermögensentziehungsdelikts eingetretene Schaden lediglich auch weiterhin aufrechterhalten. Ein darüber hinausgehender Schaden des ursprünglichen Eigentümers ist trotz wiederholten Besitzerwechsels nicht nachweisbar. Zwar kann unter Umständen eine tatsächliche Verschlechterung der Restitutionsmöglichkeiten für den Eigentümer dadurch eintreten, daß die gestohlene Sache erneut den Besitzer wechselt, so ζ. B. wenn der Eigentümer bereits gegen den Dieb Verdacht geschöpft hat, wenn der Täter erkannt worden ist oder wenn Indizien auf i h n hinweisen. Hat allerdings die Untersuchung keinen Hinweis auf den Täter gebracht, ist der Diebstahl unbemerkt geblieben, ist seit dem Diebstahl bereits eine längere Zeit verstrichen oder das Diebesgut an einen dem Eigentümer fernen Ort gebracht worden, so ist selbst die Anerkennung der Verschlechterung der Restitutionsmöglichkeit durch den weiteren Besitzerwechsel eine Unterstellung, für die nicht einmal ein Indiz spricht. Besonders auffällig w i r d dies, wenn dem Dieb die gestohlene Sache nicht etwa wieder gestohlen wird, sondern er sie an 11 So bereits Doerr, Objekt S. 154 f.; Ecker, a. a. O. S. 46 ff.; desgl. R. Busch, ZStW 56 (1937) S. 707; Cramer, Vermögen S. 332. 12 Gallas, Eb. Schmidt-Festschr. S. 427 Anm. 73. 13 Vgl. auch Welzel, Lb. S. 373; Frank, StGB § 263 A n m . V 3 c.

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2. Kap.: Die Systematik der Vermögensdelikte

einen Hehler weitergibt. Soll etwa der Vermögensschaden entfallen, wenn der Hehler bereits beobachtet wird, auf den Dieb hingegen noch kein Verdacht gefallen war? Liegt i n einem solchen Fall der Vermögensschaden etwa darin, daß dem Eigentümer eine Zugriffsmöglichkeit auf die Sache verschafft wird 1 4 ? Soll hier eine Versuchshandlung zum vollendeten Delikt umgedeutet werden oder i n diesem Falle eine Strafbarkeit wegen Hehlerei entfallen? Oder, wenn der Täter die Sache verpfändet, bevor das Opfer den Diebstahl überhaupt bemerkt hat, soll hier der Strafgrund der Hehlerei i n der „vorübergehenden Schädigung des Eigentümers" liegen, wenn das Pfandverhältnis noch vor der Festnahme des Täters endet? Wohl kaum! W i l l man daran festhalten, daß es sich ζ. B. beim Diebstahl u m ein Vermögensentziehungsdelikt 15 handelt und weiter — wie z.B. Gallas und Welzel — den Besitz nur dann dem Vermögen des Besitzers zurechnen, wenn dem Besitz ein Recht zum Besitz entspricht, m i t der Konsequenz, daß der Besitzer ohne Besitzrecht durch Entziehung des Besitzes keinen Schaden erleidet, so gibt es nur zwei mögliche Konstruktionen. Erstens: man macht i m Falle der Wegnahme oder Weggabe einer z.B. gestohlenen Sache die Bejahung des Diebstahls von der konkret nachweisbaren Schadensvertiefung auf Seiten des Eigentümers abhängig — Eigentümer und Polizei stürmen i n die Wohnung des Diebes (D 1), durch eine Hintertür entkommt der Täter (D 2), der dem Dieb gerade eigennützig die gestohlene Sache weggenommen hat —. Damit gibt man der selbständig nicht bewertbaren Chance, die Sache wiederzuerlangen, die Gestalt eines selbständigen Vermögensgutes, das dem Berechtigten, wie jedes andere Vermögensgut, selbständig entzogen werden kann 1 6 . Zweitens: man fingiert einfach die weitere Vermögensentziehung (Vertiefung des Vermögensschadens) für jeden Fall nachfolgenden Besitzüberganges einer ζ. B. gestohlenen Sache, indem man postuliert, der Schaden des Berechtigten werde gesteigert, wenn die Sache i n die Verfügungsgewalt weiterer Personen gelangt. Beide Wege erweisen sich jedoch als nicht gangbar: Selbst wenn man noch darüber hinwegsieht, daß Schädigung durch Entziehung einer Sache aus dem Herrschaftsbereich — Minderung tatsächlicher Sachherrschaft — und Schädigung durch Verschlechterung einer Restitutionsmöglichkeit — Verhinderung der Neubegründung tatsächlicher Herrschaft — nicht identisch sind und z.B. der Diebstahl eindeutig eine 14 Die Bemerkung v o n Kantorowicz — a. a. O. S. 190 A n m . 43 —, daß die Hehler der Polizei meist v i e l genauer bekannt sind als die Diebe, zeichnet die Sach- u n d Problemlage treffend. 15 Dieses bestreitet neuerdings Cramer — Vermögen S. 226 f. —, indem er die bloße „Rechtsverletzung" ohne Vermögensentziehung als tatbestandsmäßig ansieht. 16 Diesen Lösungsweg deutet RGSt. 60 S. 278 an.

II. Vermögensentziehung und rechtswidrige Vermögenslagen

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Schädigung durch Verminderung der tatsächlichen Herrschaftsgewalt infolge einer Sachentziehung voraussetzt, so sprechen doch gegen die Anerkennung der Restitutionschance als selbständig entziehbares Vermögensgut alle Argumente, die gegen die Bewertung nebuloser Gewinnchancen und -hofïnungen als Vermögensgüter gerade auch von Gallas 17 angeführt werden. Weiter aber würde die Abhängigkeit der Bestrafung vom Nachweis der konkreten Verschlechterung der Vermögenslage des Berechtigten die Bestrafung selbst an reine Zufälligkeiten binden: Der Dieb, der die gestohlene Sache an den Hehler verkauft hat, dürfte sie diesem wieder straflos wegnehmen, wenn weder auf den Dieb noch auf den Hehler bisher ein Verdacht gefallen ist, denn dann könnte i n der erneuten Wegnahmehandlung keine reale Vertiefung des Vermögensschadens des ursprünglichen Eigentümers erblickt werden. Steht hingegen der Hehler bereits unter polizeilicher Beobachtung, während der Dieb noch unbekannt ist, wäre wohl eine Schädigung durch die zweite Wegnahme zu bejahen, während i n dem Falle, daß der Dieb bereits verdächtigt wird, hingegen der Hehler noch unbekannt ist, i n der Wegnahme gegenüber dem Hehler geradezu eine Vermögensvergrößerung des ursprünglichen Eigentümers zu sehen wäre. Diese Ergebnisse sprechen für sich 18 . Doch auch die Fiktion des Schadens führt nicht weiter. Durch diese Fiktion würde die Haftung des Täters, der keinen Schaden verursacht hat, der desjenigen, der einen tatsächlichen Schaden z.B. durch eine Wegnahme begründet hat, gleichgestellt, ohne daß ein überzeugender Sachgrund für diese Gleichstellung vorhanden wäre. A l l e i n die Gleichheit der Gesinnung kann nicht ausreichen, wenn es an jeder relevanten Rechtsgüterbeeinträchtigung fehlt, die haftungsgründende Norm aber gerade ihre Folgen an die Rechtsgüterbeeinträchtigung knüpft. Schon der Schuldgrundsatz verbietet die hier mögliche Fiktion. Abgesehen aber von diesen Einwänden erweisen sich die konstruktiven Folgen als wenig erstrebenswert, wenn i n der Weitergabe oder überhaupt i m Besitzwechsel jeweils ein erneuter Schaden des ursprünglichen Eigentümers gesehen würde. Die Deliktsnatur des Diebstahls, der Erpressung und des Betruges würden nämlich derart verändert, daß ihre sinnvolle Abgrenzung kaum mehr möglich wäre. Genügt es nämlich zur Begründung eines Betruges, daß der Getäuschte allein faktisch die Möglichkeit hat, auf das Vermögen des Berechtigten einzuwirken, so ist die Möglichkeit eines Diebstahls i n mittelbarer Täterschaft durch ein getäuschtes Werkzeug ausgeschlossen. Betrug gegenüber dem Eigentümer läge nicht nur vor, wenn D den gutgläubigen X veranlaßt, i h m „seinen" Koffer aus dem Zug zu reichen, obwohl der Koffer dem Y 17 18

Vgl. eingehend oben S. 46 ff. Vgl. dazu auch Cramer , Vermögen S. 226.

2. Kap.: Die Systematik der Vermögensdelikte

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g e h ö r t , der sich gerade i m Speisewagen a u f h ä l t 1 9 . B e t r u g gegenüber d e m E i g e n t ü m e r m ü ß t e auch b e j a h t w e r d e n , w e n n D eine unterschlagene Sache a n d e n g u t g l ä u b i g e n X v e r k a u f t 2 0 . D i e K e n n z e i c h n u n g des B e t r u ges als eines „ S e l b s t s c h ä d i g u n g s d e l i k t e s " 2 1 w ä r e m i t dieser A u f f a s s u n g n i c h t m e h r i n E i n k l a n g z u b r i n g e n , d e n n eine Sache n i c h t m e h r i n d e n H ä n d e n z u h a l t e n , b e d e u t e t noch k e i n e Selbstschädigung 2 2 . D i e Grenze zwischen G e w a h r s a m s b r u c h u n d G e w a h r s a m s ü b e r t r a g u n g w ä r e sonst aufgehoben. A u s z u g e h e n ist d a h e r d a v o n , daß w e d e r die W e g n a h m e noch die Weggabe e i n e r d e l i k t i s c h e r l a n g t e n Sache g r u n d s ä t z l i c h e i n e n neuen, w e i t e r e n Vermögensschaden des u r s p r ü n g l i c h e n E i g e n t ü m e r s b e g r ü n d e n 2 3 . W i r d dennoch i n d e m V e r h a l t e n des z w e i t e n Diebes gegenüber 19

Weitere Fälle bei Otto, ZStW 79 (1967) S. 68 if. Diese K o n s t r u k t i o n w u r d e wiederholt erörtert — vgl. RGSt. 64 S. 228; Frank, StGB § 263 A n m . V I 2 a. E.; Olshausen-Kirchner, 11. Aufl. § 263 A n m . 22 I B ; Baumann, Lb. S. 648; H. J. Bruns, Befreiung S. 233 ff.; Nebelung, a. a. O. S. 33 f und eingehend Hardwig, G A 1956 S. 10 f —. Wenn heute die Rechtsprechung i m Falle der Veräußerung u n d des gutgläubigen Erwerbes einer unterschlagenen Sache allein einen Betrug zu Lasten des Käufers annimmt u n d i n der Lehre selbst diese K o n s t r u k t i o n abgelehnt w i r d , ohne daß überhaupt die Möglichkeit des Betruges zu Lasten des ursprünglichen Eigentümers erwähnt w i r d , so liegt das darin begründet, daß weder bezüglich der weiteren Entziehung der Sache noch bezüglich der Vertiefung des Schadens auf G r u n d der Übergabe an den Erwerber sinnvoll von einer Selbstschädigung des Eigentümers gesprochen werden kann. Die Unmittelbarkeit zwischen Schaden u n d V o r t e i l ließe sich hingegen noch begründen; vgl. dazu Metz, a. a. O. S. 55 f.; Wedekind, a. a. O. S. 25; Schröder, JR 1965 S. 28. 21 Vgl. dazu: RGSt. 49 S. 19; Binding , Normen I I S. 1076 f.; Hälschner I I S. 249; K . A. Hall, Eb. Schmidt-Festschr. S. 567; Hardwig, G A 1956 S. 9 if.; Hegler, A R W P h I X S. 376; Honig, Vortat S. 107; Schröder, ZStW 60 (1941) S. 70 A n m . 41; Weimar, M D R 1961 S. 24 f.; Welzel, G A 1961 S. 351; Wimmer, DRZ 1948 S. 118 A n m . 6; Zimmerl, ZStW 49 (1929) S. 54. 22 Die Ansicht, daß es sich bei dem Betrug u m ein Selbstschädigungsdelikt handelt, sollte auch nicht leichtfertig aufgegeben werden, n u r u m einen Betrug zum Nachteil einer Person zu konstruieren, der gegenüber von einer weiteren Vermögensschädigung durch Vermögensentziehung keine Rede sein kann. Erst die Einsicht, daß der Betrug sich als Selbstschädigung durch den Betroffenen darstellt, hat es ermöglicht, die Bedeutung der einzelnen Tatbestandsmerkmale sinnvoll zu erfassen u n d den Anwendungsbereich des Delikts zu begrenzen. A u f i h r beruht nicht n u r die Abgrenzung des Betruges zum Diebstahl i n mittelbarer Täterschaft, sondern auch das Erfordernis einer Vermögensverfügung des Vermögensinhabers oder einer Person, deren V e r halten sich der Vermögensinhaber zurechnen lassen muß, w i r d von hierher einsichtig. Überzeugend w a r daher die Feststellung Merkels — I I S. 207 —, daß das D e l i k t eine Disposition erfordere, eine bloße Unterlassung daher nicht genüge. Die Beachtung der Tatsache, daß der Tatbestand eine Selbstschädigung durch das Opfer, dessen W i l l e n durch Täuschung seitens des Täters beeinflußt ist, voraussetzt, f ü h r t zu der zutreffenden Ablehnung eines durch bloßes Schweigen verübten Betruges; dieses bedarf nach den eingehenden Ausführungen Bockelmanns keiner weiteren Begründung; vgl. Bockelmann, Eb. Schmidt-Festschr. S. 437 ff.; zutreffend i m Ergebnis auch A G Bremerhaven, JZ 1967 S. 370 f. u n d Naucke, J Z 1967 S. 371 f.; O L G H a m b u r g N J W 1969 S. 335 f. 23 So bereits Ecker, a. a. O. S. 50 u n d Eckstein, GS 80 S. 283. 20

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dem ersten Dieb ein Diebstahl und i n den Handlungen desjenigen, der bösgläubig die rechtswidrige Besitzlage weiter aufrechterhält, ein Vermögensdelikt, nämlich eine Hehlerei gesehen, so kann jedenfalls nicht ein weiterer konkreter Vermögensentzug gegenüber dem berechtigten Eigentümer für die Begründung eines Vermögensschadens und damit des Vermögensdelikts maßgeblich sein. N u n könnte — entgegen der Ansicht von Gallas, Welzel und Cramer — für die Begründung des Diebstahls, w i l l man überhaupt i m Diebstahl ein Vermögensentziehungsdelikt sehen, der Vermögensentzug gegenüber dem ersten Dieb als Vermögensentziehungsschaden wesentlich sein, i m Falle der Weitergabe der Sache durch den Dieb an einen bösgläubigen Dritten versagt aber auch diese Konstruktion. Wenn dennoch die Hehlerei von der h. M. als Vermögensdelikt eingeordnet wird, so kann dieses jedenfalls nicht damit begründet werden, daß der ursprünglich Berechtigte einen weiteren Vermögensschaden durch Vermögensentziehung m i t Weitergabe der Sache vom Vortäter an den Hehler erleidet. Damit erweist sich die Auffassung der Mindermeinung, die das Wesen der Hehlerei auch i n einer Vertiefung und Verstärkung der vom Vortäter geschaffenen rechtswidrigen Besitzlage erblickt 24 , als nicht überzeugend. Gleichgültig, ob der Hehler von dem Dieb die gestohlene Sache ankauft, zum Pfände nimmt oder die Sache verheimlicht, eine weitere Vermögensentziehung dem Eigentümer gegenüber braucht nicht erörtert zu werden, denn sie ist nicht erforderlich. Strafgrund ist hier die Aufrechterhaltung der durch die Vortat geschaffenen Besitzposition, die der Rechtsordnung widerspricht 25 » 2e » 27 > 28 . 24 So RGSt. 71 S. 342; R. v. Hippel, Lb. S. 266; Schröder, Rosenfeld-Festschr. S. 167; ders. i n Schönke-Schröder, StGB § 259 Rn. 1; Stree, JuS 1961 S. 52; ders., G A 1961 S. 36; grundsätzlich interpretiert Gallas, Eb. SchmidtFestschr. S. 427 A n m . 73, „Perpetuierung" bei der Hehlerei als faktische Steigerung der V e r l u s t w i r k u n g ; ähnlich bereits Frank, StGB § 259 Anm. 1; Gerland, a. a. O. S. 673; während v. Liszt- Schmidt, a. a. O. S. 698 betonen, die Perpetuierung werde i n den meisten Fällen zu einer Vertiefung der rechtswidrigen Vermögenslage führen. — Die Übergänge zu den i n der folgenden A n m . Genannten sind nicht i m m e r scharf profiliert, w e i l i n der Regel k e i n Gegensatz zwischen den Ansichten gesehen w i r d , vgl. z . B . Binding, Lb. I S. 386; Jagusch, L K I I § 259 A n m . 1. 25 Vgl. RGSt. 70 S. 385, 72 S. 146 m i t insoweit zustimmender A n m . Mezger, Z A k D R 1938 S. 384; 75 S. 29; BGHSt. 7 S. 137; B G H N J W 1959 S. 1377 Bockelmann, N J W 1950 S. 852; Härtung, N J W 1949 S. 327; Jagusch, L K I I § 259 A n m . 1; Kohlrausch bei Gürtner, B . T . S. 503; Kohlrausch-Lange, StGB § 259 A n m . 1; v. Liszt-Schmidt, a. a. O. S. 698; Maurach, B. T. S. 363; OlshausenGutjahr, 11. Aufl. §259 A n m . 3 c); Welzel, Lb. S. 396; dazu auch Bubert, a. a. O. S. 53 und Waider, G A 1963 S. 323. 28 Insoweit — Besitzposition anstelle von Vermögenslage, Vermögensstand — genauer als die h. M.: Schönke-Schröder, StGB § 259 Rn. 1 u n d Stree, JuS 1961 S. 52. 27 A u f die abweichende Ansicht, die das Wesen der Hehlerei i n der A u s -

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Von diesem Ausgangspunkt her w i r d auch einsichtig, warum die Hehlerei ein „kollusives Zusammenwirken" zwischen Vortäter und Hehler voraussetzt 29 . Durch die Beschränkung der Hehlerei auf die Fälle einverständlichen Zusammenwirkens zwischen Vortäter und Hehler sollen gerade die Fälle der Vermögensentziehung aus dem Hehlereitatbestand ausgeklammert werden. Zutreffend hat daher die amtliche Strafrechtskommission 1934 entgegen den Entwürfen von 1925 und 1927 Hehlerei i n dem Fall verneint, daß sich der Käufer einer Bibliothek, die, wie er, aber nicht der Verkäufer, weiß, ein fremdes Buch enthält, dieses zueignet. Auch Bockelmann 30 und Kohlrausch, n entscheiden sich für eine Unterschlagung, weil eine Vermögensentziehung vorliegt, nicht aber ein auf Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Besitzstandes gerichtetes Zusammenspiel zwischen Vortäter und Hehler. Von einer solchen K o l lusion kann auch keine Rede sein, wenn der Vortäter die gestohlene Sache auf Grund einer Täuschung oder infolge einer Nötigung einem Dritten überläßt. Wer einen andern ζ. B. durch rechtswidrige Nötigung veranlaßt, i h m eine unterschlagene Sache zu übergeben, ist wegen Erpressung zu bestrafen, nicht aber als Hehler 32 . Er hat nämlich gerade nicht durch einverständliches Handeln m i t dem Vortäter die Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Besitzstandes unterstützt, sondern die Gelegenheit, „die fremdes T u n i h m verschafft hat" 3 3 , zu einer Vermögensentziehung ausgenutzt. Gleiches gilt für den Betrüger, und zwar unabhängig davon, ob er den Besitzer darüber täuscht, daß er sich die Sache zueignen w i l l — dem Besitzer w i r d eine kurzfristige Leihe vorgespiegelt —, oder die Täuschung sich auf die Gegenleistung bezieht — Zahlung m i t Falschgeld 34 —. Da der Wille des Getäuschten unfrei i m Sinne des § 263 ist, fehlt es an einem einverständlichen Zusammenwirken, und das Geschehen ist als Vermögensentzug, nicht aber als einbeutung strafbaren Erwerbs durch Aufrechterhaltung der rechtswidrigen Vermögenslage sieht, braucht noch nicht eingegangen zu werden, da m i t dieser Ansicht i n dem hier erörterten M e r k m a l — Aufrechterhaltung nicht V e r tiefung — Übereinstimmung herrscht. 28 Auch eine Auseinandersetzung m i t der Ansicht Schröders — vgl. Rosenfeld-Festschr. S. 166 ff., 183 ff.; M D R 1952 S. 71 f.; Schönke-Schröder, StGB § 259 Rn. 1 —, die Hehlerei stelle k e i n Vermögensdelikt, sondern ein Rechtspflegedelikt dar, ist hier nicht erforderlich, da auch Schröder meint, der U n w e r t der Hehlerei liege i n (Vertiefung und) Aufrechterhaltung der durch die Vortat geschaffenen rechtswidrigen Besitzposition. Insoweit aber — (Vertiefung und) Aufrechterhaltung — liegt keine Differenz zur h. M . vor. 29 So auch O L G H a m b u r g N J W 1966 S. 2228; Bockelmann, N J W 1950 S. 852; Geerds, G A 1958 S. 135; Maurach, B . T . S. 370; Sax, M D R 1954 S. 67; a. A . RGSt. 35 S. 279 ff.; Cramer , Vermögen S. 227; Schönke-Schröder, StGB § 259 Rn. 44; eingehend dazu Waider, G A 1963 S. 323 ff. 30 N J W 1950 S. 852. 31 Bei Gürtner, B. T. S. 508. 32 a. A . RGSt. 35 S. 279 ff. ; Schönke-Schröder, StGB 259 Rn. 43. 33 Bockelmann, N J W 1950 S. 852; Sax, M D R 1954 S. 67. 34 Anders Gallas, Eb. Schmidt-Festschr. S. 427 A n m . 73.

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verständliche Aufrechterhaltung rechtswidriger Besitzlage zu bewerten 35 . Zutreffend bejaht die Rechtsprechung daher auch eine Unterschlagung und lehnt die Hehlerei ausdrücklich ab, wenn jemand sich Sachen zueignet, die er für den Vortäter i n Verwahrung genommen hatte 36 . Jedoch ist damit bisher nur dargetan, daß Hehlerei nicht notwendig einen weiteren durch Vermögensentziehung begründeten Schaden des ursprünglich Berechtigten voraussetzt, weil die Übernahme oder Weggabe einer z.B. gestohlenen Sache nicht zwingend einen über die ursprüngliche Entziehung hinausgehenden Vermögensschaden begründet. Die These, Vermögensentziehung und Aufrechterhaltung rechtswidriger Besitzposition seien einander ausschließende Strafgründe von Vermögensdelikten, ist aber noch nicht bewiesen. Vorausgesetzt wurde nämlich, daß ζ. B. Diebstahl, Unterschlagung und Betrug zwingend eine Vermögensentziehung zum Gegenstand haben. Sollte das jedoch nicht zutreffen, so wäre das K r i t e r i u m der Vermögensentziehung überhaupt untauglich für eine Differenzierung der Vermögensdelikte, weil es Delikte gäbe, die sowohl durch Vermögensentziehung als auch durch Aufrechterhaltung rechtswidriger Besitzlage erfüllt werden könnten. I n den für die Problemlage beispielhaft erörterten Fällen der Zueignungshandlung des Zweitdiebes oder des Hehlers könnten Vermögensdelikte als Eigentumsdelikte, nämlich Unterschlagung oder Diebstahl als Delikte gegen die formale Eigentumsposition 37 begründet sein. Es könnte z.B. i n jeder Hehlerei, die zu einer Zueignung der Sache durch den Hehler führt — Ansichbringen, Ankaufen —, zugleich eine Unterschlagung liegen, der lediglich keine Selbständigkeit zukäme, weil i h r gegenüber die Hehlerei lex specialis wäre 3 8 . Damit wäre die Hehlerei zwar nicht als Vermögensentziehungsdelikt einzuordnen, aber bewiesen, daß die Kriterien: Vermögensentziehung — Aufrechterhaltung rechtswidriger Vermögenslage für eine Systematik der Vermögensdelikte unbrauchbar sind: Unterschlagung: A wechselt den von D gestohlenen 1 OOO-DM-Schein ohne Vorteilsabsicht i n 10 Scheine à 100 D M um; Unterschlagung: A eignet sich den von D gestohlenen 1000-DM-Schein, den er für D auf die Sparkasse bringen soll, zu, bezahlt ζ. B. eigene Schulden damit 3 9 . — Daß nicht jede Hehlerhandlung zugleich auch Zueignungshandlung ist — H kauft die gestohlene Sache nicht an, sondern nimmt sie lediglich zum Pfände —, steht der Deutung des gesamten Hehlereitatbestandes als qualifizierte Unterschlagung zwar entgegen, nicht aber 35 Anders Frank, StGB § 263 A n m . V 3 c) ; Geerds, G A 1958 S. 135 A n m . 63 — Z u m W i l l e n des Opfers vgl. oben S. 90. 3e Vgl. RG WarnRspr. 3 S. 87; BGHSt. 10 S. 151. 37 Vgl. Schönke-Schröder, StGB § 242 Rn. 4; Cramer , Vermögen S. 226 ff. 38 So ζ. B. RGSt. 56 S. 336; B G H N J W 1960 S. 2008; Welzel, Lb. S. 400. 39 Vgl. RG WarnRspr. 3 S. 87.

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der Interpretation, daß Ankauf und Ansichbringen i m Rahmen der Hehlerei spezielle Fälle der Zueignung darstellen. Von diesem Konkurrenzverhältnis geht auch der E1962 i n §240 Abs. 1 aus: „Wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem anderen widerrechtlich zueignet, w i r d . . . bestraft, wenn die Tat nicht als Diebstahl, Raub, Betrug, Erpressung, Untreue oder Hehlerei m i t Strafe bedroht ist." Bevor daher die Systematisierung der Vermögensdelikte weiter vorangeführt werden kann, gilt es festzustellen, ob Vermögensentziehung und Aufrechterhaltung rechtswidriger Vermögensposition sich auch i m Falle der sogenannten Eigentumsdelikte ausschließen, oder ob beide Beeinträchtigungen des Vermögens wahlweise diese Delikte begründen können. 2. Begründet die rechtswidrige Zueignung einer fremden Sache auch ohne Vermögensentziehung gegenüber dem Eigentümer ein Eigentumsdelikt gegen diesen?

Als Eigentumsdelikte bezeichnet man herkömmlich jene Gruppe von Vermögensverbrechen, deren Angriffsobjekt das Eigentum ist. Dabei w i r d wiederum unterschieden zwischen den Aneignungsdelikten: Unterschlagung, Diebstahl, Raub, und dem Schädigungsdelikt: Sachbeschädigung 40 . Daß daneben z. B. Betrug und Erpressung gleichfalls als Aneignungsdelikte, und das heißt als Eigentumsdelikte auftreten können, folgt daraus, daß es sich hier u m Delikte gegen jedes beliebige Vermögensgut, also auch das Eigentum, handeln kann. Jedoch betont die h. M. als einen wesentlichen Unterschied zwischen den Eigentumsverbrechen und jenen Vermögensdelikten, die auch als Eigentumsdelikte begangen werden können, daß die Vermögensverbrechen einen Vermögensentzug, d.h. hier eine Geldwertminderung des Vermögens zwingend voraussetzen — z.B. Betrug, den Verlust eines geldwerten Objekts —, während dieses nach fast einhelliger Meinung bei den Eigentumsdelikten, zumindest den Aneignungsdelikten, nicht erforderlich sein soll. Konsequent erscheint es demgemäß nur, wenn die h. M. davon ausgeht, nach einem Vermögens- oder Eigentumsdelikt könne der Täter durch Verwertung der Sache ein weiteres Eigentumsdelikt als straflose Nachtat begehen, und auch die grundsätzliche Anerkennung der Möglichkeit eines Diebstahls gegenüber einem Dieb, obwohl gerade keine weitere Vermögensentziehung gegenüber dem Eigentümer nachweisbar ist, leuchtet ein. Die Konstruktion des Eigentumsdelikts an Sachen ohne Geldwert (a), die Begründung von Eigentumsdelikten nach einer Vermögensentziehung als straflose Nachtat (b) und die Möglichkeit des Eigentumsdelikts 40

Vgl. Welzel, Lb. S. 339.

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gegenüber dem rechtswidrigen Besitzer (c) scheinen dafür zu sprechen, daß die Eigentumsverbrechen sowohl als Vermögensentziehungsdelikte als auch als Perpetuierungsdelikte begangen werden können, zumindest jedoch nicht zwingend eine Vermögensentziehung voraussetzen. a) Zueignung geldwertloser

Sachen

Nach heute einhelliger Lehre kann taugliches Objekt eines Eigentumsdelikts eine objektiv-wirtschaftlich wertlose Sache, d. h. eine Sache ohne Geldwert sein 41 . Auch die Rechtsprechung geht ausdrücklich davon aus, daß der Gesamtgeldwert des Vermögens durch ein Eigentumsverbrechen nicht verringert zu werden braucht, obwohl i n den konkreten, zur Entscheidung stehenden Fällen nur geringwertige und nicht wertlose Sachen betroffen waren 4 2 oder solche Sachen, die für einen rechtstreuen Rechtsgenossen zwar wertlos, für einen Rechtsbrecher hingegen von höchstem Wert waren 4 3 . Für die Stellungnahme von Lehre und Rechtsprechung sind zwei verschiedene Gründe denkbar: Entweder die h. M. legt i m Rahmen der sogenannten Eigentumsdelikte einen weiteren, d. h. über den wirtschaftlichen Vermögensbegriff hinausgehenden Vermögensbegriff zugrunde und bedient sich dementsprechend i m Vermögensstrafrecht zweier verschiedener Vermögensbegriffe, so daß die These, Geldwert und Vermögenswert seien identisch, nur i n einem Teilbereich der Vermögensdelikte Bestand hat, oder aber sie sieht als Schutzgut der Eigentumsdelikte gerade nicht oder nicht ausschließlich das Vermögen an. I m ersten Falle wäre die These, auch die Eigentumsdelikte stellen Vermögensentziehungsdelikte dar, durch die Begründung von Eigentumsdelikten an Sachen ohne Geldwert, nicht widerlegt. Es hätte sich nur gezeigt, daß die h. M. i m Rahmen der Eigentumsdelikte den hier als richtig angenommenen Vermögensbegriff anerkennt, wonach das Haben einer Sache, d. h. Herrschaftsmacht über eine Sache, bereits Vermögen ist. I m zweiten Falle wäre die Rechtsnatur der Eigentumsdelikte als Vermögensdelikte überhaupt i n Frage gestellt und es bliebe zu untersuchen, was letztlich durch die sogenannten Eigentumsdelikte geschützt würde, denn der Eigentumsschutz als Sicherung formaler Eigentumsposition wäre auch aufrechtzuerhalten, wenn das berechtigte Rechts41 Vgl. z.B. Maurach, B . T . S. 198; Schönke-Schröder, StGB § 242 Rn. 4; früher streitig: Geldwert forderten: John, ZStW 1 (1881) S. 260 ff.; von B a r bei Bödiker, I V S. 16 ff.; Doerr, Objekt S. 152; neuerdings Baumann, N J W 1964 S. 706 f. I m Schweizer Recht ist die Problematik nach w i e v o r streitig, der Diebstahl setzt hier Bereicherungsabsicht voraus, daher fordern Geldw e r t Noll, SchweizZStr. 1956 S. 149; Birch, K r i m . 1962 S. 183; Schwander, StGB S. 328; a. A. W. A. von Weber, a. a. O. S. 75; B G E 1944 I V . S. 66 f, 42 Vgl. ζ. B. RGSt. 44 S. 210, 50 S. 255; B G H M D R 1960 S. 689. 43 Vgl. ζ. B. RGSt. 51 S. 97 f.



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Subjekt überhaupt kein irgendwie geartetes Interesse am Haben der Sache hätte. Theoretisch könnte die h. M. ihre Konstruktion durch jeden der beiden Gründe stützen. Es ist daher nötig zu klären, auf welchen Überlegungen die h. M. tatsächlich aufbaut. aa) Gewahrsam als Schutzobjekt der sog. Eigentumsdelikte Die Anhänger der h. M. begnügen sich i n der Regel mit dem knappen Hinweis, es komme für die Eigentumsdelikte nicht darauf an, ob die Sache, die den Gegenstand der strafbaren Handlung bildet, einen Geldwert habe oder nicht 4 4 . Niethammer 45 behandelt die Eigentumsdelikte zwar unter dem Abschnitt, der die Angriffe auf wirtschaftliche Werte zum Inhalt hat, stellt dann aber fest, daß das Objekt der Eigentumsdelikte einen Handels-, Tausch- oder Stoffwert nicht voraussetzt, während Lange46 seine Ansicht gerade damit begründet, daß der Diebstahl nicht Straftat gegen Vermögen, sondern gegen Gewahrsam und Eigent u m sei. Die Betonung von Gewahrsam und Eigentum findet sich auch bei Maurach, doch zeigt dessen Stellungnahme 47 , daß er die Verbindung zum Vermögensschutz bei den Eigentumsdelikten keineswegs grundsätzlich beseitigen w i l l . Maurach führt aus, bei den Eigentumsverschiebungsdelikten sei das Gewahrsamsmoment nicht außer acht zu lassen, denn Gewahrsam werde i m Zweifel nie an völlig wertlosen Sachen ausgeübt und der Diebstahl schütze neben dem Eigentum als einer w i r t schaftlichen Funktion gleichberechtigt auch den Gewahrsam. Entscheidend sei daher die tatsächliche Innehabung eines Objekts, und die Frage nach dem wirtschaftlichen Wert des Gutes könne begrifflich nicht gestellt werden 48 . A l l e i n diese Hinweise sind nicht einmal tauglich für eine Begründung der Differenzierung i n der Wertfrage beim Diebstahl gegenüber der Sachbeschädigung49, denn auch die Sachbeschädigung kann unter Verletzung des Gewahrsams des Eigentümers erfolgen — vor den Augen des Eigentümers ergreift der Täter ζ. B. einen Sack m i t Zement und w i r f t i h n i n ein Wasserbecken —. Der Gewahrsamsbruch allein vermag aber auch beim Diebstahl niemals die Strafwürdigkeit zu begründen, denn die Wegnahme einer eigenen Sache aus fremdem Gewahrsam ist gerade nicht Diebstahl. Schließlich kann zugestanden werden, daß Gewahrsam 44

RGSt. 44 S. 210, 50 S. 255, 51 S. 98, 75 S. 186; R M G 12 S. 119; Frank, StGB § 242 A n m . I ; R . v . Hippel, Lb. S. 236; Mezger-Blei, Stub. I I S. 130. 45 Lb. S. 226 ff., 228. 46 Kohlrausch-Lange, StGB § 242 A n m . 1,1. 47 B . T . S . 198. 48 Vgl. B. T. S. 209 f. 49 N u r insoweit erörtert Maurach, B. T. S. 198, die Problemlage.

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i n der Regel nur an wertvollen Sachen ausgeübt wird. Die Beschränkung auf den Geldwert allgemein ist jedoch i n diesem Zusammenhang sehr zweifelhaft. So meint R. v. Hippel 5 0 , gerade Sachen ohne wirtschaftlichen Wert (seil. Geldwert) seien oft für den Eigentümer das unersetzlichste und wertvollste Eigentum. Und selbst, wenn die Sachen m i t Affektionswert nicht die wertvollsten Güter einer Person bilden, hieße es die tatsächlichen Gegebenheiten verkennen, wollte man bestreiten, daß jede Person etliche geldwertlose Objekte als ihr wertvolle Güter i n Gewahrsam hat. Jedoch sogar unterstellt, eine Person habe i n der Regel nur geldwerte Sachen i n Gewahrsam, so ließe sich hieraus keinesfalls die Folgerung begründen, die Wegnahme von geldwertlosen Sachen, die jemand ausnahmsweise i n Gewahrsam habe, sei genauso zu behandeln wie die Wegnahme von Geldwerten. I m übrigen betrifft der Betrug u m ein Objekt ohne Geldwert — A kauft Β dessen Talisman, einen großen Eberzahn, für D M 10,— ab, zahlt jedoch m i t Falschgeld — die gleiche Situation 5 1 . Wer eine Sache an einen anderen überträgt, hat i n der Regel auch Gewahrsam an ihr. Daß er den Gewahrsam i n dem einen Falle überträgt, während er i n dem anderen Falle gebrochen wird, kann die Lage nicht grundsätzlich ändern, weil der Ubertragungsakt gerade auf einem rechtswidrig beeinflußten Willen beruht. Dennoch w i l l die h. M. hier den Betrug unter Berufung auf den fehlenden Geldwert ablehnen. bb) Schutz „formaler Rechtspositionen", Schutz des Rechtsfriedens Demgegenüber ist der Hinweis Schröders, m i t dem Eigentum werde i m Falle des Diebstahls eine formale Rechtsposition geschützt 52 , tragfähiger. Wenn das Eigentum durch die Aneignungsdelikte nicht als wirtschaftlicher Wert, d.h. w e i l die Herrschaftsposition des Rechtssubjekts i n bezug auf das Objekt für dieses wertvoll ist, sondern rein formal geschützt werden soll, so leuchtet ein, daß der Wert einer Sache keinen Unterschied für die Tatbestandsmäßigkeit der Zueignung begründen kann. Allerdings ist damit das Aneignungsdelikt i n diesen Fällen ausschließlich zum allgemeinen Rechtsfriedensschutzdelikt herabgesunken. Gleiches gilt für die Argumentation, Betrug setze ein geldwertes Objekt voraus, weil er eine Bereicherungsabsicht fordere, Zueignung hingegen setze keine Bereicherung voraus 53 . Einen Vermö50

Vgl. Lb. 237. Cramer , Vermögen S. 83 ff., w i l l hier wegen der sonst gegenüber dem Betrug subsidiären Unterschlagung strafen. 52 Vgl. Schönke-Schröder, StGB § 242 Rn. 4; ähnlich jetzt Cramer , V e r mögen S. 226 f. 53 Frank, StGB § 242 A n m . I ; Grünhut, RG-Festgabe V S. 118; MezgerBlei, Stub. I I S. 193 — Dazu eingehend unten S. 158 ff. 51

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

gensschutz bezwecken die Aneignungsdelikte i n den Fällen der Zueignung geldwertloser Sachen dann nicht mehr. Uneinsichtig bleibt aber, warum hier ein derart umfassender Rechtsfrieden gewährleistet wird, während die Wegnahme eigener Sachen — abgesehen von den Fällen des § 289 StGB —, die für den Besitzer durchaus m i t einem Vermögensschaden verbunden sein kann, wie auch die Wegnahme fremder Sachen i n der Absicht, sie nach Gebrauch zurückzugeben — Gebrauchsdiebstahl —, jedenfalls nach geltendem Recht straflos bleiben, obwohl i n diesen Fällen über die Störung des Rechtsfriedens hinaus auch i n die Vermögenssphäre eingegriffen wird. Weiter w i r d offenbar Ungleiches gleich behandelt, soll nicht postuliert werden, der Vermögensschutz sei gleichsam nur Nebenzweck des allgemeinen Rechtsfriedensschutzes. Dem Schutz des Rechtsfriedens dient schließlich jede Strafrechtsnorm, und zwar w i r d jeweils ein unterschiedlicher Bereich geschützt. N u n ließe sich zwar ζ. B. beim Diebstahl argumentieren, er diene i n erster Linie dem Gewahrsamsschutz — historisch eine unhaltbare Ansicht, denn die bis zum geltenden Strafgesetzbuch i n vielfältiger Weise geübte Differenzierung zwischen kleinem und großem, heimlichem und offenem Diebstahl wäre danach kaum erklärlich —; bei der Unterschlagung versagt aber auch dieses Argument. Als Schutzgut der Unterschlagung bliebe vielleicht „das allgemeine Vertrauen darin, daß die Eigentumsherrschaft durch Dritte geachtet w i r d " , übrig. Der Zusammenhang zwischen Diebstahl und Unterschlagung wäre dann rein zufällig, und unerfindlich bliebe es, warum durch den Unterschlagungstatbestand Personen i n ihrer Herrschaftsmacht an Sachen geschützt werden, die für sie überhaupt keinen Wert darstellen. Warum sollte ζ. B. der Eigentümer geschützt werden, dem Möbel, alte Zeitungen oder ähnliche Objekte i m Gewahrsam eines Dritten zu eigen sind und der lediglich die Vernichtung dieser Sachen beabsichtigt, weil sie i h m lästig erschienen, der aber eine Dereliktion nur deshalb nicht ins Auge gefaßt hat, weil er fürchtet, sich wegen Verunreinigung von Plätzen und Wegen strafbar zu machen? Selbst das Interesse, keine andere Person i n dem Besitz der eigenen Sachen zu sehen, wie auch das Interesse, sich an der Vernichtung der Sachen zu ergötzen, wäre noch Herrschaftsinteresse und würde für den Eigentümer einen Wert begründen. Wo aber nachweislich nicht einmal ein solches Interesse vorhanden ist, w i r d der Schutz der formalen Eigentumsposition durch Straftatbestände sinnwidrig, denn er wäre Schutz irgendwelcher Formalien, nicht aber Sicherung vor sozial unerträglichen Verhaltensweisen. Selbst wenn eine Sache daher Geldwert hat, der Eigentümer aber gerade nicht daran interessiert ist, diesen zu realisieren oder die Sache sonstigen Interessen i m Rahmen seiner Herrschaft dienlich zu machen, fehlt es an einem hinreichenden Grunde, die Zueignung solcher Sachen

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durch Dritte zu pönalisieren. Geschützt w i r d zwar auch der Eigentümer, der ein Kunstwerk vernichtet, weil i h m dieser Frevel ein Hochgefühl vermittelt. Das ist die Konsequenz eines Schutzes der freien Entfaltung der Person i m gegenständlichen Räume, wobei eine Grenze durch das Eingreifen anerkannter Rechtfertigungsgründe, ζ. B. des übergesetzlichen Notstandes, gezogen wird. Hat der Eigentümer aber nicht einmal ein derart „negatives" Interesse an der Sachherrschaft, so bedarf es des Eigentumsschutzes nicht. Zwar drängt sich angesichts dieser Konsequenz der Einwand auf, hier werde jedem Eigentumsschutz der Boden entzogen, weil ein I r r t u m des Täters darüber, ob der Eigentümer überhaupt ein Interesse an der Sache habe, den Täter entlaste, und m i t der Anerkennung dieses Irrtums dem Vorwand eines Irrtums Tor und Tür geöffnet seien. Jedoch handelt es sich dabei um kein tragfähiges Gegenargument: Der Bereich des möglichen Irrtums w i r d über den von Lehre und Rechtsprechung heute gezogenen Rahmen hinaus nicht ausgedehnt. Die Behauptung des Täters, er habe darüber geirrt, daß der Eigentümer eine bestimmte Sache weiter besitzen wollte, ist für sich allein genauso glaubwürdig wie die Behauptung, man habe eine Sache für derelinquiert gehalten, denn daß es Eigentümer gibt, die ein Herrschaftsinteresse an z.B. rostigen alten ölfässern (Regentonnen), leeren Steinhägerflaschen (Einfassung der Gartenwege), altem Gerümpel (Pop-Mobile) oder angeschlagenem Geschirr (Polterabend) haben, bedarf keiner Begründung. Bei wirtschaftlich wertvollen Sachen spricht sowieso die Vermutung grundsätzlich für das Herrschaftsinteresse des Eigentümers. Damit ein I r r t u m relevant wird, muß demnach ein konkreter Sachverhalt vorliegen, der eindeutig auf das Fehlen des Interesses hinweist. Stellt aber ζ. B. der Eigentümer eine Sache auf einen am Wege stehenden gefüllten Mülleimer, w e i l er noch einmal i n das Haus zurück w i l l und ohne die Last den Weg schneller schafft, so ist es gleichgültig, ob es sich u m ein geldwertloses altes Gemälde oder ein wertvolles Kunstwerk handelt, wenn jemand sich dieses zueignet, weil er meint, durch das Verbringen auf den Mülleimer habe der Eigentümer zum Ausdruck gebracht, daß er kein Interesse an dem Objekt habe. Ähnlich liegt die Problematik, wenn jemand sich ein Buch zueignet, von dem er auf Grund einer Verwechslung meint, dieses habe der Eigentümer i m Auge gehabt, als er bemerkte, i h m sei es völlig egal, ob er das Buch zurückerhalte oder nicht. — Aus der Möglichkeit eines Irrtums ist daher kein Argument gegen die Verbindung von Eigentumsschutz und Haben-Interesse herzuleiten. Tatsächlich haben auch weder die h. L. noch die Rechtsprechung je die Konsequenz gezogen, den Eigentumsschutz auch auf Objekte, an deren Besitz der Eigentümer überhaupt kein irgendwie geartetes Interesse hat, zu erstrecken. Trotz gegenteiliger Andeutungen — kein Vermögens-

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schütz — w i r d die Verbindung der Eigentumsdelikte m i t dem Schutz gerade wirtschaftlicher — wenn auch nicht immer geldlich bezifferbarer — Interessen durchaus nicht aufgegeben. cc) Schutz des Gebrauchswertes als Vermögenswert Es geht der h. M. nicht darum, den Eigentumsschutz von jedem Vermögensschutz zu lösen, vielmehr w i r d i m Rahmen der Eigentumsdelikte lediglich der weitere Vermögensbegriff zugrunde gelegt, ohne daß die h. M. darin ein besonderes Problem sieht. Die Ansicht Bindings 5*, der Geldwert sei für den Vermögenswert unbedeutend, w i r d hier auch von der h. M. anerkannt. Und wenn ζ. B. Lilienthal 55 meinte, man werde den Diebstahl als Delikt gegen das Vermögen behandeln können, „denn sein Angriffsobjekt ist stets ein Gegenstand, an dem tatsächliche oder rechtliche Macht ausgeübt werden kann, der also zum Vermögen i m weiteren Sinne gehört", ist damit der i n dieser Untersuchung generell als richtig erkannte Vermögensbegriff dem Vermögensschutz der Eigentumsdelikte zugrunde gelegt 56 . Auch Maurachs Hinweis, Gewahrsam würde i m Zweifel nicht an einer völlig wertlosen Sache ausgeübt 57 und Schröders Bemerkung 58 , es könne nicht verkannt werden, daß m i t dem Eigentum regelmäßig wirtschaftliche Interessen verknüpft seien und der Diebstahlstatbestand zumindest auch dem Schutz dieser Interessen diene, so daß i m Einzelfall das Fehlen jeglicher wirtschaftlicher Interessenverletzung zur Nichtanwendung des Diebstahlstatbestandes führen könne, zeigen dieses deutlich 5 9 » β 0 ' β 1 . Gleichfalls hat die Rechtsprechung den 54

Lb. I S. 239, 256. ZStW 32 (1911) S. 15. 56 So bereits eingehend: Hälschner, I I S. 301 ff.; Wächter, Lb. S. 414. — Auch der E 1962 geht bei den sog. Eigentumsdelikten von diesem „weiteren Vermögensbegriff" aus; vgl. E 1962 S. 399. 57 Vgl. B. T. S. 198. 58 Vgl. Schönke-Schröder, StGB § 242 Rn. 4 a. 59 I m übrigen vgl. zur Anerkennung des subjektiven Wertes i m Rahmen der Eigentumsdelikte: Frank, StGB § 242 A n m . V I I 2 a; Olshausen-Kirchner, 12. Aufl. § 242 A n m . 25 a; Sauer, Diebstahl S. 58 ff.; ders., G A 63 S. 284 ff.; Gleispach, a. a. O. S. 11 ff.; Krebs, a. a. O. S. 23 ff., 45 ff.; Zimmer, a. a. O. S. 77 ff. Daß die Anhänger der sog. Sachwerttheorie beim Diebstahl die wirtschaftliche Seite der Zueignung betonen, ist n u r selbstverständlich. 60 A l s einziger, der ausdrücklich den Eigentumsschutz von jedem Vermögensinteresse löst, ist lediglich Gebauer — a. a. O. S. 63 — zu nennen. Doch hat schon Binding — Lb. I S. 256 A n m . 5 — dazu bemerkt, daß Gebauer den Gegensatz Vermögensdelikt — Eigentumsdelikt ein w e n i g übertreibt. Cämmerer z. B., der die Eigentumsdelikte als Friedensschutzdelikte, „losgelöst v o n jeder materiellen Betrachtung", bezeichnet, berücksichtigt den Gesichtspunkt des Vermögensschutzes eindeutig i n der Definition der Zueignungsabsicht; vgl. a. a. O. S. 74 ff., 13 ff. 81 Auch Bockelmann, der — JZ 1959 S. 496 — betont, daß der Annahme einer Zueignungshandlung die Tatsache, daß der Täter keinen Vermögensvorteil f ü r sich selbst erstrebt, nicht entgegensteht, läßt ausdrücklich die 55

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Eigentumsschutz niemals auf absolut wertlose Eigentumsobjekte ausgedehnt, d. h. solche, an denen der Eigentümer überhaupt kein Interesse hat, sondern als wertlose Güter lediglich solche bezeichnet, die keinen Handelswert i m konkreten Fall hatten oder wenigstens keinen Handelswert haben sollten. N u r eine sehr stark normative Vermögenstheorie konnte allerdings überhaupt zu dem Schluß kommen, daß ζ. B. Brotmarken, die ohne Stamm-Markenschein ungültig waren, oder Bezugscheine, deren Verkehrsfähigkeit ausgeschlossen war, als wirtschaftlich wertlos anzusehen seien, obwohl sie dem Täter die Möglichkeit eröffneten, sich erhebliche Sachwerte zu verschaffen. Eindeutig bezieht sich hier die Wertlosigkeit auf die Qualität als Handelsobjekt, nicht aber auch auf den Gebrauchswert. Indem daher das Reichsgericht die Wegnahme der Brotmarken als Diebstahl ansah, schützte es sehr konkret vermögensrechtliche Interessen. Daran ändern die Betrachtungen des Gerichts zum Schutze wertloser Sachen i m Rahmen des Diebstahlstatbestandes nichts 62 . Genauso steht es m i t dem Wert von Papieren, auf die Offerten gedruckt sind, und die der Berechtigte sogar kostenlos an präsumtive Kunden versendet 63 . Für den ordentlichen Rechtsgenossen mag der Geldwert des einzelnen Papiers so gering sein, daß er sich nicht mehr i n einem Geldbetrag ausdrücken läßt. Dennoch erweist sich die Betonung des Geldwertes gerade unter dem Gesichtspunkt sinnvollen Vermögensschutzes als verfehlt, denn für den Berechtigten bedeutet das Haben der Offerten und damit die Möglichkeit ihrer Versendung zum rechten Zeitpunkt einen erheblichen, sogar i n Geld zu veranschlagenden Wert. Für die üblicherweise nur Pfennige kostenden Offerten w i r d der Berechtigte ζ. B. i m Falle eines Handelns m i t Seefischen erhebliche Beträge aufwenden, wenn die rechtzeitige Versendung i n Frage gestellt ist. Aber auch für einen Konkurrenten ist das rechtzeitige, und das heißt hier vorzeitige Haben der „an sich wertlosen" Offerten ein erheblicher Vermögenswert. Die wirtschaftliche Vermögenstheorie vermag ihn jedoch konstruktiv nicht zu erfassen, weil sie überhaupt nicht die Vermögensperson schützen w i l l , sondern allein den Gesamtgeldwert eines fingierten Durchschnitts-Rechtssubjekts, sonst kämen ihre Anhänger überhaupt nicht auf die Idee, i m Falle der genannten Offerten von wertlosen Objekten zu sprechen. — Schließlich bedeutet auch die Anerkennung einer ausgefüllten Zahlungsanweisung, die unausgefüllt ohne Gegenleistung am Postschalter erhältlich ist, oder des Gutscheines eines Kaufmannes, den dieser bei Abnahme bestimmter Warenmengen seinem Frage offen, ob Zueignungsabsicht dort vorliegt, w o der Täter das, was er sich formell zueignet, der wirtschaftlichen W i r k u n g nach f ü r den Enteigneten will. 62 Vgl. RGSt. 51 S. 98. 63 Vgl. RGSt. 44 S. 207 ff.

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Kunden schenkt 64 , als mögliche Objekte des Diebstahls nicht Schutz formaler Rechtspositionen, sondern durchaus realen Vermögensschutz, wenn eine leicht durchführbare Fälschung der Anweisung oder des Bons erhebliche Eingriffe i n das Vermögen des Berechtigten ermöglicht. Der Berechtigte hat ein durchaus wertvolles Vermögensinteresse daran, daß derartige Objekte nicht i n die Hand unberechtigter Dritter gelangen. Der Täter hingegen erlangt nicht erst einen Vermögenswert m i t dem Zugriff auf weitere Vermögensobjekte, sondern auch die sächlichen M i t tel, die den weiteren Eingriff ermöglichen, stellen als solche bereits einen Vermögenswert dar. Damit erweist aber gerade der Hintergrund der Entscheidungen zur Wegnahme angeblich wertloser Sachen und die Stellungnahme der Lehre zu diesem Problemkreis die Richtigkeit der hier begründeten Ergebnisse: das Haben einer Sache stellt bereits einen Vermögenswert dar; es ist wertvoll, unabhängig davon, ob die Sache einen derzeitigen Verkehrswert hat oder nicht. Nur diese Auffassung vom Vermögensbegriff ist einem Vermögensschutzrecht angemessen, denn die Vermögensdelikte wollen nicht einen bestimmten Geldwert eines Individuums u m seiner selbst w i l l e n schützen, sondern den ganz konkreten Vermögensträger als Person, die sich nicht auf den Durchschnittstypus einer bestimmten Vermögensperson — homo oeconomicus — beschränken zu lassen braucht. Wenn das i n Frage stehende Objekt überhaupt von der Rechtsgesellschaft als Vermögensgut anerkannt wird, ist ein Vermögensschutz gerechtfertigt, soweit und solange eine Person dieses Gut i n ihrer Herrschaftsgewalt haben w i l l . Damit w i r d der Vermögensschutz keineswegs hoffnungslos ausgedehnt und der W i l l k ü r des einzelnen Rechtsgenossen unterstellt, sondern i n jenem Maße gewährleistet, das eine freie Entfaltung der Person i m wirtschaftlichen, d.h. gegenständlichen Raum zwingend erfordert. Gerade die Praxis des Vermögensschutzes durch die Eigentumsdelikte, die diesen Gedanken berücksichtigt, hat dieses erwiesen, denn i m Rahmen des Eigentumsschutzes w i r d der weitere Vermögensbegriff — wie dargelegt wurde — allgemein als sinnvoll anerkannt. b) Die straflose Nachtat nach einer Vermögensentziehung Nach h. L. kann sich der Täter eines Vermögensentziehungsdelikts eines weiteren Vermögensverbrechens dadurch schuldig machen, daß er durch eine Verwertungshandlung wiederum den Tatbestand eines Vermögensdelikts erfüllt. Insoweit herrscht nämlich heute Einigkeit, daß von einer straflosen Nachtat überhaupt nur dann gesprochen werden kann, wenn die Tat den Tatbestand eines Delikts erfüllt 6 5 . 64 65

RGSt. 50 S. 254 ff. Vgl. Schönke-Schröder,

StGB Rn. 66 v o r §73; eingehend: Geerds, K o n -

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Nach der rechtswidrigen Zueignung einer fremden Sache, die der Täter i n seinem Gewahrsam hat, soll eine Unterschlagung durch den gleichen Täter so oft begangen werden können, wie er die rechtswidrige Zueignungshandlung wiederholt. — Läge nun i n den der ersten Zueignung folgenden Zueignungshandlungen stets eine weitere Vermögensentziehung gegenüber dem ursprünglich Berechtigten, so bliebe zwar zu klären, warum diese tatbestandsmäßigen Handlungen i n der Person des Täters straflos bleiben sollen, gegen die Konstruktion ζ. B. eines Eigentumsdelikts als Vermögensentziehungsdelikt ließe sich jedoch aus der Existenz der sogenannten straflosen Nachtat kein Argument herleiten. Wäre hingegen die weitere Vermögensentziehung nicht zwingend Voraussetzung auch der straflosen Nachtat, so bliebe zu prüfen, ob die Konstruktion der straflosen Nachtat überhaupt haltbar ist. Erwiese diese sich jedoch als richtig, so wäre allerdings die These, ein Vermögensdelikt könne nur Vermögensentziehungs- oder Perpetuierungsdelikt sein, widerlegt. — Die einzelnen Fälle eines Vermögensentziehungsdelikts nach einem Vermögensentziehungsdelikt sind demgemäß daraufhin zu untersuchen, inwieweit eine Vermögensentziehung für die Begründung eines weiteren Vermögensdelikts vorausgesetzt wird, bzw. auf welcher Konstruktion die Annahme eines Vermögensdelikts nach einem solchen Delikt sonst beruht. aa) Unterschlagung nach einer Unterschlagung Die Problematik einer tatbestandsmäßigen Unterschlagung nach einer Unterschlagung konzentriert sich eindeutig auf die Frage, ob nach einer rechtswidrigen Zueignung einer Sache eine weitere rechtswidrige Zueignung derselben Sache durch den gleichen Täter möglich ist. Damit aber w i r d das Problem der straflosen Nachtat i n diesem Bereich zu einem Problem des Zueignungsbegriffs, den es vorab insoweit zu klären gilt, als festzustellen ist, ob eine vollendete Zueignung begrifflich überhaupt kurrenz S. 163; Honig, Vortat S. 107; Becker, a . a . O . S. 85; Entholt, a . a . O . S. 2, 29 ff. Auch das Reichtsgericht ging ursprünglich davon aus, daß eine straflose Handlung n u r dort i n Betracht komme, w o der Tatbestand eines Delikts erfüllt sei. „Es läßt sich eine Unterschlagung an der Sache, welche der Thäter sich schon durch die strafbare Handlung zugeeignet hat, nicht k o n s t r u i e r e n . . e s bleibe f ü r die Annahme einer Unterschlagung k e i n Raum", RGSt. 15 S. 428 f.; desgl. RGSt. 22 S. 309, 42 S. 422; dazu eingehend Wedekind, a. a. O. S. 88 f. — Später änderte das Reichsgericht jedoch seine Auffassung u n d begründete das Vorliegen einer straflosen Nachtat m i t dem Hinweis, nach einer Zueignung sei f ü r eine nochmalige Zueignung k e i n Raum, die spätere Verwertung des Zueignungsobjekts stelle sich daher als straflose Nachtat dar; vgl. RGSt. 60 S. 372. Ausdrücklich hat aber der B G H wieder k l a r gestellt, daß die straflose Nachtat eine tatbestandsmäßige T a t voraussetzt: BGHSt. 14 S. 38 ff. — Z u r Entwicklung der Rechtsprechung eingehend: Holzenbein, a. a. O. S. 68 ff.

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eine weitere Zueignung durch den gleichen Täter und i n bezug auf die gleiche Sache zuläßt. A n einem Beispielsfall sei die Problematik verdeutlicht: Der Fuhrunternehmer A hat für den Fabrikanten Β Fernsehgeräte befördert. Durch ein Versehen beim Entladen ist ein Gerät unter Ladedecken o. ä. übersehen worden. A bemerkt dieses am nächsten Tag und stellt den Apparat zunächst i n seinem Lager für Β bereit. Als Β sich aber nach einigen Tagen noch nicht nach dem Gerät erkundigt hat, merkt A, daß der Verlust nicht entdeckt wurde, und stellt den Apparat nunmehr i n seinem Wohnraum auf, w e i l er i h n selbst benutzen und behalten w i l l . Später, nach Einführung des Farbfernsehens, verkauft A das Gerät an den gutgläubigen X , w e i l er sich selbst ein Farbfernsehgerät zulegen will. Während A das Gerät noch für den Β bereithielt, sind keine Anhaltspunkte für eine Zueignung und damit für eine Unterschlagung gegeben. I m Anschluß an Merkel ββ und nach der eingehenden Begründung durch Binding 67 entspricht es nämlich heute allgemeiner Auffassung, daß zwei Elemente den Zueignungsbegriff wesentlich prägen: Die Enteignung des Eigentümers und die Aneignung durch den Täter. Enteignung bedeutet die Entsetzung des Berechtigten aus seiner realen Herrschaftsposition, Aneignung die Herstellung eines Herrschaftsverhältnisses, das tatsächlich dem des Berechtigten entspricht, durch den Täter. Zueignung ist demnach — von Einzelheiten hier abgesehen — „Ersetzung der auf Eigentum beruhenden rechtlichen Macht durch eine . . . eigentümerähnliche Macht" 88 * «9. Solange der Täter sich demgemäß i n dem i h m vom Eigentümer der Sache gesteckten Rahmen zur Sache verhält oder durch sein Verhalten zeigt, daß er die Herrschaftsposition des Eigentümers zu der Sache durchaus respektiert, liegt noch keine Zueignung vor. Der Entschluß ββ

Vgl. Merkel, H H I I I S. 698. Lb. I S . 2 6 4 f f . Kohlrausch-Lange, StGB § 242 A n m . I I I 2 b ; vgl. i m übrigen Bockelmann, ZStW 65 (1953) S. 574, 588; Gribbohm, JuS 1963 S. 106; Haberkorn, M D R 1962 S. 704; Maurach, B . T . S. 208; Paulus, a.a.O. S. 194; Rudolphi, G A 1965 S. 39; Schaff stein, GS 103 S. 310; Schönke-Schröder, StGB § 246 Rn. 11; Welzel, Lb. S. 341; RGSt. 61 S. 233, 67 S. 335; BGHSt. 1 S. 264, 14 S. 43. 69 Die Frage, ob sich die Zueignung i n der Entziehung der Sache aus der Herrschaftsmacht des Berechtigten u n d der Begründung eigener, umfassender Sachherrschaft durch den Täter erschöpft, insbesondere jene durch den Gegensatz von Sachsubstanz- u n d Sachwerttheorie gekennzeichneten Probleme, brauchen an dieser Stelle noch nicht erörtert zu werden, da es hier zunächst u m die K l ä r u n g von Vermögensentziehung u n d Aneignung geht, nicht aber u m die Abgrenzung zu anderen A r t e n der Vermögensentziehung — Gebrauchsdiebstahl, Sachzerstörung usw. — Der I n h a l t der Zueignungsabsicht, soweit er über die Begründung umfassender Sachherrschaft hinausgeht, w i r d hier gleichsam als bekannt vorausgesetzt. — Z u r Präzisierung vgl. unten S. 167 ff. 67 68

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allein, die Sache von nun an unter Ausschluß des Eigentümers als eigene zu benutzen, beseitigt das bis dahin bestehende Herrschaftsverhältnis des Eigentümers zu seiner Sache zwar insoweit, als dieses auch wesentlich auf der Anerkennung des fremden Eigentums durch den Besitzer oder Gewahrsamsinhaber beruht, jedoch ist die Absicht, die Herrschaftsmacht des Eigentümers zu brechen, noch nicht der rechtlich relevante Bruch dieser Herrschaftsgewalt. Hierzu ist ein dem Zueignungswillen entsprechendes Verhalten nötig, durch das der Willensentschluß des Täters der Rechtsgesellschaft erkennbar wird, d. h. sich nach außen manifestiert, denn nicht der Wille des Täters, den Eigentümer aus seiner Herrschaftsposition zu verdrängen, ist strafwürdig, sondern allein das Verhalten, m i t dem der Täter diesem Willen Ausdruck verleiht. Dieses folgt bereits aus dem allgemeinen Grundsatz, daß nicht der verbrecherische Wille bestraft wird, sondern erst das pflichtwidrige Verhalten, das auf dem verbrecherischen Willen beruht 7 0 . Solange der Zueignungswille noch i n keiner Verhaltensweise Ausdruck gefunden hat, ist er dem rechtlich irrelevanten Wünschen gleichzustellen 71 . — Nicht erforderlich ist aber, daß die Betätigung der Zueignungsabsicht sich so eindeutig als Zueignung darstellt, daß sie abstrakt und bei isolierter Betrachtung als typische und charakteristische Zueignungshandlung beurteilt werden kann 7 2 . Objektivation ist ein auf die Sozialsphäre bezogenes Phänomen, i n dem sich die Sozialperson durch ein bestimmtes Verhalten anderen Sozialpersonen gegenüber erklärt. Eine objektive Zueignung könnte jedoch nur dann gegeben sein, wenn das objektive Verhalten so eindeutig wäre, daß es nicht auslegungsbedürftig wäre. Ein eindeutiges objektives Verhalten ist jedoch nicht möglich, weil es keine Verhaltensweise gibt, die nicht verschieden motiviert denkbar ist 7 3 . Eine eindeutige Zueignung ζ. B. liegt selbst dann nicht vor, wenn der Täter durch eine nach außen kenntliche Handlung rechtswirksam Eigentum an der

70 Der Grundsatz: „Cogitationis poenam nemo p a t i t u r " gilt uneingeschränkt, obwohl er i m Gesetz nicht ausdrücklich verankert ist: dazu Schneider-Freyermuth, a.a.O. S. 54 f. Darüber hinaus vgl. Blümel, a . a . O . S. 3 f.; Feldhaus, a. a. O. S. 68; Frank, StGB § 246 Anm. I I I ; Gerland, a. a. O. S. 605 f.; Gleispach, a . a . O . S. 36 ff.; Hälschner, I I S. 350; Ladda, a . a . O . S. 91 f., 98; Nitschke, a. a. O. S. 68; Paulus, a. a. O. S. 91 f.; Wedekind, a. a. O. S. 8 ff.; Zimmer, a. a. O. S. 16 f. 71 A . A . die Anhänger der rein subjektiven Zueignungstheorie: Hopf er, a . a . O . S. 124; Hosse, a . a . O . S. 52 ff.; Kohlrust, a . a . O . S. 79; Krebs, a . a . O . S. 31 f., 37 f.; Rosenberg, a.a.O. 25 ff.; grundsätzlich auch Eckstein, GS 80 S. 290 ff., 300 f., der die Zueignung bereits i n dem W i l l e n zur Zueignung sieht, die Strafbarkeit dieser Zueignung allerdings von einer Manifestation dieses Willens nach außen abhängig machen w i l l ; ähnlich Rabe, a. a. O. S. 42. 72 So grundsätzlich: Baldus, Niedersehr. 6 S. 57; Gallas, Niedersehr. 6 S. 56; Gleispach, a.a.O. S. 38; Gribbohm, JuS 1963 S. 107; Harburger, a.a.O. S. 337; Lackner, Niedersehr. 6 S. 58; Moiderings, a . a . O . S. 38; Sauer, G A 63 S. 287; R. Schmidt, Grundriß S. 234; Zimmer, a. a. O. S. 43. 73 Dazu i m einzelnen Betti, a. a. O. S. 45 ff.

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Sache erlangt, ζ. B. durch Vermischung oder durch Verarbeitung, denn an einer Zueignung i m Sinne des Unterschlagungstatbestandes fehlt es, wenn der Täter die Sache i r r i g für eine eigene hält oder sie m i t eigenen Sachen vermischt, weil er die Gesamtmenge dem Eigentümer der fremden Sache übergeben w i l l . — Es genügt demnach ein Verhalten, das typischerweise nur von jemandem vorgenommen wird, der eine Sache seinem Vermögen zuzählt und nicht die Hechte anderer beachten muß, wobei allerdings vorauszusetzen ist, daß Herrschaftsmacht und Zueignungswille tatsächlich vorliegen. Die Manifestationshandlung mag objektiv noch so sehr für eine Zueignung sprechen, den Sinngehalt einer Zueignung erfüllt sie nicht, wenn der Zueignungswille fehlt 7 4 . Zueignungswille und Äußerung dieses Willens nach außen sind wiederum bedeutungslos, wenn der Täter nicht bereits ein reales Machtverhältnis über die Sache begründet hat. Bevor dieses geschehen ist, liegt noch keine Zueignung, sondern erst der Wille künftiger Zueignung vor. Zueignung ist daher als Begründung eines umfassenden Herrschaftsverhältnisses über eine Sache i n Zueignungsabsicht und unter Ausschluß des Eigentümers zu interpretieren 75 . Als typische Zueignungshandlungen können u . U . das Verheimlichen, der Verbrauch, bestimmte Arten des Gebrauchs, Übergabe an einen Dritten und auch das Ableugnen des Besitzes gegenüber dem Eigentümer angesehen werden 76 » 77 . I n dem oben geschilderten Beispielsfall erweist sich damit die Bereitstellung des Fernsehgerätes für den Eigentümer durch den A schon deshalb nicht als Zueignungshandlung, w e i l es dem A an der Absicht, 74 Vgl. hierzu Bockelmann, J Z 1960 S. 622, insbes. A n m . 6, 7; ders., ZStW 65 (1953) S. 588; ders., ZStW 69 (1957) S. 280. 75 Vgl. auch Bockelmann, ZStW 65 (1953) S. 575; Rosemarie Frank, a.a.O. S. 142; Hölzenbein, a . a . O . S. 15; Ladda, a . a . O . S. 94; Mezger-Blei, Stub. I I S. 132; Paulus, a . a . O . S. 178 f.; Rönnberg, Recht 1906 S. 1416; Wedekind, a. a. O. S. 16. 76 Vgl. auch RGSt. 63 S. 378, 65 S. 147; R G HRR 1931 Nr. 902; R M G 7 S. 11; BGHSt. 14 S. 41; O L G K ö l n N J W 1963 S. 1993; Bockelmann, JZ 1960 S. 622; ders., ZStW 65 (1953) S. 588; Frankel, Niedersehr. 6 S. 59; Hälschner, I I S. 350; Hölzenbein, a. a. O. S. 6; Cämmerer, a. a. O. S. 40 f.; Jagusch, L K I I Vorb. D V 1 v o r § 242; Maurach, B. T. S. 241 f.; Metz, a. a. O. 'S. 70; Meyer-Allfeld, a. a. O. S. 436 f.; Olshausen-Kirchner, 12. Aufl. § 246 A n m . 8; Schwarz-Dreher, a. a. O. § 246 A n m . 2 a; v. Schwarze, StGB § 246 A n m . 12 a; Seul, a . a . O . S. 21 f.; Sieverts, a . a . O . S. 168f.; Wachenfeld, Lb. S. 395; Wedekind, a . a . O . S. 12; Welzel, Lb. S. 3441; Paulus, a. a. O. S. 95 ff., 200 ff. 77 Die bloße Äußerung, Eigenbesitz über eine Sache auszuüben, genügt dann, w e n n der Täter die Sache bereits derart i n seiner Herrschaftsgewalt hat, daß sie i h m selbst von der Sozietät zugerechnet w i r d u n d der Täter sich als ausschließlicher H e r r über die Sache ansieht. Dieses ist nicht der Fall, w e n n die Sache noch nicht hinreichend konkretisiert ist oder sich noch eindeutig i m Herrschaftsrahmen einer anderen Person befindet; unrichtig daher: RGSt. 73 S. 253 ff.; O L G Braunschweig N J W 1947/48 S. 109 f.; dazu auch Paulus, a. a. O. S. 93 f.; Wedekind, a. a. O. S. 14 f.; Wiegmann, N J W 1947/48 S. 169 f.; vgl. dagegen RG H R R 1939 Nr. 595.

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Eigenbesitz zu begründen, fehlte. Indem das Gerät jedoch von A i n seiner Wohnung zur Benutzung aufgestellt wurde, tat A nach außen h i n kund, daß er das Herrschaftsverhältnis des Eigentümers über die Sache nicht mehr achte und seine eigene Sachherrschaft an die Stelle der des Β setze. I n diesem Moment hat A seine Zueignungsabsicht manifestiert und sich das Gerät zugeeignet. Gleichfalls kann aber i n dem späteren Verkaufsangebot gegenüber X , zumindest aber i n der Übergabe des Gerätes an X , die Kundgabe eines Zueignungswillens gesehen werden und somit eine weitere Zueignung 78 , die wiederum den Tatbestand der Unterschlagung erfüllt hätte. — Diese Subsumtion entspricht der Stellungnahme der h. L. 7 9 . Danach w i r d durch jede weitere typische Betätigung des Zueignungswillens erneut der Tatbestand der Unterschlagung verwirklicht. Wenn z.B. der Täter eine Flasche Kognak, die i h m ein Bekannter zur Übergabe an einen Dritten mitgegeben hat, nicht abliefert, sondern i n der Absicht, sie selbst zu leeren, i n seine Speisekammer stellt: 1. Unterschlagung. Bietet er die Flasche am nächsten Tage drei Bekannten zum Kauf an: 2.—4. Unterschlagung. Versteckt er sie am Tage darauf bei seinem Freunde F, u m sie i n Sicherheit zu bringen: 5. Unterschlagung. Versucht er den F zu bewegen, die Flasche m i t i h m auszutrinken: 6. Unterschlagung. T r i n k t er die Flasche schließlich selbst aus: 7. Unterschlagung. Allerdings soll der Täter nicht etwa wegen sieben verschiedener Unterschlagungen bestraft 78 Gemeinhin w i r d das Verkaufsangebot bereits als Manifestation des Zueignungswillens interpretiert — vgl. z.B. Bockelmann, J Z 1960 S. 622; Welzel, Lb. S. 344; v. Schwarze, StGB §246 A n m . 12 a; RGSt. 63 S. 253f.; R M G 19 S. 61 ff.; BGHSt. 14 S. 41; a. A . Frank, StGB § 246 A n m . V ; Hälschner, I I S. 362 — ; dieses erscheint richtig, denn liegt der Zueignungswille, d. h. die Absicht, Eigenbesitz auszuüben, vor, so ist i n einem ernst gemeinten V e r kaufsangebot bereits die Manifestation dieser Absicht zu erblicken. Eine Gefährdung der Stellung des Eigentümers, die Frank, StGB § 246 A n m . V, andeutet, w e n n er das Angebot i m Gegensatz zum Vertragsabschluß noch nicht als Zueignungshandlung interpretieren w i l l , ist nicht erforderlich. Selbstverständlich ist es möglich, daß das Angebot abgelehnt w i r d u n d der Verkäufer mangels eines K u n d e n nunmehr wiederum f ü r den Eigentümer besitzen w i l l . H i e r handelt es sich aber nicht mehr u m ein Problem der Zueignungshandlung. — Anders hingegen, w e n n der Verkäufer die Sache zum K a u f anbietet, sie auch f ü r den F a l l der Annahme des Angebotes übergeben w i l l , sie aber f ü r den F a l l der Ablehnung des Angebotes von v o r n herein weiter als Fremdbesitzer haben w i l l . Hier ist die Frage der Zueignung gerade von der Entscheidung des Vertragspartners abhängig gemacht worden, daher liegt i n dem Angebot noch nicht die relevante Zueignungshandlung. 79 Vgl. Baumann, N J W 1961 S. 1141; Bockelmann, JZ 1962 S. 622 f.; Dalcke-Schäfer, a. a. O. § 242 A n m . 7 d; Fulst, a. a. O. S. 72 ff., 79; KohlrauschLange, StGB § 242 A n m . I I I 2 a; Maurach, B. T. S. 240; Metz, a. a. O. S. 61 ff., 116 ff.; Olshausen-Kirchner, 12. Aufl. § 246 A n m . 18 b, 19 b ; Schröder, JR 1960 S. 308; ders., N J W 1963 S. 1958; Schönke-Schröder, StGB § 246 Rn. 10; Welzel, Lb. S. 351; RGSt. 62 S. 62, 67 S. 77, 68 S. 209, 73 S. 7; R M G 15 S. 300; BGHSt. 3 S. 372, 6 S. 316; B a y O b L G N J W 1958 S. 1598; zur Rechtsprechung vgl. Holzenbein, a.a.O. S. 68 ff.

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

werden. Die sechs der ersten Zueignung folgenden Unterschlagungen sollen lediglich straflose Nachtaten darstellen. Die Vertreter der Gegenmeinung sehen demgegenüber i n den der ersten Zueignung folgenden Verwertungshandlungen keine neuen Unterschlagungen. Sie argumentieren, der Täter, der sich eine fremde Sache rechtswidrig zugeeignet habe, könne sich diese nicht noch einmal zueignen, denn man könne sich nicht zueignen, was man bereits habe. Durch die erste Zueignungshandlung werde der Tatbestand der Unterschlagung erfüllt. Da weitere Zueignungshandlungen unmöglich seien, könne dieser Tatbestand von demselben Täter gegenüber derselben Sache nicht noch einmal erfüllt werden. Erkennt man an, daß das Wesen der Zueignung i n der Entziehung der dem Eigentümer zustehenden Herrschaftsbefugnisse durch Anmaßung einer dem Eigentum entsprechenden tatsächlichen Herrschaft zu sehen ist, so sollte die Entscheidung selbstverständlich sein: Entzogen w i r d dem Eigentümer die Herrschaftsstellung durch den ersten Zueignungsakt, durch den der Täter zum Ausdruck bringt, daß er den Eigentümer ausschließt, u m selbst Eigenbesitz über die Sache auszuüben. Ist dieser A k t erfolgt, d. h. hat der Täter die auf dem Eigentum beruhende rechtliche Macht des Eigentümers durch seine eigentümerähnliche Macht ersetzt, so hat er sich die Sache zugeeignet und eigene selbständige umfassende Herrschaftsmacht über die Sache begründet. Solange er aus dieser Herrschaftsstellung nicht verdrängt worden ist, kann er nunmehr noch dokumentieren, daß er nicht gewillt sei, seine Herrschaftsmacht wieder abzugeben, indem er sie weiterhin umfassend ausübt. Diese Bekundung objektiviert aber nur, daß der durch die Zueignung begründete Zustand weiter aufrechterhalten wird. Eine Entsetzung des Eigentümers und die Überführung der Eigentümerherrschaft auf den Täter können derartige Handlungen begriffsnotwendig jedoch nicht mehr darstellen 80 . Dennoch folgt die h. M. dieser Argumentation nicht. Sowohl dogmatische wie auch kriminalpolitische Gründe werden zur Widerlegung herangezogen. — Dogmatisch haben i n neuerer Zeit Bockelmann 81 und i h m folgend Metz 82 die h. M. zu begründen versucht. 80 Vgl. B G H N J W 1953 S. 33; BGHSt. 14 S. 45; Becker, a. a. O. S. 67; Deubner, N J W 1962 S. 95; Dreher, Niedersehr. 6 S. 57; Feldhaus, a.a.O. S. 23 ff.; Rosemarie Frank, a. a. O. S. 279 f. ; Hölzenbein, a. a. O. S. 63 ff. ; Höpfner, a. a. O. S. 123; Honig, Vortat S. 100; Jagusch, L K I I Vorb. D V 1, V I I v o r § 242; Lackner- Maassen, a. a. O. § 246 A n m . 5 a, bb — anders noch Dreher-Maassen, a. a. O. § 246 A n m . 4 a — ; Mezger-Blei, Stub. I I S. 139; Müller-Sax, K M R § 260 A n m . 6 A d I I ; Paulus, a . a . O . S. 193ff.; Sauer, G A 63 S. 292; W. Schneider, M D R 1956 S. 337; Wedekind, a. a. O. S. 92 ff.; Wimmer, N J W 1947/1948 S. 243. 81 J Z 1960 S. 623 f. 82 a. a. O. S. 61 ff. ; i m Ergebnis ähnlich: Cramer, Vermögen S. 226 ff.

II. Vermögensentziehung und rechtswidrige Vermögenslagen

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Metz faßt seine Überlegungen zusammen i n der Behauptung, Zueignung i m Sinne des Unterschlagungstatbestandes sei die Betätigung des Zueignungswillens, deshalb müsse i n jeder Wiederholung dieser Betätigung erneut eine Zueignung i m Sinne des Unterschlagungstatbestandes liegen. Zwar sei zuzugeben, daß der Zueignungswille nicht erneut gefaßt werden könne, solange der ursprüngliche Zueignungsentschluß noch aufrechterhalten werde. Die i n Verbindung m i t dem Zueignungswillen allein strafbare Willensbetätigung könne jedoch beliebig wiederholt werden 83 . — A l l e i n diese Ausführungen sind i n der Prämisse wie auch i n den Konsequenzen unzutreffend. Zueignung i m Sinne des Unterschlagungstatbestandes ist gerade nicht nur Betätigung eines Willens, m i t dem der Täter zeigt, er wolle eine Sache wie ein Eigentümer besitzen, sondern — das erkennt auch die h. M. an 8 4 — nur eine solche W i l lensbetätigung, durch die zum Ausdruck gebracht wird, daß der Eigentümer zugunsten des Täters aus seiner Herrschaftsmacht verdrängt wird. N u r dann wäre demnach die von Metz definierte Handlung Zueignungshandlung i m Sinne des Unterschlagungstatbestandes, wenn auch die Aufrechterhaltung einer durch eine Zueignungshandlung begründeten Vermögenslage eine Zueignungshandlung darstellte, d.h. wenn jede Manifestation des Willens, über eine Sache unter Ausschluß anderer herrschen zu wollen, Zueignung wäre. Das aber würde bedeuten, daß für die Zueignung das Element der Enteignung des Eigentümers durch den Täter unwesentlich wäre. Eine solche Auslegung des Zueignungsbegriffs ist jedoch bereits durch die Wortinterpretation nicht mehr gedeckt. Zueignen wie auch Aneignen deuten auf Bewegung hin. Dieses kommt i n der Interpretation der Zueignung durch die h. M. als Überführung einer Sache aus der Herrschaftsgewalt des Eigentümers i n eigene Herrschaft sehr treffend zum Ausdruck. Wenn der Eigentümer ζ. B. sein Kraftfahrzeug benutzt, umbaut, verändert oder ähnliches, kommt gleichfalls niemand auf die Idee zu behaupten, er eigne sich sein Kraftfahrzeug jeweils erneut zu. Er übt nur die i h m zustehende umfassende Sachherrschaft aus. Das gilt aber auch für denjenigen, der das Kraftfahrzeug ζ. B. unterschlagen hat, denn insoweit besteht zwischen i h m und dem Eigentümer gerade kein Unterschied. Er übt gleichfalls umfassende Sachherrschaft aus, die er sich allerdings rechtswidrig verschafft hat 8 5 . Bockelmann geht demgegenüber von dem anerkannten Zueignungsbegriff aus, meint aber, die Wiederholbarkeit der Enteignung des Eigenes a. a. O. S. 64. 84 Vgl. dazu oben S. 108 A n m . 68; vorzüglich insoweit die Fassung des T a t bestandes durch H. Mayer, Strafrechtsreform S. 75. 85 Vgl. dazu Buschendorf, a . a . O . § 53; Wedekind, a . a . O . S. 93; Höpfner, a.a.O. S. 123; Paulus, a . a . O . S. 195; i m Ergebnis auch: Rosemarie Frank, a. a. O. S. 279 f.; Feldhaus, a. a. O. S. 22; W. Schneider, M D R 1956 S. 337 A n m . 10. 8 Otto

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tümers ergebe sich daraus, daß die Lage des Eigentümers durch wiederholte Betätigungen des Zueignungswillens noch verschlechtert werden könne 88 . Als Beispiel derartiger Verschlechterungen nennt Bockelmann die Erhöhung des Intensitätsgrades der Herrschaft durch den Täter, indem dieser von der Aneignung der Sachsubstanz zur Aneignung des Sachwertes übergeht, ζ. B. i m Falle der Veräußerung des zuvor bereits zugeeigneten Buches. Gleichfalls soll die Aneignung wiederholt werden, wenn der Täter die fremde Sache, die er sich gutgläubig zugeeignet hat, nach Aufklärung über die Rechtslage, behält. — I m Gegensatz zu Metz geht es Bockelmann demgemäß gerade nicht darum zu bestreiten, daß die Zueignung stets auch Enteignung des Berechtigten voraussetzt. Insoweit steht die Konstruktion der straflosen Nachtat der hier zu beweisenden These, daß die sogenannten Eigentumsdelikte stets Vermögensentziehungsdelikte seien, nicht entgegen. Das Verhältnis der Vermögensentziehung zur Aufrechterhaltung der rechtswidrigen Besitzlage würde sich lediglich als Konkurrenzproblem darstellen, und die Fälle der straflosen Unterschlagung würden — soll nicht eine Fiktion der Vermögensentziehung angenommen werden — auf die nachweisbar verschlechterte Restitution beschränkt. A l l e i n — wiederum abgesehen davon, daß Verschlechterung einer Restitutionsmöglichkeit und Sachentzug nicht identisch sind —, wäre damit i n diesem Bereich doch der Schritt zur Anerkennung wahrscheinlicher bzw. mehr oder minder wahrscheinlicher Erwerbschancen als selbständiger Vermögensgüter getan. Genausowenig wie aber eine M i n derung des Intensitätsgrades der Herrschaftsmacht — der unredliche Entleiher eines Kunstwerkes sucht bereits nach einem Käufer, e r w i r k t daher eine Verlängerung der Leihe bzw. lenkt den Verleiher davon ab, das Kunstwerk zurückzuholen, so daß dieses weiterhin i n seinem Besitz bleibt — bereits eine Zueignung der Sache darstellt, weil die reale Enteignung, der eine Aneignung durch den Täter entspricht, noch aussteht, genausowenig sind Verschlechterungen der tatsächlichen oder rechtlichen Restitutionsmöglichkeiten geeignet, den Sinngehalt des Zueignungsaktes zu erfüllen. Ohne Anerkennung dubioser Erwerbsaussichten als real bewertbare, entziehbare Vermögensgüter kann allein die erste Objektivierung der Zueignungsabsicht als Zueignung interpretiert werden. Durch die erste Zueignung hat der Täter die Transposition des Vermögensgutes bewirkt. Er hat den Eigentümer aus seiner Herrschaftsstellung verdrängt und selbständige eigentümerähnliche Herrschaft begründet. Sein Vermögen ist durch die Wandlung des Fremdbesitzes i n Eigenbesitz konkret vermehrt worden, weil der Kreis der i h m mög86 Vgl. Bockelmann, J Z 1960 S. 624; desgl. Fulst, a . a . O . S. 31, 35 f.; Metz, a. a. O. S. 67; — a. Α.: Becker, a. a. O. S. 53; Hölzenbein, a. a. O. S. 84; Paulus, a. a. O. S. 196; Wedekind, a. a. O. S. 94.

II. Vermögensentziehung und rechtswidrige Vermögenslagen

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liehen Herrschaftsbeziehungen erweitert und damit die Potenz des Täters i m wirtschaftlichen Raum vergrößert wurde. Daß der Täter selbst nicht vollgültiger Eigentümer werden konnte, ist demgegenüber bedeutungslos, denn eine derartige Stellung kann durch ein Eigentumsdelikt niemals erlangt werden. Vertiefung und Intensivierung der Herrschaftsmacht können demgemäß nicht als Ent- und Aneignungsakt interpretiert werden. Die Verwertung und Nutzung einer Sache, die der Täter sich gutgläubig angeeignet hat, ist, solange der Täter gutgläubig bleibt, gleichfalls nur Aufrechterhaltung objektiv rechtswidriger Besitzposition, nicht aber Vermögensentzug und Begründung eigener umfassender Herrschaftsgewalt 87 . Ein ganz anderes Problem ist es, ob sich m i t Erlangung der Kenntnis von der objektiven Lage die bis dahin begründete Herrschaftsposition des Besitzers ändert und damit die Möglichkeit einer Unterschlagung gegenüber dem Eigentümer, wenn auch nicht als straflose Nachtat, gegeben ist. Von einer Wiederholung des Zueignungsaktes kann dann nämlich nicht gesprochen werden, denn zwischen den beiden Aneignungsakten besteht schon deshalb keine Identität, weil es sich i m ersten Falle nach der Vorstellung des Täters u m einen originären Eigentumserwerb oder einen derivativen Erwerb von einem Verkäufer, i m zweiten Falle jedoch u m eine Vermögensentziehung gegenüber dem Vermögensinhaber handelt. Lediglich auf der objektiven Seite stimmen die Verhaltensweisen überein. — Danach erscheint ein Zueignungsakt gegenüber dem Vermögensinhaber nach Kenntnis der Sachlage durchaus konstruktiv möglich und erwägenswert, und zwar ist die Konstruktion noch verhältnismäßig unproblematisch, wenn jemand gutgläubig eine nicht derelinquierte Sache okkupiert hat. Derjenige, der die Sache i n Eigenbesitz nimmt, w i l l zwar durch den Aneignungsakt umfassende Sachherrschaft erlangen, ein Willensakt, den Berechtigten von seiner Herrschaft endgültig auszuschließen, ist aber i n diesem Aneignungsakt nicht zu sehen; dazu wäre die Kenntnis des Aneignenden von der Sachlage notwendig. Weil dieser Ausschluß des Berechtigten aber aussteht, ist dessen Herrschaftsposition nicht völlig beseitigt. Die Sozietät w i r d die Sache weiterhin auch noch dem Eigentümer zurechnen, denn unter redlichen Rechtsgenossen w i r d davon ausgegangen, daß jemand so lange ein M i n i m u m realer Herrschaftsmacht über eine Sache hat, wie er rechtlich überhaupt noch eine Beziehung zu der Sache unterhält, wenn diese Beziehung gerade nicht durch den Besitzer mißachtet wird. Hat der Besitzer nicht die Absicht, den Eigentümer aus seiner Herrschaft zu verdrängen, so fehlt ein wesentliches subjektives Element des Zueignungsaktes, das auch nicht durch das Bewußtsein, Berechtigter zu sein, 87 Dazu auch Paulus, A n m . 5 a, bb.

8*

a . a . O . S. 196f.; Lackner-Maassen,

a . a . O . §246

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

ersetzt werden kann. A u f Grund objektiver Beurteilung der Sachlage ist hier demnach der Schluß gerechtfertigt, daß die Herrschaftsstellung des Eigentümers i n einem derartigen Fall konkret verschlechtert werden kann, wenn der bisher redliche Eigenbesitzer unredlich wird. — Bei oberflächlicher Betrachtungsweise kann diese Lösung zwar zu der Ansicht verleiten, hier werde endlich, i n einem konkreten Fall, einer unselbständigen Chance, der des Eigentümers nämlich, die Sache zurückzuerhalten, der Rang eines selbständigen Vermögensgutes gegeben und ein Vermögensschaden i n klarem Gegensatz zu der Ablehnung des Vermögensschadens des Eigentümers i m Falle der Weitergabe der deliktisch erlangten Sache an einen Bösgläubigen konstruiert. Beides trifft nicht zu, vielmehr w i r d lediglich die Konsequenz daraus gezogen, daß das Vermögen eine soziale Tatsache ist. Weil das Rechtssubjekt nicht i m menschenleeren Raum existiert, sondern i n der sozialen W i r k lichkeit neben anderen Rechtsgenossen, ist das Maß seiner Herrschaftsmacht nicht allein von seinen Kräften abhängig, sondern w i r d wesentlich durch eine Zuordnung seitens anderer Rechtsgenossen bestimmt. Das aber erklärt, daß jemand, nur weil er noch Eigentümer einer Sache ist und nach wie vor Herrschaftswillen an der Sache hat, zu dieser eine objektiv verschiedene Vermögensposition einnehmen kann, ohne daß sich seine subjektive Einstellung zur Situation ändert. Dieb und Hehler üben selbst umfassende Herrschaftsmacht aus und wollen den ursprünglich Berechtigten gerade von jeder Herrschaft ausschließen. Der redliche Rechtsgenosse hingegen w i r d keineswegs grundsätzlich weiterhin umfassende Sachherrschaft ausüben, nachdem er Kenntnis von der wahren Sachlage erlangt hat, denn es entspricht durchaus den üblichen sozialen Gegebenheiten, daß ein redlicher Rechtsgenosse die Rechtsstellung eines anderen Rechtsgenossen achtet. Der Schritt vom redlichen Mitbürger zum Täter einer Vermögensentziehung ist keineswegs selbstverständlich und problemlos. — Welche Bedeutung der Achtung der Herrschaftsmacht des Eigentümers durch die Sozietät zukommt, zeigt die als unproblematisch empfundene Lösung des Falles der rechtswidrigen Zueignung einer fremden beweglichen Sache, deren Besitz von einem Vermögenstäter, ζ. B. einem Dieb später wieder aufgegeben wurde. — Der Täter, der sich ein fremdes Kraftfahrzeug zugeeignet hatte, läßt dieses später i n einer anderen Stadt stehen. Ein Dritter erkennt die Situation und begründet selbst Eigenbesitz an dem Wagen. — Die Sachlage entspricht hier i m vollen Umfang der der Fundunterschlagung 88 .

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Das sehr streitige Problem der K o n s t r u k t i o n der Fundunterschlagung — Zueignung einer Sache m i t Erlangung des Gewahrsams oder nicht — braucht hier nicht erörtert zu werden, da es sich u m ein spezielles Problem des Unterschlagungstatbestandes, nicht aber der Zueignung handelt; vgl. Bockelmann, M D R 1953 S. 8 ff. u n d unten S. 254 ff.

II. Vermögensentziehung und rechtswidrige Vermögenslagen

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Zwar soll nicht verkannt werden, daß i m Falle der Zuordnung einer besitzlosen Sache die reale soziale Zurechnung erheblich stärker ist als i n der hier erörterten Situation der Zuordnung einer fremden Sache, die ein Dritter i m Besitz hat. Dennoch ist dieser Unterschied nicht so wesentlich, daß er zwingend eine andere Wertung begründet. Gemeinsam ist zunächst beiden Fallgruppen, daß der ursprüngliche Eigentümer sein Eigentum nicht verloren hat. Diese Gemeinsamkeit reicht allerdings zur gleichen rechtlichen Bewertung nicht aus, denn es geht nicht darum, ob das Eigentum gleichsam als nudum ius zum Vermögen des ursprünglich Berechtigten gehört, sondern allein darum, ob noch eine reale Herrschaftsbeziehung zu der Sache besteht. Eine solche Herrschaftsbeziehung w i r d aber i n der Rechtsgesellschaft unzweifelhaft anerkannt, solange eine verlorene Sache noch nicht i n den Händen eines unredlichen Finders ist. Die Existenz der Fundbüros zeigt deutlich, daß die Rechtsgesellschaft davon ausgeht, daß der Finder grundsätzlich die Herrschaftsstellung des Eigentümers, der seinen Besitz verloren hat, weiter achtet. Weil aber die soziale Zuordnung gerade auf der Einsicht aufbaut, daß der Eigentümer trotz Besitzverlustes noch eine Herrschaft über die Sache ausübt, durch Vermittlung anderer redlicher Rechtsgenossen, ist der Unterschied zwischen den gegenübergestellten Fallgruppen nicht so wesentlich wie es zunächst scheint. Die Situation ist die gleiche, wenn der Finder eine bis dahin besitzlose Sache an sich genommen hat und wenn der gutgläubige Okkupant erfährt, daß er eine fremde Sache i n Besitz hat. Nun w i l l zwar der ehrliche Finder Dritte von der Herrschaft ausschließen, die Stellung des Eigentümers aber gerade anerkennen. Derjenige hingegen, der sich eine Sache gutgläubig angeeignet hat, hält sich selbst für den Eigentümer und w i l l deshalb umfassende Sachherrschaft ausüben. Während daher die verlorene Sache durchaus real dem Eigentümer zugeordnet w i r d und der ehrliche Finder gerade für den Eigentümer Herrschaftsmacht ausübt, kann eine Zuordnung der gutgläubig angeeigneten Sache dem Eigentümer gegenüber nur i n Betracht kommen, wenn die bestehende Herrschaftsbeziehung unterbrochen wird. Diese Zäsur i n der Sachherrschaft braucht aber keine objektive zu sein, es genügt ein subjektiver Einschnitt, da jede Situation wesentlich durch die Einstellung des Täters zu ihr mitgestaltet wird. Die Person steht der Situation nicht gegenüber, sondern sie steht i n der Situation, ist somit selbst auch Situation. M i t Kenntnis der Sachlage t r i t t eine Wandlung der Situation ein. Der Besitzer muß zu der sich i h m nun eröffnenden Sachlage Stellung beziehen. Er weiß, er hat bisher eine Position innegehabt, die ihm objektiv nicht zukam. I n diesem Moment hat er die Möglichkeit, sich so, wie es von i h m erwartet wird, als ehrlicher Finder zu gerieren oder als Deliktstäter. Er muß Stellung beziehen. Seine weiteren Handlungen haben Aussagecharakter. Entscheidet er sich

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dafür, die ursprüngliche Stellung zu der Sache i n seinem Besitz erneut einzunehmen, so macht er sich einer Unterschlagung schuldig 89 . Auch wenn daher an der Vermögensentziehung als Wesensmerkmal der Zueignungshandlung i m Rahmen des Unterschlagungstatbestandes festgehalten wird, bedeutet die Bejahung der Unterschlagung i n diesen Fallgruppen keine Aufgabe der Prämisse, sondern vielmehr ihre Bestätigung. Damit w i r d nicht die Chance, eine abhanden gekommene Sache zurückzuerhalten, zum selbständigen Vermögensgut erhoben, sondern dem Eigentümer i n einer Situation, i n der i h m auf Grund objektiver Bewertung eine Sache zugerechnet wird, die Herrschaft über dieses Vermögensgut zuerkannt. Problematischer erweist sich die objektive Zurechnung i m Falle des gutgläubigen Ankaufs einer abhanden gekommenen Sache. Hier w i r d die Situation wesentlich dadurch bestimmt, daß der Käufer von einer Eigentumsübertragung, d.h. einem derivativen Erwerb ausgeht. Ob auch i n dieser Fallgestaltung grundsätzlich anerkannt werden kann, daß der redliche Erwerber nach Kenntnis der Sachlage seine eigene Stellung als die eines Fremdbesitzers ansieht bzw. davon ausgeht, daß er sich durch weiteren Eigenbesitz einer deliktischen Vermögensentziehung schuldig macht, erscheint sehr zweifelhaft. Die Entscheidung dieser Frage hängt davon ab, wie das Rechtsbewußtsein der Sozietät i n bezug auf den gutgläubigen Erwerb zu interpretieren ist, ob der Laie davon überzeugt ist, das, was er gegen Zahlung des Kaufpreises gutgläubig erworben hat, sei seinem Vermögen zuzurechnen oder nicht 9 0 . Dagegen spricht jedenfalls, daß die Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb nicht allgemein bekannt sind, so daß grundsätzlich wohl eine weitere Herrschaftsmöglichkeit des Berechtigten auch von dem Käufer anerkannt wird. Erlangt aber der gutgläubige Erwerber einer Sache rechtswirksames Eigentum auf Grund seines guten Glaubens, so scheitert m i t Sicherheit jede Möglichkeit einer weiteren Zueignung, weil die Sache gerade dem Erwerber als neuem Eigentümer von der Sozietät endgültig zugerechnet wird. M i t dem Eigentumserwerb ist die letzte Herrschaftsbeziehung des ursprünglichen Eigentümers vernichtet worden. Für ein Vermögensdelikt, sei es auch nur als straflose Nachtat, ist kein Raum 91 . 89 K o n s t r u k t i v gleich liegen die Fälle der Zueignung einer fremden Sache, die der Täter zunächst als eigene ansah oder f ü r sich bestimmt h i e l t ; vgl. dazu auch RGSt. 76 S. 134 u n d Jagusch, L K I I D V I I v o r §242; Feldhaus, a. a. O. S. 23; Paulus, a. a. O. S. 196. 90 Übers Z i e l hinaus schießt jedenfalls Rotering — GS 47 S. 90 ff. —, w e n n er meint, der Geist der H u m a n i t ä t verlange k e i n so verkehrsunübliches Opfer w i e die Herausgabe der fremden Sache. — Der B G H — 1 StR 488/66 v. 29.11.1966 — hat die Zueignung durch den bösgläubig gewordenen Erwerber bejaht; dazu vgl. Lackner-Maassen, a. a. O. § 246 A n m . 5 a, bb. 91 Vgl. dazu Schönke-Schröder, StGB § 263 Rn. 145.

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Nun w i r d die Dürftigkeit der Konstruktion der erneuten Zueignung nach vorangegangener Zueignung von der h. M. keineswegs energisch bestritten 92 , die „radikale Lösung" 9 3 einer Ablehnung der Möglichkeit weiterer tatbestandsmäßiger Zueignungshandlungen jedoch aus k r i m i nalpolitischen Gründen für nicht vertretbar gehalten, während andererseits der B G H diese Lösung gerade aus kriminalpolitischen Gründen für zwingend geboten hält 9 4 . Wenn auch rechtspolitische Gründe keine Auslegung rechtfertigen können, die begrifflich ausgeschlossen ist, so soll das Gewicht der gegen die Ablehnung der weiteren Zueignung vorgebrachten Gründe dennoch geprüft werden, u m festzustellen, ob hier überhaupt so zwingende Gründe gegeben sind, wie die h. M. annimmt, und ob daher vielleicht de lege ferenda eine Lösung dieses Problems notwendig wird. Erforderlich soll die Möglichkeit weiterer Zueignungshandlungen sein, weil das fortbestehende Eigentum auch nach einer Unterschlagung weiterhin Respekt verlange. Darüber hinaus aber müsse die Unterstützung von Verwertungshandlungen nach einer Zueignung durch Dritte als Beihilfe zur Unterschlagung strafbar sein können, da diese Hilfe keineswegs immer von den §§ 257,259 erfaßt werde 95 . Daß das fortbestehende Eigentum auch nach Anmaßung einer Eigentümerstellung durch den Täter einer Unterschlagung weiterhin Respekt verlangt, mag zugestanden werden. A l l e i n die typischen Verwertungshandlungen, die den Tatbestand der Zueignung nach einer Zueignung erfüllen sollen, beeinträchtigen das Eigentum nicht i n Form einer weiteren Vermögensentziehung, bei der sich Enteignung und Aneignung entsprechen. Die bloße Respektlosigkeit gegenüber dem Eigentümer ist aber vom Gesetzgeber nicht als derart sozialwidrig beurteilt worden, daß sie strafwürdig erschiene. Das zeigt das Absichtserfordernis i n den §§ 257,258,259 9e . Aber — unterstellt, die Verwertungshandlung wäre tatbestandsmäßig — eine Konsequenz aus der Respektlosigkeit, vor der das Eigentum geschützt werden soll, w i r d von der h. M. i n bezug auf den Täter gerade nicht gezogen, denn die weitere Zueignung soll ja keine weiteren Rechtsfolgen gegenüber dem Täter auslösen, sondern 92 Vgl. Baumann, N J W 1961 S. 1141; Maurach, B . T . S. 240; Schröder, JR 1960 S. 308; ders., Schönke-Schröder, StGB § 246 Rn. 34. 93 Maurach, B. T. S. 240. 94 BGHSt. 14 S. 45 ff. 95 Vgl. Schönke-Schröder, StGB § 246 Rn. 34; i m einzelnen zur h. M . die oben i n A n m . 92 Genannten sowie Welzel, Niedersehr. 6 S. 55; Metz, a. a. O. S. 61 ft.; Niemeyer, a. a. O. S. 73; Rutkowsky, N J W 1954 S. 180. 96 E i n anderes Problem ist es, ob die endgültige Beseitigung des Eigentums durch Handlungen, die der Zweckbestimmung der Sache inadäquat sind — Zerstörung — den Tatbestand eines Delikts erfüllen. Dies k a n n hier jedoch dahinstehen, denn die zweckwidrige Zerstörung der Sache ist nicht Zueignungshandlung; dazu vgl. unten S. 162 ff.

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

vielmehr straflose Nachtat sein. Soll das Eigentum aber nach einer rechtswidrigen Zueignung weiter durch den Unterschlagungstatbestand geschützt werden, dann müßte die erneute Zueignung auch weiter unter Strafe gestellt sein. Jedoch selbst für den Fall der Verjährung oder Amnestie der ersten Zueignung w i l l ζ. B. ein Teil der Vertreter der h. M. eine Bestrafung aus der Nachtat nicht zulassen 97 , so daß der Kreis der strafbaren Zueignungshandlungen nach einer Zueignungshandlung bereits sehr erheblich eingeschränkt ist. Gleichfalls ist i n den übrigen, von der h. M. stets angeführten Fällen der schuldlosen ersten Zueignung, die später i n zurechnungsfähigem Zustand wiederholt wird, die „weitere" Zueignung nicht ausgeschlossen. Unrichtig ist es nämlich, die schuldlose Zueignung m i t einer schuldhaften Zueignung i n jedem Falle gleichzusetzen. Das Gesetz setzt i m Tatbestand der Eigentumsdelikte eine „rechtswidrige Zueignung" voraus, d.h. aber einen A k t , m i t dem der Täter seinen Willen bekundet, den Eigentümer rechtswidrig durch die Zueignung aus seiner Position zu verdrängen und sich selbst diese Stellung anzumaßen. Die Rechtswidrigkeit der Zueignung ist nicht allgemeines Verbrechensmerkmal, sondern bestimmt den Sinngehalt der Zueignung grundlegend 98 . Der Täter, dessen Schuld aber ausgeschlossen ist, weil er unfähig ist, das Unerlaubte seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, hat gerade nicht die Fähigkeit, eine vollwertige Zueignung i m Sinne eines Eigentumsdelikts durchzuführen. Er entscheidet sich entweder überhaupt nicht bewußt für die Herbeiführung eines dem Recht widersprechenden Zustandes oder doch nur m i t einer Einstellung, die gerade von der Rechtsordnung als nicht vollwertig anerkannt wird. M i t Recht w i r d dem ζ. B. i m Rausch handelnden Täter von Lehre und Rechtsprechung nur ein sogenannter natürlicher Vorsatz zugerechnet. Für die Haftung aus dem Tatbestand der Rauschtat mag dieser natürliche Vorsatz genügen. Auch das ist zweifelhaft. Sachlich ist er jedoch nicht mit der Absicht der rechtswidrigen Zueignung identisch. Der Wille des Täters leidet gerade an dem Mangel der Fähigkeit, die rechtlichen Verhältnisse verbindlich bestimmen zu können bzw. sich nach der Erkenntnis der rechtlichen Verhältnisse einrichten zu können. Das Bewußtsein, ein Vermögensgut zu entziehen und sich selbst die Eigentümerstellung anzumaßen, ist aber nicht das Bewußtsein rechtswidriger Zueignung 99 . 97 O L G Braunschweig N J W 1963 S. 1936 m i t k r i t . A n m . von Dreher, M D R 1964 S. 168 f.; Baumann, L b S. 650; Jescheck, Lb. S. 492 f.; Schönke-Schröder, StGB Rn. 70 v o r § 73; Krauß, G A 1965 S. 178; Mezger-Blei, Stub. I S. 318; Welzel, Lb. S. 235; a. A . B G H bei Dallinger, M D R 1955 S. 269; B G H JZ 1968 S. 710; Geerds, Konkurrenz S. 169, 229; Jagusch, L K I Vorb. C 4 c v o r § 73; Kohlmann, J Z 1964 S. 492 f.; Maurach, A . T . S. 662 f.; ders., J Z 1956 S. 258; Sauer, A. T. S. 242. 98 I m einzelnen vgl. hierzu unten S. 212 ff. 99 Z u r Bedeutung der Rechtswidrigkeit der Zueignung vgl. unten S. 212 ff.

II. Vermögensentziehung und rechtswidrige Vermögenslagen

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W i r d sich der Täter jedoch der Rechtslage bewußt, und kann er sich auch nach seiner Einsicht bestimmen, so steht er vor der Entscheidung, ob er sich nunmehr über die rechtmäßige Zuordnung der Sache hinwegsetzt und seine eigene Herrschaft endgültig an die Stelle der des Eigentümers setzt. Seine Situation entspricht demgemäß i n diesem Augenblick derjenigen des gutgläubigen Okkupanten einer fremden beweglichen Sache nach der Kenntnisnahme von dem wirklichen Sachverhalt 100 » 101 . Für den Fall schuldloser Erstzueignung ist es demnach gerade nicht ein kriminalpolitisches Bedürfnis, das die Konstruktion einer weiteren Zueignung fordert, sondern die unrichtige Annahme der für das Eigentumsdelikt relevanten Zueignungshandlung i n der ersten, schuldlosen Zueignungshandlung 1 0 2 . Zu prüfen bleibt demnach noch, ob die Konstruktion der straflosen Nachtat notwendig ist, u m die eine Verwertung unterstützenden Handlungen Dritter als Beihilfe zu einer Unterschlagung bestrafen zu können, weil diese sonst nicht oder zumindest nicht umfassend durch die Tatbestände der Begünstigung und Hehlerei erfaßt werden. Ins Auge fällt jedoch bei dieser Problemstellung sofort, daß Gegner und Befürworter der Konstruktion der straflosen Nachtat nach einem Vermögensdelikt sich auf die jeweilige Konsequenz aus ihrer Auffassung ausdrücklich berufen m i t dem Hinweis darauf, kriminalpolitische Erfordernisse seien für ihre Stellungnahme maßgebend 103 . Zweifellos gibt es Fälle der Unterstützung von Verwertungshandlungen des Unterschlagungstäters durch Dritte, die von den Tatbeständen der Begünstigung und Hehlerei nicht erfaßt werden: Wenn A dem Β das gestohlene Geld umtauscht, wobei er ihm für einen 1000-DM-Schein nur D M 900,— gibt, macht er sich einer Hehlerei schuldig, weil er u m seines Vorteils willen das Geld an sich gebracht hat. — Handelt er des Vorteils des Β wegen, um diesen i n den Genuß der Beute zu setzen oder um ihn der Strafe zu entziehen, indem er das Geld vorübergehend bei sich versteckt, weil dem Β eine Durchsuchung droht, so ist eine Begünstigung gegeben. — Handelt er aus beiden Motiven, so liegt der Fall einer sogenannten Personenhehlerei, § 258 StGB, vor. — Und selbst, wenn A 100 Z u m gleichen Ergebnis, w e n n auch m i t anderer Begründung, k o m m t Wedekind, a. a. O. S. 98 ff. 101 Eignet sich der Täter die Sache nunmehr zu, w i r d die Rauschtat von der Zueignungstat konsumiert. 102 Damit soll keineswegs der Ansicht des B G H gefolgt werden, daß n u r eine erste strafbare Zueignung weitere mögliche Zueignungshandlungen ausschließt; vgl. BGHSt. 14 S. 43; ebenso O L G Celle N J W 1962 S. 1833. — Die Strafbarkeit hat m i t der Entscheidung, ob die Handlung tatbestandsmäßig ist, nichts zu tun. I m übrigen f ü h r t diese Ansicht des B G H gerade wieder zu der v o m B G H abgelehnten Bestrafung einer Zueignung, w e n n die erste Zueignung v e r j ä h r t oder amnestiert worden ist; dazu Bockelmann, JZ 1960 S. 624 f. 103 Vgl. einerseits ζ. B. Schönke-Schröder, StGB § 246 Rn. 34, andererseits BGHSt. 14 S. 45 f.

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

dem Β nur hilft, der Durchsuchung zu entgehen, weil er sich über den Eigentümer des Geldes geärgert hat und diesem den Schaden gönnt, sich aber der Tatsache bewußt ist, daß er damit dem Β die Vorteile seiner Missetat sichert und diesen Erfolg auch w i l l , liegt nach h. M. bereits die Begünstigungsabsicht vor 1 0 4 . — Allein, wenn daher die Unterstützungshandlung des A nicht der Begünstigung des Β dient — A hilft, den gutgläubigen Käufer zur Zahlung eines angemessenen Kaufpreises für die von Β unterschlagene Sache zu überreden — eine Entziehung der Sache zugunsten des Eigentümers ist nicht zu befürchten — und A selbst keinen Vorteil aus seiner Handlung zieht — das Feilschen u m den Kaufpreis macht dem A lediglich Spaß —, entfällt eine Bestrafung wegen Hehlerei oder Begünstigung. Sehr häufig werden derartige Fälle nicht sein, ausgeschlossen sind sie aber keineswegs. Jedoch schon das von Schröder 105 genannte Beispiel, daß A den von Β gestohlenen Geldschrank aufschweißt, liegt sehr auf der Grenze zur strafbaren Begünstigung, w e i l durch diese Hilfeleistung nur unter ganz besonderen Umständen keine konkrete Sicherung des Täters vorliegen wird. Straflos wäre aber i m Falle des Geldwechselns der A, wenn er den von Β unterschlagenen 1000-DM-Schein i n 10 Scheine à D M 100,— umwechselt, obwohl er weiß, daß A das Geld unterschlagen hat, w e i l er keine lange Diskussion m i t A wünscht 108 . Solange Begünstigung und Hehlerei besondere Vorteilsabsichten fordern, sind demnach zweifelsfrei Fälle denkbar, i n denen der Täter trotz Unterstützung des Vortäters straffrei bleibt, wenn die Unterschlagung eine Vermögensentziehung zwingend voraussetzt. Jedoch erscheint dieses nicht als ein so unerträglicher Mangel, wie die h. L. meint, denn auch die h. M. zieht keineswegs aus ihren m i t Emphase verteidigten kriminalpolitischen Notwendigkeiten überall die dogmatische Konsequenz, insbesondere dort nicht, wo eine Bestrafung i n Betracht käme, w e i l die nach einer Vermögensentziehung geleistete Unterstützung zu einer Bestrafung wegen Beihilfe zur Unterschlagung führen müßte. I n den meisten Fällen der persönlichen Begünstigung eines Vermögenstäters könnte — die Tatbestandsmäßigkeit weiterer Zueignungshandlungen unterstellt — streng genommen eine Beihilfe zur Unter104 Es genügt, daß es dem Täter auf den Begünstigungserfolg ankommt, mag er daneben auch noch andere Zwecke verfolgen: vgl. RGSt. 23 S. 105 f., 32 S. 24 f., 54 S. 351, 55 S. 126; BGHSt. 4 S. 108 f.; Härtung, J Z 1954 S. 694; Kohlrausch-Lange, StGB § 257 A n m . V I ; Welzel, Lb. S. 394. Noch weiter — Bewußtsein der Begünstigung genügt — gehen Schröder, N J W 1962 S. 1040; ders., Schönke-Schröder, StGB § 257 Rn. 34 a, 36; Oehler t N J W 1966 S. 1637 f. Demgegenüber verlangt § 289, E 1962 wieder die Absicht, einem anderen V o r teile zu sichern. 105 JR 1960S. 308. 106 Z u m Falle eines Erwerbs einer durch strafbare Handlung erlangten Sache zu angemessenem Preis vgl. RGSt. 58 S. 122 f. u n d B G H bei Dallinger, M D R 1967 S. 369; B G H G A 1969 S. 62 f.

II. Vermögensentziehung und rechtswidrige Vermögenslagen

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schlagung gesehen werden, w e i l dem Vortäter durch die Begünstigung weitere Möglichkeiten für die Verwertungshandlungen eröffnet werden und der Begünstigende sich i m Zweifel auch über diese Folgen seines Verhaltens klar ist. Dennoch w i r d i n diesen Fällen eine Konkurrenz der Begünstigungshandlung m i t einer Unterschlagungstat nicht einmal i n der Literatur erörtert, und zwar m i t Recht, denn der über den persönlichen Begünstigungseffekt hinausgehende Unrechtsgehalt der Handlung ist, genau wie i n den Fällen der Unterstützung einer Verwertungshandlung ohne die Absicht, sich oder dem Vortäter einen Vorteil zu verschaffen, derart gering, daß eine Bestrafung nicht gerechtfertigt ist. Dieses hat der Gesetzgeber auch eindeutig zum Ausdruck gebracht: Die Begünstigung ist m i t einer Gefängnisstrafe bis zu einem Jahr bedroht. Der Teilnehmer einer Unterschlagung jedoch kann m i t einer Gefängnisstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden, wobei i n bezug auf die Höchststrafe allerdings § 49 zu berücksichtigen ist. Selbst wenn man unterstellt, Lehre und Rechtsprechung seien i n den Fällen der persönlichen Begünstigung, die gleichzeitig weitere Verwertungshandlungen nach einer strafbaren Zueignung ermöglichen, davon ausgegangen, die Begünstigung schlösse die Beihilfe zur Unterschlagung aus, wobei die Frage nach der A r t des Konkurrenzverhältnisses kaum klärbar wäre, w e i l die Unterschlagungshandlung m i t höherer Strafe bedroht ist, so wäre der Ausschluß des Unterschlagungstatbestandes i n den Fällen der persönlichen Begünstigung durch einen Angehörigen noch weniger einleuchtend, denn der Begünstigende bliebe i n diesen Fällen gemäß § 257 Abs. 2 StGB sogar straflos. Schließlich aber ist es völlig uneinsichtig, warum der ohne Sicherungsabsicht handelnde Angehörige bestraft werden sollte, denn i h m käme, da er keine Begünstigung begeht, das Angehörigenprivileg des Begünstigungstatbestandes m i t seiner segensreichen Ausschlußwirkung nicht zugute. Weiter spricht gegen die mögliche Konkurrenz jeglicher Begünstigung m i t einer Teilnahme an einer Unterschlagung nach einer Unterschlagung des Vortäters die Existenz des § 257 Abs. 3 StGB, der nachträgliche Sicherungshandlungen Dritter nur dann als Teilnahme zur Vortat bestraft, d. h. für diese Fälle den Strafrahmen der Vortat eröffnet, wenn die Begünstigungshandlung vor Begehung der Tat zugesagt worden ist. Nach einhelliger Ansicht bezweckt diese Vorschrift, „entsprechend dem bei vorheriger Zusage der Begünstigung hervortretenden stärkeren verbrecherischen W i l l e n . . . die Strafe der Beihilfe zur Haupttat anstelle der verhältnismäßig geringen Strafe der Begünstigung eintreten zu lassen" 107 . Noch beweiskräftiger dafür, daß das vielberufene kriminalpolitische Bedürfnis die Konstruktion des Vermögensentziehungsdelikts nach 107 RGSt. 49 S. 385; vgl. auch BGHSt. 11 S. 317; Schönke-Schröder, § 257 Rn. 50; eingehend dazu Wedekind, a. a. O. S. 97.

StGB

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

einem Vermögensentziehungsdelikt keineswegs erfordert, ist die Stellungnahme der h. M. zu den Fällen des Erwerbs von Sachen aus strafbaren Handlungen ohne Vorteilsabsicht des Täters. Obwohl sowohl dem Reichsgericht wie auch dem BGH verschiedentlich derartige Fälle zur Entscheidung vorlagen, erwähnt weder das Reichsgericht noch der B G H bei der Begründung des Freispruchs m i t einem einzigen Wort die Möglichkeit einer Bestrafung wegen Unterschlagung. I n den zur Entscheidung stehenden Sachverhalten lag aber eine Zueignungshandlung ohne weiteres vor, denn wer bösgläubig ein Fahrrad oder ein Schmuckstück erwirbt und diese Dinge i n Gebrauch nimmt wie ein Eigentümer, bekundet die Absicht, sich als Eigenbesitzer zu gerieren. Dennoch w i r d trotz Ablehnung der Hehlerei eine für den Unterschlagungstatbestand relevante Zueignung überhaupt nicht erwähnt 1 0 8 . — Gleich aufschlußreich ist die Stellungnahme der Lehre. Während ζ. B. Welzel i n der 60. Sitzung der Großen Strafrechtskommission ausdrücklich erwähnt, der Hehler, der die Sache, die er an sich gebracht hat, weitergebe, begehe eine Unterschlagung als straflose Nachtat 109 , w i r d i n der Diskussion über die Beibehaltung der Vorteilsabsicht i m Hehlereitatbestand nur die Abgrenzung zur Begünstigung und die Bedeutung des Verheimlichens erörtert 1 1 0 . Die umfassende Bedeutung, die dem Unterschlagungstatbestand auch nach geltendem Recht i n den Fällen des derivativen Erwerbs einer Sache ohne Vorteilsabsicht zukommen müßte, w i r d nicht einmal berührt. Die Einsicht, daß i n den Fällen der Aufrechterhaltung rechtswidriger Besitzlagen ohne weiteren Vermögensentzug ein Vermögensentziehungsdelikt fehl am Platz ist, verdrängt die unrichtige Konstruktion i m konkreten Fall vollständig. Wenn hier evtl. auftretende Strafbarkeitslücken durch die Beseitigung der Vorteilsabsicht i m Hehlereitatbestand geschlossen werden sollen und die Bestrafung wegen Unterschlagung überhaupt nicht erörtert wird, sollten daraus auch die nötigen Konsequenzen gezogen werden. Sollte die h. M. nämlich recht haben m i t ihrer Behauptung, Hehlerei und Begünstigung erfaßten nicht alle strafwürdigen Fälle der Vermögensverletzungen nach einer Vermögensentziehung, dann haben gerade Welzel und Gallas 111 den sachlich richtigen Weg gewiesen. Dieser liegt i n der Umgestaltung des Hehlereitatbestandes, nicht aber i n der Konstruktion der Unterschlagung derselben Sache durch denselben Täter nach einer Unterschlagung. 108 Vgl. RGSt. 58 S. 122 f.; B G H bei Dallinger, M D R 1967 S. 369; vgl. auch B G H G A 1967 S. 315 f.; B G H G A 1969 S. 62 f. — Dieses hinderte allerdings weder das Reichsgericht noch den Bundesgerichtshof dort, wo letztlich der Tatbestand der Hehlerei bejaht wurde, darauf hinzuweisen, daß auch eine Unterschlagung i n Gesetzeskonkurrenz vorliege, der die Hehlerei vorgehe; vgl. ζ. B. RGSt. 56 S. 336; B G H N J W 1960 S. 2008. ice Niedersehr. 6 S. 55; desgl. Lb. S. 379. 110 Niedersehr. 6 S. 132 ff. 111 Vgl. Niedersehr. 6 S. 132 ff.

II. Vermögensentziehung und rechtswidrige Vermögenslagen

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Die Diskussion innerhalb der Großen Strafrechtskommission und die Entscheidung der Rechtsprechung i n den konkreten Fällen zeigen, daß es trotz ausdrücklich gegenteiliger Bekundungen der fast einhelligen Auffassung entspricht, i n den Fällen der Perpetuierung einer rechtswidrigen Besitzlage einen qualitativ anderen Unrechtgehalt zu sehen als i n den Fällen der Vermögensentziehung 112 . Fehlen Sicherungs- oder Vorteilsabsichten des Handelnden bei der Perpetuierung rechtswidriger Besitzlagen, so bleibt i n diesem Bereich nach geltendem Recht i n einzelnen Fällen des Erwerbs deliktisch erlangter Sachen und i n einem kleinen Kreis von Unterstützungshandlungen zu Verwertungshandlungen des Vortäters der Täter straffrei. Da aber i n diesen Fällen Rechtsprechung und h. L. nicht einmal die Anwendung des Unterschlagungstatbestandes erörtern, wenn dieser zu einer Bestrafung führen müßte, vielmehr i n der Ausdehnung des Hehlereitatbestandes die Lösung des Problems sehen, ist die dogmatisch nicht haltbare Lösung der Anerkennung einer Unterschlagung nach einer Entziehung der umfassenden Sachherrschaft weder rechtspolitisch zwingend geboten noch überhaupt sinnvoll angezeigt. Darüber hinaus aber führt systematisch allein die Ablehnung der Möglichkeit der wiederholten Zueignung zu einer sachgerechten Interpretation der Vermögensdelikte: die erste rechtswirksame, rechtswidrige Zueignungshandlung des Täters erfüllt den Tatbestand der Unterschlagung. Die weiteren Verwertungshandlungen sind — ohne daß zuvor eine Unterbrechung der Vermögensbeziehung eingetreten ist — nicht tatbestandsmäßig. Sie stellen daher auch keine straflosen Nachtaten dar. I m Falle der Teilnahme Dritter an den Verwertungshandlungen liegt, soweit die objektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt sind, bei Vorteilsabsicht des Dritten Hehlerei vor, Begünstigung, falls er dem Täter die Beute vor Entziehung sichern w i l l und sogenannte Personenhehlerei bzw. der erschwerte Fall der Begünstigung, die sogenannte eigennützige Begünstigung, wenn er aus beiden Motiven heraus handelt. Die These, daß Zueignung stets Vermögensentzug bedeutet, weil die Überführung eines Vermögensobjektes aus dem Vermögen des Berechtigten i n das eigene Vermögen stets eine Vermögensentziehung voraussetzt, w i r d durch die Erörterung zur wiederholten Zueignung nach einer Unterschlagung demgemäß nicht widerlegt, vielmehr weiter untermauert. Entzogen werden kann nicht, was bereits entzogen ist. Wer sich eine eigentümerähnliche Stellung über eine fremde Sache verschafft hat, kann bekunden, daß er diese weiterhin innehaben w i l l , eine weitere Vermögensentziehung ist jedoch ohne vorherige Unterbrechung der Herrschaftsbeziehung dem ursprünglich Berechtigten gegenüber nicht möglich. 112

Anders Cramer , Vermögen S. 226 ff.

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2. Kap.: Die Systematik der Vermögensdelikte bb) Unterschlagung nach einem Diebstahl oder Raub

Ob eine Unterschlagung als straflose Nachtat nach einem Vermögensoder Eigentumsdelikt, durch das der Täter die Sache i n die Hand bekommen hat, möglich ist, hängt nach den bisherigen Überlegungen davon ab, ob die Wegnahme i n Zueignungsabsicht bereits eine Zueignung darstellt oder nicht. Ist die Wegnahme i n Zueignungsabsicht bereits Zueignung, so liegt die Problematik genauso wie i n den Fällen der Verwertung einer Sache nach einer Unterschlagung. Liegt hingegen i n der Wegnahmehandlung noch keine vollendete Zueignung, so kann eine evtl. Unterschlagung als Nachtat nicht aus dem Grunde ausgeschlossen sein, daß der Täter sich nicht zueignen kann, was er bereits hat. Die heute wohl noch herrschende Ansicht sieht den Diebstahl als sogenanntes kupiertes Erfolgsdelikt an. Sie geht davon aus, daß die Zueignung der Wegnahme folgen kann, und läßt es für die Vollendung des Delikts deshalb genügen, daß eine Zueignung erst geplant war, wenn die Wegnahme bereits vorliegt 1 1 3 . Die Gegenmeinung 114 geht hingegen davon aus, daß die Zueignung bereits i n der Wegnahme liegt, d. h., daß der objektive Tatbestand des Diebstahls Zueignung durch Wegnahme voraussetzt. Eine Zwischenmeinung vertritt Lampe115, der die Entziehung eines Vermögensobjekts zum objektiven Tatbestand zählt, i n der Aneignung aber ein Merkmal des subjektiven Tatbestandes des Diebstahls sieht. 113 Vgl. RGSt. 8 S. 371, 35 S. 64, 53 S. 181; BGHSt. 3 S. 194, 5 S. 379, 17 S. 90; (eingehend zur Rechtsprechung Seul, a . a . O . S. 23 A n m . 69, 70); Beling, Grundsätze S. 54; Baumgarten, Recht 1910 S. 407; Birkmeyer, Encykl. S. 1174; Blümel, a. a. O. S. 11; Bockelmann, ZStW 65 (1953) S. 576; ders., J Z 1960 S. 622 A n m . 7; Dalcke-Schäfer, a . a . O . § 242 A n m . 7 a; Frank, StGB § 242 A n m . V I I I ; Freund, a . a . O . S. 34; Gallas, Niedersehr. 6 S. 56; Harburger, a . a . O . S. 209; R. v. Hippel, Lb. S. 235; John, ZStW 1 (1881) S. 256; Kohler, Leitfaden S. 117; Kohlrausch-Lange, StGB § 242 A n m . I I I 2 b ; v. Liszt- Schmidt, a. a. O. S. 611; Lackner-Maassen, a. a. O. § 242 A n m . 5 a; Maurach, B. T. S. 204 f., 237; Merkel, H H I I I S. 648, 698; Mezger-Blei, Stub. I I S. 136; OlshausenKirchner, 12. Aufl. § 242 A n m . 24 b ; Paulus, a. a. O. S. 85 ff.; Rapp, a. a. O. S. 35; Rotering, GS 36 S. 520—523; Saerbeck, a. a. O. S. 70; Sauer, B. T. S. 33; Schaff stein, G A 1964 S. 105 f.; W. Schneider, M D R 1956 S. 338; Schwarz-Dreher, a. a. O. § 246 A n m . 2 A ; Wachenfeld, Lb. S. 375; Zimmer, a. a. O. S. 73. 114 RG G A 59 S. 450; BGHSt. 14 S. 43 f.; Baumann, N J W 1961 S. 1142 (a. A. Lb. S. 647); Becker, a. a. O. S. 51 f.; Binding, Normen I I S. 1056 A n m . 50; ders., Lb. I S. 255 A n m . 3, S. 285; Finger, GS 78 S. 407; Gerland, a. a. O. S. 602 A n m . 2; Gleispach, a. a. O. S. 20 f.; Harlandt, a. a. O. S. 44; Hälschner, I I S. 304 A n m . 1; Honig, Vortat S. 100; Höpfner, a. a. O. S. 18 ff.; Hegler, ARWPh. I X S. 280 ff.; Heinrichs, a. a. O. S. 26; Hirsch, JZ 1963 S. 149 A n m . 8; Hölzenbein, a. a. O. S. 14; Krebs, a. a. O. S. 16 ff.; Maschke, a. a. O. S. 207; Moiderings, a. a. O. S. 36; Meyer, Lb. S. 550; Metz, a . a . O . S. 96 ff.; Nagler, L K I I 6./7. Aufl. § 242 A n m . I, I I I 2; Jagusch, L K I I § 242 A n m . I, I I I 2; Paulus, a. a. O. S. 197; Post, a. a. O. S. 3 f. ; Rabe, a. a. O. S. 43 m i t eingehendem historischem Überblick S. 31 ff.; Schneider-Freyermuth, a . a . O . S. 103, 107; Schönke-Schröder, StGB § 242 Rn. 68; Ullmann, a. a. O. S. 64 f.; Villnow, a. a. O. S. 16 f.; Welzel, Lb. S. 339, 347, 350; ders., J Z 1952 S. 618. 115 G A 1966 S. 225 ff., 236 f.

II. Vermögensentziehung und rechtswidrige Vermögenslagen

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Die Anhänger der h. M. wie auch die der Gegenmeinung stimmen darin überein, daß die Wegnahme als Bruch fremden und Begründung neuen Gewahrsams zu definieren ist 1 1 8 . Diese Auffassung entspricht auch der historischen Entwicklung und dem Willen des historischen Gesetzgebers, dem es eindeutig darum ging, dem durch ein Mißverständnis römischer Rechtsquellen und der A r t i k e l 157 und 167 der Carolina i m gemeinen Recht entbrannten Streit zwischen der sogenannten Kontrektations-, Apprehensions-, Ablations- und Illationstheorie zugunsten der Apprehensionstheorie .— der Diebstahl ist vollendet, wenn neuer Gewahrsam über die Sache begründet ist — ein Ende zu machen 117 . Einigkeit besteht gleichfalls — wie oben ausgeführt — über wesentliche Elemente des Zueignungsbegriffs. Zueignung ist grundsätzlich als Entziehung der dem Eigentümer zustehenden Herrschaftsmacht über eine Sache durch Anmaßung einer dem Eigentum entsprechenden tatsächlichen Herrschaftsmacht anzusehen. Weiter ist davon auszugehen, daß der A k t , m i t dem sich die Überführung eines Vermögensgutes aus dem Vermögen des Eigentümers i n das Vermögen des Täters vollzieht, durch ein Verhalten kundgetan wird, auf Grund dessen nach außen hin erkennbar ist, daß der Täter einen Zueignungswillen i n die Tat umgesetzt hat. Soweit der Zueignungswille vorliegt, genügt demnach eine nach außen erkennbare Willensäußerung, die bei verständiger Auslegung durch die Rechtsgenossen zu dem Schluß führt, der Täter wolle nunmehr Eigenbesitz über die Sache ausüben. Diese Voraussetzungen erfüllt die Wegnahmehandlung typischerweise. M i t dem Bruch des Gewahrsams des Berechtigten und der Begründung neuen Gewahrsams zeigt der Täter, daß er seinen Willen, den Eigentümer zu enteignen und sich selbst die Sache zuzueignen, i n die Tat umgesetzt hat. Dieser Manifestationsakt ist auch für die Rechtsgesellschaft verständlich, denn — wie bereits festgestellt wurde — ist eine eindeutige stets zweifelsfreie Objektivierung der Zueignungsabsicht nicht erforderlich und auch nicht möglich. So ist es durchaus denkbar, daß ohne genaue Kenntnis des Willens des Täters, wie bei jeder Zueignung durch Wegnahme i m konkreten Einzelfall Abgrenzungsschwierigkeiten auftreten können. Die sorgfältige Beachtung der einzelnen Erfordernisse des Zueignungsbegriffs, hier insbesondere die genaue Prüfung des Zueignungswillens, führt jedoch zum richtigen Ergebnis: Wer z.B. einen fremden Hund wegnimmt i n der Absicht, i h n später zurückzubringen, u m den Finderlohn zu kassieren 118 , eignet sich den Hund genausowenig zu, wie sich das Dienstmädchen den Schmuck ihrer 116

S. 347. 117

118

Vgl. z.B. einerseits Maurach,

B. T. S. 204; andererseits Welzel,

Vgl. dazu Goltdammer, a. a. 0 . 4 6 1 f. Vgl. RGSt. 55 S. 59 f. u n d Maurach, B. T. S. 211.

Lb.

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

Arbeitgeberin zueignet, wenn sie diesen morgens wegnimmt, bei einer Freundin deponiert, zurückgekehrt, bei der Suche nach dem Schmuck leugnet, ihn gesehen zu haben, sich nachmittags bei einem Juwelier erkundigt, welchen Preis der Schmuck wohl bei einem Verkauf erzielen würde, und ihn schließlich abends bei einer Tanzveranstaltung trägt. — Gesetzt, sie nahm den Schmuck nur weg, weil sie ein einziges Mal m i t i h m angeben und zuvor gern wissen wollte, wie wertvoll das getragene Stück wohl sei, bevor sie es am nächsten Tag zurücklegt. Lag hingegen der Zueignungswille vor, so sind die genannten Handlungen typische Verhaltensweisen, die kundtun, daß jemand sich über eine Sache wie ein Eigentümer geriert. Die Wegnahme genügt demnach, obwohl i m Einzelfall trotz gleichen objektiven Verhaltens bei fehlendem Zueignungswillen eine bloße Gebrauchsanmaßung vorliegen kann, den Erfordernissen, die an die Manifestation des Zueignungswillens zu stellen sind. Insoweit stehen daher der Auffassung, Wegnahme i n Zueignungsabsicht sei vollendete Zueignung einer fremden beweglichen Sache durch Wegnahme, keine zwingenden Gründe entgegen. Wenn Maurach 119 Bedenken hat, dieser Meinung zu folgen, so liegt seine Stellungnahme i n einer zu engen Fassung des Wegnahmebegriffs begründet. Maurach meint, eine derartige Interpretation des Diebstahls müsse logischerweise dazu führen, eine Zueignung bereits zu bejahen, wenn der Dieb die Geldbörse des Opfers i n dessen Rocktasche umklammere. Jedoch ist eine derart enge Auslegung der sogenannten Apprehensionstheorie weder zwingend noch überhaupt geboten. Da die Wegnahme erst vollendet ist, wenn der Täter neuen Gewahrsam an dem Wegnahmeobjekt begründet hat, liegt m i t dem Ergreifen der Geldbörse noch keine vollendete, sondern erst eine versuchte Wegnahme vor 1 2 0 . Nach wie vor w i r d die Geldbörse noch dem Eigentümer zugerechnet, solange sie sich i n seiner Rocktasche befindet. Diese Zuordnungssituation ändert sich erst, wenn der Dieb die Börse frei i n Händen hält bzw. einsteckt. Selbst das kann i m Einzelfall noch verschieden zu bewerten sein 121 . — I m übrigen zeigt es sich, daß auch Maurach und m i t i h m wohl die h. M. sachlich nicht soweit von der Mindermeinung entfernt stehen, wie es den Anschein hat. Wenn Maurach meint 1 2 2 , vom Standpunkt der h. L. aus sei gegen die Formulierung Mezgers, „Diebstahl ist Betätigung der Zueignungsabsicht durch Wegnahme" 123 nichts einzuwenden, so gilt gleiches für die Mindermeinung, denn da die Zueignung Manifestation der Zueignungsabsicht darstellt, ist Wegnahme i n Zueignungsabsicht 119

B.T.S.205. Zutreffend Welzel, Lb. S. 347. 121 I m einzelnen dazu: Otto, ZStW 79 (1967) S. 65 ff. 122 B . T . 4. Aufl. S. 195; i n der 5. Aufl. fehlt der Hinweis auf die Ansicht Mezgers. 123 Dazu vgl. Mezger-Blei, Stub. I I S. 134. 120

II. Vermögensentziehung und rechtswidrige Vermögenslagen

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Zueignung, weil sich i n der Wegnahmehandlung die Zueignungsabsicht objektiviert. Darüber hinaus zeigt die Einzelfallösung, daß auch die h. M. das von ihr zum Ausdruck Gebrachte — Diebstahl ist die Wegnahme i n Zueignungsabsicht — kaum so uneingeschränkt meint, wie es den Anschein hat. Die Mindermeinung hat nämlich den Vorzug, die Wegnahme einzuschränken auf einen Bereich, über den hinaus auch die h. M. eine Ausdehnung kaum bejahen würde. Die Ansicht, Diebstahl sei Zueignung durch Wegnahme, bedeutet, daß als relevante Wegnahme innerhalb des Diebstahltatbestandes nur eine solche Wegnahme angesehen wird, die zugleich als Zueignung interpretiert werden kann. Die h. M. kennt diese Begrenzung des Tatbestandes nicht. Folgendes Beispiel mag die Problemlage erhellen: A ist bei dem Elektrogroßhändler D als Lagerarbeiter angestellt. Eines Tages, als er den Lieferwagen des i n einer entfernteren Stadt wohnenden Kleinhändlers L belädt, packt er einen Fernsehapparat mehr auf den Wagen des L, als dieser bestellt hat. Der Angestellte des L fährt m i t dem Wagen vom Hof des D zu L. A läßt nach einer gewissen Zeit, bevor der Wagen bei L angekommen ist, den X bei L anrufen. X meldet sich als Angestellter des D, bittet um Entschuldigung und erklärt, aus Versehen sei ein falscher Apparat m i t der Ware des L verladen worden. Der A werde dieses Gerät am späten Nachmittag abholen. L ist damit einverstanden. A erhält einige Stunden später den Apparat ausgehändigt und behält ihn. Ist es richtig, Wegnahme als Bruch fremden und Begründung neuen Gewahrsams zu definieren, so wäre der Diebstahl des Gerätes vollendet i n dem Moment, als der Wagen des L den Hof des D verläßt, falls Diebstahl Wegnahme i n Zueignungsabsicht ist. Hingegen läge nur ein versuchter Diebstahl vor, wenn Diebstahl als Zueignung durch Wegnahme bestimmt wird, denn an einer Zueignung durch A fehlt es, solange dieser selbst keine unmittelbare Sachherrschaftsstellung über das Gerät begründet hat oder eine andere Person für A Sachherrschaft ausübt. — W i l l die h. M. dennoch zu dem gleichen Ergebnis kommen, und nur dieses erscheint angemessen, so ist sie genötigt, die Definition der Wegnahme ausdrücklich einzuschränken. Für die Mindermeinung ergibt sich die Begrenzung des Wegnahmebegriffs bereits aus dem notwendigen Zusammenhang zwischen Wegnahme und Zueignung. I n dieser engen Verknüpfung von Wegnahme und Zueignung zeigt sich, daß die vom Gesetzgeber beabsichtigte Einheit von Wegnahme und Zueignung auch heute noch grundsätzlich anerkannt wird, und das m i t Recht, denn diese Verbindung sollte den Diebstahl als ein Sachzueignungsdelikt charakterisieren, bei dem es dem Täter darum geht, eine fremde Sache i n seine Sachherrschaft zu bringen und durch Begründung eines subjektiven Machtverhältnisses über dieses Objekt sein Ver9 Otto

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

mögen zu vergrößern, d. h. sich zu bereichern 124 . W i r d die sinnvolle Einheit von Zueignung und Wegnahme jedoch zerstört, so ist damit der Charakter des Diebstahls verfälscht: Aus dem Sachzueignungsdelikt w i r d ein allgemeines Bereicherungsdelikt, das allenfalls noch durch die Verschaffung von Werten, die irgendwie m i t einer Sache verbunden sind oder m i t ihr i n Zusammenhang stehen, gekennzeichnet wird. A l l e i n der Schritt zu einem allgemeinen Vermögensverschiebungsdelikt, i n dem die heute typischen Vermögensdelikte aufgehen, könnte die Beseitigung der bisherigen Typisierung rechtfertigen. Konsequent ist daher die Folgerung Lampes, der bewußt die Einheit zwischen Wegnahme und Zueignung aufgibt 1 2 5 und dementsprechend den Diebstahl als Wertzueignungsdelikt interpretiert. Dieses w i r d besonders deutlich, wenn Lampe126 meint, i n dem Fall, daß A an einer vorbestimmten Stelle dem Β gehörende Sachen aus dem fahrenden Zug w i r f t , die er sodann an C, der diese Sachen auch selbst abholen soll, veräußert, läge bereits m i t der Veräußerung der Sachen an C eine vollendete Zueignung des A vor. — Von einer Zueignung der Sachen des Β durch den A kann jedoch keine Rede sein, denn der Kaufpreis ist i n diesem Falle nicht einmal ein Ä q u i valent für den Sachwert, sondern lediglich Entgelt für die Verschaffung einer günstigen Gelegenheit zu einer Unterschlagung durch den C bzw., je nach den Tatmodalitäten, einer Aneignung durch C, die eine Mittäterschaft bezüglich des Diebstahls der Sachen durch A und C begründet. — Bei gutem Glauben des C würde sich die Problematik i n die mittelbare Täterschaft verschieben und auf die Frage zuspitzen, ob die In-BesitzNahme durch C dem A als Aneignungsakt zugerechnet werden kann —. Nach der von Lampe vorgeschlagenen Lösung wäre der Diebstahl i n ein reines Wertverschaffungsdelikt nach einem Gewahrsamsbruch umgewandelt, und es beständen von dieser Konzeption her keine Bedenken, den A auch dann wegen Diebstahls zu bestrafen, wenn er die Sachen des Β irgendwo aus dem Zug geworfen hätte, damit sie lediglich dem Β entzogen wären, wenn C i h m dafür eine Belohnung zugesichert hätte. Sinnvoll wäre es dann allein, die einzelnen Deliktstypen der Vermögensdelikte zu beseitigen zugunsten eines Delikts, das die Vermögensentziehung i n Vorteilsabsicht unter Strafe stellt. Zuzugeben ist Lampe zwar, daß Lehre und Rechtsprechung diesen Weg praktisch bereits m i t der Anerkennung der sogenannten Sachwerttheorie gewiesen haben. Jedoch haben die Anhänger dieser Theorie den von ihrem Ausgangspunkt her zwingend gebotenen Schritt, den Diebstahl von einem Eigentumsdelikt durch Sachzueignung i n ein Wertverschaffungsdelikt nach einem Gewahrsamsbruch umzudeuten, nicht getan. Eine allgemeine Überlegen124 Vgl. dazu Goltdammer, a. a. O. S. 466; Motive, a. a. O. S. 118 ff.; i m ü b r i gen vgl. oben S. 158 ff. 125 Vgl. Lampe, G A 1966 S. 229 ff.; jetzt auch Lüderssen, G A 1968 S. 276 f. 126 G A 1966 S. 230.

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heit der Sachwerttheorie gegenüber der Substanztheorie ist darüber hinaus nicht nachzuweisen. I m Gegenteil, der Substanztheorie ist der Vorzug zu geben, weil die Sachwerttheorie erhebliche Mängel aufweist. Das w i r d noch eingehend dargelegt 127 . Aber auch unabhängig von der Problematik der Sachwerttheorie erweist sich die Konstruktion Lampes der der bisher herrschenden Meinung nicht überlegen. Die Trennung von Wegnahme und Zueignung m i t der Konsequenz der Annahme eines vollendeten Diebstahls m i t der i n Zueignungsabsicht erfolgten Enteignung des Opfers durch den Täter zerstört eine durchaus sinnvolle Einheit. Sie richtet sich nämlich gar nicht gegen eine bestimmte Interpretation der Zueignungsabsicht, sondern gegen die der Wegnahme als Bruch fremden und Begründung neuen Gewahrsams. Weil der Dieb die Tat begeht, u m sich die Sache anzueignen, erscheint der Bruch fremden und die Begründung neuen Gewahrsams i n Zueignungsabsicht als Einheit. W i l l man dieses einheitliche Geschehen auseinanderreißen, so müßten hierfür besondere Gründe vorliegen. A n diesen fehlt es aber, wenn man die Sachzueignung überhaupt noch von einer allgemeinen Wertverschaffung trennen w i l l . Zwar kennt das geltende StGB eine Reihe von Tatbeständen, i n denen, materiell gesehen, eine Versuchs- oder Vorbereitungshandlung bereits zum vollendeten Delikt erhoben wird. Diese Vorverlegung des Strafrechtsschutzes geschieht aber gerade aus Gründen des möglichst frühen Schutzes bestimmter Rechtsgüter, während nach vollzogener Enteignung des Berechtigten durch die Wegnahmehandlung die Rechtsgutsbeeinträchtigung schon abgeschlossen ist. Der scheinbare Gewinn der Erfassung der Wertverschaffung durch den Diebstahlstatbestand wäre erlangt auf Kosten der Zerstörung der derzeitigen Typik des Diebstahls, wobei der Wegnahmebegriff auf der Strecke bliebe. Damit aber kann von einem Gewinn keine Rede mehr sein. Hält man demgegenüber m i t der fast einhelligen Meinung daran fest, daß es sich beim Diebstahl um ein Sachzueignungsdelikt handelt, so ist i n der Wegnahme einer fremden Sache i n Zueignungsabsicht eine Zueignung dieser Sache durch den Täter zu sehen. Der vollendete Diebstahl enthält demgemäß stets auch eine vollendete Zueignung. Die Möglichkeit einer weiteren Zueignung durch den Täter i n bezug auf dieselbe Sache und ohne Unterbrechung der durch den Täter zu der Sache begründeten Herrschaftsbeziehung erweist sich demgemäß aus den gleichen Gründen, die einer weiteren Zueignung nach einer Unterschlagung i n dieser Situation entgegenstanden, als ausgeschlossen. Die der ersten Zueignung nachfolgenden Verwertungshandlungen stellen keine Zueignung dar, weil sie keine weitere Entziehung und Uberführung von Ver127

*

Vgl. unten S. 167 ff.

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

mögen aus der Vermögenssphäre des Berechtigten i n die des Täters bewirken. cc) Unterschlagung nach einem Betrug Kauft A von Β eine Sache gegen Barzahlung, und übereignet i h m Β die Sache, während A m i t Falschgeld bezahlt, so erlangt A durch die Übereignung rechtswirksam Eigentum — Abstraktion des dinglichen Geschäftes —. Ein weiteres Vermögensentziehungsdelikt i n bezug auf die erlistete Sache ist i n diesem Falle weder als selbständiges Delikt noch als straflose Nachtat möglich. Das w i r d auch von den Anhängern der Konstruktion einer straflosen Nachtat nach einem Vermögensdelikt nicht bestritten 1 2 8 . Wurde jedoch von dem Berechtigten dem Täter nur der Besitz an der Sache übertragen — der Täter spiegelt dem Eigentümer vor, er wolle ein wertvolles Gemälde einige Tage zur Ansicht mitnehmen, u m sich besser entscheiden zu können, ob er es kaufe oder nicht —, so ist zu differenzieren: Hat der Täter bereits i n diesem Moment die Absicht, den Eigentümer endgültig von seiner Sachherrschaft über die Sache auszuschließen, so ist die Begründung eigenen Gewahrsams i n Zueignungsabsicht bereits als Zueignung des Objekts anzusehen. Die nachfolgende Verwertungshandlung — ζ. B. der Verkauf des Gemäldes — bewirkt keine Veränderung der bestehenden Vermögenslage mehr, weil die Überführung der Sache aus dem Vermögen des Berechtigten i n das des Täters bereits durch den Betrug erfolgte 129 . Entgegen der h. M. 1 3 0 ist hier eine Unterschlagung des Gutes auch als straflose Nachtat nicht mehr möglich. Anders liegt hingegen der Fall, wenn der Täter zunächst die Absicht hat, i n dem i h m vom Eigentümer der Sache gesteckten Rahmen zu bleiben — der Täter hat i m Zeitpunkt der Besitzübergabe die Absicht, das Gemälde i n den nächsten Tagen zurückzubringen, ändert jedoch später seine Meinung und veräußert das Werk —. Hier liegt lediglich eine Unterschlagung vor, und zwar als selbständige strafbare Handlung, denn erst durch die Wandlung des Fremdbesitzes i n Eigenbesitz trat die wesentliche Vermögensentziehung ein. Z u wiederum anderer Bewertung zwingen die Fälle des sogenannten Besitzbetruges: A möchte gern i n den eigenen vier Wänden das Fernsehprogramm genießen, obwohl seine Einkünfte unterhalb der Pfändungs128

Vgl. dazu Schönke-Schröder, StGB § 263 Rn. 145. Z u m sog. Dreiecksbetrug u n d den Gründen seiner Ablehnung vgl. oben S. 93 f. 130 Vgl. Schönke-Schröder, StGB § 263 Rn. 145 u n d die Nachweise i m einzelnen oben S. 111 Anm. 79. 129

II. Vermögensentziehung und rechtswidrige Vermögenslagen

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grenze liegen und Ersparnisse nicht vorhanden sind. Unter Vorspiegelung eines sicheren, nicht unerheblichen regelmäßigen Einkommens kauft er ein Fernsehgerät auf Raten. Dieses w i r d unter Eigentumsvorbehalt des Verkäufers geliefert. Als A nach einem Monat die nächste Rate nicht zahlt und die Rücknahme des Gerätes durch den Verkäufer droht, veräußert A das Gerät an den gutgläubigen X , dem er es auch übergibt. — I n diesem Falle kann der Schaden des Verkäufers zwar nicht schon i n der von vornherein begründeten Möglichkeit einer künftigen Zueignung der Sache durch den Täter gesehen werden, denn eine konkrete Gefährdung der Sache ist noch keine Verletzung des Herrschaftsverhältnisses und kann daher nicht grundsätzlich als Schaden angesehen werden. Das ist für den hier entwickelten Begriff des Vermögensschadens eindeutig. Die Gefahr, daß ein Schaden eintritt, verkürzt die wirtschaftliche Potenz des Berechtigten erst, wenn Aufwendungen zur Abwendung des Schadens gemacht werden oder der Schaden sich realisiert 131 . Dennoch ist bereits m i t Übergabe einer Sache an einen nicht zahlungsfähigen Käufer ein Schaden des Verkäufers gegeben. Dieser erlangt nämlich kein gleichwertiges Äquivalent für seine Leistung. Er erwirbt nur eine dubiose Forderung gegen den Käufer, während er den Besitz an der Sache überträgt und deren Benutzung gestattet, die zwangsläufig zu einer Wertminderung führt, weil auch neuwertige benutzte Sachen nur zu einem erheblich geringeren Preis veräußert werden können. I n dem Beispielsfall hat sich demnach A den Besitz des Gerätes durch einen Betrug verschafft 132 . I n der späteren Veräußerung des Gerätes liegt darüber hinaus aber eine Zueignung, denn i n diesem Moment ersetzte der Täter durch rechtswidrige Willensbetätigung den Fremdbesitz durch Eigenbesitz. Bis zu diesem Zeitpunkt war dem Eigentümer lediglich der unmittelbare Besitz entzogen. Seine Herrschaftsmacht war aber weiter durch das zwischen i h m und dem Käufer vereinbarte Besitzkonstitut gemäß § 868 BGB begründet, kraft dessen der Käu131

Insoweit ist die v o m Reichsgericht aufgestellte Behauptung, eine V e r mögensgefährdung könne einem Vermögensschaden gleichzusetzen sein bzw. stelle bereits einen Vermögensschaden dar — vgl. RGSt. 16 S. 11, 66 S. 411, 71 S. 86, 73 S. 63 — unrichtig. Die uneingeschränkte Gleichsetzung v o n V e r mögensgefährdung u n d Schaden stellt eine Erweiterung des Betrugstatbestandes contra legem dar. 132 Anders wäre zu entscheiden, w e n n A die Angaben über sein E i n k o m men gemacht hätte, w e i l er dem Verkäufer seine konkreten Vermögensverhältnisse nicht offenbaren wollte, diese aber so gestaltet sind, daß eine Unmöglichkeit der Ratenzahlung m i t an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist u n d A auch nicht vorgehabt hätte, die Raten nicht zu zahlen. E i n Schaden läge trotz I r r t u m s u n d Täuschung nicht vor, w e i l eine Verkürzung der wirtschaftlichen Potenz des Verkäufers nicht gegeben wäre. — Auch dieser F a l l zeigt, w i e sinnvoll der personale Vermögensbegriff zwischen Vermögensschädigimg u n d Dispositionsbeeinträchtigung differenzieren kann. — Eingehend zur Problematik des Kreditbetruges: Bockelmann, ZStW 79 (1967) S. 36 ff.

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2. Kap.: Die Systematik der Vermögensdelikte

fer den Besitz lediglich i n dem i h m gesteckten Rahmen unter ausdrücklicher Anerkennung der Eigentümerstellung des Verkäufers ausübt. M i t der Veräußerung erweiterte der Käufer den Schaden über den bloßen Entzug des unmittelbaren Besitzes hinaus. Er eignete sich das Gerät nunmehr umfassend zu und beging damit eine Unterschlagung. Weil i n dieser Unterschlagung aber eine gegenüber dem Entzug des unmittelbaren Besitzes selbständige weitere Vermögensentziehung liegt, handelt es sich bei dieser Unterschlagung nicht um eine straflose Nachtat, sondern um ein weiteres selbständiges Delikt, das zu der Besitzentziehung i m Verhältnis der Realkonkurrenz steht 133 . Dieses mag bei oberflächlicher Betrachtungsweise verblüffen, w e i l derjenige, der sogleich eine Eigentümerstellung erlangen w i l l , nur einen Betrug begeht, derjenige hingegen, der sich zunächst bloß den unmittelbaren Besitz verschafft und sich erst später die Eigentümerstellung anmaßt, sich eines Betruges und einer Unterschlagung schuldig macht. Konstruktiv ist jedoch nichts gegen dieses Ergebnis einzuwenden, und es befriedigt auch sachlich, denn daß der Umfang der von einem Täter durch ein bestimmtes Delikt erlangten Beute verschieden sein kann, ist selbstverständlich. Schließlich ergibt sich eine weitere i n den bisher erörterten Fallgruppen noch nicht erfaßte Deliktsverwirklichung aus der Konstruktion des Betrugstatbestandes als eines Delikts m i t sogenannter überschießender Innentendenz 184 . Da der Betrug nach einhelliger Ansicht die i n Bereicherungsabsicht erfolgende, durch Täuschung herbeigeführte Beschädigung fremden Vermögens darstellt, ist er vollendet, sowie die Entreicherung des Opfers eingetreten ist. I n der Regel w i r d zwar m i t dem E i n t r i t t des Vermögensschadens zugleich der vom Täter erstrebte Vorteil erreicht sein, notwendig ist das jedoch nicht. Weggabe durch das Opfer und Empfang durch den Täter müssen nicht nahtlos ineinander übergehen, sie t u n es z.B. nicht, wenn das Opfer nach telefonischer oder schriftlicher Täuschungshandlung das Objekt dem Täter übersendet 135 . Der vom Täter beabsichtigte Schaden auf Seiten des Opfers liegt ζ. B. dann bereits i n vollem Umfange vor, wenn die versendete Sache auf der Post verlorengeht oder ein Windstoß den Geldschein fortreißt, den der Getäuschte gerade vor den Täter hinlegte 1 3 6 . Es mag an dieser Stelle dahinstehen, ob die einhellige Ansicht, die Vollendung des Delikts sei m i t E i n t r i t t des Schadens erfolgt, zutrifft, 133 Vgl. auch BGHSt. 16 S. 280 ff.; B G H G A 1957 S. 147; O L G Braunschweig G A 1954 S. 315; zur Lehre statt vieler: Schönke-Schröder, StGB § 263 Rn. 145. 134 Vgl. z.B. Hegler, A R W P h . I X S. 160; ders., ZStW 36 (1915) S. 31 ff.; Jagusch, L K I I § 263 A n m . 1 ; Maurach, B. T. S. 303. 135 Eine weitere Fallgruppe nennt Wedekind, a. a. O. S. 46 f. 136 Vgl. auch BGHSt. 19 S. 342 ff. Die dort zur Erpressung gemachten Ausführungen gelten auch f ü r den Betrug, da die beiden Delikte insoweit i m A u f b a u übereinstimmen.

II. Vermögensentziehung und rechtswidrige Vermögenslagen

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denn selbst wenn dieses der Fall ist, liegt die materielle Beendigung des Vergehens erst mit der Aneignung durch den Täter vor. Enteignung des Opfers und Aneignung durch den Täter bilden demgemäß auch hier eine natürliche Einheit. Der Betrug ist m i t der Zueignung der Sache durch den Täter beendet, für eine selbständige Unterschlagung ist kein Raum. Die Fallgruppe ist rechtlich demgemäß gleich der zu bewerten, i n der die Enteignung des Opfers und die Bereicherung des Täters ohne Zäsur ineinander übergehen. Dies muß auch gelten, wenn die Sache zunächst für Opfer und Täter verloren scheint und später der Täter dennoch i n ihren Besitz gelangt, weil die ganze Konstruktion allein unter der Prämisse haltbar ist, daß der Einschnitt zwischen Übergabe und Empfangnahme als unbedeutende Abweichung des Kausalverlaufs anzusehen ist. W i r d hingegen diese Abweichung vom vorgestellten Kausalverlauf als wesentlich angesehen und eine Identität zwischen dem vom Täter angestrebten Schaden und der später eingetretenen Bereicherung verneint, so erscheint die Annahme eines Betrugsversuchs bis zum Eintritt der Bereicherung sinnvoller. Anderenfalls konkurrierten hier ein vollendeter Betrug und eine vollendete Unterschlagung, obwohl der Täter schließlich nur die Herrschaft über jene Sache erlangt hat, deren Besitz er ursprünglich bereits anstrebte 137 . Endlich ist noch die Fallkonstellation zu beurteilen, i n der die Zueignungshandlung, die einen Betrug beendet, sich zugleich als Eingriff i n das Eigentum eines Dritten neben dem Betrugsopfer erweist. Dieses ist der Fall, wenn der Täter des Betruges durch die Handlung, die i h m die Sachherrschaft verschafft, Eigentum eines Dritten begründet, das i m gleichen Moment durch die Zueignungshandlung betroffen wird. Ein die Problematik gut hervorhebender Fall stand i n BGHSt. 14 S. 38 ff. zur Entscheidung: Ein zur Einziehung von Geldforderungen nicht berechtigter Beamter hatte eine Geldforderung angeblich für den Staat kassiert, i n Wirklichkeit jedoch, wie zuvor geplant, das Geld von vornherein i n die eigene Tasche gesteckt, u m es zu behalten. Da der Staat hier wegen der Nichtigkeit des geheimen Vorbehaltes des Beamten, sich das Geld selbst zuzueignen, Eigentum erwirbt 1 3 8 , könnte durch die Zueignung nicht nur ein Rechtsgut des zahlenden Bürgers, sondern zugleich ein Rechtsgut des Staates verletzt sein. I m Gegensatz zum B G H bejaht die h. L. i n derartigen Fällen neben einem Betrug gegenüber dem Bürger eine Unterschlagung gegenüber dem Staat 189 , wobei Schröder treffend darauf 137

Vgl. auch Frank, StGB § 263 A n m . V I 1 b ; Mezger-Blei, Stub. I I S. 201. So BGHSt. 14 S. 44; eingehend dazu Schröder, JR 1960 S. 308, u n d Bockelmann, J Z 1960 S. 623 A n m . 11, denen diese K o n s t r u k t i o n des B G H bedenklich erscheint, denn w e n n dem Beamten jede Vollmacht fehlte, würde der Staat w o h l k a u m Eigentum erlangen. 139 Vgl. Bockelmann, J Z 1960 S. 624 f.; Baumann, N J W 1961 S. 1141 f. u n d eingehend Schröder, JR 1960 S. 308 f. 138

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

hinweist, daß nach einhelliger Ansicht dann eine Unterschlagung und ein Betrug vorgelegen hätten, wenn der Täter zunächst einen bestimmten Betrag aus der Amtskasse entwendet hätte und später durch Täuschung gegenüber einem Staatsbürger das Kassendefizit wieder ausgeglichen hätte. Es wäre ein unerträgliches Ergebnis, meint Schröder, wollte man die zeitliche Reihenfolge dafür maßgeblich sein lassen, ob der Beamte wegen Unterschlagung und Betruges oder nur wegen Betruges bestraft wird. Dennoch ist es möglich, dem B G H hier entgegen der h. L. zuzustimmen, jedoch ist genau zu differenzieren: Der von Schröder gebildete Parallelfall unterscheidet sich nämlich von dem Ausgangsfall i n seinem wesentlichsten Punkt. Durch die Betrugshandlung gegenüber dem Bürger erlangte der Täter i n dem zur Entscheidung stehenden Sachverhalt umfassende Sachherrschaft, während der Staat allein das Eigentumsrecht als nudum ius erwarb. Das Einstecken des Geldes erfüllte gerade deshalb den Sinngehalt einer rechtswidrigen Zueignung, w e i l der Beamte zur Einziehung des Geldes nicht berechtigt war. A u f Grund der Eigenart der vom Täter gewählten Täuschungshandlung mag der Staat zwar, gleichsam als Nebeneffekt, Eigentum an dem Geld erlangt haben und dadurch sogar bereichert worden sein. Dennoch konnte der Täter dem Staat gegenüber durch das Einstecken und Behalten des Geldes keine Zueignungshandlung begehen, weil eine Vermögensentziehung nicht möglich war. Das Eigentumsrecht, das der Staat erworben hatte, wurde i h m nicht entzogen. Eine tatsächliche Herrschaftsstellung hätte der Staat nämlich i n bezug auf das Geld erst eingenommen, wenn dieses i h m real zugerechnet worden wäre. Diese Zurechnung konnte aber nicht erfolgen, w e i l die Gesamtwürdigung der subjektiven und objektiven Tatumstände gerade zu einer Beurteilung des Geschehens als einer eigennützigen Zueignungshandlung gegenüber dem Opfer der Täuschung führt, nicht aber als Vermögenserwerb für den Staat durch den Täter anzusehen ist. Diese Bewertung bringt damit zum Ausdruck, daß die Sache auf Grund objektiver Bewertung der Gesamtlage unter Berücksichtigung des Täterplans bereits i m Augenblick der Begründung der Sachherrschaft dem Täter zugeordnet wird. Betrug und Unterschlagung lägen hingegen vor, wenn der Beamte ζ. B. durch Täuschung des Bürgers höhere Beträge von diesem kassiert, als der Bürger schuldet, das Geld aber zunächst i n der Amtskasse oder einem anderen Ort aufhebt, wo die ordnungsgemäß erhobenen Gebühren aufbewahrt werden, und erst später der Kasse die zuviel erhobenen Beträge entnimmt und einsteckt. Der Betrug wäre allerdings dann als

II. Vermögensentziehung und rechtswidrige Vermögenslagen

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fremdnütziges Delikt anzusehen, weil zunächst eine Bereicherung des Staates beabsichtigt gewesen wäre, so daß sich bereits hier die grundsätzliche Relevanz der tatsächlich unterschiedlichen Fallgestaltung zeigt, wenn diese i m Endergebnis auch nicht zum Ausdruck kommt, weil der Gesetzgeber zwischen fremd- und eigennützigem Betrug nicht differenziert. I n der Entnahme des Geldes aus der Kasse und dem Verbringen des Geldes i n die eigene Tasche läge sodann die Unterschlagung gegenüber dem Staat 140 . Die Problematik einer straflosen Nachtat stellt sich i n dieser Fallkonstellation nicht: Der Täter hat durch den Betrug zwar den bisherigen Eigentümer aus seiner Herrschaftsstellung verdrängt, jedoch selbst keine umfassende Herrschaftsmacht begründen können, da die erlangte Sache nach der Tat einem Dritten, nämlich dem Staat, zugerechnet wird. Umfassende eigene Sachherrschaft erlangt der Täter erst durch Entsetzung des neuen Eigentümers. Die darin liegende Unterschlagung ist eine selbständige Tat i m Verhältnis zu dem vorausgegangenen Betrug 1 4 1 . Schließlich liegt tatbestandsmäßig allein eine Unterschlagung vor, wenn der Täter, zum Einzug von Geld berechtigt, dieses sogleich nach Erhalt derart i n seine Herrschaftsmacht bringt, daß sich i n seinem Verhalten die Zueignungsabsicht manifestiert. Gleichgültig ist dabei, ob der Täter schon zuvor diesen Plan gefaßt hatte. Das Kassieren des Geldes ist eine objektiv ordnungsgemäße Handlung. Erst wenn ζ. B. der Straßenbahnschaffner oder der Postbeamte das empfangene Geld i n die Hosentasche anstatt i n die amtliche Kasse steckt, liegt eine rechtswidrige Zueignungshandlung vor. I m Moment der Empfangnahme des Geldes verhält sich der Täter — i m Gegensatz zu dem Täter, der nicht berechtigt ist, Geld zu kassieren — noch objektiv ordnungsgemäß. I n diesem Augenblick kann die Gesamtwürdigung der Umstände nur zu dem Urteil führen, daß das Geld sich i m Herrschaftsbereich des Staates befindet. Die erste Handlung, m i t der der Täter zum Ausdruck bringt, daß er die Herrschaftsstellung des Staates durch eine eigene selbständige Machtposition über die Sache ersetzt, ist als rechtswidrige Zueignung zu interpretieren 142 . Der Fall liegt dann genauso, als wenn der Täter nach Schalterschluß i n die Kasse greift und sich die eigene Tasche füllt. 140 Unrichtig RG D R Z 1935 Sp. 627 f., w o die Unterschlagung bereits i n dem Verbringen des Geldes i n die ordentliche Kasse gesehen w i r d . Diese Verhaltensweise k a n n nicht als Manifestation eines Zueignungswillens gegenüber einer Sache des Staates interpretiert werden. O b j e k t i v verhält sich der Täter so, wie er es soll. 141 So auch B G H N J W 1961 S. 1171 f.; dazu eingehend Baumann, N J W 1961 S. 1142 u n d Schröder, N J W 1963 S. 1960 f. — Insoweit, Vermögensentziehungsdelikt u n d weiteres Vermögensentziehungsdelikt, richtig auch RGSt. 64 S. 394 ff., obwohl i m konkreten F a l l entgegen der Ansicht des RG die zweite Zueignung eine Unterschlagung u n d k e i n Betrug war. 142 Vgl. auch RGSt. 61 S. 37 ff.

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2. Kap.: Die Systematik der Vermögensdelikte

Maßgebend für die Frage, wem gegenüber die rechtswidrige Zueignung begangen wird, ist demnach der konkrete Vermögensentzug. Entscheidend für die Frage, wem zugeeignet wird, ist der konkrete Vermögenszuwachs. K r i t e r i u m für Vermögensentzug und Vermögenszuwachs ist die jeweilige Zuordnung eines Vermögensobjekts durch die Sozietät bei objektiver Bewertung des individuellen Täterverhaltens unter Berücksichtigung des Täterplans. Dadurch kann das gleiche objektive Verhalten, je nachdem ob der Täter zu diesem T u n berechtigt ist oder nicht, zu einer unterschiedlichen Wertung führen. Die Tatmodalitäten i m einzelnen bestimmen sodann die konkrete A r t des jeweiligen Vermögensentziehungsdelikts.

dd) Betrug nach einer Zueignung Befindet sich das Zueignungsobjekt bereits i m Gewahrsam des Täters, so liegt, wie oben gezeigt, i n der Besitzableugnung gegenüber dem Eigentümer, wenn der Zueignungswille gegeben ist, eine Zueignung, somit eine Unterschlagung. Aber genau wie i n dem Falle, daß der Täter die Sache des Eigentümers zuvor durch eine Veräußerung unterschlagen hat und nunmehr bestreitet, sie je erhalten zu haben, könnte durch die Besitzableugnung auch der Tatbestand des Betruges erfüllt sein, wenn es der Eigentümer auf Grund der Täuschung unterläßt, den Herausgabeanspruch auf die Sache geltend zu machen. Zweifelhaft ist aber bereits, ob die Unterlassung der Geltendmachung dieses Anspruchs als selbständiger Schaden neben dem durch die Unterschlagung bewirkten anzusehen ist. Soweit nämlich der Herausgabeanspruch i n Frage steht, handelt es sich um die Realisierung gerade jener Herrschaftsbeziehung, die durch die Zueignungshandlung des Täters verloren ging. Damit steht hier wiederum die Chance des Eigentümers i n Rede, seine Sache trotz der Zueignung durch den Täter zurückzuerhalten. Es gilt das gleiche wie i n den Fällen der sogenannten Vertiefung des Vermögensschadens durch Verwertungshandlungen des Täters. Ein über den durch die Zueignung der Sache begründeten hinausgehender Schaden ist abzulehnen. Der Sachentzug erfolgte durch die Zueignungshandlung, nicht aber durch einen Übertragungsakt seitens des Eigentümers. Die bloße Chance, die Sache doch noch zurückzubekommen, ist nicht als selbständiges Vermögensgut anzuerkennen 143 . 143 So auch RGSt. 5 S. 253, 24 S. 410; RG L Z Merkel, I I S. 202; Eckstein, G A 59 S. 422; ders., § 263 A n m . X I 3 a; Olshausen-Kirchner, 11. Aufl. a. a. O. S. 11 f.; Honig, Vortat S. 103; Lietzmann, 1961 S. 1341 ; Finger, GS 78 S. 406.

1918 Sp. 640; R M G 16 S. 54; GS 78 S. 437; Frank, StGB § 263 Nr. 56 i I I a; Entholt, a. a. O. S. 35; Cordier, N J W

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W i r d der Betrugsschaden hingegen i n der Vereitelung des Restitutionsanspruchs gesehen, den der Geschädigte auf Grund der unerlaubten Handlung des Täters — rechtswidrige Zueignung — erlangt hat, so ist zunächst einmal zu differenzieren, ob der Herausgabeanspruch oder ob der Schadensersatzanspruch geltend gemacht wird. Soweit nämlich die Lehre die Problematik der Schadensbegründung aus dem Schadensersatzanspruch überhaupt eingehender erörtert, gehen die Autoren als selbstverständlich davon aus, daß die Kaschierung der Vortat eine Restitutionsvereitelung und damit eine neue Schädigung durch Täuschung darstellt, weil sie zur Nichtgeltendmachung des Restitutionsanspruchs führt. Streitig ist sodann nur, ob dieser Rèstitutionsschaden eine straflose Nachtat 144 oder ein weiteres selbständiges Delikt begründet 145 . Diese Behandlung der Problematik ist fehlerhaft, denn sie beruht auf einer Konstruktion, die durchaus einem Taschenspielertrick gleicht. A u f Grund des beliebigen Austauschs und der Identifizierung zweier nach den eigenen Prämissen der Autoren verschiedener Objekte, w i r d der Täter, der sich zu dem Herausgabeanspruch äußert, gezwungen, seine Straftat einzugestehen, soll er sich nicht eines weiteren Vergehens des Betruges schuldig machen, und dieses, obwohl der Geschädigte i n diesem Zeitpunkt den Restitutionsanspruch noch gar nicht geltend macht, w e i l er dessen Existenz nicht kennt. Die Verteidigung gegen den Herausgabeanspruch w i r d m i t einer dem Vermögensstrafrecht unangemessenen Offenbarungspflicht verknüpft, denn diese beruht auf einer Verkennung der durch eine Forderung vermittelten Herrschaftsbeziehung des Vermögensinhabers 146 . Das Substrat einer Forderung ist nichts weiter als die Fähigkeit, gegenüber dem Schuldner eine Leistung geltend machen zu können 147 . Solange der Forderungsberechtigte nicht weiß, daß er Inhaber einer Forderung geworden ist, w i r d seine Vermögensposition aber nur dann durch Nichtaufklärung über den Sachverhalt verschlechtert, wenn eine Pflicht zur Offenbarung des Sachverhalts besteht. Eine derartige Offenbarungspflicht kann aber aus der Verteidigung gegenüber dem Herausgabeanspruch nicht hergeleitet werden. Sie käme einer Selbst144 So B G H G A 1957 S. 410, G A 1961 S. 83; Baumann, Lb. S. 648; Gerland, a . a . O . S. 641; Kohlrausch-Lange, StGB § 263 A n m . V I I ; Lackner -M aas sen, a . a . O . § 263 A n m . 11; Maurach, B. T. S. 314; Nebelung, a . a . O . S. 21; Metz, a. a. O. S. 82 ff., 113; Schönke-Schröder, StGB § 263 Rn. 144; Schröder, M D R 1950 S. 399; ders., SJZ 1950 Sp. 98 f.; Wedekind, a. a. O. S. 69 f.; Welzel, Lb. S. 378; Schwarz-Dreher, a. a. O. § 263 A n m . 10 A ; u n k l a r Lietzmann, a. a. O. S. 35 ff., der neuen Schaden ablehnt, gleichwohl aber die straflose Nachtat bejaht. 145 So RGSt. 59 S. 41; RG G A 38 S. 203; G A 50 S. 273 f.; RG L Z 1918 Sp. 641; Olshausen-Kirchner, 11. Aufl. § 263 A n m . 56 i I I a; Ball, a. a. O. S. 85 ff., ff.; Becker, a. a. O. S. 64; Entholt, a. a. O. S. 49, 74 f.; Huschka, N J W 1960 S. 1190; Wimmer, N J W 1947/48 S. 244. 146 Besonders deutlich: RG L Z 1918 Sp. 640 f. 147 Dazu Wiedemann , a. a. O. S. 7 f.

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

anzeigepflicht gleich 148 » 149 . Die Vermögensposition des Gläubigers ist daher durch die Besitzableugnung des Täters nicht verschlechtert worden. Der Gläubiger hat nach wie vor objektiv eine Forderung gegen den Täter aus der unerlaubten Handlung, von deren Existenz i h m nichts bekannt ist. — Ist sich aber der durch eine Vermögensentziehung Geschädigte seiner Forderung aus der unerlaubten Handlung bewußt geworden, weil er Kenntnis von dem Vermögensdelikt erlangt hat, so stellt diese Kenntnis die reale Herrschaftsmacht her, die einer Forderung auf einen Vermögensgegenstand eigen ist. W i r d der Gläubiger nun durch Täuschung — gleiches gilt für die Drohung i n bezug auf eine Erpressung — dazu gebracht, diese Forderung nicht zu realisieren — der Täter spiegelt ζ. B. vor, bereits Zahlung geleistet zu haben —, so liegt selbstverständlich ein Betrug vor, aber nicht als straflose Nachtat, sondern als neues selbständiges Delikt 1 5 0 . ee) Sachbeschädigung nach einer Zueignung Vernichtet der Täter nach einer Zueignung die Sache, die er sich zugeeignet hat — zwei Jahre nach dem Diebstahl eines Lehrbuchs wechselt der Täter das Studienfach und verbrennt das Buch, weil er es nicht mehr gebrauchen kann —, so kann diese Handlung eine Sachbeschädigung darstellen, wobei i m einzelnen wiederum zu erwägen ist, ob es sich bei dieser Sachbeschädigung u m eine straflose Nachtat 1 5 1 oder u m ein selbständiges D e l i k t 1 5 2 handelt. Dennoch kann dieses Problem hier ungelöst bleiben. Solange die Eigentümerstellung des Eigentümers noch besteht, ist die Herrschaftsbeziehung zwischen i h m und der Sache nicht völlig vernichtet. Dieses zeigt sich bereits eindeutig bei der Beurteilung der Herrschaftslage nach Aufgabe der angemaßten Herrschaft durch den Zueignungstäter. Zwar kann durch bloßen Besitzerwechsel die Lage des Eigentümers nicht mehr relevant verschlechtert werden. Wenn aber die letzte Verbindung zwischen Eigentum und Eigentümer vernichtet wird, liegt eine neue weitere Vermögensentziehung vor, mag man die allein durch das Eigentumsrecht als Recht vermittelte Herrschaftsbeziehung auch noch so gering einschätzen, denn auf den jeweils aktualisierbaren 148 Dieser Gesichtspunkt wurde wiederholt i n Lehre u n d Rechtsprechung berührt: vgl. BGHSt. 17 S. 209; K G JR 1961 S. 271; Cordier, N J W 1961 S. 1341; eingehend Welzel, G A 1960 S. 258 A n m . 1; ders., G A 1961 S. 351; ders. Lb. S. 378. 149 Z u eng Ball, a. a. O. S. 41 ff., 74 ff., der Betrug n u r abgelehnt, w e n n die erste Tat dem Opfer überhaupt nicht bekannt geworden ist. 150 So auch Olshausen-Kirchner, 11. Aufl. § 263 A n m . 56 i I I a. 151 h. M., vgl. z.B. Baumann, Lb. S. 648; Maurach, B. T. S. 192; ders.; A . T. S. 661 ; Schönke-Schröder, StGB Rn. 68 v o r § 73. 152 So Becker, a . a . O . S. 48 ff.; Jescheck, ZStW 67 (1955) S. 535, ders., Lb. S. 492 A n m . 21; Dreher, M D R 1964 S. 169, Krauß, G A 1965 S. 180; Sauer, Α. T. S.242.

II. Vermögensentziehung und rechtswidrige Vermögenslagen

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Geldwert kommt es für den hier entwickelten Vermögensbegriff nicht an. Maßgebend ist, daß das Objekt nicht ohne jeden Wert für den Eigentümer ist und daß erst durch die Sachbeschädigung die letzte Herrschaftsbeziehung des Eigentümers zu seiner Sache, die als Vermögen anzuerkennen ist, vernichtet wird 1 5 3 . Dann aber spricht auch i n diesen Fällen die Annahme des Tatbestandes der Sachbeschädigung nicht gegen die These, daß jedes Vermögensentziehungsdelikt eine konkrete Vermögensentziehung voraussetzt. ff) Zusammenfassung Wo eine straflose Nachtat nach einem Vermögensentziehungsdelikt m i t einer weiteren, nicht nur i m Regelfall, sondern stets als Tatbestandsvoraussetzung vorliegenden Vermögensentziehung begründet wird, läßt sich aus der Konstruktion der straflosen Nachtat kein Argument gegen die These herleiten, ein Vermögensdelikt setze entweder eine konkrete Vermögensentziehung oder die Perpetuierung einer rechtswidrigen Besitzlage voraus, wobei die beiden Arten des Vermögensschadens einander ausschließen sollen. I n den Fällen jedoch, i n denen die h. L. ein Vermögensdelikt als straflose Nachtat nach einer Vermögensentziehung konstruiert, ohne daß eine konkrete weitere Vermögensentziehung zwingend vorausgesetzt wird, hat die Untersuchung gezeigt, daß die Konstruktion weder dogmatisch haltbar noch kriminalpolitisch erforderlich ist oder auch nur sinnvoll erscheint. Konstruktion und Existenz der straflosen Nachtat begründen demgemäß kein Argument gegen die These, daß jedes Vermögensentziehungsdelikt eine konkrete Vermögensentziehung voraussetzt. c) Eigentumsdelikte

ohne Eigentumsverletzung

Wie einleitend bereits i m Rahmen der Erörterung der verschiedenen systematischen Gliederungsversuche der Vermögensdelikte und der 153

I n der wissenschaftlichen Diskussion ist das Erfordernis des Geldwertes des Objekts der Sachbeschädigung streitig. Während die einen ausdrücklich betonen, es komme auf einen wirtschaftlichen Wert, d. h. hier Geldwert, nicht an, — vgl. Binding , Lb. I S. 248; Frank, StGB § 303 A n m . I ; KohlrauschLange, StGB § 303 A n m . I ; Olshausen-Gut jähr, 11. Aufl. § 303 A n m . 1; — fordert die Gegenmeinung, daß die Sache irgendeinen Wert f ü r den Eigentümer haben müsse, gleichgültig, ob dieses ein Tausch-, Gebrauchs-, Nutzoder Affektionswert sei — RGSt. 10 S. 122; Finger, a . a . O . S. 174; Geyer, Grundriß S. 41; Jagusch, L K I I § 303 A n m . 2; Maurach, B. T. S. 190 f.; MeyerAllfeld, a . a . O . S. 429, insbes. A n m . 7; Rotering, GS 47 S. 214; Sauer, Diebstahl S. 62 ff. — ; grundsätzlich tendiert aber auch R. Hirschberg, Vermögensbegriff S. 278 zu dieser Lösung u n d m i t Ausnahme von Olshausen-Gutjahr ist den Ausführungen derjenigen, die darauf hinweisen, daß ein wirtschaftlicher Wert nicht erforderlich ist, nicht zu entnehmen, ob sie i m Falle völliger Wertlosigkeit das Objekt als taugliches Objekt der Sachbeschädigung ansehen. Olshausen-Gutjahr w o l l e n auch dann den Tatbestand bejahen.

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

Möglichkeiten der Konstruktion einer straflosen Nachtat hervorgehoben wurde, werden Diebstahl, Raub und Unterschlagung als Eigentumsdelikte bezeichnet, weil sie gerade den Angriff gegen die Stellung des Sacheigentümers unter Strafe stellen. Liegt der Strafgrund dieser Delikte aber i n der Beeinträchtigung der Herrschaftsstellung des Eigentümers, so scheint nach den bisher herausgearbeiteten Ergebnissen, z.B. daß Weitergabe oder Wegnahme einer gestohlenen Sache keineswegs eine Vermögensschadensvertiefung oder weitere Vermögensentziehung begründet, die These widerlegt, daß das strafwürdige Verhalten bei diesen Delikten i n einer Vermögensentziehung liegt. — N i m m t der Dieb D 2 dem Dieb D 1 die von diesem dem Eigentümer gestohlene Sache i n Zueignungsabsicht weg, so hat D 1 nach dem hier entwickelten Vermögensbegriff zwar einen Vermögensschaden auf Grund des Besitzverlustes erlitten, doch stellt dieser Schaden keine Beeinträchtigung der Herrschaftsstellung des Eigentümers durch Vermögensentziehung dar, denn D 1 selbst hatte durch den Diebstahl nicht rechtsgültiges Eigentum erworben. Dennoch besteht Einigkeit darüber, daß D 2 wegen Diebstahls zu bestrafen ist, und der gemeinhin hier i n den Vordergrund gerückte Streit, ob nur der Eigentümer 1 5 4 oder auch der Dieb (D 1) durch ein Eigentumsdelikt verletzt werden könne 1 5 5 , ist von sekundärer Bedeutung, da beide Ansichten grundsätzlich davon ausgehen, daß die Eigentumsdelikte gerade oder wenigstens auch eine Eigentumsverletzung voraussetzen. Liegt eine derartige Verletzung der Stellung des Eigentümers durch Entzug von Herrschaftsmacht aber nicht vor, oder ist sie zumindest nicht zwingend vorauszusetzen, so muß entweder die weitere Aufrechterhaltung einer bereits eingetretenen rechtswidrigen Besitzlage für die Begründung des Diebstahls genügen, oder die zunächst unkritisch übernommene Prämisse, der Diebstahl setze stets eine Beeinträchtigung der Stellung des Eigentümers durch Herrschaftsentzug voraus, ist unrichtig 1 5 6 . Trifft die erste Alternative zu — zur Begründung des Diebstahls 154 So z. B. R. Hirschberg, Vermögensbegriff S. 329; Cramer , JuS 1966 S. 475 A n m . 33, u n d diejenigen, die den rechtswidrigen Besitz nicht zum Vermögen des Besitzers rechnen; vgl. S. 91 A n m . 12 u n d 13. 155 Vgl. RGSt. 2 S. 73, 44 S. 248, 54 S. 282, 60 S. 278, 70 S. 8; BGHSt. 10 S. 401; Bockelmann, Kohlrausch-Festschr. S. 249; H. J. Bruns, Befreiung S. 232; ders., Mezger-Festschr. S. 344; Doerr, Objekt S. 30; Grünhut, RG-Festgabe V S. 118; Jagusch, L K I I § 242 A n m . I ; Kohlrausch-Lange, StGB § 242 A n m . I ; Maurach, B . T . S. 201; Mezger-Blei, Stub. I I S. 193; Schönke-Schröder, StGB § 242 Rn. 14; Welzel, Lb. S. 348. 156 Nicht zwingend ist daher die Schlußfolgerung Eckers — a. a. O. S. 49— 50 —, w e n n er die Möglichkeit eines Diebstahls an gestohlenden Sachen grundsätzlich verneint, w e i l es i n diesen Fällen an einer Vermögensentziehung gegenüber dem Eigentümer fehle. — Die Polemik R. Hirschbergs — Vermögensbegriff S. 329 A n m . 52 — gegen Ecker geht allerdings fehl, denn bei Eckers Stellungnahme spukt nicht das Erfordernis eines wirtschaftlichen Schadens herum, w i e Hirschberg meint, vielmehr vermißt Ecker jede V e r -

II. Vermögensentziehung und rechtswidrige Vermögenslagen

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genügt die weitere Aufrechterhaltung der rechtswidrigen Besitzlage —, so ist damit anerkannt, daß der Diebstahl als Vermögensentziehungsdelikt und als Delikt durch Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Besitzlage begangen werden kann. W i r d hingegen die Eigentumsverletzung nicht als wesentliches Merkmal des Diebstahlstatbestandes vorausgesetzt 157 , so ist der Diebstahl ein Vermögensdelikt, das sich gegen die umfassende Herrschaftsstellung eines Rechtssubjekts über eine Sache richtet, gleichgültig, ob diese Herrschaftsstellung durch das zivilrechtliche Eigentumsrecht geschützt ist oder nicht. Das bedeutet aber, es w i r d nicht nur der zivilrechtliche Eigentümer durch den Diebstahlstatbestand geschützt, sondern auch der Quasieigentümer, der zwar die tatsächliche umfassende Herrschaftsgewalt über die Sache innehat und zu dessen Vermögen die Sache daher auch zu rechnen ist, der jedoch gerade nicht zivilrechtlich anerkannter Eigentümer der Sache ist. Gegen diese Auslegung, die den vielberufenen Unterschied zwischen den Eigentums- und Vermögensdelikten aufheben würde, w e i l einerseits eine Beeinträchtigung des Eigentums ohne konkreten Vermögensentzug — dieser ist aber nicht m i t dem Verlust eines Geldwertes gleichzusetzen — den Tatbestand eines sogenannten Eigentumsdelikts nicht erfüllen würde, andererseits der durch diese Delikte gewährleistete Schutz auf eine umfassende Vermögensposition an einer Sache nicht an dem zivilrechtlichen Eigentumsbegriff ausgerichtet wäre, soll der Gesetzgeber sich eindeutig durch die Aufnahme des Erfordernisses der Fremdheit der betroffenen Sache i m Tatbestand der sogenannten Eigentumsdelikte gewandt haben. Nach heute fast einhelliger Auffassung ist eine „fremde Sache" i m Sinne des Diebstahls oder der Unterschlagung eine Sache, die i n fremdem Eigentum steht. Ob dieses der Fall ist, soll nach bürgerlichem Recht zu beurteilen sein. Eine Gegenmeinung w i r d i n Lehrbüchern und K o m mentaren heute nicht einmal mehr zitiert 1 5 8 . Eine Lösung der Eigentumsdelikte von dem zivilrechtlichen Eigentumsbegriff scheint demnach de lege lata nicht möglich. Eindeutig bringt dieses Bockelmann zum Ausdruck 1 5 9 : „Denn hier ist die Bindung an den zivilrechtlichen Eigentumsbegriff mehr als die Konstatierung eines bloßen Akzessorietätsverhältnisses, i n dem der strafrechtliche zum bürgerlich-rechtlichen Begriff mögensentziehung, w e i l dem Eigentümer nach dem Diebstahl die tatsächliche Sachherrschaft nicht mehr entzogen werden kann, der Besitz des Diebes aber nach Ansicht Eckers nicht als Vermögensgut anzuerkennen ist, während Hirschberg sich über die A r t des Schadens keinerlei Gedanken macht. Sein Hinweis auf die Erschwerung der Rechtsverfolgung, die meist vorliege, ist jedenfalls n u r dürftig. 157 So bereits Brauweiler, Vermögensbegriff S. 193 f.; i m Ergebnis auch Eckstein, GS 80 S. 285 f. 158 Vgl. ζ. B. Welzel, Lb. S. 340 u n d Schönke-Schröder, StGB § 242 Rn. 6 ff.; dazu auch Cramer, Vermögen S. 88 A n m . 35. 159 ZStW 69 (1957) S. 286.

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

steht. Es liegt nicht etwa so, daß die Dogmatik des Strafrechts bei der Definition dessen, was Eigentum ist, statt der eigenen K r a f t zu vertrauen, Anlehnung an die Lehren des Zivilrechts gesucht hätte, ohne eigentlich dazu genötigt zu sein. Sondern es steht so, daß der Gesetzgeber durch eine als verbindlich gemeinte Erklärung denjenigen Bestimmungen des StGB, welche das Eigentumsverbrechen behandeln, das bürgerlich-rechtliche Eigentum als Schutzobjekt zugewiesen hat." Obwohl Bockelmann i m übrigen zugesteht, daß diese Bindung an den zivilrechtlichen Eigentumsbegriff keineswegs überall zu angemessenen Ergebnissen führt 1 6 0 , sondern solche Ergebnisse zum Teil geradezu ausschließt, hält er dennoch de lege lata jeden anderen Weg für ausgeschlossen. Demgegenüber hat Roxin 101 nur betont, daß eine andere Interpretation des Begriffs „fremd" den Charakter der §§ 242,246 als Eigentumsdelikte i n Frage stellen müßte. Dennoch fällt es auf, daß diese Auslegung des Begriffs „fremd" i n den Eigentumsdelikten niemals unstreitig war, obwohl sich seit Inkrafttreten des StGB keine geschlossene Gegenmeinung gebildet hat. Vom Zivilrecht her hat erst neuerdings Blomeyer 162 das Dogma von der strikten Abhängigkeit des strafrechtlichen Begriffs der „Fremdheit" vom zivilrechtlichen Begriff des Eigentums als unhaltbar bezeichnet. Baumann, der die Bindung des Unterschlagungstatbestandes an den zivilrechtlichen Eigentumsbegriff mit zahlreichen Argumenten bekämpft hat, kommt zwar letztlich doch zu dem Ergebnis, daß der Tatbestand der Unterschlagung nach seiner Stellung i m Gesetz nur den Zweck haben könne, das Eigentum als ein „zivilrechtliches Rechtsgut" zu schützen 183 , jedoch ist für Baumann selbstverständlich, daß die Unterschlagung Vermögensdelikt ist 1 8 4 . Zuvor hatte allerdings bereits H.Mayer 185 festgestellt, daß das Gesetz zwar eine fremde Sache verlange, keineswegs jedoch fordere, daß diese Sache i n fremdem Eigentum stehen müsse. Diese Auffassung entsprach der Brauweilers 166y für den „fremd" nur das negative Erfordernis aufstellte, daß die Sache nicht i m Eigentum des Täters stehen dürfe. Unrichtig sei es hingegen, das Wort positiv i m Sinne „fremdes Eigentum" auszulegen. — Diese Interpretation des Diebstahls stimmt überein m i t der Definition des Diebstahls durch das französische Recht. I n A r t i k e l 379 des Code pénal heißt es: „Quiconque a soustrait frauduleusement une chose qui ne l u i appartient pas.. . " l e 7 160 Vgl. dazu auch Kohlrausch, Schlegelberger-Festschr. S. 204; — Übersicht über den Problemstand bei Kersting, a.a.O. S. 9 ff. 161 Mayer-Festschr. S. 468. 162 Vgl. AcP 162 (1963) S. 202. 163 Vgl. Sicherungsrechte S. 203 ff. ; dazu Bockelmann, ZStW 69 (1957) S. 278 ff. 164 Vgl. Sicherungsrechte S. 243. 165 GS 104 S. l l l f . im Vermögensbegriff S. 195. 187 I n der Rechtslehre w i r d zwar hervorgehoben, daß die Sache i m Eigen-

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Durch diese Trennung von „fremd" und dem zivilrechtlichen Eigentumsbegriff w i r d der Unterschied zwischen Eigentums- und Vermögensdelikten aufgegeben, soweit ein Eigentumsschutz ohne Vermögensschutz i n Rede steht. Ein besonderer strafrechtlicher Eigentumsbegriff w i r d aber entgegen der Ansicht der h. M. nicht aufgestellt 168 , sondern nur die Eigentumsverletzung als Voraussetzung dieser Vermögensdelikte bestritten 1 6 9 , wenn auch, das ist Roxin 170 zuzugeben, i m Rahmen der sogenannten Eigentumsdelikte damit der gleiche Effekt erzielt wird, wie ihn die Anerkennung eines selbständigen strafrechtlichen Eigentums hätte. Weil aber der gewünschte Effekt auch ohne Begründung eines derartigen neuen Eigentumsbegriffs erreicht werden kann, erweist sich die Einführung eines neuen Begriffs als überflüssig. Es w i r d auch nicht etwa ein neues Rechtsgut i n der A r t eines speziellen Aneignungsrechts oder ähnlich eingeführt, sondern vielmehr der Schutzumfang der Eigentumsdelikte beibehalten, soweit er unabhängig ist von dem Eigentums recht: Geschützt w i r d demnach die umfassende Sachherrschaft, wie sie auch der Eigentümer innehat. Doch ist der Zivilrechtsschutz dieser Stellung durch die Eigentumsvorschriften nicht erforderlich. Entgegen der h. M. 1 7 1 w i r d damit nicht der Schutz der Eigentumsdelikte hoffnungslos ausgedehnt, vielmehr t r i t t nur eine geringe Akzentverschiebung ein. Die Gefahr der Ausdehnung der Eigentumsdelikte auf alle Vermögensgüter liegt nämlich nicht i n der Lösung des Begriffs „fremd" vom zivilrechtlichen Eigentumsbegriff, sondern allein i n der Überspannung der Sachwerttheorie begründet. Wenn ζ. B. das Reichsgericht 172 i n gewolltem Gegensatz zum Preußischen Obertribunal die Bindung des Unterschlagungstatbestandes an den zivilrechtlichen Eigentumsbegriff betonte, so hatte dieses seinen Grund darin, einer Ausweitung des Unterschlagungstatbestandes auf Forderungen usw. keinen Raum zu lassen. Dieser Erfolg kann durch das Erfordernis der Zueignung einer Sache aber besser gewährleistet werden. A m Sachbegriff ist demnach festzuhalten, soll nicht das ganze System des derzeitigen Vermögensschutzes von Grund auf neu konzipiert werden. Dieses haben gerade die geistvollen Versuche

t u m eines anderen stehen müsse, jedoch n u r — w i e i m deutschen gemeinen Recht —, u m herauszustellen, daß die Wegnahme eigener Sachen nicht Diebstahl ist; vgl. dazu HéZie, I I S. 390. 168 Vgl. dazu Baumann, Sicherungsrechte S. 205 ff.; ders., ZStW 68 (1956) S. 523 ff.; Bockelmann, ZStW 69 (1957) S. 286; Ebener, a. a. O. S. 56; Jagusch, L K I I Vorb. Β I I v o r § 242; Klee, Zentralbl. f. Handelsrecht 1926 S. 337 ff.; Kohlrausch-Lange, StGB § 246 A n m . I 3; Kronecker, G A 34 S. 404 ff.; Leopold, a. a. O. S. 42 ff.; Roxin, Mayer-Festschr. S. 468. 169 Vgl. H. Mayer, GS 104 S. 110; ders., Materialien I S. 347, allerdings m i t der Beschränkung des Objekts auf „fremdes" Geld. — Z u r Geldproblem a t i k vgl. unten S. 188 f. 170 Mayer-Festschr. S. 468. 171 Vgl. ζ. B. Ebener, a. a. O. S. 56; Baumann, Sicherungsrechte S. 203 ff. 172 RGSt. 1 S. 344, 2 S. 188, 3 S. 152, 66 S. 406. 10 Otto

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von Erik Wolf und K . A. Hall 173, den überkommenen Sachbegriff zu vergeistigen, gezeigt174» 1 7 5 > 1 7 β . Löst man sich einmal von der Ansicht, „fremd" bedeute i n fremdem Eigentum, und versucht eine objektive Auslegung des Wortes „fremd" i n den Eigentumsdelikten, so bleibt allerdings von der zwingenden Verknüpfung zwischen dem zivilrechtlichen Eigentum und diesen Delikten nicht viel übrig. Jeglicher Hinweis auf den Eigentumsbegriff fehlt i n diesen Delikten, und seine Hineininterpretation i n diese Tatbestände ist nichts weiter als eine Gesetzesergänzung gegen den klaren Wortlaut des Gesetzes. Nach einer vom Wortlaut her bestimmten Auslegung ist „fremd" eine Sache, die dem Täter nicht gehört 177 , d. h. aber eine Sache, die dem Vermögen eines anderen zuzurechnen ist. Sollte es demnach selbst die Absicht des historischen Gesetzgebers gewesen sein, m i t dem Ausdruck „fremde Sache" zu kennzeichnen, daß die Sache i n fremdem Eigentum stehen müsse, dann hat er diesen Willen keineswegs adäquat zum Ausdruck gebracht, so daß eine objektive Auslegung nach teleologischen und systematischen Gesichtspunkten an diesen Willen des Gesetzgebers nicht gebunden ist, da der Wortlaut des Gesetzes eindeutig gegen die Bindung an den zivilrechtlichen Eigentumsbegriff spricht. Jedoch selbst dem historischen Gesetzgeber ging es zumindest beim Diebstahl keineswegs darum, das zivilrechtliche Eigentum zum Schutzobjekt zu erheben. Er war zwar der Ansicht, daß eine fremde Sache als eine Sache i n fremdem Eigentum anzusehen sei, doch kam es i h m auf eine Bindung an den zivilrechtlichen Eigentumsbegriff selbst überhaupt nicht an, i h m lag vielmehr allein daran, durch die Aufnahme des Merkmals „fremd" i n den Tatbestand des Diebstahls einen i m römischen i m Gegensatz zum deutschen Recht vom Diebstahlstatbestand erfaßten Fall aus dem Bereich des Diebstahls auszuklammern: den Besitzdiebstahl an eigener Sache (furtum rei suae) 178 . Mehr als dieses klare Bekenntnis zur deutsch-rechtlichen Auffassung des Diebstahlstatbestandes wollte auch der historische Gesetzgeber nicht zum Ausdruck bringen durch die Wahl des Wortes „fremd". Der deutsch-rechtlichen Auffassung vom Diebstahl 173

RG-Festgabe V S. 44 ff. ; Diss. S. 10 ff. Dazu Engisch, W e l t b i l d S. 147 ff. Das Preußische Obertribunal hatte i n einer Reihe von Handlungen, die heute unter die Untreue eingereiht werden, Unterschlagungen an Forderungen usw. konstruiert, w e i l diese Verhaltensweise damals v o m Tatbestand der Untreue nicht erfaßt w u r d e ; vgl. dazu Leopold, a. a. O. S. 42 ff. 176 Z u r E n t w i c k l u n g i n der Schweiz vgl. B G E 87 I V 117 ff.; dazu Schubarth, a. a. O. S. 6 ff. 177 Wenn Welzel, Lb. S. 363, ausführt, f ü r den Vorsatz der Zueignungsdelikte genüge das Bewußtsein des Täters, die Sache „gehöre" einem Dritten, so trifft das die Problematik genau, doch sollte dann auch die Konsequenz f ü r den objektiven Tatbestand gezogen werden. 178 Vgl. dazu Goltdammer, a. a. O. S. 457—458. 174

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war aber die Verknüpfung des Tatbestandes m i t dem zivilrechtlichen Eigentumsbegriff unbekannt. Nach allgemeiner Ansicht ging das germanische Recht, an das die Carolina anknüpfte, davon aus, daß eine fremde Sache eine solche war, die i n fremdem Vermögen stand, „welches Recht also daran immer dem Inhaber oder einem Dritten zustehe" 179 , ohne daß gerade eine Eigentumsbindung gefordert wurde 1 8 0 . Erst i m ausgehenden 18. und m i t dem beginnenden 19. Jahrhundert setzte sich die Ansicht durch, der Diebstahl sei Störung fremden Eigentums durch eine i n bestimmter Weise motivierte Besitzentziehung. Zwar war zuvor bereits der Diebstahl i n Zusammenhang m i t dem Eigentum (dominium) gebracht worden, z.B. von Pufendorf 181 und Grotius 182. Koehler 183 und Wolff 184 hatten das furtum gelegentlich als A n griff auf das dominium definiert, doch handelte es sich hier nur u m beiläufige Erwähnungen, nicht aber weittragende juristische Konstruktionen 1 8 5 . Auch Kleinschrod, der i n seiner Dissertation — der ersten bedeutenden Monographie über den Diebstahl — dieses Delikt als „Störung fremden Eigentums, die Entziehung des Besitzes fremder Sachen m i t Gewinnsucht" definierte und damit als erster klar einen Angriff gegen das Eigentum i n den Mittelpunkt des Diebstahls stellte 186 , verwandte den Begriff Eigentum eindeutig i m Sinne einer umfassenden Vermögensposition, nicht aber als terminus technicus des Zivilrechts, indem er als den durch den Diebstahl begründeten Schaden allein den Verlust des Besitzes bezeichnete 187 ' 188 . Dieser Ansicht folgten auch Klein 189, Martin 190 und Mörstadt 191. Die Gegenposition nahm Feuerbach ein 1 9 2 . Er stellte eindeutig die Eigentumsverletzung i n den Vordergrund und bezeichnete eine fremde Sache als eine i n fremdem Eigentum befindliche Sache: „Da nicht bloßer Besitz oder Detention, sondern Eigenthum durch die Strafgesetze wider die Entwendung gesichert werden soll, so kommt es 179

Dollmann, a. a. O. S. 97 A n m . 215; eingehend Ahegg, a. a. O. § 348. Vgl. Cropp, Crim. Beyträge I I S. 7 ff.; Dollmann, a. a. O. S. 93 ff.; Köstlin, K r i t . Überschau 3 S. 153 f.; Rukser, a. a. O. S. 2; Ullmann, a. a. O. S. 23 ff.; oberflächlich Dickel, a. a. O. S. 9, der die Formulierung des Sachsenspiegels I I , 29 I I I 36 § 1: „ines andern mannes have" als „fremdes Eigentum" übersetzt. 181 a . a . O . cap. I V § 7 : „ I m o crediderim, turpius esse flagitium, depositimi abnegare aut intercipere, quam f u r t u m facere, cum heic solum ius d o m i n i i et institia, i l l i c etiam amicitia et humanitas violetur." 182 a. a. O. I cap. I § 10. 188 a. a. Ο. V I I § 1494. 184 P. I I cap. I I I § 498 i n Verb, m i t §§ 118 ff. 185 Dazu eingehend Wrede, a. a. O. S. 59 ff. 188 Abhandlungen I I S. 65. 187 Abhandlungen I I S. 65 f., 77 ff. 188 Z u r Gleichsetzung v o n d o m i n i u m u n d Vermögen i m römischen Recht vgl. Birkmeyer, Vermögen S. 313 ff. 189 a . a . O . §427. 190 a. a. O. §§ 140,141. 191 a.a.O.S.528. 192 Lb. §315. 180

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2. Kap.: Die Systematik der Vermögensdelikte

nicht darauf an, ob und i n wessen Besitz oder Detention die Sache sich befindet. Daher an einer niemand eigenthümlichen, wie wohl i n fremder Detention befindlichen Sache, keine Entwendung möglich ist." Er hielt diese Ansicht für die des römischen Rechts und verwies 1 9 3 zur Begründung auf zwei Digestenstellen 194 . A l l e i n gerade Feuerbachs historische Beweisführung zeigt, daß er auf anerkannte Grundsätze zurückzugreifen glaubte, die i n Wirklichkeit niemals existierten. Seine Zitate stützen seine Behauptung, an einer Sache, die sich i n fremdem Besitz befinde, sei dann kein Diebstahl möglich, wenn kein Eigentum an ihr bestehe, nicht einmal andeutungsweise 195 . Die erste Stelle — D47, 2, 26 — behandelt die Besitzerlangung an wilden Bienen, die sich i n einem Baum niedergelassen haben. Wenn das römische Recht i m Falle der Besitzergreifung an diesen Bienen, oder an dem von ihnen produzierten Honig, den nicht als Dieb ansah, der die Bienen einfing, ohne Eigentümer des Baumes zu sein, so lag diese A n sicht bereits darin begründet, daß der Eigentümer des Baumes erst durch einen tatsächlichen A k t der Machtergreifung, d. h. durch die Umquartierung der Bienen i n einen Bienenkorb Besitz an diesen erlangt hätte 1 9 6 . Solange dieses noch nicht geschehen war, konnten die Bienen nicht als fremde, sondern nur als herrenlose Sachen angesehen werden 197 . Auch nach geltendem Recht und unter Anerkennung, daß „fremd" i n fremdem Eigentum bedeutet, wäre die Lösung dieses Falles gleich. Solange der Baum- d. h. Grundstückseigentümer die Bienen noch nicht i n Eigenbesitz genommen hat, handelt es sich u m wilde, herrenlose Tiere 1 9 8 . Ebenso geht der zweite Beispielsfall Feuerbachs — D 47, 2, 43, 5 — an der hier erörterten Problematik vorbei. Wenn jemand eine derelinquierte Sache an sich nimmt, von der er meint, sie sei Eigentum eines anderen, so fehlt es wiederum nach allen Theorien am objektiven Tatbestand des Diebstahls, w e i l der Täter sich eine herrenlose, d. h. keine fremde Sache angeeignet hat. I n der so begründeten Ablehnung des Diebstahls kann nicht einmal ein Hinweis auf die Lösung des Falles gesehen werden, daß der Täter eine derelinquierte Sache aus dem Besitze eines Dritten wegnimmt, der die Sache für verloren hält und an sich genommen hat, u m sie dem Eigentümer zurückzugeben 199 . Wenn 193

§ 315 unter A n m . C. Die dritte dort angeführte Stelle hat m i t dem hier behandelten Problem nichts zu tun, sondern gehört eindeutig i n die vorrangehende A n m e r k u n g b, denn sie betrifft den Diebstahl zwischen Miteigentümern. 195 So bereits Mörstadt, a. a. O. S. 529. 196 Vgl. dazu Inst. 2,1,14. 197 Vgl. D 47, 2, 26: „ . . . easque constat captarum terra m a r i caelo numero esse." 198 Die Entscheidung nach geltendem bürgerlichen Recht wäre gleich. 199 Diebstahl bejahten hier, ohne darin ein besonderes Problem zu sehen: Martin, a. a. O. § 141, u n d Heffter, a. a. O. § 493, sowie Mörstadt, a. a. O. S. 528; a. A . Wächter, Lb. I I S. 284. 194

II. Vermögensentziehung und rechtswidrige Vermögenslagen

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Feuerbach, meinte, diese Stellen zeigten, daß die Eigentumsdelikte nach überkommener Meinung als Objekt eine i n fremdem Eigentum befindliche Sache voraussetzen, so irrte er. Dennoch war der Widerspruch gegen Feuerbach gering. Seine Konstruktion stimmte nämlich darin m i t den schon zu dieser Zeit begründeten Bemühungen der damals herrschenden Lehre überein, den bloßen Besitz- und Gebrauchsdiebstahl aus dem Diebstahlstatbestand zu entfernen 200 , w e i l die deutsch-rechtliche Auffassung des Diebstahls als die verbindliche angesehen wurde. Eigentum wurde i n dieser Zeit jedoch keineswegs allgemein i m Sinne eines subjektiven Rechts, das i n gewissem Gegensatz zum Vermögensbegriff steht, aufgefaßt 201 . Diese Bestrebungen des rationalen Naturrechts hatten sich noch nicht durchgesetzt. Erst erheblich später, nachdem der Eigentumsbegriff scharf umrissen ist, w i r d aus der Betonung des Eigentums und der Tatsache, daß das furtum usus und furtum possessionis nicht als Diebstahl anzusehen sind, i n Verkennung der historischen Gegebenheiten plötzlich die Schlußfolgerung gezogen, weil der Diebstahl ein Delikt gegen das Eigentum sei, fielen diese Fälle des römischen furtum nicht unter den Diebstahlsbegriff 202 . W i r d diese historische Entwicklung berücksichtigt, so sind bereits schwere Zweifel berechtigt, ob nicht auch eine rein subjektive, d. h. allein historische Gesetzesauslegung der Interpretation des Begriffes „fremd" als „ i n fremdem Eigentum" entgegensteht. I m Rahmen einer objektiven Auslegung ist jedenfalls der Wille des historischen Gesetzgebers unbeachtlich, wenn er nicht einmal i m Wortlaut des Gesetzes hinreichend Ausdruck gefunden hat. Selbst unter Berücksichtigung der historischen Situation kann „fremd" i m Sinne der Eigentumsdelikte daher als „nicht dem Täter gehörend" interpretiert werden. Eine Sache gehört nämlich einer Person nicht nur, wenn sie i m Eigentum dieser Person steht, sondern bereits dann, wenn sie sich i m Vermögen dieser Person befindet, ohne daß ein Dritter eine bessere Vermögensposition an der Sache inne200 Vgl. Boehmer, a . a . O . A r t . 157 § 4 ; Meister, a . a . O . §§199, 200; Klien, a.a.O. S. 309 f. ; Roßhirt, NArchCrim. 3 S. 85 f.; ders., Lb. §167; Grolmann, a. a. O. § 181 A n m . a; Tittmann, a. a. O. § 402; Henke, I I S. 400; Wächter, Lb. I I S. 283 ff.; Bauer, a. a. O. § 228; Quistorp, a. a. O. § 340; Haeberlin, I V S. 3 f. 201 Vgl. z. B. Grolmann, a. a. O. § 176: „Jede rechtswidrige Handlung, w o durch die Rechte des Menschen i n Ansehung seines Vermögens gekränkt werden, oder gekränkt werden sollen, ist eine vollendete oder versuchte Eigentumsbeeinträchtigung. " 202 v g L hierzu Dollmann, a. a. O. S. 108 u n d Henke, I I S. 400 einerseits u n d Wächter bei Weiske, I I I S. 395 f. Stellen nämlich Dollmann u n d Henke noch heraus, die Sache müsse eine fremde sein, w e i l das f u r t u m possessionis k e i n Diebstahl sein solle, verkehrt Wächter den Schluß, indem er ausführt, daß die Sache eine i m Eigentum eines D r i t t e n befindliche sein müsse, ergebe sich daraus, daß das deutsche Recht das römische f u r t u m suae rei nicht zum Diebstahl zähle.

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

hat 2 0 3 . Als fremd für einen Dritten wäre demgemäß eine derelinquierte Sache anzusehen, wenn sie von jemandem i n Besitz genommen ist, der meint, es handele sich u m eine verlorene Sache, und der deshalb das Eigentumsrecht des Verlierers achten w i l l , selbst jedoch lediglich ein Anwartschaftsrecht nach §973 BGB an der Sache erlangt zu haben glaubt. Fremd wäre auch die ehemals herrenlose Sache, die sich jemand unter Verletzung des Aneignungsrechts des Berechtigten zugeeignet hat, für jeden Dritten. I n beiden Fällen gehört die Sache nicht dem Dritten, sondern ist dem Vermögen des Besitzers zuzurechnen und stellt deshalb für den Dritten eine fremde Sache dar 2 0 4 . Damit erhält der Tatbestand der Eigentumsdelikte eine vorzügliche Schutzfunktion, nämlich die Funktion des Schutzes der umfassenden Herrschaftsgewalt über eine Sache gegen eigenmächtige, rechtswidrige Entziehung durch Dritte, ohne daß die Wegnahme einer eigenen Sache aus dem Besitz eines Dritten oder der Gebrauchsdiebstahl als Diebstahl angesehen werden müßten. Jeder Fremdbesitzer, das kennzeichnet bereits der Ausdruck „Fremdbesitzer", w i r d die verpfändete Sache als fremde ansehen, w e i l das Herrschaftsrecht des Eigentümers ein stärkeres ist als das seine. Diese Zuordnung w i r d gleichfalls von der Rechtsgesellschaft vorgenommen. A u f Grund der umfassenderen Eigentümerstellung w i r d die Sache dem Vermögen des Eigentümers nach wie vor zugerechnet, während der zeitlich beschränkte Besitz dem Fremdbesitzer als Vermögensgegenstand zugeordnet wird. Die Wegnahme einer eigenen Sache aus fremdem Besitz ist demgemäß auch nach der hier vertretenen Auslegung des Begriffes „fremd" kein Diebstahl. Der Gebrauchsdiebstahl hingegen fällt nicht unter den Diebstahlstatbestand, weil Zueignungs- und Gebrauchsabsicht einander ausschließen. Der Zweck der sogenannten Eigentumsdelikte, die dem Eigentum entsprechende Herrschaftsstellung über eine Sache i n bestimmter Weise zu schützen, bleibt erhalten, ja kann durch die hier vertretene Auslegung sogar sinnvoller ausgestaltet werden: I n den Fällen nämlich, i n denen formale Eigentümerposition und materielle Vermögensposition auseinanderfallen, muß die h. M. zu sinnwidrigen Ergebnissen gelangen, weil sie sich aus der einmal eingenommenen formalen Betrachtungsweise nicht zu lösen vermag, mögen auch noch so starke Argumente gegen die 203 Ob eine weitere Trennung zwischen Volleigentümer- u n d Quasieigentümerstellung einerseits u n d davon abgeleiteten Herrschaftsposition andererseits, die gleichfalls das U r t e i l begründen könnten, eine Sache sei f ü r den Täter nicht fremd, sinnvoll ist, k a n n hier dahinstehen. M e h r spricht aber f ü r eine Lösung i m Rahmen der Rechtswidrigkeit der Zueignung. Dazu vgl. unten S. 212 ff. 204 Die Aneignung herrenloser Sachen, an denen niemand Besitz hat, begründet dennoch k e i n Eigentumsdelikt, da es an einer rechtswidrigen Zueignung fehlen würde.

II. Vermögensentziehung und rechtswidrige Vermögenslagen

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damit begründeten Ergebnisse sprechen: Wenn Κ von V ein Kraftfahrzeug auf Raten kauft und der arglistige V das Eigentum nicht aufschiebend bedingt überträgt, sondern nur vereinbart, daß er nach Zahlung der letzten Kaufpreisrate das Eigentum übertragen werde, so kann er vor diesem Ubertragungsakt dem Κ nach h. M. das Kraftfahrzeug i n Zueignungsabsicht wegnehmen, ohne sich der Wegnahme einer fremden beweglichen Sache schuldig zu machen. Nach der hier entwickelten Lösung wäre hingegen nach Zahlung der letzten Rate der Kaufgegenstand als Vermögensgut des Κ anzusehen, w e i l das Eigentumsrecht des V nunmehr ein nudum ius geworden wäre. Die einzige Möglichkeit, die dieses Recht nämlich dem V noch gewährt, ist die Übertragung des Eigentums auf K . Materiell gesehen, handelt es sich bereits mehr u m eine Obliegenheit als u m ein Recht. I n dieser Situation w i r d sich auch weder Κ selbst noch die Sozietät den Κ als Fremdbesitzer ansehen. Κ ist Eigenbesitzer, der nur noch einen Anspruch gegen V auf Teilnahme an dem Übereignungsakt hat. N i m m t V dem Κ den Wagen weg, so nimmt V ein Vermögensgut des Κ weg, d. h. hier eine fremde Sache. Genauso eindeutig und unproblematisch ist die Beurteilung der Wegnahme von Flaschenleergut, für das der Besitzer Pfand gezahlt hat. Streitig ist i m Zivilrecht, ob es sich hier u m einen auflösend bedingten Kauf der Flaschen 205 oder um eine Leihe bzw. Miete 2 0 6 oder um ein Flaschendarlehen 207 handelt. Je nachdem, wie die zivilrechtlichen Eigentumsfragen bezüglich der Flaschen zu entscheiden sind, müßte die h. M. i m Strafrecht theoretisch ihre Stellungnahme einrichten. Praktisch t u t sie das allerdings nicht, sie geht vielmehr davon aus, daß „nach der der Wirtschaftslage entsprechenden Verkehrsauffassung und Übung" der Käufer von Bier gegen Zahlung von D M 0,20 die Flasche zu eigener freier Verfügung und damit zu Eigentum erhält 2 0 8 . A l l e i n der Hinweis auf Wirtschaftslage und Verkehrsauffassung vermag nicht die sachenrechtliche Regelung zu ersetzen, die, wie sich aus der zivilrechtlichen Diskussion ergibt, zumindest umstritten ist. Nach der hier vertretenen Ansicht ist die Entscheidung von der zivilrechtlichen Konstruktion unabhängig. Da i n allen Fällen das Flaschenleergut von der Sozietät dem Vermögen des „Pfandgebers" zugerechnet wird, solange es i n dessen Besitz ist, liegt eine Wegnahme einer fremden Sache vor, wenn die Flaschen dem Besitzer weggenommen werden, und zwar selbst dann, wenn der „Eigentümer" sie dem Besitzer wegnimmt. I n diesen Fällen w i r d nämlich der Besitzer trotz seines unter Umständen vorhandenen Bewußtseins, daß er nicht zivilrechtlicher Eigentümer der 205

O L G H a m b u r g i n O L G 45 S. 150. RGZ159S.65. 207 B G H N J W 1956 S. 298. 208 BayObLGSt. 1960 S. 188; vgl. auch Eser, JuS 1964 S. 481 A n m . 41; Paulus, a. a. O. S. 168 A n m . 116; Schönke-Schröder, StGB § 242 Rn. 49. 206

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2. Kap.: Die Systematik der Vermögensdelikte

Flaschen geworden ist, seine Vermögensstellung gerade nicht als die eines Fremdbesitzers ansehen, der lediglich ein Nutz-, Pfand-, Gebrauchs- oder Zurückbehaltungsrecht an der Sache innehat, sondern als die eines Eigenbesitzers, der überdies noch einen Anspruch darauf hat, die Sache zu festem Preis wieder zu verkaufen. Daß dem so ist, ergibt sich auch daraus, daß niemand auf die Idee kommt, die Zerstörung des Leerguts durch den berechtigten Besitzer als Sachbeschädigung zu bewerten. Diese Möglichkeit ist bisher niemandem auch nur erörterungswürdig erschienen. Gleichfalls als Eigentumsdelikt zu interpretieren ist die Wegnahme polizeilicher Aufforderungsschreiben oder der Mitteilungen eines Unfallzeugen bzw. des Täters nach einem Verkehrsunfall, die bereits unter dem Scheibenwischer des betreifenden Kraftfahrzeuges i n Abwesenheit des Eigentümers des Fahrzeuges befestigt wurden. Ob hier wirklich, wie das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg 209 als selbstverständlich voraussetzt, eine Eigentumsübertragung an der Mitteilung durch Ubereignung zustande gekommen ist, erscheint immerhin zweifelhaft 2 1 0 . Dennoch „gehört" dieser Zettel bereits dem Kraftfahrzeugeigner. Dessen Vermögen ist er zuzurechnen. Dieses ist für den Tatbestand der Urkundenunterdrückung anerkannt 2 1 1 , gilt jedoch nach der hier entwickelten Lösung i n gleichem Maße für den Diebstahlstatbestand. Wer daher einen Zettel, auf dem sein Name und seine Anschrift stehen, nach einem Verkehrsunfall vor den Augen von Unfallzeugen an der Windschutzscheibe des von i h m beschädigten fremden Fahrzeugs für dessen abwesenden Besitzer angebracht und sich dann entfernt hat, oder einen Zettel, der von der Polizeibehörde an dem Kraftfahrzeug befestigt worden ist, ohne Einverständnis des Geschädigten zu irgendeinem Zeitpunkt beseitigt, verwirklicht, soweit die Zueignungsabsicht vorliegt, den Tatbestand des Diebstahls. Weiter — das kann hier aber nur angedeutet werden, weil die Problematik eng m i t der Frage der Bedeutung des Merkmals „rechtswidrig" i m Tatbestand der Eigentumsdelikte verknüpft ist 2 1 2 — w i r d wie ein Eigentümer gegen die rechtswidrige Entziehung „seiner" Sache geschützt, wer sich diese Sache als Käufer durch erlaubte oder unerlaubte Selbsthilfe vom Verkäufer verschafft hat, ohne daß eine Eigentumsübertragung vorgenommen wurde. Nur dieser Schutz des Eigenbesitzers und nicht ein Schutz des an der Sache überhaupt nicht mehr interessierten zivilrechtlichen Eigentümers kann als sachlich angemessene Lösung betrachtet werden. 209

JR 1964 S. 228. Überzeugend dagegen: Baumann, a. a. O. S. 117 A n m . 27. 211 BayObLGSt. 1968 S. 38 ff. 212 Dazu unten S. 212 ff. 210

N J W 1964 S. 707; vgl. auch Lieder,

II. Vermögensentziehung und rechtswidrige Vermögenslagen

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Schließlich kann auch der Fall der Zueignung von Sachen, die einer Einmann-GmbH. gehören, durch den einzigen Gesellschafter dieser GmbH, überzeugend und zutreffend gelöst werden. Trotz formellen Eigentums der Gesellschaft fehlt es an der Wegnahme und Zueignung einer fremden Sache, denn eine am Vermögen ausgerichtete Betrachtungsweise rechnet i n diesem Falle die Sachen dem Gesellschafter zu. Wenn Schröder 213 zu dem gleichen Ergebnis unter Hinweis auf die hier maßgebliche wirtschaftliche Betrachtungsweise kommt, so zeigt sich damit, daß er der hier vorgeschlagenen Auslegung des Begriffs „fremd" weit näher steht, als es seine ausdrückliche Interpretation dieses Begriffes 214 ahnen läßt, denn der Hinweis auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise allein vermag konstruktiv nicht zu überzeugen. Es zeigt sich vielmehr, daß die richtige Lösung eines konkreten Problems sich gegen eine unrichtige dogmatische Prämisse behauptet. Endlich sprechen auch systematische Überlegungen eindeutig für die hier vorgeschlagene Deutung des Begriffes „fremd". Zwar mag die Wegnahme einer derelinquierten Sache aus dem Besitz einer Person, die diese noch nicht okkupiert hat, praktisch so selten sein, daß ihr nur beispielhafter Wert unter theoretischen Gesichtspunkten zukommt und eine hier vorliegende Strafbarkeitslücke ruhig i n Kauf genommen werden kann. Mißlich wäre es dennoch, die Wegnahme dann nicht bestrafen zu können, während Betrug und Erpressung bezüglich derselben Sache strafbar wären. Und zu eindeutiger Stellungnahme zwingt jedenfalls die Beurteilung der Wegnahme von Sachen, die einem Aneignungsrecht unterliegen, aus dem Besitze von Personen, die durch Besitzerlangung kein Eigentumsrecht erwerben konnten. Diesen Fällen kommt auch praktische Bedeutung zu. Nach § 292 StGB w i r d u. a. die rechtswidrige Zueignung einer dem Jagdrecht unterliegenden Sache als Wilderei bestraft. Ein Eigentumsdelikt ist vor einer Besitzbegründung über das W i l d nicht möglich, w e i l W i l d als herrenlose Sache nicht Gegenstand des Eigentumsrechts ist und auch noch keinem konkreten Vermögen zugerechnet werden kann. Erst m i t der Erlangung des Besitzes an dem W i l d kann dieses selbst als Vermögensobjekt einem Vermögen eingefügt werden. Das damit begründete Herrschafts Verhältnis ist, w e i l sein Objekt hinreichend bestimmt ist, konkretisiert. Der Ausgestaltung des Herrschaftsverhältnisses i n eine umfassende Sachherrschaftsposition stehen keine Hindernisse entgegen. Zutreffend bindet daher das BGB den Eigentumserwerb an die Erlangung des Besitzes. 213 Vgl. Schönke-Schröder, StGB § 242 Rn. 7; a . A . RGSt. 71 S. 355 u n d Olshausen-Kirchner, 12. Aufl. § 242 A n m . 10 b. 214 Vgl. StGB § 242 Rn. 6.

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

Gäbe es keine ausschließlichen Aneignungsrechte, so wäre es selbstverständlich, daß derjenige, der die herrenlose Sache i n sein Vermögen überführt, indem er sie i n Besitz nimmt, das umfassendste an einer Sache mögliche Herrschaftsrecht erwirbt, nämlich das Eigentumsrecht. Die Existenz ausschließlicher Aneignungsrechte steht dieser Konstruktion entgegen. Möglich wäre es jedoch, den Eigentumserwerb des Berechtigten an den Besitzerwerb überhaupt zu knüpfen, d. h. an den Besitzerwerb, unabhängig davon, ob das Aneignungsrecht des Berechtigten verletzt w i r d oder nicht. Das Objekt wäre hinreichend konkretisiert, Eigenbesitz und Eigentum würden lediglich auseinanderfallen. Die Sache wäre m i t dem Besitzerwerb nicht mehr Objekt eines Aneignungsrechts, sondern Vermögensobjekt, an dem Besitz und Eigentumsrecht beeinträchtigt werden könnten. Die Zueignung der herrenlosen Sache, d. h. des Wildes i n Freiheit wäre trotzdem nicht Zueignung einer fremden Sache, da die Sache bis zur Besitzbegründung herrenlos bliebe. Sowie aber Besitz einer Person an der herrenlosen Sache bestünde, handelt es sich u m ein Vermögensobjekt, das sich rechtlich nicht von jenen Sachen unterscheiden würde, bei denen Eigenbesitz und Eigentum i n verschiedenen Händen liegen. Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, daß diese Konstruktion zu klaren und überschaubaren Ergebnissen führen würde. Das geltende BGB hat sich jedoch für diese Lösung nicht entschieden. Gemäß § 958 BGB erwirbt der Aneignungsberechtigte nur dann Eigentum, wenn er selbst oder eine andere Person für i h n Besitz an dem W i l d m i t seinem Wissen und Wollen begründet. Zwar w i r d auch für das geltende Recht, und zwar gerade unter Hinweis auf die Erfordernisse sinnvollen Strafrechtsschutzes 215, die Ansicht vertreten, es genüge, daß die Sache hinreichend konkretisiert ist und überhaupt jemand an ihr Besitz erlangt, damit der Eigentümer das Eigentumsrecht gewinnt 2 1 6 . Der klare Wortlaut des §958 Abs. 2 BGB: „Das Eigentum w i r d nicht erworben..., wenn durch die Besitzergreifung das Aneignungsrecht eines anderen verletzt w i r d " , steht dem jedoch entgegen 217 . Das hat für die h. M. i m Strafrecht die Konsequenz, daß ein Eigentumsdelikt nicht begründet werden kann, wenn ζ. B. eine gewilderte Sache aus dem Besitz des W i l derers von einem Dritten weggenommen wird, während andererseits der Besitz des Wildes nach h. M. durchaus dem Vermögen des Wilderers zuzurechnen ist 2 1 8 . Damit ergibt sich für die h. M. die wenig über215

Vgl. H. Westermann, a. a. O. S. 283. Vgl. Baur, a. a. O. S. 498; Heck, Sachenrecht § 64 Ziff. 6; H. Westermann, a. a. O. S. 283. 217 Vgl. dazu Wolff-Raiser, a. a. O. S. 292. 218 A . A . diejenigen, die den rechtswidrigen Besitz nicht zum Vermögen des Besitzers zählen— vgl. die Angaben S. 91 A n m . 12 u n d 13. Ob i n diesem Falle eine Wilderei selbst bei derivativem Erwerb — K a u f der gewilderten 216

II. Vermögensentziehung und rechtswidrige Vermögenslagen

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zeugende und systematisch unbefriedigende Folgerung, daß derjenige, der dem Wilderer das erbeutete W i l d abtrügt oder abpreßt, wegen Betruges oder Erpressung zu bestrafen ist 2 1 9 , hingegen derjenige, der sich das W i l d unter Gewahrsamsbruch oder ohne Bruch fremden Gewahrsams zueignet, wegen Wilderei, d.h. wegen Verletzung eines Aneignungsrechts des Jagdberechtigten 220 oder überhaupt nicht 2 2 1 bestraft wird. Wilderei begeht demnach der Täter, der i m D-Zug einem anderen den Koffer m i t W i l d entwendet, wenn er weiß, daß der Besitzer die Beute gewildert hatte, genauso, wie derjenige, der das W i l d aus einem fremden Kühlschrank mitgehen läßt. — Es bedarf keiner weiteren Ausführung, daß durch eine derartige Ausdehnung des Wildereitatbestandes dessen Sinngehalt verfehlt und preisgegeben wird. I m Falle des Zusammenspiels zwischen Wilderer und Dritten soll schließlich zwar Hehlerei vorliegen, die gleichzeitig gegebene Wilderei aber hinter den Hehlereitatbestand zurücktreten 222 . Selbst wenn man bei Betrug und Erpressung um das erbeutete W i l d gleichfalls Wilderei bejahen würde und diese auch hier „zurücktreten ließe", w i r d die Konstruktion nicht um einen Deut überzeugender. Wie dieses Ergebnis überhaupt konstruktiv begründet werden könnte, bleibt auch unerfindlich, da sich Betrug und Erpressung gegen das Vermögen des Wilderers, die Wilderei aber gegen das Aneignungsrecht des Berechtigten richten würden. Die Begrenzung des Wildereidelikts bis zu dem Zeitpunkt, i n dem die Sache auf Grund der von einem Herrschaftswillen getragenen manifestierten Herrschaftsmacht einer Person deren Vermögen zugerechnet wird, löst die durch die Bindung an das Eigentumsrecht begründeten Schwierigkeiten i n sachlich befriedigender Weise und macht auch zivilrechtliche Hilfskonstruktionen zugunsten eines als sinnvoll empfundenen Strafrechtsschutzes überflüssig: Das herrenlose W i l d ist bis zur Besitzgründung Objekt des Wildereitatbestandes. Befindet sich das W i l d Beute u n d Zahlung m i t Falschgeld — angenommen werden soll, erscheint zweifelhaft, denn daß diese K o n s t r u k t i o n nicht mehr m i t dem Sinngehalt des Wildereitatbestandes vereinbar ist, sollte unstreitig sein. E i n Vermögensdelikt gegenüber dem Aneignungsberechtigten ist aber nicht möglich, da dieser weder Besitz noch Eigentum erlangt hat. Straffreiheit wäre hier noch das beste, w e n n auch nicht gerade befriedigendste Ergebnis. 210 A . A . auch Binding als Vertreter des juristischen Vermögensbegriffs; vgl. Lb. I S. 343 u n d D J Z 1911 Sp. 560. 220 h. M.: B a y O b L G N J W 1955 S. 32 f.; Ebener, G A 54 S. 266 m i t eingehendem Überblick über die ältere Diskussion a. a. O. S. 261 ff. ; Mezger-Blei, Stub. I I S. 166; Maurach, B . T . S. 270 f.; Olshausen-Gutjahr, 11. Aufl. § 292 A n m . 4; Welzel, Lb. S. 340; Kurys-Römer, a. a. O. S. 44 m i t weiteren Angaben S. 43 f.; zögernd Schönke-Schröder, StGB § 292 Rn. 17. 221 So RGSt. 63 S. 36f.; Gerland, a . a . O . S. 611; Kohlrausch-Lange, StGB § 292 A n m . I V ; Jagusch, L K I I § 292 A n m . 3 a. 222 Schönke-Schröder, StGB § 292 Rn. 17; a. A . Furtner, JR 1962 S. 415, der § 292 hier als lex specialis zu § 259 ansieht.

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2. Kap.: Die Systematik der Vermögensdelikte

i m Besitz einer Person, so kann es nicht mehr Gegenstand einer Wilderei, wohl aber Objekt eines Vermögensdelikts sein. Ein Vermögensdelikt, z.B. Diebstahl, Unterschlagung, Betrug oder Erpressung, liegt vor, wenn die Sache dem Wilderer wiederum rechtswidrig entzogen wird. Ein Vermögensdelikt durch Aufrechterhaltung rechtswidrigen Besitzstandes, ζ. B. Hehlerei, ist gegeben, wenn die gewilderte Sache i n kollusivem Zusammenspiel zwischen Wilderer und Drittem weitergeschoben wird. Damit ist eine sachgerechte Trennung erreicht, und der Sinngehalt des Hehlereitatbestandes braucht nicht unnötig verzerrt zu werden. Auch innerhalb des Anwendungsbereichs der Delikte gegen das gesamte Vermögen und der sogennannten Eigentumsverbrechen sind weit sachgemäßere Ergebnisse durch die hier entwickelte Interpretation des Begriffs „fremd" zu begründen. Entzieht nämlich ein Dritter i n Kenntnis der Sachlage dem Dieb die gestohlene Sache, so liegt je nach den Tatmodalitäten Unterschlagung, Betrug, Diebstahl, Erpressung o. ä. vor. Die h. M. muß hier wenig sinnvoll differenzieren: Diebstahl oder Unterschlagung, wenn dem Dieb die Sache weggenommen oder die gestohlene Sache von einem Dritten unterschlagen wird. Hingegen Betrug und Erpressung jeweils i n Idealkonkurrenz m i t Unterschlagung, wenn dem Dieb die gestohlene Sache abgelistet oder abgepreßt w i r d ; denn Betrug und Erpressung würden nur den Eingriff i n das Vermögen des Diebes erfassen, während die Unterschlagung durch das „Eigentumsdelikt" gegen den Eigentümer begründet würde. Konsequent vom Standpunkt der h. M. fordern daher ζ. B. Baumann, Bockelmann und Schröder 223 gegen den B G H 2 2 4 auch dann die Idealkonkurrenz von Betrug und Unterschlagung, wenn der Täter durch eine auf Täuschung und I r r t u m beruhende Vermögensverfügung eines Betrugsopfers selbst Eigenbesitz an einer Sache, ein Dritter aber formal Eigentum erlangt hat, weil das Opfer an den Dritten übereignen wollte und der geheime Vorbehalt des Täters, für sich selbst zu erwerben, als nichtig anzusehen ist. Außer der formalen Eigentümerposition hat hier der Dritte nichts erworben, diese bloße Rechtsposition ist i h m aber nicht entzogen worden. Nach der hier vertretenen Ansicht würden nur dann Betrug und Unterschlagung — i m Regelfall realiter — konkurrieren, wenn der Betrug des Täters zu einer Bereicherung des Dritten geführt hätte, d. h. der Täter nur eine Vermögensposition erreicht hätte, die von der Sozietät als Fremdbesitzerstellung angesehen würde, und wenn er diese Stellung später i n ein Eigenbesitzerverhältnis umwandelt 2 2 5 . Gleichfalls vermieden wären die Schwierigkeiten, die ein I r r t u m des Täters begründet, wenn er ζ. B. meint, eine Sache wegzunehmen, die i m 223 224 225

Vgl. oben S. 135 Anm. 139. BGHSt. 14 S. 38 ff. Vgl. oben S. 135 ff.

II. Vermögensentziehung und rechtswidrige Vermögenslagen

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Eigentum des Besitzers steht, während sie i n Wirklichkeit herrenlos ist, weil der Besitzer den Besitz unter Verletzung eines Aneignungsrechts erworben hat. Wenn Welzel 228 meint, i n solchen Fällen genüge das laienhafte Bewußtsein des Täters, daß das W i l d nicht ihm, sondern einem Dritten gehöre, i m übrigen aber sei die objektive Lage maßgeblich, so ist dieses Ergebnis von der Prämisse der strengen Trennung von Eigentumsdelikten und Delikten gegen Aneignungsrechte kaum befriedigend zu erklären. Sachlich ist dieser Lösung jedenfalls dann zuzustimmen, wenn die herrenlose Sache bereits i m Besitz eines Dritten ist. Dieses Ergebnis ist nach der hier vertretenen Auffassung eindeutig. Der Konstruktion eines besonderen „Gehörensvorsatzes" bedarf es nicht. Damit sollte hinreichend dargetan sein, daß die Trennung des Begriffs „fremd" vom zivilrechtlichen Eigentumsbegriff nicht nur durch die Wortinterpretation gedeckt ist, sondern auch unter teleologischen und systematischen Gesichtspunkten erheblich besser zutrifft als die Auslegung dieses Merkmals durch die h. M. Es ist — das sei noch einmal betont — auf diese Weise kein strafrechtlicher Eigentumsbegrifi. entwickelt, sondern nur das Tatbestandsmerkmal „fremd" i n den sogenannten Eigentumsdelikten vom zivilrechtlichen Eigentumsbegriff getrennt worden 2 2 7 . Die Gruppe der sogenannten Eigentumsdelikte hat infolgedessen ihre Eigenständigkeit insoweit verloren, als eine Eigentumsverletzung ohne Vermögensentziehung i n Rede stand. Nunmehr ist klargestellt, daß es sich um gewöhnliche Vermögensentziehungsdelikte handelt, gerichtet gegen umfassende Sachherrschaft einer Person, die jener durch die zivilrechtlichen Eigentumsschutzbestimmungen gesicherten Herrschaftsmacht entspricht 228 . Diese Auffassung der Eigentumsdelikte stimmt durchaus m i t der der Rechtsprechung zu diesen Delikten überein, wenn die Rechtsprechung sich auch zu dieser Interpretation bisher nur i n Teilbereichen ausdrücklich bekannt hat. Die Ablehnung eines Eigentumsdeliktes, wenn eine konkrete Vermögensentziehung gegenüber dem Eigentümer nicht vorliegt 2 2 9 , ist treffender Ausdruck dieser Auffassung. Nach der hier entwickelten Lehre ist die Trennung von zivilrechtlicher Eigentümerstellung, die durch eine rechtswidrige Zueignung nicht

welzel, Lb. S. 363. Diese Auslegung des Tatbestandmerkmals „fremd" i n den Eigentumsdelikten findet eine Entsprechung i n dem Versuch, „fremd" i n § 315 StGB streng nach dem Schutzzweck dieses Tatbestandes zu interpretieren; dazu 22e

V g l >

227

vgl. Möhl, JR 1967 S. 107.

228 Überspitzt allerdings die Formulierung Ecksteins — GS 80 S. 285 f. —, der Dieb sei an sich Eigentümer, aber das Gesetz erteile diesem Eigentum nicht seinen Schutz. Es gebe k e i n zivilrechtliches Eigentum, sondern n u r einen zivilrechtlichen Schutz des Eigentums. Vgl. dazu oben S. 145 ff. 229 Vgl. BGHSt. 14 S. 38 ff. ; RG H R R 1928 Nr. 1528.

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2. Kap.: Die Systematik der Vermögensdelikte

berührt wird, und tatsächlicher Vermögensposition, die durch die rechtswidrige Zueignung einer Sache entzogen wird, selbstverständlich 230 . d) Ergebnis Zusammengefaßt ist festzustellen, daß die These, die Vermögensdelikte seien entweder Vermögensentziehungsdelikte oder Schadens-Perpetuierungsdelikte, nicht widerlegt worden ist. Die Vermögensentziehung ist demgemäß das zutreffende und geeignete Abgrenzungskriterium für die Unterscheidung der einzelnen Gruppen der Vermögensdelikte. Eigentumsdelikte, deren Strafwürdigkeit i n einer besonderen Eigentumsverletzung durch Besitzentzug ohne Vermögensentzug liegt, gibt es demgegenüber nicht. I m Falle der sogenannten Eigentumsdelikte handelt es sich u m Vermögensentziehungsdelikte gegen bestimmte Vermögenspositionen. Weitere Besonderheiten sind nicht anzuerkennen. Unrichtig wäre es jedoch, wollte man den Begriff der Vermögensentziehung nach dem sogenannten wirtschaftlichen Vermögensbegriff bestimmen. Das würde nämlich den sinnvollen Vermögensschutz, der schon i m Rahmen der Delikte gegen das Gesamtvermögen eingeengt ist, auch auf dem Gebiete der sogenannten Eigentumsdelikte beschränken. Aus der Konstruktion der sogenannten straflosen Nachtat und des Diebstahls geldwertloser Sachen ist ein anderes Ergebnis nicht zu begründen. Diese Konstruktionen erweisen vielmehr die Richtigkeit der hier vorgetragenen Konzeption. I I I . Die Arten der Vermögensentziehung: Bereicherung, Zueignung, bloße Vermögensschädigung 1. Vermögensminderung und Vermögensvergrößerung

a) Zueignung und Bereicherung Die Erkenntnis, daß es sich bei den sog. Eigentumsdelikten u m Vermögensentziehungsdelikte gegen bestimmte Vermögenspositionen handelt, weist unmittelbar auf den engen Zusammenhang von Zueignung und Bereicherung hin. Wenn der Schutz des Habens, ζ. B. einer Sache, Vermögensschutz ist, so stellt die Herrschaftsmacht, m i t diesem Objekt nach Belieben umgehen zu können, als solche Vermögen dar. Das bedeutet, daß derjenige, der sich eine fremde Sache rechtswidrig zueignet, sein Vermögen u m die Herrschaftsmacht über diese Sache vergrößert, d.h. aber sich bereichert. Der bereits von Binding 231 gerügte Widerspruch zwischen dem Vermögensschutz der sogenannten Eigentumsdelikte und der Vergehen gegen das gesamte Vermögen kann jedenfalls nicht m i t 230 231

Vgl. oben S. 136 ff. Lb. I S. 244 A n m . 3.

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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dem Hinweis begründet werden, die Vermögensdelikte i m engeren Sinne erforderten eine Bereicherung, die Eigentumsdelikte hingegen nicht 2 8 2 , denn das Wort „Bereicherung" ist keineswegs wesensnotwendig m i t dem Begriff des Geldwertes verbunden. Nicht das Fehlen einer Bereicherung charakterisiert den Diebstahl, sondern eine bestimmte Bereicherung, nämlich die i n der Zueignung einer Sache liegende 233 . Diese Präzisierung der Bereicherungsabsicht erklärt sich aus der Tatsache, daß der Gesetzgeber — der historischen Überlieferung folgend — die Eigentumsdelikte gerade als Bereicherungsdelikte durch Sachentziehung ausgestaltete, w e i l die Sachen einer Person i n besonderer Weise dem eigenmächtigen Zugriff der Vermögenstäter ausgesetzt sind, während die nicht materialen Vermögensobjekte, z.B. Forderungen, das liegt i n der Sache, durch Zugriff des Täters allein dem Vermögen des Berechtigten nicht entzogen werden können. U m diesen Zweck zu realisieren, bedurfte es aber neben der Zueignungsabsicht nicht mehr des Erfordernisses einer Bereicherungsabsicht: „Denn das lucrum, der Gewinn, w i r d ja i n jedem Falle durch die erlangte Fähigkeit, über die Sache als eine eigene zu verfügen, bewirkt, und das Erfordernis eines besonderen Vortheils, Gewinnes oder Nutzens durch diese Verfügung würde wiederum zu der Theorie führen müssen, welche sich bei uns unter dem A . L . R . gebildet hat, wonach z.B. die Entwendung einer Pistole zum Zwecke des Selbstmordes deshalb nicht als Diebstahl gestraft werden konnte, w e i l der Täter sich damit selbst ein Leid zufügen wollte 2 3 4 ." Auch der gelegentliche Hinweis auf die historische Entwicklung vermag einen strukturellen Unterschied zwischen Bereicherungs- und Zueignungsabsicht i m Hinblick auf das Erfordernis des Geldwertes nicht zu belegen: M i t dem Merkmal der Zueignungsabsicht knüpfte das gemeine Recht letztlich an die Definition des Diebstahls des römischen Rechts: „ F u r t u m est contrectatio rei fraudulosa lucri faciendi gratia .. ." 2 3 5 an, w e i l insoweit kein Unterschied zur deutsch-rechtlichen Auffassung des Diebstahls gesehen wurde und der „animus lucri faciendi" sich trefflich als Abgrenzungskriterium des Diebstahls zur Sachbeschädigung anbot23e» 2 3 7 . Die Interpretation Kliens 238, animus lucri faciendi bedeute nichts 232

F r a n k f StGB § 242 A n m . I . I n der Sache weitgehend übereinstimmend Bockelmann,

V g L

233

S. 575.

ZStW 65 (1953)

234 Goltdammer, a . a . O . S. 466; eingehend u n d eindeutig auch: Motive a. a. O. S. 73 ff. 235 vgl. Paulus, D. 47, 2, 1, 3; vgl. zur historischen Entwicklung auch Fries, a. a. O. S. 32 ff. 236 Vgl. dazu Meister, a . a . O . §201; Quistorp, a.a.O. §346; Roßhirt, Lb. § 167; Marezoll, a. a. O. § 464 A n m . 3. 237 Die Problematik dieser Abgrenzung gehört nicht i n den hier behandelten Zusammenhang. 238 a. a. O. S. 292 ff.

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

anderes als animus rem sibi habendi, wurde grundsätzlich von der h. L. übernommen, wobei i m einzelnen besonders herausgestellt wurde, daß die Möglichkeit der Verfügung über ein Vermögensstück eine Vermehrung des Vermögens, d. h. eine Bereicherung darstelle 239 , oder ausdrücklich betont wurde, daß die Hervorhebung einer Gewinnabsicht überflüssig sei, weil diese i n der Zueignung aufgehe 240 , bzw. der animus lucri faciendi keine Bedeutung habe, w e i l er bereits i m Worte „Zueignung" zum Ausdruck komme 2 4 1 . Feuerbach 242 hielt zwar an der gewinnsüchtigen Absicht fest, verstand darunter aber die Absicht, „unmittelbar durch den Gebrauchs- oder Tauschwert der Sache selbst sein Vermögen zu vergrößern" 2 4 3 . Ähnlich nahm Heffter Stellung. Er forderte, daß die Absicht des Täters auf unbefugten Gewinn gerichtet sei, sah diesen Gewinn aber ausdrücklich „ i n der Aneignung der Sache selbst oder des bloßen Gebrauches oder der Vortheile des Besitzes" 244 . Diese Absicht bezeichnete er als animus lucri faciendi. Die von Temme 245 vertretene Gegenmeinung, als Objekt des Diebstahls sei nur eine geldwerte Sache anzusehen, beruht auf der eigenartigen Definition des Diebstahls durch das Pr.A.L.R. und der diesem folgenden Entwürfe zum Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten von 1851246. Wenn darüber hinaus i n einigen Partikularrechten i m Tatbestand des Diebstahls eine gewinnsüchtige Absicht gefordert wurde, während andere Strafgesetzbücher sich m i t der Zueignungsabsicht begnügten 247 , so kann daraus nicht, wie Doerr meint 2 4 8 , der unfehlbare 239 Vgl. dazu Steltzer, a. a. O. § 595 S. 294; Doms, a. a. O. § 139 S. 405; Dabelow, a. a. O. § 155; Martin, a. a. O. § 143; Tittmann, Hdb. I I § 413; ders., G r u n d l i n i e n § 254 A n m . a; Grolmann, a. a. O. § 181; Henke, I I S. 412; Ahegg, a. a. O. § 350; Wächter bei Weiske, I I I S. 367 f., 398 f. ; Bauer, a. a. O. § 230 A n m . c. 240 Haeherlin, I V S. 7 ff.; zuvor schon: R. Engelhard, a. a. O. § 287. 241 Vgl. Marezoll, a . a . O . S. 464; Köstlin, Abhandlungen S. 243; Hälschner, I I S. 282; Merkel, H H I I I S. 634. 242 Lb. §319. 243 Mittermaier zu Feuerbach, § 319 Nr. I I I stimmt dem zu. 244 a. a. O. § 489 I I I . 245 Lb. § 218 S. 899, anders noch: Diebstahl S. 99 ff. 246 Das Pr. A L R stellte i n I I , 20 §1108 nebeneinander: „ . . . seines Gewinns, Vortheils, oder Genusses w i l l e n . . . e n t w e n d e t . . . " , als handelte es sich hier u m verschiedene Absichten u n d gab damit den Anstoß f ü r eine unterschiedliche Interpretation der Diebstahlsabsicht. Dabei sollte lediglich die Abgrenzung zur bloßen Sachentziehung u n d Sachbeschädigung zweifelsfrei umrissen werden. Der E n t w u r f von 1830 — §335 — definiert: „ W e r eines unrechtsmäßigen Vortheils wegen eine bewegliche S a c h e . . . entzieht u n d an sich n i m m t . . . " ; E n t w u r f 1833 — § 415 —, 1836 — § 539 — : „ . . . i n der Absicht, sich dieselbe zuzueignen u n d dadurch s i c h . . . einen unrechtsmäßigen Gewinn zu verschaffen". Erst der E n t w u r f 1841 — § 401 — u n d i h m folgend die E n t w ü r f e von 1843, 1845, 1846, 1847, 1851 begnügten sich m i t der Zueignungsabsicht; vgl. auch Temme, Lb. § 217 S. 895 f. 247 Vgl. den Überbück bei Gebauer, a. a. O. S. 35 ff.; v. Lilienthal, ZStW 32 (1911) S. 8 ff. u n d Fries, a. a. O. S. 47 ff. 248 Objekt, S. 140; eindeutig f ü r Doerr allerdings die Regelung i m Sächs. StGB von 1855, § 272: „Sache, die einen Schätzwert hat."

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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Schluß gezogen werden, daß die Strafgesetzbücher, die die gewinnsüchtige Absicht voraussetzten, auf dem Boden der sogenannten Vermögenstheorie standen, d. h. einen Geldwert des Objekts des Diebstahls forderten. Hier spiegelte sich vielmehr der Stand der Diskussion wider, die der gewinnsüchtigen Absicht keine spezielle Bedeutung über die Zueignungsabsicht hinaus beimaß 249 . Erst zum Ende des 19. und mit dem beginnenden 20. Jahrhundert ändert sich dieses Bild, als die Verknüpfung von Bereicherungsabsicht und Absicht, den Gesamtgeldwert des Vermögens zu vergrößern, als wesensnotwendiger, historisch anerkannter Zusammenhang dargestellt, gewinnsüchtige Absicht als Absicht, den Geldwert des Vermögens zu vermehren, interpretiert und demgegenüber ein durch nichts gerechtfertigter Gegensatz von Zueignungs- und Bereicherungsabsicht herausgestellt wird 2 5 0 . Den Beweis für die Richtigkeit oder auch nur die Zweckmäßigkeit dieser Ansicht, die bald allgemein anerkannt wurde, blieb die h. M. schuldig. Gleichfalls wenig beweiskräftig ist die Behauptung, der Gegensatz zwischen Vermögensdelikten i m engeren Sinne und Eigentumsdelikten sei die Folge einer grundsätzlich verschiedenen Struktur beider Deliktsgruppen, denn die Eigentumsdelikte seien i n enger Anlehnung an das Recht des Eigentums, die Vermögensdelikte i n Zusammenhang m i t der wirtschaftlichen Macht des Vermögens gebildet worden 2 5 1 . Diese Ansicht ist nämlich nachweislich unrichtig. Die Entwicklung des Betruges aus einem vagen und i n der Angriffsrichtung verschwommenen Delikt zu einem Vermögensdelikt geschah nicht „ i m Zusammenhang m i t der w i r t schaftlichen Macht des Vermögens". Bei denen, die den Betrug als erste als die durch Täuschung veranlaßte Vermögensbeschädigung definierten, herrschte durchaus Einigkeit darüber, daß nicht etwa „wirtschaftliche oder geldwerte Positionen" durch dieses Delikt geschützt werden sollten, sondern vielmehr Vermögens rechte. Insoweit stimmten Temme 252 , Köstlin 253, Merkel 254 und Binding 255 überein. Jedoch erkannte Merkel bereits den grundsätzlichen Mangel dieser juristischen Vermögenslehre, die zwangsläufig zu einer subjektiven Bestimmung des Schadens kommen mußte 258 , sollte es nur auf den Rechtsverlust, nicht 249

Vgl. Beseler, a. a. O. S. 410 f.; dazu auch Tänzler, a. a. O. S. 6. Der Gegensatz zur Auffassung des gemeinen Rechts und die historisch verfehlte Interpretation des animus l u c r i faciendi k o m m t anfänglich noch sehr k l a r zum Ausdruck; vgl. einerseits: Gebauer, a. a. O. S. 28 if.; Lauterburg, SchweizZStr. 6 (1893) S. 189 if.; Binding , Normen I I S. 10691; — andererseits: v. Bar bei Bödiker, I V S. 16 ff.; Doerr, Objekt S. 140 fï. ; John, ZStW 1 (1881) S. 252 fï.; v. Lilienthal, ZStW 32 (1911) S. 15 ff. 251 Grünhut, RG-Festgabe V S. 118. 252 Betrug S. 60 ff. 253 Abhandlungen S. 142 ff. 254 I I S . 101 ff. 255 Lb. I S . 235 ff. 256 Dazu Bockelmann, Kohlrausch-Festschr. S. 236 ff. 250

11 Otto

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

aber den Wert des verlorenen Rechts ankommen. Zwangsläufig mußte nach dieser Auffassung ein Schaden bejaht werden, wenn der Getäuschte eine m i t Aufwendungen oder dem Eingehen einer schuldrechtlichen Verpflichtung verbundene Verfügung traf, die er i n Kenntnis der wahren Sachlage nicht vorgenommen haben würde 2 5 7 . Überspitzt formuliert konnte der Verlust eines Vermögensrechts stets dann als Schaden beurteilt werden, wenn sich der Rechtsinhaber geschädigt fühlte. Diesen zunächst auch i n der Rechtsprechung anerkannten Konsequenzen 258 meinte Merkel 2 5 9 , i m Anschluß an durchaus vorhandene Ansätze i n der Rechtsprechung des Preußischen Obertribunals, entgehen zu können, wenn er forderte, daß nicht jeder Verlust eines Vermögensrechts als Schaden anzusehen sei, sondern nur ein solcher, der eine Verminderung des Gesamtvermögenswertes zur Folge habe 260 . Diese Ansicht fand Zustimmung, dennoch blieb die Festlegung des Vermögensschadens auf eine effektive Geldminderung i n der Lehre und auch i n der Rechtsprechung des Preußischen Obertribunals und des Reichsgerichts streitig. Erst die Plenarentscheidung vom 20. A p r i l 1887261 brachte die Entscheidung für die objektive Schadensberechnung 262 . Doch auch diese Entscheidung enthielt schon die Einschränkung auf die „individualisierende Betrachtungsweise". Von einer Herausbildung der Delikte gegen das gesamte Vermögen i n Anlehnung an die wirtschaftliche Macht kann daher nur bedingt die Rede sein. Die Einschränkung des möglichen Vermögensschadens und die Verknüpfung der Bereicherungsabsicht m i t dem Geldwert sollten lediglich die absolute subjektive W i l l k ü r bei der Schadensfeststellung begrenzen. I n dieser Absicht stimmen aber die wirtschaftliche Vermögenslehre und der hier entwickelte personale Vermögensbegriff überein. Bei der Herausbildung des Diebstahlstatbestandes traten hingegen die Gegensätze nicht so schroff hervor, weil durch das erforderliche M i n i m u m der Vernichtung einer Habensbeziehung zu einer -Sache der Vermögensschaden bereits von vornherein objektiviert war. b) Begründung

von Eigenbesitz über eine Sache und Bereicherung

I m Falle der Begründung von Eigenbesitz über eine fremde bewegliche Sache bedeutet das Haben dieses Besitzes konkrete Herrschaftsmacht über ein wirtschaftliches Gut und damit eine Vermögensvergrößerung. Insofern könnte das Urteil berechtigt sein, der Erwerb von 257 258 259 260 261 262

Vgl. auch Votum zu RGSt. 16 S. 1 i n GS 43 S. 326. Eingehend dazu m i t weiteren Angaben Cramer , Vermögen S. 40 ff. I I S . 105ff. I I S . 107. RGSt. 16 S. 1 ff. Eingehend dazu Cramer , Vermögen S. 47 ff.

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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Eigenbesitz über eine Sache sei ausnahmslos als Bereicherung zu interpretieren. Dennoch bedarf diese Feststellung einer Korrektur. Es wäre konstruktiv durchaus möglich und wohl auch sinnvoll, jede objektive Vergrößerung der Herrschaftsmacht i m wirtschaftlichen Raum als Bereicherung und demgemäß die Bereicherung durch Begründung umfassender Herrschaftsmacht über eine fremde bewegliche Sache als Zueignung anzusehen. I n dieser Weise legt ζ. B. die französische Strafrechtslehre und Rechtspraxis den Inhalt des Zueignungsbegriffes aus. Es entspricht dort der nahezu einhelligen Ansicht, daß die Wegnahme einer Sache auch i n der Absicht, diese zu zerstören oder dem Eigentümer bloß zu entziehen, Diebstahl sei2®3. Dabei ist allerdings zu beachten, daß der Code pénal keine dem § 303 StGB entsprechende Vorschrift kennt, vielmehr i n den A r t . 434 ff. nur einzelne Arten der Zerstörung und Beschädigung einer Sache unter Strafe gestellt sind. — Jedoch auch einer natürlichen Auffassung des Begriffes der Vermögensvergrößerung ist z.B. die Beurteilung selbstverständlich, daß das Vermögen einer Person sich vergrößert hat, wenn diese Person etwa wertvolles Porzellan erbt, mag auch von vornherein feststehen, daß der Erbe diese Sachen zertrümmern wird, w e i l sie seinem Geschmack zuwider sind. Schließlich läßt sich schwerlich bestreiten, daß derjenige, der eine Sache wegnimmt, u m sie zu zerstören, die Sache i n der Absicht wegnimmt, sie dem Eigentümer auf Dauer zu entziehen und darüber wie ein Eigentümer zu verfügen, d. h. jene Macht über sie auszuüben, die dem Eigentümer zukommt, und zwar m i t einer Willenseinstellung, die der des Diebes dann vollkommen entspricht, wenn Entziehung einer Sache aus fremdem Vermögen und Begründung eigener umfassender Sachherrschaft bereits Zueignung wären. Für die Entscheidung der Frage, ob eine rechtswidrige Zueignung i m Sinne einer objektiven Vergrößerung des Vermögens des Täters durch Begründung umfassender Sachherrschaft über eine Sache stattgefunden hat oder nicht, wäre es gleichgültig, ob der Täter die Sache behalten, verschenken oder vernichten w i l l 2 8 4 . Die Ansicht Bindings 2* 5, Zerstörung sei nicht Eigentumsausübung, weil das „Recht des Eigentümers, seine Sache zu vernichten, nur i n unklaren Köpfen" existiere, ist unrichtig, denn eine grundsätzliche Sozialbindung jeglichen Eigentums derart, daß es von seinem Eigentümer nicht zerstört werden dürfe, ist unserer Rechtsordnung fremd 2 8 8 . 268 Vgl. z. B. Garçon, 2. Bd. Nr. 389, 390 S. 620 u n d Nr. 401 S. 622 zu A r t . 379; Hélie, I I S. 390; i m einzelnen dazu Beger, a. a. O. S. 26 ff. 264 So bereits eingehend Hälschner, I I S. 299 f. 265 Lb. I S . 268. 266 Treffend demgegenüber Garçon — 3. Bd. Nr. 15 zu A r t . 408 S. 176 — : „Détruire u n objet, c'est exercer le ius abutendi, c'est-à-dire faire l'acte de propriétaire le plus clair." Desgleichen Doerr, Objekt S. 182; diese Auffassung entspricht heute der einhelligen Ansicht.

11*

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2. Kap.: Die Systematik der Vermögensdelikte

Dennoch hat sich die h i n und wieder einmal vertretene Meinung, die Wegnahme einer Sache i n der Absicht, sie zu zerstören, sei stets auch eine Zueignung 267 , nicht durchsetzen noch jemals größere Bedeutung gewinnen können. Seit sich i m gemeinen Recht i m Übergang zum 19. Jahrhundert die Sachbeschädigung als besonderer Deliktstypus herausgebildet hat 2 6 8 , w i r d der Gegensatz von Sachbeschädigung — Vermögensbeschädigung —, bei der es dem Täter ausschließlich u m eine Schädigung des Berechtigten geht, und den Vermögensverbrechen, die durch bestimmtes Gewinnstreben motiviert sind, hervorgehoben, insbesondere der Gegensatz zum Diebstahl. A u f eine eingehende Begründung dieser Auffassung w i r d i n der Regel wenig Mühe verwendet, vielmehr w i r d die Richtigkeit dieser Unterscheidung als allgemein einsichtig vorausgesetzt: Es kann kein Diebstahl vorliegen, wenn eine Sache weggenommen wird, „nicht um ihrer selbst willen, nicht um sie m i t meinem Vermögen i n Verbindung zu setzen, sondern bloß um dem Anderen Schaden zuzufügen. Die ergriffene Sache ist hier nicht das, was meine Leidenschaft entflammt" 2 6 9 . Folgt man dieser grundsätzlichen Differenzierung — bloße Sachentziehung, wenn es dem Täter nur darauf ankommt, den Berechtigten um den Besitz an seiner Sache zu bringen; Vermögensverschiebungsdelikt, wenn es dem Täter darum geht, das fremde Vermögensgut selbst seinem eigenen Vermögen einzufügen —, so ist es nur folgerichtig, daß die Beurteilung als Sachbeschädigung, d. h. als typisches Gewalt- oder Rohheitsdelikt gerade i m Unterschied zu einem N u t z d e l i k t 2 7 0 ' 2 7 1 auch i n den 267 Olshausen-Gutjahr, 11. Aufl. § 242 A n m . 30 c — a. A . aber OlshausenKirchner, 12. Aufl. § 242 A n m . 26 d —; Lucas, a. a. O. S. 323 f.; Bachem, a. a. O. S. 36; TJllmann, a. a. O. S. 71 f.; Villnow, a. a. O. S. 17; zuletzt Schaff stein, GS 103 S. 313. 268 I m einzelnen ist i n der gemeinrechtlichen L i t e r a t u r die Abgrenzung noch verschwommener, der Kernbereich jedoch deutlich erkennbar: Sachbeschädigung, Beschädigung, Zerstörung, Vernichtung von Sachen, fremder Sachen, nennen das D e l i k t : Feuerbach, Lb. § 310; Mittermaier zu Feuerbach, § 310; J. C. Salchow, Lb. § 402; Martin, a. a. O. § 138 a. E.; Reibnitz, a. a. O. § 512; Wächter, Lb. § 202; Bauer, a. a. O. § 263; Heffter, a. a. O. § 521; Berner, 3. Aufl. § 153; Bopp bei Weiske, I I S. 20; Köstlin, Abhandlungen § 12 S. 169 ff.; Abegg, a. a. O. § 379. — Haeberlin, I V § 182; Grolmann, a. a. O. § 211; Henke, I I § 140; Tittmann, Hdb. I I §514; Roßhirt, Lb. Überschr. vor §183; Erhard, a.a.O. A r t . 1470 ff., sprechen von Eigentumsbeschädigung bzw. Eigentumsbeeinträchtigung; während Klein, a.a.O. §480; D. Salchow, I I §285; Dabelow, a.a.O. §190; Tittmann, Grundlinien §292; Lueder, a.a.O. S. 30 ff.; auch Berner, 3. Aufl. § 153 neben der Benennung als Sachbeschädigung, das Delikt als Vermögensbeschädigung bzw. Vermögensbeeinträchtigung bezeichnen. 269 So bereits Klien, a. a. O. S. 303. 270 Vgl. dazu: Stelzer, a. a. O. § 595 S. 294; Quistorp, a. a. O. § 346; Tittmann, Hdb. I I §§ 377, 514; Erhard, a. a. O. A r t . 1470; Grolmann, a. a. O. § 211; Köstlin, Abhandlungen § 13 S. 180; Bothmer, I S. 103; Henke, I I § 140 S. 385, § 141 S. 395; Heffter, a. a. O. § 486; Berner, 3. Aufl. § 153; Lueder, a. a. O. S. 42 ff.; zum geltenden Recht statt vieler: Sauer, B. T. S. 304 ff.; RGSt. 35 S. 357. 271 Daß dieser Gegensatz auch i n der Hechtspraxis bis zum 19. Jahrhundert

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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Fällen der Schädigung aus eigennützigen Motiven keine Einschränkungen erfährt. Eine bloße Vermögensentziehung liegt daher vor, wenn der Täter die Gewerbeeinrichtung oder die Waren eines Konkurrenten zerstört, um sich dadurch die Kundschaft und somit mittelbaren Gewinn zu verschaffen 272 , bzw. wenn der einzige Glaser am Orte die Fensterscheiben i n diesem Orte einwirft, um neue Aufträge zu erhalten 273 . — Dem ist zuzustimmen, denn ist den Zueignungsdelikten, wie oben dargelegt, tatsächlich Vermögensentziehung und Aneignung des entzogenen Vermögensbestandteils eigen, dann kann nicht das allgemeine Motiv der Tat — Gewinnstreben — für die Klassenbildung den Ausschlag geben, sondern die Feststellung, ob es dem Täter um die Überführung der Sache i n das eigene Vermögen geht, weil ihm das Haben dieser Sache selbst nützlich erscheint, oder ob es ihm nur darum zu t u n ist, den Berechtigten von der Herrschaft über diese Sache auszuschließen. Aber nicht nur dieser Einordnung der auf Schädigung bzw. Gewinn gerichteten Taten durch die h. M. ist zu folgen, auch die grundsätzliche, einander ausschließende Gegenüberstellung von Schädigungs- und Bereicherungsdelikten ist sachlich gerechtfertigt. Diese auf der Überlieferung beruhende, heute anerkannte Differenzierung entspricht allein dem Willen des Gesetzgebers des geltenden Rechts 274 . Das Gesetz unterscheidet Sachbeschädigung (§ 303 StGB), Bereicherung durch Vermögensanerkannt wurde, k o m m t i n der L i t e r a t u r des gemeinen Rechts nicht i m m e r eindeutig zum Ausdruck, da sich die Fragestellung zu sehr darauf beschränkt, ob i m deutschen Recht die Sachbeschädigung — Eigentums- oder Vermögensbeschädigung — ein öffentlich strafbares Delikt w a r — so Matthaeus, X L V I I tit. 3 cap. 1, 2; Meister, a. a. Ο. § 190; Klein, a. a. Ο. § 480; Grolmann, a. a. O. § 211; J. C. Salchow, Lb. § 402; Dabelow, a. a. O. § 190; Feuerbach, Lb. §§ 310, 311; Roßhirt, Lb. §§ 188, 189; Tittmann, Hdb. I I §§ 514, 515; Henke, I I § 140; Bauer, a. a. O. §§ 263, 264 — oder nicht — so Wächter, Lb. I I § 202 A n m . 19; Martin, a. a. O. § 129 A n m . 3, § 138 a. E.; Abegg, a. a. O. § 381; Hefter, a. a. O. §§ 521, 522; Mittermaier zu Feuerbach, §310; Marezoll, a. a. O. S. 451 f.; Bopp bei Weiske, I I S. 20 fï.; Berner, 3. Aufl. § 153 S. 303; Lueder, a. a. O. S. 4 ff. — Z u wenig w i r d dabei beachtet, daß dieser Gegensatz bis ins 19. Jahrhundert hinein noch w e i t schärfer darin zum Ausdruck kam, daß ein nicht unwesentlicher T e i l der Fälle der Sachzerstörung als crimen vis geahndet wurde. Dieser enge Zusammenhang zwischen dem Delikt der Sachbeschädigung u n d dem crimen vis t r i t t noch deutlich hervor i n den Ausführungen v o n D. Salchow, a.a.O. §285; Stelzer, a . a . O . §698 i n Verb, m i t §593; Martin, a.a.O. §168; Jenull, I I § 74 u n d Temme, Lb. § 255. So schreibt z. B. Salchow: „ . . . Die A r t u n d Weise, w i e die Beschädigung existent gemacht w i r d , ist gleichgültig, n u r muß dieselbe nicht durch Gewalt b e w i r k t werden. Denn i n diesem Falle ist ein crimen vis vorhanden". Z w a r stellen bereits andere — z. B. Abegg, a. a. O. §§ 188, 189 — die Richtung dieses Delikts als Angriff gegen die Willensbestimmung einer Person heraus, doch die grundsätzliche Klarstellung bringen erst die Aufsätze von Wächter, NArchCrim. X I S. 635 ff., X I I S. 341 ff.; X I I I S. 1 ff., 195 ff., 374 ff.; dazu auch Köstlin, Abhandlungen § 31 S. 417 ff.; John, ArchCrim. N. F. 1854 S. 60 ff., 92 ff. 272 Vgl. dazu Köstlin, Abhandlungen § 13 S. 180. 273 Eingehend dazu Lueder, a. a. O. S. 136 f. 274 Vgl. Motive, a. a. O. S. 74.

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

gewinn allgemein (z.B. §§253,263 StGB) und Bereicherung durch Zueignung (§§242,246 StGB). Die Sachbeschädigung kann i n diesem Rahmen nicht als subsidiärer Auffangtatbestand neben den Bereicherungsdelikten angesehen werden 2 7 5 , sondern stellt ein selbständiges Delikt dar 2 7 6 . Unproblematisch ist demnach die Entscheidung von Fällen der Zerstörung, Beschädigung oder bloßen Entziehung einer Sache, ohne daß es zur Begründung eines umfassenden Herrschaftsverhältnisses durch den Täter kommt. Der Tatbestand eines Vermögensverschiebungsdeliktes liegt nicht vor. Das Ergebnis kann sich aber auch nicht ändern, wenn der Täter zunächst umfassende Herrschaftsgewalt über die Sache begründet, jedoch von vornherein die Absicht hat, die Sache zu vernichten oder wegzuwerfen, weil es i h m nur darum geht, dem Eigentümer die Sachherrschaft zu entziehen. Es wäre „widersinnig, wenn derjenige, der die Sache zerstört, ohne sie vorher wegzunehmen, wegen Sachbeschädigung, derjenige, der sie wegnimmt, u m sie sofort zu zerstören, wegen Diebstahls gestraft w i r d " 2 7 7 . Damit erweist die Zueignungsproblematik, die insofern Bereicherungsproblematik ist, als Zueignung nur die Bereicherung durch umfassende Sachherrschaft über eine Sache ist, daß Bereicherung zwar durch Erweiterung der Herrschaftsmacht einer Person über Vermögensgüter gekennzeichnet ist, jedoch darüber hinaus ein weiteres Begriffsmerkmal aufweist, das die Bereicherung gegenüber anderen Vergrößerungen der Herrschaftsmacht über Vermögensgüter gerade als Bereicherung charakterisiert. Dieses Begriffsmerkmal, auf das es entscheidend bei der Abgrenzung der Bereicherung von der bloßen durch Gewinnstreben motivierten Vermögensentziehung ankommt, und das damit z.B. erst die klare 275 I m gemeinen Recht betonte die Lehre zwar i n der Regel, daß es sich bei der Sach- bzw. Vermögensbeschädigimg u m ein subsidiäres D e l i k t handele, dessen Anwendbarkeit es voraussetze, daß speziellere Delikte gegen das V e r mögen, w i e z.B. Diebstahl, Raub, Betrug nicht vorliegen; dennoch wäre es verfehlt anzunehmen, dieses D e l i k t sei als subsidiäres D e l i k t i m heute ü b l i chen Sinne angesehen worden. Das Gemeinte formuliert D. Salchow am treffendsten — a. a. O. § 285 — : „ . . .Denn wo dies der F a l l ist (seil, ein anderes schwereres Verbrechen, w i e z. B. Diebstahl oder Raub vorliegt), da k a n n das damnum i n j u r i a d a t u m nicht als ein f ü r sich bestehendes vollbrachtes V e r brechen betrachtet werden, sondern ist vielmehr als Versuch zur Realisierung eines besonderen Verbrechens anzusehen." A u f diesen Versuch sind sodann die Grundsätze des versuchten konkreten Verbrechens anzuwenden; vgl. dazu auch Klein, a . a . O . §480; Grolmann, a . a . O . §211; Tittmann, Hdb. I I §514; Reibnitz, a. a. O. § 512; Henke, I I § 140; J. C. Salchow, Lb. § 402; Bauer, a. a. O. §263; Haeberlin, I V §182; Abegg, a . a . O . §§379, 381; Köstlin, Abhandlungen § 13 S. 178; Berner, 3. Aufl. § 153; Lueder, a. a. O. S. 42 ff. 278 Heute unstreitig; vgl. i m einzelnen Sauer, B. T. S. 304 ff. 277 Hälschner, I I S. 300.

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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Abgrenzung von Sachbeschädigung und Diebstahl i n Grenzfällen ermöglicht, gilt es zu erfassen. Die Bestimmung der Zueignung als Bereicherung durch umfassende Sachherrschaft über eine Sache ist noch zu ungenau, sie ist zu präzisieren, die einzelnen Merkmale des Zueignungsbegriffs sind weiter zu erhellen. 2. Die Zueignung

I n der Inhaltsbestimmung des Begriffes der Zueignung stehen sich bekanntlich drei verschiedene Meinungen gegenüber: Die Sachsubstanztheorie (Substanztheorie) 278 , die Sachwerttheorie 279 und die sogenannte Vereinigungstheorie 280 . Weder kann aber die Definition des Zueignungsbegriffes aus einer unvoreingenommenen, kritischen Erörterung der verschiedenen Ansichten entwickelt, noch kann die Inhaltsbestimmung einer dieser Lehren kritiklos übernommen werden. I m Rahmen der Entfaltung des Vermögensbegriffes und des Begriffes der Vermögensentziehung sind bereits Prämissen gesetzt worden, die bei der Bestimmung des Inhalts des Begriffes der Zueignung beachtet werden müssen, soll die Untersuchung nicht i n sich widersprüchlich werden: 278 Vgl. RGSt. 9 S. 384, 10 S. 370 f., 12 S. 89, 22 S. 3, 29 S. 417; R M G 3 S. 287, 8 S. 153; — zur Rechtsprechung vgl. auch Paulus, a. a. O. S. 77 ff.; — Androulakis, JuS 1968 S. 410; Beling, Grundzüge S. 84; Berner, 18. Aufl. S. 553; Binding, Lb. I S. 267 ff.; Birkmeyer, Encyklopädie S. 1174; Finger, GS 78 S. 407; Rosemarie Frank, a . a . O . S. 69; Gerland, a . a . O . S. 574, S. 575 A n m . 5; Harlandt, a . a . O . S. 43; Hegler, ARWPh. I X S. 278ff.; R. v. Hippel, Lb. S. 239; W. v. Hippel, a.a.O. S. 28; Hopfner, a . a . O . S. 124; Lieder, a . a . O . S. 81; ν . Liszt-Schmidt, a . a . O . S. 617f.; Maschke, a . a . O . S.205ff.; Maurach, B . T . 5. 208 ff.; Merkel, H H I I I S. 648; Meyer-Allfeld, a. a. O. S. 436; Nagler, L K I I 6./7. Aufl. Vorb. I I I 1 v o r §242; Jagusch, L K I I Vorb. D I v o r §242; Nitschke, a . a . O . S. 71; Oppenhoff-Delius, a . a . O . §242 A n m . 41; Rabe, a . a . O . S. 92ff.; Rönnberg, Recht 1906 Sp. 1416; Rotering, GS 36 S. 521 f.; Roxin, Täterschaft S. 341 ff.; Rudolphi, G A 1965 S. 38; Schappei, a. a. O. S. 67; R. Schmidt, G r u n d riß S. 233; Schütze, a. a. O. S. 429 ff.; von Schwarze, StGB § 242 A n m . 14; Ulimann, a. a. O. S. 66; Villnow, a. a. O. S. 16; Wachenfeld, Lb. S. 374; Welzel, Lb. S. 341 ; — eingehender Überblick bei Paulus, a. a. O. S. 40 ff. ; Lieder, a. a. O. S. 5 ff. u n d Rapp, a. a. O. S. 26. 279 RGSt. 40 S. 12 f., 47 S. 149, 57 S. 168; — zur Rechtsprechung vgl. Paulus, a. a. O. S. 77 ff. — H. J. Bruns, Befreiimg S. 210 f.; Frank, StGB § 242 A n m . V I I 2 a; Gleispach, a.a.O. S. 17, 34; Harburger, a.a.O. S. 210 ff.; Hering, a . a . O . S. 5; Kohlrausch, H d R I I S. 45; Krebs, a. a. O. S. 25 ff.; Lampe, G A 1966 S. 241; Moiderings, a. a. O. S. 31 ; Niethammer, Lb. S. 234 f. ; Noetzel, a. a. O. S. 4 f. ; Olshausen-Kirchner, 12. Aufl. § 242 A n m . 25 a; Pradzynski, a. a. O. S. 52; Rilk, J W 1935 S. 3388; Saerbeck, a . a . O . S.43ff.; Sauer, Diebstahl S.38ff., 73f.; ders., G A 63 S. 288 f.; Tänzler, a. a. O. S. 35; Zimmer, a. a. O. S. 108. — Überblick bei Lieder, a. a. O. S. 8 ff., Paulus, a. a. O. S. 62 ff., Rapp, a. a. O. S. 42. 280 RGSt. 55 S. 60, 61 S. 233, 67 S. 335; R M G 15 S. 301; BGHSt. 4 S. 238,17 S. 92; B a y O b L G G A 1958 S. 370; O L G München JW 1938 S. 2348; O L G Bremen M D R 1948 S. 261; O L G Celle JR 1967 S. 390; — eingehend dazu Paulus, a. a. O. S. 74, 77 ff. — Baumann, N J W 1964 S. 706; Becker, a. a. O. S. 67; Blümel, a. a. O. S. 27;

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

aa) Als wesentliches Element der Zueignung w u r d e n Enteignung des Berechtigten, d. h. Entsetzung des Berechtigten aus seiner realen Herrschaftsposition u n d Aneignung seitens des Täters, d. h. Herstellung eines H e r r schafts Verhältnisses durch den Täter, das tatsächlich dem des Berechtigten entspricht, anerkannt 281 . bb) Zueignung wurde definiert als Bereicherung durch Begründung u m fassender Herrschaftsmacht über eine fremde Sache 282 , doch wurde festgestellt, daß der Begriff der Zueignung sich nicht i n dieser formalen K e n n zeichnung erschöpft. — Die extrem objektiv-formalistische Auffassung der Sachsubstanztheorie w u r d e abgelehnt 2 8 3 . cc) Als unwesentlich erwies sich die Erlangung eines geldlichen Vorteils durch die Zueignung oder durch eine sonstige Bereicherung. — Der sogenannten Vermögensdeliktstheorie i m Rahmen der Eigentumsdelikte 2 8 4 konnte daher gleichfalls nicht gefolgt werden 2 8 5 . dd) Gezeigt wurde, daß die Wegnahme i n Zueignungsabsicht eine Wegnahme durch Zueignung darstellt 2 8 6 . — Damit aber ist entweder grundsätzlich f ü r die Sachsubstanztheorie Stellung bezogen, „denn das, was weggenommen w i r d , ist i m m e r n u r die Sachsubstanz" 287 , oder aber es werden zwei v e r schiedene Zueignungsbegriffe nebeneinander vertreten. D i e Frage, ob m e h r e r e B e g r i f f s i n h a l t e d e n B e g r i f f der Z u e i g n u n g ausf ü l l e n , ist zunächst z u k l ä r e n . E r w e i s e n sich m e h r e r e Z u e i g n u n g s b e g r i f f e als sachlich r i c h t i g , so w ü r d e das bedeuten, daß Sachsubstanz- u n d S a c h w e r t t h e o r i e n u r T e i l a s p e k t e der Z u e i g n u n g erfassen u n d die F ü l l e des Zueignungsbegriffes erst i n d e m Sachsubstanz- u n d S a c h w e r t z u e i g n u n g g e m e i n s a m e n O b e r b e g r i f f e n t h a l t e n ist. D e r I n h a l t dieses O b e r begriffes w ä r e z u u m r e i ß e n , z u m i n d e s t m ü ß t e das t e r t i u m c o m p a r a t i o n i s , d . h . jenes b e i d e n U n t e r b e g r i f f e n gemeinsame w e s e n t l i c h e M e r k m a l h e r a u s g e s t e l l t w e r d e n . E i n „ Ü b e r b e g r i f f ohne eigene W e s e n h e i t " ist als konstruktive Lösung indiskutabel u n d wäre n u r ein weiterer Beweis für eine pädagogisch v i e l l e i c h t b r a u c h b a r e B i l d a n a l o g i e , die jedoch d e n

Dalcke-Schäfer, a. a. O. § 242 A n m . 7 a; Eser, JuS 1964 S. 479; Feldhaus, a. a. O. S. 22; Feldscher, a. a. O. S. 45; Fulst, a. a. O. S. 24; Gribbohm, JuS 1963 S. 106; ders., N J W 1968 S. 241; Kohlrausch-Lange, StGB §242 A n m . I I I 2 b ; Lackner Maassen, a . a . O . §242 A n m . 5 b; Metz, a.a.O. S. 21; Mezger-Blei, Stub. I I S. 132 ; Ollendorf, a. a. O . S . 31; Paulus, a.a.O. S. 220; Rapp, a . a . O . S. 67; Schaff stein, GS 103 S. 310; ders., G A 1964 S. 101; Schneider-Frey ermuth, a. a. O. S. 91,100; Schönke-Schröder, StGB § 242 Rn. 45; Schwarz-Dreher, a. a. O. §242 A n m . 3 A ; der eigenen Einordnung nach auch: Bockelmann, ZStW 65 (1953) S. 574 ff. u n d Wessels, N J W 1965 S. 1156 f.; ders., J Z 1965 S. 633 f. 281 Vgl. oben S. 108 ff. 282 Vgl. oben S. 166 ff. 283 Vgl. oben S. 162 ff. 284 Vgl. von Bar bei Bödiker, I V S. 16 ff.; Dickel, a.a.O., S. 55 ff.; Doerr, Objekt S. 16 ff., 155; Hälschner, I I S. 296 ff.; John, ZStW 1 (1881) S.260f.; von Lilienthal, ZStW 32 (1911) S. 15 ff.; von Pradzynski, a . a . O . S. 52; neuerdings wiederum Baumann, N J W 1964 S. 706 f. 285 Vgl. oben S. 99 ff. 286 Vgl. oben S. 126 f. 287 Bockelmann, ZStW 65 (1953) S. 574.

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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Blick für eine überzeugende Problemlösung durch unangemessene Assoziationen trübte 2 8 8 . a) Ausgangsposition Die i m Gange der Untersuchung bereits vorgezeichnete Auffassung vom Inhalt des Zueignungsbegriffes stimmt m i t der fast einhelligen Meinung i m Strafrecht darin überein, daß die Zueignung durch die Entziehung einer Sache aus fremder Herrschaftsmacht — Enteignung — und Begründung einer neuen Herrschaftsposition über die Sache — Aneignung — gekennzeichnet wird 2 8 9 . Ohne auf Widerspruch zu stoßen, kann weiter davon ausgegangen werden, daß Zueignung als Überführung einer fremden Sache i n das eigene Vermögen zu definieren ist. Könnte nun den Anhängern der Sachwerttheorie, die den Sachwert grundsätzlich subjektiv bestimmten, darin beigepflichtet werden, daß Zueignung Erlangung des Wertes der Sache bedeutet, so gäbe es von der Seite der Begriffsbildung her kaum Schwierigkeiten. Unterklassen der Sachwertzueignung wären: 1. die Substanzzueignung der Sache, denn „ u m Wertzueignung handelt es sich natürlich und erst recht auch dort, wo der Täter sogar die Substanz der Sache haben und behalten w i l l " 2 9 0 ; 2. die bloße Wertzueignung, die dadurch gekennzeichnet ist, daß der Täter sich den Sachwert verschafft, während er die Sache selbst dem Berechtigten entweder zurückgibt, ohne daß sie durch die Wertentziehung „ i m Verkehrssinn eine andere Sache geworden ist" 2 9 1 , oder daß der Täter gar nicht erst umfassende Herrschaftsmacht über die Sache selbst begründet hat 2 9 2 . Diese Begriffsbestimmung der Zueignung erweist sich jedoch als wenig sinnvoll. Es kann zwar nicht verkannt werden, daß ein Teil der gegen die Sachwerttheorie erhobenen Bedenken von dem hier eingenommenen Standpunkt aus nicht geeignet wäre, diese Theorie als untauglich zur Lösung von Zueignungsfällen zu erweisen: Warum sollte derjenige als Dieb bestraft werden, der ζ. B. eine „objektiv und für den Eigentümer und den Täter auch subjektiv wertlose Sache" wegnimmt? 288

Dazu Tammelo, a. a. O. S. 33. Z u r Auffassung Lampes — G A 1966 S. 231 ff. —, die darauf hinausläuft, die Zueignung bereits m i t der Enteignung des Berechtigten u n d der Erlangung irgendeines Vermögensvorteils, der i m Zusammenhang m i t der Enteignung steht, zu bejahen, vgl. oben S. 130 u n d unten S. 172 ff., 177 f. 290 Bockelmann, ZStW 65 (1953) S. 575; dazu auch Mezger-Blei, Stub. I I S. 132. 291 RGSt. 44 S. 337; eingehend zur Problematik des Identitätsverlustes einer Sache unten S. 178 ff. 292 Beispielhaft wäre hier der von Lampe — G A 1966 S. 230 — genannte F a l l : Der Täter w i r f t Sachen des Eigentümers an einer bestimmten Stelle aus dem Zug u n d veräußert diese an einen Dritten, der Zahlung gegen M i t t e i l u n g des Fundortes leistet. 289

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

Wenn der Eigentümer nicht einmal ein negatives Interesse am Haben der Sache hat, bedarf seine Sachherrschaft nicht des Schutzes des Diebstahlstatbestandes. Auch w i r d i m Falle des Fehlens jeglichen Interesses an der Sache auf Seiten des Täters nur eine Sachentziehung vorliegen, nicht aber eine Sachzueignung, und zwar nach allen Theorien. — Einen Strafrechtsschutz in Fällen der Wegnahme fremder Sachen bei Erstattung des Verkehrswertes, der Wegnahme von Sachen m i t bloßem Affektionswert und der Wegnahme fremder Sachen zwecks Befriedigung wegen einer Forderung gegen den Eigentümer vermochte zwar die objektive Sachwerttheorie — Vermögenstheorie — nicht einleuchtend zu konstruieren. Die Vertreter einer subjektiven Wertlehre i m Rahmen der Sachwerttheorie können i n diesen Konstellationen jedoch durchaus überzeugend den gewünschten Strafrechtsschutz dort begründen, wo sie i h n für notwendig und sinnvoll halten 2 9 3 . Gleichfalls bereitet die Zuwendung einer fremden Sache an einen Dritten, ohne daß eine Schenkung vorliegt, der Sachwerttheorie kaum unüberwindliche Schwierigkeiten. Wer die Realisierung des Sachwertes bei einer Weitergabe der Sache i m Kaufpreis, i n dem ersparten Geldaufwand für den Kauf eines Geschenkes oder allgemein i n der Erlangung des Geldwertes der Sache sieht, muß eine Zueignung ablehnen 294 . Wertet man hingegen als Gewinn des Sachwertes auch die Nutzung der Sache durch eigenmächtigen Gebrauch unter endgültigem Ausschluß des Eigentümers, so bedeutet die Erlangung der Herrschaftsposition, die eine Verwendung der Sache gemäß den eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen des Täters ermöglicht, einen Wertgewinn und damit eine Zueignung 295 . Inkonsequent hingegen w i r d die Sachwerttheorie bei der Zueignung von Teilsachwerten. Wer es als Vorzug ansieht, i m Falle der Wegnahme eines Sparkassenbuches, das nach der Abhebung eines Teilbetrages dem Eigentümer zurückgegeben werden soll, wegen Diebstahls des Buches zu strafen, w e i l der Täter beabsichtige, sich den Sachwert des Buches i n Höhe dieses Teilbetrages zuzueignen 296 , kann der Konsequenz nicht ausweichen, jede Gebrauchsentwendung einer Sache, die m i t einer wertmindernden Abnutzung verbunden ist — der Täter fährt mit dem frem293

Vgl. ζ. B. Frank, StGB § 242 A n m . V I I 2a/?; Sauer, Diebstahl S. 42 ff. So v o m Standpunkt der Sachwerttheorie her: Gleispach, a . a . O . S. 18; Krebs, a. a. O. S. 69; Paulus, a. a. O. S. 73; Saerbeck, a. a. O. S. 66. 295 Vgl. RG J W 1934 S. 1657; Frank, StGB § 242 A n m . V I I 2a/?; Sauer, G A 63 S. 286; Schaff stein, J W 1931 S. 2133 m i t weiteren Nachweisen. 296 So ausdrücklich RGSt. 39 S. 242 f.; i m übrigen v o m Standpunkt der Sachwerttheorie aus: 29 S. 418; R M G 15 S. 250; BGHSt. 8 S. 276; Frank, StGB §242 A n m . V I I 2 a γ; Gleispach, a . a . O . S. 34 f.; Harburger, a . a . O . S. 190 A n m . 6; Kohlrausch-Lange, StGB § 242 A n m . I I I 2 b; Lackner-Maassen, a. a. O. §242 A n m . 5 b, aa; Lampe, G A 1966 S. 238; Mezger-Blei, Stub. I I S. 133; Olshausen-Kirchner, 12. Aufl. § 242 A n m . 25 e; Saerbeck, a. a. O. S. 59; Sauer, Diebstahl S. 83 f. ; ders., G A 63 S. 296 f.; Schönke-Schröder, StGB §242 Rn. 48; Schwarz-Dreher y a. a. O. § 242 A n m . 3 A a. 294

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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den Kraftfahrzeug i n acht Tagen 10 000 k m —, gleichfalls als Diebstahl zu interpretieren. Als vertretbares Abgrenzungskriterium zum furtum usus bietet sich zwar die Wesentlichkeit oder Erheblichkeit der Abnutzung und damit der Minderung des Sachwertes an, jedoch i m Gesetz gibt es keinerlei Anhaltspunkte für diese Kriterien, und auch Versuche i n Lehre und Rechtsprechung, derartige Unterschiede herauszuarbeiten, vermögen nicht gerade zu überzeugen 297 . W i r d allerdings als wesentlich jene Abnutzung angesehen, die bei wertender Betrachtungweise durch die Sozietät zu der Entscheidung führt, auf Grund dieser Benutzung sei die Sache nicht mehr als dieselbe anzusehen, so bedarf es der besonderen Heranziehung des Sachwertes überhaupt nicht. Dieses zeigt sich bereits daran, daß sowohl Anhänger der Sachwerttheorie 298 als auch Vertreter der Sachsubstanz- 299 und der Vereinigungstheorie 300 eine Zueignung dann bejahen, wenn der Gebrauch zu einem Verbrauch der Sache geführt hat derart, daß „die Sache i m Verkehrssinne eine andere geworden ist". Ließe sich demgemäß der Anwendungsbereich der Sachwerttheorie auf die Fälle des Verbrauchs einer Sache oder des i n ihr verkörperten Wertes i n der Weise, daß die Sache i n der Sozietät als verbraucht anzusehen ist, einengen, so wäre die Problematik auf die Frage reduziert, wann ein Gebrauch einer Sache einen Verbrauch dieser Sache darstellt, und wie Gebrauch und Verbrauch voneinander abzugrenzen sind. I n der Entscheidung von Einzelfällen — liegt i n der Abhebung eines Teilbetrages von einem Sparkassenbuch bereits ein Verbrauch dieses Buches; ist das zu Schrott gefahrene Kraftfahrzeug bei wertender Betrachtungsweise noch identisch m i t dem weggenommenen Auto? — könnten auf Grund verschiedener Wertungen Differenzen auftauchen. I n methodischen Unterschieden müßten diese grundsätzlich aber nicht begründet sein. Gerade weil auch die Sachsubstanztheorie keineswegs unabhängig von Wertgesichtspunkten sein kann, denn auch sie erkennt an, daß es dem Täter bei der Zueignung u m die Verschaffung eines bestimmten Wertes geht, nämlich jenes Wertes, den das Haben der Sache darstellt, der i n der Sache verkörpert ist, wären die Unterschiede zwischen Sachwert- und Sachsubstanztheorie i m wesentlichen beseitigt. 297 Vgl. die Formulierungen bei Maurach, B. T. S. 266 f.; Schönke-Schröder, StGB §242 Rn. 53; Wessels, N J W 1965 S. 1157; ders., JZ 1965 S. 634. — O L G Hamm, JMB1.NRW 1962 S. 110: Bejahung der Zueignung, w e n n es sich u m eine „nicht ganz unbeträchtliche Minderung der Substanz oder des Wertes" handelt; dagegen Rudolphi, G A 1965 S.48 u n d eingehend Paulus, a . a . O . S. 109 f. 298 z.B. Frank, StGB §242 A n m . V I I 2 a; Niethammer, Lb. S. 235; Sauer, Diebstahl S. 83 f. 299 z.B. Hartmann, G A 40 S.262; Höpfner, a . a . O . S. 22; Jagusch, L K I I Vorb. D V 2 a bb v o r § 242. 800 z . B . Schönke-Schröder, StGB §242 Rn. 53; Paulus, a . a . O . S. 109f.; Schwarz-Dreher, a. a. O. § 246 A n m . 2 Bc.

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

Es wäre erwiesen, „daß die Werttheorie i n Wahrheit gar nicht zu einer Doppelung des Zueignungsbegriffes führt. Denn u m Wertzueignung handelt es sich natürlich und erst recht auch dort, wo der Täter sogar die Substanz der Sache haben und behalten w i l l . Dies gilt selbst dann, wenn die Sache einen über ihre stoffliche Qualität hinausweisenden Wert nicht hat. Denn dann ist es eben jene Qualität, die ihren Wert ausmacht, und diesen Wert gewinnt, wer sich die Substanz aneignet" 301 . Von diesem Standpunkt aus sind zwar wesentliche Unterschiede zwischen der streng formalen Substanztheorie — Zueignung ist Begründung umfassender Sachherrschaft über die Sache — und der objektiv angelegten Sachwerttheorie — Objekt der Zueignung kann nur eine Sache m i t Geldwert sein — festzustellen. Darüber hinaus sind es nur Nuancierungen und individuelle Betonungen, die den verschiedenen Auffassungen über den Inhalt des Zueignungsbegriffes zugrunde liegen. — Die Analyse des Zueignungsbegriffes unter Absehen von diesen Feinheiten müßte die Bestimmung der wesentlichen Merkmale dieses Begriffes ohne weiteres ermöglichen. Leider kann aber der Streit zwischen Sachsubstanz- und Sachwerttheorie nicht auf diesen engen Raum beschränkt werden. Nicht die Änderung der Identität einer Sache bei wertender Betrachtungsweise w i r d gemeinhin als K r i t e r i u m der Sachentziehung i m Rahmen der Sachwertzueignung i m Gegensatz zur bloßen Gebrauchsanmaßung genannt, sondern der Verlust „zumindest eines Teiles des i n der Sache verkörperten Wertes" 3 0 2 . Damit jedoch werden die Grenzen zum bloßen furtum usus verwischt: Z u einem gewissen Maß an Wertentziehung führen die meisten Arten des Gebrauchs einer Sache. Das hat bereits Merkel 303 herausgestellt. — Auch handelt es sich bei dieser A r t der Abgrenzung nicht bloß u m eine unscharfe Formulierung, sondern um den Ausdruck des grundsätzlichen Anliegens der Sachwerttheorie, von der Sachzueignung fort zur Wertzueignung zu gelangen und i n dieser das Objekt der Zueignung zu sehen, auch wenn die Wertzueignung noch lose m i t einer Sache verknüpft bleiben soll. Diese Tendenz — und damit w i r d der Unterschied zur Sachsubstanztheorie offensichtlich — t r i t t eindeutig hervor, wenn die Anhänger der Sachwerttheorie den i n der Sache verkörperten Wert bereits in dem wirklichen oder potentiellen Kaufpreis der Sache sehen und damit als Objekt der Zueignung einen Gegenstand fixieren, der erst durch Manipulation m i t der z.B. weggenommenen Sache erlangt werden kann 3 0 4 . Von diesem Ausgangspunkt her ist es folgerichtig, den 301

Bockelmann, ZStW 65 (1953) S. 575—576. Dazu Eser, JuS 1964 S.481; darüber hinaus die oben S. 171 A n m . 297 Genannten. 303 H H I I I S . 651. 304 Dagegen ausdrücklich v o m Standpunkt der Vereinigungstheorie her Schröder, JR 1965 S. 27; ders., Schönke-Schröder, StGB § 242 Rn. 47. 302

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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Diebstahl zu definieren als Wegnahme einer Sache i n der Absicht, sich diese — u. U. auch erst später — zuzueignen, denn erst die Veräußerung einer ζ. B. gestohlenen Sache wäre konsequenterweise der Zueignungsakt i n bezug auf diese Sache, wenn sie weggenommen wurde i n der Absicht, durch ihre Veräußerung Geld zu erlangen. Zueignung und Verwertung werden gleichgesetzt. Gegen die damit erreichte Umdeutung der als Aneignungsdelikte gegen fremde Sachherrschaft gerichteten Zueignungsverbrechen i n Straftaten der rechtswidrigen Verschaffung von Vermögenswerten, nicht gegen die Verwendung von Wertgesichtspunkten überhaupt, muß sich die K r i t i k an der Sachwerttheorie wenden. Hat man nämlich dieser weiten Inhaltsbestimmung des Zueignungsbegriffes einmal Raum gegeben, erscheint es keineswegs als absurd, die Zueignung einer Sache auch dann zu bejahen, wenn der Täter noch kein Herrschaftsverhältnis über das unmittelbare Zueignungsobjekt begründet hat. Zutreffend ist dann ζ. B. die Annahme der vollendeten Zueignung der fremden Sache, die der Täter aus dem fahrenden Zug geworfen hat, wenn er diese Sachen an einen Dritten veräußert, der sie an dem Orte des Hinauswurfs abholen soll 305 . Ob die Sachen inzwischen von einer anderen Person weggeholt worden sind oder ob der Käufer sie aus anderem Grunde gar nicht erst findet, ist für die Zueignung gleichgültig. Ganz allgemein wäre die Vollendung der Zueignung unabhängig von der Begründung eines Sachherrschaftsverhältnisses über die Sache, deren Wert sich der Täter verschaffen w i l l . Vollendete Zueignung müßte konsequenterweise auch dann bejaht werden, wenn der Täter den Wert der Sache —· Kaufpreis — bereits vor der Wegnahme erlangt. Veräußert der Täter ζ. B. auf einem Viehmarkt einen i n seiner Nähe angebundenen Ochsen und streicht den Kaufpreis ein, so hätte er sich den Ochsen dem Sachwerte nach zugeeignet, auch wenn es dem „Erwerber" nicht einmal gelingt, den Strick, m i t dem das Tier angebunden ist, anzufassen, weil der nur wenige Meter entfernt stehende Eigentümer dies verhindert 3 0 8 . Es sei dahingestellt, ob alle Anhänger der Sachwerttheorie diese Konsequenzen ziehen wollen. Sie sind jedoch unausweichlich, wenn man einmal so weit gegangen ist, den Sachwert nicht mehr i n dem i n der Sache selbst unmittelbar verkörperten Wert zu sehen, sondern i n einem Wert, der auf Grund von Manipulationen m i t der Sache erlangt werden kann. Die Folgerung Lampes, i m Tatbestand des Diebstahls die Begründung neuen Gewahrsams lediglich als Absicht, neuen Gewahrsam zu 305

So Lampe, G A 1966 S. 230. Als klassisches Beispiel einer vollendeten Zueignung, w e n n auch einer unbeweglichen Sache, wäre die schon i m römischen Recht — allerdings i n anderem Zusammenhang — v i e l zitierte Veräußerung des Capitols durch einen Spaßvogel an einen Fremden zu nennen. 306

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

begründen, aufzufassen, ist jedenfalls von diesem Standpunkt her verständlich, obwohl nicht — auch nicht de lege ferenda — einzusehen ist, warum es überhaupt auf die Begründung neuen Gewahrsams an der entzogenen Sache ankommen soll, wenn die Zueignung zuvor schon vollendet ist. Aber auch ganz andere streitige Fallgruppen finden vom Boden einer konsequent zu Ende gedachten Sachwerttheorie ihre eindeutige, wenn auch nicht befriedigende Lösung: I n den Fällen der Kenntnisnahme von Unterlagen, i n denen Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, Architektenpläne für einen Wettbewerb, Angebote für einen ausgeschriebenen Auftrag oder Modellzeichnungen eines Modeschöpfers enthalten sind, erscheint der Schluß geradezu zwingend, daß i n der Kenntnisnahme der fremden Geheimnisse eine vollendete Zueignung des Wertes dieser Dokumente und damit nach der Sachwerttheorie eine vollendete Zueignung dieser Dokumente liegt. Ohne Zweifel w i r d der wirtschaftliche Wert dieser Objekte durch die auf ihnen verzeichneten Geheimnisse bestimmt. M i t Kenntnisnahme durch Dritte verliert das Geheimnis und damit der das Geheimnis verkörpernde Gegenstand für den Berechtigten zumindest einen Teilwert, den sich der Täter anmaßt 307 . Damit ist die Grenze vom Sachverschaffungsdelikt durch Zueignung zum allgemeinen Wertverschaffungsdelikt endgültig beseitigt. Nicht mehr die ergriffene Sache ist das Objekt, das des Täters Leidenschaft entflammt, sondern die Aussicht auf einen Gewinn, unabhängig vom tatsächlichen Haben der Sache. M i t dem Hinweis darauf, daß die „Beziehung zur Sache selbst i n irgendeiner Form bestehen bleiben muß" 3 0 8 , können diese Konsequenzen nicht umgangen werden. Eine Beziehung zur Sache selbst ist stets vorhanden, wenn der Täter die Sache gebrauchen oder verbrauchen w i l l . Sie liegt vor, wenn der Täter sich m i t einem zeitweilig „entliehenen" fremden Ausweis ein Darlehen verschafft unter der Vorspiegelung, er sei die i m Ausweis bezeichnete Person. Die Beziehung ist aber auch vorhanden, wenn der Täter von einem fremden Sparbuch eine Teilsumme abhebt. Und selbst i n den Fällen der Zueignung einer Sache, über die der Täter keine Herrschaftsmacht innehat, liegt eine Wertbeziehung zur Sache selbst vor, denn der Käufer leistet schließlich nur Zahlung, w e i l die Sache Vertragsgegenstand ist. Selbst bei der Nutzung der fremden Sache zur Täuschung des Eigentümers über einen 307 Konsequent bejahen daher eine Zueignung Kohlrausch, ZStW 50 (1930) S. 38; Stoltenberg, a.a.O. S. 63; dazu: Eb. Schmidt, Verhandlungen I S. 163; Lieder, a. a. O. S. 109 ff. 308 v g l . dazu i n der Auseinandersetzung m i t Mezger: Bockelmann, ZStW 65 (1953) S. 575.

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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Anspruch, den dieser gegen den Täter hat, ist die Beziehung zur Sache gegeben und damit die Möglichkeit einer Zueignung 3 0 0 . Auch der Ausweg, die Wertzueignung auf jenen Wert, der „nach A r t und Funktion der Sache bestimmungsgemäß m i t ihr verknüpft ist" 3 1 0 oder auf ihren „Zwecknutzen" 3 1 1 zu beschränken, führt nur scheinbar weiter. Bestimmungsgemäß m i t der Sache verknüpft ist letztlich jeder Wert, der sich aus dem Haben der Sache ziehen läßt. Eine Beschränkung auf den Wert, der aus der sogenannten bestimmungsgemäßen Verwendung der Sache herrührt, ist indiskutabel, denn sie müßte letztlich dazu führen, verschrobene Gemüter i m Falle der Wegnahme einer fremden Sache von der Strafe des Diebstahls freizustellen. Derartiges w i r d daher m i t Recht heute nicht mehr erörtert, so daß es ζ. B. gleichgültig ist, ob jemand ein fremdes Klavier wegnimmt, u m auf diesem zu spielen oder um darin einen Kaninchenstall einzurichten. Die Heranziehung des Sachzwecknutzens hingegen überzeugt, soweit dieser i m Haben der Sache selbst oder i n jenem Wertgewinn aus der Substanz der Sache, durch welchen die Sache i m Verkehrssinn eine andere wird, gesehen wird. Hierfür bedürfte es allerdings — wie noch zu zeigen ist — gar nicht der Sachwerttheorie. Soweit aber der Zwecknutzen i n der Erlangung des Wertes der Sache erblickt wird, den der Täter von einem Dritten oder von dem Eigentümer selbst auf Grund eines Geschäftes m i t der Sache erlangt, ist die Beschränkung auf den angeblichen „Zwecknutzen" nur eine scheinbare Einengung der Sachwerttheorie. Dieser Schritt bedeutet 309 N u r von diesem Ausgangspunkt ist die Bejahnung einer Zueignung i n Fällen der sogenannten Entwendung v o n Dienstgegenständen einleuchtend: vgl. dazu O L G F r a n k f u r t N J W 1962 S. 1879, m i t zust. A n m . Kohlhaas, N J W 1962 S. 1879; O L G H a m m N J W 1964 S. 1427; L G Aachen JMB1.NRW 1963 S.231; Wackerbauer, NZWehrR 1963 S.21 ff.; Paulus, a.a.O. S. 175f., die zur Bejahung einer Zueignung gelangen, obwohl der Täter über die Sache nicht einmal vorübergehend Eigenbesitz begründet hat, sondern sie stets n u r unter Anerkennung der Eigentümerherrschaft i n Besitz hatte, u n d dem Eigentümer der Zugriff auf die Sache stets möglich war. — Doch nicht alle Anhänger der Sachwerttheorie gehen so w e i t : vgl. BGHSt. 19 S. 387 f.; O L G Celle NdsRPfl. 1964 S. 230 f.; L G Hannover NZWehrR 1961 S. 131; Eser, JuS 1964 S. 477 ff.; Mezger-Blei, Stub. I I S. 137; Schwarz-Dreher, a . a . O . §242 A n m . 3 A b ; Pelchen, A n m . zu BGHSt. 19 S. 387 i n L M Nr. 37 zu § 242 m i t eingehendem Überblick über den Streitstand; Schönke-Schröder, StGB § 242 Rn. 49. — Ablehnend darüber hinaus auch: Küppers, NZWehrR 1964 S. 103 ff.; Lieder, a. a. O. S. 122 ff. m i t eingehenden Nachweisen zur älteren L i t e r a t u r auf S. 123 A n m . 4; Maurach, B . T . S.211; Rudolphi, G A 1965 S.33f.; Welzel, Lb. S.343; Wessels, J Z 1965 S. 631 ff.; P. Westermann, N J W 1962 S. 2216. — Die L i t e r a t u r vor 1945 u n d die Rechtsprechung des RG können heute nicht ohne Vorbehalt i n die Diskussion dieses Problems eingeführt werden; u n k l a r ist nämlich, ob das RG davon ausging, der Soldat werde Eigentümer der i h m überlassenen Dienstgegenstände; vgl. RG ZfWehrR 1936/37 S. 318, dazu Schwinge, M i l i t ä r s t r a f gesetzbuch S. 346 u n d O L G H a m m N J W 1964 S. 1429. 310 Eser, JuS 1964 S. 481. 311 Paulus, a.a.O. insbes. S. 162ff.; dazu auch Androulakis, JuS 1968 S. 412 f.

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sachlich Anerkennung der Sachwerttheorie i n vollem Umfang und Hinwendung zu einer allgemeinen Wertverschaffung gerade i m Gegensatz zur Sachzueignung 312 . Erst die Beschränkung der Wertgesichtspunkte i m Rahmen der Zueignung auf den „spezifischen Wert" der Sache, d. h. auf den i n ihr selbst unmittelbar verkörperten Wert, den das Haben dieser Sache i n der Sozietät darstellt, beseitigt die ins uferlose gehende Ausdehnung der Wertzueignung, führt jedoch die Wertverschaffung wieder i n jenen Rahmen zurück, den i h r die Sachsubstanztheorie von jeher zugestanden hat. Unabhängig von jeglicher Zueignungstheorie ist der Wert einer Sache nach heute einhelliger Auffassung keine objektive Eigenschaft dieser Sache und schon gar nicht der Handelswert der Substanz i m Sinne des Materials, aus dem die Sache hergestellt worden ist. Der Wert einer Sache ist relativ und bestimmt sich nach der Wertschätzung der Sache durch die Sozietät, wobei es an dieser Stelle dahinstehen kann, ob die Wertschätzung des individuellen Rechtssubjekts oder die der Rechtsgesellschaft allgemein oder die eines bestimmten Personenkreises maßgeblich ist 3 1 3 . Auch die Sachsubstanztheorie nimmt keine andere Einstellung zur Bestimmung des Wertes einer Sache ein. Sie geht insbesondere nicht davon aus, daß der Täter durch die Zueignung lediglich den Wert der Substanz erlangt, aus der die Sache gebildet ist. Insoweit ist der Name „Sachsubstanztheorie" zweifellos irreführend. Treffender wäre das Begriffspaar: Sachzueignung — Wertzueignung, denn der Hinweis auf die Sachsubstanz soll allein klarstellen, daß die Sache als solche, i m Gegensatz zu einem durch die Sache zu erlangenden Wert, Gegenstand der Zueignung ist. Unstreitig hat der Dieb eines 100-DM-Scheines sich nicht nur ein Papierstück i m Werte eines Bruchteils eines Pfennigs zugeeignet, sondern einen Wert von D M 100,—, und der Dieb eines wertvollen Gemäldes hat sich nicht nur eine m i t Farbe bekleckste Leinwand verschafft, sondern ein Objekt von hohem Wert. Wenn die Sache daher einen über ihren bloßen Substanzwert hinausgehenden Wert i n der Sozietät verkörpert, eignet der Täter sich diesen Wert auch nach der Sachsubstanztheorie zu, weil er sachlich überhaupt nicht von dem bloßen Substanzwert zu trennen ist. Wer sich eine Sache zueignet, die i n der Wertung der Sozietät einen über ihre stoffliche Qualität hinausgehenden Wert hat, hat sich diesen Wert zusammen m i t der Sache 312 Dieses w i r d i n den Ausführungen von Paulus besonders deutlich, a. a. O. S. 167 ff. 313 Vgl. dazu oben S. 56 ff. sowie i m einzelnen auch Weber-Albert-Kade, H d S W l l S . 637 ff.

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zugeeignet, „denn dann ist es eben jene Qualität, die ihren Wert ausmacht, und diesen Wert gewinnt, wer sich die Substanz zueignet" 314 . Die Trennung zwischen Sachwert, d. h. dem Wert, der durch Nutzung der Sache erst erlangt werden kann, und jenem i n der Sache unmittelbar verkörperten Wert ist — obwohl i n der Literatur immer wieder berührt — klar und eindeutig erst von Bockelmann durchgeführt worden 315 . Er führt aus, daß es bei der allgemeinen Bereicherung genüge, wenn der Täter überhaupt wohlhabender werden w i l l , während es bei der Bereicherung durch Zueignung erforderlich ist, daß der Täter gerade den i n der Sache steckenden Wert gewinnen w i l l : „Zueignung liegt nur dort vor, wo der Täter ein lucrum ex re erzielt, Bereicherung schon dort, wo i h m ein lucrum ex negotio cum re zufließt." Jenem m i t der Sache erlangten Gewinn ist demnach der m i t der Sache zu erlangende Gewinn gegenüberzustellen. b) Die Enteignung des Berechtigten Nach den soeben skizzierten Grundsätzen liegt i n der Tat eindeutig i n dem von Bockelmann genannten Fall der Wegnahme eines Ausweispapieres eines vermögenden Mannes keine Zueignung vor, wenn der Täter den Ausweis entwendet, um m i t seiner Hilfe die unrechtmäßige Auszahlung einer Geldsumme zu erreichen und dann das Papier zurückzugeben. Genausowenig liegt aber i n dem von Lampe gebildeten Fall der Veräußerung fremder Sachen, die der Täter dem Berechtigten zwar bereits entzogen, jedoch noch nicht i n eigene Herrschaftsmacht gebracht hat — und sei es auch nur als mittelbarer Täter —, eine Zueignung 316 . Den Kaufpreis hat der Täter i n sein Vermögen überführt, die Sache selbst bleibt jedoch bis zur Begründung neuer Herrschaftsmacht durch Inbesitznahme seitens des Täters, des Käufers oder sonst eines böswilligen Dritten i m Vermögen des Eigentümers. Es handelt sich — wie bei einer verlorenen Sache — um eine Sache, die zwar einen Eigentümer, zur Zeit aber keinen Besitzer hat. Sowohl bei der Erschleichung eines Geldbetrages m i t Hilfe eines fremden Ausweises, wie auch bei der Erlangung dieses Kaufpreises, realisiert der Täter nicht den i n der Sache verkörperten Wert, den er sich durch die Aneignung der Sache bereits verschafft hat, er setzt vielmehr die Sache selbst oder sogar nur sein 314

Bockelmann, ZStW 65 (1953) S. 575—576. ZStW 65 (1953) S. 575; dazu aber auch Eser, JuS 1964 S. 481; Mezger-Blei, Stub. I I S. 133; Schröder, JR 1965 S. 27; Schönke-Schröder, StGB § 242 Rn. 47. — 1820 formulierte allerdings schon Werner, Handbuch § 636: „ . . . Denn w e r den unerlaubten Diebgewinn nicht an der (Substanz der) Sache, sondern durch die Sache — vermittels der Sache — machen w i l l , begeht k e i n f u r t u m rei, sondern ein f u r t u m usus! 318 a. A . Lampe, G A 1966 S. 230. 315

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Wissen über ihren „Fundort" ein, um damit einen anderen Wert i n seine Herrschaftsmacht zu bekommen und sich u m diesen Wert zu bereichern. N u r dort aber, wo sich der Täter den i n der Sache selbst verkörperten Wert, d. h. notwendig die Sache selbst aneignet, w e i l sie einen Wert hat, kann von einer Zueignung der Sache gesprochen werden. A u f den Fall, daß der Täter sich nur einen Teil des i n der Sache verkörperten Wertes verschafft und die Sache selbst sodann dem Eigentümer zurückgeben w i l l , lassen sich diese Grundsätze nicht ohne weiteres übertragen. Es liegt weder ein gleicher noch überhaupt ein vergleichbarer Sachverhalt vor. Werden dennoch beide Fallgestaltungen i n einem Teilbereich gleichbehandelt, so ist für die unterschiedliche Wertung i n anderen Bereichen keine Rechtfertigung vorhanden. Die Abgrenzung des Diebstahls vom Gebrauchsdiebstahl muß i n letzter Konsequenz illusorisch werden, denn, wie bereits bemerkt, führen die meisten Arten des Gebrauchs einer Sache zu einer Wertminderung 3 1 7 . I m einzelnen gilt demgemäß: W i r d für den Fall der Teilwertverschaffung die Möglichkeit einer Zueignung der Sache abgelehnt, so scheint dieses für die Wegnahme eines Sparbuchs, das nach Abhebung eines Teilbetrages dem Berechtigten zurückgegeben werden soll, zu bedeuten, daß eine Zueignung des Buches nicht i n Frage kommen kann, w e i l i n jedem Falle nur eine Teilwertzueignung i n Betracht kommt. — A l l e i n dieser Schluß wäre voreilig. Wie bereits angedeutet, ist es für die Zueignung ohne Belang, ob der Täter dem Opfer die Substanz, aus der die Sache besteht, zurückgewähren w i l l oder nicht, auch wenn diese Substanz noch einen gewissen Wert hat. Unabhängig davon, ob es überhaupt ein sinnvolles K r i t e r i u m ist, Gebrauchsentwendung oder Zueignung danach abzugrenzen, daß die Sachentziehung bei der Zueignung auf dauernde Entsetzung des Sachherren aus seiner Herrschaftsposition gerichtet sein muß, während die Gebrauchsentwendung durch nur zeitweisen Herrschaftsentzug gekennzeichnet sein soll 3 1 8 , herrscht Einigkeit darüber, daß dem Opfer jedenfalls dieselbe Sache zurückgewährt werden muß, nicht aber eine andere Sache, gleichgültig, welchen Wert diese hat 3 1 9 . W i r d dem Opfer der 317

Vgl. auch Rudolphi, G A 1965 S. 34 f. Die Zurückweisung der K r i t i k Rudolphis durch Paulus, a. a. O. S. 164 A n m . 95 geht fehl. Die K r i t i k Rudolphis trifft zwar nicht Paulus selbst, w o h l aber die herrschende Auffassung von der Sachwerttheorie. 318 Dazu vgl. bereits Binding , Lb. I S. 264; i m übrigen vgl. Bockelmann, J Z 1959 S. 497; Eser, JuS 1964 S.479; Gallas, Niedersehr. 6 S. 101; KohlrauschLange, StGB §242 A n m . I I 2 b ; Paulus, a.a.O. S.44, 220; Saerbeck, a.a.O. S. 58; Schaffstein, G A 1964 S. 101; ders., GS 103 S. 294; Welzel, Lb. S. 342; Wessels, J Z 1965 S. 633; RGSt. 11 S. 18, 47 S. 149, 50 S. 255, 64 S. 260 — dagegen aber ζ. B. RGSt. 10 S. 371, 49 S. 406, 57 S. 199; dazu auch Lieder, a. a. O. S. 14. 319 Eine andere Stellungnahme, zumindest i n bestimmten Einzelfällen, deutet Gribbohm, N J W 1968 S. 241 an.

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Wegnahme später eine Sache zurückgegeben, die m i t der weggenommenen nicht identisch ist, so liegt i n keinem Fall nur ein Besitzentzug auf Zeit vor. I n der Entscheidung der Frage, ob eine Sache m i t sich selbst identisch ist, ist die Rechtswissenschaft aber nicht an eine naturwissenschaftliche Betrachtungsweise gebunden. Maßgeblich ist insoweit vielmehr die Verkehrsanschauung 320 . Unter Berücksichtigung der Anschauungen des Verkehrs liegt ein Verbrauch einer Sache jedoch nicht nur dann vor, wenn von der Sache selbst nichts mehr übrig ist, das auch nur i n etwa auf die Sache hindeutet — der Täter verspeist die weggenommenen Nahrungsmittel —, sondern auch dann, wenn das Überbleibsel zwar noch auf die ehemalige Sache hinweist, aber nicht nur als quantitativ geringere oder qualitativ schlechtere — das neue Kraftfahrzeug w i r d nach 20 000 k m Fahrt mit einem leichten Blechschaden wieder bei dem Eigentümer abgeliefert —, sondern als qualitativ andere Sache erscheint. I m Anschluß an das Reichsgericht 321 herrscht heute weitgehend Einigkeit darüber, daß eine Sache, die infolge des Gebrauchs ihre wirtschaftliche Bestimmung i m wesentlichen nicht mehr erfüllen kann, i m Verkehrssinne eine andere Sache geworden ist. K a n n daher ein körperlicher Gegenstand nach einem Gebrauch überhaupt nicht oder nur noch unbedeutend seiner wirtschaftlichen Bestimmung gemäß verwendet werden, so ist er nach wertender Betrachtungsweise nicht mehr derselbe. Er hat seine Identität verloren 3 2 2 . Bereits i m täglichen Sprachgebrauch kommt ein solcher Identitätswechsel treffend zum Ausdruck. Wenn ζ. B. ein Kraftfahrzeug nach der Rückstellung an den Eigentümer von der Sozietät nur noch als Schrotthaufen betrachtet wird, ist es gleichgültig, ob man noch erkennen kann, daß dieses Blechgestell ehemals ein Kraftfahrzeug gewesen ist — äußere Form noch erkennbar — oder aber, ob allein ein von der Schrottpresse geformter Metallquader übrig ist 3 2 3 . Gleiches gilt bei Wegnahme einer Festtagsrobe, die nach der Rückgabe nur noch als Putzlappen verwendet werden kann. „Wer die ausgebrannte Schlacke zurückgibt, hat auch die Kohle gestohlen." 324 Aber selbst wenn das äußere Erscheinungsbild bei der Rückgabe noch gleich ist und daher der Gegenstand als der nämliche bei natürlicher Betrachtungsweise erscheint, kann eine Identitätsänderung vorliegen, wenn die Sache nicht mehr geeignet ist, ihre vom Eigentümer gesetzten Zwecke zu erfüllen und eine andere — wirtschaftlich gleichwertige — 320

Vgl. Engisch, W e l t b i l d S. 157 ff. Vgl. RGSt. 44 S. 337. Dazu vgl. Engisch, W e l t b i l d S. 157 ff.; Paulus, a. a. O. S. 164 f.; i m ü b r i gen: Bockelmann, ZStW 65 (1953) S. 575; Kohlrausch, HdWb. I I S.45; Frank, StGB § 242 A n m . V I I 2 a; Niethammer, Lb. S. 235; Olshausen-Kirchner, 12. Aufl. § 242 A n m . 26 a, § 246 A n m . 9 a; Schwarz-Dreher, a. a. O. § 246 A n m . 2 Β c; Wessels, N J W 1965 S. 1155 ff. 323 Vgl. auch Lieder, a. a. O. S. 57. 324 Kohlrausch, HdWb. I I S. 45. 321 322

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

Nutzung dem Eigentümer bei Berücksichtigung der konkreten Struktur seines Vermögens nicht zugemutet werden kann. Auch dann ist die Sache nämlich bei wertender Betrachtungsweise eine andere geworden. Unzweifelhaft hat sich demgemäß eine Zitrone zugeeignet, wer den Saft — auch ohne sichtbare Verletzung der Schale — herausgepreßt hat und dem Eigentümer die Schale zurückgibt. Ob vielleicht noch drei Tropfen Saft aus der Zitrone herausgequetscht werden können, ist für eine wertende Betrachtung unerheblich. Gleiches gilt für die Wegnahme einer Taschenlampenbatterie oder einer Glühlampe. Werden diese Objekte zurückgegeben, nachdem sie ausgebrannt sind, so sind sie für eine wertende Betrachtung nicht mehr m i t den weggenommenen identisch. Keinesfalls handelt es sich noch um die gleiche Sache, die lediglich abgenutzt und daher nur verschlechtert worden ist. Die ursprüngliche Sache wurde verbraucht, zurückgeblieben ist lediglich die „Schale, woraus der K e r n entwendet worden ist" 3 2 5 . Diese Schale aber ist als Teil oder Bestandteil der Sache nicht die Sache selbst. Bereits der bloße Zeitablauf kann zu einer Identitätsänderung der Sache führen. Eindeutig ist dies i n den Fällen der Wegnahme einer Eintrittskarte zu einer bestimmten Veranstaltung oder einer Zeitkarte für eine Bahnbenutzung. Nach dem Zeitpunkt der Veranstaltung bzw. nach Ablauf des Zeitraumes, für den die Karte Gültigkeit hatte, ist aus dem durchaus wertvollen Eintrittsausweis ein Stück Papier ohne jeden Handelswert geworden. Zu beachten ist aber, daß es bei der Entscheidung der Frage, ob die Sache ihre Identität eingebüßt hat, auf die Funktions- und Verwendungsbestimmung durch den Eigentümer ankommt, denn nur insoweit ist — das folgt aus dem personalen Element der Vermögensbeziehung —, wie eingehend bei der Entwicklung des Vermögensbegriffes nachgewiesen wurde — überhaupt ein Vermögensschutz sinnvoll. Ob allerdings ein umfassender Vermögensverlust vorliegt oder nicht, ist sodann Ergebnis objektiver Wertung durch die Sozietät unter Berücksichtigung der individuellen Struktur des Vermögens des Berechtigten 328 . Hat jemand ζ. B. ein Bronzekunstwerk auf einem Schrottplatz liegen, um es demnächst einzuschmelzen, so liegt kein Identitätswechsel vor, wenn der Täter dieses Kunstwerk i n kleine Stücke zerlegt, u m sie vorübergehend zu nutzen, etwa als Bestandteil eines „Pop-Kunstwerkes", und sie 325

Bockelmann, ZStW 65 (1953) S. 575. A . A . Rudolphi, G A 1965 S. 47, der auf die der Sache o b j e k t i v innewohnenden Funktionsmöglichkeiten abstellt. — I m Regelfall werden objektive und subjektive Funktionsbestimmung zwar übereinstimmen, notwendig ist dieses jedoch nicht. Auch übersieht diese Ansicht, daß ein Objekt n u r schutzwürdig erscheint als Bestandteil einer konkreten, u n d das heißt hier individuellen Vermögenseinheit. 326

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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sodann dem Eigentümer zurückzugeben; anders hingegen, wenn einem Kunstliebhaber dieses Werk aus seiner Sammlung fortgenommen wird. Allerdings darf die Zwecksetzung durch den Berechtigten nicht zu eng gesehen werden. Wer sich ζ. B. einen Kahn kauft, um damit i m nächsten Sommer Spazierfahrten zu unternehmen, hat als Zweck die Fahrnutzung bestimmt. W i r d der Kahn weggenommen und erst nach Ablauf des Sommers zurückgegeben, so ist dem Berechtigten die Möglichkeit genommen, i n diesem Sommer damit zu fahren. Dennoch liegt i n der Entziehung und Nutzung durch den Täter keine Identitätsänderung des Kahnes. Dieser ist länger als ein Jahr als Wasserfahrzeug nutzbar, und dieses weiteren Nutzens war sich auch der Berechtigte jederzeit bewußt, gleichgültig, ob er selbst i m nächsten Sommer m i t dem K a h n fahren oder diese Möglichkeit einem weiteren Käufer des Kahnes eröffnen wollte 3 2 7 . Ist die Nutzung durch den Täter allerdings so intensiv, daß der K a h n i m Herbst nur noch als Feuerholz Verwendung finden kann, so liegt ein Identitätswechsel durch Verbrauch der Sache vor. Trotz zeitlich kurzer und den Wert der Sache nicht erschöpfender Gebrauchsanmaßung kann weiter eine Zueignung vorliegen, wenn dem Eigentümer die seinen Zwecken entsprechende Nutzung durch den Gebrauch unmöglich w i r d und i h m eine andere gleichartige Nutzung nicht zumutbar ist. Dieses wurde bereits angedeutet. — Grundsätzlich ist es die Funktion eines Buches, gelesen zu werden. Wer dem Eigentümer daher ein Buch wegnimmt, es liest und zurückbringt, begeht lediglich eine Gebrauchsanmaßung, keine Zueignung. Anders jedoch, solange sich das Buch noch i n den Händen des Verkäufers neuer Bücher befindet. I n der konkreten Vermögensstruktur des Verkäufers ist das Buch nicht Objekt der Lesefreude, sondern Handelsobjekt. N i m m t der Täter daher das neue Buch oder überhaupt eine neue, zum Verkauf bestimmte Sache weg, so ist zu unterscheiden danach, ob das Objekt bei wertender Betrachtungsweise auch nach dem Gebrauch seine Funktion noch erfüllen kann oder nicht. I m Falle eines Taschenbuches w i r d man einen Funktionsverlust nach dem Durchlesen bejahen können, wenn der Täter das Buch nicht ganz besonders sorgfältig behandelt hat. Bei einem fest eingebundenen Buch hingegen w i r d eine Zueignung nur unter besonderen Umständen — grob schädigende Behandlung: Fettflecke, geknickte Seiten — i n Betracht kommen 3 2 8 . Auch ein antiquarischer Verkauf w i r d dem Berechtigten nicht ohne weiteres zuzumuten sein, denn ein derarti327 So auch Rudolphi, G A 1965, S. 47; a. A. Mezger-Blei, Stub. I I S. 133; Welzel, Lb. S. 342. 328 I m Ergebnis daher w o h l richtig O L G Celle, JR 1967 S. 389 ff. = N J W 1967 S. 1921 m i t ablehnender A n m . Deubner, N J W 1967 S. 1921 f. Differenzierend w i e hier: Schröder, JR 1967 S. 391; Androulakis, JuS 1968 S. 415; i m ü b r i gen vgl. auch Lieder, a. a. O. S. 110 A n m . 13; Gribbohm, N J W 1968 S. 1270 f.; Lackner-Maassen, a. a. O. § 242 A n m . 5 b, aa; Widmann, M D R 1969 S. 529 f.

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

ger Handel erfordert besondere Vorkehrungen. — Bei der Wegnahme eines fabrikneuen Kraftfahrzeugs aus den Räumen eines Händlers w i r d hingegen bei der Wertung zu berücksichtigen sein, daß Neuwagenhändler heute ausnahmslos auch m i t Altwagen handeln. Hier mag ein Gebrauch zwar zu einer erheblichen Wertminderung führen. Seine Eigenschaft als Handelsobjekt i m Rahmen des ganz konkreten Vermögens des Betroffenen verliert der Wagen jedoch nicht. Diese Betrachtungsweise, das sei auch an dieser Stelle nochmals betont, führt nicht zu einer Änderung der Vermögensdelikte i n Delikte zum bloßen Schutz der Dispositionsfreiheit 329 . Für den Ausgangsfall, die Wegnahme eines Sparbuchs i n der Absicht, es nach Abhebung eines Teilbetrages dem Eigentümer zurückzugeben, bedeutet die Anwendung der soeben skizzierten Grundsätze: ob i n der Abhebung eines Teilbetrages eine Zueignung des Sparbuchs liegt, ist davon abhängig, ob das Sparkassenbuch den jeweiligen Wert der geleisteten Einzahlung derart verkörpert, daß die Abhebung eines Teilbetrages die Identität des Sparbuchs ändert oder ob ein Sparbuch nur ein Beweispapier ist, einem Personalausweis vergleichbar, dessen Besitz Möglichkeiten eröffnet, sich durch Täuschung zu bereichern. Die Besonderheit der Zueignung eines Wertpapieres i m Verhältnis zur Zueignung irgendeiner beliebigen sonstigen Sache besteht darin, daß das Wertpapier deshalb einen bestimmten Wert hat, weil das Papier i n besonderer Weise m i t einer Forderung oder einem Recht verknüpft ist, während sich sonst die Sache als solche auf Grund ihrer Fähigkeit, der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse zu dienen, einer unmittelbaren Wertschätzung erfreut, die nur rein gedanklich auf zwei verschiedene Wertobjekte aufteilbar ist. Geht man aber gerade i n der Beurteilung von dem „typischen Zueignungsobjekt" aus, so erweist sich die Zueignung eines Wertpapieres noch als unproblematisch, wenn die Verknüpfung von Sache und Recht so eng ist, daß das Recht i n dem Papier versachlicht ist, weil das Recht aus dem Papier dem Recht an dem Papier folgt, d. h. der Inhaber des Papiers grundsätzlich als berechtigt anzusehen ist, auch das Recht geltend zu machen. Inhaber- und Orderpapiere, die auf Grund dieser engen Verknüpfung von Sache und Recht selbständige Objekte des Handelsverkehrs darstellen, sind demgemäß Zueignungsobjekte, die m i t Erlöschen des Rechts, das sie verkörpern, ihre Identität wechseln. Vergleichbar der ausgequetschten Zitrone haben diese Wertpapiere ihre wirtschaftliche Funktion nach Untergang des Forderungsrechts verloren. Nur noch ein Teilstück der ursprünglichen Sache ist vorhanden, doch dieses kann nicht mehr als die ursprüngliche Sache i n geringerer Qualität angesehen werden, sondern stellt eine qualitativ 329

Vgl. auch Schröder, JR 1967 S. 391.

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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andere Sache dar. Indem der Täter die Forderung einzieht, verbraucht er das Wertpapier. Er ersetzt einen Wert durch einen anderen, nominell gleichen. Unabhängig davon, ob er das Papier als solches nach Erlöschen des Rechts dem Eigentümer zurückgeben w i l l oder nicht, hat sich der Täter das Papier und damit auch den i n diesem verkörperten Wert m i t der Erlangung der Herrschaftsmacht über das Papier genauso zugeeignet, als hätte er einen Geldschein weggenommen 330 . Diese enge Verknüpfung zwischen Papier und Recht hat der Z i v i l gesetzgeber jedoch bei den sogenannten Legitimationspapieren i m Sinne des § 808 BGB — ζ. B. Sparkassenbücher, Hinterlegungs-, Pfand-, Versicherungs-, Gepäck-, Reparaturschein, Garderobenmarke — nicht durchgeführt. Nicht der Inhaber des Papieres kann das Recht geltend machen, sondern nur der Rechtsinhaber. Dem Papier kommt aber die Bedeutung eines besonderen Ausweises zu, w e i l der Besitz des Papiers grundsätzlich auf die Berechtigung des Papierinhabers hindeutet, so daß der Schuldner besonderer Prüfungen der Gläubigerstellung enthoben ist, wenn nicht bestimmte Anzeichen gegen die Gläubigerstellung des Papierinhabers sprechen. Wie gering diese Legitimationswirkung jedoch i m praktischen Rechtsleben eingeschätzt wird, zeigt sich daran, daß die Sparkassen ausnahmslos die Auszahlung von Sparbeträgen an ihnen unbekannte Personen verweigern, wenn m i t dem Sparbuch nicht zugleich ein besonderer, zu dem Sparbuch gehörender Berechtigungsausweis vorgelegt wird. Auch ist die zivilrechtliche Praxis nicht einmal bereit, den Besitz des Sparbuches als ein Indiz für die Verpfändung des Sparguthabens zu werten. Das Recht am Papier folgt dem Recht aus dem Papier. Vermögensobjekt ist die Forderung, diese ist jedoch i n dem Legitimationspapier nicht verkörpert. Solche Papiere nehmen auf Grund der Verbindung von beschränkter Legitimationsfunktion und Forderung eine Zwischenstellung ein zwischen den Wertpapieren, die das Recht unmittelbar verkörpern und bloßen Ausweispapieren — Personalausweis —, m i t denen sich der Gläubiger gegenüber dem Schuldner ausweisen kann, die aber auch noch zahlreiche andere Funktionen haben. Publizitätswirkung, §§808,370 BGB, und Gutglaubensschutz, §§ 794, 932, 935 BGB, dieser Papiere erleichtern den Nachweis der Gläubigerstellung i n bestimmtem Umfang. Der Täter, der ein solches Papier an sich bringt, verschafft sich damit eine günstige Beweisposition. Diese hat auch durchaus Vermögenswert, der aber nicht identisch ist m i t dem i n dem Papier vermerkten Wert. Wer das Papier hat, hat noch nicht den i n ihm ausgewiesenen Wert i n Händen. Diesen erhält der Täter erst m i t 330 Vgl. auch Binding , Lb. I S. 264 f.; Jagusch, L K I I Vorb. D V 2 a aa vor §242; Lieder, a.a.O. S. 85; Paulus, a . a . O . S. 57 f.; Rudolphi, G A 1965 S. 54; Welzel, Lb. S. 341 ; a. A . Schwenger, a. a. O. S. 23 ff., der dem Wesen der I n haberpapiere aber nicht gerecht w i r d .

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

der Abhebung des Guthabens. Die Herrschaft über das Legitimationspapier eröffnet die Möglichkeit, sich bestimmte Werte zuzueignen, stellt aber noch nicht umfassende Herrschaftsmacht über diese Werte dar, wie sie ζ. B. durch den Besitz eines Inhaberpapieres gekennzeichnet ist. Zwar kann durch Wegnahme eines Legitimationszeichens unter Umständen bereits eine Gewahrsamslockerung eintreten, wenn der Gläubiger selbst keine Kenntnis hat, wo er sich legitimieren muß. Vergleichbar ist diesem Fall die Wegnahme eines Schlüssels zu einem Gepäckschließfach auf einem Bahnhof, wenn der Berechtigte nicht weiß, i n welchem Fach sein Gepäck liegt. Eine vollendete Wegnahme des Gepäcks ist damit aber noch nicht verbunden 331 . Gerade bei der Abhebung eines Teilbetrages von einem Sparkonto w i r d besonders deutlich, daß der Täter mit dem Besitz der Beweisposition noch nicht den Wert der ausgewiesenen Forderung i n sein Vermögen gebracht hat. Durch Abhebung eines Teilbetrages von D M 100,— w i r d zwar eine Forderung von D M 1000,— quantitativ geringer, jedoch hat das nicht einen Identitätswechsel des Sparbuchs zur Folge. Das Sparbuch verliert nicht seinen Zweck, durch Vorlage die Legitimation des Gläubigers zu erleichtern und den Beweis für einen bestimmten Kontenstand zu einem bestimmten Termin zu erbringen. Die Geltendmachung der Forderung w i r d lediglich nutzlos sein, wenn der Sparbetrag abgehoben worden ist. Falls der Sparkassenbeamte jedoch grob fahrlässig an einen Nichtberechtigten zahlte, ist nicht einmal das der Fall 3 3 2 . Die Beweisfunktion selbst ist qualitativ keine andere geworden. Das Sparbuch ist auch nach der Abhebung des gesamten Betrages nicht als wertloses, funktionsloses Stück Papier anzusehen, sondern kann erneut zum Ausweis bestimmter Einzahlungen benutzt werden. Sperrt der Gläubiger vor Abhebung des Sparbetrages das Buch, so kann der Täter an die Forderung nicht heran, weil das Buch selbst i m Gegensatz zu Inhaberpapieren nicht als allgemeines Handelsobjekt anerkannt wird. Auch hierdurch erweist sich das Sparbuch mehr einem Schlüssel zu einem Gepäckschließfach vergleichbar, i n dem das Opfer wertvolle Sachen hinterlegt hat, als einem Inhaberpapier. M i t Rückgabe des Schlüssels nach Ausräumung des Gepäckfaches ist dieser Schlüssel für den Berechtigten i m wesentlichen wertlos geworden. Er hat aber die i h m eigene Funktion, als Schlüssel eines Schließfaches zu dienen, nicht verloren. Er hat den Wert des Schließfaches niemals repräsentiert, genausowenig wie das Sparbuch 331 Vgl. Welzel, Lb. S.349; a . A . B G H G A 1966 S.212f.; dazu auch Otto, ZStW 79 (1967) S. 83. 332 Vgl. Palandt-Gramm, a. a. O. § 808 A n m . 2; Erman-Hense, I § 808 Anm. 2 unter Hinweis darauf, daß die allgemeine Entwicklung i n diese Richtung geht. A u f diese Tendenz weisen weiter h i n : Soergel-Siebert-Erdsiek-Mühl, I I § 808 Rn. 9; Staudinger-Müller, I I 4 §808 Rn. 3. — Positive Kenntnisse von der Nichtberechtigung forderten RGZ 89 S. 403; O L G Karlsruhe VersR 1956 S. 217; Baumbach-Hefermehl, a. a. O. S. 11 ; unentschieden i n B G H Z 28 S. 368 ff.

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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die Forderung verkörpert hat. Unmittelbar eigen war beiden nur die Funktion, den Weg zu bestimmten Werten zu eröffnen 333 . Festzustellen ist demgemäß: M i t der Wegnahme eines Legitimationspapieres verschafft sich der Täter zwar einen Vermögenswert. Dieser beruht auf der Möglichkeit, sich als Inhaber bestimmter Rechte zu legitimieren, Inhaber des Rechts oder eines Wertes, der dem des Rechts entspricht, w i r d der Täter mit der Wegnahme nicht. M i t der Einziehung des Rechts realisiert der Täter nicht den i n dem Papier verkörperten Wert, vielmehr verschafft er sich dabei m i t Hilfe des Papiers einen anderen Wert, der auf dem Legitimationswert beruht, m i t diesem jedoch nicht identisch ist. Unabhängig davon, ob der Täter seinem Vermögen nur einen Teilbetrag zuführen w i l l oder den gesamten Sparbetrag, der i n einem Sparbuch ausgewiesen ist, das er später dem Eigentümer zurückgeben w i l l , eignet er sich m i t der Einziehung des Betrages nicht den i n dem Buch verkörperten Wert zu. Das Sparbuch ist nicht Wertträger der i n i h m ausgewiesenen Forderung, sondern Schuldurkunde, Beweismittel 3 3 4 . M i t Einziehung des Betrages realisiert der Täter nicht das lucrum ex re, sondern er verschafft sich ein lucrum ex negotio cum re 3 3 5 . Der Sachverhalt liegt genauso, als wenn der Täter sich mit Hilfe eines entwendeten Ausweises ein Bankdarlehen verschafft, ein Abzahlungsgeschäft abschließt oder sich durch Vorlage eines fremden Zechenausweises den Lohn eines Arbeitskollegen 336 verschafft 337» 338> 3 3 9 . 333 Kurios geradezu mutet die K o n s t r u k t i o n der Zueignung des Sparbuchs i n dem von R. Schneider — ZStW 14 (1894) S. 60 — mitgeteilten F a l l an: Der Täter, der f ü r den Berechtigten D M 1000 abheben soll, hebt weitere D M 2000 ab, die er für sich behalten, während er sich bezügl. D M 1000 auftragsgemäß verhalten w i l l . 334 So bereits RGSt. 10 S. 370. 335 a. A. Bockelmann, ZStW 65 (1953) S. 575. 336 Vgl. dazu O L G H a m m JMB1.NRW 1953 S. 153f.; dazu Lieder, a . a . O . S. 93 ff. 337 I m Ergebnis übereinstimmend v o m Standpunkt der Substanztheorie her: J. Baumann, Diss. S. 44 ff.; Beling, Grundzüge S. 84; Binding , Lb. I S. 265 Anm. 1; Brücke, G A 40 S. 110 f.; Doerr, GS 52 S. 13; Feisenberger, ZStW 37 (1916) S. 735; Finger, GS 78 S. 403 ff.; Rosemarie Frank, a . a . O . S. 176; Gerland, a.a.O. S. 574; Gnuse, a.a.O. S. 33 f., 35 ff.; Gräfe, a.a.O. S. 22 ff.; v. Liszt-Schmidt, a. a. O. S. 618; zögernd: Maurach, B. T. S. 210; Meyer-Allfeld, a. a. O. S. 437 A n m . 43; Nitschke, a. a. O. S. 32 f.; Ollendorf, a. a. O. S. 24; Schappei, a . a . O . S. 62 f.; R. Schneider, ZStW 14 (1894) S. 60; Schwenger, a . a . O . S. 23 ff.; Wachenfeld, Lb. S. 375; — a. A . gleichfalls v o m Standpunkt der Sachsubstanztheorie her: Hartmann, GA40 S. 261 ff.; Höpfner, a. a. O. S.22;Küppers, NZWehrR 1964 S. 106; Oppenhoff-Delius, a . a . O . §242 A n m . 41; R. Schmidt, Grundriß S. 233. — Merkel, H H I I I S. 651 u n d Rotering, GS 36 S. 535 sehen das Sparkassenbuch offenbar als Inhaberpapier an. I n die gleiche Richtung gehen die Lösungsverusche von Nagler, L K I I 6./7. Aufl. Vorb. V 2 A a vor § 242 u n d Jagusch, L K I I 8. Aufl. Vorb. D V 2 a aa v o r § 242, die meinen, daß sich Sparkassenbücher u n d Inhaberpapiere k r a f t Gewohnheitsrechts unter dem Gesichtspunkt der strafrechtlichen Zueignung gleichen, während Welzel — Lb. S. 342 — lediglich f ü r die materielle Gleichstellung plädiert. 338 Das Reichsgericht betonte bei der Bejahung der Zueignung des Spar-

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2. Kap.: Die Systematik der Vermögensdelikte

M i t Vorlage des Buches und dem Aushändigenlassen des entsprechenden Geldbetrages begeht der Täter einen Betrug. — Das Argument, i m Hinblick auf § 808 BGB mache sich der auszahlende Sparkassenbeamte keine Vorstellung über die Berechtigung des Buchinhabers, geht fehl. Eindeutig ist dieses, wenn man der richtigen Ansicht folgt und bereits bei grober Fahrlässigkeit die Befreiung der Sparkasse von der Leistung an den Berechtigten ablehnt, denn der Wille, gerade ohne Vorstellung von der Berechtigung des Buchinhabers die Leistung erbringen zu wollen, würde bereits eine grob fahrlässige Pflichtverletzung darstellen 340 . Aber auch sonst ändert sich die Beurteilung nicht. Die Situation entspricht hier der beim Kauf einer Sache. Auch der Käufer einer Sache erkundet nicht jeweils ausdrücklich, ob der Verkäufer auch zum Verkauf berechtigt ist. Unter ordentlichen Rechtsgenossen geht man davon aus, daß das Angebot einer Sache auch die Erklärung der Berechtigung zum Verkauf enthält. Gleiches gilt für die Vorlage eines Sparkassenbuches. Die Forderung der Vorlage des Berechtigungsausweises neben dem Sparbuch zeigt überdies offensichtlich, daß die Sparkasse alles tut, um sich über die Berechtigung zu informieren, soweit dieses noch m i t der erforderlichen Schnelligkeit der Abwicklung des einzelnen Geldgeschäftes vereinbar ist 341 * 3 4 2 . buches grundsätzlich die Argumente der Substanztheorie: „Substanzzueignung", Verfügung, die dem Eigentümer ausschließlich k r a f t seines Eigentumsrechts zukommt: vgl. z . B . RGSt. 10 S.371, 15 S. 147, 22 S. 2, 26 S. 153 f., 29 S. 417, 43 S. 20; dazu auch Finger, GS 78 S. 403 ff. 339 Treffend der Hinweis Allfelds, Meyer-Allfeld, a . a . O . S.437 A n m . 43, die Entwendung eines Sparbuches, das nach Abhebung des Sparbetrages dem Eigentümer zurückgegeben werden soll, gleiche der Wegnahme einer trächtigen K u h , die der Täter bei sich kalben lassen w i l l , u m das Kalb, nicht aber die K u h zu behalten. 340 Vgl. dazu Schönke-Schröder, StGB § 263 Rn. 38. 341 Einen Betrug bejahen: Binding , Lb. I S. 265 A n m . 1; Brücke, G A 40 S. 111 f.; Doerr, GS 52 S. 44 ff.; Finger, GS 78 S. 406 f.; Gerland, a. a. O. S. 574; Gräfe, a. a. O. S. 62 ff.; Gnuse, a. a. O. S. 53 ff.; v. Liszt- Schmidt, a. a. O. S. 618 A n m . 18; Lobe, L K I I , 7. Aufl. § 242 A n m . I I Β 1; Meyer-Allfeld, a. a. O. S. 437 A n m . 43, S.472 A n m . 15; Mezger-Blei, Stub. I I S. 186; Nitschke, a . a . O . S.33; Schappei, a. a. O. S. 62 f.; v. Schwarze, StGB § 242 A n m . 7 S. 667; Schwenger, a.a.O. S. 48 ff. ; Wachenfeld, Lb. S. 375. — A . A . Dalcke-Schäfer, a . a . O . §263 A n m . 8 c; Feldscher, a. a. O. S. 15; Frank, StGB § 263 A n m . I I 1 b ; Jagusch, L K I I §263 A n m . 2 b ; Kohlrausch-Lange, §263 A n m . I I I ; Maurach, B . T . S. 311; Merkel, H H I I I S. 651 A n m . 6; Paulus, a. a. O. S. 61; Saerbeck, a. a. O. S. 43, 55; Schönke-Schröder, StGB § 263 Rn. 38; Tänzler, a. a. O. S. 33. 342 I n engem Zusammenhang m i t der Problematik der Zueignung von Legitimationspapieren behandelt die Strafrechtslehre die Zueignung sogenannter Biermarken. Diese werden von der h. M. i m Strafrecht als L e g i t i mationszeichen i m Sinne v o n § 808 B G B angesehen — vgl. ζ. B. Jagusch, L K I I Vorb. D V 2 a aa v o r § 242; Schönke-Schröder, StGB § 242 Rn. 48; Welzel, Lb. S. 341 f. —, v o n der herrschenden zivilrechtlichen Lehre dagegen als Inhabermarken gemäß § 807 B G B eingeordnet — vgl. Baumbach-Hefermehl, a. a. O. S. 7; Erman-Hense, I §807 A n m . 2; Soergel-Siebert-Erdsiek-Mühl, I I §807 A n m . 2; Staudinger-Müller, I I 4 § 807 Rn. 1 —. I n konkreten Einzelfällen w e r den sie ζ. T. auch als bloße „ Z ä h l m i t t e l " betrachtet, die n u r der Erleichterung

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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Während bei Rückgabe von Sachen, die nach wertender Betrachtungsweise ihre Identität verloren haben, problematisch mehr die Wertung i m der Abrechnung dienen — vgl. ζ. B. Jagusch, L K I I Vorb. D V 2 a aa vor § 242; Lieder, a. a. O. S. 88 A n m . 11 ; Maurach, B. T. S. 212 —. Entscheidend f ü r die rechtliche Qualifizierung ist die Bedeutung, die diesen M a r k e n i m Einzelfall zukommt. Denkbar sind zwei verschiedene Möglichkeiten. Die beiden v o m Reichsgericht entschiedenen „Biermarkenfälle" sind f ü r die eine der beiden möglichen Konstellationen beispielhaft: I m sogenannten ersten Biermarkenfall — RGSt. 24 S. 22 ff. — erhielt die K e l l n e r i n v o n dem Gastwirt zu Beginn ihres Dienstes eine bestimmte A n z a h l von M a r k e n ausgehändigt. F ü r jedes an der Theke i n Empfang genommene Bier mußte sie dort eine Marke abgeben. F ü r ein B i e r erhielt sie v o n den Gästen 12 Pfennig. Nach Dienstschluß fand die Abrechnung zwischen W i r t u n d K e l l n e r i n i n der Weise statt, daß die K e l l n e r i n die i h r verbliebenen Marken zurückzugeben und v o n dem eingezogenen Geld sovielmal 12 Pfennig abzuliefern hatte, als die Differenz zwischen der Z a h l der empfangenen u n d der zurückgegebenen M a r ken betrug. N i m m t die K e l l n e r i n i n dieser Fallkonstellation ohne Wissen des W i r t s heimlich M a r k e n an sich, so k a n n sie bei der Abrechnung über die Z a h l der erhaltenen Biere genauso täuschen, als w e n n es i h r gelungen wäre, einige Biere ohne Hingabe v o n M a r k e n zu bekommen. Es ist i h r darum zu tun, die M a r k e n dem Gastwirt zurückzugeben. I n keinem Moment ihres Besitzes w i l l sie ausschließlichen Eigenbesitz an den M a r k e n innehaben u n d damit umfassende Sachherrschaft über die M a r k e n ausüben. I h r Plan, sich widerrechtlich zu bereichern, beruht gerade auf der Tatsache, daß sie die M a r k e n n u r i n u n mittelbarem Fremdbesitz hat, während der Gastwirt mittelbarer Eigenbesitzer bleibt, w e n n auch die Rückgabe der M a r k e n m i t bestimmten Leistungen verbunden ist. Schon die Tatsache, daß die M a r k e n i n dieser Sachlage überhaupt nicht i n den Besitz D r i t t e r gelangen, geschweige denn einen D r i t t e n als Gläubiger legitimieren sollen, spricht eindeutig gegen die Kennzeichnung dieser M a r k e n als Inhaberzeichen. Auch von einem Verbrauch der M a r k e n durch die Rückgabe k a n n keine Rede sein. Z w a r repräsentieren die Marken i n der Hand des Besitzers einen konkreten Vermögenswert, doch das ist allein nicht maßgeblich. Die M a r k e n sind nicht verkehrsfähig, sie dienen allein der V e r einfachung und Übersichtlichkeit der Abrechunng i m Schuldverhältnis z w i schen zwei Personen. Diese F u n k t i o n der M a r k e n w i r d auch durch die Rückgabe nicht geändert oder vernichtet, vielmehr w i r d die Abrechnung als solche verfälscht. Die M a r k e n selbst sind reine Zählmittel, die auch unter den Parteien nicht w i e Geld behandelt werden, sondern n u r als Beweiszeichen f ü r bestimmte Forderungen. I m sogenannten zweiten Biermarkenfall — RGSt. 40 S. 10 ff. — unterschied sich die tatsächliche Situation v o n der hier umrissenen. Der Gastwirt händigte dem Kellner gegen Zahlung eines bestimmten Geldbetrages jeweils die entsprechende Zahl v o n Biermarken aus. Nach Dienstschluß erhielt der K e l l n e r den der Z a h l der übriggebliebenen M a r k e n entsprechenden Geldbetrag zurück. — Die rechtliche Situation w i r d durch diese tatsächlichen Unterschiede jedoch nicht geändert. Auch i n diesem Falle dient die Verwendung von B i e r marken n u r der Erleichterung der Abrechnung zwischen K e l l n e r und Gastw i r t . Nicht die rechtliche oder wirtschaftliche F u n k t i o n der M a r k e n ist i n diesem Falle geändert, sondern der Abrechnungsmodus. Anstelle der Errechnung der Schuld des Kellners auf G r u n d des Differenzbetrages zwischen den erhaltenen u n d den noch i n seinem Besitz befindlichen Marken t r i t t n u n die sachlich auf dasselbe hinauslaufende Berechnung nach der Z a h l der zurückbehaltenen Marken, wobei nunmehr die Schuld des Gastwirts errechnet w i r d . F ü r eine freie Übertragbarkeit, f ü r eine Legitimation des Gläubigers oder gar für eine Legitimationswirkung zugunsten des Gläubigers u n d des Schuldners, §§ 807, 793 Abs. 1 BGB, sind keine Anhaltspunkte gegeben; — anders ordnet Lieder, a. a. O. S. 88 A n m . 11 den zweiten Biermarkenfall ein —. Die M a r k e n

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

E i n z e l f a l l ist, b e r e i t e t die R ü c k s t e l l u n g a n d e r e r Sachen a n d e n E i g e n t ü m e r nach e i n e r W e g n a h m e erhebliche S c h w i e r i g k e i t e n , die u n m i t t e l b a r m i t d e n B e g r i f f s m e r k m a l e n der E n t e i g n u n g u n d A n e i g n u n g i m R a h m e n der Z u e i g n u n g v e r k n ü p f t sind. L ä g e das U n t e r s c h e i d u n g s m e r k m a l der Z u e i g n u n g z u r b l o ß e n G e b r a u c h s a n m a ß u n g i m M o m e n t der D a u e r der B e s i t z e n t z i e h u n g 3 4 3 , so ließe sich a l l e r d i n g s auch dieser P r o b l e m k r e i s ohne erhebliche A b g r e n z u n g s s c h w i e r i g k e i t e n k l a r u n d ü b e r s i c h t l i c h g l i e d e r n . A l l e i n schon w e n n m a n e i n m a l d e n B l i c k a u f die W e g n a h m e v o n G e l d w i r f t , das der T ä t e r z u r B e z a h l u n g v o n S c h u l d e n gerade b e i der Person v e r w e n d e n w i l l , der er das G e l d w e g n i m m t 3 4 4 , k ö n n e n Z w e i f e l a n der R i c h t i g k e i t der These a u f k o m m e n , die V e r m ö g e n s e n t z i e h u n g i m R a h m e n der Z u e i g n u n g sei a u f d a u e r n d e n A u s schluß des B e r e c h t i g t e n v o n d e m Besitz der Sache gerichtet. D o c h m a g das dahinstehen, d e n n die sachenrechtliche E i n o r d n u n g des Geldes i s t s t r e i t i g ; u n d sollte es r i c h t i g sein, G e l d als W e r t s u m m e oder als „ a b strakte unkörperliche, ziffernmäßig bestimmbare Vermögensmacht" anzusehen, a u f die das j e w e i l i g e G e l d s t ü c k oder der b e s t i m m t e Geldschein n u r h i n w e i s t , k ä m e es i n der T a t b e i der Z u e i g n u n g v o n G e l d n i c h t a u f die d a u e r n d e E n t z i e h u n g des Besitzes a n d e n G e l d s t ü c k e n oder a n d e n Geldscheinen a n 3 4 5 . Es läge i m Gegensatz z u e i n e r S a c h z u e i g n u n g eine sind auch i m vorliegenden F a l l n u r H i l f s m i t t e l zur Errechnung einer konkreten Schuld i m Verhältnis eines Gläubigers zu einem Schuldner. I n der Wegnahme der Marken i n der Absicht, sie einzutauschen, liegt i n keinem F a l l — gleichgültig also, ob der K e l l n e r oder der Gastwirt M a r k e n wegnimmt, die dem anderen Vertragspartner gebühren — eine Zueignung der Marken, sondern Beginn oder Vorbereitung einer Täuschungshandlung. Die rechtliche Einordnung ändert sich jedoch grundsätzlich, wenn die Biermarken nicht n u r i m Verhältnis G a s t w i r t - K e l l n e r als Z ä h l m i t t e l verwendet werden, sondern w e n n sie i n einer Gaststätte allgemein als Zahlungsmittel benutzt werden, sei es, daß der Gastwirt allgemein an Gäste M a r k e n zum Preise des Bieres ausgibt, u m i n den Hauptgeschäftszeiten das leidige Wechselgeschäft zu umgehen, oder daß eine Firma ihren Angestellten m i t dem Gehalt eine bestimmte A n z a h l v o n B i e r - u n d Speisemarken aushändigt, die i n den Gaststätten als Zahlungsmittel angenommen werden. I n dieser Sachverhaltenskonstellation ist die F u n k t i o n der M a r k e n der von Chips i n einem Spielkasino oder überhaupt der v o n Berechtigungsscheinen, die übertragbar sind und den jeweiligen Gläubiger legitimieren sollen, gleich. Die Marken sind als Inhaberzeichen gemäß §§ 807, 793 B G B einzuordnen. Ihre Rückgabe an denjenigen, der die M a r k e n „begeben" hat, ist als Verbrauch anzusehen, die w i d e r rechtliche Entziehung des Besitzes und die Begründung von Eigenbesitz durch den Ausgebenden selbst stellt gleichfalls eine Zueignung der M a r k e n dar. N i m m t daher der Kellner dem W i r t gehörende M a r k e n fort, entwedet der Gastwirt dem Kellner Marken, verschafft sich ein Gast durch Gewahrsamsbruch Marken eines anderen Gastes, bzw. n i m m t ein Gast dem Kellner oder dem W i r t oder auch der Gastwirt oder K e l l n e r einem Gast rechtswidrig M a r ken weg, so eignet er sie sich zu. 343

Diese Ansicht vertreten die auf S. 178 unter A n m . 318 Angeführten. Vgl. R M G 22 S. 132 ff. 345 Vgl. zur zivilrechtlichen Diskussion Simitis, A c P 159 (1960/61) S. 406 ff., insbes. S. 415 f., 427 f., 433, 455 ff., m i t eingehendem Überblick über Streitstand 344

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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Wertzueignung vor, die grundsätzlich anderen Normen unterläge als denen der Sachzueignung, da die Sachzueignung nur Hinweis auf die Wertzueignung wäre. I m übrigen ist das Geld zumindest auf Grund seiner wirtschaftlichen Funktion den Inhaberpapieren gleichzusetzen. Diesen gegenüber repräsentiert der einzelne Geldschein nicht eine geringere Legitimationsfunktion, sondern eine weit höhere 346 . Aber auch unabhängig von der besonderen Problematik des Geldes ist die dauernde i m Gegensatz zu der nur zeitweisen Besitzentziehung nicht das wesentliche Unterscheidungsmerkmal des Diebstahls gegenüber der bloßen Gebrauchsentwendung 347 . Nicht der dauernde Besitz w i r d durch die sogenannten Eigentumsdelikte geschützt, sondern die umfassende Herrschaftsmacht des Berechtigten über Sachen 348 . Zwar liegt i n dem dauernden Verlust des unmittelbaren und mittelbaren Besitzes an einer Sache stets auch der Verlust der umfassenden Sachherrschaft über diese Sache, und insofern werden i m Regelfall die Tatbestände des Besitzund Herrschaftsverlustes zusammentreffen. Der Umkehrschluß geht dennoch fehl. Die umfassende Herrschaftsposition des Berechtigten über eine Sache kann auch dann endgültig beseitigt sein, wenn der Besitzentzug nur ein zeitweiser ist, und zwar nicht nur, wenn die Sache nach der Benutzung durch den Täter für eine wertende Betrachtung eine andere geworden ist, weil die Sache ihre bestimmungsgemäßen Funktionen verloren hat. Die bestehende umfassende Sachherrschaft des Berechtigten geht unter und an ihre Stelle t r i t t die Herrschaftsposition des Täters, wann immer der Täter Eigenbesitz an einer fremden Sache begründet. A n einer Zueignung fehlt es, wo der Täter auch während seines widerrechtlichen Besitzes und insbesondere durch die A r t seines Besitzes zum Ausdruck bringt, daß er sich sachlich nur eine Fremdbesitzerstellung anmaßt. Daß der Berechtigte i m Falle der Anmaßung von Eigenbesitz durch den Täter sein Eigentumsrecht nicht verliert, ist unwesentlich. Dieses kann durch eine rechtswidrige Zueignung durch Wegnahme niemals vernichtet werden. Ob eine Vermögensentziehung, wie sie für die Zueignung erforderlich ist, oder eine bloße Gebrauchsentwendung vorliegt, kann somit nur i n jenen Fällen gleichsam isoliert entschieden werden, i n denen feststeht, daß der Täter dem Opfer die Sachherrschaft über die Sache auf Dauer u n d Lösungsmöglichkeiten; Käser, A c P 143 (1937) S. 1 ff., insbes. S. 8 f., 15 ff. — Z u den strafrechtlichen Konsequenzen u n d Möglichkeiten aus der Sonderstellung des Geldes: Roxin, Mayer-Festschr. S. 467 ff. 34f l Daher ist es sachlich durchaus gerechtfertigt, w e n n Olshausen-Kirchner, 12. Aufl. § 246 A n m . 9 a u n d v. Liszt- Schmidt, a. a. O. S. 618 i m Ausgeben des Geldes einen Verbrauch des Geldes sehen. 847 So auch Lieder, a . a . O . S. 53 ff. ; Rudolphi, G A 1965 S.41; bereits Gerland, a. a. O. S. 574. 348 Vgl. dazu oben S. 150 f.

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2. Kap.: Die Systematik der Vermögensdelikte

entziehen w i l l . Sachlich läßt sich aber auch i n diesen Fällen Enteignung und Aneignung nicht voneinander trennen. Die Feststellung, ob das negative Element des Zueignungsbegriffs, die Vermögensentziehung, vorliegt, ist stets vom konkreten Inhalt der angemaßten Herrschaftsposition abhängig, d.h. vom Inhalt des positiven Elements des Zueignungsbegriffs, der Aneignung. Erst dieses Abhängigkeitsverhältnis zwischen Vermögensentziehung und Aneignung, d. h. zwischen Beeinträchtigung der Eigentümerposition und der vom Täter erstrebten Position fügt das negative Element der Enteignung und das positive Element der Aneignung zu einem einheitlichen Begriff innerhalb der Zeignung 349 . c) Die Aneignung durch den Täter aa) Umfassende Sachherrschaft auf Seiten des Täters Daß der Aneignungsakt nicht i n der Begründung zivilrechtlichen Eigentums durch den Täter liegt, ist unstreitig und bedarf keiner weiteren Erwähnung. Während der Enteignungsakt dem Eigentümer die tatsächlichen Möglichkeiten der umfassenden, ausschließlichen Sachherrschaft über eine Sache entzieht, begründet der Aneignungsakt diese Herrschaftsposition auf Seiten des Täters. Vertragswidriger Gebrauch, Entziehung des Besitzes auf Zeit, Täuschung über die A r t der Besitzerlangung oder bewußte Ausübung rechtswidrigen Fremdbesitzes an Stelle des rechtmäßigen Fremdbesitzers sind demnach i n keinem Falle Aneignungshandlungen, wenn der Täter von vornherein beabsichtigt, den Besitz an einer Sache wiederum derart auf den Eigentümer zu übertragen, daß das ursprüngliche über die Sache bestehende Herrschaftsverhältnis fortgesetzt werden kann. Nicht erforderlich ist, daß der Täter die Rückgabe gerade „ i n Anerkennung der Eigentümerstellung" vollzieht, oder weil er sich stets als Fremdbesitzer „gefühlt" hat. Es genügt, daß er beabsichtigt, die weggenommene Sache dem Eigentümer so zurückzugeben, daß dessen durch die Wegnahme beeinträchtigtes Herrschaftsverhältnis fortgesetzt wird. Handelt der Täter i n diesem Bewußtsein, so fehlt es i h m an dem Willen, die bestehende umfassende Herrschaftsmacht des Eigentümers — und sei es auch nur für einen Augenblick — 349 Vgl. dazu Schröder, JR 1964 S. 229, 266; ders. JR 1965 S.27; Schaff stein, G A 1964 S. 100 ff. — M i t diesem Abhängigkeitsverhältnis ist aber mehr gemeint, als daß der Wertminderung auf der einen Seite, die Vermögensvermehrung auf der anderen Seite entsprechen muß. Dieser Gedanke k l i n g t an bei Schröder, JR 1967 S. 391 u n d Deubner, N J W 1967 S. 1922 — dazu Gribbohm, N J W 1968 S. 1270 f. —. Die bloße Wertentsprechung liegt auch bei jeder Gebrauchsanmaßung vor. Daß sie nicht i m jeweils gleichen äußeren B i l d erscheint, beruht auf der I n d i v i d u a l i t ä t der einzelnen Vermögenseinheiten. Dieses verkennt Deubner, N J W 1967 S. 1922; dazu aber Gribbohm, N J W 1968 S. 1270 f. ; i m übrigen dazu unten S. 206 ff.

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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zu beseitigen. Er macht dem Eigentümer i n diesem Falle zwar die Herrschaftsausübung zeitweise unmöglich. Die Herrschaftsposition selbst bleibt aber erhalten und realisiert sich konkret i n der A r t der Nutzung der Sache durch den Täter. Das Aneigungsmoment innerhalb der Zueignung fehlt demnach, „wenn der Täter eben nur gebrauchen will, also die zugefügte Beeinträchtigung über den Verlust der vorübergehenden Gebrauchsmöglichkeit nicht hinausgeht" 350 . Nicht erforderlich ist es daher, daß der Täter beabsichtigt, dem Berechtigten den Besitz an seiner Sache dauernd zu entziehen. Geht der Täter bei der Besitzanmaßung aber davon aus, daß er die Sache jedenfalls gebrauchen und nur vielleicht dem Eigentümer zurückgeben wird, so geht seine Absicht über die bloße Gebrauchsabsicht hinaus. Er maßt sich selbst die ausschließliche Entscheidung über das weitere Schicksal der Sache an, die er i n seiner Herrschaftsgewalt hat. Damit ist die umfassende Sachherrschaftsstellung des Eigentümers auf den Täter übergegangen 351 . Zutreffend erfaßte das Reichsgericht diesen Gedanken, indem es ausführte: „Wenn der Wegnehmende, ohne die Rückgabe der Sache an den Eigentümer geradezu auszuschließen, doch ein dauerndes Verhältnis zwischen sich und ihr herstellen w i l l , . . . k a n n . . . die vollzogene Aneignung derselben nicht verneint werden." 3 5 2 — Es bedarf nicht einer eingehenden Textexegese, um nachzuweisen, daß i n dieser Feststellung des Reichsgerichts dem strengen Wortlaut nach ein Widerspruch enthalten ist, denn wer auch die Rückgabe der Sache an den Eigentümer noch erwägt, w i l l eben nicht auf jeden Fall selbst ein dauerndes Verhältnis zu der Sache begründen. Kennzeichnet man jedoch das Herrschaftsverhältnis nicht als dauerndes, sondern als umfassendes, so trifft die Formulierung des Reichsgerichts genau die Sache, um die es geht. Bloße rechtswidrige Gebrauchsanmaßung und Zueignung setzen demnach gemeinsam voraus, daß der Täter i n einem realen Herrschaftsverhältnis zu der Sache steht. Während aber der Täter der Gebrauchsanmaßung trotz seines rechtswidrigen Verhaltens die Herrschaftsposition des Eigentümers noch insofern achtet, als er diesem die nämliche Sache zurückgeben w i l l , um die ursprüngliche Herrschaftsposition wiederherzustellen, maßt sich der Täter der Zueignung die eigenmächtige Entscheidung über das weitere Schicksal der Sache an. Er begründet 350

Schröder, JR 1964 S. 229. Vgl. Schröder, JR 1964 S.229; Schönke-Schröder, StGB §242 Rn. 52; Schaffstein, G A 1964 S. 102. — a. A . Baumann, N J W 1964 S. 706 f. Baumann geht jedoch davon aus, daß Zueignungsabsicht die auf dauernden Ausschluß des Eigentümers v o n seiner Sachherrschaft gerichtete Absicht — dolus directus 1. Grades — ist. V o n diesem Standpunkt ist es n u r konsequent, die Z u eignungsabsicht zu verneinen, w e n n es dem Täter nicht gerade darum geht, dem Opfer die Sache auf Dauer zu entziehen. 352 RGSt. 9 S. 384. 351

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

selbst umfassende Herrschaftsmacht über die Sache und, indem er dieses durch ein äußerlich erkennbares Verhalten der Sozietät kundtut, vernichtet er die Herrschaftsposition des Eigentümers. Unproblematisch sind daher insoweit die Fälle der Begründung umfassender Sachherrschaft über eine Sache durch den Täter i n der Absicht, den Eigentümer dauernd vom Besitz dieser Sache auszuschließen. Jedoch auch dann, wenn der Täter nicht entschlossen ist, den Eigentümer auf jeden Fall dauernd aus seiner Herrschaftsstellung zu verdrängen — dolus directus 1. Grades —, ist die eindeutige Differenzierung der möglichen Fallvarianten durchführbar. Die Entscheidung fällt m i t der Feststellung, ob der Täter umfassende Sachherrschaft über eine Sache begründet hat, so daß er sich nunmehr als denjenigen ansieht, der das weitere Schicksal der Sache bestimmt oder nicht. Der nur vorgetäuschte Wille, umfassende Sachherrschaft über die Sache auszuüben, ist dem aktuellen Willen jedoch nicht gleichzusetzen. — Damit ist die Lösung eines i n der Lehre und Rechtsprechung streitigen Problems bereits festgelegt: Die Wegnahme einer Sache, um sie an den nichtsahnenden Eigentümer zu veräußern, kann Zueignung dieser Sache sein, sie muß es aber nicht i n jedem Falle. Eine Zueignung liegt vor, wenn der Täter den Plan gefaßt hat, die Sache zu veräußern, sei es auch — da dieses sich als besonders günstig anbietet — an den Eigentümer, wenn er nur entschlossen ist, die Sache i n keinem Falle dem Eigentümer als Eigentümer zurückzugeben, sondern sie anderweitig zu nutzen, falls das Geschäft m i t dem Eigentümer nicht zustande kommt 3 5 3 . Sieht der Täter hingegen die Veräußerung an den Eigentümer nicht als eine von mehreren möglichen Nutzungen der Sache an, sondern hat er allein die Rückgabe an ihn i m Sinn, sei es auch unter Täuschung über die Eigentümerposition, so fehlt es an einer Zueignung. Es liegt nur ein Gebrauchsdiebstahl vor. Allerdings ist dieser Gebrauch der Sache ein Betrug, denn der Täter täuscht hier über die eigene umfassende Sachherrschaftsstellung. „Er leugnet" aber nicht die Eigentümerstellung 354 ' 3 5 5 . I n der Praxis 353 Grundsätzlich sehen i n einer Veräußerung an den Eigentümer eine Z u eignung: RGSt. 57 S. 199 f.; R M G 22 S. 132; B a y O b L G G A 1958 S. 371; Gribbohm, N J W 1966 S. 192; Höpfner, a . a . O . S. 21; Lackner-Maassen, a.a.O. §242 A n m . 5 b, b b ; Lieder, a . a . O . S. 51 fï.; Paulus, a . a . O . S. 172; Rudolphi, G A 1965 S. 43; Saerbeck, a . a . O . S. 58; Schappei, a.a.O. S. 63; Schwarz-Dreher, a.a.O. §242 A n m . 3 A a ; Wedekind, a . a . O . S. 28 f.; Welzel, Lb. S. 343; Wessels, N J W 1965 S. 1156; ders., JZ 1965 S. 634; P. Westermann, N J W 1962 S. 2216; dagegen aber Sauer, B . T . S. 35; Schröder, JR 1965 S. 27; SchönkeSchröder, StGB § 242 Rn. 49; J. Baumann, Diss. S. 34 ff. 354 Anders ausdrücklich Gribbohm, N J W 1966 S. 192; Lieder, a. a. O. S. 52 ff.; Rudolphi, GA 1965 S. 43; Wessels, N J W 1965 S. 1156 f.; ders., J Z 1965 S. 634; Schappei, a. a. O. S. 63. 355 Rückt man bei der Identitätsbestimmung die subjektive Zwecksetzung i n den Vordergrund, so könnte eine Zueignimg durch Identitätsänderung bej a h t werden.

I I I . Die Arten der Vermögensentziehung

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w i r d der W i l l e des Täters, sich ausschließlich d e m E i g e n t ü m e r gegenüber als I n h a b e r umfassender Sachherrschaft auszugeben, i m ü b r i g e n aber F r e m d b e s i t z e r der Sache z u b l e i b e n , a l l e r d i n g s selten sein, w e i l der T ä t e r i n der Regel n i c h t entschlossen sein w i r d , die Sache i n j e d e m F a l l e d e m E i g e n t ü m e r zurückzugeben, auch w e n n die V e r ä u ß e r u n g a n i h n fehlschlägt. S e l t e n w i r d sich der T ä t e r auch ü b e r h a u p t noch k e i n e w e i t e r e n G e d a n k e n gemacht haben, w i e er die Sache n u t z e n w i r d , falls die V e r ä u ß e r u n g a n d e n E i g e n t ü m e r m i ß l i n g t . I m E i n z e l f a l l lassen sich j e doch die verschiedenen M ö g l i c h k e i t e n durchaus unterscheiden, w e n n die gesamten B e g l e i t u m s t ä n d e m i t b e r ü c k s i c h t i g t w e r d e n . B e i s p i e l h a f t sei dieses a n typischen, i n der L i t e r a t u r d i s k u t i e r t e n F ä l l e n v e r d e u t l i c h t : a) Der A ist Lagerarbeiter auf dem Getreidespeicher des G. Dort entwendet er Getreide, f ü l l t es i n Säcke u n d bringt es zu Β . Β veräußert, w i e verabredet, das Getreide wiederum an G. Den Erlös teilen A u n d B. Das Reichsgericht 356 verneinte i n diesem Falle zwar die Absicht der Täter, dem Eigentümer die Sache dauernd zu entziehen u n d diese dauernd für sich zu behalten, begründete jedoch die Zueignungsabsicht m i t Hilfe der Sachwerttheorie. — Nach der hier entwickelten Auffassung liegt i n der Wegnahme bereits eine Zueignung, w e n n A i n diesem Moment entschlossen war, das Getreide dem G n u r gegen Zahlung des Kaufpreises zurückzugeben, sonst aber anderweitig zu verkaufen oder selbst zu verbrauchen. Wenn an weitere konkrete Möglichkeiten der Verwertung noch nicht gedacht war, ist entscheidend, ob sich den Tätern die Veräußerung an den Eigentümer als eine von mehreren ihnen abstrakt zur Verfügung stehenden Möglichkeiten darbot oder nicht. Hatten die Täter bei der Wegnahme das Bewußtsein, ihre wirtschaftliche Potenz i n diesem Moment durch umfassende Sachherrschaft über die fremde Sache zu erweitern, so liegt eine Zueignung vor. Dann wurde nämlich i n diesem Zeitpunkt die bestehende Herrschaftsmacht des Eigentümers vernichtet u n d durch eigene umfassende Sachherrschaft ersetzt. — Bei der Wegnahme von Getreide, dessen Besitz zahlreiche Verwertungsmöglichkeiten bietet, w i r d man, w e n n nicht besondere Umstände vorliegen, davon ausgehen können, daß der Täter bei Begründung seiner Sachherrschaft das Bewußtsein hatte, durch diese Handlung die eigene wirtschaftliche Potenz u m die Herrschaft über das Getreide zu erweitern. V o n einer Achtung der Herrschaftsstellung des Eigentümers u n d einer bloßen Täuschung über die eigene Position gegenüber dem Eigentümer k a n n bei diesem Sachverhalt keine Rede sein 3 5 7 . b) Eindeutiger noch liegt der Sachverhalt bei der Begründung eigener H e r r schaftsmacht über fremdes Geld. Auch w e n n der Täter von vornherein die Absicht hat, m i t dem Geld Schulden bei seinem Gläubiger, dem Eigentümer, zu bezahlen, steht hier doch das Bewußtsein, die eigene wirtschaftliche Potenz durch den Besitz des Geldes gestärkt zu haben, so sehr i m Vordergrund, daß eine Fremdbesitzerstellung des Täters nicht i n Betracht kommt. Unabdingbare Voraussetzung der Zueignung ist aber auch i n diesem Falle, daß der Täter eigene Herrschaftsmacht über das Geld begründet hat. F ü r eine Z u eignung ist daher kein Anhaltspunkt gegeben, w e n n der Täter Geld, das er 358 RGSt. 57 S. 199—200; i m Ergebnis zustimmend B a y O b L G JR 1965 S.26; Welzel, Lb. S. 343; ablehnend Schröder, JR 1965 S. 27; i m übrigen vgl. die Angaben S. 192 A n m . 353. 357 Vgl. auch J. Baumann, Diss. S. 34 ff.

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für den Eigentümer i n Empfang genommen hat, i n die dafür bestimmte Kasse tut, aber buchungstechnisch die Geldsumme anderen Zwecken zuschreibt, als denen, für die das Geld bestimmt war, oder Geld, das i n eine bestimmte Kasse des Eigentümers gehört, i n eine andere Kasse des Eigentümers v e r b r i n g t 3 5 8 . c) Keine Zueignung liegt hingegen v o r i m sog. Fleischfall 3 5 9 : Der Täter beabsichtigte, eine große Fleischmenge, vielleicht ein halbes Schwein, aus einem Wehrmachtsmagazin zu stehlen. Da die Wegnahme dieser Fleischmenge sofort aufgefallen wäre, entnahm er der täglich eingehenden Fleischlieferung ein zwei Pfund schweres Stück Schweinefleisch. A m nächsten Tag brachte er dieses Stück wieder mit, legte es zu der eingehenden Fleischmenge u n d entn a h m ein vier Pfund schweres Stück. A u f diese Weise wollte er die Wegnahme des halben Schweines vorbereiten. Zuvor wurde der Täter aber bereits gefaßt. Das Reichsmilitärgericht begründete die Zueignung der einzelnen Fleischmengen m i t dem Argument, es genüge die Absicht des Täters, die Sache ihrem Substanzwerte nach seinem Vermögen zuzuführen u n d seinen Zwecken dienstbar zu machen 3 6 0 . Richtig wäre es hingegen gewesen, die Zueignung der einzelnen Stücke, die die Wegnahme des halben Schweines n u r vorbereiten sollte, zu verneinen. Der Plan des Täters w a r eindeutig festgelegt auf die Wegnahme eines halben Schweines. Diesen Plan w o l l t e er verwirklichen, konnte es allerdings nur, w e n n er die jeweils zuvor weggenommenen Stücke dem Berechtigten zurückgab. Daß diese Rückgabe nicht „ i n Anerkennung der Eigentümerstellung des Fiskus" erfolgte, sondern w e i l sonst der v o n dem Täter geplante Diebstahl nicht durchführbar war, ist nach der hier entwickelten Ansicht ohne Bedeutung 3 6 1 . B r i n g t der Täter durch sein Verhalten zum Ausdruck, daß er sachlich n u r die Stellung eines Fremdbesitzers innehat, dann ist es gleichgültig, ob der Täter den Berechtigten ausdrücklich als Eigentümer anerkennt u n d sich deshalb n u r als Fremdbesitzer f ü h l t oder nicht. Maßgeblich ist allein die Stellung des Täters zur Sache und die A r t der beabsichtigten Nutzung. Danach aber hatte der Täter bis zu dem Zeitpunkt, i n dem er gefaßt wurde, das Fleisch jeweils n u r zeitweise dem Berechtigten entziehen wollen. 358 a. A . RGSt. 64 S. 415, RG JW 1932 S. 950 f. m i t ablehnender A n m e r k u n g von P. Merkel, JW 1932 S. 950; BGHSt. 9 S. 348 ff. m i t zustimmender A n m e r k u n g von Busch, L M Nr. 10 zu § 350 StGB; Dalcke-Fuhrmann-Schäfer, a. a. O. § 350 A n m . 4; Kohlrausch-Lange, StGB § 350 A n m . I V 2; Petters-Preisendanz, a. a. O. S. 440; Rudolphi, G A 1965 S. 44 f.; Schwarz-Dreher, a . a . O . §350 A n m . 1 B ; Wessels, JZ 1965 S. 636. — Wie hier dagegen: RG JW 1927 S. 908 f.; RG HRR 1940 Nr. 711; Gribbohm, JuS 1963 S. 106 ff.; ders., M D R 1965 S. 874 f.; ders., N J W 1966 S. 192; Koch, N J W 1957 S. 150 f.; Maurach, B . T . S. 242; SchönkeSchröder, StGB §350 Rn. 16 m i t eingehender Übersicht über die Rechtsprechung; — daß es allerdings, wie Schröder meint, darauf ankommen soll, ob der Täter das Geld erst i n die Kasse legt u n d dann falsch verbucht oder umgekehrt, vermag nicht zu überzeugen. I n beiden Fällen fehlt es an der Begründung umfassender eigener Sachherrschaft durch den Täter — ; Welzel, Lb. S. 554. Differenzierend: Lieder, a. a. O. S. 139 ff. — I m Ergebnis wie hier Doerr, JW 1927 S. 909; unzutreffend aber die Begründung. Doerr stellt auf die geldwerte Bereicherung ab, während er i m Gegensatz zum Reichsgericht — JW 1927 S. 908 f. — die Erlangung einer tatsächlichen Machtposition nicht für nötig hält. 359 I n Anlehnung an R M G 20 S. 197 ff. 360 Vgl. R M G 20 S. 199. 361 A u f die Anerkennung bzw. Leugnung der Eigentümerstellung als Unterscheidungsmerkmal zwischen Diebstahl und Gebrauchsdiebstahl stellen ab: Lieder, a. a. O. S. 53 ff.; Rudolphi, G A 1965 S. 41 u n d Wessels, J Z 1965 S. 634; vgl. aber auch Eser, JuS 1964 S. 481; Gerland, a. a. O. S. 574; Schappei, a. a. O. S. 63.

III. Die Arten der Vermögensentziehung Irgendeine andere Verwendungsmöglichkeit hatte der Täter nicht geplant, w e i l er allein auf die endgültige Bereicherung durch das Haben des halben Schweines eingestellt w a r 3 6 2 . d) Unproblematisch ist von hier aus auch die Stellungnahme zu den Fällen der Entwendung v o n Dienstgegenständen oder überhaupt v o n fremden Sachen zur Täuschung des Eigentümers über einen Schadensersatzanspruch 3 8 3 : Wenn A seinem Kameraden Β einen Dienstgegenstand, der dem Β überlassen ist, wegnimmt, w e i l der i h m ausgehändigte Gegenstand abhanden gekommen ist u n d er durch Abgabe des Gegenstandes des Β der Ersatzleistung entgehen w i l l , so ist das keine Zueignung dieses Objekts, sondern n u r ein Besitzdiebstahl. I n keinem Moment des Besitzes w i l l A Eigenbesitz über das Objekt begründen. Er w i l l n u r zeitweise den Besitz innehaben, u n d zwar sogar i n Anerkennung der Eigentümerstellung des Berechtigten. Diese Fälle unterscheiden sich sachlich nicht v o n den unter b) genannten Geldmanipulationsfällen. Die Stellung des Täters bleibt stets Fremdbesitzerstellung. Sie ist vergleichbar der Finderposition jener Zeitgenossen, die fremde Hunde wegnehmen, u m diese als „ehrliche" Finder zurückzubringen, w e n n der Eigentümer eine Belohnung ausgelobt hat. Obwohl diese „Finder" objektiv eigene umfassende Sachherrschaft innehaben, entspricht es heute a l l gemeiner Meinung, eine Zueignung abzulehnen 3 8 4 . Das erkennen auch diejenigen an, die die Leugnung der Eigentümerstellung als das wesentliche M e r k m a l der Zueignung ansehen 385 . Konsequenterweise müßten die Vertreter dieser Auffassung jedoch dann eine Zueignung bejahen, w e n n der Täter k l a r zum Ausdruck bringt, daß er die Eigentümerstellung keineswegs achtet, sondern die Sache allein seines eigenen Vorteils wegen herausgibt, so z.B. w e n n der Täter die Beweisnot des Eigentümers ausnutzt u n d i h m etwa ein weggenommenes Buch ausdrücklich m i t dem Bemerken zum „ K a u f " anbietet, er wisse zwar, daß es i h m nicht gehöre, doch könne der Eigentümer sein Eigentum i n einem etwaigen Prozeß nicht beweisen 3 8 6 . — Der Sachlage mehr gemäß ist jedoch auch hier die Differenzierung. Hat der Täter sich bereits umfassende Sachherrschaft angemaßt, so daß die Rückgabe an den Eigentümer n u r als eine von mehreren möglichen Verwertungsarten erscheint, so ist eine Zueignung zu bejahen. Anderenfalls liegt eine Erpressung vor, denn der Täter droht m i t der Wandlung seiner bisherigen beschränkten Herrschaftsstellung i n eine umfassende Herrschaftsposition, d. h. er droht m i t der über die bisherige Besitzentwendung hinausgehenden Zueignung.

Damit bestätigt die sinnvolle Lösung auch dieser streitigen Fälle, daß wesentliches K r i t e r i u m der Vermögensentziehung i m Rahmen der Zueignung, i m Gegensatz zu der Vermögensentziehung durch bloße Gebrauchsanwendung, die Vernichtung der umfassenden Herrschaftsmacht des Berechtigten über seine Sache ist. Eine derartige Vermögensentzie382

Weitere Fälle bei Nitschke, a. a. O. S. 35, 57. Z u m Streitstand vgl. die Nachweise oben S. 175 A n m . 309. Vgl. z.B. RGSt. 55 S.59f.; Eser, JuS 1964 S.481; Mezger-Blei, Stub. I I S. 137; Maurach, B . T . S. 211; Schönke-Schröder, StGB §242 Rn. 49; SchwarzDreher, a.a.O. §242 A n m . 3 A a ; Welzel, Lb. S. 343. — Schon Feuerbach, Lb. § 316 A n m . c, ordnete diese „Finder" treffend als Betrüger ein. 385 Vgl. Lieder, a . a . O . S.53ff.; Rudolphi, G A 1965 S.41; Wessels, JZ 1965 S. 634. 388 Konsequent Lieder, a. a. O. S. 50 ff. 383

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hung liegt stets vor, wenn dem Eigentümer der Besitz an einer Sache auf Dauer entzogen werden soll, jedoch entscheidend ist das Dauermoment nicht. Die Eigentümerstellung ist umfassend entzogen, wenn der Täter eigene unumschränkte Herrschaftsgewalt über die Sache begründet hat und demgemäß eine Position innehat, auf Grund derer er über das weitere Schicksal der Sache bestimmt. Eben deshalb stehen Enteignung und Aneignung zwingend i n einem Abhängigkeitsverhältnis, nicht aber, weil etwa der Dauer der Entziehung eine Dauer der Aneignung entspricht. bb) Weitere Begriffsmerkmale der Aneignung I n den bisher erörterten Fällen war jeweils streitig, welche A r t der Bereicherung — Gebrauchsanmaßung oder Zueignung — vorlag. Gleich war allen Fällen, daß eine Bereicherung mit der Anmaßung des Herrschaftsverhältnisses erfolgte. Dem Täter ging es darum, seine eigenen Möglichkeiten wirtschaftlicher Nutzung der Sache zu vermehren, nicht aber nur darum, dem Berechtigten Schaden zuzufügen. I h m kam es darauf an, aus dem Haben der Sache Nutzen zu ziehen, die Sache wie einen eigenen Vermögensgegenstand zu nutzen. Enteignung des Berechtigten und Begründung umfassender Sachherrschaft durch den Täter müssen aber nicht notwendig i n der Absicht erfolgen, durch die Sachherrschaft die eigene wirtschaftliche Potenz zu stärken. Die h. M. erfaßt diesen Gedanken i n der Formulierung, die Sache müsse i n das Vermögen des Täters überführt werden, die bloße Begründung umfassender Sachherrschaft über eine Sache erfülle aber nicht notwendig den Sinngehalt einer Überführung der Sache i n das Vermögen des Täters. Erst diese charakterisiere daher die Zueignung und grenze sie von der bloßen Sachentziehung ab 367 . Demgemäß muß die Absicht des Täters bei der Begründung eigener umfassender Sachherrschaft über die Entziehung der Sache aus dem Vermögen des Berechtigten hinaus auf die Erweiterung seiner eigenen wirtschaftlichen Potenz gerade um die Herrschaft über die konkrete, dem Berechtigten entzogene Sache gerichtet sein. I h m muß das Haben der Sache nützlich erscheinen, nicht bloß der Verlust der Sachherrschaft auf Seiten des Berechtigten, dieses muß der Grund sein dafür, daß er die umfassende Sachherrschaft über die fremde Sache anstrebt. — Insoweit steht die Untersuchung noch i n Einklang m i t den Ansichten der Anhänger der Sachwert- und Sachsubstanztheorie, und die jeweils h. M. innerhalb die367 Vgl. dazu RGSt. 61 S. 233, 67 S.335; Binding , Lb. I S.268; Gribbohm, JuS 1963 S. 106; Eser, JuS 1964 S. 479; Jagusch, L K I I Vorb. D I V 2 vor § 242; Kohlrausch-Lange, StGB §242 A n m . I I I 2 b; Lieder, a.a.O. S. 64 ff.; MezgerBlei, Stub. I I S. 132; Schaff stein, G A 1964 S. 101; Schönke-Schröder, StGB § 242 Rn. 45; Wessels, N J W 1965 S. 1153 f.

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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ser Theorien stimmt auch darin überein, daß die durch die Zueignung bewirkte Ausdehnung der aktuellen Möglichkeiten der Entfaltung der Person i m sachlichen Bereich nicht zu einer Vergrößerung des Vermögenswertes i m Sinne des Geldwertes zu führen braucht. Streitig aber ist, ob die Überführung einer Sache i n das Vermögen des Täters ein gewisses Dauermoment verlangt derart, „daß eine dauernde Vermögensverschiebung eintritt i n dem Sinne, daß die Sache aus dem Vermögen des Eigentümers i n das des Täters gelangt, sei es m i t dem Ziel, daß sie dort dauernd bleibt, sei es, daß der Täter sie einem Dritten weitergibt, damit dieser sie behält" 3 6 8 oder nicht 3 6 9 . Schlagwortartig läßt sich dieser Gegensatz i n der Formel erfassen: Genügt die Absicht, die fremde Sache eigennützig wirtschaftlich zu verwenden oder muß Verwertung ins Auge gefaßt sein? — Nach der hier entwickelten Konzeption ist die Entscheidung eindeutig bereits für die erste Möglichkeit gefallen. Als Abgrenzungskriterium zwischen bloßer Gebrauchsanmaßung und Zueignung i m Rahmen eines Eigentumsdelikts ist die Begründung umfassender Sachherrschaft des Täters über die fremde Sache erkannt worden. Geradezu als typischer Fall der Ausübung einer derartigen Herrschaftsposition wurde die dauernde Enteignung des Berechtigten herausgestellt. Umfassende Sachherrschaft über ein Kraftfahrzeug übt demnach sowohl derjenige aus, der das Fahrzeug wegnimmt, um es an einen Dritten zu veräußern, wie auch derjenige, der es entwendet, um es i n den nächsten See zu fahren, es nach einer Urlaubsfahrt zu vernichten oder um es dauernd zu behalten. Gleichgültig unter welche Tatbestände diese Fälle der Vermögensentziehung i m einzelnen zu subsumieren sind, gemeinsam ist ihnen, daß der Täter sich die Stellung des uneingeschränkten Sachherrn anmaßt, indem er den Berechtigten dauernd aus seiner Herrschaftsstellung entsetzt. Die Möglichkeit eines bloßen Gebrauchsdiebstahls, der de lege lata ja gerade deshalb grundsätzlich straflos ist, weil der Schaden des Berechtigten i m Regelfall gering ist, entfällt, wenn die Sache nicht wieder an den Berechtigten zurückgelangen soll. Gerade weil dem Berechtigten die Sache 368 Gallas, Niedersehr. 6 S. 101; zustimmend Bockelmann, Niedersehr. 6 S. 103; Paulus, a.a.O. S. 115, 169; Rudolphi, G A 1965 S. 50; vgl. auch Nagler, L K I I 6./7. Aufl. Vorb. V 2 Β d vor § 242; Schaudwet, JR 1965 S. 414 und Baumann, N J W 1964 S. 706, der darauf abstellt, daß i m Vermögen des Täters etwas auf Dauer verbleiben müsse. 369 So die h. L. u n d Rechtsprechung vgl. : RGSt. 64 S. 260... BGHSt. 22 S. 45 if. ; Überblick über die Rechtsprechung bei Schaudwet, JR 1965 S. 414 Anm. 1,2; i m übrigen vgl. Androulakis, JuS 1968 S. 411; Arndt, D A R 1954 S. 30; Jagusch, L K I I Vorb. D V 2 d v o r § 242; Kohlrausch-Lange, StGB § 242 A n m . I I I 2 b ; Lieder, a.a.O. S. 68 ff.; Maurach, B . T . S. 209; Mezger-Blei, Stub. I I S. 137, 163; Richter, JW 1935 S.3389; Rilk, J W 1935 S.3388; Rohling, D J 1938 S.302; Schaff stein, G A 1964 S. 101; ders., GS 103 S. 294 f.; Schröder, JR 1964 S. 229; Schönke-Schröder, StGB § 242 Rn. 51; Seibert, D A R 1955 S. 298 f.; ders., N J W 1958 S. 1222; Welzel, Lb. S. 343; Wessels, N J W 1965 S. 1155 f.; ders., J Z 1965 S. 634.

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

als die nämliche zurückgegeben wird, kann sich der § 248 b StGB, der die Gebrauchsentwendung von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern unter Strafe stellt, m i t einem geringeren Strafmaß begnügen als es dem Tatbestand des Diebstahls angemessen ist. Sieht man dagegen i n der Begründung umfassender Sachherrschaft über eine fremde Sache i n der Absicht, diese zu nutzen und sodann so zu verbringen, daß der Eigentümer sie nicht zurückerhält, einen „durch dauernde Enteignung qualifizierten Fall des furtum usus" 370 , ist die Abgrenzung nach der Qualität der entzogenen und neu begründeten Herrschaftsmacht über die Sache verbaut. Maßgeblich ist sodann die Entscheidung, ob der Täter i n seinem Vermögen etwas auf die Dauer behält — letztlich nämlich den Geldwert der zugeeigneten Sache —, womit die Sachwerttheorie i n vollem Umfange anerkannt ist. Zutreffend betont gerade Baumann, daß „vom Standpunkt der Sachwerttheorie i m Vermögen etwas auf Dauer verbleiben muß" 3 7 1 . Für Baumann als einen Anhänger der sogenannten Vermögenstheorie i m Rahmen der Eigentumsdelikte ist diese Stellungnahme nur folgerichtig; gerade dies aber sollte den Anhängern der Gegenansicht zu denken geben. Daß dieses „etwas", das auf Dauer i m Vermögen verbleiben soll, auch nur der Nimbus, Schenker zu sein, oder die mehr oder weniger große Dankbarkeit des Beschenkten sein kann, mag noch hinzunehmen sein. Zu überzeugen vermag die Ummünzung dieser Werte i n bleibende Vermögenswerte keineswegs. I m übrigen zeigen sich spätestens bei der Entscheidung des konkreten Falles die Schwächen der Sachwerttheorie i n vollem Umfange. Wie ζ. B., wenn der Täter eine Rasierklinge wegnimmt, m i t der 50 Rasuren möglich sind, u m sie am nächsten Tag, nach einer Woche, nach 10 oder 20 Tagen wegzuwerfen, w e i l er dann den eigenen Rasierapparat aus der Reparatur zurückerhält? Wie, wenn der Täter eine Autobatterie entwendet, um seine eigene aufzuladen und die fremde Batterie, die sich durchaus noch selbst wieder auflädt, wieder i n das Kraftfahrzeug des Berechtigten einbaut; wie, wenn er die fremde Batterie wegwirft? Eindeutige und überzeugende Entscheidungen erscheinen kaum möglich. Anders hingegen, wenn man der entwickelten Auffassung folgt und die Zueignung als ein Verhalten definiert, i n dem sich der Wille des Täters, den Eigentümer aus seiner Herrschaftsstellung über eine Sache zu verdrängen und selbst umfassende Sachherrschaft über diese Sache zu begründen i n der Absicht, diese eigennützig wirtschaftlich zu verwenden, manifestiert. I n Anlehnung an den Sachverhalt einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs 372 seien die möglichen Konstellationen und ihre rechtliche Einordnung kurz aufgezeigt: 370 371 372

Gallas, Niedersehr. 6 S. 101. Baumann, N J W 1964 S. 706. B G H bei Dallinger, M D R 1966 S. 727.

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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Β gibt dem A eine Pistole zur Reparatur: aa) Wegen Fehlens eines Ersatzteils, v o n dem A annimmt, auch Β könne es i h m nicht beschaffen, k a n n A die Reparatur nicht ausführen. E r w i r f t die Pistole i n den Mülleimer, dessen I n h a l t bald darauf von der M ü l l a b f u h r abtransportiert w i r d . — Keine Zueignung, sondern bloße Sachentziehung. Z w a r mag darin, daß A die Waffe i n den Mülleimer warf, ohne den Eigentümer zuv o r zu fragen, eine „typische Eigentümerhandlung" zu sehen sein, auch maßt sich A ohne Zweifel i n diesem Moment umfassende, ausschließliche Sachherrschaft an. Das Vorliegen einer Zueignung ist jedoch m i t dem B G H abzulehnen. A zieht aus der Sache weder eigenmächtig wirtschaftlichen Nutzen noch v e r wertet er diese. Er entzieht n u r dem Eigentümer die Sachherrschaft auf Dauer. Es fehlt das wirtschaftliche Moment der Zueignung, die Bereicherung u m das Haben der Sache i n der Absicht, aus diesem Haben wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen. bb) A repariert die Pistole und, da er sich gern i m Schießen üben w i l l , erzählt er dem B, die Reparatur dauere noch eine Woche. I n der Zwischenzeit schießt A einige hundertmal m i t der Waffe, dann gibt er diese dem Β ordnungsgemäß zurück: Keine Zueignung, sondern bloße Gebrauchsanmaßung. — I n dieser Fallvariante zieht A zwar wirtschaftlichen Nutzen aus dem Haben der fremden Sache. Er maßt sich insoweit auch den Besitz rechtswidrig an. Jedoch begründet A nicht umfassende, ausschließliche Sachherrschaft an der Sache. Er w i l l n u r dem Β zeitweilig den Besitz entziehen. I m übrigen aber w i l l er die Pistole von Anfang an dem Β zurückgeben, damit dieser seine H e r r schaft an der Sache fortsetzt. Auch die A r t des Gebrauchs steht m i t dieser Rückgabe i m Einklang, denn sie führt nicht zu einer Verwertung der Sache. cc) A repariert die Pistole, sodann eilt er m i t der Waffe zu X , den er erschießt. Die Waffe w i r f t A , w i e zuvor geplant, i n einen Fluß, u m seine Spuren zu verwischen. Dem Β erzählt er, wegen Fehlens eines Ersatzteils, das nicht zu beschaffen sei, habe er das nunmehr wertlose Stück weggeworfen. — Indem A die reparierte Pistole an sich nahm, u m den X zu erschießen, begründete er umfassende Sachherrschaft über die Sache, und zwar i n der Absicht, die Sache zweckentsprechend, d. h. wirtschaftlich zu nutzen. Er w a r f die Waffe weg, w e i l sie nach dieser Nutzung für i h n keinen Wert mehr hatte, sondern höchstens eine Belastung bedeutete. Sein Verhalten ist als Zueignung zu interpretieren 3 7 3 . dd) A repariert die Pistole, dann begibt er sich m i t der Waffe auf eine Brücke u n d begeht dort Selbstmord, so daß Leiche u n d Pistole i n das Wasser fallen. Die Leiche w i r d stromabwärts an das Ufer geschwemmt, die Pistole nicht wiedergefunden. — Dieser F a l l unterscheidet sich i n der rechtlichen Würdigung nicht von dem unter cc) genannten. I m preußischen Strafrecht des 19. Jahrhunderts w a r es gerade dieser Sachverhalt, an dem sich der Streit entzündete, ob die Zueignungsabsicht eine Vergrößerung des Geldwertes des Vermögens erfordere oder nicht. A b e r n u r diejenigen lehnten eine Zueignung ab, die eine Vermehrung des Geldwertes des Vermögens forderten. M i t der Aufnahme der Zueignungsabsicht i n den Tatbestand des Diebstahls an Stelle der Gewinnsucht glaubte man allerdings, diesen F a l l i m Sinne der Bejahung einer Zueignung endgültig entschieden zu haben 3 7 4 . ee) A repariert die Pistole. Sie gefällt i h m u n d er beschließt, sie zu behalten, obwohl er zunächst keine konkrete Verwendung dafür hat. Dem Β macht 373 Schaffstein, G A 1964 S. 101, meint sogar, niemand würde bezweifeln, daß i n diesem Falle ein Diebstahl vorliege. 374 Vgl. Goltdammer, a. a. O. S. 466.

2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

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er weis, er habe die Waffe weggeworfen, da sie nicht zu reparieren war. Nach Jahresfrist vernichtet A die Waffe. — Auch i n dieser Fallvariante liegt bereits i n der Ableugnung des Besitzes die Zueignung der Waffe durch A. I n diesem Moment begründet A nach außen erkennbar umfassende Sachherrschaft über den Gegenstand u n d entzieht dem Β die diesem bis dahin eigene Herrschaftsposition. A n der Einverleibung i n das eigene Vermögen fehlt es nicht, denn w e n n der Täter die Sache haben w i l l , u m später über ihre endgültige Verwendung zu befinden, eignet er sich genau jenen Nutzen zu, der i m Haben einer Sache liegt: Er verschafft sich auf G r u n d seiner V o r r a t s w i r t schaft eine Ausgangsbasis f ü r weitere wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeiten, die i h m die wirtschaftliche Potenz durch das Haben der Sache vermittelt.

Die Zueignung unterscheidet sich demnach von der bloßen Gebrauchsanmaßung durch die A r t des seitens des Täters begründeten Herrschaftsverhältnisses — uneingeschränkte Ausübung der Sachherrschaft, womit bekundet wird, daß die Herrschaftsstellung des Eigentümers als nicht mehr existent angesehen w i r d — und von der bloßen Sachentziehung durch die Absicht des Täters, die Sache wirtschaftlich zu nutzen. Die eigene umfassende Sachherrschaft muß der Täter bewußt — dolus directus — als uneingeschränkte Sachherrschaftsposition begründen 375 . Die Absicht der wirtschaftlichen Nutzung ist Absicht i m strengen Sinne — dolus directus 1. Grades —. N i m m t der Täter ζ. B. ein Kraftfahrzeug weg, um es i n einem fernen See zu versenken, und fährt er m i t dem Auto dorthin, so nutzt er dieses zunächst wirtschaftlich und weiß das auch. Dennoch fehlt es ihm an der Absicht, sich aus der Herrschaft über die Sache einen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen. Dem Täter geht es nicht um den Gebrauchsvorteil, der m i t dem Haben der Sache verbunden ist, sondern allein um die Schädigung des Eigentümers. Der Gebrauch der Sache ist nur notwendiges Durchgangsstadium zu der Vernichtung der Sache. Damit fehlt es dem Täter an der Absicht, sich die fremde Sache zuzueignen. Gleiches gilt für den Fall der Wegnahme von Anstaltskleidung durch einen flüchtenden Strafgefangenen. Dieser nutzt zwar die Kleidung solange bis er sie fortwirft und hat damit den wirtschaftlichen Vorteil, daß er nicht i n Unterhosen durch die Gegend zu eilen braucht. A u f diesen Gebrauchsvorteil kam es ihm aber gerade bei der Begründung der umfassenden Sachherrschaft über die Sache nicht an, er nimmt ihn nur als notwendige Begleiterscheinung hin 3 7 6 . Ist der Wille des Täters jedoch gerade auf die Erlangung eines Gebrauchsvorteils an der fremden Sache gerichtet, so entscheidet allein die A r t der Sachherrschaft, die er bewußt über die Sache ausübt, darüber, 375

Dazu eingehend Schaff stein, G A 1964 S. 102 ff. Vgl. auch Maurach, B. T. S. 208; Jagusch, L K I I § 242 Anm. V 3; S chaff stein, G A 1964 S. 101 A n m . 11; Lackner-Maassen, a. a. O. § 242 A n m . 5 a; B G H M D B 1960 S. 689. 376

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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ob eine Zueignung vorliegt oder nicht. Eine Zueignung liegt daher vor, wenn der Gefangene dem Wärter die Schlüssel entwendet, um sie nach öffnen der Gittertüren draußen wegzuwerfen 377 . Gebrauchsdiebstahl, wenn der Schlüssel i n der letzten Tür steckenbleiben soll. — Zueignung, wenn der Fetischist einen Schlüpfer entwendet, gleichgültig, ob er i h n selbst lange Zeit tragen oder demnächst nach einer Selbstbefriedigung fortwerfen w i l l 3 7 8 . — Zueignung, wenn der Täter ein Kraftfahrzeug wegnimmt, um es nach einer Vergnügungsfahrt zu vernichten oder dem willkürlichen Zugriff Dritter auszusetzen. Gebrauchsdiebstahl, wenn der Täter davon ausgeht, daß der Berechtigte das Kraftfahrzeug auf Grund der A r t des Abstellens zurückerhält 379 . Der Rückstellungswille darf jedoch nicht mit dem bloßen — rechtlich irrelevanten — Wünschen verwechselt werden. Der Täter muß daher von seiner Fähigkeit zur Rückstellung überzeugt sein, d. h. das Bewußtsein haben, die Möglichkeit zur Rückstellung zu beherrschen, sie i n den Händen zu haben. Daß er bei der Rückgabe m i t der Hilfe anderer Personen rechnet, ist unwesentlich, wenn er diese Hilfe einplant 3 8 0 . Bloßes Hoffen, Wünschen oder Vermuten, daß die Rückgabe erfolgt, genügt nicht. Wer ζ. B. eine fremde Sache verpfändet, weil er hofft, das Pfand einlösen zu können, falls er einen Kredit erhält, i m Lotto gewinnt oder eine Erbschaft macht, obwohl keinerlei konkrete Anhaltspunkte für ein solches Ereignis sprechen, eignet sich die verpfändete Sache zu. Genauso als wenn er die Sache veräußert hätte i n der Hoffnung, sie zurückkaufen zu können, hat er die Herrschaft über die Rückgabemöglichkeit aus der Hand gegeben 381 . Verpfändet der Täter hingegen eine fremde Sache, um einen Zeitraum bis zur nächsten Gehaltszahlung, der Überweisung eines schon feststehenden Lottogewinns oder der Auszahlung einer Erbschaft, die schon angefallen ist, zu überbrücken, so fehlt es an seinem Bewußtsein, umfassende Sachherrschaft auszuüben. Er w i l l die Eigentümerstellung nur zeitweise mißachten, sie sich selbst jedoch nicht uneingeschränkt anmaßen 382 . 377

Vgl. B G H M D R 1960 S. 689 ; dazu Lieder, a. a. O. S. 72 ff. Vgl. O L G H a m b u r g M D R 1954 S. 697. — Eine ganz andere Frage ist es, ob m a n derartige Handlungen nicht einem Spezialtatbestand der Sittlichkeitsdelikte zuordnen sollte, da die M o t i v a t i o n dieses Täters zu w e i t von der eines typischen Vermögenstäters abweicht. Eigentlich geht es diesem Täter n ä m lich k a u m noch u m den Gebrauch der Sache selbst. Dieser ist sekundär gegenüber seiner Vorstellung, die er an die Sache knüpft. Nicht die Absicht, seine wirtschaftliche Macht zu vergrößern, leitet den Täter, sondern seine Wollust, deren Befriedigung n u r noch sehr bedingt m i t der Sache selbst verknüpft ist. 379 Vgl. zum Streitstand oben S. 197 Anm. 369. 380 Schaffstein, G A 1964 S. 107 ff. 381 Anders, w e n n der Verkäufer einer fremden Sache sich ausdrücklich ein Rückkaufrecht einräumen läßt für den Fall, daß der Eigentümer ermittelt w i r d ; vgl. RGSt. 11 S. 17 ff. 382 Wenn auch bezüglich der Anforderungen an den Dolus i m einzelnen Unterschiede gemacht werden, so doch grundsätzlich übereinstimmend: RGSt. 378

2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

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Problematischer sind wiederum die Fälle der Vernichtung von Schriftstücken nach der Kenntnisnahme. Schröder z.B. meint 3 8 3 , daß derjenige, dem es um die Erlangung der Kenntnis von dem Inhalt eines Schriftstücks geht, sich dieses Papier zueignet, falls er Briefe, Urkunden o. ä. i n der Absicht entwendet, sie nach der Kenntnisnahme vom Inhalt zu vernichten oder sonst dem Eigentümer nicht wieder zuzustellen. — Demgegenüber hat sich das OLG Celle 384 auf den Standpunkt gestellt, eine Zueignungsabsicht sei nur zu bejahen, wenn der Täter bei der Entwendung der Schriftstücke die Absicht habe, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen und diesen Inhalt vorteilhaft für sich auszunutzen. — Diese Ansicht scheint der hier entwickelten Meinung zu entsprechen, daß die Zueignung die Absicht wirtschaftlicher Nutzung erfordert. Dennoch ist Schröder zuzustimmen, allerdings m i t der Einschränkung, daß es dem Täter bei der Wegnahme gerade u m die Kenntnis des Inhalts des Schriftstückes geht und nicht nur um dessen Vernichtung 3 8 5 . Die Absicht, bestimmte Kenntnisse zu erwerben und insofern das Schriftstück wirtschaftlich zu nutzen, ist nämlich streng von der Absicht einer Sachentziehung für den Fall, daß i n dem Schriftstück ganz bestimmte M i t teilungen enthalten sind, und der Absicht, aus bestimmten Kenntnissen geldwerten Nutzen zu ziehen, zu trennen. Beschließt der Täter ζ. B. eine Personalakte wegzunehmen und sie, falls darin etwas i h m Ungünstiges enthalten ist, zu vernichten 386 , so w i l l er die Akte zwar vor der Vernichtung „benutzen zur Kenntnisnahme von ihrem Inhalt", dennoch geht es i h m nicht um die Erlangung bestimmter Kenntnisse, sondern allein um die Vernichtung der Sache, allerdings unter der Bedingung, 2 S. 26 f . . . 66 S. 156 f . . . BGHSt. 12 S. 299 if.; Binding , Lb. I S. 269 A n m . 4; ders., Normen I I 2 S. 1049 A n m . 34; Dobbelmann, a.a.O. S. 74; Frank , StGB § 242 A n m . V I I 2 a γ; Rosemarie Frank , a.a.O. S. 192; Hälschner, I I S. 352; Harburger, a. a. O. S. 214; Jagusch, L K I I Vorb. D V 2 d vor § 242; KohlrauschLange, StGB §246 A n m . I I I ; Krebs, a . a . O . S. 59; Lackner-Maassen, a.a.O. § 246 Anm. 5 a, aa; Maurach, B. T. S. 241 f.; Merkel, H H I I I S. 699; Meyer-Allfeld, a.a.O. S. 437 f. ; Olshausen-Kirchner, 12. Aufl. §242 A n m . 26 b; Rotering, GS 36 S. 561 ff.; Sauer, G A 63 S. 298; Schappei, a. a. O. S. 68; Wachenfeld, Lb. S. 374; Welzel, Lb. S. 345; m i t eingehender Begründung: Baumann, Sicherungsrechte S. 51 ff.; Bockelmann, J Z 1959 S. 497; Paulus, a.a.O. S. 206 if. — a. Α. einerseits ν. Lilienthal, ZStW 32 (1911) S. 20, der i n der Verpfändung niemals eine Zuneigung sieht; andererseits Oppenhoff-Delius, a. a. O. § 246 A n m . 34; Eckstein, G A 59 S. 432, die i n jeder Verpfändung eine Zueignung erblicken, wobei Eckstein lediglich dann eine Ausnahme macht, w e n n das Pfand t a t sächlich eingelöst w i r d . 383

Vgl. JR 1964 S. 267 u n d Schönke-Schröder, StGB § 242 Rn. 51. JR 1964 S. 266: Entwendung und anschließende Vernichtung von Briefen, die der Täter an sich gebracht hatte, u m auf G r u n d der erlangten Kenntnisse aus dem I n h a l t der Briefe m i t Hausbewohnern i n K o n t a k t treten zu können u n d sie bei dieser Gelegenheit zu bestehlen. 385 Vgl. auch Lieder, a. a. O. S. 104 ff.; Paulus, a. a. O. S. 169. 386 Vgl. O L G K ö l n N J W 1950 S. 959 m i t ablehnender A n m . Feldmann, N J W 1950 S. 959. 384

III. Die Arten der Vermögensentziehung daß i n ihr für ihn Übles enthalten ist. Der Fall ist nicht anders zu entscheiden, als wenn der Täter i n der Eile mehrere Akten ergriffen und vor der Verbrennung der ihn betreffenden Akte, zu der er von vornherein entschlossen war, noch einmal nachgeschaut hätte, ob auch die richtige Akte dabei wäre. K r i t e r i u m ist nicht eine weitere Vorteilsgewinnung aus der Sache — der Täter setzt die erworbenen Kenntnisse zur Erlangung wirtschaftlicher Vorteile ein — gegenüber der bloßen Absicht der Erlangung bestimmter Kenntnisse. Sinnvoll ist vielmehr danach zu differenzieren, ob der Täter sein eigenes Wissen erweitern w i l l , sei es um materielle Vorteile aus diesem Wissen zu schlagen, oder sei es, um sein weiteres Verhalten zu bestimmten Personen besser einrichten zu können oder auch nur, um weitere Kenntnisse zu sammeln, seine Neugier zu befriedigen oder sich einen Wissensvorrat aufzuspeichern. Bei diesem Sachverhalt ist eine Zueignung stets zu bejahen, auch wenn der Täter nach der Kenntnisnahme die Urkunde zerstört, wegwirft oder unleserlich macht. W i l l der Täter hingegen gar nicht seine Kenntnisse erweitern, sondern geht es i h m allein darum, dem Berechtigten die Unterlagen zu entziehen, so ist es gleichgültig, ob er sich zuvor überzeugt, daß es sich auch um die richtigen Urkunden handelt. — Die Wegnahme von Personalakten durch einen Rechtskandidaten, dem es darum zu tun ist, Beweismaterial gegen sich zu beseitigen, kann daher entgegen der A n sicht des OLG Köln nicht als Zueignung angesehen werden, auch wenn der Täter die Akten vor der Vernichtung durchgelesen hat 3 8 7 . Sieht man hingegen die Verwertung und damit die Zueignung des Schriftstückes i n der Tatsache, daß sich nunmehr die Beweisposition des Täters i n dem Maße verbessert hat, wie sich die Position der Behörde verschlechterte, dann müßte i n jeder Vernichtung eines Beweismittels eine Zueignung liegen. Die Unterscheidung zwischen Bereicherung durch Zueignung und bloßer Vermögensentziehung, aus der sich der Täter einen Vorteil verspricht, wäre i n einem Teilbereich aufgehoben. Die Vernichtung einer Sache i n egoistischer Absicht wäre schlechthin Zueignung. Diese Auffassung ist aber nur vom Boden einer extremen Sachwerttheorie her möglich. Nicht die Überführung eines unmittelbar i n einer Sache verkörperten Wertes würde hier als Verwertung interpretiert

387 Das O L G K ö l n stützt zwar seine Ansicht auf das Argument, dem Täter sei es darum gegangen, gegen i h n sprechendes Beweismaterial endgültig i n seine Hände zu bekommen, u m darüber jederzeit frei verfügen zu können — insoweit steht die Entscheidung i n vollem Einklang m i t der hier vertretenen Ansicht —, doch ergibt der v o m O L G festgestellte Sachverhalt keinen Hinweis auf diese Absicht des Täters. Nach dem Sachverhalt ging es dem Täter v o n Anfang an eindeutig u m die Vernichtung der Unterlagen u n d u m nichts w e i ter. — Differenzierend w i e hier: RG JW 1922 S. 293 m i t zustimmender A n m . von Wach; Kohlrausch-Lange, StGB § 242 Anm. I I I 2 b ; Lieder, a. a. O. S. 104 ff.; Meyer-Allfeld, a . a . O . S.446 A n m . 35; Olshausen-Kirchner, 12. Aufl. §242 A n m . 26 a; Schönke-Schröder, StGB § 242 Rn. 51.

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

werden, sondern die Erlangung eines Vorteils, der i n irgendeinem Zuzusammenhang m i t der fremden Sache gestanden hätte 3 8 8 . Zur Absicht der wirtschaftlichen Nutzung aber noch folgendes: Kann die Wegnahme i n der Absicht der bloßen Schädigung des Eigentümers nicht als Zueignung interpretiert werden, weil gerade aus der Sache selbst kein Nutzen für irgendwelche Zwecke des Täters gezogen werden soll, so ist die Zueignung auch dann abzulehnen, wenn der Täter i n Zerstörungswut handelt, d.h. durch die Zerstörung der Sache bestimmte Lustgefühle befriedigt. Auch hier liegt keine Verwendung der Sache zu eigenem wirtschaftlichem Nutzen des Täters vor, vielmehr richtet der Täter seine Aggression nur gegen ein bestimmtes Objekt. Nicht das Haben der Sache w i r d hier eigenmächtig genutzt, sondern die Sache w i r d zum Gegenstand bestimmter Handlungen gemacht, die gerade auf die Zerstörung der Sache gerichtet sind. Diese Zielrichtung ist aber jeder Zerstörung eigen 389 . Keinesfalls scheitert die Zueignung i n diesem Falle daran, daß der Täter keinen materiellen Gewinn aus dem Haben der Sache zieht. Eine Vorteilsabsicht i n diesem Sinne ist nicht erforderlich. Daher liegt eine Zueignung auch dann vor, wenn der Täter die fremde Sache verschenkt, gleichgültig, ob er als Schenker i n Erscheinung t r i t t oder nicht. Die Realisierung der Möglichkeit, Mildtätigkeit zu üben, ist eigenmächtige Nutzung der Sache, unabhängig davon, ob der Täter Dank ernten w i l l , andere Vorteile erwartet, Aufwendungen erspart oder nicht 3 9 0 . Zu beachten ist aber stets, daß es dem Täter bei der Begrün388 Eine Zueignung hingegen liegt auch dann vor, w e n n ein Schriftstück weggenommen w i r d , u m damit eine Täuschung durchzuführen, u n d es sodann fortzuwerfen: vgl. den Sachverhalt: O L G H a m b u r g JR 1964 S. 228 f.: Wegnahme u n d Befestigung am eigenen Wagen eines von der Polizei an einem fremden Wagen angebrachten Zettels m i t der Aufforderung, auf der Polizeiwache vorzusprechen, anderenfalls m i t einer Anzeige zu rechnen sei, i n der Absicht, bei dem kontrollierenden Beamten den Eindruck zu erwecken, der Täter sei bereits als Verkehrssünder notiert worden. — Zutreffend hebt Schröder, JR 1964 S. 292, i n einer A n m e r k u n g zu dieser Entscheidung hervor, daß es i n derartigen Fällen sehr zweifelhaft sein kann, ob der Berechtigte den Zettel zurückerhalte. E i n strafloser Gebrauchsdiebstahl komme aber n u r i n Betracht, w e n n der Täter m i t Sicherheit damit rechnet, daß er zur Rückführung der Sache an den Berechtigten nach Gebrauch imstande sein werde, a. A. O L G Hamburg, a.a.O. u n d Baumann, N J W 1964 S. 705 ff.; Lackner-Maassen, a. a. O. § 242 A n m . 5 b aa. 389 Vgl. auch J. Baumann, Diss. S. 28 A n m . 2. 390 Vgl. auch Roxin, Täterschaft S. 341 ff.; Rudolphi, G A 1965 S. 41 f., 51 ff.; J. Baumann, Diss. S. 26 f.; R. v. Hippel, Lb. S. 240; Jagusch, L K I I Vorb. D V I 3 vor §242; Mezger, JW 1934 S. 1658; ders., DR 1940 S.286; Schaffstein, GS 103 S. 315 f.; ders., J W 1931 S. 2132; Wachenfeld, ZStW 40 (1919) S. 324 f.; desgl. RGSt. 5 S. 7, RG J W 1934 S. 1657; i n DR 1943 S. 756 begründet das RG seine Auffassung ausdrücklich m i t einem Analogieschluß. L G Offenburg M D R 1953 S. 693 f. — Die h. M. bejaht hingegen die Zueignung nur, w e n n der Täter bei der Weitergabe an einen D r i t t e n zugleich als Schenker oder Quasiberechtigter a u f t r i t t — vgl. RGSt. 61 S. 233, 67 S.335; Frank, StGB §242 A n m . V I I 2 a ß ; Maurach, B . T . S. 209; Mezger-Blei, Stub. I I S. 137; Paulus, a.a.O. S. 120 f., 215; Schröder, JR 1962 S. 348; Schönke-Schröder, StGB § 242 Rn. 62; Schwarz-

III. Die Arten der Vermögensentziehung dung umfassender Sachherrschaft gerade auf diese Zwecknutzung ankommt. W i l l der Täter lediglich den Eigentümer schädigen und entzieht er die Sache daher dem Berechtigten und setzt sie dem Zugriff Dritter aus, anstatt sie zu zerstören, so liegt nur eine Sachentziehung, nicht aber eine Zueignung vor. Die Zueignung w i r d erst durch den Dritten vorgenommen, der umfassende Herrschaftsmacht über die Sache begründet. d) Zusammenfassung Nach der hier entwickelten Ansicht w i r d der Zueignungsbegriff durch drei wesentliche Merkmale geprägt: 1. durch die Enteignung, d. h. durch die Vermögensentziehung gegenüber dem Berechtigten; 2. durch die Aneignung, d. h. durch die Begründung umfassender uneingeschränkter Sachherrschaft seitens des Täters; 3. durch die Absicht des Täters, die fremde Sache eigenmächtig w i r t schaftlich zu nutzen. Enteignung und Aneignung stehen i n einem notwendigen inneren Abhängigkeitsverhältnis. Sie bestimmen sich inhaltlich wechselseitig. Enteignung und Aneignung müssen vom Täter bewußt — dolus directus — verwirklicht werden, derart, daß sich die deliktische Verhaltensweise auch nach außen kundtut. Die Absicht der eigenmächtigen wirtschaftlichen Nutzung der Sache durch den Täter erfordert dolus directus 1. Grades. — Die Zueignungsabsicht ist demnach gerichtet auf Begründung umfassender Sachherrschaft über eine Sache, die i m Vermögen eines anderen steht, weil der Täter diese Sache eigennützig wirtschaftlich verwenden w i l l . Zueignung ist ein Verhalten, mit dem der Täter zum Ausdruck bringt, daß er umfassende Sachherrschaft über eine fremde Sache ausübt, weil er diese eigenmächtig wirtschaftlich nutzen will. Dreher, a. a. O. § 246 A n m . 2 Β b — oder wenn der Täter wirtschaftlichen N u t zen oder wirtschaftliche Vorteile i m „weitesten Sinne" aus der Sache erlangt; vgl. B G H G A 1953 S. 84, BGHSt. 4 S. 238 f., B G H N J W 1954 S. 1295, B G H G A 1959 S. 373; B a y O b L G G A 1958 S. 371; O L G Bremen M D R 1948 S. 261; eingehende weitere Nachweise zur Rspr. bei Schönke-Schröder, StGB § 242 Rn. 62. — H i n t e r dieser Auffassung verbirgt sich wiederum lediglich die Vorstellung, eine Sache könne nicht i n das Vermögen des Täters einverleibt worden sein, w e n n der Geldwert des Vermögens sich nicht vermehrt habe. Diese Stellungnahme ist allein v o m Standpunkt einer extremen Sachwerttheorie vertretbar. Die Verteidigung der BGH-Rechtsprechung durch Paulus, a. a. O. S. 123 A n m . 41 gegen Roxin, Täterschaft S. 344, 348 geht fehl. Sachlich richtig ist zwar, daß die Interpretation dieser Vorteile als der i n Frage stehende Sachwert der zugeeigneten Sache unzutreffend ist, jedoch ist das nicht die Ansicht der Rechtsprechung. Sonst wäre es nicht zu begründen, w a r u m es auf diese Vorteile ankommen sollte, obwohl eine Bereicherung u m Geldwerte nicht vorzuliegen braucht.

2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

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Die Zueignung ist m i t der Verwertung der Sache demgemäß nicht identisch. Diesen Unterschied verkennt die Sachwerttheorie. Die Begründung der Sachherrschaft über eine Sache geschieht zwar, weil es dem Täter um Wertgewinn geht, stellt aber nicht notwendig die Verwertung dar. Ausnahmsweise kann die Verwertung einer Sache aber eine Zueignung sein. — Dem Täter geht es bei der Zueignung um Bereicherung durch die Begründung umfassender Sachherrschaft über eine fremde Sache. Er strebt diese Herrschaft an, weil sie für ihn wertvoll ist, denn sie erweitert i h m die Möglichkeiten der Entfaltung seiner Persönlichkeit i m sachlichen Bereich. Insofern ist jede Zueignung auch Wertverschaffung. Dennoch kann eine so verstandene Werttheorie nicht zu einer Doppelung des Zueignungsbegriffs führen. Es liegt ein einziger Zueignungsbegriff vor, der lediglich auch wertende Gesichtspunkte enthält und nicht rein objektiv-formal konstruiert ist 3 9 1 . Da aber nur der der Sache eigene, der i n ihr unmittelbar verkörperte Wert i n die Entscheidung einbezogen wird, handelt es sich um eine modifizierte Sachsubstanztheorie. Den hier i n Rede stehenden Wert eignet sich der Täter m i t der Begründung umfassender Sachherrschaft über die fremde Sache zu, denn weil dieser Wert nicht von der Sache trennbar ist, erlangt der Täter mit der Sache auch den i n ihr verkörperten Wert 3 9 2 . Diese Inhaltsbestimmung des Zueignungsbegriffs basiert grundsätzlich auf den Erkenntnissen der verschiedensten Anhänger der Sachsubstanztheorie, doch finden sich auch bei Vertretern der Vereinigungstheorie wesentliche Gesichtspunkte. Eindeutig, das geht bereits aus der Untersuchung selbst hervor, gilt dieses für die Gedanken von Bockelmann 3 9 3 . Hinzuweisen ist darüber hinaus auch auf die Ausführung von Eser 394 , Blei 3 9 5 , Schröder 396 und Wessels397. 3. Die Bereicherung

Da die Zueignung nach der hier entwickelten Ansicht nur ein Sonderfall der Bereicherung ist, nämlich Bereicherung durch umfassende Sachherrschaft über eine Sache, die dem Täter nicht gehört, sind wesentliche Begriffsmerkmale der Zueignung zugleich Begriffsmerkmale der Bereicherung. Der Begriff der Bereicherung ist lediglich weiter als der der Zueignung. Während das Objekt der Zueignung auf Sachen beschränkt ist, die dem Täter nicht gehören, und die A r t der Bereicherung durch 391 392 393 394 395 396 397

Vgl. auch Bockelmann, ZStW 65 (1953) S. 575. Insoweit inkosequent: Bockelmann, ZStW 65 (1953) S. 576. Vgl. ZStW 65 (1953) S. 574 f. Vgl. JuS 1964 S. 481. Vgl. Stub. I I S. 133. Vgl. JR 1965 S. 27; Schönke-Schröder, StGB § 242 Rn. 47. Vgl. JZ 1965 S. 634 u n d N J W 1965 S. 1156 f.

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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umfassende Sachherrschaft gekennzeichnet wird, kann jedes Vermögensgut Objekt der Bereicherung sein, und die Herrschaftsbeziehung braucht nicht umfassend ausgestaltet zu sein, es genügt, daß es sich überhaupt um eine von der Rechtsordnung anerkannte Herrschaftsbeziehung zu einem Vermögensgut handelt 398 » 3 9 9 . I n der Absicht, i n der der Täter diese Herrschaftsbeziehung begründet, unterscheiden sich Zueignung und Bereicherung hingegen nicht, insbesondere kann die Bereicherungsabsicht nicht als Absicht, den Geldwert des Vermögens zu vergrößern, verstanden werden. Dieses folgt zwingend aus dem in der Untersuchung entwickelten Vermögensbegriff. — Eine Bereicherung liegt demgemäß i n jeder Begründung einer von der Rechtsordnung anerkannten Herrschaftsbeziehung zu einem Vermögensgut i n der Absicht, durch diese Herrschaftsbeziehung die eigene wirtschaftliche Potenz zu stärken und die Möglichkeiten, aus einer Herrschaftsbeziehung Nutzen zu ziehen, zu erweitern, sei es dauernd oder nur vorübergehend. Sieht man nun die Zueignungsdelikte als geschlossene Gruppe innerhalb der Bereicherungsverbrechen an, so fällt i n der Ausgestaltung der allgemeinen Bereicherungsdelikte ihnen gegenüber sofort ein Unterschied ins Auge. Bei der Unterschlagung, dem Diebstahl und dem Raub geht es dem Täter u m die Anmaßung der dem Opfer entzogenen Sachherrschaftsposition 400 . Problematisch kann i n diesem Bereiche sein, wann eine bloße Vorbereitung zu einer Sachzerstörung vorliegt, wenn der Täter umfassende Sachherrschaft über eine fremde Sache begründet. Besteht aber nicht einmal ein Herrschaftsverhältnis zu der fremden Sache, so kommt ein Zueignungsdelikt überhaupt nicht i n Betracht. — Daß es dem Täter um die Anmaßung der dem Berechtigten entzogenen Vermögensposition gehen muß, bringt der Wortlaut der gesetzlichen Tatbestände klar zum Ausdruck: „Wer eine f r e m d e . . . Sache... i n der Absicht wegnimmt, dieselbe sich rechtswidrig zuzueignen..." oder „Wer eine f r e m d e . . . Sache... sich rechtswidrig zueignet." A u f einen solchen inneren Zusammenhang zwischen der Enteignung und der Bereicherung derart, daß das Objekt der Vermögensentziehung identisch sein muß m i t der Bereicherung, findet sich i n dem Gesetzeswortlaut der beiden typischen Bereicherungsverbrechen, Betrug und Erpressung, kein Hinweis. Demgemäß wurde i n Lehre und Rechtsprechung die Ansicht vertreten, daß es einer Wechselbeziehung zwischen dem erstrebten Vorteil und der dem anderen zugefügten Vermögensbeschädi398 Z u r Notwendigkeit der rechtlichen Anerkennung der Herschaftsbeziehung vgl. oben S. 49 ff. 399 Z u m Begriff des Vermögensguts vgl. oben S. 42 ff. 400 Dagegen Lüderssen, G A 1968 S. 276 f., der vorschlägt, auf die Zueignungsabsicht zu verzichten. — Damit w ü r d e n diese Delikte bloße Vermögensentziehungsdelikte.

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

g u n g n i c h t bedürfe. D e r V o r t e i l brauche n a m e n t l i c h n i c h t i n der E r l a n g u n g dessen z u bestehen, w a s d e m V e r m ö g e n des a n d e r e n entzogen w o r d e n ist. Es genüge die A b s i c h t , d e n L o h n z u erlangen, w e l c h e n e i n D r i t t e r f ü r die S c h ä d i g u n g des Opfers i n A u s s i c h t gestellt habe 401 » 4 0 2 . D i e h. M . h a t demgegenüber stets b e t o n t , daß der T a t b e s t a n d des B e t r u g e s u n d der der E r p r e s s u n g n i c h t die A b s i c h t der E r l a n g u n g irgendeines V e r m ö g e n s v o r t e i l s f o r d e r n , s o n d e r n eines V o r t e i l s , der m i t d e m V e r mögensschaden i d e n t i s c h ist, diesem entspricht, m i t i h m k o r r e s p o n d i e r t , so daß der V o r t e i l die K e h r s e i t e des Nachteils b i l d e . M ö g e n die F o r m u l i e r u n g e n i m e i n z e l n e n auch v o n e i n a n d e r a b w e i c h e n u n d sehr bew u ß t g e w ä h l t sein — d e n n I d e n t i t ä t v o n Schaden u n d V o r t e i l k a n n auch nach der herrschenden w i r t s c h a f t l i c h e n A u f f a s s u n g n i c h t W e r t g l e i c h h e i t bedeuten, auch die h. M . b e r ü c k s i c h t i g t b e i der W e r t b e m e s s u n g i n d i v i d u e l l e G e s i c h t s p u n k t e m i t 4 0 3 — , so besteht doch i n n e r h a l b der h. M . E i n i g k e i t d a r ü b e r , daß die B e l o h n u n g d u r c h e i n e n D r i t t e n n i e m a l s d e n V e r m ö g e n s v o r t e i l i m R a h m e n des B e t r u g e s oder der E r p r e s s u n g d a r s t e l l e n kann 4 0 4 » 4 0 5 . 401 So Oppenhoff-Delius, a.a.O. § 263 Anm. 12; vgl. i m übrigen RGSt. 17 S. 265 f., 27 S. 217 if.; Jehle, a. a. O. S. 29 f.; Olshausen-Kirchner, 11. Aufl. § 263 A n m . 50; Rommel, a . a . O . S. 92 fï.; ν. Schwarze, StGB §263 A n m . 3 S. 759; Thomsen, a. a. O. S. 409. 402 Schütze, a. a. O. S. 471 A n m . 7 fordert zwar eine Wechselbeziehung z w i schen Vorteil u n d Schaden, nicht aber Gleichheit v o n Gewinn und Schaden. — Z u m gleichen Ergebnis kommen diejenigen, die es genügen lassen, daß der Vermögensvorteil unmittelbar aus dem schadenstiftenden Ereignis herrührt. Soll damit nicht n u r zum Ausdruck gebracht werden, daß die Berechnung des Geldwertes von Schaden u n d Vorteil auf G r u n d der individuellen Einschläge verschieden ist, w i r d damit das Erfordernis der Stoffgleichheit der Identität zwischen Schaden u n d V o r t e i l preisgegeben; vgl. O L G Karlsruhe N J W 1959 S. 399, O L G K ö l n N J W 1960 S. 209; dazu Eser, G A 1962 S. 298 ff. Konsequent ist diese Ansicht, w e n n der Vermögensschaden des Betroffenen nicht i n dem Verlust der eigenen Vermögensbeziehung gesehen w i r d , sondern i n der Nichterlangung des erstrebten Vermögensvorteils. Wer ζ. B. beim sog. Spendenbetrug den Schaden nicht i n der Minderung des eigenen Vermögens, sondern i n der Verfehlung des sozialen Zweckes sieht, k a n n eine Identität von Schaden und V o r t e i l nicht einmal ungefähr feststellen — insoweit durchaus konsequent Eser, G A 1962 S. 298 ff. — Doch ist diese Betrachtungsweise unrichtig. Der Schaden liegt i n dem Verlust der eigenen Vermögensposition. Diese Vermögensminderung ist deshalb ein Schaden, w e i l der erstrebte Zweck nicht erreicht w i r d . Der verfehlte Zweck selbst stellt nicht den Schaden dar, er ist vielmehr n u r G r u n d dafür, daß die Minderung des eigenen Vermögens als Schaden bewertet w i r d . 403 Das hat bereits Hegler, V D B V I I S. 433, klargestellt; vgl. dazu aber auch Mohrbotter, Betrug S. 11. 404 Vgl. RGSt. 5 S. 279 ff., 64 S. 435, 75 S. 379; BGHSt. 6 S. 115 ff. m i t zustimmender Anm. von Sarstedt, L M Nr. 31 zu § 263 StGB; Berner, 18. Aufl. S. 536; Binding, Lb. I S. 340, 364; ders., Normen I I S. 1070 ff.; Bockelmann, JZ 1960 S. 621 — die Ansicht Mohrbotters, Betrug S. 48 ff., für Bockelmann sei der Bet r u g nicht Vermögensverschiebungsdelikt, sondern bloßes Schadenszufügungsdelikt, entbehrt der Grundlage. Die von M. zitierten Sätze Bockelmanns sind aus dem Zusammenhang gerissen u n d berühren die Problematik nicht; — Dahm bei Gürtner, B . T . S. 463 f.; D alche -Fuhrmann-Schäfer, a . a . O . §263

III. Die Arten der Vermögensentziehung Dieser Auffassung ist zu folgen. Wie bereits bei der Abgrenzung von der Sachbeschädigung zu den Zueignungsdelikten gezeigt wurde, beruht die Regelung der Sachbeschädigung i m geltenden Recht auf der historischen Entwicklung und der Ausgestaltung dieses Tatbestandes i m gemeinen Recht. Diesem Recht war aber die Unterscheidung der Vermögens· oder Sachbeschädigung auf Grund des sie auslösenden Motivs — Gewinnstreben, Zorn, Rache, Mißgunst — unbekannt. Maßgeblich für die Differenzierung war allein die Entscheidung, ob es dem Täter bei dem Eingriff i n das fremde Vermögen lediglich u m eine Schädigung des Eigentümers durch Zerstörung oder Beschädigung seiner Sachen ging oder um eine Überführung bestimmter Vermögensobjekte aus dem fremden in das eigene Vermögen. Auch m i t dem Tatbestand des Betruges und dem der Erpressung wollte der Gesetzgeber diese Trennung nicht beseitigen. Es sollten i n diesen Tatbeständen nicht neben den Fällen der Vermögensentziehung durch Uberführung der Objekte i n andere Vermögenseinheiten bestimmte Arten der bloßen Vermögensentziehung einer Sonderregelung unterworfen werden. Wer daher den Eigentümer einer Sache auf Grund einer Täuschung dazu bringt, die eigene Sache zu vernichten — A täuscht dem Β vor, das Rennpferd des Β leide an einer ansteckenden, unheilbaren Krankheit, die auch Menschen gefährlich werden könne, Β erschießt daraufhin das Pferd —, macht sich einer Sachbeschädigung i n mittelbarer Täterschaft schuldig, gleichgültig, ob er sich durch diese Schädigung an dem Eigentümer wegen einer früheren Kränkung rächen wollte oder ob er zu seinem Verhalten durch das Versprechen einer Belohnung seitens eines Dritten bestimmt wurde. Nicht die Absicht, Fälle der Vermögensschädigung nach dem ihnen zugrunde liegenden Motiv zu differenzieren, führte zur Ausgestaltung der Bereicherungsdelikte Betrug und Erpressung, sondern die Einsicht, gegen die rechtswidrige Vermögensentziehung aus einem Vermögen und die Überführung der Beute i n ein anderes Vermögen umfassenden strafrechtlichen Schutz gewähren zu müssen, wenn es auch lange dauerte, bis sich die Einsicht durchsetzte, daß es sich hier um Vermögensdelikte handelt 4 0 8 . A n m . 2; Eckstein, GS 78 S. 151 A n m . 3; Frank, StGB § 263 A n m . V I I 3; Gerland , a . a . O . S. 639; Hälschner, I I S. 274; Hardwig, G A 1956 S. 12; Hegler , V D B V I I S. 433; Kohlrausch- Lange, StGB § 263 A n m . V I 3; Lackner-Maassen, a. a. Ο. § 263 A n m . 9 a; Maurach , Β . T. S. 304; 328; Meyer-Allfeld, a. a. Ο. S. 478; Merkel, I I S. 115 ff.; ders., H H I I I S. 772 f.; Mezger-Blei, Stub. I I S. 199; Mohrbotter, Betrug S. 202 ff.; Jagusch, L K I I Vorb. I I 1 a, I V vor § 249; Naucke, Bet r u g S. 215; Niethammer, Lb. S.271; Peltzer, N J W 1960 S. 1562; Pröll, G A 67 S. 113ff.; Sauer, B . T . S. 92; R. Schmidt, Grundriß S. 248; Schönke-Schröder, StGB § 263 Rn. 123; Wachenfeld, Lb. S. 409; Welzel, Lb. S. 377. 405 Z u r W o r t w a h l i m einzelnen vgl. die Übersicht bei Mohrbotter, Betrug S. 24 ff. 406 Vgl. dazu Naucke, Betrug S. 62 ff.; Lüderssen, G A 1968 S. 269 f. 14 Otto

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

Diese Regelung ist nach wie vor als sinnvoll und richtig anzuerkennen. Es besteht kein zwingender Grund, die Gruppe jener Täter, die eine Sachbeschädigung begehen, d.h. ein typisches Roheits- und Gewaltdelikt 4 0 7 , weiter nach dem Motiv, das für die Tat maßgeblich war, zu differenzieren, wohl aber ist m i t guten Gründen die Unterscheidung zwischen jenen Vermögenstätern durchzuführen, denen es u m die dem Opfer entzogene Vermögensposition selbst geht, und jenen, denen es allein auf die Schädigung des Berechtigten ankommt. Die Herauslösung der durch Gewinnstreben motivierten und durch Täuschung oder Nötigung bewirkten Sachbeschädigungen aus dem Tatbestand der Sachbeschädigung wäre auch wenig überzeugend, solange die übrigen durch Gewinnstreben motivierten Fälle der Sachbeschädigung nach wie vor als Sachbeschädigung strafbar wären. Die sachliche Zusammengehörigkeit aller auf Bereicherungsabsicht beruhenden Sachbeschädigungen ist ungleich stärker als die Gleichheit zwischen jenen Fällen der Erpressung und des Betruges, i n denen es dem Täter um die Anmaßung der Vermögensposition des Opfers geht, und jenen Sachverhalten, i n denen der Täter m i t den Mitteln der Täuschung oder Nötigung eine bloße Schädigung des Opfers anstrebt, weil er sich einen Gewinn davon verspricht. Überall dort, wo i m Nebenstrafrecht ein Schutz gegen besondere Vermögensschädigung nötig wurde, finden sich demgemäß auch nur Regelungen, die sämtliche durch Gewinnstreben einerseits und sämtliche durch bloße Schädigungsabsicht andererseits motivierten Vermögensschädigungen unter Strafe stellen. Eine besondere Hervorhebung der durch Täuschung oder Nötigung bewirkten Vermögensschädigung erschien nicht angemessen408. Gesetzestechnisch bedeutet diese Auslegung des Betrugs- und Erpressungstatbestandes, daß es sich um Delikte handelt, die die Überführung von Vermögensgütern aus einem Vermögen i n ein anderes unter Strafe stellen. Identität von Schaden und Vorteil heißt demnach, daß entzogene und angemaßte Vermögensposition einander entsprechen müssen. 407

Dazu statt vieler: Sauer, B. T. S. 303 ff. 408 Typisch f ü r einen solchen besonderen Strafschutz sind die einzelnen Vorschriften gegen den Verrat oder die Ausspähung von Geschäfts-, Betriebsoder Produktionsgeheimnissen. Bestraft w i r d i n der Regel der Geheimnisverrat, und als besonders schwere Fälle werden die durch Schädigungsabsicht oder durch Gewinnstreben motivierten Verhaltensweisen hervorgehoben; vgl. z. B. § 52 I, I I AtomG, § 55 I, I I Gesetz über Kreditwesen, § 18 I, I I W e i n w i r t schaftsG, § 79 I, I I BetriebsverfassungsG usw. Z w a r soll durch diese V o r schriften wesentlich auch das Vertrauensverhältnis zwischen Unternehmer u n d Kontrollperson, Sachverständigem oder Arbeitnehmer geschützt werden. Jedoch ist der vermögensrechtliche Einschlag unverkennbar. Das Vertrauensverhältnis w i r d schließlich n u r deshalb gefährdet, w e i l die Gefahr besteht, daß aus der Offenbarung der Betriebsgeheimnisse ein Vermögensschaden erwächst; daher ist die Einordnung dieser Delikte als Vermögensdelikte berechtigt; vgl. auch Birkmeyer, Encyklopädie S. 1178.

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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Eine Wertgleichheit, insbesondere gleicher Geldwert von Schaden und Bereicherung sind darüber hinaus weder erforderlich noch möglich, denn ein Vermögensgut hat auf Grund der personalen Struktur des Vermögensbegriffs nicht i n jeder Vermögenseinheit den gleichen Geldwert. Dieses zeigt besonders deutlich das Beispiel der Bewertung einer Ware i n der Hand des Endverbrauchers bzw. der des Erzeugers. I n bezug auf die deliktische Verschaffung fremder Sachen ergibt sich demnach folgende Gesetzessystematik: Bricht der Täter i n Zueignungsabsicht i n die Gewahrsamssphäre des Berechtigten ein, so können Diebstahl oder Raub vorliegen. Hat der Täter selbst die unmittelbare Sachherrschaft inne 4 0 9 , so ist eine Unterschlagung möglich. Überträgt das Opfer die unmittelbare Sachherrschaft auf den Täter oder eine von diesem bestimmte Person, so kann ein Betrug oder eine Erpressung begründet sein. Sachlich handelt es sich demnach bei Betrug und Erpressung u m Vermögensentziehungen durch Einsatz des Opfers zur bewußten Selbstschädigung, d.h. konstruktiv liegen hier besonders geregelte Konstellationen mittelbarer Täterschaft vor 4 1 0 . Bei der Erpressung ist sich das Opfer allerdings des schädigenden Charakters seines Verhaltens voll bewußt, während der Betrug dadurch gekennzeichnet ist, daß das Opfer die Vermögensminderung, nicht aber den schädigenden Charakter seiner Handlung erkennt 4 1 1 . 4. Die bloße Vermögensentziehung

Entsprechend der Differenzierung zwischen Schädigungs- und Bereicherungsdelikten kann die Vermögensentziehung die Kehrseite der Bereicherung, nämlich jener Bereicherung durch die entzogene Vermögensposition sein oder aber bloße Vermögensentziehung, der gerade keine Anmaßung der entzogenen Herrschaftsposition durch den Täter entspricht. Typisches Beispiel für eine bloße Vermögensentziehung ist die Sachbeschädigung oder Sachzerstörung. Ein allgemeiner Tatbestand, der die vorsätzliche oder böswillige Vermögensbeschädigung schlechthin 409 Z u m Streit, ob bei der Unterschlagung Gewahrsamserlangung und Z u eignung zusammenfallen können, soll an dieser Stelle nicht Stellung genommen werden. 410 w i e s e h r auch die Praxis i n ihren Überlegungen dieser nicht immer explizit bewußten Systematik folgt, zeigt eine Entscheidung des Amtsgerichts Bremerhaven — J Z 1967 S. 370 f. — : Die A hatte v o n ihrem Sparbuch D M 150 abgehoben. Nach Auszahlung des Betrages n a h m der Kassierer noch einmal das Buch an sich, da sich noch eine Rückfrage wegen der Zinsen ergab. Als er das Buch dann erneut herausgab, zahlte er versehentlich noch einmal D M 150 an die A aus, die dieses Geld, ohne irgendetwas zu sagen, annahm. 411 V o n einer Selbstschädigung k a n n nämlich keine Rede mehr sein, w e n n sich das Opfer nicht einmal des Verfügungscharakters seines Verhaltens bewußt ist. I n diesem Bereich ist demnach der Diebstahl i n mittelbarer Täterschaft m i t dem Berechtigten als Opfer möglich; vgl. dazu auch oben S. 93 ff.

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

unter Strafe stellt, ist i m geltenden Recht genausowenig enthalten wie der allgemeine Tatbestand einer arglistigen oder böswilligen Sachentziehung 4 1 2 . Nur Einzelfälle sind strafrechtlich erfaßt. Jedoch kann die bloße Vermögensentziehung i n sehr verschiedener Weise auftreten, da jede Verminderung der konkret gewährleisteten gegenständlichen Potenz einer Person i m wirtschaftlichen Bereich eine Vermögensentziehung darstellt. Neben Sachbeschädigung und Sachzerstörung sind ζ. B. die Funktionsstörung eines Sachzusammenhanges, das Verbringen einer Sache an einen Ort, an dem sie der Herrschaft des Berechtigten nicht mehr unterliegt, das Beschmutzen einer Sache zu nennen. Eine Vermögensentziehung dem Forderungsgläubiger gegenüber liegt ζ. B. i n der Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit und i n der Entziehung des Vermögens vor dem Zugriff des Gläubigers. 5. Systematischer Überblick

Innerhalb der Systematik der Vermögensentziehungsdelikte demnach voneinander zu trennen:

sind

1. Die Bereicherungsdelikte i m engeren Sinne. Dem Täter ist es um Bereicherung um die Vermögensposition des Opfers zu tun. Diese w i l l er sich oder einem anderen anmaßen. Die so motivierte Vermögensentziehung w i r d in den betreffenden Tatbeständen der einzelnen Delikte beschrieben. 2. Die bloßen Schädigungsdelikte: Unabhängig vom Motiv des Täters hat der Gesetzgeber die Vermögensentziehung unter Strafe gestellt. Besonders schwere Fälle dieser Schädigung sind: a) die durch Gewinnstreben motivierte Schädigung, wobei i m Einzelfall das Gewinnstreben auch auf die Vermögensposition gerichtet sein kann, um die der Berechtigte geschädigt werden soll. Es müssen aber auch andere Vermögensvorteile möglich sein, damit das Delikt i n diese Gruppe eingeordnet werden kann; b) die i n Schädigungsabsicht — dolus directus 1. Grades — erfolgende Vermögensschädigung. 6. Die Rechtswidrigkeit der Bereicherung

Neben den Merkmalen, die A r t und Weise der Vermögensentziehung näher bestimmen, und neben dem Erfordernis der beabsichtigten oder vollzogenen Bereicherung 413 enthalten die Tatbestände der klassischen Bereicherungsdelikte des Kriminalrechts eine weitere Kennzeichnung der Bereicherung bzw. der Bereicherungsabsicht. Die Unterschlagung 412

Dazu vgl. Dahm bei Gürtner, B. T. S. 463.

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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erfordert die rechtswidrige Zueignung einer fremden Sache, die Absicht des Diebes oder Räubers muß auf rechtswidrige Zueignung gerichtet sein, und Betrüger und Erpresser müssen einen rechtswidrigen Vermögensvorteil erstreben. Streitig ist allerdings, ob „rechtswidrig" hier ein bestimmtes einzelnes Element des Tatbestandes näher eingrenzen soll oder ein den gesamten Tatbestand umfassendes allgemeines Tatbestandsmerkmal darstellt. Die h. M. geht davon aus, daß durch die Begrenzung von Zueignung und Bereicherung auf die Fälle rechtswidriger Zueignung und Bereicherung der Tatbestand der Bereicherungsdelikte eingeengt werden soll. Nicht schon die A r t des Angriffs auf das fremde Vermögen — z.B. Gewahrsamsbruch oder Täuschung — soll die Rechtswidrigkeit des Bereicherungsdelikts begründen, vielmehr müsse unabhängig von dem rechtswidrigen Angriffsverhalten die Bereicherung als solche i m Widerspruch zur außerstrafrechtlichen Vermögensordnung stehen. Die Vertreter der Gegenauffassung sehen i n der Erwähnung der Rechtswidrigkeit i m Tatbestand der Bereicherungsdelikte nur einen Hinweis darauf, daß sich i m Rahmen dieser Delikte eine ganz besonders sorgfältige Prüfung der Frage empfiehlt, ob ein Rechtfertigungsgrund vorliegt oder nicht 4 1 4 . Die Bedeutung dieser unterschiedlichen Einordnung ist nicht auf die Lösung der verschiedenen möglichen Irrtumsfälle beschränkt. Gerade auf diesem Gebiet w i r d z.T. ein Ausgleich angestrebt, nämlich trotz Anerkennung der tatbestandseinschränkenden Funktion der Rechtswidrigkeit der Bereicherung nur dem I r r t u m über die tatsächlichen Voraussetzungen einer Rechtfertigung durch die Vermögensordnung tatbestandsausschließende Wirkung beizumessen, den auf unrichtiger Wertung beruhenden I r r t u m über die Rechtswidrigkeit der Bereicherung hingegen als Verbotsirrtum zu interpretieren 415 » 41β . Aber unabhängig von 413

Der Ausdruck „Bereicherung" w i r d fortan, soweit nicht ausdrücklich anderes vermerkt ist, dem bisherigen Ergebnis der Untersuchung entsprechend als Oberbegriff gebraucht, unter den auch die Zueignung fällt. 414 Vgl. Welzel, Lb. S. 350, 377; f ü r den Betrugstatbestand: Kitzinger, GS 55 S. 102 f. 415 So Hirsch, JZ 1963 S. 156 f.; Kempf, a . a . O . S. 92; dazu auch Schröder, JR 1962 S. 347 f.; ders., D R i Z 1956 S. 71 f. 416 Es k a n n hier dahinstehen, wieweit diese Differenzierung zu sinnvollen Ergebnissen innerhalb der Vermögensdelikte führt. Systematisch wäre sie zu rechtfertigen, w e n n bei allen normativen Tatbestandsmerkmalen, ζ. B. auch bei dem M e r k m a l „fremd" i m Diebstahlstatbestand, n u r der I r r t u m über die das Unrecht begründenden Tatsachen als Tatbestandsirrtum, der auf irriger Wertung ζ. B. auch der Zivilrechtsregelungen, beruhende I r r t u m aber als Verbotsirrtum angesehen würde. — Z u r Bedeutung u n d Konsequenz einer solchen Einteilung vgl. Roxin, Offene Tatbestände S. 112 ff. — Hirsch — JZ 1963 S. 156 —, der eine Rechtfertigung der Zueignung einer Sache, auf die der Täter einen Übereignungsanspruch hat, ablehnt, k o m m t zu dem Ergebnis, daß der I r r t u m des Täters, auf G r u n d des Kaufvertrages sei die Z u eignung gerechtfertigt, w e i l er einen Anspruch auf die Sache habe, Verbotsi r r t u m sei, hingegen der I r r t u m des Täters, es handele sich u m keine fremde

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. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

der Lösung der Irrtumsfrage durch die einzelnen Irrtumslehren und unabhängig davon, ob man dem Garantietatbestand irgendeine Indizw i r k u n g zuerkennt oder nicht, führt die unterschiedliche Interpretation des Merkmals „rechtswidrig" i n diesem Bereich zu erheblichen Differenzen i n der Fallösung. — Zwar mag der von Hirsch 417 i m Anschluß an Gallas 418 genannte Fall der Zueignung von Früchten eines Grundstücks durch den Aneignungsberechtigten unter Bruch des Gewahrsams eines nicht aneignungsberechtigten, aber den Gewahrsam an dem Grundstück innehabenden Dritten, selten praktisch werden 4 1 9 . Umfassende Bedeutung gewinnt die Differenzierung jedoch, wenn man davon ausgeht, daß ein Übereignungsanspruch der Zueignung die Widerrechtlichkeit nimmt oder daß ein Anspruch auf den Vermögensvorteil die Rechtswidrigkeit der Bereicherung durch Täuschung und Nötigung ausschließt. Folgt man dieser Ansicht, so entscheidet i n der Tat die Zuordnung des Begriffsmerkmals „rechtswidrig", ob man „einen ordentlichen Mann einen Dieb nennt oder nicht". Da dann, wenn die Rechtswidrigkeit die Bereicherung näher eingrenzt, auch die A r t der relevanten Vermögensentziehung innerhalb der Bereicherungsdelikte konkretisiert wird, ist die Bedeutung der Rechtswidrigkeit i m Verhältnis zur Bereicherung zu klären. — Zu beachten ist dabei, daß sich i n der Stellungnahme der h. M. die unterschiedliche Bestimmung des Vermögensbegriffs i n den sogenannten Bereicherungsund Zueignungsdelikten auswirken muß. I m Rahmen der Zueignungsdelikte verneint die h. M. die Widerrechtlichkeit der Zueignung nur, wenn der Täter auf die Ubereignung der konkreten zugeeigneten Sache einen unbedingten und fälligen Anspruch hat 4 2 0 . Nur wenige sind der Ansicht, es genüge das Bestehen eines Gattungsanspruchs gegen den Sache mehr, w e i l er auf G r u n d des Kaufvertrages Eigentum an der Sache erlangt habe, Tatbestandsirrtum. Diese Differenzierung erscheint wenig angemessen, w e n n man sieht, w i e eng diese beiden I r r t ü m e r nebeneinander stehen. 417 JZ 1963 S. 155. 418 Niedersehr. 6 S. 16. 419 Vgl. dazu auch Bockelmann, Niedersehr. 6 S. 17. 420 Vgl. RGSt. 25 S. 172 ff., 64 S. 212 f., RG H R R 1937 Nr. 209; B G H G A 1962 S. 144 f., BGHSt. 17 S. 87 ff., B G H G A 1968 S. 121; Baldus, Niedersehr. 6 S. 16; Binding , Lb. I S. 272; v. Buri , GS 33 S. 419; Dalcke-Fuhrmann-Schäfer, a. a. O. § 242 A n m . 7 e; Draheim, a. a. O. S. 46; Frank, StGB § 242 A n m . V I 2 b ; Gribbohm, N J W 1968 S.241; Heinrichs, a . a . O . S. 36; Höpfner, a . a . O . S.25; Jagusch, L K I I Vorb. D V I I I v o r § 242; Maurach, B. T. S. 212; Merkel, H H I I I S. 654; Meyer-Allfeld, a.a.O. S. 446; Mezger-Blei, Stub. I I S. 137; Mohrbotter , G A 1967 S.212ff.; Oberländer, a.a.O. S.25; Olshausen-Kirchner, 12. Aufl. § 242 A n m . 27 b, cc; Schönke-Schröder, StGB § 242 Rn. 57; Schröder, D R i Z 1956 S. 69 ff.; ders., JR 1962 S. 347; Schwarz-Dreher, a. a. O. § 242 A n m . 3 D ; v. Schwarze, unter Bezug auf die Motive, StGB S. 673 m i t weiteren A n g a ben zur älteren L i t e r a t u r ; Ullmann, a. a. O. S. 32, 69; Wirth, a. a. O. S. 36 f.; — weitere Nachweise bei Kempf, a. a. O. S. 13 A n m . 3.

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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Eigentümer 421 , während eine nicht unerhebliche Mindermeinung auch i n der Zueignung einer Sache, auf deren Ubereignung der Täter einen Anspruch hat, einen Verstoß gegen die Eigentumsordnung und damit eine rechtswidrige Zueignung sieht 422 . Bei den Delikten, die eine rechtswidrige Bereicherungsabsicht fordern, besteht hingegen heute weithin Einigkeit darüber, daß das Recht des Täters auf den durch Täuschung oder Nötigung erlangten Vermögensvorteil den Tatbestand des Bereicherungsdelikts ausschließt 423 . Streitig ist jedoch, welches Tatbestandsmerkmal nicht vorliegt. Die h. M. läßt den Tatbestand an der Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils scheitern 424 , die Anhänger der Gegenansicht bestreiten hingegen das Vorliegen eines Vermögensschadens 425. Nach der i m Laufe der Untersuchung entwickelten Auffassung, die Eigentumsdelikte seien Vermögensdelikte gegen eine bestimmte umfassende Vermögensposition des Berechtigten, kann die Unterscheidung: Eigentums-, Vermögensdelikte als solche selbstverständlich keine grundsätzliche Verschiedenheit i n der Lösung von Fällen der Verschaffung von Vermögensgütern, auf die der Täter einen Anspruch hat, begrün421 So Binding , Lb. I S. 272 A n m . 5; Harburger, V D B V I S. 215 Anm. 2; Jagusch, L K I I Vorb. D V I I I v o r § 242; Meyer - Allfeld, a. a. O. S. 438 A n m . 50, S. 446 A n m . 31; — beschränkt auf Geldansprüche: RGSt. 2 S. 184 f.; B G H G A 1962 S. 144; Roxin, Mayer-Festschr. S. 479 f.; — differenzierend Gribbohm, N J W 1968 S. 241. — Α. A . ausdrücklich: RGSt. 25 S. 172 ff., 64 S. 213; BGHSt. 17 S. 87 ff.; B G H G A 1968 S. 121 ; Dalcke-Fuhrmann-Schäfer, a. a. O. § 242 Anm. 7e; v. Buri, GS 33 S. 419; Frank, StGB § 242 A n m . V I I 2 b; Heinrichs, a. a. O. S. 36; Mezger-Blei, Stub. I I S. 137 f.; Olshausen-Kirchner, 12. Aufl. §242 Anm. 27 c; Schönke-Schröder, StGB § 242 Rn. 57; Schröder, DRiZ 1956 S. 70; Schwarz-Dreher, a. a. O. § 242 A n m . 3 B. 422 v g l . v o n Bar bei Bödiker, I V S. 5 f.; Bockelmann, Niedersehr. 6 S. 17; Geller, a . a . O . S. 26; Gerland, a.a.O. S. 575; Gleispach, a . a . O . S. 83 ff., 90; Hälschner, I I S. 296; Hirsch, J Z 1963 S. 153 ff.; Kempf, a.a.O. S. 23 ff. ; Kohlrausch-Lange, StGB § 242 A n m . I I I 2 d; v. Liszt- Schmidt, a. a. O. S. 619; Ruhstrat, ZStW 1 (1881) S.389f.; Sauer, B . T . S.37; Veyhl, a . a . O . S.38; Welzel, Lb. S. 351; ders., Niedersehr. 6 S. 301; Zeiss, a. a. O. S. 29; — zweifelnd Gallas, Niedersehr. 6 S. 17; — weitere Nachweise bei Kempf, a. a. O. S. 18 A n m . 2. 423 Früher streitig: vgl. ζ. B. Kitzinger, GS 55 S. 102; Kohler, G A 56 S. 195. 424 Vgl. z.B. RGSt. 26 S.354f., 44 S.203; BGHSt. 3 S. 162; Frank, StGB §263 A n m . V I I 3; Kohlrausch-Lange, StGB §263 A n m . V I 1, §253 Anm. V I I I 2 b; v. Liszt-Schmidt, a. a. O. S. 673; Maurach, B. T. S. 329; Mezger-Blei, Stub. I I S. 200; Schönke-Schröder, StGB §263 Rn. 125, §253 Rn. 19; Schröder, DRiZ 1956 S. 70; ders., JR 1966 S. 472; Schwarz-Dreher, a. a. O. § 263 A n m . 7 B. 425 Vgl. Bockelmann, Mezger-Festschr. S. 367 ff.; Welzel, N J W 1953 S. 652; ders., Lb. S. 375, 381; Busch, A n m . zu BGHSt. 4 S. 105 i n L M Nr. 4 zu § 253 StGB; BGHSt. 20 S. 137 f.; BayObLGSt. 1955 S. 7; eingehend zur Entwicklung der Stellungnahme der Rechtsprechung zu diesem Problem: Bockelmann, MezgerFestschr. S. 368 A n m . 2. — Zuvor hatte bereits von Buri — GS 33 S. 419 f. — diese These beiläufig vertreten, indem er ausführte, wäre der Diebstahl w i e Erpressung u n d Betrug ein Vermögensdelikt, so begründete die Wegnahme einer geschuldeten Sache keine Veränderung i n der Vermögenslage des Opfers oder des Täters.

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2. Kap.: Die Systematik der Vermögensdelikte

den. Eine für die sogenannten Eigentums- und die sogenannten Bereicherungsdelikte unterschiedliche Lösung der Problematik ist von diesem Standpunkt her ausgeschlossen. Fehlt es ζ. B. bei der Zueignung einer fremden Sache an jedem Vermögensschaden des Opfers, so liegt der Tatbestand eines Eigentumsdelikts nicht vor, denn die Verletzung allein einer formellen Rechtsposition ohne jede Schmälerung einer Vermögensstellung kann den V o r w u r f eines Vermögensdelikts nicht begründen, gleichgültig, ob es sich u m ein generelles Vermögensverbrechen oder um ein Eigentumsvergehen handelt. Läge also kein Vermögensschaden des Verpflichteten vor, falls der Forderungsberechtigte, der ein Recht auf ein bestimmtes Vermögensgut hat, sich dieses auf rechtswidrige Weise verschafft, so käme der Entscheidung, ob „rechtswidrig" Tatbestandsmerkmal oder allgemeines Verbrechensmerkmal ist, über die Irrtumsproblematik hinaus kaum praktische Bedeutung zu. Jedoch kann der Mindermeinung, die ζ. B. das Haben einer Sache dem Anspruch auf die Sache gleichsetzt, nicht gefolgt werden. Nur von einem stark normativen Vermögensbegriff her wäre diese Gleichsetzung vertretbar 42®. Für den hier entwickelten personalen — wie i m übrigen auch für den wirtschaftlichen — Vermögensbegriff ist die Identifizierung von faktischem Haben und rechtlichem Haben-Sollen nicht nachvollziehbar 427 » 4 2 8 . Dabei wäre es nur eine Verdunkelung der Problemlage, wollte man von der bestrittenen oder dubiosen Forderung her, die auch i m Wirtschaftsleben nicht m i t ihrem Nennwert honoriert wird, argumentieren. Gerade am Beispiel des Übereignungsanspruchs auf eine bestimmte Sache, deren Übereignung der Täter durch Täuschung bewirkt, erweist sich der wirtschaftliche Unterschied zwischen dem Haben und dem bloßen Haben-Sollen: Solange der Verpflichtete die ζ. B. verkaufte Sache noch i n der Hand hat, sind seine realen und von der Rechtsordnung anerkannten wirtschaftlichen Machtmöglichkeiten i n bezug auf die Sache noch unbegrenzt. Er kann aus dem Gebrauch der Sache nach wie vor Nutzen ziehen, ohne zur Herausgabe gerade dieses Nutzens verpflichtet zu sein. Zwar w i r d der Verkäufer schadensersatzpflichtig, wenn er die bereits verkaufte Sache anderweitig übereignet, doch kann bei einem Handelskauf dieses Risiko überschaubar sein und unter Umstän426 Zutreffend daher der Hinweis Bockelmanns - Mezger-Festschr. S. 368 — auf die Lösung der juristischen Vermögenslehre; vgl. dazu auch Binding , Lb. I S . 362. 427 Vgl. Schröder, D R i Z 1956 S. 71; Schönke-Schröder, StGB § 263 Rn. 118 d; dazu auch Franzheim, G A 1960 S. 273 f. 428 Treffend k o m m t dieses auch i n der Entscheidung des B G H zum Ausdruck — N J W 1953 S. 1479 —, w e n n der B G H , nachdem er i m Falle einer A u f rechnung einen Schaden des Gläubigers abgelehnt hat, fortfährt: „Soweit die Aufrechnung zulässig ist, verursacht sie deshalb keine beachtliche Vermögensbeschädigung des Gläubigers." Die Vermögensbeschädigung als solche w i r d demgemäß durchaus zugestanden.

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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den durchaus tragbar erscheinen. Das gleiche gilt für den zu leistenden Verzugsschaden. Dieser ist nur i n seltenen Fällen m i t dem Vorteil identisch und, gerade wenn dem Schuldner ein erheblicher Gewinn möglich ist, w i r d er die Verpflichtung zum Schadensersatz i n Kauf nehmen. Auch fallen Fälligkeit einer Forderung und Eintritt des Verzuges i n der Regel nicht zusammen, so daß schon die Leistung eines Verzugsschadens ein Ausnahmefall ist, wenn der Verpflichtete sich die Möglichkeit vertragsgemäßer Leistung erhält. Der unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte durchgeführte Vergleich des Habens m i t dem HabenSollen zeigt demgemäß, daß das Haben einer Sache einen weiteren Raum wirtschaftlicher Nutzung erschließt als das bloße Haben-Sollen. Haben und Haben-Sollen lassen sich deshalb nicht gleichsetzen, obwohl manche Forderung durchaus m i t dem vollen Geldwert honoriert wird. Das folgt aus der Tatsache, daß der Besitz als solcher ein Vermögensgut darstellt. Dennoch ist die Entscheidung i m Denkschema der hier entwickelten personalen Vermögenslehre nicht so offensichtlich, wie es zunächst den Anschein hat. Als wesentliches Element der Vermögensbeziehung wurde nämlich die rechtliche Anerkennung der Vermögensposition herausgestellt. Damit greift, wenn auch i n begrenztem Umfang, eine normative Eingrenzung dessen Platz, was das einzelne Rechtssubjekt als Vermögen und Vermögensschaden ansehen mag. A n die Stelle der willkürlichen Empfindung des einzelnen Vermögensträgers t r i t t eine normative Wertung. Diese ließe sich ohne Bruch i n der Gedankenführung dahin erweitern, daß die Leistung dessen, wozu das Rechtssubjekt verpflichtet ist, nicht als Schaden anerkannt werden könne. Es ließe sich argumentieren, daß, wer sich rechtsverbindlich m i t einer Minderung seines Vermögens einverstanden erklärt, damit bekunde, daß er diese Vermögensminderung nicht als Vermögensschädigung auffasse, sondern als wirtschaftlich vernünftiges Geschäft. A n dieser Erklärung müßte er sich festhalten lassen, gleichgültig, wie er das Geschäft empfindet. — A l l e i n damit würde das Verpflichtungsgeschäft unrichtig interpretiert. Der Unterschied zwischen der Belastung m i t der Verpflichtung zu einer Leistung und der Leistung selbst wäre aufgehoben. Weil jemand wegen einer Leistung, zu der er rechtsverbindlich verpflichtet ist, keine Rechtsfolgen wegen einer Vermögensschädigung herleiten kann, würde gefolgert, der Leistende könne auch keinen Schaden haben. Das ist dort richtig, wo ein Schaden nur als Rechtsverlust möglich ist, nicht aber dort, wo ein Schaden auch dadurch eintreten kann, daß der Betroffene eine Vermögensposition einbüßt, in deren Innehabung er durch die Rechtsordnung geschützt wird. Das Verpflichtungsgeschäft kann daher die Verpflichtung zu einer Schädigung enthalten und insoweit sogar selbst als Vermögensschädi-

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gung bewertet werden. Dieser Schaden ist aber nicht identisch m i t dem durch die Erfüllung eintretenden Schaden, solange Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft getrennt werden. Jede andere Betrachtungsweise kommt über den Umweg der Leugnung des Schadens letztlich zu dem Ergebnis, daß der Berechtigte aus einem Verpflichtungsgeschäft w i r t schaftlich bereits so gestellt ist, als sei das Verfügungsgeschäft schon vollzogen. I n Wirklichkeit hat der Berechtigte bis zu diesem Zeitpunkt nur die rechtlichen Möglichkeiten, die Erfüllung zu erzwingen, um damit die wirtschaftliche Position zu erlangen, auf die er einen Anspruch hat, die er aber unmittelbar noch nicht innehat. Die Weggabe eines Vermögensgutes, ζ. B. einer Ware, ist daher zwar eine Vermögensminderung, aber unabhängig davon, ob die Vermögensminderung ausgeglichen w i r d oder nicht, ist sie rechtlich gebotene Vermögensminderung, wenn der Vermögensinhaber zur Weggabe des Gutes rechtlich verpflichtet ist. Der Verpflichtete kann durch die Weggabe zwar geschädigt sein, doch ist er nicht das Opfer eines Vermögensdelikts geworden. „Damit ist aber der Sitz des Problems i n der Tat die Anspruchsbeziehung zwischen Leistendem und Leistungsempfänger, die Legitimität der Vermögensverschiebung vom Schuldner zum Gläubiger und damit i n der Tat die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Erlangung des Vorteils" 4 2 9 . — Auch vom Boden der hier entwickelten personalen Vermögenslehre her kann demnach auch heute noch der Feststellung des Pomponius, „minus est actionem habere quam rem" 43 *, nur zugestimmt werden 4 3 1 . Die Ansicht, es fehle bei der eigenmächtigen Verschaffung eines Vermögensobjekts am Schaden i m Rahmen der Bereicherungsdelikte, wenn das Opfer der Tat dem Täter gegenüber zur Herausgabe des Vermögensgutes verpflichtet war, ist demnach abzulehnen. Jedoch auch jener Meinung, die das Merkmal „rechtswidrig" i m Rahmen der Bereicherungsdelikte als allgemeines Verbrechensmerkmal ansieht, kann nicht gefolgt werden. Durch die Begrenzung der Bereicherung auf die Fälle rechtswidriger Bereicherung sollen die rechtlich relevanten Bereicherungen aus dem Kreis möglicher Bereicherungen herausgesondert werden. Nicht schon die rechtswidrige Verhaltensweise — Wegnahme, eigenmächtige Zueignung an Stelle des Übertragungsaktes, Täuschung, Nötigung —, verbunden mit einer Zueignung oder einer sonstigen Bereicherung, begründet das Unrechtsurteil des Diebstahls, des Betruges oder der Erpressung. Erst wenn der Täter über dieses Unrecht hinaus auch einen rechtswidrigen Vermögenszustand herbeiführen w i l l , 429

Schröder, D R i Z 1956 S. 71. D 50,17,204. 431 Die gegenteilige Ansicht des Paulus — D 50, 17, 15 — ist sachlich auf einen Einzelfall beschränkt. 430

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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verwirklicht er das Unrecht eines Vermögensdelikts. Das bedeutet aber, daß die Rechtswidrigkeit der Bereicherung notwendigerweise von dem Unrechtsurteil über das Gesamtgeschehen zu trennen ist. Eine Rechtfertigung des gesamten Verhaltens des Täters kann damit erst bedeutsam werden, wenn feststeht, daß der Täter eine für den Tatbestand des Vermögensdelikts relevante Bereicherung, nämlich eine Bereicherung, die nicht auch von der außerstrafrechtlichen Rechtsordnung angestrebt wird, erlangt oder erlangen w i l l . Wenn ζ. B. Baldus m meint, für ihn sei es nicht dasselbe, ob der Täter einen Anspruch auf Eigentumsübertragung hat und sich die Sache nur auf falschem Wege verschafft, oder ob er sie sich zueignet, obwohl i h m ein solcher Anspruch überhaupt nicht zusteht, so differenziert er sachlich zutreffend. Er bringt damit eine Unterscheidung zum Ausdruck, von deren Richtigkeit auch der Geetzgeber des geltenden Rechts überzeugt und die dem gemeinen Recht grundsätzlich geläufig war. Dabei steckten die Motive zum Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund, in Anlehnung an eine nicht unbestrittene Ansicht i m gemeinen Recht, den Rahmen erheblich weiter, als es die derzeitige Diskussion ahnen läßt. — Anläßlich der Erwägungen über die Aufnahme des Merkmals der Gewinn- oder Habsucht i n den Tatbestand des Diebstahls heißt es dort: „Die Absicht des Diebes ist zwar dahin gerichtet, die fremde Sache i n sein Vermögen zu bringen u n d hierdurch das des Anderen zu verringern. A l l e i n es ist gleichgültig, ob das M o t i v hierbei Habsucht oder Gewinnsucht gewesen, so daß auch derjenige des Diebstahls schuldig ist, welcher lediglich i m Interesse oder i m A u f t r a g eines D r i t t e n eine Sache entwendet u n d sie sofort dem Letzteren zuwendet. Die Fälle, i n denen Jemand eine Sache wegnimmt, u m aus i h r sich für eine i h m an den Anderen zustehende Forderung zu befriedigen, k ö n nen u m so weniger für die Ansicht angeführt werden, daß zur Unterscheidung v o n ihnen die Aufnahme der gewinnsüchtigen Absicht i n den Thatbestand des Diebstahls nothwendig sei, als auch i n diesen Fällen nicht i n Abrede zu stellen ist, daß i m gewissen Sinne ein Vermögensvortheil dem Thäter erwächst, auf welchen er, mindestens i n dieser Form, kein Recht habe. Vielmehr darf man sagen, daß die Begriffsbestimmung des Diebstahls deshalb nicht A n w e n d u n g leide, w e i l hier der Thäter nicht durch die Thatsache der Wegnahme allein, w i e der Dieb sich die Sache aneignen w i l l , sondern zugleich auf G r u n d seines Anspruchs auf Befriedigung aus dem Vermögen seines Schuldners, welchem er die Sache eigenmächtig entzogen," 4 3 3 . . .

und Goltdammer

iM

bemerkt dazu:

„Es ist ausgeführt worden: „ . . . die rechtswidrige Zueignung bezeichne das Sachverhältnis richtiger, nemlich das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit der Handlung, welche durch die Wegnahme der Sache ein wirkliches Recht des D r i t t e n verletzte, nemlich diesen u m das Seinige zu bringen, u n d sich dasselbe 432 433 434

Niedersehr. 6 S. 16. Motive, a. a. O. S. 74; dazu vgl. v. Schwarze, StGB S. 673 A n m . 1. a. a. O. S. 464—465.

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

zuzueignen. D a r i n liege auch der Unterschied von der Selbsthilfe, denn diese setze die Meinung voraus, daß der Handelnde ein Recht auf die Sache, deren er sich bemächtigt, habe, daß sie i h m gehöre. Sein Unrecht sei daher n u r ein formelles; das Bewußtsein des materiellen Unrechts fehle ihm, während das Gesetz dasselbe hier, beim Diebstahl, ausdrücklich fordere;" . . . i m Resultat ist dies unbedenklich als richtig anzuerkennen. Die Unterscheidung des Diebstahls von der, ohne dies jetzt als besonderes Vergehen nicht mehr aufgeführten S e l b s t h i l f e . . . k a n n nach dem oben Gesagten nicht w o h l zweifelhaft sein. Wer nicht i n der Absicht, sich eine fremde Sache ohne Recht, durch die T h a t sache der Wegnahme allein, zuzueignen, sondern i n der Absicht, ein schon vorhandenes Recht daran geltend zu machen, Etwas ohne W i l l e n des Berechtigten wegnimmt, der ist kein Dieb". Diese S t e l l u n g n a h m e Goltdammers entsprach der a l l g e m e i n e n M e i n u n g 4 3 5 . U n s t r e i t i g w u r d e d e r j e n i g e , der sich u n t e r M i ß a c h t u n g des Rechtsweges eine Sache zueignete, a u f die er e i n e n A n s p r u c h h a t t e , n i c h t als D i e b angesehen. E r h a t t e v i e l m e h r d e n T a t b e s t a n d der u n e r l a u b t e n S e l b s t h i l f e e r f ü l l t . Dieser S a c h v e r h a l t b i l d e t e das geradezu typische B e i s p i e l f ü r die sogenannte u n e r l a u b t e S e l b s t h i l f e u n d w u r d e nach diesem T a t b e s t a n d als F a l l der D u r c h s e t z u n g eines b e r e c h t i g t e n A n s p r u c h s m i t r e c h t s w i d r i g e n M i t t e l n selbständig bestraft. D i e A b l e h n u n g des D i e b s t a h l s i n d e n F ä l l e n der W e g n a h m e e i n e r f r e m d e n Sache, a u f die der T ä t e r k e i n Recht h a t t e , u m sich d a m i t f ü r eine F o r d e r u n g b e z a h l t z u machen, w a r h i n g e g e n bestritten 4 3 ®, u n d die W e g n a h m e e i n e r Sache, a u f die der T ä t e r e i n e n A n s p r u c h h a t t e , d e n er aber n i c h t m e h r l e g a l r e a l i s i e r e n k o n n t e , w e i l der S c h u l d n e r i n K o n k u r s g e f a l l e n w a r oder z u f a l l e n d r o h t e u n d die Rechte a n d e r e r G l ä u b i g e r V o r r a n g h a t t e n , w u r d e als D i e b s t a h l angesehen 4 3 7 . 435 Vgl. bereits Klien, a . a . O . S. 294 if., insbes. S. 299; A n m . zum StGB für Baiern, I I S. 104—105: „Widerrechtliche Zueignung w i r d zum Diebstahl erfordert. Diese Widerrechtlichkeit ist nicht nach der körperlichen Handlung der Wegnahme zu beurtheilen, diese k a n n als unerlaubte Selbsthilfe formell widerrechtlich, u n d doch die Zueignung nach den Befugnissen des Wegnehmenden materiell rechtlich seyn; w e r nicht i n der Absicht sich eine fremde Sache ohne Recht zuzueignen, sondern i n der Absicht, ein schon vorhandens Recht daran geltend zu machen, etwas ohne W i l l e n des Berechtigten wegnimmt, ist k e i n Dieb." — I m übrigen vgl.: Dabelow, a. a. O. § 187; Werner, Handbuch §642; Feuerbach, Lb. §188 A n m . a; Mittermaier zu Feuerbach, §319 A n m . I ; Erhard, a.a.O. A r t . 2271; Grolmann, a . a . O . §205; Tittmann, Hdb. I I §415; Henke, I I § 143 S. 413; Abegg, a. a. O. § 454; Haeberlin, I V S. 10; Heffter, a. a. O. § 489 Anm. 20; Brackenhoeft, ArchCrim. N. F. 1852 S. 120 f., 242 f.; Köstlin, A b handlungen S. 244; Ullmann, a. a. O. S. 69; Wächter, Dt. Strafrecht S. 415; Weiß, I I I S. 22 ff.; — darüber hinaus: v. Schwarze, StGB S. 665, 673 A n m . 1 u n d Hälschner, I I S. 296 f., jeweils m i t weiteren Angaben. 438 Diebstahl bejahten z.B. Köstlin, Abhandlungen S. 244; Tittmann, Hdb. I I §§413, 415; Haeberlin, I V S. 10; Bachem, a.a.O. S. 36; a. A . z.B. Weiß, I I I S. 22 ff., insbes. S. 24 A n m . 1; v. Schwarze, N.Jb.f.sächs.Strafr. I H. 2 S. 111 ff., H. 3 S. 34 ff.; Hufnagel, I I I S.392f.; Bothmer, I S. 104 f.; Wächter, Dt. Strafrecht S. 415 dazu auch v. Schwarze, StGB S. 673 A n m . 1. 437 Vgl. Klien, a. a. O. S. 294 ff.; Henke, I I § 143 S. 413; dazu auch Hälschner, I I S. 424 f.; einschränkend aber auch hier: v. Schwarze, N.Jb.f.sächs.Strafr. I H. 3 S. 35 f.

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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Da nach der i n dieser Arbeit entwickelten Vermögenslehre ein Vermögensgut nicht einem anderen gleichgesetzt werden darf, nur weil beide Güter einen gleichen Handelswert haben, kann die Rechtswidrigkeit der Zueignung nicht abgelehnt werden, wenn der Täter eine Sache des Schuldners wegnimmt, u m sich aus dieser wegen einer auf ein anderes Objekt gerichteten Forderung bezahlt zu machen. Hat der Täter hingegen einen Anspruch auf die Übereignung der fremden Sache, so fehlt der Zueignung die Rechtswidrigkeit. Das bedeutet allgemein für die Bereicherungsdelikte, daß die Bereicherung dann nicht rechtswidrig ist, wenn der Täter auf die durch rechtswidrige Wegnahme, Täuschung oder Nötigung bewirkte Bereicherung einen Anspruch hat. I n dieser Situation handelt der Täter i m Sinne der Vermögensordnung nicht rechtswidrig, weil er den von dieser Ordnung gewollten Zustand herbeiführt. Damit ist jedoch nicht gesagt, daß die Zueignung rechtmäßig war. Diesen Umkehrschluß, daß ein nicht rechtswidriges Verhalten rechtmäßig sei, haben bereits Binding , Nagler und andere bekämpft, und sie haben dargelegt, daß eine Rechtsordnung nicht das, was sie nicht mißbilligt, zwingend billige. Der Strafrechtsordnung geht es nämlich nicht darum, die der Sozietät förderlichen Verhaltensweisen hervorzuheben, sondern darum, sozial unerträgliche Verhaltensweisen zu ahnden. Z w i schen dem, was dem Sozialleben förderlich ist, und dem, was für die Sozietät so unerträglich ist, daß sie dagegen m i t den Mitteln des Strafrechts einschreitet, liegt aber ein weiter Raum. Und gerade das Zusammentreffen von Verhaltens- und Erfolgsunwert erreicht oftmals erst jenes Unrechtsmaß, das m i t den Mitteln des Strafrechts zu bekämpfen ist. So verhält es sich auch hier: Die Eigentumsordnung sieht einen bestimmten Ubereignungsvorgang vor, der gerade bei der rechtswidrigen Wegnahme nicht beachtet wird. Der m i t der Zueignung erreichte Zustand ist hingegen jener, den die Rechtsordnung m i t ihren Mitteln gleichfalls zu erreichen sucht. Die Kennzeichnung als formeller Verstoß gegen die Eigentumsordnung 438 ist demnach durchaus zutreffend. Die Folgerung, das rechtswidrige Mittel, m i t dem der Erfolg herbeigeführt worden sei, lasse diesen gleichfalls rechtswidrig erscheinen, geht fehl. Der infolge des rechtswidrigen Verhaltens eingetretene Zustand entspricht dem, den auch das Zivilrecht anstrebt, wenn auch m i t anderen Mitteln. Der Täter, der sich durch die Wahl seiner M i t t e l über den Rechtsweg hinwegsetzt, mag Unrecht verwirklichen. I m Falle der Anwendung nötigender Mittel ist er deshalb wegen Nötigung zu bestrafen; je nach den Tatmodalitäten kann auch einmal ein Hausfriedensbruch oder eine Körperverletzung i n Betracht kommen. I m übrigen aber — das hat die 438

Gallas, Niedersehr. 6 S. 16.

2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

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Rechtspraxis des gemeinen Rechts erwiesen, denn der Tatbestand der unerlaubten Selbsthilfe hat trotz allgemeiner Anerkennung praktisch kaum Bedeutung erlangt 4 3 9 — erscheint das Unrecht des Täters, der sich über den gebotenen Rechtsweg hinwegsetzt, dessen Streben aber auf einen rechtlich erwünschten Zustand gerichtet ist, nicht derart sozialschädlich, daß es allgemein unter Strafe zu stellen wäre. Eine Gleichsetzung dieses Unrechts mit dem Unrecht des Täters, der m i t rechtswidrigen Mitteln eine rechtswidrige Bereicherung anstrebt, sollte schon der Gleichheitssatz verbieten. Daß der Täter allerdings durch die Zueignung der fremden Sache nicht Eigentümer der Sache werden kann 4 4 0 , trifft zu, schadet aber nicht, denn er übt umfassende Sachherrschaft über die Sache aus und w i r d auch zivilrechtlich i n seiner Sachherrschaftsposition geschützt 441 . Wenn er w i l l , mag er den Übereignungsanspruch i m Wege der Zwangsvollstreckung realisieren 442 . — Von durchaus zweitrangigem Interesse ist es demgegenüber, ob der obligatorische Anspruch auf Übereignung der Sache dem Täter, der sich den Besitz an der Sache durch verbotene Eigenmacht verschafft hat, gegen den Eigentumsherausgabeanspruch eine Einwendung nach § 986 BGB gewährt 4 4 3 oder ob dem Herausgabeanspruch die allgemeine Arglisteinrede: „dolo facit, qui petit, quod redditurus est" 4 4 4 entgegengesetzt werden kann 4 4 5 . Die Argumentation der Anhänger der Gegenmeinung geht demgegenüber zum Teil an der Sache vorbei, denn sie bekämpft eine Ansicht — die Eigentumsordnung billige den Zustand, weil der Täter sein Recht auf die Sache verwirklicht habe —, die i n dieser Form nicht vertreten wird. Wenn z. B. Kempf** ausführt: „Der eigenmächtig hergestellte Zustand w i r d nicht als solcher gerechtfertigt. Vielmehr w i r d 439

Vgl. dazu Beseler, a. a. O. S. 279 ff. 4 40 Vgl. dazu auch Hirsch, JZ 1963 S. 151. Dazu vgl. oben S. 149 ff. 442 Daß auch der strafrechtliche Schutz der umfassenden Sachherrschaftsposition i m gleichen Maße durchgreift, als w e n n der Besitzer Eigentümer wäre, k a n n nach dem oben S. 149 ff. Ausgeführten nicht zweifelhaft sein. Die Sache gehört zum Vermögen des Täters nach Herstellung des Besitzverhältnisses. Seine umfassende Sachherrschaftsposition w i r d zivilrechtlich geschützt, der Mangel des bloßen Eigentumsrechts ist unbedeutend. 443 So z.B. BGHSt. 17 S.89; Schröder, D R i Z 1956 S. 69, i m Anschluß an Martin Wolff , Festgabe f. R. Koch S. 155; M. Wolff , Sachenrecht 9. Aufl. S. 286; — vgl. darüber hinaus auch Wolff-Raiser, a.a.O. S. 324; Planck-Brodmann, I I I 1 §986 A n m . 1 a ß; S tauding er-Berg, I I I 1 §986 Rn. 5; H. Westermann, a.a.O. S. 131; zur Gegenansicht: Raape, DogmJb. 71 S. 164ff., der aber zur Abweisung des Vindikanten unter A n w e n d u n g von § 273 B G B gelangt, und Scherk, DogmJb. 67 S. 334 ff.; eingehend dazu Hirsch, JZ 1963 S. 151 u n d Kempf, a. a. O. S. 25 ff. 444 D 44, 4 8; D 50,17,173,3. 445 Dazu: Eichler, I I 1 S. 223; Soergel-Siebert-Mühl, I I I §986 Rn. 5; Staudinger-Weber, § 242 Anm. D 520; Kempf, a. a. O. S. 33 f. 446 a. a. O.S. 33. 441

III. Die Arten der Vermögensentziehung der Herausgabeanspruch aus allgemeinen Gründen, die nichts m i t der Eigentumsordnung zu t u n haben, dem Gläubiger des Übereignungsanspruchs gegenüber eingeschränkt", so ist dieses nur zum Teil haltbar. Eine Rechtfertigung als solche steht nicht i n Rede. Daß aber die Einschränkung des Herausgabeanspruchs völlig unabhängig von der Eigentumsordnung erfolgt, ist nur dann vertretbar, wenn man die Eigentumsordnung völlig isoliert und ohne jede Verwandtschaft m i t der Vermögensordnung betrachtet. Diese Betrachtungsweise jedoch ist unrichtig, denn auch die Eigentumsordnung ist Teil der Vermögensordnung. Die weitere Feststellung Kerapfs, aus der Versagung des Herausgabeanspruchs folge noch kein Eingriffsrecht für den Gläubiger, ist zwar richtig, aber auch unstreitig und unwesentlich, denn daß hier kein Fall erlaubter Selbsthilfe vorliegt, ist von niemandem, der die rechtswidrige Zueignung i n diesem Bereich ablehnt, je behauptet worden. Da nach den hier zugrunde gelegten Prämissen der Weg verbaut ist, wenigstens bei Betrug und Erpressung den rechtlichen Vorteil allein nach dem Geldwert zu bemessen und als nicht rechtswidrig jenen Vorteil zu bezeichnen, auf den der Täter der Höhe nach einen Anspruch hat, entfällt die Rechtswidrigkeit der Bereicherung nur, wenn der Täter einen fälligen und unbedingten Anspruch auf die konkrete Sache hat. Ungeklärt ist jedoch, ob dieser Grundsatz auch dann anwendbar ist, wenn der Täter nicht Gläubiger einer Stück-, sondern einer Gattungsschuld ist. I m Rahmen der §§ 253,263 StGB begnügt sich die h. M. hier i n der Regel m i t dem Hinweis, daß Täuschung und Nötigung häufig zur Erfüllungsleistung des Schuldners führen und deshalb die Situation anders liege als beim Diebstahl. Die Rechtswidrigkeit der Bereicherung entfalle demnach, wenn der Gläubiger eine gattungsmäßig geschuldete Leistung durch Täuschung oder Nötigung erreiche 447 . A l l e i n damit w i r d die Problematik mehr verdunkelt denn gelöst. Schon bei der Verschaffung einer Geldsumme, die der Täter zwar i n der geschuldeten Höhe erhält, nicht aber als Leistung auf seine Forderung, zeigt sich, daß hier die gleichen Probleme auftauchen wie bei den Zueignungsdelikten. Schröder z. B. 4 4 8 bejaht i n diesen Sachverhaltskonstellationen die Rechtswidrigkeit der Bereicherung m i t der Begründung, Forderungen seien keine bloßen Rechnungsgrößen, die man beliebig vertauschen könne, so daß eine reine Saldierung des Gesamtvermögens die Entscheidung bestimmen könne. Entscheidend müsse vielmehr sein, daß der Täter aus diesem Rechtsgeschäft keinerlei Anspruch habe, mag er auch aus anderen Gründen einen gleichwertigen Anspruch gegenüber dem Getäuschten haben. 447 448

Vgl. Schröder, DRiZ 1956 S. 70; RGSt. 77 S. 184 f. m i t weiteren Angaben. D R i Z 1956 S. 70; dagegen aber B G H bei Dallinger, M D R 1956 S. 10.

2. Kap.: Die Systematik der Vermögensdelikte

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Es mag dahinstehen, ob diese Stellungnahme m i t den Grundsätzen des wirtschaftlichen Vermögensbegriffs in Einklang zu bringen ist. Auch bei diesem Sachverhalt w i l l der Täter nämlich nur einen Vermögensvorteil, dessen Wert er beanspruchen kann, so daß sowohl bei der Schadensberechnung — wenn diese wie die Vertreter der wirtschaftlichen Vermögensauffassung beteuern, durch Differenzberechnung i n bezug auf das gesamte Vermögen vor und nach der Tat erfolgt — wie auch bei der Vorteilsbemessung keine rechtswidrige Differenz ersichtlich ist, und zwar selbst dann nicht, wenn eine ganz andere Sache als die geschuldete erbeutet wird, falls diese den gleichen Geldwert hat. Das Vermögen des Schuldners ist i n genau der Höhe seiner Verpflichtung verringert, das Vermögen des Gläubigers u m den Betrag seines Anspruchs vergrößert. Nach der hier zugrunde liegenden Auffassung kann es nicht von Bedeutung sein, ob der Täter das, worauf er einen Anspruch hat, als Erfüllungsleistung erlangt oder nicht, sondern nur, ob das Erlangte m i t dem, was er beanspruchen kann, identisch ist. Für die eigenmächtige rechtswidrige Realisierung einer Geldforderung bedeutet dies, daß es selbst dann, wenn man der überzeugenden Ansicht, daß die einzelnen Geldstücke nur auf die i n ihnen verkörperte Wertsumme hindeuten 449 , nicht folgt, keinen Unterschied machen kann, ob der Täter einen Anspruch gerade auf die weggenommenen oder durch Täuschung bzw. Nötigung erlangten Geldstücke hat oder nicht. Abgesehen von dem nicht i n diesen Zusammenhang gehörenden Fall, daß Geld nicht als Währungseinheit, sondern i n besonderen Münzen als Sammelobjekt geschuldet w i r d und deshalb überhaupt nicht die Wertsumme, sondern eine konkrete Einzelsache den Leistungsgegenstand ausmacht 450 , w i r d die wirtschaftliche Potenz, die das Geld vermittelt, durch die Wertsumme bestimmt. Aus welchen Einzelmünzen sich diese Summe zusammensetzt, ist wirtschaftlich ohne Bedeutung. A l l e i n verletzt ist der Schuldner einer Geldforderung, die der Gläubiger auf rechtswidrige Weise einzieht, i n seinem Recht, Zeitpunkt und Einzelobjekt der Leistung zu bestimmen. Da die möglichen Einzelobjekte aber unter vermögensrechtlichen Gesichtspunkten gleichwertig sind, ist eine Vermögensschädigung, die über den Verlust der geschuldeten Summe hinausgeht, nicht sichtbar 4 5 1 . — Gleiches muß aber auch für die Gattungsschuld allgemein gel449

Vgl. dazu oben S. 188 f. 450 v g l . a a z u Roxin, Mayer-Festschr. S. 471. 451 Ob i m Falle der Geldforderung dem Herausgabeanspruch die A r g l i s t einrede nicht entgegengesetzt werden kann, w i e der B G H — BGHSt. 17 S. 89 — i m Anschluß an das Reichsgericht — RGSt. 25 S. 173 f. — und Schröder — D R i Z 1956 S. 70 — meint, erscheint zweifelhaft; dazu auch Hirsch, J Z 1963 S. 151 f. Betrachtet man die Geldschuld als Wertsummenschuld, ist diese M e i nung jedenfalls unrichtig.

III. Die Arten der Vermögensentziehung ten. Zwar ist es richtig, daß i n diesem Falle die Zueignung vertretbarer Sachen aus der Gattung i n dem geschuldeten Umfang — ein Sack Zement bestimmter A r t und Güte, Kartoffeln einer bestimmten Güteklasse, ein Serienkraftfahrzeug einer bestimmten Marke — nicht den allein rechtlich gewollten und möglichen Zustand herbeiführt, weil der Schuldner diesen Zustand durch Lieferung anderer Sachen „ebenso ordnungsgemäß hergestellt" hätte 4 5 2 . Dennoch zeigt diese Beweisführung, daß es darauf nicht ankommen kann. Zum einen sollte nicht übersehen werden, daß ein wesentlicher Unterschied bei der Leistung von Sachen aus einer Gattung heute kaum mehr diskutabel ist, da Gegenstand einer Gattungsschuld regelmäßig Massengüter aus Serienproduktion oder Mengen aus einem begrenzten Vorrat sein werden, der i n vollem Umfang zum Verkauf ansteht, nicht aber „die K u h aus einer bestimmten Herde" o. ä. Zum anderen ist der vielleicht mögliche Unterschied deswegen belanglos, weil die vom Schuldner ausgewählte Leistung von der Vermögensordnung her gesehen nicht als „vertragsgemäßere" oder als „ordnungsgemäßere" bezeichnet werden kann als diejenige, die sich der Gläubiger verschafft, sondern allein als „ebenso ordnungsgemäß". Gerade weil die Zivilrechtsordnung eine der Gattung nach geschuldete Leistung als hinreichend bestimmt anerkennt, bringt sie zum Ausdruck, daß vom Leistungsäquivalent und vom Werte des Geschuldeten her die durch die Auswahl bedingten Unterschiede als irrelevant anzusehen sind. Die Bedeutung der Auswahl für den Gefahrübergang, § 243 I I BGB, ist demgegenüber für die Frage, ob der Gläubiger sich das wirtschaftlich Geschuldete verschafft oder nicht, gänzlich belanglos 453 . Die Stellungnahme derer, die die Rechtswidrigkeit nur bei rechtswidriger Realisierung einer Stückschuld entfallen lassen wollen, weil sie von der Vermögensordnung her, unabhängig von den Modalitäten der Bereicherungsverschaffung argumentieren, ist insoweit widersprüchlich. Demgemäß verschafft sich der Täter den geschuldeten Vermögensvorteil nicht nur, wenn das Opfer zur Gewährung des Vorteils i m Rahmen einer Stückschuld verpflichtet ist, sondern auch dann, wenn der Vorteil der Gattung nach geschuldet wird. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die zivilrechtlichen Unterschiede zwischen Stück- und Gattungsschuld für den wirtschaftlichen Umfang der Verpflichtung keine Bedeutung haben, kann daher festgestellt werden, daß der Täter, der die geschuldete Leistung unter Mißachtung des Rechtsweges an sich bringt, keinen rechtswidrigen Vermögensvorteil erlangt. Verallgemeinert ließe sich das bisherige Ergebnis dahingehend zusammen452

Vgl. Schröder, D R i Z 1956 S. 70. Eingehend dazu Hirsch, JZ 1963 S. 151 f.; vgl. i m übrigen die oben S. 215 Anm. 421 Genannten. 453

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Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

fassen, daß ein Vermögensvorteil, auf den der Täter einen Anspruch hat, nicht rechtswidrig ist, und der positiven Umkehrung dieses Satzes: rechtswidrig ist ein Vorteil, auf den der Täter keinen Anspruch hat, steht bisher kein zwingendes Argument entgegen. Auch die Motive des geltenden Rechts zeigen, daß der Gesetzgeber von dieser Auffassung ausging, und die höchstrichterliche Rechtsprechung hat sie stets vertreten 4 5 4 . Von der Lehre ist diese Ansicht jedoch wiederholt als unhaltbar bezeichnet wurden. M i t Recht ist dem Reichsgericht und denjenigen, die seiner Meinung folgten 455 , entgegengehalten worden, daß niemand auf den Abschluß eines günstigen Geschäftes oder eine Schenkung einen Anspruch habe, dennoch aber die bereits i m Abschluß eines solchen Geschäftes oder i n dem Schenkungsversprechen liegenden Vermögensvorteile keine rechtswidrigen seien 456 . Trotzdem ist es nicht erforderlich, die verschiedenen Lösungen noch einmal eingehend zu überprüfen. Sachlich ist die Ansicht des Reichsgerichts nämlich heute weitgehend überwunden. Maurach 457 und Blei 458 beziehen sich nur noch i m Grundsatz auf das Reichsgericht, Schröder und der Bundesgerichtshof bekennen sich zwar zur Formel des Reichsgerichts, haben ihr aber bewußt einen anderen Inhalt gegeben. Dieses zeigt eindeutig ihre Stellungnahme zur Verschaffung von Beweismitteln, mit denen der Täter einen begründeten Anspruch durchsetzen w i l l , auf die er aber unmittelbar keinen Anspruch hat. Der Besitz einer Beweisurkunde, eines Wechsels oder Schecks ist i n den Händen des Gläubigers einer bestrittenen Forderung durchaus als selbständiges, von der Forderung trennbares Vermögensgut anzuerkennen 459 . Dennoch lehnen der Bundesgerichtshof und Schröder, die sich eingehend mit dieser Problematik auseinandersetzen,

454 V g l > PrObTrib. G A 23 S. 128, G A 24 S. 360; RGSt. 1 S. 59 ff., 26 S. 354 f . . . . 44 S. 2 0 3 . . . 57 S. 370 f . . . . BGHSt. 19 S. 215 f.; einen eingehenden Überblick über die ältere Rechtsprechung gibt Hegler, J W 1925 S. 1502. 455 Vgl. ζ. B. Geyer, I I S. 57 f., 59; Berner, Lb. 18. Aufl. S. 587; v. Schwarze, StGB A n m . 10 zu § 263 S. 762 f.; Oppenhoff-Delius, a. a. O. § 263 A n m . 6; Lucas, I I S. 339; Rommel, a. a. O. S. 97; Fuchs, J W 1915 S. 490; weitere Nachweise zur älteren L i t e r a t u r bei Hegler, J W 1925 S. 1502. — I m modernen Schrifttum ζ. B. R. v. Hippel, Lb. S. 260; Maurach, B . T . S. 329; Mezger-Blei, Stub. I I S. 200; Schröder, JR 1962 S. 348; ders., J Z 1965 S. 515; Schönke-Schröder, StGB §263 Rn. 125; Schwarz-Dreher, a. a. O. § 263 A n m . 7 B. 456 Vgl. z.B. Hälschner, I I S. 273 f., insbes. S. 273 A n m . 1, S.382; Waag, GS 31 S. 245 f.; Merkel, H H I I I S. 731 ff., 772 f.; Wachenfeld, Lb. S.399; Binding, Lb. I S. 363; ders., Normen I I S. 1073 ff.; Gerland, a. a. O. S. 640; von Bar, Gesetz I I I S. 14 f.; Kitzinger, GS 55 S. 96 ff.; Brauweiler, Vermögensbegr. S. 198 ff.; Schumann, a. a. O. S. 70 f.; Pröll, G A 67 S. 111 f.; Kollmann, ZStW 31 (1911) S. 56 f.; Birkmeyer, Encykl. S. 1177; Hegler, J W 1925 S. 1503 m i t weiteren Literaturangaben; Frank, StGB § 263 A n m . V I I 3; v. Liszt- Schmidt, a. a. Ο. S. 673. 457 Vgl. B. T. S. 329. 458 Vgl. Mezger-Blei, Stub. I I S. 200. 459 Eingehend dazu, auch i n der Auseinandersetzung m i t der hier w i d e r sprüchlichen Rechtsprechung des Reichsgerichts, Schröder, JZ 1965 S. 513 ff.

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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die Rechtswidrigkeit der Bereicherung i m Rahmen der §§ 253,263 StGB ab, wenn der Täter sich auf rechtswidrige Weise ein Beweismittel verschafft, dessen Besitz die Durchsetzung seines Anspruchs begünstigt. Gleiches muß folgerichtig für den Besitz eines „Faustpfandes" gelten, mit dem der Gläubiger Druck auf den Schuldner ausübt, seiner Verpflichtung nachzukommen 460 . Der B G H 4 6 1 führt aus, nach der Angleichung des Erpressungstatbestandes an den des Betruges „kann es nicht mehr darauf ankommen, ob auf die Erlangung des Beweismittels ein Anspruch besteht und ob m i t seiner Hilfe eine geltend gemachte Forderung leichter durchgesetzt oder abgewehrt werden kann. Maßgebend ist vielmehr allein das m i t der Handlung verfolgte Endziel. Entspricht es der Rechtsordnung, steht also die Durchsetzung oder Abwehr einer Forderung m i t dem sachlichen Recht i n Einklang, so w i r d es nicht dadurch rechtswidrig, daß zu seiner Verwirklichung rechtswidrige M i t t e l angewendet werden". I n die gleiche Richtung gehen die Darlegungen Schröders* 62, der zusammenfassend meint, es liege weder Betrug noch Erpressung vor, „wenn jemand m i t den Mitteln der §§ 253, 263 StGB veranlaßt wird, eine Verbindlichkeit zu erfüllen, oder wenn jemand daran gehindert wird, einen nicht bestehenden Anspruch durchzusetzen. Das, was hier an wirtschaftlichem Effekt erreicht w i r d oder erreicht werden soll, kann eine Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Position sein, jedoch keine solche, die von der Rechtsordnung mißbilligt w i r d " 4 6 3 . Daß der Gläubiger einer Forderung auf Sicherungsmittel oder besondere Urkunden überhaupt keinen Anspruch hat, wenn nicht besondere Vereinbarungen getroffen sind, w i r d m i t keinem Wort erwähnt. Werden die verschiedenen Gesichtspunkte zusammengefaßt, so ergibt sich, daß ein Vermögensvorteil — sei es eine allgemeine Bereicherung oder eine Bereicherung durch die Zueignung einer fremden Sache — trotz rechtswidriger M i t t e l seiner Erlangung nicht nur dann nicht rechtsw i d r i g ist, wenn der Täter einen Anspruch auf diesen Vermögensvorteil 460 Eine Zueignungsproblematik t r i t t i n diesem Bereich n u r am Rande auf: Verschafft sich der Täter eine Urkunde über seine Forderung, auf die er keinen Anspruch hat, mag einmal die Zueignung dieser Urkunde durch V e r brauch bedeutsam werden. I m übrigen aber sind die möglichen Fallgruppen unproblematisch: N i m m t der Täter eine Sache, auf die er keinen Anspruch hat, weg u n d eignet sie sich zu, so liegt eine rechtswidrige Zueignung vor. N i m m t er aber lediglich eine fremde Sache weg, u m die Zwangsvollstreckung i n diese Sache zu betreiben oder den Schuldner durch den Besitzverlust zur Zahlung zu nötigen, so liegt i n bezug auf die weggenommene Sache n u r ein f u r t u m usus vor. 461 BGHSt. 20 S. 137. 462 JZ 1965 S. 515. 483 Vgl. auch Schönke-Schröder, StGB §263 Rn. 102 b; zur Auseinandersetzung m i t dieser Frage i n der älteren L i t e r a t u r vgl. die Übersicht bei Hegler, J W 1925 S. 1499 ff. 15*

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

gegenüber dem Opfer der Tat hat, sondern darüber hinaus auch dann, wenn die der Bereicherung zugrunde liegende Vermögensentziehung auf die Herbeiführung eines vor der Vermögensordnung — Zivilrecht oder öffentliches Recht — rechtsbeständigen Zustandes gerichtet ist, weil der durch die Tat Betroffene zur Herbeiführung dieses Zustandes verpflichtet war 4 6 4 . Diese Lösung bedeutet einerseits eine Einengung jener Ansicht, die als rechtswidrig einen Vermögensvorteil bezeichnet, der von dem ursprünglichen Inhaber i m Wege des Rechts zurückverlangt werden kann, d. h. der sich als nicht rechtsbeständig erweist 4 8 5 , doch ist diese Einschränkung m i t Rücksicht auf den § 817 BGB erforderlich 466 . Andererseits erscheint die Ausdehnung dieser Ansicht auf die rechtswidrige Verschaffung von Vermögensvorteilen durch den Besitz von Beweismitteln und „Faustpfändern" berechtigt, obwohl hier gegenüber der Verschaffung von Vermögensgütern, auf die der Täter unmittelbar einen Anspruch hat, vielleicht ein höheres Unrecht vorliegt. Auch dieses Unrecht betrifft nämlich gleichfalls weit mehr die A r t und Weise der Selbstverschaffung als den Vermögenszustand, auf den das rechtswidrige Verhalten letztlich hinführt. Die Meinung des Bundesgerichtshofs und Schröders 467 ist, i m Gegensatz zu den Stellungnahmen des Reichsgerichts zu diesem Problemkreis, i n der Lehre nicht auf Widerspruch gestoßen. Nirgends ist die Vernachlässigung eines dringenden und unabweisbaren Strafbedürfnisses beklagt worden. Ein solches Strafbedürfnis wäre auch nur mühsam zu konstruieren, da die gröbsten Fälle der unerlaubten Selbsthilfe durch die Tatbestände der Nötigung, der Körperverletzung oder des Hausfriedensbruchs hinreichend erfaßt werden können. Diese Bestrafung entspricht der Sache erheblich besser, da der Täter — abgesehen von den Mitteln 484 Vgl. dazu — allerdings i n den Konsequenzen beschränkt auf Betrug u n d Erpressung — die Ausführungen von Schröder, JZ 1965 S. 515; ders., JR 1966 S. 471 ; Schönke-Schröder, StGB § 263 Rn. 118 a—e. 465 Vgl. dazu v. Schwarze, StGB A n m . 13 zu § 253 S. 733; Beling, Grundzüge S. 87; ders., Lehre v o m Verbrechen S. 176 A n m . 1; Schumann, a.a.O. S. 71; Brauweiler, Vermögensbegr. S. 200 f.; ders., ZStW 33 (1912) S. 99 f.; Waag, GS 31 S. 250; Thurow, a.a.O. S. 73 ff. ; Kollmann, ZStW 31 (1911) S. 58 fï.; Frank, ZStW 14 (1894) S. 398; ders., StGB § 263 A n m . V I I 3; v. Liszt-Schmidt, a. a. Ο. S. 673; Gerland, a.a.O. S. 640. — Z u den einander gegenüberstehenden A n sichten vgl. auch Hegler, J W 1925 S. 1502 f.; Maurach, B. T. S. 329; Mezger-Blei, Stub. I I S. 200. 4ββ Vgl. auch Katz, GS 31 S. 443, der daraus die Konsequenz zieht, rechtsw i d r i g sei ein Vermögensvorteil, der nicht i m Wege der Zivilklage erlangt werden könne; ähnlich auch Schumann, a. a. O. S. 71. 467 Z u weitgehend übereinstimmenden Ergebnissen m i t der hier entwickelten Lösung müßte auch Lange kommen, der die Bereicherung dann als rechtsw i d r i g ansieht, w e n n sie materiell, nach dem Sittengesetz, als Unrecht erscheint; vgl. dazu Kohlrausch-Lange, StGB § 253 A n m . V I I I b.

I I I . Die Arten der Vermögensentziehung der u n e r l a u b t e n S e l b s t h i l f e — schließlich e i n e n Z u s t a n d anstrebt, der durchaus A n e r k e n n u n g d u r c h die R e c h t s o r d n u n g g e n i e ß t 4 6 8 . I m e i n z e l n e n ergeben sich d e m n a c h folgende L ö s u n g e n verschiedener problematischer Sachverhalte: a) Verschafft sich der T ä t e r d u r c h Täuschung, N ö t i g u n g , W e g n a h m e oder schlichte Z u e i g n u n g eine f r e m d e Sache, a u f d e r e n Ü b e r e i g n u n g er e i n e n f ä l l i g e n u n d u n b e d i n g t e n A n s p r u c h h a t , so e r f ü l l t er n i c h t d e n T a t b e s t a n d eines V e r m ö g e n s d e l i k t s , g l e i c h g ü l t i g , ob die Sache s p e z i e l l oder n u r der G a t t u n g nach geschuldet w a r . Gleiches g i l t i n bezug a u f sonstige B e r e i c h e r u n g e n , a u f die der T ä t e r e i n e n f ä l l i g e n u n d u n b e d i n g t e n A n s p r u c h hat. aa) W a r der A n s p r u c h h i n g e g e n noch n i c h t f ä l l i g oder b e d i n g t — Z u g u m - Z u g - L e i s t u n g w a r ζ. B . v e r e i n b a r t , der T ä t e r h a t noch n i c h t geleistet — , so w i r d das V e r m ö g e n s g u t nach w i e v o r d e m S c h u l d n e r zugeordnet. D e r E r w e r b des T ä t e r s ist n i c h t rechtsbeständig, es l i e g t eine r e c h t s w i d r i g e B e r e i c h e r u n g v o r 4 6 9 . 468

Vgl. dazu Schröder, JZ 1965 S. 513 f. ; Hegler, J W 1925 S. 1499 ff. Nicht gefolgt werden k a n n daher Schröder — JR 1965 S. 27 — i n der Lösung des sog. Botenfalles — B a y O b L G JR 1965 S. 26: Der Täter entwendete aus dem Lager des Verkäufers eine verkaufte Sache und die quittierte Rechnung. Er überbrachte diese dem Käufer, von dem er sich den Kaufpreis aushändigen ließ. Diesen verbrauchte er f ü r sich. — Da bei einem Barkauf der Eigentumsübergang durch die Zahlung der Kaufsumme bedingt ist — vgl. Welzel, Lb. S. 349; Flume, A . T. I I S. 179; dazu auch schon Henke, I I § 143 S. 414 u n d υ. Schwarze, StGB § 242 A n m . I S. 665 f. —, w a r weder die durch die Wegnahme der Kaufsache herbeigeführte noch die durch Übergabe der Sache an den Käufer geplante Vermögensverschiebung auf die V e r w i r k l i c h u n g des von der Rechtsordnung gewollten Zustandes gerichtet. Die Zueignung durch den Täter ist rechtswidrig. Dies folgt zwingend aus den auch von Schröder — Schönke-Schröder, StGB §242 Rn. 57 — anerkannten Prämissen. W e i l eine Zug u m Zug-Leistung vereinbart war, wurde der Verkäufer durch die Wegnahme, gleichgültig w e r sie ausführte, zur Vorleistung gezwungen. Die Zahlung des Kaufpreises durch den Käufer führt auch nicht nachträglich zum E i n t r i t t der Bedingung, w e i l das Geld nicht als die geschuldete Summe i n die Sachherrschaftsmacht des Verkäufers gelangte. Die Tatsache, daß der V e r käufer i n diesem konkreten F a l l weder die Zahlung des Kaufpreises noch die Herausgabe der Kaufsache verlangen kann, beruht nicht darauf, daß der dem zwischen Käufer u n d Verkäufer geschlossenen Vertrage gemäße Vermögenszustand herbeigeführt wurde, sondern ist allein i n der Gutglaubensvorschrift des § 370 B G B begründet. A u f G r u n d seines guten Glaubens w i r d der Käufer so gestellt, als wäre die Bedingung eingetreten. Er w i r d dadurch v o r der doppelten Zahlung geschützt, w e i l den Verkäufer ein größeres Verschulden i n bezug auf das Fehlgehen der Leistung trifft. Anders wäre der F a l l hingegen zu entscheiden gewesen, w e n n der Täter die Kaufsumme vor der Wegnahme als angeblicher Beauftragter des Käufers entrichtet hätte, w e i l er ζ. B. auf ein gutes T r i n k g e l d von Seiten des Käufers hoffte, w e n n er diesem die Ware als Bote überbringt. — Überhaupt führen n u r geringe Abänderungen des Sachverhalts des Botenfalles zu erheblichen Abweichungen i n der rechtlichen Beurteilung: 1. Der zum Ausfahren der Ware eingesetzte Bote n i m m t die Ware an sich, überbringt sie dem K u n d e n und verwendet sodann das Geld eigennützig. — Auch wenn der Bote diesen Plan schon beim Einpacken der Ware gefaßt 469

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

bb) B e g r ü n d e t der T ä t e r , der gegen d e n S c h u l d n e r eine G e l d f o r d e r u n g h a t , eine V e r b i n d l i c h k e i t gegenüber d e m S c h u l d n e r , die i h n z u r Z a h l u n g der gleichen S u m m e v e r p f l i c h t e t , u m sodann aufzurechnen, so f e h l t es schon deshalb a n e i n e m V e r m ö g e n s d e l i k t , w e i l die A u f r e c h n u n g eine v o n der R e c h t s o r d n u n g a n e r k a n n t e F o r m der E r f ü l l u n g d a r s t e l l t 4 7 0 . I s t jedoch die A u f r e c h n u n g a u s d r ü c k l i c h oder s t i l l s c h w e i g e n d — W e c h s e l v e r t r a g , T ä t e r b i e t e t seine D i e n s t e als Geldbote a n — ausgeschlossen, so k a n n e i n B e t r u g v o r l i e g e n 4 7 1 . cc) W i e die F ä l l e e r l a u b t e r A u f r e c h n u n g ist k o n s t r u k t i v die Verschaff u n g der geschuldeten L e i s t u n g z u b e w e r t e n , die der G l ä u b i g e r n i c h t als L e i s t u n g a u f seine F o r d e r u n g e r h ä l t , s o n d e r n aus a n d e r e n G r ü n d e n . A u f die erstrebte B e r e i c h e r u n g h a t der G l ä u b i g e r e i n e n Rechtsanspruch. Daß der S c h u l d n e r a l l e r d i n g s n u r leistet, w e i l er e i n ganz anderes Geschäft i m A u g e h a t , ä n d e r t nichts daran, daß der G l ä u b i g e r n u r die geschuldete Leistung erhält472. hatte, so liegt n u r eine Unterschlagung des Geldes vor, denn bis zu dem Zeitp u n k t der Zueignung des Geldes hält sich der Täter i n dem i h m vertraglich gesteckten Rahmen. Seine Einstellung zu seiner Tätigkeit ändert hieran nichts. 2. Jemand, der nicht berechtigt ist, die Ware an sich zu nehmen, entwendet diese m i t der quittierten Rechnung; i m übrigen wie oben: Diebstahl der Ware. Bei der Ablieferung täuscht der Täter zwar vor, er sei lediglich Fremdbesitzer oder Besitzdiener, doch ändert dieses an seiner umfassenden Sachherrschaftsstellung nichts. E i n Betrug dem Käufer gegenüber scheidet aus, w e i l dieser infolge v o n § 370 B G B keinen Schaden erleidet. E i n Betrug dem Verkäufer gegenüber liegt nicht vor, da es an einer Selbstschädigung des Verkäufers fehlt. Die Problematik unterscheidet sich insoweit nicht von der des gutgläubigen Erwerbes einer nicht abhandengekommenen Sache; dazu vgl. oben S. 75 f. Eine Unterschlagung des Geldes liegt nicht vor. Der Käufer mag zwar Eigentümer des Geldes geworden sein, doch fehlt es an der Begründung eines t a t sächlichen Sachherrschaftsverhältnisses seitens des Verkäufers über das Geld; dazu vgl. oben S. 136 f. Der Täter erlangt die Sachherrschaft über das Geld unmittelbar v o m Eigentümer. Z u keiner Zeit w i r d das Geld real dem Verkäufer zugerechnet. 3. Wie unter 2., doch übergibt der Täter keine quittierte Rechnung: Diebstahl der Ware gegenüber dem Verkäufer, Betrug gegenüber dem Käufer. Keine Unterschlagung des Geldes. 470 Eingehend zu dieser Fallgruppe Schröder, D R i Z 1956 S. 71; B G H N J W 1953 S. 1479. 471 Nach dem Sachverhalt der Entscheidung RGSt. 57 S. 370 — Täter spiegelt Barkauf v o r — ließe sich ein stillschweigender, den Umständen zu entnehmender Ausschluß der Aufrechnung erörtern, daher könnte der Entscheidung i m Ergebnis zugestimmt werden. Grundsätzlich aber gilt, daß die Parteien durch den Ausschluß der Aufrechnung zum Ausdruck gebracht haben, daß sie die Leistung innerhalb des Rechtsgeschäfts, i n dem die Aufrechnung ausgeschlossen ist, als so individualisiert ansehen, daß die Verpflichtung n u r durch reale Leistung des Geschuldeten erfüllt werden kann. Macht sich der Gläubiger ζ. B. i m Rahmen eines Wechselvertrages dennoch aus der i h m übergebenen Summe f ü r eine andere Forderung bezahlt, so handelt er genauso, als verschaffte er sich an Stelle der geschuldeten Sache ein aliud, d. h. ein Objekt, das wirtschaftlich dem geschuldeten nicht gleichwertig ist; vgl. auch Schröder, D R i Z 1956 S. 71. 472 a. A . Schröder, DRiZ 1956 S. 70; RGSt. 60 S. 294, 64 S. 346 f.; vgl. demgegenüber aber B G H bei Dallinger, M D R 1956 S. 10, dem Schröder i m konkre-

III. Die Arten der Vermögensentziehung

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b) Verschafft der Täter sich den Besitz eines Vermögensgutes, auf das er keinen Anspruch hat, um durch die Vorenthaltung des Besitzes den Schuldner zu der geschuldeten Leistung zu veranlassen, so kann eine Nötigung i n der Drohung liegen, sich diese Sache zuzueignen oder sich aus ihr bezahlt zu machen. Eine rechtswidrige Bereicherung liegt nicht vor, bevor der Täter seine Drohung i n die Tat umsetzt. c) Verschafft der Täter sich eine nicht geschuldete Leistung, und macht er sich auf diese Weise für seine Forderung bezahlt, so liegt eine rechtswidrige Bereicherung vor. Nach dem hier vertretenen Vermögensbegriff kann niemals allein die gleiche Handelswertsumme eines Vermögensgutes entscheidend sein für die Beurteilung, ob sich der Täter den geschuldeten Vermögensvorteil verschafft hat oder nicht. Die bloße Saldierung über den Umweg einer Umrechnung auf die Währungseinheit ist ausgeschlossen. d) Rechtswidrig ist schließlich die Zueignung einer fremden Sache oder die eigenmächtige Begründung einer Herrschaftsposition über ein sonstiges Vermögensgut, wenn der Täter zwar einen Anspruch auf dieses Objekt hat, der Schuldner jedoch bereits i n der Verfügung beschränkt ist, weil er i n Konkurs gefallen ist oder zu fallen droht, und der Gläubiger i m Falle ordnungsgemäßer Verfügung leer ausgehen würde 4 7 3 .

7. Überblick über die Vermögensentziehungsdelikte

a) Bereicherung durch die entzogene Vermögensposition Innerhalb der Gruppe der Vermögensentziehungsdelikte, die eine reale Entziehung einer Vermögensposition und deren Anmaßung durch den Täter oder deren Zuwendung an eine vom Täter bestimmte Person zum Gegenstand haben 474 , sind jene Delikte einzuordnen, bei ten F a l l zustimmt. — Die Feststellung Schröders, daß der Gläubiger bei einer Täuschung über die Anspruchsgrundlage aus dem Grunde, den er vorgibt, keinen Anspruch hat, ist richtig. Die Konsequenz, eine rechtswidrige Bereicherung zu bejahen, w e i l Forderungen keine bloßen Rechnungsgrößen seien, ist aber nicht zutreffend. Eine rechtswidrige Vermögensverschiebung liegt nicht vor, denn der Gläubiger erhält das, worauf er einen Anspruch hat, auch w e n n der Schuldner dieses zunächst nicht merkt. — Eine Differenzierung zwischen diesen Fällen u n d jenen, i n denen ζ. B. der Richter getäuscht w i r d , damit der Schuldner zur geschuldeten Leistung verurteilt w i r d , erscheint nicht angemessen. 473 Vgl. dazu bereits Klien, a. a. O. S. 294 ff. 474 Die von Busch — ZStW 56 (1937) S. 706 — gewählte Bezeichnung „ A n maßung fremden Besitzstandes" meint sachlich w o h l gleiches. Hegler — ARWPh. I X S. 153 ff., 278 ff., 369 ff. — bezeichnet diese Gruppe als Vermögensverschiebungsdelikte. Dieser Ausdruck ist schief als Oberbegriff, denn er v e r deckt das diesen Delikten eigene Moment der realen Vermögensentziehung. So

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Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

denen d e r T ä t e r gerade die B e r e i c h e r u n g u m die V e r m ö g e n s p o s i t i o n anstrebt, die d e m O p f e r entzogen w i r d . D e r V o r t e i l ist die K e h r s e i t e des Nachteils, das O b j e k t der B e r e i c h e r u n g ist i d e n t i s c h m i t d e m der V e r mögensentziehung. Dieser D e l i k t s g r u p p e gehören, o h n e daß V o l l s t ä n d i g k e i t der A u f z ä h l u n g angestrebt w i r d , a n : Unterschlagung, § 246 S t G B — Q u a l i f i z i e r u n g : § 246,2. A l t . S t G B , § 38 D e p o t G ; P r i v i l e g i e r u n g : §§ 247, 248 a S t G B . Diebstahl, § 242 S t G B — Q u a l i f i z i e r u n g : §§ 243, 244 S t G B , § 252 S t G B 4 7 5 , § 4 Gesetz ü b e r d e n V e r k e h r m i t E d e l m e t a l l e n , § 17 Gesetz ü b e r d e n V e r k e h r m i t u n e d l e n M e t a l l e n , P r i v i l e g i e r u n g : §§ 247, 248 a S t G B , F e l d - u n d F o r s t d i e b s t ä h l e , s o w e i t gemäß § 2 I I E G S t G B nach Landesrecht geregelt. Verbrauchsmittelentwendung, § 3 7 0 1 Ziff. 5 S t G B 4 7 8 . Entwendung elektrischer Energie, § 248 c I S t G B . Grundstücksverringerung, § 370 I Ziff. 1 S t G B 4 7 7 . Gebrauchsanmaßung y § 290 S t G B . Unbefugter Fahrzeugkommt Hegler — ARWPh. I X S. 389 ff. — auch dazu, die Hehlerei hier einzuordnen, obwohl er zutreffend feststellt, daß i n diesem Falle eine Vermögens475 verschiebung seitens des Täters sondern perpetuiert w i rΒd.. T. Vieles nicht spricht allerdings für herbeigeführt, die von Maurach — JR 1957 S. 29, S. 261 f. — i m Anschluß an die Rechtsprechung vertretene Ansicht, daß es sich hier u m ein raubähnliches Sonderdelikt handelt. Das mag jedoch dahinstehen, da die verschiedenen Meinungen i n ihrer Konsequenz heute übereinstimmen; früher gab es einen Streitfall: Bestritten war, ob die Vollendung der Tat erst m i t der Anwendung des Nötigungsmittels eintrat, daher ζ. B. n u r Versuch v o r lag, w e n n die Schußwaffe versagte. — Vgl. dazu Maurach, B. T. S. 262 einerseits, Schönke-Schröder, StGB § 252 Rn. 8 andererseits. 476 Es handelt sich hier u m einen rechtlich als selbständiges, besonderes Delikt ausgestalteten Spezialfall des Diebstahls bzw. der Unterschlagung, nicht lediglich u m eine Privilegierung dieser Tatbestände, einen sog. kleinen Diebstahl; so auch Frank, StGB A n m . V zu §370; Gerland, a.a.O. S. 593; Geyer, ZStW 2 (1882) S. 301 ff.; Harburger, V D B V I S.300; Kohlrausch-Lange, StGB §370 A n m . zu Nr. 5; Maurach, JR 1957 S. 28 f.; Meyer-Allfeld, a . a . O . S. 453; Schlosky, a.a.O. S. 10, 44; Wachenfeld, Lb. S. 388. a . A . : RGSt. 14 S. 312 ff., BGHSt. 9 S. 253 f., 16 S. 186; Binding, Lb. I S. 308; Olshausen-Gutjahr, 11. Aufl. § 370 Ziff. 5 A n m . i ; Welzel, Lb. S. 357 f. — Dagegen, daß hier n u r ein kleiner Diebstahl vorliegt, spricht die Tatsache, daß der Gesetzgeber, der historischen Entwicklung folgend, das Objekt der Entwendung nicht allgemein auf geringwertige Gegenstände, auch auf Geld bis zu einer bestimmten Summe, ausgedehnt hat. Berücksichtigt w i r d , daß i n bestimmten Situationen bestimmte Objekte nicht so stark als geschütztes Eigentum erscheinen als andere. Wer ζ. B. eine saftige Birne v o n einem Baume pflückt, dessen Äste auf die Straße herüberhängen, n i m m t noch lange nicht ein 10 Pfennig-Stück an sich, das er i n einer fremden Wohnung liegen sieht; — vgl. auch Hälschner, I I S. 310; dazu Beseler, a. a. O. S. 589. — Allerdings k a n n nicht verkannt werden, daß dieser Sinn des Deliktes immer mehr verlorengeht, seit sein Hauptanwendungsbereich die Entwendung i m Selbstbedienungsladen geworden ist. — I n diesem Bereich geht der ursprüngliche Sinn langsam verloren, so daß de lege ferenda die Wiedereinführung des „kleinen Diebstahls" zu erwägen ist, soll § 370 Ziff. 5 nicht ersatzlos fortfallen. Wichtig ist die Unterscheidung für die Bestrafung des Täters bei Vorsatzwechsel: Der Täter bricht m i t Vorsatz ein, u m eine Wurst zu stehlen, er n i m m t jedoch D M 5 weg; dazu vgl. m i t eingehenden Angaben RGSt. 14 S. 312 ff.; Frank, StGB §370 A n m . V ; Schönke-Schröder, StGB § 243 Rn. 72. 477 Früher w a r streitig, ob die Grundstücksverringerung auch als bloße Vermögensentziehung oder als Gebrauchsdiebstahl strafbar w a r ; vgl. die

III. Die Arten der Vermögensentziehung gebrauch, § 248 b StGB. Pfandkehr, § 289 StGB 4 7 8 . Futter wegnähme, § 3701 Ziff. 6 StGB. Raub, §249 StGB — Qualifizierung: §§250,251 StGB —. Jagdwilderei, § 292 StGB, soweit das Verhalten auf Erlegen von W i l d oder Zueignung von W i l d und solchen Sachen, die dem Jagdrecht unterliegen, gerichtet ist 4 7 9 . Fischwilderei, § 293 StGB, soweit die Handlung „Fischen" und Zueignung von Sachen, die dem Fischereirecht unterliegen, betrifft 4 8 0 » 4 8 1 . — Betrügerischer Bankrott, §239 Ziff. 2 Angaben bei Hegler, ARWPh. I X S. 284. Heute w i r d die Parallele zum Diebstahl allgemein herausgestellt, auch w e n n der Weg oder der Grenzrain k e i n fremder zu sein braucht; vgl. Lackner-Maassen, a. a. O. § 370 A n m . 1; SchönkeSchröder, StGB § 370 Rn. 1; Welzel, Lb. S. 359. Dem ist i m H i n b l i c k auf § 370 Ziff. 2 StGB zuzustimmen. 478 Geschützt sind hier die genannten Sicherungs- oder Nutzungsrechte, die dem Berechtigten i n bestimmtem Umfang unmittelbare Sachherrschaft gewähren u n d dem Eigentümer entziehen, gegen die Entziehung dieser Sachherrschaft zugunsten des Eigentümers. Es erscheint i m Hinblick auf §288 StGB zutreffend, „Wegnahme" auch hier als Gewahrsamsbruch zu verstehen; so auch Frank, StGB § 289 Anm. I I I m i t eingehenden Literaturangaben; Kohlrausch-Lange, StGB §289 A n m . I I I ; Schönke-Schröder, StGB §289 Rn. 8. — Aber auch, w e n n m a n m i t der h. L. davon ausgeht, es genüge die Verhinderung der Ausübung der genannten Rechte durch Entfernen der Sache aus dem Machtbereich des Berechtigten — vgl. Binding, Lb. I S. 318; Jagusch, L K I I § 289 A n m . 3; Maurach, B. T. S. 276; Schwarz-Dreher, a. a. O. § 289 A n m . 1 A ; Welzel, Lb. S. 367 — ändert sich an der Deliktsnatur nichts. Durch Zerstören u n d Beschädigen der Sache k a n n das Delikt nicht begangen werden, da die Tat zugunsten des Eigentümers erfolgen muß; so auch RGSt. 15 S. 434 ff.; Binding, Lb. I S. 319; Frank, StGB § 289 Anm. I I I ; Hegler, ARWPh. I X S. 287; Kohlrausch-Lange, StGB § 289 A n m . I I I ; Schönke-Schröder, StGB § 289 Rn. 8; Schwarz-Dreher, a. a. O. § 289 A n m . 1 A ; — a. A. Jagusch, L K I I § 289 Anm. 3; Olshausen-Gutjahr, 11. Aufl. §289 A n m . 7, w e n n der Zerstörung eine Wegnahme vorausgeht. 479 I n bezug auf die Zueignung ist dieses unproblematisch, denn hier maßt sich der Täter das Aneignungsrecht des Berechtigten an. Gleiches gilt aber auch für das Erlegen, denn es ist Hegler — A R W P h . I X S. 371 — durchaus darin zuzustimmen, daß das D e l i k t seiner N a t u r nach „Jagd-" und nicht „Wild-Diebstahl" ist, u n d daher auch die Fälle erfaßt, i n denen der Täter das W i l d n u r erlegen, sich aber nicht aneignen w i l l . Zweifelhaft allerdings ist, ob jedes Töten von W i l d als Erlegen interpretiert werden kann. Eindeutig weist die W a h l des Wortes „Erlegen" statt „Töten" darauf hin, daß hier eine Handlung i n Rede steht, die noch als Jagdausübung interpretiert werden kann, so daß bloße Schädigungshandlungen — Ersäufen oder Vergiften des Wildbestandes — nicht unter den Tatbestand der Wilderei fallen; so auch — allerdings zur alten Fassung des §292 — : Binding, Lb. I S. 329; Hegler, ARWPh. I X S. 372; v. Liszt-Schmidt, a. a. O. S. 649; Meyer-Allfeld, a. a. O. S. 459; Wachenfeld, Lb. S. 437; heute w i r d allein die Gegenansicht noch erwähnt, w e n n überhaupt i n dieser Frage ein Problem gesehen w i r d ; vgl. Jagusch, L K I I §292 Anm. I a; Welzel, Lb. S. 363. Diese Ansicht hat allerdings den Vorteil, daß i m Schutz des Aneignungsrechts keine Strafbarkeitslücken entstehen. Folgt man ihr, so ist auch der Tatbestand der Wilderei, soweit er das Erlegen von W i l d betrifft, als reines Schädigungsdelikt anzusehen. Er entspricht dann dem Diebstahl und der Sachbeschädigung i m Rahmen des Eigentumsschutzes; konsequent Schönke-Schröder, StGB § 292 Rn. 5. 480 I m übrigen vgl. A n m . 479. 481 Das Verbot der Küstenfischerei, § 296 a StGB, stellt k e i n Vermögensdelikt dar. Geschützt ist i n diesem Tatbestand nicht ein bestimmtes V e r -

2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

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KO . Gläubigerbegünstigung, § 241 KO. Schuldnerbegünstigung, § 242 KO, § 122 Vgl. O. Betrug, § 263 StGB — Privilegierung: §§ 263 IV, 264 a StGB; Gefährdungstatbestand: § 88 BörsenG —. Versicherungsbetrug, § 265 StGB. Automatenmißbrauch, Leistungserschieichung, § 265 a StGB, § 27 PostG. Erpressung, § 253 StGB — Qualifizierung: § 255 StGB 4 8 3 —. Ausbeutung Minderjähriger, § 301 StGB — Qualifizierung: § 302 StGB —. Kreditwucher, § 302 a StGB — Qualifizierung: § 302 b StGB —. Nachwucher, § 302 c StGB — Qualifizierung zu § 302a—c: § 302d StGB —. Sachwucher, § 302 e StGB. I m Nebenstrafrecht finden sich außer den genannten Vergehen kaum Bereicherungsdelikte i n diesem Sinne. Bei den Vorschriften der Reichsabgabenordnung — z. B. Steuerhinterziehung — handelt es sich nicht u m Vermögensdelikte, wenn auch der vermögensrechtliche Einschlag deutlich hervortritt. I n diesen Tatbeständen überwiegt das Interesse am gleichmäßigen Steueraufkommen oder der Schutz der Steuerhoheit. Als Delikte m i t wesentlichen vermögensrechtlichen Bestandteilen, die insbesondere nach dem hier entwickelten Vermögensbegriff, der sehr stark durch das personale Moment geprägt ist, den Vermögensdelikten zuzurechnen sind 4 8 4 , obwohl der zugleich angestrebte Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unverkennbar ist, können genannt werden: §§ 106,108 UrheberrechtsG, § 33 Nr. 2 KunsturheberG, § 49 PatentG, § 16 GebrauchsmusterG, § 14 GeschmacksmusterG, §§ 24, 25, 26 WarenzeichenG. Von der Basis eines wirtschaftlichen Vermögensbegriffs her sind i n diesem Bereich ein Vermögensschaden und eine Bereicherung eindeutig nur dann zu begründen, wenn dem Berechtigten durch die Verletzung seiner Rechte ein materieller Schaden entstanden ist oder der Täter Geldgewinn erzielt hat. Darüber hinaus bereitet die Begründung der Vermögensschädigung Schwierigkeiten. Der zivilrechtliche Streit zum Schadensersatz wegen Verletzung des Rechtes am eigenen B i l d zeigt dies deutlich 485 . Nach dem hier zugrunde liegenden Vermögensbegriff genügt hingegen die Anerkennung der Urheber-, Gebrauchsmuster-, Warenzeichenrechte usw. als Rechte m i t wesentlich vermögensrechtlichem Einschlag, um i n ihrer Verletzung ein vermögensschädigendes Verhalten zu erblicken. b) Bloße Vermögensentziehungen Innerhalb der Gruppe dieser Delikte überwiegen die i m Nebenstrafrecht getroffenen Regelungen, die eine Schädigung, die Schädigung i n mögensrecht, sondern das deutsche Fischereigewerbe; vgl. Schönke-Schröder, StGB § 296 a Rn. 1. 482 Dazu i m einzelnen Hegler, ARWPh. X S. 34 ff. 483 Dazu Otto, ZStW 79 (1967) S. 86 f. 484 So auch Maurach, B. T. 264; Cramer, Vermögen S. 70. 485 vgl. dazu Wiedemann, a. a. O. S. 14 m i t eingehenden Nachw.

III. Die Arten der Vermögensentziehung Bereicherungsabsicht, aus Gewinnsucht oder Gewinnstreben und die Schädigung in Schädigungsabsicht nebeneinander stellen, wobei das bloße Schädigungsdelikt ζ. T. als Gefährdungsdelikt konstruiert ist. I n diese Deliktsgruppe gehören: Sachbeschädigung, § 303 StGB. — Qualifizierungen: § 305 StGB: Zerstörung von Bauwerken, §308 l . A l t . StGB: einfache Brandstiftung —. Entziehung der elektrischen Energie, § 248 c I I I StGB. Schiffsgefährdung durch Konterbande, § 297 StGB. Wegnahme von Bodenbestandteilen, § 3701 Ziff. 2 StGB 4 8 8 . Jagdwilderei, § 292 StGB und Fischwilderei, § 293 StGB, soweit es sich um die Beschädigung und Zerstörung der dort genannten Objekte handelt 4 8 7 . Untreue, § 266 StGB sowie die Spezialfälle dieses Delikts: § 81 a GmbHG, § 146 GenG, § 95 I 2 BörsenG, §§ 138, 142 VersAufsG. Sogenannter Kommissionärsbetrug, § 95 I 1 BörsenG 488 . Verbotene Termingeschäfte, § 92 BörsenG. Abweichen vom Geschäftsplan, § 136 VersAufsG. Betrügerischer Bankrott, § 239 Ziff. 1, 3, 4 KO. Einfacher Bankrott, § 240 K O 4 8 9 . Stimmverkauf, § 243 KO, § 123 Vgl.O. Pressebestechung, § 89 BörsenG. Heuerbruch, § 114 SeemannsG. Sachgefährdung, § 40 AtomG. Feld- und Forstbeschädigung, soweit landesrechtlich geregelt gemäß § 2 I I EGStGB. Verschleuderung von Familienhabe, § 170 a StGB, und die Verletzung gesetzlicher Unterhaltspflichten, §170b StGB, stellen sachlich Vermögensentziehungsdelikte dar. Systematisch sind sie jedoch richtig bei den Straftaten gegen Familien-, Unterhalts- und Erziehungspflichten einzuordnen. Den breitesten Raum nehmen i m Nebenstrafrecht die Straftatbestände gegen den Verrat, die Offenbarung oder die Ausspähung von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen ein. Auch in diesen Tatbeständen, insbesondere soweit sie sich gegen behördliche Kontrollpersonen, A u f sichtsbeamte, Sachverständige oder Arbeitnehmer richten, steht neben dem Vermögensschutz der Schutz besonderer Vertrauensverhältnisse. Jedoch ist die Verbindung m i t dem Vermögensschutz so eng, daß diese Delikte hier genannt werden können; vgl. z.B. §861,11 BundesleistungsG, §1161,11 HandwerksO, § 551, I I KreditwesenG, §31 Gesetz über die Altershilfe für Landwirte, § 12 BlindenwarenvertriebsG, § 18,1, I I WeinwirtschaftsG, § 17 UWG 4 9 0 . 486 Da das Gesetz eine Zueignung des Weggenommenen nicht voraussetzt, handelt es sich u m k e i n Bereicherungsdelikt i m engeren Sinne, sondern u m ein bloßes Vermögensentziehungsdelikt; a. A. Binding, Lb. I S. 310; Hegler, ARWPh. I X S. 279 m i t eingehenden weiteren Nachweisen. 487 Vgl. i m übrigen oben S. 233 Anm. 479. 488 Da nach einhelliger Ansicht der Vermögensvorteil des Täters bereits i n dem üblichen Kommissionsnutzen liegen k a n n — vgl. Dalcke-FuhrmannSchäfer, a. a. O. § 95 BörsenG A n m . 3 —, der Schaden i n der Regel aber weit darüber hinausgeht, liegt ein bloßes Vermögensentziehungsdelikt vor. 489 Vgl. dazu Hegler, ARWPh. X S . 33 ff. 490 Vgl. auch oben S. 210 A n m . 408.

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte c) Keine Vermögensdelikte

aa) Nicht um Vermögensdelikte handelt es sich bei den Delikten gegen die Veranstaltung von Glücksspielen, § 284 StGB, die Beteiligung am Glücksspiel, § 284 a StGB, das gewerbsmäßige Glücksspiel und die Lotterie und Ausspielung, § 286 StGB. Da das staatlich konzessionierte Glücksspiel zulässig ist und eine auch nur abstrakte Vermögensgefährdung, die über die erwachsenen Personen bekannten Risiken hinausgeht, nicht erforderlich ist, erscheint es richtig, das Schutzgut i n der staatlichen Kontrolle der wirtschaftlichen Ausbeutung der natürlichen Spielleidenschaft zu sehen 491 . bb) Kreditgefährdung, § 187 StGB; geschützt w i r d nicht nur der Kredit als vermögensrechtliche Tatsache, sondern auch das soziale Ansehen. Die Einordnung dieses Delikts als Vermögensdelikt würde dem nicht gerecht werden 4 9 2 . cc) Versagung StGB 4 9 3 .

der Hilfe

gegenüber

einer

Geschwängerten,

§ 170 c

IV. Die Vermögensschädigung durch Perpetuierung einer rechtswidrigen Vermögenslage Schon bei der näheren Abgrenzung und inhaltlichen Bestimmung des Begriffs der Vermögensentziehung wurden den Delikten, die eine Vermögensentziehung unter Strafe stellen, jene Vergehen gegenübergestellt, durch die das Vermögen durch Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Vermögenslage beeinträchtigt wird. Als typisches Beispiel für diese Deliktsgruppe wurde die Hehlerei genannt 494 . A l l e i n eingehend dargelegt wurde nur, daß diesem Delikt keine Vermögensentziehung eigen ist und daß der Tatbestand daher weder eine weitere Vertiefung oder Intensivierung des bereits eingetretenen Vermögensschadens durch Vermögensentziehung zwingend voraussetzt, noch überhaupt zuläßt. Eine Auseinandersetzung m i t den verschiedenen Ansichten über den Strafgrund der Hehlerei und eine Prüfung des Gesetzes dahingehend, ob es neben der Vermögensentziehung noch andere strafbare Ver491 So RGSt. 65 S. 195 u n d BGHSt. 11 S. 210; Lackner-Maassen, a.a.O. §284 A n m . 1; a. Α.: Vermögensgefährdung: v. Liszt- Schmidt, a.a.O. S. 687; Doerr, G A 64 S. 52; Mezger-Blei, Stub. I I S. 218; Schönke-Schröder, StGB § 284 Rn. 2. 492 a . A . h. M. RGSt. 44 S. 160; Meyer-Allfeld, a . a . O . S.492; Schaefer, L K I I § 187 A n m . I I ; w i e hier: Maurach, B. T. S. 147 f. m i t weiteren Angaben; Schönke-Schröder, StGB §187 Rn. 6; i m übrigen vgl. bereits Doerr, Objekt S. 25 A n m . 17; Hegler, ARWPh. X S. 40. 493 Z u m Streitstand vgl. Maurach, B . T . S. 420; Schönke-Schröder, StGB § 170 c Rn. 4. 494 Vgl. dazu oben S. 95 ff.

IV. Die Vermögensschädigung

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mögensschädigungen gäbe, erfolgte nicht. Nur als These kann demnach bisher die Feststellung gewertet werden, der Gesetzgeber stelle neben den verschiedenen Arten der Vermögensentziehung auch bestimmte Perpetuierungen rechtswidriger Vermögenslagen als Vermögensdelikt unter Strafe. 1. Die Perpetuierung einer rechtswidrigen Besitzlage als Strafgrund, Hehlerei

Daß die Hehlerei ein selbständiges Delikt ist, w i r d heute allgemein anerkannt. Die Interpretation dieses Tatbestandes als eine Form der Teilnahme an der Rechtsverletzung der Vortat 4 9 5 hat nur noch historische Bedeutung 496 . Sie widerspricht überdies der — bei aller Gegensätzlichkeit i m einzelnen — heute an die Forderung der Rechtsgutsverletzung anknüpfenden Auffassung von der Teilnahme, wenn man davon ausgeht, daß eine konkrete, reale Vermögensentziehung nicht notwendiger Bestandteil der Hehlereihandlung ist. Soweit man eine „Vertiefung des Schadens", eine „Intensivierung der Vermögensentziehung" bejaht, erscheint die Konstruktion der Hehlerei als eine zum selbständigen Tatbestand erhobene Teilnahmehandlung zu der Vortat hingegen durchaus als konstruktiv möglich 497 . — Gleichfalls nicht mehr erörtert w i r d die Ansicht, es handele sich um ein Delikt gegen die allgemeine öffentliche Sicherheit und Ordnung, weil die Tat „zwar an und für sich nicht rechtsverletzend, gleichwohl als insbesondere die Eigenthums-Sicherheit gefährdende" Verhaltensweise zu betrachten sei 498 . Eine Auseinandersetzung aber ist erforderlich m i t der sogenannten Restitutionstheorie, m i t der sogenannten Ausnutzungstheorie und m i t der Verbindung der Ausnutzungs- und Aufrechterhaltungstheorie. a) Die Restitutionstheorie Die Anhänger dieser Ansicht sehen die Hehlerei als Rechtspflegedelikt an, das den öffentlichen Anspruch auf Beseitigung des durch die 495 Z u r Entwicklung dieser Lehre bei den italienischen P r a k t i k e r n und i m gemeinen Recht vgl. Gretener, a. a. O. S. 22 ff. — Bedeutung erhielt diese Lehre i n neuerer Zeit durch die Konstruktionen v o n v. Buri , GS 29 S. 39 ff. ; von Bar, Gesetz I I S. 801 ff. u n d Beling, V D B V I I S. 226 ff.; ders., Lehre v o m Verbrechen S. 472 ff.; i m einzelnen dazu m i t eingehenden weiteren Angaben: Gretener, a.a.O. S. 69 ff. ; Lessing, a.a.O. S. 95 ff.; Hellberg, a.a.O. S. 34; Bubert, a. a. O. S. 42 ff. 496 Auch Sax, M D R 1954 S. 66 ff. der die sachlichen Zusammenhänge z w i schen den Teilnahmevorschriften u n d der Hehlerei sehr stark herausstellt, w i l l die Hehlerei keineswegs i m Sinne der alten Teilnahmetheorie ihrer Eigenständigkeit als selbständiger Tatbestand des Besonderen Teils entkleiden. 497 Z u r Entscheidung des Gesetzgebers für einen selbständigen Tatbestand vgl. Bubert, a. a. O. S. 44 f. 498 Martin, a. a. O. § 261 ; vgl. auch Anmerkungen zum StGB Baiern I S. 219; dazu auch Lessing, a. a. O. S. 111 ff.

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

Vortat bewirkten unrechtmäßigen Besitzstandes schützt 499 . — Träfe diese Ansicht zu, so wäre entschieden, daß aus der Existenz des Hehlereitatbestandes kein Argument dafür hergeleitet werden kann, daß es neben der Vermögensentziehung noch eine andere A r t strafbarer Vermögensschädigung gäbe. Hegler hätte dann zwar die Hehlerei unzutreffenderweise als Vermögensdelikt eingeordnet, seine These, jedem Vermögensdelikt sei zumindest eine Vermögensentziehung eigen, wäre jedoch nicht widerlegt. Es gäbe nur Vermögensentziehungsdelikte als Vermögensdelikte. Es soll zwar nicht verkannt werden, daß durchaus beachtliche Gründe für einen Strafrechtsschutz gegen ein die Restitution rechtswidriger Besitzlagen vereitelndes Verhalten sprechen 500 . Der Gesetzgeber hat diesem Strafbedürfnis aber nicht m i t der Schaffung des Hehlereitatbestandes gerecht werden wollen. Dieses zeigt nicht nur die Betonung der Aufrechterhaltung der rechtswidrigen Besitzlage — An-sich-Bringen, Ankaufen, Zum-Pfande-Nehmen —, die gerade die Vernichtung als stärkste Form der Restitutionsvereitelung nicht erfaßt 501 , sondern ergibt sich auch aus der historischen Entwicklung 5 0 2 . Nicht der Gedanke der Restitutionsvereitelung stand i m gemeinen Recht i m Vordergrund der Diskussion u m den Hehlereitatbestand, sondern die Unterbindung ganz bestimmter auf fremde Sachen bezogener Handlungen. Diese wurden als Schädigung des Berechtigten angesehen, obwohl i n dessen Besitzstand gerade nicht seitens des Täters eingebrochen wurde, sondern dieser Einbruch bereits zuvor durch den Vortäter abgeschlossen war 5 0 3 . Dabei bildeten sich i m Laufe der Entwicklung zwei Schwerpunkte heraus: Zum einen erschien es als grob sozial widrige und daher strafwürdige Verhaltensweise, daß sich jemand i m Bewußtsein der Tatsache, daß der Vortäter eine durch strafbares Verhalten erlangte Besitzposition ausübte, diese Stellung selbst verschaffte und nunmehr sachlich an die Stelle des Vermögensentziehungstäters trat. Dieser Täter erschien deshalb dem Vortäter ähnlich, w e i l er sich dessen rechtswidrig angemaßte Stellung verschaffte 504 . Zum zweiten wurden Gefährlichkeit 499 Vgl. Schröder, Rosenfeld-Festschr. S. 166 ff.; ders., M D R 1952 S. 71 f.; Schönke-Schröder, StGB § 259 Rn. 1; ähnlich bereits: Merkel, H H I I I S. 735 ff.; Loening, a. a. O. S. 133; Hälschner, I I 2 S. 866 ff. 500 Vgl. auch Stree, JuS 1961 S. 53 A n m . 29. 501 Dieses gesteht auch Schröder zu; vgl. Schönke-Schröder, StGB §259 Rn. 47. 502 I m einzelnen zur historischen Entwicklung vgl. Gretener, a. a. O. S. 5 ff.; Lessing, a. a. O. S. 21 fi.;Bubert, a. a. O. S. 4 ff. 503 Vgl. dazu auch Bubert, a. a. O. S. 46 ff. 504 Daraus folgt, daß genau wie bei der Zueignung, Begründung umfassender Sachherrschaft i n der Absicht, die Sache zu vernichten, nicht als „ a n sich bringen" i m Sinne des Hehlereitatbestandes interpretiert werden kann, denn i n diesem Falle — das wurde bei der Begriffsbestimmung der Zueignung eingehend nachgewiesen — geht es dem Täter gerade nicht u m Wirtschaft-

IV. Die Vermögensschädigung

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und Bedeutung jener Personen erkannt und erfaßt, die durch den Beutehandel den Vortäter i n den Genuß von Vermögensvorteilen bringen, die dieser selbst durch die Vortat unmittelbar nicht erlangt hat, sei es, daß er diese Vermögensvorteile — Bargeld — bereits zuvor angestrebt hat, sei es, daß i h m nachträglich eine zuvor nicht bewußte Möglichkeit, die Sache lukrativ zu verwerten, eröffnet wird. I n dem Erwerb der w i r t schaftlichen Position des Vortäters und i n der Unterstützung des Vortäters durch Weiterübertragung der rechtswidrigen Besitzposition lag und liegt der Unrechtsgehalt des Delikts, nicht aber schon i n der Restitutionsvereitelung als solcher.

b) Die Ausnutzungstheorie I m Gegensatz zu jenen, die den Grundgedanken der Hehlerei i n der Restitutionsvereitelung sehen, stehen diejenigen, die „das Wesen der Sachhehlerei als eine eigennützige Beteiligung an der Frucht einer zur Wahrung von Vermögensinteressen unter Strafe gestellten Vortat" bestimmen 505 . Für diese Ansicht scheint der Wortlaut des Gesetzes: „Wer seines Vorteils w e g e n . . . " eindeutig zu sprechen, und so ist i n der Literatur auch besonders hervorgehoben worden, daß diese Ansicht den Willen des Gesetzgebers zutreffend wiedergebe 506 . Dieser habe durch die Aufnahme der Worte „seines Vorteils wegen" die durch die preußische Novelle von 1856 zerstörte Verbindung zwischen Hehlerei und Ausnutzung der Vortat i m Pr. A L R wiederhergestellt. Es soll nicht bestritten werden, daß es möglich wäre, die eigennützige Ausbeutung fremder Vermögensstraftat selbständig unter Strafe zu stellen. Die Beschränkung auf einzelne Tathandlungen wäre dann jedoch kaum zu rechtfertigen, so daß der Tatbestand richtigerweise lauten müßte: „Wer aus einer von einem anderen begangenen strafbaren Handlung für sich oder einen anderen Gewinn zieht, ist als Hehler zu bestrafen" 507 . Damit erhielte der Hehlereitatbestand allerdings eine Ausdehnung, die kaum zu billigen wäre. Ein Bedürfnis für einen derart umfangreichen Strafschutz ist trotz der wiederholten Hinweise darauf, daß die sogenannte Ersatzhehlerei allgemein strafwürdig erscheine, liehe Nutzung der Sache gleich dem Eigentümer; vgl. B G H N J W 1960 S. 2008; Busch, D R i Z 1962 S. 146; Schönke-Schröder, StGB § 259 Rn. 47. 505 Gallas, Gleispach-Festschr. S. 59; vgl. i m übrigen Gallas, Z A k D R 1938 S. 29; Busch, ZStW 56 (1937) S.707; Fröleke, a . a . O . S. 55; Geerds, G A 1958 S. 131 f.; Gudewill, a. a. O. S. 18; Kantorowicz, a. a. O. S. 187 ff.; Kohler, Studien S. 119; Lessing, a . a . O . S. 133; Sauer, B . T . S. 143; Schlüter, ZStW 54 (1935) S. 452 f. 508 Vgl. Mezger, ZStW 59 (1940) S. 568 ff. 507 So Lessing, a. a. O. S. 133.

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

bisher nicht überzeugend nachgewiesen worden 5 0 8 . Aber auch darüber hinaus weist diese Lehre Mängel auf. Zwar folgt die Unrichtigkeit dieser Lehre nicht, wie die h. M. meint, schon daraus, daß die Vorteile, die der Hehler anstrebe, nicht aus der Beute der Vortat zu stammen brauchten, vielmehr jede A r t von Vorteilen ausreiche 509 . Diese Ansicht überzeugt nämlich selbst keineswegs. Zahlreiche von der Rechtsprechung entschiedene Fälle sprechen auf Grund ihrer Ergebnisse für eine strikte Begrenzung der Vorteile auf Vermögensvorteile. Nach Ansicht des Reichsgerichts konnte der Vorteil i n dem „sinnlichen Genuß eines wärmenden, schönen und der weiblichen Eitelkeit hilfreichen Kleidungs- oder Schmuckstücks" liegen 5 1 0 oder auch i n der „Hebung des allgemeinen Ansehens" einer Person 511 . Der Bundesgerichtshof erkannte die Erhaltung der Möglichkeit, einen zuvor i n Aussicht gestellten Geschlechtsverkehr ausüben zu können, als Vorteil i m Sinne des Hehlereitatbestandes an, wenn er auch i m konkreten Fall die Vorteilsabsicht verneinte 512 . Reichsgericht und Bundesgerichtshof 513 sahen i n der Abwendung einer drohenden strafrechtlichen Untersuchung den Hehlervorteil 5 1 4 . Durch diese Auslegung bleibt die Hehlerei zwar Vermögensdelikt insofern, als sie auf die Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Besitzlage gerichtet ist. Daneben aber erhält das Delikt eine Tendenz, die es i n Grenzfällen durchaus i n die Nähe eines farblosen Auffangtatbestandes bringt, der nur noch äußerlich an die Perpetuierung der rechtswidrigen Besitzlage anknüpft. Dem kann durch die Beschränkung des erstrebten Vorteils auf den Vermögensvorteil aus der Vortat entscheidend Einhalt geboten werden, denn diese Motivation würde den Deliktstypus wesentlich mitprägen. Deshalb sollte auch von dieser Seite her 508 Z u m gewechselten Beutegeld als Objekt der Ersatzhehlerei vgl. unten S. 250 fï. 509 h. M. vgl. Frank, StGB § 259 A n m . V 3; Kohlrausch-Lange, StGB §259 A n m . V I 2; v. Liszt- Schmidt, a.a.O. S. 702; Meyer-Allfeld, a . a . O . S. 495 f.; Mezger-Blei, Stub. I I S. 174; Olshausen-Gutjahr, 11. Aufl. § 259 A n m . 19; Schröder, Rosenfeld-Festschr. S. 169; Schönke-Schröder, StGB §259 Rn. 2, 252; Schwarz-Dreher, a.a.O. §259 Anm. 4 C a ; Seibert, M D R 1952 S. 732; Welzel, Lb. S. 398 f. 510 RGSt. 51 S. 180. 511 RGSt. 77 S. 117 f.; Bürgermeister kaufte gestohlenes Benzin an und verwandte dieses für die Allgemeinheit. 512 B G H N J W 1958 S. 678. 513 RGSt. 54 S. 342; BGHSt. 15 S. 55. 514 Es soll nicht untersucht werden, ob nach dem Sachverhalt der einzelnen Entscheidungen — zumindest RGSt. 51 S. 180, 77 S. 117 f. — auch ein V e r mögensvorteil vorlag, denn die Rechtsprechung stellte i n ihrer Entscheidung ausdrücklich nicht auf den wirtschaftlichen, sondern den immateriellen V o r t e i l ab; vgl. dazu auch Seibert, M D R 1952 S. 732.

IV. Die Vermögensschädigung

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eindeutig der vermögensrechtliche Charakter des strafwürdigen Verhaltens betont und der Vorteil auf den Vermögensvorteil beschränkt werden 515 » 51β . Kann insoweit daher den Anhängern der Ausnutzungstheorie gegen die h. M. nur zugestimmt werden, muß ihnen doch i m übrigen widersprochen werden. Der Hinweis auf die historische Entwicklung geht nämlich fehl. Zwar fand sich i m Pr.ALR I I 20 ein typisches Ausnutzungsdelikt, der § 83: „Hat jemand an den Vortheilen eines Verbrechens, nach dessen Ausführung, wissentlich und freywillig, jedoch ohne vorgängige Abrede, theil genommen..." Die Hehlerei wurde damit aber nicht erfaßt, wie § 1238 eindeutig erweist. Dort kam der Gedanke der strafrechtlichen Ahndung der Unterstützung des Beutehandels klar zum Ausdruck 517 . Unabhängig vom preußischen Recht haben aber die verschiedenen Anknüpfungen an die aus der Vortat erlangten Vorteile i n anderen Strafrechtsnormen eine andere Bedeutung. Einerseits galt die Annahme von Vorteilen als Indiz, welches die Einleitung von Ermittlungen rechtfertigte 518 ; zum anderen wurden Benutzung und Gebrauch der Beute unter Strafe gestellt und damit nicht die Gewinnung eines Vorteils allgemein aus der Vortat, sondern wiederum die zumindest teilweise Anmaßung der Stellung des Vortäters 510 . I m übrigen war das eigennützige Vorteilsstreben lediglich für die Abgrenzung des Delikts zur Begünstigung beachtlich. So kann es nicht verwundern, daß die Ausnutzungslehre weder i m gemeinen Recht noch zunächst während der Geltung des StGB besonders erörtert wurde. Grundsätzliche Bedeutung konnte diese Lehre erst erlangen, als nach dem Wegfall des Analogieverbotes i m Jahre 1935 die Rechtsprechung dazu überging, den Hehlereitatbestand auf die sogenannte Ersatzhehlerei auszudehnen 520 » 521 . Dies war aber nur ein A n satz, den Hehlereitatbestand über die i h m eigenen Grenzen hinaus i n das Gebiet der allgemeinen Vorteilsverschaffung zu erweitern, die irgendwie i m Zusammenhang m i t deliktischem Verhalten steht. 515

So bereits Binding, Lb. I S. 383; ders., Normen I I S. 1106; Frankel, Niedersehr. 6 S. 136; Gallas, Niedersehr. 6 S. 136; Geerds, G A 1958 S. 136; Gretener, a. a. O. S. 179; Merkel, H H I I I S. 747 i n Verb, m i t S. 742; Schafheutie, Niedersehr. 6 S. 136; Waldthausen, G A 29 S. 409. 516 Die Einschränkung Maurachs — B. T. S. 375 — auf den sachgebundenen Vorteil erscheint demgegenüber noch zu weit. 517 Vgl. dazu auch Rose, a. a. O. S. 43; Plehn, a. a. O. S. 205 ff. 518 Vgl. z. B. A r t . 40 CCC. 510 Vgl. dazu auch Bubert, a. a. O. S. 49. 520 Vgl. dazu Kohlrausch, DStR 1939 S. 144 ff.; ders., bei Gürtner, Β. T. S. 499 f.; i m übrigen vgl. Bepler, J W 1939 S. 226; Mezger, Z A k D R 1938 S. 119, 163; Schäfer, JW 1936 S. 1230, 3015; ders., J W 1937 S. 3299; einen Überblick über die Rechtsprechung gibt Bepler, JW 1938 S. 1565. 521 Schon die früheren Entwürfe wollten allerdings die Ersatzhehlerei zunächst i n Teilbereichen unter Strafe stellen; dazu vgl. Kohlrausch bei Gürtner, B. T. S. 511. 16 O t t o

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte c) Die Verbindung

von Perpetuierung s- und

Ausnutzungstheorie

Geht man davon aus, daß die Perpetuierung der rechtswidrigen Besitzlage i n bestimmter Weise den Strafgrund der Hehlerei bildet, so könnte die Idee der Bestrafung der egoistischen Ausnutzung der Vortat jedoch als gleichberechtigtes gesetzgeberisches Motiv die Formulierung des Hehlereitatbestandes beeinflußt haben. Es träfe dann zu, daß der Gesetzgeber den Hehler gleichsam als den „Zuhälter der Diebe" gesehen hätte und den Tätertyp strafen wollte, ohne dessen Vermittlerdasein sich gewisse Erscheinungsformen des Vermögensverbrechens nicht halten könnten, und der daneben sein Leben zugleich als Schmarotzer an der Verbrechensbeute fristet 5 2 2 . Daß dies die Vorstellung des Gesetzgebers gewesen sei, gestehen i m übrigen auch diejenigen zu, die diese Lehre ablehnen, aber die Forderung erheben, der Gesetzgeber solle auf das Vorteilsmerkmal verzichten, weil es m i t dem Wesen der Hehlerei als strafwürdiger Perpetuierung einer durch die Vortat geschaffenen rechtswidrigen Besitzlage nicht mehr i n Einklang zu bringen seif 28 . — I n der Tat scheint diè Vorteilsabsicht des Täters zwingend auf das B i l d des Hehlers als eines Schmarotzers an der Verbrechensbeute hinzuweisen 524 . Dennoch kann der Verbindungslehre nicht gefolgt werden, soweit sie das Wesen der Hehlerei i n der Ausnutzung der Früchte der Vortat sieht. Diese Interpretation des Hehlereitatbestandes führt unter Mißachtung der geschichtlichen Kontinuität zu einer Auffassung der Hehlerei, die diesem Delikt die innere Einheit weitgehend abspricht, ohne jedoch selbst zwingend geboten zu sein. Der Schluß von der Vorteilsabsicht auf den Grundgedanken des Delikts ist irrig. Die Vorteilsabsicht weitet nicht das Wesen der Hehlerei aus, sondern grenzt den möglichen Täterkreis ein. d) Die Perpetuierungstheorie Folgt man der h. M. 5 2 5 und bestimmt das Wesen der Hehlerei als Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Besitzlage, so sind — das ergab sich bereits i n der Auseinandersetzung m i t der Restitutionstheorie — 522 v g l dazu Kohlrausch bei Gürtner, B. T. S. 501 f.; ders., SchlegelbergerFestschr. S. 214; i m übrigen: O L G Dresden DStrR 1937 S. 434; Bepler, J W 1939 S. 226; Mezger, Z A k D R 1938 S. 119, 163; Mühlmann-Bommel, a.a.O. §259 A n m . 1; Kuehn, a. a. O. S. 85; Niethammer, Lb. S. 294; Schäfer, J W 1936 S. 1230, 3015; ders., J W 1937 S. 3299. 523 So schon Binding , Lb. I I S. 665; Beling, V D B V I I S. 236; dazu auch Welzel, Niedersehr. 6 S. 134,136. 524 Vgl. auch Dallinger, M D R 1967 S. 369; Seibert, M D R 1952 S. 732; Mezger, ZStW 59 (1940) S. 568 f. 525 Ständige Rechtsprechung: RGSt. 7 S. 92, 11 S. 3 4 3 . . . 75 S. 29; OGHSt. 1 S. 176; BGHSt. 2 S. 356 f f . . . . 15 S. 53 ff.; vgl. auch: Arndt, M D R 1948 S.31; Binding, Lb. I I S. 665; Bockelmann, N J W 1950 S. 852; Busch, DRiZ 1962 S. 346;

IV. Die Vermögensschädigung

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zunächst zwei Fallgruppen zu unterscheiden, die der Gesetzgeber i m Hehlereitatbestand zusammengefaßt hat, die aber auch das historische B i l d der Hehlerei prägten: 1. Die Perpetuierung der rechtswidrigen Besitzlage und damit die Schädigung des Eigentümers infolge weiterer Aufrechterhaltung des durch die Vermögensentziehung eingetretenen Schadens durch rechtswidrige Anmaßung der Eigentümerstellung. Insoweit richtet sich das Delikt gegen „den Dieb, der nicht angegriffen hat" 5 2 6 . Das Delikt knüpft an die Vermögensentziehung an, setzt diese demgemäß voraus. 2. Die Perpetuierung der rechtswidrigen Besitzlage und damit die Schädigung des Eigentümers infolge weiterer Aufrechterhaltung des durch die Vermögensentziehung eingetretenen Schadens dadurch, daß der Vortäter i n seinem Bestreben unterstützt wird, aus der durch die Vortat erlangten Vermögensposition den materiellen Gew i n n zu ziehen, der i h m am genehmsten ist. Hier knüpft das Delikt unmittelbar an das Verbot des Beutehandels an und stellt die Absatzhilfe unter Strafe, setzt insoweit daher gleichfalls die Vollendung der Vortat voraus. Die Tatbestandsmerkmale „An-sich-bringen" und „Verheimlichen" sind Ausdruck des Verbots der Ausübung der eigentümerähnlichen Stellung über rechtswidrig erlangte Sachen. Die Bestrafung der M i t w i r k u n g zum Absatz der Sachen bei anderen, wie auch das „ Z u m Pfande-Nehmen" betreffen die strafwürdige Absatzhilfe. I n der Tathandlung „Ankaufen" überschneiden sich die beiden verschiedenen Grundsituationen. Innerhalb der Tatbeschreibung bringt das Merkmal der Vorteilsabsicht sodann nicht die Ansicht des Gesetzgebers zum Ausdruck, konstituierendes Unrechtselement sei neben der Perpetuierung die Ausnutzung der Vortat, sondern es stellt eine Eingrenzung des Tatbestandes dar, weil allein die wirtschaftlich motivierten Tathandlungen kriminalpolitisch ins Auge fallen und als strafrechtlich ahndungswürdig erscheinen 527» 5 2 8 ' 5 2 9 . Treffend hat Gallas 530 diesen Gedanken formuliert: Frank, StGB § 259 A n m . I ; Freudenthal, ZStW 48 (1928) S. 295; Gerland, a. a. O. S. 673; Goltz, JR 1955 S. 88; Gretener, a.a.O. S. 107 ff.; Härtung, N J W 1949 S. 327; Henkel, D J 1935 S. 1738; R. v. Hippel, Lb. S.266; Jagusch, L K I I §259 A n m . 1 ; Jescheck, G A 1958 S. 13 ; Kohlrausch-Lange, StGB § 259 A n m . 1 ; v. LisztSchmidt, a.a.O. S. 698; Maurach, B . T . S. 363 f.; Mezger-Blei, Stub. I I S.269; Olshausen-Gutjahr, 11. Aufl. §259 A n m . 3 c; Schwarz-Dreher, a . a . O . §259 A n m . 1 ; Stree, G A 1961 S. 36; ders., JuS 1961 S. 52; Welzel, Lb. S. 396. 526 Vgl. auch Bubert, a. a. O. S. 55. 527 Vgl. zur geringen Bedeutung nicht wirtschaftlicher Vorteile f ü r die M o t i v a t i o n des Hehlers die Angaben bei Geerds, G A 1958 S. 36 A n m . 66 u n d Rehberg, H d W K r i m . S. 379. 528 w e n n Geerds — G A 1958 S. 131 — betont, aus der Sicht des K r i m i n o logen müsse er der Ausbeutungslehre folgen, k o m m t damit sachlich w o h l das gleiche zum Ausdruck. 529 I n anderer Gestalt findet sich dieser Gedanke schon bei Schmeling, a. a. O. S. 51. 530 Niedersehr. 6 S. 136. 16*

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

„Dieses Merkmal (seil. Vorteilsabsicht) bringt nicht mehr den Gedanken des Eigennutzens zum Ausdruck, sondern stellt eine Einschränkung dar, die ihren Grund darin hat, daß die Hehlerei nur i m wirtschaftlichen Bereich gefährlich erscheint." 2. Die weiteren Perpetuierungsdelikte

Nach dem bisher Ausgeführten kann die Hehlerei als das typische Perpetuierungsdelikt bezeichnet werden, und insoweit stimmen die Darlegungen m i t der h. M. überein, wenn auch die h. M. den Gegensatz zwischen Vermögensentziehung und Perpetuierung nicht so betont, wie es hier geschehen ist, vielmehr i n der durch Begründung umfassender Sachherrschaft gekennzeichneten Hehlerhandlung jeweils eine Unterschlagung sieht und demgemäß zwangsläufig bei der Abgrenzung von Unterschlagung und Hehlerei i n Schwierigkeiten kommen muß. Ob es außer der Hehlerei, von ihren Qualifizierungen, § 260 StGB, einmal abgesehen, überhaupt weitere Perpetuierungsdelikte gibt, ist streitig. a) Die sogenannte fahrlässige Hehlerei I n den §§ 5/18 der Gesetze über den Verkehr mit edlen bzw. unedlen Metallen vom 29.6. bzw. 23.7.1926 w i r d Verheimlichen, Ankaufen, Zum-Pfande-Nehmen usw. bestimmter Gegenstände unter Strafe gestellt, wenn der Täter aus Fahrlässigkeit nicht erkannt hat, daß sie mittels einer strafbaren Handlung erlangt worden sind. Sieht man nun das Wesen der Hehlerei i n der Kollusion zwischen Hehler und Vortäter, wobei die Aufrechterhaltung der rechtswidrigen Besitzlage nur als Konsequenz dieser Kollusion erscheint, so ist der Schluß zwingend, diese Delikte als besondere Wirtschaftsdelikte zu interpretieren, die m i t der Hehlerei nichts mehr zu t u n haben. Es handelt sich dann um Vergehen, die „die Vernachlässigung der Pflichten bestimmter Gewerbetreibender erfassen" 531 . — Hat man jedoch einmal als das wesentliche Moment des Hehlereidelikts die Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Besitzstandes i n scharfem Gegensatz zur Vermögensentziehung erkannt, so stellt sich die Kollusion zwischen Vortäter und Hehler lediglich als Folge der Tatsache dar, daß Fälle der Vermögensentziehung nicht von dem Tatbestand der Hehlerei erfaßt werden. Dann aber fällt die Verwandtschaft der Hehlerei mit der sogenannten fahrlässigen Hehlerei sofort auf. Es handelt sich sachlich um einen Fall der Hehlerei, gekennzeichnet durch das Fehlen einer Vermögensentziehung, d. h. wiederum um den Fall einer Vermögensver531 Vgl. dazu Welzel, JR 1953 S. 187; ders., Lb. S.401; Bockelmann, 1954 S. 1745 A n m . 8.

NJW

IV. Die Vermögensschädigung

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Schiebung, deren Strafgrund darin zu sehen ist, daß die durch strafbare Vermögensentziehung bewirkte Schädigung des Berechtigten weiter aufrechterhalten bleibt, wenn auch dem Täter hinsichtlich dieser Aufrechterhaltung nur Fahrlässigkeit zur Last fällt. Von diesem Standpunkt aus ist es durchaus einsichtig, daß die Entwürfe seit E 1922 (Radbruch) nur Strafvorschriften gegen fahrlässige Hehlerei enthalten, die den fahrlässigen Erwerb rechtswidrig erlangter Sachen beim Betreiben des Handels oder eines Gewerbes unter Strafe stellen 532 . Nicht die Existenz eines neuen Strafgrundes ließ diese Regelungen notwendig erscheinen. Allein kriminalpolitische Notwendigkeiten fanden hier ihren Ausdruck. Dieses zeigen die beiden derzeit noch gültigen gesetzlichen Regelungen deutlich, denn in dem dort normierten Bereich — Handeln mit edlen und unedlen Metallen — erschien die Gefahr sozial unerträglicher Verhaltensweisen besonders groß. Die Verlockung, durch Schrotthandel oder den Verkauf kleiner Pretiosen einen großen Gewinn zu erzielen, lag auf der Hand. A n dieser Stelle erschien es dem Gesetzgeber daher richtig, einzuschreiten. Der Weg, über die Senkung der Strafbarkeitsgrenze eine Abschreckung vor dem leichtfertigen Ankauf dieser Güter zu schaffen, bot sich als zweckvoll an. Ob sich eine Erweiterung dieser Bestimmungen auch auf andere Gewerbezweige empfiehlt, oder ob man die hier zutage tretenden Mißstände durch gewerbepolizeiliche Maßnahmen genausogut beseitigen kann, mag dahinstehen 533 . Die Einordnung der fahrlässigen Hehlerei als eigenständigen Hehlereitatbestand fordert allerdings eine Konsequenz zwingend: Obwohl das Gesetz die Vorteilsabsicht nicht ausdrücklich nennt, ist eine Auslegung, die hier das für den Tatbestand der Hehlerei wesentliche Merkmal des eigennützigen Verhaltens aufgibt, ausgeschlossen. Insoweit liegt die Problematik nicht anders als bei der Sachhehlerei nach § 259 StGB 5 3 4 . Durch die Einordnung der sogenannten fahrlässigen Hehlerei als Hehlerei w i r d keineswegs einer Auslegung Raum gegeben, die fahrlässige Hehlerei als einen Fall unwiderlegbar vermuteten Vorsatzes des Hehlers zu interpretieren 535 . Es handelt sich vielmehr um eine durch k r i minalpolitische Erwägungen erzwungene Regelung, die fahrlässige Perpetuierung einer rechtswidrigen Besitzlage i n einem begrenzten Bereich unter Strafe zu stellen. Ein besonderer, vom Strafgrund der Hehlerei verschiedener Sachgrund steht nicht hinter diesem Delikt.

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Dazu vgl. Bockelmann, N J W 1954 S. 1745 A n m . 8. 533 v g l . dazu die eingehende Diskussion innerhalb der Großen Strafrechtskommission, Niedersehr. 6 S. 144 ff. 534 So auch BGHSt. 6 S. 79 f. ; Goltz, JR 1955 S. 87. 535 Dazu Welzel, JR 1953 S. 187; Bockelmann, N J W 1954 S. 1745 A n m . 8.

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte b) Die sachliche Begünstigung

Entspricht die Interpretation der Hehlerei als Vermögensdelikt, trotz aller Verschiedenheiten i n der Begründung, durchaus der h. M., so hat sich nur eine Mindermeinung entschieden, die sachliche Begünstigung als Vermögensdelikt zu charakterisieren. Wenig Anklang hat zwar die Ansicht gefunden, die Begünstigung stelle einen Angriff gegen dasselbe Rechtsgut dar, das durch die Vortat verletzt wurde 5 3 6 , denn letztlich w i r d der Begünstigung damit die Selbständigkeit bestritten 5 3 7 und das Delikt als eine A r t der nachträglichen Beihilfe, eine i n Angriffs- und Schutzrichtung farblose Form der Nachtäterschaft interpretiert. I m übrigen aber, das hat Schröder 538 nachgewiesen, fallen der Träger des durch die Vortat verletzten Rechtsgutes und der an der Entziehung des Vorteils Interessierte überall dort auseinander, wo der Vorteil nicht auf Kosten des durch die Vortat verletzten Rechtsguts erlangt worden ist 5 3 9 . Rechtsprechung und h. L. bestimmen demgegenüber — insoweit i n Einklang mit der fast einhelligen Ansicht zur persönlichen Begünstigung — die sachliche Begünstigung als ein Delikt gegen die Rechtspflege. Das Wesen der sachlichen Begünstigung soll danach i n der Hemmung der staatlichen Rechtspflege bestehen, weil der Täter verhindere, daß der dem Gesetz entsprechende Zustand wieder hergestellt wird 5 4 0 . Schröder hat diesen Grundsatz dahingehend präzisiert, daß die Rechtsordnung als Ganzes und ihre Forderung auf Strafe und Restitution geschützt werden sollen, da der Rechtspflege i n den Fällen der Restitutionsvereitelung nur eine ausführende Rolle zukomme 5 4 1 . Die Gegenmeinung betrachtet die Begünstigung — gleich der Hehlerei — als Vermögensdelikt. „Es handelt sich um die Aufrechterhaltung des 536

So i m Anschluß an Beling, V D B V I I S. 61 ff.; Frank, StGB § 257 A n m . I ; desgl. Ghan, a. a. O. S. 22 f.; Roer, a. a. O. S. 2 f. — Z u r historischen E n t w i c k lung vgl. Hergt, GS 76 S. 299 ff. 537 Vgl. die Konstruktion von v. Buri, Teilnahme S. 85 ff. 538 Rosenfeld-Festschr. S. 164. 539 Schröder bildet das Beispiel, daß der Vortäter durch eine falsche eidesstattliche E r k l ä r u n g einen Doktortitel erschleicht. — A n der Entziehung des Doktortitels w i r d k a u m die durch die E r k l ä r u n g an Eides Statt verletzte Rechtspflege interessiert sein. 540 Vgl. RGSt. 20 S. 234, 23 S. 1 0 6 . . . 58 S.292; O L G Celle N J W 1947/48 S. 33; BGHSt. 2 S. 362 f. m i t zustimmender A n m e r k u n g v o n Maurach, JZ 1952 S. 662; Dalcke-Fuhrmann-Schäfer, a . a . O . §257 A n m . 1; Geyer, H H I I S. 418; Hälschner, I I 2 S. 863 f.; R. v. Hippel, Lb. S. 327 A n m . 3; Jagusch, L K I I § 257 A n m . 1; Kohlrausch-Lange, StGB § 257 A n m . I ; Lackner- M aas sen, a. a. Ο. §257 A n m . 1; v. Liszt-Schmidt, a.a.O. S. 843; Maurach, B . T . S. 728; Meyer Allfeld, a. a. O. S. 570; Mezger-Blei, Stub. I I S. 287; Mühlmann-Bommel, a. a. O. §257 A n m . 1; Niethammer, a.a.O. S. 287; Olshausen-Gutjahr, 11. Aufl. §257 A n m . 1, 29; Schwarz-Dreher, a. a. O. § 257 A n m . 1 B. 541 Vgl. Schröder, Rosenfeld-Festschr. S. 165; ders., M D R 1952 S.70f.; Schönke-Schröder, StGB § 257 Anm. 1.

IV. Die Vermögensschädigung

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erfolgreich erlangten Vermögensvorteils, also zugleich des verbrecherisch gestifteten Vermögensschadens zugunsten des Verbrechers und zuungunsten des Geschädigten. Perpetuierung eines durch das Verbrechen erzeugten, dem Recht widerstreitenden Vermögenszustandes ist sein Kern, und i n demselben Augenblick w i r d die dogmatische Einheit der unechten Begünstigung m i t der echten Hehlerei klar: beide fließen zu einem einzigen einheitlichen Delikt zusammen" 542 . Dieser Ansicht ist der Vorzug zu geben. Zwar stellt der Begünstigungstatbestand die Beistandsleistung schlechthin unter Strafe, so daß sich hier nicht — i m Gegensatz zur Hehlerei — das B i l d einer unterschiedlichen Bestrafung gleicher Sachverhalte auf Grund der willkürlichen Auswahl einzelner Tathandlungen nachzeichnen läßt, wenn man die Restitutionsvereitelung allgemein als den Grundgedanken des Delikts ansieht. Jedoch, genau wie bei der Hehlerei handelt es sich bei den strafwürdigen, weil sozial unerträglichen Verhaltensweisen, um Beistandsleistungen zur Sicherung von Vermögensvorteilen aus Vermögensdelikten. A u f diese ist daher das Delikt zu beschränken. Wo darüber hinaus ein Strafbedürfnis auftritt, ist diesem durch besondere gesetzliche Regelung durchaus Genüge getan. Producta sceleris unterliegen der Einziehung und, wo der Täter dem Vortäter immaterielle Vorteile wahrt — A hilft dem B, den erschlichenen Doktorgrad weiter zu führen —, w i r d i n der Regel eine Bestrafung wegen Beihilfe zu dem deliktischen Verhalten des Vortäters i n Betracht kommen 5 4 3 . Wenn damit auch nicht alle Fälle der Vereitelung der Wiederherstellung eines rechtswidrigen Zustandes erfaßt werden, so ζ. B. bei Verletzung von Bewirtschaftungsgesetzen durch den Vortäter, erscheint dieses nicht so grundlegend bedeutsam, daß deswegen der Tatbestand der sachlichen Begünstigung ausgedehnt werden muß. Gerade das Beispiel der Bewirtschaftungsdelikte zeigt den Ausnahmecharakter der über den Vermögensbereich hinausgehenden Fälle. Hier mag der Gesetzgeber bei der Schaffung der Sondernormen die Fälle der Vorteilssicherung gegenüber dem Täter durch einen Dritten gleichfalls regeln. 3. Die Systematik der Perpetuierungsdelikte

Die Untersuchung zur Existenz und zur Ausgestaltung der Perpetuierungsdelikte ergibt, daß das geltende Recht drei Grundnormen der strafbaren Perpetuierung rechtswidriger Vermögenslagen kennt: 1. Die Verschaffung der wirtschaftlichen Stellung eines Täters eines Vermö542 So Binding , Lb. I I S. 665; darüber hinaus vgl. Gretener, a. a. O. S. 131 f.; Hergt, GS 76 S.333f.; Wachenfeld, Lb. S.420; Bockelmann, N J W 1951 S.621; Ν agier, L K I I 6./7. Aufl. § 257 A n m . I I I 1 ; Welzel, Lb. S. 393. 543 Eingehend dazu i n der Auseinandersetzung m i t Schröder: Bockelmann, N J W 1951 S. 621 ; vgl. auch Plehn, a. a. O. S. 131 ff.

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2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

gensentziehungsdelikts ohne weitere Vermögensentziehung 544 . 2. Die Absatzhilfe gegenüber dem Täter eines Vermögensdelikts. 3. Die Sicherung der Stellung des Täters eines Vermögensdelikts gegen Entziehung der Beute zugunsten des Berechtigten. Das Gesetz hat sich jedoch nicht für eine Dreiteilung in diesem Sinne entschieden, sondern i m Anschluß an die historische Entwicklung die beiden erstgenannten Gruppen zusammengefaßt und i m übrigen nach der Einstellung des Täters zu seinem Verhalten differenziert. Diese Einteilung kann als sachgemäß angesehen werden, denn Beuteteilung und Absatzhilfe sind durch das Weiterschieben des erlangten Vermögensgutes gekennzeichnet und zutreffend auf Sachen als Tatobjekt beschränkt, so daß der sachliche Zusammenhang zwischen diesen beiden Weisen deliktischen Verhaltens erheblich enger ist, als die Verbindung zur Sicherung der rechtswidrigen Vermögenslage zugunsten des Vortäters. Auch die weitergehende Differenzierung nach der Einstellung des Täters ist sachgemäß und geeignet, die beiden gegensätzlichen Begehungsweisen der deliktischen Perpetuierung einer rechtiswidrigen Vermögenslage voneinander abzugrenzen. Handelt der Täter i m Interesse des Vortäters 545 , so liegt Begünstigung vor; dient sein Verhalten der Erlangung eigener wirtschaftlicher Vorteile, so macht er sich einer Hehlerei schuldig. Die Verbindung beider Motive i n der sogenannten eigennützigen Begünstigung, § 257 1 1 2. Hälfte, § 258 StGB, ist hingegen ein gesetzgeberischer Mißgriff gewesen. Für die persönliche eigennützige Begünstigung ist dieses unstreitig, denn daß derjenige, der einen Mörder aus eigennützigen Motiven begünstigt, geringer bestraft werden soll als derjenige, der die Strafe eines Diebes vereitelt, ist absurd 548 . Aber auch die Sicherung der Beute i m Interesse des Diebes ist kein anderes Unrecht als das der Beutesicherung zugunsten eines Betrügers 544 Nach allgemeiner Ansicht — vgl. B G H L M Nr. 2 zu § 259 StGB, BGHSt. 15 S. 57; Schönke-Schröder, StGB §259 Rn. 9; — soll auch Hehlerei selbst als Vortat genügen. Das ist i m Ergebnis richtig, jedoch schief formuliert. Auch die sog. Kettenhehlerei ist strafbar, aber nicht, w e i l sie die durch die vorangehende Hehlerei geschaffene rechtswidrige Vermögenslage aufrechterhält, sondern die durch das der ersten Hehlerei vorangegangene Vermögensentziehungsdelikt geschaffene rechtswidrige Besitzlage. — Macht man sich dieses einmal klar, so leuchtet es ein, daß der Erwerb einer ζ. B. gestohlenen Sache von einem gutgläubigen Besitzer durch einen Täter, der den Sachverhalt kennt, als Hehlerei strafbar ist. Die h. M. bejaht zwar i n diesem Falle gleichfalls Hehlerei, begnügt sich aber i n der Begründung m i t allgemeinen Strafbarkeitserwägungen; vgl. dazu auch BGHSt. 15 S. 57; v. Buri, GS 29 S. 49; Sax, M D R 1954 S. 66. 545 Ob hier Absicht i m technischen Sinne zu fordern ist oder zumindest de lege ferenda bloßes Bewußtsein der Begünstigung, ist streitig. Eindeutig eröffnet das Absichtserfordernis gewisse Strafbarkeitslücken; dazu vgl. auch S. 121 f. 540 Vgl. Schönke-Schröder, StGB § 258 Rn. 1 ; dazu auch Darziger, a. a. O. S. 18.

V. Strafbare Vermögensbeeinträchtigungen

249

oder Erpressers. Hier hat der Gesetzgeber an historische Gegebenheiten angeknüpft, die durch die Schaffung eines selbständigen und weitreichenden Hehlereitatbestandes ihre Bedeutung längst verloren hatten. Das eigennützige Motiv bei der Begünstigungshandlung mag bei der Strafzumessung Berücksichtigung finden. Darüber hinaus ist ihm, außerhalb des Hehlereitatbestandes, kein Raum zu geben. Nach geltendem Recht ergibt sich folgende Systematik: a) Der Täter sichert die Position des Vortäters gegen die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes i m Interesse des Vortäters: Begünstigung, § 257 StGB — Qualifizierung: § 25711 2. Hälfte, § 258 StGB 5 4 7 . b) Der Täter verschafft sich selbst die Stellung eines Vermögensentziehungstäters oder hilft dem Vortäter beim Beuteabsatz, um sich selbst einen Vermögensvorteil zu verschaffen: aa) Der Täter weiß oder muß nach den Umständen annehmen, daß die Sachen durch eine strafbare Handlung erlangt sind: Hehlerei, § 259 StGB — Qualifizierung §§ 260, 261 StGB. bb) Der Täter — Täterkreis begrenzt — verkennt fahrlässig, daß Sachen — besonders gekennzeichnet — durch strafbare Handlung erlangt sind: fahrlässige Hehlerei, §§ 5/18 der Gesetze über den Verkehr mit edlen bzw. unedlen Metallen vom 29. 6. bzw. 23. 7.1926. c) Die Tatbestände der Begünstigung der Steuerhinterziehung und der Steuer- bzw. Monopolhehlerei stellen keine Vermögensdelikte dar 5 4 8 .

V . Strafbare Vermögensbeeinträchtigungen neben der Vermögensentziehung und der Perpetuierung rechtswidriger Vermögenslagen

Die Vermögensdelikte des geltenden Strafgesetzbuches ließen sich i n Vermögensentziehungsdelikte und i n Delikte gegen die Perpetuierung rechtswidriger Vermögenslagen gruppieren. Weitere Arten strafbarer Vermögensbeeinträchtigungen kennt das geltende Recht nicht. Zwar wäre es möglich, die Ausbeutung fremder Vermögensstraftat allgemein unter Strafe zu stellen, denn es ist zumindest verwerflich, Gewinn aus 547 Streitig, w i e hier: Binding , Lb. I S. 384; Frank, StGB §258 A n m . I ; Jagusch, L K I I § 258 A n m . 1; Lackner-Maassen, a. a. O. § 258 Anm. 2; Maurach, B. T. S. 737; Schönke-Schröder, StGB §259 Rn. 1; Schwarz-Dreher, a.a.O. § 258 A n m . 1 ; Welzel, Lb. S. 375. —Α. Α., Sonderdelikt: Kohlrausch-Lange, StGB § 258 A n m . I ; Darziger, a. a. O. S. 17f.; Olshausen-Gutjahr, 11. Aufl. § 258 A n m . 2; RGSt. 57 S. 347; BGHSt. 11 S. 318; O L G Düsseldorf N J W 1947/48 S. 490 m i t ablehnender A n m e r k u n g von Mezger, N J W 1947/48 S. 490 f. 548 Vgl. dazu oben S. 234.

2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte einer Straftat zu ziehen, die ein anderer begangen hat 5 4 0 . Der Gesetzgeber des geltenden Rechts hat diesen Weg jedoch m i t Recht nicht eingeschlagen. Das wurde insbesondere i n der Auseinandersetzung mit der sogenannten Ausbeutungstheorie bei der Hehlerei nachgewiesen. Der Entwurf 1962 w i l l dagegen die Ausbeutung fremder Vermögensstraftat i n bestimmtem Umfang pönalisieren. § 288 E 1962 lautet: „Hat jemand einen Erlös aus einer Sache erzielt, die er gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, so w i r d . . . bestraft, wer m i t Einwilligung des Vortäters sich oder einem Dritten aus dem Erlös i n verwerflicher Weise einen Vermögensvorteil verschafft." Es erscheint bereits als Vorteil, daß die Ersatzhehlerei nicht i m vollen Umfang strafbar sein soll. Der Entwurf berücksichtigt insoweit, daß die Preisgabe der Bindung an die durch die Vortat erlangte Sache die rechtsstaatlich einwandfreie Begrenzung des von dem Tatbestand erfaßten Bereichs unmöglich macht 5 5 0 und zur Schaffung eines Delikts führt, das ohne historischen Hintergrund völlig farblos unanständige Verhaltensweisen unter Strafe stellt, nicht aber mehr die Schädigung fremden Vermögens. Dennoch kann dieser Tatbestand nicht befriedigen. Er ist m i t allen Mängeln behaftet, die ein Tatbestand aufweisen muß, der aus einer umfangreichen Regelungsmaterie einen Teilbereich erfaßt, jedoch nur auf Grund quantitativer Beschränkung, nicht aber durch Modifizierung des Grundgedankens, obwohl sich gerade gegen den Grundgedanken die K r i t i k wendet. Warum soll z.B. bestraft werden, wer aus dem Erlös der verkauften gestohlenen Sache Vorteile zieht, nicht aber, wer sich eine Bereicherung verschafft, die m i t dem Gewinn aus einer Steuer-, Zoll- oder Monopolhinterziehung erworben wurde? W i r d als Erlös auch ein Tauschobjekt angesehen, so ist es willkürlich, die Strafbarkeit nur auf das erste Objekt auszudehnen, nicht aber auf weitere — für den gestohlenen Ring w i r d eine U h r eingetauscht, diese w i r d nach einiger Zeit wiederum vertauscht 551 —. W i r d das Tauschobjekt hingegen nicht als Erlös angesehen, so erscheint die Beschränkung auf das erlöste Bargeld erst recht unangemessen. Soll derjenige nicht strafbar sein, dem der Vortäter die Schulden erläßt, weil er durch einen Diebstahl so reich geworden ist, daß er dieses Geld nicht mehr benötigt, und auch der nicht, dem der Täter von seinem eigenen Geld D M 100,— schenkt, weil er mehrere tausend Mark erbeutet hat, während bestraft wird, wem der Täter aus dem Erlös ein Geschenk macht? 549 Dieses D e l i k t würde daher weder als Vermögensentziehungs- noch als Perpetuierungsdelikt angesehen werden können; vgl. Kohlrausch bei Gürtner, B. T. S. 511 ; Fahmiiller, a. a. O. S. 20; Plehn, a. a. O. S. 197 ff. 550 Vgl. dazu statt vieler Mezger-Blei, Stub. I I S. 171 f. 551 Vgl. Mezger-Blei, Stub. I I S. 171.

V. Strafbare Vermögensbeeinträchtigungen

251

Das preuß. StGB hat den § 83, I I 20 des Pr. A L R wegen seiner Härte, aber auch wegen seiner Unbestimmtheit gestrichen 552 . Auch dem § 288 E 1962 ist ein ähnliches Schicksal zu wünschen, denn der einzig strafwürdige Fall einer Beteiligung am „Erlös", die Annahme von Geld, das der Vortäter durch Wechseln des Beutegeldes i n die Hand bekommen hat, w i r d von diesem Tatbestand nicht einmal erfaßt, da es sich hier keineswegs um eine Ersatzhehlerei handelt. I n der Tat erscheint die Annahme z. B. gestohlenen Geldes genauso strafwürdig wie die A n nahme eines Geldbetrages, den der Vortäter durch Umwechseln der z. B. gestohlenen Sache erlangt hat. Soll z. B. jemand vom Vortäter die Hälfte der Beute erhalten, so wäre er nach einhelliger Ansicht wegen Hehlerei zu bestrafen, wenn der Vortäter i h m fünf der gestohlenen zehn 100-DM-Scheine gibt, während er nach h. M. straffrei bleibt, falls der Vortäter nur einen 1 000-DM-Schein erbeutet hat und erst nach Umwechseln des Scheines dem Dritten D M 500,— weitergibt 5 5 3 . Jedoch handelt es sich,wie bereits angedeutet, hierbei nicht um die Beteiligung an dem Erlös aus einer strafbar erlangten Sache oder um eine Ersatzhehlerei 554 , sondern um eine eindeutige Umgehung des Hehlereitatbestandes, die nur dadurch möglich wird, daß die h. M. die Rechtsnatur des Geldes unrichtig erfaßt. Wenn man der richtigen Ansicht folgt und die Körperlichkeit des Geldes, soweit sie überhaupt besteht, als sekundäres Merkmal ansieht und das Geld als unkörperliche ziffernmäßig bestimmte Verfügungsmacht bewertet 555 , kann es überhaupt nicht darauf ankommen, ob der Täter das unmittelbar aus der Tat erlangte Geld oder andere Scheine erhält. Maßgeblich ist allein, ob auf ihn ein Teil oder die ganze aus der Vortat erlangte Wertsumme übertragen w i r d oder nicht 5 5 0 . W i r d dieses Merkmal hinreichend beachtet, so ist es durchaus möglich, die Fälle der „Übernahme der Beute" von denen zu trennen, i n denen der Täter nur einen Vermögensvorteil anläßlich des Gewinns großer Beute durch den Vortäter erhält 5 5 7 . I m einzelnen 552 553

5. 172. 554

Dazu vgl. Welzel, Lb. S. 401. Eingehend dazu Roxin, Mayer-Festschr. S. 472 ff.; Mezger-Blei,

Stub. I I

a. A. Mezger-Blei, Stub. I I S. 172; Maurach, B. T. S. 366. Dazu eingehend Simitis, A c P 159 (1960/61) S. 415 ff., 427 f., 450 ff.; i m übrigen vgl. die Angaben oben S. 188 A n m . 345. 556 Vgl. Roxin, Mayer-Festschr. S. 472 ff. — Zuvor bereits: Ν agier, L K I I 6./7. Aufl. § 259 A n m . I I 2. — Maurachs K r i t i k an Nagler — J Z 1956 S. 258 — ist zutreffend, da Nagler den Sachgedanken i n den Vordergrund seiner Überlegungen stellte u n d v o m gleichen Wert vertretbarer Sachen her argumentierte. — M i t dem Hinweis darauf, daß die eingewechselten Scheine w e r t mäßig an die Stelle der gestohlenen treten, w i l l auch Peters — Strafprozeß S. 79 — h i e r Hehlerei bejahen.—Diese Darlegungen führen jedoch an einer Analogie nicht vorbei. A l l e i n v o m Wesen des Geldes her ist die Lösung zu finden, nicht aber v o m Gedanken der Wertgleichheit des entzogenen Objekts m i t der des erlangten. 557 Der Ansicht Bleis — Mezger-Blei, Stub. I I S. 172 —, Hehlerei liege bei 555

252

2. Kap. : Die Systematik der Vermögensdelikte

mögen sich einmal Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben. Diese sind auch sonst dem Strafrecht nicht fremd. W i r d jedoch beachtet, daß es auch i n diesen Fällen darum geht, denjenigen strafrechtlich zu erfassen, der sich ohne Vermögensentziehung die rechtswidrige Vermögensstellung des Vermögensentziehungstäters verschafft, nicht aber denjenigen, der sich einen Vermögensvorteil anläßlich der Begehung eines Vermögensdelikts durch einen anderen besorgt, dürften diese Schwierigkeiten i n einem vertretbaren Rahmen bleiben. W i r d aber einmal der Schritt von der Betrachtung des Geldes als einer körperlichen Sache zur Anerkennung des Geldes als ziffernmäßig bestimmte abstrakte Vermögensmacht getan, so ist eine Konsequenz unausweichlich: Dem Stückgeld ist das Buchgeld gleichzustellen. Z w i schen beiden Geldarten gibt es keine sachlichen Unterschiede, denn das Stückgeld ist heute nur noch eine Erscheinungsform des Geldes, und zwar die wirtschaftlich weniger bedeutsame 558 . Das macht aber de lege ferenda eine Erweiterung des Hehlereitatbestandes erforderlich. Der hier von Kohlrausch 559 vorgeschlagenen Ergänzung des Tatbestandes: „bei Geld ist diese Vorschrift auch anzuwenden, wenn an Stelle des strafbar erlangten Geldes anderes Geld getreten ist",ist zuzustimmen 560 . Durch diese Erweiterung wäre aber auch de lege ferenda nicht ein neuer Strafgrund für ein Vermögensdelikt anerkannt. Es würde nur aus der Rechtsnatur des Geldes und seiner Bedeutung i m Wirtschaftsverkehr die Konsequenz für die strafrechtliche Erfassung der Perpetuierung der rechtswidrigen Vermögenslage gezogen.

Geldempfang solange vor, w i e der Wert der Beute noch i m Vermögen des V o r täters ist, k a n n nicht gefolgt werden. Diese Ansicht ließe sich allein v o m Ausgangspunkt Schröders halten, der die Hehlerei als Restitutionsvereitelungsdelikt ansieht. 558 Dazu eingehend m i t zahlreichen Angaben zur deutschen und internationalen L i t e r a t u r : Simitis, AcP 159 (1960/61) S. 423 ff. 559 Bei Gürtner, B. T. S. 515. 560 Roxin, Mayer-Festschr. S. 475, sieht diese Ergänzung des Tatbestandes als unnötig an. Er bezieht allerdings das Buchgeld nicht i n seine Überlegungen ein. Aber auch dann erscheint eine gesetzliche Ergänzung notwendig, w e i l der Hehlereitatbestand bisher n u r die Sachhehlerei kennt. Hier handelt es sich aber gerade nicht u m einen F a l l der Hehlerei einer Sache.

3. Kapitel

Konsequenzen für Schutzfunktion und Schutzbereich einzelner Delikte Die Untersuchung hat erwiesen, daß die verschiedenen Vermögensdelikte ein einheitlicher funktionaler Zusammenhang verbindet: Diese Delikte schützen die gegenständlich gewährleistete Potenz der Person i m wirtschaftlichen Bereich gegen zwei einander ausschließende Beeinträchtigungen, die reale Minderung dieser Potenz durch Entziehung eines Vermögensgutes und die Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Vermögenslage i n bestimmten Situationen. Dieses gemeinsame Anliegen der verschiedenen Einzeldelikte bildet die Einheit, i n deren Gefüge sämtliche Normen des strafrechtlichen Vermögensschutzes stehen. Demgemäß ist die strafrechtliche Vermögensschutzordnung ein Mannigfaltiges, aber das Mannigfaltige ist i n einem Zusammenhang, der ihm ein wirksames Prinzip seiner Einheit gibt. Das Zusammen der Teile ist nicht neutrales Beieinander, sondern gegenseitiges Bestimmen, und wiederum ein solches Bestimmen, daß das Zusammen eben dadurch erhalten bleibt. Dieser Zusammenhang ist Struktur, weil er nicht nur als System von Funktionen, sondern als System von Systemen aufgefaßt v/erden muß. Er umfaßt Infrastrukturen, die i n relativer, zum Teil sehr weitgehender Selbständigkeit und Eigengesetzlichkeit ihre innere Organisation betreiben, denn die Struktur ist zwar eine Gestalt von Einheit, aber eine solche, die der Vielheit nicht widerspricht 1 . Die Verbundenheit i n der gemeinsamen Struktur ist bei der Auslegung jedes einzelnen Tatbestandes zu beachten. — Es liegt zwar nicht i m Rahmen der Untersuchung, für alle Delikte und jede Problemstellung zu prüfen, welche Konsequenzen die Beachtung des übergreifenden Zusammenhanges zwischen den verschiedenen Vermögensdelikten jeweils hat. U m jedoch weiter mit den hier entwickelten Gedankengängen vertraut zu machen, soll gleichsam i m Kernbereich des strafrechtlichen Vermögensschutzes an grundsätzlichen Problemstellungen gezeigt werden, welche Bedeutung der innere Zusammenhang zwischen den einzelnen Delikten und die hinter diesem Zusammenhang stehenden Prinzipien für die verschiedenen Problemlösungen haben, und wie sie 1 Vgl. Rombach, a. a. Ο. I S. 21 ; i m übrigen vgl. Böhm, StudGen. 6 (1953) S. 535 f f J o n a s , StudGen. 10 (1957) S. 89; Maihof er, a. a. O. S. 64 f.

254

3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

das B i l d der einzelnen Delikte gerade i n ihrem gegenseitigen Bezug und Ausschluß formen. I. Unterschlagung Entziehung einer Sache, die dem Täter nicht gehört, aus dem Vermögen eines anderen und Bereicherung durch Zueignung dieser Sache kennzeichnen das Vermögensentziehungsdelikt als Bereicherungsdelikt. 1. Die berichtigende Auslegung des Tatbestandes

— Zur umfassenden, äußerlich erkennbaren Sachherrschaftsstellung des Täters — Der Tatbestand des § 246 StGB bezeichnet als Täter der Unterschlagung denjenigen, der „eine fremde bewegliche Sache, die er i n Besitz oder Gewahrsam hat, sich rechtswidrig zueignet". Nach dem Wortlaut des Gesetzes w i r d demnach vorausgesetzt, daß der Täter sich eine Sache zueignet, die er selbst i n Besitz oder i n Gewahrsam hat, d. h. zu der er bereits i m Zeitpunkt der Zueignung i n einem realen Herrschaftsverhältnis steht. — Vergegenwärtigt man sich nun, daß der Diebstahl lediglich die Zueignung fremder Sachen durch Wegnahme erfaßt, so klafft zwischen Diebstahl und Unterschlagung zweifellos eine Lücke: Die Zueignung fremder Sachen ohne Gewahrsamsbruch, die der Täter vor der Zueignung noch nicht i n seiner Sachherrschaftsgewalt hatte, erfüllt keinen der beiden Tatbestände. Die sachgerechte Lösung der Fälle der sogenannten Fundunterschlagung, der Leichenfledderei und der Zueignung mit Zustimmung des Gewahrsamsinhabers aber gegen den Willen des Eigentümers bereitet demgemäß Schwierigkeiten. U m diese Lücke zu schließen, w i l l die h. M. den § 246 „berichtigend" auslegen. Der Erwähnung des eigenen Gewahrsams des Täters i m Wortlaut des Unterschlagungstatbestandes soll nicht die Bedeutung zukommen, ein positives Tatbestandsmerkmal der Unterschlagung zu bestimmen, sie soll vielmehr nur die negative Abgrenzung zum Diebstahl klarstellen. Die Bestimmung sei so gemeint, daß Unterschlagung nicht die rechtswidrige Zueignung erfasse, die unter Bruch oder auf Grund der Übertragung fremden Gewahrsams erfolge. Dieser Ansicht, deren Anerkennung nicht unwesentlich auf der Autorität Bindings beruht 2 , hat sich schließlich auch der Bundesgerichtshof angeschlossen3. Dennoch sind die Zweifel an der Richtigkeit dieser 2

S. 4. 3

Vgl. Lb. I S. 275; ders., Normen I I S. 1040 ff.; dazu Bockelmann,

M D R 1953

Vgl. L M §246 StGB Nr. 3; i m übrigen vgl. zum Streitstand SchönkeSchröder, StGB § 246 Rn. 1, u n d die Angaben bei Schöneborn, a. a. O. S. 18 A n m . 1, S. 19 A n m . 2.

I. Unterschlagung

255

Gesetzesinterpretation niemals verstummt, während ihre Zweckmäßigkeit nicht grundsätzlich bestritten wird. Zuletzt hat Bockelmann 4 nach einer umfassenden Darstellung der Problemlage noch einmal das Für und Wider der gegenüberstehenden Meinungen sorgfältig abgewogen und nachgewiesen, daß der Gesetzgeber keineswegs m i t der Wendung „Sache, die er i n Besitz oder Gewahrsam hat", nur den Gegensatz zur Aneignung unter Bruch fremden Gewahrsams zum Ausdruck bringen wollte. Selbst wenn man Bockelmanns Meinung ablehnt, daß die Gesetzesmotive widerspruchslos seien5 und i n völliger Übereinstimmung m i t dem Gesetzeswortlaut positiv fordern, daß sich der Täter i m Augenblick der Zueignung schon i m Besitz der Sache befinden müsse6, ergibt sich aus dieser Ablehnung noch kein Argument für die berichtigende Auslegung. — Die Motive 7 erweisen sich in diesem Bereich als recht seltsame Mischung aus gesetzgeberischen Überlegungen, Betrachtungen zum preußischen Recht und Einzelfallerwägungen. Davon, daß ihnen die unbestrittene Absicht des Gesetzgebers zu entnehmen sei, er habe nur den Gegensatz zur Aneignung durch Wegnahme aus fremdem Besitz zum Ausdruck bringen wollen 8 , kann jedenfalls keine Rede sein. Zumindest lassen die Motive nicht den Schluß zu, der Gesetzgeber habe das, was er gewollt habe, nicht adäquat i n Worte gefaßt. Dieses u m so weniger, als weder die herrschende gemeinrechtliche Lehre noch die Mehrzahl der Partikularrechte die Möglichkeit einer Fundunterschlagung i m Zeitpunkt des Findens und der Inbesitznahme der Sache bejahten, sondern darauf abstellten, ob der Täter die Sache dem Verlierer ausdrücklich vorenthielt oder den Fund während einer bestimmten Zeit nicht anzeigte®. Die berichtigende Auslegung des Unterschlagungstatbestandes findet daher i n den Motiven nicht die nötige Stütze, sie wendet das Gesetz vielmehr über die i h m durch den Worlaut gezogenen Schranken hinaus auf Sachverhalte an, für die es weder zutrifft noch zweifelsfrei zutreffen sollte 10 . Auch der Versuch von Post, trotz Ablehnung der berichtigenden Auslegung die Ergebnisse dieser Auslegung zu begründen, ist fehlgeschlagen. Post meint 1 1 , „der Satzteil, ,die er i n Besitz oder Gewahrsam hat', 4

M D R 1953 S. 3 ff. a. A . RGSt. 19 S. 39; dazu auch Schöneborn, a. a. O. S. 22 ff. So ζ. B. auch H. Mayer, JW 1934 S. 486. 7 Vgl. a. a. O. S. 75—76. 8 Binding, Lb. I S. 275 f. ; eingehend dazu auch Rönnberg, Recht 1906 Sp. 1414; Welzel, JZ 1952 S. 617 f. 9 Vgl. dazu i m einzelnen Walther, a. a. O. S. 6 ff., 98 ff. 10 Vgl. statt vieler Bockelmann, M D R 1953 S. 7; Jescheck, StudGen. 12 (1959) S.111 ff. 11 Vgl. a. a. O. S. 50 ff. 5

6

256

3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

ist richtigerweise als ein bloßes Substrat der Zueignung aufzufassen, d. h. immer da, wo eine Zueignung vorliegt, ist notwendig auch das Besitz-Gewahrsam-Merkmal erfüllt". — Zwar ist Post durchaus zuzustimmen, daß die Zueignung einer Sache stets auch ein reales Herrschaftsverhältnis des Täters zu der Sache erfordert. Das hat die Untersuchung ergeben. Aber damit ist das hier erörterte Problem nicht gelöst, denn wenn Besitz oder Gewahrsam des Täters schon vor der Zueignung begründet sein muß, dann muß es gerade dieser Besitz oder dieser Gewahrsam sein, der zu Eigenbesitz gewandelt, das „Substrat der Zueignung" ausmacht 12 » 13 . I n einem jedoch ist Post und insoweit den Anhängern der berichtigenden Auslegung i m Ergebnis zuzustimmen: Es genügt, daß der Täter die fremde Sache vor der Zueignung i n mittelbarem Besitz gehabt hat 1 4 . — Es mag zugestanden werden, daß der Gesetzgeber mit den Begriffen Besitz und Gewahrsam das gleiche ausdrücken wollte. Unstreitig war er sich aber auch darüber i m klaren, daß er zwei Begriffe verwandte, die begrifflich nicht so fest bestimmt waren, daß jeder Zweifel über ihren Inhalt ausgeschlossen war. Selbst wenn der historische Gesetzgeber daher durch „Besitz oder Gewahrsam" nur das tatsächliche unmittelbare Sachherrschaftsverhältnis umschreiben wollte 1 5 , steht der Auslegung, der Begriff Besitz umfasse unmittelbaren und mittelbaren Besitz, kein Hindernis entgegen. Die Verbindung von Besitz und Gewahrsam durch „oder" zeigt, daß der Gesetzgeber seinem Willen nicht hinreichend Ausdruck verliehen hat. Während sich aber der Begriff eines mittelbaren Gewahrsams nicht durchgesetzt hat, w i r d Besitz allgemein als Oberbegriff der anerkannten Besitzarten mittelbarer und unmittelbarer Besitz verstanden. Sinn und Zweck des Unterschlagungstatbestandes i n einem wohl verstandenen Gefüge des strafrechtlichen Vermögensschutzes rechtfertigen daher die Auffassung, daß es genügt, wenn der Täter sich eine Sache zueignet, die er i n mittelbarem Besitz hat. Auch i n diesem Falle ist ein reales Sachherrschaftsverhältnis des Täters zu der betroffenen Sache vor der Zueignung begründet. Der praktische Ertrag dieser Auslegung ist allerdings nicht bedeutend 16 . Die Fälle der Zueignung von Sachen, die der Täter bereits i n 12

Dazu auch Bockelmann, ZStW 69 (1957) S. 296. Wenn Schröder — Schönke-Schröder, StGB §246 Rn. 1 — meint, die Sachwerttheorie verzichte gleichfalls auf die Herstellung einer realen Beziehung zu der Sache, so ist das richtig. Dieses stützt die berichtigende Auslegung jedoch nicht, w e i l die Sachwerttheorie selbst unrichtig ist. 14 Vgl. dazu Louven, M D R 1960 S. 269 f. 15 Eingehend dazu RGSt. 37 S. 199 ff. 16 Dazu auch Bockelamnn, ZStW 69 (1957) S. 297. 13

I. Unterschlagung

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mittelbarem Besitz hat, sind selten 17 . Jedoch allgemein sollte der Gewinn der berichtigenden Auslegung nicht überschätzt werden. Selbst wenn der Tatbestand es zuließe, spricht gerade bei der sogenannten Fundunterschlagung nichts dafür, grundsätzlich die relevante Zueignungshandlung i n der Gewahrsamsbegründung zu sehen. Auch der unehrliche Finder w i r d i m Regelfall erst einmal die Fundsache i n Augenschein nehmen und selbst, wenn er schon entschlossen ist, sie zu behalten, ist i m Regelfall die Interpretation der Gewahrsamsbegründung als Handlung i n Zueignungsabsicht und nicht als Zueignungshandlung vertretbar 1 8 . Dennoch gibt es Fälle, i n denen ein Bedürfnis für die Bestrafung einer Zueignung, die mit der Gewahrsamsbegründung zusammenfällt, unabweisbar ist, ζ. B. beim Fund eines 5-DM-Stückes, das der Täter sofort mit eigenem Geld vermischt. Darüber hinaus wäre es ein Vorteil, die sogenannte Leichenfledderei und die Fälle der Zueignung fremder Sachen i m Einverständnis m i t dem Gewahrsamsinhaber, der nicht Eigentümer ist 19 , unter den Tatbestand der Unterschlagung subsumieren zu können. — De lege lata ist jedoch daran festzuhalten, daß eine Unterschlagung nur dann i n Betracht kommt, wenn die Zueignung erfolgt, nachdem der Täter Gewahrsam, unmittelbaren oder mittelbaren Besitz über die fremde Sache begründet hat. — De lege ferenda sollte diese Begrenzung des Tatbestandes aber beseitigt werden. Zu beachten ist jedoch auch dann, daß eine vollendete Zueignung einer fremden Sache noch nicht vorliegt, solange der Täter oder eine Person, deren Verhalten dem Täter zuzurechnen ist 20 , keine reale Sachherrschaft über die Sache begründet hat. W i r d das Erfordernis der realen Sachherrschaft preisgegeben, so gehen die Konturen des Unterschlagungstatbestandes verloren und der Entwicklung der Unterschlagung von einem Sachaneignungsdelikt zu einem allgemeinen Vermögensdelikt, das mehr unanständige denn strafwürdige Verhaltensweisen erfaßt 21 , stehen keine Hindernisse entgegen. — Wer den Ort kennt, an dem der Eigentümer eine wertvolle Sache verloren hat, und sein Wissen an einen bösgläubigen Dritten verkauft, eignet sich die Sache nicht m i t dem Verkauf zu. Der Berechtigte w i r d i n seiner Vermögenslage durch den Verkauf nicht weiter geschädigt. Es w i r d nur die Gefahr einer über den bisherigen Schaden — Besitzverlust — hinausgehenden Schädigung begründet. Diese genügt den Anforderungen an die reale Vermögensentziehung nicht. 17

Vgl. aber ζ. B. RGSt. 37 S. 198 ff. Dazu auch Bockelmann, Niedersehr. 6 S. 54; Welzel, Niedersehr. 6 S. 55; W. Schneider, M D R 1956 S. 336 f. 19 Z u dieser Fallgruppe eingehend sogleich unter 2. 20 Dazu eingehend unter 3. 21 Z u r Entwicklung i m schweizerischen Strafrecht vgl. BGE 87 I V 117 ff.; dazu Schubarth, a. a. O. S. 6 ff. 18

17 O t t o

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte 2. „Sich zueignen" und „Ermöglichung einer Drittzueignung"

— Zur umfassenden eigenen Sachherrschaftsstellung des Täters — W i r d die Zueignung als Begründung umfassender Sachherrschaft i n der Absicht, die eigene wirtschaftliche Potenz zu stärken, aufgefaßt, so bedeutet das einerseits, daß auch die Absicht, andere zu beschenken und insoweit tätig sozialen Ausgleich zu üben, die Zueignung nicht ausschließt. Andererseits ist damit aber auch die Zueignung von der bloßen Ermöglichung einer Zueignung abgegrenzt. Wer selbst umfassende Sachherrschaft innehat oder sich die Sachherrschaft eines anderen als eigene zurechnen lassen muß, kann eine Sache anderen Personen zueignen 22 . Ein anderer kann höchstens die Zueignung dieser Sache durch Dritte dulden, ermöglichen oder unterstützen. — Die Abgrenzung mag i m Einzelfall problematisch erscheinen. Sie ist jedoch eindeutig möglich, wenn die Erfordernisse des Zueignungsbegriffs hinreichend beachtet werden. Folgende Fallkonstellationen sind — beispielhaft umrissen — zu unterscheiden 23 : a) Der Filialleiter F, der Waren für den eigenen Verbrauch nur nach Zahlung des Kaufpreises entnehmen darf, packt Waren i n das eigene Kraftfahrzeug. Er w i l l diese verbrauchen, aber nicht bezahlen: — M i t der Verbringung der Waren in das Kraftfahrzeug manifestierte sich der Wille des F, Eigenbesitz an den Waren zu begründen. Er eignete sie sich zu: Unterschlagung 24 . b) F packt die Waren, die er vernichten w i l l , i n sein Kraftfahrzeug, weil es ihm nur darauf ankommt, den Firmeninhaber X zu schädigen: — Keine Zueignungsabsicht; aber Untreue, § 266, 2. Alt. StGB. c) F schenkt dem Kunden Κ die Waren mit dem Bemerken, es handele sich um eine Anerkennung der Firmentreue des K : aa) F w i l l dem X Schaden zufügen: Untreue. bb) F meint, die wirtschaftliche Lage des armen Κ müsse verbessert werden: Unterschlagung 25 . — Daß F keinen Nutzen aus der Besserung der wirtschaftlichen Lage des Κ zieht, ändert das Ergebnis nicht. Unwesentlich ist gleichfalls, daß F nicht i m eigenen Namen handelt, sondern i m Namen der Firma. Indem er die 22 Insofern ist der oft abwertend zitierte Satz: w e r einem anderen eine Sache zueignet, müsse sie sich zuvor selbst zugeeignet haben — so schon Merkel, H H I I I S. 449 —, durchaus richtig. 23 I n s t r u k t i v auch O L G Bremen, M D R 1948 S. 260 f., obwohl das O L G Bremen zum richtigen Ergebnis n u r m i t Hilfe der unrichtigen Erwägung kommt, eine Zueignung liege dort nicht vor, w o das Verhalten des Täters keinen N u t zen für i h n bringe. 24 Nach h. M. i n Idealkonkurrenz m i t §266; vgl. z.B. B G H L M Nr. 4 zu § 266 StGB; dazu jedoch eingehend unten bei der Untreue S. 313 ff. 25 Zur Problematik der Untreue vgl. eingehend unten S. 313 ff.

I. Unterschlagung

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Ware schenkweise übereignet, begründet er die eigene umfassende Sachherrschaftsposition i n der Absicht, die Sache nach eigenen Vorstellungen wirtschaftlich zu nutzen. Er eignet sich die Ware zu 26 . cc) F meint, das Geschenk werde den Κ erfreuen und seinen Willen, weiterhin bei der Firma einzukaufen, entsprechend festigen: — Keine Zueignung. Zwar greift F i n die rechtlichen Befugnisse des X ein und entzieht dem X Herrschaftsmacht über wirtschaftliche Güter. I h m geht es aber nicht darum, die eigene wirtschaftliche Position zu stärken, sondern er w i l l , wenn auch pflichtwidrig, die Rechtsposition des X durch sein Handeln festigen. Er maßt sich insofern die Stellung des X an, jedoch nicht derart, daß er sich an die Stelle des X i n bezug auf die Herrschaftsposition über die Waren setzt, sondern so, daß er nur die Herrschaftsbefugnisse des X i n einer Richtung für diesen ausübt, ohne dazu berechtigt zu sein. Er bevormundet den X eigenmächtig, verschafft sich aber keine Eigenbesitzerstellung an der Ware 27 . Die Wahrnehmung der Interessen des Eigentümers schließt die Absicht der eigennützigen Verwendung der Sache aus. — Je nach Sachlage kann aber eine Untreue vorliegen. dd) F bekundet seine Absicht, dem Κ eine bestimmte Ware zu schenken erst, als Κ bezahlen w i l l . Er erläßt dem Κ daher den entsprechenden Betrag des Gesamtkaufpreises: — Der Fall stellt eine A r t pflichtwidriger Rabattgewährung dar. I n bezug auf die übereigneten Waren hat F keine Eigenbesitzerstellung erkennen lassen, solange er diese i n seiner unmittelbaren Sachherrschaftsgewalt hatte. Nach der Übergabe stehen die Waren aber i n der Sachherrschaft des K. — Auch hier kommt eine Untreue i n Betracht. d) F übergibt die Waren dem B, der weiß, daß F dazu nicht berechtigt ist: aa) F sieht dieses als den günstigsten Weg an, den X zu schädigen: F: Untreue; B: Hehlerei. — F repräsentiert als Gewahrsamsinhaber die Herrschaftssphäre des X. Gibt er bewußt pflichtwidrig Sachen aus dieser Sphäre hinaus, so führt er die Vermögensentziehung durch, nicht aber der bösgläubige B. Dieser erwirbt derivativ. Er ist gleichsam so anzusehen, als stünde er m i t offe28 Z u r h. M . vgl. Haberkorn, M D R 1962 S. 706. Die Begründung des sog. eigenen Nutzens durch die Rechtsprechung f ü h r t oft zu seltsamen K o n s t r u k tionen; vgl. z.B. BGHSt. 4 S.238f., 17 S.92f.; B G H G A 1959 S. 373; RG DR 1940 S. 285, dazu auch Mezger, DR 1940 S. 285 f. 27 So auch Rudolphi, G A 1965 S. 52 f. m i t weiteren Angaben; vgl. dazu auch B G H bei Dallinger, M D R 1958 S. 139.

17•

3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

260

nen Armen vor dem Herrschaftsbereich des X, und der die Sachherrschaft ausübende F lege i h m die Waren i n die Arme. bb) Dem F geht es darum, dem Κ einen Vermögensvorteil zu gewähren: aaa) Die Entscheidung über das „ob" der Schenkung und deren Gegenstand trifft allein F: — F: Unterschlagung; B: Hehlerei. bbb) Auswahl und Entscheidung gehen von Β aus. Dieser macht auch die Vermögensentziehung nicht von einer Zustimmung des F abhängig, sondern beeinflußt den Willen des F durch eine Nötigung, die aber nicht die Grenze des § 52 StGB erreicht: — F: Untreue; an einer Zueignung durch F fehlt es, denn er hat i n keinem Zeitpunkt eine Eigenbesitzerstellung an den entnommenen Sachen, bevor diese ausgesondert sind, da er nicht über den gesamten Warenbestand treuwidrig verfügen w i l l 2 8 . Nach der Aussonderung aber hat bereits Β eigene umfassende Sachherrschaft inne 29 . B: Nötigung und Beihilfe zur Untreue. — § 246 entfällt nach geltendem Recht, wenn man die berichtigende Auslegung ablehnt. Auch eine spätere Zueignung kommt nicht als Zueignung i m Sinne der Unterschlagung i n Betracht, denn die Zueignung kann nicht „laufend wiederholt werden" 3 0 . Eine Mittäterschaft des Β an der Untreue des F scheidet aus, weil Β i n keiner Pflichtenstellung zu X steht. Hehlerei entfällt, denn der Sinngehalt des Geschehens ist Vermögensentziehung, nicht aber Besitzerwerb infolge der Weiterleitung deliktisch erlangter Güter. Β bricht gleichsam i n die Vermögenssphäre des X ein, ohne dessen Gewahrsam zu brechen. ccc) Auswahl und Gewahrsamsbegründung durch Β erfolgen i m einverständlichen Zusammenspiel zwischen F und B. Eine endgültige Entscheidung, ob Β die ausgesonderten Waren mitnehmen kann, hat sich F nicht vorbehalten. F und Β gehen vielmehr davon aus, daß mit der Aussonderung die Entscheidung gefallen ist: — Unterschlagung i n Mittäterschaft, denn wenn § 246 StGB auch fordert, daß der Alleintäter i m Besitz oder Gewahrsam der fremden Sache sein muß, die er sich rechtswidrig zueignet, so kann, wie sogleich dargelegt wird, Mittäter einer Unterschlagung nicht nur 28 29 30

Dazu auch RG HRR 1939 Nr. 595. Anders aber RGSt. 5 S. 218 ff. ; Dobbelmann, a. a. O. S. 74. Rutkowsky, N J W 1954 S. 180; dazu eingehend oben S. 107 ff.

I. Unterschlagung

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derjenige sein, der eigenen Besitz oder Gewahrsam an der zugeeigneten Sache hat. 3. Die Mittäterschaft und mittelbare Täterschaft bei der Unterschlagung

— Voraussetzung einer besonderen Sachherrschaftsstellung des Täters — Nach langem Zögern hat sich die höchstrichterliche Rechtsprechung zwar entschieden, Unterschlagung anzunehmen, wenn Gewahrsamserlangung und Zueignung zusammenfallen 31 . Sie hat jedoch mit einer erheblichen Mindermeinung 3 2 i n der Lehre stets daran festgehalten, daß der fehlende Gewahrsam nicht dadurch ersetzt werden kann, daß mehrere Beteiligte ihre Tätigkeit zu einem von ihnen gemeinschaftlich gewollten und erstrebten Ziel vereinigen. Es soll für die Mittäterschaft auch nicht genügen, wenn sämtliche Beteiligten an der gemeinschaftlichen Aneignung mitwirken, aber nur einer von ihnen Besitz oder Gewahrsam an der Sache hat. Der Tatbestand fordere ein bestimmtes persönliches Verhältnis des Täters zum Tatgegenstand, Mittäter könne nur sein, wer den Tatbestand auch allein erfüllen könne, dies sei aber nur dem möglich, der zumindest Mitbesitz oder Mitgewahrsam an der zugeeigneten Sache habe 33 . M i t dieser Interpretation des Tatbestandes w i r d sachlich die Unterschlagung i n ein sogenanntes eigenhändiges Delikt umgedeutet. Jedoch sind weder den Motiven noch dem Gesetzeswortlaut Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß der Gesetzgeber hier ein eigenhändiges Vermögensdelikt schaffen wollte. Die Ansicht, der Gesetzgeber habe durch die Aufnahme des Gewahrsamserfordernisses i n den Tatbestand der Unterschlagung den möglichen Täterkreis beschränken wollen, beruht vielmehr auf einer unrichtigen Auslegung des Tatbestandes. Diese Interpretation verkennt die Bedeutung der realen Sachherrschaftsbeziehung für die Zueignung. Nicht der Kreis der Täter sollte eingeengt, die Fälle relevanter Zueignung sollten klargestellt werden. Dann ist es aber nicht möglich, aus der Tatsache, daß eine Zueignung i m Sinne des Unterschlagungstatbestandes beim Alleintäter erst i n der Wandlung einer schon zuvor begründeten Fremdbesitzerstellung i n eine Eigenbesitzerposition liegt, Folgerungen für die Mittäterschaft zu ziehen. Die Problematik ist insoweit nicht mehr i m Unterschlagungstatbestand begründet, sondern i n der Teilnahmelehre, und es wäre zu fragen, warum für die 31

Vgl. RGSt. 49 S. 198; B G H L M Nr. 3 zu § 246 StGB. Vgl. zum Streitstand Post, a. a. O. S. 7. Vgl. z.B. BGHSt. 2 S. 317 ff.; eingehend auch Busch, SJZ 1950 Sp. 360; Beling, Lehre v o m Verbrechen S. 237; Ladda, a. a. O. S. 120. 32

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

Unterschlagung etwas Besonderes gelten soll, obwohl der Tatbestand keine Besonderheit gegenüber den Tatbeständen anderer Vermögensdelikte aufweist. — Nur ein Grund erscheint überhaupt erörterungswürdig: Sinnvoll wäre es allein, die Mittäterschaft bei der Unterschlagung auf Gewahrsamsträger zu beschränken, wenn denjenigen, der eine Sache i n Besitz oder Gewahrsam hat, eine besondere Pflicht träfe, die i h n aus dem Kreise der Beteiligten heraushöbe und ohne weiteres zur Zentralfigur des Geschehens machte 34 . Dann wäre allerdings der Relativsatz i n § 246 — „die er i n Besitz oder Gewahrsam hat" — ein echtes täterschaftliches Merkmal, das die Ansicht der Rechtsprechung rechtfertigen würde. Für eine solche besondere Pflichtenstellung des Gewahrsamsträgers bieten aber weder Gesetzeswortlaut noch Entstehungsgeschichte des Tatbestandes einen Hinweis. I m Gegenteil, die Entstehungsgeschichte des Unterschlagungstatbestandes des geltenden Rechts ist gerade durch die Lösung des Tatbestandes von besonderen Vertrauensverhältnissen gekennzeichnet 35 . — Die Mittäterschaft bei der Unterschlagung ist demnach nicht anders zu behandeln als Mittäterschaft bei Diebstahl, Erpressung und Betrug. Sie setzt nicht voraus, daß jeder einzelne M i t träger der Tatherrschaft den Gewahrsam an der Sache innehat 36 » 37 . Aus den gleichen Gründen stehen auch einer Unterschlagung i n m i t telbarer Täterschaft keine grundsätzlichen konstruktiven Bedenken entgegen, insbesondere ist die mittelbare Täterschaft nicht nur auf die Fälle zu beschränken, i n denen das gutgläubige Werkzeug allein für den Hintermann Besitz begründet. 34

Vgl. Roxin, Täterschaft S. 387. Vgl. dazu Roxin, Täterschaft S. 387. Vgl. zum Streitstand Post, a. a. O. S. 7. 37 Vgl. dazu BGHSt. 2 S. 317 ff.: ein Arbeiter hatte einer Firma Papierrollen auszuliefern, er gab nicht alle ab, sondern behielt einige zurück, die er auf eigene Rechnung verkaufte. Z w e i Angestellte der zu beliefernden F i r m a ermöglichten dieses, indem sie fälschlich f ü r ihre Firma den Empfang sämtlicher Rollen bestätigten. — Wenn i n diesem Falle m i t dem B G H gegen R o x i n lediglich eine Beihilfe der Angestellten zur Unterschlagung des Arbeiters angenommen werden kann, so deshalb, w e i l die Beteiligten zwar „ i m Ausführungsstadium durch zweckvoll ineinandergreifende Handlungen die Entziehung der Sache zuwege gebracht u n d damit jeder die funktionelle Tatherrschaft ausgeübt" haben, jedoch ihre Tatherrschaft sich n u r auf die Vermögensentziehung, nicht auch auf den positiven T e i l der Zueignung, die Bereicherung erstreckte. Da diese aber dem D e l i k t seinen besonderen Charakter gegenüber der bloßen Vermögensentziehung verleiht, erscheint für die Begründung der Täterschaft eine funktionale M i t w i r k u n g über die bloße Vermögensentziehung hinaus erforderlich. Dieser Unterschied i n der Lösung des konkreten Falles gegenüber R o x i n beruht jedoch allein auf der Betonung des positiven Momentes der Zueignung, nicht aber auf grundsätzlichen Divergenzen i m Bereich der Täterlehre. K o n s t r u k t i v w i r d die Lösung Roxins der des B G H v o r gezogen. 35 30

I. Unterschlagung

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Mittelbarer Täter einer Unterschlagung ist demnach ζ. B. der Bauer B, wenn er nach der Heimfahrt von der Kartoffelernte durch seinen Knecht einen ihm angeblich vom Wagen gefallenen Sack Kartoffeln holen läßt, den i n Wirklichkeit der X verloren hat, was Κ aber nicht weiß. — Ebenso jedoch auch, wenn er die Kartoffeln dem gutgläubigen A verkauft und diesen unter der Vorspiegelung, er habe den Sack unterwegs verloren, bittet, sich die Kartoffeln an der Stelle, an der sie vom Wagen gefallen sind, zu holen. Zwar w i l l A die Kartoffeln für sich i n Besitz nehmen, doch darf die Betonung des Eigeninteresses nicht darüber hinwegtäuschen, daß er durch sein Verhalten zugleich eine Handlung ersetzt, zu der der Β verpflichtet wäre, nämlich die Übergabe. Die Gewahrsamsbegründung durch A erfüllt i n dieser Situation einen doppelten Sinn. Sie ist zugleich Begründung von Sachherrschaft für B, wie auch Herstellung eines tatsächlichen eigenen Sachherrschaftsverhältnisses durch A, für den sich das Nehmen als „In-Empfang-Nehmen" darstellt 38 . 4. Die Unterschlagung bei Ersatzleistung oder Bereitschaft zum Ersatz

— Realer Vermögensschaden, nicht nur Verletzung formeller Rechtspositionen — Eignet sich der Gewahrsamsinhaber wider den Willen des Eigentümers eine fremde Sache zu, so liegt grundsätzlich auch dann ein Vermögensschaden des Eigentümers vor, wenn der Täter dem Eigentümer Wertersatz leisten w i l l oder sogar leistet. Weil das Vermögen gerade nicht als abstrakte Geldsumme, sondern als konkrete, individuell strukturierte Einheit geschützt wird, kann der Geldwertausgleich grundsätzlich den Vermögensschaden nicht verhindern, selbst wenn der Täter mehr als den üblichen Handelspreis bezahlt. Dieser Grundsatz findet seine Grenze aber dort, wo feststeht, daß trotz Berücksichtigung der individuellen Struktur des Vermögens eine reale, konkrete Vermögensentziehung nicht vorliegt, weil das Interesse des Eigentümers einer Sache gar nicht auf das Haben dieser Sache gerichtet ist, vielmehr allein der i n ihr verkörperte Handelswert für ihn Bedeutung hat, und daher seine Vermögensstellung durch eine wertgleiche Änderung ihrer konkreten Einheit nicht verschlechtert wird. I n diesem Bereich kann die Rechtswidrigkeit der Zueignung entfallen, doch sind die Grenzen eng zu ziehen. Auch wer m i t bestimmten Waren handelt, hat ζ. B. ein berechtigtes Vermögensinteresse daran, daß sie nicht willkürlich der Zueignung durch andere Personen ausgesetzt sind, selbst wenn diese seinem Vermögen den Gegenwert zuführen. Schon der Verlust des Überblicks über 38

Dazu eingehend unten S. 268 ff.

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

die Vermögenseinheit bedeutet einen Verlust an wirtschaftlicher Effektivität und damit unter Umständen einen echten Vermögensschaden. Dennoch vermag der Wille des Eigentümers, selbstherrliche Zueignungen eines Gewahrsamsinhabers oder Besitzers auszuschließen, nicht ausnahmslos die Rechtswidrigkeit der Zueignung zu begründen 39 . a) Das Reichsgericht 40 und ihm folgend die h. L. 4 1 lösten die Problemat i k allein i m subjektiven Bereich: „Die Absicht des Ersatzes dessen, was der Thäter sich zueignet, ist dagegen an sich nicht geeignet, den strafbaren Dolus zu beseitigen, bei der Unterschlagung so wenig als bei anderen Vergehen gegen fremde Vermögensrechte, wie Diebstahl, Betrug usw. Erheblich kann sie, soviel die Unterschlagung betrifft, insofern werden, als sie die Grundlage für die Überzeugung des Thäters war, der Eigenthümer werde, eben dieser Ersatzabsicht wegen, mit der Zueignung einverstanden sein. Die sofortige, durch bereite M i t t e l gewährleistete Ausführbarkeit der Ersatzabsicht gewinnt i n dem nämlichen Zusammenhang Bedeutung, indem der Thäter die Genehmigung seiner Zueignungshandlung durch den Eigenthümer ernstlich vorauszusetzen nur dann i n der Lage sein wird, wenn für ihn die Möglichkeit sofortiger Ersatzleistung feststeht. Fällt die Ersatzleistung m i t der Zueignungshandlung i n demselben Zeitpunkt zusammen, wie i n dem Falle, wenn nur eine Umwechslung von Geld stattfindet, ohne daß der Umwechselnde Grund zu der Annahme hatte, der Eigentümer des von i h m eingewechselten Geldes werde an diesen bestimmten Geldstücken oder Geldarten ein besonderes Interesse haben und deshalb seine Genehmigung des Umtausches gegen andere Geldstücke oder Geldarten, wenn er darum befragt würde, versagen, so w i r d der Glaube desjenigen, der das Geld umwechselt, an die Einwilligung des Eigentümers eine feste und ausreichende Grundlage haben und damit der strafbare Vorsatz widerlegt sein." 42 — Ist der Eigentümer — gleichgültig aus welchen Gründen — m i t dem Austausch der Güter nicht einverstanden, und weiß der Täter dieses auch, so erfüllt der Täter nach dieser Ansicht den Tatbestand der Unterschlagung selbst beim Umwechseln von Geld. Dem kann nicht gefolgt werden. b) Überall dort, wo das Geld als Wertmesser fungiert und kein individuelles Interesse am Besitz einzelner Münzen besteht 43 , verbietet schon 30 Die hier behandelte Problematik liegt i m Rahmen des Diebstahltatbestandes gleich. 40 Vgl. schon RGSt. 5 S. 305; i m übrigen weitere Angaben bei Lamprecht, a. a. O. S. 60; Schönke-Schröder, StGB § 350 Rn. 19. 41 Vgl. die Angaben bei Lamprecht, a. a. O. S. 57 ff. ; zur sog. Umwechslungstheorie vgl. Gleispach, a. a. O. S. 181 ff.; Geller, a. a. O. S. 86 f. 42 RGSt. 5 S. 304—305. 43 Nicht n u r das Sammlerinteresse k a n n hier entscheidend sein. E i n besonderes Interesse am Besitz einzelner Geldstücke entsteht ζ. B., w e n n durch

I. Unterschlagung

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die richtig verstandene Geldtheorie die Annahme der Rechtswidrigkeit der Zueignung, wenn die Zueignung lediglich i m Rahmen eines Wechselgeschäftes geschieht. — Darüber hinaus sind aber Fälle, die sich der Sache nach als bloße Umwechslung ohne Verletzung eines Vermögensinteresses des Betroffenen darstellen, gleich zu entscheiden: Wenn ζ. B. ein Kantinenangestellter eine eigene Packung Zigaretten gegen zwei halbe Packungen der gleichen Sorte austauscht und weder i m Einkaufsnoch Verkaufspreis Unterschiede bestehen, so fehlt es gleichfalls an der Rechtswidrigkeit der Zueignung, auch wenn ihm der Austausch ausdrücklich untersagt war 4 4 . c) Erhält der Eigentümer an Stelle seiner Sache hingegen zunächst nur eine Forderung, so liegt eine rechtswidrige Zueignung vor, soweit nicht ein anerkannter Rechtfertigungsgrund eingreift. d) Folgende Fall Varianten sind demnach ζ. B. zu unterscheiden: aa) Entnimmt ein Straßenbahnschaffner der Fahrgeldkasse Geld, um sich an der Endhaltestelle der Straßenbahn ein Bier zu kaufen, so fehlt es an der Rechtswidrigkeit der Zueignung, wenn er dazu nur einen größeren Geldschein umwechselt, weil der Bierverkäufer nicht herausgeben kann. bb) Rechtswidrig ist die Zueignung jedoch selbst dann, wenn er nach Beendigung der Fahrt den Betrag ersetzen w i l l , weil er i n dem Straßenbahndepot i n seiner Zivilkleidung eigenes Geld hat oder zu haben glaubt. A n Stelle des Bargeldes erwirbt die Straßenbahngesellschaft bei diesem Sachverhalt zunächts nur eine Forderung gegen den Angestellten. Eine Forderung ist aber — das wurde eingehend ausgeführt — niemals wertgleich m i t dem realen Haben des Forderungsgegenstandes. I m übrigen ist das Verbot der „kurzfristigen Darlehensaufnahme" auch unter vermögensrechtlichen Gesichtspunkten keine W i l l k ü r . Nur das strikte Verbot gewährleistet auf die Dauer, daß der Gewahrsamsinhaber sich nicht an die Existenz der Darlehenskasse gewöhnt und, allmählich seine Fähigkeit zum alsbaldigen Ersatz überschätzend, den guten Willen zum Ersatz an die Stelle der Ersatzleistung treten läßt 45 . cc) Der Straßenbahnschaffner handelt hingegen gerechtfertigt, wenn er das Geld aus der Kasse entnimmt, um schnell aus einem Automaten Verbandszeug zu beschaffen, das dringend zur Rettung eines Unfallverletzten benötigt wird. Dies ist ein Fall des übergesetzlichen Notstandes. das Steigen des Silberpreises der Metallwert einzelner Münzen den Nennwert übersteigt. 44 Vgl. i m übrigen Schönke-Schröder, StGB § 242 Rn. 4 a. Die Formulierung dort weist allerdings bereits sehr w e i t ; ähnlich auch Gribbohm, N J W 1968 S. 241. 45 Vgl. auch O L G K ö l n N J W 1968 S. 2348.

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

dd) Rechtswidrig schließlich ist das Verhalten des Beamten wiederum, wenn er der Kasse Geld für eine private Zahlung entnimmt, weil i h m i m Falle einer drohenden Fristversäumnis ein erheblich größerer w i r t schaftlicher Schaden entsteht. Hier greift der Gedanke des übergesetzlichen Notstandes, entgegen der Ansicht des BGH 4 6 , nicht durch. Die bloße Güterabwägung, zudem noch als reine Geldsummenabwägung verstanden, ermöglicht keine Rechtfertigung. Die Güterabwägung ist für die Rechtfertigung nur von sekundärer Bedeutung. Doch soll diese Problematik hier nicht weiter entfaltet werden 47 . II. Diebstahl 1. „Sich zueignen"

— Zur umfassenden eigenen Sachherrschaftsstellung des Täters — Während der Tatbestand der Unterschlagung bereits die Verbindung von Zueignung und konkretem Sachherrschaftsverhältnis hervorhebt, findet sich i m Wortlaut des Diebstahlstatbestandes kein derartiger ausdrücklicher Hinweis. Dennoch hat die unmittelbare Sachherrschaft des Täters über den Gegenstand der Zueignung i n diesem Bereich die gleiche sachliche Bedeutung wie bei der Unterschlagung, wenn auch die tatsächliche Verschiedenheit der möglichen Fallgestaltungen diese Problematik zunächst verdeckt. — Der präsumtive Täter einer Unterschlagung, der weder Gewahrsam noch unmittelbaren oder mittelbaren Besitz an der Sache hat, noch sie durch die Bekundung seines Zueignungswunsches nach außen erlangt, eignet sich keine fremde Sache zu, solange er nicht als mittelbarer oder unmittelbarer Täter oder i n Mittäterschaft m i t anderen ein umfassendes Sachherrschaftsverhältnis über die fremde Sache begründet. Gleiches galt zweifellos für den Diebstahl, solange Wegnahme noch als Bruch fremden und Begründung eigenen Gewahrsams interpretiert wurde 4 8 . Die „Zueignungsabsicht" hatte die Bedeutung, Zueignung und bloße Gebrauchsanmaßung i m subjektiven Bereich zu trennen. Das Erfordernis der Begründung eigener umfassender Sachherrschaft hatte in dem Tatbestandsmerkmal „wegnimmt" seinen Ausdruck gefunden. Nachdem sich jedoch die Definition der Wegnahme als Bruch fremden und Begründung eines neuen Gewahrsams durchgesetzt hat und damit die ursprünglich unmittelbar sichtbare Verbindung von Wegnahme und 46

Vgl. BGHSt. 12 S. 304 f. Vgl. dazu aber Bockelmann, JZ 1959 S. 498 f. 48 So z.B. noch Gerland, a.a.O. S. 572; v. Liszt-Schmidt , a.a.O. S. 615; eingehend dazu Mezger, JW 1934 S. 1657 f.; Mezger-Blei, Stub. I I S. 136. 47

II. Diebstahl

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Zueignung zerstört wurde, ist es nicht mehr möglich, jede von einem Zueignungswillen getragene Wegnahme einer Sache als Zueignung zu bestimmen. A l l e i n die Definition des Diebstahls als Zueignung durch Wegnahme erscheint sachgemäß, soll nicht ein vollendeter Diebstahl schon bejaht werden, wenn weder der Täter noch eine Person, deren Verhalten sich der Täter zurechnen lassen muß, Sachherrschaft über die betreffende Sache begründet hat 4 9 . a) Weil das Reichsgericht Gewahrsamsbruch und Besitzbegründung durch den gutgläubigen Käufer einer fremden Sache dem bösgläubigen Verkäufer nicht als Erlangung einer eigenen tatsächlichen, umfassenden Sachherrschaftsposition zurechnen wollte, erweiterte es den auch von ihm anerkannten Wegnahmebegriff. Nachdem Wegnahme als Bruch fremden und Begründung neuen Gewahrsams bestimmt war, konnte m i t Hilfe der Sachwerttheorie das sachlich richtige Ergebnis begründet werden 50 : Der Käufer, der i m Glauben, eine Sache des Verkäufers vor sich zu haben, den Gewahrsam des Eigentümers bricht, führt gutgläubig die Wegnahmehandlung aus, den Sachwert erlangt der Käufer m i t dem Kaufpreis, er eignet sich daher die Sache als mittelbarer Täter zu. Diese Entwicklung w i r d besonders i m Vergleich zweier Entscheidungen des Reichsgerichts deutlich: I m sogenannten Wagenbretterfall 51 hatte der i m Dienste des W stehende Angeklagte dem Κ Wagenbretter verkauft und i h m als die gekaufte Ware einige vor dem Hause des W liegende Bretter zum Abholen bezeichnet. Κ holte die Bretter ab. — Zutreffend lehnte das Reichsgericht die Annahme einer Zueignung durch die Bezeichnung der Wagenbretter ab, denn durch diese Handlung hatte der Angeklagte noch keine Verfügungsgewalt über die Bretter begründet 52 . Erst durch die Inbesitznahme der Bretter seitens des Κ wurden die Bretter dem Gewahrsam des W tatsächlich entzogen und neuer Gewahrsam, nämlich des K , über die Bretter begründet. „Dann aber", meint das Reichsgericht, „war die That des Angeklagten mangels der Ansichnahme und der Absicht der eigenen Zueignung nicht mehr als Diebstahl zu qualifizieren." I m sogenannten Bahnschwellenfall 53 änderte das Reichsgericht seine Ansicht. Der Angeklagte hatte Bahnschwellen, die i m Gewahrsam des 49

Dazu vgl. auch oben S. 129 ff. A n dieser Stelle gelang der Sachwerttheorie ein w e i t erheblicherer E i n bruch i n die Rechtsprechung des RG als bei den oben erörterten Sparbuchfällen, i n denen das RG sein Ergebnis durchaus v o m Boden der Sachsubstanztheorie her zu begründen versuchte. 51 RGSt. 21 S. 110 f. 52 Eine konsequent durchgeführte Sachwerttheorie müßte i n Verbindung m i t der berichtigenden Auslegung des Unterschlagungstatbestandes allerdings zu dem Ergebnis kommen, hier habe bereits eine vollendete Unterschlagung vorgelegen. Dazu vgl. oben S. 172 f. 53 RGSt. 47 S. 147 ff. 50

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

Eisenbahnfiskus standen, an gutgläubige Käufer verkauft. Auch i n diesem Falle war der Gewahrsam des Bahnfiskus erst durch das Abfahren der Schwellen seitens des Käufers gebrochen worden. Dennoch bejaht das Reichsgericht eine Zueignung durch den Angeklagten, indem es ausführt: „Die körperliche Betätigung dieser Wegnahme erfolgte durch die Käufer. Das Urteil ergibt aber, daß sie dabei als gutgläubige Werkzeuge des Angeklagten handelten, dergestalt, daß die Wegnahme dem A n geklagten als dem mittelbaren Täter rechtlich so zuzurechnen ist, als wenn er sie durch eigene körperliche Betätigung bewerkstelligt hätte. Daß der Angeklagte die fremden Schwellen i n eigenen Gewahrsam brachte, war zum Begriff der Wegnahme nicht erforderlich; wesentlich war nur, daß er sie dem Gewahrsam des Berechtigten entzog. Diese Voraussetzung ist gegeben." Zur Zueignungsabsicht meinte das Reichsgericht: „Die Zueignungsabsicht muß dahin gehen, die Sache dem anderen dauernd zu entziehen und an ihr die dem Eigentümer kraft seines Eigentums zustehenden Rechte selbst auszuüben... Die Annahme des Gerichts, daß der A n geklagte eine so gestaltete Absicht gehabt und erkennbar betätigt habe, indem er die Schwellen verkaufte, die Käufer anwies, sie abzuholen und letzteres durch verschiedene Maßnahmen ermöglichte, läßt einen Rechtsi r r t u m nicht erkennen. Wenn er auch die Schwellen selbst den Käufern verschaffen wollte, so beabsichtigte er doch durch ihre kaufweise Uberlassung, sich ihren wirtschaftlichen Wert zunutze zu machen. Das genügte zur Zueignung. Der Wille, die Schwellen körperlich seinem Vermögen einzuverleiben, war nicht erforderlich." I n späteren Entscheidungen ähnlicher Fälle ging das Reichsgericht davon aus, daß mit diesen Feststellungen die Problematik hinreichend geklärt sei 54 » 55 . I m Ergebnis ist dem Reichsgericht auch zuzustimmen, die Begründung jedoch ist unrichtig: Wenn dem gutgläubigen Käufer die Sache nicht übergeben w i r d i n dem Sinne, daß der Verkäufer sie ihm gleichsam in die Arme legt, er sie sich vielmehr von dem durch den Verkäufer bestimmten Platz holen soll, so ändert sich m i t dieser Abweichung der tatsächlichen Gegebenheiten der Sinn des Geschehens nicht. Für den Käufer t r i t t nicht an die Stelle der Übergabe der eigenmächtige Zugriff, vielmehr erscheint die Übergabe nur gestreckt. Das Nehmen erfolgt i n der Sicht des Käufers i n jedem Falle auf Grund einer Gewahrsamsübertragung, die nur nicht immer äußerlich sichtbar eigenhändig durch den Verkäufer vollzogen wird. Indem der Käufer daher die gekaufte 54

Vgl. RGSt. 48 S. 58 ff., 57 S. 168 f. ; dazu Mezger, JW 1934 S. 1658. Eine sehr eigenwillige Lösung begründete Binding — L Z 1916 Sp. 1 ff. —, indem er ausführte, der Verkäufer sei nicht der Täter, sondern n u r Urheber des Diebstahls, und forderte, diese A r t der Teilnahme gesetzlich besonders zu regeln. 55

II. Diebstahl

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Sache an sich nimmt, begründet er Gewahrsam, weil dies nach dem Vertragsinhalt i m Rahmen einer Gewahrsamsübertragung vereinbart ist. Das Nehmen ist damit für ihn zugleich ein In-Empfang-Nehmen und daher als Begründung von Sachherrschaft i n mittelbarer Täterschaft dem Verkäufer zuzurechnen, auch wenn dessen reale Sachherrschaft sogleich m i t der Begründung auf den Käufer übergeht. Ist der Käufer hingegen beim Wegnehmen der Sache nicht mehr gutgläubig, so kommt diese Differenzierung und Zurechnung des Geschehenen nicht i n Betracht. Der Käufer bricht fremden Gewahrsam und eignet sich selbst die fremde Sache zu. Je nach der Einstellung des unmittelbar Handelnden zu dem Geschehen bestimmt sich demnach der Sinn seines Verhaltens. b) Weit schwieriger ist die Zuordnung, wenn nicht drei sozial gleichstehende Personen — Eigentümer, Täter, Käufer — an dem Geschehen beteiligt sind, sondern einer der Beteiligten zu einem der beiden anderen i n einem Abhängigkeitsverhältnis steht, so daß die soziale Zuordnung trotz umfassender tatsächlicher Sachherrschaft des unmittelbar Tätigen nicht auf diesen als den Sachherrn hinweist. Dabei werden insbesondere die beiden Fallvarianten erörtert, daß der Täter den Gewahrsamsbruch m i t Wissen seines Dienstherren oder aber daß er ihn ohne dessen Wissen durchführt: aa) Der Bauer Β fordert seinen Knecht Κ auf, Gänse des Nachbarn X von dessen Grundstück i n den Gänsestall des Β zu treiben 58 . Der Κ t u t dieses, obwohl er weiß, daß die Gänse dem X gehören. — Da Κ hier nicht nur die Vermögensentziehung durchführt, sondern auch die Gewahrsamsbegründung ohne weitere Hilfe eines anderen vollzieht 5 7 , ist er als Täter der Zueignung und damit als Dieb anzusehen. — Zutreffend löste bereits Tittmann 58 diesen Fall: „Darum ist die Wegnahme einer Sache, welche von Dienstboten für die Herrschaft geschieht, immer ein Diebstahl, wenngleich der Dienstbote gar keinen Vortheil davon und nichts als den Willen seines Herren erfüllt hat. Auch die Zurechnung kann i n der Regel nicht wegfallen, weil niemand zu strafbaren Handlungen ver56

Es handelt sich hier u m das klassische Beispiel für das sog. bösgläubige absichtslose Werkzeug i m Rahmen der mittelbaren Täterschaft; eingehend hierzu i n Auseinandersetzung m i t Lehre und Rechtsprechung: Roxin, Täterschaft S. 338 ff. 57 Z u Fallgestaltungen, die sehr auf der Grenze liegen, vgl. Otto, ZStW 79 (1967) S. 89. Die Ablehnung der Mittäterschaft dort, ergibt sich folgerichtig aus der Betonung des Bereicherungselements gegenüber der bloßen Vermögensentziehung. Der unmittelbar Handelnde hatte selbst noch keine umfassende Sachherrschaft an der Sache inne. Er führte n u r den Bruch fremden Gewahrsams durch. Der neue Gewahrsam, und damit die Bereicherung, wurde erst durch das Verhalten einer anderen Person begründet. 58 Hdb. I I § 413 Anm. c.

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

pflichtet ist." — Daß die Sache hier sozial dem Bauern zugerechnet wird, weil es sich um Objekte handelt, über die ein Knecht typischerweise den Gewahrsam für seinen Herrn ausübt, ändert die Beurteilung nicht. Maßgeblich ist die Zuordnung unter Berücksichtigung der objektiven Lage. Objektiv ist aber der Gewahrsam des Eigentümers m i t der Entfernung der Gänse von seinem Grundstück gebrochen und Gewahrsam des Κ begründet. Β w i l l gerade die umfassende Sachherrschaft i n diesem Moment noch nicht ausüben, sondern erst, nachdem der Gewahrsam i n bestimmter Weise gesichert ist. Er w i l l die Sachherrschaft somit erst von Κ erwerben. Β ist daher wegen Anstiftung zum Diebstahl und wegen Hehlerei zu bestrafen 59 . bb) Die Beurteilung der Strafbarkeit des unmittelbar Handelnden ändert sich aber auch nicht, wenn feststeht, daß dieser die Vermögensverschiebung nach eigenem Plan allein durchgeführt hat. Die Problematik dieser Fallgruppe w i r d gemeinhin an einem von v. Bar gebildeten Fall verdeutlicht 6 0 : Ein Dienstherr, der von der Forstverwaltung i m Forst aufgeschichtetes, zugerichtetes Holz gekauft und durch Verabfolgzettel zugewiesen erhalten hat, schickt seinen Knecht aus, um dieses zu holen, indem er i h m genau die Nummern des von i h m erstandenen und nun abzufahrenden Holzhaufens angibt. Der Knecht fährt aber der Anordnung zuwider nicht das i h m bezeichnete Holz ab, sondern nimmt wissentlich — vielleicht aus Bequemlichkeit — anderen Personen gehörendes Holz von gleicher Qualität und Quantität, welches er unmittelbar seinem Herrn zufährt, ohne daß dieser etwas von der eigenmächtigen Handlungsweise erfährt. — I n der Problemstellung noch klarer liegt die Abwandlung dieses Falles dahin, daß ein Dienstmädchen, das Kohlen aus dem Keller ihrer Arbeitgeberin holen soll, einfach die Eimer i m Keller einer Nachbarin füllt 6 1 . Solange das Holz i m Walde und die Kohlen i m Keller lagen, w i r d das Holz der Forstverwaltung und werden die Kohlen ihrer Eigentümerin zugerechnet. Sowie der Täter hingegen selbst unmittelbare Sachherrschaft begründet hat, w i r d die Sozietät — ohne Kenntnis der objektiven Lage — den Käufer bzw. die Arbeitgeberin als Sachherrn ansehen. W i r d die Situation jedoch umfassend beurteilt, d. h. werden das eigenmächtige Vorgehen des unmittelbar Handelnden und die Tatsache berücksichtigt, daß die Auftraggeber keine Vermögensentziehung durch50 I n der Regel w i r d Realkonkurrenz vorliegen; vgl. BGHSt. 22 S. 206 ff. — I m einzelnen zu dieser Problematik vgl. unten S. 324 ff. 60 Bei Bödiker, I V S. 20. 61 Z u r Diskussion u m die Lösung dieser Fälle vgl. Wachenfeld, ZStW 40 (1919) S. 322 f.; eine Zueignung lehnen i m übrigen ab: Gleispach, a. a. O. S. 18; Krebs, a. a. O. S. 68; Saerbeck, a. a. O. S. 59 ff.; Voswinkel, DR 1907 Sp. 241. — Zueignung bejaht: Rosemarie Frank, a. a. O. S. 128 f.

II. Diebstahl

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führen wollen, so begründen der Knecht und das Dienstmädchen eigene Sachherrschaft an den Gegenständen, bis sie diese i n den unmittelbaren Sachherrschaftsbereich ihrer Dienstherren gebracht haben. Sie eignen sich demnach fremde Sachen zu, wenn es ihnen darum geht, die Arbeitgeber zu bereichern oder sich selbst Unbequemlichkeiten zu ersparen. Die Begründung umfassender Sachherrschaft erfolgt dann nämlich i n der Absicht, selbständig wirtschaftlichen Nutzen aus der fremden Sache zu ziehen. c) Begründet jemand umfassende Sachherrschaft über eine fremde Sache, die einer anderen Person als eigene Herrschaftsposition zuzurechnen ist, oder verbirgt jemand die Tatsache der Erlangung eigener umfassender Sachherrschaft m i t Hilfe seiner sozialen Stellung, so sind es allein Probleme der Würdigung der Sachverhalte, die die Einordnung dieser Fälle erschweren. I m Gegensatz zur Unterschlagung gibt es jedoch i m Bereich des Diebstahltatbestandes eine Fallgruppe, i n der eine Zueignung abzulehnen ist, obwohl jemand „eigentümerähnlich" durch Wegnahme über fremde Sachen verfügt. Bei der Unterschlagung konnte eine pflichtwidrige Handlung, durch die der Täter die Vermögensposition des Berechtigten über eine Sache, die er i n Besitz oder Gewahrsam hatte, vernichtete, und durch die er zugleich eine andere umfassende Herrschaftsbeziehung begründete, als Ausdruck einer Eigenbesitzerstellung interpretiert werden. Dieser Schluß von der pflichtwidrigen Verfügung — Wegnahme — auf die umfassende Sachherrschaftsstellung des Täters geht beim Diebstahl fehl. N i m m t der Täter nämlich eine fremde Sache weg, ohne auch nur zeitweilig eine Stellung erlangt zu haben, kraft derer er eigenen Gewahrsam begründet hat, sei es als mittelbarer oder unmittelbarer Täter, so fehlt es an einer Zueignung, gleichgültig, welche Motive sein Tun veranlaßten. I n diesem Bereich trifft die Feststellung, niemand könne einem anderen eine Sache zueignen, die er sich nicht zuvor selbst zugeeignet habe 62 , nicht zu: Haben ζ. Β. Κ und S je eine Partie Bananen ersteigert, die durch einen Angestellten der Hafenlagerhausverwaltung i n die Kraftfahrzeuge der Ersteigerer transportiert werden, so erlangt der A n gestellte A, der noch zwei Karrenladungen Bananen, die bereits dem S gebühren, auf den Wagen des Κ bringt, i n keinem Augenblick umfassende Sachherrschaft an den Bananen. Die Betriebsorganisation verhindert, daß A selbständig Gewahrsam ausübt. Nachdem die Bananen auf dem Kraftfahrzeug des Κ sind, ist zwar die Enteignung des Berechtigten durch A abgeschlossen, doch hat A die Bananen nicht sich, sondern dem Κ zugeeignet 83 . Wäre Κ bösgläubig, so läge ein Diebstahl in M i t 62 Vgl. dazu auch Goltdammer, a.a.O. S. 467; Wachenfeld, S. 324 ff. 63 Ähnlich liegt die Problematik i m Goldschmidtschen

ZStW 40 (1919) Fischhallenfall,

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

täterschaft vor, denn die Beladung des Wagens des Κ wäre als Begründung des Gewahrsams des Κ durch A anzusehen, während der Tatanteil des Κ i n der Anwerbung des A und der Aufstellung des Fahrzeugs zur Ausführung des Planes zu sehen wäre. — Ist Κ gutgläubig, so liegt weder bei A noch bei Κ ein Vermögensentziehungsdelikt vor. Dennoch tendierte das Reichsgericht i n der Entscheidung vergleichbarer Fälle zur Bejahung des Diebstahls auf Seiten des Täters des Gewahrsamsbruchs, selbst wenn dieser nur den Gewahrsamsbruch durch Dritte ermöglicht hatte. Beispielhaft ist insoweit ein Urteil vom 26. 9. 191384: Der Angeklagte hatte i n einem Haus, das an die städtische Wasserleitung angeschlossen war, die Leitungsunterbrechung, m i t der die Stadt die Wasserzuleitung gesperrt hatte, beseitigt. Daraufhin konnte i m ganzen Haus Wasser verbraucht werden, ohne daß es durch einen Zähler gemessen wurde. — Das Reichsgericht stellt fest, der Angeklagte habe der Stadt das Wasser i n der Absicht weggenommen, dieses „sich" rechtsw i d r i g zuzueignen: „Unzweifelhaft hat der Angeklagte bewirkt, daß das Wasser der Stadt entzogen wurde. Andererseits hat er durch sein Tun sich i n die Lage gebracht, daß er über die Sache tatsächlich verfügen, den Verbrauch durch Dritte ermöglichen konnte. Damit hat er Gewahrsam — i m strafrechtlichen Sinne — an dem Wasser erlangt, nämlich das tatsächliche, die Möglichkeit voller Verfügungsgewalt gewährende Verhältnis zur Sache... Und, da der Angeklagte die Absicht hatte, seine Verfügungsgewalt — bewußt rechtswidrig — dazu zu mißbrauchen, das Wasser den Hausbewohnern zuzuwenden, so hat er mit der Absicht gehandelt, das Wasser ,sich' zuzueignen. Denn § 242 StGB fordert nicht, daß der Täter als Endziel den eigenen Vorteil erstrebt. Die Absicht ,sich' zuzueignen, liegt vor, wenn der Täter über die fremde Sache die Eigentumsbefugnisse ausüben w i l l , sei es auch durch Verfügung zugunsten eines Dritten." Wie das Reichsgericht — wenn auch nur nebenbei — treffend bemerkt, ermöglicht der Täter i n diesem Falle Dritten die Zueignung, und zwar führten diese, falls sie bösgläubig waren, bewußt und gewollt die Vermögensentziehung und die eigene Bereicherung durch Zueignung einer fremden Sache durch. Aber auch der gute Glaube der Wasserverbraucher macht den Angeklagten nicht zum Täter einer Zueignung. Der A n geklagte begründete — entgegen der Ansicht des Reichsgerichts — i n keinem Zeitpunkt eine eigene umfassende Sachherrschaftsstellung zu wenn jemand, der die Fische weder ersteigern w i l l noch sonst etwas m i t ihnen zu t u n hat, Fische aus einer Kiste des Fischers A i n eine Kiste des Fischers Β w i r f t . Das kurze Anfassen begründet noch keinen Gewahrsam an den Fischen. — Z u r Lösung dieses Falles, w e n n der Ersteigerer zuvor Fische u m getauscht hat, vgl. einerseits Bockelmann, Niedersehr. 6 S. 54, andererseits Otto, ZStW 79 (1967) S. 71 f. 64 RGSt. 47 S. 324 ff.

II. Diebstahl

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dem verbrauchten Wasser, noch kann i h m die Sachherrschaftsposition der Verbraucher als eigene zugerechnet werden. Die Verbraucher erhielten das Wasser auch nach ihrer eigenen Vorstellung von dem Wasserwerk, nicht aber von dem Angeklagten. Der Fall liegt i n bezug auf das Verhalten des Angeklagten nicht anders als wenn dieser m i t einem Werkzeug das intakte Zählwerk an der Wasserleitung zerstört hätte. — Von einer Sachherrschaftsstellung zu dem entnommenen Wasser kann keine Rede sein, solange der Täter nicht Wasser zum eigenen Verbrauch entzieht oder Dritten gegenüber als berechtigter Verteiler auftritt. Diese Fallgruppe scheint i n der Tat die vielfach erhobene Forderung, der Selbstzueignung i m Diebstahlstatbestand die Drittzueignung gleichzustellen, zu stützen. Dennoch sollte die Gefahr dieser Gleichstellung nicht verkannt werden. Nur zu nahe liegt nämlich die Versuchung, das Ermöglichen der Zueignung durch einen Dritten als Drittzueignung durch den Täter zu interpretieren, wenn der Tatbestand des Diebstahls die Selbstzueignung und die Drittzueignung gleichstellt, wie es i m E 1962, § 235, geschehen ist. Damit aber wäre der Anfang gemacht, die Grenze zwischen Sachentziehung und Ermöglichung einer Sachentziehung zu verwischen. Der Gewinn ist demgegenüber gering. Die tatsächlichen Möglichkeiten einer Wegnahme durch einen Täter, der wirtschaftlichen Ausgleich üben w i l l und selbst i n keinem Augenblick umfassende Sachherrschaft über die betroffene Sache erlangt, sind beschränkt. Sorgfältige Kontrollen des Berechtigten können den Kreis der Möglichkeiten weiter einengen, u. U. kommt auch eine Strafbarkeit aus einem anderen Tatbestand, z. B. Sachbeschädigung i n Betracht. 2. Die Berechtigung zur Stellung des Strafantrages

— Folgerungen aus dem Rechtsgut der sogenannten Eigentumsdelikte — Gemäß § 247 StGB sind Diebstahl und Unterschlagung gegen Angehörige, Vormünder, Erzieher und bestimmte andere Personen nur auf A n trag des Verletzten zu verfolgen. I n den Fällen des § 247 Abs. 2 StGB bleibt der Täter sogar straflos. Je nachdem, ob nur das Eigentum 6 5 oder Gewahrsam und Eigentum 6 6 als selbständige Schutzobjekte des Diebstahlstatbestandes angesehen 65 So grundsätzlich bereits Binding , Lb. I S. 255; Gleispach, a. a. O. S. 10 f.; Schönke-Schröder, StGB §242 Rn. 1; während Brauweiler, Vermögensbegr. S. 193 f. u n d v. Liszt- Schmidt, a. a. O. S. 620 lediglich den Gewahrsam als Rechtsgut des Diebstahlstatbestandes bestimmen. e « So die h. M., vgl. z. B. RGSt. 54 S. 282; BGHSt. 10 S. 401; O L G H a m b u r g M D R 1947 S. 35; Frank, StGB § 247 A n m . V ; Jagusch, L K I I § 242 A n m . I ; Maurach, A . T . S. 182; ders., B . T . S. 195; Kohlrausch-Lange, StGB §242 Vorb. I ; Mezger-Blei, Stub. I I S. 134; Welzel, Lb. S. 347. 18 O t t o

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

werden, w i r d das Antragsrecht nur dem Eigentümer der betreffenden Sache oder dem Eigentümer und dem Gewahrsamsinhaber, wenn diese verschiedene Personen sind, zuerkannt. Die letztere Ansicht führt folgerichtig zu dem Ergebnis, daß die alleinige Disposition des verletzten Eigentümers i n bezug auf die Strafverfolgung, die i h m i m Interesse der selbstverantwortlichen Wahrung seines Hausfriedens übertragen ist, ausgeschlossen wird, wenn zugleich der Gewahrsam eines Dritten durch die Tat gebrochen wird, obwohl der Schaden des bloßen Fremdbesitzers m i t dem des Eigentümers überhaupt nicht zu vergleichen ist. Auch die Konstruktionen eines sinnvolleren Ergebnisses über den „untergeordneten Mitgewahrsam" 6 7 , wenn neben dem Eigentümer auch ein Hausangestellter Mit-Gewahrsam an der betroffenen Sache hatte, vermag nur die ärgsten Unbilligkeiten zu beseitigen 68 . Nach der hier entwickelten Ansicht vom Schutzgut des Diebstahlsund des Unterschlagungstatbestandes bedarf die Stellungnahme zu dieser Problematik keiner eingehenden Begründung: Geschützt w i r d die umfassende Sachherrschaftsposition einer Person über eine Sache. Verletzter i m Sinne der §§ 242, 246 StGB ist daher ausschließlich der Inhaber der umfassenden Sachherrschaft, dem seine Vermögensstellung durch die Tat entzogen wird. Der Verlust des Gewahrsams des bloßen Fremdbesitzers begründet hingegen keinen Schaden, der dem Verlust der umfassenden Sachherrschaft gleichgestellt werden kann. Somit kommt dem bloßen Fremdbesitzer auch kein Antragsrecht zu. Dem Fremdbesitzer gegenüber liegt nur eine Gebrauchsentziehung vor, die auch sonst straflos ist. Wenn i n diesem Bereich wirklich ein Strafbedürfnis vorhanden sein sollte, mag der Besitzdiebstahl allgemein unter Strafe gestellt werden. Die Bindung des Antragsrechts an die Person des umfassenden Sachherrn hat aber nicht nur die Ablehnung des Antragsrechtes des bloßen Fremdbesitzers zur Folge, sie begründet auch das Antragsrecht des Diebes, der seinerseits wiederum von einem Dieb bestohlen oder das Opfer einer Unterschlagung wird. Jedoch ist auch dieses Ergebnis sachlich befriedigend. Wenn sich die Vermögensentziehung des Täters als Eingriff i n das Vermögen einer der i n § 247 StGB genannten Personen darstellt, soll dem Betroffenen die Entscheidung vorbehalten sein, ob er die Tat überhaupt als Störung seines Hausfriedens empfindet, bzw. welche M i t tel i h m zur Wahrung seiner Interessen angemessen erscheinen. Dann wäre es aber unrichtig, dem Eigentümer ein Antragsrecht einzuräumen, wenn sich die Tat allein als Vermögensentziehung gegenüber dem Dieb darstellt. Dem Eigentümer w i r d durch diese Vermögensentziehung 67 68

Dazu BGHSt. 10 S. 400 ff. Vgl. auch Schönke-Schröder,

StGB § 247 Rn. 10.

III. Betrug

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kein weiteres Vermögen entzogen. Der Gedanke der Perpetuierung einer rechtswidrigen Vermögenslage trifft hier nicht zu. Der Vater des Diebes bleibt daher z.B. straffrei, wenn er seinerseits dem Sohn die Beute stiehlt, denn es liegt nur ein diebischer Einbruch i n die Interessensphäre des Diebes, nicht aber i n die des Eigentümers vor. Andererseits kann allerdings der Dieb eine Strafverfolgung des Sohnes des Eigentümers einleiten, wenn dieser i h n wiederum bestiehlt 69 . Hier mag es erörterungswürdig erscheinen, ob diese Rechtsausübung als Rechtsmißbrauch erscheint. Zu beachten ist jedoch, daß grundsätzlich auch dem Dieb nicht der Schutz seiner Vermögenssphäre zu versagen ist 7 0 .

I I I . Betrug Bereicherungsdelikt. — Dem Täter geht es darum, die dem Berechtigten entzogene Vermögensposition sich oder einem anderen rechtswidrig anzumaßen. Ein Vermögensgut w i r d aus einem Vermögen i n das andere übertragen, der erstrebte Vorteil ist die Kehrseite des Nachteils, die Bereicherung ist identisch m i t dem Schaden. Gegenstand des Delikts kann jede von der Rechtsordnung anerkannte Herrschaftsbeziehung einer Person zu einem Vermögensgut sein. — Das Delikt w i r d als „Selbstschädigungsdelikt" bezeichnet, weil der Berechtigte oder eine Person, deren Verhalten sich der Berechtigte zurechnen lassen muß, durch eine auf I r r t u m beruhende Verfügung die Vermögensminderung unmittelbar herbeiführt. Der Getäuschte ist sich dabei der Herrschaftsübertragung bewußt, nicht aber des schädigenden Charakters seiner Verfügung. 1. Vermögensgefährdung und Vermögensschaden

— Zur realen Minderung der wirtschaftlichen Potenz — Eine bloße Vermögensgefährdung genügt dem Erfordernis des Vermögensschadens nicht, denn Gefährdung bedeutet das Drohen eines Schadens, nicht aber den Schadenseintritt. Eine Vermögensgefährdung ist demgemäß als solche m i t einem realen Schaden nicht identisch und kann i h m auch nicht gleichgestellt werden, wenn der Gesetzgeber eine Vermögensschädigung fordert. Wohl aber kann die Gefährdung eines 69 W i l l der Sohn allerdings n u r den rechtmäßigen Zustand wiederherstellen, so fehlt es an der Rechtswidrigkeit der Zueignung. 70 B e i m Betrug ist es eindeutig, daß derjenige antragsberechtigt i m Sinne des § 263 Abs. 4 StGB ist, der durch die Tat i n seinem Vermögen geschädigt wurde. Dieses k a n n auch der Fremdbesitzer sein, w e i l auch der Fremdbesitz ein Vermögensgut ist. N u r eine gesetzliche Sonderregelung könnte hier eine Änderung schaffen.

1 *

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

bestimmten Vermögensgutes X bereits eine effektive Minderung der wirtschaftlichen Potenz des Berechtigten i n bezug auf das Vermögensgut Y bedeuten. I n diesen Fällen beruht die Bejahung des Schadenseintritts aber gerade nicht auf der Gleichstellung einer Vermögensgefährdung m i t einem Vermögensschaden, sondern auf der Feststellung eines realen Schadens. Weil ζ. B. nicht nur die umfassende Sachherrschaftsposition als Vermögensgut anerkannt ist, sondern jede konkrete, rechtlich geschützte Herrschaftsbeziehung eines Rechtssubjekts zu einem Vermögensgut, sind das Haben der Sache und auch die Forderung auf das Haben der Sache Vermögenspositionen. Dementsprechend kann der Berechtigte durch den Entzug des Habens der Sache geschädigt werden, doch liegt schon ein Schaden vor, wenn er dem Täter einen Anspruch auf das Haben der Sache einräumt. Es trifft zwar zu, daß m i t der Begründung der Forderung auf das Haben der Sache auch das Haben der Sache selbst bereits gefährdet ist. Jedoch führt diese Überlegung i n eine falsche Richtung, denn die Existenz des Forderungsrechts, das selbständige Vermögensposition ist, nicht aber die Gefährdung als bloße Gefährdung begründet den Schaden. Nur insoweit, wie er zu einem effektiven Schaden führt, stellt daher der sogenannte Eingehungsbetrug einen Betrug i m Sinne des § 263 StGB dar. I m einzelnen folgt daraus:

a) Erwirbt jemand durch eine Täuschung bei Abschluß eines Vertrages eine seiner Leistungsverpflichtung gleichwertige Forderung, so ist er nicht geschädigt, mag der Vertragspartner auch den Plan gefaßt haben, überhaupt nicht oder doch nicht so zu leisten, wie es seiner Verpflichtung entspricht 71 . Die Gefahr der Schädigung durch ein späteres Vermögensdelikt ist selbst noch keine Vermögensschädigung 72 . Es gilt das gleiche wie bei der Bewertung von Chancen allgemein: Die Chance, daß eine Schädigung eintritt, ist nur dann selbst schon Schädigung, wenn sie als solche selbständig erfaßt und bewertet werden kann. W i l l aber jemand seinen Vermögenspartner dadurch schädigen, daß er i h m z.B. schlechtere Ware als die geschuldete leisten oder weniger Sicherheit als ausgemacht bestellen w i l l , so handelt es sich um eine als selbständige Vermögensbelastung noch nicht faßbare Gefahr. Die Situation ist hier vergleichbar der, daß ein Nachbar beschließt, bei nächster Gelegenheit das Obst i n einem fremden Garten abzuernten. Auch dieser Entschuß ist nicht dem Entzug des Obstes gleichzusetzen. 71 72

a. A . B G H N J W 1953 S. 836; dazu aber Cramer , Vermögen S. 174 ff. Vgl. dazu auch unter 2 f.

III. Betrug

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b) Aber auch wenn der eigenen Leistungsverpflichtung keine gleichwertige gegenübersteht, der Getäuschte ζ. B. durch den Abschluß des Vertrages keinen Anspruch auf eine vollwertige Ware erwirbt, so führt der Vertragsschluß noch nicht notwendig zu einer Schädigung, so ζ. B. wenn Zug-um-Zug-Leistung oder eine andere Bedingung vereinbart ist. Das Substrat einer Forderung ist die Möglichkeit, eine Leistung vom Schuldner zu erhalten, sei es freiwillig oder i m Wege der Zwangsvollstreckung. Ist diese Möglichkeit unmittelbar realisierbar, liegt eine Schädigung vor, nämlich eine konkrete Belastung des Vermögens, weil es nun allein dem Gläubiger überlassen ist, das geschuldete Objekt einzuziehen. Solange jedoch der Realisierung Hindernisse entgegenstehen, droht der Schaden erst, er ist aber noch nicht eingetreten. Zwar kann auch die Existenz eines bedingten oder noch nicht fälligen Anspruchs zu einer Minderung der realen wirtschaftlichen Potenz führen, wenn etwa der Schuldner Rücklagen bildet, anstatt die Vermögensgüter i n die dynamische Entwicklung seines Vermögens einzubeziehen, oder wenn er sich überhaupt Einschränkungen auferlegt, um jederzeit erfüllungsbereit zu sein. Diese Schädigung ist aber für einen Betrug nicht relevant, weil ihr kein Vermögensvorteil des Gläubigers entspricht. Das gilt unabhängig davon, welche Forderung der Getäuschte durch seine Verpflichtung erwirbt. Wer z.B. einen Vertrag schließt, i n dem sich Leistung und Gegenleistung trotz einer Täuschung wertgleich gegenüberstehen — Abschluß eines Versicherungsvertrages bei der Gesellschaft X, anstatt bei der Gesellschaft Y, wenn Leistung, Risiko und Prämie bei beiden Gesellschaften gleich sind —, ist auch dann nicht durch Betrug geschädigt, wenn er dadurch Schaden erleidet, daß er sich die M i t t e l für seine Leistung bei einem wuchernden Geldleiher oder durch Einengung seiner Lebenshaltung beschafft 73 . Gleiches gilt aber auch, wenn der Forderung keine adäquate Leistungsverpflichtung gegenübersteht. Insoweit unterscheiden sich die beiden Fälle nämlich nicht. Kauft daher jemand ein Kraftfahrzeug, wobei i h m versichert wird, dieses habe erst 50 000 k m zurückgelegt, während es i n Wirklichkeit bereits 150 000 k m hinter sich hat, ist er durch den Vertragsschluß nur geschädigt, wenn er zur Vorleistung verpflichtet ist. T r i t t die Bedingung allerdings ein, und hat der Gläubiger nunmehr eine Position, auf Grund derer er die Leistung ohne weiteres fordern kann, so ist der Schaden eingetreten. Der Tatbestand ist i n diesem Falle nur gestreckt. Dabei kann zwischen Täuschung, Irrtum, Verfügung und dem Zeitpunkt des Schadenseintritts eine erhebliche Frist liegen. Dieses w i r d deutlich 73 a. A. i m Grundsatz BGHSt. 16 S. 236 ff.; vgl. dazu aber auch Schröder, N J W 1962 S. 722.

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

beim Abschluß eines Versicherungsvertrages, i n dem das versicherte Objekt überversichert wird. M i t Abschluß des Vertrages liegt noch kein Schaden der Versicherungsgesellschaft vor 7 4 , wohl aber mit Eintritt des Versicherungsfalles und der Konkretisierung der Forderung durch A n gabe der betroffenen Objekte, d.h. m i t der bloßen Meldung, welche Objekte geschädigt worden sind, denn nunmehr ist eine Forderung gegen die Versicherungsgesellschaft entstanden, und die Chancen einer erfolgreichen Anfechtung des Vertrages sind nach der Vernichtung der versicherten Gegenstände minimal. C)

Nur die unbedingte und fällige Forderung, der kein Anspruch auf eine i m Sinne der Erklärung der Vertragspartner gleichwertige Leistung gegenübersteht, stellt daher einen Schaden dar. Dies jedoch grundsätzlich und ohne Rücksicht darauf, ob die Forderung anfechtbar oder tatsächlich gar nicht entstanden ist und ob die Anfechtungsmöglichkeiten dem Opfer bekannt sind oder nicht. Eine Ausnahme gilt nur dort, wo die Anfechtungsmöglichkeit von vornherein bekannt ist und nach der Sachlage m i t aller Sicherheit erfolgreich genutzt werden kann. Gleiches gilt, wenn die Forderung allgemein als nichtig erkannt wird, ζ. B. wenn der Erpresser Leistung begehrt mit der Begründung, das Opfer habe ihm diese zugesagt, wenn er ζ. B. von einer Anzeige absehe o. ä. Diese Ausnahme stellt keinen Widerspruch zu dem festgestellten Grundsatz auf, sondern ist die durch die Berücksichtigung tatsächlicher Gegebenheiten notwendige Korrektur der normativen Elemente. Wie daher eine rechtswirksame Forderung wertlos sein kann, falls feststeht, daß sie unter gar keinen Umständen realisierbar ist, und wie andererseits eine Naturalobligation als vollwertige Forderung bewertet werden kann, wenn die Leistungsbereitschaft des Schuldners außer Frage steht, so genügt es für die Schädigung, daß dem Opfer wirksam vorgespiegelt wird, es bestehe eine wirksame Forderung. Dies folgt zwingend wiederum aus der Prämisse, daß das Substrat einer Forderung die Möglichkeit ist, eine Leistung vom Schuldner zu erhalten, sei es freiwillig oder i m Wege der Zwangsvollstreckung. Beide Möglichkeiten, freiwillige Leistung und Leistung infolge rechtlichen Zwanges, stehen gleichberechtigt nebeneinander. d)

Diese Gleichstellung der freiwilligen Leistung m i t der i m Wege der Zwangsvollstreckung erzwingbaren bedeutet für die Bewertung des Zahlungswillens innerhalb einer Schuldverpflichtung, daß dieser für die 74

So aber RGSt. 48 S. 186 ff. ; Cramer, Vermögen S. 176.

III. Betrug

279

Begründung eines Vermögensschadens nur dort bedeutsam sein kann, wo der Gläubiger einer M i t w i r k u n g des Schuldners bei der Realisierung seiner Forderung bedarf. Bestellt der Schuldner einer Darlehensforderung dem Gläubiger Sicherheiten, die i n seinem Besitz bleiben, so ist die Zahlungsunwilligkeit des Schuldners bedeutungslos, wenn dem Gläubiger der Zugriff auf die Sicherheiten so möglich ist, wie es vereinbart wurde. W i r d ζ. B. Sicherheit durch Übereignung eines Kraftfahrzeuges geleistet und der Kraftfahrzeugbrief dem Gläubiger ausgehändigt, so fehlt es an einer Gefährdung des Vermögens des Gläubigers, wenn der Schuldner von vornherein vorhat, nichts zur Tilgung der Forderung zu tun, jedoch das Kraftfahrzeug so nutzt und unterstellt, daß die Zwangsvollstreckung ohne weiteres i n das Fahrzeug betrieben werden kann und durch den Verkaufserlös auch Kosten des Verzugsschadens gedeckt sind 75 . Die Zahlungsunwilligkeit des Schuldners entwertet die Forderung des Gläubigers erst dann, wenn der Schuldner entschlossen ist, die Sichérheiten dem Zugriff des Gläubigers dadurch zu entziehen, daß er sie nicht wie vereinbart bereit hält. I n diesem Falle ist nämlich die Forderung des Gläubigers von Anfang an weniger wert als vereinbart, weil feststeht, daß dem Gläubiger die Realisierung seiner Forderung auch i m Wege der Zwangsvollstreckung nicht möglich ist.

e) Scharf zu trennen von dem Fall der vertragswidrigen Verbringung von Sicherheiten, die i m Besitz des Schuldners geblieben sind und die bereitzuhalten der Schuldner sich verpflichtet hat, ist die Situation des deliktischen Eingriffs des Schuldners i n die dem Gäubiger übergebenen Sicherungen. Gleichgültig, ob der Schuldner schon bei Vertragsschluß entschlossen ist, bei dem Gläubiger einzubrechen und das als Faustpfand hingegebene Objekt zurückzuholen, oder das reparierte K r a f t fahrzeug, an dem ein Pfandrecht des Werkunternehmers entstanden ist, i n kühnem Zugriff i n Besitz zu nehmen, oder ob er diesen Plan erst später faßt, m i t Vertragsschluß t r i t t kein Schaden des Gläubigers ein 76 . Diese Pläne mögen eine Gefahr für das Vermögen des Gläubigers bedeuten, einen realen Vermögensschaden stellen sie noch nicht dar. Dieser t r i t t erst infolge der Ausführung der Pläne des Schuldners ein. f)

Schließlich liegt kein Vermögensschaden und damit auch kein Betrug vor, wenn der Täter sich als Arbeitnehmer anstellen läßt, seine Arbeitsleistung zwar erbringt, jedoch bei der Einstellung schon plant, dem75 a. A . B G H N J W 1961 S. 182; dagegen eingehend Bockelmann, N J W 1961 S. 145 ff. 76 a. A. O L G H a m m v o m 14. 6. 68 — 3 Ss. 555/68 i n JZ 1968 Umschl. S. 132.

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

nächst eine U n t e r s c h l a g u n g z u begehen. D e r Schaden w i r d erst d u r c h das spätere d e l i k t i s c h e V e r h a l t e n des T ä t e r s b e g r ü n d e t 7 7 . g) G r u n d s ä t z l i c h k e i n e u n m i t t e l b a r e S c h ä d i g u n g ist i n der E r w i r k u n g e i n e r F a l s c h b u c h u n g z u sehen. E i n e A u s n a h m e g i l t aber auch h i e r , w e n n die F a l s c h b u c h u n g d e m T ä t e r die j e d e r z e i t i g e u n m i t t e l b a r e D i s p o s i t i o n ü b e r das fälschlich ausgewiesene G u t h a b e n e r m ö g l i c h t 7 8 . h) D e r B e g r ü n d u n g e i n e r F o r d e r u n g , der k e i n angemessenes Ä q u i v a l e n t e n t s p r i c h t , s t e h t gleich die E r w i r k u n g eines — sei es auch n u r v o r l ä u f i g — v o l l s t r e c k b a r e n U r t e i l s . G e n a u w i e i n der A n e r k e n n u n g e i n e r n i c h t b e r e c h t i g t e n F o r d e r u n g l i e g t i m E r l a ß des v o l l s t r e c k b a r e n T i t e l s die u n m i t t e l b a r e M ö g l i c h k e i t b e g r ü n d e t , a u f V e r m ö g e n s o b j e k t e des S c h u l d ners e i n z u w i r k e n . D a m i t i s t eine echte B e l a s t u n g des V e r m ö g e n s e n t standen, n i c h t n u r eine G e f ä h r d u n g 7 9 . W ä h r e n d d a h e r der E r l a ß eines Z a h l u n g s b e f e h l s noch n i c h t als Vermögensschaden b e w e r t e t w e r d e n k a n n , d e n n d e r Z a h l u n g s b e f e h l g e w ä h r t d e m G l ä u b i g e r noch k e i n e u n m i t t e l b a r e Z u g r i f f s m ö g l i c h k e i t , l i e g t i n d e m E r l a ß des V o l l s t r e c k u n g s befehls eine reale B e l a s t u n g des V e r m ö g e n s 8 0 . 77

Z u m Anstellungsbetrug vgl. unten S. 284 f. Dazu auch Maurach, B. T. S. 324 f. 79 Vgl. RGSt. 59 S. 104 ff. ; Maurach, B. T. S. 325. 80 Gleichgültig ist es jedoch, ob der vollstreckbare T i t e l i m k o n t r a d i k t o r i schen, i m Versäumnis- oder Mahnverfahren e r w i r k t worden ist. — Ob Richter oder Rechtspfleger überhaupt als Werkzeug der täuschenden Partei angesehen werden können, ist zweifelhaft, w e i l die Entscheidung ihren G r u n d nicht n u r i m Parteivortrag, sondern wesentlich auch i n anderen Überlegungen des Richters findet. Dennoch erscheint diese K o n s t r u k t i o n i m Zivilverfahren vertretbar, w e i l die B i n d u n g des Richters an den Parteivortrag u n d die Beweislastregelung das Verfahren maßgeblich bestimmen. Dann k a n n es aber nicht darauf ankommen, ob der Richter positiv von der Wahrheit des v o r getragenen Sachverhalts überzeugt ist oder nicht. Wenn er an der Richtigkeit der Angaben einer Partei zweifelt, f ü r eine Beweisführung aber kein Raum ist, w e i l die Beweislast ungünstig liegt, muß er das U r t e i l erlassen. Erst das positive Wissen v o n der Unwahrheit bildet hier die Grenze. Als Organ der Rechtspflege k a n n auch die Beweislast den Richter nicht gegen besseres Wissen zum Gehilfen eines Delikttäters machen. F ü r eine Verweigerung der Entscheidung infolge eigener Ablehnung k a n n aber nicht nicht die Vermutung oder die nicht beweisbare Überzeugung des Richters, eine Partei sage die Unwahrheit, genügen. Unbeachtlich sind bloß abstrakte, theoretische Zweifel. Positives Wissen, für dessen Grundlagen der Beweis erbracht werden kann, ist erforderlich. Es k o m m t daher nicht darauf an, ob der Richter meint, seine Entscheidung entspreche der materiellen Wahrheit, sondern n u r darauf, ob der Richter davon ausgeht, bei dieser Sachlage die geforderte Entscheidung erlassen zu müssen. Diese Situation w i r d i h m aber nicht n u r i n einem V e r fahren m i t mündlicher Verhandlung vorgespiegelt, sondern auch durch schlüssigen A n t r a g auf Erlaß eines Vollstreckungsbefehls oder eines V e r säumnisurteils. 78

III. Betrug

281

i)

Allgemein ist demnach festzustellen, daß eine bloße Vermögensgefahr als solche i n keinem Falle zur Begründung eines Vermögensschadens i m Sinne des Betruges genügt. Gelingt es dem Täter, das Opfer durch die Täuschung zu einer realen Minderung seiner gegenständlich gesicherten Potenz i m wirtschaftlichen Bereich zu veranlassen, so liegt ein für den Betrug relevanter Vermögensschaden vor. Fehlt es an der realen Vermögensentziehung, weil die Vermögenslage des Betroffenen erst gefährdet ist, so kann nur eine Vorbereitung oder ein Versuch eines Betrugs i n Betracht kommen. — Bei der Belastung eines Vermögens ist das wesentliche K r i t e r i u m für den Betrugsschaden die Unmittelbarkeit der Vermögensentziehung, die durch die Belastung begründet sein muß 81 . 2. Vermögensminderung und Leistungsäquivalent

— Vermögensminderung und Vermögensschaden — Die Frage, ob die bewußte Minderung eines Vermögensbestandes eine Vermögensschädigung bedeutet, ist nur mittelbar abhängig von der Feststellung der Werthöhe einer etwaigen Gegenleistung. Maßgeblich ist, ob derjenige, der sein Vermögen vermindert, den durch diese Vermögensminderung angestrebten wirtschaftlichen Zweck erreicht oder nicht. Insofern ist dann auch die etwaige Gegenleistung von Bedeutung. Geschädigt ist der Betroffene aber nicht durch das Ausbleiben der Gegenleistung, sondern durch die Minderung des eigenen Vermögens. Das Ausbleiben der Gegenleistung bestimmt aber vielfach, ob die M i n derung des eigenen Vermögens als sinnvolles wirtschaftliches Verhalten anzusehen ist oder eine Selbstschädigung bedeutet.

a) Einen Betrug, und zwar einen Besitzbetrug begeht, wer einen anderen veranlaßt, eine Sache herauszugeben, ohne i h m die versprochene Forderung einzuräumen. Kauft Κ ζ. Β. ein Fernsehgerät auf Raten, und gibt er i n dem Kreditantrag an, monatlich 2000 D M zu verdienen, obwohl er bereits seit langem nur noch von der Sozialfürsorge unterstützt wird, so liegt ein Betrug vor, unabhängig von der Frage, ob es dem Κ gelingt, die vereinbarten Raten zu zahlen oder nicht. Vertraglich vereinbart war zwischen den Parteien eine wirtschaftlich gesicherte Forderung. Zur Entstehung kam aber nur eine wirtschaftlich unsichere Forderung. Die Übergabe des Gerätes führt daher zu einem Schaden des Verkäufers — Besitzverlust —. Er räumt dem Κ die Nutzungsmöglichkeit an der Sache ein, ohne eine Forderung der vereinbarten Qualität zu erhalten. 81

Vgl. auch Schröder, J Z 1965 S. 516.

282

3. Kap.: Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte b)

Dennoch ist gerade i m Bereich des sogenannten Abzahlungsbetruges vorsichtig zu entscheiden. M i t der Schematisierung der Schadensfeststellung dahingehend, daß ein Schaden des Verkäufers anerkannt würde, wenn dieser nicht die Sicherheit erhalten hat, die vertraglich vereinbart war, wäre bereits der Angriff gegen die Dispositionsfreiheit an die Stelle der Vermögensschädigung getreten. Gibt Κ ζ. Β. an, monatliche Einkünfte aus seinem Vermögen i n Höhe von 2000 D M zu haben, während seine laufenden Bezüge i n Wirklichkeit unter der Pfändungsgrenze liegen, sein Vermögen aber dem Zugriff des Gläubigers offensteht, so fehlt es trotz der Täuschung an einem Vermögensschaden des Verkäufers. Die Benennung der Einkommenssumme sollte dem Verkäufer i n diesem Falle nur einen Hinweis auf die wirtschaftliche Lage des Käufers und damit auch auf den Wert seiner Forderung geben. Es kam dem Verkäufer darauf an, i n Höhe seiner Forderung gesichert zu sein. Wie diese Sicherheit i m einzelnen beschaffen ist, kann dann aber nicht von Bedeutung sein, wenn die Möglichkeit erfolgreicher Realisierung der Forderung durch die Täuschung über die Sicherheit nicht beeinträchtigt wird. Erst wenn nach dem Willen der Parteien eine Übersicherung gewollt und vereinbart ist, kann das Fehlen eines bestimmten Maßes an Sicherheit trotz Deckung der Forderung einen Schaden begründen. I n diesen Fällen kann die h. M. auf Grund ihrer rechnerischen Bewertung von Leistung und Gegenleistung keinen Vermögensschaden feststellen, der über die i n jedem Wechsel von einer Haben-Beziehung zur Forderung auf das Haben hinausginge. Die personale Vermögenslehre muß hier i n Einzelfällen einen Vermögensschaden bejahen 82 , so ζ. B. wenn der Kreditgeber seine Vermögensposition nur gegen eine Gehaltsabtretung i n Höhe der Kreditforderung und gegen eine Bürgschaft i n gleicher Höhe übertragen w i l l , jedoch i n Folge einer Täuschung nur die Gehaltsabtretung erhält. Er erlangt eine geringere wirtschaftliche Effizienz als die vereinbarte. Zu beachten ist aber, daß die Übersicherung ausdrücklich vereinbart sein muß. K o m m t es nach der Erklärung des Kreditgebers nur auf die übliche oder gemäße Sicherung an, so fehlt es immer an einem Schaden, wenn die objektive Bewertung des Sachverhaltes ergibt, daß trotz abweichender Zusicherungen die Forderung hinreichend gesichert ist. Dieses ist eine selbstverständliche Konsequenz aus der Berücksichtigung des personalen Elements des Vermögensbegriffs, das sich auf den 82 Vgl. dazu auch Bockelmann, N J W 1961 S. 147, der zutreffend darauf h i n weist, daß die Rechtsprechung i n diesem Bereich nicht immer ihren selbst gewählten Prämissen folgt.

III. Betrug

283

wirtschaftlichen Wert eines Objekts dahingehend auswirkt, daß der Vermögensträger bestimmt, welche wirtschaftliche Funktion und Zweckfülle durch den Einsatz eines Vermögensgegenstandes erreicht werden sollen. Bewertet der Vertragspartner das Objekt nicht i n gleicher Weise, so braucht er den Vertrag nicht zu schließen.

c) Nach diesen Grundsätzen ist der Käufer einer Sache, der über wertbildende Faktoren dieser Sache getäuscht w i r d — Kauf eines K r a f t fahrzeuges, das angeblich 25 000 km, i n Wirklichkeit jedoch bereits 125 000 k m hinter sich hat —, geschädigt 83 , wenn er einen geringeren Wert erhält als den, den er nach dem Vertragswillen erhalten sollte. Damit w i r d nicht die W i l l k ü r des Betroffenen zum entscheidenden Bewertungselement. Die Bewertung erfolgt vielmehr auf Grund objektiver Beurteilung dessen, was nach dem Willen der Parteien als wirtschaftlicher Erfolg des Geschäfts angesehen wurde. Der m i t dem Schaden identische Vorteil des Täters liegt i n dem durch die nicht gemäße Leistung i m Verhältnis zum vereinbarten Äquivalent ersparten Wertgewinn, der dem Aufwand des Opfers zur Erlangung der vereinbarten Leistung gleich ist. d) Der für die Rechtsprechung zum Betrugsschaden grundsätzlichen Entscheidung des Bundesgerichtshofs, BGHSt. 16 S. 321 ff., kann demgemäß nur bedingt zugestimmt werden: Richtig ist es, daß die Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit keinen i m Rahmen des Betrugstatbestandes relevanten Schaden darstellt, wenn der durch Täuschung zu einer Leistung Bestimmte eine wirtschaftlich der gewünschten Leistung gleichwertige Gegenleistung erhält. Unrichtig ist es jedoch, die Gleichwertigkeit abstrakt nach dem Geldwert von Leistung und Gegenleistung zu bestimmen. Entspricht die Leistung gar nicht oder nicht i n vollem Umfange dem bei Vertragsschluß vorausgesetzten Zweck, so ist der Käufer geschädigt. Ob er die Leistung i n anderer zumutbarer Weise auch nutzen kann, wenn er nur wollte, ist demgegenüber unerheblich 84 .

e) Geschädigt ist auch, wer bereit ist, einen Kursus i m Schreibmaschineschreiben zu bezahlen, stattdessen jedoch eine Schreibmaschine erhält, 83 Vgl. auch O L G H a m m N J W 1968 S. 903 m i t weiteren Nachweisen u n d die Angaben oben S. 76 f. 84 Unzutreffend daher auch O L G Celle M D R 1969 S. 159. Der Erwerb eines Schulbuches steht dem Erwerb von Büchern schlechthin nicht gleich.

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

und zwar ist der Schaden bereits m i t der Abgabe der Unterschrift eingetreten. Insoweit ist nämlich dem BGH 8 5 zuzustimmen: „Es ist strafrechtlich ohne Belang, ob der Täter durch die Täuschung einen nach § 123 BGB anfechtbaren Vertrag herbeiführt oder ob er durch die erschlichene Unterschrift äußerlich eine Vertragsurkunde und damit den Schein eines Vertrages entstehen läßt, der i n Wirklichkeit nicht geschlossen worden ist. Die Lage des Getäuschten ist, tatsächlich und wirtschaftlich betrachtet, i n diesen Fällen gleich: Er darf sich von dem Geschehenen lossagen, muß die Voraussetzungen dafür aber beweisen und läuft Gefahr, das nicht zu können. Diese rechtlich gegebene, tatsächlich mehr oder weniger zweifelhafte Möglichkeit, die Folgen der Täuschung zu beseitigen, ist ohne Bedeutung für die Frage, ob strafrechtlich ein Betrug, insbesondere ein Vermögensschaden vorliegt" 8 6 . I m Falle des sogenannten Provisionsbetruges — der Täter erschleicht von Kunden Unterschriften, um bei seinem Auftraggeber den Eindruck zu erwecken, es lägen rechtsgültige Verträge vor, und sich auf diese Weise die Provision zu verschaffen — sind demnach, wenn der Kunde überhaupt nichts oder etwas wirtschaftlich anderes bestellen wollte, zwei Betrugshandlungen zu unterscheiden: ein fremdnütziger Betrug gegenüber dem Kunden, durch den der Auftraggeber begünstigt wird, und ein eigennütziger Betrug des Täters dem Auftraggeber gegenüber 87 . f)

Auch die Problematik des sogenannten Anstellungsbetruges weist bei der Beachtung der entwickelten Abgrenzungskriterien keine Besonderheit auf: Geschädigt ist, wer einen anderen gegen ein bestimmtes Entgelt einstellt, wenn dieser die Anstellung dadurch bewirkt, daß er Leistungen vorspiegelt, zu denen er nicht fähig ist, obwohl sie i n der betreffenden Stellung erforderlich sind. Sucht jemand einen Lohnbuchhalter, der mindestens drei Semester Kunstwissenschaft studiert hat, und stellt er einen Bewerber ein, der über diese Voraussetzung täuscht, so fehlt es an einem wirtschaftlichen Schaden des Arbeitgebers, wenn der Angestellte seine Tätigkeit als Lohnbuchhalter vorzüglich versieht. Gleiches gilt, wenn jemand einen Gärtner oder einen Chauffeur m i t Abit u r oder Doktortitel einstellen w i l l . Mag er auch ein besonders hohes Gehalt bieten, weil er damit angeben w i l l , welche Mittel er sich für Arbeitnehmer i n diesen Stellungen leisten kann, einen Vermögensschaden 85

B G H N J W 1968 S. 902. Dazu vgl. auch Cramer, Vermögen S. 176. Allerdings kann es beim Betrug zugunsten des Auftraggebers dann an der Bereicherungsabsicht fehlen, w e n n der Täter davon ausgeht, daß der Auftraggeber die vertragliche Leistung nicht erhält; dazu vgl. auch Schmitt, Polizeibl. 1967 S. 178; Schönke-Schröder, StGB § 263 Rn. 124,129. 86

87

III. Betrug

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erleidet er nicht, wenn jemand durch Täuschung über diese Vorbildung oder diesen Titel die Stellung erhält. Selbst wenn man die Absicht, anzugeben, als wirtschaftlichen Zweck interpretieren würde, liegt noch kein Schaden vor, solange die Gäste glauben, ein Chauffeur m i t Doktortitel fahre sie durch die Gegend, oder ein Gärtner m i t A b i t u r harke die Wege des Gartens. — K o m m t der Schwindel schließlich heraus, so mag der Arbeitgeber blamiert sein und sein Ruf Schaden nehmen, dieser Schaden ist jedoch nicht m i t dem von dem Arbeitnehmer erlangten Vorteil identisch. Anders ist zu entscheiden, wenn bestimmte Fähigkeiten verlangt werden, die zwar i m Augenblick der Einstellung nicht benötigt werden, wohl aber i m Laufe des Arbeitsverhältnisses. Wer einen auch i n der Programmierung von Buchungsautomaten versierten Finanzbuchhalter einstellen w i l l , der z.B. bei Krankheit oder i m Urlaub des schon i m Betriebe tätigen Programmierers eingesetzt werden soll, ist geschädigt, wenn er jemanden ohne diese Kenntnisse einstellt, auch wenn es zu der Vertretung noch nicht gekommen ist und der Angestellte bis zu diesem Zeitpunkt die ihm sonst übertragenen Arbeiten zur Zufriedenheit ausgeführt hat. Unwesentlich ist schließlich das bloße Verschweigen von Vorstrafen. Diese mögen maßgebliche Bedeutung für die Entscheidung haben, ob jemand überhaupt eingestellt w i r d oder nicht. Ein die Höhe der Entlohnung beeinflussender Faktor sind sie nicht. Die Ansicht des OLG Celle 86, die Anstellung kriminell belasteter Personen sei eine der Vermögensschädigung gleichstehende Vermögensgefährdung, ist unzutreffend. Die Gefährdung als Gefährdung ist kein Schaden, der Schluß von der begangenen Straftat auf die zu begehende Straftat ist i r r i g und, solange nur die bestrafte Tat erörtert wird, auch unsinnig. Die Gefahr, daß jemand ein Delikt gegen seinen Auftraggeber begeht, mindert nicht notwendig den Wert der Dienstleistungen dieser Person. Die Gefahr einer künftigen Unterschlagung durch einen Kassierer ist aber noch kein aktueller Vermögensschaden 89. Diese Grundsätze bedürfen auch keiner Modifizierung, wenn der Täter statt einer Anstellung als Angestellter eine Beamtenposition erschleicht. Leistet der Täter die erforderlichen Dienste und verfügt er über die notwendigen Fähigkeiten, die i n der betreffenden Stellung von i h m erwartet werden, so fehlt es an einem Schaden. Diesen Überlegungen kam das Reichsgericht bereits nahe, indem es nicht die Erschleichung einer Beamtenstellung schlechthin als Vermögensschädigung der Anstellungskörperschaft ansah, sondern — abgesehen von dem unproblemati88 89

Vgl. SJZ 1947 Sp. 212 f. ; ähnlich auch BGHSt. 17 S. 245. Vgl. auch Η . v. Weber, SJZ 1947 Sp. 214.

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

sehen Fall, daß der Täter nicht zur Erbringung der erforderlichen Leistung imstande war — darauf abstellte, ob der Täter nach seiner ganzen Persönlichkeit, seinem Charakter und seinem Vorleben unwürdig und untauglich war, eine bestimmte Position auszufüllen 90 , sich einen besonders bezahlten Vertrauensposten 91 oder eine Stellung, für die nur eine „einwandfreie Persönlichkeit" 92 i n Frage kam, erschlichen hatte. Doch bereits die zuletzt genannte Entscheidung — Anstellung eines vorbestraften Arbeiters i n einem besonders kriegswichtigen Betrieb — zeigt, daß der hier durch den Betrugstatbestand gewährte Schutz nicht mehr dem Vermögen, sondern anderen Interessen galt 9 3 , die besondere Begründung des Schadens gleichfalls Gefahren aufwies. M i t der grundsätzlichen Abkehr von der besonderen Begründung des Schadens und der Wendung zur allgemeinen Annahme eines Schadens bei der Erschleichung einer Beamtenstellung beseitigte der Bundesgerichtshof selbst diese Einschränkungen. A l l e i n die Prämissen des Bundesgerichtshofes werden der heutigen Sachlage nicht mehr gerecht, denn letztlich behauptet der Bundesgerichtshof, der Beamte werde nicht für seine Leistung entlohnt, sondern nur dafür, daß er so ist, wie er bei der Berufung i n das Beamtenverhältnis angegeben hat: „Werden die Bezüge des Beamten allenfalls wirtschaftlich als eine A r t Gegenleistung f ü r seine Dienste angesehen, so bemißt ihre Höhe sich nicht nach deren Wert, der sich n u r sehr schwer schätzen ließe. Maßgeblich ist vielmehr gleichsam i h r ,Preis', der i n der Besoldungsordnung festgesetzt ist. Zahlt der Staat oder ein anderer öffentlich-rechtlicher Dienstherr mehr als diesen geschuldeten ,Preis', so ist er ohne Rücksicht auf den »objektiven' Wert der Dienste an seinem Vermögen geschädigt. Dies w i r d v o r allem dann deutlich, w e n n ein Beamter ein höheres Besoldungsdienstalter oder einen anderen Familienstand vortäuscht u n d dadurch höhere Bezüge ausgezahlt erhält. Der Dienstherr erleidet dann einen V e r mögensschaden, selbst w e n n der Beamte ebensoviel oder mehr leistet als ein bestimmter anderer Beamter seiner A r t , der älter ist u n d eine größere Familie hat. Dasselbe gilt auch, w e n n jemand, w i e der Angeklagte, durch Täuschung i n ein öffentliches A m t gelangt, ohne seiner Vorbildung nach die bestimmungsgemäßen Voraussetzungen zu erfüllen. Er erhält dann Bezüge, die i h m nicht zustehen, w e i l er v o n dem allein maßgeblichen Standpunkt des Staates aus f ü r das A m t nicht tauglich ist, u n d es k o m m t nicht darauf an, ob er die m i t der Amtsstellung verbundenen Aufgaben ordnungsgemäß w a h r n i m m t . " 9 4

Die Schlußfolgerung des Bundesgerichtshofs, der Schädigung durch Zahlung unberechtigter Bezüge für ein höheres Dienstalter oder einen 90 91 92 93 94

RGSt. 65 S. 282. RGSt. 73 S. 269. RGSt. 75 S. 9. Vgl. auch Bockelmann, BGHSt. 5 S. 361 f.

Kohlrausch-Festschr. S. 250.

III. Betrug

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anderen Familienstand stehe die Schädigung durch die Anstellung überhaupt gleich, trifft nicht zu. Nur eine extrem subjektive Theorie kann hier den Betrugsschaden begründen, würde damit aber den bloßen Dispositionsschutz dem Vermögensschutz gleichstellen 95 . Die schematische Regelung des Gehaltes nach der Besoldungsordnung und nicht nach der konkreten Leistung spricht keineswegs dagegen, daß das Gehalt wesentlich Leistungsentgelt ist. Bei der großen Zahl der Arbeitsverträge ist eine schematische Regelung gar nicht zu umgehen. Sie findet sich überdies i n jedem Großbetrieb, und auch durch die Tarifverträge w i r d eine Verallgemeinerung der Einstellungsvoraussetzungen und des Leistungsentgelts erreicht. Das Einstellungsmonopol des Staates zu den von i h m festgesetzten Bedingungen ist gleichfalls unerheblich, denn dieses entscheidet allein darüber, ob jemand eingestellt wird, nicht aber darüber, ob durch seine Einstellung ein Vermögensschaden begründet wird. Durch die Einstellung eines Beamten, der über seine Vorbildung getäuscht hat, jedoch die von i h m verlangten Berufsfähigkeiten besitzt, ist der Staat genausowenig geschädigt wie ein Großhändler, der Waren nur an Weiterverkäufer veräußert und Endverbraucher überhaupt nicht beliefert, geschädigt ist, wenn ein Endverbraucher durch Täuschung, er sei Wiederverkäufer, die Lieferung bewirkt. Schließlich begründet die Täuschung über Vorstrafen auch i m Beamtenverhältnis keinen Vermögensschaden. Wäre der Rechtsprechung zu folgen, so müßte konsequenterweise wegen Betruges bestraft werden, wer noch keine Vorstrafe hat, w o h l aber eine Straftat begangen hat. Diese Konsequenz w i l l die Rechtsprechung aber offenbar nicht ziehen, jedenfalls sind den Entscheidungen keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen. Die Täuschung über Dienstalter und Familienstand kann hingegen zu einem Betrugsschaden führen. Diese Bezüge sind nicht i n erster Linie Leistungsentgelt, sondern sollen dem sozialen und damit wirtschaftlichen Zwecke dienen, den m i t höheren Unkosten belasteten Beamten wirtschaftlich freier zu stellen, damit seine Leistungsfähigkeit nicht durch wirtschaftliche Sorgen gemindert wird. Hier ist für die Schadensfeststellung i n der Tat entscheidend, daß der Staat nicht alle materiellen Sorgen aller Beamten beheben w i l l , sondern nur bestimmte Zwecke anstrebt. Werden diese Zwecke durch die Leistung nicht erreicht, w e i l der Täter über die Grundlagen des Anspruches getäuscht hat, so ist die Mehrausgabe der Anstellungskörperschaft ein Vermögensschaden. Dies 95 Vgl. auch Dieckhoff, Betrieb 1961 S. 1487; Gemmer, a.a.O. S. 106 ff.; Hardwig, G A 1956 S. 18; Kohlrausch-Lange, StGB § 263 V 2 d; Maurach, Β . T. S. 325 f.; Sauer, B . T . S. 89; Welzel, Lb. S. 353; — i m Sinne der Praxis: Gutmann, M D R 1963 S. 96; Sarstedt, JR 1952 S. 308; Schönke-Schröder, StGB § 263 Rn. 117 m i t eingeh. Überblick über die Rechtsprechung.

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

aber auch nicht, wie die Rechtsprechung meint, w e i l der Staat ein Monopol i n der Bestimmung habe, unter welchen Bedingungen er besondere Zahlung leistet, und weil ohne Täuschung keine Leistung erfolgt wäre — dieses ist nur von sekundärer Bedeutung —, sondern weil die m i t der Leistung angestrebten wirtschaftlichen Zwecke nicht erreicht werden. 3. Die wirtschaftliche Zweckverfehlung

— Vermögensminderung und Vermögensschaden — Ist die Verfehlung des angestrebten wirtschaftlichen Zweckes das Kriterium, m i t dem zu entscheiden ist, ob eine Vermögensminderung eine Vermögensschädigung bedeutet oder nicht, dann erweist sich bereits der Ausgangspunkt der h. M., den Schaden durch Saldierung des Vermögens vor und nach der durch Täuschung bewirkten Vermögensverfügung zu errechnen, als verfehlt. Ob das Vermögen summenmäßig größer oder kleiner geworden ist, kann keine Bedeutung haben. Wenn der Getäuschte leistet, weil er eine Gegenleistung erwartet, w i r d das Ausbleiben dieser Gegenleistung zu dem Schluß führen, die Hingabe der eigenen Vermögensobjekte sei eine Selbstschädigung gewesen. Nur insoweit kommt es auf die Gegenleistung an. Daher ändert sich auch bei einseitigen Leistungen des Getäuschten die Betrachtungsweise nicht. Es bedarf nicht der Fiktion einer Gegenleistung oder der Konstruktion der Erfüllung sittlicher Pflichten 96 , u m die wirtschaftliche Zweckverfehlung einer einseitigen Leistung festzustellen. Ausschlaggebend ist der erklärte Wille des Verfügenden. Dieses wurde bereits i n den Fällen des sogenannten Bettel- und Spendenbetrugs gezeigt 97 . Doch handelt es sich bei diesen Fallgruppen u m keinen Ausnahmefall, vielmehr werden hier das Prinzip der wirtschaftlichen Zweckverfehlung und seine Bedeutung nur besonders deutlich sichtbar.

a) Die wirtschaftlich bedeutsamsten Fälle der nicht auf einen Austausch, sondern auf die Erfüllung bestimmter sozialer, und das heißt hier w i r t schaftlicher Zwecke gerichteten Leistungen sind die Subventionierungen und sozialpolitisch bestimmten Gewährungen materieller M i t t e l an wirtschaftlich schwache Kreise der Bevölkerung durch den Sozialstaat. W i l l die öffentliche Hand für ihre Leistung gar keinen oder keinen vollen Gegenwert, weil die zwischen Gegenleistung und gemeinem Wert bestehende Differenz gerade die wirtschaftliche Potenz der Leistungsempfänger stärken soll, so ist es gleichgültig, ob der öffentlich-recht96

So Cramer, Vermögens. 211 ff. Vgl. zum Streitstand Cramer, Vermögen S. 208 ff.; i m übrigen vgl. oben S. 58 ff. 97

III. Betrug

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liehen Körperschaft für die Erfüllung dieser sozial-politischen Aufgabe begrenzte oder unbegrenzte M i t t e l zur Verfügung stehen 98 . Entscheidend ist allein, ob der sozialpolitische Zweck erreicht wird, d. h. ob der begünstigte Personenkreis die i h m zugedachten wirtschaftlichen Vorteile erlangt oder nicht. Der Leistungszweck ist verfehlt, wenn jemand, der nicht zu dem berechtigten Personenkreis gehört, die Leistung erschleicht. Damit liegt aber kein Betrug i n bezug auf eine der begünstigten Personen vor, die etwa — wenn der Staat nicht unbegrenzte M i t t e l zur Subventionierung einsetzt — bei der Vorteilsgewährung nicht mehr berücksichtigt werden kann. Geschädigt durch Betrug ist die öffentlich-rechtliche Körperschaft. Die Leistung an den Unberechtigten ist eine Zweckverfehlung dieser Mittel und somit ein Schaden. Der Vorteil des Täters liegt i n der Erlangung gerade dieser Leistung. Vorteil und Schaden sind sachlich identisch 9 9 » 1 0 0 ' 1 0 1 . I m Falle der Verbindung der Subventionierung m i t einer Auftragserteilung liegt demnach auch dann ein Schaden vor, wenn ein Unberechtigter den Auftrag erlangt, die öffentliche Hand aber für ihre Leistung den vollen materiellen Gegenwert erhält, z.B. bei der Vergabe von Aufträgen i n Notstandsgebiete oder an bestimmte unterstützungsbedürftige Unternehmer. I n diesen Fällen ist rein rechnerisch das Vermögen der öffentlich-rechtlichen Körperschaft nicht geschädigt, denn diese erhält für ihre Leistung das volle Entgelt. Dennoch zeigt gerade die unterschiedliche Behandlung dieser Konstellation und der Subventionierung ohne Gegenleistung die Oberflächlichkeit der rein rechnerischen Betrachtungsweise. Das Entgelt ist i n diesem Bereich — ähnlich wie beim Ankauf von Waren, u m einen Händler vor dem Konkurs zu retten — nur ein wirtschaftlicher Zweck von zweien. W i r d nur dieser 98

a. A. Schmitt, Polizeibl. 1967 S. 179. a. A. die h. M., die schon deshalb i n diesen Fällen k o n s t r u k t i v nicht w e i terkommen kann, w e i l als Schaden nicht die eigene Leistung, sondern das Ausbleiben der Gegenleistung angesehen w i r d . Dann fehlt es i n der Tat bei den Subventionierungsfällen an der Identität zwischen Schaden u n d Vorteil, denn der Täter hat materiellen G e w i n n erlangt, sich aber nicht einen sozialpolitischen Zweck zueigen gemacht. 100 w o h i n es führt, w e n n man i n diesen Fällen einen Betrug zu Lasten einer Person aus dem subventionierten Bevölkerungskreis konstruieren w i l l , zeigen die Ausführungen des O L G Hamburg, N J W 1962 S. 1407. Die ganze Konstruktion ist einfach schief. 101 Die Problematik ist anläßlich der Schädigung des Bundesvermögens durch Vereitelung des sozialpolitischen Zwecks der Privatisierung des V W Werkes i n Lehre u n d Rechtsprechung eingehend erörtert worden. — Einen Vermögensschaden lehnten ab: O L G H a m b u r g N J W 1962 S. 1407; Schmitt, Polizeibl. 1967 S. 179; Maurach, B . T . S. 324; ders., N J W 1961 S.628f.; Gutmann, M D R 1963 S. 5, 94. — Einen Schaden bejahten m i t verschiedensten Konstruktionen: BGHSt. 19 S. 37 ff., 19 S. 206 ff.; Cramer , Vermögen S. 217 ff.; Schröder, JR 1962 S.432; ders., JZ 1964 S.467f.; Bode, N J W 1963 S. 238 f.; Müller, DRiZ 1963 S. 55 ffSchäfer-Sey 1er, G A 1963 S. 338 ff.; SchönkeSchröder, StGB § 263 Rn. 75. 99

19 O t t o

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

eine Zweck erreicht, so ist die Vermögensminderung dennoch Vermögensschädigung 102 . — Besonders deutlich w i r d diese Problematik i n dem vom Reichsgericht entschiedenen Fall der Vergabe eines Auftrages auf Lederwaren durch den Militärfiskus gegen die Zusicherung, daß der Unternehmer von dem vereinbarten üblichen Stücklohn seinen Arbeitnehmern einen bestimmten Prozentsatz überlassen sollte 103 . Hätte der Fiskus sogleich m i t dem Unternehmer einen geringeren Preis vereinbart und das ersparte Geld an die zu unterstützenden Personen überwiesen, so wäre entsprechend der Konstruktion beim Spenden- oder Bettelbetrug ein Schaden bejaht worden, wenn statt eines berechtigten Arbeitnehmers der Arbeitgeber diesen Betrag erschlichen hätte. Die andere A r t der Auszahlung kann jedoch das Ergebnis nicht beeinflussen. Der vom Berechtigten durch den Vermögensaufwand erstrebte Zweck ist nur zum Teil eingetreten. Der Berechtigte ist an seinem Vermögen geschädigt, obwohl er das „volle Entgelt" erhalten hat, denn dieses Entgelt ist nicht der volle wirtschaftliche Erfolg, der m i t der Leistung erreicht werden sollte. Die Subventionierung durch Auftragserteilung ist genauso Subventionierung wie die Zahlung von bestimmten Unterstützungsbeträgen ohne Gegenleistung. Sie unterscheidet sich von dieser nicht dadurch, daß dieses Subventionsverhältnis als reines Austauschverhältnis wie jeder gewöhnliche Kauf- oder Werkvertrag angesehen werden kann, sondern darin, daß die Subvention hier i n sinnvoller Weise geleistet w i r d und der Subventionsberechtigte nicht als bloßer Almosenempfänger erscheint 104 . b) Die Einsicht, daß die wirtschaftliche Zweckverfehlung den Vermögensschaden i m Tatbestand des Betruges bewirkt, führt weiter zur überzeugenden Lösung der Fälle der durch Täuschung erwirkten Besitzübertragungen i m Rahmen von Gefälligkeitsverhältnissen. — Der Wunsch, diese Fälle sachgemäßer zu lösen als die h. M., hat wesentlich die Stellungnahme von Gallas bestimmt, den Besitz nur dann als Vermögensgut anzuerkennen, wenn das Besitzrecht einen bestimmten Geldwert hat 1 0 5 . Diese Begrenzung dessen, was als Vermögensgut angesehen wird, ist jedoch für die sinnvolle Lösung dieser Fälle nicht unbedingt nötig. Verleiht jemand ζ. B. ein Buch für 14 Tage, und holt er es unter einem Vorwand nach einem Tag zurück, so hat der Entleiher einen Besitzverlust erlitten. Die Bestrafung wegen eines Betruges ist aber nicht 102 V o m Standpuntkt der h. M . konsequent: z. B. Cramer , Vermögen S. 219 f.; Schmitt, Polizeibl. 1967 S. 179. 103 RGSt. 50 S. 316 ff. 104 Vgl. auch Bockelmann, Kohlrausch-Festschr. S. 250. 105 Vgl. Eb. Schmidt-Festschr. S. 424.

III. Betrug

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zwingend: Wenn zwischen den Parteien die persönlichen Beziehungen und Erwartungen die wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsgeschäftes bei weitem überwiegen, und das w i r d bei einer Buchleihe unter Freunden regelmäßig der Fall sein, kann der wirtschaftliche Verlust so minimal sein, daß eine Strafverfolgung wegen der geringen Bedeutung der Angelegenheit nicht i n Betracht kommt. Der Sachverhalt ist den sogenannten Streichholzaffären beim Diebstahl — Wegnahme eines fremden Streichholzes — vergleichbar. Die Entscheidung auf Grund der Abwägung wirtschaftlicher und persönlicher Elemente führt hier allgemein zu einer brauchbaren Differenzierung der verschiedenen Fallgruppen. Zeigt sich nämlich, daß nicht die persönlichen Erwartungen freundschaftlichen Verhaltens, sondern wirtschaftliche Gesichtspunkte die Hingabe einer Sache bestimmt haben — Miete eines Buches oder eines Kraftfahrzeuges, für das der Mieter einen nach Tagen bemessenen Mietzins entrichtet —, so liegt beim vorzeitigen Besitzentzug ein erheblicher Vermögensschaden vor. Diese Differenzierung nach dem Inhalt des Parteiwillens unter Berücksichtigung der konkret durch die Leistung angestrebten Zwecke erscheint trotz gewisser Wertungsschwierigkeiten der Sachlage besser zu entsprechen als die Entscheidung nach dem Geldwert des Besitzrechts, denn ein Geldwert des Besitzrechts läßt sich überall dort konstruieren, wo der Besitz von Gegenständen der i n Frage stehenden A r t auch Objekt von entgeltlichen Geschäften ist. I m übrigen aber würde die Feststellung, der Fremdbesitz an einer bestimmten Sache sei ohne Geldwert, den Fremdbesitzer gegenüber dem Eingriff i n den Besitz durch Dritte schutzlos stellen, falls nur der geldwerte Besitz geschützt würde. Wenn aber ζ. B. ein Eingriff i n die Vermögenssphäre einer Person durch den Eigentümer einer verliehenen Sache als geringwertige Vermögensbeeinträchtigung erscheint, so braucht dieser Eingriff, erfolgt er durch Dritte, nicht i n gleicher Weise bewertet zu werden. Das folgt aus dem personalen Element des Vermögensbegriffs. Wie die Parteien nämlich einem Objekt einen Handelswert beimessen können, den das Objekt i m allgemeinen Verkehr gerade nicht hat — Verkauf eines Kraftfahrzeuges, das einen Handelswert von D M 2.000,— hat, für D M 2.500,—, so sind sie auch i n der Lage, einen niedrigeren Preis als den gemeinen Handelspreis für das Objekt anzusetzen — ein Kraftfahrzeug, das i m üblichen Handelsverkehr D M 2.500,— wert ist, w i r d für D M 1.500,— verkauft — oder sogar zu bestimmen, daß ihr Austauschverhältnis von wirtschaftlichen Überlegungen frei bleiben soll. Der Parteiwille kann zwar nicht ein Gut, das i n der Rechtsgesellschaft nicht als Gegenstand einer Vermögensbeziehung angesehen wird, i n ein Vermögensgut umwandeln. I n der Bewertung anerkannter Vermögens19*

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

güter sind die Parteien aber nicht an die gemein üblichen Usancen gebunden. Der individuelle Vermögensträger, der durch seinen Willen den Inhalt des Rechtsgeschäftes bestimmt, ist Partei des Rechtsgeschäftes, nicht aber ein homo oeconomicus mittlerer A r t und Güte. 4. Vermögensschaden bei verbotenen oder unsittlichen Rechtsgeschäften, Betrug um den sogenannten vitiösen Erwerb

— Einschränkung des Vermögensschutzes, nicht aber des Vermögensbegriffs i m Rahmen des Betruges —

a) Schon bei der Entwicklung des Vermögensbegriffs wurde die rechtliche Billigung als ein wesentliches Element der Vermögensbeziehung bezeichnet. Sogenannte nichtige Forderungen, d.h. Herrschaftsbeziehungen zu Vermögensgütern, die die Rechtsordnung gerade verhindern w i l l , sind keine Vermögensgegenstände. Wer daher durch Täuschung u m die Realisierung einer wegen Sittenwidrigkeit oder wegen eines gesetzlichen Verbotes nichtigen Forderung gebracht wird, erleidet keinen Vermögensschaden. Das Recht ist nicht dazu da, Ganoven zu ihrem „gerechten" Anteil an der Beute zu verhelfen 106 . b) Einen Vermögensschaden erleidet hingegen, wer eine i h m gehörende Sache, eine i h m zustehende rechtswirksame Forderung oder „gutes Geld" i m Rahmen eines verbotenen oder sittenwidrigen Geschäftes auf einen anderen überträgt, ohne die vereinbarte Gegenleistung zu erhalten. Er mindert sein Vermögen, ohne den angestrebten wirtschaftlichen Zweck zu erreichen. — Wer daher zu einem bestimmten Preis ein Abtreibungsmittel kaufen w i l l und nur ein wertloses Pulver erhält 1 0 7 , ist genauso geschädigt wie derjenige, der einen Mörder dingt, wenn dieser die versprochene Tat nicht ausführt, den erhaltenen Lohn jedoch verbraucht. Das Reichsgericht hatte zunächst versucht, dieser Konsequenz auszuweichen, indem es postulierte, der Tatbestand des Betruges erfordere einen Eingriff i n rechtlich geschütztes Vermögen. A n dieser Voraussetzung, meinte das Reichsgericht 108, fehle es stets, wenn der Getäuschte zu der Aufwendung, die er aus seinem Vermögen mache, durch die Vorspiegelung einer Gegenleistung bestimmt werde, die eine unsittliche 108 107 108

Dazu vgl. oben S. 49 ff. RGSt. 44 S. 230 ff., 47 S. 67. Vgl. den Überblick i n RGSt. 44 S. 232.

III. Betrug

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oder strafbare Handlung enthalte. — M i t Recht hat das Reichsgericht diesen Begriff des „rechtlich geschützten Vermögens" als irreführend fallengelassen 109 , denn er hätte nur dann eine Berechtigung, wenn dem rechtlich geschützten Vermögen einer Person das rechtlich nicht geschützte Vermögen dieser Person abstrakt gegenübergestellt werden könnte. Diese Differenzierung ließe sich zwar durchführen, soweit dem rechtsw i d r i g erworbenen Vermögen die rechtmäßig erlangten Herrschaftsbeziehungen zu Wirtschaftsgütern entgegengestellt würden. Soll aber gerade nicht die A r t und Weise, i n der ein Täter ein Objekt erlangt hat, sondern der Einsatz des Gutes i n bestimmte Geschäfte über dessen Zugehörigkeit zum rechtlich geschützten Vermögen einer Person entscheiden, so ist es offensichtlich, daß es hier gar nicht mehr um die Frage geht, ob ein Objekt zum Vermögen einer Person gehört, vielmehr darum, ob die Vermögensperson auch bei diesem Geschäft geschützt werden soll. Die Vermögensminderung z.B. infolge der Übertragung von Geld auf eine andere Person ist, gleichgültig, welcher Zweck damit angestrebt wird, offensichtlich. Nur von einem extrem subjektiven Vermögensbegriff her kann der Vermögensschaden des Opfers geleugnet werden, und zwar m i t der Begründung, das Opfer habe gewußt, daß es durch seine Leistung keinen rechtswirksamen Anspruch auf die Gegenleistung erhalte, es habe daher gar keinen rechtlich erheblichen w i r t schaftlichen Erfolg angestrebt. Trete daher auch kein Erfolg ein, so sei der Sachverhalt so zu bewerten, als habe das Opfer dieses gerade angestrebt. Folgerichtig konstruierte Binding als Vertreter des juristischen Vermögensbegriffs 110 , der Leistende habe die Vermögensschädigung i n klarer Erkenntnis ihres schädigenden Charakters gewollt und vorgenommen und sei somit nicht i n einer für den Betrugstatbestand wesentlichen rechtlichen Erwartung getäuscht worden, sondern nur i n der Hoffnung, wider das Recht eine Gegenleistung zu erhalten. A l l e i n i m Denkschema eines nicht rein normativen Vermögensbegriffs, und damit auch vom Standpunkt der hier vertretenen personalen Vermögenslehre her, ist diese Konstruktion nicht möglich. Wer infolge der Vortäuschung einer bestimmten wirtschaftlichen Leistung eine Vermögensverfügung trifft, ist geschädigt, wenn der angestrebte wirtschaftliche Erfolg nicht eintritt. Auch die Differenzierung zwischen „gutem Geld" und rechtswidrigen Arbeitsleistungen, wie die h . M . sie z.T. durchführt, überzeugt nicht. Bliebe die h. M., die die Leistung einer Dirne ζ. B. nicht als Vermögenswerte Leistung ansieht, konsequent, so wäre ein Betrug der Dirne an 109 110

Vgl. RGSt. 44 S. 232 ff. Vgl. Abhandlungen I S . 470 ff.

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

einem Freier durch Erschleichen des Lohnes nicht möglich, weil der Freier für seine Leistung gar keinen wirtschaftlichen Erfolg anstrebt 111 . Ähnliches gilt bei der Zahlung für eine verbotene Tätigkeit u. ä. Diese Konsequenzen zieht die h. M. aber nicht, und zutreffend hat Cramer 112 die Konstruktion der Rechtsprechung — Betrug der Dirne, die sich das Geld zahlen läßt, ohne selbst leistungsbereit zu sein; kein Betrug des Freiers, der die Dirne um den vereinbarten Lohn prellt — ein seltsames Ergebnis doppelter Moral genannt. — Diskutabel erscheint i n der Tat nur die Ablehnung oder die Bejahung eines Vermögensdelikts auf beiden Seiten 113 . Sieht man allerdings die Leistung der Dirne und die zur Erreichung unsittlicher oder verbotener Erfolge eingesetzte Arbeitskraft als Vermögenswert an, so ist damit noch nicht entschieden, daß die auf einer Täuschung beruhende Selbstschädigung i n diesem Bereich als Betrug strafbar ist. — Wie ζ. B. die geringe Bedeutung eines Eingriffs i n eine fremde Vermögenssphäre — sog. Streichholzaffären — der Bestrafung aus dem Diebstahlstatbestand entgegenstehen kann, so könnte auch der Wille des Täters, sein Vermögen i n einer bestimmten riskanten Sphäre aufs Spiel zu setzen, der Gewährung des Strafrechtsschutzes entgegenstehen. Die für die Einwilligung entwickelten Grundsätze könnten gleichsam auf das riskante und von der Rechtsordnung mißbilligte Geschäft ausgedehnt werden. Es ließe sich argumentieren, wer Vermögen i n ein unsittliches oder verbotenes Geschäft einbringe, gehe damit bereits das Risiko des Verlustes dieses Vermögens ein. Eine Täuschung erhöhe hier, rechtlich gesehen, den Gesamtumfang des Risikos nur noch unwesentlich. Der riskant Handelnde könne daher keinen Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen Vermögensschädigungen infolge von Täuschungen geltend machen. Jedoch ist diese Lösung offensichtlichen Einwänden ausgesetzt. Ihre Durchführung bedeutet eine strafrechtliche Konkretisierung jenes schon bald mythischen römischen Rechtssatzes, daß niemand sich auf sein eigenes Unrecht berufen dürfe. Allein, und das hat Wilburg 114 sehr klar gezeigt, das Verbot, sich auf eigenes Unrecht zu berufen, kann nicht so 111 Z u r h. M. beim Dirnenbetrug vgl. BGHSt. 4 S. 373; Gutmann, M D R 1963 S. 7; Jagusch, L K I I Vorb. I I 4 c v o r §249; Maurach, B . T . S. 320 f.; SchönkeSchröder, StGB § 263 Rn. 104. — Kritisch dazu: Kohlhaas, JR 1954 S. 97 f.; i m übrigen zu diesem Problemkreis: O L G Hamburg JR 1966 S. 470; dazu Schröder, JR 1966 S. 471 f.; Cramer, JuS 1966 S. 472 ff.; Lenckner, JZ 1967 S. 105. — Die Ausnutzung fremder Arbeitskraft zu verbotenen oder unsittlichen Zwecken w i r d allgemein nicht als Vermögensschädigung angesehen; vgl. dazu Schönke-Schröder, StGB § 263 Rn. 68 a. 112 JuS 1966 S. 473; vgl. auch Cramer, Vermögen S. 242 f. 113 A u c h die Heranziehung der Dirne zur Einkommensteuer paßt schlecht zur Konstruktion der h. M.; vgl. aber B F H N J W 1965 S. 79. 114 Vgl. Entwicklung S. 9 f.

III. Betrug

295

aufgefaßt werden, daß die Justiz dem, der unrecht gehandelt hat, gegen seinen Komplizen oder gegen irgendeinen Dritten keine Rechtshilfe gewährt und daß sie ihre Augen vor der Verwerflichkeit verhüllt. „Dieser allzu primitive Standpunkt ist nicht geeignet, die komplizierten Fragen, i n die er eingreift, gerecht zu regeln Wenn sich der Gesetzgeber entschließt, den verwerflichen Geber m i t dem Verluste dessen, was er gegeben hat, zu bestrafen, so ist . . . die einzige richtige Lösung die, daß das Gezahlte dem Staate, der Armenkasse oder einer durch die unerlaubte Handlung verletzten Person zu deren Entschädigung zufließt." Solange aber der Gesetzgeber i n der von Wilburg vorgeschlagenen Weise nicht Stellung genommen hat, und kein Grund besteht, den zu begünstigen, dem eine rechtswidrige Vermögensentziehung zur Last fällt, erscheint die grundsätzliche Versagung des strafrechtlichen Vermögensschutzes bei sittenwidrigen und verbotenen Geschäften nicht überzeugend. Der strafrechtliche Vermögensschutz ist nicht der Rahmen für eine moralische oder auch nur allgemein rechtliche Verhaltensbewertung. Die Beurteilung ist auf den Vermögensraum beschränkt. Schutzwürdig ist demnach auch, wer durch Täuschung i n einem unsittlichen oder verbotenen Geschäft zu einer Selbstschädigung veranlaßt wird. Dies um so mehr, als Trickdiebe und Betrüger gern ein „verbotenes" Geschäft als Ausgangspunkt ihres Verhaltens wählen, damit der Geschädigte aus Furcht, selbst bestraft zu werden, keine Anzeige erstattet. — Allerdings ist eine Ausnahme zu machen: Wenn der Täter gerade den von der Rechtsordnung gewollten Zustand herbeiführen w i l l , versagt der Schutz gegenüber dem Opfer der Vermögensentziehung. Die personale Vermögenslehre, die an keine rechnerisch verallgemeinerte Betrachtungsweise der Problemlage gebunden ist, sondern die individuellen Gegebenheiten jeweils wertend berücksichtigen kann, vermag an dieser Stelle durchaus sinnvoll zu differenzieren. Das hat Bockelmann 115, der zunächst den Rechtsschutz i n vollem Umfange ablehnen wollte 1 1 6 , nachgewiesen: „Der Betrug beim unsittlichen Rechtsgeschäft ist i n seinen normalen Erscheinungsformen (Verkauf untauglicher Abtreibungsmittel, Ausnutzung des Aberglaubens, Versprechen, Falschgeld zu liefern usw.) strafbar. Denn zwar gehört die Sphäre des Unrechts und der Unsittlichkeit nicht zu dem Lebensraum, auf dem der Einzelne den Schutz der Rechtsordnung beanspruchen kann. Aber das gilt für den Betrüger ebenso wie für den Betrogenen und darf deshalb nicht dazu führen, daß jener auf Kosten dieses bevorzugt wird. Denn das größere Unrecht liegt beim Betrüger, dessen Interessen denen des Getäuschten deshalb nachstehen müssen. Doch ist 115 116

Vgl. JZ 1952 S. 464 f. ; i n s t r u k t i v auch BGHSt. 8 S. 254 ff. Vgl. Kohlrausch-Festschr. S. 249.

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

eine andere Betrachtung geboten, wenn es so liegt, daß nicht nur der Getäuschte von vornherein i m Unrecht ist, weil er i n Ausnutzung allgemeinen Mangels Überpreise fordert, sondern wenn überdies die Täuschung darauf hinausläuft, das abgeschlossene Geschäft wenigstens zum Teil wieder i n den Rahmen des rechtlich Gebotenen zurückzuführen. Deshalb ist beim sogenannten Spritzen auf dem Schwarzen Markt der Vermögensschaden zu verneinen: Daß man auf den zulässigen Preis beschränkt wird, muß man sich gefallen lassen 117 ."

c) Unproblematisch ist danach die Entscheidung i n den Fällen der Ablistung des sogenannten vitiösen Erwerbs, d. h. wenn ζ. B. dem Betrüger oder dem Dieb die Beute von einem Dritten abgelistet wird. Der Besitz als solcher erweitert die gegenständlich gewährleistete Potenz des Besitzers i m wirtschaftlichen Bereich. Er ist Vermögensgut 118 . Die Tatsache, daß der Besitzer den Besitz durch strafbare Handlung erlangt hat, berechtigt keinen Dritten, ihm den Besitz rechtswidrig zu entziehen. Auch der Dieb oder der Betrüger kann daher u m seine Beute betrogen werden. „Er hat sie freilich zu Unrecht und darf sie nicht behalten. Aber er braucht nicht zu dulden, daß irgendein Betrüger sie ihm abnimmt. Denn der Dieb hört nicht auf, Vermögensperson zu sein, und der andere ist nicht Richter über ihn 1 1 9 ." 5. Kundenfang, Nutzung eines fremden „good will" und fremder Verdienstmöglichkeiten nach einer Täuschung

— Reale Vermögensminderung, nicht nur Verlust von Hoffnungen und Erwartungen —

a) Da die h. M. Gewinnchancen und Verdienstaussichten, auch wenn sie selbständig nicht als Gegenstand einer Vermögensbeziehung faßbar sind, als Vermögensbestandteil ansieht, kann sie den Täter, der sich 117 Strafbarkeit bejahen i n diesem Bereich z.B.: H. J. Bruns, MezgerFestschr. S. 351; Jagusch, L K I I Vorb. I I 4 c v o r § 249; Kohlrausch-Lange, StGB § 263 A n m . V 2; Maurach, B. T. S. 326; Mezger-Blei, Stub. I I S. 198; SchönkeSchröder, StGB § 263 Rn. 105; Schwarz-Dreher, a. a. O. § 263 A n m . 5 A b ; Welzel, Lb. S. 375. — A. A. Cramer , JuS 1966 S. 467; ders., Vermögen S. 236; Foth, G A 1966 S. 33 ff.; Kohlrausch, Schlegelberger-Festschr. S. 222. — Z u m „ S p r i t zen" auf dem Schwarzen M a r k t vgl. Wimmer, DRZ S. 116ff.; Schönke-Schröder, StGB § 263 Rn. 105. 118 Vgl. dazu auch oben S. 55 f. 119 Bockelmann, Kohlrausch-Festschr. S. 249; i m übrigen vgl. die Angaben bei Schönke-Schröder, StGB § 263 Rn. 70.

III. Betrug

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durch Täuschung einen fremden Kunden- oder Lieferantenkreis oder den „good w i l l " eines anderen Unternehmers zunutze macht, zumindest i n bestimmtem Umfange — Wahrscheinlichkeit der Realisierung der Chancen — wegen Betruges bestrafen. Nach dem hier entwickelten personalen Vermögensbegriff gehören derartige Gewinnaussichten nicht zum gegenwärtigen Vermögen einer Person, es sei denn, sie sind bereits so verselbständigt, daß sie als solche Gegenstand einer Vermögensbeziehung sein können. Der Kundenkreis eines Gewerbetreibenden und der sogenannte good w i l l eines Unternehmens erfüllen diese Voraussetzungen nicht: die Kunden gehören nicht zum Vermögen des Unternehmers; die durchaus infolge längerer Beobachtung des Kundenverhaltens u. U. sehr wahrscheinliche Möglichkeit, daß der Kunde von dem Unternehmer, von dem er bisher Waren bezog, weiter seine Waren bezieht, so daß der Kunde sogar als „Stammkunde" angesehen werden kann, ist als selbständiges Vermögensgut genausowenig faßbar wie der gesamte „good w i l l " eines Unternehmens, auch wenn beide den Wert des Unternehmens wesentlich mitbestimmen 1 2 0 . b) Folgende Fallgruppen sind demnach zu unterscheiden: Ein Vermögensschaden i m Sinne des Betruges liegt vor, wenn jemand einen anderen zu einer Arbeitsleistung oder einem sonstigen Verhalten veranlaßt, das Gegenstand einer Vermögensbeziehung sein kann. Erreicht ζ. Β. A durch Zahlung von D M 1.000,— an seinen Konkurrenten B, daß dieser eine bestimmte Messe nicht besucht, und bezahlt er den Β m i t Falschgeld, so liegt ein Betrug vor. Gegenstand des Rechtsgeschäftes war nicht ein „Chancenkauf" o. ä., sondern eine geldwerte Leistung, ein bestimmtes Verhalten des B. Das Erbringen dieser Leistung ist als Arbeitsleistung anzusehen. — Anders ist hingegen zu entscheiden, wenn A durch Täuschung bewirkt, daß Β eine bestimmte Messe nicht besucht, etwa weil A i h n über den Termin dieser Messe getäuscht hat. Zwar erleidet Β auch i n diesem Falle einen Schaden, weil er sein Vermögen nicht zweckentsprechend einsetzen kann, sein i m Zeitpunkt der Täuschung bestehendes Vermögen bleibt aber unberührt. A n einer Übertragung von Vermögensgütern aus dem Vermögen des Β i n das Vermögen des A fehlt es, auch wenn A nachweislich durch das Wegbleiben des Β den doppelten Umsatz erzielt. Der Erwerb des A beruht nicht auf einer Vermögensverfügung des Β zugunsten des A. Der A erlangte nur durch die Schädigung des Β eine günstige Position, ver120

Vgl. dazu auch oben S. 46 ff.

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

gleichbar der des Glasermeisters, der nach der Zerstörung von Fensterscheiben i n der Nähe seines Geschäftes neue Aufträge zu erwarten hat. Die Vermögensvorteile erhält A aber nicht aus dem Vermögen des B, sondern aus dem der Kunden, die nicht bei Β kaufen können. Der Vorteil ist daher nicht die Kehrseite des Nachteils, Schaden und Bereicherung sind nicht identisch, und zwar gleichgültig, ob A den Erfolg durch Täuschung seines Konkurrenten oder durch Irreführung der Kunden erreicht, ζ. B. durch Verbreitung des Gerüchtes, der Β verkaufe verdorbene Waren 1 2 1 .

I V . Erpressung Bereicherungsdelikt. — Das Delikt ist dem Betrug entsprechend aufgebaut. Dies kommt i m Gesetzeswortlaut allerdings nicht zum Ausdruck, und auch der E 1962, der i m Erpressungstatbestand, § 259, die Notwendigkeit einer Vermögensverfügung des Opfers hervorhebt, formuliert i n § 252 die Voraussetzungen des Betruges nicht so, daß der enge Zusammenhang zwischen diesen Delikten schon i m Wortlaut des Gesetzes klargestellt würde. Die enge Verwandtschaft dieser Delikte ist aber heute allgemein anerkannt: Betrug ist die Selbstschädigung des Opfers infolge einer Täuschung über den schädigenden* Charakter der Vermögensverfügung; Erpressung ist die Selbstschädigung des Opfers auf Grund einer Nötigung, wobei sich der Geschädigte über den Schaden durch die Vermögensverfügung i m klaren ist. 1. Die Vermögensgefährdung durch rechtswidrige Nötigung

— Zur realen Minderung der wirtschaftlichen Potenz — Aus den zwischen Betrug und Erpressung bestehenden faktischen Unterschieden ergeben sich i n Einzelfällen abweichende Beurteilungen, wann ein Vermögensschaden eingetreten ist. Gelingt es ζ. B. dem Täter, das Opfer durch Täuschung davon zu überzeugen, daß er eine Forderung gegen das Opfer hat, so liegt damit ein Betrug vor, denn gleichgültig, ob die Forderung rechtswirksam entstanden ist oder ob das Opfer das nur i r r i g annimmt, ist das Vermögen des Opfers m i t einer als selbständiges Vermögensgut anerkannten Position belastet. Das Vermögen des Täters ist bereichert, denn er hat die Möglichkeit erlangt, dem Vermögen des Opfers unmittelbar etwas zu entziehen und sich dabei sogar der Mittel der Rechtsordnung zu bedienen. 121 Vgl. dazu bereits Merkel, I I S. 203; Brauweiler, Vermögensbegr. S. 192; Hardwig, G A 1956 S. 6 ff. — Z u r h. M. vgl. Maurach, B. T. S. 321 f.; SchönkeSchröder, StGB § 263 En. 65.

IV. Erpressung

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Verspricht hingegen das Opfer infolge einer Nötigung eine Leistung, so fehlt es an einer unmittelbaren Schädigung so lange, bis die Leistung erbracht ist. Das mündliche Versprechen einer Leistung infolge einer Nötigung begründet keine von der Rechtsordnung anerkannte Vermögensposition des Täters. Während daher das Vermögen des Opfers einer Täuschung, das eine Forderung anerkennt, real belastet ist, weil das Opfer meint, rechtlich zur Leistung verpflichtet zu sein, weiß es i m Falle einer Nötigung, daß eine Rechtspflicht nicht besteht. Nach wie vor steht die Leistung hier i m Belieben des Opfers. Der Leistungswille kann auch nicht durch die Zwangsvollstreckung ersetzt werden. — Leistet der Genötigte, nachdem die Nötigung nicht mehr wirksam ist, so erfolgt die Verfügung über den betreffenden Vermögensgegenstand nicht mehr auf Grund der Nötigung, und der Tatbestand der Erpressung entfällt. Bleibt die Nötigung aber bis zur Leistung wirksam, so erfolgt die Leistung nicht als Erfüllung einer nicht bestehenden Forderung, sondern allein auf Grund der noch immer aktuellen Nötigung. Soweit es daher allein u m die Begründung einer Forderung geht, scheidet eine vollendete Erpressung durch Erlangung einer selbständig faßbaren, wirtschaftlich wertvollen Position vor der endgültigen Leistung aus. Anders ist aber zu entscheiden, wenn der Täter durch die Nötigung den Erlaß eines Anerkennungsurteils, die Unterzeichnung eines Wechsels oder eines Schecks oder die Unterschrift unter einen Vertrag, der m i t dem Täter oder einem Dritten geschlossen wird, erreicht. Zwar hat das Opfer auch i n diesem Falle die Möglichkeit, § 826 BGB geltend zu machen oder nach § 123 BGB anzufechten. Es muß jedoch die Voraussetzungen dafür beweisen und trägt insofern das Risiko des Prozeßausganges, das vor allem bei der Unterzeichnung eines Wechsels oder Schecks, der an einen gutgläubigen Dritten begeben werden kann, sehr erheblich ist. 2. Die Vollstreckung aus einem rechtswidrig erlangten Titel

— Zur realen Minderung der wirtschaftlichen Potenz — Trotz grundsätzlicher Verschiedenheiten i n der Fallgestaltung w i r d die Problematik der Vollstreckung aus einem rechtswidrig erlangten Titel i n der Regel allein unter dem Gesichtspunkt der Erpressung erörtert. Die Problematik ist jedoch vielseitiger. Möglich sind zumindest fünf verschiedene Varianten: a) Das Opfer, gegen das der vollstreckbare T i t e l erlangt worden ist, weiß, daß es materiell nicht zur Leistung verpflichtet ist, konnte sich aber schon i m Prozeß nicht durchsetzen. W e i l es jeden Widerstand für zwecklos hält, duldet es Pfändung u n d Wegnahme der gepfändeten Sachen durch den Gerichtsvollzieher.

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

b) Wie unter a), der Gerichtsvollzieher erscheint aber, als das Opfer gerade für längere Zeit verreist ist. Die Wohnungstür w i r d gewaltsam geöffnet und die Vollstreckung durchgeführt. c) Das Opfer weiß nicht, daß die i m T i t e l genannte Forderung materiell nicht besteht. Der Täter hat ζ. B. einen T i t e l gegen den X erschlichen u n d nach dessen Tod auf den Erben Y umschreiben lassen. Die Idee eines Widerstandes gegen die Vollstreckung k o m m t dem Y nicht, w e i l er von der Gültigkeit der Forderung überzeugt ist. d) Das Opfer setzt der Vollstreckung Widerstand entgegen, w e i l es voller Zorn ist, daß der unverschämte Täter aus dem erschlichenen T i t e l auch noch vollstreckt. Der Widerstand des Opfers w i r d gewaltsam gebrochen u n d die Vollstreckung durchgeführt. e) Z w a r weiß das Opfer nicht, daß der T i t e l materiell unrichtig ist, w e i l es aber grundsätzlich über den drohenden Verlust eines Vermögensgegenstandes verdrossen ist, leistet es Widerstand, der unter Einsatz unmittelbaren Z w a n ges gebrochen w i r d .

Geht man davon aus, daß der Gerichtsvollzieher jeweils als formell rechtmäßig handelndes Werkzeug i n der Hand des Hintermannes, des i m Titel ausgewiesenen Gläubigers, anzusehen ist, weil der Gerichtsvollzieher den „konkreten Handlungssinn" verfehlt 1 2 2 , so könnten i n den verschiedenen Fallvarianten, je nach den tatsächlichen Gegebenheiten, Erpressung, Diebstahl, Betrug, räuberische Erpressung oder Raub, u. U. i n Idealkonkurrenz miteinander, vorliegen. Soweit allerdings eine Idealkonkurrenz von Erpressung und Betrug i n Betracht zu kommen scheint, hält dieses Ergebnis — unabhängig von Einzelfallerwägungen — näherer Nachprüfung nicht stand. Betrug und Erpressung schließen einander aus: „Erpressung und Nöthigung kommen doch immer darin m i t einander überein, daß zum Wesen beider Drohungen also Zwang durch unmittelbare Einwirkung auf den Willen gehört. Eben dadurch sind sie aber von Betrug und Fälschung auf das schärfste geschieden. Denn bei diesen w i r d nicht unmittelbar auf den Willen, sondern auf das Erkenntnisvermögen einer Person eingewirkt. Diese Einwirkung, die Erzeugung oder Benutzung eines Irrtums ist es hier, was die Beschädigung zur Folge hat. Betrug und Fälschung hüllen sich i n das Gewand der Gesetzmäßigkeit ein, um den Schaden zuzufügen, oder den rechtswidrigen Vortheil zu erringen. Ganz anders die Erpressung. Sie zwingt physisch oder durch beängstigende Drohung, sie t r i t t also offen gewaltthätig hervor. . . . Allerdings können Fälle vorkommen, i n welchen sich die Grenzen beider Verbrechen der Erpressung und des Betruges, nahe berühren, wo dann alles von richtiger Beurtheilung abhängt; z.B. Jemand fabricirt eine falsche Urkunde auf den Namen des Erblassers und bedient sich derselben gegen den Erben, welcher, m i t einem unangenehmen Prozesse bedroht, einen Vergleich eingeht, also 122

Vgl. dazu Roxin, Täterschaft S. 230 f.

IV. Erpressung

301

eine Handlung zu seinem Nachtheile vornimmt. A l l e i n hier ist nicht eine unmittelbare Einwirkung auf den Willen, sondern die Täuschung ist der Grund der Beschädigung. Wenn also i n dem falschen Vorwande an sich schon ein täuschender Erkenntnisgrund von Rechten und Verbindlichkeiten liegt; so kann es weiter nicht darauf ankommen, was der Getäuschte i m Falle des Widerspruchs befürchtet 123 ." Der gegenseitige Ausschluß von Erpressung und Betrug muß aber auch dort durchgreifen, wo unstreitig Täuschung und Nötigung für den Erfolg ursächlich geworden sind, ohne daß das eine Mittel als bloße Voraussetzung für die Anwendung des anderen angesehen werden kann 1 2 4 . Jedoch die Frage der Idealkonkurrenz verschiedener Delikte bei der Durchführung der Zwangsvollstreckung ist i n dem hier behandelten Problemkreis sowieso von sekundärer Bedeutung, denn es ist zu bestreiten, daß die Vollstreckung selbst ein Vermögensdelikt begründen kann, wenn bereits die Erlangung des vollstreckbaren Titels als Vermögensdelikt interpretiert wird. Abzulehnen ist allerdings die ursprünglich vom Reichsgericht vertretene Ansicht 1 2 5 , Erpressung setze Gewalt gegen eine Person voraus, die Pfändung stelle aber nur, wenn der Pfändungsschuldner Widerstand leiste, eine eigenmächtige und insoweit auch m i t Aufwendung von physischen Kräften verbundene Wegnahme einer fremden Sache dar, und darüber hinaus sei für die Annahme einer Nötigung oder Gewaltanwendung kein Raum, falls der Schuldner den Gerichtsvollzieher nicht persönlich bedrohe. Darauf, ob der Schuldner aktiven Widerstand leistet oder die Widerstandsleistung nur unterdrückt, weil er sich i n Erkenntnis der Aussichtslosigkeit der Lage der Staatsgewalt unterwirft, kann es für die Bewertung des Verhaltens des Hintermannes nicht ankommen. Die Erschleichung des Vollstreckungstitels konnte als Vermögensschaden interpretiert werden, weil der Besitz dieser Rechtsposition dem Täter den unmittelbaren Zugriff auf das Vermögen des „Schuldners" eröffnete. Zwar hat der Täter damit noch nicht den Besitz des Vermögensgegenstandes erlangt, den er sich durch die Vollstreckung verschaffen w i l l , denn weder tatsächlich noch rechtlich kann das Haben des Anspruchs dem Haben der Sache gleichgesetzt werden. Das wurde bereits nachgewiesen. Auch soll nicht jene Rechtskrafttheorie wieder 123 Cucumus, ArchCrim. N. F. 1834 S. 56, 58; ähnlich auch schon Merkel, I I S. 208 f.; eingehend dazu: Otto, ZStW 79 (1967) S. 94 ff. — Der dort — S. 98 — genannte, die Problemlage trefflich erhellende Beispielsfall, beruht auf einem i n der Problemstellung nicht geänderten F a l l Eb. Schmidhäusers, der i n der Strafrechtsübung i m SS 1965 zur Bearbeitung ausgegeben war. 124 Dazu vgl. Otto, ZStW 79 (1967) S. 99 f. 125 Vgl. RGSt. 3 S. 181.

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

neu belebt werden, die davon ausging, daß die Rechtskraft zwischen den Parteien Recht schaffe. A u f die Rechtskraft kommt es hier überhaupt nicht an, vielmehr nur auf die Vollstreckbarkeit. Die Vollstreckungshandlung findet ihren Rechtsgrund i n der formellen Rechtsgültigkeit des Titels, weil das Rechtsgut der Rechtssicherheit hier dem materiellen Vermögensschutz vorgeht. Solange der vollstreckbare Titel durch gerichtliche Maßnahmen nicht beseitigt worden ist, droht der Gerichtsvollzieher daher nicht m i t einem rechtswidrigen Übel, noch stellt die Wegnahme der beschlagnahmten Sache eine rechtswidrige Vermögensminderung dar. Auch die Konstruktion der mittelbaren Täterschaft vermag daran nichts zu ändern. Anders wäre nur zu entscheiden, wenn der allgemeine Rechtssatz gelten würde, daß ein materiell nicht gerechtfertigter Titel ohne W i r k u n g sei. Aber selbst die Beseitigung des erschlichenen Titels i m Wege einer Klage nach § 826 BGB ist umstritten, und die Klage kann nicht auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zwangsvollstreckung gerichtet werden. Nur der formell nicht rechtmäßige Titel — Fälschung der Vollstreckungsklausel — und der rechtswirksam beseitigte Titel begründen eine rechtswidrige Vollstreckung. Solange der erschlichene Titel aber besteht, ist der Täter, der die Bereicherung durch den Einsatz der i h m von der Rechtsordnung gebotenen Möglichkeiten erreicht, nicht über die durch die Erlangung des Titels eingetretene Bereicherung hinaus rechtswidrig bereichert 3. Die Verfehlung des sozialen (wirtschaftlichen) Zweckes im Rahmen der Erpressung

— Vermögensminderung und Vermögensschaden — W i r d der Vermögensträger durch Vortäuschung eines sozialen Zweckes zu einer Zahlung veranlaßt, so liegt ein Betrug vor, w e i l die Verfehlung des sozialen Zweckes die Vermögensminderung zur Vermögensschädigung machte. — Setzt der Täter hingegen statt einer Täuschung eine Nötigung ein, um das Opfer zu einer sozial zweckvollen Leistung zu veranlassen, so scheint es am Vermögensschaden zu fehlen, wenn der soziale Zweck erreicht wird. I m Falle der Erfüllung moralischer Pflichten infolge einer Nötigung meint dementsprechend auch Cramer 126, daß Gallas, Lange und Schröder, die zur Begründung des Vermögensschadens auf die Erreichung des sozialen Zweckes abstellen, den Schaden verneinen müßten, wenn der soziale Zweck erreicht würde. Und i n der Tat ist es offensichtlich, daß hier die wirtschaftlich-rechnerische Vermögensauffassung i n Schwierigkeiten gerät, wenn sie die Erreichung des sozialen Zweckes als Äquivalent der Leistung des Opfers ansieht. 126

Vermögen S. 210 f.

IV. Erpressung

303

Es mag dahinstehen, ob die Genannten die angedeuteten Konsequenzen wirklich ziehen würden. Für die personale Vermögenslehre kommt es nicht darauf an, ob der Genötigte einen sozialen Zweck erreicht oder nicht. Der soziale Zweck ist kein Äquivalent, das hier einen Vermögensschaden ausgleichen könnte. W i l l das Opfer der Nötigung freiwillig weder einen wirtschaftlichen noch überhaupt einen Erfolg durch Hingabe eines Vermögensgegenstandes erreichen, dann liegt i n der Weggabe des Vermögensgutes eine Selbstschädigung, denn es steht fest, daß das Opfer die Vermögensminderung nicht als sinnvolle Ausgabe einordnen w i l l , sondern als Schädigung infolge einer Nötigung. Unabhängig ζ. B. davon, ob der Täter wirklich Geld für eine wohltätige Einrichtung sammeln w i l l oder das nur vortäuscht: wer durch Androhung einer tüchtigen Tracht Prügel zur Mildtätigkeit veranlaßt wird, erleidet einen Vermögensschaden, und zwar w i r d er das Opfer einer Erpressung. 4. Fehlen der Bereicherungsabsicht trotz bewußter Bereicherung Dritter

— Zur Konkretisierung der Bereicherungsabsicht — Fälle „eigenmächtiger Verhängung von Vermögensstrafen" haben wiederholt Lehre, Rechtsprechung und Öffentlichkeit beschäftigt. Insbesondere wenn der Betroffene die eigenmächtig geübte Justiz als weniger belastend empfand als die staatliche Rechtspflege, scheint das Rechtsgefühl i n der Beurteilung der Rechtswidrigkeit dieses Vorgehens nicht eindeutig zu reagieren. Folgender Sachverhalt wurde erörtert: A nötigt den ordnungsgemäß auf der Autobahn fahrenden Β durch bedrohliches Auffahren zu einem bestimmten Verhalten. Der empörte Β verschafft sich Namen und Adresse des A und teilt diesem brieflich mit, er werde Anzeige gegen ihn erstatten, falls er nicht binnen 14 Tagen eine Quittung des A über Zahlung von D M 100,— an das Rote Kreuz i n Händen habe. A zahlt, denn er befürchtet, daß die gerichtliche Strafe erheblich höher ausfallen werde. Hätte Β durch schuldhaftes Verhalten des A einen wirtschaftlichen Schaden erlitten — Verkehrsunfall — und den A mit einer Strafanzeige zur Begleichung dieses Schadens unter Druck gesetzt, so fehlte es bereits an der Verwerflichkeit der Nötigung 1 2 7 . Der hier gegebene Zusammenhang zwischen Nötigung und Erfüllung eines berechtigten Anspruchs liegt jedoch i n dem Beispielsfall nicht vor. Selbst wenn feststeht, daß das Gericht eine höhere Strafe verhängt hätte, beseitigt das nicht Rechtswidrigkeit oder Verwerflichkeit der Nötigung. Es gehört zum Wesen der Erpressung, daß der Erpreßte zahlt, weil i h m das angedrohte Übel ärger erscheint als der Verlust des Geldes. Dem Täter steht es frei, Anzeige 127

Eingehend dazu: BGHSt. 5 S. 256 ff.

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

zu erstatten oder gar nichts zu tun. Zur Korrektur der staatlichen Rechtspflege ist er nicht berechtigt 128 . Geht es dem Täter allerdings nur u m eine A r t privater Durchführung der Rechtspflege, so kann es sein, daß sein Verhalten nur auf Schädigung des Opfers gerichtet ist, nicht aber auf die Bereicherung eines Dritten. Daß er ζ. B. das Opfer nicht veranlaßt, D M 100,— i n Zeugengegenwart zu verbrennen o. ä., sondern das Geld einer wohltätigen Einrichtung überweisen läßt, ändert nichts daran, daß i n diesem Falle w o h l eine Schädigungsabsicht, nicht aber eine Bereicherungsabsicht des Täters vorliegt. Die Bereicherung wäre nur ein Nebeneffekt des auf Gerechtigkeitsausgleich abzielenden Verhaltens. Die Erpressung erfordert Bereicherungsabsicht, d. h. aber, auch bei der Bereicherung eines D r i t ten muß es dem Täter — wenn vielleicht auch neben anderem — auf die Bereicherung ankommen. Das Bewußtsein des sicheren Eintritts eines Vermögensvorteils genügt nicht 1 2 9 . — W i l l daher der Täter nur die Justiz vertreten, so liegt keine Erpressung vor. Anders ist zu entscheiden, wenn der Täter einen privaten Vermögensausgleich zwischen verschiedenen Personen anstrebt, wobei i h m ein strafbares Verhalten einer Person einen guten Anknüpfungspunkt gewährt, oder wenn es dem Täter überhaupt auf die Bereicherung des Begünstigten ankommt. — Zutreffend verurteilte das Reichsgericht auch wegen Erpressung zugunsten einer Armenkasse, als die Täter neben einer eigennützigen Bereicherung die Begünstigung einer Armenkasse durch Nötigung bewirkten, u m ihr egoistisches Verhalten gleichsam als tätige Nächstenliebe zu tarnen 1 3 0 .

V. Zum Verhältnis zwischen Raub und räuberischer Erpressung Die grundsätzliche Straflosigkeit des Gebrauchsdiebstahls — von § 248 b StGB einmal abgesehen, denn sein Anwendungsbereich ist eng begrenzt —, führt bei der rechtswidrigen Verschaffung des Besitzes an einer Sache manchmal zu wenig befriedigenden Ergebnissen: Erreicht der Täter durch Täuschung oder Nötigung eine Übertragung des Fremdbesitzes, so kann er wegen Betruges oder wegen Erpressung bestraft werden. Verschafft er sich diesen Besitz durch einen Gewahrsamsbruch, so liegt nur ein strafloser Gebrauchsdiebstahl vor. W i l l der Täter sein Opfer durch eine bloße Vermögensentziehung nur schädigen, so bleibt er wegen der Vermögensentziehung sogar grundsätzlich straffrei. 128

Vgl. dazu: Roxin, JuS 1964 S. 377. Vgl. dazu auch: Welzel, N J W 1962 S. 20 f.; Schönke-Schröder, Rn. 129. 130 Vgl. RGSt. 26 S. 354. 129

StGB § 263

V. Zum Verhältnis zwischen Raub und räuberischer Erpressung

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Zwar haben Lehre und Rechtsprechung — konstruktiv wenig überzeugend — durch Anwendung der sogenannten Sachwerttheorie und durch Interpretation der bloßen Sachentziehung als Sachbeschädigung versucht, hier auftretende Strafbarkeitslücken zu schließen. Dennoch läßt sich i m Bereich der qualifizierten Vermögensentziehungstatbestände schwer ein Strafrechtsschutz gewährleisten, der, obwohl nicht lückenlos, gleiches Unrecht doch möglichst gleich erfaßt. Wer als Tatbestandsmerkmal der Erpressung eine Verfügung des Opfers fordert, den § 255 StGB sodann als qualifizierte Erpressung ansieht 131 und nicht der extremen Sachwerttheorie folgt, die mühelos jede Gebrauchsanmaßung als Zueignung interpretieren kann, muß Strafbarkeitslücken i n Kauf nehmen. Verschafft sich nämlich der Täter den bloßen Fremdbesitz an einer Sache durch Anwendung von Gewalt, ohne daß eine Vermögensverfügung vorliegt, so kann er weder wegen Raubes — es fehlt an der Zueignung — noch wegen räuberischer Erpressung bestraft werden. Hier scheint nun eine Gesetzesauslegung Abhilfe zu schaffen, die den Tatbestand der räuberischen Erpressung als Grundtatbestand, den Raub hingegen als lex specialis ansieht 132 , die — Überbleibsel historischer Entwicklung — nur die pädagogisch wertvolle Bedeutung hat, i n dem konturenlosen und weiten Anwendungsbereich des Grundtatbestandes die Rechtsanwendung ein wenig zu erleichtern 133 . Diese Konstruktion überzeugt jedoch selbst dann wenig, wenn man nicht die richtige Überzeugung teilt, daß Raub und Erpressung sich zwar i n der kriminellen Intensität gleichen und damit auch der anzuwendende Strafrahmen bei der räuberischen Erpressung und dem Raub übereinstimmen sollten, daß dennoch zwei wesentlich verschiedene Verhaltensweisen vorliegen, deren zusammenfassende Regelung i n einem Tatbestand letztlich einen Rückfall i n jene Zeit bedeutet, als den Tatbeständen, auf ein durchaus vorhandenes Strafbedürfnis zugeschnitten, die rechtsstaatlich erforderlichen Konturen fehlten. Nach geltendem Recht würde der Grundtatbestand wegen der Rechtsfolge auf den Spezialtatbestand verweisen. Schon dieser i m System des Besonderen Teils einmalige Fall spricht dagegen, daß der Gesetzgeber Gebrauchsdiebstahl unter Gewaltanwendung als Erpressung regeln wollte. I m übrigen aber geben auch sonst die gesetzgeberischen Überlegungen zu § 255 StGB keinen Anhaltspunkt dafür, daß hier ein Auffangtatbestand von derart umfassender Bedeutung geschaffen werden sollte. Der Gesetzgeber wollte die Parallelität von Diebstahl und Erpressung unter 131

Dazu Schröder, ZStW 60 (1941) S. 108 ff.; Otto, ZStW 79 (1967) S. 86 ff. Zuletzt wieder verteidigt v o n Mohrbotter, G A 1968 S. 117 f.; Lüderssen, G A 1968 S. 262 ff. 133 Vgl. Lüderssen, G A 1968 S. 262 f.; zur historischen Entwicklung vgl. Landmesser, a. a. O. S. 43 ff. 132

20 O t t o

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

Gewaltanwendung zum Ausdruck bringen und ihre rechtlich gleiche Behandlung sicherstellen, mehr nicht, und mehr hat er auch nicht bestimmt. Jede darüber hinausgehende Auslegung ist Analogie zuungunsten des Täters, denn der Wille des Gesetzgebers ist i m Wortlaut des § 255 StGB eindeutig zum Ausdruck gekommen. W i l l man sogar noch darauf verzichten, den Vorsatz des Täters auf den positiven Teil der Bereicherung zu erstrecken und sich i m Rahmen der Vermögensdelikte m i t der bewußten Vermögensentziehung begnügen 134 , so lassen sich zwar alle gewaltsamen Vermögensentziehungen als tatbestandsmäßige räuberische Erpressungen ansehen, unerfindlich bleibt aber, warum nicht auch die Sachbeschädigung i n diesen Kreis eingeschlossen werden soll, denn damit wäre das alte crimen vis i n seinem wesentlichsten Umfang wiederhergestellt. Der Schritt zur allgemeinen Vereinfachung des Vermögensschutzes sollte dann nicht mehr schwerfallen. Die Norm, „wer einen anderen rechtswidrig an seinem Vermögen schädigt", wäre der Grundtatbestand, die Gewaltanwendung ein qualifizierendes Merkmal 1 3 5 .

VI. Untreue Schädigungsdelikt. — Eine Bereicherung des Täters braucht nicht eingetreten oder beabsichtigt zu sein. Jedoch ändert sich die Deliktsnatur nicht dadurch, daß es dem Täter bei seiner Tat u m die Bereicherung durch das dem fremden Vermögen entzogene Vermögensgut oder um einen anderen wirtschaftlichen Vorteil geht. 1. Der Vermögensbegriff des Untreuetatbestandes

Einhelliger Auffassung entspricht heute die nach der Neufassung des Tatbestandes am 26. 5.1933 zuerst von Schwinge-Siebert 130 geäußerte Ansicht, Vermögen i. S. der Untreuebestimmung sei die Summe aller einer Person zustehenden geldwerten Güter, eine Untreuehandlung setze daher voraus, daß der Gesamtbestand des Vermögens nach der Tat geringer sei als vorher. Weil die h. M. diesen Vermögensbegriff auch dem Betrugs- und Erpressungstatbestand zugrunde legt, geht sie konsequenterweise von einem einheitlichen Vermögensbegriff i m Rahmen der gegen das gesamte Vermögen gerichteten Delikte aus 137 . Eine Korrektur dieses Begriffs scheint i m Bereich der Untreue schon deshalb wenig angezeigt, weil auch H.Mayer, dem die gründlichste 134 So Lüderssen, G A 1968 S. 263 ff. 135 v g l dazu auch unten S. 344 ff. 136 Vgl. a. a. O. S. 51. 137 Vgl. dazu Cramer , Vermögen S. 22,115 ff.

VI. Untreue

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Untersuchung über die Untreue zu danken ist, und der die Existenz eines einheitlichen Vermögensbegriffs i m Strafrecht am entschiedensten bestritten hat 1 3 8 , sich nicht gegen die Berechtigung dieses Vermögensbegriffs bei der Untreue wandte, vielmehr allein dessen Brauchbarkeit für den Tatbestand des Betruges und der Erpressung i n Frage stellte. H. Mayer kam i n bezug auf die Untreue gleichfalls zu dem Ergebnis, daß der Vermögensnachteil in der Vernichtung oder Entwertung von eigentlichen Vermögensrechten sowohl wie von Vermögensgütern bestehen müsse. Niemals genüge die Zerstörung eines Affektionswertes, vielmehr sei stets eine Minderung des Geldwertes erforderlich. Auch wer es unterlasse, den Gewinn zu ziehen, den er pflichtmäßig zu ziehen hätte, verursache einen Vermögensnachteil 139 . Wie es jedoch i n Wirklichkeit u m den geldwerten Vermögensnachteil bestellt ist, zeigen jene Einzelfallösungen, i n denen der Vermögensnachteil als selbstverständlich angesehen wird, obwohl, wie offen zugegeben wird, der objektive Geldwert eines Vermögens gerade nicht vermindert worden ist. M i t dem kurzen Hinweis auf die Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber dem Berechtigten w i r d das zunächst i n den Vordergrund gestellte Erfordernis der Minderung des Geldwertes hier nämlich dahin modifiziert, daß die subjektiven Belange des Berechtigten zu beachten seien. — Damit ist der streng objektive Ausgangspunkt — Minderung des Geldwertes — zugunsten einer individuell-objektiven Vermögenslehre aufgegeben und das subjektive Belieben des Urteilenden, ob er eine Vermögensminderung als Vermögensschaden ansehen w i l l , genau wie i m Rahmen des Betruges und der Erpressung an die Stelle der Entscheidung des Berechtigten getreten. Von der Minderung des Gesamtgeldwertes eines Vermögens kann ζ. B. keine Rede sein, wenn nach einer Vermögensverwaltung für einen Bauernsohn an Stelle eines Bauernhofes Effekten i m gleichen Geldwert vorhanden sind, auch wenn ein Bauernsohn „viel m i t einem Hof, aber wenig m i t Effekten anfangen" kann 1 4 0 . — Schwinge-Siebert betonen sogar ausdrücklich 141 , daß der Zwang zur Rücksichtnahme auf die Vermögenslage des Machtgebers dazu führe, daß u. U. luxuriöse Anschaffungen, Neubauten u. ä. den Beauftragten strafbar machen können, obwohl der Geldwert des Vermögens des Auftraggebers rechnerisch voll erhalten bleibt. Damit ist die Prämisse, Untreue setze eine i n Geld zu errechnende Vermögensminderung voraus, aufgegeben. Der Geldwert einer Sache 138 139 140 141

20*

Vgl. Untreue S. 145 ff. Vgl. Untreue S. 161. Vgl. H. Mayer, Untreue S. 161 A n m . 70. a. a.O.S. 53.

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

bemißt sich nämlich nach der Einschätzung dieses Gutes durch den Handelsverkehr. Hat daher ein Bauernhof einen Geldwert von D M 1.000.000,—, so ist es gleichgültig, wie hoch der Eigentümer den Geldwert für sich selbst veranschlagt. Durch die subjektive Wertung kann nur der individuelle Gebrauchswert, nicht aber der Handelswert beeinflußt werden. Gleiches gilt für den Wert von Effekten, unabhängig davon, i n wessen Händen sie sich befinden. Dennoch ist es richtig, daß es für einen Bauernsohn auch wirtschaftlich sehr bedeutsam sein kann, ob er einen Bauernhof besitzt oder Effekten von gleichem Wert. Den Wert der Effekten kann er durch Verkauf realisieren, um sich sodann von dem Erlös eine Existenzgrundlage zu schaffen. Ein Bauernhof hingegen, den er seit Jahren kennt und dessen Nutzungsmöglichkeiten i h m wie keinem anderen vertraut sind, bedeutet bereits eine Existenzgrundlage, und zwar u. U. eine erheblich besser fundierte, als jeder andere Bauernhof, der i n etwa den gleichen Handelswert hat. Dabei kann sogar davon abgesehen werden, daß einem Bauernsohn die m i t der Landwirtschaft verbundenen Risiken vertraut sind, er hingegen auf Grund seiner Unerfahrenheit beim Verkauf der Effekten Schaden erleiden kann. Ist daher auch der Geldwert des Vermögens der gleiche geblieben, so liegt, wenn kein Sachgrund die Umwandlung des Vermögens rechtfertigt, eine Verletzung der Vermögensfürsorgepflicht und nach dem personalen Vermögensbegriff eindeutig ein Vermögensschaden vor, w e i l das Vermögen i n einer Weise strukturiert worden ist, die dem Vermögensträger nicht die volle Entfaltung seiner Persönlichkeit i m wirtschaftlichen Raum gewährt, und die daher gegenüber dem pflichtgemäßen Zustand das Vermögen vermindert. Genau so ist zu entscheiden, wenn der Bürgermeister eines kleinen Städtchens eine Schule bauen läßt, die m i t Schwimmbassin, Dachgarten und Sternwarte ausgestattet ist, während der Gemeinde nun das Geld für die nötigen Sozialausgaben fehlt. Auch wenn der Geldwert des Stadtvermögens i n voller Höhe erhalten geblieben ist, müssen die das Normale übersteigenden Aufwendungen als Nachteil i. S. des § 266 betrachtet werden. Die wirtschaftliche Entfaltungsmöglichkeit der Gemeinde ist sachwidrig eingeschränkt. Wenn die h. M. i n beiden Beispielsfällen zum gleichen Ergebnis kommt, so zeigt das, daß auch für sie der Geldwert i n Wirklichkeit unerheblich ist. Maßgeblich ist hier, ob das Maß der wirtschaftlichen Entfaltungsmöglichkeiten des Vermögensträgers durch die Tätigkeit des Vermögensfürsorgepflichtigen sachwidrig eingeengt worden ist oder nicht. Macht beim Betrug die Verfehlung eines bestimmten wirtschaftlichen Zweckes die Vermögensminderung zum Schaden, so ist es bei der Untreue die Sachwidrigkeit der Maßnahme, die eine Minderung der

VI. Untreue

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gegenständlich gewährleisteten Potenz einer Person als Schaden erscheinen läßt. Ein relevanter Vermögensschaden kann daher auch durch den Verlust von Sachen ohne konkreten Handelswert begründet werden. Die Entscheidungsmacht des Vermögensträgers ist allerdings i n diesem Bereich eingeschränkt. Über die Sachwidrigkeit einer Maßnahme ist vom Standpunkt des Vermögensfürsorgepflichtigen zu urteilen. Vernichtet daher der Vormund alte, unverkäufliche Möbel, an denen der Vermögensträger sehr hängt, so ist zu differenzieren: Füllen diese Möbel Räume, die gewinnbringend vermietet werden sollen, entfällt ein Vermögensschaden. I m Gegenteil, das Vermögen ist durch diese günstigere Strukturierung vergrößert worden. Zerstört der Vormund aber die Möbel, damit der Berechtigte sich i n den leeren Zimmern nicht mehr wohl fühlen soll, so liegt ein Vermögensschaden vor. — Zu beachten ist daher i n diesem Problemkreis, daß nicht die Verletzung des bloßen Affektionsinteresses als solche, sondern erst die sachwidrige Motivation die Minderung des Sachbestandes zum Vermögensschaden i. S. der Untreue macht. Das beruht nun nicht darauf, daß dem Untreuetatbestand ein anderer Vermögensbegriff zugrunde liegt, als den übrigen Vermögensdelikten, sondern darauf, daß der Vermögensfürsorgepflichtige u.U. sogar zur Minderung des Vermögens verpflichtet sein kann. I n der Schutzfunktion unterscheidet sich demnach der Untreuetatbestand grundsätzlich von Betrug und Erpressung. Diese Delikte schützen das Vermögen gegen Vermögensentziehung zugunsten anderer Personen. Deshalb müssen Schaden und Vorteil notwendigerweise identisch sein. Der Untreuetatbestand schützt wesentlich das Vermögen gegen eine Entziehung von Vermögensmacht durch sachwidrige Strukturierung des vorhandenen Vermögens. Gerade der Schutz ordnungsgemäßer Entwicklung von Vermögensmassen, die einem anderen zur Verwaltung anvertraut sind, soll durch diese Strafvorschrift gewährleistet werden. Daher kann ζ. B. unter gewissen Umständen eine sachgemäße Minderung des Vermögens Pflicht des Vermögensfürsorgepflichtigen sein, während unter anderen Umständen die Wahrung des vorhandenen Vermögensstandes, der ohne weiteres hätte vergrößert werden können, pflichtwidrig ist. Das bedeutet auch hier nicht, daß bloße Chancen oder Gewinnerwartungen als Vermögensbestandteil anzusehen sind, denn die Entscheidung, ob die Vereitelung eines Gewinns eine Vermögensbeschädigung i. S. der Untreue darstellt, ist unabhängig von der anderen, ob und wann Gewinnchancen zum Vermögen gehören 142 . — Den Vermögensdelikten des Strafrechts liegt demnach zwar der gleiche Vermögensbegriff zugrunde, Schutzumfang und Schutzrichtung unterscheiden diese Delikte jedoch wesentlich. 142 Vgl. hierzu bereits Pröll, G A 66 S. 150 ff., 339 ff.; Proli entwickelt diesen Gedanken i m Zusammenhang m i t dem Betrug, den er nicht n u r als Delikt

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunkt ion einzelner Delikte 2. Der Schutzbereich des Untreuetatbestandes

Der Tatbestand der Untreue, historisch gegründet auf der Idee des strafwürdigen Treubruchs und i n Anlehnung an die actio tutela des gemeinen Rechts zum Vermögensdelikt entwickelt 1 4 3 , ist auch i n der jetzt geltenden Fassung noch immer i n bloßer Kasuistik steckengeblieben. Die Neufassung des Gesetzes durch die Novelle vom 26. 5.1933 war ein dürftiger Kompromiß, der die beiden streitigen Auffassungen zum Wesen der Untreue alter Fassung, die Mißbrauchstheorie — Mißbrauch rechtlicher Vertretungsmacht — und die Treubruchstheorie — Verletzung der Vermögensfürsorgepflicht — einfach i n einem Tatbestand addierte. Damit waren die Voraussetzungen für eine alle Konturen dieses Delikts verwischende Interpretation geschaffen. Es ist zwar möglich, den Anwendungsbereich des sogenannten Mißbrauchstatbestandes, § 266 Abs. 1, 1. Alt., klar und profiliert abzugrenzen 144 , und Schwinge-Siebert haben dieses sofort nach Inkrafttreten des Gesetzes getan. Die Praxis ist ihnen jedoch nur scheinbar gefolgt. Der Kreis der Fälle des „Uberschreitens des rechtlichen Dürfens i m Rahmen des rechtlichen Könnens" ist nämlich weit kleiner als die Praxis meint, wenn auch die strenge Einhaltung des gesetzlichen Rahmens zu erheblichen Strafbarkeitslücken führen müßte 145 . Selbst allgemein herangezogene Beispielsfälle für eine Verletzung des Mißbrauchstatbestandes erweisen sich als unrichtig: Wer z. B. zum Verkauf von Antiquitäten zu einem Mindestpreis von DM300,— bevollmächtigt ist, überschreitet eindeutig die Grenze seines rechtlichen Könnens, wenn er die Antiquitäten für D M 160,— verkauft, denn er ist nicht zum Verkauf schlechthin berechtigt 146 . — Gleiches gilt für den Fahrkartenverkäufer der Bundesbahn, der böswillig Fahrkarten unter dem festgesetzten Preis verkauft. Auch er ist nicht allgemein zum Fahrkartenverkauf bevollmächtigt. Beide Täter überschreiten daher das rechtliche Dürfen i m Rahmen nicht des rechtlichen, sondern des tatsächlichen Könnens, während z.B. die Verkäuferin, die i m Ladengeschäft Waren unter dem festgesetzten Preis veräußert 147 , i m Rahmen des rechtlichen Könnens bleibt, dieses aber treuwidrig nutzt. Der Umfang ihrer Vertretungsmacht w i r d durch § 56 gegen bestehendes Vermögen ansieht, sondern auch als Vergehen gegen die weitere positive E n t w i c k l u n g eines Vermögens. 143 Vgl. i m einzelnen: ff. J. Wrede, „Die Untreue von der Peinlichen Gerichtsordnung 1532 bis zum Strafgesetzbuch..."; ff. Mayer, Untreue S. 33 ff., 155 ff. 144 Vgl. Schwinge-Siebert, a.a.O. S. 27 ff.; Baumann, ZStW 68 (1956) S. 530 f.; Heinitz, Mayer-Festschr. S. 434 ff. 145 Dazu: Baumann, Sicherungsrechte S. 63 A n m . 2; ders., ZStW 68 (1956) S. 553; Heinitz, Mayer-Festschr. S. 437; H. Mayer, Mat. I S. 339 fï. 146 Anders O L G K ö l n JMB1.NRW 1959 S. 138; Heinitz, Mayer-Festschr. S. 435; Schönke-Schröder, StGB § 266 Rn. 13. 147 Vgl. B G H L M Nr. 4 zu § 266 StGB.

VI. Untreue

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HGB bestimmt und kann nach außen nicht durch interne Abreden eingeschränkt werden 148 . Könnte es immerhin durch strenge Bindung an den Gesetzeswortlaut gelingen, den Mißbrauchstatbestand scharf zu umgrenzen, so ist das beim Treubruchtatbestand nicht möglich. Diesem Tatbestand fehlen die erforderlichen, rechtsstaatlich notwendigen Konturen 1 4 9 , und die bisherigen Versuche der Rechtsprechung, seinen Anwendungsbereich klar abzugrenzen, hatten keinen Erfolg. Das gilt ζ. B. von der Einschränkung des Tatbestandes durch die Forderung, bei der Vermögensbesorgungspflicht müßten sich die Pflichtenkreise ihrer Dauer nach über eine gewisse Zeit und ihrem Umfange nach über bloße Einzelfälle hinaus erstrecken, so daß der Verpflichtete für ihre Erfüllung einen gewissen Spielraum, eine gewisse Bewegungsfreiheit oder Selbständigkeit habe 150 . Diese von ihm geforderte Auslegung stellte das Reichsgericht selbst bald wieder i n Frage 151 . Der Grad der Selbständigkeit, der Bewegungsfreiheit und der Verantwortlichkeit des Verpflichteten, die Dauer, der Umfang und die A r t seiner Tätigkeit sollten nur noch als Anzeichen, „aber nur als solche", dafür gewertet werden, daß es sich um Vorgänge handelt, denen die Bedeutung der Wahrnehmung von Vermögensinteressen zukommt 1 5 2 . — Übrig blieb schließlich nur, daß bloße Handlangerdienste und nebenvertragliche Vermögensfürsorgepflichten kein Treueverhältnis i. S. des Untreuetatbestandes begründen sollten 153 . W i r d i n der Tat m i t der Selbständigkeit der Vermögensfürsorge ernst gemacht, so bleiben als Täter des Treubruchtatbestandes allein die Vermögensverwalter i m engsten Sinne übrig, z.B. vertretungsberechtigte Organe einer juristischen Person, Vormünder, Pfleger, Testamentsvollstrecker, Konkursverwalter, Treuhänder u. ä. 154 . Das pflichtwidrige Verhalten anderer Personen, deren Vertretungsmacht gesetzlich bestimmt ist, würde noch i n bestimmtem Rahmen durch den Mißbrauchstatbestand erfaßt werden. Das pflichtwidrige Verhalten aller übrigen Personen, die Rechtsgeschäfte für Rechnung anderer tätigen, wäre strafrechtlich nicht zu erfassen. Diese Differenzierung befriedigt nicht. I n einem Punkt ist der Rechtsprechung aber zu folgen: Wer nicht einmal zur Verfügung über Ver148

Weitere Einzelfälle bei Schwinge-Siebert, a. a. O. S. 27 ff. Dazu H. Mayer, Mat. I S. 345. 150 So RGSt. 69 S. 61 f. 151 Vgl. RGSt. 69 S. 280 f. 152 Vgl. BGHSt. 13 S. 317. 153 v g l . die Beispiele aus der Rechtsprechung bei Heinitz, Mayer-Festschr. S. 443. 154 Dazu auch BGHSt. 13 S. 318. 149

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

mögensgegenstände i m Interesse des Vermögensträgers berechtigt ist, und wer keine eigenverantwortliche Entscheidung i n bezug auf die Verwaltung eines Vermögens treffen darf, kommt als Täter einer Untreue nicht i n Betracht. Keine Untreue begeht daher der Kellner, der durch schmutzige Kleidung und durch freche Reden die Kunden eines Gastwirts vertreibt, der Hilfsmann, der Pakete von einem Ort zum anderen transportieren soll 155 , oder der Magazinarbeiter, der Material gegen Entnahmescheine ausgibt. Gleiches gilt aber auch für den Händler, dem Waren unter Eigentumsvorbehalt m i t Weiterveräußerungsbefugnis übergeben sind, der aber das ganze Risiko des Geschäftes selbst trägt. Er nimmt beim Handel m i t diesen Gütern hauptsächlich eigene Vermögensinteressen wahr, gleichgültig, ob er zur getrennten Aufbewahrung des Erlöses verpflichtet ist oder nicht 1 5 6 . Darüber hinaus ist zu beachten, daß Treuverletzungen auch i m Strafmaß der anderen Vermögensdelikte: Unterschlagung, Diebstahl, Betrug, Erpressung usw., berücksichtigt werden können. So bleibt eigentlich nur dort ein besonderes Strafschutzbedürfnis bestehen, wo jemand unter dem Deckmantel einer rechtsgeschäftlichen Verwaltungs-, Vertretungsoder Verfügungsmacht den Vermögensträger gerade unter Kaschierung seiner Pläne durch die Verfügungs-, Vertretungs- oder Verwaltungsposition schädigt. Damit scheint der richtige Weg der Auslegung des Untreuetatbestandes gewiesen zu sein: „ F ü r die Auslegung muß der Gedanke maßgebend sein, daß die Untreuebestimmung eine Einheit bildet: Der Treubruchtatbestand ergänzt den Mißbrauchstatbestand lediglich dahin, daß er auch Pflichtverletzungen i m Innenverhältnis und Unterlassungen miteinbezieht. Daher muß der Begriff des „Treuverhältnis" gegenüber fremdem Vermögen i n Anlehnung an die „Vertretungsmacht" des Mißbrauchstatbestandes ausgelegt werden, d. h. es muß ein Verhältnis zum beschädigten Vermögen sein, das entweder selbst i n einer Vertretungsmacht besteht oder das wenigstens einer Vertretungsmacht i n Inhalt und Bedeutung nahekommt 1 5 7 ." Dem Täter muß fremdes Vermögen anvertraut und eine Stellung eingeräumt sein, kraft derer er über fremdes Vermögen rechtsgeschäftlich verfügen darf 1 5 8 . — Damit würde der Untreuetatbestand — als Einheit gesehen — nur dort eingreifen, wo jemand die i h m eingeräumten Möglichkeiten, über fremdes Vermögen zu verfügen, mißbraucht oder die i h m obliegende Vermögensverwaltung bzw. die Kontrolle über 155

Vgl. RGSt. 69 S. 279 ff.; Schwinge, J W 1935 S. 1697,3312. Vgl. B G H M D R 1968 S. 858; dazu aber auch: Heinitz, Mayer-Festschr. S. 441 f., einerseits u n d andererseits Baumann, Sicherungsrechte S. 66. 157 Welzel, Lb. S. 386. 158 Vgl. H. Mayer, Z H R 1933 S. 149; einschränkend Schwinge, J W 1935 S. 3312 f. 156

VI. Untreue

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eine Vermögensverwaltung unterläßt oder pflichtwidrig ausübt, so daß der Vermögensträger einen Schaden erleidet. Die Tathandlungen wären beschränkt auf die Einwirkungen auf fremdes Vermögen, die nicht Diebstahl, Unterschlagung, Betrug usw. wären. 3. Beispielhafte Skizzierung des Anwendungsbereichs des Untreuetatbestandes

a) Der Vormund, Nachlaßverwalter, Pfleger oder sonstige Vermögensverwalter verbraucht die i m Rahmen der Vermögensverwaltung eingezogenen Gelder eigennützig: Untreue, auch wenn die Absicht späterer Rückzahlung besteht. Die Forderung ist dem Bargeld nicht wertgleich. b) Der Gutsverwalter oder der Treuhänder eines Geschäftes gibt sich dem Trünke hin und läßt das Unternehmen verkommen: Untreue. c) Der Verwalter oder der Prokurist eines Unternehmens erwirbt zu hohem Preis schlechte Maschinen für das Unternehmen, weil er von dem Verkäufer eine Provision erhält: Untreue. d) Der Verwalter oder der Prokurist eines Unternehmens erwirbt ordnungsgemäße Maschinen, läßt sich aber vom Verkäufer eine Vermittlungsprovision zahlen: Keine Untreue, wenn ein günstigerer Kaufpreis — Festpreis — nicht auszuhandeln war. e) Der Vormund veräußert den Bauernhof, w e i l er meint, das Mündel habe keine Begabung für den Beruf des Bauern. Vom Erlös kauft er eine Gastwirtschaft. — Nach zwei Jahren w i r d das Mündel Gewohnheitstrinker: Keine Untreue. f) Ein gegen Provision angestellter Handelsvertreter bemüht sich tagelang nicht um einen Geschäftsabschluß. Als er endlich ein günstiges Geschäft tätigen kann, t r i t t er selbst als Vertragspartner i n dieses Geschäft ein: Keine Untreue — kein Mißbrauch der Fähigkeit, über Vermögen des Auftraggebers rechtsgeschäftlich zu verfügen. Ein Vermögen des Auftraggebers, über das der Vertreter verfügen konnte, war i h m nicht anvertraut. Die bloße Chance, durch die Tätigkeit des Vertreters Aufträge zu erhalten, war nicht Vermögensbestandteil des Auftraggebers 159 . — Anders ist zu entscheiden, wenn Verträge, die bereits für den Geschäftsherrn zustande gekommen sind, annulliert oder auf andere Unternehmer übertragen werden 1 6 0 . g) Der Bankbote, der an bestimmte Kunden Geld überbringen soll, verbraucht dieses für sich selbst: Keine Untreue, nur Unterschlagung 161 . 159 O L G Braunschweig N J W 1965 S. 1193; dazu Gribbohm, JuS 1965 S. 389 ff.; a. A . RG J W 1937 S. 3022; kritisch dazu: Schwinge, J W 1937 S. 3023. 100 Dazu: O L G Koblenz M D R 1968 S. 779 f. 161 a. A . Schwinge, JW 1935 S. 3313; dazu auch: H. Mayer, Z H R 1933 S. 149.

314

3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

h) Der Kommissionär beabsichtigt, das aus dem Verkauf von Waren demnächst zu erlösende Geld zu unterschlagen: Keine Untreue; — Straftatbestand erst die spätere Unterschlagung 162 . i) Verkaufskommissionär Preis: Untreue.

verkauft Ware unter dem festgesetzten

j) Ein Fahrkartenverkäufer gesetzten Preis: Untreue 1 6 3 .

verkauft Fahrkarten unter dem fest-

k) Der Fahrkartenverkäufer nimmt Fahrkarten zur eigenen Benutzung fort oder vergreift sich am Kasseninhalt: Keine Untreue, sondern je nach den Tatmodalitäten — Gewahrsams Verhältnissen — Diebstahl oder Unterschlagung. 1) Verkäufer eines Einzelhandelsgeschäftes verkauft Waren unter dem festgesetzten Preis: Untreue. m) Der i n einer Fabrik angestellte Nachtwächter steht für die Einbrecher Schmiere: Keine Untreue; Beihilfe zum Diebstahl. n) Ein Angestellter sieht, wie ein anderer Angestellter eine Maschine stiehlt, unternimmt aber nichts: Keine Untreue. o) Der Portier einer Firma, dem auch die Kontrolle der Arbeitnehmer obliegt, läßt Arbeitnehmer mit gestohlenen Waren passieren: Keine Untreue; Beihilfe zum Diebstahl, denn der Gewahrsamsbruch liegt erst i m Verlassen des Fabrikgeländes. p) Rechtsanwalt verwendet Mandantengelder treue 164 .

auftragswidrig:

Un-

q) Mieter einer Schreibmaschine eignet sich diese zu: Keine Untreue; Unterschlagung 165 . r) Der Verkäufer einer Sache übereignet diese einem Dritten, obwohl er bereits den Kaufpreis von einem Käufer erhalten hat: Keine Untreue. s) Mieter beschädigt die gemietete Wohnung: Keine Untreue. t) Sicherungsnehmer einer Sicherungsübereignung sicherungsübereignete Sache pflichtwidrig: Untreue 1 6 6 .

veräußert

die

u) Jemand erbietet sich zur Beschaffung bestimmter Handelswaren und läßt sich den Kaufpreis i m voraus geben, um die Waren besorgen 162 a . A . RGSt. 63 S. 253; B G H L M Nr. 11 zu § 266 StGB; dagegen aber Schönke-Schröder, StGB § 266 Rn. 16. Z u r Problematik des äußerlich pflichtwidrigen Verhaltens auch Schröder, N J W 1963 S. 1959. 163 BGHSt. 13 S. 315 ff. 164 B G H N J W 1960 S. 1629 f. 185 O L G Oldenburg N J W 1952 S. 1267. 166 Vgl. RGSt. 69 S. 223; Baumann, Sicherungsrechte S. 152 ff.

VII. Sachbeschädigung

315

zu können. Er verbraucht das Geld für sich selbst: Untreue 1 6 7 . — Anders, wenn es sich um eine Anzahlung i n einem Ladengeschäft handelt, die die Abnahme der Ware sichern soll 1 6 8 . v) Der Handlungsbevollmächtigte einer Einzelhandelsfirma gewährt einem Kunden einen Rabatt, weil der Kunde einen Mangel der gelieferten Ware rügt. Der Preisnachlaß ist i n bezug auf den Mangel angemessen, der Bevollmächtigte ist aber zur Erledigung solcher Geschäfte nicht berechtigt: Keine Untreue, gleichgültig, ob die Chance bestand, daß der zur Rabattgewährung Berechtigte eine günstigere Vereinbarung getroffen hätte oder nicht 1 6 9 . w) Der Handlungsbevollmächtigte macht einem Kunden ein Geldgeschenk als Anerkennung für die langjährige treue Kundschaft, weil er meint, die sozialen Verhältnisse dieses Kunden bessern zu müssen. Das Geld entnimmt er der Firmenkasse: Keine Untreue; Unterschlagung 170 . V I I . Sachbeschädigung Bloßes Vermögensentziehungsdelikt, i m Objekt beschränkt auf Sachen, die einem anderen gehören als dem Täter. — Der Gedanke, die rechtswidrige Vermögensbeschädigung allgemein unter Strafe zu stellen, hat sich nicht durchsetzen können, und auch zur Zeit steht die Schaffung eines — subsidiären — Auffangtatbestandes, der jede nicht durch einen anderen Tatbestand erfaßte Vermögensentziehung unter Strafe stellt, nicht zur Debatte. 1. Zerstören, Beschädigen und bloße Vermögensentziehung

— Tatbestandlich umschriebene bloße Vermögensentziehungen — Beschädigung und Zerstörung einer fremden Sache werden als Sachbeschädigung bestraft. Als beschädigt ist eine Sache anzusehen, wenn der Täter auf ihre Substanz i n einer Weise eingewirkt hat, daß dadurch ihre bestimmungsgemäße Brauchbarkeit nicht nur geringfügig beeinträchtigt ist. Zerstört ist eine Sache, wenn sie so wesentlich beschädigt wird, daß sie für ihre Zwecke völlig unbrauchbar ist. — A u f eine Substanzverletzung oder -Vernichtung soll es hingegen nach h. M. nicht ankommen, weil eine Substanzvernichtung schon begrifflich unmöglich 167

Vgl. auch RGSt. 69 S. 146 ff.; Schwinge, J W 1935 S. 2054. Vgl. O L G H a m m M D R 1968 S. 779. Anders O L G H a m m N J W 1968 S. 1940. 170 a. A . h. H. vgl. z. B. O L G H a m m N J W 1968 S. 1940, dazu Schröder, 1963 S. 1958 ff. 168

169

NJW

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

sei. Entscheidend sei allein die Veränderung oder Vereitelung der der Sache von dem Berechtigten beigelegten Funktionen 1 7 1 . Dieser Ansicht kann nur zum Teil gefolgt werden. Daß von einer Substanzvernichtung schon begrifflich nicht geredet werden könne, ist unzutreffend. Der Begriff „Sachsubstanz", den das Gesetz selbst überhaupt nicht verwendet, meint i m Zusammenhang m i t der Beschädigung oder Zerstörung einer Sache nicht den Substanzbegriff der Scholastiker, d.h. das, woran Modifikationen sein können, sondern das, was die Sozietät gemeinhin darunter versteht. Diese aber begreift unter Sachsubstanz etwas durch bestimmte Eigenschaften gekennzeichnetes Stoffliches: „Der rechtliche Sachbegriff nebst seinen Derivativen (Herstellung, Zerstörung usw.) ist nicht nur nicht physikalisch zu deuten, sondern auch nicht rein juristisch, vielmehr so, daß er i n engster Berührung m i t der natürlichen Sach- und Dingvorstellung steht. Wie das Recht es m i t der Sache als Eigentumsobjekt zu t u n hat und also m i t der Sache als einem von Mensch zu Mensch übertragbaren, ausschließlichen Gebrauch gestattenden körperlichen Gegenstand von einer gewissen Dauerhaftigkeit, die ihrerseits dennoch Veränderung, Zerstörung und Umwandlung in „neue" Sachen nicht ausschließt, so hat es auch der natürliche Mensch bei den Dingen vornehmlich zu t u n m i t jenen räumlich abgegrenzten, von anderen Objekten abgetrennten, i n sich identischen, i n der Zeit beständigen und dennoch nicht unveränderlichen Gegenständen, die ihm zum Gebrauch zur Hand sind und m i t denen und an denen er persönlich unter Ausschluß anderer Menschen handelnd verfahren kann 1 7 2 ." Beschädigt oder zerstört ist eine Sache sodann, wenn sie nach dem Eingriff des Täters nicht mehr die „nämliche" ist, d. h. die ihr zuvor eigenen Funktionen nicht mehr erfüllen kann, bestimmte Eigenschaften nicht mehr besitzt. Ein realer Eingriff i n die Sachsubstanz oder eine Substanzvernichtung — Verbrennen einer Holzstatue — ist nicht erforderlich, wenn auch möglich. Sachbeschädigungen sind demnach: das Umstürzen einer für eine Ausstellung kunstvoll aufgebauten Kugelpyramide, das Auseinandernehmen einer zusammengesetzten Sache — ein Kraftfahrzeug oder ein Fernsehapparat werden säuberlich i n ihre Einzelteile zerlegt — und das Durcheinandermischen einer Kartei, die nicht m i t wenigen Handgriffen wieder i n Ordnung gebracht werden kann. Bei natürlicher Betrachtungsweise stellt sich die betroffene Sache dem Urteilenden nicht mehr als die nämliche dar. A n Stelle ganz bestimmter Sachen zeigen sich dem Betrachter mehr oder minder geordnete Trümmerhaufen, die nur noch als Bestandteile der ehemaligen 171

Vgl. Maurach, B. T. S. 190 f. Engisch, W e l t b i l d S. 162; vgl. dort auch die Auseinandersetzung m i t den Bestrebungen E r i k Wolffs — RG-Festgabe V S. 44 ff. —, den Sachbegriff zu vergeistigen. 172

V I I . Sachbeschädigung

317

Sache angesehen w e r d e n k ö n n e n . O b e i n F a c h m a n n aus d e n T r ü m m e r n w i e d e r e i n K u n s t w e r k , e i n K r a f t f a h r z e u g , e i n e n F e r n s e h a p p a r a t oder eine K a r t e i e r r i c h t e n k a n n , ist u n w e s e n t l i c h . W e d e r B e s c h ä d i g u n g noch Z e r s t ö r u n g e r f o r d e r n e i n e n i r r e p a r a b e l e n Schaden. Nach dem K r i t e r i u m

des Eigenschaftsverlustes

sind weiter

beschädigung u n d - Z e r s t ö r u n g v o n der b l o ß e n B e t r i e b s s t ö r u n g

Sacheiner

Sache u n d der S a c h e n t z i e h u n g abzugrenzen: a) Das Übermalen einer Statue m i t Ölfarbe: Sachbeschädigung 173 . b) Bespritzen eines Buches m i t Tinte: Sachbeschädigung, denn die F u n k tion des Buches erschöpft sich nicht i n der Möglichkeit, gelesen zu werden, sondern das Buch verkörpert auch einen Vermögenswert, der durch die E i n w i r k u n g gemindert i s t 1 7 4 . c) Entfernung einzelner Teile aus einer Maschine: Sachbeschädigung 175 . d) Einfügen eines Teils i n eine Maschine, so daß beim Betrieb dieser Maschine eine Kesselexplosion erfolgen muß: Sachbeschädigung 176 . e) Sperrung einer Maschine durch Einfügen eines Bremsklotzes, Entfernung des Treibstoffes aus dem T a n k einer Maschine, Sperrung eines Fahrrades m i t einem Schloß, zu dem der Fahrradeigentümer den Schlüssel nicht hat: Keine Sachbeschädigung: Nicht die Funktionsfähigkeit der Sache w i r d i n Mitleidenschaft gezogen, sondern n u r das Funktionieren der unbeschädigten Sache w i r d verhindert. f) Ablassen der L u f t aus einem Autoreifen: Sachbeschädigung; ob ein Wiederaufpumpen ohne weiteres möglich ist oder nicht, ist f ü r den Verlust der Funktionsfähigkeit unerheblich 1 7 7 , k a n n jedoch f ü r die Entscheidung Bedeut u n g haben, ob lediglich eine geringfügige, gleichsam noch sozialadäquate Beschädigung vorliegt. g) Freilassen eines Kanarienvogels: Keine Sachbeschädigung, bloße Sachentziehung. Dem Berechtigten w i r d der Vogel entzogen, die Funktionsfähigkeit des Vogels aber nicht beeinträchtigt, solange er nicht i n der Freiheit u m kommt. Der frei umherfliegende Vogel ist noch i m m e r derselbe Vogel w i e der i m Käfig 1 7 8 . h) E i n goldener Becher w i r d ins Meer geworfen: Keine Sachbeschädigung — vgl. b e i g ) — . i) Versenken einer Maschine, die i n Kürze rostet, i m Fluß: Bis zum E i n t r i t t des Rostschadens n u r vollendeter Versuch der Sachbeschädigung 179 . Es b e d a r f k e i n e r e i n g e h e n d e n D a r l e g u n g , daß die L ö s u n g der l e t z t g e n a n n t e n F ä l l e — bloße V e r m ö g e n s e n t z i e h u n g — u n b e f r i e d i g e n d ist, d e n n f ü r d e n B e t r o f f e n e n ist zwischen der Z e r s t ö r u n g u n d d e r e n d g ü l t i g e n S a c h e n t z i e h u n g k e i n U n t e r s c h i e d , u n d f ü r d e n T ä t e r w i r d diese 173

Vgl. Schönke-Schröder, StGB § 303 Rn. 9. Vgl. Engisch, W e l t b i l d S. 161. Vgl. RG JW 1922 S. 712; dazu Oetker, J W 1922 S. 712 f. 176 Vgl. RGSt. 20 S. 183 ff. 177 a. A . BGHSt. 13 S. 207. 178 a. A . Erik Wolf, RG-Festgabe V S . 51; Maurach, B. T. S. 191; dazu auch Engisch, W e l t b i l d S. 160 f. 179 Vgl. Jagusch, L K I I § 303 A n m . 4. 174

175

318

3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

A r t der Schädigung oft näherliegen als eine u. U. mühevolle Zerstörung einer Sache. — Die ungleiche Behandlung der Sachzerstörung und der dauernden Besitzentziehung ist ein Mangel, und die Versuche, die bloße Entziehung als Zerstörung zu interpretieren, zeigen, daß dieser Mangel auch als Mangel empfunden wurde. Keine der Hilfskonstruktionen überzeugt jedoch: weder die Auffassung, eine Sache, „die aus dem K u l turdasein gerissen" ist, sei keine Sache mehr 1 8 0 , noch daß eine Sache, die aufhöre fremd zu sein, zerstört sei 181 , noch daß die Betonung bei der Sachbeschädigung nicht auf dem Zerstören einer Sache, sondern auf der Benachteiligung des Berechtigten liege 182 » 183 . — Die bloße dauernde Sachentziehung ist weder Sachbeschädigung noch Sachzerstörung. Hier besteht nach geltendem Recht eine Gesetzeslücke, die nur durch den Gesetzgeber geschlossen werden kann. 2. Die Sachbeschädigung als straflose Nachtat

— Reale Vermögensentziehung nach einem Vermögensentziehungsdelikt — Während z.B. Unterschlagung und Betrug nach einem Vermögensentziehungsdelikt, mit dem sich der Täter eine Sache zugeeignet hat, nicht i n Betracht kommen, weil es an der tatsächlich erforderlichen weiteren Vermögensentziehung gegenüber dem Berechtigten fehlt, ist eine weitere Vermögensentziehung durch Sachzerstörung nicht unbedingt ausgeschlossen. Solange das Eigentum an einer Sache noch besteht, ist die Herrschaftsbeziehung zwischen dem Eigentümer und der Sache noch nicht völlig vernichtet. Die Wirksamkeit dieser Herrschaft zeigt sich ζ. B., wenn der Täter des Vermögensentziehungsdelikts den Besitz aufgibt und ein ehrlicher Finder sich der Sache annimmt 1 8 4 . Zerstört der Täter aber die Sache, so bringt er das Eigentumsrecht zum Erlöschen und beseitigt damit die letzte Vermögensbeziehung zwischen dem Berechtigten und seinem Vermögensgut. Unproblematisch ist der Sachverhalt, wenn der Täter durch das erste Vermögensentziehungsdelikt noch nicht umfassende eigene Sachherrschaft über die fremde Sache begründet hat. Die Zerstörung einer Sache ζ. B. nach einem Besitzentzug ist genauso strafbare Sachbeschädigung wie die nach einer bloßen Gebrauchsanmaßung. — Hat der Täter sich hingegen bereits durch das Vermögensentziehungsdelikt umfassende eigene Sachherrschaft ver180

Erik Wolf, RG-Festgabe V S. 51. Berner, 18. Aufl. S. 631 ; Binding , Lb. I S . 249. Lueder, a. a. O. S. 76 ff. 183 Vgl. i m übrigen Hälschner, I I S. 387 f., insbes. S. 387 Anm. 3; Schwittlinsky, a. a. O. S. 39 ff. 184 Dazu vgl. oben S. 140 f. 181

182

VII. Sachbeschädigung

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schafft, so ist die Beurteilung der späteren Sachzerstörung nicht selbstverständlich. Der Problemlage w i r d weder die Ansicht voll gerecht, die Zueignung einer Sache erfasse zugleich die späteren Verwertungshandlungen, daher sei eine Sachbeschädigung nach einer Zueignung — genau wie eine zweite Zueignung derselben Sache durch denselben Täter — ausgeschlossen, noch die Meinung, die Zerstörung einer Sache sei stets das Gegenteil einer Zueignung, da diese den Verwertungswillen des Täters voraussetze 185 . Die Absicht, die Sache eigennützig zu verwenden, muß i m Zeitpunkt der Zueignung bestehen. Zwar kann der Täter, der umfassende Sachherrschaft über eine fremde Sache begründet hat, nur nach dem Verlust dieser Position erneut umfassende Sachherrschaft über dieselbe Sache begründen. Ob die Sachzerstörung aber noch Ausdruck der durch die Zueignung erlangten Sachherrschaftsstellung ist oder nicht, ist damit noch nicht entschieden. I m Regelfall kann nämlich der Täter durch die Zueignung das Eigentum des Berechtigten nicht zum Erlöschen bringen, und Verwertung und Zueignung stehen sich i n der Tat als Gegensätze gegenüber. Dennoch wäre es unrichtig, i n der Zerstörung der Sache nach der Zueignung dieser Sache eine strafbare Sachbeschädigung zu sehen: Auch wenn der Täter z. B. durch den Diebstahl noch nicht das Eigentumsrecht des Eigentümers vernichten kann, so w i r d sein Verwertungswille oft doch auf die Vernichtung des Eigentumsrechts — Vermischung, Veräußerung eines Inhaberpapiers an einen Gutgläubigen — gerichtet sein. Diese Arten der Vernichtung des Eigentumsrechts bieten sich gleichsam als selbstverständliche Möglichkeiten wirtschaftlicher Nutzung der Sache an, und der durch sie bewirkte Schaden des Berechtigten ist nicht geringer als i m Falle der Sachzerstörung. Dann wäre aber die Bestrafung wegen Eigentumsvernichtung durch Sachbeschädigung ein aus dem Kreis möglicher Eigentumsvernichtungen i n diesem Rahmen willkürlich herausgegriffener Fall. Die Annahme einer straflosen Nachtat w i r d dieser Sachlage besser gerecht. — Das gilt auch dann, wenn die Sache zwischen Zueignung und Sachzerstörung den Eigentümer gewechselt hat, weil das Unrecht der Eigentumsrechtsvernichtung auch i n diesem Falle vom Unrecht der Zueignung miterfaßt wird 1 8 6 . Weiter ist i m Falle der Zueignung i m Rahmen der Verbrauchsmittelentwendung keine Ausnahme gegeben: Die Aufgabe der Absicht, die weggenommene Sache z. B. aufzuessen, ist unwesentlich, wenn der Täter diese Absicht bei der Zueignung hatte. Die Verbrauchsabsicht engt nicht 185 Vgl. dazu auch: Jescheck, ZStW 67 (1955) S. 535; Krauß, G A 1965 S. 180 f.; Sauer, A. T. S. 242. 186 a. A. Maurach, A . T. S. 661.

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

die Sachherrschaftsstellung ein, sondern ist nur ein bestimmtes Motiv, das für die Begründung dieser Position maßgebende Bedeutung hat 1 8 7 » 1 8 8 . V I I I . Sachliche Begünstigung und Hehlerei 1. Die Vortat der Perpetuierungsdelikte — Die Perpetuierungsdelikte sind Vermögensdelikte — Strafgrund der Perpetuierungsdelikte ist, daß der Täter i n bestimmter Weise den Erfolg einer rechtswidrigen Vermögensentziehung aufrechterhält, sei es, daß er die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes der Vermögensentziehung verhindert, sich selbst die Stellung des Täters eines Vermögensentziehungsdelikts anmaßt oder daß er die wirtschaftliche Nutzung der Beute seitens des Vortäters durch Absatzhilfe unterstützt. Daraus folgt: Vortat i. S. der sachlichen Begünstigung oder der Hehlerei kann nur ein Delikt sein, das fremde Vermögensinteressen verletzt hat, und zwar durch Entziehung jener Vermögensgüter, auf die sich das Perpetuierungsverhalten des Täters bezieht. I n diesen Kreis gehören daher nur Straftaten, die eine rechtswidrige Bereicherung durch eine Vermögensentziehung bewirken, wie z.B. Unterschlagung, Diebstahl, Raub, Betrug, Erpressung, Wilderei und Untreue, soweit eine Bereicherung des Täters eingetreten ist u. ä. 189 . Daneben werden aber i n Lehre und Rechtsprechung auch Meineid, Urkundenfälschung, Landfriedens-, Gewahrsams- und Arrestbruch genannt 190 . a) Meineid und Urkundenfälschung als solche sind nach der hier vertretenen Auffassung i n keinem Falle geeignete Vortaten für ein Perpetuierungsdelikt. Stehen diese Delikte allerdings i n Idealkonkurrenz m i t einem Bereicherungsdelikt, so ist die Sachlage nicht anders zu beurteilen als läge nur das Bereicherungsdelikt vor 1 9 1 . Auch die viel zitierte Entscheidung des Reichsgerichts vom 14. 6.1918 ist nicht geeignet, die Ansicht, Urkundenfälschung genüge schlechthin 187

a. A . i m Ergebnis Krauß, G A 1965 S. 181. I m Falle der V e r j ä h r u n g der Verbrauchsmittelentwendung k a n n jedoch nicht auf die Sachbeschädigung zurückgegriffen werden; a. A . Kohlmann, J Z S. 492 ff. Damit wäre nämlich die Möglichkeit eröffnet, den Täter einer Übertretung nach Zeitablauf wegen eines Vergehens zu bestrafen. E i n unhaltbares Ergebnis! W i l l m a n nicht die S p e r r w i r k i m g der Vortat unabhängig v o n der V e r j ä h r u n g anerkennen — zum Streitstand vgl. oben S. 120 —, so ist zumindest eine Strafmaßanalogie angemessen. 189 Z u m Problem der Kettenhehlerei vgl. oben S. 248 A n m . 544. 190 Vgl. RGSt. 4 S. 442; Hegler, ARSPh. X S.391; Schönke-Schröder, StGB § 259 Rn. 9. 191 Vgl. auch Plehn, a. a. O. S. 137 ff., 142. 188

VIII. Sachliche Begünstigung und Hehlerei

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als Vortat, zu stützen 192 . I n dem zur Entscheidung stehenden Sachverhalt hatten sich die Vortäter bewirtschaftete Waren m i t Hilfe gefälschter Brotmarken besorgt, jedoch den vorgeschriebenen Kaufpreis bezahlt. Weil das Reichsgericht die Meinung vertrat, die Brotmarken wären kein Vermögensgut, lehnte es einen Betrug ab. — Sieht man richtigerweise die Lebensmittelmarken als Vermögensgut an, so lag aber neben der Urkundenfälschung eindeutig ein Betrug vor, denn die Täter erschlichen eine Leistung, die nur gegen Erbringung zweier Gegenleistungen — Geldzahlung und Brotmarken — erreicht werden konnte, durch Hingabe nur einer Leistung. Sachlich hat das Reichsgericht demnach i n diesem Falle durchaus am Erfordernis eines Vermögensdelikts festgehalten, auch wenn es das formell ablehnte. b) Ähnlich liegt die Problematik bei der Bejahung des Landfriedensbruchs als Vortat eines Perpetuierungsdelikts 193 . Wenn auch Plünderung als Landfriedensbruch bestraft wird, ohne daß auf den Tatbestand des Diebstahls, des Raubes oder der Erpressung zurückgegriffen wird, so ändert dies doch nichts daran, daß bei einer Plünderung auch der Tatbestand eines Bereicherungsdelikts erfüllt ist. c) Die Delikte gegen öffentliche Interessen, die eine Restitution des früheren Zustandes fordern, z.B. Verstrickungs- und Verwahrungsbruch, werden von Schröder folgerichtig als Vortaten der Perpetuierungsdelikte anerkannt 194 , weil er diese Delikte als Restitutionsvereitelungsdelikte interpretiert. Werden die Hehlerei und die sachliche Begünstigung jedoch als Vermögensdelikte eingeordnet, so kommen weder Verstrickungs- noch Verwahrungsbruch als Vortaten für sie i n Betracht, denn sie schützen nicht primär Vermögensinteressen des Staates 195 . d) Trotz Bereicherung scheiden gleichfalls jene Delikte als Vortaten aus, die gerade nicht eine Vermögensentziehung unter Strafe stellen, sondern andere Rechtsgüter als das Vermögen schützen, wie z. B. Bettelei, gewohnheitsmäßige Unzucht i n der Nähe von Schulen und Kirchen, Glücksspiel usw. e) Der Eigentumserwerb des Vortäters hindert grundsätzlich weder Hehlerei noch sachliche Begünstigung. Auch der Betrug, durch den der Vortäter vollwirksam Eigentum an der erschlichenen Sache erlangt, kann daher Vortat eines Perpetuierungsdelikts sein. Wo das Gesetz hingegen den Eigentumserwerb derart billigt, daß es dem z. B. durch eine Unterschlagung Verletzten keine Möglichkeit gibt, i m Rechtswege die betroffene Sache herauszuverlangen — Eigentumserwerb nach § 950 192 193 194 195

RGSt. 52 S. 95 f. Vgl. dazu RGSt. 58 S. 207 ff. Vgl. Schönke-Schröder, StGB § 259 Rn. 9. Vgl. auch RGSt. 52 S. 318 f., 75 S. 29.

21 O t t o

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

BGB —, sondern ihn auf Geldersatz verweist, fehlt es an der für Hehlerei und sachliche Begünstigung nötigen Vortat. Die Bearbeitung hat nach verständiger Wertung eine neue Sache entstehen lassen, die nicht m i t dem „Makel einer rechtswidrigen Tat" belastet ist 1 9 6 . f) Die Hehlerei knüpft an die deliktische Vermögensentziehung an und perpetuiert damit nicht nur die schlicht rechtswidrige Besitzentziehung. Die deliktische Vermögensentziehung erhält aber ihren vollen Sinngehalt erst durch das aktuelle Unrechtsbewußtsein des Täters 197 . Somit erfordert die Hehlerei eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige Vortat, die der Täter i m Bewußtsein, Unrecht zu verwirklichen, begangen hat, wobei der Vorsatz als Bestandteil des Unrechtstatbestandes angesehen wird. Eine fahrlässige Vortat käme nur dann als Vortat der Hehlerei i n Frage, wenn eine fahrlässige Vermögensentziehung i m geltenden Recht unter Strafe gestellt wäre 1 0 8 . Das hat auch Konsequenzen für die Vortat der sachlichen Begünstigung, denn die enge Verwandtschaft zwischen sachlicher Begünstigung und Hehlerei fordert, daß die Vorteilssicherung als altruistisch motivierte Nachtat nicht weiter strafbar sein darf, als es die egoistisch orientierte Hehlerei i n bezug auf dasselbe Vorgeschehen ist. Als Vermögensentziehungsdelikt, durch das eine rechtswidrige Vermögenslage geschaffen wurde, die durch sachliche Begünstigung oder Hehlerei aufrechterhalten werden kann, kommt somit nur eine vorsätzliche, rechtswidrige Tat i n Betracht, die der Täter i m Bewußtsein, Unrecht zu tun, begangen hat 1 9 9 . 2. Der Täter der Perpetuierungsdelikte

— Konsequenzen aus der scharfen Trennung zwischen Vermögensentziehung und Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Vermögenslage — a) Sachliche Begünstigung Nach h. M. ist die Begünstigung gegenüber einem Mittäter oder Teilnehmer der Vortat nur strafbar, wenn mit ihr zugleich eine Selbst196

Rn. 10. 197

Vgl. dazu Waider,

G A 1963 S. 325 if.; Schönke-Schröder,

StGB §259

Vgl. dazu oben S. 120 f. Schief daher BGHSt. 4 S. 78; nicht die fahrlässige Hehlerei k a n n Vortat eines weiteren Perpetuierungsdelikts sein, sondern die i h r vorangehende v o r sätzliche Vermögensentziehung ist das wesentliche Delikt i n diesem Bereich; vgl. auch Welzel, JR 1953 S. 187. 199 Eingehend dazu Bockelmann, N J W 1950 S. 850 ff.; ders., N J W 1951 S. 620 ff.; vgl. auch Sax, M D R 1954 S. 65 ff., der v o n ganz anderen Grundlagen zum gleichen Ergebnis k o m m t ; a. A . die h. M. vgl. die Angaben bei SchönkeSchröder, StGB § 257 Rn. 14 ff., § 259 Rn. 11 ff. 198

VIII. Sachliche Begünstigung und Hehlerei

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begünstigung verbunden ist, während die Begünstigung unter Teilnehmern der Vortat grundsätzlich strafbar sein soll 2 0 0 . Diese Ansicht überzeugt jedoch zumindest bei der sachlichen Begünstigung nicht. Wer an der Vermögensentziehung m i t dem Ziel beteiligt war, einer bestimmten Person einen rechtswidrigen Vermögensvorteil durch eine Vermögensentziehung zu verschaffen, ist nicht wegen eines weiteren Delikts strafbar, wenn er sich nicht von seinem Verhalten distanziert, sondern weiterhin hilft, dem Vortäter die Vermögensvorteile, die er i h m verschafft hat, zu erhalten. Während aber auf den Täter, der seine Beute sichert, der Tatbestand der Begünstigung nicht zutrifft, weil er dem Täter nicht „Beistand leistet", erfüllen M i t täter und Teilnehmer, die nicht die eigene Beute sichern, den Tatbestand der sachlichen Begünstigung, doch erscheint es hier richtig, die Tat als straflose Nachtat anzusehen. Der Unrechtsgehalt w i r d insoweit treffender durch das Vermögensentziehungsdelikt miterfaßt 2 0 1 . b) Hehlerei Einigkeit besteht darüber, daß der Alleintäter der Vortat die erlangte Sache nicht „an sich bringen" kann, denn er hat sie bereits und kann sie nicht mehr derivativ von sich selbst erwerben. Auch die Absatzhilfe kann sich nur auf die Förderung der Absatzpläne des Täters durch Dritte beziehen. Unstreitig kann weiter ein Mittäter der Vortat nicht durch die Erlangung seines Beuteanteils Hehlerei begehen, denn die Konstruktion der Mittäterschaft beruht auf der Vorstellung, daß i n einem bestimmten Bereich mehrere Personen als eine einzige angesehen werden, und daher w i r d fingiert, daß alle Mittäter durch die Tat Verfügungsmacht über die Beute erhalten. Streitig ist aber, ob ein Mittäter strafbare Absatzhilfe zugunsten anderer Mittäter begehen kann 2 0 2 , ob sich der Täter beim Rückerwerb der Beute vom Hehler der Hehlerei schuldig macht 203 , ob der Mittäter, der nach der Teilung der Beute den Anteil eines anderen Mittäters erwirbt, als Hehler bestraft werden kann — gleiches müßte für den Täter eines fremdnützigen Betruges gelten, der später die erbeutete Sache von dem durch den Betrug Begünstigten erhält —, und ob Teilnehmer der Vortat durch Erwerb der Beute Hehlerei begehen. Weil ein Mittäter nach der Beuteteilung nicht mehr die Verfügungsmacht über die Beute der jeweils anderen Mittäter hat, bejahen der Bundesgerichtshof und i h m folgend z.B. H. Mayer und Maurach die 200 Vgl. z.B. RGSt. 60 S. 348, 63 S. 375; Kohlrausch-Lange, StGB §257 A n m . I I ; Schwarz-Dreher, a. a. O. § 257 A n m . 3 Β b ; Welzel, Lb. S. 395. 201 Vgl. auch Schönke-Schröder, StGB § 257 Rn. 48. 202 So Maurach, B. T. S. 377. 203 So Maurach, B. T. S. 377; Meister, M D R 1955 S. 715.

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

Möglichkeit der Hehlerei von Mittätern an fremdem Beuteanteil nach der Beuteteilung 204 . — I n der Auffassung, daß Anstifter und Gehilfen der Vortat, die i m Anschluß an die Vortat Hehlerhandlungen begehen, nicht nur der Teilnahme an der Vortat, sondern auch der Hehlerei schuldig sind, folgt die h. L. der Rechtsprechung 205 . Der Bundesgerichtshof begründet seine Ansicht m i t der durchaus zutreffenden Erwägung, daß Täter und Mittäter vor der Beuteteilung nicht Hehler sein können, weil sie nicht m i t sich selbst einverständlich zusammenwirken können, sie haben vielmehr die Verfügungsgewalt über die Sache einheitlich durch die Vortat erlangt. Für Teilnehmer sei hingegen die Vortat eine fremde Tat, die ihnen keine Verfügungsgewalt über fremde Sachen einbringe. Da dogmatische Gründe der Anwendung des Hehlereitatbestandes auf Teilnehmer der Vortat nicht entgegenständen, entschieden i n diesem Bereich die kriminalpolitischen Erwägungen. Diese sprächen aber eindeutig für eine Bestrafung wegen Hehlerei: Das Gesetz sehe für gewerbsmäßige Hehlerei als Regelstrafe Zuchthaus vor, während die Gewerbs- oder Gewohnheitsmäßigkeit bei allen anderen Vermögensdelikten — Ausnahme: §§292111, 302 d und 302 e StGB — keinen Straferhöhungsgrund bilde. Es wäre nun unbillig, den, der gewerbs- oder gewohnheitsmäßig aus Straftaten herrührende Sachen ankaufe und überdies den Vortäter anstifte oder i h m helfe, m i t der milderen Strafe aus dem Tatbestand des Vermögensdelikts davonkommen zu lassen, während, wer diese zusätzliche Tat nicht begehe, Zuchthaus zu fürchten habe. Darüber hinaus fordere die Möglichkeit der Verhängung der Polizeiaufsicht und des Berufsverbots eine Auslegung, die auch den gewerbs- oder gewohnheitsmäßigen Ankäufer z. B. gestohlener Sachen als Hehler erfaßt, wenn er an der Vortat teilgenommen hat, sonst würden gleichfalls die gefährlicheren Täter besser davonkommen als die weniger gefährlichen. Die konstruktive Möglichkeit dieser Differenzierung soll nicht bestritten werden. Dennoch sind erhebliche Bedenken gegen die h. M. geltend zu machen. — Eindeutig ist die Hehlerei bei Tätern oder Mittätern der Vortat abzulehnen, und zwar gleichgültig, ob sie die Verfügungsmacht über die Beute noch haben oder nicht. Diese Personen sind i n vollem Umfange verantwortlich für die rechtswidrige Vermögensentziehung. Der Bundesgerichtshof irrt, wenn er davon ausgeht, das Gesetz mache die Beurteilung der Tat grundsätzlich von der Verfügungsgewalt über die Beute abhängig. Maßgeblich ist vielmehr, wie der Täter das Vermögen des Berechtigten beeinträchtigt. 204 So BGHSt. 3 S. 191 ff.; zustimmend H. Mayer, J Z 1953 S.86; Maurach, Β 2Τ0 5 S 376 Vgl. BGHSt. 7 S. 134 ff.; Mezger-Blei, Stub. I I S. 175 m i t weiteren A n gaben.

VIII. Sachliche Begünstigung und Hehlerei

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Erwirbt ein Mittäter den Beuteanteil eines anderen, so w i r d der Kreis der Vermögenstäter nicht erweitert, insbesondere maßt sich gerade nicht „der Dieb, der nicht angegriffen hat", die Verfügungsgewalt an, vielmehr w i r d nur der nach der Vermögensentziehung eingetretene Zustand wiederhergestellt. I n gleicher Weise haftet der Täter eines fremdnützigen Betruges in vollem Umfange für die Vermögensentziehung. Auch er maßt sich nicht die Stellung eines Vermögensentziehungstäters an der betroffenen Sache an, er ist der Vermögensentziehungstäter. Gleiches gilt für die Absatzhilfe des Mittäters und für den Rückerwerb des Vortäters vom Hehler. Nur die Ausbeutungs- oder Nutznießungstheorie könnte i n diesen Fallgruppen ohne Schwierigkeit eine Hehlerei begründen 206 . Ähnlich ist die Situation der Anstifter und Gehilfen, denen es bereits bei der Teilnahme an der Vortat um die Beteiligung an der Beute oder die weitere Unterstützung des Vortäters geht. Bei natürlicher Betrachtungsweise gehören sie zu dem Kreis derjenigen, die die Vermögensentziehung durchführen. Wenn sie auch durch die Vortat keine unmittelbare Verfügungsgewalt an der Beute der Vortat erlangen, so ist ihre Stellung doch von der des Bandenchefs, der seine Leute planmäßig einsetzt, selbst aber zu Hause bleibt, nicht grundsätzlich verschieden. Dennoch soll der verbleibende Unterschied nicht bestritten werden; daher mögen hier die kriminalpolitischen Gründe den Ausschlag geben, und der h. M. kann zugestimmt werden. 3. Einzelprobleme der sachlichen Begünstigung

— Zum Inhalt des Perpetuierungsverhaltens bei der sachlichen Begünstigung — a) Die Beistandsleistung Als Beistandsleistung kann grundsätzlich jede Förderung des Täters verstanden werden. Das Wort „Beistand" ist ein Formalbegriff, der erst durch die Nennung des Zieles eingegrenzt werden kann. Dieses Ziel des Täters besteht bei der sachlichen Begünstigung darin, dem Täter die Vorteile seiner Tat gegen eine Entziehung zugunsten des Berechtigten zu sichern. aa) Die Vorteilssicherung braucht nicht endgültig zum Erfolg zu führen 2 0 7 , denn eine Beistandsleistung liegt bereits i n jeder Förderung der Chancen des Täters, die Beute zu behalten. Die Beistandshandlung braucht auch nicht sachlich geeignet zu sein, den Tatbestandserfolg her200 207

gaben.

Vgl. dazu auch Schönke-Schröder, StGB § 259 Rn. 57. a . A . BGHSt. 2 S. 376; Frank, StGB § 257 A n m . V m i t weiteren A n -

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

beizuführen 208 , es genügt vielmehr jedes auf Beistand abzielende Verhalten 2 0 9 . bb) Zutreffend hat Bockelmann 210 betont, daß m i t der Unterscheidung von geeigneten und ungeeigneten Beistandsleistungen nur die Differenzierung von tauglichem und untauglichem Versuch wieder aufgenommen wird, die jedoch, zumindest vom Standpunkt der subjektiven Versuchstheorie, undurchführbar ist. Dann erscheint aber die Interpretation der Beistandsleistung als eines „Verhaltens m i t bloßer Hilfstendenz" allein sinnvoll, soll nicht eine endgültige Beutesicherung gefordert und dem Tatbestand damit jede Bedeutung genommen werden. — Der Ausweitung des Tatbestandes zu einem allgemeinen Unternehmenstatbestand w i r d dadurch Einhalt geboten, daß die objektiven Voraussetzungen der Begünstigung — Begehung eines Verbrechens oder Vergehens durch den Vortäter — tatsächlich vorliegen müssen. Der I r r t u m darüber, daß der Vortäter eine strafbare Handlung begangen hat, begründet einen Versuch, der jedoch straflos ist 2 1 1 . b) Die Vorteilssicherung Die Absicht des Täters muß darauf gerichtet sein, dem Vortäter die Vorteile gegen ein Entziehen zugunsten des Verletzten zu sichern. Bloße Erhaltung der Sache — der Täter verhindert die Vernichtung der Sache durch Dritte oder durch Naturgewalt —, Ermöglichung der Ziehung von Gebrauchsvorteilen — Reparatur der gestohlenen Uhr —, Verkauf oder Verzehr sind nur dann Begünstigungshandlungen, wenn damit der drohende Zugriff durch den Berechtigten vereitelt werden soll 212 . 4. Einzelprobleme der Hehlerei

a) Verheimlichen — Perpetuierungshandlungen neben der Begründung einer eigennützigen Sachherrschaftsstellung und der Absatzhilfe — Das Verheimlichen ist keine Unterart des Ansichbringens, noch eine besondere Form der Absatzhilfe, sondern eine „andersgeartete V e r w i r k lichung der Hehlerei" 2 1 3 . Auch das Verheimlichen setzt aber, das folgt 208 a. A. BGHSt. 4 S. 224 f.; Kohlrausch-Lange, StGB § 257 A n m . I V ; Mezger-Blei I, Stub. I I S. 289. 209 So auch Bockelmann y N J W 1951 S.622; Schröder, N J W 1962 S. 1038; Schönke-Schröder, StGB § 257 Rn. 20; Welzel, Lb. S. 394. 210 N J W 1951 S. 622; dazu auch Schröder, N J W 1962 S. 1038 f. 211 Vgl. auch Schönke-Schröder, StGB §257 Rn. 20; a. Α.: Vortat ist objektive Bedingung der Strafbarkeit: z.B. Bockelmann, N J W 1951 S. 623; Welzel, Lb. S. 395. 212 Vgl. Schönke-Schröder, StGB § 257 Rn. 36 m i t weiteren Angaben. 218 RGSt. 54 S. 281.

VIII. Sachliche Begünstigung und Hehlerei

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aus der Tatsache, daß es sich um eine Unterform der Hehlerei handelt, voraus, daß der Wille des Täters darauf gerichtet ist, den durch die Vortat herbeigeführten rechtswidrigen Zustand i m ausdrücklichen, stillschweigenden oder vorausgesetzten Einverständnis m i t dem Vortäter aufrechtzuerhalten. Die eigenmächtige und eigennützige Anmaßung der umfassenden Sachherrschaftsstellung über eine vom Vortäter deliktisch erlangte Sache kann Unterschlagung, nicht aber Hehlerei sein 214 . Gleiches gilt für das eigennützige Verheimlichen nach einem gutgläubigen Erwerb vom Vortäter 2 1 5 . Damit bleiben jene Sachverhalte für den Tatbestand des Verheimlichens übrig, i n denen der Vortäter dem Täter Sachen zur Aufbewahrung oder i n eine sonstige Fremdbesitzerstellung zugunsten des Vortäters gegeben hat, und deren Entziehung zugunsten des Berechtigten der Täter dadurch vereitelt oder erschwert, daß er sie vor dem Zugriff des Berechtigten verbirgt. — Sachlich handelt es sich damit aber u m Fälle der sachlichen Begünstigung, die insbesondere dann i n befriedigendem Umfange vom Tatbestand der sachlichen Begünstigung erfaßt werden, wenn als Begünstigungsabsicht bereits das Wissen um den Begünstigungseffekt verstanden wird 2 1 6 . b) Das zeitliche Verhältnis der Hehlerei zur Vortat — Der Anschluß der Perpetuierung an die Vermögensentziehung — Aus dem Wesen der Hehlerei als Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Besitzlage folgt, daß die Hehlerei an die Vermögensentziehung anknüpfen muß. Der Täter der Vermögensentziehung bringt die Sache durch Vermögensentziehung i n seine Verfügungsgewalt, nicht aber durch Hehlerei. Grundsätzlich ist daher davon auszugehen, daß die Vortat rechtlich abgeschlossen sein muß, bevor die Hehlerei begangen werden kann. Dieser Grundsatz führt aber nicht zwingend zu der Konsequenz, daß zeitlich ein Zwischenraum zwischen Vortat und Hehlerei liegen muß, auch wenn dies der Regelfall sein wird. Das, was bei natürlicher Betrachtungsweise als ein einheitlicher gleichzeitiger A k t erscheint, kann dennoch aus zwei sachlich verschiedenen, ineinander übergehenden Verhaltensweisen zusammengesetzt sein. Die Übereignung einer beweglichen Sache z.B. stellt bei natürlicher Anschauung einen einheitlichen Vorgang dar, setzt sich aber aus Ubergabe und Annahme der übereigneten Sache zusammen. Noch schwieriger zu differenzieren als bei der Übereignung einer bestimmten festen Sache ist der Vorgang 214 So auch RGSt. 54 S. 281 f.; a. A. diejenigen, die den Unterschied z w i schen Vermögensentziehung u n d Perpetuierung nicht als Gegensatz herausstellen. 215 Dazu vgl. oben S. 117 f. 216 Vgl. Schröder, N J W 1962 S. 1040 u n d oben S. 122 Anm. 104.

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

etwa bei der Übereignung von Flüssigkeiten, die durch eine Tankleitung i n den Tank des Erwerbers fließen. Doch mag das dahinstehen, denn maßgeblich ist nicht die zeitliche Aufeinanderfolge derart, daß zumindest eine logische Sekunde zwischen Vortat und Hehlerei nachweisbar ist, es genügt vielmehr, daß das Verhalten des Täters sich bei wertender Betrachtung des Gesamtgeschehens als Anschlußtat an die Vermögensentziehung durch einen anderen Täter darstellt 2 1 7 . Sachlich bedeutsam w i r d der Fall dieser zeitlich-logisch so miteinander verzahnten Vortat und Hehlerei allerdings nur bei der Unterschlagung 218 . Insofern sind die bereits dort aufgezeigten Abgrenzungskriterien auch i n diesem Bereich bedeutsam: Überall dort, wo die wertende Betrachtungsweise zu einer Bejahung mittäterschaftlicher Zueignung führt, scheidet Hehlerei eines der Mittäter aus. Dazu bedarf es nicht des Kunstgriffs, die Zueignung bereits i n der Erklärung zur Bereitschaft der Zueignung zu sehen. Wer noch nicht ausgesonderte Sachen aus einer Sachgesamtheit verkauft, manifestiert seinen Zueignungswillen noch nicht mit der Verkaufserklärung, sondern erst m i t der Aussonderung, auch wenn diese zeitlich m i t der Übergabe zusammenfällt. Der Täter, der als Verwalter eines Tanklagers pflichtwidrig über Benzin verfügt, indem er es i n einen fremden Tank pumpt, eignet sich dieses nicht schon zu, wenn er das Benzin zum Verkauf anbietet oder die Flüssigkeit i n die Leitung schießt, vielmehr erst, wenn es i n den Tank des Erwerbers fließt. Dieser A k t erweist sich nämlich zugleich als Übergabe- und Übernahmehandlung 2 1 9 . Erscheint der Empfänger des Treibstoffes bei natürlicher Betrachtungsweise als derivativer Erwerber und nicht als Täter der Vermögensentziehung, weil er gleichsam vor der Vermögenssphäre des Berechtigten zu stehen scheint und nicht i n diese einbricht, sondern darauf wartet, daß i h m etwas aus dieser Sphäre herausgegeben wird, so begeht er eine Hehlerei. Zutreffend führt Mittelbach 220 zu diesem Fall aus: „Der Ankäufer des Treibstoffes erscheint jedoch unbefangenen Beobachtern als Abnehmer der „Sore" und nicht als Mitbeteiligter an dem Betrug und der U n t r e u e . . . Der Abnehmer hat sich hier darauf letzten Endes beschränkt, die als „heiße" erkannte Ware abzuholen, um sie zu e r w e r b e n . . . " Allgemein kommt Mittelbach sodann zu der Feststellung, daß eine Bestrafung wegen Hehlerei immer möglich sei, wenn derjenige, der i m Endergebnis die Sache an sich bringt, sich auf die Abholung beschränkt, ohne sonst weiter i n das Verhalten des Vortäters „verquickt" zu sein. — Dieser Abgrenzung entsprechen die bei der Unterschlagung herausgearbeiteten Grundsätze. I h r ist zuzustimmen, 217 Vgl. auch O L G Stuttgart J Z 1960 S. 289 f.; Mezger-Blei, Schönke-Schröder, StGB § 259 Rn. 18. 218 Dazu vgl. Maurach, J Z 1960 S. 290. 219 a. A . B G H JR 1959 S. 468; Maurach, J Z 1960 S. 291. 220 JR 1959 S. 468.

Stub. I I S. 175 f.;

VIII. Sachliche Begünstigung und Hehlerei

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während die weiter von Mittelbach i n Anlehnung an den BGH vorgeschlagene Lösung, die Vortat bereits mit Bereitstellung der ausgesonderten Ware als abgeschlossen anzusehen, bestritten werden muß. Nur um die zeitliche Aufeinanderfolge von Vortat und Hehlerei zu wahren, w i r d die Vollendung der Vortat damit i n einen Zeitpunkt vorverlegt, i n dem das Vermögen des Berechtigten zwar schon gefährdet, aber noch nicht verletzt ist. Solange die Sache dem unmittelbaren Zugriff des Berechtigten weiter unterliegt, fehlt es an der umfassenden Sachherrschaftsstellung des Vortäters. c) Der Mitverzehr

von Nahrungs- und Genußmitteln

— Zur Sachherrschaftsstellung des Hehlers — Der Mitverzehr deliktisch erlangter Nahrungs- oder Genußmittel ist nach h. M. 2 2 1 kein „Ansichbringen" i m Sinne des Hehlereitatbestandes. Die Gegenansicht sieht hingegen das „Insichbringen" als die intensivste Form des ,, Ansichbringens" an 2 2 2 . M i t der hier entwickelten Auffassung, daß als Hehler zu bestrafen ist, wer sich die Stellung des Diebes einräumen läßt, ohne den diebischen Angriff ausgeführt zu haben, ist nur die h. M. vereinbar. Erforderlich ist nämlich von diesem Ausgangspunkt her, daß der Täter selbständige Verfügungsmacht über die Sache erlangt. Beim bloßen Mitgenuß oder M i t verzehr liegt zwar eine Beteiligung an den Vorteilen der deliktischen Tat vor, es fehlt aber die Erlangung selbständiger Verfügungsgewalt über die verzehrte Sache. Übergibt daher z.B. der Dieb seiner Ehefrau einen gestohlenen Braten, den sie zubereiten und m i t i h m gemeinsam verzehren soll, so ist die güterrechtliche Stellung der Ehefrau für die Frage, ob sie den Braten an-sich-gebracht hat, genauso gleichgültig wie die Frage, ob diese Gabe eine Leistung i m Rahmen des Unterhaltsanspruchs war oder nicht. Derartige Überlegungen können die Entscheidung, ob die Ehefrau de facto Allein- oder Mitverfügungsmacht oder überhaupt keine Verfügungsmacht erlangt hat, nicht beeinflussen. Wenn die Ehefrau die Sache nicht geschenkt bekommt, d.h. nicht zu ihrer beliebigen Verfügung erhält, fehlt es i h r an selbständiger Verfügungsmacht. Sie hat sich nicht die selbständige Sachherrschaft des Täters des Vermögensentziehungsdelikts angemaßt. 221 Vgl. z.B. RGSt. 55 S.281f.; B G H N J W 1952 S. 754; Frank, StGB §259 A n m . I V 2; Jagusch, L K I I §259 A n m . 4 a ; Lackner-Maassen, a . a . O . §259 Anm. 4 b ; Olshausen-Gutjahr, 11. Aufl. §259 A n m . 10 b; Schwarz-Dreher, a. a. O. § 259 A n m . 3 Β b ; weitere Angaben zur Rechtspr. bei Schönke-Schröder, StGB § 259 Rn. 27. 222 Vgl. z.B. R. v. Hippel, Lb. S. 267 Anm. 3; Maurach, B . T . S. 372; Sauer, B. T. S. 153; Schönke-Schröder, StGB § 259 Rn. 27.

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte d) Hehlerei des Gewerbegehilfen — Zur Sachherrschaftsstellung des Hehlers —

Kauft jemand als Geschäftsinhaber oder als am Gewinn eines Gewerbebetriebes unmittelbar Beteiligter eine durch ein Vermögensentziehungsdelikt erlangte Sache bösgläubig an, so erwirbt er selbständige Verfügungsmacht über diese Sache i n der Absicht, sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Die Erhöhung des Umsatzes i m Rahmen der Rentabilität des Gewerbes ist der Vermögensvorteil. — E r w i r b t hingegen ein Angestellter die Ware, so kann i m Einzelfall auch diesen die Absicht leiten, einen Vermögensvorteil zu erreichen, so ζ. B. wenn der Angestellte am Umsatz beteiligt ist, sich durch seine Eifrigkeit ein höheres Gehalt verspricht oder eine besondere Belohnung oder auch nur eine Festigung seiner Position anstrebt. Bei einem Angestellten, der gegen ein festes Gehalt angestellt ist, der keine Belohnung i n Aussicht hat, und dem es i n der Zeit der wirtschaftlichen Hochkonjunktur nicht auf eine Festigung seiner Stellung ankommt, w i r d die Absicht, sich selbst einen unmittelbaren Vermögensvorteil zu verschaffen, jedoch häufig fehlen. Zutreffend hat daher Henkel 223 ausgeführt, daß damit für das Hehlergewerbe die herrlichsten Möglichkeiten einer Arbeitsteilung eröffnet sind: „der eine kauft wissend das Diebesgut auf, jedoch nicht für sich, sondern, wie er dartun kann, als Stellvertreter des anderen, der andere aber als Geschäftsmann hält sich sorgsam fern davon, etwas zu sehen und zu erfahren" 2 2 4 2 2 5 . Die Rechtsprechung hat versucht, die hier als mißlich empfundene Strafbarkeitslücke dadurch einzuengen, daß sie den „mittelbaren" Nutzen des Gewerbegehilfen als Vorteil i m Sinne der Hehlerei ansah und meinte, jede Mehreinnahme des Geschäftsherrn diene mittelbar auch dem Interesse des Angestellten an Erhaltung und Festigung seiner w i r t schaftlichen Existenz. Entscheidend sei danach nicht, ob die Höhe der Einnahmen des Angestellten von den einzelnen von i h m getätigten Geschäften abhängig sei, sondern daß sein Arbeitgeber i n der Lage sei, den Lohn zu zahlen, wenn das Geschäft einen entsprechenden Gewinn 223

D J 1935 S. 1738. Die K r i t i k Henkels richtete sich zugleich gegen das v o m RG i n ständiger Rechtsprechung geforderte M e r k m a l der eigenen Verfügungsmacht des Täters. Dieser Streit ist m i t der allgemeinen Anerkennung der selbständigen Verfügungsmacht erledigt. 225 Auch durch § 50 a I I Ziff. 2 StGB ist die Möglichkeit dieser Arbeitsteil u n g nicht beseitigt. „Besondere persönliche Merkmale" i. S. dieses Tatbestandes sollen gerade nicht subjektive Merkmale („seines Vorteils wegen") sein, sondern die objektiven Beziehungen einer Person zu einem bestimmten Rechtsgut (d.h. Merkmale w i e z.B. Arbeitgeber, Gläubiger usw.); vgl. dazu Bockelmann, Gallas, Schafheutie, Niedersehr. 4 S. 317 ff.; Gallas, ZStW 80 (1968) S. 22; Blauth, a. a. O. S. 159 ff. 224

VIII. Sachliche Begünstigung und Hehlerei

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abwerfe. Alles, was dem Geschäftsherrn diese Möglichkeit gebe, d.h. also jede Erhöhung des Umsatzes i m Rahmen der Rentabilität des Geschäftes, sei zugleich ein Vorteil des Angestellten i m Sinne einer Sicherung seiner Gehaltsansprüche und damit seiner wirtschaftlichen Existenz 226 . — Zwar hat der Bundesgerichtshof diese Ansicht, die letztlich darauf hinauslief, jeden Erwerb für die Firma zur Begründung eines eigenen Vorteils des Angestellten genügen zu lassen, ausdrücklich eingeschränkt 227 , der sachliche Unterschied ist jedoch geringer als es den Anschein hat. Der Bundesgerichtshof führt nämlich nach Anerkennung des mittelbaren Vorteils als Vorteil i m Sinne der Hehlerei aus 228 : „Das eigennützige Ziel, einen mittelbaren Vorteil zu gewinnen, kann auch dann vorliegen, wenn ein gegen feste Bezüge angestellter Gewerbegehilfe für seinen Arbeitgeber ankauft, u m auf dem Wege über den seinem Geschäftsherrn zufließenden Gewinn eine günstige Gestaltung seines Arbeitsverhältnisses zu erreichen. Ist es nach Lage des Unternehmens unsicher, ob der Angestellte weiterbeschäftigt werden w i r d oder ob i h m die bisherigen Bezüge weitergewährt werden, oder hängt dieses etwa von den persönlichen Leistungen gerade dieses Angestellten ab, so liegt für den Arbeitnehmer ein Vorteil schon darin, daß der Unternehmer durch den Ankauf der gestohlenen Sachen i n die Lage versetzt oder doch wenigstens dazu veranlaßt wird, den Angestellten zu den bisherigen für ihn vorteilhaften Bedingungen weiterzubeschäftigen. Auch eine solche Verringerung der wirtschaftlichen Unsicherheit, die namentlich zahlreichen kurzfristig kündbaren Arbeitsverhältnissen anhaftet, ist eine günstige Gestaltung der Lebensverhältnisse und damit ein Vorteil i m Sinne des § 259 StGB." Da der Gewerbegehilfe selten günstig deliktisch erlangte Sachen ankaufen wird, weil i h m das Wohlergehen der Firma gleichgültig oder ärgerlich ist, läßt sich letztlich m i t der Ansicht des B G H fast das gleiche Ergebnis erreichen, wie es das Kammergericht offen konstruierte. Und für dieses Ergebnis besteht eindeutig ein kriminalpolitisches Bedürfnis, w i l l man der Arbeitsteilung i m Hehlergewerbe nicht hilflos gegenüberstehen. Redlicher ist es dann aber, die Erlangung eines Vorteils für einen anderen als eigenen Vorteil zu interpretieren, wenn der Täter sich m i t dem Interesse des Begünstigten solidarisch fühlt, d.h. sich i n diesem Interessenbereich m i t dem Begünstigten als Einheit sieht 229 . Diese Auslegung würde die Grenzen zulässiger Auslegung sprengen, wäre die Vorteilsabsicht Ausdruck jenes Gedankens, daß das Wesen der Hehlerei 226

So K G N J W 1953 S. 559; zustimmend O L G K ö l n N J W 1954 S. 1092 f. Vgl. BGHSt. 6 S. 59 ff.; dazu Seibert, M D R 1952 S. 732; H. J. Bruns, N J W 1954 S. 1067; Goltz, JR 1955 S. 88. 228 Vgl. BGHSt. 6 S. 60 f. 229 Eingehend dazu Welzel, J Z 1954 S. 130. 227

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

i n der Beteiligung an der Verbrechensbeute liegt. Wie ausgeführt, kommt der Vorteilsabsicht diese Bedeutung nicht zu. Das Erfordernis der Vorteilsabsicht bezweckt allein eine Einschränkung der strafbaren Hehlerei auf den ausschließlich wirtschaftlichen Bereich. Strafgrund ist die Aufrechterhaltung der rechtswidrigen Besitzlage. Dann besteht aber sachlich kein Unterschied, ob der Täter sich selbst einen Vorteil verschaffen w i l l oder jemandem, m i t dem er sich als Einheit sieht. e) Das Verhältnis des § 3701 Ziff. 5 zur Hehlerei — Konsequenzen für die Hehlerei aus der Deliktsnatur der Vortat — M i t der Begründung, das Ansichbringen einer Sache zu umfassender Verfügungsgewalt i m Rahmen der Hehlerei sei tatbestandsmäßig zugleich eine Unterschlagung, der die Hehlerei nur aus Gründen der Gesetzeskonkurrenz vorgehe 230 , w i r d eine analoge Anwendung des § 3701 Ziff. 5 StGB und auch der §§ 247, 248 a StGB vertreten, wenn ein Objekt des § 3701 Ziff. 5 bzw. wenn unter den Tatumständen der §§ 247, 248 a StGB gehehlt wird 2 3 1 . — Diese Konstruktion ist nach der hier entwickelten Auffassung ausgeschlossen. Der derivative Erwerb ist niemals Vermögensentziehung, wie sie Unterschlagung, Diebstahl usw. fordern. M i t Konkurrenzerwägungen oder der Begründung der Analogie wegen der Gleichheit der Zueignung ist demnach eine Konstruktion privilegierter Hehlereifälle ausgeschlossen. Da es jedoch i n der Tat sachlich unbefriedigend ist, denjenigen, der dem Dieb ein Brot stiehlt, wegen einer Übertretung, denjenigen, der es sich schenken läßt, wegen eines Vergehens zu bestrafen, erscheint eine Strafmaßanalogie, i n den den privilegierten Fällen der Entwendung entsprechenden Sachverhalten, angemessen232. I X . Die Problematik der Wahlfeststellung im Bereich der Vermögensdelikte — Zur Verwandtschaft der verschiedenen Vermögensdelikte miteinander — Nach inzwischen ständiger Rechtsprechnug des Bundesgerichtshofes 233, m i t der die h. M. zumindest i m Grundsatz übereinstimmt 2 3 4 , ist eine 230 Vgl. Beling, V D B V I I S. 88 f.; Schönke-Schröder, StGB §259 Rn. 67; Welzel, Lb. S. 400. 231 vgL Welzel, Lb. S. 400; Schönke-Schröder, StGB § 259 Rn. 67. 232 Vgl. auch Oellers, G A 1967 S. 17 f. 233 So bereits BGHSt. 1 S. 278; vgl. die eingehenden Ausführungen BGHSt. 9 S. 393 ff. (Großer Senat). 234 Vgl. i m einzelnen dazu Hruschka, M D R 1967 S. 267.

IX. Die Problematik der Wahlfeststellung bei Vermögensdelikten

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Wahlfeststellung dann zulässig, wenn die zur Wahl stehenden Verhaltensweisen „rechtsethisch und rechtspsychologisch gleichwertig" erscheinen. — W i r d jedoch i m einzelnen untersucht, was noch rechtsethisch und rechtspsychologisch vergleichbar erscheint, so zeigt sich sehr bald, daß die Formel von der rechtsethischen und rechtspsychologischen Vergleichbarkeit längst inhaltsleer und bloße Floskel geworden ist. Vergleichbar sollen sein: Diebstahl und Hehlerei 2 3 5 , Diebstahl und Unterschlagung 236 , schwerer Diebstahl, Unterschlagung und Hehlerei 237 , Unterschlagung und Untreue 2 3 8 , Erpressung und Diebstahl, Betrug und Erpessung, Mundraub und Hehlerei 2 3 9 , während eine Wahlfeststellung zwischen Raub und Hehlerei abgelehnt wurde 2 4 0 . Zumindest die Ablehnung der Wahlfeststellung zwischen Raub und Hehlerei muß überraschen, nachdem die rechtsethische und rechtspsychologische Vergleichbarkeit von schwerem Diebstahl, Diebstahl und Hehlerei bejaht wurde, denn die Verwandtschaft zwischen Raub und Diebstahl ist unstreitig. Die Leere der angewandten Formel muß jedoch zwangsläufig zu wenig überzeugenden Differenzierungen führen: Gerade die psychologische Verschiedenheit der einzelnen Angriffe gegen ähnliche Rechtsgüter hat zur Ausformung der verschiedenen Tatbestände geführt, so daß die rechtspsychologische Vergleichbarkeit von vornherein zweifelhaft sein muß, wenn ein Vergleich zwischen zwei verschiedenen Tatbeständen i n Rede steht. Der Rechtsethik wiederum kann entscheidende Bedeutung zukommen für die Beurteilung des Maßes der Sozialschädlichkeit einer Verhaltensweise. Die gleiche Schwere des Unrechtsgehalts soll i n diesem Bereich aber nicht wesentlich sein. Zur Feststellung wiederum, ob durch ein rechtswidriges Verhalten gleiche oder ähnliche Rechtsgüter betroffen sind, bedarf es nicht des Rekurses auf die Rechtsethik. — Nicht zufällig beschränkte daher das Reichsgericht die Wahlfeststellung auf verschiedene Ausführungsarten ein und desselben Verbrechens oder Vergehens, die keine verschiedenen Tatbestände ergeben und vom Gesetz als gleichwertig angesehen werden. Die Erörterung war beschränkt auf Alleintäterschaft oder Mittäterschaft, Einsteigen oder Anwendung falscher Schlüssel beim Diebstahl, 235 So bereits RGSt. 68 S. 252. Das RG bezeichnete seine Entscheidung aber ausdrücklich als Ausnahme v o n den v o n i h m sonst anerkannten Grundsätzen. I h m schien diese Ausnahme aber kriminalpolitisch geboten. Auch BGHSt. 1 S. 276 weist noch auf diesen Ausnahmecharakter der Entscheidung hin. Schon bald w i r d aber die Entscheidung des Reichsgerichts zitiert, als handele es sich u m eine v ö l l i g unproblematische Anwendung der v o m RG anerkannten Grundsätze; vgl. BGHSt. 1 S. 304. 236 BayObLG G A 1958 S. 370 ff. 237 BGHSt. 16 S. 184 ff. 238 O L G Braunschweig J Z 1951 S. 235. 239 I m einzelnen vgl. Maurach, A. T. S. 95. 240 BGHSt. 21 S. 152 ff.

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3. Kap. : Konsequenzen für Schutzfunktion einzelner Delikte

Verheimlichen oder Ansichbringen bei der Hehlerei 241 . Diese Entscheidungen waren m i t Erwägungen über rechtsethische und rechtspsychologische Vergleichbarkeit zu halten. Die Schwere des Unrechtsvorwurfs war gleich, die zur Wahl stehenden Verhaltensweisen auch nach der Einordnung durch den Gesetzgeber rechtspsychologisch vergleichbar. Die Ansicht des BGH 2 4 2 , rechtsethisch gleichwertig sei die Tat dann, wenn ihr i m allgemeinen Rechtsempfinden eine gleiche oder doch ähnliche sittliche Bewertung zuteil werde, psychologische Gleichwertigkeit erfordere eine einigermaßen gleichgeartete seelische Beziehung des Täters zu den mehreren i n Frage stehenden Verhaltensweisen, kann hingegen nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Zulässigkeit der Wahlfeststellung, entschiede sie sich wirklich nach der angegebenen Formel, allein abhängig wäre von der schlichten Feststellung, ob zwei verschiedene Verhaltensweisen für einen juristischen Laien noch gleiches darstellen. Geradezu typisch ist daher auch der Hinweis des Bundesgerichtshofes auf das Sprichwort: „Der Hehler ist genauso schlimm wie der Stehler." — Rechtswahrheit und Rechtsklarheit, die der Bundesgerichtshof besonders i m Zusammenhang m i t der Wahlfeststellung als Grundprinzipien des Strebens nach Gerechtigkeit herausgestellt hat 2 4 3 , sind hier nur noch i n einer Kümmerform vorhanden 244 . Die Wertung i n der Laiensphäre ersetzt die juristische Konstruktion. I m Ergebnis ist gleichwohl dem Bundesgerichtshof i n den meisten Fällen zuzustimmen, aber nicht die rechtsethische und rechtspsychologische Vergleichbarkeit ist maßgebendes K r i t e r i u m der sogenannten Wahlfeststellung 245 , sondern, das hat auch der 5. Senat des Bundesgerichtshofes einmal klar zum Ausdruck gebracht 246 , es ist die Identität des Unrechtskerns 247 . Der Unrechtskern ist jedoch bei allen Vermögensdelikten identisch, wenn man — wie es i n dieser Untersuchung geschehen ist — von einem einheitlichen Vermögensbegriff ausgeht. Die psychologische Verschiedenheit der Motivation und das äußere B i l d des Angriffs auf das Vermögen sind insofern unwesentlich. I m Ergebnis ist demnach jeweils aus dem mildesten i n Frage stehenden Vermögensdelikt zu be241

Vgl. die Nachweise BGHSt. 1 S. 128. Vgl. BGHSt. 21 S. 153. 243 BGHSt. 1 S. 278. 244 Vgl. auch Hardwig, Eb. Schmidt-Festschr. S. 484 A n m . 28. 245 Ob hier überhaupt die Konstruktion einer Wahlfeststellung nötig u n d sinnvoll ist, soll an dieser Stelle nicht entschieden werden. Vieles spricht dafür, daß die ganze Problematik sich durch den Grundsatz i n dubio pro reo besser lösen läßt. 246 Vgl. dazu BGHSt. 4 S. 340 ff. 247 Dazu Hardwig, Eb. Schmidt-Festschr. S. 484 A n m . 28; Deubner, JuS 1962 S. 23; ders., N J W 1967 S. 738; Schwarz-Dreher, a. a. O. § 2 b A n m . 3 B. 242

I X . Die Problematik der Wahlfeststellung bei Vermögensdelikten strafen 248

249

335

. Dies g i l t auch b e i der W a h l zwischen R a u b u n d H e h l e r e i .

D i e V e r u r t e i l u n g aus § 259 S t G B k a n n d e n A n g e k l a g t e n , der m ö g l i c h e r weise die Sache d u r c h e i n e n R a u b e r l a n g t h a t , i m U n r e c h t s v o r w u r f n i c h t belasten250.

248

Eingehend dazu Deubner, JuS 1962 S. 22 if. I m Ergebnis ist daher dem B G H — BGHSt. 16 S. 184 ff. — zuzustimmen, daß der Angeklagte auf G r u n d einer Wahlfeststellung zwischen Unterschlagung, Diebstahl u n d Hehlerei auf wahldeutiger Grundlage wegen U n t e r schlagung zu verurteilen ist. — Die Ansicht Hruschkas — M D R 1967 S. 269 — : Der Diebstahl scheide aus der W a h l aus, w e i l Diebstahl u n d Unterschlagung nicht gleichwertig seien, Unterschlagung und Hehlerei seien hingegen part i e l l identisch, und der Unterschlagungstatbestand gehe bei Beweisschwierigkeiten dem Hehlereitatbestand vor, k a n n nicht gefolgt werden. Schon von einer partiellen Identität zwischen diesen Delikten k a n n keine Rede sein. 250 So auch Deubner, N J W 1967 S. 738; dazu auch Daliinger, M D R 1967 S. 548; Oellers, M D R 1967 S. 506. 249

4. Kapitel

Die Struktur des strafrechtlichen Vermögensschutzes und die gesetzliche Regelung der Vermögensdelikte I. Zusammenfassung der Ergebnisse Die Darstellung der Struktur des gegenwärtigen strafrechtlichen Vermögensschutzes ist abgeschlossen. Werden die i m Laufe der Untersuchung gewonnenen Ergebnisse i n kurzen Sätzen zusammengefaßt, so ergibt sich das folgende Bild: 1. Die Normen des strafrechtlichen Vermögensschutzes bilden einen Sinnzusammenhang konkreter Einheiten, die sich zwar nicht i n das B i l d einer Begriffspyramide einfügen lassen, die aber i n einem funktionalen Zusammenhang verbunden sind. 2. Innerhalb dieses Sinnzusammenhanges konkreter Einheiten kommt den einzelnen „Bausteinen des Mosaiks" ein jeweils abgeschlossener Bereich zu, wenn auch Überschneidungen nicht immer schon logisch ausgeschlossen werden können. 3. Die Eigenständigkeit der einzelnen Deliktstatbestände begründet die Forderung nach einer Auslegung, die auf einen gegenseitigen Ausschluß der verschiedenen Tatbestände angelegt ist, und die zwangsläufig die Unterschiede zwischen den einzelnen Delikten besonders betont. 4. Dennoch bleibt die Einheit erhalten, i n deren Gefüge die einzelnen Normen stehen. Sie w i r d durch das gemeinsame Rechtsgut dieser Delikte bestimmt und dadurch, daß dieses Rechtsgut nur gegen zwei einander ausschließende, dennoch aber eng aufeinander bezogene Angriffsarten geschützt wird. — Vermögensdelikte sind auch die sogenannten Eigentumsdelikte. 5. Schutzgut aller Vermögensdelikte ist das Vermögen als gegenständlich gewährleistete Potenz der Person i m wirtschaftlichen Bereich. 6. Der Schutz eines so verstandenen Vermögens ist nicht identisch m i t bloßem Dispositionsschutz oder der Sicherung nur formeller Rechtspositionen, denn geschützt wird: a) etwas, was m i t der Person verbunden, doch von ihr trennt gedacht werden kann;

ge-

I. Zusammenfassung der Ergebnisse

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b) etwas, was i n der Sozietät als Wirtschaftsgut angesehen wird, weil es generell, wenn auch nicht notwendig i m konkreten Fall für Geld erworben werden kann. — Entscheidend für den Schutz eines Wirtschaftsgutes ist demnach nicht irgendein Geldwert, sondern der personenbezogene Wert als Gegenstand des beliebigen Gebrauchs. c) eine reale Herrschaftsbeziehung, nicht eine selbständig nicht faßbare Erwartung. — Ob eine solche sachliche Herrschaftsbeziehung vorliegt, ist eine Frage der Fakten, nicht primär des Rechts, anzuerkennen aber nur i m Rahmen des Rechts. 7. Die aus der Abgrenzung zur bloß formellen Rechtsbeeinträchtigung und zum Dispositionsschutz gewonnene Einsicht, daß es sich bei dem Vermögensschutz um die Sicherung realer Herrschaftsbeziehungen i m Rechtsraum handelt, ist für die Auslegung der einzelnen Tatbestände von weitreichender Bedeutung. Ihre Beachtung führt ζ. B. beim Diebstahl zur Korrektur der i m Anschluß an das sogenannte rationale Naturrecht i n den Deliktstatbestand hineininterpretierten sachwidrigen Betonung des rechtlichen Moments — Eigentumsrecht — und verhindert ζ. B. beim Betrug die Ausdehnung dieses Delikts i n den Bereich von Hoffnungen und Erwartungen auf Vermögenserwerb. 8. Der auf den Schutz realer Herrschaftsbeziehungen i m gegenständlichen Bereich beschränkte Vermögensschutz ist nicht m i t der Sicherung irgendwelcher Geldsummen zu rechtfertigen oder zu erklären. Er dient, wie jeder Strafrechtsschutz i m Rechtsstaat, der Sicherung der Entfaltung der Persönlichkeit des einzelnen Rechtssubjekts innerhalb der Rechtsgesellschaft. 9. Der Herrschaftswille des individuellen Vermögensträgers eint die einzelnen Vermögensgegenstände i n einer personal strukturierten Einheit, dem wirtschaftlichen Gesamtpotential der Vermögensperson. — Dieses Gesamtpotential ist gemindert, wenn das Vermögen ζ. B. m i t einer Forderung belastet wird. 10. Reale Minderung der gegenständlich gewährleisteten Potenz der Person i m wirtschaftlichen Bereich durch rechtswidrige Entziehung und die Aufrechterhaltung einer durch Vermögensentziehung geschaffenen rechtswidrigen Vermögenslage sind die Arten der rechtswidrigen Angriffe, gegen die das Vermögen — wenn auch nicht umfassend — strafrechtlich geschützt wird. — Eine weitere Angriffsart, ζ. B. die Beteiligung an Vorteilen, die aus einem Vermögensdelikt stammen, ist nicht als strafwürdig anzuerkennen. 22 O t t o

338

4. Kap. : Die Struktur des strafrechtlichen Vermögensschutzes

11. Innerhalb der Vermögensentziehungsdelikte sind bloße Vermögensentziehungen und Vermögensentziehungen, die auf Bereicherung des Täters gerichtet sind, zu unterscheiden. a) Bereicherung ist die Vergrößerung der gegenständlich gewährleisteten Potenz einer Person i m wirtschaftlichen Bereich, i n der Absicht, die erlangte Position wirtschaftlich zu nutzen. b) Die Zueignung ist ein Spezialfall der Bereicherung, nämlich die Bereicherung u m die umfassende Herrschaftsmacht über eine Sache, die einem anderen gehört. c) Bei den m i t Bereicherung verbundenen Vermögensentziehungen muß die Bereicherung dem entzogenen Vermögen entsprechen. — Der Vermögensschaden des Opfers ist die Kehrseite der Bereicherung des Täters. d) Eine durch irgendein Gewinnstreben motivierte Vermögensschädigung begründet kein Bereicherungsdelikt i n dem hier gemeinten Sinn. e) Bloße Vermögensentziehungsdelikte sind ζ. B. Sachbeschädigung, Untreue und Schiffsgefährdung durch Konterbande. Als Bereicherungsdelikte sind ζ. B. Unterschlagung, Diebstahl, Betrug und Erpressung einzuordnen. 12. I m Gegensatz zur Vermögensentziehung steht die Perpetuierung einer rechtswidrigen Vermögenslage: Sicherung, derivativer Erwerb und Hilfe bei der wirtschaftlichen Nutzung der durch ein Vermögensentziehungsdelikt geschaffenen rechtswidrigen Vermögensposition erscheinen als strafwürdige Vermögensbeeinträchtigungen neben den Vermögensentziehungen. — Perpetuierungsdelikte sind: sachliche Begünstigung, Hehlerei und fahrlässige Hehlerei.

II. System-, Problem- und Strukturdenken im Bereich des strafrechtlichen Vermögensschutzes Wiederholt wurde i m Laufe der Untersuchung darauf hingewiesen, daß die Normen des strafrechtlichen Vermögensschutzes weder ein lückenloses System bilden, noch aus einem einzigen abstrakten Oberbegriff deduziert werden können. Gezeigt wurde aber auch, daß die historisch gewachsenen Tatbestände des Vermögensstrafrechts nicht isoliert und zueinander beziehungslos entstanden sind, daß sie vielmehr eine Einheit bilden. Schon die wechselseitige Erhellung von Teil und Ganzem läßt hier kein neutrales Beieinander zu, sondern führt notwendig zu einem gegenseitigen Bestimmen.

II. System-, Problem- und Strukturdenken

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Sollte es gelingen, den einheitlichen Begründungszusammenhang i n der Vielheit der einzelnen Problemlösungen aufzuweisen und erkennbar zu machen, welcher funktionale Zusammenhang zwischen den verschiedenen Normen des Vermögensstrafrechts trotz historisch unterschiedlicher Entwicklung und Ausgestaltung der einzelnen Delikte besteht, so konnte weder ein axiomatisches Systemdenken noch eine wahlweise Erörterung aktueller Probleme i m Rahmen der Vermögensdelikte die Untersuchung weiterführen. I n einem Zusammenhang, der nicht nur System von Funktionen ist, sondern System von Systemen, gibt es „keine durchgängige Determination und Erklärbarkeit, die alles auf dieselben Grundbegriffe und Kategorien zurückbringen ließe und Wissenschaft als einen einheitlichen, einsinnigen und univoken Deduktionsprozeß erlaubte" 1 . Gleichfalls ausgeschlossen ist aber ein jeweils ausschließlich auf die Erörterung einzelner Probleme ausgerichtetes Verfahren. Der Gedanke der Einheit der Rechtsordnung, die als Ganzheit nicht realiter existiert, jedoch i n jeder Rechtsanwendung notwendig mitgedacht ist, soll überhaupt noch von Ordnung gesprochen werden können, bliebe dabei unberücksichtigt 2 . Sachgemäß ist hier allein ein „anschmiegendes Entlangwandern an der gegliederten und vielfach verschlungenen Struktur des Gegenstandes" 3 , d. h. ein Verfahren, das Nicolai Hartmann als dialektische Methode bezeichnet hat 4 . Die Richtigkeit der Wahl des Ausdrucks und die Frage, ob „dialektisches Verfahren" rein gedankliche Konstruktion, nicht aber deskriptives, begriffliches Erfassen eines Gegenstandes bedeutet, mag hier dahinstehen 5 , denn soviel ist i n diesem Zusammenhang nur wesentlich, daß es nämlich u m ein Denken i n der Kategorie der Struktur geht. Es handelt sich um eine Methode, die sich des Spannungsverhältnisses zwischen System- und Problemdenken bewußt und auf seinen Ausgleich i n der konkreten Problemlösung zugeschnitten ist. I h r muß es, wie Esser 6 treffend bemerkt hat, nicht darauf ankommen, „daß die einzelnen Normen auseinander ableitbar sind, sondern daß sie miteinander vereinbar sind". Es ist demnach nicht mehr ein Denken i m Bilde der Puchtasehen Begriffspyramide, die hier nur nach vorn offen vorgestellt wird, sondern ein Denken i m Bilde eines Spannungsfeldes. Nicht ein System steht i n Rede, sondern eine sinnvolle Ordnung von Ordnungen, d.h. die Entfaltung eines Zusammenhanges von Funktionssystemen, die als solche durchaus axiomatisch aufgebaut sein, jedoch nicht vom Gesetzgeber w i l l kürlich nebeneinander gesetzt werden können. Es findet keine bloße 1 2 3 4 5 6

22*

Rombach, I S . 21. Vgl. dazu oben S. 17 f. u n d eingehend: Otto, ARSP 55 (1969) S. 497 f. N. Hartmann, a. a. O. S. 384 f. Dazu vgl. Roxin, Täterschaft S. 580. Dazu vgl. Roxin, Täterschaft S. 580 A n m . 3. StudGen. 12 (1959) S. 104; dazu auch Friedrich Müller, a. a. O. S. 57 f.

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4. Kap. : Die Struktur des strafrechtlichen Vermögensschutzes

Häufung von Problemen und Lösungen, die isoliert nebeneinander stehen, statt. Das wäre ein A k t der Verständnislosigkeit, die schon verdeckte, warum ein Problem überhaupt als Problem in das Blickfeld gerät. Problematisch erscheint etwas erst und allein durch die Frage, wie eine Entscheidung zu anderen Entscheidungen des Wissensgebietes steht, und wie sie sich i n den Kanon der verwandten Entscheidungen einfügt 7 . Jeder Gegenstand innerhalb der Regelungsmaterie w i r d dementsprechend bereits unter einem bestimmten Kreis von Erwartungen beurteilt, und erst das Ausbleiben einer Erwartung führt — nimmt man dieses Ausbleiben nicht nur als Ausnahme hin — zu der Erkenntnis, daß hier ein Problem vorliegt. I n der Lösung dieses Problems w i r d der i m Vorverständnis als unartikulierte Ganzheit erfaßte Ableitungszusammenhang differenziert und dabei stets erneut i n Frage gestellt. Der Prozeß der Erlangung eines derartigen Wissens ist Methode als systematisches Vorgehen, denn i n jeder Sacherfahrung liegt zugleich eine Erfahrung über die Möglichkeit der Erlangung der Erfahrung und damit der Hinweis sowohl auf die Qualität des beschrittenen Weges als auch auf seine weitere Richtung 8 . Daß diese Methode als systematisch zu bezeichnen ist, obwohl sie nicht auf die Errichtung eines axiomatisch-deduktiven Systems angelegt ist, sondern auf Ausweisung eines einheitlichen Begründungszusammenhanges i n einer Vielheit von Erscheinungen, kann keinem Zweifel unterliegen 9 ' 1 0 . Diese Methode, die i n jeder Problemlösung der Erhellung der Selbständigkeit eines „Bauelementes" innerhalb einer vorhandenen Ordnung dient, muß notwendig jeweils die innere Verbundenheit der einzelnen Normen und zugleich ihre Eigenständigkeit i n dem ihnen i m Gegensatz zu anderen Normen zukommenden Anwendungsbereich herausstellen, falls die betroffenen Normen überhaupt eine Einheit bilden. Da dieses am Ausgangspunkt der Untersuchung i n Frage stand, waren drei verschiedene Ergebnisse der Untersuchung theoretisch denkbar. Es hätte sich herausstellen können, daß die Normen des strafrechtlichen Vermögensschutzes überhaupt keine Einheit bilden, es hätte sich aber auch erweisen können, daß der strafrechtliche Vermögensschutz eine höchstens ergänzungsbedürftige, i n sich jedoch mangelfrei strukturierte Ordnung verschiedener Ordnungen ist oder aber, daß eine Einheit zwar 7

Hierzu vgl. Salomon, a. a. O. S. 74 ff. ; Betti, a. a. O. S. 432 ff. Eingehend dazu Rombach, Frage S. 188 ff. 9 Dazu vgl. Engisch, ZStW 69 (1957) S. 600; Jonas, StudGen. 10 (1957) S. 88 ff.; Stammler, Lehre S. 95; Kretschmar, a. a. O. S. 40 ff.; Buschendorf, a. a. O. § 50. 10 Insofern handelt es sich bei der vorliegenden Untersuchung u m die praktische Erprobung der i n ARSP 55 (1969) S. 508 ff. theoretisch entwickelten Methode. 8

II. System-, Problem- und Strukturdenken

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nachweisbar ist, die einzelnen „Bausteine des Systems" jedoch der K o r rektur bedürfen. 1. Ohne jeden inneren Zusammenhang wären die Normen des strafrechtlichen Vermögensschutzes, wenn der Vermögensschutz nur i m Rahmen des Schutzes anderer Rechtsgüter, gleichsam nebenbei, erfolgte. Hätte sich herausgestellt, daß ζ. B. Betrug und Erpressung dem Schutz von Treu und Glauben i m Geschäftsverkehr dienen, Unterschlagung und Diebstahl hingegen grundsätzlich die Verletzung formeller Rechtspositionen unter Strafe stellen, so würde durch diese Normen i m Einzelfall auch einmal dem Vermögen einer Person Schutz gewährt, von einem inneren Zusammenhang zwischen diesen Normen, der gerade durch den Gedanken des Vermögensschutzes geprägt wird, könnte aber keine Rede sein. 2. Ein geradezu ideal strukturierter Vermögensschutz wäre nachgewiesen worden, wenn sich gezeigt hätte, daß die Vermögensdelikte eine aus einer Vielheit gebildete Einheit bilden, wobei die einzelnen Elemente zwar i m Hinblick auf die höhere Ordnung streng gefügt sind, sich selbst jedoch ohne Überschneidung auf einen eigenen, geschlossenen Anwendungsbereich erstrecken. 3. Keine dieser beiden Möglichkeiten hat sich realisiert. Die Normen des geltenden Vermögensstrafrecht werden weder zufällig, ohne jeden Sachgrund unter der Bezeichnung Vermögensdelikte zusammengefaßt, wenn auch einzelne hier üblicherweise eingeordnete Delikte nicht i n diesen Kreis gehören, noch bilden sie eine ideale Einheit. Zwar besteht ein innerer Zusammenhang zwischen den einzelnen Vermögensdelikten, doch ist gegenwärtig der Blick für diesen Zusammenhang dadurch getrübt, daß die einzelnen Normen zu isoliert voneinander ausgelegt werden und daß auch der Gesetzgeber sich der umfassenden Bedeutung einzelner Normen nicht immer bewußt wurde, weil versäumt wurde, das gemeinsame Element aller dieser Normen i n den M i t telpunkt von Gesetzgebung und Gesetzesauslegung zu stellen. I m Mittelpunkt jedes Vermögensschutzes steht die Person, wie sie i n der W i r k lichkeit sozialer Beziehungen m i t anderen Menschen lebt, nicht aber als abstrakt gedachtes Individuum, auf das das römische Privatrecht und ihm folgend die Pandektenwissenschaft ausgerichtet waren, und das i n Gestalt des homo oeconomicus beim Schutz des Vermögens als abstrakter Geldsumme nach wie vor Maßstäbe setzt. Einzelne Tatbestände bedürfen demgemäß der Korrektur, wobei zugleich die seit Inkrafttreten des Gesetzes erfolgte Entwicklung der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen ist. Obwohl die Grundentscheidungen i m Bereich des Vermögensschutzes nicht geändert wurden, fand nämlich

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4. Kap. : Die Struktur des strafrechtlichen Vermögensschutzes

eine Akzentverschiebung statt, die durchaus treffend m i t Schlagworten wie: „Vom Kapital zur Arbeit" oder „ V o m Eigentümer zum Benutzer" charakterisiert worden ist 1 1 . I I I . Dogmatische Folgerungen de lege ferenda 1. Struktur des Vermögensschutzes und Gesetzesreform

Bezogen auf das geltende Recht hat die Untersuchung der Struktur des strafrechtlichen Vermögensschutzes das gemeinsame Schutzobjekt der Vermögensdelikte umrissen, die Prinzipien des strafrechtlichen Vermögensschutzes aufgewiesen und — folgt man der Argumentation auch i m einzelnen — eine Tatbestandsauslegung ermöglicht, die i n einer Reihe von streitigen Problemstellungen zu m. E. überzeugenden Lösungen führt, i m übrigen aber die Grenzen der Leistungsfähigkeit und der Zweckmäßigkeit einzelner Tatbestandsmerkmale deutlich werden läßt. — Z u fragen bleibt jedoch, welche Bedeutung der Untersuchung darüber hinaus zukommt, insbesondere welche Bedeutung die Kenntnis der Struktur des Vermögensschutzes des geltenden Rechts über die Erhellung der Problematik zur Zeit streitiger Fallgestaltungen hinaus hat. Kann der berühmte Federstrich des Gesetzgebers die Ergebnisse der Arbeit zu historisch mehr oder minder interessanten Überlegungen machen, die für das dann geltende Recht keine Beachtung mehr verdienen? Theoretisch denkbar wäre ein solcher Federstrich des Gesetzgebers durchaus. Zwar würde es die Untersuchung nicht berühren, wenn einzelne Delikte neu gefaßt, aus dem Gesetz entfernt oder andere Tatbestände i n das Gesetz aufgenommen würden. Die Eigenständigkeit der einzelnen i n das System eingefügten Bauelemente würde Auswirkungen von grundsätzlicher Bedeutung verhindern, denn „Struktur ist zwar eine Gestalt von Einheit, aber eine solche, die der Vielheit nicht widerspricht; sie ist Ordnung von Ordnungen, doch so, daß die Subordination nichts erzwingt" 1 2 . — Anders wäre es aber, wenn der Gesetzgeber sich entscheiden würde, den Schutz gegen rechtswidrige Vermögensentziehungen allgemein zu versagen oder die Aufrechterhaltung der durch rechtswidrige Vermögensentziehung geschaffenen Vermögenslagen nicht mehr unter Strafe zu stellen. Für derart radikale Maßnahmen des Gesetzgebers sind aber derzeit keine Anhaltspunkte gegeben. Sie setzten voraus, daß rechtswidrige Vermögensentziehung und Perpetuierung einer rechtswidrigen Vermögenslage nicht mehr als sozial schädliche 11 12

Vgl. dazu auch Valkhoff, Rombach, I S . 21.

a. a. O. S. 224 ff.

III. Dogmatische Folgerungen de lege ferenda

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Verhaltensweisen angesehen würden, weil dem Einzelnen überhaupt keine eigene Herrschaftsposition i m gegenständlichen Bereich zugestanden würde. Akzentverschiebungen infolge der Weiterentwicklung der Sozialbindung des Eigentums und damit die Tendenz der Entwicklung der Vermögensposition vom Eigentümer zum Benutzer sind hingegen i n der Untersuchung bereits eingehend berücksichtigt worden. Ihnen entsprechen ζ. B. die Lösung der sogenannten Eigentumsdelikte vom zivilrechtlichen Eigentumsbegriff und die Anerkennung des Besitzes als Vermögensgut. — Auch die Einfügung eines weiteren Strafgrundes — ζ. B. Beteiligung an der Verbrechensbeute — könnte den Wert der gefundenen Ergebnisse nicht mindern, wenn es auch sehr zweifelhaft erscheint, daß diese Ausdehnung des Strafrechtsschutzes zu rechtfertigen ist. Wo überhaupt ein Strafbedürfnis i n größerem Umfange aufgetreten ist, läßt es sich durch die vorhandenen Normen befriedigen, wenn man der richtigen Geldtheorie folgt. Darüber hinaus ist die Notwendigkeit eines weiteren Strafgrundes nicht einmal andeutungsweise nachgewiesen worden. Der Gesetzgeber hat aber die volle Beweislast auch für die Notwendigkeit einer neuen, den Vermögensschutz grundsätzlich erweiternden Regelung. Realistischer als die Möglichkeit der Versagung des Strafrechtsschutzes gegen Vermögensentziehungen und bestimmte Arten der Perpetuierung rechtswidriger Vermögenslagen ist i m Augenblick — zumindest i n einem Teilbereich: Betrug, Erpressung — die gesetzliche Zementierung des Schutzes bloßer Geldwerte derart, daß nur der Gesamtgeldwert eines Vermögens geschützt würde 1 3 . Doch gerade i n diesem Fall würden die Ergebnisse der Untersuchung ein besonderes Gewicht erhalten. Sie brauchten den Vergleich m i t der neuen Regelung nicht zu scheuen, denn sie würden sich als einem modernen Straf recht mehr gemäß erweisen: Die Tendenz zum Schutz der Entfaltung der Persönlichkeit des konkreten Rechtssubjekts bestimmt die allgemeine Rechtsentwicklung, und zwar nicht nur i m Vermögensstrafrecht und nicht nur i m Geltungsbereich des deutschen Strafgesetzbuches. Dieser Entwicklung muß sich ein moderner Gesetzgeber stellen, ihr kann er nicht durch die Flucht i n die Welt des homo oeconomicus mittlerer A r t und Güte ausweichen. Auch das Vordringen generalisierender Betrachtungsweisen i m Handelsrecht und i m zivilrechtlichen Schadensersatzrecht deuten i n keine andere Richtung. Hier werden lediglich aus der Austauschbarkeit zahlloser Güter und der Notwendigkeit des Ausgleichs von eingegangenem 13 Zuletzt hat Noll — SchweizZStr. 1968 S. 338 ff. — wiederum nachzuweisen versucht, daß diese Lösung die vernünftigste sei. Seine Argumentat i o n ist aber durch die Gegenüberstellung: Rechtsschutz v o n Formalien — Schutz v o n Geldwerten, die so nicht existiert, bestimmt.

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4. Kap. : Die Struktur des strafrechtlichen Vermögensschutzes

Risiko und Gewinn notwendige Konsequenzen gezogen. I m übrigen aber zeigt die Entwicklung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und die Forderung nach einem besonderen strafrechtlichen Schutz der Arbeitskraft, die m i t den Mitteln des Vermögensstrafrechts nicht ihrer Bedeutung gemäß zu schützen ist, das Vordringen personaler Elemente. Z u überlegen ist allerdings, ob nicht schon die Grunddelikte des Vermögensstrafrechts auf wenige, umfassender ausgestaltete Straftatbestände beschränkt werden sollten. Sowohl der Grundsatz der Rationalität des Strafrechtsschutzes, wie auch eine vielleicht nach k r i m i nologischen Erkenntnissen sinnvolle Hinwendung vom Tatstrafrecht zum Täterstrafrecht könnten für diese grundsätzliche Beschränkung der Deliktstatbestände sprechen. Erörterungswürdig wäre z.B. die Schaffung eines einzigen Vermögensentziehungsdelikts — wer das Vermögen eines anderen rechtswidrig m i n d e r t . . . — oder zumindest eines einzigen Sachverschaffungsdelikts — wer sich rechtswidrig um eine fremde Sache bereichert... —. Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß der Sachwerttheorie die Tendenz zu einem umfassenden Besitzschutz eigen ist. Läßt man nun m i t Lüderssen als subjektive Tatbestandsvoraussetzung der §§ 242, 253, 255, 263 StGB den Enteignungsvorsatz genügen 14 — gleiches müßte für § 246 StGB gelten —, so gewähren diese Tatbestände, wenn noch § 303 StGB i n die Betrachtung einbezogen wird, einen umfassenden Schutz der Sachherrschaft. Der Schritt zu einem einzigen Sachherrschaftsdelikt scheint geradezu geboten. Zuzugeben ist, daß die Ausdehnung und Ausbreitung der Sachwerttheorie i n der Tat ein Zeichen dafür ist, daß ein Bedürfnis nach einem umfassenderen Besitzschutz besteht, als ihn das geltende Recht gewährt. Man mag dieses bedauern, zweckmäßig erscheint es aber, dieser Entwicklung durch die Schaffung eines eigenen Tatbestandes Rechnung zu tragen, und zwar nicht, weil ein absoluter Besitzschutz nötig erscheint, sondern damit der Strafrechtsschutz sinnvoll auf sozial unerträgliche Arten der Besitzanmaßung beschränkt werden kann. I n diesem engen Bereich wäre es gerechtfertigt, die Differenzierung nach der Angriffsart zu vernachlässigen, w e i l nicht die Anmaßung des Fremdbesitzes durch bestimmte M i t t e l schlechthin unter Strafe zu stellen wäre, sondern nur jene Anmaßung, die einen erheblichen Schaden des Berechtigten zur Folge hat. Die Begrenzung auf die Fälle absichtlicher Schädigung, wie sie § 251 des E 1962 vorsieht, dürfte aber noch nicht als beste Lösung erscheinen, soll vor allen Dingen der Ausdehnung des Diebstahltatbestandes durch Anwendung der Sachwerttheorie wirksam begegnet werden 15 . 14 15

Vgl. G A 1968 S. 277; nicht ganz so w e i t geht Lampe, G A 1966 S. 241 f. Dazu vgl. auch Schaff stein, G A 1964 S. 102; Wessels, JZ 1965 S. 635 f.

III. Dogmatische Folgerungen de lege ferenda

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Über diese Vereinheitlichung hinaus wäre aber die Schaffung eines umfassenden Tatbestandes kaum m i t dem Gedanken der Rationalität strafrechtlichen Vermögensschutzes zu begründen 16 . Die rechtswidrige Zueignung von Sachen, die dem Täter nicht gehören, i n einem einzigen Tatbestand zu erfassen, führt nicht sonderlich weit. Erpressungs- und Betrugstatbestand würden nicht überflüssig, da sie i n ihren Objekten nicht auf fremde Sachen beschränkt sind. Die Zusammenfassung von Diebstahl und Unterschlagung i n einem Tatbestand bliebe übrig, doch würden damit nur die einzelnen Merkmale dieser beiden Tatbestände in einem einzigen Tatbestand aneinandergereiht. Auch dies ist kein Gewinn. — Würde hingegen die rechtswidrige Minderung fremden Vermögens allgemein i n einem einzigen Tatbestand unter Strafe gestellt, so wäre der strafrechtliche Vermögensschutz zweifellos vereinfacht, doch um einen kaum erträglichen Preis. Nicht jede rechtswidrige Vermögensentziehung ist auch strafwürdig. Die Grenzen der sozialen Erträglichkeit einer Verhaltensweise können nicht allein nach dem Wert des betroffenen Vermögensgutes bestimmt werden. Maßgeblich ist vielmehr eine Gesamtwürdigung aller Umstände eines Geschehens. So mag z.B. die Besitzanmaßung strafwürdig erscheinen, wenn sie mit einem Gewahrsamsbruch verbunden ist. Die Strafwürdigkeit einer Besitzanmaßung, z.B. des Entleihers, der eine Sache nicht zum ausgemachten Termin zurückgibt, ist demgegenüber m i t guten Gründen zu bestreiten. U m überhaupt Klarheit über das jeweils bestrafte und strafwürdige Verhalten zu erlangen, ist es daher nötig, die Konturen der einzelnen Tatbestände so scharf wie möglich zu fassen und jedem Versuch, einander nur ähnelnde Verhaltensweisen i n einem einzigen Tatbestand zusammenzufassen, entgegenzutreten. Wenn z.B. — um nur ein einziges Beispiel zu nennen — Bockelmann 17 überzeugend begründen konnte, daß der sogenannte Betrug, verübt durch bloßes Schweigen, der Typik des Betruges soweit entfernt ist, daß es unrichtig erscheint, ihn unter den Tatbestand des § 263 zu subsumieren, so setzte diese Argumentation einen bereits sehr weit ausdiskutierten Betrugstatbestand voraus. Vor dem Hintergrund eines allgemeinen Vermögensentziehungsdelikts wäre die mangelnde Strafwürdigkeit dieser Fallgruppe kaum ins Auge gefallen. U n d auch der Gedanke eines Täterstrafrechts würde durch die Konstruktion eines umfassenden Vermögensentziehungsdelikts nicht gefördert. Die Verschiedenheit der Tatbestände ist gerade das Ergebnis der ursprünglich mehr täterbetonten Betrachtungsweise, denn das Strafrecht pflegt i n seinen Anfängen von einem K e r n anschaulicher kriminologischer Typen auszugehen. Zwar ist es nicht möglich, fern jeder 16 17

Vgl. dazu auch Kohlrausch bei Gürtner, B. T. S. 474 f. Vgl. Eb. Schmidt-Festschr. S. 437 ff. ; dazu vgl. auch oben S. 94 Anm. 22.

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4. Kap. : Die Struktur des strafrechtlichen Vermögensschutzes

begrifflichen Abstraktion, die immer über den als typisch vorgestellten Regelungssachverhalt hinausgeht, die Tätertypen zu erfassen, und insofern ist jede Tatbestandsfassung, soll sie dem Grundsatz „ n u l l u m crimen sine lege" entsprechen, kriminologiefern. Doch ist durchaus nachweisbar, daß die Lösung von den Täterbildern und die Hinwendung zum Tatbild nicht jede Verbindung zum Täterbild zerstört hat. Die täterbedingte Verschiedenheit einzelner Delikte kommt ζ. B. zum Vorschein, wenn die Kriminalstatistik konstant bei schwerem Diebstahl einen hohen Anteil jugendlicher Täter (1965: 33,9%) und verhältnismäßig wenige weibliche Täter (1965: 2,6%) ausweist, bei Unterschlagung und Betrug hingegen eine geringe Zahl jugendlicher Täter (1965: 20,2 % bzw. 19,8 %). Gewahrsamsbruch und Ausnutzung fremden Vertrauens sind offenbar Verhaltensweisen, die grundsätzlich verschiedene Tätertypen ansprechen, wenn diese Differenzierung auch nur i m Kernbereich der Delikte nachweisbar ist, während i n Grenzfällen — z.B. beim Trickdiebstahl — Überschneidungen vorkommen. Dennoch ist die Kenntnis der Typik der ursprünglichen Regelungsmaterie ein wesentliches Element für die Auslegung. Verallgemeinerung der tatbestandlichen Voraussetzungen hieße i n diesem Deliktsbereich nicht Vereinfachung der Problemstellungen, sondern sachwidrige Verfiachung und sinnwidrige Ausdehnung des strafrechtlichen Vermögensschutzes, soll nicht das Tatstrafrecht überhaupt beseitigt werden zugunsten eines Maßnahmesystems gegen asoziale, überdurchschnittlich egoistische oder sozial hilflose Personen. Diese Umwandlung des Strafrechts steht jedoch nicht zur Erörterung, und so sinnvoll es erscheint, eine Differenzierung nach der genannten Einstellung zur Sozietät i m Strafvollzug durchzuführen, sie auch an die Stelle der derzeitigen Rückfall- und Gewohnheitsverbrecherregelungen treten zu lassen 18 , i m Bereich der Grundtatbestände des Vermögensstrafrechts ist sie unangemessen. Das kann hier nur angedeutet werden, denn die Problematik der Ausformung und die Frage der Notwendigkeit qualifizierter Vermögensverbrechen, die ohne Zweifel i n weitem Rahmen reformbedürftig sind, geht über das Thema der Untersuchung hinaus. Gleiches gilt für die Erörterung einer allgemeinen Reform des Wirtschaftsstrafrechts. Die notwendige Reform dieses Rechtskreises kann sich nicht allein auf tatbestandliche Korrekturen erstrecken. I m Gegenteil, die zeitgemäß, d. h. von der Person des Vermögensträgers, nicht dem Handelswert des Objekts her ausgelegten Tatbestände des Kriminalrechts erfassen vortrefflich das i n Frage stehende Verhalten ζ. B. jener Täter, die ihre Opfer besonders i n wirtschaftlich schwachen Bevölkerungskreisen suchen, die aber von der h. M. nicht als Betrüger angesehen werden können — Verkauf einer Schreibmaschine an Stelle der Erteilung eines Auftrages für Schreibarbeiten —. Solange aber nicht 18

Dazu Geerds, Hückfallkriminalität S. 40 ff.

III. Dogmatische Folgerungen de lege ferenda

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Strafverfolgung, Ausbildung der Strafverfolgungsorgane und Verbrechensprophylaxe reformiert sind, werden die Erfolge i n der Bekämpfung der Verbrechen i n diesem Bereich gering bleiben 19 .

2. Vorschläge zur Gesetzesreform

Die Untersuchung kann infolge des begrenzten Themas nicht Grundlage für die Neugestaltung qualifizierter Vermögensentziehungsdelikte oder eine Reform des gesamten Wirtschaftsstrafrechts sein. Da i m übrigen Übernahme oder Einschränkung jener Vermögensentziehungsdelikte, die nicht zum sozusagen klassischen Bestand des Vermögensstrafrechts gehören, weitgehend von Zweckmäßigkeitserwägungen bestimmt sind, deren tatsächliche Voraussetzungen hier nicht erarbeitet wurden, können Reformvorschläge nur zu den klassischen Vermögensdelikten gemacht und damit die Konsequenzen de lege ferenda aus der Arbeit gezogen werden: Unterschlagung Wer eine bewegliche Sache, die ihm nicht gehört, einem anderen durch rechtswidrige Zueignung entzieht,... Diebstahl Wer eine bewegliche Sache, die i h m nicht gehört, einem anderen wegnimmt und sich rechtswidrig zueignet,... Betrug Wer jemanden durch Täuschung zu einer vermögensschädigenden Übertragung von Vermögensgütern bestimmt, um auf diese Weise sich oder einen anderen rechtswidrig zu bereichern,... Erpressung Wer jemanden m i t Gewalt oder durch Drohung m i t einem empfindlichen Übel zu einer vermögensschädigenden Übertragung von Vermögensgütern bestimmt, um auf diese Weise sich oder einen anderen rechtswidrig zu bereichern,... Untreue Wer verpflichtet ist, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, ist wegen Untreue strafbar, wenn er die i h m eingeräumten Möglichkeiten, über fremdes Vermögen rechtsgeschäftlich zu verfügen, mißbraucht oder die i h m obliegende Vermögensverwaltung oder Kontrolle einer Vermögensverwaltung unterläßt oder pflichtwidrig ausübt, so daß dem Berechtigten ein Vermögensschaden entsteht. 19

Dazu Geerds, K r i m . 1968 S. 356 ff.

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4. Kap. : Die Struktur des strafrechtlichen Vermögensschutzes Besitzanmaßung

Wer einem anderen den Besitz an einer Sache rechtswidrig entzieht und dadurch dem Berechtigten einen erheblichen Vermögensschaden zufügt,... Sachbeschädigung Wer eine Sache, die einem anderen gehört, beschädigt oder zerstört,... Sachliche Begünstigung Wer nach Begehung eines Vermögensdelikts dem Täter oder Teilnehmer dadurch Hilfe leistet, daß er i h m die Vorteile der Straftat gegen eine Entziehung zugunsten des Berechtigten sichert,... Hehlerei Wer eine durch ein Vermögensdelikt dem Berechtigten entzogene Sache ankauft oder an sich bringt, absetzt oder ihren Absatz unterstützt, u m sich einen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen,... Bei Geld ist Absatz 1 auch anzuwenden, wenn an Stelle des strafbar erlangten Geldes anderes Geld getreten ist.

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