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German Pages 242 Year 2007
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1049
Die staatliche Festsetzung der Rundfunkgebühr Rechtliche Kriterien und Grenzen der Gestaltungsmacht der Länder im Verfahren zur Festsetzung der Rundfunkgebühr
Von
Tobias Scheel
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
TOBIAS SCHEEL
Die staatliche Festsetzung der Rundfunkgebühr
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1049
Die staatliche Festsetzung der Rundfunkgebühr Rechtliche Kriterien und Grenzen der Gestaltungsmacht der Länder im Verfahren zur Festsetzung der Rundfunkgebühr
Von
Tobias Scheel
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hat diese Arbeit im Jahre 2006 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
D 29 Alle Rechte vorbehalten # 2007 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-12323-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2005 / 2006 von der Juristischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg als Dissertation angenommen. Sie befindet sich – mit Ausnahme kleinerer Änderungen für die Drucklegung – auf dem Stand Februar 2006. Mein tief empfundener Dank gilt zunächst Herrn Prof. Dr. Armin Dittmann, der die Zweitkorrektur übernommen hat und an dessen Lehrstuhl die Arbeit entstanden ist. Mit seiner anspornenden und großherzigen Art schaffte er ein Umfeld, das wissenschaftliches Arbeiten optimal ermöglichte. Er stand stets für weiterführende Diskussionen zur Verfügung und öffnete mir zudem Türen in die rundfunkrechtliche Praxis. Des Weiteren gilt mein aufrichtiger Dank meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Max-Emanuel Geis, der sich spontan zur Betreuung meiner Arbeit bereit erklärte und mir jederzeit hilfreich mit Rat und Tat zur Seite stand. Ebenso zu Dank verpflichtet bin ich dem Leiter des Referats Rundfunkpolitik, Medienrecht, Telekommunikation und Post des Staatsministeriums BadenWürttemberg, Herrn Clemens Benz, dem Verwaltungsdirektor des SWR, Herrn Peter Boudgoust, dem Justitiar des ZDF, Herrn Prof. Dr. Carl-Eugen Eberle, dem Justitiar des SWR, Herrn Dr. Hermann Eicher, dem Minister a.D. und Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg, Herrn Dr. Christoph E. Palmer, sowie der ehemaligen Justitiarin und Finanzdirektorin des SDR, Frau Margret Wittig-Terhardt. Sie alle waren auf bemerkenswert unkomplizierte Weise zu Gesprächen mit mir bereit und förderten mit ihren anregenden sowie teils kritischen Gedanken die „Praxistauglichkeit“ dieser Arbeit. Für ein außergewöhnlich angenehmes Arbeitsklima an der schönen Universität Hohenheim sorgten meine (Ex-)Kollegen Dr. Jürgen Banzhaf, Dr. Simon Markus Beck, Ass. Elke Braun, Ass. Rainer Großmann, Dr. Thorsten Alexander Lägeler, Dr. Gerald G. Sander sowie die beiden Sekretärinnen Friedhilde Berthel und Sabine Weber. Ganz besonders aber bedanke ich mich bei meinen Eltern Birgit und Rainer Scheel, meinem Bruder Dr. Jochen Scheel sowie meiner Freundin Marcie Strohmaier für alles, was sie für mich getan haben. Auch sie leisteten – jeder auf seine Weise – wertvolle Beiträge zum Entstehen der Arbeit. Ihnen sei dieses Buch in tiefer Verbundenheit gewidmet. Stuttgart, im September 2006
Tobias Scheel
Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Teil 1 Die historische Entwicklung der Rundfunkgebühr und des Verfahrens ihrer Festsetzung in Deutschland
27
A. Die Entwicklung von den Anfängen des Rundfunks bis Ende der 1950er-Jahre . . . . . .
27
I. Die Anfänge der Rundfunkgebühr in der Weimarer Republik . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
II. Die Rundfunkgebühr während des Nationalsozialismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
III. Die Rundfunkgebühr während der Besatzungszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30
IV. Die Rundfunkgebühr in der Frühphase der Bundesrepublik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
B. Die Entwicklung in den 1960er-Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
I. Vorgaben der Rechtsprechung: Das 1. Fernsehurteil des Bundesverfassungsgerichts und das Rundfunkgebührenurteil des Bundesverwaltungsgerichts . . . . .
33
II. Ausgestaltung und Staatspraxis: Die Neuordnung des Rundfunkgebührenrechts und die Entscheidung über die erste Gebührenerhöhung Ende der 1960er-Jahre
35
C. Die Entwicklung von 1970 bis in die Gegenwart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
I. Die „Arbeitsgruppe Rundfunkgebühren“ und die zweite Gebührenerhöhung zum 1. Januar 1974 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
II. Die Gründung der „Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten“ im Jahre 1975 sowie die dritte Gebührenerhöhung zum 1. Januar 1979 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
III. Die vierte Erhöhung der Rundfunkgebühr zum 1. Juli 1983 im Lichte allgemeiner rundfunkrechtlicher Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
IV. Die Stabilität der Rundfunkgebühr bis Ende der 1980er-Jahre und der gebührenrechtliche Vorlagebeschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs . . .
41
V. Der sprunghafte Gebührenanstieg Anfang der 1990er- Jahre sowie die Neuordnung des Festsetzungsverfahrens als Folge der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: Der Hessen 3-Beschluss und das Gebührenurteil . . . . . . . . . . . . .
43
8
Inhaltsverzeichnis VI. Das heutige Verfahren zur Festsetzung der Rundfunkgebühr sowie die Gebührenerhöhungen zum 1. Januar 1997 und zum 1. Januar 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . .
46
VII. Die Auseinandersetzung um das Festsetzungsverfahren im Rahmen der Gebührenerhöhung zum 1. April 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
Teil 2 Der rechtliche Rahmen der Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
55
A. Verfassungsrechtliche Ausgangslage: Die grundrechtliche Rundfunkfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
I. Die Sondersituation des Rundfunks unter den Massenmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
II. Die Interpretation der grundrechtlichen Rundfunkfreiheit als einer dienenden Freiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
III. Das strukturelle Dilemma der Rundfunkfreiheit: Staatsverantwortung versus Staatsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
58
1. Das Prinzip der Staatsverantwortung für den Rundfunk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
58
2. Das Prinzip der Staatsfreiheit des Rundfunks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59
3. Die Vereinbarkeit von Staatsverantwortung für den Rundfunk und Staatsfreiheit des Rundfunks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
B. Verfassungsrechtliche Konsequenzen der grundrechtlichen Rundfunkfreiheit für die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
I. Das Gebührenprivileg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
1. Die Rundfunkgebühr als die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gemäße Art der Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
2. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mischfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus Rundfunkgebühren, Einnahmen aus Wirtschaftswerbung und sonstigen Einnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
63
II. Das Gebot funktionsgerechter Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Die Wechselwirkung zwischen dem Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und seiner Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
2. Der Übergang vom Grundversorgungs- zum Funktionsauftrag . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Die programmliche Dimension des Funktionsauftrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
66
Inhaltsverzeichnis
9
III. Das Gebot funktionserforderlicher Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
68
1. Das Kriterium der Erforderlichkeit als rezipientenschützendes Korrektiv . . . .
68
2. Die Einschränkung der Programmautonomie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten durch das Gebot der Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
68
IV. Das Gebot rationeller Haushaltsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Die haushaltsrechtlichen Prinzipien von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit
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2. Probleme der praktischen Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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C. Europarechtliche Probleme der Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
72
II. Der Tatbestand der gemeinschaftsrechtlichen Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
72
1. Die Definition der Beihilfe gemäß Art. 87 Abs. 1 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Das Tatbestandsmerkmal der Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
3. Das Tatbestandsmerkmal der staatlichen Herkunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4. Die Tatbestandsmerkmale der Wettbewerbsverfälschung und der Handelsbeeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
78
III. Die Ausnahmen nach Art. 87 Abs. 3, 86 Abs. 2 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
79
IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
Teil 3 Die verfahrensrechtlichen Eckdaten der Gebührenfestsetzung
85
A. Die allgemeinen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts im Gebührenurteil (BVerfGE 90, 60) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
85
I. Problemanalyse: Strukturelle Dilemmata bei der Gebührenfestsetzung . . . . . . . . .
85
1. Programmautonomie versus Funktionsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
85
2. Gebührenfestsetzung zwischen Programmunabhängigkeit und Programmakzessorietät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Konturenlosigkeit und Intransparenz der verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Gebührenfestsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
87
II. Lösungsansatz: Stärkung des Gebührenfestsetzungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Zeitliche Vorverlagerung des Grundrechtsschutzes durch prozedurale Vorkehrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
88
10
Inhaltsverzeichnis 2. Gebot eines gestuften und kooperativen Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
89
3. Prozedurale Spezifikationen im Rahmen des vorgegebenen Stufenprinzips . .
90
B. Die Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts durch die Länder: Das dreistufige Gebührenfestsetzungsverfahren gemäß § 14 RStV, §§ 1 – 7 RFinStV . . . . .
92
I. Die Regelungen der §§ 14 RStV, 1 – 7 RFinStV im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . .
93
II. Die Umsetzungsdichte der §§ 14 RStV, 1 – 7 RFinStV im Hinblick auf die Vorgaben des Gebührenurteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Die erste Stufe: Bedarfsanmeldung der Rundfunkanstalten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
93
2. Die zweite Stufe: Kontrolle der Bedarfsanmeldung durch ein Sachverständigengremium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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a) Die Institutionalisierung der KEF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
95
b) Die Prüfungsparameter der KEF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Die dritte Stufe: Gebührenfestsetzung durch die Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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a) Die Kompetenz des Staates zur Letztentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
98
b) Unklarheiten hinsichtlich des Entscheidungsspielraums . . . . . . . . . . . . . . . . . .
99
C. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für eine vom KEF-Votum abweichende Gebührenfestsetzung der Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 I. Varianten der Abweichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 II. Die missverständliche Einordnung der staatlichen Gebührenfestsetzung als eine gebundene Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 III. Zur Frage der Delegierbarkeit der Gebührenentscheidung auf die Exekutive . . . 102 D. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
Teil 4 Die Abweichungsgründe bei einer vom KEF-Votum abweichenden Gebührenfestsetzung der Länder
104
A. Der Abweichungsgrund einer unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer . 104 I. Sichtweisen des Schrifttums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 1. Der Ansatz Ossenbühls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 2. Der Ansatz Lerches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 3. Der Ansatz Degenharts und von Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner . . . . 106
Inhaltsverzeichnis
11
4. Weitere Stellungnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 b) Zurückhaltende Äußerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 c) Bedeutungsleugnende Stimmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 d) Der Evidenzgedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 e) Mahnende Tendenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 f) Alternative Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 5. Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 II. Eigene Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 1. Das Kriterium der Angemessenheit als maßgeblicher Topos . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 2. Grammatikalische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 3. Systematische Auslegung: Der Bedeutungsgehalt angemessenen Handelns in anderen Rechtsgebieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 4. Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 a) Der Sinnzusammenhang mit dem Sozialstaatsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 aa) Die besondere Betonung des Sozialstaatsgedankens bei der Gebührenfestsetzung durch das Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 bb) Zur Anwendbarkeit des Sozialstaatsprinzips bei der Gebührenfestsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 cc) Inhalt und Reichweite des Sozialstaatsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 dd) Einfluss der Gebührenbefreiungstatbestände aus sozialen Gründen . . 119 ee) Folgerungen für die Gebührenentscheidung der Länder . . . . . . . . . . . . . . 121 b) Der Sinnzusammenhang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit . . . . 121 aa) Die Bezugspunktlogik des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit . . . . . 122 bb) Der Bezugspunkt des Programmangebots des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 cc) Der Vergleich mit den Kosten für andere Kommunikationsleistungen
123
dd) Der Vergleich mit Kosten für die Inanspruchnahme anderer Güter (insbesondere) der Daseinsvorsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 ee) Der Bezugspunkt des Einkommens der Rundfunkteilnehmer . . . . . . . . 127 ff) Der Vergleich mit der Entwicklung weiterer öffentlicher Abgaben . . . 129 gg) Der Vergleich mit der Einkünfteentwicklung der Haushalte der öffentlichen Hand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 c) Die politische Dimension des Begriffs der Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . 131 aa) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 bb) Rechtsprobleme bei sozialpolitischen Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
12
Inhaltsverzeichnis cc) Medienpolitische Erwägungen oder: Das Koppelungsverbot . . . . . . . . . 133 dd) Insbesondere: Das Koppelungsverbot im Gebührenverfahren der Jahre 2003 bis 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
B. Der Abweichungsgrund eines fehlenden Informationszugangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 I. Sichtweisen des Schrifttums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 1. Restriktive Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 2. Extensive Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 a) Anstaltenfreundliche extensive Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 b) Anstaltenkritische extensive Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 II. Eigene Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 1. Absage an eine restriktive Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 a) Eigenständigkeit des Abweichungsgrundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 b) Fehlender Zusammenhang mit den Gebührenbefreiungstatbeständen . . . . . 141 2. Vorzugswürdigkeit einer extensiven Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 a) Rundfunkspezifische Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 b) Die Problematik einer rundfunkspezifischen Auslegung im Hinblick auf das Gebührenurteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 c) Informationszugang als Garant und Kontrollvehikel für ein umfassendes und qualitativ hochwertiges Programmangebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 C. Weitere Abweichungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 I. Die Bedeutung der Klausel „im wesentlichen“ im Gebührenurteil . . . . . . . . . . . . . . 149 1. Sichtweisen des Schrifttums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 2. Eigene Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 II. Prozedurale weitere Abweichungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 1. Probleme auf der ersten Verfahrensstufe: Finanzielle Auswirkungen durch Änderungen der rundfunkspezifischen Rahmenbedingungen während eines Gebührenverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 2. Probleme auf der zweiten Verfahrensstufe: Potenzielle Fehlentwicklungen bei der KEF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154
Inhaltsverzeichnis
13
III. Medienspezifische weitere Abweichungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 1. Wettbewerbliche Chancengleichheit innerhalb der dualen Rundfunkordnung
155
2. Rücksichtnahme auf das Pressewesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 3. Einfluss der Neuen Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
Teil 5 Der Entscheidungsspielraum der Länder bei Anwendung der Abweichungsgründe
163
A. Formelle Bindungen der Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 I. Die Einbeziehung des KEF-Votums in die Gebührenentscheidung . . . . . . . . . . . . . 164 II. Das qualifizierte Begründungserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 1. Die Gesetzeslage im Hinblick auf die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 2. Stellungnahmen der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 3. Eigene Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 4. Insbesondere: Die Begründung der vom KEF-Votum abweichenden Gebührenfestsetzung zum 1. April 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 a) Problemfeld Zeitfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 b) Problemfeld Begründungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 c) Problemfeld Nachprüfbarkeit der Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 aa) Formulierung der Begründung der Gebührenfestsetzung zum 1. April 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 bb) Ansichten im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 cc) Eigene Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 B. Materielle Bindungen der Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 I. Die generelle Problematik eines inhaltlichen Entscheidungsspielraums bei Anwendung der Abweichungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 1. Kompetenzielle Problemanalyse: Beurteilungsspielraum und Ermessen . . . . . 172
14
Inhaltsverzeichnis 2. Parallelen und Unterschiede zu Konstellationen des Beurteilungsspielraums und Ermessens im Allgemeinen Verwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 3. Folgerungen für den Entscheidungsspielraum der Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 II. Der Entscheidungsspielraum der Länder beim Abweichungsgrund einer unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 1. Beurteilungsspielraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 a) Die besondere Unbestimmtheit des Rechtsbegriffs der Angemessenheit . . 176 b) Das Überschreiten der Grenzen bei der Gebührenfestsetzung zum 1. April 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 2. Ermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 III. Der Entscheidungsspielraum der Länder beim Abweichungsgrund eines fehlenden Informationszugangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 1. Beurteilungsspielraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 2. Ermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 IV. Der Entscheidungsspielraum der Länder bei prozeduralen Abweichungsgründen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 1. Beurteilungsspielraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 2. Ermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 V. Der Entscheidungsspielraum der Länder bei medienspezifischen Abweichungsgründen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 1. Beurteilungsspielraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 2. Ermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 VI. Der Entscheidungsspielraum der Länder beim Zusammentreffen mehrerer Abweichungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 1. Beurteilungsspielraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 2. Ermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 a) Zusammenwirken der Abweichungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 b) Entgegenwirken der Abweichungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 VII. Die Möglichkeit einer Spaltung der Rundfunkgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 1. Problemlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 2. Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 3. Rechtstechnische Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
C. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
Inhaltsverzeichnis
15
Teil 6 Die Folgen einer erweiterten Gestaltungsmacht der Länder bei der Gebührenfestsetzung
192
A. Verfassungsrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 I. Stärkung des grundgesetzlichen Demokratieprinzips auf Länderebene . . . . . . . . . 192 II. Annäherung der Rundfunkfreiheit an die verfassungsrechtliche Normallage grundrechtlicher Freiheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 III. Ausgleich des Spannungsfeldes zwischen Staatsverantwortung für den Rundfunk und Staatsfreiheit des Rundfunks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 IV. Einfügung der Untersuchungsergebnisse in die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Prinzip der Staatsfreiheit des Rundfunks . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 B. Europarechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 I. Gefahr der Annäherung der Rundfunkgebühr an den Beihilfetatbestand des Art. 87 Abs. 1 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 II. Verbesserung der Rechtfertigungssituation bei Bejahung der Beihilfevoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 C. Verfahrensrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 I. Inkompatibilität mit dem alternativen Verfahrensmodell einer Gebührendynamisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 II. Inkompatibilität mit dem alternativen Verfahrensmodell einer verbindlichen Gebührenentscheidung durch die KEF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 III. Kein Zurück zur Verfahrensrechtslage vor dem Gebührenurteil von 1994 . . . . . . 206 IV. Harmonisierung der Verfahrensstufen innerhalb des Gebührenverfahrens de lege lata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 V. Stärkung der Legislative gegenüber der Exekutive im Gebührenverfahren de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 1. Problemlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 2. Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 D. Folgen für die allgemeine Rundfunkgesetzgebung der Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 I. Kritische Analyse des § 7 RFinStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 1. Die Gebührenfestsetzungsentscheidung als solche (§ 7 Abs. 2 Satz 1 RFinStV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 2. Normierung der parlamentarischen Beteiligungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212
16
Inhaltsverzeichnis 3. Erörterungspflicht (§ 7 Abs. 2 Satz 2 RFinStV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 4. Normierung der Abweichungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 5. Das qualifizierte Begründungserfordernis (§ 7 Abs. 2 Satz 3 RFinStV) . . . . . . 213 6. Normierung der Möglichkeit einer Spaltung der Rundfunkgebühr . . . . . . . . . . . 213 II. Formulierungsvorschlag für eine Neufassung des § 7 RFinStV . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234
Abkürzungsverzeichnis a.A. a.D. a.F. a.M. ABl. Abs. AfP AG AK-GG ALM amtl. ARD arg. Art. Aufl. Az. Bad.-Württ. BayGVBl. BayRG BayVBl. BayVerf BayVGH BBC Bd. BGBl. BGHZ BK-GG BR BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerwGE bzw. ca. 2 Scheel
andere(r) Ansicht außer Dienst alte Fassung am Main Amtsblatt (der Europäischen Gemeinschaften bzw. der Europäischen Union) Absatz Archiv für Presserecht (Zeitschrift) Aktiengesellschaft Alternativkommentar zum Grundgesetz Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten amtlich Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland argumentum Artikel Auflage Aktenzeichen Baden-Württemberg Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Bayerisches Rundfunkgesetz Bayerische Verwaltungsblätter (Zeitschrift) Verfassung des Freistaates Bayern Bayerischer Verwaltungsgerichtshof British Broadcasting Corporation Band Bundesgesetzblatt Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bonner Kommentar zum Grundgesetz Bayerischer Rundfunk Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetz über das Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts beziehungsweise circa
18 CDU DATEV
Abkürzungsverzeichnis
Christlich Demokratische Union Deutschlands Datenverarbeitung und Dienstleistung für den steuerberatenden Beruf DDR Deutsche Demokratische Republik DDR-Verf. Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik ders. derselbe dies. dieselbe(n) DLR Deutschlandradio DM Deutsche Mark DÖV Die öffentliche Verwaltung (Zeitschrift) Drs. Drucksache DVBl. Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift) DVB-T Digital Video Broadcasting – Terrestrial DVP Demokratische Volkspartei DW Deutsche Welle e.V. eingetragener Verein eG eingetragene Genossenschaft EG Europäische Gemeinschaft EGV Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft epd evangelischer Pressedienst EStG Einkommensteuergesetz etc. et cetera EU Europäische Union EuG Europäisches Gericht erster Instanz EuGH Europäischer Gerichtshof EUV Vertrag über die Europäische Union f. folgend(e) FAG Gesetz über Fernmeldeanlagen FDP Freie Demokratische Partei ff. fortfolgend(e) FG Freundesgabe Fn. Fußnote FRAG Freie Rundfunk AG in Gründung FS Festschrift GBl. Bad.-Württ. Gesetzblatt für Baden-Württemberg GBl. DDR Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik GEZ Gebühreneinzugszentrale GG Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung grds. grundsätzlich GVBl. Nordrh.-Westf. Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
Abkürzungsverzeichnis h. M. Hess. GVBl. HR HRG Hrsg. i.H.v. i.V.m. IIVF insbes. JuS JZ K&R Kap. KEF KJ KuR kWh LA lit. Losebl. LT ltd. m. abl. Anm. m. Bspr. m. w. N. MDR Mio. MMR MP MW NDR NJW Nr. NVwZ NWDR OLG OVG PDF PDS PIG
2*
19
herrschende Meinung Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen Hessischer Rundfunk Gesetz über den Hessischen Rundfunk Herausgeber in Höhe von in Verbindung mit Indexgestütztes Integriertes Prüf- und Berechnungsverfahren zur Feststellung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten insbesondere Juristische Schulung (Zeitschrift) Juristenzeitung (Zeitschrift) Kommunikation & Recht (Zeitschrift) Kapitel Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten Kritische Justiz (Zeitschrift) Kirche und Rundfunk (Informationsdienst) Kilowattstunde Liber amicorum litera Loseblatt Landtag leitend mit ablehnenden Anmerkungen mit Besprechung mit weiteren Nachweisen Mitteldeutscher Rundfunk Million MultiMedia und Recht (Zeitschrift) Media Perspektiven (Zeitschrift) MedienWirtschaft (Zeitschrift) Norddeutscher Rundfunk Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Nummer Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Nordwestdeutscher Rundfunk Oberlandesgericht Oberverwaltungsgericht Portable Document Format Partei des Demokratischen Sozialismus Gesetz über die Unterrichtung des Landtages durch die Staatsregierung (Parlamentsinformationsgesetz)
20 RB RBB RegBl. RFinStV RGBl. RGebStV RIAS Rn. RStV Rz. S. Sächs. GVBl. SächsVBl. scil. SDR SFB SGB Slg. SMG sog. SPD st. Rspr. StGB StV Stw. SWF SWR Tz. u. a. URL usw. v. VDEW Verf. Verf. Bad.-Württ. Verf. Nordrh.-Westf. VerwArch VGH vgl. Vor. VPRT
Abkürzungsverzeichnis Radio Bremen Rundfunk Berlin-Brandenburg Regierungsblatt Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag Reichsgesetzblatt Rundfunkgebührenstaatsvertrag Rundfunk im Amerikanischen Sektor Randnummer(n) Rundfunkstaatsvertrag Randziffer(n) Seite(n) Sächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt Sächsische Verwaltungsblätter (Zeitschrift) scilicet Süddeutscher Rundfunk Sender Freies Berlin Sozialgesetzbuch Sammlung (der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz) Saarländisches Mediengesetz sogenannte(r) Sozialdemokratische Partei Deutschlands ständige Rechtsprechung Strafgesetzbuch Staatsvertrag Stichwort Südwestdeutscher Rundfunk Südwestrundfunk Textziffer unter anderem Uniform Resource Locator und so weiter vom Verband der Elektrizitätswirtschaft Verfasser Verfassung des Landes Baden-Württemberg Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen Verwaltungsarchiv (Zeitschrift) Verwaltungsgerichtshof vergleiche Vorbemerkung Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation
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Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Westdeutscher Rundfunk World Wide Web zum Beispiel Zweites Deutsches Fernsehen Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union Zeitschrift für Parlamentsfragen Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht
Einleitung In seinem 1. Fernsehurteil aus dem Jahre 1961 ging das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass die Veranstaltung von Rundfunk einen so außergewöhnlich großen finanziellen Aufwand mit sich brächte, dass die Zahl der Träger solcher Veranstaltungen verhältnismäßig klein bleiben müsse.1 Ungeachtet der Frage, ob diese Annahme zum damaligen Zeitpunkt zutreffend war,2 haben sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Darbietung von Rundfunk zumindest mittlerweile im Sinne deutlich erweiterter Marktzutrittsmöglichkeiten geändert,3 so dass die deutsche Rundfunklandschaft (anders als im Jahre 1961) bereits gegenwärtig von einer Vielzahl von Veranstaltern geprägt ist4 – mit steigender Tendenz.5 Indes: Die Darbietung eines breit gefächerten, ausgewogenen und qualitativ hochwertigen Programms erfordert zumindest im Fernsehbereich auch heutzutage noch erhebliche finanzielle Ressourcen.6 Somit verwundert es nicht, dass Aspekte der Rundfunkfinanzierung nach wie vor einen Schwerpunkt des Rundfunk(verfassungs)rechts darstellen.7 Denn die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG grundrechtlich gewährleistete Rundfunkfreiheit ist nur so werthaltig, wie ihre Ausübung im Sinne eines umfassend verstandenen Funktionsauftrages, der dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der heutigen dualen Rundfunkordnung zukommt,8 auch finanzierbar ist. Während sich private Rundfunkveranstalter in erster Linie durch Werbeerträge finanzieren,9 ist für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Rundfunkgebühr mit einem bereits seit längerem steigenden Anteil,10 der im Jahre 2003 bei BVerfGE 12, 205 (261). Skeptisch Herzog, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. I, Art. 5 Abs. I, II Rn. 221; Kronberger Kreis, Mehr Markt – weniger Staat, S. 230. 3 Daneben bedingt der technische Fortschritt erweiterte Marktzutrittschancen. 4 Vgl. das Verzeichnis der zahlreichen privaten Fernseh- und Hörfunkveranstalter in Deutschland, in: ALM, Jahrbuch 2004, S. 263 ff., 383 ff. 5 Zu den Perspektiven der weiteren Entwicklung insbesondere aufgrund der Digitalisierung des Rundfunks Dittmann, Analoger Switch-Off ohne Gesetz?, S. 1 ff. 6 Herrmann / Lausen, Rundfunkrecht, § 13 Rn. 1. 7 Vgl. Herrmann / Lausen, Rundfunkrecht, § 13 und § 19; A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Kap. Rn. 49 ff. und 4. Kap. Rn. 126 ff.; Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 249 ff. und Rn. 351 ff. 8 BVerfGE 73, 118 (158); 74, 297 (324). Hierzu näher unten Teil 2 B. II. 9 Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 249. 10 Bei der ARD nahm die Gebührenfinanzierung 1994 noch einen Anteil von 76,43 %, 1997 von 76,58 %, 2000 von 77,87 % und 2002 von 80,53 % ein. Beim ZDF ist der Anstieg des Gebührenanteils an den Gesamterträgen stärker. So betrug der Gebührenanteil (seit 2000 1 2
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der ARD 82,48 %, beim ZDF sogar 85,77 % betrug,11 vorrangige Finanzierungsquelle (§ 13 Abs. 1 Satz 1 RStV). Trotz dieser fundamentalen Bedeutung unterliegt die Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch heute noch einer Reihe juristischer Zweifelsfragen. Diese reichen von der näheren Ausgestaltung des vom Bundesverfassungsgericht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG abgeleiteten Gebots einer funktionserforderlichen Finanzausstattung der Anstalten12 über die europarechtliche Problematik der Vereinbarkeit der deutschen Rundfunkgebühr mit dem gemeinschaftsrechtlichen Beihilferegime,13 abgaberechtliche Fragestellungen hinsichtlich der Rechtsnatur der an das bloße Bereithalten eines Rundfunkempfangsgerätes anknüpfenden Gebühr14 bis hin zu verwaltungsrechtlichen Detailproblemen über etwaige Ausnahmen von der Zahlungspflicht15 und praxisrelevanten Aspekten beim Gebühreneinzug.16 Erheblichen Raum in der (medien)politischen und rechtswissenschaftlichen Debatte über die Rundfunkgebühr nahmen vorübergehend auch Fragen ihrer Festlegung in verfahrensmäßiger und inhaltlicher Hinsicht ein. Vereinzelt wurde die Festsetzung der Rundfunkgebühr durch Staatsvertrag der Länder als mit dem Prinzip der Staatsfreiheit des Rundfunks unvereinbar angesehen.17 Mit seinem sog. Gebührenurteil aus dem Jahre 1994 klärte das Bundesverfassungsgericht eine Reihe dieser Streitfragen im Spannungsfeld von staatlicher Finanzierungsverantwortung und Staatsfreiheit des Rundfunks,18 forderte jedoch, das Verfahren zur Festsetzung der Rundfunkgebühr so zu gestalten, dass den Anstalten eine funktionserforderliche Finanzausstattung gewährleistet und unzulässiger politischer Einfluss auf die mit den Gebührenerträgen aus dem Kinderkanal und Phoenix) 1994 noch 69,99 %, 1997 77,66 %, 2000 79,09 % und 2002 84,7 %; ARD, Jahrbuch 95, S. 330; Jahrbuch 98, S. 330; Jahrbuch 2001, S. 338; Jahrbuch 03, S. 282 sowie ZDF, Jahrbuch 95, S. 236; Jahrbuch 98, S. 240; Jahrbuch 2001, S. 234; Jahrbuch 2003, S. 233. 11 Von den Gesamterträgen der ARD im Jahre 2003 i.H.v. 5 940,5 Mio. A entfielen 4 900,2 Mio. A auf die Rundfunkgebühr (ARD, Jahrbuch 04 / 05, S. 308). Beim ZDF machte die Rundfunkgebühr einen Betrag von 1 512,5 Mio. A bei Gesamterträgen i.H.v. 1 763,4 Mio. A aus (ZDF, Jahrbuch 2004, S. 228). 12 BVerfGE 73, 118 (158); 87, 181 (199); 90, 60 (90). 13 Hierzu etwa Oppermann, Deutsche Rundfunkgebühren und europäisches Beihilferecht, S. 30 ff. und Selmer / Gersdorf, Die Finanzierung des Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland auf dem Prüfstand des EG-Beihilferegimes, S. 21 ff. sowie eingehend unten Teil 2 C. 14 Hierzu eingehend Dargel, Die Rundfunkgebühr, S. 99 ff. 15 Zur Frage der Rundfunkgebührenpflichtigkeit eines Lebensmitteldiscounters, der bei Sonderaktionen originalverpackte Rundfunkempfangsgeräte zum Kauf anbietet, einerseits VGH Mannheim MMR 2003, 544 (545), andererseits OVG Koblenz MMR 2006, 59 (60). 16 Zu Rechtsfragen im Zusammenhang mit der GEZ Ohliger, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 7 RGebStV Rn. 17 ff.; speziell zu datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten Weichert, AfP 2004, S. 77 ff. 17 So insbesondere BayVGH BayVBl. 1988, 685 (685) m. w. N. 18 Vgl. etwa Dörr, VerwArch 92 (2001), 149 (164 ff.).
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Gebühr verhindert werde. Wie groß der staatliche Einfluss auf die Rundfunkgebühr nach den Vorgaben des Gebührenurteils konkret noch sein darf, ist aber auch nach dieser Entscheidung – trotz einiger Ansätze in der Literatur19 – weitgehend ungeklärt geblieben. Dieser Problematik widmet sich die vorliegende Arbeit. Auf der Grundlage der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts im sog. Gebührenurteil schufen die Länder mit den Regelungen der §§ 1 – 7 RFinStV, 14 Abs. 4 RStV ein mehrstufiges Gebührenverfahren, an dessen Ende die staatliche Festsetzung der Rundfunkgebühr steht. Zunächst melden die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihren Finanzbedarf bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) an (1. Stufe). Die mit Sachverständigen besetzte KEF prüft diese Bedarfsanmeldung unter vorrangig ökonomischen Gesichtspunkten und macht einen Vorschlag zur Festsetzung der Rundfunkgebühr (2. Stufe). Auf Grundlage des KEF-Votums setzen die Ministerpräsidenten der Länder die Rundfunkgebühr durch Staatsvertrag fest, welcher sodann durch die Landesparlamente in geltendes Recht transformiert wird (3. Stufe). Bei der staatlichen Gebührenfestsetzung stellt sich für die Entscheidungsträger in den Ländern vor allem die maßgebliche Frage, ob – und wenn ja, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen – sie von dem Gebührenvorschlag der KEF abweichen dürfen. Zu welchen Unsicherheiten und (politischen) Auseinandersetzungen diese Rechtsfrage führen kann, zeigte die Festsetzung der Rundfunkgebühr zum 1. April 2005 durch den Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag,20 in dem die Länder erstmals seit dem Gebührenurteil vom KEF-Votum nach unten abgewichen sind. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten fühlten sich durch das Vorgehen der staatlichen Entscheidungsträger in ihrer grundrechtlichen Rundfunkfreiheit verletzt,21 weshalb sie Verfassungsbeschwerde gegen die aus ihrer Sicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommene und zu niedrige Gebührenfestsetzung erhoben.22 Vor diesem Hintergrund allgemein ungeklärter Rechtsfragen und der aktuell anstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist es das Ziel der vorliegenden Arbeit, den Entscheidungsspielraum der Länder bei der Festsetzung der Rundfunkgebühr auszuloten. Dabei werden die maßgeblichen verfassungs- und verfahrensrechtlichen Gesichtspunkte des geltenden Rundfunkgebührenfestsetzungsrechts unter Berücksichtigung europarechtlicher Aspekte näher beleuchtet. Im Hinblick auf die Praxisrelevanz der zu behandelnden Thematik geht die Arbeit an verschiedenen Stellen auch auf das Verfahren ein, das der Gebührenfestsetzung zum 1. April 2005 vorangegangen ist. Damit unternimmt sie es zum einen, die im 19 Vor allem Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 10 ff.; Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 8 ff. (insbes. S. 25 ff.) und näher unten Teil 4 A. I., Teil 4 B. I., Teil 4 C. I. 1. 20 GBl. Bad.-Württ. 2005, S. 189. 21 Vgl. etwa den Intendanten des SWR, Peter Voß, in: Doppelpfeil 3 / 2005, 10 (11). 22 Az. 1 BvR 2270 / 05; 1 BvR 809 / 06; 1 BvR 830 / 06; vgl. MMR 12 / 2005, XXII; kurze Stellungnahme bei Hess, AfP 2005, 531 (533 f.).
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Zusammenhang mit der staatlichen Gebührenfestsetzung auftretenden Rechtsprobleme in toto zu erörtern und so die rechtlichen Kriterien und Grenzen der Gestaltungsmacht der Länder im Verfahren zur Festsetzung der Rundfunkgebühr generell zu untersuchen. Zum anderen gibt sie aus gegebenem Anlass konkrete Antworten auf einige der streitigen Rechtsfragen, die den Gegenstand der genannten Verfassungsbeschwerde bilden. Die Arbeit gliedert sich in sechs Teile. In Teil 1 wird die historische Entwicklung der Rundfunkgebühr und des Verfahrens ihrer Festsetzung in Deutschland dargestellt. Teil 2 beleuchtet allgemein den (verfassungs- und europa)rechtlichen Rahmen der Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. In Teil 3 werden anschließend die verfahrensrechtlichen Eckdaten der Gebührenfindung und -festsetzung im Besonderen aufgezeigt. Da ausweislich des Gebührenurteils des Bundesverfassungsgerichts eine vom KEF-Votum abweichende Gebührenfestsetzung der Länder bei Vorliegen bestimmter Abweichungsgründe zulässig ist, werden diese in Teil 4 eingehend untersucht. Teil 5 widmet sich daraufhin dem Entscheidungsspielraum der Länder bei Anwendung dieser Abweichungsgründe und grenzt insofern die Kompetenzen der am Gebührenverfahren Beteiligten gegeneinander ab. Teil 6 beschäftigt sich mit den Folgen der in dieser Arbeit vertretenen Rechtsauffassung einer gegenüber bisherigen Ansichten erweiterten Gestaltungsmacht der Länder bei der Gebührenfestsetzung. Abschließend werden die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung zusammengefasst.
Teil 1
Die historische Entwicklung der Rundfunkgebühr und des Verfahrens ihrer Festsetzung in Deutschland A. Die Entwicklung von den Anfängen des Rundfunks bis Ende der 1950er-Jahre I. Die Anfänge der Rundfunkgebühr in der Weimarer Republik Die Anfänge des Rundfunks und seiner Gebührenfinanzierung in Deutschland liegen in den frühen 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts und fallen damit in die Entwicklungsjahre der Weimarer Republik. Neben anderen technischen Funkdiensten keimte zu dieser Zeit der Gedanke eines Funkdienstes für die Allgemeinheit auf, der mit seinen öffentlichen Möglichkeiten die Funktion eines publizistischen Mittels einnehmen könnte.1 Die Gesetzgebungskompetenz zur Regelung des Post- und Telegrafenwesens hatte das Reich inne,2 wobei die administrative Ausübung der Fernmeldehoheit des Reichs dem Reichspostministerium oblag.3 Während es bereits in dieser Frühphase des Rundfunks politische Auseinandersetzungen darüber gab, inwieweit die Nutzung der neuartigen Übertragungstechnik einer Privatisierung zugänglich sein kann und darf,4 stand die generelle Entgeltlichkeit Lerg, Rundfunkpolitik in der Weimarer Republik, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 1, S. 63. Art. 6 Nr. 7 der Verfassung des Deutschen Reichs v. 11. August 1919 (RGBl. 1919, S. 1383). 3 § 1 Abs. 2 des Gesetzes über Fernmeldeanlagen v. 3. Dezember 1927 (FAG), in Kraft getreten am 1. Januar 1928; RGBl. 1928 I, S. 8. In § 1 Abs. 1 FAG wird zuvor betont, dass das Recht, Fernmeldeanlagen zu errichten und zu betreiben, ausschließlich dem Reich zusteht. 4 Hierzu exemplarisch der Abgeordnete Carl Delius von der Deutschen Demokratischen Partei in einer Plenarsitzung des Reichstags im Frühjahr des Jahres 1923 bei der Diskussion des Posthaushaltes für das Jahr 1923: „Das Funkwesen hat in letzter Zeit einen bedeutenden Aufschwung genommen. Erhebliche Einnahmen werden aus ihm noch herausgeholt. Diese Einnahmen könnten aber unseres Erachtens noch größer sein, wenn die Monopolisierung des Reichs nicht manchmal hinderlich wäre. Ich kann mir sehr wohl denken, daß noch eine erkleckliche Summe herausgeholt werden könnte, wenn man zu demselben Verfahren wie in England, Amerika und anderen Staaten überginge, nämlich, daß eine Übertragung von Musik, Vorträgen usw. möglich wäre. ( . . . ) Ich glaube, die Reichspostverwaltung sollte hier ihre Zurückhaltung aufgeben.“; zitiert nach: Deutsche Verkehrs-Zeitung v. 6. April 1923, S. 99. 1 2
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Teil 1: Die historische Entwicklung der Rundfunkgebühr
für den Empfang von Rundfunk schon frühzeitig fest. So sagte der damalige Ministerialdirektor in der Funkabteilung des Reichspostministeriums, Hans Bredow: „Zahlung von Gebühren für das Gehörte ist die selbstverständliche Voraussetzung für die Einführung des Rundfunks. Von der Zahl der Rundfunkteilnehmer wird die Höhe der Einzelgebühren abhängig sein, und von der Summe der eingehenden Gebühren die Güte der Programme und letzten Endes das Schicksal des Rundfunks.“5
Erstmals gesetzlich normiert wurde der Gebühreneinzug durch die Verfügung Nr. 815 des Reichspostministeriums vom 24. Oktober 1923.6 Hiernach hatte der private Rundfunkempfänger für die Erteilung einer Genehmigung für Rundfunkempfänger vor Aushändigung der Genehmigungsurkunde eine Gebühr zu bezahlen. Diese Gebühr berechnete sich aus einem Grundwert von 25 Mark, der mit der am Tage der Zahlung gültigen Verhältniszahl für die Berechnung der Telegrafengebühren im Verkehr mit dem Ausland vervielfacht wurde. Sie umschloss die Kosten für die Beschaffung und Übermittlung der Rundfunknachrichten, Musikvorführungen etc. und galt für die Dauer eines Jahres.7 Doch bereits am 1. Januar 1924 wurden die Genehmigungsgebühren erhöht, insbesondere der Grundwert von 25 auf 60 Mark. Das eigentliche Finanzierungsproblem schon in dieser Frühphase des Rundfunks war aber die unerfasste Zahl von Schwarzhörern. Ihnen wurde mit der Verordnung zum Schutze des Funkverkehrs vom 8. März 19248 und den darin enthaltenen Strafbestimmungen so wirkungsvoll der Kampf angesagt, dass durch die Verfügung Nr. 273 des Reichspostministeriums vom 14. Mai 19249 sogar eine Gebührensenkung möglich wurde. Die nunmehr monatlich berechneten Gebührensätze betrugen demnach rückwirkend ab dem 1. April 1924 für einen Privatteilnehmer 2 Mark – ein Betrag, der in etwa auch für das Monatsabonnement einer Tageszeitung zu bezahlen war10 und für den im Jahre 1925 ein gelernter Arbeiter gut zwei, ein ungelernter Arbeiter knapp vier Stunden arbeiten musste.11 Dieser Betrag von 2 Mark Hörfunkgebühr sollte vor allem dank der steigenden Zahl der Gebührenzahler mehr als 45 Jahre lang Bestand haben. Die Empfangsgebühren stellten demnach von Beginn an – weit vor anderen Einnahmen – die wirtschaftliche Grundlage des Rundfunks dar.12 Es wurde von der 5 Hans Bredow, Dem „Deutschen Rundfunk“ zum Geleit!, in: Der Deutsche Rundfunk v. 14. Oktober 1923, S. 1. 6 Nachrichtenblatt des Reichspostministeriums v. 24. Oktober 1923, S. 885. 7 Zu den durch entsprechende Festsetzung der Verhältniszahlen (numerisch) enorm hohen Beträgen aufgrund der Währungsinflation Lerg, Rundfunkpolitik in der Weimarer Republik, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 1, S. 113. 8 Amtsblatt des Reichspostministeriums v. 14. Mai 1924, S. 251. 9 Amtsblatt des Reichspostministeriums v. 14. Mai 1924, S. 254. 10 So kostete z. B. ein Monatsabonnement der Berliner Morgenpost damals 2,50 Mark, der Berliner Illustrierten 2 Mark. 11 Lerg, Rundfunkpolitik in der Weimarer Republik, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 1, S. 114 f. 12 Doch auch das Phänomen der Werbung im Rundfunk ist in Ansätzen ein Kind der ersten Stunde. So gab die Post bereits im Mai 1924 ihre Zustimmung zur Aufnahme des Werbefunks
A. Die Entwicklung bis Ende der 1950er-Jahre
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Post jedoch stets betont, dass nicht für das Programm, sondern lediglich für die Verleihung des Empfangsrechts zu bezahlen sei. Auf diese Weise sollten denkbare Ansprüche der Rundfunkteilnehmer auf die Veranstaltung eines bestimmten Programms von vornherein ausgeschlossen werden.13 Eingezogen wurde die Rundfunkgebühr von der Post, die sie dann den einzelnen Rundfunkgesellschaften für deren technische, programmliche und verwaltungsmäßige Kosten überwies. Freilich behielt die Post für ihre Tätigkeiten (Bereitstellung der Übertragungsleitungen, Durchführung des Gebühreneinzuges) einen Gebührenanteil von 40 % im Jahre 1924 bis über 50 % Anfang der 1930er-Jahre für sich.14
II. Die Rundfunkgebühr während des Nationalsozialismus Der von den Nationalsozialisten betriebene Prozess der Gleichschaltung betraf gerade auch den Rundfunk. Unter dem Dach des am 13. März 1933 errichteten Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda15 wurde das Massenmedium zunehmend zentralisiert und zu Propagandazwecken instrumentalisiert. Personell wurde dies dergestalt umgesetzt, dass sich im Rundfunkwesen nur noch betätigen durfte, wer der Reichsrundfunkkammer angehörte.16 Die Kontrolle über die Rezipienten erlangten die Nationalsozialisten vor allem dadurch, dass zunehmende Teile der Bevölkerung den kostengünstigen Volksempfänger erwarben,17 über den man mangels Kurzwellenteil nur die Reichssender, nicht hingegen ausländische Stationen empfangen konnte. Ein Übriges leistete die Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen,18 die mit Kriegsbeginn am 1. September 1939 das Abhören ausländischer Sender und das Verbreiten von Nachrichten dieser Sender unter Strafe stellte. Hinsichtlich der Rundfunkgebühr war dem Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, Joseph Goebbels, insbesondere daran gelegen, den Gebührenanteil der Post, der in der Weimarer Republik zuletzt bei etwa 57 % gelegen hatte, zu verringern, um die so frei gewordenen Gelder für das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda verwenden zu können. Seinen Anspruch auf eine in das Rundfunkprogramm der einzelnen Gesellschaften. Weil aber die kulturelle Bedeutung des Rundfunks nicht beeinträchtigt werden durfte, musste die Werbung in mäßigem Umfange und allervorsichtigster Form dargeboten werden; Hans Bredow, Vier Jahre deutscher Rundfunk, in: Reichs-Rundfunk-Gesellschaft, S. 115. 13 Lerg, Rundfunkpolitik in der Weimarer Republik, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 1, S. 108 f. 14 Dussel, Deutsche Rundfunkgeschichte, S. 42. 15 RGBl. 1933 I, S. 104. 16 § 4 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Reichskammergesetzes v. 1. November 1933 zum Reichskulturkammergesetz (RGBl. 1933 I, S. 797). 17 So stieg die Anzahl der Rundfunkteilnehmer von 430 000 Ende 1932 auf 670 000 zum 1. Mai 1935; Ricker / Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, A. Rn. 35. 18 RGBl. 1939 I, S. 1683.
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Teil 1: Die historische Entwicklung der Rundfunkgebühr
weitere Erhöhung seines Anteils leitete das Propagandaministerium zum einen daraus ab, dass binnen zwei Jahren die Hörerzahl überdurchschnittlich gewachsen sei, was vor allem von der Werbearbeit der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft und der Reichsrundfunkkammer herrühre. Zum anderen sah sich die Post bereits seit längerem der Kritik ausgesetzt, sie nähme Rundfunkgebühren in einem den wahren Kostenaufwand übersteigenden Umfange ein und setze diese auch zu anderen als Postzwecken ein.19 Für die Rundfunkempfänger änderte sich hinsichtlich der Gebührenhöhe zunächst nichts; die Empfangsgebühr betrug weiterhin 2 Mark monatlich. Die vor der Machtübernahme 1933 von den Nationalsozialisten des Öfteren erhobene Forderung nach einer Absenkung der Rundfunkgebühr zur Entlastung der Rezipienten wurde wegen des immer größer werdenden Finanzbedarfs des Propagandaministeriums nicht wieder aufgegriffen. Erhebliche Bewegung in der Rundfunklandschaft gab es aber durch die sukzessive Entwicklung des Fernsehens. Nach den ersten Experimenten Anfang der 1930er-Jahre eröffnete am 9. April 1935 das Reichspostzentralamt die erste Fernsehstube für den Gemeinschaftsempfang im Reichspostmuseum in Berlin.20 Es folgte am 28. Juli 1939 die Freigabe des Fernsehens für die Öffentlichkeit durch die Post. Die finanziellen Rahmenbedingungen für den Empfang von Fernsehsendungen waren anfangs problematisch. So kostete ein Einheits-Fernsehempfänger immerhin 650 Mark. Darüber hinaus war eine besondere Fernsehgebühr in Höhe von monatlich 5 Mark zu entrichten. Diese sollte die veranschlagten Kosten von 2 bis 2,5 Millionen Mark für ein künftiges Programm bestreiten.21 Auch bei der Fernsehgebühr sollte sich über einen bemerkenswert langen Zeitraum Kontinuität zeigen: Sie stagnierte ebenso wie die Hörfunkgebühr bis zum Ablauf der 1960erJahre, und zwar bei einem Betrag von 5 Mark.
III. Die Rundfunkgebühr während der Besatzungszeit Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs galt es, das Rundfunkwesen in Deutschland neu aufzubauen. Für deutsche Politiker verstand sich dabei der Rundfunk in der Tradition von Weimar als staatliche Einrichtung. Die Sender sollten der Reichspost, die Funkhäuser der von ihr beherrschten Reichs-Rundfunk-Gesellschaft gehören, die Gebühren von der Post festgesetzt und eingezogen werden.22 Zunächst jedoch sollten sich die Vorstellungen der alliierten Siegermächte als maßgeblich für die Rundfunkorganisation in Deutschland erweisen.23 19 20 21 22 23
Diller, Rundfunkpolitik im Dritten Reich, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 2, S. 162 f. Diller, Rundfunkpolitik im Dritten Reich, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 2, S. 186. Diller, Rundfunkpolitik im Dritten Reich, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 2, S. 194. Bausch, Rundfunkpolitik nach 1945, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 3, S. 9 f. Vgl. hierzu Dussel, Deutsche Rundfunkgeschichte, S. 187 ff.
A. Die Entwicklung bis Ende der 1950er-Jahre
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In der amerikanischen Besatzungszone entstand ein Rundfunksystem mit unterschiedlich stark ausgeprägter staatlicher Beteiligung. So war etwa der Bayerische Rundfunk (BR) nicht unerheblich von staatlicher Teil- und Einflussnahme geprägt, während der Hessische Rundfunk (HR) von vornherein staatsunabhängig organisiert war.24 Demgegenüber favorisierten die Briten unter Anlehnung an das Modell der BBC bei der Gründung des Nordwestdeutschen Rundfunks (NWDR) ebenso wie die Franzosen bei der Errichtung des Südwestdeutschen Rundfunks (SWF) ein zentrales Rundfunkkonzept. Geradezu zentralistisch entwickelte sich der Rundfunk in der sowjetisch besetzten Zone, der von 1945 an unter straffer Führung der kommunistischen Partei stand.25 Soweit es um Fragen der Rundfunkfinanzierung ging, blieb der staatliche Einfluss aber in allen Systemen weitgehend erhalten. So legte etwa § 14 des Gesetzes über die Errichtung und die Aufgaben einer Anstalt des öffentlichen Rechts „Der Bayerische Rundfunk“26 fest, dass die Einnahmen des Rundfunks nicht nur für eigene Zwecke, sondern auch für kulturelle Einrichtungen des Staates verwendet werden konnten, soweit sie Beiträge zum Rundfunk zu leisten vermochten. Die britische Militärregierung behielt sich in der Verordnung Nr. 118 anfangs sogar die Befugnis vor, die Höhe des Anteils des NWDR an den Hörergebühren frei festzusetzen.27 Unter der sowjetischen Besatzungsmacht wie auch später in der sozialistischen DDR war Rundfunk – trotz formaler Freiheit28 – Teil eines Staats- und Parteiapparats, der sich der Medien zu agitativen und propagandistischen Zwecken bediente.29 Entsprechend abhängig war dort auch die Finanzierungssituation. So 24 So heißt es im heute noch gültigen § 1 Abs. 1 des Gesetzes über den Hessischen Rundfunk vom 2. Oktober 1948 (Hess. GVBl. 1948, S. 123), dass der Hessische Rundfunk nicht der Staatsaufsicht unterliege. 25 Vgl. Ricker / Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, A. Rn. 39 ff. 26 BayGVBl. 1948, S. 135. 27 Brack / Herrmann / Hillig, Organisation des Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland 1948 – 1962, S. 37. Bereits in der 1. abgeänderten Fassung der Verordnung Nr. 118 v. 6. August 1949 wurde jedoch in Artikel 3 festgelegt, dass der NWDR und die Deutsche Post gemeinsam bestimmen, welcher Anteil der Einnahmen an Rundfunkgebühren dem NWDR zugeteilt wird, wobei der Gebührenanteil nicht unter 75 % des Gebührenaufkommens fallen durfte. Die Verordnung Nr. 118 in der 1. abgeänderten Fassung ist abgedruckt bei Brack / Herrmann / Hillig, Organisation des Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland 1948 – 1962, S. 133 ff. 28 So hieß es in Art. 27 Abs. 2 DDR-Verf. v. 6. April 1968 in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung und Änderung der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik v. 7. Oktober 1974 (GBl. DDR 1974 I, S. 432): „Die Freiheit der Presse, des Rundfunks und des Fernsehens ist gewährleistet.“ Allerdings stand die Meinungsfreiheit der Bürger ausdrücklich unter dem Vorbehalt der „Grundsätze dieser Verfassung“ (Art. 27 Abs. 1 DDR-Verf.). Dieser Vorbehalt wirkte sich auch auf die Freiheit des Rundfunks aus, da das sozialistische Prinzip den gesamten Staats- und Gesellschaftsaufbau beherrschte; vgl. Ricker / Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, A. Rn. 44. 29 Zur Entwicklung des Rundfunks in Ostdeutschland nach 1945 eingehend Dussel, Deutsche Rundfunkgeschichte, S. 131 ff.
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Teil 1: Die historische Entwicklung der Rundfunkgebühr
gab es in der DDR zwar sowohl für den Rundfunk – worunter die DDR begrifflich nur den Hörfunk verstand – als auch für das Fernsehen einen eigenen Haushalt, doch war dieser Bestandteil des Staatshaushaltes, so dass er jährlich durch die Volkskammer der DDR im Gesetz über den Staatshaushaltsplan beschlossen wurde.30
IV. Die Rundfunkgebühr in der Frühphase der Bundesrepublik Mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der Verkündung des Grundgesetzes am 23. Mai 194931 entwickelte sich alsbald auf dem Gebiet des Rundfunkrechts ein Kompetenzstreit zwischen Bund und Ländern,32 der über Jahre schwelen, gerade auch die Fragen der Rundfunkfinanzierung maßgeblich prägen und erst im Laufe der 1960er-Jahre sein Ende finden sollte. Unter Berufung auf seine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz zur Regelung des Fernmeldewesens gemäß Art. 73 Nr. 7 GG sowie in Tradition der bisherigen Reichszuständigkeit reklamierte der Bund Gestaltungsmacht im Bereich des Rundfunkwesens für sich. Die Länder – wie im Übrigen auch die Alliierten – waren hingegen der Auffassung, dass die Regelung der Rundfunkordnung Sache der Gliedstaaten sei, da den Ländern die Kulturhoheit zustehe, die den Rundfunk umfasse.33 Nachdem es in der Folgezeit verschiedene Versuche der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern auf dem Gebiet des Rundfunkwesens gegeben hatte,34 eskalierte der Kompetenzkonflikt, als die Bundesregierung unter Bundeskanzler Konrad Adenauer im Jahre 1959 dem Entwurf eines Bundesrundfunkgesetzes35 zustimmte, der unter anderem die Gründung eines bundeseigenen Fernsehens vorsah. Da dieser Gesetzesentwurf aber im Bundesrat abgelehnt wurde und auch im Bundestag auf Skepsis stieß,36 wollte die Bundesregierung ihr Ziel eines bundeseigenen Fernsehprogramms – vermeintlich außerhalb der bundesstaatlichen Kompetenzordnung des Grundgesetzes – auf privatrechtlichem Wege erreichen.37 So unterzeichnete Adenauer am 25. Juli 1960 den Gesellschaftsvertrag zur Errichtung der DeutschHartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Bd. I, B 1 Rn. 89. BGBl. 1949, S. 1. 32 So forderten die Intendanten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bereits im Oktober 1949 alle Rundfunkanstalten auf, Vorschläge zur zukünftigen Rundfunkgesetzgebung zu unterbreiten, wobei lange Zeit unklar blieb, ob der Bund oder die Länder die zuständigen Ansprechpartner waren; vgl. Ricker / Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, A. Rn. 51. 33 Ricker / Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, A. Rn. 49 ff. 34 Einzelheiten bei Ricker / Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, A. Rn. 54 ff. 35 BT III / 1957 Drs. 1434. 36 Beschlossen wurde vom Bundestag hingegen ein verkürztes „Gesetz über die Errichtung von Rundfunkanstalten des Bundesrechts“ (BGBl. 1960 I, S. 862), das die Gründung des Deutschlandfunks und der Deutschen Welle auf den Weg brachte. 37 Ricker / Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, A. Rn. 64 ff. 30 31
B. Die Entwicklung in den 1960er-Jahren
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land-Fernsehen-GmbH, bei der der Bund die Anteilsmehrheit halten sollte. Zwar waren in der Satzung auch für die Länder Geschäftsanteile vorgesehen, doch lehnten diese eine Beteiligung an der Gesellschaft ab. Stattdessen riefen sie im Wege eines Bund-Länder-Streites das Bundesverfassungsgericht an.38 Auch im Bereich der Rundfunkfinanzierung waren die Dinge im Fluss. Zum einen stellte sich im Hinblick auf den allgemeinen Kompetenzkonflikt die Frage nach der Finanzierungszuständigkeit für den Rundfunk. Denn bis dahin zog noch immer die Deutsche Bundespost unter Berufung auf das FAG von 1928 die Rundfunkgebühr als Entgelt für die von ihr verliehene Befugnis zur Errichtung und zum Betrieb einer Rundfunkempfangsanlage ein. Zum anderen entwickelte sich in den 1950er-Jahren mit der Wirtschaftswerbung eine andere Art der Rundfunkfinanzierung weiter. Vorreiter war in dieser Hinsicht der Bayerische Rundfunk, in dessen Regionalprogramm am 3. November 1956 mit der Ausstrahlung von Werbung begonnen wurde – vorerst sechs Minuten werktäglich.39 Für die Rezipienten änderte sich hinsichtlich ihrer finanziellen Belastung aber nichts: Die 1924 eingeführte Hörfunkgebühr von 2 Mark monatlich galt auch nach der Währungsreform des Jahres 1948 unverändert – nunmehr also 2 DM betragend – fort, was in Bezug auf die Kaufkraft weiterhin etwa dem Monatsbezugspreis einer lokalen Tageszeitung entsprach. Auch die Fernsehgebühr belief sich mit 5 DM monatlich genau in Höhe des Nennbetrages, den sie bereits bei ihrer Einführung im Jahre 1939 hatte – wenngleich diese Festsetzung auf einer eher willkürlichen Vereinbarung zwischen der Post und dem NWDR beruhte und weniger Ergebnis langfristiger wirtschaftlicher Berechnungen war.40
B. Die Entwicklung in den 1960er-Jahren I. Vorgaben der Rechtsprechung: Das 1. Fernsehurteil des Bundesverfassungsgerichts und das Rundfunkgebührenurteil des Bundesverwaltungsgerichts Maßgeblichen Einfluss auf die weitere Entwicklung des Rundfunks einschließlich seiner Finanzierung hatte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 1961.41 Dieses sog. 1. Fernsehurteil42 wird zu Recht als Magna Bausch, Rundfunkpolitik nach 1945, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 3, S. 415 ff. Bausch, Rundfunkpolitik nach 1945, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 4, S. 534. 40 Bausch, Rundfunkpolitik nach 1945, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 4, S. 659. 41 BVerfGE 12, 205. 42 Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Rundfunkrecht werden gängigerweise durchnummeriert. Die Zählweise ist gleichwohl nicht einheitlich, weil zum einen 38 39
3 Scheel
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Teil 1: Die historische Entwicklung der Rundfunkgebühr
Charta des deutschen Rundfunkrechts bezeichnet.43 Zum einen entschied das Gericht, dass die grundsätzliche Zuständigkeit auf dem Gebiet des Rundfunks im Hinblick auf Art. 30 GG bei den Ländern liege, da Art. 73 Nr. 7 GG nur den sendetechnischen Bereich des Rundfunks umfasse und auch der überregionale Charakter der Veranstaltung von Rundfunk keine abweichende Beurteilung gebiete.44 Zum anderen führte das Gericht aus, die grundrechtliche Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG fordere eine Rundfunkorganisation dergestalt, dass alle in Betracht kommenden Kräfte in den Organen des Rundfunks Einfluss haben und im Gesamtprogramm zu Wort kommen können und dass für den Inhalt des Gesamtprogramms Leitgrundsätze verbindlich gemacht werden müssen, die ein Mindestmaß von inhaltlicher Ausgewogenheit, Sachlichkeit und gegenseitiger Achtung gewährleisten.45 In Bezug auf die Rundfunkfinanzierung führte die Entscheidung hingegen zu keiner Klärung. So berief sich die Deutsche Bundespost bei ihrem Einzug der Rundfunkgebühr nach wie vor auf das FAG von 1928, was nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugunsten einer generellen Länderkompetenz zunehmend anachronistisch wirkte. Der Rechtsauffassung der Bundespost erteilte denn auch das Bundesverwaltungsgericht mit seinem Gebührenurteil vom 15. März 196846 eine Absage. Die vom Bundesverfassungsgericht im 1. Fernsehurteil dem Bund zugewiesene Kompetenz zur Regelung des Post- und Fernmeldewesens (Art. 73 Nr. 7 GG) umfasse, so das Bundesverwaltungsgericht, zwar die Ausstrahlung der Sendung47 bis zu deren Empfang. Dies beziehe sich aber lediglich auf die technischen Vorgänge des Empfangs und besage nichts darüber, für welche Leistung der Behörde die Rundfunkgebühr erhoben werde. Die Rundfunkgebühr sei gerade keine Gegenleistung dafür, dass dem Empfänger gemäß § 2 FAG die Befugnis zur Errichtung und zum Betrieb einer Fernmeldeanlage verliehen worden ist.48 die Frage unterschiedlich beantwortet wird, ob auch entsprechende Beschlüsse mitzurechnen sind, und zum anderen vereinzelt Fernsehentscheidungen gesondert gezählt werden. Nach üblicher Zählweise gibt es bis heute neun Rundfunkentscheidungen: BVerfGE 12, 205 („Deutschland-Fernsehen-GmbH“); BVerfGE 31, 314 („Mehrwertsteuer“); BVerfGE 57, 295 („Freie Rundfunk AG in Gründung – FRAG“); BVerfGE 73, 118 („Niedersachsen“); BVerfGE 74, 297 („Baden-Württemberg“); BVerfGE 83, 238 („Nordrhein-Westfalen“); BVerfGE 87, 181 („Hessen 3-Beschluss“); BVerfGE 90, 60 („Gebührenurteil“); BVerfGE 97, 228 („Kurzberichterstattung“). 43 So Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 34; Ricker / Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, A. Rn. 69. 44 Vgl. Leitsatz 3 des 1. Fernsehurteils. 45 Leitsatz 10 des 1. Fernsehurteils. 46 BVerwGE 29, 214. 47 Das Bundesverwaltungsgericht spricht an dieser Stelle der Entscheidung (BVerwGE 29, 214 [215]) missverständlich von der „Ausstattung“ der Sendung. Es dürfte sich hierbei jedoch nur um ein Redaktionsversehen handeln, da das Gericht ausdrücklich auf BVerfGE 12, 205 (227) Bezug nimmt und dort von der „Ausstrahlung“ der Sendung die Rede ist. 48 BVerwGE 29, 214 (215).
B. Die Entwicklung in den 1960er-Jahren
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Es stelle sich insofern bereits die Frage, ob die Errichtung und der Betrieb einer Rundfunkempfangsanlage im Hinblick auf Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG überhaupt noch einer Verleihung bedürfe. Jedenfalls aber spreche gegen den Charakter der Rundfunkgebühr als einer Verleihungsgebühr, dass über 80 % der Einnahmen an die Rundfunkveranstalter49 abgeführt würden. Bei der Ausstrahlung von Rundfunkprogrammen käme den fernmeldetechnischen Einrichtungen also nur eine untergeordnete, dienende Funktion zu.50 Die Rundfunkgebühr ist demnach vor allem Entgelt für die Leistung der Rundfunkanstalten51 und unterliegt damit in der Konsequenz des 1. Fernsehurteils ebenfalls der Regelungskompetenz der Länder.52
II. Ausgestaltung und Staatspraxis: Die Neuordnung des Rundfunkgebührenrechts und die Entscheidung über die erste Gebührenerhöhung Ende der 1960er-Jahre Mit dem 1. Fernsehurteil des Bundesverfassungsgerichts und den spezifischen Aussagen des Bundesverwaltungsgerichts zur Rundfunkgebühr war die rundfunkrechtliche Kompetenz der Länder nicht nur in einem allgemeinen Sinne gestärkt,53 sondern es waren zugleich die Grundlagen für eine Neuordnung des Rundfunkfinanzierungsrechts gelegt. Die Gliedstaaten hatten nun das Recht, aber auch die Pflicht, das Rundfunkgebührenrecht neu zu regeln. Die veränderten Rahmenbedingungen Ende der 1960er-Jahre verlangten geradezu nach einer umfassenden Reform dieser Materie. Denn bis dahin war die Zahl der Rundfunkteilnehmer ständig angewachsen, so dass die steigenden Ausgaben für die Veranstaltung von Rundfunk durch entsprechend zunehmende Einnahmen kompensiert werden konnten.54 Dieser Wachstumsprozess schwächte sich jedoch mehr und mehr ab, was zu zunehmenden öffentlichen Diskussionen über die Finanzierung des Rundfunks führte. Das Thema Gebührenerhöhung machte die Runde und wurde vor allem von den Printmedien denkbar negativ dargestellt – was vor allem auf der Einschätzung der Pressevertreter beruhte, es gebe in jedem Haushalt eine Art Medienbudget in Höhe von etwa 20 DM, das durch einen teureren Rundfunk zu Lasten von Zeitungen und Zeitschriften vermehrt aufgezehrt würde.55 Die Länder standen unter Handlungsdruck, Rechtsgrundlagen für eine Gebührenerhöhung zu schaffen. Bis dahin befand Hier konkret: an den Bayerischen Rundfunk. BVerwGE 29, 214 (216). 51 Ricker / Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, A. Rn. 74. 52 So deutlich BVerwGE 29, 214 (217). 53 Vgl. den Staatsvertrag über die Errichtung der Anstalt des öffentlichen Rechts „Zweites Deutsches Fernsehen“; GVBl. Nordrh.-Westf. 1961, S. 269. 54 Bausch, Rundfunkpolitik nach 1945, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 4, S. 659. 55 Bausch, Rundfunkpolitik nach 1945, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 4, S. 661. 49 50
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Teil 1: Die historische Entwicklung der Rundfunkgebühr
sich auf landesrechtlicher Ebene lediglich im Gesetz über den Süddeutschen Rundfunk56 (SDR) mit § 5 Abs. 6 eine Regelung, nach der sich die Stuttgarter Anstalt jederzeit an den Landtag wenden konnte, um unter Darlegung der Gründe eine Erhöhung oder Ermäßigung der Rundfunkgebühr zu beantragen. In der Staatspraxis lief diese Bestimmung aber schon deshalb ins Leere, weil sich im Landtag von Baden-Württemberg kaum eine Mehrheit gefunden hätte, die Rundfunkgebühr lediglich für das Sendegebiet des SDR, also nur für einen Teil des Landes, zu erhöhen. Und auch im übrigen Bundesgebiet erschien die Möglichkeit, die Höhe der Rundfunkgebühr jeweils landesautonom festzusetzen, politisch nicht opportun57 – schließlich hatte es eine solchermaßen gespaltene Gebühr in Deutschland noch nie gegeben. Die Länder machten sich also daran, ein bundeseinheitliches Rundfunkgebührenrecht zu entwickeln, was zum Gegenstand heftiger politischer Auseinandersetzungen wurde. Während etwa der damalige ARD-Vorsitzende und Intendant des Bayerischen Rundfunks, Christian Wallenreiter, seinen Kampf um eine sachgerechte Finanzierung des Rundfunks nicht nur als einen Streit ums „schnöde Geld“, sondern um die „Ordnung des Rundfunkwesens“58 ansah, hatten einige Fraktionen in den Landesparlamenten erhebliche Vorbehalte gegen eine Erhöhung der Rundfunkgebühr.59 Nach zähen Verhandlungen schlossen die Ministerpräsidenten schließlich am 31. Oktober 1968 den „Staatsvertrag über die Regelung des Rundfunkgebührenwesens“60, der u. a. die heute noch gültige Regelung enthielt, dass die Gebühr schon mit dem Bereithalten eines Rundfunkempfangsgeräts fällig wird.61 Zugleich wurde von den Regierungschefs der „Staatsvertrag über die Höhe der Rundfunkgebühr“62 unterzeichnet, durch den es nach Ratifikation in den Landesparlamenten mit Wirkung zum 1. Januar 1970 erstmals in der deutschen Rundfunkgeschichte zu einer Gebührenerhöhung kam. Die Hörfunkgebühr wurde um 0,50 DM auf 2,50 DM angehoben, die zusätzliche Fernsehgebühr von 5 DM auf 6 DM. Die Rundfunkgebühr wurde also um insgesamt 1,50 DM auf 8 DM erhöht. Damit blieben die Länder zwar unterhalb der Forderung der ARD, die Hörfunkgebühr um 1 DM zu erhöhen und einen Farbfernsehzuschlag in Höhe von 2 DM Rundfunkgesetz v. 21. November 1950, RegBl. Württemberg-Baden 1951, S. 1. So die Einschätzung von Bausch, Rundfunkpolitik nach 1945, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 4, S. 662. 58 So die Betreff-Zeile der Briefe Wallenreiters an die Ministerpräsidenten der Länder; zitiert nach: Bausch, Rundfunkpolitik nach 1945, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 4, S. 686 f. 59 Vgl. die Umfrage bei den Landtagsfraktionen in der Welt v. 11. Juni 1969, S. 6. 60 Hess. GVBl. 1969, S. 275. 61 Vgl. §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 des Staatsvertrages über die Regelung des Rundfunkgebührenwesens v. 31. Oktober 1968 sowie § 12 Abs. 2 RStV in der Fassung des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrages v. 8. bis 15. Oktober 2004 (GBl. Bad.-Württ. 2005, S. 189), in Kraft getreten am 1. April 2005. Zu den Folgen daraus für die Einordnung der Rundfunkgebühr in die gängige Abgabentrias unten Teil 4 B. II. 2. a). 62 Hess. GVBl. 1969, S. 275. 56 57
C. Die Entwicklung von 1970 bis in die Gegenwart
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einzuführen.63 Ferner wurde die Gebührenerhöhung vor allem von den Landtagen Niedersachsens und Baden-Württembergs mit zahlreichen Bedingungen und Erwartungen, wie etwa einer Vereinheitlichung der Haushaltsgestaltung der Rundfunkanstalten oder einer Gewährleistung der sozialen Sicherung der Redakteure, verknüpft.64 Ihren Charakter als „Rocher de bronze“65 hatte die Rundfunkgebühr jedoch verloren.
C. Die Entwicklung von 1970 bis in die Gegenwart I. Die „Arbeitsgruppe Rundfunkgebühren“ und die zweite Gebührenerhöhung zum 1. Januar 1974 Nach den Anstrengungen der ersten Rundfunkgebührenerhöhung zum 1. Januar 1970 war die Bereitschaft der Politik, die Prozedur einer Gebührenanhebung alsbald zu wiederholen, nicht vorhanden. Leise Rufe des damaligen Intendanten des SDR, Hans Bausch, nach einer erneuten Erhöhung im Jahr 1972 wurden von den Ministerpräsidenten zunächst brüsk zurückgewiesen und auf noch unerfüllte Bedingungen und Erwartungen verwiesen, die mit der Gebührenerhöhung zum 1. Januar 1970 verknüpft worden waren.66 Angesichts der zunehmend angespannten Finanzlage der Rundfunkanstalten hielten die Intendanten der ARD aber eine Gebührenanpassung spätestens zum 1. Januar 1974 für unerlässlich. Die dahingehende Forderung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wurde durch den Umstand begünstigt, dass im Jahre 1973 keine Landtagswahl stattfand, so dass eine Initiative gerade zu dieser Zeit politisch opportun erschien.67 Daraufhin setzten die Ministerpräsidenten am 23. Februar 1973 eine aus Vertretern der Staats- und Senatskanzleien sowie aus Vertretern verschiedener Landesrechnungshöfe bestehende „Arbeitsgruppe Rundfunkgebühren“ ein.68 Diese sprach in dem „Bericht der Arbeitsgruppe zur Überprüfung der Vorschläge der Rundfunkanstalten für eine Anpassung der Rundfunkgebühren an die Kostenentwicklung vom Mai 1973“69 eher beiläufig ein grundlegendes Dilemma der ARD, Denkschrift über die Zusammenarbeit der deutschen Rundfunkanstalten, S. 33. Bausch, Rundfunkpolitik nach 1945, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 4, S. 713, 727. 65 Bausch, Rundfunkpolitik nach 1945, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 4, S. 680. 66 Bausch, Rundfunkpolitik nach 1945, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 4, S. 713, 727. 67 So schrieb der damalige Intendant des SFB, Franz Barsig, an seine Intendantenkollegen in einem Brief v. 23. November 1972: „In den freien Raum des Jahres 1973 sollten wir deshalb vorstoßen.“ (zitiert nach: Bausch, Rundfunkpolitik nach 1945, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 4, S. 728 f.). 68 Bausch, Rundfunkpolitik nach 1945, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 4, S. 731. 69 Auszugsweise abgedruckt bei Bausch, Rundfunkpolitik nach 1945, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 4, S. 732 ff. 63 64
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Teil 1: Die historische Entwicklung der Rundfunkgebühr
Rundfunkgebühr an, das auch heute noch die rechtliche und politische Diskussion prägt: „Der Arbeitsgruppe ist bei ihrer Arbeit die grundsätzliche sachliche und rechtliche Problematik deutlich geworden, die sich aus der Tatsache ergibt, daß die Rundfunkanstalten zwar einerseits durch Verfassung und Gesetz mit Selbstverwaltungsrechten und Grundrechtsverbürgungen ausgestattet sind, die es ihnen erlauben, Inhalt und Umfang ihres Programms selbst zu bestimmen und die dafür erforderlichen personellen und sächlichen Mittel haushaltsmäßig zu veranschlagen, daß sie auf der anderen Seite aber hinsichtlich ihrer Finanzmittel insgesamt auf die Entschließungen der zuständigen Organe der Länder über die Höhe der Gebühren und den Umfang der zugelassenen Werbezeit angewiesen sind. Die Erörterungen mit den Rundfunkanstalten haben deutlich gezeigt, daß die Rundfunkanstalten zwar einerseits berechtigterweise Wert auf die Wahrung der ihnen durch Verfassung und Gesetz eingeräumten Rechte und die damit verbundene haushaltswirtschaftliche Bewegungsfreiheit legen, daß sie andererseits jedoch die unvermeidbaren rechtlichen und faktischen Bindungen hinnehmen müssen, die sich aus der Tatsache ergeben, daß der Staat berechtigt ist, ihnen mit der Festlegung der Höhe der Rundfunkgebühren faktisch auch einen gewissen Rahmen für ihre Tätigkeit zu setzen.“70
In ihrer konkreten Beschlussvorlage an die Ministerpräsidenten hielt es die Arbeitsgruppe nach Prüfung der Finanzpläne der Rundfunkanstalten für die Jahre 1973 bis 1977 schließlich „für erforderlich, aber auch ausreichend, vom 1. Januar 1974 an die Grundgebühr um 0,50 DM und die Fernsehgebühr um 1,50 DM zu erhöhen ( . . . )“.71 Diesen Beschlussvorschlag transformierten die Ministerpräsidenten bei ihrer Tagung am 5. Juli 1973 in Bonn unverändert in einen entsprechenden Staatsvertrag, so dass nach Ratifikation durch die Landesparlamente vom 1. Januar 1974 an die Grundgebühr 3 DM und die Fernsehgebühr 7,50 DM, die Rundfunkgebühr demnach insgesamt 10,50 DM betrug.
II. Die Gründung der „Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten“ im Jahre 1975 sowie die dritte Gebührenerhöhung zum 1. Januar 1979 Die „Arbeitsgruppe Rundfunkgebühren“ setzte mit ihrer Vorarbeit für die Gebührenerhöhung zum 1. Januar 1974 prozedurale Maßstäbe. Doch bestand dieses Gremium allein aus staatlichen Vertretern, was angesichts des Grundsatzes der Staatsfreiheit des Rundfunks und der eher fachlich orientierten Funktion der Arbeitsgruppe nicht unproblematisch war. Infolgedessen gab es verschiedene Vorschläge, die allesamt das Ziel verfolgten, die Unabhängigkeit des Gremiums zu 70 Bericht der Arbeitsgruppe Rundfunkgebühren zur Überprüfung der Vorschläge für eine Anpassung der Rundfunkgebühren an die Kostenentwicklung vom Mai 1973, S. 10 f. (zitiert nach: Bausch, Rundfunkpolitik nach 1945, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 4, S. 735 f.). 71 Bericht der Arbeitsgruppe Rundfunkgebühren zur Überprüfung der Vorschläge für eine Anpassung der Rundfunkgebühren an die Kostenentwicklung vom Mai 1973, S. 1 (zitiert nach: Bausch, Rundfunkpolitik nach 1945, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 4, S. 732).
C. Die Entwicklung von 1970 bis in die Gegenwart
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stärken. So schlug etwa die hessische Landesregierung die Einsetzung einer unabhängigen und staatsfernen Kommission zur Ermittlung des künftigen Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten vor, Nordrhein-Westfalen forderte die Gründung einer Art „Royal Commission“, deren Mitglieder vom Bundespräsidenten ernannt werden sollten, und der damalige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Helmut Kohl, beauftragte seine Rundfunkreferenten mit der Prüfung, in welcher Weise künftig der Finanzbedarf der Rundfunkanstalten nach inhaltlich und verfahrensmäßig objektiven Kriterien ermittelt werden könnte.72 Auf der Grundlage dieses breiten politischen Konsenses gründeten die Ministerpräsidenten am 20. Februar 1975 die „Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs“ (KEF), die sich am 2. Juli 1975 in der Mainzer Staatskanzlei unter dem Vorsitz von Staatssekretär Willibald Hilf 73 konstituierte. Das Gremium bestand anfangs aus 13 Mitgliedern, neben dem Vorsitzenden aus vier Vertretern der Länder, vier Mitgliedern der Rechnungshöfe und vier unabhängigen Sachverständigen („Drittelparität“). 74 Es wurden vier Arbeitsgruppen gebildet: Die Arbeitsgruppe I befasste sich primär mit Gebühreneinnahmen, die Arbeitsgruppe II vor allem mit Personalkosten, die Arbeitsgruppe III mit Programmfragen und die Arbeitsgruppe IV mit Investitionen und Krediten.75 Im Hinblick auf die Zielsetzung der KEF hieß es in dem Beschluss der Ministerpräsidenten: „Die Arbeiten und Empfehlungen der Kommission dienen als Entscheidungshilfe für die Landesregierungen und Landesparlamente.“ 76 In ihrem ersten Bericht vom 23. Juni 197777 empfahl die KEF eine Erhöhung der Grundgebühr um 1 DM und eine Anhebung der Fernsehgebühr um 1,50 DM zum 1. Juli 1979.78 Dieser Vorschlag geriet jedoch bei den Rundfunkanstalten in die Kritik: Das ZDF forderte eine stärkere Aufstockung der Fernsehgebühr im Verhältnis zur Grund- bzw. Hörfunkgebühr,79 und die ARD kritisierte, dass die KEF die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten zu Unrecht als Vgl. Bausch, Rundfunkpolitik nach 1945, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 4, S. 744. Hilf wurde nach seiner Wahl zum Intendanten des SWF bereits Anfang Dezember 1976 von Staatssekretär Waldemar Schreckenberger abgelöst. 74 Die Gründungsmitglieder der KEF waren neben dem Vorsitzenden Willibald Hilf als Vertreter der Staatskanzleien Ministerialrat Udo Andriof (Baden-Württemberg), Ministerialrat Eckard Schieb (Niedersachsen), Ministerialdirigent Hans Wolfgang Rombach (NordrheinWestfalen) sowie Ltd. Ministerialrat Uwe Lützen (Schleswig-Holstein), als Vertreter der Rechnungshöfe Ministerialdirigent Volkmar Hell (Bayern), Direktor Alfred Peters (Berlin), Direktor Hermann Carstens (Hamburg) und Ltd. Ministerialrat Carl Schnauber (RheinlandPfalz) sowie als Sachverständige der Bonner Rechtsanwalt Horst Bachmann, der Frankfurter Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Karl-Heinz Forster, der Münchener Ingenieur Heinrich Freiberger und der Saarbrücker Jura-Professor Wolfgang Knies. 75 Bausch, Rundfunkpolitik nach 1945, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 4, S. 747 ff. 76 Zitiert nach: Bausch, Rundfunkpolitik nach 1945, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 4, S. 748. 77 Auszugsweise abgedruckt bei Bausch, Rundfunkpolitik nach 1945, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 4, S. 751. 78 Bausch, Rundfunkpolitik nach 1945, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 4, S. 750. 79 ZDF, Jahrbuch 77, S. 95. 72 73
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Teil 1: Die historische Entwicklung der Rundfunkgebühr
einen Finanzverbund ansehe und die ARD mithin ungelösten Problemen des Finanzausgleichs zwischen den Anstalten ausgesetzt sei.80 So war es nicht überraschend, dass die Ministerpräsidenten den Empfehlungen der KEF nicht in allen Punkten folgten. Zwar gingen sie in der Summe der Gebührenerhöhung (2,50 DM) mit dem Vorschlag der KEF konform, beschlossen jedoch zum einen, dass die Gebührenerhöhung bereits zum 1. Januar 1979 erfolgen, und zum anderen, dass nur 0,80 DM des Mehrbetrages auf die Grund-, dafür aber 1,70 DM auf die Fernsehgebühr entfallen sollte. Die Laufzeit des neuen Rundfunkgebührenstaatsvertrages wurde auf vier Jahre bis zum 31. Dezember 1982 festgesetzt. Aufgrund der vielen streitigen Fragen insbesondere im Hinblick auf den ARD-internen Finanzausgleich waren die Ratifikationsverfahren in den einzelnen Landesparlamenten aber wiederum sehr zäh und endeten erst am 16. November 1978 mit der Zustimmung der Hamburger Bürgerschaft.81
III. Die vierte Erhöhung der Rundfunkgebühr zum 1. Juli 1983 im Lichte allgemeiner rundfunkrechtlicher Fragestellungen Die KEF hatte sich mittlerweile als Bestandteil des Gebührenfestsetzungsverfahrens etabliert. Im Abstand von zwei Jahren legte das Gremium Tätigkeitsberichte vor, an denen sich jedoch zunehmend Streit entzündete. So kritisierten die Rundfunkanstalten etwa in einer Stellungnahme vom 10. Dezember 1981, dass die KEF faktisch in die Programmhoheit der Anstalten und die Eigenverantwortlichkeit ihrer Gremien eingreife, da z. B. Programmvorhaben durch Nichtberücksichtigung bei der Ermittlung des Finanzbedarfs unterbunden würden. Indem die KEF ihre Empfehlungen vielfach aus einer negativen Bewertung der von den Organen der Anstalten im Rahmen ihrer verfassungsmäßigen und gesetzlichen Autonomie getroffenen Entscheidungen ableite, würde sie über den ihr zugewiesenen Auftrag hinausgehen.82 Doch auch die Landesparlamente sahen sich durch die KEF in ihren originären Entscheidungsrechten beeinträchtigt. So monierten etwa die Parteisprecher in Nordrhein-Westfalen, dass die Parlamente keinen Einfluss auf die Ermittlungen über die Notwendigkeit der Gebührenerhöhungen hätten, von ihnen aber gleichwohl die Zustimmung verlangt werde.83 Die Landtage würden deshalb zu Statisten der KEF degradiert. Die so gescholtene KEF forderte in ihrem Dritten Bericht vom 15. Oktober 1981, die Rundfunkgebühr zum 1. Januar 1984 um monatlich 2,25 DM auf ARD, Jahrbuch 77, S. 295. Vgl. Bausch, Rundfunkpolitik nach 1945, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 4, S. 753 ff. 82 Stellungnahme der Landesrundfunkanstalten zum Dritten Bericht der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) v. 10. Dezember 1981, S. 24 ff., 89 ff. (zitiert nach: Badura, Rundfunkfreiheit und Finanzautonomie, S. 32). 83 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 3. Februar 1983, S. 5: „Wir stimmen hier ab wie die blinden Hühner.“. 80 81
C. Die Entwicklung von 1970 bis in die Gegenwart
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15,25 DM anzuheben. Dabei sollte die Grundgebühr um 0,95 DM auf 4,75 DM, die Fernsehgebühr um 1,30 DM auf 10,50 DM erhöht werden. Die Ministerpräsidenten der Länder hielten sich aber nicht an diese Empfehlungen, sondern sprachen den Rundfunkanstalten eine höhere Rundfunkgebühr zu. Der am 2. Juli 1982 unterzeichnete und – anstatt, wie von der KEF vorgeschlagen, zum 1. Januar 1984 – bereits mit Wirkung zum 1. Juli 1983 von den Landesparlamenten ratifizierte Staatsvertrag setzte eine Gebührenerhöhung um 3,25 DM auf 16,25 DM monatlich fest, wobei die Grundgebühr um 1,25 DM auf 5,05 DM und die Fernsehgebühr um 2 DM auf 11,20 DM anstieg.84 Verknüpft wurde diese Gebührenerhöhung erneut mit zahlreichen rechtsverbindlichen Vorgaben und politischen Erwartungen an die Rundfunkanstalten insbesondere im Hinblick auf die haushaltsrechtlichen Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und den Informationsfluss an die Landesparlamente. Insofern stellten die Länder in Aussicht, die Zustimmung zu künftigen Gebührenerhöhungen davon abhängig zu machen, ob und inwieweit ihren Vorgaben Rechnung getragen werde.85
IV. Die Stabilität der Rundfunkgebühr bis Ende der 1980er-Jahre und der gebührenrechtliche Vorlagebeschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs Mit der großzügigen Gebührenerhöhung zum 1. Juli 1983 trat eine gewisse Ruhe in der Gebührenfrage ein. Schließlich wurden die mittleren 1980er-Jahre viel stärker von der rundfunkrechtlichen und -politischen Diskussion über die Zulässigkeit eines privatrechtlich organisierten Fernsehens geprägt. Dessen kontinuierliche Ausbreitung in der Rundfunklandschaft der Bundesrepublik seit 198486 wirkte sich in der medienpolitischen Situation für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und deren Gebührenansprüche eher nachteilig aus. So hieß es etwa in den „Materialien und Überlegungen zur Frage einer Rundfunkgebührenerhöhung“ der baden-württembergischen CDU-Landtagsfraktion vom 25. April 1988,87 dass eine Gebührenerhöhung ohne objektive Notwendigkeit ein Schlag ins Gesicht der privaten Anbieter wäre und es überdies mit den Grundsätzen einer dualen Rundfunklandschaft nicht zu vereinbaren sei, wenn dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk weitere Gebührenmilliarden zuflössen, mit deren Hilfe die Anstalten die privaten Anbieter dann weiter zurückdrängen könnten.
84 Art. 1 des Staatsvertrages über die Höhe der Rundfunkgebühr und zur Änderung des Staatsvertrages über einen Finanzausgleich zwischen den Rundfunkanstalten v. 6. Juli bis 26. Oktober 1982 (BayGVBl. 1983, S. 379). Vgl. auch Badura, Rundfunkfreiheit und Finanzautonomie, S. 33. 85 Badura, Rundfunkfreiheit und Finanzautonomie, S. 36 f. 86 Dazu Dussel, Deutsche Rundfunkgeschichte, S. 272 ff. 87 Epd / KuR v. 9. Juli 1988, S. 15 ff.
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Teil 1: Die historische Entwicklung der Rundfunkgebühr
In der Gebührendebatte der Jahre 1987 und 1988 waren jedoch vor allem der Beginn und die Länge der Laufzeit der nächsten Abgabenperiode umstritten. Während die Mehrheit der Länder eine stufenweise Gebührenerhöhung – um 2 DM ab 1989 und um weitere 0,20 DM ab 1991 – befürwortete, sprach sich der damalige baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth nachdrücklich für eine Anhebung der Rundfunkgebühr um 2,40 DM erst ab 1990 und mit einer Laufzeit von fünf Jahren aus.88 Das Veto Baden-Württembergs führte letztlich dazu, dass es Ende der 1980er-Jahre zu gar keiner realen Gebührenerhöhung kam – die Anhebung zum 1. Januar 1988 um 0,35 DM89 diente ausschließlich der auch aus der Rundfunkgebühr entnommenen Finanzierung der Landesmedienanstalten.90 Mit dem Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Juli 198891 erhielt die Rundfunkgebührendebatte erneut eine grundsätzliche Dimension. Nachdem das Gericht bereits zwei Jahre zuvor die generelle Frage aufgeworfen hatte, ob das Grundrecht der Rundfunkfreiheit nicht notwendigerweise die Gebührenhoheit der Rundfunkanstalten und damit das Recht zur Selbstfestsetzung einschließe,92 erhielt es im Verfahren über die Zulässigkeit des sog. Kabelgroschens erneut Gelegenheit, sich mit der verfassungsrechtlichen Problematik des damaligen Gebührenfestsetzungsverfahrens auseinander zu setzen. In seinem Aussetzungs- und Vorlagebeschluss vertrat das Gericht die Auffassung, dass die Festlegung der Rundfunkgebührenhöhe durch die Landesparlamente den Grundsatz der Staatsfreiheit des Rundfunks in unzulässiger Weise einschränke. Insoweit nahmen die bayerischen Richter einen Gedanken auf, der bereits im Sondervotum der Richter Geiger, Rinck und Wand zur 2. Rundfunkentscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 197193 zum Ausdruck gekommen war. Darin führten die dissentierenden Richter aus, dass es dem Grundsatz der Freiheit und Unabhängigkeit des Rundfunks vom Staat entspräche, wenn die Rundfunkgebühr von den Organen der Anstalten und nicht vom Staat festgesetzt würde.94 88 Hess, Verfassungsrechtliche Probleme der Gebührenfinanzierung im Dualen Rundfunksystem, S. 198. 89 Art. 13 Abs. 2 des Staatsvertrages zur Neuordnung des Rundfunkwesens v. 1. / 3. April 1987 (BayGVBl. 1987, S. 249). 90 Hess, Verfassungsrechtliche Probleme der Gebührenfinanzierung im Dualen Rundfunksystem, S. 199. 91 DVBl. 1989, 115. 92 BayVGH BayVBl. 1986, 339 (340) m. abl. Anm. Kuch, S. 340 ff. 93 BVerfGE 31, 314 (337 ff.). 94 BVerfGE 31, 314 (345). Im Ergebnis war aber nach Ansicht der dissentierenden Richter die staatliche Gebührenfestsetzung deshalb gerechtfertigt, weil das jedem Großunternehmen mit einer faktischen Monopolstellung eigentümliche Interesse an Erhöhung seiner Finanzmittel die Gefahr in sich berge, dass bei der Bestimmung der Gebührenhöhe nicht nach dem Grundsatz größtmöglicher Sparsamkeit verfahren, sondern die Monopolstellung ausgenutzt werde und die Interessen der Rundfunkteilnehmer zu kurz kämen.
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Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führte diesen Gedanken zu Ende und forderte, dass die Bestimmung der Gebührenhöhe tatsächlich in die Verwaltungsautonomie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten falle, weil mit der Festsetzung des Gebührenaufkommens zugleich der Rahmen abgesteckt werde, innerhalb dessen sich die Anstalten im staatsfreien Raum entfalten können. Mithin sei die von der Rundfunkfreiheit geforderte Programmfreiheit nur gewährleistet, wenn nicht eine Einflussnahme von außen über ihre wirtschaftlichen Voraussetzungen erfolgen könne. Die so verstandene Rundfunkautonomie werde aber durch die staatliche Festsetzung der Gebühren unter Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes beeinträchtigt, weil effiziente, weniger eingreifende Möglichkeiten – namentlich eine staatliche Genehmigung von Gebührensatzungen der Anstalten – zur Verfügung stünden, um legitimen hoheitlichen Kontrollbedürfnissen zu genügen.95 Mit Ablauf der 1980er-Jahre befand sich damit die gesamte Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in einer prekären Lage: Der werbefinanzierte Privatrundfunk hatte sich als feste Größe in der bundesdeutschen Rundfunklandschaft etabliert und trat zunehmend in Konkurrenz zum gebührenfinanzierten Anstaltsfunk, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hatten seit dem 1. Juli 1983 keine Gebührenerhöhung mehr erhalten, und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof forderte eine Gebührenautonomie für die Anstalten.96
V. Der sprunghafte Gebührenanstieg Anfang der 1990er-Jahre sowie die Neuordnung des Festsetzungsverfahrens als Folge der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: Der Hessen 3-Beschluss und das Gebührenurteil Wie bereits dargelegt, konnten sich die Ministerpräsidenten in der Gebührenrunde der Jahre 1987 / 1988 nicht auf eine Gebührenerhöhung zum 1. Januar 1989 einigen. Es stellte sich für die Länder damit die Frage, ob eine Aufspaltung der Rundfunkgebühr dergestalt herbeigeführt werden sollte, dass nur in den zustimmenden Ländern die Erhöhung der Rundfunkgebühr eintritt, in den dissentierenden hingegen nicht. Da eine solchermaßen gespaltene Gebühr aber politisch äußerst unerwünscht war, verständigten sich die Ministerpräsidenten letztlich doch noch auf einen Kompromiss, der eine Anhebung der Rundfunkgebühr um insgesamt 2,40 DM auf 19 DM zum 1. Januar 1990 bei einer Gebührenperiode von mindestens drei Jahren vorsah.97 BayVGH DVBl. 1989, 115 (117). Als weitere Variante zog Gersdorf, Staatsfreiheit des Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung der Bundesrepublik Deutschland, S. 351 ff. eine Gebührenfestsetzung durch die Landesmedienanstalten in Erwägung. 97 Art. 1 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 des Staatsvertrages über die Höhe der Rundfunkgebühr und zur Änderung des Staatsvertrages über einen Finanzausgleich zwischen den Rundfunkanstal95 96
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Doch bereits im Jahre 1991 stand die nächste Gebührendebatte ins Haus. Grund hierfür war insbesondere die Notwendigkeit, nach der Wiedervereinigung Deutschlands den Rundfunk in den neuen Bundesländern aufzubauen. Darüber hinaus standen die Gründung und folglich auch die Finanzierung eines Europäischen Kulturkanals auf der politischen Agenda.98 Die kommende Gebührenerhöhung musste angesichts dieser kostspieligen Aufgaben also spürbar ausfallen und zeitlich vorgezogen werden – Fakten, aus denen der damalige ARD-Vorsitzende und Intendant des WDR, Friedrich Nowottny, den Schluss zog, dass die letzte Gebührenanpassung zu spät gekommen und zu niedrig ausgefallen sei.99 Während die SPD-regierten Bundesländer eine vorgezogene Anhebung der Rundfunkgebühr um knapp 5 DM befürworteten, standen die unionsgeführten Länder dem zunächst kritisch gegenüber.100 Die KEF empfahl ihrerseits einen Anstieg der Rundfunkgebühr um maximal 4,90 DM monatlich, wobei ihr Vorsitzender, der damalige Staatssekretär und Chef der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei, Karl-Heinz Klär, betonte, dass sich die KEF als „Anwalt der Gebührenzahler“ verstehe und den von ARD und ZDF reklamierten Finanzbedarf deutlich nach unten korrigiert habe.101 Nach anfänglichen Abstimmungsschwierigkeiten unterzeichneten die Ministerpräsidenten der Länder dann am 31. August 1991 den „Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland“102, der in seinem Art. 5 den „Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag“ enthielt. In dessen § 1 wurde die Rundfunkgebühr zum 1. Januar 1992 auf insgesamt 23,80 DM festgesetzt, was letztlich einer Anhebung um 4,80 DM entsprach. Die Besonderheit der neuen Rundfunkgebühr lag freilich darin, dass sie zunächst nur für die Rundfunkteilnehmer in den alten Bundesländern galt, während die Rezipienten in den neuen Ländern eine Gebühr von 19 DM mit Wirkung zum 1. Januar 1992, von 20,60 DM mit Wirkung zum 1. Januar 1993 und von 22,20 DM mit Wirkung zum 1. Januar 1994 bezahlen mussten. Erst ab dem 1. Januar 1995 galt wieder eine einheitliche Rundfunkgebühr in Deutschland in Höhe von 23,80 DM.103 Doch auch in dieser Gebührenrunde zeigte sich wieder die politische Dimension der Rundfunkabgabe. So forderte der damalige Regierende Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen, im Zusammenhang mit der Gebührendebatte kategorisch, dass der Berliner Sender RIAS ein nationales, aus der allgemeinen Rundfunkgebühr zu finanzierendes Informationsprogramm ausstrahlen dürfen müsse. Dem ten v. 7. / 14. Oktober 1988 (BayGVBl. 1998, S. 453); siehe auch Hess, Verfassungsrechtliche Probleme der Gebührenfinanzierung im Dualen Rundfunksystem, S. 198. 98 Epd / KuR v. 5. Juni 1991, S. 10. 99 Epd / KuR v. 12. Juni 1991, S. 11. 100 Epd / KuR v. 15. Juni 1991, S. 12. 101 Epd / KuR v. 22. Juni 1991, S. 10. 102 BayGVBl. 1991, S. 451. 103 Anschaulich die tabellarische Darstellung von Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 8 RFinStV Rn. 5, die allerdings zu Unrecht für das Jahr 1992 in den alten Bundesländern eine Gebührenhöhe von 19 DM (statt 23,80 DM) angibt.
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hätten nach Aussage des damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder die übrigen Regierungschefs zustimmen müssen, da andernfalls eine Einigung in der Gebührenfrage insgesamt nicht zustande gekommen wäre.104 Die als politisch unverzichtbar angesehene einheitliche Rundfunkgebühr und der sich daraus ergebende Einigungszwang der Länder wurden also als Druckmittel der allgemeinen Rundfunkpolitik eingesetzt, was den unterschwelligen Ruf der Rundfunkgebühr als „politische Gebühr“105 bestätigte. An dieser politischen Dimension der Rundfunkgebühr entzündete sich generell der Streit um die verfassungsrechtliche Zulässigkeit ihrer Festsetzungspraxis, so dass fernab aller Gebührendebatten und -erhöhungen eine grundsätzliche verfassungsrechtliche Klärung durch das Bundesverfassungsgericht angezeigt war. Den Boden hierfür bereitete der Hessen 3-Beschluss des Gerichts vom 6. Oktober 1992.106 In dieser Entscheidung wurde zunächst betont, dass die dem öffentlichrechtlichen Rundfunk „gemäße Art“ der Finanzierung die Gebührenfinanzierung sei.107 Dabei habe der Staat einerseits eine funktionsgerechte Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu garantieren, wobei es andererseits keine Verpflichtung gebe, jede Programmentscheidung der Rundfunkanstalten finanziell zu honorieren.108 Nachdem damit die generelle Zulässigkeit der Rundfunkgebühr auch in der dualen Rundfunkordnung sowie ihre Anknüpfung an das bloße Bereithalten eines Rundfunkempfangsgeräts bestätigt wurden, nahm das Bundesverfassungsgericht im Gebührenurteil vom 22. Februar 1994109 explizit zu den Problemen des Gebührenfestsetzungsverfahrens Stellung. Im 1. Leitsatz dieser Entscheidung stellte das Gericht zunächst klar, dass die Rundfunkfreiheit entgegen der Rechtsauffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht die Gebührenfestsetzung durch die Rundfunkanstalten selbst erfordere. Die Praxis der Festlegung der Rundfunkgebühr durch einen Staatsvertrag der Länder und die anschließende Umsetzung in Landesrecht sei mit dem Grundgesetz vereinbar. Doch sichere das bis dato praktizierte Verfahren nicht in hinreichendem Maße die von Verfassungs wegen gebotene Programmfreiheit der Rundfunkanstalten, da der Staat in unzulässiger Weise über den Hebel der Rundfunkgebühr allgemeine medienpolitische oder programmleitende Entscheidungen treffen könne.110 Deshalb müsse ein Verfahren eingeführt 104 Angaben von Hess, Verfassungsrechtliche Probleme der Gebührenfinanzierung im dualen Rundfunksystem, S. 198 unter Bezugnahme auf den Kölner Stadtanzeiger v. 6. Juli 1991, S. 7. 105 So bereits im Jahre 1980 Bausch, Rundfunkpolitik nach 1945, in: Bausch, Rundfunk, Bd. 4, S. 760. Zum Gedanken der Rundfunkgebühr als einer politischen Gebühr instruktiv auch Grupp, Grundfragen des Rundfunkgebührenrechts, S. 43. 106 BVerfGE 87, 181. 107 Leitsatz 3 der Entscheidung. 108 BVerfGE 87, 181 (201). 109 BVerfGE 90, 60. 110 BVerfGE 90, 60 (93 f.).
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werden, dass diesen Gefahren effektiv begegne und dafür Sorge trage, dass die Rundfunkanstalten die zur Erfüllung ihres Auftrages erforderlichen finanziellen Mittel auch tatsächlich erhielten.111 Dies sei jedenfalls nicht durch die Einschaltung der KEF bisheriger Prägung gewährleistet, da diese trotz Einbeziehung unabhängiger Sachverständiger als „bloßes Hilfsinstrument“ der Ministerpräsidentenkonferenz ins Leben gerufen worden sei.112 Auch wenn die Empfehlungen der KEF als Entscheidungshilfe für die Landesregierungen und die Landesparlamente dienten, so sei die Gebührenentscheidung selbst als „rein politische Entscheidung“ der Regierungschefs und der Parlamente der Länder ausgestaltet, die keiner näheren materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Bindung unterläge.113 Diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hatte weitgehende Konsequenzen für die künftige Struktur des Verfahrens zur Festsetzung der Rundfunkgebühr. Vordergründig stellt das Urteil einen Erfolg für die Länder dar, da das Bundesverfassungsgericht eine Gebührenautonomie der Anstalten verneinte. Doch wandelt sich die Entscheidung durch die weiteren Ausführungen des Gerichts zu einem Pyrrhussieg, weil die staatlichen Entscheidungsspielräume im Vergleich zum bisherigen Zustand zurückgedrängt werden,114 ohne dass freilich geklärt ist, welcher Gestaltungsspielraum den Ländern verbleibt.115
VI. Das heutige Verfahren zur Festsetzung der Rundfunkgebühr sowie die Gebührenerhöhungen zum 1. Januar 1997 und zum 1. Januar 2001 Nach dem Gebührenurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Februar 1994 standen die Länder unter Handlungsdruck, ein den Vorgaben der Entscheidung entsprechendes, verfassungskonformes Verfahren zur Festsetzung der Rundfunkgebühr zu schaffen. Hierfür institutionalisierten die Ministerpräsidenten bereits durch Beschluss vom 30. Juni 1994116 eine Interims-KEF unter Vorsitz des damaligen Ministerialdirigenten und heutigen Vizepräsidenten des Bayerischen Obersten Rechnungshofs, Rainer Conrad, die bis zur staatsvertraglichen Neuregelung agieren und die nächste Gebührenerhöhung maßgeblich mitgestalten sollte.117 In dieBVerfGE 90, 60 (97, 101). BVerfGE 90, 60 (98). 113 BVerfGE 90, 60 (98). 114 Statt vieler Goerlich, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, Vor. § 1 RFinStV Rn. 7 unter Hinweis auf das Gebührenurteil des Bundesverfassungsgerichts. 115 Dazu eingehend unten Teil 4 und Teil 5. 116 Im Wortlaut abgedruckt bei Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Bd. I, B 5, § 14 RStV Rn. 12. 117 Die Interims-KEF bestand neben Rainer Conrad aus dem Universitäts-Professor Gerd G. Kopper, dem Ministerialdirektor Franz Arnold, dem Rechtsanwalt Horst Bachmann, dem Universitäts-Professor Franz Xaver Bea, dem Ltd. Ministerialrat Horst Bereswill, dem 111 112
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sem Beschluss wurde die Fachbezogenheit und die Unabhängigkeit der Kommissionsmitglieder vom Staat insoweit gestärkt, als dem Gremium nunmehr keine Vertreter der Staats- und Senatskanzleien mehr angehörten. Die Kommissionssitze, die bisher Vertretern der Länder vorbehalten waren, wurden Sachverständigen eingeräumt, die von den Ländern, den Rundfunkanbietern und den Landesmedienanstalten unabhängig waren. In Bezug auf die Gebührenfestsetzung selbst hieß es in dem Beschluss der Ministerpräsidenten lediglich, dass der von der KEF vorgelegte Gebührenvorschlag die „Grundlage für eine Entscheidung der Landesregierungen und der Landesparlamente“ sei.118 Fortan liefen zwei rundfunkrechtliche und -politische Diskussionen nebeneinander her: zum einen die allgemeine, wie die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in verfassungskonformer Art und Weise in Gesetzesform gegossen werden sollen, zum anderen die konkrete, wann und in welcher Höhe die nächste Gebührenerhöhung erfolgen müsse. Die Interims-KEF prüfte auf Grundlage des Ministerpräsidenten-Beschlusses vom 30. Juni 1994 den von den Rundfunkanstalten angemeldeten Finanzbedarf und empfahl in ihrem zehnten Bericht vom Dezember 1995 eine Gebührenerhöhung um insgesamt 4,45 DM mit Wirkung ab dem 1. Januar 1997. Die Länder hielten sich exakt an diese Vorgabe der Sachverständigen und unterzeichneten durch ihre Ministerpräsidenten im Spätsommer 1996 den entsprechenden Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrag.119 Nach Ratifikation durch die jeweiligen Landesparlamente betrug die Rundfunkgebühr ab 1. Januar 1997 somit 28,25 DM, zusammengesetzt aus 9,45 DM Grund- bzw. Hörfunkgebühr sowie 18,80 DM Fernsehgebühr.120 Mit dem Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurden aber auch die normativen Grundlagen für ein neu strukturiertes Gebührenfestsetzungsverfahren geschaffen. So hat mit § 13 RStV – dem heutigen § 14 RStV121 – die KEF die vom Bundesverfassungsgericht im Gebührenurteil geforderte gesetzliche Grundlage erhalten. Ferner wurde der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag (RFinStV) neu geDiplom-Kaufmann Axel Berger, dem Diplom-Ökonomen Reiner Dickmann, dem Vizepräsidenten des Rechnungshofes der Freien und Hansestadt Hamburg Rudolf Dieckmann, dem Diplom-Volkswirt und Bankdirektor Hans-Joachim Gorsulowsky, dem Diplom-Ingenieur Otmar Haas, dem Rechtsanwalt Klaus Hümmerich, dem Notar Helmuth Neupert, dem Universitäts-Professor Ulrich Reimers, dem Präsidenten des Landesrechnungshofs Sachsen-Anhalt Horst Schröder sowie der Direktorin bei dem Rechnungshof Berlin Erika Ueltzen. 118 So Ziffer 2. c) (3) des Ministerpräsidenten-Beschlusses zur Interims-KEF v. 30. Juni 1994; abgedruckt bei Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Bd. I, B 5, § 14 RStV Rn. 12. 119 BayGVBl. 1996, 480. 120 Vgl. auch Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Bd. I, B 5, § 14 RStV Rn. 13. 121 In der Fassung des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrages v. 8. bis 15. Oktober 2004 (GBl. Bad.-Württ. 2005, S. 189), in Kraft getreten am 1. April 2005. Mit dem Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag v. 23. bis 26. September 2003 (GBl. Bad.-Württ. 2004, S. 104), in Kraft getreten am 1. April 2004, wurde die Paragrafenbezeichnung geändert.
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fasst, in dessen §§ 1 – 7 die Einzelheiten des künftigen Gebührenfestsetzungsverfahrens geregelt wurden. Hiernach ist das Prozedere in Anlehnung an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts („gestuftes und kooperatives Verfahren“122) dreistufig ausgestaltet worden: Zunächst ermitteln die Rundfunkanstalten ihren Finanzbedarf und melden diesen bei der KEF an. Diese überprüft die Bedarfsanmeldung auf Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und legt den Landesregierungen sodann einen entsprechenden Bericht mitsamt Gebührenvotum vor. Danach wird die Rundfunkgebühr durch die Ministerpräsidenten der Länder staatsvertraglich festgesetzt und das Vertragswerk von den Ländern durch Zustimmungsgesetz bzw. -beschluss in geltendes Recht transformiert.123 In der Praxis hat sich dabei ein Verfahren herausgebildet, wonach die KEF den Landesregierungen alle vier Jahre einen Gebührenbericht und zwei Jahre nach dem Gebührenbericht einen Zwischenbericht erstattet, der insbesondere die zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen aufnimmt und bewertet.124 Daraus folgt, dass die jeweiligen Gebührenperioden eine Laufzeit von vier Jahren haben.125 Im Jahre 2000 stand die nächste Gebührenrunde an. Die Rundfunkanstalten meldeten für den Planungszeitraum 2001 bis 2004 einen ungedeckten Finanzbedarf in einer Höhe an, der zu einer Gebührenerhöhung von 5,75 DM geführt hätte.126 Die KEF hat diese Bedarfsanmeldung „entsprechend ihres Auftrags nach den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit überprüft“.127 Ergebnis dieser Prüfung war eine Reduzierung des ungedeckten Finanzbedarfs der Anstalten von angemeldeten 8 544,8 Mio. DM auf 5 223,9 Mio. DM,128 was einer Kürzung um 38,87 % entspricht. Aus ihren Berechnungen folgte für die KEF letztlich ein Vorschlag zur Erhöhung der Rundfunkgebühr um 3,33 DM ab dem 1. Januar 2001 bei einer Laufzeit von vier Jahren.129 Damit mussten sich die Rundfunkanstalten gemessen an den eigenen Vorstellungen zwar mit einer deutlich geringeren Summe zufrieden geben, der von der KEF vorgeschlagene Endbetrag war jedoch immer noch beträchtlich. Einigen Politikern war aber selbst dieser gekürzte Gebührenvorschlag des Sachverständigengremiums zu hoch. So wandten sich in der Gebührendebatte des Jahres 2000 sowohl Abgeordnete der CDU als auch der PDS im Sächsischen Landtag dezidiert gegen eine Gebührenerhöhung.130 Fraglich war jedoch, mit welchen Gründen die Politik nach dem Gebührenurteil des BundesverfassungsBVerfGE 90, 60 (102). Zu diesen drei Stufen Goerlich, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, Vor. § 1 RFinStV Rn. 8 ff. 124 Vgl. etwa den 14. KEF-Bericht, Tz. 7. 125 Vgl. z. B. den 14. KEF-Bericht, Tz. 10. 126 12. KEF-Bericht, Tz. 9. 127 12. KEF-Bericht, Tz. 10. 128 Vgl. 12. KEF-Bericht, Tz. 10. 129 12. KEF-Bericht Tz. 10, 424 ff. 130 Epd medien v. 21. Oktober 2000, S. 11. 122 123
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gerichts noch auf die Höhe der Rundfunkgebühr Einfluss nehmen konnte. Die PDS-Fraktion im Sächsischen Landtag versuchte es mit einem Antrag an das Parlament, der von der KEF vorgeschlagenen Gebührenerhöhung deshalb nicht zuzustimmen, weil für die Gebührenzahler „die Grenze der sozialen Verträglichkeit“ überschritten würde.131 Erst nach heftigen politischen Debatten und einigen Zugeständnissen seitens der Rundfunkanstalten132 lenkte der Sächsische Landtag als letztes der Landesparlamente dann noch ein und ratifizierte den Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrag133, der auch die Gebührenentscheidung enthielt. Damit kam es schlussendlich doch zu einer Anhebung der Rundfunkgebühr genau in Höhe des von der KEF vorgeschlagenen Betrages von 3,33 DM auf nunmehr 31,58 DM zum 1. Januar 2001, was nach dem Inkrafttreten der Währungsunion zum 1. Januar 2002 (umgerechnet und gerundet) 16,15 A entsprach.
VII. Die Auseinandersetzung um das Festsetzungsverfahren im Rahmen der Gebührenerhöhung zum 1. April 2005 Wie kontrovers die Auffassungen zu Fragen der Rundfunkgebührenfestsetzung zwischen den Rundfunkanstalten und den Ländern verlaufen können, zeigte erneut die Gebührendebatte der Jahre 2003 bis 2005.134 Entsprechend den Vorgaben des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages legten die Rundfunkanstalten ihre Bedarfsanmeldung der KEF zum 30. April 2003 vor.135 Diese stellte einen ungedeckten Finanzbedarf der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten für die Jahre 2005 bis 2008 in Höhe von ca. 3 415 Mio. A dar, was umgerechnet zu einer Anhebung der Rundfunkgebühr um 2,01 A auf 18,16 A geführt hätte.136 Angesichts schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen137 stand die KEF mit ihrem Prüfungsauftrag in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit des Finanzgebarens der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten unter starker öffentlicher Beobachtung. Antrag der PDS-Fraktion im Sächsischen Landtag v. 11. Februar 2000, LT-Drs. 3 / 0984. So verpflichteten sich die Rundfunkanstalten insbesondere, alle Landesparlamente über ihre finanzielle und wirtschaftliche Situation einschließlich struktureller Veränderungen und Entwicklungsperspektiven auch außerhalb einer konkreten Gebührenrunde im Abstand von zwei Jahren zu informieren, vgl. § 5a RFinStV und die Präambel zum sächsischen Zustimmungsgesetz (Sächs. GVBl. 2000, S. 526). Zum Ganzen auch A. Hesse, Rundfunkrecht, 4. Kap. Rn. 142. 133 Sächs. GVBl. 2000, S. 529. 134 Anschauliche Darstellung bei Dörr, Die Gebührenfrage und die Debatte um die Strukturreform, FS Ress, S. 1151 ff. (S. 1151 f.); eingehend Meier, „Für ein paar Cent weniger“?, S. 29 ff. 135 14. KEF-Bericht, Tz. 43. 136 14. KEF-Bericht, Tz. 10. 137 Vgl. den Jahreswirtschaftsbericht 2004 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, S. 70 ff. 131 132
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Während die Überprüfung der Bedarfsanmeldungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten durch die KEF noch nicht abgeschlossen war, stellten die Ministerpräsidenten Bayerns, Sachsens und Nordrhein-Westfalens, Edmund Stoiber, Georg Milbradt und Peer Steinbrück, in einem Positionspapier vom 10. November 2003138 weitreichende rundfunkrechtliche Forderungen auf. So sollten u. a. die ARD-Hörfunkprogramme von 61 auf 45 reduziert, die beiden Fernseh-Kultursender Arte und 3sat zusammengelegt sowie zahlreiche Klangkörper aufgelöst werden. Ziel dieser Vorschläge war es, den üblich gewordenen Gebührenerhöhungsmechanismus zu durchbrechen und unter Umständen sogar die Grundlagen für eine Senkung der Rundfunkgebühr zu schaffen.139 Erwartungsgemäß stieß dieser Vorstoß auf Protest der Rundfunkanstalten, zumal die Strukturdebatte in einen Zeitraum fiel, in dem auch über die Erhöhung der Rundfunkgebühr diskutiert wurde.140 Eine Trennung der beiden Verfahren wurde unter Hinweis auf das Gebührenurteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1994 angemahnt141 und durch ein im Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erstelltes Rechtsgutachten von Ossenbühl verfassungsrechtlich untermauert.142 Die KEF stellte ihren Bericht mitsamt Gebührenvorschlag plangemäß im Januar 2004 den Landesregierungen sowie der Öffentlichkeit vor.143 In diesem Bericht akzeptierte die Kommission lediglich einen ungedeckten Finanzbedarf der Anstalten in Höhe von (gerundet) 1 819 Mio. A,144 womit sie die Bedarfsanmeldung um 46,74 % reduzierte. Im Ergebnis votierte das Sachverständigengremium
138 Die Initiative ist abgedruckt in epd medien v. 12. November 2003, S. 23 f. Im Hinblick auf die Nachnamen der Verfasser ist sie als sog. SMS-Papier bekannt geworden; vgl. Dörr, Die Gebührenfrage und die Debatte um die Strukturreform, FS Ress, S. 1151 ff. (S. 1152 Fn. 6). Hierzu auch von Wallenberg, MMR 2005, 88 (89) und Degenhart, K&R 2005, 295 (296). 139 Süddeutsche Zeitung v. 11. November 2003, S. 15. 140 Siehe etwa das Interview mit dem damaligen ARD-Vorsitzenden und Intendanten des NDR, Jobst Plog, im Spiegel v. 17. November 2003, S. 226: „Da machen wir nicht mit“. 141 Vgl. epd medien v. 31. Januar 2004, S. 17. 142 Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr. 143 Zu diesem Zeitpunkt bestand die KEF aus folgenden Mitgliedern: Rainer Conrad (Vorsitzender; Vizepräsident des Bayerischen Obersten Rechnungshofs), Horst Bachmann (Stellvertretender Vorsitzender; Rechtsanwalt), Franz Arnold (Ministerialdirektor a.D.), Franz Xaver Bea (Universitäts-Professor), Axel Berger (Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater), Reiner Dickmann (Diplom-Ökonom, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater), Rudolf Dieckmann (Präsident des Rechnungshofes der Freien und Hansestadt Hamburg a.D.), Hans-Joachim Gorsulowsky (Diplom-Volkswirt), Otmar Haas (Diplom-Ingenieur, Vorstand eines Beratungs- und Planungsunternehmens), Werner Jann (Universitäts-Professor), Jens Harms (Präsident des Rechnungshofs von Berlin), Volker Hartloff (Präsident des Rechnungshofs von Rheinland-Pfalz), Wolfgang Knies (Universitäts-Professor), Helmuth Neupert (Notar), Ulrich Reimers (Universitäts-Professor), Horst Schröder (Präsident des Landesrechnungshofs Sachsen-Anhalt a.D.). 144 14. KEF-Bericht, Tz. 11.
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für eine Gebührenerhöhung um 1,09 A auf 17,24 A zum 1. Januar 2005.145 Im Hinblick auf die weiter schwelende Rundfunkstrukturdebatte stellte der Vorsitzende der KEF, Rainer Conrad, fest, dass die Politik eine „erhebliche Mitschuld“ an der aus Sicht der KEF notwendigen Gebührenerhöhung habe.146 Denn die KEF müsse bei ihrer Finanzbedarfsermittlung die Staatsverträge und Beschlüsse der Anstaltsgremien, in denen traditionell politische Vertreter präsent seien, zugrunde legen. Spätestens vor zwei Jahren hätten die politisch Verantwortlichen Strukturveränderungen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk einleiten müssen, um die dortigen Kostenentwicklungen einzuschränken. Nun sei es zu spät, um mit Hilfe weiterer Einsparungen einen positiven Effekt für die nächste Gebührenrunde zu bewirken. Angesichts der erheblichen Kürzung der Bedarfsanmeldung durch die KEF hätte man erwarten können, dass sich die politischen Entscheidungsträger in den Ländern mit dem Sachverständigenvotum zufrieden zeigen und die Rundfunkgebührenfrage von der politischen Agenda nehmen würden. Doch das Gegenteil war der Fall: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sah sich scharfer Kritik in den Medien ausgesetzt; in seltener Allianz schrieben Presseorgane von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung147 über die Frankfurter Rundschau148 bis hin zum Spiegel149 gegen die vermeintliche Gier der Anstalten an. Viele Politiker fühlten sich ermutigt, dieses Mal das KEF-Votum zu übergehen und eine eigenständige Entscheidung über die Rundfunkgebühr herbeizuführen. Während auf der einen Seite zur Legitimierung dieses Verfahrens darzulegen versucht wurde, dass im Hinblick auf das Gebührenurteil nur eine formal rechtliche Trennung von medienpolitischen Entscheidungen und solchen über die Rundfunkgebühr gewährleistet sein müsse, aber „selbstverständlich ein politischer Zusammenhang“ zwischen den beiden Aspekten bestehe,150 wurde andernorts Kompromisslosigkeit signalisiert, da „die Zeiten einer quasi automatischen und selbstverständlichen Anhebung [scil. der Rundfunkgebühr] endgültig vorbei“ seien.151 14. KEF-Bericht, Tz. 11 und Zusammenfassung. Zitiert nach: epd medien v. 14. Januar 2004, S. 12. Der Sache nach ist dieser Hinweis aber auch im 14. KEF-Bericht, Tz. 12 enthalten. 147 Etwa Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 9. Januar 2004, S. 11: „Monströse Geldverschwendung bei ARD und ZDF“; Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 21. Januar 2004, S. 38: „Es kommt von Anfang bis Ende des Papiers entweder die Behauptung heraus, dies alles sei verfassungswidrig oder es spare keinen Cent“. 148 Frankfurter Rundschau v. 17. Januar 2004, S. 19: „Man könnte mit dem Sparen vielleicht bei den Anzügen anfangen. Jobst Plog trägt zum hellblau gestreiften Hemd einen dunkelblauen Einreiher von Armani – Gediegenes also“. 149 Der Spiegel v. 12. Januar 2004, S. 140: „Doch statt die Kritik als Chance zu begreifen, ( . . . ) gaben sich die Anstalten gewohnt uneinsichtig“. 150 So die Staatssekretärin für Europa, Internationales und Medien der Landesregierung Nordrhein-Westfalen, Miriam Meckel, MW 2004, 44 (44). 151 Vgl. das Interview mit dem bayerischen Staatsminister Erwin Huber im Focus 8 / 2004, S. 154. 145 146
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Teil 1: Die historische Entwicklung der Rundfunkgebühr
Im Laufe des Jahres 2004 gingen die politischen Befürworter und Gegner einer Gebührenerhöhung dann aber doch schrittweise aufeinander zu, so dass sich die Diskussion zunehmend auf die Fragen verdichtete, wie hoch die Gebührenerhöhung ausfallen,152 ab welchem Zeitpunkt sie eintreten153 und ob man die Gebührenperiode möglicherweise auf zwei Jahre verkürzen154 solle. Ferner wurde erneut eine Aufspaltung der Rundfunkgebühr dergestalt erwogen, dass künftig unterschiedlich hohe Gebühren in den einzelnen Bundesländern gelten sollten.155 Auf der anderen Seite begannen auch die Anstalten sich zu bewegen und versprachen neben grundsätzlicher Dialogbereitschaft über die Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch die Abgabe von finanzierungsrelevanten Selbstverpflichtungserklärungen.156 Trotz dieser Kompromissversuche stand für die Länder jedoch eines fest: Zu einer bloßen Ratifikation des Gebührenvotums der KEF sollte es dieses Mal – anders als in den vorangegangenen Jahren – nicht kommen. So handelten die Rundfunkreferenten der Staats- und Senatskanzleien im Sommer 2004 letztlich eine Anhebung der Rundfunkgebühr um nur 81 Cent aus. Da deren rechtzeitige parlamentarische Ratifikation zum 1. Januar 2005 nicht mehr realisierbar war, setzten die Ministerpräsidenten der Länder auf ihrer Jahreskonferenz vom 6. bis 8. Oktober 2004 in Berlin schließlich mit dem Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag157 eine Erhöhung der Rundfunkgebühr um 88 Cent mit Wirkung ab dem 1. April 2005 zur Herbeiführung eines entsprechenden Verspätungsausgleichs158 fest. Damit wichen die Regierungschefs erstmals seit dem Gebührenurteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1994 tatsächlich vom Votum der KEF ab. Sie begründeten ihre Entscheidung vor allem mit der „deutlich angespannten wirtschaftlichen Lage“, „nicht hinreichend erschlossenen“ Einsparpotenzialen bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, der „Vereinfachung des Gebührenbefreiungsrechts“ sowie der aktuellen „Gesamtentwicklung der Aufgaben im dualen Rundfunksystem und im Wettbewerb der Medien insgesamt“.159 152 So hielt etwa der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, Kurt Beck, in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung v. 1. März 2004 eine Gebührenerhöhung um 80 Cent für vorstellbar. 153 In diesem Sinne plädierte beispielsweise der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg, Günther Oettinger, für einen Beginn der Gebührenperiode erst zum 1. Januar 2006, vgl. Süddeutsche Zeitung v. 8. Januar 2004, S. 15. 154 So der Vorschlag des medienpolitischen Sprechers der SPD-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen, Marc Jan Eumann, vgl. Frankfurter Rundschau v. 19. Februar 2004, S. 19. 155 Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff hielt eine solche Lösung zumindest „für möglich“, wenngleich er „grundsätzlich“ für eine bundeseinheitliche Gebühr sei, zitiert nach: Frankfurter Rundschau v. 18. Februar 2004, S. 21. 156 Vgl. epd medien v. 31. Januar 2004, S. 17. 157 GBl. Bad.-Württ. 2005, S. 189. 158 Amtl. Begründung zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, S. 28; im Internet abrufbar unter www.hessischer-landtag.de / Dokumente / Plenarsitzungen / 02866.pdf (letzter Zugriff am 18. Januar 2006).
C. Die Entwicklung von 1970 bis in die Gegenwart
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Mit Abschluss des Vertragswerks hatten die Ministerpräsidenten das in ihren Kompetenzbereich Fallende getan, um eine – wenngleich relativ bescheidene – Erhöhung der Rundfunkgebühr herbeizuführen. Angesichts der Divergenz zwischen der exekutiven Festsetzungsentscheidung und dem Votum der KEF sowie der vermeintlichen Vermengung rundfunkstruktureller Erwägungen mit der Gebührenfrage blieben Fragen der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit dieses Verfahrens auf der Tagesordnung. Denn es mussten mit den Landesparlamenten bis zum 1. April 2005 noch die zuständigen Legislativorgane dem Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zustimmen, was sich, wie dargestellt, schon in der Gebührenrunde des Jahres 2000 als hohe Hürde erwiesen hatte. Erneut regte sich vor allem im Sächsischen Landtag Widerstand. So forderte ein von der PDS-Fraktion in Auftrag gegebenes Gutachten des Juristischen Dienstes der Sächsischen Landtagsverwaltung160 die Abgeordneten auf, dem Staatsvertrag deshalb ihre Zustimmung zu verweigern, weil die Abweichung der Gebührenfestsetzung vom Vorschlag der KEF verfassungsrechtlich nicht zulässig sei. Nicht zuletzt im Hinblick auf die Tatsache, dass mit einer Ablehnung des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrages aber gar keine Gebührenerhöhung zustande gekommen wäre und sich damit die ohnehin schon angespannte Situation auch rechtlich noch weiter zugespitzt hätte,161 votierte der Sächsische Landtag letztlich doch für eine Ratifizierung des Vertragswerks. Nach Verabschiedung der Gebührenerhöhung durch den Landtag von BadenWürttemberg am 16. März 2005 hatte schließlich auch das letzte Bundesland grünes Licht gegeben, so dass mit Wirkung ab dem 1. April 2005 eine monatliche Rundfunkgebühr in Höhe von 17,03 A festgesetzt wurde. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gaben sich mit diesem Ergebnis aber nicht zufrieden. Auch noch nach Ratifizierung des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrages durch die Landesparlamente betonten sie immer wieder die Verfassungswidrigkeit des abgelaufenen Verfahrens, weshalb der „Gang nach Karlsruhe ( . . . ) unausweichlich“ sei.162 Nachdem letzte Konsensgespräche mit den Ländern gescheitert waren, erhob die ARD am 31. Oktober 2005 Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht.163 Dabei gehe es nach Mitteilung des ARD-Vorsitzenden und Intendanten des Bayerischen Rundfunks, Thomas Gruber, nicht darum, „nachträglich mehr Geld zu bekommen“, sondern um „Klarheit und Rechtssicherheit“ und damit letztlich um die „Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“.164 Das ZDF entschied hingegen zunächst, sich an der Verfassungsbeschwerde nicht zu beteiligen. Zwar teilte der Intendant des ZDF, Markus Schächter, die Rechtsauffassung der ARD, wonach die jüngste Gebührenerhöhung 159 160 161 162 163 164
Amtl. Begründung zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, S. 27 f. Auszugsweise abgedruckt in epd medien v. 2. März 2005, S. 32 ff. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 5. März 2005, S. 45. So der Intendant des SWR, Peter Voß, in: Doppelpfeil 3 / 2005, 10 (11). Vgl. MMR 12 / 2005, XXII. Zitiert nach: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 26. Oktober 2005, S. 13.
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Teil 1: Die historische Entwicklung der Rundfunkgebühr
dem Verfahren nach „eine Verletzung von Grundsätzen“ darstelle.165 Man bevorzuge aber eine politische Lösung mit den Ländern. So brachten im Jahr 2005 sowohl das ZDF als auch die ARD Vorschläge für eine Neuordnung des Gebührenfestsetzungsverfahrens in die medienpolitische Debatte ein.166 Da diese Initiativen in den Ländern jedoch auf keine große Resonanz stießen,167 schlossen sich im März 2006 das ZDF und auch das Deutschlandradio der Verfassungsbeschwerde der ARD an.168 Damit dürfte erneut das Bundesverfassungsgericht über die Rundfunkgebühr und das Verfahren ihrer Festsetzung zu entscheiden haben.
Zitiert nach: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 1. Juni 2005, S. 34. Zu rechtlichen Aspekten dieser Verfahrensmodelle unten Teil 6 C. I. und Teil 6 C. II. 167 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 25. Oktober 2005, S. 42. 168 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 7. März 2006, S. 42 sowie Stuttgarter Zeitung v. 14. März 2006, S. 14. 165 166
Teil 2
Der rechtliche Rahmen der Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Nach dem Überblick über die historische Entwicklung der Rundfunkgebühr und des Verfahrens ihrer Festsetzung werden nachfolgend die rechtlichen Eckdaten für die Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erörtert. Ausgangspunkt ist dabei die grundrechtliche Rundfunkfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, deren Inhalt wesentlich durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geprägt wird (A.). Daran anknüpfend sind die Konsequenzen der grundrechtlichen Rundfunkfreiheit für die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu untersuchen (B.), bevor die europarechtlichen Implikationen der Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dargestellt werden (C.).
A. Verfassungsrechtliche Ausgangslage: Die grundrechtliche Rundfunkfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG I. Die Sondersituation des Rundfunks unter den Massenmedien Die ältere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur grundrechtlichen Rundfunkfreiheit beruhte maßgeblich auf einer vermeintlich besonderen Ausgangslage, in der sich der Rundfunk im Vergleich zur Presse befand. So führte das Gericht im 1. Fernsehurteil aus dem Jahre 1961 zur Legitimierung der damaligen Vormachtstellung1 des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus: „Hier wird die Besonderheit bedeutsam, durch die sich der Rundfunk von der Presse unterscheidet. Zwar ist es unrichtig, daß Zeitungsverlage, Zeitungsdruckereien und Zeitungen in beliebiger Anzahl neu gegründet und unterhalten werden können. Der Unterschied zwischen Presse und Rundfunk besteht aber darin, daß innerhalb des deutschen Pressewesens 1 Gemeinhin wird von einem Monopol der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gesprochen, vgl. etwa Starck, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 116. Tatsächlich handelte es sich jedoch um ein Oligopol; ebenso Herzog, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. I, Art. 5 Abs. I, II Rn. 218.
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Teil 2: Der rechtliche Rahmen der Gebührenfinanzierung eine relativ große Zahl von selbständigen und nach ihrer Tendenz, politischen Färbung oder weltanschaulichen Grundhaltung miteinander konkurrierenden Presseerzeugnissen existiert, während im Bereich des Rundfunks sowohl aus technischen Gründen als auch mit Rücksicht auf den außergewöhnlich großen finanziellen Aufwand für die Veranstaltung von Rundfunkdarbietungen die Zahl der Träger solcher Veranstaltungen verhältnismäßig klein bleiben muß.“2
Das Bundesverfassungsgericht begründete seine Sichtweise einer Sonderstellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks also zunächst damit, dass in technischer wie auch in wirtschaftlicher Hinsicht die Veranstaltung von Rundfunk im Vergleich zur Presse strukturell erschwert sei. War bereits damals der apodiktische Charakter dieser Aussage zweifelhaft,3 so dürften die rechtstatsächlichen Prämissen heute kaum mehr haltbar sein.4 Auch das Bundesverfassungsgericht hat von seiner These einer technisch bzw. monetär bedingten „Sondersituation“5 des Rundfunks unter den Massenmedien inzwischen Abstand genommen.6 Dennoch hält das Gericht auch in seiner jüngeren Rechtsprechung an einer Sondersituation des Rundfunks im Vergleich zur Presse fest. Dies wird nunmehr mit einer besonderen Wirkungsmacht des Rundfunks begründet. Im Gebührenurteil aus dem Jahre 1994 heißt es insoweit: „Unter den Medien kommt dem Rundfunk wegen seiner Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft besondere Bedeutung zu.“7
Dies gilt nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts in erster Linie für das Fernsehen. So lautet es im Urteil zur Kurzberichterstattung: „Das Fernsehen ist zwar nicht das einzige Medium, das Informationen über Ereignisse von allgemeiner Bedeutung bietet. Es ist aber das einzige Medium, das zeitgleich in Bild und Ton über ein Ereignis zu berichten vermag. Wegen des dadurch vermittelten Anscheins der Authentizität und des Miterlebens sowie seiner bequemen Verfügbarkeit ist es mittlerweile zu dem Medium geworden, aus dem der größte Teil der Bevölkerung seinen Informationsbedarf deckt.“8
BVerfGE 12, 205 (261). Herzog, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. I, Art. 5 I, II Rn. 221; Kronberger Kreis, Mehr Markt – weniger Staat, S. 226 ff. 4 Ebenso Sachs, Verfassungsrecht II, Teil B 5 Rn. 41. 5 So explizit BVerfGE 12, 205 (261); ähnlich BVerfGE 31, 314 (326). Von einer publizistischen Sondersituation des Rundfunks im Sinne einer besonderen Wirkungsmacht war in den früheren Gerichtsentscheidungen noch keine Rede. 6 So konzediert das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zur Kurzberichterstattung aus dem Jahre 1998 (BVerfGE 97, 228 [256]), dass die großen privaten Fernsehsender inzwischen eine Reichweite besitzen, die derjenigen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nahe kommt. Daraus lässt sich ablesen, dass das Gericht zumindest im Hinblick auf das Fernsehen und wenigstens bezüglich der Verbreitungswege nicht länger von einer Sondersituation des Rundfunks im Vergleich zu anderen Massenmedien ausgeht. 7 BVerfGE 90, 60 (87); zuletzt BVerfG NVwZ 2006, 201 (203). 8 BVerfGE 97, 228 (256). 2 3
A. Verfassungsrechtliche Ausgangslage
57
Das Bundesverfassungsgericht geht demnach davon aus, dass der Rundfunk und insbesondere das Fernsehen durch seine spezifische Übertragungsweise eindringlicher auf die Rezipienten und damit auf deren Einstellungen, Meinungen und Verhaltensweisen wirkt, als dies bei einem Pressemedium der Fall ist. Auffallend an der Rechtsprechung ist aber, dass die Aussagen zur besonderen Aktualität, Breitenwirkung und vor allem Suggestivkraft des Rundfunks nicht durch fachwissenschaftliche Nachweise belegt werden. Auf die Fragwürdigkeit dieser rechtstatsächlichen Annahmen wird deshalb an späterer Stelle der Arbeit nochmals einzugehen sein.9
II. Die Interpretation der grundrechtlichen Rundfunkfreiheit als einer dienenden Freiheit Grundrechte stellen in erster Linie durchsetzbare subjektive Rechte des Individuums gegen den Staat dar. Sie sind durch eine Verteidigungsfunktion geprägt und zielen auf ein Unterlassen des Staates.10 Zwar können Grundrechte daneben noch andere Funktionen erfüllen.11 Dies ändert aber nichts daran, dass ihr genereller Schwerpunkt darin liegt, die Freiheitssphäre des Einzelnen vor Eingriffen der öffentlichen Gewalt zu sichern.12 Auch die Rundfunkfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ist zunächst ein Grundrecht im Sinne des status negativus, das dem Rechtsträger ein Abwehrrecht gegenüber staatlichen Eingriffen verleiht.13 Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geht jedoch erheblich weiter. So wird die grundrechtliche Rundfunkfreiheit überwiegend in einem objektiv-rechtlichen Sinne gedeutet. In diesem Kontext hat das Gericht den Begriff der „dienenden Freiheit“ geprägt: „Im Unterschied zu den anderen Freiheitsrechten des Grundgesetzes handelt es sich bei der Rundfunkfreiheit allerdings nicht um ein Grundrecht, das seinem Träger zum Zwecke der Persönlichkeitsentfaltung oder Interessenverfolgung eingeräumt ist. Die Rundfunkfreiheit ist vielmehr eine dienende Freiheit. Die Rundfunkfreiheit dient der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung (vgl. BVerfGE 57, 295 [319], st. Rspr.). Diesem Charakter würde ein Verständnis von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, das sich in der Abwehr staatlicher Einflußnahme erschöpfte und den Rundfunk im übrigen den gesellschaftlichen Kräften überließe, nicht gerecht.“14 Siehe unten Teil 6 A. II. Statt vieler Sachs, in: Sachs, GG, Vor. Art. 1 Rn. 39 ff. 11 Etwa Leistungs-, Schutz- oder Teilhabefunktion; vgl. nur Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, Vor. Art. 1 Rn. 5 ff. 12 BVerfGE 7, 198 (204), vgl. auch BVerfGE 50, 290 (337); 68, 193 (205). 13 Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 Rn. 623. 14 BVerfGE 87, 181 (197 f.). Einen generellen Wandel der Grundrechtsjudikatur des Bundesverfassungsgerichts hin zu vermehrtem Funktionsschutz erkennt Möllers, NJW 2005, 1973 ff. 9
10
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Teil 2: Der rechtliche Rahmen der Gebührenfinanzierung
Bereits im sog. FRAG-Urteil hieß es: „Indem Art. 5 Abs. 1 GG Meinungsäußerungs-, Meinungsverbreitungs- und Informationsfreiheit als Menschenrechte gewährleistet, sucht er zugleich diesen Prozeß verfassungsrechtlich zu schützen. Er begründet insoweit subjektive Rechte; im Zusammenhang damit normiert er die Meinungsfreiheit als objektives Prinzip der Gesamtrechtsordnung, wobei subjektiv- und objektivrechtliche Elemente einander bedingen und stützen (vgl. BVerfGE 7, 198 [204 f.] – Lüth).“15
Aus diesen Passagen folgt, dass das Verständnis des Bundesverfassungsgerichts von der Rundfunkfreiheit in erster Linie funktional geprägt ist. Zwar verkennt das Bundesverfassungsgericht den subjektiv-rechtlichen Charakter der Veranstaltung von Rundfunk nicht.16 Es handelt sich bei dem Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG aber primär um eine drittnützige Freiheit, da Grundrechtsträger und Nutznießer im Ausgangspunkt nicht personenidentisch sind. Wenn Rundfunkveranstalter durch Programmverbreitung von ihrem Grundrecht Gebrauch machen, sollen hiervon zunächst nicht sie, sondern die Rezipienten – letztlich also die Allgemeinheit – profitieren.17 Auf die Überzeugungskraft dieser atypischen Grundrechtsinterpretation wird an späterer Stelle der Arbeit nochmals einzugehen sein.18
III. Das strukturelle Dilemma der Rundfunkfreiheit: Staatsverantwortung versus Staatsfreiheit 1. Das Prinzip der Staatsverantwortung für den Rundfunk Um dem Art. 5 Abs. 1 GG innewohnenden Normziel der Gewährleistung freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu dienen, muss der Rundfunk die Vielfalt der Themen und Meinungen, die in der Gesellschaft eine Rolle spielen, aufnehmen und wiedergeben. Dies ist nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts aber nicht per se gewährleistet. Deshalb bedarf es staatlicher Regelungen. Bereits im 1. Fernsehurteil heißt es hierzu: „Die Veranstalter von Rundfunkdarbietungen müssen also so organisiert werden, daß alle in Betracht kommenden Kräfte in ihren Organen Einfluß haben und im Gesamtprogramm zu Wort kommen können, und daß für den Inhalt des Gesamtprogramms Leitgrundsätze verbindlich sind, die ein Mindestmaß von inhaltlicher Ausgewogenheit, Sachlichkeit und BVerfGE 57, 295 (319 f.). So betont das Gericht in seiner Entscheidung zur Kurzberichterstattung (BVerfGE 97, 228 [253]), dass die kommerziellen Fernsehveranstalter berufsmäßig im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG tätig sind. Zum Konkurrenzverhältnis zwischen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 12 Abs. 1 GG Charissé, Die Rundfunkveranstaltungsfreiheit und das Zulassungsregime der Rundfunk- und Mediengesetze, S. 135 ff. 17 Bethge, in: Sachs, GG, Art. 5 Rn. 107 spricht zutreffend davon, dass das Grundrecht den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten „nicht zu eigenem Belieben, sondern zu altruistischen Zwecken“ eingeräumt ist. 18 Siehe unten Teil 6 A. II. 15 16
A. Verfassungsrechtliche Ausgangslage
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gegenseitiger Achtung gewährleisten. Das läßt sich nur sicherstellen, wenn diese organisatorischen und sachlichen Grundsätze durch Gesetz allgemein verbindlich gemacht werden. Art. 5 GG fordert deshalb den Erlaß solcher Gesetze.“19
Im WDR-Urteil folgt eine etwas nähere Konkretisierung des staatlichen Ausgestaltungsauftrages für das Rundfunkwesen: „[Es bedarf] einer positiven Ordnung, die sicherstellt, daß der Rundfunk ebensowenig wie dem Staat einzelnen gesellschaftlichen Gruppen ausgeliefert wird, sondern die Vielfalt der Themen und Meinungen aufnimmt und wiedergibt, die in der Gesellschaft insgesamt eine Rolle spielen. Zu diesem Zweck sind materielle, organisatorische und prozedurale Regelungen notwendig, die an der Aufgabe der Rundfunkfreiheit orientiert und geeignet sind zu bewirken, was Art. 5 Abs. 1 GG in seiner Gesamtheit gewährleisten will (vgl. BVerfGE 57, 295 [320]). Wie diese Ordnung im einzelnen ausgestaltet wird, ist Sache der gesetzgeberischen Entscheidung. Das Grundgesetz schreibt weder ein bestimmtes Modell vor noch zwingt es zu konsistenter Verwirklichung des einmal gewählten Modells. Von Verfassungs wegen kommt es vielmehr allein auf die Gewährleistung freier und umfassender Berichterstattung an.“20
Die Veranstaltung verfassungskonformen Rundfunks ist somit Ergebnis eines vom Gesetzgeber geschaffenen Ordnungsrahmens. Ohne staatliches Tätigwerden kann es nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts keinen verfassungsgemäßen Rundfunk geben.
2. Das Prinzip der Staatsfreiheit des Rundfunks Mit der soeben skizzierten Staatsverantwortung für den Rundfunk hat es jedoch nicht sein Bewenden. Denn mit dem Prinzip der Staatsfreiheit des Rundfunks21 zieht sich ein weiterer Strukturgrundsatz wie ein roter Faden durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Bereits im 1. Fernsehurteil 1961 wurden die diesbezüglichen Grundlagen geschaffen,22 und im Gebührenurteil 33 Jahre später führt das Bundesverfassungsgericht den gleichen Gedanken wie folgt aus: „Der Rundfunk darf ( . . . ) dem Staat [nicht] ausgeliefert werden.“23
In Bezug auf den Inhalt des Grundsatzes der Staatsfreiheit des Rundfunks stellt das Bundesverfassungsgericht im Hessen 3-Beschluss fest: „Im Zentrum der Freiheitsgarantie steht die Programmautonomie.“24 BVerfGE 12, 205 (262 f.). BVerfGE 83, 238 (296). 21 Hierzu eingehend Gersdorf, Staatsfreiheit des Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung der Bundesrepublik Deutschland. 22 BVerfGE 12, 205 (262). 23 BVerfGE 90, 60 (88). 24 BVerfGE 87, 181 (201); vgl. auch BVerfGE 97, 298 (313): „Die im Kern der Grundrechtsgarantie stehende Programmfreiheit“. 19 20
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Teil 2: Der rechtliche Rahmen der Gebührenfinanzierung
Mittelpunkt des rundfunkrechtlichen Strukturprinzips der Staatsfreiheit ist demnach die Freiheit der Rundfunkveranstalter in Bezug auf die Programmgestaltung. Hieraus folgt, dass staatliche Einflüsse auf den Rundfunk verfassungsrechtlich umso problematischer sind, je größer ihr Programmbezug ist. In der Konsequenz der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind damit auch subtile äußere Einflüsse auf das Programm der Rundfunkveranstalter verboten: „Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG schützt insoweit nicht nur vor unmittelbaren Einflüssen auf Auswahl, Inhalt und Gestaltung der Programme, sondern ebenso vor einer Einflußnahme, welche die Programmfreiheit mittelbar beeinträchtigen könnte (vgl. BVerfGE 59, 231 [260]).“25
Ähnlich wie der Europäische Gerichtshof mit seiner „Dassonville-Formel“26 zur Warenverkehrsfreiheit dehnt das Bundesverfassungsgericht mit der Erweiterung des Einwirkungsverbots auf nur mittelbare bzw. potenzielle Einflüsse den Anwendungsbereich des Strukturprinzips der Staatsfreiheit des Rundfunks erheblich aus. Jedoch bleibt immer vorauszusetzen, dass es um programmliche Einflussnahme gehen muss.27
3. Die Vereinbarkeit von Staatsverantwortung für den Rundfunk und Staatsfreiheit des Rundfunks Auf den ersten Blick scheinen die dargestellte Forderung des Bundesverfassungsgerichts an den Gesetzgeber, eine positive Rundfunkordnung zu schaffen, und das gleichzeitige Gebot einer strikten Staatsfreiheit des Rundfunks in einem gewissen Spannungsverhältnis zueinander zu stehen. Einen solchen Konflikt vermag das Gericht aber nicht zu erkennen, wenn es im Niedersachsen-Urteil heißt: „Dieser Grundsatz [scil. der Grundsatz der Staatsfreiheit] schließt staatliche Maßnahmen nicht aus, welche der Herstellung oder Erhaltung der Rundfunkfreiheit dienen; diese können sogar verfassungsrechtlich geboten sein ( . . . ).“28
Entsprechend wird im WDR-Urteil ausgeführt: „Zwar entfaltet das Grundrecht der Rundfunkfreiheit seinen Schutz auch und zuerst gegenüber dem Staat. Daneben bedarf es jedoch einer positiven Ordnung, die sicherstellt, daß BVerfGE 73, 118 (183). EuGH NJW 1975, 515. In der Rechtssache „Dassonville“ definierte der Europäische Gerichtshof den Begriff der „Maßnahme gleicher Wirkung“ (wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung) gemäß Art. 30 EGV a.F. (heute Art. 28 EGV) als „jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern“. Damit wurde der Anwendungsbereich der Warenverkehrsfreiheit signifikant erweitert. Hierzu etwa Koenig / Haratsch, Europarecht, Rn. 554. 27 Zur Relativierung dieses Aspektes aber unten Teil 4 B. II. 2. c). 28 BVerfGE 73, 118 (182). 25 26
B. Verfassungsrechtliche Konsequenzen
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der Rundfunk ebenso wenig wie dem Staat einzelnen gesellschaftlichen Gruppen ausgeliefert wird ( . . . )“.29
Herstellen kann eine solche „positive Ordnung“ aber nur der Staat. Damit muss sich nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts der Garant der Freiheit aus der Sachmaterie heraushalten, deren Freiraum er schaffen soll. Ein Dilemma, das auch im Rahmen der Gebührenfestsetzung relevant wird und auf das deshalb an späterer Stelle der Arbeit nochmals eingegangen wird.30
IV. Ergebnis Die Interpretation der grundrechtlichen Rundfunkfreiheit durch das Bundesverfassungsgericht weist im Hinblick auf die klassische Grundrechtsdogmatik einige Besonderheiten auf. Hintergrund für das Verständnis der Rundfunkfreiheit als einer der Meinungsvielfalt dienenden Freiheit ist vor allem die rechtstatsächliche Annahme des Gerichts, wonach sich der Rundfunk im Vergleich zur Presse in einer Sondersituation befinde. Als ambivalent erweist sich in diesem Zusammenhang die Rolle des Staates, der vom Bundesverfassungsgericht einerseits als Garant der Rundfunkfreiheit, andererseits als deren Gefahr angesehen wird. Diese Prämissen haben auch Auswirkungen auf die Rechtsprechung des Gerichts zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, wie im Folgenden dargestellt wird.
B. Verfassungsrechtliche Konsequenzen der grundrechtlichen Rundfunkfreiheit für die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks I. Das Gebührenprivileg 1. Die Rundfunkgebühr als die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gemäße Art der Finanzierung Die Veranstaltung von Rundfunk – insbesondere von Fernsehen – ist, wie das Bundesverfassungsgericht vor allem im 1. Fernsehurteil betont, kostenintensiv.31 BVerfGE 83, 238 (296). Siehe unten Teil 6 A. III. 31 BVerfGE 12, 205 (261): „Außergewöhnlich große[r] finanzielle[r] Aufwand“. Diese Annahme trifft heutzutage nur noch bedingt zu. Angesichts vielfältiger technischer Möglichkeiten dürfte es sogar wirtschaftlich einfacher sein, einen privaten Hörfunksender zu betreiben, als mit einer neuen Tageszeitung auf einen lokalen oder regionalen Zeitungsmarkt zu gehen; vgl. Kronberger Kreis, Mehr Markt – weniger Staat, S. 230. Hierzu auch bereits oben Einleitung. 29 30
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Teil 2: Der rechtliche Rahmen der Gebührenfinanzierung
Die Finanzmittel sollen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nach ständiger Rechtsprechung des Gerichts dadurch bereitgestellt werden, dass die Rezipienten mit der Rundfunkgebühr belastet werden: „Die dem öffentlichrechtlichen Rundfunk gemäße Art der Finanzierung ist ( . . . ) die Gebührenfinanzierung (vgl. BVerfGE 73, 118 [158]; 87, 181 [199]).“32
Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch eine den Bürgern hoheitlich auferlegte Abgabe gewährleistet zweierlei: Zum einen gibt sie den Anstalten größtmögliche Finanzierungsunabhängigkeit vom Staat, da die Gelder nicht aus allgemeinen staatlichen Haushaltsmitteln stammen,33 sondern der Transfer unmittelbar zwischen den Rezipienten und den Rundfunkanstalten stattfindet.34 Zum anderen versetzt sie die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in die Lage, ein von Einschaltquoten und Werbeaufträgen unabhängiges Programm anzubieten, das den verfassungsrechtlichen Anforderungen gegenständlicher und meinungsmäßiger Vielfalt entspricht.35 Damit wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der heutigen dualen Rundfunkordnung vor einem strukturellen Dilemma geschützt, dem der private Rundfunk nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ausgesetzt ist: „[Es] kann von privatem Rundfunk kein in seinem Inhalt breit angelegtes Angebot erwartet werden, weil die Anbieter zur Finanzierung ihrer Tätigkeit nahezu ausschließlich auf Einnahmen aus Wirtschaftswerbung angewiesen sind. Diese können nur dann ergiebiger fließen, wenn die privaten Programme hinreichend hohe Einschaltquoten erzielen. Die Anbieter stehen deshalb vor der wirtschaftlichen Notwendigkeit, möglichst massenattraktive, unter dem Gesichtspunkt der Maximierung der Zuschauer- und Hörerzahlen erfolgreiche Programme zu möglichst niedrigen Kosten zu verbreiten. Sendungen, die nur für eine geringere Zahl von Teilnehmern von Interesse sind und die oft – wie namentlich anspruchsvolle kulturelle Sendungen – einen hohen Kostenaufwand erfordern, werden in der Regel zurücktreten, wenn nicht gänzlich fehlen, obwohl erst mit ihnen die ganze Breite umfassender Information zu erreichen ist, ohne die es keine „Meinungsbildung“ im Sinne der Garantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geben kann.“36
BVerfGE 90, 60 (90). Fechner, Medienrecht, Rn. 880; Grimm, Die verfassungsrechtlichen Perspektiven, in: Conrad, Rundfunkfreiheit, S. 33 ff. (S. 34); Bundesregierung, Mitteilung an die Europäische Kommission, III. 34 Vgl. § 1 Satz 1 der Verwaltungsvereinbarung „Gebühreneinzugszentrale“ der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten (abgedruckt als Anhang 1 der Kommentierung zu § 7 RGebStV von Ohliger, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht), wonach die Anstalten selbst Gläubiger des Zahlungsanspruchs und die Rundfunkteilnehmer deren Schuldner sind. Die Tatsache, dass die Gebühren von der GEZ eingezogen werden, ändert daran nichts. Denn die GEZ fungiert lediglich als gemeinsames Rechenzentrum im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen nichtrechtsfähigen Verwaltungsgemeinschaft (§ 1 Satz 2 der Verwaltungsvereinbarung „Gebühreneinzugszentrale“ der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten). 35 BVerfGE 90, 60 (90). 36 BVerfGE 73, 118 (155 f.). 32 33
B. Verfassungsrechtliche Konsequenzen
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Die aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts systemimmanente Schwäche des privaten Rundfunks rechtfertigt es nach Auffassung des Gerichts auch, die Gebührenpflicht unabhängig von den tatsächlichen Hör- und Sehgewohnheiten des Rezipienten allein an das Bereithalten eines Empfangsgeräts anzuknüpfen.37 Denn Rundfunk ist nach der Konzeption des Gerichts eine „Gesamtveranstaltung“,38 bei der in einer dualen Rundfunkordnung die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der privaten Säule von der Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen abhängt: „Da die derzeitigen Defizite des privaten Rundfunks an gegenständlicher Breite und thematischer Vielfalt nur hingenommen werden können, soweit und solange der öffentlichrechtliche Rundfunk in vollem Umfang funktionstüchtig bleibt, ist es auch weiterhin gerechtfertigt, die Gebührenpflicht ohne Rücksicht auf die Nutzungsgewohnheiten der Empfänger allein an den Teilnehmerstatus zu knüpfen, der durch die Bereithaltung eines Empfangsgeräts begründet wird (vgl. BVerfGE 87, 181 [201]).“39
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist nach alledem im Hinblick auf seine Finanzausstattung gegenüber den privaten Veranstaltern privilegiert. Denn nur ihm steht die kontinuierlich fließende Rundfunkgebühr zu.40
2. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mischfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus Rundfunkgebühren, Einnahmen aus Wirtschaftswerbung und sonstigen Einnahmen Trotz der skizzierten strukturellen Vorteile der Rundfunkgebühr sind mit ihr die Einnahmequellen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks weder tatsächlich noch verfassungsrechtlich erschöpft: „Andere Finanzierungsquellen sind neben der Gebührenfinanzierung zulässig und können sogar die Unabhängigkeit des öffentlichrechtlichen Rundfunks stärken. Das gilt auch für Einnahmen aus Werbung. Doch dürfen sie wegen der mit ihnen verbundenen programmund vielfaltverengenden Tendenz die Gebührenfinanzierung nicht in den Hintergrund drängen (vgl. BVerfGE 87, 181 [200]).“41
Das Bundesverfassungsgericht toleriert somit die Mischfinanzierung42 des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus Rundfunkgebühren, Einnahmen aus Wirtschaftswerbung43 und sonstigen Einnahmen44 nicht nur, sondern betont sogar deVgl. § 12 Abs. 2 RStV. BVerfGE 31, 314 (330). 39 BVerfGE 90, 60 (90 f.). 40 Vgl. § 43 Satz 2 RStV. Zur Verfassungswidrigkeit des sog. Teilnehmerentgelts zum Zwecke der Unterstützung privater Rundfunkanbieter nach dem Bayerischen Mediengesetz BVerfG NVwZ 2006, 201 (202 ff.). 41 BVerfGE 90, 60 (91). 42 Vgl. § 13 Abs. 1 Satz 1 RStV. 43 Hierzu etwa Loeb, ZUM 2004, 290 (294 ff.). 37 38
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Teil 2: Der rechtliche Rahmen der Gebührenfinanzierung
ren freiheitsichernde Funktion. Dies ist zumindest im Hinblick auf die Werbeeinnahmen nicht unproblematisch.45 Denn es ist nicht ersichtlich, weshalb die vom Gericht konstatierte vielfaltverengende Wirkung der Werbefinanzierung entfallen soll, nur weil ein Teil des Gesamtfinanzierungsvolumens betroffen ist. De lege lata dominiert aber wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert die Gebührenfinanzierung46 – und zwar deutlich.47
II. Das Gebot funktionsgerechter Finanzierung 1. Die Wechselwirkung zwischen dem Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und seiner Finanzierung Nachdem geklärt ist, auf welche Art und Weise der öffentlich-rechtliche Rundfunk primär zu finanzieren ist, stellt sich im Folgenden die Frage, welchen Umfang die Finanzierungsverantwortung des Staates hat.48 Im WDR-Urteil hat das Bundesverfassungsgericht eine aufgabengemäße Finanzausstattung der Rundfunkanstalten gefordert: „Die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Rundfunkfreiheit erstreckt sich auch auf die finanziellen Bedingungen, von denen es abhängt, ob der öffentlichrechtliche Rundfunk 44 Sonstige Einnahmen sind in der Regel Einnahmen aus wirtschaftlicher Betätigung in Verbindung mit oder außerhalb der reinen Sendetätigkeit. Hierzu gehören das Sponsoring (§ 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV) und sog. Randnutzungen wie etwa die Herausgabe von Büchern, Zeitschriften und Begleitmaterialien, die Produktion von Schallplatten, Bildplatten und Videokassetten oder das Merchandising, also die Einräumung der Befugnis, den Bekanntheitsgrad bestimmter Sendungen zur Verkaufsförderung bestimmter Produkte zu nutzen. Darüber hinaus verfügen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten über Zinserträge aus Geldanlagen sowie über Erträge aus Beteiligungen an Gesellschaften privaten Rechts. Zum Ganzen instruktiv Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 12 RStV Rn. 64 ff. sowie Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Bd. I, B 5, § 13 RStV Rn. 14 ff. 45 Ebenso Bleckmann, Öffentlich-rechtliche Spartenprogramme als Bestandteil der Grundversorgung?, S. 39. 46 § 13 Abs. 1 Satz 1 RStV. 47 So verfügten etwa im Jahre 2002 die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten über Gebührenerträge in Höhe von 6 581,7 Mio. A gegenüber Werbeerträgen von 203 Mio. A und Erträgen aus Sponsoring in Höhe von 56,6 Mio. A (vgl. 14. KEF-Bericht, Tz. 285 ff.). In den letzten Jahren ist die Finanzierungsquote durch Werbeerträge kontinuierlich zurückgegangen. Finanzierten sich die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Jahre 1990 noch zu gut 75 % aus Gebühren, zu knapp 14 % aus Werbung und zu etwa 11 % aus sonstigen Einnahmen, so betrug 1992 die Werbequote in der ARD nur noch 8 % und im Jahre 2002 sogar weniger als 2 %; vgl. Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Bd. I, B 5, § 13 RStV Rn. 11. Zur Dominanz der Gebührenfinanzierung auch bereits oben Einleitung. 48 Zum verfassungsrechtlichen Gebot einer funktions- und bedarfsgerechten Finanzausstattung der Landesmedienanstalten Kreile, Die Finanzierung der Landesmedienanstalten, S. 67 ff.
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den Aufgaben nachkommen kann, die ihm von Verfassungs wegen obliegen (vgl. BVerfGE 74, 297 [324 f., 342]).“49
Welches diese Aufgaben sind, die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk in einer dualen Rundfunkordnung von Verfassungs wegen obliegen, führt das Bundesverfassungsgericht im sog. Baden-Württemberg-Beschluss aus: „In dieser Ordnung [scil. der dualen Rundfunkordnung] ist die unerläßliche „Grundversorgung“ Sache der öffentlich-rechtlichen Anstalten: Im Zeichen der Erweiterung des Rundfunkangebotes um privat veranstaltete und europäische Programme kommt es darauf an zu gewährleisten, daß der klassische Auftrag des Rundfunks erfüllt wird, der nicht nur seine Rolle für die Meinungs- und politische Willensbildung, Unterhaltung und über laufende Berichterstattung hinausgehende Information, sondern auch seine kulturelle Verantwortung umfaßt.“50
Was unter „Grundversorgung“ zu verstehen ist, erläutert das Bundesverfassungsgericht in der gleichen Entscheidung unter Bezugnahme auf das Niedersachsen-Urteil: „Es muß im Prinzip dafür Sorge getragen sein, daß für die Gesamtheit der Bevölkerung Programme geboten werden, welche umfassend und in der vollen Breite des klassischen Rundfunkauftrags informieren, und daß Meinungsvielfalt in der verfassungsrechtlich gebotenen Weise gesichert ist (BVerfGE 73, 118 [157 f.]). Wie sich aus den Darlegungen hierzu deutlich ergibt, bezeichnet der Begriff nicht eine Mindestversorgung, auf die der öffentlich-rechtliche Rundfunk beschränkt ist ( . . . ). Wesentlich sind nach dem Urteil vom 4. November 1986 vielmehr drei Elemente: eine Übertragungstechnik, bei der ein Empfang der Sendungen für alle sichergestellt ist, ( . . . ) weiterhin der inhaltliche Standard der Programme im Sinne eines Angebots, das nach seinen Gegenständen und der Art ihrer Darbietungen oder Behandlung dem dargelegten Auftrag des Rundfunks nicht nur zu einem Teil, sondern voll entspricht; schließlich die wirksame Sicherung gleichgewichtiger Vielfalt in der Darstellung der bestehenden Meinungsrichtungen durch organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen.“51
2. Der Übergang vom Grundversorgungs- zum Funktionsauftrag Der von Herrmann im rundfunkrechtlichen Kontext geprägte Begriff der Grundversorgung52 wurde vom Bundesverfassungsgericht übernommen, um die grundlegenden Anforderungen, die an die Ausgestaltung einer dualen Rundfunkordnung zu stellen sind, zu klären.53 Die Terminologie ist deshalb im Zusammenhang mit BVerfGE 83, 238 (310). BVerfGE 74, 297 (324). 51 BVerfGE 74, 297 (325 f.). 52 Herrmann, Fernsehen und Hörfunk in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, S. 322. 53 Eingehend zur rundfunkspezifischen Grundversorgung etwa Scheble, Perspektiven der Grundversorgung. Kritik an der Unschärfe dieses Begriffs bei Gersdorf, AfP 1994, 108 (110). 49 50
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dem Entstehen eines dauerhaften Neben- und Miteinanders von öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern zu sehen.54 In der jüngeren Rechtsprechung wird von dem Begriff der Grundversorgung weniger Gebrauch gemacht. Dies mag zum einen damit zu tun haben, dass der Terminus – bei grammatikalischer Auslegung nicht fernliegend – vereinzelt als eine Art Mindestversorgung gedeutet wurde.55 Zum anderen ging es in den neueren Rundfunkentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts inhaltlich weniger um die grundlegenden Anforderungen, die an eine duale Rundfunkordnung zu stellen sind, als vielmehr darum, ob gewisse Tätigkeiten der Anstalten zu dem von der Verfassung gewährleisteten Aufgabenkreis des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gehören.56 Um insoweit angemessene Antworten zu finden, führt das Gericht im WDR-Urteil aus: „Gegenständlich und zeitlich offen und dynamisch ist der Begriff der Grundversorgung allein an die Funktion gebunden, die der Rundfunk im Rahmen des von Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Kommunikationsprozesses zu erfüllen hat.“57
Aus dieser Formulierung des Bundesverfassungsgerichts folgern die einen, dass der Begriff des Funktionsauftrags den der Grundversorgung abgelöst hat.58 Andere sehen in dem Funktionsauftrag eine über die Grundversorgung hinausgehende Kategorie.59 Jedenfalls steht der Funktionsauftrag neuerdings im Mittelpunkt des Interesses, wenn es um die Aufgabenbestimmung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten geht.
3. Die programmliche Dimension des Funktionsauftrages Wenn nach dem Dargestellten die Finanzierungsverantwortung des Staates für den Rundfunk funktionsspezifisch ist, muss nun geklärt werden, auf welche Art und Weise die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die ihnen zugewiesenen Aufgaben erfüllen. Dies geschieht in erster Linie durch die Darbietung von Rundfunksendungen. Das Bundesverfassungsgericht folgert daraus im WDR-Urteil: „Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verpflichtet den Gesetzgeber, für eine ausreichende Finanzierung des verfassungsrechtlich geschützten Programmangebots zu sorgen.“60 Holznagel, Der spezifische Funktionsauftrag des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 20. So Bleckmann, Öffentlich-rechtliche Spartenprogramme als Bestandteil der Grundversorgung?, S. 56 f. 56 Holznagel, Der spezifische Funktionsauftrag des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 20 f. 57 BVerfGE 83, 238 (299). 58 Bullinger, Die Aufgaben des öffentlichen Rundfunks, S. 14 f; Holznagel, Der spezifische Funktionsauftrag des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 20 f. 59 Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 313; Brenner, Zur Gewährleistung des Funktionsauftrages durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 82 f.; Starck, „Grundversorgung“ und Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, FS Stern, S. 777 ff. (S. 788) mit dem Hinweis darauf, dass dem Begriff des Auftrages des öffentlich-rechtlichen Rundfunks „keinerlei begrenzende Funktion“ zukomme. 54 55
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Aus dem Zusammenspiel des programmlichen Funktionsauftrags der Rundfunkanstalten und der diesbezüglichen staatlichen Finanzierungsverantwortung resultiert, dass Regelungen über die Finanzierung der Tätigkeiten der Anstalten einen wichtigen Teil des Rundfunkorganisationsrechts darstellen: „Die Finanzausstattung gehört ( . . . ) zu den Grundvoraussetzungen des Gebrauchs der Rundfunkfreiheit.“61
Das Finanzaufkommen entscheidet einerseits maßgeblich darüber, ob und in welchem Umfang Programme ausgestrahlt werden können, andererseits können die Modalitäten der Finanzierung Auswirkungen auf die Programmgestaltung haben.62 Mit anderen Worten: Die staatliche Finanzierungsverantwortung für den Rundfunk steht in einem Wechselwirkungsverhältnis zu den Programmentscheidungen der Anstalten. Im Hinblick auf die Staatsfreiheit des Rundfunks sind für die Programmgestaltung die Rundfunkanstalten zuständig. So heißt es im Gebührenurteil in Bezug auf die staatliche Finanzierungsverantwortung: „Für die Gebührenfestsetzung gelten ( . . . ) die Grundsätze der Programmneutralität und der Programmakzessorietät.“ 63
Die staatliche Finanzierungsverantwortung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hat demnach der programmlichen Einschätzungsprärogative der Anstalten Rechnung zu tragen. Programmbezogene Erwägungen des Staates haben nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts bei der Gebührenentscheidung außen vor zu bleiben: „[Es] darf die Gebührenfestsetzung nicht zu Zwecken der Programmlenkung oder der Medienpolitik ( . . . ) benutzt werden.“64
Als Folge der staatlichen Verantwortung für den Rundfunk ist dies aber nur die eine Seite der Medaille. Denn das Gericht führt im Gebührenurteil weiterhin aus: „Damit ist nicht gesagt, daß dem Gesetzgeber medienpolitische oder programmleitende Entscheidungen verfassungsrechtlich überhaupt versagt wären. Der Gesetzgeber verfügt im Gegenteil, auch bei Beachtung der verfassungsrechtlichen Zielvorgaben aus Art. 5 Abs. 1 GG, über einen breiten Gestaltungsraum, in dem er sowohl verschiedene Modelle einer Rundfunkordnung wählen und kombinieren als auch das gewählte Modell in unterschiedlicher Weise ausgestalten kann.“65
Auf den ersten Blick weisen die zitierten Passagen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einen gewissen Widerspruch auf. Dem Gericht geht es jeBVerfGE 83, 238 (310). BVerfGE 90, 60 (93). 62 Zu dieser Interdependenz etwa Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 12 RStV Rn. 3; A. Hesse, Rundfunkrecht, 4. Kap. Rn. 126. 63 BVerfGE 90, 60 (94). 64 BVerfGE 90, 60 (93 f.). 65 BVerfGE 90, 60 (94). 60 61
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doch im Wesentlichen darum, staatliche Finanzierungsentscheidungen von allgemeinen rundfunkrechtlichen Erwägungen zu trennen. Inwieweit dies angesichts der skizzierten Wechselwirkung von programmlichen Entscheidungen und deren monetären Konsequenzen machbar bzw. sinnvoll ist, wird an späterer Stelle der Arbeit untersucht.66
III. Das Gebot funktionserforderlicher Finanzierung 1. Das Kriterium der Erforderlichkeit als rezipientenschützendes Korrektiv Wie soeben dargelegt, hat der Staat eine funktionsgerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu gewährleisten. Doch ist die staatliche Finanzierungsverantwortung mit Rücksicht auf die durch die Rundfunkgebühr belasteten Rezipienten auf funktional notwendige Gelder beschränkt: „Auf die Verwirklichung von Programmen, die für diese Funktion [scil. das Angebot eines dem klassischen Rundfunkauftrag entsprechenden Programms] nicht erforderlich sind, hat er [scil. der öffentlich-rechtliche Rundfunk] von Verfassungs wegen keinen Anspruch. Vielmehr ist die Heranziehung der Rundfunkteilnehmer, die die Mittel für den öffentlichrechtlichen Rundfunk vor allem aufbringen müssen, nur in dem Maß gerechtfertigt, das zur Funktionserfüllung geboten ist (vgl. BVerfGE 87, 181 [201]).“67
Es stellt sich damit die schwierige Frage, welche finanziellen Mittel zur Wahrung der Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erforderlich sind. Denn die monetäre Erforderlichkeitsgröße kann nicht einfach aus den Programmentscheidungen der Anstalten abgelesen werden: „Eine genaue Bestimmung dessen, das zur Wahrung der Funktion des öffentlichrechtlichen Rundfunks finanziell jeweils erforderlich ist, bereitet allerdings erhebliche Schwierigkeiten. Die zur Entscheidung von Finanzfragen erstrebenswerte Quantifizierung läßt sich aus dem Erforderlichkeitskriterium nicht stringent ableiten.“68
2. Die Einschränkung der Programmautonomie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten durch das Gebot der Erforderlichkeit Da das Kriterium der Erforderlichkeit die Rundfunkteilnehmer schützen soll, können die Prinzipien der Programmneutralität und der Programmakzessorietät der Gebührenfestsetzung jedenfalls im Hinblick auf die Quantität der Programme und Sendungen nicht bedingungslos gelten. Insoweit führt das Bundesverfassungsgericht im Hessen 3-Beschluss aus: 66 67 68
Siehe unten Teil 4 A. II. 4. c) cc). BVerfGE 90, 60 (92). BVerfGE 87, 181 (203).
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„In erster Linie bezieht sie [scil. die Programmautonomie] sich daher auf Inhalt und Form der Rundfunksendungen. ( . . . ) Die Frage nach Inhalt und Form der Darbietungen läßt sich allerdings nicht völlig von derjenigen nach Anzahl und Umfang der Programme trennen. In der Entscheidung über die als nötig angesehenen Inhalte und Formen liegt zugleich eine Entscheidung über die zu ihrer Verwirklichung benötigte Zeit und damit auch über den Umfang des Programms. Diese Entscheidung wird daher ebenfalls grundsätzlich vom Schutz der Rundfunkfreiheit umfaßt und ist folglich Sache primär der Rundfunkanstalten. ( . . . ) Gleichwohl folgt daraus keine Pflicht des Gesetzgebers, jede Programmentscheidung, die die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten in Wahrnehmung ihrer Programmfreiheit treffen, finanziell zu honorieren.“69
Die Entscheidung über den Umfang des Programms ist damit nur „grundsätzlich“ vom Schutz der Rundfunkfreiheit umfasst und folglich nur „primär“ Sache der Rundfunkanstalten. Das Kriterium der Funktionserforderlichkeit soll verhindern, dass jede den Anstalten wünschbar erscheinende Programmausweitung eine Pflicht des Staates zur Einnahmeerhöhung nach sich zieht,70 deren finanzielle Konsequenzen die Rundfunkteilnehmer zu tragen hätten. Daraus wird ersichtlich, dass der Staat einerseits Finanzierungsverantwortung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk trägt, andererseits als Wächter der monetären Rezipienteninteressen fungiert.71
IV. Das Gebot rationeller Haushaltsführung 1. Die haushaltsrechtlichen Prinzipien von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Über die Kriterien einer funktionsgerechten und funktionserforderlichen Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hinaus betont das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich die Verpflichtung der Rundfunkanstalten zu wirtschaftlichem und sparsamem Haushalten. Denn dieser allgemeine haushaltsrechtliche Grundsatz gilt als Rechtsprinzip überall dort, wo öffentliche Mittel verwendet werden.72 So führt das Gericht am Ende des Hessen 3-Beschlusses aus: „[Es ist nicht] dargelegt, daß das Programm bei weiteren kostensparenden Maßnahmen wie Kürzungen, Übernahmen oder verstärkter Kooperation mit anderen Rundfunkanstalten den Anforderungen an die Grundversorgung nicht mehr entspräche. Auch finden sich keine nachprüfbaren Angaben darüber, daß alle anderen Rationalisierungsmöglichkeiten, die die Grundversorgung nicht beeinträchtigen, ausgeschöpft wären.“73
BVerfGE 87, 181 (201). Vgl. BVerfGE 87, 181 (202). 71 Zu diesem staatlichen Wächteramt näher unten Teil 4 A. II. 4. a). 72 Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 13 RStV Rn. 35; eingehend Peters, DÖV 2001, 749 ff. 73 BVerfGE 87, 181 (206). 69 70
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Im Gebührenurteil lautet es diesbezüglich: „Dasselbe [scil. die auf begrifflicher Unbestimmtheit beruhende Unmöglichkeit, exakte Feststellungen treffen zu können] gilt für die Frage, ob die Rundfunkanstalten alle Rationalisierungsmöglichkeiten ausgeschöpft haben, die die Erfüllung ihrer Funktion noch nicht beeinträchtigen (vgl. BVerfGE 87, 181 [206]).“74
Dem vom Bundesverfassungsgericht sinngemäß in die Rundfunkfinanzierungsrechtsprechung eingeführten haushaltsrechtlichen Wirtschaftlichkeitsbegriff liegen zwei Prinzipien zugrunde: das Minimal- und das Maximalprinzip.75 Nach dem Minimalprinzip ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk gehalten, ein vorgegebenes Ziel mit den geringstmöglichen Mitteln zu erreichen („Sparsamkeitsprinzip“76). Nach dem Maximalprinzip muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit dem vorgegebenen Mitteleinsatz zudem einen größtmöglichen Nutzen erreichen („Wirtschaftlichkeitsprinzip im engeren Sinne“77).
2. Probleme der praktischen Umsetzung Die Anwendung der soeben skizzierten haushaltsrechtlichen Grundsätze auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten weist jedoch Probleme auf. Denn es besteht im rundfunkrechtlichen Kontext ein spezifisches Spannungsverhältnis zwischen der Programmautonomie der Rundfunkanstalten einerseits und der gebotenen externen Kontrolle der haushaltsrechtlichen Prinzipien andererseits. Deshalb ist die durchgängige Staatspraxis, die Anstalten einer jährlichen Rechnungsprüfung zu unterwerfen,78 nicht unproblematisch.79 Angesichts der Tatsache, dass die Rundfunkanstalten primär durch öffentliche Gelder finanziert werden und sie deshalb zu wirtschaftlicher Haushaltsführung verpflichtet sind, besteht aber ein legitiBVerfGE 90, 60 (95). Grundlegend von Arnim, Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip, S. 19 ff.; vgl. auch Kisker, Staatshaushalt, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, § 89 Rn. 111. 76 Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 13 RStV Rn. 36; von Arnim, Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip, S. 49 f. 77 Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 13 RStV Rn. 36. 78 § 56 Abs. 1 Satz 1 DW-Gesetz; § 30 Abs. 3 Satz 1 ZDF-StV; § 30 Abs. 3 Satz 1 DLRStV; Art. 13 Abs. 2 Satz 4 BR-Gesetz; § 35 Abs. 1 SWR-StV; § 42 Abs. 1 WDR-Gesetz; § 35 Abs. 1 MDR-StV; § 34 Abs. 1 NDR-StV; § 21 Abs. 4 Satz 2 RB-Gesetz; § 40 Abs. 1 SMG; § 30 Abs. 1 Satz 1 RBB-StV. Auch § 19 Satz 1 HR-Gesetz ordnet eine Rechnungsprüfung an, obwohl der Hessische Rundfunk gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 HR-Gesetz keiner Staatsaufsicht unterliegt. 79 So erhob der damalige SDR Verfassungsbeschwerde gegen § 111 Abs. 3 Haushaltsordnung Bad.-Württ., der ihn der Kontrolle seiner Haushalts- und Wirtschaftsführung durch den Rechnungshof unterwarf. Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde jedoch als unzulässig verworfen, da der verwaltungsgerichtliche Rechtsweg noch nicht erschöpft war (BVerfGE 74, 69 [75]). Vgl. zum Problemkreis auch Herrmann / Lausen, Rundfunkrecht, § 13 Rn. 92 ff. sowie Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Bd. I, B 5, § 14 RStV Rn. 84 ff. 74 75
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mes staatliches Interesse, die Verwendung dieser Gelder auch zu kontrollieren. Damit ist eine für jede Rundfunkanstalt gesondert durchzuführende, auf das Ausgabengebaren bereits abgeschlossener Haushaltsjahre bezogene80 staatliche Rechnungsprüfung im Ergebnis zulässig.81 Im Hinblick auf die Unabhängigkeit der Rundfunkanstalten vom Staat hat sich die Kontrolle durch die Rechnungshöfe der Länder82 bzw. des Bundes83 aber auf die groben Kostenstrukturen und auf evidente Unwirtschaftlichkeit zu beschränken.84
V. Ergebnis Wegen ihrer freiheitssichernden Funktion stellt die Rundfunkgebühr die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gemäße Finanzierungsform dar, ohne ergänzende Finanzierungsformen auszuschließen. Soweit es um den Finanzierungsumfang geht, hat der Staat zunächst eine funktionsgerechte Finanzausstattung der Anstalten zu gewährleisten, die es den Rundfunkanstalten erlaubt, den „klassischen Auftrag des Rundfunks“ zu erfüllen, der neben seiner Rolle für die Meinungs- und Willensbildung, neben Unterhaltung und Information seine kulturelle Verantwortung umfasst.85 Als Korrektiv vor einer überbordenden Gebührenlast sorgt das Kriterium der Funktionserforderlichkeit für einen gewissen Rezipientenschutz. Diesem dient letztlich auch die Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die haushaltsrechtlichen Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Freilich weisen die hier skizzierten finanzierungsrelevanten Eckdaten der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erhebliche Unschärfen auf. Wie das Gericht das strukturelle Problem der Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Spannungsfeld von staatlicher Finanzierungsverantwortung und Staatsfreiheit des Rundfunks zu lösen versucht, wird an späterer Stelle der Arbeit dargelegt.86 80 Darin besteht der strukturelle Unterschied zur Finanzplanung gemäß §§ 1 ff. RFinStV, die zum einen für alle Rundfunkanstalten gemeinsam durchgeführt wird und zum anderen zukunftsgerichtet ist, vgl. A. Hesse Rundfunkrecht, 4. Kap. Rn. 162. Zur Kontrolle der Bedarfsanmeldungen der Rundfunkanstalten durch die KEF unten Teil 3 B. II. 2. 81 Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 366; A. Hesse, Rundfunkrecht, 4. Kap. Rn. 162. 82 § 30 Abs. 3 Satz 1 ZDF-StV; § 30 Abs. 3 Satz 1 DLR-StV; Art. 13 Abs. 2 Satz 4 BRGesetz; § 35 Abs. 1 SWR-StV; § 42 Abs. 1 WDR-Gesetz; § 35 Abs. 1 MDR-StV; § 34 Abs. 1 NDR-StV; § 21 Abs. 4 Satz 2 RB-Gesetz; § 40 Abs. 1 SMG; § 30 Abs. 1 Satz 1 RBB-StV; § 19 Satz 1 HRG. 83 § 56 Abs. 1 Satz 1 DW-Gesetz. 84 So Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 366; zu den Grenzziehungen im Einzelnen VG Stuttgart, ZUM 1993, 624. 85 BVerfGE 73, 118 (158); 90, 60 (90). 86 Siehe unten Teil 3.
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C. Europarechtliche Probleme der Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland I. Problemaufriss Neben den oben dargestellten verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gilt es des Weiteren, sich ihrer europarechtlichen Dimension bewusst zu werden, da sich auch hieraus Konsequenzen für das zulässige Ausmaß staatlicher Einflussnahme auf die Gebührenfestsetzung ergeben können. Im Mittelpunkt der europarechtlichen Diskussion steht die Frage, ob ein gebührenfinanzierter öffentlich-rechtlicher Rundfunk mit dem EG-Beihilferegime der Art. 87 ff. EGV vereinbar ist, insbesondere, ob die Rundfunkgebühr eine staatliche Beihilfe gemäß Art. 87 Abs. 1 EGV darstellt bzw. ob ein Ausnahmefall nach Art. 87 Abs. 3, 86 Abs. 2 EGV vorliegt. Für den Fall, dass die Rundfunkgebühr dem EG-Beihilferegime unterliegt, geriete das gesamte Finanzierungssystem des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ins Wanken, da staatliche Beihilfen grundsätzlich verboten sind.87 Zumindest wäre die Rundfunkgebühr der ständigen Kontrolle durch die Kommission der Europäischen Gemeinschaft ausgesetzt,88 so dass die Frage nach dem Ausmaß zulässiger Einflussnahme der Länder auf die Gebührenfestsetzung maßgeblich unter einem gemeinschaftsrechtlichen Blickwinkel gesehen werden müsste. Sollte die Rundfunkgebühr hingegen keine staatliche Beihilfe sein oder ein Ausnahmefall vorliegen, beschränkte sich die Problematik der zulässigen Reichweite des staatlichen Entscheidungsspielraums bei der Gebührenfestsetzung auf national-rechtliche Aspekte.
II. Der Tatbestand der gemeinschaftsrechtlichen Beihilfe 1. Die Definition der Beihilfe gemäß Art. 87 Abs. 1 EGV Das Beihilferegime der Art. 87 ff. EGV kann nur eingreifen, wenn die deutsche Rundfunkgebühr tatbestandlich eine Beihilfe im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV ist.89 Diese Prüfung ist problematisch, weil der Begriff der Beihilfe weder in 87 Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU, Art. 87 EGV Rn. 2; von Wallenberg, in: Grabitz / Hilf, EU, Art. 87 EGV Rn. 3; Cremer, in: Calliess / Ruffert, EUV / EGV, Art. 87 EG-Vertrag Rn. 5 m. w. N. 88 Art. 88 Abs. 1, 2 EGV. 89 Zum Meinungsstreit um die Einordnung der deutschen Rundfunkgebühr als gemeinschaftsrechtliche Beihilfe grundlegend bereits Oppermann, Deutsche Rundfunkgebühren und europäisches Beihilferecht, S. 30 ff. und Selmer / Gersdorf, Die Finanzierung des Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland auf dem Prüfstand des EG-Beihilferegimes, S. 21 ff. so-
C. Europarechtliche Probleme der Gebührenfinanzierung
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Art. 87 Abs. 1 EGV noch an anderer Stelle des Vertragswerks vollständig definiert ist. Zwar findet sich in Art. 87 Abs. 1 EGV der Ansatz einer Legaldefinition. Dieser ist aber zirkelschlüssig, weil das Phänomen der Beihilfe unter Nennung des zu definierenden Begriffs erläutert wird.90 Die seit längerem anhaltende Diskussion um den gemeinschaftsrechtlichen Beihilfebegriff91 hat inzwischen mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 24. Juli 2003 in der Rechtssache „Altmark Trans“ einen vorläufigen Abschluss gefunden.92 Demnach liegt eine Beihilfe vor, wenn einem Begünstigten durch eine staatliche Maßnahme oder durch eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel ein Vorteil gewährt wird, der den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht und geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.93 2. Das Tatbestandsmerkmal der Begünstigung Grundvoraussetzung für eine Beihilfe ist eine Begünstigung. Dies setzt zunächst voraus, dass dem Adressaten ein finanzieller Vorteil eingeräumt wird.94 Dabei ist unerheblich, ob der Vorteil durch die Gewährung von Subventionen eintritt oder ob nur die Belastungen, die ein Unternehmen zu tragen hat, vermindert werden.95 Dadurch, dass aufgrund der staatsvertraglich eingeräumten Rundfunkgebührenfinanzierung die monetäre Belastung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nominell vermindert wird, erhalten diese einen finanziellen Vorteil.96 Auf den ersten Blick scheint damit eine Begünstigung im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV vorzuliegen. wie aus neuerer Zeit Stulz-Herrnstadt, Nationale Rundfunkfinanzierung und europäische Beihilfenaufsicht im Lichte des Amsterdamer Rundfunkprotokolls, S. 53 ff. und Krausnick, Das deutsche Rundfunksystem unter dem Einfluss des Europarechts, S. 285 ff. Instruktiver Überblick über die Problematik auch bei Montag / Leibenath, Einzelne Sektoren, in: Heidenhain, Beihilfenrecht, § 31 Rn. 43 ff. 90 So lautet Art. 87 Abs. 1 EGV auszugsweise: “ ( . . . ) sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ( . . . )“. 91 Zur Historie des Beihilferechts von Wallenberg, in: Grabitz / Hilf, EU, Vor. Art. 87 – 89 EGV Rn. 4 ff. 92 EuGH Slg. 2003, I-7747, (7836 Rz. 75). 93 Vgl. aus der Literatur Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU, Art. 87 EGV Rn. 26; Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 556. Siehe auch von Wallenberg, in: Grabitz / Hilf, EU, Art. 87 EGV Rn. 4, die im Hinblick darauf, dass der Beihilfebegriff kein statischer sei, zunächst „ganz bewusst“ auf eine Definition des Beihilfebegriffs verzichtet hat (a.a.O Rn. 8 u. Fn. 8 im Hinblick auf die Vorauflagen). 94 Von Wallenberg, in: Grabitz / Hilf, EU, Art. 87 EGV Rn. 12. 95 Von Wallenberg, in: Grabitz / Hilf, EU, Art. 87 EGV Rn. 9. 96 Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 557.
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Fraglich und umstritten ist jedoch, ob das Tatbestandsmerkmal der Begünstigung darüber hinaus voraussetzt, dass die staatliche Zuwendung keine angemessene Vergütung für eine von dem geförderten Unternehmen zu erbringende besondere Dienstleistung ist.97 Nach Ansicht des Europäischen Gerichts erster Instanz spielt die Berücksichtigung solcher „gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen“98 keine Rolle. Eine Begünstigung im Sinne des Beihilfetatbestandes kann demnach auch dann vorliegen, wenn der Zuwendungsempfänger für eine besondere Dienstleistung angemessen entschädigt werden soll.99 Anders verhält sich die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Nach ihr scheidet eine Begünstigung im beihilferechtlichen Sinne aus, wenn der Zuwendungsempfänger für eine besondere Dienstleistung angemessen entschädigt werden soll. Dies ist nach Auffassung des Gerichtshofs etwa dann der Fall, wenn die öffentliche Hand Zahlungen an Unternehmen vornimmt, die vom Staat mit der Beseitigung von Altöl beauftragt wurden,100 oder wenn Arzneimittelgroßhändler im Gegensatz zu Pharmaherstellern deswegen nicht mit einer Direktverkaufsabgabe belastet werden, weil nur die Händler (und nicht auch die Hersteller) nach französischem Recht verpflichtet sind, ständig ein dem Bedarf eines bestimmten geographischen Gebiets entsprechendes Sortiment von Arzneimitteln zur Versorgung der Bevölkerung bereitzuhalten. 101 Im Altmark Trans-Urteil bestätigte und konkretisierte der Europäische Gerichtshof seine Rechtsauffassung.102 Demnach müssen vier Voraussetzungen für einen den Beihilfecharakter ausschließenden Ausgleich kumulativ erfüllt sein:103 Erstens muss das Unternehmen tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Aufgaben betraut sein, die zudem klar definiert sein müssen; zweitens müssen die Parameter, anhand derer der Ausgleich berechnet wird, zuvor objektiv und transparent sein; drittens darf der Ausgleich nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken, und viertens muss – wenn die Wahl des Unternehmens, das mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut werden soll, nicht im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens erfolgte – eine Kostenanalyse durchgeführt werVgl. Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 558 ff. m. w. N. Simon, Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die EG-Wettbewerbspolitik, S. 2. 99 EuG Slg. 2000, II-2125 (2155 f. Rz. 84) „Sociedade Independente de Comunicação“; vgl. auch EuG Slg. 1997, II-229 (282 Rz. 178) „Fédération française des sociétés d’assurances“. 100 EuGH Slg. 1985, I-531 (550 Rz. 18) „Association de défense des brûleurs d’huiles usagées“. 101 EuGH Slg. 2001, I-9067 (9109 ff. Rz. 20 ff.) „Ferring“. 102 EuGH Slg. 2003, I-7747 (7839 ff. Rz. 87 ff.). 103 Vgl. auch Koenig / Haratsch, ZUM 2003, 804 (805); A. Hesse, AfP 2005, 499 (500). 97 98
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den, um die Höhe des erforderlichen Ausgleichs zu bestimmen, wobei auf ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen abzustellen ist. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung gelangt die Europäische Kommission – der Gerichtshof musste zu dieser Frage bisher noch nicht Stellung nehmen – zu der Auffassung, dass die Gebührenfinanzierung des deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunks den Anstalten einen beihilferechtlichen Vorteil einräumt.104 So seien zunächst die Parameter, anhand derer der Ausgleich berechnet wird, nicht im Vorhinein hinreichend objektiv und transparent aufgestellt worden. Insofern sei es vor allem problematisch, dass die Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten nicht aufgrund einer getrennten Kostenrechnung im Sinne der Transparenzrichtlinie 105 erfolge und ferner die endgültige Entscheidung über die Gebührenhöhe nicht der KEF, sondern den Länder-Parlamenten obliege.106 Dies stelle die Angemessenheit des Verfahrens zur Festsetzung des Ausgleichsbetrags in Frage. Darüber hinaus werde auch keine hinreichende Kostenanalyse vorgenommen, da die Feststellung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten durch die KEF auf der Grundlage historischer Kosten und nicht – mit Ausnahme der Bestimmung des Entwicklungsbedarfs – im Hinblick auf konkrete Programmtätigkeiten erfolge. Allein die Tatsache, dass Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsmaßnahmen finanzbedarfsmindernd berücksichtigt würden, stelle noch nicht sicher, dass die den Rundfunkanstalten zufließenden Gebührenmittel den Kosten eines durchschnittlichen, gut geführten Unternehmens entsprächen.107 Der Rechtsauffassung der Europäischen Kommission wird in weiten Teilen des Schrifttums entgegengetreten. Auch ohne die Kriterien der Altmark Trans-Entscheidung im Einzelnen zu prüfen,108 betont Gersdorf, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland aufgrund seines spezifischen Funktionsauftrags109 mit einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung im Sinne des EG-Beihilferechts betraut sei. Die Rundfunkgebührenfinanzierung stelle insoweit eine angemessene Gegenleistung dar, da die KEF als unabhängige Einrichtung gewährleiste, dass die Höhe der Zuwendungen den Bedarf für die Erbringung der besonderen Dienstleistung nicht überschreite. Denn im Rahmen des von der KEF durchgeführten Verfah104 Europäische Kommission, Brief an die deutsche Bundesregierung, Rz. 132. Hierzu Wimmer, NVwZ-Sonderheft 2005, 34 (35 ff.) sowie Degenhart, K&R 2005, 295 (297). 105 Richtlinie 80 / 723 / EWG der Kommission v. 25. Juni 1980 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen (ABl. 1980, L 195, S. 35), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2000 / 52 / EG der Kommission v. 26. Juli 2000 (ABl. 2000, L 193 / 75). Zum Meinungsstreit um die Frage, ob die Transparenzrichtlinie auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk überhaupt anwendbar ist, A. Hesse, Rundfunkrecht, 7. Kap. Rn. 41. 106 Europäische Kommission, Brief an die deutsche Bundesregierung, Rz. 130. 107 Europäische Kommission, Brief an die deutsche Bundesregierung, Rz. 131. 108 Die Altmark Trans-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs stand zum Zeitpunkt der Drucklegung des Lehrbuchs von Gersdorf noch aus. 109 Hierzu oben Teil 2 B. II. 2.
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rens kämen mit dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Maßstäbe zur Anwendung, welche eine unzulässige Überkompensation verhinderten.110 Ebenso geht A. Hesse davon aus, die Erforderlichkeitsprüfung durch die KEF stelle sicher, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nur die „nötige Finanzierung“ erhalte.111 Auch Eberle betont, dass die Rundfunkgebühr „dank der Bedarfsermittlung durch die KEF“ nicht über das hinausgehe, was zur Erfüllung des Funktionsauftrags der Anstalten erforderlich sei.112 Koenig / Haratsch ergänzen in diesem Zusammenhang, dass das Sachverständigengremium ein 12-stufiges „Indexgestütztes Integriertes Prüf- und Berechnungsverfahren zur Feststellung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten“ (IIVF) durchführe, dessen einzelne Schritte in einem Verfahrensheft detailliert vorgegeben werden.113 Da die die Gebühren festsetzenden Länder nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von dem Gebührenvotum der KEF nur unter Hinweis auf solche Gründe abweichen dürften, die vor der Rundfunkfreiheit Bestand hätten, gebe es eine „weitgehende (tatsächliche) Bindungswirkung“ der Bedarfsfeststellung durch die KEF.114 Auch die weiteren Voraussetzungen der Altmark Trans-Entscheidung sind nach Auffassung von Koenig / Haratsch erfüllt; insbesondere ermögliche das KEF-Verfahren einen objektiven Kostenvergleich mit anderen durchschnittlichen, gut geführten Unternehmen.115 3. Das Tatbestandsmerkmal der staatlichen Herkunft Die Streitigkeiten um das Tatbestandsmerkmal der Begünstigung könnten im Ergebnis dahinstehen, wenn es sich bei der Rundfunkgebühr aus anderen Gründen nicht um eine gemeinschaftsrechtliche Beihilfe handelte. Denn nach der Beihilfedefinition116 ist in jedem Falle weitere Voraussetzung, dass die Gelder „staatlicher Natur“ sind oder zumindest „aus staatlichen Mitteln“ gewährt werden. Der Europäische Gerichtshof legt das Merkmal der staatlichen Herkunft eng aus. So judizierte das Gericht im PreussenElektra-Urteil,117 dass nicht alle von einem Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 560 f. A. Hesse, Rundfunkrecht, 7. Kap. Rn. 40; vgl. auch ders., AfP 2005, 499 (506). 112 Eberle, AfP 2001, 477 (479 f.). 113 Vgl. Koenig / Haratsch, ZUM 2003, 804 (808) mit einem anschaulichen Überblick über die einzelnen Verfahrensschritte. Wegen der Parameter für ein indexgestütztes Verfahren der Bestandsfortschreibung siehe 8. KEF-Bericht, Tz. 347 ff.; 10. KEF-Bericht, Tz. 22 ff. und Anlage 3; 12. KEF-Bericht, Anlage 1. Vorschläge zu einer Optimierung des IIVF finden sich bei Knothe / Schwalba, ZUM 1999, 459 (467 ff.). 114 Koenig / Haratsch, ZUM 2003, 804 (809). Zu eben dieser Frage der Bindungswirkung der Länder an den Gebührenvorschlag der KEF ausführlich unten Teil 4 und Teil 5. 115 Koenig / Haratsch, ZUM 2003, 804 (810 ff.). 116 Siehe oben Teil 2 C. II. 1. 117 EuGH Slg. 2001, I-2099 (2181 Rz. 58). Kritisch zu dieser Entscheidung Heidenhain, Einzelne Tatbestandsmerkmale, in: Heidenhain, Beihilfenrecht, § 4 Rn. 27 ff. 110 111
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Staat gewährten Vorteile zwingend Beihilfen seien. Erforderlich sei vielmehr, dass der Staat über die eingesetzten Mittel jederzeit die Kontrolle ausüben könne. Dies könne entweder deshalb der Fall sein, weil die Mittel unmittelbar aus staatlichen Haushalten stammen oder weil sie mittelbar über vom Staat benannte oder errichtete Einrichtungen gewährt werden. Da der erstgenannte Fall bei der deutschen Rundfunkgebühr zweifellos nicht gegeben ist – die Rundfunkgebühr stammt gerade nicht aus staatlichen Haushaltsmitteln118 –, stellt sich die Frage, ob eine Finanzierung des deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunks über staatlich ernannte oder errichtete Einrichtungen vorliegt. Als staatliche Institutionen kommen die KEF sowie die GEZ in Betracht. Sowohl die KEF als auch die GEZ sind jedoch staatsfern organisierte Einrichtungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit;119 die GEZ fungiert sogar nur als ein Rechenzentrum.120 Im Hinblick auf die KEF ist des Weiteren zu beachten, dass es letztlich nicht die Sachverständigen, sondern die politischen Entscheidungsträger in den Ländern sind, die die Rundfunkgebühr mit Bindungswirkung festsetzen.121 Im deutschen Rundfunksystem fehlt es demnach an einer vom Staat benannten oder errichteten Einrichtung, die sich zwischen den Rezipienten und den Rundfunkanstalten befindet und über die eingehenden Finanzmittel eigenständig disponieren kann.122 Allenfalls kann man für eine staatliche Zurechnung dann noch ins Feld führen, dass die Zahlungsverpflichtung der Bürger hoheitlich festgelegt wird, weshalb es sich bei der Rundfunkgebühr um eine parafiskalische Zwangsabgabe handele.123 Im Lichte der PreussenElektra-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs genügt die gesetzliche Fixierung für sich allein aber nicht, den Beihilfecharakter einer Zuwendung zu begründen.124 Gleichwohl bejaht die Europäische Kommission die staatliche Zurechenbarkeit bei der deutschen Rundfunkgebühr.125 Zur Begründung verweist sie auf die öffentlich-rechtliche Organisation der Rundfunkanstalten sowie deren Befugnis, Hoheitsrechte auszuüben.126
Hierzu bereits oben Teil 2 B. I. 1. Im Hinblick auf die KEF kritisch Knothe, Die neuen Institutionen des Rundfunkstaatsvertrages zwischen Rechtsaufsicht und Staatsfreiheit, S. 178 sowie Goerlich, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 2 RFinStV Rn. 4. 120 Vgl. § 1 Satz 2 der Verwaltungsvereinbarung „Gebühreneinzugszentrale“ der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. 121 Vgl. § 7 Abs. 2 RFinStV. 122 Ebenso Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 565; Koenig / Kühling, ZUM 2001, 537 (546). 123 So Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 Rn. 812. 124 EuGH Slg. 2001, I-2099 (2182 Rz. 61); vgl. auch A. Hesse, Rundfunkrecht, 7. Kap. Rn. 40. 125 Im Ergebnis ebenso Degenhart, AfP 2005, 493 (496). 126 Europäische Kommission, Brief an die deutsche Bundesregierung, Rz. 115. 118 119
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Diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen. Der Verweis auf die Rundfunkanstalten geht fehl, weil sie nicht als Verteilungszentrale fungieren, sondern Empfänger der Rundfunkgebühren sind.127 Des Weiteren argumentiert die Kommission widersprüchlich, wenn sie auf der einen Seite (fälschlich) behauptet, die auftragsgemäße Verwendung der Gebühren unterläge der Kontrolle durch die KEF,128 auf der anderen Seite aber (zutreffend) feststellt, die Höhe der Rundfunkgebühr werde von den Ländern festgelegt.129 Soweit von Teilen der Literatur in diesem Zusammenhang geltend gemacht wird, dass bei der Rundfunkgebühr anders als im Sachverhalt der PreussenElektra-Entscheidung kein privates Austauschverhältnis vorliege,130 mag dies zwar tatsächlich zutreffend sein. Damit ist aber nicht gesagt, dass der Staat bei der hier interessierenden Rundfunkgebühr eine hinreichende Kontrolle über die Finanzmittel hat. Aus den dargelegten Gründen ist das nicht der Fall. Es sprechen somit die besseren Gründe dafür, die Beihilfeeigenschaft der deutschen Rundfunkgebühr mangels staatlicher Zurechenbarkeit zu verneinen.131
4. Die Tatbestandsmerkmale der Wettbewerbsverfälschung und der Handelsbeeinträchtigung Sprechen auch die besseren Argumente dafür, den Beihilfecharakter der deutschen Rundfunkgebühr an der fehlenden staatlichen Zurechenbarkeit scheitern zu lassen,132 kommt man angesichts der abweichenden Rechtsauffassung der Europäischen Kommission nicht umhin, die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 87 EGV zu prüfen. Gemäß der Beihilfedefinition133 ist zusätzliches Merkmal, dass die Begünstigung den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht und deshalb der Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt wird. Diese weiteren Merkmale des gemeinschaftsrechtlichen Beihilfebegriffs sind im Hinblick auf die deutsche Rundfunkgebühr relativ unproblematisch erfüllt.134 So Zutreffend Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 566. Europäische Kommission, Brief an die deutsche Bundesregierung, Rz. 116. 129 Europäische Kommission, Brief an die deutsche Bundesregierung, Rz. 117. 130 So Degenhart, SächsVBl. 2005, 129 (131 Fn. 20). 131 Ebenso Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 567; A. Hesse, Rundfunkrecht, 7. Kap. Rn. 40; Koenig / Kühling, ZUM 2001, 537 (546); Koenig / Haratsch, ZUM 2003, 804 (812); Eberle, AfP 2001, 477 (480); Oppermann, Deutsche Rundfunkgebühren und europäisches Beihilferecht, S. 80; Krausnick, Das deutsche Rundfunksystem unter dem Einfluss des Europarechts, S. 311 ff. (S. 314); Bundesregierung, Mitteilung an die Europäische Kommission, III.; a.A. Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 Rn. 812; Engel / Seelmann-Eggebert, Kommunikation und Medien, in: Dauses, EU-Wirtschaftsrecht, E.V., Rn. 113 und bereits Selmer / Gersdorf, Die Finanzierung des Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland auf dem Prüfstand des EG-Beihilferegimes, S. 24 ff. (S. 56). 132 Siehe soeben Teil 2 C. II. 3. 133 Siehe oben Teil 2 C. II. 1. 127 128
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liegen beim Erwerb bzw. bei der Veräußerung von Programmrechten häufig grenzüberschreitende Handelsbeziehungen vor. Die Gebührenfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verfälscht dann notwendig den Wettbewerb und führt in der Konsequenz zu einer Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten. Dasselbe gilt für den Bereich der Wirtschaftswerbung, da diese ebenfalls über die Grenzen des jeweiligen Mitgliedstaates hinaus wirken kann. Besonders ersichtlich wird das in grenznahen Gebieten, in denen beiderseits der Landesgrenze dieselbe Sprache gesprochen wird.135 Ferner ist ganz generell festzuhalten, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch auf anderen europäischen bzw. internationalen Märkten tätig sind und deshalb mit anderen privaten Fernsehveranstaltern mit internationaler Gesellschaftsstruktur in Wettbewerb stehen.136 Soweit man also mit der Kommission die Tatbestandsmerkmale der Begünstigung und der staatlichen Zurechnung bejaht, muss man auch im Übrigen vom Beihilfecharakter der deutschen Rundfunkgebühr ausgehen.137
III. Die Ausnahmen nach Art. 87 Abs. 3, 86 Abs. 2 EGV Unterstellt man mit der derzeitigen Rechtsauffassung der Europäischen Kommission den Beihilfecharakter der Rundfunkgebühr, so sind die europarechtlich vorgesehenen Ausnahmen vom generellen Beihilfeverbot zu prüfen. In Betracht kommt zunächst eine Subsumtion der deutschen Rundfunkgebühr unter die Norm des Art. 87 Abs. 3 lit. d EGV.138 Demnach können Beihilfen zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden, soweit sie die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Gemeinschaft nicht in einem Maße beeinträchtigen, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Die Anwendung dieses Ausnahmetatbestandes setzt somit voraus, dass der deutsche öffentlich-rechtliche Rundfunk 134 Europäische Kommission, Brief an die deutsche Bundesregierung, Rz. 144 ff. Kritisch aber Krausnick, Das deutsche Rundfunksystem unter dem Einfluss des Europarechts, S. 315 ff. 135 Europäische Kommission, Brief an die deutsche Bundesregierung, Rz. 144. 136 Europäische Kommission, Brief an die deutsche Bundesregierung, Rz. 146. 137 Die Kommission qualifiziert sodann die deutsche Rundfunkgebühr als eine bestehende (und nicht als neue) Beihilfe; vgl. Europäische Kommission, Brief an die deutsche Bundesregierung, Rz. 148 ff. Dies hat zur Folge, dass die deutsche Rundfunkgebühr nur einer fortlaufenden Prüfung durch die Kommission unterliegt (Art. 88 Abs. 1 EGV) und nicht etwa zufolge des Stand-Still-Gebots gemäß Art. 88 Abs. 3 EGV vor der Überprüfung durch die Kommission nicht eingeführt werden darf. Einzelheiten hierzu bei Koenig / Kühling, in: Streinz, EUV / EGV, Art. 88 EGV Rn. 4 ff. 138 Hierzu eingehend Stulz-Herrnstadt, Nationale Rundfunkfinanzierung und europäische Beihilfenaufsicht im Lichte des Amsterdamer Rundfunkprotokolls, S. 258 ff. 139 Oppermann, Deutsche Rundfunkgebühren und europäisches Beihilferecht, S. 82 ff.
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unter den Kulturbegriff des Gemeinschaftsrechts fällt. Oppermann139 und ihm folgend Krausnick140 bejahen dies unter Zugrundelegung des weiten deutschen Kulturverständnisses,141 das nicht auf die sog. Hochkultur beschränkt sei. Die Kommission geht hingegen von einem engeren Kulturbegriff aus, weshalb sie Art. 87 Abs. 3 lit. d EGV nicht für anwendbar hält.142 Die Frage der Vereinbarkeit der deutschen Rundfunkgebühr mit dem Gemeinschaftsrecht zielt demnach auf die allgemeine Ausnahmevorschrift des Art. 86 Abs. 2 EGV.143 Demgemäß gelten die Vorschriften des EGV und damit auch die Beihilferegelungen nicht für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind, wenn die Anwendung der Vertragsvorschriften die Erfüllung des Auftrags wesentlich erschweren oder unmöglich machen würde. Die Nichtanwendung der Beihilferegelungen darf aber die Entwicklung des Handelsverkehrs nicht in einem Ausmaß beeinträchtigen, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft. In diesem Zusammenhang wird das „Protokoll zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten“ 144 relevant, das dem EGV mit der Inkraftsetzung des Amsterdamer Vertrages von 1997 als Protokoll Nr. 32 beigefügt wurde und gemäß Art. 311 EGV einen integrierten, rechtsverbindlichen Vertragsbestandteil bildet.145 Hiernach wird festgestellt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in den Mitgliedstaaten unmittelbar mit den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen jeder Gesellschaft sowie mit dem Erfordernis verknüpft ist, den Pluralismus in den Medien zu wahren. Folglich berühren die Bestimmungen des EGV nicht die Befugnis der Mitgliedstaaten, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu finanzieren, sofern die Finanzierung der Rundfunkanstalten dem öffentlich-rechtlichen Auftrag, 140 Krausnick, Das deutsche Rundfunksystem unter dem Einfluss des Europarechts, S. 323 ff. 141 Vgl. auch BVerfGE 36, 321 (331): “ ( . . . ) dem modernen Staat, der sich im Sinne einer Staatszielbestimmung auch als Kulturstaat versteht ( . . . )“. 142 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über Staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ABl. 2001, C 320 / 04, S. 5 ff.), Rz. 26. Vgl. auch die Entscheidung der Kommission NN 70 / 98 – Deutschland – v. 22. März 1999 (Kinderkanal / Phoenix), S. 8 (unveröffentlicht; erwähnt in ABl. 1999, C 238 / 3; zusammengefasst bei Schmittmann, AfP 1999, 150 [150 f.]). Zum Ganzen A. Hesse, Rundfunkrecht, 7. Kap. Rn. 38. 143 Europäische Kommission, Brief an die deutsche Bundesregierung, Rz. 170; ebenso Degenhart, AfP 2005, 493 (496). Zum Problemkreis auch Krausnick, Das deutsche Rundfunksystem unter dem Einfluss des Europarechts, S. 333 ff. 144 BGBl. 1998 II, S. 387 (S. 436); abgedruckt auch in der Gesetzessammlung Sartorius II, Nr. 151. Hierzu eingehend Stulz-Herrnstadt, Nationale Rundfunkfinanzierung und europäische Beihilfenaufsicht im Lichte des Amsterdamer Rundfunkprotokolls, S. 266 ff. sowie Wittig-Terhardt, Zur Situation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Lichte des Amsterdamer Protokolls Nr. 23, LA Oppermann, S. 727 ff. (insbes. S. 744 ff.). 145 Dörr, AfP 2003, 202 (206). 146 Vgl. Europäische Kommission, Brief an die deutsche Bundesregierung, Rz. 172.
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wie er von den Mitgliedstaaten den Anstalten übertragen, festgelegt und ausgestaltet wird, dient und die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Gemeinschaft nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, wobei den Erfordernissen der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags Rechnung zu tragen ist. Aus diesem Protokoll folgert die Kommission in Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, dass drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein müssen, damit eine Beihilfe gemäß Art. 86 Abs. 2 EGV als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden kann. Zunächst muss die betreffende Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse und von dem Mitgliedstaat klar als solche definiert sein („Definition“); ferner muss das betreffende Unternehmen von dem Mitgliedstaat ausdrücklich mit der Ausführung der Dienstleistung beauftragt worden sein („Beauftragung“), und letztlich muss die Anwendung der Wettbewerbsregeln des EGV – konkret das Verbot staatlicher Beihilfen – die Erfüllung der dem Unternehmen übertragenen Aufgaben verhindern, wobei die Freistellung von diesen Regeln die Entwicklung des Handelsverkehrs nicht in einem Maße beeinträchtigen darf, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft („Verhältnismäßigkeitskriterium“).146 Mit ihrer „Mitteilung über die Anwendung der Vorschriften über Staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk“ vom 15. November 2001147 konkretisierte die Kommission diese Voraussetzungen und forderte im Hinblick auf das Definitionskriterium, dass der Mitgliedstaat den öffentlichen Auftrag hinreichend präzise definieren müsse, hinsichtlich der Beauftragung, dass die betreffende Rundfunkanstalt mit der Aufgabe durch förmlichen Akt betraut werden und die Erfüllung des öffentlichen Auftrags hinreichender Kontrolle unterliegen müsse, sowie hinsichtlich des Verhältnismäßigkeitsprinzips, dass sich die Ausgleichskosten auf die Nettokosten des öffentlichen Auftrags zu beschränken hätten. Diese Prämissen zugrunde gelegt, kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass das System zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist.148 So seien im Hinblick auf die Funktion des deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunks rein kommerzielle Maßnahmen wie etwa Verwertungsaktivitäten nicht mehr im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse149 und neuartige Tätigkeiten wie Online-Dienste und digitale Kanäle nicht mehr von der Begriffsdefinition des § 11 RStV erfasst.150 Des Weiteren bezweifelt die Kommission, dass die Unterrichtspflicht der Anstalten gegenüber den Landesparlamenten sowie die Prüfungskompetenzen der KEF und 147 ABl. 2001, C 320 / 04, S. 5 ff.; vgl. auch Europäische Kommission, Brief an die deutsche Bundesregierung, Rz. 173. 148 Europäische Kommission, Brief an die deutsche Bundesregierung, Rz. 243. 149 Europäische Kommission, Brief an die deutsche Bundesregierung, Rz. 180. 150 Europäische Kommission, Brief an die deutsche Bundesregierung, Rz. 181 ff. 151 Europäische Kommission, Brief an die deutsche Bundesregierung, Rz. 200.
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der Landesrechnungshöfe im Hinblick auf die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eine effektive Kontrolle der Einhaltung des Funktionsauftrags durch die Anstalten sicherstellen, da offen bleibe, welche Konsequenzen eine mögliche Feststellung haben werde, dass die Rundfunkanstalten ihrem Auftrag nicht nachgekommen seien.151 Im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeitsprüfung und das damit verbundene Nettokostenprinzip moniert die Kommission, dass die Rundfunkanstalten über keine den Voraussetzungen der Transparenzrichtlinie entsprechende getrennte Buchführung verfügen152 und folglich auch nicht die Kosten in Abzug gebracht werden, die im Zusammenhang mit der Erbringung kommerzieller Tätigkeiten anfallen.153 Schließlich stelle der bestehende Rechtsrahmen in Deutschland auch nicht sicher, dass sich die Rundfunkanstalten im Hinblick auf ihre kommerziellen Tätigkeiten marktkonform verhalten, da es an klaren und verbindlichen Vorgaben sowie an einer ausreichenden Kontrolle hinsichtlich der Einhaltung solcher Vorgaben fehle, so dass Marktverzerrungen nicht auszuschließen seien.154 Die Schlussfolgerungen der Europäischen Kommission stoßen in Teilen des Schrifttums auf Kritik. So ist A. Hesse der Ansicht, dass die Aufsichtsgremien der Anstalten eine effektive Überprüfung der Einhaltung des Funktionsauftrages des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gewährleisteten. Einer externen Kontrolle bedürfe es folglich nicht.155 Degenhart geht davon aus, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wegen ihres spezifischen Programmauftrags mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse im Sinne des Art. 86 Abs. 2 EGV betraut sind.156 Dem wird zwar mahnend hinzugefügt, dass eine Rechtfertigung nur in Betracht käme, soweit die Rundfunkgebühr in sachgerechter Relation zum Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks stehe. Eine insoweit fehlende Relation vermag Degenhart indes nicht zu erkennen – aus seinen Appellen allein, eine Eingrenzung des Funktionsauftrags der Anstalten sei „aus Gründen des europäischen Beihilferechts notwendig“,157 ergibt sich nichts anderes.158
Europäische Kommission, Brief an die deutsche Bundesregierung, Rz. 211 ff. Europäische Kommission, Brief an die deutsche Bundesregierung, Rz. 215. 154 Europäische Kommission, Brief an die deutsche Bundesregierung, Rz. 220 ff. (230). 155 A. Hesse, AfP 2005, 499 (506); differenzierend Bundesregierung, Mitteilung an die Europäische Kommission, I. C. 156 Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 Rn. 812b. 157 Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 Rn. 812b; vgl. auch ders., Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der „Digitalen Welt“, S. 51. 158 Kritischer äußerte sich Degenhart aber in einem Interview mit der Welt v. 30. März 2005 (URL http: / / www.welt.de / data / 2005 / 03 / 30 / 619171.html?prx=1; letzter Zugriff am 18. Januar 2006). Demnach läge eine hinreichend klare Definition des Funktionsauftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten „derzeit noch nicht“ vor. 152 153
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Wenn man die deutsche Rundfunkgebühr mit der Europäischen Kommission (unzutreffend) als tatbestandliche Beihilfe qualifiziert, spricht für eine Rechtfertigung gemäß Art. 86 Abs. 2 GG zunächst die Neufassung des § 11 RStV. Mit dieser Regelung hat der deutsche Gesetzgeber den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks staatsvertraglich definiert und damit dem Betätigungsfeld der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gesetzliche Grenzen gesetzt. Auch die Verpflichtung der Anstalten, Satzungen bzw. Richtlinien zur näheren Ausgestaltung ihres Auftrages zu erlassen und darüber hinaus entsprechende Selbstverpflichtungserklärungen abzugeben,159 trägt den Bedenken der Kommission Rechnung. Umgekehrt muss aber gesehen werden, dass die rechtliche Verbindlichkeit dieser Selbstverpflichtungserklärungen begrenzt ist.160 Darüber hinaus ist fraglich, ob die interne Überprüfung der Einhaltung des Funktionsauftrags durch die Aufsichtsgremien der Anstalten tatsächlich so effektiv ist wie eine externe Kontrolle. Das erscheint zweifelhaft, weil sich eine Gremienkontrolle auch an den legitimen Eigeninteressen des jeweiligen Senders ausrichten wird.161 Damit befindet sich der Staat fortwährend in gemeinschaftsrechtlicher Entscheidungsverantwortung.162 Für die hier maßgebliche Frage nach der Rechtfertigung der deutschen Rundfunkgebühr gemäß Art. 86 Abs. 2 EGV bedeutet dies, dass den Ländern auch bei der Gebührenfestsetzung ein nicht nur unerheblicher Gestaltungsspielraum verbleiben muss.
IV. Ergebnis Die Rolle des Staates bei der Festsetzung der Rundfunkgebühr ist europarechtlich gesehen ambivalent. So stellt die Gebühr umso eher eine gemeinschaftswidrige Beihilfe gemäß Art. 87 Abs. 1 EGV dar, je größer der staatliche Einfluss auf die Gebührenfestsetzung ist. Umgekehrt liegt aber auch der Ausnahmefall des Art. 86 Abs. 2 EGV umso näher, je konkreter der Funktionsauftrag des öffentlichrechtlichen Rundfunks definiert und je effektiver seine Einhaltung durch staatliche Instanzen kontrolliert wird, je größer also der staatliche Entscheidungsspielraum auch bei der Gebührenfestsetzung ist. Die Länder müssen demnach bei ihrer Gebührenentscheidung – wie es sich ähnlich auch schon im Rahmen des nationalen Verfassungsrechts gezeigt hat163 – eine schwierige Balance zwischen gebotenem 159 Zu diesem Regelungsmodell einer gestaffelten Auftragsdefinition Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Bd. I, B 5, § 11 RStV Rn. 27; Bundesregierung, Mitteilung an die Europäische Kommission, II. 1. a) (1); Degenhart, K&R 2005, 295 (297 f.); ders., AfP 2005, 493 (493, 498). 160 Degenhart, K&R 2005, 295 (298). 161 Ebenso Wimmer, NVwZ-Sonderheft 2005, 34 (38). 162 Vgl. Europäische Kommission, Brief an die deutsche Bundesregierung, Rz. 244. Ähnlich auch die Schlussfolgerungen von Degenhart, K&R 2005, 295 (302). 163 Hierzu oben Teil 2 A. III.
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Teil 2: Der rechtliche Rahmen der Gebührenfinanzierung
Staatseinfluss einerseits und verbotenem Staatsübergriff andererseits wahren. Dieses nunmehr auch europarechtlich bedingte Spannungsfeld zwischen Staatsverantwortung und Staatsfreiheit im Rundfunkwesen gilt es bei der Auslotung des zulässigen Entscheidungsspielraums der Länder am Ende des Gebührenfestsetzungsverfahrens im Auge zu behalten.
Teil 3
Die verfahrensrechtlichen Eckdaten der Gebührenfestsetzung Nachdem der rechtliche Rahmen der Gebührenfinanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks einschließlich seiner europarechtlichen Implikationen dargestellt wurde, geht es im folgenden Teil der Arbeit um die verfahrensrechtlichen Eckdaten der Gebührenfestsetzung. Ausgangspunkt ist insoweit das Gebührenurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Februar 1994,1 das die maßgeblichen allgemeinen Rahmenbedingungen für das prozedurale Rundfunkgebührenrecht bis heute vorgibt (A.). Nach dessen Analyse wird die Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts durch die Länder und damit die derzeitige staatsvertragliche Rechtslage in Bezug auf das heutige Gebührenfestsetzungsverfahren dargestellt (B.). Schließlich wird das Gebührenurteil im Besonderen dahingehend untersucht, welche Direktiven es für die konkrete Gebührenfestsetzungsentscheidung durch die Länder enthält (C.).
A. Die allgemeinen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts im Gebührenurteil (BVerfGE 90, 60) I. Problemanalyse: Strukturelle Dilemmata bei der Gebührenfestsetzung Das Gebührenurteil des Bundesverfassungsgerichts verfolgt in erster Linie das Ziel, die mit der Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verbundenen Dilemmata aufzulösen.2 1. Programmautonomie versus Funktionsauftrag Das erste, in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts selbst angelegte Dilemma besteht darin, dass das Gericht den öffentlich-rechtlichen RundfunkBVerfGE 90, 60. Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Bd. I, B 5, § 14 RStV Rn. 22. 1 2
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Teil 3: Die verfahrensrechtlichen Eckdaten der Gebührenfestsetzung
anstalten auf der einen Seite umfassende Programmautonomie und folglich die Kompetenz zubilligt, über die Erfüllung des Rundfunkauftrags frei zu entscheiden, den Anstalten aber auf der anderen Seite ein eigenständiges Bestimmungsrecht hinsichtlich der Erfüllung des Funktionsauftrags abspricht. So heißt es im Hessen 3-Beschluss einerseits: „Es ist Sache der Rundfunkanstalten, aufgrund ihrer professionellen Maßstäbe zu bestimmen, was der Rundfunkauftrag in publizistischer Hinsicht verlangt.“3
Nur einige Zeilen später lautet es in der gleichen Entscheidung andererseits: „Die Bestimmung dessen, was zur Funktionserfüllung erforderlich ist, kann nicht den Rundfunkanstalten allein obliegen.“4
Das Dilemma besteht folglich darin, dass sich das Bundesverfassungsgericht selbst nicht darüber im Klaren zu sein scheint, wem es die Entscheidungsverantwortung hinsichtlich der Erfüllung des Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks letztendlich übertragen will. Die Programmautonomie der Rundfunkanstalten wird jedenfalls durch die staatliche Wächterfunktion relativiert, ohne dass klare Eckdaten für die Kompetenzabgrenzung erkennbar sind.5
2. Gebührenfestsetzung zwischen Programmunabhängigkeit und Programmakzessorietät Das zweite Dilemma der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegt in der Frage begründet, ob die Festsetzung der Rundfunkgebühr eine programmabhängige oder eine programmunabhängige Entscheidung ist. Im Gebührenurteil judiziert das Gericht: „Für die Gebührenfestsetzung gelten ( . . . ) die Grundsätze der Programmneutralität und der Programmakzessorietät.“ 6
Im Hessen 3-Beschluss heißt es dagegen: „Gleichwohl folgt daraus [scil. aus der Tatsache, dass mit der Bestimmung des Programmumfangs mittelbar auch eine Festlegung des Geldbedarfs der Rundfunkanstalten verbunden ist] keine Pflicht des Gesetzgebers, jede Programmentscheidung, die die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten in Wahrnehmung ihrer Programmfreiheit treffen, finanziell zu honorieren.“7
BVerfGE 87, 181 (201). BVerfGE 87, 181 (202). 5 Vgl. Dörr, Programmvielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch funktionsgerechte Finanzausstattung, S. 30; ders., Die Gebührenfrage und die Debatte um die Strukturreform, FS Ress, S. 1151 ff. (S. 1154). 6 BVerfGE 90, 60 (94). 7 BVerfGE 87, 181 (201). 3 4
A. Die allgemeinen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts
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Beim zweiten Dilemma setzt sich der Kompetenzkonflikt zwischen Staat und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten also auf monetärer Ebene fort. Im Hinblick auf die staatliche Finanzierungsverantwortung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bleibt offen, wie die Gebührenfestsetzung programmakzessorisch erfolgen soll, wenn nicht jede Programmentscheidung der Anstalten finanziell zu honorieren ist.8
3. Konturenlosigkeit und Intransparenz der verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Gebührenfestsetzung Ein weiteres Dilemma der Gebührenfestsetzung ist darin zu sehen, dass die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts, der Staat habe den Rundfunkanstalten die Finanzierung der zur Wahrung ihrer Funktion „erforderlichen“ Programme zu ermöglichen,9 aufgrund der Formulierung des Gerichts in hohem Maße konkretisierungsbedürftig ist. So heißt es im Kontext zum Erforderlichkeitskriterium: „Doch läßt sich dieses Kriterium nicht so weit konkretisieren, daß die Rundfunkgebühr dem Betrag nach aus ihm ableitbar wäre. Weder kann genau bestimmt werden, welchen Programmumfang die Erfüllung der Funktion des öffentlichrechtlichen Rundfunks erfordert, noch ist exakt festzustellen, welche Mittel zur Finanzierung der erforderlichen Programme wiederum erforderlich sind.“10
Dazu kommt, dass auch unzulässige Erwägungen der Entscheidungsträger im Rahmen der Gebührenfestsetzung zu vollendeten Tatsachen führen können. Insofern zeigt sich das Bundesverfassungsgericht pessimistisch: „Da zweckferne Einflüsse in der Regel weder aufdeckbar noch am Entscheidungsergebnis ablesbar sind, können sie auch nicht nachträglich korrigiert werden.“11
Trotz der Unbestimmtheit der Eckdaten für die staatliche Entscheidung12 muss eine Gebührenfestsetzung erfolgen. Das dritte (Unschärfe-)Dilemma ist insoweit eine Ausprägung des allgemeinen Spannungsfeldes von rundfunkspezifischer Staatsverantwortung einerseits und Staatsfreiheit des Rundfunks andererseits.13
8 Zu Recht fragt in diesem Kontext Kuch, ZUM 1995, 161 (164): „Ja, wie denn nun? Gilt bei der Gebührenfestsetzung der Grundsatz der Programmakzessorietät, dann ist doch wohl auch jede Programmentscheidung zu honorieren? Wenn aber nicht jede Programmentscheidung finanziell zu honorieren ist, dann gibt es auch nicht den Grundsatz der Programmakzessorietät.“ 9 BVerfGE 90, 60 (95). 10 BVerfGE 90, 60 (95). 11 BVerfGE 90, 60 (96). 12 Kritik hieran bei Kuch, ZUM 1995, 161 (162 f.): „Man fragt sich ( . . . ), weshalb das Gericht ( . . . ) auf ein derart unbestimmtes Kriterium zurückgreift.“ 13 Hierzu oben Teil 2 A. III.
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Teil 3: Die verfahrensrechtlichen Eckdaten der Gebührenfestsetzung
II. Lösungsansatz: Stärkung des Gebührenfestsetzungsverfahrens 1. Zeitliche Vorverlagerung des Grundrechtsschutzes durch prozedurale Vorkehrungen Die Lösung der strukturellen Dilemmata der Gebührenfestsetzung kann in der Konsequenz der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht in den üblichen auf Rückschau ausgelegten Rechtsbehelfen liegen: „Vielmehr muß eine rechtliche Struktur bereitgestellt werden, die schon bei den Gefahrenquellen ansetzt und die Möglichkeit rechtswidriger Kompetenzwahrnehmung so weit wie möglich ausschließt.“14
Ein derartiges Sinngefüge erblickt das Gericht in der Schaffung eingehender Verfahrensvorschriften: „Eine Struktur, die dem entspricht, kann nur in einer dem Gegenstand angemessenen Verfahrensregelung bestehen.“15
Den dogmatischen Hintergrund hierfür sieht das Bundesverfassungsgericht in der Rechtsfigur des prozeduralen Grundrechtsschutzes.16 Unter Berufung auf seinen Beschluss vom 20. Dezember 1979 über eine Verfassungsbeschwerde gegen das Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich, in dem die besondere Bedeutung von Verfahrensregelungen für einen effektiven Grundrechtsschutz betont wurde,17 führt das Gericht im Gebührenurteil aus: „Prozeduraler Grundrechtsschutz ist insbesondere dort geboten, wo die Grundrechte ihre materielle Schutzfunktion nicht hinlänglich erfüllen können. Das ist etwa der Fall, wenn ein Grundrecht keine materiellen Maßstäbe für bestimmte grundrechtsrelevante staatliche Maßnahmen zu liefern vermag und folglich auch die Ergebniskontrolle am Maßstab des Grundrechts ausfällt. Ferner kommt es dazu, wenn eine Ergebniskontrolle an materiellen Maßstäben zwar noch denkbar ist, aber erst zu einem Zeitpunkt stattfinden kann, in dem etwaige Grundrechtsverletzungen nicht mehr korrigierbar sind. In beiden Fällen ist es erforderlich, den Grundrechtsschutz in den Prozeß der Entscheidungsfindung vorzuverlagern und nicht erst auf das Entscheidungsergebnis zu beziehen. Unter diesen Anforderungen steht auch die staatliche Rundfunkfinanzierung.“18 BVerfGE 90, 60 (96). BVerfGE 90, 60 (96). 16 Hierzu Goerlich, Grundrechte als Verfahrensgarantien, S. 111 ff. et passim; Huber, Grundrechtsschutz durch Organisation und Verfahren als Kompetenzproblem in der Gewaltenteilung und im Bundesstaat, S. 105 ff. et passim; Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 428 ff.; Häberle, Grundrechte im Leistungsstaat, VVDStRL 30 (1972), S. 43 (S. 86 ff.); vor allem in Bezug auf die historische Entwicklung der Rechtsfigur Schmidt-Aßmann, Grundrechtsschutz durch Verfahrensgestaltung – Perspektive oder nur Erinnerungsposten?, LA Erichsen, S. 207 ff. 17 BVerfGE 53, 30 (65 f.). 18 BVerfGE 90, 60 (96). 14 15
A. Die allgemeinen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts
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2. Gebot eines gestuften und kooperativen Verfahrens Die Eckdaten, wie ein solches verfassungskonformes Verfahren zur Festsetzung der Rundfunkgebühr auszusehen habe, gibt das Bundesverfassungsgericht im Gebührenurteil ebenfalls vor. Im Hinblick auf die Kompetenz zur Gebührenfestsetzung verneint das Gericht zunächst die Vorlagefrage des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, ob Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG die Festsetzung der Rundfunkgebühr durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten selbst erfordere: „Daraus [scil. der Tatsache, dass demjenigen höhere Durchsetzungschancen verliehen sind, der über den Finanzrahmen bestimmt] folgt zwar nicht – wie das vorlegende Gericht meint –, daß sich die Rundfunkfreiheit nur dann sichern läßt, wenn die Rundfunkanstalten das Recht haben, die Höhe der Rundfunkgebühr selber zu bestimmen (vgl. BVerfGE 87, 181 [201 f.]).“19
Denn ein Selbstfestsetzungsrecht der Anstalten würde erhebliche Gefahren für die mit der Rundfunkgebühr belasteten Rezipienten mit sich bringen, wie das Bundesverfassungsgericht bereits im Hessen 3-Beschluss mit vornehmen, in der Sache aber deutlichen Worten zum Risiko einer Selbstbedienungsmentalität 20 der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ausgeführt hat: „Sie [scil. die Rundfunkanstalten] bieten keine hinreichende Gewähr dafür, daß sie sich bei der Anforderung der vor allem von den Empfängern aufzubringenden finanziellen Mittel im Rahmen des Funktionsnotwendigen halten. Rundfunkanstalten haben wie jede Institution ein Selbstbehauptungs- und Ausweitungsinteresse, das sich gegenüber der ihnen auferlegten Funktion verselbständigen kann. Das gilt erst recht unter den Bedingungen des Wettbewerbs mit privaten Veranstaltern, die sowohl in der Beschaffung ihrer Gelder als auch in der Gestaltung ihrer Programme freier sind.“21
Das damit verbundene Plädoyer für eine staatliche Gebührenfestsetzung22 wird jedoch durch die nachfolgenden Ausführungen des Gerichts relativiert: „Es sind aber Vorkehrungen nötig, die die aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG folgenden Bindungen des Staates bei der Gebührenfestsetzung effektivieren. Dem wird am ehesten ein gestuftes und kooperatives Verfahren gerecht, das der Eigenart der jeweiligen Teilschritte entspricht und die Möglichkeiten politischer Einflußnahme begrenzt.“23 BVerfGE 90, 60 (102). Nachdrücklich Ricker, NJW 1994, 2199 (2200): „Ungebundenes Abkassieren“. 21 BVerfGE 87, 181 (202). Bemerkenswert ist, dass das Bundesverfassungsgericht in diesem Kontext nicht auf die Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eingeht. Denn mit diesen verfügt jede Anstalt über ein Organ, dessen Aufgabe es ist, die „Interessen der Allgemeinheit auf dem Gebiet des Rundfunks“ (so z. B. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayRG) zu vertreten. Das Bundesverfassungsgericht scheint demnach kein allzu großes Zutrauen in die tatsächliche Wirkungsmacht der Aufsichtsgremien hinsichtlich des Rezipientenschutzes zu haben. Siehe hierzu auch bereits oben Teil 2 C. III. 22 Vgl. auch Leitsatz 1 des Gebührenurteils, der ausdrücklich hervorhebt, dass die Festsetzung der Rundfunkgebühr durch Staatsvertrag der Länder und anschließende Umsetzung in Landesrecht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. 23 BVerfGE 90, 60 (102). 19 20
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Teil 3: Die verfahrensrechtlichen Eckdaten der Gebührenfestsetzung
Das Bundesverfassungsgericht versteht seine Forderung nach einem gestuften und kooperativen Verfahren demnach in einem finalen Sinn.24 Das Prozedere muss zum einen die Bereitstellung der finanziellen Mittel sicherstellen, die zur Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Rundfunkauftrags erforderlich sind, und zum anderen Einflussnahmen des Staates auf die Programmgestaltung der Anstalten wirksam ausschließen. Durch die Hervorhebung der Eigenart der jeweiligen Teilschritte soll darüber hinaus einer potenziellen Vermengung der jeweiligen Verfahrensstufen vorgebeugt werden.25
3. Prozedurale Spezifikationen im Rahmen des vorgegebenen Stufenprinzips In Bezug auf die Art und Weise, wie ein solches gestuftes und kooperatives Gebührenverfahren konkret auszusehen hat, macht das Bundesverfassungsgericht den Ländern deutliche Vorgaben und relativiert damit die eigene Aussage, wonach es Sache gesetzgeberischer Entscheidung sei, wie das Verfahren der Gebührenfestsetzung im Einzelnen ausgestaltet wird.26 Nach Auffassung des Gerichts müssen im Zentrum eines verfassungskonformen Gebührenfestsetzungsverfahrens die monetären Bedarfsvorstellungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten stehen: „Da sich die finanzielle Gewährleistungspflicht des Staates auf die zur Wahrnehmung des Rundfunkauftrags erforderlichen Programme bezieht, die Bestimmung dessen, was der Rundfunkauftrag in programmlicher Hinsicht erfordert, aber grundsätzlich Sache der Rundfunkanstalten ist, können diese in dem Verfahren nicht auf eine passive Rolle beschränkt werden. Es muß vielmehr gesichert sein, daß die auf den Programmentscheidungen der Rundfunkanstalten basierenden Bedarfsanmeldungen die Grundlage der Bedarfsermittlung und der ihr folgenden Gebührenfestsetzung bilden. Die im Rahmen ihrer Autonomie getroffenen Programmentscheidungen darf die Gebührenentscheidung nicht übergehen und ihre finanziellen Konsequenzen nicht ignorieren.“27
Diese Einschätzungsprärogative der Anstalten soll jedoch nicht allein den Gebührenfindungsprozess bestimmen. Dies folgt zum einen aus der bereits skizzierten Gefahr einer überbordenden Anspruchshaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie zum anderen daraus, dass sich die Rundfunkgebühr nicht in einem merkantilen Sinne behaupten muss. Mithin verfügt der zur Geldleistung herangezogene Rezipient nicht selbst über adäquate Abwehrmittel gegenüber einer potenziell überhöhten Gebühr, weshalb er anderweitigen Schutzes bedarf. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist deshalb Überwachung von außen notwendig: 24 25 26 27
Ebenso Rühl, ZUM 1995, 167 (171). Ähnlich Goerlich, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, Vor. § 1 RFinStV Rn. 12. BVerfGE 90, 60 (101 f.). BVerfGE 90, 60 (102).
A. Die allgemeinen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts
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„Das [scil. die Tatsache, dass die Gebührenentscheidung die im Rahmen der Autonomie der Rundfunkanstalten getroffenen Programmentscheidungen und deren finanzielle Konsequenzen nicht übergehen darf] bedeutet allerdings nicht, daß die Bedarfsanmeldung keiner Überprüfung zugänglich wäre. Da bei der Rundfunkgebühr das Korrektiv des Marktpreises ausfällt, ist vielmehr eine externe Kontrolle im Interesse der mit der Gebühr belasteten Teilnehmer erforderlich.“28
Die externe Kontrolle ist jedoch im Hinblick auf die Programmautonomie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beschränkt: „Diese Kontrolle darf sich aber nicht auf die Vernünftigkeit oder Zweckmäßigkeit der Programmentscheidungen der Rundfunkanstalten beziehen, sondern allein darauf, ob sie sich im Rahmen des rechtlich umgrenzten Rundfunkauftrags halten und ob der aus den Programmentscheidungen abgeleitete Finanzbedarf zutreffend und im Einklang mit den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ermittelt worden ist.“29
Das Bundesverfassungsgericht bringt die Funktion der externen Kontrollinstanz dabei wie folgt zum Ausdruck: „Bei dieser Kontrolle handelt es sich folglich nicht um eine politische, sondern um eine fachliche Aufgabe.“30
Das Gericht geht mit seinen Vorgaben in Bezug auf das Kontrollgremium jedoch noch weiter: „Dem fachlichen Charakter der Prüfungs- und Ermittlungsaufgabe entspricht die Übertragung an ein sachverständig zusammengesetztes Gremium besonders gut, wie es in Gestalt der KEF auch bereits angestrebt ist. Knüpft der Gesetzgeber daran an, so ist er im Interesse der Rundfunkfreiheit allerdings verpflichtet, Aufgabe, Zusammensetzung und Verfahren des Gremiums gesetzlich zu regeln und auch die Unabhängigkeit seiner Mitglieder gesetzlich zu sichern (BVerfGE 83, 130 [151 ff.]). Dabei legt der fachliche Charakter dieses Verfahrensschritts es nahe, das Gremium im Unterschied zur KEF nicht nur rundfunk-, sondern auch politikfrei31 zusammenzusetzen. Das schlösse Mitglieder der Landesrechnungshöfe wegen ihrer Unabhängigkeit von Parlament und Regierung nicht aus.“32 BVerfGE 90, 60 (102 f.). BVerfGE 90, 60 (103). 30 BVerfGE 90, 60 (103). Gegen diese Kontradiktion wehrt sich Kuch, ZUM 1995, 161 (163), dem es „verwegen“ erscheint, das Fachliche bzw. das Sachverständige in einen Gegensatz zum Politischen zu bringen. Rhetorisch fragt er: „Treffen Landtage politische Entscheidungen und damit keine sachverständigen oder gar unsachliche, jedenfalls aber keine fachlichen Entscheidungen?“. 31 An diesem Begriff reibt sich wiederum Kuch, ZUM 1995, 161 (163). So habe mit „politikfrei“ ein neuer Begriff Eingang in die Rundfunkverfassungsrechtsprechung gefunden, da das Bundesverfassungsgericht bisher immer von der „Staatsfreiheit“ des Rundfunks sprach. Soweit diese Begriffsbildung den Zweck erfüllen solle, Mitgliedern der Landesrechnungshöfe, „die ja nun unzweifelhaft dem staatlichen, aber vielleicht nicht dem politischen Bereich zuzuordnen sind“, den Zugang zur KEF nicht zu versperren, ist Kuch der Auffassung, dies sei allein durch eine Beschränkung der Anzahl der staatlichen Vertreter im Sinne der Staatsfreiheit des Rundfunks möglich. 32 BVerfGE 90, 60 (103). 28 29
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Teil 3: Die verfahrensrechtlichen Eckdaten der Gebührenfestsetzung
Bei seinen Ausführungen zur Gebührenfestsetzung selbst und damit der letzten Ebene des gestuft-kooperativen Verfahrens hält sich das Bundesverfassungsgericht mit eigenen Vorstellungen zunächst zurück und konzediert legislativen Gestaltungsspielraum: „Wer sie [scil. die Gebührenentscheidung] trifft und wie das geschieht, ist wiederum Sache gesetzlicher Regelung. ( . . . ) Da es sich bei der Gebührenfestsetzung um eine gebundene Entscheidung handelt, ( . . . ) zwingt die Verfassung auch nicht dazu, daß die Parlamente die Gebührenhöhe jeweils selbst bestimmen. Vielmehr kommt auch eine Delegation in Betracht, wenn diese den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen genügt und die wesentlichen Fragen durch Gesetz geregelt sind.“33
Freilich engt das Gericht die inhaltlichen Abweichungsmöglichkeiten sogleich wieder ein: „Von Verfassungs wegen muß lediglich sichergestellt sein, daß die Programmneutralität und Programmakzessorietät der Gebührenentscheidung gewahrt bleiben. Das schließt Abweichungen von der Bedarfsfeststellung nicht aus. Doch kommen dafür nur Gründe in Betracht, die vor der Rundfunkfreiheit Bestand haben. Programmliche und medienpolitische Zwecke scheiden, wie dargelegt, in diesem Zusammenhang aus. Im wesentlichen werden sich die Abweichungsgründe in Gesichtspunkten des Informationszugangs und der angemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer erschöpfen.“34
Mit diesen Äußerungen ließ das Bundesverfassungsgericht Gesetzgeber und Rechtsanwender weitgehend im Unklaren.35 Unter welchen Voraussetzungen eine Abweichungsentscheidung der Länder vom Gebührenvotum der KEF verfassungsrechtlich zulässig ist, wird im Laufe der Arbeit ausführlich erörtert.36
B. Die Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts durch die Länder: Das dreistufige Gebührenfestsetzungsverfahren gemäß § 14 RStV, §§ 1 – 7 RFinStV Die das gegenwärtige Gebührenfestsetzungsverfahren regelnden Normen gehen maßgeblich auf das Gebührenurteil des Bundesverfassungsgerichts zurück. Deshalb sind die §§ 14 RStV, 1 – 7 RFinStV stets im Lichte dieser Entscheidung auszulegen.37 Die staatsvertraglichen Bestimmungen müssen deshalb im Folgenden daraufhin untersucht werden, inwieweit sie den verbindlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts Rechnung tragen (§ 31 BVerfGG).38 BVerfGE 90, 60 (103 f.). BVerfGE 90, 60 (103 f.). 35 Degenhart, SächsVBl. 2005, 129 (132): „Ratlos“. 36 Siehe unten Teil 4. 37 Ebenso Goerlich, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, Vor. § 1 RFinStV Rn. 3; Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 7. 33 34
B. Die Umsetzung der Vorgaben des BVerfG
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I. Die Regelungen der §§ 14 RStV, 1 – 7 RFinStV im Überblick Die Grundnorm für das Verfahren zur Festsetzung der Rundfunkgebühr stellt § 14 RStV dar. Diese durch den Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrag39 zum 1. Januar 1997 grundlegend neu gefasste und durch den Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag40 zum 1. April 2004 von § 13 zu § 14 umbezifferte Regelung verfolgt das Ziel, ein den Prämissen des Bundesverfassungsgerichts gerecht werdendes Gebührenfestsetzungsverfahren zu normieren.41 Mit ihr wurde die geforderte gesetzliche Grundlage für die Arbeit der KEF geschaffen und zugleich die Unabhängigkeit des Gremiums normiert.42 Die Detailregelungen des Gebührenfestsetzungsverfahrens befinden sich in den spezielleren Normen des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages (RFinStV).43 Die §§ 1 – 7 RFinStV sehen wie vom Bundesverfassungsgericht intendiert ein dreistufiges Verfahren der Gebührenfestsetzung vor. Zunächst müssen die Anstalten ihren Finanzbedarf ermitteln und darstellen (§ 1 RFinStV). Im Anschluss daran hat die KEF diese Bedarfsanmeldung fachlich zu überprüfen (§§ 2 – 6 RFinStV, § 14 Abs. 1 – 3 RStV) und den Landesregierungen einen Bericht vorzulegen, der einen bezifferten Gebührenvorschlag enthält (§ 3 Abs. 5 RFinStV). Daraufhin setzen die Ministerpräsidenten die Rundfunkgebühr durch den Abschluss eines Staatsvertrages fest, welcher schließlich durch die Landesparlamente ratifiziert und damit in geltendes Recht transformiert wird (§ 7 Abs. 2 RFinStV, § 14 Abs. 4 RStV).
II. Die Umsetzungsdichte der §§ 14 RStV, 1 – 7 RFinStV im Hinblick auf die Vorgaben des Gebührenurteils 1. Die erste Stufe: Bedarfsanmeldung der Rundfunkanstalten Wie dargestellt,44 forderte das Bundesverfassungsgericht im Gebührenurteil, dass die Rundfunkanstalten im Gebührenverfahren nicht auf eine passive Rolle be38 Zur Bindungswirkung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts allgemein Schlaich / Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Rn. 475 ff. 39 BayGVBl. 1996, 480. 40 GBl. Bad.-Württ. 2004, S. 104. 41 Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Bd. I, B 5, § 14 RStV Rn. 1. 42 Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 13 RStV Rn. 1. 43 Die Auslagerung der einzelnen Verfahrensfragen in einen gesonderten Staatsvertrag hat vor allem den Zweck, dass bei den relativ häufigen Gebührenerhöhungen nicht immer der grundlegende Rundfunkstaatsvertrag geändert werden muss; vgl. Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 8 RFinStV Rn. 2. 44 Siehe oben Teil 3 A. II. 3.
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Teil 3: Die verfahrensrechtlichen Eckdaten der Gebührenfestsetzung
schränkt werden, sondern gesichert wird, dass deren Bedarfsanmeldung die Grundlage der späteren Gebührenfestsetzung bildet. Dieser Vorgabe wird § 14 Abs. 1 RStV insoweit gerecht, als die Prüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks „auf der Grundlage von Bedarfsanmeldungen“ der Anstalten zu erfolgen hat. Die Regelung des § 14 Abs. 1 RStV statuiert jedoch keine isolierte erste Stufe, da Hauptzweck der Norm die Gründung der KEF moderner Prägung mit ihrer unabhängigen Kontrollfunktion ist. Insoweit kann man mit guten Gründen sagen, dass die exponierte Stellung der Rundfunkanstalten, wie sie das Bundesverfassungsgericht vorsah, in § 14 Abs. 1 RStV nicht mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck kommt.45 Enger an den Prämissen des Bundesverfassungsgerichts orientiert sich dagegen § 1 RFinStV, der die Modalitäten der Bedarfsanmeldungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in den Vordergrund stellt und damit latent die Finanzbedarfseinschätzungsprärogative der Anstalten zum Ausdruck bringt.46 Nicht unproblematisch ist aber Absatz 2 des § 1 RFinStV insoweit, als er bereits auf der ersten Stufe die Parameter von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erwähnt, ohne einen Bezug zum Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks herzustellen. Goerlich ist insoweit der Auffassung, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit hätten auf der ersten Verfahrensstufe überhaupt keinen selbstständigen Ort, da sie gegenüber den Programmbedürfnissen nachrangig seien.47 Dem kann jedoch im Ergebnis nicht gefolgt werden. So erinnert das Bundesverfassungsgericht die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wiederholt daran, die haushaltsrechtlichen Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Dann aber kann man aus der einfachgesetzlichen Normierung dessen schwerlich einen Verfassungsverstoß mit dem Argument ableiten, dass kein Kontext zum Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hergestellt werde. Schließlich negiert § 1 RFinStV die Programmautonomie der Anstalten nicht, sondern setzt sie – verfassungsrechtlich geboten48 – voraus. Zusammenfassend lässt sich demnach sagen, dass die legislative Umsetzung des Gebührenurteils hinsichtlich der ersten Stufe des Verfahrens in den §§ 14 Abs. 1 RStV, 1 RFinStV die vom Bundesverfassungsgericht betonte Bedeutung der Bedarfsanmeldung der Rundfunkanstalten wiedergibt.
In diesem Sinne A. Hesse, Rundfunkrecht, 4. Kap. Rn. 144. Zu euphemistisch Goerlich, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 1 RFinStV Rn. 3, der in dieser Norm die verfassungsrechtlich gebotene Finanzbedarfseinschätzungsprärogative der Anstalten durch einfaches Recht „etabliert“ sieht. Eingehend zu diesem Erfordernis ders., ZUM 1996, 390 (391 f.). 47 Goerlich, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 1 RFinStV Rn. 8. 48 Hierzu bereits oben Teil 2 A. III. 2. 45 46
B. Die Umsetzung der Vorgaben des BVerfG
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2. Die zweite Stufe: Kontrolle der Bedarfsanmeldung durch ein Sachverständigengremium Im Hinblick auf die zweite Stufe des Gebührenverfahrens, die Kontrollebene, fordert das Bundesverfassungsgericht die Einschaltung eines rundfunk- und politikfrei zusammengesetzten Sachverständigengremiums. Verlangt werden dabei die gesetzliche Institutionalisierung einer solchermaßen unabhängigen Prüfstelle sowie die legislative Beschränkung dieses Gremiums auf eine rein fachliche Funktion.49 a) Die Institutionalisierung der KEF Mit den Regelungen des § 14 Abs. 1 RStV sowie der §§ 2 und 4 RFinStV kamen die Länder den Forderungen des Bundesverfassungsgerichts nach. So wird in der Grundnorm des § 14 Abs. 1 RStV die KEF auf eine gesetzliche Grundlage gestellt und damit tagespolitischer Disposition entzogen. Ferner betont die Regelung wie auch nochmals §§ 2 Satz 2, 4 Abs. 1 Satz 1 RFinStV die Unabhängigkeit des Gremiums bzw. seiner Mitglieder. So besteht die heutige KEF aus 16 Sachverständigen, von denen drei aus den Bereichen Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung, zwei aus dem Bereich der Betriebswirtschaft, zwei aus dem Bereich des Rundfunkrechts, drei aus dem Bereich der Medienwirtschaft und Medienwissenschaft, einer aus dem Bereich der Rundfunktechnik sowie fünf aus den Landesrechnungshöfen berufen werden sollen (§ 4 Abs. 4 RFinsStV).50 Trotz ihrer Ausdifferenzierung werden auch diese Normen in Teilen des Schrifttums skeptisch beurteilt. So kritisiert Goerlich, dass es der KEF an der gebotenen Satzungsautonomie fehle. Ferner weise die Mitgliederzahl Politikbezug auf, da sich in ihr die Anzahl der Bundesländer widerspiegelt.51 Knothe hält die Benennung der KEF-Mitglieder durch die Länder sowie ihre Berufung durch die Ministerpräsidenten für problematisch, weil so staatliche Stellen einen zu hohen Einfluss auf die Zusammensetzung der KEF erlangen könnten.52 Darüber hinaus könne die Möglichkeit einer Wiederberufung zu einem gewissen Druck auf das Wohlverhalten der Sachverständigen führen.53 Diesen Bedenken ist aber entgegenzuhalten, dass allein die Anzahl der Sachverständigen keinen unzulässigen Politikbezug begründen kann. Ebenso wenig vermag ein Generalverdacht gegen die Ministerpräsidenten den Nachweis zu ersetzen, Siehe oben Teil 3 A. II. 3. Zur personellen Zusammensetzung der KEF moderner Prägung bereits oben Teil 1 C. VI. 51 Goerlich, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 4 RFinStV Rn. 4. 52 Knothe, Die neuen Institutionen des Rundfunkstaatsvertrages zwischen Rechtsaufsicht und Staatsfreiheit, S. 127, 177. 53 Knothe, Die neuen Institutionen des Rundfunkstaatsvertrages zwischen Rechtsaufsicht und Staatsfreiheit, S. 129 ff. 49 50
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Teil 3: Die verfahrensrechtlichen Eckdaten der Gebührenfestsetzung
sachfremde Erwägungen beeinflussten ihre Berufungsentscheidungen. Ferner ist die Möglichkeit der Wiederberufung eines KEF-Mitglieds im Hinblick auf eine denkbare fachliche Bewährung legitim. Einzig die fehlende Satzungsautonomie der KEF in Verbindung mit deren Anbindung an eine Staatskanzlei54 können Zweifel an der gebotenen Unabhängigkeit des Gremiums hervorrufen. Alles in allem lässt sich demnach sagen, dass die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für die zweite Stufe des Gebührenverfahrens staatsvertraglich umgesetzt wurden.55 Als Beitrag zu einer weiteren Stärkung der Unabhängigkeit des Sachverständigengremiums erscheint aber die Forderung von Teilen der Literatur, die KEF de lege ferenda mit eigener Rechtspersönlichkeit auszustatten,56 erwägenswert.
b) Die Prüfungsparameter der KEF Die Aussagen des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich der Funktion des Sachverständigengremiums waren gemessen an der sonstigen Vorgabendichte des Gebührenurteils eher gering. So betonte das Gericht insbesondere die wirtschaftlich-fachliche Aufgabe des Gremiums.57 Im Vordergrund hat für die KEF mithin die Frage zu stehen, ob die Anstalten bei ihren Bedarfsanmeldungen die haushaltsrechtlichen Gebote von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit hinreichend berücksichtigen. Die Länder haben diesbezüglich mit den §§ 14 Abs. 2 RStV, 3 Abs. 1 RFinStV recht detaillierte Regelungen getroffen. So hat die KEF gemäß § 14 Abs. 2 RStV die wettbewerbsfähige Fortführung der bestehenden Rundfunkprogramme, den entwicklungsbezogenen Bedarf, die allgemeine und medienspezifische Kostenentwicklung sowie die Entwicklung von Gebühren-, Werbe- und sonstigen Erträgen zu berücksichtigen. Hierbei soll unter Zugrundelegung sachlicher Kriterien und Methoden58 ein hoher Grad an Objektivierbarkeit erreicht werden (§ 14 Abs. 3 RStV). Nach § 3 Abs. 1 Satz 3 RFinStV umfasst die Prüfung, ob der Finanzbedarf im Einklang mit den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ermittelt worden ist, auch die Frage, in welchem Umfang Rationalisierungs- einschließlich Kooperationsmöglichkeiten genutzt werden. Im Hinblick auf den durch den Ach54 Vgl. § 6 Abs. 2 Satz 1 RFinStV. Derzeit ist die KEF bei der Staatskanzlei RheinlandPfalz eingerichtet; siehe 14. KEF-Bericht, Tz. 9. 55 A. Hesse, Rundfunkrecht, 4. Kap. Rn. 143 spricht von einem „Fortschritt“ im Vergleich zur früheren Situation, in der die KEF allein auf der Grundlage eines Ministerpräsidentenbeschlusses arbeitete. 56 So ausdrücklich Goerlich, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 2 RFinStV Rn. 4; implizit auch Knothe, Die neuen Institutionen des Rundfunkstaatsvertrages zwischen Rechtsaufsicht und Staatsfreiheit, S. 178. 57 Siehe oben Teil 3 A. II. 3. 58 Vgl. Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 13 RStV Rn. 97.
B. Die Umsetzung der Vorgaben des BVerfG
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ten Rundfunkänderungsstaatsvertrag59 zum 1. April 2005 neu gefassten Satz 2 des § 3 Abs. 1 RFinStV hat die KEF zudem die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und die Entwicklung der Haushalte der öffentlichen Hand sowie gemäß des neuen Satzes 4 auch finanzwirksame Selbstverpflichtungen der Anstalten zu berücksichtigen. In der Literatur wird im Hinblick auf diese Regelungen diskutiert, in welchem Rangverhältnis die Befugnisse der Rundfunkanstalten einerseits und die der KEF andererseits zueinander stehen. Unstreitig ist insoweit, dass sich die KEF nicht an die Stelle der Anstalten setzen darf.60 Damit ist jedoch noch nicht geklärt, wie weit die „Eindringtiefe“ 61 der KEF im Rahmen des Kräftefeldes von Programmgestaltungsfreiheit, Konkretisierung des gesetzlichen Auftrages und Verpflichtung zu Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit reicht. Die überwiegende Auffassung62 beschränkt die Kontrollbefugnis der KEF vor allem in Bezug auf Fragen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auf eine Evidenzkontrolle, was spiegelbildlich zu einer Finanzbedarfseinschätzungsprärogative der Anstalten führt. Dies wird damit begründet, dass die KEF-Kontrolle zwangsläufig eine Überprüfung der Aufgabenerfüllung beinhalte und andernfalls die Programmentscheidungsfreiheit der Anstalten unterlaufen werde. Denn die Beurteilung, ob eine Maßnahme wirtschaftlich oder sparsam ist, könne regelmäßig nur unter Bezugnahme auf die entsprechende Sachentscheidung erfolgen.63 Für einen engeren Prüfungsmaßstab plädieren hingegen Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner, nach denen die KEF stets die konkreten Auswirkungen der jeweiligen finanzwirksamen Maßnahmen der Rundfunkanstalten auf das Programm zu berücksichtigen habe.64 In der Konsequenz dieser Auffassung liegt, dass eine Wirtschaftlichkeitskontrolle dort uneingeschränkt statthaft ist, wo keine programmbezogenen Effekte auftreten.65 Lerche hält darüber hinausgehend auch Abzüge bei Finanzbedarfsansätzen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten durch die KEF für zulässig, wenn die Anstalten gegen haushaltsrechtliche Grundsätze verstoßen.66 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Länder die Forderung des Bundesverfassungsgerichts nach einer sachverständig-fachlichen Prüfung auf der zweiten GBl. Bad.-Württ. 2005, S. 189. Etwa Goerlich, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 3 RFinStV Rn. 1. 61 Bethge, Die verfassungsrechtliche Position des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung, S. 78. 62 Libertus, ZUM 1996, 947 (950); ders., ZUM 2000, 1064 (1066); Lehment, ZUM 1994, 617 (623); Betz, MP 1995, 298 (306). 63 So Libertus, ZUM 1996, 947 (950); ders., in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 13 RStV Rn. 37. 64 Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Bd. I, B 5, § 14 RStV Rn. 44 ff. 65 Ebenso Beucher / Leyendecker / von Rosenberg, Mediengesetze, § 13 RStV Rn. 5. 66 Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 44a. 59 60
7 Scheel
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Teil 3: Die verfahrensrechtlichen Eckdaten der Gebührenfestsetzung
Stufe des Gebührenfestsetzungsverfahrens detailliert in einfaches Recht umgesetzt und so das notwendige Korrektiv zu den Bedarfsanmeldungen der Rundfunkanstalten bereitgestellt haben.67 Bedenklich erscheint insoweit aber die dargestellte Neuregelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 RFinStV, da Aspekte der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und der Entwicklung der Haushalte der öffentlichen Hand eher politische als fachliche Fragestellungen beinhalten.68 Solche Erwägungen sind nach der Konzeption des Gebührenurteils allenfalls auf der dritten Verfahrensstufe zulässig,69 da das Bundesverfassungsgericht das Prüfungsgremium auf eine fachliche Aufgabe beschränkte.70 Inwieweit sich die Befugnisse der Beteiligten auf der zweiten und dritten Stufe des Gebührenfestsetzungsverfahrens nunmehr überschneiden und wie ein solches Dilemma gegebenenfalls aufgelöst werden kann, wird an späterer Stelle der Arbeit beleuchtet.71
3. Die dritte Stufe: Gebührenfestsetzung durch die Länder a) Die Kompetenz des Staates zur Letztentscheidung Bei den Vorgaben für die Gebührenfestsetzung selbst äußert sich das Bundesverfassungsgericht zunächst zurückhaltend, wenn es insoweit an die Einschätzungsprärogative der Legislative erinnert.72 Denn wer die Gebührenentscheidung treffe, sei Sache gesetzlicher Regelung; jedenfalls erfordere die grundrechtliche Rundfunkfreiheit keine Finanzautonomie und damit auch kein Selbstfestsetzungsrecht der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Daraus resultiert, dass die Gebührenfestlegung durch staatliche Entscheidungsträger verfassungsrechtlich zulässig ist. Nach Auffassung des Gerichts zwingt die Verfassung aber nicht dazu, dass die Parlamente die Gebührenhöhe jeweils selbst bestimmen. Vielmehr komme auch eine Delegation an die Exekutive in Betracht. Von dieser Delegationsmöglichkeit haben die Länder bisher keinen Gebrauch gemacht. Denn die Letztentscheidung über die Höhe der Rundfunkgebühr erfolgt gemäß § 14 Abs. 4 RStV durch den Abschluss eines Staatsvertrages. Für eine wirksame Transformation in Landesrecht bedarf der von den Ministerpräsidenten unterzeichnete Staatsvertrag aber noch der Zustimmung der Landespar67 Zur Justiziabilität der Rundfunkgebührenvorschläge der KEF Libertus / Hans / Marci, ZUM 1998, 961 (961 ff.) sowie knapper Goerlich, ZUM 1996, 390 (392). 68 Rechtspolitischer Hintergrund für die verunglückte Neufassung des § 3 Abs. 1 Satz 2 RFinStV dürfte sein, dass die Länder die KEF durch ihre abweichende Gebührenfestsetzung zum 1. April 2005 nicht unbeträchtlich desavouiert haben und sich deshalb bemüßigt fühlten, einen gewissen Ausgleich für künftige Verfahren zu schaffen. 69 Hierzu unten Teil 4 A. II. 4. b) und Teil 4 A. II. 4. c). 70 Hierzu oben Teil 3 A. II. 3. 71 Siehe unten Teil 4 A. II. 4. c) bb). 72 Siehe oben Teil 3 A. II. 3.
B. Die Umsetzung der Vorgaben des BVerfG
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lamente73 nach den Vorgaben der jeweiligen Landesverfassungen. Diese lassen in Nordrhein-Westfalen74 und Bayern75 einen einfachen Parlamentsbeschluss genügen,76 in allen anderen Bundesländern ist der Erlass eines Gesetzes erforderlich.77
b) Unklarheiten hinsichtlich des Entscheidungsspielraums Im Hinblick auf die zulässigen inhaltlichen Erwägungen der staatlichen Entscheidungsträger bei der Gebührenfestsetzung sind die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts mehrdeutig. So sei es auf der einen Seite Sache des Gesetzgebers, wie die Gebührenentscheidung zu treffen ist. Auf der anderen Seite müssten die überprüften Bedarfsanmeldungen der Rundfunkanstalten Grundlage sein, und es sei die Programmneutralität und -akzessorietät der Gebührenentscheidung zu wahren. Gleichwohl seien Abweichungen von der geprüften Bedarfsanmeldung der Anstalten möglich, doch erschöpften sich die Abweichungsgründe im Wesentlichen in Gesichtspunkten des Informationszugangs und der angemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer.78 Die maßgeblichen staatsvertraglichen Regelungen treffen im Hinblick auf den Entscheidungsspielraum der Länder bei der Gebührenfestlegung keine Aussage. So bestimmt § 14 Abs. 4 RStV nur, dass die Gebührenfestsetzung durch Staatsvertrag erfolgt. § 7 Abs. 2 RFinStV normiert, dass der Gebührenvorschlag der KEF Grundlage für eine Entscheidung der Landesregierungen und der Landesparlamente sein muss, beabsichtigte Abweichungen von der Rundfunkkommission der Länder mit den Rundfunkanstalten unter Einbeziehung der KEF erörtert werden sollen 73 Vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 RFinStV: „Entscheidung der Landesregierungen und der Landesparlamente“. 74 Art. 66 Satz 2 Verf. Nordrh.-Westf. 75 Art. 72 Abs. 2 BayVerf. 76 Im Hinblick auf das rechtsstaatliche Prinzip des Gesetzesvorbehalts ist ein bloßer Parlamentsbeschluss verfassungsrechtlich nicht unproblematisch. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 90, 60 [84 ff.]) sowie das Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 74, 139 [140 f.]) halten diese Staatspraxis aber für ausreichend. Anders hingegen der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVBl. 1986, 18 m. abl. Anm. Kuch [S. 20 ff.]) und ihm zustimmend Schmidt, NVwZ 1986, 276 (277). 77 Staatsverträge führen zu einer Vereinheitlichung der Gesetzgebung in Rechtsmaterien, für die die Länder die Sachkompetenz besitzen. Dieses Regelungsinstrument ist im Hinblick auf das Demokratiegebot nicht unproblematisch, da den Landesparlamenten nur die Wahl zwischen Annahme und Ablehnung des Vertragswerkes bleibt, während sie an inhaltlicher Einflussnahme gehindert sind. Gleichwohl wird die rechtliche Zulässigkeit von Staatsverträgen im Hinblick auf die Eigenstaatlichkeit der Länder ganz überwiegend anerkannt; vgl. Maurer, Staatsrecht I, § 10 Rn. 62; Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 478 ff.; skeptisch aber Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, S. 725 f. Zu dieser Problematik auch nochmals unten Teil 6 C. V. 78 Siehe oben Teil 3 A. II. 3.
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Teil 3: Die verfahrensrechtlichen Eckdaten der Gebührenfestsetzung
und etwaige Abweichungen zu begründen sind. Von – wie auch immer gearteten – Abweichungsgründen ist an keiner Stelle die Rede.79
C. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für eine vom KEF-Votum abweichende Gebührenfestsetzung der Länder I. Varianten der Abweichung Eine Abweichung vom KEF-Votum liegt immer dann vor, wenn die Länder eine andere Rundfunkgebühr festsetzen, als sie von der Kommission vorgeschlagen wurde. Unerheblich ist insoweit, ob die staatliche Gebührenentscheidung über das KEF-Votum hinausgeht oder ob sie hinter dem Sachverständigenvorschlag zurückbleibt, da in beiden Fällen eine Divergenz gegeben ist. Neben evidenten Abweichungsfällen kann das Ergebnis einer Abweichung auch dadurch erzielt werden, dass die Länder auf ein die Rundfunkgebühr modifizierendes KEF-Votum gar nicht reagieren. Folge der Untätigkeit der Länder ist nämlich die Fortgeltung der alten Gebühr, da der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurde80 und in diesem Fall kein Land von seinem Kündigungsrecht81 Gebrauch macht. Für den Normalfall eines Erhöhungsvorschlags der KEF bedeutet dies, dass den Rundfunkanstalten auch in einer solchen Situation Finanzmittel vorenthalten werden, die ihnen nach Auffassung der KEF zustehen.82 Einen milderen Abweichungseffekt können die Länder dadurch erzielen, dass sie die Gebührenentscheidung nicht zu dem Zeitpunkt treffen, den die KEF vorsieht. So hat sich nach der Prüfungspraxis der Kommission ein Verfahren herausgebildet, wonach in einem Abstand von vier Jahren eine Neufestsetzung der Rundfunkgebühr zu erfolgen hat.83 Indem die Länder ihre Entscheidung zeitlich verzögern, gilt nach dem Gesagten bis zur Neufestsetzung die alte Rundfunkgebühr fort. Solange dies der Fall ist, tritt für diesen Zeitraum keine Gebührenanpassung ein, so dass bei einer Gesamtbetrachtung der neuen Gebührenperiode – wiederum vom Normalfall eines Erhöhungsvotums ausgehend – die Anhebung auch dann unterhalb des eigentlichen KEF-Vorschlages bleibt, wenn für die weitere Laufzeit das Sachverständigenvotum übernommen wird. Zu entsprechenden Reformvorschlägen des Verf. de lege ferenda siehe unten Teil 6 D. I. 4. § 17 Satz 1 RFinStV. 81 § 17 Satz 2 und 3 RFinStV. 82 Ebenso Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 23; Juristischer Dienst des Sächsischen Landtages, Rechtsgutachten, S. 10. 83 Siehe oben Teil 1 C. VI. 79 80
C. Vorgaben des BVerfG für eine abweichende Gebührenfestsetzung der Länder
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Schließlich kann wie bei der Gebührenfestsetzung zum 1. April 2005 eine doppelte Abweichung dergestalt vorliegen, dass die Länder zunächst die Neufestsetzung der Gebühr zeitlich verzögern und dazu noch dem Betrage nach vom KEFVotum abweichen.84
II. Die missverständliche Einordnung der staatlichen Gebührenfestsetzung als eine gebundene Entscheidung Auf den ersten Blick könnte man bei Lektüre des Gebührenurteils meinen, die Länder hätten überhaupt keine Möglichkeit, vom Gebührenvorschlag der KEF abzuweichen. Denn nach Aussage des Bundesverfassungsgerichts handelt es sich bei der Gebührenfestsetzung um eine „gebundene Entscheidung“.85 Diese Aussage ist jedoch missverständlich, weil das Gericht im Gebührenurteil an anderer Stelle ausdrücklich von möglichen Abweichungen bzw. diesbezüglichen Gründen spricht.86 Die Länder können also nicht derart an das KEF-Votum gebunden sein, dass sie von ihm überhaupt nicht mehr abweichen dürfen. Dies ergibt sich auch aus folgender Vergleichsbetrachtung: Der Begriff der „gebundenen Entscheidung“ stammt ursprünglich aus dem allgemeinen Verwaltungsrecht. In der Verwaltungsaktslehre werden als gebundene Verwaltungsakte solche bezeichnet, die von der Behörde mit dem gesetzlich bestimmten Inhalt erlassen werden müssen, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind.87 Auf die vorliegende Konstellation übertragen bedeutet dies, dass die Länder, wenn die Zeit für eine Gebührenentscheidung nach Maßgabe des KEF-Votums gekommen ist, eine diesbezügliche Entscheidung treffen müssen und das Ob insoweit nicht im Rahmen ihres (Entschließungs-)Ermessens liegt. Das heißt aber nicht, dass die Länder nicht nach den spezifischen Vorgaben des Gebührenurteils von dem Votum der KEF inhaltlich abweichen können.
84 Die Tatsache, dass die Gebührenerhöhung zum 1. April statt zum 1. Januar 2005 erfolgte, wurde jedoch durch einen betragsmäßigen Aufschlag zum – gleichwohl nach unten divergierenden – KEF-Votum kompensiert; vgl. amtl. Begründung zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, S. 28. Hierzu nochmals unten Teil 5 A. II. 4. a). 85 BVerfGE 90, 60 (104). 86 BVerfGE 90, 60 (103 f.). 87 Statt aller Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, § 46 Rn. 14; Henneke, in: Knack, VwVfG, § 35 Rn. 96.
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Teil 3: Die verfahrensrechtlichen Eckdaten der Gebührenfestsetzung
III. Zur Frage der Delegierbarkeit der Gebührenentscheidung auf die Exekutive Eng verbunden mit dem vermeintlich gebundenen Charakter der Gebührenentscheidung ist die Frage, ob die Rundfunkgebühr von den Landesparlamenten selbst festgesetzt werden muss oder ob auch eine Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf die Exekutive in Betracht kommt. Das Bundesverfassungsgericht hält eine solche Delegation wie dargestellt88 für möglich. Dieser Rechtsauffassung kann im Lichte der sog. Wesentlichkeitstheorie89 nicht gefolgt werden. Zunächst ist zu sehen, dass die Festsetzung der Rundfunkgebühr in vielfacher Weise grundrechtsrelevante Züge aufweist. Zum einen sind Finanzierungsfragen für die Rundfunkveranstalter und damit für die grundrechtliche Rundfunkfreiheit in ihrer dienenden Funktion90 selbst wesentlich. Denn die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten können nur solche Programme senden, die für sie finanzierbar sind. Damit besteht tatsächlich ein grundrechtsspezifischer Zusammenhang zwischen der staatlichen Finanzierungsverantwortung und der Programmautonomie der Anstalten.91 Zum anderen werden die Rundfunkteilnehmer mit der Rundfunkgebühr monetär belastet. Auch wenn man mit dem Bundesverfassungsgericht die Einschlägigkeit der grundrechtlichen Eigentumsgarantie bei der staatlichen Auferlegung einer Geldleistungspflicht verneint, weil Art. 14 Abs. 1 GG nicht das Vermögen als solches schützt,92 so ist doch das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) der Rundfunkteilnehmer tangiert.93 Aus deren Sicht ist die Frage nach der Höhe der Rundfunkgebühr aber eine wesentliche.94 Zur Bejahung der grundrechtlichen Relevanz der Gebührenfestsetzung bedarf es demnach eines – nach dem Gebührenurteil verbotenen – Rückgriffs auf die „allgemeinen medienpolitischen Rücksichten“95 nicht. Angesichts dessen ist es schwer vorstellbar, wie die Landesparlamente die solchermaßen wesentlichen Fragen abstrakt selbst regeln können sollen, wenn sie die maßgebliche Festsetzungsentscheidung auf die Exekutive delegieren. Darüber hinaus ist zu beachten, dass das Bundesverfassungsgericht gerade den parlamentarischen Gesetzgeber im Siehe oben Teil 3 A. II. 3. Vgl. etwa BVerfGE 61, 260 (275); 77, 170 (230 f.) sowie Sachs, in: Sachs, GG, Art. 20 Rn. 117. 90 Hierzu oben Teil 2 A. II. 91 BVerfGE 90, 60 (93). 92 St. Rspr. seit BVerfGE 4, 7 (17); vgl. BVerfGE 78, 232 (243); 91, 207 (220); 95, 267 (300). 93 So ausdrücklich in Hinblick auf die Rundfunkgebühr BVerfG NJW 2000, 649. 94 Vgl. A. Hesse, ZUM 1993, 606 (608). Problematisch insoweit die Auffassung von Libertus, AfP 2001, 23 (28), der eine (einklagbare) subjektive Rechtsposition der Rezipienten in Bezug auf die Rundfunkgebührenfestsetzung deshalb verneint, weil deren Interessen „vom Gesetzgeber in mediatisierter Form gleichsam treuhänderisch wahrgenommen“ würden. 95 BVerfGE 90, 60 (104). 88 89
D. Ergebnis
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sonstigen Rundfunkrecht als den Garanten eines verfassungsmäßigen Rundfunkwesens begreift,96 der durch die Schaffung einer positiven Ordnung die grundrechtliche Rundfunkfreiheit erst ermöglicht.97 Bei einer solchen Ausgangslage ist es wenig überzeugend, gerade die Festsetzung der Rundfunkgebühr von dem allgemeinen Legislativvorbehalt auszunehmen.98 Es hat somit gute Gründe, dass der Landesgesetzgeber von der ihm eröffneten Delegationsbefugnis bisher keinen Gebrauch gemacht und die Kompetenz zur Gebührenfestsetzung nicht aus der Hand gegeben hat. Zu Recht haben die Parlamente bei der Festsetzung der Rundfunkgebühr das letzte Wort.
D. Ergebnis Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Gebührenurteil von 1994 die Eckdaten eines verfassungskonformen Verfahrens zur Festsetzung der Rundfunkgebühr maßgeblich vorgezeichnet. Auf Grundlage dieser Entscheidung haben die Landesgesetzgeber ein dreistufiges Verfahren konzipiert, an dessen Anfang die Bedarfsanmeldung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten steht (1. Stufe). Die sachverständige KEF überprüft danach die Bedarfsanmeldung unter vorrangig ökonomischen Gesichtspunkten und macht einen Vorschlag zur Festsetzung der Rundfunkgebühr (2. Stufe). Auf Grundlage des KEF-Votums setzen die Ministerpräsidenten die Rundfunkgebühr durch einen Staatsvertrag fest, welcher sodann durch die Landesparlamente in geltendes Recht transformiert wird (3. Stufe). Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts können die staatlichen Entscheidungsträger von einem KEF-Votum abweichen. Unter welchen Voraussetzungen dies verfassungsrechtlich zulässig ist, bleibt jedoch im Unklaren. Dieser Problematik soll im Folgenden nachgegangen werden.
Hierzu bereits oben Teil 2 A. III. 1. Deutlich BVerfGE 57, 295 (321). Auch im Gebührenurteil wird nochmals hervorgehoben, dass durch die Delegierbarkeit der Gebührenfestsetzung der „vom Bundesverfassungsgericht stets betonte Parlamentsvorbehalt für alle medienpolitischen Grundentscheidungen“ unberührt bleibe (BVerfGE 90, 60 [104]). 98 Im Ergebnis ebenso Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 34; Hess, Verfassungsrechtliche Probleme der Gebührenfinanzierung im dualen Rundfunksystem, S. 214; Wieland, Die Indexierung der Rundfunkgebühr und der Vorbehalt des Gesetzes, in: Hoffmann-Riem, Indexierung, S. 158 ff. (S. 167); Degenhart, Verfassungsrechtliche Determinanten der Rundfunkfinanzierung – Gestaltungsfreiheit und Systemkonsequenz, FS Lerche, S. 611 ff. (S. 622). Kritisch hingegen Dörr, Die Gebührenfrage und die Debatte um die Strukturreform, FS Ress, S. 1151 ff. (S. 1155) und Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 13 RStV Rn. 98. 96 97
Teil 4
Die Abweichungsgründe bei einer vom KEF-Votum abweichenden Gebührenfestsetzung der Länder Nach den Vorgaben des Gebührenurteils erschöpfen sich die Gründe für die Länder, von einem Gebührenvotum der KEF abweichen zu können, im Wesentlichen „in Gesichtspunkten des Informationszugangs und der angemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer“.1 „Programmliche und medienpolitische Zwecke“ dürfen bei der staatlichen Gebührenfestsetzung hingegen keine Rolle spielen.2 Bei den zulässigen Abweichungsgründen einer unangemessenen Rezipientenbelastung bzw. eines fehlenden Informationszugangs handelt es sich um vom Bundesverfassungsgericht geschaffene unbestimmte Rechtsbegriffe, deren Aussagegehalt im Folgenden näher untersucht werden soll.
A. Der Abweichungsgrund einer unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer I. Sichtweisen des Schrifttums 1. Der Ansatz Ossenbühls In seinem von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten vom Dezember 2003 nennt Ossenbühl drei denkbare Bezugspunkte,3 die für die Bewertung der Belastung der Rundfunkteilnehmer durch die Rundfunkgebühr als angemessen in Betracht kommen: die Möglichkeit des Programmempfangs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, das Einkommen der Rundfunkteilnehmer sowie der Vergleich mit anderen öffentlichen Abgaben.4 Die auf das Individuum abstellende Rundfunkempfangsmöglichkeit hält Ossenbühl im Ergebnis für keinen tauglichen Bezugspunkt. Denn nähme man sie als ReBVerfGE 90, 60 (104); siehe auch bereits oben Teil 3 A. II. 3. BVerfGE 90, 60 (103 f.). 3 Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 34: „Andere Beurteilungsmaßstäbe stehen nicht zur Verfügung“. 4 Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 30. 1 2
A. Der Abweichungsgrund einer unangemessenen Belastung
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lation, so wäre mit der angemessenen Belastung nichts anderes als das gebührenrechtliche Äquivalenzprinzip5 gemeint. Eine solchermaßen gebührenspezifische Betrachtungsweise sei jedoch bei der Rundfunkgebühr „zweifelhaft“, weil es bei dieser an einer engen Koppelung von Leistung und Gegenleistung fehle und sie damit nicht Gegenleistung für eine Leistung sei, sondern spezifisches Mittel zur Finanzierung der Gesamtveranstaltung Rundfunk.6 Das gleichfalls auf das Individuum abstellende verfügbare Einkommen der Rundfunkteilnehmer hält Ossenbühl letztlich auch für einen unbrauchbaren Bezugspunkt. Dies folge daraus, dass es „den“ Rundfunkteilnehmer im Sinne einer einheitlichen Durchschnittsfigur genauso wenig gebe wie das verfügbare Einkommen „der“ Rundfunkteilnehmer. Weil die Einkommen der Rezipienten naturgemäß unterschiedlich seien, sei auch die Belastung stets verschieden.7 Desgleichen verwirft Ossenbühl die alternative Bezugsgröße eines fiktiven verfügbaren Einkommens. Im Ansatz könne man zwar auf das Durchschnittseinkommen der Rezipienten oder auch auf das niedrigste Einkommen abstellen, das gerade nicht mehr von der Befreiung von der Rundfunkgebühr aus sozialen Gründen erfasst werde. Doch sei eine solche Betrachtungsweise deshalb unbefriedigend, weil die Orientierung am untersten Einkommen die Schwelle der Unangemessenheit zu Gunsten der Besserverdienenden nach unten, im umgekehrten Falle nach oben verlagern würde.8 Ferner fehle es dabei an einem Maßstab für die Beurteilung der Angemessenheit. Denn es müsse die Problematik gelöst werden, ob eine zur Aufrechterhaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von der KEF vorgeschlagene Erhöhung der Rundfunkgebühr im Verhältnis zum verfügbaren bzw. im obigen Sinne niedrigsten Einkommen des Rundfunkteilnehmers (noch) angemessen sei. Diese Frage könne aber generell weder quantitativ noch aufgrund empirisch festgestellter Prioritätensetzung durch die Konsumenten beantwortet werden. Letzteres komme schon deswegen nicht in Betracht, weil es zu den Freiheiten jedes Einzelnen gehöre, wie und wofür er die ihm zur Verfügung stehenden Mittel ausgebe.9 Daraus folgert Ossenbühl, dass eine individualisierende Betrachtungsweise im Hinblick auf die skizzierte Bezugspunktlogik generell ausscheide.10 Zuletzt wendet sich Ossenbühl Leistungen zu, die nach seiner Auffassung dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk vergleichbar seien. Ein derartiger Wertvergleich habe „nicht nur Plausibilität für sich“, sondern besitze auch „das erforderliche Maß an Rationalität“. 11 Namentlich werden das Abonnement einer Tageszeitung bzw. Hierzu etwa F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, Rn. 237. Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 31 unter Bezugnahme auf BVerfGE 31, 314 (330). 7 Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 32. 8 Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 32. 9 Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 33. 10 Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 33. 11 Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 33 f. 5 6
106
Teil 4: Die Abweichungsgründe
ein Kinobesuch genannt. Ohne deren Kosten zu beziffern, folgert Ossenbühl, dass die Belastung der Rezipienten durch die Rundfunkgebühr immer dann angemessen sei, wenn sich eine Gebührenerhöhung im Rahmen vergleichbarer Kommunikationsleistungen halte.12 Implizit dürfte Ossenbühl davon ausgehen, dass sich die Rundfunkgebühr, die zum Zeitpunkt der Erstellung seines Gutachtens 16,15 A betrug und deren Anhebung um 1,07 A bzw. 1,09 A (gemäß KEF-Vorschlag) auf 17,22 A bzw. 17,24 A diskutiert wurde, noch in dem so skizzierten Rahmen bewegte und also angemessen war.
2. Der Ansatz Lerches Bereits 1995 und damit zeitnah nach dem Gebührenurteil des Bundesverfassungsgerichts erstellte Lerche ein Rechtsgutachten zu den Abweichungsmöglichkeiten des Gesetzgebers vom Gebührenvorschlag der KEF für die Staatskanzleien der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Thüringen. Im Zusammenhang mit der Problematik der unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer führt Lerche aus, die Belastung durch die Gebühr könne „wohl nur in Relation mit der Kostenentwicklung in den sonstigen, für die allgemeine Daseinsvorsorge wesentlichen Lebensbereichen gesehen werden“.13 In eine derart vergleichende Gesamtbetrachtung müssten auch solche neuen technischen Dienste einbezogen werden, die erst im Laufe der Entwicklung der Lebensverhältnisse den Charakter „daseinsvorsorgender“ Leistungen erobern werden; das werde voraussichtlich auch für manche neuen telekommunikativen Dienste außerhalb des Rundfunks zutreffen. Es könne sich der Begriff der Belastbarkeit nur daran orientieren, dass Erhöhungen der Rundfunkgebühr allen nicht gebührenbefreiten Einwohnern zugemutet werden können müssen, also der „breiten Masse“ der Bevölkerung.14
3. Der Ansatz Degenharts und von Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner In der Debatte um eine Gebührenerhöhung im Jahre 2005 trat Degenhart mit eher kritischen Äußerungen gegenüber der Erwartungshaltung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hervor.15 Seines Erachtens erlaubt es der politische Charakter des Abweichungsgrundes der unangemessenen Rezipientenbelastung, auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung bzw. die Entwicklung der öffentlichen Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 33. Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 26. 14 Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 27. 15 Vgl. etwa die Anhörung Degenharts vor dem Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien des Sächsischen Landtages am 3. Februar 2005, stenografisches Protokoll v. 9. Februar 2005, PD 3.4, Apr 4 / 8 – 3 A, S. 5 ff. 12 13
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Haushalte abzustellen.16 Konkret vergleicht Degenhart die Situation der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten mit der anderer Institutionen mit verfassungsrechtlich relevanter Aufgabenstellung, namentlich der der Universitäten. Bei dieser Betrachtungsweise befänden sich die Rundfunkanstalten immer noch in einer relativ günstigen Situation, da die anderen Institutionen mit tendenziell abnehmender Finanzausstattung auskommen müssten.17 Angesichts der schwierigen gesamtwirtschaftlichen Lage in Deutschland zu Beginn des 21. Jahrhunderts seien Steigerungen für Leistungen des Bürgers an die Rundfunkanstalten generell problematisch, weshalb für die Gebührenperiode von 2005 bis 2008 auch ein Moratorium „durchaus angemessen“ gewesen wäre.18 Strukturell ähnlich wie Degenhart vergleichen Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner die Situation der Rundfunkgebühr mit der Entwicklung der Haushalte von Bund und Ländern.19 Sie gelangen bei dieser Vergleichsbetrachtung jedoch zu einer anderen Schlussfolgerung als Degenhart. Da der Bundeshaushalt von 1998 bis 2003 um 9,9 % und die Länderhaushalte im Durchschnitt um 5,6 % gestiegen seien, könne nicht behauptet werden, eine Gebührenerhöhung für die Rundfunkanstalten „falle völlig aus dem Rahmen“.20
4. Weitere Stellungnahmen a) Überblick Nach dem Gebührenurteil des Bundesverfassungsgerichts gab es eine Vielzahl von Beiträgen der rechtswissenschaftlichen Literatur, die sich mit dieser Entscheidung auseinander setzten. Bei einem Gesamtüberblick lässt sich sagen, dass das Urteil ein weitgehend positives Echo gefunden hat. Auffallend ist aber, dass sich die Stellungnahmen zunächst vorrangig mit der Frage beschäftigen, wie nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts eine verfassungskonforme KEF aussehen könnte. Probleme auf der dritten Stufe des Gebührenverfahrens wurden überwiegend erst in der Gebührendebatte der Jahre 2003 bis 2005 vertieft erörtert, in der die Frage nach der Bindungswirkung des KEF-Votums für die Länder im Mittelpunkt der rechtlichen bzw. politischen Auseinandersetzung stand.
16 Degenhart, Anhörung vor dem Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien des Sächsischen Landtages am 3. Februar 2005, stenografisches Protokoll v. 9. Februar 2005, PD 3.4, Apr 4 / 8 – 3 A, S. 6. 17 Degenhart, SächsVBl. 2005, 129 (132). 18 Degenhart, SächsVBl. 2005, 129 (132). 19 Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Bd. I, B 5, § 13 RStV Rn. 10 d. 20 Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Bd. I, B 5, § 13 RStV Rn. 10 d.
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
b) Zurückhaltende Äußerungen Die Mehrzahl der Besprechungen des Gebührenurteils beschäftigt sich mit den Abweichungsmöglichkeiten der Länder vom KEF-Vorschlag nur am Rande. So führt Dörr zwar in mehreren Abhandlungen Rechtsprobleme des Gebührenverfahrens aus, stellt für die hier interessierenden Abweichungsgründe aber lediglich fest, dass Abweichungen der Länder von der Bedarfsfeststellung und dem Gebührenvorschlag der KEF nur aus den vom Bundesverfassungsgericht „eindeutig beschriebenen Gründen“ bzw. in „begründeten Ausnahmefällen“ zulässig seien und sich „in den Gesichtspunkten des Informationszugangs und der angemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer“ erschöpften.21 Ähnlich äußern sich Kresse / Kennel, die aber insofern ein Stück weiter gehen, als es Abweichungsgründe „insbesondere“ unter den Gesichtspunkten des „Informationszuganges und der Abwägung einer angemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer“ gebe.22 Gänzlich berichtend sind die Ausführungen von Betz, der darauf hinweist, dass das Bundesverfassungsgericht als Abweichungsgründe „die Gesichtspunkte des Informationszugangs und der angemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer“ nennt.23 Ebenso verweisen Beucher / Leyendecker / von Rosenberg lediglich darauf, dass „nur unter Gesichtspunkten des Informationszugangs und der angemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer“ vom Gebührenvotum der KEF abgewichen werden dürfe.24 Knothe / Bialek bleiben vage, wenn sie davon sprechen, dass eine verbindliche Entscheidung der KEF schon deshalb nicht möglich sei, weil das Bundesverfassungsgericht „zumindest in zwei Ausnahmefällen“ ein Abweichen vom Gebührenvorschlag zulasse.25 Ähnlich unspezifisch sind die Anmerkungen von Lehment, der sich mit der Feststellung begnügt, dass der Gesetzgeber auf der dritten Verfahrensstufe die Entscheidung der KEF dahingehend überprüfen müsse, ob durch den Gebührenansatz „die Interessen der Rezipienten ausreichend berücksichtigt“ würden.26 Hümmerich, der auf Bialek / Knothe repliziert, führt aus, dass er den Terminus des „Gebührenvorschlags“ in § 7 Abs. 2 RFinStV für verfassungswidrig halte, weil er die Verbindlichkeit der Vorgaben der KEF nicht kenntlich mache.27 Die Behauptung, dass die KEF damit „von zwei Ausnahmefällen abgesehen“ den Ministerpräsidenten nicht mehr nur einen Vorschlag unterbreite, sondern den Bedarf 21 Dörr, Die Gebührenfrage und die Debatte um die Strukturreform, FS Ress, S. 1151 ff. (S. 1158); ders., Programmvielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch funktionsgerechte Finanzausstattung, S. 31; ders., VerwArch 92 (2001), 149 (169); ders., Eine rundfunkrechtliche Beurteilung des Verfassungsgerichtsurteils zur Gebührenbemessung, in: Kops, Finanzierung, S. 99 ff. (S. 103); ders., JuS 1995, 69 (71). 22 Kresse / Kennel, ZUM 1994, 159 (164). 23 Betz, MP 1995, 298 (302). 24 Beucher / Leyendecker / von Rosenberg, Mediengesetze, § 13 RStV Rn. 3. 25 Knothe / Bialek, AfP 1996, 115 (117). 26 Lehment, ZUM 1994, 617 (621). 27 Hümmerich, AfP 1996, 118 (119).
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feststelle,28 trägt aber ebenfalls nicht zur Konturierung der Abweichungsgründe bei. Auch Rühl behandelt die dritte Stufe des Gebührenverfahrens mit Blickrichtung auf die Bindungswirkung des KEF-Vorschlags und führt aus, dass das Gebührenurteil „keine präzise Aussage über den geforderten Verbindlichkeitsgrad“ enthalte, sich aber aus dem Gesamtkontext ergebe, „dass die völlige Unverbindlichkeit verfassungswidrig wäre“ und „sachlich begründete Abweichungen von der Bedarfsfeststellung nicht ausgeschlossen sein sollten“.29 Zuletzt beschäftigt sich Bethge in einer Abhandlung sehr eingehend mit dem Gebührenurteil, stellt aber auf der Ebene der Gebührenfestsetzung nur fest, dass hierfür auch staatliche Verantwortungsträger in Frage kämen, die freilich „Abweichungen von der zuvor erfolgten Bedarfsfeststellung zu begründen“ hätten.30
c) Bedeutungsleugnende Stimmen Andere Beiträge sprechen den vom Bundesverfassungsgericht vorgezeichneten Abweichungsgründen nahezu jede Aussagekraft ab. Besonders deutlich wird dies bei Kuch, der den Gesichtspunkt der angemessenen Belastung „letztlich für eine Luftnummer“ hält. Denn es gebe nicht „den“ Rundfunkteilnehmer und also könne der Gesetzgeber nicht begründen, dass eine Gebührenerhöhung „gerade um – sagen wir einmal – 50 Pfennige“ zu hoch sei. Eine generalisierende Begründung des Gesetzgebers im Hinblick auf das Erreichen der Belastbarkeitsgrenze des Publikums sei also nicht möglich, weshalb sich das Korrektiv der angemessenen Belastung „nicht einmal als stumpfes Schwert, sondern allenfalls als Beruhigungspille“ erweise.31 Radeck, der auf Kuch Bezug nimmt, spricht davon, dass im Rahmen des Abweichungsgrundes der angemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer nur „ein vermeintliches Dilemma“ konstruiert werde, das, wenn es denn je existiert habe, „bereits seit langen Jahren“ gelöst sei. Dabei verweist er auf die Praxis der Rundfunkgebührenbefreiung aus sozialen Gründen und darauf, dass die Befreiungsrate in einzelnen Ländern bei insgesamt noch steigender Tendenz 10 % betrage.32 Nach Hümmerich hätten die Länder die Pflicht, die Finanzbedarfsfeststellungen der KEF uneingeschränkt umzusetzen; Abweichungen seien nur unter den „kaum denkbaren“ Voraussetzungen eines zu erweiternden Informationszugangs oder einer unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer möglich.33 Auch für Dörr greifen die vom Bundesverfassungsgericht beschriebenen Abweichungsgründe „allenfalls ganz ausnahmsweise“ ein.34 Ähnlich äußert sich Frank, für den Hümmerich, AfP 1996, 25 (30). Rühl, ZUM 1995, 167 (172). 30 Bethge, Gebührenfinanzierung im Lichte der Rundfunkfreiheit, in: Piazolo, Bundesverfassungsgericht, S. 141 ff. (159). 31 Kuch, ZUM 1995, 161 (164). 32 Radeck, ZUM 1995, 175 (177). 33 Hümmerich, AfP 1996, 25 (25). 28 29
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
die dritte Stufe des Gebührenfestsetzungsverfahrens aufgrund des dichten Entscheidungsbedarfs auf der ersten und zweiten Stufe nur noch „wenig Brisantes“ enthalte.35 Degenhart schließlich führt in seiner Kommentierung zu Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG aus, dass auf der dritten Stufe des Gebührenverfahrens Abweichungen möglich sein sollten, da andernfalls das Verfahren „ja auch wenig Sinn“ hätte. Die Abweichungsgründe dürften jedoch nicht programmlichen Zwecken dienen; „wie das Kriterium der Angemessenheit allerdings ohne programmbezogene Wertungen beurteilt werden soll“, bleibe offen.36
d) Der Evidenzgedanke Aus den Vorgaben des Gebührenurteils ziehen andere den Schluss, dass die Angemessenheit der Belastung des Publikums eine äußerste Grenze darstelle, die nur bei offensichtlicher Überbelastung der Rezipienten relevant werde. So solle nach Meinung von Betz durch das Kriterium der angemessenen Belastung eine „exorbitante“ Steigerung der Rundfunkgebühr im Vergleich zu Kostenentwicklungen anderer Güter des allgemeinen Bedarfs verhindert und so ausgeschlossen werden, dass über eine extensive Auslegung des vom Bundesverfassungsgericht bewusst dynamisch und offen verstandenen Grundversorgungsbegriffs ein Finanzbedarf entstehe, der bei Berücksichtigung über eine entsprechende Gebührenanhebung „weit“ über der Kostenentwicklung in anderen allgemeinen Lebensbereichen steht.37 Ähnlich argumentiert Ossenbühl, wenn er zu dem Schluss kommt, dass „für den Landesgesetzgeber nicht viel übrig“ bleibe, „eigentlich nur eine Willkürkontrolle, eine Unangemessenheitskontrolle, die aber keine engen Grenzen“ aufweise.38 Pieper / Hess hielten im Jahre 1994 die damalige Rundfunkgebühr von 23,80 DM (alte Bundesländer) bzw. 22,20 DM (neue Bundesländer) deshalb für verfassungsrechtlich unbedenklich, weil die angemessene Belastung der Rundfunkteilnehmer nur eine „unverhältnismäßige“ Rundfunkgebührenhöhe verbiete, die die Rundfunkempfänger vom „Zugang zu den Programmangeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ ausschließe.39 Dieser Argumentation von Pieper / Hess schließt sich Libertus uneingeschränkt an.40 Goerlich führt zuletzt aus, dass gegen die gesetzgeberische Gebührenentscheidung zwar eine Verfassungsbeschwerde der Rundfunkteilnehmer in Betracht komme, diese aber nur im „Ex34 Dörr, Eine rundfunkrechtliche Beurteilung des Verfassungsgerichtsurteils zur Gebührenbemessung, in: Kops, Finanzierung, S. 99 ff. (S. 104). 35 Frank, KJ 1995, 77 (79). 36 Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 Rn. 811. 37 Betz, MP 1995, 298 (307). 38 Ossenbühl, MP 2004, 129 (130). 39 Pieper / Hess, ZUM 1994, 484 (487). 40 Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 13 RStV Rn. 103; ders., AfP 2001, 23 (27).
A. Der Abweichungsgrund einer unangemessenen Belastung
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tremfall“ einer rechts- oder sozialstaatlich „völlig unvertretbaren“ Gebühr erfolgversprechend sei.41 Damit gehe der Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers über eine „Evidenzkontrolle“ nicht hinaus.42
e) Mahnende Tendenzen Manche Autoren nehmen das Gebührenurteil zum Anlass, generelle Mahnungen zu äußern. So ist Bethge der Auffassung, dass die Entscheidung mit ihrer „völligen Entpolitisierung“ der Gebührenfindung und der Reduzierung des Rollenspiels der staatlichen Seite auf eine „pure Notifikationsfunktion“ ein „zweifelhaftes Politikund Staatsverständnis“ offenbare. Denn die Begriffe Politik und Staat seien bis auf die allgemeine staatliche Funktions- und Finanzgewährleistungspflicht „sozusagen ausschließlich negativ besetzt“.43 Vor Bethge monierte auch schon Oppermann, dass die staatliche Seite „mehr oder weniger auf eine Notifikationsfunktion verwiesen“ werde.44 Die zurückgedrängte Rolle des Gesetzgebers im Gebührenverfahren kritisieren ferner Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner, nach denen die weitgehende Bindung der Parlamente an den Gebührenvorschlag der KEF im Hinblick auf das Demokratiegebot „nicht unproblematisch“ sei.45 Deutlicher wird insofern Lerche, der in seinem Rechtsgutachten von einer weitgehenden „Denaturierung“ des Gesetzgebers – zumal in einer „für die Bevölkerung wichtigen Materie“ – spricht.46 Einen parallelen Gedanken formulierte Degenhart bereits 1992 und damit noch vor dem Gebührenurteil des Bundesverfassungsgerichts. So betonte er, dass die Gebührenfestsetzung nicht nur für die Rundfunkfreiheit der Rundfunkanstalten, sondern auch für die Belange der Rezipienten von Bedeutung sei. Wenn aber schutzwürdige Belange unterschiedlicher Beteiligter zu berücksichtigen seien, bleibe der Gesetzgeber in „grundrechtlicher Entscheidungsverantwortung“ .47
Goerlich, DVBl. 1994, 579 (581). Goerlich, ZUM 1996, 390 (392). 43 Bethge, Gebührenfinanzierung im Lichte der Rundfunkfreiheit, in: Piazolo, Bundesverfassungsgericht, S. 141 ff. (163). 44 Oppermann, JZ 1994, 499 (500). Vgl. in diesem Zusammenhang auch Oppermann / Kilian, Rechtsgrundsätze der Finanzierung öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der dualen Rundfunkverfassung der Bundesrepublik Deutschland, S. 107 ff. (insbes. S. 111 f.). 45 Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Bd. I, B 5, § 14 RStV Rn. 37. 46 Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 34. 47 Degenhart, Verfassungsrechtliche Determinanten der Rundfunkfinanzierung – Gestaltungsfreiheit und Systemkonsequenz, FS Lerche, S. 611 ff. (S. 622). 41 42
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
f) Alternative Lösungsansätze Manche Stimmen im Schrifttum stellten nach dem Gebührenurteil die gesamte Verfahrenskonzeption des Bundesverfassungsgerichts in Frage. Gersdorf ist der Auffassung, dass die geforderte programmneutrale Angemessenheitskontrolle durch den Gesetzgeber eine schlichte „Sozialverträglichkeitskontrolle“ sei, die den „korrelativen Zusammenhang zwischen der kommunikationsbezogenen Funktion der Rundfunkgebühr und der wirtschaftlichen Belastung der Rezipienten“ ausblende und damit „das eigentliche Ziel, den Rezipientenschutz, verfehlen“ müsse.48 Daraus folgert Gersdorf, dass es einer staatsfreien, gesellschaftlich verantworteten externen Steuerung bedürfe, da die Rundfunkgebühr andernfalls einen unzulässigen „politischen Preis“49 darstelle. Deshalb sollten die originär für die Zulassung und Beaufsichtigung des privaten Rundfunks zuständigen Landesmedienanstalten mit der Entscheidung über die Gebührenfestsetzung betraut werden.50 Für Kresse / Kennel ist die Frage nach der angemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer mit der Gebühr im Kern gar keine juristische, sondern eine medienpolitische. 51 Deshalb schlagen sie vor, die Rezipienten in den Mittelpunkt des Gebührenverfahrens zu stellen und „Hörer- und Seherparlamente“ an Stelle externer staatlicher Fachaufsichtsgremien und von Parlamenten legitimierter Entscheidungskommissionen einzurichten.52
5. Kritische Würdigung Die zurückhaltenden wie auch die bedeutungsleugnenden Beiträge des Schrifttums sind für eine Konturierung des Angemessenheitsbegriffs nur wenig brauchbar. Die auf die Evidenz der Rezipientenüberforderung abstellenden Auffassungen führen zwar eine bekannte Rechtsfigur in das Gebührenfestsetzungsverfahren ein.53 Der Evidenzgedanke leistet gleichwohl nicht viel für die Auslegung des AnGersdorf, AfP 1994, 108 (113). So die Überschrift des Aufsatzes von Gersdorf, AfP 1994, 108. Der Begriff des „politischen Preises“ ist aber mehrdeutig. Gersdorf versteht ihn – wie dargelegt – in dem Sinne, dass die Rundfunkgebühr der Gefahr unterliege, politisch instrumentalisiert zu werden. Lehment, ZUM 1994, 617 (622 Fn. 31) geht hingegen davon aus, die ursprüngliche Bedeutung des Terminus liege darin, dass die Höhe der Rundfunkgebühr für die Bevölkerung ähnlich wichtig sei wie etwa der Brotpreis. 50 Gersdorf, Staatsfreiheit des Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung der Bundesrepublik Deutschland, S. 358. 51 Dies konzediert auch Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 38: „Andererseits enthält die Frage der angemessenen Belastung ( . . . ) vornehmlich politische Aspekte.“ Zum politischen Charakter des Angemessenheitskriteriums noch unten Teil 4 A. II. 4. c). 52 Kresse / Kennel, ZUM 1994, 159 (164). 53 Man denke etwa an die Regelung des § 44 Abs. 1 VwVfG. 48 49
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gemessenheitskriteriums, da er keine klaren Grenzen zieht. Insbesondere scheidet eine Fallgruppenbildung wie etwa bei § 44 Abs. 1 VwVfG54 im Rahmen der Gebührenfestsetzung als singulärer Entscheidung aus. Darüber hinaus liegt eine derartige Interpretation auch nicht nahe. Denn wenn das Bundesverfassungsgericht den Evidenzgedanken im Rahmen der Abweichungsgründe verfolgen würde, wäre dies bestimmt deutlich(er) zum Ausdruck gekommen. Die mahnenden und letztlich eher staatspolitisch unterlegten Stimmen fördern die Interpretation des Angemessenheitskriteriums ebenfalls nur wenig. Zumindest aber sprechen sie generelle Wertungsgesichtspunkte an, die bei der weiteren Auslegung zu berücksichtigen sind. Das Gleiche gilt letztlich für die alternativen Interpretationsansätze. Im Fokus der nun folgenden eigenen Interpretation des Begriffs der unangemessenen Belastung wird damit vor allem eine Auseinandersetzung mit den Stellungnahmen von Ossenbühl und Lerche sowie Degenhart und Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner stehen.
II. Eigene Interpretation 1. Das Kriterium der Angemessenheit als maßgeblicher Topos Bei dem vom Bundesverfassungsgericht genannten Abweichungsgrund der unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer ist der Begriff der „Belastung“ weitgehend aus sich heraus verständlich.55 Das Gericht verwendet den Terminus in seinem klassisch monetären Sinn.56 Gemeint ist demnach die finanzielle Last, die die Rezipienten aufgrund der Pflicht zur Zahlung der Rundfunkgebühr tragen müssen. Maßgeblich ist in diesem Kontext, dass es sich bei der Rundfunkgebühr um eine „Zwangsgebühr“57 handelt, also eine hoheitliche Abgabe, die jeder leisten muss, der wegen des Bereithaltens eines Rundfunkempfangsgerätes unter den Abgabentatbestand der §§ 13 Abs. 2 RStV, 2 Abs. 2 RGebStV fällt58 – unabhängig von seinen tatsächlichen Nutzungsgewohnheiten.59 Hierzu z. B. Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 44 Rn. 14 ff. m. w. N. So auch Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 28: „Nicht weiter erklärungsbedürftig“. 56 Vgl. Brockhaus Wahrig, 1. Bd., S. 592, Stw. Belastung, wo ausdrücklich auch die „finanzielle“ sowie die „steuerliche“ Belastung genannt werden. 57 Dies betont in einer polemischen Kritik an der Gebührenfinanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks von Münch, NJW 2000, 634 (634). Genau genommen ist der Begriff der Zwangsgebühr freilich ein Pleonasmus, da Charakteristikum jeder hoheitlichen Abgabe die Tatsache ist, dass sie vom Schuldner geleistet werden muss und gegebenenfalls mit Zwangsmitteln beigetrieben werden kann. Gegen von Münch die Gebührenfinanzierung verteidigend Goerlich, JZ 2000, 566 (567). 58 Im Hinblick auf neuartige Geräte, die auch zu anderen Zwecken als zum Empfang von Rundfunksendungen angeschafft werden, skeptisch Goerlich, ZUM 1999, 472 (472). Kritik 54 55
8 Scheel
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
Die Problematik des Abweichungsgrundes der unangemessenen Rezipientenbelastung liegt folglich bei der Auslegung des Adjektivs angemessen.60 Es liegt auf der Hand, dass die Bestimmung des Angemessenen problematisch ist. Sie muss jedoch vorgenommen werden, da hierin der rechtliche Anknüpfungspunkt für die Länder liegt, vom Gebührenvorschlag der KEF abzuweichen. Die Länder haben von dem Abweichungsgrund der unangemessenen Rezipientenbelastung auch tatsächlich Gebrauch gemacht. Bei der Gebührenfestsetzung zum 1. April 2005 begründeten sie ihre unterhalb des KEF-Votums liegende Entscheidung u. a. damit, dass der Gebührenvorschlag der KEF in das Umfeld einer deutlich angespannten wirtschaftlichen Lage falle, die große Herausforderungen und finanzielle Einschränkungen für alle Teile der Bevölkerung mit sich brächte. Zusätzliche Belastungen aus dem öffentlichen und damit aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich hätten daher die „Angemessenheit dieser Belastungen“ für die Gebührenzahler jenseits reiner Bedarfskalkulationen zu berücksichtigen. In die „Angemessenheit einer zusätzlichen Belastung“ des Gebührenzahlers sei ferner einzubeziehen, dass die KEF selbst in ihrem 14. Bericht auf vorhandene Einsparpotenziale hinweise, die noch nicht hinreichend erschlossen seien.61 Es werden im Kontext zur unangemessenen Rezipientenbelastung aber auch sinnverwandte Begriffe genannt. So begründete die PDS-Fraktion im Sächsischen Landtag ihren Antrag vom 11. Februar 2000,62 der von der KEF vorgeschlagenen Erhöhung der Rundfunkgebühr um 3,33 DM zum 1. Januar 2001 nicht zuzustimmen, damit, dass andernfalls für die Gebührenzahler die Grenze der „sozialen Verträglichkeit“ überschritten werde. Entsprechend wies im Rahmen der Gebührendebatte des Jahres 2004 der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, Kurt Beck, darauf hin, dass die Gebührenanpassung auf jeden Fall „sozialverträglich“ ausfallen werde.63 Ähnlich wie mit der Sozialverträglichkeit der Rundfunkgebühr verhält es sich mit dem Begriff der „Vermögensinteressen“ der Rezipienten. Zwar führt das Bundesverfassungsgericht im Gebührenurteil selbst aus, dass es dem Gesetzgeber nicht verwehrt sei, bei seiner Entscheidung die „Vermögensinteressen“64 des Publikums an dem durch den Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag neugefassten § 5 Abs. 3 RGebStV, der seit dem 1. April 2005 auch Rechner, die Rundfunkprogramme ausschließlich über Angebote aus dem Internet wiedergeben können, als Rundfunkempfangsgeräte definiert, bei Degenhart, SächsVBl. 2005, 129 (134) sowie differenzierend Schreier, MMR 2005, 572 (573 ff.). 59 Auf den Aspekt, dass die Rundfunkgebühr unabhängig von den Nutzungsgewohnheiten des jeweiligen Rundfunkteilnehmers fällig wird, ist jedoch erneut bei der Untersuchung der Angemessenheit der Belastung einzugehen; siehe unten Teil 4 A. II. 4. b) cc). 60 Ebenso Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 28. 61 Vgl. amtl. Begründung zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, S. 27. 62 LT-Drs. 3 / 0984. 63 Vgl. Spiegel online, URL http: / / www.spiegel.de / kultur / gesellschaft / 0,1518,304599, 00.html (letzter Zugriff am 18. Januar 2006).
A. Der Abweichungsgrund einer unangemessenen Belastung
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in Betracht zu ziehen, die von den Rundfunkanstalten nicht ausreichend wahrgenommen werden könnten. Diese Äußerung fiel jedoch im allgemeinen Kontext zur gebotenen Programmneutralität bzw. -akzessorietät der Gebührenfestsetzung. Im Rahmen der Abweichungsgründe nennt das Bundesverfassungsgericht hingegen die angemessene Belastung der Rundfunkteilnehmer. Auch wenn es dabei Wechselwirkungen zu den „Vermögensinteressen“ der Rezipienten geben mag, so liegt der Abweichungsgrund doch nicht exakt darin.65 Die Tatsache, dass es im fünften Leitsatz des Gebührenurteils heißt, zu den Gründen, die eine Abweichung rechtfertigen können, gehören „namentlich die Interessen der Gebührenzahler“, trägt freilich wenig zu einer genauen Differenzierung bei. Damit zeigt sich neben seiner Unschärfe ein weiteres Dilemma des Abweichungsgrundes der unangemessenen Rezipientenbelastung: Am Gebührenverfahren Beteiligte verwenden teilweise Begrifflichkeiten, die der Nomenklatur des Bundesverfassungsgerichts nicht genau entsprechen. Eine intensive rechtliche Auseinandersetzung mit dieser Materie hat sich aber an dem durch das Gericht vorgezeichneten Sprachgebrauch exakt zu orientieren und daher sinnverwandte Termini im Ausgangspunkt zu meiden.66 Im Mittelpunkt der weiteren Betrachtungen steht somit der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit.67
2. Grammatikalische Auslegung Ausgangspunkt der Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs ist sein Wortlaut.68 Angemessen ist aber ein semantisch vielschichtiger Begriff. Laut Duden meint er zum einen „gebührend“ bzw. „gehörig“, zum anderen „passend“ bzw. „richtig bemessen“.69 Im Wort angemessen ist damit auch das Maß enthalten. Die angemessene Belastung der Rezipienten durch die Rundfunkgebühr muss demnach eine maßvolle, also adäquate oder billige sein. Fraglich ist jedoch, welche die anzulegenden Maßstäbe sind. Hierfür bedarf es einer systematischen und teleologischen Begriffsauslegung.
BVerfGE 90, 60 (94). Für ein identisches Begriffsverständnis hingegen Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 26: „Offenbar gleichbedeutend“. 66 Ebenso Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 27. 67 Zum Kriterium der Sozialverträglichkeit der Rundfunkgebühr im Rahmen des Abweichungsgrundes der unangemessenen Rezipientenbelastung aber unten Teil 4 A. II. 4. a). 68 Vgl. etwa Zippelius, Juristische Methodenlehre, § 9, S. 44 ff.; Schmalz, Methodenlehre für das juristische Studium, Rn. 230 ff. (232).; Tettinger, Einführung in die juristische Arbeitstechnik, Rn. 208. 69 Duden, Das Synonymwörterbuch, S. 78, Stw. angemessen. 64 65
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
3. Systematische Auslegung: Der Bedeutungsgehalt angemessenen Handelns in anderen Rechtsgebieten Im Rahmen einer systematischen Auslegung geht es darum, zur Konturierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit der Rezipientenbelastung (exemplarisch) zu untersuchen, in welchen anderen Gebieten mit dem Terminus der Angemessenheit operiert wird. Im Sinne eines ganzheitlichen Rechtsverständnisses („Einheit der Rechtsordnung“70) erscheint es denkbar, dass sich dort gewonnene Wertungen im Wege von Analogien auf die Rundfunkgebühr übertragen lassen. Im Steuerrecht etwa wird gemäß § 33 Abs. 1 EStG auf Antrag die Einkommenssteuer eines Steuerpflichtigen ermäßigt, wenn ihm zwangsläufig größere Aufwendungen erwachsen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung). Aufwendungen erwachsen einem Steuerpflichtigen gemäß § 33 Abs. 2 EStG dann zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Die Frage, ob eine außergewöhnliche Belastung angemessen ist, hängt aber von dem jeweils zu beurteilenden Sachverhalt ab.71 Damit steht die (subjektive) Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen im Vordergrund. Eine solche individualisierende Betrachtungsweise scheidet aber bei der pauschalen Rundfunkgebühr aus. Auch das Sozialrecht verwendet den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit. So erhalten gemäß § 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II normiert, dass Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese angemessen sind. Ähnlich wie bereits im steuerrechtlichen Kontext ist jedoch auch hier eine einzelfallbezogene Betrachtung vorzunehmen, die die familiären Verhältnisse, die Größe und Beschaffenheit der Wohnung, die vorhandenen Heizmöglichkeiten und die örtlichen Gegebenheiten berücksichtigt.72 Damit kommt auch insoweit eine Analogie zum Rundfunkgebührenrecht nicht in Betracht. Zuletzt kennt das Strafrecht den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit. So handelt gemäß § 34 Satz 1 StGB ein Straftäter dann nicht rechtswidrig, wenn er in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, Hierzu eingehend Felix, Einheit der Rechtsordnung. Mellinghoff, in: P. Kirchhof, EStG, § 33 Rn. 62. 72 Lang, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, § 22 Rn. 40. Ähnlich die sozialhilferechtliche Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwGE 97, 110 (112) m. w. N. 70 71
A. Der Abweichungsgrund einer unangemessenen Belastung
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um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, und wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt nach § 34 Satz 2 StGB jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden. Die Angemessenheitsklausel ermöglicht es dabei, alle schutzwürdigen Interessen in eine Wert- und Interessensabwägung einzubeziehen, die im konkreten Fall als Erhaltungs- oder als Eingriffsgut durch den Konflikt unmittelbar oder mittelbar betroffen sind.73 Damit zeigt sich erneut, dass der Rechtsbegriff der Angemessenheit nur im Kontext mit der jeweiligen Sachmaterie sinnvoll interpretiert werden kann. Nach alledem trägt eine generelle Vergleichsbetrachtung mit anderen Rechtsgebieten, die den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit verwenden, nur wenig zur Konturierung des Terminus gerade im Rundfunkgebührenrecht bei. Wenn aber allgemein gültige Analogien nur schwer hergestellt werden können, resultiert daraus, dass es auch bei der Frage nach der angemessenen Rezipientenbelastung durch die Rundfunkgebühr einer bereichs- und damit rundfunkspezifischen Betrachtungsweise bedarf.74
4. Teleologische Auslegung a) Der Sinnzusammenhang mit dem Sozialstaatsprinzip aa) Die besondere Betonung des Sozialstaatsgedankens bei der Gebührenfestsetzung durch das Schrifttum Wie bereits erwähnt,75 ist in der rechtspolitischen Debatte über die Höhe der Rundfunkgebühr weniger von deren Angemessenheit als vielmehr von ihrer Sozialverträglichkeit die Rede. Dies mag daran liegen, dass weite Teile des rechtswissenschaftlichen Schrifttums ebenfalls den Begriff der Sozialverträglichkeit bei der Festsetzung der Rundfunkgebühr in den Vordergrund stellen. So ist Gersdorf der Auffassung, die vom Bundesverfassungsgericht geforderte programmneutrale Angemessenheitsprüfung sei eigentlich eine „Sozialverträglichkeitskontrolle“.76 Für Knothe / Schwalba bemisst sich die maximale Höhe der Rundfunkgebühr nach ihrer „Sozialverträglichkeit“,77 da die „Sozialadäquanz“ 78 das staatliche Korrektiv der Rundfunkgebühr sei. Ähnlich äußert sich Scheble, nach dessen Ansicht die 73 74 75 76 77 78
Vgl. Wessels / Beulke, Strafrecht, Rn. 310 f. Näher hierzu unten Teil 4 A. II. 4. b) bb), Teil 4 A. II. 4. c) cc) sowie Teil 4 B. II. 2. a). Siehe oben Teil 4 A. II. 1. Gersdorf, AfP 1994, 108 (112). Knothe / Schwalba, MP 1999, 111 (117). Knothe / Schwalba, ZUM 1999, 459 (459).
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
Rundfunkgebühr ein „sozial verträgliches Maß“ nicht übersteigen dürfe.79 Hümmerich / Heinze führen aus, dass es bei der Gebührenfestsetzung auf den Aspekt der „sozialen Zumutbarkeit“ ankomme.80 Nach Goerlich können „soziale Gesichtspunkte“ eine vom KEF-Votum nach unten abweichende Gebührenfestsetzung durch die Länder rechtfertigen.81 Herrmann / Lausen nennen in diesem Zusammenhang den „Sozialcharakter“, 82 Ricker / Schiwy das „Kriterium der Sozialverträglichkeit“ der Rundfunkgebühr.83 Für Oppermann schließlich dürfte es der „sozialstaatlichen Verantwortung“ des Gesetzgebers entsprechen, dass gerade ihm das Wächteramt über die angemessene Belastung der Rundfunkteilnehmer vom Bundesverfassungsgericht anvertraut wurde.84
bb) Zur Anwendbarkeit des Sozialstaatsprinzips bei der Gebührenfestsetzung Das grundgesetzliche Sozialstaatsprinzip kann nur dann die Gebührenfestsetzung durch die Länder beeinflussen, wenn es im Abweichungsgrund der unangemessenen Rezipientenbelastung zumindest sinngemäß angelegt ist. Eine grammatikalisch-systematische Auslegung des Abweichungsgrundes spricht dafür. So verwendet das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung85 den aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip resultierenden Begriff der Zumutbarkeit als Synonym für die Angemessenheit einer staatlichen Maßnahme.86 Dem Aspekt der Zumutbarkeit wohnt aber bei teleologischer Betrachtung – wie Hümmerich / Heinze zutreffend ausführen – gerade der soziale Gedanke inne.87 Damit darf die Frage nach der Angemessenheit der Rundfunkgebühr zwar entgegen mancher Stimmen in der Literatur88 nicht mit derjenigen nach der Sozialverträglichkeit der Gebühr gleichgesetzt werden. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit kann aber durch die Forderung, dass die Rundfunkgebühr nicht zu einer sozial unverträglichen Belastung der Rezipienten führen darf, Konturen Scheble, ZUM 1995, 383 (385). Hümmerich / Heinze, ZUM 1994, 488 (491). 81 Goerlich, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 7 RFinStV Rn. 4. 82 Herrmann / Lausen, Rundfunkrecht, § 31 Rn. 71. 83 Ricker / Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, Überschrift zu C. Rn. 96. 84 Oppermann, JZ 1994, 499 (502). 85 Vgl. etwa BVerfGE 30, 292 (316); 33, 240 (244, 246 f.); 37, 1 (19, 22); 40, 196 (227); 53, 135 (144); 68, 272 (282); 78, 77 (85); 81, 70 (92); 83, 1 (19); 101, 331 (350); 104, 337 (349). 86 Anders Lücke, DÖV 1974, 769 (770 f.), der die Zumutbarkeit als ein über den allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und damit die Angemessenheitsprüfung hinausgehendes Kriterium ansieht. 87 Hümmerich / Heinze, ZUM 1994, 488 (491): „Soziale Zumutbarkeit“. 88 Siehe soeben Teil 4 A. II. 4. a) aa). 79 80
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gewinnen. Hierüber haben nach der Verfahrenskonzeption des Gebührenurteils die Länder zu wachen.89 cc) Inhalt und Reichweite des Sozialstaatsprinzips Das grundgesetzliche Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) verpflichtet den Staat, für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen.90 Zwar mag sich dieses Prinzip durch große Offenheit auszeichnen und damit in erster Linie programmatischen Charakter haben. Es ist als verfassungsrechtlicher Auftrag gleichwohl verbindlich, indem es Ziele vorgibt, die Leitbildfunktion für staatliches Handeln haben.91 Insofern kommt dem Gesetzgeber als primärem staatlichen92 Adressaten ein weiter Gestaltungsspielraum zu,93 da sozialstaatliche Erwägungen typischerweise mit politischen, aber auch mit staats- und gesellschaftsphilosophischen Wertentscheidungen verbunden sind.94 Die Auslegung abgabenrechtlicher Vorschriften – und damit auch die Entscheidung über die Höhe der Rundfunkgebühr – stellt insofern einen wichtigen Anwendungsfall dar.95 dd) Einfluss der Gebührenbefreiungstatbestände aus sozialen Gründen Im Hinblick auf die Rundfunkgebühr ist jedoch die Frage aufzuwerfen, ob die Länder ihrer sozialstaatlich bedingten Handlungspflicht nicht bereits dadurch (abschließend) nachgekommen sind, dass sie entsprechende Gebührenbefreiungstatbestände normiert haben.96 Gemäß § 6 Abs. 1 RGebStV97 werden neben blinden 89 Dies kommt in BVerfGE 90, 60 an mehreren Stellen zum Ausdruck; vgl. S. 93 („Schutzwürdige Interessen der Rundfunkteilnehmer“); S. 94 („Vermögensinteressen des Publikums“); S. 102 („Interesse der mit der Gebühr belasteten Teilnehmer“). Vgl. auch Oppermann, JZ 1994, 499 (502), der in diesem Zusammenhang zutreffend von einem „Wächteramt“ des Staates spricht. 90 BVerfGE 97, 169 (185); Sachs, in: Sachs, GG, Art. 20 Rn. 46. 91 Sachs, in: Sachs, GG, Art. 20 Rn. 47 f. 92 Zur Geltung des Sozialstaatsprinzips im Privatrecht eingehend Neuner, Privatrecht und Sozialstaat, S. 219 ff. 93 Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 20 Rn. 114. 94 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, S. 915. 95 Vgl. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, S. 917. 96 Hierzu grundlegend von Maydell, Zur rechtlichen Problematik der Befreiung von den Rundfunkgebühren. 97 In der Fassung des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrages, in Kraft getreten am 1. April 2005. Nach der Rechtslage bis zum 1. April 2005 wurden gemäß § 6 Abs. 1 RGebStV a.F. die Landesregierungen ermächtigt, die Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht aus sozialen Gründen durch Rechtsverordnung zu bestimmen. Von dieser Ermächtigung hatten sämtliche Landesregierungen Gebrauch gemacht und – der Intention des § 6 Abs. 2 RGebStV a.F. folgend – weitgehend identische Befreiungsverordnungen erlassen. Diese wurden durch den Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag aufgehoben. Ziel der
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
(Nr. 7a), gehörlosen (Nr. 7b) oder behinderten (Nr. 3) Menschen auch solche Personen von der Rundfunkgebühr befreit, die Empfänger von Sozialhilfe (Nr. 1), Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Nr. 2), Sozialgeld bzw. Arbeitslosengeld II (Nr. 3) sind. Dies führt in der Praxis dazu, dass etwa im Jahre 2003 von den 41,6 Mio. angemeldeten Hörfunkgeräten 3,3 Mio. und von den 36,4 Mio. angemeldeten Fernsehgeräten 2,9 Mio. gebührenbefreit waren.98 Aus dieser nicht geringen Anzahl gebührenbefreiter Rundfunkteilnehmer ziehen Teile des Schrifttums den Schluss, die Belastbarkeitsgrenze der Rezipienten sei bei Aufrechterhaltung der Befreiungspraxis gar „kein wirkliches Dilemma“ der Rundfunkgesetzgebung.99 Aus der Möglichkeit der Gebührenbefreiung für wirtschaftlich schwächere Bevölkerungskreise folge vielmehr, dass „auch in diesen Fällen ein sozial ungehinderter Rundfunkempfang“ gewährleistet bleibe.100 Dem kann in dieser Pauschalität jedoch nicht gefolgt werden. Zunächst ist generell nicht davon auszugehen, dass das Bundesverfassungsgericht einerseits Abweichungsgründe nennt, ihnen aber andererseits keine inhaltliche Bedeutung beimisst. Ferner ist zu sehen, dass das Gericht die Angemessenheitsfrage auf sämtliche Rundfunkteilnehmer bezieht101 und die Befreiungstatbestände im Zusammenhang mit den Abweichungsgründen gerade nicht erwähnt. Tatsächlich gibt es eine Vielzahl von Rezipienten, die zwar nicht gebührenbefreit sind, aber trotzdem nur über ein vergleichsweise geringes Einkommen verfügen. Auch sie müssen die volle Rundfunkgebühr in Höhe von (derzeit) 17,03 A bezahlen. Es wäre mit der Intention des Gebührenurteils nicht vereinbar, ihnen den sozialstaatlichen Schutz durch die Länder vorzuenthalten.102 Dies gilt umso mehr, als sich das Gebührenbefreiungsrecht zum 1. April 2005 dahingehend verschärft hat, dass gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 RGebStV für einen Dispens nunmehr der einfache und nicht mehr der eineinhalbfache Sozialhilfesatz maßgeblich ist.103 Neufassung des § 6 RGebStV ist vor allem, eine Erleichterung des Befreiungsverfahrens durch die Anknüpfung an bestehende soziale Leistungen zu erreichen; vgl. die Begründung zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, S. 21 ff. 98 ARD, Jahrbuch 04 / 05, S. 331. Dies entspricht einer Befreiungsquote von 8 % der Hörfunk- bzw. 8,2 % der Fernsehgeräte. Die Befreiungen führten im Jahre 2003 zu einem Gebührenausfall bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Höhe von 421,3 Mio. A. Dem stand ein Gesamtgebührenaufkommen von 6.754,2 Mio. A gegenüber (ARD, Jahrbuch 04 / 05, S. 330). 99 Radeck, ZUM 1995, 175 (177). 100 Libertus, AfP 2001, 23 (27). 101 Vgl. BVerfGE 90, 60 (104): „Abweichungsgründe in Gesichtspunkten ( . . . ) der angemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer“ (Hervorhebung durch den Verf.). 102 In diesem Sinne auch der Rundfunkreferent der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, HansDieter Drewitz, bei einer Anhörung vor dem Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien des Sächsischen Landtages am 3. Februar 2005; vgl. stenografisches Protokoll v. 9. Februar 2005, PD 3.4, Apr 4 / 8 – 3 A, S. 11. 103 Vgl. hierzu die Ausführungen des KEF-Vorsitzenden, Rainer Conrad, bei einer Anhörung vor dem Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien des Sächsi-
A. Der Abweichungsgrund einer unangemessenen Belastung
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Es bleibt folglich dabei, dass die Länder bei der Festsetzung der Rundfunkgebühr ihren skizzierten sozialstaatlichen Auftrag zu beachten haben.
ee) Folgerungen für die Gebührenentscheidung der Länder Im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip sind die Länder nach dem Gesagten verpflichtet, die Bürger möglichst schonend mit öffentlichen Abgaben zu belasten. Damit muss auch die Rundfunkgebühr so niedrig wie möglich festgesetzt werden. Daraus folgt, dass eine Abweichungsentscheidung der Länder vom Gebührenvorschlag der KEF bei Anwendung des Abweichungsgrundes der unangemessenen Rezipientenbelastung nur nach unten erfolgen darf.104
b) Der Sinnzusammenhang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Der bekannteste Kontext, in dem das Bundesverfassungsgericht den Rechtsbegriff der Angemessenheit im Allgemeinen heranzieht, ist das gemeinhin aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Gebot, dass staatliche Rechtsakte verhältnismäßig sein müssen.105 Denn im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung kommt es darauf an, ob ein belastender106 Hoheitsakt nicht nur geeignet und erforderlich, sondern auch im engeren bzw. eigentlichen Sinne verhältnismäßig, proportional oder zumutbar, letztlich also „angemessen“ ist.107 Wenn das Bundesverfasschen Landtages am 3. Februar 2005; stenografisches Protokoll v. 9. Februar 2005, PD 3.4, Apr 4 / 8 – 3 A, S. 3. 104 Dies entspricht auch allgemeiner Rechtsauffassung im Schrifttum, ohne dass diese Problematik explizit erörtert würde. Zur Frage der Abweichungsrichtung(en) bei Anwendung des Abweichungsgrundes eines fehlenden Informationszugangs bzw. bei weiteren, unbenannten Abweichungsgründen unten Teil 4 B. II. 2. c), Teil 4 C. II. 1., Teil 4 C. II. 2., Teil 4 C. III. 1., Teil 4 C. III. 2., Teil 4 C. III. 3. 105 Aus der nahezu unüberschaubaren Vielzahl der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bemühen, aus jüngerer Zeit instruktiv BVerfGE 79, 256 (270 ff.); 87, 287 (321 f.); 90, 145 (172 ff.); 92, 277 (325 ff.); 104, 337 (347 ff.). Grundlegend zum Verhältnismäßigkeitsprinzip Hirschberg, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie Jakobs, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Zur Herkunft des Prinzips instruktiv Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III / 2, S. 762 ff. 106 Der Anwendungsbereich des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist von Ausnahmen abgesehen auf Eingriffe in den Schutzbereich eines Grundrechtes beschränkt; vgl. Bleckmann, JuS 1994, 177 (177). Zur Geltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips im innerstaatlichen Bereich aber Heusch, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Staatsorganisationsrecht. 107 Zu den verschiedenen Begrifflichkeiten Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III / 2, S. 782. Zu den einzelnen Stufen des Verhältnismäßigkeitsprinzips lehrreich Ipsen, Staatsrecht II, Rn. 171 ff.; Manssen, Staatsrecht II, Rn. 182 ff.; Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 399 ff.; Katz, Staatsrecht, Rn. 205 ff.; Maurer, Staatsrecht I, § 8 Rn. 56 f.
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
sungsgericht im Gebührenurteil fordert, die Rundfunkgebühr dürfe die Rezipienten nur angemessen belasten, spricht bei teleologischer Betrachtungsweise alles dafür, dass ein Bezug zu diesem Element des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hergestellt werden sollte.108
aa) Die Bezugspunktlogik des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Charakteristikum des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist die Bildung einer Relation zwischen mindestens zwei Elementen.109 Dies folgt daraus, dass es bei der Angemessenheitsprüfung darauf ankommt, eine Abwägung zwischen den geschützten Rechtsgütern einerseits und den entgegenstehenden öffentlichen Interessen andererseits vorzunehmen.110 Daraus erhellt, dass die widerstreitenden Elemente vergleichbar sein müssen und es infolgedessen eines Maßstabes bedarf, anhand dessen der anzustellende Vergleich vorgenommen werden kann. Ferner muss es möglich sein, dass jedes der beiden Elemente bei Zugrundelegung des gewählten Maßstabes das andere überwiegen kann und die Relation des einen mit dem anderen Element in jedem Fall beurteilbar ist.111 Mit anderen Worten: Wenn man für die Frage der angemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit abstellt, bedeutet dies, dass es zunächst darum geht, einen oder mehrere Bezugspunkte für die monetäre Belastung der Rezipienten durch die Rundfunkgebühr herauszuarbeiten.112 In einem nächsten Schritt sind die jeweiligen Vergleichsgrößen zu bewerten und in Relation zueinander zu setzen. Dabei fällt die Antwort auf die hier interessierende Frage, in welcher Höhe die Rundfunkgebühr (noch) angemessen ist, umso plausibler aus, je rationaler der Bezugspunkt und damit die Vergleichsgröße für die Rundfunkgebühr ist.
bb) Der Bezugspunkt des Programmangebots des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – Problemaufriss Der auf den ersten Blick am nächsten liegende Bezugspunkt für die Rundfunkgebühr ist das (Programm-)Angebot, das die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten – gewissermaßen als Gegenleistung für die Gebühr – darbieten. 108 Etwas vorsichtiger Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 29: „Hinzuweisen ist des Weiteren auf den ( . . . ) Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit“. 109 Jakobs, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, S. 12 hält dies für „logisch“. 110 Statt aller Maurer, Staatsrecht I, § 8 Rn. 57. 111 Jakobs, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, S. 12 f. 112 Auch der Juristische Dienst des Sächsischen Landtages, Rechtsgutachten, S. 12 geht implizit von der Notwendigkeit eines Bezugspunktes aus.
A. Der Abweichungsgrund einer unangemessenen Belastung
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Gerade eine solche synallagmatische Betrachtungsweise wirft jedoch eine Vielzahl rechtlicher Probleme auf. So ist zunächst fraglich, inwieweit bei der Rundfunkgebühr Leistung und Gegenleistung tatsächlich aneinander gekoppelt sind.113 Ferner gibt es im Gebührenurteil mit dem Aspekt des Informationszugangs einen weiteren ausdrücklich genannten Abweichungsgrund, der besser als der schillernde Begriff der Angemessenheit geeignet ist, programm- bzw. medienspezifische Erwägungen in die Gebührenentscheidung der Länder einfließen zu lassen. Unabhängig davon, auf welchen Abweichungsgrund man abstellt, dürften solche Erwägungen aber auch politische Aspekte beinhalten, was im Lichte des Gebührenurteils ohnehin problematisch ist.114 Aus diesen Gründen erscheint es vorzugswürdig, zunächst solche Bezugspunkte für die Rundfunkgebühr herauszuarbeiten, die die genannten strukturellen Probleme nicht beinhalten. Sollten diese nicht geeignet sein, dem unbestimmten Rechtsbegriff einer unangemessenen Rezipientenbelastung hinreichend scharfe Konturen zu verleihen, so ist erneut auf den Aspekt des Programmangebots des öffentlichrechtlichen Rundfunks einzugehen.115
cc) Der Vergleich mit den Kosten für andere Kommunikationsleistungen Der häufigste in der Literatur angetroffene Vergleichsmaßstab für die Bewertung der Angemessenheit der Rundfunkgebühr ist das Entgelt, das für andere kommunikative, informative bzw. kulturelle Angebote erhoben wird. Konkret werden genannt: die Kosten für das Monatsabonnement einer Tageszeitung,116 einen Theater-,117 Opern-118 oder Kinobesuch119 sowie für die Anschaffung eines PayTVChips120 bzw. -Abonnements.121 Man kann die Reihe beliebig fortsetzen: die Kos113 Diese Frage hängt letztlich mit der umstrittenen Rechtsnatur der Rundfunkgebühr zusammen. Hierzu unten Teil 4 B. II. 2. a). 114 Hierzu oben Teil 3 A. II. 3. und nochmals unten Teil 4 A. II. 4. c) aa). 115 Siehe unten Teil 4 B. II. 2. 116 Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 33; ders., MP 2004, 129 (130); Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 13 RStV Rn. 103; ders., AfP 2001, 23 (27); Pieper / Hess, ZUM 1994, 484 (487); Scheble, ZUM 1995, 383 (386); Dörr, Eine rundfunkrechtliche Beurteilung des Verfassungsgerichtsurteils zur Gebührenbemessung, in: Kops, Finanzierung, S. 99 ff. (104); Hoffmann, Möglichkeiten der Finanzierung öffentlichrechtlichen Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland, S. 62 f. 117 Hümmerich / Heinze, ZUM 1994, 488 (491); Betz, MP 1995, 298 (307); Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 13 RStV Rn. 103; ders., AfP 2001, 23 (27). 118 Betz, MP 1995, 298 (307). 119 Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 33; Betz, MP 1995, 298 (307); Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 13 RStV Rn. 103; ders., AfP 2001, 23 (27). 120 Hümmerich / Heinze, ZUM 1994, 488 (491); Betz, MP 1995, 298 (307).
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
ten für den Erwerb eines wöchentlichen Nachrichtenmagazins, für einen Ballettbesuch, einen entgeltlichen Download aus dem Internet etc. Fraglich ist jedoch, ob die genannten Vergleichsangebote tatsächlich geeignet sind, den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit der Rezipientenbelastung durch die Rundfunkgebühr zu schärfen. Voraussetzung dafür ist, dass die Entgelte für die genannten anderweitigen Kommunikationsangebote strukturell mit der Rundfunkgebühr vergleichbar sind. Dies ist entgegen des ersten Eindrucks nicht der Fall. Während der Bürger seine finanzielle Belastung durch den Erwerb von Tageszeitungen oder bei Kinobesuchen gezielt steuern kann,122 handelt es sich bei der Rundfunkgebühr um eine pauschale Zwangsgebühr.123 Diese muss also auch von demjenigen in voller Höhe geleistet werden, der nur selten oder nie öffentlich-rechtliche Programme empfängt,124 und sogar von demjenigen, der die technischen Voraussetzungen dafür schaffen möchte, nur private Sender empfangen zu können.125 Umgekehrt muss derjenige, der keine Zeitung liest, auch kein Entgelt bezahlen – insbesondere keine der Rundfunkgebühr vergleichbare Presseabgabe126 im Hinblick auf die potenzielle Teilnahme an einer diesbezüglichen Gesamtveranstaltung.127 Zwar steht es dem Bürger frei, der Rundfunkgebührenpflicht dadurch zu entgehen, dass er kein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithält. Dies hätte aber zur Folge, dass er auch keine privaten Programme empfangen könnte. Damit ist das kein adäquater Ausweg.128 Eine Vergleichsbetrachtung zwischen der Rundfunkgebühr einerseits und dem Entgelt für andere Kommunikationsleistungen andererseits hinkt folglich schon im Ansatz. Dieses strukturelle Problem kann auch nicht dadurch gelöst wer121 Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 13 RStV Rn. 103; ders., AfP 2001, 23 (27); Scheble, ZUM 1995, 383 (385 f.). 122 Dies betont auch der Vorsitzende der KEF, Rainer Conrad, MP 2004, 135. Ebenso Hoffmann, Möglichkeiten der Finanzierung öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland, S. 63. 123 Siehe oben Teil 4 A. II. 1. 124 Deutlich OVG Berlin ZUM 1991, 212 (213). Zur Rundfunkgebührenpflicht eines privaten Rundfunkveranstalters, der zwecks Beobachtung der Programme anderer Rundfunkveranstalter einschließlich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Fernsehgeräte zum Empfang bereithält, BVerwG NJW 1998, 1578. 125 Instruktiv hierzu BVerfG NJW 2000, 649. Mit diesem Beschluss lehnte das Bundesverfassungsgericht die Annahme der Verfassungsbeschwerde eines Hotelbetreibers zur Entscheidung ab (§ 93a BVerfGG), der durch die Installation von technischen Vorkehrungen den Empfang öffentlich-rechtlicher Rundfunkprogramme verhindern wollte. Demgegenüber stellte der Hessische Verwaltungsgerichtshof zu Beginn der 1990er-Jahre die Verfassungsmäßigkeit der Rundfunkgebühr für einen solchen Fall in Frage; vgl. VGH Kassel NVwZ 1992, 199. 126 Darauf stellt auch von Münch, Die Rundfunkgebühr: Ein verfassungsrechtlich unhaltbares Fossil?, FS Selmer, S. 821 ff. (S. 828) ab. 127 Zur Einordnung des Rundfunks als einer Gesamtveranstaltung bereits oben Teil 2 B. I. 1. 128 In diesem Sinne auch von Münch, Die Rundfunkgebühr: Ein verfassungsrechtlich unhaltbares Fossil?, FS Selmer, S. 821 ff. (S. 825 f.) sowie Oppermann, JZ 1994, 499 (501).
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den, dass man wie Ossenbühl Entgelte für eine Tageszeitung oder einen Kinobesuch missverständlich als „öffentliche Abgaben“ bezeichnet. 129 Selbst wenn man aber die Entgelte für die genannten Kommunikationsleistungen mit der Rundfunkgebühr vergleichen möchte, bleiben zahlreiche Fragen offen. Zunächst ist unklar, auf welche Tageszeitung für einen Wertvergleich abzustellen ist. Die Preise variieren jedenfalls beträchtlich. So kostete im August 2005 das Monatsabonnement der Frankfurter Allgemeinen Zeitung 33,– A, das der Stuttgarter Zeitung 22,10 A und eine Ausgabe der Bild-Zeitung 50 Cent, woraus sich – 26 Werktage unterstellt – ein monatlicher Betrag von 13,– A ergibt. Ferner bleibt offen, ob die Rundfunkgebühr tatsächlich mit dem Preis für das Monatsabonnement oder nur für einige Ausgaben einer Tageszeitung zu vergleichen ist, da man wohl auch nicht jeden Tag im Monat öffentlich-rechtlichen Rundfunk empfängt. Beim Vergleich mit einem Kino- oder Theaterbesuch stellt sich die entsprechende Frage, wie viele Veranstaltungen als Maßstab anzulegen sind. Demzufolge ist der pauschalen Aussage, die Rundfunkgebühr liege „deutlich unter dem Preis für ein Monatsabonnement einer Tageszeitung“, womit sie „für die Mehrzahl der Rundfunkteilnehmer erschwinglich“ und damit „verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden“ sei,130 mit Skepsis zu begegnen. Es dürfte allenfalls der Schluss zulässig sein, dass bei der Rundfunkgebühr wegen ihres Zwangscharakters ein spürbarer Abschlag vorzunehmen ist. Nur wenn die Gebühr also erheblich günstiger ist als etwa der Durchschnittspreis für das Monatsabonnement einer Tageszeitung, belastet sie die Rezipienten (noch) angemessen.131
dd) Der Vergleich mit Kosten für die Inanspruchnahme anderer Güter (insbesondere) der Daseinsvorsorge Vor allem Lerche fordert in seinem Rechtsgutachten, die Rundfunkgebühr in Relation zur Kostenentwicklung bei anderen Gütern der Daseinsvorsorge zu betrachten.132
129 Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 30, 33. Differenzierter Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 13 RStV Rn. 103: „Preisentwicklung anderer vergleichbarer öffentlicher und privater Güter“ und Betz, MP 1995, 298 (307): „Preisentwicklung anderer öffentlicher und privater Güter zum Vergleich“. 130 So Pieper / Hess, ZUM 1994, 484 (487). Implizit kommt Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 33 zum gleichen Ergebnis. 131 Dies zugrunde gelegt, hat die Rundfunkgebühr mit einem Betrag von derzeit 17,03 A eine kritische Höhe erreicht. Nimmt man den Durchschnittspreis für den monatlichen Bezug der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Stuttgarter Zeitung und der Bild-Zeitung, ergibt sich eine Belastung in Höhe von 22,70 A. Macht man davon den gebotenen spürbaren Abschlag – z. B. von 30 % –, kommt man auf einen Betrag von (nur) 15,89 A. 132 Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 26. Ebenso der Ansatz des Vorsitzenden der KEF, Rainer Conrad, MP 2004, 135.
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
Der auf Ernst Forsthoff zurückgehende Begriff der Daseinsvorsorge133 ist im Schrifttum sehr umstritten.134 In jedem Fall aber werden von ihm Leistungen erfasst, auf die der Mensch in einer modernen Welt angewiesen ist. Dazu zählen neben Wasser und Strom auch kulturelle, weiterbildende und informatorische Veranstaltungen.135 Daraus folgert das Bundesverfassungsgericht, dass der Rundfunk dem Bereich der Daseinsvorsorge zuzurechnen ist.136 Bei einer kostenbezogenen Vergleichsbetrachtung zwischen dem Rundfunk einerseits und weiteren Gütern der Daseinsvorsorge andererseits ist gleichwohl Vorsicht geboten. Denn beim Theater oder Kino hat der Bürger nur für diejenigen Aufführungen ein Entgelt zu bezahlen, die er tatsächlich besucht. Damit hinkt der Vergleich bereits im Ansatz.137 Wenn man hingegen auf das Entgelt für die klassischen Bereiche der Daseinsvorsorge wie etwa den Strompreis abstellt, ist insofern eine größere Nähe zur Rundfunkgebühr gegeben, als man Strom wie Rundfunk in einer modernen Zivilgesellschaft faktisch konsumieren muss.138 Dennoch weist auch dieser Vergleich Schwächen auf, da sich das (programmliche) Angebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten anders als das der Stromanbieter über die Jahre hinweg deutlich ausgeweitet hat.139 Bei einem gleichwohl angestellten Kostenvergleich zeigt sich, dass es beim Strompreis anders als bei der Rundfunkgebühr140 in den letzten Jahren keine kontinuierliche Verteuerung gab. So betrug die durchschnittliche monatliche Stromrechnung eines Drei-Personen-Haushaltes bei einem zugrunde gelegten Jahresverbrauch von 3500 kWh im Jahre 1998 49,95 A, im Jahr 2000 40,66 A und 2004 52,38 A.141 Bei den Gebühren für die Müllabfuhr142 ergibt sich in einem weiteren Bereich der klassischen Daseinsvorsorge ein ähnliches Bild. Zwar mag es hier große regionale Unterschiede geben. In der beliebig ausgewählten Gemeinde GorxheiForsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, S. 6. Vgl. Püttner, Daseinsvorsorge und service public im Vergleich, in: Cox, Daseinsvorsorge, S. 45 ff. (S. 48) m. w. N. 135 Püttner, Daseinsvorsorge und service public im Vergleich, in: Cox, Daseinsvorsorge, S. 45 ff. (S. 49); vgl. auch Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1 Rn. 16a. 136 Siehe BVerfGE 31, 314 (330), wo das Gericht die Leistungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ausdrücklich mit „anderen Fällen der öffentlichen Daseinsvorsorge“ vergleicht. 137 Zu dieser Problematik schon oben Teil 4 A. II. 4. b) cc). 138 Den existenziellen Charakter des Rundfunks für das Dasein der modernen Massengesellschaft betont besonders Ossenbühl, DÖV 1977, 381 (382). 139 Vgl. etwa die Statistik zur Entwicklung der Sendezeit des ZDF-Hauptprogramms von 1964 bis 2004, in: ZDF, Jahrbuch 2004, S. 282. 140 Zur Entwicklung der Gebührenhöhe oben Teil 1. 141 Diese Daten wurden dem Verf. vom Verband der Elektrizitätswirtschaft – VDEW – e.V. am 23. Juni 2005 per E-Mail mitgeteilt. Die Wellenbewegung in der Preisentwicklung habe nach Auskunft des VDEW zum einen mit der Liberalisierung im Stromsektor, zum anderen mit der Entwicklung der Abgabenlasten zu tun. 142 Auf diese nimmt auch der Vorsitzende der KEF, Rainer Conrad, MP 2004, 135, für die Beurteilung der Angemessenheit der Rundfunkgebühr Bezug. 133 134
A. Der Abweichungsgrund einer unangemessenen Belastung
127
mertal im Odenwald stagnierte die monatliche Müllgebühr aber im gleichen Zeitraum weitgehend143 – für eine 120-Liter-Tonne betrug sie in den Jahren 1998 und 2000 17,89 A, im Jahr 2004 18,30 A.144 Schließlich zeigt ein Vergleich mit der Entwicklung der Kosten für die Lebenshaltung – gemessen am Preisindex des Statistischen Bundesamtes für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte –, dass die Rundfunkgebühr wesentlich stärker ansteigt als die Lebenshaltungskosten. So hat sich die Rundfunkgebühr seit 1969 von 7 DM auf 28,25 DM im Jahre 1999145 erhöht, was einer Verteuerung von mehr als 300 % entspricht. Demgegenüber stiegen die Lebenshaltungskosten im gleichen Zeitraum um (nur) 168 % an.146 Damit liefert der Vergleich mit Kosten für die Inanspruchnahme anderer Güter (insbesondere) der Daseinsvorsorge Argumente dafür, das kontinuierliche Ansteigen der Rundfunkgebühr im Rahmen einer Angemessenheitsprüfung kritisch zu hinterfragen.
ee) Der Bezugspunkt des Einkommens der Rundfunkteilnehmer Wie dargelegt,147 nennt vor allem Ossenbühl das Einkommen der Rundfunkteilnehmer als möglichen Bezugspunkt für die Bestimmung der Angemessenheit der Rundfunkgebühr. Ricker, Goerlich und Pieper / Hess erwägen diesen Aspekt ebenfalls, wenn sie die „finanziellen Möglichkeiten“ der Rundfunkteilnehmer,148 deren „Lebensverhältnisse im übrigen“149 bzw. die Erschwinglichkeit der Gebühr150 in die Angemessenheitsprüfung mit einbeziehen. 143 Gegen Ossenbühl, MP 2004, 135, der davon ausgeht, dass die Müllgebühren „immer eklatanter“ steigen als die Rundfunkgebühr. 144 Die Tabelle über die Entwicklung der Müllgebühren in Gorxheimertal ist im Internet abrufbar unter http: / / www.gorxheimertal.de / html2 / rathaus / muellkalender / entwicklung_ muellgebuehren.html (letzter Zugriff am 18. Januar 2006). 145 Bei der sich sogleich anschließenden Vergleichsbetrachtung mit der Entwicklung der Lebenshaltungskosten ist deshalb auf das Jahr 1999 abzustellen, weil der Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte nur bis 1999 fortgeführt wurde (danach wurde der Verbraucherpreisindex eingeführt) und nur er einen Vergleich zum Jahr 1969 ermöglicht. Die Rundfunkgebühr stieg jedoch zum 1. Januar 2001 wie auch zum 1. April 2005 erneut an, so dass sich die darzustellende Tendenz fortsetzt. 146 Die Basisdaten für die hier vorgenommenen Berechnungen liefern die Preisindizes für die Lebenshaltung des Statistischen Bundesamtes, Lange Reihen ab 1948. Sie sind als PDFDatei im Internet abrufbar unter www.destatis.de / themen / d / thm_preise.php unter dem Link „Verbraucherpreise, Gesamtindex nach 12 Ausgabekategorien, Bundesgebiet ab 1948“ (letzter Zugriff am 18. Januar 2006). 147 Siehe oben Teil 4 A. I. 1. 148 Ricker, NJW 1994, 2199 (2200). 149 Goerlich, DVBl. 1994, 579 (581). 150 Pieper / Hess, ZUM 1994, 484 (487).
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
Auf den ersten Blick stellt die Einkommenssituation der Rezipienten einen nahe liegenden Bezugspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit der Rundfunkgebühr dar, weil die Gelder für deren Bezahlung in der Regel aus Erwerbseinkünften stammen. Der skizzierten Skepsis Ossenbühls hinsichtlich dieses Bezugspunktes151 ist jedoch insoweit zuzustimmen, als es den Rundfunkteilnehmer tatsächlich nicht gibt und folglich auch nicht das verfügbare Einkommen der Rezipienten.152 Damit hat Ossenbühl im Ausgangspunkt Recht, wenn er die Belastung durch die Rundfunkgebühr aus Sicht des jeweiligen Rundfunkteilnehmers als unterschiedlich stark ansieht153 – je höher das Einkommen, desto geringer ist die Belastung; je geringer das Einkommen, desto höher ist die Belastung. Bei allen Rezipienten führt jedoch das kontinuierliche Ansteigen der Rundfunkgebühr154 zu einer erhöhten Abgabenlast und damit dazu, dass von jedem Einkommen weniger zum freien Verbrauch zur Verfügung steht. Daraus darf zwar – wie Betz im Ansatz zutreffend bemerkt – nicht der Schluss gezogen werden, dass es gerade der Anstieg der Rundfunkgebühr ist, „der das Fass der Belastungen des Bürgers zum Überlaufen“ bringt.155 Genauso wenig darf aber umgekehrt gefolgert werden, dass die Rundfunkgebühr unantastbar ist. Dies resultiert nicht zuletzt aus der Rechtsfigur des additiven Grundrechtseingriffs,156 die vor allem im Kontext zu öffentlichen Abgaben erörtert wird.157 So begründen zahlreiche Abgabenvorschriften mit ihren diversen, Konkurrenzen meist nicht ausschließenden Tatbeständen eine Vielzahl hoheitlicher Zahlungsansprüche. Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt insofern, dass es nicht nur ein Verbot übermäßiger EinzelbeeinHierzu oben Teil 4 A. I. 1. Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 31 f. In diesem Sinne auch Kuch, ZUM 1995, 161 (164). Die Bildung von Durchschnittswerten ist jedoch möglich. So betrug der durchschnittliche Bruttomonatsverdienst der vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer im April 2004 im Produzierenden Gewerbe 2.966,– A (Angestellte: 3.811,– A; Arbeiter: 2.501,– A). Der durchschnittliche Bruttomonatsverdienst der vollzeitbeschäftigten Angestellten im Handel lag im April 2004 bei 2.737 A, im Kredit- und Versicherungsgewerbe bei 3.324,– A; vgl. Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes v. 12. Juli 2004, URL www.destatis.de / presse / deutsch / pm2004 / p2970042.htm (letzter Zugriff am 18. Januar 2006). 153 Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 32. 154 Zur Entwicklung der Rundfunkgebühr bereits oben Teil 1. 155 Betz, MP 1995, 298 (307). 156 Hierzu grundlegend Lücke, DVBl. 2001, 1469 ff. 157 So führt das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss zum steuerrechtlichen Halbteilungsgrundsatz aus, die Vermögenssteuer dürfe zu den übrigen Steuern auf den Ertrag nur hinzutreten, soweit die steuerliche Gesamtbelastung des Sollertrages bei typisierender Betrachtung von Einnahmen, abziehbaren Aufwendungen und sonstigen Entlastungen in der Nähe einer hälftigen Teilung zwischen privater und öffentlicher Hand verbleibe und dabei insgesamt auch Belastungsergebnisse vermeide, die einer vom Gleichheitssatz gebotenen Lastenverteilung nach Maßgabe finanzieller Leistungsfähigkeit zuwiderlaufen; BVerfGE 93, 121 (138; Hervorhebung durch den Verf.). In jüngerer Zeit hat das Gericht diese Aussagen jedoch relativiert; BVerfG NJW 2006, 1191 (1192). 151 152
A. Der Abweichungsgrund einer unangemessenen Belastung
129
trächtigung, sondern (dieses ergänzend) auch das Verbot einer übermäßigen Gesamtbelastung des Bürgers gibt.158 Bei einer solchen Gesamtbetrachtung darf die monetäre Belastung der Rezipienten durch die Rundfunkgebühr nicht ausgeblendet werden. Der Hinweis von Betz, auf diese Weise werde „klar gegen die den Rundfunkanstalten verfassungsrechtlich gewährte Finanzierungsgarantie“159 verstoßen, geht deshalb fehl, weil es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit dem Abweichungsgrund der unangemessenen Rezipientenbelastung ein solches Korrektiv gerade gibt. Damit bleibt die Überprüfung der Angemessenheit der Gebührenhöhe anhand der Einkommenssituation der Rundfunkteilnehmer zwar vage. Es spricht in Zeiten einer angespannten gesamtwirtschaftlichen Situation mit allgemein sinkenden Realeinkommen160 jedoch vieles dafür, dass eine Erhöhung der Rundfunkgebühr unangemessen ist.161
ff) Der Vergleich mit der Entwicklung weiterer öffentlicher Abgaben Ähnlich wie Ossenbühl in seinem Rechtsgutachten forderte Eberle bereits 1995, die Rundfunkgebühr „in Relation zu anderen öffentlichen Abgaben und zu deren periodischen Steigerungen“ zu sehen.162 Anders als Ossenbühl, der für eine Vergleichsbetrachtung auf das Abonnement einer Tageszeitung bzw. einen Kinobesuch abstellt,163 dürfte Eberle tatsächlich öffentliche Abgaben gemeint haben.164 Er bleibt jedoch im Hinblick auf die rechtlichen Konsequenzen einer solchen Vergleichsbetrachtung sehr vage, wenn er ausführt, dass die Gesamtbetrachtung nur eine geringe Absicherung davor böte, dass „der Schutz des Bürgers vor unangemessener Abgabenlast als Vorwand dafür missbraucht werden“ könne, die Rund-
158 Lücke, DVBl. 2001, 1469 (1477); tendenziell zustimmend (wenngleich im konkreten Fall verneinend) BVerfG NVwZ 2006, 191 (199). Ein solcher Rechtsgedanke ist in der Schweiz ausdrücklich normiert. So bestimmen etwa § 119 Abs. 2 der Verfassung des Kantons Aargau sowie Art. 60 Abs. 2 der Verfassung des Kantons Uri, dass die Steuern so zu bemessen sind, dass die gesamte Belastung der Steuerpflichtigen mit Abgaben nach sozialen Grundsätzen tragbar ist. 159 Betz, MP 1995, 298 (307). 160 Zur Objektivierung dieses Kriteriums könnte man auf die Voraussetzungen für eine Rezession abstellen. Eine solche liegt nach klassischer Auffassung vor, wenn in zwei aufeinander folgenden Quartalen die Veränderungsrate des Bruttoinlandsprodukts negativ ist; Siebert, Einführung in die Volkswirtschaftslehre, S. 336. 161 In diesem Sinne auch Degenhart, SächsVBl. 2005, 129 (132). 162 Eberle, AfP 1995, 559 (565). 163 Siehe oben Teil 4 A. I. 1. 164 Eberle, AfP 1995, 559 (565) spricht in diesem Kontext ausdrücklich von Belastungen, welche die Bürger als Folgen „staatlicher Abgaben“ zu tragen haben.
9 Scheel
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
funkanstalten „im Wege der Beschneidung ihrer finanziellen Ressourcen zu disziplinieren“.165 Tatsächlich stellt sich eine Vergleichsbetrachtung mit anderen öffentlichen Abgaben als ambivalent dar. So kann man beispielsweise darauf abstellen, dass es seit dem 1. Januar 2004 die sog. Praxisgebühr gibt,166 die zu einer (noch) stärkeren Belastung der Bürger mit öffentlichen Abgaben führt. Daraus könnte man dann den Schluss ziehen, es dürfe zumindest die Rundfunkgebühr nicht weiter ansteigen, damit eine Gesamtüberforderung der Bürger167 vermieden wird.168 Man könnte jedoch auch umgekehrt argumentieren, dass dann, wenn alle anderen öffentlichen Abgaben ansteigen, eine erhöhte Rundfunkgebühr nur einem Trend folge. Des Weiteren kann angeführt werden, dass in den letzten Jahren die Sätze der Einkommenssteuer gesunken sind.169 Insofern könnte man argumentieren, dass diesem Trend folgend auch die Rundfunkgebühr nicht weiter ansteigen darf. Umgekehrt könnte aber auch hier gesagt werden, dass im Hinblick auf die abnehmende Einkommenssteuerlast eine Erhöhung der Rundfunkgebühr nicht zu einer übermäßigen Gesamtbelastung der Bevölkerung führt. Aus einer Vergleichsbetrachtung mit anderen öffentlichen Abgaben lassen sich demnach keine zwingenden Schlüsse für die Angemessenheit der Rundfunkgebühr ziehen.
gg) Der Vergleich mit der Einkünfteentwicklung der Haushalte der öffentlichen Hand Wie dargelegt,170 vergleichen Degenhart und Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner die Einkünftesituation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit der Entwicklung der Haushalte der öffentlichen Hand. Soweit dabei eine Vergleichsbetrachtung mit der Finanzsituation der Universitäten angestellt wird,171 ist der Ansatz insofern plausibel, als sowohl den öfEberle, AfP 1995, 559 (565). Vgl. §§ 28 Abs. 4 Satz 1, 61 Satz 2 SGB V. Demnach muss grds. jeder Versicherte, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, je Kalendervierteljahr für jede erste Inanspruchnahme eines an der ambulanten ärztlichen, zahnärztlichen oder psychotherapeutischen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers, die nicht auf Überweisung aus demselben Kalendervierteljahr erfolgt, eine Zuzahlung in Höhe von 10,– A leisten. 167 Hierzu soeben Teil 4 A. II. 4. b) ee). 168 In diese Richtung argumentiert der Juristische Dienst des Sächsischen Landtages, Rechtsgutachten, S. 14. Auch der Intendant des Hessischen Rundfunks, Helmut Reitze, MP 2004, 136, erwägt einen kompensatorischen Ansatz, verwirft ihn jedoch wieder: „Das kann aber doch nicht der Vergleichsmaßstab sein.“ 169 Vgl. § 32a EStG sowie die tabellarische Übersicht, in: DATEV, Tabellen und Informationen für den steuerlichen Berater, S. 6 ff. 170 Siehe oben Teil 4 A. I. 3. 165 166
A. Der Abweichungsgrund einer unangemessenen Belastung
131
fentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wie auch den Universitäten Funktionen von Verfassungsrang zukommen. Damit liegt eine vergleichbare Ausgangslage vor. Es ist jedoch zu beachten, dass dieser Vergleich allein öffentliche Haushalte in Relation zueinander setzt und damit den spezifischen Rezipientenbezug, der dem Abweichungsgrund der unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer innewohnt, außer Betracht lässt. Dies gilt erst recht für den von Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner favorisierten Vergleich mit den Haushalten von Bund und Ländern.172 Des Weiteren sind die jeweils angestellten Schlussfolgerungen recht pauschal. Denn ein Gebührenmoratorium beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist nicht deshalb zwingend, weil „andere Träger verfassungsrechtlicher Aufgaben mit tendenziell abnehmender Finanzausstattung auskommen“ müssen.173 Genauso wenig fällt eine Gebührenerhöhung nicht deshalb „völlig aus dem Rahmen“, weil die Haushalte von Bund und Ländern in den letzten Jahren gestiegen sind.174 Schließlich sind die zugrunde liegenden Bereiche durchaus unterschiedlich.175 Immerhin legt diese Sichtweise aber nahe, dass in Zeiten allgemein knapper öffentlicher Haushalte Maßhalten auch von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten über das haushaltsrechtliche Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsgebot176 hinaus erwartet werden kann, damit die Höhe der Rundfunkgebühr angemessen bleibt.
c) Die politische Dimension des Begriffs der Angemessenheit aa) Problemaufriss Verfassungsrecht ist in besonderem Maße politisches Recht.177 Es schafft und ordnet die politischen Institutionen, in denen der Staat organisatorisch in Erscheinung tritt, regt durch Normen und Grundsätze die Ausübung der Staatsgewalt und den politischen Prozess an, bindet und begrenzt beides aber zugleich.178 Das Bundesverfassungsgericht schafft selbst das Einfallstor für eine Politisierung des Rundfunkgebührenrechts, wenn es auch Fragen der Finanzierung des öffentlich-rechtSo Degenhart, SächsVBl. 2005, 129 (132). Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Bd. I, B 5, § 13 RStV Rn. 10 d. 173 In diese Richtung aber Degenhart, SächsVBl. 2005, 129 (132). 174 So aber Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Bd. I, B 5, § 13 RStV Rn. 10 d. 175 Dies räumen auch Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Bd. I, B 5, § 13 RStV Rn. 10 d ausdrücklich ein. 176 Hierzu oben Teil 2 B. IV. 177 Badura, Staatsrecht, Vorwort zur dritten Auflage, S. V; Engel, AfP 1994, 185 (185): „Geronnene Politik“. 178 Badura, Staatsrecht, Einleitung Rn. 13. 171 172
9*
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
lichen Rundfunks als solche von Verfassungsrang ansieht.179 Darüber hinaus kreiert das Gericht mit dem Abweichungsgrund der unangemessenen Rezipientenbelastung einen unbestimmten Rechtsbegriff, der naturgemäß Raum für politische Erwägungen lässt. Dies gilt umso mehr, als die für zuständig erachteten Entscheidungsträger die (Landes-)Parlamente sind und damit die im Staatsgefüge originär politisch agierende Legislativgewalt. Aus diesen Gründen ist die Festsetzung der Rundfunkgebühr auch nach dem Gebührenurteil zumindest zum Teil eine politische Entscheidung geblieben.180 bb) Rechtsprobleme bei sozialpolitischen Erwägungen Das Bundesverfassungsgericht teilt die denkbaren politischen Erwägungen der staatlichen Entscheidungsträger bei der Gebührenfestsetzung in zwei Kategorien ein. So verbietet das Gericht den Ländern ausdrücklich, programmliche und medienpolitische Zwecke zu verfolgen.181 Im Umkehrschluss daraus folgt, dass politische Erwägungen, die nicht programmlicher oder medienpolitischer Natur sind, erlaubt sind. Zulässig sind damit vor allem solche politischen Erwägungen, die den Vermögensschutz der Rezipienten im Auge haben.182 Es stellt sich in diesem Zusammenhang aber die Frage, inwieweit diese Kompetenz der Länder auf der dritten Stufe des Gebührenverfahrens mit der Neuregelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 RFinStV in Einklang zu bringen ist. Demnach hat die KEF bei der Überprüfung der Bedarfsanmeldungen der Rundfunkanstalten und damit auf der zweiten Stufe des Gebührenverfahrens u. a. die gesamtwirtschaftliche Entwicklung sowie die Entwicklung der Haushalte der öffentlichen Hand zu berücksichtigen.183 Diese Aspekte sind jedoch nach der Konzeption des Gebührenurteils den Ländern auf der dritten Verfahrensstufe im Rahmen des Abweichungsgrundes der unangemessenen Rezipientenbelastung vorbehalten.184 Insofern kann man die Neufassung des § 3 Abs. 1 Satz 2 RFinStV mit guten Gründen für verfassungswidrig Hierzu oben Teil 2 B. Ebenso Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 38: „Vornehmlich politische Aspekte“; Kresse / Kennel, ZUM 1994, 159 (164): „In ihrem Kern keine juristische, sondern eine medienpolitische Entscheidung“. Zu den Folgen daraus für einen (gerichtsfreien) Entscheidungsspielraum der Länder bei Anwendung der Abweichungsgründe unten Teil 5 B. 181 BVerfGE 90, 60 (103 f.). Zu medienpolitischen Erwägungen sogleich unten Teil 4 A. II. 4. c) cc). 182 Vgl. auch BVerfGE 90, 60 (94): „Dagegen ist es ihm [scil. dem Gesetzgeber] nicht verwehrt, bei seiner Entscheidung die Informationszugangs- und Vermögensinteressen des Publikums in Betracht zu ziehen, die von den Rundfunkanstalten nicht ausreichend wahrgenommen werden können.“ 183 Siehe bereits oben Teil 3 B. II. 2. b). 184 Siehe oben Teil 4 A. II. 4. b). 179 180
A. Der Abweichungsgrund einer unangemessenen Belastung
133
halten. Denn die Norm stellt die vom Bundesverfassungsgericht vorgezeichneten Verfahrensstufen insofern auf den Kopf, als dem Sachverständigengremium gerade keine politische Abwägungs-, sondern eine fachliche Prüfungsaufgabe zukommen soll.185 Im Wege einer verfassungskonformen Auslegung erscheint es aber auch möglich, die Regelung so zu interpretieren, dass die der KEF neu zugewiesene Prüfungskompetenz keine ausschließliche sein soll und die Länder damit die genannten Erwägungen bei ihrer Gebührenentscheidung nochmals anstellen können. So verstanden handelte es sich bei § 3 Abs. 1 Satz 2 RFinStV lediglich um eine Vermengung der Verfahrensstufen, wodurch die verfassungsrechtliche Problematik zumindest abgeschwächt wäre. Zu erinnern bleibt aber an die Möglichkeit der Länder, der KEF diese zweifelhafte Kompetenzerweiterung durch eine (erneute) Änderung des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages wieder zu entziehen.
cc) Medienpolitische Erwägungen oder: Das Koppelungsverbot Im Hinblick auf programmliche und medienpolitische Zwecke geht das Bundesverfassungsgericht bereits im Ansatz von einem Erwägungsverbot für die Länder bei der Gebührenfestsetzung aus.186 Das Gericht stellt dieses Verbot jedoch selbst in Frage, wenn es dem Gesetzgeber im Gebührenurteil gleichwohl konzediert, medienpolitische oder programmleitende Entscheidungen treffen zu dürfen. Hierbei verfüge er sogar über einen „breiten Gestaltungsraum“. Für „Zwecke dieser Art“ sei der Gesetzgeber aber auf die allgemeine Rundfunkgesetzgebung verwiesen. Dagegen habe er nicht das Recht, allgemein medienpolitische oder programmleitende Entscheidungen mit den Mitteln der Gebührenfestsetzung zu verfolgen und sie auf diese Weise in einer Entscheidung über Zeitpunkt, Umfang und Geltungsdauer der Gebührenerhöhung „gewissermaßen zu verstecken“.187 Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts darf die Gebührenfestsetzung also nicht mit allgemeinen medienpolitischen oder programmleitenden Entscheidungen vermengt werden. Anschaulich kann man insofern von einem Koppelungsverbot sprechen. Dabei geht das Gericht offenbar davon aus, dass bei zwei getrennten Entscheidungen eine Vermengung allgemein medienpolitischer und gebührenspezifischer Aspekte vermieden und so der öffentlich-rechtliche Rundfunk vor latentem Staatseinfluss geschützt wird. Es stellt sich jedoch die Frage, wie weit ein solches Koppelungsverbot tatsächlich reichen kann. Nahe liegt zunächst eine strenge Interpretation dahingehend, dass es den Ländern verboten ist, während der Laufzeit eines Gebührenverfahrens
185 186 187
Hierzu oben Teil 3 A. II. 3. Siehe soeben Teil 4 A. II. 4. c) bb). BVerfGE 90, 60 (94).
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
überhaupt allgemein medienpolitische oder programmleitende Entscheidungen zu treffen. Ein solches Verständnis ist jedoch mit der h. M. abzulehnen.188 Wie dargelegt,189 dauert eine Gebührenperiode nach gängiger Praxis vier Jahre. Das dreistufige Gebührenverfahren braucht seinerseits von der Bedarfsanmeldung der Rundfunkanstalten bis zur Gebührenfestsetzung durch die Landesparlamente bis zu zwei Jahre.190 Im Falle eines „zeitlichen Abstandsgebotes“191 wäre der Gesetzgeber aufgrund der Langwierigkeit politischer Entscheidungsprozesse faktisch zur Untätigkeit verurteilt. Dies wäre in einem demokratischen Rechtsstaat generell untragbar, verbietet sich im Rundfunkwesen aber schon deshalb, weil der Staat nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gerade zur Schaffung einer positiven Rundfunkordnung verpflichtet ist192 und damit etwa angesichts dynamischer technischer Entwicklungen nicht untätig bleiben darf. Sonach kann das Koppelungsverbot nur den Zweck erfüllen, allgemein medienpolitische bzw. programmleitende Entscheidungen und die Gebührenfestsetzung rein formal voneinander zu trennen.193 Ossenbühl mahnt insofern an, dass gerade im Falle zeitgleicher Entscheidungsverfahren umso mehr darauf geachtet werden müsse, dass die indirekte Einflussnahme der medienpolitischen oder programmleitenden Entscheidung auf die Gebührenfrage nicht durch „verfahrensrechtliche Verquickung“ in eine „fassbare Verfassungswidrigkeit“ umschlage.194 Soweit das Koppelungsverbot durch formale Verfahrenstrennung das Ziel verfolgt, Transparenz bei der Gebührenfestsetzung herzustellen, ist jedoch darauf hinzuweisen, dass eine dies gewährleistende öffentliche Debatte schon deshalb stattfindet, weil de lege lata die endgültige Gebührenentscheidung durch die Landesparlamente erfolgt. Dem mag man zwar entgegenhalten können, dass die Höhe der Rundfunkgebühr maßgeblich von den Ministerpräsidenten der Länder und damit hinter verschlossenen Türen ausgehandelt wird.195 Die Erfahrungen vergangener 188 Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 18; Degenhart, SächsVBl. 2005, 129 (133); ders., K&R 2005, 295 (296); Grimm, zitiert nach: epd medien v. 24. März 2004, S. 8 f. (S. 9); im Ergebnis offen gelassen vom Juristischen Dienst des Sächsischen Landtages, Rechtsgutachten, S. 14; unklar Dörr, Die Gebührenfrage und die Debatte um die Strukturreform, FS Ress, S. 1151 ff. (S. 1159). 189 Siehe oben Teil 1 C. VI. 190 Das besonders konfliktreiche Verfahren, das der Gebührenerhöhung zum 1. April 2005 vorausgegangen ist, begann mit der Bedarfsanmeldung der Rundfunkanstalten bei der KEF am 30. April 2003 und endete mit der Ratifizierung des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrages durch den Landtag von Baden-Württemberg am 16. März 2005. Vgl. hierzu oben Teil 1 C. VII. 191 Begriff von Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 18. 192 Hierzu oben Teil 2 A. III. 1. 193 In diesem Sinne auch die Stellungnahme des Rundfunkreferenten der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, Hans-Dieter Drewitz; vgl. stenografisches Protokoll der Anhörung des Ausschusses für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien des Sächsischen Landtages v. 9. Februar 2005, PD 3.4, Apr 4 / 8 – 3 A, S. 11.
A. Der Abweichungsgrund einer unangemessenen Belastung
135
Gebührenverfahren zeigen aber, dass gerade die Ratifikation der entsprechenden Staatsverträge durch die Landesparlamente im Blickpunkt der Öffentlichkeit steht.196 Deshalb ist die dargestellte Sorge des Bundesverfassungsgerichts unbegründet, die Länder könnten allgemeine medienpolitische Erwägungen in einer Gebührenentscheidung gleichsam verstecken. Darüber hinaus weist das Koppelungsverbot auch inhaltliche Friktionen auf. So ist zu sehen, dass die Entscheidungsträger für allgemein medienpolitische bzw. programmleitende Weichenstellungen und für die Festsetzung der Rundfunkgebühr personenidentisch sind. Es ist eher realitätsfremd anzunehmen, die Landesparlamente könnten zunächst eine allgemein medienpolitische Entscheidung treffen, diese dann aber bei der Gebührenentscheidung ignorieren. Ferner würde ein solches Verständnis auch der politischen Verantwortung der Parlamentarier nicht gerecht werden. Schließlich darf ein Mehr an Rationalität nicht zu einem Weniger an Verfassungsmäßigkeit führen. Eine strikte Anwendung des Koppelungsverbotes hieße demnach, Grundrechtsschutz durch Verfahren zum Selbstzweck zu machen. Dies nähme der Rechtsfigur ihren funktionalen, dem materiellen Recht dienenden Charakter.197 Damit zeigt sich im Ergebnis, dass allgemein medienpolitische oder programmliche Erwägungen des Gesetzgebers auch bei der Gebührenentscheidung der Länder insoweit zulässig sind, als sie im Übrigen mit der grundrechtlichen Rundfunkfreiheit in Einklang stehen.198 Das durch das Bundesverfassungsgericht vorgezeichnete Koppelungsverbot erweist sich jedenfalls als wenig überzeugend und sollte deshalb aufgegeben werden.199 dd) Insbesondere: Das Koppelungsverbot im Gebührenverfahren der Jahre 2003 bis 2005 Die praktische Relevanz der soeben skizzierten Problematik hat sich besonders deutlich im Gebührenverfahren der Jahre 2003 bis 2005 gezeigt. Nach der Bedarfsanmeldung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, aber noch vor Fertigstellung des KEF-Berichts – also mitten in ein laufendes Gebührenverfahren hinein – legten die Ministerpräsidenten Bayerns, Sachsens und Nordrhein-Westfalens ein Positionspapier vor, in dem sie nicht zuletzt mit dem Ziel der Kostenreduzierung verschiedene strukturelle Änderungen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk forderten.200 194 195 196 197 198 199 200
Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 18. Hierzu schon oben Teil 1 C. und nochmals eingehend unten Teil 6 C. V. Hierzu oben Teil 1 C. VI. und Teil 1 C. VII. Hierzu bereits oben Teil 3 A. I. und Teil 3 A. II. Dazu bereits oben Teil 2 A. und nochmals eingehend unten Teil 4 B. II. 2. In der Tendenz ebenso Degenhart, SächsVBl. 2005, 129 (133). Hierzu bereits oben Teil 1 C. VII.
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
Dieses Vorgehen stellt nach verbreiteter Meinung im Schrifttum einen Verstoß gegen das Koppelungsverbot dar, weshalb die vom KEF-Votum nach unten abweichende Gebührenfestsetzung zum 1. April 2005 verfassungsrechtlich bedenklich sei.201 Bethge erkennt in dem Vorgehen der Ministerpräsidenten zwar ebenfalls einen Verfahrensverstoß, ist aber der Auffassung, dieser führe nicht zur Verfassungswidrigkeit der Gebührenentscheidung selbst.202 Den skeptischen Stimmen im Schrifttum ist zuzugeben, dass das Verhalten der Ministerpräsidenten Edmund Stoiber, Georg Milbradt und Peer Steinbrück mit der Verfahrenskonzeption des Bundesverfassungsgerichts nicht im Einklang steht.203 Gerade diese Geschehnisse zeigen aber die Grenzen des Koppelungsverbots auf. So kann die Tatsache allein, dass die strukturellen Forderungen im Zeitraum eines laufenden Gebührenverfahrens erhoben wurden, die Verfassungswidrigkeit der Gebührenfestsetzung nicht begründen.204 Doch auch die inhaltliche Verbindung der Strukturpläne mit ihrer monetären Kehrseite, der Rundfunkgebühr, ist nach dem Gesagten nicht Ausdruck verfassungswidrigen Handelns. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Ministerpräsidenten ihre Forderungen offen vertreten und damit gerade nicht den Versuch unternommen haben, sie in einer Gebührenentscheidung zu verstecken.205 Untermauert wird das Ergebnis aber auch durch folgende Vergleichsbetrachtung: Hätten sich die Länder bei der Gebührenfestsetzung darauf beschränkt, auf die generell schlechte wirtschaftliche Lage abzustellen, so wäre dies eine zulässige sozialpolitische Erwägung im Rahmen des Abweichungsgrundes der unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer gewesen.206 So aber liefern die Länder einen (weiteren) Sachgrund für eine geringere Anhebung der Rundfunkgebühr. Das kann ihnen schwerlich zum Vorwurf gereichen.
III. Ergebnis Bei dem Abweichungsgrund der unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer durch die Rundfunkgebühr kommt es entscheidend darauf an, wie der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit zu interpretieren ist. Die bisherigen 201 Vgl. insbesondere Juristischer Dienst des Sächsischen Landtages, Rechtsgutachten, S. 25, der das Ergebnis aber trotz deutlicher Tendenz offen lässt. Den Boden für diese Rechtsauffassung bereitete Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 39. Skeptisch auch Dörr, Die Gebührenfrage und die Debatte um die Strukturreform, FS Ress, S. 1151 ff. (S. 1158 f.). 202 Bethge, Schriftliche Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Staatsregierung, S. 2. 203 Zurückhaltender Degenhart, SächsVBl. 2005, 129 (132): „Das Verfahren [ist] möglicherweise nicht in der idealtypisch politikfreien Weise abgelaufen.“ 204 Siehe soeben Teil 4 A. II. 4. c) cc). 205 Darauf verweist zu Recht Degenhart, SächsVBl. 2005, 129 (133); ders., K&R 2005, 295 (297). 206 Siehe oben Teil 4 A. II. 4. a) und Teil 4 A. II. 4. c) bb).
B. Der Abweichungsgrund eines fehlenden Informationszugangs
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Untersuchungen haben dem Terminus jedoch noch nicht solche Konturen verliehen, die für eine verlässliche Rechtsanwendung durch die Länder erforderlich sind. Führt eine grammatikalische Auslegung kaum weiter, so deutet eine systematische Vergleichsbetrachtung mit anderen Rechtsgebieten zumindest darauf hin, dass die Frage nach der Angemessenheit der Rundfunkgebühr nicht im Wege allgemeiner Analogien, sondern nur in einem rundfunkspezifischen Kontext beantwortet werden kann. Dabei impliziert der Einfluss des Sozialstaatsprinzips, dass die Länder gehalten sind, die Rundfunkgebühr so niedrig wie möglich festzusetzen. Deshalb kann der Abweichungsgrund der unangemessenen Rezipientenbelastung nur eine Abweichungsentscheidung der Länder unterhalb des KEF-Votums rechtfertigen. Soweit man im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Angemessenheit der Rundfunkgebühr anhand verschiedener Bezugspunkte betrachtet, erweist sich der Vergleich mit den Entgelten für andere Kommunikationsleistungen sowie der Entwicklung weiterer öffentlicher Abgaben als wenig aussagekräftig. Der Kostenvergleich mit anderen Gütern der Daseinsvorsorge, aber auch der Bezug zur Einkommenssituation der Rezipienten führen immerhin dazu, das kontinuierliche Ansteigen der Rundfunkgebühr kritisch zu hinterfragen. Konkrete Schlussfolgerungen sind aber auch insoweit nur bedingt möglich. Soweit der schillernde Begriff der Angemessenheit auch eine politische Dimension aufweist, sind rezipientenschützende Erwägungen der Länder bei der Gebührenfestsetzung zulässig. Diese sind insbesondere nicht durch die verfassungsrechtlich zweifelhafte (Neu-)Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 RFinStV ausgeschlossen. Medienpolitische Zwecke dürfen hingegen nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts bei der Gebührenfestsetzung keine Rolle spielen. Das damit einhergehende Verbot der Koppelung allgemein medienpolitischer bzw. programmlicher mit rundfunkgebührenspezifischen Erwägungen erweist sich jedoch als wenig überzeugend und sollte deshalb von der Rechtsprechung aufgegeben werden.
B. Der Abweichungsgrund eines fehlenden Informationszugangs I. Sichtweisen des Schrifttums Der zweite vom Bundesverfassungsgericht explizit genannte Abweichungsgrund eines fehlenden Informationszugangs ist – anders als der der unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer 207 – vom Schrifttum bisher weniger aufgegriffen worden. Soweit geschehen, lassen sich restriktive und extensive Auslegungsansätze unterscheiden. 207 Zum vergleichsweise großen Echo des Schrifttums auf den Abweichungsgrund der unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer oben Teil 4 A. I.
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
1. Restriktive Auslegung Einige Stimmen im Schrifttum sprechen dem Abweichungsgrund des fehlenden Informationszugangs einen eigenständigen Anwendungsbereich weitgehend ab. So ist Eberle der Auffassung, der Aspekt des Informationszugangs richte sich darauf, dass niemand aus Gründen einer für ihn finanziell nicht tragbaren Rundfunkgebührenbelastung daran gehindert sein dürfe, sich des Rundfunks zur Meinungsbildung zu bedienen. Diesem Anliegen werde aber bereits durch die Befreiungstatbestände des Rundfunkgebührenrechts Rechnung getragen. Infolgedessen erscheine der Aspekt des Informationszugangs „von nachrangiger Bedeutung“.208 Auch für Dörr ist nicht abzusehen, dass durch eine Gebührenerhöhung der Zugang von Teilnehmern zum Rundfunk beeinträchtigt werden kann, weil diejenigen Rezipienten, die die Rundfunkgebühr nur mit Schwierigkeiten entrichten könnten, einen Dispens erhielten.209 Ähnlich argumentiert Radeck, der angesichts der Praxis der Gebührenbefreiung aus sozialen Gründen von einem nur „vermeintlichen Dilemma“ der Rundfunkgesetzgebung spricht.210 Goerlich sieht den Abweichungsgrund des fehlenden Informationszugangs grundsätzlich als von dem der unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer umfasst an, wenn er eine Abweichung des Gesetzgebers vom KEF-Votum nur im „Extremfall einer rechts- oder sozialstaatlich völlig unvertretbaren Gebühr“ zulassen will, die „vielleicht zugleich auf den Informationszugang erdrosselnd wirkt“.211 Lerche schließlich stellt in seinem Rechtsgutachten sogar einen untrennbaren Sinnzusammenhang zum Abweichungsgrund der unangemessenen Rezipientenbelastung her.212 So fungierten die Informationszugangsinteressen der Rundfunkteilnehmer lediglich als Voraussetzung für die zutreffende Feststellung ihrer Belastbarkeitsgrenze. Denn die gebotene Konkretisierung angemessener Belastung knüpft nach Ansicht Lerches notwendigerweise daran an, dass allen Einwohnern unabhängig von Gebührenbefreiungstatbeständen der Zugang zu den vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk angebotenen Informationen effektiv ermöglicht werden müsse.213
2. Extensive Auslegung Die Stimmen im Schrifttum, die dem Abweichungsgrund des fehlenden Informationszugangs entgegen den vorstehenden Äußerungen eine eigenständige BeEberle, AfP 1995, 559 (564 f.). Dörr, Eine rundfunkrechtliche Beurteilung des Verfassungsgerichtsurteils zur Gebührenbemessung, in: Kops, Finanzierung, S. 99 ff. (S. 104). 210 Radeck, ZUM 1995, 175 (177). 211 Goerlich, DVBl. 1994, 579 (581). 212 Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 27. 213 Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 29 f. (Hervorhebung durch Lerche selbst). 208 209
B. Der Abweichungsgrund eines fehlenden Informationszugangs
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deutung neben der Unangemessenheit der Rezipientenbelastung beimessen, lassen sich in anstaltenfreundliche und anstaltenkritische Auslegungen einteilen.214
a) Anstaltenfreundliche extensive Auslegung Hauptvertreter einer anstaltenfreundlichen weiten Interpretation des Abweichungsgrundes des fehlenden Informationszugangs ist Ossenbühl. Um dem Kriterium des Informationszugangs einen eigenständigen Sinngehalt beimessen zu können, löst sich Ossenbühl in seinem Rechtsgutachten von der starren Formulierung des Abweichungsgrundes und bettet ihn in den Gesamtkontext des Gebührenurteils ein.215 So spreche das Bundesverfassungsgericht im Rahmen der Abgrenzung der Befugnisse der Legislative bei der allgemeinen Rundfunkgesetzgebung einerseits und der Gebührenfestsetzung andererseits davon, dass es dem Gesetzgeber nicht verwehrt sei, bei seiner Gebührenentscheidung die „Informationszugangs- und Vermögensinteressen des Publikums“216 in Betracht zu ziehen. Rechne man zu den „Gesichtspunkten des Informationszugangs“217 auch die „Informationszugangsinteressen“218 und lege man – nun semantisch nahe liegend – den Akzent nicht nur auf den Wortteil Zugang, sondern primär auf die Information, so ist für Ossenbühl nicht mehr nur der Zugang zum öffentlich-rechtlichen Programm, sondern auch dessen Inhalt und Umfang von dem genannten Abweichungsgrund erfasst. Hierbei sei ein hoher Standard des Programmangebots gefordert, der der spezifischen Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entspreche und die verfassungsrechtlichen Anforderungen gegenständlicher und meinungsmäßiger Vielfalt erfülle.219 Hieraus zieht Ossenbühl den Schluss, dass der Abweichungsgrund die Länder ermächtige, über die Bedarfsfeststellung der KEF hinauszugehen und die Rundfunkgebühr höher als von der KEF vorgeschlagen festzusetzen.220 Ähnlich wie Ossenbühl vertreten Libertus, Pieper / Hess und Betz die Auffassung, die Sicherung des Informationszugangs bzw. die Informationszugangsinteressen der Rundfunkteilnehmer bezögen sich „in erster Linie auf den Erhalt eines Rundfunkangebots, das den spezifischen Funktionen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ entspreche. Gefordert sei deshalb „ein hoher Standard des Programm214 Ähnlich die Unterscheidung von Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 25 f. 215 Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 24 f. 216 BVerfGE 90, 60 (94). 217 BVerfGE 90, 60 (104). 218 BVerfGE 90, 60 (94; Hervorhebung durch Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 25). 219 Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 24 f. Den Ausführungen Ossenbühls schließt sich der Juristische Dienst des Sächsischen Landtages, Rechtsgutachten, S. 11 f. nahezu wortgleich an. 220 Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 26.
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
angebots“, welches die „verfassungsrechtlichen Anforderungen gegenständlicher und meinungsmäßiger Vielfalt nicht nur zum Teil, sondern umfassend“ erfülle.221 Dabei betonen Libertus und Betz wie Ossenbühl ausdrücklich, dass der Abweichungsgrund eine über das KEF-Votum hinausgehende Rundfunkgebühr ermögliche.222 Von diesem für die Anstalten günstigen Ergebnis gehen implizit auch Pieper / Hess aus, nach denen die Gewährleistung des Informationszugangsinteresses vom Erhalt der publizistischen Konkurrenzfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks abhänge.223
b) Anstaltenkritische extensive Auslegung Die Vertreter einer anstaltenkritischen weiten Auslegung des Abweichungsgrundes des fehlenden Informationszugangs unterscheiden sich von den Anhängern einer anstaltenfreundlichen extensiven Interpretation insofern nicht, als auch sie von einem Wächteramt der Länder über die Erfüllung des spezifischen Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei der Gebührenfestsetzung ausgehen. So sind Hümmerich / Heinze der Meinung, das Stichwort Informationszugang beziehe sich auf die Einhaltung des klassischen Rundfunkauftrages. Sie folgern daraus jedoch, dass den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nur dann ein Finanzgewährleistungsanspruch zustehe, wenn sie diesem Auftrag auch entsprechen. Einer unbegrenzten Konvergenz der Programmstrukturen zwischen öffentlichrechtlichem und privatem Rundfunk habe das Bundesverfassungsgericht somit eine „klare Absage“ erteilt.224 Ähnlich ist die Auffassung von Ricker. Für ihn ermöglicht es der Aspekt des Informationszugangs, die Frage der Notwendigkeit des Programmangebots des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in das Abwägungsspektrum bei der Gebührenfestsetzung einzubeziehen. Dabei seien bereits vorhandene gleiche oder ähnliche Inhalte zu berücksichtigen.225 Ricker / Schiwy betonen insoweit noch deutlicher, dass ein „more of the same“ von öffentlich-rechtlichen Programmen, aber auch eine Duplizierung privater Angebote dem Ziel der dualen Rundfunkordnung, den publizistischen Wettbewerb durch verschiedenartige Beiträge und damit die Meinungsfreiheit zu fördern, entgegenstehe. Mehrfache im Wesentlichen inhaltsgleiche öffentlich-rechtliche Programme, aber auch Nachahmungen privater Angebote schieden demnach als Berechnungsfaktoren für den erforderlichen Finanzierungsumfang aus.226 Aus diesen Ansichten resultiert impli221 Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 13 RStV Rn. 102; ders., AfP 2001, 23 (26 f.); Pieper / Hess, ZUM 1994, 484 (487); Betz, MP 1995, 298 (307). 222 Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 13 RStV Rn. 102; ders., AfP 2001, 23 (27); Betz, MP 1995, 298 (307). 223 Pieper / Hess, ZUM 1994, 484 (487). 224 Hümmerich / Heinze, ZUM 1994, 488 (491). 225 Ricker, NJW 1994, 2199 (2200). 226 Ricker / Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, C. Rn. 95.
B. Der Abweichungsgrund eines fehlenden Informationszugangs
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zit, dass der Abweichungsgrund nur eine Gebührenfestsetzung unterhalb des KEFVotums zulässt.
II. Eigene Interpretation 1. Absage an eine restriktive Auslegung a) Eigenständigkeit des Abweichungsgrundes Diejenigen Literaturauffassungen, die dem Abweichungsgrund des fehlenden Informationszugangs einen eigenständigen Anwendungsbereich absprechen, sind bereits aus grammatikalischen Gründen abzulehnen. So ist davon auszugehen, dass es das Bundesverfassungsgericht deutlich(er) zum Ausdruck gebracht hätte, wenn es den Abweichungsgrund des Informationszugangs als vom Abweichungsgrund der unangemessenen Rezipientenbelastung erfasst angesehen hätte. Nahe gelegen hätte dann eine Formulierung der maßgeblichen Passage im Gebührenurteil wie: „Im Wesentlichen werden sich die Abweichungsgründe in Gesichtspunkten der angemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer, namentlich [oder: insbesondere] des Informationszugangs erschöpfen“ anstelle der tatsächlichen Formulierung: „In Gesichtspunkten des Informationszugangs und der angemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer“. 227 Indem das Gericht die Abweichungsgründe nebeneinander stellt, dabei den Informationszugang sogar noch vor die angemessene Belastung setzt und die beiden Aspekte mit der kopulativen Konjunktion „und“ verbindet, macht es die Eigenständigkeit jedes Abweichungsgrundes deutlich.228
b) Fehlender Zusammenhang mit den Gebührenbefreiungstatbeständen Ebenso wenig überzeugt es bei systematischer Auslegung, den Abweichungsgrund des fehlenden Informationszugangs wegen der rundfunkrechtlichen Gebührenbefreiungstatbestände als überflüssig anzusehen. Denn eine solche Sichtweise zielt allein auf die finanzielle Belastung der Rundfunkteilnehmer ab. Der Schutz der monetären Rezipienteninteressen wird jedoch durch den Abweichungsgrund der unangemessenen Belastung gewährleistet.229 Dessen insoweit abschließender Charakter resultiert dabei aus der Annahme, dass das Bundesverfassungsgericht ein- und denselben Aspekt kaum in zwei völlig verschiedene Formulierungen kleiden würde. Darüber hinaus darf unterstellt werden, dass es das Gericht auch deutBVerfGE 90, 60 (104). Im Ergebnis ebenso Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 13 RFinStV Rn. 101; ders., AfP 2001, 23 (26); implizit auch Betz, MP 1995, 298 (307). 229 Siehe eingehend oben Teil 4 A. II. Ebenso Betz, MP 1995, 298 (307); ähnlich auch Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 24. 227 228
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
lich gemacht hätte, wenn es den Abweichungsgrund des fehlenden Informationszugangs in einen Zusammenhang mit den Befreiungstatbeständen hätte bringen wollen. Schließlich waren dem Senat die Befreiungsmöglichkeiten aus sozialen Gründen bekannt, auch wenn sie im Gebührenurteil nicht ausdrücklich erwähnt werden. Daraus folgt, dass der Abweichungsgrund des fehlenden Informationszugangs durch die Existenz von Gebührenbefreiungstatbeständen nicht obsolet wird.230 Eine restriktive Interpretation dieses Abweichungsgrundes, die ihm seine eigenständige Bedeutung abspricht, ist mithin abzulehnen.
2. Vorzugswürdigkeit einer extensiven Auslegung a) Rundfunkspezifische Gesichtspunkte Die Überlegenheit einer weiten Auslegung des Abweichungsgrundes eines fehlenden Informationszugangs, bei der auch rundfunkspezifische Gesichtspunkte zur Geltung kommen, resultiert zunächst aus einer teleologischen Interpretation des Kriteriums unangemessener Rezipientenbelastung. Denn im Rahmen der dortigen Bezugspunktlogik231 liegt es nahe, die Frage aufzuwerfen, ob die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Leistungen anbieten, die eine rezipientenbezogene monatliche Belastung von derzeit 17,03 A wert sind.232 Auch Ossenbühl nennt die Empfangsmöglichkeit öffentlich-rechtlicher Rundfunkprogramme als denkbaren Bezugspunkt ausdrücklich; die Tatsache, dass dieser in seinem Rechtsgutachten an erster Stelle der „zumindest theoretisch“ in Betracht kommenden Anknüpfungspunkte steht,233 dürfte dabei nicht zufällig sein. Ossenbühl verwirft diesen Ansatz jedoch wieder, weil er letztlich nichts anderes ausdrücke als das gebührenrechtliche Äquivalenzprinzip. Dieses führe aber deswegen nicht weiter, weil es bei der Rundfunkgebühr an einer engen Koppelung von Leistung und Gegenleistung fehle.234 Der Skepsis Ossenbühls kann nicht gefolgt werden. Es mag zwar zutreffen, dass die Rundfunkgebühr keine Gegenleistung für einzelne, konkret genutzte Rundfunkdarbietungen bzw. Programmteile darstellt und deswegen ihrer Rechtsnatur nach keine (klassische) Gebühr im Sinne einer reinen Vorzugslast235 ist.236 Unab230 Zur Problematik, inwieweit die Gebührenbefreiungstatbestände Einfluss auf den Abweichungsgrund der unangemessenen Rezipientenbelastung haben können, bereits oben Teil 4 A. II. 4. a) dd). 231 Dazu oben Teil 4 A. II. 4. b) aa). 232 Eine ähnliche Betrachtungsweise schlagen Kresse / Kennel, ZUM 1994, 159 (164) vor, wenn sie die Einrichtung von „Hörer- und Seherparlamenten“ für die Gebührenentscheidung fordern. 233 Vgl. Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 30. 234 Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 30 f. 235 Hierzu allgemein F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, Rn. 16.
B. Der Abweichungsgrund eines fehlenden Informationszugangs
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hängig davon, ob man deshalb die Rundfunkgebühr abgabenrechtlich für einen Beitrag hält,237 weil die Zahlungspflicht der Rezipienten an das Bereithalten eines Rundfunkempfangsgeräts und damit lediglich an die Möglichkeit der Nutzung öffentlich-rechtlicher Programme anknüpft, oder um eine (nichtsteuerliche) Abgabe sui generis, die in sich Elemente einer Gebühr, eines Beitrages und einer sachkompetenzimpliziten Abgabe vereinigt238 – sie weist in jedem Falle mit dem Gesamtangebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten einen spezifischen Anknüpfungspunkt auf. Besitzt die Rundfunkgebühr demgemäß (auch) entgelttypischen Gegenleistungscharakter,239 kann insoweit die Geltung des abgabenrechtlichen Äquivalenzprinzips nicht geleugnet werden.240 Wenn aber das Bundesverwaltungsgericht unter diesem Blickwinkel einen rundfunkgebührenrechtlichen Vorteil der Rezipienten sogar hinsichtlich der Aufsichtstätigkeit der Landesmedienanstalten über den privaten Rundfunk bejaht,241 muss dies erst recht für die der Rundfunkgebühr ersichtlich näher liegenden programmlichen Darbietungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gelten. Daraus resultiert, dass das Programmangebot der Anstalten bei einer betragsbezogenen Angemessenheitsprüfung der Rundfunkgebühr in die Entscheidungsfindung der Länder nicht nur mit einfließen darf, sondern im Hinblick auf die gebotene Rationalisierung der Gebührenfestsetzung sogar berücksichtigt werden muss.
236 Für eine Einordnung der Rundfunkgebühr als echte Gebühr aber Maunz, Rechtsgutachten, in: Zehner, Fernsehstreit, Bd. 1, S. 276 ff. (S. 289 f.) sowie Seidel, ZUM 1986, 657 (657). Auch die Richter Geiger, Rinck und Wand betonen in ihrem abweichenden Votum zum 2. Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgerichts deutlich den Entgeltcharakter der Rundfunkgebühr (BVerfGE 31, 337 [344]). Das Bundesverwaltungsgericht hielt in seinem Gebührenurteil (BVerwGE 29, 214 [217]; hierzu oben Teil 1 B. I.) die Einordnung als Benutzungsgebühr für rechtlich vertretbar. 237 So Lohbeck, Die Verfassungsmäßigkeit der Rundfunkgebühr in ihrer gegenwärtigen Gestalt in der gegenwärtigen und einer zukünftigen Rundfunkordnung, S. 145 ff. (S. 153); Herrmann / Lausen, Rundfunkrecht, § 31 Rn. 44; Schneider-Freyermuth, ZUM 2000, 564 (568); Scholz, AfP 1995, 357 (361); Fuhr, Organisationsrecht (Rundfunk- und Mediengesetze), in: Fuhr / Rudolf / Wasserburg, Recht der Neuen Medien, S. 251 ff. (S. 334); Eberle, AfP 1995, 559 (560); tendenziell auch Badura, Rundfunkfreiheit und Finanzautonomie, S. 19. 238 In diesem Sinne Dargel, Die Rundfunkgebühr, S. 147; ähnlich Dörr, K&R 2001, 233 (234). 239 Dargel, Die Rundfunkgebühr, S. 105; Seidel, ZUM 1986, 657 (657). 240 Ebenso Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 12 RStV Rn. 26. 241 So BVerwG ZUM 1999, 496 (500), wobei das Gericht als Prüfungsmaßstab primär Art. 3 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 GG und das Rechtsstaatsprinzip heranzieht und nur hilfsweise auf das abgabenrechtliche Äquivalenzprinzip abstellt. Kritisch zu dieser Entscheidung Renck-Laufke, ZUM 1999, 474 (474 f.), dem Bundesverwaltungsgericht hingegen überwiegend zustimmend Goerlich, ZUM 1999, 472 (472).
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
b) Die Problematik einer rundfunkspezifischen Auslegung im Hinblick auf das Gebührenurteil Nachdem ein rundfunk- und damit programmspezifisches Verständnis des Abweichungsgrundes eines fehlenden Informationszugangs im Ansatz vorzugswürdig ist, stellt sich die Frage, ob eine solche Interpretation mit den Vorgaben des Gebührenurteils überhaupt vereinbar ist.242 Dies scheint auf den ersten Blick nicht der Fall zu sein. Denn wie bereits dargestellt,243 fordert das Bundesverfassungsgericht, dass für die staatliche Gebührenfestsetzung die Grundsätze der Programmneutralität und der Programmakzessorietät gelten. Deshalb sei die Verfolgung programmlicher Zwecke in diesem Zusammenhang unzulässig. Es wurde im Rahmen des Abweichungsgrundes der unangemessenen Rezipientenbelastung aber bereits gezeigt, dass das Verbot der Koppelung allgemein medienpolitischer bzw. programmlicher Zwecke mit Aspekten der Rundfunkgebühr nicht überzeugt.244 Bei teleologischer Betrachtungsweise ist damit die Einbeziehung programmlicher Erwägungen bei der Gebührenfestsetzung im Rahmen der Anwendung des Abweichungsgrundes des fehlenden Informationszugangs insoweit zulässig, als dies auch im Übrigen mit der grundrechtlichen Rundfunkfreiheit – insbesondere der Programmautonomie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten – vereinbar ist.
c) Informationszugang als Garant und Kontrollvehikel für ein umfassendes und qualitativ hochwertiges Programmangebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Nach dem Gesagten muss die Lösung des skizzierten Meinungsstreits im Schrifttum, ob eine anstaltenfreundliche oder anstaltenkritische Auffassung im Rahmen eines weiten Verständnisses des Abweichungsgrundes des fehlenden Informationszugangs vorzugswürdig ist,245 in einem größeren Zusammenhang gesehen werden. Denn wer wie die anstaltenfreundliche Ansicht die Konkurrenzfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gegenüber den privaten Anbietern stärken möchte, geht implizit von einem weiten Aufgabenverständnis des öffentlichrechtlichen Rundfunks aus. Dieses nimmt in der Folge auch Überschneidungen zum Programmangebot der privaten Rundfunkveranstalter in Kauf. Wer hingegen wie die anstaltenkritische Auffassung ein „more of the same“ im öffentlich-recht242 Diese Frage wird – soweit ersichtlich – von den Vertretern eines weiten Verständnisses des Abweichungsgrundes nicht erörtert. 243 Siehe oben Teil 2 B. II. 3. 244 Siehe oben Teil 4 A. II. 4. c) cc). 245 Siehe oben Teil 4 B. I. 2.
B. Der Abweichungsgrund eines fehlenden Informationszugangs
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lichen Rundfunk oder die Duplizierung privater Angebote verhindern möchte, dringt letztlich auf eine genauere Definition des öffentlich-rechtlichen Funktionsauftrags und damit auf eine schärfere Abgrenzung zum privaten Rundfunk. Ausgangspunkt für die Auflösung des Spannungsfeldes ist das Normziel der dienenden Freiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG – die Gewährleistung umfassender Meinungsvielfalt im Rundfunk.246 Dabei gilt folgende These: In der heute maßgeblichen dualen Rundfunkordnung247 unterscheiden sich die beiden Veranstaltertypen248 in ihren Zielen – der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss seinen spezifischen Funktionsauftrag erfüllen, der private Rundfunk darf Profit durch Werbeeinnahmen anstreben.249 Das Mittel, das beide Anbieter zur jeweiligen Zielerreichung primär einsetzen, ist mit dem Programm jedoch identisch. Im Hinblick auf die Finanzierung des jeweiligen Rundfunkanbieters bedeutet dies idealtypisch, dass für den privaten Rundfunk das Programm nur Mittel zur Gewinnmaximierung ist. Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hingegen ist das Programm Selbstzweck; seine Finanzierung nur Mittel dazu.250 Wenn und weil allerdings der private Rundfunk wegen seiner Abhängigkeit von Einnahmen vor allem aus der Werbung faktisch gezwungen ist, möglichst hohe Einschaltquoten zu erzielen und folglich massenattraktive Programme zu veranstalten,251 muss es der aufgrund der Gebührenfinanzierung von solchen wirtschaftlichen Zwängen befreite öffentlichrechtliche Rundfunk sein, der jenes im Grundversorgungsauftrag angelegte und auch staatsvertraglich erwartete qualitativ hochwertige Programmsegment252 ab246 Einfachgesetzlich kommt der Vielfaltsgedanke an zahlreichen Stellen zum Ausdruck; vgl. z. B. § 41 Abs. 2 RStV sowie §§ 21 Abs. 1, 23 Abs. 2 Mediengesetz Bad.-Württ. Zu der verfassungsrechtlichen Ausgangslage schon oben Teil 2 A. II. 247 Vgl. insbesondere die Untergliederung des Rundfunkstaatsvertrages in die Abschnitte II (Vorschriften für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk) und III (Vorschriften für den privaten Rundfunk). Verfassungsrechtlich zwingend ist eine duale Rundfunkordnung indes nicht; siehe BVerfGE 83, 238 (296). Zur historischen Entwicklung der dualen Rundfunkordnung in Deutschland bereits oben Teil 1 C. IV. Ausführlich hierzu Herrmann / Lausen, Rundfunkrecht, § 4 Rn. 95 ff. sowie zur Begrifflichkeit instruktiv dies., § 7 Rn. 101 ff. Zum Veränderungsbedarf im dualen Rundfunksystem Deutschlands Grimm, Auf dem Boden der Verfassung, in: Pitzer / Scheithauer, Zwanzig Jahre nach dem Urknall, S. 47 ff. 248 Zum Säulenmodell der dualen Rundfunkordnung instruktiv Eifert, ZUM 1999, 595 ff.; Vesting, Prozedurales Rundfunkrecht, S. 168 ff. 249 Aus ökonomischer Sicht lehrreich Becker / Geisler, Medienökonomische Grundlagen der Fernsehwirtschaft, S. 15, wonach Privatsender „projektive Handelsunternehmer“ seien, die sich Sendematerial beschaffen, um durch dessen Ausstrahlung Zuschauerkontakte für die Werbewirtschaft zu produzieren mit der Zielvorgabe einer langfristigen Rendite. Vgl. zum Problemkreis auch Engel, AfP 1994, 185 (187 ff.). 250 Deutlich Mahrenholz, Fragen an Prof. Dr. Ernst Gottfried Mahrenholz, in: Hallermann / Hufnagel / Schatz / Schatz, Grundversorgung, S. 211 ff. (S. 216); in der Sache ebenso Scholz, AfP 1995, 357 (361). 251 So dezidiert BVerfGE 73, 118 (155 f.). Zumindest die Pauschalität dieser Aussage ist jedoch zweifelhaft – man denke etwa an die (frei empfangbaren) privaten Nachrichtensender n-tv und N24. Aber auch zielgruppenspezifische Pay-TV-Angebote wie der private Dokumentations-Kanal SPIEGEL TV-XXP Digital erfüllen qualitativ hochwertige Standards.
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
deckt, zu dem der private Rundfunk strukturell bedingt regelmäßig nicht in der Lage ist.253 Daraus folgt dann aber, dass sich die Programme der beiden Rundfunkveranstalter nicht nur in Nuancen, sondern grundlegend unterscheiden dürfen und im Hinblick auf das Gebot umfassender Meinungsvielfalt auch unterscheiden sollen.254 Diese These wird auf einfachgesetzlicher Ebene untermauert durch den neu gefassten § 11 RStV.255 Demgemäß müssen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ein Programm darbieten, das einen umfassenden Überblick über das „internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen“ gibt (§ 11 Abs. 2 Satz 1 RStV) und das der „Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung“ dient (§ 11 Abs. 2 Satz 3 RStV). Ferner müssen Beiträge „insbesondere zur Kultur“ angeboten werden (§ 11 Abs. 2 Satz 4 RStV). Mit dieser vor allem europarechtlich gebotenen gesetzlichen Konkretisierung des Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks,256 der von den Anstalten durch Satzungen und Selbstverpflichtungserklärungen weiter auszugestalten ist (§ 11 Abs. 4 RStV),257 haben die Länder den Anstalten den Unterhaltungssektor zwar nicht entzogen, ihn aber deutlich relativiert. Insbesondere ist zu sehen, dass den Unterhaltungsprogrammen insofern auch eine dienende Funktion zukommt, als sie die Akzeptanz der Informations-, Bildungs- und Kulturangebote durch Rezipientenbindung fördern sollen.258 Unter diesem Blickwinkel ist folglich auch die 252 Kritisch zum Begriff der „Qualität“ des Rundfunkangebots aber Never, Meinungsfreiheit, Wettbewerb und Marktversagen im Rundfunk, S. 167 ff. 253 Implizit ebenso BVerfGE 73, 118 (155 f); aus der Literatur deutlicher Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 16 f.; Dörr, Die Gebührenfrage und die Debatte um die Strukturreform, FS Ress, S. 1151 ff. (S. 1156 ff.). 254 Ebenso der Vorsitzende der KEF, Rainer Conrad, sowie der Staatssekretär für Kunst und Medien im österreichischen Bundeskanzleramt, Franz Morak, zitiert nach: epd medien v. 2. November 2005, S. 10. Anders offenbar Grimm, Auf dem Boden der Verfassung, in: Pitzer / Scheithauer, Zwanzig Jahre nach dem Urknall, S. 47 ff. (S. 49), nach dem die Wettbewerbsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die Voraussetzung für den Erhalt der dualen Rundfunkordnung sei, in einem solchen Fall gefährdet wäre. Zur Frage, inwieweit wettbewerbliche Erwägungen eine vom KEF-Votum abweichende Gebührenentscheidung der Länder rechtfertigen können, unten Teil 4 C. III. 1. 255 In der Fassung des Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrages, in Kraft getreten am 1. April 2004. 256 Hierzu bereits oben Teil 2 C. III. Zu den Hintergründen der Norm auch Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Bd. I, B 5, § 11 RStV Rn. 1 ff. sowie Degenhart, SächsVBl. 2005, 129 (130 f.). Zu früheren Ansätzen einer Konkretisierung des öffentlich-rechtlichen Funktionsauftrags instruktiv Bullinger, Die Aufgaben des öffentlichen Rundfunks, S. 77 ff. sowie eingehend Brenner, Zur Gewährleistung des Funktionsauftrages durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 256 ff. et passim. 257 Zu dem Regelungsmodell einer gestaffelten Auftragsdefinition schon oben Teil 2 C. III. 258 Ähnlich Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Bd. I, B 5, § 11 RStV Rn. 14. Anders Grimm, Die verfassungsrechtlichen Perspektiven, in: Conrad, Rundfunkfreiheit, S. 33 ff. (S. 36), nach dessen Ansicht Rundfunkangebote, die zur Sinnvermittlung oder Normkritik beitragen, nachhaltiger in unterhaltenden Sendungen stattfänden.
B. Der Abweichungsgrund eines fehlenden Informationszugangs
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dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk vom Bundesverfassungsgericht zugebilligte Bestands- und Entwicklungsgarantie259 zu sehen. Sinn und Zweck des Abweichungsgrundes eines fehlenden Informationszugangs erfordern demnach eine Gesamtbetrachtung der dualen Rundfunkordnung260 zur nachvollziehbaren Beantwortung der Frage, ob die Rezipienten insoweit effektiven Informationszugang haben, als der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinem spezifischen Funktionsauftrag hinreichend nachkommt. Der Abweichungsgrund ist im Gebührenverfahren demnach sowohl Garant als auch Kontrollvehikel für die Länder dafür, dass die Anstalten auch tatsächlich ein umfassendes und qualitativ hochwertiges Programm im Sinne des § 11 RStV darbieten. Erweist sich demnach eine rein funktionale Interpretation als vorzugswürdig, wird der skizzierte Konflikt zwischen anstaltenfreundlicher und anstaltenkritischer Ansicht entschärft. So kann die Anwendung des Abweichungsgrundes einerseits dazu führen, dass die Gebührenfestsetzung durch die Länder das KEFVotum unterschreitet. Dies kommt in Betracht, wenn die privaten Rundfunkveranstalter (weite) Teile des an sich dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk obliegenden Funktionsauftrags erfüllen, insoweit also Konvergenz eingetreten ist. Ebenso ist aber auch dann ein Abschlag vom Gebührenvotum der KEF möglich, wenn die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten trotz vorhandener finanzieller Möglichkeiten ihren Funktionsauftrag nicht erfüllen und es insofern zu einer Konvergenz mit überwiegend massenattraktiven Programmangeboten des privaten Rundfunks gekommen ist.261 Andererseits kann der Abweichungsgrund eines fehlen259 BVerfGE 83, 238 (298). Soweit das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung (S. 299) missverständlich von der „Bestands- und Entwicklungsgarantie für den WDR“ spricht, meint es tatsächlich die grundversorgungsabhängige Funktionsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks; vgl. Scheel, Zur Staatsfreiheit des Rundfunks – Grundlagen und Grenzen eines Strukturprinzips am Beispiel der Aufsichtsgremienbesetzung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, FS Dittmann, S. 29 ff. (S. 35). Generell kritisch zur Bestands- und Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk Lindner, AfP 2005, 429 ff. 260 Hierauf stellt auch BVerfG NVwZ 2006, 201 (203) ab: „In der dualen Ordnung eines Nebeneinander von öffentlich-rechtlichem und privatwirtschaftlichem Rundfunk soll der Rundfunkfreiheit dadurch gedient werden, dass die durch die verschiedenartigen Strukturen der Veranstalter ermöglichten unterschiedlichen Programmorientierungen zur Breite und Vielfalt des Programmangebots insgesamt beitragen.“ (Hervorhebung durch den Verf.). 261 Ebenso Hümmerich / Heinze, ZUM 1994, 488 (491). Anders Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 26, nach dessen Meinung nicht der Finanzgewährleistungsanspruch der Anstalten entfalle, sondern eine Nachbesserung des Programms gefordert werden müsse. Wie eine solche Forderung aber ohne monetären Druck durchgesetzt werden soll, bleibt offen. Dass diese Fragestellungen nicht nur theoretischer Natur sind, belegen verschiedene Studien, die sich mit der Programmentwicklung öffentlich-rechtlicher und privater Rundfunkanbieter beschäftigen. So erkannte Merten, Konvergenz der deutschen Fernsehprogramme, S. 135 f. et passim in einer Langzeituntersuchung von 1980 bis 1993 eine zunehmende Angleichung der Programme, die vor allem daher rühre, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bedingt durch den Konkurrenzdruck der privaten Sender vermehrt massenattraktive Programme darbieten. Auch nach den Untersuchungen Steinbachs, Entpolitisierung
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
den Informationszugangs auch zu einer Überschreitung des Sachverständigenvorschlags führen. Dies kommt in Betracht, wenn andernfalls von den Anstalten bei der KEF angemeldete, von dieser aber nicht anerkannte Programmangebote, die zur Funktionsauftragserfüllung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erforderlich sind, aus finanziellen Gründen nicht dargeboten werden können. Das dürfte insbesondere für qualitativ hochwertige Darbietungen gelten, die von privater Seite nicht erwartet werden können.262 Denkbar ist ein Zuschlag auf das KEF-Votum aber auch, wenn ansonsten ein vom Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks umfasstes Programmsegment nur noch von einem Pay-TV-Veranstalter angeboten würde und dadurch eine Vielzahl von Bürgern von entsprechenden Informationen ausgeschlossen wäre.263 In einem solchen Fall obliegt es den Ländern, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten durch eine über das KEF-Votum hinausgehende Gebührenfestsetzung finanziell in die Lage zu versetzen, für hinreichenden Informationszugang zu sorgen.
III. Ergebnis Der zweite im Gebührenurteil ausdrücklich genannte Abweichungsgrund des fehlenden Informationszugangs ist bisher in seiner Eigenständigkeit zu wenig beachtet worden. Er ist weder vom Abweichungsgrund der unangemessenen Rezipientenbelastung umfasst noch wegen der Gebührenbefreiungstatbestände aus sozialen Gründen obsolet. Vielmehr stellt er für die Länder das Mittel dar, ein dem Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gemäßes Programmangebot im Sinne des § 11 RStV effektiv durchzusetzen. Bei programmlichen Fehlentwicklungen lässt er damit wie bereits der Abweichungsgrund der unangemessenen Rezipientenbelastung einen Abschlag vom KEF-Votum zu; im Gegensatz zu diesem ermöglicht das Kriterium des Informationszugangs aber auch eine Gebührenfestdurch Dualisierung?, in: Rölle / Müller / Steinbach, Politik und Fernsehen, S. 161 ff. (S. 251) ist eine „nach unten hin offene“ konvergente Entwicklung zu beobachten. Keine Konvergenztendenzen sehen hingegen Krüger / Zapf-Schramm, MP 2003, 534 (547) und Krüger, MP 2005, 190 (204). Zu einer gefühlten Konvergenz aus Rezipientenperspektive instruktiv Maier, Zur Konvergenz des Fernsehens in Deutschland, S. 187 ff. Nicht zuletzt im rechtswissenschaftlichen Schrifttum geraten verschiedene Programmangebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zunehmend in die Kritik; vgl. etwa Dörr, Die Gebührenfrage und die Debatte um die Strukturreform, FS Ress, S. 1151 ff. (S. 1157 f.) sowie polemisch von Münch, Die Rundfunkgebühr: Ein verfassungsrechtlich unhaltbares Fossil?, FS Selmer, S. 821 ff. (S. 829 f.). 262 Dieser Aspekt klingt auch bei BVerfG NVwZ 2006, 201 (203) an: „Der Gesetzgeber verfügt in einer solchen Situation [scil. des Marktversagens] über die Befugnis, die Veranstaltung von Programmen, die über den Markt nicht oder nicht in wünschenswerter Qualität zustande kommen, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk aufzuerlegen ( . . . ). Dann muss er auch die finanziellen ( . . . ) Voraussetzungen dafür schaffen.“ (Hervorhebung durch den Verf.). 263 Betz, MP 1995, 298 (307), der dies vor allem im Sportbereich für realistisch hält.
C. Weitere Abweichungsgründe
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setzung oberhalb des Sachverständigenvorschlags insbesondere dann, wenn ohne den Zuschlag qualitativ hochwertige Programmangebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht dargeboten werden könnten.
C. Weitere Abweichungsgründe I. Die Bedeutung der Klausel „im wesentlichen“ im Gebührenurteil Wie bereits dargelegt,264 erstrecken sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Gründe der Länder für ein Abweichen vom Gebührenvotum der KEF nur „im wesentlichen“ auf Gesichtspunkte des Informationszugangs und der angemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer. Fraglich ist, was das Gericht mit dieser Formulierung im Gebührenurteil zum Ausdruck bringen wollte.
1. Sichtweisen des Schrifttums Ossenbühl legt den Passus in seinem Rechtsgutachten systematisch aus und zieht einen Umkehrschluss. Demnach könne es sich nach der Ausdrucksweise des Bundesverfassungsgerichts bei möglichen weiteren Abweichungsgründen nur um „unwesentliche“ Gründe handeln. Bei diesen sei aber fraglich, ob sie überhaupt rechtliche Relevanz hätten und damit eine Abweichung rechtfertigen könnten.265 Umgekehrt betont Ossenbühl aber, dass die Abweichungsgründe der unangemessenen Rezipientenbelastung und des fehlenden Informationszugangs „nicht explizit als numerus clausus der zulässigen Abweichungsgründe“ erwähnt worden seien.266 Dennoch seien weitere Gründe vom Gericht nicht genannt worden und letztlich für Ossenbühl auch nicht „erkennbar“. Damit bleibe der Passus „im Unklaren“.267 Lerche geht in seinem Gutachten auf die Formulierung des Bundesverfassungsgerichts nur am Rande ein, betont aber immerhin, dass sie den Ländern „einen gewissen Spielraum“ im Hinblick auf weitere Abweichungsgründe offenlasse,268 da die im Gebührenurteil ausdrücklich genannten Abweichungsgründe „nur als die typischen, nicht als die notwendigerweise einzigen“ betrachtet würden.269
264 265 266 267 268 269
Siehe oben Teil 3 A. II. 3. Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 22. Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 21. Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 22. Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 26. Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 60.
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
2. Eigene Interpretation Die Zurückhaltung des Schrifttums im Hinblick auf die genannte Urteilspassage wird der Bedeutung der Aussage des Bundesverfassungsgerichts nicht gerecht. Zunächst ist zu sehen, dass in ihr die maßgeblichen Eckdaten der dritten Stufe des Gebührenverfahrens festgesetzt werden. Deshalb verbietet sich die Interpretation Ossenbühls, wonach nicht Wesentliches unwesentlich und deshalb rechtlich unbedeutend ist. Denn wäre die Formulierung tatsächlich irrelevant, hätte sie das Gericht kaum so getroffen. Vielmehr wird aus ihr ersichtlich, dass die ausdrücklich genannten Abweichungsgründe nicht abschließend zu verstehen sind. Es handelt sich bei den Abweichungsgründen der unangemessenen Rezipientenbelastung sowie des fehlenden Informationszugangs demnach nur um Regelbeispiele, also typisierte Gründe, die eine Abweichung der Länder vom Gebührenvotum der KEF jedenfalls rechtfertigen können. Diese Aspekte werden aber ergänzt durch eine Öffnungsklausel für Fälle, die das Bundesverfassungsgericht im Gebührenurteil offen ließ und die folglich einer dynamischen Interpretation zugänglich sein müssen. Solche (denkbaren) weiteren Abweichungsgründe gilt es im Folgenden herauszuarbeiten.270
II. Prozedurale weitere Abweichungsgründe Die erste Gruppe denkbarer weiterer Abweichungsgründe liegt auf verfahrensrechtlicher Ebene. Hier kommt in Betracht, dass die Länder insoweit tätig werden, als sie atypische Entwicklungen bzw. potenzielle Störungen des Gebührenverfahrens zu korrigieren versuchen, um damit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gerecht zu werden, ein kooperativ-gestuftes Gebührenverfahren zu gewährleisten. Derartige gebührenrelevante Korrekturen sind in verschiedenen Stadien des Gebührenverfahrens denkbar.
1. Probleme auf der ersten Verfahrensstufe: Finanzielle Auswirkungen durch Änderungen der rundfunkspezifischen Rahmenbedingungen während eines Gebührenverfahrens Es ist denkbar, dass sich im Laufe eines Gebührenverfahrens die staatsvertraglichen Rahmenbedingungen für die Veranstaltung des öffentlich-rechtlichen Rund270 Es erschiene vertretbar, diese Erwägungen unter den vagen Abweichungsgrund der unangemessenen Rezipientenbelastung zu subsumieren. Sachgerechter ist es aber, die folgenden, inhaltlich sehr verschiedenen Aspekte unter die weiteren (unbenannten) Abweichungsgründe zu fassen, da andernfalls der primär das monetäre Rezipientenwohl verfolgende Gesichtspunkt der unangemessenen Belastung inhaltlich überfrachtet würde.
C. Weitere Abweichungsgründe
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funks ändern. So dürfen die Länder medienpolitische Entscheidungen auch während eines Gebührenverfahrens treffen.271 Insbesondere eine programmzahlbegrenzende Regelung272 wie der neu gefasste § 19 RStV,273 nach dessen Absatz 1 Satz 2 die einzelnen in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten insgesamt nicht mehr als die zum 1. April 2004 verbreiteten Fernsehprogramme veranstalten dürfen, kann im Hinblick auf von den Rundfunkanstalten an sich bei der KEF angemeldete weitere Programmaktivitäten zu einer spürbaren Reduzierung des Finanzbedarfs führen. Umgekehrt würde etwa die Einführung eines vollständigen Werbeverbotes für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk274 zu einem beträchtlichen Einkünfteausfall bei den Anstalten führen.275 Dieser könnte unter Beibehaltung des bisherigen Finanzrahmens nur durch eine deutliche Gebührenerhöhung276 kompensiert werden.277 Schließlich können die öffentlich-rechtlichen Rundfunk-
271 Problematisch ist insofern, inwieweit diese Entscheidungen mit der Festsetzung der Rundfunkgebühr vermengt werden dürfen. Dazu bereits oben Teil 4 A. II. 4. c) cc). 272 Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit gesetzlicher Programmzahlbegrenzungen bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist umstritten. Das Bundesverfassungsgericht schließt sie im Gebührenurteil zwar nicht kategorisch aus, steht ihnen aber skeptisch gegenüber, wenn es ausführt, dass in der Entscheidung über die als nötig angesehenen Inhalte und Formen zugleich eine Entscheidung über die zu ihrer Verwirklichung benötigte Zeit und damit auch über Anzahl und Umfang der Programme liege, weshalb diese Entscheidung ebenfalls „grundsätzlich vom Schutz der Rundfunkfreiheit umfasst“ und folglich „primär Sache der Rundfunkanstalten“ sei (BVerfGE 90, 60 [91 f.]). Im Schrifttum halten gesetzliche Programmzahlbegrenzungen für zulässig Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 10; Degenhart, SächsVBl. 2005, 129 (131); ders., AfP 2005, 493 (498); Scherer, ZUM 1998, 8 (16); Kresse, ZUM 1995, 178 (187); Adelt, Eine Bewertung des Gebührenurteils aus Sicht der privaten Rundfunkanbieter, in: Kops, Finanzierung, S. 123 ff. (S. 127); Lehment, ZUM 1994, 617 (622); tendenziell auch Mahrenholz, Grundversorgung und Programmfreiheit, FG Kübler, S. 251 ff. (S. 258) sowie Starck, Verfassungsrechtliche Untersuchung zur 20-Uhr-Werbegrenze für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Rahmen der Rundfunkfinanzierung auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: VPRT, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk und Werbefinanzierung, S. 9 ff. (S. 23 ff.); skeptisch hingegen Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 202 ff.; ders., AK-GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 219; Wille / Schneider-Freyermuth, ZUM 1999, 713 (716 f.); ablehnend Eifert, ZUM 1999, 595 (601). 273 In der Fassung des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrages, in Kraft getreten am 1. April 2005. Zur Entstehungsgeschichte Hartstein / Ring / Kreile / Dörr / Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Bd. II, B 5, § 19 RStV Rn. 1 ff. 274 Zu verfassungsrechtlichen Aspekten eines Werbeverbots für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk Bosman, ZUM 2003, 444 (448 ff.). 275 So hatte im Jahre 2003 die ARD Gesamterträge aus Werbung i.H.v. 118,2 Mio. A (ARD, Jahrbuch 04 / 05, S. 308), das ZDF i.H.v. 108,8 Mio. A (ZDF, Jahrbuch 2004, S. 228). 276 Nach den Berechnungen der KEF würde ein Verbot von Werbung und Sponsoring im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu einer Gebührenerhöhung um 1,42 A führen; 15. KEF-Bericht, Tz. 26. 277 Unter den gegebenen Voraussetzungen wäre es auch denkbar, durch ein Werbeverbot entfallene Einkünfte der Anstalten auf Ersparnisse infolge einer Programmzahlbegrenzung anzurechnen.
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anstalten selbst eine Änderung der rundfunkspezifischen Rahmenbedingungen etwa durch die Abgabe verbindlicher Selbstverpflichtungserklärungen zur näheren Ausgestaltung ihres Funktionsauftrags (§ 11 Abs. 4 RStV278) herbeiführen. Es stellt sich deshalb die Frage, welche Konsequenzen solche Maßnahmen für die Gebührenentscheidung der Länder haben, wenn sie zu einem Zeitpunkt erfolgen, in dem die KEF ihren Gebührenvorschlag zwar schon abgegeben hat, die Gebührenfestsetzung der Länder aber noch aussteht. Praktisch relevant wurde eine vergleichbare Problematik bei der Gebührenfestsetzung zum 1. April 2005. Hier begründeten die Länder ihre vom KEF-Votum nach unten abweichende Entscheidung u. a. damit, dass es den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erst nach Abschluss des entsprechenden KEF-Berichts279 durch Staatsvertrag anheim gestellt wurde, die analoge terrestrische Fernsehversorgung einzustellen, wenn die Versorgung über einen anderen Übertragungsweg gewährleistet ist,280 was zu Einsparpotenzialen führe.281 Als Lösung kommt zunächst in Betracht, das gesamte Gebührenverfahren aus Anlass der geänderten rundfunkrechtlichen Rahmenbedingungen nochmals durchzuführen. Das hätte zur Folge, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten unter Zugrundelegung der modifizierten Ausgangslage erneut ihren Finanzbedarf berechnen müssten, die KEF diese Bedarfsanmeldung nochmals zu überprüfen hätte und die Länder erst auf der Grundlage des neuen Sachverständigenvotums ihre Gebührenentscheidung treffen könnten. Ein solches Prozedere würde aber das ohnehin schon zeitaufwändige Gebührenverfahren282 nochmals erheblich verlängern, so dass dies wenig sachgerecht erscheint. Denkbar wäre des Weiteren, lediglich die KEF unter Zugrundelegung der geänderten Ausgangslage erneut die Bedarfsanmeldung der Anstalten überprüfen zu lassen. Dies hätte zwar den Vorteil, dass wenigstens die erste Stufe des Gebührenverfahrens nicht wiederholt werden müsste und damit die zeitliche Verzögerung nicht so groß wäre wie bei dem vorhergehenden Ansatz. Auch bei diesem Lösungsweg ist jedoch zu sehen, dass gerade mit der Wiederholung der zweiten Verfahrensstufe spürbare Zeitverzögerungen verbunden wären. Darüber hinaus fehlt es für eine solche Zweitbefassung der KEF an einer gesetzlichen Grundlage. 278 Diese Regelung wurde durch den am 1. April 2004 in Kraft getretenen Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag neu geschaffen. 279 Gemeint ist der 14. KEF-Bericht. 280 Ein solcher analoger „Switch-Off“ ist nach Auffassung Dittmanns auch dann zulässig, wenn noch nicht alle Haushalte auf die neue digitale Empfangstechnik umgestellt haben. Eine „digitale Versorgungslücke“ von ca. 20 % sei bei Abwägung der widerstreitenden Interessen – Grundversorgungsauftrag für die Gesamtheit der Bevölkerung auch in technischer Hinsicht einerseits gegenüber den legitimen Interessen der Allgemeinheit, der Senderbetreiber und der Rundfunkanstalten an einer zügigen technischen Umstellung („Switch-Over“) andererseits – hinnehmbar, Dittmann, Analoger Switch-Off ohne Gesetz?, S. 54 ff. (S. 61). 281 Vgl. amtl. Begründung zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, S. 27 f. 282 Dazu bereits oben Teil 1 C. VI. und Teil 1 C. VII.
C. Weitere Abweichungsgründe
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Angesichts dessen erscheint es vorzugswürdig, die Lösung in die Hände der bisher im Gebührenverfahren noch nicht tätig gewordenen Länder zu legen.283 Dem könnte zwar entgegengehalten werden, dass so Elemente der zweiten und der dritten Verfahrensstufe miteinander vermengt würden, weil es nur der KEF vorbehalten sei, Einspar- und Rationalisierungspotenziale bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu prüfen, und die diesbezügliche Prüfung durch das Sachverständigengremium abschließend sei.284 Sollten demnach durch veränderte Rahmenbedingungen Einsparpotenziale eintreten, so müsse das die KEF in ihrem nächsten regelmäßigen Bericht – der gemäß § 3 Abs. 5 RFinStV mindestens alle zwei Jahre zu erstellen ist – berücksichtigen.285 Diese Bedenken greifen jedoch nicht durch. Ansonsten müssten nämlich die Rundfunkteilnehmer über einen nicht unerheblichen Zeitraum eine tatsächlich überhöhte Rundfunkgebühr bezahlen. Dies wäre mit der Funktion der Länder im Gebührenverfahren nicht vereinbar, die monetären Rezipienteninteressen treuhänderisch wahrzunehmen.286 Aus dieser Funktion resultiert die Pflicht des Staates, eine übermäßige Belastung der Rundfunkteilnehmer zu verhindern.287 Auch ein denkbarer Verweis der Rezipienten auf eine spätere Verrechnung des zuviel Geleisteten nach Maßgabe eines künftigen KEF-Berichts wäre nicht ebenso effektiv.288 Denn er geht in solchen Fällen ins Leere, in denen die Rundfunkteilnehmereigenschaft im Laufe einer Gebührenperiode etwa durch Veräußerung sämtlicher Rundfunkempfangsgeräte endet. Aber auch bei allen anderen Rundfunkteilnehmern wäre die Variante einer späteren Rückerstattung unverhältnismäßig. Denn mit der Kompetenzzuweisung an die Länder, in einem solchen Falle einen Abschlag vom Gebührenvotum der KEF vornehmen zu können, steht nicht nur ein milderes, sondern auch (mindestens) gleich geeignetes Mittel zur Verfügung.289
283 Diesen Ansatz favorisierten im Gebührenverfahren des Jahres 2004 nach Auskunft des Rundfunkreferenten der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, Hans-Dieter Drewitz, auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sowie die KEF; vgl. stenografisches Protokoll der Anhörung des Ausschusses für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien des Sächsischen Landtages v. 9. Februar 2005, PD 3.4, Apr 4 / 8 – 3 A, S. 11. 284 In diesem Sinne die Bedenken des Juristischen Dienstes des Sächsischen Landtages, Rechtsgutachten, S. 18. 285 So der Juristische Dienst des Sächsischen Landtages, Rechtsgutachten, S. 19. 286 Hierzu bereits oben Teil 4 A. II. 4. a). 287 Ebenso Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 7. Unter diesem Blickwinkel erschiene es auch möglich, den Aspekt der Rezipientenüberforderung unter den Abweichungsgrund der unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer zu subsumieren. 288 So aber implizit der Juristische Dienst des Sächsischen Landtages, Rechtsgutachten, S. 19. 289 Nach der hier skizzierten Ausgangslage führt dieser verfahrensrechtliche Abweichungsgrund zu einer Kürzung des Gebührenvorschlags der KEF. Strukturell ist aber auch der umgekehrte Fall denkbar. So können sich die Rahmenbedingungen für die Veranstaltung öffentlich-rechtlichen Rundfunks während eines Gebührenverfahrens ebenso verteuern, so
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2. Probleme auf der zweiten Verfahrensstufe: Potenzielle Fehlentwicklungen bei der KEF Prozedurale Fehlentwicklungen können auch auf der zweiten Stufe des Gebührenverfahrens auftreten. So ist es denkbar, dass die KEF ihren sachverständigen Prüfungsauftrag verletzt, etwa indem sie die Kriterien von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit fehlinterpretiert, die Programmautonomie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten missachtet (vgl. § 3 Abs. 1 RFinStV)290 oder sich schlicht verrechnet.291 Eine derartige Problemlage dürfte abgesehen von versehentlichen Rechenfehlern aufgrund der maßgeblichen Funktion der KEF292 langfristig das gesamte Gebührenfestsetzungsverfahren in Frage stellen. Für die jeweils laufende Gebührenrunde liegt ein sachgerechter Lösungsweg aber darin – ähnlich wie bei der Änderung rundfunkspezifischer Rahmenbedingungen293 –, die dritte, bisher noch nicht durchgeführte Verfahrensstufe zu stärken und folglich die Länder mit erweiterten Entscheidungsbefugnissen auszustatten. Im Sinne eines ungeschriebenen prozeduralen Abweichungsgrundes haben demnach die staatlichen Entscheidungsträger die Kompetenz, vom Gebührenvotum der KEF abzuweichen, wenn dieses nach der obigen Maßgabe rechtlich bzw. rechnerisch fehlerhaft ist. Dabei ermöglicht dieser Aspekt eine Abweichung sowohl nach unten als auch nach oben – je nachdem, in welche Richtung sich der Fehler der KEF auswirkt.
III. Medienspezifische weitere Abweichungsgründe Eine zweite Gruppe denkbarer (weiterer) Abweichungsgründe liegt auf medienrechtlicher Ebene. Derartigen Erwägungen steht das Gebührenurteil zwar skeptisch gegenüber. Es wurde im Rahmen dieser Arbeit jedoch bereits gezeigt, dass das vom Bundesverfassungsgericht judizierte Verbot der Koppelung allgemein medienpolitischer mit rundfunkgebührenbezogenen Erwägungen nicht überzeugt.294 Folglich ist es im Hinblick auf eine möglichst rationale und plausible Gebührenentscheidung geboten, etwaige medienspezifische Abweichungsgründe zu prüfen.
dass es – etwa im Hinblick auf die Gewährleistung effektiven Informationszugangs – eines Aufschlages auf das Sachverständigenvotum bedarf. 290 Nach den Erfahrungen vergangener Gebührenverfahren dürfte dies praktisch ausgeschlossen sein. 291 Auf diese Möglichkeit verweisen Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 47 und auf ihn Bezug nehmend Hümmerich, AfP 1996, 118 (119). 292 Hierzu oben Teil 3 B. II. 2. 293 Hierzu soeben Teil 4 C. II. 1. 294 Siehe oben Teil 4 A. II. 4. c) cc).
C. Weitere Abweichungsgründe
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1. Wettbewerbliche Chancengleichheit innerhalb der dualen Rundfunkordnung In einer dualen Rundfunkordnung stellt sich im Kontext zur Rundfunkgebührenfestsetzung die Frage, ob die Länder die wettbewerbliche Chancengleichheit zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern berücksichtigen dürfen. Bejahendenfalls kann die staatliche Gebührenentscheidung auch von der Erwägung getragen sein, für ein monetäres Gleichgewicht innerhalb der dualen Rundfunkordnung zu sorgen. Bei der Gebührenfestsetzung zum 1. April 2005 haben die Länder auf den hier skizzierten Abweichungsgrund – wenngleich sehr vage – Bezug genommen. In der Begründung zu der vom KEF-Votum nach unten abweichenden Entscheidung wird ausgeführt, dass sie „auch die aktuelle Gesamtentwicklung der Aufgaben im dualen Rundfunksystem“ berücksichtigt hätten, da die Höhe der Rundfunkgebühr in diesem Zusammenhang „nicht außer Betracht“ gelassen werden dürfe.295 Teile des Schrifttums erachten einen solchen Abweichungsgrund für rechtlich zulässig. So fordert Eberle (wenngleich im Hinblick auf den Aspekt einer unangemessenen Rezipientenbelastung), dass die Länder die „Einnahmesituation im dualen Rundfunksystem insgesamt“ in die Betrachtung mit einfließen lassen müssen.296 Degenhart hält die „Wettbewerbspositionen des privaten Rundfunks“ für rechtlich zulässige Belange bei der Gebührenfestsetzung,297 und auch A. Hesse ist in diesem Zusammenhang (allerdings vor dem Gebührenurteil) der Auffassung, dass die „Auswirkungen auf die Wettbewerbslage innerhalb des dualen Systems“ berücksichtigt werden müssen.298 Tatsächlich spricht für die Zulässigkeit eines solchen medienspezifischen Abweichungsgrundes, dass die Länder die Grundsätze der dualen Rundfunkordnung zu regeln und dabei auch die wirtschaftlichen Bedingungen der privaten Veranstalter zu berücksichtigen haben.299 Darüber hinaus ist zu sehen, dass derartige Erwägungen von der KEF nicht vorgenommen werden dürfen, da sich der Prüfungsauftrag des Sachverständigengremiums weitgehend auf eine ökonomische Kontrolle der Finanzbedarfsanmeldung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beschränkt.300 Umso dringlicher erscheint es deshalb, zumindest den Ländern eine entsprechende Kompetenz zuzuAmtl. Begründung zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, S. 28. Eberle, AfP 1995, 559 (565). 297 Degenhart, AfP 2005, 493 (499); ebenso ders., Verfassungsrechtliche Determinanten der Rundfunkfinanzierung – Gestaltungsfreiheit und Systemkonsequenz, FS Lerche, S. 611 ff. (S. 622) bereits vor dem Gebührenurteil. 298 A. Hesse, ZUM 1993, 606 (608). 299 Scherer, ZUM 1998, 8 (16). In diesem Sinne auch von Wallenberg, ZUM 2004, 875 (881). 300 Hierzu bereits oben Teil 3 B. II. 2. b). 295 296
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
weisen. Wenn demgegenüber vorgebracht wird, die Gebührenfestsetzung dürfe nicht zu Zwecken der Medienpolitik „benutzt“ werden,301 handelt es sich gerade um die Argumente, die das Bundesverfassungsgericht zur Begründung des Koppelungsverbotes anführt. Diese vermögen aber nicht zu überzeugen.302 Soweit Lerche darüber hinaus im Hinblick auf das Angemessenheitskriterium darauf abstellt, dass die Frage der Zumutbarkeit der Gebührenbelastung der Bürger unabhängig davon sei, welche Einnahmen die privaten Rundfunkveranstalter erzielen,303 mag ihm zwar insoweit zuzustimmen sein, als sich die angemessene Rezipientenbelastung tatsächlich nicht nach den Einkünften der privaten Anbieter bemisst.304 Es ist aber kein Argument dagegen, diesen Aspekt einem weiteren (unbenannten) Abweichungsgrund zuzuordnen.305 Wenn es demnach im Ansatz zulässig ist, den Aspekt wettbewerblicher Chancengleichheit im dualen Rundfunksystem bei der Gebührenfestsetzung mit einfließen zu lassen, stellt sich im Anschluss daran die Frage, zu welchen rechtlichen Folgerungen dies führen kann. Denn es wurde bereits im Kontext zum Abweichungsgrund eines fehlenden Informationszugangs dargelegt, dass das Normziel des Art. 5 Abs. 1 GG im Vordergrund der Gebührenfestsetzung stehen muss.306 Dann kann aber auch der Abweichungsgrund der Herstellung wettbewerblicher Chancengleichheit zwischen den verschiedenen Rundfunkveranstaltern kein Selbstzweck, sondern nur Mittel dafür sein, möglichst umfassende Meinungsvielfalt im Rundfunk zu gewährleisten. Daraus folgert, dass wettbewerbliche Erwägungen nur insofern eine Rolle spielen dürfen, als es dem privaten Rundfunk trotz seiner Abhängigkeit von Werbeeinnahmen tatsächlich gelingen sollte, nicht nur vorübergehend, sondern nachhaltig auch diejenigen (qualitativ hochwertigen) Elemente der rundfunkspezifischen Grundversorgung darzubieten,307 die angesichts der strukturellen Ausgangslage allein vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk erwartet werden können.308 Dabei ist die Hürde für die Nachhaltigkeit derartiger Programmangebote des privaten Rundfunks sowohl in inhaltlicher als auch in zeitlicher Hinsicht freilich hoch anzusetzen, um das im Ansatz zutreffende Argument, die privaten Rundfunkveranstalter könnten angesichts ihrer im Vergleich zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk größeren Handlungsfreiheit solche qualitativ hochSo der Juristische Dienst des Sächsischen Landtages, Rechtsgutachten, S. 21. Siehe oben Teil 4 A. II. 4. c) cc). 303 Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 29. 304 Zur Auslegung des Abweichungsgrundes der unangemessenen Rezipientenbelastung ausführlich oben Teil 4 A. 305 Diese Möglichkeit wird von Lerche nicht erörtert, obwohl er an anderer Stelle seines Rechtsgutachtens (S. 26) konzediert, dass die Formulierung „im wesentlichen im Gebührenurteil den Ländern einen „gewissen Spielraum“ offen lasse. 306 Siehe oben Teil 4 B. II. 2. c). 307 Mehr als nur Ansätze sind z. B. mit den privaten Nachrichtensendern n-tv und N24 vorhanden. 308 Siehe oben Teil 2 B. I. 1. 301 302
C. Weitere Abweichungsgründe
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wertigen Programme jederzeit wieder einstellen,309 zumindest faktisch zu widerlegen. Denn die Zuweisung der Grundversorgungsaufgabe an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur Folge der „gegenwärtigen“ und damit der jeweiligen Bedingungen einer dualen Rundfunkordnung.310 Sollte sich demnach die rundfunkrechtliche Ausgangslage in der Weise verändern, dass Marktprozesse allein ein dem Normziel des Art. 5 Abs. 1 GG entsprechendes Programmangebot bei den privaten Anbietern auf Dauer entstehen lassen,311 könnten die Länder bei der Gebührenfestsetzung unter Bezugnahme auf den Abweichungsgrund der wettbewerblichen Chancengleichheit einen Abschlag vom Gebührenvotum der KEF vornehmen.312
2. Rücksichtnahme auf das Pressewesen Strukturell ähnlich wie bei dem vorgenannten Abweichungsgrund stellt sich des Weiteren die Frage, ob die Länder bei ihrer Gebührenentscheidung auch die wirtschaftlichen Belange der Presse in dem Sinne berücksichtigen dürfen, dass über die Gebührenentscheidung in den intermedialen Wettbewerb eingegriffen wird. Bei der Gebührenfestsetzung zum 1. April 2005 wurde dieser Gedanke – wenngleich sehr unspezifisch – fruchtbar gemacht, indem die vom KEF-Votum nach unten abweichende Entscheidung u. a. damit begründet wurde, dass die Länder „auch die aktuelle Gesamtentwicklung der Aufgaben“ im „Wettbewerb der Medien insgesamt“ berücksichtigt hätten.313 In der Literatur erachtet Lerche einen derartigen Abweichungsgrund für einen „sachlichen Aspekt“, sieht den Staat aber insoweit als vom Bundesverfassungsgericht „jedenfalls nicht ausdrücklich legitimiert“ an.314 Vor dem Gebührenurteil hielt es auch Degenhart generell für zulässig, die Rundfunkfinanzierung im Hinblick auf die Folgen für die Presse zu betrachten.315 Ferner betonte A. Hesse in A. Hesse, AfP 2005, 499 (504). Vgl. BVerfGE 89, 144 (152 f.). 311 Insoweit immer noch skeptisch, aber zurückhaltender als in früheren Entscheidungen BVerfG NVwZ 2006, 201 (203): „Regelmäßig reichen Marktprozesse, wie Erkenntnisse der Medienökonomie belegen ( . . . ), allein nicht, um derartige Programmangebote auf Dauer entstehen zu lassen.“ 312 Weiter gehend von Münch, Die Rundfunkgebühr: Ein verfassungsrechtlich unhaltbares Fossil?, FS Selmer, S. 821 ff. (S. 831), der eine programmabhängige Gesamtfinanzierung des Rundfunks fordert. Demnach solle sich im Sinne eines „Zerlegungsmodells“ der Gebührenanspruch danach richten, ob ein Rundfunkveranstalter Nachrichten, Politik und Kultur einerseits oder Unterhaltung andererseits darbietet. 313 Amtl. Begründung zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, S. 28. 314 Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 26. 315 Degenhart, Verfassungsrechtliche Determinanten der Rundfunkfinanzierung – Gestaltungsfreiheit und Systemkonsequenz, FS Lerche, S. 611 ff. (S. 613 f., 624). 309 310
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
einer Besprechung des Hessen 3-Beschlusses, dass die Festsetzung der Rundfunkgebühr auch die Auswirkungen auf die „Konkurrenz zur Presse“ berücksichtigen müsse.316 Für die Zulässigkeit eines solchen medienspezifischen Abweichungsgrundes spricht zunächst, dass das Bundesverfassungsgericht selbst betont, der Gesetzgeber habe bei der Ausgestaltung des Rundfunks grundrechtlich geschützte Belange der Presse zu beachten.317 Umgekehrt ist zu sehen, dass die von der Rechtsprechung entschiedenen Fälle primär werbefinanzierten – nicht aber notwendig privaten – Lokalrundfunk betrafen,318 während es im hier interessierenden Kontext um die Festsetzung der Rundfunkgebühr für sämtliche öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten geht. Insgesamt muss man festhalten, dass die Auswirkungen einer Rundfunkgebührenentscheidung der Länder für die Presse jedenfalls weniger spürbar sind als für den privaten Rundfunk.319 Dies zeigt sich auch daran, dass die Presse und der Rundfunk Leistungen anbieten, die im Sinne des kartellrechtlichen Bedarfsmarktkonzeptes320 verschiedenen Märkten und nicht etwa einem einheitlichen Informationsmarkt zuzuordnen sind.321 Denn ein durchschnittlicher, vernünftiger Verbraucher wird als Bedarfsdisponent322 die Darbietungen von Presse und Rundfunk nicht in dem Sinne für funktionell austauschbar halten, dass er ohne große Überlegungen und ohne besondere Anpassungslasten zwischen ihnen wählen würde.323 Wenn aber schon wettbewerbliche Erwägungen zum Gleichgewicht innerhalb der dualen Rundfunkordnung und damit einem einheitlichen Markt nur unter engen Voraussetzungen zulässig sind,324 erscheinen pressespezifische Aspekte bei der Gebührenfestsetzung sehr problematisch. Daraus folgt, dass ein Abschlag der Länder vom Gebührenvotum der KEF unter diesem Blickwinkel nur dann in Betracht kommt, wenn andernfalls die wirtschaftlichen Spielräume der Presse gravierend eingeschränkt würden. Dies könnte etwa der Fall sein, wenn die Rundfunkgebühr so niedrig festgesetzt wird, dass die Anstalten zu kompensatorischen WerA. Hesse, ZUM 1993, 606 (608). St. Rspr.; vgl. BVerfGE 73, 118 (180 f.); 74, 297 (343); 83, 238 (312). 318 Degenhart, Verfassungsrechtliche Determinanten der Rundfunkfinanzierung – Gestaltungsfreiheit und Systemkonsequenz, FS Lerche, S. 611 ff. (S. 624). 319 Ähnlich Degenhart, Verfassungsrechtliche Determinanten der Rundfunkfinanzierung – Gestaltungsfreiheit und Systemkonsequenz, FS Lerche, S. 611 ff. (S. 613). 320 Hierzu Möschel, in: Immenga / Mestmäcker, GWB, § 19 Rn. 24. 321 So hält der Bundesgerichtshof (BGHZ 82, 1 [4 f.]) im Hinblick auf den Lesermarkt für Tageszeitungen bereits Straßenverkaufszeitungen und Abonnementzeitungen für unterschiedliche Märkte, da sich die jeweiligen Zeitungen in Breite und Tiefe der Berichterstattung, in der Darstellung und in den Nachrichten- und Berichtsschwerpunkten wesentlich unterschieden. 322 Emmerich, Kartellrecht, § 18, S. 168. 323 Vgl. Emmerich, Kartellrecht, § 18, S. 169. 324 Siehe oben Teil 4 C. III. 1. 316 317
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beanstrengungen gezwungen sind, die in ihren Wirkungen auf die Presse ausstrahlen. Rechtlich dürften einem solchen Szenario aber die Werbebeschränkungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch den Rundfunkstaatsvertrag325 entgegenstehen.
3. Einfluss der Neuen Medien Aufgrund der rasant fortschreitenden technischen Entwicklung im Bereich der Massenkommunikationsmittel stellt sich zuletzt die Frage, ob die Länder bei der Gebührenfestsetzung auch das Phänomen der Neuen Medien berücksichtigen dürfen. In der Literatur sprach Lerche diesen Aspekt bereits in seinem Rechtsgutachten aus dem Jahre 1995 an,326 wenngleich systematisch wenig überzeugend unter dem Gesichtspunkt der unangemessenen Rezipientenbelastung. 327 Für die rechtliche Zulässigkeit eines solchen Abweichungsgrundes spricht die heutige gesellschaftliche Ausgangslage, wonach eine Vielzahl von Menschen ihren Informations- und Unterhaltungsbedarf nicht mehr (nur) über die Print- und klassischen Rundfunkmedien, sondern zunehmend über das Internet328 abdeckt.329 Demnach ist es im Hinblick auf das Normziel des Art. 5 Abs. 1 GG gerade im Bereich der Neuen Medien geboten, den Gesetzgeber an seine Verpflichtung zur Gewährleistung umfassender Meinungsvielfalt zu erinnern. Insoweit zeigt sich jedoch ein Spannungsfeld. So resultiert aus der dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zugestandenen Bestands- und Entwicklungsgarantie330
Vgl. §§ 15 ff. RStV. Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 27: „In die Gesamtbetrachtung werden auch solche neue technische Dienste einbezogen werden müssen, die sich erst im Laufe der Entwicklung der Lebensverhältnisse den Charakter ,daseinsvorsorgender’ Leistungen erobern werden; das wird voraussichtlich auch für manche neue[n] telekommunikative[n] Dienste außerhalb des Rundfunks zutreffen.“ 327 Wegen des Informationsbezuges könnte man diesen Gedanken auch unter den Abweichungsgrund des fehlenden Informationszugangs fassen. Zur Reichweite dieses Abweichungsgrundes ausführlich oben Teil 4 B. 328 Gemeint ist primär das World Wide Web, das aus einer Vielzahl von Abrufdiensten besteht. Diese unterliegen dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, sofern sie allgemein zugänglich sind und sich an eine unbestimmte Rezipientenschaft wenden. Eingehend hierzu Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, S. 241 ff. Zur Diskussion um eine Neubestimmung des Rundfunkbegriffs instruktiv Dittmann, Der Rundfunkbegriff im deutschen Recht – ein Kulturgut im multimedialen Wandel, in: Dittmann / Fechner / Sander, Der Rundfunkbegriff, S. 19 ff. 329 Vgl. Hoffmann-Riem, Regulierung der dualen Rundfunkordnung, S. 229 ff. Skeptisch gegenüber einer Einordnung des Internets als eines funktionalen Äquivalents zum herkömmlichen Rundfunk aber Degenhart, Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der „Digitalen Welt“, S. 21 ff. (S. 24). 330 Hierzu bereits oben Teil 4 B. II. 2. c). 325 326
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
auf der einen Seite eine finanzielle Gewährleistungspflicht des Staates auch für moderne Kommunikationstechniken.331 Auf der anderen Seite gilt es für die Länder im Bereich der Neuen Medien vor allem im Hinblick auf das Gemeinschaftsrecht, Konvergenzen mit den Inhalten privater Anbieter zu unterbinden.332 Denn die Europäische Kommission ist zwar der Auffassung, dass der den Rundfunkanstalten übertragene öffentliche Auftrag technologischen Veränderungen angepasst werden und auch Online-Informationsdienste umfassen könne.333 Gleichzeitig fordert sie aber eine klare Auftragsdefinition zur Herstellung eines angemessenen Gleichgewichts zwischen der Erfüllung des öffentlichen Auftrags und wettbewerblichen Belangen.334 Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkveranstalter wie Telespiele oder Teleshopping335 sind demnach gemeinschaftsrechtlich ebenso wenig zulässig wie die Tendenz, den individuellen Austausch von Daten zu Lasten journalistischer Darbietungen in den Vordergrund zu stellen.336 Durch diese gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben wird die Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks relativiert: Sollten es private Anbieter tatsächlich leisten, die durch Art. 5 Abs. 1 GG gebotene Meinungsvielfalt im Bereich der Neuen Medien abzudecken, besteht kein verfassungsrechtlicher Anlass mehr, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk in diesem Bereich eine Sonderstellung einzuräumen. Denn die grundgesetzliche Meinungsfreiheit will nicht die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten, sondern den Prozess der freien und umfassenden Meinungsbildung schützen.337 In tatsächlicher Hinsicht spricht gegen ein solches grundversorgungsähnliches Gesamtangebot durch private Anbieter freilich, dass die Werbeabhängigkeit in den Neuen Medien genauso vorhanden ist wie im klassischen Rundfunksektor. Deshalb dürften auch im Internet massenattraktive Inhalte überwiegen. Umgekehrt ist zu sehen, dass die Angebote in den Neuen Medien – anders als es für den Rundfunk in früheren Zeiten galt338 – keiner Frequenzenknappheit oder ähnlichen technischen Restriktionen unterliegen. Des Weiteren ist die Darbietung redaktionell aufbereiteter Inhalte im Internet nicht so kostspielig wie die Veranstaltung von 331 Zutreffend Knothe / Schwalba, MP 1999, 111 (113). Tendenziell kritisch zu den OnlineAngeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aber Degenhart, Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der „Digitalen Welt“, S. 67 ff.; Brenner, Zur Gewährleistung des Funktionsauftrages durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 237 ff. sowie Rath-Glawatz, AfP 2003, 9 (10 ff.). 332 Zu entsprechenden Entwicklungen im klassischen Rundfunksektor und ihren Folgen für die Festsetzung der Rundfunkgebühr eingehend oben Teil 4 B. II. 2. c). 333 Europäische Kommission, Brief an die deutsche Bundesregierung, Rz. 182. 334 Europäische Kommission, Brief an die deutsche Bundesregierung, Rz. 183. 335 Zur zunehmenden Entwicklung des Rundfunks hin zu einer allgemeinen Dienstleistung Scholz, AfP 1995, 357 (358). 336 Europäische Kommission, Brief an die deutsche Bundesregierung, Rz. 185. 337 Hierzu bereits oben Teil 2 A. II. 338 Zur technischen Sondersituation des Rundfunks bereits oben Teil 2 A. I.
C. Weitere Abweichungsgründe
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klassischem Rundfunk, insbesondere von Fernsehen.339 Insofern verwundert es nicht, dass etwa eine Vielzahl von Zeitungsverlagen Online-Portale mit (qualitativ hochwertigen) inhaltlichen Angeboten darbieten, die mit denen des öffentlichrechtlichen Rundfunks durchaus vergleichbar sind.340 Schließlich dürfte auch die vom Bundesverfassungsgericht behauptete besondere Suggestivkraft des Rundfunks341 für die Neuen Medien nicht entsprechend zutreffen, da der Rezeptionsvorgang von einer größeren Aktivität des Nutzers abhängt342 und die rundfunk- bzw. fernsehtypische Verbindung von Ton mit Bewegtbildern im Internet eher die Ausnahme als die Regel ist.343 Nach alledem resultiert daraus, dass Entwicklungen im Bereich der Neuen Medien einen weiteren medienspezifischen Gesichtspunkt darstellen können, von einem Gebührenvotum der KEF abzuweichen. Eine Divergenz nach unten kommt dabei insbesondere in Betracht, wenn die in den Neuen Medien dargebotenen Inhalte der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu starke Konvergenzen mit solchen privater Anbieter aufweisen oder nach dem Gesagten sogar obsolet (geworden) sind,344 ein Aufschlag hingegen dann, wenn andernfalls qualitativ hochwertige und aus Gründen der Meinungsvielfalt erforderliche Angebote der Anstalten im Bereich der Neuen Medien nicht durchgeführt werden könnten.345
IV. Ergebnis Der Passus „im wesentlichen“ im Gebührenurteil enthält eine konstitutive Öffnungsklausel für weitere (unbenannte) Abweichungsgründe. In prozeduraler Hinsicht kommen insofern monetäre Auswirkungen durch Änderungen der rundfunkspezifischen Rahmenbedingungen während eines Gebührenverfahrens sowie etwaige Fehlentwicklungen bei der KEF in Betracht. Im Hinblick auf medienspeziAuch zur wirtschaftlichen Sondersituation des Rundfunks bereits oben Teil 2 A. I. Vgl. etwa die Internetportale der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (URL www.faz.net / s / homepage.html) oder des Spiegel (URL www.spiegel.de) mit denen der ARD (URL www.ard.de) oder des ZDF (URL www.zdf.de; letzte Zugriffe am 18. Januar 2006). 341 Zur publizistischen Sondersituation des Rundfunks bereits oben Teil 2 A. I. und nochmals unten Teil 6 A. II. 342 Hierzu Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, S. 236 f., S. 239 f. 343 Vgl. Brand, Rundfunk im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, S. 244 f. Trotzdem bejaht Brand im Ergebnis eine besondere Wirkungskraft der im World Wide Web abrufbereiten Angebote. 344 Die Selbstbindungserklärungen von ARD und ZDF aus dem Jahre 2004 (vgl. Anlage zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, GBl. Bad.-Württ. 2005, S. 202), für OnlineAktivitäten künftig nicht mehr als 0,75 % des Gesamtetats aufwenden zu wollen, kann als Signal gedeutet werden, dass sich die Anstalten verstärkt auf ihre Kernbereiche konzentrieren wollen. 345 Zu entsprechenden Erwägungen im klassischen Rundfunksektor hinsichtlich des Abweichungsgrundes eines fehlenden Informationszugangs bereits oben Teil 4 B. II. 2. c). 339 340
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Teil 4: Die Abweichungsgründe
fische Abweichungsgründe dürfen die Länder bei der Gebührenfestsetzung Erwägungen zur wettbewerblichen Chancengleichheit in einer dualen Rundfunkordnung zumindest dann anstellen, wenn der private Rundfunk tatsächlich qualitativ hochwertige Programme darbietet. Der Gesichtspunkt einer Rücksichtnahme auf das Pressewesen darf für eine Abweichungsentscheidung nur im Falle gravierender wirtschaftlicher Beeinträchtigungen der Printmedien herangezogen werden. Der zunehmende Einfluss der Neuen Medien auf den modernen Medienkonsum ermöglicht es den Ländern, im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Ziel der Gewährleistung umfassender Meinungsvielfalt von einem Gebührenvorschlag der KEF abzuweichen.
Teil 5
Der Entscheidungsspielraum der Länder bei Anwendung der Abweichungsgründe Nachdem im vorangegangenen Teil der Arbeit die möglichen Abweichungsgründe inhaltlich spezifiziert und konturiert wurden, soll nunmehr der Spielraum der Länder bei Anwendung der Abweichungsgründe bestimmt werden. Dabei ist zwischen formellen und materiellen Restriktionen zu unterscheiden, denen die Länder bei einer vom KEF-Votum divergierenden Gebührenfestsetzung unterliegen. Letztlich geht es in diesem Kontext also um eine sachgerechte Kompetenzabgrenzung zwischen den am Gebührenverfahren beteiligten Entscheidungsträgern und – vor allem aus Sicht der Praxis – auch um die Frage einer justiziellen Sicherung dieser Kompetenzgrenzen. Denn im Falle einer vom KEF-Vorschlag abweichenden Gebührenfestsetzung steht den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bei einer aus ihrer Sicht unzureichenden Gebührenentscheidung der Rechtsweg offen (Art. 19 Abs. 4 GG).1 Als Rechtsbehelf kommt dabei in erster Linie eine Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG) in Betracht,2 in der die Anstalten die Verletzung ihrer grundrechtlichen Rundfunkfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geltend machen.3 Damit verbindet sich die Frage des Entscheidungsspielraums der Länder bei Anwendung der Abweichungsgründe mit der im Streitfall maßgeblichen Problematik, inwieweit der Judikative 1 Vgl. Bethge, Die verfassungsrechtliche Position des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung, S. 82. 2 Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 44 f.; Goerlich, ZUM 1996, 390 (392); Beucher / Leyendecker / von Rosenberg, Mediengesetze, § 13 RStV Rn. 4. 3 Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 44; vgl. auch die derzeit beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfassungsbeschwerde der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gegen die Gebührenfestsetzung zum 1. April 2005, MMR 12 / 2005, XXII. Eine solche Verfassungsbeschwerde kann neben den hier allein interessierenden Sachfragen auch prozessuale Probleme aufwerfen (vgl. in diesem Zusammenhang Bethge, MP 2004, 123 [124]: „Sicherlich Stoff genug für ein Doktorandenseminar eines ganzen Wintersemesters“). Siehe zu den allgemeinen Prozessvoraussetzungen Bethge, Die verfassungsrechtliche Position des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung, S. 85 ff. sowie im Hinblick auf die (inzidente) Justiziabilität eines KEF-Votums Libertus / Hans / Marci, ZUM 1998, 961 (966 ff.). Zu der Problematik, wie in dem (Sonder-)Fall gerichtlich vorgegangen werden kann, dass sich ein Bundesland weigert, einer von der KEF vorgeschlagenen Gebührenerhöhung zuzustimmen, Goerlich, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, Vor. § 1 RFinStV Rn. 15 f.
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Teil 5: Der Entscheidungsspielraum der Länder
eine diesbezügliche Kontrollbefugnis zusteht,4 sowohl bei Feststellung des Vorliegens von Abweichungsgründen wie auch hinsichtlich der daraus abgeleiteten Rechtsfolgen bezüglich der Höhe der Rundfunkgebühr.
A. Formelle Bindungen der Länder I. Die Einbeziehung des KEF-Votums in die Gebührenentscheidung In formaler Hinsicht müssen die Länder bei ihrer Entscheidung die wesentlichen Verfahrensvorschriften einhalten. Dazu gehört, dass sie das fachliche Votum der KEF (überhaupt) berücksichtigen und in den Prozess ihrer Entscheidungsfindung mit einbeziehen. Denn wenn der Gebührenvorschlag der KEF gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 RFinStV „Grundlage für eine Entscheidung der Landesregierungen und der Landesparlamente“ sein muss, ist es eine prozedurale Grundvoraussetzung, dass das KEF-Votum von den Ländern nicht ignoriert wird. Praktisch dürften hier jedoch keine Probleme liegen, da kein Land den Vorschlag der KEF bei seiner Gebührenentscheidung gänzlich unberücksichtigt lassen wird.5 Sollten die Länder den Sachverständigenvorschlag indes tatsächlich ignorieren, ist dieser Verfahrensfehler – ähnlich wie bei Prüfungsentscheidungen6 – gerichtlich überprüfbar. Denn die Justiziabilität prozeduraler Grundlagen erweist sich im Hinblick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) im Allgemeinen,7 in der hier relevanten rundfunkgebührenspezifischen Konstellation des Grundrechtsschutzes durch Verfahren8 aber im Besonderen als unverzichtbar.
Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 38. Dies war insbesondere auch nicht in dem konfliktreichen Gebührenverfahren der Jahre 2003 bis 2005 der Fall; vgl. amtl. Begründung zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, S. 27: „Die Regierungschefs der Länder haben den 14. Bericht der KEF und die darin enthaltene Empfehlung ( . . . ) zur Kenntnis genommen.“ 6 Grundsätzlich BVerfGE 84, 34 (53 f.); 84, 59 (78). Aus der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts BVerwGE 106, 369 (372); 107, 363 (373). 7 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7 Rn. 43. 8 Hierzu bereits oben Teil 3 A. II. 4 5
A. Formelle Bindungen der Länder
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II. Das qualifizierte Begründungserfordernis 1. Die Gesetzeslage im Hinblick auf die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 3 RFinStV sind Abweichungen der Länder vom Gebührenvotum der KEF zu begründen. Diese Norm geht auf die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts im Gebührenurteil zurück, wonach sich die Begrenzung der Abweichungsgründe nur dann wirksam sichern ließe, wenn für solche Abweichungen „nachprüfbare Gründe“ angegeben werden.9 Im Hinblick auf das Attribut der Nachprüfbarkeit bedarf die staatsvertragliche Regelung des § 7 Abs. 2 Satz 3 RFinStV mithin einer verfassungskonformen Auslegung.10
2. Stellungnahmen der Literatur Ossenbühl sieht in dem Erfordernis nachprüfbarer Gründe das prozedurale Vehikel zu verhindern, dass die Länder „nicht doch wieder versteckt mit grundrechtsfremden und deshalb unzulässigen Erwägungen“ vom KEF-Vorschlag abweichen. Deshalb sei die vom Bundesverfassungsgericht gezogene Konsequenz nicht nur „folgerichtig und unausweichlich“, sondern sogar eine Perfektionierung der verfahrensrechtlichen Grundrechtsschutzkonzeption.11 Lerche hingegen hält das Verlangen nach nachprüfbaren Gründen bei etwaigen Abweichungsentscheidungen der Länder für ein „etwas seltsames Konstrukt“. Denn es werde im Allgemeinen zwischen den Gründen, die einem Gesetz- bzw. Regierungsentwurf im Sinne einer „amtlichen Begründung“ beigegeben werden, und den parlamentarischen Erwägungen und Beschlussfassungen unterschieden. Dabei müsse der Wille des Gesetzes nicht notwendigerweise mit den Inhalten der Regierungsbegründung zusammenfallen, zumal entstehungsgeschichtliche Hinweise nur eines von mehreren Auslegungsmitteln seien.12
3. Eigene Interpretation Die formalrechtliche Forderung des Bundesverfassungsgerichts an die Länder, bei einer Abweichungsentscheidung nachprüfbare Gründe anzugeben, ist bemerkenswert. Denn de lege lata wird die Letztentscheidung über die Rundfunkgebühr BVerfGE 90, 60 (104). Dieser Aspekt wird – soweit ersichtlich – auch von denjenigen Vertretern des Schrifttums nicht explizit betont, die sich mit dem (qualifizierten) Begründungserfordernis auseinander setzen. 11 Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 34. 12 Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 88. 9
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Teil 5: Der Entscheidungsspielraum der Länder
von den Landesparlamenten getroffen, die einen entsprechenden Staatsvertrag der Ministerpräsidenten ratifizieren (§§ 14 Abs. 4, 7 Abs. 2 Satz 1 RFinStV). Im Allgemeinen werden Parlamente aber von jeglichem Begründungszwang ausgenommen.13 Infolge ihrer Einschätzungsprärogative „schulden [sie] gar nichts anderes als das Gesetz“.14 Denn Gesetzgebung ist genauso wenig rechtfertigungspflichtige Verwaltung wie der auf Zeit gewählte Mandatsträger weisungsgebundener Beamter.15 Angesichts der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts haben die Landesparlamente im Falle einer vom KEF-Votum abweichenden Gebührenfestsetzung aber eine Begründung vorzulegen.16 In welcher Form sie dies machen – etwa als Präambel oder dem Normtext vorangestellte Erwägungsgründe – ist irrelevant.17 Maßgeblich ist allein, dass dem Zweck eines jeden Begründungserfordernisses (Herstellung von Akzeptanz und Kontrollierbarkeit der Entscheidung)18 Rechnung getragen wird. Folglich dürfte es auch genügen, wenn sich nur aus dem Gesetzestext selbst die tragenden Ziele und Zwecksetzungen im Sinne einer Begründung ablesen lassen.19 Soweit es um die Nachprüfbarkeit der Gründe geht, müssen die eine Abweichungsentscheidung tragenden Erwägungen der Landesparlamente in einer Weise formuliert sein, dass sie gerichtlich kontrolliert werden können.20 Da dem Begründungserfordernis jedoch nur verfahrensrechtliche und damit dem materiellen Recht dienende Funktion zukommt,21 dürfen die Anforderungen an die Landesparlamente insoweit nicht überspannt werden. Gefordert werden kann folglich nur ein Mindestmaß an Nachvollziehbarkeit und Eindeutigkeit im Hinblick auf den jeweils behaupteten Abweichungsgrund.22 Weil aber sämtliche Abweichungsgründe trotz vorgenommener inhaltlicher Spezifizierung und Konturierung23 zu einem Gutteil Kischel, Die Begründung, S. 260 m. w. N. sowie eingehend S. 303 f. Schlaich, Die Verfassungsgerichtsbarkeit im Gefüge der Staatsfunktionen, VVDStRL 39 (1981), S. 99 ff. (S. 109). 15 Vgl. Schlaich, Die Verfassungsgerichtsbarkeit im Gefüge der Staatsfunktionen, VVDStRL 39 (1981), S. 99 ff. (S. 109). 16 An einer Begründung dürfte es in der Regel fehlen, wenn die Länder auf einen Gebührenvorschlag der KEF gar nicht reagieren; siehe oben Teil 3 C. I. 17 Ähnlich Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren S. 88. 18 Zu Sinn und Zweck des Begründungserfordernisses eingehend Kischel, Die Begründung, S. 39 ff. sowie in Bezug auf einen Verwaltungsakt Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 39 Rn. 2a; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 39 Rn. 6. 19 Im Ansatz ebenso Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 35 und Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 88, die aber beide Probleme bei der rechtstechnischen Umsetzung sehen. 20 Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 36. 21 Siehe oben Teil 3 A. II. 22 Exakt ebenso Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 36. 23 Siehe eingehend oben Teil 4. 13 14
A. Formelle Bindungen der Länder
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unbestimmt (geblieben) sind, wohnt jeder auf sie Bezug nehmenden Begründung notwendigerweise ebenfalls ein gewisses Maß an Unbestimmtheit inne. Denn jede formelle Begründung kann nur so rational sein, wie es der sie tragende materielle Grund ist. Daraus resultiert, dass von den Landesparlamenten keine Begründung im Sinne einer auf den Cent genau berechneten Abweichungslogik erwartet werden kann. Dies gilt umso mehr, als sich die staatlichen Entscheidungsträger bei einem derartigen Versuch dem Vorwurf aussetzen würden, eine unzulässige fachliche Kontrolle vorzunehmen.24 Vielmehr müssen die Länder (nur) darlegen, auf welchen Abweichungsgrund sie ihre Entscheidung stützen und welche die maßgeblichen Tatsachen sind, die diesen Abweichungsgrund tragen sollen.
4. Insbesondere: Die Begründung der vom KEF-Votum abweichenden Gebührenfestsetzung zum 1. April 2005 Bei der vom KEF-Vorschlag nach unten abweichenden Gebührenerhöhung zum 1. April 200525 stellt sich in besonderer Weise die Frage, ob die Länder dem skizzierten Begründungserfordernis hinreichend Rechnung getragen haben.
a) Problemfeld Zeitfaktor Zunächst ist problematisch, dass die Gebührenerhöhung zum 1. April 2005 und nicht wie von der KEF gefordert26 zum 1. Januar 2005 erfolgte. Damit gab es einen Zeitraum von drei Monaten, in dem die alte – gemessen am KEF-Votum zu niedrige – Rundfunkgebühr fortgalt.27 Für diese Divergenz gab es schon deshalb keine „nachprüfbaren Gründe“, weil die Länder zunächst gar keine Gebührenentscheidung getroffen hatten.28 Das würde einen (justiziablen) Verfahrensverstoß darstellen. Im vorliegenden Fall muss aber gesehen werden, dass dieser begründungslose Zustand mit drei Monaten bei einer Gebührenperiode von vier Jahren einen vergleichsweise geringen Zeitraum betrifft. Des Weiteren ergab sich die verspätete Ratifizierung des die Gebührenfestsetzung enthaltenden Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrages auch schlicht daraus, dass am 19. September 2004 der Sächsische Landtag neu gewählt wurde und deshalb seine Arbeitsfähigkeit im Hinblick auf den Ablauf der vergangenen Gebührenperiode zum 31. Dezember 2004 24 Dieses Dilemma kommt auch in den Ausführungen des Juristischen Dienstes des Sächsischen Landtages, Rechtsgutachten, S. 16 implizit zum Ausdruck. 25 Hierzu bereits oben Teil 1 C. VII. 26 Vgl. 14. KEF-Bericht Vor. Tz. 10. 27 Zu dieser Rechtsfolge bereits oben Teil 3 C. I. 28 Eine Begründung wurde erst zum 1. April 2005 abgegeben; siehe hierzu unten Teil 5 A. II. 4. c).
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Teil 5: Der Entscheidungsspielraum der Länder
erst vergleichsweise spät wiederhergestellt werden konnte.29 Mit der Verabschiedung des Staatsvertrages durch sämtliche Landesparlamente zum 1. April 2005 wurde die Begründung sodann frühestmöglich nachgereicht. Aus diesen Besonderheiten folgt in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG,30 dass aus der Verspätung der Begründung allein kein Verfahrensverstoß erwächst.31 Etwas anderes könnte allerdings gelten, wenn in der verspäteten Gebührenerhöhung nicht nur eine begründungslose Zeitspanne, sondern auch ein unbegründeter Gebührenausfall läge. Denn eine solchermaßen (auch) betragsmäßige Abweichung vom Gebührenvotum der KEF müsste von den Ländern nach dem Gesagten im Rahmen einer verspätet erfolgten Begründung zumindest mit-, wenn nicht sogar eigens ausgewiesen werden. Die tatsächlichen Voraussetzungen hierfür scheinen auf den ersten Blick auch vorzuliegen, weil vom 1. Januar 2005 bis 31. März 2005 anstelle der neuen Rundfunkgebühr in Höhe von 17,03 A die alte, niedrigere Rundfunkgebühr in Höhe von 16,15 A fortgalt. Die Begründungspflicht entfällt ihrem Sinn und Zweck nach aber dann, wenn die verspätete Entscheidung der Länder tatsächlich gar keine betragsmäßige Abweichung enthält.32 So aber verhielt es sich bei der Gebührenfestsetzung zum 1. April 2005. Denn die Anhebung der Gebühr um 88 Cent ist (auch) Folge des verzögerten Inkrafttretens des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrages, da die Länder – ausweislich der amtlichen Begründung des Vertragswerkes – an sich die Rundfunkgebühr um nur 81 Cent erhöhen wollten.33 Das bedeutet, dass jeder Rundfunkteilnehmer in der Gebührenperiode von 2005 bis 2008 über einen Zeitraum von drei Monaten eine Gebühr in Höhe von 16,15 A und über einen weiteren Zeitraum von 45 Monaten eine Gebühr in Höhe von 17,03 A bezahlen muss. Vergleicht man dies mit dem anvisierten Ziel einer um 81 Cent auf 16,96 A erhöhten Rundfunkgebühr für die gesamte Laufzeit von 48 Monaten, so ergibt sich, dass im (tatsächlichen) ersten Fall insgesamt 814,80 A, im (fiktiven) zweiten Fall insgesamt 814,08 A von jedem Rezipienten zu leisten sind. Im Ergebnis profitieren die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten also dem Betrage nach sogar – wenn auch nur geringfügig – von der zeitlich verspäteten Gebührenerhö29 Darauf verweist auch der Juristische Dienst des Sächsischen Landtages, Rechtsgutachten, S. 11. 30 Gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG ist im Verwaltungsverfahren eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, die einen Verwaltungsakt nicht nach § 44 VwVfG nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird. Diese Norm erfüllt den Zweck, im Interesse der Verfahrensökonomie formelle Fehler heilen zu können, soweit dies mit den Erfordernissen eines rechtsstaatlichen Verfahrens und wirksamen Rechtsschutzes für die Betroffenen in der Sache vereinbar ist; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 45 Rn. 1. 31 Im Ergebnis ähnlich, aber mit anderer Begründung Bethge, Schriftliche Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Staatsregierung, S. 2. 32 Ähnlich der Juristische Dienst des Sächsischen Landtages, Rechtsgutachten, S. 11. 33 Vgl. amtl. Begründung zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, S. 28.
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hung.34 Damit fehlt es aber aus ihrer Sicht insofern an einer begründungsbedürftigen Beschwer.35 Eine Begründungspflicht könnte sich dann nur noch daraus ergeben, dass die Länder ihre Gebührenentscheidung gegenüber den in Höhe von (insgesamt) 0,72 Cent überbelasteten Rezipienten rechtfertigen müssen. Insoweit ist jedoch festzuhalten, dass die staatlichen Entscheidungsträger nach der Konzeption des Gebührenurteils eine mit dem KEF-Votum konforme Gebührenfestsetzung und folglich auch -erhöhung nie begründen müssen. Da im Ganzen betrachtet die Gebührenfestsetzung zum 1. April 2005 unterhalb des KEF-Votums von 1,09 A geblieben ist, scheidet demnach eine Begründungspflicht gegenüber den Rundfunkteilnehmern aus. Aus der zeitlichen Verzögerung der Gebührenerhöhung resultiert nach alledem kein Verfahrensfehler.
b) Problemfeld Begründungstechnik Ein weiteres Begründungsproblem stellt sich insoweit, als mit der amtlichen Begründung des die Gebührenentscheidung enthaltenden Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrages allein Ausführungen der Ministerpräsidenten vorliegen.36 Erwägungen der Landesparlamente sind hingegen nicht im Sinne einer Begründung – weder als Präambel, dem Normtext vorangestellte Erwägungsgründe noch in der Regelung des § 8 RFinStV selbst37 – dokumentiert.38 Bei teleologischer Betrachtungsweise muss die amtliche Begründung des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrages aber den begründungsspezifischen Vorgaben des Gebührenurteils genügen. Denn ein Parlament ist im Rahmen seiner Entscheidungskompetenz zweifellos dazu befugt, sich die Begründung des Gesetzentwurfs einer Regierung oder einer Fraktion zu Eigen zu machen. Wenn die Landesparlamente die von den Ministerpräsidenten ausgehandelte GebührenentscheiEtwaige Zinseinflüsse sollen hier außer Betracht bleiben. Unsubstanziiert und im Ergebnis auch nicht überzeugend der Juristische Dienst des Sächsischen Landtages, Rechtsgutachten, S. 14 f., wonach sich die Erhöhung über einen Zeitraum von vier Jahren „rein rechnerisch“ wieder ausgleichen möge, es allerdings im Hinblick auf die monatliche Belastung des Haushaltseinkommens „schon einen Unterschied“ mache. 36 Vgl. amtl. Begründung zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, S. 27: „Die Regierungschefs der Länder haben den 14. Bericht der KEF ( . . . ) zur Kenntnis genommen.“. 37 Zu den Möglichkeiten der Begründungstechnik durch die Landesparlamente oben Teil 5 A. II. 3. 38 Zurückgegriffen werden kann nur auf die Plenarprotokolle der Landesparlamente; vgl. z. B. das Plenarprotokoll 13 / 87 v. 16. März 2005 des Landtages von Baden-Württemberg, S. 6224 ff. Aus diesen ergibt sich aber (nur) der Wortlaut der Beratung des Gesetzentwurfs, in der die Abweichungsgründe zwar eine Rolle spielen (vgl. etwa die Rede des Abgeordneten Theurer der FDP / DVP-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg; Plenarprotokoll 13 / 87 v. 16. März 2005 des Landtages von Baden-Württemberg, S. 6226), sie aber nicht im Sinne einer formalen Begründung dokumentiert werden. 34 35
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Teil 5: Der Entscheidungsspielraum der Länder
dung in geltendes Landesrecht transformieren,39 äußern sie dabei ihren Willen, dem Verhandlungsergebnis der Regierungschefs zuzustimmen. Damit bringen sie aber konkludent zum Ausdruck, die diesem Ergebnis zugrunde liegende Begründung der Ministerpräsidenten für die Abweichung vom KEF-Vorschlag ebenfalls mitzutragen. Andernfalls hätten sie entsprechend der speziell im Gebührenfestsetzungsverfahren auch für Parlamente geltenden Begründungspflicht40 weitere bzw. andere Abweichungsgründe nennen und formal dokumentieren müssen. Gegen die vorgenommene Begründungstechnik bestehen demnach ebenfalls keine verfassungsrechtlichen Bedenken, da mangels eigener Begründung von einer Übernahme der amtlichen Begründung durch die Parlamente ausgegangen werden kann.
c) Problemfeld Nachprüfbarkeit der Gründe aa) Formulierung der Begründung der Gebührenfestsetzung zum 1. April 2005 Die Länder stützten ihre vom KEF-Votum nach unten abweichende Gebührenfestsetzung zum 1. April 2005 in erster Linie darauf, dass das Votum der KEF „in das Umfeld einer deutlich angespannten wirtschaftlichen Lage“ falle, „die große Herausforderungen und finanzielle Einschränkungen für alle Teile der Bevölkerung mit sich“ brächte. Daraus folgern sie, dass „zusätzliche Belastungen aus dem öffentlichen und damit aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich“ die „Angemessenheit dieser Belastungen für die Gebührenzahler jenseits reiner Bedarfskalkulationen zu berücksichtigen“ hätten.41 Es stellt sich die Frage, ob diese Ausführungen nachprüfbare Gründe für die Abweichungsentscheidung enthalten.
bb) Ansichten im Schrifttum Der Juristische Dienst des Sächsischen Landtages ist der Auffassung, dass mit der genannten Begründung den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht hinreichend Rechnung getragen werde. So handele es sich bei den Erläuterungen der Länder nur um „formelhafte Wendungen“, die von der „konkreten Frage und Situation“ abhöben.42 Auch Ossenbühl hält in seinem Rechtsgutachten Erwägungen wie „Alle müssen sparen, also auch die Rundfunkanstalten“ oder „Dem Bürger können keine größeren Belastungen zugemutet werden“ lediglich für „weithin gepflogene politische Rhetorik“, die nicht den Anforderungen der Rationalität an nachprüfbare 39 Zu den diesbezüglichen Modalitäten – einfacher Parlamentsbeschluss bzw. Erlass eines Gesetzes – oben Teil 3 B. II. 3. a). 40 Siehe oben Teil 5 A. II. 1. 41 Amtl. Begründung zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, S. 28. 42 Juristischer Dienst des Sächsischen Landtages, Rechtsgutachten, S. 14.
A. Formelle Bindungen der Länder
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Gründe genüge.43 Ebenso erachtet Goerlich eine Begründung, die sich nur auf eine allgemeine medienpolitische Auffassung dahingehend stützt, dass „die Rundfunkanstalten mit ihrem bisherigen Gebührenaufkommen hinreichend Programme machten und sich deshalb zufrieden zu geben hätten“, für unzureichend.44 Für Lerche schließlich ist die bloße Feststellung, dass die Übernahme des Finanzbedarfs, der sich aus dem Funktionserforderlichen errechne, zu einer „unangemessenen“ Belastung der Rundfunkteilnehmer führe, ebenfalls nicht ausreichend. Vielmehr müsse angegeben werden, „daß und warum“ angesichts der objektiven Maßstäbe die an sich funktionserforderliche Gebührenbemessung auf das normativ festgelegte Maß herabgesetzt werden müsse.45
cc) Eigene Interpretation Den skeptischen Stellungnahmen des Schrifttums ist zuzugeben, dass die bloße Nennung des Kriteriums der Angemessenheit der Belastung der Gebührenzahler nicht im Einzelnen darlegt, weshalb eine Erhöhung der Rundfunkgebühr um 1,09 A unangemessen, eine solche um 81 bzw. 88 Cent46 aber angemessen sein soll.47 Es wurde jedoch bereits gezeigt, dass die Begründung der Länder naturgemäß keine derartige Abweichungslogik beinhalten kann.48 Somit stellt sich die Frage, ob die Verfassungsmäßigkeit der Gebührenfestsetzung tatsächlich davon abhängt, dass die Länder in ihrer Begründung etwa – wie es der Juristische Dienst des Sächsischen Landtages implizit fordert – mit der Erhöhung der Grundgebühr für einen Telefonanschluss oder der Einführung der Praxisgebühr für eine ärztliche Behandlung argumentieren.49 Die Frage muss im Hinblick auf die ratio des Begründungserfordernisses verneint werden. Zwar sind Vergleichsbetrachtungen mit anderen öffentlichen Abgaben materielle Gesichtspunkte, die eine Abweichungsentscheidung inhaltlich rechtfertigen können.50 Da aber die formale Begründung nur ein Mindestmaß an Nachvollziehbarkeit aufweisen muss,51 genügt es, die angespannte wirtschaftliche Lage als Sachgrund für die Abweichung zu nennen. Denn hierdurch wird eine dem Beweis zugängliche Tatsache52 als Entscheidungsgrundlage angeführt. Ihr VorlieOssenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 36. Goerlich, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 8 RFinStV Rn. 5. 45 Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 89. 46 Siehe hierzu oben Teil 1 C. VII. und Teil 5 A. II. 4. a). 47 So der Einwand des Juristischen Dienstes des Sächsischen Landtages, Rechtsgutachten, S. 14. 48 Siehe oben Teil 5 A. II. 3. 49 Vgl. Juristischer Dienst des Sächsischen Landtages, Rechtsgutachten, S. 14. 50 Siehe oben Teil 4 A. II. 4. b) ff. 51 Hierzu oben Teil 5 A. II. 3. 43 44
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Teil 5: Der Entscheidungsspielraum der Länder
gen kann im Konfliktfall als gerichtsbekannt unterstellt53 bzw. einer judikativen Kontrolle zugeführt werden; ihre konkreten Facetten wie steigende Arbeitslosigkeit oder sinkende Realeinkommen vermag ein Richter – ggf. unter Hinzuziehung Sachverständiger – selbst festzustellen. Wenn die Länder darüber hinaus eine Kausalverknüpfung zu dem angewandten Abweichungsgrund der unangemessenen Rezipientenbelastung insofern herstellen, als im Lichte derartiger Rahmenbedingungen dem Bürger keine (noch) höheren Abgabenlasten auferlegt werden könnten, gewinnt die Begründung trotz politischer Anklänge das für eine gerichtliche Überprüfung erforderliche Maß an Rationalität und Plausibilität.54 Die in der amtlichen Begründung zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag angegebenen Gründe sind nach alledem nachprüfbar, so dass die Länder die formalen Bindungen des Gebührenurteils insgesamt eingehalten haben.
B. Materielle Bindungen der Länder I. Die generelle Problematik eines inhaltlichen Entscheidungsspielraums bei Anwendung der Abweichungsgründe 1. Kompetenzielle Problemanalyse: Beurteilungsspielraum und Ermessen Nach Darlegung der formellen Restriktionen, denen die Länder bei Anwendung der Abweichungsgründe unterliegen, geht es nunmehr um die Frage, welchen materiellen Erwägungsspielraum die staatlichen Entscheidungsträger bei einer vom KEF-Votum divergierenden Gebührenfestsetzung haben. Dabei sind zwei Aspekte voneinander zu unterscheiden. Zunächst stellt sich die Frage, wem die Letztentscheidungskompetenz im Hinblick auf die Feststellung eines (zulässigen) Abweichungsgrundes zukommt. Dieser Gesichtspunkt liegt auf tatbestandlicher Ebene, so dass zu untersuchen ist, ob die Länder insofern über einen (unjustiziablen) Beurteilungsspielraum verfügen. Nur bei Vorliegen eines Abweichungsgrundes – was möglicherweise einem Beurteilungsspielraum der Länder unterliegt – stellt sich in einem zweiten Schritt die Frage, inwieweit der Höhe nach vom KEF-Votum bei der staatlichen Gebührenfestsetzung abgewichen werden darf. Dieses Problem liegt auf der Rechtsfolgenseite, so dass sich insofern die Frage nach einem (im Konfliktfall gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren) Ermessensspielraum stellt.55 52 Zum Charakteristikum der Tatsachenbehauptung, dass eine objektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit besteht, BVerfGE 94, 1 (8). 53 Degenhart, SächsVBl. 2005, 129 (133). 54 Ebenso Degenhart, SächsVBl. 2005, 129 (133).
B. Materielle Bindungen der Länder
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2. Parallelen und Unterschiede zu Konstellationen des Beurteilungsspielraums und Ermessens im Allgemeinen Verwaltungsrecht Die Lehre vom Beurteilungsspielraum im Allgemeinen Verwaltungsrecht befasst sich mit der Frage, inwieweit der Verwaltung bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe eine Erkenntnisprärogative zukommt.56 Generell wird ein Beurteilungsspielraum im Hinblick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) verneint.57 Eine Ausnahme hiervon muss sich aus der jeweiligen gesetzlichen Regelung zumindest konkludent ergeben und durch besondere Gründe gerechtfertigt sein.58 Insoweit haben sich Fallgruppen herausgebildet.59 Ein Beurteilungsspielraum besteht demnach (nur) bei Prüfungen bzw. prüfungsähnlichen Entscheidungen, dienstlichen Beurteilungen im Beamtenrecht, Entscheidungen wertender Art durch weisungsfreie, mit Sachverständigen besetzte Ausschüsse sowie bei Beurteilungen mit politisch-prognostischem Charakter. Die Rechtsfigur des Ermessens eröffnet der Verwaltung hingegen die Möglichkeit zur eigenverantwortlichen, pflichtgemäßen Entscheidung auf Rechtsfolgenseite (vgl. § 40 VwVfG). Ermessen ist gegeben, wenn die Exekutive bei Verwirklichung eines gesetzlichen Tatbestandes zwischen verschiedenen Verhaltensweisen wählen kann.60 Die Gerichte können im Streitfall eine solche Entscheidung der Verwaltung nur auf Rechtsfehler (Ermessensüber- bzw. -unterschreitung, Ermessensfehlgebrauch61), nicht hingegen auf Zweckmäßigkeitserwägungen überprüfen (§ 114 Satz 1 VwGO).62 Vergleicht man die Fälle eines Beurteilungsspielraums mit den hier interessierenden Abweichungsgründen im Rundfunkgebührenverfahren, so sind zunächst 55 Eine derartige Differenzierung wird von der Literatur im Hinblick auf die Abweichungsgründe im Gebührenverfahren nicht vorgenommen. Die Begrifflichkeiten „Beurteilungsspielraum“ (Ossenbühl, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühr, S. 38) und „Ermessen“ (Eberle, AfP 1995, 559 [565]) werden vielmehr unspezifiziert genannt. Generell kritisch zur Unterscheidung zwischen (tatbestandlichem) Beurteilungsspielraum und (rechtsfolgenbezogenem) Ermessen aber Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 40 Rn. 71 m. w. N. Die herkömmliche Differenzierung mit guten Gründen verteidigend wiederum Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7 Rn. 55 ff. m. w. N.; inzident auch Geis, Mehr Handlungsfreiheit durch Rücknahme der verwaltungsgerichtlichen Kontrolldichte?, in: Ziekow, Handlungsspielräume, S. 97 ff. (S. 97). 56 Instruktiv hierzu Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7 Rn. 31 ff. m. w. N. 57 Vgl. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungsprozessrecht, Rn. 358 f. m. w. N. 58 BVerwGE 94, 307 (309); 100, 221 (225). 59 Vgl. die Zusammenstellung bei Geis, DÖV 1993, 22 (23). 60 Statt aller Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7 Rn. 7 ff. 61 Zu den Ermessensfehlern und ihrer Kategorisierung Ipsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 536 ff. 62 Kopp / Schenke, VwGO, § 114 Rn. 4.
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Teil 5: Der Entscheidungsspielraum der Länder
Parallelen erkennbar. Bei der Anwendung der Abweichungsgründe geht es ebenso wie in anderen Konstellationen eines Beurteilungsspielraums darum, mittels wertender Maßstäbe mehr oder weniger unbestimmte Rechtsbegriffe auszulegen, wobei die maßgeblichen Erwägungen zumindest teilweise politischer Natur sind und damit außerhalb des rechtlich exakt erfassbaren Bereichs liegen. Insofern handelt es sich hier wie dort um nur bedingt kontrollfähige Bewertungsentscheidungen.63 Auch zur Rechtsfigur des Ermessens bestehen Parallelen. Zwar sind die Länder im Rundfunkgebührenverfahren zu einer Entscheidung verpflichtet,64 so dass ein Entschließungsermessen ausscheidet. Sollte jedoch ein Abweichungsgrund tatbestandlich vorliegen, resultiert daraus noch nicht die (allein) richtige Gebührenhöhe. Demnach besitzen die Länder bei der Gebührenfestsetzung selbst ein Auswahlermessen.65 Es gibt aber auch Unterschiede. Während es sich in den klassischen Konstellationen des Beurteilungsspielraums bzw. Ermessens um von der Legislative eingeräumte Handlungsspielräume handelt, sind die mit den Abweichungsgründen im Gebührenverfahren zusammenhängenden Spielräume vom Bundesverfassungsgericht unter Rückgriff auf verfassungsrechtliche Grundlagen geprägt worden. Verschieden ist darüber hinaus die für die Rechtsanwendung zuständige Staatsgewalt. Während es in den herkömmlichen Fällen des Beurteilungsspielraums bzw. Ermessens um Entscheidungen der Verwaltung in einem durch den Vorrang von Verfassung und Gesetz abgesteckten Rahmen geht, handelt es sich bei Feststellung der rundfunkgebührenrechtlichen Abweichungsgründe letztlich um eine Entscheidung der Landesparlamente, deren verfassungsrechtliche Grenzen nur durch das Bundesverfassungsgericht als maßgeblichem Interpreten der Verfassung bestimmt werden. Diese Unterschiede haben konkrete Rechtsfolgen für den Entscheidungsspielraum der Länder.
3. Folgerungen für den Entscheidungsspielraum der Länder Die skizzierten Parallelen zwischen den Fällen eines Beurteilungsspielraums bzw. Ermessens im Allgemeinen Verwaltungsrecht und den Abweichungsgründen im Gebührenverfahren sprechen dafür, dortige Wertungen auf die hier interessierende Gebührenfrage zu übertragen. Dem steht nicht entgegen, dass im Gebührenverfahren Richterrecht klassisches Gesetzesrecht weitgehend ersetzt. Denn das gesamte Rundfunkrecht ist so nachhaltig von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geprägt,66 dass das Gericht insofern die Funktion eines (Ersatz-)Ge63 Näheres unten Teil 5 B. II. 1., Teil 5 B. III. 1., Teil 5 B. IV. 1. und Teil 5 B. V. 1. im Hinblick auf jeden einzelnen Abweichungsgrund gesondert. 64 Siehe oben Teil 3 C. II. 65 Zu den verschiedenen Arten des Ermessens Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungsprozessrecht, Rn. 314 f. 66 Siehe oben Teil 2 A., Teil 2 B., Teil 3 A., Teil 3 C.
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setzgebers – mit dem Anspruch verfassungsrechtlich gebotener Rechtssetzung – übernommen hat.67 Demgegenüber kann die Erkenntnis, dass es im Rahmen des Gebührenverfahrens um einen Kompetenz- und damit letztlich auch um einen Machtkonflikt zwischen der Legislative und den übrigen Verfahrensbeteiligten (öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten und KEF) geht, nicht ohne Auswirkungen auf die generelle Reichweite des Entscheidungsspielraums der Länder bei Anwendung der rundfunkgebührenrechtlichen Abweichungsgründe bleiben. So trifft das Grundgesetz in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 die verfassungsrechtliche Grundentscheidung zugunsten einer demokratischen Staatsform, die infolge des Homogenitätsgebotes (Art. 28 Abs. 1 GG) auch auf Länderebene Gültigkeit hat und entsprechend in den Landesverfassungen verankert ist.68 In einer repräsentativen Demokratie (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) haben aber die Volksvertretungen eine exponierte Stellung. Sie besitzen Aufgaben und Zuständigkeiten, die entsprechend ihrer Präponderanz im Staatsgefüge69 von erheblicher Bedeutung sind. Darüber hinaus müssen sie anderen Verfassungs- und Staatsorganen die erforderliche demokratische Legitimität vermitteln.70 Das den Landesparlamenten vom Bundesverfassungsgericht zugestandene Letztentscheidungsrecht im Gebührenverfahren71 muss deshalb ein solches von substanziellem Gewicht sein, das sich nicht auf die Ratifikation eines Sachverständigenvorschlags beschränken darf. Vielmehr muss es den Landesparlamenten gestattet sein, eigenständige – wenngleich durch das Gebührenurteil vorgezeichnete und beschränkte – Erwägungen anzustellen. Aufgrund ihrer strukturellen Verschiedenartigkeit ist im Folgenden für jeden Abweichungsgrund gesondert zu untersuchen, wo die Grenzen des inhaltlichen Entscheidungsspielraums der Länder konkret verlaufen.72
67 Im Befund ebenso, in der Bewertung aber sehr kritisch Engel, AfP 1994, 185 (186), der das Bundesverfassungsgericht als „Präzeptor“ des Gesetzgebers bezeichnet, das diesen „offensichtlich entmannt“ habe. 68 Z. B. Art. 23 Abs. 1 Verf. Bad.-Württ. 69 Maurer, Staatsrecht I, § 7 Rn. 53 (in Bezug auf den Bundestag): „Das zentrale Verfassungsorgan“. 70 Maurer, Staatsrecht I, § 7 Rn. 52. 71 Dazu schon oben Teil 3 A. II. 3. 72 Enger Libertus, AfP 2001, 23 (27), der im Falle einer vom KEF-Votum abweichenden Gebührenfestsetzung eine Entscheidungsprärogative der Länder pauschal verneint, so dass das Bundesverfassungsgericht „in vollem Umfang“ prüfen könne, ob die angegebenen Gründe einschlägig, nachvollziehbar und begründet seien.
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Teil 5: Der Entscheidungsspielraum der Länder
II. Der Entscheidungsspielraum der Länder beim Abweichungsgrund einer unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer 1. Beurteilungsspielraum a) Die besondere Unbestimmtheit des Rechtsbegriffs der Angemessenheit Der Abweichungsgrund der unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer enthält mit dem Kriterium der Angemessenheit einen besonders unbestimmten Rechtsbegriff. Infolgedessen ist seine Konturierung und Rationalisierung außerordentlich problematisch, zumal auch politische Erwägungen in die Entscheidungsfindung der Länder legitimerweise mit einfließen können.73 Ferner ist zu sehen, dass sich die Unangemessenheit der Rezipientenbelastung naturgemäß nur schwer dar- bzw. feststellen lässt. Daraus resultiert, dass es bei der Antwort auf die Frage nach der unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer – anders als bei Prüfungsentscheidungen74 – kein Kriterium fachwissenschaftlicher Richtigkeit geben kann. Eine etwaige gerichtliche Überprüfung hat sich folglich auf die Frage zu konzentrieren, ob die Erwägungen, die die Länder für die Abweichung von einem KEF-Votum vorbringen, solche sind, die unter den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit vertretbarerweise75 subsumiert werden können.76 Es dürfen folglich keine Tatsachen vorliegen oder erkennbar sein, die die sachgerechte Anwendung des Abweichungsgrundes der unangemessenen Rezipientenbelastung widerlegen, wie etwa eine entgegen der Abweichungsbegründung nachhaltig florierende gesamtwirtschaftliche Lage.77 Auf diese Weise werden unzulässige Motive der Länder bei der Feststellung eines Abweichungsgrundes ausgeschieden. Im Vordergrund steht also eine richterliche Willkürkontrolle.
Siehe oben Teil 4 A. BVerfGE 84, 34 (54 f.); 84, 59 (78 f.). 75 Strenger neuerdings das Bundesverfassungsgericht zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG, wo die gerichtliche Prüfung über eine bloße Vertretbarkeitskontrolle hinausgeht; vgl. BVerfGE 106, 62 (135 f.; 148) sowie BVerfG NJW 2005, 493 (493 ff.). Etwas zurückhaltender aber wieder BVerfGE 111, 226 (253, 255). 76 Ähnlich Katz, Staatsrecht, Rn. 205 im Kontext zum allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: „Die Herstellung von ,Maß’ und ,Angemessenheit’ [ist] zuförderst Aufgabe des Gesetzgebers“. Kritisch zur (vermeintlich) überhand nehmenden Abwägung durch die Judikative auch Leisner, NJW 1997, 636 (638 f.). 77 Noch zurückhaltender BVerfG NJW 2005, 2669 (2674) hinsichtlich der Prüfungskompetenz des Bundesverfassungsgerichts bei Art. 68 GG: „Unzweifelhaft widerlegen“ (Hervorhebung durch den Verf.). 73 74
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b) Das Überschreiten der Grenzen bei der Gebührenfestsetzung zum 1. April 2005 Bei der Gebührenfestsetzung zum 1. April 2005 stellt sich im Besonderen die Frage, ob die Länder ihren tatbestandlichen Beurteilungsspielraum überschritten haben. So begründeten sie ihre vom KEF-Votum nach unten abweichende Entscheidung unter Bezugnahme auf den Abweichungsgrund der unangemessenen Rezipientenbelastung u. a. damit, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit der Vorlage von Selbstverpflichtungen deutlich gemacht hätten, dass sie entschlossen seien, durch „strukturelle und sonstige Maßnahmen jenseits der KEFVorgaben solche Einsparpotenziale nutzbar zu machen“.78 Insofern erläuterte der Vorsitzende der KEF, Rainer Conrad, bei einer Anhörung vor dem Sächsischen Landtag, der Divergenzbetrag zwischen dem Votum der Sachverständigen (1,09 A) und der staatlichen Gebührenfestsetzung (81 bzw. 88 Cent79) sei in Höhe von 10 Cent „Ergebnis der Selbstverpflichtungen“ der Anstalten. Diese hätten aber ausdrücklich erklärt, dass die Selbstverpflichtungserklärungen notwendig seien, um überhaupt auf den KEF-Vorschlag von 1,09 A zu kommen.80 Die Richtigkeit der Aussage Conrads unterstellt, zeigt sich, dass die Länder insoweit keine rationalen Erwägungen hinsichtlich des Abweichungsgrundes der unangemessenen Rezipientenbelastung angestellt haben, sondern den KEF-Vorschlag anhand unzutreffender Prämissen heruntergerechnet und damit das Kriterium der Angemessenheit – zumindest teilweise – nur vorgeschoben haben.81 Insbesondere liegt nicht als denkbares Surrogat der prozedurale Abweichungsgrund der Änderung rundfunkspezifischer Rahmenbedingungen während eines laufenden Gebührenverfahrens vor,82 da die Anstalten die Selbstverpflichtungserklärungen bereits in ihre Bedarfsanmeldungen eingepreist hatten und folglich keine Änderungen während eines Gebührenverfahrens eintraten. Dieses Vorgehen der Länder begründet den – justiziablen – Vorwurf der Willkür. Fraglich ist demnach, welche Rechtsfolge sich aus diesem Befund ergibt. Bethge sieht in der Verletzung des Gebührenverfahrens (noch) keinen Verfassungsverstoß. Für die verfassungsrechtliche Beurteilung der Gebührenerhöhung sei allein der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Grundversorgung und die diesem Auftrag korrespondierende Bestands- und Entwicklungsgarantie maßgeblich.83 Amtl. Begründung zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, S. 27. Vgl. hierzu oben Teil 1 C. VII. und Teil 5 A. II. 4. a). 80 Vgl. stenografisches Protokoll der Anhörung des Ausschusses für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien des Sächsischen Landtages v. 9. Februar 2005, PD 3.4, Apr 4 / 8 – 3 A, S. 47. 81 So auch der Juristische Dienst des Sächsischen Landtages, Rechtsgutachten, S. 16 f. 82 Hierzu oben Teil 4 C. II. 1. 83 Bethge, Schriftliche Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Staatsregierung, S. 2. 78 79
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Dieser Rechtsauffassung ist nicht zu folgen. Zum einen hat das Bundesverfassungsgericht das gestufte Gebührenverfahren als vorverlagerten, prozeduralen Grundrechtsschutz konzipiert.84 Somit ist dieses Verfahrensmodell aus der Rundfunkfreiheit abgeleitetes Verfassungsrecht.85 Wer dagegen verstößt, verletzt folglich auch die Verfassung.86 Zum anderen handelt es sich bei Lichte betrachtet auch nicht nur um einen Verfahrensfehler, sondern um eine inhaltlich willkürliche Gebührenentscheidung. Denn die Länder haben die Gebührenfestsetzung nicht etwa nur formal fehlerhaft begründet, sondern ihrer Abweichungsentscheidung materiell unzulässige Erwägungen zugrunde gelegt. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass neben den unzulässigen auch zulässige Erwägungen angestellt wurden. Denn letztlich sind – ausweislich der amtlichen Begründung zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag87 – sämtliche Aspekte in die staatliche Entscheidung mit eingeflossen und waren damit sämtlich entscheidungsrelevant. Nach alledem können die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten insoweit eine Verletzung ihrer grundrechtlichen Rundfunkfreiheit gerichtlich geltend machen.
2. Ermessen Wenn die Länder im Rahmen ihres tatbestandlichen Beurteilungsspielraums rechtsfehlerfrei den Abweichungsgrund der unangemessenen Rezipientenbelastung feststellen, gilt es im Anschluss daran zu prüfen, inwieweit sie bei der rechtsfolgenbezogenen Gebührenfestsetzung einen Ermessensspielraum haben. Dabei sind in erster Linie die Besonderheiten des Gebührenverfahrens zu beachten. Wie dargelegt,88 muss das Prozedere nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gestuft und kooperativ ausgestaltet sein. Folglich darf auf der hier interessierenden dritten Verfahrensstufe nicht ausgeblendet werden, dass der Vorschlag der KEF Grundlage für die Gebührenfestsetzung der Länder sein muss (§ 7 Abs. 2 Satz 1 RFinStV). Damit stellt sich die Frage, inwieweit die geforderte Orientierung am Sachverständigenvotum den Ländern quantitative Grenzen bei einer Abweichungsentscheidung setzt. Aus dem Grundlagencharakter des KEF-Votums folgert zunächst, dass sich dieses in der staatlichen Gebührenentscheidung noch wiederfinden muss. Das ist sicherlich nicht mehr der Fall, wenn die Länder in einer Größenordnung von annähernd 100 % – oder sogar noch darüber – vom Sachverständigenvorschlag abweichen. Denn es würde in einem solchen Fall die Vorgabe der KEF nicht mehr im Lichte einer unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer modifiziert, son84 85 86 87 88
Siehe oben Teil 3 A. II. Ossenbühl, MP 2004, 129 (129). Juristischer Dienst des Sächsischen Landtages, Rechtsgutachten, S. 25. Vgl. amtl. Begründung zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, S. 27 f. Siehe oben Teil 3 A. II. 2.
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dern vielmehr durch eine (gänzlich) eigene Entscheidung ersetzt. Das wäre ermessensfehlerhaft, weil so der auf gegenseitige Rücksichtnahme angelegte Charakter des abgestuften Gebührenverfahrens verloren ginge. Schwieriger zu beurteilen sind naturgemäß geringere prozentuale Abweichungen. Insofern lässt sich sagen, dass der Ermessensspielraum der Länder umso größer ist, je geringfügiger die Abweichung vom KEF-Votum ist. Damit dürfte eine Gebührenfestsetzung, die über eine 50 %ige Modifikation des Sachverständigenvorschlags hinausgeht, aus den genannten Gründen ebenfalls unzulässig sein. Zu sehr noch trüge die staatliche Entscheidung autonome Züge, die durch das mehrstufige Verfahren vermieden werden sollen. In einem Abweichungsbereich von unter 50 % greift hingegen das Ermessen der Länder zunehmend Platz. Daraus folgt, dass eine Abweichung, die sich auf unter 20 % beläuft, in der Regel inhaltlich nicht justiziabel ist. Zu sehr entsprechen sich in einem solchen Fall fachliches KEF-Votum und Gebührenentscheidung der Länder, als dass diese Wertung gerichtlich in Frage gestellt werden dürfte. Jedenfalls ab einer Übereinstimmungsquote von 90 % überwiegt dieser Aspekt so deutlich, dass im Hinblick auf das Kriterium der Angemessenheit eine justizielle Kontrolle ausscheidet. Zumindest der Feinschliff an den Kanten muss dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber insoweit vorbehalten bleiben.
III. Der Entscheidungsspielraum der Länder beim Abweichungsgrund eines fehlenden Informationszugangs 1. Beurteilungsspielraum Der Abweichungsgrund des fehlenden Informationszugangs enthält mit dem Kriterium des Informationszugangs ebenfalls einen unbestimmten Rechtsbegriff, der den Ländern einen (gerichtsfreien) Beurteilungsspielraum bei der Feststellung des Abweichungsgrundes eröffnen könnte. Anders als beim Aspekt der Angemessenheit ist es jedoch im Hinblick auf den Informationszugang gelungen, diesem Abweichungsgrund inhaltlich rationale Konturen dahingehend zu verleihen, dass die Länder den öffentlich-rechtlichen Rundfunk über das Vehikel der Rundfunkgebühr zur Darbietung eines umfassenden und qualitativ hochwertigen Programms anhalten können.89 Diese erkennbaren Konturen stehen einem Beurteilungsspielraum der Länder grundsätzlich entgegen. Darüber hinaus ist zu sehen, dass Gesichtspunkte des fehlenden Informationszugangs in einem sensiblen Spannungsfeld zur Programmautonomie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten stehen.90 Wenn es den Ländern im Hinblick auf die Plausibilität ihrer Gebührenentscheidung schon nicht zugemutet werden kann, diese ohne die Anstellung pro89 90
12*
Siehe oben Teil 4 B. II. 2. c). Hierzu bereits oben Teil 2 A. III. 2.
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Teil 5: Der Entscheidungsspielraum der Länder
grammlicher Erwägungen zu treffen,91 muss den Anstalten zumindest eine Einschätzungsprärogative dahingehend verbleiben, welche publizistischen Darbietungen der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Inhalt und Form verlangt. Bei der gebotenen Gesamtabwägung im Sinne praktischer Konkordanz92 erscheint ein eingeschränkter tatbestandlicher Beurteilungsspielraum bei der Feststellung des Abweichungsgrundes in dem Sinne vorzugswürdig, dass es den Ländern zwar möglich ist, etwaige programmliche Fehlentwicklungen bei den Anstalten geltend zu machen, die Judikative aber im Konfliktfall – ähnlich wie bei Prüfungsentscheidungen93 – die Befugnis besitzt, diese Behauptung unter Hinzuziehung Sachverständiger einer fachwissenschaftlichen Richtigkeitskontrolle zu unterziehen. Sollten sich die gerichtlichen Erkenntnisse und die der Länder nur in Nuancen unterscheiden, überwiegt der Beurteilungsspielraum der Länder, so dass deren Einschätzung zu respektieren ist. Sollte der Befund hingegen erheblich divergieren, setzt sich im Ergebnis die richterliche Einschätzung durch. Daraus resultiert für die Rechtsanwendung der Länder, dass sich diese nur in eindeutigen Fällen programmlicher Fehlentwicklungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – etwa bei einer gravierenden Überbetonung des Unterhaltungssegments – auf das Kriterium des fehlenden Informationszugangs beziehen können, um eine vom KEF-Votum abweichende Gebührenfestsetzung zu rechtfertigen.
2. Ermessen Im Hinblick auf den rechtsfolgenbezogenen Ermessensspielraum stellt sich die Frage, ob das zum Abweichungsgrund der unangemessenen Rezipientenbelastung entwickelte Modell prozentual gestufter Abweichungsmöglichkeiten bei der Festsetzung der Rundfunkgebühr auf das Kriterium des fehlenden Informationszugangs übertragen werden kann. Zunächst gilt auch hier, dass der KEF-Vorschlag Grundlage für die staatliche Gebührenentscheidung sein muss (§ 7 Abs. 2 Satz 1 RFinStV). Auch bei einer abweichenden Gebührenfestsetzung auf Grundlage eines fehlenden Informationszugangs muss sich also der Sachverständigenvorschlag in der Entscheidung der Länder noch wiederfinden. Anders als bei der unangemessenen Rezipientenbelastung ist aber zu sehen, dass sich dieser medienspezifische Abweichungsgrund nicht für sozialpolitische Randbereichskorrekturen eignet. Vielmehr erfordern seine rundfunkrechtlichen Implikationen eine weiter gehende Entscheidungskompetenz der Länder auf Rechtsfolgenseite. Andernfalls könnte etwaigen programmlichen Siehe oben Teil 4 A. II. 4. c) cc) und Teil 4 B. II. 2. Zu dieser Rechtsfigur K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Rn. 72. 93 Vgl. BVerfGE 84, 34 (54 f.); 84, 59 (78 f.). 91 92
B. Materielle Bindungen der Länder
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Fehlentwicklungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht effektiv entgegengewirkt werden. Somit muss das zur unangemessenen Rezipientenbelastung entwickelte Stufenmodell bei der Gebührenfestsetzung für den Abweichungsgrund des fehlenden Informationszugangs modifiziert werden. Es darf sich insbesondere das Ermessen der Länder nicht nur auf einen Randbereich von etwa 20 % beschränken. Zwar scheidet auch bei diesem Abweichungsgrund eine 100 %ige Diskrepanz zum Sachverständigenvorschlag aus. Demgegenüber erscheint ein Ermessensspielraum in einer Größenordnung von ca. 50 % – sowohl nach unten als auch nach oben94 – erforderlich zu sein, die mit diesem Abweichungsgrund verbundenen legitimen Zwecke95 effektiv zu verfolgen. Damit können die Länder im Falle einer unzulässigen Boulevardisierung des Programmangebots der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten oder dann, wenn die privaten Rundfunkveranstalter einen Großteil der Grundversorgungsaufgabe nachhaltig erfüllen, einen Abschlag bis auf die Hälfte des KEF-Votums vornehmen. Umgekehrt kommt ein Aufschlag bis auf das Eineinhalbfache des Sachverständigenvorschlags insbesondere zur Förderung qualitativ hochwertiger Darbietungen der Anstalten im Hinblick auf die Gewährleistung umfassender Meinungsvielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Betracht.
IV. Der Entscheidungsspielraum der Länder bei prozeduralen Abweichungsgründen 1. Beurteilungsspielraum Anders als bei den im Gebührenurteil explizit genannten Abweichungsgründen der unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer sowie des fehlenden Informationszugangs stellt sich bei den prozeduralen Abweichungsgründen weniger die Frage nach einem tatbestandlichen Beurteilungsspielraum für die Länder. Bei der Änderung rundfunkspezifischer Rahmenbedingungen während eines laufenden Gebührenverfahrens96 handelt es sich um reine Tatsachenprobleme, die keinen wertenden Beurteilungsspielraum bei der Feststellung des Abweichungsgrundes zulassen. Folglich müssen diese Aspekte auch einer vollständigen gerichtlichen Kontrolle zugänglich sein. Ähnlich verhält es sich mit potenziellen Fehlentwicklungen bei der KEF.97 Bei diesem Abweichungsgrund genügt es jedenfalls nicht, dass die Länder nicht mit jeder Position eines KEF-Berichts einverstanden sind. Vielmehr müssen konkrete tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die auf ein ent94 Zu den Abweichungsrichtungen beim Abweichungsgrund des fehlenden Informationszugangs oben Teil 4 B. II. 2. c). 95 Hierzu oben Teil 4 B. II. 2. c). 96 Hierzu oben Teil 4 C. II. 1. 97 Hierzu oben Teil 4 C. II. 2.
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Teil 5: Der Entscheidungsspielraum der Länder
sprechendes Fehlverhalten der Kommission hinweisen. Auch insofern bedarf es umfassender Justiziabilität. 2. Ermessen Im Hinblick auf den rechtsfolgenbezogenen Ermessensspielraum besteht bei den prozeduralen Abweichungsgründen die Besonderheit darin, dass es an einem brauchbaren KEF-Votum als Grundlage für die Gebührenfestsetzung der Länder fehlt. Damit obliegt es den staatlichen Entscheidungsträgern selbst, sich ein Bild über die finanziellen Konsequenzen einer solchen verfahrensrechtlichen Fehlentwicklung zu machen. Auf der Basis eigener Berechnungen haben die Länder dann eine pflichtgemäße Gebührenfestsetzungsentscheidung zu treffen. Dabei müssen sie diejenigen ökonomischen Erwägungen anstellen, die an sich in den Kompetenzbereich der KEF fallen. Mangels fundierter Sachkenntnis und häufig auch unter Zeitdruck kann von den Ländern dabei nicht die gleiche Darstellungsdichte wie von dem Sachverständigengremium erwartet werden. Eine etwaige gerichtliche Ermessensfehlerkontrolle hat sich deshalb auf die Frage zu beschränken, ob die wirtschaftlichen Erwägungen der Länder in sich stimmig und schlüssig sind. Ist dies der Fall, sind die Ausführungen hinzunehmen. Ein prozentual abgestuftes Abweichungsmodell vom KEF-Votum bei der Gebührenfestsetzung scheidet hingegen naturgemäß aus.
V. Der Entscheidungsspielraum der Länder bei medienspezifischen Abweichungsgründen 1. Beurteilungsspielraum Ähnlich wie der Aspekt des fehlenden Informationszugangs stehen die medienspezifischen Abweichungsgründe in einem Spannungsfeld zur Programmautonomie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Deshalb muss der tatbestandliche Beurteilungsspielraum der Länder bei der Feststellung eines solchen Abweichungsgrundes insoweit eher gering sein. Andererseits ist zu sehen, dass Erwägungen hinsichtlich des effektiven Zusammenspiels der Massenmedien insbesondere im dualen Rundfunksystem auch politischer Natur sind. Aus diesen Gründen muss den Ländern – nach Maßgabe der Ausführungen zum fehlenden Informationszugang98 – auch bei der Feststellung eines medienspezifischen Abweichungsgrundes ein eingeschränkter Beurteilungsspielraum zustehen.
98
Hierzu oben Teil 5 B. III. 1.
B. Materielle Bindungen der Länder
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2. Ermessen Hinsichtlich des zulässigen Abweichungsmaßes bei der Gebührenfestsetzung erscheint eine Orientierung an dem Stufenmodell sachgerecht, das zum Abweichungsgrund des fehlenden Informationszugangs erarbeitet wurde.99 Denn auch bei den medienspezifischen Abweichungsgründen stehen nicht sozialpolitische Randbereichskorrekturen, sondern publizistische Erwägungen im Vordergrund. Hierfür bedürfen die Länder aber eines größeren Entscheidungsspielraums auf Rechtsfolgenseite.100 Somit kann bei der staatlichen Gebührenfestsetzung bis zu etwa 50 % vom KEF-Votum – nach unten wie nach oben – abgewichen werden.
VI. Der Entscheidungsspielraum der Länder beim Zusammentreffen mehrerer Abweichungsgründe Nach der Konzeption des Gebührenurteils ist es auch möglich, dass bei einer Gebührenfestsetzung der Länder mehrere Abweichungsgründe vorliegen. Es stellt sich mithin die Frage, wie weit der Entscheidungsspielraum der Länder in einem solchen Fall reicht. 1. Beurteilungsspielraum Im Hinblick auf den tatbestandlichen Beurteilungsspielraum ergeben sich bei der Feststellung mehrerer Abweichungsgründe durch die Länder keine Besonderheiten. Denn die hier in Rede stehende Situation setzt gerade das Vorliegen verschiedener Abweichungsgründe – nach Maßgabe des jeweiligen Beurteilungsspielraums – voraus. 2. Ermessen Im Hinblick auf den rechtsfolgenbezogenen Ermessensspielraum bei der Gebührenfestsetzung sind beim Zusammentreffen mehrerer Abweichungsgründe zwei Konstellationen denkbar: zum einen, dass die Abweichungsgründe in ihrer Abweichungsrichtung zusammen-, zum anderen, dass sie einander entgegenwirken. Zur Veranschaulichung wird die Problematik im Folgenden am Beispiel der Kumulation der beiden im Gebührenurteil ausdrücklich genannten Abweichungsgründe (unangemessene Belastung der Rundfunkteilnehmer und fehlender Informationszugang) dargestellt.
99 100
Siehe oben Teil 5 B. III. 2. Siehe oben Teil 5 B. III. 2.
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Teil 5: Der Entscheidungsspielraum der Länder
a) Zusammenwirken der Abweichungsgründe Wenn sowohl der Abweichungsgrund der unangemessenen Rezipientenbelastung als auch der des fehlenden Informationszugangs eine Abweichung der Länder unterhalb des KEF-Votums erfordern, stellt sich die Frage, wie weit in diesem Fall das Ermessen der Länder reicht. Im Hinblick auf die Eigenständigkeit der Abweichungsgründe101 kommt zunächst eine pauschale Addition der jeweiligen Ermessensspielräume in Betracht. Ein solches Vorgehen verkennt aber, dass der Abweichungsgrund des fehlenden Informationszugangs rundfunkspezifischen Charakter hat und damit einen engeren Bezug zur Rundfunkgebühr aufweist als der Aspekt der unangemessenen Rezipientenbelastung. Folglich ist das Kriterium des fehlenden Informationszugangs vorrangig zu beachten, das eine Abweichung bei der Gebührenfestsetzung um bis zu 50 % (auch) unterhalb des KEF-Votums zulässt.102 Nach der Reduktion des KEF-Vorschlags aus Gründen eines fehlenden Informationszugangs müssen die Länder dann erneut prüfen, ob auch die gekürzte Rundfunkgebühr noch eine unangemessene Belastung der Rundfunkteilnehmer beinhaltet. Dies dürfte angesichts des weitreichenden Ermessensspielraums beim Abweichungsgrund eines fehlenden Informationszugangs regelmäßig zu verneinen sein. Sollte die Gebühr hingegen immer noch zu einer unangemessenen Rezipientenbelastung führen, kommt an sich eine weitere Reduktion um bis zu 20 % in Betracht.103 Hierbei ist allerdings zu sehen, dass bei einer Abweichung um bis zu 70 % der Grundlagencharakter des KEF-Votums sehr in Frage gestellt wird. Somit erscheint es vorzugswürdig, den weiteren Ermessensspielraum der Länder im Hinblick auf den Abweichungsgrund einer unangemessenen Rezipientenbelastung auf höchstens 10 % zu begrenzen. Damit wäre im Extremfall ein Unterschreiten des KEF-Votums durch die Länder um 60 % verfassungsrechtlich zulässig.
b) Entgegenwirken der Abweichungsgründe Möglich ist auch ein Zusammenwirken der beiden Abweichungsgründe bei der Gebührenfestsetzung dergestalt, dass der Aspekt der unangemessenen Rezipientenbelastung eine Absenkung des KEF-Votums, der des fehlenden Informationszugangs hingegen dessen Anhebung erfordert. Aus den vorgenannten Gründen ist auch in dieser Konstellation der Abweichungsgrund eines fehlenden Informationszugangs vorrangig zu berücksichtigen. Dieser lässt (auch) eine Erhöhung des KEF-Votums um bis zu 50 % zu.104 Nach Anhebung des KEF-Vorschlags aus Gründen eines andernfalls fehlenden Informa101 102 103 104
Siehe oben Teil 4 B. II. 1. a). Siehe oben Teil 5 B. III. 2. Siehe oben Teil 5 B. II.2. Siehe oben Teil 5 B. III. 2.
B. Materielle Bindungen der Länder
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tionszugangs haben die Länder dann erneut zu prüfen, ob die erhöhte Rundfunkgebühr zu einer unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer führt. Nachdem die vorliegende Konstellation eine unangemessene Rezipientenbelastung aber bereits bei einer nicht erhöhten Gebühr voraussetzt, ist von einer unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer nach Anhebung der Gebühr erst recht auszugehen. Folglich können bzw. müssen die Länder in einem zweiten Schritt die Gebühr dann wieder um bis zu 20 % herabsetzen.105 Im Ergebnis erstreckt sich der Ermessensspielraum der Länder in diesem Fall also auf eine – das KEF-Votum überschreitende – Abweichungsquote von ca. 30 %.
VII. Die Möglichkeit einer Spaltung der Rundfunkgebühr 1. Problemlage Bei der Festsetzung der Rundfunkgebühr können die Maßstäbe für sämtliche vom Bundesverfassungsgericht im Gebührenurteil zugelassenen Abweichungsgründe zwischen den Bundesländern variieren. Im Hinblick auf den Aspekt der unangemessenen Rezipientenbelastung ist etwa die unterschiedliche Wirtschaftskraft der Länder zu beachten.106 Infolgedessen kann sich eine Rundfunkgebühr in Höhe von 17,03 A z. B. aus Sicht des Landtages von Baden-Württemberg als (noch) angemessen erweisen, aus Sicht des Landtages Brandenburg hingegen nicht mehr.107 Bei der Anwendung des Abweichungsgrundes des fehlenden Informationszugangs spielt insbesondere die föderalistisch geteilte öffentlich-rechtliche Hörfunklandschaft eine Rolle. So strahlt z. B. der Hessische Rundfunk sieben, der Bayerische Rundfunk fünf und der Saarländische Rundfunk nur vier Programme aus,108 wobei sich diese nach Umfang und Inhalt deutlich unterscheiden.109 Daraus kann etwa der Landtag des Saarlandes schließen, dass es eines Aufschlags auf das KEF-Votum bedarf, um ein hinreichendes Maß an öffentlich-rechtlichem Hörfunk zu gewährleisten. Der Hessische Landtag kann hingegen einen Abschlag mit dem Argument favorisieren, auch fünf Programme gewährleisteten zusammen mit den ansonsten empfangbaren Programmen den erforderlichen Informationszugang. Hierzu oben Teil 5 B. II. 2. Vgl. den Jahreswirtschaftsbericht 2004 / 2005 des Landes Baden-Württemberg, S. 8 („Baden-Württemberg ist eines der leistungsfähigsten deutschen Bundesländer.“) mit dem des Jahres 2005 des Landes Brandenburg, S. 9 („Diese Wende zum Positiven sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass für eine Annäherung der Brandenburger Wirtschaft an das westdeutsche Niveau eine weitere Stärkung der Wachstumskräfte unabdingbar ist.“). 107 Zur Problematik, inwieweit die Rundfunkgebührenbefreiungstatbestände in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen, oben Teil 4 A. II. 4. a) dd). 108 Stand 2003; vgl. ARD, Jahrbuch 04 / 05, S. 347. 109 Vgl. die Programm-Minuten-Statistik der jeweiligen Landesrundfunkanstalten, in: ARD, Jahrbuch 04 / 05, S. 348 ff. 105 106
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Teil 5: Der Entscheidungsspielraum der Länder
Im Hinblick auf einen unbenannten Abweichungsgrund ist es ferner denkbar, dass in einem Bundesland die digitale Übertragungstechnik bereits so weit verbreitet ist, dass dort aufgrund der auch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunks geltenden Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit110 ein kostensparender analoger Switch-Off111 in Betracht kommt, in einem anderen Land hingegen noch nicht. Denn die Umstellung insbesondere des Fernsehempfangs auf das digitale „Überallfernsehen“ DVB-T112 erfolgt gebietsweise, weshalb eine regional sehr unterschiedliche Versorgung der Rezipienten mit digitalen Angeboten zu konstatieren ist.113 Es stellt sich mithin die Frage, wie diese Problematik gelöst werden kann. 2. Lösungsansätze Als Problemlösung kommt eine bundeslandbezogene114 Spaltung der Rundfunkgebühr dergestalt in Betracht, dass diese von Land zu Land unterschiedlich hoch festgesetzt wird. Ein solches Vorgehen scheidet zwar nach der derzeitigen Konzeption des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages aus, weil diesem auch in Bezug auf den die Gebührenhöhe regelnden § 8 alle Bundesländer zustimmen müssen.115 Damit ist die Rundfunkgebühr gegenwärtig eine Einheitsgebühr, die keine Rücksicht auf die verschiedenartigen Rahmenbedingungen in den einzelnen Ländern nehmen kann.116 Die Einheitlichkeit der Gebühr ist indes nicht zwingend, da die Länder die Gesetzgebungskompetenz für das Rundfunkgebührenwesen besitzen.117 Damit ist es im Ausgangspunkt möglich, dass jedes Land die Höhe seiner Rundfunkgebühr selbst bestimmt.118 Es stellt sich jedoch die Frage, ob eine solchermaßen gespaltene Gebühr mit übrigem (Verfassungs-)Recht vereinbar ist. Hierzu oben Teil 2 B. IV. Hierzu bereits oben Teil 4 C. II. 1. 112 Digital Video Broadcasting – Terrestrial; vgl. ARD, Jahrbuch 04 / 05, S. 181. 113 Vgl. ARD, Jahrbuch 04 / 05, S. 183 f. 114 Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 48 erörtert hingegen eine sendegebietsbezogene Spaltung der Rundfunkgebühr. Es ist aber nicht einsichtig, mit welcher Kompetenz etwa der Landtag von Baden-Württemberg die Gebühr für die Rundfunkteilnehmer in Rheinland-Pfalz festsetzen können soll, nur weil der SWR eine Mehrländeranstalt ist. 115 Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 8 RFinStV Rn. 7. 116 Auch die frühere Option einer Gebührenermäßigung gemäß § 6 Abs. 1 RGebStV a.F. vermochte am Einheitscharakter der Rundfunkgebühr nichts zu ändern. Zum einen wurde sie von den Ländern schon nicht in geltendes Recht umgesetzt, zum anderen hätte sie nur für diejenigen Bevölkerungsteile gegolten, die von der Gebührenpflicht ohnehin befreit waren. 117 Hierzu bereits oben Teil 1 B. I. 118 Bethge, DÖV 1990, 629 (629); Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 8 RFinStV Rn. 7; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 5 I, II Rn. 276. 110 111
B. Materielle Bindungen der Länder
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Eine Antwort auf diese Frage könnte bereits das Gebührenurteil selbst enthalten, das sich in einer Passage119 explizit mit der Problematik des staatsvertraglich bedingten Einstimmigkeitsprinzips bei der Gebührenfestsetzung auseinander setzt. So ist es nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts Sache des Gesetzgebers zu prüfen, ob er über das vorgegebene Prozedere120 hinaus Vorkehrungen für nötig erachtet, um rechtzeitige und programmneutrale Gebührenanpassungen zu sichern. Dazu gehöre insbesondere die Frage, ob das Vetopotenzial eines jeden Bundeslandes für den „besonderen Fall“ der Gebührenfestsetzung gemindert werden soll. Einem von allen Ländern einstimmig vereinbarten Quorum für die laufende Gebührenanpassung stehe die Eigenstaatlichkeit der Länder „jedenfalls nicht von vornherein“ entgegen. Die vom Bundesverfassungsgericht damit für möglich erachtete Mehrheitsentscheidung der Länder bei der Gebührenfestsetzung geht jedoch implizit von der Einheitlichkeit der Rundfunkgebühr aus. Denn das Quorum soll nicht dazu führen, dass in den dissentierenden Ländern eine andere Rundfunkgebühr gilt als in denjenigen, die die Mehrheitsentscheidung tragen. Vielmehr soll zum Schutz der Rundfunkanstalten und nicht der Rezipienten die mehrheitlich festgesetzte Rundfunkgebühr auch in den ablehnenden Bundesländern gelten. Hält man sich vor Augen, dass ein KEF-Bericht typischerweise einen Vorschlag zur Erhöhung der Rundfunkgebühr enthält,121 würde auf diese Weise jedenfalls das mit dem Abweichungsgrund der unangemessenen Rezipientenbelastung verfolgte Ziel, die Rundfunkgebühr in sozial schwachen Gebieten möglichst gering zu halten, nicht nur nicht gefördert, sondern sogar unterlaufen werden. Die Länder haben deshalb aus guten Gründen von einer solchen Quorumslösung bislang keinen Gebrauch gemacht.122 Für die Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer bundeslandbezogenen Spaltung der Rundfunkgebühr ist damit aber nichts gewonnen. Weite Teile des Schrifttums halten eine Aufspaltung der Rundfunkgebühr für verfassungswidrig.123 Dies wird damit begründet, dass der öffentlich-rechtliche BVerfGE 90, 60 (104). Hierzu oben Teil 3 A. II. 121 Vgl. etwa 10. KEF-Bericht, Tz. 53; 12. KEF-Bericht, Tz. 10; 14. KEF-Bericht, Tz. 11. 122 Auf einem anderen Blatt steht die Frage, ob dem Bundesverfassungsgericht tatsächlich dahingehend gefolgt werden kann, dass die Eigenstaatlichkeit der Länder das staatsvertragstypische Einheitsprinzip nicht erfordert. Zwar kann man in der einheitlichen Festlegung eines bestimmten Quorums eine Kompensation für den Kompetenzverlust einzelner Länder sehen. Angesichts der Grundrechtsrelevanz der Gebührenentscheidung erschiene ein solcher Machtverlust aber bedenklich. Aus den dargelegten Gründen muss das Problem jedoch nicht abschließend gelöst werden. 123 Lohbeck, Die Verfassungsmäßigkeit der Rundfunkgebühr in ihrer gegenwärtigen Gestalt in der gegenwärtigen und einer zukünftigen Rundfunkordnung, S. 116; Mahrenholz, Verfassungsfragen des Rundfunkfinanzausgleichs, S. 57 ff.; Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 8 RFinStV Rn. 9; Dörr, Programmvielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch funktionsgerechte Finanzausstattung, S. 62; Bethge, Grundprobleme einer Spaltung der Rundfunkgebühr, S. 40; ders., DÖV 1990, 629 (635). 119 120
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Teil 5: Der Entscheidungsspielraum der Länder
Rundfunk in Deutschland im Allgemeinen und das ZDF im Besonderen als ein länderübergreifender Informations- und Programmverbund ausgestaltet sind. Daraus resultiere für jeden einzelnen Bürger ein Anspruch auf Teilhabe an der Rundfunkversorgung zu gleichen Bedingungen als Folge des durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten Grundrechts der Informationsfreiheit.124 Die Länder seien aufgrund des auch sie determinierenden Grundsatzes des bundesfreundlichen Verhaltens verpflichtet, sich auf eine einheitliche Rundfunkgebühr zu verständigen.125 Diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen.126 Nach der Konzeption des Gebührenurteils stößt der aus dem Grundrecht der Informationsfreiheit grundsätzlich resultierende Anspruch jedes Bürgers auf Teilhabe an der Rundfunkversorgung zu gleichen Bedingungen insofern an seine Grenzen, als das Bundesverfassungsgericht den Ländern mit den Abweichungsgründen ein Mittel an die Hand gegeben hat, über die grundrechtlichen Vorgaben hinausgehende Erwägungen in die Gebührenfestsetzungsentscheidung mit einfließen zu lassen.127 Ferner zeigt neben der Vielzahl der länderspezifischen öffentlich-rechtlichen Hörfunkprogramme128 auch die Existenz der dritten Fernsehprogramme,129 dass der Rundfunk in Deutschland nur zum Teil länderübergreifend organisiert ist130 und daher von einem bundesweit einheitlichen Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht gesprochen werden kann. In der Konsequenz der Gegenauffassung liegt ferner, dass sie den Rechtszustand der Jahre 1992 bis 1994, in denen in den neuen Bundesländern eine niedrigere Rundfunkgebühr galt als in den alten,131 für verfassungswidrig gehalten haben muss. Das wird aber – soweit ersichtlich – nicht behauptet. Schließlich beweist das Beispiel Österreich, dass eine Rundfunkgebühr von Bundesland zu Bundesland variieren kann,132 ohne dass die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse 124 Mahrenholz, Verfassungsfragen des Rundfunkfinanzausgleichs, S. 57 f.; Dörr, Programmvielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch funktionsgerechte Finanzausstattung, S. 61 f.; Lohbeck, Die Verfassungsmäßigkeit der Rundfunkgebühr in ihrer gegenwärtigen Gestalt in der gegenwärtigen und einer zukünftigen Rundfunkordnung, S. 115; Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 8 RFinStV Rn. 8; Bethge, DÖV 1990, 629 (632 ff.); ausführlich ders., Grundprobleme einer Spaltung der Rundfunkgebühr, S. 19 ff. 125 Bethge, Grundprobleme einer Spaltung der Rundfunkgebühr, S. 36 ff. (S. 40); ders., DÖV 1990, 629 (634 f.); Lohbeck, Die Verfassungsmäßigkeit der Rundfunkgebühr in ihrer gegenwärtigen Gestalt in der gegenwärtigen und einer zukünftigen Rundfunkordnung, S. 113 f.; Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 8 RFinStV Rn. 9. 126 Ebenso Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 48 ff. 127 Auch Mahrenholz, Verfassungsfragen des Rundfunkfinanzausgleichs, S. 57 konzediert, dass die von ihm geforderte Gleichheit des Rundfunkzugangs durch die Gebührenbefreiungstatbestände relativiert wird. 128 Hierzu bereits oben Teil 5 B. VII. 1. 129 Vgl. hierzu ARD, Jahrbuch 04 / 05, S. 359. 130 Dies konzediert im Ansatz auch Bethge, DÖV 1990, 629 (632 f.). Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 53a hält die Tatsache eines länderübergreifenden Informations- und Programmverbundes noch nicht einmal für ein schlüssiges Argument für die Verfassungsgebotenheit der Einheitsgebühr. 131 Hierzu bereits oben Teil 1 C. V.
B. Materielle Bindungen der Länder
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tatsächlich gefährdet wäre. In einer Spaltung der Rundfunkgebühr kann sogar eher ein Beitrag zur Angleichung der Relation zwischen verfügbarem Einkommen und Abgabenlast in den einzelnen Bundesländern und damit zu einer Anpassung der Lebensverhältnisse in Deutschland insgesamt liegen.133 Die Preisgabe der Einheitsgebühr wäre nach alledem ein adäquates und verfassungsrechtlich auch zulässiges134 Mittel, der sozialstaatlichen Komponente bei der Gebührenfestsetzung ebenso Rechnung tragen zu können wie dem Aspekt der föderalistisch geteilten Rundfunk-, insbesondere Hörfunklandschaft.
3. Rechtstechnische Umsetzung Im Hinblick auf die rechtstechnische Umsetzung einer gespaltenen Rundfunkgebühr sind verschiedene Modelle denkbar. Zunächst haben die Länder, die die Gebühr ändern wollen, die Möglichkeit, den Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag mit der bisherigen Gebühr nach Maßgabe des § 17 RFinStV zu kündigen. Dies führt zum Austritt der kündigenden Länder und lässt das Vertragsverhältnis der übrigen unberührt.135 Problematisch ist hierbei aber, dass die Kündigung nur zum Schluss des Kalenderjahres und nur mit einer Frist von einem Jahr erfolgen kann (§ 17 Satz 2 RFinStV) und dass die erstmalige Kündigungsmöglichkeit auf ein bestimmtes Datum fixiert ist (§ 17 Satz 3 RFinStV). Für den Zeitraum bis zur Wirksamkeit der Kündigung gilt damit die alte Rundfunkgebühr weiter mit der Folge, dass auch diejenigen Länder an sie gebunden sind, die eigentlich eine andere Gebühr festsetzen möchten. Misslich ist ferner, dass nach derzeitiger Rechtslage bei einem Gebührenkonflikt zwischen den Ländern nur die Kündigung des gesamten Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages zulässig ist, was aus einem Umkehrschluss zu der ausdrücklichen Möglichkeit einer Teilkündigung (nur) der Regelungen des ARD-Finanzausgleichs folgt (§ 17 Satz 4 RFinStV).136 Vorzugswürdig erscheint es deshalb, dass die Länder in einem solchen Fall lediglich den § 8 RFinStV einvernehmlich aufheben, womit die Regelung über den 132 Die Unterschiede reichen von 17,18 A in Vorarlberg und Oberösterreich bis hin zu 21,88 A in der Steiermark und in Kärnten (Stand: 1. März 2006). Ein tabellarischer Überblick über die Höhe der Rundfunkgebühr in den einzelnen Bundesländern Österreichs ist über das Internet abrufbar unter http: / / members.orf.at / geb_tab.htm (letzter Zugriff am 18. Januar 2006). 133 Anders Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 57 ff., der eine Beeinträchtigung des Prinzips der Bewahrung bzw. Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse für möglich erachtet, aber davon ausgeht, dass die jeweilige Grenzziehung des noch Angemessenen und des nicht mehr Zumutbaren von den einzelnen Landesgesetzgebern nicht „in gröblich unterschiedlicher Weise“ (S. 59) erfolgen werde. 134 Ebenso Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 65. 135 Radeck, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 17 RFinStV Rn. 6. 136 Unklar insoweit Radeck, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 17 RFinStV Rn. 6 f.
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Teil 5: Der Entscheidungsspielraum der Länder
Betrag der Rundfunkgebühr entfällt. Auf diese Weise sind die Vereinbarungen betreffend die Verteilung der Gebühr zwischen den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (§ 9 RFinStV) sowie den ARD-Finanzausgleich (§§ 12 ff. RFinStV)137 nicht automatisch mit hinfällig.138 Im Anschluss daran steht es den Ländern, die sich auf eine bestimmte Rundfunkgebühr einigen können, frei, diesbezüglich einen Ergänzungsstaatsvertrag abzuschließen, der seinerseits durch die jeweiligen Landesparlamente in geltendes Recht transformiert werden muss.139 Dissentierende Länder haben hingegen ihre Rundfunkgebühr in einer gesonderten landesgesetzlichen Regelung festzusetzen.140
C. Ergebnis Bei der Auslotung des Entscheidungsspielraums der Länder im Falle einer vom KEF-Votum abweichenden Gebührenfestsetzung steht eine sachgerechte Kompetenzabgrenzung zwischen den staatlichen Entscheidungsträgern und den sonstigen am Gebührenverfahren Beteiligten im Vordergrund. Dabei unterliegen die Länder bei einer Abweichungsentscheidung bestimmten formellen und materiellen Bindungen, die im Konfliktfall auch gerichtlich überprüft werden können. In formeller Hinsicht müssen die Länder das Votum der KEF in ihre Entscheidungsfindung mit einbeziehen und die divergierende Gebührenfestsetzung nachvollziehbar begründen. Wegen der Unbestimmtheit der zulässigen Abweichungsgründe dürfen aber keine überhöhten Anforderungen an die (formale) Begründung gestellt werden. Es genügt, wenn die Länder darlegen, auf welchen Abweichungsgrund sie ihre vom KEF-Vorschlag divergierende Entscheidung stützen und welche maßgeblichen Tatsachen den Abweichungsgrund tragen sollen. In materieller Hinsicht muss bei den Abweichungsgründen in Anlehnung an die verwaltungsrechtlichen Institute des Beurteilungsspielraums und Ermessens zwischen dem Einschätzungsspielraum der Länder auf Tatbestands- und Rechtsfolgenseite unterschieden werden. Insofern ist zu sehen, dass die Letztentscheidungskompetenz im Rundfunkgebührenverfahren den Landesparlamenten und damit dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber zukommt. Deshalb darf sich der Spielraum nicht auf die Rati137 Allgemein zum Rundfunkfinanzausgleich Mahrenholz, Verfassungsfragen des Rundfunkfinanzausgleichs; Dörr, Programmvielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch funktionsgerechte Finanzausstattung. 138 Auch in einem solchen Falle erscheint es aber fraglich, ob der dann formal weiterbestehende Finanzausgleich zwischen den Rundfunkanstalten politisch noch haltbar ist. Denn es spricht viel dafür, dass im Falle einer Spaltung der Rundfunkgebühr die Solidarität zwischen gebenden und nehmenden Rundfunkanstalten bzw. deren Muttergemeinwesen wegfällt. 139 Hierzu oben Teil 3 B. II. 3. a). 140 Zumindest tatsächliche Dissensgrenzen bestehen aber bei einer Mehrländeranstalt wie dem SWR. Insoweit ist es kaum vorstellbar, dass in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz unterschiedlich hohe Rundfunkgebühren festgesetzt werden. Rechtlich ist aber selbst das nicht ausgeschlossen.
C. Ergebnis
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fikation des KEF-Votums beschränken. Bei einer Differenzierung zwischen den einzelnen Abweichungsgründen zeigt sich, dass in tatbestandlicher Hinsicht vor allem das besonders unbestimmte Kriterium der unangemessenen Rezipientenbelastung einen beachtlichen Beurteilungsspielraum für die Länder hergibt. Auf Rechtsfolgenseite begründet hingegen der Aspekt des fehlenden Informationszugangs einen weitreichenden Ermessensspielraum. Angesichts der Tatsache, dass das Vorliegen von Abweichungsgründen in den Bundesländern unterschiedlich beurteilt werden kann, kommt auch eine verfassungsrechtlich zulässige Spaltung der Rundfunkgebühr in Betracht.
Teil 6
Die Folgen einer erweiterten Gestaltungsmacht der Länder bei der Gebührenfestsetzung Aus den bisherigen Ausführungen dieser Arbeit resultiert, dass die Abweichungsgründe auf der dritten Stufe des Gebührenverfahrens inhaltlich weitreichender sind und auch der Entscheidungsspielraum der Länder bei der Rechtsanwendung ein größerer ist, als dies bisher im rechtswissenschaftlichen Diskurs angenommen wird. Damit gilt es in diesem Teil der Untersuchung noch der Frage nachzugehen, welche Folgen sich aus der hier vertretenen weiten Rechtsauffassung ergeben. Insofern ist zwischen den verfassungs-, europa- und verfahrensrechtlichen Konsequenzen sowie den Folgen für die allgemeine Rundfunkgesetzgebung der Länder zu unterscheiden.
A. Verfassungsrechtliche Folgen I. Stärkung des grundgesetzlichen Demokratieprinzips auf Länderebene Die erste und wichtigste Konsequenz einer erweiterten Gestaltungsmacht der Länder im Verfahren zur Festsetzung der Rundfunkgebühr besteht darin, dass die Kompetenzen der staatlichen Entscheidungsträger und damit diejenigen der demokratisch legitimierten Verfahrensbeteiligten gestärkt werden. Die Landesparlamente sind unmittelbar demokratisch legitimiert, weil deren Mitglieder direkt vom Volk gewählt werden.1 Die mittelbare demokratische Legitimation der Landesregierungen resultiert aus der Tatsache, dass die Landesparlamente die Regierungschefs wählen2 und diese ihre Minister berufen.3 Angesichts der überragenden Bedeutung des Demokratieprinzips im Verfassungsgefüge (arg. Art. 79 Abs. 3 GG)4 wäre es mit der herausgehobenen Funktion der Landesparlamente und Landesregierungen unvereinbar, sie auf die bloße Notifikation eines Sachverständigenvorschlags wie dem Gebührenvotum der KEF zu beschränken. Insbesondere der ver1 2 3 4
Z. B. Art. 27 Abs. 1 Verf. Bad.-Württ. Etwa Art. 46 Abs. 1 Satz 1 Verf. Bad.-Württ. Z. B. Art. 46 Abs. 2 Satz 1 Verf. Bad.-Württ. Statt aller Ipsen, Staatsrecht I, Rn. 62.
A. Verfassungsrechtliche Folgen
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fassungsrechtlich präponderanten Stellung der Landesparlamente 5 würde so nur unzureichend Rechnung getragen werden.6 Die verfassungsrechtlich gebotene Kompetenzerweiterung der Landesparlamente bei der Festsetzung der Rundfunkgebühr hat ferner eine verfassungspolitische Dimension. So bettet sich die hier vertretene Rechtsauffassung zum Gebührenverfahren ein in eine generelle Tendenz des Gesetzgebers, die Stellung der Landesparlamente im Verfassungsgefüge zu stärken. Als Beispiel hierfür lässt sich die 1994 erfolgte Einfügung des Absatzes 4 in die Regelung des Art. 80 GG nennen. Demgemäß können die Länder in Fällen, in denen die Landesregierungen zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigt werden, Regelungen auch durch Gesetz treffen. Dies soll die Handlungsmöglichkeiten der Landesparlamente dadurch verbessern, dass diesen Zugriffsmöglichkeiten auf solche Verordnungsmaterien eröffnet werden, die sonst nur von den Landesregierungen geregelt werden könnten.7 Auch die am 1. September 2006 in Kraft getretene „Föderalismusreform“8 verfolgt mit ihrem Ziel einer klaren Kompetenzzuteilung an Bund und Länder letztlich auch eine Stärkung der Landesparlamente. Denn dadurch, dass vermehrt Kompetenzen an die Länder zugewiesen werden sollen, gewinnen die Landesparlamente Gestaltungsmacht, die bis dato den Landesregierungen bei deren Mitwirkung an der Gesetzgebung des Bundes über den Bundesrat vorbehalten war.9 Indem die hier vertretene Rechtsauffassung die Gestaltungsmacht staatlicher Entscheidungsträger bei der Festsetzung der Rundfunkgebühr stärkt, wirkt sie aber auch dem Phänomen einer in jüngerer Zeit vereinzelt zu beobachtenden Selbstentmachtung der Parlamente entgegen. So zeigte etwa die Verlagerung zentraler politischer Entscheidungsfindungsprozesse über die Sozialen Sicherungssysteme auf die „Kommission für die Nachhaltigkeit in der Finanzierung der Sozialen Sicherungssysteme“10 (sog. Rürup-Kommission) oder über die Arbeitsmarktpolitik auf die „Kommission Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“11 (sog. Hartz5 Eingehend zum faktischen Machtverlust der Landesparlamente aber Eicher, Der Machtverlust der Landesparlamente, S. 76 ff. 6 Siehe bereits oben Teil 5 B. I. 3. 7 Lücke, in Sachs, GG, Art. 80 Rn. 49. 8 Vgl. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes v. 28. August 2006; DGBl. 2006 I, S. 2034. 9 Vgl. Eicher, Der Machtverlust der Landesparlamente, S. 61 ff. Siehe auch das Interview mit der Bundesministerin der Justiz, Brigitte Zypries, in: Frankfurter Hefte 4 / 04; URL http: / / www.frankfurter-hefte.de / gespraech / gespraech_04_04.html (letzter Zugriff am 18. Januar 2006). 10 Vgl. die Mitteilung des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung; URL http: / / www.soziale-sicherungssysteme.de / kommission / index.html (letzter Zugriff am 18. Januar 2006). 11 Vgl. die Mitteilung der Bundesregierung unter URL http: / / www.bundesregierung.de / dokumente / -,413.916661 / Artikel / dokument.htm (letzter Zugriff am 18. Januar 2006).
13 Scheel
194
Teil 6: Folgen einer erweiterten Gestaltungsmacht der Länder
Kommission) im Jahre 2002 einen Trend zur Abwertung des Parlamentarismus. 12 Die hier vertretene Rechtsauffassung betont hingegen die Verantwortung der vom Volk legitimierten Entscheidungsträger im Gebührenverfahren, beendet damit die nicht selten beklagte13 und tatsächlich demokratiestaatlich bedenkliche Denaturierung des Gesetzgebers bei der Festsetzung der Rundfunkgebühr14 und leistet folglich einen Beitrag zur Stärkung des grundgesetzlichen Demokratieprinzips auf Länderebene insgesamt.
II. Annäherung der Rundfunkfreiheit an die verfassungsrechtliche Normallage grundrechtlicher Freiheiten Die Auslegung der grundrechtlichen Rundfunkfreiheit als eine der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung dienenden Freiheit stellt eine atypische Grundrechtsinterpretation dar.15 Im Gegensatz dazu wird das weitere in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG enthaltene Massenkommunikationsgrundrecht der Pressefreiheit primär in seiner klassischen Funktion als Abwehrrecht gedeutet.16 Diese Verschiedenbehandlung bei der Normauslegung kann nur gerechtfertigt sein, wenn sich die zu regelnden Lebenssachverhalte so deutlich unterscheiden, dass eine Differenzierung zwingend ist. Ein solch gravierender rechtstatsächlicher Unterschied zwischen dem Rundfunk- und dem Pressewesen lässt sich nicht (mehr) diagnostizieren. Ist von einer technischen oder wirtschaftlichen Sondersituation des Rundfunks auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits seit längerem nicht mehr die Rede,17 stellt das Gericht heutzutage in erster Linie auf die besondere Suggestivkraft des Rundfunks ab, um seine Sonderstellung unter den Massenmedien zu begründen.18 Die These von der besonderen Wirkungsmacht des Rundfunks ist allerdings im rechtswissenschaftlichen Schrifttum sehr umstritten,19 und auch in der 12 Zur Problematik der Verlagerung politischer Verantwortung vom Parlament auf externe Beratungsgremien Voßkuhle, Sachverständige Beratung des Staates, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, § 43 Rn. 52 sowie P. Kirchhof, NJW 2001, 1932 (1933). 13 Etwa Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 34; Engel, AfP 1994, 185 (186); von Münch, Die Rundfunkgebühr: Ein verfassungsrechtlich unhaltbares Fossil?, FS Selmer, S. 821 ff. (S. 829). 14 Zu Möglichkeiten einer weiteren Stärkung der Landesparlamente innerhalb der dritten Stufe des Gebührenverfahrens de lege ferenda noch unten Teil 6 C. V. 2. 15 Siehe oben Teil 2 A. II. 16 BVerfGE 20, 162 (175); 66, 116 (135); 80, 124 (133); Bethge, in: Sachs, GG, Art. 5 Rn. 71 ff. Dies schließt freilich nicht aus, dass das Grundrecht auch eine objektiv-rechtliche Dimension aufweist. 17 Zu diesem Argumentationsmuster in früheren Gerichtsentscheidungen oben Teil 2 A. I. 18 So insbesondere BVerfGE 90, 60 (87); ähnlich BVerfGE 97, 228 (256).
A. Verfassungsrechtliche Folgen
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fachnäheren kommunikationswissenschaftlichen Literatur gibt es zahlreiche Stimmen, die dieser Annahme jedenfalls in der geäußerten apodiktischen Form skeptisch gegenüberstehen.20 Darüber hinaus führt die fortschreitende technische Entwicklung im Bereich der Massenmedien ohnehin dazu, dass die klassischen Abgrenzungslinien zwischen Presse und Rundfunk verschwimmen.21 Wenn demzufolge die rechtstatsächlichen Grundlagen für die Sonderrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rundfunkfreiheit ins Wanken geraten, erscheint es im Lichte eines einheitlichen Grundrechtsverständnisses geboten, die beiden Massenkommunikationsgrundrechte Presse- und Rundfunkfreiheit behutsam einander anzunähern.22 Annäherungspol muss dabei die Pressefreiheit sein, die seit jeher mehr im Sinne der klassischen Abwehrfunktion eines Grundrechtes interpretiert wird als die Rundfunkfreiheit. Dem Ziel einer Rückführung der Rundfunkfreiheit in die so verstandene verfassungsrechtliche Normallage grundrechtlicher Freiheiten wird die hier vertretene weite Rechtsauffassung besser gerecht als die Ansicht, die einen Entscheidungsspielraum der Länder bei der Gebührenfestsetzung weitgehend leugnet. So ist zu sehen, dass dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit den Rundfunkgebühren monetäre Leistungen zukommen.23 Folglich werden die Anstalten sogar dann nicht mit staatlichen Eingriffen konfrontiert, wenn die Gebührenfestsetzung der Länder unterhalb der gewünschten Höhe bleibt. Bei der Presse wäre hingegen bereits eine staatliche Organisationsform und infolgedessen eine mit der Rundfunkgebühr vergleichbare Presseabgabe unzulässig.24 Im Rahmen der Leistung Rundfunkgebühr muss dann aber den staatlichen Verantwortungsträgern zum Schutz der mit der Abgabe belasteten Rundfunkteilnehmer zumindest ein substanzieller Entscheidungsspielraum verbleiben, der sich nicht in der Ratifikation eines Sachverständigenvorschlags wie dem KEF-Votum erschöpfen darf.25 Dass dies gerade für die Landes19 Dem Bundesverfassungsgericht zustimmend Starck, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 115; Sachs, Verfassungsrecht II, B 5 Rn. 41; Fechner, Medienrecht, Rn. 812; skeptisch hingegen Herrmann / Lausen, Rundfunkrecht, § 2 Rn. 152; Dittmann, Die Neuen Medien in der Verfassungsordnung, LA Oppermann, S. 757 ff. (S. 782); Hain, Rundfunkfreiheit und Rundfunkordnung, S. 53 ff.; Charissé, Die Rundfunkveranstaltungsfreiheit und das Zulassungsregime der Rundfunk- und Mediengesetze, S. 94 f.; Scholz, AfP 1995, 357 (358) sowie eingehend unter Bezugnahme auf das kommunikationswissenschaftliche Schrifttum Hecker, „Medienmacht“ und Rezipientenfreiheit, S. 109 ff. 20 Vgl. etwa Maletzke, Kommunikationswissenschaft im Überblick, S. 92 ff.; Schenk, Medienwirkungsforschung, S. 709 ff.; Kübler, Kommunikation und Massenkommunikation, S. 161 ff. 21 A. Hesse, Rundfunkrecht, 7. Kap. Rn. 80; Kronberger Kreis, Mehr Markt – weniger Staat, S. 228 f. Vgl. auch bereits oben Teil 4 C. III. 3. 22 Ähnlich Scholz, AfP 1995, 357 (359). 23 BVerfGE 87, 181 (201). 24 Zur Verfassungswidrigkeit einer strukturellen Überführung der Presseunternehmen in eine öffentlich-rechtliche Organisationsform Starck, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 89; Wendt, in: von Münch / Kunig, GG, Art. 5 Rn. 43.
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Teil 6: Folgen einer erweiterten Gestaltungsmacht der Länder
parlamente gilt, zeigt nicht zuletzt eine Vergleichsbetrachtung mit dem Subventionsrecht im Pressewesen. Denn die staatliche Förderung einzelner Presseunternehmen darf abweichend von dem ansonsten geltenden Grundsatz einer hinreichenden haushaltsrechtlichen Legitimation26 wegen der Bedeutung einer unabhängigen Presse für die freiheitlich demokratische Ordnung nur auf der Grundlage eines spezifischen Gesetzes erfolgen.27 Da dem Rundfunk ebenfalls demokratiestaatliche Garantiefunktion zukommt,28 erhellt unter diesem Blickwinkel, dass die Landesparlamente auch im Gebührenverfahren nicht zu einer Notifikationsinstanz degradiert werden dürfen. Haben es die Länder darüber hinaus in der Hand, einer nicht mehr von seinem spezifischen Funktionsauftrag gedeckten Expansion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks über das Mittel der Rundfunkgebühr entgegenzuwirken,29 erweitert sich in einem solchen Fall der Handlungsspielraum für private Rundfunkveranstalter. Dadurch tritt deren Grundrecht auf Rundfunkfreiheit in den Vordergrund. Dies führt letztlich zu einer stärkeren Betonung der klassischen Abwehrfunktion der grundrechtlichen Rundfunkfreiheit, wodurch sich diese in der gebotenen Weise an die Pressefreiheit und damit an die verfassungsrechtliche Normallage grundrechtlicher Freiheiten annähert.30
III. Ausgleich des Spannungsfeldes zwischen Staatsverantwortung für den Rundfunk und Staatsfreiheit des Rundfunks Die grundrechtliche Rundfunkfreiheit wird nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowohl vom Prinzip der Staatsverantwortung als auch vom Prinzip der Staatsfreiheit geprägt.31 Darin vermag das Gericht keinen Wertungswiderspruch zu erkennen, so dass sich beide Strukturprinzipien voll entfalten könnten.32 Dieser euphemistischen Judikatur kann nicht gefolgt werden. Vielmehr zeigt sich bei der auch für das Gebührenverfahren maßgeblichen rundfunkrechtlichen Siehe bereits oben Teil 5 B. I. 3. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6 Rn. 14. 27 OLG Frankfurt a.M., NVwZ 1993, 706 (707) m. Bspr. Püttner, JuS 1995, 1069 (1071); ebenso bereits OVG Berlin NJW 1975, 1938 (1940). 28 Vgl. oben Teil 2 A. II. sowie Teil 6 A. I. 29 Hierzu oben Teil 4 B. II. 2. c). 30 Müller, MMR 12 / 2005, VI f. erkennt sogar eine generelle Tendenz der neueren Rechtsprechung sowohl des Bundesverfassungsgerichts als auch der Landesverfassungsgerichte, den subjektiv-rechtlichen Charakter der Rundfunkfreiheit verstärkt zu betonen. 31 Hierzu oben Teil 2 A. III. 1. und Teil 2 A. III. 2. 32 Siehe oben Teil 2 A. III. 3. 25 26
A. Verfassungsrechtliche Folgen
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Grundsatzfrage nach dem zutreffenden Maß an Staatsfreiheit bzw. Staatsverantwortung ein erhebliches Spannungsfeld.33 Denn mit dem Staat hat sich nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts derjenige, der die Freiheit garantieren soll, aus jener Sachmaterie herauszuhalten, deren Freiraum er zu schaffen hat. Damit nimmt der Staat im Rundfunkwesen tatsächlich eine „geradezu paradoxe Rolle“ ein.34 Hieraus resultiert, dass sich weder das Prinzip der Staatsfreiheit noch das der Staatsverantwortung allein durchsetzen kann. Vielmehr ist ein schonender Ausgleich im Sinne praktischer Konkordanz zu suchen. Unter diesem Blickwinkel stellt die hier vertretene Rechtsauffassung zugunsten eines erweiterten, nicht aber freien staatlichen Entscheidungsspielraums bei der Festsetzung der Rundfunkgebühr einen tragfähigen Kompromiss dar. Denn die Rechtsauffassung, die die Länder auf eine bloße Ratifikation des KEF-Vorschlags beschränken will, betont zu einseitig den Grundsatz der Staatsfreiheit des Rundfunks. Schließlich hat gerade der Staat für die Schaffung einer positiven Rundfunkordnung zu sorgen. Umgekehrt bedeutete ein freier Handlungsspielraum der Länder bei der Gebührenfestsetzung eine nicht ungefährliche Überbetonung des Strukturprinzips der Staatsverantwortung für den Rundfunk. Schließlich kann der Staat bei der Ausgestaltung der Rundfunkordnung auch sachwidrige (Eigen-)Interessen verfolgen. Das hier vorgeschlagene limitierte Maß an staatlicher Gestaltungsmacht bei der Festsetzung der Rundfunkgebühr beachtet hingegen sowohl den Aspekt der Staatsfreiheit des Rundfunks als auch den der Staatsverantwortung für den Rundfunk und gleicht folglich das skizzierte Spannungsfeld aus.
IV. Einfügung der Untersuchungsergebnisse in die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Prinzip der Staatsfreiheit des Rundfunks Die hier vertretene Rechtsauffassung einer erweiterten Gestaltungsmacht der Länder bei der Gebührenfestsetzung fügt sich ferner ein in die weitere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Strukturprinzip der Staatsfreiheit des Rundfunks. So spielt dieser Grundsatz auch bei der Aufsichtsgremienbesetzung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eine zentrale Rolle. In diesem Zusammenhang ist das Bundesverfassungsgericht der Ansicht, dass in den Kontrollgremien der Anstalten ein „angemessener Anteil“35 bzw. eine „begrenzt[e] Zahl“36 an Staatsvertretern zulässig sei. Damit reicht das Gericht selbst die Hand 33 Hierzu Scheel, Zur Staatsfreiheit des Rundfunks – Grundlagen und Grenzen eines Strukturprinzips am Beispiel der Aufsichtsgremienbesetzung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, FS Dittmann, S. 29 ff. (S. 33 ff.). 34 Dittmann, Die Neuen Medien in der Verfassungsordnung, LA Oppermann, S. 757 ff. (S. 762). 35 BVerfGE 12, 205 (263). 36 BVerfGE 83, 238 (330).
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Teil 6: Folgen einer erweiterten Gestaltungsmacht der Länder
zu einer Relativierung des Prinzips der Staatsfreiheit des (öffentlich-rechtlichen) Rundfunks. Auch wenn die Anzahl der Staatsvertreter in den Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten begrenzt sein muss und diese keine unmittelbaren programmlichen Entscheidungen treffen können,37 ist doch zu sehen, dass ein Rundfunkrat unter Mitwirkung dieser Staatsvertreter bis hin zu Weisungsrechten gegenüber dem Intendanten38 zumindest mittelbaren Programmeinfluss ausüben kann. Stellt man dem die sonstige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gegenüber, nach der sich auch nur jeder mittelbare Staatseinfluss auf das Programm der Rundfunkanstalten verbietet,39 erweist sich die Judikatur zur Rolle des Staates im Gebührenverfahren als übertrieben skeptisch.40 Selbst wenn man dem Gericht darin folgen mag, dass ein mittelbarer Programmeinfluss staatlicher Entscheidungsträger über den goldenen Zügel der Rundfunkgebühr verhindert werden müsse,41 liegt die Gefahr eines unzulässigen staatlichen Programmeinflusses doch eher in den Aufsichtsgremien der Anstalten. Wenn dort aber eine nicht nur unbeträchtliche staatliche Einflussnahme letztlich aus pragmatischen Gründen – eine tragfähige dogmatische Begründung wird nicht gegeben42 – für verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen wird, muss dies erst recht für die hier interessierende Gebührenfrage mit ihren rezipientenschützenden Implikationen43 gelten. Damit schreibt die hier vertretene Auffassung eines erweiterten Entscheidungsspielraums der Länder bei der Gebührenfestsetzung die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Aufsichtsgremienbesetzung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sinngemäß fort und trägt so zu der bei rundfunkrechtlicher Gesamtbetrachtung gebotenen Rückführung der Länder in die demokratiestaatlich gebotene Normallage auch im Rundfunkgebührenverfahren bei.44 Die verfassungsrechtlichen Folgen der hier vertretenen Rechtsauffassung einer erweiterten Gestaltungsmacht der Länder im Gebührenverfahren sind nach alledem positiv zu bewerten: Sie stärken über die erweiterten Gestaltungsbefugnisse der Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 335. Vgl. etwa §§ 15 Abs. 2 Satz 2 SWR-StV, 16 Abs. 4 Satz 3 WDR-Gesetz, 18 Abs. 2 Satz 2 NDR-StV, 32 Abs. 2 Satz 3 DW-Gesetz. Es enthalten aber nicht alle Rundfunkgesetze ein solches Weisungsrecht; vgl. Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 335. 39 Hierzu oben Teil 2 A. III. 2. 40 Im Ansatz ebenso Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 144 und Knothe, Die neuen Institutionen des Rundfunkstaatsvertrages zwischen Rechtsaufsicht und Staatsfreiheit, S. 108, die aber beide die staatsfreundlichere Rechtsprechung zur Aufsichtsgremienbesetzung und nicht die rigidere zur Rundfunkfinanzierung durch das Bundesverfassungsgericht korrigiert wissen wollen. 41 Vgl. oben Teil 3 A. I. 42 Dies kritisiert Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 144 ausdrücklich. 43 Hierzu oben Teil 4 A. II. 4. a). 44 Vgl. Scheel, Zur Staatsfreiheit des Rundfunks – Grundlagen und Grenzen eines Strukturprinzips am Beispiel der Aufsichtsgremienbesetzung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, FS Dittmann, S. 29 ff. (S. 50 f.). 37 38
B. Europarechtliche Folgen
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Landesparlamente die demokratische Komponente der Gebührenfestsetzung, ohne die Rundfunkfreiheit zu gefährden.
B. Europarechtliche Folgen I. Gefahr der Annäherung der Rundfunkgebühr an den Beihilfetatbestand des Art. 87 Abs. 1 EGV Die Konsequenzen einer erweiterten Gestaltungsmacht der Länder bei der Festsetzung der Rundfunkgebühr beschränken sich nicht auf das nationale Verfassungsrecht. Sie strahlen auch auf das Europarecht aus. Insbesondere stellt sich die Frage, welchen Einfluss die hier vertretene Rechtsauffassung eines erweiterten Entscheidungsspielraums der Länder im Gebührenverfahren auf das umstrittene Problem einer eventuellen Einordnung der deutschen Rundfunkgebühr als gemeinschaftsrechtswidrige Beihilfe gemäß Art. 87 Abs. 1 EGV hat.45 Auf den ersten Blick scheint der gesteigerte Staatseinfluss auf die Gebührenfestsetzung mit dem gemeinschaftsrechtlichen Beihilferegime der Art. 87 ff. EGV zu kollidieren. Denn zur Begründung dafür, dass die Rundfunkgebühr bisher schon tatbestandlich keine Beihilfe im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV sei, wird von weiten Teilen des Schrifttums vorgebracht, dass aufgrund der sachverständigen Überprüfung der Bedarfsanmeldungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch die KEF eine Überkompensation der Anstalten für die Wahrnehmung des Grundversorgungsauftrages als gemeinwirtschaftliche Verpflichtung ausgeschlossen sei. Damit stelle sich die Gegenleistung in Form der Rundfunkgebühr als angemessene Vergütung für eine von den Anstalten zu erbringende besondere Dienstleistung dar, weshalb das Merkmal der Begünstigung nicht gegeben sei.46 Wenn nun der Entscheidungsspielraum der Länder bei der Gebührenfestsetzung erweitert wird, kann man dem entgegenhalten, dass so die Verbindlichkeit des KEF-Votums relativiert, der Staatseinfluss gesteigert und damit der gemeinschaftsrechtlich gebotene Ausschluss einer Überkompensation der Anstalten in Frage gestellt wird. Richtigerweise ist bei diesem Einwand aber zu differenzieren. Soweit die Länder – wie bei der Gebührenfestsetzung zum 1. April 2005 geschehen – die Rundfunkgebühr niedriger festsetzen, als es die KEF vorgeschlagen hat, kann von einer Überkompensation der Anstalten keine Rede sein. Eine denkbare Unterkompensation spielt indes beihilferechtlich keine Rolle. Weil es nach der hier vertretenen Rechtsauffassung vor allem bei der Anwendung des Abweichungsgrundes eines fehlenden Informationszugangs aber auch zu einer das KEF-Votum überschreitenden Gebührenfestsetzung kommen kann, sind die dargestellten Bedenken insoweit 45 46
Hierzu ausführlich oben Teil 2 C. II. Siehe oben Teil 2 C. II. 2.
200
Teil 6: Folgen einer erweiterten Gestaltungsmacht der Länder
zu beachten. Sie greifen jedoch auch in diesem Fall nicht durch, weil es für die tatbestandliche Beurteilung der Rundfunkgebühr als Beihilfe nach vorzugswürdiger Rechtsauffassung auf das Merkmal der Begünstigung gar nicht entscheidend ankommt. Denn die Gebühr unterfällt jedenfalls deshalb nicht den Vorschriften der Art. 87 ff. EGV, weil sie nicht staatlich bzw. aus staatlichen Mitteln gewährt wird.47 An der insoweit maßgeblichen Tatsache, dass es im Gebührenverfahren an einer staatlichen Einrichtung fehlt, die zwischen den Rezipienten und den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten steht und über die Gelder eigenständig verfügen kann, ändert die Erweiterung des Entscheidungsspielraums der Länder bei der Gebührenfestsetzung nichts. Ganz im Gegenteil: Nach hier vertretener Rechtsauffassung kann man erst recht nicht mehr auf die KEF als eine solche Institution abstellen, da ihrem Votum nunmehr geringere Verbindlichkeit zukommt und sie folglich noch weniger frei über die Gelder verfügen kann, als dies nach der Gegenmeinung der Fall ist. Dem mag man zwar entgegenhalten können, dass dieser Kompetenzverlust der KEF originäre staatliche Entscheidungsträger begünstigt, was beihilferechtlich mindestens so problematisch ist. Es wurde jedoch bereits an anderer Stelle gezeigt, dass die staatliche Festsetzung der Rundfunkgebühr ihren Beihilfecharakter nicht begründen kann, solange kein öffentlicher Haushalt belastet wird.48 Am Fehlen dieser zwingenden Beihilfevoraussetzung ändert die hier vertretene Rechtsauffassung nichts. Die Rundfunkgebühr ist damit weiterhin nicht als gemeinschaftswidrige Beihilfe zu qualifizieren.
II. Verbesserung der Rechtfertigungssituation bei Bejahung der Beihilfevoraussetzungen Trotz weitgehend gegenteiliger Auffassungen im Schrifttum geht die Europäische Kommission davon aus, dass die Rundfunkgebühr tatbestandlich eine Beihilfe im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV ist.49 Deshalb muss man sich auch mit der Frage auseinander setzen, welche Folgen die hier vertretene Rechtsauffassung eines erweiterten Entscheidungsspielraums der Länder bei der Gebührenfestsetzung hat, wenn man den Beihilfecharakter der Gebühr unterstellt. Im Hinblick auf die dann maßgebliche Ausnahmevorschrift des Art. 86 Abs. 2 EGV i.V.m. dem Amsterdamer Rundfunkprotokoll sieht die Kommission die Gewährung der Rundfunkgebühr umso eher als legitimiert an, je konkreter der Funktionsauftrag des öffentlichrechtlichen Rundfunks definiert ist, je transparenter die finanzierungsrelevanten Maßnahmen der Anstalten erfolgen und je effektiver die Einhaltung dieser Vorgaben durch staatliche Instanzen kontrolliert wird.50
47 48 49 50
Siehe oben Teil 2 C. II. 3. Siehe oben Teil 2 C. II. 3. Siehe oben Teil 2 C. II. 2. – 4. Siehe oben Teil 2 C. III.
C. Verfahrensrechtliche Folgen
201
Diesen gemeinschaftsrechtlichen Zielvorgaben wird die hier vertretene weite Rechtsauffassung freilich besser gerecht als die Gegenmeinung, die eine staatliche Gestaltungsmacht im Gebührenverfahren weitgehend leugnet.51 Denn nur bei einem größeren Entscheidungsspielraum der Länder bei der Gebührenfestsetzung wird es einer staatlichen Instanz ermöglicht, über das Vehikel der Rundfunkfinanzierung und damit effektiv darüber zu wachen, dass die Anstalten ihren spezifischen Funktionsauftrag auch tatsächlich erfüllen. Angesichts verbesserter Kontrollmöglichkeiten wird gleichzeitig der Druck auf den Landesgesetzgeber erhöht, den Aufgabenbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks präzise zu definieren. Wenn so die Aktionsradien von öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk deutlich voneinander abgegrenzt werden, erbringt der öffentlich-rechtliche Rundfunk die von der Ausnahmevorschrift des Art. 86 Abs. 2 EGV im Lichte des Amsterdamer Rundfunkprotokolls52 geforderte Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, die eine nationale Gebührenfinanzierung gemeinschaftsrechtlich legitimieren kann. Unter diesem Blickwinkel dürften die Anstalten auch ein erhebliches Eigeninteresse daran entwickeln, ihr Finanzgebaren möglichst transparent zu gestalten, um nachträglichen Beanstandungen in der parlamentarischen und damit öffentlichen Gebührendebatte sowie Abstrichen bei der staatlichen Gebührenfestsetzung zuvorzukommen. Im Ergebnis lässt sich damit festhalten, dass bei Zugrundelegung der (unzutreffenden) Qualifikation der Rundfunkgebühr als gemeinschaftsrechtliche Beihilfe die hier vertretene Ansicht zum Entscheidungsspielraum der Länder bei der Gebührenfestsetzung den Anforderungen der Europäischen Kommission an den Ausnahmetatbestand des Art. 86 Abs. 2 EGV i.V.m. dem Amsterdamer Rundfunkprotokoll besser gerecht wird als die Gegenmeinung. Damit erweist sich die weite Rechtsauffassung auch im Hinblick auf die gemeinschaftsrechtlichen Folgen als vorzugswürdig.
C. Verfahrensrechtliche Folgen I. Inkompatibilität mit dem alternativen Verfahrensmodell einer Gebührendynamisierung Mit der hier vertretenen Rechtsauffassung eines erweiterten Entscheidungsspielraums der Länder bei der Gebührenfestsetzung wird der wiederholt diskutierten Verfahrensvariante eines Indexierungsmodells53 eine Absage erteilt. So schlägt die 51 In diesem Sinne auch der Rundfunkreferent der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, HansDieter Drewitz, bei einer Anhörung vor dem Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien des Sächsischen Landtages am 3. Februar 2005; vgl. stenografisches Protokoll v. 9. Februar 2005, PD 3.4, Apr 4 / 8 – 3 A, S. 12. 52 Hierzu oben Teil 2 C. III.
202
Teil 6: Folgen einer erweiterten Gestaltungsmacht der Länder
ARD aus Anlass der umstrittenen Gebührenfestsetzung zum 1. April 2005 künftig eine Dynamisierung der Rundfunkgebühr vor.54 Demnach solle die Rundfunkgebühr – ausgehend von der derzeitigen Gebührenhöhe von 17,03 A als Sockelbetrag55 – nach Maßgabe des Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes angepasst werden.56 Die Feststellung der konkreten Gebührenhöhe solle alle zwei Jahre im Wege einer übereinstimmenden Rechtsverordnung durch die Ministerpräsidenten der Länder erfolgen. Die Notwendigkeit eines Staatsvertrages entfalle, weil die Gebührenhöhe durch die Indexierungsformel vorgegeben sei.57 Dieses Modell bedürfe im Regelfall keines korrigierenden Eingriffs von außen, da auf Dauer immer (mit einem Zeitversatz von zwei Jahren) der richtige Index zur Anwendung komme.58 Zum Ausschluss einer denkbaren europarechtswidrigen Überkompensation der Anstalten – eine Bedarfsprüfung gibt es nach diesem Modell nicht mehr – solle alle vier Jahre ein nachgelagertes Finanzbedarfskontrollverfahren durch die KEF stattfinden.59 Des Weiteren solle bei einer wesentlichen Änderung der rundfunkspezifischen Rahmendaten wie etwa einer Fortschreibung des Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eine solche Überprüfung durch die KEF turnusgemäß oder auf Antrag der Länder bzw. der Rundfunkanstalten erfolgen. Im Falle einer Korrektur der Rundfunkgebühr durch die KEF wäre dann die neue Gebührenhöhe als Sockelbetrag für die künftige Indexierung staatsvertraglich festzusetzen.60 Gerade wenn man mit der hier vertretenen Rechtsauffassung den Entscheidungsspielraum der Länder bei der Gebührenfestsetzung de lege lata weit versteht, verbietet sich indes ein derartiger Automatismus, wie ihn das ARD-Modell vorsieht. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht im Gebührenurteil von 1994 die Verwendung indexgestützter Berechnungsmethoden zur Berücksichtigung der allgemeinen und der rundfunkspezifischen Kostenentwicklung für verfassungsrechtlich zulässig erachtet.61 Das Gericht hat damit aber keine generelle Indexierung der Rundfunkgebühr im Sinne ihrer Dynamisierung62 (wie dies etwa bei der BBC der Fall ist63) 53 Aus der Zeit vor dem Gebührenurteil bereits Hoffmann-Riem, Indexierung der Rundfunkgebühr. 54 Vgl. epd medien v. 16. Juli 2005, S. 10 f. 55 Neben diesem Sockelbetrag soll es weitere Sockelbeträge für jedes öffentlich-rechtliche Rundfunksystem (ARD, ZDF und DLR) auf der Grundlage von § 9 RFinStV geben. 56 ARD, Eckpunkte für eine Neuordnung des Gebührenfestsetzungsverfahrens, S. 1. 57 ARD, Eckpunkte für eine Neuordnung des Gebührenfestsetzungsverfahrens, S. 1 f. 58 ARD, Eckpunkte für eine Neuordnung des Gebührenfestsetzungsverfahrens, S. 2. 59 ARD, Eckpunkte für eine Neuordnung des Gebührenfestsetzungsverfahrens, S. 2 f. 60 ARD, Eckpunkte für eine Neuordnung des Gebührenfestsetzungsverfahrens, S. 3. 61 BVerfGE 90, 60 (103). Den bestandsbezogenen Bedarf der Anstalten schreibt die KEF tatsächlich indexgestützt fort; vgl. 10. KEF-Bericht, Anlage 3, Tz. 4. 62 Zu den Begrifflichkeiten Oppermann / Kilian, Rechtsgrundsätze der Finanzierung öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der dualen Rundfunkverfassung der Bundesrepublik Deutschland, S. 108; Bethge, Verfassungsrechtliche Probleme einer Indexierung der Rundfunkgebühr, in: Hoffmann-Riem, Indexierung, S. 137 ff. (S. 142).
C. Verfahrensrechtliche Folgen
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befürwortet.64 Zugunsten einer Dynamisierung kann man zwar ins Feld führen, dass durch sie politische Einflussnahmen auf die Rundfunkgebühr verhindert65 und die Planungssicherheit der Rundfunkanstalten erhöht werden.66 Auf der anderen Seite sind aber währungspolitische Risiken zu sehen, weil eine automatische Gebührenanpassung zu einer beschleunigten Inflation führen kann.67 Ferner besteht die Gefahr der Perpetuierung unwirtschaftlicher Zustände,68 da auf rundfunkspezifische Entwicklungen keine Rücksicht genommen werden kann. Das ist gerade bei der sich rasch verändernden Rundfunklandschaft misslich. Damit zeigt sich aber auch, dass der vorgeschlagenen Koppelung der Rundfunkgebühr an den Verbraucherpreisindex eine gewisse Beliebigkeit innewohnt.69 Des Weiteren blendet eine Dynamisierung den Sachzusammenhang der Rundfunkgebühr zum Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus.70 So wird der nicht unerhebliche Gegenleistungscharakter der Gebühr71 geleugnet und ihre Angemessenheit nicht mehr in die Festsetzungsentscheidung einbezogen.72 Darüber hinaus erscheint es angesichts der Nachlagerung des von der ARD vorgesehenen Kontrollverfahrens durch die KEF zweifelhaft, ob eine gemeinschaftsrechtswidrige Überkompensation der Anstalten tatsächlich ausgeschlossen wird. Letztlich spricht aber vor allem der verfassungsrechtlich gebotene Ausgestaltungsvorbehalt der staatlichen Letztentscheidung gegen eine Dynamisierung der Rundfunkgebühr.73 Beim Indexierungsmodell der ARD hätten die staatlichen Ent63 Die Einkünfte der BBC steigen entsprechend dem offiziellen Index für Einzelhandelspreise; vgl. Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 217 sowie eingehend Kopper, MP 1991, 709 (711 ff.). 64 Dies verkennt A. Hesse, Rundfunkrecht, 4. Kap. Rn. 145. 65 Kiefer, MP 1993, 46 (51 f.). 66 Vgl. ARD, Eckpunkte für eine Neuordnung des Gebührenfestsetzungsverfahrens, S. 1; Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 13 RStV Rn. 88 m. w. N. 67 Beucher / Leyendecker / von Rosenberg, Mediengesetze, § 13 RStV Rn. 8 sowie eingehend Landeszentralbank in Niedersachsen, Schreiben v. 1. Februar 1991 (abgedruckt bei Hoffmann-Riem, Indexierung, S. 216 ff.) mit der Schlussfolgerung: „Wir bitten daher dringend, die Überlegungen zur Indexierung der Rundfunkgebühr nicht weiterzuverfolgen.“ (S. 221). 68 Goerlich, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, Vor. § 1 RFinStV Rn. 13. 69 Ebenso Goerlich, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, Vor. § 1 RFinStV Rn. 13. Dies räumt implizit sogar die ARD, Eckpunkte für eine Neuordnung des Gebührenfestsetzungsverfahrens, S. 3 ein, wenn sie darauf verweist, dass der Verbraucherpreisindex unterhalb der medienspezifischen Teuerungsrate liege. 70 Goerlich, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, Vor. § 1 RFinStV Rn. 13. 71 Siehe oben Teil 4 B. II. 2. a). 72 Selmer / Brodersen, Die Indexierung der Rundfunkgebühr unter besonderer Berücksichtigung ihrer finanzrechtlichen Problematik, in: Hoffmann-Riem, Indexierung, S. 174 ff. (S. 188 f.). 73 Wieland, Die Indexierung der Rundfunkgebühr und der Vorbehalt des Gesetzes, in: Hoffmann-Riem, Indexierung, S. 158 ff. (S. 167); vgl. auch Libertus, in: Hahn / Vesting, Rundfunkrecht, § 13 RStV, Rn. 88.
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scheidungsträger keine Einflussmöglichkeiten auf die Rundfunkgebühr mehr, womit sie ihrer Wächterfunktion über die monetären Rezipienteninteressen und ihrer Garantenstellung für die Sicherung hinreichenden Informationszugangs im Rundfunk74 beraubt würden. Etwas anderes ließe sich nur damit begründen, dass das ARD-Modell im Falle einer nachträglichen Korrektur des Sockelbetrages durch die KEF eine staatsvertragliche Neufestsetzung des Basisbetrags fordert.75 Interpretierte man diese Passage so, dass dies nach Maßgabe des Gebührenurteils erfolgen solle, kämen hier die in dieser Arbeit näher beleuchteten Abweichungsgründe wieder zum Tragen. Eine solche Auslegung erscheint aber im Gesamtkontext des ARD-Vorschlages weniger nahe liegend als die Annahme, dass die Länder bei der Neufestsetzung des Sockelbetrages an das KEF-Votum gebunden sein sollen.
II. Inkompatibilität mit dem alternativen Verfahrensmodell einer verbindlichen Gebührenentscheidung durch die KEF Die hier vertretene Rechtsauffassung erteilt auch einem weiteren Verfahrensmodell eine Absage, das vom ZDF in die Gebührendebatte eingeführt wurde.76 Als Lehre aus der umstrittenen Gebührenfestsetzung zum 1. April 2005 schlug das ZDF vor, die Entscheidungen der Länder über den Funktionsauftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten von derjenigen über die Rundfunkgebühr strikt abzukoppeln. Demnach sollen die parlamentarischen Debatten über den Funktionsauftrag, die auch mittelbaren Einfluss auf den wirtschaftlichen Aufwand der Anstalten haben können, zur Mitte einer Gebührenperiode erfolgen und an die Ergebnisse anknüpfen, die anhand der Selbstverpflichtungserklärungen der Anstalten sowie der Überwachung ihrer Erfüllung durch die Aufsichtsgremien gewonnen werden.77 Die Befassung der politischen Instanzen nach Art einer Aufgabenkritik könne dann mit einer Änderung des Rundfunkstaatsvertrages schließen, die den Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fortschreibt.78 Der Finanzbedarf der Anstalten solle im Anschluss daran nach Maßgabe des „herkömmlichen und bewährten“ KEF-Verfahrens und im Hinblick auf Grundund Fernsehgebühr getrennt ermittelt werden.79 Die Festsetzung der Rundfunkgebühr solle jedoch nicht mehr durch Staatsvertrag, sondern im Wege föderal Hierzu oben Teil 4 A. II. 4. a) und Teil 4 B. II. 2.c). ARD, Eckpunkte für eine Neuordnung des Gebührenfestsetzungsverfahrens, S. 3. 76 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 25. Oktober 2005, S. 42. 77 ZDF, Vorschlag zur Optimierung des Verfahrens zur Rundfunkgebührenfestsetzung, S. 2 f. 78 ZDF, Vorschlag zur Optimierung des Verfahrens zur Rundfunkgebührenfestsetzung, S. 3. 79 ZDF, Vorschlag zur Optimierung des Verfahrens zur Rundfunkgebührenfestsetzung, S. 3. 74 75
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gleichlautender Verordnungen der Landesregierungen, beruhend auf einer staatsvertraglichen Verordnungsermächtigung, erfolgen. Dabei sei die Exekutive an den Gebührenvorschlag der KEF gebunden.80 Der Mangel an parlamentarischer Legitimation bei der Gebührenfestsetzung selbst sei hinnehmbar, weil die Bedarfsermittlung durch die staatsunabhängige KEF anhand fachlicher Maßstäbe und einer in der Verordnungsermächtigung fixierten Methodik erfolge.81 Darüber hinaus fordert das ZDF, die Gebührenperiode zur Erhöhung der Planungssicherheit der Anstalten auf sechs Jahre zu verlängern. Die insoweit auftretenden Schwierigkeiten einer Vorausschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung im Rahmen des KEF-Verfahrens könnten durch eine auf die Gebührenperiode befristete Indexierung gelöst werden, über die sich nicht vorhersehbare Preisentwicklungen zeitnäher auffangen ließen.82 Dieses Verfahrensmodell lässt sich mit der hier vertretenen Rechtsauffassung eines weiten Entscheidungsspielraums der Länder bei der Gebührenfestsetzung de lege lata ebenso wenig in Einklang bringen wie das vorher skizzierte Indexierungsmodell der ARD.83 So haben die Landesgesetzgeber bereits gut daran getan, aus Gründen der Grundrechtsrelevanz der Gebührenfestsetzung selbst vom Optionsrecht des Gebührenurteils keinen Gebrauch zu machen, die Entscheidung auf die Exekutive zu delegieren.84 Der Vorschlag des ZDF geht indes über den Ansatz des Bundesverfassungsgerichts noch hinaus, da er eine unbedingte Bindungswirkung des KEF-Votums für die Verordnungsgeber vorsieht. Das führte in der Konsequenz zu einer noch größeren Schwächung der Landesparlamente im Gebührenverfahren.85 Dieser Einwand lässt sich auch nicht mit dem Argument ausräumen, die Landesparlamente könnten mit der Kontrolle und der Fortschreibung des Funktionsauftrags der Anstalten sowie mit der staatsvertraglichen Festsetzung methodischer Bedarfsermittlungsvorgaben für die KEF eigene Kompetenzen wahrnehmen.86 Denn zum einen kann es dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber nicht zugemutet werden, medienpolitische Entscheidungen nur innerhalb eines vorgezeichneten Zeitfensters treffen zu dürfen. Zum anderen stellt der Schutz der Rundfunkteilnehmer vor einer unangemessenen Belastung durch die Rundfunk80
ZDF, Vorschlag zur Optimierung des Verfahrens zur Rundfunkgebührenfestsetzung,
S. 3. 81 ZDF, Vorschlag zur Optimierung des Verfahrens zur Rundfunkgebührenfestsetzung, S. 3 f. 82 ZDF, Vorschlag zur Optimierung des Verfahrens zur Rundfunkgebührenfestsetzung, S. 4. 83 Siehe oben Teil 6 C. I. 84 Vgl. oben Teil 3 C. III. 85 Unter diesem Blickwinkel betrachtet ist der vom ZDF gewählte Terminus „Gebührenvorschlag“ (vgl. ZDF, Vorschlag zur Optimierung des Verfahrens zur Rundfunkgebührenfestsetzung, S. 3) reichlich euphemistisch. 86 So aber das ZDF, Vorschlag zur Optimierung des Verfahrens zur Rundfunkgebührenfestsetzung, S. 4.
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gebühr eine eigenständige Kategorie dar,87 die bei der Gebührenfestsetzung selbst und nicht bei der Bestimmung des Funktionsauftrags der Anstalten relevant wird. Soweit der ZDF-Vorschlag darüber hinaus die Idee einer Teilindexierung der Rundfunkgebühr aufgreift, führt dies zu einer weiteren Verkomplizierung des ohnehin nicht einfachen Verordnungsmodells. Insbesondere aber lassen sich gegen eine Gebührenindexierung die bereits im Hinblick auf das ARD-Modell dargestellten rechtlichen Bedenken auch hier anführen.88
III. Kein Zurück zur Verfahrensrechtslage vor dem Gebührenurteil von 1994 Der hier vertretenen Rechtsauffassung einer erweiterten Gestaltungsmacht der Länder im Gebührenverfahren könnte entgegengehalten werden, sie wolle die Rechtslage aus den Zeiten vor dem Gebührenurteil wieder herstellen, in der die staatlichen Entscheidungsträger bei der Gebührenfestsetzung keinen prozeduralen Restriktionen ausgesetzt waren. Das verbietet sich jedoch bereits deshalb, weil das Bundesverfassungsgericht diesen Rechtszustand in wesentlichen Punkten für verfassungswidrig erklärt hat.89 Ein solcher Einwand geht indes fehl. Denn das alte Gebührenverfahren war dadurch gekennzeichnet, dass die KEF ihre Existenzberechtigung lediglich aus einem Beschluss der Ministerpräsidenten ableitete und folglich als bloßes Hilfsinstrument der Exekutive anzusehen war.90 Des Weiteren diente die Gebührenempfehlung der früheren KEF nur als Entscheidungshilfe für die Landesregierungen bzw. -parlamente. Die Gebührenfestsetzung selbst war als eine rein politische Entscheidung ausgestaltet, die keinen näheren materiellrechtlichen bzw. verfahrensrechtlichen Vorbehalten unterlag. Insbesondere waren die Länder jenseits des Faktischen in keiner Weise rechtlich an das Votum der KEF gebunden. Folglich stand ihnen die Gebührenfestsetzung sowohl dem Zeitpunkt als auch dem Umfang nach frei.91 Die vom Bundesverfassungsgericht im Gebührenurteil geforderte institutionelle Stärkung des Sachverständigengremiums durch die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage zur Regelung seiner Aufgabe, Zusammensetzung und seines Verfahrens92 sowie zur Sicherung der Unabhängigkeit seiner Mitglieder wird durch die Siehe oben Teil 4 A. II. Vgl. vorstehend Teil 6 C. I. 89 Hierzu oben Teil 1 C. V. 90 Zur Rolle der alten KEF näher Schreckenberger, Die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten unter besonderer Berücksichtigung von Fragen der Wirtschaftlichkeit und der sich verändernden Medienordnung, in: Stern, Programmauftrag, S. 5 ff. (S. 9 ff.); Badura, Rundfunkfreiheit und Finanzautonomie, S. 30 ff. 91 Siehe oben Teil 1 C. I. – V. 92 Siehe oben Teil 3 A. II. 3. 87 88
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hier vertretene Rechtsauffassung nicht in Frage gestellt. Die Einrichtung der KEF bleibt auch bei einer Erweiterung des Entscheidungsspielraums der Länder bei der Gebührenfestsetzung dem tagespolitischen Zugriff der Exekutive entzogen. Ebenso wird die Unabhängigkeit der Kommissionsmitglieder gewahrt. Darüber hinaus entfaltet das KEF-Votum nach hier vertretener Auffassung eine zeitlich wie inhaltlich rechtsrelevante Teilbindungswirkung.93 Die Gebührenfestsetzung durch die Länder ist damit keine rein politische Entscheidung mehr, sondern sie bedarf im Falle einer Abweichung einer Rechtfertigung nach Maßgabe der vom Bundesverfassungsgericht zugelassenen Abweichungsgründe.94
IV. Harmonisierung der Verfahrensstufen innerhalb des Gebührenverfahrens de lege lata Die hier vertretene Rechtsauffassung einer erweiterten Gestaltungsmacht der Länder im Gebührenverfahren wird der vom Bundesverfassungsgericht erhobenen Forderung nach einem gestuften und kooperativen Verfahren95 besser gerecht als die Gegenmeinung. Denn wer wie diese einen eigenständigen Entscheidungsspielraum der Länder bei der Gebührenfestsetzung zumindest de facto leugnet und die staatlichen Entscheidungsträger folglich an das KEF-Votum bindet, muss sich die Frage gefallen lassen, inwieweit die dritte und letzte im Gebührenurteil ausdrücklich vorgesehene Verfahrensstufe dann noch von Nöten ist.96 Die bloße Notifikation einer bereits anderweitig getroffenen Entscheidung würde der Idee einer selbstständigen Verfahrensstufe sicherlich nicht gerecht, zumal diese Verfahrensstufe in die Zuständigkeit demokratisch legitimierter Entscheidungsträger fällt.97 Nach hier vertretener Auffassung bilden die Bedarfsanmeldungen der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten die Grundlage des Gebührenverfahrens. Diese unterliegen einer fachlichen Kontrolle durch die KEF, derzufolge die Finanzvorstellungen der Anstalten nicht selten erheblich modifiziert werden.98 Im Sinne einer veritablen Kooperation sehen sich die staatlichen Entscheidungsträger zu einem Gutteil an das Gebührenvotum der KEF gebunden. Insbesondere dürfen sie nicht restriktionslos von diesem abweichen. Wenn aber die vom Bundesverfassungsgericht vorgezeichneten und in dieser Arbeit näher konturierten AbweichungsgrünSiehe oben Teil 5 B. II. 2., Teil 5 B. III. 2., Teil 5 B. V. 2., Teil 5 B. VI. 2. Zu diesen Abweichungsgründen ausführlich oben Teil 4. 95 Siehe oben Teil 3 A. II. 2. 96 Ebenso Degenhart, in: BK-GG, Art. 5 Abs. 1 und 2 Rn. 811, der darauf abstellt, dass das Verfahren ohne Abweichungsmöglichkeiten „ja auch wenig Sinn“ hätte. 97 Zu diesem Aspekt näher oben Teil 6 A. I. 98 So kürzte die KEF in ihrem 12. Bericht die Gebührenerhöhungsvorstellung der Anstalten von 5,75 DM auf 3,33 DM, in ihrem 14. Bericht von 2,01 A auf 1,09 A. Hierzu bereits oben Teil 1 C. VI. und Teil 1 C. VII. 93 94
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de99 (innerhalb eines gewissen Beurteilungsspielraums) tatbestandlich vorliegen, sind die Länder berechtigt und aufgrund ihrer rezipientenschützenden Wächterbzw. rundfunkspezifischen Gestaltungsfunktion auch verpflichtet, im Rahmen eines bestimmten Ermessensspielraums vom Gebührenvorschlag der KEF abzuweichen.100 Damit kommt jeder Verfahrensstufe eigenständiges Gewicht zu, so dass man von einem tatsächlich gestuften und kooperativen Gebührenverfahren sprechen kann.
V. Stärkung der Legislative gegenüber der Exekutive im Gebührenverfahren de lege ferenda 1. Problemlage Die hier vertretene weite Rechtsauffassung zum Entscheidungsspielraum der Länder bei der Gebührenfestsetzung beruht auf dem Leitgedanken einer demokratiestaatlich gebotenen und im Hinblick auf die Rundfunkfreiheit grundrechtlich verträglichen Stärkung der Legislative im Gebührenverfahren.101 Dabei wird die übermäßig staatskritische Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Rundfunkgebührenrecht teleologisch ausgelegt und zum Teil auch korrigiert.102 Dies allein führt aber noch nicht zu dem gebotenen Maß an „Renaturierung“103 der Landesparlamente im Gebührenverfahren. Da die Gebühr de lege lata durch Staatsvertrag festgesetzt wird (§ 14 Abs. 4 RStV), kommt in der Praxis den die Gebührenhöhe zunächst aushandelnden Ministerpräsidenten auf der dritten Stufe des Gebührenverfahrens eine maßgebliche Funktion zu.104 Den Landesparlamenten bleibt nur, den Staatsvertrag – häufig unter erheblichem politischen Druck – zu ratifizieren oder in toto abzulehnen. Modifikationen am Verhandlungsergebnis der Ministerpräsidenten scheiden hingegen aus.105 Dieses staatsinterne Alles-oder-Nichts-Prinzip wird der herausgehobenen Stellung der Landesparlamente zwar nicht genauso wenig gerecht wie die von weiten Teilen des Schrifttums geforderte Pflicht zur Ratifikation eines Sachverständigenvorschlags,106 da die Landesparlamente immerhin das Handeln ihrer MinisterpräHierzu ausführlich oben Teil 4. Zum Entscheidungsspielraum der Länder im Hinblick auf jeden einzelnen Abweichungsgrund oben Teil 5 B. II. – V. 101 Siehe oben Teil 5 B. I. 3. et passim. 102 Siehe oben Teil 4 A. II., Teil 4 B. II., Teil 4 C. I. 2., Teil 4 C. II., Teil 4 C. III. 103 Begriff in Anlehnung an Lerche, Rechtsfragen zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, S. 34, der von einer „Denaturierung“ des Gesetzgebers durch das Bundesverfassungsgericht spricht. 104 Hierzu oben Teil 1 C. VI. und Teil 1 C. VII. 105 Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 478. 106 Zu diesen Stimmen der Literatur oben Teil 4 A. I. 99
100
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sidenten demokratisch legitimieren.107 Dennoch erscheint es geboten, die Stellung der Landesparlamente innerhalb der dritten Stufe des Gebührenverfahrens weiter zu stärken. Gelänge dies in praktikabler Weise,108 käme (noch deutlicher) zum Ausdruck, dass die hier vertretene Rechtsauffassung keine Rückkehr zum prozeduralen Rechtszustand vor dem Gebührenurteil befürwortet, sondern gerade das Ziel verfolgt, die dort verfassungsrechtlich bedenkliche Dominanz der Exekutive109 einzudämmen und die Marginalisierung der Parlamente zu beenden.110
2. Lösungsansätze Dem Ziel einer Stärkung der Landesparlamente auf der dritten Stufe des Gebührenverfahrens ist dadurch näher zu kommen, dass den Parlamenten Einfluss auf die Willensbildung der Landesregierungen bei deren Gebührenentscheidung eingeräumt wird. Vereinzelt sehen landesgesetzliche Regelungen bereits generell entsprechende Möglichkeiten vor. So verpflichtet insbesondere Art. 1 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes über die Unterrichtung des Landtages durch die Staatsregierung111 (Parlamentsinformationsgesetz – PIG) die Bayerische Staatsregierung, den Landtag frühzeitig über beabsichtigte Staatsverträge zu unterrichten. Gemäß Art. 1 Abs. 2 PIG ist dem Landtag ferner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und eine Stellungnahme zu berücksichtigen. Da es insofern aber an übereinstimmenden gesetzlichen Standards in den Ländern fehlt,112 ist es für das Verfahren zur Festsetzung der Rundfunkgebühr geboten, ein einheitliches Beteiligungsmodell für die Landesparlamente zu entwerfen. Als Vorbild kommt das ebenfalls der Verwirklichung des grundgesetzlichen Demokratiegebotes dienende113 Beteiligungsmodell des Bundestages gegenüber der Bundesregierung in Angelegenheiten der Europäischen Union gemäß Art. 23 Abs. 3 GG i.V.m. dem Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union (ZEUBBG)114 Siehe oben Teil 6 A. I. Skeptisch Degenhart, SächsVBl. 2005, 129 (129 f.), der das staatsvertragliche Allesoder-Nichts-Prinzip für demokratiestaatlich zwar unbefriedigend, bundesstaatlich aber „wohl“ unumgänglich hält. 109 Siehe oben Teil 1 C. V. und Teil 6 C. III. 110 Die folgenden Erwägungen zur Stärkung der Landesparlamente de lege ferenda beschränken sich nicht auf das Verfahren zur Festsetzung der Rundfunkgebühr. Vielmehr sind sie dem Ansatze nach auf sämtliche Konstellationen übertragbar, in denen die Landesparlamente Staatsverträge ihrer Regierungen in Landesrecht transformieren müssen. 111 BayGVBl. 2003, S. 324. 112 Vgl. die Nachweise bei Eicher, Der Machtverlust der Landesparlamente, S. 113 ff. 113 Streinz, in: Sachs, GG, Art. 23 Rn. 99. 114 BGBl. 1993 I, S. 311; zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union v. 17. November 2005 (BGBl. 2005 I, S. 3178). 107 108
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in Betracht. Demnach bestellt der Bundestag einen Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union, der ermächtigt werden kann, für den Bundestag Stellungnahmen abzugeben (§ 2 ZEUBBG). Die Bundesregierung ist verpflichtet, den Bundestag umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt über alle Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, die für die Bundesrepublik Deutschland von Interesse sein könnten, zu unterrichten (§ 3 ZEUBBG). Insbesondere hat die Bundesregierung vor ihrer Zustimmung zu Rechtssetzungsakten der Europäischen Union dem Bundestag Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (Art. 23 Abs. 3 Satz 1 GG) und etwaige Stellungnahmen zu berücksichtigen (Art. 23 Abs. 3 Satz 2 GG). Auf das hier in Rede stehende Verfahren zur Festsetzung der Rundfunkgebühr übertragen bedeutet dies, dass einem parlamentarischen Landtagsausschuss die Frage der Rundfunkgebührenfestsetzung zugewiesen werden müsste. Die Ministerpräsidenten wären im Folgenden verpflichtet, diesen Landtagsausschuss umfassend und möglichst frühzeitig über eine anstehende Neufestsetzung der Rundfunkgebühr zu informieren und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei weiteren Verhandlungen und ihrer Gebührenentscheidung müssten die Regierungschefs dann etwaige parlamentarische Stellungnahmen berücksichtigen. Zwar entfaltet eine solche Berücksichtigungspflicht keine rechtliche Bindungswirkung.115 Dies kann angesichts der gebotenen Flexibilität bei den Gebührenverhandlungen zwischen den Ministerpräsidenten realistischerweise aber auch nicht gefordert werden. Immerhin jedoch resultiert aus der Berücksichtigungs- eine Befassungs-, Begründungs- und Sorgfaltspflicht der Landesregierungen gegenüber den Parlamenten.116 Dies dürfte bereits zu einer spürbaren Stärkung der Legislative im Gebührenverfahren führen. Darüber hinaus ist der politische Druck auf die Exekutive, der einer parlamentarischen Stellungnahme innewohnt, nicht zu unterschätzen.117 Im Hinblick auf die praktische Umsetzbarkeit dieses Modells ist freilich zu sehen, dass entsprechend der Anzahl der Bundesländer 16 solcher parlamentarischer Unterrichtungen erforderlich wären. Dies würde das Gebührenverfahren zunächst verkomplizieren und verlängern. Unmöglich ist ein solches Vorgehen aber nicht. Schließlich ist es nur Folge der Zuordnung des Rundfunkgebührenrechts zur Regelungskompetenz der Länder.118 Ferner bedarf es bereits de lege lata eines Konsenses unter 16 Ministerpräsidenten, der – wie vergangene Gebührenverfahren zeigen119 – ebenfalls nur schwer erreichbar ist. Mit der hier für zulässig erachteten 115 So Fischer, ZParl 1993, 32 (42) und Randelzhofer, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. III, Art. 24 Abs. I Rn. 205 zum Parallelfall der Mitwirkung des Bundestages gegenüber der Bundesregierung in Angelegenheiten der Europäischen Union. 116 So Streinz, in: Sachs, GG, Art. 23 Rn. 101 zum Parallelfall der Mitwirkung des Bundestages gegenüber der Bundesregierung in Angelegenheiten der Europäischen Union. 117 Darauf verweist auch Fischer, ZParl 1993, 32 (42) für den Parallelfall der Mitwirkung des Bundestages gegenüber der Bundesregierung in Angelegenheiten der Europäischen Union. 118 Hierzu oben Teil 1 B. I.
D. Folgen für die allgemeine Rundfunkgesetzgebung der Länder
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Möglichkeit einer Spaltung der Rundfunkgebühr120 wird diese demokratiestaatlich gebotene Verfahrenserschwerung im Übrigen mehr als kompensiert, da der nach bisheriger Rechtslage bestehende Einigungszwang unter den Ländern entfällt.
D. Folgen für die allgemeine Rundfunkgesetzgebung der Länder In einem letzten Schritt der Arbeit gilt es nunmehr noch zu prüfen, inwieweit sich die derzeitige staatsvertragliche Rechtslage mit den herausgearbeiteten Ergebnissen der Untersuchung vereinbaren lässt. Gegebenenfalls wird es darum gehen, sachdienliche Vorschläge für eine Neufassung der einschlägigen Vorschriften zu machen. Der die dritte Stufe des Gebührenverfahrens bisher regelnde § 7 Abs. 2 RFinStV121 lautet wie folgt: „Der Gebührenvorschlag der KEF ist Grundlage für eine Entscheidung der Landesregierungen und der Landesparlamente. Davon beabsichtigte Abweichungen soll die Rundfunkkommission der Länder mit den Rundfunkanstalten unter Einbeziehung der KEF erörtern. Die Abweichungen sind zu begründen.“
I. Kritische Analyse des § 7 RFinStV 1. Die Gebührenfestsetzungsentscheidung als solche (§ 7 Abs. 2 Satz 1 RFinStV) Nach der hier vertretenen Rechtsauffassung kann Satz 1 des § 7 Abs. 2 RFinStV der Sache nach bestehen bleiben. Mit den Begriffen des „Gebührenvorschlags“ sowie der „Grundlage für eine Entscheidung“ kommt deutlich zum Ausdruck, dass die Länder an das Votum der KEF nicht vollumfänglich gebunden sind.122 Denn ein „Vorschlag“ ist kein Diktat, und aus dem „Grundlagen“-Charakter des KEFVotums folgt zudem, dass dieses am Anfang des Willensbildungsprozesses der staatlichen Entscheidungsträger zu stehen hat.123 Umgekehrt entfaltet der Terminus der „Grundlage“ eine weiter gehende Appellwirkung gegenüber den Ländern
Siehe oben Teil 1 C. VI. und Teil 1 C. VII. Hierzu eingehend oben Teil 5 B. VII. 121 In der Fassung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages v. 26. August bis 11. September 1996 (BayGVBl. 1996, 480); zuletzt geändert durch Art. 6 des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrages v. 8. bis 15. Oktober 2004 (GBl. Bad.-Württ. 2005, S. 189). 122 Aus diesem Grund hält Hümmerich, AfP 1996, 118 (119) die Regelung des § 7 Abs. 2 RFinStV für verfassungswidrig; siehe bereits oben Teil 4 A. I. 4. b). 123 Vgl. auch Streinz, in: Sachs, GG, Art. 23 Rn. 101 Fn. 215 zu Art. 23 Abs. 3 GG i.V.m. § 5 Satz 3 ZEUBBG. 119 120
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als etwa eine (bloße) „Berücksichtigung“ des Sachverständigenvorschlags, so dass der teilverbindliche Charakter des KEF-Votums124 treffend zum Ausdruck kommt. Der Klarstellung halber erscheint es jedoch ratsam, den Begriff der „Entscheidung“ – zumal mit unbestimmtem Artikel („einer“) – durch den Terminus „die Gebührenfestsetzung“ (mit bestimmtem Artikel) zu ersetzen, da die Vorgabe „einer Entscheidung“ sehr unspezifisch ist und sich ihr Charakter als Gebührenfestsetzungsentscheidung nur aus dem Sinnzusammenhang der Norm ergibt. Ferner sollte an dieser Stelle – im Anschluss an § 14 Abs. 4 RStV – nochmals deklaratorisch erwähnt werden, dass die Gebührenfestsetzung durch Staatsvertrag erfolgt. Der Satz 1 des § 7 Abs. 2 RFinStV könnte demnach wie folgt neu formuliert werden: „Der Gebührenvorschlag der KEF ist Grundlage für die staatsvertragliche Gebührenfestsetzung durch die Landesregierungen und die Landesparlamente.“
2. Normierung der parlamentarischen Beteiligungsrechte Im Hinblick auf die gebotene Stärkung der Landesparlamente gegenüber der Exekutive im Gebührenverfahren125 sollte im Anschluss an Satz 1 des § 7 Abs. 2 RFinStV, angelehnt an die Formulierung von Art. 23 Abs. 3 Satz 1 und 2 GG, ein neuer Satz 2 eingefügt werden, der die frühzeitigen Beteiligungsrechte der Landesparlamente und den maßgeblichen Einfluss parlamentarischer Stellungnahmen für die weiteren Gebührenverhandlungen der Ministerpräsidenten zum Ausdruck bringt. Der neu zu schaffende Satz 2 des § 7 Abs. 2 RFinStV könnte wie folgt formuliert werden: „Die Landesregierungen geben den Landesparlamenten vor ihrer Entscheidung über die Gebührenfestsetzung Gelegenheit zur Stellungnahme; Stellungnahmen sind bei der Entscheidung zu berücksichtigen.“
3. Erörterungspflicht (§ 7 Abs. 2 Satz 2 RFinStV) Die im bisherigen Satz 2 – dem neuen Satz 3 – des § 7 Abs. 2 RFinStV normierte Erörterungspflicht der Rundfunkkommission der Länder mit den Rundfunkanstalten unter Einbeziehung der KEF kann der Sache nach bestehen bleiben. Der Klarstellung halber sollte jedoch – nachdem durch die Einfügung des neuen Satzes 2 das sprachliche Bindeglied zu Satz 1 entfallen ist – der Anknüpfungspunkt einer beabsichtigten Abweichung der Länder vom Gebührenvorschlag der KEF an den Anfang des Satzes gestellt werden. Es wäre demnach wie folgt zu formulieren:
124 125
Siehe oben Teil 5 B. II. 2., Teil 5 B. III. 2., Teil 5 B. V. 2., Teil 5 B. VI. 2. Hierzu oben Teil 6 C. V.
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„Beabsichtigte Abweichungen vom Gebührenvorschlag der KEF soll die Rundfunkkommission der Länder mit den Rundfunkanstalten unter Einbeziehung der KEF erörtern.“
4. Normierung der Abweichungsgründe Nach dem bisherigen Satz 2 – dem neuen Satz 3 – des § 7 Abs. 2 RFinStV sollten in dem neu zu schaffenden Satz 4 die inhaltlichen Parameter für eine Abweichungsentscheidung der Länder normiert werden. Im Hinblick darauf, dass das Gebührenurteil die Abweichungsgründe der unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer sowie des fehlenden Informationszugangs ausdrücklich erwähnt und weitere Aspekte über die Öffnungsklausel „im wesentlichen„ zulässt, erscheint es geboten, die beiden explizit genannten Abweichungsgründe in den Normtext aufzunehmen und potenzielle weitere Gesichtspunkte durch eine Regelbeispielsformulierung anzudeuten. Der neu zu kreierende Satz 4 des § 7 Abs. 2 RFinStV könnte damit wie folgt gefasst werden: „Abweichungen sind insbesondere aus Gründen einer unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer und eines fehlenden Informationszugangs zulässig.“
5. Das qualifizierte Begründungserfordernis (§ 7 Abs. 2 Satz 3 RFinStV) Die Begründungspflicht der Länder bei einer Abweichungsentscheidung im bisherigen Satz 3 – also im neuen Satz 5 – des § 7 Abs. 2 RFinStV kann der Sache nach bestehen bleiben. Die Verpflichtung der Länder, eine vom KEF-Votum abweichende Gebührenfestsetzung möglichst nachvollziehbar zu begründen,126 ergibt sich bereits aus dem Begründungserfordernis als solchem. Da der Aspekt der Abweichung bereits den neuen Satz 4 einleitet, kann sprachlich hierauf Bezug genommen werden. Der bisherige Satz 3 und neue Satz 5 des § 7 Abs. 2 RFinStV ist demnach wie folgt zu formulieren: „Sie sind zu begründen.“
6. Normierung der Möglichkeit einer Spaltung der Rundfunkgebühr Da die hier vertretene Rechtsauffassung auch eine bundeslandbezogene Spaltung der Rundfunkgebühr für zulässig erachtet,127 sollte § 7 RFinStV schließlich eine Regelung für den Fall enthalten, dass sich die Länder auf eine einheitliche Gebühr nicht einigen können. Da ein solcher Dissens von der Einhaltung der all126 127
Siehe oben Teil 5 A. II. 1. Siehe oben Teil 5 B. VII.
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gemeinen Vorschriften bei der Gebührenfestsetzung nicht entbindet, bedarf es insoweit einer normativen Klarstellung. Im Hinblick darauf, dass es sich bei der Gebührenspaltung um einen Sonderfall handelt, sollte eine entsprechende Regelung einem eigenen Absatz vorbehalten werden. Der neu zu schaffende Absatz 3 des § 7 RFinStV könnte demnach wie folgt lauten: „Können sich die Länder auf eine einheitliche Gebühr nicht einigen, so gilt der Betrag, der im jeweiligen Bundesland in entsprechender Anwendung von Absatz 2 festgesetzt wird.“
II. Formulierungsvorschlag für eine Neufassung des § 7 RFinStV Aufgrund der vorgenannten Erwägungen sollte § 7 RFinStV wie folgt neu gefasst werden: (1) (unverändert) (2) Der Gebührenvorschlag der KEF ist Grundlage für die staatsvertragliche Gebührenfestsetzung durch die Landesregierungen und die Landesparlamente. Die Landesregierungen geben den Landesparlamenten vor ihrer Entscheidung über die Gebührenfestsetzung Gelegenheit zur Stellungnahme; Stellungnahmen sind bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Beabsichtigte Abweichungen vom Gebührenvorschlag der KEF soll die Rundfunkkommission der Länder mit den Rundfunkanstalten unter Einbeziehung der KEF erörtern. Abweichungen sind insbesondere aus Gründen einer unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer und eines fehlenden Informationszugangs zulässig. Sie sind zu begründen. (3) Können sich die Länder auf eine einheitliche Gebühr nicht einigen, so gilt der Betrag, der im jeweiligen Bundesland in entsprechender Anwendung von Absatz 2 festgesetzt wird.
Zusammenfassung Die Arbeit hat es sich zum Ziel gesetzt, den Entscheidungsspielraum der Länder bei der Festsetzung der Rundfunkgebühr auszuloten.1 Schien dieser nach bisher vorherrschender Ansicht sehr gering zu sein,2 so erweist er sich nach Abschluss der Untersuchung als durchaus beachtlich. Die Länder fungieren im Gebührenverfahren nicht nur als Ratifikationsinstanz, sondern verfügen über rechtlich gesicherte Möglichkeiten, bei der Festsetzung der Rundfunkgebühr vom Gebührenvotum der KEF abzuweichen. Die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. Die Rundfunkgebühr in Deutschland hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Nach Jahrzehnten eines konstanten Betrages von 2 Mark stieg die Gebühr seit Beginn der 1970er-Jahre kontinuierlich an. Nach der letzten Gebührenerhöhung zum 1. April 2005 beläuft sie sich derzeit auf einen Betrag von 17,03 A. 2. Verfassungsrechtliche Grundlage für die Existenz und Ausgestaltung der Rundfunkgebühr ist die grundrechtliche Rundfunkfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG – nach Maßgabe der Konturen, die ihr durch eine umfängliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gegeben wurden. Danach ist den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eine Finanzausstattung zu garantieren, die es ihnen ermöglicht, ihre am Prinzip der Gewährleistung freier Meinungsbildung orientierte Funktion in der gegenwärtigen dualen Rundfunkordnung wahrzunehmen. Die derzeitige Ausgestaltung der Rundfunkgebühr schafft die finanziellen Voraussetzungen für die Darbietung eines breit gefächerten, ausgewogenen und qualitativ hochwertigen Programms und entspricht daher diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen. 3. Die Rundfunkgebühr begegnet keinen durchgreifenden europarechtlichen Einwänden. Sie ist keine gemeinschaftsrechtswidrige Beihilfe im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV, da es jedenfalls an der Tatbestandsvoraussetzung der staatlichen Mittelherkunft fehlt. Soweit man mit der Kommission der Europäischen Gemeinschaft den Beihilfecharakter der Rundfunkgebühr unterstellt, kommt der Ausnahmefall des Art. 86 Abs. 2 i.V.m. dem Amsterdamer Rundfunkprotokoll in Betracht. Diese Exemtion vom generellen Beihilfeverbot liegt umso näher, je konkreter der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks definiert und je effektiver seine
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Siehe oben Einleitung. Siehe oben Teil 4 A. I. und Teil 4 B. I. 1.
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Einhaltung staatlich kontrolliert wird. Dabei kommt der Ausgestaltung der Länderrolle bei der Gebührenfestsetzung wesentliche Bedeutung zu. 4. Das Verfahren zur Festsetzung der Rundfunkgebühr ist durch das Gebührenurteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1994 maßgeblich vorgezeichnet. Demnach bedarf es eines gestuften und kooperativen Verfahrens, das die Möglichkeiten politischer Einflussnahme auf die Rundfunkgebühr begrenzt und an der Zielvorgabe orientiert ist, den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die funktionserforderlichen Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. 5. Das im Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag normierte dreistufige Verfahren zur Festsetzung der Rundfunkgebühr von der Bedarfsanmeldung der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten über die wirtschaftliche Finanzbedarfskontrolle durch die mit Sachverständigen besetzte KEF bis hin zur staatsvertraglichen Gebührenfestsetzung durch die Landesregierungen und Landesparlamente entspricht diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen. 6. Von dem Gebührenvorschlag der KEF dürfen die staatlichen Entscheidungsträger in den Ländern bei der Festsetzung der Rundfunkgebühr nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (jedenfalls) aus Gründen einer unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer und eines fehlenden Informationszugangs abweichen. 7. Unter dem Gesichtspunkt einer unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer kommen für eine Abweichung der Einfluss des Sozialstaatsprinzips auf die Gebührenfestsetzung sowie Vergleichsbetrachtungen der Rundfunkgebühr mit den Kosten für die Inanspruchnahme weiterer Kommunikationsleistungen bzw. anderer Güter der Daseinsvorsorge, der Einkommenssituation der Rezipienten, der Entwicklung weiterer öffentlicher Abgaben sowie der Lage der öffentlichen Haushalte in Betracht. In Zeiten einer allgemein angespannten wirtschaftlichen Lage mit knappen privaten und öffentlichen Haushaltsmitteln vermögen solche Vergleichsbetrachtungen einen Abschlag vom KEF-Votum zu rechtfertigen. 8. Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung des KEF-Votums durch die Länder sind auch (medien)politische Erwägungen nicht von vornherein ausgeschlossen. Das vom Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang statuierte Verbot einer Verknüpfung der staatlichen Gebührenfestsetzung mit programmlichen und medienpolitischen Erwägungen trennt miteinander im Zusammenhang stehende Sachfragen und verringert damit die Rationalität und Plausibilität der Gebührenentscheidung der Länder. Ein derartiges Koppelungsverbot oder zeitliches Abstandsgebot zwischen Gebührenfestsetzung und sonstigen medienpolitischen Entscheidungen ist deshalb abzulehnen. Programmliche und medienpolitische Erwägungen sind vielmehr bei der Gebührenfestsetzung nach Maßgabe der vorgezeichneten Abweichungsgründe insoweit zulässig, als sie im Allgemeinen mit der grundrechtlichen Rundfunkfreiheit vereinbar sind.
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9. Trotz zahlreicher konkretisierender Anhaltspunkte für eine nähere Konturierung bleibt der Abweichungsgrund der unangemessenen Rezipientenbelastung rechtlich nur schwer greifbar. Er ist daher nur bedingt geeignet, ein Abweichen der Länder vom Gebührenvotum der KEF substanziell zu begründen und verfassungsrechtlich zu legitimieren. 10. Der Abweichungsgrund eines fehlenden Informationszugangs weist hingegen schärfere Konturen auf. Hinreichender Informationszugang in diesem gebührenrechtlichen Zusammenhang ist nur gewährleistet, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen spezifischen Funktionsauftrag in der dualen Rundfunkordnung erfüllen kann und ihn bei Vorliegen entsprechender (finanzieller) Möglichkeiten auch tatsächlich erfüllt. Ein Unterschreiten des KEF-Votums lässt dieser Abweichungsgrund insbesondere dann zu, wenn wesentliche Teile des Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bereits durch das Programmangebot privater Veranstalter hinreichend erfüllt werden, es insoweit also zu einer programmlichen Konvergenz gekommen ist. Umgekehrt kann ein Überschreiten des KEF-Vorschlages verfassungsrechtlich dann geboten sein, wenn andernfalls eine Erfüllung des Funktionsauftrages des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im dualen Rundfunksystem nicht gewährleistet erscheint. 11. Neben den beiden ausdrücklich genannten Abweichungsgründen der unangemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer und des fehlenden Informationszugangs kommen nach der Konzeption des Gebührenurteils weitere, unbenannte Aspekte in Betracht. Diese lassen sich in prozedurale und medienspezifische Abweichungsgründe einteilen. a) In prozeduraler Hinsicht können insbesondere Änderungen der rundfunkspezifischen Rahmenbedingungen während eines Gebührenverfahrens eine Abweichung vom KEF-Votum rechtfertigen. So werden etwa programmbezogene Selbstverpflichtungserklärungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten oder eine Änderung der technischen Rahmenbedingungen für die Verbreitung der Programme Auswirkungen auf den Finanzbedarf der Anstalten haben. Diese monetären Folgen sind bei der staatlichen Gebührenfestsetzung zu berücksichtigen, wenn sie aus zeitlichen Gründen nicht mehr von der KEF gewürdigt werden konnten. b) Als medienspezifischer Abweichungsgrund kommt vor allem eine Änderung des Rezipientenverhaltens bei Nutzung der elektronischen Medien in Betracht. Den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind Darbietungen im Bereich der Neuen Medien zwar nicht vorenthalten. Derartige Angebote müssen sich jedoch entsprechend dem spezifischen Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hinreichend deutlich von solchen privater Veranstalter unterscheiden. Sollte dies nicht der Fall sein, kommt ein Abschlag vom KEF-Votum in Betracht. Umgekehrt ist ein Zuschlag insbesondere dann möglich, wenn gerade die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten aus Gründen der Sicherung von Meinungsvielfalt zur Darbietung qualitativ hochwertiger Angebote in den Neuen Medien in die Pflicht genommen werden müssen.
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12. Die Entscheidungsfindung der Länder hat formelle Vorgaben zu beachten. Bei der Gebührenfestsetzung ist vom KEF-Votum auszugehen. Abweichungen von diesem sind nachvollziehbar zu begründen. An die Nachvollziehbarkeit der Begründung dürfen jedoch aufgrund der Unbestimmtheit der Abweichungsgründe keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Es genügt, wenn die Länder darlegen, auf welchen Abweichungsgrund sie ihre vom KEF-Vorschlag divergierende Entscheidung stützen und welche maßgeblichen Tatsachen den Abweichungsgrund tragen sollen. Die Einhaltung dieser formellen Anforderungen an eine vom KEFVotum abweichende staatliche Gebührenfestsetzung ist gerichtlich überprüfbar. 13. In materieller Hinsicht muss bei einer Abweichung vom KEF-Votum zwischen einem tatbestandlichen Beurteilungsspielraum der Länder bei der Feststellung eines Abweichungsgrundes und einem rechtsfolgenbezogenen Ermessen bei der Festsetzung der Rundfunkgebühr unterschieden werden. Tatbestandlich eröffnet vor allem der sehr vage Abweichungsgrund der unangemessenen Rezipientenbelastung einen erheblichen Beurteilungsspielraum. Der medienspezifische Abweichungsgrund des fehlenden Informationszugangs begründet hingegen auf der Rechtsfolgenseite einen weitreichenden Ermessensspielraum. Die Einhaltung der bei den einzelnen Abweichungsgründen unterschiedlich weiten rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums bei der Feststellung eines Abweichungsgrundes sowie die Einhaltung der bei den einzelnen Abweichungsgründen ebenfalls unterschiedlich weiten rechtlichen Grenzen des Ermessens bei der Festsetzung der Rundfunkgebühr durch die Länder ist gerichtlich überprüfbar. 14. Die Voraussetzungen für das Vorliegen der einzelnen Abweichungsgründe können zwischen den Bundesländern variieren. Entgegen einer verbreiteten Meinung im Schrifttum wäre in einem solchen Fall eine Spaltung der Rundfunkgebühr zulässig, eine von Land zu Land unterschiedlich hohe Rundfunkgebühr also möglich. 15. Die verfassungsrechtlichen Folgen einer erweiterten Gestaltungsmacht der Länder bei der Gebührenfestsetzung sind positiv zu bewerten. Das grundgesetzliche Demokratieprinzip wird auf Länderebene gestärkt, die Rundfunkfreiheit der verfassungsrechtlichen Normallage grundrechtlicher Freiheiten angenähert und das rundfunkspezifische Spannungsfeld zwischen Staatsfreiheit und Staatsverantwortung entlastet. Zudem liegt eine erweiterte Gestaltungsmacht der Länder bei der Gebührenfestsetzung auf einer Linie mit Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, in denen das strikte Gebot der Staatsfreiheit des Rundfunks relativiert wird. 16. Die europarechtlichen Folgen eines erweiterten Einflusses der Länder auf die Rundfunkgebühr sind ambivalent. Tatbestandlich gerät die Rundfunkgebühr dadurch in die Nähe einer gemeinschaftsrechtswidrigen Beihilfe, ohne aber den Verbotstatbestand des Art. 87 Abs. 1 EGV tatsächlich zu erfüllen. Demgegenüber werden die – aus Sicht der Europäischen Kommission maßgeblichen – Voraussetzungen einer Ausnahme vom generellen Beihilfeverbot gemäß Art. 86 Abs. 2 EGV
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i.V.m. dem Amsterdamer Rundfunkprotokoll dadurch geschärft, dass der Staat über seinen Einfluss auf die Höhe der Rundfunkgebühr die Einhaltung des spezifischen Funktionsauftrags durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten effektiv kontrollieren kann. 17. Die gesteigerte Gestaltungsmacht der Länder bei der Festsetzung der Rundfunkgebühr gebietet es, die Rolle der Landesparlamente innerhalb der dritten Stufe des Gebührenverfahrens (weiter) zu stärken. So sollten die Landesparlamente de lege ferenda frühzeitig in den Prozess der Willensbildung der Ministerpräsidenten bei deren Gebührenentscheidung durch Anhörungs- und Stellungnahmerechte einbezogen werden. 18. Die derzeitige Regelung der dritten Stufe des Gebührenverfahrens in § 7 RFinStV wird den verfassungsrechtlichen Möglichkeiten und Erfordernissen einer Beteiligung der Länder an der Festsetzung der Rundfunkgebühr nicht in vollem Umfange gerecht. Es empfiehlt sich daher eine staatsvertragliche Neufassung der Norm, die der gestärkten Rolle der Länder bei der Festsetzung der Rundfunkgebühr Rechnung trägt.
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Sachwortverzeichnis Abgabe 52, 62, 113, 143, 152, 195 Abgabenlast 126, 128, 130, 172, 189 Abwägung 108, 117, 122 Abwehrfunktion 195 f. Abwehrrecht 57, 194 Abweichung 53, 92, 99 f., 106, 108 ff., 115, 121, 137f., 149 f., 154, 165 ff., 176, 178 f., 180, 182 ff., 190, 207, 211 ff. Abweichungsgrund 26, 92, 99 f., 104, 106, 108 ff., 113 ff., 118, 120 f., 123, 129, 131 ff., 136 ff., 144, 147 ff., 154 ff., 159, 161, 163 ff., 169 ff., 172 ff., 190 ff., 199, 204, 207 ff., 213, 216 ff. Additiver Grundrechtseingriff 128 Allgemeine Handlungsfreiheit 102 Altmark Trans-Urteil 73 ff. Amsterdamer Rundfunkprotokoll 80, 200 f., 215, 219 Amtliche Begründung 165, 168 ff., 172, 178 Analoge terrestrische Fernsehversorgung 152 Analoger Switch-Off 186 Angemessene Belastung 92, 99, 104 f., 108 ff., 112, 115, 118, 120, 122, 141, 149 Angemessene Vergütung 74, 199 Angemessenheit 105, 110, 112 ff., 121, 123 ff., 127 ff., 136 f., 170 f., 176 f., 179, 203, 216 Anknüpfungspunkt 114, 142 f., 212 Anstalten siehe Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten Äquivalenzprinzip 105, 142 f. Arbeitsgruppe Rundfunkgebühren 37 f. ARD 24, 36 f., 39 f., 44, 50, 53, 151, 189 f., 202 ff. Aufsichtsgremien 82 f., 197 f, 204 Auftragsdefinition 160 Ausgestaltungsvorbehalt 203 Auslegungsmittel 165
Auswahlermessen 174 Außergewöhnliche Belastung 116 Baden-Württemberg-Beschluss 65 Bayerischer Rundfunk 31, 33, 36, 185 Bayerischer Verwaltungsgerichtshof 42 f., 45, 89 BBC 31, 202 Bedarfsanmeldung 25, 48 ff., 90 ff., 96, 98 f., 103, 132 ff., 152, 155, 177, 199, 207, 216 Bedarfsdisponent 158 Bedarfsfeststellung 51, 76, 90, 92, 108 f., 139, 205 Bedarfskalkulation 114, 170 Bedarfsmarktkonzept 158 Bedarfsvorstellung 90 Befreiung – von der Rundfunkgebühr 105 Befreiungstatbestände 120, 138, 142 Begründung 77, 109, 155 f., 166 ff., 190, 198 f., 218 Begründungserfordernis 166 f., 171, 213 Begründungspflicht 168 ff., 213 Begründungstechnik 170 Begründungszwang 166 Begünstigung 73 ff., 199 f. Beihilfe 72 ff., 199 ff., 215, 218 Beitrag 96, 143 Belastbarkeitsgrenze 109, 120, 138 Berichterstattung 59, 65 Beschwer 169 Besondere Dienstleistung 74, 199 Bestands- und Entwicklungsgarantie 147, 159, 177 Beteiligungsmodell – für die Landesparlamente 209 Beteiligungsrechte – der Landesparlamente 212 Beurteilungsspielraum 172 ff., 190 f., 208, 218
Sachwortverzeichnis Bezugspunkt 104 f., 122 f., 127 f., 137, 142 Bindungswirkung 76 f., 107, 109, 205, 210 Bund 32 ff., 71, 107, 131, 193 Bundesfreundliches Verhalten 188 Bundeshaushalt 107 Bundeskanzler 32 Bundesländer 44, 52 f., 95, 99, 110, 185 ff., 210, 214, 218 Bundespräsident 39 Bundesrat 32, 193 Bundesregierung 32, 209 f. Bundestag 32, 193, 209 f. Bundesverfassungsgericht 23 ff., 33 ff., 42, 45 ff., 76, 85 ff., 126, 129, 131 ff., 147, 149, 150, 154, 156 ff., 161, 163, 165 f., 170, 174 f., 178, 185, 187 f., 194 ff., 202, 205 ff., 215 ff. Bundesverwaltungsgericht 34 f., 143 Daseinsvorsorge 106, 125 ff., 137, 216 Dassonville-Formel 60 DDR 31 f. Delegation 92, 98, 102 Delegationsbefugnis 103 Demokratiegebot 111, 209 Demokratieprinzip 192, 194, 218 Denaturierung – des Gesetzgebers 111, 194 Deutsche Bundespost 33 f. Deutschland 26 f., 30, 32, 36, 44, 75, 81, 107, 188, 210, 215 Dienende Freiheit 57, 61, 145, 194 Digitale Übertragungstechnik 186 Dispens 120, 138 Dreistufiges Verfahren 93, 103 Drittnützige Freiheit 58 Duale Rundfunkordnung 23, 45, 62 ff., 140, 145, 147, 155, 157 f., 162, 215, 217 Duales Rundfunksystem siehe Duale Rundfunkordnung DVB-T 186 Dynamisierung – der Rundfunkgebühr 202, 203 Eigenstaatlichkeit der Länder 187 Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse 188 Einigungszwang – der Länder 45, 211
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Einkommen – der Rundfunkteilnehmer 104 f., 120, 127 f., 189 Einkommenssteuer 116, 130 Einschaltquoten 62, 145 Einschätzungsprärogative 67, 90, 98, 166, 180 Einsparpotenziale 52, 114, 152 f., 177 Einstimmigkeitsprinzip 187 Empfangsgebühr 28, 30 Empfangsgerät siehe Rundfunkempfangsgerät Empfangsmöglichkeit siehe Rundfunkempfangsmöglichkeit Empfangsrecht 29 Entgelt 33, 35, 123 ff., 137 Entscheidungsspielraum 25 f., 72, 83 f., 99, 111, 163, 174 f., 183, 190, 192, 195, 197 ff., 215 Entscheidungsträger 25, 51, 77, 87, 132, 135, 163, 182, 190, 193, 198, 207 Entschließungsermessen 174 Erforderlichkeitskriterium 68, 87 Ergänzungsstaatsvertrag 190 Erkenntnisprärogative siehe Einschätzungsprärogative Ermessen 101, 173 f., 179, 181, 184, 190, 218 Ermessensfehlerkontrolle 182 Erörterungspflicht 212 Europäische Kommission siehe Kommission der Europäischen Gemeinschaft Europäische Union 209 f. Europäischer Gerichtshof 60, 73 ff., 81 Europäisches Gericht erster Instanz 74 Europarecht 199 Evidenz 112 f. Evidenzkontrolle 97, 111 Exekutive 98, 102, 173, 205 ff. Fehlender Informationszugang 104, 137 ff., 147 ff., 156, 179 ff., 191, 199, 213 ff. Fehlentwicklungen 148, 154, 161, 180 ff. Fernmeldeanlage 34 Fernmeldehoheit 27 Fernmeldewesen 32, 34 Fernsehen 30, 32, 41, 56 f., 61, 161
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Sachwortverzeichnis
Fernsehgebühr 30, 33, 36, 38 ff., 47, 204 Fernsehprogramm siehe Programm Festsetzung – der Rundfunkgebühr 24 f., 53, 83, 85, 89, 102 f., 117, 121, 132, 158, 180, 182, 185, 188, 193 f., 197, 199 f., 203 f., 212, 215 ff. Finanzausgleich 40, 189 f. Finanzausstattung 38, 62 f., 67, 77 f., 100, 107, 131, 215 f. – funktionserforderliche 24 – funktionsgerechte 71 Finanzautonomie 98 Finanzbedarf 25, 30, 39 f., 44, 47 ff., 75 f., 91 ff., 110, 151 f., 171, 204, 217 Finanzbedarfsanmeldung siehe Bedarfsanmeldung Finanzbedarfseinschätzungsprärogative 94, 97 Finanzbedarfsfeststellung siehe Bedarfsfeststellung Finanzbedarfskontrolle 202, 216 Finanzgewährleistungsanspruch 140 Finanzgewährleistungspflicht 111 Finanzierung 24, 33 ff., 42, 44 f., 55, 61 f., 64, 66 ff., 71, 76 f., 80 ff., 87, 102, 105, 129, 131, 145, 193 Föderalismusreform 193 FRAG-Urteil 58 Fraktion 49, 53, 114, 169 Frequenzenknappheit 160 Funkdienst 27 Funktionsauftrag 23, 66 f., 75 f., 82 f., 86, 140, 145 ff., 152, 180, 196, 200 ff., 215, 217, 219 Gebühr siehe Rundfunkgebühr Gebührenanhebung 37, 110 Gebührenanpassung 37, 44, 100, 114, 187, 203 Gebührenanteil 29 Gebührenaufkommen 171 Gebührenausfall 168 Gebührenautonomie 43, 46 Gebührenbefreiung 120, 138
Gebührenbefreiungsrecht 52, 120 Gebührenbefreiungstatbestände 119, 138, 141 f., 148 Gebührendebatte 42, 44, 48 f., 107, 114, 201, 204 Gebühreneinzug 24, 28 f. Gebührenerhöhung 35 ff., 106 ff., 131, 133, 138, 151, 167, 168, 169, 177, 215 Gebührenfestsetzungsentscheidung siehe Festsetzung der Rundfunkgebühr Gebührenfestsetzungsverfahren siehe Verfahren zur Festsetzung der Rundfunkgebühr Gebührenfinanzierung 24, 26 f., 43, 45, 55, 62 ff., 71 f., 75, 79, 85, 145, 201 Gebührenfindung 26, 111 Gebührenhöhe 30, 43, 75, 92, 98, 129, 174, 186, 202, 208 Gebührenhoheit 42 Gebührenindexierung siehe Indexierung der Rundfunkgebühr Gebührenperiode 43, 52, 100, 107, 134, 153, 167 ff., 204, 205 Gebührensenkung 28 Gebührenspaltung siehe Spaltung der Rundfunkgebühr Gebührenurteil 24 ff., 34, 45 ff., 56, 59, 67, 70, 85 ff., 92 ff., 101 ff., 132 f., 139, 141 ff., 148 ff., 154 f., 157, 161, 165, 169, 172, 175, 181, 183, 185, 187 f., 202 ff., 213, 216 f. Gebührenverfahren siehe Verfahren zur Festsetzung der Rundfunkgebühr Gebührenverhandlungen 210, 212 Gebührenvorschlag 25, 47 f., 50, 93, 99, 101, 106, 108, 111, 114, 121, 152, 162, 164, 205, 208, 211 ff. Gebührenzahler 28, 44, 49, 114 f., 170 f. Gebundene Entscheidung 92, 101 Gegenleistung 34, 75, 105, 122, 123, 142 f., 199, 203 Gemeinsamer Markt 79, 81 Gemeinschaftsrecht 80, 160 Gemeinwirtschaftliche Verpflichtung 74 f., 199
Sachwortverzeichnis Gesamtprogramm siehe Programm Gesamtwirtschaftliche Entwicklung 97 f., 106, 132 Gesetzentwurf 169 Gesetzgeber 59, 60, 66 ff., 83, 86, 91 f., 99, 102, 106 ff., 133 ff., 138 f., 158 f., 175, 179, 187, 190, 193, 205 Gesetzgebung 27, 32, 166, 186, 193 Gespaltene Gebühr siehe Spaltung der Rundfunkgebühr Gestaltungsmacht 26, 32, 192 f., 197 ff., 206 f., 218 f. Gestaltungsspielraum 46, 67, 83, 92, 119, 133 Gestuftes und kooperatives Verfahren 48, 89 ff., 207, 216 Gewährleistungspflicht 90, 160 Gewinnmaximierung 145 GEZ 77 Grundgebühr 38 f., 41, 171 Grundgesetz 32, 45, 57, 59, 175 Grundrecht 42, 57 f., 60, 88, 102, 188, 195 f. Grundrechtsrelevanz 205 Grundrechtsschutz durch Verfahren 135, 164 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 122, 129, 137 Grundversorgung 65 f., 69, 110, 145, 156 f., 177, 181, 199 Güter des allgemeinen Bedarfs 110 Hartz-Kommission 194 Haushalte der öffentlichen Hand 97 f., 130, 132, 200 Haushalte von Bund und Ländern siehe Haushalte der öffentlichen Hand Haushaltsrechtliche Grundsätze 41, 69, 70 f., 94, 97 Hessen 3-Beschluss 45, 59, 68 f., 86, 89, 158 Hessischer Landtag 185 Hessischer Rundfunk 31, 185 Homogenitätsgebot 175 Hörer- und Seherparlamente 112 Hörfunk 28, 30 ff., 36, 39, 47, 120, 185, 188 Hörfunkprogramme 50, 188
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Indexierung – der Rundfunkgebühr 201 ff. Inflation 203 Informationsfreiheit 58, 188 Informationszugang 92, 99, 104, 108 f., 123, 138 ff., 147 ff., 179, 185, 204, 217 Intendant 37, 53, 198 Internet 124, 159, 160, 161 Judikative 163, 180 Juristischer Dienst des Sächsischen Landtages 170 f. Justiziabilität 164, 182 Kabelgroschen 42 KEF 25 f., 39 f., 44 ff., 75 ff., 81, 91 ff., 114, 118, 121, 132 ff., 147 ff., 175 ff., 190, 192, 195, 199, 200, 202 ff., 211 ff. KEF-Bericht 152 f., 181, 187 KEF-Votum 25, 51, 100 ff., 107, 114, 118, 136 ff., 147 f., 152, 155, 157, 163 ff., 176 ff., 190 f., 195, 199, 204 f., 207, 211 ff. Kinobesuch 106, 123 ff., 129 Klassischer Rundfunkauftrag 68, 140 Klausel „im wesentlichen“ 149, 161, 213 Kommission der Europäischen Gemeinschaft 72, 78 ff., 200, 215 Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten siehe KEF Kommunikationsleistungen 106, 125, 137, 216 Kompetenzabgrenzung 86, 163, 190 Kompetenzkonflikt 32, 33, 87 Konfliktfall 172, 180, 190 Konkurrenzfähigkeit – des öffentlich-rechtlichen Rundfunks 148, 156 Konvergenz 140, 147, 160 f., 217 Koppelungsverbot 133 ff., 156, 216 Kostenentwicklung 37, 96, 106, 110, 125, 202 Kostenvergleich 76, 126, 137 Kulturhoheit 32 Kumulation – von Abweichungsgründen 182
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Sachwortverzeichnis
Kündigung – des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages 100, 189 Kurzberichterstattungs-Urteil 56 Länder 24 ff., 32 ff., 71 f., 76, ff., 83 ff., 90, 92, 95 ff., 114, 118 ff., 131 ff., 143, 146 – 219 Länder-Parlamente siehe Landesparlamente Länderhaushalte 107 Landesgesetzgeber 103, 110, 201, 205 Landesmedienanstalten 42, 47, 112, 143 Landesparlamente 25, 36, 38 ff., 46 f., 49, 53, 81, 93, 99, 102 f., 134 f., 164, 166 ff., 174, 175, 190, 192, 193, 196, 199, 205, 208 ff., 214, 216, 219 Landesrecht 45, 98, 170 Landesregierungen 39, 46 ff., 50, 93, 99, 164, 192 f., 205 f., 209 ff. Landesrundfunkanstalten 39, 151 Landesverfassung 99, 175 Landtag 36 f., 40, 48, 53, 114, 167, 177, 185, 209 – Brandenburg 185 – des Saarlandes 185 – Sächsischer 49, 53, 114, 167, 177 – von Baden-Württemberg 185 Landtagsausschuss 210 Landtagswahl 37 Lebenshaltungskosten 116, 127 Legislative 98, 132, 139, 174 f., 208, 210 Legislativvorbehalt 103 Letztentscheidung 98, 165, 203 Letztentscheidungskompetenz 172, 175, 190 Lokalrundfunk 158 Maßstäbe 38, 75, 86, 88, 105, 115, 122, 125, 171, 174, 185, 205 Marktpreis 91 Marktprozesse 157 Marktzutrittsmöglichkeiten 23 Massenkommunikationsmittel 159 Massenmedien siehe Medien Medien 31, 51 f., 56, 80, 157, 217 Medienpolitik 67, 156
Medienspezifischer Abweichungsgrund 154 f., 158, 162, 180, 182, 217 f. Meinungsbildung 57 f., 62, 138, 160, 194, 215 Meinungsfreiheit 58, 140, 160 Meinungsvielfalt 61, 65, 145 f., 156, 159 ff., 181, 217 Ministerpräsidenten 25, 36 ff., 93, 95, 98, 103, 108, 114, 134 ff., 166, 169 f., 202, 206, 208 ff., 219 Mischfinanzierung 63 Mülheim-Kärlich-Entscheidung 88 Müllabfuhrgebühr 126 Nachprüfbarkeit – der Abweichungsgründe 165 ff., 170 f. Nationalsozialisten 29 f. Neue Medien 159 ff., 217 Niedersachsen-Urteil 60, 65 Nordwestdeutscher Rundfunk 31 Notifikation 111, 192, 196, 207 Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten 23 ff., 41, 43, 45, 49 ff., 61 ff., 94, 97, 98, 102 ff., 110, 122 ff., 130 ff., 168, 175, 177 ff., 186, 188, 190, 195 ff., 207, 215 ff. Öffentliche Abgaben 104, 121, 125, 128 ff., 137, 171, 216 Öffentliche Haushalte siehe Haushalte der öffentlichen Hand Öffentlicher Auftrag 81, 160 Öffnungsklausel 150, 161, 213 Österreich 188 Parlamente 40, 46, 49, 91 f., 98, 103, 111 f., 132, 166, 169 f., 193 f., 209 f. Parlamentsinformationsgesetz 209 Pay-TV-Veranstalter 148 Planungssicherheit 203, 205 Positionspapier 50, 135 Post 27, 29 f., 33 f. Präambel 166, 169 Praktische Konkordanz 180, 197 Praxisgebühr 130, 171 Preisindex 127 Presse 55 ff., 61, 157 ff., 195 f. Pressefreiheit 194, 195, 196 PreussenElektra-Urteil 76 ff.
Sachwortverzeichnis Printmedien siehe Presse Privater Rundfunk 23, 43, 62 f., 66, 143 ff., 156, 158, 162, 181, 196 Programm 23, 28 ff., 38, 60, 62, 65 ff., 87, 89 f., 97, 102, 122, 124, 139, 140, 143 ff., 157, 162, 171, 179, 185, 198, 215, 217 Programmakzessorietät 67 f., 86, 92, 144 Programmangebot 66, 110, 123, 139, 140, 143 f., 147 ff., 156 ff., 181, 188, 217 Programmauftrag 82, 94, 203 Programmautonomie 40, 59, 69 f., 86, 91, 94, 102, 144, 154, 179, 182 Programmentscheidung 45, 67 ff., 86, f., 90 f. Programmfreiheit 43, 45, 60, 69, 86 Programmgestaltung 60, 67, 90 Programmneutralität 67 f., 86, 92, 99, 115, 144 Programmsegment 145, 148 Prozeduraler Abweichungsgrund 154, 177, 181 f. Prozeduraler Grundrechtsschutz 88, 178 Prüfungsentscheidungen 164, 176, 180 Prüfungskompetenz 133 Prüfungsmaßstab 97 Publikum 109 f., 115, 139 Quorumslösung 187 Randbereichskorrektur 180, 183 Ratifikationsinstanz 215 Rechnungshof 37, 39, 71, 82, 91 Rechnungsprüfung 70, 71 Rechtsbehelf 163 Rechtsfolge 164, 172 ff., 177, 180, 183, 190 f., 218 Rechtsnatur – der Rundfunkgebühr 24 Rechtspersönlichkeit 77, 96 Rechtsschutz – effektiver 164, 173 Rechtsstaat 121, 134 Rechtsverordnung 193, 202 Rechtsweg 163 Regelbeispiel 150, 213 Regierung 91, 169 Regierungschef 36, 45 f., 52, 170, 192, 210
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Reich 27, 30 Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda 29 Reichspost 30 Reichspostministerium 27, 28 Reichspostzentralamt 30 Reichsrundfunkkammer 29, 30 Repräsentative Demokratie 175 Rezipienten 29 f., 33, 44, 57 f., 62 f., 68 f., 77, 89, 105 ff., 118, 120, 122, 125, 128 f., 132, 137, 138, 141, 143, 146 f., 153, 168 f., 186 f., 200, 204, 216 Rezipientenbelastung 116 f., 124, 139, 156, 176 Rückerstattung – der Rundfunkgebühr 153 Rundfunk 23, 27 ff., 42, 44, 53, 55 ff., 71, 105 f., 112, 126, 138 f., 145, 155 f., 158, 160, 161, 185, 188, 189, 194 ff., 201, 204 Rundfunkänderungsstaatsvertrag – Achter 25, 52, 53, 97, 167 ff., 172, 178 – Dritter 47, 93 – Fünfter 49 – Siebter 93 Rundfunkanstalten siehe Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten Rundfunkauftrag 65, 86, 90 f. Rundfunkautonomie 43 Rundfunkempfänger 28, 30, 110, 120 Rundfunkempfangsgerät 24, 33 ff., 45, 113, 124, 143, 153 Rundfunkfinanzierung 23, 31 ff., 88, 157, 201 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag 44, 47, 49, 93, 100, 133, 186, 189, 216 Rundfunkfreiheit 23, 25, 34, 42 f., 45, 55, 57 ff., 64, 67, 69, 76, 89, 91 f., 98, 102 f., 111, 135, 144, 163, 178, 194 ff., 199, 208, 215 ff. Rundfunkgebühr 23 ff., 29 f., 33 ff., 62 f., 68, 70 f., 76 ff., 86 ff., 98, 100, 102 ff., 110, 112 ff., 153, 155, 158, 164 ff., 171, 179, 180, 184 ff., 209 ff. Rundfunkgebührenbefreiung siehe Gebührenbefreiung Rundfunkgebührenentscheidung siehe Festsetzung der Rundfunkgebühr
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Sachwortverzeichnis
Rundfunkgebührenerhöhung siehe Gebührenerhöhung Rundfunkgebührenfestsetzung siehe Festsetzung der Rundfunkgebühr Rundfunkgebührenfinanzierung siehe Gebührenfinanzierung Rundfunkgebührenhöhe siehe Gebührenhöhe Rundfunkgebührenrecht 35 f., 85, 116 f., 131, 138, 208, 210 Rundfunkgebührenstaatsvertrag 40 Rundfunkgebührenverfahren siehe Verfahren zur Festsetzung der Rundfunkgebühr Rundfunkgesellschaft 29 Rundfunkgesetzgebung 120, 133, 138 f., 192 Rundfunkkommission der Länder 99, 114, 211 ff. Rundfunklandschaft 23, 30, 41, 43, 203 Rundfunkordnung 30, 32, 34, 60, 67, 134, 197 Rundfunkprogramme siehe Programm Rundfunkrat 198 Rundfunkrecht 32, 34, 95, 103, 174 Rundfunkstaatsvertrag 159, 204 Rundfunksystem 31, 52, 77, 155 Rundfunkteilnehmer 28 f., 35, 44, 68 f., 92, 99, 102, 104 ff., 108 ff., 112 f., 115, 118, 120, 122, 125, 127 ff., 131, 136 ff., 141, 149, 153, 168 f., 171, 176, 178, 181, 183 ff., 195, 205, 213 f., 216 f. Rundfunkveranstalter 35, 58, 60, 102, 146, 155, 156, 160 Rürup-Kommission 193 Saarländischer Rundfunk 185 Satzungsautonomie 95 f. Schwarzhörer 28 SDR 36 f. Selbstfestsetzungsrecht 89, 98 Selbstverpflichtungserklärungen 52, 83, 97, 146, 152, 177, 204, 217 Sender 29 f., 44, 124 Sendung 34 Sondersituation – des Rundfunks 56, 61, 194
Soziale Sicherungssysteme 119, 193 Sozialrecht 116 Sozialstaatsprinzip 118 f., 121, 137, 216 Sozialverträglichkeit 112, 114, 117, 118 Spaltung der Rundfunkgebühr 186 f., 189, 191, 211, 213, 218 Staat 31, 38, 42, 45, 47, 57, 59 ff., 64, 66 ff., 71, 74, 77 f., 83, 87, 89 f., 111, 119, 131, 134, 153, 157, 160, 197 f., 219 Staatliche Entscheidungsträger 25, 98 f., 103, 132, 154, 167, 169, 172, 192, 200, 204, 206 f., 211, 216 Staatseinfluss 84, 133, 198 f. Staatsfreiheit – des Rundfunks 3, 21, 26, 48 ff., 59, 66, 82, 88, 239 f., 272 Staatsverantwortung 59, 84, 87, 196 f., 218 Staatsvertrag 24 f., 36, 38, 41, 44 f., 51, 53, 93, 98 f., 103, 135, 152, 166, 168, 202, 204, 208, 209, 212 Stellungnahme 40, 107, 113, 171, 209, 210, 212, 214, 219 Steuerrecht 116 Strafrecht 116 Strukturdebatte 50 Strukturpläne 136 Strukturveränderungen 51 Stufenmodell 181, 183 Subventionen 73 Subventionsrecht 196 Süddeutscher Rundfunk siehe SDR Südwestdeutscher Rundfunk 31 Tageszeitung 28, 33, 105, 123, 124, 125, 129 Teilbindungswirkung 207 Teilindexierung 206 Teleshopping 160 Telespiele 160 Transparenzrichtlinie 75, 82 Unangemessene Belastung 106, 109, 113, 131, 136 ff., 141, 171, 176, 178, 181, 183 ff., 205, 213 ff., 217 Unangemessene Rezipientenbelastung siehe Unangemessene Belastung Universitäten 107, 131
Sachwortverzeichnis Verbraucherpreisindex 202 f. Verfahren zur Festsetzung der Rundfunkgebühr 24, 26, 46, 54 f., 89, 93, 103, 192, 209 f., 216 Verfahrensfehler 164, 169, 178 Verfahrensmodell 178, 204 f. Verfahrensstufe 90, 133, 154, 207, 208 – dritte 98, 108, 132, 153, 178 – erste 94 – zweite 152, 154 Verfassungsbeschwerde 25 f., 53, 88, 110, 163 Verfassungsrecht 131, 178, 199 Verfassungsverstoß 94, 177 Vergleichsbetrachtung 101, 107, 117, 124, 126, 129, 130 f., 136, 137, 171, 196, 216 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz siehe Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Vermögensinteressen 114, 115, 139 Vermögensschutz 132 Verordnungsermächtigung 205 Verordnungsgeber 205 Verordnungsmodell 206 Verwaltungsakt 101 Vetopotenzial 187 Volksempfänger 29
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Volksvertretung 175 Vorzugslast 142 Wächteramt 86, 118, 140, 204 WDR 44, 59 f., 64, 66 WDR-Urteil 59 f., 64, 66 Weimarer Republik 27, 29 Werbeverbot 151 Werbung 33, 62 f., 145, 156, 160 Wesentlichkeitstheorie 102 Wettbewerb 52, 73, 78 f., 140, 155, 57 Wettbewerbliche Chancengleichheit 155 ff., 162 Willkürkontrolle 110, 176 Wirtschaftlichkeit 41, 48 f., 70 f., 75, 91, 94, 96 f., 154, 186 Wirtschaftskraft 185 ZDF 24, 39, 44, 53, 188, 204, 205 ZDF-Vorschlag 206 Zeitliches Abstandsgebot 134, 216 Zumutbarkeit 118, 156 Zusammentreffen mehrerer Abweichungsgründe 183 Zwangsgebühr 113, 124