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German Pages 446 Year 1991
ANNETTE WIEGAND
Die "Sachwalterhaftung" als richterliche Rechtsfortbildung
Schriften zum Wirtschafts recht Band 70
Die "Sachwalterhaftung" als richterliche Rechtsfortbildung
Von Annette Wiegand
DUßcker & Humblot . Berliß
Gefördert mit Hilfe von Forschungsmitteln des Landes Niedersachsen
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Wiegand, Annette: Die "Sachwalterhaftung" als richterliche Rechtsfortbildung / von Annette Wiegand. - Berlin : Duncker und Humblot, 1991 (Schriften zum Wirtschaftsrecht ; Bd. 70) Zugl.: Göttingen, Univ., Diss., 1990 ISBN 3-428-07169-7
NE:GT
Alle Rechte vorbehalten © 1991 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fremddatenübemahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin 61 Druck: Color-Druck Dorfi GmbH, Berlin 49 Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 3-428-07169-7
Vorwort Diese Arbeit wurde im Sommersemester 1990 von der Juristischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen als Dissertation angenommen. Für das Zustandekommen der Arbeit schulde ich vielfältigen Dank. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Hansjörg ütto. Er hat mir stets den DurchhaltewiIIen zum FertigstelIen der Arbeit gestärkt. Ferner hat er zahlreiche Anregungen beigesteuert und ist durch ständige Gesprächsbereitschaft ein vorbildlicher Doktorvater gewesen. Herrn Prof. Dr. Uwe Blaurock bin ich für die Übernahme und rasche Erledigung des Zweitgutachtens sehr verbunden. Schließlich danke ich dem Verlagshaus Duncker & Humblot für die Aufnahme in die Schriftenreihe zum Wirtschafts recht. Göttingen 1990/91
Annette Wiegand
Inhaltsübersicht Grundlegung: Ziele der Arbeit
23
1. Teil Begriffsklärung und methodische Vorarbeiten §1
29
Abgrenzung des Themas
29
2. Teil Bewältigung der Dritthaftungsproblematik durch Auslegung 1. Kapitel: Gewohnheitsrechtliche Ableitung eines Tatbestandes ..........
44 44
§2
Dritthaftungstatbestand als Auslegung des objektivrechtliehen eie-Tatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
§3
Dritthaftung als eigenständiger Tatbestand mit gewohnheitsrechtlicher Geltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
2. Kapitel: Ableitung einer Dritthaftung durch Vertragsauslegung .........
56
§4
Auskunftsvertrag zwischen Geschädigtem und Informationsgeber
56
§5
Unableitbarkeit einer Lösung aus einem Vertrag zugunsten Dritter
93
§6
Schuldverhältnis mit Schutzwirkung für Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . .
98
3. Kapitel: Dritthaftung als deliktsrechtliches Auslegungsproblem
......... 124
§7
Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung gern. § 826 BGB ........... 125
§8
Dritthaftung aus § 82311 BGB in Verbindung mit Schutzgesetzen
131
3. Teil Theoretische Vorarbeiten zu einer Dritthaftung als gesetzesfemere Rechtsfortbildung §9
154
Rechtsfortbildung jenseits des Gesetzeswortlauts; Terminologie, Arten, Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154
§ 10 Bedeutung der Theorie für das weitere Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . 165 § 11 Vorliegen allgemeiner Fortbildungsvoraussetzungen für eine Dritt-
haftung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
8
Inhaltsübersicht
4. Teil 191
Entwicklung einzelner Dritthaftungstatbestände
1. Kapitel: Freiere Fortbildungen aufgrund der von der Rechtsprechung geprägten Gleichstellungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 § 12 Dritthaftung wegen wirtschaftlichen Eigeninteresses
. . . . . . . . . . . . . 191
§ 13 Dritthaftung wegen Vertrauens in bestimmte Merkmale oder wegen Ver-
trauens aufgrund bestimmter Eigenschaften der Beteiligten
2. Kapitel: Fortbildungen anhand gesetzlicher Vorgaben § 14 Prospekthaftung
.......
230
..............
287
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288
§ 15 Haftung unabhängiger oder unparteilicher Abschlußhelfer analog § 98
HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342
3. Kapitel: Dritthaftung als gesetzesübersteigende ("freie") Fortbildung aus Prinzipien oder Generalklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 § 16 Erziehungs- und Vorbeugeeffekt von Haftung als Dritthaftungsgrund ... 365
§ 17 Dritthaftung als Analogie zu cic, als Ausprägung von § 242 BGB oder als
Schuldverhältnis mit Schutzwirkung für Dritte
. . . . . . . . . . . . . . . . . 367
§ 18 Kombinationen verschiedener Gleichstellungstatbestände . . . . . . . . .. 368
5. Teil Wechselwirkungen der verschiedenen Dritthaftungstatbestände untereinander nnd mit dem objektiven Recht; Gestaltungsfragen einzelner Haftungsvoraussetzungen
369
§ 19 Konkurrenz der Fortbildungstatbestände zueinander und zu anderen
Rechtsinstituten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 370
§ 20 Gestaltung einzelner Tatbestandselemente unter dem Einfluß der anderen
Haftungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
376
Abschluß
398
Literaturverzeichnis
402
Stichwortverzeichnis
417
Anhang
425
Inhaltsverzeichnis Grundlegung: Ziele der Arbeit
23
1. Teil
§ 1
Begriffsklärung und methodische Vorarbeiten
29
Abgrenzung des Themas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
I. Benennung des Gegenstandsbereichs dieser Arbeit als "Sachwalterhaftung"
1. Der Sachwalterbegriff des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29 30
2. Der Sachwalterbegriff im Schrifttum
....................
32
3. Der Sachwalterbegriff im Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
33
4. Konsequenzen für die Verwendung des Sachwalterbegriffes .....
37
II. Die Verengung des Themas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
1. Ausgrenzung der Haftung bei sog. Sprungwerbung ...........
37
2. Ausgrenzbarkeit der Vertreterhaftung aus dem Gegenstandsbereich der Sachwalterhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
III. Gegenstand der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
IV. Überblick über den Gang der Untersuchung
42
2. Teil
Bewältigung der Dritthaftungsfälle durch Auslegung
44
1. Kapitel
§2
Gewohnheitsrechtliche Ableitung eines Tatbestandes
44
Dritthaftungstatbestand als Auslegung des objektivrechtlichen eie-Tatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
I. Der eie-Tatbestand als der Fortbildung zugängliches Recht
§3
45
II. Ableitbarkeit eines Dritthaftungstatbestandes aus dem eie-Tatbestand durch Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
Dritthaftung als eigenständiger Tatbestand mit gewohnheitsrechtlicher Geltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
10
Inhaltsverzeichnis 2. Kapitel
§4
Ableitung einer Dritthaftung durch Vertragsauslegung
56
Auskunftsvertrag zwischen Geschädigtem und Informationsgeber
56
I. Schwierigkeiten der Feststellung eines Auskunftsvertragsschlusses im
Parteiverhalten bei mittelbarem Kontakt
...................
58
11. Schwierigkeiten der Feststellung von Auskunftsvertragsschlüssen im Parteiverhalten bei unmittelbarem Kontakt .. . . . . . . . . . . . . . . ..
66
1. Ausgrenzung nicht in Betracht kommender Fallgruppen
66
b) Nichterreichen des notwendigen Auskunftsinhalts
..... . .
68
aa) Klärung des Auskunftsbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . .
68
bb) Werbeanpreisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
69
cc) Vertreterübliche Redewendungen
................
69
dd) Unmittelbarer schriftlicher Kontakt anstelle mittelbarer Weitergabe der Information mit dem Zweck der Vereinfachung des Informationsweges . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70
c) Dritthaftungsprobleme bei vertreterähnlicher Stellung
73
a) Zur Auslegungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
73
aa) Verkehrsbedürfnis neben Verkehrssitte . . . . . . . . . . . . .
73
bb) Erfüllungshandlungen als Willenserklärungen .........
75
b) Kriterien des BGH für einen Vertragsschluß . . . . . . . . . . . . .
76
...........................
78
bb) Würdigung der dargestellten Kriterien .. . . . . . . .
81
(1) Kriterien für einen Vertragsschluß . . . . . . . . . . . . . .
81
(2) Kriterien gegen einen Vertragsschluß ............
86
(3) Kriterien, die nicht als Anzeichen für oder gegen einen Auskunftsvertrag gewertet werden sollen .........
87
c) Zur Bedeutung des § 676 BGB
.....................
88
111. Zusammenfassung zum Auskunftsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
92
Unableitbarkeit einer Lösung aus einem Vertrag zugunsten Dritter (VzD)
93
I. Sog. unechter Vertrag zugunsten Dritter 11. Anspruch des Geschädigten aus einem sog. echten Vertrag zugunsten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . §6
70
2. Zur Würdigung von Parteiverhalten als Auskunftsvertrag durch denBGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
aa) Übersicht
§5
66
a) Dritthaftungsfälle ohne Informationsmangel ...........
Schuldverhältnis mit Schutzwirkung für D'ritte I. Die Tendenz in der Rechtsprechung
94
95 98 98
Inhaltsverzeichnis
11
11. Ausgrenzung der nicht mittels Schuldverhältnis mit Schutzwirkung für Dritte lösbaren Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
1. Selbständigenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 2. Haftung von Arbeitnehmern und Funktionsträgern . . . . . . . . . .. 102 a) Arbeitnehmer
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
aa) Schutzwirkung aus vertraglicher Bindung zwischen Arbeitnehmer und Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 bb) Schutzwirkung aus dem Arbeitsvertrag des Mitarbeiters mit dem Unternehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 104 b) Funktionsträger juristischer Personen
. . . . . . . . . . . . . . . . . 105
aa) Eigene Auskunfts- und Beratungspflichten gegenüber einem Firmenkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 bb) Pflichten aus dem Anstellungsvertrag mit der Gesellschaft .. 105 cc) Organhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 107 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 111. Zur Lösung der Sachverständigenfälle mittels Schuldverhältnis mit Schutzwirkung für Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
1. Meinungsstand zur dogmatischen Einordnung von Schuldverhältnissen mit Schutzwirkung für Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 2. Grundsatz möglichst großer Gesetzesnähe richterlicher Entscheidungsfindung; seine Bedeutung für die Dritthaftung aus VSchutzD .. 109 3. Eigene Position zur dogmatischen Einordnung von Schuldverhältnissen mit Schutzwirkung für Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 4. Exkurs: Haftung der Gebrauchtwagenhändler aus Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 IV. Zusammenfassung .......... .
124
3. Kapitel Dritthaftung als deliktsrechtliches Auslegungsproblem
124
§7
Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung gern. § 826 BGB ..... .
125
§8
Dritthaftung aus § 82311 BGB in Verbindung mit Schutzgesetzen ...... 131 I. Richterrechtliche Schutzpflichten zugunsten fremden Vermögens als Schutzgesetze? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
11. Schutzgesetzcharakter einzelner gesetzlich niedergelegter Berufspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
1. Gewissenhaftigkeit anordnende Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . 135 2. Normen mit präziserer Pflichten angabe am Beispiel der §§ 10 und 12 des preußischen Feldmesserreglements . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 139
12
Inhaltsverzeichnis 3. Schutzgesetzeigenschaft von Normen über die Verwendung äußerer Zeichen am Beispiel von § 48 WPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 142 4. Schutzgesetzeigenschaft von § 18 KWG zugunsten der Banken ... 144 IH. Schutzgesetzeigenschaft strafbewehrter Tatbestände ............ 145 1. Der Kapitalanlagebetrug als Schutzgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
2. Schadensersatzansprüche in Verbindung mit Pflichten zu richtiger 147 Aussage .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . .
152
3. Teil
Theoretische Vorarbeiten zu einer Dritthaftung als gesetzesfernere Rechtsfortbildung §9
154
Rechtsfortbildung jenseits des Gesetzeswortlauts; Terminologie, Arten, Voraussetzungen 154 I. Vorbemerkungen zur weiteren Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . 154
H. Arten der Rechtsfortbildung jenseits des Gesetzeswortlauts; Terminologie, Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 IH. Zur Unterscheidung gesetzesergänzender und -übersteigender Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 IV. Voraussetzungen gesetzesergänzender und -übersteigender Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 1. Der Lückenbegriff als Grundlage; sein Verständnis in dieser Arbeit 158
a) Der Lückenbegriff in der Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 b) Stellungnahme und eigene Position . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 2. Inhaltsbestimmung einer Fortbildung ...... .
161 a) Bei der Gesetzesergänzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
b) Bei freier Fortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 3. Das Fehlen von Fortbildungshindernissen 163 § 10 Bedeutung der Theorie für das weitere Vorgehen
165
§ 11 Vorliegen allgemeiner Fortbildungsvoraussetzungen für eine Dritthaftung 167
I. Nichtbestehen einer befriedigenden Dritthaftungsregelung ........ 167 1. Nichtregelung im engeren Sinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
2. Regelungscharakter der Nichtregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 3. Regelungsbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 H. § 676 BGB als Fortbildungshindernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IlI. Standort der vermißten Haftungsregelung für Vermögensschäden
169 173
1. Lücke im Allgemeinen Teil des BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
Inhaltsverzeichnis
13
2. Lückenhaftigkeit von Deliktsrecht oder Allgemeinem Schuldrecht
180
..............
. ..... . 183
b) Einordnung in das Allgemeine Schuldrecht .... .
186
a) Einordnung im Deliktsrecht
IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
4. Teil
Entwicklung einzelner Dritthaftungstatbestände
191
1. Kapitel Freiere Fortbildungen aufgrund der von der Rechtsprechung geprägten Gleichstellungsgründe § 12 Dritthaftung wegen wirtschaftlichen Eigeninteresses .......
1. Gebrauchtwagenhändlerfälle
...................
191 191 194
1. Lücke für eine Dritthaftung in den Fällen der Gebrauchtwagenagentur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
2. Die Definitionsmöglichkeiten eines hinreichenden "Geschäftsabwicklungsinteresses" als Ausprägung des wirtschaftlichen Eigeninteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 198 3. Entscheidung für das weitere Verständnis des "Geschäftsabwicklungsinteresses" .... 199 4. Zwischenergebnis
202
a) Zusammenfassung ......... .
202
................ .
203
b) Exkurs
H. Haftung als Fortbildung wegen wirtschaftlichen Eigeninteresses in anderen Fallbeispielen als den Gebrauchtwagenhändlerfällen . . . . . .. 203 1. GmbH-Geschäftsführer
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204
a) Gegengründe aus dem Bereich des Gesellschaftsrechts ...... 206 b) Konkursrechtliche Erwägungen gegen eine Fortbildungsmög212 lichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
215
2. Die berufsmäßigen Sachverständigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 216 a) Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte aa) Testamentserbenfall
..........
217 217
bb) Beratungs- oder Expertisenfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 cc) Sonderfälle
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
b) Kunstexperten, Grundstücksschätzer und andere Personen, die berufsmäßig Wertschätzungen vornehmen . . . . . . . . . . . . . . 222 3. Schlichte Stellvertreter . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .. 223
IH. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
229
Inhaltsverzeichnis
14
§ 13 Dritthaftung wegen Vertrauens in bestimmte Merkmale oder wegen Ver-
trauens aufgrund bestimmter Eigenschaften der Beteiligten
.......... 230
I. Zur Möglichkeit anderer Sonderverbindungsgründe außer dem wirt-
schaftlichen Eigeninteresse
......................
II. Allgemeine Vertrauensumschreibungen als Tatbestandsbasis
230 232
1. Die Rechtsprechung zur Dritthaftung wegen Vertrauens
233
2. Tauglichkeit des Vertrauens als Sonderverbindungsgrund
236
a) Gestützt auf das Zurechnungsprinzip der Selbstverantwortung (zugleich Auseinandersetzung mit der Vertrauenshaftungslehre von Canaris) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 b) Gestützt auf Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs
241
c) Zurechenbare Verhaltenserwartung als Gleichstellungsgrund
242
111. Vertrauenshaftung durch Bezugnahme auf spezielle, berechtigende Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 1. Berufsausübung oder Fachkunde des Dritten . . . . . . . . . . . . . .. 245 a) Entwicklung eines eigenen Vertrauenstatbestandes
........ 247
aa) Vertrauenswerbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 (1) Anknüpfung an eine Ausbildung . . . . . . . . . . . . . . . 248 (2) Anknüpfung an Erfahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 (3) Bezug von Ausbildung und Erfahrung zum schadenbringenden Geschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 (4) Erforderlichkeit vertrauenheischender Aussagen
252
(5) Gerichtetheit der Vertrauenswerbung
255
bb) Vertrauenserweis cc) Korrektur über fehlendes subjektives Vertrauen
260 ....... 267
dd) Korrektur über hinreichendes eigenes Wissen ......... 269 b) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 271 2. Vertrauenstatbestand kraft besonderer äußerer Zeichen 3. Eigene Gewähr des Vertrauenswerbers
....... 272
. . . . . . . . . . . . . . . . . . 276
4. Vertrauen kraft Abgabe einer eigenen Erklärung des Vertrauenswerbers (zugleich Auseinandersetzung mit der Position Schmitz') . .. 280 5. Vertrauensschutz wegen Unterlegenheit des Geschädigten .. IV. Ergebnis
282 284
2. Kapitel
Fortbildungen anhand gesetzlicher Vorgaben § 14 Prospekthaftung
I. Das Untersuchungsfeld . . . . . . . . . . . . . .
287 288
289 1. Abgrenzung der zu untersuchenden Konstellationen .......... 289
Inhaltsverzeichnis
15
2. Die Behandlung von Prospekt haftung in der Rechtsprechung
291
11. Analogie zu den gesetzlichen Prospekthaftungsbestimmungen . . . . .. 296 1. Die Grenzen der gesetzlichen Tatbestände
. . . . . . . . . . . . . . . . 296
2. Versuch einer Gesetzesanalogie am Beispiel von § 45 BörsenG ... 299 a) Fehlende Prospektpflicht außerhalb des objektiven Rechts als Analogiehindernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 b) Ausdehnung der Prospekthaftung auf andere Gegenstände als zum amtlichen Börsenhandel zugelassene Wertpapiere ...... 304 c) Ähnlichkeitsschlüsse zu § 45 BörsenG trotz dessen engen Zuschnitts auf Markt und Ware der Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 d) Die Vermehrung der Anwendungsfälle einer Prospekthaftung als Argument gegen eine Analogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 3. Rechtsanalogie zu §§ 45 BörsenG und 20 KAGG; der Wandel des Analogiekerns durch § 20 KAGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 4. Fortbildungsverbote (zugleich Ablehnung einer Prospekthaftung als freie Rechtsfortbildung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 a) Auswirkungen von § 13a UWG auf die wegen Ähnlichkeitserwägungen für möglich gehaltene Gesetzesergänzung ......... 319 b) Wirkung des Entwurfs zu einem VermögensanlageG
....... 324
c) Auswirkungen der UWG-Novelle '86 auf freie Rechtsfortbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 5. Umfang der für möglich gehaltenen Fortbildungen ........... 326 a) Anspruchsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 b) Verpflichteter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 aa) Gesellschaftsgründer und Initiatoren . . . . . . . . . . . . . . . 332 bb) Haftung wegen einer OrgansteIlung in einem Unternehmen 334 cc) Haftung von Personen wegen ihrer wiedergegebenen Aussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 c) Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 337 d) Verjährung
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339
111. Zusammenfassung
341
§ 15 Haftung unabhängiger oder unparteilicher Abschlußhelfer analog § 98 HGB 342
I. Unmittelbarer Anwendungsbereich von § 98 HGB auf die Dritthaftung 342
11. Ausgestaltung einer Haftung gemäß und entsprechend § 98 HGB
349
III. Gesetzesanalogie zu § 98 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 1. Abweichungen im Gegenstand des vermittelten Geschäftes
351
2. Abweichungen im Typ des Absatzhelfers vom Handelsmakler
353
3. Abweichungen der Tätigkeit von der in § 98 HGB vorausgesetzten Vertragsvermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357
Inhaltsverzeichnis
16
IV. Analogiefähigkeit von Normen des Handelsrechts im nicht spezifisch kaufmännischen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 V. Bedeutung der in §§ 20 IV KAGG und 12 IV AuslInvG angeordneten Vermittlerhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 3. Kapitel Dritthaftung als gesetzesübersteigende ("freie") Rechtsfortbildung aus Prinzipien oder Generalklausein § 16 Erziehungs- und Vorbeugeeffekte von Haftung als Dritthaftungsgrund
365 365
§ 17 Dritthaftung als Analogie zu cic, als Ausprägung von § 242 BGB oder als
Schuldverhältnis mit Schutzwirkung für Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367
§ 18 Kombinationen verschiedener Gleichstellungsgründe
368
5. Teil
Wechselwirkungen der verschiedenen Dritthaftungstatbestände untereinander und mit dem objektiven Recht; Gestaltungsfragen einzelner Haftungsvoraussetzungen
369
§ 19 Konkurrenz der Fortbildungstatbestände zueinander und zu anderen Rechts-
instituten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 I. Verhältnis zur cic . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 370 11. Verhältnis der Fortbildungstatbestände untereinander . . . . . . . . . .. 372
111. Verhältnis zu den übrigen Haftungsgrundlagen aus Gesetz und Vertrag 375 § 20 Gestaltung einzelner Haftungsvoraussetzungen unter dem Einfluß der ande-
ren Haftungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 I. Pflichten 11. Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
377
378
111. Beweislast bezüglich der Pflichtverletzung und des Verschuldens .... 379 IV. Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden . . . . . . . . . . . . . 381 V. Schadensumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 VI. Mitverschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 VII. Abdingbarkeit und Haftungsobergrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 VIII. Verjährung
393
Inhaltsverzeichnis
17
Abschluß
398
Literaturverzeichnis
402
Stichwortverzeichnis
417
Anhang
425
I. Vertragsmuster eines Agenturvertrages im KFZ-Gebrauchtwagenhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11. Prospektinhaltskatalog nebst Grundsätzen zur ordnungsgemäßen Durchführung von Prospektprüfungen, hrsg. vom Wohnungswirtschaftlichen Fachausschuß, erschienen im IDW-Verlag, Postfach 320580,4000 Düsseldorf 30 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2 Wiegand
Abkürzungsverzeichnis a.A. ABGB Abs. AcP ADHGB a.E. a.F. AG AGBG AktG allg. Anm. Art. AS AT Aufl. AuslInvG BAG BB Bd. BetrVG BGB BGBI.I BGH BGHZ BImSchG BNotO BörsenG BRAO BRatDrucks. BRepD BTDrucks. BVerfG BVerfGE bzgl.
anderer Ansicht Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (Österreichs) Absatz Archiv für die civilistische Praxis Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch am Ende alte(r) Fassung Aktiengesellschaft, Amtsgericht (je nach Kontext) Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Aktiengesetz allgemein Anmerkung Artikel Allgemeines Schuldrecht Allgemeiner Teil Auflage Gesetz über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen Bundesarbeitsgericht Der Betriebsberater Band Betriebsverfassungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Teill Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz) Bundesnotarordnung Börsengesetz Bundesrechtsanwaltsordnung Bundesratsdrucksache Bundesrepublik Deutschland Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, amtliche Sammlung nach Band und Seitenzahl bezüglich
Abkürzungsverzeichnis bzw. cic d.
DAR DB ders. d.h. dies. DJT DJZ
DVR ebd. EDV Einf. Ein!. evt!. EzA f.
FamRZ ff. Fn. FS gern. GewO GG GmbH GmbHG GmbHR GoA GS Hbbd HGB h.M. HRR hrsg. Ld.F. Ld.S. Le.S. IHK insb. insbes. i.S.v. i.V.m. Lw.S. JR Jura JuS JW JZ 2*
beziehungsweise culpa in contrahendo der, die, des Deutsches Autorecht Der Betrieb derselbe das heißt dieselbe Deutscher Juristentag Deutsche Juristenzeitung Deutsche Verkehrssteuer-Rundschau ebenda Elektronische Datenverarbeitung Einführung Einleitung eventuell Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht folgende, folgender (Singular) Zeitschrift für das gesamte Familienrecht folgende (Plural) Fußnote Festschrift gemäß Gewerbeordnung Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Geschäftsführung ohne Auftrag Gedenkschrift, Gedächtnisschrift Halbband Handelsgesetzbuch herrschende Meinung Höchstrichterliche Rechtsprechung herausgegeben in der Fassung in diesem Sinne im engeren Sinne Industrie und Handelskammer insbesondere insbesondere im Sinne von in Verbindung mit im weiteren Sinne Juristische Rundschau Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristen-Zeitung
19
20
Abkürzungsverzeichnis
Kapitalanlagegesellschaft Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften Kraftfahrzeug Kommanditgesellschaft Konkurs und Treuhandwesen Kreditwesen-Gesetz Landgericht linke Spalte Lindenmaier-Möhring mit beschränkter Haftung Maunz/Dürig/Herzog Monatsschrift für Deutsches Recht meines Erachtens Motive MünchenerHandbuch Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit weiteren Nachweisen neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungsreport -Report Zivilrecht Nummer o. oder o.ä. oder ähnlich(es) Österreichische Juristen-Zeitung ÖJZ OLG Oberlandesgericht positive Forderungsverletzung pFV Publikums-KG Publikums-Kommanditgesellschaft positive Vertragsverletzung pVV RabelsZ Rabels Zeitschrift für internationales und ausländisches Privatrecht RAnwO Rechtsanwaltsordnung re. Sp. rechte Spalte RG Reichsgericht RGRK Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Entscheidungen des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofes RGZ Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Rn. Randnummer RT-Drucks. Reichstagsdruchsache Rz. Randziffer S. Seite SachverständigenO Sachverständigenordnung SchSchutzD Schuldverhältnis mit Schutzwirkung für Dritte SJZ Schweizerische Juristenzeitung sog. sogenannter, sogenannte, sogenanntes SR Schuldrecht StBerG Steuerberatungsgesetz Strafgesetzbuch StGB Teilbd. Teilband (z.B. Esser / Schmidt,) und ähnliches/und ähnliche u.ä. UWG Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb KAG KAGG KFZ KG KuT KWG LG li. Sp. LM mbH MlD/H MDR m.E. Mot. MünchHdb. MünchKom m.w.N. n.F. NJW NJW-RR NT.
Abkürzungsverzeichnis
v. Verf. VerglO VersR vgl. Vorbem. VschD VzD wistra Wpg (Die Wpg) Wp-Hdb. WPM
WPO WRV z.B. ZGB ZGR ZHR Ziff. ZIP ZPO ZRP zust. ZVerglRWiss ZZP
21
von, vom Verfasser, Verfasserin Vergleichsordnung Versicherungsrecht vergleiche Vorbemerkung Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte Vertrag zugunsten Dritter Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer, Strafrecht Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift) Wirtschaftsprüferhandbuch Zeitschrift für Wirtschaft und Bankrecht, Wertpapiermitteilungen, Teil IV; (auf die inzwischen verstärkt gebrauchte Abkürzung "WM" wurde hier verzichtet, um nicht mit der Zeitschrift "Wohnungswirtschaft und Mietrecht" zu kollidieren). Wirtschaftsprüferordnung Weimarer Reichsverfassung zum Beispiel Zivilgesetzbuch der Schweiz Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht, bis 1982: Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis Zivilprozeßordnung Zeitschrift für Rechtspolitik zustimmend, zustimmender, zustimmende Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft Zeitschrift für Zivilprozeß
Grundlegung
Ziele der Arbeit Eine Haftung für Vermögens schäden gegenüber Nichtvertragspartnern - im folgenden kurz Dritthaftung genannt - hat im BGB im nichtdeliktischen Schuldrecht, sieht man einmal vom Vertrag zugunsten Dritter ab, keine generelle Regelung gefunden. Wenn man aber die §§ 823ff. BGB nicht von vornherein als abschließende Regelung dieser Haftungsfragen ansieht, gilt es zu überlegen, auf welche Rechtsgrundlagen sich eine weitergehende Haftung Dritter stützen könnte und welchen Beschränkungen sie unterliegen muß. Daß die §§ 823ff. BGB keine gänzlich abschließende Regelung für alle jene Fälle darstellen, in denen die vertragliche Haftung nicht eingreift, läßt sich mit Entwicklungen wie der culpa in contrahendo (cic), der positiven Forderungsverletzung (pFV) und des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte belegen. Folglich ist es berechtigt zu fragen, ob sich für Konstellationen der Dritthaftung, deren typische Fälle gleich zu Beginn der Arbeit vorgestellt werden sollen, eine Lösung finden läßt, bei der nach vertragsnahen Regeln gehaftet werden soll. Dabei soll sowohl untersucht werden, ob insoweit die gesetzlich verankerten Normen anwendbar sind oder ein Regelungsvorbild geben, als auch, ob eine der oben genannten Fortbildungen jenseits der im BGB geschriebenen Normen für die Bewältigung dieser Fälle ein Beispiel zu geben vermag. Mancher mit den Problemen der Dritthaftung vertraute Leser wird sich nun erinnern, daß es gerade im Bereich der hier interessierenden Haftungsprobleme bereits zahlreiche Arbeiten aus jüngerer Zeit gibt; zu denken ist vor allem an die Werke von Bohrer!, Grote 2 und Schmitz 3 . Damit könnte einer weiteren Arbeit in diesem Bereich der Boden entzogen sein. Diesen Gedanken habe ich zwar erwogen, aber verworfen, weil ein Aspekt gewählt werden soll, unter dem die Probleme bisher kaum in Angriff genommen worden sind: Ich möchte die Haftung von Nichtvertragspartnern (Dritten) für den Bereich beleuchten, in dem es um Schadensersatz für primäre Vermögensschäden geht und die Schäden bei einem Geschädigten eintreten, den mit dem Ders., Die Haftung des Dispositionsgaranten, 1980. Ders., Die Eigenhaftung Dritter als Anwendungsfall der culpa in contrahendo, 1984. 3 Ders., Dritthaftung aus culpa in contrahendo, 1980. 1
2
24
Grundlegung
Schädiger keine primären Leistungspflichten verbinden 4 ; die Beispiele werden schnell verdeutlichen, um welche Konstellationen es geht: Fall 1 5 ; Als A einen Neuwagen kaufte, nahm der KFZ-Händler U dessen gebrauchtes Fahrzeug "in Zahlung" und veräußerte es entsprechend dem Auftrag des A in dessen Namen unter Ausschluß jeglicher Gewährleistung. Der Interessent und spätere Erwerber des Gebrauchtwagens, B, führte vor der Kaufentscheidung mehrere Gespräche über das Fahrzeug, bei denen seitens des U der Verkaufsangestellte (AN) aufgetreten war. Bei einer Besichtigung des Wagens versicherte AN, die Werkstatt habe eine neue Kupplung eingebaut und damit sei das KFZ wieder voll gebrauchsfähig. Er, AN, sei gelernter KFZ-Mechaniker und könne das beurteilen. Tatsächlich wußte AN aber nur, daß die alte Kupplung des KFZ nichts mehr getaugt hatte; er nahm an, es sei eine neue Kupplung eingesetzt worden, weil er keine gebrauchte vorrätig wähnte. In Wahrheit aber war eine schon gebrauchte Kupplung eingesetzt worden. Deren MontagesteIlen barsten wegen früherer Beanspruchung schon nach wenigen Tagen. Dabei wurden Motor und Getriebe des KFZ so stark beschädigt, daß der Wagen nur mehr Schrottwert hat. Welche Ansprüche hat der Erwerber gegen U und gegen AN?
Fall 2 6 ; Bauunternehmer U und Bank B wollten einen Kreditvertrag zur Finanzierung eines Baus schließen. U beauftragte den Wirtschaftsprüfer W, für B eine Aufstellung seiner Immobilien anzufertigen. Dies geschah, und die Aufstellung, versehen mit dem Wirtschaftsprüfersiegel des W, ging B zu. Dabei enthielt die Aufstellung den Hinweis, die Verkehrswerte der Immobilien seien von U selbst ermittelt und von W nicht überprüft worden. Einige der Grundstücke waren als belastet ausgewiesen, andere nicht. Die Aufstellung gelangte nach Abzug der Belastungen zu einem Reinvermögen von 22 Mio. DM. B bewilligte daraufhin den Kredit von 2 Mio. DM, der nur am Baugrundstück dinglich gesichert wurde. U fiel in der Folgezeit in Konkurs, und B fiel mit 200.000 DM aus. Diesen Betrag verlangt B von W. Zur Begründung führt Ban, W habe gewußt, daß das größte als unbelastet ausgewiesene Grundstück des U jedenfalls einmal belastet gewesen war (das hat W selbst im Prozeß vorgetragen), und W habe keine Unterlagen vorgelegt, aus denen die Ablösung der Belastung hervorgehe. B behauptet, sie hätte den Kredit nicht vergeben, hätte sie von der Belastung auch dieses besonders wertvollen Grundstücks gewußt.
Vgl. hierzu Medicus, JuS 86, 665ff., insb. S. 668. Die Fallgestaltung ist angelehnt an den bei Bohrer, Die Haftung des Dispositionsgaranten, S. 1 f. geschilderten Fall 3; vgl. aber auch einfachere Sachverhalte aus der Praxis, die das Arbeitnehmerproblem nicht aufweisen: BGH v. 21.01.75, BGHZ 63, S. 382ff. sowie LG Oldenburg v. 11.07.78, NJW 79, S. 432f. 6 Sachverhalt angelehnt an BGH v. 19.03.86, JZ 86, 1111 f. 4
5
Grundlegung
25
Fall 3 7: Für die X-GmbH wurde 1976 ein Kapitalgeber gesucht. G, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer, trat deshalb in Verhandlungen mit B ein. Zu den Beratungen wurde auch der Steuerberater St zugezogen, der seit Anfang 1976 die Bücher der X führte. Im Spätsommer 1976 teilte St dem B schriftlich mit, welche Umsätze die Gesellschaft bisher in 1976 erzielt hatte. Dabei hatte St einen Betrag von 300.000 DM miteingerechnet, der nach Angaben von G auf solche Leistungen entfiel, die bereits ausgeführt aber noch nicht bezahlt und in Rechnung gestellt worden waren. Solche Leistungen existierten jedoch nicht. Im November investierte B daraufhin 10.000 DM in die X als Gesellschaftsanteil und 190.000 DM als Darlehen. Als im Dezember die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der X mangels Masse abgelehnt wurde, nahm B sowohl G als auch St gesamtschuldnerisch auf Zahlung der 200.000 DM in Anspruch.
Fall 4 8: A war Geschäftsführer und Alleingesellschafter einer GmbH. Er kaufte 1977 ab Mitte des Jahres noch Waren bei B ein; die als Gegenleistung akzeptierten Wechsel gingen jedoch zu Protest und im Februar 1978 fiel die GmbH in Konkurs. B fiel mit seinen Forderungen aus. Im Prozeß erwies sich noch in der Revisionsinstanz als streitig und ungeklärt, ob die GmbH schon Mitte 1977 überschuldet war und A dies erkennen konnte. Welche Erfolgsaussichten hat eine Klage des B gegen A auf Erstattung des Wertes der unbezahlten Waren?
Die Frage, ob in den geschilderten Fallkonstellationen jeweils Schadensersatz zu leisten ist, soll als Problem (vorwiegend) richterlicher Rechtsfortbildung verstanden werden. Eine solche Sichtweise, die den Rechtsfortbildungsaspekt in den Vordergrund rückt, ist für den angesprochenen Fragenkreis von besonderem Interesse, wenn man sich verdeutlicht, welche Rechtsunsicherheit in diesem Bereich herrscht. Diese läßt sich am besten mit einem Hinweis von Nirk 9 untermauern, der im Hinblick auf die häufig als Rechtsgrundlage herangezogene cic bereits vor einiger Zeit auf die überdurchschnittlich hohe Zahl von Berufungsverfahren und von deren Entscheidungen abweichenden Revisionsurteilen des BGH hingewiesen hat. Die Zahl der Verfahren scheint mir, allein nach den Entscheidungsveröffentlichungen zu Dritthaftungsfragen zu urteilen, noch gestiegen zu sein. Mehr Rechtssicherheit kann, wenn man nicht allein auf den Gesetzgeber vertraut, hier nur erreicht werden, wenn sich eine gut begründete und sachlich gerechtfertigte richterliche Rechtsfortbildung stabilisiert und damit Ergebnisse wieder vorhersehbar werden. Einen weiteren Anlaß zu dieser Arbeit liefern die auseinanderklaffenden Ergebnisse früherer Arbeiten. Versuche, die Ergebnisse der von der Recht7
8 9
Sachverhalt angelehnt an BGH v. 17.09.85, WPM 85, 1531f. Der Sachverhalt ist frei nach BGH v. 27.10.82, WPM 82,1322 gebildet. Ders., FS Möhring, S. 71f. und dort auch Fn. 5.
26
Grundlegung
sprechung entschiedenen Fälle zu rechtfertigen, mit Kriterien zu unterlegen und nachzuweisen, daß eine solche Erfassung der Lebenssachverhalte im BGB gewollt war und jedenfalls in das vorhandene System paßt, haben jeweils zu einer generalisierenden "Vertatbestandlichung" der Fälle geführt lO • Nach diesen Ergebnissen ist es dann überraschend zu sehen, wie rigoros diejenigen den sachlichen Bereich einer solchen Haftung Dritter beschränken 11, die sich Gedanken darüber machen, wie der Gesetzgeber das Haftungsproblem bei einer Schuldrechtsreform behandeln sollte. Solche Ergebnisse deuten an, daß generelle Lösungsversuche zu weit gehen könnten. Folglich erscheint es geboten zu untersuchen, welche Entscheidungsergebnisse der Rechtsprechung sich als Rechtsfortbildung halten lassen und welche nicht. Die vorliegende Arbeit will demnach für den aufgeworfenen Fragenkreis keinen völlig neuen Systematisierungsversuch unternehmen und auch nicht darlegen, daß ein einheitlicher Lösungsansatz für Dritthaftungskonstellationen im System des BGB auffindbar sei, bisher jedoch stets übersehen wurde. An geeigneter Stelle werden vielmehr die Zweifel an derartigen vereinheitlichenden Lösungsansätzen anzubringen sein. Statt ein lückenloses neues theoretisches Konzept zu liefern, soll versucht werden, herauszufinden, was die Rechtsprechung durch die Verwendung verallgemeinerbarer Entscheidungsgrundsätze leisten könnte. Insbesondere soll untersucht werden, ob und wie der Fragenkreis bereits durch richterliche Rechtsfortbildung gestaltet worden ist. Ferner soll es darum gehen, ob die gefundenen Regelungen bereits verfestigt sind und inwieweit die Fortbildungen im einzelnen zulässige Rechtsfortbildung waren. Es soll darüber hinaus die Frage angegangen werden, welche Regelungen nicht durch Rechtsfortbildungen, sondern nur vom Gesetzgeber geschaffen werden dürfen. Dies mag zwar theoretisierend klingen, und einige Passagen der Arbeit werden einer solchen Erwartung auch entsprechen. Die Argumente in der Sache selbst werden jedoch nicht zu kurz kommen, denn es darf nicht übersehen werden, daß die Zulässigkeit einer Rechtsfortbildung weitgehend davon abhängt, ob das jeweilige Gericht seiner Argumentationslast gerecht geworden ist. Eine Rechtsfortbildung begründet nämlich insofern eine besondere Argumenta10 Vgl. die Ergebnisse der Arbeiten von Schmitz, Dritthaftung aus culpa in contrahendo, S. 69ff. (insb. S. 8lf.) sowie S. 112ff., und Bohrer, Die Haftung des Dispositionsgaranten, S. 296ff. 11 Hierzu die Gutachten zur Schuldrechtsreform, die dieses Problem berühren von v.Bar, Deliktsrecht, in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. 2, S. 1681 (1761; dort § 828 Ziff. 1); Lieb, Dienstvertrag, in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. 3, S. 183ff. (209) und U.Huber, Leistungsstörungen, in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. 1, S. 647 (890f.).
Grundlegung
27
tionslast 12 der entscheidenden Richter, als die Gründe, die für eine Fortbildung sprechen müssen, um so triftiger sein sollten, je weiter man sich mit ihr vom Gesetzestext löst 13 • Auf dieser Ebene werden die Sachfragen in die Arbeit eingehen, wenn auch unter ganz anderem Aspekt als bei den Vorgängerarbeiten, die Systematisierungsversuche zum Ziel hatten. Aus dem beschriebenen gedanklichen Ansatz ergibt sich im Groben bereits der Gang der Arbeit: Nach der Einführung in die Materie soll zunächst versucht werden, die angesprochenen Haftungsfragen in das geltende Recht einzuordnen. Anschließend wird sodann die Möglichkeit erörtert werden, die typischen Problemfälle als gesetzesergänzende oder -übersteigende Rechtsfortbildung zu begreifen. Dabei wird nicht - wie es sich aufzudrängen scheintzuerst auf die gesetzesnäheren Fortbildungen eingegangen werden können. Da die Rechtsprechung weitgehend anhand gesetzesferner Tatbestände entscheidet, wird zu klären sein, inwieweit diese "Rechtspraxis" haltbar erscheint. Erst im Anschluß daran wird auf die Möglichkeiten gesetzesnäherer Fortbildung eingegangen werden. Am Ende wird sich zeigen, daß es einen allgemeinen Tatbestand der Haftung Dritter auf primären Ersatz von Vermögensschäden nach vertraglichen Haftungsgrundsätzen nicht geben kann. Vielmehr werden mehrere Schuldverhältnisse herausgearbeitet werden, die eine Dritthaftung ermöglichen. Es wird dabei deutlich werden, auf welche Elemente es in solchen Schuldverhältnissen ankommen kann und welche Anknüpfungen für solche Haftungsgründe unter Maßgabe des geltenden Rechts nicht möglich erscheinen. Im Zusammenhang mit der Frage nach der Grenze zulässiger Rechtsfortbildung in bestimmten Konstellationen wird jeweils auch auf methodologische Grundlagen eingegangen werden. Allerdings darf der Leser zu den Fragen der Methodenlehre weder eine vollständige Auswertung der Literatur noch einen eigenen Ansatz erwarten, sondern nur eine "Marschroute", soweit sie für das weitere Vorgehen in dieser Arbeit benötigt wird. Zweck der Arbeit ist, die Notwendigkeit aufzuzeigen, für jeden zu entscheidenden Fall abzuklären, ob sich eine Lösung, die eine Haftung bejaht, noch im Rahmen zulässiger Fortbildung hält. Daß eine juristische Arbeit durch einen Federstrich des Gesetzgebers Makulatur werden kann, ist altbekannt. Für die vorliegende Arbeit gilt das ganz besonders, da sie sich vor allem mit der Frage nach der de lege lata zulässigen Rechtsfortbildung befaßt. Der Grund, sie trotzdem zu schreiben, ergibt
12 Der Gedanke einer solchen besonderen Begründungslast findet sich vielfach. Z. B. sei hier auf Medicus, FS Kern, S. 323 hingewiesen. 13 Vgl. auch die Warnung bei Wank, Rechtsfortbildung, S. 74 oben, vor Lückenschlußverfahren, die mit allzugroßer Abstraktionshöhe durchgeführt werden.
Grundlegung
28
sich daraus, daß der Gesetzgeber in absehbarer Zeit vermutlich höchstens Teilbereiche der Materie aufgreifen und regeln wird. Für den Bereich primärer Vermögensschäden insbesondere ist, wie Medicus 14 betont hat, eine allgemeine Auflockerung des Deliktsrechts durch den Gesetzgeber in einiger Zukunft nicht zu erwarten. Für Teilbereiche der Dritthaftung gibt es zwar Gesetzesvorschläge. Doch selbst wenn die eine oder andere Teilregelung Gesetz werden sollte, so kann die vorliegende Arbeit für die noch ungeregelten Bereiche auch nach Schaffung von Teilregelungen noch Anregungen und Argumente bieten und demjenigen, der mit Teilgebieten zu tun hat, den Blick dafür offenhalten, nicht grundlos Sonderentwicklungen das Wort zu reden.
14
Ders., Probleme um das Schuldverhältnis, S. 20.
1. Teil
Begrift'sklärungen und methodische Vorarbeiten § 1 Abgrenzung des Themas
Wie schon in der Grundlegung angedeutet und dem mit der Thematik der Arbeit vertrauten Leser aus den vorangestellten Fällen ersichtlich, soll es in dieser Arbeit um die Haftung für Vermögensschäden gehen, welche ein Dritter einem der Partner eines für ihn fremden Vertragsverhältnisses zufügt. Es wird also stets um Konstellationen gehen, an denen zumindest drei Personen beteiligt sind, wenn auch die Haftungsfrage vornehmlich mit Blick auf das Verhältnis zwischen Drittem und Geschädigtem geklärt werden muß. Der Vermögensschaden entsteht in den fraglichen Konstellationen zumeist daraus, daß eine Information (der Begriff soll im folgenden im weiteren Sinn als Rat und Auskunft umfassend verstanden werden) des Dritten entweder fehlerhaft war oder eine vorhandene Information nicht weitergegeben wurde oder eine später als fehlerhaft oder unvollständig erkannte Information nicht unverzüglich richtiggestellt oder ergänzt wurde. Vielfach führen diese "Informationsfehler" zum Schaden, weil ihretwegen der Vertrag zwischen den beiden anderen Beteiligten überhaupt oder mit einem nachteiligen Inhalt abgeschlossen wird. I. Benennung des Gegenstandsbereichs dieser Arbeit als "Sachwalterhaftung"
Als Bezeichnung für den so skizzierten Problembereich hat sich der Begriff "Sachwalterhaftung" einigen Raum erobert. Die Benennung stammt aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. In dessen Rechtsprechung erscheint sie seit BGHZ 56, S. 81 ff.1 immer wieder, wenn es darum geht, ob Dritte für Schäden nach vertrags ähnlichen Regeln einstehen müssen, die sie durch Informationsfehler ausgelöst haben. Daß der Dritte als Sachwalter bezeichnet wird, läßt zunächst einmal hoffen, daß schon der Begriff "Sachwalter" Hilfe bei der Festlegung der Konstellationen bietet, in denen eine solche Haftung auch mit Recht bejaht werden kann. Deshalb soll zunächst einmal die Begriffsverwendung in der BGH-Rechtsprechung daraufhin untersucht wer1 BGH v. 05.04.71, von Nirk, FS Hauß, S. 267 (279) auch als die "Sachwalterentscheidung" bezeichnet, ähnlich Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 200a.
1. Teil: Begriffsklärungen und methodische Vorarbeiten
30
den, ob sich aus ihr schon entnehmen läßt, daß es für bestimmte Personen in bestimmten Konstellationen einen Kernbereich berechtigter Dritthaftung gibt. 1. Der Sachwalterbegriff des BGH
Einige Entscheidungen legen zunächst einmal nahe, als haftende Sachwalter kämen unparteiische Personen in Betracht, die zwischen den Parteien eines fremden Vertrages stehen und sich beiden gleichermaßen verantwortlich fühlen. Eine solche Inhaltsbestimmung wird vor allem nahegelegt, wenn der BGH gelegentlich die Haftung verneint, weil der Dritte "nicht als unparteiischer Sachverwalter2 " aufgetreten sei, "sondern lediglich als unselbständige Hilfsperson (verlängerter Arm)"3 eines Beteiligten.
Daß die SachwaltersteIlung in der beschriebenen Weise notwendig mit einer unparteilichen Stellung verknüpft wäre, läßt sich letztlich aber nicht feststellen, wenn man andere Entscheidungen hinzunimmt, in denen Formulierungen deutlich werden lassen, daß als Sachwalter auch Personen bezeichnet werden, die nur die Interessenwahrung einer Partei des fremden Vertrages beabsichtigen. Formulierungen, die gegen die Erforderlichkeit unparteiischen Auftretens für eine SachwaltersteIlung sprechen, lauten z. B.: "der für einen Beteiligten auftretende Vermittler (Sachwalter)"4; oder "Als Sachwalter des Bauherrn schuldet er (gemeint war ein Architekt) ... unverzügliche und umfassende Aufklärung der Ursachen sichtbar gewordener Baumängel".5
Kommt es also für eine SachwaltersteIlung und -haftung offenbar nach der Rechtsprechung nicht auf Unparteilichkeit an, so läßt sich aus anderen Formulierungen des BGH vermuten, daß für eine SachwaltersteIlung notwendig sei, daß der Dritte im Vorfeld des Vertragsabschlusses der anderen Beteiligten selbst auftritt und sein Handeln im Vordergrund steht. Darauf deutet z. B. hin, wenn es heißt: "Sachwalter ist in der Regel nur, wer selbst auftritt, wer als Vertrauensträger bei der Vertragsanbahnung tätig wird. "6 2 Sachverwalter wurde in BGH v. 17.09.85, WPM 85, 1531 (1532 re. Sp.) als Ausdruck gewählt, während in derselben Entscheidung S. 1532 li. Sp. vom "Sachwalter" die Rede ist. 3 So in einer die Haftung verneinenden Entscheidung: BGH v. 17.09.85, WPM 85, 1531 (1532 re. Sp.); (Hervorhebung in Klammern im Zitat auch beim BGH). 4 BGH v. 25.09.85, VersR 86, 35f. (36 li. Sp.); ebenso BGH v. 04.05.81, NJW 81, 281Of. (2810 re. Sp.); (Hervorhebung im Zitat v.d.Verf.; Hervorhebung in Klammern auch beim BGH). 5 BGH v. 26.09.85, VersR 86, 37f. (38 li. Sp.); (Erläuterung in Klammern v.d.Verf.).
§ 1 Abgrenzung des Themas
31
Daß aber auch ein eigenes Auftreten nicht das Charakteristikum der Sachwalterstellung ausmachen kann, wird deutlich, wenn an anderer Stelle auch solche Dritte haften sollen, die die Parteien allein handeln lassen und selber im Hintergrund bleiben. So ist beim BGH auch folgende Formulierung zu lesen: Sachwalter einer Vertragspartei ist auch derjenige, "der sich selbst bei den Verhandlungen im Hintergrund hält und eigene Beziehungen zu dem Verhandlungsgegner nur mittelbar über den betreuten Verhandlungspartner ... herstellt", .. .7
Da es demnach nicht auf Unparteilichkeit ankommt oder darauf, daß der "Sachwalter" selbst im Vordergrund auftritt, könnte man als nächstes vermuten, daß es für die SachwaltersteIlung charakteristisch ist, daß ein Dritter als Helfer im Vertragsanbahnungsstadium mit Informationsleistungen dient, ohne selbst Partei zu sein 8 . Auf ein solches Verständnis deuten Entscheidungspassagen hin, in denen es heißt: "Aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen haftet allerdings nicht nur, wer Vertragspartner ist oder werden soll, sondern auch ein für ihn auftretender Vertreter oder Beauftragter (Sachwalter)".9
Zwar wird aus dieser letzten Formulierung nicht recht deutlich, ob auch ein Vertreter noch Helfer im Sinne des vermuteten Sachwalterbegriffes sein kann 10 oder ob sich die Erläuterung in der Klammer des Zitats nur auf den Beauftragten bezieht, der nicht Vertreter ist. Doch läßt sich das Verständnis vom Sachwalter als Hilfsperson beim Vertragsschluß ohnehin nicht halten, wenn man sich in Erinnerung ruft, daß sogar der Vertragspartner eines Vertrages einmal als Sachwalter des anderen Vertragspartners bezeichnet worden ist 11. Schon aus diesen wenigen Beispielen dürfte deutlich geworden sein, daß den Senaten des BGH keine Vorstellung über eine rechtliche oder tatsächliche Stellung gemeinsam ist, die jemand haben muß, um Sachwalter zu sein und für 6 BGH v. 25.09.85, VersR 86, 35 (36 re. Sp.); so auch das Verständnis des Begriffes bei Sack, Beilage Nr. 2 zu BB 87, 22 (li. Sp. oben); ähnlich auch BGH v. 11.07.88, WPM 88,1535 (1536f.). 7 BGH v. 05.04.71, BGHZ 56,81 (85f.); gerade diese Entscheidung wird im Schrifttum als die "Sachwalterentscheidung" bezeichnet, vgl. nur Nirk, FS Hauß, 267 (279). 8 So war der Begriff wohl bei Esser / Schmidt, Schuldrecht AT, 5. Auf!. Teilbd. 2, S. 99f. verstanden worden. In der 6. Auf!. des Schuldrecht AT fehlt auf S. 439f. nunmehr eine Auseinandersetzung mit dem Begriff. 9 BGH v. 21.05.84, WPM 84, S. 889 (li. Sp.); (Erläuterung in Klammern v. BGH). 10 Für eine Zugehörigkeit der Stellvertreter zu den Sachwaltern spricht die Formulierung in BGH v. 22.04.81, WPM 81, S. 876, (877 re. Sp.). Gegen eine Einbeziehung der Verteter in den Sachwalterbegriff spricht die Schlußfolgerung bei Schulze, JuS 83, S. 81 (83 re. Sp.). Gegen eine Einbeziehung der Stellvertreter in den Sachwalterbegriff auch Grote, Die Eigenhaftung Dritter als Anwendungsfall der culpa in contrahendo, S. 116. 11 Vgl. nochmals BGH v. 26.09.85, VersR 86, 37 (38 li. Sp.).
1. Teil: Begriffsklärungen und methodische Vorarbeiten
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eine Dritthaftung als Schuldner in Betracht zu kommen. Den Fällen ist lediglich gemeinsam, daß jemand für irgendein Gebiet als Fachmann auftritt (als Steuerberater 12 , Wirtschaftsprüfer 13 , KFZ-Experte l 4, Architekt 15, Anwalt 16 und anderes 17 mehr). Selbst das aber ist für die Rechtsprechung wohl nicht notwendiges Erfordernis, denn es finden sich auch Fälle, in denen Feststellungen zur besonderen Qualifikation im Urteilsabdruck fehlen l8 . Zudem hilft die "Fachmannseigenschaft" wenig weiter; denn wenn man sie mit dem Innehaben eines Gesellenbriefes beginnen läßt, was zumindest richtig wäre, wenn man im ersten Beispiel der Grundlegung das Auftreten des angestellten Autoverkäufers noch erfassen wollte, und andere Ausbildungen ebenfalls ausreichen ließe, so würde fast jedermann Fachmann sein können und damit "Sachwalter" in dem hier vermuteten Sinn. Damit aber ist wiederum kein den Personenkreis möglicher Sachwalter eingrenzender Begriffsinhalt gefunden. Insofern verwundert es auch nicht, wenn im Schrifttum gelegentlich die von der Rechtsprechung gewählte Bezeichnung der Dritthaftung als "Sachwalterhaftung" als nicht subsumtionsfähig ("schablonierte Scheinbegründung"19) abgetan worden ist. 2o
2. Der Sachwalterbegriff im Schrifttum Da die Verwendung des Sachwalterbegriffes in der Rechtsprechung keine Rückschlüsse auf den Kreis der haftenden Personen und der Konstellationen, in denen eingestanden werden muß, erlaubt, kann die Bezeichnung nur noch Aufschluß über den richtigen Haftungsumfang geben, falls der Begriff andernorts einen eindeutigen Inhalt hat. Vgl. BGH v. 17.09.85, WPM 85, 1531 ff. Vgl. BGH v. 19.03.86, JZ 86, 111lf.; sowie OLG Saarbrücken v. 12.07.78, BB 78, 1434ff. 14 Vgl. BGH. v. 17.03.76, MDR 76, 660f.; vgl. BGH v. 14.03.79, NJW 79,1707. 15 BGH v. 26.09.85, VersR 86, 37f.; BGH v. 28.10.75, BB 76, 15 (16); BGH v. 23.11.72, BGHZ 60,1 (3); BGH v. 16.03.78, BGHZ 71,144 (149). 16 Vgl. BGH v. 10.10.85, WPM 85, 1475ff.; BGH v. 18.01.72, NJW 72, 678ff. und v. 24.01.78, WPM 78, 576f.; BGH v. 01.10.87, JZ 88, 656ff. 17 Um einen Auktionator ging es in OLG Düsseldorf v. 12.01.78, OLGZ 78, 317ff. 18 So in BGH v. 03.11.76, WPM 77, S. 73ff. für die Beklagten zu 2 und 3, die nur als Geldgeber gekennzeichnet werden! BGH v. 16.10.87, WPM 87,1466, wo ein Vertreter mit notarieller Vollmacht ein Gebäude unter falschen Angaben veräußert hatte. Von dem Vertreter heißt es nur, daß er das Geschäft der Vertretenen betreibe oder wesentlich beeinflusse, ohne daß berufliche Merkmale erwähnt würden. In BGH v. 20.03.87, WPM 87,1222 ging es um die Haftung eines Vertreters für Mängel eines Gebäudes, die er nicht korrekt dargestellt hatte. Der Vertreter war nicht beruflich besonders herausgestellt, sondern handelte als Vertreter für seine Ehefrau. 19 Bohrer, Die Haftung des Dispositionsgaranten, S. 201. 20 Bohrer, ebd., S. 46f., wo er betont, der Begriff sei weder Merkmal noch Voraussetzung einer Dritthaftung aus cic. 12
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§ 1 Abgrenzung des Themas
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Aber auch im Schrifttum findet sich wenig Hilfe für eine Festlegung des Haftungsumfangs aus dem Begrifflichen heraus: Eine Einengung auf die typischen, selbständig tätigen Vertreter vermögenssorgender Berufe21 muß scheitern, denn die Architekten und KFZ-Händler beispielsweise haben zwar bei ihrer Berufstätigkeit oftmals die Möglichkeit, ein Kundenvermögen zu schädigen. Darum aber ist ihre Tätigkeit nicht eigentlich vermögenssorgend wie z. B. die Tätigkeit eines Anwalts oder Steuerberaters. Die letztgenannten Berufsgruppen und ihnen vergleichbare werden gerade verpflichtet, damit sie einen Vermögensbestand ihrer Mandanten wahren oder mehren. Die als Beispiele gewählten Berufe des KFZ-Händlers (vgl. den Unternehmer U im ersten in der Grundlegung geschilderten Beispiel) und des Architekten 22 hingegen sind eher gegenstandsbezogen, der eine durch An- und Verkauf von Sachen, der andere durch Entwurf und Realisierung von Gebäuden und Gebäudeteilen. Im übrigen wird dem Sachwalterbegriff im Schrifttum zwar durchaus große Bedeutung beigemessen und der Eindruck erweckt, über den Sachwalterbegriff könne eine Begrenzung des Kreises der haftenden Dritten erreicht werden 23 . Aber solche Einschätzungen helfen, selbst wenn von einer "Sachwalterfunktion"24 gesprochen wird, bei der Festlegung des erfaßten Haftungsbereichs nicht weiter, solange der Begriffsinhalt nicht präzisiert wird. 3. Der Sachwalterbegriffim Gesetz Als letzter Ansatzpunkt für eine Annäherung an den zutreffenden Haftungsinhalt vom Begrifflichen her bleibt somit nur zu untersuchen, wie die Bezeichnung "Sachwalter" im Gesetz verwendet wird. Der Begriff des Sachwalters taucht im deutschen Recht seit der Reform von 1935 in den §§ 91ff. der Vergleichsordnung auf. Bei seiner Einführung wurde er als völlig neue Rechtsgestalt bezeichnet25 . Nach den einschlägigen Vorschriften der VerglO kann durch eine Regelung im Vergleich die Einsetzung eines Sachwalters vorgesehen werden. Diese Verfahrens ausgestaltung gibt eine Möglichkeit, abweichend vom Regelfa1l 26 das Vergleichsverfahren nach 21 So füllt Herrmann, JZ 83,422 (422), den Begriff aus. 22 Vgl. für den Architekten als Sachwalter wiederum BGH v. 26.09.85, VersR 86,
37f., sowie BGH v. 28.10.75, BB 76,15 (16); ferner BGH v. 23.11.72, BGHZ 60,1 (3) und BGH v. 16.03.78, BGHZ 71,149. DaB der Sachbezug bei der Architektentätigkeit überwiegt, wenn auch gewisse vermögensbezogene Pflichten zugunsten von Auftraggeber und sogar Dritten bestehen sollen, zeigt deutlich die Argumentation von Musielak, Entgeltliche Geschäftsbesorgung, in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. 2, S. 1209 (1240). 23 Vgl. Nirk, FS HauB, 267 (276). 24 Nirk, FS HauB, 267 (275 unten u. 276 unten). 25 So Levy, KuT 1935, S. 49 (50). 3 Wiegand
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1. Teil: Begriffsklärungen und methodische Vorarbeiten
der Bestätigung des Vorschlages, aber noch vor seiner Erfüllung aufzuheben. An die Stelle des ansonsten die Erfüllung überwachenden Vergleichsverwalters (§ 9611 VerglO) tritt der Sachwalter. Dieser Sachwalter hat dann den Schuldner in der Phase der Vergleichserfüllung zu überwachen. Zu seinen Überwachungsaufgaben kommen oftmals noch Verhandlungs- und Abwicklungsaufgaben hinzu. Die größte Rechtsrnacht erwächst dem Sachwalter aus §§ 57 11, 92 I VerglO, die ihm erlauben, die Kassenführung des Schuldners zu übernehmen, obwohl dieser im Vergleichsverfahren verfügungsberechtigt bleibt. Seine Überwachungsfunktion hat der Sachwalter im Interesse der Gläubiger wahrzunehmen (vgl. die Formulierung in §§ 91 I und 98 III 2 VergI0)27. Der Sachwalter nach der Vergleichsordnung gehört also zu denjenigen Personen 28 , denen vom Recht eine gewisse Sonderstellung gegen die - wenn auch nicht legitimen - Interessen desjenigen zugewiesen wird, von dem ihre Tätigkeit entgolten wird und zu dem allein sie in Vertragsbeziehungen 29 stehen. Abgesichert ist diese Überwachungsfunktion durch die Sanktionsdrohung der §§ 92 I, 42 VerglO, wonach der Sachwalter allen Beteiligten für Schäden einzustehen hat, die daraus entstehen, daß er schuldhaft seine Pflichten verletzt. Diese Sanktion greift nicht nur dann, wenn der Sachwalter schlecht oder nicht überwacht, sondern z. B. auch, wenn er die Gläubiger des Vergleichsschuldners nicht oder unzureichend informiert, obwohl diese sogar um Information nachgesucht hatten. 3o Nimmt man dies zusammen, so wird deutlich, daß das Gesetz im Sachwalter zwar eine Person sieht, die dem Schuldner als Überwachtem und Vertragspartner nicht aufgezwungen werden darf3 1• Der Schuldner muß den Sachwalter vielmehr selbst beauftragen32 • Gleichwohl wird der Sachwalter durch die Haftungsregelung zu einer gewissen Unabhängigkeit vom Vergleichsschuldner 26 Vgl. zu diesem Regel-Ausnahmeverhältnis Baur / Stürner, Zwangsvollstreckungs-, Konkurs- und Vergleichsrecht, Rn. 1237. 27 Diesen Aspekt übersieht Köndgen, Selbstbindung ohne Vertrag, S. 412 Fn. 57, wenn er im Sachwalter nur einen Treuhänder der Hauptpartei sieht. 28 Andere Beispiele für solche Phänomene stellen betriebliche Datenschutzbeauftragte sowie Betriebsbeauftragte für Immissionsschutz gern. §§ 53f. BImSchG dar. 29 Der von Schuldner und Gläubigern ausgewählte Sachwalter wird zwar gerichtlich bestätigt; er führt seine Aufgaben jedoch auf der Grundlage eines Vertrages zum Vergleichsschuldner aus, Böhle-Stamschräder / Kilger, Vergleichsordnung, § 92 Anm. 1 m.w.N. 30 Vgl. BGH v. 29.11.73, BGHZ 62, 1 (2f.), wo eine solche Informationspflicht aus einem Vertrag zugunsten Dritter, der ein Geschäftsbesorgungsvertrag ist, hergeleitet wird, also mittelbar aus § 666 i. V.m. § 675 BGB; vgl. zum Vertrag zugunsten Dritter im Verhältnis Schuldner - Sachwalter - Verg1eichsgläubiger auch schon BGH v. 13.04.61, BGHZ 35, S. 32ff.(36). 31 Vgl. Bley / Mohrbutter, Verg1eichsordnung, § 91 Rn. 2. 32 So Böhle-Stamschräder / Kilger, Vergleichsordnung, § 92 Anm. 1.
§ 1 Abgrenzung des Themas
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genötigt. Praktisch wird diese Unabhängigkeit oft noch dadurch verstärkt, daß der vorherige Vergleichsverwalter zum Sachwalter bestellt wird. 33 Dem Vergleichsverwalter aber schafft das Gesetz eine noch unabhängigere Position, indem sein Entgelt festgesetzt wird und von Vergleichsschuldner und Verwalter (anders als das des Sachwalters) nicht ausgehandelt werden darf, vgl. § 43 I, 11 und IV VergIO). Daß dieselbe Person sich aber plötzlich als Sachwalter als abhängiger erweisen sollte denn als Vergleichsverwalter, ist kaum anzunehmen. Bildete diese Figur des Sachwalters aus der VerglO das Vorbild des BGH für den Kreis potentieller Schuldner aus "Sachwalterhaftung" , so ließe sich damit immerhin eine gewisse sachliche Grenze ziehen: Es käme nicht nur darauf an, daß der Dritte Fachmann für den von ihm zu überwachenden Bereich ist. Vielmehr müßten ihm auch gegenüber der Partei, der er vertraglich verpflichtet ist, Überwachungsaufgaben obliegen, denen sich diese Partei unterwirft. 34 Es käme ferner nicht in Betracht, einen Arbeitnehmer in nicht leitender Stellung als Sachwalter im Sinne der Haftungsrechtsprechung des BGH anzusehen; er könnte nämlich auch nicht Sachwalter i.S.v. §§ 91ff. VerglO sein. 35 Das hieße, daß vermutlich im Fall I des Vorspanns der Gebrauchtwagenkäufer keinen Anspruch gegen den Arbeitnehmer haben könnte, dessen Inhalt sich nach anderen als deliktischen Grundsätzen bestimmte (z. B. aus cic 0.ä.).36 Bedenkt man diese Einschränkungen des Schuldnerkreises, die sich immerhin aus dem Sachwalterbegriff, wie er in der Vergleichsordnung verwendet wird, ableiten ließen, so kommen jedenfalls Zweifel an weiten Ansätzen auf, nach denen die Dritthaftung unseres Untersuchungsfeldes eine "Jedermannhaftung"37 sein soll. Die deutsche Vergleichsordnung ist jedoch nicht das einzige Gesetz, in dem im deutschen Sprachraum der Begriff des "Sachwalters" verwendet wird. Nach österreichischem Recht38 sind Sachwalter vor allem 39 solche Personen, Vgl. Bley / Mohrbutter, Vergleichsordnung, § 92 Rn. 1. Eine Charakterisierung des Sachwalters in diesem Sinne geben Bley / Mohrbutter, Vergleichsordnung, § 91 Rn. 4. Über die Gründe für eine solche Unterwerfung wäre dann evtl. später in dieser Arbeit nachzudenken. 35 Bei Bley / Mohrbutter ist von einem "Strohmann", z. B. einem Angestellten des Vergleichsschuldners, die Rede, dessentwegen die Eröffnung des Vergleichsverfahrens abzulehnen sei, Vergleichsordnung, § 91, Rn. 2 Anm. a. 36 Anders müßte hier aber Bohrer, Die Haftung des Dispositionsgarimten, S. 316325 entscheiden. 37 Ein Beispiel für ein solch weites Verständnis liefert Schulze, JuS 83, 81 (83 re. Sp.), so auch Schwark, JZ 80,741 (745). 38 Seit dem 01.07.84, dem Tag, an dem das Gesetz über die Sachwalterschaft über behinderte Personen in Kraft getreten ist, vgl. Gesetz vom 02.02.1983, ÖGBI. 1983 S.136. 39 Vgl. Gitschthaler, ÖJZ 85, 193 (194) zum unklaren Verhältnis der Vorschriften des "Sachwaltergesetzes" zu § 269 ABGB, der auch eine Art Gebrechlichkeitspfleger als Sachwalter bezeichnet. 33 34
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1. Teil: Begriffsklärungen und methodische Vorarbeiten
die rechtliche Angelegenheiten für geistig Behinderte oder psychisch Kranke besorgen, vgl. § 21 I insb. i. V.m. §§ 273, 273a ABGB. Der Sachwalter übernimmt dort diejenigen Aufgaben, die in der Bundesrepublik der Vormund über einen Volljährigen hat; mit dem Unterschied allerdings, daß der "Bevormundete" in der Bundesrepublik entmündigt sein muß, was zur Folge hat, daß je nach Grund der Entmündigung beschränkte Geschäftsfähigkeit oder Geschäftsunfähigkeit besteht, in Österreich aber der Kranke, wenn ihm ein Sachwalter bestellt ist, immer beschränkt geschäftsfähig bleibt. Zudem erhält er nur dann einen Sachwalter, wenn es zu regelnde Vermögensangelegenheiten oder Geschäfte anderer Art 40 gibt41 ; z. B. bleibt ein "Heiminsasse ohne Vermögen (und) nennenswertes Einkommen, der nur ein Taschengeld erhält" ohne Sachwalter. 42 Nach diesem Begriff überwacht, betreut und besorgt der Sachwalter also die Rechtsangelegenheiten desjenigen, dem er bestellt ist, ohne daß er auch Sachwalter der jeweiligen Geschäftspartner des Behinderten ist und ohne diesen nach Vertragsrecht verantwortlich zu sein. - Damit bestehen erhebliche Unterschiede zu dem Begriffsinhalt, der nach der deutschen Vergleichsordnung hätte vermutet werden können. Auch die oben noch nicht vollends verworfene Begriffsdeutung als Sammelbezeichnung für alle Arten von Fachleuten läßt sich angesichts der österreichischen Rechtslage kaum halten. Neben dem österreichischen Sachwalterbegriff, der bei uns eine Art Vormund umschreiben würde, gibt es dort in §§ 1299,1300 ABGB spezielle Normen, in denen die Haftung von Fachleuten näher geregelt ist. 43 Ärzte, Anwälte, Wirtschaftsprüfer u.a. mehr sind von diesen Normen betroffen. Sie werden jedoch nicht unter dem Begriff "Sachwalter" zusammengefaßt. - Weiterhin spricht nicht nur das österreichische Verständnis des Begriffes gegen eine Gleichsetzung von "Sachwalter-" mit "Fachleute-" -haftung. Auch für das deutsche Recht ist vorgeschlagen, jegliche Berufsrollenhaftung aus dem Gebiet der Sachwalterhaftung auszugliedern 44 ; bei diesem Verständnis ist eine begriffliche Verschiedenheit zwischen Sachwalterstellung und beruflichem Spezialistentum zugrundegelegt. Was dann noch bliebe, um den Sachwalterbegriff mit Inhalt zu füllen, dafür findet sich bei Köndgen die Formulierung: "der selbständige Vertragsgehilfe, der eigene Pflichten über diejenigen hinaus übernimmt, die einen Erfüllungsgehil40 Solche der Personensorge mit rechtlichem Bezug, vgl. Gitschthaler, ÖJZ 85, 193 (195). 41 Vgl. zur Neuheit dieses Erfordernisses Gitschthaler, ÖJZ 85, 193 (193). 42 Zum Inhalt und zu dem vorangehenden Zitat Rummel, ABGB Bd. 2, S. XXIX, § 273 ABGB Rn. 1. 43 Genau genommen wird für diese Personen ein strengerer Sorgfaltsmaßstab angeordnet, vgl. Koziol, Haftpflichtrecht Bd. 2, BT, S. 182 und auch Fenzl / Völkl/ Völkl, ÖJZ 86, 417 (418), die aus einer Entscheidung des OGH v. 19.03.80 zitieren. 44 Vgl. Köndgen, Selbstbindung ohne Vertrag, S. 412.
§ 1 Abgrenzung des Themas
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fen treffen"45. Damit aber wären gerade jene typischen Fälle von Architekten, Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern aus dem Sachwalterbegriff ausgenommen, bei denen der BGH den Ausdruck "Sachwalter" immer wieder verwendet. Danach ließe sich der Begriff der Sachwalterhaftung auch nicht als Fachleutehaftung verstehen.
4. Konsequenzen für die Verwendung des Sachwalterbegriffes Es hat sich gezeigt, daß der Begriff der Sachwalterhaftung keinen Abgrenzungswert für die Festlegung des berechtigten Umfangs von Dritthaftung hat und daß insofern auch der gesetzlichen Begriffsverwendung nichts abgewonnen werden kann, da sie nicht einmal im deutschsprachigen Raum einheitlich ist. Die Begrenzung des Kreises der potentiellen Schuldner einer Dritthaftung muß also auf anderem Wege als rein begrifflich erfolgen. Diese Abgrenzungsproblematik läuft - wie wir noch sehen werden - zugespitzt darauf hinaus, festzustellen, wann außerhalb vertraglicher Bindung und außerhalb des positivierten Deliktsrechts ausnahmsweise primäre Vermögensschäden zu ersetzen sind. Wenn der Begriff trotz seiner inhaltlichen Unergiebigkeit im Titel dieser Arbeit erscheint, so liegt es daran, daß er sich als gängige Bezeichnung mit dem gleichen Bedeutungsinhalt mit dem in dieser Arbeit oftmals von Dritthaftung die Rede ist, eingebürgert hat. Die Bezeichnung vermag also zu kennzeichnen, wovon die Rede sein soll, ohne allerdings inhaltlich eine Lösung vorzuzeichnen. 11. Die Verengung des Themas
Nachdem aus den in der Grundlegung vorgestellten Fällen und den einleitenden Bemerkungen im Groben klar geworden sein dürfte, welche Fragen Gegenstand der Arbeit sein werden, nämlich die Haftung Dritter für Vermögensschäden aus fehlerhafter Informationsleistung, sollen noch einige Ausgrenzungen vorgenommen werden.
1. Ausgrenzung der Haftung bei sog. Sprungwerbung Zunächst soll die Haftung für sog. Sprungwerbung - mit diesem Begriff benennt Fischer 46 pointiert und griffig die Fälle, in denen sich eine Werbe aussage eines Produktherstellers am Ende einer Abnehmerkette schädigend oder 45 46
Köndgen, Selbstbindung ohne Vertrag, S. 413f. und S. 417. Ders., ZVgIRWiss. 83 (1984), S. 3.
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1. Teil: Begriffsklärungen und methodische Vorarbeiten
enttäuschend auswirkt - aus dem zu behandelnden Themenkomplex, ausgeschieden werden. Wenn auch Lehmann 47 dafür eintritt, aus Werbeangaben, die z. B. ein Hersteller macht, ohne daß sie vom Zwischenhandel aufgenommen werden, unmittelbar (aus cic) den Hersteller gegenüber dem Letztabnehmer oder Verbraucher zu verpflichten, so ist das doch nicht überzeugend. Zwar reicht zur Ablehnung seiner Ansicht nicht aus, daß er eine Haftung vornehmlich für rechtspolitisch sinnvoll hält, ohne sie konstruktiv rechtfertigen zu können; denn für den Ansatz läßt sich immerhin anführen, daß er neben dem Schutz der von irreführender Werbung Betroffenen auch volkswirtschaftlich wünschenswert wäre, weil er eine Güterverschwendung vermiede. 48 Aber es liegt bei der Sprungwerbung nicht eigentlich ein Dreiecksverhältnis vor, wie es hier behandelt werden soll, sondern es geht vielmehr um eine Kette gleichartiger Geschäfte, meist Kaufgeschäfte, vom Hersteller über einen oder mehrere Händler zum Letztabnehmer. Für Mängelansprüche hat der Abnehmer zunächst seinen Vertragspartner und für diesen stellt sich dann ein Rückgriffsproblem. Hat der Vertragspartner selbst beraten und dabei seinerseits Auskünften oder Aussagen des Herstellers Glauben geschenkt und sie weitergegeben, so haftet er selbst wegen Fehlens von Eigenschaften oder aus Zusicherung nach Kaufrecht. Oder aber, wenn er ersichtlich nur eine Anpreisung ausgesprochen hat, haftet er eben nicht. Insofern wird mit guten Gründen vertreten,49 daß im Bereich der Sprungwerbung durch die Gewährung von Ansprüchen, die nur durch Rechtsfortbildung geschaffen werden könnten, das Sachmängelrecht unterlaufen werde und deshalb eine Fortbildung dieser in erster Linie durch Zweipersonenverhältnisse charakterisierten Fälle zu unterlassen sei. Ob aber trotz der Verkäuferkette unmittelbar Ansprüche gegen einen Hersteller oder Zwischenhändler bestehen, der mit bestimmten später fehlenden Eigenschaften für das Produkt wirbt, ist eine Frage, die weit in den Bereich Ders., NJW 81, 1233ff. Zu diesen Überlegungen der ökonomischen Analyse des Rechts vgl. Lehmann, NJW 81,1233 (1234f.). 49 Zur Kritik an der Bejahung von eie-Ansprüchen anstelle von Gewährleistungsrechten Medicus, Verschulden bei Vertragsverhandlungen, Gutachten zur Schuldrechtsreform Bd. I, S. 479 (538 unten). Ferner zugunsten des Vorrangs von Gewährleistungsrecht BGH v. 28.11.79, NJW 80,777 (780) bzgl. des Mietrechts (mit zahlreichen Verweisen auf kaufrechtliche Entscheidungen) und die Nachweise bei Huber, Leistungsstörungen, Gutachten zur Schuldrechtsreform, Bd. I, S. 647ff. (745f.). Vgl. ferner dazu die Ausführungen bei Lehmann selbst, NJW 81, S. 1233 (1241 li. Sp. unter Sb), die durchaus Bedenken erwecken, ob sein Ansatz gegen die von Lehmann zitierte BGH-Rechtsprechung durchsetzbar ist. Zudem sei in diesem Zusammenhang auf die zahlreiehen Hinweise bei Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 150 verwiesen, die sieh mit der Frage von eie-Ansprüchen neben einem bestehenden oder verjährten Anfechtungsrecht und dem ganz ähnlich gelagerten Problem der Konkurrenz zu §§ 459ff. verweisen. 47
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§ I Abgrenzung des Themas
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der Produzenten- und Produkthaftung hineingreift. 50 Die Einbeziehung dieser Probleme würde eine Arbeit über primäre vertragsnahe Dritthaftung jedoch sprengen. Für die Fälle der Sprungwerbung eine Rechtsfortbildung im Zusammenhang mit den hier interessierenden Fallgestaltungen zu erwägen51 , hat noch ein weiteres Argument gegen sich: Es ist überaus fraglich, ob in diesem Sachgebiet eine Rechtsfortbildung schon wieder zulässig wäre. Bei der Reform des UWG v. 1986 war in §§ 13a II, III des Regierungsentwurfes 52 eine Schadensersatzpflicht bei unzutreffender Sprungwerbung vorgeschlagen worden. Ins Gesetz ist jedoch nur ein Rücktrittsrecht bei falscher Werbung eines Dritten aufgenommen worden. Zwar findet sich in § 13a III 2 UWG (n.F.) auch die Formel, die Geltendmachung eines weiteren Schadens sei nicht ausgeschlossen. Dies muß jedoch wegen der Nichtaufnahme des erwogenen Schadensersatzanspruchs als Verweis auf bereits gefestigte Rechtsfortbildungen wie die Produzentenhaftung verstanden werden, nicht aber als Einladung zu richterlicher Rechtspolitik. Bezüglich einer Schadensersatzpflicht des Dritten nach Regeln, die über das positive Recht hinausgehen, ist durch die Nichtaufnahme in den Gesetzgeberwillen eine Sperrwirkung53 eingetreten, die auf absehbare Zeit einer derartigen Rechtsfortbildung entgegensteht. 54 Im Ergebnis kann daher die Sprungwerbungsproblematik im folgenden ausgeklammert werden, zumal da auch der BGH in diesem Bereich eine Dritthaftung verneint. 55 50 Vgl. zur Einordnung dieser Fragen Lorenz, Waren absatz und Vertrauensschutz, Karlsruher Forum 1963, S. 8ff.(insb.8). 51 Selbst bei Medicus in seinem Gutachten zur Schuldrechtsreform, der ja das Recht de lege ferenda hätte gestalten können, ist zu lesen, daß diese Haftungsfragen mit der cic (und damit auch kaum mehr mit dem vorliegenden Thema) nichts mehr zu tun haben und über den Rahmen des BGB hinausgehen; (die Äußerung wird zwar im Bezug auf die Höhe des Schadensersatzes gemacht, ist aber im Ansatz viel weitergreifend. Medicus ist der Ansicht, der Verbraucherschutz sei in diesem Zusammenhang eher ein Rechtsschutzprob1em, da der einzelne seinen geringfügigen Schaden kaum geltend machen werde, ebd., S. 540. Diese Verlagerung des Problems greift jedoch zu kurz. Denn gewährte der Gesetzgeber den Rechtsschutz, bliebe immer noch offen, welchen Anspruch der Letztabnehmer soll geltend machen können; man wäre also wieder vor das Problem seines Schadensersatzanspruches gestellt. 52 BTDrucks. 10/4741 v. 29.01.86. 53 Vgl. zur sog. Sperrwirkung methodisch unten § 9 III 3, wo die methodologischen Dinge im Zusammenhang erörtert werden sollen. 54 Die Lücke für eine Haftung aus cic bei Sprungwerbung verneint auch Sack, BB 87, Beilage 2/1987, S. 27 i.V.m. 22, soweit die Voraussetzungen für das Rücktrittsrecht nach dem UWG vorliegen. Unklar bleibt dabei (S. 27), ob Sack Fälle vor Augen hat, in denen aus cic gehaftet werden könnte, ohne daß Rücktritt möglich wäre. Jedoch kann dies nicht für die Haftung von Dritten gedacht sein, die werben, ohne selbst Vertragspartner werden zu wollen. Für sie verneint Sack auf S. 22 nämlich eine Haftung aus cic. 55 BGH v. 11.10.88, WPM 88, 1828ff.; nur § 826 BGB wurde dort als Anspruchsgrundlage für möglich gehalten.
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1. Teil: Begriffsklärungen und methodische Vorarbeiten
2. Ausgrenzbarkeit der Vertreterhaftung aus dem Gegenstandsbereich der Sachwalterhaftung Angesichts einiger Vorbilder56 im Schrifttum, muß erwogen werden, ob die Eigenhaftung von Vertretern einer Partei gegenüber dem Vertragspartner des Vertretenen aus dem Gegenstandsbereich der Dritthaftung ausgeklammert werden kann, weil - so die zumeist gegebene Begründung - eine derartige Vertretereigenhaftung ohne weiteres bejaht werden muß57. Bei den Vertretern dieser Position, heißt es oftmals, der Vertreter hafte aus cic wie die Partei selbst58 ; an einer überzeugenden Begründung für diese These fehlt es freilich. Diese Ansicht, der Vertreter werde wie der Vertretene verpflichtet, erscheint mir nur ganz eingeschränkt richtig. Sie läßt sich für den Vertreter ohne Vertretungsmacht hören, dessen Geschäft nicht genehmigt wird. In § 179 I läßt der Gesetzgeber ihn wie einen "Quasi-Vertragspartner"59 für das Fehlen der behaupteten Vertretungsmacht60 einstehen, und § 179 bietet in Abs. 2 und 3 im übrigen ein abgestuftes Haftungssystem an, das berücksichtigt, durch welchen Sorgfaltsverstoß der Vertreter in diese Situation geriet. 61 Die These von der gleichen Haftung von Vertreter und Vertretenem gegenüber dem anderen Vertragspartner stimmt jedoch nicht mehr für den Vertreter mit Vertretungsmacht, den das Gesetz in §§ 164ff. vor Augen hat. Immer wieder wird von der Rechtsprechung in diesem Zusammenhang betont, grundsätzlich hafte nur der Vertretene aus cic. 62 Über die Voraussetzungen der nur ausnahmsweise eingreifenden Eigenhaftung des Vertreters für fahrlässig verursachte Vermögensschäden (aus cic oder einer anderen Rechtsgrundlage) herrscht genausoviel Streit und Unklarheit, wie um die Frage, wann andere Dritte aus cic haften. Das gängigste vom BGH angeführte Kriterium ist, ob der Vertreter selbst Vertrauen in Anspruch genommen habe. 63 Genau dasselbe wird auch bei anderen Dritten geprüft. 64 56 Vgl. z. B. Fischer, ZVglRWiss 83,1 (2) sowie die Nachweise in den folgenden Fußnoten. 57 So erscheint die Darstellung von Schulze, JuS 83, 81 (82). 58 So Fischer, ZVglRWiss 83, 1 ff. (2) und Schmitz, Dritthaftung aus culpa in contrahendo, S. 69ff. (insb. S. 81 unten). 59 Palandt I Heinrichs, § 179 Anm. 2a spricht von der gleichen tatsächlichen Stellung. 60 V gl. nur MünchKom I Thiele, § 179 Rn. 18 ff.; gleichgestellt werden dem Fehlen der Vertretungsmacht einige andere Mängel, die mit der Vertretungsbefugnis zusammenhängen, ebd., Rn. 2l. 61 Besonders bezeichnend für dieses Haftungssystem sind die Erwägungen, die dann anzustellen sind, wenn ein Vertretener nicht oder noch nicht existiert, vgl. BGH v. 20.10.88, DB 89, 99f. 62 BGH v. 03.11.76, WPM 77, 73 (75 re. Sp.); BGH v. 15.11.67, WPM 68, 5 (5 re. Sp.). 63 Vgl. nur BGH v. 22.04.81, WPM 81, 876 (877 re. Sp.); BGH v. 27.10.82, WPM 82, 1322 (1322 re. Sp. unten).
§ 1 Abgrenzung des Themas
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Die zweite Haftungsvoraussetzung, nach der der BGH Vertreter einstehen läßt, ist das wirtschaftliche Eigeninteresse. 65 Allerdings hat diese Voraussetzung bisher weniger Einfluß auf Fragen der Haftung von Nichtvertragspartnern gehabt. Es wird zwar mitgenannt, zumeist wird jedoch allein auf die Inanspruchnahme von Vertrauen abgestellt. Ausnahmen bilden insofern allein die Fälle des KFZ-Gebrauchtwagenhandels und der Haftung von GmbH-Geschäftsführer/Gesellschaftern außerhalb der Werbung mit unrichtigen Prospekten. Hier wird im Gegensatz zu allen übrigen typischen Konstellationen eher auf wirtschaftliches Eigeninteresse abgestellt. Doch schon allein die wiederkehrende Formel von der Inanspruchnahme von Vertrauen macht klar, daß sich für den Vertreter die gleiche Wertungsfrage stellt wie für jeden anderen Dritten, nämlich ob er haftungsmäßig einem Vertragspartner gleichzustellen ist. Jedenfalls der Abschlußvertreter mit Vertretungsmacht kann also aus dieser Arbeit nicht ausgeklammert werden. Nichts anderes kann dann schließlich auch für sog. Verhandlungsverteter gelten. Bei ihnen ebenso wie beim Boten hätte sich nur dann die Frage gestellt, ob man sie gleich Abschlußvertretern behandeln muß, wenn deren Haftung als geklärt ausgegrenzt worden wäre. Da das aber verworfen wurde, bleiben sie notwendigerweise Gegenstand dieser Arbeit. Jedoch muß noch einmal auf die Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht zurückgekommen werden. Soweit sie auf § 179 BGB gestützt werden kann, bleibt sie hier als gesetzlich geregelte Einstehenspflicht außer Betracht. Soweit es aber um Informationsfehler geht, die dazu führen, daß über die bloße Nichterbringung der Leistung durch den gewünschten Vertragspartner (er schuldet ja nicht) noch Vermögensschäden auftreten, kann man überlegen, ob ein Dritthaftungsfall vorliegt. Der Bereich bliebe dann in der vorliegenden Arbeit mitzubehandeln. Zur Erleichterung des Verständnisses, welche Fälle gemeint sind, sei ein erdachtes Beispiel gegeben: Der Stellvertreter St tritt ohne Vertretungsmacht für B auf. Er verspricht einer Person A, B werde ihr Rohöl liefern. Er informiert aber nicht darüber, daß die Vertragserfüllung sich wegen politischer Schwierigkeiten in der Produktionsregion verzögern könnte, obwohl er die Gefahr für die Durchführung der Verträge aufgrund seiner Kenntnisse von der politischen Lage der Region hätte richtig gewichten können. A, der 64 Allerdings erscheint es gewagt, wie Nirk unter Berufung auf den BGH von der analogen Anwendung der für den Vertreter anerkannten Haftungsgrundsätze auf Dritte zu sprechen, FS Hauß, 267 (271). Denn der Boden der Analogie ist "schwankend", da die Vertretereigenhaftung ihrerseits bisher unscharf geblieben ist, obwohl sich die Formel von der Inanspruchnahme von Vertrauen durch alle Entscheidungen zieht. 65 Vgl. BGH v. 22.04.81, WPM 81, 876 (877 re. Sp.); BGH v. 15.11.67, WPM 68, 5 (5 re. Sp.); BGH v. 25.01.84, WPM 84, 475 (477 li. Sp.); etwas anders: BGH v. 05.04.67, WPM 67, 481 (481 re.Sp.); ferner aber wie oben: BGH v. 19.12.62, WPM 63,160 (161li. Sp.); BGH v. 27.10.82, WPM 82,1322 (1322 re. Sp. unten).
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1. Teil: Begriffsklärungen und methodische Vorarbeiten
sich auf die Lieferung verlassen hatte, kann selbst seinen vertraglichen Pflichten aus dem getätigten Weiterverkauf nicht nachkommen und muß Vertragsstrafe zahlen, weil St, demgegenüber A Erfüllung gewählt hatte, wegen der politischen Schwierigkeiten nicht pünktlich liefern kann.
Die Lösung von Fällen wie dem im Beispiel geschilderten ist aber verhältnismäßig einfach mit Hilfe des herkömmlichen Anwendungsbereichs der cic möglich. Die Frage, ob die Gleichstellung mit der Haftung eines potentiellen Vertragspartners geboten ist, beantwortet sich für Vertreter ohne Vertretungsmacht aus dem Gesetz. Wenn von dem Vertreter ohne Vertretungsmacht die Erfüllung verlangt werden kann, so soll er in seiner tatsächlichen Stellung wie ein Vertragspartner behandelt werden. 66 Das schließt ein, daß er für einen Informationsfehler (im Beispiel die Nichtaufklärung über mögliche Lieferschwierigkeiten) haften soll, wenn der Vertragspartner ebenfalls gehaftet hätte. Allein über die Höhe der Haftung läßt sich in solchen Fällen streiten. Ob dafür auf § 179 I zurückgegriffen und damit auf das positive Interesse gehaftet werden soll oder ein anderer Haftungsumfang angemessener ist, braucht hier jedoch nicht geklärt zu werden. Dieser Fragenkreis gehört anders als es zunächst den Anschein hatte - nicht zu den typischen Dritthaftungsproblemen und damit nicht zum Gegenstand der vorliegenden Arbeit. 111. Gegenstand der Arbeit
Den Untersuchungsgegenstand bilden also mit Ausnahme der Sprungwerbungsfälle alle Konstellationen, in denen Dritte durch fehlerhafte Informationsleistungen im Umfeld fremder Verträge Vermögensschäden hervorrufen. Unter welchen Voraussetzungen Dritte in solchen Fällen schon nach objektivem Recht zum Schadensersatz verpflichtet sind und weitergehend sein sollten, wird insbesondere mit Blick auf zulässige Rechtsfortbildungen zu klären sein. IV. Überblick über den Gang der Untersuchung
Es sollen nun die Vorarbeiten geleistet werden, die nötig sind, den Inhalt des 2. bis 4. Teils dieser Arbeit verständlich zu machen. Da das Ziel der vorliegenden Arbeit - wie bereits beschrieben - darin liegt, die Dritthaftungskonstellationen unter dem Blickwinkel der Rechtsfortbildung zu untersuchen, muß zunächst festgestellt werden, inwieweit eine Rechtsfortbildung für die "Sachwalterfälle" überhaupt in Betracht kommt. Denn eine Rechtsfortbildung ist jedenfalls dort ausgeschlossen und wäre unzulässig, wo sich schon durch Auslegung des objektiven Rechts ermitteln 66
Palandt / Heinrichs, § 179 Anm. 2a.
§ 1 Abgrenzung des Themas
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läßt, daß dieses eine Regelung für den in Rede stehenden Fallbereich enthält, von der die denkbaren Fallgestaltungen weitgehend erfaßt und überwiegend zufriedenstellend gelöst werden. Ob eine den soeben dargestellten Anforderungen entsprechende, durch Auslegung feststellbare Regelung der Dritthaftungskonstellationen besteht, soll uns zunächst im 2. Teil der Arbeit beschäftigen. Erst wenn ausgeschlossen werden konnte, daß durch Auslegung eine befriedigende Lösung ermittelt werden kann und diese Untersuchung auch gezeigt hat, daß eine Vielzahl von Fällen - nicht nur einige wenige, in denen Gerechtigkeit über § 242 BGB hergestellt werden könnte - vom Inhalt der bestehenden Haftungstatbestände nicht erfaßt ist, kann über eine Rechtsfortbildung nachgedacht werden. Diese Stufe des Nachdenkens über eine Rechtsfortbildung wird - das sei schon vorweggenommen - erreicht werden. Im 4. Teil der Arbeit wird in dessen erstem Kapitel geprüft werden, inwieweit von der Rechtsprechung geprägte, gesetzesübersteigende Haftungsgründe zu Recht bestehen. Dabei wird auch zu klären sein, unter welchen Anforderungen an den Haftungsgrund solche Schuldverhältnisse befürwortet werden können. Anschließend erst, im zweiten Kapitel des 4. Teils wird untersucht werden, ob auch durch gesetzesergänzende Fortbildung, also in größerer Nähe zum objektiven Recht, Dritthaftungstatbestände gebildet werden können. Dieser Aufbau des 4. Teils mag auf den ersten Blick unlogisch erscheinen, da die gesetzesnähere Fortbildung grundsätzlich den Vorrang genießen sollte. Gleichwohl schien dieser Aufbau angezeigt, da die von der Rechtsprechung ständig praktizierte gesetzesübersteigende Fortbildung aus Vertrauen und wirtschaftlichem Eigeninteresse sich als vordringlicher Untersuchungsgegenstand aufdrängte. Zum besseren Verständnis des 4. Teils, in dem wir uns auf das Gebiet der Rechtsfortbildung vorwagen werden, wird ihm ein 3. Teil vorangestellt werden, in weIchem die theoretischen Grundlagen der Rechtsfortbildung, soweit sie benötigt werden, aufgezeigt werden sollen. Abschließend wird in einem 5. Teil darauf eingegangen werden, wie sich die gefundenen Ergebnisse zueinander und zu den Anspruchsgrundlagen des objektiven Rechts verhalten und unter welchen weiteren Haftungsvoraussetzungen die Einstandspflicht bejaht werden darf.
2. Teil
Bewältigung der Dritthaftungsfälle durch Auslegung Auf den ersten Blick mag es als Zugeständnis an die Vollständigkeit erscheinen, diesen Gliederungspunkt aufzunehmen. Es scheint wenig wahrscheinlich, eine allgemeine Norm zu finden, deren Wortlaut so auszulegen ist, daß grundsätzlich auch ein Nichtvertragspartner einem Partner eines fremden Vertrages für fahrlässig herbeigeführte Vermögensschäden haften soll. Zwar gibt es einige Normen, die für spezielle Konstellationen eine solche Dritthaftung regeln, man denke nur an § 98 HGB (soweit der Makler demjenigen haftet, der ihn nicht beauftragt hat, vgl. dazu unten § 15 I) oder an § 45 BÖrsenG. Allgemein jedoch gilt das nicht. Dennoch muß ausgelotet werden, wie weit der Wortsinn einiger Rechtsinstitute und Normen von einer Auslegung! als allgemeine Dritthaftungsregelung entfernt ist. 1. Kapitel
GewohnheitsrechtIiche Ableitung eines Tatbestandes § 2 Dritthaftungstatbestand als Auslegung
des objektivrechtlichen cic-Tatbestandes
Zunächst ist zu klären, ob eine Dritthaftung für unsere Fälle bereits aus dem eie-Tatbestand abgeleitet werden kann. Es wird also zu überlegen sein, ob die Rechtsprechung sich in den Grenzen zulässiger Auslegung des Wortlauts hält, wenn sie vielfach eine Dritthaftung durch Anwendung der Grundsätze der culpa in contrahendo herleitet. Sätze wie der folgende verdeutlichen die in der Rechtsprechung vorgenommene Gleichsetzung von Dritthaftung und culpa in contrahendo: "Aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen haftet allerdings nicht nur, wer Vertragspartner ist oder werden soll, sondern auch ein für ihn auftretender Vertreter oder Beauftragter (Sachwalter)" ... 2 ! Vgl. zum Wortsinn als Grenze der Rechtsfortbildungsstufe der Rechtsfortbildung "secundum legern" Krey, JZ 78,361 (364). 2 BGH v. 21.05.84, WPM 84, S. 889 (li. Sp.); (Erläuterung in Klammern v. BGH).
§ 2 Auslegung des objektivrechtlichen eie-Tatbestandes
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Ob das Schuldverhältnis des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen, wie es aus der Rechtsprechung des Reichsgerichtes hervorgegangen ist, eine solche Dritthaftung tatsächlich umfaßt, ist aber äußerst zweifelhaft: Um diese Frage untersuchen zu können, muß zunächst einmal festgelegt werden, von welcher Formulierung des "klassischen" eie-Tatbestandes ausgegangen werden soll, denn gerade bei Recht, das von der Rechtsprechung entwickelt wurde, fällt das Herausarbeiten der Tatbestandsmerkmale oft schwer. Die nachstehende Formulierung soll im folgenden zugrunde gelegt werden:
Wer im Rahmen eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses der Vertragsanbahnung (Sonderverbindung) durch eine Pflichtverletzung rechtswidrig und schuldhaft eine Rechtsposition eines anderen beeinträchtigt, hat diesem grundsätzlich 3 den Schaden zu ersetzen, den der andere dadurch erleidet, daß er auf ein pflichtgemäßes Verhalten vertraut. 4 Der Haftungsgrund der Sonderverbindung wird dabei bejaht, wenn Gläubiger und Schuldner entweder Partner eines noch abzuschließenden Vertrages werden sollten oder eine langandauernde Geschäftsbeziehung zwischen ihnen bestand oder sie zueinander in geschäftlichem Kontakt standen. Unter die beiden ersten dieser "klassischen" Sonderverbindungsgründe der eie fallen unsere Dritthaftungsfälle nicht, weil die Schädiger und Geschädigten typischerweise gerade nicht miteinander kontrahieren wollten oder bereits eine Geschäftsbeziehung zueinander unterhielten. Zu erwägen ist lediglich, ob der Haftungsgrund "geschäftlicher Kontakt" durch Auslegung so erweitert werden kann, daß auch unsere Drittbeziehungen unter ihn fallen könnten, obwohl mit "geschäftlichem Kontakt" herkömmlicherweise das Stadium vor den Vertragsverhandlungen (also ebenfalls ein Streben auf einen Vertragsschluß zwischen den Beteiligten) bezeichnet wird 5 . I. Der eie-Tatbestand als der Fortbildung zugängliches Recht
Damit der beschriebene "klassische" eie-Tatbestand überhaupt im Sinne einer allgemeinen Dritthaftungsnorm ausgelegt werden kann, müßte ihm selbst 3 Die Frage, ob ausnahmsweise auch das sog. positive Interesse geschuldet sein kann (vgl. dazu Plaff, Schuldrecht durch Rechtsprechung, S. 24, Rn. 55, der dieses sogar als nach allgemeiner Ansicht ersatzfähig ansieht) und genauer und zurückhaltender Jauernig / Vol/kommer, § 276 VI 4 bund c sowie Larenz, AS, § 9 I 3 (S. 112ff.) soll hier ausgeklammert bleiben. Sie interessiert im Zusammenhang der vorliegenden Fragen nicht unmittelbar. 4 Zu einer solchen Tatbestandsbildung gelangt man z. B. an hand der Ausführungen von Brox, AS, Rn. 56-58. 5 Vgl. z.B. Larenz, AS, 13. Aufl., § 9 11, S. 104; in der 14. Aufl. ist die entsprechende Formulierung auf S. 106, § 9 I a, leicht geändert; es kommt dort aber nicht zum Ausdruck, daß inhaltlich eine Änderung bei der Bestimmung "geschäftlichen Kontakts" gegenüber der Vorauflage gewollt ist.
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2. Teil, 1. Kap.: Tatbestandsableitung aus Gewohnheitsrecht
normative Geltung zukommen. Eine solche Geltung wird zwar allgemein bejaht; allein werden unterschiedliche Begründungswege beschritten. Da die verschiedenen Begründungen aber Einfluß auf die Möglichkeit weiterer Entwicklung und Veränderung des Tatbestandes haben können 6 , soll auf die Argumentationswege schon hier eingegangen werden. Nach beiden sogleich vorzustellenden Argumentationssträngen bereitet es Probleme, den eie-Tatbestand als geltendes Recht auszuweisen. Dennoch können m. E. keine Zweifel bestehen, daß im Ergebnis der eie-Tatbestand zum Bestand des geltenden Rechts gehört. Die eine Begründung stützt sich auf eine Rechtsanalogie zu den §§ 307, 309, 523 I, 524 I, 600 und 694 BGB.7 Eine Ableitung des eie-Tatbestandes durch eine solche Analogie überzeugt nicht recht, weil nicht einmal ein Ziel der Art angestrebt wird, wie es bei einer Analogie üblich ist. Normalerweise dient die Analogie dazu, eine für einen (bzw. mehrere) geregelten Fall (bzw. Fälle) vorgesehene Rechtsfolge auf einen oder mehrere nicht geregelte Fälle zu übertragen. Wenigstens in der Rechtsfolge besteht mithin jeweils weitgehende Übereinstimmung zwischen "Quellen-Norm" und dem durch RechOtsfortbildung geregelten Fall. Anders jedoch ist das Verhältnis zwischen cic und den angeführten "Quellenvorschriften" . Der cic-Tatbestand, wie er heute formuliert und angewendet wird, ordnet eine Ersatzpflicht für schuldhafte Pflichtverletzungen bei jedem Verschuldensgrad an. Ein solches "Haftungsmuster" findet sich in den "Quellennormen" jedoch nicht. Nach § 523 I, 524 1,600 BGB wird die Pflicht zur Offenbarung von Mängeln nur bei Arglist sanktioniert. Bei den übrigen Vorschriften wird zwar für jede Fahrlässigkeit gehaftet, Mitverschulden aber führt zum gänzlichen Haftungsausschluß. Bestehen wegen dieser doch recht weiten Ablösung von den Tatbeständen, die als Vorbilder dienen, schon Bedenken, ob durch eine Rechtsanalogie der cic-Tatbestand selbst schlüssig hergeleitet werden kann, so machen diese Bedenken um so deutlicher, daß die Analogie jedenfalls nicht soweit trägt, daß außer künftigen Vertragspartnern auch Dritte aus eie haften könnten. Dafür - das sei hier vorweggenommen - wären andere, zusätzliche Begründungselemente nötig. Nach dem anderen Begründungsweg, mit dessen Hilfe der eie-Tatbestand als Teil des geltenden Rechts angesehen wird, soll er inzwischen Gewohnheitsrecht sein. 8 Diese Argumentation hat ihre Schwächen darin, daß keine EinigVgl. unten § 211. Vgl. nur Brox, AS, Rn. 56. Eine ähnliche Liste der Vorbildnormen findet sich bei Engisch, Einführung, S. 151, wo allerdings die §§ 122, 179,463 S. 2 und 663 zusätzlich genannt sind, § 694 aber fehlt. 8 Vgl. Palandt / Heinrichs, § 276, Anm. 6 A a; Stau dinger / Läwisch, Vorbem. zu §§ 275-283, Rn. 38; Larenz, AS, § 9 I (S. lO8f.) und aus der Rechtsprechung BGH v. 11.05.79, NJW 79, 1983 (1983 unter 11 2 der Gründe). Bei Brox, AS, Rn. 56 wird dieser Ansatz eher beiläufig mit angeführt, ohne daß zwischen Analogie und gewohnheitsrechtlicher Geltung entschieden würde. 6 7
§ 2 Auslegung des objektivrechtlichen cic-Tatbestandes
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keit besteht, ob Gewohnheitsrecht überhaupt als Recht anzusehen ist9 und welche Voraussetzungen dafür zu verlangen sind. Vor allem die Schwierigkeiten, die sich aus dem letztgenannten Streitpunkt ergeben, sollen hier aufgezeigt werden. Die herrschende Meinung will Gewohnheitsrecht als ,geltendes Recht' anerkennen, wenn es auf einer allgemeinen Rechtsüberzeugung und längerandauernder Übung beruht. 10 Jedenfalls wenn man für die Rechtsüberzeugung wie z. B. Bydlinski ll - auf die sich in der Rechtsanwendung niederschlagende Überzeugung der Rechtsanwendungsorgane abstellt, besteht kein Zweifel, daß die erste Voraussetzung einer gewohnheitsrechtlichen Geltung des oben angeführten eie-Tatbestandes vorliegt. Denn seit J ahrzehnten l2 entscheiden die Gerichte - ohne nennenswerten Widerspruch aus der Lehre - im Kernbereich des Rechtsinstituts der cic nach einem Tatbestand, der weitgehend der obigen Formulierung entspricht, und bringen so durch Rechtsanwendung ihre Rechtsüberzeugung zum Ausdruck. Außer der Richterschaft kommen als Rechtsanwender , deren Überzeugung maßgeblich sein könnte, noch die Kautelarjuristen in Betracht. Bei näherem Hinsehen wird jedoch klar, daß ihre Ansicht für den eie-Tatbestand nicht bestimmend sein kann. Denn daß Klauseln, die eine eie-Haftung regeln, in Vertragsformularen regelmäßig nicht auftauchen, ist nur zu verständlich. Eine Haftung, die sich aus dem vorvertraglichen Stadium ergibt, entsteht oftmals früher, als irgendwelche Kautelen, die ja Vertragsbestandteile sind, durch Einigung wirksam werden. Hat sich ein vorvertragliches Verschulden ereignet, und ist es den Parteien bekannt geworden, wird der Abschluß eines Vertrages häufig unterbleiben. Ist ein solches Verschulden noch nicht erkannt, so wird regelmäßig auch sein Fehlen unterstellt werden, so daß entsprechende Regelungen selten in Verträge einfließen werden. 13 Folglich kann es hier nur auf die Überzeugung der Gerichte, bzw. Richterschaft, nicht aber der Kautelarjurisprudenz ankommen. 9 Grundsätzlich gegen die Möglichkeit der Anerkennung nachkonstitutionellen Richterrechts als Gewohnheitsrecht spricht sich z.B. Müller, Richterrecht, S. 117 aus. Sehr zurückhaltend auch Coing, Ein!. zum Staudinger, Rn. 228f. und 238; vg!. zu dessen Ansicht im einzelnen noch sogleich im Text. Ähnliche Zurückhaltung wie Coing übt Bydlinski, vg!. unten § 3 Fn. 6. 10 Vg!. Bydlinski, Methodenlehre, S. 214-218; Larenz, FS Schima, S. 250 sowie diejenigen Ausführungen, die Coing - trotz abweichender eigener Ansicht - als klassische Definition von Gewohnheitsrecht bezeichnet; ders., Ein!. zum Stau dinger , Rn. 234; ferner schon v. Tuhr, AT, Bd. 1, S. 10-11 sowie Enneccerus I Nipperdey, Allg. Teil des Bürgerlichen Rechts, 1. Hbbd., S. 267. 11 Vg!. die vorangehende Fußnote. 12 Etwa seit RG v. 24.09.1918, RGZ 95,58 (60f.), wo eine allgemeine Haftung auch für die Zeit bei und vor Vertragsschluß ähnlich derjenigen nach Vertragsschluß angenommen wurde; vg!. zum Ablauf der Herausbildung des Instituts bis zu diesem Inhalt, Medicus, FS Kaser, S. 169 (169 bis 178 einseh!.). 13 So finden sich z. B. bei Schachner, Rechtsformularbuch für das Unternehmen, im Abschnitt über die Verträge mit den Lieferanten des Unternehmens, S. 269ff. keine
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2. Teil, 1. Kap.: Tatbestandsableitung aus Gewohnheitsrecht
Da ferner an einer hinreichenden Dauer, während derer der eie-Tatbestand bereits angewendet wird, im Schrifttum keine Zweifel erhoben werden, läge nach dieser Ansicht im eie-Tatbestand Recht mit gewohnheitsrechtlicher Geltungskraft vor.1 4 Anders und erheblich problematischer wäre es schon, wenn man - wie beispielsweise Coing 15 - als Gewohnheitsrecht nur Volksrecht, nicht aber Juristenrecht anerkennen will. Dann müßte geprüft werden, ob der eie-Tatbestand sich ausschließlich in der Rechtsgemeinschaft entwickelt hat. Die allgemeine Konsequenz aus diesem Erfordernis, die Coing auch durchaus sieht, ist, daß es heute kaum mehr Gewohnheitsrecht gibt. 16 Damit wird auch die normative Geltung eines eie-Tatbestandes, wie er oben angeführt ist, fraglich. Denn schon während der gesamten Dauer der Geltung des BGB, neben dem sich der Tatbestand zu Gewohnheitsrecht verfestigt haben könnte, waren die Deutschen als Mitglieder der Rechtsgemeinschaft, in der das Recht herausgebildet worden sein müßte, nicht jene kleine zusammenhängende Gemeinschaft, in der eine Gewohnheitsrechtsentstehung in diesem Sinne allein möglich sein soll. Doch darf hieraus nicht geschlossen werden, nach Coing existiere ein cicTatbestand nicht. Auch nach seiner Auffassung entwickeln rechtsfortbildende Präjudizien einen Geltungsanspruch, der es erschwert, bei späteren Entscheidungen von ihnen abzuweichen. 17 Bei einer lange fortgesetzten Rechtsprechung - und eine solche ist diejenige zur eie zweifellos, denn sie ist den von Coing angeführten Beispielen der Sicherungsübereignung und der positiven Forderungsverletzung in Dauer und Konstanz durchaus vergleichbar - soll nur aus besonders schwerwiegenden Gründen abgewichen werden können. Dies kommt aber praktisch einer Geltung als Gewohnheits"recht" gleich, zum al da gegen den Grundtatbestand der eie besonders schwerwiegende, die Geltung beeinträchtigende Argumente noch nicht vorgebracht worden sind. Folglich Vorschläge über die Gestaltung der Haftung für vorvertragliches Verschulden, obwohl doch zu erwarten wäre, daß jedes Unternehmen an einer in dieser Hinsicht scharfen Einstandspflicht seiner Lieferanten interessiert sein müßte. Nicht anders ist das Ergebnis bei Durchsicht von Wurm / Wagner / Zartmann, Rechtsformularbuch, Kapitel 10-16 über gemeinsame Bestimmungen in Schuldverhältnissen. Die Bedeutung von Haftungsbegrenzungen für Verschulden bei Vertragsverhandlungen in AGB schätzen auch die Kommentierungen zu § 11 Nr. 7 AGBG gering ein: Wolf / Horn / Lindacher, AGB-Gesetz, § 11 Nr. 7 Rn. 9 und MünchKom / Kötz, § 11 AGBGRn.59. 14 Vgl. dieses Ergebnis auch bei Larenz, FS Schima, S. 254 und Pfaff, Schuldrecht durch Rechtsprechung, S. XXI. 15 Ders., Einleitung zum Staudinger, Rn. 228f. und 238. Ganz ähnlich versteht auch Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 44 den Begriff ,Gewohnheitsrecht'. Ähnlich schätzt auch Bydlinski, Methodenlehre, S. 502ff. die Bedeutung von Richterrecht ein. 16 Vgl. Coing, Einleitung zum Staudinger, Rn. 228f. und 238. 17 Vgl. dazu Coing, Einleitung zum Staudinger, Rn. 225.
§ 2 Auslegung des objektivrechtlichen cic-Tatbestandes
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kann auch nach Ansichten, die Gewohnheitsrecht nicht als Rechtsquelle ansehen, wenigstens eine gesetzesähnliche, faktische Geltung des eie-Tatbestandes bejaht werden. Eine solche Einordnung als "gesetzesähnlich" führt für die alltägliche Anwendung des eie-Tatbestandes in klassischen Fällen nicht zu Unterschieden. Diese Einordnung wirft jedoch Zweifel auf, ob bei solchem Verständnis im eie-Tatbestand Recht einer Qualität liegt, das einer richterlichen Fortbildung zugänglich ist. Die Bedenken rühren daher, daß die Geltung ja gerade nur "gesetzesähnlich" sein soll. Gegen die Bejahung einer gewohnheits rechtlichen Geltung des eie-Tatbestandes mag zwar nach dem oben dargestellten Meinungsbild einiges sprechen. Zudem mögen sich weitere Bedenken gegen eine gewohnheitsrechtliehe Geltung von Recht überhaupt erheben lassen, weil nicht gen au bestimmbar ist, wann eine Übung in der Rechtspraxis lange genug gedauert hat, damit überhaupt Gewohnheitsrecht vorliegen kann. Mit einer starren Grenze, wie es sie im kath. Kirchenrecht mit 30 bzw. 100 Jahren gibt,18 ist allenfalls Klarheit, aber nichts in dem Bemühen um sachliche Richtigkeit bei der Grenzziehung gewonnen. Denn eine solche Grenze kann nicht gleichermaßen Geltung beanspruchen, wenn in den 30 Jahren nach der Erstentscheidung ein oder zwei weitere Judikate ,anfallen', wie wenn hundert Entscheidungen gefällt werden. Aber über diese Zweifelsfragen einer zeitlichen Grenzziehung bei der Annahme von Gewohnheitsrecht, wie über die übrigen Zweifel auch, muß man sich jedenfalls dann hinwegsetzen können, wenn die Lösung eines Problems sich so durchgesetzt hat, daß sogar der Gesetzgeber inzwischen dem in der Rechtsprechung gebildeten Recht Anerkennung geschenkt hat. Und gerade auf solch mittelbare Weise hat der eie-Tatbestand Eingang in den Willen des Gesetzgebers gefunden. In § 11 Nr. 7 a. E. AGBG hat das Institut der CiC 19 Aufnahme im vom Gesetzgeber geschaffenen Recht gefunden. Spätestens damit ist die gesetzesgleiche Geltung der eie nicht mehr bestreitbar. Als Folgerung daraus ergibt sich auch, daß die eic grundsätzlich der Auslegung und Fortbildung zugänglich ist. 18 Codex iuris Canonici (can 26) v. 1983, wo es heißt: "Falls sie nicht von dem zuständigen Gesetzgeber besonders genehmigt wurde, erlangt eine außergesetzliche Gewohnheit nur dann die Kraft eines Gesetzes, wenn sie rechtmäßig dreißig ununterbrochene und volle Jahre hindurch geübt wurde; gegen ein kanonisches Gesetz aber, das eine Klausel enthält, die zukünftige Gewohnheiten verbietet, kann allein eine hundertjährige oder unvordenkliche Gewohnheit Geltung erlangen." Allerdings kann diese Frist nach der Übergangsbestimmung (can 5) zumeist erst ab 1983 zu laufen beginnen. Vgl. weiteres bei Mörsdorf, Kirchenrecht, Bd. 1, § 1711 1 b, der noch von der früheren 40jährigen Dauer ausgeht. 19 Wie hier konstatiert Ulmer / Brandner / Hensen, AGBG, § 11 Nr. 7 Rn. 10, daß in § 11 Nr. 7 AGBG erstmals die Institution des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen Eingang in ein Gesetz gefunden habe; es wird, wie hier, gefolgert, daß nicht nur etwa gesetzlich geregelte Einzelfälle gemeint seien, sondern das Rechtsinstitut der cic als solches.
4 Wiegand
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2. Teil, 1. Kap.: Tatbestandsableitung aus Gewohnheitsrecht
Für die Begründung dieses Ergebnisses der Rechtsgeltung der cic erscheint mir der Weg über das Gewohnheitsrecht trotz aller aufgezeigten Schwächen vor allem wegen des letztgenannten Argumentes überzeugender als die Argumentation unter Rückgriff auf eine Rechtsanalogie. 11. Ableitbarkeit eines Dritthaftungstatbestandes aus dem cic-Tatbestand durch Auslegung
Ob sich der oben (vgl. S. 45) angeführte "klassische" eie-Tatbestand so auslegen läßt, daß aus ihm auch eine Haftung Dritter abgeleitet werden kann, hängt von der Auslegung des Haftungsgrundes, also des Merkmals "Sonderverbindung" ab. Die Beschreibung der Voraussetzungen einer solchen Sonderverbindung ist, worauf Medicus 20 zutreffend hinweist, noch nicht abschließend gelungen und ist als solche auch nicht Gegenstand dieser Arbeit. Jedenfalls ist es - wie Frost 21 überzeugend darlegt - wohl zu eng, für eine Sonderverbindung immer den Zweck einer Anbahnung eines zweiseitigen Rechtsgeschäftes zu fordern. Vielmehr wird man auch die willentliche Öffnung der Rechtskreise von Rechtssubjekten füreinander zu manchen, jedoch nicht zu wahllosen Zwecken anerkennen müssen. 22 Vor diesem Hintergrund ist es theoretisch denkbar, wenn auch bisher nirgendwo überzeugend dargelegt und auch von Frost nicht näher untersucht, daß die Beziehung zu einem Dritten, der nicht Vertragspartner werden soll, die Kriterien erfüllt, die für eine Sonderverbindung zu fordern sind. In der einschlägigen Arbeit von Frost wird gleichsam als Mindestanforderung an eine Sonderverbindung verlangt, daß die abwehr bereite Isolation der Rechtskreise zwischen den Beteiligten einem "Miteinander gewichen sein muß, das durch verbindende Zuordnung der Rechtskreise geprägt ist".23 Unser Auslegungsproblem spitzt sich also darauf zu, ob zu einem Dritten ein hinreichende verbindende Zuordnung geschaffen werden kann. Das erscheint immerhin denkbar, so daß die Auslegung des "klassischen", gewohnheitsrechtlichen eie-Tatbestandes im Sinne einer Dritthaftung zunächst einmal in den Bereich des Möglichen rückt. Der Wortsinn der Begriffe ,Sonderverbindung' oder ,vorvertragliches Schuldverhältnis' läßt eine solche Interpretation jedenfalls nicht auf den ersten Blick abwegig erscheinen. Doch ist bei der soeben angestellten Betrachtung ein wichtiger Aspekt noch außer acht geblieben. Bei der Auslegung von Recht, das als Gewohnheitsrecht oder jedenfalls mit ähnlicher Geltungskraft durch Gerichtsentscheidungen entstanden ist, kann nicht unbekümmert der Wortlaut des im Wege der Ablei20
21 22 23
Ders., JuS 86, S. 665 (668). Dieselbe, "Vorvertragliche" und "vertragliche" Schutzpflichten, S. 59ff. Vgl. die von Frost erwähnten Beispiele des Fundes und der GoA, ebd., S. 60. Frost, ebd., S. 64.
§ 2 Auslegung des objektivrechtlichen cic-Tatbestandes
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tung aus Urteilen formulierten Tatbestandes ausgelegt werden. Vielmehr ist bei der Auslegung Rücksicht darauf zu nehmen, in welchem Ausmaß Gewohnheitsrecht entstanden ist. 24 Denn was nicht von einer allgemeinen Rechtsüberzeugung und langer Dauer getragen ist, erlangt weder normativen Charakter noch entwickelt es eine gewisse Bindungswirkung. Mit anderen Worten: Der Spielraum für die Auslegung ist bei Gewohnheitsrecht, also auch beim "klassischen" eie-Tatbestand, eng. Andernfalls könnten Rechtsinhalte, die noch keine langandauernde Übung erfahren haben, durch Auslegung eines gewohnheitsrechtlichen Tatbestandes gewonnen werden. Auf diese Weise aber würde alle Vorsicht, die man bei der Annahme gewohnheitsrechtlicher Geltung von Recht walten läßt, ins Leere laufen. - Folglich darf nicht an zentralen Punkten eines gewohnheitsrechtlichen Tatbestandes durch Auslegung ein Ergebnis gewonnen werden, das seinerseits nicht gewohnheitsrechtlich verfestigt ist. Für das hier behandelte Problem, bei dem es um die Festlegung des Kreises der möglichen Schuldner aus cic geht, bedeutet das, daß der Begriff "Sonderverbindung" nur dann als Beziehung zwischen Personen, die nicht Vertragspartner werden wollen und wollten, ausgelegt werden darf, wenn das Ausreichen einer solchen Drittbeziehung ebenfalls bereits gewohnheitsrechtlieh anerkannt ist. Wie oben bereits angedeutet (S. 47), kommt gewohnheitsrechtliche Geltung aber nur in Betracht, wenn eine Fortbildung im wesentlichen unwidersprochen bleibt 25 • Nur dann kann von einer übereinstimmenden Rechtsüberzeugung die Rede sein. Die Dritthaftungsurteile des BGH haben aber zum einen im Ergebnis heftige Kritik erfahren.26 Besonders scharf äußern sich die Zweifel an dieser Rechtsprechung, wenn im Ausland über unsere Rechtsprechung konstatiert wird: "Wir dürfen nicht so weit kommen, wie es sich in Deutschland abzeichnet, dass jede einmal in die Welt gesetzte Auskunft, jedes Gutachten usw. in der Hand beliebiger Personen in irgendeinem Zusammenhang und mit unabschätzbaren, aber durchaus adäquat kausalen Schäden zu Verantwortlichkeiten führt. "27
Zum anderen sind die Voraussetzungen des Dritthaftungstatbestandes umstritten: Nach Bohrer 28 soll es auf die Gewährung und Inanspruchnahme des Vertrauens eines Dispositionsgaranten ankommen, nach Schmitz 29 viel24 Vgl. dazu schon Bierling, Juristische Prinzipienlehre, Bd. 4, S. 299 und ihm folgend Soml6, Juristische Grund1ehre, S. 372f.; ferner Larenz, Methodenlehre, S. 341; anderer Ansicht aber ohne jede Begründung Gernhuber, FS Nikisch, S. 249 (269); ebenso, jedoch die Besonderheiten des Gewohnheitsrechts insofern verkennend, Enneccerus / Nipperdey, Allg. Teil des BGB, 1. Hbbd., § 39113 d (S. 268). 25 So Enneccerus / Nipperdey, Allg. Teil des BGB, 1. Hbbd., § 39113 (S. 267). 26 Vgl. nur Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 200b, S. 114, und aus der Rechtsprechung LG Oldenburg, v. 11.07.78, NJW 79,432. 27 Bär, Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins 87,243 (246). 28 Ders., Die Haftung des Dispositionsgaranten, S. 296-302.
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2. Teil, 1. Kap.: Tatbestandsableitung aus Gewohnheitsrecht
mehr auf die Feststellung, daß der Dritte eine Erklärung als "eigene" abgegeben hat, nach wieder anderen 30 soll die Berufsstellung maßgeblich sein und z. T. wird eine Einordnung als deliktische Verkehrspflichthaftung aus § 82311 befürwortepI. Betrachtet man all diese differierenden Ansichten, so kann von einer allgemeinen Rechtsüberzeugung hinsichtlich einer Dritthaftung als Begriffsinhalt des Merkmals Sonderverbindung der eie nicht die Rede sein. Die Rechtslage ist vielmehr gerade zweifelhaft und bestritten. 32 Gewohnheitsrecht bezüglich einer Haftung Dritter ist daher bisher nicht entstanden. Dieser grundsätzliche Befund muß für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine Hilfsperson im eigenen Namen aufgetreten ist. Dieses Problem ist bereits vom Reichsgericht33 so entschieden worden, daß Hilfspersonen für ein Verschulden aus der Zeit, als sie noch nicht aufgedeckt hatten, selbst nicht Vertragspartner werden zu wollen, als Dritte aus eie einstehen müssen. Hier bestehen auch im Schrifttum im Ergebnis keine Zweifel an der Haftung. 34 Das verwundert auch schon deshalb nicht, weil aus der Sicht des Gläubigers zur Zeit der haftungsbegründenden Pflichtwidrigkeit kein Unterschied zu den Fällen besteht, in denen der Verhandlungspartner selbst Vertragspartner werden will. Als Beispiel stelle man sich einen freien Gebrauchtwagenmarkt vor, wo jemand einen Wagen anbietet und Interessenten informiert und mit ihnen verhandelt. Es muß einen Unterschied machen, ob er sogleich sagt, daß er den Wagen eines Bekannten verkaufen will oder ob er bis zum letzten Augenblick vor Abschluß eines schriftlichen Vertrages den Eindruck erweckt, er selbst sei Eigentümer des Wagens. Wenn der Gläubiger das Fehlen des Willens, Vertragspartner zu werden, beim anderen nicht bemerkt hat und nicht bemerken konnte, erscheint ihm der andere als künftiger Vertragspartner. Dieser muß sich dann auch hinsichtlich der Verantwortlichkeit für vorvertragliches Verschulden daran festhalten lassen, den Eindruck erweckt zu haben, er wolle den Vertrag als Partei schließen. Daß der Eindruck, der erweckt wurde, nicht den Tatsachen entspricht, kann nicht zu einer Haftungsfreiheit des Dritten führen; andernfalls würde man die eie-Haftung vom Willen des potentiellen Schuldners, das RechtsgeDers., Dritthaftung aus culpa in contrahendo, S. 115 ff. Vgl. z.B. Grunewald, JZ 82,627 (631); vgl. auch Herrmann, JZ 83, 422 (425f.). 31 So z.B. v.Bar, ZGR 83, 476 (504ff.). 32 Medicus, FS Kaser, S. 169ff. (181) bezeichnet den Dritthaftungsbereich aus seiner historischen Perspektive sogar als Wucherung der cic. 33 RG v. 01.03.1928, RGZ 120, 249ff.; vgl. die Schilderung des Falls unten S. 224. Die Sachverhaltsschilderung hat unten (ebd.) nur insofern einen anderen Schwerpunkt, als es für den dort behandelten Zusammenhang nicht darauf ankam, daß nicht aufgedeckt worden war, daß ein anderer Vertragspartner werden sollte. 34 Vgl. die Zustimmung sogar bei Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 200b, S. 114. 29
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§ 3 Dritthaftung als gewohnheitsrechtlicher Tatbestand?
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schäft tatsächlich zu schließen, abhängig machen. Daß es auf das Vorhandensein eines solchen Willens zum konkreten Geschäftsabschluß nicht ankommen kann, läßt sich an einem Beispiel aus anderem Zusammenhang verdeutlichen: Man stelle sich nur vor, der potentielle Verkäufer eines Gegenstandes überlegt sich wenige Augenblicke, bevor er eine schuldhafte Pflichtwidrigkeit begeht, daß er das fragliche Geschäft jedenfalls nicht mit seinem Verhandlungspartner schließen will, sei es, weil er sich erinnert, daß ihm Zweifel an dessen Zahlungsfähigkeit zugetragen worden sind oder daß der Gegenstand, auf den sich die Verhandlungen konzentriert haben, bereits veräußert war. Solche Willensumschwünge können nicht dazu führen, daß dem Käufer, aus dessen Sicht sich die Verhandlungssituation nicht geändert hat, nicht mehr aus eic gehaftet würde, falls man in solchen Fällen überhaupt auf eine eie-Haftung zurückgreifen würde. Abgesehen von der soeben dargelegten Ausnahme ist also zusammenfassend festzuhalten, daß eine Dritthaftung für Vermögensschäden nicht durch Auslegung aus dem allgemeinen cic-Tatbestand ableitbar ist, obwohl sich der allgemeine eie-Tatbestand gewohnheitsrechtlich verfestigt hat. Die Begründung liegt darin, daß Gewohnheitsrecht der Auslegung nur beschränkt zugänglich ist. Durch Auslegung des "klassischen" eie-Tatbestandes können die gewohnheitsrechtlich anerkannten "Schuldgründe" nicht um Konstellationen erweitert werden, deren neue Schuldgründe ihrerseits nicht gewohnheitsrechtlieh anerkannt sind. § 3 Dritthaftung als eigenständiger Tatbestand
mit gewohnheitsrechtHcher Geltung
Geltendes Recht könnte die Dritthaftung bei fahrlässiger Vermögensschädigung gleichwohl noch sein, wenn sich bereits ein eigenständiger Dritthaftungstatbestand außerhalb der Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen gewohnheitsrechtlich verfestigt hätte. Nach dem Verständnis von Gewohnheitsrecht, wie es oben sowohl bei Coing als auch bei der herrschenden Meinung festgestellt worden ist, käme es dafür auf eine längerdauernde, im wesentlichen unwidersprochene Übung an. Diese war zwar nicht einmal für einen Dritthaftungstatbestand als Auslegung eines anerkannten eic-Sonderverbindungsgrundes feststellbar. Unter Zugrundelegung dieses vorherrschenden Verständnisses von Gewohnheitsrecht fehlte es daher natürlich auch an einem eigenständigen gewohnheitsrechtlichen Dritthaftungstatbestand. Jedoch werden die Voraussetzungen für die Entstehung von Gewohnheitsrecht aus Richterrecht nicht einheitlich so streng betrachtet, wie sie oben dargestellt werden konnten, da es für den Bestand des Sonderverbindungsgrundes des "geschäftlichen Kontaktes" als Teil des eie-Tatbestandes auf diese Pro-
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2. Teil, 1. Kap.: Tatbestandsableitung aus Gewohnheitsrecht
blematik nicht vordringlich ankam. Larenz! hält die längere Übung nicht grundsätzlich für ein Wesensmerkmal des durch Richterrecht entstehenden Gewohnheitsrechts. Er bewältigt so ein Problem, das sich konstruktiv vielfach einer Anerkennung von neu geprägtem Recht als Gewohnheitsrecht entgegenstellt. Die ersten, den neuen Rechtsinhalt prägenden Entscheidungen, die dem Gewohnheitsrecht zugrunde liegen, müssen häufig als unzulässige Rechtsprechung und Rechtsfortbildung contra legern angesehen werden.2 Daß solche unzulässigen richterlichen Prägungen aber - im Ergebnis kaum bezweifelbar - zu Gewohnheitsrecht erstarken können, läßt sich nur schwer begründen. Diese Schwierigkeit umginge man, wenn man mit Larenz für möglich hielte, daß Gewohnheitsrecht unter bestimmten Bedingungen bereits entstehen kann, wenn ein neuer Grundsatz in einem Urteil erstmals ausgesprochen wird. Als Bedingungen verlangt Larenz eine allgemeine Überzeugung, daß ein bestimmtes Verhalten rechtsethisch geboten sei. 3 Träfe diese Ansicht zu, könnte bereits bei der sog. ,Sachwalterentscheidung'4 Gewohnheitsrecht hinsichtlich einer Haftung Dritter entstanden sein, falls zu dieser Zeit nach allgemeiner Überzeugung eine solche Dritthaftung befürwortet wurde. Denn Schweigen vor und Nichtwiderspruch nach einer höchstrichterlichen Entscheidung sollen einen allgemeinen Rechtsgeltungswillen zum Ausdruck bringen. 5 Ohne genauer auf die Aufnahme der ersten Dritthaftungsentscheidung bzw. -entscheidungen in der Rechtswissenschaft oder den beteiligten Rechtskreisen eingehen zu müssen, steht der Bejahung einer gewohnheitsrechtlichen Dritthaftung entgegen, daß der Larenz'schen Auffassung als der Vorbedingung eines solchen Ergebnisses nicht gefolgt werden kann. Aus zwei Gründen ist sie nicht haltbar:
Zum einen ist das Bestehen einer allgemeinen Rechtsüberzeugung vor der Entscheidung durch die Rechtsprechung bzw. deren Entstehung nach dem Urteil eine Bedingung, die sich nicht leicht feststellen lassen wird. Wie soll es etwa sein, wenn nach einer grundsätzlichen Entscheidung mehrere Jahre vergehen, bis eine Anmerkung erscheint, deren Verfasser die herausgebildeten Prinzipien überzeugend widerlegt? Soll dann, wenn vorher nur zustimmende Literatur vorhanden gewesen war, wirklich mit der ersten dahingehenden Entscheidung Gewohnheitsrecht entstehen? Meines Erachtens steckt in der Frage, ob sich gegen ein rechtssatzbildendes Präjudiz Widerspruch regen wird, oder mit Larenz ausgedrückt, ob es wirklich einer ,opinio necessitatis' entspricht, ein Zeitmoment. Man muß erst einmal abwarten, ob nicht doch Ders., FS Schima, S. 262f. Dieses Phänomen beschreibt zutreffend Müller, Richterrecht, S. 116. 3 Larenz, FS Schima, S. 262f. 4 Vgl. die gelegentlich so benannte Entscheidung v. 05.04.71, BGHZ 56, 81ff. 5 Vgl. dazu Enneccerus / Nipperdey, Allg. Teil des BGB, 1. Hbbd., § 39 I 3 (S. 265f.). 1
2
§ 3 Dritthaftung als gewohnheitsrechtlicher Tatbestand?
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noch Widerspruch laut wird, den das Gericht bei Erlaß der Entscheidung nicht bedacht hat und der vielleicht gerade an einem Punkt anknüpft, an den zu denken bei der Entscheidung auch fern lag. Man kann vielleicht die zeitlichen Anforderungen an die Dauer der Übung herunterschrauben; das Zeitmoment als solches aber erscheint mir unverzichtbar, da es tendenziell eine inhaltliche Verbesserung ermöglicht. Der zweite Einwand gegen die Larenz'sche Auffassung entsteht daraus, daß sie einer Gefahr6 nicht Rechnung trägt, die immer in der Anerkennung eines Rechtssatzes als Gewohnheitsrecht liegt. Wird Richterrecht Gewohnheitsrecht, so verfestigt es sich zu objektivem Recht mit gleichem Rang wie Gesetzesrecht. 7 Daraus folgt, daß von ihm durch Richterrecht nur in den gleichen engen Grenzen abgewichen werden darf, die einer Rechtsprechung, die vom objektiven Gesetzesrecht abweichen will, gesetzt sind.B Die einzige Alternative zu der nur schwer möglichen Abweichung von solchem Gewohnheitsrecht durch die Gerichte stellte dann eine abweichende Regelung des Gesetzgebers dar. Da aber das Fehlerrisiko bei Richterrecht, weil es am Einzelfall entwikkelt werden muß, recht hoch ist, ist es gerade wichtig, eine vorzeitige Verfestigung von Richterrechtssätzen zu vermeiden, damit erkannte Fehler nicht fortgesetzt werden müssen, sondern durch ein Abweichen von der bisherigen Rechtsprechung noch Korrekturen möglich sind. Bejahte man mit Larenz aber Gewohnheitsrecht schon beim Erstjudikat, würde der an anderer Stelle durchaus auch von Larenz erkannten Gefahr9 vorzeitiger Verfestigung nicht hinreichend Rechnung getragen. Folglich kann auch eine eigenständige gewohnheitsrechtliehe Dritthaftung nach Vertragsgrundsätzen, wie sie nach der Larenz'schen Ansicht hätte vorliegen können, nicht bejaht werden.
6 Die im folgenden Text näher beschriebene Gefahr ist es wohl auch, die Bydlinski, Methodenlehre, S. 503f. bewogen hat, Richterrecht nicht mittelbar über das Gewohnheitsrecht als Rechtsquelle, sondern immer nur als Rechtserkenntnisquelle anzuerkennen (S. 504). Die insofern ähnliche Ansicht Coings war ja bereits oben erwähnt worden (Ein!. zum Staudinger, Rn. 228f. und 238). 7 So jedenfalls diejenigen, die Gewohnheitsrecht als Rechtsquelle anerkennen; vg!. Enneccerus / Nipperdey, Allg. Teil des BGB, 1. Hbbd., § 40 IV (S. 271); ähnlich Larenz, Methodenlehre, S. 415, der Gewohnheitsrecht als objektives Recht anerkennt, aber Richterrecht als Entstehungstatbestand nicht ausreichen läßt, sondern allgemeine Rechtsüberzeugung verlangt; Fikentscher, Methoden des Rechts, Bd. IV, S. 317ff. mit einer sehr pragmatischen Betrachtung, die trotz aller Einwände letztlich Rechtsbildung durch Richterrecht anerkennt, weil es faktisch so behandelt wird. 8 So argumentiert auch Bydlinski, Methodenlehre, S. 503. Zu diesen Grenzen vg!. den Überblick bei Krey, JZ 78, S. 361ff. (364 unter 11 (3». 9 Vg!. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 344.
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2. Teil, 2. Kap.: Tatbestandsableitung durch Vertragsauslegung
2. Kapitel
Ableitung einer Dritthaftung durch Vertragsauslegung Neben der verworfenen Ableitung aus dem Gewohnheitsrecht ist die Bewältigung von Dritthaftungsfragen secundum legern auf noch zwei Wegen denkbar. Zum einen kommt die Auslegung von Deliktsrecht in Betracht (dazu aber erst unten §§ 7 und 8), zum anderen die Würdigung von Verhalten der Beteiligten als vertragliche Bindung. In diesem Sinne soll nun erwogen werden, ob ein Auskunftsvertrag zwischen der informierenden Partei und dem Geschädigten selbst vorliegen kann, obwohl es in der RegeP so ist, daß offensichtliche vertragliche Beziehungen nur zwischen der Informationsperson und dem Vertragspartner des Geschädigten bestehen. Im Gebrauchtwagenhändlerfall (vgl. Fall 1 der Grundlegung) gibt es offensichtlich Vertragsbeziehungen zwischen dem Händler und dem Alteigentümer, nämlich den Auftrag, einen Kaufvertrag zu vermitteln und daneben, was hier aber nicht so wichtig ist, später möglicherweise einen Vertrag zwischen Alt- und Neueigentümer des PKW. Ob es aber eine vertragliche Beziehung zwischen Händler und Erwerber gibt, ist unklar und eher zweifelhaft. In der oben (Fall 2 der Grundlegung) ebenfalls geschilderten Konstellation, in der es um die Aufstellung des Immobilienvermögens einer Person geht, deren Solvenz für eine Darlehensgewährung offenbar ausschlaggebend ist, liegt sicherlich ein Vertrag zwischen dem Kreditnehmer und dem Wirtschaftsprüfer vor, die Aufstellung zu erstellen. Ob es aber auch vertragliche Beziehungen zwischen dem Wirtschaftsprüfer und der Bank gibt, welche die Information erhält, ist zweifelhaft. In dieser Weise könnte für die übrigen oben angeführten Beispielsfälle fortgefahren werden.
In allen diesen Fällen ist zweifelhaft, ob zwischen dem jeweils Geschädigten und dem Steuerberater, Anwalt oder Alleingeschäftsführer vertragliche Beziehungen bestehen, oder ob die bestehende vertragliche Beziehung zu der anderen Person sich auf irgendeinem Konstruktionswege zugunsten des Geschädigten auswirken kann. 2 § 4 Auskunftsvertrag zwischen Geschädigtem und Informationsgeber
In der Rechtsprechung ist oft die Lösung von Fällen, die den Beispielen ähnlich sind, über die Verletzung eines unmittelbar zwischen Informierendem 1 Eine Ausnahme bildet insofern nur der Sachverständige, der als Gerichtsgutachter tätig wird. Er steht zu keiner der Parteien in vertraglichen Beziehungen. (Vgl. zu seiner Haftung näher unten § 8 III 2). 2 Einen Überblick über die Entstehung solcher Drittwirkungen gibt Hübner, FS Nipperdey 1965, S. 373 (395ff.), wobei er allerdings skeptisch gegenüber solchen Entwicklungen aus vertraglicher Auslegung ist.
§ 4 Auskunftsvertrag zwischen Geschädigtem und Informationsgeber
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und Geschädigtem bestehenden Auskunftsvertrages gesucht 3 worden. 4 Grundsätzlich ist dagegen nichts einzuwenden, denn § 676 BGB läßt die Möglichkeit vertraglicher Haftung sogar für die speziellen Informationsleistungen Rat und Empfehlung offen, für die im übrigen - nach dem Wortlaut des § 676 BGBnicht, es sei denn aus Delikt, gehaftet werden soll. Oftmals wird bei der wissenschaftlichen Behandlung unserer Konstellationen nur geringe Aufmerksamkeit darauf verwendet, ob ein Auskunftsvertrag vorliegt.5 Die Frage wird damit abgetan, daß allein Fälle so gelöst werden können, in denen nur ein einmaliger Auskunftskontakt vorgekommen ist. Diese Geringschätzung des möglichen Anwendungsbereichs ist so jedoch nicht haltbar. Zum einen ist der Bereich "einmaliger Auskunftskontakte" recht groß, wenn man bedenkt, daß darunter durchaus auch mehrere recht intensive Beratungsgespräche fallen können (wie in dem Gebrauchtwagenhändlerfall der Grundlegung). Ferner ist offen, wie ein neuerlicher Kontakt zu qualifizieren ist, selbst wenn zwischen den Parteien in anderen Angelegenheiten bereits rechtsgeschäftliehe Abreden getroffen waren. Auch hier könnte ein Auskunftsvertrag angenommen werden. Als Beispiel ist ein Fall zu nennen, in dem einem Sparkassenkunden6 von seinem Kreditinstitut Informationen über eine Geldanlage gewährt wurden, um die Geschäftsverbindungen zu erhalten.? Der Kunde hatte zwar vorher bereits mehrere Konten bei der Sparkasse unterhalten und mit ihrer Hilfe auch bereits eine Beteiligung an einem anderen Anlageobjekt erworben. Ob in der neuen Angelegenheit aber vertragliche Beziehungen eingegangen worden waren, blieb fraglich.
Der mögliche Anwendungsbereich von Auskunftshaftung erstreckt sich also auf alle Fälle, in denen eine Drittschädigung durch Information erfolgt. Um die Grenzen der Anwendbarkeit von Auskunftsverträgen zu finden, muß man näher auf die entschiedenen Fallkonstellationen eingehen. 3 "gesucht" bedeutet nicht, daß sie immer bejaht wurde. Oftmals wurde zur weiteren Prüfung zurückverwiesen. Beispiele für die gänzliche Verneinung sind jedoch rar. Verneint wurde ein Auskunftsvertrag in BGH v. 24.01.78, WPM 78, 576f. (Rechtsanwalt), dem zweiten BGH-Entscheid in dieser Sache; zurückverwiesen noch in BGH v. 18.01.72, WPM 72,466 = NJW 72, 678ff. In der Tendenz mit Blick auf § 676 BGB verneinend, falls kein unmittelbarer Kontakt der Parteien des potentiellen Auskunftsvertrages vorgelegen hatte, auch BGH v. 05.12.72 (Wirtschaftsprüfer), NJW 73, 321 (322 re. Sp.). Die Verneinung durch das Berufungsgericht wurde in jüngerer Zeit auch durch BGH v. 17.09.85, WPM 85, 1531 (1532 unter 11 1 a und b) betreffend einen Steuerbevollmächtigten gebilligt. 4 Vgl. BGH v. 18.01.72, NJW 72, S. 678 (Rechtsanwalt; zurückverwiesen); BGH v. 25.10.66, WPM 66, 1283 (1285) (Steuerberater); BGH v. 25.09.85, VersR 86, 35f. (unter 2 b der Gründe)(Kapitalanlagevermittler; zurückverwiesen mit Bedenken gegen Bejahung); BGH v. 04.03.87, WPM 87, 495 (496f.)(Sparkasse als Anlageberaterin; Haftung bejaht); BGH v. 19.03.86, JZ 86, 1111 f. (Wirtschaftsprüfer; zurückverwiesen). 5 So z.B. bei Kleinwächter, BB 87, S. 1541 (1545 unter 3.). 6 Vgl. BGH v. 04.03.87, WPM 87, 495ff. 7 Vgl. BGH v. 04.03.87, WPM 87, 495ff. (496 unter d).
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2. Teil, 2. Kap.: Tatbestandsableitung durch Vertragsauslegung
Zweifel an einer Lösung von Dritthaftungskonstellationen mittels Auskunftsvertrages ergeben sich erst bei näherer Betrachtung. Ganz regelmäßig wird ein Auskunftsvertrag nicht ausdrücklich geschlossen, sondern kann allenfalls konkludent aus dem Handeln der Parteien gefolgert werden. Aus dem Verhalten der Beteiligten steht aber zumeist wenig an Fakten zur Verfügung. Sie treffen entweder zusammen, und bei dieser Gelegenheit gibt der Informierende aus freien Stücken oder auf Fragen des Dritten seine falschen oder unvollständigen Informationen von sich, oder aber der Informant leistet seine Information schriftlich an den Dritten. Bei schriftlicher Informationsweitergabe kann sie auf Anfrage des Dritten oder auf Veranlassung des Vertragspartners des Informanten beruhen. Hinzu kommt noch eine - besonders im Warenterminhandel verbreitete - Variante, bei der jegliche Initiative vom Informanten ausgeht. Dabei nehmen die Informationsgeber Kontakt zu Personen auf, deren Anschriften sie sich aus Telefonbüchern oder ähnlichen Quellen verschafft haben. Der Weg, den die Information nimmt, kann also über den Vertragspartner des Auskunftgebers verlaufen oder aber unmittelbar zwischen dem Auskunftgeber und dem Interessenten, der nicht Vertragspartner des Informierenden werden soll. Getrennt soll für diese beiden Fallgruppen im folgenden untersucht werden, ob und unter welchen Voraussetzungen jeweils im Verhalten der Parteien ein Auskunftsvertrag gefunden werden kann. I. Schwierigkeiten der FeststeUung eines Auskunftsvertragsschlusses im Parteiverhalten bei mittelbarem Kontakt
Zunächst soll eine Konstellation betrachtet werden, in der etwa ein Geschäftsmann seinen Steuerberater bittet, eine Ausfertigung seiner Bilanz an einen Geschäftspartner oder eine Bank (vgl. § 18 S. 1 KWG, wo die Vorlage einer Jahresrechnung zur Voraussetzung einer Kreditvergabe gemacht wird) zu übersenden. 8 Die zunächst an den Geschäftsmann übersandte Bilanz enthielt fahrlässig herbeigeführte Fehler (vgl. auch den zweiten in der Grundlegung vorgestellten Fall).
Geht wie in diesem Beispiel die Initiative nicht vom Schädiger aus, wird man kaum auf Seiten des Geschäftspartners oder der Bank ein Verhalten finden, das als Annahme eines allenfalls in der Zusendung der Bilanz durch den Unternehmer liegenden Angebots des Steuerberaters auf Abschluß eines Auskunftsvertrages ausgelegt 9 werden kann.1° Zwar könnte noch § 151 S. 1 BGB 8 Vgl. den ganz ähnlichen Sachverhalt in BGH v. 19.03.86, JZ 86, UUf., wo hinsichtlich des Auskunftsvertrages zurückverwiesen wurde. 9 Die Klärung der Frage, ob in einem Verhalten eine Willenserklärung liegt, ist Auslegung, vgl. Palandt / Heinrichs, § 133 Anm. 2 a m.w.N. 10 Vgl. hierzu Müssig, NJW 89, 1697 (1700), der sich mit Argumenten über die Problematik hinwegsetzt, daß Angebot und Annahme nicht auszumachen sind, die allein seiner bereits bestehenden Überzeugung Ausdruck verleihen.
§ 4 Auskunftsvertrag zwischen Geschädigtem und Infonnationsgeber
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helfen. Dazu aber müßte immerhin eine Annahmeerklärung erfolgen, allein auf ihren Zugang könnte der Steuerberater unseres Beispiels verzichtet haben oder aber der Zugang einer solchen Annahmeerklärung müßte im Verkehr unüblich sein. Der gleichwohl notwendige Erklärungstatbestand erforderte dann nur eine eindeutige Betätigung des Annahmewillens.1 1 Diese Betätigung des Annahmewillens etwa in der Bewilligung des fraglichen Kredits zu sehen, würde dazu führen, zu Angebot und Annahme eines anderen Vertrages (Darlehen) zwischen anderen Personen (dem Kreditgeber und dem Kreditnehmer) zugleich konkludent eine weitere Annahmeerklärung hinzuzuinterpretieren. Zudem hat der Kreditnehmer gar kein Interesse, Kenntnis von einer solchen Erklärung zu bekommen. Aber nicht nur die Feststellung von Erklärungen bereitet Schwierigkeiten. Unwahrscheinlich ist auch, daß im Beispiel der Steuerberater auf den Zugang der Annahmeerklärung verzichtet haben soll. Gerade um seine Haftungsrisiken übersehen und begrenzen zu können, muß er Interesse an den Folgerungen haben, die der Informationsempfänger aus seinen Mitteilungen zieht. Er wird also schon, um selbst Rechtsklarheit zu haben, eine Erklärung des anderen Teils wünschen. Schließlich spricht einiges gegen die Verkehrsüblichkeit des Nichtzugangs der Annahme. Die Vertragsbeziehungen zu den Angehörigen der sog. freien Berufe, um die es hier größtenteils geht, aber auch zu Sachverständigen und ähnlichen Personen weisen i.d.R. einen hohen Formalisierungsgrad auf. Zwar können sie formlos und auch konkludent geschlossen werden. Tatsächlich aber werden sie zumeist schriftlich, mindestens aber ausdrücklich mündlich geschlossen. Warum von diesem Standard, dem Verkehrsüblichen, abgewichen werden sollte und für besonders riskante Geschäfte die nicht dokumentierte, nicht zuge gange ne konkludente Annahme üblich sein sollte, bedürfte triftiger, hier nicht ersichtlicher Gründe. In dieser Konstellation, bei der die Initiative vom Geschäftspartner des später Geschädigten ausgeht, also bei indirektem Informationsweg, scheidet somit der Abschluß eines Auskunftsvertrages aus. 12 Hierfür sei noch ein weiteres Beispiel geschildert: Wenn ein Steuerberater seinem Kunden gleich mehrere Exemplare einer Bilanz oder Gewinn- und Verlustrechnung aushändigt und dabei deutlich ist, daß der Klient sie benutzen wird, um Kredite zu erlangen 13 , so liegt regelmäßig kein Auskunftsvertragsschluß mit späteren Kreditgebern vor. 11 Vgl. Palandt / Heinrichs, § 151 Anm. 2 a; ebenso RGRK-SteJfen, § 676 Rn. 30, der betont, daß die tatsächlich vorhandene Willenslage die Erklärung nicht zu ersetzen vermag. 12 Ebenso zurückhaltend bei indirektem Informationsweg in einer Abnehmerkette hat der BGH entschieden, BGH v. 11.10.88, WPM 88,1828 (1829 re. Sp.).
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2. Teil, 2. Kap.: Tatbestandsableitung durch Vertragsauslegung
Während in einem solchen Fall die Haftung aus Auskunftsvertrag vom BGH14 - wie hier - verneint worden ist, gibt es jedoch auch ähnliche Fälle, in denen das Gericht einen Auskunftsvertrag bejaht hat. So z. B. ein Fall, in dem eine Bank in einem fehlerhaft informierenden, anredelosen Schreiben zugunsten eines Kunden Dariehensgeber suchte. 15 Dieses Schreiben hatte zwar nicht den Informationsweg über den Kreditsuchenden genommen, war aber auch nicht von der erstellenden Bank an den später geschädigten Dariehensgeber gelangt. Vielmehr hatte die Erstellerin das Informationspapier an andere Banken und vermutlich - in den Gründen wird nicht ganz deutlich, ob evtl. diese Banken die Auskunft ihrerseits weitergegeben hatten 16 - auch an andere Anlageberater gegeben. So war es auch an den Anlageberater gelangt, mit dem der Dariehensgeber und später Geschädigte in Kontakt stand.
Ob hier die Initiative zur Information vom kapitalsuchenden Kaufmann ausgegangen war oder von der Bank selbst, die wegen eigener Darlehen an der Fortführung der problematischen Projektfinanzierung interessiert war, ist unklar; sicher jedenfalls ging die Initiative nicht vom später Geschädigten aus. Die Information existierte schon, als er seinen Finanzmakler nach einer Anlagemöglichkeit fragte. Angesichts dieser Entscheidung scheint sich die oben getroffene Aussage, ein Auskunftsvertrag komme bei indirektem Informationsweg nicht in Betracht, nicht halten zu lassen. Doch wäre dieser Schluß vorschnell. Die zuletzt wiedergegebene Entscheidung bedarf näherer Betrachtung: Vor der Bejahung eines Auskunftsvertrages stellen sich hier noch mehr Hürden als bei dem zunächst behandelten Beispiel. Der Mittler (im Bsp. entweder nur der Anlageberater oder eine Bank und der Anlageberater), über den die Information gelaufen ist, müßte Erklärungsbote bezüglich des konkludenten Angebotes der Bank gewesen sein; eine Stellvertretung scheidet wegen des hohen Formalisierungsgrades aus, den die Erteilung von Vertretungsmacht gerade bei Banken hat. Ferner müßte der Mittler Empfangsbote der konkludenten Annahmeerklärung gewesen sein. Die Personen, mit denen Verträge zustandekommen könnten, waren der Informantin unbekannt. Allein ihre Anzahl war dadurch begrenzt, daß ein Kreditvolumen von 3,5 Millionen DM in Beträge von 10.000,- oder 20.000,- DM gestückelt werden sollte, so daß mit bis zu 350 Auskunftsverträgen, denen ein schadensträchtiger Dariehensabschluß folgen konnte, gerechnet werden mußte. Diejenigen Anbahnungsbeziehungen, aus denen heraus die Interessenten sich nicht zur Dariehensgewährung entschließen 13 Vgl. als Beispiel den Sachverhalt, der vom BGH am 05.12.72 entschieden wurde, NJW 73, 321 ff. Dort hat der BGH die Haftung des beklagten Wirtschaftsprüfers gegenüber dem Kreditgeber des Wirtschaftsprüferkunden aus Auskunftsvertrag mit Rücksicht auf § 676 BGB verneint, vgl. ebd., S. 323. 14 Vgl. die vorangehende Fn. 15 BGH v. 12.02.79, LM Nr. 19 zu § 676 BGB. 16 Vgl. insb. beim BGH, ebd., unter 11 a der Gründe.
§ 4 Auskunftsvertrag zwischen Geschädigtem und Informationsgeber
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konnten, können hier unbeachtet bleiben, da sie für die potentiellen Anleger auch kaum Schadensrisiken bargen, deren Ursache in der Fehlerhaftigkeit des Werbepapiers liegen konnte.
Die soeben aufgezeigten Schwierigkeiten, die sich bei indirektem Informationsweg neu auftun, erschweren die Annahme eines Auskunftsvertrages bei Sachverhalten wie den geschilderten: Werden irgendwelche Hilfspersonen eingeschaltet, über welche die Information und zugleich mit ihr - so offenbar der BGH - Angebot und Annahme laufen, so ist immer deren Vertretungs- oder Botenmacht darzulegen. 17. 18 Im Beispielsfall hätte das Gericht also zumindest darlegen müssen, wie der selbständige Anlageberater für die Bank, die den Prospekt herausgegeben hatte, tätig geworden war, obwohl die Vertretungsmacht von der Beklagten offenbar nicht bestritten worden war. Man kann sich nun aber nicht damit beruhigen, daß bei fehlender Boten- oder Vertretungsmacht auch kein Auskunftsvertrag zustande käme. Die Folge dieser Feststellung wäre nämlich, daß eine Haftung des Helfers, sei er Bote oder Vertreter, gern. § 179 BGB oder analog dieser Vorschrift in bedenkliche Nähe rückte. Diese Konsequenz aber will der BGH an anderer Stelle vermeiden. Die Angestelltenhaftung, zu der man bei konsequenter Durchführung dieser Position letztlich in vielen Fällen gelangen würde, soll vermieden werden. 19, 20 Das andere Problem, Willenserklärungen gegenüber häufig einer Mehroder Vielzahl persönlich unbekannter Personen zu konstruieren, ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Die Rechtsprechung hat auf verschiedenen Wegen versucht, es zu lösen: Die eine Konstruktion behilft sich mit dem Angebot, an den, den es angeht; dazu später. Die andere Konstruktion will Angebotserklärungen noch bei einem überschaubaren Adressatenkreis annehmen. 21 Gegen die Überschau17 Das Problem ist bei Bohrer, Die Haftung des Dispositionsgaranten, S. 317, bei und in Fn. 97 zu Recht aufgezeigt; und auch bei Raape, JW 27, 1407f. bereits gesehen. 18 Vgl. ferner BGH v. 25.09.85, VersR 86, 35f. (36): Dort sind dem BGH selbst derartige Zweifel an der Vertretungsmacht der Hilfspersonen gekommen, daß er nicht zuletzt aus diesem Grunde Bedenken äußerte, ob das Berufungsgericht, an das die Sache zurückverwiesen wurde, einen Auskunftsvertrag bejahen könne. Zu Recht hat der BGH allerdings bei direktem Informationsweg bei einem Auskunftsverhältnis zwischen zwei Banken der Auskunftgeberin die Berufung darauf verweigert, die Mitarbeiter, die die Auskunft gegeben hätten, seien zum Abschluß von Auskunftsverträgen nicht berechtigt gewesen, BGH v. 17.10.89, ZIP 89, 1532 (1533); ebenso schon OLG Düsseldorf v. 09.02.89, ZIP 89,493 (495f.). 19 Vgl. BGH. v. 04.07.83, BGHZ 88,67 (70), wo es - wenn auch für einen angestellten Erfüllungsgehilfen - im Zusammenhang mit der cic heißt, die Erweiterung der Eigenhaftung der Vertreter und Erfüllungsgehilfen im gesamten kaufmännischen Bereich sei wegen des damit verbundenen großen finanziellen Risikos nicht mehr vertretbar. 20 Eine Haftung des Helfers wollen im Ergebnis auch Wiedemann I Schmitz, ZGR 80, 129 (140) vermeiden.
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2. Teil, 2. Kap.: Tatbestandsableitung durch Vertragsauslegung
barkeit als Kriterium ist vorzubringen, daß es differenziert, wo kein sachlicher Unterschied besteht: Ob im geschilderten Beispiel der Darlehens- oder Kapitalsuchende eine Aufspaltung des benötigten Betrages auf sicherlich überschaub are fünf oder auf 350 oder aber auf bei Publikumskommanditgesellschaften gelegentlich erreichte Zahlen von über 1000 Anlegern22 wünscht, muß nichts an der Summe ändern, die Informationsgegenstand ist, und nichts an dem Inhalt des Informationspapiers. Gleichwohl würde die Überschaubarkeit des Adressatenkreises zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Das Papier enthielte ein Auskunftsvertragsangebot bei Stückelung auf fünf bis zehn Investoren, sicher kein Angebot bei 1000 und mehr Anlegern und unklar wäre es bei 350 oder z.B. 50 Anlegern. Warum hier den zahlreichen (Klein-) anlegern die vertragliche Bindung versagt werden soll, Großanlegern jedoch gewährt würde, bleibt dunkel. Das Kriterium des überschaubaren Adressatenkreises ist also untauglich, solange man versucht, es an der Personenzahl festzumachen. Um diese Anknüpfung zu vermeiden und unter Ablehnung einer Konstruktion mittels eines "Angebots an den, den es angeht," ist der BGH zu einer sachlichen Anknüpfung der Überschaubarkeit übergegangen. 23 • 24 Der Personenkreis, dem das Angebot gemacht werde, sei durch den Kreis derjenigen beschränkt, die an einer Darlehensgewährung an den bestimmten Geschäftsmann für dessen in Rede stehendes Projekt interessiert seien. Diese Abgrenzung nach dem Zweck des Werbepapiers, nämlich nach den/ (allen) Interessenten einer Darlehenshingabe, begrenzt die Zahl derer, mit denen ein Auskunftsvertrag geschlossen werden kann, genau auf diejenigen, "die das Papier angeht". Auf die Idee, daß beispielsweise auch ein Warenlieferant, der keinen Projektfinanzierungskredit geben möchte, aber in Kenntnis des Werbepapiers sicherungslos vorleistet,25 zu denjenigen gehört, "die das Papier angeht", käme wohl niemand. Somit führt die sachbezogene Ermittlung des überschaubaren Personenkreises gen au zu dem vom BGH in dersel21 So z.B. BGH v. 25.09.85, VersR 86, 35f. (35 re. Sp.) und auch die im Text zum Beispiel genommene Entscheidung BGH v. 12.02.79, LM NI. 19 zu § 676 BGB (unter 11 der Gründe). 22 Vgl. die Beispiele für diese Größenordnung bei Hopt, 51. DJT, S. G 34; ferner für das Vorkommen solcher Größen bei Publikums-KGen Hopt / Hehl, Gesellschaftsrecht, Rn. 816. 23 BGH v. 12.02.79, LM NI. 19 zu § 676 BGB (unter 11 der Gründe). 24 Ähnlich, allerdings unter Hinzufügung, daß es für die Überschaubarkeit ausreiche, wenn eine Aussage nicht an die "Masse von Sparern" mit Kleinstbeträgen gerichtet sei, sondern diese von dem Angebot ausgeschlossen sei und vielmehr nur eine kleine Gruppe von Personen gesucht werde, die größere Beträge investieren wolle, BGH v. 22.09.82, LM NI. 26 zu § 676 BGB. 25 Solche Personen aber will der BGH mit seinem Kriterium der Überschaubarkeit allein ausgegrenzt wissen; vgl. BGH v. 12.02.79, LM NI. 19 zu § 676 BGB (wie oben S. 59, Fn. 12).
§ 4 Auskunftsvertrag zwischen Geschädigtem und Infonnationsgeber
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ben Entscheidung abgelehnten 26 "Angebot an den, den es angeht". Insofern ist die angeführte Entscheidung perplex. Der Konstruktionsweg, anhand der Überschaubarkeit des Adressatenkreises zu entscheiden, ob ein Auskunftsvertragsangebot vorliegt, ist durch die sachliche Anknüpfung im Gegensatz zur zahlenmäßigen nicht geeigneter geworden. Vielmehr gleicht das Ergebnis dem jetzt näher zu untersuchenden "Angebot an den, den es angeht". Befürworter hat die Konstruktion eines ,,Angebots an den, den es angeht" im Schrifttum für eine bestimmte Fallgruppe gefunden, nämlich die Haftung von Kunstexperten für ihre sachverständigen Gutachten. 27 Die Idee hatte für die Kunstexpertenfälle auch eine gewisse Plausibilität. Zwar ist das Vertragsrecht des BGB darauf angelegt, die Rechtsbeziehungen bestimmter, bei Beginn von Vertragsverhandlungen bereits feststehender Partner zu regeln, was insbesondere daran deutlich wird, daß rechtsgeschäftliche Massenphänomene 28 ,29 mit dem Vertragsrecht des BGB nur mit Mühe zu bewältigen sind. Häufig brachte erst eine gesetzliche Regelung einige Klarheit (zu denken ist an AGBG, AbzG aber auch z.B. an Energielieferungsverträge, deren Vertragsbedingungen durch Verordnungen zum Energiewirtschaftsgesetz30 geregelt worden sind; AVBEltV31, AVBGasV32 u. AVBFernwärmeV33). Das "Angebot an den, den es angeht" ist im Grunde eine Strategie, das Massenphänomen für die hier interessierenden Fragen zu bewältigen; denn gerade bei Kunstgegenständen wird ein Objekt häufig mehrfach in rascher zeitlicher Abfolge veräußert oder aber vielen Interessenten angeboten, ehe es zum Erwerb kommt, wobei häufig eine Expertise mehrfach zur Wertbestimmung dient. Es fragt sich, ob hier zwischen jedem Erwerber, der aufgrund der Expertise kauft, und ihrem sachkundigen Ersteller ein Auskunftsvertrag konstruierbar ist. Die Systematik des BGB sah ursprünglich keine Bewältigungsmöglichkeit für Massenerscheinungen vor. Und so äußert selbst v.HoyningenHuene, einer der Verfechter der Idee vom "Angebot an den, den es angeht", Bedenken: Die Idee "drohe die Dogmatik des Vertragsrechts zu gefährden". 34
Vgl. BGH v. 12.02.79, LM Nr. 19 zu § 676 BGB (unter II der Gründe). Vgl. v.Hoyningen-Huene, NJW 75, S. 962 (unter 3.) und Locher, NJW 69, 1567f. 28 Vgl. die beeindruckenden Zahlen bei Emmerich, Gutachten zur Schuldrechtsreform Bd. 3, Energielieferungsvertrag, S. 130, wonach 1977 bereits 27,5 Mio. Lieferverträge mit Tarifabnehmern bestanden haben. 29 Auf die besonderen Probleme der Gleichförmigkeit unzähliger Abnahmeverträge weist Emmerich, ebd., S. 131 f. hin. 30 Vom 13.12.1935, RGBL III, Gliederungsnummer 752-1, zuletzt geändert durch Gesetz v. 19.12.77, BGBL 1 S. 2750. 31 Verordnung v. 21.06.79, BGBL 111979 S. 684ft. 32 Verordnung v. 21.06.79, BGBL 111979 S. 676ff. 33 Verordnung v. 20.06.80, BGBL 111980 S. 742ft.; vgl. auch noch die AVBWasserV v. 20.06.80, BGBL 1/1980 S. 750ff. 34 Ders., NJW 75, S. 962 (964 li. Sp. unter 3 b). 26
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Um sie für die Kunstexpertenfälle dennoch nutzbar zu machen, hilft sich v. Hoyningen-Huene mit einem Argument, das der Gesetzgeber angeblich liefert. Bei der Auslobung, §§ 657ff., sei das Phänomen einer vertraglichen Haftung gegenüber beliebigen Dritten vorgesehen. Bei genauerer Betrachtung überzeugt dies Argument jedoch nicht: denn bei der Auslobung geht es nicht darum, daß ein Vertrag zustandekommt. Die Vertragstheorie war zwar bei den Gesetzgebungsarbeiten zum BGB erwogen worden, hatte sich aber nicht durchgesetzt. 35 Die Auslobung ist ein einseitiges Rechtsgeschäft des Versprechenden. Sie bietet also kein Vorbild für den Vertragsschluß mit beliebigen Personen. Gerade auf den Auskunftsvertragsschluß kommt es hier aber an. Auch andere aus der zivilistischen Dogmatik bekannte Figuren eignen sich nicht, hier einem Vertragsschluß näher zu kommen. Die sog. invitatio ad offerendum ist gerade deshalb noch kein Angebot, weil sie personell noch nicht festgelegt ist, sich auf der Seite des Vertragsgegners noch keine bestimmte Person herauskristallisiert hat. Und das sog. "Geschäft mit dem, den es angeht", eine Rechtsfigur , nach deren Beispiel das "Angebot an den, den es angeht", konstruiert worden ist, hilft auch nicht weiter. Sofern es überhaupt anerkannt ist, beschränkt sich sein Anwendungsbereich auf die Geschäfte des täglichen Lebens. Zu diesen aber gehören die Anlagegeschäfte von Risikokapital aber gewiß nicht. Weitere Bedenken gegen die Konstruktion von Auskunftsverträgen mit Hilfe von "Angeboten an den, den es angeht" ergeben sich, weil man mit diesem Konstruktionsweg in die Nähe eines Kontrahierungszwanges gerät. Bejahte man trotz aller angeführten Bedenken Auskunftsverträge, so hätte der Auskunftgeber keine Möglichkeit mehr, bestimmte Personen aus dem Kreis derer, mit denen er das Geschäft schließen möchte, auszusondern. Diese Chance hätte der Auskunftgeber aber, wenn es darauf ankäme, ob ihm ein potentieller Kreditgeber bekannt geworden ist. Eine solche Gelegenheit, Personen, mit denen bereits schlechte geschäftliche Erfahrungen gemacht worden sind, auszuschließen, bietet sich aber nicht, wenn man das "Angebot an den, den es angeht", als Willenserklärungsvorgang anerkennt. Aus allen diesen Gründen, nicht zuletzt auch, weil die Privat autonomie durch die Konstruktion von Auskunftsverträgen ohne näheren Anhaltspunkt im Parteiverhalten beschnitten würde, ist die Konstruktion des "Angebots an den, den es angeht," abzulehnen; dies Ergebnis läßt sich hier schon festhalten. Einige Worte aber sollen noch auf ein Argument verwendet werden, das in diesem Zusammenhang gelegentlich vorgetragen wird und das z. B. bei Lamme/36 auch benutzt wird, ein Auskunftsvertragsangebot abzulehnen: Danach 35 36
Motive, Bd. 11, S. 518f. zu § 581. Ders., AcP 179, S. 337 (343f.).
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soll Folge der Angebotsfiktion eine nicht hinnehmbare Vertragsdoppelung und in ihrer Konsequenz eine Haftungsdoppelung in der Person des Auskunftgebers sein. Dafür gebe es aus Verkehrsschutzgesichtspunkten keinen Grund. - Das erscheint so nicht richtig. Ein solcher Grund aus Verkehrsschutzgesichtspunkten (das Kriterium verwundert zwar im Zusammenhang mit vertraglicher Auslegung) ließe sich bei genauer Betrachtung finden. Unter Verkehrsschutzaspekten dient Haftung (jedenfalls bei Abhängigkeit vom Verschulden) immer auch als Anreiz zu gewissenhafter Pflichterfüllung.J7 Der erste Vertrag, den der Auskunftgeber schließt, aufgrund dessen er die Information oftmals erstellt, besteht zu dem künftigen Kreditnehmer oder im Kunstexpertisenbeispiel zum späteren Kunstverkäufer. Er kann ein Dienstoder Werkvertrag sein, evtl. auch eine entgeltliche Geschäftsbesorgung, oder auch - so sieht es Lammef38 - seinerseits ein Auskunftsvertrag. Das Haftungsrisiko aus diesem Vertrag deckt aber nur nach einer Seite hin die mögliche Schlechterfüllung ab. Fällt die Stellungnahme schuldhaft falsch zu Lasten des Vertragspartners aus, wird der Auskunftgeber ihm für entstehende Schäden haften. Fällt aber die Information schuldhaft falsch so aus, daß sie dem Auftraggeber günstig ist, also das Kunstwerk als zu wertvoll oder die Geschäftslage als zu rosig hinstellt, wird die Begründung des Schadens beim Auftraggeber schwerfallen. Er hat daraus vielmehr zunächst Vorteile, die ihm (moralisch) nicht gebühren, indem er nämlich z. B. einen zu hohen, durch das Gutachten aber gerechtfertigten Preis für ein Kunstwerk erhält. Allenfalls kann der Verkäufer einen Haftungsschaden haben, falls er seinerseits einem Vertragspartner für den zu geringen Wert des Objekts einstehen muß. Angesichts der kurzen vertraglichen Verjährungsfristen insb. beim Kauf, besteht hier aber oft die Möglichkeit für den Veräußerer , von einer Haftung verschont zu bleiben. Nur, wenn der Verkäufer nicht verschont bleibt, droht dem Auskunftgeber, in Regreß genommen zu werden, falls Ansprüche gegen ihn ihrerseits noch nicht verjährt sind. Die Schlechterfüllung zugunsten des Auftraggebers bei der Informationserstellung ist also mit einem erheblich geringeren Risiko für den Auskunftgeber verbunden als die Schlechterfüllung zu Lasten desselben. Dieses geringere Haftungsrisiko kann für den Auskunftgeber einen gewissen Anreiz zur Nachlässigkeit zugunsten seines Auftraggebers bieten. Der Anreiz zum Handeln zugunsten des Auftraggebers ist um so größer, wenn der Fachmann vom Auftraggeber nicht nur die Bezahlung dieses Auftrages, sondern eventuell auch noch einträgliche Folgeaufträge erwarten kann. Die aus solchem begünstigenden Handeln Gefährdeten sind jeweils die späteren Investoren (z. B. als Käufer oder Darlehensgeber). Sicherte man sie mittels eines vertraglichen Anspruchs gegen fahrlässig fehlerhafte Informationen ab, 37 Vgl. Deutsch, Haftungsrecht I, S. 8, 60f. und 7lf. und die auf S. 7lf. in Fn. 26 genannten Nachweise; vgl. ferner Larenz, SR I, § 271. 38 Ders., AcP 179, S. 337ff. (338 unter 1 a).
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2. Teil, 2. Kap.: Tatbestandsableitung durch Vertragsauslegung
so würde der bestehende Anreiz zur Nachlässigkeit vermieden. Insofern spricht also ein Argument des Verkehrsschutzes für eine Haftungsdoppelung. 39 Gleichwohl ist sie wegen der schon genannten dogmatischen Bedenken nicht über ein "Auskunftsvertragsangebot an den, den es angeht", zu erreichen. Damit scheidet der Auskunftsvertrag als Haftungslösung für diejenigen Fälle regelmäßig aus, in denen der Informationsweg nicht unmittelbar zwischen Informant und späterem Geschädigten verläuft. 40 11. Schwierigkeiten der FeststeUung von Auskunftsvertragsschlüssen im Parteiverhalten bei unmittelbarem Kontakt
Immerhin aber könnte sich der Auskunftsvertrag noch in den Konstellationen anbieten, in denen Auskunftgeber und später Geschädigter (häufig ein Investor) unmittelbar schriftlich oder mündlich zueinander in Kontakt treten. In diesen Fällen stellen sich nicht alle die Hindernisse einem Vertragsschluß entgegen, die bisher eine Rolle spielten. Die potentiellen Auskunftsvertragspartner sind einander namentlich oder gar persönlich bekannt. Das Argument des Kontrahierungszwanges fällt weg, genauso verringern sich die unerwünschten Probleme von Boten- und Gehilfeneinschaltung und -haftung. Folglich kann ein Auskunftsvertrag hier eher in Betracht kommen.
1. Ausgrenzung nicht in Betracht kommender Fallgruppen Doch darf man sich nicht darüber täuschen, inwieweit der Auskunftsvertrag bei direktem Kontakt eine Lösung der Dritthaftungsfragen bietet. Schon vor der genaueren Betrachtung sind einige Ausgrenzungen möglich und nötig. a) Dritthaftungsfälle ohne Informationsmangel Fälle, in denen Dritthaftung zum Problem wird, sind nicht notwendig dadurch gekennzeichnet, daß eine Information oder Auskunft unzureichend erbracht wird. Auch um Fälle anderer Schlechtleistung oder Verzögerung kann es gelegentlich gehen. Am anschaulichsten läßt sich das an der Dritthaftung von Rechtsanwälten zeigen. 39 Dieses Argument benutzt Lang denn auch, um einer Lösung mittels VSchutzD das Wort zu reden, vgl. Die Wpg 89,57 (62). 40 A.A. aber offenbar der BGH: in seinem Urteil v. 22.09.82, LM Nr. 26 zu § 676 BGB (unter II 1 g der Gründe) hält er es für unschädlich, daß der Geschädigte die Auskunft von seinem Vertragspartner (einer KG) und nicht vom Informanten, einem Lebensversicherer, erhalten hatte. Ein Auskunftsvertrag zwischen Geschädigtem und Lebensversicherer soll trotzdem vorliegen. Bezeichnenderweise ist auf Angebot und Annahme in den Entscheidungsgründen nicht eingegangen.
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Um echte Informationsprobleme geht es, wenn beispielsweise eine unzutreffende Anwaltsbestätigung erteilt wird, wie vom Reichsgericht einmal entschieden: 41 Ein Rechtsanwalt hatte auf Wunsch seines Mandanten dessen Bank mitgeteilt, ein bestimmtes Grundstück sei mit einem bestimmten Betrag dinglich belastet. Tatsächlich war die Belastung erheblich höher. Die Bank fiel in der Zwangsvollstreckung mit ihrem nach der Bestätigung gewährten und am Grundstück dinglich gesicherten Kredit aus. Sie verlangt nun vom Rechtsanwalt als Schadensersatz den Darlehensbetrag.
Ganz anders aber liegt es, wenn ein Rechtsanwalt sich mit der von ihm geschuldeten Leistung so verspätet, daß sie nicht mehr erbracht werden kann und ein Dritter, nicht der Mandant selbst, geschädigt wird. Einen solchen Fall hatte der BGH42 zu entscheiden: Der spätere Erblasser wollte zugunsten seiner einzigen noch lebenden Tochter ein Testament errichten, durch das gesetzlich miterbende Kindeskinder auf ein Vermächtnis beschränkt wurden. Die Tochter bat einen Anwalt zu ihrem Vater. Dieser erschien auch, besprach die Verfügungen mit dem Erblasser und versprach, einen Notar hinzuzuziehen und mit diesem wieder zu erscheinen. Trotz mehrfacher Aufforderungen durch die Tochter geschah dies in den folgenden zwei Wochen nicht. Der Erblasser verstarb sodann. Das Erbe wurde gesetzlich geteilt, und die Tochter verlangt nun die Differenz zwischen gesetzlichem Erbteil und Alleinerbschaft belastet mit dem Vennächtnis vom Rechtsanwalt.
In einem solchen Fall ist an einen Auskunfts- oder Informationsvertrag zwischen dem Rechtsanwalt und der Geschädigten gar nicht zu denken. Für diesen zweiten Typus43 anwaltlicher Dritthaftung und ähnliche Fälle kann die Lösung nicht im Auskunftsvertrag liegen. 41 RG v. 27.10.1902, RGZ 52, 365ff. In der Entscheidung wurde der Auskunftsvertrag bejaht, die Sache aber dennoch zurückverwiesen; vgl. ferner den ähnlichen Sachverhalt des BGH v. 04.05.84, VersR 84,779 (780), wo es allerdings um eine Notarbestätigung ging, also über § 19 BNotO gelöst werden konnte, ohne daß auf einen Auskunftsvertrag zurückgegriffen werden mußte. 42 BGH v. 06.07.65, JZ 66,141. 43 Unzutreffend behauptet v.Gierke, Die Dritthaftung des Rechtsanwalts, S. 77ff., 103ff., 121ff., 138ff., es gäbe fünf Fallgruppen moderner anwaltlicher Dritthaftung. Das mag für die amerikanische Rechtsordnung zutreffen; dort hat v. Gierke auch jeweils Beispiele aus der Rechtsprechung finden können. Die Fallgruppen 3 bis 5 seiner Arbeit, nämlich: 1. vorschnelle VerfahrenseinIeitung bzw. gegnerschädigende Prozeßführung 2. Inkassoinstitutsfälle und 3. Versicherungsanwaltsfälle, liegen in der Bundesrepublik teils deshalb anders, weil typischerweise Vertragsbeziehungen zwischen Geschädigtem und Schädiger ausgeschlossen werden, teils, weil Interessenkonflikte wegen des Verbots von Erfolgshonoraren nicht entstehen können. Und eine fahrlässige unberechtigte VerfahrenseinIeitung, die natürlich auch in der Bundesrepublik so vorkommen kann wie in den USA, muß man hierzulande hinnehmen, da dem staatlich vorgesehenen Verfahren nicht zu große Risiken anhaften sollen, vgl. dazu BGH v. 03.10.61, BGHZ 36,18 (insb. 20f.). 5*
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b) Nichterreichen des notwendigen Auskunftsinhalts Neben den Fällen, in denen es nicht um Informationsleistungen geht, können diejenigen nicht mittels Auskunftsvertrages gelöst werden, in denen zwar eine Informationsleistung problematisch ist, diese aber unterhalb der Schwelle zur Auskunft im Sinne des § 676 BGB bleibt. 44 , 45 Das scheint eine inhaltliche Ausfüllung des Auskunftsbegriffes erforderlich zu machen. aa) Klärung des Auskunftsbegriffes
Andererseits entstehen sogleich wieder Zweifel, ob es notwendig ist, den Auskunftsbegriff festzulegen. Verträge über Informationsleistungen sind entweder Dienst-, Werk-, Geschäftsbesorgungsverträge oder Aufträge 46 . Ein eigener Typus "Auskunftsvertrag" existiert also nicht. Daher ist nicht ohne weiteres klar, ob wirklich die Klärung des Auskunftsbegriffes vonnöten ist oder ob nicht vielmehr nur ein Problem der Festlegung der Hauptleistung der möglichen Vertragstypen vorliegt. Bei den genannten Vertragstypen ist nirgendwo der Auskunftsbegriff tatbestandlieh erforderlich. Benötigt wird der Begriff aber, um den Anwendungsbereich von § 676 BGB im Rahmen der anderen Vertragstypen abzugrenzen und zu klären, welchen Einfluß diese Norm auf Abschluß oder Inhalt eines Vertrages über eine Informationsleistung hat. Folglich muß der Inhalt des Auskunftsbegriffs zu diesem Zweck doch geklärt werden. Seinem Wortlaut nach erfaßt § 676 BGB Rat und Empfehlung. Diesen beiden Sachverhalten ist inhaltlich die Aufforderung zu einem bestimmten Verhalten gemeinsam. Ganz einhellig sollen aber auch Mitteilungen ohne Aufforderungscharakter von § 676 BGB erfaßt werden, wenn sie als Entscheidungsgrundlage für den Empfänger dienen,47 sog. Auskunft im engeren Sinne. 44 Vgl. für die ausdrückliche Behandlung dieser unabdingbaren Voraussetzung BGH v. 26.01.71, WPM 71, 498 (499) und BGH v. 24.01.78, WPM 78,576 (577). 45 Z.B. soll laut BGH v. 26.01.71, WPM 71, 498f. (499) keine Auskunft vorliegen, wenn ein Handelsvertreter, der Kapitalanlagen vertreibt, nur diejenigen Angaben wiederholt, die im Prospekt der kapitalsuchenden Firma zu finden sind, und darüber hinaus darauf hinweist, daß große Nachfrage bestehe. Auf den im Sachverhalt erwähnten Hinweis des Händlers, ein Ansteigen des Einstiegspreises sei zu erwarten, ging der Senat im Zusammenhang mit dem Auskunftsvertrag in den Urteilsgründen offenbar nicht mehr ein. 46 Vgl. insb. MünchKom / Seiler, § 676 Rn. 3 und 5, der unter anderem deshalb von einer eingehenden Kommentierung absieht; ferner Staudinger / Wittmann, § 676 Rn. 9. 47 Staudinger / Nipperdey, 11. Aufl., § 676 Rn. 4; Musielak, Haftung für Rat, Auskunft und Gutachten, S. 6; die Auskunft wurde auch schon bei den Beratungen zum BGB mit einbezogen, Mot. 11, S. 554, obwohl auch im damaligen § 604 des Entwurfes nur von Rat und Empfehlung die Rede war.
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Damit erfaßt § 676 BGB also Rat, Empfehlung und die schlichte Auskunft i.e.S. Alle diese Tatbestände werden insgesamt als "Auskünfte i.w.S." bezeichnet. Solche Auskünfte i.w.S. sind die Gegenstände, um die es geht, wenn in dieser Arbeit vom Auskunftsvertrag die Rede ist. 48 Wenn aber Kennzeichen des schwächsten Gliedes der Tatbestandselemente, nämlich der Auskunft i.e.S. ist, daß sie als Entscheidungsgrundlage dienen soll, muß man mit dem BGH verlangen, daß ein Mindestmaß an konkreter Tatsachenmitteilung49 vorliegen muß, wobei der Auskunftgeber einen eigenen Aussagegehalt50 verbreiten muß,51 bb) Werbeanpreisungen Diese Definition hat zur Konsequenz, daß reine Werbepreisungen nicht als Auskunft i.e.S. taugen. Man hat sich also vorzustellen, daß Sätze wie: "Machen Sie mit dieser Beteiligung oder diesem Warentermingeschäft das Geschäft ihres Lebens" mangels Tatsachenmitteilung, und die Beschränkung auf "Wiederholung von Aussagen des Anlagenanbieters in schriftlichen Unterlagen, (wenn der Wiederholungscharakter deutlich wird)" mangels eigenen Aussagegehalts nicht als Auskunft gelten können. Aus dieser Abgrenzung folgt nicht etwa, daß für solche Werk-, Dienst- oder Geschäftsbesorgungsverträge ohne Rücksicht auf § 676 BGB gehaftet würde. Vielmehr bleibt kein Raum für eine vertragliche Haftung aus solchen Anpreisungen. 52 ce) Vertreterübliche Redewendungen Nach Ansicht des BGH soll die Schwelle zur Auskunft auch dann nicht erreicht sein, wenn Aussagen sich auf vertreterübliche Redewendungen beschränken. 53 48 Zwischen Beratung u. Empfehlung einerseits und Auskunft andererseits, also den einzelnen Gegenständen des § 676, muß bei der Frage nach dem "Ob" des Vertragsschlusses nicht unterschieden werden. Nur bei der Frage "wie", d. h. für welche Pflichten, eingestanden werden muß, spielt diese Abgrenzung eine Rolle, vgl. dazu OLG Oldenburg v. 01.12.86, WPM 87, 169f. (169 re. Sp.) und BGH v. 25.11.81, NJW 82, 1095ff. 49 BGH v. 26.01.71, WPM 71, S. 498. 50 BGH v. 24.01.78, WPM 78, S. 576. 51 Ähnlich in der Literatur auch ezech, BB 75, S. 723 (724 Fn. 16), der jede schriftliche oder mündliche Äußerung unter den Begriff der Auskunft fassen will, sofern sie eine beurteilende Stellungnahme enthält; unter Berufung darauf ebenso v. Gierke, Die Dritthaftung des Rechtsanwalts, S. 104 Fn. 615. 52 Vgl. z.B. BGH v. 08.02.78, BGHZ 70,356 (362 oben) bzgl. der Aussage: "Börsenerfolg garantiert" in einem Werbeschreiben für einen Börseninformationsdienst. 53 Vgl. BGH v. 28.01.71, WPM 71,498 (2. der Grunde).
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2. Teil, 2. Kap.: Tatbestandsableitung durch Vertragsauslegung
Im entschiedenen Fall ging es darum, daß der Geschädigten gesagt worden war, es bestehe eine sehr große Nachfrage nach der fraglichen Kapitalanlage; die dem Vertreter zur Verfügung stehenden Anteile seien begrenzt und es drohe eine Preiserhöhung.
Die in der angeführten Konstellation vom BGH gewählte Abgrenzung des Auskunftsbegriffs erscheint mir höchst zweifelhaft. Zum einen könnte in den Äußerungen des Vertreters sachlich sogar eine Empfehlung (z. B. ,Kaufen Sie bald' o.ä.) liegen, also eine Auskunft i.w.S., und nicht etwa nur eine Floskel. Zum anderen muß man meines Erachtens darauf abstellen, ob der Vertreterjargon auch vom Kunden als solcher verstanden worden ist. Nur dann kann man ihn aus dem sachlichen Bereich der Auskunft i.w.S. ausnehmen. Der Vertreter sollte jedoch an Äußerungen wie die oben dargestellten gebunden sein, wenn der Kunde sie ernst nimmt. Der angeführten Entscheidung kann daher nur ganz eingeschränkt zugestimmt werden. dd) Unmittelbarer schriftlicher Kontakt anstelle mittelbarer Weitergabe der Information mit dem Zweck der Vereinfachung des Informationsweges Wenn die Schwelle zur Auskunft durch hinreichenden sachlichen Inhalt jedoch erreicht wird, kann immer noch das Vorliegen eines Auskunftsvertrages ausgeschlossen sein. Zu denken ist an die bereits oben angesprochenen Fälle, in denen der Informant auf Initiative seines Auftraggebers dem späteren Geschädigten (und zugleich Geschäftspartner des Auftraggebers) lediglich eine Information zukommen läßt, und der Kontakt von Auskunftgeber und -empfänger sich hierauf beschränkt. Hier ist der unmittelbare Informationsweg (z. B. Zu sendung einer Bilanz vom Steuerberater direkt an den oder die Kreditgeber des Kunden auf dessen Wunsch) eine Vereinfachung des andernfalls über den Kunden laufenden Postweges. Das kann aber am Ergebnis, daß kein Auskunftsvertrag vorliegt, nichts ändern. 54 Zu weit geht daher die Entscheidung des Reichsgerichts, das im oben dargestellten Beispiel der Anwaltsbestätigung (vgl. § 4 11 1 a) einen Auskunftsvertrag bejaht hat. 55 c) Dritthaftungsprobleme bei vertreterähnlicher Stellung Ebenfalls aus der Gruppe der mittels Auskunftvertrages lösbaren Fälle können diejenigen ausgeschieden werden, bei den es darum geht, ob ein Vertreter selbst haftet. Wenn Stellvertretung gewollt war und der Vertreter auch so aufgetreten ist, so würden durch einen Auskunftsvertrag zwischen Vertreter und 54 Wohl wie hier ezech, BB 75, 723 (725 li. Sp.) und die bei ihm in Fn. 29 aufgeführten Nachweise. 55 In der Beurteilung dieser Entscheidung wie hier Staudinger I Nipperdey, 11. Aufl., § 676 Rn. 10.
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Geschäftspartner des Vertretenen die Wertungen der §§ 179, 164 11 mißachtet. Diese Vorschriften sind m. E. so zu verstehen, daß der Vertreter, wenn er sich innerhalb seiner Rechtsrnacht hält, nicht vertraglich demjenigen haftet, den er nicht vertritt. Wer insoweit zustimmen kann, würde sich aber sofort in Widersprüche verwickeln, wenn er einen Auskunftsvertrag bejahte, aus dem der Vertreter selbst die Informationen über den Gegenstand des Vertretungsgeschäfts schuldete. Dann würden die Risiken des Vertretungsgeschäftes letztlich doch dem Vertreter aufgebürdet. Tendenziell ginge die Entwicklung dahin, daß Stellvertretung nur, solange sie fehlerfrei abliefe, zugunsten des Vertretenen wirkte, der geringste Fehler des Vertreters aber zu einer kumulativen Haftung von Vertreter und Vertretenem führte. Als Beispiel für diese Fälle sei auf den 4. in der Grundlegung geschilderten Fall verwiesen; die Frage nach der Vertretereigenhaftung stellt sich am Beispiel des GmbH-Geschäftsführers mit bezeichnender Schärfe. Im dort als Vorbild genommenen Fall ist der BGH56 nicht einmal auf die Frage nach einem Auskunftsvertrag eingegangen, hat also so entschieden, wie auch nach meiner Vorstellung zu lösen wäre. Um Fälle der Vertreter- oder Geschäftsführereigenhaftung geht es regelmäßig auch bei Dritthaftungsproblemen im Zusammenhang mit unrichtiger oder unseriöser Anlagevermittlung im Warenterminspekulationshandel: Wach 57 berichtet sehr anschaulich, wie zahlreiche Vermittlungsunternehmen ihre Kunden an Hand von Branchenfernsprechbüchern auswählen. Durch zahlreiche bis ins Detail vorgeplante 58 Telefonkontakte bringen die oftmals unzureichend ausgebildeten Mitarbeiter59 oder die Geschäftsführer der Vermittlerfirma den Kunden dazu, ein Direkt- oder Optionsgeschäft einzugehen. Die Vermittlerfirma stellt dann entweder eine Vertragsbeziehung zwischen dem Kunden und einem ausländischen Broker oder Börsenmitglied her oder tritt selbst als Anbieter eines Spekulationsgeschäftes auf. Schadenbringende Informationsfehler werden hier i.d.R. begangen, ehe sich der Kunde zum Abschluß eines Geschäftes entschließt. Die Telefonverkäufer klären oftmals unzureichend über das Risiko des Totalverlustes des Anlagebetrages, über die Entgelte, die an die Vermittlerfirma fließen, die Aufschläge, die zum Börsenkurs noch hinzugerechnet werden und die dadurch rapide sinkenden Gewinnchancen der Terminspekulation auf.
Da die Fälle des Warenterminhandels oftmals nicht leicht zu erfassen sind, soll hier zunächst erklärt werden, wann dabei überhaupt ein Dritthaftungsproblem auftritt und wann nicht. 56
57 58
nato
Vgl. BGH v. 27.10.82, WPM 82, 1322f. Ders., Terminhandel, Rn. 182 bis 186. Vgl. den bei Wach, ebd., S. 321-327 abgedruckten Wortlaut für ein Mustertelefo-
59 Vgl. Wach, Terminhandel, Rn. 179, der berichtet, daß unter ihnen frühere Staubsaugervertreter, Buchc1ubwerber, Köche und Bäckergesellen seien, die in Kurzkursen für den Telefonverkauf geschult werden.
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2. Teil, 2. Kap.: Tatbestandsableitung durch Vertragsauslegung
Schließen die deutsche Warenterminspekulationsfirma und ein Spekulant miteinander ein Spekulationsgeschäft ab (sog. Eigengeschäft aus der Sicht der Terminhandelsfirma)6O, so haftet die Firma vertraglich aus cic oder pFV, ohne daß Dritthaftung ins Spiel käme. 61 Ohne Dritthaftung kommt man auch aus, wenn die deutsche Terminhandelsfirma im Auftrag des Spekulanten und als dessen Vertreterin Spekulationsverträge zwischen dem Spekulanten und einer ausländischen Brokerfirma schließt. Wenn sich der Kunde nämlich zu einer Anlage entschließt, kommt regelmäßig ein Vertrag zwischen Vermittlerfirma und dem Kunden zustande (z. B. ein Kommissions- oder Geschäftsbesorgungsvertrag). Um Dritthaftungsfragen kann es aber in zweierlei Hinsicht gehen: Zum einen kann die Vermittlerfirma als Vertreterin eines ausländisches Brokers auftreten und zwischen diesem und dem deutschen Spekulanten einen Spekulationsvertrag vermitteln. Ist dann falsch beraten worden, könnte die Vermittlerfirma ohne vertragliche Bindung zum Spekulanten als Dritte haften müssen. Zum anderen sind die inländischen Warenterminhandelsunternehmen oft nicht sehr zahlungskräftig. 62 Unabhängig davon, ob sie Geschäfte in der Weise vermitteln, daß sie selbst Vertragspartner des Spekulanten werden, oder ob sie nur Vertreter einer ausländischen Brokerfirma sind, wird dann interessant, ob z. B. die Geschäftsführer63 der inländischen Vermittlerfirmen oder die angestellten TelefonverkäuferM persönlich für entstandene Verluste aus Beratungsfehlern haften. Ihnen gegenüber geht es immer um Dritthaftung.
60 Ein Beispiel für ein solches Geschäft bietet der Sachverhalt von BGH v. 01.12.86, WPM 87, 103f. (103). 61 Man muß daher nicht regelmäßig so weit gehen, wie Köndgen, AG 83, 85 (95), das tut, indem er einen Vermögensanlageberatungsvertrag schon im Vorfeld der Anlageentscheidung annehmen will, um hier angemessenen Schutz gewährleisten zu können. 62 Leider schon etwas ältere Zahlen zur mageren finanziellen Ausstattung von solchen Firmen finden sich bei Wach, Terminhandel, Rn. 174. Danach verfügten 1979 ca. 50 % der Firmen nur über das Mindestkapital von Gesellschaften mit beschr. Haftung von 20.000,- DM, insgesamt 73 % der Firmen besaßen nicht mehr als 30.000,- DM Grundkapital und nur bei ca. 15 % der Firmen betrug das Grundkapital mehr als 100.000,- DM. 63 Vgl. z.B. die Ausführungen des BGH v. 01.12.86, WPM 87,103 (105), wo es um die Eigenhaftung eines Geschäftsführers im Falle des Abschlusses von Eigengeschäften durch die GmbH ging. Eine Haftung aus § 826 sowie § 823 11 BGB i.V.m. § 89 BörsenG bejaht das OLG Düsseldorf, Urteil v. 22.11.88, ZIP 89, 220ff. 64 Vgl. die statistischen Angaben zu solchen Fällen bei Wach, Terminhandel, S. 303, aus denen hervorgeht, daß in der Hälfte der vor Gericht gelangten Fälle auch die Geschäftsführer neben der Gesellschaft verklagt worden waren. In dem Urteil des OLG Düsseldorf v. 22.11.88, ZIP 89, 220 (225f.) wird die Haftung des Telefonverkäufers, der vormals Schuhmacher gewesen war, verneint. Gegen eine Haftung dieses Personenkreises auch Bundschuh, WPM 85, 249 (251).
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Beide geschilderten Dritthaftungskonstellationen gehören aber zur Vertretereigenhaftung und damit nach dem oben Dargelegten nicht in den Anwendungsbereich von Auskunftsverträgen. 2. Zur Würdigung von Parteiverhalten als Auskunftsvertrag durch den BGH Für eine Lösung mit Hilfe von Auskunftsverträgen bleiben die Fälle übrig, in denen bei direktem Kontakt von Schädiger und Geschädigtem die Schwelle zur Auskunft überschritten wird und gesetzliche Wertungen einem Vertragsschluß nicht den Raum nehmen. Auch hier lohnt es sich noch zu hinterfragen, ob ein Auskunftsvertrag eine adäquate Lösung darstellt und ob diese Vertragslösung, wenn sie in Urteilen gewählt wird, mit billigenswerten Mitteln erreicht wird. Kurz, die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Auskunftsvertrag soll daraufhin betrachtet werden, ob die jeweilige Auslegung zu überzeugen vermag. a) Zur Auslegungsmethode Bereits zur Auslegungsmethode ist einiges anzumerken: Der Abschluß von Auskunftsverträgen erfolgt - wenn überhaupt - oftmals konkludent. Die Schwierigkeiten, die es bereitet, aus tatsächlichen Handlungen eine Willenserklärung zu entnehmen, dürfen nicht unterschätzt werden, zumal da für die Auslegung konkludenter Erklärungen keine anderen Hilfsmittel zur Verfügung stehen als für die Würdigung ausdrücklicher Erklärungen. aa) Verkehrsbedürfnis neben Verkehrssitte Der BGH scheint jedoch neuerdings einen Ausweg aus seinen Auslegungsschwierigkeiten gefunden zu haben: Es soll für das Vorliegen eines Auskunftsvertrages u. a. auch darauf ankommen, ob Verkehrsbedürfnisse65 den Rückschluß zulassen, daß Auskunftgeber und -empfänger ihre Erklärungen zum Inhalt vertraglicher Rechte und Pflichten gemacht haben. Einer Auslegung, die nach dem Verkehrsbedürfnis entscheidet, ob eine Willenserklärung vorliegt, stehen jedoch mehrere Argumente entgegen: Zum einen kennt der Auslegende, der argumentiert, ,es gebe ein Verkehrsbedürfnis nach vertraglicher Haftung, folglich liege ein Vertrag vor', sein 65 Vgl. BGH (6. Senat) v. 17.09.85, WPM 85, 1531 (1532 re. Sp. oben); auch BGH (4a Senat) v. 19.03.86, JZ 86,1111 (1112 unter 4 a der Gründe); ansatzweise auch schon BGH (7. Senat) v. 22.03.79, BGHZ 74,103 (107), wo es heißt, die Interessenlage erfordere zum Schutz des Anlegers, den Vorgang so einzuordnen, daß er die volle vertragliche Haftung nach sich ziehe.
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2. Teil, 2. Kap.: Tatbestandsableitung durch Vertragsauslegung
Ergebnis, ohne daß er auf den Willen der Parteien noch Rücksicht nehmen müßte. Das Verkehrsbedürfnis weist ihm das gerechte Ergebnis. Nun ist es im Vertragsrecht gerade nicht Aufgabe des Juristen, das gerechte Ergebnis zu finden. In den Grenzen der Billigkeit ist vielmehr das von den Parteien vorbestimmte Ergebnis zu suchen. Das gilt jedenfalls, solange man nicht in das streitige Gebiet der ergänzenden Vertragsauslegung gerät. 66 Bei der Ermittlung des Erklärungscharakters von Handlungen hat der Jurist in den Grenzen zwingenden Gesetzesrechts zu respektieren, was die Parteien wollten oder als gerecht empfunden haben. Wer in diesem Bereich der Auslegung andere (eigene) Gerechtigkeitsvorstellungen einbringt, und nichts anderes ist die Beachtung eines "Verkehrsbedürfnisses" , begibt sich in den Bereich einer ergänzenden Vertragsbegründung. Wer in dieser Weise sogar den Vertragsschluß weitgehend vom Willen der Parteien losgelöst feststellt, hat eines der Axiome der geltenden Zivilrechtsordnung geändert. Dem kann meines Erachtens auch nicht entgegengehalten werden, das Verkehrsbedürfnis sei - bei der Auslegung verwendet - Indiz dafür, wann eine Auskunft keine bloße Gefälligkeit mehr sei. Anhaltspunkte für die Abgrenzung von Gefälligkeit und vertraglicher Bindung mag die Schutz bedürftigkeit der Beteiligten geben. Interessen oder das Wohl der Allgemeinheit (nichts anderes ist das Verkehrsbedürfnis ja) können aber grundsätzlich nicht maßgeblich dafür sein, ob in einem konkreten Einzelfall, ein Parteiverhalten als Vertragsschluß gewertet werden kann. Das andere methodische Bedenken gegen eine Auslegung von Verhalten als Willenserklärung nach dem Verkehrsbedürfnis ergibt sich aus dem Kriterium selbst. Das Verkehrsbedürfnis wird auch - z. B. von Larenz - als Argument ins Feld geführt, wenn eine gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung zulässig sein soll.67 Wenn aber sowohl bei der Auslegung als auch bei gesetzesfernerer Rechtsfortbildung mit den gleichen Voraussetzungen gearbeitet wird, sind der Rechtsveränderung durch die Richterschaft keine Grenzen mehr gesetzt. Solche Grenzen festzulegen und einzuhalten, gebietet aber eine gewaltenteilende Staatsordnung. 68 Dieser Konflikt läßt sich nicht einfach dadurch lösen, daß das Larenz'sche Kriterium, dessen Richtigkeit man in der Tat bezweifeln kann, als Scheidelinie zwischen zulässiger und unzulässiger gesetzesübersteigender Rechtsfortbildung für verfehlt erklärt wird. Vielmehr liegt der Haupteinwand gegen eine Auslegung nach dem Verkehrsbedürfnis darin, daß sie ermöglicht, das Ergebnis vorher zu wählen. Eine solche Ergebniswahl hat mit Auslegung nichts Vgl. dazu die Methodenlehre von Larenz, S. 287f. Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 397f., wo von einem "unabweisbaren Bedürfnis des Rechtsverkehrs" die Rede ist. 68 Vgl. grds. Ipsen, DVBI. 84, 1102 (1104f.), der allerdings zu Recht skeptisch ist, daß sich aus dem Gewaltenteilungsprinzip insoweit selbst Grenzen ergäben. 66 67
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mehr zu tun. Selbst wenn Auslegung nicht frei vom Vorverständnis des Auslegenden sein kann, so ist sie dennoch idealiter durch Offenheit für das Auslegungsergebnis gekennzeichnet. Diese Offenheit fehlt aber, wenn ein Verkehrsbedürfnis nach Haftung oder dessen Fehlen festgestellt ist. Damit wird ein generelle Würdigung der Sachlage vorweggenommen, die grundsätzlich dem Gesetzgeber zustehen sollte. Das ist gesetzesübersteigende Fortbildung des Rechts, nicht mehr Auslegung. Insofern ist also das Verkehrsbedürfnis eher bei der Auslegung fehl am Platze als bei der Rechtsfortbildung, wo es durchaus sinnvoll erscheint, solche generalisierenden Erwägungen anzustellen.
bb) Erfüllungshandlungen als Willenserklärungen Scheidet demnach das Verkehrsbedürfnis zur Begründung eines (Auskunfts-) Vertragsschlusses aus, bleibt doch das allgemeine Problem, wie einem Handeln konkludente Erklärungen abzugewinnen sind. Beim Auskunfts- oder Beratungsvertrag stellt sich dieses Problem schärfer als bei jedem anderen Schuldvertrag. Bei vielen Schuldverhältnissen weist die Erfüllungsphase des Vertrages so typische Merkmale auf, daß von den Erfüllungshandlungen zurückgeschlossen werden kann, es liege ein Vertragsschluß vor, und es sei ein Vertrag bestimmten Typs gewollt gewesen. Man denke an Abläufe, wie sie an Kiosken gelegentlich zu beobachten sind: ein Kunde legt abgezählte Münzen auf das Zahlbrett, nimmt die gewünschte Zeitung und entfernt sich. Nur "Kauf", also Warenleistung gegen den Marktwert der Ware in Geld, kann hier gewollt und gemeint gewesen sein. Den Verträgen über eine Auskunftsleistung im weiteren Sinne fehlt eine solche typische Leistungshandlung. Nicht nur, daß der Vertragstyp vom Werkvertrag bis zur unentgeltlichen Geschäftsbesorgung oder gar Garantie schwanken kann; oftmals ist es sogar schwer, die als Informationsleistung zu bewertende Handlung festzumachen, so daß Vertragsschluß und Erfüllungshandlung nur schwer aufzufinden sind. Vielfach kommt eine einzige Aussage des Auskunftgebers in Betracht, in der dann Erfüllungshandlung und/oder Vertragsschluß liegen müßten; ferner kann die Erfüllungshandlung nur in Worten liegen, ebenso wie der konkludente Vertragsschluß zumeist in Worten zum Ausdruck kommen wird. Vertragsschluß und Erfüllungshandlung sind also kaum voneinander zu unterscheiden. Ein anschauliches Beispiel für diese Schwierigkeiten muß nicht konstruiert werden. Der im folgenden etwas vereinfacht geschilderte Sachverhalt lag dem BGH zweimal zur Entscheidung vor: 69 ,70 Vgl. BGH v. 18.01.72, NJW 72,678 und BGH v. 24.01.78, WPM 78,576. Ein Gegenbeispiel dafür, daß Auskunft und Beratung durchaus auch Hauptleistungspflichten von Verträgen sein können und es durchaus üblich ist, solche Verträge 69
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2. Teil, 2. Kap.: Tatbestandsableitung durch Vertragsauslegung
Ein Weinhändler bezog häufig Most und Wein unter Eigentumsvorbehalt von der späteren Klägerin. Als er mit der Bezahlung in großen Rückstand geriet, suchte die Klägerin ihn auf, um Zahlungen zu erreichen. Nach längeren Streitigkeiten wurde der - jetzt beklagte - Rechtsanwalt des Weinhändlers auf dessen Verlangen hinzugezogen. Die Klägerin verlangte sofortige Zahlung und andernfalls Herausgabe des bereits gelieferten Vorbehaltsguts. Der Weinhändler sagte zwar Zahlungen für die nächsten Tage zu, gleichwohl aber wollte die Klägerin ihre Vorbehaltsware in den Kellern des Händlers sehen. In dieser Situation griff der Anwalt des Händlers ein und erklärte sinngemäß, ,für ein solches Vorgehen bestehe nicht der mindeste Anlaß, da er (der Beklagte) den Weinhändler seit Jahren kenne und ihn ständig vertrete; wenn dieser erkläre, daß der Wein vorhanden sei, dann treffe dies zu, und wenn dieser verspreche, daß die Klägerin in den nächsten Tagen ihr Geld erhalte, dann sei darauf Verlaß, dafür kenne er den Händler und dessen Verhältnisse',71 Später fiel der Händler, der nichts mehr gezahlt hatte, in Konkurs. Die Klägerin wirft dem Anwalt vor, er habe gewußt, daß der Händler nahezu zahlungsunfähig, seine Aussage mithin falsch war. Wegen dieser Aussage habe sie aber unterlassen, eine auf dem Wege befindliche Lieferung zu stoppen, was sie andernfalls getan hätte. Den Wert dieser Lieferung begehrt sie mit der Klage als Schadensersatz vom Anwalt.
Die Auskunftsleistung des Rechtsanwalts hätte hier nur in seinen in direkter Rede wiedergegebenen Aussagen gefunden werden können. Ob aber auch ein Auskunftsvertrag zwischen der Lieferantin und dem Rechtsanwalt vorlag, hätte aus denselben Tatsachen, nämlich der Aussage des Anwalts geschlossen werden müssen; da diese Unterscheidung kaum getroffen werden kann, hat das Gericht einen Vertragsschluß m. E. zu Recht verneint. 72 In Urteilen zu Fällen wie dem geschilderten ist es wegen der Unklarheiten bei der Feststellung des Vertragsschlusses nicht weiter verwunderlich, daß vielfach Angebot und Annahme eines Vertragsschlusses nicht an bestimmten Handlungen oder Aussagen festgemacht werden, sondern ihr Vorhandensein einfach als Rechtstatsache ohne Zuordnung eines tatsächlichen Vorgangs behauptet wird. b) Kriterien des BGH für einen Vertragsschluß Da der bei anderen Schuldverhältnissen oftmals hilfreiche Rückschluß von einem typischen Erfüllungsprogramm auf das schuldrechtliche Geschäft nicht auch ausdrücklich und deutlich (im Beispiel sogar notariell) abzuschließen, bietet OLG Köln v. 22.05.81, WPM 82, 23ff. Dort hatte eine Firma dafür einstehen müssen, daß sie ihrem Kunden, mit dem sie einen Baubetreuungsvertrag hatte, nicht mitgeteilt hatte, daß fraglich und nicht etwa sicher war, ob die Betreuungskosten in voller Höhe als Werbungskosten steuerlich absetzbar waren. 71 Wiedergegeben ist hier der Sachverhalt, wie er sich nach dem Klägervortrag darstellte; vgl. BGH v. 24.01.78, WPM 78, 576f. (576 Ii. Sp.). 72 Vgl. BGH v. 24.01.78, WPM 78, 576 (577 unter 2. und 3. der Gründe). Im Ergebnis hat der BGH die Entscheidung des Falles offengelassen. Er hat zurückverwiesen und dem Untergericht aufgegeben zu prüfen, ob der Klägerin Ansprüche aus Deliktsrecht zustehen könnten.
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taugt, hat der BGH im Laufe der Zeit eine große Zahl anderer Kriterien genannt, die aus diesen Schwierigkeiten heraushelfen sollen. Sie sollen im folgenden geordnet nach ihrer Bedeutung für den eventuellen Abschluß eines Auskunftsvertrages aufgelistet werden. Die folgenden Fußnoten beziehen sich auf die Übersichten auf den Seiten 78 und 79. 73 BGH v. 25.09.85, VersR 86, 35f. (2 b der Gründe), wobei diese Grenze wichtig zur Abgrenzung von der cic sein soll. 74 Auf "Wissen" der Umstände wird abgestellt bei BGH v. 19.03.86, JZ 86, S. 111lff. (1112); "Erkennbarkeit" scheint bei BGH v. 22.03.79, BGHZ 74, 103 (106) auszureichen; die von Staudinger / Wittmann § 676 Rn. 15 versuchte Regelbildung, auf Erkennbarkeit komme es bei unmittelbarem Kontakt an, auf Wissen demgegenüber bei lediglich mittelbarem Kontakt, widerlegt sich schon an den beiden soeben angeführten Fällen, wo Auskunftgeber und -empfänger jeweils brieflich korrespondiert hatten. "Klar gewesen" heißt es in diesem Zusammenhang in BGH v. 29.10.52, BGHZ 7, 371 (374) und "erkennbar" ebd., S. 377; " Erkennen" dagegen heißt es in RG v. 17.10.1925, JurRdsch.Rspr 1926, S. 103f. Nr. 145; "erkennbar" aber in derselben Entscheidung, Sp. 104; "erkennbar" auch in BGH v. 06.11.74, LM Nr. 14 zu § 676 BGB (Il 1 der Gründe) sowie in BGH v. 07.01.65, WPM 65, 287ff.(287); in BGH v. 21.04.70, WPM 70, 878 (879 re. Sp. unten) werden "erkennen" (= wissen) und "erkennbar sein" alternativ genannt; "erkennbar" heißt es auch in BGH v. 30.03.76, WPM 76, 498ff. (498f.); ebenso BGH v. 05.07.62, WPM 62, 1110ff. (1110); gleichberechtigt nebeneinander werden "erkannt haben" und "erkennbar gewesen sein" auch bei Pikart, WPM 66, 698 (700) genannt. 75 BGH v. 17.09.85, WPM 85, 1531ff. (1532 re. Sp.oben), wobei nicht ganz sicher ist, ob das Wissen um die Bedeutung nur in Verbindung mit Sachkunde oder wirtschaftlichem Interesse oder sogar selbständig berücksichtigt werden soll. Den Versuch des OLG Düsseldorf, Urteil v. 09.02.89, ZIP 89, 493 (495), einen Auskunftsvertrag auch zu bejahen, wenn keine besondere Sachkunde zur Auskunft nötig ist, indem der Vertragsschluß damit begründet wird, daß der Auskunftgeber in der umgekehrten Situation ebenfalls an einer verläßlichen Auskunft interessiert gewesen wäre, hat der BGH in seiner Revisionsentscheidung v. 17.10.89, ZIP 89, 1532ff. nicht aufgegriffen. 76 BGH v. 17.09.85, WPM 85, 1531 (1532 re. Sp.oben); BGH v. 19.03.86, JZ 86, 111lff. (1112 unter 4 a der Gründe); BGH v. 17.10.89, ZIP 89, 1532 (1533); BGH v. 22.03.79, BGHZ 74, 103 (106, wobei auf S. 107 angedeutet wird, daß auch vorgespiegelte Sachkunde ausreicht); BGH v. 07.01.65, WPM 65, 287ff.(287) m.w.N.; BGH v. 30.03.76, WPM 76, 498ff. (498f.); BGH v. 05.07.62, WPM 62, 111Off.(1110). 77 Gelegentlich wird Sachkunde auch als besonders vertrauensbildendes Element hervorgehoben, also abgelöst vom Wissen um die wirtschaftliche Bedeutsamkeit der Auskunft genannt; vgl. BGH v. 29.10.52, BGHZ 7, 371 (375); eine solche Kombination des Kriteriums 2 (Wissen um die Bedeutung) mit Vertrauen (z. B. kraft Sachkunde einer Bank) lag auch BGH v. 30.03.76, LM Nr. 15 zu § 676 BGB ( I 1 a der Gründe) vor; unklar blieb jedoch, ob vertraglich oder vertragsähnlich gehaftet werden sollte. 78 BGH v. 17.10.89, ZIP 89, 1532 (1533); BGH v. 17.09.85, WPM 85, 1531ff. (1532 re. Sp. oben); BGH v. 27.06.84, WPM 84, 1216f. (1217 unter 2 b der Gründe), wobei es um das Eigeninteresse an einer Provision ging; BGH v. 22.03.79, BGHZ 74, 103 (106f.), ebenfalls bzgl. des Provisonsinteresses; BGH v. 22.09.82, LM Nr. 26 zu § 676 BGB wegen Interesses an späterem lukrativen Groß-Versicherungsvertrag; BGH v. 04.03.87, WPM 87, 495ff. (496f.), wo eine Provision erzielt wurde und ferner Gewinne aus einem Finanzierungskredit für die fragliche Geldanlage gemacht werden konnten; BGH v. 07.01.65, WPM 65, S. 287ff. (287) mit weiteren älteren Nachweisen; BGH v. 05.07.62, WPM 62, 1110ff. (1110); BGH v. 14.11.68, WPM 69, 36ff. (37), wirtschaftliches Eigeninteresse am auskunftsnahen Geschäft wegen Aussicht späterer Geschäfte des Auskunftgebers mit Gewinnmöglichkeit.
Kriterien, die auf den Auskunftempfänger abstellen: 7. Anfordern einer eigenen Auskunft beim Dritten durch den Auskunftsuchenden,84 8. Verlangen nach ausführlicher Beratung und Aufsuchen des Auskunftgebers durch Auskunftsempfänger,85
Allgemeinere Kriterien:
Kriterien, die auf den Auskunftgeber abstellen: 1. bewußtes Erteilen einer eigenen Auskunft und deren "In-Verkehr-Bringen" ,73 2. Wissen 74 darum, daß für den Anfragenden die Erklärung von erheblicher Bedeutung ist7 5 (z. B. Grundlage weitreichender geschäftlicher Maßnahmen), wenn entweder der Auskunftgeber besonders sachkundig ist,76, 77 oder ein eigenes wirtschaftliches Interesse hat78 . 3. Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens,79, 80 4. besonderes persönliches Engagement des Auskunftgebers durch Zusicherungen nach Art einer .Garantieübernahme ,81 5. Versprechen eigener Nachprüfung von Angaben des Auftraggebers,82 6. möglicherweise auch die Verwendung von Wirtschaftsprüfersiegeln und entsprechenden Firmenbriefbögen, 83 Speziellere, d. h. zur Verallgemeinerung wenig geeignete Kriterien: 14. wenn ein Steuerberater nur Einzelfragen geklärt hat, und ein anderer wesentlichen Einfluß auf das schädigende Geschäft hatte (der Steuerberater soll dann nicht aus einem Auskunftsvertrag haften) ,93 15. wenn die Auskunftsvertragsschließenden ein Rechtsanwalt und die Gegenpartei von dessen Mandanten wären; mit Zustimmung des Mandanten soll das aber möglich sein ,94 16. wenn sich ein Rechtsanwalt, ohne um eine Auskunft gebeten worden zu sein, schützend vor seinen Mandanten stellt, wobei er sich auf allgemein gehaltene, nicht
12. wenn der Geschädigte (Auskunftsempfänger) nicht um die Auskunft gefragt hat,90, 91 13. wenn die Parteien keinen Kontakt zueinander hatten,92
Gegen einen Vertragsschluß soll sprechen:
Für einen Vertragsschluß soll sprechen:
aa) Übersicht
20. ob der Auskunftsuchende sich an die Bank (den Auskunftgeber) wendet oder umgekehrt,JOO 21. ob zwischen dem Auskunftgeber und -empfänger vorher keine vertraglichen Beziehungen bestanden lOJ ; der Vertrag komme gerade erst mit der Erteilung der Auskunft zustande. 102
18. ob der Auskunftgeber einen Vertragsschluß beabsichtigte, als er Auskünfte erteilte,97 19. ob die Auskunft entgeltlich erteilt wird; die Entgeltlichkeit sei keine notwendige Voraussetzung eines verbindlichen Auskunftsvertrages,98,99
Es soll nicht darauf ankommen:
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Das Fahrzeug hat noch den ersten Motor o ja 0 nein
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Unfallfreiheit beim Vorbesitzer
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Reserverad D ja
Falls nein: Datum und Stand des km-Zählers zum Zeitpunkt des Einbaues des jetzigen Motors
Falls nein: Zahl, Art und Umfang von Unfallschäden/Höhe der Reparaturkosten
vom/rechts D nein
Ort,Datum
halber zu übereignen. Vermittler
Auftraggeber
erworben hat, übereignet. Bei Refinanzierung dieser Restforderung ist der Vermittler berechtigt, das Sicherungsgut an den Kreditgeber sicherungs-
forderung gegen den Auftraggeber aus dem Kaufvertrag über das Fahrzeug, das dieser anstelle des hier zur Vermittlung übergebenen Fahrzeuges
Sonstige Vereinbarungen: Das Fahrzeug mit Zubehör und Unterlagen wird hiermit dem Vermittler übergeben und zur Sicherheit seiner Kaufpreis-
voll
6. Die Kosten für vom Vermittler ausgeführte Pßege-, Instandsetzungs- oder Instandhaltungsarbeiten erhöhen die vereinbarte untere Preisgrenze entsprechend. Der Auftraggeber ist zur Erstattung der Kosten nur verpßichtet, wenn der Verkauf des Fahrzeugs aus Gründen nicht vermittelt werden kann, die er zu vertreten hat. Ohne besonderen Auftrag kann der Vermittler erforderliche Pßege-, Instandsetzungs- oder Instandhaltungsarbeiten ausführen, soweit deren Kosten 25 % der vereinbarten unteren Preisgrenze, höchstens jedoch DM 500,(jeweils zuzüglich Umsatzsteuer), nicht übersteigen.
7. Für die Verkaufsvermittlung des Fahrzeugs erhält der Vermittler als Provision" entweder a) 0 DM oder c) 0 einen etwaigen, die untere Preisgrenze übersteigenden Mehrerlös bis DM und den darüber hinausgehenden Mehrerlös zur Hälfte oder b) 0 _ _ _ % des Verkaufserlöses oder d) 0 einen etwaigen, die untere Preisgrenze übersteigenden Mehrerlös ganz. ** Nur eine der Möglichkeiten kann vereinbart werden. Bitte ausrollen bzw. ankreuzen.
4. Folgende Fahrzeugpapiere werden dem Vermittler treuhänderisch übergeben: o Fz-Brief 0 Fz-Schein 5. Für den Verkauf wird eine untere Preisgrenze von DM vereinbart. Hinzu kommt die gesetzliche Umsatzsteuer, falls der Auftraggeber zum gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer berechtigt ist, in Höhe von DM
Das Fahrzeug wurde - bei Vorbesitzern unter Berücksichtigung von deren Angaben als Taxi/Miet-/Fahrschulwagen genutzt 0 ja 0 nein. Das Fahrzeug war list It. Fz-Schein - nicht - mit Anhängerkupplung ausgerüstet. Das Fahrzeug wurde ordnungsgemäß erworben und bezahlt. Es steht im unbestrittenen und alleinigen Eigentum des Auftraggebers o ja o nein. o ja o nein Es ist mit Rechten dritter belastet (falls ja, mit welchen)
* Stand des km-Zählers und Gesamtfahrleistungjeweils bei Vertragsabschluß; bei Vorbesitzem unter Berücksichtigung von deren Angaben
Dem Auftraggeber sind folgende Mängel bekannt:
Motor-Nr.
o ja
Unfallfreiheit beim Auftraggeber
Bereifung (Fabrikat, Größe, D.O.T.-Nr.) Profiltiefe
Das Fahrzeug war/ist It. Fz-Brief mit folgender eintragungspflichtiger Sonderausstattung ausgerüstet
~ -...]
~
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- bis zur Übergabe des Fahrzeugs an den Vermittler jeweils unverzüglich alle Umstände mitzuteilen, die den Wert des Fahrzeugs beeinträchtigen können, insbesondere Unfall- und sonstige Schäden (z. B. Motor-, Kupplung-, Bremsen-, Reifen-, Achsen-, Getriebe-, Blechschäden),
Der Auftraggeber verpflichtet sich, - bis zur Übergabe des Fahrzeugs an den Vermittler alle erforderlich werdenden Pflege- und Wartungsarbeiten auf seine Kosten durchzuführen,
2. Die untere Preisgrenze beruht auf dem jetzigen Zustand des Fahrzeugs unter Berücksichtigung der Angaben des Auftraggebers und der im Rahmen der festgelegten Gesamtfahrleistung normalen Abnutzung.
drückliche schriftliche Zustimmung des Auftraggebers nicht unterschreiten. Ist in eiligen Fällen die Zustimmung zunächst mündlich erteilt worden, ist sie vom Auftraggeber umgehend schriftlich zu bestätigen.
1. Die vereinbarte untere Preisgrenze darf der Vermittler ohne aus-
11. Untere Preisgrenze/Pflichten des Auftraggebers bis zur FahrzeugÜbergabe
3. Der Vermittler ist von der Beschränkung des § 181 BGB befreit; er kann also das Fahrzeug zur vereinbarten unteren Preisgrenze auch selbst ankaufen.
2. Der Auftraggeber darf keinen weiteren Vermittler beauftragen.
1. Sämtliche Vereinbarungen sind schriftlich niederzulegen. Dies gilt auch für Nebenabreden und Zusicherungen sowie für nachträgliche Vertragsänderungen .
I. AUgemeines
Hat der Auftraggeber zu vertreten, daß der Verkauf des Fahrzeugs nicht vermittelt werden kann, so ist er verpflichtet, dem Vermittler alle Aufwendungen aus Anlaß des Auftrages, z. B. Pflege-, Instandsetzungs-, Insertionskosten , zu ersetzen.
VI. Ersatz von Aufwendungen
3. Der Vermittler hat Anspruch auf die vereinbarte Provision auch dann, wenn nach Beendigung des Auftrages ein Kaufvertrag mit einem Käufer zustande kommt, der nachweislich durch den Vermittler von dem beabsichtigten Verkauf des Fahrzeugs erfahren hat.
2. Der Vermittler hat auch Anspruch auf die vereinbarte Provision, wenn ein von ihm abgeschlossener und den vertraglichen Vereinbarungen entsprechender Verkauf aus einem Grund nicht ausgeführt wurde, den der Auftraggeber zu vertreten hat.
1. Die vereinbarte Provision wird fällig mit der Zahlung des Kaufpreises durch den Käufer.
V. Provision
4. Der Vermittler darf den Fahrzeugbrief erst herausgeben, wenn der Kaufpreis voll bezahlt ist.
3. Der Vermittler ist unter Beachtung von Abschnitt 11 Ziffer 1 bevollmächtigt, den Kaufpreis im Namen und für Rechnung des Auftraggebers einzuziehen, davon Pflege- und Instandsetzungskosten, seine Provision und die darauf entfallene Umsatzsteuer abzuziehen sowie mit etwaigen sonstigen im Zusammenhang mit dem Vermittlungsauftrag stehenden Forderungen an den Auftraggeber aufzurechnen.
Allgemeine Geschäftsbedingungen zum Auftrag zur Vermittlung des Verkaufs eines gebrauchten Kraftfahrzeugs
f 0N
2. Ausschließlicher Gerichtsstand für sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche aus der Geschäftsverbindung mit Vollkaufleuten einschließlich Wechsel- und Scheckforderungen ist der Sitz des Vermittlers. Der gleiche Gerichtsstand gilt, wenn der Auftraggeber keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat, nach Vertragsabschluß seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort aus dem Inland verlegt oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthaltsort zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.
1. Erfüllungsort für beide Seiten ist der Sitz des Vermittlers .
IX. ErfüUungsort/Gerichtsstand
Der Vertrag wird auf unbestimmte Zeit, mindestens jedoch auf die Dauer von sechs Monaten geschlossen. Vor Ablauf dieser Frist ist eine Kündigung nur aus wichtigem Grunde zulässig. Nach Ablauf dieser Frist beträgt die ordentliche Kündigungsfrist eine Woche.
VIII. Dauer des Vertrages
2. Die gesetzlichen Vertreter, Erfüllungsgehilfen und Betriebsangehörigen des Vermittlers haften gegenüber dem Auftraggeber nur in Fällen des Vorsatzes oder der groben Fahrlässigkeit.
1. Der Vermittler haftet für Verlust oder Beschädigung des für den Auftraggeber verwahrten Fahrzeugs, soweit ihn, seine gesetzlichen Vertreter oder seine Erfüllungsgehilfen ein Verschulden trifft. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit haftet der Vermittler unbeschränkt. Bei leichter Fahrlässigkeit beschränkt sich die Haftung im Falle der Beschädigung auf die Übernahme der Instandsetzungskosten. Ist die Instandsetzung unmöglich oder mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden, ist der für den Tag der Beschädigung zu ermittelnde Wiederbeschaffungswert zu ersetzen . Das gleiche gilt bei Verlust des Fahrzeugs oder Teilen davon.
VII. Haftung
Unverbindliche Empfehlung des Zentralverbands des Kraftfahrzeug-Gewerbes (ZDK), Bonn (Fassung Dezember 1982)
2. Der Vermittler ist verpflichtet, dem Auftraggeber unverzüglich den erfolgten Verkauf des Fahrzeugs anzuzeigen, ihm die Anschrift des Käufers mitzuteilen und über den erlangten Kaufpreis, verauslagte Pflege- und Instandsetzungsaufwendungen und seine Provision Rechnung zu legen (Agenturabrechnung).
1. Der Vermittler ist ermächtigt, Probe-, Vorführungs- und Überführungsfahrten im Rahmen des ihm erteilten Auftrages vorzunehmen oder durch Betriebsangehörige, Sachverständige oder Kaufinteressenten durchführen zu lassen.
IV. Weitere Rechte und POichten des Vermittlers
3. Erklärt der Käufer den Widerruf, so ist der Auftraggeber verpflichtet, dem Vermittler alle im Zusammenhang mit dem Widerruf entstandenen Aufwendungen zu ersetzen.
2. Der Vermittler ist bevollmächtigt, im Falle eines Abzahlungsgeschäfts eine Widerrufserklärung des Käufers sowie das Fahrzeug entgegenzunehmen. Geht der Widerruf dem Auftraggeber zu, hat er den Vermittler unverzüglich zu unterrichten.
1. Der Kreditverkauf sowie der Verkauf auf Abzahlung bedürfen jeweils der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Auftraggebers.
111. Abzahlungsverkauf/ Kreditverkauf
- dem Vermittler anzugeben, wenn zwischen Vertragsabschluß und Übergabe des Fahrzeugs an den Vermittler die tatsächliche Fahrleistung vom Stand des Kilometerzählers abweicht.
- dem Vermittler eine etwaige Überschreitung der für den Übergabezeitpunkt festgelegten Gesamtfahrleistung anzugeben.
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430
Anhang
Wohnungswirtschaftlicher Fachausschuß (WFA)
Stellungnahme WFA 1/1987
Grundsätze ordnungsmäßiger Durchfdhnmg von Prospektprüfungen
Prospektinhaltskatalog Muster einer VolIständigkeitserklärung Gliederung A. Vorbemerkung B. Aufgabe der Prospektprüfung
C. Auftragsannahme D. Prüfungsdurchflihrung I. Prüfung der Vollständigkeit 11. Prüfung der Richtigkeit
m. Art und Umfang der Prüfungshandlungen IV. Verwertung von Untersuchungen Dritter V. Nachweis der Prüfungsdurchflihrung
E. Piüfungsbericht F. Hinweis auf die Prüfung im Prospekt oder in sonstigen Veröffentlichungen A. Vorbemerkung Gesetzliche Vorschriften zur Prüfung von Prospekten über Angebote von Kapitalanlagen gibt es (außer für Börsenprospekte) bisher nicht Es ist daher notwendig, die in solchen Fällen von Wirtschaftsprüfern anzuwendenden Grundsätze darzustellen, um zu einer einheitlichen Handhabung im Berufsstand zu kommen Die vorliegende Stellungnahme aktualisiert und ersetzt die Stellungnahme WFA 1/1983. In angemessener Zeit wird erneut zu prüfen sein, ob die hier dargestellten Grundsätze weiter zu entwickeln sind. B. Aufgabe der Prospektprü/ung Die Prospektprüfung hat die Aufgabe festzustellen, ob der Prospekt die für eine Entscheidung des Kapitalanlegers wesentlichen prüfbaren Angaben vollständig und richtig enthält Vollständig sind die Angaben, wenn keine Anhaltspunkte für das Fehlen wesentlicher Angaben bestehen; richtig sind sie, wenn angegebene Tatsachen zutreffen, Annahmen als solche gekennzeichnet und glaubhaft und Folgerungen schlüssig sind. Die Prospektprüfung bietet keine Gewähr für den Eintritt des wirtschaftlichen ErfOlges und der steuerlichen Auswirkungen der im Prospekt beschriebenen Kapitalanlage und entbindet den Anleger nicht von der eigenen Beurteilung der Risiken und Chancen der dargestellten Tatsachen, Annahmen und Folgerungen Sie ist kein Rechtsgutachten und kein technisches Gutachten Die Prospektprüfung bezieht sich ausschließlich auf den zu prüfenden Prospekt, nicht aber auf zusätzliche werbliche Aussagen der Initiatoren bzw. Prospektherausgeber.
Anhang
431
Wird die Aufgabe der Prospektprüfung durch eine Erweiterung des Auftrages verändert, so muß sich dies im Prüfungsbericht niederschlagen. Die Prüfung von Teilen eines Prospektes ist keine Prospektprüfung im Sinne dieser Stellungnahme. Dies gilt auch fUr eine Prüfung mit eingeschränkter AufgabensteIlung.
Anmerkung: Die Prospektprüfung kann sich nicht auf dasVorhandensein und die Richtigkeit solcher Angaben erstrecken, die ihrer Art nach nicht prüfbar sind. Hierzu gehören z. B. aus öffentlichen Registern nicht ersichtliche Eigentumsverhältnisse und Belastungen, sowie dem Prüfer nicht bekanntgegebene Nebenabreden etwa über Innenprovisionen.
C. Al4ftragsannahme Der Auftrag zur Prüfung eines eine Kapitalanlage beschreibenden Prospektes sollte von einem Wirtschaftsprüfer nur angenommen werden, wenn er sich auf die Prüfung des ganzen Prospektes bezieht Der Wirtschaftsprüfer hat zur Voraussetzung der Auftragsannahrne zu machen, daß der Auftraggeber sich verpflichtet:
1. als Maßstab der Prüfung die Anforderungen anzuerkennen, die sich aus dieser Stellungnahme
ergeben, 2. alle Angaben, die in dem Prospekt enthalten sind, nachzuweisen und der entsprechenden Anwendung von § 320 HGB (Vorlagepflicht Auskunftsrecht) zuzustimmen, 3. soweit Sachverhalte von dem Wirtschaftsprüfer nicht ausreichend beurteilt werden können, zu gestatten, daß dieser auf Kosten des Auftraggebers fremde Sachverständige nach eigener Entscheidung hinzuziehen kann, 4. nur in der vom Wirtschaftsprüfer gebilligten Form auf die Prüfung hinzuweisen (vgl. Abschn.F.), 5. den Prüfungsbericht ernsthaften Interessenten auf Anforderung zurVerfiigung zu stellen. Ist der Auftraggeber nicht der Herausgeber des Prospektes, kann der Auftrag nur angenommen werden, wenn auch der Herausgeber des Prospektes die Verpflichtung gemäß Ziffer 2. eingeht Der Prospektprüfung können die in der Praxis üblichen allgemeinen Auftragsbedingungen zugrunde gelegt werden. Den richtungsweisenden Feststellungen der Wirtschaftsprüferkammer zur Unabhängigkeit und Gewissenhaftigkeit, insbesondere zur Sachkunde, kommt bei der Auftragsannahme besondere Bedeutung zu.
D. Prüjungsdurcl!liihrung I. Priifung der Vollständigkeit Die Zielsetzung der Prospektprüfung bedingt, daß der Prospektprüfer feststellt, ob die Angaben im Prospekt vollständig sind, soweit dies prüfbar ist. Diese Vollständigkeit ist in der Regel dann gegeben, wenn die in der Anlage 1 zu dieser Stellungnahme aufgeführten entsprechenden Angaben gemacht sind bzw. im Prospekt erklärt ist, daß die Angabe nicht gemacht werden kann. Besonderheiten des Objektes können weitere Angaben erforderlich machen.
Anmerkungen:
1. Die in der Anlage 1 fUr die jeweilige Kapitalanlage zusammengestellten Angaben sind im Normalfall Mindestbestandteile eines Prospektes. Die Reihenfolge der Angaben in der Anlage ist für den Prospekt nicht verbindlich. 2. Ergeben sich bei der Durchfiihrung der Prüfung Anhaltspunkte dafili; daß im Prospekt Angaben fehlen, die für eine Anlageentscheidung wesentlich sind, kann der Prospekt auch dann nicht als vollständig angesehen werden, wenn diese Angaben in der Anlage 1 nicht aufgeführt sind.
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11. Priifung der Richtigkeit Die Zielsetzung der Prospektprüfung bedingt, daß der Prospektprüfer feststellt, ob die im Prospekt gemachten prüfbaren Angaben - auch soweit sie nicht zu den nach der Anlage erforderlichen Angaben gehören - insgesamt und im einzelnen richtig sind. Dies bedeutet:
1. soweit sich Angaben auf Tatsachen beziehen, zu prüfen, ob diese zutreffend sind, 2. soweit es sich um Annahmen handelt, diese kritisch zu würdigen, insbesondere daraufhin, ob sie plausibel sind und nicht in erkennbarem Widerspruch, nicht nur zu vorgelegten Unterlagen und erteilten Auskünften und sonstigen Angaben im Prospe~ sondern auch zu allgemein bekannten wirtschaftlichen Tatsachen stehen, also glaubhaft sind, 3. soweit es sich um Folgerungen handelt, zu prüfen, ob sie aus den Tatsachen oder Annahmen rechnerisch und sachlich richtig entwickelt, also schlüssig sind.
Anmerkungen: 1. Bilden steuerliche Verhältnisse die Grundlage von Berechnungen oder Beurteilungen, so sind diese nur dann als richtig anzusehen, wenn vorhandene Risiken deutlich dargestellt sind. Daher ist zu prüfen, ob die den steuerlichen Folgerungen zugrundeliegenden Prämissen in Übereinstimmung mit dem Gesetz sowie mit der veröffentlichten Rechtsprechung und der veröffentlichten oder nachgewiesenen Verwaltungsauffassung zur Zeit des Abschlusses der Prüfung stehen. 2. Bei Prognosen ist darauf zu achten, ob sie ausdrücklich als solche gekennzeichnet sind, sie sind darauf zu prüfen, ob die dort verwendeten Prämissen wirklichkeitsnah, ob die Berechnungen rechnerisch richtig und im Aufbau plausibel und ob die damit verbundenen Risiken ausreichend dargestellt sind. 3. Die Prüfung hat sich nicht nur auf die Feststellung der Richtigkeit der Einzelangaben, sondern auch darauf zu erstrecken, ob die Darstellung im Prospekt insgesamt kein falsches Bild von dem Anlageangebot und Anlageobjekt vermittelt In diese Betrachtung sind auch Angaben, Wertungen und nichtverbale Darstellungen mit eindeutig werblichem Charakter einzubeziehen.
III. Art und Umfang der Priifungshand/ungen Der Prüfer muß Art und Umfang der Prüfungshandlungen so planen und bemessen, daß er ein sicheres Urteil darüber abgeben kann, ob der Prospekt vollständig und richtig ist Die Festlegung der Prüfungshandlungen im einzelnen hat gewissenhaft und mit berufsüblicher Sorgfalt zu erfolgen.
Anmerkungen: 1. Auch die Prospektprüfung erfordert ein planmäßiges Vorgehen und eine angemessene Beauf-
sichtigung der Mitarbeitet Hierfür gelten die im Fachgutachten 1/1977 Abschn. C. IV. festgelegten, allgemeinen Grundsätze sinngemäß.
2. Die Art des Prüfungsgegenstandes erfordert - soweit es sich um die Prüfung von Tatsachen handelt - im wesentlichen ähnliche Prüfungshandlungen, wie bei der Jahresabschlußprüfung (vergleichende Prüfungen, Heranziehung von Dokumenten und persönliche Inaugenscheinnahme). 3. Angegebene Tatsachen und Rechenoperationen sind in der Regel lückenlos zu prüfen. Prüfungen in Stichproben können bei einem umfangreichen Zahlenwerk, das nur verdichtet im Prospekt Niederschlag findet, zulässig sein. 4. Technische Angaben (z. B. Baubeschreibungen) sind nur daraufhin zu prüfen, ob sie mit den maßgebenden Planungen oder vorliegenden Angeboten von Vertragspartnern übereinstimmen. 5. Rechtliche Angaben sind nur auf Übereinstimmung mit vorgelegten Verträgen oder Vertragsentwürfen und Genehmigungen sowie vom Auftraggeber dem Berufsangehörigen bekanntgemachten öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu prüfen. Erkennt der Prospektprüfer allerdings Unrichtigkeit, Unvollständigkeiten (z. B. fehlende öffentlich-rechtliche Genehmigungen) oder Regelungslücken, so hat er darauf im Prüfungsbericht hinzuweisen.
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6. Für die Investition, die Finanzierung und die Nutzung oder Verwertung des Anlageobjekts wesentliche Angebote sind darauf zu prüfen, ob sie in vollem Umfang verbindlich sind oder Vorbehaltsklauseln enthalten. 7. Wenn einem Vertragspartner für das Gesamtobjekt eine besondere wirtschaftliche Bedeutung zukommt, hat der Prospektprüfer die Unterlagen über diesen heranzuziehen, die ein ordentlicher Geschäftsleiter bei Aufnahme neuer Geschäftsverbindungen einholen würde. Sofern solche Informationen nicht erhältlich sind, ist eine Berichterstattung erforderlich. 8. Ergeben die vorgelegten Unterlagen keinen Anhaltspunkt fiir eine Unvollständigkeit des Prospektes, ist der Prüfer nicht verpflichtet, weitere Nachforschungen anzustellen. Eine Vollständigkeitserklärung des Auftraggebers ist einzuholen; ist der Auftraggeber nicht der Herausgeber des Prospektes, ist auch eine Vollständigkeitserklärung von diesem einzuholen. Ein Beispiel für eine solche Vollständigkeitserklärung ist als Anlage 2 beigefügt.
IV. VerwerlUng von Untersuchungen Dritter Lassen sich für die Prüfung wesentliche Sachverhalte (z. B. technische Angaben, Auswirkungen in- und ausländischen Rechts, Marktprognosen, Standortanalysen) durch den Berufsangehörigen sachlich nicht beurteilen, so hat er sachverständige Dritte hinzuzuziehen, sofern diese Angaben von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung sind. Statt dessen können vorliegende Gutachten und Prüfungsergebnisse Dritter verwendet werden. Die Verwertung von Untersuchungen Dritter hängt von deren Kompetenz und beruflicher Qualifikation nach Maßgabe der Erfordernisse der Unabhängigkeit, Gewissenhaftigkeit, Unparteilichkeit, Unbefangenheit und Eigenverantwortlichkeit ab.
V. Nachweis der Prüjungsdurchjührung Abschn. C. X. des Fachgutachtens 1/1977 gilt entsprechend. Auf die gemeinsame Stellungnahme der Wirtschaftsprüferkamrner und des Instituts der Wirtschaftsprüfer 1/1982 (Zur Gewährleistung der Prüfungsqualität) und die Stellungnahme HFA 2/1981 (Arbeitspapiere des Abschlußprüfers) wird verwiesen.
Anmerkungen: I. Soweit für die Prüfung wesentliche Dokumente herangezogen sind, hat der Prospektprüfer deren Kopien (unter Vermerk des Datums des Erhalts) zu seinen Arbeitspapieren zu nehmen.
2. Zu den Arbeitspapieren gehört auch die geprüfte Fassung des Prospektes, sofern diese dem Prüfungsbericht nicht beigefügt ist.
E. PfÜjungsbericht Im Prüfungsbericht ist über das Ergebnis der Prüfung vollständig, wahrheitsgetreu und mit der gebotenen Klarheit schriftlich zu berichten (vgl. entsprechend Fachgutachten 2/1977). Aussagen über die Prüfung von Prospekten eignen sich nicht, formelhaft zusammengefaßt zu werden. Dementsprechend kann der Prüfungsbericht nicht mit einem Bestätigungsvermerk, sondernnurmiteinerzusammenfassendenDarstellungderPrüfungsergebnisseabgeschiossenwerden.
Anmerkungen: I. Es wird empfohlen, den Prüfungsbericht wie folgt zu gliedern: 1) 2) 3) 4)
Auftrag und Auftragsdurchführung Prüfungsgrundlagen Prüfungsdurchfiihrung und Prüfungsergebnisse im einzelnen Zusammenfassende Darstellung der Prüfungsergebnisse
2. Im Prüfungsbericht ist der erteilte Auftrag wiederzugeben. Erweiterungen des Auftrages oder besondere Bedingungen sind zu nennen. Es ist darauf hinzuweisen, daß der Prospektprüfer diese Stellungnahme beachtet hat 28 Wiegand
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3. Das der Prüfung zugrundeliegende Material (prüfungsgrundlagen) ist mit genauer Bezeichnung im Bericht aufzulisten 4. Prüfungsumfang und Prüfungsmethoden sowie die Prüfungshandlungen sind im Bericht darzustellen Der Darstellung der Methoden kommt besondere Bedeutung bei der Prüfung der Annahmen und FolgeJ;Ungen zu. 5. Angaben im Prospekt, die ihrer Art nach nicht prüfbar sind (vgl. Anmerkungen zu 8.), müssen im Bericht genannt werden 6. Die wesentlichen Prüfungsfeststellungen sind in einer allgemein verständlichen Form am Ende des Prüfungsberichts zusammenzufassen Dabei ist zur Vollständigkeit, Richtigkeit und Prüfbarkeit der Prospektangaben Stellung zu nehmen Wesentliche Beanstandungen sind im einzelnen aufzuführen Es empfiehlt sich, in der zusammenfassenden Darstellung der Prüfungsergebnisse darauf hinzuweisen, daß sich die Prospektprüfung ausschließlich auf die Vollständigkeit und Richtigkeit der Prospektangaben bezieht, nicht aber auf die Beurteilung der Angemessenheit von Entgelten, auf den Eintritt des wirtschaftlichen Erfolges und der steuerlichen Auswirkungen der Kapitalanlage gerichtet ist 7. Die Vollständigkeitserk1ärung ist dem Bericht beizufügen Es empfiehlt sich, auch einen Abdruck dieser Stellungnahme beizulegen 8. Der Bericht ist mit Angabe von Ort und Datum der Beendigung der Prüfung zu unteneichnen. Dabei ist darauf hinzuweisen, daß für das Prüfungsergebnis nur die dem Bericht zugrunde gelegte und genau bezeichnete Fassung des Prospektes und die bis zu diesem Tage bekannten Tatsachen maßgebend sind. 9. Es empfiehlt sich, dem Bericht den geprüften Prospekt als festverbundene Anlage beizufügen. F. Hinweis auf die PrüjUng im Prospekt oder in sonstigen Veröffentlichungen
Bei einer Prospektprüfung im Sinne dieser Stellungnahme hat der Wirtschaftsprüfer bereits bei Auftragsannahme zu vereinbaren, daß im Prospekt auf die Prüfung nur in unauffälliger Form und nur mit folgendem Wortlaut hingewiesen werden darf: "Ein (Eine) von uns beauftragte(r) Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) hat über seine (ihre) nach Maßgabe der Stellungnahme WFA 1/1987 des Instituts der Wirtschaftsprüfer durchgeführte Prospektprüfung und deren Ergebnis einen Bericht erstattet, der wesentliche Feststellungen zu diesem Prospekt enthält Diesen Bericht werden wir jedem ernsthaften Interessenten auf Anfrage zur Verfügung stellen" Weiter ist vor Auftragsannahme für den Fall, daß die Prospektprüfung nach Auffassung des Wirtschaftsprüfers zu wesentlichen Beanstandungen geführt hat, zu vereinbaren, daß Satz 1 dieses Hinweises wie folgt ergänzt wird, sofern nicht ein Hinweis auf die Prospektprüfung im Prospekt und in sonstigen werblichen Aussagen unterbleibt: "... einen Bericht erstattet, der wesentliche Feststellungen und Beanstandungen zu diesem Prospekt enthält" Falls bei der Prospektherausgabe der Prüfungsbericht noch nicht vorliegt, darf auf eine Prospektprüfung nur mit einer Formulierung hingewiesen sein, die erkennen läßt, ob ein Prüfungsauftrag erteilt wurde und daß die Prüfung noch nicht abgeschlossen ist Die Formulierung muß ferner die verpflichtende Erklärung enthalten, den Prüfungsbericht - sobald er vorliegt - jedem ernsthaften Interessenten zur Verfügung zu stellen. Beispielsweise kommt folgende Formulierung in Betracht: "Wir haben einen Wirtschaftsprüfer (eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) mit der Prü-
fung des vorliegenden Prospekts beauftragt Sobald der Bericht über diese Prüfung fertig-
gestellt ist, sind wir bereit, diesenjedem ernsthaften Interessenten aufAnfrage zurVerfügung zu stellen."
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Ferner ist bei Auftragsannahrne zu vereinbaren, daß in anderen werblichen Aussagen des Auftraggebers oder dessen Vertragspartnern (z. B. Vertriebsbeauftragte) nur in unauffälliger Form ohne Nennllng des Wirtschaftsprüfers/der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und dessen/deren PrüfungsfeststeUungen auf eine Prospektprüfung hingewiesen werden darf.
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Anhang Anlaget
Anfordemngen an den Inhalt von Prospekten zu Angeboten über Kapitalanlagen A. Allgemeine Anforderungen I. II. III. IV.
V.
VI.
VII. B.*
VIII.
C.* D.*
Gliederung
Angaben über den Herausgeber des Prospektes Beschreibung der Kapitalanlage Angaben zur wirtschaftlichen Beurteilung der Kapitalanlage Rechtliche Verhältnisse Angaben über die wesentlichen Vertragspartner (auch eingeschaltete Sachverständige, Gutachter oder Vertriebsgesellschaften), soweit diese nicht mit dem Herausgeber des Prospektes identisch sind oder aus den Angaben über die wesentlichen Verträge hervorgehen Kapitalmäßige und! oder personelle Verflechtungen zwischen dem Herausgeber des Prospektes und!oder den Vertragspartnern der unter IV. genannten Verträge oder den unter V. genannten Vertragspartnern sowie Abhängigkeiten der mit Kontrollfunktionen beauftragten Personen Sonstige, das Anlageobjekt, seine Herstellung, Finanzierung, Nutzung oderVerwertung betreffendeVereinbarungen zwischen den unter V. genannten Personen bzw. Unternehmen Formelle Erfordernisse Zusatzanforderungen an den Inhalt von Prospekten zu Angeboten über BauherrenmodeUe, ErwerbermodeUe und geschlossene Immobilienfonds Zusatzanforderungen an den Inhalt von Prospekten zu Angeboten über Kapitalanlagen im Bereich der Erdöl- und Erdgasexploration Zusatzanforderungen an den Inhalt von Prospekten zu Angeboten über Scbiffsbeteiligungen
A. Allgemeine Anforderungen Die nachfolgend zusammengestellten Angaben sind im Normalfall Mindestbestandteile eines Prospektes. Die Reihenfolge der Angaben ist für den Prospekt nicht verbindlich. Besonderheiten des Objektes können weitere Angaben erforderlich machen. Sofern erforderliche Angaben nicht gemacht werden, ist dies im Prospekt ausdrücklich zu erklären. Ergeben sich aus den Angaben wesentliche Risiken für die Durchflihrung, das wirtschaftliche und steuerliche Ergebnis oder die Verwertbarkeit der Kapitalanlage sowie flir die persöriliche Haftung des Anlegers, so ist hierauf hinzuweisen. Enthält der Prospekt Fachbegrlffe oder Begriffe, die unterschiedlich verstanden werden können (z. B. Rendite, Ertrag, Wirtschaftlichkeit, Steuervorteil), so sollen diese definiert und nicht irreführend verwendet werden.
l. Angaben über den Herausgeber des Prospektes Über den Herausgeber des Prospektes - und falls Initiatoren im Prospekt genannt werden, die nicht mit dem Herausgeber des Prospektes identisch sind, auch diese - sind die folgenden Angaben zu machen: I. Name bzw. Firma 2. Sitz und Anschrift 3. Rechtsform 4. Registergericht und Registernummer sowie Tag der ersten Eintragung 5. Datum der Aufnahme der Geschäftstätigkeit *) Es sind nur die ftir die jeweiligen Kapita1anlagen einsch1ägigen Zusatzanforderungen zu
berücksichtigen.
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6. Gegenstand des Unternehmens 7. Bei Kapitalgesellschaften, Genossenschaften und Kommanditgesellschaften: Höhe des haftenden Kapitals sowie der geleisteten Einlagen 8. Name und Wohnort persönlich haftender Gesellschafter und Gesellschafter mit Anteilen oder Stimmrechten von mehr als 250Al 9. Name und Wohnort der gesetzlichen Vertreter und deren Vertretungsbefugnis 10. Name, Wohnort und Beruf der Mitglieder von Aufsichtsorganen und deren Funktion. lI. Beschreibung der Kapitalanlage Die Kapitalanlage kann unmittelbar in einem Anlageobjekt erfolgen oder mittelbar über eine Beteiligungsgesellschaft.
In beiden Fällen sind über das Anlageobjekt folgende Angaben zu machen: 1. Darstellung des Anlageobjektes 2. Hinweise, wenn - das Anlageobjekt oder wesentliche Teile sich im Eigentum des Herausgebers des Prospektes und/oder von mit ihm kapitalmäßig oder personell verflochtenen Personen befinden oder von diesen erworben worden sind; - der Durchführung der Investition erkennbare rechtliche, technische oder tatsächliche Hindernisse entgegenstehen; - die Verwendungsmöglichkeit des Anlageobjektes rechtlich oder tatsächlich eingeschränkt ist; - eine über die gewöhnliche Nutzung hinausgehende zukünftige Entwertung des Anlageobjektes und/oder eine zukünftige Entwertung des Standortes vorhersehbar ist 3. Belastungen des Anlageobjektes. 4. Für die Durchführung der Investition und die Nutzung des Anlageobjektes notwendige Genehmigungen, soweit sie noch ausstehen. 5. Sofern Bewertungsgutachten aufgeführt sind, Angabe des Verfassers und des Datums der Erstellung. 6. Geplanter Beginn der Investition, voraussichtlicher FertigsteIlungstermin undNutzungsbeginn. 7. Sofern das Anlageobjekt noch nicht feststeht, - Personen oder Gremien, welche die Anlageentscheidung treffen, - Kriterien, nach denen die Anlageentscheidung getroffen wird, - Begrenzungen und Kontrollmöglichkeiten. 8. Darstellung von wesentlichen ergänzenden, die Kapitalanlage kennzeichnenden Risiken. Hier sind zusätzlich Risiken zu nennen, auf die nicht bereits im Zusammenhang mit den in der Anlage genannten Prospektangaben hingewiesen wurde (z. B. Währungsrisiken, andere spezielle Risiken bei Auslandsinvestitionen und außergewöhnliche Branchenrisiken). Bei Anlagen in einer Beteiligungsgesellschaft sind die gleichen Angaben wie zu I. zu machen. Zusätzlich sind die mit den Geschäftsleitern und den Aufsichtsorganen getroffenen Vergütungsregelungen zu erwähnen. lIf. Angaben zur wirtschaftlichen Beurteilung der Kapitalanlage 1. Gesamtlwsten der 1rrvestition Die Gesamtkosten des Anlageobjektes bis zur Fertigstellung bzw. bis zu einem bestimmten Investitionsvolumen sind in zweckentsprechender Aufgliederung anzugeben. Sofern nach Fertigstellung bis zum Nutzungsbeginn weitere Kosten anfallen, sind diese - mit geschätzten Beträgen oder mindestens ihrer Art nach - zu nennen. Bei der Aufgliederung der Gesamtkosten sind die darin enthaltenen Vergütungen an den Heraus-
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geber des Prospektes (bzw. andere Initiatoren) oder mit ihm verflochtene Personen oder Unternehmen (vgl. VI.) ihrer Art nach und mindestens mit ihrem vorgesehenen Gesamtbetrag zu nennen Alle Vergütungen an TreuhändeJ; gleichgültig für welche Tätigkeit, sind gesondert anzugeben Zu den hier genannten Vergütungen ist auch anzugeben, wann bzw. unter welchen Voraussetzungen sie flillig werden In allen Fällen müssen die vorgesehenen Vermittlungsprovisionen des Vertriebs gesondert genannt werden Es muß erklärt werden, ob diese in den Gesamtkosten enthalten sind oder nicht
2. Gesamtjinanzierung der Investiiion Vom Anleger aufzubringende Mittel (einschließlich Darlehen, stille Einlagen und Agio) mit Angabe der Zahlungstermine bzw. Zahlungs- und Freigabevoraussetzungen sind zu nennen Beim Fremdkapital ist nach Zwischenfinanzierungs- und Endfinanzierungsmitteln unter Angabe der Konditionen (Währung, Laufzeit, Besicherung, Damnum, Zinsen, zeitliche Zinsbindung usw.) zu unterscheiden Es ist ausdrücklich zu erklären, ob die Fremdfinanzierungsmittel zu den genannten Konditionen verbindlich zugesagt sind oder nicht und ob sie entsprechend dem Zahlungsbedarf abgerufen werden können Es ist anzugeben, welcher Anteil der Fremdfinanzierung nicht durch das Objekt selbst besichert werden kann und somit als Personalkredit anzusehen sein wird. Die Behandlung von Zuschüssen und Vorsteuererstattungen ist zu erläutern Entspricht die Gesamtfinanzierung (unter Berücksichtigu,ng eines Damnums) nicht den Gesamtkosten, ist der Unterschiedsbetrag zu nennen und seine Verwendung oder Finanzierung zu erläutem
3. Wirtschaftliche Angaben zur Nutzung Angaben zur künftigen Nutzung sind erforderlich. Dabei ist anzugeben, ob es sich um Annahmen bzw. Prognosen oder um vertraglich gesicherte Beträge handelt. Soweit vertraglich gesicherte Beträge auf zeitlich begrenzten Verträgen beruhen, ist auch dies anzugeben Der Prognosezeitraum darf nicht wiUkürlich gewählt werden Sofern der Wegfall von Sondereinflüssen auf die Ertrags- oder Liquiditätsvorschau (z. B. Auslaufen der Zinsbindung, Mietgarantie, Zuschüsse oder Sonderabschreibungen) nach dem Prognosezeitraum absehbar ist, muß dies angegeben werden Gleiches gilt fiir absehbare nachteilige Veränderungen der Ertrags- und Liquiditätsentwicklung. Sofern Marktprognosen erwähnt oder Infonnationen über'Absatzchancen gegeben werden, ist anzugeben, wann diese Prognosen ersteUt wurden und wer diese ersteUt hat Folgende Angaben kommen in Betracht: a) Angaben zur Ertragsvorschau - Erwartete/gesicherte Erträge bzw. Einnahmen - Erwartete/feststehende laufende Aufwendungen bzw. Ausgaben mit Aufgliederung insbesondere nach Betriebskosten, Abschreibungen, Verwaltungskosten und Zinsen; weichen die angesetzten Abschreibungen von der angemessenen, an der Restnutzungsdauer orientierten Abschreibung ab, ist hierauf hinzuweisen - Überschuß oder Fehlbetrag je Periode b) Angaben zur Liquiditätsvorschau - Erwartete/gesicherte Einnahmen - Erwartete/gesicherte Ausgaben mit Aufgliederung insbesondere nach Kapitaldienst einschließlich Tilgung, Betriebskosten und Verwaltungskosten - Überschuß/Fehlbetragje Periode - Etwaige Nachschußverpflichtungen zur Deckung eines Fehlbetrages Zua) und b) Bei der Aufgliederung der Aufwendungen bzw. Ausgaben sind Vergütungen an den Herausgeber des Prospektes (bzw. andere Initiatoren) oder mit ihm verflochtene Personen oder Unternehmen (vgl. VI.) ihrer Art nach und mindestens mit ihrem Gesamtbetrag zu nennen Vergütungen an
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Treuhänder sind gesondert anzugeben Nicht durch Ertragsüberschüsse gedeckte Ausschüttungen sind zu kennzeichnen Entstehen dadurch Haftungsrisiken, ist dies anzugeben Es ist weiter anzugeben, ob Liquiditätsüberschüsse zur Reinvestition verwandt werden dürfen oder sollen c) Angaben zur vorgesehenen Ergebnisverwendung - Rücklagenansammlungen - Ausschüttungen 4. Steuerliche Angaben
Bei der steuerrechtlichen Beurteilung ist ausdrücklich zu erklären, ob diese unter Berücksichtigung der Gesetze, der veröffentlichten Rechtsprechung und der Erlasse der Finanzverwaltung gesichert oder umstritten ist (mit Darstellung des Standes der Diskussion). Ist die zugrundegelegte steuerliche Konzeption bereits bei früheren Anlageobjekten des Initiators verwandt worden, so ist der Stand der steuerlichen Anerkennung anzugeben Bei den Berechnungen der Minderung der Steuerschuld sind die Berechnungsgrundlagen anzugeben, also insbesondere der zugrundegelegte Einkommensteuersatz (mit oder ohne KirchensteueI; Vermögensteuer). Wird die Minderung der Steuerschuld auf einen Eigenkapitaleinsatz bezogen, ist anzugeben, ob Beträge für ein Agio, Vertriebsprovisionen oder ein Damnum einbezogen sind. Folgende Angaben kommen in Betracht: - Steuerliche Konzeption - Steuerliche Auswirkungen in der Investitionsphase (z. B. BetriebsausgabenlWerbungskosten bis zur Fertigstellung) - Steuerliche Auswirkungen in der Nutzungsphase - Ggt: Angaben über anzuwendendes ausländisches Steuerrecht und Doppelbesteuerungsabkommen. Sofern bei der Darstellung der Gesamtfinanzierung davon ausgegangen wird, daß Eigenkapital teilweise aus Steuererstattungen finanziert wird, ist anzugeben, wann mit den entsprechenden Erstattungen frühestens zu rechnen ist 5. Rückabwicklung
Die für den Fall einer Rückabwicklung vorgesehenen Regelungen sind darzustellen Weiter sind die Voraussetzungen anzugeben, unter denen eine für den Anleger schadensfreie Rückabwicklung noch möglich ist Falls vor Sicherstellung der Gesamtfinanzierung über Eigen- oder Fremdmittel verfügt werden kann, sind die daraus entstehenden Risiken anzugeben 6. Wirtschaftliche Folgen der Beendigung der Kapitalanlage
Angabe der Möglichkeit, der Bedingungen und der wirtschaftlichen und steuerlichen Auswirkungen einer Beendigung der Kapitalanlage (Veräußerung, Rückgabe des Anteils, Auflösung der Gesellschaft) mit Angabe der Preis- bzw. Werterrnittlungsmethoden IV. Rechtliche Verhältnisse
Es sind Angaben zu machen über den wesentlichen Inhalt aller Verträge von Bedeutung, die Rechte oder Pflichten einschließlich Haftungen für den Anleger oder die Gesellschaft, an der sich der Anleger beteiligen will, begründen Über gl,eichartige Verträge kann zusammengefaßt berichtet werden. Zum wesentlichen Inhalt von Verträgen gehören in der Regel:
I. Vertragspartner 2. Gegenstand des Vertrages 3. Leistungen und Vergütungen sowie die Rechte und Pflichten aus gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen 4. Zahlungsmodalitäten S. Haftungen und Gewährleistungen des jeweiligen Vertragspartners und deren Begrenzung, Haftung und Nachschußptlichten des Anlegers 6. Vollmachten
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7. Informations-, Kontroll- und Mitwirlrungsrechte (auch über die Mittelverwendung) 8. Kündigungs- und Rücktrittsrechte (z. B. bei nicht voller Plazierung von Anteilen) und deren Folgen 9. Aufschiebende und auflösende Bedingungen sowie sonstige Auflösungen des Vertrages und deren Folgen 10. Etwaige vertragliche Verftigungsbeschränlrungen 11. Anzuwendendes Recht und Gerichtsstand. Die Darstellung des wesentlichen Inhalts eines Vertrages kann auch durch wörtliche Wiedergabe oder Verweis auf die entsprechende Bestimmung des beigefügten Vertrages erfolgen. Sofern die Verträge für einen Anleger aus sich selbst heraus leicht zu verstehen sind, genügt auch deren Beifügung; in jedem Fall muß auf ungewöhnliche Vertragsbestimmungen hingewiesen werden.
V. Angaben über die wesentlichen Venragspanner (auch eingeschaltete Sachverständige, Gutachter oder Venriebsgesellschaften), soweit diese nicht mit dem Herausgeber des Prospektes identisch sind oder aus den Angaben über die wesentlichen Venräge hefVorgehen Hier sind die gleichen Angaben zu machen wie zu 1., und zwar mindestens 1. bis 3., die Angaben
4. bis 10., soweit sie von Bedeutung sind.
VI. Kapitalm4ßige und/oderpersonelle Verflechtungen zwischen dem Herausgeber des Prospektes und/
oder den Venragspannem der unter IV. genannten Venräge oder den unter V. genannten Venragspannem sowie Abhängigkeiten der mit Kontrol{funktionen beauftragten Personen
Eine kapitalmäßige Verflechtung ist gegeben, wenn die Beteiligung allein oder zusammen mit Beteiligungen der anderen Vertragspartner oder von nahen Angehörigen (i. S. v. §15 Abs.l Nr. 2 bis 4 AO) direkt oder indirekt mindestens 25% des Nennkapitals der Gesellschaft beträgt oder Stimmrechte oder Gewinnbeteiligungen in diesem Umfang gewährt. Personelle Verflechtungen sind dann gegeben, wenn mehrere, wesentliche Funktionen im Rahmen des Gesamtprojektes durch die gleiche Person, durch nahe Angehörige (i. S. v. §15 Abs.l Nr.2 bis 4 AO) oder durch dieselbe Gesellschaft wahrgenommen werden, dies auch, wenn eine solche Funktion durch einen mit mindestens 25% beteiligten Gesellschafter oder durch Geschäftsleiter wahrgenommen wird. Als mit einer Kontrollfunktion beauftragte Personen gelten z. B. Treuhänder, Mitglieder von Aufsichtsorganen, Gutachter und Prospektprüfer. Es ist anzugeben, wenn diese Personen in naher Beziehung geschäftlicher Art zu den unter 1., V. und VI. genannten Personen stehen.
VII. Sonstige, das Anlagrobjekt, seine Herstellung. Finanzierung. Nutzung oder Verwertung betrt1Jende Vereinbarungen zwischen den unter V. genannten Personen bzw. Untemehmen Dazu gehören beispielsweise Vereinbarungen über Provisionen, Rabatte oder sonstige Rückgewähr, die nicht dem Anlageobjekt zugute kommen, Kompensationsgeschäfte, Ergebnisbeteiligungen. Falls solche nach Kenntnis des Prospektherausgebers nicht bestehen, ist dies im Prospekt zu erklären
VIII. Formelle Eifordemisse Im Prospekt sollen die Seiten fest verbunden und durchnumeriert sein; ein Inhaltsverzeichnis ist zu empfehlen Anlagen sollen, sofern sie wesentlich sind, mit dem Prospekt fest verbunden werden Sind nicht fest verbundene Anlagen vorhanden, ist ein Anlagenverzeichnis erforderlich. Der Prospekt muß das Datum seiner Herausgabe sowie einen ausdrücklichen Hinweis enthalten, daß für den Inhalt des Prospektes nur die bis zu diesem Zeitpunkt bekannten oder erkennbaren Sachverhalte maßgeblich sind. Eine Angabe des Datums ist auch für die nicht fest mit dem Prospekt verbundenen Anlagen erforderlich.
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B. ZlIsatzanfonlenmgen an -den Inhalt von Prospekten zu Angeboten über BauheJremnodeIIe, Enverbennodelle und geschlossene Immobitienfonds Zu 11. Beschreibung der Kapitalanlage 1. Darstellung des Anlageobjektes - Art des Bauvorhabens bzw. Gebäudes (z. B. EinfamilienhäuseI; Eigentumswohnungen, Gewerbeobjekte), Lage des Grundstücks (Ort, Straße, Katasterbezeichnung, Verkehrsanbindung, SozialstruktuI; Lärm- oder Immissionsbelästigungen u. a.), Grundbuchbezeichnung, .Größe des Grundstücks, Erschließungszustand, bauliche Gestaltung (plan und Baubeschreibung, Anzahl und Größe der Wohnungen bzw. der gewerblichen Einheiten), Angabe, sofern im Erbbaurecht gebaut werden soll, bei gebrauchten Immobilien: Alter des Objektes, Erhaltungszustand, erkennbare Mängel und vorgesehene ModemisierungsmaBnahmen
3. Belastungen des Anlageobjektes - Grunddienstbarkeiten mit Beschreibung, - sofern Grundpfandrechte bestehen, Angabe, ob das Grundstück lastenfrei erworben werden soll oder Grundpfandrechte zu übernehmen sind. 4. Baurechtliche Situation - Baugebiet laut Flächennutzungs- bzw. Bebauungsplan, - bauliche Nutzung, - Bauantrag, - Baugenehmigung, - etwaige Auflagen 8. Ergänzende wesentliche Risiken Beispielsweise können hier zu nennen sein: - Plazierungsrisiken, - eingeschränkte Veräußerungsmögiichkeiten, - Bodenbeschaffenheit, - Anlagen mit hohem Innovationsgrad, - Umweltbelastung. Zu III. Angaben zur wirtschqftlichen Beurteilung des Anlageobjektes 1. Gesamtkosten der Investition Bei Bauten müssen im Prospekt die Gesamtkosten des Bauvorhabens bis zur Bezugsfertigkeit, unterteilt nach a) Grundstücks- und Grundstücksnebenkosten, bei Erwerbermodellen Anschaffungskosten des bebauten Grundstücks, b) reinen Baukosten, c) übrigen Kosten (einschl. Finanzierungskosten während der Bauzeit) mit Aufgliederung angegeben werden Aus der Aufgliederung müssen die Entgelte fiir die wesentlichen Leistungsarten (z. B. Treuhandtätigkeit, Konzeptionskosten, Architektenleistungen, Baubetreuung, Baukostengarantien, Finanzierungsvermittlung, Bürgschaften, Zinsgarantien, Steuerberatung, Mietvermittlung und Mietgarantien) erkennbar sein Der Prospekt muß alle Angaben enthalten, die die Berechnung des Gesamtbetrages der Investition
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und der Kosten pro Quadratmeter Wohn- und Nutzfläche ermöglichen, sofern diese Daten nicht angegeben sind. Bei Immobilienfonds sind zusätzlich die Kosten der Gründung der Gesellschaft zu nennen.
4. Steuerliche Angaben Es ist besonders auf die Fragen der GrunderwerbsteueI; der GrundsteueI; der Vermögensteuer und einer etwaigen Umsatzsteueroption einzugehen.
Zu IV, Rechtliche Verhältnisse I. Gesellschaftsverträge, Bauherrengemeinschaftsverträge oder ähnliche Verträge sowie ein Treuhandvertrag, gg[ andere Verträge über die Mittelverwendungskontrolle, und Zertifikatsbedingungen sind stets als Bestandteil des Prospekts in vollem Wortlaut zu veröffentlichen.
2. Als Verträge, deren wesentlicher Inhalt im Prospekt darzustellen ist, kommen insbesondere in Betracht - Grundstückskauf- bzw. Erbbaurechtsverträge, - Teilungserklärung nach Wohnungseigentumsgesetz, - Verträge über die Herstellung des Anlageobjektes, z. B. Baubetreuungsverträge, Architektenverträge und ähnliche Verträge, Unternehmerverträge (insbesondere ein etwaiger Generalunternehmervertrag und ein etwaiger Generalübernehmervertrag), - Versicherungsverträge, - Finanzierungsbetreuungsverträge, Finanzierungsvermittlungsverträge, Kreditverträge oder Kreditangebote, - Bütgschaftsverträge, Gewährleistungsverträge (z. B. Anzahlungsbütgschaften, Fertigstellungsgarantien, Gewährleistungsbürgschaften, Baukostengarantien, Zinsgarantien, Mietgarantien, Bürgschaften für Finanzierungsrnittel), - Mietverrnittlungsverträge, - Generalrnietverträge, evtl. auch Einzelrnietverträge, - Verwalterverträge nach Wohnungseigentumsgesetz, - Beratungsverträge (auch Steuerberatungsverträge). Bei der Darstellung des wesentlichen Inhalts der Verträge sind als Leistungen und Vergütungen insbesondere zu nennen - Erbbauzins, etwaige Gleitklauseln dazu, - Zinsen und Disagien einschließlich zeitlicher Beschränkungen, - Beratungsgebühren, Verrnittlungsprovision, Garantieprovisionen und besondere Oienstleistungsentgelte, bei Gesellschaften Vergütungen an persönlich haftende GesellschafteI; Treuhandkommanditisten und BeiratsmitgliedeI; sonstige Gewinnverteilungsabreden und Entnahmerechte.
c. Zusatzanforderungen an den Inhalt von Prospekten zu Angeboten über Kapitalanlagen im. Bereich der Erdöl- und Erdgasexploration
Zu Il. Beschreibung der Kapitalanlage 1. Darstellung des Anlageobjektes a) Kauf von fOrdernden Quellen - Fördermenge und ~ntei1, - Pipeline-Transportvereinbarungen, - Preisgleitklauseln, - Dauer und Entwicklung der bisherigen Förderung. b) Beabsichtigte Bohrvorhaben - vorgesehene Bohrgebiete,
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vorgesehene Bohrpartner, vorgesehene Risikomischung, Bedingungen hinsichtlich Pipeline-Anschlüssen, Angabe, ob und inwieweit von den Absichtserldärungen abgewichen werden darf.
2. Sofern das Anlageobjekt noch nichtfeststeht a) Darstellung des Verfahrens und der Kriterien für die Anlageentscheidung - bei Kauf produzierender Quellen - geforderte Mindestrendite und für deren Berechnung maßgebende Kriterien, - Einsatz (Zeitpunkt) von Gutachtern und Anforderungen an diese, - Verfahren der Beschlußfassung (Geschäftsfiihrung, Beirat, Gesellschafter), - bei Bohrvorhaben - Aufstellung von Investitionsplänen, - Beteiligung am gesamten Bohrprogramm von Bohrpartnern oder nur an einzelnen Bohrungen, - Einschaltungen (Zeitpunkt) von Gutachtern und Anforderungen an diese, - Verfahren der Beschlußfassung über Investitionsentscheidungen (Geschäftsführung, Beirat, Gesellschafter), - Bedingungen des Vertragsabschlusses mit Bohrpartnern im Einzelfall (z. B. Festpreise oder Beteiligungen an tatsächlichen Kosten, höchster Eigenanteil an einer Bohrung), - Bedingungen der Mittelfreigabe (auch für den Fall der Eilbedürftigkeit). 8. Ergänzende wesentliche Risiken - Vorzeitige Erschöpfung der Quellen, - Unwirtschaftlichkeit der Förderung bei veränderten Marktbedingungen (z. B. Preisverfall, Nachfrageänderungen), - Einfluß von Wechselkursänderungen auf die Bilanzierung (Bewertung) in Deutschland. Zu IIl. Angaben zur wirtschaftlichen Beurteilung der Kapitalanlage 1. Gesamtkosten der Investition - Aufteilung in - für die Investition vorgesehene Mittel, - Kosten für Verwaltung und Dienstleistungen, - Bezeichnung der den Investitionen zuzurechnenden Nebenkosten (z. B. direkt zurechenbare Kosten der Verwaltung, Sachverständigenkosten, Kosten der Mittelverwendungskontrolle), - Bei Kostengarantien Angabe, ob diese für die einzelnen Kostenpositionen oder für eine Kostengesamtsumme gelten, - Angabe, ob Verwaltungs- oder Vertriebskosten ohne Einzelnachweis pauschal an persönlich haftende Gesellschafter, Prospektherausgeber, Initiatoren oder mit diesen verflochtene Personen oder Unternehmen vergütet werden oder vergütet werden dürfen, - Angabe, ob nach prospektgemäßer Abwicldung der Investitionen weitere Erschließungsbohrungen durch Aufnahme von Fremdkapital oder durch Reinvestitionen von Erträgen durchgeführt werden dürfen, bis zu welchem Betrag und unter welchen Bedingungen. 2. Gesamtjinanzierung der Investition - Angabe, ob Zwischenfinanzierung erlaubt ist Zu W. Rechtliche Verhältnisse - Gesellschaftsverträge in Deutschland, - Gesellschaftsverträge im Ausland, - Beteiligungen (partnership,joint venture), - Treuhandverträge, - Verträge über geologische Arbeiten (Seismik),
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Anhang
Verträge über Bohrrechte (Anteil, delay rentals, overriding royalties, farm in, farm out), Bohrverträge, Managementverträge, Pipeline-Verträge, Abnahmeverträge, Operator-Verträge, Verträge mit Sachverständigen, Verträge über Fremdkapitalfinanzierung, Verträge mit Beratern, Verträge über Mittelverwendungskontrolle, Kaufverträge über produzierende Quellen, Verträge über Alleinvertrieb der Kapitalanlage, Bürgschafts- und Gewährleistungsverträge, Ertragsbeteiligungen von Angestellten.
Bei der Darstellung des wesentlichen Inhalts der Verträge sind als Leistungen und Vergütungen insbesondere zu nennen: - Gewinnverteilungsabreden, - Bedingungen fdr Ausschüttungen aus Barüberschüssen und evtl. damit verbundene Haftung auf Rückzahlung, - von der Kapitalbeteiligung abweichende Anteile an den Bohrkosten und Erträgen, - Vergütungen an persönlich haftende Gesellschafte!; - Vergütungen fdrVermittiungsprovisionen, Garantiezusagen, Bürgschaften, Treuhandtätigkeit, Beiratstätigkeit, - Entnahmerechte.
D. Zusatmnfordenmgen an den Inhalt von Prospekten zu Angeboten über SchitTsbeteiligungen Zu IL Beschreibung der Kapitalanlage 1. Darstellung des Anlageobjektes -
Schiffstyp, Abmessungen (Länge, Breite, Höhe), BRT-NRT, Tragfahigkeit (TDW, Containerkapazität u. ä.), Ladegeschirr (Kräne, Ladebäume), Maschinenleistung, Geschwindigkeit, Klassezeichen, Erhaltungszustand, Bauwerft und Bauj~ Einsatzmöglichkeiten, Geplante Besatzungsstärke, Flagge, Heimathafen.
2. Bei Kooperationsverträgen (z. B. Poolverträgen) sind zusätzlich folgende Angaben erforderlich: - Angaben über die Kooperationspartner (wie zu 1.1. bis 3.), - Art, Inhalt und Laufzeit des Kooperationsvertrages.
8. Ergänzende wesentliche Risiken - Gefahr große!; ggt: kurzfristiger Schwankungen auf dem Frachtmarkt mit entsprechenden Auswirkungen auf die Charter-Raten (möglicherweise vorzeitige Kündigung auch fest abgeschlossener Charter-Verträge, negative Auswirkungen auf den second-hand-Markt fdr die Anlageobjekte), - Sektoral chronische Überkapazitäten, - Anlagenspezifische Währungsrisiken.
Anhang
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Zu 111. Angaben zur wirtschaftlichen Beurteilung des Anlageobjektes 1. Gesamtkosten der Investition Bei Schiffsbauten sind die Gesamtkosten des Bauvorhabens zu unterteilen nach - Werftkosten einschließlich Erstausrüstung, - Herstellungs-Nebenkosten (z. B. Bauaufsicht), - Finanzierungskosten ftir die Zwischenfinanzierung von Werft-Anzahlungen Bei Schiffskauf sind die Gesamtkosten zu unterteilen nach -
Kaufpreis (Anschaffungskosten), Anschaffungs-Nebenkosten, Umrüstungskosten, Zwischenfinanzierungskosten.
In beiden Fällen müssen die Kosten angegeben werden, die darüber hinaus bis zum Abschluß der Investitionsphase (in der Regel Indienststellung des/der Schiffe(s» anfallen, insbesondere -
Kosten der vorbereitenden Bereederungsleistungen, soweit nicht Bauaufsichtskosten, Gründungskosten (GeseUschaftsteueJ; Notar- und Gerichtsgebühren, Steuer-undRechtsberatung), Verwaltungskosten und sonstige Geschäftsbesorgungskosten, Haftungsvergütung und Treuhandgebühren, Kosten ftir Projektierung, Marketing, Plazierung und Werbung.
2. Wirtschaftliche Angaben zur Nutzung Besteht ein Charter-Vertrag, so sind dessen Laufzeit, die Höhe der vereinbarten Rate und evtl. ftir die Wirtschaftlichkeit der Beteiligung wichtige Besonderheiten des Charter-Vertrages (z. B. Fahrtgebiet, Eskalationsklausel, Devisensicherungsklausel, Versicherungen, Optionen) anzugeben. Als Angaben zur Liquiditätsvorschau kommen in Betracht: - N etto~hartererlöse unter Angabe der unterstellten Einsatztage und des unterstellten Devisenkurses, Schiffsbetriebskosten unter Angabe des jährlichen Steigerungssatzes, Kosten der Gesellschaft unter Bezeichnung der wesentlichen Positionen, Kapitaldienst aufgegliedert nach Zinsen und Tilgungen, Überschuß/Fehibetrag, Ausschüttungen/etwaige Nachschußverpflichtungen zur Deckung des Fehlbetrages.
Zu IV, Rechtliche Verhältnisse 1. Gesellschaftsverträge oder ähnliche Verträge sowie Treuhandvertrag sind stets als Bestandteil des Prospektes in vollem Wortlaut zu veröffentlichen 2. Als Vmräge, deren wesentlicher Inhalt im Prospekt dalZUSteilen ist, kommen insbesondere in Betracht: -
Schiffsbauverträge, Charter-Verträge, Poolverträge, Bereederungsverträge, Zuschußverträge, insbesondere Bundeszuschuß und Zinssubventionen betreffend, Darlehensverträge bzw. Finanzierungszusagen, Bürgschaftsverträge.
3. Darüber hinaus sind neben den branchenspezifischen Verträgen der Ziffer 2. darzustellen: -
Verträge über Mittelverwendungskontrolle, Beratungsverträge, Verträge über Ergebnisbeteiligungen von Angestellten oder anderen Personen, Alle sonstigen Verträge, die der Anleger oder die Beteiligungsgesellschaft abschließt oder abschließen muß, um ihren Geschäftsbetrieb aufzunehmen und durchzuftihren.