Die Sachhaftung: Beiträge zu einer Neuabgrenzung der sogenannten Gefährdungshaftung im System des Haftungsrechts [1 ed.] 9783428475339, 9783428075331


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German Pages 232 Year 1992

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Die Sachhaftung: Beiträge zu einer Neuabgrenzung der sogenannten Gefährdungshaftung im System des Haftungsrechts [1 ed.]
 9783428475339, 9783428075331

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Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 156

Die Sachhaftung Beiträge zu einer Neuabgrenzung der sogenannten Gefährdungshaftung im System des Haftungsrechts

Von

Berhard A. Koch

Duncker & Humblot · Berlin

BERNHARD A. KOCH

Die Sachhaftung

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 156

Die Sachhaftung Beiträge zu einer Neuabgrenzung der sogenannten Gefährdungshaftung im System des Haftungsrechts

Von

Bernhard A. Koch

Duncker & Humblot · Berlin

Gedruckt mit Unterstützung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Koch, Bernhard Α.: Die Sachhaftung : Beiträge zu einer Neuabgrenzung der sogenannten Gefährdungshaftung im System des Haftungsrechts / von Bernhard A. Koch. Berlin : Duncker und Humblot, 1992 (Schriften zum bürgerlichen Recht ; Bd. 156) Zugl.: Tübingen, Univ., Diss., 1992 ISBN 3-428-07533-1 NE: GT

D 21 Alle Rechte vorbehalten © 1992 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-07533-1

Meinen Eltern

Vorwort Josef Esser hielt es 1941 fur einen "mißlichen Zustand", daß "die wichtigen, außerhalb des bürgerlichen Rechts entwickelten Tatbestande der sogenannten ' Gefahrdungshaftung ' mit diesem nur noch locker" zusammenhängen. Auch wenn seither eine rege Diskussion gefuhrt wurde, wie dieser Zusammenhang gestärkt werden könnte, hat die Feststellung Essers heute noch Gültigkeit. Die vorliegende Arbeit stellt, wie schon der Untertitel andeuten soll, nur einen weiteren Beitrag zu dieser Diskussion dar. Sie geht dabei nicht vom status quo einer Vielzahl von Einzeltatbeständen aus, vielmehr wird bereits in Frage gestellt, ob die bislang als "Gefahrdungshaftung" bezeichneten Tatbestände tatsächlich nur mit Hilfe eines Gefahrenbegriffes zusammengefaßt werden können und sollen. Daher soll im folgenden keine Analyse von bestehenden Strukturen geboten, sondern ein davon losgelöstes Konzept einer Neuaufteilung der Haftungsfalle erarbeitet werden. Die Anregung zu diesem Thema gab mein Doktorvater, Prof. Dr. Wolf gang Zöllner (Universität Tübingen), dem ich fur seine Betreuung und Hilfe herzlich danke. Ebenso danken möchte ich meinem Lehrer, Herrn Prof. Dr. Fritz Raber (Universität Innsbruck), der mich zum wissenschaftlichen Arbeiten angeleitet und dabei stets gefordert hat. Prof. Dr. Wolfgang Münzberg (Universität Tübingen) gab mir wertvolle Hinweise fur die Überarbeitung des Manuskriptes. Dank gebührt auch Herrn Prof. Dr. Franz Horak und meinen Kollegen am Institut fur Römisches Recht der Universität Innsbruck. Weiters bedanke ich mich bei den Professoren Dr. Dieter Klebeisberg (Universität Innsbruck) und Dr.-Ing. Albrecht Kottmann (Universität Stuttgart), die mir Literaturhinweise in ihrem jeweiligen Fachgebiet gegeben haben, und beim HUK-Verband, der mir umfangreiche Untersuchungen und Statistiken zur Verfugung gestellt hat. Mein einjähriger Forschungsaufenthalt in Tübingen wurde mit Hilfe eines Stipendiums des Deutschen Akademischen Austauschdienstes ermöglicht, der auch die Drucklegung der Arbeit finanziell unterstützte; dafür sei hier ebenfalls gedankt.

Vili

Vorwort

Die Arbeit wurde im Wintersemester 1991/92 von der Juristischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen als Dissertation angenommen. Zur Veröffentlichung wurde sie überarbeitet. Die zum Thema erschienene Literatur ist, soweit möglich, bis Ende 1991 berücksichtigt.

Innsbruck, Tübingen, im April 1992

Bernhard A. Koch

Inhaltsverzeichnis ί . Einleitung

1

1. Problemstellung

1

2. Als Diskussionsgrundlage: Die Ausgangspunkte

5

3. Von der weiteren Darstellung ausgeklammerte Bereiche

6

(a) Eingriffshaftung (b) Umwelthaftung

4.

6 8

(c) Komplexe Schadensfälle

10

(d) Produkthaftung

12

(e) Versicherungsrecht

12

(f) Ökonomische Analyse

14

Gang der Darstellung

17

I I . Blick über die Grenzen - Rechtsvergleichende Argumente 1. Frankreich

19 19

(a) Überblick

19

(b) Die Haftung für fait des choses

20

(aa) Ab- und Eingrenzungsversuche, die sich am Einfluß der Sache auf das Schadensobjekt im konkreten Fall orientieren

22

(bb)Ab- und Eingrenzungsversuche, die an der Sache selbst ansetzen

23

Caractère dangereux de la chose

24

Vice inhérent

25

Dynamisme propre

25

(cc) Ab- und Eingrenzungsversuche, die am gardien ansetzen - faute dans la garde

27

(dd) Rechtspraxis

29

X

2.

Inhaltsverzeichnis (c) Die Haftung für fait des animaux

29

(d) Die Haftung bei Verkehrsunfallen

30

(e) Zusammenfassung

32

England

32

(a) Der Verschuldensgrundsatz

32

(b) Negligence

34

(aa) Remoteness of Damage

34

(bb) Breach of a Duty of Care

35

(cc) Res ipsa loquitur

38

(c) Strict Liability

39

(aa) Rylands v. Fletcher

40

(bb) Dangerous Things

40

(cc) Tiere

41

Die Haftung für "gefährliche" Tiere

42

Die Haftung des Hundehalters für Schäden an anderen Tieren

43

Die Haftung für streunende Tiere

44

(d) Zusammenfassung und Ausblick

I I I . Die Grundsätze des Haftungsrechts

44

46

1. Einleitung

46

2.

Die Basis des Haftungsrechts

47

3.

Grundsätze der Schadenszurechnung

48

(a) Das Verursachungsprinzip

48

(b) Erweiterungen des Verursachungsprinzips

53

(aa) Erweiterung bei Schadensverursachung durch einen Dritten

53

(bb) Erweiterung bei Schadensverursachung durch eine Sache

59

(cc) Erweiterung hinsichtlich der Nachweisbarkeit der Verursachung ..

63

(c) Einschränkungen des Verursachungsprinzips

70

(aa) Die traditionellen Kriterien

70

(bb) Verbindung dieser Kriterien

73

4. Wirkungen der Schadenszurechnung

75

5.

(a) Präventionswirkung

75

(b) Weitere Wirkungen

78

Zusammenfassung

79

Inhaltsverzeichnis I V . Von der sogenannten Gefährdungshaftung zur Sachhaftung 1. Wie gefahrlich können Sachen sein?

81

(a) Was ist Gefahr?

81

(b) Tiere

86

(c) Kraftfahrzeuge

90

(d) Warum werden Fälle von scheinbar offensichtlichem menschlichem Fehlverhalten haftpflichtrechtlich umgedeutet in die Verwirklichung von Sachgefahren?

96

2. Die Fragwürdigkeit des Verschuldensgrundsatzes (a) Zweispurigkeit des Haftpflichtrechts? (b) Die Fragwürdigkeit des Verschuldensgrundsatzes (aa) Verkehrspflichten und Verschuldensgrundsatz

3.

81

99 99 102 103

(bb) Haftung für "gefährliche Tätigkeiten"?

104

(cc) Die Grenzen des Schuldbegriffs

105

(dd) Die Fehlerhaftigkeit des Menschen

107

Überleitung

107

V. Die Sachhaftung 1. Ihre Abgrenzung im System des Haftungsrechts (a) Das System des Haftungsrechts

112 112 112

(b) Schadensverursachung "durch eine Sache"

115

(c) Die Eigendynamik der Sache bei Schadensentstehung

119

(aa) Definition

119

(bb) Erste Abgrenzungsbeispiele

120

(cc) Die Vorhersehbarkeit der Zustandsveränderung

123

(dd) Reaktion auf menschliche Handlungen

129

(ee) Reaktion auf Unterlassungen

132

(ff) Sacheinwirkungen auf Sachen

133

(gg) Zusammenfassung

134

2. Die Ermittlung der haftungsrelevanten Verursacherrolle (a) Die Feststellung der Verursachungsanteile

134 136

(aa) Abwägung der Verursachungsanteile von Gliedern einer Kausalkette

136

(bb) Abwägung von Verursachungsanteilen bei mehreren Kausalketten

140

XII

Inhaltsverzeichnis (b) Die Zurechnung von Verursachungsanteilen

142

(aa) Mitverursachung durch den Halter oder einen Dritten

142

(bb) Mitverursachung durch eine zweite Sache

143

(cc) Mitverursachung durch den Geschädigten

143

(dd) "Höhere Gewalt" und "unabwendbares Ereignis"

144

(c) Weitere Einschränkungen des Verursachungsprinzips

148

(aa) "Handeln auf eigene Gefahr"

148

(bb) " Rechtfertigungsgründe"

150

3.

Der Haftpflichtige

152

4.

Der Umfang der Schadensersatzpflicht

157

(a) Allgemeine Überlegungen

157

(b) Haftungsbegrenzung durch Höchstsummen ?

159

(c) Reduktionsklausel

162

V I . Abschließende Überlegungen 1. Konformität und Diskrepanz: Das Sachhaftungsmodell und die gegenwärtige Haftpflichtpraxis

2.

164

164

(a) Allgemeines

164

(b) Tiere

167

(c) Kraftfahrzeuge

172

(d) Gebäude

174

(e) Energieanlagen

176

(f)

176

Computer

Ergebnisse

Literaturverzeichnis

178 185

Abkürzungsverzeichnis Hinsichtlich jener Abkürzungen, die bei den Literaturzitaten verwendet werden, wird auch auf das Literaturverzeichnis verwiesen. Im übrigen werden hier jene Abkürzungen verwendet, wie sie in Kirchner, Hildebert.· Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache. 3., erneuerte und erweiterte Auflage bearb. von Hildebert Kirchner und Fritz Kastner. Berlin, New York 1983. vorgeschlagen werden, dies jedoch mit folgenden Abweichungen und Ergänzungen: A. C.

[Jahr] Law Reports, Appeal Cases [England]

AK-BGB

Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Reihe Alternativkommentare)

A l l E. R.

All England Law Reports

A l l E. R. Rep.

All England Law Reports (Reprint)

BGB-RGRK

Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofes. Kommentar, hrsgg. von den Mitgliedern des BGH.

BIDR

Bullettino dell'Istituto di Diritto Romano [Jahr, Seite]

C. civ.

Code civil

Camb. L. J.

The Cambridge Law Journal

Can. Β. R.

The Canadian Bar Review [Jahr, Seite]

D.

Recueil Dalloz de doctrine, de jurisprudence et de législation

D. H.

Dalloz, Recueil hebdomadaire de jurisprudence

D. P.

Dalloz, Recueil périodique et critique de jurisprudence, de législation et de doctrine

ders.

derselbe

dems.

demselben

dens.

denselben

dies.

dieselbe

E.

Entscheidung, Erkenntnis

Exch.

Court of the Exchequer [England]

FS

Festschrift

XIV

Abkürzungsverzeichnis

GS

Gedächtnisschrift, Gedenkschrift

GWF

Gas- und Wasserfach [Abteilung, Jahr, Seite]

H. L.

[Jahr] Law Reports, House of Lords [England]

IECL

International Encyclopedia of Comparative Law [Volume/chapter]

J. Legal Stud.

Journal of Legal Studies

Κ . B.

[Jahr] Law Reports, King's Bench [England]

KF

Karlsruher Forum [Jahr, Seite]

KSE

Kölner Schriften zum Europarecht

L. R.

[Jahr] Law Reports [England]

leg. cit.

legis citatae ( = der zitierten Vorschrift)

LeipzKomm

Strafgesetzbuch: Leipziger Kommentar

LQR

The Law Quarterly Review [Jahr, Seite]

MIÖG

Mittheilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung [Band, Jahr, Seite]

MLR

The Modern Law Review [Jahr, Seite]

MünchKomm

Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch

ÖZVR

[österreichische] Zeitschrift für Verkehrsrecht

Q. B.

[Jahr] Law Reports, Queen's Bench [England]

S.

Recueil Sirey

StatJB

Statistisches Jahrbuch der Bundesrepublik Deutschland

T. L. R

[Jahr] Times Law Reports [Seite]

TR

Tijdschrift voor Rechtsgeschiedenis

TWS

Technische Werke Stuttgart

UmweltHG

Gesetz über die Umwelthaftung (BGBl 1990 I, 2634)

VEnergR

Veröffentlichungen des Instituts für Energierecht an der Universität Bonn

VGT

Verkehrsgerichtstag [Jahr]

ZBJV

Zeitschrift des Bernischen Juristen Vereins

ZSR

Zeitschrift für Schweizerisches Recht

I . Einleitung 1. Problemstellung

"Max und Moritz, gar nicht träge, Sägen heimlich mit der Säge, Ritzeratzel voller Tücke, In die Brücke eine Lücke. - " Wilhelm Busch

Opfer dieses dritten Streiches von Max und Moritz ist, man weiß es, der Schneider Bock, der über die präparierte Brücke gelockt wird. Wie vorauszusehen, "die Brücke bricht in Stücke", der Schneider fallt ins Wasser und holt sich dabei "das Magendrücken", das von seiner Frau in unorthodoxer Weise kuriert wird. 1 Betrachtet man dieses Busch-Zitat nicht aus der Sicht des Strafrechts 2, sondern aus der des Zivilrechts, so ist ohne lange Überlegung klar: Max und Moritz haben vorsätzlich die Gesundheit eines anderen (des Schneiders) verletzt und sind diesem gem. § 823 Abs. 1 BGB zum Ersatz des entstandenen Schadens (der Heilungskosten) verpflichtet. 3 Etwas schwieriger ist es, wenn nicht Max und Moritz, sondern die gewöhnlichen Witterungseinflüsse im Laufe der Zeit die Lücke in der Brücke verursacht haben.4 Hat der Besitzer des Grundstücks, auf dem sich die Brücke befindet, die Holzteile nicht regelmäßig überprüft und mit den nötigen Schutzmitteln behandelt, also diese "im Verkehr erforderliche Sorgfalt" nicht

1 Dieses Beispiel verwendet bereits Müller-Erzbach dungshaftung, 92 ( = AcP 106, 400).

in seiner Arbeit zur Gefahr-

2 Vgl. Günther, Max und Moritz. 3 In diesem Beispiel soll der Schneider keine Schmerzen erlitten haben, die er ersetzt haben will. 4 Vgl. zur Einbeziehung von "gewöhnlichen Witterungseinflüssen" in den Regelungsbereich von § 836 BGB BGH 7. 10. 1975 VersR 1976, 66 und Thomas in Palandt 5 1 , Rn. 9 zu § 836. 1 Koch

2

I. Einleitung

beobachtet, so ist er gem. § 836 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig. Ihn trifft hier zwar auch ein Schuldvorwurf; der Unterschied zur Haftung von Max und Moritz besteht darin, daß der Schneider ihm nicht besondere Tücke nachweisen muß, vielmehr wird das Verschulden des Grundstücksbesitzers widerleglich vermutet, somit die Beweislast umgekehrt. Ist die Brücke jedoch eingestürzt, weil beim Bruch einer unter ihr geführten Gasleitung das ausströmende Gas eine Explosion verursacht hat, so ist überhaupt nicht zu prüfen, wer am Bauchweh des Schneiders "schuld" war 5 . Es greift § 2 Abs. 1 HPflG, nach dem der Inhaber der Rohrleitungsanlage für alle Schäden haftet, die auf die Wirkungen des in seinem Rohr strömenden Gases zurückzuführen sind, sofern sie nicht durch höhere Gewalt verursacht wurden. Allen drei Fallvarianten ist gemeinsam, daß dem Schneider die Heilungskosten zugesprochen werden, um seine Gesundheit wiederherzustellen, die bei seinem unfreiwilligen Bad verletzt wurde. Der Schaden ist der gleiche, der Schadensersatz ist der gleiche. Es haften zwar in den drei Fällen die "Schädiger" aus jeweils unterschiedlichen Gründen, entscheidend ist jedoch, daß nie der Geschädigte selbst für seine Schäden aufkommen muß. Ihm, der am wenigsten an seinem Unfall "schuld" ist, neben den (hier unberücksichtigten) Schmerzen auch noch die Heilungskosten aufzubürden, erscheint in allen drei Fällen unbillig. Das Gesetz versucht in allen drei Fällen, die Schadenstragung einem anderen zuzuschreiben, der anstelle des Geschädigten eher den entstandenen Schaden tragen soll. 6 Was liegt also näher, als alle drei Arten der Schadensüberwälzung vom Geschädigten auf einen Dritten in ein gemeinsames System der Schadenszurechnung einzuordnen, das in allen Schadensfallen herangezogen werden kann, um die Möglichkeiten der (wirtschaftlichen) Entlastung des Geschädigten zu prüfen? Dennoch trennt die herrschende Dogmatik (mehr oder weniger) fein säuberlich zwischen der Verschuldenshaftung (Varianten 1 und 2) und der Gefahrdungshaftung (Variante 3), nennt das eine "Regel"7, das andere

5 Der Einfachheit des Beispieles halber sei er auch bei dieser Variante "bloß" ins Wasser gefallen, ohne dabei Schmerzen zu erleiden.

6 Esser (Grundlage^, 69 f.) stellt fest, "daß auch die Formen der individuellen Schadenüberwälzung und der genossenschaftlichen Schadenverteilung nur verschiedene Methoden zur Lösung ein und derselben Ordnungsaufgabe sind, Methoden, die sich nicht einmal scharf gegeneinander abgrenzen lassen", sodaß "es sich nirgends um die bloße 'Ersatz'frage, sondern überall um das Grundproblem handelt, diejenigen Personen, welche einen Schaden definitiv tragen sollen, rechtlich überhaupt erst zu fixieren". 7 So nur ζ. Β. M edie us, Schuldrecht 15, 141.

1. Problemstellung

3

"Ausnahme"8, oft ohne zu betonen, daß die theoretische Grundlage fur die (ohnedies nur zögernd zugelassene) Ausnahme dieselbe ist, die auch Basis der Regel ist: die grundsätzliche Wertung, daß - hier wie dort - der Geschädigte nicht fur den Schaden aufkommen soll. Grund dafür, die gemeinsame Basis zu verdrängen, ist das Verschuldensprinzip, das "ethische Rückgrat unseres Schadensrechts"9. Niemand soll für einen fremden Schaden aufkommen müssen, der daran nicht "schuld" ist, dem die Schadensverursachung nicht vorgeworfen werden kann. Ihering bezeichnete den Satz "kein Uebel ohne Schuld" als "ewig wahr" 10 : "Nicht der Schaden verpflichtet zum Schadenersatz, sondern die Schuld. Ein einfacher Satz, ebenso einfach wie der des Chemikers, daß nicht das Licht brennt, sondern der Sauerstoff der Luft. " 1 1 Doch um Iherings Vergleich weiterzuführen: Sauerstoff ist zur Entstehung von Licht gar nicht nötig; auch andere chemische Elemente können Licht erzeugen, und doch ist es Licht. Dieses "andere Licht" (die Haftung ohne Verschulden) leuchtet im geltenden Recht nur sehr schwach. Insbesondere die unter dem Sammelbegriff "Gefahrdungshaftung" zusammengefaßten Regelungen sind in ihrer Kasuistik und Uneinheitlichkeit nicht zu einem Gesamtbild zusammenzufügen. Das Prädikat "gefahrlich" wird vom Gesetzgeber nur wenigen Sachen verliehen, und dies meist erst, nachdem die Judikatur die von ihnen verursachten Schäden (nur mühsam oder gar vergeblich) dem Verschuldensgrundsatz unterzuordnen versucht hat. Wie stark der Gesetzgeber dabei dem Einzelfall verhaftet bleibt, beweist die Tatsache, daß eine neue Spezialnorm für eine nun als gefahrlich anerkannte Sache meist nicht einmal ähnliche oder vergleichbare Sachen als Gefahrenquelle berücksichtigt. Reißt das Zugseil eines Sesselliftes, haftet der Betreiber ohne Rücksicht auf Verschulden (nach § 1 HPflG), reißt das Zugseil eines Schleppliftes, müssen (falls keine vertragliche Haftung greift) Umwege über Verkehrspflichten gemacht werden, um bei diesem der Verschuldenshaftung unterliegenden Fall eine Haftung des Betreibers zu konstruieren 12. Will man diese Einzeltatbestände der Gefährdungshaftung in einem systematischen Zusammenhang sehen, wie es das Ziel dieser Arbeit ist, drängt sich 8 Ζ. B. der Referentenentwurf 1967 II, 3; K. Schäfer in Staudingerl2, Rn. 7 der Vorbem. zu §§ 823 ff.; Deutsch, Grundriß, Rn. 7; ders. NJW 1992, 74 (mit gleichzeitiger Kritik daran: Das Verständnis der Gefahrdungshaftung als Ausnahme sei "atavistisch"). 9 10 H 12 ι

Esser, JZ 1953, 129. Vgl. dagegen Tune , Camb. L. J. 1972 A , 247 ff. Schuldmoment, 8. Ihering y Schuldmoment, 40. Vgl. Hofmann, Haftpflichtrecht, 181 (inkl. Fn. 9).

4

I. Einleitung

bald die Frage auf, warum fur diese Haftungsfalle überhaupt ein Ausnahmesystem geschaffen werden muß, anstatt sie in ein Gesamtsystem des Schadensersatzrechtes einzubeziehen. Dabei stößt man aber auf den Widerstand des Verschuldensgrundsatzes. In strikter Anwendung dieses Grundsatzes müßte eine Einbeziehung der Gefahrdungshaftung in das "allgemeine" Schadensersatzrecht abgelehnt werden. Da jedoch die nur mit Hilfe dieser Sondertatbestände mögliche Schadenszuweisung im Einzelfall billig ist, muß diesen "Eindringlingen" in ein abgeschlossenes Haftungsgebäude zumindest der Ausnahmestatus zuerkannt werden. Doch die Existenz von Ausnahmen bestätigt hier wohl kaum eine Regel, sondern indiziert vielmehr, daß diese "Regel" zu eng ist, um alle möglichen Fälle umfassen zu können. Eine letztlich befriedigende Lösung dieses Problems bietet auch nicht das Konzept der "Zweispurigkeit des Haftpflichtrechts" 13, das zwar "Regel" und "Ausnahme" gleichstellt, aber immer noch voneinander trennt. Durch diese starke Betonung des Schuldprinzips wurde wohl auch die "drohende" Einheit (zumindest) der Ausnahmeregelungen verhindert. Denn wird eine Regel derart tabuisiert, daß jeder neue Ansatz zur Ausnahme degradiert wird, hat dies zur Folge, daß sich alle Ausnahmen an der Regel orientieren und nicht aneinander. Es kann keine einheitliche Basis fur Ausnahmen geben, wenn bei deren Schaffung nur die Regel im Auge behalten wird. Statt daher bei Erstellung einer Gefahrdungshaftungsnorm als erstes zu fragen: "Wie sind die anderen Fälle der Gefährdungshaftung geregelt?", scheint bei jedem neuen Haftungsgesetz die ängstliche Frage dominiert zu haben: "Wie weit entfernen wir uns diesmal vom Verschuldensgrundsatz?". Die vorliegende Arbeit geht der Frage nach, ob sich anstelle der genannten Zweispurigkeit ein gemeinsames System entwickeln ließe, das die bisherigen Haftungskonzepte nicht verdrängt, sondern verbindet. Dabei soll insbesondere versucht werden, die einzelnen Tatbestände der Haftung für Sachen, wie sie derzeit von der Gefährdungshaftung erfaßt sind, 14 einem einheitlichen Konzept der Schadenszurechnung zuzuordnen.

13 Esser y JZ 1953, 129 ff. 14 Kötz (Deliktsrecht 5 , Rn. 7 und 333) sieht vom Begriff der "Gefährdungshaftung" neben der Haftung fur gefahrliche Anlagen und Sachen auch die Haftung für gefahrliche Tätigkeiten umfaßt (ähnlich z. B. Wìli, Quellen, insbes. 274 ff.), weshalb er den Tatbestand des § 22 Abs. 1 WHG auch als "Gefährdungshaftung" bezeichnet (Kötz, Deliktsrecht 5 , Rn. 339), der nach der herrschenden Terminologie wohl besser nur einer "verschuldensunabhängigen Haftung" zuzuordnen ist (so offensichtlich Medicus, Schuldrecht I I 4 , 401 ff.). Für diese Arbeit sei dazu festgehalten, daß von der gegenwärtigen Gefährdungshaftung jedenfalls überwiegend Tatbestände einer Haftung für schadensverursachende Sachen erfaßt sind (vgl. nur § 7 StVG, § 833 BGB, §§ 1 f. HPflG, § 33 LuftVG), weshalb im folgenden der Schwerpunkt der Untersuchung auf der Anknüpfung einer Haftung an Sachen liegen soll.

2. Als Diskussionsgrundlage: Die Ausgangspunkte

5

2. Als Diskussionsgrundlage: Die Ausgangspunkte Die Problematik der eingangs geschilderten Situation der haftungsrechtlichen Systematik ist bereits seit langem bekannt; Reformvorschläge wurden insbesondere in den sechziger Jahren gemacht, als auch der Gesetzgeber eine Problemlösung anstrebte.15 Die meiste Übereinstimmung fand in der bisherigen Diskussion die Forderung, die Gefahrdungshaftung müsse loskommen vom "numerus clausus" der Tatbestände, der einem organischen Wachsen dieses Teils des Haftungsrechtes im Wege stehe.16 Daran ist auch heute noch festzuhalten. Grundsätzlich können alle Sachen und Sachgesamtheiten schadenskausal werden (oder zumindest an einer Schadensverursachung beteiligt sein). Dies spricht jedoch nicht nur gegen eine Beschränkung der Gefährdungshaftung auf einzelne "gefahrliche" Sachen, sondern anscheinend gegen jede Art von "Filterung" der haftpflichtrechtlich relevanten Sachen, wie sie die Voraussetzung ihrer Gefährlichkeit derzeit vornimmt. Damit sind zumindest Zweifel angebracht, ob diese Sacheigenschaft auch weiterhin als tauglicher Maßstab dazu dienen kann, die Zurechnung von Schadensfolgen sinnvoll zu begrenzen. Diese Zweifel sind Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit. Sollten sie in der weiteren Untersuchung nicht ausgeräumt werden können, sei nach Möglichkeiten gesucht, den bisherigen Maßstab zu ersetzen, insbesondere in Hinblick auf einen zu fmdenden systematischen Zusammenhang. Da somit eine Haftung fur Sachen im weitesten Sinne 17 (nicht bloß für "gefahrliche") untersucht werden soll, sei als vorläufiger Oberbegriff dafür der 15 Vgl. nur den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung schadensersatzrechtlicher Vorschriften 1967 und die Zitate in der nächsten Fußnote. 16 Abschreckendes Beispiel waren wohl die elf Druckseiten, die der Referentenentwurf 1967 zur Auflistung allein der "feuer- oder explosionsgefahrlichen" Stoffe und der "hochgiftigen oder stark ätzenden" Stoffe benötigte (Referentenentwurf 1967 I, 24 ff.). Vgl. aber auch den Anhang 1 zu § 1 UmweltHG, der enumerativ die von der neuen Umwelthaftung erfaßten Anlagen (96!) aufzählt. Dagegen nur die verschiedenen Vorschläge einer Generalklausel der Gefahrdungshaftung: Esser, DRWiss 1942, 79 f.; Weitnauer, KSE 11, 158; Kötz, AcP 170, 41; Lühn, Generalklausel, 91 f.; Deutsch, Haftungsrecht I, 385; Will, Quellen, 328. Gegen eine Generalklausel z. T. dieselben, so ζ. B. Esser, G r u n d l a g e ^ , V I I f., 118 f.; ders., JZ 1953, 129 f.; Weitnauer, VersR 1963, 108; Börner, VEnergR 32/33, 79; H. Hübner, FS MüllerFreienfels, 331 f. (vgl. aber noch dens. y VEnergR 23/24, 76 f.); Referentenentwurf 1967 II, 2; Wochner, Schadensteilungsnorm, 126 ff.; Medicus, Bürgerliches Rechtis, Rn. 637. Vermittelnd von Caemmerer, Reform, 19, der aus den bestehenden Tatbeständen "mehrere weitgefaßte in sich analogiefahige Tatbestände" bilden will. Differenzierend auch Sto II, Fortbildung, 19 ff., der neben den bestehenden Spezialnormen einen "Auffangtatbestand" befürwortet. 17 Für diese Untersuchung soll mit "Sache" alles vom Menschen Verschiedene bezeichnet werden. Daher sind Autos, Maschinen, Industrieanlagen, Elektrizität, aber auch Tiere (trotz des neuen § 90 a BGB) "Sachen" im hier verwendeten Sinne.

6

I. Einleitung

Name "Sachhaftung" 18 gewählt, dies insbesondere auch deswegen, um das zugunsten der untersuchten Gefahrlichkeitsvoraussetzung gewissermaßen voreingenommene Wort " Gefährdungshaftung" zu vermeiden.

3. Von der weiteren Darstellung ausgeklammerte Bereiche D i e vorliegende Untersuchung beschränkt sich auf jene Schadensfälle, die unbeeinflußt sind von Sonderbeziehungen zwischen den beteiligten Personen, insbesondere von Vertragsbeziehungen. Dabei werden auch jene Teile des Haftungsrechts ausgeklammert, die im folgenden angeführt sind.

(a) Eingriffshaftung M i t "Eingriffshaftung" 19 sind all jene Ersatzansprüche im weiteren Sinne gemeint, die i m vorhinein erlaubte und damit als Ereignis hinzunehmende

18 Dieser Begriff ist zunächst zu unterscheiden vom gleichlautenden pfandrechtlichen Begriff, der aber wohl nur noch in rechtshistorischem Zusammenhang verwendet wird: Dazu von Amira, Obligationenrecht I, 190 ff.; Erbe, Fiduzia, 37 ff. (m. w. N. auf S. 37 in Fn. 2), ihm folgend Käser, RPR 12, 144; weiters R. Hübner, Grundzüge5, 504 ff. und 520; O. Gierke , Sachenrecht, 810 f., 817, 823. Ebenso abzugrenzen ist die "Sachhaftung" im hier verwendeten Sinne vom noxalhaftungsrechtlichen Begriff der historischen Rechtssysteme, wonach die Sache selbst H&fiungss ubjekt sein konnte und "selbst" haftete: Vgl. F. F. Stone, IECL XI, chapter 5, Nr. 5-40. Grundlegend von Amira , MIÖG XII, 545 ff. (insbes. 587 ff.); ders., Obligationenrecht I, 391 ff.; Dull , ZRG Rom. Abt. 61, 1 ff. Siehe auch Grimm, Rechtsalterthümer II, 233 ff.; lsay y JherJB 1898, 214 ff. und Haymann, ZRG Rom. Abt. 42, 357 ff. (insbes. 365 ff.). Zur römisch-rechtlichen Noxalhaftung im allgemeinen Käser, RPR 12, 163 ff., 630 ff. und Lisowski, RE Suppl. VII, Sp. 604 ff.; zur "Tierhalterhaftung" Käser, RPR 12, 165 (inkl. Fn. 17!), 633 ff.; Lothar Müller, RE Suppl. X , Sp. 521 ff.; Condanari-Michler, FS Wenger 70 I, 236 ff. Vgl. aber auch Wilburg, Elemente, 202 f., der eine "Sachhaftung" in durchaus noxalhaftungsrechtlichem Sinne in das heutige Haftungsrecht einführen wollte. Ähnlich wie der hier verwendete Begriff der Sachhaftung wird bereits jener der "Sachhalterhaftung" verwendet (vgl. nur Weyers, Unfallschäden, 159 ff., bei der Darstellung des französischen Haftpflichtrechts). Das Wort "Sachhaftung" erscheint jedoch treffender, um die Verwandtschaft der bezeichneten Haftungsfalle mit jenen der Gehilfenhaftung terminologisch zu unterstreichen. (Die Gehilfenhaftung heißt ja auch nicht "Geschäftsherrenhaftung", sondern setzt bereits im Namen am Schadensverursacher und nicht am Schadensträger an.) Zudem soll nicht schon begrifflich ausgeschlossen werden, daß auch andere Personen als der Halter fur eine Sache haften können (so nur bei der Produkthaftung). Vgl. den Gebrauch dieser Begriffe bei Weyers, Unfallschäden, 356. 19 Ob diese Fallgruppe statt mit dem hier verwendeten Begriff besser mit jenem der "Aufopferungshaftung" bezeichnet werden sollte, sei mit der hier verwendeten Benennung nicht präjudiziert. Dazu sei aber auf Deutsch verwiesen, der den Begriff der Eingriffshaftung fur "zu eng" hält (Haftungsrecht I, 391).

3. Von der weiteren Darstellung ausgeklammerte Bereiche

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Schädigungen vermögensmäßig ausgleichen sollen. 20 Zentrales Merkmal ist also ein sicher, nicht bloß möglicherweise eintretender Schaden, der durch eine Aktivität verursacht wird, die wegen ihrer rechtswirksamen Genehmigung vom künftig Geschädigten nicht untersagt werden kann. 21 Der Betroffene muß nicht nur eine Gefahr in Kauf nehmen, sondern den tatsächlichen Schadenseintritt, selbst wenn dieser de facto ausbleiben sollte. 22 Als Beispiel seien nur Störungen durch Industriebetriebe genannt, die von den Gestörten, zumeist Nachbarn, hingenommen werden müssen, weil sonst die Durchführung der betrieblichen Aktivität nicht möglich wäre. Das wirtschaftliche Gemeininteresse wird dabei über das Individualinteresse des einzelnen Nachbarn auf Unverletztheit seiner Rechtspositionen gestellt.23 Die hinzunehmende Schädigung stellt bei diesen Industriefällen zumeist gleichzeitig eine Umweltbeeinträchtigung oder -Schädigung dar. Da jedoch niemand die Interessen der Umwelt vertritt (hier im Sinne von: den Ersatzanspruch wahrnimmt), weil "der Geschädigte" die (haftungs)rechtlich kaum faßbare Allgemeinheit ist, versagt die ansonsten fallgerechte Lösung der Eingriffshaftung. 24 Daß diese Eingriffshaftung hier nicht mitbehandelt wird, liegt an der geschilderten besonderen Fallnatur: Während bei jenen Schadensfallen, von denen noch die Rede sein wird, der Eintritt der Schädigung "überraschend" kommt, wird er von den Inhabern eines Ausgleichsanspruchs der Eingriffshaftung geradezu "erwartet". 25 Um für die Darstellung der Geschädigtenposition 20 Vgl. zur Abgrenzung auch Wochner, Schadensteilungsnorm, 116 ff. 21 Im Gegensatz zu den Schädigungen, die dem Delikts recht unterliegen: Diese können grundsätzlich untersagt werden, was jedoch daran scheitert, daß ein Schadenseintritt meist nicht vorhergesehen werden kann. Dies gilt auch für die Fälle der Gefahrdungshaftung, die (im Sinne der geltenden Lehre) an einer abstrakten, nicht jedoch an einer konkreten Gefahr anknüpft. 22 Vgl. dazu Esser/Weyers, Schuldrecht I F , 537 f.: "Hält man sich allerdings weniger an den dogmengeschichtlichen Entstehungszusammenhang und mehr an das Verhältnis der tragenden Grundgedanken, dann erscheint die Eingriffshaftung gegenüber der Gefahrdungshaftung nicht als Gegensatz, sondern als allgemeines Prinzip." Der Grundgedanke der Eingriffshaftung geht aber dort viel weiter als bei der Gefahrdungshaftung, da der "bloß" Gefährdete noch Hoffnung auf Integrität seiner konkreten Rechtsgüter hat, während der einer Schädigung Ausgesetzte von vornherein nur auf die Wahrung seiner Rechtsposition durch Ausgleichsansprüche Aussicht hat (also nicht auf Bestand der die Position bildenden Rechtsgüter). So auch zutreffend Esser/ Schmidt, Schuldrecht 16, 116: "Anders als bei der Gefahrdungshaftung, die nur das Betreiben eines Risikos, nicht aber dessen finale Verwirklichung zur Haftungsvoraussetzung nimmt, ist hier gerade der gezielte Eingriff gestattet." [Hervorhebung im Original]. 23 Zu dieser Interessenabwägung auch Deutsch, Haftungsrecht I, 387 f. 24 Dazu auch sogleich unter (b). 25 Vgl. auch Deutsch, Haftungsrecht I, 391 zur Abgrenzung der Aufopferungshaftung: "Während regelmäßig nur der Schaden ersetzt wird, der Folge der Verletzung

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I. Einleitung

ein Bild aus dem Strafrecht, nämlich die Unterscheidung zwischen dolus eventualis und bewußter Fahrlässigkeit, zu verwenden: Der Begünstigte der Eingriffshaftung hält den Schadenseintritt zumindest fur möglich und findet sich (zwangsläufig) mit ihm ab, da er einen Anspruch auf Abfindung h a t . 2 6 Der Begünstigte des Deliktsrechts 27 , sofern er sich einer Schadensgefahr überhaupt bewußt ist, hält den Schadenseintritt nicht ernstlich für möglich und vertraut darauf, daß es nicht zur Schädigung kommt.

(b) Umwelthaftung In Zeiten eines (endlich) gesteigerten Bewußtseins der Umweltgefahrdung deutet das Schlagwort "Umwelthaftung" auf eine auch dem Juristen gestellte Aufgabe aus diesem Problembereich. Neben anfanglich vereinzelten Wortmeldungen der Lehre, deren Zahl sich in den letzten Jahren geradezu explosionsartig vermehrt h a t 2 8 , beschäftigte sich auch der Gesetzgeber mit den legisti schen Problemen im Zusammenhang mit Umweltschäden. A m 1. 1. 1991 trat etwa das "Gesetz über die Umwelthaftung" 2 9 in Kraft, das den Teilbereich des Ersatzes von Individualschäden regeln s o l l . 3 0

ist, wird nunmehr für die Schadensfolge gehaftet, die aus der Aufhebung des Schutzes vor Verletzung resultiert. " 26 Dies läßt sich auch auf den Schädiger übertragen: "Wer ein Hochofenwerk baut, kann die Augen vor der Tatsache nicht verschließen, daß er seine Umgebung schädigt [...]; vielmehr schädigt der Unternehmer zumindest bedingt vorsätzlich etwa den Waldeigentümer, dem die gesamten edleren Bestände eingehen [...]" (Wochner, Schadensteilungsnorm, 117). Daß der Schädiger mit (mindestens) dolus eventualis handelt, macht den Sachverhalt jedoch noch nicht zu einem gesondert zu behandelnden Fall; wesentlich ist die Position des Geschädigten. 27 Im Sinne von: "übriges" Haftungsrecht ohne Eingriffshaftung. 28 Vgl. aber Köndgen, UPR 1983, 345: Das Umwelthaftpflichtrecht habe "von Anfang an ein relativ peripheres Dasein geführt. Zwar nahm das wissenschaftliche Interesse zu Anfang der siebziger Jahre einen gewissen Aufschwung. [...] Aber was damals wie Aufbruchstimmung wirkte, hat sich inzwischen als Strohfeuer entpuppt." Aufgrund der Fülle des Materials muß hier auf eine Liste der zum Thema erschienenen Literatur verzichtet werden; eine vollständige Erfassung ist unmöglich, einer repräsentativen Teilaufstellung fehlen begründbare Auswahlkriterien. Allein das Aufzählen der bisher veranstalteten Kolloquien und Tagungen würde den Rahmen sprengen. Dennoch erscheint hier eine besondere Erwähnung des 56. DJT gerechtfertigt, dessen "umweltrechtliche Abteilung" (!) sich 1986 mit dem "Ausbau des Individualschutzes gegen Umweltbelastungen als Aufgabe des bürgerlichen und des öffentlichen Rechts" beschäftigte. 29 BGBl 1990 I, 2634. Dazu lagen je ein Entwurf der GRÜNEN (BTDrucks. 11/4247; dazu Brüggemeier in Donner/M agoulas/Simon/Wolf y 325 ff. [zum Vorgänger dieses Entwurfs] sowie ders., KritJ 1989, 209 ff.) und der Regierungskoalition (BTDrucks. 11/6454, zum Diskussionsentwurf Salje, UPR 1990, 1 ff.) vor. Letzterer war die Grundlage des nunmehrigen Gesetzes. Davor gab es (i. d. F. gescheiterte)

3. Von der weiteren Darstellung ausgeklammerte Bereiche

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Dennoch wird die Umwelthaftung, die, wäre das Problem nicht so ernst, als derzeitiges "Modethema" der Juristen bezeichnet werden müßte, hier nicht gesondert berücksichtigt. Grund dafür ist zunächst, daß der Begriff als solcher kaum faßbar ist. "Umwelthaftpflicht - der Ausdruck birgt tendenziell einen Widerspruch in sich." 31 Dieser "Widerspruch" basiert vornehmlich darauf, daß ein Haftpflichtrecht (zumindest im bisher verstandenen Sinne) nur den Individualschutz von Rechtspositionen im Auge hat, also auf den Ausgleich eines gestörten Gleichgewichts dieser Positionen zielt. 3 2 Im Gegensatz dazu sind im Umweltbereich nicht nur Rechtsgüter einer jeweils begrenzbaren Zahl von Geschädigten gefährdet, sondern vor allem Allgemeingut, dessen Rechtsschutz sich nicht mit den bisherigen Kriterien eines Haftungsrechts durchführen läßt. Ohne individualisierbare Geschädigtenposition gibt es auch keinen Adressaten einer allfälligen Ersatzleistung. Dieses Problem ließe sich zwar lösen, indem man den Regelungsbereich eines "Umwelthaftungsrechts" auf den Individualrechtsschutz reduziert. 33 Damit wird jedoch nur die Ruhe des Systematikers wiederhergestellt, ohne das Problem einer sachgerechten Lösung zuzuführen - es wird nur "umgeleitet", indem die Kompetenz des Haftungsrechts beschränkt wird, ohne den verbleibenden Hauptteil des Problems einem passenderen Regelungsbereich zuzuweisen. Doch auch dem Individualrechtsschutz stellen sich besondere Schwierigkeiten mit Umweltschäden: Während deren Minderzahl durch mehr oder weniger plötzliche Ereignisse verursacht wird ("Umweltunfälle"), sind die meisten Schäden Ergebnis einer Langzeiteinwirkung, was bereits bei einem einzelnen Verursacher den Kausalitätsnachweis erheblich erschwert. 34 Oft handelt es Länderinitiativen; vgl. nur zum nordrhein-westfalischen Entwurf Salje, ZRP 1988, 153 ff. Zum neuen UmweltHG etwa Hager, NJW 1991, 134 ff. 30 Insofern ist die Benennung des Gesetzes irreführend: Mit dem nunmehrigen Gesetz wird nicht eine alle Schadensfalle umfassende "Umwelthaftung" normiert; vielmehr wird von ihm nur ein begrenzter Teil von Schädigungen und Schäden erfaßt. 31 Von Bar, KF 1987, 4. Ders. y a. a. Ο., 18: "Der Ausdruck 'Umwelthaftpflichtrecht ' steht nicht für eine dogmatische Kategorie des Zivilrechts. Er beschreibt vielmehr eine Summe von Lebenssachverhalten, deren Konfliktpotential in recht unterschiedlichen Rechtsmaterien beheimatet ist." Deshalb sieht Diederichsen, Verh. 56. DJT II, L 70, die Gefahr der "Sprengung des Privatrechts" durch ein "Umwelthaftpflichtrecht", das sich nicht in die bestehenden dogmatischen Grundsätze einordnet. Auch Brüggemeier y KriU 1989, 213, bezeichnet den Begriff als "diffuse Kategorie". 32 So auch die zitierte Kritik von Bars y KF 1987, 4; sowie Diederichsen, Verh. 56. DJT II, L 48 ff. 33 So das neue UmweltHG. 34 Vgl. zur Beweislast bei Umweltschäden jüngst Kargados y FS Baumgärtel 70, 187 ff. (m. w. N.) und Brüggemeier, KritV 1991, 297 ff. Ob der Kausalitätsnachweis durch die Regelung des UmweltHG (dazu Hager y NJW 1991, 137 ff.) wirklich erleichtert wird, muß zumindest bezweifelt werden (vgl. die §§ 6 ff. UmweltHG). Diese Bedenken beziehen sich weniger auf das Teilproblem, die Freisetzung von

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sich auch um sogenannte Summationsschäden, die gar nicht (oder kaum) auf eine abgrenzbare Zahl von Schädigern zurückgeführt werden können.35 Abgesehen davon stellt sich bei vielen (wohl den meisten) dieser Schadensfälle das Abgrenzungsproblem zur Eingriffshaftung 36, da die schadenskausale Aktivität oft gewerblich genehmigt ist und womöglich anerkannten Sicherheitsstandards entspricht, auch wenn sich die Effektivität dieser Standards im nachhinein als zweifelhaft erweist. 37 Daraus folgt als Ergebnis fur die weitere Untersuchung, daß die haftungsrechtlich (und damit auch fur die weiteren Überlegungen) erfaßbaren Umweltschädigungen nur jene sind, die nicht einer Eingriffshaftung unterliegen und bei denen Schädiger und Geschädigter individualisierbar sind. Diese Schadensfälle werden jedoch vom Folgenden ausgeklammert. Ob und vor allem wie der Ausgleich solcher Schäden zu regeln sein wird (oder bereits geregelt ist, etwa durch das UmweltHG), wird hier nicht beantwortet. 38

(c) Komplexe Schadensfälle39 Mit diesem Oberbegriff seien jene Schadensereignisse gemeint, in denen die Schädiger- und/oder die Geschädigtenposition von einer Personenvielzahl besetzt ist, wobei die Tatsachenereignisse im Zusammenhang mit der Schädigung keine individualisierenden Verbindungen herstellen lassen. Von solchen komplexen Schadensfällen war bereits bei der Umwelthaftung die Rede, die haftungsrechtliche Problemlage läßt sich jedoch verallgemeinern. Die (wie das Problem selbst) komplizierte Umschreibung soll solche Schadensfalle erfassen, denen die traditionellen Strukturen des Haftpflicht-

Schadstoffen durch eine Anlage und den räumlich-zeitlichen Zusammenhang dessen mit dem Schadenseintritt zu beweisen. Dabei hilft die Kausalitätsvermutung des § 6 Abs. 1 UmweltHG unbestreitbar. Es verbleibt jedoch das nicht minder große Problem für den Geschädigten, die Kausalität gerade des von der Anlage freigesetzten Schadstoffes für den bei ihm (!) eingetretenen Schaden nachweisen zu müssen. 35 Zur Regelung nach dem UmweltHG Hager, NJW 1991, 138. 36 Dazu oben (a). 37 Der "bestimmungsgemäße Betrieb" einer Anlage schließt nach § 6 Abs. 2 UmweltHG die Kausalitätsvermutung aus. Kritisch dazu Hager, NJW 1991, 138. 38 Vgl. etwa zu den vorgeschlagenen Fondslösungen E. von Hippel, ZRP 1986, 233 ff.; Brüggemeier, KritJ 1989, 222 ff.; Medic us, NuR 1990, 152 f.; Köck, KritV 1991, 311 ff.; Salje, KritV 1991, 324 ff.; ebenso den Entwurf eines "Umweltschadens fondsgesetzes" der GRÜNEN, BTDrucks. 11/4247, 7 ff. Dagegen ζ. B. Geisendörfer in Prävention, 232. 39 Rechtsvergleichend Weir, IECL XI/12: "Complex Liabilities"

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rechts hilflos gegenüberstehen. Als Beispiele seien nur die Contergan-Fälle genannt40, aber auch Massenkarambolagen41 im Straßenverkehr. Gerade bei letzteren ist eine unentwirrbare 42 Verkettung und Verzahnung von Ursachen- und Schadensanteilen der jeweiligen Beteiligten signifikant, ein gordischer Knoten, den die betroffenen Versicherungsgesellschaften in der Regel mit dem Schwertschlag eines Schadensteilungsabkommens lösen. 43 Doch selbst wenn sich zumindest Verursacher und Geschädigter als solche auseinanderhalten lassen, sind insbesondere Kausalzusammenhänge zwischen den einzelnen Beteiligten oftmals nicht herstellbar. Neben der bereits angesprochenen Umweltproblematik sei dazu nur der auch hierzulande bekannte kalifornische Fall Sindeil v. Abbott Laboratories genannt, einer der berühmt"berüchtigten" DES-Fälle. 44 Während die amerikanischen Richter aufgrund der Flexibilität des case laws geringere dogmatische Probleme mit der dort angeordneten market share liability haben, läßt unser geltendes Haftpflichtrecht derartige "Eskapaden" nicht zu. Auch wenn solche alternativen Schadensverteilungsregelungen nicht weiter verfolgt werden, sei betont, daß ihre Einordnung in das bestehende Haftungsrecht als unmöglich erscheint. Dieses verlangt die Individualisierbarkeit von Schädiger(n) und Geschädigten46, vor allem jedoch rational nachvollziehbare Kausalverbindungen zwischen Schaden und Schädiger. Dies kann zwar so weit gehen, daß die Schadensverursachung nur fur "möglich" gehalten wird, ohne zur "Sicherheit" zu gelangen47, dennoch basiert die daraus resultierende Haftungsbegründung auf dem Grundgedanken, daß der Haftpflichtige auch Schadensverursacher war (obwohl ihm dies nicht sicher nachgewiesen werden konnte). 40 Einen guten Überblick über die Entschädigung der Contergan-Opfer bei Braun, JuS 1976, 788 ff. Insbesondere zur in der Folge errichteten Stiftung Böhm, Entschädigung. 41 Vgl. zu den tatsächlichen und rechtlichen Problemen nur Härlein, V G T 1981, 161 ff.; Härtung, VGT 1981, 179 ff. ( = VersR 1981, 696 ff.); Lehr, V G T 1986, 143 ff. Nach Härtung (VGT 1981, 199 = VersR 1981, 702) kann eine den Geschädigten gerechte Ersatzregelung nur "auf anderem Wege als über das zivile Haftpflichtrecht bewerkstelligt werden". 42 Dennoch sollen die Leistungen der modernen Unfallanalytik hier nicht geleugnet werden; vgl. nur die (Foto-)Rekonstruktion einer Massenkarambolage im Anschluß an Fichtner, VGT 1986, 117 ff. 43 Vgl. zu den Teilungsabkommen Jedamus, VGT 1981, 200 ff. 44 VersR 1982, 712. Ausführliche Darstellung bei de Lousanoff, RIW 1983, 145 ff. Dazu Assmann in Prävention, 172 f. (in Fn. 67 f. m. w. N.). 45 Dazu Ohmann, Market Share Liability und Elliott in Ferry ves/Weyers, 9 ff. 46 Vgl. Hager, NJW 1986, 1970: "Das an der Zweierbeziehung orientierte Privatrecht stößt aber bei der Bewältigung von Massenschäden notwendigerweise an systemimmanente Grenzen." Ebenso Bodewig, AcP 185, 557. 47 Dazu unten III.3.b.cc.

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Wenn aber von vornherein davon ausgegangen wird, daß der Schädiger nicht selbst als möglicher Verursacher, sondern bloß als einer der möglichen Verursacher haften soll, wobei nicht einmal feststeht, daß er überhaupt dazuzuzählen ist 4 8 , und sein Haftpflichtanteil losgelöst vom eigentlichen Schadensfall an seinem Verhältnis zu den übrigen möglichen Verursachern bemessen wird, ist der Limes des Haftungsrechts überschritten. Damit sollen diese neuen Wege der Schadensverteilung (von "Zurechnung" kann wohl nicht mehr gesprochen werden) keineswegs verurteilt werden, im Gegenteil: Wo das Haftungsrecht überfordert ist, soll nicht krampfhaft eine (Schein-)Lösung innerhalb dieser Grenzen gesucht werden, wenn eine andere Möglichkeit näher liegt. Nur kann eine solche Bewältigung der Problematik nicht in eine Darstellung des dabei umgangenen Haftungsrechts (oder eines seiner Teilfragen) miteinbezogen werden. 49

(d) Produkthaftung Grund für eine Ausklammerung der Produkthaftung ist nicht der Umstand, daß diese sondergesetzlich geregelt ist; letzteres könnte ja geradezu als das einzig verbindende Merkmal der Gefährdungshaftung bezeichnet werden. 50 Auch ist die Art der Schadensverursachung und der Haftpflichtanknüpfung durchaus in einem Zusammenhang mit den hier behandelten Fällen zu sehen. Daß dennoch auf eine Behandlung der Produkthaftung verzichtet wurde, liegt daran, daß die Zurechnungsgründe und die Technik der Zurechnung aufgrund der mehrpersonalen Verhältnisse komplexer dargestellt werden müßte, als es der enge Rahmen dieser systematischen Darstellung erlauben würde. Trotzdem sei an den betreffenden Stellen auch auf die Einordnung der Produkthaftung in das hier erstellte System hingewiesen, ohne daß jedoch eine ausführliche Verfolgung dieses "Sondergleises" möglich wäre.

(e) Versicherungsrecht Das Verhältnis zwischen Haftpflichtrecht und Versicherungsrecht wird in der Lehre unter dem Titel "Trennungsprinzip" diskutiert. "Der Grundsatz: Die Versicherung folgt der Haftung" 51 wurde immer mehr kritisiert oder beVor allem dieses letzte Element unterscheidet den besprochenen Fall von jenem des § 830 Abs. 1 S. 2 BGB, bei dem zumindest die "Beteiligung" des Haftpflichtigen feststehen muß. Vgl. dazu auch Assmann in Fenyves/Weyers, 151. 50 Aber nicht einmal das: vgl. § 833 Satz 1 BGB! 51 So der Titel einer Mannheimer iur. Diss, von Drewitz aus dem Jahre 1977.

3. Von der weiteren Darstellung ausgeklammerte Bereiche

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zweifelt. 52 Ohne die Interdependenzen von Haftpflichtrecht und Versicherungsrecht einer umfassenden Untersuchung unterziehen zu wollen 53 , muß doch auf die ausschlaggebenden Argumente verwiesen werden, deretwegen auf eine Berücksichtigung des Einflusses bzw. der Rückwirkung des Versicherungsrechts auf die Gründe der Schadenszurechnung hier verzichtet wird. Die "auffälligste Begründung" dafür sieht Drewitz** darin, "daß das geltende Gesetzesrecht keine Haftungsnorm kennt, welche die Versicherung als Tatbestandsmerkmal enthält. " Diesem eher formalen Argument kann aber bereits durch den Verweis auf die vielen von der Rechtsprechung formulierten Tatbestandselemente verschiedenster Rechtsinstitute begegnet werden, die vom Gesetzgeber auch nicht in den Wortlaut der diese Institute regelnden Normen aufgenommen wurden. 55 Außerdem beschränkt sich diese Aussage auf die bestehenden Gesetzestexte. Für eine rechtspolitische Untersuchung des Haftungsrechts, die die Notwendigkeit einer Gesetzesänderung in Kauf nimmt 56 , müssen jedoch andere Gründe gefunden werden, die die versicherungsrechtlichen Einflüsse zu vernachlässigen erlauben. Ein Argument findet sich in der Antwort auf die (wohl nur rhetorisch gestellte) Frage von Bars 51, ob die konsequente Durchführung des Trennungsprinzips heute ganz oder teilweise falsch geworden sei, oder ob die Praxis der Gerichte unvertretbar sei, im Bereich der Billigkeitshaftung des § 829 BGB 5 8 (aber auch in Fällen, die der Grundnorm des § 823 BGB unterliegen) mehr oder weniger explizit die Versicherung einer der Parteien in die Schadenszurechnung miteinzubeziehen. Während von Bar offensichtlich die Gültigkeit des Trennungsprinzips in Frage stellt 59 , wird hier die angesprochene Praxis der Gerichte kritisiert. Daß die "Verhältnisse der Beteiligten" des § 829 BGB sehr wohl von einer allfälligen Versicherung beeinflußt werden, wird nicht bezweifelt. Dennoch darf nicht übersehen werden, daß die Billigkeitshaftung nur einen engen Einzeltatbestand im System der haftungsbegründenden Normen darstellt, während alle anderen 52 Weyers, Unfallschäden, 117 ff., 423 ff.; von Bar, Trennungsprinzip, AcP 181 (1981) 289 ff; Kotz, Deliktsrecht5, Rn. 230 f., 419. Dagegen aus verständlichen Gründen die Versicherer selbst; vgl. nur die Stellungnahme der dt. Haftpflichtversicherer zum Referentenentwurf 1967, zit. bei Theo Roth in Weltkongreß II, 33 ff. 53 Vgl. dazu die oben Zitierten und Rodopoulos, Reflexwirkungen. 54 Grundsatz, 23. 55 Vgl. dazu auch von Bars Hinweis auf die historischen Gründe dafür, daß eine Berücksichtigung versicherungsrechtlicher Gedanken im BGB nicht erfolgen konnte (AcP 181, 294 ff). 56 Vgl. nur den Vorschlag von Larenz zum Referentenentwurf 1967, zit. bei F. Bydlinski, JB1 1968, 330. 57 AcP 181, 293 f. 58 Dazu Egon Lorenz, VersR 1980, 697 ff. m. w. N. 59 Vgl. nur seine Zusammenfassung in AcP 181, 324 ff.

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Tatbestande des Deliktsrechts dem Richter die Entscheidung nicht derart offen lassen. Das Argument der Rechtssicherheit wird zwar gerade im Haftungsrecht oft überspannt, dennoch drängt sich dessen Verwendung in diesem Zusammenhang geradezu auf. Solange es keine allgemeine Schadensversicherung (ähnlich der Sozialversicherung) gibt, die alle Menschen vor allen Risiken schützt60, muß die Schadenszurechnung kanalisiert werden, indem sie allgemeinen (im Sinne von vorhersehbaren, nicht bloß nachvollziehbaren) Prinzipien entspricht. Unserer Zivilrechtstradition folgend, geschieht dies bereits gegenwärtig durch das Formulieren von Tatbeständen, die sich am Schadensfall orientieren. Davon unabhängige Umstände, wie die Vermögensverhältnisse der Beteiligten, sollten dabei nicht zum Hauptgrund der Schadenszurechnung erhoben werden. Während somit ein Einfluß des Versicherungsrechts auf die Haftungs&egrändung nicht anerkannt werden sollte, wird dadurch die Berücksichtigung der Versicherung eines Beteiligten bei der Frage, ob der Haftpflicht in voller Höhe zu entsprechen ist, noch nicht ausgeschlossen.61 Grundsätzlich muß festgehalten werden, daß der (keineswegs bestrittene) tatsächliche Einfluß des Versicherungsrechts auf die gegenwärtige schadensrechtliche Judikatur insofern überbewertet wird, als dieses rechtstatsächliche Faktum einem rechtstheoretischen Element gleichgestellt wird. Da hier zwischen dem " Auffangtatbestand" der Billigkeitshaftung und den allgemeinen Regeln der Schadenszurechnung unterschieden wird, muß ein Einfluß des Versicherungsrechts auf die diesen allgemeinen Regeln zugeordneten Überlegungen zur Sachhaftung (im Hauptteil dieser Arbeit) verneint werden.

(f) Ökonomische Analyse Ein anderer aktueller Diskussionspunkt als die (Über-)Bewertung des versicherungsrechtlichen Einflusses ist der Verweis mancher haftpflichtrechtlicher Autoren auf die sogenannte "ökonomische Analyse" des Haftungsrechts. 62

60 Was hier nicht zur Diskussion steht, da eine derart radikale Reform des Schadensrechts wohl die meisten Grundsätze des gegenwärtigen Systems verdrängen würde. Vgl. als einen Plan für das deutsche Recht nur Eike von Hippel, Schadensausgleich (zusammenfassend ders., NJW 1967, 1728 ff.); ders. in Haftungsersetzung, 40 ff. (mit einem Bericht über das neuseeländische System 51 ff.); ders. in Soziale Sicherung, 45 ff. 61 Etwa im Rahmen einer Reduktionsklausel. Dazu unten V.4.c. 62 So etwa bei Horn, AcP 176, 324 ff.; Adams, Gefährdungshaftung; H.-B. Schäfer/Ott, Lehrbuch; A. Schulz, VersR 1984, 608 ff.; Kötz, FS Steindorff 70, 643 ff.

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Ziel dieser in den USA begründeten Lehre 63 ist, durch das Haftungsrecht das Verhalten der Menschen derart zu steuern, daß sich die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt vermehrt. Dazu verhilft nach Ansicht der Vertreter dieser Theorie das aus der Betriebswirtschaftslehre entlehnte Modell der KostenNutzen-Analyse. Als Beispiel für eine derartige Analyse sei Folgendes64 angenommen: A ist potentieller Schädiger. Je nach Höhe des Aufwandes, den er zur Vermeidung von Schäden tätigt, verringert sich auch das Ausmaß der tatsächlich entstehenden Schäden. Sieht man in diesen Schäden ebenso einen "Aufwand" der Geschädigten, so läßt sich aus dem jeweiligen Sicherungsaufwand des A und der diesem entsprechenden Schadenssumme (Aufwand der Geschädigten) der Gesamtaufwand der Gesellschaft in Bezug auf die Tätigkeit des A errechnen. Da die Schadensabnahme im Verhältnis zum erhöhten Sicherungsaufwand des A nicht linear, sondern in Form einer Kurve verläuft, ist auch die Darstellung des Gesamtaufwandes der Gesellschaft in einem Diagramm kurvenförmig. Die dieser Kurve entsprechende Funktion hat einen unteren Grenzwert, dem ein Wert χ an Sicherungsaufwand des A und ein Wert y an Schadenshöhe der Geschädigten entspricht. Wendet A mehr als χ auf, verringert sich zwar der Schaden der Geschädigten, doch das Mehr an Sicherungsaufwand ist höher als das Ausmaß der weiteren Schadensverringerung. Damit steigt der Gesamtaufwand der Gesellschaft (und damit auch die ihn darstellende Kurve) nach diesem Punkt x/y, bis zu dem er gefallen war, wieder an. Die Vertreter der ökonomischen Analyse halten diesen Grenzwert der Gesamtkurve für den optimalen Punkt. Ihrer Meinung nach entspricht A den von der Gesellschaft zu fordernden Sorgfaltsansprüchen, wenn er mindestens

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Maßgeblich an der Entwicklung dieser Theorie beteiligt war Calabresi mit seinem diesbezüglichen Hauptwerk "The Cost of Accident, a Legal and Economic Analysis" (1970). 64 Vgl. dazu die Tabellen bei Kötz, Deliktsrecht*, S. 47 f. (ebenso ders. t FS Steindorff 70, 648) und bei H.-B. Schäfer/Ott, Lehrbuch, 86, die von diesem Beispiel ausgehen.

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χ an Sicherungsmaßnahmen investiert, ja er schädigt sogar die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt, wenn er mehr aufwendet, weil der diesem Mehraufwand entsprechende Gewinn an Sicherheit unproportional geringer ist und damit der Gesamtaufwand der Gesellschaft wieder steigt. Sieht man von der diskutablen Wertung ab, daß es nach dieser Meinung besser sei, der Gesellschaft einen (weiteren) Schaden zuzufügen, als daß der Schädiger mehr Sicherungsaufwand treiben soll 65 , liegt die Problematik dieser vor allem auch auf Schadensprävention gerichteten Theorie 66 in erster Linie an ihrer schwierigen praktischen Durchführbarkeit. 67 Der ideale Punkt x/y ist in der Theorie leicht zu finden. Doch in der Praxis läßt sich wohl kaum die Schadenshöhe pro Sicherungsaufwand errechnen, schon weil der Begriff des Schadens, als Aufwand der Gesellschaft verstanden, uferlos ist: Weder läßt sich qualitativ abgrenzen, was alles als Schaden in diese Rechnung einzubeziehen ist, noch können diese Schadenselemente der Höhe nach vorhergesehen werden. Ebensowenig läßt sich eine Funktion errechnen, mit der sich Sicherungsaufwand und Schaden zueinander in (lineare) Beziehung bringen lassen. Dies gilt bereits fur "einfache" Schäden, erst recht aber für komplexe Schadensfälle wie Umweltschäden.68 Während derartige Kosten-Nutzen-Analysen in der Betriebswirtschaftslehre wenigstens näherungsweise verwendet werden können, weil sich dort etwa der Markt für ein Produkt (oftmals) eingrenzen läßt, ist dies im Haftungsrecht, so wird hier zumindest vermutet, beinahe unmöglich. Aufgrund der Komplexität der Schadenssachverhalte ist es der Rechtswissenschaft noch nicht einmal gelungen, die Frage der Schadensdeckung (nach entstandenem Schaden!) mit einer einheitlichen Antwort zu klären. Wie kann dann aber auf so vager Grundlage die Schadensvorsörge gesteuert werden, wozu die Schadensfälle vorhergesehen werden müßten?

65 Ein Gedanke, der abwegiger klingt, als er tatsächlich ist: Man bedenke nur, daß der "Gesamtaufwand" der Gesellschaft bei einem funktionierenden (!) Schadensersatzrecht letztendlich gänzlich von A zu tragen wäre, da er ja nicht bloß den Sicherungsaufwand, sondern auch die entstandenen Schäden zu tragen hätte. Dabei wird jedoch davon ausgegangen, daß es nur quantifizierbare Schäden gibt, was nicht unbedingt als realistische Annahme zu werten ist. Dazu auch sogleich zur "Learned-Hand-Formel" (unten bei Fn. 69). 66 Vgl. nur Kötz, FS Steindorff 70, 643 ff. 67 Dieser Mangel ist am stärksten bezüglich der von den Vertretern dieser Theorie gewollten Präventionswirkung zu erkennen. Es ist aber Kötz (FS Steindorff 70, 649 ff.) zuzugestehen, daß eine rückblickende Sachverhaltswürdigung durch den Richter bereits heute mit einer ökonomischen Analyse vergleichbar sein kann. 68 Ähnlich auch Assmann in Ferry ves/Weyers, 150 f.: "Die Theorie eines nach 'preisanalogen Anreizen' auszurichtenden Schadensersatzrechts versagt aber bereits dann, wenn sich nicht mehr ermitteln läßt, was die Kosten welcher Handlungsweise sind, weil sich preis- und marktanaloge Informationsprobleme stellen."

4. Gang der Darstellung

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Ein weiterer Kritikpunkt setzt an der von den Vertretern der ökonomischen Analyse so hochgeschätzten "Learned Hand-Formel" an, die sich aus oben Ausgeführtem ergibt: Deijenige handle fahrlässig, der es unterläßt, eine sichere Handlungsalternative zu wählen, obwohl die Mehrkosten dieser Alternative geringer sind als die durch sie wahrscheinlich verhinderten Unfallkosten. 69 Folgert man daraus, daß der einzelne nur "die ihm zu Gebote stehenden wirtschaftlich vertretbaren Sicherheitsmaßnahmen"70 zu ergreifen braucht, um mögliche Schadenersatzpflichten von sich abzuwenden, so gelangt man zu der eigenartigen Konsequenz, daß nicht mehr die Sinnhaftigkeit eines Verhaltens insgesamt beurteilt wird, sondern nur ihre am wenigsten schädliche Variante gesucht wird. Dies hätte, fuhrt man diesen Gedanken weiter, im Umweltrecht die Konsequenz, daß Emissionen aus haftungsrechtlicher Sicht in unbeschränktem Umfange zuzulassen wären, wenn sich der Einbau einer Filteranlage "nicht rentiert". Hier setzt nämlich in voller Härte das Problem der Berechenbarkeit von möglichen Schäden an 7 1 , die in Bezug zu den Kosten der Filteranlagen zu setzen wären. Aus diesen Gründen wird hier auf eine Einbeziehung der ökonomischen Analyse verzichtet.

4. Gang der Darstellung Bevor in der folgenden Untersuchung auf die spezifischen Fragen des deutschen Haftungsrechts eingegangen wird, sei ein Verweis auf zwei ausländische Rechtsordnungen erlaubt, deren Darstellung nicht bloßen Exkurs-Charakter haben. Da das deutsche Recht im Konflikt zwischen subjektivem Verschuldensprinzip und objektiven Haftungsgrundsätzen zu sehen ist, werden zwei Systeme dargestellt, die jeweils einem der beiden Spannungselemente noch stärker ausgeliefert sind. Bereits bei diesen Länderberichten wird im besonderen auf zwei Fallgruppen eingegangen werden, die auch in der Folge immer wieder aufgegriffen 69 Vgl. nur Kötz y Delikts recht 5 , Rn. 125, der das Urteil des amerikanischen Bundesrichters Learned Hand zitiert, nach dem diese Formel benannt ist (United States v. Caroli Towing Co.). Learned Hand hatte damals jedoch keineswegs das im Sinn, was seiner "Formel" im nachhinein beigemessen wurde. Er wollte mit "algebraic terms" ausdrücken, wie eine grenzenlose Erfolgshaftung durch rückblickende Beurteilung eines (Einzel-!)Falles eingeschränkt werden kann, nicht jedoch ein (positives) Maß von haftungsbegründender Fahrlässigkeit bestimmen. Vgl. zur Verselbständigung des von Learned Hand Gesagten nur Posner, J. Legal Stud. 1 (1972) 29 ff. 70 So z. B. A. Schulz, VersR 1984, 613 71 Auch Steffen (VersR 1980, 411) hält diese Formel für "ganz unanwendbar": "In bloßen Aufwandsüberlegungen kommt der Integritätsanspruch des Geschädigten und der kollidierende Handlungsraum des Schädigers zu kurz." 2 Koch

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I. Einleitung

werden. Es handelt sich dabei einerseits um den Bereich der Haftung für Tiere, die als eine der historisch ersten "Gefährdungshaftungen " gesehen werden kann. Die zweite Fallgruppe entstammt dem in der Praxis wohl wichtigsten Anwendungsbereich der Gefährdungshaftung, den Verkehrsunfällen, in die Kraftfahrzeuge verwickelt sind. Nach den Länderberichten folgt ein Überblick über jene Prinzipien, die das Haftungsrecht und damit auch den darzustellenden Bereich am stärksten beeinflussen. Die Betonung soll dabei auf der Stärke der Beeinflussung liegen und weniger auf einer umfassenden inhaltlichen Erstellung eines Theoriengebäudes. Im nächsten Abschnitt "Von der Gefährdungshaftung zur Sachhaftung" werden vor allem die herkömmlichen Ordnungsprinzipien des Haftungssystems, der Gefahrdungsgedanke und das Verschuldensprinzip, einer kritischen Prüfung unterzogen. Als Alternative zu diesen Ordnungsprinzipien wird in der Folge nach neuen Systemelementen gesucht, die im ersten Unterkapitel des Teiles "Die Sachhaftung" dargestellt werden. Diese Systemüberlegungen sind als das Zentrum dieser Arbeit gedacht; dort soll anhand der bisherigen Ergebnisse eine mögliche Abgrenzung der Sachhaftung im Haftungssystem versucht werden. Die weiteren Unterkapitel sollen das Bild vervollständigen, ohne neue Probleme grundlegend erörtern zu können. So sollte vom Abschnitt, der der Person des Haftpflichtigen gewidmet ist, keine erschöpfende Diskussion des Halterbegriffes erwartet werden, was Gegenstand einer eigenen Untersuchung sein könnte (und bereits war 72 ). Der Grund, warum so zentrale Fragen wie die nach dem Halter offensichtlich nur halbherzig behandelt werden, liegt in der versuchten konsequenten Beschränkung auf Systemüberlegungen, was darstellungsreduzierende Konzessionen insbesondere hinsichtlich jener Teilprobleme erforderte, denen geringere Bedeutung für die darzustellende Systematik beigemessen wurde. Während dieser Hauptteil der Arbeit das bisherige System mit seinen Auswirkungen auf die ihm unterworfenen Rechtsbereiche vernachlässigt und in der Darstellung an den gesuchten Ordnungskriterien orientiert ist, sei schließlich im Schlußteil noch kurz darauf hingewiesen, wie dieses Sachhaftungsmodell im Verhältnis zur gegenwärtigen (Haftungs-)Rechtsordnung zu sehen wäre.

72

Vgl. nur Heß, Ersatzpflichtiger.

I I . Blick über die Grenzen Rechtsvergleichende Argumente Für diesen Abschnitt wird nicht der Anspruch der vollständigen Wiedergabe des Deliktsrechts der behandelten Länder erhoben. Die beiden Länder berichte sollen (und können) das nicht bloß in Deutschland, sondern - wie erahnt - überall komplexe Gebiet der Schadenszurechnung nicht umfassend darstellen; dies gilt ebenso für den begrenzten Teilbereich der uns interessierenden Fälle einer Haftung für Schäden, die Sachen verursachten. Um solch allgemeine Informationen zu erlangen, wird der Leser im Rahmen der Einzeldarstellungen auf fundiertere Literatur weiterverwiesen. Die hier gesammelten Ausschnitte von ausländischen Lösungen haftungsrechtlicher Probleme wurden unter dem durchaus subjektiven Aspekt ausgewählt, Argumente und Gegenargumente für die folgende Diskussion auf der Basis des deutschen Rechts zu liefern, wobei die theoretischen Grundlagen dieser Diskussion als Maßstab der angesprochenen Auswahl dienten. Somit werden in den Länderberichten lediglich die Grundzüge jenes Teiles des jeweiligen Haftungsrechtes dargestellt, der unserer "Gefährdungshaftung" entspricht oder zumindest deren wichtigste Fälle regelt. Die Rechtslage und deren akademische und judizielle Diskussion werden jedoch nur insoweit ausführlicher behandelt, als daraus auch für die Argumentation gewonnen werden kann. Daß gerade Frankreich und England ausgewählt wurden, erklärt sich aus den beiden gegensätzlichen Positionen, die in diesen Ländern zur Frage der Haftung für Sachen vertreten werden.

1. Frankreich (a) Überblick1 Das Haftungssystem des Code Civil baut, der romanistischen Tradition folgend, auf dem Verschuldensgrundsatz auf und kennt (nach historischer Inter1

Deutschsprachige Literatur: U. Hübner, Gardien; Weyers, Unfallschäden, 153 ff. (157 ff.); Will, Quellen, 131 ff.; Zacherty Gefährdungshaftung; Zweigert/Kötz y Rechtsvergleichung I I 2 , 407 ff. 2*

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II. Blick über die Grenzen

pretation) als einzige Ansatzpunkte einer eventuell schwächeren Ausprägung dieses Prinzips die Art. 1385 (Tierhalterhaftung) und 1386 (Haftung des Gebäudebesitzers) C. civ. 2 , die von ihrem Regelungsgehalt her in den §§ 833 bzw. 836 BGB Entsprechung finden. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann sich eine Zurechnungstheorie herauszubilden, die eine von der Verschuldensvoraussetzung losgelöste Haftung fur jene Fälle forderte, in denen dem zur Haftung zu Verpflichtenden die Eröffnung einer Gefahrenquelle zuzurechnen war. Dies führte nicht bloß zu einer Uminterpretation der bereits anerkannten Haftungsnormen (Art. 1385 f. 3 und vor allem Art. 1384 Abs. 1 C. civ.), sondern auch zur Schaffung neuer Tatbestände4. Wichtigste legislative Änderung des Haftungsrechts in dieser Hinsicht war zuletzt das Gesetz vom 5. Juli 1985 5 , das die Haftung bei Verkehrsunfällen regelt. Besagtes Gesetz ist jedoch in seiner Regelung keine originäre Neuschöpfung des Gesetzgebers, sondern dessen Reaktion auf eine Rechtsprechungsentwicklung, die sich mit dem (nicht bloß in Frankreich) berühmten arrêt Jand'heufi gefestigt hatte. Die Obergerichte (und insbesondere die Cour de cassation ) schufen dabei eine verschuldensunabhängige Haftung für Sachen, auf die nun näher einzugehen sein wird.

(b) Die Haftung für fait des choses Diese umfassende, da allgemeine "Sachhalterhaftung" 7 des französischen Rechts entstand durch einen Kunstgriff der Lehre 8, der in der erwähnten

2 Dies bezieht sich nur auf den Bereich der hier untersuchten Haftungsgründe; zu erwähnen wäre darüberhinaus etwa noch der erste Fall des Art. 1384 C. civ., der eine strikte Haftung für Schäden anordnet, die verursacht wurden "par le fait des personnes dont on doit répondre". 3 Vgl.zu Art. 1385 C. civ. unten III.I.e. Zu Art. 1386 C. civ.: Carbonnier, Obligations! 4 , 448: "Le propriétaire qui a le profit du bâtiment doit en supporter le risque."). 4 Art. L. 141-2 Code de l'aviation civile et commerciale; Gesetz vom 8. 7. 1941 (Seilbahnen). 5 Loi n° 85-677. 6 13. 2. 1930, D. P. 1930.1.57 ff. (Anm. v. Ripert ) = S. 1930.1.121 ff. (Anm. v. Esmeiri). 7 Diesen Begriff verwendet Weyers, Unfallschäden, 159 ff., für diesen französischen Haftungstatbestand. U. Hübner, Gardien, bezeichnet ihn im Untertitel als "Sachhaflungstatbestand". 8 SaleilleSy Accidents, und Josserand, Responsabilité, die damit auf eine Entscheidung aus dem Jahre 1896 (D. 1897.1.433 = S. 1897.1.17) reagierten.

1. Frankreich

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J and TiewrEntscheidung vom Erweiterten Senat des französischen Kassationshofes 9 übernommen und damit als verbindlich anerkannt wurde 10 . Danach wurde ein ursprünglich regelungsleerer Teil des Art. 1384 Abs. 1 C. civ. 1 1 zur Generalklausel einer umfassenden Haftung für Schäden erhoben, die von "choses que l'on a sous sa garde" verursacht wurden. Damit wird in dieser Bestimmung seither eine Legal Vermutung nicht des Verschuldens, sondern der Haftpflicht desjenigen gesehen, der "Halter" 12 einer Sache ist, die einen Schaden verursacht hat. Diese Vermutung kann nur durch den Beweis kausalen Dritteinflusses entkräftet werden. 13 Diese Sachhalterhaftung ist nicht wie die deutsche Gefährdungshaftung beschränkt auf einige wenige Sachen, sondern wird als Generalklausel bei allen Sachen außer jenen angewandt, fur die eine besondere gesetzliche Regelung besteht14. Daß eine derart umfassende Änderung im Haftungsrecht natürlich vielfaltiger Diskussion ausgesetzt war, liegt auf der Hand 1 5 , insbesondere hat man (vor und nach dem arrêt Jand'heur) immer wieder versucht, den Tatbestand einschränkend zu interpretieren. Aus dieser Diskussion sollen nur jene Thesen herausgegriffen werden, die mit deutschen Überlegungen vergleichbar sein könnten.16 9 In der Folge wird von diesem nur noch als "Chambres réunies" gesprochen (in heutiger Diktion entspricht diese der "Assemblée plenière"). Dabei handelt es sich um eine Versammlung aller Zivilrechtskammern, die zur Entscheidung von Grundsatzfragen berufen ist oder dann für die Entscheidung einer Rechtssache zuständig ist, wenn (wie im vorliegenden Fall) diese Rechtssache bereits einmal vor einem Senat der Cour de cassation verhandelt worden ist. 10 Carbonnier , Obligations!^, 457: "Les formules de l'arrêt sont entrées dans notre droit positif. " H Carbonnier y Obligations 14, 444: "En écrivant dans l'a. 1384 al. 1, que l'on est responsable du fait des choses que l'on a sous sa garde, le législateur de 1804 n'avait eu, sans doute, d'autre intention que d'annoncer l'a. 1385, peut-être aussi l'a. 1386." Dazu auch Mazeaud y Traité 116, Nr. 1075 (S. 145 f.). 12 Zum Begriff des "gardien" V. Hübner , Gardien (insbes. 73 ff.). 13 "...[La] présomption de responsabilité établie par cet article à l'encontre de celui qui a sous sa garde la chose inanimée qui a causé un dommage à autrui ne peut être détruite que par la preuve d'un cas fortuit ou de force majeure ou d'une cause étrangère qui ne lui soit pas imputable." (Spruch der Jand'heur-Entscheiâungy D. P. 1930.1.70). Zu den Entlastungsmöglichkeiten unten bei Fn. 55. 14 So gilt eine spezielle Regelung fur Tiere im bereits erwähnten Art. 1385 C. civ., für Gebäude in Art. 1386 C. civ. Vgl. auch Fn. 4. 15 Vgl. nur die Reaktionen der Zeitgenossen des arrêt Jand'heur: Riperty D. P. 1930.1.57 ff. (Anm.); Esmein y S. 1930.1.121 ff. (Anm.); Josserandy D. H. 1930.25 ff.; Capitanty D. H. 1930, 29 ff. 16 Gesamtdarstellungen der verschiedenen Meinungen bei U. Hübner, Gardien, 8 ff.; Carbonnier y O b l i g a t i o n s ^ , 468 ff.; Weill/Terréy Obligations*, 697 ff.; Mazeaudy Traité 116, passim. Zu einer hier nicht ausgeführten Theorie Bürger, "Théorie du risque". Vgl. zu dieser aber auch Starck y Théorie, 18 ff.

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II. Blick über die Grenzen (aa) Ab- und Eingrenzungsversuche, die sich am Einfluß der Sache auf das Schadensobjekt im konkreten Fall orientieren

Diese Versuche setzen an der grundsatzlichen Unterscheidung von fait de la chose und fait de l'homme an, die ihnen der Wortlaut des Art. 1384 Abs. 1 C. civ. vorgibt. Diese Unterscheidung wurde fur nötig befunden, um den Tatbestand dieser Bestimmung von den anderen Haftungsnormen abzugrenzen und so seine Anwendbarkeit zu generalisieren. Die Überlegungen dazu begannen mit einem Definitionsversuch des Begriffes fait de la chose. Abgesehen vom terminologischen Problem, daß "ein Handeln einer leblosen Sache schwer zu begreifen ist" 17 , kritisierten die Gegner dieses Ansatzes vor allem die rôle actif die die Sache bei der Schadensbegründung nach Meinung vieler 18 spielen müsse, um Anknüpfungspunkt einer Haftungsbegründung sein zu können19. Und tatsächlich ist es nicht gut möglich, einem an gefahrlicher, da unübersichtlicher Stelle geparkten Auto eine "aktive" Rolle bei der Verursachung des Schadens eines Auffahrunfalles zuzuschreiben, wenn es dort vom Lenker in Ruhezustand zurückgelassen wurde. 20 Hinter der Ablehnung dieser Meinung steht jedoch das nicht unbestreitbare Ziel, auch in diesem Falle den Halter haften zu lassen und nicht den unvorsichtig parkenden Fahrer. 21 Will man eine derart weitläufige Halterhaftung postulieren, so muß man H. Mazeauds Definition der rôle actif folgen, der diese in der Tatsache der faktischen Schadensverursachung (unabhängig von einem eventuellen Ruhezustand der Sache) indiziert sieht und sie so der Kausalitätsfrage unterstellt. 22 17 U. Hübner, Gardien, 9. Vgl. auch Mazeaud, Traité 116, Nr. 1213 (S. 322): "L'homme agit, non la chose dont il se sert." 18 Vgl. die bei Mazeaud , Traité 116, Nr. 1211-4, Fn. 2 (S. 298 f.) Zitierten. 19 Vgl. die Darstellung der Diskussion bei Mazeaud, Traité 116, Nr. 1211-3 ff.(S. 297 ff.) und Viney, Responsabilité: Conditions, Nr. 665 ff. 20 Vgl. Mazeaud , Traité 116, Nr. 1211-3 (S. 298): "Distinguera-t-on entre l'automobile en marche qui renverse un piéton et celle à l'arrêt sur laquelle un cycliste vient s'écraser, entre la voiture qui 'accroche' et celle qui est 'accrochée', entre la pierre qui tombe de la montagne et celle sur laquelle on trébuche, entre l'arbre qui s' abat et celui qui est couché en travers de la route, etc.?" (Ähnlicher Wortlaut bei H. Mazeaud , GS Capitani, 520). 21 Vgl. die dt. Rsp., z. B. BGH 1. 10. 1957, VersR 1957, 740 = NJW 1957, 1878; BGH 16. 2. 1972, BGHZ 58, 162 = NJW 1972, 904; BGH 25. 3. 1980, NJW 1980, 1579. 22 "[La] présomption de responsabilité ne peut jouer que s'il y a eu intervention 'active' de la chose dans la réalisation du dommage, c'est-à-dire si la chose a 'causé' le dommage, l'a produit, l'a crée." (GS Capitani, 536). Ähnlich Carbonnier , Obligations H, 465 f.

1. Frankreich

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Hebt man dieses Kriterium aber auf eine derart allgemeine Ebene, hat man noch nichts fur eine Abgrenzung des fait de la chose vom fait de l'homme gewonnen. 23 Und in der Tat scheint eine solche Unterscheidung schwierig zu sein: Wie H. Mazeaud festhält, läßt sich keine absolute Trennlinie zwischen den beiden Begriffen ziehen, da es keinen - haftungsrechtlich relevanten Sachverhalt gibt, bei dem eine Sache völlig unabhängig von menschlichem Einfluß einen Schaden verursacht hat. 2 4 H. Mazeaud sieht als Unterschied zwischen den beiden Begriffen letztendlich nur die jeweilige Nahebeziehung zwischen der menschlichen Handlung und dem Einfluß der Sache auf die Schadensentstehung.25 Der arrêt Jand'heur stellte die Sicht der Cour de cassation klar, daß Autounfälle le fait de l'automobile sind (auch wenn man es als bloßes "Werkzeug" in der Hand des Autofahrers sehen könnte) und nahm damit zwar dem Streit der Praktiker, nicht aber dem der Theoretiker den Wind aus den Segeln. 26

(bb) Ab- und Eingrenzungsversuche, die an der Sache selbst ansetzen

Die Berechtigung des Begriffes fait de la chose konnte angesichts der oberstgerichtlichen Entscheidung nicht mehr bezweifelt werden, sodaß den Überlegungen zur rôle actif bzw. passif der Sache keine Durchsetzungskraft mehr zukommen konnte. 27 Daneben gab es jedoch auch Theorien, die versuchten, weniger am tatsächlichen Einfluß der Sache auf die Schadensentste23 Vgl. Mazeaud, Traité I I 6 , Nr. 1211-8, der nach der unbefriedigenden Diskussion der "intervention active" auf die Behandlung dieser grundsätzlichen Unterscheidung übergeht mit den Worten: "Une fois de plus, si la solution paraît impossible à découvrir, c'est que la question a été mal posé." 2 4 "Le problème n'est pas, en effet, de savoir s'il y a des cas où existe un fait de la chose 'autonome', distinct, indépendant, du fait de l'homme. Un tel fait ... n'existe pas." (H. Mazeaud , GS Capitant, 518; im selben Sinne auch a. a. Ο., 530 ff.) V g l dazu Cornu , Responsabilité, 89: "Ainsi, le 'fait de la chose' n'est-il qu'un paravent derrière lequel se découvre toujours le 'fait de l'homme'. A dire que la chose a joué un rôle actif, on croirait à une transposition juridique du procédé Shakespearien de la forêt en marche, " 25 GS Capitant, 518 f.: "[Étant] admis que l'action de l'homme est toujours derrière l'intervention de la chose, on est bien obligé de constater qu'elle en est plus ou moins proche selon les cas, et le problème est seulement de savoir dans quelles situations elle en est assez proche pour 'absorber' en quelque sorte l'intervention de la chose, pour qu'on ne puisse plus voir dans le dommage que la seule action de l'homme." 26 Vgl zum Streit Mazeaud , Traité I I 6 , Nr. 1214 (S. 324), wo die Darstellung der Bedeutung des arrêt Jand'heur abgeschlossen wird mit den Worten: "[La] solution ne peut plus maintenant être contestée; ceux qu'elle ne satisfait pas n'ont désormais qu'une ressource: s'adresser au législateur." (Wie man weiß, geschah dies auch; Ergebnis war das Gesetz vom 5. Juli 1985. Dazu unten [c]). 27 Vgl. Carbonnier, Obligations!*, 465 f.

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II. Blick über die Grenzen

hung anzusetzen, als vielmehr in einer noch zu findenden Sacheigenschaft einen Maßstab zur Anwendung des Art. 1384 Abs. 1 C. civ. zu entwickeln, der die Zahl der ihm unterstellten Fälle wenn schon nicht reduzierte, so doch zumindest überschaubar und systematisierbar machen konnte. Aufgrund der vielschichtigen Überschneidungen der verschiedenen Ansätze seien diese hier nur aufgelistet, ohne daß deren Abgrenzung versucht werden würde.

Caractère dangereux de la chose: Ähnlich den unserer Gefährdungshaftung zugrundeliegenden Theorien wurde auch in Frankreich die Meinung vertreten, daß Sachen nur dann der Sachhaftung des Art. 1384 Abs. 1 C. civ. unterliegen, wenn sie "gefährlich" seien. 28 Mit dem Wortlaut dieser Bestimmung versuchten die Vertreter dieser Theorie ihre Meinung in Übereinstimmung zu bringen, indem sie die Wortfolge "choses que l'on a sous sa garde" dahingehend interpretierten, daß eben nur gefahrliche Sachen aufsichtsbedürftig seien und daher nur sie dieser Bestimmung unterliegen würden. 29 Diese Meinung wurde von einer Entscheidung bestätigt, die wie der spätere arrêt der Chambres réunies in der Rechtssache Jand'heur erging. 30 Nach dieser Entscheidung genügt es für die Anwendbarkeit des Art. 1384 Abs. 1 C. civ. nachzuweisen, "qu'il s'agisse d'une chose soumise à la nécessité d'une 'garde' en raison des dangers qu'elle peut faire courir à autrui". 31 Im arrêt Jand'heur der Chambres réunies aus 1930 wurde diese Gefahrlichkeitstheorie nicht mehr erwähnt 32, woraus geschlossen wurde, daß die Chambres réunies sie ablehnten33.

28 Zur Diskussion Mazeaud, Traité 116, Nr. 1227 ff. (S. 335 ff.); wo bereits der Titel dieser Darstellung das Schicksal dieser Meinung vorwegnimmt: "La distinction des choses dangereuses et des choses non-dangereuses. Sa condamnation en jurisprudence et en doctrine." Ebenso Weill/Terré , Obligations*, Nr. 700 (S. 703 f.). 29 Vgl. Mazeaud , Traité 116, Nr. 1227 (S. 335) und Nr. 1235 (S. 342 f.). 30 Arrêt vom 21. 2. 1927, D. 1927.1.97 (Anm. v. Ripert) = S. 1927.1. 137 (Anm.v. Esmein). Formal handelte es sich auch hier um einen arrêt ; um Verwechslungen und eine umständliche Terminologie zu vermeiden, wird in dieser Arbeit nur von der Entscheidung der Chambres réunies als " arrêt Jand'heur" gesprochen. 31 D. 1927.1.100. Mazeaud, Traité 116, Nr. 1229 (S. 337) bezweifelt allerdings, ob das Gericht hier wirklich die Gefährlichkeitsvoraussetzung statuieren wollte. 32 Obwohl sie auch im abschließenden Verfahren vorgebracht wurde: Vgl. die Ausführungen des conseiller (Berichterstatters) Le Marc'hadour in D. 1930.1.64. 33 Vgl. Mazeaud, Traité 116, Nr. 1231 (S. 340) und dies., Nr. 1242 (S. 346), wo es heißt: "Ainsi, on ne peut qu'approuver pleinement les Chambres réunies d'avoir, par leur silence, condamné le critère du danger. "

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1. Frankreich

Diese Ablehnung einer Einbeziehung des Gefährlichkeitsgedankens in die Haftungstheorie wurde in der Folge zu herrschenden Lehre. 34 Dennoch gab und gibt es immer wieder Versuche von bedeutenden Autoren, den Gedanken der Gefährlichkeit im Schadensersatzrecht "wiederzubeleben ", ohne daß diese Ansätze mehr Erfolg zu haben scheinen.35

Vice inhérent : Einen anderen Versuch, den Sachbegriff des Art. 1384 Abs. 1 C. civ. durch ein ihm inhärentes Merkmal einzuschränken, stellt die Lehre dar, wonach der Sache (bereits vor dem Schadensereignis) ein innerer Mangel anhaften müsse, um jene Haftungsfolgen auszulösen.36 Ohne darauf näher einzugehen, sei hiezu nur noch vermerkt, daß dieser Ansatz im arrêt Jand'heur 37 und von der Lehre ausdrücklich abgelehnt wurde, insbesondere auch im Hinblick auf das sich dem Geschädigten stellende Beweislastproblem, den Mangel der Sache nachweisen zu müssen.38

Dynamisme propre

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:

Vor dem arrêt Jand'heur wurde von einigen in Erwägung gezogen, ob man nur jene Sachen als haftpflichtbegründend im Sinne des Art. 1384 Abs. 1 C. civ. betrachten solle, "die eine eigene Dynamik zu entwickeln imstande seien"40.

34 Dazu nur ein Zitat von Larroumet , Responsabilité, Rn. 50 f.:"Sans doute, est-il arbitraire de distinguer les choses dangereuses des choses non dangereuses, car toute chose peut être considérée comme dangereuse dès lors qu'elle a causé un dommage. [...] En réalité, il faut bien voir que la distinction des choses dangereuses et non dangereuses camouflait la volonté de maintenir à la responsabilité civile son fondement moral, encore traditionnel en 1930." Vgl. Tunc , Travaux Capitant XIX, 50 ff. (und die übrigen Aufsätze in diesem Band). 36 Vgl. die Nachweise bei Mazeaud, Traité 116, Nr. 1216, Fn. 3 (S. 327). 37 "Mais attendu ... qu'il n'est pas nécessaire qu'elle [la chose] ait un vice inhérent à sa nature et susceptible de causer le dommage, ..." (D. 1930.1.70). 38 Vgl. Larroumet , Responsabilité, Nr. 413; Weill/Terré , Obligations*, Nr. 698 (S. 701). 39 Zur Diskussion Weill/Terré , Obligations*, Nr. 707 (S. 709 f.); Mazeaud , Traité 116, Nr. 1230 (S. 338 f.), Nr. 1240 (S. 345 f.) 40 U. Hübner y Gardien, 9 (wobei der von Hübner als Vertreter dieser Theorie zitierte LaloUy Les choses inertes et l'article 1384, § 1er, du code civil, D. H. 1933 [chronique] 93 ff., diese Theorie auf S. 95 ausdrücklich als fehlerhaft ablehnt).

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II. Blick über die Grenzen

In gewisser Weise stand diese sich nicht durchsetzende41 Idee in Zusammenhang mit der Diskussion der rôle actif der Sache bei der Schadensverursachung einerseits und der Gefährlichkeitseigenschaft der Sache im allgemeinen andererseits. Dennoch ist dieses Konzept von den beiden anderen abgrenzbar: Während die Vertreter des dynamisme propre mit diesem Begriff die Notwendigkeit einer tatsächlichen Bewegung der Sache bei der Schadensverursachung zum Ausdruck bringen wollten, wird die rôle actif letztendlich als bloß kausales Beteiligtsein der Sache interpretiert, unabhängig von einer physischen Bewegung der Sache. 42 Obwohl die chose dangereuse von manchen gleichgesetzt wurde mit einer Sache "qui a un dynamisme propre" 43 , setzte sich der (bereits dargestellte) Begriff der Gefährlichkeit in seinem umgangssprachlichen Sinne durch: Gefährlich sei eine Sache, wenn die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintrittes hoch ist, unabhängig davon, ob es zu diesem Schadenseintritt aufgrund einer Bewegung der Sache kam. 4 4 Da der Begriff der "Eigendynamik" im Hauptteil dieser Arbeit zentrale Bedeutung haben wird, müssen hier, um späteren Mißverständnissen vorzubeugen, wesentliche Punkte dieser französischen Theorie nochmals hervorgehoben werden: Erstens kommt es bei dem zu Art. 1384 Abs. 1 C. civ. entwickelten Gedanken des dynamisme propre auf eine tatsächliche Bewegung der Sache an, auf ein aktives "Zugehen" der Sache auf das Schadensobjekt. Zweitens ist die Ablehnung der Konzeption des dynamisme propre in Frankreich maßgeblich darauf zurückzuführen, daß dort auch in jenen Fällen eine Halterhaftung greift, die in Deutschland als Verletzungen von Verkehrssicherungspflichten behandelt werden. So haftet zum Beispiel der Besitzer eines morschen Baumes, der auf die Straße gefallen ist, in Frankreich als Halter des Baumes und nicht deswegen, weil er seine Pflicht, den erkennbar morschen Baum zu fällen, vernachlässigte.45 Drittens (und vor allem) wurde dieser dynamisme propre als "propre" im engsten Sinne des Wortes gesehen, als tatsächlich von der Sache selbst (und nur von ihr) ausgehende Bewegung, was wohl vor allem mit dem zur gleichen Zeit diskutierten Kon-

41 Vgl. z. B. Mazeaud, Traité 116, Nr. 1240 (S. 345 f.) und die Darstellung der Diskussion bei den oben Fn. 39 Zitierten. 42 Vgl. zur Abgrenzung Mazeaud, Traité 116, Fn. 4 zu Nr. 1230 (S. 339). 43 Mazeaud, Traité 116, Nr. 1230 (S. 338 f.). 44 Vgl. die Entscheidung der Cour de Dijon (D. 1929.2.41, mit Anm. v. Josserand): "Considérant, ..., qu'à cet égard, il n'est d'ailleurs pas nécessaire que la chose contienne un principe de dynamisme propre, qu'il suffit qu'elle constitue par ellemême, ou par les conditions dans lesquelles elle se trouve placée, une aggravation de risque pour les tiers, ..." (D. 1929.2.45). 45 Vgl. für Frankreich H. Mazeaud , GS Capitani, 532; für Deutschland ζ. Β. BGH 30. 10. 1973 VersR 1974, 88.

1. Frankreich

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zept der rôle actif zusammenhing. Jeder menschliche Einfluß auf die Sache schloß nach diesem französischen Ansatz eine Eigendynamik aus. 46

(cc) Ab- und Eingrenzungsversuche, die am gardien ansetzen -

faute dans la garde Nachdem, wie soeben dargestellt, eine Einschränkung des weiten Anwendungsfeldes von Art. 1384 Abs. 1 C. civ. weder durch eine engere Definition der Sache noch durch eine Beschreibung des nötigen Einflusses dieser Sache bei der Schadensentstehung erreicht werden konnte, versuchten vor allem die Brüder Mazeaud 41 nachzuweisen, daß ein geeignetes Abgrenzungskriterium im Verhältnis der Sache zur Person des Haftpflichtigen, also des gardien, zu finden sei. 48 Nach ihrer Meinung ist die Abgrenzung fait de l'homme und fait de la chose zu wörtlich genommen worden. Es sei nicht zu bestreiten, daß die Kraft der Sache ihr vom Menschen eingegeben wurde, dennoch entgleite diese Kraft manchmal der menschlichen Kontrolle, und dann komme es zu einem fait de la chose.* 9 Die Prüfung, wann dies der Fall sei, führe zur Abgrenzung des Tatbestandes der Sachhalterhaftung. In der konkreten Anwendung gehen jedoch die Meinungen auseinander. Der Bearbeiter der 6. Auflage der "Traité", Jean Mazeaud, vertritt dieselbe Position wie seine Brüder Henri und Léon in der 3. und 4. Auflage ihres Werkes; Tunc y der die 5. Auflage besorgt hat, unterstützte deren abweichende Meinung aus den ersten beiden Auflagen. Streitig ist dabei nicht der Fall, daß die Sache dem Willen des Menschen "gehorchte". Als Beispiel nennen J. Mazeaud und Tunc , daß jemand vorsätzlich mit seinem Spazierstock auf einen anderen einschlägt. Auf den Schläger 46 Vgl. jedoch die Definition von Mazeaud, Traité 116, Nr. 1245 (S. 347): Eine Sache könne der menschlichen Kontrolle entfliehen "sous l'empire de la force que l'homme a lui-même incluse dans la chose, de ce qu'on appelle le dynamisme propre de la chose." 47 Traité 116, Nr. 1243 ff. (S. 347 ff). 48 Dazu auch Starck , Théorie, 131 ff. 49 " [ L ' ] homme seul donne à la chose inanimée ce qui remplace en elle la vie qui lui manque; mais il n'en reste pas moins vrai qu'une fois l'impulsion première donnée, qu'une fois la force crée, cette force, cette impulsion dépassent souvent l'action de l'homme: cela, c'est une réalité et c'est cela qui constitue le fait de la chose, fait non autonome, mais fait quand même, qui s'oppose nettement au 'propre fait' du responsable." (.Mazeaud , Traité 116, Nr. 1245, S. 348). Und dieselben , a. a. Ο., Nr. 1248 (S. 351): "Il n'y a 'fait de la chose' que lorsque la chose échappe à la maîtrise de l'homme ." [Hervorhebung im Original].

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II. Blick über die Grenzen

seien die Regeln der Verschuldenshaftung anzuwenden (Art. 1382 C. civ.). Ebenso einig sind sich J. Mazeaud und Tunc , wenn der Mensch, der sich der Sache bedient, angesichts des drohenden Schadens alles getan hat, um diesen zu vermeiden, die Sache jedoch darauf nicht (mehr) reagiert hat: Der Autofahrer, der einen Fußgänger auf die Fahrbahn laufen sieht, tritt voll auf die Bremse, diese versagt jedoch. Hier soll die Halterhaftung des Art. 1384 Abs. 1 C. civ. zur Anwendung kommen, da die Sache der menschlichen Kontrolle entglitten ist. Wie ist es jedoch, wenn der auf die Sache einwirkende Mensch den Schadenseintritt nicht wollte, die Möglichkeit einer Schädigung vor allem aber erst im allerletzten Moment erkannte, als es für ihn und fur die Sache ohnedies bereits "zu spät" war? Der Spaziergänger redet, wild auch mit seinem Stock gestikulierend, und trifft mit diesem Stock einen von ihm unbemerkten Passanten. Der Autofahrer fahrt einen Fußgänger an, weil er diesen gar nicht auf die Straße laufen gesehen hat. Jean Mazeaud tritt für eine Halterhaftung ein, was er mit dem Kunstgriff begründet, daß die Sache im Moment des physischen Kontakts mit dem Opfer der Kontrolle des Menschen entglitten sei, welcher hinsichtlich des Schadenseintrittes "neutral" geblieben sei. 5 0 Tunc ist anderer Meinung. Erstens habe die Sache genau das gemacht, was der Mensch von ihr wollte, seine Kontrolle über die Sache sei ihm also keineswegs entglitten. Das Auto sei genau in der Geschwindigkeit und genau dorthin gefahren, wie schnell und wohin sein Fahrer es wollte. Zweitens sei Art. 1384 Abs. 1 C. civ. nicht anwendbar, wenn der Sachverhalt derart klar auf menschliches Verschulden hinweise. Ein umsichtiger Mensch mache nun einmal keine Windräder mit seinem Spazierstock, ohne auf Menschen in seinem Nahebereich zu achten; ein umsichtiger Autofahrer könne nicht jemanden niederfahren, ohne ihn zuvor gesehen zu haben.51 Sind sich die Bearbeiter der "Traité" von H. und L. Mazeaud auch uneinig über das Ausmaß der Anwendbarkeit dieses Kriteriums, so sind sie doch einer Meinung, daß es sich mit dem Wortlaut des Art. 1384 Abs. 1 C. civ. vereinbaren läßt. Denn diese Bestimmung normiere eine Aufsichtspflicht des Halters. Jedesmal, wenn die Sache seiner Kontrolle "entgleite", sei er seiner Aufsichtspflicht nicht nachgekommen (unabhängig davon, ob er es gekonnt hätte), und habe damit ein Aufsichtsverschulden (faute dans la garde) zu verantworten. 52 50 "[II] est resté strictement neutre à l'égard du résultat: il ne l'a pas voulu, mais il n'a rien fait pour l'empêcher, parce qu'il ne l'avait pas prévu." (Mazeaud , Traité I I 6 , Nr. 1248 (S. 352). 51 Tune , Traité 115, Nr. 1248 (S. 252); zit. auch bei Mazeaud , Traité 116, Nr. 1248, Fn. 3ter (S. 353). 52 Mazeaud , Traité I I 6 , Nr. 1249 (S. 354).

1. Frankreich

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(dd) Rechtspraxis

Auch diese zuletzt dargestellte Theorie wurde nur von der Lehre beachtet, die Rechtsprechung ignorierte sie. 53 Damit bleibt es bei einem weiten Anwendungsbereich des Art. 1384 Abs. 1 C. civ., der grundsätzlich nur bei leges speciales oder vertraglicher Sonderregelung nicht greift. Die Gerichte prüfen primär den Kausalitätsnexus, das heißt, ob die Sache maßgeblich an der Schadensverursachung beteiligt war. 5 4 Dabei sind die Beweisanforderungen für das Opfer nicht sehr hoch. Vielmehr obliegt es vor allem dem beklagten Halter zu beweisen, daß bei der Schadensentstehung eine Außeneinwirkung (sei es höhere Gewalt, sei es eine dritte Person, sei es der Geschädigte selbst55) die Sache derart beeinflußt hat, daß erst diese Außeneinwirkung als "wahre" Ursache des Schadens anzusehen ist.

(c) Die Haftung für fait des animaux Als Beispiel einer Halterhaftung, die bereits bei Einführung des Code civil als solche anerkannt war, sei hier die Tierhalterhaftung des Art. 1385 C. civ. 5 6 angeführt. 57 Diese Bestimmung normiert, daß der Eigentümer eines Tieres oder der, der sich eines Tieres bedient, in der Zeit, während der das Tier von ihm genutzt wird, für alle Schäden aufzukommen hat, die das Tier verursacht, und zwar unabhängig davon, ob das Tier dabei unter seiner Kontrolle ist oder nicht. Damit ist der Tierbegriff dieses Haftungstatbestandes losgelöst von Einschränkungen, wie sie in anderen Rechtskreisen58 gemacht werden: Der Halter haftet unabhängig davon, ob das Tier ein Haustier ist oder eine wilde Bestie. Solange ein Tier einem Halter zuordenbar ist, haftet dieser für Schäden, die es verursacht. Einzige "tierbezogene" Bedingung der Haftung ist die des Kausalitätsnachweises: Der Geschädigte muß beweisen, daß der Schaden durch das Tier verursacht wurde. Dabei darf dessen Rolle bei der Schadens53 Viney , Responsabilité: Conditions, Nr. 660 (S. 774 f.): "En réalité, ces tentatives doctrinales ne nous semblent pas avoir réellement influencé la jurisprudence." 54 Carbonnier , Obligations 14 , 459 ff. Zur Differenzierung nach Fallgruppen vgl. Viney, Responsabilité: Conditions, Nr. 661 ff. (S. 775 ff.). 55 Carbonnier y Obligations 1 4 , 462 ff. 56 "Le propriétaire d'un animal, ou celui qui s'en sert, pendant qu'il est à son usage, est responsable du dommage que l'animal a causé, soit que l'animal fût sous sa garde, soit qu'il fût égaré ou échappé." 57 Mazeaud , Traité 116, Nr. 1071 ff. (S. 142 ff.); Carbonnier , Obligations! 4 , 445 ff. 58 Zu England: unten II.2.c.cc; zu Deutschland unten I V . l . b und V l . l . b .

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II. Blick über die Grenzen

Verursachung nicht vollkommen passiv gewesen sein. 59 Diese Bedingung ist etwa erfüllt, wenn das Tier zwar unbewegt war, sich aber an einer Stelle befand, wo es vernünftigerweise nicht erwartet werden mußte. 60 Der Einfluß menschlichen Verhaltens, das das Tier zur schadenskausalen Bewegung veranlaßte, wurde zunächst berücksichtigt, indem die klagenden Geschädigten auf die allgemeine Verschuldenshaftung zurückverwiesen wurden. 61 In der Folge der geänderten Rechtsprechung zu Art. 1384 Abs. 1 C. c i v . 6 2 kam es jedoch auch bei der Tierhalterhaftung zu einem Umschwung, sodaß die Gerichte nun nicht mehr danach differenzieren, ob das Tier ohne Einfluß eines Menschen oder auf dessen Veranlassung den Schaden verursachte. 6 3 Festzuhalten bleibt noch, wie sich die Theorie der Tierhaiterhaftung, ebenfalls im Zuge der Entwicklung einer Sachhalterhaftung, veränderte: Während zunächst in Art. 1385 C. civ. eine Legalvermutung eines Verschuldens des Halters gesehen wurde (sei es als Aufsichtsverschulden oder als Fehler im Umgang mit dem Tier), geht die Lehre seit der Jahrhundertwende von einer "Risikotheorie" aus: Wer den Nutzen eines Tieres hat, soll auch die Gefahr dessen tragen. 64

(d) Die Haftung bei Verkehrsunfällen Wie bereits im Überblick angedeutet, erfuhr die Rechtslage auf dem wohl wichtigsten Gebiet der Halterhaftung, bei den Verkehrsunfällen, eine entscheidende legislative Veränderung. 65 Das lange erwartete und geforderte

59 Vgl. auch zum Begriff der "rôle a c t i f in anderer Bedeutung bei den "choses inanimées" oben Il.l.b.aa. 60 "Qu'un piéton ou un véhicule se heurte contre un animal immobile et qui n'est pas à un endroit où on ne pouvait pas raisonnablement l'attendre, le gardien de l'animal n'est pas responsable aux termes de l'article 1385." (Mazeaud , Traité 116, Nr. 1117-2 [S. 175]). 61 Nachweise bei Mazeaud, Traité 116, Nr. 1121, Fn. 1 (S. 178). 62 Dazu bereits oben I l . l . b . 63 Mazeaud , Traité 116, Nr. 1120 ff. (S. 177 ff). 64 Carbonnier , Obligations 14, 445: "Cette responsabilité de plein droit a longtemps été expliquée par une présomption légale de faute (de négligence dans la surveillance de l'animal ou d'imprudence dans son utilisation). Mais, la jurisprudence ayant fini par décider, à la fin du siècle dernier, que le responsable ne pourrait pas s'exonérer en prouvant qu'il n'avait commis aucune faute - la doctrine moderne rattache plutôt l'a. 1385 à une idée de risque (qui tire profit de l'animal doit en supporter le risque)." 65 Dazu ausführlich La réforme ; Lambert-Piéri , Accidents, m. w. N. Zur Geschichte Viney , Vortrag, 7 ff.; Carbonnier , Obligations 14, S. 480 ff. Vgl. auch Storp , D A R 1986, 311 ff. Zur Rechtslage vor 1985 Küentzle, Verkehrs un fälle.

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Eingreifen des Gesetzgebers erfolgte durch das Gesetz vom 5. Juli 1985 6 6 , das, im Gegensatz zu "herkömmlichen" schadensersatzrechtlichen Normen, nicht den Schädiger, sondern den Geschädigten in den Mittelpunkt stellt. 67 Von diesem Gesetz erfaßt sind Schäden bei jenen Verkehrsunfallen, in die (zumindest) ein motorbetriebenes "Bodenfahrzeug" ("véhicule terrestre à moteur") 68 "verwickelt" ("impliqué") ist, ohne daß der Nachweis eines adäquaten Kausalzusammenhanges erforderlich ist. 6 9 Eine allfallige vertragliche Beziehung des Geschädigten zum Haftpflichtigen hat keinen Einfluß auf die Entstehung eines Schadensersatzanspruches nach diesem Gesetz. Der Kraftfahrzeughalter haftet objektiv 70 . Sogar bei Selbstverschulden des Verletzten, das entscheidende Unfallursache war, wird der Halter von der Ersatzpflicht für Personenschäden nur dann entlastet, wenn dem Opfer eine faute inexcusable vorzuwerfen ist (Art. 3 Abs. 1 leg. cit.) 7 1 , und auch das nicht, wenn das Opfer unzurechnungsfähig im Sinne dieses Gesetzes72 war. Höhere Gewalt oder Drittverschulden sind ebensowenig Entlastungsgründe (Art. 2 leg. cit.). Dieser strengen Haftpflicht entsprechend, wurde im gleichen Gesetz eine Pflichtversicherung samt Direktanspruch des Geschädigten normiert. Bei Fahrerflucht, oder wenn eine Versicherungsleistung aus anderen Gründen nicht zu erreichen ist, haftet ein Garantiefonds 73. Die entscheidende Änderung durch dieses Gesetz ist weniger in der leichteren dogmatischen Einordenbarkeit in das System des Schadensersatzrechtes zu sehen als vielmehr in der Verbesserung der Position der Unfallopfer. Abgesehen von der Möglichkeit der action directe ist der Versicherer verpflichtet, binnen (höchstens) acht Monaten ab Unfalltag dem Opfer bzw. dessen Erbe

66 Loi n° 85-677. 67 So schon im Wortlaut: Art. 1 leg. cit.: "Les dispositions du présent chapitre s' appliquent, même lorsqu'elles sont transportées en vertu d'un contrat, aux victimes d'un accident ...". Vgl. auch Carbonnier , Obligations 14, 480 f., 489. 68 Ausgenommen von der Fahrzeugdefinition sind Eisenbahnen und sonstige Schienenfahrzeuge (Art. 1 leg. cit.). 69 Carbonnier, Obligations 14, 484 f. 70 Das Verschulden des Fahrers wird nur bei dessen allfalliger Entschädigung als haftungsbeschränkend oder -ausschließend berücksichtigt (Art. 4 leg. cit.), ebenso, wenn der mit dem Fahrer nicht identische Halter Ersatz für Schäden an seinem Fahrzeug begehrt (Art. 5 Abs. 2 leg. cit.). 71 Ebenso, wenn das Opfer "a volontairement recherché le dommage qu'elle a subi" (Art. 3 Abs. 3 leg. cit.). Ein Mitverschulden des Geschädigten wird sonst lediglich bei Sachschäden berücksichtigt (Art. 5 Abs. 1 leg. cit.). 72 Art. 3 Abs. 2 leg. cit.: Unter 16 bzw. über 70 Jahre alt, weniger als 80 % geistige oder körperliche Leistungsfähigkeit. 73 Art. L. 421-1 ff. Code des assurances, décret n° 76-666 vom 16. 7. 1976 i. d. F. des Gesetzes vom 5 . 7 . 1985.

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II. Blick über die Grenzen

ein Entschädigungsangebot zu machen (Art. L. 211-9 ff. Code des assurances), auch wenn der Schadensfall samt Vorfragen noch ungeklärt sein sollte.

(e) Zusammenfassung In Frankreich stellt sich das Problem der Lehre, die Haftpflicht fur durch Sachen verursachte Schäden abzugrenzen, in einem zur deutschen Problematik entgegengesetzten Sinn. Während in Deutschland die Lehre versucht, die Enge des Verschuldensprinzips zu durchbrechen und die Gefährdungshaftungsnormen (zumindest analog) zu erweitern, sind die französischen Dogmatiker bestrebt, den weiten Tatbestand der Halterhaftung einzuschränken. In beiden Ländern verweigern jedoch die Gerichte jeweils ihre Gefolgschaft. Bemerkenswert ist vor allem, daß die französische Lehre eine Eingrenzung des Anwendungsbereiches von Art. 1384 Abs. 1 C. civ. (auch) durch eine Einbeziehung von subjektiven Elementen zu erreichen versucht (faute dans la garde), während in Deutschland der Einfluß eben dieser subjektiven Elemente eingeschränkt wird. Prima facie scheinen also beide Extremlösungen, ein eng gehaltenes Verschuldensprinzip und das offene Zurechnungssystem einer uneingeschränkten Halterhaftung, nicht der "Ideallösung" zu entsprechen. Abgesehen von dogmatischen Argumenten resultiert aus dieser Darstellung der französischen Rechtslage somit zumindest ein weiterer Beweis fur die Vermutung, daß nur ein Mittelweg, eine Kombination von subjektiven und objektiven Elementen, sinnvoll sein kann, womit allerdings einer konkreten Problemlösung noch nicht sehr geholfen ist.

2. England (a) Der Verschuldensgrundsatz Auch das englische Schadensersatzrecht74 ist dominiert vom Verschuldensgrundsatz, was sich aber aufgrund des unterschiedlichen Rechtssystems anders auswirkt: Da das Common Law Schadensersatzansprüche nur mittels Einzeltatbestanden75 gewährt, kann das fault principle schon aus rechtstheoretischen Gründen nicht Teil einer umfassenden generalklauselartigen Norm 7 6 und so 74 Zur Entwicklung Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung 112, 342 ff. 75 Hiermit ist nicht die Civil-Law-Bedeutung einer Gesetzesnorm gemeint, sondern eine von precedents geprägte institutionalisierte Einzelfallösung. 76 Diese Frage war jedoch Gegenstand einer zum Teil heftig geführten Diskussion. (Vgl. dazu Zweigert/Kötz y Rechtsvergleichung 112, 343 f.; Dias/Markesinis, Torts, 17

2. England

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Voraussetzung jedes Schadensersatzanspruches sein. Mangels Regel kann es dann auch keine Ausnahme geben. Daß die Lehre das Schadensersatzrecht dennoch vom Verschuldensgrundsatz geprägt sieht (oder zumindest sah), erklärt sich vielmehr mit der im 19. Jahrhundert in England herrschenden Ansicht, daß die einzelnen rules des Schadensersatzrechtes alle den Gedanken des Schuldvorwurfes enthalten.77 Doch diese "Zwangsjacke" des "no liability without fault", in die die Doktrin des vorigen Jahrhunderts das Schadensersatzrecht zwängte78, wurde bald als zu eng empfunden. Bereits 1867 wurde mit der Entscheidung von Rylands v. Fletcher 79 durch das House of Lords ein verschuldensw/iabhängiger Haftungstatbestand geschaffen. Diese Entscheidung bewies nicht nur die Zweifel der Rechtsprechung an der Allgemeingültigkeit des Verschuldensgrundsatzes; sie diente auch der immer lauter werdenden Kritik der Lehre als Argumentationshilfe. Heute wird fault nicht mehr als Grundlage aller Haftungstatbestände angesehen; der Stand der Diskussion scheint dem der deutschen vergleichbar zu sein. 80 Fault wird demnach nicht mehr als allgemeine Basis des Schadensersatzrechtes insgesamt gesehen, sondern als Element einzelner (wenn auch bislang der meisten) rules . Heustorfi 1 geht allerdings so weit zu sagen: "Fault has never been, and is not today, an essential element in tortious liability." Er sieht den im Laufe der Zeit wechselnden Einfluß des Schuldvorwurfsgedanff.) Salmond als Vertreter der einen Position war der Ansicht, daß es kein "fundamental general principle" des Schadensersatzrechtes gebe, sondern nur einzelne rules: "Just as the criminal law consists of a body of rules establishing specific offences, so, the law of torts consists of a body of rules establishing specific injuries." (zit. nach Salmond/Heuston/Buckley , Tortsl9, 18.) Eine Erweiterung des Schadensersatzrechts sei daher nur in Ausdehnung oder in Analogie zu einem oder mehreren dieser Einzeltatbestände möglich. Pollock (Nachweise bei Williams, Camb. L. J. 7 [1939 - 1941] 111, Fn. 8) vertrat die Gegenmeinung, indem er ein generelles Prinzip des Schadensersatzrechtes sah, das sich zwar bisher bloß in Einzeltatbeständen verwirklicht habe, aber aus sich selbst erweiterungsfähig sei. Die Diskussion wurde entschärft durch den zitierten Aufsatz von Williams, der eine vermittelnde Position aufzeigte: Auch wenn man nicht von einem allgemeinen Prinzip ausgehe, werde dennoch nicht bestritten, daß neue Sachverhalte auch neue schadensersatzrechtliche Lösungen provozieren können: "To say that the law can be collected into pigeon-holes does not mean that those pigeon-holes may not be capacious, nor does it mean that they are incapable of being added to." {Williams , a. a. O., 114) Der Streit wird heute als "superfluous" (Street /Brazier , Torts, 7) nicht mehr weitergeführt (nicht einmal in der Neuauflage von Salmonds Handbuch, vgl. Salmond/Heuston/Buckley, Tortsl9, 21). 77 Fleming, Introduction, 5 f. 7 » Salmond/Heuston/Buckley, Tortsl9, 24 (Fn. 22). 79 Dazu unten II.2.c.aa. 80 Vgl. Dias/Markesinis, Torts, 178 f.; Dias in Clerk/Lindsell, Tortslö, Nr. 1-10 f. (S. 7 ff.); James/Brown, Principles*, 13 f.; Williams /Hepp le, Foundations, 115 ff.; Fleming y Introduction, 10 ff. 81 In Salmond/Heuston/Buckley, Torts 19, 25. 3 Koch

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II. Blick über die Grenzen

kens als Pendelbewegung: "The law has moved in cycles. A period of strict liability, an 'unmoral' period, is succeeded by a period of fault liability, a 'moral' period, and then the pendulum swings back again." 82 (b) Negligence Der wohl wichtigste Haftungstatbestand (auch bei den Schäden, die durch Sachen verursacht werden) ist jener der negligence r83. Durch ihn wird der fahrlässig Handelnde zum Ersatz des aus seinem Tun oder Unterlassen resultierenden Schadens verpflichtet. Der somit Verschuldensabhängige Tatbestand ist erfüllt, "when damage, which is not too remote, is caused by the breach of a duty of care owed by the defendant to the plaintiff" 84 . Diese Formel führt jedoch durch die Verwendung von wiederum ausfüllungsbedürftigen Begriffen noch nicht zu einem klaren Bild. Daher seien zwei Aspekte dieser Definition besonders hervorgehoben, die remoteness of damage und der breach of a duty of care. Im Anschluß daran wird unter dem Titel "res ipsa loquitur" die Möglichkeit einer Beweislastumkehr (auch) im negligence-Recht erwähnt, durch die die Position des Geschädigten in vielen Fällen verbessert wird. (aa) Remoteness of Damage Wenn ein Schaden too remote ist 8 5 , also der Weg von ihm zur Schadensursache zurück sehr weit ist (um das raumbezogene Sprachbild der Engländer zu übertragen), entfällt die Möglichkeit einer Haftungsbegründung, nicht nur bei negligence . Voraussetzung jeder Haftpflichtbegründung ist daher die Vorhersehbarkeit (reasonable foreseeability) von Art und Höhe des Schadens für den Schädiger, ein Kriterium, das dessen Haftpflicht in Grenzen halten soll. 86 Dabei genügt es nicht, daß die (Un-)Tätigkeit des Schädigers bloß im allgemeinen als schadensgeneigt anzusehen ist. Vielmehr muß die Art des Scha82 Salmond/Heuston/Buckley,

Tortsl9, 26.

83 "Negligence" bezeichnet nicht bloß den Verschuldensgrad der Fahrlässigkeit, sondern verbindet als technischer Begriff auch andere Elemente zu einem eigenständigen Fahrlässigkeitsdelikt. Vgl. zur Bedeutung auch Charlesworth/Percy, Neglig e r n e , Nr. 1-01 ff. (S. 3 ff.); Dias in Clerk/Lindsell, Tortsi6, Nr. 1-77 (S. 50) und Dias/Tettenborn in Clerk/Lindsell, Tortsi*, Nr. 10-01 (S. 426 f.). W Dias/Tettenborn in Clerk/Lindsell, Tortslö, Nr. 10-02 (S. 427). 85 Vgl. dazu Street/Brazier, Torts8, 225 ff. 86 James/Brown , Principles*, 35: Die Prüfung der "reasonable foreseeability" "looks not so much to the need to compensate the plaintiff as to the desirability of restricting the defendant's responsibility to the extent of his 'fault'." (Hervorhebung im Original).

2. England

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dens ebenso im vorhinein erkennbar sein (foreseeable type of harm) wie das konkret schadensgeneigte Element des Verhaltens des Schädigers. Ubergibt jemand einem Kind ein Gewehr, so haftet er nur, wenn sich ein Schuß löst, nicht jedoch, wenn sich das Kind verletzt, weil ihm das Gewehr auf die Füße gefallen ist. 8 7 Spielen zwei Kinder mit Paraffin-Lampen, die zur Sicherung einer Straßenbaustelle angebracht sind, und kommt es dabei zu einer Explosion, die wiederum Feuer auslöst, so haftet der Bauunternehmer, dessen Angestellte die Lampen zu leicht zugänglich hinterließen, (neben anderem), weil das schadensgeneigte Element (Paraffin) auf die vorhersehbare Art und Weise (durch Feuer) die Kinder verletzte, auch wenn die Tatsache der Explosion, die eigentlich erst den Ausbruch des Feuers bewirkte, nicht vorhersehbar war. 8 8 Ist der Schaden aufgrund von Umständen auf Seiten des Opfers höher als grundsätzlich vorhersehbar, weil der Verletzte beispielsweise Bluter ist, ohne daß der Schädiger davon wußte, ist dieser "ungewöhnlich" hohe Schaden dennoch nicht too remote , denn "the defendant takes as he finds them not only the physical state of the damaged person or property, but also the surrounding physical circumstances"89. Nur nach der eigentlichen Schadensverursachung hinzukommende Außeneinflüsse (ulterior Λαππ90), die den "Grundschaden" erhöhen, werden dem ursprünglichen Schädiger allenfalls nicht mehr zugerechnet.91

(bb) Breach of a Duty of Care Während sich die Frage nach der remoteness of damage bei jedem Haftpflichtfall stellt, ist die duty of care ein Spezifikum der negligence- Haftung. Zwischen beiden Elementen bestehen aber Ähnlichkeiten und Zusammenhänge. Aus dem vom duty of azre-Konzept geprägten Tatbestand der negligence Dieses Beispiel verwenden Str e et /Brazier , T o r t s 8 , 227. 88 Hughes v. Lord Advocate [1963] A. C. 837, [1963] 1 A l l E. R. 705. 87

89 Street/Brazier , Torts8, 231. 90 Street/Brazier, Torts8, 232 ff.

91 Vgl. ζ. Β. Lamb v. Camden Borough Council [1981] Q. B. 625, [1981] 2 AU E. R. 408: Die vom beklagten Magistrat angestellten Bauarbeiter verursachten fahrlässig den Bruch einer Hauptwasserleitung, wodurch ein Haus einige Zeit lang für die klagende Hauseigentümerin unbewohnbar wurde, weil die Fundamente unterspült worden waren. Hausbesetzer, die das Haus während der Renovierungsarbeiten bewohnten, verursachten einen beträchtlichen Schaden, bis das Haus zwangsgeräumt wurde. Obwohl die Gefahr der Besetzung von leerstehenden Häusern damals offenbar vorhersehbar war, wie das Gericht feststellte (!), mußten die Bauarbeiter dennoch nicht damit rechnen, daß ausgerechnet dieses Haus besetzt werden würde, sodaß die Klage der Hauseigentümerin erfolglos blieb. 3"

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II. Blick über die Grenzen

ergeben sich nämlich Überschneidungen und damit Besonderheiten bei der allgemeinen Frage nach der Verursachung des Schadens, im Rahmen derer auch die oben beschriebene remoteness of damage geprüft werden muß. Denn die negligence- Haftung setzt weder ein spezifisches Verhalten des Schädigers voraus noch eine besondere Schadensart - beides Elemente anderer torts. Negligence "is the formless tort of causing injury by lack of taking care to avoid so doing. The causing of damage, and, indeed, the causing of the particular damage complained of, is thus not an incidental consequence of, but an essential ingredient in the tort itself. " 9 2 Die Schadensverursachung als Tatbestandselement der negligence wird jedoch bei dieser Zurechnungsfrage unter einem anderen Aspekt geprüft als bei der objektiven Frage nach der Schadenshöhe. Dieser Aspekt wird zwar auch hier "reasonable foreseeability" 93 genannt. Während aber bei der Schadensbemessung die Vorhersehbarkeit des Schadens nach Art und Höhe verlangt wird, geht es bei der SchadensZurechnung darum, ob der Schädiger vorhersehen konnte, daß sein Tun oder Unterlassen im Verhältnis zum später dadurch Geschädigten grundsätzlich schadenskausal werden könnte. War ihm dies vorhersehbar, so hat er, wenn er diese schadensgeneigte Tätigkeit dennoch unternahm, jene Sorgfaltspflicht (duty of care) verletzt, die ihm gebietet, solche Tätigkeiten zu vermeiden. Dies sagt auch Lord Atkin in seinem berühmten dictum zu Donoghue v. Stevenson 94, das diese Sorgfaltspflicht im allgemeinen darstellt. 95 Die beteiligten Personen haben dabei dem von der Lehre und Judikatur entwickelten Schädiger- bzw. Geschädigtenkonzept zu entsprechen.

92 James /Brown, Principles*, 37. 93 Zur Mehrfach-Bedeutung dieses Ausdrucks auch Salmond/Heuston/Buckley. Torts 1 9 , 218. 94 [1932] A. C. 562, [1932] AU E. R. Rep. 1: Tote Schnecke in Ginger-Beer-Flasche vergiftet Käuferin dieser Flasche, die nicht den Händler, sondern den Hersteller des Ginger Beer (erfolgreich) auf Schadensersatz klagt. 95 "The liability for negligence, whether you style it such or treat it as in other systems as a species of 'culpa', is no doubt based upon a general public sentiment of moral wrongdoing for which the offender must pay. But acts or omissions which any moral code would censure cannot in a practical world be treated so as to give a right to every person injured by them to demand relief. In this way rules of law arise which limit the range of complainants and the extent of their remedy. The rule that you are to love your neighbour becomes in law: You must not injure your neighbour, and the lawyers' question: Who is my neighbour? receives a restricted reply. You must take reasonable care to avoid acts or omissions which you can reasonably foresee would be likely to injure your neighbour. Who then, in law, is my neighbour? The answer seems to be persons who are so closely and directly affected by my act that I ought reasonably to have them in contemplation as being so affected when I am directing my mind to the acts or omissions which are called in question." ([1932] A l l E. R. Rep. 11).

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Der Schädiger wird demnach nicht als Individuum beurteilt, sondern in die fiktive Rolle des reasonable man gepresst, auch wenn er in concreto diesen Anforderungen nicht entsprach, ja nicht einmal entsprechen konnte. 96 Die einzige Konzession an die Realität ist jene, daß der (nicht klar definierbare) "vernünftige Durchschnittsmensch" in der Situation des Schädigers beurteilt wird. 9 7 Das Sorgfaltsniveau dieses reasonable man wird auch als standard of care bezeichnet, dem der Schädiger zu entsprechen hat. 9 8 Das Opfer muß in einer bestimmten Beziehung zum Schädiger gestanden haben, die als "neighbourhood" umschrieben wird. 9 9 Der Schädiger schuldet nicht irgendeiner Person die Einhaltung seiner Sorgfaltspflichten, vielmehr muß er gerade dem Opfer gegenüber zu jener Sorgfalt verpflichtet sein, deren Mißachtung zur Schädigung geführt hat. Mit dieser Begrenzung der duty of care auf das Verhältnis "Schädiger - Opfer" wird auch die kasuistische Sicht dieser Sorgfaltspflicht unterstrichen. Es handelt sich also nicht so sehr um eine Verkehrssicherungspflicht, die eine Verhaltensgebundenheit der Allgemeinheit gegenüber normiert 100 , sondern um eine der individuellen Beziehung zwischen Schädiger und Opfer entspringenden Verhaltensnorm (allerdings aus objektiver Sicht). Insofern wird die duty of care bei der negligence-Hnftung nicht als allgemeine Sorgfaltspflicht gegenüber Dritten gesehen, sondern im Einzelfall danach beurteilt, ob der Schädiger des konkreten Sachverhalts seinem Opfer (und - bei dieser Prüfung - nur ihm) gegenüber zur Vermeidung der streitgegenständlichen Handlung oder Unterlassung verpflichtet war, weil er damit für ihn vorhersehbar - das Opfer in die Gefahr einer Schädigung brachte. Der negligence-Tatbestand ist zusammenfassend dann erfüllt, wenn der Schädiger jene Sorgfaltspflicht verletzt, die ihm gebietet, all jenes Verhalten zu vermeiden, das - für ihn vorhersehbar - den später tatsächlich Geschädigten einer Schadensgefahr aussetzt. Damit konzentriert sich die Dogmatik auf den

96 Dazu Street/Brazier,

Torts», 201 ff; Salmond/Heuston/Buckley,

Tortsl9, 247 ff.

97 Lord Macmillan in Glasgow Corporation v. Muir [1943] 2 A l l E. R. 44 (48): "The reasonable man is presumed to be free both from over-apprehension and from over-confidence. But there is a sense in which the standard of care of the reasonable man involves in its application a subjective element. It is still left to the judge to decide what in the circumstances of the particular case the reasonable man would have had in contemplation and what accordingly the party sought to be made liable ought to have foreseen." 98 Vgl. zu diesem Begriff Street/Brazier, T o r t s » , 194 f., 198 ff. "Duty of care" bezeichnet im Unterschied dazu das Verhältnis zwischen dem (nach dem "standard of care" im allgemeinen eingestuften) Schädiger und dem Opfer. 99 Street/Brazier,

Torts8, 157 ff.

100 Dias/Markesinis, Torts, 58, sprechen daher bei der Verkehrssicherungspflicht im deutschen Sinne von einer "general duty of care".

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Schadensfall und beurteilt, davon ausgehend, gewissermaßen rückblickend das Verhalten des Schädigers, ohne im vorhinein dessen Handeln zu verurteilen und dieser a-priori-Verurteilung im Schadensfalle durch die Auferlegung einer Haftpflicht Ausdruck zu verleihen. (cc) Res ipsa loquitur Das subjektive Zurechnungskonzept des negligence- Rechts scheint auf den ersten Blick den Geschädigten in eine schlechte prozessuale Position zu bringen. Schließlich muß er als Kläger beweisen, daß eine Sorgfaltspflicht des Beklagten ihm gegenüber bestand, und ebenso, wie dieser dagegen verstoßen hat, sodaß der Kläger dadurch geschädigt wurde. Dies wäre aber in strikter Anwendung insbesondere deshalb bedenklich, da diesem wichtigen Haftungstatbestand auch die meisten Verkehrsunfälle unterliegen 101. Eine Erleichterung bietet die Möglichkeit der faktischen Beweislastumkehr mittels Anscheinsbeweises (res ipsa loquitur )102. Die Gerichte erkennen diesen prima-facie-Beweis grundsätzlich dann an, wenn der genaue Hergang der Schadensentstehung nicht geklärt werden kann. Eine weitere Voraussetzung ist es, daß die Entstehung des Schadens unter normalen Umständen ("in the ordinary course of things" 103 ) undenkbar wäre, wenn angemessene Sorgfalt angewendet worden wäre. Die Beziehung zum Beklagten wird mit der dritten Bedingung hergestellt, wonach das schadenskausale "Instrumentarium" (etwa das auf ein anderes aufgefahrene Auto) unter der Kontrolle des Beklagten gewesen sein muß. Deshalb genügt etwa im Arzthaftungsprozeß gegen eine Spitalsgesellschaft der Beweis der Tatsache, daß der klagende Geschädigte im Verlaufe einer Operation "offensichtlich" fahrlässig verletzt wurde, ohne daß er die Person des Schädigers (etwa den Chirurgen oder den Assistenzarzt) als solchen identifizieren könnte: Die Spitalsgesellschaft haftet, weil auf jeden Fall einer ihrer Angestellten Schadensverursacher w a r . 1 0 4 Stürzt also ein Stukkateur während der Arbeit an einem Neubau von einem Gerüst, das ein anderer Werkunternehmer auf Auftrag desselben Generalun101 Dies war nicht immer so; vgl. den guten historischen Überblick bei Spencer, Camb. L. J. 1983, 65 ff. 102 Dazu Charlesworth/ Percy , Negligence 7 , Nr. 5-57 ff. (S. 349 ff.); Dias/Tettenborn in Clerk/Lindsell, Torts"*, Nr. 10-135 (S. 568 ff.); Street /Brazier, Torts», 215 ff. Vgl. auch Buxbaum, Verursachung, 84 ff., 97 ff.; E. von Hippel, Schadensausgleich, 7. 103 Richter Erle im leading case zu "res ipsa loquitur", Scott ν. London and St. Katherine's Docks Co., [1861 - 73] A l l E. R. Rep. 246 (248). 104 Cassidy v. Ministry of Health, [1951] 2 Κ. Β. 343, [1951] 1 A l l E. R. 574.

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ternehmers errichtet hatte, der auch den Verletzten verpflichtet hatte, so muß der Stukkateur nur beweisen, daß der Schaden durch ein durchbrechendes Gerüstteil entstanden ist und daß der Generalunternehmer die grundsatzliche Kontrolle über alle Vorgänge auf der Baustelle hatte. Aus ersterem wird gefolgert, daß das Gerüst fahrlässig aufgestellt worden war, da Planken beim Begehen eines Baugerüstes normalerweise nicht durchbrechen. Die oben zuerst angeführte Voraussetzung, daß es keine andere Erklärung geben darf, ist erfüllt, wenn zum Beispiel keine Sägespuren an der gebrochenen Planke feststellbar sind. Die Kontrolle des Generalunternehmers ist gegeben, weil er den Gerüstaufsteller ausgesucht hatte und vor allem auch dafür zuständig war. Eine duty of care ist gegeben, denn der Generalunternehmer ist dazu verpflichtet, dem von ihm beauftragten Arbeiter sichere Arbeitsbedingungen zu schaffen. 105 (c) Strict Liability Unter den im Common Law herausgebildeten Haftungstatbeständen (zu denen auch die soeben dargestellte negligence zählt) gibt es keine rule , die alleine all jene Fälle abdeckt, in denen eine Sache (ohne ebenso unmittelbar kausales Verhalten eines Menschen) Ursache des Schadens ist. Vielmehr werden diese Fälle, differenziert nach den Eigenheiten der jeweiligen rules , auf diese Tatbestände "aufgeteilt", sodaß auch England kein einheitliches Bild einer Gefährdungshaftung aufweisen kann. Insbesondere werden nach wie vor die meisten Schadensersatzfalle der negligence subsumiert. 106 Dennoch gibt es Ausnahmetatbestände, die nicht auf Verschulden abstellen. Der Terminus "strict liability" umfaßt diese verschuldensunabhängigen Haftungen und wird dabei dem Begriff der "absolute liability" vorgezogen, weil es trotz Fehlens der Verschuldensvoraussetzung dennoch Entlastungsmöglichkeiten gibt. 1 0 7 Einer dieser Tatbestände wurde mit der Entscheidung Rylands v. Fletcher 108 geschaffen, die von manchen als "best-known example of strict liability" 1 0 9 bezeichnet wird. 105 Es handelt sich bei diesem Beispiel um den Fall Kealey v. Heard , [1983] 1 A l l E. R. 973. i ° 6 Vgl. dazu Zweigert/Kötz, Gutachten, 33 mit Beispielen für "Strict Liability". 107 Dias/Markesinis y Torts, 178; Charlesworth/Percy, Negligence 7 , Nr. 13-08 (S. 844 ff.). Vgl. auch Zweigert/Kötz y Rechtsvergleichung 112, § 19 (S. 391 ff.), die den Begriff auch für das deutsche Recht verwenden ("Strikte Haftung"). 108 Court of Exchequer [1866] L. R. 1 Exch. 265; House of Lords [1868] L. R. 3 H. L. 330 = [1861 - 1873] A l l E. R. Rep. 1: Wasser aus einem Reservoir, das Rylands auf seinem Grundstück angelegt hatte, drang durch ihm unbekannte unterirdische Schächte in die Minen von Fletcher. Rylands wurde zum Ersatz des Schadens

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II. Blick über die Grenzen

(aa) Rylands v. Fletcher Nach dieser rw/e 1 1 0 haftet der Nutzer einer Sache, die sich auf einem Grundstück befindet, für jene Schäden, die diese Sache anrichtet, nachdem sie aus seiner Kontrolle entwichen ist. Entlasten kann sich der beklagte Nutzer nur durch den Nachweis von höherer Gewalt, Selbstverschulden des Geschädigten, unvermeidbarem kausalem Einwirken eines Dritten auf die Sache oder behördlich autorisiertem Handeln. 111 Ebensowenig haftet der Beklagte, wenn der "Gebrauch" des Grundstückes, der letztendlich zur Schädigung führte, natural war. Non-natural use of land ist es etwa, wenn über den "Hausgebrauch" eines durchschnittlichen Grundstückseigentümers hinaus Wasser auf einem Grundstück angesammelt w i r d . 1 1 2 Die früher weitere Rechtsprechung wurde (unter anderem) eingeengt durch die Entscheidung Read v. J. Lyons & Co. 113, wonach das Entweichen der Sache aus der Kontrolle mit einem tatsächlichen Ortswechsel verbunden sein m u ß . 1 1 4 Daneben bestehen weitere Tendenzen, diese rule der strict liability zugunsten der negligence-Haftung einzuengen. Atiyah und Cane gehen sogar so weit zu sagen: "Liability under the rule in Rylands v. Fletcher is almost obsolete in practice. " 1 1 5 (bb) Dangerous Things Jene Sachen, die der Rylands v. Fletcher- Rule unterliegen, werden von manchen Autoren unter dem Oberbegriff "dangerous things" zusammengeverpflichtet. Im House of Lords wurde die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt, in welcher Richter Blackburn die (später berühmt gewordene) rule formuliert hatte: "We think that the true role of law is that the person who, for his own purposes, brings on his land, and collects and keeps there anything likely to do mischief if it escapes, must keep it in at his peril, and, if he does not do so, he is prima facie answerable for all the damage which is the natural consequence of its escape." 109 Sabnond/Heuston/Buckley

,

Tortsl9, 355.

HO Dazu ausführlich Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung 112, 418 ff.; Will, Quellen, 122 ff.; Vogler, Gefährdungshaftung; James/Brown, Principles*, 213 ff.; Yale in Clerk/Lindsell, T o r t s l ó , Kapitel 25 (S. 1421 ff.); Charlesworth/Percy, Negligence7, Kapitel 13 (S. 839 ff.); Winfield/Jolowicz/Rogers Acy T o r t s l 2 , 426 ff.; Atvyah/Cane, c i d e n t s * , 1 3 8 f f ; Street/Brazier,

Torts», 3 4 4 ff.

111 Dazu Yale in Clerk/Lindsell, T o r t s l ö , Nr. 25-11 ff (S. 1430 ff.); Charlesworth/ Percy , Negligerne, Nr. 13-20 ff. (S. 855 ff.). 112 Dazu Charlesworth/Percy, Negligence7, Nr. 24-05 f. (S. 1203 f.); Salmond/ Heuston/Buckley, T o r t s i 9 , 365 ff. Π3 [1946] A l l E. R. 471. 11* Charlesworth/Percy, Negligence7, Nr. 13-11 (S. 847). 115 Atiyah/Cane, Accidents*, 138. Vgl. auch Winfield/Jolowicz/Rogers, Tortl2, 448 ff.; und Fridman, Can. Β. R. 1956, 810 ff. (bereits dessen Titel "The Rise and Fall of Rylands v. Fletcher").

2. England

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f a ß t . 1 1 6 Dabei erhält der Begriff "dangerous" eine eingeschränkte Bedeutung. Ausgeklammert werden jene Sachen, die bloß durch Gebrauch gefahrlich werd e n . 1 1 7 Damit reduziert sich die Anwendbarkeit von Ry lands v. Fletcher

auf

jene Sachen, die "dangerous in themselves" 1 1 8 sind. Voraussetzung dafür ist, daß die Gefahr allgegenwärtig ist und daß die Gefahr begründet ist durch eine Eigenschaft der Sache s e l b s t . 1 1 9 Der Begriff der Gefährlichkeit wird jedoch von a n d e r e n 1 2 0 abgelehnt, da er die Grenzlinie der strict liability

zur negligence-Haftung

verwische.

Denn

wenn eine Sache als gefahrlich bekannt sei, und es verwirkliche sich gerade diese Gefahr, so hafte der Halter der Sache fur den Mangel an Aufsicht oder Sicherheitsvorkehrungen. A u f die Vorhersehbarkeit der Gefahrverwirklichung komme es jedoch bei der strict liability gerade nicht a n . 1 2 1

(cc) Tiere Bei der strict liability lands v. Fletcher-H&ftung,

ffir T i e r e 1 2 2 handelt es sich, i m Gegensatz zur Ryum gesetzlich festgelegte Tatbestände.

116 So von James/Brown, Principles*, 214; Charlesworth/Percy, N e g l i g e n c e 7 , Nr. 13-02 ff (S. 839 ff); Salmond/Heuston/Buckley, Torts"*, 367 f. H 7 Vgl. dazu Charlesworth/Percy, Negligence 7 , Nr. 13-02 (S. 839): "Most things can become sources of danger if they are negligently handled, such as sticks, or i f they are negligently allowed to get into a state of disrepair, such as loose slates on the roof of a building, or i f they are negligently left lying about, such as an unlighted heap of stones in the highway. Such things, however, when used by any person, impose upon him the ordinary liability for negligence. It is the circumstance under which the thing in question is used rather than the thing itself that gives rise to the danger. Thus, for example, a motor-vehicle is not a dangerous thing, although thousands of people are killed every year in road accidents. [...] When a motor-car is stationary, it is safe and when it is put in motion it becomes dangerous only because of the way in which it is driven." 118 Charlesworth/Percy , Negligence 7 , Nr. 13-03 (S. 840). 119 Charlesworth/Percy , Negligence 7 , Nr. 13-05 (S. 841): Essentiell sei "that (a) the danger is always present; and (b) that the danger is caused by some characteristic of the thing itself and not by the accident of circumstances. It is submitted, however, that neither a naked sword nor a hatchet is a dangerous thing because it has no inherent or active danger in itself. " 120 Yale in Clerk/Lindsell , T o r t s 16, Nr. 25-03 (S. 1423 f.); Street/Brazier, Torts», 346 f. 121 "If things within the defendant's control are likely to escape and do damage, any resulting damage constitutes liability in negligence. Strict liability is concerned with a thing that is likely to do mischief i f it escapes, even though escape and therefore consequent damage is not reasonably foreseeable." (Yale in Clerk/Lindsell , Torts 16, Nr. 25-03 [S. 1423]). 122 Charlesworth/Percy , Negligence 7 , chapter 14 (S. 935 ff.); Salmond/Heuston/ Buckley , T o r t s i 9 , 379 ff.; Street/Brazier , T o r t s 8 , 359 ff.; Yale in Clerk/Lindsell , T o r t s l 6 , chapter 26 (S. 1463 ff.).

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II. Blick über die Grenzen

Der Animals Act 1971 unterscheidet drei Fallgruppen (eine Einteilung, welche auf die dem Gesetz vorgehende Richterrechtstradition zurückzuführen ist): § 2 leg. cit. behandelt die Haftung fur gefahrliche Tiere. § 3 leg. cit. erfaßt jene Schäden, die Hunde anderen Tieren (livestock) zufügen. § 4 leg. cit. schließlich enthält die Schadensersatzregeln für die Schäden, die "streunende" Tiere (straying livestock) anrichten. Wie man sieht, gibt es in England keine kurzgefaßte Tierhalterhaftungs"Generalklausel" wie in Frankreich 123 oder Deutschland124. Offene Begriffe wie die "Gefährlichkeit" eines Tieres unterliegen einer Legaldefinition. Der etwas umständliche legistische Stil läßt sich mit der Common-Law-Tradition erklären, denn die erwähnten Tatbestände sind Umwandlungen von richterrechtlichen rules in Gesetzestexte. Daß der Gesetzgeber nicht über den Schatten dieser Kasuistik springen konnte, ist wohl nachvollziehbar. Daneben bleiben die Haftungsregeln des Common Law aber aufrecht, soweit sie nicht von den genannten gesetzlichen Tatbeständen verdrängt wurden. 1 2 5 Daher wird mangelnde Aufsicht über ein Tier, das ausreißt und Schaden verursacht, nach den negligence- Regeln und nicht nach dem Animals Act 1971 beurteilt, weil der Aufsichtspflichtige seine duty to take care verletzt hat.126

Die Haftung für "gefährliche"

Tiere (§ 2 Animals Act 1971 ) : n l

Die genannte Bestimmung definiert zwar nicht den Tierbegriff im allgemeinen, teilt diese jedoch in zwei Gruppen auf: in gefährliche und ungefährliche Tiere (die nicht, wie erstere, einer dangerous species angehören). § 6 Abs. 2 123 Art. 1385 C. civ., dazu oben III.I.e. 124 § 833 BGB. Dazu unten Vl.l.e.aa. 125 Vgl. Lord Atkin (in Fardon v. Harcourt-Rivington [1932] 48 T. L. R. 215, 217 = [1932] A l l E. R. Rep. 81, 83): "But it is also true that, quite apart from the liability imposed upon the owner of animals or the person having control of them by reason of knowledge of their propensities, there is the ordinary duty of a person to take care either that this animal or his chattel is not put to such a use as is likely to injure his neighbour - the ordinary duty to take care in the cases put upon negligence." 126 Vgl. Pitcher v. Martin [1937] 3 A l l E. R. 918: Die Beklagte hatte ihren Hund an der Leine geführt, hielt diese aber so schwach, daß der Hund sich losreißen konnte, um eine Katze zu jagen. Dabei verwickelte sich die Leine um die Füße einer alten Frau, die stürzte und sich verletzte. Wegen Verletzung ihrer "duty ... to hold the dog sufficiently firm to guard against those contingencies which might reasonably be anticipated" (Richter Atkinson) haftete die Beklagte für negligence und nicht ihr Mann, der Halter des Hundes. 127 "Damage done by dangerous animals"; dazu Charlesworth/Percy , Negligence?, Nr. 14-04 ff. (S. 937 ff.); Yale in Clerk/Lindsell , Torts"*, Nr. 26-02 ff. (S. 1464 ff.).

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leg. cit. konkretisiert den Gefahrlichkeitsbegriff: Eine dangerous species ist eine solche Tierart, die auf den Britischen Inseln üblicherweise nicht gezähmt gehalten wird und deren ausgewachsene Exemplare solche Eigenschaften haben, daß entweder die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintrittes oder ein durch sie entstehender Schaden hoch ist. 1 2 8 Der keeper 129 eines solchen Tieres hat grundsätzlich 130 fur alle Schäden aufzukommen, die sein Tier verursacht. Der Halter eines (in diesem Sinne) "ungefährlichen" Tieres ist jedoch nicht von jeglicher Haftung befreit. Unter folgenden Bedingungen wird auch er zu verschuldensunabhängigem Ersatz jener Schäden herangezogen, die sein Tier verursacht: Das Tier muß spezifische artenw/itypische Eigenschaften haben, die einen Schadenseintritt wahrscheinlich machen. Diese Eigenschaften seines Tieres müssen dem Halter oder seinen Hilfpersonen bekannt sein. 1 3 1

Die Haftung des Hundehalters für Schäden an anderen Tieren (§ 3 Animals Act 1971): 132 Dabei handelt es sich um die Neufassung einer Gesetzesbestimmung aus dem Jahre 1906 1 3 3 . Die nunmehrige Bestimmung normiert, daß der Halter eines Hundes für jene Schäden aufzukommen hat, die sein Hund anderen Tieren 128 "A dangerous species is a species (a) which is not commonly domesticated in the British Islands; and (b) whose fully grown animals normally have such characteristics that they are likely, unless restrained, to cause severe damage or that any damage they may cause is likely to be severe." (§ 6 Abs. 2 Animals Act 1971). 129 Zum Halterbegriff § 6 Abs. 3 Animals Act 1971 und Charlesworth/Percy , Negligence 7 , Nr. 14-16 f. (S. 947 f.). 130 Ausnahmen: Selbstverschulden des Geschädigten; bewußtes Eingehen eines Schadensrisikos durch denselben; widerrechtliches Betreten ("trespass") des Grundstückes, auf dem das Tier gehalten wird. Dazu § 5 leg. cit. und Charlesworth/Percy, Negligence 7 , Nr. 14-20 (S. 950 ff.). 131 Die Haftung des Halters eines "ungefährlichen" Tieres tritt also ein, " i f (a) the damage is of a kind which the animal, unless restrained, was likely to cause or which, if caused by the animal, was likely to be severe; and (b) the likelihood of the damage or of its being severe was due to characteristics of the animal which are not normally found in animals of the same species or are not normally so found except at particular times or in particular circumstances; and (c) those characteristics were known to a person who at that time had charge of the animal as that keeper's servant or, where that keeper is the head of a household, were known to another keeper of the animal who is a member of that household and under the age of sixteen." (§ 2 Abs. 2 Animals Act 1971). 132 "Liability for injury done by dogs to livestock"; Charlesworth/Percy , Negligence 7 , Nr. 14-22 ff. S. 952 ff.); Yale in Clerk/Lindsell , T o r t s 16, Nr. 26-07 f. (S. 1469 ff.). 133 § 1 Dogs Act 1906.

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II. Blick über die Grenzen

(i livestock ) zufügt. 134 Jene "anderen Tiere" sind in § 11 leg. cit. enumerativ aufgeführt. 135 Die Haftung für streunende Tiere (§ 4 Animals Act 1971): 136 Der Begriff des schädigenden Tieres deckt sich hier mit dem des geschädigten aus der soeben dargestellten Hundehalterhaftung. Auch hier handelt es sich um livestock gem. § 11 leg. cit., also um landwirtschaftliche Nutztiere, nunmehr aber als Schadenssubjekte. Die von dieser Haftung erfaßten Schäden müssen durch livestock verursacht sein, das auf das Grundstück eines anderen dringt und dort an dessen Besitz Schaden verursacht. Zum Schaden werden auch jene Kosten gerechnet, die der Grundstückseigentümer, der durch das eindringende "Getier" in seinen Rechten verletzt wird, zum Einfangen und Verwahren jener Tiere aufwendet. Ersatzpflichtig 137 ist auch hier der Halter des trespassing livestock.

(d) Zusammenfassung und Ausblick Während die französische Sachhalterhaftung den schadenskausalen Einfluß der Sache betont, ohne individuelle Verschuldensüberlegungen anzustellen, wird in England (wohl in noch stärkerem Maße als in Deutschland) das Verschuldensprinzip gepflegt. Vor allem im Bereich der Verkehrsunfalle wird vorwiegend auf persönliche Verantwortung abgestellt. Von einer objektiven Sachhalterhaftung, wie es sie in Frankreich gibt, ist England noch weiter entfernt als Deutschland. Dennoch scheinen sich in England ähnliche Schwierigkeiten bei der systematischen Einordnung und Abgrenzung des Verschuldensgrundsatzes wie in Deutschland nicht zu stellen; dies wohl deshalb, weil einerseits das englische Rechtssystem selbst in seiner Orientierung am Einzelfall von vornherein andere Ansprüche an eine Ordnung des Haftungsrechts stellt. Andererseits ist

134 Ausnahmen siehe oben Fn. 130. 135 Dabei handelt es sich hauptsächlich um landwirtschaftliche Nutztiere. Diese strict liability für Hunde veranlaßte Richter Goddard (in Hughes v. Williams [1943] Κ . B. 574, 580 = [1943] A l l E. R, 535, 539) zur zynischen Äußerung, daß das Parlament anscheinend glaube "that a sheep requires more protection than human beings." 136 "Liability for damage and expenses due to trespassing livestock"; Charlesworth/Percy , Negligence?, Nr. 14-26 ff. (S. 954 ff.); Yale in Clerk/Lindsell , T o r t s l 6 , Nr. 26-07 f. (S. 1469 ff.). 137 Ausnahmen wie oben Fn. 130.

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die englische Rechtspraxis anscheinend bereit, durch großzügige Handhabung des Beweisrechts den ohnedies flexiblen Tatbestand der Fahrlässigkeitshaftung so anzuwenden, daß auch eine Haftpflicht für Schäden, die von Sachen verursacht wurden, trotz mangelnden objektiven Haftungstatbestandes davon erfaßt sein kann. Die theoretische Uberbetonung des Verschuldens wird in der Praxis weiter entschärft durch die Normierung von Pflichtversicherungen, etwa einer obligatorischen Kfz-Haftpflichtversicherung 138. Daneben gibt es bereits sehr konkret ausformulierte Pläne, die das starr am Verschulden orientierte System aufbrechen wollen, obwohl ihr Einfluß bislang noch nicht sehr erfolgreich war. Dazu ist vor allem der Pearson-Report 139 zu nennen. Dabei handelt es sich um den 1978 veröffentlichten Abschlußbericht 140 einer Kommission über Haftungsfragen im Zusammenhang mit Personenschäden, die unter dem Namen ihres Vorsitzenden, Lord Pearson , bekannt wurde. Hauptgegenstand war die Frage, inwieweit das Verschuldensprinzip noch zeitgemäß sei. Die Kommission gelangte zum Ergebnis, daß die zwei Systeme der Schadenstragung, das Schadensersatzrecht und die Sozialversicherung, künftig nicht mehr getrennt sein sollten. Vielmehr solle aus dem Nebeneinander der Systeme ein wechselseitiges Ergänzen werden, ohne daß es, wie bisher, zu Überschneidungen bei der Schadenstragung komme. Bei diesem Modell soll die Sozialversicherung Hauptträger aller Personenschäden sein. Allfallige Schadensersatzansprüche müßten auch von der (insofern vorleistenden) Sozialversicherung durchgesetzt werden. Vor allem aber wollte die Kommission fur Verkehrsunfalle eine verschuldensfreie Haftung einfuhren und die bestehenden Tatbestände der strict liability erweitern. Daß diesem Bericht durch legislative Maßnahmen in Bälde Folge geleistet werden wird, ist allerdings sehr unwahrscheinlich. 141

138 Road Traffic Act 1988, Part 6; Motor Vehicles (Compulsory Insurance) Regulations 1987. 139 Dazu von Bar, Gutachten, 1748 f.; Charlesworth/Percy, Negligence 7 , Nr. 1716 (S. 1047 f.); Salmond/Heuston/Buckley, T o r t s l 9 , 32, 34 ff.; Dias in Clerk/Lindsell, T o r t s 16, Nr. 1-13 (S. 10 f.); Marsh, LQR 1979, 513 ff.; Fleming, M L R 1979, 249 ff.; ders. in Haftungsersetzung, 16 ff.; Trindade, LQR 1980, 581 ff. 140 "Report of the Royal Commission on Civil Liability and Compensation for Personal Injury", Command Papers (5th series) 7054 (1978). 141 "It seems unlikely, however, that there will be an early enactment of the major recommendations of the Commission." (Salmond/Heuston/Buckley, T o r t s l 9 , 3 6 ) . Vgl. auch Atiyah/Cane, A c c i d e n t s 4 , 546.

I I I . Die Grundsätze des Haftungsrechts 1. Einleitung Im folgenden sollen die Prinzipien des Haftungsrechts nicht umfassend erörtert werden, wie dies den Anschein haben mag. Es kann auf den wenigen dafür vorgesehenen Seiten lediglich die dieser Arbeit (und somit insbesondere die dem hier untersuchten Teil des Haftungsrechts) zugrundeliegende Gewichtung der einzelnen Grundsätze aufgezeigt werden, was mittels einer Systematik dieser Grundsätze versucht werden soll. Dazu ist folgende Einteilung nötig: Die im ersten Teil behandelte "Basis des Haftungsrechts" liegt dem gesamten Haftpflichtrecht zugrunde und ist insofern unabhängig von den "Individualisierungstendenzen" der einzelnen Haftpflichttatbestände. Der Schadensfall wird durch sie zum Gegenstand eines Rechtsgebietes gemacht, aber noch nicht - auf dem Wege von Zurechnungstatbestanden - mit der Person eines potentiell Haftpflichtigen in theoretische Verbindung gebracht. Eine solche Verbindung stellen Wertentscheidungen des Normgebers her, deren Grundlagen im nächsten Abschnitt, "Grundsätze der Schadenszurechnung", ausgeführt werden. Diese sind nicht allgemeingültig für jeden Schadensfall, sondern einzelfallbezogen. Dennoch wird eine Möglichkeit gesehen, diese Grundsätze in einzelne Fallgruppen von ähnlichen oder gleichen Wertentscheidungen zusammenzufassen. Unter die "Wirkungen der Schadenszurechnung" fallen solche Phänomene, die als häutige Erscheinungen bei Begründung von Haftpflichten in einen allgemeingültigen Zusammenhang gebracht werden können. Trotzdem darf ihre Position nicht überbewertet werden, Wirkung darf nicht mit Ursache verwechselt werden: Während die Grundsätze des Haftungsrechts im allgemeinen und der Schadenszurechnung im besonderen den Regelungsinhalt beeinflussen, handelt es sich bei diesen "Wirkungen" um bloße Reaktionen der Wirklichkeit auf die Umsetzung der Normgebung in die Praxis. Ein höherer Stellenwert oder gar eine Einflußmöglichkeit auf die Interpretation des Norminhaltes sollte ihnen nicht beigemessen werden. Im folgenden sollen nur die Grundsätze der haftpflichtbegründenden Normen behandelt werden, nicht jedoch Prinzipien, die den Inhalt der (bereits be-

. Die

s des Haftungsrechts

gründeten) Haftpflicht, etwa die Schadenshöhe, bestimmen. Dieser Hinweis ist erforderlich angesichts der zwar nötigen1, in der Literatur jedoch nicht immer strikt vollzogenen Trennung dieser Bereiche.2

2. Die Basis des Haftungsrechts Dabei handelt es sich um den Gedanken des Schadensausgleichs. Der bei allen Autoren als "Haftpflichtzweck Nr. 1" geführte Grundsatz3 hat jedoch eine nicht bei allen Autoren4 betonte Konsequenz: Wenn von der "generellen Verbindlichkeit des Ausgleichsgedankens"5 ausgegangen wird, betont man damit notwendigerweise auch, daß das Hauptaugenmerk des Haftpflichtrechtes auf dem Geschädigten und nicht auf dem Schädiger liegt. Dies bedeutet zwar nicht, daß jedem Geschädigten Ersatz zuzusprechen ist, ohne daß auf die Position eines Schädigers Rücksicht genommen werden muß. Schließlich soll das Ausgleichsprinzip ja nur die Frage der Schadenstragung beantworten helfen, ohne selbst dabei präjudiziell zu sein. Dennoch zwingt die Dominanz des Ausgleichsprinzips dazu, daß die Prüfung jedes Schadensfalles vom Geschädigten auszugehen hat, sodaß die Frage im Vordergrund steht, ob der Geschädigte den ihm entstandenen Schaden selbst zu tragen hat. Es geht also nicht, wie aus einem anderen Blickwinkel, darum, dem Schädiger die Folgen seines Tuns oder Unterlassens zuzuweisen.6 Die Bezeichnung "Verschuldensgrundsatz", der (früher mehr als heute) ebenso betont wird, ist daher insoweit verfehlt, als damit zum Ausdruck gebracht werden soll, daß (nur!) im Falle eines Verschuldens auf Seiten des ι Vgl. Medic usy Schuldrecht 15, 257 f.

2

So sieht Deutsch (JZ 1971, 245) unter dem Titel "Zwecke der Verschuldenshaftung" einen eigenständigen Zweck der "Nachteilsausgleichung" in der Normierung von Schmerzensgeld. Dabei beruft er sich auf das grundsätzliche Problem, daß Schmerz "durch Leistung von Geld nicht rückgängig gemacht werden" kann. Dieses Problem betrifft jedoch ausschließlich die Frage der Schadensbemessung und nicht die vorgelagerte Frage der grundsätzlichen Schadens Überwälzung. 3 Vgl. nur Mertens in MünchKomm2, Rn. 41 vor §§ 823 - 853. In anderer Sicht neuerdings Kötz, FS Steindorff 70, 643 ff. 4 So aber ζ. B. bei Westen, FS F. von Hippel 70, 627 ff. (inkl. Fn. 77) und bei Hermann Lange, H a n d b u c h 2 , 9: "Das Gesetz sieht [...] im allgemeinen nicht mehr auf den Schädiger, sondern nur noch auf den Geschädigten". 5 Mertens in MünchKomm 2 , Rn. 41 vor §§ 823 - 853. 6 Wie hier auch Wiethölier, Rechtfertigungsgrund, 32: "Es geht im Zivilrecht nicht darum, 'Schuld' eines Täters zu vergelten, sondern den Schaden des Geschädigten." Daher ist Wieacker (KF 1986, 34) vollinhaltlich zuzustimmen, wenn er festhält, "daß im Kern ziviles Schadensrecht nicht Vergeltungs- oder Genugtuungsrecht ist, sondern eine Rechtsmaterie, deren Ordnungsprinzip die soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit der ('ausnahmsweisen') Schadensabnahme, d. h., der Verlagerung vom ersten Schadensträger auf einen anderen ist." [Hervorhebung im Original].

48

III. Die Grundsätze des Haftungsrechts

Schädigers dieser zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet ist. Vielmehr besagt dieser Grundsatz höchstens7, daß bei Verschulden auf Seiten des Schädigers der Geschädigte die Möglichkeit hat, seinen Schaden von diesem ersetzt zu bekommen. Damit ist der Gesichtspunkt vom Schädiger auf den Geschädigten verlagert. Dies scheint auch notwendig zu sein: Während die erstere Sicht, die am Schädiger orientiert ist, dem Geschädigten andere Wege zum Ersatz seines Schadens offensichtlich versperrt, bleiben diesem bei der zweiten Interpretation auch andere Möglichkeiten. Liegt kein Verschulden vor, so ist damit noch nichts darüber ausgesagt, ob der Geschädigte nicht anderweitig Ersatz zugesprochen bekommt. Insofern ist der sogenannte Verschuldensgrundsatz allenfalls einer, aber nicht der einzige Grundsatz, der im nächsten Abschnitt anzuführen sein wird.

3. Grundsätze der Schadenszurechnung In diesem Abschnitt werden wohl Stichworte wie der erwähnte Verschuldensgrundsatz" erwartet, weiter "Gefährdung", "Risikozusammenhang" und vielleicht auch "Billigkeit". Obwohl diese Stichworte hier nicht in Untertiteln auftauchen, sollen die zu ihnen assoziierten Grundsätze ihrem Inhalte nach nicht gänzlich geleugnet werden. Um die in der Einleitung zu diesem Kapitel angekündigte Gewichtung der Grundsätze darstellen zu können, wird hier jedoch eine Einteilung vorgenommen, die nicht diese anerkannten Prinzipien als Ordnungselemente verwendet. Im Rückblick auf die folgenden Ausführungen sollten diese Prinzipien insgesamt jedoch wieder erkennbar sein - möglicherweise unter anderem Namen, jedoch unter Beibehaltung der (meisten) Inhalte.

(a) Das Verursachungsprinzip8 Ein solches "Reizwort" an den Anfang zu stellen, mag verwundern. Geradezu vor den Kopf stoßen muß es jedoch, wenn dies hier als das Hauptprinzip der Schadenszurechnung bezeichnet wird. 9 7

Vgl. zum Verschuldensgrundsatz unten IV.2.b, insbesondere IV.2.b.cc. 8 Damit sei hier jenes Prinzip gemeint, daß eine Haftpflicht grundsätzlich nur für einen Verursacher des Schadens begründet werden kann (ohne damit bereits weitere Zurechnungserfordernisse auszuschließen). In anderem Sinne etwa Deutsch, NJW 1992, 73. 9 So bezeichnet ζ. B. Adams (JZ 1989, 787 ff.) das Verursachungsprinzip als "Leerformel" insbesondere im Bereich der Umwelthaftung. Dem sei aber die überzeugende Erwiderung Kirchgässners (JZ 1990, 1042 ff.) entgegengehalten.

3. Grundsätze der Schadenszurechnung

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Dennoch läßt sich nicht leugnen, daß der erste und entscheidende Grund für eine Schadensüberwälzung der ist, daß nicht der Geschädigte, sondern jemand anderer (oder etwas anderes) ihm den Schaden zumindest teilweise zugefügt hat, womit die (erste) Voraussetzung für eine Schadensüberwälzung auf diesen "anderen" erfüllt i s t . 1 0 (Fremd-)Verursachung ist insofern "condicio sine qua non" der Schadenszurechnung (um einen in diesem Zusammenhang mehrdeutigen Begriff zu verwenden). Verursachung ist nicht bloß Tatbestandsvoraussetzung, sondern entspricht der dem Haftungsrecht zugrundeliegenden Gerechtigkeitsauffassung 11 und ist somit auch "Grundsatz" der Schadenszurechnung im hier verwendeten Sinne. 1 2 In der historischen Diskussion war das Verursachungsprinzip, das von seinen Befürwortern allerdings noch absolut gesehen w u r d e 1 3 , vor allem zwei Einwänden ausgesetzt: 1. Zum einen wurde argumentiert, daß eine "reine" Kausalhaftung den Grundsatz der Handlungsfreiheit beschränke, wenn nicht gar verdränge. 1 4 10 In diesem Sinne Westen, FS F. v. Hippel 70, 628. H So z. B. bereits Binding , Normen 13, 472. Vgl. auch Wieacker, KF 1986, 34. 12 Ebenso Mädrich, Lebensrisiko, 97 f. Vgl. bereits Wilburg, Elemente, 39, der die "Ursächlichkeit der Sphäre" für ein "Merkmal von allgemeiner Geltung" hielt, das die Rechtswissenschaft "in seinem grundsätzlichen Werte nicht erkannt" habe. "Die ursprüngliche Überschätzung des Verursachungsprinzips hat schließlich zu einer Unterschätzung dieses Grundes geführt." (Ders., a. a. O.). Rechtspolitisch ist das Verursachungsprinzip zumindest für das Umweltrecht anscheinend unumstritten, vgl. nur das Umweltprogramm der Bundesregierung (BT-Drucksache VI/2710, 10 f.): "In einer marktwirtschaftlichen Ordnung sollen grundsätzlich alle Kosten den Produkten oder den Leistungen zugerechnet werden, die die einzelnen Kosten verursachen. Grundlage der Kostenzurechnnung ist also das Verursacherprinzip. Nach diesem Prinzip muß derjenige die Kosten einer Umweltbelastung tragen, der für ihre Entstehung verantwortlich ist." Weitere Nachweise bei E. Rehbinder, Verursacherprinzip, 10 ff., der das Verursacherprinzip in einem globaleren Sinne behandelt, wonach es im Umweltrecht Grundlage jeder rechtspolitischen Entscheidung sein soll. 13 Eine Übersicht über die einzelnen Theorien bietet z. B. Wilburg, Elemente, 1 ff. Vgl. zu den hier gemachten Einschränkungen und Erweiterungen unten III.3.b und c. 14 Vgl. dazu nur Esser, Grundlage^, 93; Deutsch, Haftungsrecht I, 26 ff., 32 f.; Referentenentwurf 1967 II, 8. Deutsch will den Vorrang der Handlungsfreiheit mit dem Argument bewahren: "Was einer Person auf der Güterseite genommen wird, wird ihr auf der Handlungsseite wieder zurückgegeben." (Grundriß, Rn. 6) Dies ist aber ein schwacher Trost für den Geschädigten, wenn er die schädigende Handlung gar nie auszuführen beabsichtigt, etwa die Aufnahme einer großangelegten Industrieproduktion ... Obwohl dies überspitzt formuliert ist, muß doch auf die Diskrepanz hingewiesen werden zwischen der Entscheidungsfreiheit zur Unversehrtheit der Rechtsgüter einerseits und der Freiheit, über die Ausführung der schadenskausalen Handlungen (mit)zuentscheiden. Denn selbst wenn man davon ausgeht, daß dem Geschädigten zumindest die Ergebnisse der Handlungsfreiheit des Schädigers (etwa dessen Produkte) wenigstens mittelbar zugute kommen könnten, darf man nicht übersehen, daß diese mögliche Zwangsbeglückung mit Gütern an eine ebensolche Zwangsbeglückung mit Schäden gebunden ist. Daß es dabei ohne haftungsrechtliche Korrektur zu einem Ausgleich kommt, muß in den meisten Fällen bezweifelt werden. 4 Koch

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III. Die Grundsätze des Haftungsrechts

Dazu ist jedoch zunächst festzuhalten, daß das Haftungsrecht, indem es am (Schadens-)Erfolg ansetzt, das dazu führende Verhalten allenfalls mittelbar erfassen kann. Im Sinne von Lucius Veratius 15 könnte man sogar weiter gehen und sagen, daß das Haftungsrecht lediglich den Ausgleich der durch diese Tätigkeit beeinträchtigten Vermögensinteressen bezwecke, ohne die Tätigkeit selbst zu verhindern. Dagegen ließe sich argumentieren, daß durch die normierte Anknüpfung von Haftpflichten an einen Schadenserfolg bereits die Ausübung bloß schadensgeneigten Verhaltens beschränkt werde, weil der Handlungswillige mit dem Risiko der Schadensverursachung auch das Risiko einer daraus resultierenden Haftpflicht einkalkuliere, was ihn von seinem Handlungsplan möglicherweise abhalte. Dazu ist aber auf den Straßenverkehr zu verweisen: Das geltende Haftungsrecht normiert, gerade in Ansehung der hohen Unfall- und damit Schadenswahrscheinlichkeit, bei fast jedem Kfz-Unfall die Haftpflicht eines KfzHalters, ohne daß der Verkehr bislang zum Erliegen kam. 1 6 Ist außerdem die Schadenswahrscheinlichkeit bei einer Handlung so hoch, daß der grundsätzlich Handlungswillige durch die "drohende" Schadensersatzverpflichtung vor der Ausführung zurückschreckt, muß die Frage gestellt werden, ob diese Einschränkung der Freiheit des Handlungswilligen nicht durch die Erhaltung der Freiheit seines potentiellen Opfers auf Unversehrtheit aufgewogen wird. 1 7 2. Zweiter Kritikpunkt der Gegner war, daß das Verursachungsprinzip dem "althergebrachten" Grundsatz casum sentit dominus derogiere, indem auch bloße Zufallsschäden ihrem Verursacher und nicht dem Geschädigten zugerechnet würden. Im römischen Recht gab es einen solchen Grundsatz nicht 18 , 15 L. Veratius war nach der Überlieferung von Aulus Gellius (Noctium Atticarum Liber X X . 1.13) ein römischer Bürger, der mutwillig Ohrfeigen austeilte und seinen Opfern sofort von einem ihm folgenden Sklaven die dafür gesetzlich vorgesehene Buße zahlen ließ. 16 Vgl. auch Weyers, Unfallschäden, 569 f.: "Bis jetzt ist trotz aller jeweils zeitgenössischen Warnungen keine einzige bedeutende technische oder wirtschaftliche Entwicklung vorgewiesen worden, die durch haftpflichtrechtliche Belastungen angehalten oder gebremst worden wäre." Hinter der Angst vor einer Beschränkung der Handlungsfreiheit stehe ein "unbegründeter Glauben an die Prävalenz von Rechts regeln bei der Formung gesellschaftlicher Zustände" (ders., a. a. O., 570). 17 Ähnlich folgert bereits Müller-Erzbach, Gefährdungshaftung, 67 ( = AcP 106, 375) aus der "grundlosen Übertreibung" dieses Arguments: "Mit besserem Recht könnte man [...] dem Verschuldungsprinzip den Vorwurf machen, daß es die Bewegungsfreiheit zu sehr einenge. Denn es sichert den einzelnen nicht genug gegen die Gefahren, mit denen die fortgeschrittene Technik heute Leben und Güter bedroht." 18 Wie eine Recherche in der vom Institut für Römisches Recht der Universität Linz erstellten Datenbank "Romtext" (die alle wichtigen römisch-rechtlichen Quellentexte im Volltext enthält) ergab, ist diese behauptete römische Rechtsregei in keiner

3. Grundsätze der Schadenszurechnung

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jedenfalls nicht mit dem Inhalte, der ihm heute zugeschrieben w i r d . 1 9 Casum sentit dominus enthält aus romanistischer Sicht keine eigenständige normative Aussage, sondern ist allenfalls Umschreibung der "Restmenge" an Fällen, in denen dem Geschädigten die Schadenstragung verbleibt, weil kein anerkannter Haftpflichtgrund g r e i f t . 2 0 So sollte dieser "Grundsatz" auch heute noch zu verstehen sein (selbst wenn er sich im Laufe der Zeit mit anderem Sinne verselbständigt haben sollte), und so ist er auch nicht verletzt: "Zufallsschäden" sind daher all jene Rechtsgutsverletzungen, die mangels Zurechnungsgrund der Geschädigte selbst tragen muß. W i e man sieht, ist diese Bedeutung des Satzes mangels positiver Abgrenzungsaussage für die dogmatische Diskussion äußerst gering. M a n könnte zudem einwenden, daß das Verursachungsprinzip dem oben geäußerten Postulat, das Haftungsrecht solle von der Sicht des Geschädigten ausgehen, nicht entspreche. In der Tat läßt sich nicht leugnen, daß die Verursachung durch ein vom Geschädigten verschiedenes Subjekt Hauptansatzpunkt dieses Grundsatzes ist. Darin liegt jedoch kein Widerspruch. Abgesehen

denkbaren grammatikalischen Kombination in den erfaßten Rechtsquellen enthalten. Dazu, daß diese Regel nicht nur in dieser Form, sondern auch dem Inhalt nach dem römischen Recht fremd war, vgl. Fn. 19. Dies schließt natürlich nicht aus, daß sich ein solcher "Grundsatz" erst später entwickelt hat; nur erscheint die römisch-rechtliche Auffassung auch heute noch vorzugswürdiger, wie im folgenden zu zeigen ist. 19 Dazu Wächter, AcP 15, 117 ff.; F. Mommsen, Obligationenrecht I, 247 ff.; Windscheid/Kipp y Pandektenrecht I I 9 , 94 (in Fn. 5); Rämeliny Zufall (passim; insbes. 20 f. und 42 f.); De Medio, BIDR 1908, 168 f.; Luzzato, Caso, 32 f.. Zweifel an der historischen Authentizität dieses Grundsatzes äußert bereits Weyers y Unfallschäden, 486 f. m. w. N. Vgl. aber z. B. J. Hübner, Risikosphären, 56 ff., der in diesem Satz ein "objektives Zurechnungsprinzip" sehen will (69). Zwar sei nicht bezweifelt, daß § 254 BGB eine Mitberücksichtigung der Sphäre des Geschädigten normiert. Dazu bedarf es jedoch einer Grenzziehung zwischen fremder Schadenszuständigkeit und Eigenverantwortlichkeit des Geschädigten (Esser/Schmidt, Schuldrecht 16, 93). Diese Grenze kann aber nicht von Seiten des Geschädigten her über einen positiv normierten Gefahrenbereich desselben gezogen werden (welchen auch?); vielmehr müssen eben (Fremd-)Zurechnungsgründe herangezogen werden, die allenfalls korrigierend über § 254 BGB auf den Geschädigten selbst anzuwenden sind. Daß die Zurechnungsgründe über § 254 BGB womöglich eine andere Ausprägung erhalten (vgl. nur das "Verschulden gegen sich selbst"; dazu etwa Heinrichs in Palandtfl, Rn. 1 zu § 254), bedeutet noch nicht, daß diese andere Ausprägung Ausdruck eines eigenständigen Grundsatzes casum sentit dominus sein muß, sondern liegt vielmehr in der Natur der Sache: So treffen etwa den Geschädigten eben andere Verhaltenspflichten als den Schädiger. 20 Insofern im Wortlaut anders Deutsch, Haftungsrecht I, 297, wenn er den Zufall als "Komplementärbegriff zum Verschulden" bezeichnet. Vielmehr handelt es sich angesichts der Gleichwertigkeit der Zurechnungsgründe um einen Komplementärbegriff zu den Zurechnungsgründen als Gesamtheit; vgl. Rümelin y Zufall, 42 f. (inkl. Fn. 70) und dens., Gründe, 14: "So lange keine präcisirbaren Gründe für die Zuweisung entstandenen Schadens an andere Vermögen sich aufzeigen lassen, wird der Schaden eben da haften bleiben müssen, wo er zunächst eingetreten ist." Ähnlich sehen wohl auch Esser /Schmidt, Schuldrecht I 6 , 31, die Bedeutung von casum sentit dominus. *

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III. Die Grundsätze des Haftungsrechts

davon, daß es wohl unmöglich ist, bei der Schadenszurechnung, also gleichsam bei der rechtlichen "Verbindung" von Geschädigtem und Schädiger, letzteren völlig auszuklammern21, sollte der entscheidende Aspekt des Verursachungsprinzips jener sein, daß irgendein "Außenstehender" den Schaden verursacht hat. Wichtig ist, daß der Schaden nicht ausschließlich auf den Geschädigten zurückzufuhren ist. Das Verursachungsprinzip sucht also nach einem "Fremdverursacher", und nicht umgekehrt nach dem Opfer eines "Übeltäters", wie es dem Verschuldensprinzip entspräche. Dabei beginnt die Suche beim Geschädigten, denn wenn sich dort bereits herausstellt, daß dieser seinen Schaden gänzlich selbst verursacht hat oder die Schadensverursachung jedenfalls ihm allein zuzuschreiben ist, erübrigt sich jede weitere Suche. Die Kausalkette wird, von ihm beginnend (somit "rückwärts"), verfolgt, und nimmt demnach ihren Ausgang nicht bei einer "als Schädiger zu identifizierenden Person", wie es eine Betonung der Schädigerposition erfordern würde. Der Verursachungsgrundsatz wurde jedoch als zu "roh" 22 bezeichnet, um ein derart kompliziertes Gefüge wie das des Haftungsrechts zusammenhalten zu können. "Die Ursächlichkeit verbindet Verhalten mit Verletzung und Schaden. Sie ist aber weder alleiniger noch entscheidender Grund der Haftung. " 2 3 Demgegenüber läßt sich aber immerhin konstatieren, daß die Verursachung gleichsam "größter gemeinsamer Nenner" der Haftungstatbestände und als solcher "Plattform" ist, von der aus sich, so Wieacker, "vielleicht die vernünftige und praktisch widerspruchsfreie Hierarchie der Wertungen und Bestimmungsgründe bilden" ließe. 24 So könnte man von einem Grundsatz "Verursachung" ausgehen und diesen Grundsatz mit einem System von Einschränkungen und Erweiterungen 25 verbinden, die die Härten einer reinen Kausalhaftung ausgleichen26. Dies soll hier versucht werden. Nach diesen Ausführungen, die mögliche a priori-Zweifel ausräumen sollten, sei somit noch einmal der Grundsatz selbst (mit anderen Worten) wiederholt: Hat der Geschädigte seinen Schaden nicht gänzlich selbst verursacht, 21 Anders bei (Schadens-)Versicherungslösungen. 22 Vgl. Binding , Normen P, 472 und Wilburg, Elemente, 1 (in Fn. 3). 23 Deutsch, Haftungsrecht I, 37. Ähnlich ζ. B. Larenz, VersR 1963, 597. 24 KF 1986, 35. Vgl. auch Wilburg (Elemente, 43): "Das Haftungselement der Veranlassung erscheint somit meist als das Zünglein an der Waage." 25 Für Bienenfeld, Haftungen, 119 ff. gibt es solche Erweiterungen nicht; die im folgenden darunter angeführten Fälle der Gefahrdungs- und Gehilfenhaftung faßt er als "Haftungen ohne Verursachung" zusammen, da bei ihnen der Kausalzusammenhang zwischen Halter und Schaden fehle (wobei er jedoch sehr wohl einen Kausalzusammenhang zwischen Sache oder Gehilfe und Schadensobjekt anerkennt). 26 So auch Westen, FS F. von Hippel 70, 629 (mit Schwerpunkt auf die systematische Einordenbarkeit von Verkehrspflichten).

3. Grundsätze der Schadenszurechnung

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so besteht eine grundsätzliche Möglichkeit der Schadensüberwälzung: Deijenige soll den Schaden (mit)tragen, der ihn (mit)verursacht hat.

(b) Erweiterungen des Verursachungsprinzips Auch wenn grundsätzlich davon auszugehen ist, daß nur deijenige haftpflichtig werden kann, dessen Einfluß auf das Schadensobjekt fur die Schädigung kausal war, so gibt es doch Fälle, in denen die Rechtsordnung die Haftung eines Dritten bejaht, der neben dem tatsächlichen Verursacher oder gar an seiner Statt die Schadenstragung zu übernehmen hat. Dennoch sei betont, daß es nach wie vor einer Schadensverursachung im Sinne obigen Prinzips bedarf, die als erster Schritt auf dem Weg vom Geschädigten zum gesuchten Haftpflichtigen dient. Die beiden zunächst darzustellenden Erweiterungen des Verursachungsprinzips verlängern diesen Weg lediglich auf eine hinter oder neben dem eigentlichen Verursacher stehende Person. 27 Der dritte Unterabschnitt kehrt wieder zurück zum Ausgangspunkt, der Verursachung selbst, und prüft unabhängig von den beiden zunächst erörterten theoretischen Erweiterungen, inwieweit die Haftpflichtpraxis mit dem Element der Verursachung umgehen können muß, um seine Effektivität zu gewährleisten. Die "Erweiterung hinsichtlich der Nachweisbarkeit der Verursachung" soll also die Theorie der Kausalität als Voraussetzung der Haftungsbegründung nicht ergänzen oder gar ersetzen, sondern nur mit Blick auf die Praxis konkretisieren. (aa) Erweiterung bei Schadensverursachung durch einen Dritten

Den theoretischen Überlegungen zur Frage, inwieweit man als NichtVerursacher für das schadenskausale Verhalten eines Dritten zur Haftung herangezogen werden kann, sei eine Bestandsaufnahme des geltenden Rechts vorangestellt: Zentrale Normen, die die "Haftung für schädigendes Drittverhalten" 28 regeln, sind die §§ 31, 278 und 831 BGB. Diese letzte Bestimmung (nicht aber ihr Regelungsbereich!) kann hier ausgeklammert werden, da sie an einem "Fehlverhalten" des Geschäftsherrn selbst ansetzt und somit nicht nur die Haftpflicht des unmittelbaren Schädigers verlagert. 29 Ebenso unberück27

Ähnlich (zumindest für die Gehilfenhaftung) Esser/Schmidt, Schuldrecht I 6 , 521. 28 So nennt Leßmann, JA 1980, 193 seine Arbeit. 29 Mittlerweile wohl kaum noch bestrittene Meinung; vgl. nur ζ. B. Steffen in BGB-RGRK 12 , Rn. 1 und 12 zu § 831. Insofern ist diese Norm mit der Regelung des

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III. Die Grundsätze des Haftungsrechts

sichtigt bleiben soll § 31 BGB, da ihm nicht bloß

Zurechnungstheorien

zugrundeliegen, sondern vor allem Theorien über die Rechtspersönlichkeit, die erstere überlagern. Damit verbleibt § 278 BGB im Mittelpunkt der Betrachtung, wonach einen Schuldner die Rechtsfolgen des von seinem Erfüllungsgehilfen vollendeten Haftpflichttatbestandes treffen. Aber auch diese Bestimmung scheint nur ein "Sonderfair zu sein, ist sie doch grundsätzlich nur innerhalb bestehender Schuldverhältnisse anwendbar. 3 0 In der Literatur wurde jedoch immer wieder gefordert 3 1 , eine solche Regelung auch fur jenen Fall zu treffen, der zur Zeit nur von § 831 B G B 3 2 erfaßt wird - die Schadenszufügung des Gehilfen bei Ausführung von Verrichtungen für den Geschäftsherrn, ohne daß zwischen diesem und dem Geschädigten eine schuldrechtliche Beziehung besteht. Unabhängig davon, ob eine solche Reform vom Richter oder vom Gesetzgeber ausgehen s o l l 3 3 , muß ihre Dringlichkeit hier noch einmal betont werden. Dafür sprechen nicht nur rechtsvergleichende Blicke ins Ausland 3 4 , sondern vor allem die Notwendigkeit, die Haftung fur Schäden, die ein Dritter verursacht hat, auf eine einheitliche theoretische Basis zu stellen. 3 5 hier unerwähnten § 832 BGB vergleichbar, wonach Aufsichtspflichtige nur bei Vernachlässigung ihrer Pflicht, also eigenem Fehlverhalten, für die Schäden der ihrer Aufsicht unterworfenen Personen aufzukommen haben. 30 Statt vieler Heinrichs in Palandtfl, Rn. 2 zu § 278. 31 Vgl. ζ. B. von Caemmerer, FS 100 J. DJT 11,115 ff.; Weitnauer, VersR 1970, 593; Leßmann, JA 1980, 199 f.; von Bar, Gutachten, 1776; Kötz, Deliktsrecht^, Rn. 301 ff. Eine Zusammenstellung der Argumente auch in der Begründung zum Referentenentwurf 1967 II, 83 ff. 32 Von Bar (Gutachten, 1716) bezeichnet diese "unerträgliche" Bestimmung als "die im Deliktsrecht am häufigsten umgangene Vorschrift". 33 Eine bloß richterliche Lösung (auf dem Wege umfangreicher Analogie) muß wohl abgelehnt werden; so die sicher herrschende Ansicht auch unter den "Reformwilligen"; vgl. ζ. B. Kupisch, JuS 1984, 255. 34 Vgl. nur Kötz, Delikts rechts, Rn. 302: "Die Bundesrepublik und Österreich stehen heute mit ihrem System der Haftung für (vermutetes) Geschäftsherrenverschulden buchstäblich in der Welt allein". Einen guten rechtsvergleichenden Überblick bietet von Caemmerer, ZfRV 1973, 241 ff. Ausführlich Zweig erti Kötz, Rechtsvergleichung 112, 371 ff. Zweifel an diesem Argument äußert Diederichsen, ZRP 1968, 60. Dagegen Helm, AcP 166, 406 ff. (allerdings ohne grundlegende rechts vergleichende Basis); ebenso Eike Schmidt, AcP 170, 526, der meint: "Trotz des unbestreitbaren Selbstwertes einer internationalen Rechts Vereinheitlichung stellt sich die Grundsatzfrage, ob ausgerechnet das Land mit dem am feinsten durchgebildeten Haftungssystem [sie!] den Anfang machen und sich in einem Teilbereich ausländischen Rechtsvorstellungen angleichen sollte, die auf einem ganz anderen Postamente geboren worden sind." Von einem "Anfang machen" kann aber wohl nicht die Rede sein (s. o.); ob die Bewertung des Haftungssystems angebracht ist, sei offengelassen. 35 Vgl. aber Eike Schmidt (AcP 170, 532): Seiner Befürchtung nach müsse im Deliktsrecht "die Haftung für fremdes Verschulden wie ein Fremdkörper wirken, der die ständige Gefahr [sie!] einer Systemaufweichung und damit einer weitgehend unkontrollierbaren Billigkeitsrechtsprechung heraufbeschwört".

3. Grundsätze der Schadenszurechnung

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Der "formale Teil" dieser theoretischen Basis kann wohl kaum Gegenstand von dogmatischen Kontroversen werden: Grundvoraussetzung jeder (vertragsunabhängigen) Haftung fur schadenskausales Drittverhalten ist die Erfüllung eines Haftpflichttatbestandes durch diesen Dritten. 36 Nur wenn die Voraussetzungen einer Haftung auch fur seine Person gegeben sind, stellt sich die weitergehende Frage, ob diese Haftungsfolgen auf eine andere Person auszudehnen sind. 37 Menschliches Verhalten als Schadensursache darf in einem einheitlichen System des Haftungsrechts nicht zweierlei Beurteilungsmaßstäben unterliegen, je nachdem, ob der Verursacher selbst haftet oder fur ihn ein Dritter. 38 Daß bei Einhaltung dieser "Grundvoraussetzung" die Haftpflicht des eigentlichen Verursachers nicht verdrängt wird, sondern neben der "neuen" des zu findenden Dritten bestehen bleibt, muß wohl nicht betont werden. 39 Schwieriger dürfte es jedoch werden, sich auf die wertungsmäßigen Voraussetzungen der tatsächlichen Haftpflichtausweitung zu einigen. Dabei sind es vor allem die folgenden drei theoretischen Ansätze, die in dieser Diskussion im Mittelpunkt stehen: Zunächst könnte man den eigentlichen Verursacher nur als "verlängerten Arm" eines Dritten tätig sehen, woraus zu schließen wäre, daß dieser Dritte auch jene Schäden zu tragen habe, die er mittels dieses "verlängerten Arms" begangen hat. 4 0 Bei dieser Theorie 41 wird die Personenverschiedenheit "hin36 So auch der Referentenentwurf 1967 II, 107; von Caemmerer, ZfRV 1973, 256 ff. und von Bar, Gutachten, 1762, 1776 f. Vgl. aber die beim Karlsruher Forum 1962 über den damaligen Reformvorschlag geführte Diskussion (KF 1962, 23 ff.), bei der es (auch) darum ging, daß die Position des Geschädigten dadurch verschlechtert würde, daß dieser im Gegensatz zur geltenden Regelung des § 831 BGB nach dem neuen Vorschlag ein Verschulden des Gehilfen nachweisen müßte. Gerade für § 831 BGB hat Kupisch (JuS 1984, 253 m. w. N.) eine Korrektur gefordert, die das Erfordernis nicht bloß widerrechtlicher, sondern auch schuldhafter Schadenszufügung durch den Gehilfen herausstreicht. 37 Dabei wurde angesichts der in dieser Arbeit bereits geäußerten (oben III.2) und noch zu äußernden (unten IV.2) Kritik am Verschuldensgrundsatz bewußt darauf verzichtet, die als Voraussetzung genannte "Erfüllung eines Haftpflichttatbestandes" auf das Vorliegen eines Verschuldens zu reduzieren, wie dies die derzeitige Regelung des § 278 BGB vorsieht. 38 Ein WertungsWiderspruch ergäbe sich auch bei einer solchen Beurteilung aus der Sicht des Geschäftsherrn: Warum soll er für seinen Gehilfen weiter haften, als wenn er selbst gehandelt hätte? (Diesen Gedanken führt Michaelis, Beiträge, 88, aus.) Α. M. offenbar Diederichsen, ZRP 1968, 60 f., allerdings unter der Annahme eines konsequent durchgeführten Verschuldensgrundsatzes. 39 Nur unter dieser Prämisse ist das Folgende zu lesen, in dem aus Darstellungsgründen zwischen "Verursacher" und "Schadensträger" in der Bezeichnung differenziert wird. Vgl. dazu die Ausführungen in der Begründung des Referentenentwurfes 1967 II, 109 f. 40 Steindorff\ AcP 170, 113. So argumentiert wohl Weitnauer, VersR 1970, 593, wenn er als "entscheidenden Gesichtspunkt" einer Reform die Tatsache ansieht, daß

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III. Die Grundsätze des Haftungsrechts

wegfingiert", indem nicht nur die Schadenstragung, sondern bereits die SchadensVerursachung bei der Person des haftpflichtig zu Machenden gesehen wird. Dabei entfiele der Ausnahmecharakter der Dritthaftung, denn der Haftungstatbestand erfaßte als "Quasi-Verursacher" auch den potentiellen Schadensträger. Dennoch vermag diese Theorie nicht zu befriedigen, wird doch das eigentliche Problem damit nur verdrängt, ohne gelöst zu werden. 42 Sie besagt allenfalls, wie eine Verlagerung der Schadenstragung vom Verursacher auf einen Dritten systematisch eingeordnet werden kann, gibt jedoch keine befriedigende Antwort auf die Frage, warum es überhaupt dazu kommt, warum es die Fiktion des "verlängerten Arms" braucht. Eine geradezu handfeste Antwort auf diese somit noch offene Frage gibt das zweite Erklärungsmodell: Der Dritte soll den Schaden für den eigentlichen Verursacher tragen, weil er finanzkräftiger ist als jener. 43 Diese Annahme kann und darf aber kein Argument in einer haftungsrechtlichen Diskussion sein. Es mag zwar fur das Verhältnis "Arbeitgeber - Arbeitnehmer" oftmals zutreffen, erklärt jedoch nicht, warum die Schadenstragung gerade in diesem Verhältnis vom eigentlichen Schädiger auf einen Dritten verschoben werden soll. Es ist zu billig, davon auszugehen, daß nur deijenige haften soll, der es sich leisten kann. Dies würde konsequenterweise zumindest eine Haftungsfreizeichnung für finanzschwache Schädiger auch in anderen Fällen erfordern und nicht bloß dann, wenn "zufällig" ein Arbeitgeber mit dem Schaden in Verbindung gebracht werden kann. Die Theorie versagt zudem endgültig, sobald eine Versicherung hinzukommt. Ist der Arbeitgeber nämlich haftpflichtversichert, so muß seine Finanzkraft fur eine Schadenstragung gerade in dieser Versicherung gesehen werden; die Versicherung ist jener Teil seines Vermögens, der für die Schadenstragung vorgesehen ist. Damit schließt sich jedoch der Kreis: Die Versicherung hat den Schaden zu tragen, weil der Arbeitgeber die 24 Hände und Beine von zwölf Knechten "entsprechend mehr Schaden anrichten können als der Geschäftsherr allein". Ähnliches klingt bei von Caemmerer (FS 100 J. DJT II, 117) an, der mit der Ausweitung des Tätigkeitskreises durch Heranziehung von Gehilfen auch eine Erweiterung der Einstandspflicht für Schäden verbunden sieht, die bei diesen Tätigkeiten entstehen. Vgl. auch dens., ZfRV 1973, 247 (P. 1). 41 Baur (KF 1962, 15) übernimmt dafür die aus der französischen Lehre stammende Bezeichnung "Substitutionstheorie". 42 Ähnlich bereits Müller-Erzbach, Gefährdungshaftung, 34 ( = AcP 106, 342): "Derartig übertreibende und nichtssagende Wendungen sind keine Begründungen. Sie machen die Sachlage in nichts verständlicher und durchsichtiger. " 43 So (u. a.) Leßmann, JA 1980, 193. Dazu auch von Caemmerer, ZfRV 1973, 247: "Der Geschäftsherr ist der richtige Kostenträger für dieses Risiko." Zu diesem "deepest-pocket"-Argument, wie es im Common Law genannt wird, dens., ZfRV 1973, 248 (P. 5). Dazu auch Wilburg, Elemente, 23. Vgl. jedoch bereits MüllerErzbach, Gefährdungshaftung, 31 ( = AcP 106, 339); ebenso H. Hübner. VEnergR 23/24, 68: "'Wehe dem Ersatzpflichtigen, der Vermögen hat!'"

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versichert ist. Daß auf diesem unsicheren Boden keine Haftungstheorie bestehen kann, muß wohl nicht weiter ausgeführt werden. 44 Es verbleibt die dritte Theorie, die als "Nutzen-Risiko-Prinzip" 45 bezeichnet werden kann. Von Caemmerer reduziert sie treffend auf einen Satz: "Wer die Vorteile einer Tätigkeit genießt, soll auch fur die Schadensfolgen einstehen, die sich aus ihr ergeben. " 4 6 Dieser Gedanke könnte eine einleuchtende Erklärung dafür sein, daß ein anderer neben dem eigentlichen Verursacher den Schaden tragen soll. 47 Sie träfe in dieser universellen Formulierung noch keine voreilige Entscheidung der Frage, in welchem Verhältnis der (zusätzliche) Schadensträger und der Verursacher stehen sollen. Dennoch bedarf diese Frage einer Klärung, um diese Theorie in der Praxis bestehen zu lassen. Zu viele genießen die Vorteile aus der Tätigkeit eines anderen, als daß sie alle auch für die von ihm verursachten Schäden aufkommen sollten. 48 Der nötige Filter muß jedoch nicht lange gesucht werden - er findet sich bereits im geltenden Recht: Der Verrichtungsgehilfe des § 831 BGB muß nach herrschender Ansicht49 in einer gewissen Abhängigkeit zum Geschäftsherrn stehen. Dieses Abhängigkeitsmerkmal muß auch in das Nutzen-Risiko-Prinzip miteinbezogen werden. 50 Nur wenn die Umstände der Tätigkeit, im Rahmen derer der Schaden verursacht wurde, 51 vom Schädiger nicht völlig selbst bestimmt wurden, kann gefragt werden, ob auch ein anderer für diese Schäden aufkommen soll, nämlich der, der die Tätigkeit des 44 Vgl. dazu auch Sieg, Ausstrahlungen, 112 ff. (114): "Jede Berücksichtigung der Vollstreckungsaussichten im Verfahren über den materiellen Anspruch ist gefahrlich, weil das Vermögen des Schuldners naturgemäß Schwankungen ausgesetzt ist, denen sich der materielle Anspruch anschließen müßte, wenn man nicht eine der Parteien in ihren Rechten verkümmern will. Dem materiell-rechtlichen obligatorischen Anspruch wird also der feste Grund entzogen, wenn man ihn in Abhängigkeit von dem Vermögen des Schuldners bringt." 45 Diesen Ausdruck verwendet Leßmann, JA 1980, 193. Bislang wurde dafür oft der vom französischen Recht übernommene Ausdruck "Théorie de risque-profit" verwendet; vgl. Baur, KF 1962, 15; Diederichsen, ZRP 1968, 60. 46 Von Caemmerer, FS 100 J. DJT II, 117. 47 Skepsis gegenüber allen drei Theorien äußern Baur (KF 1962, 15) und Zweigertl Kotz (Rechtsvergleichung IP, 391). Laut H Hübner, VEnergR 23/24, 69 hingegen fehle überhaupt "für die unbedingte Einstandspflicht des Geschäftsherrn ... im deliktischen Bereich - anders als bei § 278 - die dogmatische, besser die moralische Grundlage." Trotzdem sieht er als offenbar geringstes Übel den "Profit-Risiko-Gedanken" (71), denn "in letzter Konsequenz wird man im betrieblichen Bereich um die volle Einstandspflicht für den sog. Verrichtungsgehilfen aus sozialen Gründen nicht herumkommen." (70). 48 Für Eike Schmidt (AcP 170, 522) würde diese Theorie "ohne solche Begrenzung unkontrollierbar frei im Raum schweben". 49 Vgl. nur Thomas in Palando, Rn. 6 zu § 831 BGB. 50 So auch im Referentenenwurf 1967 II, 106 f. 51 Damit ist auch bereits angedeutet, daß die schadenskausale Tätigkeit im Rahmen dieser "Umstände" ausgeführt worden sein muß.

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III. Die Grundsätze des Haftungsrechts

Schädigers tatsächlich bestimmte oder zumindest bestimmen konnte. Indem dies vorausgesetzt wird, wird auch klar, daß es weniger um die persönlichen Beziehungen zwischen dem Nutznießer einer Tätigkeit und demjenigen geht, der diese tatsächlich ausführt. Vielmehr wird ein Bogen von der schadenskausalen Tätigkeit zu ihrem Nutznießer gespannt, wobei aber weder auf eine (wenn auch mittelbare) Verursachung durch diesen abzustellen ist noch auf ein Verschulden seinerseits.52 Daß der Auftraggeber einer Tätigkeit diese nicht bloß initiiert, sondern auch qualitativ bestimmt, ermöglicht ihm gleichzeitig, den aus dieser Tätigkeit gezogenen Nutzen für sich zu optimieren. Dabei genügt es nicht, daß diese "Bestimmung" der bloße Auftrag zum Tätigwerden war; dies ließe auch den Kunden eines Dienstleistungsunternehmens für die im Rahmen seines Auftrages verursachten Schäden haften. Ein Abhängigkeitsverhältnis, wie es zur Schadensüberwälzung zwischen dem eigentlichen Schädiger und dem potentiellen Schadensträger bestehen muß, wird vielmehr, wie bereits angedeutet, etwa dadurch indiziert, daß der Nutznießer den zeitlichen und örtlichen Tätigkeitsbereich des Schädigers bestimmt, daß er die Art und Weise der Ausführung regelt, oder daß sonstige für ein Arbeitsverhältnis typische Umstände, einzelne oder mehrere, vorliegen. 53 Auch bedarf der erwähnte Grundsatz einer Relativierung des Nutzenbegriffes. Ob der Auftraggeber tatsächlich einen Nutzen aus der Tätigkeit zieht, kann nicht entscheidend sein, vielmehr muß es genügen, wenn bei Auftragsvergabe ein Nutzen im weitesten Sinne erhofft wird. Dies wird bereits durch die Tatsache der Auftragsvergabe indiziert. Selbst der Auftrag des Versicherungsbetrügers an seinen Komplizen, der ihn schädigen soll, muß eine solche Nutzen-Risiko-Beziehung begründen, da sich der Auftraggeber letztendlich zumindest mittelbar einen Vorteil aus der aufgetragenen Tätigkeit erhofft, unabhängig davon, ob das Komplott auffliegt und die erwartete Versicherungsleistung ausbleibt. Somit kann als Grundgedanke54 der Haftung für schädigendes Drittverhalten das erweiterte Nutzen-Risiko-Prinzip festgehalten werden: Wer den 52 Letzteres befürchtet wohl Eike Schmidt, AcP 170. 532. 53 Damit sei jedoch nicht gesagt, daß eine solche Schadensüberwälzung auf den Nutznießer einer Tätigkeit nur bei Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses in Frage kommt. Bereits im geltenden Recht des Verrichtungsgehilfen umfaßt das Abhängigkeitsverhältnis auch kurzfristige Beziehungen. Vgl. von Caemmerer, ZfRV 1973, 254: "Die Grenze läuft also zwischen abhängigem Dienstvertrag einerseits und Werkvertrag oder unabhängigem Geschäftsbesorgungsverhältnis andererseits." 54 Daß Sonderverhältnisse Sonderbestimmungen erfordern, wird dabei nicht verdrängt. Insbesondere wird hiervon nicht § 278 BGB erfaßt, der, wie erwähnt, seinen "besonderen" Zurechnungsgrund dem Schuldverhältnis entnimmt, das er voraussetzt. Ebensowenig kann auf die besondere Problematik der Regreßmöglichkeiten des Arbeitgebers eingegangen werden, die viele begrenzt sehen wollen. (Vgl. zum letzte-

3. Grundsätze der Schadenszurechnung

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Nutzen aus der Tätigkeit eines anderen zu ziehen hofft, deren Umstände er beeinflussen kann, soll auch für die Schäden aufkommen, die der andere im Rahmen dieser Tätigkeit ihm selbst zurechenbar verursacht. 55

(bb) Erweiterung bei Schadensverursachung durch eine Sache 5 6

Während bislang von menschlichen Verhaltensweisen die Rede war, die einen Schaden verursachten und die Haftung eines Menschen begründeten, wenden wir uns nun der Frage zu, inwieweit die Schadensverursachung durch Sachen einem Menschen so zugerechnet werden kann, daß die Schadenstragung durch ihn gerechtfertigt erscheint. Hier mag man sich zunächst die Frage stellen, ob es überhaupt "Schadensverursachung durch eine Sache" gibt, oder ob nicht vielmehr auch Sachen als ständig dem Einflußbereich des Menschen unterliegend und damit letztlich immer menschliches Verhalten als überwiegend kausal anzusehen wäre. 5 7 Demgegenüber ist jedoch der später 58 noch genauer zu entwickelnde Ansatz vorzuziehen, daß auch Sachen "unabhängig" von menschlichem Einfluß Schäden verursachen können. Als Beispiel vorweggenommen sei dazu nur der Verweis auf Tierhandlungen: Selbst dressierte Tiere stehen in bestimmten Situationen unter emotionsähnlichem Einfluß, der sie zu einem vom Menschen völlig unkontrollierbaren "Verhalten" treibt. Folgt man der Lehre vom Verhaltensunrecht, stellt sich dann auch die Frage, ob diese Verursachung rechtswidrig ist, nicht mehr: Das Element der ren J.-H. Bauer! Detlef Schmidt, ZRP 1986, 217 ff. m. w. N., insbes. mit Verweis auf den 56. DJT). Obige Ausführungen betreffen somit nur den Grundfall des Haftpflichtrechtes, in dem der Geschädigte zum Schädiger (allenfalls auch zum zusätzlichen Haftpflichtigen) vor dem Schadensfall in keiner Rechts Verbindung war, die die Haftungsfragen beeinflußen könnte. 55 Da es in obiger Darstellung nur um die theoretische Grundlage der Haftung für Drittverhalten ging, wurde auf die praktische Umsetzung dieser Theorie nicht eingegangen, obwohl gerade dabei Probleme erwartet wurden und werden (vgl. nur die in Fn. 36 erwähnte Diskussion auf dem Karlsruher Forum 1962). Bei einer Gesetzesreform im Sinne des Nutzen-Risiko-Prinzips wäre zu beachten, daß die Haftpflichtanknüpfung am "Aufsichts-" oder 'Organisationsverschulden" des Geschäftsherrn nicht notwendigerweise verdrängt würde, bleibt doch die Grundregel der Haftung für eigenes Verhalten sicherlich erhalten, was ζ. B. die §§ 831 f. BGB betreffen würde. Vgl. dazu bereits den Gesetzesvorschlag der Akademie für Deutsches Recht aus dem Jahre 1940 mit den Ausführungen von Löning in Nipperdey, Reform, 59 ff. (GesetzesVorschlag a. a. O, S. 62 f.). 56 Wie bereits unter I.3.d angekündigt, wird hier der Bereich der Produkthaftung vernachlässigt, sodaß die Gründe, die die Verlagerung der Haftpflicht auf den Produzenten einer schädigenden Haftung bewirken, unerwähnt bleiben. 57 Vgl. zur ähnlichen Diskussion in Frankreich oben Il.l.b.aa. 58 Unten V . l . b f.

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III. Die Grundsätze des Haftungsrechts

Rechtswidrigkeit dient bei der Haftpflichtprüfung der Begrenzung der Haftung fur Verhalten 59 und kann als solches auch nur Verhalten erfassen 60. Da hier aber, wie gerade ausgeführt, von Schadensverursachung durch Sachen ohne menschlichen Einfluß ausgegangen wird, greift dieses Unrechtskonzept nicht. 61 Formale Rechtfertigung fur eine Erweiterung des Verursachungsprinzips ist hier die Tatsache, daß Sachen einen Schaden, den sie verursacht haben, nicht tragen können, oder anders ausgedrückt: Sachen können nicht selbst haftpflichtig werden. 62 Daß eine Notwendigkeit besteht, den "Schadensverursacher" Sache mit dem Geschädigten (wenn überhaupt) im Umweg über einen Menschen in Verbindung zu bringen, steht somit fest. Ausgangspunkt dieses "Umweges" ist die Prüfung der Kausalität. Dadurch soll die Sache identifiziert werden, die als Schadensverursacher letztlich zum Haftpflichtigen führen soll. Bis zu diesem Punkt ist das Verursachungsprinzip noch nicht verlassen; einzige Änderung besteht darin, daß ein Beteiligter, nämlich der Verursacher, Sache ist und nicht Mensch. Damit ist aber auch bereits der Weg der Schadenszurechnung vorgezeichnet. Konzentriert man sich auf die Gegenüberstellung von Schädiger und Geschädigtem, so wird klar, daß für den haftpflichtunfähigen Schädiger einzustehen hat, wer hinter dieser Sache steht, also deijenige, der für sie "die Verantwortung trägt". 63 Den für die Sache Verantwortlichen zu finden, ist bei Sachen leichter als bei der Schadenstragung fur Dritte. Es muß nicht, wie bei der Haftung für Drittverhalten, der Gang der Schadensentstehung auf einen potentiellen Schadensträger zurückgeführt werden, sei es mit der Fiktion eines "verlängerten Arms" oder mit einer sonstigen, vom Verhalten des Schädigers ausgehenden Theorie. Bei Sachen kann

59 Münzberg, Verhalten, 85 (m. w. N. in Fn. 170). 60 Dazu Münzberg, Verhalten, 53 ff.; Deutsch, Haftungsrecht I, 202 f. m. w. N. 61 Bereits im geltenden Recht der Gefährdungshaftung wird die Rechtswidrigkeit nicht als Haftungsvoraussetzung geprüft: Vgl. nur Deutsch, Haftungsrecht I, 367 (bei Fn. 29) m. w. N. Zur Rechtswidrigkeit im übrigen auch unten III.3.C. 62 Anders die Noxalhaftungsvorstellungen archaischer Rechte. Vgl. nur zum "Tierverschulden" im römischen Recht Condanari-Michler, FS Wenger 70 I, 236 ff.; Pernice , Sachbeschädigungen, 221 f.; Vangerow, Pandekten I I F , 596 f.; Düll y ZRG Rom. Abt. 61, 1 ff.; dagegen Haymann, ZRG Rom. Abt. 42, 368 ff. Zu anderen Rechten Haymann, ZRG Rom. Abt. 42, 367 (m. w. N.); von Amira , MIÖG X I I (1891) 545 ff. 63 Inwieweit dieser Gedanke bei Menschen umgesetzt werden kann, wird im Rahmen dieser Arbeit nicht behandelt. Die Angemessenheit des § 832 BGB in der heutigen Zeit wird daher hier nicht in Frage gestellt. Ebensowenig wird in der folgenden Darstellung besonders betont, daß der "hinter der Sache stehende Verantwortliche" auch eine juristische Person sein kann, deren Vermögen die schädigende Sache zuzuordnen ist.

3. Grundsätze der Schadenszurechnung

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unmittelbar am Schädiger, also an der Sache selbst, angesetzt werden, indem sie in ihrem rechtlichen Zusammenhang gesehen wird. Geht man vom stärksten rechtlichen Band zwischen Mensch und Sache aus, fuhrt eine solche "vermögensrechtliche Zurechnung" zu einer (noch rohen) Formel: Der Eigentümer einer Sache hat fur jene Schäden aufzukommen, die diese verursacht. Diese Formel ist zu weit, wenn man an den Fall der nicht autorisierten Verwendung einer Sache, etwa durch einen Dieb, denkt, der die Sache erst mit den Umständen der Schadensentstehung in Verbindung brachte. 64 Sie ist aber auch zu eng, wenn man sich die Frage stellt, inwieweit die Nutznießung einer Sache durch einen autorisierten Verwender mit der Tragung eines dabei entstehenden Schadens in Verbindung zu bringen ist. Zu einer präziseren Formulierung der obigen Rohformel verhilft dasselbe Nutzen-Risiko-Prinzip, das zuvor die Haftung fur Drittverhalten erklärte. Einziger, aber wesentlicher Unterschied ist dabei nur, daß nicht nach dem Nutzen der konkret schadenskausalen Tätigkeit des Dritten (hier: der Sache im Schadenszeitpunkt) gefragt wird, sondern nach dem Nutzen der Sache überhaupt (da der Tätigkeitsbegriff auf Sachen kaum übertragbar ist 6 5 ). Das Nutzen-Risiko-Prinzip hat somit bei der Haftung für Sachen eine allgemeinere Formulierung: Wer eine Sache im Zeitpunkt der Schadensentstehung für sich nutzt, soll auch die mit ihr verbundenen Risiken tragen. 66 Stellt man diesen Satz dem oben niedergeschriebenen gegenüber, so wird klar, daß die Enge von dessen Eigentümer-Kriterium hier zu stark ausgeweitet wird. Zwar könnte die Nutzung des Diebes losgelöst von der des Eigentümers betrachtet werden, sodaß auch dem Dieb das Risiko zukommt, solange er die Sachgewalt hat. Dieselbe weite Auslegung des Begriffs der "Nutzung" müßte dann aber ebenso fur den autorisierten Verwender übernommen werden, womit zum Beispiel jeder Mieter einer Sache (unabhängig von der Dauer des Mietverhältnisses) auch fur alle Schäden aufzukommen hätte, die der Mietgegenstand während dieser Zeit verursacht. Selbst wenn man seine Haftung nur neben die des Vermieters stellt (indem argumentiert wird, daß letzterer die Sache auch "nutzt", indem er sie vermietet) ginge dies zu weit, da etwa ein Mieter während eines kurzen Mietverhältnisses zumeist keinen Einfluß auf die Beschaffenheit der Sache hat, schon gar nicht auf deren Zustand im Zeitpunkt der Übernahme.

64 Als Beispiel sei nur der unbekannte und ungewollte Fahrzeugnutzer von § 7 Abs. 3 S. 1 StVG genannt. 65 Vgl. dazu nur die französische Diskussion zur "rôle actif' der Sache, oben S.

22.

66 Vgl. dazu H. Hübner, FS Müller-Freienfels, 336, der aber vermerkt, daß "diese Basis einer 'Nutzenkompensation' zu schmal" sei.

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III. Die Grundsätze des Haftungsrechts

Der Satz ist also einer Einschränkung zu unterziehen, indem berücksichtigt wird, daß als Voraussetzung einer Risikotragung mit der "schlichten" Nutzung auch die Möglichkeit verbunden sein muß, die Sache (als Spezies) samt ihren Eigenschaften auszuwählen und/oder deren Zustand (auch) im Schadensmoment zu beeinflussen - eine Möglichkeit, die dem "Nutzer" entzogen ist, wenn für ihn der tatsächliche Gewalthaber der Sache nicht erreichbar ist, wie dies beim Bestohlenen im Verhältnis zum Dieb der Fall ist. Diese Bestimmbarkeit der Sacheigenschaften wird indiziert durch die Tragung der Erhaltungskosten. Dahinter steht auch der Gedanke, daß eine Sache nicht als "Sache im allgemeinen" schadenskausal wird, sondern aufgrund ihrer konkreten Eigenschaften und ihres konkreten Zustandes im Zeitpunkt des Schadenseintrittes. Dem widerspricht nicht, daß diese Qualifikationen zur selben Zeit auch bei anderen Sachen ("eiusdem generis") vorhanden sein können, bei denen sie aber nicht zum Schaden führen. Genauso kann menschliches Verhalten nur unter den konkreten Umständen schadenskausal werden: Man denke an den Straßenverkehr, wo eine Vorfahrtsverletzung nur dann zur Kollision führt, wenn auf der bevorrechteten Fahrbahn ein Fahrzeug entgegenkommt. Bevor auf den Halter-Begriff an anderer Stelle zurückgekommen wird 6 7 , sei die Identität des Grundgedankens einer Haftung für Drittverhalten und für Sachen nochmals betont, wobei dieser bei der Sachhaftung zu lauten hat: Wer den Nutzen aus einer Sache zieht, deren Eigenschaften und Zustand er bestimmen kann, hat auch für die Schäden aufzukommen, die aus diesem Zustand resultieren. Abschließend muß noch darauf verwiesen werden, daß diese Erweiterung des Verursacherprinzips keine "Haftung zweiter Klasse" bewirkt, weder hinsichtlich der dabei zu erzielenden Schadensersatzhöhe, noch was seine Voraussetzungen betrifft. Da Sachen Schäden gleicher Art verursachen können wie menschliches Verhalten, ist kein Grund ersichtlich, diese mit ungleichen Ersatzmöglichkeiten zu versehen. Das Interesse des Geschädigten, die Schadenstragung von sich abzuwälzen, ist dasselbe; ihm kann und muß es egal sein, wer oder was den Schaden verursacht hat. Eine Rechtsschutzbeschränkung bei von Sachen verursachten Schäden würde nur zu gewagten Konstruktionen mit den Mitteln der Haftung für menschliches Verhalten führen, wie dies die Vergangenheit der Gefährdungshaftung mehr als einmal gezeigt hat. 6 8

67 Unten V.3. 68 Man denke nur an die teilweise "verzweifelten" Versuche, die Haftungshöchstsummen der Gefährdungshaftung zu umgehen, indem ein Sachverhalt als der Verschuldenshaftung unterliegend "umgedeutet" wurde.

3. Grundsätze der Schadenszurechnung

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(cc) Erweiterung hinsichtlich der Nachweisbarkeit der Verursachung

Das Verursachungsprinzip kann als Grundlage der Schadenszurechnung nur bestehen, wenn zwischen Schaden und (tatsächlichem) Schädiger ein Kausalzusammenhang gefunden werden kann. Dies gilt nicht bloß bei der Verpflichtung eines Dritten zum Schadensersatz, sondern auch hinsichtlich des Ausschlusses von fremder Schadenstragung in jenen Fällen, in denen der Geschädigte selbst alleiniger Verursacher war. Dieser "Gemeinplatz" wirft, wie man weiß, größere Probleme auf, als dies den Anschein haben mag. 69 Durch die zunehmende Komplizierung der alltäglichen Lebensabläufe sind die erforderlichen Kausalzusammenhänge immer schwerer nachzuvollziehen. Obwohl der "sichere" Beweis längst zugunsten des Nachweises einer "an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit" aufgegeben wurde, wird die Zahl der Fälle immer größer, in denen der Richter zur Verneinung der Kausalität des Beklagtenhandelns gezwungen wäre, obwohl er eine Schadensüberwälzung fur "gerecht" hielte. Um ein unbilliges Ergebnis zu vermeiden, wird mit Beweislastzuweisung und der Anerkennung von Anscheinsbeweisen70 das materielle Recht "gebeugt"71, indem bereits mögliche Kausalität als haftungsbegründend anerkannt wird, ohne dies im Text der Urteilsbegründung anzudeuten. F. Bydlinski glaubte schon 1964, "daß die Fälle zahlreich sein dürften, [...] weil das genannte prozessuale Ventil der Beweiswürdigung trotz seiner unleugbaren Elastizität [...] sich häufig als gar nicht ausreichend erwiesen hat" 72 . Mit der Anerkennung von Schein-("Anscheins-")Beweisen und einer flexibleren Handhabung der Beweislastzuweisung73 wird das Problem aber nur verdrängt, nicht gelöst. Denn es geht nicht primär um Fragen der Beweis last, sondern des Beweismaßes. "Diese Unterscheidung wird insbesondere in der 69 Wilburg (Elemente, 41) spricht diesbezüglich zurecht von der "dornenreichen Theorie der Verursachung". 70 Zwischen diesen beiden wird in der Praxis oftmals (anscheinend) kein Unterschied gemacht: Diederichsen, KF 1966, 22. 71 Zu dieser "Korrektur des materiellen Rechts" auch F. Bydlinski, Schadensverursachung, 82 f. Vgl. auch Liesecke, Verh. 46. DJT II, E 67, der den Anscheinsbeweis ein Instrument nennt, um "der Fallgerechtigkeit näher zu kommen. Manche nennen das einen Zauberstab. Nun denn, wenn gut gezaubert wird! Andere sprechen von einer Prothese. Ja, wenn das materielle Recht verkrüppelt ist, warum soll man ihm nicht eine gutsitzende Prothese verschaffen?" 72 F. Bydlinski, Schadensverursachung, 83 f. Vgl. auch Hauss, KF 1966, 38, der "viele" Entscheidungen von RG und BGH nur dadurch zu erklären glauben konnte, "daß es die Richter aus Gesichtspunkten materialer Gerechtigkeit für angemessen hielten, das Risiko der nicht vollen Aufklärbarkeit eines Sachverhaltes in einer bestimmten Weise zu verteilen." 73 Umfassende Darstellung bei Stoll, AcP 176, 145 ff.

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III. Die Grundsätze des Haftungsrechts

Rechtsprechung nicht immer mit der gebotenen Genauigkeit vollzogen; nicht selten wird von der 'Beweislast' gesprochen, wenn es sich in Wirklichkeit um eine Beweismaßsenkung und die erfolgreiche Führung eines Beweises handelt." 7 4 Daß es sich dabei um eine Frage im Grenzbereich von Verfahrensrecht und materiellem Recht handelt, ist wohl unbestritten. Welchem Bereich sie endgültig zuzuordnen ist, ist hier nicht zu klären. Dies scheint für die weitere Untersuchung nicht notwendig zu sein, da sie ohne Einfluß auf das hier gesuchte Ergebnis ist. Um die Darstellung nicht zu komplizieren, wird die Argumentation in prozeßrechtlicher Sicht weitergeführt, ohne die angedeutete Zuordnungsfrage zu präjudizieren. Die Entscheidung dafür begünstigte die Überlegung, daß letztendlich immer die Schadensverursachung im Vordergrund steht, auch wenn sie nicht voll bewiesen werden kann. Wenn man in diesem Zusammenhang von einer "Haftung für mögliche Verursachung" spricht, so erweckt dies den Anschein, daß damit die Voraussetzung aufgegeben wird, der Beklagte müsse den Schaden verursacht haben. Diese Schlußfolgerung geht aber wohl zu weit, denn die Haftungsbegründung erfolgt letztendlich trotzdem unter der Annahme, daß der Schaden vom Beklagten verursacht worden ist, obwohl ihm dies nicht nachgewiesen werden kann, sondern nur für möglich gehalten wird. Das Verursachungsprinzip selbst wird dadurch weder verlassen noch verändert. Denn kein Vertreter einer "Haftung für mögliche Verursachung" wird wohl so weit gehen zu sagen, daß hinter diesem "neuen" Zurechnungstatbestand der Gedanke stünde, der Beklagte hafte deshalb, weil er den Schaden möglicherweise nicht verursacht habe. 75 Die Frage der ungeklärten Verursachung wird also aus der Sicht des Beweismaßrechtes geprüft. Wenn weder für den Geschädigten die Schadensverursachung noch für den als Schädiger Beklagten das Gegenteil als "sicher" beweisbar ist, sollte noch nicht automatisch eine "non liquet "-Situation gegeben sein, die eine Entscheidung über die Beweislast erfordert. Vielmehr muß geklärt werden, ob die Latte für die Beweisführung wirklich so hoch gelegt werden soll, daß eine "an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit" nachgewiesen werden muß. 76 Dies wird stillschweigend vorausgesetzt, obwohl 74 Musielak, ZZP 1987, 405; Diederichsen, KF 1966, 22. B. Maassen (Beweismaßprobleme, 2) kritisiert zurecht "die schematische und verfehlte Alternative ... Vollbeweis oder volle Beweislastumkehr". 75 Diesen Anschein erweckt aber Greger, Beweis, 179, der aus der prozeßrechtlichen Zuordnung den Schluß ziehen zu müssen glaubt, "daß der 'wahrscheinliche' Schädiger nach materiellem Recht nicht haftet, im Prozeß aber gleichwohl verurteilt wird". 76 Zum Teil sogar mit der problematischen Konsequenz, daß der Richter zu einer Feststellung verpflichtet sei, falls ein solcher Wahrscheinlichkeitsgrad vorliege, "auch

3. Grundsätze der Schadenszurechnung

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eine niedrigere Hürde (zunächst) beiden Parteien zugute käme, während eine Beweislastzuweisung sofort eine Partei bevorzugt. Eine Antwort kann hier nicht geboten werden. Insbesondere stellt sich auch die grundsätzliche Frage, ob die von den Richtern in Anspruch genommene (relativ) freie Hand bei Beweisproblemen durch theoretische Fesseln überhaupt eingeschränkt werden soll, waren die von ihnen dabei erzielten Ergebnisse doch selten im Mittelpunkt dogmatischer K r i t i k . 7 7 Dennoch seien zumindest Bedenken an den von der Theorie so hoch gesetzten Anforderungen an das Beweismaß angemeldet. Es wäre zu überlegen, ob nicht eine Reduzierung des Wahrscheinlichkeitsgrades auf eine qualifizierte Möglichkeit 7 8 geboten wäre. Mindestanforderung an eine solche "Qualifikation" müßte aber jedenfalls sein, daß die Wahrscheinlichkeit der einen kausalitätsrelevanten Behauptung die der anderen überwiegt. 7 9 Wohl unstreitig kann auch als weitere Untergrenze festgehalten werden, daß die Beweisführungen keinesfalls w/iwahrscheinlich 80 sein dürfen. Dies könnte die Befürchtung von F. Bydlinski entkräften, der die Schreckensvision eines Verkehrsunfalles mit Fahrerflucht an die Wand m a l t e 8 1 , nach der der Geschädigte jeden an diesem Tag vorbeifahrenden Autofahrer als potentiellen

wenn ihm die volle Überzeugung fehlen sollte" (Biomeyer. Verh. 46. DJT 1/2 A, 16, Hervorhebung im Original). Eine Methode, wie diese Wahrscheinlichkeit gemessen werden soll, wird dazu aber nicht angeboten. Abgesehen davon entspricht diese Forderung nicht dem Gesetzeswortlaut. § 286 Abs. 1 ZPO spricht eindeutig von der "richterlichen" Überzeugung; fehlt dem Richter die "volle" Überzeugung, kann ihn nichts dazu zwingen, irgendwelchen (pseudo)objektiven Wahrscheinlichkeitsregeln zu folgen. Dies schließt jedoch nicht aus, daß der Richter bereits bei einem geringen Wahrscheinlichkeitsgrad von der behaupteten Tatsache "überzeugt" sein kann! 77 Und konnten es im übrigen auch gar nicht sein, da eine Kritik der Sachverhaltsfeststellungen eine genaue Aktenkenntnis des Einzelfalles erforderte. Wohl wegen des oben im Haupttext angesprochenen Umstandes hält Diederichsen (Verh. 56. DJT II, L 87) ein Eingreifen des Gesetzgebers für nicht erforderlich. 78 Köndgen, UPR 1983, 346, spricht in diesem Zusammenhang von einem "'statistischen' oder 'probabilistischen' Kausalitätsbegriff'. Seinen Vorschlag einer "Haftung für nur mögliche Kausalität" hält er jedoch selbst nur für eine "Tendenzaussage" (347; vgl. auch 352 f.). 79 Vgl. dazu Wilburg, Verh. 43. DJT II, C 16; Kegel, FS Kronstein 70, 333 ff.; B. Maassen, Beweismaßprobleme, 153 ff.; Musielak, FS Kegel, 451 ff.; P. Gottwald, Schadenszurechnung, 111 ff., 205 f., 245; Mötsch, Beweis; P. Gottwald, KF 1986, 18; Baumgärtel, KF 1986, 47, Musielak, ZZP 1986, 217 ff. (insbes. 222); Gmehling, Beweis lastverteilung, 113. 80 Damit ist eine Wahrscheinlichkeit bis zu 50 % gemeint. Die Prozentangabe dient jedoch nur der bildhaften Verdeutlichung; eine derartige Quantifizierung ist in der Praxis wohl unmöglich. Zur Untauglichkeit der mathematischen Wahrscheinlichkeit das Beispiel bei Musielak (FS Kegel, 468 ff.). Α. A. offenbar Bender, FS Baur, 257 ff., der davon auszugehen scheint, daß sich Wahrscheinlichkeitsgrade genau abstufen und abgrenzen lassen. Vgl. dazu Kegel, FS Kronstein 70, 335 ff. 81 Schadens Verursachung, 91; ähnlich FS Beitzke 70, 24. 5 Koch

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III. Die Grundsätze des Haftungsrechts

Verursacher im Sinne des § 830 Abs. I S. 2 BGB erfolgreich auf Schadensersatz verklagen könnte. Ohne näheres Identifikationsmerkmal als die Tatsache des Vorbeifahrens muß nämlich die Behauptung des Klägers, der Passant habe "möglicherweise" sein Auto beschädigt, als unwahrscheinlich gewertet werden, und zwar umso mehr, je höher die Zahl der vorbeifahrenden Fahrzeuge war. Zudem vermag die moderne Unfallanalytik bei der Untersuchung eines Karosserieschadens das Verursacherfahrzeug näher zu beschreiben als durch die bloße Feststellung, es müsse "irgendein" Auto gewesen sein. Man denke dabei nur an Lackspuren, die Höhe der Auf]prallstelle am beschädigten Fahrzeug, allfällige Bremsspuren im Unfallbereich usw. 8 2 Dadurch reduziert sich aber der Kreis der möglichen Verursacher zumeist bereits erheblich. Außerdem entstehen auch am Verursacherfahrzeug häufig Veränderungen, auf die aus deren "Spiegelbild" am beschädigten Auto geschlossen werden kann. Liegen all diese Fakten vor, ist bei der Beweisführung oft sogar eine "an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit" der Verursachung erreichbar. Grundvoraussetzung auch bei der Anwendung eines gesenkten Beweismaßes wäre es, daß die Rolle des Geschädigten bei der Schadensverursachung bestimmt wird. Kann die Schadensursache mit Sicherheit jedenfalls seinem Bereich nicht zugerechnet werden, ist seine Position am stärksten, indem deren Schutzwürdigkeit feststeht: Die Schadenstragung ist eher dem möglichen Verursacher zuzumuten als dem sicher "unschuldigen" Geschädigten.83 Problematisch wäre eine Beweismaßsenkung aber, wenn die möglichen Schadensursachen zum Teil auch der Risikosphäre des Geschädigten angehören. Steht gar ein prozentualer Anteil der Selbstverursachung im Sinne von § 254 Abs. 1 BGB 8 4 fest, so hätte auch der Grad der Wahrscheinlichkeit zu steigen, dem die Beweisführung des Geschädigten bei der prozessualen "Uberführung" des Beklagten als Mitverursacher zu entsprechen hätte, und zwar wiederum umso mehr, je größer der Kreis der möglichen Mitverursacher ist. Selbst wenn die Verursachung durch den Beklagten vom Geschädigten nachgewiesen würde, indem diesen erhöhten Beweisanforderungen entsprochen wird, könnte es wegen § 254 BGB auch nur zu einer Teilschadensüberwälzung gemäß dem Selbsttragungsanteil des Klägers kommen. 85 82 Vgl. dazu nur Schimmelpfennig, VGT 1987, 75 ff. 83 Vgl. auch F. Bydlinski, Schadens Verursachung, 80. In ähnlichem Sinne wurde das Verursachungsprinzip früher unter dem Einfluß des Verschuldensgrundsatzes verteidigt, weil der Geschädigte noch schuldloser sei als der schuldlose Schädiger (so etwa bei Binding , Normen P, 471 f.). Dagegen Wilburg, Elemente, 2, mit dem Argument, "daß es Grade wohl der Schuld, nicht aber der Unschuld gebe". 84 Nach h. M . ist bei § 254 BGB vorwiegend auf das Maß der beiderseitigen Verursachung abzustellen, erst in zweiter Linie auf den Verschuldensgrad. (Statt vieler Heinrichs in Palandt5i, Rn. 46 f. zu § 254). 85 Mertens in M ü n c h K o m m 2 , Rn. 35 zu § 830, läßt die Verbindung von § 254 mit § 830 Abs. 1 S. 2 BGB explizit nur in dem Falle zu, daß den Geschädigten hinsieht-

3. Grundsätze der Schadenszurechnung

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Wenn eine Selbstverursachung des Klägers bloß "möglich", aber nicht sicher ist, wäre zu prüfen, ob die §§ 830 Abs. 1 S. 2 und 254 BGB nicht doch in analoger Sicht zusammen gesehen werden können, was die h. M . ablehnt. 86 Wer unerlaubt handelt, sollte nicht durch den Umstand begünstigt werden, daß nicht ein (weiterer) Dritter, sondern der Geschädigte selbst möglicher "Mittäter" war. Es käme auch nur zu einer anteiligen Haftpflicht des Beklagten. Jedenfalls wären in einem solchen Falle höhere Anforderungen an das Beweismaß zu stellen, denen der Kläger zu entsprechen hätte. Wird ein Ursachenteil dem Geschädigten jedoch nicht deswegen zugerechnet, weil derselbe Umstand bei einem Dritten haftungsbegründend wäre, sondern weil es sich um einen "Zufall" im Sinne eines (sonst) niemandem zurechenbaren Vorganges 87 handelt (dies wiederum in Zusammenschau der §§ 254 und 830 Abs. 1 S. 2 BGB 8 8 ), wären die Beweismaßanforderungen an den Geschädigten zwar größer, als wenn die Schadensursache zur Gänze (einem oder mehreren) Dritten zuzurechnen wäre, jedoch nicht in dem Maße, wie dies oben für den Fall eines Umstandes auf Seiten des Geschädigten, der selbständig einen Haftungstatbestand begründete, zu gelten hätte. Eine Einheitsaussage über das Beweismaß bei Kausalitätsfragen sollte nicht getroffen werden. Die Anforderungen an den beweisführenden Geschädigten 89 im Sinne des Ausmaßes des nötigen "Überwiegens" hätten zu variieren, je nachdem, inwieweit die mögliche Verursachung seinem Bereich zuzurechnen ist. Das "Beweismaßspektrum" wäre jedenfalls von unten dadurch zu begrenzen, daß der behauptete Kausalzusammenhang nicht unwahrscheinlich sein darf. Ebensowenig könnte es genügen, wenn die Wahrscheinlichkeit der lieh eines von (mindestens) zwei weiteren Beteiligten ein Mitverschulden trifft. Dabei kann seiner Meinung nach der andere Beteiligte "nur zu der geringsten (hypothetischen) Haftungsquote verurteilt werden". 86 "Die Anwendbarkeit des § 830 Abs. 1 Satz 2 entfällt, wenn der Verletzte sich möglicherweise selbst verletzt hat" (Κ . Schäfer in S t a u d i n g e r ^ , Rn. 35 zu 830 m. w. N.); ebenso Steffen in B G B - R G R K 1 2 , R n . 19 zu § 830; Dieckmann, Voraussetzungen, 95 ff.; M. Bauer, JZ 1971, 7; E. Klein, NJW 1971, 453 ff.; Klinkhammer, NJW 1972, 1917 ff.; Cypionka, Schadensverursachung, 36 ff. Dagegen P. Gottwald, KF 1986, 21: "Diese Argumentation ist allerdings vordergründig und vermag nicht voll zu überzeugen." Ausführlichere Kritik bei dems., Schadenszurechnung, 111 ff. (m. w. N.), insbes. 120 mit dem treffenden Beispiel des Raufhandels, bei dem ein Mitverschulden des Verletzten fast immer im Spiel ist. Im hier vertretenen Sinne auch Heinze, VersR 1973, 1086 und Buxbaum, Verursachung, 23 ff. 87 Zu diesem Wortsinn oben Seite 51. 88 Dazu Deutsch, KF 1986, 43 und F. Bydlinski, Schadens Verursachung, 86 ff.; differenzierend ders., FS Beitzke 70, 30 ff. Von der herrschenden Auffassung wird dies konsequenterweise auch abgelehnt, ebenso von Buxbaum, Verursachung, 124 (vgl. jedoch dies, in obiger Fn. 86). Laut Mertens (MünchKomm2, Rn. 24 zu § 830) "muß sicher sein, daß der Schaden nicht auf anderen Ursachen als dem Verhalten der möglichen Schädiger, etwa auf Naturereignissen oder ähnlichem beruht." 89 Der Entlastungsbeweis des Beklagten ist entsprechend spiegelbildlich zu werten. 5*

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III. Die Grundsätze des Haftungsrechts

Kausalität des Beklagtenverhaltens (oder des sonst seiner Sphäre zuzuordnenden Umstandes) gleich der wäre, daß er den Schaden nicht verursacht h a t . 9 0 Es sollte zumindest nicht gänzlich ausgeschlossen sein, daß dem klagenden Geschädigten Schadensersatz auch dann zugesprochen werden kann, wenn er die Verursachung nur mit "überwiegender Wahrscheinlichkeit" zu beweisen vermag. 9 1 Damit käme es nicht zu einer enormen Vermehrung der Haftungsfalle, wie dies befurchtet w u r d e 9 2 . Abgesehen davon, daß die teilweise heftig geführte Diskussion oftmals wohl mehr ein Streit um Worte w a r 9 3 , ist es doch letztlich immer der Richter, der entscheidet. Ob dieser seine Entscheidung mit dem Hinweis auf eine (wie auch immer) "überwiegende Wahrscheinlichkeit" oder auf die "an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit" begründet, am Ergebnis wird dies in der Praxis wohl wenig ändern. 9 4 Zu hoffen wäre nur, daß

90 Kegel, FS Kronstein 70, 335, hält diesen Fall für "selten". Dies muß jedoch nicht sein: Abgesehen davon, daß es wohl nie zu einer numerischen Festlegung des Wahrscheinlichkeitsgrades der Parteienbehauptungen kommt, wird der Richter den Fall des "non liquet" vermutlich oft dahingehend deuten, daß beide Vorbringen "gleich" wahrscheinlich seien, obwohl sich die das jeweilige Vorbringen untermauernden Beweismittel nur selten vergleichen (und noch seltener vergleichend würdigen) lassen. 91 Kegel (FS Kronstein 70, 337 f.) befürwortet diese Lösung zwar grundsätzlich, lehnt sie aber de lege lata ab. Dagegen ζ. B. Greger, Beweis, 201; M. Huber, Beweismaß, 124; Bender, FS Baur, 256 ff. (vgl. jedoch dens. y JZ 1984, 372); Prutting, Beweislast, 73 ff.; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann*?, Nr. 2.c zu § 286 und Leipold in Stein/Jonas20) Rn. 4 f. zu § 286, jeweils m. w. N. (Vgl. jedoch auch Leipold, Beweismaß, 9 ff.!). Rechtsvergleichend Honoré , IECL XI/7, Nr. 7-203 (S. 149 f.). 92 Vgl. nur Leipold in Stein/Jonas20, Rn. 5 zu § 286: "Auch käme es einer Aufforderung zu noch unbekümmerterem Prozessieren [sie!] gleich, wenn man schon das Erreichen einer auch nur geringfügig überwiegenden Wahrscheinlichkeit der anspruchsbegründenden Tatsachen für den Erfolg einer Klage ausreichen ließe." Ebensowenig ist der "Kardinaleinwand" haltbar, daß bei diesem Beweismaß ein unerträglich hohes Irrtumsrisiko (bis zu 49 %) bestehe: Mötsch, Beweis, 72, weist zurecht auf die noch unbefriedigendere Alternative hin, nach der das Irrtumsrisiko bis zu 51 % (jeweils komplementär zur angenommenen Wahrscheinlichkeit) betragen würde. Dagegen wiederum Leipold, Beweismaß, 8, der in der Anwendung der Beweislastregeln eine gerechtere Lösung sieht. "Gerade die Existenz von Beweis lastnormen [...] zeigt, daß das Gesetz nicht vom Überwiegensprinzip ausgeht." (Leipold, a. a. O., 8). Die Anwendbarkeit der Beweislastregeln würde sich ansonsten auf den "seltenen" Fall der gleichen Wahrscheinlichkeit beider Behauptungen (dazu bereits oben Fn. 90) beschränken. Dagegen ist einzuwenden, daß Beweismaß und Beweis last auseinanderzuhalten sind und nicht in vermengender Sicht gegeneinander ausgespielt werden können. 93 Dazu P. Gottwald, Schadenszurechnung, 205; Musielak, ZZP 1986, 218 f.; ders., ZZP 1987, 407. 94 Wilburg (Elemente^ 71) spricht zurecht davon, daß "der Übergang von der Wahrscheinlichkeit zur Überzeugung fließt". Vgl. auch Leipold in S t e i n / J o n a s 2 0 > Rn. 3 zu § 286 und dens., Beweismaß, 9 ff. (wo er treffend auf die faktische Gebundenheit des Richters an das Parteienvorbringen hinweist, was ihm bereits die Möglichkeit nehme, "mit Sicherheit" zu entscheiden.) Ausführlich zur notwendigen Unterschei-

3. Grundsätze der Schadenszurechnung

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in Hinkunft auch in der Rechtsprechung vermehrt offen eingestanden werden kann, daß man bei der Beweiswürdigung nur zur Annahme einer (wenn auch klar) "überwiegenden Wahrscheinlichkeit" gelangt ist. 9 5 Mit dem Beweismaß der "möglichen Kausalität" würde das Verursachungsprinzip nicht verlassen, sondern nur ausdehnend gesehen.96 Die Zurechnung baute auf jenem Wahrscheinlichkeitsprozentsatz auf, der für eine Verursachung durch den Beklagten spricht, nicht auf dem, der dagegen steht. Bei diesen Überlegungen wurde zumeist von einer Verursachung durch einen fiktiven Beklagten gesprochen. Dies stand jedoch jeweils nur als Platzhalter für die Erfüllung irgendeines Haftpflichttatbestandes; damit soll keine Beschränkung auf schadenskausales menschliches Verhalten zum Ausdruck gebracht worden sein. Neben eigenem und fremdem Verhalten hätte das oben Gesagte somit auch für schädigende Sachen zu gelten. Wie bereits betont wurde 97 , gibt es keine Unterschiede der einzelnen Zurechnungsgründe hinsichtlich ihrer "Zurechnungskraft". Dem Geschädigten darf es nicht zum Nachteil gereichen, daß sein Schaden von einer Sache verursacht wurde. Ein solcher Nachteil wäre es aber, wenn er bei Sachen ein höheres Beweismaß erfüllen müßte als bei Menschen.98

dung der Wahrscheinlichkeit als Grundlage der richterlichen Überzeugung von dieser Überzeugung selbst Musielak, Beweislast, 105 ff. (insbes. die auf S. 109 zit. E. RGZ 95, 249 f.). Vgl. dazu auch treffend Rechberger, FS Baumgärtel 70, 475 ff. (insbes. 478 f.!). 95 Und "trotzdem" darauf die Haftpflichtbegründung gestützt hat, um ein billiges Ergebnis zu erzielen: "Die Verwendung bloßer Wahrscheinlichkeiten mag als Basis einer Ersatzpflicht theoretische Bedenken erregen. Sie entspricht aber dem Bestreben, einem richtigen Ergebnis möglichst nahe zu kommen." (Wilburg, Elemente, 73). Anzumerken ist, daß bereits in der heutigen Rechtspraxis zur Schadensteilung nach § 254 Abs. 1 BGB die Wahrscheinlichkeiten der Kausaleinflüsse zueinander abzuwägen sind: Einen Schaden "vorwiegend" verursacht im Sinne dieser Norm hat nach h. M . (vgl. nur Grunsky in MünchKomm 2 , Rn. 60 zu § 254 m. w. N.) derjenige, der den Schadenseintritt "in einem höheren Maße wahrscheinlich gemacht hat als der andere Beteiligte" (Medicus in S t a u d i n g e r l 2 , Rn. 92 zu § 254 m. w. N.). 96 Α. M. Wilburg, Elemente, 74. 97 Oben S. 62. 98 Hinsichtlich der heutigen Gefährdungshaftung ist die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 830 Abs. 1 S. 2 BGB (wenn auch nicht in der hier unterstützten weiten Interpretation) nunmehr h. M.: Mertens in MünchKomm 2 , Rn. 26 zu § 830; Κ . Schäfer in S t a u d i n g e r i 2 , Rn. 44 zu § 830. Α. M. noch F. Bydlinski, Schadensverursachung, 90 ff., bezogen auf die Gefährdungshaftung. Deren Haftungsgründe seien "zu schwach, um eine solche Reduktion zu vertragen" (91). In einer neueren Arbeit (FS Beitzke 70, 25) betont er jedoch, diese Ablehnung sei "nicht aufrecht zu erhalten".

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III. Die Grundsätze des Haftungsrechts

(c) Einschränkungen des Verursachungsprinzips (aa) Die traditionellen Kriterien Selbst wenn ein untersuchter Umstand als kausal festgestellt wird, so wird an diese Verursachung noch nicht automatisch eine Haftpflicht geknüpft. Die Verursachung ist lediglich Mindestvoraussetzung der Haftung", wobei diese Mindestvoraussetzung nicht ausnahmslos beim potentiell Haftpflichtigen selbst erfüllt sein muß, wie insbesondere die obigen Ausführungen zu den Erweiterungen des Verursachungsprinzips bekräftigen sollten. Die Fallprüfung wird unter Zuhilfenahme wertender Kriterien 100 fortgesetzt, dies im Gegensatz zu der ausschließlich dem Tatsachenbereich verhafteten Kausalitätsprüfung. So wird einzelnen Kausaleinflüssen deren haftpflichtrechtliche Relevanz abgesprochen, wobei aus der (ansonsten endlosen) Liste der Verursacher etwa jene ausgeschieden werden, die "zu weit" vom eigentlichen Schadensfall entfernt sind 1 0 1 , wobei diese Weite bereits normativ und nicht mehr mit den Regeln der Naturgesetze abgesteckt w i r d . 1 0 2 Trotzdem setzt zum Beispiel die Adäquanzprüfung immer noch an der Verbindung von Ursache und Schaden an, sie ist keine Wertung des kausalen Einflusses selbst. Eine normative Sicht des Kausalzusammenhanges ist als Instrumentarium des Haftungsrechts nicht von vornherein auf jene Schadensursachen beschränkt, die dem menschlichen Verhalten zuzuordnen sind. 1 0 3 Aufgrund der Verschiedenheit der Ursachen stellt sich lediglich die Frage anders, und doch ist sie zu stellen. Die klassische Negativformel berücksichtigt natürlich den Menschen als Schädiger, wenn sie etwa danach fragt, ob die Schadensfolge "nach der Auffassung des Lebens vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann" 1 0 4 . Eine andere Formulierung paßt aber auch für jene Fälle, in denen eine Sache den Schaden verursacht hat 1 0 5 : Demnach wäre die begonnene haftungsrechtliche Prüfung der Schadensverursachung (auch) durch eine 99 So bereits oben S. 52. 100 Überblick etwa bei Larenz, FS Honig, 79 ff. 101 Zur remoteness im englischen Recht oben II.2.b.aa. Vgl. auch rechtsvergleichend Honoré y IECL XI/7, passim. 102 Vgl. nur zur Adäquanztheorie (ohne in die sie selbst betreffende Diskussion einzusteigen) etwa Steffen in BGB-RGRK12, Rn. 78 ff. zu § 823. 103 Α. M . wohl Deutsch, Haftungsrecht I, 154; differenzierend Steffen in BGBR G R K 1 2 , Rn. 80 zu § 823. Wie hier Bienenfeld, Haftungen, 261; Stoll, 25 Jahre KF, 184 ff. und die h. M . in Österreich, vgl. dort nur Koziol, Haftpflichtrecht I 2 , 142. 104 Zitiert bei Steffen in B G B - R G R K 1 2 , Rn. 83 zu § 823 m. w. N . und Formelvarianten. Ob diese Formel (so) noch anzuwenden ist, soll offengelassen werden; vgl. DunZy VersR 1984, 601: Er bezeichnet sie als "unscharfe und unnütze Denkfigur". 105 Vgl. BGH 23. 10. 1951 BGHZ 3, 261 und BGH 19. 11. 1971 BGHZ 57, 245 (255). Wie hier auch Stoll t 25 Jahre KF, 185.

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Sache dann abzubrechen, wenn deren Einfluß "die objektive Möglichkeit eines Erfolges von der Art des eingetretenen" nur "unerheblich erhöht" hat. Noch leichter vergleichen läßt sich die Fallprüfung bei den verschiedenen Arten von Schadensursachen, wenn man auf den Schutzzweck der Haftungsnorm 1 0 6 abstellt. Die anwendbare Haftungsnorm selbst ist ja gerade auf die typischen Eigenheiten des jeweiligen Schadensfalles ausgerichtet. Allerdings ist so für eine verbindende Sicht der Haftungsarten nichts gewonnen: Der unmittelbare Schutzzweck der Haftungsnorm beschränkt sich gerade auf diese und ist für rechtssystematische Argumente nicht greifbar. Eine wertende Bestimmung des haftpflichtrelevanten Kausalzusammenhanges genügt aber ebensowenig, um die Schadenszurechnung ausreichend zu kanalisieren. Der Haftungsbegrenzung dienen darüberhinaus im Bereich der Haftung für menschliches Verhalten insbesondere Rechtswidrigkeit und Verschulden. Diese setzen aber bereits am Tatbestand der Verschuldenshaftung 107 an und sind für andere Haftungsarten nicht oder nur modifiziert 108 anwendbar. Die Gefährdungshaftung wird schon jetzt als "an sich rechtswidrigkeitslos" 1 0 9 bezeichnet. Folgt man der Lehre vom Erfolgsunrecht, ist dies jedoch nicht so offensichtlich. Die Tatbestände der Gefährdungshaftung enthalten ebenso (wenn auch beschränkte) Rechtsgüterkataloge, sodaß auch hier der "Erfolg", die Verletzung dieser Rechtsgüter, die Rechtswidrigkeit des Kausaleinflusses indizieren könnte. Dies steht allerdings im Widerspruch zur dogmatischen Grundposition, daß der Gebrauch der "gefahrlichen" Sache grundsätzlich erlaubt i s t . 1 1 0 Auch wenn man darüber streiten könnte, welchen (haftungsrechtlichen) Unterschied es macht, die Gefährdung als erlaubt, aber gleichzeitig als haftungsbegründend zu bezeichnen, statt sie von vornherein auch "rechtswidrig" zu nennen 111 , erscheint diese Diskussion als überflüssig, da an 106 Dazu etwa Steffen in BGB-RGRK12, Rn. 90 ff. zu § 823 und K. Schäfer in Staudingerì2, R n . 83 ff. der Vorbem. zu §§ 823 ff. Zur Gefährdungshaftung siehe auch Stoll, 25 Jahre KF, 188 f.; EsserWeyers, Schuldrecht I F , 641. 107 Hier im Sinne von: Haftung für eigenes Verschulden. 108 Dehnt man etwa de lege ferenda die deliktische Gehilfenhaftung auf Haftung für fremdes Verschulden aus, so ist nicht mehr das Verhalten des Haftpflichtigen zu prüfen; die Haftungsvoraussetzungen müssen beim Gehilfen erfüllt sein. 109 Deutsch, Haftungsrecht I, 367. So bereits Bienenfeld, Haftungen, 398 ff. (416). HO So etwa Deutsch, Haftungsrecht I, 367. Vgl. auch Esser, Grundlagen 2 , 1 ff., der zwischen "Unrechtshaftung" und der Gefährdungshaftung als "Unglückshaftung" differenziert. Ebenso Esser/Weyers, Schuldrecht I I 7 , 637 f. m Auch bei der Verschuldenshaftung wird die Haftungsfolge erst an den Erfolg geknüpft; an rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten wird keine haftungsrechtliche Konsequenz geknüpft, solange kein Schaden eintritt. Die Rechtswidrigkeit ließe sich im übrigen genauso als (bloßer) Teil und notwendige Voraussetzung des "Verschuldens" verstehen (dann aber als "Zurechenbarkeit menschlichen Verhaltens" i. w. S.).

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III. Die Grundsätze des Haftungsrechts

die Verwirklichung des Tatbestandes der Gefährdungshaftung die Haftungsfolge geknüpft werden kann, ohne daß die einzelnen Tatbestandselemente einer Namensgebung aus dem Bereich der Verschuldenshaftung bedürften. 112 Setzen Tatbestände an grundverschiedenen Ursachen an, ist es wohl naheliegend, daß sie auch verschieden aufgebaut sein müssen. Die (vorzugswürdigere) Lehre vom Verhaltensunrecht macht klar, daß das Instrument der Rechtswidrigkeit zur Begrenzung der Haftung fur menschliches Verhalten konzipiert ist 1 1 3 ; daß die Schadensverursachung durch Sachen nach anderen Kriterien zuzurechnen sein muß, liegt auf der Hand. Jedenfalls unanwendbar für die Gefährdungshaftung ist das Element des Verschuldens. Dennoch kommt ihm entscheidende Bedeutung für eine Gesamtsicht des Haftungsrechts zu, dessen System sich derzeit sogar an ihm orientiert. Je enger das Verschulden verstanden wird, desto mehr Fälle fallen durch den Rost der Verschuldenshaftung, die dann nur noch von einer Haftung ohne Verschulden (wie eben der Gefahrdungshaftung) zur Haftungsbegründung aufgefangen werden können. (Auch) diese Problematik kann hier nur aufgezeigt, nicht gelöst werden; zu verweisen ist aber auf weitere Ausführungen unten 114 . Der Haftungsbegrenzung bei der Gefährdungshaftung dient der jeweilige Tatbestand, der zumeist die typische Gefährlichkeit der Sache umfassen soll. 1 1 5 Für Kraftfahrzeuge wird gem. § 7 StVG etwa gehaftet, wenn der Schaden "beim Betrieb" des Fahrzeugs ohne Einwirkung eines "unabwendbaren Ereignisses" entsteht. 116 Welchem Element der Verschuldenshaftung der Ausschluß der Haftung fur bestimmte Außeneinflüsse wie höhere Gewalt oder eben unabwendbare Ereignisse zuzuordnen ist, ist hier nicht zu beantworten. Offensichtlich setzen sie aber am Kausalzusammenhang an; anderen ursächlichen Einwirkungen auf das Schadensobjekt wird mehr (haftungsrechtliche) Bedeutung bei der Schadensverursachung beigemessen als der "gefahrlichen" Sache selbst. 117

112 Zum Verhältnis von Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit bei der Verschuldenshaftung vgl. Münzberg, Verhalten, 75 ff. 113 Vgl. Münzberg, Verhalten, 85. Dazu bereits oben S. 59. 114 IV.2., insbesondere IV.2.b.cc. 115 K. Schäfer in S t a u d i n g e r i 2 , Rn. 7 der Vorbem. zu §§ 823 ff.; Esser/Weyers, Schuldrecht I F , 639 ff. 116 Wie diese Begriffe aber zu verstehen sind, ist umstritten; vgl. nur Kunschert in Geigel/Schlegelmilch20, S. 606 ff., 612 ff. 117 Vgl. dazu auch unten V.2.b.dd.

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(bb) Verbindung dieser Kriterien

Die normative Einschränkung des Verursachungsprinzips scheint somit im wesentlichen mit Kriterien zu erfolgen, die dem jeweiligen Haftungstatbestand entstammen und ohne Modifikation auch nur dort anwendbar sind. Einen weiteren Bereich erfassen jene Wertungen, die den Kausalzusammenhang betreffen, somit die Verbindung des Schadens mit der Ursache (und nicht den ursächlichen Umstand selbst). Dennoch könnten jene der Wertungsebene entstammenden Elemente, die das reine Verursachungsprinzip korrigieren, zusammengefaßt werden, etwa unter dem Oberbegriff "Abweichen von den Erwartungen der Rechtsgemeinschaft". Beim Schadensverursacher Mensch sind diese (Verhaltens-)Erwartungen 118 durch einen mehr oder weniger klar abgegrenzten Verhaltenskodex geprägt, dessen Normen das Zusammenleben ermöglichen sollen und dabei über naturgesetzliche Regeln hinausgehen. Die Gemeinschaft berücksichtigt dabei nicht nur (zumindest bis zu einem gewissen Grade) körperliche und geistige Fähigkeiten ihrer Mitglieder, sondern erwartet von ihnen darüberhinaus auch ein weitergehendes Absehen von bestimmten Verhaltensweisen. Insofern unterwirft sich der Mensch einer Selbstbeschränkung zugunsten der Gemeinschaft, von deren Mitgliedern er dieselbe Unterwerfung erwartet. Bei Funktionieren dieses Systems, also bei Einhaltung aller Regeln, nimmt er ein gewisses Maß an Schädigung seiner Rechtsgüter in Kauf, dies auch, um das System von Verhaltensregeln zu erhalten und zu gewährleisten. 119 Ist ein solcher Schaden aber aufgrund einer Abweichung von dieser "KollektiVerwaltung" eingetreten, geht dieser Schaden über die vom Geschädigten erwartete Selbstbeschränkung hinaus; die Schadenstragung wird stattdessen von demjenigen verlangt, der den Erwartungen nicht entsprochen hat. Dessen Wiedergutmachung des Schadens stellt nur das (zuvor) ungestörte System wieder her; die Abweichung selbst wird nicht sanktioniert, sondern nur zum Ausgangspunkt der Schadenszuweisung genommen. Bei der gegenwärtigen Nomenklatur umginge dieser Oberbegriff der "Erwartungen" und der Abwei118 Vgl. auch den soziologischen Erwartungsbegriff bei Luhmann, Rechtssoziologie3, 27 ff. 119 Vgl. Deutsch, Haftungsrecht I, 26 ff. zum "grundsätzlichen Widerstreit der Interessen am Fortbestand der Güter durch Ersatzleistung und an der Freiheit zum Handeln": "Innerhalb eines begrenzten Spielraums muß der Mensch tätig werden können, ohne wegen der Folgen seines Tuns Ersatzverpflichtungen oft erheblicher Höhe gewärtigen zu müssen. [...] Es muß darum genügen, wenn man sich so verhält, wie es im betreffenden Verkehrskreis als Standard angesehen wird. Damit wird übrigens der Geschädigte, der nun keinen Ersatz erhält, nicht ungerecht belastet, denn er nimmt selbst in anderem Zusammenhang die gleiche Handlungsfreiheit in Anspruch".

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III. Die Grundsätze des Haftungsrechts

chung davon die Abgrenzungsprobleme zwischen Adäquanz und Normzweck, zwischen Verhaltensunrecht und Verschulden, zwischen Erfolgsunrecht und Verschulden. Der Inhalt und Umfang der Erwartungen ist dadurch aber noch nicht definiert; das grundsätzliche Wertungsproblem, wann eine Schadensverursachung zur Haftung des Verursachers fuhren solle, oder vielmehr, wann sie nicht dazu führt, wird durch diesen bloß terminologischen Kunstgriff nicht gelöst. Vielleicht ersparte man sich aber bei (wohl oft gegebener) Einigkeit über diese Inhalte eine Diskussion über deren Einordnung in möglicherweise nicht weiterführende Untergruppen. 120 Jedenfalls könnte dieser Gedanke der "Abweichung von den Erwartungen der Rechtsgemeinschaft" zu einer Verbindung mit der Gefährdungshaftung verhelfen: Die in einen Schadensverursacher "Sache" gesetzten Erwartungen können nur dominiert sein von (scheinbar objektiven) Naturgesetzen, die aber insofern wiederum subjektiviert gesehen werden müssen, als sie nur aus der Sicht des Menschen selbst von ihm erfaßt werden können. Dies bindet die Fallbeurteilung auch an den Wissensstand der Zeit. Dennoch ist festzuhalten, daß die Erwartungen, denen eine Sache zu entsprechen hat, nicht weiter gehen können als die Regeln der Natur und der Technik. Eine zusätzliche ("Selbst-") Beschränkung, wie dies beim Menschen die Elemente Rechtswidrigkeit und Verschulden bewirken, wird bei Sachen nicht vorausgesetzt. 121 Eine solche Beschränkung etwa des technisch Möglichen kann nur durch den Menschen erfolgen, also durch dessen Einwirkung auf die Sache, wodurch er die in eine Sache gesetzten Erwartungen, wiederum den Naturgesetzen entsprechend, verändert. Entsteht gerade durch diese Veränderung ein Schaden, der im "Rohzustand" der Sache nicht verursacht worden wäre, liegt es aber näher, statt der veränderten Sache selbst den Vorgang der Veränderung durch den Menschen als Ausgangspunkt einer Haftungsanknüpfung zu nehmen. Bereits hier scheint es aber zu einem Konflikt mit der Dogmatik der Gefährdungshaftung zu kommen: Wird von einer "gefährlichen" Sache die Schädigung ohnedies "erwartet", sodaß die Sache gerade den Erwartungen entspräche, wenn sie einen Schaden verursacht? Abgesehen von den nicht vorwegzunehmenden weiteren Problemen mit dem Gefahrenbegriff 122 sei jedoch wiederholt, daß genau hier die Grenze zur Eingriffshaftung gesehen wird 1 2 3 : Während bei jener die Schädigung geradezu erwartet wird, hat man bei der 120 Die von Dunz (VersR 1984, 601 f.) angesprochene "kreative Phantasie" der Richter könnte sich auf die Wertung selbst beschränken, ohne einer Diskussion ausgesetzt zu sein, wie Dunz sie a.a.O. mit Stoll (zu dessen Beitrag in 25 Jahre KF, 184 ff.) führte. 121 Gerade deshalb scheitern ja auch Versuche, zumindest das Element der Rechtswidrigkeit bei der Gefährdungshaftung nachzuweisen. Vgl. dazu oben bei Fn. 110. 122 Dazu unten IV. 1. 123 Vgl. bereits oben 1.3.a. m. w. N .

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Gefährdungshaftung die (wenn auch möglicherweise geringe) Hoffnung, daß sich die erkannte Gefahr eben nicht verwirklicht.

4. Wirkungen der Schadenszurechnung Nach der Darstellung des Verursachungsprinzips und jener Einflüsse, die es erweitern oder beschränken, ist, wie angekündigt, noch darauf einzugehen, welche tatsächlichen Wirkungen des Haftpflichtrechts in weiterer Folge zu berücksichtigen sind, die nicht darüber hinaus auch als final ausgerichtete Haftungsgrundsätze zu beurteilen sind.

(a) Präventionswirkung 124 Von der wohl herrschenden Meinung wird dem Haftungsrecht neben der oben anerkannten Ausgleichsfunktion auch ein "Präventionszweck"

zuer-

k a n n t 1 2 5 , der allerdings von den meisten Autoren nur als "sekundärer" 1 2 6 124

Grundlegende Diskussionsdarstellung bei Weyers, Unfallschäden, 452 ff. 125 Vgl. zunächst Weyers, Unfallschäden, 452 und dessen dortige Zitate (in Fn. 1). Dazu auch Kötz, Deliktsrecht^, Rn. 40; Eike Schmidt in Athenäum-Zivilrecht 1, 480 ff. und Kramer, ZBJV 1987, 302, der "die emotionslose Vermögensausgleichs- bzw. Bereicherungsabwehrfunktion des Haftpflichtrechts in den Vordergrund stellt". Steiner, Schadens Verhütung, 138: "Im Gegensatz zur Entwicklung im Strafrecht ist die Hypothese, daß Sanktionen sich präventiv auswirken, im Zivilrecht nie ernsthaft in Frage gestellt worden." Als Grund dafür sieht Deutsch (JZ 1971, 246) wohl, die Ersatzpflicht werde "oft mehr gefürchtet als die regelmäßig geringe Geldstrafe. Zurecht wird deshalb im Schrifttum die Prävention als Zweck des Haftungsrechts anerkannt." Ähnlich Bötticher, AcP 158, 385, der jedoch betont: "Mit der Anerkennung des Präventionscharakters bejahen wir aber noch keineswegs den Strafcharakter der privatrechtlichen Sanktion." E. Rehbinder, Verursacherprinzip, 163, meint für das Umwelthaftpflichtrecht: "Die Zielsetzung ist dabei - wie im übrigen Umweltrecht - primär die Prävention, die Schadensverhütung, nicht etwa der bloße finanzielle Ausgleich für geschehene Schäden." Er relativiert diese Aussage jedoch im folgenden zu einem bloßen Wunschziel, das auch seiner Meinung nach kaum erreichbar ist (ders. y a. a. O., 166; ebenso ders., NuR 1989, 151 1. bzw. r. Sp.). Vgl. hingegen Köndgen, UPR 1983, 347, der das Umweltdelikts recht zu einer "starken präventiven Waffe geschmiedet" sehen will. Mötsch (JZ 1984, 221) glaubt in der Prävention (zumindest de lege ferenda) sogar den "gemeinsamen Kern der Verschuldens- und der Gefährdungshaftung" zu erkennen. Dieses Ziel sei dann erreicht, wenn ein Kollektiv die Wiedergutmachung gegenüber dem Geschädigten übernommen hat, denn dann könne der Gesetzgeber "die Entscheidung über die endgültige Zuteilung des Schadens vom Präventionszweck her treffen". Wenn er damit, wie es scheint, den Regreß des Haftpflichtversicherers zu einer Art Privatstrafe umfunktionieren will, so kann ihm darin wohl nicht gefolgt werden. ™ So Mertens in MünchKomm 2 , Rn. 44 vor §§ 823 - 853; ders. in Soergel/ Siebertl 1 , Rn. 26 ff. vor § 249. Für dens. ist die Erfüllung eines Präventionszweckes gar "Voraussetzung für ein privatrechtliches Schadensersatzrecht und damit letztlich Voraussetzung für die Erhaltung einer Privatrechtsordnung insgesamt [sie!]" (Vermögensschaden, 109).

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oder "Neben"-Zweck 127 gefuhrt wird. Verhindert werden soll primär der Schadenserfolg, mittelbar damit aber auch die zu diesem Erfolg führende Schadensursache, insbesondere ein schädigendes Verhalten als solches128. Während menschliches Verhalten aber durch eine Fülle von (mehr oder weniger konkret normierten) Geboten und Verboten geregelt werden kann (wobei das Haftungsrecht deren Verbindlichkeit anerkennt, indem es an Verstöße Sanktionen knüpft), scheitern solche Normen vor allem bei den hier interessierenden Schadensverursachern, den Sachen, an der mangelnden Identität der von den Normen Erfaßten: Während das Verhindern möglicher Schädigung durch Sachen höchstens den Herstellern und Verwendern vorgeschrieben werden kann, muß das Haftungsrecht (jedenfalls auch) an der Sache selbst ansetzen, wenn diese tatsächlich einen Schaden verursacht. 129 Ebensowenig wie die Zurechnung eines von einer Sache verursachten Schadens vom Element der Rechtswidrigkeit bestimmt werden kann, 1 3 0 vermag ein Präventionszweck des Haftungsrechts die Schädigung durch Sachen zu umfassen. Zu prüfen bleibt, ob das Haftpflichtrecht in diesem Bereich wenigstens präventiv wirken kann. 1 3 1 Eine Präventivwirkung des Haftungsrechts läßt sich empirisch nur schwer nachweisen132. Wie zu erwarten, ist das dazu vorliegende statistische Material 127 So ζ. B. Deutsch, JZ 1971, 246; nach dems. sei aber beim Schmerzensgeld "eine Umkehr der beiden Normzwecke festzustellen" (JuS 1969, 197). Vgl. hingegen bereits Esser, Grundlage^, 74 f. (in Fn. 4 a. E.): "Die sogenannte Präventivfunktion des Schadenersatzes ist also sehr beschränkt, von zweischneidigem, leicht überschätztem Wert." Vor kurzem überraschte jedoch Kötz (FS Steindorff 70, 643 ff.) mit einer weitaus stärkeren Betonung des Präventionszweckes für das Haftungsrecht, als dies die h. M . zuzugestehen bereit ist. 128 Nicht ein bloß schadensgeneigtes Verhalten; erst wenn sich der Schaden realisiert, kann das Haftungsrecht eingreifen. Sonst müßte das Haftungsrecht ja auch an eine versuchte Schädigung Sanktionen knüpfen. Vgl. dazu Boehmer, Grundlagen I, 19 f. und MedicuSy VersR 1981, 601, der die Prävention "außerhalb der Leistungsfähigkeit des Schadensrechts" sieht: "Selbst die bösesten oder gefahrlichsten Menschen [...] sind schadensrechtlich nur verpflichtet, soweit sie Schaden anrichten. Soweit sie das nicht tun, können Sanktion und Prävention nur durch andere Teile der Rechtsordnung bewirkt werden, insbesondere durch das Strafrecht." 129 Falls eine wertende Kausalitätsprüfung aber ergibt, daß ζ. B. ein Verstoß des Herstellers gegen verbindliche technische Normen haftungsrechtlich zu sanktionieren ist und nicht das bloße Faktum der Schadensverursachung durch dessen Produkt, kommt es - wiederum - zur Haftung für solches (Fehl-)Verhalten. Vgl. dazu unten V . l . b und c. 130 Dazu oben S. 71. 131 Zweifelnd Hohloch, Gutachten, 385; Vetter in Prävention, 135; Steffen in BGBR G R K 1 2 , Rn. 6 vor § 823. Ähnliche Bedenken äußert Steiner, Schadensverhütung, 139: "Hier zeigt sich, daß wie im Strafrecht ein Schadensverhütungseffekt durch Sanktionen nicht denknotwendigerweise zu erzielen ist." Skeptisch auch Hermann Lange, Handbuch2, 10 f. 132 Ähnlich Eike Schmidt in Athenäum-Zivilrecht I, 481. Vgl. dazu die umfassende Darstellung bei Weyers, Unfallschäden, 456 ff.

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rar. 1 3 3 Auf den ersten Blick erscheint es jedoch plausibel, daß etwa ein Produkt, das aufgrund seiner Beschaffenheit mehrfach Schäden verursacht hat, von seinem Hersteller zumindest technisch überprüft, überarbeitet oder gar aus dem Verkehr gezogen wird. Sachen mit unkontrollierbarer Schadensgeneigtheit werden wohl höchstens noch mit Vorsicht verwendet. Auch eine präventive Wirkung äußert sich demnach (naturgemäß) ebensowenig bei der Sache selbst, sondern wiederum mittelbar bei den mit ihr umgehenden Menschen. 134

133 Siehe aber die bei Klebelsberg, Verkehrspsychologie, 25 f., zitierte Untersuchung. Kötz und H.-B. Schäfer haben zwar eine "empirische Untersuchung" zum Thema vorgelegt (AcP 189, 501 ff.), deren Aussage kann jedoch nur mit Vorbehalten gefolgt werden. Kötz und H.-B. Schäfer nahmen an, daß die untersuchten Unternehmen auf bestimmte Veränderungen im Tarifsystem der gesetzlichen Unfallversicherung (im untersuchten Fall: Zuckerindustrie und Zucker-Berufsgenossenschaft) dergestalt reagierten, daß sie in der Folge Maßnahmen zur Schadensprävention setzten. (Diese Veränderungen bestimmten eine individuelle Tariffestlegung, je nachdem, ob das betreffende Unternehmen im Vorjahr über- oder unterdurchschnittlich viele Arbeitsunfalle zu vermelden hatte.) Eine Kritik an der vorgelegten Statistik muß an ihren Prämissen ansetzen. So wird nicht festgehalten, ob im Beobachtungszeitraum (ab Einführung dieses Tarifsystems) andere Einflußfaktoren zu berücksichtigen waren, ζ. B. Rechtsnormen, die die Maschinenbeschaffenheit bestimmten, technische Veränderungen der Geräte selbst oder andere außerbetriebliche Faktoren. Auch die Art der "Reaktion" der Unternehmen auf die Tarifreform wurde nicht präzisiert. Die Autoren sahen "keine andere Wahl" (a. a. O., 511), als von der Veränderung des Beitragsaufkommens unmittelbar auf die Veränderung der Unfallzahl zu schließen, was den Unsicherheitsfaktor dieser Untersuchung erhöht. Das Auflisten der Testmethoden, die zur Überprüfung der Zuverlässigkeit der gewonnenen "Ergebnisse" verwendet wurden, hilft ohne Erwähnung der Prämissen und Fakten, die diesen Tests zugrundelagen, nicht weiter. Doch selbst wenn man aus dem nicht zu leugnenden Rückgang der Arbeitsunfälle im Beobachtungszeitraum schließt, daß dies die Folge der Tarifreform war, so sollte daraus noch kein direkter Rückschluß auf das Haftungsrecht im allgemeinen folgen. Die Erhöhung bzw. Senkung der dem jeweiligen Unternehmen vorgeschriebenen Beiträge ist nämlich jeweils Reaktion auf die im Unternehmen geschehenen Unfälle und belastet die Unternehmen im nachhinein als periodische Beitragspflicht dauernd. Inwieweit das vorliegende Untersuchungsergebnis auch über den Einfluß des Haftungsrechts auf den "Einzelfall-Schädiger" aussagt, auf den, der noch nie einen (derartigen) Schaden verursacht hat, bleibt offen. Im Anschluß an diese Untersuchung muß auch auf die (wohl geringe) Aussagekraft einer statistischen Beurteilung des Unfallgeschehens auf deutschen Straßen seit Einführung des Schadensfreiheitsrabattes hingewiesen werden. Das Zusammenspiel der Faktoren Prämienbelastung, Erhöhung von Fahrzeugzahl und Verkehrsaufkommen, Verbesserung der Technik, aber auch Verfälschung der Daten durch Fälle von Fahrerflucht und versicherungsunabhängiger Schadensregulierung scheint auf den ersten Blick statistisch "unentwirrbar" zu sein. 134 Vgl. dazu auch Deutsch, JuS 1981, 318.

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III. Die Grundsätze des Haftungsrechts

(b) Weitere Wirkungen D i e Genugtuung soll in manchen Augen mehr als bloße Wirkung des Haftungsrechts sein. Als Anhaltspunkt fur einen Genugtuungs" z w e c k " 1 3 5 wird der Schmerzensgeldanspruch des § 847 BGB angegeben 1 3 6 . Diese Bestimmung soll jedoch nur klarstellen, daß auch immaterielle Schäden abzugleichen s i n d 1 3 7 , womit das Schmerzensgeld als (bloße) Schadensart ohne genug tuende "Sonderprämie" fur den Geschädigten feststeht. 1 3 8 Dabei sei nicht bezweifelt, daß der Zuspruch von Schmerzensgeld eine genugtuende Wirkung haben kann. Dazu kommt es aufgrund der Eigentümlichkeit des immateriellen Schadens, der nur durch eine äquivalente Befriedigung (hier: mit-

135 Diese Tendenz sieht auch Lorenz y Immaterieller Schaden, 95 f.: "Die Genugtuungsfunktion war [...] nur Reflexfunktion der Ausgleichsfunktion und damit für das Ausmaß der Geldentschädigung unerheblich. Durch die von der herrschenden Meinung vollzogene Funktionskorrektur ist sie dagegen zu einer die Geldentschädigung mitbestimmenden Zielfunktion geworden." [Hervorhebungen im Original.] 136 So v. a. der BGH seit der Entscheidung des GrSZ (6. 7. 1955 BGHZ 18, 149). Ihm folgend wohl Kreft in B G B - R G R K 1 2 , Rn. 7 ff. zu § 847 und Deutsch, JuS 1969, 197 ff. Vgl. aber dens. y JZ 1971, 247: "Das Haftungsrecht soll auf die Genugtuung verzichten, und alle Prävention soll vom Strafrecht monopolisiert werden." Die "reinliche Scheidung beider Rechtsgebiete" hat für ihn aber dennoch "etwas Künstliches". Stoll (Gutachten) schlug auf dem 45. DJT für bestimmte Fälle einen selbständigen Genugtuungsanspruch des Geschädigten neben einem reinen Ausgleichsanspruch vor, denn die Genugtuung sei "wegen des ihr innewohnenden Moments der Sühne grundverschieden von der Entschädigung" (Gutachten, 155). Sein Vorschlag wurde jedoch nicht angenommen (vgl. nur Bötticher, Verh. 45. DJT II, C 20 ff., C 28). Dazu neuerdings auch Kern, AcP 191, 247 ff., der geradezu für eine Betonung der Genugtuung eintritt, um die Idee der Privatstrafe Wiederaufleben zu lassen. Dies ist abzulehnen. 137 Vgl. Hirsch, FS Engisch 70, 317: "Es ist in zivilrechtlich näher zu bestimmenden Grenzen notwendig, daß der Verletzte einen Ausgleich für seinen immateriellen Schaden erhält. Daß er die schuldhafte Verletzung der Rechtsordnung schmerzlich empfindet, ist dagegen nur ein positiver Ausdruck seines Rechtsempfindens, bezahlen lassen kann er sich das nicht." 138 Zur Diskussion siehe Thomas in Palandt 5 !, Rn. 4 zu § 847 m. w. N. Ablehnend Mertens in M ü n c h K o m m 2 , Rn. 2 ff. zu § 847 ("nebulose Genugtuungsthese"); Zeuner in Soergel/SiebertH, Rn. 12 zu § 847; K. Schäfer in S t a u d i n g e r l 2 , Rn. 9 zu § 847; Bötticher, Verh. 45. DJT II, C 27 ("An der alleinigen Ausgleichs funktion des Schmerzensgeldes ist auch de lege ferenda festzuhalten."); Hirsch, FS Engisch 70, v. a. 310 ff.; Köndgen, Haftpflichtftinktionen (passim, v. a. 103, 117 f., 150); Schwerdtner y JuS 1978, 296 ff.; Jülch, Schmerzensgeld, 126 ff., 131 ff., 144 - 157 (150: "Der in der Genugtuung enthaltene Sühnegedanke paßt nicht in unser Zivilrecht, ..."); Ott/H B. Schäfer, JZ 1990, 573; ausführlich Niemeyer, Genugtuung, 8 8 - 1 1 7 und Lorenz, Immaterieller Schaden, 95 ff. Vgl. auch Stoll, FS Rheinstein 70 II, 571: "Schwierigkeiten bei der Erfassung des Schadens berechtigen nicht zur Auswechslung des Wiedergutmachungsprinzips und zur Abkehr vom Entschädigungsgedanken." Dagegen aber jüngst Kern } AcP 191, 247 ff., der in der Genugtuung "als Synonym für Privatstrafe" eine "zulässige Aufgabe des Zivilrechts" sieht (passim, so etwa wörtlich 268).

5. Zusammenfassung

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tels einer bestimmten Geldsumme) kompensiert, nicht jedoch restituiert werden kann. Da die individuelle Befriedigung durch einen monetären Vorteil genausowenig objektiv bestimmt werden kann wie die Empfindung des Schmerzes, läßt es sich nicht vermeiden, daß oftmals die Freude über den Vermögenszuwachs die erlittene Pein nicht bloß vergessen läßt. 1 3 9 Dennoch sollte dies nicht dazu führen, daß eine solche unvermeidbare Nebenerscheinung in der juristischen Dogmatik zu einer Funktion des Schadensersatzes heranwächst. 140 Gewissermaßen verselbständigt hat sich wohl auch die dem Schadensersatzanspruch immanente Wirkung der Rechtsfortsetzung. Man kann die Vorgänge bei Entstehung und Abwicklung eines Schadensfalles juristisch durchaus so erklären, daß der tatsächliche Vermögensanspruch des Geschädigten am Schadensobjekt durch die Schädigung sich vermindert oder untergeht und daß stattdessen an seine Stelle ein neuer Anspruch, eben der Schadensersatzanspruch, tritt. Doch das Pferd wird wohl vom Schwanz her aufgezäumt, wenn man darin eine "Funktion" des Haftungsrechtes zu sehen glaubt. 141 Mit Hermann Lange ist zu betonen, daß diesem Gedanken "kein Eigenwert zuerkannt werden" kann. 1 4 2

5. Zusammenfassung Das Haftungsrecht hat die Frage zu klären, wem die Folgen eines Schadensereignisses letztendlich zuzuweisen sind. Diese Folgen treffen zunächst den Geschädigten, das Schadensersatzrecht bestimmt dann, ob jener seinen Schaden endgültig tragen muß, oder ob ein anderer diesen Ausgleich vorzunehmen hat. 139 in diesem Sinne wohl auch Schwerdtner, JuS 1978, 296: "Die Genugtuungsfunktion kann auch nicht teilweise mit dem Hinweis gerettet werden, daß sie in der Ausgleichsfunktion aufgehe, verschafft doch jede Ersatzpflicht dem Geschädigten eine Genugtuung und empfindet doch jeder Schädiger die Schadensersatzpflicht als Strafe". Ebenso Stoll, Gutachten, 149, 151; Honseil, VersR 1974, 206 und Schiemanny Argumente, 222 ff. (224). Diese Aussage ist sogar auf das gesamte Recht ausdehnbar; jeder Zuspruch bzw. jede Verweigerung eines Rechtes löst die genannten Gefühle aus, womit die Überzeugungskraft der Genugtuungstheorie schon aus diesem "rechtstatsächlichen" Grund dahinschwindet. Dagegen Kern, AcP 191, 265 ff. 1 4 0 Ebenso Honseil, VersR 1974, 205 ff., der in der Anerkennung einer Genugtuungsfunktion "deutliche Pönalisierungstendenzen" im Haftungsrecht sieht. Dazu Kern, AcP 191, 247 ff., der die Idee der Privatstrafe befürwortet. 141 So aber Heinrichs in Palandtfi, Rn. 5 der Vorbem. v. § 249; wohl auch Mertens in Soergel/Siebertl 1, Rn. 26 vor § 249. Larenz (Schuldrecht Π 4 , 424 f.) sieht den Rechtsfortsetzungsgedanken wenigstens als "im Ausgleichsgedanken enthaltenen Aspekt". 142 Handbuch 2 , 11 f.

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III. Die Grundsätze des Haftungsrechts

Bei der Bestimmung des Schadensträgers ist die Frage der Schadensverursachung als verbindendes Element der einzelnen haftungsrechtlichen Prinzipien zu sehen, welches aber dem Einfluß anderer Wertungsgedanken ausgesetzt ist. Die erweiternden und einschränkenden Elemente sind nicht isoliert zu betrachten, vielmehr wirken sie, mit jeweils unterschiedlicher Gewichtung, zusammen. So kann trotz erleichtertem Kausalitätsbeweis niemand zur Haftung herangezogen werden, der dem vorausgesetzten Sorgfaltsmaßstab entsprochen hat. War nicht sein eigenes Verhalten Gegenstand der Kausalitätsprüfiing, sondern das seines Gehilfen, kann es dennoch zu dem Ergebnis kommen, daß er den Schaden zu tragen hat, weil ihm dieses Ergebnis der schadenskausalen Gehilfenhandlung unter Anwendung des Nutzen-RisikoGedankens zuzurechnen ist. Entspricht aber dieses Verhalten seines Gehilfen den Sorgfaltsvorstellungen (oder "Erwartungen") der Rechtsgemeinschaft, entfällt mit der Haftpflicht des Gehilfen auch die seines Herrn. Ahnlich ist es bei der Schadensverursachung durch eine Sache. Hier entfällt die Prüfung, ob sich ihr Halter sorgfaltsgemäß verhalten hat, da sein Verhalten gar nicht überprüft wird. Obwohl letztendlich er haften soll, wird in erweiterter Sicht des Verursachungsprinzips der Sacheinfluß untersucht. Grundsätzlich kommen auch dabei dem Geschädigten Beweiserleichterungen für den Kausalitätsnachweis zugute. Dennoch erfährt die Schadenszurechnung bei Verursachung durch eine Sache Einschränkungen in wertender Sicht: Hat etwa der Einfluß der Sache die Schadenswahrscheinlichkeit in zu vernachlässigendem Ausmaß erhöht, entfällt die Haftpflicht des Halters. Damit ist der Rahmen für eine genauere Detailerfassung der Sachhaftung gezogen, die in der Folge auf der Vorstellung aufbauen wird, daß die Gründe der Schadenszurechnung nicht getrennt, sondern in wechselseitigem Zusammenwirken zu sehen sind.

I V . Von der sogenannten Gefährdungshaftung zur Sachhaftung 1. Wie gefährlich können Sachen sein? (a) Was ist Gefahr? Gefahr ist die "Möglichkeit, daß jemandem etwas zustößt"1. Gefahr ist "die naheliegende Möglichkeit der Entstehung eines Schadens"2. Gefahr ist "die nahe Möglichkeit der Verletzung geschützter Rechtsgüter"3. Gefahr ist "eine bloß unangenehme, ja nur unwillkommene Möglichkeit"4. Gefahr ist ein Zustand, "bei dem eine ernst zu nehmende Aussicht darauf besteht, daß schädliche Erfolge eintreten"5. Gefahr ist "ein Zustand, in dem aufgrund tatsächlicher Umstände die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines schädigenden Ereignisses besteht"6. Gefahr ist ein "ungewöhnlicher Zustand ..., in dem nach den konkreten Umständen der Eintritt eines Schadens naheliegt"7. Gefahr ist ein "abnormer Zustand ..., aus dem sich ffir ein sachkundiges Urteil die naheliegende Möglichkeit einer Verletzung ergibt" 8. "Gefahr ist heute kein abnormer, sie ist ein normaler Zustand"9. Gefahr ist "eine nicht übersehbare Situation, in welcher so viele Bedingungen der Rechtsgüterverletzung aufscheinen, - daß die vernünftige Besorgnis ihres Eintretens entsteht und Vorsichtsmaßregeln verkehrsüblich sind" 10 . Gefahr ist "eine Momentaufnahme aus einem fließenden Geschehen ..., das seinen natürlichen Abschluß

1 Duden 3, 960. 2 Rother, FS Michaelis, 250. 3 Lukes , Vortrag, 20. 4 Grimm, Wörterbuch IV/I/1, Spalte 2067. Vgl. auch die dort (Spalten 2061 ff.) ebenso erwähnten, heute wohl nicht mehr gebräuchlichen Bedeutungen "feindliche Nachstellung", "Überfall", "böse Absicht", "die Lage, wo einer vor Gericht sich eines Formfehlers zu Schulden kommen läßt"(!). 5 Schröder f ZStW 1969, 9. 6 Hirsch in LeipzKommi° 2, Rn. 26 zu § 34. 7 Lackner y Vortrag, 16. 8 Franky StGBl», 9. 9 Finger y FS Frank I, 243. 10 Roteringy ArchBürgR 22, 21. 6 Koch

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IV. Von der sogenannten Gefährdungshaftung zur Sachhaftung

eigentlich erst mit der Rechtsgutverletzung oder aber mit dem Verlassen des Gefahrenbereiches durch das Rechtsgutobjekt findet" 11. Was ist Gefahr? 12 Fühlt man sich mit dieser Frage angesichts der Vielzahl und Vielfalt obiger Definitionen zunächst vor den Kopf gestoßen, so tauchen doch Zweifel auf, die ihren Ursprung gerade in dieser Vielzahl nehmen. "Vielzahl" bedeutet hier nämlich auch "Uneinheit". Gerade die fein nuancierten Unterschiede der einzelnen Definitionen lassen sich nur schwer auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Dennoch: Die wahren Probleme des Gefahrenbegriffes liegen tiefer. Eine Vereinheitlichung oder zumindest Systematisierung der verschiedenen Begriffserklärungen scheitert bereits daran, daß diese Definitionen allesamt selbst zu vage sind. 13 "Vor allem nach seiner 'negativen' Seite hin ist die Abgrenzung fast undurchführbar." 14 So kann jede Sache unter besonderen Umständen zur Quelle eines Schadens werden 15 ; damit besteht aber auch bei jeder Sache die Möglichkeit der Verletzung von Rechten. Ist deswegen bereits alles "gefährlich"? Mag man zur Bejahung dessen auch umgangssprachlich bereit (oder gar gezwungen) sein, so wird sich der Jurist dagegen sträuben, müßte er doch dann auch die rechtlichen Konsequenzen ziehen und grundsätzlich alle Sachen den Regeln für Gefährliches unterstellen. Insbesondere wäre der Zurechnungsgrund der Gefährdungshaftung anwendbar, der das Nutzen einer "gefahrlichen" Sache mit einer objektiven Haftpflicht verbindet. 16 Daß es dazu nicht kommt, beweist die (angesichts der eingangs angedeuteten potentiellen Uferlosigkeit) geradezu winzige Zahl der anerkannten Gefährdungshaftungstatbestände, vor allem im Lichte des Analogieverbotes, das eine Annäherung des Gefahrenbegriffes dieser Normen an die sprachliche Realität verhindert. 17

H B. Schünemann, JA 1975, 793 f. 12 Diese Frage stellt sich auch Wochner, Schadensteilungsnorm, 105 ff. Vgl. noch Schlumprecht, Gefahr. 13 Vgl. auch Lukes (VersR 1983, 702), der meint, der Gefahrenbegriff als Tatbestandsmerkmal sei "unklar, weil er der hinreichenden Wertungskriterien entbehrt". 14 Rother, FS Michaelis, 251. Ebenso Lukes (VersR 1983, 703), nach dem "jedes brauchbare Kriterium fehlt für die Abgrenzung der Gefahr, die keine Gefährdungshaftung auslösen soll, ...". 15 Vgl. dazu auch Charlesworth/Percy, Negligence 7 , Nr. 13-02 (S. 839), bereits zit. oben S. 41 (in Fn. 117); Larroumet, Responsabilité, Rn. 50 f., bereits zit. oben S. 24 (in Fn. 34). 16 Vgl. Kötz, Deliktsrechts, Rn. 333: "Zurechnungsgrund ist hier [bei der Gefährdungshaftung, Anm. d. Verf.] der Umstand, daß jemand ein spezifisches Risiko der Gefährdung anderer geschaffen hat, indem unter seiner Kontrolle und Leitung ... eine bestimmte Sache genutzt ... wird." 17 Dies führt Wochner, Schadensteilungsnorm, 105 (in Fn. 22) zu einem drastischen, aber dennoch nachvollziehbaren Ergebnis: "Das Wort 'Gefährdungshaftung' hat, wie es sich eingebürgert hat, mit Gefahr nichts zu tun".

1. Wie gefahrlich können Sachen sein?

83

Doch bereits bei den vom Haftungsrecht als "gefahrlich" gewerteten Sachen ergeben sich Probleme,

wenn es darum geht,

beschreiben oder zu quantifizieren. 18 W i e Rother

19

deren Gefährlichkeit

zu

richtig festhält, ist es un-

möglich, dies mit prozentualen Angaben zu versuchen. "Selbst wenn man das an Hand von Unfallstatistiken oder ähnlichem versuchen wollte, wären die Ziffern, die man fände, fur die rechtliche Beurteilung wenig nütze. " 2 0 W i e soll man etwa bei einer Rohrleitungsanlage die Bruchgefahr des Rohres in Beziehung zu den rechtlichen Konsequenzen des § 2 H P f l G bringen, läßt sich doch eine Aussage über eine "Bruchgefahr" von Rohrleitungen keineswegs in allgemeingültiger Form treffen? 21 Daß dabei zunächst nach den beim Bau der Anlage verwendeten Werkstoffen differenziert

werden muß, erscheint wohl als klar. Doch selbst bei

Wasserrohren aus Grauguß, die häufiger brechen als Rohre aus anderen Materialien22,

ist die tatsächliche Schadenshäufigkeit anscheinend relativ gering:

In der Stadt Stuttgart brechen von tausend Wasserhausanschlußleitungen pro Jahr zwischen neun und e l f . 2 3 Für zehn km Versorgungsleitungen beträgt die

18 Dabei sind noch jene Schwierigkeiten vernachlässigt, die sich bei Mertens' Unterscheidung von "aktiver" und "passiver" Betriebsgefahr ergeben (ζ. B. in S o e r g e l / S i e b e r t l 2 , Rn. 113 zu § 254). Eine schadenskausale aktive Betriebsgefahr läßt sich nämlich in der Praxis wohl nur schwer als Komplementärbegriff zur passiven Betriebsgefahr darstellen, die die Schadensanfölligkeit beschreibt. 19 FS Michaelis, 251. 20 Rother, FS Michaelis, 251. Vgl. auch Edlbacher, FS Wilburg 60, 86: "Die Unfälle in der Luftfahrt sind, im Verhältnis gesehen, an Anzahl so gering, daß sie, will man von den besonderen Gefahren der Luftfahrt sprechen, keine taugliche Rechtfertigung mehr abgeben. Dagegen würde es niemandem einfallen, etwa ein Krankenhaus, in dem gewisse Operationen vorgenommen werden, die zu einem großen Hundertsatz tödlich ausgehen oder doch böse Folgen nach sich ziehen können, als einen gefährlichen Betrieb anzusehen." 21 Die "Gefährlichkeit" von Wasserleitungen war deshalb auch vor der entsprechenden Novellierung des Haftpflichtgesetzes umstritten; vgl. nur Ballerstedt, VEnergR 7/8, 17: "Die Gewinnung und Fortleitung von Wasser ist kein Umgehen mit einem gefahrlichen Stoff, also keine gefährdende Handlung. Die Unfälle, mit deren Möglichkeit der Entwurf eine Haftung des Wasserversorgungsunternehmens zu begründen versucht, sind nur entweder aufgrund von Sorgfaltsverstößen oder aufgrund einer Verkettung von außen hinzutretender Umstände denkbar. Die der Gewinnung und Verteilung von Wasser innewohnenden Momente rechtfertigen nicht die Annahme einer in der Natur des Vorgangs liegenden Gefährlichkeit. " [Hervorhebung im Original.] 22 Dazu etwa Kottmann, GWF-Gas/Erdgas 1971, 474 ff.; ders., GWF-Wasser/Abwasser 1974, 308 ff. 23 Bericht der TWS (Technische Werke Stuttgart), R 89/1, 7. Hausanschlüsse sind besonders "gefährdet", da die verwendeten Rohre eine geringe Nennweite (50 - 80) haben. Für solche Rohre ist Grauguß aber nicht empfehlenswert (und wird auch nicht mehr verwendet), da dieser Werkstoff nur bei Rohren größerer Nennweite als "sicher" betrachtet werden kann. (Vgl. Kottmann, GWF-Wasser/Abwasser 1974, 312, Bild 15.) 61

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IV. Von der sogenannten Gefährdungshaftung zur Sachhaftung

jährliche Schadensrate zwischen 0,5 und 0 , 7 . 2 4 Auf dem gesamten Wasserrohrnetz der Stadt Stuttgart, das schon vor fünfzehn Jahren immerhin etwa 1.500 km lang war 2 5 , treten monatlich zwischen 20 und 30 Brüche auf. 26 Dabei entstehen allerdings erhebliche Schäden.27 Soll man also die "Gefährlichkeit" dieser Graugußrohre mit der tatsächlichen Schadenshäufigkeit pro Rohrstück bewerten (was den Begriff "gefährlich" nur schwer rechtfertigen würde), oder soll die Höhe der Schäden in einem kompletten Stadtnetz herangezogen werden (womit man sehr wohl zur Annahme einer "Gefahr" kommen würde)? Doch damit der Schwierigkeiten nicht genug, die einer Klärung des Gefährlichkeitsbegriffes im Wege stehen: Denn die Bruchwahrscheinlichkeit ist bei Graugußrohren nicht nur vom Material und dem Rohrdurchmesser abhängig, sondern wird - sogar zum Großteil - von Aussenfaktoren beeinflußt 28. Die "Gefahr" eines Rohrbruches ist daher besonders hoch bei Rohren, die starken Temperaturschwankungen ausgesetzt sind, die in schlechtem Untergrund verlegt sind, die Schwingungen durch Straßenverkehr ausgesetzt sind usw. 29 : Alle Rohre sind gefährlich, aber manche Rohre sind gefährlicher als andere? Die Vermutung, daß der Gefahrenbegriff als Tatbestandselement einer Haftpflichtnorm 30 ungeeignet sein könnte, drängt sich jedoch nicht bloß in jenen Fällen auf, in denen die Gefährlichkeit einer schädigenden Sache zwar "anerkannt", diese Anerkennung aber nicht nachvollziehbar ist. Vielmehr stößt man auch dann sehr bald an die Grenzen dieses Begriffes, wenn es darum geht, eine als billig empfundene Schadenszuweisung in einem Fall vorzunehmen, in den keine solcherart "gefährliche" Sache verwickelt war oder in dem sich eine Gefahr nicht schadensrelevant verwirklicht hat. 24 Bericht der TWS, R 89/1, 14 f. 25 Kottmann, Ursachen, 17. 26 Bericht der TWS, R 89/1, 18, Bild 18. Diese geringe Zahl wird relativiert, wenn man auch die Gesamtzahl aller Rohrbrüche der Jahre 1958 bis 1974 heranzieht: Sie beträgt 11.986! CKottmann, Ursachen, 13). 27 Kottmann (Ursachen, 18) bezifferte bereits 1978 den jährlichen finanziellen Aufwand der TWS, Bruchschäden in ihrem Wasserrohrnetz zu beheben, mit 1,5 bis 2 Mio. D M ! 28 Vgl. den bei Esser, JZ 1953, 131 (linke Spalte bei 1.) zit. Fall eines Rohrbruches infolge einer vom Bergbau verursachten Bodensenkung. 29 Dazu Kottmann, GWF-Wasser/Abwasser 1974, 313; dens., Ursachen und Kottmann/Schmitt 3R international 1980, 57 f. 30 Vgl. auch Stolly Fortbildung, 20. Ähnlich Wochner, Schadensteilungsnorm, 105 ff., was ihn aber zu der wohl zu weit gehenden These führt, es gebe "kein Merkmal, das den Nichtverschuldenshaftungen und nur ihnen gemeinsam ist" (108), sodaß "die ganze Diskussion um den 'Rechtsgrund ' der Gefährdungshaftung unergiebig ist und es auch sein muß" (113). Die Gefährlichkeit zumindest als alleinigen Haftungsgrund lehnen ab Bienenfeld, Haftungen, 136 ff.; Münzberg, Verhalten, 277 f. und Lühny Generalklausel, 18 ff.

1. Wie gefahrlich können Sachen sein?

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Als beispielhafter Fall sei zu letzterem ein Sachverhalt angeführt, der einer Entscheidung des BGH 3 1 zugrundelag: Eine Halle, in der Kunststoffbauteile gelagert waren, brannte ab. Mit dem Loschwasser gelangten Verbrennungsrückstande dieser Kunststoffteile in einen Fluß, die dort ein Fischsterben auslösten. Der BGH lehnte eine Haftung des Kunststoff-Verwenders nach § 22 I I WHG ab, weil in einer Lagerhalle Kunststoffteile "typischerweise" nur gelagert, nicht aber verbrannt würden (sie!). Die Feststellung des Berufungsgerichtes, daß diese Kunststoffteile leicht brennbar waren, reicht nach Ansicht des BGH noch nicht zur Annahme einer "Gefahrenlage" aus. Erforderlich sei dazu vielmehr der Nachweis, daß der Kunststoff auch bei einer solchen Lagerung leicht entflammbar war, wie sie in dieser Halle üblich war. Ob man dieser Argumentation des BGH zum Gesetzestext des WHG folgen mag oder nicht - das Ergebnis wird gewiß nicht befriedigen: keine Haftung für jene Schäden, die beim Brand eines Kunststoffdepots gerade durch die besonderen Eigenheiten dieses Kunststoffes entstanden sind? Eine Zusammensetzung toxischer Chemikalien entzündet sich vermutlich, aber nicht nachweisbar (!), selbst; dennoch sollen die Geschädigten leer ausgehen, weil dies keine Verwirklichung der Betriebs "gefahr" gewesen sei? Eine solche Konsequenz des Begriffes "Gefährlichkeit" im Haftungsrecht ist wohl selbst "gefährlich", wenn man ihre Folgen für den Bereich der Umwelthaftung berücksichtigt! Für diese Probleme bei der Anwendung des Gefahrenbegriffes im Haftungsrecht sollen hier keine Lösungen gesucht werden. Vielmehr soll gerade aufgezeigt werden, daß es Schwierigkeiten gibt, einen umgangssprachlich geprägten Begriff zu einem juristischen terminus technicus zu machen, wobei zwangsläufig Konflikte mit der Alltagssprache entstehen32. Dieser Divergenz von Fach- und Umgangssprache als solcher hat sich die rechtswissenschaftliche Theorie bislang nicht oder zumindest noch nicht in befriedigendem Maße gestellt.33 Dies soll an zwei weiteren Beispielen von Gefahrdungshaftungstatbeständen dargestellt werden.

31 2. 12. 1982 NJW 1983, 2029. 32 Edlbacher (FS Wilburg 60, 85) spricht in diesem Zusammenhang von einem "intellektuellen Wandel des Begriffes der Gefahr". Zur "Relativität des Begriffes Gefahr" vgl. auch Schlumprecht, Gefahr, 9 ff., der allerdings, obwohl er die Probleme mit der Umgangssprache erkannte (14 ff.), nicht die entsprechenden Konsequenzen zog, sondern beim Gefahrenbegriff blieb (29 ff.). 33 Sehr wohl aber das Ausland. Zur Ablehnung des Gefahrenbegriffes in Frankreich oben S. 24 (m. w. N.); zur englischen Diskussion oben II.2.c.bb.

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IV. Von der sogenannten Gefährdungshaftung zur Sachhaftung

(b) Tiere Lehre und Rechtsprechung gehen überwiegend davon aus, daß die Tierhalterhaftung des § 833 S. 1 BGB nur greifen soll, wenn sich die "Tiergefahr" verwirklicht hat. Während die bisher wohl herrschende Lehre diese "Tiergefahr" als "Folge der tierischen Unberechenbarkeit" sah 34 , allenfalls dadurch eingeschränkt, daß das "natürliche Tierverhalten" vom Anwendungsbereich des § 833 BGB ausgenommen wurde 35 , bestehen Tendenzen, den Begriff der "Tiergefahr" nur noch als Deckmantel zu verwenden, um zu einer weitestmöglichen Haftung des Halters ohne Rücksicht auf systematische Probleme zu gelangen. Dabei werden möglichst viele Fallgruppen unter diesem Oberbegriff versteckt, ohne dessen Abgrenzung oder gar Definition auch nur zu versuchen.36 Streitpunkt ist dabei insbesondere, inwieweit für ein Tier gehaftet werden soll, das im Moment der Schadensverursachung unter menschlicher Leitung steht 37 . Dabei hat Deutsch 38 durchaus recht, wenn er sagt, daß das Tier nicht wegen einer von seiner (Eigen-)Art unabhängigen, fiktiven Allgemeineigenschaft "aller" Tiere haften solle, "sondern wegen seiner typisch tierischen Eigenschaften, zu denen die Unberechenbarkeit zählt, die aber nicht in der Unberechenbarkeit allein bestehen"39. Die dadurch nötige Individualisierung der Betrachtungsweise ist zu begrüßen. Gleichfalls ist Deutsch zuzustimmen, daß es auf die Art der Handlung des Tieres nicht ankomme, um die Haftungsfolgen des § 833 BGB auszulösen. So soll der Halter auch für bloße Reflexbewegungen seiner Tiere haften, denn es wäre in der Tat eine unangebrachte Vermenschlichung des Tieres, wenn der Handlungsmaßstab des Menschen auch auf tierisches Verhalten angewandt

34 BGH 6. 7. 1976 BGHZ 67, 129 = NJW 1976, 2130; K. Schäfer in StaudinRn. 3 zu § 833; Thomas in Palandt5i, Rn. 6 zu § 833; Hofmann , Haftpflichtrecht, 125. 35 Dazu K. Schäfer in S t a u d i n g e r l 2 , Rn. 31 f. zu § 833. Dagegen etwa Zeuner in Soergel/Siebert 11 , Rn. 5 zu § 833 m. w. N.; Hofmann , Haftpflichtrecht, 126 (m. w. N.). 36 Vgl. Deutsch, NJW 1978, 1998 ff; dazu auch Stötter, JZ 1972, 410: "Der Gesetzeswortlaut deutet eher auf eine unbeschränkte Haftung; ...". Diskussionsübersicht bei K. Schäfer in S t a u d i n g e r l 2 , Rn. 18 ff. und Siegfried, Tiergefahr. 37 Vgl. Deutsch, NJW 1978, 1998 ff.; dens., JuS 1981, 321; dens., JuS 1987, 675 f.; Zeuner in Soergel/SiebertH, Rn. 7 zu § 833; K. Schäfer in S t a u d i n g e r i 2 , R n . 17 ff. zu § 833; Hofmann, Haftpflichtrecht, 127; Kreft in B G B - R G R K 1 2 , R n . 23 zu 833; Mertens in M ü n c h K o m m 2 , Rn. 16 zu § 833. 38 NJW 1978, 1998 ff. 39 Deutsch, NJW 1978, 2001. geri2,

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würde. 40 Insbesondere läßt sich zumeist wohl nur schwer unterscheiden, welche Bewegung des Tieres von ihm "gewollt" oder bloß reflexartig ausgeführt wird. Ob ein Pferd aus Bösartigkeit ausschlägt oder ob diese Bewegung eine automatische Reaktion auf einen Nervenreiz ist, darf bei der Tierhalterhaftung keinen Unterschied machen. Ebensowenig soll passives Tierverhalten vom Anwendungsbereich des § 833 BGB grundsätzlich ausgenommen sein. 41 Es geht daher nicht an, von einer Haftung des Halters eines Pferdes abzusehen, das sich selbständig gemacht und auf einer Fahrbahn niedergelassen hat, denn dort ist mit einem Tier nicht zu rechnen, ob es sich nun bewegt oder nicht. Deutsch geht aber wohl zu weit, wenn er die haftungsrechtliche Relevanz menschlicher Leitung des Tieres leugnet. Sein Argument dafür, daß die Tierhalterhaftung zugunsten des Gefährdeten angeordnet sei und es deshalb egal sei, "ob das Tier nach den Anordnungen eines Menschen geht oder nicht" 42 , vermag hinsichtlich der gezogenen Konsequenz nicht gänzlich zu überzeugen. Denn solange ein stärkerer Anknüpfungspunkt für eine Haftpflichtbegründung gefunden werden kann, darf dieser nicht einfach zugunsten eines schwächeren vernachlässigt werden. Hier "konkurriert" die Tierhalterhaftung mit dem haftungsrechtlichen Grundtatbestand der Verschuldenshaftung: Soll der Halter "wie für alle Schäden" so auch für jene haften, die das Tier auf Veranlassung eines Dritten verursacht hat, oder soll nur dieser Dritte den Schaden tragen, der mit dem tierischen Verhalten auch den kausalen Zusammenhang zwischen diesem und der Schadensentstehung initiierte? Während Deutsch sich wohl für die erste Alternative entschieden hat, wird hier der zweiten der Vorzug gegeben. Dagegen sprechen auch nicht etwaige Probleme bei der prozessualen Durchsetzung der Schadensersatzansprüche.43 Das menschliche Verhalten, das dabei zu beurteilen ist, kann in einen direkten Zusammenhang mit dem tierischen gebracht werden: Die Halterhaftung wird 40 Vgl. dazu Deutsch, NJW 1978, 1998 ff.; dens., JuS 1981, 321. 41 Deutsch, NJW 1978, 2000 f. 42 Deutsch, NJW 1978, 2002. Ihm folgend Kreft, 25 Jahre KF, 156. 43 Wohl zu weit geht die Befürchtung von Mertens (in M ü n c h K o m m 2 , Rn. 16 zu § 833), daß bei der hier favorisierten zweiten Alternative "derjenige, der seinen Hund auf einen Dritten hetzt, milder haften soll als jemand, dessen Hund sich von der Leine gerissen hat", sind doch "fur den Inhalt und Umfang des Ersatzanspruchs ... die allgemeinen Vorschriften maßgebend" (Κ . Schäfer in S t a u d i n g e r l 2 , Rn. 63 zu § 833). Ebenso veiwundert das Argument Kr efts (25 Jahre KF, 156), daß der Geschädigte leer ausgehe, wenn der (mit dem Halter nicht identische) Leiter des Tieres vermögenslos sei. Abgesehen von der Frage der praktischen Relevanz dieser Fallvariante muß auch die Begründetheit des Arguments bezweifelt werden: Zunächst könnte auch der Halter vermögenslos sein, was die Position des Geschädigten gleich beließe. Außerdem gibt es nicht einmal bei vorsätzlicher Schädigung durch direktes menschliches Tun eine "Ausfallshaftung" eines Dritten bei Vermögenslosigkeit des Täters.

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nur in jenen Fällen "verdrängt", in denen das Tier einem menschlichen Befehl gehorchte. Wesentlich dabei ist, daß sich die Zielvorstellung des menschlichen Tuns (des Befehls) mit der darauffolgenden Wirklichkeit deckt. Es handelt sich also nicht um bloße Reaktionen des Tiers auf Außeneinflüsse, wie es das Ausschlagen eines von einem Passanten erschreckten Pferdes wäre. Vielmehr geht es um gezielte Beeinflussung des Tieres durch den Menschen, indiziert durch die faktische Handlung (sei es ein gerufener Befehl oder ein Tun wie die Einwirkung auf ein Pferd mit den Zügeln) und die dadurch ausgelöste Reaktion des Tieres. Selbst wenn der Beweis der menschlichen Einwirkung auf das Tier nicht gelingen sollte, bleibt dem Geschädigten immer noch die Möglichkeit, den Halter zu verklagen, denn das (gerichtlich festgestellte!) Fehlen menschlicher Leitung des Tieres bedeutet gleichzeitig, daß das Tier "von selbst" gehandelt hat, wodurch wiederum § 833 BGB greift. 44 Eine nötige Rücksicht auf tierverhaltenspsychologische Erkenntnisse erscheint zumindest bei der Haftpflichttheorie überflüssig 45: Denn entweder tat das Tier, was der Mensch von ihm wollte, oder nicht. Ob es, während es dem menschlichen Befehl "gehorchte", trotzdem seinen eigenen Willen behielt oder nicht, kann vernachlässigt werden. Insofern ist auch der Ansatzpunkt verfehlt, wenn darauf verwiesen wird, daß ein Tier jederzeit aus dem menschlichen Einflußbereich ausbrechen kann, indem es dem Befehl nicht gehorcht. 46 Entscheidend ist, daß ein Tier auch gehorchen kann, und daß es in vielen Fällen tatsächlich gehorcht. Es kommt ausschließlich darauf an, daß 44 Esser/Weyers, Schuldrecht I I 7 , 597: "... der Zweifel, ob das Tier auf menschlichen Befehl oder unabhängig davon handelte, muß zu Lasten des Tierhalters gehen." Zu ergänzen sind hier noch andere kausale Außeneinwirkungen wie die Fälle höherer Gewalt. Diese verhindern eine Haftpflichtbegründung aber nicht bloß für den Halter, sondern auch im Falle menschlicher Leitung des Tieres. Siehe auch Deutsch, JuS 1981, 320 (m. w. N. in Fn. 48). 45 Ähnliche Zweifel äußert K. Schäfer in S t a u d i n g e r l 2 , Rn. 21 zu § 833. Ebenso W. Schünemann, JuS 1978, 378, der von "dubiosen Psychologismen" spricht: "So macht es beispielsweise ... weder einen naturwissenschaftlich noch wertungsmäßig stichhaltig zu belegenden Unterschied, ob nun der durch ein plötzliches Geräusch erschreckte, wild gewordene Elefant in den Porzellanladen eindringt oder ob er, während er an einem solchen Laden vorbeigefiihrt wird, stolpert und durch sein bloßes Fallgewicht die wertvolle Ware beschädigt." Vgl. auch Deutsch, NJW 1978, 1998, wo er gegen eine "märchenhafte Menschlichmachung des tierischen Verhaltens" argumentiert, indem er den Tieren eine eigenständige Willensbildung abspricht. Nachdem dem Menschen, der daran glaubt, die Abläufe tierischer Willensbildung bislang verborgen geblieben sind (wobei hier offengelassen wird, ob es solche überhaupt gibt), sind die tierischen Bewegungen doch in jedem Fall "unberechenbar", ob man einen solchen tierischen Willen anerkennt oder nicht. Worin liegt aber der haftungsrelevante Gewinn, wenn diese "Unberechenbarkeit" unter Verneinung eines solchen Willens bestätigt wird? Für eine Berücksichtigung der Verhaltenspsychologie aber Stötter, M D R 1970, 100 f.; ders., JZ 1972, 409 f.; Oexmann, Pferdehalter, passim. 46 Vgl. etwa Oexmann, Pferdehalter, Rn. 96 (S. 38): "Wille und Leitungshandlung des Menschen stellen nur einen äußeren Rahmen für das Pferd dar, aus dem es jederzeit, instinktiv auf Reize reagierend, ausbrechen kann."

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das Tier im Augenblick der Schadenszufügung in seinem Verhalten dem entsprach, was der Mensch von ihm als Reaktion auf seinen Befehl erwartete. Ruft das Herrchen "Faß!", und beißt sein Hund dann, so wie er dies auch auf dem Hundesportplatz immer tat, denjenigen, auf den von seinem Herrchen gedeutet wurde, so ist es irrelevant, ob dieses Herrchen mit dem Befehl eine "tierische Willensbildung" überwunden hat oder nicht. Ob der Hund nur "widerwillig" zubiß oder reflexartig, ist egal; Tatsache ist, daß er zubiß, und daß dies in direktem konditionalem Zusammenhang mit dem Ruf "Faß!" stand. Letzteres wird durch die äußeren Umstände indiziert, etwa durch die zeitliche Nähe zwischen Befehl und Ausführung. 47 Sind damit zwar die wichtigsten Gruppen tierischen Verhaltens zusammengefaßt, die eine Haftpflicht nach § 833 BGB auslösen, ist jedoch noch nichts über ein Merkmal ausgesagt, das diese Gruppen verbindet. 48 Dennoch muß festgehalten werden, daß es sich dabei nicht um die bislang viel strapazierte "Tiergefahr" handelt49. Bezöge man diesen Begriff auf die Tiergattung des schädigenden Tieres, entfielen die spezifischen Eigenschaften desselben. Betrachtet man die "Gefährlichkeit" nur des schädigenden Tieres, scheiden nicht bloß die Fälle aus, in denen dieses Tier sich "wider seine Natur" verhält, sondern auch all jene, in denen der Schaden auf diese Art und Weise von jedem anderen Tier (auch einer anderen Gattung) hätte verursacht werden können. Denn es kann nicht der "Gefährlichkeit" eines Einzeltieres zugeschrieben werden, wenn es sich auf einer Fahrbahn niederläßt: Abgesehen davon, daß dies ein wohl kaum vorhersehbares Tierverhalten darstellt, das eine Schadensmöglichkeit bedingt, hat die schadenskausale Tatsache, daß das Tier ein Verkehrshindernis darstellt, nichts mehr mit einer tierspezifischen "Gefahr" zu tun. Ein Verkehrshindernis kann jedes Tier darstellen, das auf einer Fahrbahn liegt, 50 auch wenn man dabei eine Einschränkung zugunsten von Tieren gleicher Größe macht. Vor allem aber ist die "Gefahr" nicht individualisiert durch die Tatsache, daß die Masse auf der Fahrbahn ein Tierkörper ist 5 1 : Sie 47

Den Gegenbeweis des Nicht-Gehorchens müßte der Befehlende erbringen. 48 Dazu unten V l . l . b . 49 Vgl. zur "gefahrfreien" Tierhalterhaftung in Frankreich oben II.I.e.; zur englischen Haftung fur Tiere II.2.c.cc. 50 Man könnte natürlich sagen, daß gerade das Niederlegen eine tierspezifische "Gefahr" sei, da ein Mensch dies nicht tun würde (ausgenommen Selbstmörder). Aber auch das Überqueren der Fahrbahn durch Tiere stellt ein Verkehrshindernis dar und kann zu Unfällen fuhren, wie wenn ein Mensch hineinliefe. 51 Vgl. Weimar, MDR 1964, 902 zum Fall eines auf dem Gehsteig liegenden Hundes, über den ein Fußgänger stürzt: "Es würde zu weit gehen, die Tierhalterhaftung mit der Begründung zu befürworten, daß die Platzwahl doch auf dem Entschluß des Tieres beruhe, das durch die Art der Wahl unter Umständen eine Gefahrenquelle für Verkehrsteilnehmer schafft. [... D]as Ausruhen allein verursacht keine Schädigung. Sie tritt dadurch ein, daß ein Fußgänger - vielleicht unachtsam - seine Schritte

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IV. Von der sogenannten Gefährdungshaftung zur Sachhaftung

könnte jede andere physikalische Zusammensetzung haben, solange sie nur den Verkehr in derselben Art und Weise behindert. 52 Autofahrer müssen nicht bloß liegenden Pferden, sondern auch Gesteinsmassen ausweichen, die sich auf der Fahrbahn befinden 53, denn auch diese können ohne menschliche Einwirkung dorthin gelangen (indem sie etwa von der Ladefläche eines Lastwagens herunterfallen). Kollidieren Autos mit einem Tier, kann die Aufprallwirkung (zum Beispiel auf ein Pferd) gleich stark sein, wie wenn das Auto gegen einen Geröllhaufen gefahren wäre. Damit soll nicht gegen eine Haftpflicht des Tierhalters argumentiert werden 54 , nur gegen ein Einzwängen dieses Falles in die begrifflichen Grenzen einer "Tiergefahr". Man mag sich zwar auf einen einheitlichen Begriff der "Tiergefahr" einigen, der bestimmt sein könnte durch Schadensarten (bzw. Schadensmerkmale), die von einem tierspezifischen (und nur von einem solchen) Verhalten verursacht werden. 55 Dennoch muß man sich dabei bewußt sein, daß dieser Begriff in wörtlicher Anwendung niemals alle Fälle der Tierhalterhaftung umfassen wird können. Damit entfällt aber auch jede Möglichkeit, die Halterhaftung mit dem bloßen Gefahrlichkeitsmerkmal zu verknüpfen. 56

(c) Kraftfahrzeuge An den Anfang der Überlegungen zur "Gefährlichkeit" der Kraftfahrzeuge seien folgende Ergebnisse statistischer Untersuchungen gestellt: ο In einer Veröffentlichung aus dem Jahre 1961 kommen E. Meyer und Jacobi zu dem Schluß, daß Verkehrsunfälle "im wesentlichen auf fahrlässiin Richtung auf das Tier lenkt und dann über das ausruhende Tier wie über einen leblosen Gegenstand stürzt". 52 Bei Kraftfahrzeugen wird daher auch differenziert (ob zurecht, sei offengelassen): Vgl. das bei Esser /Weyers, Schuldrecht I I 7 , 640 verwendete Beispiel des schlittenfahrenden Kindes, das gegen ein Auto fährt, welches in einer Toreinfahrt steht. Der Halter hafte nicht aus § 7 StVG, "denn das Kind hätte sich an einem Schubkarren oder einer Wand ebenso verletzt". 53 Vgl. dazu Esser/Weyers, Schuldrecht I I 7 , 597: Von der Tierhalterhaftung " a b zuscheiden sind nur Kausalketten, in denen die Eigenart des Tieres als lebendes Wesen keine Rolle spielt, wie etwa das Stolpern über einen schlafenden Hund". Ebenso Kreft in B G B - R G R K 1 2 , Rn. 27 zu § 833. 54 Dazu oben bei Fn. 41. 55 Vgl. auch Stötter, MDR 1970, 103, der vorschlägt, die Gefährlichkeit "der Sache" Tier nur danach zu beurteilen, "ob sie einen Schaden verursacht hat". 56 So auch Haase, JR 1973, 13: Für die Halterhaftung "maßgebend soll nur sein, ob das Tier adäquat kausal einen Schaden durch seine Reaktion verursacht hat". (Vgl. dens., JR 1973, 11 bei Fn. 28, wo er die Schadensverursachung unter menschlicher Leitung vom Anwendungsbereich des § 833 BGB ausnimmt.).

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gen und vorsätzlichen Verstößen gegen die einfachsten Verkehrsregeln" 57 beruhen. Wie sie feststellten, beträgt der Anteil der technischen Mängel an den Unfallursachen, bezogen auf die Gesamtzahl aller Unfälle, 4,5 %, bezogen auf die Zahl der polizeilich festgestellten UnMlursachen sogar nur 3 % . 5 8 . Dabei betonen die beiden Autoren, "daß echte technische Mängel, die zu Unfällen fuhren, fast ausschließlich auf mangelhafter bzw. unterlassener Wartung des Fahrzeuges beruhen, also im Bereich menschlicher Verantwortung wurzeln" 59 . ο Tunc 60 berichtet von einer Untersuchung des U.S.-Verkehrsministeriums, wonach in Washington, D. C., ein "good driver" 61 während fünf Fahrminuten durchschnittlich mehr als neun Fehler vier verschiedener Arten macht. Nach einer anderen Untersuchung begeht ein Autofahrer durchschnittlich alle zwei Meilen einen Fehler 62 . ο 1971 veröffentlichte der HUK-Verband eine Analyse der Schadensmeldungen, die bei den Haftpflichtversicherern 1969 eingereicht wurden. Die Verkehrsunfälle mit schweren Personenschäden wurden dabei, aufgeteilt auf 10 Unfalltypen, unter anderem auch hinsichtlich ihrer Ursachen untersucht. So wurden etwa von 6.977 Vorfahrtverletzungen bei 1,0 % der Fälle "mitwirkende Mängel des Fahrzeuges" festgestellt 63, während in nur 1,8 % der Fälle kein Fehlverhalten des Lenkers nachweisbar war 6 4 . Bei den Auffahrunfallen waren in 3,1 % der Fälle Mängel des Fahrzeuges (auch) Ursache des Unfalles 65 ; 77,4 % der Fahrer hielten einen zu geringen Abstand, 65,5 % waren unaufmerksam, und nur bei 10,4 % aller Auffahrunfalle war kein Fehler des Fahrers nachweisbar66. Von 3.608 Unfällen beim Einbiegen, Abbiegen, Wenden oder Spurwechsel des versicherten Kraftfahrzeuges konstatierten die Experten in nur 64 Fällen (1,7 %) "mitwirkende Mängel des Fahrzeuges"67. Bei diesem Unfalltyp gab es zwar bloß in 30,4 % der Fälle

57 E. Meyer/Jacobi, Unfallursachen I, 183. 58 E. Meyer/Jacobi, Unfallursachen III, 24. 59 E. Meyer/Jacobi, Unfallursachen III, 24. 60 IECL XI/1, 76 (inkl. Fn. 424 f.). 61 Das ist, per defmitionem, einer, der in den vorhergehenden vier Jahren keinen Unfall hatte. 62 Tunc , IECL XI/1, 76, bei Fn. 423. 63 HUK- Ver band y Unfalltyp Β, Tabelle Β 30, S. 41 f. 64 HUK-Verbandy Unfalltyp B, Tabelle Β 4, S. 11. 65 HUK-Verbandy UnfaUtyp C, Tabelle C 30, S. 40 f. 66 Gemeint ist dabei der Fahrer des aufgefahrenen Kraftfahrzeuges. HUK-Verband UnfaUtyp C, TabeUe C 2, S. 9. 67 HUK-Verbandy Unfalltyp F, Tabelle F 30, S. 42 f.

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"Fehler beim Fahrverhalten", 77,1 % der Fahrer nahmen aber zu wenig Rücksicht auf die anderen Verkehrsteilnehmer, die sich selbst in immerhin 46,0 % der Fälle falsch verhielten. 68 ο In einer anderen Untersuchung des HUK-Verbandes, die sich auf das Jahr 1974 bezog, wurden technische Mängel als beim Schädiger mitwirkende Unfallursachen in 1,6 % der Fälle festgestellt. 69 ο Laut Statistischem Jahrbuch 1989 waren von den 1987 in der BRD zugelassenenen 27,9 Millionen Personenkraftwagen 469.321 (1,68 %) in Unfälle mit schwerem Sachschaden verwickelt, 437.708 (1,56 %) waren an Unfällen mit Personenschaden beteiligt. Bei den 325.519 Unfällen mit Personenschaden waren technische Mängel an Fahrzeugen mit 1,14 % als Unfallursache beteiligt, in 83,36 % der Fälle stellte die Polizei ein schadenskausales Fehl verhalten von Fahrzeugführern fest. Zu den Ursachen der 261.337 Unfälle mit schwerem Sachschaden zählten technische Mängel an Fahrzeugen in 0,97 % der Fälle, Fehl verhalten von Fahrzeugführern hingegen in 86,81 % aller Unfälle. 70 Diese Daten bestätigen die Vermutung, daß in den meisten Schadensfällen, in die Kraftfahrzeuge verwickelt sind, menschliche Fehler und nicht technische Mängel der Sache selbst Schadensursache sind 71 . Bereits die bloße Mitkausalitat von technischen Mängeln ist selten; die Zahl der Fälle, in denen Fehler der Sache alleine Schadensursache waren, ist statistisch wohl zu vernachlässigen - dies insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, daß es bereits menschliches Fehlverhalten ist, das Kraftfahrzeug vor Antritt der Fahrt nicht auf seine Fahrtauglichkeit zu überprüfen oder mit einem bekanntermaßen defekten Kraftfahrzeug am Verkehr teilzunehmen.72 68 HU K-Verband, Unfalltyp F, Tabelle F 4, S. 11, (Zusammenfassung) S. 59. 69 HUK-Verband, Fakten, Tabelle 11. 70 StatJB 1989, 297 f. Die angegebenen Daten beziehen sich nicht nur auf alleinige oder Haupt-Unfallursachen, sondern schließen auch "bloße" Mitkausalität ein. Vgl. auch HUK-Verband, B us un fallgeschehen, 4 f., wonach bei den 5.256 Bussen, die 1988 an Unfällen mit Personenschaden beteiligt waren, nur an 21 (0,39 %) technische Mängel als Unfallursache festgestellt werden konnten. 7 * Vgl. Jedamus, VGT 1983, 90: "Nicht umsonst sind Ursachen unserer Verkehrsunfälle [...] fast ausschließlich menschliches Versagen und nicht Material- oder Maschinenfehler." Wie hier auch Friedrich, V W 1956, 505, allerdings mit (wohl zu) weitgehender Konsequenz: "Es scheint so, daß angesichts der rasanten Verkehrsentwicklung der Gegenwart, aber auch im Hinblick auf die ständig steigende technische Zuverlässigkeit von Kraftfahrzeugen die besondere Betriebsgefahr des Kraftfahrzeugs nicht mehr in einer Weise in die Waagschale fällt, die eine gesetzlich fixierte Sonderhaftung ohne Verschulden rechtfertigt." 72 Vgl. § 31 Abs. 2 StVZO.

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Daher ist es keineswegs selbstverständlich, daß die (neben der nicht immer greifenden Verschuldenshaftung) zentrale Haftungsnorm fur Verkehrsunfälle nicht am Fahrverhalten ansetzt, sondern an der Sache selbst, am Kraftfahrzeug. § 7 StVG umgeht zwar die dogmatische Problematik dem Wortlaut nach, indem dort kein zurechenbarer Umstand erwähnt wird, der eine Verbindung zwischen Schaden und Kraftfahrzeug und - über dieses - mit dem Halter herstellt. Die Haftpflicht wird durch das bloße Faktum begründet, daß "bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges" ein Schaden entstanden ist, ohne Differenzierung nach den Schadensursachen (§ 7 Abs. 1 StVG). Der Halter des Kraftfahrzeuges ist in eben dieser Eigenschaft "Hauptperson" der Schadenszurechnung; § 18 StVG verpflichtet den Führer des Kraftfahrzeuges im Falle seines Verschuldens nur "auch" zum Ersatz des Schadens. Doch nicht bloß das StVG übergeht die Tatsache, daß menschliches Fehlverhalten Hauptursache der Verkehrsunfälle ist, indem es von einer nicht näher konkretisierten "Gefährlichkeit" des Kraftfahrzeuges ausgeht; die Unschärfe eines solchen Haftungsgrundes wird von der Judikatur mit deren "Definition" der Betriebsgefahr 73 keineswegs saniert: Abgesehen von dem kaum nachvollziehbaren Unterschied zwischen einem "nur" geparkten Fahrzeug, bei dem die Betriebsgefahr verwirklicht gesehen wird 7 4 , und einem geparkten Fahrzeug, dessen Lichtanlage zur Beleuchtung einer Unfallstelle verwendet wird und das deshalb keine Gefahr "beim Betrieb" darstellen soll 75 , wird die Argumentation mit der Gefährlichkeit des Kraftfahrzeuges als Zurechnungsgrund gänzlich uneinsehbar, wenn man folgende BGH-Entscheidung liest 76 : Ein Dieb, der sich von einem Bekannten einen Lastkraftwagen ausgeliehen hatte und damit zu einem Einbruch unterwegs war, wurde von der Polizei kontrolliert. Bei seinem Versuch, mit dem Fahrzeug zu fliehen, sprang ein Polizist auf das Trittbrett. Daraufhin fuhr der Dieb den Lastkraftwagen bewußt so gegen einen Betonmast, daß der Polizist dabei getötet wurde. Der BGH war der Meinung, daß sich auch in diesem Fall des vorsätzlichen Mordes nur die dem "Mordwerkzeug" Lastkraftwagen innewohnende Gefahr verwirklicht habe 77 , sodaß der Halter des Fahrzeuges nach § 7 73 Vgl. auch Full y Straßenverkehr, Rn. 24 zu § 7 StVG, wo er zur "abstrakten Betriebsgefahr" ausführt: " Der Halter ist für alle Schäden verantwortlich, die in ursächlichem Zusammenhang mit dem Betrieb des Kraftfahrzeuges stehen, auch wenn die Tatsache, daß es sich um ein Kraftfahrzeug handelte, nach menschlicher Erfahrung ohne Bedeutung JUr Entstehung und Höhe des Schadens war." (!) [Hervorhebungen nicht im Original]. 74 BGH 1. 10. 1957 N J W 1957, 1878. 75 BGH 10. 1. 1961 VersR 1961, 263. 76 3. 7. 1962 BGHZ 37, 311. 77 Sein Argument dafür (BGHZ 37, 316): "Der Schutzzweck des Gesetzes nimmt solche Gefahren nicht aus, die der Benutzer des Kraftfahrzeuges bewußt und gewollt gegen einen anderen ausspielt. "

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IV. Von der sogenannten Gefhrdungshaftung zur Sachhaftung

StVG haften solle. Kötz drückt sich noch sehr vorsichtig aus, wenn er meint, der BGH habe "damit aber doch wohl den Bogen überspannt"78. In Wahrheit beweist diese Entscheidung, daß der BGH den Gedanken der "Gefährlichkeit" einer Sache längst aufgegeben hat, ohne sich begrifflich von ihm zu lösen. Wahrer Zurechnungsgrund in dieser Entscheidung, so sei hier unterstellt, war wohl die Tatsache der Haftpflichtversicherung des Kraftfahrzeughalters, die offensichtlich den einzigen aussichtsreichen Haftungsfonds darstellte, während beim Mörder nicht genügend Mittel zur Schadensdeckung zu erwarten waren. War dies tatsächlich das Motiv für das Begründen einer Haftpflicht des Halters 79 , so ist das Verschweigen dieser Tatsache einer systemkonformen Rechtspraxis wohl nicht dienlich. Die angesprochene Entscheidung wird im Lichte der letzten Überlegungen noch unverständlicher, wenn man bedenkt, daß die obligatorische Haftpflichtversicherung des Fahrzeughalters gemäß § 1 PflVG auch den Fahrer des versicherten Fahrzeuges umfaßt, sodaß bei einer "ehrlichen" Anknüpfung nur am Fehl verhalten desselben der Geschädigte gleichfalls einen Ersatzanspruch gegen die Versicherung gehabt hätte. Weiteres Indiz dafür, daß der BGH den Kfz-Gefahrenbegriff nur noch als Wort, nicht aber als Inhalt aufrechterhält, ist die seit Anfang der sechziger Jahre verfestigte Rechtsprechung zur "Verkehrsgefahr" 80. Indem der BGH darin als Hauptgrund der Haftungsbegründung die dem Verkehr insgesamt innewohnende Gefahr verwenden will, löst er sich vom einzelnen Kraftfahrzeug, wendet sich zunächst allen Verkehrsteilnehmern als Gesamtheit zu, beläßt aber den Schwarzen Peter der Haftung doch wieder dem einzelnen KfzHalter als Mitglied der Familie der motorisierten Verkehrsteilnehmer. Diese Sippenhaftung läßt sich zwar durch den Versicherungspool erklären, der im Ergebnis den Schaden trägt und dadurch letztendlich tatsächlich auf (zumindest) alle Kfz-Halter umlegt; der Grundgedanke der StVG-"Gefahrdungs"Haftung ist dadurch aber verlassen.81 78 Delikts rechts, Rn. 388. 79 Daneben spielte sicherlich auch die Tatsache wertungsmäßig eine Rolle, daß der Halter vom Einbruchsplan wußte, dem Dieb seinen Lastkraftwagen gerade zu diesem Zwecke überließ und ihm darüberhinaus auch noch Hehlerdienste fiir die beim Einbruch erzielte Beute anbot. Vgl. dazu Stoll, 25 Jahre KF, 187. 80 Vgl. nur BGH 9. 1. 1959 BGHZ 29, 163 = NJW 1959, 627 = VersR 1959, 157. 81 Der BGH "löst" dieses Problem nur, indem er es anscheinend ignoriert: "Selbst wenn der Gesetzgeber im Jahre 1908 die Hauptgefahr des KFZ in seiner auf der Motorkraft beruhenden schnellen Bewegung gesehen hat und für ihn daher die maschinentechnische Seite des Betriebsbegriffs im Vordergrund stand, würde dies nicht ausschließen [sie!], den Begriff 'bei dem Betrieb' eines KFZ den Erfahrungen und Erfordernissen der heutigen Verkehrsverhältnisse anzupassen. Wie schon in anderem Zusammenhang hervorgehoben wurde, gehen nach den Erfahrungen des modernen Verkehrs die Gefahren des KFZ-Verkehrs nicht nur von dem Motor als

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Einzig nachvollziehbare (aber trotzdem noch immer unbefriedigende) Gefahrendefinition 82 bei der Haftung des Kraftfahrzeughalters wäre die, das Kraftfahrzeug bewirke durch seine Eigenschaften, daß das Fehl verhalten des Fahrers derart weitreichende Konsequenzen hat. Würde es also keine Sache mit einem Gaspedal geben, die bei einem Fußdruck auf dieses Pedal eine solche Geschwindigkeit entwickelt, daß bei einem Aufprall dieser Sache auf eine andere erhebliche Schäden entstehen können, wäre dieser fehlerhafte Fußdruck wohl kaum in einen Kausalzusammenhang mit diesen Schäden zu bringen. Doch die bloße Möglichkeit der Herstellung eines Kausalzusammenhanges vermag nicht eine derart weitreichende Haftpflicht zu begründen, wie sie § 7 StVG vorsieht. Sonst müßte auch der Halter eines Messers haften, weil der Mörder, der sich dieses zur Tat ausleiht, seinem Opfer nur mit dieser Sache die tödlichen Schnittwunden zufügen kann. Auch wenn es sich bei diesem Messer um ein Küchengerät handelt und der Mord nicht die Gefahr beim "Betrieb" in der Küche verwirklichte, müßte dann eine Halterhaftung greifen. Weniger skurril erscheint dieselbe Überlegung, wenn man statt an ein Messer an eine Pistole denkt. Warum gibt es keine Gefährdungshaftung für Handfeuerwaffen? Doch wohl nicht deswegen, weil sich deren "Gefahr" vor allem beim Ziehen des Abzuges verwirklicht? Oder sollte etwa mit den Regeln der Verschuldenshaftung eine ausreichende Lösung der Haftungsprobleme im Zusammenhang mit solchen Waffen zu finden sein?83 Ohne darauf eine Antwort zu versuchen, muß folgendes festgehalten werden: Angesichts der Ergebnisse von statistischen Untersuchungen müssen erhebliche Bedenken an den bisher angegebenen Gründen der Haftung von Kraftfahrzeughaltern geäußert werden. Was in der eigenen Fahrpraxis klar (wenn auch nicht immer sich selbst eingestanden) wird, belegen die aus diesen Untersuchungen resultierenden Zahlen: Während vom Fahrzeug selbst nur in zu vernachlässigendem Umfange "Gefahren" ausgehen, besteht die Hauptgesolchem und seiner Einwirkung auf das KFZ aus, sondern von der gesamten Abwicklung des Verkehrs." (VersR 1959, 159). 82 Vgl. auch Klebeisberg, VGT 1985, 27, der den Gefahrenbegriff des Verkehrsrechtes von der Sache auf den Menschen umdeutet: "Damit wird klar, daß das Verkehrsverhalten grundsätzlich als Risikoverhalten zu verstehen ist, also als Verhalten, das in jedem Fall mit einem bestimmten Grad von möglicher Gefahr oder Gefährdung verbunden ist, und daß es - psychologisch gesehen - kein risikofreies Verkehrsverhalten geben kann." 83 Viel wahrscheinlicher erscheint es, daß sich die Jäger-Lobby beim Gesetzgeber besser durchsetzen konnte; dies vermutet auch Deutsch, VersR 1971, 1. Unfälle beim Gebrauch von Schußwaffen werden zur Zeit nach den Regeln für Verkehrspflichtverletzungen behandelt; dazu nur Thomas in P a l a n d t f l , Rn. 92 und 118 zu § 823 (Stichworte "Jagd" und "Schußwaffen"). Vgl. auch § 17 Abs. 1 Z. 4 BJagdG, der eine Jagdhaftpflichtversicherung mit Mindestvertragssummen für die Inhaber von Jagdscheinen vorschreibt (ohne aber die Haftpflichtbegründung zu tangieren).

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IV. Von der sogenannten Gefhrdungshaftung zur Sachhaftung

fahr bei Kraftfahrzeugen darin, daß der Mensch sie verwendet. 8 4 Eine Haftungsanknüpfung an dieses menschliche Fehlverhalten erschiene viel sinnvoller, als es die jetzige gesetzliche Anknüpfung an einer "Gefährlichkeit" des Kraftfahrzeuges i s t . 8 5

(d) Warum werden Fälle von scheinbar offensichtlichem menschlichem Fehlverhalten haftpflichtrechtlich umgedeutet in die Verwirklichung von Sachgefahren? M i t der Normierung einer Gefahrdungshaftung begegnet der Gesetzgeber den "typischen Gefahren", die aus einer Sache resultieren, indem er im Schadensfalle den Halter dieser Sache zum Ersatz der von ihr verursachten Schäden verpflichtet. Diese Gefahren sollen (und können) nicht verhindert werden, nur sollen die Folgen ihrer Verwirklichung dem zugerechnet werden, der die Gefahrenquelle eröffnet und die Öffentlichkeit dieser Gefahr ausgesetzt hat. Damit konzentriert der Gesetzgeber das Hauptaugenmerk auf die Sache selbst, auf den oder die Gegenstände, die sich der menschlichen Kontrolle entziehen und dadurch Schäden verursachen können. In der Sache wird eine Gefahr gesehen, die Sache ist suspekt, die Sache verursacht Schäden. Z u m einen mag darin ein maschinenstürmerisches Mißtrauen gegenüber technischen Neuerungen 8 6 liegen, das die Sache als Quelle möglichen Unheils sieht 8 7 . In scheinbar rationaler Abkehr von den Vorstellungen der Arbeiter 84 Wie Mertens (VersR 1980, 403) richtig festhält, sind die Belastbarkeitsreserven des Fahrzeuglenkers gering und "die Verkehrsanforderungen so groß [...], daß mit einem relativ hohen Nichteinhaltungsgrad gerechnet werden muß". Vgl. auch Deutsch, Haftungsrecht I, 384, dessen Vorschlag für eine Gefahrdungshaftungs-Generalklausel "auch den Menschen [...] als Gefahr" ansieht. Vgl. dagegen jedoch PüUz in Soziale Sicherung, 33 ff., mit einer eigenen Realitätssieht (auch 43: Der Vorwurf des "Rasens" könne die Autofahrer schon allein deswegen nicht treffen, weil "dieses Wort aus dem Vokabular des 'Führers'" stamme!) Zum Standpunkt des englischen Rechts Charlesworth/Percy, Negligence?, Nr. 13-02 (S. 839), oben zitiert S. 41 (in Fn. 117). 85 Dies bezieht sich natürlich nicht auf das geltende Recht. Zu denken wäre zumindest an eine Beweislastumkehr für das Verschulden des Lenkers. Auch Eike von Hippel (Schadensausgleich, 25 ff.) bemängelt die "mangelnde Berücksichtigung des Gedankens individueller Verantwortung motorisierter Schädiger". In seinem System wird dieser Gedanke allerdings erst auf der Regreß-Ebene berücksichtigt (a. a. O., 84). 86 Lukes , VersR 1983, 698: "Das Dilemma unserer Gegenwart ist, daß [...] die Ablehnung der technischen Entwicklung bis hin zur Technikfeindlichkeit schon fast religiöse Züge annimmt 87 Dieses "Unheil" muß jedoch nicht unbedingt realistisch sein; vgl. das bei Krebs (DAR 1951, 200) zitierte Gutachten des bayerischen Medizinal-Kollegiums zur Eisenbahn-"Gefahr", "das gefordert haben soll, im Interesse der Gesundheit der Bevölkerung müßten die Eisenbahnen durch undurchsichtige Zäune von der Umgebung abgetrennt werden, weil die Bevölkerung durch das Sehen dieser schnellfahrenden Züge gefährdet und die Leute schwindlig werden könnten."

1. Wie gefahrlich können Sachen sein?

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des 19. Jahrhunderts wird nicht mehr die Sache selbst zerstört, vielmehr wird die "Gefahr" heroisch akzeptiert, indem der Gebrauch der Sache zugelassen wird. Wenn die geradezu erwartete Schädigung durch diese Sache eingetreten ist, wird mit einem Verweis auf die "böse Vorahnung" der Halter dieser Sache an den haftungsrechtlichen Pranger gestellt. Zum anderen handelt es sich dabei, so wird hier vermutet, um eine Folge menschlicher Selbstüberschätzung 88 . Indem anscheinend kritiklos davon ausgegangen wird, daß der Mensch jede Sache beherrschen kann und daß sich die Sache nur in Ausnahmefällen verselbständigt, werden diese "peinlichen Betriebsunfälle" nicht einem Versagen des Menschen, sondern in beinahe jedem Falle einem Fehler der jeweiligen Sache zugerechnet, auch wenn die objektiven Umstände eindeutig für das erstere sprächen. Es wird kaum zugegeben, daß der Mensch beim Gebrauch einer Sache, die sich völlig "normal" verhält, versagen kann. Statt daß der Mensch als Versager zum Schadensersatz herangezogen wird, haftet er - ohne Differenzierung nach Fallgruppen - wertungsfrei als bloße Bezugsperson, die der "schädigenden" Sache haftungsrechtlich am nächsten steht. 8 9 Dabei wird in Kauf genommen, daß dieses Bild eines im

Dazu jedoch Camphausen (Eisenbahn-Gesetzgebung, 35 ff.), der bereits 1838 zur "Eisenbahn-Gefahr" schrieb: "Was die Gefahr des Eisenbahn-Betriebs im Allgemeinen betrifft, so haben unbegreiflicherweise diejenigen Vorstellungen ihre Geltung noch nicht verloren, welche entstanden, als die Thatsache von der unerhörten Schnelligkeit der Eisenbahn-Fahrten bekannt wurde, [...]. Mit jener ängstlichen Sorgfalt, welche alle neuen Einrichtungen begleitet, sind die wenigen Unglücksfälle auf Eisenbahnen verzeichnet, veröffentlicht und dem Gedächtnisse eingeprägt worden, und alles Unheil, das nicht erfolgt ist, aber erfolgen könnte, schwebt einer fruchtbaren Phantasie als verkörpertes Schreckbild vor. Wird diesem Gefühle des Unbehagens der Nebelschleier abgestreift und sein wahrer Inhalt in einer trockenen statistischen Tabelle dargelegt, so steht die überraschende Wahrnehmung bevor, daß im Verhältnis der Zahl der beförderten Personen jedem Unglücksfalle auf Eisenbahnen vielleicht zehn auf anderen Straßen gegenüber stehen." 88 Vgl. zur Selbstüberschätzung des Kraftfahrers Klebebberg, VGT 1985, 24: "Die Mehrheit der Fahrer fühlt sich der Mehrheit der Fahrer überlegen, und kein ganzes Prozent der Fahrer ist bereit, sein Fahrkönnen unter dem Durchschnitt aller Fahrer einzustufen." Dazu auch die Tabelle 11 bei Klebeisberg, Verkehrspsychologie, 103. Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangen Breinbauer/Höftier/Schmidt, Stellenwert, 19 ff., wonach mehr als zwei Drittel aller Autofahrer ihr eigenes Fahrkönnen als überdurchschnittlich bewerten. 89 Selbst wenn man zugesteht, daß mit den Tatbeständen der Gefährdungshaftung auch in jenen Fällen Schadensersatz zugesprochen werden kann, in denen der Geschädigte mangels Nachweisbarkeit eines Verschuldens ansonsten leer ausginge, so ist dies noch immer keine Rechtfertigung, dies auf dem Begriffe der "Gefährlichkeit" aufzubauen. Vgl. dazu Edlbacher, FS Wilburg 60, 86: Es sei zwar einsehbar, daß die Gefährdungshaftung dem Opfer eines Schadensfalles zugutekomme, "dessen Entstehungsursache es mangels Kenntnis und Einblicks in den Betrieb nicht zu erforschen vermöge, so daß es ihm kaum gelinge, den Verschuldensbeweis zu erbringen, und es deshalb eines besonderen Schutzes in Form einer besonderen Haftung bedürfe. Mit der 'Gefahr' in ihrem ursprünglichen Sinne hat das aber nichts zu tun." 7 Koch

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IV. Von der sogenannten Gefhrdungshaftung zur Sachhaftung

Umgang mit Sachen fehler/raen Menschen nicht zu jenem paßt, das die Verschuldenshaftung von dem aus ihrer Sichtfehlerhaften Menschen zeichnet. Nach diesem Konzept hätte nicht Goethes Zauberlehrling für die Wasserschäden gehaftet, die beim unsachgemäßen "Gebrauch" des Besens entstanden, sondern dessen Meister als Halter des Besens. Dennoch läßt sich der Eindruck nicht verwehren, daß der Besen die "Wasserströme" nur laufen ließ, weil der Zauberlehrling "das Wort vergessen" hat, das die normalen Betriebsfunktionen des Besens gestoppt hätte. Der Zauberlehrling wurde die Geister, die er rief, nur nicht los, weil er in seinem Hochmut glaubte, sie beherrschen zu können. Sollte dies nicht ein ebenso zurechenbarer Fehler sein wie ein fahrlässiges Tun ohne Zuhilfenahme einer Sache? Ein weiterer, nicht unwesentlicher Aspekt mag die Illusion der Kontinuität sein, die der Gefahrenbegriff in der Rechtsanwendung erzeugt. Indem eine Sache als "gefahrlich" bezeichnet wird, ohne diese Gefahr zu definieren, kann nachträglich jeglicher Schaden, in dessen Verursachung die Sache verwickelt ist, als Realisierung "dieser" Gefahr gewertet werden. Protesten gegen eine willkürliche Haftpflichtbegründung kann mit dem Hinweis auf eine (scheinbare) Sachqualität begegnet werden - der Schaden sei durch diese Eigenschaft der Sache zu befürchten gewesen und damit auch die Pflicht, diesen zu ersetzen. In Wirklichkeit sind die wenigsten Schäden vorhersehbar; dies beweist die Tatsache, daß nie eine ex ante-Gefahrendefinition fur die Gefährdungshaftung versucht wurde, sondern dieser Begriff immer bloß rückblickend mit Beispielen aus der Judikatur erläutert wurde. Dadurch wurde er aber nicht ausgefüllt, sondern nur verdeckt. "Gefährlichkeit" kann nie in dieser pauschalen Form verwendet werden; "gefahrlich" ist eine Situation nur im Zusammenspiel aller Faktoren, die diese Situation prägen. 90 Dazu sei das Beispiel der Wasserrohre weitergeführt: "Gefährlich" ist nie "das Wasserrohr" im allgemeinen, "gefährlich" ist zum Beispiel das Graugußrohr D N 650 der Technischen Werke Stuttgart an der Leitung Kanonenweg/ Berg im Bereich des Hochbehälters Mühlbachhof, das an dieser Stelle schon mehrmals gebrochen ist, und zwar jedesmal, wenn die Leitung kurz nach einer Entlüftung mit niedriger Geschwindigkeit durchströmt wurde. 91 Da eine Gefährlichkeit somit immer unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände und deshalb nur rückblickend beurteilt werden kann, hilft dieses

90 Vgl. dazu Klebelsberg, VGT 1985, 21 ff. Ähnlich Isaac, Verh. 35. DJT II, 209 f. und Lukes , VersR 1983, 702 f. 91 Die angesprochene Leitung wurde von Kottmann und Schmitt in 3R international 1980, 54 ff., untersucht.

2. Die Fragwürdigkeit des Verschuldensgrundsatzes

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Kriterium nicht, die Rechtssicherheit im Sinne einer Vorhersehbarkeit möglicher Haftpflichten zu fördern. 92

2. Die Fragwürdigkeit des Verschuldensgrundsatzes (a) Zweispurigkeit des Haftpflichtrechts? Noch für die Verfasser des BGB 9 3 war der Grundsatz "Keine Haftung ohne Schuld" ein "höheres juristisches Axiom" 94 , gegen das erst im II. Entwurf 95 die Ausnahmebestimmungen für Tierhalter und Jagdberechtigte verstießen. Esser bezweifelte 1941 die Berechtigung des Verschuldensgrundsatzes als alleiniges Prinzip, 96 da es der "Gerechtigkeitsidee" widerstreite 97. Er warf dem Gesetzgeber "Blindheit"98 gegenüber dem neuen System der Gefährdungshaftung vor, dessen Ursache das Unvermögen sei, "zwischen den einzelnen Zurechnungsmöglichkeiten und ihren Folgen hinreichend abzustufen und zu unterscheiden"99. Diese Unterscheidung nahm er vor, indem er neben die "Haftung aus unerlaubter Handlung" eine eigenständige Theorie der Gefährdungshaftung stellte, die nicht nur bloßen Ausnahmecharakter haben sollte. Dennoch war er davon überzeugt, daß man "eine Beibehaltung gesonderter Tatbestände anerkennen und jede Tendenz zu schematisierender Einheitslösung verwerfen" 100 müsse.

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Vgl. auch Esser (Grundlagen 2 , 8), der den Begriff der "Gefährlichkeit" als Tatbestandselement einer möglichen Generalklausel ablehnt, weil sich seine Bedeutung im Wandel der Zeiten ändere: "Mit der technischen Entwicklung schwindet, wie sich in den heute vorhandenen Gefährdungstatbeständen schon herausgestellt hat, das Bewußtsein einer außerordentlichen Gefährdung immer mehr dahin, ohne daß sich deshalb das soziale Bedürfnis eines erhöhten Unfallschutzes mindern würde. " 93 Vgl. Benöhr, TR 1978, 1 ff. 94 Ausdrücklich zur Frage der Haftung von Verschuldensunfähigen: Motive II 28. Doch bereits Binding (Normen P, 435 in Fn. 4) bezeichnet dies als "kaum begreiflichen Anachronismus". 95 Im I. Entwurf wurde die konsequente Durchführung des Verschuldensgrundsatzes noch hervorgehoben. Vgl. Motive II 727, 745: "Der Entwurf hat mithin bei Normirung des Spezialdeliktes in keinem Fall den Boden des Deliktes verlassen und dadurch die Kategorie der sog. Quasidelikte, d. h. von Thatbeständen, welche, ohne wahre Delikte zu sein, nach den Grundsätzen über Delikte behandelt werden sollen, vermieden.". 96 Grundlagen 2 , 45 ff. 97 Grundlagen 2 , 71 f. 98 Grundlagen 2 , 59. 99 Grundlagen 2 , 59. 100 Grundlagen 2 , 118. 7*

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IV. Von der sogenannten Gefährdungshaftung zur Sachhaftung

Nach diesem zunächst friedlichen Nebeneinander von Verschuldens- und Gefährdungshaftung verhärtete Esser 1953 1 0 1 die Fronten, indem er sein Konzept der "Zweispurigkeit" des Haftpflichtrechts vorstellte. Zu dieser neuen Abgrenzung sah er sich durch "die bedenkliche Entstellung unseres Verschuldensprinzips" 102 veranlaßt, welche durch die zunehmende haftungsrechtliche Anerkennung von Verkehrspflichten verursacht werde. Er wehrte sich dagegen, "alle möglichen sozialen Risiken als illegale [sie!] Gefährdungstatbestände in die Begriffe unseres Deliktsrechts zu pressen" 103, indem er die Wiederherstellung "des genuinen Verschuldensmaßstabs des bürgerlichen Rechts" forderte 104 . Die Spezialtatbestände der Gefährdungshaftung seien strikt vom Generaltatbestand der Verschuldenshaftung zu trennen, stattdessen käme es wegen "einer unkontrollierten Praxis allgemeiner 'Verkehrssicherungspflichten'" zu einer "praktisch unkontrollierbaren Vermengung von Schuld- und Gefährdungselementen" 105. Bis heute hat sich nicht bloß Essers Lehre der Gleichstellung von Verschuldens- und Gefährdungshaftung gehalten 106 , sondern auch die strikte Trennung dieser beiden Haftungsformen durch sein Modell der "Zweispurigkeit" 107.

101 JZ 1953, 129 ff. 102 JZ 1953, 129. 103 JZ 1953, 129. 104 JZ 1953, 132. 105 JZ 1953, 129. Auch Deutsch spricht bei den Verkehrspflichten von einem "Wildwuchs im System des Delikts rechts" (JuS 1967, 157). 106 Vgl. nur Kötz, Gutachten, 1792: "Die Gefährdungshaftung ist daher nicht eine 'Ausnahme' von dem 'Grundsatz' der Fahrlässigkeitshaftung. Vielmehr liegt auch ihr ein eigenes, positives Zurechnungsprinzip zugrunde." Demnach könne "die Auffassung vom Ausnahme- und Sondercharakter der Gefährdungshaftung als überholt gelten", sodaß "für die Zukunft von der Gleichrangigkeit und Gleichwertigkeit beider Haftungsformen auszugehen" sei (Kötz, Gutachten, 1793). Vgl. jedoch Medicus (Schuldrecht 15, 141): "Im Schuldrecht wie überhaupt im Zivilrecht bildet aber das Verschuldensprinzip die Regel." Auch Leser (AcP 183, 597) sieht die Sicht der Gefährdungshaftung als "Ausnahmeregelung" offenbar als die herrschende; dagegen aber ders., AcP 183, 600. 107 So etwa bei Deutsch, JB1 1981, 449 ff. Durch den steigenden Einfluß des Versicherungsrechts auf die Haftpflichtdoktrin wird zudem bereits von einer "Dreispurigkeit" des Haftpflichtrechts gesprochen: Marschall von Bieberstein, VersR 1968, 510; in jeweils anderem Sinne auch Deutsch, Haftungsrecht I, 415 f. und Brüggemeier, AcP 182, 392. Deutsch spricht jüngst sogar von einer "Vielspurigkeit des Haftungsrechts" (NJW 1992, 77). Vgl. dazu die interessante Theorie von Jürgen Schmidt, Strafe, 15 f., wonach durch diese Untersystembildung versucht werde, eine gegenseitige Beeinflußung von Verschuldens- und Gefährdungshaftung zu verhindern: "[F]ür die allgemeine Systematik des Zivilrechts beunruhigende Entwicklungen werden aus dem klassischen System herausgedrängt und in eigene Gebiete mit jeweils eigener Systematik abgedrängt; dort können sie sich entwickeln, ohne dem klassischen System zu schaden, da sie ja in keiner Verbindung zu diesem mehr stehen." (Ähnlich auch Schilcher, Theorie, 51).

2. Die Fragwürdigkeit des Verschuldensgrundsatzes

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Während ersteres durchaus zu begrüßen ist, weil mit der Gleichstellung der Haftungsprinzipien auch deren Vergleichbarkeit gewährleistet ist, sind Zweifel daran anzumelden, ob das Modell der "Zweispurigkeit" mit dem Verschuldensgrundsatz in seiner derzeitigen Konzeption nach wie vor zu überzeugen vermag. 108 Dazu liefert Esser selbst das Hauptargument: Gerade die Verkehrspflichten, gegen die Esser 109 argumentiert, beweisen mit ihrer heute wohl kaum mehr zu bezweifelnden Bedeutung, daß die Ordnungsaufgabe, die sie lösen sollen, als solche existiert, und daß sie weder von der reinen Verschuldenshaftung allein noch von den Einzeltatbeständen der Gefahrdungshaftung völlig erfaßt w i r d . 1 1 0 Ob man nun damit einverstanden ist, daß diese Ordnungsaufgabe ausschließlich unter dem Deckmantel des Verschuldensprinzips gelöst w i r d 1 1 1 , oder ob man für einen eigenständigen Tatbestand mit eigenständiger Position in der Systematik des Haftungsrechts eintritt - feststeht, daß es einen Bereich des Haftungsrechts geben muß, dem auch solche Fälle unterliegen, die weder eindeutig der Verschuldenshaftung (im traditionellen Sinne 112 ) zuzuordnen sind, noch in den Anwendungsbereich der Gefährdungshaftung fallen. Das bloße Auseinanderreißen dieser Gruppe in einen "Verschuldens-" und einen "Gefahrdungsteil" vermag nicht zu befriedigen, solange nicht klare Abgrenzungskriterien für die hier kritischen Grenzfalle geboten werden. Auch wenn Esser die Verkehrspflichten als "illegitime Kinder" 113 bezeichnet, gesteht er doch zu, daß sie "die vitalsten" 114 sind; trotzdem scheint er nicht alle dieser "Kinder" legitimieren zu wollen, 1 1 5 sie also in sein System

108 Vgl. H. Hübners vorsichtige Formulierung seiner Kritik am Modell der Zweispurigkeit in der FS Müller-Freienfels, 329: "Indessen erweist sich, daß durch die Bildung von Kategorien die Problematik, die sich aus der sachgebotenen Differenzierung in den Einzelstrukturen ergibt, nicht immer bewältigt ist, ja sogar rückläufig bisweilen Zweifel an der 'Richtigkeit' der Grundkonzeption erregt werden." Auch für Schilcher (Theorie, 18) ist "der Sinn solcher 'dogmatischer Unterscheidungen ... besonders dunkel [...]." Für ihn ist diese trennende Sicht "ein anderer Ausdruck für theoretische Resignation". (Theorie, 1). 109 JZ 1953, 129 ff. Vgl. dazu oben bei Fn. 102 ff. HO Vgl. von Caemmerer, FS 100 J. DJT II, 71: "Die Herausarbeitung der sogenannten Verkehrspflichten hat die eine große Lücke geschlossen, die das Deliktssystem des BGB gelassen hat." Dazu auch Deutsch, FS Honig, 42, der von der "Selbstergänzung des Haftungsrechts durch Verkehrspflichten" spricht. Laut Lukes (VersR 1983, 699) ist die "richterliche Festlegung von Verhaltenspflichten im Einzelfall [...] unentbehrlich". m Dazu unten IV.2.b. 112 Vgl. aber unten IV.2.b.cc. 113 JZ 1953, 132. 114 JZ 1953, 132. 115 Esser will ja "den verbleibenden Deliktsbereich wieder unter das authentische Verschuldensprinzip" stellen, vgl. JZ 1953, 130.

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IV. Von der sogenannten Gefhrdungshaftung zur Sachhaftung

einzuordnen. Dieses System der Zweispurigkeit ist wohl auch in seiner strengen Bipolari tat nicht flexibel genug, um diese Ordnungsaufgabe zu erfüllen. 116 Denn, wie von Caemmerer 117 richtig festhält, besteht kein scharfer Gegensatz zwischen Verschuldens- und Gefährdungshaftung, sondern ein "allmählicher Übergang" vom einen zum anderen. 118 "Zahlreiche Elemente treten bei beiden Haftungsformen gemeinsam auf, wenn auch mit verschiedener Intensität und verschiedenem Gewicht." 119 Die Zweispurigkeit als Ordnungsmodell geht von zwei voneinander unabhängigen, sich nicht berührenden Spuren aus; der erwähnte "allmähliche Übergang" kann aber nur dann in ein Gesamtsystem einbezogen werden, wenn die beiden Gruppen Hälften eines zusammenhängenden Ganzen sind. Während bereits zuvor aufgezeigt wurde, daß der Gedanke der Gefährlichkeit als Ordnungselement der einen Spur nicht überzeugen kann, sind auch Zweifel an der Tauglichkeit eines eng verstandenen Verschuldensgrundsatzes anzumelden.

(b) Die Fragwürdigkeit des Verschuldensgrundsatzes Die Zweispurigkeit im Sinne Essers baut auf dem Gedanken eines dominanten Verschuldensgrundsatzes auf, der die eine Spur nicht bloß prägt, sondern beherrscht. Die Verkehrspflichten als "Grauzone" 120 zwischen Verschuldensund Gefahrdungshaftung müßten zwar von ihrer dogmatischen Ausprägung her dem Schuldprinzip unterstellt werden, dies scheitert jedoch, wie oben dargestellt, an der anscheinend kompromißlosen Position dieses Grundsatzes, der keine "Überläufer" neben sich duldet. 116 So auch (verständlicherweise) vorsichtig Köndgen, Haftpflichtfunktionen, 38: "Es scheint, daß Essers zu ihrer Zeit wichtige und verdienstvolle Gedanken später in ihrer starren Antithetik dazu beigetragen haben, eine Neubewertung des Verschuldensprinzips entsprechend einem veränderten haftungsrechtlichen ' Sozialmodell ' (Wieacker) zu verhindern." Gegen die Zweispurigkeit auch (unter einem anderen Aspekt) Eike von Hippel, Schadensausgleich, 71 ff. 117 Reform, 13. 118 Von Bar y Verkehrspflichten, 144: "Unser Haftungssystem ist ein einheitliches. An seinen Polen stehen Verschulden und Gefährdung. Die Übergänge zwischen ihnen sind fließend". Auch Leser (AcP 183 , 600) sieht nur noch einen "hauchdünnen" Abstand zwischen der Haftung für Verletzung von Verkehrspflichten und der Gefahrdungshaftung; Stoll (Gefahr, 278 f.) glaubt gar, diesen Abstand "mit der Lupe suchen" zu müssen. Esser selbst stellte die "Vermengung von Schuld- und Gefahrdungselementen" bei den Verkehrspflichten fest (JZ 1953, 129). Mertens (in MünchKomm 2 , Rn. 21 vor §§ 823 - 853) hält die "Annäherung der beiden Haftungsformen" zwar für "gerechtfertigt", dies solle aber nicht "zu einer Aufhebung der Zweispurigkeit des Schadensersatzrechtes und der damit verbundenen 'Arbeitsteilung' von Gesetzgebung und Rechtsprechung führen". Ebenso ders., VersR 1980, 405. 119 Von Caemmerer y Reform, 13. 120 Mertens y VersR 1980, 405.

2. Die Fragwürdigkeit des Verschuldensgrundsatzes

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Unzweifelhaft soll jeder zur Haftung herangezogen werden können, der schuldhaft einem anderen einen Schaden zugefugt hat. Dieser Aspekt der Verschuldenshaftung ist in der Tat eine "Selbstverständlichkeit"121 und wird wohl nicht ernsthaft bezweifelt werden können. 122 Fraglich ist jedoch, ob auch die doppelte Negation dieser Selbstverständlichkeit in jedem Falle gelten soll: "Keine Haftung ohne Schuld"?

(aa) Verkehrspflichten und Verschuldensgrundsatz 123 Die negative Formulierung des Schuldprinzips wurde bereits durch die Anerkennung der Gefährdungshaftung für jene Fälle widerlegt, in denen der (in der Folge) Haftpflichtige nicht selbst Verursacher des Schadens ist, sondern eine Sache oder Sachgesamtheit, die in seinem Rechts- oder Einflußbereich steht. 124 Aufrechterhalten wird der Satz bislang jedoch, wenn ein Mensch schuld/ra einen Schaden verursacht hat, somit ohne objektive Sorgfaltswidrigkeit ein Verhalten gesetzt hat, das unmittelbar kausal für die Schadensentstehung war. Daß dies jedoch nicht in allen Einzelfällen dogmatisch rein umzusetzen war, beweist die Angreifbarkeit mancher Verkehrspflichten, wie Esser sie für seine Argumentation nützte. 125 Wurde auch die Normierung einer Haftpflicht in diesen Fällen zumeist als billig empfunden, so muß doch zugegeben werden, daß die jeweilige "Pflicht", gegen die verstoßen wurde, zumeist nur nachträglich vom Gericht festgestellt werden konnte und dem Vorwurf ausgesetzt war (und ist), daß der Schädiger ihr gar nicht hätte entsprechen können. 1 2 6 Der Schuldvorwurf, den die Haftung für Verkehrspflichten voraussetzt, ist somit nur zu oft ein Scheinvorwurf; in Wahrheit haftet der Schädiger in manchen Fällen nicht, weil er schuldhaft (im traditionellen Sinne) gehan-

121 Deutsch, FS Honig, 38. 122 Von Caemmerer (RabelsZ 1978, 6) nennt diese positive Seite des Verschuldensprinzips "für das Rechtsgefühl unmittelbar einleuchtend und offenbar überall in der Welt akzeptiert". 123 Dazu vor allem von Bar, Verkehrspflichten, 102 ff. 124 Vgl. auch Deutsch, JuS 1981, 318: "Stets dann, wenn die Gesetzgebung mit der Einführung der Gefährdungshaftung für eine neue Gefahr gezögert hat, hat die Rechtsprechung manche Ergebnisse der objektiven Gefährdungshaftung auf dem Umweg über eine gesteigerte Haftung für Verkehrspflichten vorweggenommen." 125 Vgl. dazu oben IV.2.a. 126 ζ . B. Mertens, VersR 1980, 405. Der Anspruch, daß diesen Verkehrspflichten auch zu entsprechen sei, wird von den Richtern jedoch gar nicht erhoben; vgl. dazu Steffen, VersR 1980, 410: "Wir wissen, daß die Verhaltensanweisungen, die wir geben, nicht beachtet werden, ja nicht beachtet werden können [...]."

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IV. Von der sogenannten Gefährdungshaftung zur Sachhaftung

delt hatte, sondern weil die Haftung als billig empfunden wurde 1 2 7 - somit eine Haftung ohne (wirkliche) Schuld im herkömmlich engen Sinne. 128 Bejaht man aber die Ergebnisse dieser Rechtsprechung in ihrer Gesamtheit, kann man nicht jenen Teil der Fälle, der gerade noch mit traditioneller Begrifflichkeit faßbar ist, unwidersprochen hinnehmen, um den darüber hinausgehenden Teil umso mehr zu verdammen, insbesondere dann nicht, wenn diese Teilung nicht einheitlich durchzuziehen ist. Kommt es zu einer Häufung der Divergenzen zwischen allgemeinem Rechtsempfinden und dogmatischer Einzelfallbegründung, so muß man wohl auch daran gehen, letztere theoretische Basis zu überdenken, insbesondere dann, wenn diese ohnehin strittig ist.

(bb) Haftung für "gefährliche Tätigkeiten"? Während in anderen Rechtsordnungen bereits ein eigenständiger Haftungstatbestand für "gefährliche Tätigkeiten" 129 anerkannt i s t 1 3 0 , führen diese in Deutschland noch immer ein schadensersatzrechtliches Schattendasein. Entsteht durch die Ausübung solcher Tätigkeiten Schaden, so ist eine Haftpflichtbegründung nur mit der Hilfsfigur der Verkehrspflichtverletzung möglich. Dennoch werden immer wieder Stimmen laut, bei einer künftigen Reform des Haftpflichtrechts auch die gefährlichen Tätigkeiten im Rahmen der Gefährdungshaftung zu berücksichtigen. 131 Dazu rechnen die Befürworter einer Einbeziehung insbesondere die Ausübung "gefährlicher" Sportarten wie Schilauf und Schuß Waffengebrauch. Sie setzen sportliche Risiken den technischen gleich und argumentieren: "Wer [...] den Reiz des Wagnisses kostet, 127 Laut Steffen (VersR 1980, 410) sieht ein Richter "die Umsetzungsaufgabe der Verkehrspflicht weniger in ihrer negatorischen als in ihrer selektiven Bedeutung für die Zuweisung von Schadens lasten". 128 Auch Stoll (Fortbildung, 13 f.) sieht durch die Verschärfung der Verkehrspflichten "das Verschuldenserfordernis abgeschwächt, teilweise wohl gar schon preisgegeben." 129 Vgl. dazu nur Kötz, Deliktsrecht*, Rn. 247 f.; Wz//, Quellen, 274 ff.; Deutsch, Haftungsrecht I, 383 f. 130 So ζ. B. in Italien (Art. 2050 Codice civile: "[Responsabilità per l'esercizio di attività pericolose]. Chiunque cagiona danno ad altri nello svoligmento di un'attività pericolosa, per sua natura ο per la natura dei mezzi adoperati (965 c. nav.), è tenuto al risarcimento (2056 ss.; 678 c.p.), se non prova di avere adottato tutte le misure idonee a evitare ü danno (2054).") oder in den Vereinigten Staaten (Restatement, Second, Torts, chapter 21: "Abnormally Dangerous Activities", wobei die Qualifikation "abnormally dangerous", mit der eine Tätigkeit eine verschuldensunabhängige Haftung begründen kann, in § 520 definiert ist mit einem - aus unserer Sicht - beweglichen System von Gefahren- und Schadenselementen). Weitere Nachweise bei Will, Quellen, 274 f. 131 So Deutsch, Haftungsrecht I, 383 ff.; Will, Quellen, 274 ff. Dagegen Kötz, Gutachten, 1796 ff.

2. Die Fragwürdigkeit des Verschuldensgrundsatzes

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muß dieses Wagnis versichern und darf nicht ein hilfloses Zufallsopfer die Zeche zahlen lassen." 132 Dagegen wird von Kötz eingewendet, daß der Grundgedanke der Gefahrdungshaftung nicht jene Fälle umfasse, in denen "jemand ohne die Benutzung technischer Anlagen oder Betriebsmittel gleichsam 'mit der bloßen Hand1 tätig wird und andere gefährdet" 133. Ein künftiger allgemein gefaßter Gefahrdungshaftungstatbestand solle auf "Anlagen, Sachen oder Stoffe" beschränkt bleiben, womit er "an die in den geltenden Spezialgesetzen bereits vorgezeichneten Linien anknüpft und auf diese Weise dem Gesetzgeber und der Rechtsprechung die Wahrung einer gewissen Kontinuität ermöglicht" 134 . In der Tat vermag eine Erweiterung der Gefahrdungshaftung auf "gefahrliche Tätigkeiten" nicht die grundsätzlichen Probleme dieser Haftungsform zu lösen. Denn auch hier stellt sich das (nicht bloß) sprachliche Problem, was nun "gefährliche" Tätigkeiten seien. Es können nicht bloß alle Sachen, sondern auch alle Handlungen und Unterlassungen zur Schadensursache werden, dennoch würde wohl niemand auf die Idee kommen, deswegen jedes Verhalten als "gefährlich" zu bezeichnen. Auch verwundert, warum in den Beispielen für "gefährliche" Sportarten nie der Autosport auftaucht. Führt der Versuch einer Abgrenzung des "gefahrlichen" Sportfahrens vom "ungefährlichen" Normalgebrauch eines "gefahrlichen" Kraftfahrzeugs etwa zu der Erkenntnis, daß nur bei ersterem die "Gefährlichkeit" des Fahrers jene des Fahrzeugs überwiegt? Ebenso schwer fiele wohl die Begründung, warum Kraftfahrzeuge selbst gefahrlich sind, nicht aber deren Fahrer, während bei Schußwaffen nur der Gebrauch "gefährlich" sein soll.

(cc) Die Grenzen des SchuldbegrifTs Lehnt man jedoch eine Einbeziehung der "gefährlichen Tätigkeiten" in die Gefährdungshaftung ab, so verbleiben sie im Nahbereich der Verschuldenshaftung, bei den Verkehrspflichten, womit die Haftungen für menschliches Verhalten unter dem Oberbegriff der Verschuldenshaftung zusammengefaßt wären, jene für Sachen unter dem der Gefährdungshaftung. Diese Notlösung des Versuchs einer Systematik ist jedoch noch unbefriedigend, wenn man sich der obigen Feststellung erinnert, daß nicht allen Verkehrspflichten die Gemeinsamkeit der Verschuldenshaftung, eben das 132 Will, Quellen, 275. 133 Kötz, Gutachten, 1798. 134 Kötz y Gutachten, 1797. Allerdings überrascht es, wenn Kötz hier von "Kontinuität" spricht, wo er in derselben Arbeit die "legislatorische Ungleichbehandlung gleicher technischer Risiken" kritisiert (1790).

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IV. Von der sogenannten Gefährdungshaftung zur Sachhaftung

Verschulden im herkömmlichen Sinne, wirklich gemein i s t . 1 3 5 Damit steht man vor dem Dilemma, einerseits die Verbindung aller Untergruppen der Haftungen fur menschliches Verhalten in einer Obergruppe zu befürworten, andererseits das dieser Obergruppe immanente Verbindungsmerkmal als dazu geeignet zu bezweifeln. Ein Ausweg aus diesem Konflikt ist nur eine erweiterte Sicht dieses Verbindungsmerkmales. Der Begriff "Verschulden" darf nicht mehr im überkommenen pönalisierenden Sinne eines "Schuldvorwurfes" verstanden werden, sondern muß auf den wertungsfreien Begriff einer "haftpflichtbegründenden Zurechenbarkeit" erweitert werden. Geschieht dies, so entfällt das Problem, daß mit dem Verweis auf eine Verkehrspflichtverletzung nur ein Scheinvorwurf verbunden ist, denn die Notwendigkeit einer moralisierenden Vorwerfbarkeit des Verhaltens ist nicht mehr gegeben. 1 3 6 Dies mag zwar angesichts der (herrschenden) Lehre von der "objektiven Fahrlässigkeit" 1 3 7 wie eine Selbstverständlichkeit k l i n g e n . 1 3 8 Dennoch besteht auch heute noch der Verdacht, "daß trotz des formalen Bekenntnisses zum objektiven Fahrlässigkeitsbegriff die Sorgfaltspflichtverletzung weiterhin mit moralischer Mißbilligung des zugrundeliegenden Verhaltens assoziiert w i r d " 1 3 9 . 135 Oben IV.2.b.aa. 136 Vgl. dazu den englischen negligence-Bcgùff, der in seiner Flexibilität der hier unterstützten Fahrlässigkeitsdefinition zumindest sehr nahe kommt: Oben II.2.b. Insbesondere sei auf die englische Betonung der Zweier-Beziehung "Schädiger-Geschädigter" hingewiesen, der zufolge die Sorgfalt nicht "im Verkehr" geboten sein muß, sondern ausschließlich im Verhältnis zum Geschädigten. Die Sorg faits Verletzung nach englischem Recht gibt daher schon aus diesem Grund keinen Anlaß zu einem Schuldvorwurf der Rechtsgemeinschaft, die gar nicht in diese Überlegungen miteinbezogen wird (oben II.2.b.bb). Esser selbst scheint übrigens im Ergebnis auch das Konzept der (anglo-)amerikanischen negligence-Haftiing zu bevorzugen, vgl. seine Ausführungen in JZ 1953, 133 f. Dazu auch Esser /Schmidt, Schuldrecht 16, 369, die angesichts des objektiven Sorgfaltsmaßstabes des § 276 Abs. 1 S. 2 BGB dazu übergehen, "die Normalhaftung des BGB nach §§ 276, 823 nicht mehr - wie bislang noch üblich - als Verschuldenshaftung zu titulieren, sondern sie mit dem Ausdruck 'Unrechts ha flung' zu versehen". 137 Dazu z. B. Kötz, Deliktsrecht5, Rn. 112 ff.; Medicus, Schuldrecht 15, 144 f.; Heinrichs in Palandt5i, Rn. 15 zu § 276 m. w. N. 138 Es heißt ja bereits in den Motiven (II, 17 f.), daß "die Hereinziehung moralisierender oder strafrechtlicher Gesichtspunkte [...] bei der Bestimmung der civilrechtlichen Folgen unerlaubten, widerrechtlichen Verhaltens durchaus fern gehalten werden" muß. 139 Weyers, Unfallschäden, 38. (Zum Verhältnis "objektive Fahrlässigkeit - Schuldvorwurf' Wxethölier, Rechtfertigungsgrund, insbes. 32 f.) Vgl. auch die immer noch verwendete Terminologie bei schadensersatzrechtlichen Fragen, so ζ. B. bei der von Stoll (Fortbildung, 17 f.) formulierten Generalklausel: "Wer das Leben, den Körper, die Gesundheit oder die Sache eines anderen in einer zu mißbilligenden Weise [sie!] verletzt oder beschädigt, ist zum Schadenersatz verpflichtet. " [Hervorhebungen nicht im Original]. Zweifel an der völligen Aufgabe des Pönalgedankens äußert auch Hermann Lange, Handbuchs, 12 f.; ebenso Esser/Schmidt, Schuldrecht 16, 462 f. (mit Hinweis auf "Pönalisierungstendenzen" im Demonstrationsrecht).

3. Überleitung

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Mit dieser Erweiterung der V zrsohuXdensdefinition sollen die Sorgfaltspflichten inhaltlich aber nicht (weiter) übersteigert werden. Die Festlegung des Sorgfaltsmaßstabes durch den Richter im Einzel fall hat in der Praxis bereits bisher wohl in den meisten Fällen zu einem befriedigenden Ergebnis geführt. Den jeweiligen Urteilsbegründungen soll in Zukunft lediglich der Vorwurf erspart bleiben, die (zu) engen begrifflichen Grenzen der Verschuldenshaftung zu sprengen.

(dd) Die Fehlerhaftigkeit des Menschen Ein weiteres Relikt der pönalisierenden Sicht des haftungsrechtlichen Verschuldens ist das Argument, daß sich ein hoher Sorgfaltsmaßstab, wie ihn die Theorie der objektiven Fahrlässigkeit setzt, unvereinbar sei mit der Fehlerhaftigkeit des Menschen. Es könne doch nicht Anknüpfungspunkt einer Haftung sein, wenn jemand bloße Fehler begehe, wie sie jeder geneigt sei zu machen 140 , und die vor allem "statistisch" gesehen unvermeidbar seien. 141 Von Caemmerer wendet dagegen zu Recht ein, "daß jedes Fehl verhalten, jeder Mangel an Aufmerksamkeit, jedenfalls wenn Dritte geschädigt werden, zur Ersatzpflicht und damit normalerweise zur Belastung der Risikogemeinschaft führt, der der unrichtig Handelnde angehört" 142 . Es wäre wohl in der Tat merkwürdig, wenn der Schädiger, der bei der Schadensverursachung einen "bloßen" Fehler begeht, nicht den in Bezug auf diesen Schaden fehlerfreien Verletzten entschädigen müßte.

3. Überleitung Ein wesentliches Problem bei der Systematisierung des Haftungsrechts scheint weniger darin zu liegen, daß der Haupttatbestand ein Verschulden des Haftpflichtigen voraussetzt und die Gefährdungshaftung nicht. Die Gegensätz140 "Ohne Fehl und Tadel sind nicht normale Menschen, sondern Normenmenschen." (Wiethölter, Rechtfertigungsgrund, 20). Vgl. auch Isaac, Verh. 35. DJT II, 231 (in Anspielung auf das Märchen von der Fischersfrau, der ein fabelhafter Fisch verweigerte, sie zum lieben Gott zu machen): "Ich glaube, wir sind uns alle darüber einig, daß dieser Fisch absolut nicht mehr auf der Höhe unserer Zeit steht. Er brauchte die Frau nämlich nur zum Chauffeur zu machen; denn in dem Augenblicke, da sie den Führersitz besteigt, wird sie nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts aus einem gewöhnlichen Menschen ein gottähnliches Wesen, das alles weiß, alles sieht und alles kann." (Auch seine weiteren Ausführungen a. a. O. sind lesenswert!) 141 Zu all dem Tunc , IECL XI/I, 75 ff. Ders., FS Oftinger, 314 : "L'erreur est permanente dans les activités de l'homme." 142 RabelsZ 1978, 20. Vgl. auch Rother, FS Larenz 80, 548.

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IV. Von der sogenannten Gefhrdungshaftung zur Sachhaftung

lichkeit der Konzepte beginnt offensichtlich bereits vor dieser Wertungsfrage: Während die Verschuldenshaftung vom realen Bild des unvollkommenen Menschen ausgeht, der auch Fehler machen kann, baut die Gefährdungshaftung auf der Illusion eines perfekten Menschen auf, der mit den Tücken der Objekte zu kämpfen hat. Ein neues Systemgebäude kann jedoch nur dann Aussicht auf Bestand haben, wenn es auf dem Fundament der Wirklichkeit steht. Daher scheint der Gedanke der Gefährlichkeit einer Sache, zumindest wie er derzeit gedacht wird, als Organisationshilfe ungeeignet zu sein 1 4 3 , und damit auch der irreführende Begriff der "Gefährdungshaftung". 144 Denn einerseits genügt es nicht, nur an tatsächliche Gefahren, die mit einer Sache verbunden sind, jene Haftungsfolgen zu knüpfen, wie sie die gegenwärtige Gefahrdungshaftung normiert. Auch unerwartete und außergewöhnliche Ereignisse, die eine Sache verursacht, ohne daß ihre "Gefahren" verwirklicht werden, müssen schadensersatzrechtlich anders behandelt werden als menschliches Verhalten, das willensgesteuert (wenn auch nicht immer perfekt) ist. Andererseits wird zu Unrecht unter dem Deckmantel der Sachgefährlichkeit durchaus menschliches Verhalten in jenes Haftungskorsett gepreßt, 145 das eigentlich ausschließlich für solche Schäden geschnürt wurde, die tatsächlich nur von Sachen verursacht wurden. 146 Menschliches Fehl verhalten hat darin 143 Ebenso verworfen wurde der Gefahrlichkeitsbegriff in Frankreich (oben S. 25, bei Fn. 34). Zur Ablehnung in England oben II.2.c.bb, insbesondere bei Fn. 120 f. 144 Wi//, Quellen, 280 ff., baut sein System dennoch auf dem Gefahrlichkeitsbegriff auf, obwohl er zugesteht, daß "das Gefährlichkeitskriterium ... in den verschiedenen Rechtskreisen weitestgehend als unbrauchbar gilt" (281). Er erkennt es auch als Hauptproblem an, "daß die Grenze zwischen gefahrlichen und ungefährlichen Handlungen, zwischen gefährlichen und ungefährlichen Anlagen und Betrieben zweifelhaft und flüssig sei" (280), bietet jedoch (bewußt) keinen Lösungsvorschlag für dieses Problem. Sein diesbezüglicher Verweis auf die österreichische Analogiepraxis (281) vermag nicht zu beruhigen, da auch dort nie versucht wurde (und aufgrund der Einzelfallbezogenheit der richterlichen Analogie wohl auch nicht versucht werden konnte), den Gefahrenbegriff dogmatisch zu klären. Ob Wills Kriterium der "Durchschnittsgefahr", über das die haftungsbegründende Gefahr in seinem System liegen solle (283), eine Systembildung zu fördern vermag, muß offen gelassen werden. 145 Vgl. Michaelis, Beiträge, 50: "Denn die Vorstellung, als liege bei den Anwendungsfallen der Gefahrdungshaftung kein menschliches Verschulden vor, ist für die überwiegende Mehrzahl der Fälle unzutreffend." Vgl. auch Friedrich, V W 1956, 505. 146 Dies kommt (wohl ohne diesbezügliche Absicht) auch bei Ballerstedt y VEnergR 7/8, 17, zum Ausdruck, wo er die Haftpflicht für Schäden durch Wasserleitungen ausschließlich dem Bereich "menschliches Verhalten" zuordnen will; vgl. das Zitat in obiger Fn. 21. Er geht (zumindest terminologisch) den umgekehrten Weg: "Das Gemeinsame von Verschuldens- und Gefährdungshaftung liegt nach meiner Auffassung darin, daß beide Prinzipien eine Haftung für Handlung statuieren." (Ballerstedty a. a. O., 8). Um diese These behaupten zu können, verwendet er einen sehr weiten Handlungsbegriff, "der eine Reihe von natürlichen Einzelakten wegen ihres

3. Überleitung

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aber keinen Platz. Auch muß bezweifelt werden, ob es darin überhaupt Platz haben soll, gibt es doch fur menschliches Verhalten eigene Regeln, jene der Verschuldenshaftung. 147 Doch nach welchem Maßstab soll dieses menschliche Verhalten aus der bisherigen Gefährdungshaftung herausgefiltert werden? Eine Lösung wurde bereits oben angedeutet, als es um die Frage nach dem Grund der Einbeziehung des Fehl Verhaltens in die Sachgefahren ging 1 4 8 . Akzeptiert man die Tatsache, daß der Mensch auch im Umgang mit Sachen Fehler machen kann, so müssen diese Fehler nicht mehr nach den Sondernormen für durch Sachen verursachte Schäden behandelt werden, sondern verbleiben im Regelungsbereich der Haftung fur menschliches Verhalten. Dazu muß aber die angedeutete Selbstüberschätzung aufgegeben werden, die die Illusion des fehlerfreien Gebrauchs von fehlerhaften Sachen unterstützt e 1 4 9 . Denn die Hauptgefahr des Kraftfahrzeugverkehrs liegt, wie in den angeführten Statistiken belegt 150 , nicht in der Tatsache, daß daran Autos beteiligt sind, sondern darin, daß diese Autos von Menschen gefahren werden. 151 Die Gefahr von Atomkraftwerken liegt nicht ausschließlich in den verwendeten Brennstäben, sondern vor allem auch in den von Menschen besetzten Kontrollzentralen, wie die Katastrophe von Tschernobyl bewiesen hat. Die Gefahren der Technik sind nicht nur ihre Produkte, sondern jedenfalls auch ihre Nutzer. Es mag vielleicht einmal annähernd "unfallsichere" Autos geben, die zum Beispiel von selbst die nötigen Abstände einhalten, von selbst die Idealgeschwindigkeit errechnen und ähnliche Fehlerquellen des Fahrers ausschalten. von dem Handelnden intendierten Sinnzusammenhang zu einer Handlung im Rechtssinn zusammenschließt" (Ballerstedt, a. a. O., 9). So sieht er die "Handlung" eines Anlageninhabers im "Beherrschen des Betriebs Vorganges" (Ballerstedt, a. a. O., 11). 147 Α. M . Will, Quellen, 280 ff., der den Kreis der im Rahmen einer Gefährdungshaftung zu regelnden menschlichen Tätigkeiten sogar noch bewußt erweitert. 148 Oben I V . l . d . 149 Vgl. dazu Klebeisberg, VGT 1985, 25: "Und weil der Kraftfahrer in erster Linie in dieser Weise ziel- und erfolgsorientiert ist, muß bei ihm damit gerechnet werden, daß er die Ursache seines Fehlverhaltens vor allem in den äußeren Umständen oder im 'unglücklichen Zufall' sucht; er fühlt sich durch die äußeren Situationsbedingungen überfordert. " 150 Oben IV.I.e. 151 Müller-Limmroth (DAR 1977, 152) bezeichnet den Menschen zu Recht als das "schwächste Glied" in der Kette der im Straßenverkehr zusammenwirkenden Faktoren. Vgl. auch Klebeisberg, Vortrag: "Gefährliche und ungefährliche Situationen an sich gibt es nicht, sondern nur gefährliches oder ungefährliches Verhalten in bestimmten Situationen. Eine 'gefahrliche Straße' bedeutet somit nicht, daß bestimmte bautechnische - also außerindividuelle Merkmale der Straße an sich gefährlich sind, sondern daß auf diesen Straßen überdurchschnittlich häufig gefährliche Verhaltensweisen zu beobachten sind".

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IV. Von der sogenannten Gefhrdungshaftung zur Sachhaftung

Dennoch wird am Steuer immer ein Mensch sitzen, der das Auto in Gang setzt, und mit dem Menschen am Steuer ist bereits Sand im Getriebe, das der Mensch in seiner Fehlerhaftigkeit s t r e u t . 1 5 2 Es mag vielleicht einmal technisch "sichere" Atomkraftwerke geben, mit hunderten von Kontrollsystemen, die sich gegenseitig beobachten und womöglich auch noch (Fehl-)Eingaben von Technikern hinterfragen. Dennoch werden immer Menschen in den Überwachungsvorgang eingeschaltet sein. Dies soll keine pessimistische Zukunftsmalerei sein, sondern nur die durch die Erfahrungen der Vergangenheit bewiesene Tatsache aufzeigen, daß der Mensch selbst immer eine Fehler- und damit Schadensquelle sein kann, unabhängig davon, ob er Sachen zu Hilfe nimmt oder n i c h t 1 5 3 . Je "entwickelter" die Lebensformen sind, umso mehr verwendet der Mensch immer ausgereifitere W e r k z e u g e . 1 5 4 Dies war zunächst kein Anlaß, für jene Schäden, die er mit solchen Werkzeugen verursacht, andere Regeln aufzustellen, als wenn er sie "eigenhändig" verursacht hätte. Und auch heute kann dafür noch kein überzeugender Grund gesehen werden. Dabei soll jedoch nicht verdrängt werden, daß auch diese "Werkzeuge" selbst mangelhaft sein k ö n n e n 1 5 5 . Solche Mängel tauchen jedoch nicht nur bei 152 Vgl. zum Einsatz von Spikesreifen Klebeisberg, Perspektiven, 165 f.: Obwohl dabei die Sicherheit scheinbar erhöht werde, weil der Bremsweg bei gleichbleibender Fahrgeschwindigkeit verkürzt werde, zeige sich bei Untersuchungen, daß mit Spikesreifen schneller gefahren werde, weil sich die jeweiligen Fahrer dabei (zu) sicher fühlen. Dadurch werde der zunächst gegebene technische Sicherheitsgewinn (über) kompensiert durch die Kenntnis des Fahrers davon. Dies vermutet er a. a. O. auch (wohl zu Recht) beim Einsatz von ABS. Zu ähnlichen Ergebnissen kam das Institut für Sicherheit und Verkehr Süddeutschland hinsichtlich des Einsatzes des Allradantriebes: Obwohl aus technischer Sicht eigentlich eine verringerte Unfallhäufigkeit erwartet werde, sei dies statistisch nicht festzustellen. Ein echter Sicherheitsgewinn sei nur dann erzielbar, wenn "die subjektive Wahrnehmbarkeit des objektiven Sicherheitsgewinns so gering wie möglich gehalten werde" (Allradantrieb, 44). Daher stellt Klebelsberg (mit anderen Begriffen) zu Recht fest, "daß es die sogenannte 'sichere Straße' ebensowenig geben kann wie das sogenannte 'sichere Kraftfahrzeug'." Der Mensch relativiere stets die objektiven, physikalisch eigentlich gegebenen Sicherheitsverbesserungen (Perspektiven, 167). 153 Vgl. Esser /Schmidt, Schuldrecht 16, 463: "Der Umgang mit komplizierter Technik und die ungeahnte Steigerung sozialer Kontaktmöglichkeiten aufgrund solcher Mittel stempeln jede menschliche Aktivität zum potentiellen Schadensfaktor [...γ

154 Dabei kann es aber dazu kommen, daß sich der Mensch Werkzeuge schafft, mit deren Leistungsfähigkeit er aufgrund der Begrenztheit seiner eigenen nicht mithalten kann. Zum Auto Luff, DAR 1990, 373, der darauf hinweist, daß der Mensch "mit eigener Muskelkraft bei extremer Leistungsfähigkeit Geschwindigkeiten bis etwa 40 km/h erreichen kann", weshalb er "sicher nicht für höhere Geschwindigkeiten programmiert" sei. Durch reichhaltige Fahrpraxis könne er dieses angeborene Leistungsdefizit zwar reduzieren, dies mache ihn aber "im Rahmen einer biokybernetischen Programmierung ... zum partiellen Roboter", der hoch störanfällig sei. 155 Wobei man darin wiederum einen Fehler des Erfinders sehen könnte.

3. Überleitung

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technisch komplizierten Werkzeugen auf. Auch bei einem Hammer kann sich während des Gebrauchs das Eisen vom Schaft lösen, wodurch Schaden entstehen kann. Daß hier nicht der Halter des Hammers haftet, ist genauso unverständlich, wie wenn es eine Gefährdungshaftung fur Hämmer gäbe und der Halter sogar fur den vorsätzlichen Schlag eines anderen haften würde. 1 5 6 Ebenso kann ein Auto defekt sein; man denke nur an ein Versagen des Bremssystems. Daß hier eine Halterhaftung greift, kann nur unterstützt werden. Dennoch bleibt es unklar, warum nicht der Mörder des Polizisten aus obigem Beispiel mit dem L K W 1 5 7 für seine vorsätzliche Tat haftete, sondern der an der Schadensentstehung völlig unbeteiligte Halter des an der Schadensentstehung ebenso nur "passiv" beteiligten Lastkraftwagens. Da jedoch nicht der gesamte Anwendungsbereich der bisherigen Gefährdungshaftung in der Verschuldenshaftung aufgeht, sondern nur neu definiert wird, bleiben somit (zumindest) zwei Wege der Schadenszurechnung bestehen: die Verschuldenshaftung 158, die die Haftungsfolgen für menschliches Verhalten regeln soll, und ein neu abzugrenzender Teil des Schadensersatzrechts, dem jene Schadensfälle zugeordnet sind, die durch Sachen verursacht wurden. Dieser Teil soll (wie der bisherige Arbeitsbegriff) "Sachhaftung" genannt werden.

156 Vgl. auch Stöcker, VGT 1983, 68: "Kann der Besitzer eines Hammers auf Dauer wirklich nur deshalb von der Einführung einer allgemeinen oder spezifischen Gefährdungshaftung ausgenommen bleiben, weil sich der Heimwerker damit meist nur den eigenen Daumen kaputtschlägt?" (Dieses Argument war jedoch für ihn nur ein "Ausflug ins Absurde".) Dazu Isay> JherJB 1898, 225 ff., über die absolute Haftung des Eigentümers von Werkzeug und Waffen in alten Rechten. 157 BGH 3. 7. 1962 BGHZ 37, 311. Vgl. dazu oben bei Fn. 76. 158 Bei dieser Bezeichnung soll es angesichts obiger Überlegungen unter IV.2.b.cc einstweilen bleiben; vgl. jedoch den unten V . l stattdessen eingeführten Begriff "Haftung für menschliches Verhalten".

V. Die Sachhaftung 1. Ihre Abgrenzung im System des Haftungsrechts (a) Das System des Haftungsrechts Daß hier, wie oben ausgeführt, die Konzeption der Gefährdungshaftung in ihrer Orientierung am Maßstab der Gefährlichkeit abgelehnt und zudem die Stellung der Verschuldenshaftung verändert wird, indem die Verschuldensdefinition auf einen Großteil der derzeitigen "Ausnahmen" erweitert wird, stützt sich auch auf die These, daß ein so komplexes System wie das Schadensersatzrecht nicht auf Dauer in ein bloßes Regel-Ausnahme-System gepreßt werden kann. Zu offensichtlich sind die Probleme einer Zuordnung von Haftungstatbestanden zu "Verschuldenshaftung" bzw. "Haftung ohne Verschulden", wenn sich bei der einzuordnenden Haftungsform die Frage nach der subjektiven Zurechnung gar nicht stellt (oder stellen sollte) und somit auch keine Antwort darauf die Weichen der Einordnung zu stellen vermag. Die Ablehnung des Verschuldensprinzips als Maßstab für ein System des Haftpflichtrechts zwingt zur Suche nach einem anderen Kriterium. In dieser Arbeit wird die Einteilung nach dem jeweils untersuchten Schadensverursacher vorgenommen. Während es verschiedenste Zurechnungskriterien gibt, die alle bereits der rechtlichen Würdigung eines Schadensfalles entstammen, als Ergebnisse von Wertungen nicht von vornherein logisch begrenzbar und damit für eine Systematik ungeeignet sind, ist die Zahl der Antworten auf die Frage nach der Schadensursache bereits aufgrund ihres Verhaftetseins mit dem der Realität (und nicht einer wertenden Theorie) entstammenden Sachverhalt begrenzt. Definiert man dann auch noch "Sache" als "alles vom Menschen Verschiedene", wie es für diese Arbeit gelten soll1, kann der "multiple choice" von Antworten auf einen "dual choice" reduziert werden: Ist der zur Schadenszurechnung untersuchte Verursacher Mensch oder Sache?2 Dem folgt die hier

1 Wie bereits oben 1.2 (Fn. 17) festgehalten. 2 Dagegen (auf der Basis der herrschenden Systematik) wohl Deutsch, Grundriß, Rn. 3): "Schadenshaftung ist im Grundsatz Verhaltenshaftung."

1. Ihre Abgrenzung im System des Haftungsrechts

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verwendete Systematik mit ihren beiden Hauptgruppen, der "Haftung fur menschliches Verhalten 3 " und der "Sachhaftung" 4 oder "Haftung fur Sachen". 5 Wegen der Definition von "Sache" bedingt die Negierung der Zuordenbarkeit zur einen Gruppe bereits die zwingende Einordnung in die andere Gruppe. Damit entscheidet sich schon bei der Einteilung des Falles anhand der sich aus seinem Sachverhalt ergebenden Schadensursache, welchen Weg der rechtlichen Zuordnung man wählen muß, um (allenfalls) zu einer Hafitpfliehtbegrûndung zu gelangen (oder um deren Unmöglichkeit festzustellen). Dieses geschlossene System der Schadensursachen bedeutet nicht, daß es auch ein geschlossenes System der Schadenszurechnung in dem Sinne gibt, daß in allen Fällen eine vom Geschädigten verschiedene Person haftpflichtig wird. Die Frage, ob ein anderer als der Geschädigte selbst den Schaden tragen muß, ist also noch nicht entschieden; die Einteilung der Schadensursachen bestimmt nur, wie allenfalls die Schadenszurechnung zu erfolgen hat. Daß es überhaupt zwei verschiedene (Haupt-)Wege der Schadenszurechnung geben muß, bedingt die dieser Unterteilung zugrundeliegende Prämisse,

3 Im folgenden auch kurz: "Verhaltenshaftung" (vgl. Deutsch in der vorigen Fn.). Der Begriff "menschliches Verhalten" umfaßt sowohl aktives Tun als auch Unterlassen. (Siehe dazu auch die Ausführungen Münzbergs, Verhalten, 21 ff., die die hier getroffene Begriffs wähl unterstützten. Vgl. auch die Nachweise bei Deutsch, Haftungsrecht I, 120 [in Fn. 1].) Nur dort, wo tatsächlich Unterschiede in der Bewertung von aktivem Tun und Unterlassen aufzuzeigen sind, wird im weiteren auch in der Terminologie darauf Rücksicht genommen werden, ansonsten wird allgemein der Begriff "Verhalten" verwendet werden. Weiters soll der hier verwendete Begriff des "Verhaltens" nicht auf willensgesteuertes Verhalten beschränkt sein (vgl. dazu auch Münzberg, Verhalten, 191 ff.). Anders Deutsch, Haftungsrecht I, 120 ff. (121 f.). Eine Notwendigkeit, den Verhaltensbegriff von vornherein durch eine Beschränkung auf willensgesteuertes Verhalten einzugrenzen, kann nicht gesehen werden. Dadurch würde nur ein Teil der Schadensfalle aus dem System des Haftungsrechts hinausfallen, ein Nachteil, der nicht durch das Argument aufgewogen wird, es gebe ohnedies keine Haftung aus unwillkürlicher Schadensstiftung: Daß die Schadensverursachung durch willenswnabhängiges Verhalten auch dem Recht der Haftung für Verhalten unterliegt, heißt ja noch nicht, daß mit dessen Regeln auch tatsächlich eine Haftung begründet werden kann. Es könnte eingewandt werden, es gebe kein "Verhalten" außer dem menschlichen. Die begriffliche Betonung des Menschen soll aber lediglich dessen Einfluß bei der Schadensverursachung unterstreichen, um eine bessere Abgrenzung zum Einfluß einer Sache (bei der Sachhaftung) zu erreichen. 4 Zu diesem Begriff oben 1.2 am Ende (Fn. 18). 5 Vgl. zur hier getroffenen Einteilung die im Abschnitt "Torts" der IECL vorgenommene Kapitelabgrenzung "Liability for One's Own Act" (IECL X I , ch. 2) und "Liability for Damage Caused by Things" (IECL XI, ch. 5). Dazu auch H. Mazeauds Unterscheidung von "fait de l'homme" und "fait de la chose" im französischen Recht (oben S. 22 bei Fn. 22), der jedoch nur die grundsätzliche Trennung vornahm, ohne auf einen Trennungsmechanismus einzugehen. 8 Koch

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V. Die Sachhaftung

daß eine Haftungsanknüpfiing an ein menschliches Verhalten, sei es eigenes oder fremdes, anderen Regeln zu folgen hat als die Haftpflichtbegründung anhand von Sachzugehörigkeiten, was allein schon durch die Art der rechtlichen oder tatsächlichen Beziehung zwischen Schadensursache und Haftpflichtigem bedingt ist. Somit entscheidet die von der Verursacherfrage bestimmte Einordnung eines Falles in eine der beiden Hauptgruppen, nach welchen Regeln die eigentliche Zurechnung zu erfolgen hat - nach denen der Haftung für menschliches Verhalten oder nach denen der Sachhaftung. Zu den Untergruppen dieser Einteilung gelangt man, wenn man die Verursacherfrage mit der nach der Person des möglichen Haftpflichtigen verknüpft. Dazu ist festzuhalten, daß der Verursacher nicht identisch sein muß mit der Person des Haftpflichtigen. Dies gilt insbesondere für die Sachhaftung, da nur Menschen haftpflichtig werden können6, während auch Sachen haftpflichtAegriindend sein können. Somit ist bei der eigentlichen Normierung der Haftpflicht die bei der Verursacherfrage vorgenommene Trennung in Mensch und Sache wieder aufzuheben. Der Hauptgruppe der "Haftung für menschliches Verhalten" seien die Untergruppen "Haftung für eigenes Verhalten" und "Haftung für fremdes Verhalten" zugeordnet. Abgesehen davon, daß sich diese beiden Gruppen klar abgrenzen lassen, spricht für diese Unterteilung zudem, daß für ein fremdes Verhalten immer nur dann gehaftet werden soll, wenn dieser "Fremde" selbst einen Haftpflichttatbestand erfüllt hat. 7 Bei der rechtssystematischen Betrachtung8 eines Falles ist daher zuerst das Verhalten des Fremden nach den Regeln der Haftung für (dessen) eigenes Verhalten zu prüfen; als zweite Frage stellt sich die nach einem Dritten, der dann für fremdes Verhalten haften soll. Die Hauptgruppe der "Haftung für Sachen" wird analog in die Untergruppen "Haftung des Halters" und "Haftung eines Dritten" (im Sinne von "Haftung eines Nicht-Halters") 9 eingeteilt. Die Person des Halters steht im Mittelpunkt der Unterteilung; damit ist die Grenzlinie nicht so scharf zu ziehen wie bei der Verhaltenshaftung. 10 Vor allem wird dem Nicht-Halter der 6 Alternativ könnte man Fonds- oder Versicherungslösungen in Erwägung ziehen, denen aber (zumindest in der Theorie) nur eine Verbindung der individuellen möglichen Haftpflichtigen zugrundeliegt, womit sie ebenso am Menschen anknüpfen. Inwieweit man jedoch diese formale Sicht angesichts der sich immer mehr verselbständigenden Vermögensmassen aufrechterhalten kann, sei hier nicht weiter verfolgt. 7 Für den Fall der Gehilfenhaftung dazu oben III.3.b.aa (bei Fn. 37, S. 55). 8 Eine prozessuale Behandlung eines Falles hat natürlich formal vom Beklagten auszugehen, der zumeist Geschäftsherr ist. 9 Dazu gehören die Fälle der Produkthaftung; vgl. auch unten Fn. 121. 10 Zum Halterbegriff unten V.3.

1. Ihre Abgrenzung im System des Haftungsrechts

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Schaden unabhängig von einer allfälligen Haftpflicht des Halters zugerechnet, da beide für die Sache nach eigenständigen wertenden Kriterien haften. Bei der Falluntersuchung in der Praxis muß jedoch eine Einschränkung gemacht werden. Da es in erster Linie darum geht, die Möglichkeit einer Haftpflichtbegründung und damit der Schadensüberwälzung zu prüfen, sollten nur jene potentiellen Verursacher in die Untersuchung aufgenommen werden, über die eine solche Haftungsbegründung auch möglich ist. Daher sind Naturgewalten und res nullius, für die niemand zur Haftung herangezogen werden kann, bei der Kausalitätsprüfung zunächst zu ignorieren (obwohl auch deren Ursächlichkeit nach der Sachhaftung zu beurteilen wäre); die Prüfung ihres Einflusses auf die Schadensentstehung ist erst dann geboten, wenn der Sachverhalt Anzeichen dafür enthält, daß dieser Einfluß so dominant war, daß die für die übrigen Ursachen möglicherweise Haftpflichtigen allenfalls entlastet werden. 11 Wie der für diese Arbeit gewählte Titel "Sachhaftung" schon erahnen läßt, stehen bei dieser Arbeit jene Fälle der Schadenszurechnung im Mittelpunkt, die der zweiten Hauptgruppe zuzuordnen sind. Während die Einteilung in die beiden Hauptgruppen objektiven Kriterien folgt, ist die Abgrenzung der jeweiligen Untergruppen geprägt von subjektiven Elementen, von Wertungen des Haftpflichtrechts. Ob jemand für sein eigenes Tun oder Unterlassen haften soll, oder ob er jene Schäden tragen soll, die eine dritte Person durch ihr Verhalten verursacht hat, unterliegt genauso jeweils anderen Wertentscheidungen wie die Definition des Halters und die Frage, ob neben oder außer ihm eine dritte Person für die Sache haftpflichtig gemacht werden kann. Diese These ist wohl bereits in ihrer programmatischen Formulierung einsehbar. Da der Schwerpunkt dieser Arbeit auf der Abgrenzung der beiden Hauptgruppen liegt, wird nur eine Untergruppe, jene der "Haftung des Halters", weiterverfolgt, anhand derer versucht werden soll, die Umsetzbarkeit des SystemModells in die Praxis aufzuzeigen.

(b) Schadensverursachung "durch eine Sache" Daß die Frage, wann ein Schaden durch eine Sache verursacht wurde, das zentrale Problem der Systematik ist, und daß jene wiederum sich in Beantwortung dieser Frage bewähren muß, wurde in der vorhergehenden défini torischen Darstellung der Grundlinien des Systems übergangen, zeigt sich aber bei der Detailbehandlung der Sachhaftung umso klarer. Wie kann etwa eine Maschine (unzweifelhaft eine Sache) einen Schaden verursachen, ohne zuvor π Vgl. dazu unten V.2.b.dd. (S. 144 ff.). 8'

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V. Die Sachhaftung

von Menschenhand eingeschaltet worden zu sein? Daß auch in diesem Fall grundsätzlich die Regeln der Sachhaftung greifen sollen, sei dabei vorweggenommen. Wie ist das menschliche Verhalten in der Kausalkette12 "Einschalten der Maschine - Vorgänge in der Maschine - Schadensentstehung" zu bewerten? Verdrängt die Tatsache, daß auch menschliches Verhalten "kausal" war fur die Schadensverursachung, und sei es noch so weit auf der Kausalkette von der eigentlichen Schadensentstehung entfernt, in jedem Fall die "Haftung für Sachen"? Dabei handelt es sich offensichtlich um Fragen nach einer Wertung, wobei eine auf der Tatsachenebene nach den Naturgesetzen geprüfte Verursachung bereits als gegeben angenommen wird. Grundvoraussetzung einer Einzelfallprüfung nach den Regeln der Haftung für Sachen ist hingegen nur, daß diese Sache für den Schaden ursächlich im Sinne der Äquivalenztheorie war. Schon dieser Test allein rechtfertigt eine Einordnung der Haftpflichtprüfung in die Gruppe der Sachhaftung. Eine Untersuchung des Einzelfalles endet jedoch schnell, wenn der Kausalzusammenhang13 zwischen Sache und Schaden normativ als zu schwach gesehen wird, um eine Haftungsbegründung zu rechtfertigen. Doch selbst wenn dies festzustellen ist, bleibt es dabei, daß diese wertende Prüfung des Sacheinflusses der Gruppe "Haftung für Sachen" zuzuordnen war. Obwohl somit die Zuordnung eines Falles zur Sachhaftung verhältnismäßig einfach ist, indem ein festgestellter Verursacher nur als Mensch oder Sache identifiziert werden muß, ist dadurch allein das Problem der Schadenszurechnung noch nicht gelöst: Zunächst ist zu klären, ob die für diese Einordnung allein nötige äquivalente Kausalität auch im Verhältnis zu anderen Kausaleinflüssen als stark genug zu werten ist, um eine Haftpflichtbegründung zu rechtfertigen. Diese also auch bei der Sachhaftung entscheidende Beurteilung des Kausalzusammenhanges ist im folgenden zu untersuchen. Gehen wir dazu von zwei Grundfällen aus, bei denen die Einordnung noch nicht problematisch ist: Im ersten Fall wird eine Person verletzt, indem ihr eine andere Person mit der bloßen Hand einen Schlag versetzt. Im zweiten Fall löst sich ohne Fremdeinwirkung aus einer Felswand ein Stein, fällt auf einen Vorbeigehenden und verletzt ihn ebenso.

12 Zu diesem Begriff unten S. 136. 13 Hier wird im folgenden nur von "Kausalzusammenhang" oder "adäquatem Kausalzusammenhang" gesprochen, wobei jeweils nicht die nur naturwissenschaftliche, sondern bereits eine wertend beurteilte Kausalität gemeint sein soll. Es erschien trotz der bekannten Diskussionen gerade um die Adäquanztheorie müßig, dafür einen (weiteren) neuen Terminus einzuführen, solange geklärt ist, worum es sich handeln soll.

1. Ihre Abgrenzung im System des Haftungsrechts

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Fall 1 kann eindeutig der Gruppe "Menschliches Verhalten" zugeordnet werden, Fall 2 der Gruppe "Sachen". Im ersten Fall war in keiner Phase der Schadensentstehung eine Sache beteiligt, im zweiten Fall löste sich der Felsbrocken beispielsweise durch die Sprengkraft von Eis, das sich in einem dahinterliegenden Spalt gebildet hatte, also war hier keinerlei menschlicher Einfluß festzustellen. 14 Wie ist es aber, wenn der Schläger aus Fall 1 sein Opfer nicht mit der bloßen Hand, sondern mit einem Stock verletzt? Ist hier der Schaden nicht durch eine Sache verursacht? Denn schließlich folgt die Verletzung einem "Kontakt" nur von Schlagstock, also Sache, mit Geschlagenem. Und wenn sich der Stein aus der Felswand des zweiten Falles nicht durch Naturgewalt löst, sondern durch die Gewalt einer Sprengung, die im Felsen von Menschen vorgenommen wurde? Ist nunmehr menschliches Verhalten die zu verfolgende Schadensursache und nicht mehr die Sache Stein? Oder ist es nach wie vor letztere? Denn der Schaden wurde nicht unmittelbar durch das Niederdrücken des Hebels am Sprengsatz-Zünder verursacht, sondern durch das Aufschlagen des Steins am Körper des Verletzten. In beiden variierten Fällen muß die Entscheidung lauten, daß die Schadenszurechnung am menschlichen Verhalten anknüpfen muß. Der Schlagstock war bloßes Werkzeug des Schlägers und hätte, ohne daß sich dessen Kraft im Niederschwingen durch den Stock übertragen hätte, somit im Ruhezustand, niemals den Schaden verursacht. Auch im abgeänderten zweiten Fall erscheint es als klar, daß einzig das Auslösen der Sprengung den Felsbrocken aus seinem natürlichen Zusammenhang löste (soweit die Sachverhaltsannahme) und damit gleichfalls menschliches Verhalten Auslöser der Schadensentstehungskette war. Doch gerade letztere Überlegung führt uns wiederum zur Frage, wie weit menschliches Verhalten in einer Kette schadenskausaler Ereignisse von der unmittelbaren Schadensverursachung entfernt sein darf, um noch als "Auslöser" der Kette gewertet zu werden, der die (äquivalente) Ursache Sache bei der Schadenszurechnung verdrängt. Zumindest in den für das Haftungsrecht relevanten Fällen ist somit entscheidend, ob einem menschlichen Verhalten, das der unmittelbaren Schadensverursachung durch eine Sache zeitlich und konditional voranging, so starker Einfluß bei der Schadensverursachung beigemessen werden kann, daß dieser Kausalzusammenhang allein eine Fortführung der Schadenszurechnung (unter künftiger Vernachlässigung der Sache

14 In Fortsetzung des oben S. 115 Gesagten würde eine Haftpflichtprüfting bereits an dieser Stelle abgebrochen, weil von vornherein klar ist, daß der einzige für eine Haftung in Frage kommende Schadensverursacher, die Naturgewalt, niemals zu einem Haftpflichtigen wird führen können.

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V. Die Sachhaftung

als Ursache) rechtfertigt, oder ob der Einfluß einer Sache, die in der Ursachenkette zwischen letztem menschlichem Verhalten und tatsächlicher Schadensentstehung "zwischengeschaltet" war, im Verhältnis zum Einfluß dieses Verhaltens derart überwiegt, daß eine Haftpflichtbegründung an ihr selbst anzuknüpfen ist. Verursacht ein Mensch willentlich einen Schaden, so fällt die Entscheidung, ihn für diesen Schaden haftbar zu machen, leichter, als wenn er haftpflichtig werden soll, weil eine Sache "selbständig" seiner Kontrolle entglitten ist und, solcherart von ihm unkontrolliert, Schäden angerichtet hat. Somit wird wohl - soferne diese Möglichkeit offensteht - immer zuerst eine Haftungsanknüpfung an menschliches Verhalten versucht werden, da die Identität von Schadensverursacher und möglichem Haftpflichtigem eine Haftpflichtbegründung wertungsmäßig erleichtert. Daraus resultiert eine quantitative Vorrangstellung der in der Gruppe "Haftung für menschliches Verhalten" zu behandelnden Fälle. 15 (Ob es auch zu einer Haftpflichtbegründung kommt, ist damit allerdings noch nicht entschieden.) Denn in fast allen haftungsrechtlich relevanten Fällen ist irgendwo auf der Kette der schadenskausalen Ereignisse menschliches Verhalten eingereiht, und sei es der Produzent, der die Sache erzeugte, oder der Mensch, der die Sache nutzt oder in Betrieb setzt. 16 Aus der Erkenntnis der gegebenen "Vorrangstellung" menschlichen Verhaltens folgt, daß weniger die Eigenschaften von menschlichem Verhalten zu ermitteln sind, die die in der Kausalkette nachfolgenden Sachen und das durch sie unmittelbar Verursachte bei der Bewertung verdrängen, sondern vielmehr umgekehrt jene Merkmale zu definieren sind, nach denen die Schadensverursachung durch eine solche Sache als eigenständiger (also von menschlichem Verhalten unabhängiger) Anknüpfungspunkt einer Haftpflichtbegründung beurteilt werden kann. Die bloße Umkehrung der Kriterien menschlichen Verhaltens genügt nicht, vielmehr müssen eigenständige Merkmale zur Bewertung des Kausaleinflusses von Sachen gefunden werden, die eine Entscheidung über die Fortsetzung der Einzelfallprüfung nach den Regeln der Sachhaftung ermöglichen. Nur so wird verhindert, daß die Sachhaftung zu einem 15 Vgl. dazu auch Michaelis, Beiträge, 50: "Denn die Vorstellung, als liege bei den Anwendungsfallen der Gefahrdungshaftung kein menschliches Verschulden vor, ist für die überwiegende Mehrzahl der Fälle unzutreffend." 1 6 Vgl. Will (Quellen, 277), der ebenso feststellt, "daß - von Naturvorgängen abgesehen - kaum ein Gegenstand Schaden stiftet, der nicht einer menschlichen Aktivität zuzuordnen wäre und umgekehrt kaum eine menschliche Aktivität Schaden stiftet, ohne daß irgendein Gegenstand beteiligt wäre." Das bestehende Abgrenzungsproblem löst er (?), indem er beides - Sache und Tätigkeit - unter einen "umfassenden höheren Begriff' (279) zusammenfaßt und für menschliche Aktivität (wohl neben den allgemeinen Haftungsregeln) die Sonderklasse "gefährliche Tätigkeit" schafft.

1. Ihre Abgrenzung im System des Haftungsrechts

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bloßen Auffangtatbestand fur solche Fälle degradiert, die mit den Regeln der Verhaltenshaftung nicht zu lösen sind. Um jedoch zu vermeiden, daß diese Merkmale in Beziehung gesetzt werden mit dem Gefahrlichkeitsbegriff, sei betont, daß es sich nicht um allgegenwärtige und daher ex ante zu beurteilende Charakteristika der Sache selbst handelt, die gesucht werden. Vielmehr geht es darum, eine einheitliche Rollendefinition der Sache im Schadensentstehungsprozeß zu finden, wobei im Einzelfall erst ex post geprüft werden kann, ob die Sache dieser Rolle entsprach. Es soll somit durch dieses Merkmal nicht die Sache beurteilt werden, sondern die Verursachung durch diese Sache. Die angesprochene Eigenschaft der Schadensverursachung durch eine Sache wird hier mit dem Sammelbegriff "Eigendynamik"17 bezeichnet. Die Sachhaftung soll somit nur dann greifen, wenn die Sache "von sich aus", eben eigendynamisch, jene Vorgänge initiiert hat, die letztendlich zur Schadensentstehung führten, ohne daß menschliches Verhalten der Sache als Kausalfaktor vorging und dadurch ihren Einfluß als Haftungsanknüpfungsgrund verdrängt. Das gleiche Kriterium soll helfen, aus zwei in der Kausalkette aufeinanderfolgenden Sachen jene herauszufinden, über die eine Schadensüberwälzung geprüft werden soll. Dieser noch plakative Begriff der "Eigendynamik" ist im folgenden auszuführen.

(c) Die Eigendynamik der Sache bei Schadensentstehung (aa) Definition Für eine Sache soll nur dann gehaftet werden, wenn sie, ohne einer menschlichen oder sonstigen Einwirkung zu folgen, jene Umstände bewirkte, die unmittelbar den Schaden entstehen ließen. Dazu muß an oder in ihr eine Zustandsveränderung eingetreten sein, die nicht als bloße Reaktion auf eine menschliche Einwirkung oder andere Außeneinflüsse zu qualifizieren ist. "Reaktion" auf eine Außeneinwirkung ist es in diesem Sinne nur dann, wenn die Zustandsveränderung als Folge dieser Einwirkung objektiv vorhersehbar war. Die Eigendynamik ist damit negativ definiert als unabhängige "Nicht-Reaktion" der Sache. Positives Abgrenzungsmerkmal ist das (zusätzliche) Erfor-

17 Zur Abgrenzung auch der (anders konzipierte) Begriff "dynamisme propre", der in der französischen Diskussion kurze Zeit verwendet wurde (oben S. 25 f.).

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demis einer Zustandsveränderung der Sache; der bloße Ist-Zustand der Sache kann als solcher nicht haftungsbegründend sein. 18 Eine Veränderung muß aber nicht im Aggregatzustand der Sache eintreten; es genügt etwa eine räumliche Verlagerung der Sache. Andererseits ist eine Bewegung, in welcher Form auch immer, nicht unbedingt erforderlich. 19

(bb) Erste Abgrenzungsbeispiele

Der Schlag mit einem Stock ist sowohl aus der "Sicht" der Sache als auch aus der des Schlagenden eine bloße Reaktion ohne davon unabhängiger Zustandsveränderung. Die Verletzung (oder wenigstens das Treffen) des Geschlagenen ist, soweit ein Stock an der Schadensentstehung beteiligt war, als Ergebnis der Einwirkung des Schlägers auf den Stock objektiv vorherzusehen; es ist nicht denkbar, daß ein Stock von alleine physische Kraft aufnimmt und diese entlädt. 20 Fällt er auf das Opfer aus einer höheren Position, wohin er gelegt worden war, herunter, und ist dieser Übergang vom Ruhezustand in den freien Fall auch nicht denkbar, ohne daß der Schwerpunkt des Stockes beim Ablegen falsch piaziert wurde, so bedingte (wiederum) ein menschliches Verhalten bereits durch die Festlegung des ursprünglichen Ruhezustandes der Sache die Zustandsveränderung (das Fallen). Schüttet ein Chemiker Salzsäure über die Hand seines Gphilfen, so sind dessen Verätzungen unmittelbar Folge der (ständigen) Eigenschaft von HCl. Wegen dieser Eigenschaft allein kann keine Sachhaftung begründet werden; die durch das Schütten herbeigeführte Zustandsveränderung ist eindeutig bloße Reaktion auf die Unvorsichtigkeit (oder Absicht) des Chemikers. Verschüttet der Chemiker die Salzsäure nicht, sondern mischt er sie erfolgreich mit Natronlauge, so entsteht (auch) Wasser(dampf), selbst wenn der Chemiker nur Kochsalz erzeugen wollte. Dennoch muß er dieses "Nebenprodukt" Wasser von vornherein in Kauf nehmen, denn seine Handlung bewirkt aus chemischen Gründen (auf die er keinen Einfluß hat) auch die (somit nicht eigendynamische) Entstehung von H2O. Reaktion sind aber nicht nur die jeweils ersten Ergebnisse menschlicher Einwirkung, sondern auch weitere Abläufe, die durch die ursprüngliche Reaktion ihrerseits bedingt werden. Diese Folgereaktionen des menschlichen Ver18 Sehr wohl aber das Verhalten etwa des Produzenten, der eine Sache herstellt, die durch ihren bloßen Bestand schädigt. 1 9 Vgl. dagegen oben die französische Diskussion zur "rôle actif' einerseits (Il.l.b.aa) und zum "dynamisme propre" andererseits (Il.l.b.bb, S. 25 f.). 20 So auch im Ergebnis Tunc fur seine Sicht der französischen Sachhalterhaftung; vgl. oben S. 28 (bei Fn. 51).

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haltens müssen lediglich ebenso (objektiv) vorhersehbar gewesen sein. Stellt jemand zum Beispiel eine Reihe von Dominosteinen hintereinander auf und stößt dann das erste Steinchen um, so will er nicht nur dieses erste fallen sehen, sondern auch das letzte in der Reihe. Keines der Steinchen fallt eigendynamisch, vom ersten bis zum letzten Umkippen handelt es sich um bloße Reaktion der Dominosteinchen auf die menschliche Einwirkung (das Antippen des ersten Steinchens). Haftungsrechtlich eher relevantes Beispiel ist das Einschalten einer strombetriebenen Maschine. Ziel der menschlichen Handlung ist nicht bloß das Schliessen des Stromkreises durch Umlegen des Schalters, sondern das Anlaufen des Motors und das Erbringen jener Leistung, für die die Maschine eingesetzt ist. Vom Betatigen des Schalters bis zur Vollendung der Leistung ist jeder Ablauf in der Sache Maschine Reaktion und nicht eigendynamische Zustandsveränderung, da der Erbauer der Maschine sich gerade das Erbringen der Leistung mit minimalem menschlichem Krafteinsatz zum Ziel gesetzt hat, und der Nutzer der Maschine nicht nur den Stromkreis schließen will, um den Energieverbrauch zu erhöhen, sondern ausschließlich die Leistung der Maschine im Auge hat, während er den Schalter betätigt. Die Abläufe in der Maschine werden gleichsam als "notwendiges Übel" akzeptiert. Reaktion in diesem Sinne ist es auch, wenn durch einen defekten Schwimmerschalter Heizdrähte in einer Reinigungsanlage nicht rechtzeitig abgeschaltet werden, sodaß diese Drähte sich überhitzen und das in der Anlage befindliche Schmutzöl in Brand gerät. 21 Wird ein funktionsuntüchtiger Schalter (sei er nun defekt oder "bloß" für die Anlage zu schwach) in eine solche Anlage eingebaut, hat dies objektiv vorhersehbar zur Folge, daß sich diese Anlage bei Freilegen der Heizdrähte nicht, wie geplant, abschaltet. Das Versagen der Abschaltautomatik bewirkt genau das, was durch diesen Schaltermechanismus hätte verhindert werden sollen: Die Heizdrähte heizen sich auf; durch die entstehende Hitze gerät das Öl in Brand. Die Zustandsveränderung des Öls war Reaktion auf die Überhitzung, diese war Reaktion auf das Versagen des Schalters, das Versagen des Schalters war objektiv vorhersehbare Folge der Inbetriebnahme der Anlage, somit war auch das Endergebnis Brand bloße Reaktion der Anlage auf dieses Verhalten. 22 21 Dieser Sachverhalt ist, wie sicher erkannt, dem Schwimmerschalter-Fall entnommen (BGH 24. 11. 1976 BGHZ 67, 359 = NJW 1977, 379). 22 Ob für diese Verhalten auch zu haften ist, wird dadurch aber noch nicht beantwortet. Wußte der Anlagenbetreiber von dem Defekt nichts (und konnte er es auch nicht wissen, obwohl er alle nötigen Kontrollen durchgeführt hatte), scheidet eine subjektive Schadenszurechnung für sein Verhalten aus. Zu beurteilen ist aber auch das Verhalten des Herstellers der Anlage, für den der Ablauf vorhersehbar war (ob zurechenbar, bleibt zu prüfen, vgl. dazu etwa die Ausführungen des BGH im Ausgangs fall, zit. in obiger Fn.). Daneben bleibt zu beurteüen, ob die Funktionsun-

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Eine Eigendynamik entwickelt die Maschine erst, wenn sie zum Beispiel durch Abnutzungserscheinungen in ihrem Getriebe Leistungen erbringt, die fur ihren Erbauer (in objektivem Sinne) nicht vorhersehbar waren. Schmort eine Isolierung im Kabelnetz durch und kommt es zu einem Kurzschluß, so war dies zwar Folge des Einschaltens der Maschine (denn ohne Strom wäre nichts passiert), nicht jedoch "Reaktion" der Sache im hier verwendeten Sinne. Vielmehr hat sich die Maschine verselbständigt und (um bei dieser personalen Sicht der Sache zu bleiben) aus der Kette der "normalen" internen Abläufe gelöst. Dennoch kommt es bei den tatsächlichen "bloßen" Reaktionen der Sache nicht auf eine zeitlich unmittelbare Abfolge oder, bei Dauereinwirkungen, auf einen ununterbrochenen Einfluß auf die Sache an. Auch nur gelegentliche Zustandsveränderungen der Sache können noch als Reaktion auf die menschliche Einwirkung gerechnet werden, insbesondere wenn die Tatsache ihres Eintretens sicher ist, ebenso die Art der Zustandsveränderung und vor allem deren Zeitpunkt. Bei letzterem kommt es jedoch nicht auf datumsmäßige Bestimmtheit an; so genügt es etwa, wenn das periodisch wiederkehrende Auftreten jener Außeneinwirkungen, die die Zustandsveränderung auslösen, vorhergesehen werden kann. Praktisches Beispiel für diese komplizierte Umschreibung sind Veränderungen der Sache aufgrund von jahreszeitlich bedingten Temperaturschwankungen. Ist bekannt, daß die Wasserleitungen in einem Abflußsystem regelmäßig jeden Winter gefrieren, sobald die Außentemperatur unter einen bestimmten Wert absinkt, so kann dies bereits bei Inbetriebnahme der Anlage vorhergesehen werden. Insofern sind allfällige Schäden, die durch das in den Leitungen gefrierende Wasser entstehen, nicht eigendynamisch verursacht, da es eine "normale", das heißt, naturgesetzlich bestimmte Reaktion von Wasser ist, zu gefrieren, sobald es einer dem Nullpunkt nahen Außentemperatur ausgesetzt wird. Geschieht dies, indem der Anlagenbetreiber das Abwasser in die bekanntermaßen zu kalte Leitung einfließen läßt (oder dies bei Dauerbetrieb der Abflußanlage nicht verhindert, sobald etwa die durchschnittliche Außentemperatur aufgrund jahreszeitlicher Erfahrung dem Gefrierpunkt von Wasser nahe kommt), können das Gefrieren des Wassers und die daraus entstehenden Schäden nur als Folge dieses Tuns oder Unterlassens gewertet werden und sind dem zur Überwachung der Anlage Verpflichteten direkt als Handelndem zurechenbar. Anders wäre dies, wenn ein ganz außergewöhnlicher (und als solcher objektiv nicht vorhersehbarer) Temperatursturz einträte 23.

tüchtigkeit des Schalters (also nicht der gesamten Anlage) Folge von dessen eigendynamischer Zustandsveränderung war, an das eine Haftpflicht zu knüpfen sein könnte. 23 Vgl. dazu auch unten zur "höheren Gewalt" V.2.b.dd.

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(cc) Die Vorhersehbarkeit der Zustandsveränderung

Bereits in der Definition und in den obigen Beispielen wurde darauf hingewiesen, daß eine Sache sich nur dann eigendynamisch verändert hat, wenn diese Veränderung nicht als Reaktion auf einen Außeneinfluß objektiv vorhersehbar war. Das Kriterium der Vorhersehbarkeit verhilft dabei zur Feststellung, ob die Sache auf eine menschliche oder andere Einwirkung reagiert hat, und ist somit Element des Ausnahmetatbestandes "Reaktion". Festzuhalten ist zunächst, daß sich der bisher im (Gefährdungs-)Haftungsrecht verwendete Begriff der "Vorhersehbarkeit" nicht mit dem hier verwendeten Wortsinn deckt. Während früher von der Vorhersehbarkeit von a n f ä l l i gen Schäden gesprochen wurde, interessiert hier nur die konkrete Zustandsveränderung der Sache (unabhängig davon, ob sie - wie im zu beurteilenden Sachverhalt - tatsächlich schadenskausal geworden ist oder nicht): Wird ein Passant durch einen Metallsplitter im Auge verletzt, der sich während Straßenarbeiten von einer Spitzhacke gelöst hat, so ist das Absplittern von Metall zwar Folge der Verwendung dieser Hacke im naturwissenschaftlichen Sinne, nicht jedoch vorhersehbare "Reaktion", weil die Ablösung eines Metallsplitters von einer Spitzhacke "ein ganz ungewöhnlicher, in den Fachkreisen noch niemals beobachteter und daher auch vom Beklagten nicht voraussehbarer Vorgang" ist. 2 4 Insofern ist die Inkonsistenz des Hackenkopfes und das dadurch ermöglichte Nachgeben des Metalls eine Zustandsveränderung der Sache, die als eigendynamisch zu bezeichnen ist. Es ist fur die Beurteilung der Sachhaftung irrelevant, "daß bei Benutzung einer Spitzhacke in aller Regel für einen gewissen Umkreis mit umherfliegenden Splittern gleich 24 Hier handelt es sich um einen Fall, der dem BGH vorlag (21. 2. 1961 VersR 1961, 465). Das wörtliche Zitat stammt aus dem Revisions vorbringen, das in diesem Punkte nicht bezweifelt wurde. Das Urteil mag in seiner Begründung verwundern, wird dabei doch die Adäquanz des Kausalzusammenhanges als Voraussetzung der Haftung ignoriert. (Vgl. dazu Stoll y FS Dölle I, 394 f.). Abzulehnen ist die Argumentation des BGH, daß zwar eine Verletzung durch einen Splitter von der Hacke "nach den Naturgesetzen ungewöhnlich" sei, im Baustellenbereich aber auch mit umherfliegenden Steinsplittern zu rechnen gewesen sei, die von den mit der Hacke bearbeiteten Steinen stammten, sodaß sich die typische Gefahr einer Hacke verwirklicht habe. Festgestellte (!) Tatsache war aber, daß die verletzte Klägerin eben nicht von einem Stein-, sondern von einem Stahlsplitter im Auge getroffen worden war. (Vgl. dagegen BGH 15. 4. 1975 VersR 1975, 812.) Die Haftung des Bauunternehmers wurde aber auch (und dies zurecht) damit begründet, daß er nicht für eine ausreichende Absperrung des allgemeinen Gefahrenbereiches Baustelle gesorgt habe. {Nur insoweit paßt dazu die soeben kritisierte Argumentation.) Im Ergebnis kommt es jedoch auch nach dem hier vertretenen Konzept einer Sachhaftung zu einer Haftung des Unternehmers, der auch als Halter der Spitzhacke zu betrachten ist. Anzufügen ist zum Zitat noch, daß das Absplittern in diesem Falle nicht nur subjektiv (wie im Wortlaut des Zitats), sondern auch objektiv (wie hier vorausgesetzt) unvorhersehbar war.

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welcher Entstehungsart und Beschaffenheit zu rechnen ist" 25 , sodaß der eingetretene Schaden als vorhersehbar zu qualifizieren wäre. Nun mag man sich fragen, warum es überhaupt auf "Vorhersehbarkeit" ankommt, statt daß allein die konditionale Verknüpfung von Einwirkung und Zustandsveränderung der Sache rückblickend konstatiert wird. Doch damit würde man zwar allenfalls feststellen können, daß die Zustandsveränderung eine Reaktion auf die Einwirkung war, dies allein kann zum Ausschluß der Sachhaftung aber nicht genügen: So ist Tierverhalten in Panik oftmals eine Reaktion auf ein Außenereignis, die aber nicht vorhergesehen werden kann; dies darf dann die Haftung des Tierhalters nicht ausschließen. Damit bleiben auch jene Fälle von einer Sachhaftung erfaßt, in denen die Sache eine "Uberreaktion" zeigt, ihre Zustandsveränderung zunächst also erwartungsgemäß verläuft, dann jedoch eine unvorhersehbare Entwicklung nimmt: Drückt ein Autofahrer auf das Gaspedal, will er den Wagen beschleunigen; klemmt das Pedal in der Folge, tritt zwar der von ihm gewünschte Effekt ein, jedoch in einem Maße, das von ihm weder erwartet noch erwünscht war. Dazu stellt sich auch die Frage, wie genau die zu beurteilende Zustandsveränderung in diesem Sinne "vorhersehbar" gewesen sein muß. Um das Beispiel der Wasserrohre aus dem Abschnitt I V . 2 6 weiterzuführen: Genügt es, daß das Auftreten von Rohrbrüchen in einem Stadtnetz generell zu erwarten ist, sodaß jeder Rohrbruch als "vorhersehbar" zu qualifizieren ist, oder muß dazu der Rohrbruch an genau jener Stelle zu genau jener Zeit vorhergesehen werden, wie er tatsächlich vorgefallen ist? Eine pauschale Antwort für alle Fallkonstellationen läßt sich, wie zu erwarten, auf diese Frage nicht geben. Die Vorhersehbarkeit einer Zustandsveränderung kann, wie in unserem Beispiel, auf mehreren Ebenen überprüft werden: Zunächst ist die Art der Zustandsveränderung zu überprüfen, weiters deren räumlicher Zusammenhang, sodann der Zeitpunkt ihres Auftretens. An die Vorhersehbarkeit der Art der Zustandsveränderung sind die strengsten Anforderungen zu stellen. Die (im beurteilten Fall schadenskausale) Veränderung der Sache muß zumindest hinsichtlich jener Eigenschaften zu erwarten gewesen sein, die in der Folge bestimmend für die konkrete Schadensverursachung waren. So genügt es nicht, wenn aufgrund der konkreten Umstände 2 7 höchstens eine Dehnung des Leitungsrohres vorhersehbar gewesen wäre, nicht aber ein explosionsartiges Durchbrechen, wenn nur durch ein solches Durchbrechen der (tatsächlich eingetretene) Schaden verursacht werden konnte. Ebensowenig reicht es aus, wenn irgendein Defekt in einer Maschine 25 BGH a. a. O. (S. 466). Vgl. dazu auch die in obiger Fn. geäußerte Kritik. 26 S. 83 f. und 98. 27 Vgl. die Beispiele oben S. 84 (bei Fn. 29).

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zu befurchten war, nicht aber ein Durchschmoren einer Leitung, das zu einem Schwelbrand gefuhrt hat. Andererseits ist das Brechen einer durchgerosteten Gerüststange vorhersehbar, wenn der Rostbefall am Gerüst erkennbar war und an jeder korrodierten Stelle zumindest mit einem angebrochenen Rohr, aber auch mit einem vollständigen Bruch zu rechnen war. An welcher Stelle die Zustandsveränderung erwartet werden muß, um, wenn sie tatsächlich eintritt, als "vorhersehbar" gewertet zu werden, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Es kann etwa nicht genügen, daß in einem Stadtnetz wie dem von Stuttgart mit 1.500 km Leitungen irgendwo mit einem Rohrbruch zu rechnen sein mußte. Anders wäre dies aber, wenn eine Leitung an einer Stelle installiert wird, an der aufgrund der äußeren Umstände mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in Kürze ein Bruch zu erwarten ist. 2 8 Als vorhersehbar ist aber ein Rohrbruch auch dann zu werten, wenn das gesamte Leitungsnetz mit zu hohem Druck betrieben wird, sodaß an jeder Stelle ständig ein Defekt befürchtet werden muß. 2 9 Je weiter ein Verhalten und die untersuchte Reaktion darauf zeitlich auseinanderliegen, desto strenger hat der anzuwendende Maßstab zu sein. Damit erfährt der Begriff der Vorhersehbarkeit eine bedeutende Einschränkung: Es darf nicht genügen, daß die Reaktion als Ergebnis einer Einwirkung irgendwann zu erwarten ist, ohne daß diese Erwartung in zeitlich adäquate Grenzen gefaßt werden kann. Wer heute eine Maschine in Betrieb setzt, weiß sogar mit Bestimmtheit, daß diese eines Tages altersschwach und abgenutzt sein wird. Wann dies sein wird, läßt sich oft nicht einmal in Jahren ausdrücken. Passiert "es" dann tatsächlich - bricht ein ständig beanspruchter Bolzen -, kann dies aus der Perspektive desjenigen, der die Maschine an diesem Tag einschaltete, dennoch "unerwartet" sein, obwohl er irgendwann mit einem solchen Vorgang hätte rechnen müssen. Der Umstand des Brechens ist zwar "vorhersehbar", nicht aber die näheren Umstände, insbesondere nicht die zeitlichen. Eine Reaktion auf die Inbetriebnahme der Maschine ist das Brechen des Bolzens daher nur dann, wenn dieses Ereignis konkreter vorhergesehen wer-

28 Im Einzelfall spielt hier, wie angedeutet, auch der Zeitfaktor eine bestimmende Rolle: Wenn der Rohrbruch innerhalb eines Bruchteils der Lebensdauer eines solchen Rohres zu erwarten ist, so spricht dies eher für Vorhersehbarkeit, als wenn erst im Laufe des kommenden Jahrzehnts bei Hinzutreten besonderer Umstände (etwa bestimmter Witterungsverhältnisse) ein Durchbrechen der Leitung möglich ist. Vgl. dazu nochmals die bereits oben S. 98 in Fn. 91 zit. Untersuchung von Kottmann/ Schmitt, 3R international 1980, 54 ff. 29 Vgl. dazu auch unten zum Zeitpunkt der Beurteilung dieser Minderwertigkeit: Maßgeblich ist, wie noch auszuführen sein wird, der Wissensstand bei der Fallprüfung. Stellt sich also erst im nachhinein bei zunächst nicht möglichen Untersuchungen heraus, daß das verwendete Leitungsmaterial dem Betriebsdruck nicht standhalten konnte, so ist dennoch der Leitungsbruch als Reaktion auf den Hochdruckbetrieb zu qualifizieren.

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V. Die Sachhaftung

den kann, als daß lediglich das "Ob" festzustellen ist. Dies wäre etwa der Fall, wenn die Maschine bereits seit Jahren in Betrieb ist und der Bruch des Bolzens eigentlich schon längst "überfällig" (im Sinne von: für jeden Tag zu erwarten) wäre. Es muß der Beurteilung des Einzelfalles überlassen bleiben, in solchen Fällen Grenzen zu ziehen; als Faustregel mag dienen, daß ein auch zeitlich enger Zusammenhang zwischen menschlicher Einwirkung und Zustandsveränderung eher für das Urteil "Reaktion" spricht, ein in zeitlichen Dimensionen überhaupt nicht greifbarer Zusammenhang eher dagegen.30 Der Begriff der Vorhersehbarkeit deutet bereits darauf hin, daß eine Reaktion wie die im Einzel fall untersuchte mit einem Mindestmaß an Wahrscheinlichkeit erwartet werden muß, damit der die Reaktion auslösende Außeneinfluß in der Bewertung der Kausalabläufe bei der weiteren Schadenszurechnung die Sachveränderung selbst verdrängt. Ähnlich wie beim Beweismaß kann auch diese Wahrscheinlichkeit nicht genau präzisiert werden, schon gar nicht mit Prozentzahlen. Der Wahrscheinlichkeitsgrad für das Prädikat "vorhersehbar" bemißt sich nach der jeweiligen Teilbeurteilung von Art, Ort und Zeit der Reaktion, sodaß für eine Gesamtbeurteilung hier eine Art "Bewegliches System der Vorhersehbarkeit" vorstellbar wäre. 31 War das Auftreten der Reaktion geradezu unwahrscheinlich, wird eine Haftung des Halters jedenfalls nicht ausgeschlossen. Die Wertung einer menschlichen Einwirkung als Reaktion bedingt zwar den Ausschluß der Schadenszurechnung über die Sache, bedeutet aber nicht gleichzeitig eine Haftungsbegründung für das menschliche Verhalten, was unabhängig davon nach den dafür geltenden Regeln zu beurteilen ist. Schon deswegen ist es nicht notwendig, bereits beim Versuch der Schadenszurechnung über die Sache auf einen subjektiven Maßstab abzustellen. Zudem ist festzuhalten, daß auch im Bereich der (derzeitigen) Verschuldenshaftung mit § 276 Abs. 1 S. 2 BGB ein objektiver Fahrlässigkeitsmaßstab gilt, der nicht auf individuelle Fähigkeiten und Kenntnisse des konkreten Schädigers ab-

30 Vgl. Kottmann, GWF-Gas/Erdgas 1971, 479, über das Bruch verhalten von Kunststoffrohren (hier aus Polyäthylen hart) bei 10« C (mittlere Bodentemperatur bei 1 bis 2 m Tiefe): "Bei einer zulässigen Spannung von 50 kp/cm 3 ist ein Bruch erst nach mehr als hundert Jahren zu erwarten; die doppelte Spannung von 100 kp/cm 3 wird dagegen schon nach 12 Jahren zum Bruch führen." Doch auch diese 12 Jahre sind wohl zu lange, um einen während dieser Zeit auftretenden Bruch als "vorhersehbar" zu werten (anders allenfalls, wenn das Rohr schon 20 Jahre verlegt ist, ohne zu platzen, obwohl statistisch gesehen schon längst ein Bruch zu erwarten gewesen wäre). Unterliegt das Rohr hingegen einer Spannung von 150 kp/cm 3 , ist seine Lebensdauer unter den genannten Umständen weniger als 4 Tage (vgl. Bild 13 bei Kottmann a. a. O.); ein Bruch wäre in diesem Fall nur als vorhersehbare Reaktion auf die Inbetriebnahme des Rohres unter diesem Druck zu beurteilen. 31 Vgl. zu diesem Konzept (bezogen auf die Haftung insgesamt) Wilbur g, Elemen-

te; ders., Bewegliches System; ders., AcP 163, 346 ff.

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stellt, sondern auf jene, die "im Verkehr erforderlich" sind. Dies erfaßt aber nicht alle Fälle einer "objektiv vorhersehbaren Reaktion", wie sie aus der Sachhaftung ausgeschieden wurden: Zunächst ist bei der Fahrlässigkeit zu prüfen, welche Kenntnisse im Verkehr tatsächlich erforderlich sind. Während dafür etwa auch die Frage der Zumutbarkeit bestimmter Uberprüfungstätigkeiten eine Rolle spielt 32 , wird die Zustandsveränderung einer Sache infolge menschlichen Verhaltens bereits dann als Reaktion gewertet, wenn diese mit allen technischen und naturwissenschaftlichen Erkenntnismethoden, somit nicht gerade für den konkret Handelnden, vorhersehbar war, wobei dazu das gesamte zum Zeitpunkt der Beurteilung verfügbare Wissen verwertbar ist. Eine derart weite Fassung der "objektiven Vorhersehbarkeit" erscheint geboten, da mit dem Modell der Eigendynamik der Kausalzusammenhang zwischen Schaden und Sache beurteilt werden soll. Dazu werden die Tatsachen des konkreten Sachverhalts mit den gleichen naturwissenschaftlichen Methoden geprüft wie zuvor beim Äquivalenztest. Daß es sich dabei nicht um dessen bloße Wiederholung handelt, bedingt die dieser neuerlichen Untersuchung zugrundezulegende Prämisse, die von der Wertung bestimmt wird, daß der Halter einer Sache nur dann für den durch sie verursachten Schaden haften soll, wenn die Sache sich unabhängig von Außeneinflüssen schadenskausal verändert hat. Daß auf den Wissensstand zum Zeitpunkt der Beurteilung abgestellt wird, stützt sich auf folgende Überlegungen: Die Sachhaftung ist bereits von ihrem Konzept her eine objektive Haftung für Schäden, die von der Sache "allein" verursacht wurden. Läßt sich (wenn auch erst jetzt) ermitteln, daß die Sache zum Schadenszeitpunkt nur auf eine Außeneinwirkung reagiert hat (im hier verwendeten Sinne), so hat sich die Sache eben nicht unabhängig schadenskausal verändert. Ein haftungsbegründender Kausalzusammenhang zwischen Schaden und Sache ist damit zu verneinen. Ob für den auslösenden Außeneinfluß, von wem auch immer, zu haften ist, kann und darf bei der Untersuchung

32 Vgl. etwa den Fall BGH 21. 1. 1965 VersR 1965, 475: Die Kläger wurden durch einen umstürzenden Baum verletzt, der (wie im nachhinein festgestellt wurde) stark vermorscht war. Der BGH bestätigte, daß die Straßenverkehrssicherungspflicht auch die Überprüfung der am Straßenrand befindlichen Bäume umfasse. Im konkreten Fall wäre die Vermorschung des Baumes zwar an einer Wunde am Stammfuß erkennbar gewesen (sodaß das Verkehrssicherungspflichtige Land haftete), der BGH sprach jedoch obiter aus, daß augenscheinlich gesunde Bäume nicht laufend durch Forstbeamte mit Spezialerfahrung zu untersuchen seien, die allein bei gründlicher und fachmännischer Zustandsprüfung innere Schäden erkennen könnten, nicht aber die tatsächlich eingesetzten Strassenwärter. Käme es also in einem solchen Fall zu einem Schaden, so wäre (unter Einhaltung der übrigen Überwachungspflichten) keine Verkehrssicherungspflicht verletzt, dennoch müßte der Umsturz des Baumes als "objektiv vorhersehbar" in unserem Sinne beurteilt werden, da die Vermorschung (eben nur Fachleuten, aber zumindest diesen) erkennbar gewesen wäre.

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V. Die Sachhaftung

der Sachhaftung nicht interessieren. Eine solche Fragestellung würde in letzter Konsequenz zu einem geschlossenen System der Schadensüberwälzung führen, ohne daß dem Geschädigten ein eigener Verantwortungsbereich verbliebe. Dies wäre jedoch abzulehnen. Stellt man bei der Prüfung der Vorhersehbarkeit auf den Zeitpunkt der Beurteilung ab, so verbleibt ein Grenzund damit Problembereich, für den anscheinend niemand haftbar gemacht werden kann: Handelt es sich bei jenem Außeneinfluß, auf den die Sache (wie sich nunmehr herausstellt) bloß reagierte, um ein menschliches Verhalten, so wird für dieses nur dann gehaftet, wenn die Zustandsveränderung als Folge der Einwirkung schon zur Zeit dieses Verhaltens erkennbar war. 3 3 Das Risiko der damaligen Unerkennbarkeit einer letztendlich schadenskausalen Reaktion der Sache auf dieses Verhalten trägt somit der Geschädigte.34 Diesem ist im übrigen wohl in vielen Fällen zu unterstellen, daß er selbst das letztlich schadenskausale Verhalten gebilligt hätte, da er selbst damals nicht dessen Wirkung auf die Sache erkennen hätte können. Der Fortschritt von Wissenschaft und Technik kann daher auch die Beurteilung ein und desselben Vorganges im Laufe der Zeit verändern: So ist im Bereich der Chemotherapie oftmals im vorhinein unbekannt, wie sich bestimmte Substanzen beim Zusammenwirken im menschlichen Organismus verhalten. Erst nach einer statistisch aussagekräftigen Versuchsreihe kann auf eine regelmäßig "vorhersehbare Reaktion" in unserem Sinne geschlossen werden, sodaß anfänglich allein der Sachhaftung unterliegende Fälle aufgrund gewachsener Erfahrung eines Tages nur noch nach den Regeln der Haftung für menschliches Verhalten zu beurteilen sind, weil von nun an eine bisher "eigendynamische" Zustandsveränderung vorhersehbar geworden ist. 35 Wie bereits ausgeführt, hat dieser wissenschaftliche Fortschritt nur in dem Sinne haftungsrechtliche Rückwirkung, als damit in noch nicht beurteilten Schadensfällen die Qualifikation der Eigendynamik nachträglich wegfällt. Die Frage nach der Vorhersehbarkeit stellt sich auch nicht aus der konkreten Perspektive des damaligen Handelnden; vielmehr ist zu untersuchen, ob bei einem Verhalten wie dem seinen unter den entsprechenden Umständen

33 Bereits jetzt wird (zurecht) der Stand von Wissenschaft und Technik zum Zeitpunkt der Schadensverursachung herangezogen, um etwa die dem Hersteller eines Produkts von § 276 BGB gebotene Sorgfalt zu konkretisieren: BGH 17. 3. 1981 BGHZ 80, 186 (193). Vgl. auch § 3 ProdHaftG und Kort, VersR 1989, 1113 ff. 34 Dabei seien spätere Produktbeobachtungspflichten außer acht gelassen; vgl. dazu

nur Thomas in Palandtfl, Rn. 208 zu § 823.

35 Damit vermeidet man auch vorweg jene Probleme, die (neben anderen) der hier geäußerten Kritik am Gefährlichkeitskriterium zugrundeliegen: Es mag schon sein, daß die Geschwindigkeit von Eisenbahnen früher als sachimmanente Gefahr gesehen wurde (vgl. nur die Zitate von Krebs und Camphausen oben S. 96 f. in Fn. 87); aus heutiger Sicht ist das jedenfalls nicht mehr so pauschal vertretbar.

1. Ihre Abgrenzung im System des Haftungsrechts

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nach heutigem Wissensstand eine Reaktion wie die tatsächlich eingetretene zu erwarten gewesen wäre. Es geht somit bei der Begrenzung des fur die Sachhaftung relevanten Kausalzusammenhanges nicht darum, ob der konkrete Handelnde damals die Reaktion vorhersehen hätte können; die "Vorhersehbarkeit" im hier verwendeten Sinne ist objektiv-naturwissenschaftlich mit dem Wissensstand der Jetzt-Zeit zu prüfen. (dd) Reaktion auf menschliche Handlungen

Bloße Reaktion der Sache ist es somit, wenn deren tatsächlich eingetretene Zustandsveränderung aus objektiver Sicht als Folge des menschlichen Verhaltens erwartet werden konnte. Da sich bei Feststellung einer solchen Reaktion die Fortführung der Fallprüfung nach den Regeln der Sachhaftung erübrigt, weil der Kausalzusammenhang zwischen Sache und Schaden bei der Schadenszurechnung vom kausalen Einfluß auf die Sache verdrängt wird, ist die Möglichkeit einer Schadensüberwälzung auf den Handelnden zu prüfen (falls nicht der Geschädigte selbst dieses Verhalten gesetzt hat). Wenn der nunmehr untersuchte Verursacher Mensch ist, unterliegt dieser Fall in unserem System der "Haftung für menschliches Verhalten". Entspricht der Handlungswille dem Erfolg, ist die Einordnung unproblematisch, soweit man den Fall objektiver Unmöglichkeit einer solchen Folge menschlichen Verhaltens vernachlässigt36. Beim Eintritt einer gewollten Reaktion hat dieser Wille somit Indizwirkung für die Beurteilung des Sacheinflusses. Der Halter eines scharfen Hundes, der diesen auf einen Passanten mit dem Ruf "Faß!" hetzt, hat im Zweifel durch dieses Verhalten die Reaktion des Tieres bewirkt; 37 der Passant wurde dann nicht wegen des Spieltriebes des Hundes gebissen. Die Berücksichtigung des Handlungswillens geht so weit, daß sogar völlig unkontrollierbare und vor allem unvorhersehbare Zustandsveränderungen der Sache nicht mehr als eigendynamisch zu qualifizieren sind, wenn sie durch das Verhalten eines Menschen ausgelöst wurden, der diese "Reaktion" zumindest mit dolus eventualis als Ergebnis seines Verhaltens wollte. Naheliegendes, aber haftungsrechtlich (hoffentlich) kaum relevantes Beispiel ist der Einsatz von Kernspaltungsbomben: Durch die Vereinigung von unterkritischen 36 In diesem Fall wird das menschliche Verhalten bei der Schadenszurechnung nicht berücksichtigt; man denke an den lehrbuchartigen (Strafrechts-)Fall des "Totbetens": Ein "Mörder" betet, daß sein "Opfer" bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kommt, ohne weitere Aktivitäten zu setzen. Die Maschine stürzt tatsächlich aufgrund eines Triebwerkdefektes ab. 37 Anders etwa, wenn das Tier taub war und nur auf eine drohende Bewegung des in der Folge Gebissenen reagierte. 9 Koch

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V. Die Sachhaftung

Massen Kernmaterials zu einer überkritischen Masse 38 kommt es zu einer explosionsartigen Erhöhung der Spaltrate. Diese dann lawinenartige Vermehrung der Spaltungsvorgänge ist aber gerade das gewünschte Ziel bei der Detonation einer solchen Bombe; obwohl die einzelnen Spaltungsvorgänge unkontrolliert und unkontrollierbar ablaufen, sind alle letztendlich vom Handlungsplan desjenigen umfaßt, der die erste Kettenreaktion initiierte. Daher ist die gesamte Zustandsveränderung nicht "eigendynamisch" im Sinne der Sachhaftung. Anders zu beurteilen wäre der Fall, daß zwar der Handlungswille das Ergebnis umfaßt, nicht jedoch den Umstand, daß dieses Ergebnis durch eine Veränderung der Sache erzielt werden soll. Will jemand seinen Gegner erschießen, und löst sich dieser Schuß bereits, solange die Pistole noch in der Tasche steckt, aufgrund eines Defektes in der Pistole, so stimmen Art und Mittel der Schadenszufügung mit dem Handlungswillen des "Mörders" überein. Dennoch kann er hier nicht für ein positives Tun und damit für sein Verhalten haftpflichtig gemacht werden; 39 unabhängig von seinem Willen erfolgt die Schadenszurechnung nach den Regeln der Sachhaftung (die allerdings grundsätzlich wiederum ihn als Nutzer der Sache treffen können). Doch auch wenn der Handelnde die Zustandsveränderung nicht bewußt in seinem Handlungsplan berücksichtigte, muß hier ebenso an sein Verhalten angeknüpft werden, wenn die Sache nur darauf reagierte. Da es nur auf die objektive Vorhersehbarkeit der Folgen seines Tuns ankommt, hilft es dem Handelnden bei der Bewertung des Kausalzusammenhanges nicht, wenn er sich auf die subjektive Unkenntnis dieser Folgen beruft. Dieses Argument könnte ihn erst in der Folge der subjektiven Zurechnung, und dort auch nur dann entlasten, wenn die Möglichkeit einer solchen Reaktion der Sache nicht mit jenen Mitteln zu erkennen war, deren Verwendung ihm geboten war, 4 0 so etwa im Falle eines versteckten Mangels der Sache. Wäre es ihm aber (wiederum objektiv) zumutbar gewesen, Materialprüfungen durchzuführen, mit denen er diese Folgen vorhersehen hätte können, da nur dies einer im Verkehr erforderlichen Sorgfalt entsprochen hätte, wird er auch nicht entschuldigt. Als selbstverständlich mag eine Voraussetzung der (Haftungs-)Anknüpfung an menschliches Verhalten erscheinen, daß nämlich die Möglichkeit eines 38 "Unterkritisch" ist ein Uranblock aus isotopenreinem 2 3 5 U dann, wenn die effektive Neutronenvermehrung pro Generation weniger als 1 ist (hoher Neutronenverlust), sodaß die Kettenreaktion erlischt. "Überkritisch" ist die Masse dann, wenn der Vermehrungsfaktor größer als 1 ist (die Zahl der Neutronen in der Masse sich ständig vermehrt), sodaß die Zahl der Spaltungen ansteigt. 39 Anders, wenn er etwa die Pistole ungesichert in die Tasche steckte und der Defekt nur deshalb zu einem Schuß führen konnte. 40 Dazu bereits oben bei Fn. 32.

1. Ihre Abgrenzung im System des Haftungsrechts

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schädigenden Erfolges fur den Handelnden vorhersehbar gewesen sein muß. 41 Dazu sei der Fall erwähnt, in dem zufällig die "richtigen" Knöpfe gedrückt werden, durch die eine Maschine in Gang gesetzt wird, die in der Folge Schäden verursacht. Daß es sich bei den dadurch eingeschalteten Abläufen in der Maschine jedenfalls um objektiv vorhersehbare Reaktionen handelt, sodaß eine Haftung des Halters der Maschine ausscheidet, bedarf hier keiner weiteren Begründung mehr. Fraglich kann aber sein, wie an das Drücken der Knöpfe selbst eine Haftung zu knüpfen ist, wenn der Handelnde nicht mit der Bedienung der Maschine vertraut war. Die dabei auftretenden Wertungsprobleme können wohl zumeist mit dem Konzept der Ubernahmefahrlässigkeit gelöst werden: Man kann nicht einfach auf Knöpfe drücken, ohne dabei das Risiko auf sich zu nehmen, damit etwas auszulösen. Schwieriger ist es jedoch zum Beispiel mit Codes und Passwörtern, die für den Uneingeweihten nicht als solche erkennbar sind. Als Beispiel sei nur auf Tiere verwiesen, die dazu abgerichtet sind, bei bestimmten Befehlen, die nicht unbedingt so eindeutig sein müssen wie der Ruf "Faß!", bestimmte Bewegungsabläufe auszuführen. Solche Befehle müssen nicht an die Stimmlage des Herrchens gebunden sein; auch Glockenzeichen und ähnlich leicht nachvollziehbare akustische oder optische Reize können die dressierten Reflexe auslösen. 42 Handelt es sich dabei um Befehle, die für den Außenstehenden nicht als solche erkennbar sind, kann es diesem nicht zugerechnet werden, daß die Tiere auf seine Handlung hin "reagierten". Zur Haftung kann dann allenfalls der Aufsichtspflichtige herangezogen werden, der dafür verantwortlich war, daß sich das Tier in einem Umfeld befand, wo mit solchen Außenreizen (und damit mit entsprechenden Tierreaktionen) zu rechnen war. 4 3 Handelt es sich aber um standardisierte Befehle, die bei bestimmten Tieren als üblich anzusehen sind ("Faß!", bestimmte Einwirkungen im Reitsport und ähnliches), sind die Reaktionen der Tiere darauf nicht bloß objektiv vorhersehbar, auch kann sich deijenige, der sich dieser Befehle bedient, nicht entlastend darauf berufen, er hätte die Reaktion der Tiere nicht vorhersehen können. 44

41 Dazu nur Heinrichs in Palandtfl, Rn. 20 zu § 276 m. w. N. 42 Man denke nur an Polizeihunde, die im Objektschutz oder bei Sofortfahndungen eingesetzt werden. Sie sind darauf abgerichtet, Flüchtende zu fassen, was im Einsatzfalle bedeutet, daß sie auf laufende Beine ansprechen. Kommt ihnen nun ein Jogger "in die Quere", können sie diesen nicht vom Verdächtigen unterscheiden, was für letzteren gut, für den Jogger jedoch fatal endet. 43 Ähnlich könnte auch unter weiteren Umständen ein Maschinenbetreiber dafür haften, daß Unbefugte überhaupt Zugang zu seiner Maschine hatten. 44 Sofern es dazu überhaupt kommt: Fraglich ist, ob etwa ein Hund überhaupt auf andere Stimmlagen reagiert. Eine solche Beurteilung müßte jedenfalls berücksichtigen, ob der Befehlende nur ein "Hunde-Laie" war, der an einem Hundesportplatz vorbeiging und dort, ohne es zu ahnen, durch sein Verhalten einen Hundebiß verursachte, oder ob ein anderer Hunde9*

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V. Die Sachhaftung (ee) Reaktion auf Unterlassungen

Auch Unterlassungen können objektiv vorhersehbare Reaktionen bei Sachen hervorrufen, die eine Eigendynamik und damit die Haftung für diese Sachen ausschließen. Vorweg auszugrenzen sind jene Fälle, in denen eine bereits eingetretene Zustandsveränderung der Sache infolge einer Unterlassung nicht mehr rückgängig gemacht oder zumindest ein möglicher Schadenseintritt nicht verhindert wird, insbesondere Verletzungen von Überwachungs- und Kontrollpflichten. Hier muß nicht nur ein zeitlich nachfolgendes Verhalten beurteilt werden; dieses liegt nicht einmal auf derselben Kausalkette wie die Zustandsveränderung. Ist die Bremsanlage eines Fahrzeuges durch Abnützung defekt geworden und wird vom nicht mehr bremsbaren Fahrzeug ein Fußgänger niedergestoßen, so wurde dessen Verletzung unmittelbar durch die eigendynamische Zustandsveränderung der Bremsanlage verursacht, unabhängig davon, ob das Fahrzeug kurz zuvor in der Werkstatt war, wo der Mechaniker zwar den Mangel festgestellt hat, ihn aber weder behoben noch den Halter davon informiert hat. Ob allerdings der Fahrzeughalter haften soll oder der Mechaniker (und/oder dessen Arbeitgeber), ist unter Abwägung dieser beiden parellelen Kausaleinflüsse zu beurteilen, worauf an anderer Stelle noch einzugehen sein wird. 4 5 Anders liegt der Fall, wenn die Bremsanlage bei Übergabe des Fahrzeugs an die Werkstatt noch intakt war und das Fahrzeug nach Abholung nur deshalb nicht mehr gebremst werden konnte, weil der Mechaniker zwar die alte Bremsflüssigkeit abgelassen, jedoch keine neue nachgefüllt hat. Das Ausfallen der Bremsanlage war in diesem Fall objektiv vorhersehbare Reaktion auf die Unterlassung des Mechanikers; eine Haftung des Fahrzeughalters in dieser Eigenschaft 46 scheidet damit aus. Ob jene Unterlassung, welche die Reaktion bewirkte, geboten war, ist erst bei der Haftung für dieses Verhalten zu prüfen. Allerdings wird wohl in den besitzer, der dort mit seinem eigenen Tier ähnliche Übungen trainierte, eine auf Verhalten wie das seine dressierte Reaktion des Tieres auslöste. Neben Tieren gibt es auch immer mehr Geräte, die auf akustische, optische oder andere Reize reagieren; abgesehen vom haftungsrechtlich wohl irrelevanten Wecker, der durch Klatschen abgeschaltet werden kann, sei auf Fotozellen hingewiesen, die durch Fotografenblitzlichter beeinflußt werden können, und auf Rauchmelder von Sprinkleranlagen, die fur den Feuerzeugbenutzer oder Raucher nicht erkennbar sind. 45 Unten V.2.a.bb. 46 Zu prüfen bleibt, ob der Halter oder Fahrer eine Pflicht zur Überprüfung der Bremsfiinktionen nicht erfüllt hat; vgl. dazu BayObLG 20. 12. 1973 VRS 46, 395. Ist dies der Fall, so bildet diese Unterlassung des Fahrers einen Kausaleinfluß, der neben den Defekt der Bremsanlage tritt.

1. Ihre Abgrenzung im System des Haftungsrechts

133

meisten Fällen eine Reaktion auf eine Unterlassung nur dann im erforderlichen Maße 4 7 vorhersehbar sein, wenn der Unterlassende in einer solchen rechtlichen oder faktischen Nahebeziehung zur Sache stand, wie sie auch für das Entstehen einer Einwirkungspflicht Mindestvoraussetzung ist.

(ff) Sacheinwirkungen auf Sachen

Analog zu dem, was über menschlichen Einfluß auf die Sache gesagt wurde, ist auch die Einwirkung einer anderen Sache zu beurteilen. Die Dominosteinchen aus obigem Beispiel48 fallen (objektiv vorhersehbar) nur deshalb um, weil das ihnen jeweils vorangehende Steinchen auf sie fällt. Wird das erste Steinchen nicht von Menschenhand, sondern etwa von einem Tier zu Fall gebracht, so ist die ausgelöste Kettenreaktion ebensowenig von den Steinchen eigendynamisch verursacht wie in der ersten Variante dieses Beispiels. Ob das Tier hingegen eigendynamisch "gehandelt" hat, ist erst zu prüfen, wenn dieses selbst im Zentrum der Untersuchung steht; diese Frage ist dann vollkommen unabhängig von der nach einer Eigendynamik der Dominosteinchen. Damit ist auch der Hauptunterschied zu menschlichem Einfluß auf eine Sache angedeutet: Menschen handeln in der Regel willensdominiert, sodaß ihr Verhalten in der Regel selbstbestimmt ist. 4 9 Schreitet man auf der Verursacherkette von einer Sache auf den vorgereihten Menschen zurück, ist man damit auch oft bei jenem Verursacher angelangt, über den allenfalls die Schadenszurechnung erfolgen kann. Bei Sachen ist dies jedoch anders, da sie ihrerseits fremdbestimmt sein können. Ist die Zustandsveränderung einer Sache Reaktion auf die Einwirkung einer anderen Sache, beginnt bei dieser die Prüfung erneut, ob bei ihr Reaktion oder Eigendynamik vorliegt. Einen weiteren Unterschied beim Verhältnis "Sache - Sache" stellt der Wegfall der Indizwirkung dar, den der menschliche Handlungswille für die Beurteilung einer von ihm gewollten Reaktion auf sein Verhalten hat.

47 V g l . o b e n S . 1 2 6 .

48 S. 120. 49 Theoretisch sind allerdings durchaus Fälle denkbar, in denen dies nicht so ist; man denke nur an Menschen unter Hypnose. Praktisch wichtiger sind Fälle wie BGH 15. 1. 1957 BGHZ 23, 90: Ein Kraftwagen verursacht einen Unfall, dessen Fahrer zuvor eine Gehirnblutung erlitten hatte. Hier interessierende Ausnahmefälle sind weiters Reflexhandlungen und vor allem Notwehr- und Notstandshandlungen.

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V. Die Sachhaftung (gg) Zusammenfassung

Der Halter einer Sache soll nur dann fur diese haften, wenn sie eigendynamisch einen Schaden verursacht hat. Reagierte die Sache bloß auf einen Ausseneinfluß (der allerdings auch von der Person des Halters kommen kann), so wird der Beitrag der Sache zur Schadensverursachung im Verhältnis zu diesem Außeneinfluß als zu schwach gesehen, um eine Haftung für die Sache begründen zu können. Dabei spielt es keine Rolle, ob dieser Außeneinfluß einem Menschen oder einer anderen Sache zuzurechnen ist; entscheidend ist hier nur, daß der Halter der untersuchten Sache als solcher entlastet wird. Dazu genügt es aber nicht, daß nachträglich ein konditionaler Zusammenhang zwischen der Einwirkung auf die Sache und deren Zustandsveränderung festgestellt wird. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Reaktion als solche aus objektiver Sicht vorhersehbar war. Diese Vorhersehbarkeit ist insbesondere nach Art, Zeit und Ort der Reaktion bestimmbar; eine etwa nur mit geringer Wahrscheinlichkeit zu erwartende Reaktion genügt dabei nicht, um die Haftung des Halters auszuschließen.

2. Die Ermittlung der haftungsrelevanten Verursacherrolle Während die bisherigen Überlegungen die systematische Einordnung der Sachhaftung im Mittelpunkt hatten, soll nunmehr im Lichte dieses Konzeptes der Weg vom Schadensfall über die Sache zum letztendlich Haftpflichtigen dargestellt werden. In diesem Unterkapitel wird davon der bis zur Sache führende Wegabschnitt behandelt, der folgende Punkt 3. setzt den Weg zum Haftpflichtigen fort. In einem ersten Akt werden somit durch die Bewertung der Verursachungsanteile die Hauptakteure im "Zurechnungsspiel " bestimmt, erst nach dem zweiten Akt klärt sich jedoch, welcher dieser Akteure wieviel Schlußapplaus, den in Prozenten ausgedrückten Haftpflichtanteil, bekommt. Denn das Publikum, die Rechtsgemeinschaft, nimmt in beiden Akten durch die Vorgabe von Wertungen Anteil am Geschehen. Im ersten Akt beziehen sich diese Wertungen auf die den Tatsachen verhaftete Abwägung der Anteile aller Akteure an der Schadensverursachung, im zweiten Akt stehen diese Akteure selbst im Mittelpunkt von Wertungen, indem dort die subjektive Zurechenbarkeit der zuvor beurteilten Verursachungsanteile geprüft wird. Bei einer Gesamtbeurteilung mehrerer Kausaleinflüsse ist daher eine getrennte Beurteilung von Verursachungs- und Zurechnungsfrage geboten, eben-

2. Die Ermittlung der haftungsrelevanten Verursacherrolle

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so bei isolierter Betrachtung eines einzelnen Schädigers. 50 Es ist nicht zwingend, daß alle bei der Kausalitätsprüfung festgestellten Verursacher auch schadensersatzpflichtig werden, sehr wohl aber, daß alle letztendlich Haftpflichtigen direkt oder indirekt mit der Schadensverursachung in Zusammenhang zu bringen sind, wenn auch nicht unbedingt proportional. Eine Veränderung bewirkt die Untersuchung nach jenen Kriterien, die oben als "Einschränkungen des Verursachungsprinzips" 51 angedeutet wurden. Diese Kriterien bestimmen, ob ein als solcher festgestellter Verursacher den Schaden tatsächlich tragen soll oder ob nicht ein Abwägen subjektiver Wertungen dagegen spricht. Diese subjektiven Wertungen beschränken sich jedoch nicht auf die der unmittelbaren Zurechnung verhaftete Verschuldensfrage, wie Rother dies auszudrücken scheint, denn bereits der Kausalzusammenhang wird wertend beurteilt. Doch wie wird nun das haftungsrechtlich relevante Maß der Schadens(mit) Verursachung (der jeweilige Verursachungsanteil) bestimmt, wenn Sachen an der Schadensentstehung beteiligt sind? Inwieweit spiegeln sich diese Anteile in der Folge auch als anteilige Haftpflicht wieder? Vorwegzunehmen ist dazu, daß an der Geltung der Prinzipien der §§ 830 und 840 BGB auch fur das hier vorgestellte Konzept nicht gezweifelt werden soll. Wie im geltenden Recht beim Verhältnis "Verschuldenshaftung - Gefahrdungshaftung" 52 gilt auch in der hier vertretenen Sicht der Schadenszurechnung, daß eine Schadensteilung analog zu den §§ 830 und 840 Abs. 1 BGB erfolgen muß, wenn mehrere Verursacher eine Haftpflicht treffen soll. Falls ein Kausaleinfluß dem Geschädigten selbst zuzurechnen ist, soll auch dies in (direkter oder analoger) Anwendung einer bestehenden Norm, und zwar des § 254 BGB, erfolgen. 53

50 Dagegen Rother, Haftungsbeschränkung, 78: Eine "selbständige Verursachungsabwägung vor und neben der Verschuldensabwägung" könne "notwendigerweise zu keinem Erfolg fuhren" (ähnlich ders., VersR 1983, 793 ff.). Sein Hauptargument, daß sich die Verursachungsanteile nicht bestimmen ließen, vermag nicht vollends zu überzeugen, insbesondere angesichts der gegenwärtigen Praxis. (Daß diese Bestimmung dabei durch einen Juristen erfolgt und nicht durch einen Naturwissenschafter, wird ohnedies nicht bestritten.) Zudem bleibt die Frage offen, wie sich Verschuldensanteile feststellen lassen, wenn die dafür notwendigen Daten der Verursachungsebene nicht feststellbar sind. Auch kann Rother in der Annahme nicht gefolgt werden, daß "der Richter" zwar zur Abwägung von objektiven Verursachungseinflüssen unfähig sei, sehr wohl aber subjektive (!) Verschuldensanteile befriedigend feststellen könne. 51 III.3.C.

52 Siehe nur Thomas in Palandt5l, Rn. 14 zu § 830 und Rn. 1 zu § 840; K. Schäfer

in Staudinger 12 , Rn. 44 zu § 830; Rn. 5, 11, 25 und 85 zu § 840. 53 Vgl. auch unten V.2.b.cc. Zur Anwendung des § 254 BGB bei "verschuldensunabhängiger Verantwortlichkeit des Geschädigten" etwa Medic us in S t a u d i n g e r l 2, Rn. 8 ff. zu § 254 (m. w. N.).

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V. Die Sachhaftung

(a) Die Feststellung der Verursachungsanteile Im folgenden soll aufgezeigt werden, wie verschiedene Einflüsse auf das Schadensobjekt untereinander verglichen werden können, um deren jeweiligen Anteil an der Schadensverursachung bestimmen zu können. Dabei soll wiederum das Wort "Kausalkette" verwendet werden, weshalb vorweg noch einmal sichergestellt sei, daß damit eine Reihe von aufeinanderfolgenden, die nächsten jeweils bedingenden Schadensursachen gemeint ist. Jedes Glied einer solchen Kette wäre somit nicht auf ihr, wenn es das ihm unmittelbar vorgereihte nicht gäbe. Den Kausalketten kommt keine Ausschließlichkeitsposition zu; es ist durchaus denkbar, daß mehrere Ketten nebeneinander zu ein und demselben Schadensereignis führen. Dementsprechend konzentrieren sich die nächsten Überlegungen zunächst auf die Glieder einer einzigen Kette, bevor das Zusammenwirken mehrerer Ketten behandelt wird.

(aa) Abwägung der Verursachungsanteile von Gliedern einer Kausalkette

Grundsätzlich ist festzuhalten, daß Kausaleinflüsse, die dem eigentlichen Schadenseintritt näher liegen, bei der Abwägung stärker zu berücksichtigen sind als entferntere Glieder einer Kausalkette. Diese "Regel" gilt zwar nicht absolut, ist aber ein erster Anhaltspunkt für weitere Überlegungen. Wird die Ursächlichkeit einer Sache auf einer Kausalkette als eigendynamisch bewertet, so schließt diese Beurteilung in der Regel die auf derselben Kausalkette vorgehenden Einflüsse von der weiteren Schadenszurechnung aus. Indem nämlich verlangt wird, daß die schadenskausale Zustandsveränderung der Sache keine bloße Reaktion auf vorige Einflüsse gewesen sein darf, käme es gar nicht zu einer Anknüpfung der Haftpflichtbegründung an eine Sache, wenn diese ausschließlich den Außeneinflüssen nachgegeben hätte. Dieser defini torische Riegel kann jedoch nicht immer vorgeschoben werden, wenn die Sache zwar zunächst nur "reagiert", also den Naturgesetzen entsprechend der Einwirkung "gehorcht", dann aber zusätzlich Eigendynamik entwickelt, die nicht bloß den Verursachungsanteil des Auslösers verstärkt, sondern als eigenständiger Kausaleinfluß neben den Auslöser tritt. Drastisches Beispiel ist ein Flugzeugabsturz auf ein Kernkraftwerk, wobei der Sicherungsmantel zerstört wird und radioaktive Strahlung freigesetzt wird. Auslöser des Schadens ist unzweifelhaft das Flugzeug; zur Strahlung kommt es jedoch aufgrund der Eigendynamik der radioaktiven Substanzen.

2. Die Ermittlung der haftungsrelevanten Verursacherrolle

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Die Strahlenbelastung der Umwelt des Reaktors wurde zwar durch den Absturz ermöglicht, die Kernspaltungsvorgänge selbst lassen sich jedoch nicht durch solche mechanischen Vorgänge beeinflussen. 54 Als zweites sei der bekannte Silberfuchs-Fall 55 genannt, in dem durch Fluglärm erschreckte Muttertiere in Panik ihre Welpen totbissen. Der Schaden des Züchters wurde zwar durch den Lärm der Düsenflugzeuge ausgelöst, die Welpen starben jedoch nicht am Fluglärm, sondern an der unvorhersehbaren "Eigeninitiative" der Muttertiere. Mit Tieren sind in diesem Zusammenhang noch beliebig viele weitere Beispiele denkbar; genannt sei nur noch die Massenkarambolage, die ein Hund auslöst, der "infolge" eines Außenereignisses erschreckt auf eine Autobahn flieht. Ursache und Wirkung sind in allen drei Fällen nicht mit einer kontinuierlichen Linie zu verbinden, vielmehr ist auf dieser Verbindung gewissermaßen ein Sprung einzuzeichnen. Diesen Sprung bewirkt die Eigendynamik der Sache, die somit auch zur Schadensursache wird, ohne den vorigen Einfluß (wie im Regelfall) als Kausalelement zu verdrängen. (Anders wäre dies, wie bereits oben 56 ausgeführt, wenn gerade die unkontrollierbare und - vor allem - unvorhersehbare Zustandsveränderung durch ein menschliches Verhalten ausgelöst werden soll, die Sache somit nur so reagierte, wie es der Handelnde wollte.) Es ist jedoch einfacher, das Phänomen zu beschreiben, als daraus haftungsrechtliche Konsequenzen zu ziehen. Ohne sich dem Problem zu entziehen, muß eine individuelle Abwägung im jeweiligen Einzelfalle postuliert werden. Dennoch seien exemplarisch einige Anhaltspunkte genannt. Es sollte zunächst geprüft werden, inwieweit die (in der Folge auch eigendynamische) Zustandsveränderung der Sache nur vom vorhergehenden Einfluß ausgelöst werden konnte, das heißt beispielsweise, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein anderer, nur ähnlicher Einfluß in dieser Situation dieselbe Eigendynamik in Gang gesetzt hätte. Der Flugzeugabsturz auf das Kernkraftwerk ist unbestreitbar ein höchst außergewöhnliches Ereignis, fast ist man geneigt, umgangssprachlich von einer "unglücklichen Verkettung von Zufällen" zu sprechen. Es ist kaum vor-

54 Dieser Fall ist zu unterscheiden von jenem der Atombombe, der oben S. 129 f. behandelt wurde: Dort prägte der Handlungswille, der die Kettenreaktion umfaßte, die haftungsrechtliche Beurteilung so stark, daß eine Qualifikation der Spaltungsvorgänge als eigendynamisch und damit eine Weiterverfolgung dieses Sacheinflusses selbst ausschieden. Hier wird jedoch unterstellt, daß der Püot sein Flugzeug nicht auf das Kernkraftwerk zusteuerte. 55 RG 4. 7. 1938 RGZ 158, 34 ff. 56 S. 129 f.

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V. Die Sachhaftung

stellbar, daß unter den Sachverhaltsumständen (abzüglich des abstürzenden Flugzeuges) ein anderer Einfluß von außen so auf das Kraftwerksgebäude einwirken hätte können, daß die Ummantelung des Reaktors ebenso durchbrochen worden wäre. 57 Hingegen gibt es viele und auch durchaus wahrscheinliche Lärmemissionen, die bei Tieren eine Schock-"Reaktion" bewirken können. Ahnliches gilt für den erschreckten Hund, der auf die Autobahn flieht. Der erste Fall rückt bei dieser Betrachtungsweise wertungsmäßig sehr nahe an die Grenze zum Fall einer (völligen) Reaktion der Sache auf den Außeneinfluß. Dies mag wie ein Widerspruch klingen, bezieht sich aber nur auf die Beurteilung, nicht auf die Beschreibung des Falles. Die letztendlichen Folgen dieses (bloßen) Auslösens der eigendynamischen Zustandsveränderung einer Sache sind eher dem Auslöser zuzurechnen als der Sache, deren Eigendynamik sich erst unter diesen einzigartigen Sachverhaltsumständen in Gang setzen konnte. Es gibt kaum realistische Sachverhaltskonstruktionen, die eine derartige Zerstörung des Kraftwerksgebäudes von außen als Ergebnis haben (hingegen viele Konstellationen, unter denen Tiere wegen Lärm erschrecken). Stets ist jedoch bei außergewöhnlichen Auslösern das Ausmaß der Zustandsveränderung der Sache mitzuberücksichtigen. Verselbständigt sich diese dermaßen, daß sich die Kluft zwischen Auslöser und unmittelbarer Schadensverursachung wieder verbreitert, nähert sich die Sache selbst wieder dem Mittelpunkt der Haftpflichtüberlegungen, ohne daß sie jedoch zum alleinigen Anknüpfungspunkt werden könnte. Die Außergewöhnlichkeit des auslösenden Umstandes sichert dem dafür Verantwortlichen sozusagen einen Platz in der Liste der potentiell Haftpflichtigen. Für den Flugzeug-Kernkraftwerk-Fall bedeutet dies, daß auf jeden Fall auch das Flugzeug bei der Haftpflichtbegründung in Betracht bleiben muß. Wird durch den Absturz tatsächlich der Reaktor "freigelegt", muß wegen der Natur der unbeherrschbaren Spaltungsvorgänge aber auch der Reaktor selbst bei der weiteren Prüfung der Schadenszurechnung mitberücksichtigt werden, da die allein schon geographische "Atomisierung" des Schadenseintrittsortes infolge der freigesetzten Radioaktivität den (jeweils) dortigen Schadenseintritt nicht bloß räumlich vom Flugzeugabsturz entfernt. Wird der Silberfuchs-Fall entsprechend untersucht, gelangt man (zumindest für die heutige Zeit) zu einem ähnlichen Ergebnis wie das Reichsgericht. Es gibt kaum noch "ruhige" Gebiete, die von Flugzeuglärm (insbesondere von Tieffliegern) oder auch anderen lauten Motorengeräuschen verschont sind, sodaß die Muttertiere jederzeit von vielen anderen Seiten her erschreckt werden 57 Wenn man etwa die Möglichkeit von terroristischen Bombenanschlägen außer acht läßt, wobei die Verstrahlung der Reaktorumwelt bloße Reaktion auf die von den Terroristen gewollte Sachveränderung wäre. Vgl. dazu oben Fn. 54 und S. 129 f.

2. Die Ermittlung der haftungsrelevanten Verursacherrolle

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könnten.58 Das Auslösen der tierischen Eigendynamik ist keineswegs außergewöhnlich und verdient daher auch keine außerordentliche Behandlung bei der Haftpflichtprûfung; es bleibt bei der haftungsrechtlichen Konzentration auf die Eigendynamik selbst. Der Halter der Jungtiere kann somit keinen Ersatz vom Flugzeugunternehmer fordern; ist er gleichzeitig Halter der Muttertiere, kommt es zu keiner Schadensüberwälzung auf Dritte. 59 Beim Fall des erschreckten Hundes ist noch ein weiterer Aspekt zu beachten: Bei der Bewertung der Verursacherrolle desjenigen, der das Tier erschreckte, muß mitberücksichtigt werden, inwieweit irgendeine, wenn schon nicht die tatsächliche60, Panik-"Reaktion" des Hundes vorhersehbar war. Fährt ein Auto auf der Ausfahrtspur aus einem Rastplatz auf einen dort befindlichen Hund zu und hupt der Fahrer ihn womöglich noch an, so ist auch das Verhalten dieses Fahrers bei der weiteren Haftpflichtuntersuchung mitzuberücksichtigen, da eine Flucht des Hundes, in welche Richtung auch immer, jedenfalls wahrscheinlich war. Auch er bleibt nach der wertenden Filterung der Kausaleinflüsse als (Mit-)Verursacher des Schadens "im Spiel". Mit dem Gesagten sei keine abschließende Aufzählung jener Maßstäbe versucht, nach denen die für die eigentliche Zurechnung maßgeblichen Glieder einer Kausalkette individualisiert werden können. Wesentlich erscheint vor allem, daß sich mehrere Glieder einer Kette nicht notwendigerweise gegenseitig von der weiteren Untersuchung ausschließen; es muß nicht unbedingt bloß ein Glied aus einer Kette für die Haftpflichtbegründung herausgelöst werden. 58

Ob dies allerdings bereits für die dreißiger Jahre galt, sei dahingestellt; vgl. aber dazu das RG in dieser E (RGZ 158, 38 f.). Der Fall wäre anders zu beurteilen, wenn die Silberfuchs farm gerade deshalb in einer bestimmten Zone errichtet wurde, weü diese weder für Tiefflüge zugelassen noch im Bereich einer Luftstraße war. 59 Sozusagen außer Konkurrenz sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß die geänderte Rechtsprechung des BGH zur (Mit-)Kausalität von Fluglärm nicht einsehbar ist. Vgl. nur die Entscheidung BGH 1. 12. 1981 VersR 1982, 243, die noch dazu ein weiteres Beispiel für die Nutzlosigkeit des Betriebsgefahr-Begriffes liefert: Eine 19jährige Autofahrerin wurde vom gewöhnlichen Fluglärm (nicht von einem Überschallknall!) zweier tieffliegenden Düsenflugzeuge erschreckt und verlor die Beherrschung über das Fahrzeug. Der BGH verurteilte die Bundesrepublik als Vertragspartei des Nato-Truppenstatuts und damit als Gesamtschuldnerin zum Ersatz der bei diesem Unfall entstandenen Schäden. Auch der störungsfreie Betrieb der Düsenflugzeuge erzeuge Gefährdungen, die in den von § 33 LuftVG erfaßten Gefahrenbereich fielen, "auch wenn diese Gefahr für den Kraftfahrer häufig beherrschbar sein wird" (244). Dem Halter des Fahrzeuges wurde dabei die Betriebsgefahr des Pkw zu 50 % angerechnet. Es kann jedoch wohl davon ausgegangen werden, daß der Betrieb eines Kraftfahrzeuges technisch selbst bei großen und plötzlichen Lärmeinwirkungen ohne jegliche Veränderung ausführbar ist, sodaß der Unfall jedenfalls nicht auf eine "Betriebsgefahr" des Autos zurückgeführt werden kann, die deren haftungsrechtliche Anrechnung rechtfertigte. 60 Wäre die Flucht auf die Autobahn vorhersehbar, entfiele deren Qualifikation als eigendynamische Tierhandlung, da es sich dann nur noch um eine Reaktion im oben (insbesondere S. 129 ff.) technisch gebrauchten Sinne handelte.

V. Die Sachhaftung

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(bb) Abwägung von Verursachungsanteilen bei mehreren Kausalketten

Wie bereits bei der Behandlung der Reaktion auf Unterlassungen61 angedeutet, können mehrere Kausalketten (zunächst) voneinander unabhängig auf ein Schadensereignis hinfuhren, in dem sie sich (spätestens) treffen. Die Beurteilung von nebeneinander einwirkenden Kausaleinflüssen ist insofern einfacher als jene von nacheinander erfolgenden Einwirkungen, als nicht zu prüfen ist, inwieweit ein Element das jeweils andere bedingt. Diese Erleichterung wird jedoch mehr als nur aufgewogen durch die hinzutretende Notwendigkeit, den Einfluß der nebeneinander wirkenden Ursachen zueinander abwägen zu müssen. Wird dabei ein Kausaleinfluß als bei der Schadensentstehung überwiegend ermittelt, kann er die andere(n) Ursache(n) von der weiteren Untersuchung ausschließen. Im übrigen sollen auch bei dieser Beurteilung des Verhältnisses paralleler Kausaleinflüsse die §§ 830 und 840 BGB (zumindest analog) anwendbar sein. Ausgegangen sei vom Fall einer Maschine, die nach dem Einschalten nicht völlig selbsttätig das Arbeitsergebnis erzielt, sondern zum planmäßigen Funktionieren weiterer menschlicher Handgriffe bedarf: die Mühle, in deren Trichter Getreide (also das Rohmaterial) geschaufelt werden muß, die halbautomatisierte Fließbandfertigung, deren Produkte an bestimmten Stellen des Arbeitsablaufes von Menschen mit Einzelteilen bestückt werden, die Schleppliftanlage, bei der an der Talstation Schifahrer zusteigen. In allen drei Fällen "reagiert" die Sache (zunächst) bloß auf das auslösende Verhalten des Menschen, das hier jeweils das Einschalten der Maschine ist. Das Einfüllen von Getreide, das Hinzukommen von Einzelteilen, das Zusteigen der Schifahrer ist Teil des planmäßigen Arbeitsablaufes der Maschinen; auf diese neuen menschlichen Einflüsse reagiert sie wiederum, indem sie das Getreide mahlt, die Endfertigung vornimmt, die Schifahrer transportiert. Kommt es jedoch vor diesem neuen menschlichen Verhalten zu einer Betriebsstörung, die als eigendynamisch gewertet werden muß (und somit nicht bloße Folge einer menschlichen Einwirkung ist), muß der Einfluß der weiteren Handlungen, die nach dieser eigendynamischen Zustandsveränderung, aber vor Schadensentstehung hinzukommen, im Verhältnis zur Rolle dieser Sache bewertet werden. Hierbei ist danach zu differenzieren, welchen Einfluß das jeweilige menschliche Verhalten auf die Schadensentstehung hat. Schaufelt der Mühlenarbeiter Getreide nach, obwohl er (beispielsweise aufgrund der veränderten Betriebsgeräusche der Mühle) hätte erkennen können, daß die Maschine defekt ist, so ist es sein Verhalten, das bei einer Prüfung 61 Oben S. 132 f.

2. Die Ermittlung der haftungsrelevanten V e r u r s a e r r o l l e

141

der Zurechenbarkeit zumindest jener Schäden mitberücksichtigt werden muß, welche am Rohmaterial entstanden sind (etwa Verlust der nachgeschauftelten Getreidemenge). Erkennt er den Maschinenschaden und unterliegt er (was im Zweifel anzunehmen ist) der Pflicht, einen Schaden zu melden, kann es hier darüberhinaus auch zu einer (zumindest teilweisen) Haftung des Arbeiters fur den Maschinenschaden kommen, was am Beispiel des ähnlich gelagerten Falles mit dem Fließbandarbeiter aufgezeigt sei: Bemerkt der Arbeiter, daß die Maschine, an der er arbeitet, einen Defekt hat, ist nicht bloß zu überlegen, ob er ein Weiterführen seiner Tätigkeit unterlassen soll, sondern auch, ob er nicht zu einem Abschalten der Maschine oder zumindest zu einem Melden des möglichen Schadensfalles verpflichtet ist. Trifft dies zu und ist dadurch ein Verhindern weiteren Schadens möglich, so ist auch das Vernachlässigen dieser Pflicht zumindest neben dem Maschinenschaden zu berücksichtigen. Dem Arbeiter sind dann wenigstens jene Schäden zuzurechnen62, die nach jenem Zeitpunkt entstanden sind, ab dem es ihm möglich gewesen wäre, die Eigendynamik der Maschine und damit die (weitere) Schadensentstehung zu unterbrechen. Eine Haftung des Maschinenhalters wird dadurch grundsätzlich nicht verdrängt. Dies wäre lediglich für die Schäden an jenen Einzelteilen zu befürworten, die der Arbeiter noch nach Erkennen des Defekts und seiner Auswirkungen auf das Fließband und damit in die Maschine brachte. 63 Eine Mitberücksichtigung menschlichen Verhaltens (vorwiegend: Unterlassens) ist nicht nur bei unfallähnlichen Einzelsituationen denkbar. Nach allgemeinen Erfahrungswerten korrodieren bestimmte metallische Maschinenbestandteile, sofern sie entsprechenden Außeneinflüssen ausgesetzt sind. Die Geschwindigkeit dieser Zustandsveränderung ist allerdings nicht vorhersehbar, insofern also eigendynamisch. Dennoch kann aufgrund der genannten Erfahrung eine durchschnittliche "Lebenserwartung" der Metallteile mehr oder weniger genau festgelegt werden. Bleibt eine Maschine in Betrieb 64 , obwohl wesentliche Bestandteile diese Lebenserwartung bereits überschritten haben, so ist ein Schaden, den die in der Folge defekte Maschine verursacht, (zumindest auch) demjenigen zuzurechnen, der es unterlassen hat, die rostge-

62

Dabei wird die Frage der Unternehmerhaftung ausgeklammert. Im Ergebnis wird dies aber letztendlich ein und dieselbe Person als Haftpflichtigen treffen, falls, wie zu erwarten, Maschinenhalter und Dienstgeber des Arbeiters identisch sind. 64 Dies im Unterschied zum oben S. 125 f. bereits behandelten Fall, daß die Maschine täglich eingeschaltet werden muß: In jenem Fall war das Einschalten der Maschine condicio sine qua non des Bolzenbruches (und damit auf derselben Kausalkette). Hier rostet das Metallteil durch, ob die Maschine nun abgeschaltet wird oder nicht; das Unterlassen des Abschaltens ist nach dieser Sachverhaltsannahme nicht condicio sine qua non für das Durchrosten, sehr wohl aber für den Schaden. 63

142

V. Die Sachhaftung

fahrdete Maschine abzuschalten, obwohl bereits eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit fur den Eintritt der korrosionsbedingten " Selbstzerstörung " sprach. Zu einer Haftung für dieses Verhalten kommt es insbesondere dann, wenn zu den bloßen Erfahrungswerten auch bereits erkennbare Anzeichen des baldigen Durchrostens kommen, auf die zu achten wäre. Beim Schlepplift-Fall stellt sich ein weiteres Problem: Hier ist die Gefahr einer Schädigung der Anlage infolge des Zusteigens weiterer Schifahrer gering; viel wahrscheinlicher ist es, daß die zusteigenden Schifahrer selbst geschädigt werden. Deshalb stellt sich auch die Zurechnungsfrage anders: Statt daß die Zusteigenden als Haftungssubjekte zu beurteilen wären, treten sie im Haftpflichtprozeß eher als Schadensobjekte und damit als Kläger auf; ihr Verhalten ist daher erst bei den Überlegungen zu einem all fälligen Selbstoder Mitverschulden der Opfer zu bewerten. Insbesondere wäre etwa zu berücksichtigen, ob sie den Defekt an der Beförderungsanlage erkennen konnten und trotzdem zustiegen. Allen Fällen ist gemeinsam, daß die hinzutretende menschliche Handlung nicht auf derselben Kausalkette liegt wie die eigendynamische Zustandsveränderung der Sache; daher kann sie diese nicht von vornherein verdrängen. Denn ein Schaden würde auch ohne diese zusätzlichen Einflüsse entstehen; die hinzutretende menschliche Einwirkung verändert höchstens die Art des Schadens, seine Höhe und/oder seine Entstehungsart. Allgemeingültige Lösungsmuster kann es für solche Konstellationen nicht geben; die Einordnungsprobleme alternativer, kumulativer und überholender Kausalität werden also durch die hier verwendete Einteilung nicht gelöst, allenfalls verlagert: Denn hier wird davon ausgegangen, daß Sachen gleichwertig Schäden verursachen können wie Menschen mit ihrem Verhalten. Daher gibt es bei dieser Sicht nicht bloß Kausalitätskonkurrenzen zwischen Menschen, sondern auch zwischen Menschen und Sachen oder zwischen verschiedenen Sachen.

(b) Die Zurechnung von Verursachungsanteilen (aa) Mitverursachung durch den Halter oder einen Dritten

Das schadenskausale Verhalten eines Halters ist gänzlich unabhängig von seiner Rolle als Sachhalter zu bewerten. Auf der Ebene der Kausalitätsprüfung wird sein Verhalten wie das eines Dritten völlig gleichwertig mit dem Einfluß der Sache bei der Schadensentstehung beurteilt; erst auf der Zurechnungsebene erfolgt dann die Verbindung der beiden Positionen, die die personelle Identität von Handelndem und Halter erfordert.

2. Die Ermittlung der haftungsrelevanten V e r u r s a e r r o l l e

143

Wie bereits vorausgeschickt65, gilt auch in der hier vertretenen Sicht der Schadenszurechnung, daß im Falle des schadenskausalen Zusammenwirkens von Sache und Mensch eine Schadensteilung analog zu den §§ 830 und 840 Abs. 1 BGB erfolgen muß. Auch ein nur teilweise schadenskausales Tun oder Unterlassen muß nach den Regeln der Haftung fur menschliches Verhalten beurteilt werden. Die bei der Kausalitätsprüfung festgestellten Schädigungsanteile sagen daher noch nichts darüber aus, ob die Zurechnung dieser Anteile letztendlich auch zu einer (zumindest teilweisen) Haftpflicht fuhren wird.

(bb) Mitverursachung durch eine zweite Sache

Auch in diesem Falle erscheint eine Berücksichtigung des Verursachungsanteils der zweiten Sache als unproblematisch. Aus der Abwägung der Verursachungsanteile ergibt sich das haftungsrelevante Verhältnis der kausalen Einflüsse (oder die Unmöglichkeit, ein solches Verhältnis, zumindest in prozentualen Anteilen ausgedrückt, festzustellen); die für die Sachen verantwortlichen Personen werden auf der Zurechnungsebene zu gesamtschuldnerischem Schadensausgleich mit internem Regreß verpflichtet. Die Grundgedanken der auf "menschliche Mitverursacher" anzuwendenden Regeln greifen hier analog. Der Hauptunterschied besteht darin, daß die Zurechnung der Schadensverursachung nicht zwei verschiedenen Regelungen zu folgen hat, sondern bei beiden Verursachern nach den Regeln der Sachhaftung erfolgen kann. (cc) Mitverursachung durch den Geschädigten

Hat der Geschädigte selbst einen Teil des Schadens verursacht, bietet sich wie im geltenden Recht § 254 BGB als Anhaltspunkt für die zu findende Regelung an. Die Verpflichtung zum Ersätze sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes hängt somit insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von der Sache oder vom Geschädigten selbst verursacht worden ist. Ein Verhalten des Geschädigten ist aber nach den Regeln der Haftung für menschliches Verhalten zu beurteilen. Eine analoge Anwendung der genannten Bestimmung ist geboten, wenn dem Geschädigten "sein" Verursachungsanteil nicht als Handelndem, sondern als Halter einer zweiten Sache oder als Geschäftsherr des den Schaden mitverursachenden Gehilfen zuzurechnen ist. Im ersteren Falle sind beide Schadensverursacher nach denselben (Sach-)Haftungsregeln zu beurteilen. 65 Oben S. 135.

144

V. Die Sachhaftung (dd) "Höhere Gewalt" und "unabwendbares Ereignis"

Einige als Gefahrdungshaftung ausgestaltete Normen des Schadensersatzrechtes enthalten bestimmte "interferierende Ereignisse" 66 als negative Tatbestandsvoraussetzungen. Zum einen handelt es sich dabei um "höhere Gewalt" 67 , die als ebenso schadenskausaler Einfluß die Haftung des Halters entfallen lassen kann. Andere Haftungstatbestände sehen stattdessen eine solche Entlastung des Halters dann vor, wenn der Schadenseintritt ein "unabwendbares Ereignis" 68 war. Im folgenden sei untersucht, ob diese Elemente auch bei der Ausgestaltung der Sachhaftung vorgesehen werden sollten. Dabei sei jedoch betont, daß sich deren allfälliger Anwendungsbereich ausschließlich auf Einwirkungen von Sachen beschränken muß, um den teils angedeuteten, teils ausgeführten Regeln über schadenskausale Einflüsse durch menschliches Verhalten nicht deren Regelungsbereich zu entziehen. Daß beide "Gegen"elemente hier zusammen besprochen werden, liegt vornehmlich daran, daß sich die jeweiligen Definitionen in wesentlichen Punkten decken. Die höhere Gewalt ist zwar als der engere Begriff anerkannt; es handle sich um eine Einwirkung von außen, die außergewöhnlich und unabwendbar ist 6 9 . Gerade die Außergewöhnlichkeit, die als Hauptunterschied der Definition des unabwendbaren Ereignisses fehlt 70 , ist jedoch bei der höheren Gewalt als deren Merkmal umstritten 71. Unbestritten ist aber, daß auch beim unabwendbaren Ereignis mit Elementen der höheren Gewalt argumentiert wird: Die Voraussetzung der Unabwendbarkeit ist bereits im Namen enthalten; daß das Ereignis nicht der betrieblichen Sphäre entspringen darf, sondern in diesem Sinne von außen kommen muß, wird ebenso (ausdrücklich oder implizit) gefordert 72. Deutsch 73 äußert Zweifel, ob eine ausdrückliche Normierung dieser beiden Entlastungsgründe bei allen ihren Anwendungsfällen überhaupt erforderlich 66 Deutsch, Haftungsrecht I, 376 und JuS 1981, 324. 67 § 1 Abs. 2 S. 1 HPflG, § 22 Abs. 2 WHG, § 4 UmweltHG; dazu nur Kunschert in Geigel/Schlegelmilch 20 , 556 ff. (Kap. 22, Rn. 19 ff.). 68 Insbesondere § 7 Abs. 2 StVG, aber auch § 1 Abs. 2 S. 2 HPflG. Dazu ebenso Kunschert in Geigel/Schlegelmilch20, 615 ff. (Kap. 25, Rn. 45 ff.).

69 Filthaut,

Haftpflichtgesetz 2, Rn. 158 zu § 1; Kunschert

in Geigel/Schlegel-

m ü c h 2 0 , 556 (Kap. 22, Rn. 19). 70 Filthaut, Haftpflichtgesetz 2, Rn. 160 zu § 1. 71 Vgl. nur die bei Filthaut, Haftpflichtgesetz 2, Rn. 159 zu § 1, Zitierten. 7 2 Filthaut, Haftpflichtgesetz 2, Rn. 160 zu § 1; vgl. aber Kunschert in Geigei/ Schlegelmilch2*), 619 (Kap. 25, Rn. 53), der - wohl aufgrund einer zu wörtlichen Auffassung von "außen" - dieses Erfordernis bestreitet.

73 Haftungsrecht I, 378 f.; ders., JuS 1981, 324.

2. Die Ermittlung der haftungsrelevanten Verursacherrolle

145

gewesen sei; oftmals seien sie nur Bestätigung einer ohnehin bereits gezogenen Grenze der Haftpflicht. 74 Seine Überlegungen werden hier im Lichte der Sachhaftung fortgeführt. Deutschs Hauptkritik gilt der Einbeziehung eines Sorgfaltsmaßstabes in die Definition des unabwendbaren Ereignisses, wie dies etwa durch § 7 Abs. 2 Satz 2 StVG geschieht. Damit werde "der Gefährdungshaftung ein Verschuldenselement aufgepfropft" 75. Indem die genannte Bestimmung ein Ereignis nur dann als "unabwendbar" anerkennen will, wenn "sowohl der Halter als der Führer des Fahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat" 76 , wird in der Tat unnotwendigerweise mit Bekanntem operiert. Daß der Sorgfaltsmaßstab dadurch auf den eines "Idealfahrers" 77 erhöht wird, gehört in jene Regelungen, die menschliches Verhalten im Zusammenhang mit der Schadensverursachung betreffen 78; eine Beziehung zur Schadenskausalität der Sache kann darin nicht entdeckt werden. Hat die Mißachtung der gebotenen Sorgfalt neben dem Einfluß der Sache zum Schaden gefuhrt, gilt das oben zur Mitverursachung Gesagte; war sie bei der Entstehung des Schadens in derart überwiegendem Maße beteiligt, daß sie eine haftungsrelevante Rolle der Sache als Schadensverursacher gänzlich verdrängt, sind die Regeln der Haftung fur menschliches Verhalten anzuwenden, die allenfalls durch Erhöhung des Sorgfaltsmaßstabes zu verschärfen wären. Welcher Regelungsgehalt verbleibt dann aber noch den beiden Entlastungsgründen für den Bereich der Sachhaftung? Zur Beantwortung dieser Frage sei auf die einzelnen Merkmale eingegangen, die die bisherigen Definitionen voraussetzen. Dazu zählt in erster Linie die Unabwendbarkeit des Einflusses. Ein Ereignis ist nach herrschender Meinung "unabwendbar", wenn es auch mit äußerster Sorgfalt nicht vermeidbar ist. 7 9 Wie bereits erwähnt, paßt dieses Element schon aus systematischen Gründen nicht zur Sachhaftung, sondern ist den Regeln für menschliches Verhalten zuzuordnen. Doch selbst wenn man diesen

74 Ebenso, bezogen auf die höhere Gewalt, Wilburg, 75 JuS 1981, 324. 76 Wortlaut § 7 Abs. 2 Satz 2 StVG.

Elemente, 205 ff. (215).

77 Kunschert in Geigel/Schlegelmilch2*), 616 ff. (Kap. 25, Rn. 47 ff.). 78 Statt dessen liest sich dieser Abschnitt der Kommentare zu den Gefährdungshaftungsgesetzen teilweise wie ein Lehrbuch zur Fahrlässigkeit; vgl. nur Kunschert in Geigel/Schlegelmüch 20 , 621 - 631; Full, Kommentar, Rn. 256 - 263 zu § 7 StVG. Letzterem kommen sogar Zweifel, "ob es sich bei § 7 überhaupt um einen Fall der Gefährdungshaftung handelt" (Full, Kommentar, Rn. 236 zu § 7 StVG). Er verwirft sie jedoch sogleich als ohne praktische Bedeutung. 79 Medicus, Bürgerliches Recht^, Rn. 634; Filthaut, Haftpflichtgesetz 2 , Rn. 186

zu § 1; Kunschert in Geigel/Schlegelmilch20, 559 (Kap. 22, Rn. 25) und 616 (Kap.

25, Rn. 46); Full, Kommentar, Rn. 238 zu § 7 StVG. 10 Koch

146

V. Die Sachhaftung

Aspekt ignoriert, hilft der Gedanke der Unabwendbarkeit nicht weiter. Die meisten Schadensereignisse, die von der Sachhaftung erfaßt sein sollen, sind "unabwendbar"; die Definition der Eigendynamik weist gerade darauf hin, daß es zur Schadensentstehung eines menschlichen oder anderen Einflusses nicht bedarf, was in vielen Fällen auch bedeutet, daß ein derartiger Einfluß gar nicht möglich ist. Ist die Möglichkeit einer menschlichen Kontrolle jedoch gegeben, gelangen wir wiederum zum Ausgangspunkt unserer Kritik, denn dann kann mit den Regeln der Verhaltenshaftung eine gesamtschuldnerische Mithaftung desjenigen entstehen, der die Schadensabwendung unterläßt. Hilft uns ein Merkmal "Unabwendbarkeit" nicht weiter, ist das nächste in Frage kommende zu untersuchen: die Außergewöhnlichkeit des Ereignisses, welche nur bei der höheren Gewalt berücksichtigt wird. "Das Ereignis muß so ungewöhnlich sein, daß es in seinem Ausnahmecharakter einem elementaren Ereignis gleichkommt." 80 Eine solche Voraussetzung muß jedoch entschieden abgelehnt werden. Der bloße Hinweis auf den Umstand, daß der schadenskausale Vorgang "außergewöhnlich" gewesen sei, läßt den Schaden nicht verschwinden, und mit ihm bleibt das Bedürfnis bestehen, die Schadenstragung gerecht zu verteilen. 81 Bereits im geltenden Recht scheint eine Notwendigkeit fur eine solche Einschränkung nicht gegeben; in den ohnedies äußerst seltenen Fällen 8 2 , in denen eine Haftpflicht wegen Außergewöhnlichkeit des Ereignisses bislang verneint wurde, hätte eine Entlastung des jeweiligen Halters einfacher im Wege der Kausalitätsbeurteilung durch den Hinweis auf überwiegende Fremdverursachung erreicht werden können. 83 80 Filthaut, Haftpflichtgesetz2, Rn. 178 zu § 1. 81 Vgl. dazu Heß, Ersatzpflichtiger, 24: "Der Hinweis, der Verletzte müsse sich mit dem Gedanken abfinden, daß er das Opfer eines höchst seltenen Vorgangs sei, ist eher fatalistisch als juristisch." {Heß verwendet dieses Argument allerdings zur Ablehnung der Beschränkung des Gefahrlichkeitsbegriffes auf außergewöhnliche Gefahren.) 82 Vgl. die bei Filthaut, Haftpflichtgesetz 2, Rn. 179 f. zu § 1 zitierten Fälle einer Bejahung sowie die in den Rn. 181 ff. aufgeführten Fälle der Verneinung einer Außergewöhnlichkeit. Kunschert (in G e i g e l / S c h l e g e l m i l c h 2 0 , 558 f. = Kap. 22, Rn. 24) begnügt sich sogar damit, nur die Fälle der Nicht-Anerkennung aufzuzählen, was angesichts der Rechtspraxis wohl ausreicht. 83 Vgl. nur BGH 14. 6. 1957 VersR 1957, 533 = VRS 13, 251: Ein mit Eisendraht umwundener, 10,5 m hoher Mast wurde nur 2 m (!) von einer Hochspannungsleitung (die in 8 m Höhe verlief) entfernt aufgerichtet. Dabei sprang Strom über und tötete einen der Arbeiter. Der Sozialversicherungsträger klagte auf Ersatz seiner Aufwendungen aus dem (damaligen) Tatbestand des § 1 a RH G (nunmehr § 2 HPflG). (Man bewundere die Unverfrorenheit der KlagsVertreter!) Der BGH verneinte eine Haftung des Leitungsinhabers, weil sich der Unfall "fur den Betrieb der Bekl. als höhere Gewalt darstellt". Dabei hätte es aber wohl genügt, den Kausalzusammenhang zwischen Leitungsbestand und Schadenseintritt als zu schwach zu bezeichnen im Verhältnis zum Verhalten der Arbeiter, einen solchen Masten so nahe einer Hochspannungsleitung hochzuziehen. (Der Standort war vom "Leiter des städtischen Verkehrsamtes nach gemeinsamer Ortsbesichtigung mit dem Leiter des Tiefbauamtes und dem

2. Die Ermittlung der haftungsrelevanten Verursacherrolle

147

Es bleibt die Voraussetzung zu untersuchen, daß der entlastende Einfluß "von außen" auf die Sache eingewirkt haben muß. Doch auch hier scheint eine Regelung bereits anderweitig getroffen zu sein: Eine Sache ist gar nicht Auslöser einer Haftpflicht, wenn der schadenskausale Umstand nicht aus ihrem "Innenbereich" stammt; das verhindert bereits die Definition der Eigendynamik, die durch Außeneinflüsse verdrängt wird. Eine zusätzliche "Entlastung" durch eine Wiederholung der Voraussetzung der "internen" Schadensursache ist somit überflüssig. Wie sind aber solche schadenskausale Einflüsse zu beurteilen, die nicht von einem Menschen oder von einer einem Halter zuordenbaren Sache herrühren, sodaß eine Schadensüberwälzung unmöglich ist? Zu denken ist nicht nur an Schäden, die von Naturgewalten wie "Feuersbrunst, Erdbeben, Sturm, Wolkenbruch, Überschwemmung, Bergrutsch, Fels- und Blitzschlag"84 ausgelöst werden, sondern auch an Schadensereignisse, die eine (andere) res nullius 85 verursacht. Sind diese Außeneinflüsse direkte Schadensverursacher, stellt oft bereits die Kausalitätsabwägung klar, daß eine Schadensüberwälzung nicht möglich ist, sodaß es keiner "Zurechnung des nicht Zurechenbaren" mehr bedarf. Dennoch sind solche Schadensursachen grundsätzlich der Sachhaftung zuzuordnen, da es sich auch bei ihnen um nicht menschlichen Kausaleinfluß handelt. Damit ist gleichzeitig klar gestellt, daß sie als Verursacher bei der Bewertung der Kausalzusammenhänge gleich zu behandeln und zu berücksichtigen sind wie andere Ursachen. Weil für sie niemand haftet, ist das Ergebnis einer sie einbeziehenden Ursachenabwägung höchstens, daß andere Verursacher entlastet werden. Wird ein Auto durch einen Sturm von der Straße gefegt, reagiert das Auto nur auf den Windstoß, wobei eine solche Reaktion objektiv vorhersehbar ist. Damit entfällt eine (Sach-)Haftung des Fahrzeughalters, für den Sturm haftet niemand86. Das gleiche gilt für den Einsturz von Häusern bei einem Erdbeben: Die Gebäude reagierten lediglich vorhersehbar auf die Erdstöße. War ein Gebäude nicht erdbebensicher, obwohl in einer erdbebengefährdeten Zone errichtet, so bleibt das Verhalten (!) des Gebäudehalters, der entspreStraßenmeister" festgelegt worden! Der BGH merkte an, "daß eine Bewußtseinsstörung der beteiligten Behörden und Arbeiter bisher [sie!] nicht behauptet worden" sei ...) Eine Abwägung dieser beiden Verursachungsanteile hätte wohl nicht nur ein bloßes Überwiegen jenes Anteiles festzustellen gehabt, der den Arbeitern selbst zuzurechnen war. 84 Filthaut, Haftpflichtgesetz 2, Rn. 164 zu § 1. 85 Im Sinne von: keinem Halter zurechenbar. 86 Falls entsprechende Windschutzvorrichtungen versagten, wäre dies allenfalls noch als paralleler Kausaleinfluß zu prüfen; der Windstoß selbst bleibt jedenfalls eigendynamisch und steht somit am Beginn dieser Kausalkette. 10"

148

V. Die Sachhaftung

chende Schutzvorkehrungen unterlassen hat, unabhängig davon als paralleler Kausaleinfluß zu untersuchen. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß die bisherige Auffassung der beiden Entlastungstatbestände zu weit geht, indem sie in unsystematischer Weise verschiedene Verursachungsvarianten vermengt, die unterschiedlichen Wertungen unterliegen sollten. Der Regelungsbereich dieser Ausnahmetatbestände wird bereits von den Haftungstatbeständen selbst völlig erfaßt, sodaß es einer zusätzlichen negativen Formulierung einzelner positiver Haftungsvoraussetzungen nicht bedarf. Die Naturgewalten zum Beispiel, an die man bei "höherer Gewalt" sogleich denkt, können bereits bei der ohne Einschränkung anzuwendenden Kausalitätsbeurteilung zur Entlastung des Sachhalters berücksichtigt werden, indem die Zustandsveränderung der Sache als objektiv vorhersehbare Reaktion auf die Naturgewalt qualifiziert wird, was die Haftungsvoraussetzung einer Eigendynamik ausschließt.

(c) Weitere Einschränkungen des Verursachungsprinzips 87 (aa) "Handeln auf eigene Gefahr"

In gewisser Weise kann bereits der Umstand, daß mitkausale Außeneinflüsse bei der Haftpflichtbegründung überhaupt berücksichtigt werden, als Konsequenz einer wertenden Sicht beurteilt werden, da jeder Mitverursacher ja auch für den vollen Schaden allein haftpflichtig gemacht werden könnte und nicht bloß für einen seinem Verursachungsanteil entsprechenden Schadensteil (samt gesamtschuldnerischer Zusatzverpflichtung für die gesamte Schadenshöhe mit Regreßmöglichkeit). Diese Überlegung wird hier jedoch als Wertungsproblem nicht weitergeführt, sodaß alle Fragen der Mitverursachung und deren Berücksichtigung bei der Haftpflichtbegründung der Ebene der wertenden Kausalitätsprüfung zugeordnet werden. Hervorgehoben seien aber jene Fälle, die unter dem Oberbegriff "Handeln auf eigene Gefahr" 88 geführt werden. Bei ihnen wird (zumindest) ein Schadensteil dem Geschädigten als Mitverursacher zugerechnet. Zur Berücksichtigung dieser "Mitverursachung" kommt es aber nur aufgrund einer wertenden Abwägung der beteiligten Interessenspositionen.

87

Zur Einordnung in die Systematik der Haftungsgründe oben III.3.C. Dessen Grundwertung faßt am besten Müller-Erzbach, Gefahrdungshaftung, 89 ( = AcP 106, 397) zusammen: "Das Recht kann Niemanden schützen, der offenen Auges ins Verderben rennt. " 88

2. Die Ermittlung der haftungsrelevanten Verursacherrolle

149

Der Geschädigte hat keinen aktiven Beitrag zur Schadensverursachung geleistet, der ihm über die Regeln der Verhaltenshaftung zuzurechnen wäre. Vielmehr dominierten früher Gedanken wie "stillschweigende Einwilligung in die Schädigung" und "Einlassung in eine Gefahr". Vor allem letzteres scheint heute noch ein Grund fur Haftungsminderung oder -ausschluß speziell fur die Gefährdungshaftung in ihrer Ausrichtung an einer Sachgefahr zu sein. 89 Eine Mitberücksichtigung dieses Gedankens ist jedoch auch möglich, ohne daß deswegen zum überkommenen Konzept der Haftung für eine Sachgefahr zurückgekehrt werden müßte. Stoll nennt am Ausgangspunkt seiner grundlegenden Arbeit über "Handeln auf eigene Gefahr" 90 die Formel: "Auf eigene Gefahr handelt, wer sich ohne Not bewußt einer erkannten Gefahr aussetzt". Er relativiert ihre Anwendbarkeit jedoch aufgrund der von ihm festgestellten 91 uneinheitlichen Judikatur, indem er daraufhinweist, daß, selbst wenn die Formel zu passen scheint, "ein einheitlicher Rechtsgrund für den Haftungsausschluß nicht zu erkennen" sei 92 . Seine theoretischen Überlegungen, die ihn (unter anderem) auch zur berechtigten Ablehnung der Einwilligungstheorien führen 93 , resultieren in einer Alternative zur erstgenannten Formel, die das Problem aus einem Blickwinkel in der Nähe der Verkehrspflichten sieht: Der Gefährdete habe sich vor einer erkennbaren konkreten (!) Gefahr selbst zu schützen; tut er dies nicht, ist ihm diese Vernachlässigung seiner Pflicht, sofern sie schuldhaft ist, bei der Frage der Schadensüberwälzung über § 254 BGB zuzurechnen. 94 Dieser modifizierten "Pflichtentheorie" 95 ist in ihren Grundzügen immer noch zuzustimmen. Ob man den von Stoll zusammengefaßten Haftungsbeschränkungsgrund nun "Handeln auf eigene Gefahr" nennen will oder nicht, wird zwar diskutiert 96, ist aber zumeist ein Streit um Worte. 9 7 Wesentlich ist 89 Vgl. auch Stoll, Gefahr, 343, der, wohl berechtigt, den Ausgangspunkt der Lehre vom "Handeln auf eigene Gefahr" bei Fällen der Gefährdungshaftung sieht. 90 Gefahr, 4. 91 Erst nach Fertigstellung seiner Arbeit kam die Grundsatzentscheidung des BGH 14. 3. 1961 BGHZ 34, 355 = NJW 1961, 655 = VersR 1961, 284. 92 Stoll, Gefahr, 5. 93 Vgl. nur Stoll, Gefahr, 260 ff., 306 ff. Inzwischen wohl h. Μ . : ζ. B. Medicus in Staudingeri2,

Rn.

138 zu § 254 m. w .

N.

94 Stoll, Gefahr, 318 ff. Vgl. auch die kompakte Darstellung bei dems., Gefahr, 252 f., wo er zwischen "echten" und "unechten" Fällen des Handelns auf eigene Gefahr unterscheidet. Zu letzteren zählen für ihn jene Fälle, in denen der genannten Pflichtwidrigkeit des Geschädigten eine ebensolche des "Gefährders" gegenübersteht. Zu Recht betont er dabei, daß eine solche dem Gefahrder zurechenbare Handlung (nur) in Abwägung mit der Gefahrübernahme des Geschädigten zu beurteüen ist.

95 Stoll, Gefahr, 161 ff., 234 ff., 258 ff. 9 6 Mertens in S o e r g e l / S i e b e r t l 2 , Rn. 51 zu § 254 lehnt die Bezeichnung ab, "da sie

den unzutreffenden Eindruck erweckt, der Geschädigte habe den Schaden allein zu

150

V. Die Sachhaftung

vielmehr, daß niemand vollen Ersatz seines Schadens erwarten kann, wenn er diesen vor seinem Verhalten vorhersehen konnte. Merken die Schleppliftfahrer in dem bereits verwendeten Beispiel 98 , daß die Zuganlage defekt ist, und steigen sie trotzdem zu, sind ihnen ihre Verletzungen (zumindest teilweise) selbst zuzurechnen.

(bb) "Rechtfertigungsgründe"

Das gegenwärtige Deliktsrecht kennt als weiteren Entlastungsgrund des Schadensverursachers die sogenannten H Rechtfertigungsgründe H. Ohne die Diskussion zur Frage der Rechtswidrigkeit bei Gefährdungshaftung fortzusetzen", sei kurz auf einige Tatbestände eingegangen, wobei in der Folge nur noch von "EntlastungsgründenH gesprochen wird. Dazu zählen zunächst die Fälle der (tatsächlichen) Einwilligung in die Schädigung. 100 Da die eigendynamischen Zustandsveränderungen der Sachen aber nicht wie vorsätzliche Schädigungen vorhersehbar sind, ist die Bedeutung eines solchen Entlastungsgrundes für die der Sachhaftung unterliegenden Fälle wohl ohnedies gering. Insbesondere entfallen jene Schadensvorgänge, bei denen die Sache auf menschliche Einwirkung reagiert, wozu auch die Reaktion auf den Geschädigten selbst zählt. Hält jemand seine Hand einem bekanntermaßen scharfen Hund hin, um gebissen zu werden (eine wohl nur als Versicherungsbetrug denkbare Konstruktion), willigt er zwar in die Schädigung ein, hat diese aber auch gleichzeitig veranlaßt, sodaß dieser Fall gar nicht der Sachhaftungsprüfung unterliegt. Selbst wenn der Hund durch das Hinhalten der Hand nicht (zusätzlich) gereizt wird, was das Beißen bereits deshalb als vorhersehbare Reaktion qualifizieren würde 1 0 1 , ist das zum Handlungswillen oben 1 0 2 Gesagte analog anzuwenden: Nimmt der Versicherungsbetrüger bewußt in Kauf, infolge der von ihm erkannten Unberechenbarkeit

tragen". Ähnlich Weidner, Mitverursachung, 37, der von der Unteilbarkeit des Handelns auf eigene Gefahr spricht. 97 Um an die in voriger Fn. zitierte Kritik anzuknüpfen: Warum sollte es nicht denkbar sein, daß der Geschädigte "auf eigene Gefahr handelt" und dennoch einen Teil seines Schadens ersetzt bekommt? 98 Oben S. 142. 99 Dazu bereits oben III.3.c.aa. 100 Bei den oben geschilderten Fällen des Handelns auf eigene Gefahr willigt der später Geschädigte nicht in die Verletzung ein; er kennt zwar die Schadensmöglichkeit, glaubt aber nicht an die Verwirklichung dieser Gefahr. Vgl. auch die oben in Fn. 93 Zitierten. 101 Dazu auch sogleich. 102 s . 1 2 9 f.

2. Die Ermittlung der haftungsrelevanten Verursacherrolle

151

des Hundes gebissen zu werden, umfaßt sein "Selbstschädigungswille" das Tierverhalten, auch wenn es nicht in allen Einzelheiten vorhersehbar ist, sodaß der Hund nicht eigendynamisch zugebissen hat. Somit verbleiben als denkbare realistischere Sachverhalte solche aus dem Bereich der Medizin, etwa der Strahlentherapie. Doch sind hier mittlerweile die Risiken kontrollierbar(er) geworden, weil etwa die Dosierung exakter eingehalten werden kann, sodaß sich auch diese Fallgruppe von der Sachhaftung "fortbewegt". 103 Der Entlastungsgrund der Einwilligung könnte allenfalls noch bei Schäden durch unerprobte Medikamente zur Anwendung kommen 104 , welche grundsätzlich der Sachhaftung unterliegen. Die "klassischen" Rechtfertigungsgründe Notwehr und Notstand sind bei der Sachhaftung nicht anwendbar. Die Notwehr scheidet schon deshalb aus, weil eine Sache keinen "Verteidigungswillen" entwickeln kann, ebenso wie eine Notyta/k&handlung bei Sachen an der Definition dieses Entlastungstatbestandes scheitert. Ein Tier, das sich gegen einen Angriff eines Menschen verteidigen will, "reagiert" auf diesen menschlichen Einfluß; der Angreifer muß damit rechnen, daß das Tier sich schützen will, auch wenn dies zu einer Körperverletzung des Angreifenden führt. Das Zubeißen des gereizten Hundes ist keine eigendynamische "Tierhandlung", sondern bloße vorhersehbare Reaktion auf den Angriff. 105 Allenfalls analog kann es zu einer Notwehr- oder Notstandssituation kommen, und auch dies ist nur im Sonderfall "Tier" denkbar: Der von Tieren entwickelte Mutterinstinkt kann dazu führen, daß sie ihre Jungen verteidigen wollen, was bis zur Schädigung desjenigen geht, der das vom Tier Geschützte (aus dessen Sicht) bedroht. Dennoch kann dies nicht zu einer (ebenso analogen) Anwendung des Entlastungstatbestandes führen. Die "Bedrohungssituationen", wie sie Tiere empfinden, können meist nicht vom Menschen nachvollzogen werden, sodaß sich der Geschädigte der Gefahr, der er sich aussetzt, oft gar nicht bewußt ist. Ist er es doch, wenn er beispielsweise Jungtiere vor den Augen des Muttertieres in die Hand nimmt, kommt es allenfalls zu einer Entlastung des Tierhalters wegen "Handelns auf eigene Gefahr".

103

Zur Entwicklung und Verbesserung der in der Radiologie verwendeten Bestrah-

lungsgeräte Laubenberger ff.

y

Radiologie5, 548 ff.; Scher er/Sack,

Strahlentherapie 4, 46

104 V g l . auch oben S. 129.

105 Das Zubeißen ohne ersichtlichen Reiz ist natürlich sehr wohl "eigendynamisch"; dabei fehlt es jedoch an einer Notwehrsituation, sodaß dieser Sachverhalt nicht in den hier relevanten Zusammenhang paßt.

152

V. Die Sachhaftung

3. Der Haftpflichtige Während ein Mensch, der einen Schaden verursacht hat, selbst haftpflichtig gemacht werden kann, muß bei Schadens Verursachung durch eine Sache erst ein Rechtssubjekt gefunden werden, das für die Sache haftet. Bei der Behandlung der Haftpflichtgrundsätze wurde fur diese Frage folgender Satz als vorläufige Antwort gefunden 106: Wer den Nutzen aus einer Sache zieht, deren Eigenschaften und Zustand er bestimmen kann, hat auch für die Schäden aufzukommen, die aus diesem Zustand resultieren. 107 Dieser Satz deutet in verkürzter Formulierung auf jene drei Elemente, die den Weg der Schadenszurechnung von der schädigenden Sache zu dem für sie Haftpflichtigen (dem Halter 1 0 8 ) bestimmen: die (im weitesten Sinne) vermögensrechtliche Zuordnung, die Erhaltung der Sache (und damit die Möglichkeit der Einflußnahme auf ihren Zustand) sowie die Nutzung samt der mit ihr verbundenen Risikotragung. Alle drei helfen bei der Individualisierung des Haftpflichtigen, ohne dabei notwendig zu ein und derselben Person führen zu müssen. Die vermögensrechtliche Zuordnung, also die Frage, welchem Vermögen die Sache zugeordnet werden kann, ist die schwächste Form der Anknüpfung, wie bereits oben festgehalten wurde. Dazu zählt insbesondere die Frage, wer über die Sache rechtswirksam verfügen kann. 1 0 9 Allerdings läßt sich nicht leugnen, daß in vielen (wahrscheinlich den meisten) Fällen tatsächlich etwa der Eigentümer der Sache für sie haftet. 110 Insofern kann die Bestimmung des Eigentümers bereits zum endgültig Haftpflichtigen führen, womit den Eigen-

106 oben III.3.b.bb. 107 Vgl. dazu auch die üblichen Kfz-Halter-Definitionen der Gerichte: "Halter ist, wer das Fahrzeug für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt darüber besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt." oder: "Halter eines Kraftfahrzeuges ist, wer es für seine Zwecke und in seinem Interesse in Gebrauch hat und zu seiner Verfügung hält." (Nachweise bei Full , Kommentar, Rn. 190 zu § 7 StVG). 108 Bei diesem Begriff soll es auch bei der Sachhaftung bleiben; es ergeben sich bei der Definition des Halters auch keine Änderungen, die dem Konzept der Sachhaftung selbst entstammen. Vgl. daher zu diesem Abschnitt die bisherige Literatur zum Halterbegriff, ζ. B. Schlegelmilch in G e i g e l / S c h l e g e l m i l c h 2 0 f 4 5 4 ff. und Kunschert ibd., 551 ff., 601 ff.; allgemein Heß, Ersatzpflichtiger. 109 Hier ist die Verfügungsgewalt im sonst üblichen Sinne gemeint, also die Möglichkeit, über Bestand und rechtliche Zuordnung der Sache zu entscheiden. Vgl. hingegen zu jenem Wortsinn, den die Judikatur zum Kfz-Halter diesem (eigentlich bereits belegten) Begriff aufzwängen will, unten in Fn. 113. 110 Vgl. dazu die Rechtsvermutung des französischen Rechts, die für die garde des Eigentümers spricht. "Der Eigentümer muß den Gegenbeweis antreten, daß die garde auf einen anderen übergegangen ist." (U. Hübner, Gardien, 89).

3. Der Haftpflichtige

153

tumsverhältnissen einer Sache Indizwirkung fur dieses Problem zuzuerkennen ist. 1 1 1 Dennoch dürfen daraus keine voreiligen Schlüsse gezogen werden. Somit ist als nächstes jene Person zu suchen, die die Erhaltung der Sache bestimmen kann und/oder tatsächlich bestimmt. Dahinter steht die Annahme, daß etwa eine Sache in schlechtem Zustand viel eher einen Schaden verursachen wird als eine intakte, wobei deijenige für allfällige Schäden aufkommen solle, der darauf Einfluß nehmen konnte. In welchem Zustand die Sache bei Schädigung jedoch tatsächlich war, ist bei der Halterfrage irrelevant 112 , der angesprochene Gedankengang erklärt allenfalls, warum die Erhaltung der Sache als haftungsrelevante Beziehung einer Person zu einer Sache gewertet wird. Als drittes ist in diesem Zusammenhang die Nutzung der Sache zu prüfen. Dabei handelt es sich eigentlich um ein zweigeteiltes Element. Zum einen interessiert (naheliegenderweise) die tatsächliche Nutzung einer Sache, indiziert durch die Sachinnehabung. Dabei kommt es jedoch nicht so sehr auf die tatsächliche Verwendung der Sache an; entscheidend ist vielmehr die Möglichkeit, unmittelbar den Einsatz und die Art und Weise des Gebrauchs zu bestimmen und zu kontrollieren. 113 Daher ist es denkbar, daß es neben dem "tatsächlichen Nutzer" im dargestellten technischen Sinne auch "schlichte Nutzer" gibt, die für die Halterdiskussion uninteressant sind. Es handelt sich dabei um jene Personen, die unter der Kontrolle des tatsächlichen Nutzers die Sache unmittelbar gebrauchen, die also gleichsam "Gehilfen" bei der tatsächlichen Nutzung sind, ohne selbst über den Gebrauch bestimmen zu können. 114 Von der tatsächlichen Nutzung zu unterscheiden ist die wirtschaftliche Nutzung, die den wirtschaftlichen Vorteil aus einer Sache einer Person zukommen läßt, die die Sache nicht unbedingt selbst "aktiv" verwendet. Neben einem ausschließlich wirtschaftlichen Nutzer gibt es notwendigerweise

m Diese Indizwirkung des Eigentums bejahen auch Full , Kommentar, Rn. 204 zu § 7 StVG und Kunschert in Geigel/Schlegelmilch20, 602 (Kap. 25, Rn. 16) hinsichtlich des Kfz-Halters. 112 Nicht jedoch, wenn es darum geht, den Erhalter etwa wegen unterlassener Instandhaltung nach den Regeln der Haftung für menschliches Verhalten zum Ersatz des Schadens heranzuziehen. 113 Dieser Gedanke ist in dem von der Judikatur verwendeten Schlagwort der "Verfügungsgewalt" enthalten, das etwa beim Kfz denjenigen als Halter bestimmt, der "Ziel und Zeit der Fahrten bestimmen können" muß (Kunschert in Geigel/Schlegelmilch20, 602 = Kap. 25, Rn. 16). Vgl. dazu auch Full , Kommentar, Rn. 197 zu § 7 StVG. 114 Hier wird bewußt darauf verzichtet, das Bild des "verlängerten Arms" zu verwenden, um den Anschein von Widersprüchen mit der in Kapitel III.3.b.aa erfolgten Ablehnung dieser Theorie zu vermeiden.

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V. Die Sachhaftung

immer einen (oder mehrere) tatsächliche Nutzer, nicht jedoch umgekehrt: Der tatsächliche Nutzer kann bei seinem Gebrauch der Sache sehr wohl auch den wirtschaftlichen Vorteil aus der Sache ziehen. Dies beeinflußt jedoch die Beurteilung nicht, da die tatsächliche Nutzung der stärkste Anknüpfungspunkt bei der Schadenszurechnung ist. Damit scheint bereits eine Hierarchie der aufgezählten Elemente angedeutet zu sein. In der Tat sind einzelne Anknüpfungsmerkmale stärker zu berücksichtigen als andere. Dies führt jedoch zu keiner starren Rangordnung, denn die Bedeutung dieser Merkmale variiert von Fall zu Fall. Bereits erwähnt wurde, daß die vermögensrechtliche Frage grundsätzlich nur einen schwachen Einfluß auf die Entscheidung der haftungsrechtlichen Sachzuordnung hat. Stärker ist meist die Erhaltung der Sache zu berücksichtigen, was, wie erwähnt, die Verantwortung für die Sache in ihrem jeweiligen Zustand betont. Große Bedeutung kommt auch der wirtschaftlichen Nutzung zu, bei der das Nutzen-Risiko-Prinzip am stärksten zum Ausdruck kommt. Vor allem bestimmt aber die tatsächliche Nutzung die Frage, wer den von der Sache verursachten Schaden zu tragen hat. Dahinter steckt insbesondere das Bewußtsein, daß nur der tatsächliche Nutzer im Moment der Schadensentstehung direkten Einfluß auf die Sache nehmen konnte, zumindest ihren Ort bestimmte (ohne daß mit dieser bloßen Wertungsgrundlage bereits eine all fällige Beurteilung dieses Verhaltens vorweggenommen wäre). Die Betonung der tatsächlichen Nutzung widerspricht auch nicht dem Leitgedanken des Nutzen-Risiko-Prinzips, da der tatsächliche Nutzer in der Regel selbst einen Vorteil durch den Sachgebrauch erlangt. Dieser Vorteil läßt sich jedoch nur mit der konkreten Sache erzielen; insofern scheint sein Interesse an dieser Sache am stärksten zu sein, was wiederum dafür spricht, die Halterrolle ihm zuzuweisen. Wie verhalten sich nun diese Elemente zueinander? Ein offensichtliches Ergebnis der Schadenszurechnung gibt es in dem Falle, daß alle Eigenschaften in einer Person zusammenfallen: Der Eigentümer nutzt und erhält die schadenskausale Sache selbst. Führt die Prüfung der aufgelisteten Varianten des Verhältnisses "Mensch - Sache" jedoch zu zwei oder mehreren Personen, müssen diese von unterschiedlichen Wertungen getragenen Varianten zueinander abgewogen werden, um zu einer sachgerechten Lösung des Problems der Schadenszurechnung zu gelangen. Diese Lösung kann auch darin bestehen, daß mehrere Personen als Halter festgestellt werden. 115 Von den möglichen Konstellationen seien im folgenden einige beispielhaft hervorgehoben. Im Leasinggeschäft verbleibt das Eigentum beim Leasinggeber, der durch das Geschäft die Sache wirtschaftlich nutzt, indem er für die Überlassung der Sache ein Entgelt erhält. Der Leasingnehmer ist tatsächlicher Nutzer und zuΠ5 Vgl. dazu auch Kunschert in Geigel/Schlegelmilch20, 605 (Kap. 25, Rn. 22).

3. Der Haftpflichtige

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dem zur Erhaltung der Sache verpflichtet. Verursacht der Leasinggegenstand einen Schaden, hat diesen der Leasingnehmer zu tragen, da er die beiden "starken" Positionen der tatsächlichen Nutzung und der Erhaltung auf sich vereinigt. Sein Interesse an der Sache selbst ist stärker als das des Leasinggebers, der unabhängig von Art und Qualität der Sache vorwiegend bis ausschließlich an einem wirtschaftlichen Vorteil interessiert ist. 1 1 6 Bei der BGB-Miete trifft den Vermieter die Erhaltung der Mietsache (§ 536 BGB), sodaß dem Mieter nur die Position des tatsächlichen Nutzers zukommt. In diesem Regelfall hat daher auch der Vermieter die von der Sache eigendynamisch verursachten Schäden zu tragen. Ist das Verhältnis des Mieters zur Sache jedoch (aus dieser Sicht) besonders stark, weil das Mietverhältnis zum Beispiel auf sehr lange Zeit vereinbart wurde, während der der Mieter auch die anfallenden Betriebskosten im weiteren Sinne 117 zu tragen hat und/oder die Sache dem Einflußbereich des Vermieters fern ist, so kann im Einzelfall seine Position die des Vermieters bei der Suche nach dem Haftpflichtigen überwiegen. Läßt sich nur ein (ungefähres) Gleichgewicht ermitteln, bleibt es bei einer Aufteilung der Haftpflichtrolle auf beide. 118 Der Arbeiter an der Maschine eines Unternehmens nutzt diese zwar unmittelbar, jedoch nur unter Aufsicht und Kontrolle seines Vorgesetzten und damit letztendlich seines Arbeitgebers, der als "tatsächlicher Nutzer" in obigem Sinne zu sehen ist. Letzterem kommt auch in der Regel der wirtschaftliche Nutzen aus der Sache zugute, deren Erhaltungsaufwand er zudem selber trägt. Dies gilt auch für Kraftfahrzeuge des Unternehmens, die ein Angestellter dienstlich "nutzt". Zu überlegen ist, ob ein privat verwendetes Firmenauto haftpflichtrechtlich dem Unternehmen oder dem Dienstnehmer zuzuordnen ist. 1 1 9 Hier muß die Entscheidung wohl dem Einzelfall überlassen werden; zu berücksichtigen ist dabei nicht nur, ob das Fahrzeug als besondere Art der Remuneration dem Dienstnehmer überlassen ist 1 2 0 , ohne je im Arbeitsablauf 116 Zu diesem Ergebnis gelangt auch die Judikatur auf der Basis der heutigen Haftungstheorien: Vgl. nur BGH 22. 3. 1983 BGHZ 87, 133 = VersR 1983, 656 = NJW 1983, 1492 und 26. 11. 1985 VersR 1986, 169. 117 Beispielhalber sei der Fall konstruiert, daß der Fahrzeugmieter nicht bloß die Benzinkosten zu tragen hat, sondern auch die Kosten der Regelwartungen während der Mietdauer sowie der anfallenden Versicherungen. 118 Die Begriffe "Gleichgewicht" und "Übergewicht" sind natürlich nicht wörtlich zu verstehen; im Ergebnis ist die Entscheidung der Wertung des Gerichts zu überlassen. Obige Überlegungen sollen nur Richtlinien einer notwendig einzelfallbezogenen Entscheidung sein. Vgl. BGH 29. 5. 1954 BGHZ 13, 351; 11. 7. 1958 VersR 1958, 646; 23. 5. 1960 VRS 19, 9; 22. 3. 1983 BGHZ 87, 133 = NJW 1983, 1492 = VersR 1983, 656. 119 Vgl. dazu BGH 29. 5. 1954 BGHZ 13, 351; 11. 7. 1958 VersR 1958, 646. 120 Darin ist auch ein wirtschaftlicher Vorteil für das Unternehmen zu sehen, das sich anteilig höhere Lohnkosten erspart.

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V. Die Sachhaftung

verwendet zu werden, oder ob es während der Dienstzeiten auch fur das Unternehmen genutzt wird. Ebenso bestimmt die Aufteilung der Betriebs- und Erhaltungskosten die Halterfrage. Im umgekehrten Fall, daß der Arbeitnehmer für dienstliche Zwecke sein Privatfahrzeug nutzt, muß berücksichtigt werden, inwieweit diese Nutzung vom Dienstgeber unterstützt wird. Je stärker das Fahrzeug und seine Nutzung von letzterem bei der Betriebskostenrechnung direkt berücksichtigt wird, indem etwa anteilig Betriebskosten anhand von vorgelegten Rechnungen erstattet werden, umso mehr spricht für eine Einbeziehung des Dienstgebers in die Liste der potentiellen Halter. Zu vermuten ist jedoch, daß in solchen Fällen ein pauschalierter Kostenersatz die Regel ist, der unabhängig vom tatsächlich benutzten Fahrzeug und vom tatsächlichen Umfang der Nutzung ist. Die Position des Arbeitnehmers, geprägt von dem Umstand, daß dieser sein eigenes Fahrzeug nutzt und (zumindest teilweise) dessen Erhaltungskosten trägt, dominiert in den meisten Fällen, sodaß der Arbeitgeber nur selten als Halter des Fahrzeuges zu sehen ist. Eine Haftung des Arbeitgebers für jene Schäden, die das Privatfahrzeug des Dienstnehmers im Dienst verursacht, ist trotzdem nicht ausgeschlossen; eine Anknüpfung kann immer noch in analoger Anwendung der Grundgedanken der Gehilfenhaftung erfolgen. 121 Am Beispiel des Diebes sei darauf hingewiesen, daß die "Bestandsaufnahme" der verschiedenen Mensch-Sache-Beziehungen für den Moment der Schadensverursachung zu treffen ist. Ist eine Sache dabei in der "Gewalt" eines Diebes, ist dem Eigentümer nicht nur die Möglichkeit der tatsächlichen und wirtschaftlichen Nutzung entzogen, sondern auch die der Einflußnahme auf die Erhaltung der Sache. Damit ist die Halterfrage eindeutig zugunsten des Diebes entschieden122, auch wenn der Schaden unabhängig von der Entwendung beim Eigentümer gleichfalls entstanden wäre. Der Dieb muß sich dieses Risiko zurechnen lassen, ist doch strafrechtlich (auch) der Zueignungsvorsatz Merkmal des Diebes: Er will nicht bloß die Nutzungsmöglichkeit an sich ziehen, sondern alle mit der Eigentümerposition verbundenen Vorteile. Daß er damit auch die aus ihr resultierenden Nachteile auf sich zu nehmen hat, erscheint als selbstverständlich. Realisiert sich der Schaden jedoch bloß aufgrund einer nur dem Eigentümer bekannten Eigenschaft der Sache, ist allenfalls zu prüfen, ob die Prüfung der Verkehrspflichten dieses Eigentümers zu einer (Mit-)Verpflichtung desselben (aus menschlichem Verhalten) führt. Zu denken ist dabei an ein Auto mit defektem Bremssystem, das vom Eigentümer unversperrt zurückgelassen wurde und mit dem der Dieb in der Folge einen Verkehrsunfall verursacht. 121 Die daraus resultierende Haftung des Geschäftsherrn wäre der Untergruppe "Haftung eines Dritten" zuzuordnen. Vgl. oben S. 114. 122 Anders Kunschert in Geigel/Schlegelmüch20, 638 f. (Kap. 25, Rn. 100) m.w.N.

4. Der Umfang der Schadensersatzpflicht

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4. Der Umfang der Schadensersatzpflicht (a) Allgemeine Überlegungen123 Bislang wurde nur über die Begründung der Haftpflicht gesprochen. Nach der Untersuchung, ob das Verhalten des Schädigers oder die Zustandsveränderung der Sache schadenskausal geworden ist, und wenn ja, in welchem Maße (wobei auch berücksichtigt werden muß, ob nur eine Verursacherkette zum Schadensereignis führt oder mehrere), resultiert diese Schadensverursachung, gefiltert durch ein Netz von Wertungen und normativen Haftungsbeschränkungen, in der Begründung einer alleinigen oder (bei mehreren "Parallel-Verursachern ") nur gesamtschuldnerischen Haftpflicht. Damit ist jedoch noch nicht endgültig darüber entschieden, in welcher Höhe ein Haftpflichtiger Schadensersatz zu leisten hat. 1 2 4 Es muß geklärt werden, welche Folgen des Schadensereignisses der Schädiger (oder, falls nicht identisch, der für ihn Haftpflichtige) zu tragen hat, da die Veränderung des Schadensobjekts regelmäßig nur die erste, nicht aber die einzige Folge eines Schadensfalles ist. Des weiteren ist zu prüfen, ob dieser nunmehr dem Umfang nach festgestellte Schaden auch dem vollen Haftungsanteil entsprechend ersetzt werden muß. Denn "der Grundsatz der Totalreparation ist in seiner Klarheit, Berechenbarkeit und der mit ihm verbundenen Gewähr einer Gleichbehandlung aller Schädiger allen anderen Möglichkeiten klar überlegen" 125 , nicht jedoch hinsichtlich der Gerechtigkeit 126 seiner strikten Anwendung. Vorweg sei auf einen Aspekt der Frage, was alles zu ersetzender Schaden sei, kurz eingegangen, der in der Vergangenheit Gegenstand von Diskussionen war, und zwar, ob auch bei verschuldensunabhängiger Haftung Schmer123 Rechtsvergleichende Übersicht bei Stoll, IECL XI/8, 155 ff. 124 Dies Trennung nimmt auch Larenz vor, wenn er sagt (Verh. 43. DJT II, C 47): "Begrenzung des Umfanges der Ersatzpflicht, eine Frage, die erst dann gestellt werden kann, wenn zuvor die Verantwortlichkeit fur diese Folge im Prinzip bejaht worden ist." 125 Löwe, VersR 1970, 290. 126 Löwe bezeichnet ein solches Gerechtigkeitsprinzip als "fragwürdig" (VersR 1970, 291), allerdings unter Zugrundelegung eines offensichtlich eigenen Gerechtigkeitsbegriffes: Er sieht anscheinend mehrere, von einander unabhängige Gerechtigkeiten (!), indem er durch die Abkehr vom Alles-oder-Nichts-Prinzips "ein anderes, sehr wesentliches Gerechtigkeitsprinzip, nämlich das der Gleichbehandlung aller Geschädigten/Schädiger aufgegeben" sieht (a. a. O.). Seine "Gleichbehandlung" ist aber wohl nur einseitig, wenn er bestehende ungleiche Ausgangspositionen dabei ignoriert. Vgl. dazu nur Rother, Haftungsbeschränkung, 291: "Es gibt in der Tat keine größere Ungleichheit, als Ungleiches gleich zu behandeln."

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V. Die Sachhaftung

zensgeld zu leisten sei. 1 2 7 Als Grundwertung ist vorwegzunehmen, daß die Alternativen wohl nur sein können: einheitlich Schmerzensgeld oder einheitlich kein Schmerzensgeld. Auch hier erweist sich nämlich das Verschulden als unerträglicher Störfaktor, der zu unverständlichen Auswüchsen in der Rechtsanwendung führt. Wie kann es von der (nachträglich beurteilten) Einstellung des Schädigers beim schädigenden Verhalten (also nicht einmal vom Verhalten selbst!) oder gar von der Art des Schädigers abhängen, welcher Schaden von der Rechtsordnung als entschädigungsbedürftig angesehen wird, solange "die Wiederherstellung des Geschädigten als oberster Zweck des Schadensrechts" 128 gesehen wird? 1 2 9 Der Schaden ist doch unabhängig von den genannten Kriterien stets derselbe. Die Diskussion leidet allerdings darunter, daß offensichtlich nicht unterschieden wird zwischen Haftungsbegründung und einer "unabhängig" von ihr festgesetzten Ersatzpflicht. Der genannte formale Widerspruch ließe sich (nicht wertungsmäßig!) zumindest mildern, wenn von einer grundsätzlichen Einbeziehung des Schmerzensgeldes in die Schadensersatzpflicht ausgegangen würde und über die Frage der all fälligen Berücksichtigung des Verschuldensgrades nur noch bei der Minderung der Ersatzpflicht diskutiert würde, die beim Schmerzensgeld ansetzen könnte. 130 Ohne diesen Nebenweg (oder besser: diese Sackgasse) der Diskussion zu verfolgen 131 , sei zum Thema "Schmerzensgeld" noch angemerkt, daß nur der "äußere immaterielle Verletzungsschaden" und der "äußere immaterielle Verletzungsfolgeschaden" im Sinne von Lorenz ersatzfähig erscheinen. Zu dieser objektivierten Sicht des Schmerzensgeldes kann vollinhaltlich auf seine grundlegende Arbeit verwiesen werden. 132 127 Zur Diskussion: Wolf gang Schmid , Schmerzensgeld; Dürr/Schubert, ZRP 1975, 225 ff.; Hertel, VGT 1977, 155 ff.; Musielak, VersR 1982, 613 ff.; Küppersbusch, V G T 1982, 153 ff. ( = VersR 1982, 618 ff.). Dafür z. B. Kötz, FS von Caemmerer 70, 389 ff.; ders., VersR 1982, 624 ff.; Ott/H.-B. Schäfer, JZ 1990, 563 ff.; dagegen z. B. Lemhöfer, VersR 1967, 1134.; Sanden, VersR 1967, 413 ff.; Reimer Schmidt, FS Felgenträger 70, 375 (Einbeziehung wäre "unangebrachte Konzession an kleinbürgerlich-kommerzielles Denken und zugleich eine Verkennung der soziologischen Gegebenheiten in der Massengesellschaft"); Sieg, VersR 1975, 870; Moog, VersR 1978, 304 ff. 128 So etwa Mertens in Soergel/Sieberti 1, Rn. 25 vor § 249. 129 Vgl. dazu auch Lorenz-Meyer, Haftungsstruktur, 61 f. (unter Berufung auf Burckhardt, ZSR 1903, 497): "Der Geschädigte wird einen auf leichtem Versehen des Schädigers beruhenden Schaden als weniger schwerwiegend empfinden als einen Schaden, der auf eine grob fahrlässige oder vorsätzliche Rechtsguts Verletzung zurückgeht." [!]. 130 z u r (wünschenswerten) Reduktionsklausel unten V.4.c (S. 162 f.). 131 Vgl. Kötz, VersR 1982, 628: "Ich warne davor, hinsichtlich der Einbeziehung des Schmerzensgeldes in die Gefährdungshaftung allzu hartnäckig zu sein. Es handelt sich hier im Grunde um einen Nebenkriegsschauplatz, und der Sieg, den man hier erringt, könnte sehr wohl ein Pyrrhussieg sein." 132 Immaterieller Schaden, passim.

4. Der Umfang der Schadensersatzpflicht

159

(b) Haftungsbegrenzung durch Höchstsummen?133 Einige Tatbestände der Gefährdungshaftung sehen eine pauschale summenmässige Begrenzung der Haftpflicht vor. Im Zuge der Diskussion um eine Generalklausel der Gefährdungshaftung wurde daher gefragt, ob eine solche Höchstsummenbegrenzung auch künftighin noch vorzusehen sei. Dies wurde jedoch überwiegend verneint. 134 Auch hier seien Zweifel an der Zweckmäßigkeit einer Haftungsbegrenzung durch Höchstsummen angemeldet. Unterstützt wird dies bereits durch einen Blick auf die gegenwärtige Haftpflichtpraxis, die die bestehenden Haftungsgrenzen der Gefährdungshaftung durch Ausweichen auf die "unbegrenzte" Verschuldenshaftung zu umgehen versucht, um unbefriedigende Ergebnisse zu vermeiden. 135 Die einzelnen Gefährdungshaftungstatbestände normieren höchst unterschiedliche Obergrenzen. 136 Nach welchen Kriterien soll dann aber ein "Einheitssatz" für alle Gefährdungshaftungen (oder für den hier als "Sachhaftung" bezeichneten Tatbestand) gefunden werden? Selbst wenn sich eine einheitliche Obergrenze fände, wäre deren Normierung von einer ständigen Wertanpassung abhängig. 137 Dieses Problem ließe sich allenfalls noch durch periodische Betragsangleichungen oder durch eine "automatisierte" Indexanpassung entschärfen. 138 Dennoch bliebe zumindest der Hauptnachteil der Normierung von Höchstsummen bestehen: Eine starre summenmäßige Haftungsbegrenzung ignoriert zwangsläufig die Umstände des Einzelfalles, was zu unbilligen Ergebnissen führen kann. Insbesondere unbefriedigend ist, daß ein nur leicht Geschädigter

133 Dazu grundlegend Will, Quellen, 305 ff. 134 Vgl. nur Κ. E. Meyer, Verh. 43. DJT II, C 67 f.; Weitnauer, JJB 4, 232 (inkl. Fn. 67); von Caemmerer, Reform, 23 f.; Will, Quellen, 305 ff.; Kötz, AcP 170, 36 ff.; ders. y Gutachten, 1825 ff.; Sieg in Soziale Sicherung, 24 f. (vgl. jedoch dens. y VersR 1975, 870 - im selben Jahr!); Taschner, Koil. von Caemmerer, 75 ff.; Will, Quellen, 319 ff. Sogar der Gesetzgeber hielt es für "fraglich", "ob die summenmäßige Haftungsbeschränkung in beinahe allen Bereichen der Gefahrdungshaftung jedenfalls auf längere Sicht beizubehalten ist". (BT-Drucks. 7/4825, 8). 135 "Man fragt sich unter diesen Umständen, wie die Haftpflichtpraxis einen solchen Zustand regelloser Verwilderung über lange Zeit so klaglos hat hinnehmen können. Vermutlich kann auch die schlichte Gewöhnung Wunder wirken, und es ist vielleicht auch verständlich, daß ein Haftpflichtfachmann, der diese komplizierten Regeln beherrschen gelernt hat, die darüber mühsam erworbenen Kenntnisse nur ungern durch jene Maßnahmen drastischer Applanierung entwertet sehen wird, wie sie dieses Gutachten für notwendig erhält." (Kötz y Gutachten, 1828). 1 3 6 Auch für KötZy Gutachten, 1825, ist "ein einheitliches Konzept nicht erkennbar". Vgl. nur die Darstellung bei Taschner, Koll. von Caemmerer, 77 ff. 137 Dazu KötZy Gutachten, 1827. 138 Vgl. Sieg, VersR 1975, 870.

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V. Die Sachhaftung

möglicherweise eine hundertprozentige Schadensabdeckung zugesprochen bekommt, schwerste Schäden hingegen nur zu einem (Bruch-)Teil ausgeglichen werden. Für die gesetzliche Festsetzung von Haftungshöchstsummen wird immer wieder das Argument genannt, daß die Versicherbarkeit des jeweiligen Haftungsrisikos nur so zu gewährleisten sei. 1 3 9 Dagegen ist zum einen anzumerken, daß die Vertragssummen der Versicherungen, wie der Name schon sagt, der individuellen Vereinbarung zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer unterliegen. Ob im Einzel-, das heißt, im Bedarfsfall, die Deckung ausreicht oder nicht, ist erst die zweite Frage. Andererseits kann auch bei einer summenmäßigen Haftungsbegrenzung eine "Überdeckung" vereinbart werden. 140 Selbst wenn man aus rechtspolitischen Gründen (etwa aufgrund eines hohen Schadensrisikos) eine Versicherungsdeckung in einer bestimmten Höhe für erforderlich hält, so ist es bei weitem zweckmäßiger, direkt eine Versicherungspflicht in solcher Höhe vorzuschreiben, als dies auf dem Umweg über die Anspruchsgrundlage einer möglichen Haftpflicht zu tun. Auch der Gesetzgeber hat dies längst erkannt, indem er etwa für den Bereich des Straßenverkehrs eine Pflichtversicherungssumme normiert, die höher ist als die Haftungshöchstsumme des StVG. 1 4 1 Wie die Versicherungen selbst als Problem einer Höchstsummenbegrenzung betonen, kann diese zu einer Fehleinschätzung von Risiken (und damit zur Uber- oder Unterversicherung) führen, indem eine an die Höchstsumme gekoppelte Pflichtversicherung nicht auf die versicherungswirtschaftliche individuelle Risikoeinschätzung Rücksicht nimmt. 1 4 2 Man mag all dem immer noch entgegenhalten, daß die Versicherungen bei einer summenmäßig unbegrenzten Haftung die Prämien so hoch festsetzen

139 Deutsch, Haftungsrecht I, 381 (m. w. N.); Esser/Weyers, Schuldrecht I F , 646; dagegen bereits Weitnauer, KF 1962, 11 f.; Will, Quellen, 311 ff.; Kötz, Gutachten, 1828 ff. (vgl. v. a. seine Folgerungen aus der Tabelle auf S. 1829!); Taschner, Koll. von Caemmerer, 83 ff. (v. a. seine Ausführungen zur wirtschaftlichen Tragbarkeit einer hohen Deckungssumme am Beispiel des Arzneimittelgesetzes S. 85 ff.). Auch der HUK-Verband weist in einem Schreiben an den Autor ausdrücklich auf die Verzichtbarkeit einer Höchstsummenbegrenzung zur Versicherbarkeit von Haftungsrisiken hin. 140 So hat etwa bereits heute der GroßteÜ der Kraftfahrer eine die Mindestdeckung übersteigende Haftpflicht-Versicherungssumme vereinbart. Vgl. nur W ill, Quellen, 313 f. m. w. N. 141 Vgl. § 12 StVG mit der Anlage zu § 4 PflVG i. d. g. F.! 142 Stellungnahme des HUK-Verbandes zur EG-Richtlinie über die Haftung für fehlerhafte Produkte an den Bundesminister der Justiz vom 15. 11. 1979, S. 3 (unveröffentlicht).

4. Der Umfang der Schadensersatzpflicht

161

könnten, daß diese fur den vom jeweiligen Haftungsrisiko Betroffenen, etwa für ein Unternehmen, wirtschaftlich untragbar würden. Allerdings ist dazu festzuhalten, daß die Versicherungen ihre Prämien nie nach einem pauschalen Höchstbetrag kalkulieren, sondern das Haftungsrisiko stets in einzelne Tranchen der Höhe nach unterteilen, wobei dem niedrigsten (und hinsichtlich eines tatsächlichen Schadenseintrittes wahrscheinlichsten) Haftungsbetrag der überproportional höchste Anteil an der Prämie zubemessen wird. Nur so ist es für die Versicherungen möglich, "Illimité"-Haftungen am Markt anzubieten.143 Da die Prämien umso höher festgesetzt werden, je höher das Risiko des Schadenseintrittes ist, ist hier weiter zu fragen, ob die Zulassung einer Aktivität mit hohem Schadensrisiko (und daraus resultierender potentiell hoher Prämienbelastung) wirklich rein marktwirtschaftlich entschieden werden soll, indem nur die Kostenrechnung des Unternehmens, nicht aber die Position der allenfalls Geschädigten berücksichtigt wird. Durch eine Höchstsummenbegrenzung wird dem Unternehmen nämlich eine Art Freibrief für jegliche auch noch so schadensträchtige Aktivität ausgestellt, da im Schadensfalle die finanzielle Belastung des Unternehmens (die Prämienzahlungspflicht) gleichbleibt. 1 4 4 Andererseits wird im Falle summenmäßig unbegrenzter Haftung, bei der die Festsetzung einer hohen Versicherungsprämie nicht auszuschließen ist, eine solche Aktivität möglicherweise de facto unterbunden, selbst wenn sie gesamtwirtschaftlich oder -gesellschaftlich erwünscht wäre, da die Prämien für das einzelne Unternehmen wirtschaftlich untragbar wären. 1 4 5 Dieses Dilemma sollte aber dennoch nicht durch eine pauschale Höchstsummenbegrenzung (und damit im Sinne der ersten Alternative) gelöst werden. Ist eine risikoreiche Aktivität erwünscht (etwa die Entwicklung eines neuen Medikaments in einem unvermeidbar schadensanfälligen Laboraufbau), so sollte eine individuelle Lösung (zum Beispiel eine auf diese Aktivität beschränkte Haftungsfreizeichnung oder Höchstsummenbegrenzung) bevorzugt werden.

143 Dazu Zeller, V W 1980, 114 ff.; differenzierend das Rundschreiben H 14/79 M des H UK-Verbandes (unveröffentlicht). 144 Bei hohem Schadensanfall wird allerdings eine Prämienerhöhung zu erwarten sein. Ein solcher Effekt tritt jedoch, wenn überhaupt, nur stark verzögert und verzerrt auf. 145 Diese Befürchtung wird allerdings dadurch relativiert, daß hohe Versicherungsprämien zu den Kosten der erwünschten Aktivität zu rechnen sind. Sind deshalb die Gesamtkosten zu hoch, so scheint das "gesamtwirtschaftliche Interesse" eben doch nicht ausreichend zu sein, um eine solche Investition zu stützen. Die Erkenntnis, daß man auf etwas verzichten muß, weü man es sich nicht leisten kann, ist dem Wirtschaftsleben auch sonst nicht fremd. 11 Koch

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V. Die Sachhaftung

Damit ist auch bereits angedeutet, daß hier nicht eine in jedem Falle unbegrenzte Haftung gefordert wird. "Verzicht auf eine bezifferte Obergrenze heißt ... nicht Verzicht auf jegliche Obergrenze." 146

(c) Reduktionsklausel Als Alternative zur (oben abgelehnten) Haftungsbegrenzung durch pauschale Höchstsummen wird bereits seit langem eine sogenannte "Reduktionsklausel " diskutiert, deren verschiedene Fassungen alle eine dem richterlichen Ermessen anheimgestellte Verminderung der Ersatzpflicht im Einzelfall vorsehen. Auslöser dieser Diskussion war und ist die konsequente Durchführung des "Alles oder Nichts "-Prinzips im Schadensrecht des BGB, dessen Kritiker auf die daraus resultierenden Härtefalle verweisen. In der Tat mag man es als unbillig empfinden, daß ein beinahe Vermögensloser aufgrund eines geringfügigen Versehens zum Ersatz eines von ihm gerade noch adäquat verursachten Schadens in voller Höhe verpflichtet wird, der aus der Sicht des "reichen" Geschädigten für diesen de facto kaum zu Buche schlägt. Nachdem bereits 1940 der zuständige Unterausschuß der Akademie für Deutsches Recht eine Billigkeitsklausel vorschlug 147 , formierte sich die Reformbewegung im 43. DJT, der in seinem Beschluß forderte, "das Prinzip der Totalhaftung im Schadensrecht dadurch aufzulockern, daß dem Richter für bestimmte Fälle die Möglichkeit einer Minderung des Umfangs der Ersatzpflicht eingeräumt wird", wobei "insbesondere die Schwere des Verschuldens berücksichtigt werden" solle. 1 4 8 Der in der Folge erarbeitete Gesetzentwurf 149 fand keine ungeteilte Zustimmung. 1 5 0 Die (ohnedies nicht allzu heftige) Diskussion verstummte jedoch in der Folge. Dies ist zu bedauern. Ohne einen der vorgelegten Entwürfe 151 als 146 Will, Quellen, 322. Vgl. dazu im folgenden. 147 § g des "Entwurfs einer Deutschen Schadensordnung" in Nipperdey, Reform, 92 ; dazu auch Reinhardt in Nipperdey, Reform, 85 ff. 148 Verh. 43. DJT II, C 121. 149 § 255 a Referentenentwurf 1967 (mit Vorgänger im Entwurf 1962, KF 1962, 42). 150 Unmittelbare Reaktionen darauf: Reimer Schmidt, FS Felgenträger, 367 ff.; Löwe, VersR 1970, 289 ff.; Stoll, RabelsZ 1970, 481 ff.; Lorenz-Meyer, Haftungsstruktur, passim; Wadle, VersR 1971, 485 ff.; Bühnemann, FS H. Möller 65, 135 ff. 151 Außer den bereits genannten vgl. noch Hermann Lange, Verh. 43. DJT 1/1, 37; Hauss, Verh. 43. DJT II, C 40, C 45; Mager, Verh. 43. DJT II, C 62; Büning, Verh. 43. DJT II, C 90; Bydlinski, JB1 1968, 331; Lorenz (zit. bei Bydlinski, JB1 1968, 330); Lorenz-Meyer, Haftungsstruktur, 129.

4. Der Umfang der Schadensersatzpflicht

163

solchen zu erörtern oder die vorliegenden Argumente der Diskussion 152 zu wiederholen, sei festgehalten, daß zumindest fur Fälle von krassem Mißverhältnis zwischen Haftungsgrund und Schadenshöhe im Lichte besonderer Umstände eine Reduktionsklausel als "Notbremse" überlegenswert erscheint. Diese sollte nicht nur für die Fälle der Haftung für menschliches Verhalten, sondern auch für die Sachhaftung Geltung haben 153 . Damit wäre die notwendige Unterscheidung der Schadensursachen und damit der Haftungsgründe bei der Festsetzung der Ersatzpflicht wieder aufgehoben, wofür insbesondere spricht, daß der Schaden an einem Rechtsgut derselbe ist, unabhängig davon, ob er durch menschliches Verhalten oder von einer Sache verursacht wurde. Die hier für wünschenswert erachtete Reduktionsklausel könnte die oben 1 5 4 aufgezeigten Schwächen einer pauschalierten Höchstsummenbegrenzung und die mit deren Beseitigung verbundenen Probleme vermeiden, indem jeder Einzel fall individuell beurteilt würde. Allerdings sei nicht verschwiegen, daß, wie die erwähnte Diskussion gezeigt hat, die Ausformulierung einer Reduktionsklausel Schwierigkeiten aufwirft, die im Rahmen dieser Untersuchung nicht aufgearbeitet werden können. Insofern wird hier diese Aufgabe nur gestellt, ohne daß ein eigener Lösungsvorschlag angeboten wird. Dies ist zwar unbefriedigend, muß aber einer oberflächlichen Behandlung dieses Problems vorgezogen werden.

152 Vgl. neben den bereits erwähnten Wortmeldungen noch Weitnauer, KF 1961, 32 ff., ders., JJB 4, 232; die Diskussionsbeiträge auf dem 43. DJT, insbesondere Wilburg (Verh. 43. DJT II, C 3 ff.), Mager (Verh. 43. DJT II, C 58 ff.) und Flume (Verh. 43. DJT II, C 80 ff.); Rother, Haftungsbeschränkung, 288 ff.; die Stellungnahme der deutschen Haftpflichtversicherer zum Referentenentwurf (zit. bei Theo Roth, Weltkongreß II, 33 ff.); Brenzel, VersR 1967, 1024 ff.; Will, Quellen, 322 ff. 153 Bereits im Referentenentwurf 1967 (II, 46) war die dortige Reduktionsklausel nicht nur für die Verschuldenshaftung, sondern "auch und gerade" für Gefahrdungshaftungen ohne Höchstsummenbegrenzung vorgesehen. 154 Seite 159 ff. 11

V I . Abschließende Überlegungen 1. Konformität und Diskrepanz: Das Sachhaftungsmodell und die gegenwärtige Haftpflichtpraxis (a) Allgemeines Jedes "System" eines Haftungsrechts fußt auf den Wertvorstellungen seiner Zeit. Daher sei die Hypothese aufgestellt, daß alle Systeme aus dem gleichen Zeit- und Sozialzusammenhang grundsätzlich zu ähnlichen Ergebnissen fuhren und zumindest in den Grundfällen die gleichen Entscheidungen bei der Schadenszuweisung treffen. Dies wird unterstützt, wenn man die rechtstheoretisch verschiedenen Haftungsrechte Frankreichs und Englands vergleicht, die bei den hier gegenständlichen Schadensfällen von zwei völlig konträren Grundwertungen ausgehen und dennoch letztendlich zur Abnahme der Schadenslast vom Geschädigten gelangen, wenn auch der Einzel fall unterschiedliche Detailergebnisse aufweisen mag.1 Die hier angebotene Akzentverschiebung im deutschen Haftpflichtrecht soll keine umwälzenden Änderungen bei der Schadenszurechnung bewirken. Die gestellte Aufgabe war eine Systematisierung, nicht eine Neuorientierung des Haftungsrechts. Dennoch ergäben sich in Anwendung des hier Vorgeschlagenen zwangsläufig manche Änderungen. Die meisten Einzelfälle würden zwar im Ergebnis gleich entschieden, der Weg dorthin, also die Entscheidungsbegründung, wäre allerdings wohl oft umgeleitet. Diese Umleitung sollte aber, so war es hier zumindest beabsichtigt, über eine Abkürzung führen. Wie hier vorgeschlagen, soll ein großer Teil von Schadensfällen, die im gegenwärtigen Recht den Regeln einer "Gefährdungshaftung" unterstellt werden, zurückgeholt werden in jenen Teil des Haftungsrechts, der bisher mit

1 Vgl. dazu auch Esser, Grundsatz 4, v. a. 15 f., wo er die "frappante inhaltliche Ähnlichkeit" hervorhebt, "welche die Institutionen verschiedenster nationaler Struktur und historischer Wurzel gewinnen, wenn man sie unter dem Gesichtswinkel der immanenten, problembedingten Prinzipien betrachtet".

1. Konformität und Diskrepanz

165

"Verschuldenshaftung" überschrieben wurde. Dies zeigt sich vor allem bei der Haftung für Verkehrsunfälle. Das "Ruhepolster" des § 7 StVG wird den Anwälten und Versicherungsjuristen hier größtenteils entzogen, indem sie nicht mehr in (fast) jedem Fall eine undefinierbare "Betriebsgefahr" des Fahrzeuges als Notlösung zu Hilfe haben, sondern sich im Großteil der Fälle mit dem menschlichen Handeln des Fahrers zu befassen haben, somit nicht bloß dann, wenn sie für ihre Klienten Schmerzensgeld beanspruchen wollen. 2 Wie im Kfz-Recht wird für alle bisherigen Gefährdungshaftungen eine Rückbesinnung auf die Rechtswirklichkeit gefordert, ein Anerkennen der Tatsachen des jeweiligen Sachverhaltes ohne Fiktionen von "Gefahren" und "Nicht-Gefahren". Andererseits soll das hier vertretene Konzept die Möglichkeit bieten, bisher verschämt einer Verschuldenshaftung zugewiesene Fälle, in denen in Wahrheit eine Sache ohne feststellbaren oder zumindest zurechenbaren menschlichen Einfluß den Schaden verursacht hat, nunmehr offen zu deklarieren, ohne der Gefahr ausgeliefert zu sein, bloß mangels gesetzlich anerkannter "Sachgefahr" bei der Schadenszurechnung leer auszugehen. In gewisser Weise wird hier also die Ausformung (nicht Ausformulierung!) eines Generaltatbestandes versucht, wie er anstelle der bislang nur vereinzelten Gefährdungshaftungsnormen schon längst gefordert wurde. Das Scheitern der bisherigen Bemühungen, so wird hier 3 vermutet, ist vor allem darauf zurückzuführen, daß sich ein Haftungsgrund "Gefahr" nicht einmal innerhalb eines einzigen Tatbestandes konsequent nachweisen läßt, geschweige denn in Zusammenschau der anderen "gefahrorientierten" Tatbestände. Der Zuwachs, den die bisherige Verschuldenshaftung an ihr unterliegenden Fällen hier erfährt, mag dem Einwand ausgesetzt sein, daß diese bisherigen Gefährdungshaftungsfälle nur deshalb solche waren, weil sich bei ihnen kein Verschulden nachweisen ließ, der Geschädigte daher in Anwendung der Verschuldenshaftung leer ausgegangen wäre. Diesbezügliche Befürchtungen erscheinen jedoch als unbegründet. Zum einen zeigt schon die bisherige Praxis der Verkehrspflichten, daß die Gerichte auch auf der Basis des Verschuldensgrundsatzes zu billigen Entscheidungen in solchen Fällen kamen, die bei Analogiezulassung eigentlich Gefährdungshaftungsfälle hätten sein müssen. Eine objektive Sicht des "Verschuldens" (das deshalb nur noch "subjektive Zurechenbarkeit" heißen dürfte) 2 Dazu sogleich unten S. 172 ff. 3 Ebenso von Stoll, Fortbüdung, 20: Im Begriff der "besonderen Gefahr" drücke "sich das Dilemma aller Versuche aus, die Gefährdungshaftung in einer selbständigen, vom Deliktsrecht getrennten Generalnorm zu regeln. Eine abstrakte Umschreibung der 'besonderen Gefahr' bleibt notwendig lückenhaft und deckt nicht alle Fälle, in denen eine vom Verschulden unabhängige Unfallhaftung angemessen erscheint."

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VI. Abschließende Überlegungen

böte die nötige Flexibilität, die auch jene Fälle erfaßte, welche in dieser Arbeit in die "Haftung fur menschliches Verhalten" zurückverwiesen wurden. Zum anderen kann in diesen Fällen auch eine konsequentere Anwendung von beweisrechtlichen Hilfsmitteln der Rechtsdurchsetzung zum Ziele verhelfen. Der Anscheinsbeweis4, eine flexiblere Beweismaßregelung und vor allem die Beweislastverteilung nach einer "Sphärentheorie"5 seien dazu als Stichworte angeführt. Rechtsvergleichend sei zum Einwand, die Verschuldenshaftung sei für eine (Wieder-)Aufnahme der hier zurückverwiesenen Fälle ungeeignet, das Beispiel des englischen Rechts genannt, das praktisch ohne Gefährdungshaftung auskommt, vorwiegend am Verschulden des Schädigers ansetzt6 und dennoch anscheinend zu praktikablen Ergebnissen kommt.7 Daß in England die meisten Fälle auch aus unserer Sicht billig entschieden werden, liegt vorwiegend wohl daran, daß die englischen Richter einzelfallorientiert arbeiten, ohne dem Zwang von rechtstheoretischen Einteilungen zu unterliegen, die an der Wirklichkeit vorbeigehen. Aus dem englischen Recht wurde deshalb die Ermutigung gewonnen, dem Richter auch vom Standpunkt der Rechtstheorie aus größere Entscheidungsfreiheit einzuräumen (die er sich wohl ohnedies bereits jetzt nimmt, auch wenn er sich dabei der Gefahr vernichtender Urteilsanmerkungen aussetzt). Dies soll nicht nur für das Beweisrecht gelten, sondern etwa auch im Bereich der endgültigen Festsetzung der Ersatzpflicht (nach festgestellter Haftpflicht). Dabei sei darauf hingewiesen, daß das vielfach (über)strapazierte Argument der Rechtssicherheit8, die (angeblich) bei einer Stärkung der Richterposition verloren ginge, nur in sehr eingeschränktem Maße anerkannt werden kann. Wie Esser zutreffend betont, ist es "nur bedingt richtig, daß solche Bildung 4 Grundlegend Musielak, Beweislast, 83 ff. (89 ff., 99 ff.). 5 Darunter sei eine generelle Regel verstanden, die den Nachweis von fallrelevanten Fakten und Umständen grundsätzlich demjenigen aufträgt, der sie behauptet, jedoch dem Gegner aufbürdet, wenn diese Beweisgegenstände so dessen Sphäre verhaftet sind, daß er alleine die Möglichkeit hat, sie in den Prozeß einzubringen. Als Beispiel seien nur betriebsinterne Vorgänge genannt, die zwar dem Unternehmer, nicht jedoch dem Außenstehenden einsichtig sind. In ähnlichem, aber engerem Sinn der Begriff des "Organisations- und Gefahrenbereichs", vgl. Musielak, Beweislast, 165 ff. (179: Bezugnahme auf den Gedanken der Sphäre); Prutting, Beweis last, 213 ff., beide m. w. N. 6 Vgl. oben II.2. und Tunc , IECL XI/14, S. 42 ff. 7 So etwa Tunc (IECL, XI/14, S. 35) zur Haftung für Verkehrsunfälle: "In England, no special problem seems to exist, at least so far as the compensation of victims is concerned, ..." Vgl. zum amerikanischen Haftungsrecht, das auf englischer Grundlage steht, Esser, JZ 1953, 133. 8 Bereits der Begriff der "Rechtssicherheit" selbst ist nicht klar zu fassen, vgl. Esser, Grundsatz 4 , 27.

1. Konformität und Diskrepanz

167

von Richterrecht überhaupt schon ein Opfer der Ideale der 'Rechtssicherheit' für die Interessen sozialer Evolution und rechtlicher Anpassung darstellen. Denn auch diese Rechtsbildung weist hervorragende Stabilitatsgarantien auf, ja, was die Kontinuität betrifft, kann sie geradezu ein Rückhalt juristischer Sicherheit gegenüber einer politisch oft sachentfremdeten Legislative werden. " 9 Schließlich sei nochmals daraufhingewiesen, daß die "Umverteilung", welche die hier vorgestellte Systematik bei den Schadensfällen vornimmt, diese nicht zum größeren oder kleineren Teil in rechtsleeren und damit haftungsfreien Raum verfrachtet, sondern nur eine sachverhaltsnähere Bestimmung jener Regeln vornehmen soll, nach denen die Haftungsfragen im Zusammenhang mit diesen Fällen zu klären sind. Dies soll an einigen als Gefährdungshaftungstatbestände anerkannten Fallgruppen gezeigt werden.

(b) Tiere Auch wenn die Tendenz besteht, Tiere rechtlich nicht mehr als Sachen zu qualifizieren 10, wurde in der hier verwendeten Sachdefinition bereits klargestellt 11 , daß auch Tiere "vom Menschen verschieden" sind und somit aus begrifflicher Sicht nichts gegen eine grundsätzliche Anwendbarkeit der Sachhaftung spricht. Die geltende Regelung der Tierhalterhaftung durch das BGB ist bekanntermassen umstritten. Die Sinnhaftigkeit der in § 833 S. 2 BGB normierten haftungsrechtlichen Sonderbehandlung von "Haustieren" wurde bereits bei ihrer Einführung in das BGB 1908 kritisiert 12 . Für Kötz 13 " gibt es heute keinen Grund mehr", die Nutztierhalter zu privilegieren. Er verweist dazu auf ein obiter dictum des B G H 1 4 , der sich mit der Anwendung dieser Bestimmung nur noch abfindet, weil "es nicht Aufgabe richterlicher Rechtsfortbildung sein [kann], diese Korrektur vorzunehmen, die der Gesetzgeber trotz Kenntnis der Reformvorschläge bislang nicht vorgenommen hat". Kötz tritt daher für eine ersatzlose Streichung des § 833 S. 2 BGB ein. 1 5 9

Grundsatz 4 , 26. Vgl. dazu nur das "Gesetz zur Verbesserung der Rechtsstellung des Tieres im bürgerlichen Recht", BGBl 1990 I, 1762, und den dadurch neu eingefügten § 90 a BGB. Π Oben 1.2 Fn. 17. 12 Vgl. nur Materialien 1908. 13 Delikts recht 5 , Rn. 355. 1 4 In NJW 1986, 2501 (2502). 15 Gutachten, 1803. Ebenso von Caemmerer, Reform, 20 f.; Kohl in AK-BGB, Rn. 1 zu § 833. 10

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VI. Abschließende Überlegungen

In der Tat erscheint es als höchst merkwürdig, einerseits eine Gefährdungshaftung fur Tiere im allgemeinen zu normieren, also eine "Tiergefahr" als solche anzuerkennen, auf der anderen Seite hingegen diese einzuschränken, und zwar nicht mittels einer restriktiven Definition dieser "Gefahr", sondern davon völlig unabhängig - anknüpfend an die Art der Nutzung des Tieres. Auch wenn dahinter Lobby-Interessen stehen, die sich mit der Aufnahme des Satzes 2 in § 833 BGB durchsetzten16, so hätte dieser Fremdkörper in § 833 BGB zumindest bei der Gefahrendefinition der darauf aufbauenden Lehre und Judikatur berücksichtigt werden müssen, um eine (wenn auch konstruierte) Rettung der systematischen Einordenbarkeit dieses Paragraphen zu ermöglichen. Obige Probleme mit der konsequenten Durchführung des Gefahrenbegriffs indizieren jedoch nur seine bereits angedeutete Unverwendbarkeit in einer Systematik des Haftungsrechts. 17 Wendet man die Terminologie der Sachhaftung an, so kommt es nicht darauf an, ob der Hund bissig ist oder ob das Pferd bockt, wie dies die Theorie einer "Tiergefahr" berücksichtigt.18 Ausschlaggebend ist ausschließlich, ob das Tier des zu beurteilenden Sachverhaltes den konkreten Schaden verursacht hat, ohne daß es die Handlung eines Menschen dazu bestimmte.19 Daß ein Tier, auch ohne dabei von einem Menschen angetrieben zu werden, eine "Eigendynamik" entwickeln kann, erscheint wohl offensichtlich 20. Der Hund, der unvermittelt auf die Straße rennt und als plötzliches Hindernis einen Verkehrsunfall verursacht, tut dies nicht auf Veranlassung eines Menschen (so wird diesem Sachverhalt unterstellt), sondern aus eigenem Antrieb. Verwendet er Nachbars Zuchtrosenbeet als 16 Vgl. Materialien 1908, 4 ff. Dazu Benöhr, Verschuldensprinzip, TR 1978, 20 (insbes. Fn. 111 f.), Kohl in AK-BGB, Rn. 1 zu § 833; K. Schäfer in Staudingerl 2 , Rn. 2. zu § 833; Brüggemeier, Deliktsrecht, Nr. 930 (S. 542). 17 Vgl. ausführlich oben I V . l . b . 18 Es ist auch nicht relevant, ob Bakterien oder Bazillen "Tiere" sind (so aber im geltenden Recht, vgl. nur Deutsch, NJW 1976, 1137 f.), denn auch Bakterien sind "vom Menschen verschieden" und unterliegen allein schon deshalb der Sachhaftung. 19 Vgl. dazu auch Kohl in AK-BGB, Rn. 5 zu § 833, der, wenn schon nicht für eine kasuistische Beurteilung, so doch zumindest (unter Berufung auf Deutsch, NJW 1978, 1198) für eine tierar/spezifische Lösung plädiert: "Eine praktikable und nachvollziehbare Lösung läßt sich nur dann finden, wenn man die untauglichen Bemühungen aufgibt, Tiere zu personalisieren und den Versuch der h. M . , eine einheitliche Definition für die Tiergefahr bei allen Tieren zu finden, aufgibt. Es gilt vielmehr herauszuarbeiten, welche Gefahren von bestimmten Tierarten ausgehen." Allerdings folgt er dabei Deutsch ebenso darin, eine Halterhaftung auch in jenen Fällen zu fordern, in denen das Tier unter menschlicher Leitung stand. Vgl. dazu sogleich. 20 Vgl. auch Mertens in MünchKomm 2 , Rn. 13 zu § 833: "Der Verletzungserfolg muß auf die tierische Energie und damit auf das selbsttätige Verhalten eines Tieres zurückgehen. "

1. Konformität und Diskrepanz

169

Spielwiese und zerstört er dabei die Blumen, so hat ihn wohl auch in diesem Fall nicht sein Frauchen darauf abgerichtet. Schwieriger wird es hingegen, jene Fälle klar abzugrenzen, in denen das Tier nur auf menschlichen Einfluß reagiert, wodurch nicht mehr der Halter (in dieser Eigenschaft), sondern nur noch der das Tier Beeinflussende haftpflichtig zu machen ist (der allerdings identisch sein kann mit der Person des Halters). 21 Unzweifelhaft gehören dazu die Fälle der Ausführung einer dressierten Verhaltensweise. Wird ein Hund darauf abgerichtet, beim Befehl "Netti packs!"22 zu beißen, und tut er dies nicht bloß auf dem Hundesportplatz, sondern auch in einer Alltagssituation, so geht die Prüfung einer Haftpflicht nicht den Umweg über das Tier, sondern setzt direkt am Verhalten desjenigen an, auf dessen Befehl das Tier gehorchte23. Auch das Pferd, das losgaloppiert, weil es vom Reiter die entsprechende Hilfe 2 4 erhalten hat, und dabei Gemüsekulturen zertrampelt, über die es gelenkt wird, ist nicht eigendynamisch Schadensverursacher, sondern vielmehr der Reiter, der es dazu veranlaßte. 25 Was ist jedoch, wenn das Pferd in vollem Galopp einen Passanten streift oder gar niedertrampelt? Hier kann wohl in den wenigsten Fällen davon ausgegangen werden, daß der Reiter diesen Personenschaden beabsichtigte, als er das Pferd zum Angaloppieren brachte. Zumeist kommt es hier zum Schaden, weil der Reiter sein Pferd nicht rechtzeitig parieren kann, sodaß es nicht zum Stehen kommt. Doch gerade darin liegt auch bereits die Lösung dieses Problems: Warum konnte der Reiter mit seinem Pferd den Schaden nicht verhindern? Vermutlich deshalb, weil er es zu schnell geritten hat, mit ihm in unübersichtliches Gelände geprescht ist, in eine uneinsehbare Kurve galoppiert ist, obwohl er wissen mußte, daß er einem möglichen Hindernis nicht würde ausweichen können. Auch das verhältnismäßig zu langsame Reagieren des Pferdes auf die Parade 26, die sein Reiter versucht, ist von Natur aus mit einem so schnellen Bewegungsvorgang des Pferdes verbunden. Veranlaßt ein Reiter sein Pferd zu schnellem Schritt, muß er bereits beim Antreiben dessen Folge einkalkulieren, 21 Dazu bereits oben I V . l . b unter dem Aspekt der "Tiergefahr". 22 So im Sachverhalt der Entscheidung des OLG München vom 14. 7. 1911, OLG 28, 295. 23 Im Ergebnis ähnlich OLG München OLG 28, 295; OLG Oldenburg 6. 11. 1953, DAR 1954, 35. 24 So werden in der Reitersprache jene Kombinationen von Einwirkungen genannt, mit denen der Reiter dem Pferd seinen Willen kundtut. 25 Im Ergebnis ähnlich: BGH 25. 9. 1952 NJW 1952,1329. 26 In der Reitersprache bringt man das Pferd mit einer "ganzen Parade" zum Stehen.

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VI. Abschließende Überlegungen

daß nämlich das Pferd bei diesem Schrittempo auch weniger schnell zum Stehen zu bringen ist. Anders ist es, wenn das Pferd ihm durchgeht, etwa aus Angst vor dem plötzlich auftretenden Hindernis dieses erst recht niedertrampelt, obwohl ihm der Reiter die richtige Hilfe zum Wenden oder Parieren gegeben hat, was bei rechtzeitiger Reaktion des Tieres den Schaden verhindert hätte. 27 Im allgemeinen ist jede selbständige Bewegung (oder - falls es geritten wird - Nicht-Bewegung) des Pferdes ohne oder gar gegen ein Zeichen seines Reiters "eigendynamisch also nicht Reaktion auf das Verhalten des Reiters. In der Praxis werden wohl die meisten Reitunfälle oder sonstigen Schadensfalle mit Pferden zumindest in der Darstellung des Reiters so passiert sein, daß das Pferd ihm nicht gehorchte oder mit ihm durchging. Damit, so ist zu vermuten, werden die Fälle der Haftung fur menschliches Verhalten in der Praxis zahlenmäßig minimiert, weil es dem Geschädigten nicht immer gelingen wird, den Nachweis einer "Reaktion" zu fuhren. Da jedoch in diesen Fällen des Nicht-Gehorchens die Prüfung der Sachhaftung zumeist zu einer Haftung des Halters fuhren wird (falls kein Haftungsbeschränkungs- oder Haftungsausschlußtatbestand greift), ist wenigstens die Position des Geschädigten gesichert. Wird dieser zum Beispiel durch ein Pferd verletzt, so braucht er nur die Schadensverursachung durch das Pferd zu beweisen, denn der Reiter wird wohl nie den Einwand seines eigenen Verschuldens führen. Sehr wohl wird der Halter versuchen, letzteres zu beweisen (falls er nicht selbst der Reiter ist); durch die Möglichkeit einer Solidarklage bleiben jedoch unabhängig vom Ausgang der Beweisführung die Interessen des Geschädigten gewahrt. Als Problem verbleibt aber die Abgrenzung von Haftungstatbeständen, die nicht an der unmittelbaren Einwirkung des Menschen auf das Tier ansetzen, sondern an sekundären Handlungen oder Unterlassungen. Dazu zählt insbesondere die Aufsichtspflicht des Halters 28 . Der Hund, der in obigem Beispiel für eigendynamische Schadensverursachung auf die Straße rannte und dort einen Unfall auslöste, ist zwar möglicher Anknüpfungspunkt einer Sachhaftung, gleichzeitig muß jedoch auch das eventuelle Unterlassen der gehörigen Aufsicht durch den dazu Verpflichteten beurteilt werden. 29 Geht dieser mit dem Hund in der Stadt ohne Leine spazieren, handelt er fahr27 Dazu mit Rsp.-Bsp. K. Schäfer in S t a u d i n g e r i 2 , Rn. 23 f. zu § 833. V g l . dazu die Judikatur zu § 833 S. 2 BGB bei K. Schäfer in S t a u d i n g e r l 2 , R n . 120 ff. zu § 833 und Kreft in B G B - R G R K 1 2 , Rn. 84 ff. zu § 833. 29 Diese Unterlassung hat zwar ermöglicht, daß der Hund auf die Straße gelangte. Dies ändert jedoch nichts daran, daß sich der Hund eigendynamisch losriß, da dies keine unmittelbare Reaktion des Tieres war. Zur Abwägung von parallelen Kausaleinflüssen oben V.2.a.bb. 28

1. Konformität und Diskrepanz

171

lässig im Sinne heutiger Verschuldenshaftung. Der Hund hätte nicht "eigendynamisch" auf die Fahrbahn gelangen können, wäre er an der Leine gefuhrt worden. Dieses menschliche Verhalten ist damit (auch) Schadensursache, selbst wenn der Hund ohne menschliche Veranlassung auf die Straße rannte. Wäre er korrekt geführt worden, hätte es zu keiner selbständigen Handlung des Tieres kommen können. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, daß es jedenfalls für die Fälle der Verletzung von Aufsichtspflichten bei der Beweislastumkehr bleiben sollte, die bereits jetzt von § 833 S. 2 BGB für den Nutztierhalter und von § 834 BGB für den Tieraufseher normiert wird. Reißt sich der Hund jedoch los, ohne daß die Leine oder der Führer aus objektiver Sicht zu schwach gewesen wären, um ihn zu halten, so ist ein Aufsichtsverschulden wohl kaum mehr nachzuweisen. Hier bleibt alleine die Sachhaftung des Hundehalters. Ein weiteres menschliches Verhalten im Sinne eines möglichen Haftungsanknüpfungspunktes ist das Einlassen auf eine Gefahr (diesmal im wörtlichen Sinne) 30 . Der Reiter, der einen wilden Hengst zureiten will, aber auch der Reitanfänger, der alleine den Reitstall mit seinem Pferd verläßt und ausreitet, ohne auch nur das zahmste und langsamste Pferd zu beherrschen, können nicht abschätzen, wie das Tier reagieren (oder eben nicht reagieren!) wird. Führen sie es dennoch in einen Bereich, wo es Schaden anrichten kann, und ist die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintrittes dabei groß, so haften sie, falls es tatsächlich zu einem Schaden kommt, solidarisch mit dem Halter. Dies ist keine Rückkehr zur Gefährdungshaftung (da die Haftung ja nicht verschuldensunabhängig ist) und auch keine bloße Anknüpfung an eine Sachgefahr, sondern ein (enger) Teilbereich von Fällen, in denen menschliches Verhalten zum Einfluß der Sache auf das Schadensobjekt bei der Haftpflichtbegründung hinzutritt. Zusammenfassend kann prognostiziert werden, daß die Regeln der Sachhaftung keine explosionsartige Vermehrung der bisherigen Fälle einer Tierhalterhaftung bringen würden, sieht man davon ab, daß die Einschränkung zugunsten von beruflich genutzten Haustieren entfiele, was aber ohnedies bereits für das geltende Recht gefordert wird 3 1 . Ebenso würde eine klare Entscheidung zugunsten einer Ausscheidung von jenen Fällen getroffen, in denen Tiere unter und vor allem infolge menschlicher Leitung Schäden verursachen, was im geltenden Recht immer noch umstritten ist. 3 2

30 Im Ergebnis bereits jetzt anerkannt; vgl. nur BGH 13. 11. 1973 NJW 1974, 234; vgl. dazu auch Bornhövd, JR 1978, 50. 31 Vgl. die oben in Fn. 15 Zitierten. 3 2 V g l . nur Thomas in P a l a n d t 5 l , Rn. 7 zu § 833 (dagegen Deutsch, Grundriß, Rn. 356) sowie die Darstellung der Diskussion oben I V . l . b .

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VI. Abschließende Überlegungen

(c) Kraftfahrzeuge Im Gegensatz zu Tieren können Kraftfahrzeuge keinen eigenen Willen entwickeln (obwohl zur Beschreibung von Betriebsstörungen umgangssprachlich oft Bezeichnungen aus der Tierwelt verwendet werden). Ihre Funktionsabläufe und damit auch ihr Verhalten in der Außenwelt können (zumindest nachträglich) naturwissenschaftlich-exakt analysiert werden. Es kann somit (unter Verwendung des Komparativ eines ansonsten nicht steigerbaren Wortes) gesagt werden: Bei Kraftfahrzeugen (wie bei allen anderen leblosen Sachen) ist die Unterscheidung des menschlichen Verhaltens vom Sacheinfluß "objektiver" als bei Tieren. Die dadurch mögliche konsequente Trennung der beiden Ursachengruppen "Mensch" und "Sache" findet derzeit allerdings keine Anwendung in der Rechtspraxis. Der - wenn auch rechtstechnische - Gebrauch des Gefahrenbegriffes führt zu einer Verwischung dieser klaren Grenze, ohne sie in anderem Zusammenhang neu zu ziehen.33 Diese "grenzenlose" Rechtspraxis hat sich jedoch aufgrund der Bedeutung ihres Regelungsbereiches dermaßen durchgesetzt, daß die folgende Darstellung von Einzelfällen unter Anwendung der hier vertretenen Systematik zumindest ungewohnt erscheinen mag. Keine Unterschiede ergeben sich zunächst bei all jenen Fallgruppen, in denen ein Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeuges schadensursächlich war. Das Wort "Fehler" ist dabei in engerem Sinne zu verstehen; die technische Möglichkeit, mit einem Auto besonders hohe Geschwindigkeiten erzielen zu können, mag zwar trotz (oder gerade wegen) der Unvernunft mancher Autofahrer als sachimmanenter Mangel empfunden werden, zum Fehler im hier verstandenen Sinne wird diese Eigenschaft erst, wenn die hohe Geschwindigkeit erreicht wird, ohne daß dies eine objektiv vorhersehbare Folge des Fahrerverhaltens war, und sei es bloß aufgrund eines Defekts im Tachometer. 34 Es verwirklicht sich also nicht nur die Betriebsgefahr des Autos, wenn Reifen platzen, Öl austritt, die Bremswirkung durch Luft in der Bremsflüssigkeit vermindert wird: All diese Zustandsveränderungen können auch eigendynamisch sein, sodaß der Halter für die Sache Auto in beiden Haftungssystemen haftet. Sind diese Veränderungen weder Fahrer noch Halter bekannt und müß33 Dazu bereits oben IV.I.e. 34 Kommt es zu einem Unfall, weil der Fahrer wegen der unrichtigen Tempo-Anzeige fälschlicherweise glaubte, langsamer zu fahren, ist dieser Sacheinfluß bei der Schadensentstehung allerdings nicht alleiniger Anknüpfungspunkt für eine Schadensüberwälzung. Zumindest mitberücksichtigt werden muß die falsche Tempoeinschätzung durch den Fahrer, der auch ohne Tachometer merken müßte, daß er der Verkehrssituation entsprechend zu schnell unterwegs ist.

1. Konformität und Diskrepanz

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ten sie es auch nicht sein, bleibt es fur die Schadenszurechnung bei der Kausalität des Sacheinflusses, über den alleine eine Haftpflichtbegründung möglich ist. Im Gegensatz zu dieser Harmonie der Theorien zeigt sich der grundlegende Unterschied dann, wenn die Sache selbst (zumindest vor dem Unfall) intakt und unverändert geblieben ist, jedenfalls nicht durch eine eigendynamische Zustandsveränderung zur Entstehung des Schadens beigetragen hat. Dabei handelt es sich, wie die Statistiken belegen, um die Mehrzahl der Fälle. 35 Auch wenn man in grundsätzlich jedem Unfall beim Betrieb des Kraftfahrzeuges eine "Betriebsgefahr" verwirklicht sehen mag, so sind die Schäden zumeist nicht von der Sache "Kraftfahrzeug" eigendynamisch verursacht, sondern durch ein Fehl verhalten des Fahrers, das auch Ausgangspunkt der weiteren haftungsrechtlichen Überlegungen sein sollte. Jene Fallgruppen, die dem im StVG anerkannten Haftungsausschlußgrund "unabwendbares Ereignis" unterliegen, können zur Gänze von den Regeln der Haftung fur menschliches Verhalten übernommen werden, da Fehler des Kfz selbst ausdrücklich nicht dazu zählen ( § 7 Abs. 2 S. 1 StVG). Gerade die Formulierung (und auch die Rechtspraxis) des "unabwendbaren Ereignisses" in § 7 Abs. 2 StVG deutet auf eine rein subjektiv ausgerichtete Regelung hin, die aber rechtssystematisch der "objektiven" Gefährdungshaftung zugeordnet wird. Indem die Mißachtung "jeder nach den Umständen gebotenen Sorgfalt" durch Halter oder Führer des Kfz ausdrücklich der "Betriebsgefahr" zugeschlagen werden, wird klar, daß die Sache selbst mit ihrer "Gefährlichkeit" dabei nur dem Worte nach der wesentliche Schadensverursacher war. Beim Konzept der Sachhaftung würde vor allem auch der müssigen Diskussion, ob ein parkendes Auto haftungsrechtlich noch "in Betrieb" ist, die Grundlage entzogen. Das stehende Auto, auf das ein Dritter auffahrt, hat seinen Zustand (jedenfalls vor dem Aufprall) nicht verändert; bereits dadurch scheitert eine Qualifikation des Sacheinflusses als eigendynamisch.36 Hat sein Fahrer es an unübersichtlicher Stelle oder gar auf der Fahrbahn selbst geparkt, so ist ausschließlich sein Verhalten Anknüpfungspunkt einer allfalligen Haftung. 37 Anders zu beurteilen wäre der Fall, daß das Fahrzeug 35 3

Siehe oben IV.I.e. am Anfang. 6 Vgl. aber zur gegenwärtigen Praxis die Übersicht bei Kunschert in Geigel/Schle-

g e l m i l c h 2 0 , 6 0 7 f. ( K a p .

25, Rn. 28

f.).

57 Dagegen im Ergebnis BGH 25. 1. 1983 NJW 1983, 1326. Aus einer Zusammenschau der vorliegenden Entscheidungen (vgl. die Nachweise bei Kunschert a. a. O.) folgt somit, daß ein verbotswidrig abgestelltes Fahrzeug noch in Betrieb ist, nicht jedoch, wenn es an erlaubter Stelle abgestellt ist! Da dem Autor keine Bordcomputersysteme bekannt sind, die den Fahrer am Abstellen des Fahrzeuges im Parkverbot hindern, sodaß deren Ausfall mit dem Fahrzeug selbst in Verbindung zu bringen wäre, scheint diese geradezu willkürlich anmutende Haftungsanknüpfung an das Fahr-

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VI. Abschließende Überlegungen

aufgrund eines unvorhersehbaren Defektes zum Stillstand kommt. 38 Dann ist jedoch nicht der Stillstand zu beurteilen, sondern der diesen verursachende Defekt. Ist dieser eigendynamisch entstanden, so haftet der Fahrzeughalter für diese Zustandsveränderung. Im Ergebnis wird durch die hier dargestellte Systematik dem § 18 StVG vorrangige Bedeutung vor der Regelung des § 7 Abs. 1 StVG beigemessen. Da das Unfallrisiko im Straßenverkehr unbestreitbar hoch ist 3 9 , wäre eine Beweislastumkehr in Betracht zu ziehen, wie sie bereits jetzt in § 18 Abs. 2 StVG vorgesehen ist. Ebenso müßte natürlich die Versicherungspflicht des § 1 PflVG bestehen bleiben, was schon mit seinem jetzigen Wortlaut möglich wäre. Daß die Versicherungspflicht nach diesem Konzept immer noch den Halter trifft, indiziert keine Rückkehr zur Gefährdungshaftung auf der Versicherungsebene. Seine Person ist lediglich naheliegendster Anknüpfungspunkt, weil die Schadensverursachung durch einen Fahrer nur mittels eines Fahrzeuges denkbar ist. Dem Geschädigten wird durch diese Anknüpfung der Versicherungspflicht an das "zur Schädigung verwendete Instrument" das Risiko genommen, den Fahrer des Unfallautos identifizieren zu müssen, um die ersatzpflichtige 40 Versicherungsanstalt zu ermitteln. Diese muß sich dann im Regreßweg an den Fahrer halten.

(d) Gebäude Zur bestehenden Verhaltenshaftung der §§ 836 ff. BGB käme eine Haftung des Gebäudehalters dazu, der fur eigendynamische Zustandsveränderungen des Gebäudes zu haften hätte. Dazu wäre etwa das Durchbrechen eines (von außen unerkennbar) morschen Holzgeländers zu zählen, sofern dies nicht aufgrund des Alters und Gesamtzustandes der Konstruktion objektiv vorherseh-

zeug selbst nur eine weitere Bestätigung für die Ablehnung des " Gefahrdungs "tatbestandes zu sein. 38 Vgl. dazu BGH 25. 3. 1980 NJW 1980, 1579. 39 Dies wurde und wird ja mit der Ablehnung des Gefahrenbegriffes nie bestritten. Daß die "Gefahr" einer Schädigung im Straßenverkehr so hoch ist, kann aber nicht auf eine "Gefährlichkeit" der dazu verwendeten Sachen zurückgeführt werden, deren Anteil an der Schadens Verursachung, wie in den Statistiken unter I V . l . c gezeigt, gering ist. Die Höhe des bestehenden Schadensrisikos im Straßenverkehr ist vielmehr auf die (psychische oder physische) Inkapazität der daran teilnehmenden Menschen zurückzuführen. 40 Der Direktanspruch des § 3 PflVG müßte selbstverständlich auch bestehen bleiben.

1. Konformität und Diskrepanz

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bar war. Ebenso hätte der Gebäudehalter41 Schäden zu ersetzen, die durch einen Wasserrohrbruch im Haus entstehen, sofern dieser Rohrbruch objektiv unvorhersehbar war. Dies gälte auch dann, wenn der Wasseraustritt nicht durch den Rohrbruch selbst passiert, sondern erst als dessen (sekundäre) Folge: Wird eine Wasserleitung durch Schutt infolge eines Rohrbruches einer Anschlußleitung verstopft, und bewirkt erst diese Verstopfung einen Austritt des gestauten Wassers aus einer (vom Rohrbruch nicht direkt betroffenen) Schiebenaht,42 so ist der Austritt nur objektiv vorhersehbare Folge der Leitungsverstopfung und somit nicht eigendynamisch. Dies gilt auch fur die Rohrverstopfung selbst, die eine bloße Reaktion auf den Rohrbruch darstellt. Eine Bewertung der Kausalabläufe ergibt somit, daß eine allfällige Haftung an den Umstand des Rohrbruches anzuknüpfen ist, sofern nicht dieser selbst objektiv vorhersehbare Folge einer Außeneinwirkung (etwa zu hohen Betriebsdruckes) war. Keine Sachhaftung kann begründet werden für jene Schäden, die Folge einer Einwirkung von Naturgewalten sind. Dazu zählen nicht nur außergewöhnliche Ereignisse wie Blitzschlag oder Erdbeben; auch "gewöhnliche" Sturmböen 43, die Fensterläden abreißen, bedingen objektiv vorhersehbar diese Zustandsveränderung des Gebäudes, sodaß dessen Halter als solcher nicht haftet. Wie bisher bleibt jedoch daneben die Möglichkeit bestehen, daß der Halter für mangelhafte Er-Haltung des Gebäudes haftpflichtig wird, wobei insbesondere mit beweisrechtlichen Mitteln die Position des Geschädigten zu verbessern wäre. 44 Der Gebäudehalter wird von einer Sachhaftung ebenso entlastet, wenn das Verhalten des Geschädigten selbst als maßgeblicher Kausaleinfluß zu werten ist. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn sich zwar zunächst eigendynamisch Steine von einer Mauer lösen und auf die Straße fallen, dort aber liegenbleiben und der Geschädigte erst in der Folge über die (nunmehr ruhigen) Steine stolperte. Die eigendynamische Zustandsveränderung der Steine ist zwar condicio sine qua non für die Verletzung des Geschädigten; das hinzutretende Verhalten des Geschädigten, der womöglich unachtsam gegen die Steine lief, ist dem Schadenseintritt nicht nur zeitlich näher. 45

41 Dies kann z. B. auch der Halter einer Wohnung sein, somit eines bloßen Gebäudeteiles. 42 So der Sachverhalt der Entscheidung BGH 17. 3. 1983, VersR 1983, 588. Dort ist der Rohrbruch allerdings außerhalb des beschädigten Gebäudes eingetreten, sodaß der Tatbestand des § 2 Abs. 1 HPflG nicht durch § 2 Abs. 3 Z. 1 HPflG ausgeschlossen gewesen wäre. 43 Vgl. dazu auch BGH 7. 10. 1975 VersR 1976, 66. 44 Vgl. Thomas in Palandt5l, Rn. 9 zu § 836 (a. E.). 45 So auch bisher; vgl. etwa BGH 30. 5. 1961 NJW 1961, 1670.

176

VI. Abschließende Überlegungen

(e) Energieanlagen Die "Haftung des Inhabers einer Energieanlage" des § 2 HPflG erfahrt insoweit eine Änderung, als der Entlastungsgrund der "höheren Gewalt" modifiziert wird und die ihm derzeit unterstehenden Fälle als Fremdverursachung beurteilt werden, worunter hier jede nicht auf die Sache zurückzuführende Verursachung verstanden wird. In Verbindung mit einer dem Anlagenhalter aufgebürdeten Beweislast dafür 46 bleibt auch hier die Position des Geschädigten gewahrt, ohne daß es eines Eingriffes in die Haftungsrechtssystematik bedürfte. Damit dem Geschädigten ein ausreichender Haftungsfonds zur Verfügung steht, wäre der Anlagenhalter zum Abschluß einer Versicherung zu verpflichten, die auch jene Schäden erfaßt, die nicht nur auf die Anlage selbst zurückzuführen sind, sondern "fremdverursacht" sind. Diese Versicherungspflicht könnte mit einer Mindestdeckungssumme gekoppelt werden (die allerdings die Besonderheiten der jeweiligen Anlage zu berücksichtigen hätte). Neben die Entlastung des Anlagenhalters von der Ersatzpflicht in jenen Schadensfallen, die nicht auf die Anlage selbst zurückzuführen sind, käme eine Erweiterung durch den Wegfall des Haftungsausschlußgrundes von § 2 Abs. 3 Ζ. 1 HPflG. Denn auch wenn der Schaden "innerhalb eines Gebäudes entstanden und auf eine darin befindliche Anlage zurückzuführen" ist, bleibt die Schadensursache die Anlage, deren Zustand sich eigendynamisch verändert hat. Allenfalls wäre hier die Beweislast des Anlagenhalters auf jene Fälle zu beschränken, in denen er tatsächlichen Zugang zu den beweisrelevanten Fakten hat, was bei fremden Gebäuden zweifelhaft sein kann.

(f) Computer Als letztes Beispiel sei auf eine neue Gefährdungshaftung eingegangen, wie sie das "Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes"47 durch die Neufassung des Bundesdatenschutzgesetzes vorsieht. Der neue § 7 des BDSG verpflichtet eine "öffentliche Stelle" verschuldensunabhängig zum Ersatz jener Schäden, die sie einem Dritten durch "unzulässige oder unrichtige automatisierte Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten" zugefugt hat.

Zu erklären durch den Umstand, daß die Schadensverursachung einflußmäßig im Bereich des Halters zu suchen ist, da er (nicht bloß) die technischen Möglichkeiten der Überwachung, Kontrolle und Fehlersuche hat. 47 BGBl 1990 I, 2954.

1. Konformität und Diskrepanz

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Allgemein zur Schadensverursachung im Zusammenhang mit Datenverarbeitungsanlagen ist zunächst zu sagen, daß die Regeln der Sachhaftung nur dann zur Anwendung kämen, wenn sich Programm und/oder System "verselbständigt" haben. Ausgeschlossen sind also jene Fälle, in denen der Schaden durch Eingabe- oder Programmierungsfehler verursacht wurden. Daß gerade im Bereich der EDV die Beweislast dafür dem Anlageninhaber (und - über ihn - den Programmierern) zukommen sollte, erscheint angesichts des für den geschädigten Computer-Laien unmöglichen Nachweises offensichtlich. 48 Die erwähnte Verselbständigung der Anlage liegt insbesondere auch dann vor, wenn Daten durch einen Systemabsturz verändert oder gelöscht werden, der nicht auf vorangehende Hard- oder Softwareveränderungen (letzteres etwa durch einen Virus 49 ) zurückzuführen ist. Für den Fall der Verletzung von Persönlichkeitsrechten (den der neue § 7 BDSG erfaßt) bedeutet dies in Anwendung der Sachhaftungsregeln, daß der Anlagenhalter nur dann als solcher haften würde, wenn der Verstoß gegen den Datenschutz durch eine Verselbständigung des Systems erfolgte, nicht jedoch, wenn die Unrichtigkeit der Daten oder deren Zugänglichwerden bereits auf a-priori-Fehler etwa des verarbeitenden Programmes (einschließlich seiner Sicherungseinrichtungen) zurückzuführen ist. In letzterem Falle käme es zu einer Haftung der Software-Hersteller. Der Halter der Datenverarbeitungsanlage haftet nach Sachhaftungsregeln jedoch nicht, wenn das Zugänglichwerden der Daten durch sogenannte "Hacker" erfolgte, die nicht in das System eindringen (etwa durch Ermitteln des Passwortes), sondern das System überwinden (durch Manipulation am Sicherungssystem), da es sich dabei um Dritteinfluß auf das System handelt.

48 Vgl. auch die Begründung des Entwurfs der genannten BDSG-Novelle: "In Anbetracht der komplexen, für außenstehende Dritte kaum nachvollziehbaren Vorgänge bei der automatisierten Datenverarbeitung kann es dem Betroffenen nicht zugemutet werden, dem Betreiber der Anlage ein Verschulden nachweisen zu müssen." Es sei insbesondere "Sache der speichernden Stelle nachzuweisen, daß kein Fehler in der Datenverarbeitungsanlage, sondern der Fehler bereits vor der Speicherung oder bei der manuellen Eingabe vorlag" (BT-Drucks. 11/4306, S. 41 f.). 49 In diesem Falle sind entstehende Schäden durch den Datenverlust nicht dem Halter der Anlage zurechenbar; dieser haftet jedoch allenfalls als Betreiber der Anlage etwa für sein Verhalten, das Erstellen von regelmäßigen Sicherungskopien unterlassen oder die (in der Judikatur zu präzisierenden) Minimalanforderungen an Systemschutz nicht erfüllt zu haben.

12 Koch

178

VI. Abschließende Überlegungen

2. Ergebnisse 1.

Eine Bestandsaufnahme des geltenden Rechts der Gefahrdungshaftung ergibt eine Vielzahl einzelner voneinander unabhängiger Tatbestände, die sich anscheinend nicht in eine gemeinsame Ordnung zusammenfassen lassen, schon gar nicht in ein Gesamtsystem des Haftungsrechts, das auch die Verschuldenshaftung einbezieht. Eine Erweiterung des Schadensersatzrechtes um die Regelung jener Lebenssachverhalte, für die eine Gefährdungshaftung geeignet erschiene, ist derzeit ohne gesetzliche Sonderregelung nur durch großzügige Auslegung der Verschuldenshaftung und damit unter Anwendung von deren Regeln möglich. So sieht das geltende Haftungsrecht offenbar in vielen Fällen eine Verletzung von Verkehrspflichten, in denen die Begründung einer Gefahrdungshaftung zwar als passend, aber mangels Sondertatbestandes als unmöglich erachtet wird.

2.

Das französische Haftungsrecht hat diese Probleme einer Ausdehnung der Verschuldenshaftung auf Kosten ihrer Grundsätze nicht. Art. 1384 C. civ. bietet einen von der herrschenden Lehre und Rechtsprechung weit ausgelegten Tatbestand einer Haftung für Sachen, deren "Gefährlichkeit" für die Haftpflichtbegründung nicht vorausgesetzt wird. Manche Stimmen der französischen Lehre versuchten zwar, die praktizierte extensive Auslegung einschränkend zu mäßigen, dies insbesondere durch Einbeziehung von Verschuldenselementen in die ansonsten objektive Haftung. Offenbar steht dem "Zuwenig" an Möglichkeiten des deutschen Haftungsrechts in Frankreich ein "Zuviel" gegenüber. Dennoch haben sich dort die erwähnten Einschränkungsversuche (bislang) in der Praxis nicht durchgesetzt.

3.

Im Gegensatz dazu dominiert in England der Verschuldensgrundsatz, der das Haftungsrecht noch stärker beherrscht als in Deutschland. Trotzdem steht das englische Schadensersatzrecht anscheinend nicht vor ähnlichen Problemen der Rechtssystematik wie das deutsche Haftungsrecht, weil das englische Recht im allgemeinen ohnedies mehr am Einzelfall als an einer Systematik orientiert ist und zudem der englische Tatbestand der Fahrlässigkeitshaftung genügend flexibel ist, um mögliche Regelungslücken zu füllen.

4.

Das Haftpflichtrecht ist (auch) in Deutschland geprägt vom Gedanken des Schadensausgleichs, der als Basis jeder Haftungsbegründung zu sehen ist. Wird ein Dritter für einen Schaden haftpflichtig gemacht, so basiert diese Entscheidung (abgesehen von den Zurechnungsgründen im Einzelfall) auf der Wertung, daß der Schaden jedenfalls nicht vom Geschädigten allein getragen werden soll. Der Geschädigte steht somit im Zentrum der haf-

2. Ergebnisse

179

tungsrechtlichen Sicht des Schadensfalles, von ihm hat jede Untersuchung möglicher Haftpflichten Dritter auszugehen. 5.

Bei dieser Untersuchung ist zunächst zu fragen, wer oder was den Schaden verursacht hat. Nur wenn die Verursachung nicht ausschließlich der Sphäre des Geschädigten zuzurechnen ist, kann dieser Schaden auf einen Dritten verlagert werden. Dieser Dritte wiederum kann grundsätzlich nur dann haftpflichtig werden, wenn er den Schaden wenigstens zum Teil (mit)verursacht hat.

6.

Von diesem Grundsatz bestehen jedoch zwei Ausnahmen: (a) Auch wenn jemand nicht selbst einen Schaden verursacht hat, soll er diesen als Geschäftsherr doch ersetzen, wenn dieser Schaden von seinem Gehilfen im Rahmen jener Tätigkeit herbeigeführt wurde, deren Umstände der Geschäftsherr beeinflußen konnte und aus welcher er für sich Nutzen erhoffte. (b) Wer einen Nutzen aus einer Sache ziehen will, deren Eigenschaften und Zustand er bestimmen kann, soll grundsätzlich auch für jene Schäden aufkommen, die diese Sache verursacht, auch wenn er selbst durch sein Verhalten nichts zur Schadensentstehung beigetragen hat.

7.

Zum Beweis der Schadensverursachung wird derzeit die an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit einer Parteibehauptung verlangt. Ob dieser Grundsatz in seiner Absolutheit aufrechterhalten werden soll, ist zu bezweifeln.

8.

Auch wenn die Schadensursache ermittelt und jene Person identifiziert ist, der die Schadensverursachung in Anwendung der genannten Grundsätze zuzurechnen ist, wird diese (natürliche oder juristische) Person allein deswegen noch nicht haftpflichtig. Das Haftungsrecht verpflichtet nur dann zum Ersatz, wenn durch die Schadensverursachung den Erwartungen der Rechtsgemeinschaft im Einzelfall nicht entsprochen wurde.

9.

Diese Erwartungen sind hinsichtlich des menschlichen Verhaltens vor allem (aber nicht nur) abgegrenzt durch ein System von Verhaltensbeschränkungen, denen sich der einzelne zugunsten der Rechtsgemeinschaft unterwirft. Solange ein schadenskausales Verhalten im Rahmen dieser Erwartungen bleibt, kann der Geschädigte keinen Ersatz fordern; sein Schaden ist gleichsam der Preis für die Erhaltung des auch in seinem Namen erstellten Verhaltenskodizes. Nur wenn der Schädiger mit seinem schadensursächlichen Verhalten von der Kollektiverwartung abweicht, wird eine (somit weitergehende) Selbstbeschränkung des Geschädigten nicht verlangt, vielmehr muß der Schädiger die Folgen seiner Abwei-

12*

180

VI. Abschließende Überlegungen

chung tragen und den Schaden ausgleichen (ohne daß die Abweichung als solche sanktioniert würde). 10. Die Erwartungen der Rechtsgemeinschaft bestimmen die Haftpflichtbegründung auch dann, wenn der Schaden durch eine Sache verursacht wurde. Die in die Sache gesetzten Erwartungen sind bestimmt von Naturgesetzen und Regeln der Technik, deren grundsätzliche Objektivität allerdings beschränkt ist durch die Subjektivität, mit der sie von der Rechtsgemeinschaft wahrgenommen werden. 11. Das Haftungsrecht kann zwar schadensvorbeugend wirken; ein darüber hinausgehender Präventionszweck ist jedenfalls fur jenen Teil des Haftungsrechts zu vernachlässigen, der die Schadenszurechnung an eine Verursachung durch Sachen knüpft. Ebenso müssen die Genugtuung und die Rechtsfortsetzung als Zwecke des Haftungsrechts unberücksichtigt bleiben. 12. Der Begriff der "Gefahr" kann wegen seiner umgangssprachlichen Prägung rechtstechnisch nicht als Ordnungselement des Haftungsrechts verwendet werden, dies insbesondere auch deswegen, weil jede Schadensentstehung eine zuvor bestehende diesbezügliche Gefahr indiziert. Darüberhinaus hat das geltende Recht den Gefahrenbegriff zu einer systemstörenden Erweiterung des Regelungsbereichs der Gefährdungshaftung verwendet, indem menschliches Verhalten umgedeutet wird in die Verwirklichung einer Sachgefahr, obwohl dieses schadenskausale Verhalten nach den eigentlich dafür vorgesehenen Regeln der Verschuldenshaftung zu beurteilen wäre. 13. Doch auch die Verschuldenshaftung scheint in ihrer derzeitigen Konzeption eine Systematisierung des Haftungsrechts zu verhindern. Zum einen wird der Verschuldensgrundsatz noch immer als stark genug angesehen, um zumindest eine "Zweispurigkeit des Haftungsrechts" zu bewahren, die bereits von ihrem Grundgedanken her gegen eine verbindende Ordnung der Haftungsprinzipien gerichtet ist. Zudem ist der Verschuldensgrundsatz in gegenwärtiger Sicht nicht flexibel genug, um auch jenes menschliche Verhalten als haftpflichtbegründend zu erfassen, das bislang einem diffusen Grenzbereich zwischen Verschuldens- und Gefährdungshaftung angehörte und zumeist unter dem Titel der Verletzung von Verkehrspflichten dem Verschuldensgrundsatz nur zu-, aber nicht untergeordnet werden konnte. Besser wäre es, die Haftungsvoraussetzung des Verschuldens von vornherein so flexibel zu fassen, daß eine Einordnung der Verkehrspflichtverletzungen auch ohne (bisher dazu benötigte) irreführende Fiktionen eines Schuldvorwurfes möglich ist.

2. Ergebnisse

181

14. "Gefahr" und "Verschulden" scheinen somit beide, traditionell gesehen, als systembegründende Elemente ungeeignet zu sein, vor allem auch deshalb, weil beide bereits einer normativen Sicht des Haftungsrechts entstammen, die fur die bloße Einordnung des Einzelfalles zu präjudiziell ist. Stattdessen sollte eine Einteilung nach objektiven Kriterien erfolgen. 15. Ein solches objektives Kriterium ist die Verursachung. Will man die Haftungsfälle nach den Schadensverursachern ordnen, so können dazu folgende zwei Hauptgruppen gebildet werden: "Haftung fur menschliches Verhalten" (kurz: "Verhaltenshaftung") und "Haftung für Sachen" (kurz: "Sachhaftung") 16. Dieser Einteilung sind folgende Prämissen zugrundegelegt: (a) Menschliches Verhalten kann aktives Tun oder bloßes Unterlassen einer Handlung sein. (b) Eine Sache ist alles vom Menschen Verschiedene, sodaß es neben menschlichem Verhalten keine dritte Kategorie von Schadensverursachern gibt. (c) Der Verursacher, nach dem die Einteilung in die beiden Hauptgruppen erfolgt, muß nicht notwendig identisch sein mit dem aufgrund seiner Verursachung Haftpflichtigen. (d) Sachen begründen allenfalls eine Haftpflicht, können aber nicht selbst haftpflichtig werden. (e) Die Anknüpfung einer Haftpflicht an eine Schadensverursachung durch Sachen muß schon deshalb anderen Regeln unterworfen sein als die Anknüpfung an die Verursachung durch menschliches Verhalten. (f) Wird somit ein Schadensverursacher der einen oder der anderen Hauptgruppe zugeordnet, entscheidet sich dadurch auch, nach welchen Regeln seine Verursachung zu einem möglichen Haftpflichtigen führt. (g) Da ein Schaden mehrere Ursachen haben kann, die außerdem nicht unbedingt alle einer einzigen Hauptgruppe zuzuordnen sind, kann in ein und demselben Schadensfall eine Haftpflichtbegründung sowohl nach den Regeln der Haftung für menschliches Verhalten als auch nach denen der Sachhaftung erfolgen. 17. Nach welchen Regeln einem Geschädigten allenfalls Schadensersatz zuzusprechen ist, entscheidet sich erst nach Beantwortung der Vorfrage, wodurch sein Schaden verursacht wurde. Dazu genügt die Heranziehung von

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VI. Abschließende Überlegungen

naturwissenschaftlichen Regeln. Stehen alle Kausaleinflüsse fest, sind sie den beiden Hauptgruppen zuzuordnen. 18. Die Regeln der Sachhaftung sind also schon dann anzuwenden, wenn der Schaden von einer Sache äquivalent verursacht wurde. 19. Der Kausalzusammenhang zwischen Sache und Schaden ist in der Folge zu bewerten. In diese Beurteilung sind zunächst jene Ursachen einzubeziehen, die der Sache auf einer Kausalkette vorgereiht sind. Grundlage dieser Wertung ist, daß für eine Sache nur dann gehaftet werden soll, wenn sie, ohne von einem Außeneinfluß dazu bestimmt zu sein, somit eigendynamisch, den Schaden verursacht hat. Diese "Eigendynamik" bezieht sich damit nicht auf die Sache selbst, sondern auf deren Rolle im Schadensentstehungsprozeß. 20. Ein Schaden wurde dann eigendynamisch von einer Sache verursacht, wenn diese, ohne damit nur auf eine menschliche oder sonstige Einwirkung zu reagieren, durch eine Zustandsveränderung den Eintritt jener Umstände bewirkte, die letztlich unmittelbar den Schaden entstehen ließen. Diese Veränderung muß jedoch nicht im Aggregatzustand der Sache eingetreten sein, es genügt schon etwa eine Veränderung des Ortes der Sache. Bloße Reaktion auf einen Außeneinfluß hingegen (und damit für eine eigenständige Haftungsanknüpfung nicht ausreichend) ist jede Zustandsveränderung der Sache, die aus objektiver Sicht als Folge der Einwirkung vorhergesehen hätte werden können. 21. Diese Vorhersehbarkeit bezieht sich nicht auf den Schadenseintritt, sondern auf die dazu führende Zustandsveränderung der Sache. Ob diese Zustandsveränderung im hier verwendeten Sinne "vorhersehbar" war, ist unter den Umständen des konkreten Einzelfalls mit dem gesamten bei der Beurteilung zur Verfügung stehenden Wissen zu prüfen. Eine bloße konditionale Verknüpfung der Einwirkung auf die Sache mit deren Zustandsveränderung genügt nicht, vielmehr muß die Sachveränderung nach Art, Ort und Zeit objektiv als Folge des Ausseneinflusses zu erwarten gewesen sein. 22. Mit dem Verhältnis der Einwirkung auf die Sache zu deren Zustandsveränderung werden zwei Ursachen bewertet, die auf derselben Kausalkette liegen. Auch wenn dies zum Ergebnis führt, daß die Sache als einziges Glied ihrer Kausalkette eigendynamisch den Schaden verursacht hat, bleiben immer noch jene Kausaleinflüsse in die Gesamtbeurteilung einzubeziehen, die auf anderen, parallelen Kausalketten liegen. Nur so kann festgestellt werden, ob der Kausalzusammenhang zwischen Schaden und Sache eine zumindest anteilige Haftung für die Sache rechtfertigt, oder ob deren Kausalität bei der Schadenszurechnung von anderen Ursachen ver-

2. Ergebnisse

183

drängt wird. Unter bestimmten Voraussetzungen kann jedoch auch fur einen Vorgänger der Sache auf derselben Kausalkette eine Haftung begründet werden, selbst wenn sich die Zustandsveränderung der Sache in der Folge objektiv unvorhersehbar entwickelt hat. 23. Mehrere Schadensursachen sind jeweils nach den für sie vorgesehenen Haftungsregeln (jenen der Verhaltenshaftung oder jenen der Sachhaftung) zu beurteilen. Führen danach alle oder einzelne dieser Ursachen auch zu einer Haftpflicht, so entspricht der Anteil der solcherart begründeten Haftpflichten am Ersatz des Schadens grundsätzlich jenem Anteil an der Schadensentstehung, der zuvor für die der Haftpflicht zugrundeliegende Ursache ermittelt wurde. Bei der Schadenszurechnung sind dabei die Prinzipien der §§ 830 und 840 BGB anzuwenden. Im Falle der Mitverursachung durch den Geschädigten selbst ist eine Regelung wie die des § 254 BGB (unmittelbar oder analog) anzuwenden. 24. Die Haftungsausschlußgründe "höhere Gewalt" und "unabwendbares Ereignis" sind in Anwendung der hier vorgeschlagenen Regeln überflüssig. Eine Einwilligung in die Schädigung ist angesichts der Definition der Eigendynamik nur schwer vorstellbar. 25. Handeln auf eigene Gefahr sollte auch die für eine Sache begründete Haftpflicht eines Halters ausschließen. Erkennt der Geschädigte somit eine konkrete Schadensgefahr, so kann er sich bei deren Verwirklichung insbesondere nicht darauf berufen, daß der eingetretene Schaden von einer Sache eigendynamisch verursacht wurde. 26. Halter und in dieser Eigenschaft für eine Sache haftpflichtig ist deijenige, der aus der Verwendung dieser Sache für sich einen Nutzen erhofft. Die Haltereigenschaft wird dabei durch drei Elemente bestimmt, deren wechselseitiger Einfluß jeweils für den Einzelfall zu bestimmen ist: (a) Die schwächste Form der Anknüpfung ist jene nach den vermögensrechtlichen Grundsätzen. Dennoch kommt insbesondere dem Eigentum an einer Sache Indizwirkung für die Bestimmung ihres Halters zu. (b) Weiters ist zu prüfen, wer über die Erhaltung der Sache bestimmen kann und/oder tatsächlich bestimmt. (c) Schließlich ist der Nutzer der Sache zu ermitteln. Dies kann zum einen ihr tatsächlicher Nutzer sein, der bestimmen und kontrollieren kann, wie die Sache eingesetzt und gebraucht wird. Zum anderen kann auch der bloß wirtschaftliche Nutzer Halter sein, der den wirtschaftlichen Vorteil aus einer Sache zieht, ohne sie selbst tatsächlich zu nutzen.

184

VI. Abschließende Überlegungen

27. Haftpflichtig kann nicht nur der Schädiger selbst werden, sondern fur ihn auch jemand, dessen eigenes Verhalten nicht den Schaden verursacht hat. Bei der Sachhaftung ist es ebensowenig notwendig, daß nur der Halter fur die Sache haftet; ein Dritter kann gleichfalls zum Ersatz des durch die Sache verursachten Schadens verpflichtet werden. Die beiden Hauptgruppen der Haftung können daher jeweils in zwei Untergruppen unterteilt werden: Haftung fur menschliches Verhalten I

Haftung fur eigenes Verhalten

1

1

Haftung fur fremdes Verhalten

Sachhaftung I

Haftung des Halters

1

Haftung des NichtHalters

28. Unabhängig davon, nach welchen Regeln welcher Haupt- oder Untergruppe eine Haftpflicht begründet wurde, sollen in allen Fällen die gleichen Kriterien gelten, nach denen der zu ersetzende Schaden bestimmt wird. So kann die Ersatzpflicht insbesondere nicht bei der Haftung fur menschliches Verhalten Schmerzensgeld umfassen, wenn ein solcher Anspruch bei der Sachhaftung abgelehnt wird (und umgekehrt). 29. Die Begrenzung der Haftpflicht durch starre, summenmäßig bestimmte Höchstsummen ist abzulehnen. Stattdessen könnte eine flexiblere Regelung durch eine Reduktionsklausel in Betracht kommen, durch deren Anwendung eine im Einzelfall als unbillig erscheinende Ersatzpflicht gemäßigt werden kann. Eine solche Begrenzung der Ersatzpflicht beeinflußt aber den ihr jeweils zugrundeliegenden Haftpflichtanteil nicht.

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