Das System der indogermanischen Halbvokale;: Untersuchungen zum sogenannten Sieversschen Gesetz und zu den halbvokalhaltigen Suffixen in den indogermanischen Sprachen, besonders im Vedischen. 3533021971


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German Pages 360 p. [361] Year 1972.

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Das System der indogermanischen Halbvokale;: Untersuchungen zum sogenannten Sieversschen Gesetz und zu den halbvokalhaltigen Suffixen in den indogermanischen Sprachen, besonders im Vedischen.
 3533021971

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ELMAR SEEBOLD

Das System der indogermanischen Halbvokale Untersuchungen zum sogenannten 'Sievcmchcn Geietz’ und za den halbvokalhaltigen Suffixen in den indogennan»eben Sprachen besonder» im Vedischeo

H E ID E L B E R G 1972 C A R L W IN T E R ■ U N IV E R S IT Ä T SV E R L A G

IN D O G E R M A N I S C H E B IB L IO T H E K

Dritte Reihe UNTERSUCHUNGEN

ELM AR

SEEBOLD

Das System der indogermanischen Halbvokale Untersuchungen zum sogenannten ‘ Sieversschen Gesetz’ und zu den halbvokalhaltigen Suffixen in den indogèrmanischen Sprachen, besonders im Vedischen

H E ID E L B E R G 1972 CAR L W IN T E R · U N IVERSITÄTSVERLAG

ISBN 3 533 02196 3 (Kt) ISBN 3 533 02197 1 (Ln) Alle Rechte Vorbehalten. © 1972. Carl W inter Universitätsverlag, gegr. 1822, G mbH ., Heidelberg Photomechanische W iedergabe n u r m it ausdrücklicher Genehmigung durch den Verlag Als Habilitationsschrift au f Empfehlung der Philosophischen Fakultät d e r Universität Köln gedruckt m it U nterstützung der D eutschen Forschungsgemeinschaft Im prim é en Allemagne. P rinted in Germany Gesamtherstellung: H u b ert & Co., Göttingen

V o rw o rt Meine Habilitationsschrift, die ich hiermit der Öffentlichkeit vorlege, hätte eigentlich eine vergleichende Untersuchung der germanischen Flexionssysteme und der germanischen Auslautgesetze werden sollen ; aber bei der Bearbeitung der gotischen /«-Stäm m e und /cm-Verben zeigte sich, daß deren Geschichte nicht beurteilt werden kann, bevor die von Sievers vermutete indogermanische Regelung des Anschlusses von Halbvokalen an Konsonanten genauer untersucht ist. Versuche, dieses Problem einfach abzutrennen, scheiterten an dessen Bedeutung für die historische Lautund Formenlehre des Gotischen; so daß ich mich entschloß, das Material des Rigveda — an dessen Beurteilung die ganze Frage hängt — selbst zu untersuchen. Die Untersuchung brachte mich zwar zu einem bestimmten Ergebnis, wuchs aber wegen der ziemlich verwickelten Problemlage und der Masse des zu behandelnden Materials weit über den Umfang eines Exkurses zu einer andersartigen Arbeit hinaus, so daß ich mich im Einvernehmen m it Herrn Professor Untermann entschloß, die Behandlung der germanischen Auslautgesetze aufzuschieben und zunächst meine Untersuchung zum Sieversschen Gesetz als Habilitationsschrift vorzulegen. Ich bin mir durchaus bewußt, daß ich damit aus dem Rahmen meines eigentlichen Spezialgebietes — der germanischen Sprachen —herausgetreten bin und mich auf ein Gebiet begeben habe, a u f dem intensives Spezialstudium und weitreichende Kenntnisse Voraussetzung zu einer systematischen Beurteilung grammatischer Erscheinungen sind; aber andererseits ist das Problem so stark formal und so stark von einer Beurteilung der voreinzelsprachlichen Verhältnisse (und nicht einer bloßen Beschreibung der Gegebenheiten des Rigveda) abhängig, daß ich glaube, meiner Sache einigermaßen sicher sein zu können. Die großen Kenner des Rigveda haben wohl allgemein Besseres zu tun, als Auflösungen von Halbvokalen zu zählen und zu klassifizieren, so daß das Problem wahrscheinlich immer ungelöst geblieben wäre, hätte sich nicht ein minder Befugter seiner angenommen. So hoffe ich nun, daß meine Ergebnisse nicht nur den W eg ebnen für ein besseres Verständnis der germanischen Lautgeschichte, sondern auch den Veda-Philologen ein Werkzeug an die H and geben, um die Probleme der altindischen Halbvokale und der yjv Suffixe zu beurteilen und weiter zu erforschen. Selbst wenn sich dabei meine Zuordnungen (die im wesentlichen Wackemagels Grammatik folgen)

Vorwort - Dankesworte als verbesserungsbedürftig und meine Rückschlüsse a u f die Morphologie (etwa der Gerundive) als nicht ausreichend gestützt erweisen sollten, so glaube ich doch, daß sich meine Grundannahmen über die 'Suffixverschiedenheit’ und die 'AnschlußregeP bewähren werden.

D an k esw orte Zu danken habe ich vor allem Herrn Professor Untermann für seine verständnisvolle Betreuung dieser Arbeit während ihrer ereignisreichen Geschichte. Herr Professor Thieme, Tübingen, gab mir in den Weihnachtsferien 1968/69 Gelegenheit, an zwei Vormittagen ausführlich m it ihm über die Problematik des Sieversschen Gesetzes im R igveda zu diskutieren und meinen (von seiner Auffassung abweichenden) Standpunkt darzustellen; die Herren Professoren Forssman und Thieme haben mich auf meine Bitte hin ihre Gutachten einsehen lassen, Herr Professor Forssman außerdem seine persönlichen Notizen; die Herren Professoren Thieme und Karl Hoffmann haben mir in zahlreichen Randbemerkungen weitere Hinweise gegeben, die ich zum Teil in der Druckfassung noch berücksichtigt habe. Sie alle haben mir eine Fülle ergänzender Gedankengänge verm ittelt und wertvolle Hinweise gegeben, für die ich ihnen zu großem D ank verpflichtet bin. Ferner habe ich zu danken für Auskünfte und Mithilfe verschiedener A rt Herrn Professor Groenke (Köln), Herrn Professor Janert (Köln), Herrn Professor Katiöié (Zagreb), Herrn Professor Lieb (jetzt Berlin); Herrn Professor Schlerath für die zeitweilige Überlassung seiner (handschriftlichen) Dissertation und nicht zuletzt meiner Frau für ihre Mithilfe bei den umfangreichen K ontroll- und Korrekturarbeiten.

I n h a lts v e r z e ic h n is E IN L E IT U N G : Terminologischer Rahmen und Problem stellung................ Einteilung der L a u t e ...................................................................................... Laut und Phonem .......................................................................................... P roblem stellung..................

11 11 16 20

FO RSCH UNG SBERICH T 25 25 28 33 33 38 38 43 56 59

D Der Kompositions- und Satz-Sandhi von -ij-ü ...................................

60

E Die 'Sieverssche Regel’ außerhalb des Vedischen 1. Die altgermanischen Sprachen ........................ a) G o tis c h ............................................................................................... b) Altnordisch ...................................................................................... c) Die westgermanischen Sprachen ................................................. d) Runeninschriften ............................................................................ e) Lehnwörter in den finnisch-lappischen Sprachen .................... f) Angebliche Evidenz gegen die 'Sieverssche Regel’ .................. g) Zusammenfassung .......................................................................... 2. Die altiranischen Sprachen ................................................................ 3. Die baltischen und slavischen Sprachen ......................................... 4. Das L a tein isch e.................................................................................... 5. Die keltischen Sprachen...................................................................... 6. Das G riech isch e.................................................................................... 7. Die übrigen S p rach en .......................................................................... F Begründungen für die Sieverssche Régel .............................................

64 78 86 87 89 95 97 98 103 110 121 122 128 129

II Andere Deutungen des Gegensatzes C Y A : C I Y A ................................... A Einwirkung des Akzentes: August Fick (1885) u .a............................. B Verschiedene Suffixe ............................................................................... 1. Nominales und verbales Suffix: August Fick (1877) — Wilhelm Schulze (1904) — Franz Specht (1935/1944).................................... 2. Zwei Nominalsuffixe: William Dwight Whitney (1879) und E. Vem on Arnold (1897/1905)............................................................ C Produktiv — Unproduktiv: Jerzy Kurylowicz (1960) — Gregory Nagy (1970) ..........................................................................................

2 s

I Die Diskussion über die Sieverssche R e g e l ............................................... A Darstellungen und Erklärungen vor Sievers ...................................... B Sievers’ Regel (1878) und Edgrens Materialsammlung (1885).......... C Erweiterungen und Abänderungen der Sieversschen R e g e l.............. 1. Hermann Osthoff (1 8 8 4 )...................................................................... 2. Hermann H irt (1900/1921).................................................................. 3. Jerzy K urylowicz (1926/1935 und 1956/1968) ............................... 4. Franklin Edgerton (1934/1943)......................................................... 5. Fredrik O tto Lindeman (1965) .......................................................... 6. Winfred P. Lehmann (1968) ..............................................................

133 133 134 134 141 143

Inhaltsverzeichnis D L aryngale.................................................................................................... E Das vedische Metrum: Hermann Oldenberg (1888/1908) und Andrew Littleton Sihler (1967/1969) .................................................................... F Der Gegensatz C Y A : C IY A in den indogermanischen Einzelsprachen — Ausstehende F r a g e n ............................................................ 1. Die mittelindischen Sprachen.............................................................. 2. Das O skisch-U m brische...................................................................... I II

Auswertung und Arbeitshypothese.......................................................... A Die Rolle des Metrums im Rigveda ..................................................... 1. Der Einfluß des Metrums au f die Anlaut-Variation: Das Pronomen der zweiten Person Singularis............................................... 2. Der Einfluß des Metrums au f die Inlaut-Variation ....................... B Zusammenfassung und A rbeitshypothese............................................. 1. Beschränkung au f die Halbvokale ................................................... 2. Beschränkung auf den Rigveda ........................................................ 3. M e tru m ................................................................................................... 4. Die phonologische O p p osition ............................................................ 5. Die Anschlußregel................................................................................ 6. Das Prinzip der Vermeidung überschwerer S ilb en ......................... 7. Modell ..................................................................................................... Terminologischer Exkurs: Zur Beschreibung der Akzentstelle ............

H A U P T T E IL : D ie Halbvokale zwischen Konsonant und Sonant im Rigveda Darstellung und Besprechung des nach formalen und semantischen Kategorien geordneten M aterials.................................................................. I

II

Kompositions- und Satz-Sandhi ............................................................... A Satz-Sandhi ................................................................................................ B Kompositions-S a n d h i................................................................................ C Zusammenfassung......................................................................................

146 150 151 153 154 154 155 165 169 169 170 170 171 173 173 174 175

176 176 176 179 183

Sandhi von Stämmen auf -iß und -u/ü mit sonantisch anlautenden Endungen ......................................................................................................... 184 A B C D E F

I II

144

Flexion der ΐ'/ί-Stämme (außer W urzelnom ina)................................... Flexion der «/«-Stäm m e (außer W u rzelnom ina)................................. Flexion der Wurzolnomina au f -i/i und -u/ü ....................................... Flexion der schwundstufigen Verbalstämme auf -iß und - « / « ........ Flexion der nu- und «-Verba .................................................................. Zusammenfassung......................................................................................

184 190 191 192 194 194

Sandhi von Grundlagen au f -i/i und -u/ü mit sonantisch anlautenden Stamm- und W ortbildungssuffixen.............................................................. 196 A Verbale Stammbildung aus schwundstufigen W u rzeln ....................... 196 1. Bildung von Verbalstäm m en.............................................................. 196 2. Partizipion ............................................................................................ 198 3. In fin itive................................................................................................ 198 4. Zusammenfassung................................................................................ 198 B Nominale Ableitungen aus schwundstufigen Wurzeln ....................... 199 C Bildungen aus n«-Präsentien .................................................................. 200 1. Modalstämme und Partizipien............................................................ 200 2. Thematisierungen ................................................................................ 201 3. Primäre «-B ild u n gen ............................................................................ 201

Inhaltsverzeichnis D Ableitungen aus nominalen «-Stämmen ............................................... 1. Bildungen zu «-S täm m en .................................................................... 2. Bildungen m it -a- zu «-Stämmen .............................................. 3. devi-Feminina zu «-Stämmen ............................................................ 4. Zusam m enfassung................................................................................ E Ableitungen aus nominalen i-Stämmon ............................................... 1. Bildungen zu «pfclA-Stämmen ............................................................ 2. Bildungen m it -a- ohne Vrddhi zu i-S täm m en ................................ 3. Vfddhi-Bildungen m it -a- zu i-S täm m en ......................................... 4. Zusam m enfassung................................................................................ F Zusammenfassung......................................................................................

202 202 202 203 203 203 205 205 207 207 208

y und v in Endungen und Wortausgängen ........................................... Flexionsendungen mit y .......................................................................... Flexionsendungen mit v ............................................................................ D ie Infinitive au f -adhyai und - t y a i....................................................... Die Absolutiva au f -(% « -, tvi, -tvà und -tvaya ................................... 1. Die (komponierten) Absolutiva a u f - ( t )y a ....................................... 2. Die (nicht komponierten) Absolutiva au f -tvi, -tvà und -tväya . . Zusammenfassung......................................................................................

208 208 210 212 212 212 213 218

IV A B C D

E V

y und v in Stemm- und Wortbildungssuffixen ..................................... A Primäre Nominalsuffixe m it y ................................................................ A A Die Gerundive auf -(t)ya- ................................................................ 1. Gerundive m it leichtsilbigen Wurzelformen ........................... 2. Gerundive mit schwersilbigen Wurzelformen ......................... 3. Gerundive zu sekundären Wurzelformen und zu Verbalstämmen ........................................................................................ 4. Bildungen mit erweiterten Suffixen ......................................... BB Die (komponierten) Verbalabstrakte auf -(t)ya- (n) ................... CC Die femininen Verbalabstrakta auf (t)y ä -..................................... D D Zusammenfassung..............................................................................

218 218 219 222 225

B Sekundäre Nominalsuffixe mit y ............................................................ AA Das Kompositionssuffix -y a - ............................................................ BB Vrddhi-Bildungen mit -ya- .............................................................. 1. Patronymika zu a-Stämmen ..................................................... 2. Sonstige Vfddhi-Bildungen ........................................................ CC Die denominalen ya-Bildungen ohne V fd d h i ............................... 1. Ableitungen von zweisilbigen Grundlagen............................... 2. Ableitungen von einsilbigen G rundlagen................................. 3. B eurteilung.................................................................................... D D Vrddhi-Bildungen zu ya-Stäm m en................................................. EE Sekundärbildungen au f f(yä) ............................................................ 1. Abstrakte au f -à- zu Verben au f -ya - ....................................... 2. Sonstige Bildungen auf - y ä - ........................................................ FF Das iy a -S u ffix .................................................................................... GG Primäre Relations-Adjektive au f - y a - ........................................... H H Nicht analysierbare und untypische Bildungen m it -ya-j-yäJ J Das Komparativ-Suffix -yaa- .......................................................... K K -yu- zu Verben auf - y a - .................................................................... L L Zusammenfassung..............................................................................

236 236 239 239 240 243 243 249 261 278 279 279 279 281 281 282 285 285 286

225 231 233 235 236

10

Inhaltsverzeichnis

C Die verbalen ya -S u ffix e............................................................................. A A ya-Präsentien (4. K la s s e )................................................................... BB Passiv-Stämme ................................................................................... CC Optativ- (und Prekativ-)Stäm m e.................................................... D D Das Futur au f -sya- ........................................................................... EE Die denominativen und andere sekundären V e r b e n ................... F F Zusammenfassung............................................................................... D Suffixe m it v ............................................................................................... AA Analysierbare nominale ^ -B ild u n g e n ........................................... BB Gerundive au f -te a -............................................................................. CC Neutrale Abstrakta auf -tva· .......................................................... D D Vrddhi-Bildungen zu Stämmen auf - v a - ........................................ EE Dio Partizipien dos Perfekts a u f -vaine- ....................................... F F Die Bildungen au f -(Qvan·, fein, -v a r i............................................ CG Die Bildungen auf - v a t - ..................................................................... H H Kleinere G ru p p e n ............................................................................... JJ Nicht analysierbare und untypische Nominalbildungen .......... K K (Sekundäro) Wurzeln auf v .............................................................. L L Zusammenfassung............................................................................... VI y und v in Anlautgruppen ......................................................................... V I I Anhang 1. Anlautendcs silbisches i vor Sonant ...................................................... 2. Silbisches i zwischen S on an ten ................................................................. V I II Zusammenfassung und Auswertung ............................................................ 1. 'Falsch angesetzte Stämme’ und Verwandtes ................................... 2. Besondere Lau tgru ppen ........................................................................... 3. a-Wirkungen ............................................................................................. 4. Suffixverschiedenheiten ........................................................................... 6. Die Anschlußregel..................................................................................... 6. Regelungen bei Anlautgruppen ............................................................ 7. Regelungen im Kompoeitions- und S atz-S an dh i............................... 8. Das M etru m ............................................................................................... 9. Dio C hronologie......................................................................................... 10. Abschließende Bemerkungen .............................................................

287 287 288 289 290 292 292 292 292 293 294 29δ 296 297 298 298 299 300 300 301 306 307 307 308 316 319 320 322 323 325 325 326 331

AN H AN G ZUM H A U P T T E IL : Vergleich der vedischen H albvokal-Realisierung m it der anderer indogermanischer S p rach en ............................... A Das Avestische ........................................................................................... B D ie mittelindischen Aéoka-Inschriften .................................................. C D ie germanischen Sprachen .................................................................... D Das G riechische...........................................................................................

333 333 335 337 337

A U S W E R TU N G I Die Rekonstruktion der grundsprachlichen Halbvokal-Realisierung . . A i/u : i/ü vor Konsonant gegenüber Hy. : tj/uu vor S o n a n t................... B Die Anschlußregel......................................................... C Sonstige Regelu n gen ................................................................................... II Das Halbvokal-System der Grundsprache — ein neues M o d e ll............. Erstes Modell .................................................................................................... Zweites Modell .................................................................................................. Literaturverzeichnis.................................................................................................... Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................. R e g is te r ........................................................................................................................

338 338 340 342 343 344 347 349 350 351

E IN L E IT U N G Terminologischer Rahmen und Problemstellung Einteilung der L aute1. Eine Arbeit über die Halbvokale einer Sprache muß m it einer Begriffsklärung beginnen, denn die Definition von Halbvokal hängt m ittelbar oder unmittelbar ab von der Definition der Termini Vokal und Konsonant, und diese werden in Klassifikationen nach mindestens zwei verschiedenen Kriterien verwendet: dem der phonetischen Form der Laute (in der Regel der Artikulationsart) und dem ihrer Funktion in der Silbe. Nach der phonetischen Form definiert z. B. Daniel Jones2 einen Vokal ('in normal speech') als a voiced sound in form ing which the air issues in a continuous stream through the pharynx and mouth, there being no obstruction and no narrowing such as w ould cause audible friction. A u f das Kriterium der Funktion in der Silbe stützt sich dagegen z.B . Herbert P ilch 3, wenn er die 'E lem ente im Silbenkern’ als Vokale bezeichnet. Diese Verschiedenheit in der Definition beruht a u f auseinandergehenden Präzisierungen eines älteren Sprachgebrauchs, der zwischen den beiden Definitionsmöglichkeiten nicht unterschied. Eine solche D oppeldeutigkeit war m öglich, weil in den Lautsystemen vieler Sprachen ein V okal nach dem einen Kriterium regelmäßig auch ein V okal nach dem andern ist, so daß die terminologische Festlegung vernachlässigt werden konnte und in der wissenschaftlichen Literatur zum Teil auch da noch vernachlässigt wurde, w o vom Material her eine Präzisierung imbedingt erforderlich gewesen wäre : A u f dem G ebiet der allgemeinen Sprachwissenschaft etwa bei L eonard Bloom field4, a u f dem Gebiet der Indogermanistik 1 Zur Diskussion über die Einteilung der Laute vgl. z .B . N . S. Trubetzkoy: Grundzüge der Phonologie (TCLP 7, 1939), 3. Aufl. Göttingen 1958, S. 82-86 und S. 169* ; Kenneth L. P ike: Phonetics, Ann Arbor 1943 (reprint 1958), Chapter V 'Classification Criteria’ (S. 66-79); D avid Abercrombie: Elemente of General Phonetics, Edinburgh (1967), S. 79f. Zur früheren Geschichte dor Terminologie etw a Eugen Dieth (unter Mitwirkung von Rudolf Brunner): Vademecum der Phonetik, Bern 1950 (Nachdruck 1968), S. 170-173. * A n Outline of English Phonetics, Cambridge (zuletzt 9. Aufl. 1969), § 97. 8 Phonemtheorie, I. Teil, Basel & New York 1964 (Bibliotheca Phonetica 1), 8. 19. 4 In Language, New Y ork 1933 (und reprints) wird S. 102 der Terminus vowels nach der phonetischen Form bestimmt, S. 130 aber nach der Funktion (always syballic).

12

Einleitung

etwa bei Hans K rähe5. Der Befund, der am häufigsten eine Präzisierung der Termini vorlangt, sind dabei diejenigen Laute, die bei gleicher phonetischer Form sowohl in silbischer wie auch in unsilbischer Funktion auftrcten können. Von den Vorschlägen der Sprachtheoretiker, die Terminologie durch Einführung zusätzlicher Begriffe eindeutig zu machen, hat sich keiner durchsetzen können. Ich erwähne einige Versuche, die zu größerer Bedeutung gelangt sind: Eduard Sievers® (und im Anschluß an ihn Karl Brugm ann7) unterschied nach der Funktion Sonanten und Konsonanten — was dem Wortsinn dieser Termini am besten entspricht — und gab für die Einteilung nach der Form mehrere Kriterien an. In der praktischen Darstellung benützte er für die Haupteinteilung das akustische Kriterium 'Stim m e’ gegenüber 'Geräusch’ und unterschied danach Sonore (Vokale, Liquiden, Nasale) und Geräuschlaute (Spiranten und Verschlußlaute). Diese Einteilung, die die Liquiden und Nasale mit den Vokalen zusammenstellt, ist für die Beschreibung der Lautsysteme vieler Sprachen und für mehrere allgemeine Fragestellungen unangemessen und hat sich auch in der Folgezeit nicht durchsetzen können. Ferdinand de Saussure® behielt die Sieverssche Terminologie für die Einteilung nach der Funktion in der Silbe bei (sonantes — coneonantes), unterschied aber nach der Form in Anlehnung an die traditionelle Auffassung voyelles und consonnes. Dies wäre ein einfacher Ausweg aus der terminologischen Schwierigkeit, doch beruht die dam it getroffene Unterscheidung zwischen consonne und consonante auf einer Eigentümlichkeit des Französischen und kann zumindest im Deutschen nicht nachgeahmt werden. Im Englischen werden silbische und unsilbische Laute häufig als syllables und nonsyllabics bezeichnet, wodurch die alten Termini vowel und consonant für die Klassifikation nach der Form frei werden — dies wäre etwa der W ortgebrauch von Daniel Jones®. Wieder anders Kenneth L. P ik e10, der nach der Funktion ebenfalls syllables und nonsyllabics unter* Indogermanische Sprachwissenschaft 1 ,5. Aufl. Berlin 1966 (Slg. Göschen, Bd. 59), S. 54f. und 74-76: Bei der Gliederung gilt Vokal = silbischer Laut, aber die Halbvokale werden definiert als 'Vokale in konsonantischer Funktion’ (was für Vokal eine Definition nach phonetischen Kriterien voraussetzt). * Grundzüge der Phonetik, zuletzt 4. Aufl. Leipzig 1893, S. 37-49. Sievers beruft sich dabei auf M. Thausing: Das natürliche Lautsystem der menschlichen Sprache, Leipzig 1863. 7 Grundriß *1, 1, S. 44-57. 8 Cours de linguistique générale, édition critique par R u d olf Engler, 1er fase. Wiesbaden 1967, S .121f. und 138. * (S. o. Anm. 2), § 97 f. und § 211 (Jones benützt aber — so weit ich sehe — den Ausdruck nonsyllabics nicht). 10 (S.o. Anm. 1), vgl. vor allem die Diagramme auf S. 144f.

Terminologischer Rahmen und Problemstellung

13

scheidet, für die Klassifikation nach der Form aber die willkürlich gebildeten Ausdrücke vocoid und contoid einführt. Für das Deutsche sind silbisch und unsilbisch als Termini unbequem, da sie nur als Adjektive verwendet werden können, und dies die Formulierung komplizierterer Befunde ziemlich umständlich macht. Schließlich die Möglichkeit, die alten Termini Vokal und Konsonant auf die Einteilung nach der Funktion in der Silbe zu beschränken. Mit ihr ist in der Regel verbunden, daß das Kriterium der phonetischen Form nur zur Bildung von Unterklassen herangezogen wird: Man unterteilt also zunächst (nach der Funktion) in Vokale und Konsonanten, dann (nach der Form) die Konsonanten etwa in Verschlußlaute, Reibelaute, Liquiden und Nasale. Dieses Verfahren wird zum Teil im amerikanischen Strukturalismus angewandt11; a u f dem Gebiet der Indogermanistik hat es in Antoine Meillet12 einen prominenten Vertreter gefunden. Bei einer solchen Einteilung m üßten die Laute, die sowohl silbisch wie auch unsilbisch sein können, theoretisch in zwei verschiedenen Klassen erscheinen. Dies stößt zwar nicht auf grundsätzliche Bedenken13, ist aber in vielen Fällen aus strukturellen Gründen nicht wünschenswert. Man kann nun, um diesen Nachteil zu vermeiden, die Gruppe der Laute m it beiden Funktionen als eigene Klasse herausheben, wie Meillet, der voyelles, consonnes und sonantes unterscheidet. Dies hat aber eine Konsequenz, die man nicht übersehen darf: Das Einteilungskriterium wird komplex — man unterscheidet gleichzeitig nach Form und Funktion, nämlich in Laute, die bei gleicher phonetischer Form immer silbisch sind, solche, die im m er unsilbisch sind, und solche, die beides sein können. Dieses Einteilungsprinzip ist für die Beschreibung des erschlossenen Lautsystems der indogermanischen Grundsprache vorzüglich geeignet; es kann aber die Einteilung nach den einfachen Kriterien der Form und der Funktion nicht ersetzen — auch nicht bei der Beschreibung der indogermanischen Grundsprache, wie man leicht daraus ersehen kann, daß Meillets Terminologie bei komplizierteren Sachverhalten außerordentlich umständlich wird : E r muß unterscheiden zwischen voyelles proprement dites, sonantes voyelles, consonnes proprement dites und sonantes consonnes. W ir bekommen dam it für die Einteilung der Laute drei Kriterien, von denen jedes seinen besonderen Anwendungsbereich hat. Sie führen zu drei 11 Vgl. etwa Hocketts vowel systems gegenüber consonant systems (Charles F. H ockett: A Course in M odem Linguistics, New York 1958, 11.5 und 11.β u.ö.), sowie Pilch (s.o. Anm. 3), S. 119. 11 Introduction à l'étude comparative des langues indo-européennes, 8. Aufl. 1937 (reprint Alabama 1964), Chapitre III 'Phonétique’ . 13 Vgl. vor allem die Behandlung bei Kenneth L. Pike: Phonemics, Ann Arbor 1947 (reprint 1961), S. 1291 mit Literatur.

Einleitung

14

Klassifikationen, die sich in der Theorie nicht und in der Praxis zumindest nicht notwendigerweise decken, weshalb eindeutig definierte Termini für die einzelnen Klassen nur erreicht werden können, wenn sie auf jeweils eine Klassifikation beschränkt werden. Um dieser methodischen Forderung zu genügen, verwende ich folgende Terminologie: a)

Bei der Klassifikation nach dem Kriterium der phonetischen Form : Laute

Vokale

Nicht-Vokale

Sonoranten

Liquiden

Nasale

Geräuschlaute

Verschlußlaute

Reibelaute

Die Vokale sind definiert nach der Artikulationsart14* , wie z.B . bei Daniel Jones (s.o.), die Nicht-Vokale als alle übrigen Laute (wie ebenfalls bei Daniel Jones, der diese Klasse aber consonants nennt). V on den Unterklassen nach demselben Kriterium sind für uns besonders wichtig Liquiden, Nasale, Verschluß- und Reibelaute ; die in der Indogermanistik heftig diskutierten Laryngale berücksichtige ich hier nicht, weil ihre phonetische Zuordnung ganz unsicher ist. — Bei der Beschreibung der indogermanischen Sprachen ist es häufig zweckmäßig, Verschluß- und Reibelaute einerseits, Liquiden und Nasale andererseits in Ober-Klassen zusammenzufassen, obwohl diese Ober-Klassen nach dem Kriterium der Artikulationsart kein Merkmal ausschließlich gemeinsam haben. Ich unterscheide hier nach einem akustischen Kriterium Qeräuschlaute und Sonoranten16. Zur Klasse der Vokale gehören demnach in der erschlossenen indogermanischen Grundsprache auch die 'imsilbischen Vokale*, nicht aber die 'silbischen Liquide und Nasale’ . Das entspricht im übrigen dem Wortgebrauch von Karl Brugmann : Grundriß *1, 1, S. 92 u .ö. ; Kurze vergleichende Grammatik der indogermanischen Sprachen, Berlin & Leipzig 1902 (Neudruck 1933), S. 62. Das Kriterium ist die wesentliche Beteiligung von ‘ Geräusch’ . Benützt man dieses Kriterium zur Haupteinteilung, so müssen wie bei Sievers (e.o. Anm. 6). S. 70f. die Liquiden und Nasale mit den Vokalen zusammengeordnet werden. Es ist für praktische Zwecke erheblich günstiger, das Kriterium erst zur Einteilung zu benützen, wenn die Vokale bereits abgetrennt sind. Den Terminus Sonorant übernehme ich aus der amerikanischen Terminologie (vgl. besonders Pike : Phonetics, S. 144), w o in der Regel entsprechend oingeteilt wird.

Terminologischer Rahmen und Problemstellung b)

15

Bei der Klassifikation nach dem Kriterium der Funktion in der Silbe : Laute Sonanten

Konsonanten

(silbisch)

(imsilbisch)

Hier folge ich der Terminologie von Sievers, da sie dem W ortsinn der Ausdrücke Konsonant und Sonant am besten entspricht. Werden A djektive benötigt, verwende ich die Ausdrücke silbisch und unsilbisch. c) Die bis jetzt bei der Klassifikation nach dem modifizierten Kriterium der Funktion in der Silbe verwendete Terminologie ist ganz unbefriedigend. Die häufig gebrauchte Bezeichnung Sonant für Laute, die sowohl silbisch wie auch unsilbisch sein können, ist schon wegen des Fehlens einer Motivierung durch den W ortsinn problematisch, dann durch ihre Bindung an den Terminus Konsonant und schließlich deshalb, weil sich bei ihr für die beiden anderen Klassen ('stets silbische’ und 'stets unsilbische’ Laute) keine verknüpf baren Bezeichnungen ergeben. Ich halte es deshalb an dieser Stelle für geraten, neue Termini einzuführen, und zwar m öchte ich an den traditionellen Ausdruck Halbvokal anknüpfen. D em in diesem W ort enthaltenen Elem ent Halb- kann ohne weiteres der Sinn 'teils (halb) silbisch — teils (halb) unsilbisch’ unterlegt werden, w om it wir für die 'L aute, die sowohl silbisch wie auch unsilbisch sein können’ einen Terminus Halblaute18 gewinnen. Als Gegenstücke können w ir einführen VollSonanten = 'Laute, die stets (voll) Sonanten sind’ und VoU-Konsonanten == 'Laute, die stets Konsonanten sind’ . Bei den Halblauten ist es außerdem häufig zweckmäßig, eine Unterteilung nach dem Kriterium der phonetischen Form zu machen; hierbei erhalten wir die Klassen der Halbvokale (Vokale, die teils silbisch, teils unsilbisch sind) und HalbSonoranten (Sonoranten, die teils silbisch, teils unsilbisch sind). Wir kom m en dann zu folgendem Schema: Laute Voll-Sonanten

Halblaute

Halbvokale

Voll-Konsonanten

Halb-Sonoranten.

*· Der Terminus Halblaut wird auch von Eugen Dieth (s.o. Anm .1), S. 168-173 u .ö. verwendet, allerdings m it einer anderen Bedeutung, die Inkonsequenzen nach sich zieht : Dieth verwendet Halblaute als Bezeichnung für die phonetisch

16

Einleitung

Laut und Phonem. In der vorliegenden Arbeit wird — von Sonderfallen abgesehen — der Terminus Phonem absichtlich gemieden und statt dessen von Lauten17 geredet. Ich will diese Terminologie hier näher begründen und erörtere dabei zwei Argumente: ein synchronisches, das sich auf die Stellung der Halblaute in einem phonologischen System, und ein diachronisches, das sich auf den Status erschlossener Einheiten bezieht. Für das synchronische Argument betrachten wir zunächst ein einfaches Realisierungsmodell von Halblauten, etwa: ( K )I (K )

OYO

O Y (K )

(K )Y O

K = beliebiger Voll-Konsonant, O = beliebiger Voll-Sonant, I = silbische Realisierung eines beliebigen Halblauts, Y — unsilbische Realisierung dieses Halblauts, ( ) = fakultativ. Der Einfachheit halber soll angenommen worden, daß keine Folgen von Halblauton auftreten.

In einem solchen System werden die Halblaute zweckmäßigerweise1· als Phoneme aufgefaßt, die in der Umgebung von Voll-Sonanten unsilbisch (Y ), in allen anderen Umgebungen silbisch (I) realisiert werden. In vielen Sprachen mit Halblauten sind die Verhältnisse aber kom plizierter, und ich m öchte eine wichtige Möglichkeit an einem von B loom field18 behandelten Fall aufzeigen : Im Central-Western American English ist der Unterschied zwischen χ und r, also zwischen der silbischen und der unsilbischen Realisierung eines Halb-Sonoranten, in bestimmten Umgebungen phonologisch relevant, z .B . in ['stjiij] (stirring)

[etriq] (string).

Hierzu eine phonetische Bemerkung: Bei der Artikulation von Lautgruppen, in denen a u f einen silbischen Halblaut ein anderer silbischer L aut folgt (wie in ['stfiq]), entsteht unausweichlich die unsilbische bestimmte Klasse m, η, l, r, w, j, wobei er die silbischen Entsprechungen seiner Halbvokale w und j ( = i und u) unter die Vokale einreiht, seinen Halbkonsonanten τη, η, l, r aber kein solches Gegenstück an die Soite stellt. 17 Zur Definition von Laut vgl. z.B . P ike: Phonetics (s.o. Anm. 1), Chapter I II 'U nits o f Sound’ (S. 42-55) und die Definition von speech sound, S. 63. Ferner Alfred Schmitt : Uber den Begriff des Lautes, Archiv für vergleichende Phonetik 2 (1938), 65-77 und 161-176, abgedruckt in Bibliotheca Phonelica 5 (Phonometrie I I , ed. E. Zwirner und K . Ezawa), Basol & New York 1968, S. 64-94. In unserem Zusammenhang ist Laut immer eine Klasse von Lautereignisson, nicht ein einzelnes Lautereignis. 18 Es ist allerdings möglich, daß aus methodischen oder anderen Erwägungen auch in diosem Fall silbischo und unsilbische Realisierung als zwei verschiedene Phonemo gerechnet werden. Vgl. zu dieser Fragestellung Kenneth L. Pike: Phonemics (s.o. Anm. 13), S. 129* mit Literatur (die Problemlago ist bei den dort besprochenen Fällen allerdings komplizierter als hier angesetzt). 18 Language (s.o. Anm . 4), S. 121-123.

Terminologischer Rahmen und Problemstellung

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Variante des Halblauts als Übergangslaut ; bei phonetischer Schreibung (narrow transcription) sind wir also berechtigt, ['stpriq] für Bloomfields ['etfiq] einzusetzen. D ie phonologische Analyse hat nun zwei grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten (die dann weiter abgewandelt werden können): Bei der ersten werden silbische und unsilbische Realisierung desselben Halblauts als verschiedene Phonem e aufgefaßt — der Übergangslaut ist dann phonologisch irrelevant und d arf in der phonemischen Um schrift nicht geschrieben werden. In der oben angewendeten schematischen Darstellung wäre die Opposition dann zu symbolisieren als K IO : K Y O . Dies ist im Grunde die Lösung Blomfields, der allerdings nicht die Realisierungen des Halblauts zueinander in Opposition setzt, sondern den syllabic stress als secondary phoneme einführt. — Bei der zweiten M öglichkeit werden silbische und unsilbische Realisierung desselben Halblauts als Varianten eines Phonems aufgefaßt. Die Opposition zwischen ['stjiij] — oder, wie in diesem Fall anzusetzen wäre, ['stpriq — und [striq] ist dann eine Opposition zwischen einer Lautfolge und einem einfachen Laut (schematisch K IY O : K Y O )* 0. Keine dieser beiden Möglichkeiten ist als solche richtig oder falsch ; es muß vielmehr in jedem Einzelfall durch eine Untersuchung des strukturellen Verhaltens der Halblaute in der betreffenden Sprache geprüft werden, ob eine v o n ihnen vorzuziehen ist. Die Entscheidung darüber, was im Bereich der Halblaute ein Phonem ist, kann deshalb bei einer Untersuchung über das Verhalten der Halblaute in einer bestimmten Sprache erst getroffen werden, wenn das Realisierungsmodell der Halblaute und das phonologische System dieser Sprache genau bekannt sind. Schon aus diesem Grund ist es für uns angebracht, zunächst einen allgemeineren Terminus wie Laut zu gebrauchen und erst dann, wenn das strukturelle Verhalten der zu untersuchenden Halblaute übersehen werden kann, den phonologischen Status festzulegen. Hierzu kom m t nun noch das diachronische Argument, das Operieren m it erschlossenen Einheiten. Während man früher bei der Rekonstruktion der indogermanischen Grundsprache die kleinsten erschlossenen E inheiten in der Regel Laute nannte, ist es seit einiger Zeit üblich geworden, sie nach dem Vorbild der modernen deskriptiven Sprachwissenschaft als Phoneme zu bezeichnen. D a der Terminus Phonem — trotz Unterschieden bei der Definition im einzelnen — ganz bestimmte Einheiten der phonologischen Ebene bezeichnet, ist es notwendig, sich die Im plikationen und 10 Man könnte sogar noch weiter gehen, und stir als [stp·] (wie bei Bloomfield [duw], [sij] für do, see) ansetzen (entsprechend auch in der Stellung vor unsilbischen Lauton). Phonotiach ist dor Unterschied zwischen Gipfel und Abglitt bei i j und uw allenfalls gradmäßig anders als bei fr. Bloomfields künstliche Unterscheidung zwischen semivowel und vocaloid würde dann unnötig, desgleichen strukturelle Angaben wie *[r] . . . never occurs before [j·]’ (S. 134). 2 Seebold, Das System der tdg. Halbvokale

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Einleitung

die Berechtigung dieser Neuerung für die vergleichende und historische Sprachwissenschaft klarzumachen: Der Ausgangspunkt bei unserer E rschließung sind Entsprechungsreihen zwischen einzelsprachlichen P honemen und Phonem gruppen21. Die Tatsache, daß es solche Entsprechungsreihen überhaupt in größerem Um fang gibt, wird dann weiter als A nzeichen dafür interpretiert, daß die an den Entsprechungsreihen beteiligten Sprachen auf eine gemeinsame Grundsprache zurückgehen, deren Lauteinheiten a u f dem W eg zu den einzelnen Tochtersprachen gleichmäßig beibehalten oder gleichmäßig geändert wurden und so zu Entsprechungen zwischen diesen führten. D ie naheliegende Fortsetzung dieses Gedankens wäre die Annahme, daß jeder Entsprechungsreihe zwischen den Phonemen und Phonemgruppen der Tochtersprachen ein Phonem der Grundsprache vorausliegt. Nun hat die Methodenkritik der vergleichenden Sprachwissenschaft schon seit langem darauf hingewiesen, daß dieser Schluß nicht gezogen werden darf22: Zwischen dem Phonem der Grundsprache und der Entsprechungsreihe der Einzelsprachen können — selbst in unproblematischen F ällen23 — Verschiebungen eingetreten sein, die durch eine Erschließung nicht faßbar sind: Haben wir etwa in der Sprache A ein Phonem /t / und in der genetisch verwandten Sprache B ein Phonem /d / in entsprechenden Wörtern an entsprechenden Stellen, so müssen wir für die erschlossene Grundsprache *A B aus der Entsprechungsreihe t — d eine einzige Einheit x erschließen. E s ist aber möglich, daß die reale Grundsprache AB ein Phonem /x / und 21 Wenn verschiedene einzelsprachliche Phoneme auf das gleiche Phonem einer vorausliegenden Sprachstufe zurückgeführt werden können (wie etwa palatale und velare Tektale im Altindischen), so werden sie zweckmäßigerweise zusammen in einer Entsprechungsreihe geführt (die damit einzelsprachliche Phonemgruppen enthält). Vgl. zu diesem Fragenkomplex Radoslav Katiöic: Der Entsprechungsbegriff in der vergleichenden Laut- und Formenlehre, ZF 71 (1966), 203-220; ders. : A Contribution to the General Theory of Comparative Linguistics (Janua Linguarum, Series Minor Bd. 83), Den Haag 1970. Für die Erschließung ist es notwendig, von Phonemen auszugehen, da wir über die Vergleichbarkeit von Bedeutungsträgem schließen, nicht etwa über die Vergleichbarkeit von Lautsystemen o. ä. 22 V or allem Eduard Hermann: Über das Rekonstruieren, ZvS 41 (1907), 1-64. Neuerdings Henry M. Hoenigswald : Language Change and Linguistic Reconstruction, Chicago (1960) (reprint 1965). 23 In problematischen Fällen, wie etwa der Frage der indogermanischen Tektalreihen oder der Tenues aspiratae kann schon aus praktischen Gründen nur dann von Phonemen gesprochen werden, wenn man bereit ist, entweder der Grundsprache distinktive Einheiten auch dann zuzuschreiben, wenn die Evidenz für sie nur sehr schwach ist (etwa indem man drei phonologisch distinktive Tektalreihen ansetzt, obwohl keine Einzelsprache mehr als zwei zeigt), oder einen Teil der Evidenz zu vernachlässigen (etwa indem man nur zwei Tektalreihen ansetzt, obwohl sich die Zweireihigkeit der Satem-Sprachen m it der der Centumsprachen nicht deckt).

Terminologischer Rahmen und Problemstellung

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ein Phonem /y / besaß, und diese in der Tochtersprache A in /t/, in der Tochtersprache B in /d / zusammengefallen sind. Unsere erschlossene Einheit x entspricht also zwei Phonemen der realen Grundsprache. In der gleichen Weise kann eine Entsprechungsreihe eine Folge von Phonem en der realen Grundsprache repräsentieren (wenn diese Folge in allen Einzelsprachen vereinfacht wurde). Umgekehrt kann ein Phonem der realen Grundsprache durch eine Menge von zwei oder mehr Entsprechungsreihen repräsentiert werden, wenn sich das grundsprachliche Phonem im Laufe seiner Entwicklung in kombinatorische Varianten aufspaltete, und danach die Bedingungen für die Spaltung so verwischt wurden, daß sie in den Einzelsprachen nicht mehr erkennbar und auch nicht mehr erschließbar sind (die ehemaligen Varianten haben dann in allen Einzelsprachen den Status von Phonemen). Die Entsprechungsreihe repräsentiert in diesem F all entweder eine grundsprachliche Phonem variante (wenn nämlich das Phonem schon in der Grundsprache entsprechende Varianten gehabt hat) oder, wenn die Aufspaltung erst nach der grundsprachlichen Zeit einsetzte, eine Größe, die mit den üblichen phonologischen Termini gar nicht bezeichnet werden kann. Ähnlich kann ein grundsprachliches Phonem in den Einzelsprachen durch eine Folge von Phonemen zweierverschiedener Entsprechungsreihenrepräsentiertwerden, wenn nämlich die Realisierung des grundsprachlichen Phonems sich zu einer Lautfolge entwickelte (Diphthongisierung usw.), und diese Lautfolge in den späteren Einzelsprachen als Phonemfolge zu interpretieren ist. Weitere Abweichungen, die das Phonem-System betreffen, können entstanden sein durch spurlosen Schwund von Phonemen oder Varianten; und schließlich können die Abweichungen auch kom biniert auftreten. Die Entsprechungsreihen erweisen damit nur, daß regelmäßige Entwicklungen aus gemeinsamen Grundlagen stattgefunden haben*4; sie lassen nicht erkennen, wie komplex die jeweiligen Grundlagen waren — es kann sich im Einzelfall um ein einzelnes Phonem gehandelt haben, oder um eine Menge von Phonemen, eine Folge von Phonemen, um eine Menge von Varianten verschiedener Phoneme, um ein Phonem und die Variante eines anderen Phonems oder ähnliches. Wenn man nun damit rechnen muß, daß sich hinter den erschlossenen Einheiten solche K om plexe verbergen, dann ist ihre Bezeichnung als Phoneme ein offenkundiger Mißbrauch dieses Terminus *8. Ich ziehe es deshalb vor, für die erschlos-2 5 4 24 W obei nicht übersehen werden darf, daß wir die Entsprechungsreihen auoh bewerten; vgl. etwa die Entsprechungen von idg. j im Griechischen, der Ansatz der Tenues aspiratae, die Entsprechung gr. γ — ai. h und anderes. 25 Verlangt man von dem ’grundsprachlichen Phonemsyetem’ lediglioh, daß die einzelsprachlichen Phonemsysteme mit H ilfe von Entaprechungeregeln aus ihm

Einleitung senen Einheiten den terminologisch weit weniger festgelegten traditionellen Ausdruck Laut zu benützen, den TerminusPAowem den belegten Einzelsprachen vorzubehalten und ihn auch d ort nur zu verwenden, wenn eine phonologische Analyse vorausgegangen oder die phonologische Struktur selbstverständlich ist. D a a uf dem hier zu besprechenden Gebiet auch auf die Möglichkeit von Varianten solcher Einheiten eingegangen werden muß, vermeide sich entsprechend die Bezeichnung Allophon zugunsten des Ausdrucks Variante, der nicht in gleicher Weise terminologisch eingeengt sein muß. Problemstellung. F ür die indogermanische Grundsprache wurden schon v on jeher Laute erschlossen, die sow ohl silbisch wie auch unsilbisch realisiert werden können — also Halblaute nach unserer Terminologie. D abei berücksichtigte die herkömmliche Richtung der Indogermanistik mehr die Verschiedenheit der beiden Realisierungen, indem sie i, u, f, ψ , y m it den Voll-Sonanten, j, y , r, l, m, n dagegen mit den Voll-Konsonanten zusammenstellte2®; während in moderneren Darstellungen regelmäßig die Gleichheit der phonetischen Form herausgehoben wurde, indem man nur j, u, r, l, m, n ansetzte und angab, wann sie silbisch und wann sie unsilbisch zu realisieren seien. So führt Antoine Meillet*7 sechs Halblaute y, w, r, l, m, n (sonantes nach seiner Terminologie) m it folgendem Realisierungsmodell28: (C)IC

AYA

AYC

C = beliebiger Konsonant, A = beliebiger Sonant, I = silbische Realisierung eines beliebigen Halblauts, Y = unsilbische Realisierung dieses Halblaute.

Es fällt dabei auf, daß Meillet in einer Umgebung (zwischen K onsonant und Sonant) zwei verschiedene Realisierungen zuläßt. Für das unerwartete (C)IA ('voyelle devant une autre voyelle’ ) führt er (S. 117) weiter aus, daß die F olge 'Halblaut + Sonant’ häufig zweisilbig ist, und daß dabei im Falle v on y und w eine F olge von silbischem + unsilbischem H albvokal (iy und uw) angesetzt werden könne. Weiteres ist über die Verteilung von (C )Y A und (C)IA — oder nach Meillets zusätzlicher Beherleitbar sind, dann kann man die einzelnen Entsprechungsreihen mit grundsprachlichen Phonemen gleichsetzen — man muß sich dann allerdings im klaren darüber sein, daß dies den Verzicht auf die historische Fragestellung bedeutet. 'Grundsprache1 bedeutet in diesem Fall: Systematisierung der Entsprechungen zwischen den Einzelsprachen. 28 Besonders deutlich etwa bei Krähe (s.o. Anm. 6), I, 54f. und 74-76. 27 Introduction (s.o. Anm. 12), S. 105-107. 28 D as ich etwas systematisiert habe, da Melleit seine Terminologie nicht völlig konsequent durchhält.

Terminologischer Rahmen und Problemstellung

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merkung besser (C )IY A , allerdings beschränkt auf die Halbvokale — bei der Besprechung der Silbe im Indogermanischen zu erfahren, w o (S. 130f.) ausgeführt wird, daß der Halbvokal y im Vedischen nach leichter Silbe unsilbisch sei (Typ atya), nach schwerer Silbe dagegen silbisch, das heißt = iy (die Typen ätiya, artiya, astiya)29. Dies sei zweifellos auch der Zustand der Grundsprache gewesen, doch sei das Verhalten der übrigen Halblaute nicht genügend klar. Die Frage ist nun, ob m it dieser zusätzlichen Regel die Verteilung der Gruppen (C )Y A und (C )IY A ausreichend geklärt ist, eine Frage, auf die Meillet keine Antwort gib t — seine Beispiele an den beiden zuerst zitierten Stellen sprechen eher dagegen. W enden wir uns deshalb dem von Meillet als Quelle herangezogenen Vedischen zu, um zu sehen, ob dessen Verhalten sich eindeutig bestimmen läßt: In der überlieferten Textform des R igveda entspricht die Verteilung der Halbvokal-Realisierungen (auch bei Folgen gleicher Halbvokale) der des klassischen Sanskrit. D ort kann in der kritischen Stellung zwischen K onsonant und Sonant y, iy und iy (v, uv und üv) auftreten, wobei aber iy und uv nur in ganz bestimmten Fällen zugelassen sind, nämlich80: 1. Selten im Wort-Sandhi, wenn a u f wurzelhaftes i ß oder u/ü ein mit einem Sonanten anlautendes Suffix folgt (z. B. npl. sudhiyah, 3. du. perf. juhuvatuh). 2. In der Variante -iya- des ya-Suffixes. Diese Variante steht a) häufig, wenn der vorangehende W ortteil mit Geräuschlaut + Liquid oder Nasal31 endet (z.B . Mkriya-), b ) nach schwundstufigen Wurzeln a u f r, wenn diese m it einem einfachen Konsonanten beginnen (regelmäßig im Passiv und Prekativ, z.B . kriydte; ferner in nominalem kriyä-), c) anscheinend nach beliebigem Auslaut bei den Hypokoristika auf -iya- (z.B . deviya-). 28 Ich führe dabei für Meillets Beschreibung die bekannten metrischen Bezeichnungen der Inder ein : Schwer (guru-) ist eine Silbe, wenn der Silbenträger lang ist, oder wenn er kurz ist und mehr als ein Konsonant auf ihn folg t; leicht (laghu-) ist eine Silbe, wenn der Silbenträger kurz ist und nicht mehr als ein Konsonant auf ihn folgt. Die Ausdrücke lang und kurz werden nur zur Bezeichnung der Quantität von Lauten verwendet. 80 Vgl. Wackemagel I, 197-200 mit Nachträgen S.IOÖf. 81 Aufzählung der belegten Gruppen bei Wackemagel-Debrunner Π , 2,358f. Vgl. noch Klaus Ludwig Janert: Studien zu den Aéoka-lnschriften. I l l (Nachrichten Göttingen 1961, 1), S. 15*. Dabei tritt iy nicht in allen Wörtern mit diesen Auslautgruppen auf, und bei den Wörtern, in denen es auftritt, schwankt die Orthographie zwischen y und iy , vgl. Wackemagel I, 200f. und Wackemagel-Debrunner II, 2,359f.; ferner M. Bloomfield and ÏY. Edgerton: Vedic Variante II, Philadelphia 1932, S. 344-362.

Einleitung 3. Entsprechend enthält vielleicht dhruva- eine Variante -uva- des vaSuffixes. 4. Regelmäßig im Präsens der mt-Klasse, wenn das %%-Suffix nach K onsonant steht und die folgende Endung m it einem Sonanten anlautet, entsprechend v or den stets m it einem Sonanten anlautenden Partizipial-Suffixen (z.B . aónuvanti, aénuvant-). Der rigvedische T ext zeigt nun die Besonderheit, daß das silbenzählende Metrum in einer großen Zahl von Versen erst erkennbar wird, wenn y und V zwischen Konsonant und Sonant über den oben umrissenen Rahmen hinaus und gegen die Sanskrit-Form der Überlieferung silbisch (als iy und uv) gewertet werden, wenn also etwa statt überliefertem yujya- dreisilbiges *yujiya- gemessen w ird32* . Dabei sind klare Regelmäßigkeiten zu erkennen, so daß es nicht ratsam ist, die ganze Erscheinung als 'metrische Freiheit’ oder 'freie Variation’ oder ähnliches abzutun. E in e Regelmäßigkeit zeigt sich darin, daß nach schwerer Silbe die Halbvokale überwiegend silbisch zu messen sind, nach leichter Silbe sehr häufig unsilbisch — die schon oben nach Meillet dargestellte Abhängigkeit von der Lautumgebung, die in der Literatur meist als 'Sievers Gesetz’ oder besser 'Sievers Regel’ bezeichnet wird. Daneben gibt es aber andere Regelmäßigkeiten: das Auftreten von y oder iy kann für bestimmte W örter typisch sein. Nehmen wir etwa die häufig belegten W örter satyà-, yujya- und närya-, bei denen 32 Die heute übliche Schreibung für silbisch zu messendes ya ist (i)ya. Bei dem Streit über die Schreibung (vgl. besonders, daß Oldenberg im ersten Band seiner Noten ia schreibt, im zweiten dagegen iya unter dem Einfluß von Meillet, B S L 16, 1910, S. CCLXVII) wird regelmäßig mißachtet, daß bei verschiedenen Voraussetzungen auch verschiedene Schreibungen möglich sind : Zunächst kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Aussprache iya (usw.) war — dies zeigt einmal eine einfache phonetische Überlegung (s.o. S. 16 f.) und zum andern die Evidenz des Altindischen selbst (vgl. etwa Wackernagel I , 202f. und 322). Eine p h o n e t is c h e Schreibung muß deshalb iya schreiben (wobei durch Klammern darauf hingewiesen werden kann, daß die Lautform nicht belegt, sondern erschlossen ist). Bei einer p h o n o lo g i s c h e n Schreibung kommt es darauf an, ob die Opposition ya : iya (sofern eine solche nachgewiesen werden kann) als /y a / : /ia/ oder als /y a /:/i y a / analysiert wird (s.o. S. 17) — die seitherigen phonologischen Analysen haben sich regelmäßig für die erste Möglichkeit entschieden (vgl. etwa Jerzy Kurylowicz : L'apophonie en indoeuropéen, Warschau 19δβ, S. 171 Anm.12). Es ist kein ausreichender Einwand gegen eine phonologische Schreibung, daß die Sanskrit-Orthographie auch in anderen Fällen (etwa bei den Nasalen) phonetisch ist, denn hier geht es um die Schreibung erschlossener Lautformen, und wir können den phonetischen Stand der erschlossenen Sprachform, also des Vedischen, nur in Einzelfallen erfassen (im wesentlichen nur dann, wenn durch das Metrum eine Differenz zur Sanskrit-Lautung angezeigt wird). Ich verwende hier die — meines Erachtens unnötig komplizierte — Schreibung (i)ya usw., weil sich bei der Diskussion früherer Fassungen dieser Arbeit gezeigt hat, daß vor allem den Indologen eine phonologische Argumentation nicht einzuleuchten vermag.

Terminologischer Rahmen und Problemstellung

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der Halbvokal stets nach einer leichten Silbe steht, so zeigt sich, daß bei eatyâ- in keinem sicheren Fall iy zu messen ist83, bei yuj(i)ya- dagegen immer, bei ndr(i)ya- m it nur einer Ausnahme immer. Hier scheint etwas ganz anderes vorzuliegen, nämlich eine phonologische Opposition zwischen ya und (i)ya. Ziehen wir weitere indogermanische Sprachen heran, so wird das Bild keineswegs klarer: W ir finden in einigen Sprachen Hinweise auf eine phonologische Opposition, in anderen Hinweise auf eine Abhängigkeit von der Lautumgebung — die Einzelheiten werden im Forschungsbericht zu besprechen sein, hier nur je ein Beispiel: Im Griechischen haben wir a u f der einen Seite eine Lautform io, die v or allem für das nominale ioSuffix typisch ist, a u f der anderen Seite in der Stellung vor silbischen Vokalen eine Anzahl von Lautverbindungen, die ich nach dem Vorbild von Herman Grassmann34 Verschmelzungen nenne, und die auf eine Folge 'K onsonant -{- i* zurückgeführt werden. Diese Verschmelzungen sind vor allem typisch für das verbale jo-Suffix, so daß wir eine Opposition zwischen nominalem άγιος und verbalem άζομαι (und so in mehreren anderen Fällen) erhalten. Die Geltungsbereiche der beiden Suffix-Formen lassen sich zwar nicht genau abgrenzen — es gib t z. B. auch nominale Bildungen m it Verschmelzung — ; aber eine Abhängigkeit von der Schwere der vorausgehenden Silbe ist nicht zu beobachten. — Anders vor allem im Gotischen, w o die Lautfolgen ei ( = [i]) und ji in den Ausgängen der jaStämm e nach der Struktur der vorausgehenden Silbe verteilt sind, und zwar erscheint ji nur nach leichter Haupttonsilbe (lagjip) und nach Haupttonsilben, deren Auslaut vor silbisch anlautenden Suffixen eine andere Form hat als v or unsilbisch anlautenden35 (tau-ji-ß gegenüber taw-ida, sto-ji-p gegenüber stau-ida u sw .); in den übrigen Fällen (nach schwerer Haupttonsilbe m it der genannten Ausnahme, nach allen imbetonten Silben) steht ei. Dieses Nebeneinander ji/ei führt man auf ein Nebeneinander von j i und iji zurück, das man — trotz der unterschiedlichen Bedingungen des Auftretens — m it dem vedischen Nebeneinander von ya und iya verknüpfen zu können glaubt. A us den indogermanischen Einzelsprachen ergibt sich somit, daß in ihren Vorformen — und dam it wahrscheinlich auch in der Grundsprache 33 Z u möglicherweise dreisilbigen Messungen von eatyâ· vgl. Oldenberg, Noten zu 4, 40,2; 5, 57,8; 6, 67,10. Oldenberg erwägt die silbische Messung des Halbvokals bei 4, 40,2 und 6, 67,10; Arnold: VedicMetre im metrischen Kommentar zu diesen Stellen rechnet 4, 40,2 mit einer Pause, 6, 67,10 mit einem Pentaden34 S .u. S. 28. 35 Diese Definition scheint mir den Kern der Bedingung zu treffen. Die Angaben der Handbücher sind unzureichend.

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Einleitung

— bei den Halblauten (zumindest bei den Halbvokalen) in der Stellung zwischen Konsonant und Sonant neben der zu erwartenden Realisierung C Y A auch ein C IY A auftreten konnte. Die Anhaltspunkte für eine Erklärung dieses Unterschieds weisen in zwei völlig verschiedene Richtungen : Einmal auf eine Abhängigkeit von der Lautumgebung, und zum andern a uf eine phonologische Opposition. Es nützt wenig, eine der beiden Möglichkeiten einfach zu verallgemeinern und die Hinweise a u f die andere Möglichkeit zu vernachlässigen8· — eine 'moderne’ Darstellung der indogermanischen Halblaute und damit des indogermanischen Lautsystems ist nur möglich, wenn dieses Problem befriedigend geklärt werden kann. Diese Klärung ist das Ziel der vorliegenden Arbeit. Das Verfahren wird dabei bestimmt durch eine Situation, die bei Rekonstruktionen auf dem Gebiet der indogermanischen Grundsprache häufig anzutreffen ist: daß nämlich das vedische Material die entscheidende Schlüsselstellung einnim m t — im vorliegenden Fall in zweierlei Hinsicht : Einm al zeigt es in aller Deutlichkeit Anhaltspunkte für b e id e Erklärungen, während in anderen Sprachen die Hinweise auf eine der beiden zumindest stark vorherrschen; zum andern zeigen sich die Unterschiede im Vedischen als Unterschiede in der Realisierung von Halbvokalen und Halbvokalfolgen — in den anderen Sprachen ist immer mindestens eine der beiden Formen lautlich weiterentwickelt worden, was die Möglichkeit v on Störungen des ursprünglichen Zustandes mit sich bringt. Eine Klärung unseres Problems muß deshalb in folgenden Schritten erfolgen : Erstens muß das Verhalten des Vedischen durch eine v o ll s t ä n d i g e Materialsammlung und -auswertung geklärt werden (der Hauptteil dieser Arbeit). Zweitens muß das für das Vedische gewonnene Ergebnis m it dem Verhalten der übrigen indogermanischen Sprachen verglichen werden (Anhang zum Hauptteil). Daraus muß sich drittens ergeben, welche von den herausgearbeiteten Erscheinungen grundsprachlich und welche einzelsprachlich sind, worauf dann viertens ein Modell für die grundsprachlichen Halbvokale und ihre Realisierung entwickelt werden kann (Auswertung). Inwieweit die Liquiden und Nasale in gleicher Weise behandelt werden können, wird noch zu erörtern sein.3 6 36 W ie in neueren Darstellungen die Regel; vgl. etwa Winfred P. Lehmann: Proto-Indo-European Phonology, Austin (Texas) 1952 (reprint 1955), S. 7-11 u.ö. Lehmann stützt sich au f Edgerton, über den im Forschungsbericht zu handeln sein wird.

F O R S C H U N G S B E R IC H T

I

D ie Diskussion über die Sieverssche Regel

A Darstellungen und Erklärungen vor Sievers Ein Teil der eindringlichen Beschäftigung der alten Inder mit der sprachlichen Form ihrer heiligen Texte galt deren Lautform , besonders den Sandhi-Regeln. In dem Lehrbuch, das den Rigveda a u f diese Weise behandelt (Rgveda-Prâtiéâkhya), wird angegeben, daß in einem (metrisch) unvollständigen Vers die richtige Silbenzahl hergestellt werden kann, indem Vokalkontraktionen aufgelöst oder unsilbische Halbvokale silbisch gemessen werden, wodurch man z.B . für überliefertes säsmäkebhir etari na éûsaïh (R V 6,12,4) das metrisch günstigere sa asmäkebhir etari na süsaih und für überliefertes gor na parva vi radä tiraicä (R V 1,61,12) das metrisch günstigere gor na paruva vi radä tirascä erhält37. Die silbische Messung der Halbvokale galt dabei als metrische Freiheit, eine A bhängigkeit von sprachlichen Gegebenheiten wurde nicht erwogen. Dies ist deutlich an dem zitierten Beispiel zu sehen, denn der Halbvokal in pärvan- muß an keiner anderen Stelle seines Vorkommens im Rigveda silbisch gemessen werden, weshalb die modernen Erklärer des rigvedischen Metrums es vorziehen, den zitierten Vers durch die auch sonst belegbare zweisilbige Messung von gör den Erfordernissen des Metrums anzupassen38. 37 Rig-Veda-Pratisakhya, das älteste Lehrbuch der vedischen Phonetik, ed. Max Müller, Leipzig 1869; 17,14 (973f.), vgl. auch 8,22 (527). Zum Vergleich habe ich herangozogen The Rgveda-Pr&tiéâkhya with the Commentary of Uvata, ed. Mangal D eva Shastri, II (Text) Allahabad 1931, III (Translation, Notes, Indices) Lahore 1937 (Punjab Oriental Series 24), dort 17,22f. (und 8,40). An der ersten Stelle (8,22) wird von Auflösung (vyuha) gesprochen, an der zweiten (17,14) von Einschub der den Halbvokalen entsprechenden silbischen Vokale (wobei im einleitenden Satz die Behandlung der Vokalkontraktionen und der halbvokalhaltigen Lautgruppon als Auflösung zusammengefaßt wird). Im Kommentar des Uvata wird die Ansicht vertreten, daß eine Auflösung (ya > i + a) nur beim Satz-Sandhi möglich sei, daß dagegen bei halbvokalhaltigon Lautgruppen im Wortinnern die zusätzliche Silbe nur durch Vokaleinschub (C + ya > C + %+ ya) gewonnen werden könne. 38 Oldenberg zur Stelle: gör (imsicher); Arnold zur Stelle und S. 90: gdvah. Auch der Rhythmus des Verseingangs zwingt zu der 'modernen’ Lösung, da sonst eine Aufeinanderfolge von vier Kürzen vor der Zäsur entsteht.

F orechungsbericht Die Stellungnahmen der ältesten europäischen Sanskrit- und Vedaphilologen gingen schon in der frühen Z eit über diese Auffassung hinaus. Der erste, der sich ausdrücklich mit solchen Fragen befaßte, war Adalbert K uhn in dem Aufsatz 'U eber die Metra der zuerst von Rosen edirten und neuerlich von Lassen in seiner Anthologia Sanscritica wiederabgedruckten Rig-Vedahymnen’ von 184039. K uhn gab einige 'Gesetze* zur Herstellung des Metrums der Hymnen ; fü r unsere Frage einschlägig sind das dritte: '% und u werden vor unähnlichen Vokalen nicht in die entsprechenden Halbvokale verwandelt’ und das vierte: 'D ie Halbvokale y und V müssen oft in der Mitte von W örtern in die entsprechenden Vokale aufgelöst werden.’ Beim vierten Gesetz sagt Kuhn nicht nur, daß es in seiner Anwendung beschränkt sei, sondern auch — und darin geht er über die indische Auffassung hinaus — , daß es sich hauptsächlich auf bestimmte Fälle (z.B . das Pronomen der zweiten Person) zu erstrecken scheine; seine kurze Aufzählung ist allerdings nur teilweise richtig. Im gleichen Jahr bemerkte dann Chr. Lassen zu Kuhns 'Gesetzen’ , sie schienen ihm eher metrische Freiheiten zu sein — in dem freieren oder beschränkteren Gebrauche dieser Lizenzen würden sich die Hym nen aber unterscheiden, und es läge darin eine Hinweisung auf eine Verschiedenheit ihrer Abfassungszeit. Ferner machte er die für die Folgezeit wichtige Bemerkung, daß die Annahme eines 'H iats’ zwischen i, u und folgendem Vokal nur für den Satzsandhi anzunehmen sei; im Innern der W örter sei — wie von den altindischen Grammatikern angegeben — die Annahme von i j ( = iy) und uv vorzuziehen40. Eine ausführliche Behandlung erfuhr die Frage dann durch Theodor B enfey; zuerst in seiner Ausgabe des Sämaveda 184841, dann vor allem in der Akademie-Schrift von 1871 'Ist in der indogermanischen Grundsprache ein nominales Suffix to, oder statt dessen ya anzusetzen?’ 42. In dieser Schrift wies Benfey zunächst an einer umfangreichen Liste der W örter m it ya-Suffix im ersten und zweiten Buch des R igveda (etwa einem Viertel des Gesamturafangs) nach, daß die to-Messung häufig und für bestimmte W örter typisch ist. Er fragte dann, ob die Form ya oder 39 Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes 3 (1840), 76-88. Kuhn beruft eich dabei auf Bemerkungen von Lassen in der (im Titel seines Aufsatzes genannten, 1838 erschienenen) Anthologia Sanscritica, und Lassen selbst weist im selben Band derselben Zeitschrift S. 476 bei der Besprechung von Rosens Ausgabe des ersten Astaka des Rigveda darauf hin, daß auch Rosen auf Fälle sübischer Messung von y und v geachtet hatte (die Ausgabe war 1838 erschienen). 40 Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes 3 (1840), 447. Zu den altindischen Grammatikern vgl. oben Anm. 37. 41 D ie Hymnen des S&ma-Veda; Einleitung, Glossar, Übersetzung von Theodor Benfey, Leipzig 1848 (Nachdruck 1969), S. L III-L V I. 42 Abhandlungen Göttingen 16 (1871), 91-134 (erschienen 1872).

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ia die ältere sei und brachte für eine Entscheidung (neben anderen, weniger wichtigen) folgende Kriterien bei (S. 116— 129): 1. Das Griechische und Lateinische haben in diesen Suffixen silbisches ». 2. Der ‘selbständige Svarita’ 43 weist darauf hin, daß die silbische Realisierung durch die unsilbische ersetzt werden konnte. 3. Auch andere Kriterien zeigen, daß sich im Verlauf der indischen Sprachgeschichte eine Entwicklung von silbischem zu unsilbischem H albvokal vor imähnlichen Vokalen vollzogen hat; z.B . bleiben in den Veden vor vokalischen Endungen stammauslautende i und ü silbisch, während stammauslautende » und u meist unsilbisch werden. Im Sanskrit ist dieser Unterschied zugunsten der unsilbischen Realisierung aufgegeben. Daraus entnahm Benfey, daß das Suffix ya — und entsprechend einige andere, die er nur erwähnte, aber nicht besprach — ursprünglich ta gelautet habe. Die unsilbische Form ya und das Schwanken zwischen den beiden Formen im Rigveda waren für ihn Zeichen der einzelsprachlichen Entwicklung — a u f die Frage, warum einige W örter stets ia, andere stets y a zeigen, ging er nicht ein. Für die Zeit vor 1878 (Sievers Regel) kann damit als communis opinio gelten, daß von einheitlichen Suffix- und Wortform en m it silbischer W ertung der Halbvokale auszugehen sei. Die unsilbische Wertung galt als spätere Entwicklung ; unterschieden sich einzelne rigvedische Hymnen in ihrer Messung der Halbvokale, so galt dies als Zeichen dafür, daß sie zu verschiedenen Zeiten entstanden waren, bei Adalbert K uhn (1863— 1865)44 unter Umständen sogar als Zeichen für verschiedene Mundarten. Es gab allerdings auch seltene Stimmen, die die Verschiedenheit der *® D ie Markierung des Akzents im Rigveda (und einigen anderen Texten) hat die Besonderheit, daß nicht der Hauptton selbst markiert wird, sondern die Tonverhältnisse der vorausgehenden und der folgenden Silbe (anudätta und svarita). In einigen Fällen hat die Überlieferung aber unmittelbare Aufeinanderfolgen von anudätta und svarita (der sogenannte unabhängige oder selbständige svarita), und es zeigt sich, daß in allen diesen Fällen die svaritierte Silbe entweder auf einer Vokalkontraktion beruht, oder unsilbischen Halbvokal + silbischen Vokal enthält (Aufzählung der Typen nach der Auffassung der indischen Grammatiker z.B . bei William Dwight W hitney: Sanskrit Grammar, 2. Aufl. 1889, ropr. Cambridge Mass. 1960, § 84) ; die 'fehlende* Haupttonsilbe muß also in dem kontrahierten Vokal enthalten, bzw. durch den unsilbisch überlieferten Halbvokal vertreten sein. 44 Sprachliche resultate aus der vedischen metrik, Beiträge zur vergleichenden Sprachforschung 3 (1863), 113-125, 450-477 und 4 (1865), 179-216; besonders 4,212-216. Silbische und unsilbische Messung der Halbvokale spielen bei Kuhn allerdings nur eine untergeordnete Rolle.

Forschungsbericht Messungen im R igveda nicht als einzelsprachliche Entwicklung des Indischen ansetzten. So schrieb Hermann Grassmann 186248: W o v or vokalen das i in den veden vokalisch erscheint, da tritt es in denselben fallen auch im griechischen vokalisch hervor und zwar als i, selten als ε ; w o hingegen in den veden der halbvokal y als solcher auftritt, da zeigt sich im griechischen die erscheinung der Verschmelzung ; w o endlich in den veden ein schwanken zwischen vokal und halbvokal stattfindet, da zeigt sich im griechischen dasselbe schwanken zwischen den entsprechenden erscheinungen. D ie Frage nach der Deutung dieses Nebeneinanders wurde von Grassmann allerdings nicht gestellt — das Hauptanliegen seines Aufsatzes war ein anderes, nämlich die Realisierung der ursprünglichen Verbindungen m it j in den Einzelsprachen, vor allem im Griechischen. In seinem 'W örterbuch zum Rig-Veda’ , das 1872 zum ersten Mal erschien, hat er dann über die Messungen von y und v im Rigveda genau Buch geführt und damit ein für alle folgenden Untersuchungen unschätzbares Hilfsmittel geschaffen ie. B S tev en Regel (1 8 78 ) und Edgrens Materialsammlung (1885) Dies war der Stand der Forschung, als Eduard Sievers 1878 die nach ihm benannte Regel aufstellte. Im Rahm en einer Besprechung der germanischen /«-S täm m e bestimmte er die Realisierung v on y und v im Veda folgenderm aßen4 47: * 5 45 Ueber dio Verbindung der konsonanten m it folgendem j und die davon abhängigen erscheinungen, ZvS 11 (1862), 1-52 und 81-103; das Zitat auf S. 21. Nichts Einschlägiges findet sich dagegen in der parallelen Abhandlung 'Ueber die Verbindung der stummen konsonanten mit folgendem v und die davon abhängigen erscheinungen’ , ZvS 9 (1860), 1-35. 4® Ein Zeichen dafür, w ie stark die ganze spätere Forschung au f diesem Gebiet von Grassmanns W örterbuch abhängig war — wie im übrigen auch die vorliegende Untersuchung — , zeigt der Fall santya, bei dem Grassmann versehentlich vergessen hatte, die an allen Belegstellen vorkommende silbische Messung santia anzuführon. D as W ort erschien daraufhin bei Edgren (s.u. Anm. 52) als gewichtigste Ausnahme zu der Siovers’schen Regelung und ging von dort aus in die einschlägigen Abhandlungen über; noch 1968 setzt sich Lehmann (s.u. A bschnitt C 6, dort S. 41) m it dieser Messung auseinander. Selbst Arnold, der doch a u f Grund seiner Fragestellung weitgehend vom Text ausgehen mußte, führt auf S. 84f. santya als einzige schwerwiegende Ausnahme der Regelung 'ia nach schwerer Silbe’ an und schlägt die Emendation zu satya vor; er hat diese Stellen dann allerdings in den Corrigenda getilgt. Zuerst ausdrücklich über die richtige Lesung sant{i)ya: K arl Hoffmann, M SS 23 (1968), 31. 47 Zur accent- und lautlehre der germanischen sprachen, I I I zum vocaliechcn auslautgesetz, Btr 5 (1878), 101-163; das ‘ Gesetz’ au f S. 129, die Besprechung bis S. 131. Vgl. noch unten S. 90!

Die Diskussion über die Sieverssohe Regel unbetontes (nicht svaritiertes) i oder u v or einem vocal ist consonant nach kurzer, vocal nach langer silbe ohne rücksicht a u f die sonstige accentlage des Wortes. E r verwies dabei auf entsprechende Feststellungen für das Altiranische, die Hübschmann ihm mitgeteilt, aber noch nicht veröffentlicht hatte18, brachte das unterschiedliche Verhalten der gotischen /«-S uffixe nach schweren und leichten Silben (s.o. S. 23) ebenfalls in diesen Zusammenhang und sprach dann der Erscheinung grundsprachliches Alter zu ('In den übrigen sprachen scheint sich der alte unterschied frühzeitig ausgeglichen zu haben, . . . ’ ). In bezug auf den Veda verweist Sievers noch auf einige Ausnahmen : A u f der einen Seite haben die mit einem Konsonanten anlautenden Suffixe, wie -bhyas, -bhyäm, -tva zwar nach leichter Silbe wie zu erwarten y und v, aber nach schwerer nebeneinander y (v) und (t) u i9\ auf der anderen haben gewisse leichtsilbige Adjektive, v or allem Verbaladjektive (Gerundive) a u f -ya-, zweisilbiges Suffix. Die Zweisilbigkeit des ya-Suffixes bei den Gerundiven im Vergleich zur Einsilbigkeit des yaSuffixes entsprechender Verben findet Sievers im Griechischen wieder, w o zu einem Verbum wie άζομαι ( < *hag-io-) ein Adjektiv wie άγιος ( < *hag-iio-) gehören kann. Aus bestimmten Gruppen von Verstößen schließt Sievers ferner, 'dass die dehnungen vor r + cons, der l e b e n d ig e n vedensprache noch frem d waren, dass ür, Ir stets durch r hindurchgegangen sind, u. dgl. mehr’ . Abweichungen von der dam it umrissenen Regelung hält er für Kriterien zur Altersbestimmung vedischer Lieder, d.h. also, für spät. Aus seiner phonetischen Erklärung ('daher b le ib e n ia, ua im ersten falle zweisilbig, im zweiten w e r d e n sie einsilbig’ ) 60 ist ferner zu ersehen, daß er nur eine Suffixform, und zwar die zweisilbige, für ursprünglich hielt ; in beidem folgte er seinen Vorgängern, v or allem Benfey. — Sievers hat sein 'Gesetz’ 61 a u f dem Raum von nur zwei Druckseiten behandelt und lediglich durch Beispiele erläutert, aber nicht im 18 Sie erschienen dann als Iranische Studien, Excurs: i — y, u — v, ZvS 24 (1879), 362-367. Vgl. unten Abschnitt E 2. 18 Sievers sagt hier, daß diese Suffixe '(wie wortanlautende consonanten - f y, v überhaupt) nach langer silbe promiscue gebraucht werden (nach kurzer nur mit consonantischem y, v, d .h . einsilbig)’ . Es geht aus dieser Bemerkung nicht mit der nötigen Deutlichkeit hervor, was er sich bei diesem Verweis au f die Anlautgruppen dachte, denn die ganz andere Situation (die vorausgehendo Silbe gehört hier ja zu einem anderen W ort, und zwar an jeder Stelle — wenigstens potentiell — zu einem anderen) hätto mindestens einen Hinweis auf die Gleichartigkeit der Regeln in W ort und Satz erfordert. Vielleicht ist die Stelle so zu verstehen, daß wortanlautende Konsonantenverbindungen überhaupt promiscue gebraucht werden (ohne Rücksicht auf die vorausgehende Silbe). 60 A .a .O . S. 131 (Hervorhebung von mir). 81 Diese Bezeichnung stammt von Sievers selbst (S. 129).

Forschungsbericht einzelnen nachgewiesen. Ich will deshalb eine Erörterung seiner These im Zusammenhang m it den Ergebnissen einer nur wenig später durchgeführten statistischen Untersuchung von A. Hjalmar Edgren Vorbringen. Edgren legte seine Arbeit über das Verhältnis von t/t und ujü zu ihren entsprechenden unsilbischen Varianten im Rigveda im gleichen Jahr, in dem Sievers sein Gesetz veröffentlichte, der American Oriental Society v or (1878); sie erschien dann allerdings erst 1885 im D ruck62. Edgren behandelt alle Möglichkeiten der Stellung von Halbvokalen zwischen K onsonant und Sonant, nämlich Halbvokale im W ort- und Stammauslaut v or folgenden Sonanten, Halbvokale in Suffixen und Halbvokale in Wurzelsilben. Im Anschluß an die herrschende Meinung seiner Zeit setzt er voraus, daß es in der indogermanischen Grundsprache die unsilbischen Halbvokale noch nicht gab ; diese seien vielmehr das Ergebnis einer einzelsprachlichen Entwicklung aus silbischem iji und u/ü. Diese Entwicklung trat nach ihm regelmäßig ein in der Stellung zwischen silbischen Vokalen (aia > aya), während es bei der Stellung zwischen Konsonant und Sonant vor allem darauf ankam, ob zwischen dem H albvokal und dem folgenden Sonanten eine Fuge irgendwelcher Art gefühlt wurde. Dem entsprechend ist der silbische Wert der Halbvokale am besten bewahrt im Satz-Sandhi und — bereits etwas weniger gut — im Kom positionsSandhi; wort- und stammschließende Halbvokale vor Suffixen, die mit einem Sonanten anlauten, bewahren den silbischen Halbvokal noch etwa doppelt so häufig, wie sie ihn zu einem unsilbischen umwandeln. Dabei spielen weitere Gesetzmäßigkeiten eine Rolle, die vor allem auch die Entwicklung bei Halbvokalen in Suffixen maßgeblich bestimmen: akzentuierte Halbvokale bleiben regelmäßig silbisch und eine vorausgehende schwere Silbe hemmt die Umwandlung in einen Konsonanten. Im Anlaut von Wurzelsilben schließlich ist der unsilbische W ert regelmäßig — einige spärliche silbische Messungen 'm ay indeed point to an early formative process not entirely forgotten in the rem ote Vedic period’ . So weit die Zusammenfassung a u f S. 68f. Die kritische Materialgruppe sind demnach die Fälle im Wortinlaut, und die Diskussion konzentriert sich auch bei Edgren auf das ya-Suffix (S. 74— 80), für das er eine ursprüngliche Form -ia- voraussetzt, die bewahrt wurde unter dem Akzent (yà = ία), nach schwerer Silbe und in Ableitungen von α-Stämmen. In den übrigen Fällen wurde sie durch das einsilbige ya ersetzt. Betrachten wir die zur Stützung dieser Angaben 62 A . Hjalmar Edgren: On the Relation in the Rig-Veda between the Palatal and Labial Vowels (i, i, u, Û) and their Corresponding Semivowels (y , v), JAOS 11 (1885), 67-88 (Presented to the Society Oct. 1878).

Die Diskussion über die Sieversscho Regel

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beigebrachten Statistiken (ohne Rücksicht darauf, daß sie zum Teil grobe Fehler enthalten53)*: a) D ie Akzentuierung yà ( = ία) tritt a u f in 93 Wörtern. In 81 von diesen ist der Halbvokal stets silbisch zu messen, in 4 teilweise, in 8 nie. Die schon von Befey stammende Ansicht, yà sei regelmäßig zweisilbig, ist also gut gestützt, besonders wenn man — über Edgren hinausgehend — feststellt, daß (bis a u f einmaliges aryà-6i) alle Ausnahmen zu einer einheitlichen Gruppe m it zweisilbigem Stamm v or dem Suffix (z. B. paéavyà-) gehören. b ) F ür die Bedeutung der Schwere der vorausgehenden Silbe verweist Edgren a u f Sievers, hat aber Zweifel an der allgemeinen Gültigkeit der von diesem aufgestellten Regel. Das statistische Material ist (nach der Zahl der Belege, nicht der W örter55* ): -ianach schwerer Silbe nach leichter Silbe

1552 462

-ya91 1747.

W enn man dies umrechnet in relative Zahlen, bezogen a u f den kleinsten der vier Werte (91) = 1, so ergibt sich58: -ianach schwerer Silbe nach leichter Silbe

17 5

-ya1 19.

Das bedeutet zunächst, daß die Sieverssche Zuordnung von H albvokalrealisierung und Struktur der vorausgehenden Silbe mindestens als Tendenz deutlich sichtbar ist. Ferner zeigt sich, daß von den widersprechenden Fällen 'ya nach schwerer Silbe’ weit seltener ist als 'ia nach leichter’ . Geht man von den Zahlen weiter zu den Belegen, dann zeigt sich, daß die 91 Fälle mit ya nach schwerer Silbe nicht gewichtig sind: Es handelt sich um 36 Wörter, von denen 27 — w orauf auch Edgren hinweist — nebeneinander Formen m it ya und ia zeigen. Dabei ist in fü n f Fällen die 53 Z .B . sind die Zahlen bei eàrya- (S. 75: 16 ia : 6 ya + Komposita) in Wirklichkeit die von süryà- und tauchen dann beim Femininum (S. 80) etwas abgewandelt (18 : 7 -I- Komposita) noch einmal auf. Das Maskulinum ist mehr als 17mal so häufig, was in der Statistik einiges ausmachen würde. 51 Edgren, S. 79. Die Angabe ist sachlich imzutreffend. 55 Edgren S. 76. Bei den Wörtern sind die H apax legomena genau so gezählt, wie die durch Dutzende, ja zum Teil Hunderte von Belegen bezeugten Wörter, was meines Erachtens ein ganz falsches Bild ergibt. Oben, bei der Zahl der Fälle mit Akzent -fo-, habe ich die Zahl der W örter zitiert, weil Edgren hier die Belege nicht gezählt hat. 58 Vgl. auch Wackernagel-Debrunner II, 2,779.

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Forschungsbericht

Form ia — also die nach Sievers korrekte — zehnmal so häufig (oder häufiger) als die m it ya (die der Sieversschen Zuordnung widerspricht); in 13 Fällen ist sie drei- bis neunmal so häufig; in neun Fällen mindestens ebenso häufig, und nur in den restlichen neun Fällen gib t es lediglich eine Form mit ya. A ber auch diese letzten neun sind nicht sehr beweiskräftig: acht davon sind nur ein- oder zweimal belegt, und nur einer ist etw as häufiger, der neunmalige formelhafte Vokativ santya. Dieser aber ist — wie oben Anm. 46 erwähnt — in Wirklichkeit santia zu lesen, was v o n Grassmann versehentlich nicht berücksichtigt wurde. Das heißt nun zusammengefaßt, daß die wenigen Fälle von 'ya nach schwerer Silbe’ gegenüber den weit überwiegenden, nach Sievers korrekten, Fällen mit ia als Unregelmäßigkeiten erklärt werden können, seien es nun 'metrische Freiheiten’ oder Spätformen oder anderes. — Der andere kritische Fall, 'ia nach leichter Silbe’ , kann dagegen nicht in dieser Weise ausgeräumt werden. Schon das Zahlen Verhältnis ist weniger beweisend: W ir haben hier nur vier 'R egelfälle’ a u f eine ‘ Ausnahme’ (1747 : 462), während es nach schwerer Silbe 17 waren. Betrachtet man die Belege für die 'A usnahmen’ genauer, so erweisen sie sich als ungleich gewichtiger als im anderen Fall: 86 Wörter, die zwar teilweise ebenfalls Nebenformen (auf ya) haben, von denen aber einige durch dieses Argument nicht ausgeschieden werden können : 23mal yujia- (nie ya), 49mal näria (nur einmal ya), 12mal madia- (nur einmal ya) und anderes®7. A us dieser Beleglage ergibt sich für den hier untersuchten Bereich, daß die Sieverssche Zuordnung 1. für die Stellung nach schwerer Silbe gültig ist; daß sie aber 2. nach leichter Silbe entweder nicht gilt, oder nur, wenn noch mindestens ein weiterer (imbekannter) Faktor hinzukommt. c) Die Frage nach diesem unbekannten Faktor führt weiter zu Edgrens drittem Punkt, der Annahme, daß Ableitungen von α-Stämmen regelmäßig ia zeigen. Edgren erwägt dabei eine Entwicklung von -a + -ia> -ia· oder eine Schwächung des auslautenden a zu i, w obei das Suffix nur -a-, nicht -ia- lauten würde. Eine Erklärung, warum sich dieses P rodukt dann der von ihm angesetzten mechanischen Entwicklung -ia- > -ya- nach leichter Silbe entzogen haben könnte, vermag Edgren allerdings nicht zu geben. Auch bleibt unklar, welchem Ableitungstyp dann die Form -ya- zukommen soll, da Edgren auch den Primärableitungen 'a pretty general tendency . . . to take the suffix -ia' zu87 V on den angeführten Beispielen gehören yujia- und madia- zu den von Sievere als Ausnahmen erkannten Gerundiven— aber näria ist ein Denominativ. Auch Sievers Abgrenzung ist demnach nicht ausreichend.

Die Diskussion über die Sieverssche Kegel spricht und andere Ableitungskategorien für nicht befriedigend klassifizierbar hält (S. 78). Statistisch gesehen ist seine Annahme nicht gerade falsch68, aber es gib t genügend Ausnahmen (z.B . viàvâ-janya- und pdricajanya- zu jdna- m it je zehn ya ohne Beleg für ia), die zeigen, daß hier einfach die Häufigkeit v on α-stämmigen Grundwörtern im Spiel ist. Edgrens Erklärung für das Nebeneinander von ya und ia nach leichter Silbe ist somit nicht ausreichend. — Ich stelle die Frage nach dem 'unbekannten Faktor’ vorläufig zurück und wende mich zunächst dem weiteren Fortgang der Forschung in bezug auf die Sieverssche Regel zu :

C Erweiterungen und Abänderungen der Sieversschen Regel 1.

Hermann Osthoff (1884)

In seiner Abhandlung 'Z u r Geschichte des Perfects im Indogermanischen’ (Straßburg 1884) behandelte Hermann Osthoff auch die 'A nknüpfung der Personalendungen’ mit besonderer Berücksichtigung der Erscheinung, daß die m it K onsonant anlautenden Endungen nach schwerer Silbe m it einem 'B indevokal i' angeschlossen werden. Diese von Berthold D elbrück69 aufgedeckte Verteilung brachte er in den Rahmen der Sieversschen Regel, wobei er sich ausführlich m it dieser auseinandersetzte (S. 44, 391— 476, 477). Osthoff erweiterte und veränderte die Regel in einigen wesentlichen Punkten : a) E r dehnte ihre Geltung auf sämtliche Halblaute (i, u, r, l, m, n) aus (S. 421), w obei er sich zur Begründung vorwiegend a u f die erwähnte Verteilung des Bindevokals im Vedischen stützte. Die Entstehung des Bindevokals erklärte er so, daß eine Endung idg. -rai nach schwerer Silbe eine Variante -frai entwickelte, aus der sich im Vedischen lautgerecht das belegte -ire ergeben hätte (m it 'B indevokal’ neben -re nach leichter Silbe)60. Da bei den nasalhaltigen Endungen z.B . das in der Stellung nach schwerer Silbe anzusetzende -ψτηέ(ηι) vedisch *-amä (und nicht das belegte -ima) ergeben hätte, nahm Osthoff eine analogische 58 Seine Zahlenangaben (110 Wörter regelmäßig gegen 10 Wörter als Ausnahmen) sind hier besondere unzuverlässig, weil er einen Teil der Ausnahmen an anderer Stelle (unter d, als nicht erklärbar) einordnet, und weil ein Großteil seiner Analysen mindestens zweifelhaft ist. s* B . Delbrück: Das altindische Verbum, Halle 1874, S. 119f. 80 Osthoff setzt merkwürdigerweise eine entsprechende phonetischo Entwicklung auch bei den Zischlauten (iÿ-Aorist usw.) an (S. 396-399), wobei er als idg. Grundform s/ss vorschlägt. Die betreffenden Formen werden heute allgemein als (verallgemeinerte) Reflexe von zweisilbigen Grundlagen erklärt, so daß sich eine weitere Diskussion hier erübrigt (vgl. Anm. 67). 3 Seebold, Das System der idg. Halbvokale

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Forachungebericht

Beeinflussung durch die r-Formen an. Eine Stütze seines Ansatzes für die Nasale fand er in der Verteilung der griechischen Präsens-Suffixe -νω und -άνω, bei denen die Form -νω nur nach leichter (δάκνω, κάμνω usw.), die Form -άνω nur nach schwerer Silbe (άνδάνω, γρυμπάνω usw.) vorkom m t (S. 404f.). b) E r dehnte ihre Geltung auf die Anlautgruppen mit Halblaut als zweitem Bestandteil aus (S. 422 u .ö.), indem er der durch den Satz-Sandhi gebildeten vorausgehenden Silbe einen entsprechenden Einfluß auf die Realisierung des Halblauts zuschrieb und dies an der Messung der Formen des O ptativs syäm (usw.) im Rigveda nachzuweisen suchte (S. 440— 442)·1. Dabei galt ihm die Stellung am Satz- oder Versanfang als neutral. c) E r schränkte sie insofern ein, als er ihr nur nach leichter Silbe volle Gültigkeit zugestehen w ollte; nach schwerer Silbe setzte er dagegen ein weiter nicht abgrenzbares Nebeneinander von silbischer und unsilbischer W ertung an (S. 437— 440, 474ff.). Er ließ dabei die Frage offen, ob die Regel von vornherein nur für einen Teil der Fälle nach schwerer Silbe gültig war, oder ob sie zunächst ausnahmslos galt, und dann eine teilweise Reduktion unter unbekannten Bedingungen eintrat (S. 475). Außerdem setzte sich Osthoff nachhaltig m it der Deutung der Sieversschen Regel auseinander: E r ging nicht von einer ‘ Verkürzung’ eines ursprünglichen ia (usw.) aus, sondern von der ‘ Entfaltung’ aus ursprünglichem ya (usw.) (S. 422, 437, 440). In der Annahme einer einheitlichen Grundform stimmte er also m it seinen Vorgängern überein, unterschied sich aber von diesen im Ansatz dieser Form . Weiter erklärte er die ‘Entfaltung’ als Auswirkung der Silbentrennung (S. 394, 421 f., 435). — Am Rande ist für uns noch v on Interesse, daß sich Osthoff — w ie auch schon in einer früheren Arbeit·* — mit der Frage nach der Realisierung von zwei aufeinanderfolgenden Halblauten in der Grundsprache befaßte (S. 435). Ebenfalls in dieser früheren A rb e it·3 nahm er ausdrücklich Stellung zu der damals heftig umstrittenen Frage, ob die zweisilbigen Messungen ‘ Hiate’ und deshalb ia usw. zu schreiben seien, oder ob es sich um iya usw. handle. Osthoff führte aus, daß aus phonetischen Gründen zwischen i und a (und entsprechend) stets ein Übergangslaut auftreten *l Osthoff beruft sich in seinen Ausführungen au f Sievers, doch ist unklar, inwieweit schon Sievers m it einem Anlautwechsel a u f Grund der Schwere der im Satz vorausgehenden Silbe gerechnet hatte (s.o. Anm. 49). A u f jeden Fall stammt der erste Nachweis von Osthoff. 82 D ie tiefstufe im indogermanischen vocalismus, Morphologische Untersuchungen 4 (1881), 1-406, S. 285-323. 63 Ebenda S. 398-401 ; au f diese Diskussion nimmt er Perfect, S. 421 ausdrücklich

Die Diskussion über die Sieverssche Regel

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müsse, der demnach auch zu schreiben sei. W ir haben aber bereits oben S. 16f. gesehen, daß es sich hier in W irklichkeit um eine Entscheidung zwischen phonetischer und phonologischer Schreibung (und bei dieser um eine Entscheidung bei der Analyse des Lautsystems) handelt, nicht um die möglichst genaue Erforschung der gesprochenen Sprache. Ich möchte meine Besprechung von Osthoffs Neuerungen mit dem Punkt c beginnen (der Einschränkung der Sieversschen Zuordnung auf die Stellung nach leichter Silbe), weil dieser Ansatz unserem Ergebnis bei der Besprechung von Edgrens Statistiken für das ya-Suffix genau entgegengesetzt ist. Osthoff gründet sein Urteil a u f anderes Material als wir es oben getan haben84, nämlich 1. auf Endungen wie -bhyah, -dhve, -sva u.a., 2. a u f Anlautgruppen und 3. a u f das Verhalten sämtlicher Halblaute, nicht nur der Halbvokale. Von diesen drei Gruppen war zumindest die erste, wahrscheinlich auch die zweite, bereits von Sievers als 'A usnahme* eingestuft worden (s.o. S. 29 m it Anm . 49). Betrachten wir Zunächst die Endungen, von denen ich -bhyah als gut bezeugtes, typisches Beispiel herausgreife. F ür -bhyah m acht Edgren folgende statistische Angaben : ia ya nach schwerer Silbe nach leichter Silbe

120 2

200 192.

Das Verhältnis ist also in der Tat genau umgekehrt wie beim ya-Suffix: Die Sieverssche Zuordnung trifft auffallend deutlich zu nach leichter Silbe, während nach schwerer Silbe mehr Ausnahmen als Regelfälle zu belegen sind. Dies führt zunächst mit aller Deutlichkeit v or Augen, wie wenig einzelne Beispiele oder Teil-Statistiken über die Gültigkeit der Sieversschen Regel aussagen können, und wie unabdingbar eine Untersuchung des Gesamtmaterials ist. Fragen wir aber weiter, o b wenigstens vorläufig ein Gesichtspunkt zur Klärung dieses auffälligen Widerspruchs im statistischen Material genannt werden kann, so ist a u f den Unterschied zwischen Endung' und W ortbildungssuffix zu verweisen, da sich mehr oder weniger alle y - und a-haltigen Endungen gleich (und damit anders als das W ortbildungssuffix -ya-) zu verhalten scheinen: D ie Besonderheit kann einmal auf der Seite des ya-Suffixes liegen: Da bei ihm die verschiedenen Realisierungen (ya gegenüber iya) für bestimmte W örter typisch zu sein scheinen, muß mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß es sich bei ihm ursprünglich um mehrere verschie44 D ie Arbeit von Edgren konnte er noch nicht kennen, da diese erst ein Jahr nach seiner eigenen erschien. 3·

Forachungeberieht dene Suffixe handelte, die erst im klassischen Sanskrit lautlich zusammengefallen sind; die Funktion des Kom plexes 'ya-Suffix’ ist ja so vielfältig, daß diese Annahme auch in funktioneller Hinsicht naheliegt. Bei den Endungen ist die Annahme mehrerer Ausgangsformen dagegen aus funktioneilen Gründen unwahrscheinlich. — Ein anderes Argument weist auf eine Besonderheit der Endungen: Endungen sind in jedem Satz selbständige Funktionsträger, indem sie die syntaktischen Beziehungen zum Ausdruck bringen, während die Funktion der Wortbildungssuffixe im Satz keine oder nur eine untergeordnete R olle spielt (da der Wortstamm als Ganzes Träger der lexikalischen Bedeutung ist)*6. Deshalb ist bei den Endungen die Erkennbarkeit und damit die formale Einheitlichkeit besonders w ichtig; während ein Wortbildungssuffix leichter an den vorausgehenden W ortteil assimiliert und in seiner Form stark verändert werden kann·*. Das Ausmaß, m it dem die Einheitlichkeit der Form bewahrt oder wiederhergestellt wird, kann also bei Endungen und W ortbildungssuffixen ziemlich verschieden sein. Als Beispiel möchte ich das verschiedenartige Verhalten germanischer Suffixe mit den Reflexen von idg. t (th) erwähnen: Die Endung der 2. Sg. Perf. -tha z.B . erscheint im Gotischen regelmäßig als -(s)t, was nur in einem geringen Teil der Fälle lautgesetzlich zu erwarten wäre — in anderen müßte /> oder d oder (e)s erscheinen. Beim Suffix des ii-Abstraktums dagegen, also, einem Wortbildungssuffix, sind alle diese Reflexe (t, ƒ>, d, s) vorhanden. A u f unseren Fall angewandt, würden diese Überlegungen besagen, daß die Ausnahmen zu der Verteilung ‘ C Y A nach leichter, C IY A nach schwerer Silbe’ beim ya-Suffix am ehesten a u f einen semantischen (funktioneilen) Unterschied der beiden Formen weisen könnten, bei den Endungen am ehesten a u f einen W iderstand gegen das Verteilungsprinzip. Beide Argumente würden gleichermaßen zu dem Schluß führen, daß die Form m it unsilbischem H albvokal (CYA) als Grundform anzusetzen ist, die Form m it silbischem ( - f unsilbischem) H albvokal (C IY A ) als Variante nach schwerer Silbe : Die Einheitlichkeit nach schwerer Silbe beim W ortbildungssuffix wäre als Neutralisierung zu erklären, die Verschiedenheit nach schwerer Silbe bei den Endungen als Bewahrung der Grundform oder Reduktion der Neuerung (um eine einheitliche Lautform zu erreichen). In der Frage der Ausgangsform wäre also Osthoff gegenüber Sievers im Recht, in der Frage der Gültigkeit der Verteilung dagegen8 5 85 Dabei gibt es selbstverständlich Überschneidungen, etwa bei den PartizipialSuffixen. Diese stehen abor auch in anderer Beziehung zwischen Flexion und Wortbildung und brauchen deshalb das Argument nicht zu beeinträchtigen. *· Vgl. auch Hermann Paul: Prinzipien der Sprachgeschichte, 6. Aufl. Darmstadt I960 ( = 5. 1920), S.112f.

Die Diskussion über die Sieverssche Regel

37

weniger. — Dies nur eine Überlegung zur Beurteilung der Forschungsgeschichte, genauere Angaben und Begründungen werden erst im Rahmen unserer vollständigen Untersuchung des vedischen Materials möglich sein. W eiter zu der Frage, ob diese 'Sieverssche Regel’ nicht nur für die Halbvokale, sondern auch für die übrigen Halblaute gilt: W as zunächst den 'B indevokal’ anbelangt, so gilt heute als sicher, daß bei seiner Entstehung die ursprünglichen Formen von «e jajdntha) erklären. Der Zusammenfall von set- und anti-Formen ist aber weiter verbreitet ·* und damit nicht das eigentliche P roblem — erklärungsbedürftig ist die Ausbreitung des Vokals nach schwerer Silbe, und hier hilft die metrische Erklärung nicht, da *vivettha den gleichen Wechsel 'leicht — schwer — leicht’ zeigen würde wie vivedüha. Es ist hier wohl kaum ohne die Annahme einer sprachwirklichen Verteilung auszukommen, und wir finden hier zum ersten Mal eine Erscheinung, die uns im weiteren Verlauf dieses Forschungsberichts noch öfter begegnen wird: Eine Art Sieverssche Regel nicht als Lautgesetz, sondern als Verteilungsprinzip für a u f andere Weise entstandene Varianten70. Zum Nachweis einer lautgesetzlichen Wirkung der Regel bei Liquiden und Nasalen kann Osthoff aus dem Vedischen keinen überzeugenden Fall beibringen — a u f die griechischen -νω/-άνωPräsentien wird bei der Besprechung des Griechischen noch einzugehen sein. Desgleichen m öchte ich die Anlautgruppen und die 'SilbentrennungsTheorie’ erst behandeln, wenn noch weitere Ansichten zu diesen Themen zur Sprache gekom m en sind. •7 Vgl. zur Entstehung des 'Bindevokals* P. von Bradke: Über den 'Bindevokal* skr. i griech. α (lat. i got. u) im Perfektum, I F 8 (1898), 123-160; ferner Brug· mann : Grundriß *11, 3,436-440 ; Jerzy Kurylowicz : Les racines set et la loi rythmique i/i, RO 15 (1949), 1-24; ders.: Akzent. Ablaut, S. 227; zur Verbreitung außerdem Meillet, M S L 11 (1899), 10. 88 So Handbuch des Sanskrit, von Albert Thumb, 3. Aufl. bearb. Richard Hauschild, I I Heidelberg 1959, S. 283f. 88 Vgl. etwa K urylow icz: racines eef (s.o. Anm. 67). 70 W obei die Verteilung in der Tat leichter verständlich wäre, wenn bereits ein lautgesetzlicher Wechsel dieser Art bei den Liquiden bestanden hätte (etwa bei -rel-ire), vgl. hierzu n och K urylowicz: racines sef, S. 2.

38 2.

F orschungsbericht Hermann Hirt (1900/1921)

Hermann Hirt stellte die Sieverssche Regel zuerst 1900, dann genauer 1921 in den Zusammenhang seiner Ablauttheorie71. Nach dieser gab es in den kurzvokaligen Ablautreihen neben der Schwundstufe noch eine Reduktionsstufe m it einem Restvokal, dem ‘Schwa secundum*7*. Dieses ‘ Schwa secundum’ wurde nach Hirts Ansicht an folgendes j und w assimiliert, so daß zu einer Vollstufe ei jeu v or unsilbischen — ej/ew v or silbischen Lauten eine Reduktionsstufe bi/bu — bj/bw > ijjuw gehörte. Der Unterschied zwischen C Y A und C IY A war bei ihm damit ein Unterschied zwischen Schwund- und Reduktionsstufe, die Sieverssche Zuordnung ein Zeichen dafür, daß die Schwundstufe nach leichter, die Reduktionsstufe nach schwerer Silbe (bei den Anlautgruppen auch nach P ause73) anzusetzen sei. D a aber nach seinem Postulat unmittelbar nach dem Hauptton immer eine Schwundstufe steht, muß er die W irksamkeit der Sieversschen Regel a u f die Stellung v or dem Hauptton beschränken. Diese Einschränkung ist ohne jegliche Stütze — Hirt selbst versucht keinen Nachweis — ; als ein Gegenbeispiel für viele verweise ich a u f das tya-Suffix: nitya-, aber niet(i)ya-, amdt(i)ya- (u.a.). Der Änderungsvorschlag von H irt kann deshalb ohne weitere Erörterung beiseite gelassen werden74. 3.

J erzy Kurylowicz (1926/1935 und 1956/1968)

D ie erste Auseinandersetzung von Jerzy K urylow icz m it der Sieversschen Regel erfolgte 1926 in einem Aufsatz, der die v o n A rnold: Vedic Metre gegebenen Aufstellungen über Hiatus und K om bination im vedischen W ort- und Satzsandhi sowie über bestim m te Problem e der Vokal71 Zunächst in Der indogermanische Ablaut, vornehmlich in seinem Verhältnis zur Betonung, Straßburg 1900, S. 17-19, 168f. Vgl. ferner I F 1 (1892), 13 und I F 7 (1897), 150-152. Zuletzt in Der indogermanische Vokalismus (Indogermanische Grammatik Π ), Heidelberg 1921, S. 197-199, sowie 192-195 zur Schwund- und Reduktionsstufe. 7* So genannt nach Hermann Güntert: Indogermanische Ablautprobleme, Straßburg 1916 (Untersuchungen zur idg. Sprach- und Kulturwissenschaft 6), S. V III u.ö. Güntert entwickelte eine der Hirtschen ähnliche Ablauttheorie, vgl. für die Sieverssche Regel besonders S. 97f. 73 Hirt zitiert dabei (Indogermanische Grammatik II, S. 194f.) Wackemagel I (1896), S. 204. So weit ich sehe hat Wackemagel als erster die Stellung nach Pause als die silbische Messung begünstigend erklärt, bei Osthoff galt diese Stellung als neutral (s.o. S. 34). 74 Es ist auffallend, daß H irt in seinem Handbuch des Urgermanischen (Heidelberg 1931-1933) den Wechsel der Halbvokalformen nicht mehr erwähnt. Als ‘Sievors Gesetz’ bezeichnet er dort (Bd. I Sachregister, entsprechend zu K luge: Urgermanisch, Straßburg 1913, S. 65) die germanische Verteilung vo n g und w aus idg. g*h — ein terminologisch ziemlich bedenkliches Verfahren.

Die Diskussion über die Sieverssche Regel quantität historisch zu deuten versuchte75. K urylow icz stellte die SandhiProblem e (auf die es in unserem Zusammenhang ankommt) in den Rahmen einer von Jacob Wackernagel aufgezeigten Regelung für die K om positionsfuge, wonach eine Kontraktion ähnlicher Sonanten in der Fuge (im R igveda und im Indogermanischen) nur dann eintrat, wenn auf den Sonanten im Anlaut des zweiten Gliedes keine Konsonantengruppe folgte7®, m it anderen W orten: Es wurde bei der Kontraktion vermieden, daß eine Aufeinanderfolge von langen Sonanten und mehreren K o n sonanten entstand. K urylow icz wies nun darauf hin, daß dies sehr wahrscheinlich auch für den Satz-Sandhi galt, und daß sich die Sieverssche Zuordnung77 auf das gleiche Prinzip zurückführen läßt, das man vielleicht allgemein so formulieren kann, daß eine schwere Silbe nicht noch weiter beschwert wird, wenn dies vermieden werden kann. Diese sehr interessante Erklärung für die Sieverssche Zuordnung muß unten (F) noch in größerem Zusammenhang erörtert werden ; hier geht es zunächst um die einfache Beschreibung und historische Einordnung der Tatbestände. Hierbei ist allerdings K urylow icz ein grober Irrtum unterlaufen : Bei der Aufzählung der Fälle m it H iat entnimmt er (S. 203) für die ya-Suffixe Arnold die Angabe, daß die Verteilung 'ya nach leichter — ia nach schwerer Silbe’ in 90% aller Fälle zutrifft. In Wirklichkeit hat aber Arnold die ya-Suffixe in zwei Teilen behandelt, je nachdem, ob sie nach leichter oder schwerer Silbe stehen. Für die Fälle nach leichter Silbe kom m t er zu dem Resultat, daß ihr Verhalten solche Verschiedenheiten aufweist, daß ein ya- und ein »a-Suffix nebeneinander angesetzt werden müssen (vgl. auch oben S. 31 f. zu Edgrens Statistik), wohingegen nach schwerer Silbe die zweisilbige Messung so einheitlich notwendig ist, daß hier eine solche Annahme nicht naheliegt. F ür diesen Fall, also nur für die Stellung nach schwerer Silbe, sagt er (Vedic Metre, S. 85): 'T he exceptions to the rule hardly number one in every ten instances . . .’ K urylowicz hat also die entscheidenden Ausführungen bei Arnold gar nicht bemerkt und stellt nun eine Theorie auf zur Erklärung eines Tatbestandes, den es nach seinem eigenen Gewährsmann gar nicht gibt. Aus wissen7S Quelques problèmes métriques du Rigveda, RO 4 (Krakau 1926), 196-218, besonders bis 204. Vgl. auch den ungefähr gleichzeitig erschienenen Aufsatz (dem Zitat nach später, aber in obiger Arbeit bereits mit Seitenzahl zitiert): Les effets du g en indoiranien, P r ace filologiczne 11 (1927), 201-243, besonders S. 224 und 241. 75 Jacob Wackemagel: Das Dehnungsgesetz der griechischen Komposita, Programm der Universität Basel 1889, S. 23-29 ( = Kleine Schriften 2, 897-961). Vgl. die ältere Auffassung von Hermann Oldenberg (Prolegomena S. 441), sowie W ackemagel: Grammatik I, 315, II, 1,125. 77 Kurylowicz bezieht sich lediglich au f Arnold und erwähnt Sievere (oder Osthoff, Hirt) nicht.

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Fbrechungsbericht

schaftsgeschichtlichen Gründen soll sie aber im folgenden dennoch dargestellt werden, wobei ich das hinzuziehe, was Rurylow icz in seinen Études indoeuropéennes I (Krakau 1935) ausführt — es ist in den für uns wesentlichen Punkten das Gleiche in etwas erweiterter Form ; außerdem hat Kurylow icz dort aber im Rahmen einer kurzen, ablehnenden Besprechung v on Edgertons erstem Aufsatz (zu diesem siehe den nächsten A bschnitt) zusammenfassend zu der Sieversschen Regel Stellung genom m en7β. K urylow icz geht von einer ähnlichen Ablauttheorie aus wie Hirt und Güntert, doch spielt bei ihm die Chronologie der einzelnen Entwicklungen eine sehr viel größere Rolle. Bei der Schwundstufe unterscheidet er zwischen einer ersten und einer zweiten grundsprachlichen Reduktion: 1. Die erste Reduktion führt zu reinen Schwundstufen; in dem für uns wichtigen Fall zu i und u zwischen Geräuschlaut und Voll-Sonant: Tejo-, Teyo- > Tio-, Tuo-. Halbvokale dieser Herkunft wechseln nicht nach der Sieversschen Regel7®: 2. Bei der zweiten R eduktion (die Silben betrifft, die bis zu diesem Zeitpunkt noch vollstufig waren, oder in die eine Vollstufe sekundär eingeführt wurde) entstehen Reduktionsvokale (e) ; in dem für uns wichtigen Fall -«}-, -ey - + Sonant. Diese Folgen entwickeln sich noch in grundsprachlicher Zeit zu ii, u y (während *t usw. vor Konsonanten zu einfachem i usw. wird). Diese ij, uy, werden nach leichter Silbe zu einfachem j, y , nach schwerer Silbe bleiben sie bestehen (Sieverssche Regel). Also: Te\o-, Teyo- > T eio-, T eyo- > Ti\o-, T u yo- (und nach leichter Silbe > Τ {ο-, Tyo-). 3. In den Schwundstufen zweisilbiger Grundlagen schwindet in einzelsprachlicher (aber vorliterarischer) Zeit das a v or Vokal: Tei$o-, Tewjfo- > T eido-, T eu } 0 - > Ti$o-, Tuso- > Tio, Tuo-. Dieses t, u vor Vokal wird ebenfalls unsilbisch nach leichter Silbe, aber nur, wenn der Halbvokal nicht durch sekundäre Verschiebungen den Ton erhielt (-ία- usw.); nach schwerer Silbe bleibt es erhalten und wird wie das ij, u y von 2. gewertet (Sieverssche Regel). Da dies aber ein zeitlich späterer Vorgang ist, sind Ausnahmen ('H iat’ nach leichter Silbe) häufiger; es handelt sich (nach den Anlautgruppen beurteilt) eher um eine Tendenz als um eine gesetzmäßige Regelung. 7* Die zusammenfassende Erwiderung auf Edgerton in den Addenda au f S. 266267. Das übrige zerstreut in den Kapiteln 2 und 3 (S. 27-130), besondere S. 39f. und 86-91; vgl. ferner S. 154 mit S. 2061. 7* Vgl. besondere die auf S. 90 f. der Études besprochenen Anlautgruppen im Vedischen, die auch unter günstigen Bedingungen nicht wechseln.

Die Diskussion über die Sieverssche Regel

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4. Auch die an der Morphemgrenze entstandenen Folgen iy usw. (auslautendes -i + anlautendes y-) fallen unter die Verkürzung nach der Sieversschen Regel. Es gib t also nach diesem Ansatz in der Stellung zwischen Konsonant und Sonant : 1. unsilbische Halbvokale, die keinem Wechsel unterliegen und 2. silbische Halbvokale (auch interpretierbar als Folgen ij, uy,), die nach der Sieversschen Regel wechseln, w obei die Regelung je nach der Herkunft dieser silbischen Halbvokale mehr oder minder streng durchgeführt ist. In späterer Zeit hat K urylow icz dann seine Ablauttheorie umgestaltet und verfeinert, was auf seine Ansichten über die Sieverssche Regel nicht ohne Auswirkungen blieb. Am wichtigsten für unseren Zusammenhang ist dabei, daß er nicht mehr zwischen Schwund- und Reduktionsstufen unterschied, sondern die Verschiedenheit von Schwundstufenreflexen auf morphologisch bedingte Ausgleichserscheinungen, vor allem zwischen anif- und eei-Wurzeln, zurückführte. Da K urylow icz dabei seine Meinung über die Sieverssche Regel offensichtlich änderte80, ohne dies klar zum Ausdruck zu bringen und ohne die Abgrenzung zwischen Ablauterscheinungen und Reflexen der Sieversschen Regel mit der nötigen Klarheit durchzuführen, kann seine Ansicht hier nur m it Vorbehalt dargestellt werden. Ich gehe auf zwei seiner Arbeiten ein, die jedoch im wesentlichen übereinstimmen: L'apophonie en indo-européen von 195681 und Akzent. Ablaut v o n 1968. In der apophonie steht in einer Fußnote (S. 17112, R = unsilbischer Halblaut, $ = silbischer Halblaut) : T aR à la place de T R au sud, tout com m e T uR (germ.) ou T iR (baltoslave) à la place de T R dans les langues septentrionales, peuvent aussi provenir de l’action de la loi de Sievers. Après la chute de $ intervocalique les consonnes j, y , r, l, n, m précédées de syllabe lourde (longue) et suivies de voyelle se sont identifiées avec i, u, χ, y, ψ antévocaliques . . . L e passage de TJftço- à TÇo- déclenche donc une répartition entre i et i, χ et r, etc. en fonction de la structure de la syllabe précédente. 80 In der Zwischenzeit hatte er auch die Hirtsche Fassung der Sievers’schen Regel vertreten (vgl. RO 16, 1949, S. 18). 81 W arschau 1956, besonders S .116-122 und 166-174.

Forschungsbericht A n der hierin zum Ausdruck kommenden Auffassung ist zunächst neu, daß durch die Sieverssche Regel unsilbische Halblaute nach schwerer Silbe silbisch geworden sein sollen — entsprechend sind die Äußerungen in Akzent. Ablaut S. 214® und in Lg 43 (1967), S. 446 — , während nach der früheren Fassung die silbischen Halblaute nach leichter Silbe verändert wurden. Daraus ergibt sich ein lautlicher Zusammenfall von TÇo-, das nach der Sieversschen Regel aus TRo, und TÇo, das durch den Schwund des a zwischen silbischen Lauten aus TRdo- entstanden war. K urylow icz’ Interpretationen dieses Zusammenfalls sind dabei merkwürdig widersprüchlich: A u f der einen Seite betont er, daß dadurch der Gegensatz zwischen silbischen und unsilbischen Halblauten in der Stellung zwischen Konsonant und Sonant ' phonologisiert’ worden sei (da die durch den Schwund von a entstandenen Gruppen T Ç o ja auch nach leichter Silbe stehen konnten)82. Andererseits soll durch den Zusammenfall der T$o-G ruppen eine von der Struktur der vorausgehenden Silbe abhängige Verteilung der Folgen C Y A und CI Y A ausgelöst worden sein (s. das Zitat). Der 'Phonologisierung* widerspricht auch, daß durch eine lautgesetzliche Wirkung, die in Akzent. Ablaut S. 213 ausdrücklich als 'Sievers’ Gesetz’ bezeichnet wird, die Gruppen (-Tfldo- > ) -T $ o - nach leichter Silbe (besonders nach der Reduplikations-Silbe, nach dem Präfix und nach dem ersten Kom positionsglied) zu -TRo- entwickelt worden sein sollen — damit wäre doch ein phonologischer Gegensatz in keiner Stellung mehr möglich. E s wird hier nicht klar, wie phonetisch und phonologisch bedingte Verteilung, wie Lautgesetz und Analogie gegeneinander abzugrenzen sein sollen. Diese Unklarheit bleibt auch bei der Annahme einer chronologischen Schichtung, denn es läßt sich schlecht vorstellen, daß die W irkung der Sieversschen Regel für kurze Zeit ausgesetzt haben soll, um eine 'Phonologisierung’ zuzulassen, die dann durch eine erneute Wirkung wieder rückgängig gem acht w urde83. 82 Vgl. apophonie S. 120 und Akzent. Ablaut S. 214®. Dem würde auch entsprechen, daß der Zusammenfall von «ei- und anif-Wurzeln in bestimmten Formen nicht lautgesetzlich, sondern analogisch vor sich gegangen sein soll (apophonie S. 172, Akzent. Ablaut S. 224f.). 83 Vgl. etwa Esquisses linguistiques, Warschau & Krakau 1960, S. 277 = Zeitschrift für Phonetik 17 (1964), 566: *Im Indoiranischen wirkte bei den primären Formen das Sieverssche Gesetz (-iya-, -uva- nach langer, -ya-, -va- nach kurzer Silbe), wogegen produktive Suffixe wie das Adjektivsuffix -iya- oder die Femininsuffixe -i- (wpK-Typus), -ü- (ionw-Typus) sowohl nach langer als auch nach kurzer Silbe die volle Form (-iya-, -uva-) aufwiesen. Erst in den jüngeren Partien des R V . und im AV. fügen sich auch diese Ableitungen dem Sieversschen Gesetz’ . Abgesehen von den im Text genannten Bedenken ist der letzte Satz sachlich falsch: In den späten Partien des R V und im A V wird die Form iya m it den oben S. 21 f. aufgeführten Ausnahmen beseitigt — von einer Wirkung der Sieversschen Regel kann dabei keine Rede sein.

Die Diskussion über die Sieverssche Regel

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4. Franldin Edgerton (1934/1943) In seinem Aufsatz 'Sievers’s Law and IE Weak-Grade Vocalism ’ 84 stellte Franklin Edgerton 1934 eine Regel auf, die die Sieverssche ergänzen sollte, hob die Parallelität von Liquiden, Nasalen und Halbvokalen hervor und benützte diese beiden Ansätze zu einer starken Formalisierung des Systems der Halblaute (in Edgertons Terminologie semivowels) in der indogermanischen Grundsprache. In einer weiteren Abhandlung 'The Indo-European Semivowels’ 86 von 1943 baute er seine Theorie aus und verteidigte sie schließlich 1962 gegen einige neuere Arbeiten88. D a sich seine Ausführungen im wesentlichen gleich bleiben, bespreche ich sie hier im Zusammenhang. Ausgangspunkt für Edgertons Ansatz ist ein Mißverständnis : Er glaubte, Sievers habe in seinem 'Gesetz’ eine Entwicklung von ya und va zu iya und uva nach schwerer Silbe angesetzt, weshalb er als Ergänzung ein weiteres ‘ Gesetz’ aufstellte ('the converse o f Sievers’s law’ ), wonach iya und uva nach leichter Silbe zu y a und va geworden seien. Die Verteilung von y (v) und iy (uv) zwischen K onsonant und Sonant wäre damit ausschließlich von der Schwere der vorausgehenden Silbe abhängig, weshalb diese Laute Allophone der gleichen Phoneme sein müßten. Edgerton übersah, daß auch Sievers selbst von ia, ua (in Edgertons Schreibweise: iya, uva) ausging ('bleiben . . . zweisilbig, . . . werden . . . einsilbig’ ), und daß aus dessen Formulierung eindeutig hervorgeht, daß er das Verhältnis v on y zu iy und v zu uv als durch die L autum gebung geregelt (und das ist ja, in der späteren phonologischen E rklärung, das Verhalten v on Allophonen) verstanden haben wollte (s.o. 5. 29). N ich t viel mehr Neues bringt Edgertons zweiter Punkt, die A nnahme eines im wesentlichen gleichen Verhaltens bei Liquiden und Nasalen, da er nicht entscheidend über das bei Osthoff behandelte hinausführt87. Edgerton hat aber einige sprachliche Erscheinungen des A ltindischen in die Diskussion über die Sieverssche Regel gebracht, die man vor ihm nicht in diesem Zusammenhang betrachtet hatte; und da er diesen Fragenkom plex am stärksten formalisiert und v or allem unabhängig v on irgendwelchen anderen Theorien behandelt hat, will ich seine theoretischen Ansätze ausführlicher besprechen88. 84 Lg 10 (1934), 235-265. 85 Lg 19 (1943), 83-124. 88 The Semivowel Phonemes o f Indo-European. A Reconsideration, Lg 38 (1962), 352-359. Vgl. ferner zu einem Spezialproblem: Indo-European 's Movable’ , Lg 34 (1958), 445-453. 87 Edgerton scheint Osthoffs Arbeit über das Perfekt nicht gekannt zu haben, er beruft sich auf Hirt und Wackernagel (Lg 10, 257). 88 Vgl. noch die kritischen Stellungnahmen von Jerzy Kurylowicz : Études indoeuropéennes, S. 255-257 ; Paul Thieme: Der Fremdling im Rgveda, Leipzig 1938, S. 96; Fredrik O tto Lindeman, N T S 20 (1965), besonders S. 46-50, 98-101, 106-108.

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Forochungsbericht

Zunächst 'the converse o f Sievers’s law’ . N ach dem, was oben (S. 31 f.) über die Zahlenverhältnisse beim ya-Suffix gesagt wurde, kann zumindest von einer allgemeinen Geltung dieser Regel keine Rede sein. Etw a bei den leichtsilbigen Gerundiven vom T yp yüj(i)ya- widerspricht der größte Teil Edgertons Postulat, ohne daß dieser, der ihr Sonderverhalten aus Arnolds Behandlung8® kennen mußte, auch nur mit einem W ort dazu Stellung nimmt. Ebenso widersprechen die häufigen Fälle m it betontem -(i)ya- und -(ü)va- nach leichter Silbe — diese schließt Edgerton zwar von der Behandlung aus, aber was wird dann aus seinem Phonem-System ? Seine Annahme, die Betonung der Halbvokale sei sekundär, und es sei 'unnecessary to extend this exception back in to IE ’ (Lg 10, 237) sieht zunächst glaubhaft aus, weil Edgerton seine Beispiele aus der tatsächlich nur schwach verbreiteten Gruppe von tanâhltanvàm nimmt ; hätte er — wie es angemessen gewesen wäre — die viel ausgedehntere parallele Gruppe vrlcihlvrkyàm genommen, wäre die Unhaltbarkeit seines Ansatzes offenkundig geworden, da dieser T yp voreinzelsprachlich ist90 und nicht der geringste Anhaltspunkt dafür besteht, daß die durchgängige Betonung f/yà sekundär wäre. A ber betrachten wir zunächst Edgertons Beweismaterial, die Fälle, in denen etymologisch vorauszusetzendes u + v oder t + y vereinfacht wurde; als erstes das Beispiel aus der Morphologie, bei dem wir etwas weiter ausholen müssen : Im Vedischen erscheint das schwundstufige Klassensuffix der » « Präsentien v or Endungen und Partizipial-Suffixen, die m it einem silbischen V okal anlauten, nur dann als -nv-, wenn die davorstehende Wurzel auf einen Sonanten ausgeht ; geht sie dagegen a u f einen Konsonanten aus, so erscheint -nuv- (s. auch oben S. 22), d .h . bei C + nu + A m uß das « silbisch realisiert werden, und nach dem oben S. 16f. ausgeführten wird deshalb ein unsilbisches v eingesohoben. Der Grund für diese silbische Realisierung könnte etwa in der Sprechbarkeit der v-haltigen Lautgruppen liegen, denn bis a u f das schwer zu beurteilende ürnu-, das mit vjrnvr wechselt, steht in diesen Fällen v or dem ««-S u ffix stets ein Geräuschlaut; Edgerton interpretiert diese Verteilung aber als eine Auswirkung von Sievers’ Regel (wie er sie versteht, also als Veränderung eines unsilbischen Lautes nach schwerer Silbe — Lg 10,25öf.). Ein Testfall für die Richtigkeit seiner Annahme wären dabei Fälle, in denen vor dem Präsens-Suffix ein langer silbischer Laut steht, da hier im Falle der Abhängigkeit vom vorausgehenden Laut -nv-, im Falle der Abhängigkeit 8“ Vedic Metre S. 84 (das betreffende Kapitel wird v o n Edgerton Lg 10, 253 u.ö. als von ihm berücksichtigt zitiert). ®° In awn. ylgr 'Wölfin’ ist durch den sigmatischen Nominativ die gleiche Floxionsklasse, und durch den grammatischenW echsol der Akzent auf dem Suffix reflektiert.

Die Diskussion über die Sieverseche Regel

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von der vorausgehenden Silbe -» (u)v- zu erwarten wäre. Solche Fälle sind aber aus morphologischen Gründen äußeret selten. Für die hier einschlägigen Formen bietet der Rigveda lediglich zwei brauchbare Belege, von denen einer (âdhûnvaté 9,72,8) -nv-, der andere (avadhünvändh 6,47,17) -n(u)v- b ietet; die Belege für ürnu- sind wegen des Wechsels m it vrnuund in einigen Fällen zusätzlich wegen der Möglichkeit von SandhiAuflösungen nicht beweiskräftig (vgl. zu ihnen den Hauptteil I II C 1 b). — Ein ganz entsprechender Wechsel zwischen nuv und nv erscheint nun auch in den Formen der 1. D u al·1 (z.B . in éaknuvdh : sunvdh), doch beginnen die Endungen dieser Formen mit v — hier ist also die Folge nuv morphologisch berechtigt und nv erklärungsbedürftig. N och auffallender ist das Verhalten der i . Plural, deren Endungen mit m beginnen, vor dem das Präsens-Suffix unter gleichen Bedingungen zwischen nu und n wechselt (z.B . éaknumdh : sunmdh). Edgerton folgt nun Wackernagel und anderen·2, indem er die Suffixformen der 1. Plural als analog zur 1. Dual entstanden auffaßt, und gib t für die 1. Dual eine neue Erklärung, indem er sie a u f die Auswirkung des 'converse o f Sievers’s law’ zurückführt. Diese Erklärung ist aber gar nicht notwendig : D a wegen der 1. Plural eine analogische Verbreitung des Wechsels ohnehin angenommen werden muß *3, genügt die leichter verständliche Entwicklung in der Stellung vor silbischen Vokalen vollkommen als Ausgangspunkt: Analog zu dem dort (z.B . in der 3. Plural) entstandenen (éak)nuv(dnti) ( < *éak-nu-ànti) : (su)nv(ànti) kann in den Form en der 1. Dual z.B . éaknuvdh : sunvdh ( < *su-nu-vdh) entstanden sein, zumal die Endungen der übrigen Dualformen im Medium mit ä anlauten, das Präsens-Suffix v or ihnen also ebenfalls den 'regulären’ Wechsel nuv : nv zeigen mußte. D arauf hätte sich die Analogie a u f die 1.Plural ausgebreitet. Die Analogiegleichung wäre: éaknuvdnti : sunvdnti — éaknuvdh : x (x = sunvdh) = éaknumah : y (y = sunmdh). •‘ Für die der Rigveda im übrigen keinen einzigen Beleg bietet, auch nicht in anderen Präsens-Klassen. ·· LiteraturblaU für orientalische Philologie 3 (1885/87), S. 56*. Anders de Saussure, Mémoire sur le système primitif des voyelles dans les langues indo-européennes, Paris 1878 (im Titelblatt 1879, vgl. die Bemerkung de Saussures im Vorwort zum Nachdruck von 1887), S. 245 ('absorption’ dos u durch m ); Brugmann, ZvS 24 (1879), 283 (nach kurmäh)·, Moulton, A J P h 10 (1889), 283f. (nach der ηΛ-Klasse); M eillet,M SL 11 (1899), lOf. (Vermeidung einer Folge von Kürzen); vgl. ferner T hum b-Hauschild (fl.o. Anm. 86) II, 2Θ31. ·* Dieses Argument schließt auch aus, daß die Verteilung im Rigveda lediglich metrisch bedingt ist. Daß sich die Analogie nicht auch auf andere Endungen ausbreitete, kann gegen alle Erklärungen gleichermaßen vorgebracht werden — der Grund ist wohl in der phonetischen Ähnlichkeit von m und v (gegenüber t usw.) zu suchen.

F orschungsbericht Die Formulierung der Bedingung für den Wechsel — ob nach dem vorausgehenden Laut, wie v on den indischen Grammatikern angenommen, oder nach der Schwere der vorausgehenden Silbe, wie von Edgerton angenommen, kann dabei offenbleiben®4. A u f jeden Fall aber ist der Ansatz einer lautgesetzlichen Vereinfachung bei den Dualformen nicht nötig. Gehen wir weiter zu Edgertons Belegen für eine Vereinfachung von -i + y- und -u + v- im Kompositions-Sandhi ®6. Von diesen ist nur ein einziger aus dem R igved a9®: anvartitd 10,109,2, das der Pada-Pätha in anu-artitä auflöst, das aber in neuerer Zeit häufig als *anu-vartitf- zu ànu + vrt- gestellt w ird9 97. Edgerton weist m m darauf hin, daß die vor 6 5 9 4 dem (nach dieser Auffassung geschwundenen) u stehende Silbe hier und in fast allen anderen98, erst später belegten, Fällen leicht ist und nimmt an, daß es sich deshalb um Belege für 'th e converse o f Sievers’s law’ handelt. A ber an eine gesetzmäßige Vereinfachung nach leichter Silbe ist hier nicht zu denken ; das verbietet die große Zahl von Gegenbeispielen : Ich zähle im Rigveda v om T yp abhi-yùgvan- (-i + y-) 7 Belege für K om posita von abhi-, 2 von divi- und 2 von hari- ; vom T yp rju-υάηί- {-u + v-) 1 von rju-, 7 von kratu-, 27 von puru-, 11 v on madhu-, 2 von raghu-, 17 von vasu-, sowie bhrguvcU- 1 und manuvät- 1; insgesamt 78 F älle99, in denen iy und uv nie als y und v gewertet werden (was am Metrum ja ohne weiteres nachgeprüft werden kann). Demgegenüber ist es ohne Bedeutung, wenn Edgerton annimmt, daß die K om posita m it su- + vdeshalb nie mit Vereinfachung belegt sind, weil sie im Satz nie nach leichter Silbe stehen. Sein Hinweis, die W irkung des Gesetzes sei bereits erloschen gewesen, 'a few stray remnants preserved in the hieratic language o f the Veda are all that could reasonably be expected; it is really astonishing that some occur even in the later language’ (Lg 10,240) stellt die chronologischen Verhältnisse auf den K o p f: Ein einziges — im übrigen ganz unsicheres100 — Beispiel im Rigveda, alle andern erst in der späten 94 So weit ich sehe, hat noch niemand diese naheliegende Erklärung geäußert. 95 Lg 10,238 u. ö. Die Erscheinung wird behandelt bei Whitney : Grammar (s. o. Anm. 43), § 233 und bei Wackornagel I, 59 ; vgl. auch die Anm. 92 genannte Literatur. 96 Edgerton versucht Lg 10, 239 f. einige weitere Fälle hier anzureihen ; aber seine Motorisierungen sind unzulänglich, weshalb ich sie nicht berücksichtige. Zur Frage von Edgertons Metrisierungen s. weiter unten. 97 Die hier besprochene Erklärung von anvartüf stammt, so weit ich sehe, aus dem kleinen Petersburger W örterbuch I (1879), 68. Andere Erklärungen bei Chr. Bartholomae: Studien zur indogermanischen Sprachgeschichte 1, Halle 1890, S. 108 (nuvartilä zu lesen) und ZD M G 50 (1896), 690f. (Nachahmung des W echsels beim Satz-Sandhi). 98 Zu angeblichen Fällen nach schwerer Silbe vgl. Edgerton, Lg 19, 881·. 99 D ie Belege können bei Grassmann leicht festgestellt werden. io° Vgl. die Bemerkung von Oldenberg zur Stelle, w omit der Nachtrag zu Wacker nagol I , 59,8-11 zu vergleichen ist. Neuerdings Ingrid Kühn, M S S 28 (1970),

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Sprache. Man wird deshalb besser daran tun, die ganze Erscheinung als verhältnismäßig spät anzusetzen. In der späteren Sprache aber werden iy und uv bis auf die oben S. 21f. beschriebenen Fälle zu y und v vereinfacht — die Beispiele für die Vereinfachung im Kompositions-Sandhi sind nur deshalb erwähnenswert, weil bei ihnen die Kom positionsfuge (nicht mehr gefühlt und deshalb) nicht mehr berücksichtigt wurde. Daß in den meisten — oder nach E dgerton : allen — Belegen die vereinfachten y, v auf eine leichte Silbe folgen, kann bei der Seltenheit der Erscheinung leicht a u f Zufall beruhen, zum al Vorderglieder m it leichter erster Silbe v or allem bei den Vorsilben außerordentlich häufig sind. Dam it ist auch bei dieser Erscheinung keine Stütze für Edgertons 'Gesetz* zu finden. In dem Aufsatz von 1943 hat Edgerton dann sogar versucht, im SatzSandhi Wirkungen seines 'Gesetzes* nachzuweisen (Lg 19, 89f.), obwohl sich dies m it dessen angeblich schon erloschener Wirkung (Lg 10, 240) eigentlich nicht in Einklang bringen läßt. Ich will auch hierauf kurz eingehen: Von den Stellen, die Edgerton als Belege für eine Vereinfachung anführt, könnte man bei den folgenden101 eine derartige Erklärung in Betracht ziehen : 1,127,1 10,105, δ

ghrtâsya vibhrästim ânu vasti óocisa ; âdhi yäs tasthau kééavantâ;

und allenfalls 8,12,29

tübhyam indra niyemiré.

Von diesen ist der Vers 1,127,1 ab ânu metrisch einwandfrei (m it der üblichen Doppelkürze unmittelbar nach der Zäsur), doch hat der Eingang eine Silbe zuviel. Verkürzt man m it Edgerton, muß man die Zäsur in die Kompositionsfuge von vi-bhrästim legen; die erste Silbe nach der Zäsur ist dann lang, der R hythm us vertretbar102. Der zweite Vers steht in einem Hymnus, dessen Metrum nich t m it Sicherheit erkennbar ist; Arnold, der ihm (S. 233) einen eigenen Abschnitt widmet, rechnet mit der ganz außergewöhnlichen Strophenform 11.7.11 und an der hier zur Diskussion stehenden Stelle m it Textverderbnis, Oldenberg in den Noten zur Stelle m it einer Strophe 9.7.11. W enn Edgerton hier durch seine Vereinfachung einen 'korrekten 8-Silbler’ erhält ohne über den metri89-104 (zu anu ftiya-, w omit Edgertons Argument der Boden entzogen ist). 101 Ich scheide auch hier die Stellen aus, an denen Edgertons Metrisierung zu rhythmisch ausgefallenen Versen führt (s.u.). 102 S. auch Oldenberg zur Stelle.

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Forsohungsbericht

sehen Charakter dieses Hym nus auch nur ein W ort zu verlieren, so ist dies philologisch nicht zu rechtfertigen. Der dritte der genannten Verse schließlich ist nach üblicher Lesung metrisch einwandfrei; nach Edgertons Veränderung würde er eine (auch sonst häufig zu belegende) silbische Messung des r in indra zeigen, eine Länge an der 5. Stelle des 8-Silblers (was metrisch ungewöhnlich ist), und den Silben verlust eines Einsilblers im Sandhi, was für den Sandhi von -i + a- (nach dem sich der v on Edgerton geforderte bei -i -f- ya- hätte richten müssen) im ganzen Rigveda nur an einer einzigen, späten Stelle vorkom m t103. Auch bei diesem Vers wird man also die herkömmliche Metrisierung vorziehen. Edgertons Vereinfachung wäre dann nur an einer Stelle einigermaßen plausibel. Fragt man, wie häufig entsprechende Lautfolgen im Rigveda ohne Vereinfachung auftreten, so kann für einen groben Überblick angeführt werden, daß allein die zweisilbigen Präpositionen a u f -i, die alle eine leichte erste Silbe haben, 47mal am Versanfang v or y- stehen104 und dort nie vereinfacht werden, obwohl dies eine Stellung ist, in der das Metrum die Vereinfachung stark begünstigen würde (s.u. I l l A ). Der oben besprochene Einzelfall (1,127,1) ist deshalb eher eine Unregelmäßigkeit als ein Beleg für Edgertons 'converse o f Sievers’s law*. Schließlich noch eine Besprechung dessen, was Edgerton für eine Vereinfachung von -γ + r- nach leichter Silbe vorbringt (Lg 10,242— 244) : Bei der Endung -re der 3. PI. Ind. Perf. med. wäre bei W urzeln a u f r theoretisch -r-re (z.B . *ca-kr-re) zu erwarten106; in Wirklichkeit finden wir aber nur -r-ire (z.B . cakrire), die Form, die nach schwerer, a u f K o n sonant endender Silbe gerechtfertigt ist. Edgerton findet nun einen Beleg cakre 10,90,8, der dem Sinn der Stelle nach besser als Plural zu erklären wäre (formal ist er als Singular aufzufassen) und eine 3. PI. dadhre 10,82,6, die üblicherweise zu dhä- gestellt wird, die er aber an dhr- anschließen möchte. Für diese beiden Formen nimmt er in Anspruch, daß sie die 'echten’ Formen der 3. PI. sind, mit Verkürzung von -jr- zu -r- nach 1 8 0 108 1, 191,3 (Anhangslied). S.u. Abschnitt D und Kapitel I des Hauptteils, sowie Arnold S. 76. 104 ati 1, adhi 6 (abgesehen von der im Text besprochenen, unklaren Stelle 10,105,6), api 1, abhi 20, pari 13 und prati 6. Die Stellen sind leicht nachzuprüfen bei Maurice Bloomfield : A Vedic Concordance, Cambridge Mass. 1906. 108 So nach Edgerton. Der Ansatz ist aber keineswegs sicher; denn wir haben nach dem Ausgleich zwischen set- und anit-Formen bei den Halbvokalen den Typ ju-hu-re (mit silbischem Wurzelauslaut und -re nach der so entstandenen leichten Silbe), bei den Nasalen den T yp ja-jn-ire (mit unsilbischem Wurzelauslaut und •ire nach der so entstandenen schweren Silbe). W ir können durch kein Argument beweisen, daß sich die au f Liquid ausgehenden Wurzeln wie die auf Halbvokal ausgehenden verhalten mußten, und nicht vielmehr wie die au f Nasal ausgehenden.

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leichter Silbe. Über die Berechtigung dieser Interpretation kann man auch anderer Meinung sein, zumal beide Belege in späten kosmogonischen Liedern stehen, aber Edgerton weist darauf hin, daß die Gruppe mit etym ologisch unberechtigter Endung -rire (cikitrire usw .)10®sehr einfach verständlich würde, wenn man annähme, daß die Entwicklung von (etymologisch berechtigtem, aber morphologisch undurchsichtigem) *cakre zu cakrire eine analoge Entwicklung von cilcitre zu (unberechtigtem) cikitrire nach sich gezogen hätte. Dies wäre eine angemessene Erklärung der Endung -rire, und auch die vorausgesetzte Entwicklung der 3. PI. Perf. med. bei Wurzeln auf r ist grundsätzlich möglich — ob man die oben aufgeführten späten Form en für Belege des älteren Zustands hält oder nicht. Wenn aber die Folge -rr- tatsächlich vereinfacht wurde, dann läßt sich aus diesem einen Fall nicht erweisen, daß die Vereinfachung an eine vorausgehende leichte Silbe gebunden war. Dieser ganze Bereich ist — da nur vereinzelte Fälle umfassend — viel zu unsicher, um irgendwelche verbindlichen Schlüsse zuzulassen. Dam it m uß bei der Beurteilung von Edgertons 'converse o f Sievers’s law’ über die Beleglage zusammenfassend gesagt werden, 1. daß es gewichtige Gegenbeispiele gibt, und daß 2. die zu seinen Gunsten angeführten Beispiele besser anders zu erklären oder (im zuletzt besprochenen Fall) sehr unsicher und — falls richtig — nicht beweisend sind. Edgertons Ansatz ist deshalb als unzureichend aufzugeben. Der zweite zu besprechende Problemkreis betrifft Edgertons Annahme, daß die Sonoranten (Liquide und Nasale) in gleicher Weise der Sieversschen Regel unterworfen waren wie die Halbvokale. Ich berücksichtige hier nur das Material, das tatsächlich einen von der Schwere der vorausgehenden Silbe abhängigen W echsel zeigt und scheide das übrige als nicht beweiskräftig aus. W ir haben dann zwei Gruppen von Belegen: 1. Die eine besteht aus regelmäßig verteilten Varianten, die auch in der Schreibung berücksichtigt werden107: die schon von Osthoff behandelten Endungen mit Bindevokal und das Suffix -tana- zur Bildung von i°« Vgl. hierzu Macdonoll : Vedic Grammar, S. 356, § 484, 4 a und S. 360, § 486. S. die entsprechende Behandlung der Frage bei Renou: Grammaire de la langue védique, S. 279. Anders, nicht überzeugend, M. Leumann : Morphologische Neuerungen im altindiechen Verbaleyatem, Amsterdam 1952 (Mededelingen N. R . 16,3), S. 8f. (Verlängerung der Endung aus metrischen Gründen). 107 Lg 10, 257-262 u .ö. Edgerton stützt sich hierbei vor allem auf Wackernagel I, 11 und 29, sowie I, 205 (Z. 20ff.) und H irt: Indogermanische Grammatik II, S. 197199. Seebold, Da« System der Idg. Halbvokale

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Forechungsbericht

Adjektiven aus Zeitadverbien, das im R igveda in dieser Form nur nach Konsonanten und Langvokalen steht, während in dem einzigen rigvedischen W ort m it K urzvokal v or diesem Suffix die Nebenform -tna- auftaucht (pra-tnd-), die allerdings auch in nü-tna- neben nu-tana- belegt ist. Bei den Endungen mit Bindevokal haben wir schon oben S. 37 gesehen, daß die Schwere der vorausgehenden Silbe lediglich für die Verteilung der Varianten, nicht für ihre Entstehung verantwortlich gemacht werden kann. Ähnliches ist bei dem Suffix -tana-l-tna- n icht auszuschließen, denn wegen der häufigen Betonung -täna-108 können Ablautvarianten (idg. *-téno-l-tno-) vorliegen.

2. Die andere Gruppe besteht aus mehr oder weniger unregelmäßig auftretenden Nebenformen, die aus dem vedischen Metrum zu erschließen sind108. Zu ihr gehören110: a) Zweisilbige Messungen von r-Suffixen: Ziemlich häufig in dem Götternamen indra-111, w obei aber schon die unvollständige Aufzählung der Stellen m it unsilbischer Messung des r bei Grassmann mehr als dreimal so umfangreich ist wie dessen vollständige Aufzählung der Stellen mit silbischer Messung. In anderen W örtern sind r-Suffixe nach schwerer Silbe insgesamt 29mal silbisch zu messen, jedoch in keinem mehrfach belegten W ort regelmäßig. N ach leichter Silbe ist das r silbisch zu messen 27mal in dem Göttemamen rùdra- und zweimal in rjrd- ; in beiden W örtern ist die unsilbische Messung beträchtlich häufiger. b ) Ein n ist silbisch zu messen zweimal in cyautna- und viermal in réhiah, also jeweils nach schwerer Silbe. Bei beiden Wörtern ist die unsilbische Messung häufiger. c) Bei den Stämmen a u f -man- und -van- ist in Formen m it schwundstufigem Suffix das n häufig silbisch zu messen v or Endungen, die mit einem Sonanten beginnen, sofern eine schwere Silbe vorausgeht. Bei den meisten W örtern ist die silbische Messung regelmäßig (und wird bei infinitivartigen Bildungen auch in der Schreibung ausgedrückt), bei anderen wird sie nur an einigen Stellen oder gar nie verlangt. Bei den übrigen Stämmen auf -an- ist nach schwerer Silbe in entsprechenden Formen nur einmal eine silbische Messung erforderlich (rdj'nä 10,97,22). 108 Genaueres zu dieser bei Waekemagel-Debrunner II, 2,594. 108 Für diesen Bereich stützt sich Edgerton auf Wackernagel I, 55 f. und Arnold, S. 97-99. 110 Die folgenden Angaben stützen sich auf Arnold, S. 88, 97-99. Nicht aufgeführt habe ich die regelmäßigen silbischen Messungen von r bei r-Stämmen vor der Dualendung -oh (Arnold S. 88). 1,1 Die Belege für die silbischen Messungen sind vollständig aufgeführt bei Arnold

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Nachdem wir bei der Besprechung von Edgrens und Osthoffs Arbeiten gefunden haben, daß die Regelmäßigkeiten in der Verteilung v o n silbischem und unsilbischem y am deutlichsten beim ya-Suffix ausgeprägt sind, würde man bei einem parallelen Verhalten von Halbvokalen und Sonoranten auch bei den ra- und »«-Suffixen erkennbare Regelm äßigkeiten erwarten. Dies ist aber — wie aus der Materialzusammenstellung hervorgeht — keineswegs der Fall. Selbst bei dem W ort indra-, bei dem die silbischen Messungen am häufigsten belegt sind, sind die unsilbischen Messungen weitaus in der Überzahl. Nehmen wir ein anderes häufiger belegtes W o rt m it ra-Suffix nach schwerer Silbe, etwa candrä-, so zeigt sich erstens, daß der einzige Beleg mit silbischer Messung (1 ,135,4) in einem Hym nus steht, der in anderen Strophen 12-Silbler m it Pausen enthält, so daß die silbische Messung unsicher is t112, und zweitens, daß dieser einen unsicheren silbischen Messung allein beim Simplex 24 unsilbische gegenüber stehen. Dieser Befund ist durchaus typisch: Bei den rund »-Suffixen sind die silbischen Messungen nach schwerer Silbe Ausnahmefälle. Auch die silbischen Messungen nach leichter Silbe sind so selten, daß sie nicht zu parallelen Schlußfolgerungen wie bei dem Gegensatz -ya- : -(i)ya- führen können : Im Falle von rudra- hat w ohl Arnold recht m it seiner Annahme, daß die silbischen Messungen denen von indra- nachgeahmt w urden113; das zweisilbige Suffix bei rjrd- bleibt dann eine vereinzelte Ausnahme. — Bei den -man-, -van- (und -a»-)Stäm men kann die Sprechbarkeit der in der Schwundstufe entstehenden Lautgruppen eine R olle gespielt haben— ferner sind auch hier Ablautvarianten nicht ausgeschlossen. Aufs Ganze gesehen müssen wir also mit einer ausgeprägten Tendenz rechnen, Varianten von Suffixen nach der Schwere der vorausgehenden Silbe zu verteilen (sicher beim Bindevokal, vielleicht sind so auch zu erklären die Verhältnisse bei -tana-l-tna- und bei den man/van/an-Stämm en); ferner scheint es eine — nicht besonders stark ausgeprägte — Neigung zu geben, Sonoranten in Suffixen silbisch zu werten, wenn sie am Ende einer (schwer sprechbaren) Konsonantengruppe stehen (am deutlichsten bei den r- und »-Suffixen, vielleicht sind so aber auch zu erklären die Verhältnisse bei -tana-l-tna- und bei den man/van/an-Stämmen). Die Problemlage ist hier also nicht die gleiche wie bei den Halbvokalen (besonders bei y ): W ährend dort klare Regelmäßigkeiten vorliegen, deren Deutung allerdings umstritten ist, gib t es bei den Sonoranten lediglich Ansätze zu einem parallelen Verhalten. Es fragt sich sehr, ob man m it Edgerton eine v ö l l i g e Parallelität als ursprünglich voraus112 Vgl. Arnold S. 295. 112 Vgl. noch Oldenberg, ZD M G 60 (1906), 741-745.

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Forschungsbericht

setzen und den differenzierten Zustand als sekundär ansetzen darf, oder ob die silbischen Messungen und die Variantenbildungen bei den Sonoranten nicht eine eigene Beurteilung (zu der unter Umständen ganz andere Faktoren herangezogen werden müssen) erfordern. Edgerton hat sich ausschließlich a u f die (zweifellos vorhandene) Parallelität der Halblaute gestützt und die (ebenso zweifellos vorhandenen) Verschiedenheiten unberücksichtigt gelassen114* . Die Problematik eines solchen Vorgehens soll an einem Fall von Verschiedenheiten im s t r u k t u r e l le n Verhalten der Halblaute kurz aufgezeigt w erden116: an den Anlautverbindungen, die Halblaute untereinander eingehen können. Im Rigveda gibt es keine unsilbischen Anlautgruppen m it y oder Liquid im ersten Glied, bei n im ersten Glied gibt es ny-, das aber auf Grund des Metrums immer silbisch gelesen werden muß, während m und v vor y und Liquid Vorkommen (kein klares Beispiel für wortanlautendes mn-). Hieraus ergibt sich für die Möglichkeit, an erster Stelle einer Anlautgruppe zu stehen, folgende Hierarchie: 1. m und v (falls mn- anerkannt wird: la . m, l b . v)\ 2. n, y und die Liquiden (falls ny- anerkannt w ird; 2a. n, 2b. y und die Liquiden). Die Untersuchung anderer Einzelsprachen weist für die voreinzelsprachliche Z eit a u f keinen grundsätzlich anderen Befund, und auch aus allgemeinen phonetischen Erwägungen heraus ist eine Anlautgruppe yv-, wie sie Edgerton Lg 19, 100 u .ö. ansetzt, nicht wahrscheinlich. Das bedeutet aber für 'tw o semivowels in juxtaposition’ , daß es bei der Realisierung nicht nur a u f die Stellung, sondern auch auf die Art der Halblaute ankommt. Es ist kennzeichnend, daß Edgerton, der für die Behandlung zweier aufeinanderfolgender Halblaute in Anlautstellung umfangreiches Material aus dem Rigveda heranzieht (Lg 19, 98— 103) für dieses zu keinem bestimmten Ergebnis kom m t und annimmt, 'that the R V has obscured things by extending t o initial position some forms originally proper elsewhere, just as it used some words beginning [ywa] also in initial position’ (Lg 19,103). Hier hat das Fehlen einer ausreichenden Differenzierung bei den Voraussetzungen ersichtlich zu einer mangelhaften Beurteilung des Ergebnisses geführt. Ganz entsprechend scheint 114 Vgl. zu diesen etwa auch Meillet: Introduction (s.o. Anm. 27), S.106. 116 Ein weiterer Fall ist in neuerer Zeit behandelt worden von Kurylowicz : Akzent. Ablaut, S. 202 f.: Silbische Liquiden und Nasale zeigen vor unsilbischen Halbvokalen die Reflexe, die für die Stellung vor Sonanten typisch sind; umgekehrt verhalten sich Halbvokale vor unsilbischen Liquiden und Nasalen wie vor Geräuschlauten. Zu einem weiteren Fall vgl. oben Anm. 105.

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mir Edgerton bei seiner Beurteilung der Abhängigkeit der Halblaute von der Schwere der vorausgehenden Silbe die Möglichkeit eines unterschiedlichen Verhaltens zu wenig berücksichtigt zu haben. Auch bei dem zweiten Problemkreis muß deshalb unser Urteil über Edgertons Untersuchungen im wesentlichen negativ ausfallen. Es ist zwar in beschränktem Um fang ein paralleles Verhalten von Halbvokalen einerseits und Sonoranten andererseits festzustellen — aber dies wurde bereits v o n Osthoff angeführt, der im übrigen ebenfalls dazu neigte, diese Parallelität zu überschätzen. Bei der Interpretation dieser Parallelität hat Edgerton nur eine Möglichkeit, nämlich die ursprünglich völlige Gleichheit des Verhaltens m it sekundären Veränderungen in Betracht gezogen. Der unterschiedliche Grad der Abhängigkeit v on der Schwere der vorausgehenden Silbe im Rigveda, die nachweisbaren Verschiedenheiten im strukturellen Verhalten (z.B . Anlautgruppen) und die Notwendigkeit andersartiger Erklärungen (z.B . beim Bindevokal) lassen aber diesen Systematisierungsversuch als verfrüht und im Ergebnis weitgehend verfehlt erscheinen. Als weniger bedeutender P unkt muß schließlich noch erwähnt werden, daß Edgerton auch die Fälle, in denen anlautendes iy- (in iyóm) unsilbisch zu messen ist, in den Rahm en der Sieversschen Regel gestellt hat {Lg 10, 244f.). Am Schluß dieser Besprechung von Edgertons Ergebnissen ist noch auf einige methodische Fragen einzugehen, weil es sonst für den Leser der besprochenen Arbeiten scheinen könnte, als hätte ich bei meiner negativen K ritik das dort angeführte Material nicht ausreichend berücksichtigt. Die Frage der Methode muß zunächst aufgeworfen werden bei Edgertons neuen Metrisierungen11®: Edgerton hat teilweise die zu seinen Gunsten sprechenden Stellen nicht unbeträchtlich vermehrt, indem er rigvedische Verse anders als üblich metrisierte und damit neue Belege für silbische und unsilbische Messungen bekam. Diese neuen Metrisierungen verstoßen in großem Umfang gegen die metrischen Regeln des Rigveda (und zwar zum Teil gegen die einfachsten Grundregeln wie die Stellung der Zäsur). So führt Edgerton bei den Belegen für 'the converse o f Sievers’s law’ (Lg 19,89) R V 10,49,7a an: ahäm söryasya pari yäm y äsübhih. Dies ist ein vollkommen regelmäßiger 12-Silbler, wenn das zweite y in yämy silbisch gemessen wird. Edgerton will aber aär(i)yasya paryämi n® Ich benütze im folgenden — Arnold folgend — die Bezeichnungen Trimeter = 11-, 12-Silbler (u.ä.), Dimeter = 8-Silbler.

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Forschungeboricht

lesen, wodurch die Zäsur nach der sechsten Silbe zu stehen kom m t — eine ganz unmögliche Metrisierung, auch abgesehen von der doppelten Schwere nach der Zäsur. Oder zu 7,83,8: dâéarâjné pâriyattâya visvâtah, einem ebenso regelmäßigen 12-Silbler, meint Edgerton an derselben Stelle, 'the double error in writing -râjtle pâriyattâya must be corrected to -râjané pàryattâya'. Aus dieser 'Verbesserung’ entsteht ein Vers, dessen Eingangsrhythmus bei Arnold ( Vedic Metre S. 194) als 'somewhat rare’ bezeichnet wird, und für die neuentstandene Folge von 'Schwere v or der (späten) Zäsur + drei Schweren nach der Zäsur’ führt Arnold (S. 201) aus den ca. 24000 Trimeter-Versen des Rigveda ganze 23 Belege auf. Wenn aber aus einem metrisch völlig regelmäßigen Vers ein solcher metrischer Ausnahmefall gemacht werden soll, dann muß der Grund hierfür stärker sein als 'the converse o f Sievers’ s law’ — daran, daß umgekehrt solche Metrisierungen dieses Gesetz beweisen könnten, ist überhaupt nicht zu denken. Entsprechende Bedenken äußerte Albert Debrunner schon 1935117: E r zeigte am Beispiel von *diyäväprthvi, das Edgerton mehrfach seiner Regel zuliebe für dyäväpj-thivi einsetzen wollte, daß durch die neue Metrisierung die nach der seitherigen Lesung ganz regelmäßigen Verse metrisch sehr schlecht oder gar unmöglich würden. In seiner A ntw ort118 ersetzte Edgerton seine K onjektur durch eine neue: W o im überlieferten T ext das y von dydvä oder dydvah nach schwerer Silbe steht, sind diese sekundär für divä und divah eingedrungen. W as die Beanstandung seiner Metrisierung angeht, glaubt er, sie aus prinzipiellen Gründen zurückweisen zu können : Die Statistiken, auf die Debrunner sich stützte, seien nicht ausreichend, und Oldenbergs Prolegomena (S. 451) sei zu entnehmen, 'th a t tristubh lines with no caesura whatever are b y no means unknown in the R V ’ . Nun war m it Oldenbergs zusammenfassender D arstellung der Metrik des Rigveda die Forschung a u f diesem Gebiet noch keineswegs abgeschlossen, und in dem hier zur Debatte stehenden Punkt hat Arnold gezeigt11®, daß sich durch den Ansatz einer 'weak caesura’ nach der dritten Silbe (teilweise im Zusammenhang mit einer 'secondary caesura’ nach der achten) die Zahl der rigvedischen Trimeterverse ohne Zäsur auf drei vermindert. Damit ist Edgertons Argument der Boden entzogen, denn drei Fälle aus ca. 24000 bilden keine ausreichende Vergleichsgrundlage. Eine zweite methodische Frage betrifft folgendes: Allgemein werden als Stütze der Sieversschen Regel bei Anlautgruppen W örter angesehen, 117 Lg 11 (1935), 117-119. * " VedicMetre, S. 179-182, 188-192.

“ » Ebenda S. 120f.

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in deren Anlaut die Messungen y und (i)y, v und (u)v wechseln, je nachdem, ob ihnen eine schwere oder eine leichte Silbe vorangeht. Inwieweit dieses Argum ent berechtigt ist, wird unten noch zu erörtern sein. E dgerton zieht nun aber darüber hinaus auch W örter mit gleichbleibender Messung des Halbvokals heran, indem er darauf hin weist, daß an allen oder der Mehrzahl der Belegstellen v or diesen W örtern solche Lautfolgen stehen, die nach der Sieversschen Regel für die betreffende Messung des Halbvokals gefordert würden — z. B. steht s(i)yond-, das nur mit dieser Messung belegt ist, stets (13mal) nach schwerer Silbe oder am Versanfang. Hiergegen ist nun eine einfache Überlegung geltend zu machen : Fall 1 : W örter m it silbisch zu messendem Halbvokal in der Anlautgruppe haben definitionsgemäß eine leichte erste Silbe; stünden sie im Satz nach einer anderen leichten Silbe, so ergäbe sich eine Folge zweier leichter Silben, die in regelmäßigen rigvedischen Versen nur unmittelbar nach der Zäsur von Trimeter-Versen häufiger auftritt. Diese Stellung würde aber in unserem Fall voraussetzen, daß unmittelbar nach der Zäsur eine a u f Vokal auslautende einsilbige Partikel (ca, hi o .ä.) stünde, was ziemlich selten ist. Es ist also durch das Metrum ausreichend zu begründen, daß ein W ort m it silbisch zu messendem Halbvokal in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle nach einer schweren Silbe oder am Versanfang steht. Daß diese theoretische Überlegung richtig ist, hat neuerdings Andrew Sihler an praktischen Beispielen nachgewiesen120, indem er für beliebige W örter m it leichter erster Silbe zeigte, daß sie ganz entsprechend zu den W örtern m it regelmäßiger silbischer Messung eines Halbvokals die Stellung nach schwerer Silbe oder am Versanfang bevorzugen (kavi- 224: 19, sudùgha19 : 4, bfhaspâti- 117 : 3). Edgertons Argument beweist bei Wörtern mit regelmäßiger silbischer Messung des Halbvokals im Anlaut also nichts. Nehmen wir nun den Fall 2, W örter mit unsilbisch zu messendem H albvokal in der Anlautgruppe. Bei diesen wird notwendigerweise die dem Halbvokal im Satz vorangehende Silbe durch Position schwer ; es ist deshalb für das Metrum gleichgültig, welche Quantität sie von Natur aus hat. Das heißt weiter, daß ein durchgehendes Auftreten solcher W örter nach K urzvokal tatsächlich Beweiskraft hätte, eine hinreichend große Zahl von Belegen vorausgesetzt. Bei dieser Gruppe muß Edgerton aber in der Regel mit Ausgleich und Ersatz durch andere Formen rechnen {Lg 10,256 und 268, Lg 19,122 u .ö .); w o er Zahlen angibt, sind sie kaum beweisend: So führt er Lg 19,98 für vratà- an: 91mal die Stellung nach Kürze, 19mal nach Konsonant oder Länge, 23mal am Versanfang — ein 120 Sievers-Edgerton Phenomena and Rigvedic Meter, Lg 45 (1969), 248-273. Teilweise ähnliche Gedankengänge schon in dessen Dissertation Proto-Indo-European poet-consonantal résonants in word-initial sequences, Yale Dise. 1967.

Forechungeboricht

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Verhältnis 9 1 : 42 (ungünstiger als 2 : 1 ) reicht aber für einen Beweis nicht aus, es kann ohne weiteres auf Zufall beruhen. Schließlich der dritte methodische Punkt : Edgertons Behandlung der seinen Ansätzen widersprechenden Fälle. Hier muß leider gesagt werden, daß er häufig die schwächsten Beispiele zur Widerlegung heraussucht« und die gewichtigen nicht erwähnte, obwohl er sie mit Sicherheit kannte. Dies wurde oben (S. 44) für die Nicht-Beachtung der Gerundive angeführt, ebenda für die Besprechung des seltenen Typs tanóh statt des häufigen und gewichtigen von vfJäh, und schließlich (S. 46 f.) für die B esprechung des Verhaltens der K om posita zu dem 'converse o f Sievers’s law’ , w o Edgerton ausführlich die Kom posita m it su- behandelt (bei denen die Vereinfachung von dem wechselnden Satzzusammenhang abhängen würde) und nur sehr oberflächlich die Zweisilbler mit leichter erster Silbe (bei denen die Bedingungen stets gleich sind). A u f eine solche Materialbehandlung kann eine zuverlässige grammatische Beschreibung nicht aufbauen. Nachdem schon eingangs darauf hingewiesen wurde, daß Edgertons Aufsätze nichts wesentlich Neues zur Diskussion über die Sieverssche Regel beigetragen haben, muß abschließend gesagt werden, daß auch die Art seiner Behandlung des Problem s keinen Fortschritt der Forschung darstellte. 5.

Fredrik Otto Lindeman (1965)

Als Auszug aus seiner Dissertation veröffentlichte Fredrik Otto Lindeman 1965 den Aufsatz 'L a loi de Sievers et le début du m ot en indoeuropéen’ iai. Lindeman stützt sich voll und ganz a u f die neuere Ablauttheorie von Kurylowicz, hat aber die unklare Stellung bemerkt, die die Sieverssche Regel bei dieser einnimmt (s. o. S. 41 f.). E r will diese Unklarheit beseitigen, w obei er sich a u f die Untersuchung der Anlautgruppen beschränkt. Lindeman stellt zunächst diejenigen rigvedischen W örter zusammen, in deren Anlaut ein stets unsilbisch zu messender Halblaut enthalten ist (S. 59— 62), in denen also kein Wechsel nach der Sieversechen Regel auftritt (auch nicht wenn die betreffenden W örter in allen für einen W echsel relevanten Umgebungen belegt sind). Er sucht dann nach deren gemeinsamen Besonderheiten und stellt zunächst fest, daß sie aus zwei oder mehr Silben bestehen. Um die Relevanz dieser Feststellung zu testen, untersucht er, wie sich Wörter, die den Wechsel zeigen (und die einsilbig sind), verhalten, wenn sie zweisilbig werden: a) E r vergleicht das Verhalten von Simplex und Kom position (S.69— 73); z.B . stellt er fest, daß der Halbvokal in ved. svd- wechselt, in N T S 20 (1965), 38-108.

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8và-k$atra- aber nicht, obwohl dieses viermal am Versanfang steht. Das Gesamtergebnis ist nicht eindeutig. Lindeman wertet es als positiv, da die K om posita wenigstens überwiegend unsilbische Messung des H alblauts verlangen ; er muß aber in ziemlich großem U m fang mit Ausgleichserscheinungen rechnen (S. 73). b) E r vergleicht einsilbige und mehrsilbige Kasusformen derselben W örter (S. 74f.), z.B . dyduh, in dem der Halblaut wechselt, mit dyübhih, in dem er nicht wechselt, obw ohl dieses elfmal in Positionen steht, die für silbische Messung günstig wären. Das Ergebnis ist ebenfalls nicht ganz eindeutig. Lindeman wertet es als positiv, rechnet aber mit Ausnahmen (S. 75). D arauf untersucht er die W örter, in deren Anlautgruppe ein Halblaut silbisch zu messen ist. E r kom m t zu dem Ergebnis, daß diejenigen Wörter, in denen silbische und unsilbische Messung wechseln, keinen Laryngal enthalten haben (S. 75f.), und daß bei denjenigen, in denen vorvokalisches $ (d. h. ein Laryngal) geschwunden ist (z.B . ai. puru- < idg. *pl$-u-) in allen Stellungen silbische Messung des Halblauts verlangen (S. 7 8 f.)1M. Diese letzte Feststellung widerspricht der Auffassung von Kurylowicz, der auch für diese Fälle Wechsel nach der Sieversschen Regel angenommen hatte, weshalb Lindeman die Berechtigung dieses Ansatzes noch besonders untersucht (S. 96 f.). Belege für die unsilbische Messung eines Halblauts, hinter dem ein 2 geschwunden ist, sind aber sehr spärlich: Lindeman führt zwei Fälle von bhiyds- auf und verweist a u f einige Metrisierungen bei Edgerton. E r kom m t zu dem Schluß: Il ne fait pas de doute que le védique n ’ait utilisé régulièrement une sonante vocalique dans des formes com portant la chute d’un H . . . Cependant, les exemples ci-dessus nous montrent que la loi de Sievers, au moins pendant quelque temps, a continué à régler les groupes com portant la chute d ’un H . Mais la loi de Sievers a cessé d ’agir comme une loi phonétique pas très longtemps après la chute de H. (S. 97; H — 9). E r rechnet also dam it — gewissermaßen als Zugeständnis an K urylow icz — , daß sich die Sieverssche Regel a u f die neuen Folgen von silbischem Halblaut + Voll-Sonant noch etwas, aber nicht mehr regelmäßig ausgewirkt hat. Das ist wegen der außerordentlich geringen Zahl der Belege für diese Auswirkung sehr unwahrscheinlich — , darüber hinaus hat Lindem an wohl übersehen, daß einer der beiden Belege von 1 2 122 Er verweist dabei S. 94 auf eine ähnliche Stellungnahme von Eric Hamp in Evidence for Laryngeals, ed. Werner Winter, Austin I960, S. 215f.

Forschungebericht einsilbig zu lesendem bhiyàs- am Versanfang steht (9,19,6), einer Stellung, in der die einsilbige Form durch die Sieverssche Regel gar nicht begünstigt wird. Lindemans Ergebnis ist (S. 103f.): 1. In der Epoche vor dem Schwund des intersonantischen » war die Realisierung der Halblaute unsilbisch vor Sonanten und silbisch vor Konsonanten. Bei 'K onsonant + Halblaut’ im Anlaut einsilbiger W örter wurde der Halblaut aber auch dann silbisch realisiert, wenn eine (durch Sandhi) schwere Silbe oder der Satzanfang vorausging (Sieverssche Regel). Die Verteilung war demnach vollkommen durch die Lautumgebung geregelt; zwischen silbischer und unsilbischer Realisierung der Halblaute bestand keine phonologische Opposition. 2. Durch den Schwund des intersonantischen a entstand aus der Folge T fy o - die Folge TRo-, bei der die silbische Realisierung des Halblauts nicht an die Schwere der vorausgehenden Silbe gebunden war. Dadurch entstand bei Mehrsilblem und bei Einsilblern nach leichter Silbe eine Opposition zwischen silbischer und unsilbischer Realisierung der H alblaute in der Stellung zwischen Konsonant und Sonant. Die Sieverssche Regel hat a u f die neuen Gruppen noch etwas eingewirkt (nun aber in umgekehrter Richtung!), ist dann aber erloschen. Lindeman hat gezeigt, daß bei dem späteren Ansatz von Kurylow icz die R olle der Sieversschen Regel unbefriedigend definiert ist. Er suchte eine Verbesserung dieses Ansatzes in zwei Punkten: 1. Er beschränkte die Abhängigkeit von der Schwere der vorausgehenden Silbe a u f die etym ologisch vorauszusetzende Folge 'H alblaut + Sonant’ (d.h. v or allem a u f anit-Wurzeln) ; bei etymologisch vorauszusetzendem 'H alblaut + a + Sonant’ (also vor allem bei $e -ya- usw.), der im klassischen Sanskrit und damit auch in der überlieferten Textform des R igveda die Regel ist, b estand nach Ausweis des Metrums im ursprünglichen T ext des R igveda bei -i/-Ä so gut wie gar nicht, bei auslautendem -ij-u nur in beschränktem Maße. Genauer untersucht sind nur die Verhältnisse beim Satz-Sandhi, auf die sich deshalb die folgenden Ausführungen im wesentlichen beziehen. F ür den Kompositions-Sandhi verweise ich auf den Hauptteil dieser Arbeit (IB ). Theodor Benfey, der als erster eine Abgrenzung versuchte, führte 1881 aus, daß die Entwicklung von -t/-M zu -y/-v in einem etwas größeren Umfang fast nur bei zweisilbigen Präfixen eintrete, 'wenn sie dem dazu gehörigen Verbalelement unmittelbar vorhergehen’ 12e. A. Hjalmar Edgren, der 1885 die Frage als nächster behandelte, brachte die Beobachtung bei, 125 Diese Annahme ist im übrigen gar nicht nötig, da -ch- Position bilden kann (Arnold, S. 141 f.). 122 Theodor B enfey: Behandlung des auslautenden a in ηά 'wie’ und ηά 'nicht’ im Rigveda, Abhandlungen Oöttingen 27 (1881), S. 1.

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daß besonders die Kom posita m it Präpositionen im ersten Glied den Sandhi aufweisen127. Es folgte Hermann Oldenberg, der 1888 zu Benfeys Darlegungen hinzufügte, daß abgesehen von Verbalgruppen der Wandel des i, u zu y , v in zweisilbigen Präpositionen auch dann eintrete, wenn sie 'als in hinlänglicher Nähe zum folgenden W orte stehend empfunden wurden’ ; ferner, daß der Sandhi im zehnten Buch wesentlich zunehme und hier auch andere W örter als Präpositionen erfasse; und sclließlich, daß beim Sandhi der Präpositionen deren Akzent keine Rolle spiele (abhi wie prâti, p éri, ânu) 128. Die erste umfassendere Untersuchung wurde dann 1893 von Eduard Sievers durchgeführt, der das Verhalten aller einschlägigen Fälle in den ersten sechs Büchern des Rigveda untersuchte und beschrieb1291 . Sievers 0 3 bezeichnete als die den Sandhi begünstigende Zusammenstellung 'Präfix + Verbum finitum’ und stellte fest, daß das Verhalten des oxytonierten abhi weniger regelmäßig sei, als das der übrigen Präfixe 13°. Er untersuchte dann zunächst das Verhalten der einschlägigen Gruppen in der Stellung zwischen Zäsur und Versende v on Trimeter-Versen. Dabei stellte er als Hauptregel fest, daß der Auslaut der Präpositionen silbisch bleibt, wenn die folgende Silbe schwer ist, daß er dagegen unsilbisch wird, wenn eine K ürze (oder n och spezieller - .) darauf folgt, z.B . ânu eti aber praty ähan (' Quantitätsgesetz’ ) ; die dabei vorkommenden Stellungen hat er im einzelnen beschrieben und belegt. D en Grund für die von ihm herausgearbeitete Verteilung nennt Sievers ein 'metrisch-rhythmisches Prinzip’ , w obei allerdings nicht ganz klar wird, was er sich darunter vorstellt. Nach seinen Ausführungen (S. 205) zu schließen, ist er wohl davon ausgegangen, daß in den betreffenden Gruppen zunächst unabhängig vom Metrum die a u f das i, u folgende Silbe über den Sandhi entschied. D adurch ergaben sich bestimmte rhythmische Gruppen (--------- im Falle des Hiat, - « . . . im Falle des Sandhi), denen aus Gründen der W ortstellungs- oder Stilgesetze die Stellung unmittelbar nach der Zäsur oder unmittelbar v o r dem Versende zukam. W elche dieser beiden Stellungen gewählt wurde, hing von der rhythmischen Struktur der Gruppe ab: v - . . . . wurde unmittelbar nach der Zäsur eingefügt, _ - . . . am Versende. Nach dieser — wegen der Wortstellung — zunächst nur für Verbalgruppen geltenden Regelung konnten sich dann später auch andere Gruppen analogisch ausrichten. 127 S .o. Anm. 52, dort S. 70. 128 Prolegomena, S. 348f. Anm. 4. 129 Eduard Sievers : Z um vedischen Sandhi, Festgruß an Rudolf von Roth, Stuttgart 1893, S. 203-207. 130 Die Sonderstellung von abhi besteht nach Sievers (S. 204) besonders darin, daß von den 5 Belegen mit Hiat nach früher Zäsur 4 auf abhi entfallen.

Forschungebericht Die zweite Stellung, die Sievers untersuchte, war die am Eingang (vor der Zäsur) von Trimeter-Versen. Hier stellte er fest, daß notgedrungen v or viersilbigen Wortform en Sandhi eintritt (da sonst keine korrekte Zäsur zustande kom m t) ; das gleiche gilt nach ihm auch bei dreisilbigen Wortformen. Eine auffallende Spaltung findet sich aber vor zweisilbigen W ortform en (bei denen an den von Sievers untersuchten Stellen die erste Silbe stets schwer ist): Ist dieses zweisilbige W ort voll betont, bleibt i und u silbisch; ist es dagegen ein Enklitikum, so tritt der Sandhi ein. Sievers will nun den Grund hierfür nicht in einer engen Akzentverbindung von Präfix und Enklitikum suchen (weil solche Gruppen in der Stellung nach der Zäsur ohne weiteres mit Hiat auftreten), sondern im Satzakzent131: Die beiden Hälften des Trimeterverses brauchen nach ihm mindestens je ein sinnvolles, starkes W ort, als das aber weder das Präfix noch das Enklitikum gelten kann. Es muß deshalb noch ein drittes W ort in die Vershälfte aufgenommen werden, und das hat nur Platz, wenn die Präposition gekürzt, d.h. dem Sandhi unterworfen wird. Abschließend untersucht Sievers noch die Verhältnisse in Dimeter-Versen, hat aber zu wenige Beispiele für genauere Aussagen. Im ganzen sind nach seiner Meinung die für die längeren Versarten gewonnenen Regeln (das gilt im wesentlichen für das 'Quantitätsgesetz’ ) auch hier stichhaltig. Die nächste Behandlung der Frage stammt von Arnold: VedicMetre (1905), S. 76, der als Voraussetzung für den Sandhi nicht bestimmte syntaktische Gruppen ansah, sondern den 'phonetic type’ (leichte Zweisilbler an erster Stelle). Seine Behandlung ist vor allem deshalb wichtig, weil er sämtliche Fälle dieses Sandhi (auch des Kompositions-Sandhi) im Rigveda aufzählt; allerdings befaßt er sich nicht mit den Gegenbeispielen, die gerade für eine Bestimmung der Bedingungen des Auftretens wichtig wären. — Hermann Oldenberg, der schon in den Noten zu 5,41,19 (1909) Sievers’ Annahme eines generellen Sandhi v or dreisilbigen Formen am Eingang von Trimeter-Versen widersprochen ha tte133, hat dann 1915 die Frage dieses Sandhi wieder aufgenommen in dem Exkurs 'Zu r Behandlung des auslautenden -i und -u im Rgveda’ 13S. Oldenberg berücksichtigt alle 10 Bücher, erhebt aber keinen Anspruch a u f eine vollständige Auf181 Es ist mir allerdings nicht klar, was die von Sievers gegebene Erklärung (s. Text) mit dem Satzakzent zu tun haben soll. 188 Seine Gegenbeispiele sind abhiürnvânà 5 , 41 , 1 9 ; abhi ânaéma 10 , 31 , 3 ; abhi ärqeyäm 9 , 97 , 5 1 ; ànu ôçadhîh 10 , 89,13 und zwei aus anderen Texten. Ist es aber ein Zufall, daß auch bei diesem Hiat drei der vier Beispiele von abhi gestellt werden und das letzte in dem (späten) 10 . Buch steht? Vgl. Anm. 130 . 183 Nachrichten Oöttingen, phil.-hist. 1915 (Berlin 1910 ), 529 - 543 .

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Stellung der Belege m . Er zeigt, daß sich die von Sievers herausgestellten Typen an den Stellen einheitlich verhalten, an denen das Metrum keine andere Möglichkeit läßt (vor allem nach der Zäsur) ; daß sie aber überall da uneinheitlich sind, w o das Metrum weder Sandhi noch Hiat begünstigt (vor allem am Verseingang). E r hält deshalb die Verteilung für ausschließlich metrisch bedingt (S. 539f.) und betrachtet die ganze Erscheinung unter dem Gesichtspunkt der 'engeren und loseren Wortverbindung’ (S. 540), w obei er darauf verweist, daß gerade Präposition + Enklitikum, Präfix + Verb und Präposition -f- abhängiges W ort häufig den Sandhi zeigen ; erst an späten Stellen des Rigveda dringt dieser auch in andere Verbindungen ein. Das Eintreten des Sandhi ist aber auch in den genannten Gruppen fakultativ (was die sprachliche Seite anbelangt), es wird weitgehend vom Metrum geregelt. Ein zweiter wichtiger Faktor ist nach Oldenberg die Chronologie: E r weist darauf hin, daß der Sandhi in den von Arnold m it * bezeichneten Partien ('popular Rigveda’ ) in starkem Maße zunimmt (S. 541 f.). Nach Oldenbergs Ansicht hat hierbei der starke Rückgang der Tmesis in den späten Teilen des Rigveda eine Rolle gespielt138, besonders aber eine Änderung in der 'E nge der Verknüpfung der im Satz zusammentreffenden W orte’ , nicht nur in der Sprache, sondern auch in der Neigung der Dichter. — Jerzy K urylow icz hat dann 1926 in seiner historischen D eutung der von Arnold beschriebenen Sandhiverhältnisse des R igv ed a 139 den hier behandelten Sandhi m it der Sieversschen Regel in Verbindung gebracht (ohne diese namentlich zu nennen). Fassen wir nun als Forschungsstand zusammen137: 1. Der Sandhi von -ij-l und w-/-w vor unähnlichen Sonanten tritt im Rigveda nur in bestimmten syntaktischen Gruppen auf, überwiegend in solchen, an denen Präpositionen (Präfixe) beteiligt sind. Neben diese funktionelle Beschränkung tritt eine formale: 2. Der Sandhi tritt nur ein bei Vordergliedern m it a) auslautender Kürze {-ij-u, nicht -ij-ü) und zugleich b) leichter erster Silbe, c) Einsilbler 184 Vgl. z.B . S. 5363 und 5374. Oldenberg stützt sich au f Arnolds Zusammenstellung der Fälle m it Sandhi und au f Bloomfields Vedic Concordance für die Belege am Vorseingang. 135 Hier verweist Oldenberg auf seine Ausführungen Z D M G 61,808. Vgl. für die weitere Entwicklung Whitney und Haskell, Proceedings JAOS 11 (1885), X X X V H - X X X I X , wonach dieser Sandhi sich von 7,3% der Fälle im untersuchten Teil des Rigveda auf 18,7% im Atharvaveda erhöht. 133 S .o. Anm. 75. D ort S. 201-204. 13? Vgj_ auch Wackemagel I, 306f. und 321-323. In der Abhandlung von Karl Brugmann: Zur Geschichte der hiatischen (zweisilbigen) VokalVerbindungen in den indogermanischen Sprachen, Berichte Güttingen, phil.-hist. 65 (1913); 141-218 sind die Hiate zwischen i/ u und e/o/a ausdrücklich ausgeschlossen (S. 146 f.).

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Forschungsbericht

im Vorderglied sind von ihm ausgeschlossen. Es ist bei a und b leider nicht mit Sicherheit zu beweisen, daß es sich um eine rein formale B eschränkung handelt (dies wäre besonders bei b für unsere Fragestellung wichtig) ; der Grund kann vielmehr auch sein, daß die Präpositionen, die bei den unter 1 . erwähnten syntaktischen Gruppen besonders häufig sind, kurzes -ij-u nur nach leichter Silbe haben. 3. Das Eintreten des Sandhi in diesem Rahmen ist von der Grammatik her fakultativ ; es wird im Rigveda vom Metrum geregelt (Bestimmungen wie 'v or leichter Silbe tritt stets der Sandhi ein’ sind ohne weiteres als metrisch bedingt erklärbar, da das Metrum eine Folge dreier Kürzen nach Möglichkeit meidet). 4. Schon im 10. Buch des R igveda beginnt der Sandhi sich über die in den Punkten 1 und 2 beschriebenen Grenzen hinwegzusetzen. Diese Entwicklung wird in nachrigvedischen Texten im m er deutlicher bemerkbar.

E Die 'Sieverssche Regel' außerhalb des Vedischen Im folgenden Abschnitt soll zusammengestellt und diskutiert werden, welche Erscheinungen der indogermanischen Einzelsprachen außerhalb des Vedischen mit der Sieversschen Regel in Verbindung gebracht werden können. Da es sich hier um einen Forschungsbericht handelt und in der Forschungsgeschichte unter 'Sievers’ Gesetz’ oder 'Sievers’ Regel’ verschiedenes verstanden wurde, beziehe ich mich hier mit dem Ausdruck 'Sieverssche Regel’ auf beliebige Anzeichen einer Abhängigkeit der H albvokalrealisierungen von der Schwere des vorausgehenden Wortteils. Diese Abhängigkeit ist allerdings Voraussetzung; es soll nicht darum gehen, in welchen Sprachen Reflexe eines Gegensatzes C Y A : CI Y A festgestellt werden können, ohne daß die Verteilung a uf eine solche Weise geregelt ist.

1.

D ie altgermanischen Sprachen

a)

Gotisch

Die wichtigsten Stützen für die Sieverssche Regel außerhalb des Vedischen sind einige Formen der gotischen nominalen und verbalen jaStämme, bei denen ji ( = unsilbisches i + i) und ei (gesprochen p ] = silbisches i i) in Abhängigkeit von der Schwere des vorausgehenden Wortteils wechseln. Die Regeln für die Verteilung der beiden Formen

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wurden bereits oben S. 23 mit Anm . 35 aufgeführt; ich beschreibe die beiden Stellungen 1 3 8 * als die Stellung a) nach schwerer S ilbe 1 3 8 und nach Nebensilben; b ) nach leichter Tonsilbe und nach wechselnden Auslautgruppen. K om posita verhalten sich wie ihre Grundwörter. Die kritischen Formen sind (jeweils m it belegten Beispielen) : aa) Die 2. Sg. Präs. Ind. der /«»-V erb e n : nach schwerer Silbe rodeis, nach Nebensilbe weitwodeis — nach leichter Tonsilbe lagjis, nach wechselnden Auslautgruppen taujis, stojis. b b ) Die 3. Sg. Präs. Ind. und die (gleichlautende) 2. PI. Präs. Ind. und Im pv. der jan-Verben: nach schwerer Silbe sokeip, nach Nebensilben loeitivodeiß, riqizeip — nach leichter Tonsilbe lagjip, nach wechselnden Auslautgruppen taujip, stojip. cc) NSg und (gleichlautend) GSg der maskulinen /«-S täm m e140: NSg nach schwerer Silbe andeis, nach Nebensilben ragineis, siponeis — nach leichter Silbe harjis, nach wechselnden Auslautgruppen niujis (adj.), fullatojis (adj); GSg nach schwerer Silbe hairdeis, nach Nebensilben siponeis — nach leichter Silbe harjis, nach wechselnden Auslautgruppen niujis (adj). dd) Theoretisch wäre bei den neutralen /«-Stäm m en im GSg das gleiche Verhalten zu erwarten ; in W irklichkeit steht hier aber meist auch nach schwerer Silbe und Nebensilben -jis (bei schwersilbigen Adjektiven keine Belege). Offenbar hat das Fehlen eines entsprechenden Wechsels bei der NSg-Form (ntr. -i ) der Vereinheitlichung Vorschub geleistet. Wie die Maskulina, also 'korrekt* verhalten sich nach schwerer Silbe andbahteis (neben -jis), trausteis, faura-mapleis, gawairpeis (neben -jis) und nach Nebensilbe waldufneis (neben -jis) — nach leichter Silbe frapjis, kunjis, un-witjis, aijis (adj), harjis (adj); ausgeglichen sind nach schwerer Silbe andbdhtjie (neben -eis), arbjis, at-apnjis, f aura-filljis, faura-gaggjis, kunPjis, 138 Koine besondere Stellung liegt vor in Fällen wie freie — selbst wenn dieses als /«-Stam m aufgefaßt wird (was ganz unbefriedigend ist) — , da ein damit kon trastierendes φΟγίβ (o.ä.) nicht belegbar ist und auf Grund der gotischen W ortStruktur auch nicht postuliert werden kann. 1ϊβ Ohne die Ausnahme 'außer nach wechselnden Auslautgruppen’ eigens zu erwähnen. 140 Für den GSg der schwersilbigen Adjektive gibt es keinen sicheren Beleg. R 11,24 steht pis ivilpeis alewabagmis, wobei syntaktisch eine schwache Form zu erwarten wäre. Außerdem ist die Lesung umstritten: Braun bei Streitberg liest wüpeie, Uppström toüpjis. Man kann mm entweder annohmen, daß ein Nasalstrich vergessen wurde oder nicht mehr zu sehen ist (wobei die Lesung Uppströms zu bevorzugen wäre), oder daß hier fälschlich eine starke Form steht (nach Braun). 5 Seebold, Das System der Idg. Halbvokale

Forschungebericht reikjis, gawairpjis (neben -eis), nach Nebensilbe aiiviskjis, awepjis, fairgunjis, uoitvbnjis und waldufnjis (neben -eis). Bei den durch -n- determinierten /«-Stäm m en (schwache Flexion der /a-Adjektiva, substantivische /an-Stäm m e)ist ein entsprechender Wechsel nicht festzustellen; belegt sind auch nach schwerer Silbe nur Genetive auf -jin s 1 4 1 und Dative a uf -jin. Allerdings beansprucht man gelegentlich E 6 ,16B unseleins του πονηρού als Beleg für die 'korrekte’ Entwicklung der Genetiv-Form des Adjektivs, obwohl in der Parallel-Überlieferung (A ) unseljins steht1 142. Mit guten Argumenten und sicher richtig hat da1 4 gegen Wilhelm Schulze 1 4 3 die Form als Schreiberversehen erklärt (bei dem mitgeholfen haben mag, daß unseleins als GSg von unselei πονηρία eine korrekte gotische Form wäre). Umgekehrt tritt auch ei in Nebensilben auf, ohne nach der Schwere der vorausgehenden Silbe zu wechseln: Im NP1 der i-Stämme erscheint stets -eis, w obei die Leiehtsilbigen allerdings nur durch naweis vertreten sind, und bei der 2. Sg. Im pv. der jan-Yerben erscheint in beiden Gruppen -ei144. ee) Ein m öglicher Beleg für die Sieverssche Regel bei Nasalen wird von H irt beigebracht 14 5 : Es heißt got. wund-ufni 'W u n de’ , wald-ufni 'G ew alt’ , fraist-ubni 'V ersuchung’ , fast-ubni 'Fasten’ , aber laühmuni 'B litz’ , glitmunjan 'glänzen’ . Die einzige Ausnahme ist untvhni 'K enntnis’ . Hiernach wäre in der Grundsprache nach schwerer Silbe das m des Suffixes silbisch realisiert worden (ψ η > gm. umn > gt. ubn/ufn), nach leichter Silbe dagegen unsilbisch (w orauf das folgende n silbisch werden m ußte : mfi > gt. mun). Die Interpretation Hirts ist m öglich; doch ist zu beachten, daß die Ablautstufe v on lauhmuni nicht sicher ist (Iduhmuni ist ebenfalls möglich), und daß bei glitmunjan das Verbalsuffix bei der Realisierung der Nasale eine R olle gespielt haben kann. Die Belege für die Leiehtsilbigen sind somit sehr schwach, weshalb die 'einzige Ausnahme’ schwer wiegt. Zum Nachweis der Sieversschen Regel ist dieser Fall bei strengen Anforderungen nicht geeignet. Was nun zunächst die Verbalformen anbelangt, so liegen ihnen lautlich verschiedene voreinzelsprachliche Stammbildungs-Kategorien zugrunde. 141 Zu dem unsicheren wüßjins s. die vorhergehende Anm. 142 So z. B. noch bei Wolfgang Krause : Handbuch des Gotischen, 3. Aufl. München 1968, § 163 Anm. 148 ZvS 42 (1909), 92f. (besonders 934). 144 Der Vokativ der /«-Stämme, der mindestens in der grundsprachlichen Endung -e gleichlautend war, erscheint leicht- und schwersilbig als -i. 145 Indogermanische Grammatik I I (1921), S. 198. Vgl. Osthoff: Perfect S. 462f.

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Es sind zumindest unterscheidbar (in der e-Stufe des Thema-Vokals, die hier ausschlaggebend ist) : Primärverben auf -je-, Kausative (und Iterative) auf -éje- und Denominative auf -jé-, von denen besonders die Untergruppen -e-jé- und -i-ié- (Stammvokal des Grundworts + Suffix) für das Germanische wichtig sind. Unsicher ist, ob darüber hinaus noch Verbalstämme a uf -Ï- m it nur teilweise thematischer Flexion und bei den thematisch flektierenden auch Schwundstufen des Themavokals (-Î-/-Î- -f- E n dung) vorkam en: Solche Formen werden teilweise a u f Grund der Verhältnisse in den baltischen und slavischen Sprachen angesetzt — im Falle der Schwundstufe des Themavokals auch mit Rücksicht auf die lateinische Flexion von capere usw. im Vergleich mit bestimmten althochdeutschen Form en ·— , wobei aber für die übrigen Sprachen sehr weitreichende Analogie-Erscheinungen angenommen werden müssen. Wie sich zeigen wird, ist es für unsere Fragestellung nicht nötig, die Berechtigung dieser Ansätze genauer zu prüfen148. ·— Für den Wechsel jijei in der gotischen Flexion werden nun m it Rücksicht a u f diese Herkunftsmöglichkeiten folgenden Erklärungen gegeben: 1. Bei den Primärverben und den Denominativen m it C + -jé- wechselte nach der Sieversschen Regel in der Grundsprache je nach leichter m it ije nach schwerer Silbe. D as erste ergab gm. und gt. ji, das zweite zunächst gm. iji] bei den Kausativen und den übrigen Denominativen ergab sich in allen Fällen gm. iji. D arauf schwand in der germanischen Gruppe iji das j, und bei dem sich daraus ergebenden Zusammenstoß von i + i hätte das erste i (wie v or anderen Sonanten) unsilbisch realisiert werden müssen (ji). Die Sieverssche Regel ließ diese Normalentwicklung aber nur nach leichter Tonsilbe und nach wechselnden Auslautgruppen zu (also jetzt unter etwas anderen Bedingungen als bei dem ursprünglichen Wechsel), nach schwerer Silbe und nach Nebensilbe erforderte sie eine silbische Realisierung des ersten i, w orauf i + i zu i kontrahiert wurde. Etwaige alte Denominative m it leichter Nebensilbe v or -jé- hätten den veränderten Bedingungen der Regelung nachträglich angepaßt werden müssen. Falls es in der Grundsprache Bildungen m it -i- gegeben haben 148 Für die Darstellung und Begründung dieser Ansätze verweise ich besonders au f W . Streitberg: Die Abstufung der Nominalsuffixe -io- und -ien- im Germanischen und ihr Verhältnis zu der des Indogerm., Btr 14 (1888), 165-231; ders. : Urgermanische Grammatik, Heidelberg 1896 ( = *1963), S. 299-313; Karl Brugmann: Grundriß *11, 3 (1916), S. 178-269; ders.: Kurze vergleichende Grammatik (1902), S. 523-537; Hermann H irt: Indogermanische Grammatik IV (Heidelberg 1928), S. 208-232; ders.: Handbuch des Urgermanischen I I (Heidolberg 1932), S. 177f. ; Sravitelbnuja grammatika germanskich jazykov IV , Moskau 1966, S. 273-276. D ie einzelnen Ansätze weichen zum Teil beträchtlich voneinander ab.

Forachungsboricht sollte, hätte deren Entwicklung zu gt. ei geführt; in der Stellung nach leichter Tonsilbe oder nach wechselnden Auslautgruppen müßte analogisch angeglichen worden sein. — Ich habe hier die Gedankenführung dieser Erklärung genau expliziert — was von ihren Vertretern 1 1 7 selbst nie getan wurde — , wodurch sich die kritischen Einwände von selbst ergeben: Es wird hier offensichtlich mit einer zweifachen Ausrichtung von Halbvokal-Varianten nach der Schwere der vorausgehenden Silbe gerechnet: Einm al in der Grundsprache — wobei schwer- und leichtsilbig im Sinne der vedischen Metrik die Bedingungen der Verteilung sind — , und dann, nach dem Eintreten typisch germanischer Lautgesetze (e > i, Schwund von j), in später, einzelsprachlicher Zeit — unter den gotischen Bedingungen der Verteilung, die von den vedischen ( = grundsprachlichen?) nicht unbeträchtlich ab weichen. Man muß also entweder eine lang anhaltende Wirkung einer solchen 'Sieversschen Regel’ m it nachträglicher Modifizierung ihrer Bedingungen annehmen, oder die grundsprachliche Verteilung der Halbvokal-Realisierungen von der einzelsprachlich germanischen abtrennen. T ut man dieses, so muß man konsequenterweise weiter fragen, wodurch die grundsprachliche ‘ Sieverssche Regel’ überhaupt gestützt ist. Man kom m t hierbei zu dem Schluß : durch das Gotische nicht, denn wenn aus spät entstandenen Folgen i + i nach den gotischen Bedingungen j i und ei entwickelt wurden, dann ist die Annahme nicht zu widerlegen, daß auch altererbtes (idg. -ie > ) gm . ji nach schwerer Silbe und nach Nebensilben erst in einzelsprachlicher Zeit zu (gt.) ei geworden ist. Diese Annahme würde sogar zu einem beträchtlich einfacheren Bild der Lautentwicklung führen. W ir hätten dann eine Variation im Vedischen (und vielleicht im Altiranischen) und eine ähnliche, aber nicht gleiche, im Gotischen — von einer grundsprachlichen Regelung könnte dann keine Rede mehr sein. — In dieser Weise argumentierte Friedrich Kluge gegen die Sieverssche Regel. E r glaubte, für den gotischen Wechsel ji/ei m it dem Ansatz einer gotischen Entwicklung ji > ei 147 Im wesentlichen Brugmann: Grundriß *1, 1 (1897), 252f. (wobei die dort angenommene Sonderstellung des i in der vorletzten Silbe nicht zu rechtfertigen ist, s.u. zum Imperativ und Vokativ). Ferner kommentarlos Hans K rähe: Historische Laut- und Formenlehre des Gotischen, 1. Aufl. Heidelberg 1948, S. 61 ; später ähnlich, aber inkonsequent in Germanische Sprachivissenschaft Π , § 6 und § 85 (letzte von Krähe selbst herausgogebene Auflage: 5. 1965): Krähe nimmt hier an, daß im Germanischen nach schwerer Silbe vor j ein Übergangslaut eingeschoben wurde — die historische Erklärung wird dadurch aber nicht einfacher. Keinen Vorteil bringt auch die Erklärung von Winfred P. Lehmann, Lg 31 (1955), 358, der für die Leichtsilbigen 'the converse o f Sievers’s law’ verantwortlich macht (dagegen James W . Marchand: The 'converse o f Sievers’s law’ and the Germanic First-Class Weak Verbs, Lg 32 (1956), 285-287); Lg 37 (1961), 71-73. Vgl. jetzt Werner H . W ill: The Resonant System in Proto-Germanic JEGPh 69 (1970), 211-222 ('disruption o f the Sievers-Edgerton pattern’ ).

Die Diskussion über die Sieverssche Regel nach schwerer Silbe und Nebensilbe auszukommen148; berücksichtigte dabei allerdings nicht, daß ähnliche Erscheinungen auch im Altnordischen auffcreten (s.u. b)). 2. Eine zweite Erklärung rechnet m it einem grundsprachlichen Wechsel von -je- und -ne- lediglich bei den Primärverben und den Denominativen zu Konsonant-Stämmen. Die leichtsilbige Form ergab gt. ji, die schwer silbige zunächst iji und nach dem Schwund des j das belegte gt. et. Die Formen der übrigen Kategorien mußten in gm. iji zusammenfallen; daraus schwand das j, und die Folge i -J- t wurde auch hier zu gt. et — allerdings wirkte nach leichter Tonsilbe und nach wechselnden Auslautgruppen die Analogie der Primärverben und der Denom inative zu K o n sonant-Stämmen, so daß in diesen Fällen ji entstand149. Dieser Erklärung liegt eine sehr schematische, aber früher weit verbreitete Auffassung von der Sieversschen Regel zugrunde, wonach diese nur in grundsprachlicher Zeit (und allenfalls in einer so 'frühen’ Sprache wie dem Vedischen) wirkte und die Varianten in den Einzelsprachen (besonders den 'späten’ , wie dem Gotischen) nur aus den grundsprachlichen Varianten lautgesetzlich weiterentwickelt, nicht aber in den Einzelsprachen selbst entstanden sein könnten. Hiergegen muß zunächst folgendes ins F eld geführt werden: W enn die Sieverssche Regel einzelsprachlich nicht mehr gewirkt haben soll, dann kann der Unterschied ei Iji bei den Primärverben und den Denominativen zu Konsonant-Stämmen für die Sprache nicht mehr relevant gewesen sein. D aß nun im Falle eines analogischen Ausgleichs (nach dem Schwund des j in iji) die weit überwiegende Mehrheit der Verben ihre regelmäßige, einheitliche Flexionsweise zugunsten eines funktionslosen und (vom synchronischcn Standpunkt aus) unbegründeten Unterschieds bei einer geringen Anzahl anderer Verben aufgegeben haben soll, ist ganz unwahrscheinlich. U nd selbst wenn man diese Annahme in K a u f nimmt : Die Bedingungen der Verteilung sind im Vedischen und Gotischen in markanter Weise verschieden — die Annahme einer erst einzelsprach148 Zuerst in Hermann Faule Grundriß der germanischen Philologie >1 ( 1891), S. 333 f. (/-Schwund infolge von urgermanischer Kontraktion) ; dann in der 2. Aufl. S. 379 f. dasselbe und S. 502 ('ji wird nach langer Silbe zu ei kontrahiert. . . ob es ein dem Gotischen sekundär oigonos Lautgesetz istT’ ) ; zuletzt in der 3. (selbständigen) A uflage: Kluge: Urgermanisch, Straßburg 1913, S. 74 und ders.: Die Elemente des Gotischen, Straßburg 1911, S. 13. 149 Dies ist die Erklärung von Streitberg: Urgermanische Grammatik, Heidelberg 1896, S. 304-313. Entsprechend wohl auch Sievers, Btr 5 (1878), 131: 'die Vorstufen -ejan, -ijan müssen sich also bereite in sehr früher zeit im germanischen unter dem einflusse unseres gesetzes zu -jan und -ijan, -tan gespalten haben’ (es wird nicht klar, wie Sievers sich das vorstellt). Entsprechend Gutenbrunner: Historische Laut- und Formenlehre des Altisländischen, Heidelberg 1951, S. 35.

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lichen Verteilung ist also gar nicht zu umgehen. Die 'lautgesetzliche’ Erklärung ist dann der 'analogischen’ unbedingt vorzuziehen. 3. Eine dritte Erklärung rechnet mit einer lautgesetzlichen Entw icklung von idg. -je- zu gt. -ji- und von allen anderen Formen (-ije-, -eje-, -Î-) zu gt. ei, w orauf ji und ei sekundär nach der Schwere der vorausgehenden Silbe verteilt wurden 15°. Für eine solche sekundäre Verteilung lassen sich Parallelen beibringen 1 5 1 : Im NSg der f{jÖ)-Stämme steht -ja nur nach leichter Silbe, -i steht 1. bei movierten substantivischen Fem inina und 2 . bei den übrigen nach schwerer Silbe und nach Nebensilbe. Diese Verteilung der Ausgänge ist m it Sicherheit sekundär, da den gotischen Suffixvarianten verschiedene grundsprachliche Wortausgänge zugrunde liegen : gt. -i geht zurück a u f idg. -i (dew-Feminina), gt. -ja geht zurück auf idg. -jä. Man muß nun bei der Erklärung einer solchen sekundären Verteilung zwei Möglichkeiten unterscheiden: a) Die sekundären Verteilungen haben sich nach dem Vorbild einer anderen, primären, ausgerichtet. Dann muß für den speziellen Fall des Wechsels gt. ei/ji eingewendet werden, daß kein Vorbild für die Verteilung übrigbleibt (da bei dieser Erklärung auch der W echsel bei den nominalen ja-Stämmen als sekundär aufgefaßt wird). Ein Vorbild für den Wechsel wäre aber am ehesten bei d e n Varianten zu suchen, die möglicherweise auf eine einheitliche Vorform zurückführen, also eher bei den jan-Verben und den nominalen ja-Stäm m en als bei den NSg-Formen der /(jö)-Stämme. Die Argumentation hätte hier also eine bedenkliche Lücke, b) Es wäre aber denkbar, daß bei sämtlichen Fällen einer gotischen Verteilung von Varianten auf die Stellung nach schwerer Silbe und Nebensilbe einerseits und die Stellung nach leichter Silbe und wechselnden Auslautgruppen andererseits die B i ld u n g der Varianten beliebig und die V e r t e il u n g sekundär war, etwa im Zusammenhang m it der Bevorzugung bestimmter Silbentypen. In diesem Fall hätten wir hier einen zweiten Versuch zu einer rein einzelsprachlichen Deutung des gotischen Wechsels ei/ji vor uns, a u f die im folgenden Abschnitt (4) einzugehen sein wird. ,se Dies ist (sehr wahrscheinlich) die frühere Ansicht Streitbergs in Btr 14 (1888) (s.o. Anm. 146). Obwohl dort (S. 182) Sievers Regel erwähnt wird, geht nicht klar hervor, ob Streitberg bei der Entstehung des Wechsels im Gotischen mit deren Wirkung rechnete oder nicht. Unklar ist auch die Haltung von Helm (und Ebbinghaus) in den neueren Auflagen von Braunes Gotischer Grammatik (§ 44a) : ’ Ein Wechsel zwischen ji und ei, der seine letzte Ursache in Verschiedenheiten der Wortbildung hat, . . . ’ (zuletzt 17. Aufl. 1966). Dies ist ohne nähere Erklärung nicht verständlich. 151 So argumentiert Streitborg Btr 14,180. S. auch unten S. 76-78.

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' 4. W ir sind dam it bei den Versuchen angelangt, die Sieverssche Regel als eine Auswirkung der Silbentrennung zu erklären162. D ie Theorien für die Grundsprache müssen dabei noch gesondert (unten, Abschnitt F ) behandelt werden — hier geht es zunächst nur um die gotischen Formen. Gleich zu Beginn m uß gesagt werden, daß der Hinweis a u f einen Z u s a m m e n h a n g von Sieversscher Regel und Silbentrennung trivial ist — es ist selbstverständlich für die Silbentrennung nicht gleichgültig, ob auf einen Konsonanten ji oder ei (also ein weiterer K onsonant oder ein Sonant) folgt. Soll der Hinweis a u f diesen Zusammenhang einen Sinn haben, so muß man entweder ansetzen, daß die gotischen Varianten ursprungsverschieden sind und sekundär nach den Bedürfnissen der Silbentrennung (oder besser: der Silbenstruktur) verteilt, oder daß sie durch die Silbentrennung h e r v o r g e r u fe n wurden. Ein solcher N achweis wird — w o man die Frage überhaupt ausführlich erörtert — mit der Annahme versucht, die (indogermanische — germanische — gotische) Silbentrennung erfordere nach langem Sonanten oder nach kurzem Sonanten + K onsonant einer Grenze, weshalb in den Formen, deren morphologischer Bau j nach schwerer Silbe (CäCjA, CaCCjA) ergäbe, Lautgruppen m it j die zweite Silbe beginnen müßten (Cä-CjA, CaC-CjA). D a das Germanische und das Gotische aber solche Gruppen im W ortanlaut — und dam it wohl auch im Silbenanlaut — nicht dulden, würde für das j eine silbische Realisierung erzwungen. In unserem konkreten F all muß diese Theorie von den gotischen Verhältnissen aus beurteilt werden, da die Varianten ei/ji — wie ausgeführt — erst nach der Wirkung einzelsprachlicher Lautgesetze entstanden sein können. Dann erhebt sich die Frage: W ie wurde nach dieser Theorie etwa hairdja getrennt? Als hair-djal Dann muß das Gotische silbenanlautende Gruppen mit j zugelassen haben. Oder als haird-ja\ Dann stimmen die angegebenen Trennungsregeln nicht. D aß das letztere der Wirklichkeit am nächsten kommt, zeigt die Silbentrennung der gotischen Handschriften158: D ort werden 158 So zuerst Osthoff : Perfect 421 f. (u. ö.) ; dann (u. a.) W . van Helten : Zur geschichte der -jo- und -io-Stämme im Germanischen, Btr 16 (1892), 272-283, besonders 2821; Alois W alde: Die germanischen Auslautgesetze, Halle (Saale) 1900, S. 149161, besonders S. 156f . ; Ferdinand Sommer: Die indogermanischen iä- und ioStämme im Baltischen, Abhandlungen Leipzig 30,4 (1914), S. 72-77; Eduard Hermann: Silbenbildung im Griechischen und in den anderen indogermanischen Sprachen, Göttingen 1923 (Ergänzungsheft zu ZvS 2), S. 276-278; E. Prokosch: A Comparative Germanic Grammar, Philadelphia 1939, S. 92; Wolfgang Krause: Handbuch des Gotischen, 3. Aufl. München 1968, S. 107 f. Literatur zu den grundsprachlichen Verhältnissen s.u. Abschnitt F. 153 Vgl. die Literatur bei Braune-Ebbinghaus: Gotische Grammatik, 17. Aufl. 1966, S. l l f . (Anm. 9); ich stütze mich besonders au f W . Schulze: Wortbrechung in den gotischen Handschriften, Berliner Sitzungsberichte 1908, I, S. 610-624 = Kleine Schriften 483-496. Wenn Sommer (s. Anm. 152), S. 741 die Berechtigung

Forechungsberi cht

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W örter mit inlautendem j stets so über die Zeile gebrochen, daß das j die abgetrennte Silbe anlautet154; ferner wird in der Behandlung von L autgruppen kein Unterschied danach gemacht, ob ein langer oder kurzer Sonant vorausgeht. Selbst wenn man dieses Verhalten der Orthographie für irrelevant hält — und die geschilderte Silbentrennungstheorie hat nicht einmal solche Anhaltspunkte 1 5 5 — , ist dam it der Widerspruch bei hairdja noch nicht beseitigt, und andere Schwierigkeiten ließen sich anreihen, etwa daß dann konsequenterweise für die Nebensilben eine andere Silbentrennung zu fordern wäre als für die Hauptsilben und anderes. Diese Einwände gelten auch, wenn für die Varianten m it ei und ji verschiedener Ursprung mit sekundärer Verteilung nach den Erfordernissen der Silbentrennung angenommen wird (s. o. unter 3.) — doch hat meines Wissens noch niemand eine solche Theorie ausdrücklich für das Gotische vertreten. 5. Den W ort-Rhythm us (die 'Sprechmaße’ ) hielt R. C. Boer für den auslösenden Faktor der Verteilung ei/ji15e. Boer nim m t zunächst an, daß der Halbvokal i/j im Vorgotischen zwischen K onsonant und Sonant silbisch realisiert wurde und geht deshalb von folgenden Ausgangsformen (2. Sg.) aus: leichtsilbig : schwersilbig :

Primärverben :

Kausative :

bidiezi brükiezi

nasejezi sökejezi

dieses Arguments bestreitet, da es sich hier um gotische, nicht um urgermanische Silbentrennung handle, so muß dem entgegengehalten werden, daß die Sieverssche Regelung bei den nominalen und verbalen ja-Stämmen sich erst nach dem Eintreten spätgermaniseher Auslautgesetze ausgewirkt haben kann. Dieses späte Sprachstadium steht dem 'historischen Gotisch’ sicher näher als dem Urgermanischen, und wer zwischen ihm und dem belegten Gotischen eine Verschiebung der Silbengrenze postuliert, der muß diese Annahme mindestens näher begründen. 154 Dies ist der Grund, warum Karl H elm (und danach Ernst A. Ebbinghaus) in Braunes Gotischer Grammatik von der ursprünglich nach van Helten (s.Anm. 152, dort § 44 Anm. 1) gegebenen Begründung des Wechsels ei/ji abwich. 155 A u f die Einzelheiten für die grundsprachliche Zeit wird unten Abschnitt F noch einzugehen sein. Hier kann ich mich auf den allgemeinen Hinweis beschränken, daß bei diesen Theorien bestimmte einzolsprachliche Lautentwicklungen (z.B. Geminationen) als Hinweise auf die Silbengrenze aufgofaßt und dann aus den Bedingungen ihres Auftretens die Regeln der Silbengronzo erschlossen werden ; schließlich wird dann mit diesen Regeln die Lautentwicklung begründet. Es handelt sich hier um Zirkelschlüsse, die lediglich eine Möglichkeit aufzeigen, aber nichts beweisen können. 164 Syncope on Consonantengeminatie, Tijdschrift voor Nederlandsche Taal- en Letterkunde 37 (1918), 161-222, besonders 205-211 ; ders. : Oergermaansch Handboek, 2. Aufl. Haarlem 1924, S. 161 f., 179-182, 253-255. Vgl. die ähnliche Argumentation bei Werner Winter, Lg 31 (1955), 530f.

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Nun kann nach ihm eine leichte (Stamm-)Silbe nicht allein ein 'Sprechmaß’ ausfüllen, sondern muß m it der folgenden Silbe zu einer Akzentgruppe zusammengefaßt werden167, auf schwere (Stamm-)Silben trifft dies nicht zu. Es ergeben sich dann die Sprechmaße näsefftzi aber só/kèiezi. Nach der Entwicklung eie > iji und dem darauf folgenden Schwund des j steht bei den Leichtsilbigen tonloses i v or nebentonigem i (näsi-lzi) und wird deshalb unsilbisch; bei den Schwersilbigen steht nebentoniges i v or tonlosem i (sóki-izi), bleibt deshalb silbisch und wird m it diesem kontrahiert zu ï. Boer muß für seine Darstellung eine Reihe von Hypothesen aufstellen (z.B . i stets silbisch v or Sonanten), und sein Ansatz der Sprechmaße und ihrer (N eben-)Akzente ist zumindest nicht unmittelbar zu beweisen, wenn auch seine Theorie (die die ganze L autentwicklung der frühen germanischen Sprachen einbezieht) in sich ziemlich schlüssig ist. Eine Stellungnahme zu ihr ist deshalb weitgehend Ansichtssache. Ich glaube, auf eine eingehendere Behandlung verzichten zu können, da die Sprechmaße, von denen die Entwicklung nach Boer abhängt, ihrerseits von der Silbenstruktur abhängen und sich demnach Boers Darstellung — was den eigentlichen Ausgangspunkt anbelangt — nicht wesentlich v on der Annahme einer späten Wirkung der Sieversschen Regel unterscheidet. Bei der Besprechung der nominalen Formen kann ich mich kürzer fassen, da es sich im wesentlichen um die gleichen Lautfolgen wie bei den Verben handelt. Gehen wir einmal aus v on der — häufig vertretenen — Hypothese, die Form des Suffixes im Indogermanischen sei -je- nach leichter, -iie- nach schwerer Silbe gewesen. Dann ist im GSg bei den Schwersilbigen m it idg. -iie-so > gm . -ijis zu rechnen, das dann wie bei den Verben (2. Sg.) nach dem Schwund des j zu is kontrahiert wurde, da die vorausgehende schwere Silbe ein Unsilbisch-Werden des ersten i verhinderte. Für die Leichtsilbigen wäre entsprechend von idg. -je-so > gm. und gt. -jis auszugehen. — Beim NSg sehwersilbig (idg.) -iio-s 16 8 > gm. -ijaz ; daraus schwand das a der Endsilbe, j kam v or z (einen Konsonanten) zu stehen und wurde silbisch; das davorstehende alte i konnte nicht unsilbisch werden wegen der vorausgehenden schweren Silbe, weshalb i -j- iz zu -iz (gt. -eis) kontrahiert wurde. Gehen wir entsprechend für den NSg 157 Zu Boers Theorie der Sprechmaße vgl. besonders den Aufsatz in T N T L 37 ; eine ganz kurze Zusammenfassung steht in Handboek 221. 158 Die 'schwundstufigen Formen’ m it -i- und -t- erspare ich m ir im Text zu erwähnen, da sie jetzt w ohl allgemein abgelehnt werden. Literatur : Begründung der Theorie durch Streitberg, Btr 14 (s.o. Anm. 146); Ablehnung und Widerlegung bei Sievers, Btr 16 (1891), 567f.; W alde: Azislautgesetze (s.o. Anm. 135), S. 134139; Sommer: idg. iä-Stämme (s.o. Anm. 152), S. l l f . u nd 224-230.

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Forschungsbericht

nach leichter Silbe von idg. -io-s aus, so ergibt sich gm. -jaz und nach dem Schwund des a in der Endsilbe gt. -is, was mit dem belegten -jis nicht übereinstimmt. Sievers hielt deshalb das i der belegten Form für 'einen Rest des thematischen a ' 189, was heute nicht mehr vertretbar ist. Dann wollte Erik Brate — bei einer Besprechung der urnordischen und altnordischen Form en — auf die alte Ansicht Scherers 1 8 0 zurückgreifen, und für Leichtsilbige wie Schwersilbige von einer idg. Grundform -iio-s, gm. -ijaz ausgehen; den Wechsel eijji hielt er — wie Scherer, aber zweifelnd — für akzentbedingt1®1. Im gleichen Jahr, in dem Brate sich mit dieser Frage auseinandersetzte, kamen aber Friedrich K auffm ann 1 6 2 und Karl Brugm ann 1 6 3 zu dem Ergebnis, daß, da an der lautgesetzlichen E n twicklung idg. -ios > gt. -is nicht zu rütteln sei, die Form harjis NSg nach dem GSg analogisch ausgeglichen sein müsse (GSg hairdeis : GSg harjis = NSg hairdeis : x, x = NSg harjis). Nach ihnen ist meines Wissens nie wieder eine lautgesetzliche Erklärung der Form NSg harjis versucht worden. Ein analogischer Ausgleich zwischen NSg und GSg ist aber in einer Sprache m it einer so stark ausgeprägten Flexion wie dem Gotischen höchst unwahrscheinlich. Prüfen wir deshalb etwas genauer die alte Ansicht, (har-)jis ginge auf idg. -iio-s, gm. -ijaz zurück: In einer solchen (gm .) Form wäre das a wie bei den Schwersilbigen geschwunden, j wäre v or unsilbischem 2 zu i geworden, das alte i v or diesem zu j, also aus gm..-ijaz nach leichter Silbe gt. -jis, die Form, die tatsächlich belegt ist. Auch der GSg der Leichtsilbigen würde keine Schwierigkeiten machen: idg. -iie-so > gm . -ijis, dann Schwund des j und i + is > jis wie im NSg und in der 2. Sg. der Verben. Das heißt also: 1. Der Ansatz von idg. -ie- nach leichter Silbe führt a u f lautgesetzlichem W eg nicht zu allen gotischen Form en, wohl aber der Ansatz von idg. -iie- nach leichter wie schwerer Silbe. 2. Der Ansatz einer grundsprachlichen Sieversschen Regel reicht zur Erklärung der gotischen Verteilung eijji nicht aus; es ist vielmehr (zusätzlich oder ausschließlich) eine späteinzelsprachliche Verteilung anzunehmen, die nach dem Schwund des j und nach dem Schwund der Endsilbenvokale gewirkt hat. N och ein W ort zu den 'Ausnahmen* der Sieversschen Regel im G otischen : 1. Der Im pv. Sg. der / gt. ei und ji). Daß dies keine Besonderheit des Gotischen ist, zeigt das Um ordische, das zahlreiche *;a-Schreibungen aufweist (s.u. Abschnitt d). N ach der Synkope des i wäre deshalb immer noch -jageblieben, so daß sich diese Erklärung als unzureichend erweist. Eine andere Möglichkeit wird am klarsten bei Bethge form uliert188: 'j ist . . . inlautend v or den palatalen vokalen (t, e bzw. æ, 0 , y) immer, nach langer tonsilbe, außer hinter vokalen und hinter k und g, auch vor dunklen vokalen geschwunden’ . Bethge rechnet also damit, daß inlautendes j nicht nur (wie allgemein angesetzt) v or hellen Vokalen schwand, sondern auch vor dunklen, vorausgesetzt, daß eine schwere Tonsilbe vorausging. Bei dieser Annahme ist es gleichgültig, ob man für das Um ordische von ja, ija oder einem Wechsel von ja und ija (nach der 'Sieversschen Regel’ ) ausgeht; es spielt auch keine Rolle, ob eine Entwicklung von ija zu ja durch Synkope, oder von ija zu * + a ( > ja) durch Schwund des j angesetzt wird. Und in der T at kann nur eine solche Annahme den Unterschied der hier zu besprechenden Varianten befriedigend erklären — keine Kom bination einer grundsprachlichen 'Sieversschen Regel’ m it irgendwelchen nachweisbaren nordischen Lautgesetzen führt ohne sie zu den belegten Wechselformen. W ir haben hier also zwar das gleiche Verteilungsprinzip wie im Gotischen (Vermeidung von imsilbischem j nach schwerer Silbe), aber eine ganz andere Ausprägung, nämlich den lautgesetzlichen Schwund vor dunklen Vokalen in dieser offenbar unbequemen Stellung. Auch diese Verteilung muß demnach späteinzelsprachlich sein. 2. Das Auftreten oder Fehlen von e, z.B . stirer gegenüber auefr. Zunächst ergibt ein Vergleich der Maskulina und Neutra beim Nomen, daß die Dativformen nur beim Maskulinum einen ausgeprägten Wechsel zeigen (endungslose Formen beim Neutrum sind selten, und wohl vom Maskulinum her eingedrungen). D a in diesem Kasus aber Maskulinum und Neutrum ursprünglich den gleichen Ausgang hatten, fragt sich, welches Genus hier geneuert hat. Die Antw ort bringt ein Vergleich mit den reinen o-Stämmen, die im DSg stets -e haben, weshalb bei den ja- 1 * 2 8

Aial. Grammatik (s.o. Anm. 173), § 166; Wolfgang Krause: Abriß der altwestnordischen Grammatik, Halle 1948, § 55, Anm. 1 und § 56; Siegfried Gutenbrunner : Historische Laut- und Formenlehre des Altisländischen, Heidelberg

182 Vgl. Noreen:

1951, §§27, 33,2 (und 34,2). 188 R . Bethge bei Ferdinand Dieter: Dialekte I (Leipzig 1898), § 144,1.

Laut- und Formenlehre der altgermanischen

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Forschungsbericht

Stämmen ein kürzerer Ausgang nicht lautgesetzlich sein kann. Der endungslose DSg der m (ja)-Stämme m uß also von den t-Stämmen übernommen, und analog zum ASg dem Wechsel mit der lautgesetzlichen Form unterworfen worden sein. — Nehmen wir von den übrigen Formen den NSg der Maskulina : Hier haben wir zu rechnen mit den Möglichkeiten urgerm. -jaz und -ijaz. Das erste (-jaz) hätte verhältnismäßig früh das a der Endung verlieren müssen (-iz), so daß das aus dem j entstandene i noch hätte synkopiert werden können 1 8 4 185; es hätte sich also awn. -r ergeben. Das zweite (-ijaz) hätte ebenfalls zunächst sein a verloren — was danach entstand ist allerdings nicht m it Sicherheit zu sagen. In Frage kom m en die gleichen Möglichkeiten wie im Gotischen, nämlich -iz und -jiz. V on diesen hätte -iz nach Kürzung und Öffnung des Vokals -er ergeben; -jiz mit Synkope des t (-iz) und Öffnung des neuen i ebenfalls -er. W ir können also a u f eine genauere Bestimmung der Zwischenstufe verzichten : Die Form -ijaz mußte — soweit wir die Entwicklung beurteilen können — auf jeden Fall zu awn. -er führen. Entsprechende Überlegungen können für die übrigen aufgeführten nominalen Formen angestellt werd en 186. Das bedeutet, daß in diesem Fall die Lautentwicklung im Nordischen unabhängig von der Schwere des vorausgehenden W ortteils verlief, und daß damit die Unterschiede in die voreinzelsprachliche, etwa urgermanische, Zeit zurückgehen müssen. Es bedeutet weiter, daß wir die Suffixform aller schwersilbigen nominalen Bildungen a u f voreinzelsprachliches ija zurückzuführen haben; daß aber nach leichter Silbe neben 'regelmäßigem* ja m it Rücksicht a u f die mythischen Namen und die K ollektiva auch die gleiche Form wie bei den Schwersilbigen, nämlich ija vorauszusetzen ist. W ir kommen dam it zu einer voreinzelsprachlichen Verteilung, die der beim vedischen ya-Suffix (s. o. S. 22f.) auffallend ähnlich ist: Nach schwerer Silbe nur CI Y A , nach leichter Silbe CI Y A neben CYA. Nun zum Verbum , das mit beträchtlich weniger Sicherheit beurteilt werden kann. Gehen wir davon aus, daß -r/-er die lautgesetzliche Entwicklung der 2 . Sg. reflektiert, dann liegen ihm idg. -jfiei, -ijesi und -eiest, spätgm. -jiz, -ijiz zugrunde. Da wir in der belegten Sprache den gleichen Unterschied vorfinden wie bei nominalem -jaz und -ijaz dürfte die E ntwicklung die gleiche gewesen sein — es scheint keine R olle gespielt zu haben, ob auf das ursprüngliche j ein heller oder ein dunkler V okal folgte. Nun sind die Varianten beim Verbum aber — im Gegensatz zu denen 184 Noreen : Aisl. Grammatik § 226. 185 D er GSg geht im Nordischen (nach Ausweis umordischer Formen) auf -(i)jo8(a) zurück, nicht au f -(i)jez(a) wie im Gotischen ; damit stand das »(ƒ) in allen hier in Frage kommenden Formen vor dunklem Vokal.

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beim Nomen — konsequent nach der Schwere der vorausgehenden Silhe verteilt, was nicht der ursprüngliche Zustand gewesen sein kann: Vor allem bei den Kausativen (-eie-) kann diese Verteilung erst nach der germanischen Entwicklung von nebentonigem e > t (-»ƒ*-) durchgeführt worden sein. Da dieser Vorgang, durch den der Reflex v on ij nach leichter Silbe durch den Reflex von j ersetzt wurde, beim Nomen nicht eintrat, kann er kaum lautgesetzlich gewesen sein. W ir müssen also beim Verbum m it analogischer Durchführung des Wechsels zwischen schwersilbigen und leichtsilbigen Form en rechnen. Während somit die Einzelheiten der nordischen Lautentwicklung ziemlich unklar sind, lassen sich Ausgangsformen und Endform en ziemlich gut miteinander vergleichen: 1. Für das Urgermanische vorauszusetzen sind nach leichter Silbe die Suffixformen -ja- und -ija-: Beim Nom en nach Ausweis der späteren nordischen Verteilung, beim Verbum aus formengeschichtlichen Erwägungen. Nach schwerer Silbe gab es vermutlich nur -ija- : Für diese A nnahme haben wir einige schwache Anhaltspunkte, und es gibt nichts, was ihr widerspräche. 2. Ist in der belegten Sprache der Thema- oder Endungsvokal als dunkler Vokal erhalten geblieben, so fielen j wie ij nach schwerer Silbe aus, nach leichter blieben sie als j (geschrieben i) bestehen. Der Unterschied zwischen den beiden Suffixformen wurde in dieser Stellung also in jedem Fall beseitigt. Ist der Them a- oder Endungsvokal als heller V okal erhalten geblieben, so schwanden j und ij auch nach leichter Silbe. 3. Ist der Endungsvokal in der belegten Sprache nicht erhalten, so ist einfaches j geschwunden, ij dagegen als e reflektiert. In dieser Situation wurde also der Unterschied zwischen j und ij bewahrt, während die Stellung nach leichter oder schwerer Silbe für die Entwicklung selbst keine R olle spielte. 4. D ie Varianten nach schwerer und nach leichter Silbe stammen also aus verschiedenen chronologischen Schichten : teils aus einer Zeit vor den typischen nordischen Lautentwicklungen, teils aus der Zeit während und nach diesen. Ihre Verteilung wurde sekundär auf Kosten des Suffixunterschiedes nach leichter Silbe vereinheitlicht, und zwar durchgängig beim Verbum , vermutlich auch beim Nom en, w o aber bei den Maskulina und Neutra ein Unterschied bestehen blieb. Ein anschauliches Beispiel für die Entwicklung beim Verbum bietet die 1. Sg. Präs, der ja n -Verben, die als gm. -jö und -ijö anzusetzen ist: Normalerweise schwand der Endungsvokal, so daß nach schwerer Silbe

Forschungsbericht dame. usw., nach leichter Silbe (unter Berücksichtigung der sekundären Vereinheitlichung) vel usw. auftritt. W ar die Endung aber gedeckt durch das suffigierte Pronomen des Medio-Passivs, so blieb der Endungsvokal erhalten, und die Entwicklung nahm den umgekehrten W eg : damomk, aber veliomk. Im einen Fall ist also die schwersilbige Form kürzer geworden, im anderen die leichtsilbige. c ) D ie westgermanischen Sprachen Für die westgermanischen Sprachen gelten die für das Altnordische gemachten Einschränkungen in erhöhtem Maße : W ir haben zwar formale Unterschiede bei einigen Wortausgängen der /«-Flexion, aber es kann nicht nachgewiesen werden, daß diese Unterschiede a u f verschiedene Realisierungen des Halbvokals zurückgehen, v or allem da Varianten in der Lautentwicklung von Nebensilben häufig durch unterschiedliche Schwere des Wortstammes zustande kommen (etwa bei der Synkopier ung). E s kom m t hinzu, daß die westgermanische Konsonantengemination vor / die Schwere der Stammsilben vom deskriptiven Standpunkt aus nivelliert hat. Ich beschränke m ich deshalb auf einen kurzen Hinweis auf mögliche Reflexe eines Wirkens der 'Sieversschen Regel’ : Beim Verbum sind keine Varianten festzustellen, die a u f unterschiedliche Realisierung des Halbvokals zurückgeführt werden könnten; im Althochdeutschen und Altfriesischen ist auch bei den nominalen Formen kein Unterschied mehr zwischen schwer- und leichtsilbigen /«-Stäm m en festzustellen. Im Altenglischen bestehen n och Spuren bei den maskulinen und neutralen /«-Stäm m en sowie bei den Adjektiven (leichtsilbige flektieren wie die reinen α-Stämme, schwersilbige wie die i-Stäm m e); das Altsächsische zeigt den (sekundären) Unterschied im NSg der femininen /ö-Stäm m e und eine Besonderheit bei den neutralen /«-Stäm m en: Die leichtsilbigen sind hier aufgespalten in eine Gruppe, die wie die schwersilbigen flektiert (kunni wie riki) und eine andere, die ira N A Sg endungslos ist (net 'N etz’ ) 18·. Es wäre möglich, daß sich hierin eine alte Doppelheit in der /«-Flexion der Leichtsilbigen spiegelt; wahrscheinlicher ist aber, daß die im Althochdeutschen zwischen Leicht- und Schwersilbigen durchgeführte Verallgemeinerung im Altsächsischen nur teilweise zum Zuge gekom m en ist. Hierfür würde vor allem sprechen, daß spätere Denkmäler häufiger die Ausgleichsform mit -i zeigen187. Eine Entscheidung läßt sich vorerst nicht treffen.1 8 188 net hat wie kunni eine Geminate in den flektierten Formen, es handelt sich hier also nicht um einen Unterschied geminiert — nicht gemindert. 187 Vgl. F. Holthausen : Altsächsisches Elementarbuch, 2. Aufl. Heidelberg 1921, §277, Anm. 1 ; Johan Hendrik Callée : AUaächsische Grammatik, 2. Aufl. Halle 1910, § 303.

Die Diskussion über die Sieverssche Regel

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Abschließend muß noch erwähnt werden, daß W. P. Lehmann auch bei den Liquiden und Nasalen einen Reflex der Sieversschen Regel finden w ill188: Eduard Sievers hatte darauf hingewiesen189, daß im nordischen Stabreimvers die nach dem Stammauslaut stehenden Liquiden und Nasale (z.B . r in sandr, l in Jcumbl, n in rausn usw.) nicht als Silbe zählen; daß dagegen im altenglischen Stabreimvers diese Messung nur für die Stellung nach leichter Silbe zutrifft, nach schwerer Silbe 'überwiegt überall wie es scheint die silbische zählung; doch werden nicht selten w orte wie süsl, w r ix l. . . auch wie einsilbig behandelt’ . Lehmann sieht nun in dem Unterschied der Wertung im Altenglischen einen Reflex des ursprünglichen allophonischen Wechsels l nach leichter, $ nach schwerer Silbe (und entsprechend). Sievers selbst hatte die ganze Erscheinung m it der Synkope in Zusammenhang gebracht, und da die germanischen Synkopen ohne Zweifel von der Schwere des Wortstammes abhängig sind, bieten sie eine einfachere Erklärung für den Unterschied in der altenglischen Metrik: Die silbische und unsilbische Messung dieser Liquiden und Nasale reflektiert chronologisch verschiedene Synkopierungen, etwa in der Art, daß nach der älteren Synkope (nach schwerer Silbe) bereits (teilweise) Sproß vokale entwickelt worden waren, nach der jüngeren Synkope (nach leichter Silbe) noch nicht. Grundsätzlich auszuschließen ist Lehmanns Erklärung zwar nicht, doch ist sie wegen der Konkurrenz einer einfacheren Möglichkeit nicht geeignet, die Wirkung der Sieversschen Regel bei den westgermanischen Liquiden und Nasalen zu erweisen. d)

Runeninschriften

Es bleiben noch zwei Materialbereiche zu besprechen, die wegen ihrer archaischen Formen sehr wichtig, wegen der spärlichen Beleglage aber schlecht zu deuten sind: die ältesten Runeninschriften und die ältesten Lehnwörter in den finnisch-lappischen Sprachen. Bei den Runeninschriften haben wir die Schreibung -ija- (u.ä.) nach der Stammsilbe bis etwa zum Jahr 500 belegt; danach sind ;a-Stäm m e nur sehr spärlich und nur in späten Formen bezeugt, so daß wir ihre Entwicklung nicht an den Runeninschriften ablesen können 19°. Für finite Formen der verbalen jia-Stämme 188 Lg 31 (1956), 359. 188 Eduard Sievors: A ltgermaniache Metrik, Halle 1893, § 39 (awn.), § 79,4 (ae.), § 156,4 (Deutung). 180 In Frage kommt hierfür lediglich hromR hroReR auf dem Stein von B y (2. Hälfte des 6. Jh.s). hroReR wird in der Regel — und sicher zu Recht — als ein Patronymikon *hroRijaR gedeutet; aber der Lautstand ist unerwartet, da bei hroRaR und irüaR der gleichen Inschrift noch nicht synkopiert ist (vgl. die Literatur oben Anm. 178, 179 und 181, sowie W . Krause: Runeninschriften im älteren Futhark, Halle 1937, S. 138f. — nicht mehr in der 2. Auf!.). Man könnte an-

F orschungsbericht g ib t es leider gar keinen Beleg aus früher Zeit. — Ich führe im folgenden die Belege für ;a(n)-Stäm m e auf Denkmälern aus der Zeit bis etwa 500 a n 1β1, nach vermutlicher Entstehungszeit und nach F undort aufgeschlüsselt, hinter der Form die Nummer bei Krause-Jankuhn. - { i) ja R = NSgm (ja ) , - ( i) ja (falls nicht erklärt) = NSgm (ja ri), ? = Form nicht m it ausreichender Sicherheit zu deuten: Dänemark :

Norwegen :

Schweden :

Sonstige :

2. Jh. : b id a -w a rija R 13a ra u n ija R 31 3. Jh. : h a r ja 26

r a n ja 32

(Brandenburg) m a k ija

2 2 192

ASgm ? t a lijo 25

4. Jh. : h o ltija R 43

a rb ij( a ) 72

sio ab a -h arjaR 73

ASgn a rb ija n o 72

s ta in a -w a rija R 73

GPlm (ja n ) ? arjosteR 72

p r a m ja n 61

(Inf.?) 5. Jh. :

la d a -w a rija R 91 p ir b ija R 64 g u d ija 65 a lja -(m a rk iR ) 53 ? ig ijo n 81

f ia r ija 85.

Hieraus kann folgendes festgestellt werden : 1. Nach schwerer Silbe steht im m er - ija - . Zu bemerken ist, daß ra n ja in der Regel als r a n n ija 'R enner’ erklärt wird; falls diese Deutung richtig ist, wird auf dieser Inschrift (Lanzenblatt von D ahm sdorf) weder die nehmen, daß die Tendenz zum Schwund des a sich in der 'imstabilen Gruppe’ ija eher zeigte als anderswo (vgl. immerhin die Verhältnisse des Baltischen, wo auch in d e n Mundarten ’kontrahiert’ wird, in denen a der Endsilbe nicht schwindet — s.u. Abschnitt 3) — ich möchte aber eher vermuten, daß die aa-Schrcibungen nicht mehr dem Lautstand des Schreibers entsprachen: Dieser benützte die traditionelle Schreibweise bei hroRaR und irUaR, bei hroReR dagegen, in dem der Schwund des a weitere Lautentwicklungen nach sich gezogen hatte, gab er seine Aussprache lautgerecht wieder. 1.1 Nach Wolfgang Krause und Herbert Jankuhn : D ie Runeninachriften im älteren Futhark, 2B d e. Göttingen 1966 (Abhandlungen Göttingen, phil.-hist. III, 65); vgl. besonders die chronologische und geographische Tabelle S. 313-318. 1.2 Schwersilbig (vgl. gt. meki und awn. mæker).

Die Diskussion über die Sieverssche Regel Gem inate noch das i j ausgeschrieben ; die Setzung des j statt i j hätte also einen erklärbaren epigraphischen Grund (N icht-Schreibung v on D oppellauten). . Nach leichter Silbe steht — abgesehen von den nur ungenügend deutbaren K om plexen — sechsmal ija und dreimal ja. W ie aus der Tabelle zu ersehen ist, kann die Verteilung weder chronologisch noch geographisch sein; w ohl aber besteht die Möglichkeit, daß die Schreibungen für bestim m te W örter typisch sind: Das dreimal belegte -im rija R ist stets m it ij geschrieben; dagegen steht einfaches j bei dem einmal belegten cdja- und zweimal bei -h arjaR , h a rja — allerdings auch (beim spätesten der angeführten Belege überhaupt) h a rija . Dies könnte nun insofern typisch sein, als die etym ologischen Entsprechungen zu h a rja und alja- im Griechischen nicht die übliche griechische Suffixform - 1 0 zeigen, sondern die Assim ilationsform : κοίρανος (eine A bleitung m it noSuffix) und άλλος. Bei den Formen m it runischem -ij- besteht eine solche Vergleichsm öglichkeit in keinem Fall. W enn wir diese Anhaltspunkte ernst nehmen — für einen sicheren Schluß ist diese Basis selbstverständlich zu schmal — , dann müssen wir annehmen, daß noch in der Zeit der ältesten Runeninschriften mindestens im skandinavischen Sprachraum nach leichter Silbe ein Unterschied zwischen den Suffixformen -ja - und -ija- gem acht wurde. D er späte Beleg h a r ija könnte als Anzeichen der Vermischung aufgefaßt werden (etwa als umgekehrte Schreibung). Der runische Befund kann also vollkom m en zu dem seither Erarbeiteten stimmen — doch ist seine Aussagekraft wegen der schwachen Beleglage nur gering. 2

e)

D ie Lehnwörter in den finnisch-lappischen Sprachen

D ie finnisch-lappischen Sprachen haben schon von sehr früher Zeit an W örter aus den germanischen Sprachen entlehnt und diese in nur wenig veränderter Form bewahrt. Zwar hat das Finnische beträchtlich weniger K onsonanten als das Germanische — v or allem können sie nur in beschränktem Umfang in Gruppen auftreten — , so daß vielfach m it Substitutionen und unvollständiger Nachbildung gerechnet werden muß, doch kann der uns hier interessierende Unterschied j + Sonant gegenüber i + Sonant ( — i j -+- Sonant) wiedergegeben werden. W ilhelm T hom sen, der in seiner Dissertation Den gotiske sprogklasses inflydelse ρ ά den finske 1869 die klassische Bearbeitung dieser Entlehnungsschicht lieferte, wies darauf hin, daß zur W iedergabe germanischer jo-Stäm m e beide L autfolgen verwendet wurden und fragte, o b der Unterschied 'im germanischen einmal ein ähnlicher gewesen sei, wie im finnischen, nämlich daß der

90

Forschungsbericht

stammauslaut nur nach einer kurzen Wurzelsilbe -ja- war, sonst aber -ia -V 1 9 3 — neun Jahre v or der Formulierung der Sieversschen Regel! Sievers selbst, der die Arbeit Thomsens aus dem Dänischen übersetzte, nannte in einem Nachtrag zu seinem Aufsatz von 1878 die Lehnwörter im Finnischen und Lappischen eine Bestätigung seines Ansatzes; er sah aber auch die Ausnahmen (s.u.) und war sich auf Grund der Bemerkung Thomsens nicht sicher, ob die Lautgestalt im Finnischen ein Reflex der germanischen Verhältnisse sein könne: 'Hiernach scheint es allerdings, als ob die betreffende Scheidung im finnischen nicht volle beweiskraft habe, da sie eventuell durch speeiell finnische lautgesetze erklärt werden kann ; aber im Zusammenhang wird man doch das argument m it heranziehen dürfen.’ 1M Beschränken wir uns zunächst auf das Finnische und hier wiederum auf die Nom ina1®6, und betrachten wir das zur Verfügung stehende Material: V on schwersilbigen germanischen f(jön)-Stämmen sind entlehnt: kattio 'Fels’

*hall-ijön-, awn. hella 'Steinplatte’

kaltio ' Quelle’ (f)

*kald-ijön-, awn. kelda ' Quelle’

kammio '(Schlaf-)Gemach’

*8kamm-ijön-, awn. skemma 'Schlafhaus’ usw.

193 Nach der Sieversschen Übersetzung 'Ü ber den Einfluß der germanischen Sprachen au f die finnisch-lappischen’ , Halle 1870, S. 93a. 191 Btr 5 (1878), 162f. 195 B ei den lappischen Sprachen sind infolge besonderer Lautentwicklungen die für uns interessanten Reflexe in den meisten Fällen verwischt. Verben sind nur spärlich entlehnt worden und können in der Regel auch denominativ sein, weshalb ich sie hier nicht berücksichtige. Meine Aufstellung stützt sich in erster Linie au f (E. N. Setälä) : Bibliographisches Verzeichnis der in der literatur behandelten älteren germanischen Bestandteile in den ostseefinnischen sprachen, FinnischUgrische Forschungen 13 (1913), 345-475 + Nachträge im Anzeiger desselben Bandes S. 60-64. Benützt habe ich außerdem Thomsons Abhandlung in der Sieversschen Übersetzung (s.o. Anm. 193); T. E. Karsten: Cermanisch-Finnische Lehnwortstudien, ASSF 45,2 (1915); ders.: Finnar och Germaner, Folkmälsstvdier (Meddelanden frän Föreningen för nordisk filologi i Helsingfors) 9-10 (1943); und Björn Collinder: Die urgermanischen Lehnwörter im Finnischen (SVS 28,1,1932 und 'Supplement und W ortindex’ SVS 34,3, 1941). Zur weiteren Einordnung vgl. ferner Hans Fromm: D ie ältesten germanischen Lehnwörter im Finnischen, ZdA 88 (1957), 81-101; 211-240; 299-324 und A . D. Kylstra: Geschichte der germanisch-finnischen Lehnwortforschung, Assen 1961 (Studie Germanica 4) ; beide m it weiterer Literatur. — Ich habe nur solche Entlehnungen in meine Liste aufgenommen, boi denen eine j -stämmige Grundlage im Germanischen auch belegt ist, also nicht saipio, saippio (mit zahlreichen anderen Formen) 'Seife’, weil die germanischen Sprachen nirgends einen ;‘ i aus *wed-jön- (zu *wed-a- 'verbinden’ ), ae. cyne-tvidde 'B and’ , ahd. fahs-witta 'H aarband’ usw. entlehnt wurde; vgl. unten. Von schwersilbigen gm. /(/Ö)-Stämmen : hartia, -io, -ea 'Schulter’

*hard-ijö-, awn. pl. herdar 'Schultern’

lantio 'B ecken’ (lenne 'L ende’ )

*landw-ijö-, awn. lend 'Lende’

luntio 'H üfte’ (f )

*lund(w)-ijö-, awn. lundir pl. 'R ü cken fleisch’ , ae. lynd, ahd. lunda 'F ett’

pantio, -ia 'runder Zaun zum Vogelfang’ (f)

*band-ijö-, gt. bandi 'Band, Fessel’

V on leichteilbigen gm . /(/ö)-Stäm m en : (karelisch) agja 'Spitze’

*ag-jö-, awn. egg, ae. ecg, as. eggia, ahd. ekka 'Spitze, Schneide’

186 Zur Bedeutung vgl. Tacitus : Germania 16. 187 Eine andere Deutung knüpft an gm. *ask-ijön·, nriorw. eekja 'Schachtel’ an, was m ir nicht ausreichend plausibel erscheint. Z u den formalen Schwierigkeiten s.u. 188 So w eit ich sehe in der alten Sprache nicht belegt; häufig dagegen das Verbum verja 'verteidigen’ , so daß an der Gleichung wohl nichts auszusotzen ist.

Forechungebericht ? haasia, hasia 'Gestell zum Trocknen des Heus’

*has-jö-, awn. hes ' Rahm en’ (norw. *— zum Trocknen des Heus’ )

Vielleicht vitja 'K ette’ , wenn dieses zu awn. vid ' (W eiden-)Strick’ und dieses als *wip-jö- zu dem W ort für 'W eide’ gehört; vgl. oben. V on schwersilbigen gm . wi(/an)-Stämmen : varti(j)a 'W ärter, W ächter’

*ivard-ijan-, gt. wardja 'W ächter’

V on leichteilbigen gm. m(;an)-St&mmen : ruttio, -ia 'Sklave’ ( f ) 1 9 9

*brut-jan·, arbeiter’

awn. bryti 'V erwalter, V or-

V on schwersilbigen gm. /a-Substantiven : Nur miekka 'Schwert’ ( *mëk-ija-z, gt. mekeis, awn. maekir 'Schwert’ ), das sein j verloren ha t 2 0 0 und arpi 'N arbe’ (*arw-ja-m, awn. &rr 'N arbe’ ), das den bei späteren Entlehnungen häufigen Auslaut -t zeigt. V on leichteilbigen gm. ^o-Substantiven : hipiä, hiviä 'Gesichtsfarbe’

*hew-ja-m oder hiw-ja-m, gt. h im 'Gestalt, Aussehen’ , awn. hy 'D aunen’

? karja 'Vieh, Herde’

*har-ja-z, gt. harjis, awn. herr usw.

kunnia 'E hre ’ 2 01

*kun-ja-m, gt. kuni, awn. kyn usw. '(vo rnehmes) Geschlecht’

lattia, laattia 'F ußboden’

*flat-ja-m, awn. fiet, ae. flet(t), as. flet, fletti 'F ußboden, Zimmer, Haus’

liikkiö 'Schinken ’ 2 0 2

*flik-ja-m, awn. flikki 'Speckseite’

patja 'Polster’

*bad-ja-(m), gt. badi (n) usw., awn. bedr (m) 'B e tt’ .

Ferner kari 'K lippe’ zu *skar-ja-m, awn. sker 'K lippe’ m it dem bei späteren Entlehnungen häufigen Auslaut -i. je» Vgl. E . N. Setälä, Finnisch-Ugrische Forschungen 12 (1912), 276-279. Die Überlieferung ist ruttia usw., doch steht ein Beleg in einem Vers, in dem das i keine Silbe bildet ; Setälä schreibt deshalb rutja. Diese Frage ist für uns natürlich von Bedeutung, doch m öchte ich meinen, daß m it Rücksicht auf lattia die Schreibung ruttia als angomessen aufgefaßt werden kann und die Behandlung im Vers als ‘metrische Freiheit’ zu deuten ist. 200 Vgl. besonders Collinder (s.o. Anm. 195), I, S. 148f. 201 V gl. Setälä, Finnisch-Ugrische Forschungen 13, S. 321 f. 202 Vgl. Setälä, ebd. S. 323f. Es ist hier eine Frage der Chronologie, ob das germanische W ort leicht- oder schwersilbig ist, da das k auch im Germanischen geminiert wurde.

Die Diskussion über die Sieverssche Regel V on schwersilbigen gm . Adjektiven (7 0 -Stämme und ω-Stämme, da diese in einem Teil der Formen einen ;'a-Stamm zeigten) : ankea 'bedrängt, bedrückt’

*ang(w)-u-, gt. aggiims 'eng’ usw.

autio, -ia 'öd e’

*auP-ija-, gt. auß(ei)s 'öd e’ usw.

? murea 'm ürbe’

*murw-ija-, ahd. muruioi 'm ürbe’

petjas 'd ie Toten’ (f)

*faig-ija-, awn. feigr 'dem T ode nahe’ usw.

V on leichtsilbigen gm. Adjektiven: upia, -ias, -ea 'prächtig’

*vb-ja-, ahd. uppi 'maleficus’ , uppeheit 'vanitas’

Diese Beispiele lassen sich für uns zunächst folgendermaßen zusammenfassen: 1. N ach schwerer Silbe steht gleichmäßig -io, -ia*03. Unklar ist der Verlust des Halbvokals in miekka (gt. mekeis) ; da dieses W ort aber im Germanischen nicht etymologisierbar ist, scheint es nicht ausgeschlossen, daß es aus einer anderen Sprache stammt, und deshalb das Germanische nicht die Vorform des finnischen W ortes geliefert hat. Die Form -ea bei den Adjektiven erklärt sich aus den finnischen Adjektiv-Ausgängen; peijas ( < *faig-ija-) geht a u f einen finnischen Lautwandel zurück. 2

. Nach leichter Silbe fallen die Belege auseinander:

a) Unsilbisches j zeigen ahjo, ? aijo, ? rutja, teljo, varjo, vitja, (karelisch aQja), ? karja, patja. b ) (Quantitativen) Stufenwechsel und silbisches i zeigen ? ahkio, ruttio, lattia und vielleicht liikkiö. c) Silbisches i und eine weiter nicht erklärbare schwere Silbe im Finnischen zeigen haasia und kunnia. d) Silbisches i nach leichter Silbe zeigen hipiä und upia. Der Grund für dieses i nach leichter Silbe ist nicht ausreichend klar. In der Literatur habe ich folgende Aussagen gefunden : Wilhelm Thomsen (über die finnische Entsprechung von gm. j) : 'Im finnischen wird es nach einem vocal oder einfachem t (d. h. urspr. d, />),2 8 0 208 Karsten : Finnar och Oermaner (e.o. Anm. 195) gibt zwei Beispiele für j , die aber beide lautlich nicht einwandfrei sind, und die ich deshalb nicht aufgenommen habe : malja 'Schale’ , gm. *mël-ja- in awn. mselir (ein Kornmaß), ae. mele 'Schale’ , aber der Wurzelvokal ist im Finnischen kurz. Ferner vüja 'wildes Tier’ , gm. *iviip-ja-, awn. viUr 'w ild’ , wobei also eine verhältnismäßig späte nordische Entwicklung (Ip > U) vorausgegangon sein müßte. Im Finnischen selbst steht beide Male eine leichte Silbe vo r dem j.

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Forschungsbericht

l, r und h, wenn ein kurzer vocal vorhergeht, mit j, in allen übrigen fällen regelmäßig m it i bezeichnet, v or welchem eine muta natürlich durchgehende verstärkt wird . ’ 2 0 4 E. N. Setälä bei der Besprechung von gm. kun-ja- > finn. kunnia: 'ein germ. *kunja wurde im finnischen kunnia (statt des etwa zu erwartenden *kunia od. kunja) durch die auch sonst gewöhnliche 'anaptyxis’ von j zu i in postkonsonantischer Stellung (zb. kavio od. kapio < *kaßjo od. *kapjo 'hu f’ , asia 'sache, ding’ < asja usw . ) ’ 2 0 5 206 und entsprechend Lauri Hakulinen: 'In certain words the modern i has similarly developed from the vocalization o f an initial j in the following syllable during the period o f Finnish development. E . g. avulias helpful < dial, avuljas (cf. apu help), sovelias suitable < obs. soveljas, asia m atter < asja (dial.), autio waste < autjo, hartia shoulder < *hartja, kallio rock < *kaljo, lattia floor < *latja, etc. (Many o f these words are Germanic loans) . ’ 2 0 9 Betrachtet man zunächst die finnischen Beispiele bei Hakulinen, so ist aus ihnen zu ersehen, daß es in den Mundarten (oder archaisch) noch Nebenformen m it j gib t — dies ist bei den germanischen Entlehnungen — die bei Hakulinen wegen ihrer Schwersilbigkeit schlecht ausgesucht sind — in keinem Fall festzustellen. Es ist also nicht ausgemacht, daß wir es hier um verschiedene Beispiele einer (mundartlich und chronologisch) einheitlichen finnischen Entwicklung zu tun haben. Fragt man weiter, warum in einem Teil der Fälle von Entlehnungen aus leichtsilbigen germanischen Stämmen silbisches, in einem anderen Teil unsilbisches i erscheint, so könnte man die Bedingungen m it Thomsen in der Lautumgebung suchen. Tatsächlich haben wir bei den aufgeführten Beispielen in den Fällen mit finnischem j im Germanischen die Wurzelauslaute r (1 - f - 1?), I (1 + 1?), s (1), g (1 ), d (1), P (1), -\-vitja ( p o d e rd ). Bei finnischem i haben wir im Germanischen die Wurzelauslaute b (1), t (2), k (1 - f 11), w (1), n (1) und «(1?). Das könnte eine Verteilung nach der Lautumgebung sein, wenn man einmal den unklaren Fall m it s ausnimmt; doch sind die Beispiele zu einem gültigen Schluß selbstverständlich zu spärlich207* . Im übrigen fällt eine Untersuchung hierüber in den Bereich der finnischen historischen Sprachwissenschaft. Für unsere Zwecke können wir abschließend zusammenfassen: 204 S. 76f. der deutschen Ausgabe (s.o. Anm. 193). 205 Finnisch-Ugrische Forschungen 13 (1913), 322. 206 Lauri Hakulinen: The Structure and Development of the Finnish Language, Bloomington & den Haag 1961 (Indiana University Publications, Uralic and Altaic Series 3) (vom Autor verbesserte und erweiterte Übersetzung des 19411946 au f Finnisch erschienenen Buches), S. 28; vgl. auch S. 126, 130f., 132f. 207 Es ist interessant, daß diejenigen Entlehnungen nach (gm.) schwerer Silbe, die au f Laute der zweiten Serie ausgehen, sich auf die Sonderfällo miekka (k) und arpi (w) beschränken.

Dio Diskussion über die Sieverssche Regel

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1. D as Finnische hat grundsätzlich die Möglichkeit, i und j zwischen K onsonant und Sonant zu unterscheiden ; es scheinen aber innerhalb der finnischen Sprachgeschichte Entwicklungen von unsilbischem zu silbischem i in der Stellung nach Konsonant vorgekommen zu sein. 2. D ie Lehnwörter aus dem Germanischen zeigen nach schwerer Silbe durchgehend die silbische Realisierung i (i j ); nach leichter Silbe ist sowohl die silbische wie die unsilbische Realisierung belegt, möglicherweise nach der Lautumgebung verteilt. Es ist nicht auszuschließen, daß das Nebeneinander nach leichter sowie die Einheitlichkeit nach schwerer Silbe a u f Verschiebungen im Finnischen beruhen. Damit läßt der Befund des Finnischen keine - oder zumindest keine sicheren — Schlüsse auf die Realisierung des Halbvokals im Germanischen zu. Man kann allenfalls feststellen, daß das Finnische, w e n n s e in e H a l b v o k a l r e a l i s i e r u n g a u s s c h li e ß l ic h o d e r ü b e r w ie g e n d v o n d e r H a l b v o k a l r e a li s i e r u n g d e r g e r m a n is c h e n V o r la g e a b h ä n g ig i s t , a u f eine einheitlich silbische Realisierung nach schwerem W ortstam m , und auf silbische neben unsilbischer Realisierung nach leichtem W ortstam m im Germanischen hinweist. f)

Angebliche Evidenz gegen die Sieverssche Regel im Germanischen

Gegen die Annahme einer W irkung der Sieversschen Regel im Germanischen erhob Friedrich K luge Einspruch 20e. E r verwies auf eine Reihe von Fällen, bei denen die historische Lautlehre der damaligen Zeit in rekonstruierten urgermanisehen (oder anderen vorliterarischen) Formen unsilbisches j nach schwerer Silbe ansetzte, und hielt diese Rekonstruktionen für sicher genug, um die Sieverssche Regel zu widerlegen. Seine Gegenbeispiele sind aber von sehr unterschiedlichem Gewicht: 1. D ie unregelmäßig auftretende westgermanische Konsonantengemination nach schwerer Silbe (hörren usw.) besagt nichts, da es sich hier um eine späte Entwicklung handelt, die erst eingesetzt haben kann, als das alte Kausativ-Suffix -eio- zu -ja- vereinfacht worden war (denn auch in Kausativen wird geminiert). W enn deshalb die Gemination auch bei einem Primärverb wie *hauz-(i)ja- eintrat, dann kann daraus nicht a u f eine Form mit unsilbischem j im u r s p r ü n g l ic h e n Suffix-Anlaut geschlossen werden (da auch -tja- zu -ja- vereinfacht werden müßte). 2. Die Entwicklung von gm. *stöw-(i)ja- zu gt. stojan (usw.) wäre nur dann ein Gegenbeweis, wenn sie tatsächlich (wie früher angenommen)2 8 0 208 Vgl. die Literatur oben Anm . 148, besonders Grundriß XI, 333f., 8I, 379 j Urgermanisch 72f.; ferner W alde: Auslautgeaetze (s.o. Anm. 152), S. 136f.

Forschungsbericht urgermanisch wäre (oder wenn ein *etöw-ija- im Germanischen zu *stauija> *8taujan geführt hätte). Die Entstehung der Form stojan usw. wird aber inzwischen für einzelmundartlich (gotisch) gehalten. 3. Bei dem bereits von Osthoff behandelten Beispiel gt. nißjis < idg. *nept-jo- ist sehr wahrscheinlich die Etym ologie falsch209. 4. Gewichtig sind allein die Fälle, bei denen ein Dental zwischen n und j geschwunden ist, wie in gt. sunja 'W ahrheit’ < gm. *sundjö < idg. *s# gm. un nicht mehr wirkte.

Die Diskussion über die Sieverssche Regel

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Schema aus, daß die Sieverssche Regel, wenn sie überhaupt eine Berechtigung hat, in grundsprachlicher Zeit und dam it vor dem typisch germanischen Dentalschwund gewirkt haben muß. In der Folge A + n D j - f A hätte also zunächst die Sieverssche Regel wirken und die Voraussetzungen für einen Dentalschwund beseitigen müssen. Wir haben nun aber schon mehrfach gesehen, daß die 'Sieverssche Regel’ — in welcher Form auch im m er — (noch) in einzelsprachlich germanischer Zeit wirksam gewesen sein muß. W ir können deshalb für einen bestimmten Zeitraum ansetzen, daß die Sieverssche Regel und der Dentalschwund als lebendige Regelungen gleichzeitig wirkten. Wenn nun eine Folge A + n D j + A entstand — sei es durch W ortbildung oder durch die Entwicklung idg. $ > gm. un o.a. — so m ußte sie beseitigt werden; ob aber durch die Sieverssche Regel oder den Dentalschwund läßt sich nicht bestim m en218, da beide zu strukturell möglichen Lautfolgen führen mußten {A + nD ij A im einen, A + nj - f A im anderen Fall). Wörter, die erst in germanischer Zeit gebildet wurden, oder die die Lautfolge A + n D j + A erst in germanischer Zeit erhielten, können deshalb nicht zu einer Widerlegung der Sieversschen Regel herangezogen werden. Ein kritischer Fall wäre nur, wenn bei einem W ort die Bildung in grundsprachlicher (indogermanischer) Zeit feststünde und wenn es zu dieser Zeit bereits die Folge A + n D j + A enthalten hätte. W äre in einem solchen W ort der Dental geschwunden, so wäre dies ein Argument dagegen, daß eine 'Sieverssche Regel’ in g r u n d s p r a c h li c h e r Z e i t wirksam war. Aber um die Frage einer 'Sieversschen Regel’ in grundsprachlicher Zeit geht es Kluge gar nicht — sein Argument muß deshalb als nicht beweiskräftig zurückgewiesen werden. g)

Zusammenfassung

1. D as Material des Germanischen ist deshalb schwer zu beurteilen, weil die Verschiedenheiten nach leichter und schwerer Silbe in der Regel nicht in unterschiedlicher Realisierung des Halbvokals bestehen, sondern allenfalls inUnterschieden.dieaufeinesolchezurückgeführt werdenkönnen. 2. Es bestehen deutliche Hinweise darauf, daß die Verteilung von Varianten nach der Schwere des vorausgehenden Wortteils in einzel818 Theoretische Probleme dieser Art sind neuerdings im Rahmen der generativen Grammatik ausführlicher erörtert worden. Ich verweise au f Paul Kiparsky: Phonological Change, Diss. M .I.T . 1965, vor allem Kapitel 1.5 und 1 .6 ,w o an Beispielen begründet wird, daß neue Regeln nicht am Ende der phonologischen Komponente angefügt werden müssen, sondern daß sie auch eingeschoben werden können. Dies bedeutet in unserer Darstellungsweise, daß von zwei zur gleichen Zeit wirksamen Lautgesetzen nicht unbedingt das sprachgeschichtlich ältere au f einen bestimmten Lautkomplex zuerst angewendet werden muß. 7 Seebold, Das System der Idg. Halbvokale

F orschungsbericht sprachlich germanischer (gotischer, nordischer usw.) Zeit stattfand. Eine grundsprachliche 'Sieverssche Regel’ wird nirgends zwingend vorausgesetzt, doch setzen einige nordische Formen eine Verteilung der Varianten vor Eintritt der typisch nordischen Lautentwicklungen voraus. 3. Während nach schwerer Silbe (und gleichwertigen Stellungen) nur eine Variante (und zwar die mit — ursprünglich — silbischem Anlaut) m öglich ist, bestehen nach leichter Silbe (und gleichwertigen Stellungen) in mehreren Fällen beide Varianten nebeneinander. In dem wichtigen Fall des nominalen /«-Suffixes zeigt das Altnordische — ähnlich wie das Vedische — nach schwerer Silbe nur Reflexe v on -ija-, nach leichter Silbe Reflexe von -ja- neben solchen von -ija-. Die gotischen Formen gehen nach leichter wie nach schwerer Silbe von -ija- aus; wenn deshalb vorausgesetzt werden soll, daß die gotischen und die nordischen nominalen jaStämme a u f das gleiche System zurückführen, so muß angenommen werden, daß im Vor-Gotischen nach leichter Silbe ja- und -i/a-Stäm m e in der t?a-Form zusammengefallen sind.

2.

D ie altiranischen Sprachen

Sievers hatte bei der Aufstellung seiner Regel auf Untersuchungen von Hübschmann verwiesen, die im folgenden Jahr in der Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung erschienen (s.o. Anm. 48). Hübschmann gab dort einige Beispiele aus den metrischen Texten des Avesta, die er aber sehr zurückhaltend beurteilte ('die zahl der belege ist gross, aber bedenklich gross ist auch die zahl der ausnahmen’ , S. 362). Mehr Bedeutung maß er einer phonetischen Besonderheit der (alt)iranischen Sprachen bei: W ährend nämlich dort unsilbische y und v auf bestimmte unmittelbar vorausgehende Konsonanten verändernd (in der Regel spirantisierend) einwirkten, hatten silbische iy und uv diesen Einfluß nicht, z.B . avest. haifrya-, apers. haéiya- = ved. satyà- (t + y ) gegenüber avest. ma$ya-, apers. martiya- = ved. mdrt(i)ya- (t + iy ). Hübschmann gab eine größere Anzahl von Beispielen aus dem Avesta und dem Altpersischen, erwähnte aber in seiner Zusammenfassung die Stellung nach schwerer oder leichter Silbe nicht mehr. Er glaubte lediglich feststellen zu können, 'daß in bestimmten einzelnen fällen die arische grundsprache zwischen vocalischem und consonantischem y und v bereits scharf unterschieden hat. Ob diese Unterscheidung bis in die indogermanische grundsprache zurückzudatieren ist, ist eine weitere frage, die zu beantworten ich andern überlasse.’ (S. 366). Sein Verweis a u f das Griechische (άγιος, στύγιος . . . gegenüber

Dio Diskussion über die Sieverssche Regel άζομαι, τάσσω . . . άλλος) zeigt aber, daß er die Lösung im Grunde genommen in einer anderen Richtung als Sievers suchte*11. Die Parallelität von Rigveda und Avesta auch im Bereich des Kom positions- und Satz-Sandhi stellte dann Jerzy Kurylowicz heraus215, w obei er auch nachdrücklich darauf hinwies, daß im Altiranischen bei der 2 . Sg. des Personalpronomens ein Unterschied zwischen Nom inativ (avest. tv-, apers. tuv- < *tuv-) und den übrigen Kasus (avest. &w-, apers. &uv< *tv-) besteht. Hübschmann hatte die betreffenden Formen zwar aufgeführt, aber a uf ihre paradigmatische Zusammengehörigkeit nicht eigens hingewiesen. Vollständig gesammelt und untersucht wurden dann die Beispiele für 'D ie Behandlung von y und v nach K onsonant in den metrischen Texten des Awesta’ durch Bernfried Schlerath (handschriftliche Dissertation Frankfurt 1951). Schlerath geht von zwei Voraussetzungen aus, einer philologischen und einer sprachgeschichtlichen. Die philologische betrifft die Schreibung der T exte : 'seit F. C. Andreas wissen wir, daß in der ältesten Niederschrift des Avesta die Spiranten von den entsprechenden Verschlußlauten graphisch nicht geschieden waren und die Unterscheidung, so wie sie in unserem Vulgat-Text vorliegt, erst eine Sache der Transkriptoren war. Mag also die von Hübschmann festgestellte Erscheinung in den allermeisten Fällen richtig sein, so kann sie doch nicht letzte Autorität beanspruchen, und wir dürfen uns nicht scheuen, gegebenenfalls auch gegen die Transkriptoren zu entscheiden’ (S. 2). D ie andere betrifft die Deutung des Unterschieds ya — iya (va — uva), den Schlerath im Anlaut als Entsprechung des Unterschieds i — i (u — ü), im Inlaut als Unterschied zwischen zwei verschiedenen Suffixen auffaßt. Die Theorie der Entsprechung von y\iy und */t geht dabei letztlich auf de Saussure zurück, der y und i als Reflexe der Schwundstufen von anit-Wurzeln (mit halbvokalischem Auslaut), iy und i dagegen als Reflexe der Schwundstufen von set-Wurzeln (m it Halbvokal -f- a im Auslaut) auffaßte21*. Für die Theorie über den Suffix-Unterschied ya — iya stützt sich Schlerath auf Franz Specht, dessen Arbeiten noch unten ( I I B l) zur Sprache kom men müssen. Die Prüfung des Materials ergibt zunächst für die Anlautgruppen, daß y und v nach Doppelkonsonanz in allen klaren Fällen silbisch zu messen sind; eine Ausnahme m acht lediglich xèv-, das erst im Verlauf der iranischen Sprachgeschichte durch den Vorschlag eines x seine schwere K on2,1 Wahrscheinlich berücksichtigte er stärker die Arbeit Ficks (s.u. I I B 1). Vgl. noch Hermann: Silbenbildung, S. 338-340. 218 RO 4 (oben Anm. 76), besonders S. 204f. 218 Mémoire (s.o. Anm. 92).

100

Forachungsbericht

sonanz erhalten hatte. Seine Sonderstellung ist deshalb wohl in der besonderen Lautgeschichte begründet. Die silbischen Messungen stimmen dabei nach Schlerath sowohl zu Sievers Regel wie auch zur Annahme einer 'Spaltung’ von Ï und ü , da in allen klaren Fällen diese Langvokale zugrunde liegen. Für y und v nach einfachem Konsonanten findet Schlerath dagegen die silbische Messung nur 1 . als 'Spaltung’ v on ï und ü, 2. in der Kom positionsfuge und 3. bei einsilbigen W örtern217. Einen Wechsel nach der Schwere der vorausgehenden Silbe kann er nur bei tuvol&wo (dem Pronom en der 2. Person) m it Sicherheit feststellen. Er führt dies darauf zurück, daß bei den Pronom ina auch der Wechsel zwischen stark- und schwachtoniger Form eine Rolle spielte. Im übrigen scheinen ihm diese 'Spuren von Sievers’ Gesetz nicht einen alten Rest darzustellen, sondern weit eher einen neuen Ansatz’ (S. 71). Diese K riterien für die Beurteilung von Anlautgruppen haben wir — bis a u f das zuletzt genannte — bereits diskutiert und brauchen deshalb nicht weiter a u f sie einzugehen: D ie regelmäßige 'Spaltung’ von ï und ü entspricht der später von Lindeman für den R igveda festgestellten regelmäßigen silbischen Messung bei schwundstufigen sei-Wurzeln (s.o. I C 5). — Eine gewisse Ähnlichkeit zwischen Schlerath und Lindeman besteht auch in der Betonung der Stellung der Einsilbler : Lindeman beschränkt auf sie die W irkung der Sieversschen Regel, Schlerath die Möglichkeit silbischer Realisierung des Halbvokals (und damit zugleich die Möglichkeit eines Wechsels nach der Sieversschen Regel, denn tuvol&wo ist ja ebenfalls ein Einsilbler). Wenn Schleraths Feststellungen zutreffend sind — was wegen des wesentlich geringeren Belegumfangs für das Avesta weder bestätigt noch widerlegt werden kann — dann war aber die Möglichkeit einer Anlautvariation im Avestischen stärker beschränkt als im Vedischen. — Das Verhalten der Kom positionsfuge stimmt ebenfalls zum Vedischen (s.o. I D , w obei allerdings a u f Grund von Schleraths Einteilung hier nur die einsilbigen Vorderglieder betroffen sind). — Ein neuer Gesichtspunkt ist für uns dagegen, daß die Sieverssche Regel mit Stark- und Schwachtonigkeit Zusammenhängen soll218. Hierfür g ib t Schlerath folgende Übersicht (s. 39f.): 217 Daß die Einsilbigkeit wesentlich ist, sieht Schlerath am deutlichsten bei den Ableitungen und Komposita von Am- 'eigen’, bei denen huv- völlig ausgeschlossen ist, während es beim Grundwort vorkommt. Zur Begründung verweist Schlerath auf Wilhelm H orn: Sprachkörper und Sprachfunktion, Berlin 21923, S. 136. 218 Eine Verteilung nach diesem Gesichtspunkt scheint allerdings auch Grassmann vorgeschwebt zu haben, vgl. seine Bemerkung im Wörterbuch s.v . tvà (unter tvdyä).

Die Diskussion über die Sieverssehe Regel gathisch

volltonig im Versanlaut

tuv-

1

101

jungavestisch



13 tuv-

6

&w

im Innern nach schwerer Silbe oder nach Zäsur

4

2 &w-

nach leichter Silbe

-

2

5

2

-



3

13

3

7

schwachtonig nach schwerer Silbe



nach leichter Silbe



2

6

Aus dieser Übersicht folgt nach Schlerath, daß die Tendenz, tv- nach schwerer Silbe zu tuv- zu erleichtern, in starkem Maße bei den volltonigen Formen bestand, in ungleich schwächerem bei den schwachtonigen ; ferner ·— m it Vorbehalt — , daß dies in der älteren Sprache (gathisch) stärker hervortritt als in der jüngeren. A ber man kann m it Schleraths Material auch eine Gegenrechnung aufmachen, wenn man nämlich — wie durch die von Schlerath zu Unrecht vernachlässigte Schreibung nahegelegt — den NSg von den übrigen Kasus abtrennt. Es ergibt sich dann folgendes Verhältnis: NSg gath.

NSg jungav. Sst. gath.

Sst. jungav. tuv-

tuv-

fhv-

tuv-

•&W-

nach schwer





5

2

nach leicht







?2

Versanlaut

1



11

2 + 1

nach Zäsur

3







volltonig

tuv—

&w-

frw-

1



1







1





1

1

2

2

(+ l? ) 3 (+ l? )

-



13

3

7

2



6

schwachtonig nach schwer nach leicht



Diese Gegenrechnung zeigt folgendes: 1 . D ie wichtige Stellung im Versinnern ist bei den starktonigen Formen selten belegt ; vor allem fehlen Belege fast ganz in der älteren Sprache (1 Beleg insgesamt). Das Material ist also zu überzeugenden Schlüssen viel zu spärlich.

2. N ach leichter Silbe ist nie silbisch zu messen (insgesamt 11 Belege).

F orechungabericht

102

3. Bei den übrigen ist das Verhältnis von silbischer zu unsilbischer Messung folgendes (schwer = nach schwerer Silbe, Pause = nach Pause, d.h. Versanfang oder Zäsur, schwach = schwachtonige Formen nach schwerer Silbe) : Im N om inativ:

In den übrigen Kasus:

schwer: Pause:

schwer: Pause:

schwach:

4 :0

0 :1

1 :1

2 : 13

11 : 3

0 :1

3 :4

3 :7

gath.



jav .

5 :2

Hieraus ist zunächst kein bemerkenswerter Unterschied zwischen gathisch und jungavestisch festzustellen. Ob die geringen Abweichungen typisch sind, läßt sich bei derart wenigen Belegen nicht festetellen. W as den Unterschied schwachtonig — starktonig anbelangt, so kann er nur bei den 'übrigen Kasus’ festgestellt werden (da der Nominativ keine schwache Form hat) und weiter nur in der Stellung nach schwerer Silbe (die Stellung nach Pause ist für die enklitischen schwachtonigen Formen ausgeschlossen). Dann ergibt sich ein Unterschied von starktonig 0 : 2 zu schwachtonig 5 : 20. Auch hier wieder ist wegen der sehr geringen Zahl von Belegen kein typischer Unterschied festzustellen (bei 5 : 20 kommt auf jede vierte unsilbische Messung eine silbische; und da bei den stark tonigen nur zwei unsilbische Messungen belegt sind, besagt es nichts, wenn keine silbischen Vorkommen). Es bleibt als letztes Nom inativ gegen übrige Kasus, und dies scheint neben der unsilbischen Messung nach leichter Silbe der einzige einigermaßen deutliche Unterschied zu sein: Nom inativ 20 : 5, übrige Kasus 9 : 27 ; das Verhältnis ist also fast umgekehrt (4 : 1 gegen 1 :3 ) . Das Material könnte dam it gerade das zeigen, was Schlerath nicht sucht: die Verschiedenheit zwischen Nom inativ und den übrigen Kasus auch in der Metrik. A u f diesen Unterschied wird in Kapitel II und III noch weiter einzugehen sein. Der zweite von Schlerath untersuchte Bereich sind die Suffixe. Daß hier -yu- nur nach leichter Silbe steht und das y dabei nie silbisch zu messen ist, kann am Rande vermerkt werden. W ichtiger sind die ya-Suffixe. Hier findet Schlerath nach leichter Silbe die Form -ya- metrisch sicher faßbar in anya-, hai&ya-, havya- und maiöya-; neben -iya- in nairya· ( 6 y : 4 iy). Nach leichter Silbe die Form -iya- (abgesehen von ibitiya-, das -iya- enthalten könnte) in äviSiya-, manahiya-, mariya- (12 i y : 3 y), mäzainiya-, rai'diya- und zaviya-. Nach schwerer Silbe die Form -iya- in äsu-aepiya-, gaêâiya-, xrümiyom, tçfrriya- m it E N tafrriyavant, tiStriya-, paoiriya-, bämiya-, naptiya-, maéiya-, yasniya-, vahmiya-, vaëôiya-, vaintiya-, vanniya- ( 2iy : 1 y),

Die Diskussion über die Sieveresche Regel

103

västriya- ; die Form -ya- in däitya- und sraoëya-, Zu däitya- muß allerdings bemerkt werden, daß die Schreibung t (statt 0 ) einem unmittelbar folgenden y widerspricht. Schlerath nimmt an (S. 106), daß die regelmäßige f-Schreibung unter dem Einfluß von mpers. dätik steht. Nach Silben, deren Quantität nicht oder nicht sicher bestimmbar ist, -iya- in abaßiya- (ved. ädäbhiya-), aëiya- (zu aSa- = *artiya-1), kaviya(ved. kavyä- oder kdviya-), vairiya- (ved. vAriya-, später auch varya-) — in allen diesen Fällen ist also schwere Silbe wahrscheinlich — ; -ya- steht bei airya-, nicht aber in airiyana- : von diesen hat airya- wohl eine leichte Silbe, da es wahrscheinlich im Gegensatz zu ved. driya- keine Dehnstufe ha t219, während für Vrddhi bei airiyana- die spätere Entwicklung zu êrân sprechen kann220. Das bedeutet, daß nach schwerer Silbe 16 klare und fü n f unklare W örter m it -iya- erscheinen, m it -ya- dagegen nur eines (sraoëya-) und ein unklares (däitya-). N ach leichter Silbe haben wir vier W örter m it -ya-, wozu wahrscheinlich auch airya- zu zählen ist, und vier m it -iya-; in zwei weiteren Fällen stehen beide Formen nebeneinander, einmal überwiegt ya (nairya-), einmal -iya- (mariya-). Das entspricht mindestens in der Tendenz dem oben für das Vedische (und vielleicht für das Um ordische) Festgestellten: Die Sie verasche Zuordnung gilt nur nach schwerer Silbe; nach leichter können beide Formen auftreten. Diese Ansicht vertritt auch Jerzy K urylow icz, der in dem Aufsatz 'Zu r altpersischen Keilschrift’ 2 2 1 außer gathischen ya-Ableitungen auch Flexionsformen von üStämmen heranzieht (beides ohne Belege). Desgleichen sucht er für das Altpersische die Existenz eines Suffixes -iya- nach leichter Silbe zu erweisen durch die Reflexe v o n p , t, δ in Harauvatiya- (zu Harauvati-), Äkaufaiiya- (zu Äkaufaka-) und M aiiya- (zu M aka-)222 (statt /, &, S, die unmittelbar a u f den vorausgehenden Konsonanten folgendes y erweisen würden). 3. Die baltischen und slawischen Sprachen In einer groß angelegten Untersuchung über 'D ie indogermanischen iä- und io-Stämme im Baltischen’ , Leipzig 1914 (Abhandlungen Leipzig 30,4) versuchte Ferdinand Sommer, die schwierige Frage der unterschiedlichen Flexionsweise von Nachfolgern der indogermanischen iound jö-Stäm m e in den baltischen Sprachen mit Hilfe der Sieversschen 219 Vgl. für die iranischen Sprachen H. W. Bailey, TPhS 1959, 94-101. Andere P. Thieme: Der Fremdling im Rgveda, Leipzig 1938, S. 147 f. 220 Anders P. Tedesco, Z U 2 (1923), 46f., dem Thieme zum Teil folgt. 221 S.o. Anm. 83, dort ZPhon 17,566f. 222 Nach Roland G. K ent: Old Persian, New Haven 1950 (2. Aufl. 1953), § 144.

104

Forschungsbericht

Regel zu erklären. Das Problem ist folgendes: Versucht man zu bestimmen, welche litauische Flexion den indogermanischen jo/tü-Stämmen entspricht, so findet man mehrere Möglichkeiten der Anknüpfung: Bei den Maskulina gibt es 1. Stämme mit NSg a u f -jas, die bis auf einige nicht allgemein verbreitete 2 2 3 Besonderheiten gleich flektieren wie die lit. a(idg. o-)Stämme, und von ihnen nur durch den vorausgehenden Halbvokal (der sich gegebenenfalls in der Palatalisierung des vorausgehenden Konsonanten ausdrückt) unterschieden sind; als Unterklasse haben sie Stämme m it NSg a u f -ijas. Daneben gibt es 2 . Stämme mit NSg a u f -ys und solche m it -is, die a u f Grund einiger Kasusformen und aus Gründen der Sprachvergleichung als Nachfolger von jo-Stämmen anzusprechen sind. — Parallel hierzu gib t es Feminina a u f -ja, mit einer Unterklasse auf -i/ja und einer Unterklasse auf -ija, sowie eine Flexion a u f -è. — Bei den Adjektiven gehören im Paradigma zueinander maskuline Stämme auf -jas und feminine Stämme auf -ja, ebenso maskuline auf -ys/is und feminine a u f -ê ; Feminina a u f il ja gehören zu anderen Stammklassen («-Stäm m e, Partizipien a u f nt). Die Verhältnisse in den beiden anderen baltischen Sprachen können mit den eben geschilderten litauischen in Einklang gebracht werden. — Für die historische Beurteilung ist wichtig, daß sich unter den Lehnwörtern der finnisch-ugrischen Sprachen aus dem Baltischen 2 2 1 solche finden, die -i(j)a zeigen, w o das belegte baltische Grundwort -ys hat (z.B . estnisch takijas 'D istel’ zu lit. dagys) — offensichtlich spiegelt in diesen Fällen das Lehnwort den Lautstand einer älteren F orm . Bei den Stämmen auf -is gibt es nur ein unsicheres Beispiel für eine Entlehnung m it älterem Lautstand228, bei denen auf -è gar keines. Es ist dabei eine offene Frage, ob bei den (is- und) ë-Stâmmen nur aus Zufall keine sprachgeschichtlich früheren Form en entlehnt wurden, oder ob bei ihnen die Endergebnisse der Lautentwicklung in den Wortausgängen schon früher erreicht worden waren als bei den Stämmen a u f -ys. Bei der Beurteilung dieser Verhältnisse gab es nun eine Richtung von Sprachgeschichtlem, die versuchte, in jedem der baltischen Sondertypen den Reflex eines grundsprachlichen Sondertypus zu sehen und dam it alle diese Unterschiede in die Grundsprache zurückzu verschieben. Eine andere *** Vgl. etwa Chr. S. Stang: Vergleichende Grammatik der Baltischen Sprachen, Oslo (1966), S. 188 usw. 224 Zu den Entlehnungen in die finnisch-ugrischen Sprachen vgl. besonders Vilh. Thomsen: Beröringer mellem de finske og de baüiske (litauisk-lettiske) Sprog, Kopenhaben 1890 (Kong. Danske Videnskabemes Selskabs Skrifter V I, 1,1), besonders S. 114-125 (Thomsen hat für die Maskulina übrigens ebenfalls auf Sievere Regel verwiesen); Eino Nieminen, S F A IV 1956, 191-197. 2,4 Finn, vaaja ’ Keil’ — lit. vdgis, aber das finnische Wort kann auch aus dem Germanischen entlehnt sein. Vgl. Thomsen: Beröringer S. 116 und 235; Sommer S. 228.

Die Diskussion über die Sieverssche Regel

105

Richtung versuchte, die Vielfältigkeit in den baltischen Sprachen als Ergebnis von speziell baltischen Entwicklungen darzustellen, konnte den Weg dieser Entwicklungen aber im einzelnen nicht aufzeigen. Heute kann als allgemein anerkannt gelten, daß die ys- und is-Stämme a uf das gleiche Paradigma zurückgehen und nur wegen des verschiedenen Akzents der Ausgangsformen aufgespalten wurden (im modernen Litauischen sind die W örter a u f -is wurzelbetont, W örter a u f -ys haben mobile Betonung). A u f diese Frage brauchen wir deshalb nicht weiter einzugehen22e. Die zweite, schwierigere Frage ist die nach dem Unterschied von -jas gegenüber -isf-ys beim Maskulinum und von -ja gegenüber -è beim Femininum. Bei den Maskulina führt man heute -jas auf -ios, -isl-ys auf -iios zurück. Die Lautentwicklung ist dabei allerdings nicht klar, da das a in Endsilben (z.B . bei den α-Stämmen) nur in e in ig e n baltischen Mundarten schwindet, der Unterschied zwischen -jas und -is/ps aber in allen vorhanden ist. Christian Stang argumentiert deshalb, daß 'die Ursache des Übergangs . . . nicht in fehlender Stabilität des auslautenden a zu suchen* sei, sondern daß 'der K om plex -i\as . . . als solcher unstabil gewesen und der Kontraktion unterlegen* sei227. Man könnte darauf verweisen, daß eine ähnliche Erscheinung auch bei den lt. o-Stämmen auftritt, w o das o ( > u) des NSg nur nach r synkopiert wird, wogegen es in anderer Umgebung während der ganzen lateinischen Sprachgeschichte fest bleibt. — In Parallele zu dieser Herleitung beim Maskulinum führt man beim Femininum lit. -ja auf -tä und lit. -è auf -ijä zurück228, ohne daß jedoch für die Lautgeschichte des è ähnlich plausible Anhaltspunkte bestehen 22#. Zur Begründung des Ansatzes -è < -ijä w ird außer der paradigmatischen Zusammengehörigkeit m it maskulinem -is/ps < -ijfis vor allem die Funktion des ë-Suffixes herangezogen ·— dabei wird nicht ausgeschlossen, daß die (’-Flexion außerdem auch aus anderen Quellen stammen könnte. Nim m t man diese Rekonstruktionen an — und sie bieten immerhin die wahrscheinlichste der bis jetzt angebotenen Erklärungen für die formalen Unterschiede — , dann stellt sich die Frage nach dem Verhältnis der fo/jä-Stäm m e zu den üo/üä-Stäm m en — das Kernproblem der Arbeit Sommers. Sommer wies darauf hin, daß m it der Annahme eines Funk**· Letzter ernsthafter Verfechter der Theorie von verschiedenen Ausgangsflexionen für is- und ÿe-Stämme war J . Endzelin : Zur baltischen Deklination der 'ablautenden’ (i)jo-Stämme, ZvS 50 (1922), 13-34 (Mischung von t- und } 0 -Stämmen), vgl. auch die in Anm. 231 zitierte Arbeit. Er hat diese Ansicht dann zurückgenommen in der Streitberg-Festgabe, Leipzig 1924, S. 42. 217 Stang (s. Anm. 223), S. 190. 229 Stang, S. 203f. Vgl. auch die Stellungnahme A . Vaillants zu Stangs Ansatz, BSL 63 (1968), 148. 229 Vermutungen bei Gregory N agy: Greek Dialects and the Transformation of an Indo-European Process, Cambridge Mass. 1970, S. 88-100.

106

Forschungsbericht

tionsunterschieds nicht auszukommen ist: der formale Unterschied besteht bei allen Funktionen. Aus seiner Materialuntersuchung ergab sich ihm, daß die Hauptmasse der (im übrigen weniger häufigen) Stämme auf -jas/ja nach Sonant oder nach kurzem Sonanten + Liquid oder n steht. Diese Bedingung kann formuliert werden als 'nach Sonant oder D iphthong’ , da auch beim A kzent ‘kurzer Sonant + Liquid oder Nasal’ im Litauischen als Diphthong gewertet wird. Die Stämme a uf -is/ÿs/é stehen nach den übrigen Konsonanten und in dreisilbigen Wörtern. Sommer erklärte diese Verteilung als Auswirkung der Silbentrennung: Ein auf D iphthong (einschließlich Liquidadiphthong) folgendes j steht im Anlaut der folgenden Silbe, während in anderen Fällen der davorstehende K o n sonant (gegebenenfalls eine Konsonantengruppe) die nächste Silbe anlautet, w obei die 'für den Silbenanlaut unbequeme konsonantische Artikulation des i' durch 'vokalisches i ’ ersetzt wird. Diese Erklärung kann weiter in Beziehung gesetzt werden zu der Auffassung der Sieversschen Regel bei Osthoff, van H elten und W alde (s.o. S. 71), so daß die A ufspaltung der baltischen ja-Stäm m e sich an eine verbreitete, vielleicht sogar grundsprachliche Erscheinung anknüpfen ließe: Es wäre auszugehen von einem einheitlichen jo/iä-Form ans m it Varianten nach der Sieversschen Regel, w obei im Baltischen durch einzelsprachliche Lautentwicklungen der Zusammenhang zwischen den Varianten beseitigt wurde. W egen der besonderen Verteilungsbedingungen des Baltischen muß Som m er dabei annehmen, 'd aß das Sieverssche Gesetz sich jeweils dort, w o es lebendig ist — reichen auch seine Wurzeln gewiß in die proethnische Region hinab — , den Eigenheiten der einzelsprachlichen Silbentrennung anpaßt’ (S. 75) ; also ist auch hier die Annahme einer späten, einzelsprachlichen Wirkung der Sieversschen Regel notwendig. Weniger überzeugend ist Sommers Erklärung der Mehrsilbigen: Für diese verweist er a u f eine 'an sich vom Sitz des „Hauptakzents“ ganz unabhängige, physiologisch in den Expirationsverhältnissen ohne weiteres begründete stärkere Intensität bei Beginn einer neuen artikulatorischen Einheit, mit der der Beginn eines selbständigen W ortes zwar nicht in allen, aber in den meisten Fällen zusammengeht’ (S. 76), die die Silbentrennung beeinflußt habe — aber das ist kaum mehr als das verschleierte Zugeständnis des Nicht-Wissens. Im einzelnen ist noch darauf hinzuweisen, daß Sommer das Sonderverhalten von m + j (nur sehr wenige Fälle) auf die besondere Stellung der Labiale bei der Palatalisierung zurückführte (S. 78— 82), und daß er annahm, im Femininum sei die K ontraktion nur im Auslaut und v or s erfolgt, so daß ë und ja im Paradigma abwechselten, und danach durch verschiedene Ausgleichsbewegungen das bunte Bild der baltischen ;a-Flexion entstand. Die

Die Diskuesion über die Sievorssche Regel

107

Untergruppen auf -ijasf-ija hält Sommer für wahrscheinlich durchweg entlehnt (S. 23— 25 und 232— 234), rechnet aber auch damit, daß sie altes -ijo- fortsetzen (S. 233). Letzteres stim m t zu der heute üblichen Ansicht*30. Sommers Ausführungen stießen auf heftige Kritik bei J. E ndzelin231, der besonders die Beispielsammlung bemängelte, aber auch auf grundsätzliche Schwächen der Argumentation Sommers, etwa bei der Chronologie der 'K ontraktionen’ und bei den Auswirkungen der Palatalisierung hinwies. Im ganzen ging aber Endzelins K ritik am Kernpunkt von Sommers Arbeit vorbei : Som m er hatte versucht, eine in Umrissen erkennbare (und auch von Endzelin nicht abgeleugnete) Verteilung baltischer Flexionstypen mit einer ähnlichen Verteilung v on formalen Varianten in den m it dem Baltischen verwandten Sprachen in Verbindung zu bringen; und er untersuchte sein Material daraufhin,ob sich diese Verknüpfung aufrechterhalten ließe. Daß sein Material ergänzungsbedürftig war, wußte er selbst und hat es auch mehrfach gesagt (z.B . S. 3). Endzelin auf der anderen Seite war damals ein ziemlich extrem er Verfechter jener Richtung, die die baltischen Verschiedenheiten aus der Verschiedenheit voreinzelsprachlicher Flexionstypen, möglichst aus grundsprachlichen Ablautverhältnissen und ähnlichem erklären wollte — er hat aber seinen Standpunkt später in Einzelheiten gem äßigt33a. W enn Endzelin nun argumentiert, daß die bloße Verteilung zweier Suffixformen auf bestimmte Stellungen noch nicht beweist, daß die eine aus der anderen entstanden ist, hat er dam it selbstverständlich recht. Wenn er aber glaubt, dam it sei Sommers These erledigt, ist er im Irrtum : W enn nämlich der Unterschied in den beiden Suffixformen auf verschiedene Realisierungen eines Halbvokals zurückgeführt werden kann, und die Bedingungen des Auftretens der Suffixformen sich m it den Bedingungen des Auftretens verschiedener H albvokalrealisierungen in verwandten Sprachen vergleichen lassen (wenn auch nur m it einigen Zusatzannahmen), dann ist mindestens zu erwägen, ob nicht v on einer einheitlichen Suffixform auszugehen ist, und die Verschiedenheiten auf von der Lautumgebung abhängige Halbvokalrealisierungen zurückzuführen sind. W enn wir in dieser Frage ebenfalls einen Standpunkt beziehen müssen, dann kann dies etwa auf folgende Weise geschehen : 1. Es besteht eine beträchtliche Wahrscheinlichkeit für die Annahme, daß die Verschiedenheit der baltischen Flexionstypen auf eine Verschie230 Vgl. Stang, S. 190f. 231 Ruaekij filologióeskij vestnik 76 (Warschau 1916), 292-315. 232 S.o. m it Anm. 226.

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Forechungsbericht

denheit -jo-/-iä- gegenüber -tjo -/-« ö - zurückgeht. Daß die feminine èFlexion ausschließlich auf -ijä-Stäm m e zurückgeht — einer der H auptstreitpunkte in dieser Frage — , soll dabei nicht vorausgesetzt werden. 2. D aß bei der Verteilung -jo-/-jä- und -ijo-j-iid- die Form des vorhergehenden W ortteils eine R olle gespielt hat, scheint mir ebenfalls wahrscheinlich zu sein, im Fall der Stellung nach (silbischem) Vokal ist dies ja auch eindeutig und verständlich. Die Frage ist lediglich, ob diese Verteilung — einmal abgesehen von der 'späten Analogie’ und den 'V erallgemeinerungen’ — die einzige Quelle der baltischen Verschiedenheit war oder nicht. Sommer legt bei der Behandlung dieser Frage großes Gewicht auf die Form des Ordinale trêczias 'dritter’ : dessen Entsprechung weist in den Sprachen, die hier überhaupt einen Unterschied zeigen können, -iio- auf, im Altindischen sogar -iio-; die baltische Form hat aber nicht den Reflex von -i\o- (S. 16f. u .ö .), weshalb die Annahme einer ausschließlich mechanischen Verteilung der Suffixformen naheliegt. A ber es ist fraglich, ob man einem einzelnen W ort so große Beweiskraft Zutrauen kann. Meines Erachtens läßt sich die Frage nicht endgültig entscheiden, wohl auch nicht durch eine vollständige Materialuntersuchung — die Vielzahl v o n Doppelflexionen, mehrdeutigen Form en, Ausgleichserscheinungen, Interpretationsschwierigkeiten und anderem dürfte zu viele M öglichkeiten offenlassen. — Gewissermaßen diese andere Seite des Materials — nämlich die sekundären Verschiebungen— sucht Gregory N agy 2 3 3 in den Vordergrund zu stellen, wenn er annimmt, die Sieverssche Regel (die er für die Grundsprache anerkennt) habe im Baltischen aufgehört zu wirken ; der Unterschied io : iio sei im wesentlichen ein Unterschied zwischen produktiver und unproduktiver Suffixform. Ein solcher Ansatz erklärt aber nicht die von Sommer herausgearbeiteten (baltischen, nicht indogermanischen) Verteilungskriterien. A u f die Frage von produktiv und im produktiv wird in K apitel I I noch kurz einzugehen sein. — Im ganzen liefert die These Som m ers 2 3 4 wohl die wahrscheinlichste Deutung der baltischen Verhältnisse235; aber sie ist keine ausreichende Grundlage, um die Verhältnisse anderer Sprachen und der Grundsprache in bezug auf die Sieverssche Regel vom Baltischen her zu beurteilen — vielmehr müssen wir versuchen, die baltischen Verhältnisse von einer besseren Kenntnis der Nachbarsprachen her stärker aufzuhellen. ,s* S .o. Anm . 229, dort Chapter II. 154 Vgl. n och die Besprechung von Sommers Buch durch Eduard Hermann, Literarisches Zentralblau 67 (1916), 84f. und Hermann: Silbenbildung, S. 298303 . 2SS Beim baltischen Verbum findet sich — so weit ich sehe — keine Spur der Sieversschen Regel.

Die Diskussion über die Sieverssche Regel

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Für das Slavische sagt Eduard Hermann, daß es den Wechsel zw ischen i und ii nach der Sieversschen Regel noch bei den Neutren spiegle, daß auch das Femininum den Unterschied sehen lasse und nur beim Maskulinum der Grund der Verteilung nicht mehr recht zu erkennen sei236; er führt aber jeweils nur wenige Beispiele an. Diese Stellungnahme ist auffallend, da in der beträchtlich älteren Stammbildungslehre des Altkirchenslavischen von Meillet 2 3 7 zu lesen ist: 'en indo-européen, l’emploi de *-yo- ou de *-iyo- était sans doute déterminé par la quantité brève ou longue de la syllabe précédente; mais cette ancienne répartition n ’est plus conservée en slave, e t l ’on n’aperçoit aucun principe qui permette de prévoir en aucun cas l’emploi de l ’une ou de l’autre form e.’ Die von Meillet gegebenen Wortlisten rechtfertigen sein Urteil durchaus. Wenn deshalb Hermann der Meinung ist, daß die Sieverssche Regel bei diesen Bildungen doch noch zu erkennen sei, dann müßte er dies genauer belegen. Vermutlich hätte er das Material chronologisch oder a u f bestimmte funktionelle Typen beschränkt; aber um dies zu rechtfertigen, wäre eine ausführliche und genaue Diskussion der einzelnen Bildungen am Platze gewesen. W ir können deshalb für das Slavische lediglich feststellen, daß es einen Unterschied j — i\ zwischen K onsonant und Sonant ausdrücken kann, und daß in bestimmten W ortbildungskategorien beide Formen offenbar unterschiedslos nebeneinanderstehen. Es ist selbstverständlich möglich, als Ausgangspunkt für diese Varianten Wechselformen nach der Sieversschen Regel anzunehmen, aber auch hier muß wieder gesagt werden, daß es Sache der slavischen historischen Grammatik ist, ob die slavischen Varianten so erklärt werden sollen oder nicht — für unseren Zw eck, die Untersuchung der Gültigkeit und der ursprünglichen Bedingungen der Sieversschen Regel, ist aus den Varianten beim slavischen Nom en kein Argum ent zu gewinnen. Beim slavischen Verbum schließlich sind — soweit ich sehe — keine Unterschiede vorhanden, die als Reflexe der Sieversschen Regel gedeutet werden könnten. — Der Vollständigkeit halber sei n och eine Ansicht von William R . Schmalstieg referiert238, der beim Anlaut baltischer und slavischer W örter die Reflexe einer Folge 'K onsonant + silbischer Halblaut + Sonant’ (statt einer zu erwartenden Folge 'K onsonant + unsilbischer Halblaut + Sonant’ ), z.B . ginii 'ich. verteidige’ ( < *9ψ>) statt *gnu, aus der Verallgemeinerung 233 Hermann: Silbenbildung, S. 323f. 237 A. Meillet : Études sur l'étymologie et le vocabulaire du Vieux Slave, 2. Teil, I V Formation des noms, Paris 1905; Suffixes à S. 375-401, das Zitat auf S. 377 (im Abschnitt über die Adjektive). 238 The Indo-European Semivowels in Balto-Slavic, Lg 35 (1959), 16-17 ; A Noto on Slavic Verbs o f the Type zéjo : zijati, Word 16 (I960), 204-206. Dagegen Lindeman N T S 20 (1965), 86.

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Forschungsbericht

einer ursprünglichen Wechselform nach der Sieversschen Regel im Satzzusammenhang herleitet. 4.

Das Lateinische

Während die möglichen Anknüpfungspunkte an die Sieverssche Regel beim Baltischen und Slavischen im Bereich der nominalen jo-Stäm m e zu finden sind, zeigt das Lateinische mögliche Reflexe dieser Regel fast ausschließlich beim Verbum, und zwar geht es hier um den Unterschied der Flexionen audire, -io, -is (im folgenden i-F lexion genannt) und capere, -io, -ie (im folgenden i-Flexion genannt) bei den Primär-Verben. Mit noch zu besprechenden Besonderheiten tritt die i-Flexion nach schwerer, die i-Flexion nach leichter Silbe auf. Diese Tatsache wurde schon längst erkannt und auch mit dem Unterschied schwer- und leichtsilbiger janVerben im Gotischen verglichen*3·, doch da meist nicht ausdrücklich zur Sieversschen Regel Stellung genommen wurde, sind die einzelnen Ansätze schwer zu beurteilen: Im Lateinischen liegt nämlich kein Unterschied zwischen silbischer und unsilbischer Realisierung des Halbvokals vor, sondern ein Unterschied zwischen Länge und Kürze — eine Verbindung mit der Sieversschen Regel würde voraussetzen, daß dieser Quantitätsunterschied als Reflex verschiedener Halbvokal-Realisierungen erklärbar ist. Ich führe zuerst das Material a u f2 240: 9 3 1. Denominative und andere sekundäre Verben haben stets die iF lexion241; sie sind in der Regel schwersilbig, doch kommen auch leichtsilbige v or (z.B . sitire). 239 Vgl. vor allem Ed. R u d olf Thumeysen: Über Herkunft und Bildung der lateinischen Verba auf -io der dritten und vierten Conjugation und über ihr gegenseitiges Verhältnis, Dies. Leipzig 1879, S. 47 ; A. Meillet, BSL 10 (1898), L X X V I I ; Erich Bemeker: Zur Präsensflexion der lateinischen primären }'oVerba, IF 8 (1898), 197ff.; A. Meillet,MSL 11 (1900), 322f.; Max Niedermann: Une loi rythmique proethnique en lati n,Mélanges Saussure, Paris 1908, S. 43-57 ; C. Jurot: Les verbes latins en -iô non dénominativs, M SL 19 (1914), 215-221; ders. M SL 20 (1916), 148-151; Hermann Collitz, AJPh 39 (1918), 416f.; Hermann: Silbenbüdung, S. 222-225. 240 Ich richte mich dabei im wesentlichen nach A . E m ou t : Morphologie historique du latin, 3. Aufl. Paris 1953 und dem Verbalverzeichnis bei Kühner-Holzweissig: Ausführliche Grammatik der lateinischen Sprache, Teil I, 2. Aufl. Hannover 1912 (Nachdruck 1966), S. 821-921. 241 Eine Ausnahme macht das morphologisch undurchsichtige potiri m it Nebenformen wie potitur. In der Regel wird angenommen, daß hier ein Denominativum von poti- mit einem primären «o-Verb, das ai. patyate entspricht, zusammengeflossen ist (vgl. etwa Walde-Hofmann : lateinisches etymologisches Wörterbuch, 4. Aufl. Heidelberg 1965, s.v.). In der Bewertung der Einzelheiten abweichend: O. Szemerényi: Syncope in Greek and Indo-European and the Nature of Indo-EuropeanAccent, Neapel 1964 (A IO N /L Quadorni III), S. 365-372.

Die Diskussion über die Sieverseche Regel

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2. V on den primären Verben — bei denen ich die Wurzel verben wie scire und vokalisch auslautende wie stäre ( < *stä-\5 usw.) unserem Thema gemäß v on der Betrachtung ausschließe — haben die schwersilbigen (nach Langvokal und nach Positionslänge) ebenfalls stets ï-Flexion, z. B. audire und dormire ; eine Aufstellung erübrigt sich deshalb. 3. Bei den leichtsilbigen Primärverben ist nach dem Stammauslaut zu unterscheiden in solche auf Geräuschlaut und solche auf Liquid, Nasal oder H albvokal: a) Solche auf Geräuschlaut haben i-Flexion : p : coepere (co- - f *apere), caperej-cipere, cupere, rapere/-ripere, sapere/sipere2422 5; t : pati, guatere/ 3 4 -entere, (zu potior vgl. Anm. 241); k: facere/-ficere, iacerej-icere (zu amicire s.u.), specere/-spicere, lacerel-licere, porricere; b : ? rabere2i3·, d : -gredere und gradiorl-gredi, födere \gU i: aio (defektives Mischparadigma, < *ag-jö), fugerel-fugere. Eine größere Anzahl dieser Verben hat in der vorklassischen und archaisierenden Sprache Nebenformen nach der i-Flexion (cupere, facere, illicere, -gredi, fodere und spät auch effugere). Nur i-Flexion hat amicire (das wohl zu iacere gehört, s.u.). b) Solche a u f Liquid, Nasal oder Halbvokal (v) haben in der Regel i-Flexion: v: pavirej-pumre (Flexion unsicher); r: ferire, moriri (arch., s.u.), oririj-oriri (s.u.), parire(arch., s .u .)/-perire, ex-periri, ear(r)ire, aperirejoperire-, l: polire, satire/-silire, sepelire (falls primär); n : venire. D och kom m t bei r auch i-Flexion vor (meist jünger): horitur (das W ort ist nur bei Ennius und nur in dieser Form belegt), mori (statt früherem moriri, s.o.), oriri bildet seine Indikativ-Form en beim Simplex fast nur nach der i-F lexion; parère (statt früherem parire, s.o.). Zunächst ist hier die Frage der 'M ehrsilbigen’ zu klären. A. Meillet und M. Niedermann (s. Anm . 239) haben großen W ert darauf gelegt, daß die mehrsilbigen io-Verben wie im Gotischen einen Sonderstatus beanspruchen; Niedermann hat ihr Verhalten so bestimmt, daß Verben, deren Stamm die Quantität - - hat (cönspic-is, dêpuv-is, désip-is, illic-ie, porricis) i-Flexion, solche mit « « (amic-is, aper-is, minur-is, reper-is, resip-is, sepel-is) i-Flexion hättenZ4S. H ier bedarf zunächst der Vergleich mit dem

resiplre vgl. Sommer: Kritische Erläuterungen zur lateinischen Laut- und Formenlehre, Heidelberg 1914, S. 134f. 243 Für rohere sind keine entscheidenden finiten Formen belegt ; im allgemeinen wird *rabo angesetzt, Ernout-Meillet im Dictionnaire étymologique (4. Aufl. Paris 1959) ziehen rahio vor. 244 Die von Berneker (s.o. Anm . 239) angeführten mugire und rugire haben ü 242 Z u dem nur bei Grammatikern bezeugten

(vgl. z .B . Walde-Hofmann, wie Anm. 219). 245 A .a.O . S. 51 f. Der Unterschied in der Behandlung lateinischer und gotischer K omposita S. 51* und 52l ist dabei ziemlich fragwürdig. Die Möglichkeit eines

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Gotischen eines Kom m entars: Die lateinischen Verben sind bis auf sepelire (und minur{r)ire) K om posita, und K om posita gehen im Gotischen eindeutig wie ihre Simplizia. Man könnte allenfalls darauf hin weisen, daß das Lateinische nicht den für das Gotische vorauszusetzenden W urzelakzent hatte und deshalb die K om posita anders behandelte. Aber was zwingt uns eigentlich zur Annahme einer Sonderstellung der Mehrsilbigen ? Die Beispiele der Gruppe - - erklären sich ohne weiteres nach ihrem Stammauslaut — m it Ausnahme von dëpuvis, und dieses ist nicht belegt : Die Flexionszugehörigkeit v on depuvio kann a u f Grund der Belege nicht bestimmt werden, und z.B . W alde-Hofmann setzen (vermutlich auf Grund der Flexion des Simplex) dêpuvire an. Auch in der Gruppe - « stimmen die meisten Beispiele zum Auslaut — außer amicis und resipis. Von diesen wiederum ist resipis nur durch Grammatiker bezeugt, und die von Sommer vorgebrachten Argumente sind schwerwiegend genug, um die Beweiskraft dieser Form zu erschüttern248. So bleibt allein amicire, und es fragt sich, ob man diesem Verb zuliebe eine so weitreichende Hypothese aufbauen will, die zudem in den meisten Fällen m it ‘ Analogie nach dem Simplex’ rechnen muß. Für näherliegend halte ich die Annahme, daß die t-Formen von amicire (die im übrigen ziemlich selten belegt sind) ursprünglich Nebenformen waren (vgl. oben faeire zu facere usw.), und daß in klassischer Zeit — in der amicire ein Archaismus war — diese Nebenformen als die ‘korrekten’ angesehen und verallgemeinert wurden. Es bleibt als auffallende lateinische Besonderheit die Unterscheidung nach dem Stammauslaut. Sie ist mit der von Sommer herausgearbeiteten Unterscheidung im Baltischen (s. o. S. 105ff.) nicht vereinbar, weil im Baltischen die Liquiden und der Nasal (wie in einem solchen Fall zu erwarten) m it den Vokalen Zusammengehen und den Geräuschlauten sowie den Konsonantengruppen gegenüberstehen, während im Lateinischen Liquide, Nasale und der Halbvokal v m it den Konsonantengruppen und anderen Schwersilbigen gegen die Geräuschlaute (nach Kurzvokal) stehen (was phonetisch weniger zu erwarten ist). Niedermann suchte dies zu erklären, indem er a u f die häufig beobachtbare Längung von Vokalen v or Liquiden und Nasalen hinwies (S. 53— 55); aber hiergegen lassen sich gewichtige Gründe Vorbringen, besonders der, daß im Lateinischen weder sprachlich Sonderverhaltens lateinischer Komposita wäre unter Umständen zu stützen durch die (unklaren) Bedingungen der Synkope von o und i nach Sommer: Handbuch der lateinischen Laut- und Formenlehre, Heidelberg 2./3. Aufl. 1914, S. 150f. ; aber es handelt sich dort um einen späten Vorgang anderer Art, der mit einem ‘loi proethnique’ nicht ohne weiteres in Verbindung gebracht werden kann. 248 Vgl. Niedermann (s.o. Anm. 239) und Sommer (s.o. Anm. 242). Die Überlieferung der betreffenden Stellen ist im übrigen (wie auch bei Niedermann zu erkennen) keineswegs einheitlich.

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noch metrisch eine tatsächliche Längung zu bemerken ist, und daß eine ohonologisch nicht relevante Länge auch keine derartigen sprachlichen Auswirkungen haben könnte247. — Eine andere Erklärung sucht A. Pariente, der die Unterscheidung von i- und t-Flexion nicht a u f eine voreinzelsprachliche Sieverssche Regel, sondern a u f eine innerlateinische Regelung zurückführt248. N ach ihm soll der indogermanische unsilbische Halbvokal } im Lateinischen einen Sproßvokal entwickelt haben, und zwar nach Liquid, Nasal und Konsonantengruppen früher als die Synkopierung des e in - j f i s i , nach (Sonant -f-) Geräuschlaut später als diese. A u f die Synkopierung wird unten noch einzugehen sein — hier soll zunächst nur zu dem Lautwandel bemerkt werden, daß Parientes Bedingungen für die angesetzte chronologische Gliederung der Lautentwicklung ziemlich willkürlich sind: D a er nicht mit Silbenquantitäten rechnet (bei einfachem Konsonanten im Auslaut gilt ihm Langvokal und K urzvokal gleich), ist es nicht zu verstehen, warum Konsonantengruppen, die ja in der Regel a u f Geräuschlaut enden, sich nicht wie Geräuschlaute, sondern wie Liquide und Nasale verhalten haben sollen. Ich kann deshalb auch dieser Erklärung nicht zustimmen. — Die übrigen Deutungen suchen den U nterschied zwischen Geräuschlaut und Liquid/Nasal/H albvokal in eine Serie von einzelnen Analogiewirkungen aufzulösen, was meines Erachtens dem Zufall etwas zuviel auf bürdet. Allerdings kann ich nicht glauben, daß bei diesem Unterschied besondere einzelsprachliche Bedingungen der Sieversschen Regel vorliegen ; denn ich sehe keinen Weg, dieses Sonderverhalten v on Liquiden, Nasalen und Halbvokal v m it der Schwere der vorausgehenden Silbe in Zusammenhang zu bringen. Hier dürfen wir nun nicht übersehen, daß im Lateinischen kein W echsel von HalbvokalRealisierungen, sondern ein Wechsel von Halbvokal-Quantitäten vorliegt. W ollen wir den Unterschied zwischen i- und i-Verben überhaupt m it der Sieversschen Regel verknüpfen, so müssen wir herausfinden, wie diese beiden W echsel miteinander Zusammenhängen können. Es wäre denkbar, daß die Sonderstellung von l, r, n und v keine Bedingung der Sieversschen Regel ist, sondern eine Bedingung des Übergangs vom Wechsel der Halbvokal-Realisierungen zu dem der Halbvokal-Quantitäten. B etrachten w ir also zunächst die seither gegebenen Erklärungen für den Quantitätsunterschied : Unter diesen Erklärungen gibt es zunächst einige, die (ausgesprochen oder nicht) m it 'schwundstufigen’ jo-Stämmen und Analogiewirkungen 247 Vgl. Skutsch, Qlotta 2 (1910), 367-369; Juret, M S L 19 (1914), 219-221; H ermann: Silbenbildung, S. 223-225; A . Graur, BSL 40 (1939), 127-129. 848 A . Pariente : Sobre las diferencias de tipe 'facis : venis’ (una ley fonética latina correspondiente alla de Sievers), Emerita 14 (1946), 1-81. 8 Seebold, Das System der idg. Halbvokale

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nach der Sieversschen Regel rechnen, am klarsten die Darstellung von Eduard Herm ann24·: Hermann unterscheidet bei den Primär-Verben athematische m it der 3. Sg. idg. -itil-iti und thematische, bei denen in der 3. Sg. nach der Sieversschen Regel -jefi m it -ijeti wechselte. D a nun die athematischen seiner Meinung nach in der 1. Sg. (usw.) ebenfalls nach der Sieversschen Regel zwischen -j i), und zwar muß dieser Schwund, dam it er die Aufspaltung in die Typen capere und venire bewirkt haben kann, bedingt gewesen sein durch die Stellung nach Geräuschlaut. Daß i vor e nur nach Geräuschlauten schwindet, während es nach Liquiden, Nasalen und « 26° erhalten bleibt, ist eine phonetisch klare und einigermaßen plausible Bedingung, die wir allerdings — mangels genau vergleichbaren Materials — weder beweisen noch widerlegen können. Parallelen könnten sein : F ür den Schwund des i : einmal der Schwund von ii v o r i in aie usw.261, vielleicht auch die K on traktion v on *ji > ï im GSg der jo-Stämme (nicht aber im NP1 -ii < -jpi) in der älteren Sprache262; für die unterschiedliche Behandlung in der Stellung nach Liquid/Nasal/v gegenüber der Stellung nach Geräuschlaut: das Unsilbisch-Werden v on u nach Liquid im frühen Latein (nach leichter Silbe schon vorliterarisch)263. Nach Abschluß dieser Entwicklung hätten wir z.B . in der 2. Sg. audis und capis2ii, aber *veniis, *pariis usw. anzusetzen. Für die weitere Geschichte dieser beiden zuletzt genannten F ormen können wir uns wieder a u f eine belegte Lautentwicklung stützen: Das Silbisch-Werden von j nach Konsonant, durch das *veniis zu *veniis werden m ußte, eine Folge, für die m it großer Wahrscheinlichkeit eine Kontraktion angesetzt werden kann. Für das Auseinanderfallen der E n twicklung bei den Stämmen a u f r ist es dabei lehrreich, das Verhalten der westgermanischen Sprachen, besonders des Altenglischen und Althochdeutschen, bei der Entwicklung der ^-Gruppen zu vergleichen266: In diesen Sprachen bewirkte j eine Gemination des vorausgehenden K on sonanten, wenn diesem ein kurzer Sonant voranging; später schwand das j, im Altenglischen v or Beginn der Überlieferung, im Althochdeutschen während der Zeit der frühesten Überlieferung. Bei beiden Ent-

Formenlehre von Stolz l 1885, § 105 (war mir bis jetzt nicht zugänglich, zitiert nach Streitberg, Btr 14,227) und F. Froehde, BK IS 14 (1880), 113-116. Die ’Widerlegung’ bei Streitberg (Btr 14,227), der sich auf Thumeysen (s.o. Anm.

280 261 2,2 283 284 285

217) stützt, besteht in dem Hinweis, daß ein solcher Lautwandel im Lateinischen keine Parallele hat. Streitberg hat vergessen hinzuzufügon, daß auch nirgendwo sonst die gleichen Bedingungen vorauszusetzen sind; die von Thumeysen angeführten Vokative können au f -iie zurückgehen (oder ausgeglichen sein). f ü j . Nasale gibt es nur das Beispiel venire, das aber gewichtig genug ist. Vgl. Sommer: Handbuch (s.o. Anm. 245), S.155 und Leumann-Hofmann Szantyr: Lateinische Grammatik I , München 1963 ( = Auflage von 1926-1928), S. 109. Vgl. Sommer: Handbuch, S. 339f. und Leumann-Hofmann-Szantyr, S. 268f., sowie Hermann, Nachrichten Göttingen (s.o. Anm. 256), S. 136. S.u. S. 120f. und vgl. Pariente (s.o. Anm. 248), S. 47ff. Die relative Chronologie des Schwundes von i vor e und des Schwundes von i zwischen Vokalen ist so w eit ich sehe nicht feststellbar, doch dürfte beim E ntstehen von capis die Form audis bereits vorhanden gewesen sein. Ich lasse die Einzelheiten und Sonderentwicklungen weg, die für den vorliegenden Fall ohne Belang sind.

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Wicklungen aber macht die Stellung nach r eine gewichtige Ausnahme : r wird v or j nicht geminiert, und j schwindet nicht nach r, wenn ein kurzer Sonant vorausgeht, z. B. ae. eettan ( < *sai-ja- m it Gemination und Schwund des j), fceran ( < *för-ja- ohne Gemination, mit Schwund des j), nerian ( < *nar-ja- < *naz-eja- ohne Gemination, ohne Schwund des j), entsprechend ahd. sezzen, fuoren, nerien/nerian. Im Alemannisch-Fränkischen ist diese Besonderheit aber durch Systemzwang ausgeglichen w orden: Nachträglich wurde das r verdoppelt und das j beseitigt: nerren. Dieser Vergleich lehrt, daß r -f- j gegenüber allen anderen ^-Verbindungen ein Sonderverhalten zeigen kann, v or allem im Hinblick auf die Bewahrung dieser Gruppe, zum andern zeigt er, wie dieses Sonderverhalten durch Analogie beseitigt werden kann. Das Vorbild der Analogie war im Alemannisch-Fränkischen eindeutig: Stämme m it Geminate nach kurzem Vokal und ohne j ; im Lateinischen — wenn wir einmal versuchsweise dasselbe Verhalten ansetzen — gab es dagegen zwei Vorbilder: den T yp venia und den T yp copie·, die Analogie konnte deshalb nach zwei R ich tungen wirken, was die Beleglage von alt parïre — jung parère, alt morlri — ju n g mori, Infinitiv oriri — 3. Sg. oritur usw. einfach und überzeugend erklären könnte. Natürlich kann dieser Vergleich mit den westgermanischen Sprachen keine Verbindlichkeit für das Lateinische beanspruchen, aber er zeigt doch deutlich, welche W ege die Entwicklung genommen haben kann; und das bunte Ergebnis ist durch die Vielzahl und K om plexität der geschilderten Erscheinungen (Schwund des intersonantischen i v o r i und Kontraktion, außer vielleicht bei den Stämmen auf r, w o die Folge rj vermutlich durch Analogie beseitigt wurde) wohl ausreichend erklärbar. Auch die Entstehung von Nebenformen ist bei einer so vielfältigen Entwicklung nicht verwunderlich — wobei außerdem zu bedenken ist, daß die i-Flexion gegenüber der i-Flexion die 'regelmäßige* ist. W ie bereits zugestanden, kann ich entscheidende Punkte dieser Theorie nicht beweisen — aber sie ist in sich geschlossen und nimmt a u f alle Besonderheiten der Beleglage Rücksicht, so daß ich es für vertretbar halte, sie hier zur Diskussion zu stellen. Im ganzen geben die lateinischen Verben aber fü r unser eigentliches Thema ebenfalls kein Beweismaterial ab : Es ist lediglich möglich, daß sie Wechselformen nach der Sieversschen Regel fortführen — die ursprünglichen Bedingungen wären dann aber überschichtet durch die Bedingungen der einzelsprachlichen Lautentwicklung. Falls die Verschiedenheit von i- und i-Flexion a u f Wechselformen nach der Sieversschen Regel zurückgeht, m üßte deren Wirkung in diesem Fall v o r der eigentlich einzelsprachlichen Entw icklung anzusetzen sein.

Die Diskussion über die Sieverssche Regel

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In der Z eit nach der einzelsprachlichen Entwicklung, also im belegten Lateinischen selbst, sind die Bedingungen für das Auftreten der H albvokalrealisierungen ziemlich verwickelt. In der Regel sind unsilbische i und y, in Lautfolgen der Struktur C Y A silbisch, d.h. zu i(j) und u (y) geworden; ein ursprünglicher Gegensatz zwischen C Y A und C IY A hätte also verwischt werden müssen. Diese Entwicklung ist aber spät und zumindest im Endergebnis nicht einheitlich, so daß noch Spuren eines alten oder neueren Gegensatzes anzutreffen sein könnten. Man sucht solche Spuren in folgenden Fällen: 1. Bei Lautfolgen mit unsilbischem i (und u), die eine Sonderentwicklung durchgemacht haben. A u f die Verhältnisse bei der Verbalflexion sind wir schon eingegangen; als ein anderer Fall wird angeführt die E ntwicklung von gi, di und si zu j j 2®·. Diese wäre etwa im Fall v on aiö ( < *ag-iö) eingetreten, im Fall v on ad-ägium*97, vestigium und anderen dagegen nicht. Man erklärt dieses unterschiedliche Verhalten durch unterschiedliche Bedingungen in der Lautumgebung der Vorformen, etwa durch die Annahme eines Gegensatzes zwischen ursprünglichem gi gegenüber ursprünglichem gij,. D a die Beispiele für die Entwicklung zu jj ziemlich spärlich sind, ist eine sichere Beurteilung von vornherein nicht möglich, zumal in keinem Fall ein Suffix oder ein anderes Form ans in zwei Varianten aufgespalten wird. Es könnte sich um einen Gegensatz 'Suffix jo : Suffix iio’ handeln, oder aber, da die Entwicklung zu jj nur nach K urzvokal belegt is t2·8, um einen Reflex einer früheren Wirkung der Sieversschen Regel. Man darf aber, wenn man letzteres annimmt, aus m ethodischen Gründen die Entwicklung zu ij nicht von verwandten Erscheinungen trennen, denn es gibt noch eine ganze Reihe anderer Sonderentwicklungen von Lautgruppen, die unsilbisches i oder u enthielten2·*. Von diesen — die im übrigen meist nicht mit voller Sicherheit anzusetzen und nur durch wenige Beispiele zu belegen sind — würden zwar die meisten der Sieversschen Regel nicht widersprechen, doch gibt es auch Gegenbeispiele, am deutlichsten suävis < *suädui- zu *suädu-, in dem der H albvokal gemäß der Sieversschen Regel nach der schweren Silbe nicht hätte unsilbisch realisiert werden dürfen, w orauf — wenigstens 868 Z .B . bei X agy (s.o. Anm. 229), S. 30-33. D a diese Überlegungen uns praktisch nicht weiter führen, kann ich auf eine Diskussion des umstrittenen Ansatzes si > ii verzichten. 287 Zur Quantität vgl. Calvert W atkins: Indo-European Origins of the Celtic Verb, I . The Sigmatic Aorist, Dublin 1962, S. 19-21; Nagy (s.o. Anm. 229), S. 32. Kürze und Einfluß der Mehrsilbigkeit wird angenommen bei Hermann : Silbenbildung, S. 222. 288 Ich berücksichtige hier nicht die Entwicklung in Anlautgruppen. 288 Vgl. etwa Sommer: Handbuch (s.o. Anm. 245), S. 216-225.

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mit großer Wahrscheinlichkeit — das d auch nicht geschwunden -wäre. Da aber y eine stärkere Tendenz zu unsilbischer Realisierung hat als j (vgl. etwa oben S. 52), könnte dam it gerechnet werden, daß die Abhängigkeit der Halbvokal-Realisierungen von der Schwere der vorausgehenden Silbe nur bei i erhalten blieb; und unter dieser Voraussetzung könnte man weiter annehmen, daß die Beschränkung der Sonderentwicklungen v or i auf Fälle m it leichter Silbe v or dem Halbvokal einen Hinweis auf Reflexe der Sieversschen Regel in der Sprache der Zeit vor dem Eintreten dieser Sonderentwicklungen geben. A ber die Beispiele sind so spärlich, daß dies eine Hypothese ohne Beweiskraft bleiben muß. 2. Die zweite Möglichkeit von Reflexen eines Gegensatzes C Y A : CI Y A besteht in der Realisierung von u in dieser Stellung, wenn zusätzliche besondere Bedingungen der Lautumgebung bestehen270. In der Regel wird der Halbvokal u zwischen K onsonant und Sonant silbisch realisiert, eine Ausnahme macht — abgesehen von einigen Kleinigkeiten, die uns hier nicht betreffen 2 7 1 — die Stellung nach Liquid : D ort steht bei Beginn der Überlieferung nach kurzem Sonanten -f- l/r unsilbisches v (solvo, servus), nach langem Sonanten -j- l/r dagegen silbisches (lärua, miluos). Erst in geschichtlicher Zeit verliert die Abhängigkeit von der Schwere der vorausgehenden Silbe ihre Bedeutung, und der Halbvokal wird nach Liquid immer unsilbisch realisiert (also auch lärva, milvus). Diese Besonderheit ist in metrischen Quellen m it Sicherheit faßbar, wenn auch einige Störungen auftreten272. In der Regel wird angesetzt, daß der Halbvokal in dieser Stellung zunächst (d.h. v or Beginn der Überlieferung) in allen Fällen silbisch realisiert wurde, und dann eine Entwicklung einsetzte, deren chronologische Schichtung von der Schwere der dem Halbvokal vorausgehenden Silbe abhängig w ar; diese Annahme würde zugleich erklären, warum z.B . auch se-luo zu solvo entwickelt -wurde273. Wir hätten dann wieder m it einer ’einzelsprachlichen Sieversschen Regel’ zu tun. 2.0 Die einschlägige Untersuchung ist von Bertold Maurenbrocher : Parerga zur lateinischen Sprachgeschichte und zum Thesaurus, Leipzig und Berlin 1916, S. 202-212 m it Exkurs S. 234-254. D ort auch weitere Literatur. 2.1 Nach Maurenbrecher ist zunächst qu auszunehmen. Dann wird relicuus zu reliquus, entsprechend wohl auch andere auf -cuus·, ferner wird u zu v vor betontem Vokal (arcu-dtus > arqudtus). 272 Nach Maurenbrecher wird älteres unsilbischos v gelegentlich, aber nicht lautgesetzlich, zu silbischom u (silua usw.); ferner wird u zwischen Konsonant und Sonant sporadisch unsilbisch gesprochen (genva statt genua — diese Besonderheit betrifft die Stellung nach Liquid also nicht). Solche Besonderheiten sind übrigens auch bei i zu erkennen, vgl. etwa Leumann-Hofmann-Szantyr (s.o. Anm. 261), S.110. 273 Die Zweifel von Hermann: Silbenbildung, S. 221 lassen sich wohl durch die Annahme der Entstehung von lu in verschiedenen Zeitstufen beseitigen.

Die Diskussion über die Sieveresche Kegel

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Nimmt man an, daß in Fällen wie servus der H albvokal nie silbisch war, und der Belegstand bei Beginn der Überlieferung das grundsprachliche Verhalten in bezug auf eine Sieverssche Regel zeigt, so müßte für Fälle wie solvo eine (sekundäre) Wirkung dieser Regel auch nach leichter Silbe postuliert werden. 3. In den Bereich der Abhängigkeit von der Schwere der vorausgehenden Silbe wird von Max Niedermann 2 7 4 auch das Suffix -ial-iês gezogen. Richtig hieran ist lediglich, daß -iês a u f die Stellung nach leichter Silbe beschränkt ist; -ia tritt nach allen Silbentypen auf. Es könnte sich also nur darum handeln, daß -iês ursprünglich m it einem unsilbischen H albvokal anlautete und entweder a u f die Stellung nach leichter Silbe b eschränkt war, da nach schwerer Silbe der Anschluß des Halbvokals in gleicher Form durch die Sieverssche Regel nicht zugelassen wurde, oder seine Variante nach der Sieversschen Regel nachträglich verlorenging. In -ia wird man eine solche Variante (unter Annahme einer nachträglichen Verallgemeinerung) kaum suchen dürfen, da es zumindest nicht ohne zusätzliche Einflüsse aus der gleichen Vorform entstanden sein kann. Auch hier ist deshalb eine W irkung der Sieversschen Regel zumindest nicht deutlich erkennbar. 5.

D ie keltischen Sprachen

Das Keltische wird von Eduard Hermann m it einem Fragezeichen zu den Sprachen gerechnet, die Reflexe der Sieversschen Regel aufweisen 278, und in neuerer Zeit hat sich Eric P. Hamp eingehender mit dieser Frage befaßt274. D er Tatbestand ist der, daß in den britannischen Sprachen Lautfolgen Vorkommen, die als Reflexe von C Y A , und solche, die als Reflexe von C IY A erklärt werden können. Die Beispiele sind aber ziemlich spärlich und gliedern sich nicht nach einem klaren Prinzip. Während etwa cymr. ail 'anderer’ < *a!jo- dem entspricht, was wir vom Vedischen her erwarten (vgl. z.B . ved. anyà-), zeigt cymr. neivydd 'neu’ < *nouijpeinen anderen Lautstand als ved. nävya- ; ebensowenig entspricht cym r. arddaf 'pflüge’ < *ariio- unseren Vorstellungen von der Form des primären Verbalsuffixes. H am p rechnet m it Wechselformen nach der Sieversschen Regel, mit Assimilationen von a (LaryngalVerbindungen) und Ausgleichserscheinungen, N a gy 2 7 7 insbesondere m it der Ausbreitung eines produktiven -»jo- gegenüber unproduktivem -jo-. Aber dies sind H y po- 2 7 272 (S.o. Anm. 239), S. 66f. 175 Silbenbildung, S. 264f. und 357. 274 In Evidence for Laryngeale, Austin (Texas) 1960, S. 206-217; 2. Aufl. den Haag 1965 (Janua Linguarum Series Maior X I ), S. 227-333. 277 (S.o. Anm. 229), S. 9-29.

F orschungebericht

122

thesen, die in unserem Fall nicht weiterführen. W ir können zum K eltischen nur sagen, daß es im Bereich der britannischen Sprachen 27 8 Reflexe von C Y A und CI Y A unterscheiden kann; die Deutung dieses Unterschieds ist aber — vor allem da es sich um nur wenige Beispiele handelt — ganz unsicher. Beweismaterial für die Sieverssche Regel ist aus den keltischen Sprachen nicht zu gewinnen.

6

.

Das Griechische

Im Griechischen sind grundsprachliche i und y weitgehend beseitigt worden, indem sie teils schwanden, teils m it dem vorhergehenden K o n sonanten oder der vorangehenden Konsonantengruppe besondere 'V erschmelzungen ’ 2 7 9 eingingen. Daneben gibt es aber im Griechischen ι/υ v or Sonanten, so daß dort ein grundsprachlicher Gegensatz von C Y A und C IY A durch den Gegensatz von Verschmelzung/Schwund und i/o reflektiert sein könnte280. Man sollte nun bei einer Sprache wie dem Griechischen, das in so vielen Fällen hochaltertümliche Züge zeigt, erwarten, daß es auch über eine grundsprachliche Sieverssche Regel entscheidenden Aufschluß gibt — aber erstaunlicherweise ist von einem derartigen W echsel im Griechischen fast nichts zu finden; die zuerst von Osthoff angeführte Doppelheit der Präsentien a u f -νω (-νω nach leichter, -άνω nach schwerer Silbe, z.B . δάκνω — άνδάνω) ist das einzige, was guten Gewissens angeführt werden kann. Es nimmt deshalb nicht wunder, daß diejenigen Forscher, die sich bei der Erklärung des grundsprachlichen Unterschieds jo /tjo (und entsprechend) hauptsächlich auf das Griechische stützten (Fick, Schulze, Specht u.a., s.u. K apitel II), mit anderen E rklärungen als der Sieversschen Regel auszukommen suchten. In neuerer Zeit sind dann zwei amerikanische Dissertationen erschienen, die sich ausdrücklich m it der Sieversschen Regel im Griechischen befassen281, doch sind sie für uns nicht unmittelbar zu gebrauchen, da sie von der Richtigkeit des 'Sievers-Edgertonschen Gesetzes’ ausgehen und den abweichenden Befund des Griechischen von vornherein als sekundäre A b weichung beurteilen282; die Dissertation von Alette Hill ist aber als 278 Vermutungen über Reflexe boim altirischen Verb bei Nagy (s.o. Anm. 229), S. 12-29. 279 S.o. S. 28 m it Anm. 45. 280 Zur Erklärung von gr. io als ijo, sowie über mundartliche (und sporadische) u-Schreibungen vgl. Eduard Schwyzer: Griechische Grammatik I, 4. Aufl. 1968 3. 1953 (Handbuch der Altertumswissenschaft II, 1,1), S. 312f. 281 Gregory N ag y: Greek Dialects and the Transformation of an Indo-European Process (s.o. Anm. 229); Alette H ill: Sievers-Edgerton's Law and the IndoEuropean Semivowels in Greek, Dies. Chapel Hill 1967. 282 Vgl. etwa Hill, S. 32 : 'I f we accept the validity o f Sievers-Edgerton’s law for Greek, we must . . . ’

Die Diskussion über die Sieverssche Regel

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Materialsammlung auch für uns verwendbar. — Betrachten wir zunächst einmal das Material, und zwar zuerst die j-haltigen Suffixe, da für diese so viele Belegformen vorhanden sind, daß die Verteilungsprinzipien der Halbvokal-Realisierungen im Griechischen bei ihnen am ehesten erkennbar werden dürften : a) Maskulina und A djektive a u f -jo-/-tjo-ws. Einen Reflex von jo zeigen einige meist alte Bildungen, die keinem genauer umreißbaren Bildungstyp angehören (κοινός, καινός) oder überhaupt schon grundsprachlich sind (άλλος, μέσσος). In der Regel geht eine leichte Silbe voraus, sichere Fälle von jo nach schwerer Silbe gib t es nich t281. In den übrigen Fällen, d .h . bei allen produktiven Typen, steht die Form gr. -io- nach leichter wie schwerer Silbe. b) Feminina auf -ja/-tj»28i. Die regelmäßige Form des Suffixes ist -jotj-jä- (und dessen R eflexe); -ια/-ιδ- tritt nur a u f in μία, λάμια, τάμια, πότνια, Πολύμνια und einigen a u f -τρία. V on diesen könnte μία eine Wechselform nach der Sieversschen Regel sein28* > *smiia) \ τάμια und λάμια haben mit der Sieversschen Regel sicher nichts zu tun, sie sind aber auch sonst unklar: Für das nur bei Pindar auftretende τάμια vermutet Schwyzer eine Umbildung aus *τεμα(])α oder *ταινα2 287; falls das W ort zu τέμνω gehört, wäre auch * 3 8 Ηψζ-ψ > tamia (m itaj > ij) möglich. Neben λάμια (N am e einer menschenfressenden Unholdin, eines Haifischs) gibt es ebenfalls kein Maskulinum ; es könnte meines Erachtens a u f eine Hypostase zurückgehen. Möglich ist aber auch, daß in diesen beiden Wörtern das Suffix verändert wurde, um die 'ungewöhnliche Gruppe μ] ’ 2 8 8 289 (besser w ohl: die Assimilation des Nasals) zu vermeiden. Die übrigen Fälle könnten durch die Sieverssche Regel entstanden sein, wobei neben πότνια δέσποινα (m it Ausdrängung des Dentals aus *potnt9n%) steht, neben -τρία vollstufiges -τειρα. Um ge283 Schwyzer S. 461 und 471 f . ; Ernst R isch: Wortbildung der hormriechen Sprache, Berlin & Leipzig 1937 (Untersuchungen zur indogermanischen Sprach- und Kulturwissenschaft 9), S. 163f. und 103-123; vgl. auch Wolfgang Kästner: Die griechischen Adjektive zweier Endungen auf -ος, Heidelberg 1967, Kapitel III, besonders S. 60f. 281 Zu λίσσος ( < *lU-jo·) vgl. Ernst Fraenkel: Geschichte der griechischen Nomina Agentis auf -τήρ, -τωρ, -της (·τ·), I Straßburg 1910, S. 94f. (entstanden aus einem Femininum). Zum Bildungstyp vgl. noch P. Thieme, ZvS 78 (1963), 242f. 288 Schwyzer, S. 473-476; Risch S. 124-129; vgl. Osthoff: Perfect, S. 452-470. see W obei allerdings unklar ist, warum in der Grundform das m nicht silbisch wurde wie bei den Feminina au f -αινα < pj». 287 Schwyzer 473*. Anders S. 473 im Text (Gruppe pj). Vgl. noch Hjalmar Frisk: Griechisches etymologisches Wörterbuch, Heidelberg 1960ff. s.v . ταμία. 288 So Schwyzer S. 473; vgl. zum Lautlichen Schwyzer S. 309. 289 Vgl. die Diskussion über den Dentalschwund im Germanischen oben S. 96 f.

124 kehrt kom m en aber auch bei den Bildungen m it der Form -ja einige mit schwerer Stammsilbe vor, z.B . γλώσσα < γλώχ-ja (sekundär aus γλάσσα?) und -εσσα-/-εισα-/-ουσα-/-ασα- zu den Adjektiven und Partizipien a u f -εντ-/-οντ-/-αντ- (sekundärer Ersatz eines -iiti- ? auch -ασσα- zu -οντ- ist. belegbar290). D ie Zahl der Ausnahmen ist nicht so groß, daß sie nicht eventuell aus einer Reihe von sekundären Entwicklungen oder Analogiebildungen erklärt werden könnte. Lebendig ist die Bildung a u f -ja im belegten Griechischen nicht mehr ; an ihre Stelle treten die Formationen m it kombiniertem Suffix: -τειρα-/-τρια-, -αινα-, -ισσα-. c) Die Bildungen auf -iu- und -jera- 2 9 1 bieten nichts einschlägiges. d) Die K om parative auf -ιων 2 9 2 sind — was den Halbvokal anbelangt — schon grundsprachlich ein schwieriges K apitel: Zugrunde liegt ein ablautendes Suffix -ies- m it den Halbvokal-Formen -ies-, -ij.es- und -ij.es-. Im Griechischen hat es sich m it einem %-Stamm verbunden, was a u f eine Suffix-Kom bination idg. -is-on- zurückgehen kann, vielleicht aber aus innergriechischen Gegebenheiten zu erklären is t293. I n diesem griechischen Kontaminationssuffix treten nun alle drei Halbvokalrealisierungen auf: i in dem alten, unproduktiven T y p ; in dem danebenstehenden, teilweise erkennbar jüngeren T yp einerseits ii bei Hom er (und sonst außerattisch), andererseits ii im Attischen294. In mehreren Fällen ist nachweisbar, daß der alte K om parativ auf -j* S.o. S. 34. Beispielsammlung bei Hill, S. 104-114. 807 Eine Beispielsammlung für nominales νω/άνω gibt Hill, S. 114-121.

Die Diskussion über die Sieverssche Regel

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vorausgehenden Silbe bei den Verben a uf νω/άνω. Es ist aber außerordentlich auffallend, daß dieser Wechsel bei einem Nasalsuffix belegt ist, nie bei einem Suffix mit Halbvokal, denn das Vedische und das Gotische, die Sprachen m it den deutlichsten Reflexen einer Verteilung in Abhängigkeit von der Schwere der vorausgehenden Silbe, zeigen diese Abhängigkeit ganz überwiegend bei den Halbvokalen (besonders bei t/j) und nur sporadisch bei Liquiden und Nasalen. Es ist deshalb wohl ratsam, nicht m it einer E n t s t e h u n g des Wechsels νω/άνω auf Grund der Sieversschen Regel zu rechnen, sondern — auch auf Grund der verwickelten Geschichte dieses W ortbildungstyps — m it einer Entstehung a u f andere Weise und einer nachträglichen Verteilung, wie oben S. 75-78 für einige gotische Beispiele nachgewiesen wurde. 2. Varianten, deren Entstehung sich am besten durch die Wirkung der Sieversschen Regel erklären läßt, am deutlichsten die verschiedenen Thematisierungen des «.«-Suffixes. Auch hier ist — wie bei der Evidenz des Baltischen und des Lateinischen — zu sagen, daß dies eine Annahme zur Erklärung des griechischen Befundes ist, daß aber umgekehrt der griechische Befund zum Nachweis der Sieversschen Regel ungeeignet ist; eine andere Entstehungsweise der Varianten kann nicht m it Sicherheit ausgeschlossen werden. 3. W enn man nicht von dem schematischen Ansatz von Sievers oder Edgerton ausgeht, sondern gemäß den vedischen Verhältnissen nach leichter Silbe die Möglichkeit zu beiden Realisierungen offenläßt, dann kann bei den Halbvokalen argumentiert werden, daß die Varianten m it i/u die Stellung nach leichter Silbe deutlich bevorzugen, und daß in den Fällen, in denen ein Funktionsunterschied erwogen werden kann, die Formen mit unsilbischem i weitgehend a u f die Stellung nach leichter Silbe beschränkt sind — so beim Femininum und beim Verbum, allerdings nur in geringem Umfang beim Kom parativ. Bei der Beurteilung der griechischen Verhältnisse muß schließlich b erücksichtigt werden, daß wir nicht Varianten m it unterschiedlicher R ealisierung von Halblauten vor uns haben, sondern weiterentwickelte Formen, für die lediglich eine solche Herkunft wahrscheinlich gemacht werden kann. Das heißt aber, daß in größerem Umfang Reaktionen auf die L autentwicklung eine R olle spielen. V or allem ist festzustellen, daß die Verschmelzungen, die sowohl den Stammauslaut wie auch den Suffixanlaut weitgehend imkenntlich machen, bei Neubildungen in immer stärkerem Maße — im belegten Griechischen so gut wie ganz — gemieden werden ; bei den Verben u nd beim Feminin-Suffix, indem kombinierte Suffixe verwendet werden, beim Kom parativ-Suffix, indem es so erneuert wird, daß es mit silbischem Halbvokal anlautet. — Es ist deshalb zum Griechischen zusammenfassend zu sagen, daß die Erklärung der Verteilung von C Y A -

128

Forschungsbericht

und CIYA -Folgen ein Problem darstellt, das aus dem Griechischen selbst nicht gelöst werden kann. D ie griechischen Verhältnisse können eine Entscheidung etwa für oder gegen den Ansatz einer Sieversschen Regel nicht herbeiführen, doch muß eine Hypothese über die HalbvokalRealisierungen der Grundsprache so beschaffen sein, daß die griechischen Verhältnisse in möglichst einleuchtender Weise m it ihrer Hilfe erklärt werden können. 7.

Die übrigen Sprachen

Wir haben dam it eine Verteilung von halblauthaltigen Varianten (oder ihren Reflexen) in Abhängigkeit von der Schwere des vorausgehenden Wortteils in folgenden Sprachen feststellen können : Außer dem Vedischen, dessen eingehendere Untersuchung noch aussteht, im Gotischen (und in geringerem Umfang in anderen germanischen Sprachen), bei einem Einzelfall im Griechischen, ferner unter Zuhilfenahme weiterer Hypothesen im Litauischen (Baltischen) und Lateinischen. In den übrigen Sprachen ist eine solche Verteilung in keinem Fall belegt. E s treten zwar teilweise Varianten auf, deren Entstehung durch die Wirkung einer ‘ Sieversschen Regel’ a u f plausible Weise erklärt werden würde, aber es muß in allen Fällen angenommen werden, daß die Abhängigkeit v on der Schwere des vorausgehenden W ortteils nachträglich beseitigt wurde — so bei den hier betrachteten Sprachen vor allem im Slavischen und (bei erheblich schwierigerer Beleglage) im Keltischen. Schließlich gibt es noch die Möglichkeit, daß die eine Sprache eine Form m it silbischem Halblaut (oder einem Reflex davon) aufweist, eine andere Sprache die entsprechende Form mit imsilbischem Halblaut (oder einem Reflex davon). Auch hier würde die Sieverssche R egel eine plausible Erklärung bieten; auch hier muß zusätzlich angenommen werden, daß die Abhängigkeit von der Schwere des vorausgehenden W ortteils nachträglich beseitigt wurde. Ein Beispiel für diese Problemlage bietet das Hethitische: Dessen Orthographie wurde von E. H. Sturtevant uud George L . Trager daraufhin untersucht, ob sie möglicherweise verschiedene Realisierungen von Halbvokalen (vor Sonanten) w iedergibt308. Das Ergebnis war, daß die Unterschiede in der orthographischen Wiedergabe nicht a u f sprachlich relevante Unterschiede hinweisen, daß also jeweils ein einheitliches Phonem , 'either alone or along with other phonemes’ , zugrunde liegt. Sollten die hethitischen Halbvokal-Phoneme also verschiedene Realisierungen gehabt haben, etwa solche gemäß der Sieversschen Regel, so sind sie uns a u f jeden 'Fall nicht 808 Hittite u Before Vowels, Lg 18 (1942), 259-270; H ittite i Before Vowels, Lg 19 (1943), 209-220.

Die Diskussion über die Sieverasche Regel

129

mehr faßbar309. In einem Einzelfall könnte aber die besondere Realisierung durch die lautliche Weiterentwicklung von y. > m konserviert und durch die Orthographie wiedergegeben worden sein: Die hethitische Endung der 2. PI. Präs. Med. -duma läßt sich zusammen mit der entsprechenden luwischen Endung a u f *-duya zurückführen, das seinerseits m it vedischen Medialendungen derselben Person wie -dhvam, -dhve — nach schwerer Silbe auch -dh{u)vam, -dh(u)ve — und vielleicht auch mit dem griechischen -ofte unter Ansatz einer Grundform *-dhyœ verglichen werden könnte. Die Form des Hethitischen wäre dann a u f eine Wechselform nach der Sieversschen Regel (mit nachträglicher Beseitigung der Bedingungen des Auftretens) zurückzuführen310. Zu allen diesen Beispielen, die teilweise als Stütze für den Ansatz der Sieversschen Regel aufgeführt werden, ist das gleiche zu sagen, wie oben für die Evidenz des Griechischen : W ichtig für die Gültigkeit einer solchen Regel ist nicht der Nachweis verschiedener Halbvokal-Realisierungen, sondern der Nachweis, w ovon diese Verschiedenheit abhängt. Erst wenn das Verteilungskriterium zweifelsfrei feststeht, kann auch mit 'A nalogie’ , 'A usgleich’ und ähnlichem gerechnet werden. Die Relevanz dieses Verteilungskriteriums wird dann allerdings auch daran zu messen sein, ob und wie gut m it seiner Hilfe die Fälle erklärt werden können, bei denen die ursprünglichen Bedingungen nicht mehr erkennbar sind.

F Begründungen fü r die Sieveresche Regel Zum Abschluß dieses Forschungsberichts über die Sieverssche Regel soll noch kurz behandelt werden, a u f welche Ursachen die Regel zurückgeführt, oder anders, in welchen größeren Rahmen sie gestellt wird. Viele Äußerungen zu diesem Thema sind bloße Vermutungen, die nicht durch Material außerhalb der möglichen Reflexe einer solchen Regel gestützt werden können, und die deshalb auch keinen großen W ert haben; so Sievers’ eigene Ansicht, es handle sich um ein weitgreifendes rhythmisches Gesetz ('der v ocal einer ableitungssilbe ist und bleibt schwerer nach v orausgehender länge als nach vorausgehender kürze’ ) 811; so Hirts Ansicht, es handle sich um den Unterschied von Reduktions- und Schwundstufe (wobei eine Unbekannte durch eine andere, wesentlich problematischere, ersetzt wurde); so Lindemans Vermutung, es ginge darum, den W ortkörper länger zu m achen812, Boers Ansicht vom Nebenakzent 8 1 8 und 309 Lg 19,216f. 810 Vgl. zur Frage der hethitischen Endung A. Kammenhuber : Hethitisch, Palaisch, Luwiech und Hieroglyphenluwisch, Handbuch der Orientalistik I, II, 2, S. 319. 811 Bir5(1878),130f. 318 N T S 20(1966),S. 104. 818 S .o.S.72f.m itA n m . 166und 167. 9 Seebold, Daa Syatem der idg. Halbvokale

130

Forschungsbericht

anderes. Wirkliches Gewicht haben nur die Theorien, die die Sieverssche Regel mit den Eigenschaften oder der Form der Silbe in der indogermanischen Grundsprache und den Einzelsprachen in Verbindung bringen. Es sind dies im wesentlichen zw ei: Die Theorie v on der Einwirkung der Silbengrenze (oder Silbentrennung) und die Theorie (die bis jetzt allerdings nur in einem Hinweis K urylow icz’ besteht) v o n der Silbenschwere (oder Silbenstruktur). Beginnen wir m it der Begründung der Sieversschen Regel durch die Silbengrenze. Sie setzt voraus eine übergeordnete Theorie der Silbengrenze (oder Silbentrennung) in dem betreffenden Sprachstadium, sowie eine Hypothese, warum diese Silbentrennung die Realisierung von H alblauten regeln konnte. Nehmen wir gleich den konkreten Fall : Ferdinand de Saussure stellte die Theorie auf, daß in der indogermanischen Grundsprache die Silbengrenze bei einer Folge von 'langem Sonanten - f einem oder mehreren Konsonanten’ stets unmittelbar nach dem Sonanten, bei einer Folge von 'kurzem Sonanten + Konsonantengruppe’ stets unmittelbar nach dem ersten Konsonanten aufgetreten sei, also *mä-tros, aber *pdt-ros31i. Es ist selbstverständlich — wenn auch bei de Saussure nicht ausgesprochen — , daß eine' solche Annahme nur möglich ist, wenn zugleich Annahmen über die Zulässigkeit bestimmter Lautfolgen in der Gundsprache gem acht werden, da eine Folge wie äktro kaum ä-ktro zu trennen gewesen sein dürfte. D ie Verbindung dieser Theorie mit der Sieversschen Regel stellte Maurice Grammont her, indem er annahm, die Grundsprache habe eine Abneigung gegen Konsonantengruppen im Silben anlaut gehabt, weshalb K onsonant + j, im Silbenanlaut zu K onsonant + Hi) geworden sei (*al-io-, aber *m or-tijos)31t. Ähnlich, aber nicht so ausführlich, wurde die Sieverssche Regel schon vor Grammont von O sthoff31* erklärt, danach von Eduard H erm ann 31 7 und (ausführlich) von James W . Marchand31* — zu den entsprechenden Erklärungen der germanischen Verhältnisse habe ich schon oben S .71f. mit Anm. 152 Stellung genommen. 314

su 314 3.7

3.8

Sur un point de la phonétique des consonnes en indo-européen, MSL 6 (1885), 246-257, besonders S. 255. M.&uriciiGT&mmontdeliquidwsonantibueindagaiionesaliqtwt, Diviono 1895, S. 12f. Perfect, S. 394, 421 f., 435. OsthofF äußert sich nicht ausdrücklich dazu, wie er sich die Silbengrenze nach Langvokal vorstellt. Silbenbildung, vgl. etwa die Zusammenfassung S. 357-359, in der über die Silbentrennung allerdings nichts gesagt wird; über diese dann beim Germanischen S. 277 f. (wo seine Ausführungen aber nur einen Sinn ergeben, wenn man S. 277 neuntletzte Textzeile ‘ zur ersten Silbe’ liest, statt wie dort gedruckt ‘ zur zweiten Silbe’ ). Sievers’ Law and a Rule o f Indo-European Syllable Formation, General L in guistics (Lexington) 3 (1957/58), S. 73-84. Marchand scheint seine Vorgänger Grammont und OsthofF nicht zu kennen; Hermann hat er offenbar falsch v e r standen (S. 74 m it Anm. 9).

Die Diskussion über die Sieverssche Regel

131

Zu Ansätzen dieser Art muß ganz allgemein gesagt werden, daß es schon bei belegten, ja sogar bei lebenden Sprachen sehr schwer ist, ob jek tive Kriterien für die Bestimmung der Silbengrenze zu finden 3 1 9 — bei rekonstruierten Sprachen sind solche Kriterien vollkommen hypothetisch. Die scheinbar einleuchtenden Argumente der Silbentrennungs-Theoretiker 3 2 0 beruhen durchweg auf Zirkelschlüssen: Aus bestimmten sprachlichen oder metrischen Erscheinungen wird auf die Silbengrenze geschlossen, darauf werden diese sprachlichen oder metrischen Erscheinungen m it H ilfe der Silbengrenze erklärt — dieses Verfahren zeigt bestenfalls eine E r k lä ru n g s m ö g lic h k e it auf, ein Nachweis ist mit ihm nicht zu führen. Eine Schwierigkeit ist ferner, daß die Regeln der Silbengrenze in einer Sprache — vorausgesetzt daß es diese als Eigenschaft der Sprache überhaupt gibt — keineswegs so einheitlich sein müssen, wie bei diesen Theorien durchweg vorausgesetzt wird. In unserem praktischen Fall muß darauf hingewiesen werden, daß diese Erklärung der Sieversschen Regel sofort zu Widersprüchen führt, wenn man sie auf belegte Sprachen anwendet. Ich habe dies oben für das Gotische zu zeigen v ersucht und will es hier für das Vedische tun: D a im Vedischen — nach den Voraussetzungen dieser Erklärung — die Sieverssche Regel noch in ihren unmittelbaren Auswirkungen (silbische und unsilbische Realisierung von Halbvokalen) belegt ist, müßte hier auch die vorausgesetzte Silbentrennung noch gelten. Dies läßt sich nun sofort widerlegen, da diejenigen Lautfolgen, die den de Saussureschen Ansatz ad absurdum führen, in einer belegten Sprache nicht als unzulässig ausgeschieden werden können : Keine Silbentrennungstheorie könnte es rechtfertigen, z. B. ved. ârksâin ä-rksd- zu trennen ; die Grenze muß nach dem r oder nach dem k liegen. W as aber der Vrddhi-Bildung ärksd- recht ist, ist der Vrddhi-Bildung ärya- billig — w ieso sollte bei dieser ä-rya- > ä-ri(y)a- und nicht entsprechend zum vorigen är-ya- zu trennen sein? D a diese Vrddhi-Bildungen verhältnismäßig spät sind, reicht es auch nicht aus, sich mit der Silbentrennungstheorie a u f die Grundsprache m it hypothetisch festgelegten zulässigen Lautfolgen zurückzuziehen. Zumindest in dieser Form ist die Begründung der Sieversschen Regel als Auswirkung der Silbentrennung nicht zu halten. Günstiger steht es m it dem Vorschlag Kurylowiczs, die Sieverssche Regel mit der Wackemagelschen Kontraktions-Regel in Zusammenhang zu bringen. Nach dieser tritt die Sonantenkontraktion in der Kom posi319 Vgl. etwa den Versuch von Jerzy K urylowicz: Contribution à la théorie de la syllabe, Biuletyn Polskiego Totvarzystwa Jçzylcoznaivczego 8 (1948), 80-114 = Esquisses Linguistiques (1960), S. 193-220. 320 Z . B. bei Hermann: Silbenbildung.

132

Forechungsbericht

tionefuge nur dann ein, wenn a u f den das zweite Glied anlautenden Sonanten keine Konsonantengruppe folg t321. Bei beiden Regeln wären begünstigt die Lautfolgen ‘ langer Sonant + einfacher Konsonant’ und 'kurzer Sonant + zwei Konsonanten’ ; bei beiden würde vermieden 'langer Sonant + zwei Konsonanten’ (bei der Wackernagelschen Regel durch Hiat, wodurch der Sonant kurz bleibt, bei der Sieversschen Regel dui^fl silbische Realisierung des Halbvokals, wodurch keine Konsonantengruppe entstehen kann) — bei der Sieversschen Regel außerdem 'Sonant + mehr als zwei K onsonanten’ . Dieses Bevorzugen und Meiden bestimmter Lautfolgen hängt offensichtlich zusammen m it der Silbenstruktur, aber nicht unbedingt mit der Silbengrenze. Man könnte es allgemein so formulieren, daß die indogermanische Grundsprache leichte und schwere Silben zuließ, überschwere dagegen mied. Wir brauchen dabei zur B estimmung der Schwere einer Silbe die Silbengrenze nicht zu kennen, sondern rechnen einfach von Silbengipfel zum nächsten Silbengipfel (oder bis zum Ende der zusammengehörigen Lautfolge, etwa des Wortes). Es ist dann eine leichte Silbe, wenn auf einen kurzen Sonanten höchstens e in Konsonant folgt; eine schwere Silbe, entweder wenn a u f einen langen Sonanten höchstens ein K onsonant folgt oder auf einen kurzen Sonanten zw ei; eine überschwere Silbe, entweder wenn auf einen langen Sonanten mehr als ein Konsonant folgt oder a u f einen kurzen Sonanten mehr als zwei. Der Vorteil dieser Auffassung zeigt sich darin, daß sie den Verhältnissen der Einzelsprachen ungleich besser angepaßt werden kann als eine Theorie der Silbentrennung. Nehmen wir die gotische Regelung bei mehrsilbigen Wörtern, so ist die Silbentrennungstheorie von vornherein als Erklärung unwahrscheinlich, weil die Silbentrennung für Nebensilben kaum eine andere war als für Haupttonsilben. Zieht man dagegen die Silbenschwere zur Erklärung heran, so kann ohne weiteres angenommen werden, daß im Nebenton außer überschweren auch schwere Silben nach Möglichkeit vermieden wurden. Eine solche Zusatzannahme ist durchaus einleuchtend bei Sprachen wie den germanischen (und vielleicht den baltischen), in denen die Auslautgesetze eine wichtige Rolle spielen. Bei einer solchen Theorie müßte man ferner nicht dam it rechnen, daß die verschiedenen m it ihr zusammenhängenden Regelungen gleichzeitig zu wirken aufhörten — es ist durchaus denkbar, daß sich die Regelung bei der Kom positions321 S.o. S. 39 mit Anm. 76.

Andere Deutungen des Gegensatzes CYA : CIYA

133

fuge früher oder später dieser Tendenz entzog als die Verteilung der H albvokal-Realisierungen, oder daß bestimmte Typen von Verteilungen bei den Halbvokalen länger wirksam blieben als andere. Eine Regelung nach der Silbengrenze hätte für alle diese Gruppen gleich verbindlich sein müssen. Der Vorschlag v on K urylowicz, den wir hier etwas weiter ausgebaut haben, ist dam it von allen Begründungen für die Sieverssche Regel bei weitem die beste.

I I Andere Deutungen des Gegensatzes C Y A : C I Y A W ir haben uns in dem ersten K apitel des Forschungsberichts fast nur m it der Frage der Abhängigkeit der Halbvokal-Realisierungen von der Schwere des vorausgehenden W ortteils befaßt, dem Fragen-Komplex, der in der Forschung 'Sievers’ Gesetz’ oder 'Sievers’ Regel’ , neuerdings zum Teil auch 'Sievers-Edgertons Gesetz’ (o.ä.) genannt w ird322. W ir müssen uns nun noch eingehender m it der Diskussion über andere Möglichkeiten der Erklärung des Gegensatzes C Y A : C IY A befassen. Diese anderen Möglichkeiten werden zum Teil als selbständige, mit der Sieversschen Regel konkurrierende Erklärungen aufgefaßt, zum Teil sind sie lediglich Versuche, die zweifellos vorhandenen Unzulänglichkeiten der Sieversschen Regel zu erklären. T ypisch für eine Auffassung der zweiten A rt ist etwa die Stellungnahme W ackemagels in seiner Grammatik I, 204f., w o angenommen wird, daß zusätzlich zu der Sieversschen Regel noch anderes a u f die Verteilung v on C Y A und C Y IA im Rigveda eingewirkt haben muß, 'vielleicht der Akzent, sowie der etymologische W ert des betr. i- oder «-L autes’ .

A Einwirkung des Akzents: August F ick (1885) u. a. W ie bei den meisten Unklarheiten des Lautsystems oder der L autgeschichte indogermanischer Sprachen hat man auch in dem Nebeneinander von C Y A - und CIYA -Folgen unmittelbare Auswirkungen des Akzents gesucht. A m wichtigsten ist die Theorie v on August Fick, der annahm, daß nach dem Hochton ursprünglich $, v or dem Hochton ur322 Wie bei der Besprechung der Ansätze von Sievers und Edgerton gezeigt wurde, wäre diese Bezeichnung nur richtig, wenn es sich bei dem Gegensatz C Y A :C IY A ausschließlich um einen Gegensatz zwischen Allophonen desselben Phonems handeln würde, und wenn — historisch — C IYA als die Ausgangsform aufzufassen wäre.

134

Forschungsbericht

sprünglieh i j berechtigt gewesen sei323. Eine Diskussion dieses Ansatzes ist müßig, weil F ick bei einem großen Teil seiner Beispiele annehmen mußte, daß der T on 'ursprünglich* anders, d.h. seiner Theorie entsprechend, lag, so daß von einem Nachweis nicht die Rede sein kann. E n tsprechendes war schon früher v on K ern für einen Einzelfall angenommen w orden324; andere vermuteten, daß der Akzent zusätzlich zur Sieversschen Regel gewirkt habe (so Edgren und — wie erwähnt — W ackernagel) 3aB, ohne allerdings genauer auszuführen, wie sie sich einen solchen Einfluß dachten. In neuerer Zeit hat Gregory N agy im Anschluß an August Fick versucht, die besondere Ausprägung der Verteilung C Y A : C IY A im Griechischen unter anderem durch den einzelsprachlich griechischen Akzent zu erklären32®. Auch bei ihm ist eine Reihe von unbeweisbaren Zusatzannahmen notwendig. — D a es sich bei allen diesen A nnahmen um bloße Vermutungen handelt, nicht um Ergebnisse einer Materialuntersuchung, und da diese Vermutungen ohne weitgehende Z u satzannahmen nicht zur Erklärung ausreichen, gehe ich nicht weiter auf sie ein — in welchem Zusammenhang der Akzent m it den HalbvokalRealisierungen stehen könnte, wird bei der Untersuchung des vedischen Materials noch zu erörtern sein.

B Verschiedene Suffixe 1.

Nominales und verbales Suffix: August F ick (1877) — Wilhelm Schulze (1904) — Franz Specht (193511944)

August F ick hatte 1877 — also noch v or der Formulierung der Sieverssehen Regel — die suffixlosen Nom ina des Griechischen untersucht32 7 und war dabei zu dem Ergebnis gekommen, 'd aß jeder in der Flexion des Verbs erscheinende Verbalstamm ohne Zutritt von Nominalsuffixen ohne weiteres auch als Nominalstamm verwendet werden kann’ (S. 120). Aus diesem Grund fand er es nicht gerechtfertigt, dem Nomen verbale auf 8 4 3 2 823 Die ursprüngliche Verteilung von inlautendem jo t (y) und i, B K IS 9 (1885), 317-320. Fick erwähnt (ohne Zitat) eine entsprechende Anrogung von Bezzenberger, die ich aber nicht habe ausfindig machen können. 824 Z D M G 23 (1869), 214. 325 Vgl. noch (gegen Sievers) R . Meringer, Zeitschrift für die Österreichischen Gymnasien 38 (1887), 366. 328 S .o. Anm. 229, dort S. 104-123. 327 Die suffixlosen Nomina der griechischen Sprache, B K IS 1 (1877), 1-19 (I), 120-143 (II, Zum sogenannten /«-Suffix im Griechischen zusammen mit A. Führer), 312-326 (III/IV ).

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-jo- ein anderes Suffix zuzuerkennen, als dem zugrundeliegenden io-Verb : '. . . beide sind nicht blos lautlich, sondern auch ihrer Function nach vollständig identisch : άγγελία ist nichts anderes als das als Nomen flectirte άγγελ]ω . . . die in den folgenden Gruppen enthaltenen, mit dem angeblichen Nominalsuffix ja gebildeten Nomina sind nur die nominalen Reflexe entsprechender Verbalbasen und gehören daher zu den suffixlosen Nominibus’ (S. 120). Er führt dann lange Reihen von Beispielen auf, bei denen er nicht unterscheidet, ob das Nom en (anders als das Verbum) no-Suffix oder (wie das Verbum ) ίο-Suffix aufweist und kom m t zu dem Schluß, 'd aß das j des dem Nom en sowol wie dem Verbum zu Grunde hegenden Stammes vielfach im Nomen eine andere Behandlung erfahren hat als im Verbum : während es z.B . in άγιος, μανία, μνεία zu ι geworden ist, ist es in den entsprechenden Verbis άζομαι, μαίνομαι, μνέομαι entweder mit dem vorhergehenden Consonanten verschmolzen oder in die Stammsilbe übergetreten oder gar ganz geschwunden. Meistens allerdings ist bei den primären Stämmen die Behandlung im Nomen und Verbum dieselbe (σχίζα: σχίζω); bei den abgeleiteten dagegen . . . gilt die fast ausnahmslose Regel, daß j im Nomen als i erscheint, im Verbum aber ausfällt’ (S. 123). Dieser wichtige Ausgangspunkt hat als entscheidende Schwäche, daß F ick eine unterschiedliche Behandlungsweise bei den nominalen Bildungen annehmen muß, ohne den Unterschied irgendwie begründen zu kÖnnen.Was er später als Lösung vorschlug (s.o.S.133f.), nämlich die Abhängigkeit vom Akzent, ist deutlich ein Irrweg. Die Reihe άγιος — άζομαι usw. — die im übrigen auch bei Sievers zu finden ist (s. o. S. 29) — , wurde dann von Wilhelm Schulze in seinem W erk über die lateinischen Eigennamen erneut aufgegriffen und gegen Sievers ausgewertet328: Nach Schulze soll 'das i-Element im Nomen vokalische Function, im Verbum aber consonantische zu erfüllen’ haben, d .h . also, die Form des Verbalsuffixes ist -jo-, die Form des Nominalsuffixes -no-. D arauf fußend stellte Franz Specht 1935 eine allgemeinere Erklärung des Nebeneinanders von i und ij bei nominalen und verbalen Suffixen a u f329, die er dann in seinem Buch 'D er Ursprung der indogermanischen Deklination’ (Göttingen 1944) weiter ausbaute330: Das 328 Wilhelm Schulze: Zur Geschichte lateinischer Eigennamen, Göttingen 1904 (Neudruck 1933 und 1966) (Abhandlungen Göttingen 5,5, vorgelegt 1900), S. 436 (ohne Hinweis auf Fick). Vgl. ferner ZvS 54 (1927), 301 ( = Kleine Schriften S. 362). Ergänzend: Thieme, ZvS 78 (1963), 242 mit Anm. 5. 328 Eine Eigentümlichkeit indogermanischer Stammbildung, ZvS 62 (1935), 216235. 330 Vgl. besonders S. 301-303 (Stamm auf -i); 326f. (Dehnung); 329 (Verbum); 339-344 {i/o-Stamm). A u f Specht beruht der Ansatz von Schlerath (s.o. S. 9 9 103); eine sprachgeschichtliche Argumentation auf entsprechender Grundlage bei P. Thieme, ZvS 78 (1963), 242 f.

Forschungsbericht Nominalsuffix lautete ausschließlich -ijo- ; in den Fällen, in denen bei nominalen Bildungen unzweifelhaft von -jo- auszugehen ist (z.B . *aZjo' anderer’ , *medhj.o- 'mittlerer’ ) handelt es sich um Bildungen, die einen Gegensatz ausdrücken ('der eine’ — 'd er andere’ ), und diese sind in W irklichkeit o-Ableitungen (Thematisierungen) zu i-Stämmen. Diese i-Stämme sind aber nicht (oder zumindest nicht unmittelbar) das gleiche wie die i-Stämme, die uns in der Flexion indogermanischer Sprachen entgegentreten — es handelt sich vielmehr um Formationen, die lediglich in K o m position und Ableitung, teils in reiner, teils in erweiterter Form verwendet werden. Kennzeichnend für sie ist, daß sie in enger, zum Teil paradigmatischer Beziehung zu o-Stämmen stehen (vgl. etwa den lateinischen GSg -i = gedehntes -i zu o-Stämmen). Der Herkunft nach sind sie das 'ichdeiktische i-Pronom en’ . Analysiert man das -üo-Suffix, so läßt es sich ganz entsprechend als -i + -o- auffassen. Das hierdurch vorausgesetzte Î, das mit dem lateinischen Genetiv der o-Stämme (aus einem 'ΐ -Kasus der Zugehörigkeit’ ), den altindischen w-Mfe-Stämmen (die in der belegten Sprache meist Feminina, ursprünglich aber wohl Zugehörigkeitsbildungen sind) und anderem verglichen werden kann, faßt Specht als Dehnung des besonderen i-Stammes auf, die unter dem Einfluß des Akzents eingetreten sei. Die ungedehnte Form taucht außer in den Gegensatzbildungen noch im Verbum auf, dessen Stammbildung mit der der Nomina letztlich gleichen Ursprungs ist. Die Sieverssche Regel, zu der sich Specht in seinem Aufsatz (S. 216) noch 'im scharfen Gegensatz’ geglaubt hatte, 'm ag für die spätere Entwicklung einzelner Sprachen stimmen, für das Idg. ist [sie] durch nichts erwiesen’ . In dieser Theorie ist eine ganze Anzahl von Ansätzen enthalten, die für uns außerordentlich wichtig sind. Zunächst die Stämme auf -i : Seit Calands Entdeckung, daß bestimmte Formationen in der Kom position einen anderen Stamm (in der Regel einen t-Stamm) aufweisen3813 , ist man 2 8 bei der historischen Erklärung der indogermanischen, vor allem der arischen Sprachen häufig auf Bildungen gestoßen, die semantisch von bestimmten Primär-Formationen abhängig sind, formal aber nicht deren Suffix enthalten, sondern statt dessen auf einem i-Stam m aufbauen332. 381 ZvS 31 (1892), 266-268; ZvS 32 (1893), 592. 382 Vgl. (u.a.) Wackernagel II, l,6 9 ff.; ders., Mélangea de Saussure, Paris 1908, S. 123-152, besonders S.128; Johannes Lohmann: Genus und Sexus, Göttingen 1932, besonders S. 69-71; Risch (s.o. Anm. 283) S. 60 (usw. 'Caland’sche Suffixe’ ); Seiler (s.o. Anm. 292), S. 17f., 26-29; Wolfgang Meid, I F 63 (1957/58), 14-16; Alfred Bloch, ZvS 76 (I960), 182-242 (kritisch, m it reichen Literaturangaben zum 1t. Genetiv auf -t). Ferner Edgren (s.o. Anm. 62), S. 79, wo für das yo-Suffix mit einer Schwächung des thematischen α zu i + Thematisierung gerechnet wird.

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A ls Beispiel für viele sei darauf verwiesen, daß die Gradationsformen zu den ai. primären u- Adjektiven durch Suffixe, die mit i anlau ten, unmittelbar aus der Wurzel gebildet werden — nach anderer Erklärung: die m it entsprechend einfacheren Suffixformen von einem i-Stam m abgeleitet sind. Auch für Spechts Annahme, daß üo-Ableitungen zu o-stämmigen Grundlagen in W irklichkeit Thematisierungen von Dehnungsformen eines solchen 'zweiten Stammes’ auf -i sind, gibt es eine wichtige Stütze: W ährend sonst bei der sekundären Ableitung v or dem Ableitungselement der Stammauslaut der Grundlage in einer bestimmten Ablautstufe erscheint, fallt v or dem -ijo-Suffix ·— deskriptiv gesehen — der Stammauslaut von o-Stämmen ohne lautlichen Grund aus : Zu ved. rätha- wäre ohne weiteres *rathaya-, gegebenenfalls *ratheya- m öglich; in Wirklichkeit lautet die Ableitung aber rctth(i)ya-. Nim m t man nun m it Specht an, daß der (ved.) α-Stamm m it einem i-Stam m wechselte, dann lautet das Suffix (ved.) nur -a-, und davor steht wie üblich der Stammauslaut — nur in einer anderen Form. Nimmt man Spechts Voraussetzung in dieser engen Form an, dann muß man für die «/«-Ableitungen von anderen Stämmen (bei denen v or dem Suffix der Stammauslaut der Grundlage erhalten bleibt) annehmen, daß sie ein Suffix enthalten, das sekundär aus Bildungen zu o-stämmigen Grundlagen abgelöst wurde. Diese Voraussetzung und diese Annahme sind aber aus mehreren Gründen unbefriedigend: Beim Calandschen Wechsel, bei dem für ein mit -ro- oder -mo- gebildetes Adjektiv in der Kom position ein i-Stam m erscheint, wird nicht einfach der o-Stamm durch -i ersetzt, sondern das ganze Suffix; die Adjektive a u f -u- sind reine Primärbildungen, deren Wechsel m it -t- in der Gradation und anderswo m it o-Stämmen bestimmt nichts zu tun hat; und solche Fälle, bei denen ein Wechselstamm a u f -i- ersichtlich nicht mit einem o-Stamm zusammenhängt, gibt es noch mehrere — außerdem sind yaStämme bei Primärbildungen sehr beliebt. Andererseits sind alle diese formalen Zusammenhänge verhältnismäßig einleuchtend, wenn man einen Wechsel zwischen 'W urzel + Primär-Suffix’ und 'W urzel -}- i’ annimmt, denn auch bei dem Wechsel von o- und i-Stämmen kann ohne weiteres angenommen werden, daß er von den primären o-Stämmen ausging. D a diese i-Stämme weiterhin nicht flektiert werden, sondern nur als Grundlage für Kom position und Ableitung dienen, ist es vielleicht ratsam, sie nicht als eine selbständige Stammbildung, sondern als eine besondere (Kom positions- und Ableitungs-)Form der Wurzel aufzufassen. W as ferner Spechts 'Gegensatzbildungen’ auf -jo- betrifft, so ist an seinem Argument zweifellos so viel richtig, daß Bildungen wie anyä- und mddhya- nicht ohne weiteres m it den denominalen Ableitungen zusammengestellt werden dürfen. Daß man aber mit dem Postulat eines be-

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Forschungsbericht

sonderen Typs v on 'Gegensatzbildungen’ auch nicht zu einer befriedigenden Unterscheidung kommt, zeigt deutlich genug Spechts Bemerkung (Deklination, S. 302) 'A uch in einigen Farben-, Stoff- und Zeitadjektiva . . . wird man den verbauten i-Stamm in gleicher Weise beurteilen können’ . W o ist dann aber die Grenze? Dies führt ja nur dazu, daß man jede Bildung auf -jo- zu einer 'Gegensatzbildung’, jede a u f -i\o- zur gewöhnlichen denominalen Ableitung erklärt. Man kann wohl gewisse nicht mehr als abgeleitet erkennbare (meist gut vergleichbare und dam it alte) A djektive, die nicht Eigenschaften, sondern sehr primitive Relationen ausdrücken, als Gruppe zusammenfassen; hierzu würde ich aber aus dem Vedischen nur anyä- 'anderer’ , mädhya- 'mittlerer’ und savyä- 'linker’ rechnen, vielleicht auch nävya- 'neu’ , das vermutlich nicht von ηάναabgeleitet, sondern eine parallele Bildung ist. Formationen, die deutlich als abgeleitet erkennbar sind, müssen dagegen zunächst nach ihrem A b leitungstyp betrachtet werden; eine Verwandtschaft mit der eben zusammengestellten Gruppe, die ich 'primäre Relations-Adjektiva’ nennen m öchte, kann dann immer noch diskutiert werden. Ein weiterer wichtiger Hinweis v on Specht ist die Analyse von -joals -i- + -o- und von -ijo- als -i- + -o-, ein Gedankengang, der letztlich a u f de Saussure zurückgeht333. Wenn Specht aber die dam it für das ijoSuffix vorauszusetzende Länge a u f den Akzent zurückführt, so kann dies schon deshalb nicht richtig sein, weil das Suffix -ijo- bei Ableitungen aller möglichen Betonungsarten auftritt334* . Suchen wir nach einer besseren Erklärung, so kom m t am ehesten eine Anknüpfung an das in Frage, was Wolfgang Meid in einer ausführlichen Untersuchung 'Zu r Dehnung praesuffixaler Vokale in sekundären Nominalableitungen ’ 3 3 8 über die Verhältnisse bei konsonantisch anlautenden Suffixen und bei suffixlosen Stämmen dargelegt hat : Meid führt aus, daß die vor dem Suffix auftretenden Dehnungen des Stammauslauts der Grundlage mindestens zum Teil nach dem Bedeutungsverhältnis zwischen Grundwort und Ableitung ausgerichtet sind. Sein Ergebnis ist, daß in sekundären Nominalbildungen die Dehnung des präsuffixalen Vokals der grammatische Ausdruck einer exozentrischen Beziehung zwischen Ableitung und Grundwort ist (Hauptregel); sowie (Nebenregel), daß dem Quantitätsgegensatz Länge — Kürze weitgehend ein Bedeutungs- und Funktionsgegensatz Substantivum — Adjektivum entsprechen kann (Bildungen mit gedehntem Vokal sind meist Substantiva, solche mit ungedehntem Vokal vorwiegend Adjektive). 333 Mémoire (s.o. Anm. 92); vgl. ferner Bezzenberger, Γ Ε Ρ Α Σ (Festschrift August

Fick), Göttingon 1903, S. 174; Kästner (s.o. Anm. 256), S. 60. 384 Vgl. zu einer verwandten Frage W . Meid, I F 63 (1957/58), 23-25. 835 I F 62 (1956), 261-296, 63 (1957/58), 1-28.

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Die Substantiv-Adjektiv-Opposition (Nebenregel) ist dabei nach Meid erst sekundär entstanden — als Folge davon, daß Exozentrica meist zugleich Substantive, die nicht-exozentrischen Bildungen dagegen zugleich A djektive seien (IF 63, 17— 19); doch wird — wenigstens der Formulierung nach — die W irkung beider Regeln gleichermaßen für die Grundsprache angesetzt. Es kann nun aber keine Rede davon sein, daß denominate Adjektive in der Regel nicht-exozentrisches Bedeutungsverhältnis zu ihren Grundwörtern aufweisen: Die Hauptmasse dieser A djektive drückt eine Zugehörigkeit, ein Versehensein, eine Charakterisierung oder ähnliches aus, also gegebenenfalls ein exozentrischee Bedeutungsverhältnis, während als nicht-exozentrisch eigentlich nur die nicht sehr ins Gewicht fallende Gruppe der Stoffadjektive anzusprechen is t336. Meids H aupt- und Nebenregel widersprechen sich also in beträchtlichem U m fang und können deshalb nicht gleichzeitig gültig gewesen sein — wenn man nicht ansetzt, daß es sich bei ihnen lediglich um sporadisch wirkende Tendenzen handelte. Meid dürfte hier den chronologischen Gesichtspunkt nicht genügend berücksichtigt haben: Seine Nebenregel ist offenbar eine späte, einzelsprachliche Entwicklung besonders der Sprachen, auf die Meid sich für diese Opposition hauptsächlich stützte, also der baltischen und slavischen (und dort ist sie die zuerst anzuwendende, also übergeordnete, Regel, keine 'N eben’ -Regel). Ich rechne deshalb im folgenden nur m it der 'Hauptregel* und lasse die 'N ebenregel’ als späteinzelsprachliche Erscheinung beiseite. Z u dieser Hauptregel ist nun aber ebenfalls einiges zu sagen : Bei der Ableitung von Substantiven aus Substantiven ist eine Unterscheidung v on exozentrischem und nicht-exozentrischem Bedeutungsverhältnis ohne weiteres durchzuführen, und hier scheint Meids Angabe auch das Richtige zu treffen. Bei der Ableitung von Adjektiven aus Substantiven jedoch ist dieses Kriterium ohne nähere Bestimmung nicht anwendbar, da die Verschiedenheit der W ortarten einen unmittelbaren Vergleich ausschließt. D as nächstverwandte Unterscheidungsverfahren wäre, nicht das Bedeutungsverhältnis v on Grundwort und Ableitung zu bestimmen, sondern das von Grundwort und den durch das Adjektiv näher bestimmten Sub889 Bei Meids einleitender Beispielsammlung (IF 62,262) sind die Adjektive auf -inae (im Gegensatz zu denen au f -inis) eindeutig exozentrisch : dumblinoa 'schlammig, verschlammt, m it Schlamm bedeckt’ zu dumblas ’ Schlamm’ , eniëginas 'schneeig, Schnee an sich habend, mit Schnee befleckt’, -os kójos 'Füße, auf denen Schnee liegt’ , -oa ëâkoa 'leicht m it Schnee bedeckte Äste’ usw. (Angaben nach dem Wörterbuch der litauischen Schriftsprache, ed. Max Niedermann u.a.). Dies wird von Meid S. 268 zu Unrecht verharmlost f . . . sie verändern das Grundwort nicht in seiner Bedeutung, sondern nur in seiner Funktion, indem sie es zum Adjektiv machen’ ).

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Foreohungebericht

stantiven, also z. B. im Falle v on wurmig nicht das Verhältnis von Wurm zu wurmig, sondern (in bezug auf Fügungen wie wurmiger Apfel) das Verhältnis von Wurm zu wurmiger A pfel (usw.) oder einfach zu Apfel (usw.). Prüft man nun die Bedeutungsverhältnisse solcher Paare nach, so zeigt sich schnell, daß sie ungleich vielfältiger sind, als die zwischen denorainalem Substantiv und seinem Grundwort; es kommen etwa vor (um nur einige wichtige T ypen zu nennen) : die Zuschreibung v o n Eigenschaften, unmittelbar (ein fleißiger Schüler zu F leiß) oder durch Vergleich (eine glasige Masse zu Glas) oder durch Übertragung (seine eiserne Faust zu Eisen) ; der Ausdruck der Relation zwischen zwei verschiedenen Objekten, etwa die Relation des Besitzes (elterliches Haus zu Eltern), der Herkunft (schwedische Filme zu Schweden) oder des Autors (die horazischen Oden zu Horaz); dann der Ausdruck der Relation zwischen zwei Objekten, die als zusammengehöriges Ganzes aufgefaßt werden, und zwar entweder so, daß das Adjektiv den Teil oder das Akzidenz ausdrückt (ein wurmiger A p fel zu Wurm) oder so, daß es das übergeordnete Ganze ausdrückt (der häusliche Herd zu H aus). Das Kriterium exozentrisch — nicht-exozentrisch bringt nicht von vornherein Ordnung in diese Vielfalt, so daß man — wenn diese Termini schon verwendet werden sollen — im Falle der Adjektive unbedingt eine angemessene Definition benötigt. Hier soll auf diese Frage nicht näher eingegangen werden — inwieweit solche Bestim mungen für unsere Fragestellung wesentlich sind, wird bei der Untersuchung des vedischen Materials noch zu erörtern sein. Im Ganzen ist aber zu Meids Ansatz zu sagen, daß — der Grundgedanke der 'H auptregel’ als im wesentlichen richtig vorausgesetzt — die Funktionsbestimmung für die Behandlung der A djektive nicht einmal in Ansätzen durchgeführt ist. Spechts formale Analyse und der Grundgedanke v on Meids Funktionsuntersuchung ergeben nun zusammen eine plausible Arbeitshypothese für den von uns zu untersuchenden formalen Gegensatz bei den ya-Suffixen : W ir haben bereits erörtert, daß der formale Gegensatz -jo- : -ijoaufgefaßt werden kann als t - f o : i + o, genauso wie der Gegensatz -ino- : -ino- als i + no : i -f- no. Meids Untersuchung — in der die joSuffixe im übrigen nicht berücksichtigt werden — gibt nun den Hinweis darauf, w o der Grund für den Gegensatz -i- : -i- zu suchen sein könnte : in einer funktionellen Dehnung des Stammauslauts der (ursprünglichen) Grundlagen, gegebenenfalls von 'W echselstämmen’ a u f -i-. Nach dieser Abschweifung zu der ‘präsuffixalen Dehnung’ nun noch ein W ort zu Spechts Haltung gegenüber der Sieversschen Regel: Seine Ablehnung war v or allem darin begründet, daß die Sieverasche Regel (vor allem in der Formulierung Edgertons) eine Opposition von jo- und

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no-Suffixen ausschließt. Specht m ußte also die an mehreren Stellen deutlich erkennbare Verteilung nach leichter und schwerer Silbe als einzelsprachlich einordnen, um seine O pposition io : i\o aufrechterhalten zu können. Wie wir gesehen haben, kann aber von einer durchgreifenden W irkung der Sieversschen Regel keine Rede sein ; es kom m t allenfalls in Frage, daß nach schwerer Silbe stets -ijo- steht. Es ist dam it für uns durchaus möglich, die Frage nach der Abhängigkeit der C Y A - und C IY A Folgen von der Schwere der vorausgehenden Silbe im R igveda zu untersuchen, ohne dam it von vornherein im Widerspruch zu den Ergebnissen Spechts zu stehen. 2.

Zwei Nominalsuffixe: William Ihvight Whitney (1879) u n d E . Vemon Arnold (1897/1905)

Ein Jahr nach der Formulierung der Sieversschen Regel erschien William Dwight Whitneys Sanskrit Grammar (Leipzig 1879), in der W hitney sich auch m it den verschiedenen Messungen des als y überlieferten Kom plexes im Rigveda befaßt. E r zieht aber für das ya-Suffix einen ganz anderen Schluß als seine Vorgänger (und der größte Teil der späteren Forscher) : I t must be left for further researches to decide whether in the ya are not included more than one suffix, with different accent, and different quantity o f the »-element ; or with an a added to a final i o f the primitive . . . S37. Diese Ansicht fand merkwürdigerweise fast keine Beachtung. Erst fast zwanzig Jahre später beschrieb E . V em on Arnold in seiner ausführlichen statistischen Untersuchung 'Sketch o f the Historical Grammar o f the R ig and Atharva Vedas’ 3 3 8 erneut die Messungen des ya-Suffixes und präzisierte seine Ansichten dann 1905 in seinem Buch 'V edic Metre in its Historical Developm ent’ 339. A rnold weist zunächst darauf hin, daß 33’ § 1210 (S. 407, in der 2. Aufl. S. 460). Es ist schwierig, nachträglich das Verhältnis von Whitneys Material zu Edgrens Darstellung (s.o. S .30-33) zu ermitteln: Whitneys Zahlen sind denen von Edgren ähnlich, aber nicht gleich, und einige Überlegungen (Schwächung des Themavokals zu i + thematisches Suffix) kehren in beiden Arbeiten wieder, ohne daß einer den anderen zitiert. Ich halte es für das Wahrscheinlichste, daß Whitneys Ausführungen au f der — möglicherweise von ihm angerogten — ursprünglichen Arbeit seines Schülers Edgren beruhen (die Arbeit wurde ja schon 1878 der AOS vorgetragen). Es wäre unter diesen Umständen interessant zu wissen, o b auch Edgren ursprünglich mit zwei Suffixen rechnete und diese Meinung unter dem Einfluß von Sievers Arbeit aufgab. Aus den Proceedings for Oct. 1878, S. IV ist nichts Genaueres zu ersehen. 338 JAO S 18 (1897), 203-354; über die Auflösung von y und v S. 241-253. *** Chapter V : Syllabic Restoration, S. 81-107 (u.ö.). Die Zitate au f S. 84f.

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das Verbalsuffix -ya- einsilbig, das betonte Nominalsuffix -yà- zweisilbig zu messen ist. F ür die übrigen Fälle von Nominalsuffixen führt er aus: Syllabic restoration is required in numerous nouns and adjektives ending in the suffixes -ya, -yä, -tya, -nya, etc., preceded b y a light syllable. N o methodical distinction between these words and others in which the restoration is not required has been established : but the difference in metrical value between e.g. hâvia 'invocandus’ and havyd 'drink offering’ is so marked that it is necessary to suppose that primitive suffixes -iya or -ia and -ya existed side b y side. Und ferner für die Stellung nach schwerer Silbe : In the suffix -ya, -yä following a heavy syllable, the restoration o f -ia, -iä is regularly required . . -340. I t does not therefore seem practicable to distinguish between -ia and -ya suffixes after heavy syllables. The exceptions to the rule hardly number one in every ten instances... Arnolds Argument, daß aus den von ihm angeführten Gründen zwei Suffixe im Spiel sein müssen, ist zwar durchaus folgerichtig; aber wenn seine Annahme zu R echt besteht, sollte sich diese Unterscheidung in zwei Suffixe auch auf der Ebene der Funktion nachweisen lassen. Hierfür gibt Arnold zwar 'particulars’ , aber sie fügen sich nicht zu einem einigermaßen einheitlichen Bild. Bevor wir aber von einer Aufteilung in zwei Suffixe m it einiger Bestimmtheit sprechen können, ist der Nachweis nötig, daß sich die Fälle m it (-i)ya- und -ya- nach leichter Silbe auch nach W ortbildungskategorien ordnen lassen, und dieser Nachweis ist bis jetzt noch nicht erbracht worden. W as Specht und andere (s. den vorhergehenden Abschnitt) beigebracht haben, betrifft lediglich Einzelheiten und hat nicht den Rang eines Beweises. Immerhin ergibt sich aus allen Untersuchungen, die das gesamte Material des Rigveda berücksichtigt haben (die von Edgren, zusammenfassend die von W hitney, die von Arnold), daß die von Sievers postulierte Zuordnung — falls sie überhaupt für das Vedische Geltung hatte — im Bereich der ya-Suffixe nur nach schwerer Silbe Geltung gehabt haben kann. N ach leichter Silbe muß sowohl die Folge C Y A wie auch CI Y A möglich gewesen sein, und die überzeugendsten Vorschläge zur Erklärung dieses Gegensatzes rechnen mit zwei (oder *‘ ° W ie oben (Anm. 46) erwähnt, ist im T ext mntya ausgenommen, was in den Corrigenda verbessert wird.

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mehreren) Suffixen 3 1 1 ; auch Spechts Unterscheidung zwischen dem N om inalsuffix -ijfi- und seinen 'Gegensatzbildungen’ auf -io- läuft ja letztlich a u f zwei Nominalsuffixe hinaus.

C Produktiv — Unproduktiv: Jerzy Kuryloivicz (1960) — Gregory Nagy (1970) In einer seiner vielen Äußerungen über die Sieverssche Regel sagt Jerzy Kurylowicz 3 4 3 : Im Indoiranischen wirkte bei den primären Formen das Sieverssche Gesetz (-iya-, -uva- nach langer, -ya-, -va- nach kurzer Silbe), wogegen produktive Suffixe wie das Adjektivsuffix -iya- oder die Femininsuffixe -i- (vfK -Typus), -ü- (tanä-Typus) sowohl nach langer als auch nach kurzer Silbe die volle Form (-iya-, -uva-) aufwiesen. W oher die produktiven Suffixe diese Besonderheit haben, sagt er nicht. Ausgehend von dieser Bemerkung (und, wie aus den Acknowledgements hervorgeht, von Kurylow icz beraten) hat dann Gregory N agy ein ganzes B u ch 3 4 3 der Frage gewidmet, wie sich aus der grundsprachlichen, nach ihm von der Sieversschen Regel abhängigen, Verteilung der C Y A - und CIYA -Folgen die einzelsprachlichen Verhältnisse entwickelten. Nagy nimm t an, daß die durch den Schwund von intersonantischem 9 entstandenen CIYA -Folgen nach leichter Silbe nicht mehr dem 'converse o f Sievers’ law’ unterlagen, sondern als freie Varianten neben dem ursprünglich allein berechtigten C Y A standen. Er verweist weiter auf die von Kurylow icz aufgestellte Regel 'U n morphème biparti tend à s'assimiler un morphème isofonctionnel consistant uniquement en un des deux éléments, c.-à-d. le morphème composé remplace le morphème simple’ 3 4 4 und erklärt m it ihr, warum in den produktiven Ableitungstypen C I Y A verallgemeinert und dem C Y A der unproduktiven gegenübergestellt worden sein soll (S. 3— 6 ). Nun haben wir in der Tat eindeutige Fälle von Suffixemeuerungen, bei denen C Y A durch C IY A ersetzt wird, vor allem beim griechischen K om parativ; ob aber die von Nagy gegebene Begründung diesen Fällen gerecht wird, und weiter, ob die einzelsprachlichen Verhältnisse mit einer derartigen Annahme ausreichend erklärt werden können, scheint mehr als zweifelhaft. Zunächst zum Schwund des a : W enn dieser tatsächlich 341 342 343 344

Eine jüngere Stellungnahme in diesem Sinn bei B. Forssman, ZvS 82 ( 1968), S. 527·. S .o. Anm. 83 (Zitat nach ZdPh 17,566). S .o. Anm. 229. La nature dos procès dits ’analogiques’ , zuerst Acta Linguistica 5 (1949), 15-37 ; dann Esquisses Linguistiques, S. 66-86. Das Zitat Esquisses S. 70.

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Forschungebericht

der Ausgangspunkt dafür gewesen sein soll, daß neben einem nach Sievers’ Regel wechselnden Suffix jo/tjo eine Suffixform iio auch nach leichter Silbe auftrat, dann muß konsequenterweise eine Suffixform ïj>o gefordert werden, von deren Weiterbildung zu iio (nach leichter wie schwerer Silbe) die analogische Ausbreitung ausgegangen sein könnte. V on dieser V oraussetzung aber ist bei Nagy keine Rede — sie ist auch ganz unwahrscheinlich (wie unten S. 145 noch zum Ansatz Burrows zu sagen sein wird). Völlig unwahrscheinlich ist es schließlich, daß die Entwicklung des W u r z e la u s l a u t s nach dem Schwund von 3 die Verhältnisse bei den Suffixen in der angesetzten Weise verändert haben könnte. Schon die Voraussetzung in der Argumentation Nagys trifft also nicht zu. Aber auch bei einer anderen Herkunft der 'Produktivität* der Form CI Y A sind die einzelsprachlichen Verhältnisse nicht oder nicht ausschließlich so zu erklären; das zeigt sich am deutlichsten bei den produktiven Verbalsuffixen etwa im Rigveda, für die Nagy die regelmäßige Verwendung von -yanicht auf einigermaßen plausible Weise erklären kann ; sein Verweis auf den Akzent (S. 45) ist in keiner Weise überzeugend. Mit Suffix-Erneuerungen werden wir zwar immer wieder zu rechnen haben, aber von einer so allgemeinen Auswirkung kann sicher keino Rode sein3 346. 5 4

D Laryngale Schon bei den seitherigen Ausführungen war des öfteren auf Erklärungen einzugehen, die den Gegensatz der Folgen C IY A und C Y A mit dem Auftreten oder Fehlen bestimmter Schwundstufenvokale zusammenbringen, sei es die Erklärung mit Hilfe des 'Schwa secundum* (s. o. S. 38) oder die mit Hilfe des im Ablaut zu Langvokalen stehenden 3 (etwa bei Kurylowicz). W ir können bei deren Besprechung zunächst von der a u f de Saussure zurückgehenden Feststellung ausgehen, daß auf Halblaut endende eel- und anii-Wurzeln sich in der Schwundstufe v or Konsonanten durch Länge und Kürze des betreffenden silbischen Halblauts unterscheiden: Die Schwundstufe einer sei-Wurzel auf -id ergibt vor K onsonant i, die Schwundstufe einer aniZ-Wurzel auf -i ergibt v or Konsonant i. A ber schon bei der ebenfalls von de Saussure postulierten Entsprechung v o r Sonant ergeben sich Schwierigkeiten: Nach diesem entspricht einem i v or Konsonant ein ii v or Sonant, einem i vor K onsonant ein i vor Sonant. Solche schwundstufigen Wurzelformen müßten im Anlaut v on deverbalen 345 Vgl. zu diesem Themenkreis noch die Ansicht von Edgren (s. o. S. 30), daß die silbische Realisierung durch eine fühlbare Fuge unterstützt wird. Entsprechend unten (E 1) Janert über die Aéoka-Inschriften.

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Stamm - und Wortbildungen auftreten, und wir hätten danach bei Ableitungen von se/-W urzeln stets Anlautgruppen mit silbisch zu realisierenden Halblauten, bei Ableitungen von aniZ-Wurzeln stets Anlautgruppen m it unsilbisch zu realisierenden Halblauten zu erwarten. W ie wir bei der Besprechung von Lindemans Ansatz (s.o. I C 5) gesehen haben, ist mit dieser Annahme allein aber nicht auszukommen, so daß meist zusätzlich eine Abhängigkeit von der Schwere der (im Satz) vorausgehenden Silbe angenommen wird. Beträchtliche Unterschiede bestehen dann bei den einzelnen Auffassungen darin, bei welcher Schwundstufenform diese Abhängigkeit wirksam gewesen sein soll. Ich verweise hierfür auf die obige Diskussion der Ansätze von Kurylow icz und Lindeman. Eine K lärung dieser Frage wird zu den Aufgaben unserer Materialsammlung gehören. Die Theorien des 'schwa secundam’ werden bei dem von uns zu behandelnden Material an keiner Stelle zur Erklärung benötigt, weshalb ich von einer Behandlung absehe. — Eine Folge Halblaut + 9 + Sonant wäre grundsätzlich auch nach der Wurzelsilbe denkbar, doch ist dieser Fall nur selten vorauszusetzen. W ichtiger ist die Frage, ob wurzelauslautendes 9 + Suffix \o auch nach leichter Silbe %\o ergeben hätte, sei es, daß unsilbisches a die Silbe schwer machte (so Kurylowicz und Lehmann, s.o . I C 6 ), oder daß das a an i assimiliert wurde. Diese Frage kann nicht ohne weiteres beantwortet werden, da hier v or allem primäre und sekundäre Bildungen sorgfältig auseinandergehalten werden müssen. Die seitherigen Darstellungen sind auf jeden Fall unzureichend34®. Auch a uf diese Frage wird also bei unserer Materialuntersuchung zu achten sein. Am Rande sind noch einige andere 'laryngalistische’ Versuche zu erwähnen : Paul W . Brosman Jr. suchte die Klassifizierung der Laryngale als Halblaute zu stützen und nahm dabei an, daß auch Laryngale einen Wechsel von unsilbischer und silbischer (-{- imsilbischer) Realisierung nach der Sieversschen Regel zeigten347. Zur Beurteilung eines dermaßen hypothetischen Ansatzes fehlt aber jegliches Kriterium — er ist von vornherein unwahrscheinlich. — Schließlich versuchte T. Burrow, das vedische ya-Suffix nach leichter Silbe auf i a, das (i)ya-Suffix in der gleichen Stellung a uf i + H a ( = i + da) zurückzuführen348. Für ein solches laryngales Suffix gibt es keinerlei Begründung, — es scheint mir deshalb auch keiner weiteren Diskussion wert zu sein8 *848. 4 844 Vgl. im übrigen, daß Specht ZvS 62 (1036), mit Erhaltung des 9 vor i rechnet ( > ai. e), allerdings behandelt er nur die Stellung im Auslaut und vor Konsonant. 347 Proto-Indo-Hittite b and the Allophones o f Laryngeals, Lg 33 (1957), 1-18. 348 TPhS 1949, S. 58. 848 Vgl. auch die Ablehnung bei Wackernagel-Debrunnor II, 2,780 ('unbrauchbar’ ) und Lindeman, N T S 20 (1965), 93-95. 10 Seebold, Daa System der idg. Halbvokale

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Forechungsbericht

E D as vedische Metrum : Hermann Oldenberg (1888/1908) und Andrew Littleton Sihler (1967/1969) Eine der Hauptschwierigkeiten bei der Beurteilung des Gegensatzes von grundsprachlichen C Y A - und CIYA -Folgen besteht darin, daß deren ursprüngliche phonetische Form nur bei den vedischen Halbvokalen erhalten, und daß auch das bei weitem gewichtigste statistische Material aus dem Rigveda zu gewinnen ist. Die Vorstellungen, die wir uns von der Verteilung dieser Folgen machen, sind also praktisch von einem einzigen T ext abhängig und deshalb unter Umständen durch Besonderheiten der vedischen Überlieferung beeinträchtigt. Am deutlichsten wird diese Fragestellung im Bereich der philologischen Einzelprobleme bei M. B. Emenau, der vermutete, daß rigved. jyótis- 'L icht’ , dessen Halbvokal nie silbisch zu messen ist, sowie einige unsilbische Messungen des Halbvokals in dyau- 'H immel, Tag’ nach schwerer Silbe darauf zurückzuführen seien, daß in Wirklichkeit schon die mittelindische Aussprache j- gebraucht w urde360. Diese Ansicht wird — abgesehen von ihrer Unwahrscheinlichkeit — durch die genauen statistischen Feststellungen von Samuel D. A tkins 3 6 1 widerlegt. Erheblich wichtiger ist der Versuch, die Abhängigkeit der C Y A - und CIYA -Folgen v on der Schwere der vorausgehenden Silbe als einen Reflex der metrischen Erfordernisse des Rigveda zu erklären. Eine solche Ansicht vertrat vor allem Hermann Oldenberg, der seine Haltung allerdings nicht im einzelnen darlegte. E r schrieb in den Prolegomena (1888), S. 442a, daß w ir zur Erklärung des Wechsels in Anlautgruppen (er bezieht sich auf Osthoffs Nachweis für den O ptativ syä-, s. o. S. 34) m it dem Metrum ausreichen und begründete dies damit, daß eine Folge dreier Kürzen sich nur gezwungen in das vedische Metrum fügt ; daß aber andererseits ein Wechsel von Länge und K ürze (und eine Aufeinanderfolge mehrerer Längen) dort vielfache Verwendung findet. In den Noten (Bd. I 1909), S. 69 mit Anm. 1 setzte er sich dann m it den Fällen im Inlaut auseinander, wobei seine Haltung nicht ganz klar wird. E r bezieht sich auf die 'H äufigkeit der Fälle, die der betreffenden Norm widersprechen’ und führt eine Anzahl v on Stämmen oder Formen unterschiedlicher Kategorien auf, die unsilbischen Halbvokal nach schwerer Silbe zeigen (insgesamt sechs). Aus dieser Formulierung geht nicht eindeutig hervor, ob Oldenberg die 'N orm ’ für 'falsch’ oder nur für 'nicht ausnahmslos befolgt’ hält. **° In : Ancient Indo-European Dialecte, ed. Henrik Birnbaum, Jaan Puhvel, Berkeley & Los Angeles 1966, S. 130. 351 J A O S 88 (1968), 679-709.

Andere Deutungen des Gegensatzes CYA : CIYA

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Eine systematische Untersuchung der Möglichkeit metrisch bedingter Verteilung von Anlaut-Varianten lieferte dann Andrew Littleton Sihler in seiner Dissertation Proto-Indo-European Poet-Consonantal Résonants in Word-Initial Sequences (Dise. Yale 1967) und in dem Aufsatz SieversEdgerton Phenomena and Rigvedic M eter von 1969îM. Sihler untersucht — in Auseinandersetzung mit Edgerton und Lindeman — , ob für den R igveda und die indogermanische Grundsprache tatsächlich eine Abhängigkeit der anlautenden C Y A - und C lY A -F olgen von der im Satz vorausgehenden Silbe angenommen werden m uß. E r führt aus, daß unmittelbare Evidenz für eine solche Abhängigkeit allenfalls im (R ig-)V eda zu finden ist — in anderen Sprachen ist die Anlautform der W örter (oder der einzelnen W ortformen) fest, wenn auch verschiedene Nachfolger eines bestimmten voreinzelsprachlichen W orts oder verschiedene Bildungen aus der gleichen Wurzel im einen Fall silbische, im anderen Fall unsilbische Realisierung des Halblauts zeigen können. So haben etwa lt. dies und lt. Jupiter immer denselben Anlaut, reflektieren aber unterschiedliche Halbvokalrealisierungen der gleichen idg. Grundlage *dieu-. Diese Verschiedenheit könnte ein mittelbares Zeugnis für eine ehemalige Anlautvariation in Abhängigkeit von der Schwere der im Satz vorausgehenden Silbe sein. Für seine eigene Erklärung solcher Unterschiede geht Sihler zunächst von folgendem Entwicklungsmodell halblauthaltiger Anlautgruppen aus: Für die Grundsprache setzt er als Möglichkeiten an CY A -, C IY A - und C IH A - (H = beliebiger Laryngal), wobei C IY A - verhältnismäßig selten und a u f ganz bestimmte W örter oder W ortform en beschränkt war ; auf dem W eg in die Einzelsprachen sind dann m it seinen Reflexen die der Folge C IH A - (wenigstens in allen sicher zu beurteilenden Formen) zusammengefallen. In der Regel ist nach Sihler für ein bestimmtes W ort oder eine bestimmte W ortform sowohl in der Grundsprache wie auch in den späteren Einzelsprachen immer dieselbe Anlaut-Realisierung anzusetzen; Reflexe von Verschiedenheiten sind selten und in der Regel mit einzelsprachlichen Entwicklungen zu erklären. Ein wichtiger Fall einer solchen Entwicklung ist etwa, daß in der Schwundstufe von Wurzeln der Struktur Cel (I = beliebiger Halblaut) in den baltischen, slavischen und germanischen Sprachen bei analysierbaren Bildungen die ursprünglich nur v or Konsonanten berechtigte Form CI- auch vor Sonanten auftaucht, also CIA (C IY A -) anstatt des zu erwartenden CY A -. W ir bekommen dadurch in den baltischen, slavischen und germanischen Sprachen in einigen W örtern und W ortform en Reflexe des Anlauts C IY A -, w o bei den Entsprechungen in anderen Sprachen Reflexe des ursprünglichen Anlaute *5* Lg 45,248-273. Ein weiterer Aufsatz wird dort S. 250* angekündigt.

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Forschungsbericht

C Y A - stehen. Andere Fälle erklärt Sihler m it dem Ausgleich in der betreffenden W ortsippe — ich greife das wichtigste Beispiel heraus363: Das indogermanische W ort für 'Himmel, T ag’ , *dieu- (mit ausgeprägtem A b laut), weist in den Einzelsprachen bei Formen mit di- + Sonant in der Regel den Reflex eines unsilbischen Halbvokals (di-) a uf; im Lateinischen zeigt sich aber in solchen Formen neben dem zu erwartenden Reflex j(in Jupiter) auch ein Reflex der silbischen Realisierung dij- (in diès)\ ferner haben im R igveda der NSg dyauh und der ASg dydm nach Ausweis des Metrums Varianten m it silbischem neben solchen m it unsilbischem Halbvokal. A u f Sihlers Behandlung der Evidenz des R igveda wird gleich noch einzugehen sein — für das Lateinische (und gegebenenfalls andere Sprachen) führt er Gründe an, die die Annahme eines paradigmatischen Ausgleichs von *diëue — *diuos zu *diiêus — *diuos als naheliegend erscheinen lassen, besonders die Entwicklung im Griechischen, bei der im Falle der Annahme eines ursprünglichen Wechsels nach 'Sievers-Edgertons Regel’ postuliert werden müßte, daß die formal durchsichtige Variante der Flexion (dii-) zugunsten der undurchsichtigen (gr. ζ), der einheitliche Anlaut zugunsten eines sinnlosen Wechsels gr. ζ — δι, aufgegeben worden wäre. A u f diese Weise vermag Sihler für den Befund außerhalb des R ig veda plausible Erklärungen zu geben, ohne auf die Hypothese einer grundsprachlichen Anlautvariation in Abhängigkeit von der Schwere der im Satz vorausgehenden Silbe zurückgreifen zu müssen. W ir haben damit zunächst für die Anlautvariationen außerhalb des Rigveda zwei konkurrierende Erklärungen, von denen die Sievers-Edgertonsche Regel mehr voraussetzen und mehr Zusatzannahmen machen muß. Sie wäre Sihlers einfachen und a u f die betreffenden Einzelfälle zugeschnittenen Erklärungen nur dann vorzuziehen, wenn die Wechselformen des Rigveda eine solche Regel wenigstens für das Vedische erweisen würden. Den Ausschlag muß deshalb auch hier der Befund des Rigveda liefern: Aus dem R igveda hatte Edgerton als Stütze für seine Systematisierung zwei Materialgruppen angeführt: einmal W örter m it halblauthaltigen Anlautgruppen ohne Variation, die stets in solcher Um gebung stehen, die nach der Sievers-Edgertonschen Regel zu der betreffenden einheitlichen Halblaut-Realisierung paßt, und zweitens Wörter, in deren Anlautgruppe die Realisierung des Halblauts wechselt. W ie schon oben S. 54 f. referiert wurde, zeigt Sihler, daß die Evidenz der ersten A rt trügerisch ist: E r weist nach, daß metrisch gleichwertige Wörter, die keinen Halblaut enthalten, ganz entsprechend verteilt sind. Diese Argumentation Vgl. auch über *dh^hmo- S. 215-218.

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benutzt er nun auch zur Beurteilung der Fälle mit Anlautwechsel, indem er von folgenden Beobachtungen und Überlegungen ausgeht: . Fälle mit sicherer Anlautvariation zwischen C Y A - und C IY A Folgen sind selten ; sie sind beschränkt a uf die Variation von Halbvokalen (treten also bei Halb-Sonoranten nicht auf) und auf solche Wörter, die — abgesehen von der Realisierung des Halbvokals — einsilbig sind. 1

2. In der Regel kann eine der beiden Varianten als ererbt angesehen werden, nämlich die m it unsilbischem Halbvokal bei tväm, dvih, dyaüh, dydm, eyd- und svd\ die mit silbischem Halbvokal bei duvd und tuvâm. Bei einigen ist die ursprüngliche Form weniger sicher (wahrscheinlich ist es aber die mit unsilbischem H albvokal), nämlich bei syä/tyd, tvä- und évah. 3. Die Variante des Typs C IY A - zeigt in der Regel eine Verteilung, die zu Edgertons Postulaten stimmt, die Variante des T yps CY A- dagegen nicht384. Sihlers Argument ist nun folgendes: Die belegte V e r t e il u n g der Anlaut-Varianten kann durch die 'Sievers-Edgertonsche Regel’ nicht ausreichend erklärt werden, da die CY A-Folgen widersprechen. Dagegen geht die Erklärung m it Hilfe des Metrums bruchlos auf : Das einheitliche Verhalten des T yps C IY A - kann als metrisch bedingt erwiesen werden, und bei C Y A - ist vom Metrum her gesehen gleichgültig, ob eine leichte oder eine schwere Silbe vorausgeht, da diese auf jeden Fall durch Position schwer werden muß — die Uneinheitlichkeit in der Verteilung von CY Aist bei dieser Erklärung also begründet. Es bleibt dam it lediglich die Frage der H e r k u n ft der Anlautvariation. Z u ihrer Klärung greift Sihler auf die Tatsache zurück, daß in nachrigvedischer Zeit iya zu ya, uva zu va entwickelt wurde. E s kann deshalb angenommen werden, daß Formen m it diesem sekundären Lautstand schon zur Zeit der Abfassung der vedischen Hymnen existierten und wahlweise neben den älteren, 'archaischen* verwendet werden konnten. Die Sprache der Dichter braucht dabei durchaus nicht einheitlich verfahren zu sein. Eine Erklärung für die Variation wäre deshalb ohne weiteres möglich bei Wörtern, in deren Anlaut CI Y A historisch vorauszusetzen ist: Bei ihnen würde die Variante m it C Y Aden jüngeren Lautstand zeigen. Bei denen m it ursprünglichem C Y Anim m t Sihler dann Beeinflussung durch verwandte Form en mit C IY A an: Beim Pronomen der zweiten Person Ausgleich zwischen Nominativ (tuvâm) und Akkusastiv (tvdm), sowie Einfluß des Duals yuvdm ; bei dvih, SM Obwohl dies zu seinem Argument gehört, sagt Sihler so weit ich sehe, nirgends ausdrücklich, daß eine regelmäßige Verteilung vor dieser Lautfolge tatsächlich Beweiskraft hätte. Vgl. oben S. 65 f.

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Forechungsbericht

Einfluß von duvd, bei dyauh den von diväh ; ähnlich auch anderes, obwohl er einiges offenläßt (svd/suvâ S. 274). N ach der Verbreitung der Anlautvariation zu schließen muß die Möglichkeit zu solchen Ausgleichserscheinungen zur Zeit der Abfassung der vedischen Hymnen praktisch auf Einsilbler beschränkt gewesen sein ; außerdem muß sie in einigen Fällen eine größere Rolle gespielt haben als in anderen (S. 276f.). — Außer diesem Grundansatz gibt Sihler zahlreiche Erörterungen und Erklärungen sprachhistorischer, metrischer und philologischer Art, um Besonderheiten der jeweiligen Beleglage zu erklären. Für sein Ergebnis beansprucht er nicht, daß es die Erklärung von (Sievers,) Edgerton und Lindem an widerlegt; doch glaubt er, daß es für die Anlautvariation bei Halbvokalen eine mit der Sievers-Edgertonschen Regel konkurrierende Erklärung bietet, und zwar eine Erklärung, die aufs ganze gesehen einfacher und wahrscheinlicher ist. Sihlers Argumentation ist methodisch scharf durchdacht und bietet in diesem Punkt einen erfreulichen L ichtblick in der an ungestützten Spekulationen reichen Forschungsgeschichte der Sieversschen Regel. Es dürfte durch sie ausreichend nachgewiesen sein, daß die rigvedische V e r t e il u n g von Anlautvarianten zumindest in ihren Grundzügen metrisch bedingt ist — ob man aber Sihlers Erklärungen über die E n t s t e h u n g der Variation im Rigveda folgt, ist eine andere Frage. Diese Erklärungen haben nämlich eine grundsätzliche Schwäche : Sihler untersuchte die Variation im Anlaut, nicht aber die im Inlaut. W enn mm die Verhältnisse im Inlaut tatsächlich a u f eine Abhängigkeit der Varianten von der Schwere der vorausgehenden Silbe weisen, dann kann die Entstehung der Anlautvariation aus einer entsprechenden Regelung im SatzSandhi nicht m it Sicherheit ausgeschlossen werden — sie würde im Gegenteil gegenüber Sihlers Einzelerklärungen mit Hilfe der Analogie den Vorteil der Einheitlichkeit bieten. D ie' Frage nach der metrisch bedingten Verteilung muß also zunächst noch für die Inlaut-Fälle gestellt werden — doch erfordert dies eine eigene Untersuchung, die in Abschnitt I I I A 2 dieses Forschungsberichts durchgeführt werden soll.

F Der Gegensatz G Y A :C I Y A in den indogermanischen Einzelsprachen — Ausstehende Fragen W ir haben oben (Abschnitt I E ) untersucht, welche indogermanischen Einzelsprachen einen Gegensatz C Y A : CI Y A (oder Reflexe eines solchen) in Abhängigkeit v on der Lautumgebung (besonders von der Schwere des vorausgehenden W ortteils) zeigen; dabei wurden bereits alle wichtigen Fälle außerhalb des Vedischen behandelt, bei denen ein solcher Gegensatz

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anders, etwa als phonologische Opposition, aufgefaßt werden könnte. Es bleiben hier deshalb nur noch einige Restfragen zu klären. Zunächst muß unsere Fragestellung, die zeitweise die Realisierung sämtlicher Halblaute einschloß, bei unserer eigenen, systematischen Untersuchung auf die Halbvokale eingeschränkt werden: Eine umfassende Behandlung der Halb-Sonoranten würde einige genauso gewichtige Problem e wie die A b hängigkeit von der Schwere der vorausgehenden Silbe einschließen müssen, v o r allem eine Untersuchung des historischen und strukturellen Wertes von gr. α in der Um gebung von Sonoranten ; außerdem wäre eine eingehendere Untersuchung der verschiedenen Postulate der LaryngalHypothese nicht zu umgehen. Dieses weitreichende Gebiet muß — so bedauerlich dies im Interesse eines geschlossenen Ergebnisses ist — anderen Untersuchungen überlassen w erden368. Schon die seitherige Diskussion dürfte aber gezeigt haben, daß die zentralen Problem e bei der Realisierung von Halblauten im Bereich der Halbvokale zu suchen sind : Diese zeigen die gewichtigste Evidenz für eine Abhängigkeit von der Schwere der vorausgehenden Silbe und auch — abgesehen von dem Unterschied zwischen den Schwundstufen von anit- und sei-Wurzeln — die gewichtigste Evidenz für eine Opposition zwischen C Y A und C IY A . Es steht zu hoffen, daß sichere Ergebnisse bei den Halbvokalen auch die Beurteilung der Verhältnisse bei den Halb-Sonoranten entscheidend zu fördern vermögen. A n dieser Stelle bleibt dam it nur noch, die Verhältnisse zweier Sprachen zu diskutieren, bei denen eine Abhängigkeit des Gegensatzes C Y A : C IY A von der Schwere der vorausgehenden Silbe noch nie angesetzt wurde, weshalb ich sie oben nicht behandelt habe. In den dann noch verbleibenden Sprachen ist ein Gegensatz C Y A : C IY A nicht festzustellen36®. 1.

D ie mittelindischen Sprachen

D ie Beleglage in den mittelindischen Sprachen 3 6 7 ist der griechischen in wichtigen Punkten ähnlich : Einmal sind bei Lautgruppen m it unsilbischem Halbvokal verschiedene Arten v on Verschmelzungen eingetreten, 355 Zusammenfassende Behandlungen (mit Beschränkung au f die Anlautstellung) finden sich bei Edgar H . Sturtevant: The Indo-European Reduced Vowel o f the e-Series, Lg 19 (1943), 293-312 (vgl. besonders die Aufstellungen S. 310); Lindeman, N T S 20 (1905), 38-108; Sihler, Diss. (s.o. S. 147), Chapters II, IV. Vgl. auch Giuliano Bonfante: Dell’ intonazione sillabica indo-europea, Atti della Reale Accademia Nationale dei Lincei, Serie Sesta, Memorie della classe di scionzo morali, storiche e filologiche I II , 1930, S. 211-246. 856 Eine Möglichkeit im Albanischen diskutiert Nagy (s.o. Anm. 229), S. 39-41. 857 R . Pischel : Grammatik der Prakrit-Sprachen, Straßburg 1900 (Grundriß der indo-arischen Philologie und Altertumskunde I, 8), S. 104 u .ö .; Wilhelm Geiger:

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Forschungsbericht

und zum andern besteht überall die Möglichkeit, Reflexe von C Y A und von C IY A zu unterscheiden. Die Verteilung dieser Reflexe legt nirgends eine Interpretation durch die Sieverssche Regel nahe; v or allem aber entspricht sie — zumindest in größerem Umfang — nicht der Verteilung des Vedischen. In einer instruktiven Untersuchung der betr. Verhältnisse bei den Aéoka-Inschriften hat neuerdings Klaus Ludwig Janert gezeigt, m it welchen Entwicklungen gerechnet werden muß (s. Anm . 357). Für den vorliegenden Zw eck genügt es dabei, zwischen einer östlichen und einer westlichen Sprachform zu unterschieden: Die westliche Mundart zeigt stets Verschmelzung; nur bei den im Sanskrit silbisch anlautenden Endungen der femininen i- und t-Flexionen findet sich immer Konsonant + iy (S. 3f.). In der östlichen Mundart sind die Verhältnisse komplizierter (S. 4— 9). Hier gibt es neben der Verschmelzung (bei den ya-Präsentien, dem sî/a-Futur, einem Teil der Nomina m it ya-Suffix) in beträchtlichem Umfang iy (bei den i/i-Stämmen, beim Passiv und beim übrigen Teil der Nomina mit ΐ/α-Suffix). Janert führt nun aus, daß die Besonderheit der i/i-Stämme auf einer sekundären Zergliederung und Neuordnung dieser Flexion beruht (S. 18f.) ; abgesehen von ihr zeigt die westliche Mundart demnach stets Verschmelzung, gleichgültig o b im Vedischen C Y A oder C IY A entspricht. Für die Verhältnisse der östlichen Mundart zeigt Janert (S. 9— 15), daß die Verschmelzung in der Regel nur dann eintrat, wenn zwischen ursprünglichem Konsonant + y keine W ortbildungsfuge mehr empfunden wurde ; bei analysierbaren Bildungen dagegen wurde -ya- durch -iya- ersetzt; mit anderen W orten: Wir haben hier eine 'Suffixeraeuerung’ v or uns, wie etwa auch beim griechischen Komparativ. In der Form -iya- sucht Janert das vedische Suffix -(i)ya-, 'das unter bestimmten rhythmischen Bedingungen abwechselnd m it dem Nominalsuffix -ya- verwendet worden ist oder a u f sprachlichen Gegebenheiten beruht’ (S. 15). E r rechnet also m it einer Wechselform nach der Sieversschen Regel oder einem zweiten Suffix im Sinne von Specht oder Arnold (8 . 0 . Abschnitt B). D a aliya- und suXiya- (skt. ärya- und sürya-) eine Ausnahme machen, insofern als sie -iya- zeigen, obwohl sie nicht mehr analysierbar waren, schließt Janert bei seiner Regelung die Gruppe 'Langvokal + einfacher Konsonant -j- y ’ aus (S. 12f.). F ür uns ist nun die Frage w ichtig: Zeigt die östliche Mundart auch in solchen Fällen Verschmelzung, bei denen ursprünglich y nach schwerer Silbe stand?

Pöli. Literatur und Sprache, Straßburg 1916 (Grundriß I, 7), S. 51 f. ; Franklin Edgerton : Buddhist Hybrid Sanskrit Grammar and Dictionary, I Grammar, New Haven 1953, S. 30; Klaus Ludwig Janert: Studien zu den Aéoka-Inschriften. I l l Zu den Wörtern mit Verschmelzung der Lautkombination +Konsonant + y oder mit K onsonant -j- iy, Nachrichten Göttingen 1961, 1 ; vgl. noch Wackernagel-Debrunner II, 2,780 mit weiterer Literatur.

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Dies ist bei zwei Bildungen der Fall, nämlich den Entsprechungen zu skt. matsya- und irçyâ-. Das erste von diesen wird auch im R igveda mit unsilbischem y gemessen (2 Belege) — a u f welche Weise auch immer man diese Besonderheit erklären mag — , das zweite lautet im Rigveda irasydm it y nach leichter Silbe, so daß hier durchaus m it sekundären Besonderheiten zu rechnen ist. Das heißt weiter, daß wir keinen sicheren Beleg gegen die Annahme haben, daß der Stellung nach schwerer Silbe regelmäßig die Form C IY A zukam ; und es heißt schließlich, daß die östliche Mundart auf den Aéoka-Inschriften eine ähnliche (aber natürlich in der Entwicklung weiter fortgeschrittene) Beleglage zeigt wie das Vedische: Die von Sievers postulierte Zuordnung könnte gültig gewesen sein für die Stellung nach schwerer Silbe; für die Stellung nach leichter Silbe sind die Verhältnisse — was die Entstehung der beiden Suffixformen anbelangt — weitgehend unklar. 2.

D as Oskisch-Umbrische

F ür das Oskisch-Umbrische 3 5 8 359 sind zunächst einige Vorbehalte zu machen : Das Material ist nicht sehr reichhaltig, und gerade in unserem Fall spielt die Interpretation der Schreibungen eine gewichtige Rolle. Oberflächlich betrachtet sieht es allerdings so aus, als w ürde das Oskische und das Umbrische C Y A und C IY A unterscheiden, vgl. etwa auf der Fluchtafel von Cumae (Vetter 5) die oskischen Genetive dekieis neben rahiieis369. Die Schreibung -ii- tritt aber nicht konsequent auf, und wenn man bedenkt, welch komplizierte Regelungen in dem besser überschaubaren Lateinischen beim Anschluß von (j und) v an Konsonanten auftreten, wird man es vorziehen, über das Verhalten des Oskisch-Umbrischen keine über diese Beobachtung hinausgehenden Aussagen zu machen. A n einer Stelle scheint allerdings eine grammatisch relevante Erscheinung faßbar zu sein : V or allem im Oskischen, dann im Pälignischen, aber auch im Umbrischen zeigen die nominalen io-Stämme im N Sg zwei verschiedene Formen, osk. -is neben -iis u.ä.380, vgl. etwa a u f der schon genannten Fluchtafel aus Cumae (Vetter 5) die Nominative dekis neben rahiis, oder — in griechischer Schrift — auf der Inschrift von Vaglio (Vetter 180) 358 Ich stütze mich au f Robert von Planta: Grammatik der oskisch-umbriechen Dialekte, Straßburg I 1892, II 1897 ; Carl Darling Buck : A Grammar of Oscan and Umbrian, Boston 1904; Gino Bottiglioni : Manuale dei dialetti italici, Bologna 1954; James Wilson Poultney: The Bronce Tables of Iguvium, Baltimore 1959; vgl. noch Hreinn Benediktsson : The Vowel Syncope in Oscan-Umbrian, N TS 19 (1960), 167-295. 359 Em il Vetter: Handbuch der italischen Dialekte Bd. I, Heidelberg 1953. Vgl. ferner etwa die Zusammenstellungen bei Bottiglioni S. 59 f. 380 Ausführliche Behandlung und Darstellung bei von Planta I I , 127-147.

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Forschungabericht

στατις χΡδειες = Statius Audi(i)us, oder umbrisch (Tab. Ig. 1 b, 45) vivçis . . . teteies. Es ist möglich, daß diese Verschiedenheit auch in anderen Kasus auftritt (vgl. etwa die oben zitierten Genetive dekieis — rahiieis), do ch läßt sich dies mangels sicheren Materials nicht zwingend beweisen. Nun hat man schon lange erkannt3®1, daß die Formen m it ii in allen klaren Fällen Gentilnamen sind, und zwar solche, die von jo-stämmigen Nam en abgeleitet sind, m it anderen W orten: jo-Bildungen zu jo-Stämmen. D er Grund für die Besonderheit ist dam it klar: Es handelt sich um -t- + -jo- > -iio- (im NSg durch Synkope weiter zu -it-). Für uns ist dabei lediglich wichtig, daß die oskisch-umbrischen Sprachen überhaupt die Möglichkeit hatten, diese Besonderheit lautlich zum Ausdruck zu bringen 3 ®2 — im Lateinischen wäre diese Unterscheidung aus lautlichen Gründen unmöglich gewesen.

I II

Auswertung und Arbeitshypothese

A D ie Rolle des Metrums im Rigveda Die beiden vorhergehenden K apitel des Forschungsberichts haben die zentrale Stellung des Rigveda in der Frage des Gegensatzes C Y A : C IY A erkennen lassen. Zum Schluß haben wir eine Theorie kennengelemt, die das Zeugnis dieses Denkmals für unsere Untersuchung entwerten würde : Die Auffassung, daß die Verteilung v on C Y A und C IY A im Rigveda metrisch bedingt sei. W ir müssen uns deshalb, bevor wir zu den übrigen Theorien abschließend Stellung nehmen, m it der Frage auseinandersetzen, in welchem Umfang dieser Ansatz zutrifFt, dam it wir nicht metrisch bedingte Erscheinungen m it sprachlich bedingten verwechseln. — Meine eigene Untersuchung dieser Frage war bereits abgeschlossen, als ich Sihlers Dissertation zu Gesicht bekam ; meine Untersuchung der Anlautstellung, die zu einem im wesentlichen gleichen Ergebnis kommt wie die Sihlers, ist deshalb nicht mehr in gleicher Weise notwendig. Ich führe sie dennoch aus, da sie im Ansatz (vollständige Untersuchung des wichtigsten Einzelfalls) verschieden ist und — anders als Sihler — sämtliche berücksichtigten Stellen angibt. A u f Neuland befinden wir uns dann wieder — abgesehen von den wenigen Bemerkungen Oldenbergs — bei der Untersuchung der Möglichkeit metrisch bedingter Verteilung im Inlaut. 341 Vgl. das Referat bei von Planta Π , 129-131. 3,2 Herr Prof. Untermann gibt allerdings zu bedenken (mündlich), ob es sich nicht lediglich um eine graphische Erscheinung handelt.

Auswertung und Arbeitshypothese

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Grundlage und Terminologie: Meine Angaben stützen sich (außer auf eigene und Grassmanns Wörterbuch, Sammlungen) auf Max Müllers Index of Pados sowie au f die Zusammenstellungen bei Arnold (an den zitierten Stellen). Textgrundlage war die Ausgabe von Aufrecht (bei Schwierigkeiten auch die große Ausgabe von Max Müller). Bei metrisch schwierigen Versen habe ich Oldenbergs Noten ( = Oldenberg zur Stelle) und Arnolds Metrical Commentary im Anhang zu Vedic Metre ( = Arnold zur Stelle) herangezogen. — Nach Arnold und anderen unterscheide ich D = Dimeter-Verse (8-Silbler) und T = Trimeter-Verse (11-, 12Silbler u.ä.). Ich bezeichne die Versstellen bei Dimeter-Versen mit I D , 2 D usw., bei Trimeter-Versen m it I T , 2 T usw., im Mittelstück aber nach der Stellung der Zäsur m it 4 A — 7 A (bei Zäsur nach der 4. Silbe), 4B — 7B (bei Zäsur nach der 5. Silbe); am Versende 11t bei 2Vi#w6A-Versen, l l j , 12j bei Jagati-Versen und anderen 12-Silblern. D abei bedeutet I D , I T : der silbisch zu messende Halbvokal beziehungsweise der auf einen unsilbisch zu messenden Halbvokal folgende Silben träger steht in der ersten Silbe des Verses (und entsprechend). Als Vers bezeichne ich einen 8-, 11- oder 12-Silbler; die höhere Einheit bezeichne ich gegebenenfalls als Strophe. B ei den metrischen Schemata bedeutet : * = neutrale Silbe, ^ = leichte Silbe, — = schwere Silbe, / = Zäsur. Ich sehe dabei von Besonderheiten ab und gebe nur das normale Schema.

**3

1.

Der Einfluß des Metrums auf die Anlautvariation: D as Pronomen der zweiten Person Singularis

Zur Untersuchung des Wechsels in Anlautgruppen wähle ich das am häufigsten belegte der in Frage kommenden Wörter, das Pronom en der zweiten Singularis. B ei diesem unterscheidet Arnold in Vedic Metre drei Gruppen von Form en: a) Die Formen tvâm, tvdm, tvé, tvd (Instrumental) und tvä- in der K om position. Bei diesen ist der H albvokal in den meisten Fällen (beim Instrumental immer) silbisch zu messen (S. 85f.). b ) Enklitisches tvä, das gelegentlich silbisch zu messen ist, vorausgesetzt, daß eine schwere Silbe vorausgeht (S. 95 und 100 unter II). c) tvdyä und tvät, die gelegentlich ('occasional’ ) silbisch zu messen sind, ohne daß dies von der Stellung im Vers abzuhängen scheint (S. 97). Diese Darstellung ist nicht zureichend. Sie mißachtet v or allem, daß das enklitische tvä nur im Versinnem, die übrigen Formen überwiegend am Versanfang belegt sind, und daß in diesen Stellungen ganz unterschiedliche Verhältnisse in bezug auf die Messung des Halbvokals herr-8 3 6 863 D a mir die neuere, selbständige Ausgabe nicht zugänglich war, benützte ich die im Anhang der Rigveda-Ausgabe von 1872-1874. Erst nach Abschluß der Untersuchung wurde mir zugänglich der Index of the Rgveda-Padapâfha, ed. Viehva Bandhu, Hoshiarpur 1966, der au f M ax Müllors Index zurückgeht (vgl. das Vorwort und A Vedic Word Concordance, ed. Vishva Bandhu I, 1, S. X X II I ) ; ich habe ihn deshalb nur noch gelegentlich benutzen können.

166

Forschungsbericht

sehen. Nebenbei bemerkt besteht die Besonderheit des Instrumentals lediglich darin, daß er nur fünfmal belegt ist, und zwar in Stellungen, bei denen der Halbvokal auch in anderen Formen silbisch zu messen ist; die Angabe 'beim Instrumental immer’ ist also ohne nähere Erläuterung irreführend. Ich teile deshalb die Form en ganz schematisch nach ihren metrischen Eigenschaften ein und unterscheide: 1. die Formen tvä (enklitisch), tvdm, tvé une tvd (Instrumental), bei denen a uf den Halbvokal stets eine von Natur aus schwere Silbe folgt (ίνα-Gruppe) ; 2. die Form tväyä, bei der auf den H albvokal stets eine leichte Silbe folg t; und schließlich 3. die Formen tväm und tvdt, bei denen es a u f den Anlaut des folgenden W ortes ankommt, welche metrische Struktur sie haben. Zunächst die im -Gruppe : Von den volltonigen Formen steht die überwiegende Mehrzahl der Belege an erster Stelle im Vers; die Belege für das Versinnere sind so spärlich, daß sie keine eigene statistische Aufstellung gegenüber dem Enklitikum rechtfertigen (sie können aber aus dem Stellennachweis ohne weiteres ersehen werden). Umgekehrt kom m t das enklitische tvä am Versanfang nicht vor. Ich unterscheide deshalb nur nach Versstellen, nicht nach den Formen. Es ergeben sich dann folgende Häufigkeiten (über der Angabe der Versstelle steht die Zahl der silbischen Messungen nach schwerer, darunter in Klammern die Zahl der silbischen Messungen nach leichter Silbe; unter der Versstelle steht die Zahl der imsilbischen Messungen nach schwerer, darunter in Klam m em die Zahl der unsilbischen Messungen nach leichter Silbe ; die Stellennachweise stehen der Übersichtlichkeit halber am Schluß dieses Abschnitts) [s. S. 167 oben]. Versuchen wir zunächst, die Verteilung bei den Dimeter-Versen als metrisch bedingt zu erklären: 1. Die ziemlich konsequente silbische Messung am Versanfang wird zwar metrisch nicht gefordert (die erste Silbe ist neutral**4), paßt aber gut in den allgemeinen Versrhythmus (W echsel leichter und schwerer Silben). 2. Beliebige Silbe + tvä ergäbe eine F olge zweier schwerer Silben. Eine solche Folge könnte nach dem allgemeinen Schema der DimeterVerse so stehen, daß tvä an die 2., 3. oder 4. Stelle kom m t. D ort steht in der T at die überwiegende Mehrzahl der Form en mit unsilbischer Mes*®4 Daß die erste Silbe neutral ist, wird bezweifelt von H. N. Handle, BSOAS 20 (1957), 467f. Randles Behandlung schließt aber die folgenden Silben (bis zur Zäsur bei Trimeter-Versen) mit in die Behandlung ein, was für unsere Zwecke zu weit führen würde.

Auswertung und Arbeitshypothese

157

Dimeter· Verse: 53



(—) ID

6

2D

δ



(~ )

(—)

(2 )

(—)

(—)

(—)

3D

4P

5D

6D

7D

8D

78 (16)

8 (62)

17

_

15

37

ï

_

Z

(37)

(ö)

(— )

(— )

_

Z (— )

metrisches Schema:

Trimeter-Verse: (~ )

103 IT 6

4 ?

(1 )

(-)

(-) 7A

4A

SA

6A

38 (54)

1? (-)

— (_ )

12

(—) 11t 3

( 1)

(15)

(-)

(~ )

— ί-)

2T

3T

8T

ι ο (1) 9T

10T —

92

12

8



(18)

(37)

(2 )

(-)

(~ )

(-)

(-)

4B

5B

6B — (— )

1 ? 7 (3) (23) metrisches Schema:

(1)

(1 ) (2 )

(-)

7B

Hj

12j

(-)

()

(-1

(1)

sung des Halbvokals im Versinnern — lediglich sechs Belege (darunter ein unklarer) stehen an fünfter Stelle. 3. Leichte Silbe + t(u)vä ergäbe eine Folge von zwei leichten Silben, die in Dimeter-Versen nirgends metrisch erwünscht ist. Belegt sind in der T a t nur zwei solche Fälle (darunter ein unklarer) an fünfter Stelle. 4. Schwere Silbe 4- t(u)vä ergäbe die F olge schwer — leicht — schwer. In einer solchen Folge wäre t(u)vä metrisch brauchbar an dritter, fünfter und siebenter Stelle. E ben da steht die überwiegende Mehrzahl der Formen mit silbischer Messung, m it drei unklaren Ausnahmen an zweiter Stelle. Das heißt zusammengenommen, daß die überwiegende Zahl der Belege nach den Bedürfnissen des Metrums verteilt sein könnte (im Versinnern 275: 11). Ein Blick genügt um festzustellen, daß die Verteilung bei den

158

Forschungsbericht

Trimeter-Versen kein wesentlich anderes Bild ergibtîeî; wir können also a u f eine Diskussion hierüber verzichten. Versuchen wir nun umgekehrt, die Verteilung der Varianten als sprachlich bedingt (in Abhängigkeit von der Schwere der vorausgehenden Silbe) zu erklären : 1. D ie tvdm. Die Dehnung im Nom inativ hatte dabei ursprünglich die Funktion der Kasusanzeige, wie etwa bei der ursprünglichen Flexion indogermanischer n-Stämme. Der Gegensatz zwischen Nom inativ-Form und etwa der Akkusativ-Form tritt im Vedischen nicht besonders deutlich hervor (s.o. I I I A l ) , wird aber v or allem in der avest. Schreibung (tv- : &w-) gespiegelt. — Einen zweiten, imgleich wichtigeren Fall haben wir behandelt bei dem hypothetischen Gegensatz zweier ya-Suffixe: Hier haben wir die Möglichkeit erörtert, daß bei der Form (ved.) -iya- eine präsuffixale Dehnung vorliegt, daß also der Gegensatz -ya- : -iya- einem Gegensatz -ina- : -Ina- entspricht (iß + o — i ß + no), w obei dem formalen Merkmal der Dehnung eine bestimmte Funktion zuzuordnen wäre. Der Grund für die W ichtigkeit gerade dieser Suffixformen (im Gegensatz etwa zu dem ganz unbedeutenden m -Suffix) kann darin gesucht werden, daß die Wurzeln ursprünglich besondere K om positions- und Ableitungsstämme auf -i hatten, auf die auch bei der 4β1 Ich halte es dabei für einen wesentlichen Unterschied im Verhalten von Halbvokalen und von Halb-Sonoranten, daß bei letzteren in voreinzelsprachlicher Zeit diese Dehnung nicht möglich ist — diese Hypothese müßte aber noch genauer überprüft werden.

Auswertung und Arbeitshypothese

173

sekundären Ableitung zurückgegriffen werden konnte. Trat an diese Stämme das offenbar sehr häufige o-Suffix, so ergab sich als Stammausgang -jo- oder — bei präsuffixaler D eh n u n g ------i\o-. Diese Stammausgänge wurden nachträglich als die eigentlichen Suffixformen interpretiert und teilweise auch als produktive Suffixe abgelöst. Während nun die formale Seite dieser Hypothese recht plausibel ist, fehlen auf der anderen Seite fast gänzlich Ansatzpunkte zu einer Bestimmung der zu erwartenden Funktionsunterschiede zwischen den beiden Suffixformen. Es wird deshalb eine Hauptaufgabe unserer Untersuchung sein, die in Frage kommenden Kategorien so scharf wie m öglich nach ihren formalen und semantischen Merkmalen zu trennen und die Möglichkeit zu untersuchen, einem bestimmten funktionellen T yp auch eine bestimmte Suffixform zuzuweisen. 5. D ie Anschlußregel. Die Opposition C Y A : C IY A ist nach schwerer Silbe offensichtlich neutralisiert; denn in dieser Stellung erscheint ganz überwiegend C IY A . Das bedeutet für unsere praktische Arbeit, daß wir Suffixunterschiede, etwa zwischen -ya- und -iya-, nur nach leichter Silbe untersuchen können ; nach schwerer Silbe ist regelmäßig -iya- (C IY A ) zu erwarten. Den Ansatz der Abhängigkeit von der Schwere der vorausgehenden Silbe habe ich im Forschungsbericht — dem üblichen Brauche folgend — Sie vers’ Regel genannt; für die folgenden Untersuchungen scheint es aber angemessen, diesen Terminus zu ersetzen, da bei unserer genaueren Prüfung der Argumente von dem ursprünglichen Sieversschen Ansatz fast nichts mehr übriggeblieben ist : N icht die völlige Abhängigkeit des Gegensatzes C Y A : C IY A von dem genannten Kriterium und nicht der Ansatz eines ursprünglichen C IY A , das nach leichter Silbe zu C Y A 'verkürzt* wurde. Ich nenne die Abhängigkeit der HalbvokalRealisierung von der Schwere der vorausgehenden Silbe deshalb von jetzt an kurz die Anschlußregel (die Regel der Beschränkung der Anschluß möglichkeit von Halbvokalen an Konsonanten). Sie besagt für das Vedische, daß Halbvokale unmittelbar nach schwerer Silbe nur silbisch realisiert werden können. 6 . D as Prinzip der Vermeidung überschwerer Silben. Wir haben nun aber über die Anschlußregel hinaus an mehreren Stellen gefunden, daß ursprungsverschiedene Varianten eines Suffixes oder Wortausgangs in A b hängigkeit von der Schwere der vorausgehenden Silbe verteilt wurden (vgl. etwa oben S. 37 zum vedischen Bindevokal und S. 76-78 zum G otischen); die Anschlußregel ist also offenbar Teil eines übergeordneten Prinzips der Silbenstruktur, nach dem bestimmte Silbentypen vermieden und andere bevorzugt wurden. Solche Strukturprinzipien sind im Bereich der indogermanischen Sprachen nicht im bekannt; ich verweise als Bei-

174

Forschungebericht

spiel auf die frühen slavischen Sprachen, in denen das Prinzip der B evorzugung offener Silben herrschte, dem mehrere Lautwandel untergeordnet werden können. Durch das uns hier betreffende Strukturprinzip scheinen nun 'überschwere* Silben gemieden worden zu sein — eine Definition von leicht, schwer und Überschwer ist oben S. 132 gegeben worden. Für einen Sprachzustand wie den rigvedischen können wir dabei einfach angeben, daß überschwere Silben gemieden oder vereinfacht werden, wenn sich eine Möglichkeit dazu bietet. Für einen Sprachzustand wie das (Vor-) Gotische oder (Vor)-Litauische müßten wir diese Regel ergänzen durch die Angabe, daß außerdem auch schwere Nebensilben gemieden oder vereinfacht werden, wenn sich eine Möglichkeit dazu bietet. D ie Bedingungen der Anschlußregel hätten sich in diesen verschiedenen Sprachzuständen den verschiedenen Bedingungen des übergeordneten Prinzips angepaßt. Bei der Verteilung ursprungsverschiedener Varianten würde durch dieses Prinzip selbstverständlich nur erklärt, warum die Variante mit unsilbischem Anlaut nach schwerer Silbe gemieden wird; nicht aber, warum auch — wenigstens in der Mehrzahl der Fälle — die Variante mit silbischem Anlaut nach leichter Silbe fehlt. Hier werden w ir w ohl eine Art 'Polarisierung* anzusetzen haben, da eine Regelung des Anschlusses an leichte Silben sonst nicht bemerkbar ist. 7.M odell. W ir gehen also von folgendem Modell aus: Entsprechung der K ürze Länge nach leichter Silbe nach schwerer Silbe

CYA C IY A

des Halbvokals

C IYA C IYA

Mit diesem Modell wollen wir zunächst das gesamte Material des Vedischen untersuchen. D a w ir nach leichter Silbe m it einem phonologischen Gegensatz rechnen, haben wir die Aufgabe, auch entsprechende Funktionsunterschiede nachzuweisen. D a in den seitherigen Untersuchungen ein überzeugender Nachweis dieser Art noch nicht gelungen ist, kann eine einfache Zuordnung nicht erwartet werden. Es wird deshalb bei W idersprüchen zunächst die R olle des Metrums und dann die Möglichkeit der Abgrenzung v on Ausnahmen zu untersuchen sein. D arauf wird die Frage folgen müssen, ob sich die Ausnahmen durch eine historische Betrachtung, vor allem durch eine Untersuchung der Geschichte des betreffenden Suffixes, überzeugend erklären lassen, oder ob sie als Gegenbeispiele bestehen bleiben. Das Ergebnis bei der Untersuchung des Vedischen wird dann m it dem Befund der anderen indogermanischen Sprachen zu vergleichen sein, w orauf dann der Grundstein für eine Beurteilung der grundsprachlichen Verhältnisse gelegt ist.

Auswertung und Arbeitshypothese

175

Terminologischer Exkurs: Z ur Beschreibung der Akzentstelle 4 0 2 Bei den für die Unterscheidung von Suffixtypen heranzuziehenden formalen Merkmalen spielt der Akzent eine wichtige Rolle. D a aber das übliche Beschreibungsverfahren (das sich in der Regel an das Beschreibungsverfahren des Griechischen anlehnt) unzureichend ist, will ich hier kurz meine eigene Terminologie darstellen. Es handelt sich dabei lediglich um Bezeichnungen für mögliche Akzentuierungsarten — es soll nicht behauptet werden, daß alle diese Typen in reiner Form auch tatsächlich im R igveda Vorkommen. Ich gehe davon aus, daß es grundsätzlich zwei Möglichkeiten für eine Akzentregelung gibt: 1. die Betonung auf einer bestimmten Silbe (dies nenne ich absolute Betonung) und 2. die Betonung im Verhältnis zur Betonung des Grundwortes (relative Betonung) — letzteres ist selbstverständlich nur bei Sekundärbildungen möglich. Im einzelnen unterscheide ich: 1. Absolute Betonung a) Wurzelbetonung b ) Suffixbetonung (bei mehrsilbigen Suffixen m it Angabe auf welcher Silbe) und entsprechend Präfixbetonung. c) Anfangsbetonung (auf der ersten Silbe des W ortes) und Endbetonung (auf der letzten Silbe des letzten Wortbildungssuffixes). d) Randbetonung (die Bildungen eines bestimmten Typs sind entweder anfangsbetont oder endbetont, z. B. K om posita mit negierendem a-). e) Präsuffixbetonung (die Silbe vor dem letzten Wortbildungssuffix ist betont). 2. Relative Betonung a) Bewahrende Betonung (die Ableitung hat die gleiche Akzentstelle wie das Grundwort). b ) Kontrastbetonung (endbetonte Ableitungen zu anfangsbetonten Grundwörtern und um gekehrt403. Zu untersuchen ist im Einzelfall, wie sich Bildungen zu Grundwörtern verhalten, die a uf einer Mittelsilbe betont sind). c) Verschobene Betonung (die Ableitung verschiebt den Akzentsitz des Grundworts in bestimmter Weise v or oder zurück). 402 Eine Einteilung anderer Art gibt neuerdings Kurylowicz : Akzent. Ablaut, S. 52-56. 403 Ygi_ et,Wa die Beschreibung der Betonung von Vfddhi-Ableitungen bei Wackernagol-Debrunner II, 2, § 40 und 661.

H A U P T T E IL

Die Halbvokale zwischen Konsonant und Sonant im Rigveda Darstellung und Besprechung des nach formalen und semantischen Kategorien geordneten Materials

Materialgrundlage der folgenden Untersuchung ist eine vollständige Verzettelung der einschlägigen Lemmata bei Grassmann (einschließlich der Nachträge), sowie besondere Sammlungen, die bei den einzelnen Abschnitten angegeben werden. Zur Ergänzung wurden gelegentlich herangezogen die Pada-Indices von Max Müller und Vishva Bandhu. Dieso Angaben wurden systematisch kontrolliert nach Arnold: Vedie Metre. — Als Grundlage für die morphologische Einteilung diente W ackernagel-Debrunner II, 2; Ergänzungen und Abweichungen von diesem Werk habe ich regelmäßig vermerkt. Boi der Beurteilung von kritischen Einzelstellen, Hapax legomena, umstrittener Bildungen u.ä. habe ich systematisch herangezogen Oldenberg : Noten, Geldners Übersetzung und Kommentar, Arnolds Metrical Commentary (im Anhang zu Vedic Metre) und gegebenenfalls Mayrhofers Etymologisches Wörterbuch. Textgrundlage war dabei die Ausgabe von Aufrecht, bei Schwierigkeiten auch die große Ausgabe von Max Müller. Weiteres ist — sofern es auf die Darstellung Einfluß gehabt hat — bei den einzelnen Abschnitten zitiert. Die Gliederung des Materials erfolgt zunächst nach der Enge der Verbindung des Halbvokals mit dem folgenden Sonanten ; und zwar wird nach Möglichkeit von den Typen m it loser Verbindung (z.B . Satz-Sandhi) zu denen mit immer engerer Verbindung (Anlautgruppen) fortgeschritten. Innerhalb dieser Grobeinteilung ist die Gliederung systematisch, wie aus der Inhaltsübersicht entnommen werden kann.

I Kompositions- und Satz-Sandhi (Unter Sandhi verstehe ich im folgenden, daß zwei im Satz oder bei der W ortbildung aufeinanderstoßende Laute eine Veränderung zeigen ; in unserem Fall, daß ein silbischer Halbvokal vor unähnlichen Sonanten unsilbisch wird. Als Termini, die auch Fälle einsehließen, bei denen keine Veränderung eintritt, benütze ich Satzfolge, Kompositionsfuge und Morphemgrenze).

A Satz-Sandhi Das Problem ist bereits ausführlich v on Sievers, Oldenberg und Arnold behandelt worden (s.o. Forschungsbericht I D ). Ich gebe deshalb hier

Komposition«- und Satz-Sandhi

177

nur eine Zusammenfassung und eine nach Typen geordnete Übersicht der Sandhi-Belege404: In der Satzfolge bleiben -t/-i und -u/-ü vor den m it einem unähnlichen Sonanten anlautenden W örtern in der Regel silbisch, abgesehen von der Gruppe der zweisilbigen Präpositionen und folgenden Ausnahmen: 1. Bei -i und -ü: Nur jänitry ajijanad / / 10,134,1e = l f 40S. A n fü n f Stellen nimm t Arnold S. 78 (§ 128, II) Sandhi von Dualen a u f -i mit unähnlichen Sonanten an. Vgl. hierzu Oldenberg zu 1,33,9 (Übernahme eines in Gayatri- und Jagatl-Versen häufigen Ausgangs in einen TriçtubhAusgang) und zu 3,6,10 (überzähliger Pada-Eingang). Obwohl Oldenbergs Erklärung von 3 , 6 ,10 den Anstoß nicht beseitigt, wird man einen solchen Sandhi der Pragrhya-Formen nicht zugeben wollen. 2. Bei -i und -u nach schwerer Silbe: 7,55,5 ? 8,90,5

sàstu (Anhangslied) harnst (Oldenberg und Arnold zur Stelle ziehen Emendation vor) ? 9,15,1 yäti (Oldenberg zweifelnd; vgl. A rnold z.St.) 10.95.4 νάφ 10 121.8 dévesu 10,142,1 asti 10.146.4 ddru Zu 1,67,9 (prasûsu antâh) vgl. Oldenberg und Arnold zur Stelle.

.

3. i- und -u nach leichter Silbe bei anderen W örtern als Präpositionen: dreisilbig: 2,3 2 ,4 sfvyatu. zweisilbig : 1.161.8 1,122,12 10,86,11 10.116.4

(pibatéti) = pibata iti unregelmäßiger Vers (iti) (nahi) (gävi)

10,128,3 10,142,1 10,145,4 10,179,1

(mdyi) (naht) (nahi) (yàdi)

4. Bei Einsilblern : 1,191,3 (nt); 8,51,4 (tu)·, 10,61,13 (nu). Zu der Einteilung von Arnold S. 76 vgl. Oldenberg, Nachrichten Göttingen 1915, S. 542 Anna. Ich verstehe außerdem nicht den Unterschied, den Arnold zwischen 'words consisting o f two short syllables’ und 'others than those’ macht, denn in der ’ anderen’ Gruppe sind rtv-ij- und gàvy-üti-, die doch ebenfalls zwei Kürzen enthalten. D as zweite Glied kann nicht gemeint sein, denn Arnolds erste Gruppe enthält àdhy-aksa-, abhy-âyanieénya- u.a. Das Kaschmir-Manuskript des Rigveda liest an dieser Stelle jdnitri jijanad, was diese singuläre Besonderheit vermeidet (vgl. J. Scheftelowitz, WZ K M 21, 1907, S. 89). 12 Seebold, Das System der ldg. Halbvokale

178 Hauptteil: Die Halbvokale zwischen Konsonant und Sonant im Rigveda Nach zweisilbigen Präpositionen tritt der Sandhi ein, wenn das Metrum es zuläßt: 1. Präverb + Verb (Typus abhy àmisi und abhy ànüsi): 1 ,11,6; 23,23; 32,8; 32,12; 33,10; 49,2; 8 0,9 ; 113,7; 116,15; 116,17; 117,8; 118,7; 124,3; 135,6; 146,4; 156,2; 161,12; 162,2; 163,2; 163,9; 164,25; 168,9; 179,3; 182,7; 191,5; 2 ,1 1 ,1 2 " ·; 12,1; 12,11; 17,2; 17,4; 26,1; 3 ,2 6 ,8 ; 51,1; 4 ,4 ,1 1 ; 18,3; 18,11; 58,4; 58,10; 5,1 1 ,6 ; 19,1; 30,12; 30,15; 3 1 ,l 407; 31,5; 4 0,9 ; 6 ,3 8 ,3 ; 47,25; 7 ,7 6 ,4 ; 78,3; 103,3; 8 ,59,6; 69,11; 96,16; 100,5; 9 ,2 6 ,2 ; 4 7 ,1 ; 67,31; 67,32; 6 8 , 8 ; 6 9,4 ; 80,2; 8 6 , 8 ; 86,17; 9 9 ,4 ; 101,16; 110,6; 113,3; 1 0,1,4; 4 ,6 ; 8 , 8 ; 9 ,9 ; 13,3; 13,5; 43,6; 5 1,2 ; 52,3; 53,6; 6 8 , 8 ; 71,3; 72,3; 7 2,5 ; 81,4; 85,38; 8 6 , 8 ; 90,1; 90,5; 109,5; 118,8; 119,5; 121,6; 121,8; 123,2; 123,6; 124,4; 130,7; 135,2; 139,4; 157,5; 159,1. 2. Präposition + anderes W ort (häufig Enklitikum, z.B . άην enam) 1,80,12 1,118,3 1 , 1 2 0 ,8 1,162,7 1,179,1 2,38,5 3,9,4 3,31,4 3,58,3 5,52,6 5,73,3 5,76,2 7,81,1

abhy ènam pràty ävartim abhy àmitrine άην enam âpy u άην asya άην im pràty ûd pràty àvartim άην enâm pâry anyd pràty àvartim pràty u

7,104,2 8,1,34 8,7,24 9,45,4 9,72,3 9,97,10 10,18,11 10,27,6 10,87,24 10,87,25 10,89,13 10,89,19 10,98,11

abhy àghàm άην asya άην indram àty ü άην asmai pâry àrâtïr abhy ènam àdhy u pràty agne pràty agne άην âha άην dpo *07 âpy aulânâm

Bemerkenswert scheint m ir zu sein, daß beim 'regelmäßigen* Sandhi das endbetonte abhi keine Ausnahme m acht: D er T ext gibt abhy ànüsi 6,38,3 ; abhy àghàm 7,104,2 usw. ohne Beschränkung a uf erkennbar späte Schichten408. Dies ist deshalb auffallend, weil in diesen Fällen die Stelle, die nach der angegebenen Akzentuierung den H auptton tragen soll, nach Ausweis des Metrums kein Silbenträger ist. Bei Flexion und W ortbildung verhält sich der Akzent anders, wenn ein akzentuierter H albvokal unsilbisch w ird: der Ton rückt dann auf den folgenden Sonanten, z.B . ari408 Siehe Oldenberg, Nachrichten Göttingen 1916, S. 531® ; vgl. Arnold, § 2 5 0 ,1. 407 Vgl. Oldenberg und Arnold z. St. 408 Vgl. in diesem Zusammenhang Oldenberg, Z D M G 61 (1907), 810-812 zu einigen Fällen, bei denen die Akzentuierung des Pada-Pätha zu falschen Annahmen über den Akzent geführt hat (6, 31,6 abhy ävartanta, Pp. abhi).

Kompositions- und Satz-Sandhi

179

— ary-äh. Sollte eine solche Akzentverschiebung (abhy ànüsi usw.) auch hier Vorgelegen haben und bei der Schlußredaktion des Rigveda vereinheitlicht worden sein? Zum Schluß noch eine Übersicht der Verteilung dieser Sandhi-Belege auf die zehn Bücher (in Klam m ern die Zahl der Hymnen der einzelnen Bücher, um wenigstens einen groben Vergleich m it dem Textum fang zu ermöglichen). Das 10. Buch ist nach allgemeiner Meinung jünger als die übrigen; bei diesen gibt es für die chronologische Einordnung keine allgemein angenommene Meinung, doch sind die sogenannten 'Anhangslieder’ stets dem Verdacht ausgesetzt, spät entstanden zu sein. — Die endgültige Zusammenfassung dieses Abschnitts folgt in Abschnitt C. Zweisilbler ait leichter erster Silbe

Sonstige

Prp. + Sst.

Nicht-Prp.

25

5

6

1

2

3

2 — —

5 7

3

— —

1*

2



1 + 1?

3 7



1? 7

Präv. + Vb. I (191) I I (43) I II (62) IV (58) V (87) V I (75) V I I (104) V I I I (103) I X (114) X (191)

3 4 13 33

2

Zusammen :

99

26

1

33

1

8

— —

5 5 10 2 6

— —

2

6 8

Zus.

13

8 17 52 146

* In einem Anhangslied

B Kompositions-Sandki Die Verhältnisse beim Kompositions-Sandhi sind weniger eindringlich untersucht als die beim Satz-Sandhi108, weshalb ich hier auch die Gegenbeispiele aufführe. Der Sandhi tritt auch hier n i c h t ein410: 1. bei -i und -ü (ich habe allerdings nur das Beispiel juhä-äs(i)ya- 1 gefunden); 2. wenn eine schwere Silbe vorausgeht: ânti-üti- 1, abhibhüti-ójas- 6 , äsamäti-ojas- 1, âéü-apas- 1, -aéva- 2, -aév(i)ya- 3, urvi-ûti- 1, krsti-ojas409 Am besten bei Arnold S. 76, w o aber zwischen Kompositions- und Satz-Sandhi nicht unterschieden wird; außerdem sind dort die Bildungen mit -oc- nur unvollständig erfaßt. 410 Zahlenangaben bei W ortformen geben die Häufigkeit im Rigveda an. 12*

180 Hauptteil: Die Halbvokale zwischen Konsonant und Sonant im Rigveda (V oc.) i , tümi-artha- 2, dâéu-adhvara- 5, dddi-agni- 2, dhrsnu-ojas- 2, püru-äyus- 1, bandhu-esà- 1, bähu-ojas- 4, bhüri-aksä- 1, -äsuti- i, -ojas- 1, vidû-anga- 3, sôdhu-aryâ- 1. In der Regel auch nicht 3. bei Einsilblern, vgl. tri- (Grassmann Sp. 561), drû-anna-, ni- (Grassmann Sp. 756f. und gó-ni-oghas-), vi- (Grassmann Sp. 1357— 1361 und ά-vi-anat- bei den Nachträgen), su- (Grassmann Sp. 1621— 1639). D och gibt es hier Ausnahmen: die Partikel svid 44 (unbetont!), falls sie ein Kom positum ist; der Ausruf svdhä 16 ( + 7 in K om posita), falls er ein Kom positum ist — hier außerdem einmal (3,32,15) ohne Sandhi — ; von den 117 Belegen von svasti- (su-asti-)*11 sind sieben mit Sandhi zu lesen: 5,51,14/14/15 (Anhangslied), 8,16,11, 9,96,4, 10,14,11 und 10,99,12 (darunter auch in Stellungen, in denen das Metrum die Form ohne Sandhi zulassen würde, z.B . am Versanfang); schließlich ist 2,28,9 ά-vy-ustamit Sandhi zu lesen412. In größerem Umfang tritt der Kompositions-Sandhi dann auf, wenn Zweisilbler m it leichter erster Silbe im Vorderglied stehen; dabei scheint er für bestimmte Bildungen typisch zu sein (besonders auffallend: rtv-ijund gävy-üti- gegenüber hdri-aéva-). 1. Mit Appellativum im Vorderglied:

Mit Sandhi : ahy-ârsurtv-îjgàvy-üti- 4 1 3 a-gavyütiurù-gavyütiparo-gavyütipulv-aghàpurv-anika (V oc)

bahv-annâ-

1 H apax 2,38,3 Name eines V og els(?) 'Schlangenstößer’ 19 '(regelmäßig opfernd), Priester’ 1 2 'W eide’ 1 1 1

1 'viel Böses tuend’ 10, 8 6 ,22 1 ( + 1) (Bez. für Agni) : 'viele Erscheinungen habend’ , 1,79,5 und vielleicht 6 ,5 ,2 (vgl. Oldenberg z.St.) an weiteren drei Stellen puru-anika 1 'viele Speisen habend’ 10,146,6

Ohne Sandhi : uru-âjratuvi-ójas-

1 'w eite Flur’ 1 'sehr stark’

411 Einschließlich der Komposita, aber ohne Berücksichtigung der Refrain-Verse. 412 Fehlt in der Aufstellung v on Arnold S. 76. 413 Die Analyse des Wortes ist umstritten. Vgl. etwa Gösta Liebert: D ae Nominalsuffix ·ti- im Altindischen, Lund 1949, S. 41 f.

Kompositions- und Satz-Sandhi dddhi-öéirpaéu-ispuru-anika madhu-ddmddhu-amashàri-aéva-

181

7 'dessen Beimischung Sauermilch ist* 1 'V ieh begehrend’ 3 ( + l ) s.o. 1 'Süßes essend* 1 'dessen W ogen süß sind’ 2 7 + 1 'dessen Rosse goldgelb sind’

2. Mit Partikeln im Vorderglied: Mit Sandhi : aty-avidty-ünnidur-aty-étuddhy-aksa(anvartitf-) abhy-ävartinabhy-â-yameényaabhy-ùpyapraty-ardhi-

4 'über die Schafwolle rinnend’ (vom Soma) 9 ,6 ,5 ; 13,1; 45,5; 106,11 1 'überwallend’ 9,17,3 1 'schwer zu überschreiten’ 7,65,3 4 'Aufseher’ 8,43,24; 10,88,13; 128,1; 129,7 1 vgl. zur Problemlage oben S. 46 m it Anm. 97 und 100 2 (Eigenname) 6,27,5/8 1 1,34,1 (wird bei den Gerundiven behandelt) 1 2,15,9 (wird bei den Absolutiven behandelt) 1 s.u.

Ohne Sandhi : ati-dyaabhi-dnjanaabhi-dram abhi-ardha-yajvan pari-etfprdti-ardhi-

1

3 1 1 3 2

'das Überschreiten’ ^ ) 'Salbe, Schmuck’ 'zur H and’ 'zugekehrte Seite’ 'Ü berwältiger’ 'zur Seite’ (zu 10,1,5 vgl. A rnold S. 102, § 152, III, anders Oldenberg zur Stelle, der vernachlässigte Zäsur und Sandhi annimmt).

3. K om posita imit -ac·: Diese Bildungen müssen getrennt aufgeführt werden, weil bei ihnen die K om position weitgehend verdunkelt ist und m it einer A rt 'Ableitung* gerechnet werden m uß414. Sandhi zeigt die Gruppe m it der Betonung -de-, die wohl die ältesten Bildungen in sich schließt: pratyde- (13 Belege m it Sandhi gegen 8 ohne416), dadhyde- m it 2 : 3 41®, èvityóc- zweimal m it Sandhi (7,33,1 ; 83,8) 114 Vgl. Wackernagel-Debrunner 11,2,152-167. Zuletzt zur Herkunft und zum Ablaut: Rüdiger Schmitt: Die avestischen Adjektivstämme auf -ani-, Festschrift K uiper (s.o. Anm. 123), S. 134-141. 4,6 Mit Sandhi: 1,50,5/5/5; 2 ,3 ,1 ; 5 ,2 8 ,1 ; 9 ,8 0 ,3 ; 10,87,15/17; 88,16; 123,7; 128,6 ; 141,1 ; 157,5. Ohne Sandhi : 1,144,7 ; 2,10,5 ; 7,12,1 ; 10,12,1 ; 27,13 ;28,4/9 ; 79,5. 418 M itSandhi: 1,116,12; 139,9. Ohne Sandhi: 1,80,16; 6,16,14; 9,108,4.

182 Hauptteil: Die Halbvokale zwischen Konsonant und Sonant im Rigveda und die sekundären samyctc- 9 und uruvyäc- 2 4 1 7 nur mit Sandhi. Keinen Sandhi zeigt die Gruppe m it der Betonung -(i)y a c s a d h r (i)y a c - 11 zu sadhri und die Bildungen mit -dr(i)yac- unklarer Herkunft: asmadr(i)yac9, alcudr(i)yac- 1, madr(i)yac- 3, madr(i)yadrik- 1, visvadr(i)yac- l 4 418. Im 7 1 Gegensatz zur vorgenannten Gruppe ist die vorausgehende Silbe hier also nie leicht. Einsilbiges Vorderglied bei n(i)yac- 11 (während n(i)yäneana- 1 wohl nicht zugehörig ist). Bei -{u)v-ac- ist mit der Betonung -de- belegt rj(u)v-äc- 1 (ohne Sandhi) und s(u)v-äc- 6 (ohne Sandhi; Einsilbler!); zu vergleichen ist noch oben Anm. 417 zu *ur{u)vac-. Eine Gruppe für sich bildet visvac-, in der Regel (15mal) m it Sandhi, ohne Sandhi 9,75,9 und 10,27,18; ferner will Arnold (S. 124) statt visücina 1,164,38 vis(u)vanca lesen. Für alle dieser Fälle von Sandhi bei K om posita einen einheitlichen Beweggrund zu finden, ist sehr schwer. Ich glaube, daß man bei der Beurteilung von den am häufigsten belegten Bildungen ausgehen sollte, also von rtvij-, gävyüti- (obwohl dessen Analyse unsicher ist) und Mri-aéva— die Geschichte der Bildungen mit -ac- ist so verworren, daß diese zunächst besser außer Betracht bleiben. Es scheint mir nun für die drei genannten W örter kennzeichnend zu sein, daß diejenigen von ihnen, die einheitliche und sicher schon in rigvedischer Zeit festgewordene Begriffe bezeichnen, Sandhi aufweisen; nicht dagegen die dichterische Bezeichnung für Indra, deren W ortsinn und damit deren Analyse sich geradezu aufdrängt. Ich m öchte deshalb meinen, daß ein Kom positum desto eher den Sandhi über die Fuge hinweg zeigte, je stärker es als imanalysierte Einheit empfunden wurde. Diese Erklärung kann für die aufgeführten Bildungen — wenn man gewisse Schwankungen zuläßt — m it einigem Recht in Anspruch genommen werden. Bei Fällen m it und ohne Sandhi beim gleichen W ort wäre ein Schwanken in der Behandlung, gegebenenfalls frühe neben später Sprachschicht, anzusetzen. So wäre der Sandhi außer bei ftvij- und gävyüti- verständlich bei dem (unsicheren) Vogelnamen ahyärsu-, bei dem Terminus technicus ädhyaksa- 'Aufseher’ , bei dem Eigennamen abhyävartin- und bei den K om posita mit -ac- (bei denen man ihn allerdings einheitlicher durchgeführt erwarten würde). W eiter ist verständlich, daß der formelhafte Vokativ puru-anika den Sandhi als Zeichen der Erstarrung zu zeigen beginnt; pulv-aghä und bahv-annä- sind je einmal im 10. Buch belegt und zeigen vielleicht schon den Lautstand einer späteren Sprachform. Bei dur-aty-étu-, abhy-â-yamsénya- und abhy417 Statt uruvyäncam 5, 1,12 wollen Arnold S. 143 und Oldenberg zur Stelle ur(w)vàncam lesen, womit die Bildung andere beurteilt werden müßte. 418 Statt viçvadr(i)yac- 7, 25,1 will Arnold S. 124 vi$udr(i)yac- lesen; zur Stelle verbessert er zu viçûdr(i)yac-, was Oldenberg zur Stelle ablehnt.

Kompositions- und Satz-Sandhi ùpya- schließlich hat vielleicht die Zugehörigkeit zu der Konstellation Präverb + Verb eine Rolle gespielt. — V on den Fällen ohne Sandhi könnte man allenfalls bei abhi-anjana- 'Salbe, Schmuck’ und pari-etf'Ü berwältiger’ mit gleichen Voraussetzungen rechnen.

C Zusammenfassung 1 . Der Kom positions- und Satz-Sandhi von -f/-# vor unähnlichen Sonanten tritt nur unter bestimmten formalen Voraussetzungen auf:

a) Nur bei -i/-u, nicht bei -if-ü (hierzu vielleicht eine späte Ausnahme beim Satz-Sandhi). b ) Nur wenn eine leichte Silbe vorausgeht (hierzu einige Ausnahmen beim Satz-Sandhi, doch sind sie in allen klaren Fällen spät). c) Nur bei Zwei-(und vielleicht Mehr-)Silblem, nicht bei Einsilblern (hierzu einige Ausnahmen beim Satz-Sandhi und einige gewichtigere Gegenbeispiele beim Kompositions-Sandhi) — vielleicht gilt diese Einschränkung für die 'U niverbierung’ nicht. K ein Hindernis scheint zu sein der Akzent auf dem H albvokal : abhi verhält sich wie andere Präpositionen (falls der Akzent einwandfrei überliefert ist). 2. Die semantische Voraussetzung für das Eintreten des Sandhi ist — mindestens in früher Zeit: a) beim Satz-Sandhi entweder enge syntaktische Verbindung von Präposition + Verb (oder abhängigem W ort), oder Präposition -f- Enklitikum (tonloses W ort). b) beim Kompositions-Sandhi die begriffliche Einheit des Wortes, w obei Schwankungen zuzugeben sind. 3. Der Sandhi wird begünstigt: a) im Fall des Satz-Sandhi durch das Metrum (beim Kompositions-Sandhi ist ein solcher Einfluß nicht wahrscheinlich zu machen). b) durch späte Abfassungszeit. W ie die 'unregelmäßigen’ Fälle von SatzSandhi zeigen, ist dies einerseits darauf zurückzuführen, daß sich der Sandhi über seine ursprünglichen Grenzen hinaus ausweitete. Andererseits sind auch die Typen m it regelmäßigem Sandhi — die in den älteren Partien bereits vorhanden sind — in späterer Zeit häufiger. Hier spielt wahrscheinlich eine Rolle, daß die Bedingungen für das Eintreten des Sandhi v or allem durch den Rückgang der Tmesis häufiger erfüllt wurden419. 419

Vgl. Oldenberg, Nachrichten Qöttingen 1915, S. 542 und Z D M G 61 (1907), 808.

184 Hauptteil: Die Halbvokale zwischen Konsonant und Sonant im Rigveda Es ist also festzustellen, daß der hier von uns zu untersuchende Satzund Kompositions-Sandhi in früherer Zeit keineswegs selbstverständlich ist, sondern nur unter bestimmten Bedingungen erscheint. Vermutlich war er eine Besonderheit der Wortphonetik und trat normalerweise nicht zwischen aufeinanderfolgenden W örtern ein (K om posita bilden hier eine Zwischenschicht); nur bei besonders engen syntaktischen oder semantischen Verbindungen konnte er über diese Grenze hinausgreifen. In diesem Rahmen können wir dann feststellen, daß die Opposition zwischen i/u und i/ü in diesem Sandhi gewahrt bleibt: i und u werden v or Sonant unsilbisch (C Y-A ), t und ü dagegen nicht (vermutlich C IY-A , doch sind die Belege spärlich, um eine sichere Beurteilung zuzulassen). Ferner folgt der Sandhi der Anschlußregel: E r wird gemieden nach schwerer Silbe. Schließlich scheint das Verhalten der Einsilbler zu zeigen, daß selbständige W örter ungern auf weniger als eine Silbe reduziert werden. In erkennbar späten Schichten ist der Sandhi nicht mehr voll an diese formalen Voraussetzungen gebunden.

I I Sandhi von Stämmen auf -i/-i und -uf-û mit sonantisch anlautenden Endungen 4 2 0 A Flexion der iji-Stämme (außer Wurzelnomina) 1. Beim vfH/i-Typus (langes, betontes -f- + Endungen der KonsonantStämme) bleibt der H albvokal auch v or Sonanten stets silbisch, nach schwerer wie nach leichter Stammsilbe. Insgesamt sind es (einschließlich der Überläufer von i- und dem-Stämmen) ungefähr 150 Belege solcher Stämme in Formen mit sonantisch anlautenden Endungen. Ausnahmen mit unsilbischer Messung des Halbvokals sind lediglich: nadyàh 7,5 0 ,4 ; staryàm 7,6 8 ,8 und arâyyàm 10,155,2 (vgl. Arnold S. 83). 2. Die i- und dm -Stäm m e. Die deni-Stämme sind als i + äfo + Endung zu analysieren und gehören deshalb strenggenommen nicht hierher (sondern zu den Ableitungen). Im Verlauf der indischen Sprachgeschichte haben sich jedoch vrkthund devt-Flexion miteinander vermischt, und schon im Rigveda sind Übertritte festzustellen, in die auch die i-Stäm m e hineingezogen werden. Ich behandle deshalb den ganzen K om plex hier zusammen. 420 Vgl. zu den Abschnitten A -C Charles R . Lanman: A Statistical Account o f Noun-Inflection in the Veda, J AO S 10 (1880), 325-601.

Sandhi von Stämmen auf 4/i und -u/ü mit sonantisch anlautenden Endungen

185

Instrumental 8g. auf -y-ä: Nach schwerer Silbe ist bei den dew-Bildungen der Halbvokal immer, bei den {-Stäm m en fast immer silbisch zu messen (jeweils ungefähr 30 Belege). Ausnahmen sind: dkütyä 10,151,4; istyä 10,169,2; devähütyä 10,63, l l 421. N ach leichter Silbe (vgl. A rnold S.

f io aéànyâ tvis(i)yä navatyd matyd sumdt(i)yä prämatyä mithatyd rdj(i)yä vasatyd saptatyd sfn(i)yä $ustut(i)yd

—8 8 ):

m (dem)

m (») paiyä pavyd rayyd säkh(i)yä

8 6

1 (i)yä : 3 yä 3

ndmyä

1



1

5

3 f (devi) 1

yä*

1

yä*

1

yä* 3 yä* 1 yä* 1

1( ?)

1 1 1 1

yä*

1 2

(einmal?)

422

tman(i)yä mahyd raivatydm a idc(i)yd éàm(i)yâ éim(i)yâ àèvâval(i)yâ gàtumâtyâ mâdhumatyâ vdjavatyâ sômavatyâ dâvidyutat(i)yâ nâvyas(i)yâ rôhin(i)yâ hârin(i)yâ prthivyd sädhäranyd

1

(i)yä :

1

(t)yä

1

(? )

1 1 2 2

2

(i)yä

2 1

1

V)yä

1 1 1 1

(1 )

1

yä*

1 1

(1 )

1 1 8 1

Bei den m it * gekennzeichneten Fällen au f -yä will Arnold S. 87 ( + Nachträge) -t herstellen. Bedenken dagegen bei Oldenberg zu 1,31,18 u .ö.

Dativ Sg. auf -y-ai (und -y-e) Der Ausgang der dewi-Stämme ist -yai, das nach leichter Silbe stets m it unsilbischem Halbvokal zu lesen ist (17 Belege + 4 Überläufer von den i-Stämmen). Nach schwerer Silbe steht silbischer Halbvokal in 4 1 8 481 Vgl. Arnold S. 87 f., der für den letzten Beleg Besserung zu devdhuii vorschlägt. 128 Hierher nach Arnold auch brahman(i)yä 7, 6,33; vgl. aber Oldenberg z.St. «22a Vgl. Oldenberg zu 10, 94,10.

186 Hauptteil: Die Halbvokale zwischen Konsonant und Sonant im Rigveda viépàtn(i)yai 1 und dem Überläufer devdhüt(i)yai (vgl. Arnold S. 9 5 )4as; nicht dagegen bei devyai 6 ,75,15; järyantyai 1,117,7; sinivälyai 2,32,7 und dem Überläufer pustyai 10,105,5; 106,4. Der Ausgang der (hysterodynamischen) t-Stämme ist -y-e. Er ist nur nach leichter Silbe belegt und zeigt stets unsilbischen H albvokal (pätye 8 , sâkhye 1 0 ). GenetivIAblativ Sg. auf -y-as, -y-äs und -y-ur Bei den (hysterodynamischen) i-Stämmen steht (nur Belege nach leichter Silbe): aryäh (3 (i)yäiZi : 35 yd), ävyah 18; jànyuh 1, pâtyuh 1 , säkhyuh ( 2 (i)yu : 8 yu) (vgl. Arnold S. 100). Bei den devi-Stämmen steht -y-äh; nach leichter Silbe überwiegend mit unsilbischem Halbvokal (21 Belege außer prthivydh mit 9 (i)yä : 87 yä, äyat(i)ydh 1, und — falls man es hier einreihen will — tàs(i)yâh 1 (i)yä : 8 yä; vgl. Arnold, S. 95). Auch nach schwerer Silbe ist -yäh häufiger als -(i)yäh: Mit silbischer Messung (vgl. Arnold, S. 95): ärät(i)yäh 2, urv(i)ydh 1 , usinärän(i)yäh 1 , jivant(i)yäh 1 , tiraéc(i)ydh 1 , dev(i)ydh 1 , bhäm{i)yäh 2 (neben 8 yä), yät(i)ydh (zu yä-) 1 , rdtr(i)yäh 1 (neben 1 yä), siisyant(i)yäh 1, (insgesamt 12 Fälle). Mit unsilbischer Messung: ürjäyant* yäh 2 ,1 3 ,8 ; ndbhyäh 10,90,14 (Überläufer); pätantyäh 10,158,2; pfényâh 2 ,2 ,4 ; 2 ,3 4 ,2 /10 ; 6,48,22; bhumyäh 1,62,5; 164,4; 2,1 4 ,7 ; 7,8 3 ,3 ; 10, 19,8; 68,4; 7 5,2 ; 114,10 (neben 2 (i)yä); rdtryäh 1,94,7 (neben 1 (i)yä) ; und der Überläufer hetydh 10,87,19; (17 Fälle). Lokativ Sg. auf -y-äm und -y-au Bei den (hysterodynamischen) i-Stämmen gib t es nur pâtyau 2. Bei den dm -Stäm m en steht -y-äm, das nach leichter Silbe in der Regel mit unsilbischem Halbvokal zu lesen ist: Einschließlich der Überläufer 33 yä : 5 (i)yäi2B (prthivydm 27 yä : 4 (i)yä, éàc(i)yâm 1). Auch nach schwerer Silbe ist die unsilbische Messung fast so häufig wie die silbische ( 6 yä : 8 (i)yä). Die Fälle mit unsilbischer Messung sind (silbische Messungen bei Arnold S. 96): aranyänydm 10,146,4; ästrydm 10,165,3; catvâriméydm 2,12,11; bhumyäm 1,162,11; rdtryäm 10,68,11; vasdvyäm 10,73,4. 128 Hierher wird von Grassmann u .a. érut{i)yai 2, 2,7 und 10, 111,3 (von Arnold S. 95 auch 8, 96,3) gestellt, die Oldenberg in den Noten zu den betreffenden Stellen als ya-Bildungen auffaßt. Ich folge bei meiner Einordnung Oldenberg und stelle diese Belege zu den Gerundiven. Die Erklärung dieser Formen als Genetive zu an- wird bestritten von P. Thieme : Fremdling, S. 97-99 (zu art- mit falsch überliefertem Akzent). 42s Vgl. Arnold S. 96. Ich fasse éam(i)yàm 10, 31,10 als Form eines âamyâ auf, nicht (mit unterschiedlichem Akzent) zu έάτηϊ (anders Arnold, der allerdings von einem Akzent éâm(i)yâm ausgeht; vgl. noch Oldenberg z.St.).

Sandhi von Stämmen auf -i/i und -u/ü mit sonantisch anlautenden Endungen 187 GenetivjLokativ Dual auf -y-os Bei den i-Stäm m en ist der H albvokal nach schwerer Silbe durchgehend silbisch zu messen (insgesamt 28 Fälle); nach leichter Silbe här(i)yoh 4 und yuvatyöh 2. Bei den devt-Stammen nach schwerer Silbe pàtant(i)yoh 1 und samïcyóh (1 0 ,24,5); nach leichter Silbe àrjunyoh 1 , arânyoh 1 yo : 1 (i)yo, divasprthivyóh 4, ródas(i)yoh 17 (i)yo : 2 y o 42e. NominativjAkkusativ PL auf -y-as Nur bei dem (hysterodynamischen) i-Stamm a n - insgesamt 29mal aryäh. Akkusativ Sg. auf -y-am Nur aryàm 8,33,14, das in der Regel zu einem Gpl. arydm gebessert w ird; vgl. etwa Oldenberg zur Stelle. Nach Thieme (Fremdling, S. 78) handelt es sich um eine Adjektiv-Ableitung aryä-. Zusammenfassung : Sehen wir ab von den nur bei ari- belegten Formen, die erwartungsgemäß stets unsilbischen H albvokal zeigen, so bietet die Beleglage folgendes Bild : Im ISg und G LokD u ist der H albvokal überwiegend silbisch zu messen: Nach schwerer Silbe steht fast immer -(i)y-, nach leichter Silbe halten sich -y- und -{i)y- ungefähr die Waage. Anders bei DSg, GAblSg und LokSg, bei denen die unsilbische Messung überwiegt : Nach leichter Silbe nur wenige (i)y, nach schwerer etwas weniger als y. Die Zahlen sind:

Nach schwerer Silbe: Nach leichter Silbe:

ISg G LokD u

i-St. devi

30 (i)y 30

i-St. dem

28

Zusammen : DSg GAblSg LokSg

1

89 (i)y

3y

4y

56 (i)y



i-St. devi





12

17

i-St. devi





8

6

Zusammen :

2 2

(i)y

5y

28 y

2 0

y

15

1



(i)v

(i)y

4 18

i-St. devi

2

1 2 2 2

2 8

45 y



18 y



21

5 [i)y 11

— 5 21

63 116 2

33 (i)ÿ

253 y

*se Arnold S. 101 will für -yoh das ebenfalls belegte ródaaoh herstellen, -(i)yoh ist nach ihm vielleicht als -(i)yoh zu lesen.

188 Hauptteil: Die Halbvokale zwischen Konsonant und Sonant im Rigveda Am stärksten fallen dabei die unsilbischen Messungen nach schwerer Silbe auf, weil sie unserem Modell auf jeden Fall widersprechen. Die einzige Erklärungsmöglichkeit, die wir von unserer Arbeitshypothese her für dieses Verhalten geben könnten, wäre die Annahme von späten Formen. Überprüfen wir nun die Belegstellen für die unsilbischen Messungen nach schwerer Silbe, so ergibt sich für die Gruppe DGAblLokSg folgende Verteilung: Buch 1:

6

: 6 3: — 4: — 5: — 2

Fälle

Buch

6

7 8

9 1 0

Dabei stehen die beiden Belege von Buch 6 (48,22 und 75,15) in Anhangsliedem, so daß von den 28 üblicherweise angesetzten unsilbischen Messungen nach schwerer Silbe 13 in dem überwiegend späten 1 0 . Buch, zwei in Anhangsliedern und sechs in dem unterschiedlich beurteilten, aber doch wohl auch weithin späten 1. Buch stehen. Hinzu kom m t, daß die vier Belege der ISg/G LokD u-G ruppe ebenfalls im 10. Buch zu finden sind. W ir können deshalb feststellen, daß diese Messungen in den späten Partien des Rigveda gehäuft auftreten. Von den restlichen sieben Fällen stehen auffallenderweise allein sechs in dem wenig umfangreichen 2. Buch, das sonst nicht als besonders spät gilt. Eine Erklärung dieser Messungen als Spätformen müßte sich also v or allem mit den Belegen des 2. Buches auseinandersetzen. A u f die Frage wird am Schluß des Hauptteils (V III, 9) noch zurückzukommen sein. W enden wir uns nun der anderen Gruppe zu, die das genau entgegengesetzte Verhalten zeigt (nach schwerer Silbe regelmäßig silbische Messung, nach leichter Silbe gleich häufig silbische und unsilbische) : Die einander widersprechenden Messungen nach leichter Silbe sind nicht auf bestimmte W örter verteilt, so daß kein Suffixunterschied vorliegen dürfte. Andererseits läßt sich feststellen, daß die beiden Varianten metrischen Erfordernissen folgen427; aber warum zeigt das Metrum seinen Einfluß 427

Untersucht man etwa die metrisch gleichwertigen Formen mit einfacher Silbe + yâ/(i)yâ (pdtyä usw.), so zeigt sich, daß von den 26 angesetzten silbischen Messungen 22 unmittelbar nach der Zäsur von Trimeter-Versen stehen; Ausnahmen sind säkh(i)yä am Verseingang von 6, 56,2; éàc(i)yâ 10, 61,3 (Halbvokal in 4 T), pät(i)yä 10,85,22 ( 5 D ) ; bei 4 ,3 5 ,5 halte ich die üblicherweise angesetzte silbische Messung mindestens nicht für zwingend, es ist w ohl besser, den folgenden Satz-Sandhi aufzulösen. Entsprechend steht in 11 v on 16 unsilbischen Messungen der au f den Halbvokal folgende silbische Laut an 2. oder 4. Versstelle, einmal in 8 T , einmal in 1 1 1, einmal in 6 B ; Ausnahme ist lediglich rayyä 10, 19,7 in 3 D.

Sandhi von Stämmen auf -t/i und -w/ ΰ mit sonantisch anlautenden Endungen 189 gerade bei diesen Formen? A u f diese Frage ist nun durchaus eine A ntw ort zu finden : ISg und G LokD u sind v on den Wortausgängen mit Halbvokal v or Sonant diejenigen, in denen (abgesehen vom Akzent und gegebenenfalls der Halbvokal-Realisierung) die dem- (und i-)Flexion m it der vrkikFlexion übereinstimmt — in den restlichen Formen dieser Struktur (D Sg, GAblSg und LokSg) bestehen lautlichè Unterschiede: vrkth:

devi:

i:

DuGL

-(i)y -νάw ie -{- > -y â -). Nach leichter Silbe steht durchweg v, nach schwerer Silbe ebenfalls fast im mer (Ausnahmen bei A rnold S. 94 belegt) ; es ist aber nicht zu übersehen, daß alle schwersilbigen -«r- enthalten. Dabei kann d d r v ä - sekundär schwersilbig geworden sein (-«r- + -v-) ; die beiden anderen können aus v r > ur > ür entstanden sein und deshalb ebenfalls sekundäre Länge haben. Die Belege bei W ackem agel I, 24f. und I, 261 f. (zu vergleichen ist auch I, 206 f.) scheinen mir die Annahme einer solchen Entwicklung zuzulassen. Wackernagel selbst rechnet m it v r > v ü r > v r m it Schwund des v. Vgl. im übrigen unten V III, 2. BB Gerundive auf -tva(Wackernagel-Debrunner I I, 2, 711— 713) Leichtsilbige: jânitva- 4 v ; ednitva- 1 »

Schwersilbige : kdrt(u)vajdnt(u)va-

14 (u)v : 2 v esi 1

vdkt(u)vasót(u)va-

3 {u)v 1

453 Vgl. Grassmaun Sp. 275. 364 Bei Arnold, S. 88 ist nur eine unsilbische Messung berücksichtigt (1, 161,3), kein Kommentar zu 10, 61,6.

294

Hauptteil : Die Halbvokale zwischen Konsonant und Sonant im Rigveda

jét(u)vandnt(u)vabhàvit{u)va-

snâtva- 8 8 6 hânt(u)vahét(u)va-

1 1 1

1

v

1 1

Hierher als Substantivierung pét(u)va- (m) 1 ? Bei den Gerundiven a u f -tva- sind die Bildungen mit leichter Silbe v or dem Halbvokal selten, doch weisen sie eindeutig auf eine Suffixform -tva- m it unsilbischem Halbvokal, wonach die Belege m it silbischer Messung diese durchweg dem Wirken der Anschlußregel zu verdanken haben. CC Neutrale Abstrakta auf -tva(Wackernagel-Debrunner II, 2, 713— 716) Schwersilbige : anägästvd- 7 v ; maghavattvd-

1

v ; suprajästvd- )1 v ; raksast(u)vd-

1

(u)v.

Leichtsilbige : adititvdamrtatvdaauratvdäpitvdkavitvddlrghäyutvddevatvdpatitvdpâpatvdbhràtrtvdmahitvdvasutvàvrsatvd-

1

v

26 3 2 1 2

7 1

3 3 56 1

garbhatvdcärutvdjanitvdjämitvdtaranitvdéatrutvdsakhitvdsadhanitvdsudinatvdsvbhagatvdsavbhagatvd-6 6 8 svasrtvd-

1

v

1 1

4 2 1 10 1

5 1

3 1

2

Instrumentale auf -tvâtâ (leichtsilbig) : isitatmtä

1

, purusatvdtä

2

.

Bildungen auf -tvand- (leichtsilbig): kavitvanâjanitvanâpatitvandmart(i)yatvand-

1 1 1 1

v

mahitvandvasutvandvrsatvandsakhitvand-

13 4 1 2

Unklar sind die Bildungen a u f -pitvd- (η): apa- 1, abhi- 13, ä- 1, pra- 11, sa- 1; vgl. W ackem agel I I, 1, 109 und W ackernagel-Debrunner II, 2,716. 865 Nach Grassmann Absolutiv, was zur Behandlung des v in der Tat besser passen würde. 656 W ohl nicht -tva- mit Vrddhi, sondern Ableitung von sàubhaga-.

y und v in

Stamm- und Wortbildungseuffixen

295

Im Gegensatz zu den Gerundiven steht in den neutralen Abstrakta der H albvokal überwiegend nach leichter Silbe und wird nach schwerer Silbe fast nie silbisch gemessen. Aber die Ausnahmen zur Anschlußregel sind nicht völlig überzeugend: Das Grundwort von maghavattvd- ist eigentlich maghdvan-, das zum Teil von maghdvat- überschichtet w urde 68 7 ; es ist durchaus denkbar, daß im T ext ursprünglich *maghavatvd- (die korrekte Bildung zu -van-) stand, das später — entsprechend zu maghdvan- /maghdvat------durch maghavattvd- (der korrekten Bildung zu -vat-) ersetzt w urde888. Bei suprajästvd- und anägästvd- ist die Dehnung des as auffallend; zu suprajästvd- gib t es außerdem kein Grundwort *suprajas-, sondern nur suprajd;- bei anägästvd- stehen als mögliche Grundwörter nebeneinander dnäga- und dnägas-. Berücksichtigt man nun das Nebeneinander v on -as- m it -a- und -ä -8 859, dann ist die Möglichkeit, daß im 8 7 5 T ext ursprünglich statt -ästvd- -atvd- stand, nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. D D Vrddhi-Bildungen zu Stämmen auf va a) Schwersilbig : aur(u)va- E N 8 8 0 känva- (m ) känväyana- (m) Vok. tdn(u)va- (m )

1(u)v 2(u)v

zu ürva: 5v

zu kdnva-

i v 1

(u )v

zu tanva- (ein anderes tdn(u)vaoben I I I D l )

b) Leichtsilbig nur ätithigvd- (m ) zu atithi-gvd-. Belegt je einmal an zwei parallelen, metrisch schwierigen Stellen (8,68,16/17). Arnold und Oldenberg zur Stelle vermuten Unterzähligkeit des Verses; silbische Messung wäre aber ebenfalls möglich. Die beiden Strophen sind auch an anderen Stellen metrisch unklar. c) va im Vorderglied: Adhvaryava- (n) 1 v\ drtvijya- (n) 1 v\ ä&vaghnd- (m) 1 v ; äAvamedhd- (m) 2 v, dévina- (a) l v; vaiévânard- (a, m) 61 v; ähnlich: sdmvarani- 1 v. 1st va das letzte Suffix des Wortes, dann ist silbische Messung nach durch Vrddhi schwer gewordener Silbe mehrfach belegt. D a die Belege für känva- alle zwischen 8 ,1 und 8 ,10 stehen, ist die Verschiedenheit der Realisierungen auffällig. Z u bemerken ist, daß an der einzigen Stelle, an 857 Vgl. z .B . Wackernagel III, 264f. 458 Vgl. hierzu auch oben Anm. 467. 858 Vgl. Wackernagel III, 283-287; II, l,9 5 f. 880 Nur in aur(u)va-bhrguvat·, das Arnold S. 100 a-ürva- trennt.

296 Hauptteil: Die Halbvokale zwischen Konsonant und Sonant im Rigveda der Icänva- neben dem Nam en als Patronym ikon steht (8,2,40), silbisch zu messen ist. Sollte bei den Belegen für die Realisierung v ein metonymisches M nva- in der Überlieferung durch Μ ηνά- ersetzt worden sein? Mnväyana- steht im Välakhilya. Bei v im Vorderglied oder v or dem letzten Suffix (Typ vaiévânarâ-) haben wir ebenso regelmäßig v wie y beim T yp mddhyamdina-, m it denselben Möglichkeiten zur Erklärung dieser gewichtigen Ausnahme von der Anschlußregel. EE D ie Partizipien des Perfekts auf -väms(W ackem agel-Debrunner II, 2, 909— 915) a) Die normale, reduplizierte Bildung: cakhvds- (? khä·) 1 v 46 cikitvds- {dt-), äjaganvós- {gam-) 7 17 jaghanvâs- {han-) jujurvós- (jur-)M1 2 v :: 1 (u)v 2 jujusvâs- (jus-) tatanvàs- (tan-) 3 tatirvâs- (tar-) 2 tastabh(u)vàs- (stabh-) 682 !(* )» dadaèvàs- (damé-) 1 dadaevAs- (dos-) 1 dadrévàs- (dré-) 1 1 dadvâs- (dû-) dadhanvâs- s. dhanv-

dadhrsvds- (dhrç-) 3 1 pupusvàs- (pus-) ririkvds- (rie-) 1 ririhvàs- (rih-) 1 rurukvàs- (rue-) 1 2 vavanvàs- (van-) vavrtvàs- (vji-) 1 vâvrdhvàs- (vrdh-) 2 vivikvàs- (vie-) 1 vividvàs- (vid-) 2 vividhvàs- (vyadh-) 1 4 éuéukvâs- (éuc-) sâsahvâs- (sah-)MZ 4 v : 1 («.)« susupvàs- (svap-) 2

b) Ohne Reduplikation, einschließlich unklarerβΜ: Leichtsilbige : 4 fbhvaskhidvas- (Voc) 1 vidvàs-,a-,su-, dur- 86 6 107 v : 3 (u)v sikvas4

Schwersilbige (Arnold S. 95): dâévdsmidhvâssâhvas-

9 v : 7 (u)i 8 v : 8 (u)t 10 v

m D ie silbische Messung 2, 4,5, wo Arnold die Annahme einer Pause vorzieht. ··* 2, 11,6, w o Arnold S. 95 ta8tambh(u)vätnsam (für -stabh-) herstellen will. 469 Die silbische Messung 2, 100,5, wo Arnold die Annahme eines katalektischen Verses vorzieht. ··* Arnold gibt S. 95 irrtümlicherweise däs(u)vAms 1, 127,1. Der Text hat dort dAsvantam (zu däsvat-), entsprechend Arnold in seinem Metrical Commentary zur Stelle. Vgl. im übrigen Oldenberg zur Stelle. «•s Die silbischen Messungen i, 190,7 ; 2, 15,7 und 10, 136,6. Arnold rechnet an den beiden ersten Stellen mit Pausen, bei der letzten mit einem katalektischen Vers.

y und v in

Stamm- und Wortbildungseuffixen

Die Partizipien auf -väms- stehen in der Regel nach leichter Silbe und sind dort mit unsilbischem Halbvokal zu messen (von einigen unsicheren Ausnahmen abgesehen). Bei einigen unreduplizierten Sonderformen mit schwerer Silbe ist in einer größeren Anzahl der Fälle silbisch zu messen ; es bleiben aber viele Ausnahmen. Auffällig ist die durchgehend unsilbische Messung bei sähvas- ; sie wäre verständlich bei der Form des Pada Pätha (sahvas-), aber woher käme dann die Länge des ä in der Überlieferung? F F D ie Bildungen auf -(t)van, fern, -vari (Wackernagel-Debrunner I I, 2, 894— 906) a) In den Primärbildungen a u f -(t)van- steht der Halbvokal (abgesehen von einem Fall mit durch Sandhi schwerer Silbe) stets nach leichter Silbe und wird nie silbisch gemessen: prätar-itvan-, fkvan-, kftvan- (ni-, puru-, mraksa-, su-), pürva-gAtvan-, jdsvan-, sa-jitvan, tàkvan-, apaécdddaghvan-, druhvan- (a-), pâtvan- (öéu-, raghu-, èyenâ-), vibhftvan-, màdvan- (satyd-), yâjvan- (A-, abhi-ardha-, prstha-, Astrla-),A-prâ-yutvan-,abhi-yugvan- (sa-, sva-), yudhvan-, pra-rikvan-, mâta-riévan- ( ? ), vàkvan-, éakvan-, àikvan-, su-éûkvan-, èubhvan-, drusadvan- (nr-, pari-, adma-sadvan-), sanitvan(Akzent!), nissidhvan- (puru--), sutvan- (pâka-, soma-), sftvan- (bddha-), stubhvan-, upahàsvan-, hitvan-. Mit schwerer Silbe durch Sandhi agrâdvan- 6,6 9 ,6 mit unsilbischem Halbvokal. b) Wahrscheinlich zu «-Stäm m en gehören rbhvan-, rjiévan-, durgjbhiévan-, ranvan-, vibhvan-, vibhvàn-, vibhva-tastA-, vibhvä-sah-, dhAnvan- 'dürres Land’ m it dhanva-carA- und dhan(u)va-cyut-. Es haben also alle eine leichte Silbe vor dem v, das silbisch zu messen ist zweimal bei dhanvan(gegenüber 17 v ) und einmal bei dhan(u)va-cyut-. c) Sonstige, nicht analysierbare, Weiterbildungen : Adharvan- (m it ätharvanA-, -νί), Adhvan- (m it adhva-gA-, krsrui-adhvan- ohne Sandhi, vi-, prädhvanA- 1 m it unsilbischem v), Arvan- (Arvasa-, anarvAn-, And-), indhanvan- ( ? ), cikitvAn-, tugvan-, turvAn-, dhAnvan- 'Bogen* (dhanvä-sAh-, ugrA-dhanvan-, ksipra-, su-dhanvan- mit saudhanvanAsthirA-), patharvanE N , pâtvan-, pArvan- (parvaédh, vi-parva-, vfsa-parvan-, AatA-, somapàrvan-, a-parvAn-), vivdsvan-, sAtvan- (abhi-, satina-, satya-, ahiéusma-), samódvan-, sfkvan-. Zu saméiévan- vgl. Oldenberg zu 1,66,10. Es haben also alle Fälle leichte Silbe v or dem v, bis a u f prädhvanA-, das seine schwere Silbe durch den Sandhi bezogen hat und dessen v unsilbisch gemessen wird; krsrui-adhvan- ist wohl in beiden Fällen (2,4,6 und 6 ,10,4) ohne Sandhi (anders Edgerton, Lg 10, 256).

298 Hauptteil : Die Halbvokale zwischen Konsonant und Sonant im Rigveda

Es haben also alle Bildungen auf -van- bis auf geringfügige Ausnahmen leichte Silbe vor dem v, das demgemäß unsilbisch zu messen ist. G G D ie Bildungen auf -vat(Wackernagel-Debrunner II, 2, 871— 894) In der Regel steht -vat- nach leichter Silbe und wird nicht aufgelöst: aksanvât-, àùgirasvat-, ànasvat-, antârvat-, àpnasvat-, ârvat- (-ï), à&manvat-, asthanvât-, âtmanvât-, âvftvat-, indrasvat-, udanvât-, Ûrjasvat-, fkvat-, énasvat-, ôjasvat-, ômanvat-, tâpasvat-, tàvasvat-, datvât-, dadhanvât-, ddmanvat-, drâvinasvat-, dhvasmanvât-, nabhasvat-, nâmasvat-, niyvivat-, padvai-, pàyasvat-, pàrasvat-, pdjasvai-, pipisvat-, ptvasvai-, püsanvat-, pfsadvai-, prâyasvai-, pravâtvat-, mânasvai-, maruivai-, màhasvat-, mahisvai-, yâèasvat-, yàhvài-, râbhasvai-, rékiuisvat-, ródhasvat-,rómanvai-, νάηαηvat-, vâyasvai-, vàrmanvat-, vipfkvat-, vivakvdt-, vivâsvat-, vivasvat- (mit vaivasvatà-), vfsanvat-, vyâcasvat-, èaradvat-, éàôvai-, sârasvat- (-t, -ivat-, sârasvaià-), sàhasvai-, s(û)varvat-, hàrasvat-, hâritvat-, hésasvat-. Femininum drsàdvail EN. Ferner sind ddsvat- und bhdsvat- dreisilbig zu lesen ; in der Regel wird däasvai- und bhdasvat- gemessen, doch wäre grundsätzlich auch -(u)vatmöglich. Schwere Silbe (-ir- !) und unsilbischen Halbvokal hat öèirvat- 2. -vói 'wie* in aûgirasvât und manusvât. — D as (anders flektierende) Suffix -vat- in Orts-Abstrakta bei ud-vät- und samvät-. H H Kleinere Gruppen (Wackernagel-Debrunner II, 2, 905— 908, 916— 918) aa) -vana- nach leichter Silbe mit unsilbischem H albvokal: an-arväna-, vagvanà- (mit vagvanû-), êuéukvanà-, satvanâ-. b) -vani- nach leichter Silbe m it unsilbischem H albvokal: arharisväni-, jugurvâni-, turvâni-, tuturvani-, dadhrsvàni-, bhurvâni-, iuêukvâni-. c) -vara-, -vari-, -vala-. N ach leichter Silbe m it unsilbischem Halbvokal: adhvara- (jira-, dâêu-, su-), itvarä-, urvarä- ( + K om posita), kamara-, phârvara-, vidvalâ-, api-sarvarâ- und éarvarï. Schwere Silbe bei bhârvarâ- 1 und durch Sandhi jirAdhvara- (s.o.) 1, jeweils m it unsilbischem Halbvokal. d) -vit- nach leichter Silbe m it unsilbischem Halbvokal : cikitvit-, cikitvinmanas-. e) -vin- nach leichter Silbe m it unsilbischem H albvokal: tarasvin-, dhfsadvin-, namasvin-, raksasvin-, éatasvin-.

y und Vin

Stamm- und Wortbildungssuffixen

J J Nicht analysierbare und untypische Nominalbildungen mit v a)

-va- (Wackernagel-Debrunner II, 2, 869— 871):

Schwersilbig nur pärva-, das einschließlich Kom posita und Ableitungenβββ etwa 270mal belegt ist (ohne silbische Messung des Halbvokals). Das W ort άένα-, -ä- ist als Simplex, in Erweiterungen, in K om posita mit aéva- im Vorderglied und K om posita mit aéva- im Hinterglied (wenn das Vorderglied anders als a u f -a ausgeht) ungefähr 600mal b elegtM7, und zwar nur lOmal mit silbischer Messung des Halbvokals, w obei in fünf Fällen durch Satzsandhi die Stammsilbe schwer geworden ist (vgl. Arnold S. 94, 1 0 0 , 1 0 1 ). Steht -άένα- im Hinterglied eines Kom positum s, dessen Vorderglied auf -a- auslautet (vgl. Arnold S. 94), so wird aa) bei (insgesamt) dreisilbigem Vorderglied stets a + a kontrahiert; nach der so entstandenen schweren Silbe das v aber nur in einem von fü n f Fällen silbisch gemessen (sàmbhrtâé(u)va- 1 ; arundsva- 1, ninditdèva1 , pièâûgâèva 1 , mdrutâéva- 1 ); bb) bei (insgesamt) zweisilbigem Vorderglied wird immer kontrahiert, wenn die erste Silbe leicht ist; in diesem F all wird auch der Halbvokal immer silbisch gemessen (aghdé{u)va- 1 , ajdé{u)va- 6 , satdé(u)va- 2 ); bei schwerer erster Silbe werden die Eigennamen ebenfalls kontrahiert und der H albvokal in der Regel silbisch gemessen (rjrdé{u)va- 4 (u)v : 1 v, éyâvdé(u)va- 7), die A djektive bleiben in der Regel getrennt und lassen demnach auch das v unsilbisch (istâ-aéva- i, yuktà-αένα- 1 , saptâ-αένα- 1 , jirâ-aèva- 1 , aber jirdé(u)va- 2 (u)v : 1 v). Es läßt sich bei der Spärlichkeit dieser Belege selbstverständlich nicht sagen, in welchem Umfang diese Abgrenzungen typisch sind. Vgl. oben agrädvan-, krsnä-advan-, jirddhvara-, und m it einsilbigem Vorderglied prädhvand-. Sonstige Leichtsilbige : àkharva- (a) 1 v anarvâ- (a) 4 ap(u)vdarva- - 8 6 8 122

1 (u)v

jihvd- (f ) 66 9 turvâ- E N 8 7 0 prâskanva- E N yahvà- (a, m ), -(h

87 2 2

5 43

eeo Vgl. Grassmann Sp. 846-848 und anu-, ahum·, yathä-. 887 Vgl. Grassmann Sp. 141-144 und an- ( + --dä-) 7, äsü- ( + --(i)ya-) 5, dravâd- 1, dront- 1, ptvo- 1, pfçad- 7, rohid- 5, vadhri· ö, hierzu vAdhri- 4, vr§an- 2, vl( + - -vcit-) 9, vaiyaévâ- 3, vaidadaàvi- 1, sàd- 1, çàd- 1, eu- ( + - -yû-, -(i)ya-) 29, hàri- ( + - -praaüia-) 28. 668 In arvâkâ-, arvâc-, -ina-, arvävat-, βββ Einschließlich der K omposita agni-, gopà-, prôcâ-, màdhu-, mandra-mmsu-, éuci-, saptà-, au-, hiraiyya-, upa-jihvikä-. Grassmann setzt in zwei Fällen silbische Messung an, was bei Arnold S. 100 nicht berücksichtigt ist. Silbische Messung ist wohl anzunehmen 6, 16,2; kaum 10, 78,3. 6,0 Einschließlich turvâéa-, turvaéa-yàdu-.

300 Hauptteil : Die Halbvokale zwischen Konsonant und Sonant im Rigveda rsvd- (a) kànva- E N gandharvd- (m ) ® 7 1 b)

51 60 2 2

viéva- (a) sarva- (pron )® 71 srakva-

sehr häufig 121 3

Verschiedenes:

Nach leichter Silbe m it unsilbischem H albvokal: urvâèi, urvârukà-, -krtvas-, Icftvya-, ghfçvi-, catvdr-, cdturvaya-, turvtii- E N , dàrvi-, pàrvata-®7S, pârèadvânà-, prapharvih, visvadr(i)yac-, easvar- (red.?), -tä-, éaévadhd-, sû-éiévi-. Nach schwerer Silbe m it unsilbischem H albvokal: iksvälcü- E N 1.

K K (Sekundäre) Wurzeln auf -vSchwersilbig mit unsilbischem H albvokal: jürv- 8 v ; türv- 9 v + tärva* yäna- 4, tàrvi- 1; dhürv- 3 + dhàrvan- 1. Leichtsilbige: dhanv- 27 v : 12 (u)v (A rnold S. 96); bharv- 2 » ; vgl. ranvità- 1 . Bei jürv- und dhürv- liegen Wurzeln m it u-Gruppen im Anlaut zugrunde (jvar- und dhvar-), bei türv- eine ee^-Wurzel tar-, die eine Variante taru- aufweist. Zu beidem wird unten Abschnitt V III, 2 noch in größerem Zusammenhang weiteres auszuführen sein. Bei den Leichtsilbigen zeigt dhanv- eine nicht erklärbare Besonderheit in bezug a u f die Messung des Halbvokals. Arnold S. 96 und Edgerton (Lg 19, 123) weisen darauf hin, daß sich die silbischen Messungen des Halbvokals in diesen Formen nur in einem begrenzten Teil des 9. Buches, besonders in dem Hymnus 9,97, finden. Dies wird m it dem Grund für diese Unregelmäßigkeiten in Zusammenhang stehen, reicht aber allein für eine Erklärung nicht aus.

L L Zusammenfassung Die nominalen v-Suffixe und die übrigen im Rahmen dieses Abschnitts D behandelten Bildungen zeigen ein zu den nominalen y-Suffixen weitgehend paralleles Verhalten, doch sind die Unterschiede nicht zu übersehen : a) Die w-Suffixe stehen überwiegend nach leichter Silbe (vergleichbar m it den verbalen y-Suffixen), so daß die Veranlassung für die silbische Realisierung des Halbvokals nur selten gegeben ist. m Einschließlich -vth, gändharvi-. 872 Einschließlich der Komposita und Ableitungen bei Grassmann Sp. 1490f. 478 Mit Komposita und Ableitungen, vgl. Grassmann Sp. 792 und indra-

y

und v in Anlautgruppen

301

b ) Es gib t bei den v-Suffixen keinen Bildungstyp, bei dem auch nach leichter Silbe silbisch zu messen ist. Im Zusammenhang damit steht das Fehlen der Akzentuierung và (beide Erscheinungen kommen aber v or bei dem T y p tanüh und den dam it zusammenhängenden Bildungen, die nicht hierher gehören). Ganz vereinzelte Ausnahmen, wie das einmal belegte ap(u)vd- und unsichere Auflösungen nach leichter Silbe bei -värns- ändern nichts Entscheidendes an dieser Feststellung. Die häufigeren Auflösungen bei der Verbalwurzel dhanv- (und vielleicht dam it im Zusammenhang die Auflösungen bei dhanvan- 'dürres Land’ ) sind zwar nicht ausreichend erklärt, aber dennoch so selten, daß sie als Ausnahmen gewertet werden müssen. c) W egen dieses Vorherrschens von leichter Silbe vor dem Halbvokal und des Fehlens eines T yps m it silbischem Halbvokal auch nach leichter Silbe sind die Ausnahmen zur Anschlußregel etwas häufiger als bei den y-Suffixen. Es ist aber zu beachten, daß die schwersilbigen Bildungen meistens morphologisch aus dem Rahmen fallen, so daß auch Störungen in der Überlieferung oder ähnliche Besonderheiten vorliegen könnten, vgl. oben unter CC anäqästvä-, maghavattvd- und suprajästvd-. Eine regelmäßige Ausnahme zur Anschlußregel ist der Vrddhi-Typ vaidvänard-, genau parallel zu dem Vrddhi-Typ mddhyamdina- bei den y-Suffixen. d) Kontraktionslänge bewirkt häufig, aber nicht immer, silbische Messung des folgenden Halbvokals, vgl. etwa die Zusammenstellungen in A bschnitt J Ja . e) Eine weitere typische Sonderstellung nehmen die Folgen irv und ürv ein, a u f die unten, Abschnitt V III, 2 noch in größerem Zusammenhang einzugehen sein wird.

VI

y und v in Anlautgruppen

(Arnold S. 8 6 , 89 + Nachträge 95— 97, 101; Lindeman, N T S 20, 1965, 38— 108; Sihler: Proto-Indo-European Post-Coneonantal Résonants in Word-Initial Sequences, Dies. Yale 1967) Bei diesem letzten K apitel unserer Materialsammlung können wir zunächst eine Sondergruppe vorwegnehmen: Die Fälle mit betontem Halbvokal. Wenn wir einen Analogieschluß zu den Fällen im Inlaut ziehen dürfen, so ist bei diesen Folgen grundsätzlich von C lY A oder C ÏH A auszugehen, da bei CÎ + A ( = C Y Â ) der Ton auf den folgenden Sonanten gerückt wäre. Für diese Gruppe ist durchgehend silbische Messung des Halbvokals belegt. Es handelt sich dabei um s(u)var- 'Sonne*

302 Hauptteil : Die Halbvokale zwischen Konsonant und Sonant im Rigveda m it durchgehend silbischer Messung des H albvokals · 7 4 und k(ü)va ‘ w o’ , das 34mal belegt ist neben häcid (4mal) und kü (5,74,1). Der Vers mit dem einfachen kü hat aber eine Silbe zu wenig, so daß wahrscheinlich k(ù)va einzusetzen ist (so Arnold S. 101); umgekehrt ist kvà einsilbig zu lesen 1,38,2 und 5,61,1/2/2, so daß A rnold (ebd.) dafür kà einsetzt. Wie man sich auch in dieser Frage entscheidet — an der regelmäßigen silbischen Messung des Halbvokals in k(ü)va kann kein begündeter Zweifel bestehen. N och eine zweite Gruppe kann vorausgenommen werden : W ie wir bei der Behandlung der schwundstufigen Wurzeln (IIC D , I I I A) gesehen haben, wird ein Halbvokal stets silbisch realisiert, wenn ihm eine K onsonantengruppe vorausgeht. Übertragen w ir diese Verhältnisse auf die hier zu behandelnden halbvokalhaltigen Anlautgruppen, so müssen wir annehmen, daß im W ortanlaut in keinem F all mehr als ein Konsonant v or einem unsilbisch zu realisierenden H albvokal stehen kann. Die Belege entsprechen diesem Ansatz tatsächlich 8 7 8 m it Ausnahme des einmal belegten ksviükä-, einer Tierbezeichnung imklarer etymologischer und morphologischer Herkunft, die man wohl nicht als gewichtige Ausnahme zu der genannten Regelung einstufen wird — es kann sich um eine onom atopoetische Bildung oder ein nicht-indogermanisches W ort handeln. — Entsprechend ist die silbische Realisierung stets zu erwarten, wenn der H albvokal in seiner unsilbischen Form m it dem vorausgehenden K on sonanten keine Anlautgruppe bilden kann. Dam it haben wir zunächst die Gruppen aufgezählt, bei denen der H albvokal aus phonologischen Gründen silbisch realisiert werden muß. Die übrigen hier aufzuführenden Fälle, das heißt praktisch: die nicht analysierbaren (weil wir schwundstufige Wurzeln in Flexion und Ableitung bereits oben I I C D und I I I A behandelt haben), versuche ich einzuteilen in solche, bei denen der H albvokal stets silbisch zu realisieren ist, solche, bei denen er stets unsilbisch zu realisieren ist, und solche, bei denen silbische und unsilbische Realisierung wechseln. W egen der zum Teil geringen Zahl von Belegen und wegen der immer möglichen vereinzelten Ausnahmen ist in einigen Fällen die Einordnung eine Frage der Beurteilung. Ich versuche diese Beurteilung unter der Voraussetzung durchzuführen, daß für die Einordnung zu den drei Gruppen einheitliche Bedingungen der W ortstruktur maßgeblich sind — ähnlich wie die oben gegebenen 'phonologischen Regeln*. Ich beginne mit den wechselnden Anlautgruppen, bei denen ich, im Anschluß an die Ergebnisse von Schlerath, Lindeman und Sihler, von der 474 Außer vielleicht 2, 36,6 (vgl. Arnold S. 83); die Stelle ist aber metrisch unklar. 4,8 Vgl. im übrigen die Ergebnisse von Schlerath für das Avestische (s.o. S. 99 f.).

y und Vin Anlautgruppen

303

Annahme ausgehe, daß sie nur bei Wörtern auftreten, die in mindestens einer Form (abgesehen von der Halbvokalrealisierung) einsilbig sind — Genaueres wird noch zu besprechen sein. Ich zähle zunächst die belegten Fälle auf, nach Untergruppen geordnet: a) Einsilbige Pronominal- und Zahlwortstämme: tvâ-lt(u)vâ- ‘ du’ mit K om posita und Ableitungen; tva-/t(u)va- 'm ancher’ (tonlos); syà-/s(i)yâ- mit tyd-\t(i)yd- 'dieser’ ; 8và-ls(u)và- 'sein’ (aber z.B . nicht svaydm) ; dvd-ld(u)vd- 'zwei’ nebst Kom posita und dvihfd{u)vih. Andere einsilbige Stämme dieser A rt gibt es im Rigveda nicht. b) Einsilbige adverbiale Partikeln : j(i)yók 'lange’ , steht vorwiegend am Versanfang und ist außer 6,28,3 und 10,124,1 stets (13mal) silbisch zu messen; é(u)vdh 'm orgen’ 4 (u)v : S v ; h(i)ydh 'gestern’ , stets silbisch zu messen, aber nur 3mal belegt. Die einzige andere einsilbige Partikel mit einer Halbvokalgruppe im Anlaut ist svid 'wohl’ , das nie silbisch zu messen ist (sein H albvokal steht nicht selten nach schwerer Silbe). An diesem Verhalten ist wohl nicht die Tonlosigkeit schuld (auch tva- 'mancher’ ist tonlos), sondern eher die Funktionsschwäche des Wortes. c) Wurzelnomina mit paradigmatischem A blaut: dyau-ld{i)yau-ldiv- 'H im m el, Tag’ ·7·, einschließlich prthiw-d(i)ydvä 3,4 6 ,5 (sonst nicht belegt); évan-lé(u)van-léun- 'H und’ (kann auch zu den »-Stäm m en gerechnet werden). Dies sind die einzigen Beispiele solcher Stämme mit halbvokalhaltigen Anlautgruppen im Rigveda. Man kann aber auch die silbische Messung von d(u)vdrä 4,51,2 hier anschließen, da dvdr- ursprünglich ebenfalls in diese Gruppe gehörte. d) Wurzeln mit Halbvokalgruppe + ablautendem -ä -·77: jyä- 'berauben’ (zum Ablaut vgl. die Verbalstämme jind, jiya-, jijyä-). Silbische Realisierung des Halbvokals in parama-j(i)yd- 'höchste Macht habend’ (8 ,1 ,3 0 ; -jyd- 8,90,1) und dem Kom parativ jyäyasm it drei silbischen Messungen unter 13 Belegen. Der Superlativ jyéstha- ist in 18 von 41 Belegen aufzulösen, doch konkurriert hier *7* Vgl. hierzu auch Samuel D . Atkins: The R V dyoMS-Paradigm and the SievereEdgerton Law, JAOS 88 (1968), 679-708. *” Historisch zu interpretieren als Wurzelerweiterung.

304

Hauptteü: Die Halbvokale zwischen Konsonant und Sonant im Rigveda die Möglichkeit der Deutung jyd(y)istha-, die Arnold S. 91 durchweg vorzieht.

Hierher möchte ich auch rechnen jyd-lj{i)yd- 'Bogensehne* m it 3 (i)y : 2y\ j(i)yäJcd- (in einem 6mal vorkommenden Refrain-Vers) und j(i)yd-väja- 1. Eine Abgrenzung ist in diesem Fall sehr schwierig: Vgl. oben I I I A l b zu dem T yp vdyati, der teilweise so interpretiert wird, daß er hierher gehören w ürde; ferner I I I A 2 zu unterschiedlich interpretierbaren Formen von vyä- und pyä-\ Ichyä- 'schauen* gehört lautgeschichtlich nicht hierher®78, e) Der O ptativ syä- ist analysierbar (schwundstufige Wurzel s- + O ptativzeichen -yä-), doch ist er morphologisch singulär und bildet deshalb eine Gruppe für sich. Ich halte es für zweckmäßig, ihn an dieser Stelle mitzubehandeln. D am it sind die Untergruppen, die einen Wechsel in der Anlautrealisierung zeigen können, Umrissen — es bleibt die Frage, ob es weitere potentiell einsilbige W örter gibt, die einen Wechsel aber nicht erkennen lassen. Solche W örter gib t es nun in der Tat. Kein sicherer Wechsel ist zunächst zu erkennen b ei Wurzeln (und davon ausgehenden Ableitungen) a u f Geräuschlaut (tyaj-, tvis-, svap-, svid- u.a.). Vereinzelte silbische Messungen bei solchenWurzeln lassen sich überzeugend als Ausnahmen erklären : Bei dyut- ist belegt d(ï)yótana- 8,29,2 (gegen 2 y), d(i)yutändm 6,15,4 (Partizip, gegen 5 y ), su-d(i)yótman- 1,141,12 und 2,4,1 (die einzigen Belege für dieses W ort). In allen übrigen Formen ist der Halbvokal unsilbisch. Die genannten silbischen Messungen sind sehr wahrscheinlich von denen bei dem unerweiterten dyu-jdiv-jdyau- abhängig. Bei svad- 'sich schmecken lassen’ ist 2,1 ,14 und 8,50,5 der Halbvokal silbisch zu messen (gegen 16 v). A n beiden Stellen dürfte ein Wortspiel m it su + ad- 'essen* vorliegen, besonders naheliegend 2,1,14, w o adanti und su-adanta parallel konstruiert sind. W eiterhin ist kein Wechsel zu erkennen bei Wurzeln wie cyav-, jvar-, dhvan-, evan- und svar-, die zwar die gleiche Struktur wie dyau- und évanhaben, bei denen der Halbvokal aber nie silbisch realisiert werden muß — zu vergleichen ist etwa div- und èun- gegenüber cucyuve (nicht *cicive !). D am it ist die Abgrenzung selbstverständlich nur eine Stufe zurückverschoben, denn es ist dann weiter zu fragen, warum bei cyav- usw. Formen m it civ- usw. nicht auftreten. Hier liegen zweifellos Altersunterschiede vor, die zu behandeln hier nicht der O rt ist. — Bei Wurzeln der Struktur dhvr- und syü-lsiv- treten besondere Schwundstufenreflexe auf, die einen W echsel in der Halbvokal-Realisierung der Anlautgruppe ausschließen. 878 Vgl. zuletzt R olf Hiersche: Untersuchungen zur Indogermanischen, Wiesbaden 1964, S. 44 f.

Frage der Tenues aapiratae im

y

und Vin Anleutgruppen

305

D am it scheint es mir nun möglich zu sein, präzisere Kriterien für das Auftreten des Anlautwechsels anzugeben. E r scheint mir vorzukommen a) in Wörtern, bei denen der W ortausgang (Stammvokal - f Endung) bis an den Halbvokal heranreicht, b) in Wörtern, bei denen zwischen Wortausgang und H albvokal eine Folge v on Lauten steht, deren erster teils ein Sonant, teils ein K onsonant ist (dy-au-jdi-v-·, év-an-léu-n-), und c) vermutlich nur durch analogische Ausbreitung auch in Form en, die von solchen primitiveren Wörtern abgeleitet sind. Die zwei Gruppen, bei denen wir dam it das Zentrum des Anlautwechsels vermuten, enthalten also tatsächlich (abgesehen v on der Halbvokal-Realisierung) potentiell einsilbige W örter; aber die Einsilbigkeit ist nicht das Entscheidende, sondern die Festigkeit der Verbindung des Halbvokals mit dem folgenden Laut. Diese Definition trifft wohl auch évah und hyäh, die sehr wahrscheinlich erstarrte Kasusformen sind; möglicherweise auch jyók, obwohl dieses morphologisch unklar ist. Untersuchen wir zunächst noch, ob auch außerhalb der dam it umrissenen Gruppe silbische Halbvokal-Messungen im Anlaut Vorkommen — natürlich abgesehen von den Fällen, in denen die drei eingangs genannten phonologischen Regeln im Spiele sind. In Frage kommt folgendes: a) Die von Arnold angegebenen silbischen Messungen des Halbvokals in éyenà- 'Falke’ (gegenüber häufigem y ) sind höchst zweifelhaft: 4,26,7 kann — so wie der T ext belegt ist — nicht silbisch gemessen werden, weil sonst sechs Silben v o r der Zäsur stehen, und die von Arnold (zur Stelle) vorgeschlagene Textumstellung hat selbstverständlich keine Beweiskraft. 10,144,5 ist ein metrisch undurchsichtiger und kaum korrekter Vers; vgl. Oldenberg zur Stelle und zu 4,26,7. b) s(i)yâlà- 'Schwager’ 1,109,2 (einziger Beleg) ist wegen seiner Vereinzelung nicht sicher zu beurteilen. c) s(u)vargä- dürfte ein Kom positum m it s(ü)var- sein und deshalb dessèn Realisierungsregelung unterliegen, obw ohl hier der Akzent an das zweite K om positionsglied abgegeben wurde. Ein Kom positum ist ferner s(i)yond- (aus su + yona-), w obei auf die besondere Lautgeschichte hier nicht eingegangen zu werden braucht. Kom positum ist schließlich wohl auch $(u)vdhä (vgl. A rnold S. 76 und oben IB ). d) Zu t(u)vdstr- vgl. Oldenberg zu 1,61,6. Nach der dort gegebenen Darstellung scheint mir die Annahme silbischer Messungen bei Formen dieser A rt unbegründet. 20 Seebold, Das System der ldg. Halbvokale

306 Hauptteil : Die Halbvokale zwischen Konsonant und Sonant im Rigveda Keiner dieser Fälle silbischer Halbvokalmessung in Anlautgruppen ist sicher genug, um die Möglichkeit silbischer Halbvokal-Realisierung im Anlaut 'mehrsilbiger’ W örter beweisen zu können. Das heißt nun nicht nur, daß wir die Gruppe m it wechselnden Anlautgruppen ausreichend eingegrenzt haben — es heißt außerdem, daß es, außer den oben IIC D und I II A behandelten Fällen und den Form en, die unter die eingangs gegebenen phonologischen Regeln fallen, eine Gruppe mit 'stets silbisch zu realisierendem H albvokal im Anlaut’ nicht gibt. Wir können also für die Anlautgruppen außerhalb der beiden genannten Ausnahmen und außerhalb der Gruppe m it Wechselformen (nach unserer Eingrenzung) die unsilbische Realisierung des Halbvokals als regelmäßig ansetzen. Die Schlußfolgerungen aus diesem Tatbestand — im Vergleich mit anderen Ergebnissen unserer Materialuntersuchung — werden in der Zusammenfassung (V III, 6) gezogen werden ; hier nur noch einige abrundende Bemerkungen : W ir haben oben zu bestimmen versucht, in welchem Rahm en ein Wechsel in der Realisierung der anlautenden Halbvokalgruppen möglich ist — wie die einzelnen Formen innerhalb dieses Rahmens verteilt sind, halte ich durch die Zusammenstellungen oben S. 155-165 und durch die Argumentation Sihlers für erwiesen: Das ausschlaggebende Verteilungskriterium ist das Metrum — zusätzliche Faktoren mögen in Frage kommen, sind aber durch das grobe Verfahren der Statistik nicht zu erfassen. Was schließlich die Herkunft des Anlautwechsels anbelangt, so ist darauf zu verweisen, daß dieser in dem oben umrissenen Rahmen ziemlich generell gültig ist — sein Grund dürfte also eher in Regelungen der phonologischen Struktur als in Reflexen von etymologischen Verschiedenheiten liegen — wenn diese auch als zusätzlicher Einfluß wahrscheinlich sind. Diese Regelungen der phonologischen Struktur brauchen sich n icht a u f die Anschlußregel zu beschränken — sie brauchen sie nicht einmal einzuschließen — , aber auf diese Frage wird dann in dem größeren Rahm en (V III, 6) einzugehen sein.

V II 1.

Anhang

Anlautendes silbisches i vor Sonant

Oldenberg bespricht in den Noten*19 Stellen, an denen es gerechtfertigt erscheint, ein anlautendes y v or Sonant silbisch zu messen — einschließlich der von ihm für unsicher gehaltenen sind es insgesamt 35. Bd. I, S. 35 m it Literatur, sowie Register S. 423.

Anhang A rnold in Vedic Metre rechnet nicht mit dieser Möglichkeit und zieht statt dessen gegebenenfalls die Annahme von Pausen vor. Den umgekehrten Fall finden Grassmann880, Arnold (S. 101) und Oldenberg881 bei iyäm (N S gf zu aydm 'dieser’ ), das an sieben Stellen yäm zu lesen ist. Schließlich ist noch erwähnenswert, daß bei *- 'gehen’ die Formen mit Schwundstufe + Sonant stets einen unsilbischen Halbvokal (und damit eine unsilbische Wurzel) zeigen, was in gewisser Weise dem Verhalten schwundstufiger W urzeln, die nicht durch Augment oder Reduplikation abgestützt sind, widerspricht (s.o. IIC D ). Am Rande ist noch aufzuführen, daß das i(y)der Präsensreduplikation v or sonantisch anlautenden W urzeln nie unsilbisch wird. Auch hier dürften bestimmte Realisierungsregeln im Spiele sein, doch ist zu beachten, daß solche Erscheinungen für u/v nicht nachweisbar sind. 2.

Silbisches i zwischen Sonanten

Anders ist die Lage bei der silbischen Messung von y zwischen Sonanten, w ofür Oldenberg (die unsicheren Fälle eingeschlossen) 20 Belege aufzählt882. Die wichtigsten Fälle sind flektierte Formen von rat- (vgl. Arnold S. 87) und einige Optative zu langvokalig auslautenden Wurzeln (vgl. Arnold S. 91); hinzu kommt noch einiges Zerstreute. Bei rai- verm utet Arnold eine Nebenform rayi-, und hier liegt die Besonderheit auch sicher in der (unklaren) Geschichte dieses Wortes. Bei den Optativen kann eine morphologische Aufgliederung in (z.B .) yä- + i + a > yä-iyavorliegen (zum Optativ-Suffix vgl. oben S. 2 09f.),und zwar als sekundäre Aufgliederung nach den Bedürfnissen des Metrums, nicht als Relikt einer früheren Aussprache. Alle diese Fälle scheinen demnach für uns nicht einschlägig zu sein — eine besondere Realisierungsregel für intersonantisches ijy verlangen sie sicher nicht.

V III

Zusammenfassung und Auswertung

Die Prüfung des Materials hat gezeigt, daß die Halbvokal-Realisierung im Rigveda nicht durch eine einfache Formel wie die Anschlußregel oder durch die bloße Annahme von Suffixverschiedenheiten erklärt werden kann, sondern daß eine Fülle von Einzelwirkungen der verschiedensten Art im Spiel ist. Andererseits hat sich gerade durch die Aufdeckung dieser Einzelwirkungen gezeigt, daß die Halbvokal-Realisierung nicht ,8° S .v . idàm, die Form Sp. 209. 881 Zu den betreffenden Stellen, z .B . 1, 186,11. 882 Bd. I, S. 76f. Anm. 2 und Register S. 423. 20*

308 Haupiteil : Die Halbvokale zwischen Konsonant und Sonant ira Rigvoda willkürlich ist, sondern in der weit überwiegenden Zahl der Fälle begründet werden kann. Im folgenden soll nun zusammengestellt werden, welche Gesichtspunkte sich als m aßgeblich herausgestellt haben, wobei dann auch zu unserer Arbeitshypothese Stellung genommen werden kann. Ich beginne m it den Problemen der Textgestalt. 1.

'Falsch angesetzte Stämme* und Verwandtes

A n mehreren Stellen unserer Materialuntersuchung fanden wir beachtliche Hinweise a u f eine nachträgliche Änderung des Textes, so daß sich für uns die außerordentlich schwierige Frage erhebt, ob die aufs Ganze gesehen hervorragende Überlieferung des Rigveda bei den für uns wichtigen W örtern und Formen unbedingt zuverlässig ist, oder ob Eingriffe in den überlieferten T ext vertretbar sind. Der Bedeutung des Problems entsprechend sollen hier zunächst die Prinzipien bei der Behandlung solcher Fragen diskutiert, und dann die für eine Textherstellung in Betracht gezogenen Fälle aufgezählt werden. Zunächst zur Überlieferung nach der 'Endredaktion’ des Rigveda : Ihr müssen wir ein Höchstmaß an Zuverlässigkeit zugestehen — in Einzelfällen, wie oben Anm . 501 zu praéâms(i)ya- mag man Unregelmäßigkeiten diskutieren und einen Mangel in der Überlieferung erwägen, doch fehlt uns hier jegliche Sicherheit in der Beurteilung, und im Zweifelsfall genießt das fast unvorstellbar sorgfältige Überlieferungsverfahren der indischen Tradition den Vorzug v or einer Spekulation, sei sie auch noch so plausibel. Andererseits bestehen aber Gründe für die Annahme, daß diese Strenge der Überlieferung, die zu einem guten Teil a u f mechanischer Bewahrung einer nicht mehr voll verstandenen Textgestalt beruht, zu der Zeit, als die Texte noch der lebendigen — wenn auch gehobenen, archaisierenden und rituell dunklen — Sprache angehörten, noch von anderer A rt war : daß zu jener Zeit die heiligen Texte in dem Bemühen um ihre Korrektheit und Reinheit bewußt oder unbewußt späteren oder mundartlich verschiedenen Sprachform en angepaßt wurden. An der Erscheinung als solcher kann kein Zweifel bestehen : W ürde man die Sanskrit-Form der Überlieferung phonetisch ernst nehmen, so wäre der R igveda ein Prosa-Text, und deshalb verlangt auch die indische Tradition zur Herstellung des Metrums bei Bedarf silbische Messung von Halbvokalen und Auflösungen des VokalSandhi — sprachwissenschaftlich gesehen die (teilweise) Wiederherstellung einer früheren Textgestalt. Die Frage ist nun, in welchem Umfang m it einer sekundären Anpassung des Textes gerechnet werden kann — m it anderen Worten, in welchem U m fang der T ext 'hergestellt’ werden darf. Die Haltung vieler Rigveda-Philologen ist in dieser Frage recht

Zusammenfassung und Auswertung zwiespältig: Während sie die von der indischen Tradition erlaubten silbischen Messungen von Halbvokalen und die Auflösungen des VokalSandhi nach Gutdünken zulassen um das Metrum herzustellen, lehnen sie andere Besserungen, die im Gegensatz zu dem Ad-hoc-Verfahren bei den 'Auflösungen’ methodisch einwandfrei begründet sein können, aus Prinzip ab. Betrachten wir deshalb die methodischen Grundlagen der Textherstellung — sow eit sie unsere Problem e betreffen — etwas genauer. Die Grundvoraussetzung jeder sinnvollen Textherstellung ist die Annahme, daß die rigvedischen Dichter Sprache und Vers beherrschten; daß ihre Dichtungen gewissen normativen Ansprüchen — die wir freilich nicht v on vornherein kennen, sondern erschließen müssen — durchgängig genügten. Wenn wir deshalb auf eine größere Zahl von Unregelmäßigkeiten stoßen, geht es bei dieser Voraussetzung nicht an, sie einfach dem Unverm ögen und der Nachlässigkeit des Dichters oder irgendwelchen zweifelhaften 'dichterischen Freiheiten’ und 'metrischen Lizenzen’ zuzuechreiben; wir müssen vielmehr fragen, ob entweder unsere Vorstellungen von der Norm modifiziert werden müssen, oder ob die Überlieferung unzureichend ist. W ie wir uns bei der Untersuchung einer b estimmten Stelle entscheiden, hängt von dem — bei Arnold, S. 3 so genannten — 'quantitativen Test’ a b: Verm ag eine Zusatzannahme über das Metrum nioht nur die in Frage kommende Stelle, sondern zugleich auch eine größere Anzahl von Unregelmäßigkeiten an anderen Stellen zu erklären, so entscheiden wir uns für eine Modifikation unserer Vorstellungen vom Metrum ; wird dagegen nur durch eine Annahme über die Sprachform (und das schließt immer eine K ritik der Überlieferung mit ein) eine größere Anzahl von Unregelmäßigkeiten beseitigt, so verdient diese den Vorzug. Nim haben wir es sowohl beim Metrum wie bei den sprachlichen Elementen m it Normen zu tun, über die wir nicht beliebige Annahmen machen können — der 'quantitative Test’ reicht also nur aus, wenn die Wahrscheinlichkeit der Zusatzannahmen von vornherein feststeht. W ir können etwa beim Metrum nicht nach Belieben 'Pausen’ im Vers annehmen, und wenn wir damit noch so viele 'unterzählige’ Verse 'erklären’ — dies wäre nichts als die verschleierte Annahme metrischer Willkür. Pausen als Elemente des Metrums können nur angesetzt werden, w o sie als typisch oder als stilistisch begründet erwiesen werden können. Ganz Entsprechendes gilt für die sprachliche Norm : Nehmen wir bei Unregelmäßigkeiten nach Belieben silbische Halbvokalmessungen an, so unterstellen wir dabei, daß die Dichter silbische und unsilbische Messungen nach Belieben verwenden konnten ; eine Annahme, der eine genauere Betrachtung der Messungen aufs entschiedenste widerspricht: Auch die silbischen Messungen müssen und können als 'typisch’ erwiesen werden,

310 Hauptteil : Die Halbvokale zwischen Konsonant und Sonant im Rigveda bevor eine Textherstellung im Einzelfall berechtigt ist. Die potentiellen silbischen Messungen müssen also zunächst auf ihre Gemeinsamkeiten hin untersucht und die dabei zum Vorschein kommenden Kriterien auf ihre Allgemeingültigkeit hin geprüft werden. Erst wenn diese Forderung folgerichtig und durchgehend erfüllt worden ist, kann auch die Möglichkeit von 'gleichwertigen Varianten’ , 'm etrischen Freiheiten’ und ähnlichem in Betracht gezogen werden. Der Sprachbeherrschung der Dichter und der nicht hoch genug zu veranschlagenden philologischen Sorgfalt der Redaktoren des R igveda kann man nur m it einem solchen Verfahren gerecht werden; das Beharren a u f Ad-hoc-Herstellungen ist prinzipiell zu verwerfen. Untersucht man nun, von derartigen Maßstäben ausgehend, ganz allgemein die Unregelmäßigkeiten im Bereich des R igveda und prüft nach, in welchem Um fang sie für eine bestimmte Versgestalt oder eine bestimmte sprachliche Form typisch sind (oder wenigstens in einem feststellbaren Rahm en typisch sind), so zeigt sich alsbald, daß dabei auch regelmäßige Abweichungen zum Vorschein kommen, die mit den von der indischen Tradition bereitgestellten Mitteln nicht erklärt werden können, die aber als Anpassungen an eine spätere Sprachform bei einer Redaktion des R igveda eine einleuchtende Deutung finden. Die sorgfältigsten Zusammenstellungen solcher typischer Abweichungen finden sich bei Oldenberg in dem Abschnitt über 'falsch angesetzte Stämme’ (Prolegomena S. 476— 482) und bei Arnold in verschiedenen Abschnitten v o n Vedic Metre — diese Werke sind es auch, an denen ich mein Urteil über diesbezügliche Fragen zu schulen versucht habe. In der Mehrzahl der uns hier betreffenden 'typischen Abweichungen’ liegt nun aber nicht ein unmittelbarer Widerspruch zwischen Sprachform und Metrum vor, sondern ein Widerspruch der durch das Metrum gestützten Sprachform zu unserer Anschlußregel. Das bedeutet nicht, daß die rigvedischen Belege zu einer von außen an sie herangetragenen Hypothese im Widerspruch stehen, sondern daß die allgemeine Gültigkeit eines zur Begründung der silbischen Halbvokalmessungen notwendigen Kriteriums durchbrochen wird, und zwar von Ausnahmen, die selbst wiederum typisch sind, indem sie z .B . ganz bestimmten morphologischen Kategorien angehören. W ir haben es dann aber m it einem Anstoß auf einer höheren Abstraktionsstufe zu tun, was zusätzliche und schwerwiegende Probleme m it sich bringt: Während beim Widerspruch zwischen Sprachform und Metrum nur die nachträgliche Änderung der Textform als Erklärung in Frage kom m t (vorausgesetzt, daß der Anstoß für eine sprachliche Form typisch ist), sind bei Widersprüchen zu einem Erklärungskriterium wie der Anschlußregel verschiedene Deutungen möglich: Es kann sich um

Zusammenfassung und Auswertung

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eine nachträgliche Änderung der Textform handeln ; es kann aber auch sein, daß die Anschlußregel eine (z.B . morphologisch begründete) Ausnahme hatte, oder daß die Anschlußregel nur in einem Sprachstadium vor der Abfassung der T exte gültig war und a u f spätere Form ationen nicht mehr einwirkte. Im zuerst genannten Fall läge ein Anlaß zur Textherstellung vor, in den beiden zuletzt genannten nicht. Es ist also für den Sprachhistoriker wie für den um die Herstellung der Textgestalt bemühten Rigveda-Philologen unumgänglich, nach der Deutung dieser Ausnahmen zu fragen — ihre Feststellung allein reicht in keiner Weise aus. V on den drei eben erwogenen Deutungen typischer Ausnahmen geht die Interpretation als 'falsch angesetzte Stämme’ , als Anpasssung an eine abweichende Sprachform im Laufe der Überlieferung, am weitesten. Im folgenden sollen deshalb kurz die Prinzipien zusammengestellt werden, von deren Berücksichtigung wir die Annahme solcher Deutungen abhängig machen wollen : 1. Es kann nicht angenommen werden, daß eine an bestimmten Stellen belegte Form A eine Form B ersetzt hat, wenn die Form B an anderen Stellen belegt ist. D en Rigveda-Redaktoren kann eine willkürliche Änderung nicht unterstellt werden, — wenn sie eine bestimmte Form für die richtige ansahen, haben sie diese an allen Stellen für richtig angesehen. Ausnahmen könnten allenfalls bei typischer Verbreitung, semantischer Besonderheit oder Ähnlichem zugelassen werden. Als kritisches Beispiel nenne ich Arnolds Annahme, daß an allen Stellen, an denen sürya- mit unsilbischem Halbvokal zu messen ist, im T ext ursprünglich aära- stand. Diese Annahme ist abzulehnen, weil sära- an zahlreichen Stellen des R igveda ohne erkennbare Einschränkung belegt ist, — die Änderung hätte völlig willkürlich sein müssen. 2. Die metrisch begründete Annahme, daß von einer bestimmten überlieferten Kategorie nicht alle Belege, sondern nur ein Teil v on ihnen auf eine Anpassung zurückgehen, ist nur erlaubt, wenn außerhalb des Metrums liegende Gründe dafür angegeben werden können, warum gerade diese Belege zusammengehören. Eine solche Begründung habe ich etwa bei den Gerundiven a u f -enya- durch den Hinweis a uf die morphologische Struktur im Zusammenhang mit der vermutlichen Geschichte des Suffixes gegeben. 3. Die Verschiedenheiten zwischen der belegten 'sekundären’ und der postulierten 'ursprünglichen’ Form dürfen nur so groß sein, daß die sekundäre Form als Norm und die ursprüngliche als (vermeintlich) abweichende oder nachlässige Realisierung aufgefaßt, oder daß eine A npassung unbewußt vorgenommen werden konnte.

312

Hauptteil: Die Halbvokale zwischen Konsonant und Sonant im Rigveda

4. Der Schritt von der postulierten 'ursprünglichen* zu der belegten 'sekundären* Form muß in den Rahmen einer sinnvollen Hypothese über die Geschichte der betreffenden Form gebracht werden können, z.B . indem wir zeigen, daß die morphologisch zu erwartende oder geschichtlich vorauszusetzende Form keinen Anstoß gibt, wohl aber die weiterentwickelte überlieferte. Schließlich noch ein Hinweis: In der vorliegenden Arbeit wird die Regelmäßigkeit der Halbvokal-Realisierungen untersucht, und für diese Fragestellung ist es angemessen, die Gemeinsamkeiten der potentiell silbischen Messungen und die regelmäßigen Verstöße gegen die Allgemeingültigkeit der dabei auftretenden Kriterien bis zum äußersten auf ihre Aussagekraft hin zu prüfen. Ein um die Herstellung des Textes bemühter Rigveda-Philologe mag einzelne Punkte der folgenden Zusammenstellung — oder alle zusammen — für nicht triftig genug halten, er möge sich dann allerdings auch klar darüber sein, daß die Grundlage seiner T extherstellung (durch silbische Messung der Halbvokale usw. nach Bedarf) schwerwiegende dunkle Stellen enthält. a) Widersprüche zwischen Metrum und Orthographie Die Widersprüche zwischen Metrum und Orthographie sind erwartungsgemäß schon in früheren Behandlungen aufgefallen, weshalb ich mich m it einer Erwähnung begnügen kann : Es handelt sich im wesentlichen um die Partizipien auvänä- und hiyänd- (III A 2), die m it unsilbischem Halbvokal (svänd- und hyäna-) zu lesen sind. b ) Widersprüche zwischen Metrum und Akzent Auch bei diesem Befund konnten wir uns in der Regel a u f frühere Behandlungen stützen, doch spielen diese Fälle in unserer Argumentation eine so große Rolle, daß sie hier noch einmal vorgeführt werden sollen. Normalerweise besteht kein Zusammenhang zwischen Metrum und A k zent, weshalb auch nur in einem Sonderfall Widersprüche entstehen können : wenn das Metrum a u f unsilbische Realisierung eines Halbvokals hinweist, die Akzentuierung diesem aber den Hauptton zukommen läßt und damit seine silbische Realisierung verlangt. Diese Widersprüche lassen sich in zwei Hauptgruppen einteilen : Die eine u m faßt sporadisches Auftreten solcher Fälle in späten Schichten, was mit der spät- und nachrigvedischen Sprachgeschichte in Verbindung gebracht werden kann — a u f diese wird noch unten, Abschnitt 9, einzugehen sein. Z u der zweiten Gruppe gehören die Fälle, die nicht a u f späte Schichten beschränkt, aber für bestimmte Wortform en typisch sind. Am wichtigsten für uns sind

Zusammenfassung und Auswertung

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dabei die Neutra vom T y p asuryà- (V B /C C l), die in späten Schichten überhaupt nicht mehr auftreten. Sie sind überliefert in der Einheitsform der ί/α-Bildungen auf zweisilbiger Grundlage, heben sich von diesen aber ab durch die parallele Besonderheit 'neutrales Abstraktum’ und 'imsilbische Messung des Halbvokals (im W iderspruch zum Akzent)’ . Die Frage, wie der Akzent ursprünglich aussah, ist schwer zu beantworten. Grassmann und Oldenberg, die nur mit der Möglichkeit absoluter Betonung rechneten, vermuteten nach dem Vorbild von samaryà- auch asuryà- usw. ; unsere Untersuchung ergab aber, daß m it größerer Wahrscheinlichkeit bewahrende Betonung und damit àsurya- usw. anzusetzen ist. Den Grund für die sekundäre Akzentänderung vermuteten wir in der indischen Vereinheitlichung der sekundären Nominalbildungen auf -ya-, w obei besonders die Suffixform -iya- m it bewahrender Betonung bevorzugt wurde. Eine auffallende Parallele zum Verhalten der Neutra war nun, daß sämtliche Belege des A djektivs manusyà-, die in einer bestimmten dichterischen Formel standen, ebenfalls den Widerspruch zwischen Metrum und Akzent zeigen. Im Zusammenhang m it der Behandlung der Adjektive auf einsilbiger Grundlage, besonders von divyä-, das ähnliche Besonderheiten zeigt, erörterten wir die Möglichkeit, daß das einheitlich überlieferte manusyà- zwei verschiedene, von der gleichen Grundlage gebildete, A djektive vertritt. A u f eine ähnliche, aber bei weitem nicht so sicher bewertbare Möglichkeit wies ich bei der Behandlung des Satz-Sandhi (IA ) hin: D er Sandhi der zweisilbigen Präpositionen ergreift auch abhi, ob wohl die unsilbische Messung des Halbvokals hier mit dessen (bezeugter) Betonung nicht zu vereinbaren ist. Ich wies darauf hin, daß in der W ortbildung der Ton eines unsilbisch werdenden Halbvokals a u f den folgenden Sonanten rückt (ari-jary-äh) und vermutete eine ähnliche Regelung für den frühen Sandhi. Daß bei der späteren Redaktion, als der Akzent vermutlich keine sprachliche Relevanz mehr hatte, die störenden und unverständlichen Besonderheiten in der Betonung von abhi ausgeglichen wurden, scheint mir denkbar. Die gleiche Besonderheit bei anderen W örtern (nahi) ist nur in späteren Textschichten anzutreffen. c)

Typische Verstöße gegen die Anschlußregel

Dam it kommen wir zu unserer eigentlichen Fragestellung, den Verstößen gegen die Anschlußregel. Wir haben hier bei irlür + Halbvokal lautlich begründete Ausnahmen vermutet — a u f diese wird im folgenden Abschnitt einzugehen sein. Eine morphologisch begründete Ausnahme ist vermutlich in dem T y p 'V rddhi im Vorderglied’ zu sehen — dieser wird in Abschnitt 5 behandelt werden. Sämtliche übrigen Ausnahmen

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Hauptteil: Die Halbvokale zwischen Konsonant und Sonant im Rigveda

sollen im folgenden zusammengestellt und a u f ihre Deutung hin noch einmal betrachtet werden. aa) Bei den Gerundiven auf -énya- glaube ich meiner Sache ziemlich sicher sein zu können: Verstöße gegen die Anschlußregel kommen nur bei Bildungen aus Verbalstämmen, b ei diesen aber praktisch durchgehend vor. Ich habe zu zeigen versucht, daß diese Bildungen zu einer zweiten Schicht der Umwandlung v o n -anya- zu -enya- gehören. Eine morphologisch begründete Ausnahme zur Anschlußregel kom m t hier nicht in Frage; möglich ist dagegen 1., daß die Anschlußregel nur noch bei der Entstehung der ersten Schicht (Bildungen aus Wurzeln) wirksam war, nicht mehr bei der zweiten, und 2., daß zur Zeit der Abfassung der Texte der zweite T yp noch -anya- lautete, und daß erst bei der Redaktion das bis dahin in der Sprache endgültig durchgedrungene -enya- nachträglich auch im R igveda-Text verallgemeinert wurde. W ir können nun bei der Beurteilung zwei Gesichtspunkte ins Feld führen, die beide 'falsch angesetzte Stämme’ als wahrscheinlicher erscheinen lassen: 1. Die Gerundive a u f -enya- sind archaisch, gehörten also zur Zeit der Redaktoren vermutlich nicht mehr der lebendigen Sprache an. 2. Die Umwandlung von -anya- zu -enya- ist bei den Bildungen aus W urzeln verständlich, weil neben diesen die Infinitive a u f -e standen. Bei den Bildungen aus Verbalstämmen muß es sich dagegen um eine analogische Übertragung handeln. Es scheint mir nun ganz unwahrscheinlich, daß eine Suffixform -en(i)ya- als -enya- analogisch übertragen wird, und ich halte deshalb die Gerundive a u f -énya-, soweit sie zu Verbalstämmen gehören, für falsch angesetzte Stämme (statt -anya-). Die übrigen Fälle sind weniger sicher: bb) Bei den Vrddhi-Bildungen a u f -ya- (V B /B B 2 ) ist der Anstoß nicht regelmäßig, weshalb die Beurteilung schwierig ist. Immerhin läßt sich ins Feld führen: Die unsilbischen Messungen fehlen bei den VrddhiBildungen zu i-Stäm m en und bei den Patronymika (von zahlenmäßig nicht ins Gewicht fallenden Ausnahmen abgesehen); im Falle von daivyakom m t hinzu das vollständige Fehlen des sonst bezeugten (und dem Bildungstyp nach älteren) daiva- in der Überlieferung des Rigveda und schließlich die 'korrekte’ Messung daiv(i)ya- im Atharvaveda (was eine Erklärung durch 'N icht-W irken der Anschlußregel’ ausschließt). Die historischen Hintergründe sind in diesem Fall von Debrunner aufgewiesen worden. Ich halte die Hinweise auf 'falsch angesetzte Stämme’ für b eachtlich, aber nicht zwingend; zumindest ist die Abgrenzung unsicher. cc) Keinen plausiblen Grund vermag ich für die Besonderheit des Futur-Suffixes anzugeben. Ich würde — ohne dies bis jetzt für eine ausreichende Begründung zu halten — die Besonderheit in folgender Rieh-

Zusammenfassung und Auswertung

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tung suchen: Das W irken der Anschlußregel scheint nach der Gruppe 'Geräuschlaut + s' häufig gestört, d.h. die (morphologisch berechtigte) Lautform -ya- wird bewahrt, obwohl die Anschlußregel sie hätte beseitigen müssen. Gewichtige Beispiele sind: Bei den Patronymika zu i-Stämmen tdrksya- (1 iy : 1 y), bei den anderen Patronym ika paurukutsyâ- (1 iy : l y ) und die Absolutive m it -cdksyä (4 iy : 3 y)\ hierher vielleicht auch das m orphologisch unklare und lautlich auffallende matsya- (2 y), und schließlich kann vielleicht auch ksvinkä-, der einzige Fall eines unsilbischen Halbvokals nach einer Anlautgruppe, herangezogen werden. Die Ausnahmestellung wäre am ehesten in der phonetischen Besonderheit von 8 zu suchen, das wegen seiner Schallfülle z. B. auch als Silbenträger auftreten kann (etwa in nhd. pst). D a die Ausnahmen aber nicht regelmäßig sind, ist eine sichere Beurteilung vorerst nicht möglich®83. dd) Sonst gibt es bei den Fällen mit y nur noch das vereinzelte àundhyu-. Hier haben wir leider keine Sicherheit in der Beurteilung: Zw ar würde die morphologisch zu erwartende Form *éudhyu- (allenfalls *àundhu-) dem Metrum und dam it der Anschlußregel nicht widersprechen, aber andererseits haben wir keinen Beleg für das Wirken der Anschlußregel bei y + u (nur y + a/e/o), so daß auch eine begründete Ausnahme zur Anschlußregel vorliegen könnte. Bei den Fällen m it v besteht von vornherein weniger Sicherheit, da bei diesen das W irken der Anschlußregel nicht im gleichen Umfang wie bei y belegt ist. Die Bildungen m it 'K onsonant + ν' sind meist leichtsilbig, weshalb bei vereinzelten Schwersilbigen ein Ausgleich der Suffixform eingetreten sein könnte. Außerdem zeigt v stärker konsonantische Züge als y, z.B . bei den Anlautgruppen (vy-, vr-) oder im Inlaut vor y (navya-, nicht *noya-). Silbische Messungen nach schwerer Silbe kommen aber ausreichend häufig v or (z.B . bei den Gerundiven a u f -tva-, nach Kontraktionslängen bei -aéva-), um m it der Anschlußregel auch bei v rechnen zu können. ee) Die einzige gewichtige Gruppe sind dabei die Absolutive auf -tvt, -tvd und -tvdya. Der Anstoß ist hier eindeutig zu beurteilen : Im Rigveda wird der Halbvokal fast nie silbisch gemessen ; im Atharvaveda dagegen (bei -tvd, dem einzigen dieser Suffixe, das nach dem R igveda noch selbständige Belege bietet) sehr häufig. Eine Erklärung als morphologisch begründete Ausnahme oder als Bildung nach dem Erlöschen der Wirkung ·** In geringerem Umfang erscheinen die Störungen auch bei s 4- Geräuschlaut, und vielleicht ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß der metrische W ert von (c)ch ( < ek) nicht einheitlich ist (vgl. Arnold, S. 141f., wo jedoch Positionslänge des vorausgehenden Vokals als regelmäßig postuliert wird).

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Hauptteil : Die Halbvokale zwischen Konsonant und Sonant im Rigveda

der Anschlußregel kom m t deshalb nicht in Frage. D ie Schwierigkeit beruht darin, einen sprachgeschichtlichen Rahmen für den Ansatz 'falsch angesetzter Stämme’ zu finden, und w ir haben hier versucht, an einen Gedanken Renous anzuknüpfen, daß hier nämlich nicht v on -tu-, sondern v o n -(t)u- auszugehen sei. Das auf awi/-Wurzeln beschränkte t haben wir im Bereich des Halbvokals u/v auch bei dem Suffix -(t)van-, so daß diese Annahme nicht ausgeschlossen wäre; sie ist aber sonst nicht weiter zu stützen. Aufs ganze gesehen würde ich 'falsch angesetzte Stämme’ hier für die sinnvollste Erklärung halten. Sonst gibt es nur noch vereinzeltes: ff) Die devt-Formen zu «-Stäm m en ( H I D 3), z.B . svädvi zu svädü-. Hier könnte es sich um eine morphologisch begründete Ausnahme handeln, da a u f den Halbvokal noch ein selbständiges Suffix fo lg t“ 4. gg) Die Schwersilbigen bei den neutralen Abstrakta a u f -tva- (V D/CC) sind wohl Einzelfalle ohne weiterreichende Bedeutung. Dagegen sind die Ausnahmen bei den Schwersilbigen a u f -vams (V D /E E ) beachtlich — leider fehlt jeglicher Anhaltspunkt zur Beurteilung. d) Am ehesten als fehlerhafte Analysen bei der orthographischen Wiedergabe zu bezeichnen sind die Fälle vavrdh(u)vafn, dcidh(u)vam (IV B ) und maghavattvà- (V D /CC ). e) Zum Abschluß sei noch auf die Fälle verwiesen, bei denen wir auf Grund unseres Befundes bei der Halbvokal-Realisierung (und zusätzlicher Argumente) Besonderheiten in der Geschichte einzelner Form en-Kategorien erschlossen haben: Bei der dew-Flexion (H A ), den Gerundiven (V A / A A ), den sekundären Nominalbildungen auf -ya- (V B/CC) und dem O ptativ (VC/CC). 2. Besondere Lautgruppen4 *486 4 8

Bei zwei Lautfolgen des Sanskrit wechselt die Realisierung in A b hängigkeit davon, ob der folgende Laut ein Sonant oder ein Konsonant ist : Einem ur (ir) bestimmter Herkunft v or Sonant steht ein ür (tr) vor 484 Ein sprachhistorischer Rahmen f u r die Erklärung der Besonderheit bei den detn-Bildungen zu «-Stämmen könnte dabei durchaus gefunden werden: Wie das Litauische zeigt, wurde die deyi-Flexion ursprünglich an die Wurzel gefügt, nicht an das zugehörige maskuline A d jektiv (d.h . es handelt sich ursprünglich um eine Bildung von dem Wechselstamm auf -i). Das ursprüngliche Femininum zu svädü- muß also irgendwann einmal svädi (nicht svädvi) gelautet haben. Wie die leichtsilbigen Bildungen zeigen, kann dies aber zur Zeit der Abfassung der rigvedischen Lieder nicht mehr (oder zumindest nicht mehr durchgehend) der Fall gewesen sein. ses Vgl. zum folgenden Abschnitt die Diskussion der parallelen Schwierigkeiten im Gotischen, oben S. 78.

Zusammenfassung und Auswertung

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K onsonant gegenüber (z.B . purû-lpürvi), einem iv v or Sonant ein yü vor K onsonant. a) Die Gruppe urlür geht in der Regel zurück auf ra, also a u f Schwundstufen zu set-Wurzeln m it r — in diesem Fall tritt auch ir/ir auf. Im gleichen Zusammenhang können behandelt werden die Reflexe der Schwundstufe zu var-, w o ohne sicher erkennbare Verteilungsbedingungen vr- neben ür- steht (z.B . vrnvant-lürnvant-), und die Reflexe der Schwundstufe zu Gruppen wie jvar-, bei denen m it Metathese der Halblaute jürvusw. erscheint. Das irjür ist vor H albvokal in der Überlieferung überwiegend, aber nicht einheitlich, mit Länge geschrieben, und es ist eine offene Frage, wie die Schwankungen zu erklären sind. D er Halbvokal selbst ist nach ir/ür in der Regel unsilbisch zu messen, es gib t aber einige Ausnahmen, die bei Primär-Bildungen zu «ei-Wurzeln gelegentlich häufiger werden, am deutlichsten bei dem neutralen Verbal-Abstraktum -tür(i)ya-, wo 1 0 iy l y gegenüberstehen. Die silbischen und die unsilbischen Messungen sind dabei nach keinem erkennbaren Kriterium verteilt, so daß hier frei verfügbare Varianten vorzuliegen scheinen. Ich will im folgenden eine historische Erklärung versuchen, die allerdings keinen Anspruch auf Sicherheit erheben kann. Vom beschreibenden Standpunkt aus ist den w -/ir-G ruppen eine Sonderstellung in bezug a u f die Anschlußregel einzuräumen. D a das Schwanken der Realisierung v or allem bei «e C Y A ) und C i + A ( > C IY A ) an die Seite gestellt werden kann. Diese Opposition v on CI und C i v or Sonant ist aber in einer Reihe von Fällen insofern neutralisiert, als die Realisierung C Y A nicht möglich ist und statt dessen C IY A erscheint. V on solchen Fällen haben wir behandelt die Stellung des Halbvokals im Anlaut nach einer Konsonantengruppe, die Stellung im Anlaut nach einem (einfachen) Konsonanten, mit dem die unsilbische Form des Halbvokals keine (imsilbische) Gruppe bilden kann; dann — in geringerem Umfang gültig — das Vermeiden des Silbenverlustes von Wurzeln im absoluten Wortanlaut, und schließlich im In laut die Anschlußregel, die wir interpretieren können als das Nicht-

332 Hauptteil : Die Halbvokale zwischen Konsonant und Sonant im Rigveda Eintreten des W ort-Sandhi (CI + A > CY A ), wenn eine schwere Silbe vorausgeht. Natürlich handelt es sich nur bei den ursprünglichen B ildungen um echte Sandhi-Erscheinungen — die später produktiven Formen können den ganzen Mechanismus etwa in Suffixe einschließen : So können wir für die ya-Suffixe etwa von Wechselstämmen auf -i ausgehen, an die ein Wortbildungselement -a- tritt. W ird das i zuvor gedehnt, so erscheint stets -iya-; wird es nicht gedehnt und steht es nach leichter Silbe, so tritt der Sandhi ein, steht es nach schwerer Silbe, wird der Sandhi vermieden. In der späteren Entwicklung wird dann aus solchen Fällen ein yo-Suffix abgelöst, das nach schwerer Silbe eine Variante iya aufweist (die m it dem funktionell verschiedenen Suffix -iya- lautgleich ist). Bei dieser Erklärung erweist sich die Anschlußregel im Vedischen wiederum als ein Verteilungsprinzip, nämlich zwischen der Form m it und der Form ohne Sandhi. Sie läßt sich damit auch m it ihrer gotischen E n tsprechung leichter vergleichen, bei der spät entstandene Folgen von i -\- i je nach der Schwere der vorausgehenden Silbe unterschiedlich behandelt werden. Damit haben wir unsere Durchmusterung des rigvedischen Materials beendet. W ir sind ausgegangen von der Textherstellung, die von Grassmann und A rnold geboten wird, und haben uns nur in einem Bruchteil der Fälle m it dem T ext selbst auseinandergesetzt. Dieses Material haben wir mit der Frage untersucht, welche Kriterien bei der Verteilung der Halbvokal-Messungen eine R olle spielen, und in welchem Umfang diese Kriterien gültig sind. Für den Zw eck unserer Untersuchung haben wir wohl ein ausreichendes Ergebnis erreicht — ich m öchte aber darauf hinweisen, daß dieses Ergebnis für eine präzise Beschreibung der rigvedischen Sprache noch nicht genügt: W as hierzu als nächstes folgen müßte, wäre eine umfassende Textherstellung, bei der die von uns herausgearbeiteten Kriterien in jedem Einzelfall nachgeprüft werden müßten. Es bestehen ja bei einer großen Zahl von Versen unterschiedliche 'Metrisierungsmöglichkeiten’ , und es wäre nachzuprüfen, in welchem Umfang unsere Kriterien hier zu eindeutigen Lösungen führen. Ferner wäre zu untersuchen, ob einzelne Messungen, die unseren Kriterien widersprechen, tatsächlich angenommen werden müssen, oder ob es Ausweichmöglichkeiten (etwa durch Annahmen über das Metrum) gibt. W ichtig wäre weiterhin eine genauere Erforschung der Schichtung des Rigveda, seiner Chronologie und seiner potentiellen Mundartunterschiede. Aus einer solchen neuen, gesicherten Materialsammlung könnte sich dann eine Präzisierung ergeben — unter Umständen auch eine Abweichung in Einzelheiten ; daß die von uns herausgearbeiteten wesentlichen Kriterien dadurch entkräftet würden, halte ich für unwahrscheinlich.

A N H A N G ZU M H A U P T T E IL Vergleich der vedischen Halbvokal-Realisierung mit der anderer indogermanischer Sprachen Bei vielen Erscheinungen, die für die Vergleichung der indogermanischen Sprachen eine Rolle spielen, zeigt das Vedische ein Verhalten, das w ir als dem grundsprachlichen am nächsten stehend anzusehen bereit sind. Bei dem hier zu behandelnden Thema der Realisierung von H albvokalen zwischen Konsonant und Sonant fanden wir im Rigveda ein System, das zwei wesentliche Züge aufweist {Funktionsunterschied und Anschlußregel), während die Systeme anderer indogermanischer Sprachen jeweils nur einen (Funktionsunterschied oder Anschlußregel) sicher v oraussetzen. Es liegt deshalb auch hier nahe, das grundsprachliche System im wesentlichen m it dem vedischen gleichzusetzen, und die der übrigen Sprachen als Vereinfachungen nach verschiedenen Richtungen aufzufassen. Bevor w ir uns zu diesem Schritt entschließen, soll aber noch das Verhalten derjenigen Sprachen, die am ehesten über einen Unterschied der Halbvokal- Realisierungen zwischen Konsonant und Sonant in voreinzelsprachlicher Zeit Aufschluß geben können, mit den aus dem Vedischen gewonnenen Ergebnissen verglichen werden. Es handelt sich dabei um das Avestische und — für die Gesamtbeurteilung der arischen Sprachgruppe wichtig — die mittelindischen Aéoka-Inschriften ; ferner die germanischen Sprachen und das Griechische.

A Das Avestische Die Untersuchungen der Halbvokal-Realisierung im Avesta (vor allem die Dissertation von Schlerath) wurden bereits oben S. 99-103 b esprochen. Ich verweise auf die dort gegebenen Daten und beschränke mich hier auf einen Vergleich mit den rigvedischen Verhältnissen. Schleraths Ergebnisse für den Anlaut können m it dem rigvedischen Befund ohne weiteres in Einklang gebracht werden : 1 . Silbische Messung nach Konsonantengruppen; 2. N ach einfachem Konsonanten silbische Messung a) in der Kompositionsfuge (Kompositions-Sandhi bei Einsilblern!), b ) als 'Spaltung’ von %und ü (C l + A und CIH A) und c) bei

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Anhang zum Hauptteil

einsilbigen W örtern, wobei im Falle des Pronomens der 2. Singularis ein Wechsel zwischen silbischer und unsilbischer Realisierung festzustellen ist. Bei der zuletzt genannten Gruppe wäre selbstverständlich eine genauere Präzisierung der Bedingungen des Auftretens silbischer Realisierungen notwendig, doch ist das avestische Material zu spärlich, um hier zu sicheren Schlüssen zu kommen. Bei den postkonsonantischen Halbvokalen im W ortinnern haben wir bereits gesehen, daß sehr wahrscheinlich die Anschlußregel vorauszusetzen ist: Nach schwerer Silbe war bei 16 klaren und fü n f unklaren Bildungen silbisch zu messen ; der unsilbische H albvokal war nur in einem (und einem weiteren unklaren) F all vorauszusetzen. Nachdem auch im R igveda nicht selten m it Störungen in der Überlieferung (oder der späten Sprachentwicklung) zu rechnen war, werden wir dieses Zahlenverhältnis wohl als ausreichende Stütze für die Anschlußregel ansehen können. Eine andere Frage ist, ob sich in Einzelfällen nachweisen läßt, daß der silbische Halbvokal a u f die Anschlußregel und nicht a u f die Suffixform -iyazurückgehen muß. Zu einer solchen Beweisführung scheint mir aber das Material keine ausreichende Möglichkeit zu bieten. Gehen wir weiter zu den Fällen nach leichter Silbe und zu der Frage nach einer Suffix-Differenz. W ir haben im Avesta m it der Suffix-Form -ya- die primären Relations-A d jek tiva anya- (ved. anyà-), haoya- (savyä-) und maiöya- {mädhya-) und das aus einem Partizip erweiterte Adjektiv haidya- (satyà-), also parallele Verhältnisse zum Vedischen. Ein U nterschied ergibt sich allerdings bei nairya- 6 y : 4 (i)y , dessen vedische E ntsprechung nâr(i)yà- 50 (i)y : 1 y hat. Dieses Beispiel gehört aber zu der Gruppe, bei der wir für das Rigvedische postuliert haben, daß zwei Bildungstypen zusammengefallen sind ; es könnte sich also um Verallgemeinerungen in verschiedener Richtung (oder eine Bewahrung des ursprünglichen Zustands im Avesta?) handeln. Die übrigen Bildungen m it leichter Silbe v or dem Halbvokal haben das Suffix -iya-. Es sind — abgesehen von der Form ïïritiya- (ved. tritiya-), die w ohl -iya- enthält — rai&iya- ’ W eg ’ , das wohl auf ein Zugehörigkeitsadjektiv zu raêa- 'W agen’ zurückgeht, die A djektive manahiya- 'geistig’ , mariya- 'betrügerisch’ (mit 12 (i)y : 3 y an den metrisch klaren Stellen; G erundiv?) und das Gerundiv zaoya- (zaviya-) 'zu rufen’ , m it dem die hochstufigen vedischen Gerundive verglichen werden können. W ohl als Herkunftsadjektiv ist mäzainiya'aus Mazäna stammend’ einzuordnen. Es wäre dam it dem semantischen T yp nach den ya-Bildungen m it unsilbischem H albvokal zuzurechnen; doch haben wir im Rigveda gesehen, daß dieser Unterschied n icht mehr eingehalten wird, zumal wenn es sich um zweisilbige Grundlagen handelt. Alle diese Formen lassen sich ohne weiteres m it den im Rigvedischen

Vergleich der vedischen Halbvokal-Realisierung

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herausgearbeiteten Kriterien erklären. Es steht deshalb nichts der A nnahme im W ege, daß für das Avestische (oder seine Vorform ) ein dem Rigvedischen entsprechendes System der Halbvokal-Realisierung vorauszusetzen ist. Die Belege sind aber zu spärlich, um einen sicheren Schluß zuzulassen.

B Die mittelindischen Aioka-Inschriften Auch hier haben wir die einschlägige Untersuchung (von Janert) bereits besprochen (S. 151 ff.). Sie hat ergeben, daß nur in der östlichen Mundart Reflexe verschiedener Halbvokal-Realisierungen bewahrt sind®98, so daß nur diese für einen Vergleich in Frage kom m t. Janerts Untersuchung hat dabei ergeben, daß in dieser Mundart Suffix-Erneuerungen auftraten von der Art, daß bei analysierbaren Wörtern stets iya erscheint — besonders deutlich beim Passiv-Suffix -iya-, für das der Vergleich mit dem Rigvedischen eine Ausgangsform -ya- wahrscheinlich macht. W ir haben also bei analysierbaren Bildungen stets m it Reflexen von iya zu rechnen. Es bleiben für uns zwei Fragen: 1. Ist auch bei nicht-analysierbaren Bildungen iya belegt? — Dies könnten Reflexe älterer Unterschiede sein. Ein solcher Befund ist nun nur bei den beiden problematischen Fällen aliya- (ärya-) und suliya- (sürya-) anzutreffen. Problematisch sind sie deshalb, weil die Vokalkürze a u f die Stellung vor einer Konsonantengruppe (ry) hinweist, die Suffixform aber — da diese beiden W örter wohl nicht mehr analysierbar waren — a u f älteres -iya- zurückgehen muß, was eine Gruppe ry ausschließt. Unsere K riterien liefern Argumente für beide Möglichkeiten : D em Bildungstyp nach ist in beiden Fällen ya vorauszusetzen; auf Grund der schweren Silbe mußte dieses in beiden Fällen zu iya weiterentwickelt werden, und so sind diese W örter im Rigveda auch belegt — dr(i)ya- regelmäßig, sür(i)ya- mit Ausnahmen in dem besprochenen Umfang. Die Erklärung der mittelindischen Lautform dieser W örter muß also ein Problem der indischen historischen Grammatik bleiben, einen Widerspruch zu unseren Ergebnissen enthalten sie — z u mindest bis zu einer weiteren Klärung — nicht. 2. Ist die Verschmelzung βββ Im westlichen Dialekt ist iy -j- Sonant auf die (im Sanskrit) sonantisch anlautenden Endungen der femininen i- und ï-Flex ionen beschränkt. Aus dieser Einheitlichkeit des West-Dialekts allerdings den Schluß zu ziehen, daß das 'Sieverssche Gesetz’ in seiner Vorform nicht gewirkt habe (wie das Janert S. 18 tut), halte ich für ganz verfehlt, denn sowohl die Varianten der Anschlußregel wie auch die verschiedenen Suffixformen können durch eine Lautentwicklung (oder durch morphologische Vereinfachung) zusammengefallen sein. Eine solche Frage kann nicht von der Einzelsprache aus, sondern ausschließlich durch die Sprachvergleichung entschieden werden.

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auch belegt in Fällen, bei denen wir vom Vedischen her auf Grund der Anschlußregel oder der morphologischen K ategorie die Suffixform -iyaerwarten würden? Hier haben wir zunächst einige Widersprüche zur Anschlußregel bei den Bildungen m it Futur-Suffix, ferner bei mache (nuUsya-) und isä (irsyä-/irasyd-). Ob wir nun isä wegen der doppelten Herleitungsmöglichkeit ausschließen oder nicht — alle diese Formen (beim Futursuffix natürlich bei anderen Bildungen) sind auch im V edischen mit unsilbischem Halbvokal zu messen, und alle diese Formen haben v or dem Halbvokal eine s-Gruppe. D a bei den Belegen auf den Aéoka-Inschriften die Besonderheit nicht aus dem Metrum erschlossen werden muß, sondern offenkundig sprachwirklich ist, scheint m ir die sinnvollste Annahme zu sein, wie oben S. 314f. erwogen, den s-Gruppen im Indischen eine Ausnahmestellung zur Anschlußregel einzuräumen. Auch gegen den Ansatz von iya aus morphologischen Gründen ergeben sich keine triftigen Widersprüche: W ie zu erwarten erscheint die Verschmelzung als Reflex der Suffixform ya bei den ya-Präsentien und beim Futur a u f -sya-, ebenso bei den Relations-Adjektiven amna- (ved. anyd-) und majham (màdhya-), den adjektivischen Ableitungen sace (satyd-), pumna usw. (punya-) und ayesu usw. (aryä-), der substantivischen A bleitung hilamna- (hiranya-) sowie bei aja (adyd) und kayäna- (kalydna-), der (yo-Bildung nikyam usw. (nitya-) und entsprechend wohl auch bei dem im Vedischen nicht belegten nijhati (skt. nidhyapti-). Eine Differenz tritt lediglich a u f bei tiea-, dem ein vedisches tis(i)ya- entspricht. Diese Form findet sich auch in der Schreibung tisya- (und einmal tisiya-), die Feststellung der Realisierung des Halbvokals ist deshalb keineswegs unproblematisch 897. Insgesamt läßt der Befund den Schluß zu, daß sich das System der Halbvokal-Realisierungen in der östlichen Mundart von dem des Vedischen nur durch die nachträgliche Suffix-Erneuerung unterschied. Diese Vergleichbarkeit von Rigvedisch, Avestisch und der östlichen Mundart der Asoka-Inschriften legt es nahe, für die arische Grundsprache ein System der Halbvokal-Realisierungen anzusetzen, das dem im R igveda bezeugten zumindest nahestand. Die Verhältnisse im Mittelindischen sind darüber hinaus von Bedeutung für die Interpretation der V erhältnisse des Rigveda: Die Möglichkeit der östlichen Mundart der AsokaInschriften, nämlich die Suffixform iya auszudehnen, läßt sich vergleichen m it der im R igveda feststellbaren Entwicklung bei einigen Formen der dm -F lexion , bei den sekundären Adjektiven (besonders den zweisilbigen) 897 Herr Prof. Thieme weist mich darauf hin, daß bei einem solchen W ort (Bezeichnung eines naksatra-, also ein Fachterminus) mit Entlehnung gerechnet werden muß. Zur Etymologie des Wortes vgl. Forssman, ZvS 82 (1968), S. 54-60.

Vergleich der vedischen Halbvokal-Realisierung

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und bei den Gerundiven. Die Möglichkeit der westlichen Mundart, nämlich die lautliche Beseitigung der Form iya zugunsten des Reflexes von ya hingegen paßt zu dem in Abschnitt V III, 9 festgestellten sprachlichen Verhalten in B uch 2 und der zweiten Hälfte von Buch 1 — vielleicht auch zu dem des 10. Buches und der Anhangslieder. C D ie germanischen Sprachen Wie wir bereits im Forschungsbericht festgestellt haben, könnte das Urnordische noch ein System der Halbvokal-Realisierung zeigen, das dem des Vedischen entspricht — leider sind die Belege viel zu spärlich für einen Nachweis. Deutlicher, aber nur indirekt, weisen a u f eine S uffixverschiedenheit die Formen der Nominalflexion, die im Nordischen sowohl auf -ja- wie a u f -ija-, im Gotischen auf -ija- zurückgehen. Die Belege für die Anschlußregel setzen fast durchweg bereits einzelsprachliche L autentwicklungen, und damit eine W irkung in später Zeit, voraus. D Das Griechische Bei der Besprechung des Griechischen haben wir gesehen, daß in dieser Sprache der Reflex der Halbvokal-Realisierung für bestimmte Suffixe typisch ist. Prüfen wir nun, ob sich die griechische Verteilung m it der vedischen deckt. Die Verbalsuffixe haben in beiden Sprachen unsilbischen Halbvokal, m it Besonderheiten beim Optativ-Suffix. Dieses zeigt im Vedischen Nebenformen mit unsilbischem Halbvokal, im Griechischen hat sich der silbische Halbvokal wahrscheinlich ganz durchgesetzt — sicher läßt sich dies nicht beurteilen, da das Suffix hier regelmäßig nach Sonant steht, und die Vorgeschichte der Halbvokale des Griechischen in solchen Stellungen noch nicht völlig aufgehellt ist. In beiden Fällen ist das Eindringen des silbischen Halbvokals wohl durch den Ausgleich des alten Ablauts jê /i zu erklären. D er griechische K om parativ bietet beide Realisierungen, was dem vedischen Nebeneinander y/iy entsprechen könnte; die devi-Feminina haben unsilbischen Halbvokal, wie auch für das Vedische vorauszusetzen, ebenso die primären Relations-Adjektive (άλλος, μέσσος) und einige wenige altertümliche und untypische AdjektivBildungen. Der Rest der denominalen Ableitungen hat silbischen H albvokal. Den einzigen Beleg für die Anschlußregel haben wir auffallenderweise bei einem Nasalsuffix, den Präsentien auf -νω/-άνω. Dieser Umstand läßt kaum einen anderen Schluß zu, als daß es sich um die sekundäre Verteilung von Varianten handelt, die anders als durch das Wirken der Anschlußregel entstanden sind. 22 Seebold, Das System der Idg. Halbvokale

AU SW ERTUN G

I D ie Rekonstruktion der grundsprachlichen Halbvokal-Realisierung A iju : %lü vor Konsonant gegenüber Hy : ii/uu vor Sonant In mehreren indogermanischen Sprachen haben wir Hinweise darauf gefunden, daß in voreinzelsprachlichen Formen in der Stellung zwischen Konsonant und Sonant ein Unterschied zwischen $ und ii (y und uy) bestehen konnte, der zumindest nicht ausschließlich von der L autumgebung abhängig war. Vergleichbar mit diesem Unterschied ist der Unterschied v on i und i (u und ü) in der Stellung v or Konsonant — zum Teil können ii und i, i und j sogar im gleichen Paradigma, je nach der A rt des folgenden Lautes wechseln (z.B . im Ai. i/iy bei den vrkfhStämmen, ijy bei einer Sondergruppe der i-Stämme). Nun läßt sich als eine Quelle von Reflexen eines Unterschieds zwischen i'/i und i j / t (yju und uy/ü) der Unterschied zwischen den Reflexen der Folgen CI und CIH feststellen, also im wesentlichen der Unterschied zwischen halbvokalisch auslautenden anit- und se/-Wurzeln; vor allem die Realisierungsunterschiede in Anlautgruppen reflektieren häufig einen solchen Gegensatz — im Inlaut ist wenig Hierhergehöriges festzustellen. In der Forschung hat man nun häufig diese Erklärungsmöglichkeit vorschnell verallgemeinert und hat alle Fälle der Opposition von j /i : ii/i (y/u : uyjü ) a u f den Gegensatz von CI : C IH zurückgeführt. Mit dieser Annahme ist aber v or allem bei der Inlautstellung nicht durchzukommen; es muß deshalb noch eine weitere Quelle für die Reflexe eines CI Y A (in O pposition zu C Y A ) geben. Als diese weitere Quelle haben wir Dehnungen der kurzen Halbvokale festgestellt: Diese Dehnungen sind in den Anlautgruppen selten (ein Beispiel wäre etwa das Pronom en der 2. Sg. im Nom inativ), müssen aber bei den Inlautgruppen häufiger vorausgesetzt werden. Als wichtigsten Fall haben wir die ai. Suffixe -ya- und -iya- und deren Vorgeschichte genauer analysiert. Wir haben dabei als Grundlage angenommen -i + -ogegenüber -% + -o- (in grundsprachlicher Lautform), genau entsprechend zu dem Gegensatz -i + -no- gegenüber -i + -no- und ähnlichem ; v or dem Suffix kann also ein einfacher oder ein gedehnter H albvokal stehen. Mit solchen Dehnungen war schon früher gerechnet w orden; es wurde aber

Die Rekonstruktion der grundsprachlichen Halbvokal-Realisierung

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immer eine Abhängigkeit von der Lautumgebung angenommen (vgl. vor allem Spechts Annahme der Dehnung unter dem Einfluß des Akzents). Die Hypothese v on der Abhängigkeit der Dehnung von der Lautumgebung läßt sich aber nicht bestätigen; vielmehr ergeben sich deutliche Hinweise a u f eine besondere Funktion: die Dehnung drückt ein bestimmtes Beziehungsverhältnis zwischen Grundwort und Ableitung oder zwischen Grundwort und Bezugswort aus. Auch andere Dehnungen (etwa im NSg. von Nomen und Pronomen) lassen sich als funktionelle Dehnungen auffassen βββ. W ir finden also bei einem Teil der Belege für ii (und uy) einen formalen und funktionellen Unterschied gegenüber den Belegen für j (und y ) und können deshalb zwischen i (y) und ii (uy) eine voreinzelsprachliche Opposition ansetzen, wenn diese auch — wie noch zu erörtern sein wird — in bestimmten Stellungen neutralisiert war. Es erhebt sich nun die Frage, o b diese Opposition als grundsprachlich angesetzt werden darf: Eine funktionelle Dehnung könnte im Prinzip auch eine sekundäre Neuerung sein, zumal die wichtigsten Zeugen für sie das Altindische und das Griechische sind, zwischen denen ein engerer nachgrundsprachlicher Zusammenhang zumindest nicht ausgeschlossen werden kann6®9. Gegen eine sekundäre Neuerung spricht aber im v orliegenden Fall, daß wir bei der Analyse der Suffixe hochaltertümliche Grundlagen (die 'W echselstämme a u f -i’ ) voraussetzen mußten, die in keiner Einzelsprache noch zum produktiven System gehören und die auch für die voreinzelsprachliche Zeit nur andeutungsweise erschließbar sind. Es besteht deshalb eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, daß die lautliche Opposition zwischen iji und iiß (und dam it wohl auch die Opposition zwischen y/u und uy/ü) bereits für die Grundsprache angesetzt werden kann. Als K ern dieser Opposition sind die funktionellen Dehnungen anzusehen (die präsuffixale Dehnung, die Dehnung im NSg. u .ä .); sekundär fallen mit ihr zusammen die Reflexe des Unterschieds der C Y A und CIHA-Folgen. Ob dieser Zusammenfall schon grundsprachlich ist, kann nicht sicher entschieden werden — wahrscheinlich ist er erst späteren Datums. Möglicherweise wurde die hier angesetzte Opposition auch noch aus anderen Quellen gespeist, doch haben wir in unserem Rahmen keinen konkreten Anhaltspunkt für eine solche weitere Möglichkeit gefunden. βββ Anders Oswald Szemerényi : Einführung in die vergleichende Sprachwissenschaft, Darmstadt 1970, S. 108-111 (Ersatzdehnung für geschwundenes Nominativ·«). Die dort gegebeno Erklärung scheint mir z.B . der Dehnung beim Pronomen der 2. Sg. (tu) nicht gerecht zu werden. •*® Vgl. z.B . Robert Birwé: Griechisch-arische Sprachbeziehungen im Verbalsystem, Walldorf/Hessen 1956 (Beiträge zur Sprach- und Kulturgeschichte des Orients 8).

22»

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Auswertung

B Die Anschlußregel Als Kern der Erscheinungen, die in der seitherigen Forschung unter der Bezeichnung 'Sievers Gesetz’ oder 'Sievers R egel’ diskutiert wurden, haben wir festgestellt, daß Halbvokale vor Sonanten häufig nicht unsilbisch werden, wenn sie nach einer schweren Silbe stehen. Lassen wir das Unsichere beiseite, so kann die Wirkung dieser 'Anschlußregel’ nur in den arischen und den germanischen Sprachen festgestellt werden. Die Bedingungen sind außerdem (was die Definition v o n ‘schwersilbig’ betrifFt) nicht gleich, und für das Germanische muß mit Sicherheit eine noch einzelsprachliche (also späte) Wirkung vorausgesetzt werden. Dürfen wir unter diesen Umständen die Anschlußregel als eine Eigenschaft der Grundsprache ansetzen ? Diese Frage muß unter drei Gesichtswinkeln betrachtet werden : 1. Der erste ist der theoretisch-methodische: A us umgebungsbedingten Varianten von Einzelsprachen kann nicht mit Sicherheit auf umgebungsbedingte Varianten in der Grundsprache geschlossen werden, da die Variation — eben durch ihre Gebundenheit an die Lautumgebung — sekundär, d.h. in den vergleichbaren Einzelsprachen zwar parallel, aber selbständig entwickelt worden sein kann. Ein Beispiel, um die P roblem atik aufzuzeigen : Aus dem »'-Umlaut des Altenglischen, Altnordischen und Althochdeutschen kann nicht a u f einen »-Umlaut der gemeingermanischen Grundsprache geschlossen werden, obwohl der Um laut sogar außerhalb des Germanischen, in den keltischen Sprachen, vergleichbar ist. Hätten wir das Gotische nicht belegt, so erschiene diese Forderung als eine lediglich theoretische Einschränkung, die gegenüber der klaren Aussage des Materials vernachlässigt werden kann. Das Gotische, das keinen Umlaut kennt, zeigt aber deutlich, daß der Umlaut eine späte, einzelsprachliche Erscheinung sein muß. Mit diesem Hinweis soll nicht ausgeschlossen werden, daß bei auffallender Übereinstimmung in der Variation von Einzelsprachen eine gewisse Wahrscheinlichkeit fü r einen Schluß auf eine entsprechende Variation in der Grundsprache bestoht; aber eine solche Annahme ist v on der Erschließung auf Grund regelmäßiger Phonementsprechungen grundsätzlich zu unterscheiden — Methode und Sicherheit des Schlusses stehen auf einer anderen Ebene. 2. Der zweite Gesichtswinkel ist der praktische, die Abwägung von einander widersprechenden Evidenzen. Die arischen und die germanischen Sprachen weisen auf die Möglichkeit einer voreinzelsprachlichen Anschlußregel — das Griechische spricht deutlich dagegen. Reicht die Übereinstimmung der beiden Sprachgruppen aus, um die Evidenz einer so wichtigen Sprache wie des Griechischen als sekundär verändert zu erklären ?

Die Rekonstruktion der grundsprachlichen Halbvokal-Realisierung

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3. Schließlich als drittes die Frage der Interpretation der Anschlußregel, eine Frage, die hier nicht übersehen werden d a rf : Wird die silbische Messung von vorsonantischen Halbvokalen nach schwerer Silbe nicht als ein Lautgesetz aufgefaßt ('unsilbische Halbvokale werden silbisch nach schwerer Silbe’ o .ä.), sondern als Auswirkung eines übergeordneten Strukturprinzips, das die weitere Beschwerung schwerer Silben nach Möglichkeit vermeidet, so wird erst recht unsicher, was für die Grundsprache 'erschlossen’ werden d a rf : D as Strukturprinzip ? Seine besondere Auswirkung (die Anschlußregel)? Oder ist die Anschlußregel eine notwendige Folge eines grundsprachlichen Strukturprinzips? So weit die Probleme, für die ich keine unanfechtbare Lösung Vorschlägen kann. Ich möchte aber darauf verweisen, daß die Parallelität der Regelungen in den arischen und germanischen Sprachen doch sehr beachtlich ist, da diese im Rahm en der Verwandtschaftsverhältnisse indogermanischer Sprachen verhältnismäßig weit voneinander entfernt sind. Ich m öchte weiter darauf verweisen, daß — wie im Forschungsbericht gezeigt wurde — die historische Erklärung einiger lateinischer, keltischer und baltischer Formen durch die Annahme einer solchen grundsprachlichen Anschlußregel (und ihrem Weiterwirken in den Einzelsprachen) beträchtlich durchsichtiger würde. Ich möchte deshalb dem Schluß a u f eine grundsprachliche Anschlußregel im Rahmen der oben diskutierten Möglichkeiten eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit zuerkennen. D ie Bedingungen für die Regelung dürften — wie bei vielem anderen — im Vedischen am besten erhalten sein; die Regelung des Germanischen (für die Mehrsilbigen) ist wahrscheinlich sekundär. — Im Griechischen m üßte die Anschlußregel schon in früher, vorliterarischer Zeit erloschen und durch analogische Ausgleichserscheinungen verdeckt worden sein ; sehr wahrscheinlich a u f Grund der starken lautlichen W eiterentwicklung der in Frage kommenden Lautgruppen. Daß das Griechische gegenüber dem übergreifenden Strukturprinzip nicht unempfindlich war, zeigt der Fall des verbalen »o-Suffixes (das außerhalb des hier behandelten Bereiches liegt). Die Wahrscheinlichkeit dieses Schlusses gilt zunächst nur für die Inlautstellung ; für den W ortanlaut wird das Problem noch beträchtlich schwieriger : a) Ein Wechsel bei derselben Form ist nur im Rigveda (und in sehr viel geringerem Umfang auch im Avesta) belegt. Daß außerhalb des Arischen in verschiedenen Sprachen beim gleichen W ort, oder in der gleichen Sprache bei verschiedenen Bildungen aus der gleichen Grundlage,

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Auswertung

Reflexe verschiedener Anlautrealisierungen belegbar sind, ist für einen ursprünglichen Wechsel nicht beweisend, da hier andere Wirkungen ausschlaggebend geworden sein könnten : die einzelsprachliche Lautentwicklung und die Reaktion gegen sie (etwa im Griechischen), die Bewahrung der silbischen Realisierung der schwundstufigen Wurzel (besonders im Germanischen), Einflüsse der Realisierung vor K onsonant (dij/U- nach diy,o-), der sekundären Betonung und anderes. b) Der uns im Rigveda belegte W echsel ist m it großer W ahrscheinlichkeit nach den Erfordernissen des Metrums geregelt, nicht nach der Schwere der im Satz vorausgehenden Silbe. Die Anschlußregel kann also nur zur Erklärung der Entstehung des Wechsels ins Spiel gebracht werden. c) Für die Erklärung der Entstehung des Wechsels gibt es aber konkurrierende Möglichkeiten: Man kann etwa (wie Sihler) grundsätzlich von analogischen Beeinflussungen (im Zusammenhang mit der indischen Lautentwicklung) ausgehen — diese Erklärung reicht vollkommen aus, wenn dabei auch die Frage offenbleibt, warum alle Bildungen eines b estimmten morphophonologischen Typs (und im wesentlichen nur diese) von dem W echsel betroffen werden. Eine andere Möglichkeit ist die oben in der Zusammenfassung des Hauptteils (V III, 6 ) erwogene: daß bei einer Folge CI + A der Sandhi (C Y A ) nur unter begünstigenden Bedingungen eintrat (etwa nach 'A bstützung’ durch das Augm ent o.ä.), daß die Formen m it und ohne Sandhi aber in gewissem Umfang frei verfügbar waren (und deshalb auch nach metrischen Erfordernissen ausgewählt werden konnten). Die Wahrscheinlichkeit des Schlusses auf die Gültigkeit einer grundsprachlichen Anschlußregel für Anlautgruppen ist deshalb beträchtlich geringer. Ich halte die Annahme der Anlautvariation in Abhängigkeit von der Schwere der im Satz vorausgehenden Silbe aus diesem Grund nur für eine weder ausreichend gestützte, noch widerlegte Möglichkeit und berücksichtige sie daher auch nicht in meinem Realisierungs-Modell700.

C Sonstige Regelungen Als Ausnahme zu der normalen Sandhi-Regel CI -j- A > C Y A haben wir festgestellt die Stellung nach mehreren Konsonanten (CCI + A > CCIYA) und die Unvereinbarkeit des unsilbischen Halbvokals mit dem 700

Sie kann jedoch leicht darin aufgenommen werden. T ut man dies, muß man sich allerdings über die Wirkung der Satz- (Vers-) Anfangsstellung schlüssig werden : Wirkt sie wie eine schwere Silbe oder nicht? Der Befund des Rigveda kann diese Frage — wie wir gesehen haben — nicht entscheiden ; vielleicht weist aber die parallele Regelung im Avestischen, w o der Wechsel schwerer und leichter

Das Halbvokal-System der Grundsprache — ein neues Modell

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vorausgehenden Konsonanten in einer Anlautgruppe. Welche K om binationen unvereinbar sind, muß für jede einzelne Sprache getrennt festgestellt werden, doch sind Gruppen wie yv-, rv- wohl aus phonetischen Gründen in jedem Fall unvereinbar. — Als weitere Besonderheit haben wir gefunden, daß häufig vermieden wird, die W urzel unsilbisch werden zu lassen — dies konnte z.B . in einem Teilbereich des von uns untersuchten Materials nur eintreten, wenn die W urzel durch ein Augment abgestützt war, nicht dagegen im Wortanlaut. Solche Regelungen sind naturgemäß schwer zu vergleichen und zu erschließen ; es ist deshalb gegebenenfalls vorzuziehen, wie oben mit dem unbestimmten Begriff 1 '(den Sandhi) begünstigende Bedingungen’ o.ä . zu operieren.

II D as Halbvokal-System der Grundsprache — ein neues Modell Ich möchte mein Realisierungsmodell entwickeln im Kontrast zu dem 'Phonem -System ’ , das Winfred P. Lehmann a u f Grund von Edgertons Untersuchungen aufgestellt h a t701. Lehmann hat eine Klasse von Résonants (y, w, l, r, m, n), die verschiedene Allophone (Sonant — K o n sonant — Sonant + Konsonant) haben, je nachdem, ob sie v or oder nach Sonant oder Konsonant, nach leichter oder schwerer Silbe (oder anlautenden Konsonanten) stehen. Bei dieser Analyse dürfen i und ü nicht mit y ( = i) und w ( = u) zusammengestellt werden, da sie (wie bei Edgerton angesetzt) auf die Stellung v or K onsonant beschränkt sind und einen entsprechenden Wechsel nicht aufweisen. Sie werden also von Lehmann zu den Sonanten gezählt — obwohl bei den übrigen Sonanten (a/ä, e/ë, o/ö) Länge und K ürze in der gleichen Klasse stehen. Eine solche Analyse ist inkonsequent und unbefriedigend. Gehen wir von unseren Voraussetzungen aus, so können wir zunächst i und i, u und u wie Edgerton und Lehmann als umgebungsbedingte Varianten des gleichen Lauts auffassen; daneben haben wir aber die parallele Variation i und ü , ü und uu und können deshalb diese K om plexe der gleichen Klasse, den Halbvokalen, zuordnen. Dabei sind i/u gegebenenfalls als Längen der Halbvokale i/u aufzufassen, wie ö/ë/ö als Längen der Sonanten a/e/o. Nun ist die Realisierung iijuy, offenkundig eine Folge von silbischer und unsilbischer Realisierung der kurzen Halbvokale, und es fragt sich deshalb, ob man i und ü überhaupt einen eigenen Status Silben im Metrum nicht die gleiche Rolle zu spielen scheint wie im Vedischen, auf eine sprachliche (und nicht metrische) Regelung hin. 701 Proto-Indo-European Phonology, Kapitel 2 und 13.

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Auswertung

im Lautsystem zuerkennen, oder sie nicht vielmehr als Folgen von t + », u + u auffassen soll (mit einer Realisierungsregel * + i vor Konsonant > i, u + u v or Konsonant > ü). Die Möglichkeit dies zu tim hängt daran, ob für die Grundsprache eine Folge (Konsonant + ) ii/uu ( + Konsonant) angesetzt werden kann oder nicht, da diese Folgen zu der Realisierung der Längen i/ü in Opposition stehen könnten. D a es keine Beispiele gibt, die einen grundsprachlichen Ansatz der genannten Folgen verlangen würden, kann diese Frage nicht entschieden werden. Mir selbst scheint die 'systematischere’ Lösung, die m it i und u und Folgen dieser H albvokale auskommt, die angemessenere zu sein ; aber da die andere Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden kann, will ich sie ebenfalls behandeln. Unter Umständen ist mit beiden Möglichkeiten zu verschiedenen Zeiten zu rechnen — in einem früheren Stadium mit dem einfacheren System, in einem späteren mit dem umfangreicheren. Symbole : 0 = Voll-Sonant K = Voll-Konsonant 1 = Wortgrenze

I, U = Silbische Halbvokale Y , W = Unsilbische Halbvokale x) (verweist auf den K om m entar unter 4)

Die Realisierung eines Halbvokals in einem D iphthong werte ich — wie üblich — als unsilbisch. Die Frage der Realisierung einer Folge von Halbvokalen und Liquiden oder Nasalen habe ich unberücksichtigt gelassen, da in diesem Punkt wichtige Vorfragen noch nicht geklärt sind. Edgertons Ansatz, daß sich Halbvokale, Liquide und Nasale in der Frage der grundsprachlichen Realisierung völlig gleich verhalten, kann ich — wie oben S. 150f. ausgeführt — nicht zustimmen. Ein wesentlicher Unterschied zu den Halbvokalen besteht vermutlich v or allem darin, daß Liquide und Nasale nicht gedehnt werden konnten. Erstes Modell: Bestand an Halbvokalen: i, u (Folgen gleicher Halbvokale’ sind m öglich). Realiaierungeregeln : 1.

Grundregeln:

a) Unmittelbar vor und unmittelbar nach einem Voll-Sonanten wird ein Halbvokal unsilbisch realisiert, in den übrigen Stellungen silbisch. Für einen einfachen Halbvokal ergeben sich dabei folgende Möglichkeiten : O YO KYO / YO

OYK K IK

OY/ K I/

/ IK

ß l

Das Halbvokal-System der Grundsprache — ein neues Modell

345

b) Für eine Folge von zwei (gleichen oder verschiedenen) Halbvokalen gilt die gleiche Regel. Ergibt sich durch ihre Anwendung eine F olge zweier silbischer Halbvokale, so ist bei verschiedenen Halbvokalen der erste unsilbisch zu realisieren (Y U ), bei gleichen Halbvokalen die Folge zu einer Länge zu kontrahieren (I). Die möglichen Stellungen sind dann für eine F olge von zwei verschiedenen Halbvokalen: OYW O K IW O X) / IW O *)

OYUK KYUK / YUK

OYU / KYU / /Y U /

Für eine Folge von zwei gleichen Halbvokalen (zu der Stellung nach Voll-Sonant vgl. den Kom m entar) : K IY O

K lK

K l/

/iY o

/i k

/I/

2. Akzentregel: Stößt bei W ortbildung oder Flexion ein betonter (silbischer) Halbvokal (ί) mit einem Sonanten (O, U K ) zusammen, so wird er gemäß der Grundregel unsilbisch und gibt seinen T on an den folgenden Sonanten ab (Y Ó , Y Ü K ). 3. Zusatzregeln: a) Regel der schweren Konsonanz: Nach einer anlautenden Folge von Konsonanten kann ein Halbvokal nur silbisch realisiert werden. Steht der Halbvokal in der systematischen Form v or einem Sonanten (O, U K ), so wird der entsprechende unsilbische Halbvokal als Übergangslaut eingeschoben (K K I + Ο > K K IY O , K K I + U K > K K IY U K ). b) Unvereinbarkeitsregel: N ach einem anlautenden Konsonanten kann ein Halbvokal nur unsilbisch realisiert werden, wenn er zusammen mit diesem K onsonanten eine sprachübliche Anlautgruppe ergibt (sonst entsprechend zur vorangehenden Regel / K I -f- 0 > / K IY O , /K I + U K > /K I Y U K )702. c) Fugenregel: Besteht zwischen /K I oder / I und 0 oder U K eine Morphemfuge (-), so wird I nur unter begünstigenden Bedingungen unsilbisch ( / K Y . O , /K Y .U K , / Y - 0 , / Y . U K ; sonst /K I Y .O , / K I Y . U K , /I Y -O , /I Y -U K ) . Welches die begünstigenden Bedingungen in der Grundsprache waren, läßt sich nicht erschließen. In Frage kom m t z.B . 702 Zu vy-lyv- vgl. den Kommentar. D ie Regel spielt also für die Grundsprache möglicherweise erst eine Rolle, wenn auch Folgen m it Liquiden und Nasalen einbezogen werden.

346

Auswertung

die 'A bstützung’ durch ein vorangehendes Augm ent o.ä., vielleicht auch — bei der Annahme eines grundsprachlichen Satz-Sandhi — eine vorausgehende leichte Silbe (O /K Y -O , O K /Y .O ). d) Anschlußregel: F olgt ein nach der Grundregel unsilbisch zu realisierender inlautender H albvokal a u f einen Konsonanten, so kann er nur unsilbisch bleiben, wenn dieser Konsonant a u f einen kurzen Sonanten folgt (O K Y O usw.). Steht der vorausgehende Konsonant nach einem langen Sonanten oder einem weiteren Konsonanten, so ist die Realisierung I Y (Ö K IY , Ö W IY , O K K IY ). Möglicherweise galt auch diese Regel ursprünglich nur, wenn zwischen dem H albvokal und dem folgenden Sonanten eine Morphemfuge bestand. 4.

Kommentar:

a) Bei der Folge zweier verschiedener Halbvokale setzt Edgerton Lg 19, 109 für die Stellung zwischen K onsonant und Sonant K IW O nach schwerer, K Y U W O nach leichter Silbe an. Es lassen sich zwar für beide Folgen Belege im Vedischen finden, doch zeigen diese in keinem F all den von Edgerton geforderten Wechsel. Ich halte die Realisierung K IW O für die einzige ursprüngliche und die Fälle mit K Y U W O für späte Ausgleichsbildungen unter dem Einfluß der Stellung v o r Konsonant (K Y U K ). b) An der gleichen Stelle setzt Edgerton ein nicht weiter bestimmbares Nebeneinander der Realisierungen / I W O und /Y U W O an. Auch hier halte ich die Realisierung /I W O für das ursprünglichere und / Y U W O für ein Ausgleichsprodukt. c) Die vedische Realisierungsmöglichkeit vy- (aber nicht yv-) halte ich für sekundär (auf Grund der phonetischen Entwicklung des Halbvokals u/v). T ut man dies nicht, so m uß bei der Stellung /IW O die Möglichkeit /W Y O neben /U Y O anerkannt und die Bedingung des Auftretens besprochen werden. d) Ob eine Folge zweier gleicher Halbvokale in der Grundsprache nach Voll-Sonanten vorkam, wird m an bezweifeln dürfen. Die Frage wird aber an dem Zeitpunkt kritisch, an dem mit der Assimilation von Halbvokal + d zu rechnen ist. Es wäre dann wohl anzusetzen : OYYO

O Y IK

O Y I /,

w obei etwa die Form des Optativ-Suffixes bei thematischen Verben darauf hinweisen könnte, daß m it einer Realisierungsregel OYT > O Y zu rechnen ist. Bei Ö Y Y O müßte die Anschlußregel gewirkt haben wie bei Ö Y W O . Zu der schwierigen Frage von (sekundärem) intersonantischem

Dae Halbvokal-System der Grundsprache — ein neues Modell

347

Y Y vgl. Fredrik Otto Lindem an: Les origines indo-européennes de la ' Verschärfung' germanique (Oslo 1964). e) W ill man Entsprechungen zu ai. iya und üva (etwa bei den Varianten des Komparativ-Suffixes oder bei denominativen Verben) bereits für die Grundsprache ansetzen — was ziemlich unwahrscheinlich ist 7 0 3 — , so muß mit einer Folge von drei gleichen Halbvokalen gerechnet werden, w obei nur die Stellung zwischen Konsonant und Sonant in Frage kom m t. Die Realisierung wäre nach der Grundregel K I I Y O > K lY O . Zweites M odell: Bestand an Halbvokalen: i, u als K ürzen; i, ü als Längen. Folgen gleicher Halbvokale sind möglich. Realisierungsregeln : 1.

Grundregeln: a) Für die Kürze wie beim ersten Modell.

b) Für eine Folge von zwei (gleichen oder verschiedenen) Halbvokalen gilt die gleiche Regel. E rgibt sich durch ihre Anwendung eine Folge zweier silbischer Halbvokale, so ist der erste silbisch zu realisieren (Y U , Y I). D ie möglichen Stellungen sind: OYW O OYUK OYU / K IW O KYUK KYU / / IW O / YUK /Y U / (und entsprechend bei gleichen Halbvokalen). c) Eine Länge wird (nach K onsonant und im Wortanlaut) vor Sonant als I Y , in allen anderen Fällen als I realisiert. Die Stellungen sind: K IY O / IY O

K lK / IK

K l/

/I/

703 Schon im Vedischen selbst ist mehrfach festzustellen, daß sich die Folgen ly und üv sekundär gegenüber y (iy) und v (uv) nach Konsonant ausgebreitet haben, so daß auch von hier aus ein Anhaltspunkt für die Annahme jungen Alters gegeben ist. Zur Erklärung der Entstehung dieser Folgen möchte ich die denominativen Verben heranziehen : Diese haben bei a-stämmigen Grundlagen die Folge -a-ya-, -ä-ya-, -%-ya- oder -ya-. Dies läßt darauf schließen, daß es sich ursprünglich um Thematisierungen dos Abloitungsstammes auf -i handelte, aus denen dann sekundär ein Suffix -ya· abgelöst wurde. K am der Stammauslaut vor dieses neue Suffix zu stehen, so wurde er teilweise gedehnt (sei es durch präsuffixale Dehnung, sei es durch eine Lautentwicklung, die nur beschränkt wirkte). Ähnliches gilt für das Komparativ-Suffix und — weniger durchsichtig— für das denominate Suffix. Die Entwicklungen müssen ziemlich früh eingesetzt haben, aber man kann bezweifeln, daß sie grundsprachlich waren.

348

Auswertung

Für die Stellung nach Sonant gilt entsprechendes wie für die Folge gleicher Halbvokale in dieser Stellung beim ersten Modell. d) Für die Folge von gleichen, aber in der Quantität verschiedenen, Halbvokalen ist wohl nur die Folge I + I zwischen Konsonant und Sonant zu berücksichtigen, für die sich nach der Grundregel die Realisierung K lY O ergibt. 2. Akzentregeln und 3. Zuaatzregeln sind dieselben wie beim ersten Modell, gelten aber nur für die Kürze. Zum Schluß noch eine kurze Stellungnahme zum Unterschied der hier vorgeführten Modelle gegenüber denen von Edgerton und Lehm ann: 1. W ir haben hier, gemäß unserer Untersuchung des vedischen Materials, bei der Realisierung eines Halbvokals m it zwei verschiedenen, weitgehend in der gleichen Lautumgebung auftretenden Realisierungen gerechnet, die wahlweise als Unterschied von Länge und Kürze oder als Unterschied von einfachem und verdoppeltem (geminiertem) Halbvokal aufgefaßt werden können. D a im Vedischen durch diesen Gegensatz verschiedene Suffixe unterschieden werden, wird er zur BedeutungsdifFerenzierung ausgenutzt und hat dam it den Status einer phonologischen Opposition. Dieser gesamte Bereich ist bei Edgerton und Lehmann unberücksichtigt geblieben. 2. D am it hängt zusammen, daß wir der Anschlußregel (dort 'Sieverssches Gesetz’ und 'converse o f Sievers’ law’ ) nur ein beschränkteres Anwendungsgebiet einräumen konnten. 3. Das hier vorgeführte System ist weniger vollständig als das von Edgerton und Lehmann, weil es die Kontaktstellung m it Liquiden und Nasalen nicht einschließt. Ich habe ausgeführt, warum ich Edgertons Gleichstellung von Halbvokalen, Liquiden und Nasalen nicht anerkennen kann und muß die Klärung dieser Frage einer anderen Untersuchung überlassen.

L ite r a tu r v e rz e ic h n is (Es sind nur Werke aufgenommen, die im Hauptteil zur Axiswertung herangezogen wurden; sowie einige, die häufiger abgekürzt zitiert werden mußten. Die übrigen sind in den Anmerkungen genannt) A r n o ld , E. Vernon: VedicMetre in its Historical Development, Cambridge 1905 ('A rnold zur Stelle’ bezieht sich auf das Metrical Commentary im Anhang diesesWerkes). A u fr e c h t , Theodor (ed.): D ie Hymnen des Rigveda, 4. Aufl. Wiesbaden 1968 ( = 2. Aufl. 1877). B r u g m a n n , K arl und Berthold D e lb r ü c k : Grundriß der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen, 2. Aufl. Straßburg 1897-1911. G e ld n e r , K arl F .: Der Rigveda übersetzt und erläutert, Band I Göttingen & Leipzig 1923 (Quellen der Religionsgeschichte 12); Der Rig-Veda aus dem Sanskrit ins Deutsche übersetzt und mit einem laufenden Kommentar versehen, Cambridge (Mass.) B a n d H /H I 1951, Band IV (Register und Nachträge) 1957 (Harvard Oriental Series 22-36). G r a s sm a n n , Hermann: Wörterbuch zum Rig-Veda, Leipzig 1876, 4. unveränderte Aufl. Wiesbaden 1964. H e r m a n n , Eduard: Silbenbildung im Griechischen und in den anderen indogermanischen Sprachen, Göttingen 1923 (Erg. H. ZvS 2). K u r y l o w ic z , Jerzy: Indogermanische Grammatik. Band II Akzent. Ablaut, Heidelberg 1968. M a c d o n e ll, A. A .: Vedic Grammar, Straßburg 1910 (Grundriß der indo-arischen Philologie und Altertumskunde I, 4). M a y r h o fe r , Manfred: Kurzgefaßtes etymologisches Wörterbuch des Altindischen, Heidelberg, Band 1 1956, Band II 1963, von Band I II lagen bei Abschluß dieser Arbeit drei Lieferungen vor (bis vfkah>). M ü lle r , Max (cd.): Rig-Veda-Samhitä, 4 Bände, Nachdruck Varanasi 1966 (der 2. Aufl. von 1890-1892). O ld e n b e r g , Hermann: Die Hymnen des Rigveda, I Metrische und textgeschichtliche Prolegomena, Berlin 1888. Rgveda. Textkritische und exegetische Noten. 2 Bände, Berlin 1909 und 1912 (Abhandlungen Göttingen N.F. X I , 5 und X I I I, 3). O s t h o f f , Hermann : Zur Geschichte des Perfects im Indogermanischen mit besonderer Rücksicht auf Griechisch und Lateinisch, Straßburg 1884. P e t e r s b u r g e r W ö r t e r b u c h : Sanskrit-Wörterbuch, herausgogebon von der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, bearbeitet von O tto Böhtlingk und Rudolph R oth , 7 Bände, Neudruck der Ausgabe Petersburg 1855-1875 (Osnabrück und Wiesbaden 1966). Kleines - : Sanskrit- Wörterbuch in kürzerer Fassung, 7 Bände, Petersburg 18791889 (Nachdruck 1923-1925). R e n o u , Louis: Grammaire de la langue védique, Paris 1952. W a c k e r n a g e l, Jacob: Atiindische Grammatik, Göttingen I Lautlehre 1896, 2. Aufl. m it Nachträgen von A . Debrunner und einer Introduction générale von Louis Renou, 1957; Π , 1 Einleitung zur Wortlehre. Nominalkomposition. 1957; H , 2 Die Nominalsuffixe, von Albert Debrunner, 1954; I I I Nominalflexion — Zahlwort — Pronomen, von Albert Debrunner und Jacob Wackernagel, 1930; Register zur Altindischen Grammatik von J. Wackemagel und A . Debrunner Bd. Ι -Π Ι , von Richard Hauschild, 1964.

A b k ü r z u n g s V e rz e ic h n is Abhandlungen Göttingen = Abhandlungen der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, phil.-hist. Klasse.

Abhandlungen Leipzig = Abhandlungen der philologisch-historischen Klasse der königlichen sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften.

AION/L = Annal i dell’ Istituto Orientale di Napoli. Seziono Linguistica. ALL = Archiv für lateinische Lexikographie und Grammatik. Leipzig. ASSF = Acta Societatis Scientiarum Fennicae. Helsingfors. Berichte Leipzig = Berichte über die Verhandlungen der königlich sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig, phil.-hist. Klasse.

BK1S = Beiträge zur Kunde der indogermanischen Sprachen. Göttingen (Bezzenbergers Beiträge).

BSL = Bulletin de la société de linguistique de Paris. BSOAS = Bulletin o f the School o f Oriental (and African) Studies. London. Btr = Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. Halle. A b 77 (1955) in zwoi Ausgaben: Ost (Halle) und West (Tübingen).

JA = Journal asiatique. Paris. JAOS = Journal o f the American Oriental Society. Boston. IF = Indogermanische Forschungen. Berlin (vorher Straßburg). I I J = Indo-Iranian Journal. D en Haag. Lg = Language. Baltimore. Mededelingen = Mededelingen der Koninklijke Nederlandse Akademie van W etenschappen, Afd. Letterkunde, Nieuwe Reeks.

M SS — Münchener Studien zur Sprachwissenschaft. M U = Morphologische Untersuchungen auf dem Gebiete der indogermanischen Sprachen, ed. H . Osthoff und K . Brugmann. Leipzig.

Nachrichten Göttingen = Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, L Phil.-hist. Klasse.

N TS = Norsk Tidsskrift for Sprogvidenskap. Oslo. HO = Rocznik orientalistyczny. Krakau. = Sitzungsberichte der finnischen Akademie der Wissenschaften.

SVS = Skrifter utgivna av kgl. humanistiska Vetenskapssamfund. TPhS = Transactions o f the Philological Society. London. WZKM — Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes. ZdA — Zeitschrift für deutsches Altertum. ZDMG = Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Leipzig, später Wiesbaden.

Z U = Zeitschrift für Indologie und Iranistik. Leipzig. ZvS — Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung. Göttingen (vorher Gütersloh und Berlin) ; (Kuhns Zeitschrift).

R E G IS T E R

ZU M

H A U P T T E IL

Das Register soll lediglich a u f die Stelle hinweisen, an der eine bestimmte rigvedische Bildung eingeordnet (und besprochen) ist. Es ist beschränkt a u f den Hauptteil (S. 212— 306) ohne die Abschnitte IA (Satz-Sandhi) und IV A B (Endungen) ; von K apitel II ist nur Abschnitt E (u- und rm-Verben) aufgenommen. Für jedes W ort (jede Form ) ist nur die Stelle angegeben, an der es systematisch eingeordnet ist; gegebenenfalls auch die Stellen, an denen (in Zweifelsfällen) über die Zuordnung entschieden wurde. Kom posita und Präfigierungen wurden aufgelöst, sie sind (ohne R ü cksicht auf die morphologische Analyse) unter dem Gliedwort zu suchen, das den in Frage stehenden Halbvokal enthält; Vrddhi-Bildungen werden jedoch als einheitliches W ort geführt. Ist das Lemma zweier verschiedener Bildungen identisch, so wurden sie in einem Lemma zusammengefaßt. H at eine Bildung mehrere Akzentuierungsmöglichkeiten, so erscheint sie unter einem Lem m a ohne Akzentangabe. A = Anmerkung ( + Anmerkungsnummer); v b = Verbalstamm.

dmaya- 256 akudrydc- 182 akçanvdt- 298 dkharva- 299 agdetya- 206 agriyà- 258 aghnya- 221, 253 aùgirasvat- 298 dûgya- 256 acya- vb 288 -dcyà 213 ajya- vb 288 •djya- 233 ajryà- 259 ânva- 202 dnvi- 203 atasayya- 231 àtya- 206, 22 lf. âtyavi- 181 dtyürmi- 181 -atyétu- 181 atharyù- 285 àtharvan- 297

adiUtvd· 294 ady- v b 289 adyà 284 -âdya- 233 -advan- 297 ddhyakça- 181 adhyaryd- vb 292 adhva(n)- 297 adhvarà- 298 adhvaryù· 285 anajy- vb 289 ànaavat- 298 anükyà- 245 antârikçya- 256 -antaruçyà- 235 anldrvat- 298 arUarvâvat- 292 anyà- 281 anvartitf- 181 dpatya- 281 apaayd- v b 292 apaayd· 243 apaeyâ- 279

a/paayu- 285 apûcyd- 245 apicyà- 245 aptyd- 282 dpnaevat- 298 dpya- 255 dpyas A 590 αρυά- 299 abhydyatfisénya- 181 abhydvarlin- 181 abhywpya- 181 abhriya- 257 abhriyd- 260 dbhva- 202 amâtya- 281 aydeya- 220, 256 arafvd■202 dranya- 245 arcatryà- 245 drdhya- 225 -drpya 213 arya- vb 288 -drya- 283

354 janitvà- 294 janitvanâ- 294 janitvî- 2J4 janiçya- v b 291 jântva- 293 jânya- 255 -janya- 237 jaranyâ- 279 ja/ranyù- 285 jarâdhyai 212 jasya· v b 287 jàsvan- 297 -jâtyà- 253 jâmarya· 246, 283 jOmitvà- 294 jdryà- 254 jigyus- 198 -jîtvan- 297 -jinva- 201 jinva- vb 201 -jinvita- 201 jihvd- 299 -jihvyà- 239 jirâdhvara- 298 jugury- vb 289 jugurvâni- 298 jujurvâa- 296 jujuçvâa- 296 ■juryâ- 222 jùvas- 200 jn çtvi 214 jühvâna 198 jühvat- 198 jüjuva- v b 197 jüjuvânâ- 198 jârya- v b 288 jûrya- 225 jürv- 300 jétva- 294 jénya- 282 jeçyâ- vb 290 jôjuvâna- 198 jô$ya- 225 johuvat- 198 jyä - 303, 304 jyâkd- 304 jyâyas- 303 jyéÿtha- 303 jyôk 303 jyalçthya- 240 jvar- 304 tameayâdhyai -takmya- 237 takvà- 293

212

tâkvan- 297 tdkçya- 225 tatany- v b 289 tatanvàs- 296 tatirvâs- 296 tanûhyàte 290 -tantaaâyya- 231 tânya· v b 287 tanyatà- 283 tanyatu- 283 tanyù- 285 tanv- v b 194, 200, 201 tâpasvat- 298 tapya- v b 288 -tà/pya 212 tapyatù- 283 taranitvà- 294 tarâdhyai 212 taraevin- 298 taruçyà- vb 292 tartürya- vb 289 tàrya- 283 tarpyà· 280 tavaayà- 244 tàvasvat- 298 tamçyà- vb 292 taviçyà- 279 tavitvat- 198 tàvya- 283 tàvyas- 285 tastabhvâs- 296 tûtyà- 240 tânva· 202, 295 tàrkçya- 207 tisyà- 284 tûgrya- 256, 260 tùgvan- 297 tuchyà- 284 tujya- v b 288 tûjya- 222 tutujy- v b 289 tviury- v b 289 tviurvani- 298 turanyâ- vb 292 turanya- 246 turanyû- 285 tury- v b 289 turvâ- 299 turvân- 297 turvâni- 298 turvâéa- 299 turoiti- 300 tuvi- 200 tùvismat- 200

tuvîstama- 200 tuetuvänä- 198 tâya- 283 türya- v b 288 -tàrya- 234 -turyâ 213 türv- 300 tûrvayâna- 300 turvi- 300 tfçyat- 287 trsyâ- 280 tr?vi- 203 taugryâ- 239 trayayâyya- 231 tvà- 303 tva- 303 tvàçtr- 305 toesyà- 254 dakÿâyya- 231 daghy- vb 289 -daghvan- 297 dattvàya 214 datvàU- 298 dadaévâe- 296 dadaavàa- 296 dadrévàe- 296 dadya- vb 288 dadvds- 296 dadhany- vb 289 dadhanvcU- 298 dadhanvàa- 296 dadhrsvâs- 296 dadhrsvâni- 298 dadhyâc- 181 dabhnuv- v b 194 dabhya- vb 288 dabhya- 222 damanya- v b 292 dâmya- 256 dârvi- 300 ddrèya- 225 davidhvat- 198 daéasya- v b 292 daéasyâ- 279 dâéonya- 206 dâsya- vb 287 dâsyu- 286 dâsmya- 258 -dasyâ- 226 -darum- 203 -dâbhya- 225 dâmanvat- 298 dàrbhyd- 239 dâévàs- 296

Register dàevat- 298 didrksénya- 231 didhisàyya- 231 -dinatvà- 294 divyà- 258 didyat- 198 didyâna- 198 dîdhyat- 198 dtdhyâna- 198 dirghàyutvà- 294 divya- vb 288 ■dtvyâ 213 dvdhuvi- v b 197 dürya- 256 duvanya- 200, 246 duvas- 200 duvasyà- vb 292 duvasyû- 285 duhàdhyai 212 duhya- vb 288 dütyà- 254 dütyà- 279 dàrvâ- 293 -dftyâ 212 -drpyat- 287 dréya- v b 288 dféya- 222 ■dréya 212 drçâdvatî- 298 drçénya- 231 drçtvâya 214 dfhya- vb 287 devatvà- 294 -devyà- 238 devyà- 254 •devya- 237 daîvya- 240 dodhuvat- 198 doçanyà- 244 dyutânâm 304 ■dyûtya- 238 -dyütyà· 254 dyôtana- 304 •dyôtman- 304 dyau- 303 dravinasyù- 285 drâmnaevat- 298 drahyât- 284 ■driyà· 226 druhyù- 285 druhvan- 297 drônya- 256 dvd- 303 dvdrâ 303 28·

-dvisenyà-2Zl dhaksyât- 290 -dhanyà- 239, 257, 259 -dhanya- 237 dhànya- 256 dhanv- 300 dhanva- 297 dhanvan- 297 dhanvâ- 297 dhamya- vb 288 -dhânyà- 259 dhânyà 257 dhàrcvyiçyâ- vb 291 dhiyâdhyai 212 dhiyâ- 200 dhisanya- vb 292 dhisnya- 282 dhlyam- 200 dhiryà- 259 *dhiryà- 280 dhünv- v b 201 dhürv- 300 dhurvan- 300 dhrçadvin- 298 -dhrsyà- 222 dhriya- vb 288 dhruvâee 198 dhvan- 304 dhvanyà- 284 dhvasmanvât- 298 nakçya- 226 nântva- 294 nabhanyà- 245 nàbhasval- 298 nâbhya- 206 -nabhyàm 238 namasyà- vb 292 namaeyà- 244 namasyà- 279 namaeyu- 285 nâmaavat- 298 namasvin- 298 nàrya- 256 nàvya- 221, 282 nàvyaa- 285 ndéya- vb 287 nahusyà- 244 nahya- vb 287 nâdyâ- 205 nâryà- 278 nâvyà- 280 nâéayâdhyai 212 nâsatyà- 284

355 ninyâ- 284 nitya- 281 nidya- vb 288 nindya- 226 niyvivat- 298 niqtya- 281 *nïvyà- 280 nuvà- vb 196 nftyat- 287 -nedya- 225 nyàc· 182 nyàîicana- 182 *pakyà- 280 pakvà- 293 pakfyà- 257 pacatyà- 244 pacya- vb 288 pàcya- vb 287 pajriyâ- 260 pâtharvan- 297 patilvà- 294 patüvanà- 294 pâtya- vb 287 ■palyà- 207 pâtvan- 297 pathyà· 280 pâdya- vb 287 ■pàdya- 212 pâdya- 256 pàdyâ■280 padvcU- 298 panayàyya- 231 panaeyà- vb 292 panasyû- 285 panayya- 231 panya■vb 288 pànya- 222 pànyas- 285 -panya- 235 -panyû- 285 paprlcçénya- 231 paprcy- vb 289 -paycUya- 233 pâyaevat- 298 pàrasvat- 298 parjânya- 246, 283 -parva- 297 pàrvata- 300 parvatyà- 244 pârvan- 297 parvaéàh 297 pàvyayà- 283 paéavyà- 244 pàéya- vb 287

356

■paèyà· 226 -pastyà- 282 pastyà- 280 •püjaeyà· 245 pàjasvat- 298 pàUcajanya- 240 pâtalyà- 245 pâthyâ- 260, 283 pâpatvâ- 294 -pâyya- 225, 234 pârthyà- 207 pàrya- 258 pâréadvânà- 300 pàrévà- 202 pâçyà- 282 püstyâ- 278 pltrya- 259 pinv- v b 200 •pinvd- 201 plnva- 201 pipifvat- 298 pipya- v b 197 pipyus- 198 pipriyânà- 198 pibadhyai 212 piyünâ- 198 piyäru- 200 pïtvà 214 pUvt 214 -pithya- 254 pîpydna- 198 pivasvat- 298 pùnya- 283 pupuçy- v b 289 pupuqvâe- 296 pupüry- vb 290 pûrlçyà- 245 puruçatvâta 294 puruçyà- 244 pùrya- 256 purvanika- 180 pulvaghâ- 180 puçya- vb 287 pùçya- 222 pûtvt 214 pàrya- vb 288 pârva- 299 pürvi- 203 pûrvya- 256 pürvyà· 258 -pürvyà- 238 püçanvat- 298 püqaryà- 245 -pfcchya 226

prcya- vb 288 PTchya- vb 288 ppnàdhyai 2 1 2 prtanyà- vb 292 prtanyû- 285 prthvt- 203 pfçadvat- 298 prçfhyà- 257 pôçya- 256 -poçyà- 254 paidvà- 202 paùmsya- 240 paurukutsyà- 239 ■pyà· 284 pyä- 304 -prajäetva- 294 pratitya- 221 pratyâc- 181 pratyardhi- 181 prapharvîh 300 prabhvt- 203

pràyasvat- 298 pravâtvat- 298 pràskariva- 299 prâéavyà- 244 -prüthyà 212

pru^ryum· vb 194 -psnya- 282

phâroara- 298 phalgvà- 2 02 badhya- vb 288 barhisyà- 244 bahvannà- 180 bahvî- 203 •bàdhyâ 213 bibhyat- 198 bibhyus- 198 bvdhnyà- 257 budhya- vb 287 -budhya- 237 -budhyà- 2 22 brahmanyâ- vb 292 -brahmanyâ- 238, 245 brahmanyâ 279 bruvânt- 198 bruvânà- 198 bruvi- v b 197 bhaktvâya 214 -bhagatvà- 294 bhàradhyai 2 1 2 -bhariçya- vb 291 bharv- 300 -bharva- 293

bhaviçyà· vb 291 bhâvitva- 294 bhâvya- 222 bhârvarà- 298 bhâvyà- 220, 260, 283 bhâsvat- 298 bhittvâ 214 -bhidya- 234 ■bhidyâ 212 bhiyàs- 200 bhiyâee 198 bhiyânâ- 198 bhiçajyà- vb 292 bhujyù- 285 bhuranyà- v b 292 bhuranyû- 285 bhurvâni- 298 bhûvana- 200 bhuvè 198 bhûivâ 214 bhütvi 214 bhümyà- 206 -bhüçénya- 231 ■bhftyâ 212 -bhftvan- 297 bhojyà- 254 bhrâtrtvà- 294 ■bhrâlrvyà- 245 bhràéya- 226 bhriya- vb 288 ■bhvé 198 makhasyà- vb 292 makhasyù- 285 maghavattvà- 294 mâtsya· 282 mathya· vb 288 madya- vb 288 mddya- 222 madryàc- 182 madryadrik- 182 màdvan- 297 môdhya- 282 manasyà- v b 292 -manaayâ- 279 manasyù- 285 mânasvat- 298 maniçya- vb 291 mannçyà- 244 manuçvât- 298 mandâdhyai 212 mandayàdhyai 212 mânya- vb 287 -manyâ- 226 manyû- 285

Register manye 288 manv- vb 194, 201 mamany- vb 289 mamrdy- vb 289 marûtvat- 298 mdrjya· 225 mdrtya- 252 martyatvand- 294 marmrjénya- 231 marmrjya- vb 288 màrya- 283 maryAdd- 284 mahayâyya- 231 màhaavat- 298 mahàyya- 231 mahitvd- 294 mahitvanâ· 294 mdhiçvat- 298 mâmicatva- 202 màdayddhyai 212 -mddya- 225, 256 mâdhyarndina- 278 müdhvi 202 mânavasyd- vb 292 mändäryd- 239 manyâ- 258, 260 mânyamânà- 278 -màyya- 282 mârjâlyà- 245 -mâsya- 237 mîtrya- 259 -mitryà- 239 -mitryà- 259 mitriya- 257 rmlM 214 minv- vb 194, 201 -miyam 198 -miye 198

miyédha- 200 miyedhya- 245 mi4hvàe- 296 -milya 213 mvxya- vb 288 mücya- vb 287 ■mùcyâ 212

-mûçyâ 212

mühya- 287

mrganyù- 285 tnrjya- vb 288 ■mrtatvd- 294 mrtyû- 286 mrdhy- vb 289 •m?%â 212

mrçya- vb 287

-mrçyd- 222 médya- vb 288 médhya- 259 -menyà- 206, 239 memyat- 198 mémyâna- 198 mohayitvà 214 mriya- vb 288 -yameénya- 231 yâksya- 221, 282 yaksydmâna- 290 ydjadhyai 212 yajniya- 257 -ydjya- 234 -yajyà- 235 yajyû- 285 ydjvan- 297 yamy- vb 289 yamya- vb 288 yamyà- A 597 -yavasyù- 285 ydviçthya- 245 ydvya- 253 yavyà- 279 ydéasvat- 298 yahvd* 299 yahvdt- 298 yahvi- 203 yidva- 202 ■yàeya- 220, 256 yuktvà 214 yuktvâya 214 -yugvan- 297 2 /u jy -

vb 289

yujya- vb 288 ydjya- 222 -yutvan- 297 yudhénya- 231 yudhya- vb 287 -yudhyd- 222 yudhyämadhi- 283 yudhvan- 297 ■yu(d)dhm 214 2/Mvi-

vb 196 ywwô- 199 yûvan ■ 199 yuvanyù- 285 yuvdnd ■ 198 yüthyà- 257 yofirç/d- 279

yôdhya- 225 yonyd- 206 yôyuvat- 198 yoyuvdna- 198

357 rdmhya- 225 ralcçaatvd- 294 rak§asvln- 298 raghvt- 203 ranya· vb 287, 288 rdnya- 222 ranvd- 293 rdnvan- 297 ranvitd- 300 ratharyd- vb 292 rdthya- 256 rathyà· 259 rdntya- 206 rdbhaevat- 298 rdbhyas- 285 -rdbhyâ 212 raeàyya- 231 râjanyà- 244 -râjya- 253 räjyd- 258 rAri4ya- 282 rAUtiya- 240 râdhya- 225 ràndrya- 282 ràmyà- 280 -rikvan- 297 ricya- vb 287, 288 ribhya- vb 288 ririkvde- 296 riricy- vb 289 ririhvds- 296 -riévan- 297 risanyâ- vb 292 •riçanya 226 riçanyù- 285 risayddhyai 212 riçya- vb 287 rudriya- 257 rudhya- 287, 288 -rùdhyâ 212 rurukvda- 296 rurucy· vb 289 ruvâ- vb 196

ruvanya■vb 292 ruvanya- 199 ruvanyû· 285 réknaevat- 298 rerihya- vb 288 rôdhaevat- 298 rdmanvat- 298 rôruvat- 198 lakçmanyà- 244, 260 ■lAyya- 282 vdktm- 293

358 vàkmya- 256 vâJcva- 293 vâkvan- 297 vakçyâ- vb 291 vagvanà- 298 vagvanù· 298 vacasya- vb 292 vacasya- 279 vacasyû- 285 vacya- vb 288 -vadyâ- 222 vadharyâ- vb 292 vânanvat- 298 -vanasyù- 285 vanuçyà- vb 292 vandddhyai 212 vândya- 225 vânya- 256 varnv- vb 194, 201 vapuçyà- vb 292 vapuçyà- 244 vapusyd- 279 vâya- vb 197 vàyasvat- 298 vayiçyât- 291 vayyà■256 Vcurasyà- 279 varivasyd- vb 292 varivasyd- 279 varunyà- 244 varüthyà- 245 vàrenya- 231 vartayâdhyai 212 vàrmanvat- 298 varsyà- 257 vavanvàa- 296 vavrty- vb 289 vavrtvàs- 296 vasavyà- 244 vasuivà- 294 vasutvanà- 294 vàsniya- 259 vdsyaa- 285 vaévi- 203 vàhadhyai 212 vahyà- 206 vahye- 220 -vâkyà- 225 -vàcya- 225 vâjayàdhyai 212 vdtdpya- 284 vüyavyà- 244 vûyyà- 278 vàrtraJuitya- 278

-vàrya- 237 vârya- 225 v&vrdhàdhyai 212 vâvrdhénya- 231 v&vrdhvàa- 296 vdsayiçyà- vb 291 ■vâstva- 203 vijenyà- 231 vithuryâ- vb 292 -vidatrlya- 239 vidathyà- 244 vidâyya- 231 vidy- vb 289 vidya- vb 288 -vidya- 234 -vidya- 235 vidvalâ- 298 vidvde- 296 vidhya- vb 287 vipfkvat- 298 vibhva- 202 vibhva- 297 vibhvan- 297 vibhvt- 203 vivakvât- 298 vivaevat- 298 vivàevan- 297 vivikvâe- 296 vividvàa- 296 vimdhvàs- 296 viviéy- vb 289 vivyânà- 198 viéyà- 259 viéva- 300 viévàpmya- 282 viévyâ- 280 viçfvt 214 viçoac- 182 viçvadryàc- 182, 300 virénya- 231 -vtrya- 238, 253 viryà- 254 -vûrya- 234 vrktvi 214 vrjàdhyai 212 vrjanyà- 244 vrjy- vb 289 vjjya- vb 288 -vrjyâ- 222 vrnv- vb 194, 201 -vftya 212 vrtvà 214 vrtvî 214 vrécya- vb 289

vfsanya- vb 292 vrçanvat- 298 . vraatvà- 294 vrsatvanâ- 294 vrçtoA 214 vrçnya- 256 védya- 225 vedyâ- 279 vedhaeyà- 279 venyâ- 260 vevijya- vb 288 veéyà- 254 vmnyà- 239 vaivasvatâ- 298 vaiéya- 240 vaiévânarâ- 295 vyàeasvat- 298 -vyathya- 225 vyânt- 198 vyâya- vb 197 vyâ- 304 vyânâ- 198 -vyusta 180 vratyà- 256 -vlàgya 212 èàmsya- 225 éaknuv- vb 194 éaky- vb 289 éakvan- 297 éagmyà- 257 éaiasvin- 298 éatrutvà- 294 éapathyà- 244 éàmyâ- 280 éamyà- 279 éamyù- 285 éayâdhyai 212 àaradvat- 298 éaravyà- 244 éàrdhya- 282 édrya- 254 -éarya- 283 éaryanâvat- 283 èaryà- 279 éaryâta- 283 -éarvarâ- 298 éarvarï- 298 éalyâ- 252 êàévat- 298 éaévadhâ- 300 éasya- vb 288 -éasya- 222 éâmulyà- 245 éâryàtà- 278

Register éâaya- 225 éikvan- 297 éimyu- 285 étériyârù- 198 •éiévan- 297 -éiévi- 300 -Hém- 203 éirya- vb 289 éïrçanyà- 244 -âùhoan- 297 éucddhyai 212 éundhyù- 286 éubhamyu- 285 éubhvan- 297 éuéukvand- 298 éuéukvdni- 298 éuéukvda- 296 éùçya- vb 287 éüéuva- v b 197 âûéuvâna- 198 éüçyà- 257 érrtv- vb 194, 201 érdhyâ- 235 -éepya- 237 -ééyya- 234 éévya· 256 éauradevyd- 240 vb 196 éyavyà- 280 éyend- 305 ôratharyâ- vb 292 éravaayd- vb 292 éravaeyà- 244 éraoaayâ- 279 éravaeyà- 285 éravdyya- 231 érâmya- vb 288 ériydee 198 érûti- A 495 -érûtya- 221, 234 érûtya- 222 érutvâ 214 éruva- vb 197 évâh 303 évan- 303 évâya- vb 197 évâtrya- 259 évitnya- 258 évitydc- 181 évitrya- 260 évetyA- 260 9 - s. unter searnvât- 298 aaméiévan- 297

adkmya- 253 eakhitvà- 294 eakhitvanà- 294 eakhyà- 206 sacathyà- 244 8acàdhyai 2 1 2 sacanasyâ- vb 292 sacasya- vb 292 aatyd- 258 écUvan- 297 satvanà- 298 sddya (s) 212 -addya- 222, 234 sadydh 284 sadvan- (s ) 297 eadhanitvd- 294 sadhryàc- 182 eànüva- 293 mnitvan- 297 saniçya- vb 292 eaniçyû- 285 eânutya- 281 aantya- 281 aânyas- 285 aanv- v b 194 8aparyâ- vb 292 8aparyà- 245 8 a/paryù- 285 aaparyénya- 231 eâptya- 254 eamâdvan- 297 aamanyâ- 244 eamaryà- 256 eamarya 246 aamaryà- vb 292 aamudryà- A 590 eamyàc- 182 aaranyâ- v b 292 aaranyû- 285 aâraevat- 298 aariqyât- 291 aarva- 300 -aa/oar),yà- (s·) 244 aavyâ- 282 eàvya- 284 aaarjy- v b 289 aaavar- 300 aàhadhyai 212 aaJuintya- 245, A 632 eahaayà- 244 eahaaryä- 245 eähaavot- 298 aahy- v b 289 -edhya 212

-aàhya- (a-) 234 edhyae- 285 aàhyu- 285 eâmvarani- 295 eâkhyà- 207 eàcya- 225 aàdanyà- 244 aâdhuyà 203 aOdhyâ- 220, 283 aâdhvt- 203 aâpyà- 283 8âmanyà- 244 aàmrâjya- 240, A 531 eâyyà- 283 eâraavatà- 298 8âvarn.yà- 240 eâaahy- vb 289 8 âaahvàa- 296 aâhadevyd- 240 -adhya- (9 -) 234 aikvae- 296 sicya- vb 288 aidhya- vb 287 -aidhvan- (9-) 297 -ainvd- 201 aiamiyänd- 198 atvya- vb 288 8Ùgmya- 282 eûtvan- 297 8vnv- vb 194, 201 -sunvà- 201 auvâ- vb 196 auv&nâ- 198 au9tipvàa- 296 8U9UVU8- 198 8U9vânà- 198 aûbharva- 293 aüyavaayù- 285 aârya- 252 eüryà- 279 edayat- 291 efkvan- 297 arjya- vb 288 aftvan- 297 afnya- 205 aénya- 256 senyà- 238 eôlva- 293 aomyâ- 258 aairyd- 240 aaûkrtya- 240 aaudhanvanà- 297 eaubhagaivd· 294 aaûbhâgya- 240

360 eaûmya- 240 aaùvaévya- 240 akabhitvt 214 stavàdhyai 212 etaviçyà- v b 291 -etûtya- 222 -atutya- 234 atübhvan- 297 atuvânt- 198 atuvänd- 198 siuvî- v b 197 atuçéyya- 233 atômya- 256 anOiva- 294, A 481 βρρρ,ν- v b 194 ■apfdhyà· 212 aprhayàyya- 231 «ya- v b 196 eyâ- 303 ayandayâdhyai 212 ayü- vb 290, 304 ayülâ- 305 ayümanyù- 285 ayonà- 305 aràkva- 300 erotyà- 280 avà- 303 avdc- 182 avad- 304 avan- 304 •atxipnya· ($-) 253 evar- 304 avàr- 301 f.

Registor avargâ- 305 avaryà- 257, A 590 avaryù- 285

avàrvat- 298 evaartvà■294 avaati- 180 avôdvt- 203 avânà- A 440 avâhd 180, 305 avid· 180, 303

■hâtya- 234 -hatyà- 235 ■hàlyâ 212 hatvà 214 hatvâya 214 hatvi 214 hanieyât- 291 hàntva- 294 hany· vb 289 hanya- vb 288 hàrasvat- 298 hàritvat- 298 harmyà- 283 haryà· vb 292 hàrya- vb 287 haryatà- 287 haviçyà- 244 hâvya- 222 -hâvya- 222, 284 havyà- 206, 220 hâvyà- 280 -haati■ A 553

-hAalya- 238, 239 hàatya.· 256 -haetya- 237 ■haetyà 238 -hàavan- 297 -himayamâna- 289 hitvan- 297 hüvà 214 hitvàya 214 hilvi 214 hinv- vb 194, 201 hinvd- 201 hinva- 201 himyà- 280 hiy&nà- 198 hiranya- 246, 284 huvà- v b 196 huvâdhyai 212 huvanya- v b 200, 292 huvûruî- 198 -hûrya- 225 hrdayyà- 244 hfdya- 256 Afÿj/a- v b 287 hétva- 294 hemyd- 280 héaaaval- 298 hotryà- 254 -hnavâyya- 231 hyâh 303 ■hyè 198 •hva- vb 196 hvàya· vb 197 hvüryà- 260