Die rechtliche Beurteilung von Abgrabungen nach Bundes- und Landesrecht: Ein Beitrag zur Lösung des Problems paralleler Genehmigungsverfahren [1 ed.] 9783428481415, 9783428081417


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German Pages 433 Year 1994

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Die rechtliche Beurteilung von Abgrabungen nach Bundes- und Landesrecht: Ein Beitrag zur Lösung des Problems paralleler Genehmigungsverfahren [1 ed.]
 9783428481415, 9783428081417

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RUDOLF BÜLLESBACH Die rechtliche Beurteilung von Abgrabungen nach Bundes- und Landesrecht

Schriften zum Umweltrecht Herausgegeben von Prof. Dr. M i c h a e I K I o e p f e r , Berlin

Band 46

Die rechtliche Beurteilung von Abgrabungen nach Bundesund Landesrecht Ein Beitrag zur Lösung des Problems paralleler Genehmigungsverfahren

Von

Rudolf Büllesbach

Duncker & Humblot · Berlin

pie Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Büllesbach, Rudolf:

Die rechtliche Beurteilung von Abgrabungen nach Bundes- und Landesrecht : ein Beitrag zur Lösung des Problems paralleler Genehmigungsverfahren I von Rudolf Büllesbach. Berlin : Duncker und Humblot, 1994 (Schriften zum Umweltrecht ; Bd. 46) Zugl.: Bonn, Univ., Diss., 1993 ISBN 3-428-08141-2 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten © 1994 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Color-Druck Dorfi GmbH, Berlin Printed in Gennany ISSN 0935-4247 ISBN 3-428-08141-2

Vorwort Das Umweltrecht hat sich in den letzten Jahren zu einer eigenständigen und hochkomplexen Rechtsmaterie entwickelt. Die Vielzahl der sich ergänzenden Gesetze führen allerdings häufig zu Überschneidungen der einzelnen Regelungsbereiche. Das zeigt sich besonders deutlich bei Abgrabungen, für die je nach den Umständen des Einzelfalles eine Reihe von parallelen Genehmigungen eingeholt werden müssen. Sowohl für den Antragsteller als auch für die zuständigen Behörden ist dies mit Unsicherheiten bei der Bestimmung und Auslegung der jeweils anzuwendenden Normen verbunden. Die vorliegende Abhandlung lag der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn als Dissertation vor. Rechtsprechung und Literatur konnten bis März 1994 eingearbeitet und die Arbeit so noch ergänzt und aktualisiert werden. Meinen aufrichtigen Dank möchte ich Herrn Prof. Dr. Salzwedel aussprechen, der diese Arbeit angeregt und betreut hat. Er hat mich mit Rat und Tat unterstützt und freundlich begleitet. Aus der Teilnahme an seinen Seminaren und den Veranstaltungen des Instituts für Wasserrecht habe ich vielfältige Anregungen gewonnen. Herrn Prof. Dr. Löwer danke ich für die Übernahme und schnelle Erstellung des Zweitgutachtens. Für die Bearbeitung des Themas waren die vielen Gespräche wichtig, die ich während meiner Tätigkeit in den Umweltreferaten der Bezirksregierungen Rheinhessen-Pfalz und Koblenz geführt habe. Den Kolleginnen und Kollegen dieser Referate, die trotz der vielen und schwierigen Arbeit ihre Motivation nie verloren haben, gilt mein herzlicher Dank. Ich danke Frau Irmgard Joncic für die Herstellung der Druckvorlage. Besonderer Dank gebührt meiner Ehefrau Petra, die mir stets geduldig und aufmunternd zur Seite gestanden hat. Meinen Eltern und Schwiegereltern Edith und Kurt Woller möchte ich dafür danken, daß sie die Arbeit mit beeindruckendem Einsatz und großer Geduld mehrmals Korrektur gelesen haben. Ich widme diese Arbeit meiner Ehefrau und meinen Eltern, die mei-

6

Vorwort

nen bisherigen Lebensweg mit der bestmöglichen Unterstützung und menschlichen Zuwendung begleitet haben.

Mainz, im März 1994

Rudolf H. Büllesbach

Inhaltsübersicht Einleitung A. Einführung ................................................................................... 31 B. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 C. Zum Ablauf der Untersuchung . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 36 Erster Abschnitt Die für Abgrabungen erforderlichen Genehmigungsverfahren A. Die Rechtsgrundlagen für Abgrabungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 38

I.

Bergrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

II.

Wasserrecht ........ ...................................................... ........... . 44

ill.

Abgrabungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

N.

Baurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

V.

Wald- und Forstrecht ............................ ...................... .. ... ....... 55

VI.

Naturschutz- und Landschaftspflegerecht ..................................... 56

VII. Sonstige Genehmigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Vill. Bodenschutzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 62 B. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Zweiter Abschnitt Die Genehmigungsvoraussetzungen f"dr Abgrabungen nach Bundes- und Landesrecht A. Die Genehmigungsvoraussetzungen nach dem BBergG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 69

I.

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

8

Inhaltsübersicht ll.

Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

m.

Die bergrechtliehen Genehmigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 71

IV.

Einbeziehung fachfremder Belange in die Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . 83

V.

Die Tragweite der Rohstoffsicherungsklausel in§ 48 Abs. 1 S. 2 BBergG ............................................................................... 97

VI.

Ergebnis ............................................................................. 100

B. Die Genehmigungsvoraussetzungen nach den wasserhaushaltsrechtlichen Vorschriften ............................................................................... 102 I.

n.

m.

Das .,Wohl der Allgemeinheit" in§ 6 WHG ................................ 102 Die wasserrechtliche Planfeststellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 125 Die wasserrechtliche Erlaubnis und Bewilligung nach§§ 2 ff. WHG

208

C. Die Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Baurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 223

I.

Baugenehmigungspflichtige Abgrabungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223

ll.

Struktur der Baugenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . 224

ill.

Die Öffnungsklauseln im Baurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225

IV.

Bauordnungs- und bauplanungsrechtliche Anforderungen an Abgrabungen ......... .. ..... ....................... ................... ... .... .............. 225

V.

Vereinbarkeil mit dem sonstigen öffentlichen Recht ....................... 249

VI.

Ausschluß bauaufsichtlicher Kompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 249

Vll. Erweiterung der Sachentscheidungskompetenz der Bauaufsichtsbehörde ................................................................................. 250 Vill. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . 250

D. Die Genehmigungsvoraussetzungen nach den wald- undforstrechtlichen Vorschriften .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . .. .. . .. . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 252 I.

Die Umwandlungsgenehmiung nach § 9 BWaldG .................... .. ... 253

ll.

Baumschutzregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263

m.

Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264

E. Die Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Naturschutz- und Landschaftspflegerecht . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 265 I.

Die Eingriffsregelung des § 8 BNatSchG . . . ...... .. ......... .. .. . .. . . . . . . . . . 265

ll.

Anwendbarkeit der Eingriffsregelung auf Abgrabungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266

Inhaltsübersicht

9

m.

Struktur und Entscheidungsstufen .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 267

IV.

Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

F. Die Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Abgrabungsgesetz .. .. .. .. .. .. . 287 I.

Anwendungsbereich des Gesetzes .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 287

II.

Struktur der Abgrabungsgenehmigung .......................................... 288

ill.

§ 3 Abs. 2 AbgrG als Öffnungsklausel .. .. .. ........................ ......... 288

IV.

Ergebnis .......................................... ..... .............................. 291

G. Die Einbeziehung der Umweltverträglichkeitsprüfung in die bundes- und lan-

desrechtliehen Genehmigungsverfahren . .. . .. . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . .. . . .. .. . . . 292 I.

Die Richtlinie der EG über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-RL) . . .. .. . . . . . . . .. . . . . . . .. .. .. . .. .. .. . .. .. . .. . .. .. . . . . . .. . . . .. . . . . . . . .. . . . . .. . 292

II.

Das Gesetz über die UVP (UVPG) .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 297

ill.

Bedeutung des UVPG für Abgrabungen .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 299

IV.

Ergebnis ............................................................................. 301 Dritter Abschnitt Zur Lösung des Konkurrenzproblems in parallelen und konzentrierten Genehmigungsverfahren

A. Problemstellung . . . . . .. . . . . . . .. . . . . .. .. .. .. .. .. .. .. . .. . .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . 302 I.

Allgemeine Überlegungen .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 302

II.

Die rechtliche Relevanz für Abgrabungen .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 303

B. Die Konzentrationswirkung als Lösung des Konkurrenzproblems .. ... .. .. .. .. 304 I.

Wirkungen der Planfeststellung .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 304

II.

Die Reichweite der Konzentrationswirkung

305

m.

Durchbrechung der Konzentrationswirkung

307

IV.

Besonderheiten bei der Errichtung von Fischteichen .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 308

C. Die Konkurrenzlage bei parallelen Genehmigungsverfahren

311

I.

Lösungsmodelle in der Rechtsprechung und Literatur

312

II.

Analyse der methodischen Ansätze .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 319

m.

Stellungnahme ............................................................ .......... 321

Inhaltsübersicht

10

D. Die Konkurrenzlage bei § 8 BNatSchG .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 I.

Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. .. . . . . .. . . . . .. .. .. .. .. .. . .. . . . . . .. . .. . . . . . . 340

II.

Meinungsstand

340

m.

Stellungnahme

342

E. De lege ferenda . . . . . . . . . . . .. .. . . .. . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . .. . .. .. .. .. . . . . . . . .. . . .. . . . . . 343 I.

Einführung neuer Planfeststellungsverfahren .. .. .. . .. .. .. .. .. .. . .. . .. .. .. .. . 344

II.

Die Konzentration der Baugenehmigung . .. . .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. . .. 345 348

F. Ergebnis Vierter Abschnitt Die Rechte der Gemeinden

A. Einleitung . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . .. .. .. . .. . .. .. . . . . . . . . . . .. .. .. . .. . . . . . . . . . . . .. .. .. .. .. . . . . . .. .. 350

B. Die Rechtsgrundlagen . . . . . .. .. .. .. . .. .. .. . .. .. .. .. . .. . . .. .. . .. . . . . . .. .. .. . .. .. .. . . .. . .. .. 350 I.

Art. 28 Abs. 2 GG .. . .. .. .. .. .. .. .. ...... ... ... ..................... ... .. ....... .. 350

II.

§ 36 BauGB .. .. .. .. .. . .. . .. .. .. .. . .. .. .. .. . .. . .. .. .. .. . .. .. . .. .. .. . .. .. . .. .. . .. . .. .. 353

ill.

Ergebnis .. .. . . . . . .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. . .. . . . .. .. . .. . . . . .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . . . 357

C. Die Rechte der Gemeinden im Betriebsplanverfahren .. .. . .. . .. .. .. .. .. .. .. . .. .. . 358 I.

Die Beteiligung der Gemeinden als Planungsträger .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. . 359

II.

Art der Beteiligung .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. . .. .. .. . .. .. .. .. . .. .. .. .. . .. 360

ill.

Ergebnis . . . . .. . .. .. . . . . . . . . . . . . .. . . . . . .. . . . . . . . . .. .. . .. . .. .. .. .. . . . . .. . .. . .. .. .. .. .. . 362

D. Die Rechte der Gemeinden im wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren .......................... .......................... ............ ........................ 363 I.

Arten der Beteiligung .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. . .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. . .. . .. .. .. .. .. . .. . 363

II.

Verhältnis der wasserrechtlichen Planfeststellung zur Bauleitplanung . 366

ill.

Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz ............................ ...... ..... 370

IV.

Ergebnis ...................................................................... ..... .. 375

E. Die Rechte der Gemeinden nach § 36 BauGB ... .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 376 I.

Das Einvernehmen der Gemeinde ........ .. ................. .................. 376

Inhaltsübersicht

11

ll.

Die Rechtsnatur des Einvernehmens .......................................... 377

ffi.

Die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383

IV.

Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 Fünfter Abschnitt

Die Ergebnisse der Untersuchung Zusammenfassung der Ergebnisse

388

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403

Inhaltsverzeichnis Einleitung A. Einführung ................................................................................... 31 B. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 C. Zum Ablauf der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Erster Abschnitt Die für Abgrabungen erforderlichen Genehmigungsverfahren A. Die Rechtsgrundlagen für Abgrabungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . .. .. . 38 I.

Bergrecht . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 1. Die Unterscheidung zwischen bergfreien und grundeigenen Bodenschätzen ................................................................. 39 2. Die Bergbauberechtigungen für den Zugang zu den Bodenschätzen ........ .................................................................. 39 3. Das Betriebsplanverfahren zur Überwachung der Ausübung bergbaulicher Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 4. Das Verhältnis zu anderen Genehmigungsverfahren .................. 41 5. Konzentrationen im Betriebsplanverfahren ........................... ... 42

ll.

Wasserrecht .................................... .. ............ ....... ................. 44 1. Das wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 2. Das Plangenehmigungsverfahren ............................. ............. 47 3. Das Erlaubnis- und Bewilligungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

m.

Abgrabungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

IV.

Baurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

V.

Wald- und Forstrecht .. ... .............. .............. ................. ..... ....... 55

VI.

Naturschutz- und Landschaftspflegerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 56

14

Inhaltsverzeichnis VII. Sonstige Genehmigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 VIII. Bodenschutzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

B. Ergebnis .. ................................................. ................................... 65 Zweiter Abschnitt Die Genehmigungsvoraussetzungen für Abgrabungen nach Bundes- und Landesrecht A. Die Genehmigungsvoraussetzungen nach dem BBergG . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . 69 I.

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

II.

Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

III.

Die bergrechtliehen Genehmigungen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 1. Die Bergbauberechtigungen für den Zugang zu den bergfreien Bodenschätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 a) Struktur der bergbauliehen Berechtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 b) Die Öffnungsklausel des§ 11 Nr. lO BBergG ..................... 72 2. Die Zulassung des Betriebsplans für die Ausübung bergbaulicher Tätigkeit . . . . ... .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . .. . . .. . . . . . . ..... .. .. .. ... ............ 74 a) Struktur der Betriebsplanzulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 b) Die Öffnungsklausel im Betriebsplanzulassungsverfahren ...... 75 aa)

bb)

Die Gemeinschadenklausel in § 55 Abs. 1 Nr. 9 BBergG

75

(1)

Darstellung des Meinungsstandes ........ .... ...... .... 75

(2)

Stellungnahme ... ..... ....................... ..... ...... .... 76

§ 48 Abs. 2 BBergG als Öffnungsklausel .................... 78

(1)

Darstellung des Meinungsstandes ............ .......... 78

(2)

Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 (a) Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 (b) Praktische Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 80

3. Das bergrechtliche Planfeststellungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 4. Zwischenergebnis ............................................................. 83 IV.

Einbeziehung fachfremder Belange in die Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . .. . 83 1. Einbeziehung wasserrechtlicher Belange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 a) Die Zuständigkeitskonzentration in§ 14 Abs. 2 und 3 WHG .. 84

Inhaltsverzeichnis b) Weitere wasserrechtliche Kompetenzen der Bergbehörden

15 85

c) Praktische Probleme der Zusammenarbeit .............. .. ... ...... . 86 2. Einbeziehung baurechtlicher Belange .. .......................... ......... 87 a) Bauordnungsrechtliche Voraussetzungen ........................... 87 b) Bauplanungsrechtliche Voraussetzungen ................ .... ........ 87 aa)

Die Berücksichtigung öffentlicher Belange gern. § 35 Abs. 3 BauGB .......................................... ........... 88

bb)

Die Ziele der Raumordnung und der Landesplanung .... . 89 (1)

§ 35 Abs. 3 S. 3 Hs. 1 BauGB .. .. .. .. .. .. .... .. .. .. .. . 90

(2)

§ 35 Abs. 3 S. 3 Hs. 2 BauGB .. .. .. .. .. .. .... .. .. .. ... 92

3. Einbeziehung forstrechtlicher Belange .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 93 4. Einbeziehung naturschutzrechtlicher Belange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 a) Die besonderen Regelungen im BBergG .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 94 b) Die allgemeinen Regelungen des BNatSchG .............. .. .. .. ... 96 V.

Die Tragweite der Rohstoffsicherungsklausel in§ 48 Abs. 1 S. 2 BBergG ................ .... .............................. ................. .. .......... 97

VI.

Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

B. Die Genehmigungsvoraussetzungen nach den wasserhaushaltsrechtlichen Vorschriften ................................................................................ 102

I.

Das "Wohl der Allgemeinheit" in§ 6 WHG .... ............................ 102

1. Der Regelungsbereich des § 6 WHG

103

a) Darstellung des Meinungsstandes

104

aa)

Die älteren Meinungen .. .. .... .... .. .. .. .. .. .. .. .. .. ...... .. .. .. 104

bb)

Die Entscheidungen des BVerwG vom 10.02.1978 und des BVerfG v. 15.07.1981 .......................... .. ......... 105

cc)

Die Entscheidungen des BVerwG vom 17.05.1985 und vom 17.03.1989 .............. .... .............. .. .... ..... ....... 106

dd)

Der heutige Meinungsstand .... .. .............................. 107

b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 aa)

Interpretation und Reichweite der Entscheidungen des BVerwG .................................... ... ................... .. 109

bb)

Die Auslegung der Gemeinwohlklausel ........ .... .... ..... 110 (1)

Grammatikalische Auslegung des§ 6 WHG .. .... . 110

Inhaltsverzeichnis

16 (2)

Vergleichende Auslegung

(3)

Historische Auslegung ................................... 113

(4)

Teleologische Auslegung ............ .. . .. ... ... . .. .. . .. 114

111

(a) Das Zwei-Stufen-Modell .................. . ........ 114 (b) Der Minimalstandard des Gewässerschutzes .. 116

(c) Die einzelfallbezogene Optimierung des Gewässerschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 (d) Ergebnis ......... ......... ........... .. ................ 120 (5) cc)

Beachtung der gesetzlichen Kompetenzordnung und des Bestimmtheilsgebots ........................... 120

Ergänzung der Gemeinwohlklausel durch das Naturschutzrecht ..... ......................... ........................... 121

2. Zusammenfassung ........... ....... ..... ................. .. ....... ......... .. 124 3. Ergebnis mit Folgerungen fiir Abgrabungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 ll.

Die wasserrechtliche Planfeststellung .................................. ... .... 125 1. Rechtsgrundlagen des Gewässerausbaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

2. Wesen eines Gewässerausbaus ............................................ 127 a) Privat- und gemeinnützige Planfeststellungen ....... .............. 127 b) Kritik an der Rechtsprechung des BVerwG ....................... 128 c) Stellungnahme ............................................................ 128 d) Neuere Entwicklungen in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . 129 3. Einordnung der verschiedenen Abgrabungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 a) Abgrabungen als Ausbauvorhaben ... ................. .............. 131 aa)

bb)

cc)

Sand- und Kiesgewinnung ...................................... 132 (1)

Rechtliche Überlegungen

132

(2)

Praktische Überlegungen

132

(3)

Bedeutung des subjektiven Unternehmerwillens ... 133

Teiche und Weiher ............. .......... ................... ... .. 134 (1)

Begriffsbestimmungen .............. ..................... 134

(2)

Die Regelung des§ 1 Abs. 2 WHG .... .............. 135

(3)

Reichweite des§ 1 Abs. 2 WHG ... ................ .. 136

Wasserflächen fiir den Bergbau ........................... .... 137

dd)

Inhaltsverzeichnis

17

Abgrenzung zur Gewässerunterhaltung

137

b) Abgrabungen als privat- oder gemeinnützige Ausbauvorhaben

140

aa)

Abbau von Kies und Sand .. . ... ......... ... ..... .. . . .. . . .. ..... 140

bb)

Feuchtbiotope und sonstige Teiche .......................... 142

4. Die Entscheidung über die Planfeststellung ............................ 143 a) Gemeinnützige Planfeststellungsverfahren . . . . . . . . . . ...... ......... 143 aa)

Struktur und Entscheidungsstufen ............................ 144 (1)

Dieplanerische Gestaltungsfreiheit ................... 145 (a) Inhalt . . . . . ... ......... ..... ......... .. . .. . . . . .. . . . . . . . . . 145 (b) Kritik an der Rechtsprechung .......... .......... . 146

(c) Stellungnahme ........ .................... ............ 146 (2)

Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit

148

bb)

Die Planrechtfertigung ..... ..... ................................ 149

cc)

Die Planungsleitsätze ............... .................. .... ....... 151

dd)

Das Abwägungsgebot .. .. .. .. . .. . .. .. ... .. . . .......... .......... 155

ee)

(1)

Die Abwägungsfehlerlehre . . . ............... .. . . . . .. . .. 156

(2)

Abwägungsvorgang und Abwägungsergebnis ... .. 158

(3)

Abwägungsausfall und Abwägungsdefizit ........... 160

(4)

Abwägungsfehleinschätzung und Abwägungsdisproportionalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

Rechtsfolge von Abwägungsfehlern ................ ........ . 166

b) Privatnützige Ausbauvorhaben ..... ....................... ... .... ... . 168 aa)

Struktur und Entscheidungsstufen .............. ........ ... ... 168

bb)

Zwingende Versagungsgründe .......................... .. ... . 170 (1)

Wasserrechtliche Versagungsgründe ................. 170 (a) Versagung nach§ 34 WHG ....................... 171 (b) Versagung aus Gründen des Allgemeinwohls . 172

(c) Abgrenzung zwischen§ 34 und§ 6 WHG .... 174 (d) Schutzanordnungen von Wasserschutzgebietsfestsetzungen ... .... ... ................. .. . .. .. .. . . .. . 175 (2)

Naturschutzrechtliche Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179

Inhaltsverzeichnis

18

(a) Planfeststellungen als Eingriffe in Natur und Landschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 (b) Reichweite der Landwirtschaftsklausel ......... 180

(c) Unterlassung vermeidbarer Eingriffe ........... 182 (d) Untersagung des Eingriffs nach § 8 Abs. 3 BNatSchG ...................................... ....... 185 (e) Einordnung des§ 8 Abs. 3 BNatSchG als Versagungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 (t) Versagung nach§§ 12 ff. BNatSchG ........... 194

(3)

Baurechtliche Gründe .................................... 196 (a) Die uneinheitliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ................................. 196 (b) Schrifttum und Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

(c) Stellungnahme . . . . ........... ...... ... . . . . . . .. . . . . . ... 200 cc)

Das Bewirtschaftungsermessen ............................... 203

dd)

Die planecisehe Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

m.

Die wasserrechtliche Erlaubnis und Bewilligung nach §§ 2 ff. WHG . 208 1. Abgrenzung zum Gewässerausbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 2. Abgrabungen als Gewässerbenutzungen nach § 3 WHG ......... ... 209 a) Naßabgrabungen mit späterer Wiederverfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 b) Trockenabgrabungen ................................................... 211 3. Wesen der Erlaubnis und der Bewilligung .............................. 212 a) Abgrenzung nach Inhalt und Rechtsstellung ....................... 212 b) Befristung der Erlaubnis ............................................... 213 4. Struktur der Entscheidung

214

5. Versagung nach § 6 WHG

215

a) Beschränkung der Gemeinwohlklausel ............................. 215 b) Sicherung der öffentlichen Wasserversorgung .................... 215 6. Erlaß von Nebenbestimmungen ............... .......... .............. .... 218 7. Rechte des Nachbarn . . . . .. .. .. .. . . . . . . . . .. . . ....... .. . .............. .. .. ... . 218 a) Meinungsstand ................................... .... ...... ..... ......... 219

Inhaltsverzeichnis

19

b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 8. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 C. Die Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Baurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . .. . .. 223

I.

Baugenehmigungspflichtige Abgrabungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . 223

ll.

Struktur der Baugenehmigung . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 224

m.

Die Öffnungsklauseln im Baurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 225

IV.

Bauordnungs- und bauplanungsrechtliche Anforderungen an Abgrabungen ............................................................................... 225 1. Bauordnungsrechtliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 a) Anforderungen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 b) Gestalterische Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 2. Bauplanungsrechtliche Anforderungen .................................. 229 a) Anwendbarkeit bauplanungsrechtlicher Vorschriften .. ..... .... 229 b) Zulässigkeitsvoraussetzungen für Abgrabungen .................. 230 aa)

bb)

Abgrabungen als privilegierte Vorhaben ................... 231 (1)

§ 35 Abs. 1 Nr. 4 2. Alt. BauGB .......... .. ......... 232

(2)

§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB ..................... ..... .... 233

Entgegenstehende öffentliche Belange (1)

Abwägung ohne Kompensation

235 235

(2) . Die öffentlichen Belange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 (a) Darstellungen des Flächennutzungsplans und Ziele der Raumordnung und Landesplanung . . 236 (b) Umweltrechtliche Belange ......................... 244 c) Schutz des Mutterbodens .. .. .......................................... 248 V.

Vereinbarkeit mit dem sonstigen öffentlichen Recht ....................... 249

VI.

Ausschluß bauaufsichtlicher Kompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

Vll. Erweiterung der Sachentscheidungskompetenz der Bauaufsichtsbehörde ................................................................................. 250 Vill. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250

20

Inhaltsverzeichnis

D. Die Genehmigungsvoraussetzungen nach den wald- und forstrechtlichen Vorschriften . . . . . .. . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. . .. .. . . . .. . . . . . .. . . . . . . .. . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . .. 252 I.

Die Umwandlungsgenehmigung nach§ 9 BWaldG ........................ 253 1. Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 253 2. Struktur und Entscheidungsstufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 a) Das Abwägungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 254 aa)

Inhalt . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 254

bb) Belange der Allgemeinheit .. . . . . . .. .. ..... .......... ........ ... 255 cc)

Private Belange ................ ............................ .... ... 256

b) Die Gewichtungsregel des§ 9 Abs. 1 S. 3 BWaldG

257

c) Regelbeispiele für vorrangige öffentliche Interessen

258

3. Die Entscheidung über die Waldumwandlung ......................... 260 a) Meinungsstand

260

b) Stellungnahme

261

II.

Baumschutzregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 263

ill.

Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264

E. Die Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Naturschutz- und Landschaftspflegerecht . . . . . .. . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . .. 265 I.

Die Eingriffsregelung des § 8 BNatSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265

II.

Anwendbarkeit der Eingriffsregelung auf Abgrabungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266

m.

Struktur und Entscheidungsstufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 1. Verbot vermeidbarer Beeinträchtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269

2. Gebot von Ausgleichmaßnahmen bei unvermeidbaren Beeinträchtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 3. Untersagung des Eingriffs .................................................. 273 4. Gebot von Ersatzmaßnahmen ..................... ......... ... ....... ..... . 274

5. Ausgleichsabgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 a) Rechtmäßigkeit von Ausgleichsabgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 b) Formen der Ausgleichsabgaben . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 c) Höhe der Ausgleichsabgaben .... ..................................... 280 6. Verhältnis zu anderen Umweltgesetzen ...... ... ......................... 281 a) Verhältnis zum Wasserrecht ................................... ....... 281

Inhaltsverzeichnis b) Verhältnis zum Wald- und Forstrecht

21 284

c) Verhältnis zum Abgrabungsgesetz ................................... 284 IV.

Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

F. Die Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Abgrabungsgesetz . . . . . . . . . . . . . 287 I.

Anwendungsbereich des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 287

ll.

Struktur der Abgrabungsgenehmigung .......................................... 288

ill.

§ 3 Abs. 2 AbgrG als Öffnungsklausel ....................................... 288

1. Belange der Bauleitplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 289 2. Ziele der Raumordnung und Landesplanung ...................... ..... 290 3. Landschaftsordnung und sonstige öffentliche Belange . . . . . . . . . . . . . . . 291 IV.

Ergebnis ............................................... ......... .............. ....... 291

G. Die Einbeziehung der Umweltverträglichkeitsprüfung in die bundes- und landesrechtliehen Genehmigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 I.

Die Richtlinie der EG über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-RL) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 1. Rechtsgrundlagen und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 2. Inhalt der UVP-RL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 3. Umsetzung der UVP-RL in deutsches Recht ........................... 295

II.

Das Gesetz über die UVP (UVPG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297

ill.

Bedeutung des UVPG für Abgrabungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 299

IV.

Ergebnis

301

Dritter Abschnitt Zur Lösung des Konkurrenzproblems in parallelen und konzentrierten Genehmigungsverfahren A . Problemstellung . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 I.

Allgemeine Überlegungen . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302

ll.

Die rechtliche Relevanz für Abgrabungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303

B. Die Konzentrationswirkung als Lösung des Konkurrenzproblems . . . . . . . . . . . . . 304 I.

Wirkungen der Planfeststellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304

ll.

Die Reichweite der Konzentrationswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305

22

Inhaltsverzeichnis 1. Meinungsstand

305

2. Stellungnahme

306

m.

Durchbrechung der Konzentrationswirkung .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 307

IV.

Besonderheiten bei der Errichtung von Fischteichen .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 308

C. Die Konkurrenzlage bei parallelen Genehmigungsverfahren .................... 311 I.

Lösungsmodelle in Rechtsprechung und Literatur .............. .. .. ....... 312

1. Das Modell der Vollbindung ............................................ ... 312 2. Das Separationsmodell ...................................................... 314 3. Das Modell der Fachbindung .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 316

n. m.

Analyse der methodischen Ansätze .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 319 Stellungnahme ........................................................... .. ..... .... 321

1. Bedenken gegen das Modell der Vollbindung ................ .......... 321 2. Schwächen des Modells der Fachbindung .............................. 322 3. Das Separationsmodell als de lege lata richtige Lösung .. .. .. .. .. .. . 324 4. Bedeutung der Lösung für Abgrabungen ................................ 332

D. Die Konkurrenzlage bei § 8 BNatSchG .. .. .. .. .... .. .. .............................. 339

I.

Problemstellung . . . .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . . . . . . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . .. .. .. .. . . . .. 340

ll.

Meinungsstand .. .. .. . .. .. . . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. . .. .. . .. .. . .. . .. .. .. .. . .. .. .. .. 340

1. Entscheidung im Verfahren mit dem schwersten Gefahrdungspoten-

tial ...................... ... ....................................................... 340

2. Entscheidung im Baugenehmigungsverfahren .................. ........ 341

m.

Stellungnahme .. .. .. .. .. .. . . . . .. .. .. .. .. .. .. .. ... .. .. .. . . .. . . . . . . . .. .. . .. .. . . . . .. . . . 342

E. De lege ferenda . . . .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. . .. .. .. .. .. .. .. . . .. .. . .. . . .. .. .. . . . . . 343 I.

Einführung neuer Planfeststellungsverfahrenen .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 344

ll.

Die Konzentration der Baugenehmigung .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 345

1. Die Vorschläge im Schrifttum .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 345 2. Bedenken gegen eine Konzentrationswirkung der Baugenehmigung ............................................................................. 345

F. Ergebnis . .. .. . . .. .. .. . . .. .. .. .. .. .. . . . . . . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 348

Inhaltsverzeichnis

23

Vierter Abschnitt Die Rechte der Gemeinden A. Einleitung ................................................ ...... ............................. 350 B. Die Rechtsgrundlagen . . . . . . . . .. .. .. .. .. .. .. .. . .. . . . . .. . . . . .. .. . . . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . 350 I.

Art. 28 Abs. 2 GG .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .... .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 350

ll.

§ 36 BauGB .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 353

1. § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB ........ ........................ .................... 353 2. Abgrabungen, die der Bergaufsicht unterliegen .............. ......... 354 3. Die Entscheidung über Abgrabungen im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 4. Abgrabungen, die keiner Baugenehmigung bedürfen .. .... .... .. .... 356

5. Abgrabungen nach dem Abgrabungsgesetz .................... ...... .. . 356 ill.

Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357

C. Die Rechte der Gemeinden im Betriebsplo.nverfahren .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 358 I.

Die Beteiligung der Gemeinden als Planungsträger .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 359

ll.

Art der Beteiligung .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 360

m.

Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362

D. Die Rechte der Gemeinden im wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren 363 I.

Arten der Beteiligung .. .. .. .. .. .. .. .... .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 363

1. Die Beteiligung der Gemeinde als Träger öffentlicher Belange .. .. 364 2. Die Gemeinde als Einwendungsberechtigte ............................ 366 ll.

Verhältnis der wasserrechtlichen Planfeststellung zur Bauleitplanung . 366 1. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. . . . .. .. .... ......................... ... .. . 368

m.

Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz .......................... .... .. .... ... 370

1. Beeinträchtigung der gemeindlichen Planungshoheit .. .. .. .. .. .. .. .. . 370 2. Beeinträchtigung des Selbstgestaltungsrechts .......................... 372 3. Geraludung der Wasserversorgung ...................................... 373 4. Verletzung des Abwägungsgebots ........................................ 374

Inhaltsverzeichnis

24

5. Verletzung privater Rechte ................................................. 374 IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. .. .. .. .. .. .. . . . . . . . . . . . . . . 375 E. Die Rechte der Gemeinden nach § 36 BauGB .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 376 I.

Das Einvernehmen der Gemeinde .. . .. .. .. .. . .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 376

II.

Die Rechtsnatur des Einvernehmens .. .. .. .. .. . .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. . 377 1. Die Auffassung der Rechtsprechung und des überwiegenden Schrifttums ..... ............ .. .. ..... ................... .... ... ...... ... ... .... . 377 2. Kritik und Stellungnahme .................................................... 380

m.

Die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 383 1. Kein Ermessen der Gemeinde .. .. . .. .. . .. . .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 384 2. Voraussetzungen für die Einvernehmensecteilung .................... 385

IV.

Ergebnis . .. . . .. . .. .. .. . . .. . . . . . .. .. .. .. .. . .. .. . .. .. .. . .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . 387 Fünfter Abschnin Die Ergebnisse der Untersuchung

Zusammenfassung der Ergebnisse

388

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403

Abkürzungsverzeichnis a.A. a.a.O. a.E. a.F. AAVO AbfG ABG abgedr. AbgrGNW ABI. EG Abs. AgrarR allg. ALR

Alt.

amtl. Anm. AöR Art. AS AT AtAnVO AtG AtVfV Aufl. Az. ÄndG ÄndG BadWürttVGH BauFreiVO BauGB BauNVO

anderer Ansicht am angegebenen Ort amEnde alte Fassung, alte Folge Ausgleichsabgabenverordnung Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen (Abfallgesetz) Allgerneines Berggesetz abgedruckt nordrhein-westfälisches Gesetz zur Ordnung von Abgrabungen (Abgrabungsgesetz) Amtsblatt der Europäischen Gerneinschaft Absatz Agrarrecht (Zeitschrift) allgernein Allgemeines Landrecht für die preussischen Staaten von 1794 Alternative amtlich(e,er) Anmerkung Archiv des öffentlichen Rechts (Zeitschrift) Artikel Amtliche Sammlung von Entscheidungen der Oberverwaltungsgeeichte Rheinland-Pfalzund des Saarlands Allgerneiner Teil Verordnung über das Verfahren bei der Genehmigung von Anlagen nach § 7 des Atomgesetzes (Atornanlagenverordnung) Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atorngesetz) Verordnung über das Verfahren bei der Genehmigung von Anlagen nach§ 7 des Atomgesetzes (Atornrechtliche Verfahrensverordnung) Auflage Aktenzeichen Änderungsgesetz Änderungsgesetz Baden-Württernbergischer Verwaltungsgerichtshof Baufreistellungsverordnung Baugesetzbuch Baunutzungsverordnung

26 BauO/BO BauR Bay., bay. BayOLG BayVBl. BayVerfGH BayVGH BBauBl BBauG BBergG Bd. betr. BGB BGBI. BGH BGHZ BlmSchG

Bln BNatSchG BO BR Br BR-Drs. BReg. Brem, brem BRS

BT BT-Drs. Buchholz BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE BW BWaldG

Abkürzungsverzeichnis Bauordnung Baurecht, Zeitschrift für das gesamte öffentliche und zivile Baurecht Bayern, bayerisch Bayerisches Oberlandesgericht Bayerische Verwaltungsblätter (Zeitschrift) Bayerischer Verfassungsgerichtshof Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Bundesbaublatt (Zeitschrift) Bundesbaugesetz Bundesberggesetz Band, Bände betrifft, betreffend Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz) Berlin (Berliner) Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzge-setz) Bauordnung Bundesrat Brandenburg Drucksachen des Bundesrats Bundesregierung Bremen, bremisch Baurechtssammlung, Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und anderer Gerichte zum Bau- und Bodenrecht, begründet von Fr. Thiel, weitergeführt von K.Gelzer Deutscher Bundestag Drucksachen des Deutschen Bundestages Sammet- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, hrsg. von K.Buchholz, Loseblatt Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Baden-Württemberg, baden-württembergisch Gesetz zur Erhaltung des Waldes und zur Förderung der Forstwirtschaft (Bundeswaldgesetz)

Abkürzungsverzeichnis

BWVPr. bzgl. bzw. ca. d.h. ders. dies. DIN Diss. DÖV DVBI. DVGW DVP (RhPt) E EG Einl. Erl. ESVGH etc. EWG f. ff. FlurbG Fn. FStrG GaststG GBI. gern. GewArch GG ggf. GO/GemO GVBI. GWF h.M. Hbg HdW,R HENatG Hess., hess. HessVGH HFG

27

Baden-Württembergische Verwaltungspraxis (Zeitschrift) bezüglich beziehungsweise cirka das heißt derselbe dieselben Deutsche Industrienorm (Deutsches Institut für Industrienorm e.V) Dissertation Die Öffentliche Verwaltung (Zeitschrift) Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift) Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. Deutsche Verwaltungspraxis - Beilage RheinlandPfalz (Zeitschrift) Entscheidung Europäische Gemeinschaft Einleitung Erläuterungen Entscheidungssammlung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs BadenWürttemberg et cetera Europäische Wirtschaftsgemeinschaft folgende, für fortfolgende Flurbereinigungsgesetz Fußnote(n) Bundesfernstraßengesetz Gaststättengesetz Gesetzblatt gemäß Gewerbearchiv (Zeitschrift) Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls Gemeindeordnung Gesetz- und Verordnungsblatt Das Gas- und Wasserfach (Zeitschrift) herrschende Meinung Hamburg, hamburgisch Handbuch des Deutschen Wasserrechts, Band 5 (Rechtsprechung) Hessisches Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege Hessen, hessisch Hessischer Verwaltungsgerichtshof Hessisches Forstgesetz

28 HKWP Hrsg. Hs. i.d.F i.d.R. i.d.S. i.S. i.S.d. i.V.m. JA JR Jura JuS JZ LBauO/LBO LFG/LFoG LG LKV LPflG/LPflegG

Ls.

LT-Drs. LuftVG LWaldG LWG m.w.N. MB I. NatSchG/NatG Nds., nds. NJW Nr., Nm. NStZ NuL NuR NVwZ NVwZ-RR NW,nw. NWVBI. OLG OVG OVGE PrWG RdL Rdn. RdWWi

Abkürzungsverzeichnis Handbuch der kommunalen Wirtschaft und Praxis, hrsg. von Günter Püttner Herausgeber, herausgegeben Halbsatz in der Fassung in der Regel in diesem Sinne im Sinne im Sinne des, im Sinne der in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter (Zeitschrift) Juristische Rundschau Jura (Zeitschrift) Juristische Schulung (Zeitschrift) Juristenzeitung Landesbauordnung Landesforstgesetz Landschaftsgesetz Landes - & Kommunalverwaltung (Zeitschrift) Landschaftspflegegesetz, Landespflegegesetz Leitsatz Landtagsdrucksache Luftverkehrsgesetz Landeswaldgesetz Landeswassergesetz mit weiteren Nachweisen Ministerialblatt Naturschutzgesetz Niedersachsen, niedersächsisch Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Nummer, Nummern Neue Zeitschrift für Strafrecht Natur und Landschaft (Zeitschrift) Natur und Recht (Zeitschrift) Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht NVwZ-Rechtsprechungsreport Nordrhein-Westfalen, nordrhein-westfälisch Nordrhein-westfälische Verwaltungsblätter (Zeitschrift) Oberlandesgericht Oberverwaltungsgericht Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster sowie für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein Preußisches Wassergesetz Recht der Landwirtschaft (Zeitschrift) Randnummer(n) Recht der Wasserwirtschaft (Zeitschrift)

Abkürzungsverzeichnis RegE RhPf ROG Rspr.

s.

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s.o. Saarl SaarNG SchlHAnz

SH, sh std. Rspr. TZ u.a. u.U. UPR UTR UVP UVPGE

UVP-RL

V.

VBlBW

VerwArch VerwRsp. VG VGH vgl.

vo

Vorbem. VPO VR VVDStRL

VwGO VwVfG WaStrG WG

29

Regierungsentwurf Rheinland-Pfalz Raumordnungsgesetz Rechtsprechung Seite(n), Satz siehe siehe oben Saarland, saarländisch Saarländisches Naturschutzgesetz Schleswig-holsteinischer Anzeiger (Zeitschrift) Schleswig-Holstein, schleswig-holsteinisch ständige Rechtsprechung Textzahl und andere, unter anderem unter Umständen Umwelt- und Planungsrecht (Zeitschrift) Umwelt- und Technikrecht (Schriftenreihe der Forschungsstelle für Umwelt- und Technikrecht an der Universität Trier) Umweltverträglichkeitsprüfung Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie des Rats vom 27.06.1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaft über die Umweltver-träglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (85/337 /EWG) von, vom Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg (Zeitschrift) Verwaltungsarchiv (Zeitschrift) Verwaltungsrechtsprechung in Deutschland Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof vergleiche Verordnung Vorbemerkung Verwaltungsprozeßordnung Verwaltungsrundschau (Zeitschrift) Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer (Zeitschrift) Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Bundeswasserstraßengesetz Wassergesetz

30

WHG

WiVerw. wtrw z.B. z.T. ZtB ZtBR

zru

ZfW zit.

Abkürzungsverzeichnis Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wassergesetz) Wirtschaft und Verwaltung (Zeitschrift) Das Wassertriebwerk (Zeitschrift) zum Beispiel zum Teil Zeitschrift für Bergrecht Zeitschrift für deutsches und internationales Baurecht Zeitschrift für Umweltpolitik und Umweltrecht Zeitschrift für Wasserrecht zitiert

Einleitung A. Einführung Abgrabungen sind für längere Zeit bestimmte, künstliche Veränderungen der natürlich gegebenen oder vorgefundenen Erdoberfläche durch Senkung des Bodenniveaus1• Sie sind verbunden mit sehr unterschiedlichen Interessen:

1. Wirtschaftliche Interessen stehen im Vordergrund bei der Gewinnung von Bodenschätzen. 2. Private Interessen fmden sich bei der Errichtung von Fischteichen, Weihern und Tümpeln. 3. Öffentliche Interessen werden mit der Herstellung von Feuchtbiotopen verfolgt. Eine Vielzahl von Bodenschätzen2 werden im übertägigen Abbau oberflächennaher Lagerstätten gewonnen, der in der Regel mit einem großen Flächenverbrauch gekoppelt ist, sich über einen relativ langen Zeitraum erstreckt (5-50 Jahre) und zu erheblichen Veränderungen des optischen Erscheinungsbildes der Landschaft führt. Für die Bundesrepublik wird der jährliche Bedarf an Abbaufläche auf 5000-5500 Hektar geschätzt3 • Setzt man diesen Bedarf in Beziehung zur Bevölkerung, werden 10 qm/Person ständig für den Abbau oberflächennaher Lagerstätten benötigt. Zu den wichtigsten raumrelevanten Abgrabungen gehören der Kies-, Ton- und Sandabbau, der Braunkohlenabbau sowie die Kalk- und Sandsteinbrüche4 •

1 So Zinkahn, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 29 Rdn. 33; Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 9 Rdn. 61; Simon, BayBO, Art. 2 Rdn. 113; zu eng Schneider, DÖV 1988, 858, der Abgrabungen ausschließlich mit der Gewinnung von grundeigenen Bodenschätzen verbindet. 2 Ausführlich zur Auslegung dieses Begriffes vgl. BVerwG, NVwZ-RR 1991, 13 (14 f.). 3 Lübbe, Baggerseen, S. 24. Insgesamt werden täglich ca. 120 Hektar Fläche für Siedlungsmaßnahmen, den Verkehrswegebau oder ähnliche Maßnahmen verbraucht; vgl. Schink, NWVBI. 1991, 74 m.w.N. 4 Zu den Perspektiven der Rohstoffgewinnung vgl. Kühne/Gaentzsch, Wandel und Beharren im Bergrecht, S. 7 ff.

32

Einleitung

Der Abbau dieser Bodenschätze erfolgte mit Ausnahme des Braunkohlentagebaus lange Zeit ungeordnet und ohne wirkliche Kontrolle5 • Anfang der 70er Jahre kam man im Zeichen einer steigenden Sensibilisierung für die ökologischen Folgen von Abgrabungen zu der Erkenntnis, daß eine ungehemmte Ausbeute nicht länger tolerierbar sei, da der weitaus größte Teil der abgegrabenen Flächen als ausgedehnte, offene Gewässer verbleibt und dadurch einen nachhaltigen Eingriff in den Naturhaushalt und in das Gefüge der Landschaft darstellt. Zwischen der Rohstoffgewinnung und der öffentlichen Wassergewinnung besteht eine naturgegebene Interessenkollision, da·die abbauwürdigen Rohstoffe - insbesondere Kies und Sand - zugleich auch die besten Grundwasserleiter sind6 • Durch Abgrabungen können die Grundwasservorkommen sowohl qualitativ als auch quantitativ beeinträchtigt werden, weil durch die Freilegung des Grundwassers in Baggerseen die Verschmutzungsgefahr zunimmt, die Wassersituation im Freilegungsbereich und in der näheren Umgebung verändert und die Verdunstung7 erhöht werden. Hinzu kommt, daß im Braunkohlenrevier das Grundwasser durch Abpumpen gesenkt und abgeleitet werden muß, um trockene Gewinnungsorte zu schaffen8• Diese mit Abgrabungen verbundene Rohstoffgewinnung berührt daher zwangsläufig die Belange der Trinkwasserversorgung. Kollisionen treten auch auf mit anderen öffentlichen Belangen, insbesondere mit der Landesplanung und Raumordnung, dem Naturschutz und der Landespflege, der Bauleitplanung, der Forstwirtschaft und nicht zuletzt mit der Wasserwirtschaft. Nicht zu vergessen sind schließlich die wirtschaftlichen Interessen des Abgrabungsunternehmers9 5 Vgl. Uechtritz, VBIBW 1984, 6; Czychowski, DVBI. 1976, 132; Brohm, NJW 1980, 857; Balzer, BWVPr. 1979, 268. 6 Hierauf wird auch ausdrücklich hingewiesen von BVerfGE 58, 300 (344) = NJW 1982, 745 (751) im Naßauskiesungsbeschluß. 7 Eine offene Wasserfläche ist gegenüber dem durch Deckschichten geschützten Grundwasser einer um etwa 65 % höheren Verdunstung ausgesetzt; vgl. dazu Czychowski, DVBI. 1976, 132. Zur Frage, welche technischen Maßnahmen durchgefiihrt können, um die Verdunstung freier Wasserflächen herabzusetzen, vgl. Lüttig, Kommentar zur Frage des Baggersee-Verdunstens, S. 46 m.w.N .. Nach BVerfGE 58, 300 (344) stellt das Zuschütten der Baggerseen kein geeignetes Mittel dar, der Gefahr zu begegnen. 8 Weitere wasserwirtschaftlich bedeutsame Maßnahmen, die mit der Rohstoffgewinnung verbunden sind, fmden sich bei Bartsch, ZfW 1963, 141. 9 Zur wirtschaftlichen Bedeutung des Kiesabbaus vgl. Linke, Rohstoffgewinnung und Umweltschutz, in: Speetzen, Rohstoffe und Umwelt, S. 21; Maute , BWVPr.

B. Problemstellung

33

sowie die politischen Bestrebungen des Staates an einer Sicherung der Rohstoffgewinnung, der Förderung von mittelständischen Unternehmen sowie der Erhaltung von Arbeitsplätzen. Bis auf die letzten Gesichtspunkte zeigen sich ähnliche Probleme bei den Abgrabungen zur Errichtung von Fischteichen, Weihern und Tümpeln. Auch diese sind in der Regel verbunden mit der Verletzung von Boden- und Deckschichten sowie dem Freilegen des Grundwassers. Angesichts der immer größer werdenden Freizeit der Menschen und dem Drang, möglichst viel Zeit in der Natur zu verbringen, erwarten die Wasserbehörden in den nächsten Jahren eine Vielzahl von Verfahren. Alleine in der Pfalz geht man davon aus, daß dort bereits ca. 600 Fischteiche in landschaftlich reizvollen Gegenden (teilweise ungenehmigt) errichtet wurden10 • Ein Ende der Entwicklung ist nicht in Sicht. Die Länder sind bestrebt, durch verschiedene Abgrabungen eine Vernetzung von Feuchtbiotopen zu erreichen. Dadurch soll ein "funktionsfahiges organisches Ganze·11 gebildet werden, das die Lebenschancen wildwachsender Pflanzen und wildlebender Tiere sichern soll.

B. Problemstellung

Schulte hat darauf hingewiesen, es sei erstaunlich, in wie großem Umfang es immer wieder Abgrabungsfalle seien, die die Rechtsprechung und die Wissenschaft in zentralen Fragen des Rechts vorantreiben und verändern12 • Das hat seinen Grund: In keinem Bundesland gibt es ein die Abgrabungen umfassend regelndes Gesetz13 • Auch das Umweltrecht 14, das heute als eigenständi1980, 79 ff.; Schwab, AgrarR 1986, 301; zur Bedeutung des Bergbaus vgl. Reiners, Braunkohlenbergbau, S. 1; Kühne, JuS 1988,434 m. w.N. 10 Zur vergleichbaren Situation in Bayern vgl. Schind/er, BayVBl. 1979, 360. 11 So der "Bericht der Landesregierung Rheinland-Pfalz betr. Vernetzung von Biotopen", LT-Drs. 10/1929 vom 27.11.1985. 12 Vgl. Schulte, DVBI. 1988, 964 mit Beispielen aus der Rechtsprechung; ähnlich Schlichter, AgrarR 1985, 248. 13 Berkemann, DVBI. 1989, 626 spricht in diesem Zusammenhang von einem "Befund defiZitärer Fachplanung". 14 Das Umweltrecht wird nicht als bloßes Instrument zum Schutz der Umwelt vor Beeinträchtigungen verstanden (Umweltschutzrecht), sondern darüber hinaus als solches der Umweltpflege bzw. -sorge, der Entwicklung, Wiederherstellung und Gestal3 BUllesbach

34

Einleitung

ge, zusammenhängende Materie begriffen wird15 , bietet (noch) keine sicheren Konturen16. Als "hochdifferenziertes" und "kompliziertes" Querschnittsrecht17 ist es zwar durch eine Vielzahl sich ergänzender Gesetze verdichtet, systematisiert und ausgeformt worden18. Trotzdem lassen sich die Regelungskreise des Umweltrechts teils aufgrundihrer normativen Ausgestaltung, teils aus der Natur der normierten Sachgebiete heraus nicht immer scharf voneinander trennen. Rechtliche Konsequenzen dieser Überschneidungen sind Unsicherheiten bei der Bestimmung und Auslegung der jeweils anzuwendenden Normen19. Die wichtigsten die Abgrabungen betreffenden umweltrechtlichen Rechtsgrundlagen sind20 im Bergrecht das Bundesberggesetz (BBergG), im Wasse"echt das Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz -WHG-) und die daraufhin ergangenen Wassergesetze der Länder, im Baurecht das Baugesetzbuch (BauGB) und die Landesbauordnungen der Länder,

tung der Umwelt mit dem Ziel, sie auf Dauer funktionsfähig und nutzbar zu erhalten; vgl. zur Unterscheidung Umweltrecht/Umweltschutzrecht: Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 30; Prümm, Umweltschutzrecht, S. 7. 15 Erbguth, Rechtssystematische Grundfragen des Umweltrechts, S. 48 ff.; Breuer, Umweltschutzrecht, in: v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 622; Steiger, Begriff des Umweltrechts, in: Salzwedel, Umweltrecht, S. 9 ff.; Storm, Umweltrecht, TZ 18 f.; Schmidt, Umweltrecht, S. I (Einführung); hierzu neigend auch Kloepfer, Systematisierung des Umweltrechts, S. 68 ff., 90 f.; ders., DVBl. 1979, 644 f.; anders noch Kimminich, Umweltschutz, S. 12 ff., 24; ein rechtsgeschichtlicher Rückblick des Umweltrechts fmdet sich bei Bosse/mann, Kritische Justiz 1985, S. 350 f.; Prümm, DVP 1989, 205 ff.; Steiger, AöR 1992, 100 ff. 16 Zur Kodifikation eines Umweltgesetzbuches vgl. Koch, NVwZ 1991, 953; Kloepfer!Kunig!Rehbinder!Schmidt-Aßmann, DVBl. 1991, 339; Klocke, DVBl. 1992, 1013; Hoppe, NJW 1992, 1993. 17 So Send/er, JuS 1983, 255. 18 So Breuer, Umweltschutzrecht, in: v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 622. 19 Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 8 m.w.N. 20 Vgl. Hackenberg, DVP (RhPf) 1986, 29. Zum Umweltrecht zählen außer diesen Rechtsgrundlagen alle diejenigen, die von ihrer Zielsetzung her Umweltschutz mitberücksichtigen, vgl dazu die Zusammenfassung bei Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 54 ff., 428.

B. Problemstellung

35

im Forstrecht das Bundeswaldgesetz (BWaldG) und die daraufhin ergangenen Wald- und Forstgesetze der Länder, im Naturschutzrecht das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) und die daraufhin ergangenen Naturschutz- und Landschaftspflegegesetze der Länder und schließlich das Abgrabungsgesetz (AbgrG) als das in Nordrhein-Westfalen geltende Spezialgesetz. Je nach den Umständen des Einzelfalles sind für die rechtliche Beurteilung einer Abgrabung verschiedene Rechtsgrundlagen heranzuziehen und unterschiedliche Behörden für die Durchführung des Verfahrens zuständig. Welches Vorhaben nach welcher Rechtsgrundlage zu beurteilen ist, richtet sich im wesentlichen nach der Art der Abgrabung, der technischen Durchführung der Abgrabungsmaßnahme und der räumlichen Lage des Betriebes. Zusätzlich wird die Rechtslage dadurch erschwert, daß die nach manchen Rechtsvorschriften erteilte Genehmigung entweder eine umfassende oder eine beschränkte Ko11Z6ntrationswirkung besitzt und damit andere öffentlich-rechtliche Zulassungen ersetzt. In anderen Fällen sind dagegen mehrere Genehmigungen in jeweils eigenständigen Verfahren von verschiedenen Behörden parallel nebeneinander zu erteilen. Soweit in den einzelnen Genehmigungsvorschriften bestimmt wird, daß das Vorhaben mit dem "Wohl der Allgemeinheit", den "öffentlichen Interessen" oder "allen öffentlich-rechtlichen Vorschriften" im Einklang stehen muß21 , sind Überschneidungen in den Entscheidungsvoraussetzungen vorprogrammiert. Das Problem vergrößert sich, wenn zwei Genehmigungstatbestände mit umfassendem Prüfungsmaßstab aufeinanderstoßen. In diesen Fällen muß der Gefahr unkoordinierter oder gar widersprüchlicher Entscheidungen entgegengewirkt werden. Abgrabungen sind gekennzeichnet durch 1. ein hohes Maß an technischer Komplexität, 2. ein umweltrelevantes Konfliktpotential und 3. Schwierigkeiten bei der Bestimmung und Auslegung der jeweils anzuwendenden Normen. 21 Vgl. § 6 WHG; §§ 11 Nr. 10, 48 Abs. 2, 55 Abs. 1 Nr. 4 BBergG; alle Genehmigungsvorschriften in den Bauordnungen der Länder; auch§ 6 Nr. 2 BlmSchG; § 7 Abs. 2 Nr. 6 AtG.

36

Einleitung

Angesichts dieser komplexen Problematik hat Berkemann darauf hingewiesen, daß es bislang wenig geklärt sei, wie in diesem Geflecht ein Ausgleich allein zwischen ökologischen und ökonomischen Strukturen zu erreichen sei und ob dies überhaupt im Sinne einer harmonischen Koexistenz der Fall sein könne22 •

C. Zum Ablauf der Untersuchung

Die Untersuchung gliedert sich in fünf Abschnitte: Im ersten Abschnitt werden die für Abgrabungen erforderlichen Genehmigungsverfahren auf horizontaler Ebene untersucht. Dabei stehen die Inhalte

und Anwendungsbereiche des Bergrechts, des Wasserrechts, des Abgrabungsgesetzes NW, des Baurechts, des Wald- und Forstrechts sowie des Naturschutz und Landschaftspflegerechts im Vordergrund. Gefragt wird auch danach, ob und welche Abgrabungen mehreren Genehmigungsvorbehalten unterliegen. Gegenstand des zweiten Abschnitts ist die Frage nach den materiell-rechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen für Abgrabungen in vertikaler Hinsicht. Hier sollen die einschlägigen Vorschriften des Bundes- und Landesrechts auf "Öffnungsklauseln" ( = "Einbruchstellen" oder "Schnittstellen") untersucht werden. Dabei soll geklärt werden, inwieweit in jedem einzelnen Genehmigungsverfahren eine Öffnung gegenüber anderen Regelungsbereichen in der Weise erfolgt, daß auch Belange, die in anderen Fachgesetzen eine spezielle Regelung gefunden haben, im Genehmigungsverfahren Berücksichtigung finden. Durch Auslegung zu ermitteln sind dabei Inhalt und Reichweite der jeweiligen Normen. Ausgehend von den Ergebnissen der ersten beiden Abschnitte sollen in einem dritten Abschnitt die Probleme paralleler und konzentrierter Genehmigungsverfahren untersucht werden. Dabei soll der Frage nachgegangen werden, ob aus Gründen der Kompetenzverteilung zwischen den einzelnen Fachbehörden und zur Vermeidung widersprüchlicher Entscheidungen der sich überschneidende Prüfungsmaßstab eingeschränkt werden muß und inwieweit die einzelnen Fachbehörden an die Entscheidungen in parallelen Verfahren 22

Berkemann, DVBI. 1989, 625.

C. Zum Ablauf der Untersuchung

37

gebunden sind. Am Ende des Abschnitts wird die rechtspolitische Frage gestellt, ob und gegebenenfalls welche umweltrechtlichen Genehmigungsverfahren konzentriert ausgestaltet werden können. Im vierten Abschnitt werden die Rechte der Gemeinden bei der Genehmigung von Abgrabungen untersucht. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, daß Abgrabungen "unter der zunehmenden Ablehnung der Gemeinden" leiden23 und die meisten Genehmigungsverfahren am fehlenden Einverständnis der Gemeinden scheitern24• Imfünften Abschnitt werden schließlich die Einzelergebnisse der Untersuchung thesenartig zusammengefaßt und einer Gesamtbetrachtung unterzogen.

So Schulte, DVBI. 1988, 963; Berkemann, DVBI. 1989, 628. Vgl. Bramer, NuR 1983, 207 mit Ergebnissen einer Umfrage bei der Abgrabungsindustrie; ähnlich Schwab, AgrarR 1986, 304. 23

24

Erster Abschnitt

Die für Abgrabungen erforderlichen Genehmigungsverfahren A. Die Rechtsgrundlagen für Abgrabungen

I. Bergrecht

Durch das Bundesberggesetz (BBergG) wurde 1982 das Bergrecht in der Bundesrepublik umfassend bundesgesetzlich geregelt. Das Bundesberggesetz ersetzte die bis dahin gültigen landesrechtliehen Berggesetze und zahlreiche bergrechtliche Nebengesetze des Bundes und der Länder'. Das Bundesberggesetz regelt auf der Grundlage der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes für das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Nr. 11 GG) umfassend insbesondere die Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen in ihren Voraussetzungen, ihrer Durchführung sowie in der Abwicklung ihrer Auswirkungen auf Rechtsgüter Dritter (vgl. §§ 1 bis 3 BBergG)2 • Das Gesetz gilt nach§ 2 Abs. 1 unter anderem für das Aufsuchen, Gewinnen und Aufbereiten von bergfreien und grundeigenen Bodenschätzen einschließlich bestimmter damit zusammenhängender Tätigkeiten. Ferner erstreckt sich sein Geltungsbereich auf die Wiedemutzbarmachung der Oberfläche während und nach der Aufsuchung, Gewinnung und Aufbereitung von bergfreien und grundeigenen Bodenschätzen.

1 Die außer Kraft getretenen bundes- und Iandesrechtlichen Rechtsquellen sind in §§ 175, 176 BBergG aufgelistet; zur Entwicklung des Bergrechts seit dem Inkrafttreten des Preußischen Allgemeinen Berggesetzes (ABG) im Jahr 1865 vgl. Boldt!Weller, 'BBergG, Einl. Rdn. 1 ff.; Kühne, JuS 1988, 435; auch BVerwG, NVwZ-RR 1991, 14 (15). 2 BVerwG, DVBI. 1989, 663 (664).

A. Die Rechtsgrundlagen fiir Abgrabungen

39

1. Die Unterscheidung zwischen bergfreien und grundeigenen Bodenschätzen In § 3 Abs. 3 zählt das BBergG die bergfreien und in § 3 Abs. 4 die grundeigenen Bodenschätze auf. Diese Aufzählung ist abschließend3 • Für diejenigen Bodenschätze, die nicht von den vorgenannten Bestimmungen erfaßt werden, gilt demnach nicht das BBergG, sondern es fmden besondere landesrechtliche Vorschriften Anwendung.

Zu den bergfreien Bodenschätzen gehören die volkswirtschaftlich wichtigsten Bodenschätze wie Steinkohle, Braunkohle, Erdöl und Erdgas4 • Zu den grundeigenen Bodenschätzen gehören nach der "Steine- und Erden-Regelung·5 des § 3 Abs. 4 BBergG beispielsweise Dachschiefer, Kaolin, Quarz, Quarzit und feuerfeste Tone sowie alle anderen - nicht bergfreien - Bodenschätze, soweit sie unter Tage aufgesucht oder gewonnen werden. Für das Gebiet der ehemaligen DDR bestätigt der Vertrag über die Währungs- und Wirtschaftsunion das Bundesberggesetz. Anders als in den alten Bundesländern gehören aber im Gebiet der neuen Länder bestimmte Kiese und Sande zu den bergfreien Bodenschätzen im Sinne des § 3 Abs. 3 BBergG, deren Gewinnung demjenigen zusteht, dem der Staat das Gewinnungsrecht z.B. durch Bewilligung oder Verleihung des Bergwerkseigentums überträgt. Auf dieser Grundlage war der Treuhandanstalt kurz vor Inkrafttreten des Einigungsvertrages am 03.10.1990 das Bergwerkseigentum an mehr als 800 Auskiesungsflächen im Gebiet der seinerzeitigen DDR übertragen worden. Diese Verfahrensweise ist im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.06.1993 für Rechtens erklärt worden6 •

2. Die Bergbauberechtigungen für den Zugang zu den Bodenschätzen Die grundeigenen Bodenschätze stehen im Eigentum des Grundeigentümers. Das Bergrecht soll aber auch auf sie wegen ihrer allgemeinwirtschaftlichen Bedeutung Anwendung finden7 • Hier gibt es für die Bergbauberechti3 Vgl. Amtl. Begr. zum BBergG, BT-Drs. 8/1315, Anlage 1, S. 71; abgedr. bei Zydek, Materialien, S. 40. 4 Vgl. die vollständige Aufzählung in§ 3 Abs. 3 BBergG. 5 So Heitmann , Zffi 1984, 359. 6 BVerwG, DVBI. 1993, 1146 7 Vgl. Boldt!Weller, BBergG, S. 93-134; Hackenberg, DVP (RhPf) 1986, 29.

40

Erster Abschn.: Genehmigungsverfahren

gung keine Besonderheiten. Sie endet an den Grenzen des Grundstücks und deckt sich mit der Verfügungs- und Nutzungsberechtigung an der Erdoberfläche. Über Nutzungs- und Abbaurecht muß und kann der Eigentümer selbst entscheiden. Anders ist die Rechtslage bei den bergfreien Bodenschätzen. Hier fallen Grundeigentum und Bergbauberechtigung auseinander. Jedermann kann grundsätzlich eine Berechtigung erwerben. Dem Grundeigentümer stehen die bergfreien Bodenschätze nicht zu. Wem diese Bodenschätze zustehen, regelt das Bergrecht im Rahmen der Bestimmungen über die Erlaubnis, die Bewilligung und das Bergwerkseigentum. Diesen drei besonderen Arten der Bergbauberechtigungen ist gemeinsam, daß sie sich auf einen bestimmten bergfreien Bodenschatz beziehen und örtlich durch ein bestimmtes Feld (Aussschnitt aus dem Erdkörper, der von geraden Linien an der Oberfläche und von lotrechten Ebenen nach der Tiefe begrenzt wird, § 4 Abs. 7 BBergG) beschrieben wird. Das jeweilige Feld wird unabhängig von Katastergrenzen bestimmt. Unterschiedlich ist der jeweilige materielle Inhalt der Berechtigungen: die Erlaubnis berechtigt zur Aufsuchung (§ 7 BBergG) und die Bewilligung zur Gewinnung der bergfreien Bodenschätze (§ 8 BBergG). Das Bergwerkseigentum entspricht der Bewilligung(§ 9 BBergG); es wird durch Eintragung ins Grundbuch zu einem grundstücksgleichen Recht verstärkt.

3. Das Betriebsplanverfahren zur Überwachung der Ausübung bergbaulicher Tätigkeit Mit den vorgenannten Rechten ist für den Unternehmer noch nicht die Befugnis verbunden, Aufsuchungs- und Gewinnungsbetriebe tatsächlich zu errichten und zu führen. Dies setzt vielmehr voraus, daß zuvor ein weiteres Zulassungsverfahren, das Betriebsplanverfahren8, durchgeführt wurde(§§ 51 ff. BBergG)9 • Durch dieses Betriebsplanverfahren soll dem Umstand Rechnung getragen werden, daß sich Bergbaubetriebe räumlich ständig fortentwic8 Zu den verschiedenen Betriebsplanarten (Haupt-, Rahmen- und Sonderbetriebsplan) vgl. ausführlich Niermann, Betriebsplan und Planfeststellung im Bergrecht, S. 64 ff.; Battis/Mühlhoff, NWVBI. 1991, I; Kühne, UPR 1986, 81; zur historischen Entwicklung des Betriebsplanverfahrens vgl. Beckmann, DVBI. 1992, 743 Kühne, UPR 1992, 219; siehe auch 2. Abschnitt A.ill.2. 9 Kühne, UPR 1986, 81 spricht hier von einem gestuften Verwaltungsverfahren.

A. Die Rechtsgrundlagen für Abgrabungen

41

kein und dauernd an die Lagerstätte angepaßt werden müssen 10 • Im Betriebsplan werden der Umfang, die technische Durchführung und die Dauer des beabsichtigten Vorhabens dargestellt. Er wird nach Beteiligung der fachlich berührten Behörden und der Gemeinde vom Bergamt zugelassen (§§ 54, 55 BBergG).

4. Das Verhältnis zu anderen behördlichen Genehmigungsverfahren Weder das Erlaubnis- noch das Bewilligungsverfahren sind Planfeststellungsverfahren (§ 72 Abs. 1 VwVfG) 11 • Es handelt sich regelmäßig um einfache behördliche Kontrollverfahren12 • Die erteilten Rechte haben deshalb keine Konzentrationswirkung nach § 75 Abs. 1 S. 2 VwVfG, d.h. es werden keine nach anderen Vorschriften erforderliche behördliche Entscheidungen ersetzt13 • Der Gesetzgeber hat ausdrücklich auch eine nur partielle Konzentrationswirkung abgelehnt 14 • Das BBergG bleibt damit hinter dem ihm von der Materie her durchaus verwandten Abgrabungsgesetz NW zurück, dessen § 7 Abs. 3 vorsieht, daß die Abgrabungsgenehmigung bestimmte andere behördliche Zulassungen einschließt. Das ist insofern erstaunlich, als die dem BBergG unterfallenden Vorhaben in der Regel von einer größeren Komplexität sind als die Abgrabungsvorhaben nach dem AbgrG NW 15 •

Schulte, NJW 1981, 88; Knöchel, NWVBI. 1992, 118. Der Gesetzgeber ging davon aus, daß die Besonderheiten des nur auf bergbauliehe Betriebe anwendbaren Betriebsplanverfahrens eine allgemeine Verfahrenskonzentration ausschließen, vgl. Amt!. Begr. zum BBergG, BT-Drs. 8/1315, Anlage 1, S. 109, abgedr. bei Zydek, Materialien, S. 246; vgl. auch VG Freiburg, ZfW 1985, 347; Heitmann, ZfB 1984, 358; Kühne, UPR 1986, 87. 12 Vgl. aber §52 Abs. 2 a BBergG, wonach bei Rahmenbetriebspliinen unter den Voraussetzungen des § 57 c BBergG die Durchführung eines bergrechtliehen Flanfeststellungsverfahrens erforderlich werden kann; ausführlich hierzu im 2. Abschnitt A.ill.3. 13 BVerwG, DVBI. 1986, 1273; OVG Münster, NuR 1985, 287; Schulte, NJW 1981, 94; Kühling, Fachplanungsrecht, Rdn. 377; Fischer-Hüftle, NuR 1989, 110; eine Übersicht über die neben dem Betriebsplan erforderlichen Genehmigungen fmdet sich bei Dapprich/Römermann, BBergG, § 54 Anm. 4. 14 Vgl. den Bericht des Bundestags-Wirtschaftsausschusses, in: BT-Drs. 8/3965, S. 130, abgedr. bei Zydek, Materialien, S. 247; kritisch Kühne, UPR 1986, 87 f. 15 Zu weiteren Beispielen, in denen das BBergG hinter dem AbgrG NW zurück bleibt, vgl. Kühne, UPR 1992, 221. 10 11

42

Erster Abschn.: Genehmigungsverfahren

Diskutiert wird, ob sich das Betriebsplanverfahren im allgemeinen und das Rahmenbetriebsplanverfahren im besonderen nach dem Vorbild der Anlagengenehmigung regelt. Die Rechtsprechung der letzten Jahre schien sich in diese Richtung zu entwickeln16• Von dieser Entwicklungslinie hat sich nunmehr das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13.12.1991 abgesetzt und entschieden, daß eine Bindungswirkung des Rahmenbetriebsplans für die nachfolgenden Betriebspläne nicht besteht17 • Diesem Ergebnis ist beizupflichten. Anders als z.B. das Immmissions- oder das Atomrecht kennt das Betriebsplanzulassungsverfahren keine gestuften Genehmigungen18 • Es ist vielmehr - verglichen mit dem Anlagenrecht - Genehmigungs- und Aufsichtsverfahren in einem 19 • Dadurch wird der Besonderheit bergbaulicher Maßnahmen Rechnung getragen und diese einer fortlaufenden, nach Zeitabschnitten gestuften Kontrolle unterworfen. Das Bergrecht unterscheidet dabei nicht zwischen einer Errichtungs- und einer Betriebsphase, sondern fordert Betriebspläne für die Errichtung und Führung des Bergbaubetriebs, ohne daß es dem Gesetz dabei um die Unterscheidung zweier Phasen aufeinanderfolgender Tätigkeiten ginge. Vielmehr faßt das Gesetz - so das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13.12.1991 - "Arbeiten und (das Herstellen und Benutzen von) Einrichtungen (vgl. § 52 Abs. 2, Abs. 4 BBergG) zusammen, die dem bergbauliehen Vorhaben dienen und ineinander übergehen oder parallel nebeneinander laufen können" .20

5. Konzentrationen im Betriebsplanverfahren Ausnahmen von der scharfen Trennung der Genehmigungsverfahren finden sich in folgenden Fällen: Bei bergrechtliehen Abgrabungen, bei denen die betriebliche Tätigkeit mit einer Gewässerbenutzung verbunden ist, findet nach § 14 Abs. 2, 3 WHG eine Zuständigkeitskonzentration statt. Danach entscheidet die 16 So OVG Lüneburg, zm 1990, 19 (24); OVG Berlin, Zffi 1990, 200 (216); VG Stade, Zffi 1987, 365 (373); ebenso Kühne, UPR 1986, 81 ff. , Boldt/Weller, BBergG (Ergänzungsband 1992), §52, Rdn. 19. 17 BVerwG, NVwZ 1992, 980 ; kritisch hierzu Kühne, UPR 1992, 218. 18 Anders wohl Niermann, Betriebsplan und Planfeststellung im Bergrecht, S. 77. 19 So BVerwG, NVwZ 1992, 980 (982). 20 BVerwG, NVwZ 1992, 980 (981).

A. Die Rechtsgrundlagen für Abgrabungen

43

Bergbehörde im Einvernehmen mit der nach dem WHG zuständigen Behörde auch über die Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis21 • Bezüglich der Kompetenz als Planfeststellungsbehörde im Verfahren nach§ 31 WHG hat nur Nordrhein-Westfalen diese Zuständigkeit auf die Bergbehörde übertragen, § 104 Abs. 1 S. 2 WG NW. Nach Satz 3 dieser Vorschrift ist nur ein "Benehmen", nicht "Einvernehmen" mit der Wasserbehörde vorgeschrieben, was der Rechtsnatur der Planfeststellung entspricht. Nach den Bauordnungen der Länder22 gelten diese nicht für Anlagen, die der Bergaufsicht unterliegen, mit Ausnahme von Gebäuden23 • Für die oberirdische Gewinnung von Bodenschätzen ist also eine Baugenehmigung nicht erforderlich24 • Eine Besonderheit gilt in Bayern für die mit dem Bergbau verbundene Rodung von Wald. Art. 39 Abs. 3 BayLWaldG bestimmt, daß über die Rodung das Bergamt im Einvernehmen mit der unteren Forstbehörde entscheidet. Eine ähnliche Regelung findet sich in Niedersachsen25 • Eine 21 Vgl. Ketteler/Kippels, Umweltrecht, S. 116; zu beachten ist, daß die Bergbehörden nur zum Erlaß von einfachen Erlaubnissen befugt sind. Eine gehobene Erlaubnis oder Bewilligung dürfen sie nicht erteilen. Das folgt daraus, daß das bergrechtliche Betriebsplanverfahren kein förmliches Verfahren vorsieht, eine gehobene Erlaubnis bzw. Bewilligung aber nur in einem förmlichen Verfahren erlassen werden kann. 22 Vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 3 LBO BW; Art. 2 Abs. 2 BayBO; § 3 Abs. 1 Nr. 2 Nds BauO; §§ 1 Abs. 2 Nr. 2 der übrigen Bauordnungen; ausführlich zum Verhältnis Baugenehmigungs-/Betriebsplanverfahren: OVG Münster, Glückauf 1982, 239. 23 Das Saarland (§ 41 Abs. 2 Nr. 2 LBO Saar) nimmt von den Gebäuden "Tiefbohrgeräte" aus, "die der Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen dienen". Von den Gebäuden ausgenommen werden ferner "Schachtgebäude" in Niedersachsen (§ 3 Abs. 2 Nds BauO). In Hessen(§ 1 Abs. 2 Nr. 2 HessBO) fallen "der Förderung des Abbaugutes dienenden Anlagen und Einrichtungen" nicht unter die Bauordnung. 24 Der weitgehende Ausschluß des Bauordnungsrechts für bergbauliche Abgrabungen erklärt sich aus deren technischer Besonderheit, die mit den Mitteln des Bauordnungsrechts nicht bewältigt werden kann. So hat sich auch ein spezifisches Bauordnungsrecht für bergbauliche Anlagen entwickelt. Es ist enthalten in Bergverordnungen und in allgemein anerkannten Regeln der Bergbau-, insbesondere der Sicherheitstechnik. § 55 Abs. 1 Nr. 3 BBergG macht die Zulassung des Betriebsplans abhängig von der Erfüllung der sich hieraus ergebenden Anforderungen; vgl. dazu ausführlich Boldt!Weller, BBergG, §55 Rdn. 16 ff.; Schulte, ZtB 1987, 190. 25 Vgl. dazu Schulte, ZtB 1987, 215; kritisch zu dieser Regelung Piens/Schulte/GrafVietzthum, BBergG, §56 Rdn. 380.

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Erster Abschn.: Genehmigungsverfahren

Sondervorschrift für den Braunkohlenbergbau im Köln-Aachener Raum enthält § 43 Abs. 1 lit. d LFoG NW. Danach bedarf es einer Waldumwandlungsgenehmigung nicht "für Flächen, für die( ... ) in einem Braunkohlenplan eine anderweitige Nutzung vorgesehen ist" .26 Eine selbständige naturschutzrechtliche Regelung ist schließlich entbehrlich; die Bergbehörde hat nach § 8 Abs. 2, Abs. 5 BNatSchG die naturschutzrechtlichen Entscheidungen im Benehmen mit der zuständigen Naturschutzbehörde selbst zu treffen.

11. Wasserrecht 1. Das wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren Nach § 31 Abs. 1 WHG bedürfen Abgrabungen der Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens, wenn hierdurch ein Gewässer27 hergestellt, beseitigt oder wesentlich umgestaltet wird. Umstritten ist, ob dieser Ausbautatbestand erfüllt ist, wenn bei den Abgrabungen durch Aushaggerungen der Grundwasserspiegel unterschritten wird und so Wasser zutage tritt. Teilweise wird angenommen, daß in diesen Fällen nur ein Zutagefördern oder Zutageleiten von Grundwasser vorliegt, für das lediglich ein Erlaubnis- oder Bewilligungsverfahren i. S. der §§ 3 Abs. 1 Nr. 6, 7 und 8 WHG erforderlich ist28 • Die herrschende Auffassung29 behandelt die Freilegung von Grund-

26 Diese Vorschrift ist nicht wegen Verstoßes gegen Art. 31 GG nichtig, sondern basiert auf § 9 Abs. 3 Nr. 1 BWaldG, da die Braunkohlenplanung in NordrheinWestfalen (§§ 24 ff. LPIG NW) eine Planung ist, die "fiir die Waldfläche eine andere Nutzungsart feststellt"; vgl. ausfuhrlieh Schulte, Zffi 1987,216 ff. 27 Vgl. zum Gewässerbegriff des § 1 Abs. 1 WHG ausfiihrlich: Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 26 ff.; OVG Hamburg, NuR 1990, 130 (131); OVG Münster, ZfW 1987, 123; VG Arnsberg, ZfW-Sonderheft 1987 Nr. 41; OVG Hamburg, UPR 1992, 385; bezüglich der Abgrabungen ist zu beachten, daß das vom natürlichen Wasserhaushalt und -lcreislauf abgesonderte, in Leitungen und anderen Behältnissengefaßte Wasser (z.B. Schwimmbecken, betonierte Weiher) kein Gewässer ist, vgl. BVerwG, ZfW 1976, 282; Bickel, Der Landkreis 1979, 35; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 32, 61 m.w.N. 28 So die früher überwiegende Auffassung, vgl. BayVGH, in: Wüsthoff/Kumpf, HdW, R 1137; VerwRspr. 19, 287; OVG Münster, ZfW 1973, 56; VG Köln, ZfWSonderheft 1970 II Nr. 2; VG Düsseldorf, ZfW-Sonderheft 1972 II Nr. 4; VG Würz-

A. Die Rechtsgrundlagen für Abgrabungen

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wasser bei Abgrabungen als Herstellung (Ausbau) eines Gewässers, wenn die entstehende Wasserfläche auf Dauer erhalten bleiben soll30 • Dieser Meinung ist auch zu folgen. Soll nämlich eine Wasserfläche durch Freilegung von Grundwasser auf Dauer entstehen oder erheblich vergrößert werden, geht es nicht - wie es für die erlaubnis-oder bewilligungspflichtige Gewässerbenutzung kennzeichnend ist - um die Verleihung einer widerruflichen Befugnis oder eines befristeten Rechts zur Benutzung eines in seinem Bestand und in seiner Beschaffenheit vorausgesetzten Gewässers31 • Gegenstand der wasserrechtlichen Gestattung ist vielmehr die (auf Dauer bestimmte) Neuanlage oder wesentliche Veränderung eines oberirdischen Gewässers, mithin ein (nicht nur vorübergehender) Eingriff in das Gewässer selbst32 • Weiterhin kommt der Planfeststellung im Verhältnis zur Erlaubnis oder Bewilligung dort ein Vorrang zu, wo nicht die Verleihung einer individuellen Rechtsposiburg, Ztw-Sonderheft 1971 II Nr. 7; Witzel, WHG, § 1 Anm. 5; zugrunde gelegt auch von BGHZ 60, 126 (127 ff.); 84, 223 (226 f.). 29 Std. Rspr. seit BVerwGE 55, 220 = DVBI. 1979, 63 (64 f.); vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, NuR 1981, 29 (30); BayVGH, Ztw 1988, 225 (226) und NVwZ 1990, 995; BadWürttVGH, DÖV 1977, 331; HessVGH, Ztw 1984,226 (227); OVG Münster, NuR 1985, 197, NuR 1989, 91; Löhr, DVBI. 1979, 65; Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG, § 1 Rdn. 9 a, § 31 Rdn. 4; Sieder!Zeitler/Dahme, WHG, § 1 Rdn. 7; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 49, 665; Schmidt, Umweltrecht, S. 61 f.; Haupt, Wasserrecht, in: Faber/Schneider, NdsStVwR, S. 401 f.; Cramer, Ztw 1969, 32; Schindler, BayVBI. 1979, 362; Kleemann, BayVBI. 1970, 13f; Schwab, AgrarR 1986, 302; Schneider, DÖV 1988, 859 f.; auch: BGH, NuR 1984, 196, NuR 1984, 199; ähnlich: Czychowski, DVBI. 1976, 135: das freigelegte Wasser bleibe weiterhin Grundwasser, wenn die schützende Deckschicht räumlich (Baggerloch) und zeitlich (vorübergehend) nur ganz unbeträchtlich entfernt werde; teilweise abweichend Burghartz, WHG und WG NW, § 1 WHG, Anm. 2.1, der dem in "Baggerlöchem" zutagetretenden Wasser zunächst die Gewässereigenschaft überhaupt abspricht und nur in einem verlassenen, offen liegengebliebenen Baggersee ein oberirdisches Gewässer erblickt, kritisch dazu Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 49, Fußnote 73. 30 Zweifelnd Schulte, DVBI. 1988, 963: "Es scheint mir danach an der Zeit, die Weisheit der grundlegenden Entscheidung BVerwGE 55, 220 [ = DVBI. 1979, 63] zu bezweifeln, die praktisch die Planfeststellungspflichtigkeit für Baggerseen überhaupt erst •entdeckt« hat (...). Im Interesse der Bodenschätzegewinnung, die unter der zunehmenden Ablehnung der Gemeinden leidet, war die Entscheidung gewiß zu begrüßen. Das Planfeststellungsverfahren ist aber für Privilegierungen der Bodenschätzegewinnung gegenüber der Gemeinde nicht das adäquate Instrument. ,.zuständige dafür sind nämlich § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB und - vor allem - die überörtliche Raumplanung, die sich dem Schutz der Bodenschätzegewinnung bislang (entgegen§ 2 Abs. 1 Nr. 10 ROG) allerdings noch nicht hinreichend zugewendet hat". 31 Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG, § 1 Rdn. 9 32 BVerwG, DVBI. 1979, 63 (64).

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Erster Abschn.: Genehmigungsverfahren

tion zur Benutzung eines Gewässers, sondern eine sowohl für den Bestand des Gewässers als auch für die Raumordnung bedeutsame Maßnahme in Rede steht33 • Allein das Planfeststellungsverfahren gibt der Wasserbehörde das rechtliche Instrumentarium, unter Berücksichtigung aller wasserwirtschaftlichen, bau- und bodenrechtliehen sowie sonst raumbedeutsamen Gesichtspunkte "Art und Ausmaß der Ausbaumaßnah.men" sowie diejenigen Einrichtungen festzustellen, die im öffentlichen Interesse oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf private Belange Dritter erforderlich sind34 • Unter Beachtung dieser Gesichtspunkte ist es sinnvoll, ein wasserrechtliches Planfeststellungsverfahren durchzuführen, wenn bei der Abgrabung die freigelegte Wasserfläche auf Dauer bestehen bleiben soll (z.B. als Fischweiher, Badesee, Baggersee). Aus diesem Ergebnis folgt auch die Beantwortung der für die Praxis bedeutsamen Frage, wie die spätere - anfangs nicht beabsichtigte - Wiederverfüllung eines planfestgestellten Baggersees zu bewerten ist. Die zu einer Wiederverfüllung vorgesehene Wasserfläche erfüllt die Voraussetzungen eines oberirdischen Gewässers nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG35 • Die Wiederverfüllungführt zu einer für den Wasserhaushalt bedeutsamen Umgestaltung des Ufers und endet mit der Beseitigung des Gewässers. Sie weist insofern ein Gewicht auf, das die in§ 1 a WHG genannte öffentliche Interessen oder die Bauleitplanung einer Gemeinde in erheblichem Maße berührt und das Bedürfnis nach einer raumbedeutsamen Planfeststellung erzeugt, damit die betroffenen Belange ausreichend ihre Berücksichtigung fmden können. Die Wiederverfüllung eines nach § 31 WHG hergestellten Baggersees stellt somit die Beseitigung bzw. die wesentliche Umgestaltung eines Gewässers dar und ist seinerseits planfeststellungsbedürftig nach § 31 Abs. 1 S. 1 WHCJ36. Der Planfeststellungsbeschluß weist Konzentrationswirkung auf37 • Neben der Planfeststellung sind andere behördliche Entscheidungen, insbesondere BayVGH, Ztw 1988, 225 (228) m.w.N. BadWürttVGH, Ztw 1985, 40; Himmel, LWG RhPf!WHG, § 72 LWG/§ 31 WHG Rdn. 13 a. 35 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 49; Ketteler/Kippels, Umweltrecht, S. 101; OVG Münster, NuR 1989, 91. 36 OVG Münster, NuR 1989, 91 ; Gieseke!Wiedemann/Czychowski, WHG, § 31 Rdn. 2 und 8. 37 Diese Konzentrationswirkung wird auch als Ersetzungswirkung, Substitutionswirkung, Einheitswirkung oder Ausschließlichkeitswirkung bezeichnet; vgl. zu diesen und weiteren Bezeichnungen Bonk, in: Stelkens/Bonk/Leonhardt, VwVfG, § 75 33

34

A. Die Rechtsgrundlagen für Abgrabungen

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öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen nicht erforderlich (§ 75 Abs. 1 S. 1 VwVfG)38. Die Planfeststellung begünstigt den Abgrabungsuntemehmer ohne Rücksicht auf die betroffenen Grundstücks39 . Erwirbt ein Dritter nur einzelne der von einem Planfeststellungsbeschluß zur Herstellung eines Baggersees erfaßten Grundstücks, ist er nicht Rechtsnachfolger des begünstigten Vorhabenträgers40• Innerhalb des Planfeststellungsverfahrens sind nach § 73 Abs. 2 VwVfG die Stellungnahmen der Behörden einzuholen, deren Aufgabenbereich durch das beabsichtigte Vorhaben berührt wird41 .

2. Das Plangenehmigungsverfahren

Ein Ausbau kann - statt durch eine vorherige Planfeststellung - durch eine schlichte Plangenehmigung zugelassen werden, wenn mit Einwendungen nicht zu rechnen ist (§ 31 Abs. 1 S. 3 WHG)42 . Im Gegensatz zur Planfeststellung ergeht die Plangenehmigung nicht in einem förmlichen Verwaltungsverfahren. Ihre Rechtswirkung ist daher auch eine andere als diejenige der Planfeststellung. Insbesondere entfaltet die Plangenehmigung keine Konzentrationswirkung43. Neben ihr bleiben mithin andere behördliche Gestattungsakte wie Genehmigungen, Erlaubnisse, Bewilligungen und Zustimmungen nach anderen gesetzlichen Vorschriften in vollem Umfang erforderlich.

Rdn. 10; Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, S. 281; Hoppe/Schlarmann, Rechtsschutz, Rdn. 29 m.w.N.; zu den Wirkungen der Planfeststellung siehe oben ausführlich 3. Abschnitt B. 38 Vgl. hierzu noch ausführlich den 3. Abschnitt. 39 BayVGH, Ztw 1989, 98 (99). 40 BayVGH, Ztw 1989, 98 (99). 41 Zum Verfahren vgl. Ketteler/Kippels, Umweltrecht, S. 133; Badura, Verwaltungsverfahren, in: Erichsen!Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 445 ff. m.w.N. 42 Vgl. hierzu Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 721 f.; Haupt, Wasserrecht, in: Faber/Schneider, NdsStVwR, S. 427; Gieseke!Wiedemann/C:zychowski, WHG, § 31 Rdn. 80 f. 43 VG Saarlouis, NVwZ 1982, 57; SiedertZeitler/Dahme, WHG, § 31 Rdn. 85; Gieseke/Wiedemann!C:zychowski, WHG, § 31 Rdn. 85;

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Erster Abschn.: Genehmigungsverfahren

3. Das Erlaubnis- und Bewilligungsverfahren Nicht immer soll - insbesondere bei der Gewinnung von Bodenschätzen - die Ausbeutefläche nach Abschluß der Abgrabungen als offenes Gewässer verbleiben. In diesen Fällen, in denen die bei der Abgrabung entstandenen Wasserflächen später wieder (sukzessiv) verfüllt werden sollen, liegt lediglich ein Zutagefördern oder Zutageleiten von Grundwasser vor44. Als Gewässerbenutzungen bedürfen diese Maßnahmen nach § 3 Abs. 1 Nr. 6, §§ 7 und 8 WHG nur einer wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung. Die nur vorübergehend entstehende Wasserfläche ist durchgehend als Grundwasser zu qualifizieren45 • Schwierigkeiten können die Fälle bereiten, in denen nach der Abgrabung die Wasserfläche teilweise wieder verfüllt und teilweise auf Dauer erhalten bleiben sollen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, daß § 31 Abs. 1 WHG den örtlichen Wirkungskreis der Planfeststellung auf den im festzustellenden Plan angegebenen räumlichen Bereich des auf Dauer anzulegenden Gewässers und seiner Ufer begrenzt46 • In welchem Umfang ein Vorhaben der Planfeststellung unterliegt, bestimmt sich daher nicht nach den betriebswirtschaftliehen oder abbautechnischen Vorstellungen des Unternehmers. Das bedeutet, daß bei einem größeren Abgrabungsvorhaben zwischen der wiederzuverfüllenden Abbaufläche und dem auf Dauer herzustellenden Gewässer unterschieden werden muß. Der Bereich, der wieder verfüllt werden soll, stellt ein erlaubnis- oder bewilligungspflichtiges Zutageleiten von Grundwasser dar, während die übrige Fläche der wasserrechtlichen Planfeststellung bedarf'7 • 44 BayObLG, BayVBI. 1982, 313; BayVGH, Ztw 1988, 225 (226 ff.), Schwab, AgrarR 1986, 302; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn 61 a.E., 49 m.w.N.; kritisch Ketteler/Kippels, Umweltrecht, S. 131 f., die es nicht ganz befriedigt, allein auf die subjektive Motivlage des Gewässerbenutzers abzustellen. Nach ihrer Auffassung böte sich als objektives Korrektiv an, "ein gewisses Maß an Intensität und Zeitdauer dann in Richtung •Ausbaue dominieren zu lassen, wenn die äußere Erscheinungsform der Gewässernutzung das Landschaftsbild erheblich verändert". Mit einer ähnlichen Begründung kommt OVG Münster, NWVBI. 1992, 29 (30) zum Ergebnis, daß ein Baggersee, der im Zuge einer Naßauskiesung entsteht und verändert wird, auch dann der wasserrechtlichen Planfeststellung unterliegt, wenn er nach Abschluß der Auskiesung wieder verfüllt werden soll. 45 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 49; a.A. OVG Münster, NWVBI. 1992, 29 (31). 46 SiederfZeitler!Dahme, WHG, § 31 Rdn. 23. 47 Vgl. BayVGH, Ztw 1988, 225 (226).

A. Die Rechtsgrundlagen für Abgrabungen

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Neben den Abgrabungen, bei denen das Grundwasser freigelegt wird, fmden sich auch solche, die oberhalb des Grundwassers duchgeführt werden (wie z.B. die Trockenauskiesung). Diese können den wasserrechtlichen Erlaubnistatbestand nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 WHG erfüllen. Nach dieser Vorschrift gelten als erlaubnispflichtige Benutzungen auch Maßnahmen, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß schädliche Veränderungen der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Grundwassers herbeizuführen. Bei Erdaufschlüssen, die nicht das Grundwasser selbst anschneiden, kann die Möglichkeit der schädlichen Veränderung der Beschaffenheit des Grundwassers nicht ausgeschlossen werden48 • So ist denkbar, daß durch eine zu dünne und wenig reinigungsfähige Deckschicht verschmutztes Oberflächenwasser in das Grundwasser eindringen kann49 • Eine Beeinträchtigung des Grundwassers ist auch dann zu erwarten, wenn bei einer dünnen Deckschicht das Grundwasser stärker verdunstet und daher ein Wasserverlust eintriuso. Das bedeutet: Bei der Trockenauskiesung liegt nur dann kein Benutzungstatbestand vor, wenn die Möglichkeit der schädlichen Einwirkung auf das Grundwasser praktisch ausgeschlossen ists 1• Hieraus folgt, daß der Benutzungstatbestand des § 3 Abs. 2 Nr. 2 WHG als Auffangtatbestands2 immer erfüllt ist, wenn im Einzelfall die nur ganz entfernte (theoretische) Möglichkeit einer schädlichen Einwirkung auf das Grundwasser bestehts3 • Unabhängig davon hat Rheinland-Pfalzjede Abgrabung, die der gewerbsmäßigen Gewinnung von Bodenschätzen dient, dem wasserrechtlichen Erlaubnisvorbehalt unterstellt(§ 25 Abs. 1 Nr. 2 LWG). Durch diese speziAnders VG Münster, Ztw-Sonderheft 1966 II Nr. 3. Hierauf hat das BVerfGE 58, 300 (344) = NJW 1982, 745 (751) in seinem Naßauskiesungsbeschluß hingewiesen; diesen Anknüpfungspunkt hat dann der BGH, Ztw 1983, 22 (24) und ZfW 1983, 25 (27) aufgegriffen; ausführlich: Salzwedel/Nacke, NVwZ 1985, 711. so OVG Münster, Ztw 1973, 56 ff.; VG Würzburg, Ztw-Sonderheft 1973 II Nr. 5; VG Köln, in: Linke, Abgrabungsgesetz NW, S. 162; Linke, Abgrabungsgesetz NW, § 7 Anm. 2.2; auf diese Gefahren wird auch hingewiesen vom Aargauischen Verwaltungsgericht (Schweiz) NuR 1980, 134: Danach ist die Kiesausbeute in jedem Fall so zu beschränken, das über den höchsten möglichen Wasserspiegel des nutzbaren Grundwassers eine mindestens 2 m dicke Schutzschicht verbleibt. SI BGH, Ztw 1983, 22 (24), Ztw 1983, 25 (27). s2 Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG, § 3 Rdn. 67 SJ Salzwedel/Nacke, NVwZ 1985, 711; Haupt, Wasserrecht, in: Faber!Schneider, NdsStVwR, S. 402; Sieder!Zeitler/Dahme, WHG, § 3 Rdn. 29. 48

49

4 Büllesbaeh

Erster Abschn.: Genehmigungsverfahren

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elleRegelungwird § 3 Abs. 2 Nr. 2 WHG ausgeschlossen54 • Der Gesetzgeber wollte dadurch die Notwendigkeit einer behördlichen Prüfung der Verträglichkeit unter dem Gesichtspunkt des Grundwasserschutzes deutlich machen55 • Die wasserrechtliche Erlaubnis und Bewilligung entfalten keine Konzentrationswirkung. Zulassungen nach anderen Fachgesetzen müssen vom Abgrabungsuntemehmer noch zusätzlich eingeholt werden.

111. Abgrabungsrecht

Das Abgrabungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (AbgrG) ist das letzte, in Deutschland noch gültige Spezialgesetz für Abgrabungen56• Nach seinem Regelungsinhalt verfolgt es folgende Ziele57 : 1. Die Gewinnung von Bodenschätzen örtlich-planerisch so zu lenken, daß die Nutzung von Lagerstätten im Rahmen der angestrebten Landesentwicklung vertretbar ist; 2. die durch die Abgrabung von Bodenschätzen verursachten Landschaftsschäden auf ein Mindestmaß zu beschränken; 3. die Oberflächengestaltung und Wiedemutzbarmachung des in Anspruch genommenen Geländes während und nach dem Abbau (Herrichtung) zu gewähren. Diese Ziele finden sich wieder in § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AbgrG. § 1 Abs. 1 Nr. 1 AbgrG enthält weiterhin eine Legaldefinition der Abgrabung. Eine 54

55

Himmel, LWG RhPf!WHG, § 25 LWG/§ 3 WHG, Rdn. 43. Vgl. Himmel, LWG RhPf!WHG, § 25 LWG/§ 3 WHG, Rdn. 49; Beile, LWG

RhPf, § 25 Anm. 2.2.; vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, NVwZ-RR 1992,463. 56 Das Bodenabbaugesetz Nds wurde unter Einbeziehung der grundlegenden Vorschriften und einer VO-Ermächtigung in das Nds. Naturschutzgesetz mit Wirkung vom 01.07.1981 aufgehoben; vgl. dazu OVG Lüneburg, NuR 1981,211. In Rheinland-Pfalz gibt es noch ein Landesgesetz über den Abbau und die Verwertung von Bimsvorkommen vom 13.04.1949 (GVBI. S. 143), das durch eine Landesverordnung vom 21.07.1952 (GVBI. S. 117, geändert durch Landesgesetz vom 14.12.1973, GVBI. S. 417) ausgefüllt wurde. Wegen der nur partiellen Wirkung dieses Gesetzes bleibt es bei den weiteren Ausführungen unberücksichtigt. 57 Vgl. die Begründung zum Abgrabungsgesetz NW, LT-Drs. 7/1780, S. 1 A, 9; Steckert DVBI. 1974, 543 f.; Schneider, DÖV 1988, 858 f.

A. Die Rechtsgrundlagen für Abgrabungen

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Abgrabung ist danach "die oberirdische Gewinnung von Bodenschätzen, die im Verfügungsrecht des Eigentümers stehen" . Dabei ist unerheblich die Größe der Fläche, die Tiefe des Bodeneingriffs, die Art und Menge der Bodenschätze sowie die voraussichtliche Dauer der Abgrabung58 • Bodenschätze im Sinne des Abgrabungsgesetzes sind - wie sich aus der beispielhaften59 Aufzählung in § 1 Abs. 2 AbgrG ergibt - insbesondere Kies, Sand, Ton, Lehm, Kalkstein, Dolomit, sonstige Gesteine, Moorschlamm und Torf. Das Abgrabungsgesetz bezieht sich also auf die Abgrabungen von Steinen und Erden. Ausgeschlossen sind die nicht im Verfügungsrecht des Grundeigentümers stehenden bergfreien Bodenschätze nach § 3 Abs. 3, Abs. 2 S. 2 BBergG, deren Gewinnung den bergrechtliehen Vorschriften unterliegt. § 1 Abs. 3 AbgrG nimmt weiterhin Abgrabungen aus, die der Aufsicht der Bergbehörde unterliegen. Hiermit sind die grundeigenen Bodenschätze angesprochen, die abschließend in § 3 Abs. 2 S. 1, Abs. 4 BBergG aufgezählt sind60• Das bedeutet: Soweit Bodenschätze im Verfügungsrecht des Grundeigentümers stehen und diese nicht dem Bergrecht unterfallen, können sie Gegenstand einer Abgrabung nach dem Abgrabungsgesetz sein61 • Das Abgrabungsgesetz ergänzt das Bundesberggesetz. Die enge Verbindung zwischen den beiden Gesetzen ergibt sich auch aus dem Relativsatz in der Legaldefmition der Abgrabung, wo auf das Bergrecht verwiesen wird62 • Das bedeutet, daß die zentralen Begriffe im sachlichen Geltungsbereich des Abgrabungsgesetzes wie "Gewinnung" und "Bodenschätze"63 bergrechtlich Schneider, DÖV 1988, 859. Vgl. Stecker!, DVBI. 1974, 544; Kirchner, ZtB 1984, 334. 60 Kritisch zu dieser Rechtslage Schwab, AgrarR 1986, 303, der es als "ausgesprochen mißlich" bezeichnet, daß § 3 Abs. 4 Nr. 1 BBergG auf außerrechtlich Abgrenzungskriterien Bezug nimmt und die Genehmigung von Quarzsanden je nach dem Ergebnis der durchzuführenden Testverfahren einmal der Bergaufsicht und zum anderen der Aufsicht der Abgrabungsbehörde unterstellt. 61 Dieses Ergebnis ist auch verfassungsrechtlich geboten: Aufgrund der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Art. 74 Nr. 11 GG) ist eine abschließende Regelung für bestimmte grundeigene Bodenschätze getroffen worden; für landesrechtliche Regelungen bleibt in Bezug auf diese Bodenschätze kein Raum mehr (Art. 72 Abs. 1 GG); vgl. Kirchner, ZtB 1984, 334. 62 OVG Münster, Urteil vom 22. August 1979 - X A 2117177 -,zitiert nach Linke, Abgrabungsgesetz NW, § 1 Anm. 1.1. 63 Vgl. die Defmition in § 3 Abs. 1 BBergG. Wesentlich für das Vorliegen eines Bodenschatzes ist, daß die darunter fallenden Stoffe in natürlichen, d. h. nicht durch 58

59

52

Erster Abschn.: Genehmigungsverfahren

zu verstehen sind. Diese Nähe des Bundesberggesetzes zum Abgrabungsgesetz folgt aus der großen Bedeutung der oberflächennahen Gewinnung nichtbergfreier Grundeigentümerbodenschätze. An der Gewinnung solcher Bodenschätze besteht ein gleiches öffentliches Interesse wie bei der Gewinnung von bergfreien Bodenschätzen64 • Das Abgrabungsgesetz verwendet einen engen Abgrabungsbegriff. Abgrabungen zur Herstellung von Feuchtbiotopen oder Teichanlagen fallen nicht unter das Gesetz. Trotz des engen Bezuges zum Bergrecht ist die Gewinnung von Bodenschätzen nicht der wesentliche Inhalt des Abgrabungsgesetzes. Die Bedeutung des Gesetzes besteht vielmehr vor allem in der Tatsache, daß es zum Schutz der Landschaft, der Ökologie und der Umwelt die folgenträchtige Materie einer Abgrabung normativ umfassend regelt und hierbei eine neue Rechtsgrundlage für die Oberflächengestaltung und vor allem für die Wiedernutzbarmachung und damit der Rekultivierung schafft. Das Abgrabungsgesetz ist daher als Teilmaterie des Natur- und Landschaftsschutzes gekennzeichnet65. Nach § 3 Abs. 1 AbgrG bedürfen Abgrabungen einer Genehmigung66 • Zuständig ist gern. § 8 Abs. 1 S. 1 AbgrG der Regierungspräsident. Es handelt sich bei dem Genehmigungvorbehalt in § 3 Abs. 1 AbgrG um ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt67 • Der Antragsteller hat deshalb einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung, wenn die beabsichtigte Abgrabung materiell den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht68 • Die Abgrabungsgenehmigung schließt gemäß § 7 Abs. 3 AbgrG die aufgrund der Landesbauordnung, des Bundesnaturschutzgesetzes, des Landschaftsgesetzes, des Landesforstgesetzes oder des Landesstraßengesetzes für die Abgrabung und Herrichtung erforderlichen Verwaltungsentscheidungen ein. Die Abgrabungsgenehmigung hat also regelmäßig eine - wenn auch

Menschenhand künstlich geschaffenen Ablagerungen oder Ansammlungen vorkommen; so die Amtl. Begr. zum BBergG, BT-Drs. 8/1315, S. 78. 64 Vgl. Linke, Rohstoffgewinnung und Umweltschutz, in: Speetzen, Rohstoffe und Umwelt, S. 22 m.w.N. 65 Schneider, DÖV 1988, 859 m.w.N. 66 Zur Freistellung von dem Genehmigungserfordernis in § 14 AbgrG NW vgl. OVG Münster, NuR 1993, 40 (41). 67 Schneider, DÖV 1988, 859. 68 Kurzinsky, AgrarR 1973, 215; Schwab, AgrarR 1986, 303 m.w.N.

A. Die Rechtsgrundlagen für Abgrabungen

53

beschränkte - Konzentrationswirkung69 • Zusätzlich zur Abgrabungsgenehmi-

gung sind aber insbesondere noch wasser-, abfall,- gewerbe-und immissionsschutzrechtliche Entscheidungen erforderlich, die vom Unternehmer einzuholen sind. Ist jedoch für die Abgrabung die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens notwendig, wird das Abgrabungsgesetz verdrängt; der Planfeststellungsbeschluß umfaßt dann die Abgrabungsgenehmigung70•

IV. Baurecht Die meisten Bauordnungen der Länder71 entsprechen inzwischen - wenn auch mit zahlreichen Besonderheiten - im Grundsätzlichen den Vorschlägen der Musterbauordnung von 1981"12 • Sowohl danach als auch nach den übrigen Landesbauordnungen gelten die nicht der Bergaufsicht unterliegenden73 Abgrabungen als bauliche Anlagen74 • Nicht einheitlich ist in diesen Ländern allerdings geregelt, ob und unter welchen Voraussetzungen die Abgrabungen einer baurechtliehen Genehmigung bedürfen. Eine solche Genehmigung ist immer erforderlich in Bremen75 • In Schleswig-Holstein sind demgegenüber alle76, in Nordrhein-Westfalen diejenigen Abgrabungen genehmigungsfrei, die außerhalb von bebauten oder nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften 69 Vgl. OVG Münster, NuR 1985, 286 (287); NVwZ 1986, 231; VG Minden, NuR 1983, 205; Schwab, AgrarR 1986, 302; Linke, Rohstoffgewinnung und Umweltschutz, in: Speetzen, Rohstoffe und Umwelt, S. 23; Upmeier, NuR 1986, 311 f., Schneider, DÖV 1988, 859. 70 So OVG Münster, NüR 1985, 196; Linke, Abgrabungsgesetz NW, § 7 Anm. 2.1.1.; Steckert, DVBI. 1974, 546; Schwab, AgrarR 1986, 307; Schneider, DÖV 1988, 860; dieses Ergebnis entspricht nicht dem Willen des Gesetzgebers. Danach sollte die Genehmigung nach dem AbgrG nicht durch andere öffentlich-rechtliche Genehmigungen ersetzt werden, und zwar auch nicht durch ein Planfeststellungsverfahren nach dem LWG, vgl. LT-Drs. 7/1780, S. 8. 71 So z.B. Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein. 72 Zu dieser Entwicklung vgl. Ortloff, NVwZ 1988, 399 ff.; Ernst/Hoppe, Baurecht, Rdn. 855 ff. 73 Siehe hierzu oben 1.5. 74 Vgl. § 2 Abs. 1 LBO BW; Art. 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BayBO; § 2 Abs. 2 Nr. 2 LBO Brem; § 1 Abs. 1 Nr. 1 HbgBauO; § 2 Abs. l Nr. l HessBO; § 2 Abs. l Nr. 3 Nds BauO; § 2 Abs. 2 Nr. 3 BauO NW; §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 1 Abs. 2 Nr. 2 LBauO RhPf; § 2 Abs. 2 Nr. 3 LBO Saar; eine solche Regelung fehlt in der LBO SH. 75 Vgl. § 87 Abs. 1 BremLBO. 76 Vgl. § 62 Abs. l Nr. 5 LBO SH.

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Erster Abschn.: Genehmigungsverfahren

bebaubaren Grundstücken vorgenommen werdenn. Im übrigen sind Abgrabungen überwiegend genehmigungsfrei, wenn sie eine Grundfläche von 30 qm und eine Tiefe von 2 m nicht überschreiten78 • Abweichend hiervon liegt in Baden-Württemberg die Grenze der Genehmigungsfreiheit bei 200 m3 Rauminhalt und 2m Höhenunterschied gegenüber dem Gelände79, in Bayern bei 300 qm Grundfläche und 2 m Tiefe80 und in Niedersachsen sogar bei 300 qm Fläche und 3 m Tiefe81 • Auch wenn diese landesrechtliehen Regelungen erhebliche Unterschiede aufweisen, so läßt sich doch feststellen, daß jedenfalls bei weniger als 30 qm Grundfläche und 1 m Tiefe in keinem Flächenstaat der Bundesrepublik eine baurechtliche Genehmigungspflicht für Abgrabungen besteht. Eine Baugenehmigung ist auch entbehrlich, wenn mit der Abgrabung die Herstellung oder die wesentliche Umgestaltung einer Wasserfläche verbunden und daher ein wasserrechtliches Planfeststellungsverfahren nach § 31 Abs. 1 WHG durchzuführen ist. Denn aufgrund seiner Konzentrationswirkung umfaßt dieses Verfahren auch die bauordnungsrechtliche Prüfung und Zulassung des Vorhabens. Entsprechendes gilt für Verfahren nach dem nordrhein-westfälischen Abgrabungsgesetz (§ 7 Abs. 3 AbgrG). Eine Besonderheit für Abgrabungen fmdet sich in den Landesbauordnungen von Bayern und Rheinland-Pfalz. Unabhängig von der Größe sind dort Abgrabungen genehmigungsfrei, wenn eine behördliche Zulassung nach anderen Rechtsvorschriften (z.B. Erlaubnis oder Bewilligung nach den Wassergesetzen) erforderlich ist82 • Einer besonderen Baugenehmigung bedarf es

n Vgl. § 62 Abs. 1 Nr. 14 BauO NW.

78 §56 Abs. 1 Nr. 3 BauO Bln; § 60 Abs. 1 HBauO i.V.m. § 1 Abs. 1, Anlage Vlli Nr. 3 BauFreiVO; § 89 Abs. 1 Nr. 2 HessBO; § § 62 Abs. 1 Nr. 14 BauO NW; § 61 Abs. 1 Nr. 18 LBauO RhPf; § 89 Abs. 1 Nr. 2 LBO Saar. 79 §52 Abs. 1 Nr. 17 LBauO BW. 80 Art. 65, 66 Abs. 2 Nr. 1 BayBO; zur Berechnung des Rauminhalts vgl. Simon, BayBO, § 66 Rdn. 32; auch BayVGH, NuR 1991 , 283 und BayVBl. 1992, 529. 81 Vgl. § 69 Abs. 1 Nds BauO i.V.m. Nr. 7.1 der Anlage; außerhalb des Außenbereichs sind genehmigungsfrei Abgrabungen bis 3 m Tiefe; zur Abgrenzung gegenüber der naturschutzrechtlichen Abgrabungsgenehmigung siehe noch unten VI. a.E. n Vgl. § 81 Nr. 6 LBauO RhPf; Art. 87 Abs. 1 Nr. 1 BayBO; zur letzteren Vorschrift vgl. BayVGH, BayVBl. 1988, 368 ff.; zur Abgrenzung von bau- und wasserrechtlichen Vorschriften bei der Errichtung von Anlagen im Ufer- und Überschwemmungsbereich vgl. BayOLG, DÖV 1993,78 f.

A. Die Rechtsgrundlagen für Abgrabungen

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auch nicht in den Ländern, in denen für Abgrabungen eine besondere naturschutzrechtliche Abgrabungsgenehmigung eingeholt werden muß 83 • Bei Abgrabungen auf einem Grundstück, auf dem bereits vor Einführung der Genehmigungspflicht Rohstoffe gewonnen wurden, sind weitere Abgrabungen nicht unbegrenzt genehmigungsfrei84• Der aus Art. 14 GG abzuleitende Bestandsschutz führt nicht dazu, daß eine einmal rechtmäßige Nutzung beliebig erweitert werden kann. Zulässig ist ohne Genehmigung die weitere Ausbeute der bei der Einführung der Genehmigungspflicht bereits begonnenen Abschnitte. Die Ausdehnung auf bisher noch nicht ausgebeutete Flächen darf allerdings erst erfolgen, wenn die hierfür erforderliche Genehmigung vom Abgrabungsuntemehmer eingeholt wurde. Die Baugenehmigung selbst hat keine umfassende Konzentrationswirkung85 und steht daher eigenständig und gleichrangig neben den anderen erforderlichen Genehmigungen.

V. Wald- und Forstrecht Berührt wird das Forstrecht in den Fällen, in denen bei Abgrabungen zur Gewinnung von Bodenschätzen oder Rohstoffen Wald gerodet werden muß. Das BWaldG enthält zur Sicherung der Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes Bestimmungen, die das Verfahren zur Erteilung eines Rechts auf Abgrabung beeinflussen können. Auch bei den forstrechtlichen Vorschriften des BWaldG handelt es sich um Rahmenvorschriften für die Landesgesetzgebung (§ 5 S. 1 BWaldG), die wiederum gemeinsam mit den landesrechtliehen Ausfüllungsvorschriften konkrete Bedeutung erhalten. Ausgehend von dem Grundsatz der Erhaltung des Waldes bestimmen§ 9 Abs. 1 BWaldG und die entsprechenden Vorschriften

83 Vgl. § 13 Abs. 2 NatSchG BW; § 19 Abs. 1 S. 2 Nds NatSchG; § 13 Abs. 5 S. 1 LPflegG SH; siehe ausfiihrlich hierzu unten VI. 84 So BayVGH, NuR 1991,283 fiir eine dem Baurecht unterliegende Abgrabung. 85 Eine teilweise Konzentrationswirkung, die aber nicht Abgrabungen betrifft, fmdet sich z.B. in § 87 Abs. 3 BremLBO; § 68 Abs. 2 Nds BauO; § 60 Abs. 3 BauO NW; § 68 Abs. 6 LBauO RhPf; § 87 Abs. 2 LBO Saar; § 61 Abs. 2 LBO SH; vgl. dazu OVG Münster, NJW 1986, 1890; Ortloff, NJW 1987, 1668.

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Erster Abschn.: Genehmigungsverfahren

der Lä.nder-86, daß Wald nur mit Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Behörde gerodet und in eine andere Nutzungsart umgewandelt ("Umwandlung") werden darf. Die Umwandlungsgenehmigung soll versagt werden, wenn die Erhaltung des Waldes überwiegend im öffentlichen Interesse liegt (§ 9 Abs. 1 S. 3 BWaldG). Eine eigenständige forstrechtliche Genehmigung ist allerdings nur dann einzuholen, wenn das Abbauvorhaben nicht bereits einem anderen Zulassungsverfahren mit Konzentrationswirkung unterliegt. Der wasserrechtliche Planfeststellungsbeschluß und (in Nordrhein-Westfalen) die Genehmigung nach dem Abgrabungsgesetz beinhalten die forstrechtliche Rodungsgenehmigung. Die Zulassung eines bergrechtliehen Betriebsplanes, die wasserrechtliche Erlaubnis und die Baugenehmigung haben jedoch keine Konzentrationswirkung; die Rodungsgenehmigung ist in diesen Fällen zusätzlich einzuholen.

VI. Naturschutz- und Landschaftspflegerecht

Der zentrale Teil des Bundesnaturschutzgesetzes ist die Eingriffsregelung nach den §§ 4 bis 8, die teilweise als die bedeutendste Neuerung des modernen Naturschutzrechts angesehen wird87• Hier fmden sich Vorschriften über Zulässigkeit, Folgen und Ausgleich von Eingriffen und die Verfahrensregelungen88. Eingriffe in Natur und Landschaft sind Veränderungen der Gestalt und Nutzung von Grundflächen, die die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich oder nachhaltig beeinträchtigen können (§ 8 Abs. 1 BNatSchG)89 • Die Länder sind durch § 8 Abs. 8 S. 2 BNatSchG ermächtigt zu bestimmen, daß Veränderungen bestimmter Art als 86 Vgl. §§ 9-11 LWaldG BW; Art. 9 BayLWaldG; § 5 LWaldG Bin; § 4 LWaldG Hbg; § 11 Abs. 1 HFG, §§ 13-14 LWaldG Nds; §§ 39-42 LFoG NW; § 14 Abs. 1, 31, 35 LFG RhPF; §§ 8, 29, 39 LWaldG Saar; § 12 LWaldG SH. 87 So z.B. Soell, Naturschutzrecht, in: Salzwedel, Umweltrecht, S. 521; Breuer, NuR 1980, 90; Gassner, NuR 1984, 81. 88 Zur Frage, ob die Bundesbehörden beim Vollzug von Bundesrecht an die landesrechtliehen Eingriffsregelungen gebunden sind, vgl. BVerwGE 74, 308 = DVBI. 1986, 1009; Schink, NWVBI. 1991,74 m.w.N. (bejahend). 89 Zur Auslegung dieser Begriffe vgl. v. Mutius, Öffentlich-rechtliche Zulässigkeil und Grenzen von K.iesabbauvorhaben; Gutachten S. 54; Schink, DVBI. 1992, 1394 m.w.N.

A. Die Rechtsgrundlagen für Abgrabungen

57

Eingriffe gelten, wenn sie nur regelmäßig, also nicht unbedingt in jedem Einzelfall, die Voraussetzungen des Eingriffstatbestandes erfüllen. Auf dieser Rechtsgrundlage haben die meisten Länder eine Positivliste'IJ erstellt, wonach u. a. als Eingriffe gelten die oberirdische Gewinnung von Bodenschätzen91 , selbständige Abgrabungen92, der Ausbau von Gewässern93 , die Entwässerung und Beseitigung von Tümpeln von mehr als 100 qm94 • Mittels dieser Positivliste wird zum Zweck einer vereinfachten Handhabung des Gesetzes durch die Verwaltung, die andernfalls die tatbestandliehen Voraussetzungen eines Eingriffs in Natur und Landschaft zu prüfen und darzulegen hätte, eine Vermutung für das Vorliegen eines Eingriffs aufgestellt95 • '1J Übersichten über die Positiv- und Negativlisten der einzelnen Ländergesetze fmden sich bei BT-Drs. 911385, S. 3 f.; Burmeister, Schutz von Natur und Landschaft, S. 26 ff.; Gassner, NuR 1984, 83; Soell, Naturschutzrecht, in: Salzwedel, Umweltrecht, S. 528 f.; kritisch zu den Positivlisten Michler, DVBI. 1986, 280; zu den Negativlisten vgl. BT-Drs. 9/1385, S. 3 f.. Diese Negativlisten haben grundsätzlich für Abgrabungen keine besondere Bedeutung, auch wenn z.B. nach § 4 Abs. 3 LG NW "Abgrabungen geringeren Umfangs für den Eigenbedarf eines land- oder forstwirtschaftliehen Betriebes" nicht als Eingriff gelten. 91 Vgl. § 10 Abs. 1, 13 Abs. 1 Nr. 1 NatSchG BW; § 14 Abs. 1 Nr. 2 NatSchG Bin; § 11 Abs. 1 Nr. 1 BremNatSchG; § 9 Abs. 1 Nr. 1 HbgNatSchG; § 4 Abs. 2 Nr. 1 LG NW; § 4 Abs. 1 Nr. 1 LPfiG RhPf; § 10 Abs. 2 Nr. 1 SaarNG; § 7 Abs. 1 Nr. 1 LPflegG SH. 92 Vgl. § 10 Abs. 1, 13 Abs. 1 Nr. 2 NatSchG BW; § 11 Abs. 1 Nr. 2 BremNatSchG; § 7 Abs. 1 Nr. 1 LPflegG SH; nach § 9 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 HbgNatSchG u.a., wenn die Grundfläche größer als 400 qm ist, eine Vertiefung von mehr als 2m auf einer Grundfläche von mehr als 30 qm erreicht; nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 LPflG RhPf ab 2m Tiefe und mit einer Grundfläche von mehr als 300 qm; nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 NatSchG Bln und § 10 Abs. 2 Nr. 2 SaarNG ab 2 m Tiefe und einer Grundfläche von 30 qm bzw. 50 qm; nach§ 5 Abs. 1 Nr. 1 HENatG im Außenbereich ab einer Fläche von 500 qm; zu diesen uneinheitlichen Regelerheblichkeitsgrenzen vgl. Burmeister, Schutz von Natur und Landschaft, S. 49; vgl. auch Gassner, NuR 1989, 61. 93 Vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 4 NatSchG BW; § 14 Abs. 1 Nr. 5 NatSchG Bin; § 11 Abs. 1 Nr. 10 BremNatSchG; § 9 Abs. 1 Nr. 5 HbgNatSchG; § 5 Abs. 1 Nr. 5 HENatG; § 4 Abs. 2 Nr. 5 LG NW; § 4 Abs. 1 Nr. 6 LPfiG RhPf; § 10 Abs. 2 Nr. 7 SaarNG; § 7 Abs. 1 Nr. 4 LPflegG SH. 94 § 4 Abs. 2 Nr. 6 LG NW. 95 OVG Hamburg, NuR 1992, 483, OVG Rheinland-Pfalz, UPR 1991, 105 (107); Breuer, NuR 1980, 92; Ehrlein, VBlBW 1990, 122.

58

Erster Abschn.: Genehmigungsverfahren

Die Positivlisten der Länder stellen allerdings keine abschließende Aufzählung möglicher Eingriffe dar96, sondern können nur als widerlegliehe Vermutungen verstanden werden97 • Entscheidend ist, ob eine erhebliche (Intensität) und/oder nachhaltige (Dauer-) Beeinträchtigung i.S.d. § 8 Abs. 1 BNatSchG im konkreten Einzelfall vorliegt98• Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 29.09.1991 ausdrücklich festgestellt99 •

Verfahrensrechtlich integriert § 8 Abs. 2 S. 2, 3 BNatSchG die Entschei-

dung über den Eingriff in Natur und Landschaft in das jeweilige fachliche Genehmigungsverfahren. Aus Gründen der Verfahrensvereinfachungulo und der Rechtsklarheit101 wird über die Zulassung von Eingriffen sowie über die Pflicht des Verursachers nicht in einem eigenen naturschutzrechtlichen Verfahren entschieden. § 8 Abs. 2 S. 3 BNatSchG bestimmt, daß Unterlassungsoder Ausgleichsverpflichtungen durch die für die anderweitig vorgeschriebene Entscheidung oder Anzeige zuständige Behörde ausgesprochen wird ("Huckepack"-Verfahren 102). Der Gefahr, daß sich durch die Zuständigkeit einer naturschutzfernen Behörde naturschutzrechtliche Vollzugsdefizite ergeben könnten, wird durch die nach§ 8 Abs. 5 S. 1 BNatSchG gebotene Beteiligung der Naturschutzbehörde entgegengewirkt. Insoweit bereitet die verfahrensrechtliche Seite der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung keine Schwierigkeiten.

96 Burmeister, Schutz von Natur und Landschaft, S. 175; Bunzel, UPR 1991, 301. Verschiedene Länder dürften den bundesgesetzlich vorgeschriebenen Rahmen teilweise überschritten haben, wenn sie von vomeherein gewisse Vorhaben unwiderlegbar als Eingriff defmieren, vgl. Sander, NuR 1986, 319; Ehrlein, VBIBW 1990, 122. 97 Ehrlein, VBlBW 1990, 122 m.w.N.; Schink, DVBI. 1992, 1395 sieht in der Positiv- und Negativliste des§ 4 Abs. 2, 3 LG NW unwiderlegliche Vermutungen. 98 Vgl. etwa v. Mutius, Öffentlich-rechtliche Zulässigkeit und Grenzen von Kiesabbauvorhaben; GutachtenS. 54; OVG Hamburg, NuR 1992, 483 (484) für das Verfüllen einer Kiesgrube. 99 BVerwG, DVBI. 1991, 209 (211); nach VG Schleswig, NuR 1989, 273 kommt der allgemeinen Eingriffsdefmition des § 8 Abs. 1 BNatSchG bei vorhandener Positivliste die Bedeutung eines Auffangtatbestandes zu. 100 So Soell, Naturschutzrecht, in: Salzwedel, Umweltrecht, S. 524. 1o1 So Gaentzsch, NuR 1986, 90. 102 Der Ausdruck wurde von Salzwedel geprägt, und zwar in einem Gutachten, das er für das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten erstellt hat; vgl. auch Erbguth, UPR 1984, 247; Gassner, NuR 1988, 68; Burmeister, Schutz von Natur und Landschaft, S. 30 ff.

A. Die Rechtsgrundlagen für Abgrabungen

59

Uneinheitlich ist die Rechtslage für die Abgrabungen, für die bei Eingriffen in Natur und Landschaft eine besondere Zulassung nach den Fachgesetzen nicht vorgeschrieben ist. In einigen Bundesländern gibt es für solche Abgrabungen naturschutzrechtliche Zulassungsvorbehalte: In Berlin sind solche Abgrabungen anzeigepjlichtig100 • In Harnburg ist der Senat befugt, durch Rechtsverordnung eine Anzeigepflicht für Abgrabungen, die einer behördlichen Zulassung nicht unterfallen, vorzuschreiben104; davon hat er bisher keinen Gebrauch gemacht.

In Baden-Württemberg105 , Niedersachsen 106 und Schleswig-Holstein107 unterliegen Abgrabungen einer besonderen naturschutzrechtlichen Abgrabungsgenehmigung. In Hessen und im Saarland ist eine Genehmigung erforderlich, soweit es sich bei ansonsten zulassungsfreien Abgrabung um einen Eingriff in Natur und Landschaft handelt108 • Bei Abgrabungen zur Gewinnung von Bodenschätzen ist in NordrheinWestfalen und in Rheinland-Pfalz eine besondere naturschutzrechtliche Genehmigung nicht erforderlich, da hier immer die Zulassung nach einem besonderen Gesetz eingeholt werden muß. Als Spezialgesetze greifen hier das Abgrabungsgesetz bzw. das Landeswassergesetz ein109 • Abgrenzungsprobleme zwischen dem Baurecht und den naturschutzrechtlichen Sondervorschriften für den Abbau von Bodenschätzen wie Kies, Sand, Vgl. 15 Abs. 2 i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 NatSchG Bin. § 10 Abs. 2 HbgNatSchG; vgl. dazu Ramsauer, Umweltschutz, in: HojfmannRiem!Koch, HambStVwR, S. 391. 105 Nach §§ 12, 13 Abs. 1 S. 2 NatSchG BW sind Abgrabungen und die Gewinnung von Bodenbestandteilen aber genehmigungsfrei, soweit das Vorhaben der Bergaufsicht unterliegt oder es sich um genehmigungsfreie Vorhaben im Sinne des § 52 LBauO BW handelt. 106 Die Genehmigungspflicht gilt nach § 17 Abs. 1 Nds NatSchG für die Gewinnung von Bodenschätzen, soweit die abzubauende Fläche größer als 30 qm ist. IU7 Die Genehmigung ist nach § 13 Abs. 1 LPflegG SH erforderlich, wenn die betroffene Grundfläche der Abgrabung größer als 1000 qm ist. Das gleiche gilt, "wenn eine Grundfläche von über 30 qm um mehr als 3 m vertieft ( .. .) oder ein Fischteich neu geschaffen werden soll". 108 § 6 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 HENatG; § 12 Abs. 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 SaarNG; zu den erforderlichen Planunterlagen für den Genehmigungsantrag vgl. Rehbinder, Umweltrecht, in: Meyer!Stolleis, HessStVwR, S. 368 m.w.N. 109 Siehe oben 11.3. liD 104

60

Erster Abschn.: Genehmigungsverfahren

Mergel, Ton, Lehm, Moor oder Steine (§§ 17 ff. Nds NatSchG) gibt es in Niedersachsen110• Nach der Rechtsprechung des OLG Oldenburg 111 ist die Frage, ob eine Veränderung an der Erdoberfläche als Abgrabung i.S.d. Bauordnung und damit als bauliche Anlage oder aber als Bodenabbau i.S. von§ 17 Nds NatSchG anzusehen sei, nach dem mit der Maßnahme verbundenen Zweck zu beurteilen. Von den selbständigen Veränderungen der Erdoberfläche fallen diejenigen unter den Begriff der baulichen Anlage und damit unter die Genehmigungsbedürftigkeit nach Bauordnungsrecht, die um ihrer selbst Willen geschaffen werden, weil durch ihre Gestaltungsform eine bestimmte Benutzung der Erdoberfläche ermöglicht werden soll. Dagegen seien Maßnahmen, denen ein solcher Gestaltungswille fehle oder bei denen er zurücktrete und bei denen der Hauptzweck in der Gewinnung von Bodenschätzen liege, ausschließlich nach § 17 Nds NatSchG zu beurteilen 112 • Das bedeutet, daß in Niedersachsen der Kies- und Sandabbau nur der naturschutzrechtlichen Genehmigung und keiner Baugenehmigung bedarf.

VII. Sonstige Genehmigungsverfahren Die vorgenannten Genehmigungsverfahren beziehen sich ausschließlich auf die Abgrabungen selbst. Häufig ist mit den Abgrabungen die Errichtung von Anlagen verbunden. Diese bedürfen eigener Zulassungsverfahren. Soll im Rahmen des Abbaus von Bodenschätzen ein Gebäude gebaut werden oder neben einem Teich eine Hütte errichtet werden, so muß der Setreiber dafür zusätzlich eine Baugenehmigung einholen. Auch aus dem Bundesimmissionschutzgesetz können sich Genehmigungstatbestände ergeben. Wesentlicher Regelungsgegenstand des Bundesimmissionschutzgesetzes sind die Errichtung und der Betrieb von Anlagen. Nach § 4 Abs. 1 BlmSchG bedarf es dazu einer Genehmigung, wenn schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft gefährdet, erheblich benachteiligt oder erheblich belästigt werden können. Die Genehmigung wird entweder in einem förmlichen 110

Bothe, Umweltschutzrecht, in: Faber!Schneider, NdsStVwR, S.

OLG Oldenburg, NuR 1988, 51. OLG Oldenburg, NuR 1988, 51 m.w.N.; siehe in Nds auch § 1 Nr. 1 der BauFreiVO, wonach die naturschutzrechtliche Bodenabbaugenehmigung die für eine nach Bauordnungsrecht erforderliche Genehmigung einschließt. 111

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A. Die Rechtsgrundlagen für Abgrabungen

61

Verfahren (§§ 10 bis 13 BlmSchG) oder im vereinfachten Verfahren (§ 19 BlmSchG) erteilt. Welche Anlagen nach welchem Verfahren zu genehmigen sind, ist in der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes geregelt. Danach gilt für Abgrabungsbetriebe folgendes 113 : Keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen Klassieranlagen für Sand und Kies; dem vereinfachten Verfahren unterliegen Anlagen zum Brechen, Mahlen oder Klassieren von natürlichem oder künstlichem Gestein, Anlagen zum Mahlen von unter anderem Gips oder Ton, dem förmlichen Genehmigungsverfahren unterliegen Anlagen zum Blähen von Schiefer oder Ton. Diese rechtlichen Überschneidungen bei der Genehmigung von mit Abgrabungen verbundenen Anlagen sollen nicht im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen. Sie würden den Rahmen der Untersuchung sprengen und bleiben daher im folgenden unberücksichtigt. Entsprechendes gilt für die Beurteilung von Abgrabungsvorhaben nach den Denkmalschutzgesetzen der Länder114 • Auch die denkmalschutzrechtlichen

Vorschriften der Länder können unter Umständen Einfluß auf die rechtliche Zulässigkeit von Abgrabungen nehmen. In den Denkmalschutzgesetzen der Länder ist regelmäßig geregelt, daß die Veränderung und Vernichtung eines Kulturdenkmals oder die Veränderung der Umgebung eines Kulturdenkmals einer Genehmigung bedarf1 1S. 113 Vgl. dazu ausführlich Sellner, Industrieanlagen, Rdn. 102; zum Verhältnis BBergG/BimSchG vgl. auch BVerwG, DVBI. 1986, 1273; zur Einführung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht für den Betrieb eines Steinbruchs unter Verwendung mit Sprengstoffen vgl. BVerwG, UPR 1989, 25 (26); Hackenberg, DVP (RhPf) 1986, 31; zum Widerruf einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zum Kalksteinabbau vgl. HessVGH, NVwZ-RR 1993, 348. 114 Vgl. hierzu Battis!Mühlhoff, NWVBI. 1991, l (für bergrechtliche Verfahren); v. Mutius, Öffentlich-rechtliche Zulässigkeit und Grenzen von Kiesabbauvorhaben; Gutachten S. 65 (für Kiesabbauvorhaben); Linke, Rohstoffgewinnung und Umweltschutz, in: Speetzen, Rohstoffe und Umwelt, S. 22 (für Abgrabungen nach dem Abgrabungsgesetz NW). 115 Vgl. z.B. Art. 6 Abs. 1 BayDenkmalschutzG; § 15 Abs. 3 DenkmalschutzG BW; § 13 Abs. 1 DenkmalschutzG RhPf; § 9 Abs. 1 Denkma!SchutzG NW.

62

Erster Abschn.: Genehmigungsverfahren

VIII. Bodenschutzrecht

Der Bodenschutz hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Fortdauernde Beeinträchtigungen der Bodensubstanz sowie fortschreitende nachteilige Veränderungen der Bodenqualität durch Erosion und Bodenverdichtung haben zu erheblichen Schäden des zuvor wenig beachteten Umweltmediums Boden116 geführt. Die Aufgabe des Bodenschutzrechts besteht darin, für die Lösung von Zielkonflikten zwischen den Nutzungen des Bodens einerseits und seinen Funktionen im Naturhaushalt andererseits verbindliche Vorgaben zu machen. Ein in ganz Deutschland geltendes Bodenschutzgesetz gibt es nicht. Die dem Bodenschutz zugehörigen Regelungen sind in verschiedenen Gesetzen zersplittert. Bodenschutzrecht der Länder gibt es, soweit der Bund auf dem Gebiet der konkurrierenden Gesetzgebung eine Materie nicht abschließend geregelt hat (so im Abfallrecht), sowie in Ausfüllung rahmenrechtlicher Vorschriften des Bundes (so im Naturschutz- und Wasserrecht) und im Bereich der alleinigen Gesetzgebung der Länder (so im Polizeirecht). Im Bereich des Immissionschutzrechts wird der Bodenschutz durch Begrenzungen von Ernmissionen und Immissionen nach dem Immissionsschutzgesetz und den Vorschriften über die Luftreinhalteplanung gewährleistet 117 • Insbesondere die mit schadstoffbelasteten Böden verbundene Gefahren für die menschliche Gesundheit und die eingeschränkten Nutzungsmöglichkeiten dieser Flächen haben in den Ländern Baden-Württemberg und Sachsen im Jahr 1991 zum Erlaß von speziellen Bodenschutzgesetzen geführt118 • Diese Gesetze stellen keine Zusammenfassung der bisher schon in verschiedenen Gesetzen vorhandenen Rechtsgrundlagen dar. In den Bodenschutzgesetzen wird vielmehr der Vorsorgegrundsatz verankert und ein Instrumentarium für einen besseren Schutz des Bodens geschaffen119 •

Zu diesem Begriffvgl. v. Lersner, NuR 1982, 201 Vgl. hierzu Erbguth, BayVBI. 1993, 97; Seibert, NVwZ 1993, 16. 118 Für Baden-Württemberg ,.Gesetz zum Schutz des Bodens (Bodenschutzgesetz - BodSchG)" vom 24.06.1991 und für Sachsen ,.Erstes Gesetz zur Abfallwirtschaft und zum Bodenschutz im Freistaat Sachsen (EGAB)" vom 12.08.1991. 119 Zu den Rechtsproblemen eines Bodenschutzgesetzes vgl. Bückmann/Hepperle/Yeong/Lendi, UPR 1991, 321 ff.; zum BodSchG BW vgl. Sch/abach, VBffiW 1993, 121; Zieger, NVwZ 1991, 1154. 116

117

A. Die Rechtsgrundlagen für Abgrabungen

63

Das Interesse des Bundes richtet sich unter dem öffentlichen Druck und dem Bestreben nach gleichen Wettbewerbsbedingungen vornehmlich auf den Bereich der Aufarbeitung der rechtlichen Grundlagen zum Schutz des Bodens gegen Verunreinigungen mit Schadstoffen sowie der Altlastensanierung120 • Ausgehend von der Bodenschutzkonzeption der Bundesregierung aus dem Jahre 1985 121 hat der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit den Entwurf eines Bodenschutzgesetzes des Bundes vorgelegt 122 • In § 1 des Entwurf ist der Zweck des Gesetztes wie folgt beschrieben: "Zweck dieses Gesetzes ist es, den Boden vor schädlichen Veränderungen zu schützen und Vorsorge gegen das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen zu treffen. Hierzu sind schädliche Bodenveränderungen abzuwehren, bestehende schädliche Bodenveränderungen und Altlasten zu beseitigen sowie nachteilige Einwirkungen auf den Boden nach Maßgabe dieses Gesetzes so weit wie möglich zu vermeiden".

Aus dieser Vorschrift ergibt sich, daß der Entwurf des Gesetzes nicht nur eine vorbeugende Funktion aufweist. Die Regelungen des Bodenschutz- und Altlastenrechts verfolgen das Ziel, bundesweit einheitliche Bodenwerte für die Gefahrenabwehr und die Durchführung von Sanierungsmaßnahmen festlegen zu können. Weder die Bodenschutzgesetze von Baden-Württemberg und von Sachsen noch der Referentenentwurf des Bundes führen für den Bodenschutz neue Genehmigungsverfahren ein. Dafür wird in Baden-Württemberg eine Beteiligung der Bodenschutzbehörden vorgeschrieben, wenn ein Vorhaben, das zu Bodenbelastungen führen kann, nach anderen gesetzlichen Vorschriften einer behördlichen Gestattung bedarfl23 • Für den Abgrabungsuntemehmer haben die Bodenschutzgesetze damit insoweit keine unmittelbaren Auswirkungen, als sich an den bisher schon zuständigen Behörden nichts verändert hat.

120 Vgl. dazu insbesondere Bückmann, Bodenschutzrecht, S. 3 ff.; Hahn, Bodenschutz, S 15 ff.; Heiermann, Der Schutz des Bodens vor Schadstoffeintrag, S. 7 ff. 121 Zur Bodenschutzkonzeption der Bundesregierung vom 07.03.1985 vgl. BTDrs. 10/2977 sowie deren Fortschreibung durch den Maßnahmekatalog zum Bodenschutz vom 12.01.1988 vgl. BT-Drs. 1111625. 122 Vgl. den Referentenentwurf des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zum "Gesetz zum Schutz des Bodens" vom 22.09.1993. 123 Vgl. § 6 BodSchG.

64

Erster Abschn.: Genehmigungsverfahren

Für die Verwaltungsbehörden können die neuen Gesetze allerdings zu einem weiteren Fachbehördenstrang führen 124 • Dies kann wegen des erhöhten Koordinierungsaufwandes zu einer Verzögerung von Genehmigungsverfahren führen und die bereits bestehenden Vollzugsdefizite vergrößern. Nicht der rechtliche Regelungsbedarf, sondern das insoweit festzustellende Vollzugsdefizit der bestehenden Vorschriften macht die Problematik des Bodenschutzes aus. Es kann nicht darauf ankommen, die bestehenden umweltrechtlichen Sondergebiete um ein zusätzliches mediales Regime zu verkomplizieren, sondern sie für die Belange des Bodenschutzes zu sensibilisieren und entsprechend zu ergänzen. Abgrabungen führen regelmäßig zu einem Land- und Flächenverbrauch. Das Bodenschutzrecht zur Steuerung des Land- und Freiflächenverbrauchs wird zur Zeit geprägt durch bodenschützende Vorschriften des Naturschutzund des Raumordnungsrechts sowie des Rechts der Bauleitplanung125 • Ergänzt werden diese durch die Regelungen des Wasserrechts (z.B. § 3 Abs. 2 Nr. 2 WHG und die Schutzanordnungen für Wasserschutzgebiete). Diesbezüglich läßt sich feststellen, daß dieses rechtliche Instrumentarium bereits heute vielfaltig ausgeprägt ist und sich die Inanspruchnahme von Freiflächen bodenschützend steuern läßt. Eine bundeseinheitliche mediale Normierung in einem neuen Bodenschutzgesetz ist nicht erforderlich. Die Fortentwicklung der bodenschutzbedeutsamen Gesetze zur Sicherung der Freifläche kann auf den vorhandenen Vorschriften aufbauen. Abschließend läßt sich damit feststellen, daß das Bodenschutzrecht keine grundlegenden Neuerungen für das Abgrabungsrecht mit sich bringen wird bzw. mit sich gebracht hat. Es bleibt abzuwarten, ob der Referentenentwurf des Bundes in ein konkretes Gesetzgebungsverfahren einmünden wird. Wegen der vielfältigen Widerstände der Länder sind insoweit Zweifel angebracht.

So in Baden-Württemberg. Vgl. zu den einschlägigen Vorschriften Kauch, DVBI. 1993, 1034 ff.; zu den bodenschützenden Bestimmungen des Berg- und Forstrechts vgl. Kauch, Bodenschutz aus bundesrechtlicher Sicht, S. 76 ff., 84 ff. 124 125

B. Ergebnis

65

B. Ergebnis Die wichtigsten, die Abgrabungen betreffenden umweltrechtlichen Rechtsgrundlagen sind das Bergrecht, das Wasse"echt, das Abgrabungsgesetz NW, das Baurecht, das Wald- und Forstrecht sowie das Naturschutz- und Landschaftspflegerecht. Thre Anwendungsbereiche werden bestimmt durch das Ziel, die Art und die Größe der jeweiligen Abgrabung. Die folgenden Übersichten sollen dies verdeutlichen: I.

Zulassung von Abgrabungen zur Gewinnung von bergfreien und grundeigenen Bodenschätzen i.S.d. §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 3, 4 BBergG. Erforderlich

nicht erforderlich

Rechte

1. Zulassung eines Betriebsplans, 1. Baugenehmigung §§51 fi BBergG 2. Naturschutzrechtl. 2. bei bergfreien Bodenschätzen Genehmigung - Erlaubnis, § 7 BBergG 3. in NW: Abgrabungsgeneh- Bewilligung, § 8 BBergG migung, 3. evtl. wasserrechtliche § 3 Abs. 1 AbgrG - Planfeststellung, § 31 WHG - Erlaubnis, § 7 WHG 4. evtl. Umwandlungsgenehmigung, § 9 Abs. I BWaldG126

Besonderheiten

Bergbehörde entscheidet mit über Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis, § 14 Abs. 2 und 3 WHG 127, - in Bayern, Nds: über die forstrechtliche Umwandlungsgenehmigung128, - über die naturschutzrechtliche Ausgleichsverpflichtung, § 8 Abs. 2 S. 3 BNatSchG. -

126 Diese ist in jedem Fall entbehrlich in Nordrhein-Westfalen für den Braunkohlenbergbau, § 43 Abs. 1 lit. d LFoG NW. 127 In Nordrhein-Westfalen ist auch die Zuständigkeit für das wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren auf die Bergbehörden übertragen worden, § 104 Abs. 1 S. 2WGNW. 128 Art. 39 Abs. 3 BayLWaldG; § 13 Abs. 2 LWaldG Nds.

S BUllcsbach

66

Erster Abschn.: Genehmigungsverfahren

II. Zulassung von sonstigen Abgrabungen 1. Abgrabungen, die mit der dauerhaften Herstellung eines Gewässers verbunden sind. Erforderlich Rechte

wasserrechtliche Planfeststellung, § 31 WHG

nicht erforderlich weitere behördliche Entscheidungen sind nicht erforderlich, § 75 Abs. 1 VwVfG

2. Abgrabungen, bei denen eine Wasserfläche wieder verfüllt werden soll oder die oberhalb des Grundwassers durchgeführt werden und bei denen die Möglichkeit einer schädlichen Einwirkung auf das Grundwasser besteht. Erforderlich Rechte

Besonderheiten

1. wasserrechtliche Erlaubnis, §7WHG 2. evtl. Baugenehmigung129 3. evtl. Umwandlungsgenehmigung, § 9 Abs. 1 BWaldG

nicht erforderlich naturschutzrechtl. Genehmigung in BW. Nds und SH naturschutzrechtliche Abgrabungsgenehmigung erforderlich in RhPf, Bayem + SH Baugenehmigung

1------------------'----------------in NW: bei der Gewinnung von.Bodenschätzen

1. Abgrabungsgenehmigung § 3 Abs. 1 AbgrG 2. wasserrechtliche Erlaubnis, §7WHG

1. Baugenehmigung 2. Umwandlungsgenehmigung 3. naturschutzrechtliche Genehmigung

129 In Bremen ist unabhängig von der Größe der Abgrabung eine Baugenehmigung immer erforderlich.

67

B. Ergebnis

3. Abgrabungen, die oberhalb des Grundwassers durchgeführt werden, bei denen schädliche Einwirkungen auf das Grundwasser ausgeschlossen sind und die nicht kleiner als 30 m2 und nicht mehr als 1 m tief sind.

Erforderlich Rechte

1. Baugenelunigung 2. Umwandlungsgenelunigung § 9 Abs. 1 BWaldG

Besonderheiten

nicht erforderlich I. wasserrechtliche Erlaubnis, §7WHG 2. naturschutzrechtliche Genelunigung130

in NW: bei der Gewinnung von Bodenschätzen

Abgrabungsgenelunigung § 3 Abs. 1 AbgrG

I. und2.- s.o. 2. Baugenelunigung 3. Umwandlungsgenelunigung § 9 Abs. 1 BWaldG

in RhPf bei der Gewinnung von Bodenschtitzen

I. wasserrechtliche Erlaubnis, §7WHG, § 25 Abs. 1 Nr. 2 LWG 2. evtl. Umwandlungsgenehmigung § 9 Abs. 1 BWaldG

I. Baugenelunigung 2. naturschutzrechtliche Genelunigung

130 In BW, Nds und SH sind besondere naturschutzrechtliche Abgrabungsgenehmigungen erforderlich. Bezüglich des Verhältnisses zur Baugenehmigung vgl. § 13 Abs. 2 NatSchG BW; § 19 Abs. 1 S. 2 Nds NatSchG; § 13 Abs. 5 S. 1 LPflegG SH.

68

Erster Abschn.: Genehmigungsverfahren

4. Abgrabungen, die oberhalb des Grundwassers durchgeführt werden, bei denen schädliche Einwirkungen auf das Grundwasser ausgeschlossen sind, die eine in den Naturschutz- oder Landschaftspflegegesetzen im einzelnen genannte Größe haben und die einen Eingriff in Natur und Landschaft bilden.

Erforderlich Rechte

nicht erforderlich

Genehmigungsfrei 1. wasserrechtliche Erlaubnis, §7WHG

Besonderheiten

in Hessen + im Saarland

2. Baugenehmigung

naturschutzrechtliche Genehmigung in BW. Nds und SH bei der Gewinnung von Bodenschlitzen naturschutzrechtliche Abgrabungsgenehmigung in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz - s.

0.

3. -

Zweiter Abschnitt

Die Genehmigungsvoraussetzungen für Abgrabungen nach Bundes- und Landesrecht A. Die Genehmigungsvoraussetzungen nach dem BBergG

I. Einleitung Hauptthema des Bergrechts war lange Zeit die Problematik Bergbau Grundeigentum im Rahmen des Bergschadensrechts1 und die Sicherheit der Grubenbaue2 • Das hat sich in den letzten Jahren geändert3 • Der im Rheinischen Revier (Köln/Aachen) im Großtagebau betriebene Abbau von Braunkohle betrug 1992 107 Mio. Tonnen, wovon 85 % verstromt wurden4 • In dem größten zusammenhängenden Vorkommen Europas sind insgesamt 35 Mrd. Tonnen wirtschaftlich gewinnbar5. Dieser Tagebau verändert durch seine Flächengröße und die Tiefe des Abbaus den Raum entscheidend6; er Vgl. z.B. Stüer, NuR 1985, 263. Vgl. Nast, ZtB 1984, 348; Weller, ZtB 1985, 290. 3 Mit dem Moers-Kapellen-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.06.1989 (DVBI. 1989. 663 ff.) ist eine Diskussion um die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen Oberflächeneigentum und Bergbau wieder verstärkt aufgenommen worden, vgl. Schulte, NVwZ 1989, 1138; Beckmann, DVBI. 1992, 741; Stüer, DVBI. 1993, 247; Hoppe, DVBI. 1993, 222; Brauner, NuR 1994, 20. 4 Vgl. Fischer Weltalmanach 1994, S. 974. Von der Gesamtförderung von 241,8 Mio. Tonnen entfielen neben dem Rheinischen Revier auf die Lausitz (Cottbus) 93,143, das mitteldeutsche Revier (Halle/Leipzig) 36,275, Helmstedt 4,694, Nordhessen (Borken) 0,135 und Nordostbayern (Oberfranken) 0,055 Mio. Tonnen. Deutschland war damit auch 1992 mit großem Abstand weitweit größter Braunkohlenproduzent Die Steinkohleförderung belief sich auf insgesamt 72,153 Mio. Tonnen; vgl. Fischer Weltalmanach 1994, S. 987. 5 Vgl. die Nachweise bei Kühne, JuS 1988, 434; Hoppe, DVBI. 1982, 102. 1

2

70

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

beeinträchtigt in starkem Maße die Umwelt. Der Abbau bedingt die Umsiedlung von Menschen und Ortschaften. Er verursacht die Verlegung von Städten und Straßen sowie von Bächen und Flüssen. Weiterhin wird eine neue Topographie geschaffen und der Grundwasserstand verändert. All dies hat dazu geführt, daß im Mittelpunkt des heutigen Bergrechts der Bergbau als Belang der Umwelt steht, der mit vielen anderen öffentlichen und privaten Belangen im Konflikt stehen kann und häufig auch steht.

li. Problemstellung Das Bundesberggesetz ist in einer Zeit entstanden, in der man weithin mit einer Verknappung der Rohstoffe und auch der Bodenschätze rechnete7 • Der Gesetzgeber war daher bestrebt, die Inhaber von Bergbauberechtigungen zu ihrer zügigen Ausnutzung zu veranlassen8 • So kann es kaum verwundern, daß Belange umweltrechtlicher Art, mit denen sich der Bergbau auseinandersetzen muß, im Bundesberggesetz nur bruchstückhaft zu finden sind. Solche Vorschriften sind § 55 Abs. 1 Nr. 6 und 7 BBergG oder § 55 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 i.V.m. § 4 Abs. 4 BBergG bei der Wiedemutzbarmachung des für den Bergbau benutzten Betriebsgeländes9 • Diese Normen beinhalten aber nur einen Teilausschnitt von dem, woran sich ein bergbauliches Vorhaben beim heutigen Umweltverständnis messen lassen muß. Sie können daher die Funktion von Öffnungsklauseln für außerbergrechtliche Belange nicht erfüllen10 • Nach der Auffassung von Gaentzsch waren die bergrechtliehen Verfahren nur bedingt tauglich, die Vielzahl von Belangen, die durch bergbauliche Vorhaben beeinträchtigt werden können, angemessen zu berücksichtigen11 • Dies 6

117.

Zu den Sachgesetzlichkeiten des Bergbaus vgl. auch Knöchel, NWVBI. 1992,

Man erinnere sich nur an die beiden Ölkrisen 1973/74 und 1979/80. Zu den Instrumentarien vgl. Kühne, JuS 1988, 436; diese Historie erklärt auch die Feststellung von Berkemann, DVBI. 1989, 626, daß das BBergG "in seiner derzeitigen rechtlichen Konzeption ein Gesetz der punktuellen Genehmigungen, aber kein planerisches Lenkungsgesetz" sei. 9 Vgl. Schulte, ZtB 1987, 180; Boldt/Weller, §55 Rdn. 51; zur Wiedemutzbarmachung vgl. Kirchner, ZtB 1984, 339. 10 Dickschen, Raumordnungsverfahren, S. 191 f.; Schulte, ZtB 1987, 180; a.A. Boldt/Weller, §55 Rdn. 51. 11 Gaentzsch, Die bergrechtliche Planfeststellung, S. 403; zu den umweltrechtlichen Defiziten vgl. Kühne, UPR 1989, 329. 7

8

A. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem BBergG

71

ist richtig. Folgerichtig fordert auch Beckmann die Weiterentwicklung der bergrechtliehen Betriebsplanzulassung zu einem .,modernen Planungs- und Zulassungsverfahren, das einerseits den bergrechtliehen Belangen des Bergbaus nach Sicherung seines dynamischen Abbaus Rechnung trägt und andererseits aber auch die notwendige Berücksichtigung der vom Bergbau betroffenen privaten und öffentlichen Belange ermöglicht" . 12 In diesem Abschnitt soll nun untersucht werden, ob und in welchem Umfang Belange von den Bergbehörden in ihre Entscheidung einbezogen werden müssen, die in anderen Fachgesetzen eine spezielle Regelung gefunden haben13 •

111. Die bergrechtliehen Genehmigungen Das Bundesberggesetz unterscheidet zwischen dem Regelungsbereich des Zugangs zu den Bodenschätzen (dazu 1.) und dem Instrumentarium zur Überwachung der Ausübung bergbaulicher Tätigkeit (dazu 2.).

1. Die Bergbauberechtigungen für den Zugang zu den bergfreien Bodenschätzen a) Struktur der bergbauliehen Berechtigungen

Nach § 6 Satz 1 BBergG bedarf, wer bergfreie Bodenschätze aufsuchen will, der Erlaubnis (gern. § 7 BBergG), wer bergfreie Bodenschätze gewinnen will, der Bewilligung (gern. § 8 BBergG) oder des Bergwerkseigentum (gern. § 9 BBergG) 14 • Bei den in §§ 6 ff. BBergG getroffenen Regelungen (Erlaubnis, Bewilligung und dem Bergwerkseigentum), aufgrundderer Bergbauberechtigungen erteilt werden, handelt es sich um präventive Verbote mit Beckmann, DVBI. 1992, 742. Zu der - hier ausgeklammerten Frage-, inwieweit die privaten Interessen des Oberflächeneigentümers in die bergrechtliehen Entscheidungen einbezogen werden müssen, vgl. BVerwG, DVBI. 1989, 663 ff. (Moers-Kapellen-Urteil), NVwZ 1991 , 992 (Wyen-Urteil) und Urteil vom 13.12.1991 - 7 C 25.90 - (Gasspeicher-Urteil). Zu der hiernach erfolgten Diskussion vgl. die Nachweise bei Beckmann, DVBI. 1992, 744 ff. 14 Siehe ausfüh~lich oben 1. Abschnitt A.l.2. 12 13

72

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Erlaubnisvorbehalt, nicht um repressive Verbote mit einer in das Ermessen

der Behörde 15 gestellten BefreiungsmöglichkeiL Das bedeutet, daß der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf Erteilung der beantragten Bergbauberechtigung hat16 , wenn die in §55 BBergG genannten Voraussetzungen erfüllt sind und nicht einer der in §§ 11-13 BBergG aufgeführten Versagungsgründe vorliegt. Kann der Versagungsgrund durch Nebenbestimmungen ausgeräumt werden, besteht ein Anspruch auf das in dieser Weise eingeschränkte Bergrecht. Die Nebenbestimmungen dürfen in diesem Falle schon mit der Erlaubnis oder der Bewilligung verbunden werden, brauchen also nicht erst der Betriebsplanzulassung nach § 55 BBergG beigefügt oder zum Inhalt einer Anordnung nach§ 48 Abs. 2 BBergG gemacht zu werden17 •

b) Die Öffnungsklilusel des § 11 Nr. 10 BBergG

Eine Öffnungsklausel für die Einbeziehung von fachfremden Belangen findet sich in§ 11 Nr. 10 BBergG 18 • Danach ist eine Erlaubnis zur Aufsuchung bergfreier Bodenschätze zu versagen, wenn "überwiegende öffentliche Interessen die Aufsuchung im gesamten zuzuteilenden Feld ausschließen" . Die Bestimmung gilt entsprechend für die Erteilung einer Bewilligung zur Gewinnung bergfreier Bodenschätze (§ 12 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 11 Nr. 10 BBergG). Entgegen einer in der Literatur anzutreffenden Auffassung 19 gilt § 11 Nr. 10 BBergG auch für die Verleihung von Bergwerkseigentum nach § 13 BBergG20 •

15 Die nach dem BBergG "zuständige Behörde" ist in den Durchführungsbestimmungen der Länder festgelegt; vgl. die Wiedergabe der einzelnen Regelungen in: Boldt/Weller, BBergG, Anhang lll; zu den Aufgaben der Bergbehörden vgl. Nast, ZtB 1984, 347 ff. 16 Vgl. BadWürttVGH, NuR 1989, 130 (131); Boldt!Weller, BBergG, § 6 Rdn. 13; Hoppe, DVBI. 1982, 104; ders., DVBI. 1987, 760; Tettinger, ZfW 1991, 1; einschränkend Fischer-Hüftle, NuR 1989, 110. 17 BadWürttVGH, NuR 1989, 130 (131). 18 Vgl. VG Freiburg, ZtB 1985, 108 (116); Schulte, ZtB 1987, 182; Kühne, DVBI. 1984, 709; ders., JuS 1988, 436; Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 169 Fn 1; a. A. wohl Dickschen, Raumordnungsverfahren, S. 190. 19 Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 168 Fn. 2; Piens!Schulte/Graf Vitzthum, BBergG, § 16 Rdn. 28; anders aber § 11 Rdn. 21. 20 Vgl. Schulte, ZtB 1978, 419; Kühne, DVBI. 1984, 709.

A. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem BBergG

73

Als öffentliche Interessen im Sinne des § 11 Nr. 10 BBergG kommen alle von der Rechtsordnung anerkannten öffentlichen Interessen in Betracht21 • Dem BBergG läßt sich nicht entnehmen, daß die zwingende Versagung nach § 11 Nr. 10 BBergG - entsprechend der restriktiven Auslegung des BVerwG zu § 6 WHG22 - nur auf spezifisch bergrechtliche Belange gestützt werden dürften. Neben dem Wortlaut des § 15 BBergG spricht dagegen, daß Das Bundesberggesetz in § 1 Nr. 3 bergbaufremde Belange ausdrücklich in seine Zielsetzungen einbezieht und der Katalog der Versagungsgründe in § 11 eine Mischung aus bergbauliehen (Nr. 1-9) und bergbauexternen Belangen darstellt. Öffentliche Interessen, die einer bergrechtliehen Erlaubnis oder Bewilligung entgegenstehen können, können nach einer - nicht erschöpfenden Aufzählung des BadWürttVGH "Belange des Natur- und Landschaftsschutzes, der Rohstoff- und Energiepolitik des Landes - Lagerstättenschutz -, der Raumordnung und der Landesplanung, des Fremdenverkehrs, des Strahlenschutzes, des Gewässerschutzes und der Außenbereichsbebauung sein" .23 Es handelt sich bei dem Begriff des "öffentlichen Interesses" um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt24. § 11 Nr. 10 BBergG räumt der Behörde also keine Beurteilungsermächtigung ein. Auch handelt es sich bei der Interessenahwägung nach § 11 Nr. 10 BBergG nicht um eine planende Entscheidung, da diese Abwägung nicht Bestandteil einer Planung, sondern allein einer gebundenen Entscheidung über einen Antrag auf eine Erlaubnis ist25 •

21 BadWürttVGH, NuR 1989, 130 (131); Fischer-Hüftle, NuR 1989, 108; wegen des in§ 11 Nr. 10 BBergG verlangten Ausschlusses der Gewinnung von Bodenschätzen (im ·gesamten Feld) muß es sich allerdings um "raumbezogene" öffentliche Interessen handeln; vgl. auch BT-DrS. 8/1315, S. 87; Boldt!Weller, BBergG, § 11 Rdn. 14; Piens/Schulte/Graf Vitzthum, BBergG, § 11 Rdn. 17; kritisch - ohne Begründung - gegenüber der offenen Formulierung des § 11 Nr. 10 BBergG Hoppe, DVBI. 1987, 760. 22 Vgl. dazu im folgenden ausführlich B.l. 23 BadWürttVGH, NuR 1989, 130 (131). 24 Vgl. VG Freiburg, Zffi 1985, 108 (116). 25 BadWürttVGH, NuR 1989, 130 (131).

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

74

2. Die Zulassung des Betriebsplans für die Ausübung bergbaulicher Tätigkeit Will ein Unternehmer die erteilte Berechtigung ausüben, d. h. die Aufsuchung bergfreier Bodenschätze aufgrund von Erlaubnissen, die Gewinnung aufgrund von Bewilligungen oder des Bergwerkseigentum beginnen, so unterliegt das Vorhaben den §§50 ff. BBergG, mithin der Anzeigepflicht und insbesondere der Betriebsplanpflicht. Das gleiche gilt für den Unternehmer, der einen Betrieb zur Gewinnung und Aufsuchung von grundeigenen Bodenschätzen führen will26• Das Bundesberggesetz unterscheidet verschiedene Arten von Betriebsplänen. Rahmenbetriebspläne bilden den allgemeinen Rahmen eines Vorhabens für eine längere Zeit27• Dagegen bilden die in der Regel alle zwei Jahre aufzustellenden Hauptbetriebspläne grundsätzlich die eigentliche Grundlage für die Errichtung und Führung eines Betriebes28 • Daneben gibt es, insbesondere bei größeren Bergwerken, eine Vielzahl von Sonderbetriebsplänen für bestimmte Teile des Betriebes oder für bestimmte Vorhaben29 • Das Betriebsplanzulassungsverfahren im engeren Sinn beginnt nach § 59 BBergG erst mit dem Zeitpunkt, zu dem der Unternehmer den Betriebsplan bei der Bergbehörde zur Zulassung einreicht. Die Bergbehörde kann jedoch auch früher tätig werden, nämlich in den Fällen, in denen sie an den Unternehmer das Verlangen stellt, einen Rahmenbetriebsplan aufzustellen30 •

Siehe ausführlich oben l. Abschnitt A.l.3. Vgl. hierzu BVerwG, NVwZ 1992, 980. Nach Niermann, Betriebsplan und Planfeststellung im Bergrecht, S. 77 trifft der Rahmenbetriebsplan eine definitive Regelung in einem gestuften Verfahren. Wegen der bindenden Festlegung des Gesamtkonzepts sei ihm eine zentrale Stellung im System der Einzelpläne zugewiesen; vgl. hierzu ausführlich Brauner, NuR 1994, 21. Nach BVerwG, NuR 1994, 50 (51) ist im Rahmenbetriebsplan der "längere Zeitraum" seiner Geltung durch genaue Zeitangabe zu bestimmen. 28 Vgl. Niermann, Betriebsplan und Planfeststellung im Bergrecht, S. 64, wonach die Hauptbetriebsplanzulassung mit einer abschnittsweisen Planfeststellung vergleichbar sein soll. 29 Vgl. im einzelnen§§ 52, 53 BBergG. 30 Battis/Mühlhoff, NWVBI. 1991, l. 26 27

A. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem BBergG

75

a) Struktur der Betriebsplanzulassung

Auch die Betriebsplanzulassung ist als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltet. Liegen die Voraussetzungen des §55 BBergG vor, so hat der Antragsteller einen Anspruch auf Erteilung der Zulassung31 •

b) Die Öffnungsklausel im Betriebsplanzulassungsverfahren

Die in § 55 BBergG enthaltenen Regelungen stellen den materiellen Kern der den Betrieb betreffenden Vorschriften dieses Gesetzes dar und sind deshalb für den Bergbau von grundlegender Bedeutung32 • Als Zulassungsverfahren für die besonders raumbedeutsamen Vorhaben der Bergwerksindustrie muß auch das Betriebsplanzulassungsverfahren auf seine Öffnungsklauseln hin untersucht werden.

aa) Die Gemeinschadenklausel in§ 55 Abs. 1 Nr. 9 BBergG

Gern. §55 Abs. 1 Nr. 9 BBergG ist die Betriebsplanzulassung davon abhängig, daß "gemeinschädliche Einwirkungen der Aufsuchung und Gewinnung nicht zu erwarten" sind. Diese Vorschrift gibt Anlaß zur Diskussion, ob hierin eine Öffnung gegenüber anderen Regelungsbereichen zu sehen ist.

(1) Darstellung des Meinungsstandes

Bei dem Begriff der gemeinschädlichen Einwirkung handelt es sich um einen aus § 196 Abs. 1 PrABG übernommenen unbestimmten Rechtsbegriff, 31 Boldt/Weller, BBergG, §50 Rdn. 1; §55 Rdn. 50; Piens/Schulte!Graf Vitzthum, BBergG, §55 Rdn. 3 ff.; Hoppe, DVBI. 1987, 761; Kühne, JuS 1988, 436; zur Frage, ob die Betriebsplanzulassung von ihrem materiellen Entscheidungsgehalt her als Planungsentscheidung einzustufen ist, vgl. Kühling, Fachplanungsrecht, Rdn. 68 f.; Seibert, DVBI. 1986, 1273; Wahl, NVwZ 1990, 428 (bejahend) und BadWürttVGH, VBIBW 1988, 338 (340); Beckmann, DVBI. 1989, 670; ders., DVBI. 1992, 748; Hoppe, DVBI. 1993, 229 f. (verneinend). 32 Vgl. Boldt/Weller, BBergG, §55 Rdn. 1.

Zweiter Abschn. : Genehmigungsvoraussetzungen

76

der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vollständig überprüfbar ist33 • Die Auslegung des Begriffs "Gemeinschaden" ist seit jeher umstritten34 • Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner "Altenberg"-Entscheidung vom 04.07.198635 den Begriff der "gemeinschädlichen Einwirkungen" restriktiv ausgelegt. Nach seiner Auslegung ist der Maßstab der Gemeinschädlichkeit "nicht das Einfallstor für alle öffentlichen Belange, die der Bergbau berühren kann, in das Betriebsplanzulassungsverfahren·36• Bezugnehmend hierauf verlangt das Gericht in seiner Entscheidung vom 16.03.1989 eine ganz erhebliche Gefahrenschwelle, die §55 Abs. 1 Nr. 9 BBergG kennzeichnet und die überschritten sein muß, um sich auf das Gemeinwohl auszuwirken37 • Dieses Ergebnis wird von der überwiegenden Literaturmeinung geteilt38 • Schleifenbaum und Kamphausen39 vertreten demgegenüber die Auffassung, die in § 55 Abs. 1 Nr. 9 BBergG enthaltene Gemeinschadenklausel stelle eine Einbruchstelle für andere überwiegende öffentliche Belange und damit auch für andere Umweltgesetze dar. Sie begründen ihre Auffassung mit der Entstehungsgeschichte und der Begründung der Vorschrift im Regierungsentwurf.

(2) Stellungnahme

Entgegen der Auffassung von Schleifenbaum und Kamphausen läßt sich aus der Entstehungsgeschichte des §55 Abs. 1 Nr. 9 BBergG nicht herleiten, Vgl. Piens!Schulte/GrafVitzthum, §55 Rdn. 103, 107; Tettinger, ZfW 1991,2. Vgl. dazu im einzelnen Piens/Schulte/Graf Vitzthum, § 55 Rdn. 111; Boldt/Weller, BBergG, § 55 Rdn. 39; Pfad, Rechtsfragen zum Betriebsplan, S. 159; Kremer, Zffi 1958, 418; Schulte, Gemeinschädliche Einwirkungen, S. 149 ff.: in der amtlichen Begründung (vgl. Zydek, Materialien, S. 257) fmdet sich demgegenüber die Aussage, daß die Definition des Begriffs "Gemeinschaden" als "im wesentlichen gesichert gelten" könnte, vgl. zu diesen Fragen auch früher schon Maas, ZtB 1876, 369; Baron, Zffi 1877, 46; Voe/kel, ZtB 1915, 329. 35 BVerwG, DVBI. 1986, 1273 (1275). 36 BVerwG, DVBI. 1986, 1273 (1275). 37 BVerwG, DVBI. 1989, 663 (665). 38 Boldt/Weller, BBergG, §55 Rdn. 39; Hoppe, UPR 1983, 110; ders., DVBI. 1987, 761; Kühne, DVBI. 1984, 710; Schulte, ZtB 1987, 184; Seifert, ZtB 1987, 243; Dickschen, Raumordnungsverfahren, S. 190; Beckmann, DVBI. 1989, 670; Tettinger, ZfW 1991, 2. 39 Schleifenbaum!Kamphausen, UPR 1984, 45; ähnlich Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 168 f.; auch Seifert, Zffi 1987, 246 spricht von der "Öffnungsklausel" der Gemeinschadenerwartung. 33

34

A. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem BBergG

77

daß es sich bei der Vorschrift um eine Öffnungsklausel handeln muß. Im Regierungsentwurf zu§ 54 Abs. 1 Nr. 8 EBBergG hieß es zwar40: " ... dem Betrieb überwiegende öffentliche Interessen, insbesondere im Hinblick auf gemeinschädliche Einwirkungen der Aufsuchung oder Gewinnung, nicht entgegenstehen... "

Die Voraussetzung, daß "dem Betrieb überwiegende öffentliche Interessen ( ... ) nicht entgegenstehen" dürfen, ist allerdings später vom Gesetzgeber in §55 Abs. 1 Nr. 9 BBergG auf die Prüfung am Maßstab nur der gemeinschädlichen Einwirkungen reduziert worden. Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift läßt sich daher zwingender die Meinung herleiten, daß es sich bei §55 Abs. 1 Nr. 9 BBergG nicht um eine Einbruchstelle für umweltrechtliche Vorschriften handeln kann. Dieses Ergebnis ergibt sich auch aus folgender Überlegung: Es besteht Einigkeit darüber, daß ein Gemeinschaden nicht schon dann vorliegt, wenn ein einzelner geschädigt wird, sondern es muß ein Schaden in einem solchen Umfang drohen, daß er sich auf das Allgemeinwohl auswirkt41 • Das ist beispielsweise der Fall bei großräumigen Grundwasserabsenkungen, einem Wasserentzug für Ortschaften oder bei unentbehrlichen Sicherheits- und Versorgungseinrichtungen42 • Diese Beispiele zeigen, daß von der Gefahr gemeinschädlicher Einwirkungen erst dann gesprochen werden kann, wenn der geplante Betrieb eine ganz erhebliche Gefahrenschwelle für das Leben oder die Gesundheit von Personen sowie für Sachgüter von hohem Wert überschreitet. Der Begriff der "gemeinschädlichen Einwirkungen" setzt damit so extreme Maßstäbe, daß er in der Regel mit umweltrechtlichen Anforderungen nicht zusammentreffen wird. Die Umweltgesetze, wie z.B. das WHG, das BNatSchG oder das BimSchG greifen grundsätzlich unterhalb der Schwelle der Gemeinschadenklausel ein43 • Schulte44 hat treffend darauf hingewiesen, daß das Umweltrecht Maßstäbe kenne, "die viel feinfühliger sind als der grobe Klotz des historischen Relikts der Gemeinschadenklausel im Bergrecht". Vgl. BT-DrS. 8/1315, S. 25 (Text) und 111 (Begründung). Vgl. Boldt/Weller, BBergG, § 55 Rdn. 40. 42 BT-DrS. 8/1315, S. 11; vgl. auch die Beispiele bei Boldt/Weller, BBergG, § 55 Rdn. 38; Schulte, ZtB 1987, 184; Piens/Schulte/GrafVitzthum, §55 Rdn. 102 ff. 43 Piens/Schulte/Graf Vitzthum, §55 Rdn. 104; a.A. wohl OVG Saarlouis, ZfB 1975, 385 (zu§ 196 ABG). 44 Schulte, ZtB 1987, 184. 40

41

78

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Daraus folgt, daß die Gemeinschadenklausel keinesfalls eine Einbruchstelle für alle Umweltbelange oder gar alle öffentlichen Belange sein kann45 •

bb) § 48 Abs. 2 BBergG als Öffnungsklausel

§ 48 Abs. 2 BBergG eröffnet der für die Zulassung von Betriebsplänen zuständigen Behörde die Möglichkeit, eine Aufsuchung oder Gewinnung von Bodenschätzen zu beschränken oder zu untersagen, soweit ihr "überwiegende öffentliche Interessen" entgegenstehen. Es fragt sich, ob es über dieser Norm gelingt, umweltrechtliche Anforderungen anderer Fachgesetze als Kriterium der Zulässigkeil eines bergbauliehen Vorhabens in das bergbehördliche Verfahren einzubringen. Die Beantwortung dieser Frage hängt entscheidend davon ab, in welchem Verhältnis § 48 Abs. 2 BBergG zu § 55 BBergG steht.

(l) Darstellung des Meinungsstandes

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts46 und einem großen Teil der Literatur47 ist§ 48 Abs. 2 BBergG eine die Befugnisse der Bergbehörden im Betriebsplanverfahren erweiternde Norm, durch die die Versagungstatbestände des §55 Abs. 1 BBergG ergänzt werden. Andere48 sehen 45 BVerwG, DVBI. 1986, 1273 (1275); Seibert, DVBI. 1986, 1277; Schulte, ZtB 1987, 184. 46 BVerwG, DVBI. 1986, 1273 (1275) und DVBI. 1989, 663 (666); zuletzt BVerwG, NVwZ 1991, 992 (993); so wohl auch VG Freiburg, ZtB 1985, 339 (349 f.). 47 Piens/Schulte/Graf Vitzthum, § 48 Rdn. 4; §55 Rdn. 144; Kühling, Fachplanungsrecht, Rdn. 69; Niermann, Betriebsplan und Planfeststellung im Bergrecht, S. 167; Schulte, NJW 1981, 94; ders., ZtB 1987, 186; Kühne, DVBI. 1984, 711; ders., JuS 1988, 436; Seibert, DVBI. 1986, 1278; Hoppe, DVBI. 1987, 761; ders., DVBI. 1993, 222; Dapprich, ZtB 1987, 322; Seifert, ZtB 1987, 242; Dammert, DVBI. 1989, 243; Tettinger, ZfW 1991, 2, 6; Beckmann, DVBI. 1989, 670; ders., DVBI. 1992, 742; Battis/Müh/hoff, NWVBI. 1991, 4; jetzt wohl auch Weller, ZtB 1987, 18; allgemein zu Inhalt und Wirkungsbereich des § 48 Abs. 2 BBergG: Dapprich, ZtB 1985, 60 f. 48 Boldt/Weller, BBergG, § 48 Rdn. 7, §55 Rdn. 50; Weller, Das neue Bundesberggesetz, S. 45; Hoppe, UPR 1983, 110 Fn. 46; Hoppe!Bunse, DVBI. 1984, 1040;

A. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem BBergG

79

demgegenüber in der Vorschrift keine Erweiterung des Katalogs der gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung eines Betriebsplans, da §55 BBergG abschließend sei. § 48 Abs. 2 BBergG könne lediglich als Rechtsgrundlage für repressive behördliche Maßnahmen in Bezug auf eine Aufsuchung oder eine Gewinnung in Betracht kommen und habe daher einen selbständigen Charakter.

(2) Stellungnahme

Die Stellung des § 48 Abs. 2 BBergG im ersten Kapitel des Gesetzes legt eine selbständige Bedeutung der Vorschrift neben §55 BBergG nahe. Die Vorschriften über das Betriebsplanverfahren beginnen im zweiten Kapitel mit §50 BBergG. Zweifel an einem solchen Ergebnis ergeben sich aber aus einer historischen Auslegung und der Tatsache, daß eine eigenständige Behandlung des § 48 Abs. 2 BBergG neben § 55 BBergG zu unsachgemäßen Ergebnissen führen würde.

(a) Historische Auslegung

Kühne49 spricht im Zusammenhang mit § 48 Abs. 2 BBergG von einer "unglückseligen Genesis der Bestimmung". Der Regierungsentwurf zum Bundesberggesetz sah ursprünglich sowohl für die Entscheidung über die Erteilung von Bergbauberechtigungen als auch über die Zulassung von Betriebsplänen identisch formulierte Öffnungsklauseln vor ( ..... zu versagen, wenn überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen ... ")so. Der WirtschaftsausschuB des Deutschen Bundestages hielt es später aus rechtssystemaBielenberg/Erbguth/Söjker, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, R 100 Rdn. 34; wohl auch Dickschen, Raumordnungsverfahren, S. 196; Ecker, ZtB 1984, 99; unerwähnt bleibt die Vorschrift noch bei Schleifenbaum/Kamphausen, UPR 1984, 45; Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 167 f. 49 Kühne, DVBI. 1984,711. so Vgl. BT-DrS. 8/1315, S. 25, 1ll, 179 zu§§ 11 Nr. 8, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 RegE 1977; eine entsprechende Regelung für das Betriebsplanverfahren findet sich auch bereits in § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 des Referentenentwurfs 1970; vgl. dazu Kühne, DVBI. 1984, 712 m.w.N.

80

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

tischen Gründen für besser, diese in § 11 Nr. 8 und §54 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 RegE enthaltenen Regelungen über die Berücksichtigung öffentlicher Belange in einem Abs. 2 des - damaligen - § 47 zusammenzufassen51 • Eine sachliche Änderung war mit dieser Zusammenfassung nicht beabsichtigt. Das ergibt sich aus den Materialien, wo es heißt: " ... Nach Auffassung des Ausschusses für Wirtschaft kann und soll daher nichts an dem Nebeneinander von Bergrecht und anderen öffentlich-rechtlichen Gesetzen geändert werden. Vielmehr ist ein normatives Überschneiden zu vermeiden, wie dies schon in der amtlichen Begründung zum Ausdruck kommt. "52

Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wurde die redaktionelle Änderung wieder rückgängig gemacht. Dies erfolgte dadurch, daß der Versagungsgrund der entgegenstehenden öffentlichen Interessen lediglich in § 11 Nr. 10 BBergG wieder aufgenommen wurde53 • Der Bundesrat hielt diese erneute Einfügung der Öffnungsklausel für unabdingbar, da nach der Entwurfsbegründung der Bundesregierung der Katalog der Versagungsgründe in § 11 BBergG abschließend war. Übersehen wurde dabei, daß dieses Argument auch für die Zulassungsvoraussetzungen im Betriebsplanverfahren zutrar4 und konsequenterweise die Wiederherstellung der Fassung der Regierungsvorlage geboten hätte. Auch wenn dies nicht geschehen ist, bleibt festzuhalten, daß nach dem Willen des Gesetzgebers eine Versagung der Betriebsplanzulassung auch aus den in§ 48 Abs. 2 BBergG genannten Gründen zulässig sein sollte55 • Das bedeutet, daß die in § 55 BBergG aufgeführten Genehmigungsvoraussetzungen um die in der Eingriffsnorm des § 48 Abs. 2 BBergG aufgeführten "öffentlichen Interessen" erweitert werden.

(b) Praktische Erwägungen

Die Richtigkeit dieser Auslegung ergibt sich auch aus praktischen Gesichtspunkten und einer sinnvollen Gesetzesanwendung. Dürfte die Bergst Vgl. BT-DrS. 8/3965, S. 137. s2 Vgl. BT-DrS. 8/3965, S. 130.

Vgl. BT-DrS. 8/4220, S. 1. Vgl. BT-DrS. 8/1315, S. 109. So auch BVerwG, DVBI. 1986, 1273 (1275); Kühne, DVBI. 1984, 713; ähnlich Dapprich, Zffi 1987, 327; Schulte, Zffi 1987, 186. 53

54 55

A. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem BBergG

81

behördeeinen Betriebsplan nicht aus den Gründen des § 48 Abs. 2 BBergG versagen, dann müßte sie trotz entgegenstehenden öffentlichen Belangen den Betriebsplan zulassen, zugleich jedoch mit einer Einzelanordnung die Aufsuchung oder Gewinnung nach § 48 Abs. 2 BBergG untersagen. Eine solche Verpflichtung der Bergbehörde wäre widersinnig. Sie widerspricht dem Grundsatz der Verfahrensökonomie56 und dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit57 • Hieraus folgt, daß § 48 Abs. 2 BBergG die Versagungsgründe des §55 Abs. 1 BBergG materiell erweitern muß. Wie im bergrechtliehen Erlaubnis- und Bewilligungsverfahren ist auch im Betriebsplanverfahren eine umfassende Prüfung aller in Betracht kommenden öffentlichen Belange vorzunehmen.

3. Das bergrechtliche Planfeststellungsverfahren Mit seiner vierten Änderung hat das Bundesberggesetz im Jahre 1990 eine wesentliche Modifikation erhalten. Bis zu dieser Änderung konnte die zuständige Behörde gemäß §52 Abs. 2 Nr. 1 BBergG für einen bestimmten längeren Zeitraum die Vorlage von Rahmenbetriebsplänen verlangen. Rahmenbetriebspläne waren also nicht in jedem Fall aufzustellen, sondern nur wenn die Bergbehörde es verlangte. Diese Möglichkeit bleibt weiterhin erhalten. Neu ist aber die Pflicht der zuständigen Behörde, die Aufstellung eines Rahmenbetriebsplans zu verlangen und für dessen Zulassung ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen, wenn ein Vorhaben nach dem neu eingefügten § 57 c BBergG einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf58 • Damit hat das Ände56 So BVerwG, DVBI. 1986, 1273 (1275); Seibert, DVBI. 1986, 1278; Battis!Mühlhoff, NWVBI. 1991, 4. 57 So Piens!Schulte!Graf Vitzthum, BBergG, § 55 Rdn. 144; Kühne, DVBJ. 1984, 713 leitet dieses Ergebnis aus dem auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben ab, wonach die Beanspruchung einer Leistung unzulässig ist, die der Empfanger sofort wieder zurückgewähren muß. 58 Schulte, Zffi 1987, 181, 221, 226 hat bereits frühzeitig vorgeschlagen, das "Betriebsplanverfahren in Richtung der Anerkennung der Konzentrationswirkung" zu reformieren; kritisch hierzu aber Erbguth, NVwZ 1988, 971; Steinberg, DVBI. 1988, 996; Hoppe, DVBI. 1993, 229; auch Fischer-Hüftle, NuR 1989, 113 befürchtet, daß die Konzentrationswirkung der bergrechtliehen Planfeststellung in Verbindung mit § 48 Abs. 1 S. 2 BBergG zu einer Vernachlässigung der Umweltbelange führt; zum bergrechtliehen Planfeststellungsverfahren vgl. ausführlich Gaentzsch, Die bergrechtliche Planfeststellung, S. 3 ff; Niermann, Betriebsplan und P1anfeststel6 Büllcsbach

82

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

rungsgesetz zum Bundesberggesetz die Zulassung von Rahmenbetriebsplänen - auch nach der Bewertung des Bundesverwaltungsgerichts59 - für bestimmte umweltrelevante Bergbauvorhaben entscheidend verändert. §57 c BBergG enthält eine Verordnungsennächtigung. Danach wird der Bundesminister für Wirtschaft ennächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit durch Rechtsverordnung Vorschriften darüber zu erlassen, welche betriebsplanpflichtigen Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen. Damit ergibt sich der Anwendungsbereich der Gesetzesänderung nicht aus dem Gesetz selbst. Mit dem Erlaß der "Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben" 60 haben sich bedeutsame Änderungen für das Betriebsplanverfahren nicht ergeben. Der Gesetzgeber hat selbst zum Ausdruck gebracht, daß an den bisher geltenden Zulassungsvoraussetzungen für die bergrechtliche Betriebsplanzulassung durch die Einführung des bergrechtliehen Planfeststellungsverfahren nichts geändert werden sollte61 • Zu berücksichtigen ist, daß der bergrechtliche Planfeststellungsbeschluß weiterhin durch die Zulassung von Haupt- und Sonderbetriebsplänen ergänzt werden muß. Diesen dürfte neben der Kontrolle der technischen Durchführung vor allem auch die Regelung der Umsetzung und Kontrolle der Vorgaben aus dem Planfeststellungsbeschluß zukommen. An die von der Gesetzesnovelle vorgesehene Konzentrationswirkung darf nur begrenzte Erwartungen geknüpft werden. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Konzentration der Entscheidung über Folgemaßnahmen. Soweit bergbauliche Aktivitäten Folgemaßnahmen an der Oberfläche, die nicht unmittelbar zum bergbauliehen Vorhaben gehören, erforderlich machen, ist für diese vielfach nach anderen Vorschriften ein Planfeststellungsverfahren vorgesehen, so daß nach § 57 b Abs. 3 S. 3 BBergG diese in einem gesonderten Verfahren durchzuführen ist. Dies gilt insbesondere für GewässerausJung im Bergrecht, S. 93 ff.; Beckmann, DVBI. 1992, 742, 748; zum Rechtscharakter und Regelungsgehalt vgl. Knöchel, NWVBI. 1992, 120. 59 BVerwG, NVwZ 1992, 980 (983). 60 UVP-V Bergbau vom 13 .07.1990, BGBI. I S. 1420. 61 Siehe dazu Niermann, Betriebsplan und Planfeststellung im Bergrecht, S. 93; Hoppe, Das Spannungsverhältnis von Bergwerkseigentum und Oberflächeneigentum, S. 25 f.; ders., DVBI. 1993, 229; Kühne, UPR 1989, 327; Beckmann, DVBI. 1992, 748; zur Durchführung der UVP vgl. Knöchel, NWVBI. 1992, 119.

A. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem BBergG

83

bauten, für die ein wasserrechtliches Planfeststellungsverfahren nach § 31 WHG durchzuführen ist62 •

4. Zwischenergebnis Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, daß das Bergrecht mit §§ 11 Nr. 10, 12 Abs. 1 S. 1, 48 Abs. 2 BBergG Einbruchstellen für umweltrechtliche Belange enthält, die in anderer Fachgesetzen eine spezielle Regelung gefunden haben.

IV. Einbeziehung fachfremder Belange in die Entscheidung Im folgenden ist zu untersuchen, in welchem Umfang wasser-, bau-, forstund naturschutzrechtliche Belange in bergrechtliche Verfahren einbezogen werden müssen.

1. Einbeziehung wasserrechtlicher Belange Beim Bergbau treten in der Regel wasserrechtliche Tatbestände auf, die einer sachverständigen Beurteilung auf ihre wasserwirtschaftliehen Auswirkungen bedürfen63 • So kann beim Abbau von Bodenschätzen ein Einleiten von Stoffen in Gewässer erforderlich sein (§ 3 Abs. 1 Nr. 4, 5 WHG), oder es muß Oberflächenwasser entnommen und/oder abgeleitet werden (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 WHG). Gefahren für das Grundwasser und damit für die Trinkwasserversorgung ergeben sich durch die Verletzung der Boden- und Deckschichten(§ 3 Abs. 2 Nr. 2 WHG) sowie durch die Freilegung der Grundwasseroberfläche (§ 31 WHG). Die bergbauliche Tätigkeit bedarf in diesen Fällen einer wasserrechtlichen Erlaubnis (§§ 2, 7 WHG) oder Bewilligung (§§ 2, 8 WHG). In den Fällen, Siehe oben 1. Abschnitt A.ll.l. Daß die Gewässerbenutzungen auch im Rahmen des Bergbaus erlaubnis- oder bewilligungsbedürftig sind, steht seit langem fest; vgl. nur OVG Rheinland-Pfalz, Ztw 1978, 240 (242); Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG, § 3 Rdn. 58. 62 63

84

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

in denen ein Gewässer auf Dauer hergestellt, beseitigt oder wesentlich geändert wird, kommt noch die wasserrechtliche Planfeststellung hinzu.

a) Die Zuständigkeitskonzentration in§ 14 Abs. 2 und 3 WHG

Die regelmäßige Kollision und Parallelität zwischen bergrechtlichem Betriebsplanverfahren und wasserrechtlicher Zulassung hat der Gesetzgeber durch die kompetenzrechtliche Regelung in§ 14 Abs. 2 und 3 WHG gelöst64 • Nach Abs. 2 der Vorschrift entscheidet die Bergbehörde über die Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis, sofern ein bergrechtlicher Betriebsplan die Benutzung von Gewässern vorsieht. Voraussetzung ist aber, daß die zu regelnde Gewässerbenutzung wesentlicher, notwendiger und unmittelbarer Bestandteil des Betriebsplans ist. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn die Benutzung lediglich bei Gelegenheit der Durchführung des Vorhabens mitgeregelt wird65 • Die Entscheidung der Bergbehörde über die Gewässerbenutzung kann nur im Einvernehmen mit der Wasserbehörde ergehen. Das Einvernehmen ist gegeben, wenn die für das Wasser zuständige Behörde der beabsichtigten Entscheidung nach Form und Inhalt zustimmt66• Eine ohne Einvernehmen oder Anhörung erteilte wasserrechtliche Erlaubnis ist rechtswidrig und aufhebbar, aber nicht nichtig67 • Soweit sich ein bergbauliches Vorhaben auf ein Gewässer auswirken kann, ohne daß ein Zulassungstatbestand der Wassergesetze eingreift, sind die wasserwirtschaftliehen Belange im Betriebsplanverfahren zu prüfen. So ist anerkannt, daß der Schutz der Gewässer als öffentlicher Sache und die Anforderungen der öffentlichen Wasserversorgung Gesichtspunkte sind, die zur Qualifizierung eines Schadens als "Gemeinschaden" führen68 • Daneben können

Siehe oben 1. Abschnitt A.l.5. Vgl. BVerwG, ZfW 1980, 299; Himmel, LWG RhPf/WHG, § 34 LWG/§ 14 WHG, Rdn. 20 f . 6tl Vgl. Gieseke!Wiedemann/Czychowski, WHG, § 14 Rdn. 4. 67 Salzwedel, ZfW 1963, 300; Sieder!Zeitler!Dahme, WHG, § 14 Rdn. 17; Gieseke!Wiedemann/Czychowski, WHG, § 14 Rdn. 4 m.w.N. 68 Tettinger, ZfW 1991,2 m.w.N. 64

65

A. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem BBergG

85

die Belange des Gewässerschutzes über § 48 Abs. 2 BBergG in das bergrechtliche Verfahren eingebracht werden69 •

b) Weitere wasserrechtliche Kompetenzen der Bergbehörden

Die Zuständigkeitskonzentration in § 14 Abs. 2 WHG bezieht sich ausdrücklich nur auf die wasserrechtliche ErlaubniS. Für die Durchführung eines Bewilligungsverfahrens bleibt die Wasserbehörde zuständig70 • Ausnahmen finden sich lediglich in Art. 75 Abs. 4 BayWG und § 30 Abs. 1 Nr. 3 WG NW: Danach sind die Bergbehörden auch für die Erteilung einer Bewilligung zuständig. § 14 Abs. 2 WHG steht dem nicht entgegen. Soweit das Bundesrecht nichts besonderes bestimmt, können die Länder die Behördenzuständigkeit regeln. Eine Übertragung der Kompetenzen für die wasserrechtliche Planfeststellung für den Gewässerausbau auf die Bergbehörden ist bundesrechtlich nicht

vorgesehen, aus den vorgenannten Gründen aber auch nicht untersagt. Dementsprechend hat Nordrhein-Westfalen diese Zuständigkeit nach § 104 Abs. 1 S. 2 WG NW auf die Bergbehörde übertragen. Weitere Kompetenzen71 des Wasserrechts werden den Bergbehörden z. B. in § 37 WG BW (Erdaufschlüsse), § 98 Abs. 1 WG BW (generell für wasserrechtliche Genehmigungen), §58 Abs. 3 WG NW (Abwasseranlagen), § 76 Abs. 6 LWG RhPf (Anlagen im Gewässerbereich); § 32 WG SH (Anzeigepflicht bei unbeabsichtigter Grundwassererschließung bei Erdaufschlüssen) zugewiesen. Nach § 101 Abs. 7 S. 2 SaarlWG kann der zuständige Minister durch Rechtsverordnung Zuständigkeiten auf die Bergbehörden übertragen. Die Gewässeraufsicht in Bergbaubetrieben steht weiterhin den Bergbehörden zu, so gern. § 37 Abs. 5 WG BW (nur bezüglich der Erdaufschlüsse), Art. 68 Abs. 2 S. 3 BayWG; § 116 Abs. 4 S. 4 WG NW. In nahezu all diesen Fällen bedürfen die wasserrechtlichen Entscheidungen der Bergbehörden des Einvernehmens der Wasserbehörde.

69 70 71

Beckmann, DVBI. 1992, 742. Vgl. Himmel, LWG RhPf/WHG, § 34 LWG/§ 14 WHG, Rdn. 13 a, 21. Vgl. auch die Zusammenstellung bei Schulte, Zffi 1987, 201.

86

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

c) Praktische Probleme der Zusammenarbeit

So eindeutig die Zuständigkeitskonzentrationen in rechtlicher Hinsicht sind, so unbefriedigend ist in der Praxis oftmals die Zusammenarbeit zwischen Wasserbehörde und Bergamt72 • So ist es in der Praxis nicht auszuschließen, daß bergrechtliche Entscheidungen ohne Einvernehmen mit der Wasserbehörde ergehen. Auch kann es vorkommen, daß der Unternehmer im Rahmen der Gewinnung von Bodenschätzen eine Wasserfläche errichten will, und dieser wasserrechtliche Tatbestand von den Bergbehörden bei der Zulassung des Betriebsplans völlig unberücksichtigt bleibt. Geht der Unternehmer in einem solchen Fall aus Rechtsunkenntnis davon aus, daß er nun mit den Arbeiten beginnen kann, so ist eine Untersagungsverfügung der Wasserbehörden wegen eines illegalen Gewässerausbaus oftmals unvermeidlich73 • Diese Konsequenz kann nur durch eine intensive und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Wasser- und Bergbehörden vermieden werden. Um diese zu gewährleisten, hat das Land Rheinland-Pfalzeine differenzierte und detaillierte Verwaltungsvorschrift für den Vollzug der Wassergesetze und des Bundesberggesetzes erlassen74 • Auf dieser Grundlage können schnelle und sachgerechte Ergebnisse erzielt werden.

72 Vgl. Heitmann, zm 1984, 354, der darauf hinweist, daß "der Krach zwischen Bergbau und Wasserwirtschaft unvermeidbar" erscheint; ähnlich Nast, zm 1984, 351, wonach Wasser- und Bergbehörden sich "leider nicht aus dem Weg gehen können, weil dort, wo Bodenschätze liegen, meistens auch Wasser auftritt". Man bleibe "auf dem Gebiet der Tagebaue, insbesondere der Sandgewinnung verurteilt" , sich "in jedem Einzelfall zusammenzuraufen, solange es nicht gelingt, die grundsätzlichen Interessen abzuklären und eindeutige Grenzen zu ziehen" (S. 352). 73 hn Wasserrecht gilt der Grundsatz, daß die Behörde wegen der bloßen formellen Dlegalität gegen eine Handlung oder Anlage repressiv einschreiten kann, vgl. BVerwG, DVBI. 1979, 67; OVG Münster, ZfW 1974, 379; OVG Hamburg, DVBI. 1979, 235; BadWürttVGH, ZfW 1981, 170; OVG Rheinland-Pfalz, ZfW 1988, 292; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 548 ff. ; Gieseke!Wiedemann!Czychowski, WHG, § 21, Rdn 50, jeweils m.w.N. 74 Vgl. "Gemeinsames Rundschreiben des Ministeriums für Umwelt und Gesundheit und des Ministeriums für Wirtschaft und Verkehr" vom 03.12.1985, MinBI. 1985, s. 555.

A. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem BBergG

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2. Einbeziehung baurechtlicher Belange Weder dem Bundesberggesetz selbst noch seiner Entstehungsgeschichte sind konkrete Vorstellungen oder gar Regelungen über das Verhältnis zwischen Bergrecht und Baurecht zu entnehmen. Dabei gilt auch insoweit die allgemeine Absicht des Gesetzgebers, durch das Bundesberggesetz nicht in das Nebeneinander von Bergrecht und angrenzenden Rechtsgebieten einzugreifen75. Einbruchstelle für baurechtliche Belange ist im bergrechtliehen Betriebsplanverfahren § 48 Abs. 2 BBergG. Im bergrechtliehen Erlaubnisoder Bewilligungsverfahren erfolgt die Einbeziehung dieser Belange über §§ 11 Nr. 10, 12 Abs. 1 Nr. 1 BBergG. Nach diesen Vorschriften hat76 die Bergbehörde ein Vorhaben zu untersagen, wenn es baurechtlich unzulässig ist77 •

a) Bauordnungsrechtliche Voraussetzungen

Abgrabungen zur Gewinnung von grundeigenen und bergfreien Bodenschätzen unterliegen nicht der Baugenehmigungspflicht. Nach den Bauordnungen der Länder sind Anlagen, die der Bergaufsicht unterliegen, mit Ausnahme von Gebäuden an der Erdoberfläche vom Geltungsbereich der Bauordnungen ausgenommen und somit nicht baugenehmigungs- oder anzeigepflichtig78.

b) Bauplanungsrechtliche Voraussetzungen

Bergbauliche Abgrabungen erfüllen wegen ihrer Größe regelmäßig die Voraussetzungen des § 29 S. 3 BauGB und unterliegen damit den §§ 30 ff.

75

Vgl. Kühne, DVBI. 1984, 713.

76 § 48 Abs. 2 BBergG ist entgegen seinem Wortlaut als Versagungsgrund im

Betriebsplanverfahren keine Ermessens-, sondern eine Befugnisnorm, vgl. BVerwG, DVBI. 1986, 1273 (1275); Seibert, DVBI. 1986, 1278. 77 Kühne, DVBI. 1984, 713; Schulte, ZtB 1987, 195; Simon, BayBO, Art. 74 Rdn. 25 a.E.; zweifelnd Boldt!Weller, BBergG, §55 Rdn. 54; Kühne, NVwZ 1986, 622. 78 Siehe oben 1. Abschnitt A.IV.

88

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

BauGB79 • Da die bergbauliehen Abgrabungen in aller Regel im Außenbereich durchgeführt werden, ist§ 35 BauGB von besonderer Bedeutung80• Die Gel· tung des § 35 BauGB wird durch das Bundesberggesetz nicht tangiert, da die· se Vorschrift zu den "anderen öffentlich·rechtlichen Vorschriften" i.S. des § 48 Abs. 2 BBergG gehört, die von der "Unbeschadet·Klausel" erfaßt wer· den81 • Innerhalb des § 35 BauGB gehören bergbauliche Vorhaben zu den privile· gierten Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB, da sie infolge ihrer geradezu denknotwendigen Angewiesenheit auf die geologischen Gegebenheiten stand· ortgebunden i.S. des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB sind82 • Privilegierte Vorhaben sind nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht

entgegenstehen. Dieser Fonnulierungsunterschied gegenüber § 35 Abs. 2

BauGB, wonach sonstige Vorhaben keine öffentlichen Belange beeinträchti· gen dürfen, bedeutet nach ständiger Rechtsprechung und einhelliger Lehre, daß sich privilegierte Vorhaben im Wege der Abwägung leichter gegen öffentliche Belange durchsetzen können als sonstige Vorhaben83 •

aa) Die Berücksichtigung öffentlicher Belange gern. § 35 Abs. 3 BauGB

Zu den öffentlichen Belangen i.S.d. § 35 Abs. 3 BauGB ist vom Bundes· Verwaltungsgericht und dem Schrifttum wiederholt und ausführlich Stellung bezogen worden84 • Eine Auseinandersetzung damit erfolgt im Rahmen dieser 79 Vgl. Piens/Schulte/Graf Vitzthum, BBergG, §56 Rdn. 199; Kühne, DVBI. 1984, 713; ders., NVwZ 1986, 622; Schwab, AgrarR 1986, 304. 80 Abgrabungen zur Gewinnung von Bodenschätzen in den Bereichen der §§ 30 und 34 BauGB werden außerordentlich selten sein. Ein Gegenbeispiel zeigt aller· dings BVerwG, DVBI. 1986, 1275; vgl. dazu Schulte, Zffi 1987, 193 ff. 81 Kühne, DVBI. 1984, 713; Beckmann, DVBI. 1989, 670; kritisch Boldt!Weller, BBergG, §55 Rdn. 54. 82 Vgl. BVerwG, DVBI. 1989, 672 (673); OVG Münster, Zffi 1986, 250 (258); VG Freiburg, Zffi 1985, 339 (350); Dyong, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 35 Rdn. 56; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, § 35 Rdn. 53; Schulte, zm 1987, 191, 194; Piens/Schulte/GrafVitzthum, BBergG, §56 Rdn. 237; vgl. auch BVerwG, NJW 1977, 119; UPR 1983, 335; Ztw 1987, 122; NVwZ 1988, 54 (für Kiesgewinnung); UPR 1983, 334 (für Steinbruch). 83 Vgl. BVerwGE 28, 148 (151); 48, 112 (114); Dyong, in: Ernst/Zinkahn/Bielen· berg, § 35 Rdn. 153 f. m.w.N.; vgl. auch BVerwG, DVBI. 1988, 960 (962). 84 Vgl. z.B. Schlichter, AgrarR 1985,245 ff; Schulte, zm 1987, 190 ff.

A. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem BBergG

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Untersuchung an anderer Stelle85 • Hier soll lediglich auf die neueren Entwicklungen der Gesetzgebung und Rechtsprechung zu den Zielen der Raumordnung und der Landesplanung eingegangen werden, da diese Belange erfahrungsgemäß bei bergbauliehen Vorhaben im Vordergrund stehen.

bb) Die Ziele der Raumordnung und der Landesplanung

Lange Zeit ging die Rechtsprechung und die Literatur davon aus, daß einem privilegierten Vorhaben die Ziele der Raumordnung und der Landesplanung nicht als öffentlicher Belang entgegengehalten werden können86 • Begründet wurde dies mit dem Wortlaut des § 35 Abs. 1 BauGB und systematischen Gründen. Mit seiner Entscheidung vom 20.01.1984 hat das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung geändert87 • In seinen Gründen führt das Gericht aus, daß der Gesetzgeber bestimmte Vorhaben zwar dem Außenbereich privilegiert zugewiesen habe, jedoch nicht in der Weise, daß sie an jedem beliebigen Standort im Außenbereich zulässig seien. Auch für privilegierte Vorhaben gelte das Gebot größtmöglicher Schonung des AußenbereichS. Daraus folge, daß die Ziele der Raumordnung und Landesplanung dann als öffentliche Belange die Zulässigkeit eines Vorhabens im Sinne des § 35 BBauG (BauGB) verhindem können, wenn sie sachlich und räumlich hinreichend konkret für die Beurteilung des Vorhabens seien88 • Unter Bezugnahme auf dieses Urteil wurde § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB neu gefaßt89• Dabei regelt nunmehr der erste Halbsatz der Vorschrift als Zielbindungsklausel die negativen und der zweite Halbsatz als Abwägungsabschichtungsklausel die positiven Wirkungen der Ziele der Raumordnung und Landesplanung. Beide Tatbestände des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB haben allerdings Siehe dazu unten C. 2. BVerwG, DVBI. 1968, 385; DVBI. 1983, 893; OVG Münster, ZfW 1982, 242; vgl. auch die umfangreichen Nachweise bei Grooterhorst, Ziele der Raumordnung, s. 167 f. 87 BVerwGE 68, 311 ff.; bestätigt in ZfW 1987, 121. 88 BVerwGE 68, 311 ff. 89 BT-DrS. 10/4630, S. 89; im Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum BauGB war die Änderung noch nicht enthalten, vgl. BT-DrS. 10/4630, S. 12 f.; zur Entstehungsgeschichte der Vorschrift vgl. ausführlich Grooterhorst, DÖV 1987, 911; Hoppe, DVBI. 1993, 1111; Dyong, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 35 Rdn. 99. 85

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Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

gemeinsame Voraussetzungen, die mit dem früheren Recht des § 35 Abs. 3 S. 1 1. Spiegelstrich BBauG übereinstimmen: die Qualität der Ziele als Ziele der Raumordnung und Landesplanung und die erhöhten Anforderungen an Bestimmtheit und Konkretheil der Ziele als einzelentscheidungsbindende Normen90• Gegenüber den Gemeinden wirkt sich die in§ 35 Abs. 3 S. 3 BauGB enthaltene Neuregelung als eine drastische Verschärfung der ihr nach § 1 Abs. 4 BauGB obliegenden Anpassungspflicht auS. Der Gesetzgeber hat die Pflicht zur Anpassung im Sinne einer überörtlichen Lenkung entschieden. Es wird den Gemeinden schwer fallen, durch einfache Bauleitpläne einen Abbau obertägiger Bodenschätze im Außenbereich zu verhindem91 • In diesem Zusammenhang mag offen bleiben, ob es dem Gesetzgeber - was Berkemann meint92 - darum ging, "mutmaßlich renitente Gemeinden" im Bereich der Entsorgungspolitik zu disziplinieren. Berkemann93 hat aber mit seiner Feststellung Recht, daß den Gemeinden häufig die veränderte Rechtslage bislang nicht hinreichend bewußt ist94 • Zu den Neuregelungen im einzelnen:

(1) § 35 Abs. 3 S. 3 Hs. 1 BauGB

Nach § 35 Abs. 3 S. 3 Hs. 1 BauGB dürfen bergbauliche Vorhaben den Zielen der Raumordnung und Landesplanung nicht widersprechen, wenn sie Zu diesen Voraussetzungen vgl. ausfiihrlich Hoppe, DVBI. 1993, 1109 m.w.N. Vgl. hierzu und insbesondere zu der Möglichkeit der Gemeinde, Abgrabungskonzentrationszonen zu schaffen, ausfiihrlich unten C.N.2.bb.(2). 92 Berkemann, DVBI. 1989, 632. 93 Berkemann, DVBI. 1989, 632. 94 Ein exemplarisches Beispiel hierfiir findet sich im Urteil des OVG RheinlandPfalz, NVwZ-RR 1992, 463 (465). Dort heißt es: "Somit erweist sich die Darstellung des Flächennutzungsplans hinsichtlich der Fläche, auf die sich das Vorhaben des Kl. bezieht, als unwirksam, weil die nach dem Planungskonzept vorgesehene Nutzung als landwirtschaftliche Fläche, auf der Abgrabungen zur Rohstoffgewinnung nicht zulässig sein sollen, mit den Vorgaben des regionalen Raumordnungsplans nicht zu vereinbaren sind. Sie können deshalb dem Vorhaben des Kl. nicht als öffentlicher Belang i.S. von § 35 ll 1 BauGB entgegengehalten werden". 90

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A. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem BBergG

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raumbedeutsam sind. Raumbedeutsam ist ein Vorhaben nach § 3 Abs. 2 ROG, wenn Grund und Boden in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung eines Gebiets beeinflußt wird95 • Hierzu zählen die bergbauliehen Vorhaben96 • Diese dürfen den Zielen der Raumordnung und Landesplanung nicht widersprechen97 • Diese Ziele sind Iandesplanerische Letztentscheidungen98. Eine Legaldefinition des Begriffs der Ziele der Raumordnung und der Landesplanung gibt es nicht. Auszugehen ist von § 5 Abs. 2 S. 1 ROG, wonach die Programme und Pläne (Raumordnungspläne) diejenigen Ziele der Raumordnung und Landesplanung enthalten müssen, die räumlich und sachlich zur Verwirklichung der einzelnen Grundsätze des § 2 ROG erforderlich sind. Danach sind Ziele der Raumordnung und der Landesplanung vor allem in den Entwicklungsplänen, Regionalplänen und ähnlich verbindlichen Festlegungen der Landesplanung enthalten99 •

95 Siehe dazu Bielenberg!Erbguth/Söjker, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, § 3 Rdn. 7 ff.; a. A. Dyong, in: Ernst!Zinkahn!Bielenberg, BauGB, § 35 Rdn. 98, wonach jede bauliche Anlage nach § 29 BauGB raumbedeutsam sei. Diese Auffassung ist jedoch bedenklich, da hiernach die besondere Erwähnung des "raumbedeutsamen Vorhabens" in§ 35 Abs. 3 S. 3 BauGB überflüssig ist. Dürr, in: Brügelmann, BauGB, § 35 Rdn. 106 weist darüber hinaus zutreffend darauf hin, daß nicht jeder unter§ 29 BauGB fallende Weidezaun raumbedeutsam sein könne. hn Ergebnis ebenso VG Schleswig-Holstein, UPR 1990, 75 (76) für ein Kiesabbauvorhaben. Vgl. auch v. Mutius, Öffentlich-rechtliche Zulässigkeil und Grenzen von Kiesabbauvorhaben; Gutachten S. 36 ff.; BayVGH, BayVBl. 1992, 529 (530) zur Raumbedeutsamkeit einer Trockenauskiesung. 96 Vgl. Zeitler, BayVBl. 1987, 684; Schulte, ZtB 1987, 191. 97 Zur Auslegung des Begriffs "widersprechen" vgl. Grooterhorst, DÖV 1987, 910; Schulte, ZtB 1987, 192. Diese kommen mit überzeugender Begründung zum Ergebnis, daß mit dieser Formulierung keine Änderung gegenüber der früheren Rechtslage gewollt war. Es bleibe dabei, daß Ziele der Raumordnung und Landesplanung den privilegierten Vorhaben nicht entgegenstehen dürfen. Ebenso v. Mutius, Öffentlich-rechtliche Zulässigkeil und Grenzen von Kiesabbauvorhaben; Gutachten S. 39 für privilegierte Vorhaben. Zur Frage der Zulässigkeil einer Trockenauskiesung, die außerhalb der in einem Regionalplan ausgewiesenen Vorrangfläche geplant und mit der die Gefährdung einer ökologisch und landespflegerisch wertvollen Hecke verbunden war, vgl. BayVGH, BayVBl. 1992, 529. 98 Siehe dazu im einzelnen BVerwG, DVBI. 1992, 1438 ff.; Hoppe, DVBI. 1993, 681 ff. 99 Siehe dazu Bielenberg!Erbguth/Söjker, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, § 3 Rdn. 70 ff. ; ausführlich zur Wirksamkeit solcher Ziele Hoppe, DVBI. 1993, 1112; zu den Anforderungen von Regional- und Landschaftsrahmenplänen vgl. VG Schleswig-Holstein, UPR 1990, 75 (76).

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Zweiter Ab sehn.: Genehmigungsvoraussetzungen (2) § 35 Abs. 3 S. 3 Hs. 2 BauGB

Im Gegensatz zu dieser negativen findet sich in § 35 Abs. 3 S. 3 Hs. 2 BauGB eine positive Wirkung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung auf bergbauliche Abgrabungsvorhaben. § 35 Abs. 3 S. 3 Hs. 2 BauGB bestimmt, daß öffentliche Belange raumbedeutsamen privilegierten Vorhaben nicht entgegengehalten werden können, soweit diese privilegierten Vorhaben in einer Iandesplanerischen Festsetzung als Ziele der Raumordnung und Landesplanung dargestellt sind und bei Aufstellung des Plans eine Abwägung der betroffenen Belange stattgefunden hat. Diese Sonderregelung gilt nur für privilegierte Vorhaben, bei denen sonst eine Abwägung mit den berührten öffentlichen Belangen im Rahmen des § 35 Abs. 1 BauGB stattfindetuX>. Diese Abwägung ist entbehrlich, wenn bereits während des Raumordnungsverfahrens eine Abwägung erfolgt ist. Ermöglicht wird damit eine verbindliche vertikale Abschichtung101 • § 35 Abs. 2 S. 3 Hs. 2 BauGB verlangt aber, daß tatsächlich eine Abwägung erfolgt ist, in die alle relevanten Belange eingestellt worden sind. Ist dies - zu Recht oder zu Unrecht - unterblieben, findet § 35 Abs. 3 S. 3 Hs. 2 BauGB und damit die Abschichtungswirkung keine Anwendung 102 •

Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung müssen sachlich und räumlich hinreichend konkret sein, um sich auf die Beurteilung einzelner Vorhaben auswirken zu können 103 • Eine solche Konkretisierung liegt vor, wenn ein Vorhaben für einen bestimmten Zweck in einem dafür räumlich abgegrenzten Gebiet ausgewiesen wird104 • 100 Dürr, in: Brügelmann, BauGB, § 35 Rdn. 107, 9; Zeit/er, BayVBI. 1987, 684; Bröll/Busse, BayVBJ. 1987, 430. 10 1 Hoppe, DVBI. 1993, 1116. 102 Bielenberg/Erbguth/Söjker, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, § 3 Rdn. 199; Grooterhorst, DÖV 1987, 910; Hoppe, DVBI. 1993, 1116. 103 Schmidt-Aßmann, Fortentwicklung des Rechts, S. 54, 59 ff. unterscheidet für den Konkretisierungsgrad planeciseher Aussagen im Blick auf die Gemeinden vier Stufen: übergemeindlich, gemeindescharf, gebietsscharf und parzellenscharf. Höhnberg, ZffiR 1986, 214 ff. hält Iandesplanerische Ausweisungen mit Parzellenschärfe für unzulässig, Ausweisungen mit Gebietsschärfe für zulässig, wenn übergeordnete und überörtliche Interessen diesen Konkretisierungsgrad erfordern, z. B. bei der Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsflächen zur großräumigen Sicherung und Ordnung des Abbaus von Bodenschätzen (einschließlich Kies und Sand); vgl. auch Paßlick, Ziele der Raumordnung, S. 84; Erbguth, Jura 1988, 567. 104 Zeit/er, BayVBI. 1987. 648.

A. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem BBergG

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3. Einbeziehung forstrechtlicher Belange Falls die in einem Betriebsplan vorgesehenen Maßnahmen mit einer Inanspruchnahme von Waldflächen verbunden sind, bedarf es neben der Betriebsplanzulassung einer Umwandlungsgenehmigung durch die Forstbehörde. Für die Prüfungskompetenz der Bergbehörden bedeutet dies, daß sie über § 48 Abs. 2 BBergG die forstrechtlichen Belange nicht in ihrer Entscheidung über die Zulassung des Betriebsplans berücksichtigen dürfen. Nach § 48 Abs. 2 BBergG besteht die Entscheidungsbefugnis der Bergbehörde nur "unbeschadet anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften". Die Bergbehörde hat sich damit bei der Prüfung eines Vorhabens auf solche öffentlichen Belange zu beschränken, die nicht in einem anderen öffentlich-rechtlichen Verfahren berücksichtigt werden1os. Eine besondere Regelung findet sich in Niedersachsen. Nach § 13 Abs. 2 LWaldG Nds ist eine Waldumwandlungsgenehmigung "nicht erforderlich, wenn für das Vorhaben eine Genehmigung ( ... ) nach dem Bergrecht erteilt worden ist". Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, die forstrechtliche Entscheidung den Bergbehörden zu überlassen. Die Betriebsplanzulassung hat also in Niedersachsen zugleich über die forstrechtlichen Belange zu entscheiden106. Eine Zuständigkeitskonzentration auf die Bergbehörde findet sich in Art. 39 Abs. 3 BayLWaldG. In Nordrhein-Westfalen ist nach § 43 Abs. 1 lit d. LFoG NW eine Umwandlungsgenehmigung nicht erforderlich bei Waldflächen, für die in einem Braunkohlenplan eine anderweitige Nutzung vorgesehen ist107.

lOS BVerwG, DVBI. 1986, 1273 (1275); Piens!Schulte!Graf Vitzthum , BBergG, § 48 Rdn. 17, ähnlich §55 Rdn. 141; Boldt/Weller, BBergG, § 48 Rdn. 10; Dicksehen, Raumordnungsverfahren, S. 194; Hoppe, DVBI. 1987,761. 106 Schulte, ZtB 1987, 215; zweifelnd Piens!Schulte!Graf Vitzthum, BBergG, §56 Rdn. 380. 107 Zum Verhältnis des BBergG zu § 43 LFoG NW vgl. OVG Münster, NuR 1985, 287.

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Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

4. Einbeziehung naturschutzrechtlicher Belange Die Gewinnung von Bodenschätzen stellt einen Eingriff in Natur und Landschaft i.S.d. § 8 Abs. 1 BNatSchG dar108, wobei unerheblich ist, daß der Eingriff unter Bergrecht erfolgt109 • Aus diesem Grunde fragt es sich, inwieweit in bergrechtliehen Verfahren naturschutzrechtliche Belange zu berücksichtigen sind. Die Frage hat angesichts der Erdölförderungen im Niedersächsischen Wattenmeer eine erhebliche praktische Bedeutung erlangt 110• Bei der Beantwortung der Frage ist zu unterscheiden zwischen den besonderen Vorschriften, die Das Bundesberggesetz in Bezug auf die erheblichen und nachhaltigen Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes trifft sowie den allgemeinen Vorschriften des BNatSchG.

a) Die besonderen Regelungen im BBergG §55 Abs. 1 Nr. 7 BBergG und §55 Abs. 2 Nr. 2 BBergG machen die "Vorsorge zur" - bzw. Sicherstellung der - "Wiedemutzbannachung der Oberfläche" zum Gegenstand des BetriebsplanverfahrenS. Dies basiert auf § 2 Abs. 1 Nr. 2 BBergG, wonach "Wiedernutzbarmachen der Oberfläche während und nach" der bergbauliehen Tätigkeit in den Geltungsbereich des Bundesberggesetzes fällt. Die Wiedemutzbannachung umfaßt gemäß § 4 Abs. 4 BBergG die ordnungsgemäße Gestaltung der vom Bergbau in 108 Die entsprechenden Regelungen in den Landesnaturschutz- bzw. Landespflegegesetzen der Länder finden sich oben 1. Abschnitt A.VI.; vgl. auch § 2 Abs. 1 Nr. 5 BNatSchG, wonach beim Abbau von Bodenschätzen die Vernichtung wertvoller Landschaftsteile oder Landschaftsbestandteile zu vermeiden ist, dauernde Schäden am Naturhaushalt zu verhüten sowie unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Rekultivierung oder naturnahe Gestaltung auszugleichen sind. 109 Kirchner, Zffi 1984, 345; Schulte, ZtB 1987, 207; Dapprich!RömerffUJnn, BBergG, § 54 Anm. 4; Boldt/Weller, BBergG, § 55 Rdn. 55; a.A. Gerigk, Zffi 1987, 235, wonach die übertägige Gewinnung von bergfreien Bodenschätzen kein Eingriff in Natur und Landschaft sein kann. 110 Vgl. dazu BVerwG, Ztw 1991, 94; Hoppe, DVBI. 1987, 757 ff.; Peters, DVBI. 1988, 227 ff.; BeckffUJnn, DVBI. 1992, 742 m.w.N.; BerkeffUJnn, DVBI. 1989, 625 hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, daß es auch beim Abbau von Bodenschätzen darum gehe, in einem Geflecht von zum Teil gegenläufigen raumbeanspruchenden Belangen einen Ausgleich zwischen ökologischen und ökonomischen Strukturen zu suchen.

A. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem BBergG

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Anspruch genommenen Oberfläche unter Beachtung des öffentlichen Interesses. Eine ordnungsgemäße Gestaltung der Oberfläche liegt dann vor, wenn die vom Bergbau in Anspruch genommenen Flächen so hergerichtet werden, daß sie sich für eine andere sinnvolle Nutzung eignen111 • Die Wiedemutzbarmachung ist also keine Rekultivierung 112 • Während die Rekultivierung die Wiederherstellung des vor Beginn des Abbaus bestehenden Zustandes der Oberfläche umfaßt 113, kann im Rahmen der Wiedemutzbarmachung auch eine andere Nutzung als diejenige vor dem Abbau angestrebt werden114 • Die Wiedemutzbarmachung hat zu erfolgen unter "Beachtung des öffentlichen Interesses". Dieser Begriff ist gleichzusetzen mit dem Begriff des "öffentlichen Belanges", wie er beispielsweise in §§ 1 und 35 Abs. 3 BauGB vorkonuntiiS. Zu beachten sind dadurch auch Belange des Naturschutzes116 • Ferner gehört zu den besonderen naturschutzbezogenen Regelungen des Bundesberggesetzes die Vorschrift des § 66 Nr. 8117 • Danach kann zur Wahrung u.a. des in§ 55 Abs. 1 Nr. 7 BBergG bezeichneten Belangs durch Bergverordnung bestimmt werden, "welche Vorsorge- und Durchführungsmaßnahmen zur Wiedemutzbarmachung der Oberfläche während und nach" der bergbauliehen Tätigkeit zu treffen und welche Anforderungen an diese Maßnahmen zu stellen sind.

Boldt!Weller, BBergG, §55 Rdn. 45; Gerigk, Zffi 1987, 234. Boldt!Weller, BBergG, §55 Rdn. 45, Linke, Abgrabungsgesetz NW, § 4 Anm. 2.; so auch die amtliche Begründung in BT-DrS. 8/1315, S. 76, abgedruckt bei Zydek, Materialien, S. 55 f. 113 Kirchner, zm 1984, 334 ff.; zu Erfahrungen bei der Rekultivierung des Rheinischen Braunkohlenreviers vgl. Wolf, NuL 62 (1987), 364. 114 Boldt!Weller, BBergG, § 2 Rdn. 20, § 4 Rdn. 20; Kirchner, Zffi 1984, 338; anders in der Terminologie Schulte, Zffi 1987, 212, der unter Rekultivierung nicht "Naturalrestitution" versteht, sondern ein "Wieder in Kultur bringen", wobei unerheblich ist, ob dies in die ursprüngliche oder in eine andere Form geschieht. "Rekultivierung" ist danach dasselbe wie "Wiedernutzbarmachung"; ähnlich wohl Dapprich/Römermann, BBergG, § 55 Anm. 14. 115 BadWürttVGH, VerwRspr. 20, 158; Piens!Schulte!Graf Vitzthum, BBergG, §55 Rdn. 81. 116 Boldt!Weller, BBergG, §55 Rdn. 55; Piens!Schulte!Graf Vitzthum, BBergG, §55 Rdn. 82. 117 Schulte, zm 1987; 210; Boldt!Weller, BBergG, §55 Rdn. 45 a.E., Gerigk, zm 1987, 235. 111

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Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen b) Die allgemeinen Regelungen des BNatSchG

Im bergrechtliehen Erlaubnis- oder Bewilligungsverfahren gehören die Regelungen des BNatSchG unproblematisch zu den Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes, welche nach §§ 10 Nr. 10, 12 Abs. 1 S. 1 BBergG die Gewinnung von bergfreien Bodenschätzen ausschließen können, da sie raumbezogene öffentliche Interessen sind 118 • Bezüglich des bergrechtliehen Betriebsplanverfahrens ist im Schrifttum die Frage umstritten, ob die Vorschriften des BNatSchG, insbesondere § 8 BNatSchG, anwendbar sind. Ein Teil der Literatur119 stellt heraus, daß die Gründe, aus denen die Betriebsplanzulassung versagt werden kann, in § 55 BBergG erschöpfend aufgezählt seien und der Naturschutz generell nicht dazugehöre. Soweit bergbauliche Eingriffe auf Grund der Natur- oder Landespflegegesetze der Länder einem Genehmigungsvorbehalt unterlägen, sei diese Genehmigung neben der Betriebsplanzulassung erforderlich120 • Gegen dieses Ergebnis wenden sich andere Stimmen des Schrifttums121 • Sie gehen davon aus, daß über§ 8 Abs. 2 und 3 BNatSchG auch im Betriebsplanverfahren die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung zu prüfen sei. Dieser letzteren Meinung ist zuzustimmen. Soweit Pielow dieses Ergebnis aber darauf stützt, daß die Forderungen des Natur- und Landschaftsschutzes wegen§ 8 Abs. 2 BNatSchG selbst bei einer gebundenen Erlaubnis zusätzlich zu den jeweils festgelegten Zulassungsvoraussetzungen zur Geltung gebracht würden122 , ist dies verfassungsrechtlich bedenklich123 • Die Richtigkeit des 118 BadWürttVGH, NuR 1989, 130 (132); Piens/Schulte/Graf Vitzthum, BBergG, § 11 Rdn. 17; Boldt/Weller, BBergG, § 11 Rdn. 14. 119 Boldt!Weller, BBergG, § 55 Rdn. 55; Kirchner, Zffi 1984, 346; Gerigk, Zffi 1987, 235. 120 Vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 LPflG RhPf; § 12 Abs. 1 SNG; zu beachten sind aber § 12 Abs. 1 S. 2 NatSchG BW, § 23 NdsNatSchG; § 1 Abs. 3 AbgrG NW, § 13 Abs. 5 S. 3 LPflG SH, wonach Vorhaben, die der Bergaufsicht unterstehen, von der naturschutzrechtlichen Genehmigungspflicht ausgenommen sind; weitere landesrechtliehe Besonderheiten fmden sich bei Schulte, Zffi 1987, 208 f. 121 Pielow, NuR 1979, 16; Schulte, Zffi 1987, 209 f.; wohl auch Dapprich/Römermann, BBergG, §54 Anm. 4, § 48 Anm. 1d; Dapprich, Zffi 1985, 67; aus der Rspr. vgl. VG Freiburg, Zffi 1985, 116. 122 Pielow, NuR 1979, 16. 123 Vgl. Boldt/Weller, BBergG, §55 Rdn. 55; Kirchner, Zffi 1984, 346.

A. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem BBergG

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Ergebnisses ergibt sich vielmehr aus § 48 Abs. 2 BBergG. Über§ 48 Abs. 2 BBergG ist die Ausschlußwirkung des § 55 BBergG durchbrachen und das Betriebsplanverfahren auch für den Naturschutz geöffnet. Das bedeutet, daß "der Reiter, der durch § 8 Abs. 2 und 3 BNatSchG auf das Bergrecht aufspringt, nicht wegen§ 55 BBergG sofort wieder abgeworfen" wird, sondern "aufgrund der Vorschrift des § 48 Abs. 2 BBergG im Sattel" bleibt 124 • Dieses Ergebnis ist auch interessensgerecht. Eine deutliche materiell-rechtliche Privilegierung des Bergrechts - ähnlich der Landwirtschaft durch die Landwirtschaftsklausel - wird so vermieden. In diesem Zusammenhang überzeugt nicht das Argument von Gerigk125 , wonach im Geltungsbereich des Bundesberggesetzes dieses gegenüber dem BNatSchG Iex specialis sei und die bergrechtliche Regelung in vollem Umfange die von § 8 BNatSchG aufgestellten Regelungsinhalte abdecke. Eine Anwendung des BNatSchG scheitere daher an Art. 31 GG. Diese Argumentation mag richtig sein, soweit die§§ 55 Abs. 1 Nr. 7, 55 Abs. 2 Nr. 2, 66 Nr. 8, 2 Abs. 1 Nr. 2 und § 4 Abs. 4 BBergG eine eigene bergrechtliche Kompetenz bezüglich der "Wiedemutzbarmachung der Oberfläche" für sich in Anspruch nehmen. Mit diesen Vorschriften spricht Das Bundesberggesetz speziell eine Verpflichtung zum "Ausgleich" (i.S.d. § 8 Abs. 2 S. 4 BNatSchG) für den Bergbau aus 126• Neben dem Ausgleichsgebot beinhaltet § 8 BNatSchG aber noch eine Reihe anderer Regelungsbereiche (§ 8 Abs. 2 S. 1, Abs. 3, Abs. 9). Insoweit existieren keine besonderen Vorschriften im BBergG. Das hat zur Folge, daß insoweit das Naturschutzgesetz zum Tragen kommen kann.

V. Die Tragweite der Rohstoffsicherungsklausel in§ 48 Abs. 1 S. 2 BBergG

Das Bundesberggesetz enthält eine abschließende Regelung des BergrechtS. Daraus folgt jedoch nicht, daß das Aufsuchen, Gewinnen und Aufbereiten bergfreier und grundeigener Bodenschätze generell dem Geltungsbereich anderer Gesetze entzogen ist. § 48 Abs. 1 S. 1 BBergG läßt außerhalb des Bergrechts bestehende öffentlich-rechtliche Vorschriften grundsätzlich unberührt, auch soweit sie für Tätigkeiten gelten, die vom Berggesetz erfaßt 124

125 126

So Schulte, Zffi 1987, 208. Gerigk, zm 1987, 235 f. So auch Schulte, Zffi 1987,212 ff.

7 BUilesbach

98

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

werden. Da diese Unberührtheilsklausel zu spürbaren Beschränkungen des Bergbaus führen können, hat der Gesetzgeber in Satz 2 der Vorschrift eine Rohstoffsicherungsklausel angefügt. Danach ist bei der Anwendung von Vorschriften außerhalb des Bundesberggesetzes "dafür Sorge zu tragen, daß die Aufsuchung und Gewinnung so wenig wie möglich beeinträchtigt wird". Noch nicht abschließend geklärt ist die Tragweite der Rohstoffsicherungsklausel in§ 48 Abs. 1 S. 2 BBergG. Bislang ging man davon aus, daß die öffentlichen Interessen des Bergbaus bei der Anwendung von Vorschriften, welche gern. § 48 Abs. 1 S. 1 BBergG in bergrechtliehen Verfahren unberührt bleiben, generell den Vorrang haben127• Diese Auffassung hat beispielsweise die Nichtigkeit einer Naturschutzgebiets- oder Wasserschutzgebietsverordnung zur Folge, soweit sie den Bergbau beeinträchtigt128 • Weiterhin führt diese weite Auslegung des § 48 Abs. 1 S. 2 BBergG dazu, daß die öffentlichen Belange des Bergbaus bei der Prüfung des § 35 Abs. 3 BauGB oder bei der Frage, ob überwiegende Gründe des allgemeinen Wohls bzw. überwiegende öffentliche Belange nach § 31 BNatSchG eine Befreiung von Naturschutzvorschriften erfordern, grundsätzlich den Vorrang haben. Ein solcher absoluter Vorrang der bergrechtliehen Interessenaufgrund der Rohstoffsicherungsklausel des § 48 Abs. 1 S. 2 BBergG wird neuerdings in Frage gestellt. Nach einem Urteil des BadWürttVGH haben die Bergbaubelange keinen grundsätzlichen Vorrang. Der Wortlaut der Vorschrift zwinge nicht zu einem solchen VerständniS. Nach ihrer Entstehungsgeschichte solle 127 Boldt/Weller, BBergG, § 48 Rdn. 1, 4; Kühne, DVBI. 1985, 210; Hoppe, DVBI. 1987, 760 m.w.N.; ähnlich BVerwG, DVBI. 1976, 1273 (1274), wonach in der Rohstoffsicherungsklausel des § 48 Abs. 1 S. 2 BBergG eine Präferenzregel zu sehen ist, die den Interessen an der Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen einen Vorrang einräumt und das Ermessen der Behörde bei derErteilungeines Dispenses nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB auf Null reduziert; zustinunend Kühling, Fachplanungsrecht, Rdn. 337; BVerwG, DVBI. 1989, 663 (666) will den Interessen des Bergbaus nur noch "grundsätzlich" den Vorrang eingeräumt wissen; Schulte, Zffi 1987, 194 stellt heraus, daß diese Privilegierung kein unbeachtlicher (weil unbeabsichtigter) gesetzgeberischer Zufall sei, sondern eine deutliche Folge der besonderen volkswirtschaftlichen Bedeutung der Gewinnung von Bodenschätzen; BVerwG, DVBI. 1989, 672 (673) und Beckmann, DVBI. 1989, 670 sprechen von einem "weitgehenden Vorrang" des Bergbaus. 128 So ausdrücklich Hoppe, DVBI. 1987, 760 bezüglich der Verordnung über den Nationalpark "Niedersächsisches Wattenmeer" (abgedr. in: NdS. GVBI. 1985, 533 ff.).

A. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem BBetgG

99

diese Norm eine der Bedeutung der Rohstoffsicherung angemessene Abwägung zwischen den divergierenden Interessen gewährleisten. Einen bestimmten Belang angemessen zu berücksichtigen sei jedoch weniger, als ihm stets oder regelmäßig den Vorrang zu geben. Die Rohstoffsicherung verlange nicht in jedem Fall und nicht zu jedem Zeitpunkt den Vorrang der Gewinnung von Bodenschätzen vor anderen Belangen. Unter Umständen könne auch die Erkundung der Bodenschätze ausreichen. Welche Interessen ein Übergewicht haben, müsse aufgrund der Verhältnisse des Einzelfalles entschieden werden. 129 Dieses neue Verständnis des § 48 Abs. 1 S. 2 BBergG verdient Zustimmung. Dabei wird nicht verkannt, daß die Sicherung der Energie- und Rahstoffversorgung als ein Gemeinschaftsinteresse höchsten Ranges gilt und es sich um ein von der jeweiligen Politik des Gemeinwesens unabhängiges Gemeinschaftsgut handelt130• Neben diesem für das menschliche Zusammenleben wichtigen Gut gibt es aber noch weitere lebensnotwendige Belange, die im Einzelfall mit dem Bergbau kollidieren und einen Vorrang beanspruchen können. Dazu gehört beispielsweise der Natur- und Landschaftsschutz, an der die Allgemeinheit ein derart überragendes Interesse hat, "daß die Tierwelt in ihrer durch die Zivilisationseinflüsse ohnehin gefabrdeten Vielfalt nicht nur in der Gegenwart, sondern auch für kommende Generationen erhalten bleibt" 131 • Eine weite Auslegung des § 48 Abs. 1 S. 2 BBergG müßte dies unberücksichtigt lassen. Ein restriktives Verständnis der Rohstoffsicherungsklausel führt demgegenüber die Abwägungsentscheidung nicht auf der Grundlage einer generellen Priorität des Bergbaus durch und kann auf diese Weise zu interessensgerechten Ergebnissen führen. Nicht zu bezweifeln ist 129 BadWürttVGH, NuR 1989, 130 (133 f.); ebenso Schulte, ZtB 1989, 84; Fischer-Hüftle, NuR 1989, 110 ff. , 13, der im Zusammenhang mit der Einfiihrung der Umweltverträglichkeitsprüfung bereits die Streichung der Rohstoffsicherungsklausel fordert; zur schwindenden Akzeptanz bergbaulicher Vorhaben vgl. auch Hoppe, Spannungsverhältnis von Bergwerkseigentum und Oberflächeneigentum, S. 25. Vgl. auch Niermann , Betriebsplan und Planfeststellung im Bergrecht, S. 238, wonach im Rahmen eines bergrechtliehen Planfeststellungsverfahrens § 48 Abs. 1 S. 2 BBergG kein Planungsleitsatz im Sinne einer zwingenden gesetzlichen Anordnung sei, sondern vielmehr ein relativen Vorrang bergbaulicher Belange aussprechendes Optimierungsgebot ausspreche. 130 BVerfGE 30, 292 (323 f.) im Zusammenhang mit gesetzlichen Eingriffen in die wirtschaftliche Tätigkeit von Mineralimporteuren (Zwang zur Vorratshaltung). Bei der Schaffung des BBergG wurde hierauf im Zusammenhang mit §§ 110 ff. BBergG hingewiesen (vgl. BT-DrS. 8/1315, S. 139), nichtjedoch bei§ 48 BBergG. 13 1 BVertU, NuR 1983, 151 zum Artenschutz.

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

100

aber, daß § 48 Abs. 1 S. 2 BBergG auch bei der hier vertretenen Einzelfallbetrachtung den Interessen an der Aufsuchung und der Gewinnung von Bodenschätzen immer ein starkes Gewicht verleiht132 • Das bedeutet: Bei einem bergrechtliehen Vorhaben wird die in § 35 Abs. 1 BauGB enthaltene Privilegierung noch durch Hinzutreten der in § 48 Abs. 1 S. 2 BBergG enthaltenen und auf § 48 Abs. 2 BBergG ausstrahlenden Rohstoffsicherungsklausel erweitert133 • So kann z.B. eine zuungunsten des bergbauliehen Vorhabens ausgehende bauplaungsrechtliche Wertung durch das Gewicht der bergbauliehen Belange zu einer Modifizierung des Abwägungsergebnisses führen. § 48 Abs. 1 S. 2 BBergG führt also zu einer Doppelprivilegierung des Bergbaus, indem sie dem nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB ohnehin privilegierten Vorhaben nochmals besonderes Gewicht gegenüber evtl. entgegenstehenden Belangen verleiht134 • Zu einer einfachen Privilegierung kann die Rohstoffsicherungsklausel in den natur- und forstrechtlichen Verfahren führen. In den hier vorzunehmenden Abwägungsentscheidungen (§§ 8 Abs. 3 1. Alt., 31 BNatSchG; § 9 BWaldG) kommt dem Bergbau im Einzelfall wegen§ 48 Abs. 1 S. 2 BBergG ein besonderes Gewicht zu135 •

VI. Ergebnis Sowohl der bergrechtliehen Erlaubnis als auch der Bewilligung liegt ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt zugrunde. Es finden sich in§§ 11 Nr. 10, 12 Abs. 1 S. 1 BBergG Öffnungsklauseln, aufgrundderer von den Bergbehörden Belange in ihre Entscheidung einbezogen werden können, die in anderen Fachgesetzen eine spezielle Regelung gefunden haben. Auch bei der Zulassung des Betriebsplans handelt es sich um eine KontrollerlaubniS. Im Betriebsplanverfahren bildet das "Entgegenstehen überwiegender öffentlicher Interessen" in § 48 Abs. 2 BBergG eine Einbruchstelle für So auch BadWürttVGH, NuR 1989, 130 (134). Boldt/Weller, BBergG, § 48 Rdn. 4; Kühne, DVBI. 1984, 713; Schulte, Zffi 1987, 194. 134 BadWürttVGH, NuR 1989, 130 (136); Schulte, Zffi 1987, 194. 135 BadWürttVGH, NuR 1989, 130 (134 f.); Fischer-Hüftle, NuR 1989, 111 f. bezüglich naturschutzrechtlicher Belange. 132 133

A. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem BBergG

101

diejenigen Anforderungen des Umweltrechts, deren Prüfung keinem außerbergrechtliehen Verfahren vorbehalten ist. Die Bergbehörden können damit im Betriebsplanverfahren über folgende Rechtsgebiete entscheiden: Das Bauplanungsrecht und damit zugleich über die Ziele der Raumordnung und der Landesplanung (§ 35 Abs. 3 S. 3 BauGB). Dabei ist bei allen Entscheidungen wegen der Rohstoffsicherungsklausel des § 48 Abs. 1 S. 2 BBergG die Sonderstellung des Bergbaus zu beachten. Diese Vorschrift führt zusammen mit § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB zu einer Doppelprivilegierung des BergbauS. das Naturschutzrecht (soweit nicht schon von§§ 55 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Nr. 2, 66 Nr. 8, 2 Abs. 1 Nr. 2 und§ 4 Abs. 4 BBergG erfaßt); das Waldrecht in Niedersachsen (§ 13 Abs. 2 LWaldG Nds). Daneben finden sich noch eine Reihe von Zuständigkeitskonzentrationen: Für die wasserrechtliche Erlaubnis findet sich eine Zuständigkeitskonzentration in § 14 Abs. 2, 3 WHG. Das bedeutet, daß die Bergbehörde neben der Betriebsplanzulassung die wasserrechtliche Erlaubnis erteilt. Für die wasserrechtliche Bewilligung und für die wasserrechtliche Planfeststellung bleiben in den meisten Ländern die Wasserbehörden zuständig. Ausnahmen für die Bewilligung finden sich aber in Art. 75 Abs. 4 BayWG und § 30 Abs. 1 Nr. 3 WG NW: Danach sind die Bergbehörden auch für die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung zuständig. Planfeststellungsbehörde für Planfeststellungen nach § 31 WHG ist die Bergbehörde nur in Nordrhein-Westfalen (§ 104 Abs. 1 S. 2 WG NW). In Bayern ist nach Art. 39 Abs. 3 BayLWaldG die Waldumwandlungsgenehmigung von der Bergbehörde neben der Betriebsplanzulassung zu erteilen. Betrachtet man diese umfassenden Prüfungskompetenzen der Bergbehörden, dann ist Schulte zuzustimmen, wenn er in den Bergbehörden die "Fachbehörden für Umweltschutz im Bergbau" sieht und dem Betriebsplanverfahren bereits de lege lata eine "faktische Konzentrationswirkung" zuweist. Eine rechtliche Konzentrationswirkung hat allerdings bereits heute schon die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens für die Zulassung von Rahmenbetriebsplänen zur Folge.

102

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

B. Die Genehmigungsvoraussetzungen nach den wasserhaushaltsrechtlichen Vorschriften I. Das" Wohl der Allgemeinheit" in§ 6 WHG

Abgrabungen bedürfen einer wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung nach§§ 2, 3 Abs. 2 S. 2, 7, 8 WHG, wenn durch sie die nicht nur ganz entfernte theoretische Möglichkeit einer schädlichen Einwirkung auf das Grundwasser besteht. Nach § 6 WHG sind die Erlaubnis und die Bewilligung zu versagen, soweit von der beabsichtigten Nutzung eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten ist, die nicht durch Auflagen verhütet oder ausgeglichen wird. Die Durchführung eines wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahrens nach § 31 WHG ist erforderlich, wenn durch die Abgrabung das Grundwasser auf Dauer freigelegt wird. Die Landeswassergesetze bestimmen (mit geringen Abweichungen in Einzelheiten), daß die Planfeststellung zu versagen ist, wenn von dem Ausbau eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten ist, die nicht durch Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden kann136• § 6 WHG ist mithin auch im Rahmen des § 31 WHG unmittelbar anwendbar137 ; an die Stelle des § 4 WHG tritt die entsprechende Auflagenvorschrift des§ 31 Abs. 2 WHG. Es zeigt sich, daß der Begriff"Wohl der Allgemeinheit" auf einer horizontalen Ebene alle wasserrechtlichen Verfahren bestimmt138 • Zu untersuchen ist nun, ob und ggf. inwieweit diese wasserrechtliche Gemeinwohlklausel in vertikaler Hinsicht von nicht-wasserwirtschaftliehen Belangen ausgefüllt wer136 § 64 Abs. 1 WG BW; Art. 58 Abs. 2 BayWG; §54 Abs. 2 BlnWG; § 113 Abs. 5 BremWG; § 48 Abs. 3 HbgWG; § 59 Abs. 2 HessWG; § 123 S. 1 NdsWG; § 100 Abs. 1 WG NW; § 76 Abs. 2 LWG RhPf; § 72 Abs. 2 SaariWG; § 97 Abs. 1 WGSH. 137 Vgl. BVerwG, BayVBI. 1988, 22 (23); Ztw 1988, 337 (338); UPR 1991, S. 105 (106); Schink, NVwZ 1991, S. 942; zweifelnd Sieder!Zeitler!Dahme, WHG, § 6 Rdn. 7, die in der Heranziehung des § 6 WHG eine "Krücke" sehen, "um den Begriff des Wohls der Allgemeinheit auch bei der wasserrechtlichen Planfeststellung revisibe1 zu machen"; zweifelnd auch Achenbach, Bedeutung der privatnützigen Planfeststellung, S. 78. 1 ~ 8 Dieser Begriff findet sich auch in§§ 1 a Abs. 1, 4 Abs. 2 Nr. 3, 8 Abs. 3, 12 Abs. 1, 15 Abs. 4, 18 Abs. 1, 18 a Abs. 1, 19 Abs. 1, 27 Abs. 1, 36 a Abs. 1, 36 b Abs. 6 WHG; eine Übersicht über die zahlreichen Einzelvorschriften der LWG fmdet sich bei Breuer, Umweltschutz und Gemeinwohl, S. 71 Fn. 34.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

103

den kann. So ist beispielsweise nicht geklärt, ob bei der Auslegung des § 6 WHG die land· forst· und naturschutzrechtlichen Belange berücksichtigt werden dürfen. Fraglich ist auch, ob gewerbliche und allgemeinwirtschaftliche Belange sowie Gesichtspunkte des Arbeitsschutzes das "Wohl der Allgemeinheit" beeinträchtigen oder es - bei gemeinnützigen Planfeststellungen rechtfertigen können. Im Bereich des Kies- Sand· oder Tonabbaus ist zu überlegen, ob eine Vorrats· und Rohstoffsicherungspolitik über die wasserrechtliche Gemeinwohlklausel möglich ist. Andere Abgrabungen bezwecken die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen oder des Erholungswertes der Landschaft. Auch hierfür stellt sich die Frage nach dem Regelungsbereich des§ 6 WHG.

1. Der Regelungsbereich des§ 6 WHG Das WHG defmiert nicht, was als "Wohl der Allgemeinheit" zu verstehen ist. Das ist einer der Gründe, weshalb§ 6 WHG - wie SalzwedeP39 es ausdrückt - der Rechtswissenschaft immer Rätsel aufgegeben hat. Die Bemühungen von Rechtsprechung und Schrifttum, den Begriff zu konkretisieren, sind noch nicht abgeschlossen140 • Das Bundesverwaltungsgericht stellt in seinen Urteilen vom04.05.1988 und 10.02.1989 ausdrücklich ein "umstrittenes Verständnis des § 6 WHG" heraus 141 • Eine "abschließende Erörterung" hält das Gericht aber jeweils für entbehrlich142 •

Salzwedel, RdWWi 22, 66 Darauf weisen hin Gieseke/Wiedemann!Czychowski, WHG, § 6 Rdn. 21; Breuer, Umweltschutz und Gemeinwohl, S. 65; Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 76. 141 BVerwG, DVBI. 1988, 960 (962); DVBI. 1989, 1048. 142 BVerwG, DVBI. 1988, 960 (962), DVBI. 1989, 1048 (1049). 139

140

104

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen a) Darstellung des Meinungsstandes

aa) Die älteren Meinungen Der Begriff des "Wohls der Allgemeinheit" wurde zunächst funktionsbezogen auf die Belange der Wasserwirtschaft und des Gewässerschutzes beschränkt143 . Diese Meinung konnte sich aber nicht durchsetzen. Herrschend wurde die Auffassung, die das Allgemeinwohl als einen umfassenden Gesamtbegriff verstand und auf die Gesamtinteressen der Allgemeinheit abstellte144 . Dieses Gesamtinteresse umfaßte nicht nur die Belange der Wasserwirtschaft, sondern alle anderen öffentlichen Belange, die im konkreten Einzelfall wesentlich sein könnten145 . So wurden Belange des Gesundheitsschutzes146, des Natur- und Landschaftsschutzes147 sowie des Badebetriebs148 als vom Begriff des allgemeinen Wohls umschlossen angesehen. Auch das gutnachbarliche Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu ihren Nachbarstaaten 149 und supranationale Regelungen sowie internationale Vereinbarungen waren zu berücksichtigen150. Dieses umfassende Verständnis der Gemeinwohlklausel deckte sich mit der Auslegung, die der Begriff in anderem Zusammenhang erfahren hat. So beschränken sich die Gründe des Wohls der Allgemeinheit i. S. d. § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht auf spezifisch baurechtliche Belange, sondern

143 VG Freiburg in: Wüsthoff/Kumpf, HdW, R 1136; Sieder!Zeitler/Dahme, WHG, § 6 Rdn. 7 mit dem Hinweis auf die frühere in diesem Kommentar vertretenen Ansicht. 144 Vgl. BayVGH, BayVBI 1970, 106; OVG Lüneburg, OVGE 27, 487; OVG Münster, ZfW 1973, 56; BadWürttVGH, ZfW 1976, 218 (225), ZfW 1978, 298 (300) und in: Wüsthoff/Kumpf, HdW, R 1204; Külz in: Festschrift fiir Gieseke, S. 207, 211; Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG; § 6 Rdn. 22; Salzwedel, RdWWi 15, 49; Burghartz, WHG und WG NW, § 6 WHG, Anm. 3; Czychowski, DVBI. 1976, 137; Stortz, ZfW 1972, 274 und ZfW 1978,267. 145 BadWürttVGH, in: Wüsthoff/Kumpf, HdW, R 1172, R 1204. 146 OVG Lüneburg, OVGE 27, 487 ff.; VG Ansbach, in: Wüsthoff/Kumpf, HdW, R 1011. 147 OVG Münster, ZfW 1973, 56; BayVGH, in: Wüsthoff/Kumpf, HdW, R 1040. 148 VG Freiburg, in: Wüsthoff/Kumpf, HdW, R 1039. 149 Gieseke/Wiedemann!Czychowski, WHG, Ein! IX 1. 150 Sieder!Zeitler/Dahme, WHG, § 6 Rdn. 9 a.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

erfassen alles, was gemeinhin unter öffentlichen Belangen oder gleichbedeutend - den öffentlichen Interessen zu verstehen ist 151 •

105

insoweit

bb) Die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.02.1978 und des Bundesverfassungsgerichts vom 15.07.1981

Diese umfassende Deutung der wasserrechtlichen Gemeinwohlklausel durch die absolut herrschende Meinung ist durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.02.1978 in Frage gestellt worden152 • Im Zusammenhang mit der Beurteilung eines privatnützigen Gewässerausbaus hat das Gericht ausgeführt: "Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten ist, findet im WHG eine Antwort ausschließlich nach dem Maßstab seiner eigenen Regelungen; d.h. in einem allein wasserwirtschaftliehen Zusammenhang und über diesen hinaus nur, soweit das WHG andere öffentlichen Belange ausdrücklich in seine Tatbestände einbezieht (vgl. z. B. neuerdings § 31 Abs. 1 a WHG im Hinblick auf ·Bild und Erholungseignung der Gewässerlandschaft«). Ob ein Ausbauvorhaben das Gemeinwohl unter anderen als wasserhaushaltsrechtlichen Gesichtspunkten in dem Sinne beeinträchtigt, daß seine Versagung deswegen zwingend geboten ist, muß demnach grundsätzlich nach den für diese anderen Gesichtspunkte jeweils maßgebenden sachlichrechtlichen Vorschriften beurteilt werden" . 153

Das Gericht stützt diese Entscheidung auf einen Kernsatz des Planfeststellungsrechts, nach dem die Konzentrationswirkung der Planfeststellung die

151 BVerwG, NJW 1979, 939; BadWürttVGH, NVwZ-RR 1993, 67; Sieder!Zeitler/Dahme, WHG, § 6 Rdn. 7; zum Wohl der Allgemeinheit i.S.d. Art. 14 Abs. 3 GG vg!. v. Brünneck, NVwZ 1986, 425; zur abfallrechtlichen Gemeinwohlklausel vgl. Beckmann!Appold/Kuhlmann, DVBI. 1988, 1005. 152 BVerwG, DVBI. 1979, 63; bestätigt in: Ztw 1981, 87. 153 BVerwG, DVBI. 1979, 63 (66); ebenso BVerwG, Ztw 1987, 53; undeutlich BVerwG, ZfW-Sonderheft 1986 Nr. 43: "Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.2.1987 darf nicht dahin mißverstanden werden, daß das Wohl der Allgemeinheit allein nach wasserwirtschaftliehen Gesichtspunkten zu beurteilen sei. Die diesbezüglichen Ausführungen in ihr beziehen sich lediglich auf die Frage, inwieweit sich aus dem in § 6 WHG enthaltenen Allgemeinvorbehalt ein zwingender Versagungsgrund ergibt".

106

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

zuständige Behörde nicht von den materiellen Bestimmungen der mitzuerledigenden Rechtsbereiche suspendiert 154 • Die im Planfeststellungsrecht verankerte Begründung provoziert den Gegenschluß, außerhalb der Planfeststellung erfasse § 6 WHG keine anderen als wasserwirtschaftliche Aspekte. So zieht denn auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 15.07.1981 die vorerwähnte Entscheidung als Beleg für die Feststellung heran, auf § 6 WHG könne die Ablehnung eines Antrags nicht gestützt werden, falls es an einem unmittelbaren wasserwirtschaftliehen Bezug fehle 1ss. Die Entscheidung wird damit begründet, daß der Zweck des § 6 WHG die Ordnung des Wasserhaushalts, nicht aber der Schutz von Arbeitsplätzen oder die Verhinderung unerwünschter Bauvorhaben sei. Mit diesem generellen Ausschluß aller sonstigen Belange begrenzt das Bundesverfassungsgericht sehr deutlich den Schutzbereich des Begriffs "Wohl der Allgemeinheit" auf wasserwirtschaftliche Belange.

cc) Die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.05.1985 und 17.03.1989

Diese restriktive Auslegung der wasserrechtlichen Gemeinwohlklausel wurde durch den Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.05.1985 wieder in Frage gestellt. In dieser wenig beachteten Entscheidung hat das Gericht darauf hingewiesen, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.02.1987 dürfe nicht dahin mißverstanden werden, daß das Wohl der Allgemeinheit allein nach wasserwirtschaftliehen Gesichtspunkten zu beurteilen sei 1s6 • Folgerichtig hat das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung zum Umfang der wasserrechtlichen Allgemeinwohlklausel in seinem Urteil vom 17.03.1989 erweitert1s7 • In dieser Entscheidung führt das Gericht aus, die wasserrechtliche Regelung dürfe sich nicht in der Sicherung des Wasserhaushalts erschöpfen. Die Gemeinwohlklausel werde vielmehr konkretisiert durch BVerwG, DVBI. 1979, 63 (66). BVerfGE 58, 300 (348) = NJW 1982, 745 (752). BVerwG, Ztw-Sonderheft 1986 Nr. 43. 1S7 BVerwG, DVBI. 1989, S. 1048, so bereits vorher Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rn. 215 ff. 154 ISS 156

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

107

den in§ 6 WHG als hervorgehobenes Beispiel enthaltenen Bezug auf die öffentliche Wasserversorgung, die durch die Änderungen des WHG 158 erweiterten Zielsetzungen des Gesetzes (z.B. in §§ 27, 7a WHG), das aus dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung folgende Gebot, daß wasserrechtliche Vorhaben nicht gestattet werden dürfen, wenn sie zwar mit der engeren wasserhaushaltsrechtlichen Zielsetzungen in Einklang stehen, aber durch andere gesetzlichen Vorschriften ausdrücklich untersagt sind. Als ein Beispiel für die letzte Fallgruppe sieht das Bundesverwaltungsgericht die aus § 11 BSeuchG folgenden gesundheits- und seuchenpolitischen Bedenken159• Die Wasserbehörde könne eine Beeinträchtigung des Gewässers nicht zulassen, wenn eine andere Behörde gehalten sei, aus Gründen des öffentlichen Gewässerschutzes die Benutzung des so gewonnenen Wassers sofort zu verbieten. Das bedeutet, daß eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit im Sinne des § 6 WHG regelmäßig auch dann zu erwarten ist, wenn die Nutzung des Wassers als Trinkwasser gesundheits-und seuchenpolizeiliche Bedenken auslösen kann.

dd) Der heutige Meinungsstand

Bei großen Teilen der Literatur160 und Rechtsprechung 161 ist die restriktive Auslegung des § 6 WHG auf Zustimmung gestoßen und soll danach für alle wasserrechtlichen Verfahren gelten. 158 Vgl. 4. Änderungsgesetz zum WHG vom 26.4.1976 (BGBI. I, S. 1109) und 5. Änderungsgesetz zum WHG vom 25.7.1986 (BGBI. I, S. 1165). 159 BVerwG, DVBI. 1989, S. 1048 (1049); bestätigt im Beschluß vom 24.08.1989, NVwZ 1990, S. 474 (475). 160 Vgl. Salzwedel, Wasserrecht, in: ders., Umweltrecht, S. 580, Himmel, LWG RhPf/WHG, § 6 WHG, Rdn. 6; § 13 LWG/§ 19 WHG, Rdn. 8; Lang, BayVBI. 1981, 679; Schink, ZfW 1985, 9; Brohm, NJW 1980, 861; Dickschen, Raumordnungsverfahren, S. 207; Schmidt, Umweltrecht, S. 63; Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 87; Bertenbreiter, Naturschutz bei der fachplanerischen Beurteilung, S. 94; Rehbinder, Umweltrecht, in: Meyer/Stolleis, HessStVwR, S. 375; Nüßgens!Boujong, Eigentum, Rdn. 66; Achenbach, Bedeutung der privatnützigen Planfeststellung, S. 78; wohl auch Uechtritz, VBIBW 1984, 10; Schneider, DÖV 1988, 861.

108

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Andere Stimmen in Rechtsprechung und Literatur162 sehen in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts die Bestätigung einer gegenteiligen Auffassung, wonach sich die einengende Auslegung des "Wohls der Allgemeinheit" ausschließlich auf die privatnützige Planfeststellung bezieht und nur deren Besonderheit herausstellt. Eine Würdigung des Allgemeinwohls unter allen Gesichtspunkten sei auch weiterhin bei der gemeinnützigen Planfeststellung sowie bei den Erlaubnis- und Bewilligungsverfahren geboten. Eine vermittelnde Meinung 163 begrüßt zwar die Abkehr von der umfassenden und pauschalen Deutung der wasserrechtlichen Gemeinwohlklausel, will aber bei der Auslegung des § 6 WHG die allgemeinen Belange des Naturschutzes und der Landespflege berücksichtigt wissen. Eine weitere - von Beckmann 164 allerdings zu Unrecht als herrschende Lehre bezeichnete - Auffassung lehnt die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab und geht auch weiterhin davon aus, daß eine Beeinträchtigung des Allgemeinwohls mit allen denkbaren öffentlichen Belangen begründet werden kann165. 161 BayVGH, NuR 1982, 108; NuR 1982, 109; ZfW 1988, 425 (426); OVG Münster, ZfW 1986, 390; BadWürttVGH, ZfW 1987, 35; OVG Lüneburg, ZfW 1987, 117 (120); wohl auch OVG Rheinland-Pfalz, NuR 1981, 29 und DÖV 1985,727, wo die Beseitigung einer illegal errichteten und aus ausschließlich landespflegerischen Gründen nicht genehmigungsfähigen Wasserfläche nicht auf Wasserrecht gestützt, sondern ausschließlich das landespflegerische Instrumentarium für anwendbar gehalten wird. 162 Vgl. BayVGH, BayVBI. 1979, 178 (179), NuR 1981, 64; VG Stuttgart, AgrarR 1981, 25; Sieder!Zeitler!Dahme, WHG, § 6 Rdn. 7, § 31 Rdn 50; Kaczmarek, Nachbarschutz in wasserrechtlichen Verfahren, S. 47; Bickel, HessWG, §59 Rdn. 11; Sellmann, DVBI. 1987,225. 163 BadWürttVGH, ZfW 1980, 233 (234); NuR 1985, 114; HessVGH, AgrarR 1983, 100; VG Frankfurt, NuR 1983, 160; Sander, NuR 1986, 320, Schindler, NuR 1981, 163; Upmeier, NuR 1986, 314; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 215 ff.; ders., Umweltschutz und Gemeinwohl, S. 75; ders ., Der Staat 20, 406; ders., Wasserrecht, in: Grimm/Papier, StVwR NW, S. 502 f.; Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, S. 140; derS. DVBI. 1982, 391; Erbguth, UTR 1987, 59, 62; wohl auch BayVGH, NuR 1986, 122 (124), wonach das "Wohl der Allgemeinheit aus Gründen des Naturschutzes eine Zulassungssperre bildet"; weiter differenzierend: Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 180 f. 164 Beckmann, DÖV 1987, 952. 165 Stortz, ZfW 1979, 47; Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 151; ders., DÖV 1987, 952; Friesecke, Ztw 1983, 151; Babel, VBIBW 1986, 90; Schulte, Zffi 1987, 198; Kaster!Reinhardt, NVwZ 1993, 1063; wohl auch Wagner, Genehmigung umweltrelevanter Vorhaben, S. 231; Kühling, Fachplanungsrecht, Rdn. 22; ders., DVBI. 1989, 230; Lange, DÖV 1992, 785; Ketteler/Kippels,

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

109

b) Stellungnahme aa) Interpretation und Reichweite der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts

Die unterschiedlichen Meinungen finden ihre Begründung nicht alleine in kritischen Anmerkungen, sondern vor allem auch in unterschiedlichen Interpretationen des Urteils vom 10.02.1978. Am deutlichsten wird dies bei Stortz 166, der dem letzten Leitsatz die Aussage entnimmt, daß das Bundesverwaltungsgericht die Allgemeinwohlklausel auch weiterhin umfassend verstanden wissen will. Diese Interpretation berücksichtigt jedoch nicht ausreichend, daß in den Entscheidungsgründen unzweifelhaft eine restriktive Auslegung des "Wohls der Allgemeinheit" erfolgt. Weiterhin wird die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dahingehend interpretiert, daß die restriktive Auslegung der wasserrechtlichen Gemeinwohlklausel nur bei der privatnützigen Planfeststellung gelte und es bei den anderen wasserrechtlichen Verfahren bei der Prüfungskompetenz der Wasserbehörde auf ressortfremde öffentliche Belange verbleibe. Sicher ist richtig, daß das Bundesverwaltungsgericht seine Begründung auf das "Wesen der Planfeststellung" 167 stützt. Ebenso richtig ist aber auch, daß sich das Ergebnis nicht speziell auf die wasserrechtliche Planfeststellung, sondern vornehmlich auf § 6 WHG bezieht und von dorther auf die Prüfung aller Formen wasserrechtlicher Zulassungen anwendbar sein soll. Im jüngeren Schrifttum wird schließlich vertreten, daß das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.03.1989 "eine generelle Auslegung des All-

Umweltrecht, S. 133, wonach zum Gemeinwohl "neben wasserwirtschaftliehen Interessen auch Belange anderer Rechtsbereiche, wie z. B. des sonstigen Wasserrechts, des Bau- und Planungsrechts sowie des Naturschutzrechts und der Landschaftspflege" zählen; ähnlich Haupt, Wasserrecht, in: Faber/Schneider, NdsStVwR, S. 402 f.; unklar: Gieseke/Wiedemann/C:zychowski, WHG, § 6 Rdn. 22: "Fehlt es an einem unmittelbaren wasserrechtlichen Bezug, so kann eine Erlaubnis oder Bewilligung trotz des umfassenden Allgemeinwohlbegriffs nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dies verstieße gegen das Wohl der Allgemeinheit"; vgl. auch dies., § 1 a Rdn. 4; § 31 Rdn. 33. 166 Stortz, ZfW 1979, 49; im Ergebnis ebenso Lämmle, Konkurrenz paralleler Genehmigungen, S. 147. 167 BVerwG, DVBI. 1979, 63 (66).

110

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

gemeinwohlbegriffs in § 6 WHG" indiziert168 • Das ist so nicht zutreffend. Das Bundesverwaltungsgericht läßt in seiner Entscheidung ausdrücklich offen, ob der Begriff des Wohls der Allgemeinheit auch Belange erfaßt, die außerhalb der wasserrechtlichen Zielsetzung liegen169• Die sich in dem Urteil findende Erweiterung der wasserrechtlichen Allgemeinwohlklausel ist ausschließlich auf die beiden WHG-Novellen der Jahre 1976 und 1986 sowie und das ist selbstverständlich - dem Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung gestützt 170• Demzufolge geht daher auch der BayVGH in seinem Urteil vom 31.05.1990 davon aus, daß der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.03 .1989 ein umfassendes Verständnis der wasserrechtlichen Allgemeinwohlklausel nicht zugrunde liegt 171 • Es ist zu prüfen, wie die Allgemeinwohlklausel in § 6 WHG auszulegen ist.

bb) Die Auslegung der Gemeinwohlklausel (1) Grammatikalische Auslegung des§ 6 WHG

Im Wasserhaushaltsgesetz fmdet sich keine ausdrückliche Konkretisierung des Begriffs "Wohl der Allgemeinheit". Das Gesetz beschränkt sich in § 6 WHG auf die beispielhafte Erwähnung des Schutzgutes der öffentlichen Was-

168 Vgl. Knopp, Ztw 1990, 280; im Ergebnis ebenso Sieder!Zeitler/Dahme, WHG, § 6 Rn. 7 a, 9 a a.E.; Lämmle, Konkurrenz paralleler Genehmigungen, s. 148. 169 BVerwG, DVBI. 1989, S. 1048. 170 Dieser Gesichtspunkt wird von Sieder!Zeitler!Dahme, WHG Loseblatt Stand 1990, § 6 Rn. 9 a nicht ausreichend berücksichtigt, wenn sie eine Ausdehnung des Wohls der Allgemeinheit auch dann annehmen wollen, wenn der Grund des Wohls der Allgemeinheit nicht in einer anderen Rechtsvorschrift konkretisiert ist. In der zur Begründung dieser Auffassung herangezogenen Entscheidung vom 17.03.1989 hat das Bundesverwaltungsgericht die Einbeziehung der gesundheits- und seuchenpolizeilichen Gesichtspunkte in den Gemeinwohlbegriff auf die Vorschrift des § 11 BSeuchG gestützt. 171 BayVGH, NVwZ 1990, S. 995 (996); auch BVerwG, UPR 1991, S. 105 (106) weist im Urteil vom 27.8.1990 unter Hinweis "auf die speziell für das Wasserrecht gegebene bloße Rahmengesetzgebungsbefugnis des Bundes (Art. 75 Nr. 4 GG)" auf eine Begrenzung der Reichweite des § 6 WHG hin.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

111

serversorgung. Beckmann172 leitet aus diesem "weiten Gesetzeswortlaut" ab, daß das "Wohl der Allgemeinheit" nicht nur auf wasserwirtschaftliche Belange beschränkt werden kann. Für diese Deutung des Begriffs spricht auch der Umstand, daß für das Allgemeinwohl der Menschen nicht nur das Wasser, sondern eine Vielzahl anderer Belange und Interessen nötig ist. Bei dieser extensiven Auslegung bleibt aber unberücksichtigt, daß es sich bei dem "Wohl der Allgemeinheit" nicht um einen gemeinverständlichen Begriff handelt173 • Ossenbühl hat treffend darauf hingewiesen, daß es ein "Gemeinwohl" an sich nicht gibt 174 • Es handelt sich dabei um einen Begriff, der als zentrale Kategorie in einer Vielzahl von Fällen für sich in Anspruch genommen wird175 • Eine pauschale, vom allgemeinen Sprachgebrauch ausgehende Deutung des Gemeinwohls als Auffangtatbestand aller menschlichen Interessen würde bedeuten, die verschiedenen Rechts- und Lebensbereiche uniform auszufüllen. Das kann nicht richtig sein. Um zu konkreten Interpretationen zu kommen, muß das Gemeinwohl in speziellen Regelungszusammenhängen in seine Bestandteile und Ausprägungen aufgefachert werden. Das bedeutet zugleich, daß eine wörtliche Auslegung dieses Begriffes zu keinem überzeugenden Ergebnis führen kann.

(2) Vergleichende Auslegung

Ein umfassendes Verständnis der wasserrechtlichen Gemeinwohlklausel könnte sich aus einem Vergleich mit den Landeswassergesetzen oder mit der entsprechenden Auslegung in anderen Rechtsbereichen herleiten lassen. Eine Reihe von Landeswassergesetzen 116 nennen verschiedene Belange des Gemeinwohls, die von den Wasserbehörden beachtet werden sollen. Als Beispiel seien Belange der Wasserwirtschaft, der Schiffahrt, der Fischerei, der Gesundheit, sowie Belange der Erholung und der Landeskultur genannt.

Beckmann, DÖV 1987, 952. Külz, in: Festschrift für Gieseke, S. 188. 174 Ossenbühl, Umweltschutz und Gemeinwohl, S. 8. 175 Vgl. die Aufzählung bei Ossenbühl, Umweltschutz und Gemeinwohl, S. 7; zum Gemeinwohl vgl. auch Murswiek, DVBI. 1994, 86 f. 176 So §§ 30 Abs. 2, 76 Abs. 6, 81 Abs. 4, 82 Abs. 5 WG BW; Art. 27 Abs. 4 S. 3, 59 Abs. 7, 60, 63 Abs. 4 BayWG, § 8 BremWG; § 19 HbgbWG. 172

173

112

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Aus diesen gesetzlichen Bestimmungen kann allerdings nicht der Umkehrschluß gezogen werden, daß das "Wohl der Allgemeinheit" auch öffentliche Belange nicht-wasserwirtschaftlicher Art umfassen sonm. SalzwedeP78 hat treffend darauf hingewiesen, daß es sich in den Landeswassergesetzen um beispielhafte, mehr zufällige Aufzählungen handelt. Dem ist zuzustimmen. Es kann nicht angenommen werden, die Landeswassergesetze hätten die wasserrechtliche Gemeinwohlklausel in unterschiedlicher Weise konkretisiert bzw. konkretisieren wollen179• Hinzu kommt, daß das Landesrecht nicht in der Lage ist, die Auslegung von bundesrechtlichen Rahmenregelungen zu bestimmen180 • Gerade bei § 6 WHG handelt es sich um eine bundesrechtliche "Vollregelung", die sich unmittelbar an die Exekutive richtet und deshalb durch den Landesgesetzgeber nicht mehr ausgefüllt werden kann181 • Die weite Auslegung des Begriffs "Wohl der Allgemeinheit" kann auch nicht mit einem Vergleich mit anderen Rechtsbereichen, insbesondere § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauBG182 begründet werden. Das Baurecht und das Wasserrecht regeln zwei verschiedene Aufgaben. Ersteres erfüllt Querschnittsaufgaben, dem die Berücksichtigung aller denkbaren Gemeinwohlbelange eigen ist 183 • Das WHG regelt demgegenüber eine sektorale Fachaufgabe, der grundsätzlich nur die Wahrung dieser Belange obliegt 184 • Beide Rechtsbereiche sind somit nicht ohne weiteres zu vergleichen185 • Daraus folgt, daß die Auslegung des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB auf die Auslegung der wasserrechtlichen Gemeinwohlklausel nicht übertragen werden kann. m Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, S. 140; so auch Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 1. Auflage, Rdn. 92; 178 Salzwedel, RdWWi 15, 99; 179 Salzwedel, RdWWi 15, 99; Sieder!Zeitler, BayWG, §59 Rdn. 13; jetzt zustimmend Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 212 180 Dickschen, Raumordnungsverfahren, S. 206, 148. 181 Vgl. dazu Salzwedel, UPR 1989, 44 m.w.N. 182 Vgl. nur Sieder!Zeitler!Dahme, WHG, § 6 Rdn. 7 ; zur weiten Auslegung des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BBauG (BauGB) vgl. BVerwG, NJW 1979, 939 (940); zur weiten Auslegung der Gemeinwohlklausel in § 24 BBauG ( = § 24 Abs. 3 BauGB) vgl. OVG Rheinland-Pfalz, NJW 1988, 1342. 183 Vgl. Erbguth, Raumordnungsrecht, Rdn. 6; Thum, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 84. 184 1hurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 84; Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 55 m.w.N. 185 Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 235; 1hurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 84; Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, s. 182.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

113

(3) Historische Auslegung

Auch eine historische Auslegung führt zu keinem eindeutigen ErgebniS. Der Begriff "Wohl der Allgemeinheit" in § 6 WHG ist dem Art. 14 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1 GG entnommen186 • Sachlich geht er auf die frühen Landeswassergesetze zurück, wo er sich in den Begriffen "überwiegende Rücksichten des öffentlichen Wohls" 187, "öffentliches Interesse" 188 oder "gemeines Wohl" 189 fand. Die Bezugnahme auf Art. 14 GG scheint gegen eine umfassende Auslegung der wasserrechtlichen Gemeinwohlklausel zu sprechen. Bei der enteignungsrechtlichen Bestimmung des "Wohls der Allgemeinheit" sind nämlich auch nicht alle öffentlichen und privaten Interessen zu berücksichtigen, sondern nur "zwei aneinander widerstreitende Interessen, nämlich das Interesse des Enteignungsbegünstigten und das ihm entgegenstehende Interesse des Enteignungsbetroffenen" 190• Für eine umfassende Deutung des" Wohls der Allgemeinheit" in§ 6 WHG spricht aber eine andere Stelle der amtliche Begründung, wo ausgeführt ist, die Behörde habe eine Beeinträchtigung des "Wohls der Allgemeinheit" nicht nur unter dem Gesichtspunkt einer Gefährdung des Wasserhaushalts, sondern auch in anderer Hinsicht zu berücksichtigen191 •

Die Frage nach dem Regelungsumfang des Gemeinwohlbegriffs läßt sich damit wegen Widersprüchlichkeit nicht durch eine historische Auslegung beantworten.

186 Vgl. Külz, in: Festschrift fiir Gieseke, S. 188; Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG, § 6 Anm. 20; die amtliche Begründung bezieht sich auf Art. 14 GG dagegen nur bei § 8 Abs. 3 WHG, vgl. BT-DrS. 2/2072, S. 24. 187 § 49 PrWG. 188 § 41 Nr. 2 a BadWG. 189 Art. 32 Abs. 3 WürttWG. 190 BVerwG, NJW 1983, 296; vgl. auch Bender, DVBI. 1984, 302; v. Brünneck, NVwZ 1986, 424. 191 Vgl. BT-DrS. 2/2072, S. 23. 8 BUllesbach

114

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen (4) Teleologische Auslegung

Der Regelungsbereich der wasserrechtlichen Gemeinwohlklausel ergibt sich aber aus einer teleologischen Auslegung, insbesondere aus der Zielsetzung und der Struktur des § 6 WHG sowie aus der verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung. Das Ziel aller Normen des WHG ist die Ordnung des WasserhaushaltS. Um das zu erreichen, hat der Gesetzgeber jegliche Gewässernutzung nicht nur unter ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, sondern unter ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt gestellt 192 • Trotz dieser repressiven Ausgestaltung des Gesetzes sollen Eingriffe in den Wasserschatz nicht ausgeschlossen werden193 , da Wasser für alle Bereiche des menschlichen Lebens unabdingbar ist. Um eine ausreichende Menge und Güte zu sichern, unterliegt das Wasserdargebot der öffentlichen Bewirtschaftung 194 • Das Wasserrecht übernimmt dabei die Aufgabe, "den medialen Schutz des Wassers durch ein planwirtschaftliches Verteilungssystem zu gewährleisten" 195 • Die Verteilungsdirektive findet sich dabei im "Wohl der Allgemeinheit" in § 6 WHG.

(a) Das Zwei-Stufen-Modell

Hieraus folgt die Rechtsstruktur des § 6 WHG: Die Vorschrift ist nicht nur - wie teilweise angenommen wird 196 - eine bloße Richtlinie für die Ermessensausübung. Es ist vielmehr eine differenzierende Betrachtung geboten, die

192 Sieder!Zeitler/Dahme, WHG, § 2 Rdn. 2b, im Anschluß an die Terminologie in BVerfGE 20, 155 (157); Salzwedel, RdWWi 22, 54; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 67 m.w.N. 193 Knauber, NVwZ 1988, 997. 194 Salzwedel, Wasserrecht, in: v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 744; Gieseke!Wiedemann/Czychowski, WHG, § 2 Rdn. 4; kritisch Franke, Ztw 1976, 196. 195 So Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 67; ähnlich ders. , Der Staat 20, 404 ff.; Salzwedel, GWF 1963, 1144. 196 Külz, in: Festschrift für Gieseke, S. 187 ff., 196, 199, 202; Burghartz, WHG und LWG NW, § 6 WHG, Anm. 3 c.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

115

in dem von SalzwedeP97 entwickelten Zwei-Stufen-Modell ihren Ausdruck fmdet: Danach ist der Begriff des "Wohls der Allgemeinheit" "nach außen hin" (d. h. soweit er gemeinwohlfremde Eingriffsziele ausschließt) unbestimmter Rechtsbegriff und "nach innen hin" (als "Leitsatz für die Handhabung des damit abgesteckten Fächers politischer Gestaltungsmöglichkeit") Ermessensbegriff und politische AuftragsformeP 98 • Das bedeutet, daß die Wasserbehörde auf der ersten Stufe prüfen muß, ob das beantragte Recht nach§ 6 WHG erteilt werden darf, auf der zweiten Stufe, ob sie das Vorhaben nach den von ihr entwickelten Vorstellungen über die Bewirtschaftung des betreffenden Gewässers zulassen will. Salzwedel folgert dieses Ergebnis aus der Formulierung des§ 6 WHG, wo nicht vom Wohl der Allgemeinheit schlechthin, sondern von der Beeinträchtigung dieses Wohls der Allgemeinheit die Rede ist. § 6 WHG enthält damit einen Mindestbestandsschutz für die Gewässer. Für die Beurteilung eines wasserrechtlichen Verfahrens hat das zur Folge, daß zunächst untersucht werden muß, ob das beantragte Recht den Minimalbestand des vorhandenen Wasserschatzes sichert und deshalb mit § 6 WHG vereinbar ist. Erst dann darf das Ermessen ausgeübt werden, um damit die Optimierung des Gewässerschutzes zu fördern. Diese Betrachtungsweise hat sich durchgesetzt199• Sie ermöglicht eine effektive, aber auch flexible Ordnung des WasserhaushaltS. Soweit es darum 197 Grundlegend: Salzwedel, RdWWi 15, 35 ff.; ders., GWF 1963, 1144; ders., RdWWi 22, 58; zuletzt ders., Wasserrecht, in: v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 744 f. 198 Salzwedel, RdWWi 15, 49 ff., 52 f. 199 Vgl. BadWürttVGH, ZfW 1973, 180 (181 f.); VG Freiburg, in: Wüsthoff/Kumpf, HdW, R 1039; Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, S. 31 f., 137 ff.; ders. , DVBl. 1982, 396 f.; Gieseke/Wiedemann/C:zychowski, § 6 Rdn. 30; Dickschen, Raumordnungsverfahren, S. 205; Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 136; Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 77; Stortz, ZfW 1972, 247; Breuer, Umweltschutz und Gemeinwohl, S. 72 f.; ders., Umweltschutzrecht, in v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 639; ders., Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 195 ff.; ders., Wasserrecht, in: Grimm/Papier, StVwR NW, S. 485, 499 ff.; nach Sieder!Zeitler!Dahme, § 6 Rdn. 3 handelt es sich beim Vollzug des § 6 WHG um die Anwendung eines Mischtatbestandes, bei dem Rechtsfragen mit Tatfragen und - bei deren Würdigung - Ermessensbeurteilungen verbunden sind; vgl. dazu Eyermann-Fröhler, VwGO, § 114 Rdn. 11; eine Drei-Stufen-Theorie wird vertreten von Ketteler/Kippels, Umweltrecht, S. 107: Danach hat die zuständige Behörde zunächst zu prüfen, ob ein zwingender Versagungsgrund (z. B. § 26 Abs. I, oder § 7 a WHG) vorliegt, aufgrund dessen die Gestattung versagt

8•

116

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

geht, den Wasserschatz vor mengen- oder gütewirtschaftlichen Verschlechterungen zu schützen, gibt es nur eine richtige Lösung: nämlich die Versagung des Rechts aus Gründen des "Wohls der Allgemeinheit". Eine solche Entscheidung muß wegen der überragenden Bedeutung des Wasserschatzes für das menschliche Leben aus rechtsstaatliehen Gründen und zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes von den Gerichten in vollem Umfang überprüfbar sein und sich nicht nur auf die Feststellung von Ermessensfehlern beschränken. Anders ist es jedoch, wenn die Wasserbehörde ihren gemeinwohlbezogenen, auf Zweckmäßigkeit ausgerichteten Optimierungsauftrag erfüllen, d. h. durch ihre Entscheidung die Qualität des Wassers verbessern und/oder die Menge vergrößern will. Wie das erreicht werden soll und welcher Weg dafür eingeschlagen werden soll, kann man verschiedener Meinung sein, und es werden dabei immer verschiedene wasserwirtschaftspolitische Richtungen möglich sein. Hier setzt die sich aus §§ 2, 3, 6 WHG ergebende haushälterische Bewirtschaftung200 der Gewässer ein. Diese Bewirtschaftung findet ihren Ausdruck im Bewirtschaftungsermessen der Wasserbehörden. Das knappe und lebenswichtige Umweltgut Wasser soll durch die Zuteilung von Rechten gerecht verteilt werden201 , um so eine optimale Nutzung des verfügbaren Wasserangebots zu erreichen202 •

(b) Der Minimalstandard des Gewässerschutzes

Der Minimalschutz der Gewässer und die Optimierung des Schutzes im Wege des Bewirtschaftungsermessens können aber nicht - wie es auf den ersten Blick scheint - scharf voneinander getrennt werden. Der Gesetzgeber hat mit § 6 WHG die Bewirtschaftung der Gewässer selbst weder geplant werden muß. Fehlt ein Versagungsgrund, so hat die Behörde auf der zweiten Stufe zwischen den für oder gegen die Benutzung sprechenden Gemeinwohlgründen abzuwägen. Erst im Anschluß daransetzt auf einer dritten Stufe das Ermessen der Wasserbehörde ein. 200 Vgl. hierzu BVerfGE 58, 300 (339 f., 347); nach Salzwedel ZfW 1983, 15 hat diese Entscheidung die Verfassungsmäßigkeit der wasserrechtlichen Bewirtschaftungsordnung nicht nur für zulässig, sondern sogar für verfassungsrechtlich geboten erklärt. 261 Salzwedel, GWF 1963, 1145; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 207 m.w.N. 202 Salzwedel, ZfW 1983, 15; Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, s. 136 f.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

117

noch in planersetzender Weise vorgezeichnet203 • Die Bewirtschaftung kann also nicht dadurch erfolgen , daß die Wasserbehörden die Vereinbarkeil des einzelnen Vorhabens mit einer vorgegebenen - und damit absolut feststehenden - wasserwirtschaftliehen Ordnung prüft, sondern sie muß diese wasserwirtschaftliche Ordnung in Ausübung ihres Bewirtschaftungsermessens erst hervorbringen204 • Die Wasserbehörden müssen also Bewirtschaftungskonzeptionen entwickeln, die den Mindestbestandsschutz konstituieren oder konkretisieren205 • Ausgefüllt und mit einem subsumtionsfahigen Inhalt versehen werden kann das rechtsbegriffliche Merkmal des "Wohls der Allgemeinheit" insbesondere durch Planungen, sofern ihnen ein hohes Maß an Konkretheil zukommt206 • Solche normkonkretisierenden Pläne sind wasserwirtschaftliche Rahmenpläne nach § 36 WHG, Bewirtschaftungspläne nach § 36 b WHG, Reinhalteordnungen nach § 27 WHG sowie die Festsetzung von Überschwemmungsgebieten nach § 32 WHG207 • Als "partielle Vorentscheidungen" für das Wohl der Allgemeinheit bieten diese Pläne eine unverzichtbare Erkenntnisquelle für die Wasserbehörden bei ihren Entscheidungen208 • Das Gemeinwohl i.S.d. § 6 WHG erfordert grundsätzlich, daß der Inhalt der Pläne und die hierin vorgezeichneten räumlichen und funktionalen Diffe-

203 Breuer, Umweltschutz und Gemeinwohl, S. 62; nach Salzwedel, Wasserrecht, in: ders., Umweltrecht, S. 589 stellen die Kriterien des § 6 WHG zunächst" inhaltslose Leerformeln" dar. 204 Salzwedel, RdWWi 22, 54f. 205 Salzwedel, Wasserrecht, in: ders., Umweltrecht, S. 580. 206 Gieseke!Wiedemann!Czychowski, WHG, § 6 Rdn. 28, 32; Sieder!Zeitler/Dahme, WHG, § 6 Rdn. 16; Breuer, Der Staat 20, 406; ders., Umweltschutzrecht, in v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 639; Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 134; Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 321; Uechtritz, VBIBW 1984, 9 f. m.w.N.; zum Erfordernis der Konkretheit vgl. BVerwGE, 68, 318 f.; Grooterhorst, NuR 1986, 283 a.E.; Dickschen, Raumordnungsverfahren, S. 208; Dyong, Raumordnung, S. 277. 2f11 Vgl. auch BayVGH, BayVBI. 1993, 445, wonach auch die Aussagen des Bodenseeuferplans heranzuziehen sind; weitere Beispiele bei Breuer, Der Staat 20, 406; Gieseke!Wiedemann!Czychowski, § 6 Rdn 28; Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 101 ff.; Peters, UPR 1988, 325 f.; zu den Gestaltungselementen dieser Pläne vgl. Schmidt-Aßmann, DÖV 1990, 169 (172); HojJmeister!Holst/Stemmler, UPR 1991, S. 328. 208 Gieseke!Wiedemann!Czychowski, § 6 Rdn 28; Uechtritz, VBIBW 1984, 10; Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 321; Dickschen, Raumordnungsverfahren, S. 209; Beckmann!Appold!Kuhlmann, DVBI. 1988, 1010.

118

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

renzierungen eingehalten werden209 . Das bedeutet, daß ein Verstoß gegen einen Planungsakt eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit erwarten läßt. Die Festsetzungen eines Plans entfalten damit "eine indirekte Außenwirkung gegenüber den Gewässerbenutzern und den Benutzungsinteressenten"210. Wenn sich im Einzelfall herausstellt, daß ein Plan hinter den wirklichen wasserwirtschaftliehen Erfordernissen zurückbleibt, dann können nicht ohne weiteres nach Belieben weitergehende Anforderungen gestellt werden. Erforderlich ist vielmehr eine Änderung des Planes, um eine zwingende Versagung der beantragten wasserwirtschaftliehen Nutzung zu erreichen. Die Pläne werden aufgrund der spezifischen planefischen Gestaltungsfreiheit aufgestellt. Für den Rechtsschutz bedeutet dies, daß die Verwaltungsgerichte - wie Salzwedet211 deutlich formuliert - nur überprüfen können, ob die in den Bewirtschaftungskonzeptionen niedergelegten Vorstellungen in sich stimmig sind, ob sie wirklich über den konkreten Einzelfall hinaus angelegt sind und ob die Ablehnung, soweit sie auf § 6 WHG gestützt wird, offenbar zum unverzichtbaren Mindestbestand der Bewirtschaftungskonzeption gehört.

209 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 210; ders., Umweltschutz und Gemeinwohl, S. 82 f.; Salzwedel, GWF 1963, 1145; ders., GWF 1983, 1145; wohl auch Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG, § 6 Rdn. 27 ff.; a. A. Salzwedel, RdWWi 22, 68 für den Bewirtschaftungsplan, wonach dieser "das Bewirtschaftungsermessen der Wasserbehörde für das einzelne wasserrechtliche Verfahren vorstrukturieren und transparenter machen, aber nicht kupieren" soll; ähnlich Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, S. 147; Uechtritz, VBIBW 1984, 10. 210 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 210; in diesem Zusammenhang stellt Sa[zwedel, Wasserrecht, in: v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 745 heraus, daß es letztlich Sache der Wasserwirtschaftspolitik der Länder sei, welchen Stellenwert sie dem Antragsteller auf der Rangliste der wasserwirtschaftliehen Benutzungen zubilligen und wie haushälterisch sie mit dem - jenseits des § 6 WHG verfügbaren - Wasserschatz umgehen. 211 Sa[zwedel, Wasserrecht, in: ders., Umweltrecht, S. 580; ders., RdWWi 22, 66 vergleicht die Rechtslage mit der Überprüfung des dienstlichen Bedürfnisses für die Versetzung eines Beamten (vgl. dazu BVerwGE 26, 66 ff.); im Ergebnis ähnlich Breuer, Umweltschutz und Gemeinwohl, S. 65; ders., Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 210; Gieseke!Wiedemann/Czychowski, WHG, § 6 Rdn. 31.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

119

(c) Die einzelfallbezogene Optimierung des Gewässerschutzes

Durch die Ausübung des Bewirtschaftungsermessens können die Wasserbehörden aber nicht nur den Mindestbestandsschutz der Gewässer in mengenoder gütewirtschaftlicher Hinsicht konkretisieren. Das Bewirtschaftungsermessen dient darüberhinaus als Richtlinie für eine einzelfallbezogene Optimierung des GewässerschutzeS. Wenn die Voraussetzungen einer Beeinträchtigung des "Wohls der Allgemeinheit" nicht dargetan sind, kann die Wasserbehörde mit Hilfe einer Ermessensentscheidung Spielräume für einen künftig auftretenden Bedarf schaffen212 • So ist es ihr möglich, aus Sorge vor einer unübersehbaren wasserwirtschaftliehen Entwicklung die Zulassung einer Wassernutzung abzulehnen213 • Weiterhin kann die Wasserbehörde eine noch unbedenkliche Erlaubnis versagen mit Rücksicht auf die Entstehung eines Präzedenzfalls214 oder eine zu erwartende oder zumindest denkbare weitere Entwicklung der Gewässernutzungen, die an einen bestimmten, nicht genau fixierbaren Punkt die Grenze zur meßbaren Verschlechterung überschreiten würde215 • Über diese Gefahrenabwehr und Risikovorsorge hinausgehend, kann die Behörde im Rahmen ihres Ermessens eine "Pflege quantitativer und qualitativer Reserven betreiben" 216 • Gegenstand der Bewirtschaftung ist dabei allerdings nicht der Wasserkreislauf im ganzen oder die Gesamtheit der verfügbaren Wassermengen, sondern nur das, was an Förder- oder Belastungskapazität für ein bestimmtes Gewässer veranschlagt werden kann217 • 212 BVerfGE 58, 300 (352) = NJW 1982, 745 (752); Breuer, Wasserrecht, in: Grimm/Papier, StVwR NW, S. 501. 213 BVerwG, ZtW 1965, 106; OVG Münster, ZtW 1979, 58; Breuer, Der Staat 20, 406, ders., Umweltschutzrecht, in v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 639; Salzwedel, RdWWi 13, 42f; Sieder!Zeitler/Dahme, WHG, § 6 Rdn. 2 f. m.w.N. 214 BadWürttVGH, ZtW 1980, 233 (236); VG Köln, ZtW-Sonderheft 1980 ll Nr. 1; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 204. 215 OVG Münster, NuR 1979, 164; Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 137; Himmel, LWG RhPf/WHG, § 6 WHG Rdn. 18; Breuer, Umweltschutz und Gemeinwohl, S. 83; ders., Wasserrecht, in: Grimm/Papier, StVwR NW, S. 502 hebt zutreffend hervor, daß diese Sorge nicht abstrakt vorgeschützt werden dürfe. Sie bedürfe vielmehr der sachlichen, räumlichen und zeitlichen Konkretisierung. 216 Breuer, Umweltschutzrecht, in v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 639; ähnlich: ders., Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 195,211, 221. 217 Sa[zwedel, GWF 1985, 4; Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, s. 138, 149.

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Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen (d) Ergebnis

Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, daß § 6 WHG zum einen den unverzichtbaren Minimalbestand an lebensnotwendiger Wasserwirtschaft sichern und zum anderen ermöglichen will, daß das knappe und gefährdete Gemeinschaftsgut Wasser sachgerecht verteilt werden kann. Aus dieser Struktur der Norm ergibt sich, folgt, daß nicht jedes öffentliches Interesse geeignet ist, einen Gemeinwohlbelang zu begründen. Nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung kann der Begriff des "Wohls der Allgemeinheit" grundsätzlich nur Belange erfassen, die innerhalb der aufgezeigten wasserrechtlichen Zielsetzung liegen und daß die Ablehnung eines Vorhabens nur bei einem unmittelbaren wasserwirtschaftliehen Bezug auf§ 6 WHG gestützt werden kann218 • Nur diese vom Bundesverfassungsgericht und vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Begrenzung des Regelungsbereichs des "Wohls der Allgemeinheit" entspricht der fachlichen Zielsetzung des Wasserwirtschaftsrechts und somit Sinn und Zweck des § 6 WHG.

(5) Beachtung der gesetzlichen Kompetenzordnung und des Bestimmtheitsgebots

Dieses durch teleologische Auslegung gefundene Ergebnis wird zusätzlich gestützt durch das rechtsstaatliche Bestimmtheilsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG. Es wurden bereits verschiedentlich verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber den offenen Gemeinwohlklauseln erhoben, deren Konkretisierungsrichtung völlig unbestimmt ist219 • Der Regelungsbereich des § 6 WHG ist durch die hier vertretene Auffassung klar gefaßt sowie inhaltlich bestimmt220• Eine Regelungslücke für die Ordnung des Wasserhaushalts entsteht nicht. Das Bundesverwaltungsgericht221 hat deutlich darauf hingewiesen, daß ein Vorhaben "grundsätzlich nach den für diese anderen Gesichtspunkte jeweils maßgebenden sachlich-rechtlichen Vorschriften beurteilt werden" muß, wenn es das Gemeinwohl unter anderen als wasserwirtschaftliehen Gesichtspunkten 218 Überzeugend BVerfGE 58, 300 (352) = NJW 1982, 745 (752), zustimmend Salzwedel, Wasserrecht, in: ders., Umweltrecht, S. 580. 219 Kühne, JuS 1988, 438; Boldt!Weller, BBergG, § 11 Rdn. 14. 220 Breuer, Umweltschutz und Gemeinwohl, S. 75. 221 BVerwG, DVBI. 1979, 63 (66).

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

121

gefährdet. Auch unter diesem kompetenzrechtlichen Aspekt ist der Einschränkung der Gemeinwohlklausel zuzustimmen222 • Letztlich spricht noch ein weiteres Argument für die Beschränkung des "Wohls der Allgemeinheit" in § 6 WHG: Auch die Kritiker der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehen davon aus, daß die Prüfungskompetenz der Wasserbehörde auch bei einer weiten Auslegung der Gemeinwohlklausei dort endet, wo Belange betroffen sind, die in einem anderen Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen sind223 • Das gleiche muß aber auch für die Belange gelten, für die kein eigenes Zulassungsverfahren vorgesehen ist. Thum hat zu Recht darauf hingewiesen, daß die Entscheidung des Gesetzgebers gegen ein Zulassungsverfahren zugleich eine Entscheidung über die Bedeutung der Belange ist224 • Das bedeutet, daß die vom Gesetzgeber als unerheblich eingestuften Belange nicht über die "Hintertür" der Gemeinwohlklausei in ein wasserrechtliches Verfahren wieder eingelassen werden dürfen. Die Meinung, die das "Wohl der Allgemeinheit" als einen umfassenden Gesamtbegriff versteht, ist damit abzulehnen.

cc) Ergänzung der Gemeinwohlklausel durch das Naturschutzrecht

Angesichts der hier vertretenen Einengung des Gemeinwohlbegriffs erscheint die Auffassung zweifelhaft, die in den Schutzbereich der wasserrechtlichen Gemeinwohlklausel die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege einbeziehen wilP25 • Höchstrichterlich ist die Frage des lneinandergreifens zweier Rechtsbereiche, nämlich des Naturschutzrechts einerseits und einzelner anderer Rechtsbereiche andererseits, die Planung oder Genehmigung von naturschutzrechtlichen Vorhaben regeln, noch nicht entschieden. Es ist die Frage, inwieweit Hierzu ausfiihrlich Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 85. Statt vieler Breuer, Wasserrecht, in: Grimm/Papier, StVwR NW, S. 503; Haupt, Wasserrecht, in: Faber!Schneider, NdsStVwR, S. 403; Gieseke/Wiedemann!Czychowski, WHG, § 6 Rdn. 23 m.w.N. 224 Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 86. 225 Ausdrücklich offengelassen wird die Frage von BVerwG, UPR 1991, S. 105 (106); BayVGH, BayVBI. 1993, 563 (564). 222

223

122

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

das solche Vorhaben jeweils betreffende Fachrecht durch die Eingriffsregelung des§ 8 BNatSchG ergänzt werden kann. Die Meinungen hierzu sind unterschiedlich. Teilweise wird die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung des § 8 BNatSchG als eine Ergänzung und Änderung des Fachplanungsrechts bezeichnet226 . Auf der anderen Seite wird auch vertreten, § 8 Abs. 2 und 3 BNatSchG habe, jedenfalls für das Fachplanungsrecht, keine materielle Änderung, sondern nur eine Klarstellung der Rechtslage bewirkt; die Vorschrift habe nur psychologische, nämlich nur Warn- und Hinweisfunktionen227 . Diese letzte Auffassung berücksichtigt nicht ausreichend den materiell- und verfahrensrechtlichen Inhalt des Naturschutzrechts. Im Naturschutzrecht sind Regelungen über den medialen Schutz des Bodens und den vitalen Umweltschutz zusammengefaßt228 . Den Kern dieses Rechtsgebiets bilden das rahmenrechtliche Bundesnaturschutzgesetz und die Naturschutz- und Landschaftspflegegesetze der Länder229 . Diese Gesetze verfolgen das Konzept, Natur und Landschaft durch das gesamte Verwaltungshandeln allgemein, aktiv und gestaltend zu schützen, zu pflegen und zu entwickeln230. Darüber hinaus findet sich in diesen Gesetzen eine ressourcenökonomisch und ökologisch orientierte Gesamtkonzeption231 . Diese Gesamtkonzeption schließt gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 2 Abs. 1 Nr. 1, 3, 6, und 9 sowie §§ 12 f. und 20 f. BNatSchG die Erhaltung, Vermehrung und qualitative Verbesserung der Gewässer mit seinen Ufern und damit

226 Breuer, NuR 1080, 90, 101; Lorz, Naturschutzrecht, § 8 Erl. 2; Soell, Naturschutzrecht, in: Salzwedel, Umweltrecht, S. 521; Gaentzsch, NuR 1986, 96; Sander, NuR 1986, 319; Gassner, NuR 1984, 81; ausführlich zur Problematik vgl. Dürr, UPR 1991, S. 81. 227 Schink, ZfW 1985, 14; Erbguth/Püchel, NuR 1984, 209. 228 Soell, Naturschutzrecht, in: Salzwedel, Umweltrecht, S. 522; Schmidt, Umweltrecht, S. 3 f. 229 Vgl. die Zusammenstellung bei Breuer, Umweltschutzrecht, in: v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 602 f.; Ronellenfitsch, NuR 1986, 285 Fn. 15. 230 Müller, NJW 1977, 925; Gassner, NuR 1984, 81. 231 Vgl. Breuer, Umweltschutzrecht, in: v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 655; Bernatzky/Böhm, BNatSchG, Einl. Anm. 6, Vorbem. vor § 1; Kolodziejcok/Recken, Naturschutz und Landespflege, Vorbem. Rdn. 21 f.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

123

Bewirtschaftungsentscheidungen ein232 • Aus diesen materiellrechtlichen Überschneidungen zwischen Naturschutz- und Wasserrecht folgt, daß bei der Anwendung des § 6 WHG die naturschutzrechtlichen Maßstäbe berücksichtigt werden müssen. Das gleiche Ergebnis ergibt sich auch aus verfahrensrechtlichen Vorschriften. Über die Zulassung von Eingriffen in Natur und Landschaft sowie über die Pflichten des Verursachers wird nicht in einem eigenen naturschutzrechtliehen Verwaltungsverfahren entschieden. Nach § 8 Abs. 2 S. 3 BNatSchG ist Voraussetzung der Unterlassungs- und Ausgleichsverpflichtungen des Verursachers und damit auch der behördlichen Untersagungspflicht des § 8 Abs. 3 BNatSchG, daß für den Eingriff in anderen Rechtsvorschriften eine behördliche Bewilligung, Erlaubnis, Genehmigung, Zustimmung, Planfeststellung, sonstige Entscheidung oder eine Anzeige an eine Behörde vorgeschrieben ist. Kompetenzrechtlich bestimmt § 8 Abs. 2 S. 3 BNatSchG, daß die Unterlassungs- oder Ausgleichsverpflichtung durch die für die anderweitig vorgeschriebene Entscheidung oder Anzeige zuständige Behörde ausgesprochen wird233 • Solche "anderweitig vorgeschriebene" Entscheidungen sind die wasserrechtliche Erlaubnis und Bewilligung sowie die Planfeststellung nach § 31 WHG. Die Wasserbehörden entscheiden damit über die Zulässigkeit eines Eingriffs in Natur und Landschaft234 • Es ist damit zutreffend, wenn Breuer235 konstatiert, daß § 8 BNatSchG tief in das Fachplanungsrecht hier: das Wasserrecht - einschneidet, mithin einen "Einbruch" erzeugt236 • Durch die naturschutzrechtliche Regelung wird das gesamte Fachplanungsrecht und damit auch das Wasserrecht modifiziert237 • § 8 BNatSchG konkreti-

232 Ausführlich Sander, NuR 1986, 317, der die genannten Vorschriften eher in den Wassergesetzen erwartet hätte; vgl. auch Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 216; Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 184. 233 Vgl. dazu Gaentzsch, NuR 1986, 90 f., 95; PieliJW, NuR 1979, 16. 234 Treffend wird diese Vorgehensweise als "Huckepackverfahren" charakterisiert; der Ausdruck wurde von Salzwedel geprägt, und zwar in einem Gutachten, das er für das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten erstellt hat; vgl. auch Erbguth, UPR 1984, 247; Gassner, NuR 1988, 68; Burmeister, Schutz von Natur und Landschaft, S. 30 ff. 23s Breuer, NuR 1980, 90; 236 So ausdrücklich auch Gaentzsch, NuR 1986, 89; Gassner, NuR 1984, 81 237 Breuer, Umweltschutzrecht, in: v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, s. 658.

124

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

siert die Staatsaufgabe Naturschutz auch als Aufgabe der Wasserbehörden und damit auch als Inhalt des "Wohls der Allgemeinheit$ in§ 6 WHQ238 •

2. Zusammenfassung § 6 WHG will zum einen den unverzichtbaren Minimalbestand an lebensnotwendiger Wasserwirtschaft sichern und zum anderen ermöglichen, daß das knappe und gefahrdete Gemeinschaftsgut Wasser sachgerecht verteilt werden kann. Nur an diesem mit der Norm verfolgten Zweck kann sich der Begriff "Wohl der Allgemeinheit" orientieren, und ist deshalb eng auszulegen. Belange, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Ordnung des Wasserhaushalts stehen, können demzufolge die Ablehnung eines Vorhabens aus Gründen des Gemeinwohls nicht begründen. Ergänzt wird die wasserrechtliche Gemeinwohlklausel durch die Belange des Naturschutzes.

3. Ergebnis mit Folgerungen für Abgrabungen Die wasserrechtlichen Gemeinwohlklausel kann wegen der Struktur des § 6 WHG sowie des Sinn und Zwecks der Norm nicht dazu dienen, ungeprüft und ungefiltert jeden fachfremden Belang zur Durchsetzung zu verhelfen. Das bedeutet: a) Land-, fischerei- und forstwirtschaftliche Belange können in § 6 WHG nicht berücksichtigt werden239 • b) Eine Entscheidung der Wasserbehörde über Abgrabungen kann im Rahmen des § 6 WHG nicht von bloßen marktwirtschaftliehen Erwägungen geleitet werden. Diese Gründe genügen nicht, um die Gefährdung des Gemeinwohls zu begründen240 • 238 Vgl. BadWürttVGH, ZfW 1980, 233 (235 f.); siehe auch die Begründung zum Entwurf des WG NW, wonach es die Aufgabe des Wasserrechts ist, den Wasserhaushalt als Bestandteil von Natur und Landschaft zu ordnen, vgl. LTDrS. 8/2388, S. 91. 239 So ausdrücklich OVG Lüneburg, ZfW 1987, 117 (120). 240 Sa[zwedel, Wasserrecht, in: ders., Umweltrecht, S. 580; ders., GWF 1963, 1145; Sieder!Zeitler!Dahme, WHG, § 6 Rdn. 9; Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, S. 140; BadWürttVGH, ZfW 1980, 235; so im Ergebnis auch Giese-

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

125

c) § 6 WHG kann nicht als Mittel zum Schutz von Arbeitsplätzen oder zur Verhinderung von unerwünschten Bauvorhaben gesehen werden241 • Ansonsten würde mit Mitteln des Wasserhaushaltsrechts Arbeitsmarktoder Strukturpolitik betrieben, was mit einer am Wasserhaushalt orientierten Bewirtschaftungsentscheidung nicht im Einklang steht242 • d) Teilweise wird in der Literatur243 die Meinung vertreten, daß das "Wohl der Allgemeinheit" auch beeinträchtigt werden kann, wenn sich die beantragte Gewässernutzung für ein privates Industrieunternehmen lebensbedrohend auswirken könnte. Dieser Meinung kann nicht gefolgt werden. Die existentielle Sicherung eines Industriebetriebes ist eine wirtschaftsdirigistische Maßnahme. Sie gehört nicht zur Sicherung des unmittelbaren Gemeinschaftsbedarfs an Wasser und wird daher vom Regelungsbereich der Gemeinwohlklausel nicht erfaßt. e) Aus dem gleichen Grund kann die wasserrechtliche Gemeinwohlklausel auch nicht zur Sicherung des Kiesabbaus oder einer Vorrats- und Rohstoffpolitik eingesetzt werden244 •

II. Die wasse"echtliche Planfeststellung

1. Rechtsgrundlagen des Gewässerausbaus Der Gewässerausbau hat in § 31 WHG eine bundesrahmenrechtliche Regelung gefunden. Als "Ausbau" im Rechtssinne bedarf hiernach die Herstellung, Beseitigung oder wesentliche Umgestaltung eines (oberirdischen) ke!Wiedemann/Czychowski, WHG, § 6 Rdn. 22, 29, die es allerdings für möglich halten, daß wirtschafts- oder sozialpolitische Erwägungen nach Maßgabe von Planungen auf die Bestimmung des "Wohls der Allgemeinheit" einwirken können. 241 BVerfGE 58, 300 (352); a.A. wohl Ketteler/Kippels, Umweltrecht, S. 133. 242 Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 87. 243 Sieder!Zeitler/Dahme, WHG, § 6 Rdn. 9; Gieseke!Wiedemann/Czychowski, WHG, § 6 Rdn. 36; ähnlich Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 207, wonach es zum Schutzbereich der wasserrechtlichen Gemeinwohlklausel und zur Aufgabe der Wasserwirtschaft gehört, daß die Wasserbehörde im Rahmen des Bewirtschaftungsermessens die allgemeinwirtschaftlichen und sozialen Belange mitberücksichtigen kann. 244 Brohm, NJW 1980, 861; Gieseke!Wiedemann/Czychowski, WHG, § 31 Rdn. 33; a.A. Sellmann, DVBI. 1987,224 f .

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Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Gewässers grundsätzlich der vorherigen Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens (§ 31 Abs. 1 S. 1 WHG). Ein Ausbau kann - statt durch eine vorherige Planfeststellung - durch eine schlichte Plangenehmigung zugelassen werden, wenn mit Einwendungen nicht zu rechnen ist(§ 31 Abs. 1 S. 3 WHG)245 • Insgesamt ist die Regelung des § 31 WHG sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht ausfüllungsbedürftig und ausfüllungsfähig, also ein echtes Rahmengesetz246 • Die somit erforderlichen Ausfüllungsvorschriften der Landeswassergesetze über den Gewässerausbau sowie die wasserrechtliche Planfeststellung oder Plangenehmigung247 bestehen teils in originären Regelungen, teils in Verweisungen auf einzelne bundes- und landesrechtliche Regelungen über die Bewilligung und teils in modifizierenden Verweisungen auf die Regelung der Verwaltungsverfahrensgesetze über die Planfeststellung (§§ 73-78 VwVfG)248, wobei die Verweisungen nicht generell, sondern selektiv und modifizierend gefaßt sind. Hinzu kommt, daß jedes Land unterschiedliche Verweisungen gewählt hat. Dadurch bedingt sind die Rechtsgrundlagen der wasserrechtlichen Planfeststellung mehrfach verschachtelt und wenig übersichtlich249.

245 Vgl. Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 721 f.; Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG, § 31 Rdn. 80 f.; zum Anspruch des Ausbauunterneh-

mers auf Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens vgl. BVerwG, NJW 1981, 2769; Korbmacher, DÖV 1982, 524. 246 Breuer, Die hoheitliche raumgestaltende Planung, S. 97 ff.; ders., Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 662; zur Bedeutung rahmenrechtlicher Vorschriften des Bundes für die Rechte und Pflichten des Bürgers vgl. BVerwG, UPR 1989, 108. 247 §§ 63-68 WG BW; Art. 54-58, 83 Abs. 1 BayWG; §§50-56, 86-98 BlnWG; §§ 111-118 BremWG; §§ 47-51, 85-81, 95 HbgWG; §§ 57-62, 101 Abs. 1 HessWG; §§ 119-129 NdsWG; §§ 71-75, 78, 83-87 LWG RhPf; §§ 100-104, 112f SaariWG; §§54 f., 96-97 a WG SH; 248 Zur Anwendbarkeit der VwVfG in wasserrechtlichen Verfahren vgl. Franke, Ztw 1979, I f. 249 Kritisch dazu Salzwedel, Ztw 1978, 207 ff.; Ronellenjitsch, VerwArch 1983, 383 f.; ders., VerwArch 1989, 117; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 672

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

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2. Wesen eines Gewässerausbaus a) Privat- und gemeinnützige Planfeststellungen

Im Unterschied zu anderen fachplanungsrechtlichen Vorschriften, nach denen eine Planfeststellung nur aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit ("gemeinnützige Planfeststellungen") zulässig ist (vgl. z.B. § 17 FStrG), erstreckt sich § 31 WHG auch auf Ausbauvorhaben, die im allein privaten Interesse des Ausbauunternehmers ("privatnützige Planfeststellungen") ausgeführt werden250 . Beiden Arten ist gemeinsam, daß sie wegen ihrer raumbedeutsamen Auswirkungen unter ein gesetzliches Planungsgebot gestellt sind. Von ihrem Zweck her unterscheiden sie sich jedoch wesentlich251 . Die privatnützige Planfeststellung dient allein privaten, vornehmlich gewerblichen Zwecken. Sie vermag Eingriffe in Rechte Dritter nicht zu rechtfertigen und stellt sich daher im wesentlichen nicht als Eingriffsakt dar, sondern hat jedenfalls für den Unternehmer - die Funktion einer Genehmigung252 • Die gemeinnützige Planfeststellung eröffnet dagegen darüber hinaus die Möglichkeit, entgegenstehende private und öffentliche Belange auszuräumen. Sie stellt sich insoweit als potentieller Eingriffsakt dar, der - wie das Bundesverwaltungsgericht253 ausführt - bis zur Zulässigkeit der Enteignung vordringen kann254 . Obwohl die privatnützige Planfeststellung ihrer Funktion nach eine Unternehmergenehmigung ist, bleibt die planerische Abwägung die gleiche wie bei der gemeinnützigen Planfeststellung255 . Unterschiede ergeben sich nach der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts aber in den gesetzlichen Voraussetzungen, die eine Abwägung ermöglichen. Während es bei der gemeinnützigen Planfeststellung einer Planrechtfertigung bedarf, ist bei privatnützigen 250 Grundlegend BVerwGE 55, 220 = DVBI. 1979, 63 (65); aus der Literatur vgl. Sieder!Zeitler!Dahme, WHG, § 31 Rdn. 21 a; Breuer, Öffentliches und privates Wasser.recht, Rdn. 703; K/oepfer, Umweltrecht, § 4 Rdn. 28; Achenbach, Bedeutung der privatnützigen Planfeststellung, S. 68, jeweils m.w.N. 251 Std. Rspr. seit BVerwG, DVBI. 1979, 65; ZfW 1985, 101, ZfW 1986, 229; vgl. auch BayVGH, NVwZ 1986, 228; BadWürttVGH, ZfW 1986, 315. 252 BVerwG, DVBI. 1979, 63 (65); BayVGH, DÖV 1986, 113; Wahl, DVBI. 1982, 57 f.; Gieseke!Wiedemann/Czychowski, WHG, § 2 Rdn. 28; § 31 Rdn. 47; Erbguth, NVwZ 1989, 613. 253 BVerwG, DVBI. 1979, 63 (65). 254 Zweifelnd Achenbach, Bedeutung der privatnützigen Planfeststellung, S. 22. 255 BVerwG, DVBI. 1979, 63 (65).

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Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Planfeststellungen vor Eintritt in die Abwägung tendenziell umgekehrt danach zu fragen, ob die "vom Ausbauunternehmer im Sinne einer Genehmigung begehrte Planfeststellung aus Rechtsgründen unzulässig ist und deshalb versagt werden muß"256.

b) Kritik an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

Diese Rechtsprechung hat nicht überall uneingeschränkt Zustimmung erfahren. Der methodische Ansatz des Gerichts, privatnützige Vorhaben würden allein im Privatinteresse der jeweiligen Ausbauunternehmer durchgeführt, ist von Böttcher257 kritisiert worden. Nach seiner Meinung ist es nicht sachgerecht, erst nach der Verneinung der Frage, ob dem betreffenden Vorhaben zwingende Versagungsgründe entgegenstehen, in die Abwägung einzutreten. Diese angebliche Vorfrage gehöre mit in die Abwägung. "Das denkbare Abwägungsergebnis, daß eine privatnützige Planfeststellung auch im Interesse des Allgemeinwohls geboten sein könnte", werde vom methodischen Ansatz des Bundesverwaltungsgerichts verhindert258 .

c) Stellungnahme

Diese Kritik ist nicht berechtigt. Wenn das Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung als privatnützig die Planfeststellung versteht, die einen Ausbau betrifft, der "im alleinigen privaten Interesse des Ausbauunternehmers ausgeführt wird, dann hat das Gericht damit nicht ausgeschlossen, daß auch eine von einem Privaten beantragte Planfeststellung dem Wohl der Allgemeinheit dienen und damit gemeinnützig sein kann. Zutreffend hat der BayVGH259 darauf hingewiesen, daß die Unterscheidung privatnützig/gemeinnützig an den materiellen Gehalt eines planfeststellungspflichtigen Vor256 BVerwG, DVBI. 1979, 63 (65 f.). 257 Böttcher, ZtW 1983, 139 f.; zustimmend Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 151. 258 Böttcher, ZtW 1983, 139 a.E. 259 BayVGH, NVwZ 1986, 228 (229); BayVBI. 1988, 111; zustimmend Gieseke!Wiedemann/Czychowski, WHG, § 31 Rdn. 2; Himmel, LWG RhPf!WHG, § 72 LWG/§ 31 WHG Rdn. 45; Bender!Sparwasser, Umweltrecht, Rdn. 121; Beckmann!Appold/Kuhlmann, DVBI. 1988, 1007.

B. Wasserhaushaltsrechtliche GenehmigungsvoraussetzWlgen

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habens anknüpft. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob der Antragsteller eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder des privaten Rechts ist. Eine gemeinnützige wasserrechtliche Planfeststellung kann auch dann anzunehmen sein, wenn ein Privater mit seinen Ausbauvorhaben Gemeinwohlinteressen verfolgt260• Nicht von der Hand zu weisen ist aber die Überlegung von Böttcher261 , es sei nicht auszuschließen, daß infolge des extensiven Kiesabbaus seit Ende des Zweiten Weltkrieges Kies zu einem knappen Gut werden könne262 und für diesen Fall die rechtliche Möglichkeit zu einer planensehen Abwägung dieses gesamtwirtschaftlichen Belangs mit den übrigen durch das Vorhaben berührten Belangen möglich sein müsse263 • Aus diesem Grunde aber eine - wie es Böttcher fordert - "privatnützige Planfeststellung aus Gründen des Allgemeinwohls" zuzulassen, erscheint aus den genannten Gründen problematisch. Hinzu kommt, daß in den von Böttcher angesprochenen Fällen ein zwingender Versagungsgrund in der Regel nicht vorliegen und so auch bei dem dogmatischen Ansatz des Bundesverwaltungsgerichts eine Abwägung stattfinden wird. Gerade der heute am häufigsten eingreifende Versagungsgrund, nämlich § 8 Abs. 3 BNatSchG, wird um so weniger durchgreifen, je größer und wirtschaftlich bedeutender ein Abgrabungsvorhaben ist264 •

d) Neuere Entwicklungen in Rechtsprechung und Literatur

Die rechtliche Unterscheidung von gemeinnütziger und privatnütziger Planfeststellung wird von Teilen der Literatur durch die Urteile des Bundes-

260 BayVGH, NVwZ 1986, 228 (229); SellTMnn, DVBI. 1987, 223; Dürr, UPR 1991, 89; Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 174; Achenbach, Bedeutung der privatnützigen Planfeststellung, S. 16, 29 f. m.w.N. 261 Böttcher, Ztw 1983, 139. 262 Darauf weisen auch hin: Salzwedel, Wasserrecht, in: ders., Umweltrecht; S. 409; BeckTMnn, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 151. 263 Böttcher, Abwägungsgebot in der wasserrechtlichen Fachplanung, S. 222 erinnert auch an den Abbau von Quarzsanden für die Glasindustrie, damit diese energiesparende Fenster für den staatlich gef6rderten Einbau in Neu- und Altbauten herstellen kann. 264 Pielow, NuR 1979, 15; Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 426; zur Einordnung des § 8 Abs. 3 BNatSchG als Versagungsgrund siehe noch ausführlich unter 4.b)bb)(2)(e). 9 BUllesbach

130

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Verwaltungsgerichts vom 09.03.1990265 und vom 18.05.1990266 in Frage gestellt267• Die Hinweise auf diese beiden Urteile lassen den Schluß auf eine Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch nicht zu. Im Urteil vom 09.03.1990 hat das Gericht entschieden, daß es bei der Zulassung von Abfallentsorgungsanlagen keine privatnützigen Planungen gebe. Daß solche Anlagen immer (auch) eigennützige, private Ziele anstrebe, hindere nicht die Annahme, daß der Unternehmer mit seinem Vorhaben zugleich dem Gemeinwohl dienende Interessen verfolge268• Aus dieser Begründung folgt, daß die Kategorie der privatnützigen Planfeststellung vom Bundesverwaltungsgericht aus der abfallrechtlichen Planfeststellung ausgeschieden worden ist, weil hier die Unterscheidung von gemeinnützigen und privatnützigen Vorhaben keinen Sinn macht. Hieraus folgt aber auch, daß die Besonderheiten der privatnützigen Planfeststellung bei der wasserrechtlichen Planfeststellung weiterhin bestehen. Bei solchen Ausbauvorhaben gibt es ja gerade solche, mit denen ausschließlich privaten Interessen dienende Belange verfolgt werden269• Auch aus dem Urteil vom 19.05.1990 läßt sich eine geänderte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht herleiten. In dieser Entscheidung hält das Bundesverwaltungsgericht bei einer privatnützigen Planfeststellung eine Auseinandersetzung mit möglichen zwingenden Versagungsgründen nicht für erforderlich, wenn die Planfeststellung aufgrund einer planensehen Abwägung abgelehnt werden solF70• Dies ergebe sich aus der Befugnis der Behörden, sich aus verfahrensökonomischen Gründen, etwa um sonst notwendig werdende aufwendige Ermittlungen zu vermeiden, auf einzelne, die Entscheidung selbständig tragende Gründe zu beschränken271 • Mit dieser BVerwGE 85, 44 = DVBI. 1990, 589. BVerwGE 85, 155 = DVBI. 1990, 1170. 267 Vgl. WeideiTUlnn, DVBI. 1990, 1170 unter Bezugnahme auf die Entscheidung vom 09.03.1990; Steinberg, DVBI. 1992, 1505 unter Bezugnahme auf die Entscheidung vom 09.03.1990 und vom 18.05.1990; im Ergebnis ebenso Kühling, DVBI. 1989, 229; Achenbach, Bedeutung der privatnützigen Planfeststellung, S. 7, 98 f. 268 BVerwG, DVBI. 1990, 589 (590); kritisch hierzu Murswiek, DVBI. 1994, 78, 85f. 269 Siehe hierzu ausführlich unter 3. 270 BVerwG, DVBI. 1990, 1170; so bereits früher BadWürttVGH, Urteil vom 28.08.1988 - 5 S 291187 - und im Anschluß an das Urteil des BVerwG vgl. BadWürttVGH, NVwZ 1991, 1011. 211 BVerwG, DVBI. 1990, 1170. 265

266

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

131

Begründung nimmt das Bundesverwaltungsgericht keinen Abschied von der privatnützigen Planfeststellung. Es stellt vielmehr an anderer Stelle ausdrücklich fest, daß bei fehlenden Abwägungsfehlem zuvor ausdrücklich geprüft werden müsse, ob das Verhalten nicht schon an zwingenden Rechtsgründen scheitern müssem. Damit bleibt die im Urteil des Gerichts vom 10.02.1978 eingeleitete Dogmatik bestehen. Bestätigt wird dieses Ergebnis durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.09.1990273 • Hier wird - ohne daß das Gericht dies besonders herausstellt - an der Unterscheidung von gemeinnütziger und privatnütziger Planfeststellung festgehalten274 und auf Besonderheiten hingewiesen, wenn "die Planfeststellung sich auf ein privates Vorhaben eines Gewässerausbaus bezieht" .275 Diesem Ergebnis ist zuzustimmen. Berücksichtigt man, daß wegen des Zwecks des Vorhabens, für das die Planfeststellung erfolgen soll, zusätzlich auch Enteignungsgrundsätze zu beachten sind, so bestehen Besonderheiten, die nur für die gemeinnützige Planfeststellung Bedeutung haben, während sie für die privatnützige Planfeststellung "ex defmitione" nicht relevant sein können276 • Das bedeutet: Die vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 10.02.1978 eingeleitete Rechtsprechung zur Unterscheidung von privatnütziger und gemeinnütziger Planfeststellung hat für wasserrechtliche Ausbauvorhaben auch heute noch seine Gültigkeit und Berechtigung277 •

3. Einordnung der verschiedenen Abgrabungen a) Abgrabungen als Ausbauvorluzben

Nach der Begriffsbestimmung des § 31 Abs. 1 WHG ist Ausbau die Herstellung, Beseitigung oder wesentliche Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer. Während Benutzungen als menschliche Tätigkeit nur widerruflich oder für eine bestimmte Frist auf Grund des bestehenden GewässerzuBVerwG, DVBI. 1990, 1170. BVerwGE 85, 349 = DÖV 1991 , 294. 274 BVerwGE 85, 349 (352). 275 BVerwGE 85, 349 (363). 276 So ausdrücklich Kopp, VwVfG, 5. Auflage, § 72 Rdn. 2; § 74 Rdn. 21. 277 Davon gehen aus der neueren Rechtsprechung z. B. aus: OVG RheinlandPfalz, DÖV 1990, 790; BayVGH, ZfW 1991, 33 und ZfW 1992, 308; 272 273

132

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

standes zugelassen werden278, handelt es sich beim Ausbau regelmäßig darum, daß das Gewässersystem durch Schaffung eines neuen Dauerzustandes verändert werden soll279 •

aa) Sand- und Kiesgewinnung (1) Rechtliche Überlegungen

Bei der Sand- oder Kiesgewinnung war lange Zeit umstritten, ob der bei der Rohstoffausbeute entstehende Baggersee den Tatbestand der Herstellung eines oberirdischen Gewässers oder einen Benutzungstatbestand erfüllt280• Dieser Streit ist dahingehend zu entscheiden, daß die Freilegung von Grundwasser bei der Sand- oder Kiesgewinnung dann einen Gewässerausbau darstellt, wenn der entstehende Baggersee auf Dauer erhalten bleiben soll281 •

(2) Praktische Überlegungen

Das Erfordernis der Durchführung eines aufwendigen Planfeststellungsverfahrens für obige Vorhaben ergibt sich auch aus folgenden Überlegungen, die die Gefahren verdeutlichen sollen, die mit der Herstellung eines dauerhaften -Baggersees verbunden sind: Bei keinem Abgrabungsbetrieb kann die Wahrscheinlichkeit eines Ölbzw. Treibstoffaustritts ausgeschlossen werden. Die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts nimmt mit der Volumenzunahme (Flächen- und Tiefenzunahme) wegen ausgedehnter Betriebsdauer zu. Die Schadstoffe haben direkt über den Baggersee oder indirekt über Sickervorgänge Verbindungsmöglichkeit zum Grundwasser.

Siehe §§ 7, 8 Abs. 5 WHG Salzwedel, Wasserrecht, in: ders., Umweltrecht, S. 608; Gieseke!Wiedemann/Czychowski, WHG, § 3 Rdn. 82, § 31 Rdn. 2. 280 Übersichten über die verschiedenen Meinungen fmden sich bei Czychowski, DVBI. 1976, 133 und bei Löhr, DVBI. 1979, 70. 281 Grundlegend BVerwGE 55, 220 = DVBI. 1979, 63 (64); vgl. auch Salzwedel, Wasserrecht, in: ders., Umweltrecht, S. 680/681; ders., NVwZ 1982, 11. 278 279

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

133

Grundsätzlich muß bei Vorhandensein eines Baggersees mit teilweise unkontrollierbarem Freizeitbetrieb gerechnet werden. Die Wahrscheinlichkeit für direkte und indirekte Versehrnutzung durch Schadstoffe (Öl, Treibstoff, Fäkalien, Abfall etc.) ist erfahrungsgemäß gegeben. Sie wächst mit der Zunahme der Oberfläche bzw. mit der Länge der Uferlinie. Schadstoffe aus der Luft können das Baggerseewasser, das Bestandteil des Grundwasserkörpers ist, kontaminieren. Die, wenn auch geringe Wahrscheinlichkeit, nimmt zu mit größer werdender Seefläche. In einzelnen Fällen kann die Niederschlagsrate der Verdunstungsrate der Baggerfläche gleichkommen. In regenarmen Perioden kann deshalb die Verdunstungsrate nur durch zusätzlichen Verbrauch von Grundwasser gedeckt werden. Auch insoweit nimmt der Gesamtverbrauch von Grundwasser durch Verdunstung mit der Fläche des offenliegenden Grundwassers (Baggersee) zu. Ein Baggersee als Bestandteil des Grundwasserkörpers kann für diesen als Wärmespeicher angesehen werden. Die von ihm ausgehende Erwärmung des Grundwassers verschlechtert im Sommerhalbjahr die Qualität des Grundwassers, das zur Trinkwasserversorgung herangezogen wird. Diese Qualitätsabnahme geschieht umsomehr, je höher die Grundwasserentnahme erfolgt, sie nimmt zu mit größer werdendem Baggersee.

(3) Bedeutung des subjektiven Unternehmerwillens

Diese komplexen Probleme im Zusammenhang mit dem Ausbau eines Gewässers gebieten, die einzelnen Tatbestände des Gewässerausbaus weit zu verstehen, zumal für unwesentliche Eingriffe als Korrektiv die Möglichkeit einer Plangenehmigung besteht282 • Daraus folgt, daß die Entstehung eines Baggersees bei der Rohstoffgewinnung eine Maßnahme zur Herstellung eines oberirdischen Gewässers auch dann ist, wenn dabei ein Baggersee nicht nur um seiner selbst oder seiner späteren Nutzung willen angelegt wird, sondern seine Entstehung nur eine zwangsläufige, im Interesse des Abbaues planmä-

282

Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 170.

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Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

ßig herbeigeführte Folge ist283 • Das OVG Rheinland-Pfalzhat dies wie folgt formuliert: "§ 31 WHG (...) zeigt, daß im Mittelpunkt des Planfeststellungsverfahrens neben den Ausbaumaßnahmen die Interessen der Allgemeinheit und die Rechte Dritter stehen, die durch den Ausbau betroffen werden können. In Bezug auf diese Interessen und Rechte ist es aber gleichgültig, ob die Herstellung des Gewässers absichtlich oder ungewollt erfolgt. Ausschlaggebend ist allein die Tatsache, daß ein Gewässer entsteht. Dies entspricht auch der Erkenntnis, daß das Wasserrecht - ebenso wie das Bau- und Bodenrecht - zwangsläufig objektbezogen ist und somit durch subjektive Vorstellungen und Absichten des jeweils Begünstigten oder Betroffenen gundsätzlich nicht beeinflußt werden kann" 284

Bei dem Ausbau eines Gewässers kommt es demnach nicht auf den subjektiven Willen des Abgrabungsuntemehmers an.

bb) Teiche und Weiher (1) Begriffsbestinunungen

Auch für die Anlegung eines Teiches oder Weihers muß ein wasserrechtliches Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden285 • Die gegenteilige Auffassung des BadWürttVGH286, nach der für die Herstellung eines Fischteiches die Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis für ausreichend angesehen wurde, ist inzwischen aufgegeben worden287 • Zum Begriff des "Fischteiches" hat der BayVGH288 Stellung genommen. Er legte diesen Begriff weit 283 BVerwG, DVBI. 1979, 63 (64); Dieckmo.nn, Die wasserwirtschaftliche Planfeststellung, S. 50 f.; Schwab, AgrarR 1986, 302; Gieseke!Wiedemo.nn/Czychowski, WHG, § 31 Rdn. 4 m.w.N. 284 OVG Rheinland-Pfalz, ZfW 1974, 369 (370). 285 BVerwG, ZfW 1981, 87; NVwZ 1985, 340; OVG Saarlouis, ZfW 1984, 309; BayVGH, NuR 1986, 122; OVG Münster, ZfW 1980, 250 (251 f.); OVG RheinlandPfalz, ZfW-Sonderheft 1985 Nr. 130; Himmel, LWG RhPf!WHG, § 72 LWG/§ 31 WHG Rdn. 23; Schind/er, NuR 1981, 160 ff.; Sander, NuR 1986, 320; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 665 m.w.N. 21r6 BadWürttVGH, ZfW 1980, 233 (234). 287 BadWürttVGH, NuR 1980, 24; 288 BayVGH, BayVBI. 1972, 17; NuR 1988, 247 m.w.N.; was als "Weiher" oder "Teich" anzusehen ist, richtet sich nach dem natürlichen Sprachgebrauch; ein

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

135

aus und machte ihn weder von einer künstlichen Anlegung, Befüllbarkeit und Ablaßbarkeil noch von einem Erwerbszweck des Unternehmers (Eigentümer, Pächter)289 abhängig. Wesentliches Merkmal eines Teiches sei allerdings, daß es sich um ein kleines Gewässer handele; größere stehende Gewässer bezeichne der allgemeine Sprachgebrauch demgegenüber als "Seen·290•

(2) Die Regelung des § 1 Abs. 2 WHG

Einige Landeswassergesetze291 haben aufgrund der gesetzlichen Möglichkeit des § 1 Abs. 2 WHG scheinbar ohne Einschränkungen alle Fischteiche aus dem Geltungsbereich des Wasserwirtschaftsrechts und damit auch von § 31 WHG ausgenommen, die nicht oder nur mittels künstlicher Vorrichtungen mit anderen Gewässern verbunden sind. Das hat teilweise in der Praxis dazu geführt, daß Fischteiche im Nebenschluß, also diejenigen neben dem Bachlauf, generell nicht mehr planfestgestellt wurden und nur für die Entnahme und Wiedereinleitung des Wassers vom und in den Hauptbach einer wasserrechtlichen Erlaubnis unterworfen wurden292 • Dabei wird aber nicht berücksichtigt, daß § 1 Abs. 2 WHG die Anwendung der jeweiligen Ausnahmeregelungen in den LWG davon abhängig macht, daß es sich um "kleine

begrifflicher Unterschied zwischen diesen beiden Bezeichnungen besteht nicht; vgl. zu diesen Begriffen auch § 1 Abs. 2 PrWG und ausfUhrlieh Schind/er, NuR 1981, 160m.w.N. 289 Zum Begriff des Unternehmers vgl. BayVGH, BayVBI. 1978, 468. 290 BayVGH, NuR 1988,247. 291 So mit Unterschieden und genaueren Umschreibungen im einzelnen: § 1 Abs. 2 Nr. 1 WG NW; § 1 Abs. 2 WG BW; § 1 Abs. 2 Nr. 2 BlnWG; § 1 Abs. 2 Nr. 2 BremWG; § 1 Abs. 2 Nr. 1 HbgWG; § 1 Abs. 2 Nr. 2 HessWG; § 1 Abs. 3 Nr. 2 NdsWG; § 1 Abs. 2 Nr. 2 SaariWG; § 1 Abs. 2 Nr. 2 WG SH; nach Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 BayWG wird die Unanwendbarkeit nur auf Teiche von untergeordneter Bedeutung beschränkt; zur Auslegung des Merkmals vgl. Simon, BayBO, Art. 66 Rdn. 35; Rheinland-Pfalz hat davon abgesehen, Teiche aus dem Geltungsbereich des WHG auszuklammern; kleine Teiche unterliegen dort aber einem vereinfachten Verfahren, wenn an der Errichtung ein landespflegerisches Interesse besteht, eine Fläche von 200 qm nicht überschritten und eine Fischzucht nicht betrieben wird (so Rundschreiben des Ministeriums fiir Umwelt und Gesundheit v. 19.03.1987); vgl. hierzu Johann!Büllesbach, DVP (RhPf) 1989, 4. 292 So in Hessen, vgl. Bickel, Der Landkreis 1979, 35.

136

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Gewässer von wasserwirtschaftlich untergeordneter Bedeutung" handelt293 • Das heißt: Handelt es sich um große Fischteichanlagen im Nebenschluß, so kommt es gar nicht zur Prüfung der landesrechtliehen Ausnahmebestimmung, weil Bundesrecht Landesrecht bricht und das Landesrecht somit diesen Gegenstand nur im Rahmen der bundesrechtlichen Freigabe regeln kann294 • Wann ein Gewässer "klein" ist, ist alleine nach räumlichen Kriterien zu entscheiden, die sich an dem wasserwirtschaftliehen Zusammenhang der Vorschriften orientieren müssen. Unerheblich ist dabei, ob ein Vorhaben aufgrund seiner Größe bauordnungsrechtlich zu genehmigen ist295 • Die Begriffsbestimmung in anderen Gesetzen schließt nämlich nicht an den wasserrechtlichen Bezugsrahmen an. Mit dem BayVGH296 ist davon auszugehen, daß ein "kleines Gewässer" i.S.d. § 1 Abs. 2 WHG stets als ein nach Wasseroberfläche und Wassertiefe unbedeutendes Gewässer anzusehen ist, dessen geringe räumliche Ausdehnung eine Nichtanwendung der meisten wasserwirtschaftliehen Bestimmungen nach Maßgabe einer geordneten Wasserwirtschaft verantworten läßt297 •

(3) Reichweite des§ 1 Abs. 2 WHG

Aber auch wenn die Teichanlage "klein" ist, gilt die wasserrechtliche Freistellung nur für die fertiggestellte Anlage und deren Benutzung als solcher. Demgegenüber bleibt die Herstellung der Gräben, die dem Zu- oder Ablauf dienen, ebenso planfeststellungsbedürftig298 wie die Umleitung eines Baches über den Fischteich. Auch sonstige wesentliche Veränderungen eines bestehenden Gewässers im Zusammenhang mit der Anlage des Fischteiches müs-

293 Zur Frage, ob dem Altarm eines Gewässers, in dem regelmäßig bedeutsame Kiesvorkommen vorzufmden sind, eine wasserwirtschaftlich untergeordnete Bedeutung i.S.d. § 1 Abs. 2 WHG zukommt, vgl. OVG Münster, NuR 1989, 90. 294 Bickel, Der Landkreis 1979, 35. 295 BayVGH, NuR 1988, 247 (248); a.A. BayOLG, BayVBI. 1983, 282. 296 BayVGH, NuR 1988, 247 (248). 297 Eine feste Größe, bis zu der ein Gewässer noch als "Teich" anzusehen ist, läßt sich nicht angeben, zumal die räumlichen Daten (Ausdehnung und Tiefe) je nach den geographischen oder regionalen Voraussetzungen unterschiedlich zu werten sind; vgl. SiederfZeitler!Dahme, WHG, § I Rdn. 14; BayVGH, NuR 1988, 247 (248). 298 SiederfZeitler!Dahme, WHG, § 31 Rdn. 25.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

137

sen planfestgestellt werden299 • Vergleichbares gilt für den Ableitungs- und Aufstauungsvorgang aus oberirdischen Gewässern300 • Denn insoweit, als zum Füllen der Anlage Wasser aus anderen oberirdischen Gewässern eingeleitet bzw. aufgestaut wird, handelt es sich nicht erst um das Benutzen eines nach § 1 Abs. 2 WHG ausgeklammerten Teichs, sondern um das Benutzen anderer oberirdischer Gewässer gern. §§ 2, 3 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WHG301 . Unberührt von § 1 Abs. 2 WHG bleibt auch die Pflicht zur Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens, wenn der Teich zwar ohne Verbindung mit oberirdischen Gewässern, jedoch durch die dauernde Freilegung von Grundwasser hergestellt wird302 • In Baden-Württemberg ist für die Errichtung von kleinen Wasserflächen schließlich eine naturschutzrechtliche Genehmigung erforderlich303.

cc) Wasserflächen für den Bergbau Ein wasserrechtliches Planfeststellungsverfahren ist schließlich durchzuführen, wenn für den Abbau von bergfreien und grundeigenen Bodenschätzen die Herstellung, Beseitigung oder wesentliche Umgestaltung eines Gewässers erforderlich ist. Wird dies in einem Betriebsplanverfahren nach § 51 BBergG festgestellt, müssen die Planunterlagen wegen der fehlenden Konzentrationswirkung des bergrechtliehen Verfahrens an die Wasserbehörde abgegeben werden.

dd) Abgrenzung zur Gewässerunterhaltung Die Abgrenzung des "Ausbaus" von der "Unterhaltung" eines Gewässers ist in der Regel unproblematisch bei der Herstellung eines Teiches, Weihers OVG Saarlouis, NuR 1981, 112; Schindler, NuR 1981, 161. OLG Stuttgart, ZfW 1978, 252; Bickel, Der Landkreis 1979, 36. 301 BadWürttVGH, ZfW-Sonderheft 1986 Nr. 44; Gieseke!Wiedemann!Czychowski, WHG, § 1 Rdn. 10; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 64; strenger BayVGH, ZfW-Sonderheft 1987 Nr. 46, wonach Fischteiche, die ihr Wasser aus einem offenen Graben beziehen, selbst mit einem anderen Gewässer verbunden sind und deshalb von § 1 Abs. 2 WHG nicht erfaßt werden. 302 Czychowski, DVBI. 1976, 135 m.w.N. 303 Vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 3 NatSchG BW. 299

300

138

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

oder Sees. Schwierigkeiten können sich im Einzelfall bei der Abgrenzung zwischen Unterhaltung und dem Tatbestand der wesentlichen Umgestaltung eines Gewässers ergeben304 • Zu denken hierbei ist insbesondere an die Beseitigung von Anschwemmungen, den Entlandungen305 • Die Unterhaltung eines Gewässers bedeutet die Erhaltung eines ordnungsgemäßen Zustandes für den Wasserabfluß, § 28 Abs. 1 WHG. Die Umgestaltung eines Gewässers im Sinne des § 31 Abs. 1 S. 1 WHG ist wesentlich, wenn sie den Zustand des Gewässers einschließlich seiner Ufer dauerhaft in einer für den Wasserhaushalt (Wasserstand, Wasserabfluß Selbstreinigungsvermögen), für die Schiffahrt, für die Fischerei oder in sonstiger Hinsicht (z. B. für das äußere Bild, den Naturhaushalt oder das Landschaftsbild) bedeutsamen Weise ändert306 • Die Verwendung des Worte "wesentlich" bedeutet damit, daß unerheblich und offensichtlich nicht ins Gewicht fallende Maßnahmen ausgeschieden werden sollen, weil hier der mit dem Verwaltungsverfahren verbundene Aufwand ersichtlich außer Verhältnis zum Erfolg steht307 • Während also Unterhaltungsarbeiten den bestehenden Ausbauzustand aufrechterhalten sollen, dient der Ausbau dazu, eine neue Gewässersituation zu schaffen oder an der vorhandenen wesentliche Umgestaltungen und Verbesse304 Auf die Schwierigkeiten in der Praxis weisen nachdrücklich hin: Sieder!Zeitler!Dahme, WHG, § 31 Rdn. 5; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 666; ausführlich zur Abgrenzung Ausbau/Unterhaltung: LG Aachen, ZfW 1991, 138 (139); BayVGH, BayVBI. 1977, 86; OLG Oldenburg, NuR 1986, 181 (182); OLG Hamm, ZfW-Sonderheft 1986 Nr. 141; OVG Münster, NuR 1989, 93; Haupt, Wasserrecht, in: Faber/Schneider, NdsStVwR, S. 425; Landt, wtrw 1966, 19; Salzwedel, ZfW 1972, 141; Schink, UPR 1985, 157 f.; Henneke, AgrarR 1989, 30 f.; vgl. auch LT/RhPf-DrS. 11/125 v. 17.07.1987; zu der Möglichkeit der Wasserbehörde, bei einem Ausbauvorhaben in einem Planfeststellungsbescheid detaillierte Regelungen über Unterhaltungskosten zu regeln, vgl. OVG Rheinland-Pfalz, DÖV 1990, 790. 305 Vgl. hierzu Schind/er, NuR 1981, 161; Schmutt, NVwZ 1988, 983; Schlichter, AgrarR 1985, 249 mit dem Hinweis auf das unveröffentlichte Urteil des BayVGH v. 26.06.1984 - 9 B 80.A626 -; Henneke, AgrarR 1989, 30 spricht in diesem Zusammenhang von dem "Stichwort ,.bloßer Erhaltung«"; zum Verhältnis eines Entlandungsverbots zur naturschutzrechtlichen Landwirtschaftsklausel vgl. BVerwG, UPR 1989, 108. 306 Vgl. BayOLG, NuR 1981, 73; BayVGH, ZfW 1980, 237; BadWürttVGH, ZfW 1980, 309; OVG Lüneburg NuR 1979, 158; OVG Rheinland-Pfalz, DÖV 1986, 116; OVG Münster ZfW 1988, 359 (360); NuR 1989, 93 m.w.N.; aus der Literatur: Gieseke/Wiedemann!Czychowski, WHG, § 31 Rdn. 6, 8; Sieder!Zeitler!Dahme, WHG, § 31 Rdn. 5 f.; Himmel, LWG RhPf/WHG, § 72 LWG/§ 31 WHG Rdn. 29; Roth, WHG, in: Wüsthoff/Kumpf, HdW, C 10 E, § 31 Rdn. 2 ff.; Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 178. 307 OVG Münster, NuR 1989, 90.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

139

rungen vorzunehmen308 • Das bedeutet: Bei einer Entlandung handelt es sich nur dann um eine reine Unterhaltungsmaßnahme, wenn die beabsichtigte Veränderung nur unbedeutend und ohne nennenswerte Wirkung auf die Gewässersituation bleibt309 • Manchmal soll durch eine Abgrabung der frühere Gewässerzustand wiederhergestellt werden. Gerade bei privaten Teichen oder Weihern findet man das häufig. In diesen Fällen kommt es entscheidend auf die zeitliche Komponente an310 • Besteht ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Veränderung und der Wiederherstellung des früheren Zustandes, handelt es sich in der Regel nicht um ein planfeststellungspflichtiges Vorhaben. Die Herstellung eines Zustandes, der bei den Unterhaltungsarbeiten lange Zeit hindurch außer acht gelassen worden ist, kann demgegenüber später nicht mehr verlangt werden311 , sondern bedarf als Ausbau der Planfeststellung. Entsprechendes gilt auch für den umgekehrten Fall. Eine als vorläufig geplante Wasserfläche wird zu einem oberirdischen Gewässer, wenn die Verfestigung eines Zustands über einen längeren Zeitraum hinweg erfolgt ist312 • Das bedeutet: Ist eine Verfestigung eingetreten, kann der Abgrabungsunternehmer auch dann einen Kiessee nicht mehr ohne einen neuen Planfeststellungsbescheid beseitigen, wenn er aufgrund des ursprünglichen Abgrabungsbescheides zur Wiederverfüllung des Sees verpflichtet gewesen wäre.

308 Salzwedel, Wasserrecht, in: v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 766; zur teilweisen Verfüllung eines Baches als Gewässerausbau vgl. OVG Münster, ZfW 1987, 191 (192). 309 VG Ansbach, NuR 1981, 177; Schind/er, NuR 1981, 161. 310 BayVGH, BayVBl. 1977, 86 f.; OVG Lüneburg, VerwRspr. 21, 925; Henneke, AgrarR 1989, 30. 311 Gieseke!Wiedemann!C:zychowski, WHG, § 31 Rdn. 6, § 28 Rdn. 4; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 642; Henneke, AgrarR 1989, 30; nach Schind/er, NuR 1981, 161 ist dafür das Verstreichen ,.vieler Jahre" erforderlich. In der Praxis sollte man den Ablauf von 3 bis 4 Jahren zugrundelegen; vgl. aber BayVGH, BayVBl. 1977, 86 in Bezug auf die Wiederherstellung eines Gewässerzustandes, wie er vor 1864 bestand. 312 BayVGH, NVwZ 1990, 995 m.w.N.; siehe auch unten m.2.a).

140

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen b) Abgrabungen als privat- oder gemeinnützige Ausbauvorhaben

Wegen der erheblichen rechtlichen und praktischen Unterschiede zwischen der privat- und gemeinnützigen Planfeststellung muß im Einzelfall immer geklärt werden, welche Art der Planfeststellung vorliegt. Schwierigkeiten lassen sich bei dieser Abgrenzung nicht immer ausschließen313 . Man denke nur daran, daß - was SalzwedeP14 zu Recht hervorhebt - ein protektionistisches Interesse des Staates an der Durchführung volkswirtschaftlich sinnvoller Maßnahmen hinter einer Vielzahl von Ausbauvorhaben steht.

aa) Abbau von Kies und Sand Dieses Problem wird besonders deutlich bei der Errichtung von Baggerseen im Rahmen des Kiesabbaus oder sonstiger Entnahmen von Bodenbestandteilen. Während bisher diese Ausbauvorhaben als die praxisrelevanten Anwendungsfälle einer privatnützigen Planfeststellung galten315 , geht Sellmann316 davon aus, daß eine Naßauskiesung durch einen privaten Unternehmer zu einer "gemeinnützigen Planfeststellung" führen könne, wenn sie für den Bau von öffentlichen Straßen oder Bahntrassen notwendig wird und deshalb wegen ihres unmittelbaren Zusammenhangs mit dem öffentlichen Vorha-

313 Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG, § 31 Rdn. 2; Schweer, Ztw 1980, 204. 314 Salzwedel, Wasserrecht, in: ders., Umweltrecht, S. 609; zustimmend Reckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 151; ähnlich Böttcher, Ztw 1983, 140. 315 Vgl. statt vieler: BVerwG, DVBI. 1979, 63 (66); DVBI. 1988, 961 (962); BadWürttVGH, NVwZ 1988, 380; ; Brohm, NJW 1980, 861; Wahl, DVBI. 1982, 57; Himmel, LWG RhPf/WHG, § 72 LWG/§ 31 WHG Rdn. 47; im Ergebnis ebenso Achenbach, Bedeutung der privatnützigen Planfeststellung, S. 81 , wonach der Begriff der Gemeinnützigkeit allerdings auch sehr weit zu verstehen ist (S. 42). 316 Sellmann, DVBI. 1987, 223; zustimmend Bender/Sparwasser, Umweltrecht, Rdn. 121; ähnlich Schulte, ZtB 1987, 198, wonach es nicht angehe, einen mit dem Bergbau verbundenen Gewässerausbau als privatnützig abzuqualiftzieren. Dieser Einwand ist insofern berechtigt, als der Bergbau wegen §§ 77 ff. BBergG im öffentlichen Interesse liegt. Eine entsprechende Regelung für den Abbau von Kies und Sand fehlt.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

141

ben zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe erfolgt. Voraussetzung sei allerdings, daß die Gemeinnützigkeit dauernd gesichert ist317 • Sellrnann ist zuzugeben, daß sich bei den Planfeststellungen zugunsten Privater unterscheiden lassen solche Vorhaben, die allein dem privaten Nutzen des Antragstellers dienen sollen und solche Vorhaben, bei denen der private Träger des Vorhabens öffentliche Aufgaben wahrnimmt oder bei denen das Vorhaben nicht nur im privaten Interesse, sondern zugleich im öffentlichen Interesse liegt318 • Nicht gefolgt werden kann aber seiner Auffassung, daß es sich bei dieser zuletzt genannten Fallgruppe um gemeinnützige Planfeststellungen Privater handeln soll. Das Bundesverwaltungsgericht319 hat zwar entschieden, daß privatnützig die Planfeststellung ist, die einen Ausbau betrifft, der "im alleinigen privaten Interesse des Ausbauunternehmers ausgeführt" wird. Hieraus kann jedoch nicht der Umkehrschluß gezogen werden, daß ein Vorhaben eines Privaten nicht mehr privatnützig ist, wenn es neben privaten Interessen auch der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dient. Das Merkmal "öffentliche Aufgaben" ist nämlich nicht gleichzusetzen mit dem Begriff des "öffentlichen Interesses", wie er vom Bundesverwaltungsgericht320 zur Beschreibung der gemeinnützigen Planfeststellung und vom Gesetz in § 31 Abs. 2 WHG verwendet wird321 • Der unbestimmte Rechtsbegriff "öffentliches Interesse" hat vielmehr die gleiche Bedeutung wie die Begriffe "Wohl der Allgemeinheit" oder "Gemeinwohl" 322 • Bei der Abgrenzung privatnützig/gemeinnützig ist daher auszugehen von der gemeinnützigen Planfeststellung und zu fragen, ob die Planung einen Gewässerausbau aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit betrifft. Immer wenn das verneint werden muß, liegt eine privatnützige Planfeststellung vor. Unerheblich ist dann, ob durch

317 Sellmann, DVBI. 1987, 226 a.E. schlägt vor, die Gemeinnützigkeit durch den Erlaß einer Nebenbestimmung zu sichern, wonach bei einer späteren ausschließlich privaten Nutzung der Planfeststellungsbeschluß fiir die Naßauskiesung unwirksam würde. 318 Sei/mann, DVBI. 1987, 223; ebenso Beckmann!Appold/Kuhlmann, DVBI. 1988, 1007. 319 BVerwG, DVBI. 1979, 63 (65) 320 BVerwG, DVBI. 1979, 63 (65): "Die im öffentlichen Interesse liegende gemeinnützige Planfeststellung". 321 Henseler, NuR 1982, 66; Dickschen, Raumordnungsverfahren, S. 228; a. A. Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG, § 6 Rdn. 20. 322 Vgl. Sieder!Zeitler/Dahme, WHG, § 31 Rdn. 50; Henseler, DVBI. 1982, 391; ders., NuR 1982, 391; Jarass , DÖV 1978, 23.

142

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

das - so festgestellte - privatnützige Vorhaben mittelbar auch öffentliche Aufgaben erfüllt werden können323• Gemeinnützig ist ein Vorhaben eines Privaten, "wenn es nach seinen generellen Zielen im abstrakten Sinne, gewissermaßen vom Typ her, dem Wohl der Allgemeinheit dient·324 • An anderer Stelle325 wurde bereits ausgeführt, daß der sachliche Schutzbereich der wasserrechtlichen Gemeinwohlklausel nur die Belange der Wasserwirtschaft sowie - wegen der damit verbundenen rechtlichen Verzahnung - die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege umfaßt. Nur diese Belange können zur Qualifizierung eines gemeinnützigen Gewässerausbaus führen326 • Hieraus folgt, daß eine Naßauskiesung durch einen Privatuntemehmer, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dient, eine gemeinnützige Planfeststellung nicht begründen kann327 •

bb) Feuchtbiotope und sonstige Teiche

Genauso kann die Frage beantwortet werden, ob die Errichtung eines Teiches zu Fischereizwecken genauso zu qualifizieren ist wie die Anlegung eines Teiches im Rahmen der von den meisten Bundesländern beabsichtigten und geförderten Vemetzung von Biotopen328 • Im ersten Fall dient die Abgrabung 323 Vgl. Leisner, DÖV 1970, 219; a.A. wohl VG Arnsberg, Ztw-Sonderheft 1986 Nr. 151. 324 BayVGH, Ztw 1980, 372 f.; BayVBI. 1988, 111; zustimmend Beckmann!Appold/Kuhlmann, DVBI. 1988, 1007 m.w.N. 325 Siehe oben 1.2. 326 Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 175 weist zutreffend darauf hin, daß dies in Rechtsprechung und Literatur bisher nicht problematisiert wurde. Insbesondere die Rechtsprechung hat auch sonstige Zwecke, die mit der Ordnung des Wasserhaushalts nichts zu tun haben, als Rechtfertigung fiir eine gemeinnützige Planfeststellung herangezogen; vgl. BayVGH, Ztw 1981, 310 fiir ein Vorhaben, das der Landesverteidigung diente; OVG Bremen, NuR 1986, 131 fiir die Schaffung eines durch Bebauungsplan vorgesehenen Gewerbebetriebs; OVG Münster, Ztw 1984, 295 fiir den Bau einer Bundesautobahn und einer Landstraße, allerdings im Rahmen eines nach§ 41 FlurbG durchgefiihrten Gewässerausbaus. 327 BayVGH, Ztw 1980, 238; Gieseke/Wiedemann!Czychowski, WHG, § 31 Rdn. 2; Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 175. 328 Vgl. z. B. in Rheinland-Pfalz den "Bericht der Landesregierung betr. Vernetzung von Biotopen" vom 27.11.1985, LT-DrS. 10/1920; dazu auch Salzwedel, 10 Jahre Bundesnaturschutzgesetz, S. 13 mit Hinweis auf die Forderungen des Rates von Sachverständigen fiir Umweltfragen zum Biotopverbundsystem in seinem Sondergutachten "Umweltprobleme der Landwirtschaft".

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

143

alleine privaten Interessen329 . Anders sind aber die genannten wasserrechtlichen Ausbauvorhaben zur Herstellung von Biotopen im Rahmen eines geschlossenen Flächenverbundes zu beurteilen. Hierdurch werden Aufgaben zum" Wohl der Allgemeinheit" erfüllt. Feuchbiotope sind nicht nur ein belebendes Element in der Landschaft, sondern tragen auch zur Verbesserung des Naturhaushalts bei. Hierzu gehören sowohl stehende wie fließende, natürliche wie künstlich geschaffene Gewässer. Sie sind häufig Mittel vielfältiger Erholungsaktivitäten, beeinflussen das Klima in der Regel positiv und sind gern. § 2 Abs. 1 Nr. 10 S. 2 BNatSchG Lebensstätten und Lebensräume der wildlebenden Tiere und Pflanzen und ihrer vielfältigen Lebensgemeinschaften330. Als gemeinnützige Ausbauvorhaben ist es bei ihnen möglich, entgegenstehende rechtlich geschützte private und öffentliche Belange bis hin zur Enteignung auszuräumen331 .

4. Die Entscheidung über die Planfeststellung Bei der Entscheidung über das Ausbauvorhaben ist zwischen der gemeinnützigen (dazu unter a) und der privatnützigen (dazu unter b) wasserrechtlichen Planfeststellung zu unterscheiden.

a) Gemeinnützige Planfeststellungsverfahren Während sich in herkömmlichen Verwaltungsrechtsbeziehungen - etwa der Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis - in zweipersonalen Rechtsverhältnissen einzelne Interessen wechselbezüglich gegenüberstehen332 , ist mit Hilfe der gemeinnützigen Planfeststellung rechtsgestaltend ein Interessengeflecht komplexer, miteinander verknüpfter öffentlicher und privater Belange 329 Schmidt, Umweltrecht, S. 63; aus der Rspr. vgl. BVerwG, NuR 1981, 25; OVG Münster, ZfW 1980, 250 (253); BayVGH, NuR 1980, 124; NuR 1986, 122; OVG Rheinland-Pfalz, NuR 1981, 29. 330 OVG Rheinland-Pfalz, NuR 1981, 29 (30); Kolodziejcok/Recken, Naturschutz und Landespflege, § 2 Rdn. 24; zum Begriff "Biotop" vgl. Heider, NuR 1989, 117 f. 331 Das gleiche gilt für die Renaturierung bereits früher ausgebauter Wasserflächen. 332 Vgl. Wahl, DVBI. 1982, 55; Weyreuther, BauR 1977, 298; Schröder, DÖV 1975, 310; Kügel, Planfeststellungsbeschluß, S. 123.

144

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

zum Ausgleich zu bringen333 • Das Planfeststellungsverfahren hat zum Ziel, das beabsichtigte Vorhaben unter Abwägung dieser Belange in den vorhandenen Raum einzupassen. Wesen dieser Planung ist die eigenverantwortliche Entscheidung über die Vorzugswürdigkeit, das Setzen von Prioritäten sowie das Zurückstellen einzelner Belange durch die Wasserbehörde. Das bedeutet: Die gemeinnützige wasserrechtliche Planfeststellung nach § 31 WHG erschöpft sich nicht in ihrer Zulassungs- und Gestaltungswirkung, sondern dient - wie es das Bundesverwaltungsgericht in nunmehr ständiger Rechtsprechung hervorhebt334 - auch in der Überwindung von rechtlich geschützten privaten und öffentlichen Belangen, die der festgestellten Planung und ihrer Verwirklichung entgegenstehen.

aa) Struktur und Entscheidungsstufen

Eine gemeinnützige Planfeststellung ist nur zulässig, wenn sie aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erfolgt. Auf die Erteilung der Planfeststellung besteht kein Rechtsanspruch335 • Den Wasserbehörden steht vielmehr für die Zulassung und Ausgestaltung eines Ausbauvorhabens ein Ermessen zu336, soweit sich aus den Landeswassergesetzen keine andere Regelung ergibt, insbesondere keine Verpflichtung zum Ausbau besteht337• Diese Ermessensentscheidung ist nicht nur durch ein einfaches Verwaltungsermessen gekennzeichnet, sondern durch das in seiner Struktur und seinen Voraussetzungen

333 Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 170; Kügel, Planfeststellungsbeschluß, S. 123 m.w.N. 334 BVerwGE 58, 281 (284 f.); 59, 253 (258 f.). 335 OVG Rheinland-Pfalz, Ztw 1973, 174 (176 ff.); Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG, § 31 Rdn. 28 m.w.N. 336 BayVGH, DVBI. 1976, 177 (178 f.); Sieder!Zeitler!Dahme, WHG, § 31 Rdn. 21 m.w.N. 337 Vgl. Breuer, RdWWi 20, 93; eine landesrechtliche Regelung der Ausbaupflicht findet sich in: § 63 WG BW; Art. 54 BayWG; §55 BlnWG; § 99 BremWG; § 62 HessWG; § 99 NdsWG; § 68 WG NW; § 69 RhPf LWG; § 60 SaariWG; §57 WG SH; § 47 HbgWG regelt nur die Befugnis zum Ausbau; muß ein Gewässer zweiter Ordnung zum Wohl der Allgemeinheit ausgebaut werden, so ist die Freie und Hansestadt Harnburg nach§ 47 Abs. 2 HbgWG zum Ausbau befugt, wenn die Unterhaltungspflichtigen von der Wasserbehörde dazu aufgefordert worden sind.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

145

weniger beschränkte Planungsermessen, das auch als planecisehe Gestaltungsfreiheit bezeichnet werden kann338 .

(1) Die planecisehe Gestaltungsfreiheit (a) Inhalt Das Bundesverwaltungsgericht hat die zur planerischen Gestaltungsfreiheit im Baurecht entwickelten Grundsätze auf die Planfeststellung des Fachplanungsrechts "ohne weiteres" übertragen339. Diese Gestaltungsfreiheit ergebe sich, obwohl weder in § 31 WHG noch in den landesrechtliehen Bestimmungen ausdrücklich erwähnt, "aus der Übertragung der Planungsbefugnis auf die Planfeststellungsbehörde in Verbindung mit der Erkenntnis, daß die Befugnis zur Planung ( ... ) einen mehr oder weniger ausgedehnten Spielraum an Gestaltungsfreiheit einschließt und einschließen muß, weil Planung ohne Planungsfreiheit ein Widerspruch in sich wäre·340•

338 Vgl. BVerwG, DVBI. 1979, 63 (65): Zentrales Element der Ermächtigung zur Planfeststellung sei "die (...) Einräumung eines Planungsermessens, das (... ) am zutreffendsten durch den Begriff der planerischen Gestaltungsfreiheit umschrieben ist"; vgl. auch OVG Münster, ZfW 1981, 52; VG Oldenburg, ZfW 1987, 255; BayVGH, BayVBI. 1988, 753; Erbguth/Püchel, NuR 1984, 210; Koch, DVBI. 1983, 1125 f.; Gieseke/Wiedemann/C:zychowski, WHG, § 31 Rdn. 28; Hoppe!Schlarmann, Rechtsschutz, Rdn. 138 f.; Schink, ZfW 1985, 9. 339 Vgl. fiir das Fernstraßenrecht BVerwGE 48, 56 (59); fiir das Wasserrecht BVerwG, DVBI. 1979, 63 (65); für das Abfallrecht BVerwG, DÖV 1980, 134; aus dem Schrifttum vgl. allgemein Haupt, Wasserrecht, in: Faber/Schneider, NdsStVwR, S. 425 f.; Erbguth, Jura 1988, 562; Badura, Verwaltungsverfahren, in: Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 447 f.; Kühling, Fachplanungsrecht, Rdn. 180; ders., DVBI. 1989, 221; Koch, DVBI. 1989, 399. Steinberg, DVBI. 1992, 1503 will zwischen dem Bereich der Raumgestaltung durch planecisehe Tätigkeit (wie z. B. der Straßenbau) und dem Bereich des Anlagenrechts (z. B. Abfallentsorgungsanlagen) unterscheiden und für letzteren das aus dem Baurecht entwickelte raumplanungsspezifische Prüfungssystem nur noch mit Einschränkungen anwenden. 340 BVerwGE 55, 220 (225 f.); ebenso für das Bauplanungsrecht BVerwGE 34, 301 (304); für das Fernstraßenrecht BVerwGE 48, 56 (59). 10 Büllesbach

146

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen (b) Kritik an der Rechtsprechung

Diese Auffassung ist nicht unbestritten geblieben. Börger341 hat darauf hingewiesen, daß bei einer solchen Übertragung nicht genügend berücksichtigt werde, daß das Recht der Bauleitplanung im Gegensatz zur Fachplanung auf der den Gemeinden verfassungsrechtlich garantierten Planungshoheit beruhe und daß das Bundesverwaltungsgericht in der grundlegenden Entscheidung zur Bauleitplanung342 gerade aus der Planungshoheit die Einräumung des Planungsermessens abgeleitet habe. Der Bebauungsplan der Gemeinde habe als Satzung eine gänzlich andere Legitimationswirkung als der Planfeststellungsbeschluß der Fachbehörde. Andere Teile der Literatur setzen ihre Kritik an dem Umstand an, daß die Planfeststellungsbehörde nicht selbst plant, sondern lediglich die Planung des privaten oder öffentlichen Trägers kontrolliert343 • Die Wasserbehörde werde deshalb nicht selbst gestaltend tätig und könne den vom Ausbauunternehmer aufgestellten Plan ohne dessen Antrag nicht ändern, sondern eine solche Änderung allenfalls anregen344 •

(c) Stellungnahme

Diese Kritik kann nicht überzeugen. Es ist zwar richtig, daß die "planerische Gestaltungsfreiheit" ihren Ursprung im Bauplanungsrecht hat. Nicht 341 Börger, Planungs- und Genehmigungsentscheidungen, S. 257; zustimmend Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 146; wohl auch Blumenberg, DVBI. 1989, 87. 342 BVerwGE 34, 301 (305); 45, 309 (312). 343 Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, S. 279; Stortz, ZfW 1979, 51; Bullinger/Finkenbeiner, WG BW, § 64 Anm. 8; die Übertragbarkeit der Abwägungsfehlerlehre auf das Fachplanungsrecht wird auch bezweifelt von Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 372; ders., Rechtssystematische Grundfragen des Umweltrechts, S. 352; ders., DVBI. 1992, 401; Bender!Sparwasser, Umweltrecht, Rdn. 133 Fn. 27. Vgl. auch Weidemann, DVBI. 1994, 265. "Der Kardinalfehler der Rechtsprechung ist und bleibt, daß die Grundsätze der bauleitplanerischen Abwägung undifferenziert auf sämtliche Planfeststellungsentscheidungen übertragen wurden (...). Es war und ist ja die pauschale Übertragung des "Abwägungseintopfes" auf fachplanerische Zulassungstatbestände, die zu den Entscheidungen geführt hat, die der Gesetzgeber ausdrücklich wieder abschaffen will (... )." 344 Böttcher, ZfW 1983, 139; Meyer in: Meyer!Borgs, VwVfG, § 76 Rdn. 4; § 73 Rdn. 57,§ 73 Rdn. 7.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

147

bezweifelt werden kann auch, daß der planende Unternehmer bei der wasserrechtlichen Planfeststellung häufig nicht mit der den Plan feststellenden Wasserbehörde identisch ist. Unstreitig ist jedoch auch, daß durch die gemeinnützige Planfeststellung die Eigentumspositionen Dritter nachteilig berührt werden können. Das macht ungeachtet der Unterschiede zwischen dem Bauplanungs- und dem Wasserrecht die Abwägungserheblichkeit auS. Und diese wiederum nötigt die Wasserbehörden dazu, sich über die Tatsachen und den objektiven Umfang der Eigentumsbelastung, über deren Gewicht für den Betroffenen sowie über die Notwendigkeit des Eingriffs für das Planvorhaben umfassend klarzuwerden. Das rechtliche Instrument hierfür ist das Planungsermessen. Auch ein dogmatischer Gesichtspunkt gebietet es, den Wasserbehörden bei ihrer Entscheidung über das Ausbauvorhaben ein Planungsermessen, und nicht nur ein einfaches Verwaltungsermessen345 zuzubilligen. Das Verwaltungsermessen ist bei Genehmigungsvorschriften mit Ermessensspielraum auf Normvollzug derart angelegt, daß nach dem Wenn-Dann-Schema aufgrund der konditionalen Programmierung unter Ermessensvorschriften subsumiert wird, wobei das Ermessen normstrukturell auf die Rechtsfolgenseite beschränkt ist346 • Die Planfeststellungsverfahren sind demgegenüber Ausdruck der finalen Programmierung der Fachplanungsgesetze347 • Ausgehend 345 Zu den qualitativen Unterschieden zwischen der planerischen Gestaltungsfreiheit und der Ermessensausübung vgl. BVerwGE 34, 301 (304); 48, 56 (59); Weyreuther, BauR 1977, 302 f.; Hoppe, Planung und Pläne, S. 748; Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 368; Ronellenfitsch, VerwArch 1986, 188; Blumenberg, DVBI. 1989, 87; kritisch Schmidt-Aßmann, VVDStRL 34, 251 f.; ders., in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 1 Rdn. 306; Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 145 f.; ders., DÖV 1987, 647; Koch/Hosch, Baurecht, S. 150 ff.; vgl. auch Erbguth, DVBI. 1986, 1232; Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 10, die auf eine Annäherung der Standpunkte verweisen. 346 Vgl. zur Festlegung des Ermessensbegriffs auf das Rechtsfolgeermessen grundlegend: BVerwGE 16, 116 (129); Bachof, JZ 1955, 97 f.; vgl. auch Woljf/Bachof, Verwaltungsrecht I, S. 194; Erichsen, Verwaltungshandeln, in: Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 209; Forsthoff, Verwaltungsrecht, S. 87; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 99; Stelkens, in: Stelkens!Bonk/Leonhardt, VwVfG, § 40 Rdn. 12 m.w.N.; anders die "Tatbestandsergänzungslehre", die im Ermessen die Befugnis zur Tatbestandsergänzung sieht, vgl. Koch, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 138 ff.; ders., DVBI. 1983, 1125 ff.; Bult, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rdn. 465; kritisch dazu Ronellenjitsch, VerwArch 1986, 188. 347 Kügel, Planfeststellungsbeschluß, S. 120 f.; Ernst/Hoppe, Baurecht, Rdn. 312 a; Wahl, Rechtsfragen, S. 48, 86; Badura, Planungsermessen, S. 165 ff.; Gegner, Abschnittsweise Planfeststellung, S. 146 f.

148

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

vom Zweck-Mittel-Schema setzen die Fachplanungsgesetze Ziele und bezeichnen die Mittel zu ihrer Verwirklichung348 • Deshalb hat die nach außen entscheidende Fachbehörde - hier die Wasserbehörde - erheblich mehr Entscheidungsalternativen als bei der Anwendung von konditional strukturierten Normen349 • Eine schöpferisch-gestaltende und zukunftsorientierte Planung, wie sie das raumbedeutsame wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren darstellt, würde mit der Auswahl zwischen verschiedenen zulässigen Rechtsfolgen nicht voll erfaßt350 . Die rechtliche Anerkennung einer planensehen Gestaltungsfreiheit dient gerade dazu, die planensehe Abwägungsentscheidung vor einer unbedachten Deutung als Rechtsfolgeermessen zu bewahren35I. Bei einer gemeinnützigen wasserrechtlichen Planfeststellung hat die Wasserbehörde damit eine planensehe GestaltungsfreiheiL

(2) Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit

Die planensehe Gestaltungsfreiheit ist aus rechtsstaatliehen Gründen rechtlichen Bindungen unterworfen352 . Danach 1. bedarf die Planfeststellung einer der allgemeinen Zielsetzung des zugrunde liegenden Planungsgesetzes entsprechende Rechtfertigung, da durch sie in individuelle Rechtspositionen eingegriffen werden kann;

348 Gassner, DVBI. 1984, 704; Badura, Verwaltungsverfahren, in: Erichsen!Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 443 ff., 447; Kühling, Fachplanungsrecht, Rdn. 9; Gegner, Abschnittsweise Planfeststellung, S. 149; Schmidt-Aßmann, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BBauG, § 1 Rdn. 305; Blumenberg, DVBI. 1989, 87. 349 Gegner, Abschnittsweise Planfeststellung, S. 147. 35° Vgl. dazu allgemein Blumenberg, DVBI. 1989, 87. 351 Weyreuther, BauR 1977, 303. 352 Für die straßenrechtliche Planfeststellung grundlegend: BVerwGE 48, 56 (59); 61, 295 (301); für die Planfeststellung nach§ 31 WHG grundlegend: BVerwGE 55, 220 = DVBI. 1979, 63 (67); ferner: BVerwG, NVwZ 1985, 340; VG Oldenburg, ZfW 1987, 255; zusammenfassend: BVerfG, ZfW 1986, 292 (294 ff.) m.w.N.; aus deni Schrifttum vgl. Erbguth/Schink, UVP-Kommentar, § 12 Rdn. 58; Badura, Verwaltungsverfahren, in: Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 447 f.; Hannuschke/Ley/Prümm, Baurecht für Rheinland-Pfalz, S. 45 ff.; Funke, DVBI. 1987, 511; Erbguth, Jura 1988, 562 m.w.N.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

149

2. muß sich die Planung an den im WHG und den Landeswassergesetzen zum Ausdruck kommenden Planungsleitsätzen ausrichten; 3. steht alles das, was die Planfeststellungsbehörde unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Voraussetzungen planerisch entscheidet, unter jenen Beschränkungen, die sich aus den Anforderungen des Abwägungsgebots ergeben353 • Diese Grenzen der Planungsfreiheit sind vom Bundesverwaltungsgericht und in der Rechtslehre wiederholt und ausführlich erörtert worden354 • Es bedarf daher im folgenden nur eines kursorischen Überblicks und eines näheren Eingehens auf neuere Entwicklungen in Rechtsprechung und Lehre.

bb) Die Planrechtfertigung

Diese erste Schranke der planerischen Gestaltungsfreiheit ergibt sich aus der Erwägung, "daß eine hoheitliche Planung ihre Rechtfertigung nicht etwa schon in sich trägt, sondern im Hinblick auf die von ihr ausgehenden Einwirkungen auf Rechte Dritter für die jeweilige konkrete Planungsmaßnahme rechtfertigungsbedürftig ist" 355 • Mit dem Bundesverwaltungsgericht356 ist hier in sehr allgemein gehaltener Definition davon auszugehen, daß eine Planung "nicht erst bei Unausweichlichkeit" 357, sondern dann gerechtfertigt ist, wenn 353 Bei der straßenrechtlichen ist wie bei der wasserstraßenrechtlichen Planfeststellung noch eine Stufe über die Entscheidung über den Standort und die Linienführung vorgeschaltet, vgl. BVerwGE 48, 56 (59); Dürr, UPR 1993, 167; diese Stufe entfällt bei der wasserwirtschaftliehen Planfeststellung, vgl. Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 692. 354 Vgl. zuletzt etwa BVerwG, NVwZ 1985, 736 (737); aus der Rechtslehre: Hoppe/Schlarmann, Rechtsschutz, Rdn. 138 ff.; Böttcher, ZfW 1983, 133 ff.; Steinberg, NVwZ 1986, 900; Kuschnerus, DÖV 1987, 411; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 694 f. 355 BVerwG, NJW 1979, 64 (65) m.w.N.; zur Herleitung der Planrechtfertigung aus Art. 14 GG vgl. ausführlich Niehues, WiVerw. 1985, 250; gegen eine Qualifizierung der Planrechtfertigung als eigenständige Rechtmäßigkeitsvoraussetzung neben dem Abwägungsgebot vgl. Paßlick, Ziele der Raumordnung, S. 140; Heinze, NVwZ 1986, 88; zweifelnd auch Wahl, NVwZ 1990, 434. 356 Vgl. zuletzt BVerwG, NVwZ 1991, 69; in BVerwGE 85,44 (51) wird demgegenüber ausdrücklich offengelassen, ob es einer besonderen Prüfung der Planrechtfertigung überhaupt bedürfe oder ob die dabei anzustellenden Überlegungen im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen seien. 357 BVerwGE 56, 110 (119).

150

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

sie objektiv erforderlich358 und das Vorhaben "vernünftigerweise geboten" ist359 • Das ist dann der Fall, wenn es der Zielbestimmung des jeweils maßgebenden Fachplanungsgesetzes - hier: der Wassergesetze - mit hinreichender Plausibilität dient360 • Hieraus folgt, daß auf dieser Ebene nur "offensichtlich untaugliche Ziel-Mittel-Relationen oder Verstöße gegen höherrangige Ziele zu einem Rechtsfehler führen" 361 • An der rechtlichen Planungsschranke der Planrechtfertigung scheitert ein Vorhaben auch dann, wenn "es sinnvoll und zweckmäßiger unterbleiben kann" 362 • Damit wird deutlich, daß auf der Stufe der Planrechtfertigung eine wesentliche Einschränkung der planensehen Gestaltungsfreiheit selten eintritt und demgemäß eine effektive verwaltungsrechtliche Kontrolle kaum möglich ist363 • Auf der Ebene der allgemeinen Planrechtfertigung können daher Belange, die gegen das Vorhaben sprechen, sich aber noch nicht unmittelbar an der fachgesetzlichen Zielsetzung ableiten, noch nicht ihr Gewicht entfalten. So wird insbesondere für die Belange des Umweltschutzes betont, daß sie nicht zur Prüfung der allgemeinen Rechtfertigung des Planungsvorhabens herangezogen werden können364 • Nicht ausreichend ist auch, wenn die Planung Ziel358 BVerwGE 48, 56 (60 f.); OVG Münster, ZfW 1985, 187; BadWürttVGH, ZfW 1986, 315 (316); OVG Bremen, ZfW 1987, 43 (45); Himmel, LWG RhPf/WHG, § 72 LWG/§ 31 WHG Rdn. 59; nach BVerwGE 75, 214 (238) wird jedoch klargestellt, daß eine substantielle Prüfung der Erforderlichkeit eines Vorhabens erst im Zusammenhang des Abwägungsgebotes möglich ist; zustimmend Kühling, DVBI. 1989, 223. 359 BVerwGE 56, 110 (119 f.); 72, 282 (284); 85, 44 (51); OVG Bremen, ZfW 1987, 43 (45). 360 BVerwGE 71 , 166 = NJW 1986, 80; BadWürttVGH, NVwZ 1990, 487 (489); Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 176 f.; Kühling, DVBI. 1989, 223; nach BadWürttVGH, NuR 1987, 31 finden sich solche Planungsziele etwa in§§ 1 a Abs. 1, 28 Abs. 1, 36 Abs. 2 S. 1 WHG; vgl. VG Minden, ZfW-Sonderheft 1987 Nr. 151; VG Regensburg, NuR 1982, 76. 361 Schlarmann, Rechtskontrolle, S. 15 f. ; Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 140; Niehues, WiVerw. 1985, 253. 362 BVerwG, NVwZ 1989, 149. 363 Vgl. Steinberg, NVwZ 1986, 813; Kühling, Fachplanungsrecht, Rdn. 166 ff.; anders wohl BVerwG, NJW 1986, 1508 (1509); BVerwG, NJW 1975, 1373 (1374) hatte den Umfang verwaltungsgerichtlicher Kontrolle der Planrechtfertigung ausdrücklich offengelassen. 364 Schlarmann , Rechtskontrolle, S. 16; Erbguth/Püchel, NuR 1984, 210; vgl. aber BVerwG, NVwZ 1987, 578 (583), wonach §50 BhnSchG auch bei der Bauleitplanung zu berücksichtigen ist. Aus der Entscheidung folgt, daß der Prüfungskatalog der Planrechtfertigung um die in dem jeweiligen Fachgesetz normierten als auch darüber hinaus geltenden Anforderungen des Umweltschutzes erweitert wird. Auf der

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

151

setzungen wie der Arbeitsbeschaffung oder der Aufwertung bestimmter Liegenschaften dient365 • Das bedeutet, daß eine Planung auch dann erforderlich sein kann, wenn sie in krassem Widerspruch zu anderen öffentlichen Belangen steht366 • Die für und gegen das Vorhaben streitenden öffentlichen und privaten Belange gehen in die Abwägung ein und sind erst auf dieser Stufe von den Verwaltungsgerichten zu überprüfen.

cc) Die Planungsleitsätze

Neben den generellen Planungszielen sind bei den Planungen auch konkrete Planungsleitsätze zu beachten. Dabei ist es nicht immer leicht, diese beiden Planungsschranken scharf voneinander zu trennen367• Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts enthalten diejenigen gesetzlichen Vorschriften einen Planungsleitsatz, die bei der öffentlichen Planung strikte Beachtung verlangen und deswegen nicht durch planerische Ebene der Planrechtfertigung haben dabei allerdings nur die der Planungsentscheidung günstigen Umweltbelange Bedeutung. Die übrigen Belange sind nach dieser Rspr. auch weiterhin auf der Stufe der Abwägung zu berücksichtigen. Diese Doppelfunktionalität der Umweltbelange ist bedenklich; kritisch auch Blumenberg, DVBI. 1989, 92. 365 BVerwG, DVBI. 1985, 900 (901). 366 Zutreffend sieht daher Steinberg, NVwZ 1986, 812 in der Planrechtfertigung eine grobe Schranke der planerischen GestaltungsfreiheiL 367 Vgl. BVerwG, DVBI. 1979, 63 (65): "Bei der gemeinnützigen Planfeststellung ist dem planerischen Abwägen vorausgesetzt die positive Beantwortung der Frage, ob der Erlaß des (... ) Planfeststellungsbeschlusses nach Maßgabe der gesetzlichen Planungszieles und gesetzlicher Planungsleitsätze im konkreten Fall gerechtfertigt ist"; zur Überschneidung der beiden Planungsstufen in begrifflicher Hinsicht bei der straßenrechtlichen Planfeststellung: BVerwG, DVBI. 1975, 713 (716); BadWürttVGH, ESVGH 31, 197; Schlarmann, Rechtskontrolle, S. 14, 18; Erbguth/Püchel, NuR 1984, 210; vgl. auch Lorenz, VBlBW 1984, 340, wonach die Planungsleitsätze "zwar theoretisch vom Aspekt der Erforderlichkeil zu unterscheiden sind, praktisch aber (...) Gesichtspunkte zur Rechtfertigung des Planes liefern und deshalb von diesen nicht immer streng getrennt werden können"; kritisch hierzu und zur uneinheitlich gewordenen Terminologie Steinberg, NVwZ 1986, 812 ff.; für einen Verzicht auf das Merkmal der "Pianungsleitsätze" als eine neben dem Abwägungsgebot stehende eigenständige Planungsschranke: Kuschnerus, DÖV 1987, 411; Erbguth, Jura 1988, 562; Wahl, NVwZ 1990, 435; Steinberg, DVBI. 1992, 1502; zweifelnd Hoppe, DVBI. 1992, 854, 856. Die praktische Bedeutung der Unterscheidung wird allerdings von Dürr, UPR 1991, 88 herausgestellt.

152

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Abwägung überwunden werden können368 • Planungsleitsätze in diesem Sinne können sich sowohl aus den Wassergesetzen als auch aus anderen Gesetzen ergeben369 • Für alle wasserrechtlichen Planfeststellungen gilt daher nach §§ 31, 6 WHG und den einschlägigen Bestimmungen der Landeswassergesetze als Leitsatz, daß die Zulassung des Ausbaues zwingend zu versagen ist, wenn von dem Ausbau eine Beeinträchtigung überwiegender Belange des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten ist, die nicht durch Nebenbestimmungen verhütet oder ausgeglichen werden kann370 • Die wasserwirtschaftsrechtliche Planfeststellung ist auch an die beiden Planungsleitsätze des § 31 Abs. 1 a WHG gebunden371 • § 31 Abs. 1 a 1. Alt. WHG verlangt bei der Ausbauplanung die Beachtung von Bild und Erholungseignung der Gewässerlandschaft in der Linienführung und der Bauweise. Nach der 2. Alt. der Vorschrift sind Erhaltung und Verbesserung des Selbstreinigungsvermögens der Gewässer zu beachten. Zu den Planungsleitsätzen zählen auch die "materiellen Grundentscheidungen" der§§ 26 und 34 WHG372 , wonach das Vorhaben nicht zu einer Verunreinigung des auszubauenden Gewässers oder des Grundwassers führen darf. Ein Planungsleitsatz ergibt sich schließlich noch aus § 1 a Abs. 2 WHG, 368 BVerwGE 71, 163 (165) = NuR 1985, 320 (321); vgl. auch BadWürttVGH, UPR 1988, 181 (182); Peters, DÖV 1988, 60; Blumenberg, DVBI. 1989, 92; zur Bedeutung der Planungsleitsätze auf die Umweltverträglichkeitsprüfung vgl. Erbguth/Schink, UVP-Kommentar, § 12 Rdn. 64. 369 In der Literatur wird teilweise im Anschluß an BVerwGE 48 (56, 59, 62 f.) terminologisch unterschieden zwischen internen Planungsleitsätzen, die in dem anzuwendenden Fachplanungsgesetz enthalten sind, und externen, d.h. in anderen Gesetzen normierten, aber bei der Fachplanung anzuwendenden Planungsleitsätzen, vgl. Peters, DÖV 1988, 60; Erbguth/Püchel, NuR 1984, 21.1 m.w.N.; zutreffend weist jedoch Steinberg, NVwZ 1986, 814 und DVBI. 1992, 1501, darauf hin, daß wegen einer ungerechtfertigten Bevorzugung unmittelbarer fachbezogener Leitsätze zwischen den beiden Arten der Planungsleitsätze kein "prinzipieller Unterschied" bestehen darf und faktisch auch nicht mehr besteht; so auch bei Unterschieden im einzelnen Schmidt-Aßmann, VVDStRL 34,221 ff.; Hoppe, DVBI. 1977, 141. 370 Vgl. Schink, ZfW 1985, 11; Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 140. 371 Sieder!Zeitler/Dahme, WHG, § 31 Rdn. 41 b, c, d; Schink, ZfW 1985, 11; Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG, § 31 Rdn. 24 f.; Peters, UPR 1988, 329; a.A. VG Minden, ZfW-Sonderheft 1987 Nr. 151; Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 180, 376. 372 Gieseke!Wiedemann/Czychowski, WHG, § 26 Rdn. 1; Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 177, 179.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

153

wonach eine Pflicht zur Verhütung von Verunreinigungen des Wassers ausgesprochen wird373 • Keine Planungsleitsätze sind gesetzliche Regelungen, die lediglich Zielvorgaben für den Planer enthalten und dadurch erkennen lassen, daß diese Zielsetzung bei öffentlichen Planungen im Konflikt mit anderen Zielen zumindest teilweise zurücktreten können374 • Typisch dafür sind Regelungen mit einem Optimierungsgebot, das eine möglichst weitgehende Beachtung bestimmter Belange fordert375 • Als Beispiele nennt das Bundesverwaltungsgericht die § 2 Abs. 1 BNatSchG, § 1 Abs. 1 S. 1 FStrG und § 50 BlmSchG376• Lange Zeit war höchstrichterlich nicht die bei einer Vielzahl von Abgrabungen bedeutsame Frage entschieden, ob sich bindende Planungsleitsätze für den Gewässerausbau auch aus den naturschutzrechtlichen Grundsätzen für Eingriffe in Natur und Landschaft (§ 8 BNatSchG i.V.m. den Ausfüllungsvorschriften der Natur- und Landschaftspflegegesetze der Länder) ergeben. Diese Frage war umstritten. Während teilweise377 der naturschutzrechtlichen Eingriffsklausel die Stellung eines Planungsleitsatzes gegeben wird, sehen

373 Steinberg, NVwZ 1986, 814; Peters, UPR 1988, 329; Kodal!Krämer, Straßenrecht, Rdn. 283; a.A. Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 141. 374 Vgl. BVerwG, NuR 1985, 320 (321); zustimmend Gaentzsch, NuR 1986, 92; Blumenberg, DVBI. 1989, 92. 375 Vgl. BVerwG, NuR 1985, 320 (321); Bender!Sparwasser, Umweltrecht, Rdn. 128. Um zu verhindern, daß der Berücksichtigungskonflikt einfacher Belange nicht lediglich auf eine neugeschaffene Stufe transformiert wird, sollte der Gesetzgeber nicht zuviele Normen als Optimierungsgebote ausgestalten, so Steinberg, DVBI. 1503; Hoppe, DVBI. 1992, 861. 376 BVerwG, NuR 1985, 320 (321); vgl. auch Niermann, Betriebsplan und Planfeststellung im Bergrecht, S. 238, wonach die Rohstoffsicherungsklausel des § 48 Abs. 1 S. 2 BBergG keinen Planungsleitsatz, sondern ein Optimierungsgebot beinhalte. 377 Ygl. Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 696; Gaentzsch, NuR 1986, 92; Pielow, NuR 1987, 167; Pickert, BayVBI. 1978, 685; Schultze, NuR 1986, 109; Salzwedel, NuR 1984, 170; Paetow, NuR 1986, 147; Steinberg, NVwZ 1986, 814; Peters, UPR 1988, 329; Soell, Naturschutzrecht, in: Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts, S. 523.; wohl auch Schink, Ztw 1985, 14; Sander, NuR 1986, 320; differenzierend Erbguth/Schink, UVP-Kommentar, § 12 Rdn. 68; Schink, NWVBI. 1991, 74; ders., DVBI. 1992, 1392 f. und Schomerus, Defizite im Naturschutzrecht, S. 61 f., die§ 8 Abs. 2 S. 1 BNatSchG als Planungsleitsatz qualifiZieren und die dritte Stufe der Eingriffsregelung gern. § 8 Abs. 3 BNatSchG im Rahmen der Abwägung berücksichtigen wollen; so wohl auch Berkemann, NuR 1993, 102.

154

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

andere318 hierin lediglich eine gesetzliche Regelung mit Optimierungsgebot, die erst im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Streitfrage in seinem Urteil vom 21.08.1990 dahingehend entschieden379, daß das in § 8 Abs. 2 und 3 BNatSchG enthaltene Minimierungsgebot für Eingriffe, die zu unvermeidbaren Beeinträchtigungen führen, keinen Planungsleitsatz, sondern ein in der Abwägung überwindbares Optimierungsgebot darstellt. In seinem Urteil vom 30.10.1992 hat das Bundesverwaltungsgericht dies korrigiert und festgestellt, daß es sich bei dem Gebot, im Falle der Unvermeidbarkeil des Eingriffs mögliche Ausgleichsmaßnahmen zu schaffen, um striktes Recht handelt, das nicht Gegenstand planenscher Abwägung sein kann. Ebenfalls striktes Recht ist das naturschutzrechtliche Gebot, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft durch Eingriffe zu unterlassen380 • Zur Klarstellung weist das Gericht allerdings darauf hin, daß von den strikten Geboten die spezifische naturschutzrechtliche Abwägung nach § 8 Abs. 3 BNatSchG zu unterscheiden sei. Diese unterliege nur eingeschränkt gerichtlicher Kontrolle381.

Bei der Stellungnahme zu dieser Streitfrage ist von folgendem auszugehen: Entscheidend für die Einordnung einer materiellrechtlichen Vorschrift als zwingenden Planungsleitsatz oder als Abwägungselement ist ihr Inhalt und ihr Geltungsanspruch382 • Um beides feststellen zu können, muß § 8 378 Schroeter, DVBI. 1979, 17 f.; Erbguth/Püchel, NuR 1984, 214; Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 141; Ronellenfttsch, NuR 1986, 288; ders., VerwArch 1986, 192; ders., VerwArch 1989, 122; Gassner, UPR 1988, 323; Pfeifer, DVBI. 1989, 343 Fn. 96; lbler, NuR 1989, 250; Ehrlein, VBlBW 1990, 125 m.w.N.; aus der Rspr. vgl. OVG Rheinland-Pfalz, NuR 1991, 189; VG Arnsberg, ZfW-Sonderheft 1986 Nr. 151; BadWürttVGH, VBIBW 1989, 61 (62), NVwZ 1992, 998 und zuletzt NVwZ 1993, 595 (596); BayVGH, NuR 1981, 64 (66); wohl auch Wahl, NVwZ 1990, 438. Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 209 will § 8 BNatSchG zwar nicht die Qualität eines Planungsleitsatzes, der Vorschrift jedoch bei der Abwägung gegenüber den sonstigen abwägungserheblichen Belangen eine besondere Bedeutung zukommen lassen. 379 Vgl. BVerwG, NVwZ 1991, 69 (70). Nach Berkemann, NuR 1993, 101 hat das Bundesverwaltungsgericht mit dieser Entscheidung "den letzten Rest an Klarheit beseitigt". 380 Vgl. BVerwG, NVwZ 1993, 565. 381 BVerwG, NVwZ 1993, 565 (569) im Anschluß an BVerwGE 85, 348 (362). 382 Vgl. Gaentzsch, NuR 1986, 91; Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 233.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

155

BNatSchG ausgelegt werden. Der Gesetzeswortlaut scheint für eine gesetzliche Regelung mit Optimierungsgebot zu sprechen, das erst auf der Abwägungsstufe Bedeutung erlangt. Aus § 8 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 BNatSchG ergibt sich, daß hier eine Abwägungsklausel eingeführt worden ist. Hieraus jedoch zu schließen, daß eine solche Norm die an einen Planungsleitsatz gestellten Anforderungen nicht zu leisten in der Lage ist383, ist verfehlt. § 8 Abs. 2 BNatSchG statuiert selbst dann, wenn die Verfolgung des eigentlichen wasserwirtschaftliehen Ziels Vorrang vor den Belangen des Naturschutzes und der Landespflege hat, ein Minimierungsgebot im Hinblick auf die Vermeidung von Beeinträchtigungen und - bei unvermeidbaren Beeinträchtigungen - ein Gebot im Hinblick auf einen Ausgleich und schließlich - bei nicht vermeidbaren und nicht ausgleichbaren Eingriffen - nach Maßgabe des Landesrechts ein Gebot, Ersatzmaßnahmen oder, falls dies nicht möglich ist, Ausgleichszahlungen anzuordnen. Die Belange des Naturschutzes und der Landespflege sind damit wegen ihrer Vermeidungs- und Ausgleichspflicht keine einfachen Abwägungsbelange, die im Konflikt mit anderen Zielen folgenlos zurückgestellt werden können, wenn sie im Einzelfall weniger gewichtig sind als die Verwirklichung von wasserwirtschaftliehen Zielen.

dd) Das Abwägungsgebot

Die planerische Gestaltungsfreiheit wird schließlich begrenzt durch das Abwägungsgebot, das teils in einigen Gesetzen ausdrücklich geregelt ist384 und teils als Ausdruck des aus dem Rechtsstaatsgebots fließenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Geltung beansprucht385 • Dahinter steht der Gedanke, daß es zwischen den verschiedenen Planungsgrundsätzen häufig zu nicht verSo Erbguth/Püchel, NuR 1984, 215. Vgl. § 1 Abs. 6 BauGB, § 2 Abs. 2 BNatSchG; § 17 Abs. 1 S. 2 FStrG; zur Differenzierung innerhalb dieser Gruppe BVerwGE 71, 150; Ronellenfitsch, VerwArch 1986, 186 f. 385 So std. Rspr., vgl. u.a. BVerwGE 64, 347 (350); 56, 110 (122); 48, 56 (63); bezüglich des wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahrens vgl. BVerwG, DVBI. 1979, 63 (65); BadWürttVGH, NVwZ 1990, 994; aus der Literatur vgl. Gassner, DVBI. 1984, 704; Erbguth, Jura 1988, 562; Hoppe!Schlarmann, Rechtsschutz, Rdn. 179; Ronellenfitsch, Planungsrecht, S. 8; Blumenberg, DVBI. 1989, 87; zu Ursprung und Entwicklung des Abwägungsgebots und dessen verfassungsrechtliche dogmatische Einordnung ausführlich: Böttcher, Abwägungsgebot in der wasserrechtlichen Fachplanung, S. 194 ff., 204 ff. 383

384

156

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

meidbaren Überschneidungen und Divergenzen kommt. Gerade bei Abgrabungen findet man dies in der Regel. Da die Wasserbehörden die Interessen (=Belange) alle berücksichtigen müssen, bedeutet dies, daß im konkreten Fall die Behörde die wesentlichen Belange erkennen, sie in Betracht ziehen und zwischen ihnen eine gestaltende Abwägung durchführen muß386 . Auf dieser dritten Stufe sind also die betroffenen öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander abzuwägen, um dadurch eine inhaltlich in sich ausgewogene Planung zu erreichen387 •

(1) Die Abwägungsfehlerlehre

Zentraler Bestandteil des Abwägungsgebots ist die Abwägungsfehlerlehre388. Bei der planefischen Abwägung ist danach eine Verletzung des Abwä-

gungsgebots389 anzunehmen, wenn

386 Bei der gestaltenden Abwägung werden die einzelnen öffentlichen und privaten Belange in eine Gesamtbetrachtung eingebracht und eingefügt, also in eine umfassende Bewertung eingeschmolzen. Dem steht gegenüber die nachvollziehende Abwägung. Diese steht für ein Entscheidungsmuster von sehr viel engeren Ausmaßen: Es geht darum, inwieweit ein bestimmter, für sich feststehender Belang im Vergleich zu einem oder einer Reihe jeweils isolierter anderer Belange für sich genommen durchsetzungsfähig ist. Eine Kompensation zwischen unterschiedlichen öffentlichen und privaten Interessen ist nicht zulässig. Beispiel hierfür ist die Abwägung bei der Genehmigung von Außenbereichsvorhaben nach § 35 BauGB; zur Unterscheidung der nachvollziehenden von der gestaltenden Abwägung vgl. BVerwG, NVwZ 1988, 1020; BadWürttVGH, ZfW 1983, 172; Weyreuther, DÖV 1977, 419 ff.; ders ., BauR 1977, 297; Wahl, DVBI. 1982, 55; Kühling, DVBI. 1989,221. 387 So für die wasserwirtschaftliche gemeinnützige Planfeststellung: OVG Bremen, ZfW 1987, 44; für die wasserstraßenrechtliche Planfeststellung: BVerwG, NVwZ 1985, 738; vgl. auch BVerwGE 48, 56 (63); 56, 110 (122). 388 Vgl. dazu grundlegend BVerwGE 34, 301 (308 ff.); 45, 309 (312 ff.); aus dem Schrifttum vgl. Ernst/Hoppe, Baurecht, Rdn. 288 ff.; Hannuschke!Ley!Prümm, Baurecht für Rheinland-Pfalz, S. 54 f. ; Kühling, Fachplanungsrecht, Rdn. 176; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 697 ff. m.w.N.; vgl. allerdings OVG Rheinland-Pfalz, NVwZ 1988, 371, das die 4-Fehler-Dogmatik unter Bezugnahme auf BVerwGE 56, 110 (122 ff.) auf eine 3-Fehler-Dogmatik zurückführen will; ähnlich Koch, DVBI. 1989, 399 Fn. 2; Koch/Hosch, Baurecht, S. 157 f. unter Bezugnahme auf Alexy, JZ 1986, 711 Fn. 116, wonach die zutreffende Gewichtung der Belange ausschließlich im Wege ihres angemessenen Ausgleichs erfolgen könne. Auch Weyreuther, BauR 1977, 299 f. stellt heraus, daß die Gewichtung der Belange deren Abwägung bereits vorwegnehme. Kritisch dazu Blumenberg, DVBI. 1989, 88. Hoppe, DVBI. 1992, 856 will die Abwägungsstufen um die Stufe der Einstellung von Belangen erweitern, da er der Prüfung der Abwägungsstufen nicht immer die Über-

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

157

eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat (Abwägungsausfall) 3'YJ, in die Abwägung ein oder mehrere Belange nicht eingestellt wurden, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen (Abwägungsdefizit)391,

bei der Abwägung die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt wird (Abwägungsfehleinschätzung) 392 , bei der Abwägung der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wurden, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (Abwägungsdis-

proportionalität)393.

Daneben fmden sich weitere Abwägungsgrenzen in dem Gebot der planensehen Konfliktbewältigung394 , wonach jeder Plan die ihm zuzurechnenden Konflikte auch bewältigen muß395 und dem einfachrechtlichen Gebot396 der Rücksichtnahme, wonach bei der Planung auf die Beziehungsgeflechte der bestehenden Situation Rücksicht zu nehmen ist397 • prüfung der Rolle von zwingenden Planungsleitsätzen und "die (weitgehend) überflüssige Kontrolle der Planrechtfertigung" vorausschicken will. 389 Zur Vermeidbarkeit von Abwägungsfehlern in der Praxis vgl. Sarnighausen, NJW 1993, 3231. 3'YJ Vgl. BVerwGE 56, 110 (118); Erbguth, Jura 1988, 562; Ronellenjitsch, VerwArch 1986, 188 f. m.w.N. 391 Zur Ermittlungs- und Feststellungsphase vgl. BVerwG, DVBI. 1988, 844; Hoppe, DVBI. 1977, 136; Weyreuther, DÖV 1977,419. 392 Zur Bewertungsphase vgl. Ernst/Hoppe, Baurecht, Rdn. 292. 393 Zur Abwägungsphase Hoppe, BauR 1970, 17; Schlarmann, Rechtskontrolle, S. 21; Peters, DÖV 1988, 61; Erbguth, Jura 1988, 564. 394 Vgl. BVerwG, DVBI. 1980, 287, DVBI. 1987, 1275; BayVBI. 1988, 214; BadWürttVGH, NVwZ 1993, 595 (596); Ernst/Hoppe, Baurecht, Rdn. 302 ff.; Gaentzsch, WiVerw. 1985, 235; Klein/ein, DVBI. 1989, 187 f.; Pfeifer, DVBI. 1989, 338 f. m.w.N.; kritisch dazu Send/er, WiVerw. 1985, 211 ff.; Dolde, NJW 1986, 815. 395 BVerwGE 52, 237 (244); 61,295 (307); Weyreuther, BauR 1975, 5. 396 Vgl. aber Weyreuther, BauR 1975, 1 ff., der von einem verfassungsrechtlich verankerten Rücksichtnahmegebot spricht; ebenso BVerwGE 51, 15 (30). 397 Das BVerwG wendete das Rücksichtnahmegebot ursprünglich im Bauplanungsrecht an, vgl. BVerwG, DVBl. 1977, 722 (724 f.); DVBl. 1988, 845 ff.; DVBl. 1988, 848 ff.; Ernst/Hoppe, Baurecht, Rdn. 305 ff. m.w.N.; fiir eine allgemeine Geltung auch im Fachplanungsrecht Battis, DVBl. 1978, 581, wohl auch Knauber, NVwZ 1988, 999; fiir eine Geltung im Rahmen des wasserrechtlichen Erlaubnisverfahrens vgl. BVerwG, BayVBl. 1988, 22 (23 f.); Ztw 1988, 337 (siehe dazu noch unten ID.).

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Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen (2) Abwägungsvorgang und Abwägungsergebnis

Die umschriebenen Anforderungen des Abwägungsgebots beziehen sich auf den Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis. Beide Abwägungsstufen müssen unterschieden werden398 • Eine Planung kann auch dann fehlerhaft sein, wenn bei tolerablem Planungsergebnis der Abwägungsvorgang gar nicht oder nur unzulänglich stattgefunden hat399• Wie dieser Unterschied zwischen den beiden Planungsstufen im einzelnen aussieht, wird vom Bundesverwaltungsgericht nicht exakt gesagt400 • Es handele sich um "zwei verschiedene Seiten" des Abwägungsgebots: "Die eine von ihnen bezieht sich auf das Abwägen als Vorgang, insbesondere darauf, daß - in einem bestimmten Zeitpunkt - überhaupt eine Abwägung stattfindet und daß bei dieser Abwägung bestimmte Interessen in Rechnung gestellt werden. Bei der anderen, davon zu trennenden Seite, geht es dagegen um das Abwägungsergebnis, d. h. um das, was bei dem Abwägungsvorgang "herauskommt«" 401 • Die Notwendigkeit der Differenzierung ergebe sich daraus, daß bei der Aufstellung und bei der Beurteilung von Plänen allgemein zwischen dem Planen als Vorgang und dem Planen als Ergebnis dieses Vorganges zu unterscheiden sei und daß sich das Abwägungsgebot sowohl auf das Abwägen selbst als auch auf das Abgewogensein erstrecke402 • In weiteren Entscheidungen verknüpft das Bundesverwaltungsgericht die Unterscheidung zwischen Abwägungsvorgang und Abwägungsergebnis mit seiner Abwägungsfehlerlehre. Die Anforderungen zur Vermeidung von Abwägungsfehler "richten sich grundsätzlich sowohl an den Abwägungsvor398 Zu dieser zweifachen Ausrichtung des Abwägungsgebots vgl. BVerwG, DVBI. 1974, 528 (531); OVG Münster, ZfW 1981, 55; Hannuschke/Ley/Prümm, Baurecht für Rheinland-Pfalz, S. 50 f.; Böttcher, ZtW 1983, 135; Papier, DVBI. 1975, 461; Scholz, VVDStRL 34, 170; Schmidt-Aßmann, DÖV 1981, 240; der Gesetzgeber hat die Differenzierung ins Bauplanungsrecht übernommen, vgl. § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB. 399 Ronellenfitsch, Planungsrecht, S. 8; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 697; Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 142 m.w.N.; zur Reaktion des Gesetzgebers vgl. § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB ( = § 155 b Abs. 2 S. 2 BBauG); vgl. auch BVerwG, BayVBI. 1982, 118. 400 Nach den Feststellungen von Sarnighausen, NJW 1993, 3233 ist in der gerichtlichen Praxis auch die Unterscheidung verschiedener Anen von Abwägungsfehlern weitgehend aufgegeben worden. 401 BVerwGE 41, 67 (71); siehe auch Schmidt-Aßmann, DÖV 1981, 240 f. 402 BVerwGE 45, 309 (312 ff.); 48, 56 (63 f.); vgl. auch OVG Münster, ZfW 1981' 55.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

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gang als auch an das im Plan zum Ausdruck gekommene Abwägungsergebnis"403. Eine unumstrittene Ausnahme stellt lediglich das Teilgebot, eine Abwägung überhaupt vorzunehmen dar, weil ein Abwägungsausfall ausschließlich im Hinblick auf den Abwägungsvorgang praktisch werden kann404 • Die Unterscheidung des Abwägungsgebots in den Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis findet in der Literatur für den Bereich des Fachplanungsrechts nicht überall Zustimmung40S. Nach Böttcher406 ist das Abwägungsergebnis immer genauso gut oder genauso schlecht wie der Abwägungsvorgang, da bei der Fachplanung der Abwägungsvorgang nahtlos in die Abwägungsentscheidung mündet. In die gleiche Richtung zielt die Kritik von Koch407, der auch die doppelte Abwägungskontrolle wegen ihrer Maßstabsidentität für überflüssig hält. Diesen Überlegungen sind Erbguth408 und lbler-409 mit unterschiedlichen Begründungen entgegengetreten. Zu diesen Meinungen kann und braucht hier nicht grundsätzlich Stellung genommen zu werden. Es spricht aber viel dafür, im Fachplanungsrecht anders als im Baurecht auf die Differenzierung zwischen Vorgangs- und Ergebniskontrolle zu verzichten. Nach ganz einhelliger Auffassung ist im Baurecht der maßgebli403 BVerwGE 45, 309 (315); 56, 110 (118); eine Maßstabsdifferenzierung fmdet sich bei Kühling, Fachplanungsrecht, Rdn. 179: "Daß eine Abwägung überhaupt stattfmdet und daß alle einschlägigen Belange angemessen erfaßt und berücksichtigt werden, sind Anforderungen, die sich sinnvoll nur an den Vorgang des Abwägens stellen lassen. Die Frage der Disproportionalität hingegen ist gleichbedeutend mit dem Ausgewogensein einer Planung und läßt sich nur im Hinblick auf das Abwägungsergebnis beantworten"; ähnlich Gaentzsch, Berliner Kommentar, § 214 Rdn. 32; Erbguth, DVBI. 1986, 1233 f.; kritisch hierzu Koch, DVBI. 1989, 402 f. 404 BVerwGE 45, 309 (315); Erbguth, DVBI. 1986, 1231; Blumenberg, DVBI. 1989, 89; Koch, DVBI. 1989, 402. 405 Vgl. Koch/Hosch, Baurecht, S. 155 f.; Koch, DVBI. 1983, 1125; ders., DVBI. 1989, 399 ff.; Böttcher, ZfW 1983, 137; Dolde, NJW 1984, 1714; Winter, NuR 1985, 47; Heinze, NVwZ 1986, 88 ff. 406 Böttcher, ZfW 1983, 137. 407 K(Jch, DVBI. 1983, 1128 ff.; ders., DVBI. 1989, 399 ff.; weitergehend Heinze, NVwZ 1986, 87, 89 f., der eine richterliche Kontrolle des Abwägungsvorgangs für verfehlt hält und die Abwägungsanforderungen lediglich auf das Abwägungsergebnis beschränkt. Diese Auffassung ist jedoch mit § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB nicht vereinbar, da dieser Vorgangs- und Ergebniskontrolle voraussetzt; kritisch auch Erbguth, DVBI. 1986, 1232. 408 Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 373, 377; derS. DVBI. 1986, 1233 f.; zustimmend Blumenberg, DVBI. 1989, 90; ähnlich Funke, DVBI. 1987, 513. 409 lbler, DVBI. 1988, 471; kritisch Koch, DVBI. 1989, 401.

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Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

ehe Zeitpunkt für die Überprüfung des Abwägungsvorgangs derjenige der letzten Beschlußfassung im Gemeinderat, der für die Ergebniskontrolle ausschlaggebende hingegen derjenige der Bekanntmachung des Plans410 • Diese im Baurecht gezogene Grenzlinie läßt sich auf das wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren nicht übertragen. Insofern ist bedeutsam, daß die Wasserbehörde nicht selbst plant, sondern lediglich eine Planung kontrolliert. Die folgende Darstellung der Einzelausprägungen des Abwägungsgebots und der Abwägungsfehlerlehre konzentriert sich auf einige Besonderheiten von Abgrabungen.

(3) Abwägungsausfall und AbwägungsdefiZit

Das Gebot gerechter Abwägung verlangt zunächst, daß eine Abwägung überhaupt stattfindet. An dieser Voraussetzung fehlt es, wenn die Wasserbehörde ihren Abwägungsspielraum nicht erkennt oder ihn unrichtigerweise für begrenzt hält. Das dürfte allerdings nur selten der Fall sein411 • Ein Abwägungsdefizit liegt vor, wenn die Wasserbehörde nicht diejenigen Belange in die Abwägung einstellt, die "nach Lage der Dinge" in sie eingestellt werden müssen412• Hierbei geht es um die Ermittlung des Abwägungsmaterials und um die Feststellung der Gewichtigkeit und des objektiven Gehalts der einzelnen Belange, die in der konkreten Planungssituation Beachtung verlangen413 • Von den Wasserbehörden zu ermitteln sind alle erkennbaren, durch die angestrebte Zielsetzung möglicherweise geförderten oder beeinträchtigten öffentlichen und privaten Belange414 • Unberücksichtigt können nur objektiv 410 OVG Lüneburg, BauR 1979, 399 (400); Erbguth, DVBI. 1986, 1233; Koch, DVBI. 1989, 405; Ernst/Hoppe, Baurecht, Rdn. 293 m.w.N.; vgl. auch BVerwGE 56, 283 (288). 411 Heinze, NVwZ 1986, 88; Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, s. 143. 4 12 BVerwGE 34, 301 (308 f.); 45, 309 (312 f.). 413 Vgl. Ernst/Hoppe, Baurecht, Rdn. 290; Paßlick, Ziele der Raumordnung, s. 139. 414 Hoppe, DVBI. 1964, 646; zu der Frage, inwieweit die Zusammenstellung des Abwägungsmaterials verwaltungsgerichtlich überprüfbar ist, vgl. bejahend BVerwGE

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

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geringwertige und nach den Umständen des Einzelfalles nicht schutzwürdige Belange sein415 . Hat die Planfeststellungsbehörde im Planfeststellungsverfahren Ermittlungen unterlassen, die sich ihr hätten aufdrängen müssen, so liegt hierin ein Verfahrensfehler, der für das Abwägungsergebnis ursächlich sein kann416. Zu den abwägungserheblichen privaten Belangen zählen die subjektiven Rechte, die sich aus einfachgesetzlichen Regelungen oder auch aus den Grundrechten ergeben können417 . Das sind in erster Linie alle Interessen , die sich aus dem Eigentum (Art. 14 GG), insbesondere seiner Nutzung ableiten lassen418 . So ist eine gemeinnützige Planfeststellung rechtswidrig, wenn sie den für den Ausbau sprechenden Belangen gegenüber berührten privaten Eigentumsbelangen eine Rangstelle eingeräumt hat, die ihnen in Wahrheit nicht zukommt419 . Zu diesen privaten Belangen gehört auch das Recht eines Betroffenen auf wirtschaftliche Entfaltungsfreiheit420• Schließlich hat das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, auch Erweiterungsinteressen eines vorhandenen Gewerbebetriebs könnten abwägungserheblich sein, wenn sie als solche nicht "Eigentum" und deshalb als solche verfassungsrechtlich nicht geschützt seien421 . In diesem Zusammenhang ist fraglich, ob in die Abwägung auch Zusagen der Wasserbehörden eingestellt werden können. Denn gerade bei wasserrechtlichen Ausbauvorhaben finden vor Antragstellung häufig Gespräche zwischen Ausbauuntemehmer, Planer und Behörde statt. In diesen Vorge34, 304; 45, 314; Weyreuther, BauR 1977, 301; verneinend Hoppe/Schlarmann, Rechtsschutz, Rdn. 180 b; Hoppe, DVBl. 1977, 141 f.; Kügel, Planfeststellungsbeschluß, S. 144; umfassend Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 143; Ernst/Hoppe, Baurecht, Rdn. 285 m.w.N. 415 Vgl. BVerwGE 59, 87 (102 ff.); Kügel, Planfeststellungsbeschluß, S. 146 f. 416 BVerwG, DÖV 1993, 832. 417 Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 144; Kügel, Planfeststellungsbeschluß, S. 147. 418 BVerwG, NVwZ 1985, 736 (738); NVwZ 1989, 149 (150); Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 699; Kühling, Fachplanungsrecht, Rdn. 189, 237; Bender, DVBl. 1984, 301; Weyreuther, DÖV 1977,419 ff.; Korbmacher, DÖV 1982, 517 ff; Peters, UPR 1988, 329; aus dem Baurecht: BadWürttVGH, BRS 20, Nr. 4); zu den verschiedenen eigentumsbeeinträchtigenden Wirkungen der Planung siehe Dolde, NJW 1984, 1714. 419 BayVGH, BayVBl. 1979, 632; kritisch hierzu Hofmann, NuR 1981, 66 f. 420 BVerwG, DVBl. 1979, 63 (67). 421 BVerwG, BayVBl. 1972, 189 (191); auch BVerwG, UPR 1989, 75 (76) m.w.N. 11 Büllesbach

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Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

sprächen sollen die anstehenden Probleme gelöst werden, um dadurch während des Planfeststellungsverfahrens drohende Zeitverluste zu vermeiden und Investitionsentscheidungen abzusichern. Im "Flachglasurteil" hat das Bundesverwaltungsgericht zu dieser Frage Stellung bezogen422 • Es hat anerkannt, daß der planensehe Abwägungsvorgang im allgemeinen nicht "auf sozusagen planefisch freiem Felde stattfmdet" und daß der für den Abwägungsvorgang entscheidende Zeitpunkt sehr häufig mehr von Bindungen als von Freiheit beherrscht wird. Wörtlich heißt es: "Dem Planverfahren vorgeschaltete Besprechungen, Abstimmungen, Zusagen, Verträge u.a. mehr können geradezu unerläßlich sein, um überhaupt sachgerecht planen und eine angemessene effektive Realisierung dieser Planung gewährleisten zu können·423 • Zu den öffentlichen Belangen, die bei der Abwägung von den Wasserbehörden zu berücksichtigen sind424, gehören in erster Linie die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, soweit sie nach ihrer gesetzlichen Regelung noch nicht als Planungsleitsatz umfassend gewürdigt wurden425 • Als Beispiele seien § 1 Abs. 2 und der gerade für Abgrabungen bedeutsame § 2 Abs. 1 BNatSchG mit seinen Nr. 4 und 5 genannt. Weiterhin zählt zu den öffentlichen Belangen umfassend das Wohl der Allgemeinheit, soweit es nicht bereits zu den zwingenden gesetzlichen Voraussetzungen der planerischen Gestaltungsfreiheit zählt426 • Gerade bei Abgrabungen haben die Wasserbehörden weiter zu ermitteln, ob die kommunale Planungshoheit der Gemeinden als öffentlicher Belang berücksichtigt werden muß. Ein Ermitt-

Vgl. BVerwGE 45, 309 (316). BVerwGE 45, 309 (317); zustimmend Salzwedel, Harmonisierung des Umweltrechts, S. 39; zu den Formen und Rechtsfolgen kooperativen Verwaltungshandeln in der Verwaltungspraxis vgl. allgemein Bulling, DÖV 1989, 277. 424 Wesentliche Anhaltspunkte für öffentliche Belange lassen sich insbesondere aus dem umfangreichen Katalog des § 1 Abs. 5 BauGB entnehmen; vgl. auch Schmidt-Aßmann, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BBauG, § 1 Rdn. 314 f. m.w.N. 425 BVerwG, DVBI. 1979, 63 (67); BadWürttVGH, NuR 1987, 31 (32 f.) und zuletzt NVwZ 1993, 595 (596); ; OVG Bremen, Ztw 1987, 43 (46); Schink, Ztw 1985, 12 f.; Peters, DÖV 1988, 61; Schink, NWVBI. 1991, 73; zur Qualifizierung dieses Schutzinteresses als öffentlicher Belang und zur Abgrenzung gegenüber dem allgemeinen Umweltschutzinteresse eines Privaten vgl. BVerwG, NVwZ 1985, 736 (739); zur Ermittlung von Umweltschutzdaten und der Verbesserung von Zielset· zung, Gewichtung und Abwägung von Umweltschutzbelangen vgl. Hoppe, VVDStRL 38, 267 ff., 279 ff.; Böttcher, Abwägungsgebot in der wasserrechtlichen Fachplanung, S. 244 ff.; Gassner, DVBI. 1981, 4. 426 Böttcher, Ztw 1983, 133; Niehues, WiVerw. 1985, 254 ff. 422 423

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

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lungsfehler liegt weiterhin vor, wenn die planfeststellende Behörde die örtliche Tierwelt nicht ermittelt427 • Bei der Feststellung der Gewichtigkeit ist von der grundsätzlichen Gleichgewichtigkeit aller Belange auszugehen428 • Ein genereller Vorrang gegenüber sonstigen zu berücksichtigenden Interessen wird dabei auch dem Umweltschutz nicht zuerkannt429 • In diesem Zusammenhang hätte aber der Umweltschutz als Staatsziel im Grundgesetz eine gewichtsverschaffende Funktion430 • So lange dies aber nicht geschehen ist, verpflichtet nach ganz einhelliger Ansicht das Rechtsstaatsprinzip, daß sämtlichen in die Abwägung einzustellenden Belangen prinzipiell ein gleicher Rang beizumessen ist und die Gerichte das Gewicht der einzelnen Belange in vollem Umfang überprüfen können431 • Im Einzelfall kann die Feststellung problematisch sein, was zum notwendigen Abwägungsmaterial gehört. Diese Frage war Gegenstand eines Rechtsstreits vor dem BadWürttVGH. Im Urteil vom 09.11.1990 hat das Gericht im Rahmen eines wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahrens für eine Naßauskiesung entschieden, zum notwendigen Abwägungsmaterial gehören abgesehen von sich aufdrängenden Belangen - nur solche Interessen eines Antragstellers, die von ihm so vorgebracht werden, daß sie in irgendeiner Form aktenkundig werden.432

OVG Hamburg, NuR 1994, 91 (92) mit Anmerkung Wollenteit. BayVGH, NVwZ 1986, 228 (230); Fickert, Planfeststellung, S. 185; Erbuth/Püchel, NVwZ 1982·, 651; Blumenberg, DVBI. 1989, 93. 429 Erbguth/Püchel, NuR 1984, 215; Blumenberg, DVBI. 1989, 93; vgl. auch BVerwG, UPR 1989, 37, wo hervorgehoben wird, es gebe (im Rahmen eines abfallrechtlichen Planfeststellungsverfahrens) keinen Rechtsgrundsatz, "nach dem (...) »Belange des Umweltschutzes« zwingend und damit unabhängig von einer Abwägung im Einzelfall Vorrang vor allen anderen planungsrechtlichen Gesichtspunkten hätten"; vgl. weiterhin BadWürttVGH, NuR 1993, 441 zur Rechtmäßigkeit einer Abwägungsentscheidung zu Lasten des Naturschutzes. 430 Vgl. dazu Erbguth, Raumordnungsrecht, Rdn. 363; Weyreuther, UPR 1981, 38; Hoppe, VVDStRL 38, 289; Funke, DVBI. 1987, 511 ff.; Heinz, ZfU 1988, 1 ff.; Peters, DÖV 1988, 61; Ernst/Hoppe, Baurecht, Rdn. 292; zu weiteren Ansätzen, wie dem Umweltschutz bei planerischen Entscheidungen zu mehr Durchsetzungskraft verholfen werden kann vgl. Kuhl, Umweltschutz, S. 69; Erbguth/Püchel, NVwZ 1982, 651 ff.; dies., NuR 1984, 215 ff.; Henneke, Umweltschutz, S. 9; zu einem Grundrecht auf Umweltschutz vgl. Karpen, Umweltschutz, S. 9 ff. 431 Vgl. BVerwG, NJW 1979, 63 (67); NJW 1986, 80 (81). 432 BadWürttVGH, NVwZ 1991, 1011. 427 428

11*

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Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen (4) Abwägungsfehleinschätzung und Abwägungsdisproportionalität

Die Abwägungsfehleinschätzung tritt als Fehler bei der Bewertung auf, wenn ein Belang im Widerspruch zu einer normativ geregelten Bewertung oder Prioritätssetzung oder zu allgemein anerkannten Sätzen gewichtet wird433 • Der Fehler der Abwägungsdisproportionalität liegt vor, wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtung einzelner Belange außer Verhältnis steht434 • Diese allgemeinen Grundformeln bedürfen im Einzelfall einer Konkretisierung. Zur Ausbalancierung kollidierender Interessen und Belange sind die Gebote der Konfliktbewältigung und der Rücksichtnahme entwickelt worden43s. Bei den hier zu untersuchenden Abgrabungen bereitet Schwierigkeiten sowohl die Bewertung (Gewichtung) als auch das Ausgleichen der gemeindlichen PlanungshobeiL Dabei ist davon auszugehen, daß dieses Recht der Gemeinden nur im Rahmen der Gesetze gewährleistet ist und einen Bezug zu den Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft haben muß436• Hieran fehlt es in der Regel bei den überörtlichen wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren. Trotzdem kann die "in der kommunalen Planungshoheit beschlossene Aufgabenwahrnehmung durch die Gemeinde·437 dem wirtschaftlichen Interesse des Abgrabungsunternehmers als öffentlicher Belang gegenübergestellt werden. Dabei lassen sich bei der Gewichtung folgende drei Stufen unterscheiden438 : 1. Das Vorhaben steht im Widerspruch zu konkreten Planungen der Gemeinde, z.B. zu bestehenden Bauleitplänen. Hierzu gehört auch die bestätigte planensehe Vorstellung der Gemeinde, an einer vorgegebenen Bodennutzung nichts zu ändern, ohne daß ein Bauleitplan vorliegt439•

Ernst/Hoppe, Baurecht, Rdn. 292. Ernst/Hoppe, Baurecht, Rdn. 292. 435 Vgl hierzu die Nachweise oben bei den zentralen Bestandteilen der Abwägungsfehlerlehre in (1). 436 BVerfG, NJW 1958, 1341 (1342); dazu noch ausführlich im 4. Abschnitt. 437 So BayVGH, NVwZ 1986, 228 (230). 438 Vgl. BVerwG, DÖV 1985, 113 (114); BayVGH, NVwZ 1986, 228 (230). 439 BayVGH, BayVBl. 1982, 309 (310); NVwZ 1986, 228 (230). 433 434

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

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2. Es liegt keine konkrete Planung vor, das Vorhaben betrifft aber einen die Gemeinde formenden Bereich, der auch eine kommunale Aufgabe schafft und Vorgaben für die planecisehe Betätigung gibt440 • 3. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so kann das Vorhaben das aus dem Selbstverwaltungsrecht abgeleitete Selbstgestaltungsrecht berühren. Darunter wird das von besonderen Vorschriften oder besonderen Planungen unabhängige Recht einer Gemeinde verstanden, das Gepräge und die Struktur ihres Ortes oder ihrer Orte selbst zu bestimmen441 • Dieses Recht ist allerdings nur in einem Kernbereich geschützt442 • Je nach der im Einzelfall betroffenen Stufe ist das Recht einer Gemeinde gegenüber den Rechten des Abgrabungsuntemehmers stärker oder schwächer zu berücksichtigen. So kann bei der Abwägung einem privilegierten Vorhaben eines am Standort bereits ansässigen Betriebes in der Regel ein stärkeres Gewicht beizumessen sein als dem Vorhaben eines standortmäßig noch ungebundenen Betriebes443 • Das bedeutet, selbst bei einem der Abgrabung entgegenstehenden Flächennutzungsplan (Stufe 1) kann von Bedeutung sein, daß ein Abgrabungsuntemehmen schon längere Zeit besteht und daher in stärkerem Maß ortsgebunden ist, als ein Betrieb, der erstmals Rohstoffe abzubauen beabsichtigt. Einem solchen bereits ansässigen Betrieb ist gegenüber den öffentlichen Interessen einer Gemeinde ein starkes Gewicht beizumessen444 • Die Wasserbehörde hat bei ihrer Entscheidung über das Ausbauvorhaben weiterhin die allgemeinwirtschaftlichen und sozialen Belange zur Erhaltung und Verbesserung der Wirtschaftsstruktur in einem bestimmten Gebiet und zur Bekämpfung regionaler und sektoraler Arbeitslosigkeit angemessen zu berücksichtigen445 • Sie wird aber darauf zu achten haben, daß sie diese politischen und wirtschaftlichen Richtungsvorgaben nicht einseitig zu Lasten nach-

Vgl. BayVGH, Ztw 1982, 305. Vgl. hierzu BVerwG, NJW 1976, 2175 (2176); BayVGH, NVwZ 1986, 228 (230); BayVBI. 1988, 147 (148); Lerche, in: Festschrift BayVGH, S. 233f.; Würtenberger, BayVBI. 1982, 676 f. 442 BayVGH, BayVBI. 1988, 147 (148). 443 BVerwG, DVBI. 1987, 1008 (1011); Schneider, DÖV 1988, 865. 444 BVerwG, DVBI. 1987, 1008 (1011). 445 Breuer, Umweltschutz und Gemeinwohl, S. 80; Leisner, DÖV 1970, 219 Fn. 20; OVG Rheinland-Pfalz, DÖV 1960, 315 (316); vgl. auch BVerwG, NVwZ 1986, 739, wonach dies auch dann zulässig ist, wenn die Maßnahme zugleich dem privaten Interesse eines Wirtschaftsunternehmens dient. 440

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Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

teilig betroffener Belange (etwa des Umweltschutzes) übergewichtet446 und damit eine Abwägungsdisproportionalität schafft.

ee) Rechtsfolge von Abwägungsfehlern

Bei der Beurteilung der Rechtsfolgen fehlerhafter Abwägung ist zu unterscheiden zwischen dem Abwägungsvorgang und dem Abwägungsergebnis. Kommt im Abwägungsergebnis, also in den Aussagen des Plans selbst, eine deutliche Fehlgewichtung zum Ausdruck und läßt die Planung deshalb insgesamt ein ausgewogenes Resultat vermissen, ist der Planfeststellungsbeschluß insoweit rechtswidrig oder bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 44 VwVfG nichtig447 • Sind dagegen Fehler im Abwägungsvorgang feststellbar, so stellt sich die Frage, ob eine Heilung in gerichtlichen Verfahren möglich ist, wenn die Behörde relevante Belange bei der planerischen Abwägung nicht berücksichtigt hat. Zu diesem Problem hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 25.02.1988 Stellung bezogen und folgendes ausgeführt448: "Es ist zwar nicht ausgeschlossen, sondern häufig sogar geboten, daß im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufgeklärt und festgestellt wird, ob abwägungserhebliche tatsächliche Umstände in Wahrheit gegeben sind oder nicht (...). Es ist (...) nicht zu beanstanden, wenn das Gericht weitere Berechnungen - auch wenn diese erst später vorgelegt worden sind - zur Bekräftigung der Richtigkeit des Abwägungsergebnisses in seine Erwägungen einbezieht. Es verletzt damit nicht den planerischen Gestaltungsspielraum der Behörde, wenn es auf diese Weise das Abwägungsgebot und Abwägungsergebnis am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsprinzips überprüft( ...). Läßt sich aus der Begründung über die der Abwägung zugrundeliegenden Tatsachen und planerischen Überlegungen der Planfeststellungsbehörde in einzelnen Punkten ein für die gerichtliche Entscheidung ausreichendes Bild nicht ermitteln, so führt das nicht schon auf rechtliche Bedenken gegen die Planfeststellung, sondern zur Pflicht des Tatsachengerichts, So zur Braunkohlenplanung Kamphausen, DÖV 1984, 151. Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, BauR 1988, 179; Kühling, DVBI. 1989, 228; Ernst/Hoppe, Baurecht, Rdn. 311 m. w.N. 448 BVerwG, NVwZ 1989, 152 (153); zustimmend Kühling, DVBI. 1989, 229; vgl. auch BVerwG, UPR 1989,227 und DVBI. 1990, 1170 (1171). 446 447

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

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gern. § 86 Abs. 1 VwGO die ihm notwendig erscheinenden Ermittlungen selbst anzustellen. Erst wenn sich dabei herausstellt, daß eine Abwägung nicht oder auf der Grundlage eines nur unzureichend ermittelten Abwägungsmaterials stattgefunden hat, darf das Gericht daraus den Schluß der Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ziehen. Unzulässig sind wesentliche Ergänzungen der planerischen Erwägungen in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren und insbesondere die gerichtliche »Heilung« eines AbwägungsdeftzitS. Ist z. B. das Abwägungsmaterial fiir die Abwägung aller nach Lage der Dinge einzustellenden Belange unzureichend, so ist dieser Mangel im Gerichtsverfahren nicht heilbar. Das Gericht hat zu prüfen, ob die Planung - so wie bei Erlaß des Planfeststellungsbeschlusses erfolgt ist - rechtsfehlerhaft ist, nicht dagegen, auf welche Weise rechtsfehlerfrei hätte geplant werden können(§§ 113 Abs. 1, 114 VwGO)".

Aus dieser Entscheidung folgt, daß jeder Planfeststellungsbeschluß aufgehoben werden muß, für den die Behörde nicht nachweisen kann, jeden relevanten Belang vor ihrer Entscheidung abgewogen zu haben, auch wenn sich aufgrund einer Darlegung und Abwägung des nicht nachweisbar abgewogenen Belangs durch die Behörde im Prozeß ergibt, daß das Abwägungsergebnis den Rechtsanforderungen entspricht449• Heinze kritisiert das Urteil, indem er zutreffend darauf verweist, daß das Ergebnis angesichts der Unsicherheit, welche Belange abwägungserheblich sind, und der Unmöglichkeit, diese abstrakt zu bestimmen, zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führt450 • Bedauerlich ist auch, daß das Bundesverwaltungsgericht nicht auf die im Schrifttum vertretene Auffassung eingegangen ist, wonach der Rechtsgedanke des § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB für alle Planungen anwendbar ist451 • Nach dieser Vorschrift hat man wie folgt zu differenzieren: Offensichtliche Mängel im Rahmen der Zusammenstellung und Aufbereitung des Abwägungsmaterials sind nur dann erheblich, wenn sie auf das Abwägungsergebnis von Einfluß gewesen sind. Nach der zu Recht

449 Vgl. aber neuerdings BVerwG, DÖV 1993, 832, wo es heißt: "Hat die Planfeststellungsbehörde im Planfeststellungsverfahren Ermittlungen unterlassen, die sich ihr hätten aufdrängen müssen, so braucht das Tatsachengericht insoweit den Sachverhalt nur von Amts wegen zu erforschen, wenn sich ihm eine Ermittlung aufdrängen muß; das ist in aller Regel nur der Fall, wenn dazu aufgrund der entstandenen Prozeßlage Anlaß besteht". 450 Heinze, NVwZ 1989, 121. 451 Paßlick, Ziele der Raumordnung, S. 144 m.w.N.

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Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

restriktiven Auslegung dieser Regelung durch die Rechtsprechung452 und den größten Teil des Schrifttums453 ist dies schon dann der Fall, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, daß ohne den Mangel im Planungsvorgang die Planung anders ausgefallen wäre. Es muß dagegen nicht feststehen, daß das Abwägungsergebnis ohne den Abwägungsfehler anders ausgesehen hätte. Nur wenn der im Verfahren nicht berücksichtigte Belang wegen seiner offensichtlich minderen Bedeutung für die planefischen Entscheidung irrelevant war, bleibt seine Nichtberücksichtigung ohne Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit der Abwägung.

b) Privatnützige Ausbauvorhaben

aa) Struktur und Entscheidungsstufen

Die privatnützige Planfeststellung ist keine Erfindung des Bundesverwaltungsgerichts454. Bereits Gieseke hat hierauf beim 97. Kolloquium des Institutes für das Recht der Wasserwirtschaft im November 1963455 hingewiesen, um damit den Unterschied zwischen dem Wasserhaushaltsgesetz und dem preussischen Wassergesetz, das nur die hoheitliche Planfeststellung kannte456, herauszustellen. Heute sieht Wahl457 das Wesen der privatnützigen Planfeststellung darin, daß ein einzelner mit dem Anspruch auf Ausübung seines Eigentumsgrundrechts auftritt, daß "aber das dadurch zunächst nahegelegte Regelungsmodell der Kontrollerlaubnis überlagert wird durch eine planensehe Entscheidung". 452 Vor allem BVerwGE 64, 33 (35 f.); weitere Nachweise bei Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, Vorb. § 214 Rdn. 6, § 214 Rdn. 17; kritisch hierzu aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 214 Abs . 3 S. 2 BauGB: Breuer, NVwZ 1982, 279; nach BVerwG, DVBI. 1992, 577 liegt ein offensichtlicher Mangel im Abwägungsvorgang nicht schon dann vor, wenn Planbegründung und Aufstellungsvorgänge keinen ausdrücklichen Hinweis darauf enthalten, daß der Plangeber sich mit bestimmten Umständen abwägend befaßt hat. 453 Vgl. diese bei Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 214 Rdn. 17; Zeitler, BayVBI. 1987, 684. 454 So aber Uechtritz, NVwZ 1988, 317. 455 Gieseke, ZfW 1963, 357; ebenso Wiedemann im 121. Kolloquium am 10.02.1967, ZfW 1967, 83. 456 Vgl. §§ 152 ff. PrWG. 457 Wahl, DVBI. 1982, 57; zustimmend Korbmacher, DÖV 1982, 518.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

169

Für die wasserbehördliche Entscheidung bedeutet dies nach dem grundlegenden Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.02.1978, daß zwischen einem Vorfeld der planerischen Abwägung und der planensehen Abwägung selbst unterschieden werden muß458 • Im Vorfeld ist wegen der Genehmigungswirkung der privatnützigen Planfeststellung danach zu fragen, ob dem Vorhaben zwingende Versagungsgründe entgegenstehen459 • Erst wenn feststeht, daß Rechte Dritter nicht entgegenstehen, können die Wasserbehörden eine planecisehe Abwägung vornehmen, um dadurch den raumgestaltenden Wirkungen des Vorhabens Rechnung zu tragen. Diese zweistufige Prüfung muß allerdings nicht in jedem Fall stringent durchgeführt werden. In der Entscheidung vom 10.02.1978 hat das Bundesverwaltungsgericht lediglich zum Ausdruck gebracht, daß die Planfeststellungsbehörde wegen des unterschiedlichen Ausgangspunktes und der unterschiedlichen rechtlichen Voraussetzungen nicht unklar lassen darf, ob der von ihr angeführte Ablehnungsgrund ein zwingender Versagungsgrund oder ob eine planecisehe Abwägung zu diesem Ergebnis geführt hat. Dagegen ist sie wie auch sonst Behörden bei Verwaltungsentscheidungen befugt, sich im Interesse der Verfahrensökonomie - etwa um sonst notwendig werdende aufwendige Ermittlungen zu vermeiden - auf einzelne, die Entscheidungen selbständig tragende Gründe zu beschränken460• In einem Urteil vom 19.05.1990 hält das Bundesverwaltungsgericht deshalb mit Recht eine Auseinandersetzung mit möglichen zwingenden Versagungsgründen nicht für erforderlich, wenn die Planfeststellung aufgrund einer planerischen Abwägung abgelehnt werden soll461 • Liegen demgegenüber keine Abwägungsfehler vor, muß zuvor geprüft werden, ob das Verhalten nicht schon an zwingenden Rechtsgründen scheitern muß. Dies in sich schlüssige Betrachtungsweise bringt einem Abgrabungsunternehmer im gerichtlichen Verfahren zwar den Nachteil, bei der Vorbereitung eines Rechtsmittels möglicherweise nicht schon den gesamten relevanten Rechtsstoff in dem Bescheid der Wasserbehörde vorzufinden, doch kann die BVerwG, DVBI. 1979, 63 (66). BVerwG, DVBI. 1979, 63 (65); ZfW 1981, 87 (88); wegen der Genehmigungswirkung wird überlegt, ob die Planfeststellung den Regeln der Kontrollerlaubnisse unterworfen werden müssen, so wohl Schulte, DVBI. 1988, 963 f.; kritisch zu Recht Ronellenfitsch, VerwArch 1989, 117; offen gelassen von Beckmann, DÖV 1987, 945. 460 Salzwedel/Reinhardt, NVwZ 1991, 948. 461 BVerwGE 85, 155 = DVBI. 1990, 1170; siehe hierzu auch oben 2.d. 458 459

170

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Verpflichtung der Behörde nicht so weit gehen, Verwaltungsbescheide wie Rechtsgutachten zu gestalten. Salzwedel/Reinhardt462 haben in diesem Zusammenhang aber zutreffend darauf hingewiesen, daß es gleichwohl für die Verwaltungspraxis empfehlenswert sei, die Planfeststellungsentscheidung soweit möglich auf bindendes Recht zu stützen, um langwierige und mitunter teure Untersuchungen des exekutiven Abwägungsvorgangs zu vermeiden. Die Zulässigkeil eines privatnützigen Gewässerausbaus beurteilt sich nach den Grundsätzen für die Zulässigkeil der Benutzung eines Gewässers(§ 6, 34 WHG)463 • Die privatnützige Ausbaumaßnahme ist zu versagen, wenn sie zur Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit i. S. des § 6 WHG führt. Daraus folgt zugleich aber auch, daß die privatnützige Planfeststellung neben der Kombination von Erlaubnisteil und Planungsentscheidung noch um ein drittes Regelungselement angereichert ist; nämlich um das den § 6 WHG kennzeichnende Bewirtschaftungsermessen. Die privatnützige Planfeststellung für Abgrabungen kann demnach von den Wasserbehörden abgelehnt werden, weil 1. ein zwingender Versagungsgrund entgegensteht (dazu bb) oder 2. das Bewirtschaftungsermessen entsprechend ausgeübt wird (dazu cc) oder 3. gemäß einer planensehen Abwägung die Interessen des Abgrabungsuntemehmers hinter weiteren öffentlichen oder privaten Interessen zurückstehen müssen (dazu dd).

bb) Zwingende Versagungsgründe (1) Wasserrechtliche Versagungsgründe

Eine privatnützige wasserrechtliche Planfeststellung ist zu versagen, wenn sie den materiellen Grundentscheidungen des Wasserhaushaltsgesetzes widerspricht. Soweit Abgrabungen betroffen sind, ergeben sich diese Maßstäbe

Salzwedel/Reinhardt, NVwZ 1991, 948. Grundlegend BVerwG, DVBI. 1979, 65; ebenso BVerwG, BayVBI. 1988, 22 (23); Ztw 1988, 337 (338); zustimmend Salzwedel, RdWWi 22, 57; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 704 m.w.N. 462 463

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

171

insbesondere aus den§§ 34 und 6 WHG. Hinzu kann noch ein Verbotstatbestand einer Wasserschutzgebietsfestsetzung treten.

(a) Versagung nach§ 34 WHG Der Versagungsgrund des § 34 Abs. 1 WHG ist gegeben, wenn durch die Ausbaumaßnahme eine schädliche Verunreinigung des Grundwassers oder eine sonstige nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften zu besorgen ist464. Unter Grundwasser ist dabei das gesamte unterirdische Wasser zu verstehen, gleichgültig, in welcher Tiefe es sich befmdet465 • § 34 Abs. 1 WHG ist gerade bei der Gewinnung von Bodenschätzen sehr bedeutsam, da dies nachhaltig in den Wasserhaushalt eingreift, insbesondere Gefahren für das Grundwasser mit sich bringt. Das gebietet, wie das Bundesverwaltungsgericht466 hervorhebt, im Rahmen der privatnützigen Planfeststellung "jede auch noch so wenig naheliegenden Wahrscheinlichkeit der Verunreinigung des besonders schutzwürdigen und schutzbedürftigen Grundwassers vorzubeugen". Das Gericht führt weiter aus, eine schädliche Verunreinigung des Grundwassers oder eine sonstige nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften sei immer schon dann zu besorgen, wenn die Möglichkeit eines entsprechenden Schadenseintritts nach den Umständen des konkreten Einzelfalles467 nicht von der Hand zu weisen ist. Diese Betrachtungsweise folge aus dem allgemeinen ordnungsrechtlichen Grundsatz, daß an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts um so geringere Anforderungen zu stellen sind, je

464

f.).

Vgl. dazu ausfiihrlich BVerwG, Ztw 1974, 296 (300 ff.); Ztw 1981, 87 (88

465 BVerwG, Ztw 1969, 116; BadWürttVGH, Ztw-Sonderheft 1987 Nr. 42 (insoweit bestätigt von BVerwG, Ztw-Sonderheft 1987 Nr. 45); zu Unterschieden dieser Begriffsbestimmung gegenüber DIN 4049, Teil 1 vgl. Czychowski, Rechtsfragen des Grundwasserschutzes, S. 100. 466 BVerwG, Ztw 1974, 296 (300); Ztw 1981, 87 (88); zustimmend Salzwedel, Ztw 1982, 599; Kaster/Reinhardt, NVwZ 1993, 1061. 467 Auf den Nachweis eines Schadenseintritts im Einzelfall kann allerdings dann verzichtet werden, wenn einschlägige Rechtsvorschriften (z. B. Rechtsverordnungen über Wasserschutzgebiete) Regelungen fiir bestimmte typischerweise besonders gefährliche Situationen enthalten, vgl. BVerwG, Ztw 1971, 109; Ztw 1981, 87 (89) m.w.N.

172

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

größer und folgenschwerer sich der möglicherweise eintretende Schaden darstellt468. Die Wasserbehörden haben damit bei ihrer Entscheidung über Abgrabungen, bei denen das Grundwasser dauernd freigelegt wird, an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts keine hohen Anforderungen zu stellen. Gerade das Grundwasser ist von allen Gewässern besonders schützenswert und schutzbedürftig. Es ist schützenswert, da es von Natur aus frei von gesundheitsgefährdenden Bestandteilen, äußeren Einflüssen wegen der natürlichen Bodendeckschicht weniger ausgesetzt und leichter als oberirdisches Wasser in Trinkwasserqualität zu erlangen und zu erhalten ist. Schutzbedürftig ist das Grundwasser, da es gegenüber unmittelbaren Einwirkungen ungleich anfälliger als Oberflächenwasser ist. Es entzieht sich nach einer Kontaminierung schnell wirkenden Sanierungsmaßnahmen und regeneriert sich selbst äußerst langsam. Gerade diese Grundwasserverunreinigungen können bei der Gewinnung von Bodenschätzen nicht ausgeschlossen werden, da die Arbeiten mit technischem Gerät erfolgen, die unmittelbar im freigelegten Grundwasser stehen. Hinzu kommt die hohe Verdunstung des Wassers, was zu einer Absenkung des Grundwasserspiegels und im Einzelfall zu einer Versteppung der anliegenden Grundstücke führen kann.

(b) Versagung aus Gründen des Allgemeinwohls

Die Planfeststellung ist nach den Wassergesetzen der Länder zu versagen, wenn von dem Ausbau eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten ist, die nicht durch Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden kann469 • An anderer Stelle wurde bereits ausgeführt, wann eine "Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit" vorliegt470 • Auf die Ausführungen kann verwiesen werden.

468 BVerwG, ZfW 1974, 296 (302); BayVGH, ZfW 1975, 234 (235 f.); ZfW 1988, 425 (427). 469 § 64 Abs. 1 WG BW; Art. 58 Abs. 2 BayWHG; § 54 Abs. 2 BlnWG; § 113 Abs. 5 BremWG; § 58 Abs. 3 HbgWG; § 59 Abs. 2 HessWG; § 123 S. 1 NdsWG; § 100 Abs. 1 WG NW; § 76 Abs. 2 LWG RhPf; § 72 Abs. 2 SaariWG; § 97 Abs. 1 WGSH; 470 Siehe oben B.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

173

Bedeutsam in diesem Zusammenhang ist allerdings eine neuere Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz471 • Im Rahmen eines wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahrenshatte das Gericht die Frage zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen wasserwirtschaftliche Belange zu einer Versagung der Planfeststellung führen. Das Gericht hat in dieser Entscheidung bei der Prüfung wasserwirtschaftlicher Belange eine Unterscheidung zwischen "konkreten wasserwirtschaftliehen Beeinträchtigen" und "generalisierenden Betrachtungen" vorgenommen. Letztere könnten nicht auf die "Ebene von zwingenden Versagungsgründen" angehoben werden, "um dadurch den Weg zur planensehen Abwägung zu verstellen" 472 • Es ist zweifelhaft, ob diese Unterscheidung von wasserwirtschaftliehen Belangen mit der Systematik der wasserrechtlichen Planfeststellung vereinbar ist. Der Begriff einer "generalisierenden Betrachtung" ist unserer Rechtsordnung fremd. Gerichtliche Entscheidungen können nur aufgrund "konkreter" Beurteilungen sachgerecht getroffen werden. Es ist auch fraglich, wie eine "generalisierende Betrachtung" auf der Abwägungsstufe berücksichtigt werden kann. Bedenken, die nicht konkret gefaßt sind, können doch kein für die Abwägung relevantes Gewicht beinhalten. · Die im Urteil - erstmalig - vorgenommene Unterteilung der wasserwirtschaftliehen Belange ist im übrigen auch nicht praktikabel. In der Entscheidung wird unstreitig davon ausgegangen, daß der vorgenommene Gewässerausbau sich nachteilig auf die Wasserqualität auswirkt, weil die Selbstreinigungskraft des Gewässers gemindert wird. Angesichts dieses Umstandes von einer "generalisierenden Betrachtung" und nicht von einer "konkreten wasserwirtschaftliehen Beeinträchtigung" zu sprechen, ist nicht nachvollziehbar. Die Entscheidung berücksichtigt schließlich nicht das dem § 6 WHG innewohnende Bewirtschaftungsermessen, welches auch bei der wasserwirtschaftliehen Planfeststellung zu beachten ist473 • Sollen die Gewässer derart bewirtschaftet werden, daß in einem bestimmten Bereich keine Gewässerausbauten vorgenommen werden sollen, so stellt die entsprechende Ausübung des (im§ 6 WHG enthaltenen) Ermessens einen zwingenden Versagungsgrund dar. Auf eine planensehe Abwägung kann und darf es dann nicht mehr ankommen. Dieses Ergebnis ist eine Folge der Benutzungsordnung des Mediums Wasser, die auf einem repressiven Verbot mit Befreiungsvorbehalt basiert474 • 471 472 473 474

Urteil vom 11.01.1990, NuR 1991, 189. OVG Rheinland-Pfalz, NuR 1991, 189. Siehe oben B.l. Vgl. Breuer, Der Staat 20 (1981), 393 (404) m.w.N.

174

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen (c) Abgrenzung zwischen§ 34 und§ 6 WHG

Die Wasserbehörden müssen bei ihrer Entscheidung berücksichtigen, daß der Grad der Wahrscheinlichkeit bei § 34 WHG ein anderer ist als der bei§ 6 WHG475 • Eine Versagung nach 34 WHG ist möglich bei einer entfernten Möglichkeit des GefahreneintrittS. Etwas anderes gilt, wenn die Versagung auf§ 6 WHG gestützt werden soll. Hier muß eine begründete Wahrscheinlichkeit dafür vorliegen, daß nachteilige Folgen eintreten476 • Das folgt aus einem Vergleich des Wortlauts von § 6 WHG einerseits und § 34 Abs. 1 WHG andererseitS. Verlangt der Gesetzgeber hier positiv, daß eine Beeinträchtigung "zu erwarten" ist, so stellt er dort negativ darauf ab, daß diese Beeinträchtigung "nicht zu besorgen" sein darf. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat die unterschiedliche Formulierung die Bedeutung, daß die Auswirkungen im ersten Fall wahrscheinlich, im zweiten Fall aber unwahrscheinlich sein müssen477 • Demzufolge kann die entfernte Möglichkeit eines Schadenseintritts lediglich bei§ 34 WHG zur Versagung der Planfeststellung führen, nicht aber im Rahmen des § 6 WHG478 • Diese Abgrenzung bedeutet aber zugleich, daß für die Bewirtschaftung des Grundwassers in erster Linie die Generalklausel des § 6 WHG gilt. Dabei kann allerdings § 34 WHG in die Auslegung des Schutzauftrags in§ 6 WHG hineinstrahlen. Nur soweit diese Ausstrahlung nicht greift, verbleibt es bei einem eigenständigen Spielraum der Wasserbehörde im Hinblick auf § 34 WHG479 •

475 BayVGH, ZfW 1988, 425 (427); Czychowski, Rechtsfragen des Grundwasserschutzes, S. 100. 476 BayVGH, DVBl. 1977, 932 (933); Sieder!Zeitler/Dahme, WHG, § 6 Rdn. 13; Breuer, Wasserrecht, in: Grimm/Papier, StVwR NW, S. 502. 477 BVerwG, DVBI. 1966, 496 (497); ZfW 1970, 109 (112); ebenso BayVGH, ZfW 1988, 425 (427). 478 BayVGH, ZfW 1988, 425 (427) m.w.N. 479 Hierzu ausführlich Salzwedel, Wasserrechtliche Vorgaben ordnungsgemäßer landwirtschaftlicher Nutzung von Grundstücken, S. 64.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

175

(d) Schutzanordnungen von Wasserschutzgebietsfestsetzungen

Neben §§ 6 und 34 WHG kann sich ein wasserrechtlicher Versagungsgrund für eine Abgrabung aus der entsprechenden Regelung in einer Wasserschutzgebietsverordnung ergeben480 • Dem Schutz des Trinkwassers kommt angesichts der Knappheit und der Gefährdung dieses lebensnotwendigen Gutes eine überragende Bedeutung für die Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit einwandfreiem Trinkwasser zu481 • Hieraus folgt ein besonderes SchutzbedürfniS. Angesichts des steigenden Wasserbedarfs und der zunehmenden Belastung der Gewässer wird die Festsetzung von Wasserschutzgebieten daher immer wichtiger482 • Unter einer Wasserschutzgebietsfestsetzung wird der Gesamtakt verstanden, der sich aus dem Gebietszugriff (vgl. § 19 Abs. 1 WHG) und den Schutzanordnungen (vgl. § 19 Abs. 2 WHG) zusammensetzt483 • Auf die räumliche Abgrenzung eines Wasserschutzgebiets soll hier nicht näher eingegangen werden484 • Untersucht werden soll ausschließlich die für Abgrabungen bedeutsamen Schutzanordnungen. § 19 Abs. 2 WHG ermächtigt zu zwei Arten von Schutzanordnungen: Zum einen können bestimmte Handlungen verboten oder für beschränkt zulässig -

480 Zum Verhältnis des § 19 WHG, den Iandesrechtlichen Ausfüllungsvorschriften und den jeweiligen Wasserschutzgebietsverordnungen zu den allgemeinen Vorschriften des WHG vgl. BVerwG, NJW 1970, 714; Gieseke!Wiedemann/Czychowski, WHG, § 19 Rdn. 4; Sieder!Zeitler/Dahme, WHG, § 19 Rdn. 23 a.; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 576; zur Ausweisung von Wasserschutzgebieten und deren verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung vgl. Salzwedel, ZfW 1992, 398; zum Verhältnis von Bauplanungsrecht und Wasserschutzrecht vgl. BVerwG, NVwZ-RR 1993, 598. 481 BVertG, DVBI. 1982, 340; BVerwG, NuR 1979, 26; BadWürttVGH, ZfW 1992, 3?5 (359). 482 Sieder!Zeitler/Dahme, WHG, § 19 Rdn. 1; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 575. 483 BVerwG, DVBI. 1968, 596; Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG, § 19 Rdn. 15; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 577 m.w.N.; zu der erforderlichen Fonn von Text und Karte vgl. BadWürttVGH, ZfW 1992, 496. 484 Vgl. dazu ausführlich BVerwG, NuR 1984, 240; BadWürttVGH, NuR 1983, 236; OVG Rheinland-Pfalz, NuR 1984, 313 und ZfW 1990, 480; OLG Düsseldorf, NuR 1987, 188; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 578 ff.; Salzwedel, ZfW 1992, 399 ff. m.w.N.

176

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

wozu auch die Unterwerfung unter einen Genehmigungsvorbehalt gehört-485 erklärt werden(§ 19 Abs. 2 Nr. 1 WHG). Zum anderen können die Eigentümer und Nutzungsberechtigten von Grundstücken zur Duldung bestimmter Maßnahmen verpflichtet werden(§ 19 Abs. 2 Nr. 2 WHG). Schutzanordnungen nach § 19 Abs. 2 Nr. l WHG enthalten regelmäßig Verbote für wassergefährdende Maßnahmen der Land- und Forstwirtschaft (z.B. Düngung, Verwendung von Pflanzenschutzbehandlungs- und Schädlingsbekämpfungsmitteln; Art der Nutzung). In Anlehnung an die DVGWRichtlinie486 fmden sich in den Wasserschutzgebietsfestsetzungen meist auch Verbote und Beschränkungen von Abgrabungen, insbesondere der Sand- und Kiesgewinnung. Nach dem Maßstab der Erforderlichkeit und dem damit geltenden Grundsatz des Übermaßverbotes setzen derartige Verbote allerdings voraus, daß das Grundwasservorkommen schutzbedürftig und ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Rechte anderer schutzwürdig ist487 • Die Verbote und Beschränkungen nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 WHG sind von den Wasserbehörden zu beachten488 und führen bei der wasserrechtlichen privatnützigen Planfeststellung zu einem zwingenden Versagungsgrund. Für den Unternehmer verbleibt in diesen Fällen ausschließlich die Möglichkeit, bei der zuständigen Behörde eine Ausnahmegenehmigung für die Abgrabung einzuholen. Eine solche Befreiungsermächtigung muß in jeder Wasserschutzgebietsverordnung vorhanden sein489 • Fehlt die Möglichkeit, im Einzelfall zur Vermeidung unzumutbarer Härten von den Schutzanordnungen Befreiung zu gewähren, so ist die Rechtsverordnung nichtig490. Diese Nich485 Sieder!Zeitler/Dahme, WHG, § 19 Rdn. 23; Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG, § 19 Rdn. 44; Breuer, Raumgestaltende Planung, S. 157 f.; ders., Ztw 1969, 101 f. 486 Richtlinie fiir Trinkwasserschutzgebiete, herausgegeben vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. - DVGW-Regelwerk, Arbeitsblätter W 101, W 102, W 103, abgedruckt in: Wüsthoff/Kumpf, HdW D 30 bis 32; zum Inhalt und zur Rechtsnatur vgl. ausfuhrlieh Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 611; Gieseke!Wiedemann!Czychowski, WHG, § 19 Rdn. 18, 56. An den Inhalt der Trinkwasserrichtlinien sind die Wasserbehörden grundsätzlich gebunden. Abweichen können sie nur, wenn dies aus sachlichen Gründen geboten ist; vgl. OVG RheinlandPfalz, ZfW 1990, 480. 487 OVG Saarlois, ZfW 1994, 297 (298); OVG Lüneburg, ZfW 1991, 192; Gieseke!Wiedemann/Czychowski, WHG, § 19 Rdn. 10. 488 Gieseke/Wiedemann!Czychowski, WHG, § 19 Rdn. 59 m.w.N. 489 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 609. 490 OVG Rheinland-Pfalz, NuR 1985, 118 (119).

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

177

tigkeitsfolge tritt allerdings ausnahmsweise nicht ein, falls die Verbotsvorschriften unter Beachtung des Art. 14 GG verfassungskonform ausgelegt werden können491 . Schutzanordnungen einer Wasserschutzgebietsverordnung stellen grundsätzlich Inhalts- und Schrankenbestinunungen des Eigentums dar492 • Das Wasserhaushaltsgesetz unterstellt das ober- und unterirdische Wasser einer von dem Grundeigentum losgelösten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung und ordnet es der Allgemeinheit zu493 . Verbote in W asserschutzgebietsverordnungen können jedoch dann als Enteignung zu bewerten sein, wenn durch ihre Regelungen die Nutzung eines Grundstücks praktisch schlechthin unmöglich gemacht wird und damit die Grundstücke völlig entwertet werden494. Im übrigen ist dem Urteil des OVG Rheinland-Pfalzvom 26.08.1992 zu folgen, daß Grundeigentum von vornherein insoweit eingeschränkt ist, als sich aufgrund der Situationsgebundenheit des Eigentums das Risiko der Ausweisung eines Wasserschutzgebiets mit den je nach Einzelfall erforderlichen Verboten als Inhalts- und Schrankenbestinunung verwirklichen kann495 . Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 15.02.1990 in der für die Praxis bedeutsamen "Fischteichentscheidung" 496 zu den in einer Reihe von Umweltgesetzen enthaltenen497 sog. "salvatorischen Klauseln" Stellung bezogen. Nach diesem Urteil verstößt die Salvatorische Klausel des § 7 des Landesplanungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen498, wonach der Betroffene eine angemessene Geldentschädigung verlangen kann, wenn eine Maßnahme nach diesem Gesetz enteignende Wirkung hat, gegen die Junktimklausel des Art. 14 Abs. 3 S. 2 GG, soweit die Vorschrift auch Enteignungen im Sinne des Art. 14 Abs. 3 S. 1 GG erfaßt499. Dies folgt das Bundesverwal491 OVG Schleswig, ZfW 1994, 305 m.w.N. 492 BVerfGE 58, 300 (331). 493 BVerfGE 58, 300 (328, 336 f.). 494 BVerwGE 49, 365 ff.; 67, 92 ff.; BGHZ 90, 17 (24, 25) m.w.N.; zum Rechtsweg für Ausgleichsansprüche vgl. Rinne, DVBI. 1994, 23. 495 OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.08.1992 - 10 C 112119l.OVG -; ebenso Knopp, BayVBI. 1994, 11. 496 Zu diesem Begriff vgl. Melchinger, NJW 1991, 2524. 497 So z.B. in § 19 Abs. 3 WHG; §51 Abs. 1, 2 LFoG NW; weitere Nachweise bei Schink, DVBI. 1990, 1377 Fn. 13; Melchinger, NJW 1991, 2524 Fn. 1 und 2. 498 In der Fassung der Bekanntmachung vom 26.06.1980 (GVNW S. 734). 499 BVerwGE 84, 361 = DVBI. 1990, 585; zustimmend Melchinger, NJW 1991, 2532; Pietzcker, NVwZ 1991, 426; Labbe/Kaltenegger, BayVBI. 1994, 6 ff.; die Zulässigkeit salvatorischer Klauseln wurde noch angenommen von BGHZ 99, 24 (26 12 BUllesbach

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Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

tungsgericht aus der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestehenden Verpflichtung des Gesetzgebers, die Voraussetzungen einer Ent~ eignung selbst zu bestimmen500 • Diese Rechtsprechung ist auf 19 Abs. 3 WHG zu übertragen501 • Das bedeutet, daß Schutzanordnungen, die ohne Gewährung einer Entschädigung zu einer Enteignung führen, nicht wirksam und somit von niemandem zu beachten. Diese Rechtsprechung wird wegen der Schwierigkeiten, vor die der Gesetzgeber - hier die Wasserbehörde gestellt wird, zu Recht kritisiert502 • Eine bloß abstrakte Nutzungsmöglichkeit wird nicht schon dann schützens~ werter Eigentumsbestand, wenn sich die entsprechende Eigentumsverwen~ dung objektiv wirtschaftlich anbietet503 • Ist eine Genehmigung für die Nut~ zung erforderlich, muß diese erteilt und realisiert sein, damit von einer eigentumsrechtlichen Verfestigung gesprochen werden kann504 • Nutzungs~ ff.); 105, 15 (17). Vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, DVBI. 1992, 47 mit Anmerkung Lubberger, DVBI. 1992, 49, wonach der Vorlagebeschluß zu einer Art zweiten "Naßauskiesungsbeschluß" des BVerfG führen kann. Zur Frage, wie bestimmt die gesetzliche Regelung sein muß, vgl. Maurer, DVBI. 1991, 785. 500 Vgl. BVerfGE 74, 264 (286). sol Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.08.1992 - 10 C l1067/9l.OVG -. s02 Schink, DVBI. 1990, 1385; Knopp, BayVBI. 1994, 10. 503 Maiwald, BayVBI. 1991, 104. 504 Zu der Frage, ob ein wasserrechtlicher Planfeststellungsbescheid durch ein späteres in einer Wasserschutzgebietsverordnung ausgesprochenes Abgrabungsverbot seine Wirkung unmittelbar verliert oder ob der Planfeststellungsbescheid später erst nach §§ 48 VwVfG aufgehoben werden muß, um dann die Abgrabung zu untersagen vgl. BVerwG, Beschluß vom 26.08.1993 - 7 NB 1.93 -,wo es heißt: "Sollte nämlich(... ) anzunehmen sein, daß die angegriffene Wasserschutzgebietsverordnung unmittelbar die weitere Verwirklichung des planfestgestellten Vorhaben der Antragstellerio verbietet, griffe die Vorschrift des § 19 Abs. 3 Hs. 2 WHG ein. Diese Vorschrift verweist für den Fall der Kollision zwischen einer wasserrechtlichen Bewilligung nach § 8 WHG und einer späteren Wasserschutzgebietsverordnung auf die Widerrufsvorschrift des § 12 und die dort getroffenen Entschädigungsregelungen; auf einen mit einer Wasserschutzgebietsverordnung kollidierenden privatnützigen Planfeststellungsbeschluß nach § 31 Abs. 1 WHG, der dem Begünstigten keine schwächeren Rechte vermittelt als die Bewilligung nach § 8 WHG, muß diese Bestimmung entsprechend gelten." Ebenso OVG Rheinland-Pfalz, Beschluß vom 01.09.1993 - 1 B 10702/93.0VG - (anders als die Vorinstanz): "Eine bestandskräftig gewordene Erlaubnis verliert durch die Änderung des maßgeblichen Rechts - hier: durch Erlaß einer Wasserschutzgebietsverordnung - nicht automatisch ihre Wirksamkeit, auch wenn sie nunmehr im Widerspruch zum geltenden Recht steht. Vielmehr kann diese Rechtsänderung nur zur Folge haben, daß der rechtmäßig bleibende Erlaubnisbescheid von der Behörde aufzuheben ist." Diese Rechtsprechung hat erhebliche Auswirkungen auf den Entschädigungsverpflichteten. Bei einer Aufhe-

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

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möglichkeiten, für die eine Genehmigung nicht erforderlich ist, können dann ebenfalls zu eigentumsrechtlich verfestigten Position erstarkt sein, wenn sie legal ins Werk gesetzt wurden, indem also mit ihrer Ausführung bereits begonnen wurde. In allen Fällen darf aber keine so lange Unterbrechung zwischen den einzelnen Nutzungen erfolgt sein, daß der Eigentümer nicht mehr redlicherweise auf den Fortbestand der Rechtsposition vertrauen kann505 •

(2) Naturschutzrechtliche Gründe (a) Planfeststellungen als Eingriffe in Natur und Landschaft Wasserrechtliche Ausbauvorhaben gelten nach den Natur- und Landespflegegesetzen der Länder als Eingriffe in Natur- und Landschaft506• Versagungsgründe für ein privatnütziges Ausbauvorhaben können sich damit ergeben507 aus den Abgrabungsverboten in Rechtsverordnungen508 oder Satzungen509, durch die Naturschutzgebiete, Nationalparks, Landschaftsschutzgebiete oder Naturparks festgesetzt werden (§ 12 ff. BNatSchG), aus § 8 Abs. 2 S. 1 BNatSchG und

bung des die Abgrabung zulassenden Bescheides ist zur Entschädigung die Behörde verpflichtet, die den Bescheid erlassen hat (§ 49 Abs. 5 VwVfG). Bei einem unmittelbar wirkenden Verbot müßte der durch die Rechtsverordnung begünstigte Träger der Wasserversorgung die Entschädigung leisten. 505 Maiwald, BayVBI. 1991, 105. 506 Siehe oben 1. Abschnitt A. VI. 501 Im folgenden werden exemplarisch die Vorschriften des BNatSchG angeführt. Dabei wird nicht verkannt, daß die rahmenrechtlichen Bestimmungen des Bundes auf die Ergänzung durch Landesrecht angelegt und angewiesen sind (vgl. BVerwGE 67, 382 [387] m.w.N.). Sie sind deshalb nur mittelbares Recht. Für die Rechte und Pflichten des Bürgers haben sie nur kraft des zu ihrer Ausfüllung ergangenen Landesrechts Bedeutung; vgl. hierzu ausführlich BVerwG, UPR 1989, 108 und NVwZ 1991, 364; auch BadWürttVGH, NVwZ 1993,595 (596). 508 So §§ 21, 22 NatSchG BW; Art. 7 Abs. 3, 10 Abs. 3 BayNatSchG; §§ 19 Abs. 2, 20 Abs. I NatSchG Bin; §§ 18, 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 BremNatSchG; §§ 15, 16 Abs. 1, 17 Abs. 1 HbgNatSchG; §§ 12, 13 i.V.m. § 16 Abs. I HENatG; §§ 24, 26 NdsNatSchG; §§ 18 Abs. I, 19 Abs. I, 21 Abs. 1 LPflG RhPf; §§ 18 Abs. 1, 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 SaariNG; §§ 16 Abs. 1, 17 Abs. 1 LPflG SH. 509 So§ 16 Abs. 2 S. 1, Abs. 4 Nr. 3 LG NW; zu der Landschaftsplanung in NW vgl. Schink, NWVBI. 1991 , 76 ff. !2•

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Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

aus § 8 Abs. 3 BNatSchG.

Bevor auf den Inhalt und die Reichweite dieser Versagungsgründe eingegangen wird, soll untersucht werden, ob insbesondere bei der Herstellung von Fischteichen die "Landwirtschaftsklausel" des § 8 Abs. 7 BNatSchG eingreift510.

(b) Reichweite der Landwirtschaftsklausel

Nach § 8 Abs. 7 BNatSchG ist "die im Sinne dieses Gesetzes ordnungsgemäße land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung nicht als Eingriff in Natur und Landschaft anzusehen" 511 • Bei der Interpretation dieser Vorschrift ist zu berücksichtigen, daß die Landwirtschaftsklausel der Landwirtschaft nicht ein allgemeines Privileg für eine möglichst unbeschränkte, rationelle und ökonomische Betriebsweise einräumt, sondern nur einen Teilbereich der Landwirtschaft, nämlich die Bodennutzung von den Schranken des § 8 BNatSchG befreit512 • Weiterhin handelt es sich bei der zugunsten der Landwirtschaft getroffenen Regelung um einen Ausnahmetatbestand, der nach allgemeinen juristischen Regeln eng auszulegen ist513 • Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist der in Schrifttum und Rechtsprechung vertretenen Auffassung zuzustimmen, wonach unter "landwirtschaftlicher Bodennutzung" nur die "tägliche Wirtschaftsweise" des 510 Zur Auslegung landesrechtlicher Landwirtschaftsklauseln vgl. BVerwG, NVwZ-RR 1989, 288. 511 Zur Kritik an der Landwirtschaftsklausel vgl. Salzwedel, 10 Jahre BNatSchG, S. 11: "Die provokante gesetzgeberische Fehlleistung, mit den Landwirtschafsklauseln agrarische Überproduktionen auf Kosten natürlicher Lebensgrundlagen festzuschreiben, entwertet den Schutzanspruch von vornherein. Die Freizeichnung des Hauptverursachers von Lebensraumverlusten machte das Vorhaben politisch unglaubwürdig"; a.A. Schomerus, Defizite im Naturschutzrecht, S. 113, der in § 8 Abs. 7 BNatSchG keine Privilegierung der Landwirtschaft sieht. Zur Bedeutung der Landwirtschaftsklausel in Landschaftsschutzverordnungen vgl. BVerwG, DÖV 1989, 85 (Nr. 9); zur Differenzierung der allgemeinen Landwirtschaftsklausel, § 1 Abs. 3 BNatSchG, und jener der Eingriffsregelung, § 8 Abs. 7 BNatSchG, vgl. BVerwG, UPR 1989, 108 (109); Soe/1, NVwZ 1988, 516; Erbguth, NuR 1989, 49 f.; zur Auslegung des Begriffs der "ordnungsgemäßen Landwirtschaft" vgl. Schink, NWVBI. 1991, 74. 512 Stenschlce, BayVBI. 1977, 726. 513 Hartmann, NuR 1983, 57; Emig, NuR 1988, 181.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

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Landwirtsm, d. h. nur die unmittelbar der Gewinnung von Agrarprodukten dienende Bearbeitung und Behandlung des Erdbodens sowie des darauf befindlichen Bewuchses zu verstehen ist515 . Im Zusammenhang mit der Auslegung des Begriffs der "ordnungsgemäßen Bodennutzung" ist das Bundesverwaltungsgericht zu der begrüßenswerten Erkenntnis gelangt, daß diese nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch ausgerichtet sein müsse516. Der Wechsel von der landwirtschaftlichen zur fischereiwirtschaftlichen Nutzung einer Fläche durch Herstellung von Fischteichen fällt danach nicht unter den Begriff der ordnungsgemäßen landwirtschaftlichen oder fischereiwirtschaftlichen Bodennutzung im Sinne des § 8 Abs. 7 BNatSchGS 17 . Auch handelt es sich bei der Hobbyfischerei nicht um eine fischereiwirtschaftliche Nutzung518 • Es handelt sich mithin bei diesen AusbaumaBnahmen um Eingriffe in Natur und Landschaft i.S.d. § 8 Abs. 1 BNatSchG. Auch in den Fällen, in denen jemand eine Teichanlage für die fischereiliehe Nutzung erstmals anlegen will, greift das Privileg des § 8 Abs. 7 BNatSchG nicht ein. Eine solche Veränderung der Natur zu dem Zwecke, eine spätere unter § 8 Abs. 7 BNatSchG fallende Bodennutzung überhaupt erst zu ermöglichen, ist von der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung nicht ausgenommen519.

514 BVerwGE 67, 89 (93); ähnlich OVG Rheinland-Pfalz, NuR 1987, 275 (276). 515 Fischer-Hüftle, Tragweite der Landwirtschaftsklauseln, S. 50; Schomerus, Defizite im Naturschutzrecht, S. 109; Emig, NuR 1988, 181; Schmidt, NVwZ 1988, 983 jeweils m.w.N. 516 BVerwG, NVwZ-RR 1989, 288. 517 BVerwG, NuR 1986, 251; UPR 1989, 108 (109); HessVGH, NuR 1985, 330; Carlsen, NuR 1981, 31; Schmidt, NVwZ 1988, 983; zum Wechsel von der landwirtschaftlichen zur forstwirtschaftliehen Nutzung vgl. BVerwG, DVBI. 1983, 897; zur Nichtanwendbarkeit der Landwirtschaftsklausel bei Fischteichen vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4.6.1987 - 1 A 9/85 -; zum Verhältnis des § 8 Abs. 7 BNatSchG zu Verboten einer Landschaftsschutzverordnung vgl. BVerwG, NuR 1989, 84. 518 HessVGH, NuR 1986, 126 (127); vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, NuR 1981, 29 (30). 519 BVerwG, UPR 1989, 24 und UPR 1991, 107 m.w.N.

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Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen (c) Unterlassung vermeidbarer Eingriffe

Nach § 8 Abs. 2 S. 1 BNatSchG ist der Verursacher von der für die Zulassung der Abgrabung zuständigen Wasserbehörde zu verpflichten, vermeidbare Beeinträchtigungen zu unterlassen. Diese Vorschrift ist so zu verstehen, daß vermeidbare Eingriffe nicht zulässig sind. Soweit Kuchler520 zu dem Ergebnis gelangt, daß vermeidbare Beeinträchtigungen nur zu einer Untersagung des Eingriffs unter den Voraussetzungen des 8 Abs. 3 BNatSchG führen können und aus diesem Grund ein Verbot vermeidbarer Eingriffe verneint, verkennt er dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 S. 1 BNatSchG. Entsprechend wird in der Literatur auch regelmäßig von einem Verbot vermeidbarer Beeinträchtigungen ausgegangen521 . Aus § 8 Abs. 2 S. 1 BNatSchG folgt nicht ein abstrakt naturwissenschaftliches Verständnis der Vermeidbarkeil einer Beeinträchtigung. Faktisch vermeidbar ist nämlich jede Abgrabung: Sowohl der Kiesunternehmer als auch der Angler können auf den beabsichtigten Gewässerausbau verzichten und damit die Natur unberührt lassen. Auf die faktische Vermeidbarkeil kann es also nicht ankommen522. Ebenso ist ein Eingriff nicht deswegen vermeidbar, weil er nicht unbedingt an dieser Stelle erfolgen muß, sondern zur ErreichDung des damit bezweckten Erfolgs auch eine an anderer Stelle gelegene Alternative in Betracht käme. Dies würde nämlich - wie es der BadWürttVGH treffend formuliert523 - zu einer sogenannten "Kreisverweisung" führen, d.h. bei jeder in Betracht kommenden Alternative könnte darauf verwiesen werden, daß das Vorhaben auch an anderer Stelle verwirklicht werden könnte. § 8 Abs. 2 S. 1 BNatSchG verfolgt einen anderen Zweck. Die Vorschrift will der zuständigen Behörde eine rechtliche Möglichkeit verschaffen, durch Nebenbestimmungen zu ihrer Genehmigung oder durch andere Einflußnah-

520 Kuchler, NuR 1991,467. 521 Hoppe/Beckmann, Umweltrecht, § 18 Rdn. 51; Pickert, BayVBI. 1978, 686; Ronellenjitsch, VerwArch. 1986, 181; Gassner, UPR 1988, 322; Ehr/ein, VBffiW 1990, 122; Bunzel, UPR 1991, 303. 522 Vgl. BadWürttVGH, NVwZ-RR 1989, 349 (351) und NuR 1992, 188 (189); Breuer, NuR 1980, 93; Bertenbreiter, Naturschutz und Naturschutzrecht, S. 51, Burmeister, Schutz von Natur und Landschaft, S. 77; Gassner, NuR 1981, 84; Schink, NWVBI. 1991, 75; Berkemann, NuR 1993, 101. 523 BadWürttVGH, NVwZ-RR 1989, 349 (351).

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

183

men dafür zu sorgen, daß das naturschädigende Ausmaß des Eingriffs so gering wie möglich bleibt524 • Das Ziel lautet: Schadensminderung vor Ausgleich. Anders ausgedrückt: § 8 Abs. 2 S. 1 BNatSchG setzt die Zulässigkeit des konkreten Vorhabens voraus und betrifft nur dessen konkrete Ausführung52S. Nur das umweltschonendste Mittel ist unvermeidbar526. Eine Beeinträchtigung ist - so verstanden - vermeidbar, wenn die mit dem Eingriff verfolgten Ziele auch auf eine Weise erreicht werden können, die Natur und Landschaft weniger beeinträchtigen527 • Mit anderen Worten: Vermeidbar ist eine Beeinträchtigung nur dann, wenn sie unterlassen werden könnte, ohne das mit dem jeweiligen Vorhaben verfolgte Ziel in Frage zu stellen528 . Unzulässig wären hiernach Naßauskiesungen bzw. die Errichtung von Fischteichen, wenn dadurch schützenswerte Waldflächen gerodet oder Feuchtbiotope vernichtet werden müßten, obwohl der Gewässerausbau an anderer Stelle genauso möglich wäre und der beabsichtigte Zweck dort gleichermaßen erfüllt werden könnte, ohne daß derartigen Beeinträchtigungen 524 v. Mutius, Öffentlich-rechtliche Zulässigkeil und Grenzen von Kiesabbauvorhaben; GutachtenS. 55; Pielow, NuR 1987, 166. 52S Breuer, NuR 1980, 93; Gassner, NuR 1984, 84; Ronellenjitsch, NuR 1986, 287; Pielow, NuR 1987, 166. 526 So zutreffend: Gassner, NuR 1984, 84; Kolodziejcok!Recken, Naturschutz und Landesptlege, § 8 BNatSchG Rdn. 18; Bunzel, UPR 1991, 302; kritisch Ronellenjitsch, NuR 1986, 287. 527 Vgl. Heiderich, Eingriffsregelung, S. 50; Ko/odziejcok!Recken, Naturschutz und Landesptlege, § 8 BNatSchG, Rdn. 18.; Lorz, BNatSchG, § 8 Anm. 4; Friedlein!Weidinger, BayNatSchG, Art. 6 a Rdn. 3; Engelhardt/Brenner, BayNatSchG, Art. 6 a Rdn. 2; Künkele/Heiderich, NatSchG BW, § 11 Rdn. 6; Ebersbach, Landverbrauch, S. 409 f.; Bertenbreiter, Naturschutz und Naturschutzrecht, S. 51; Winter, Leybuch-Gutachten, S. 9; Burmeister, Schutz von Natur und Landschaft, S. 78, 94; Fickert, BayVBI. 1978, 685; Breuer, NuR 1980, 93; Naser, BWVPr. 1977, 272; Schroeter, DVBI. 1979, 16; Gassner, NuR 1984, 84; Gaentzsch, NuR 1986, 91; Ronellenjitsch, VerwArch 1986, 181; Schink, NWVBI. 1991, 76; nach BadWürttVGH, NuR 1987, 33 handelt es sich "um eine technisch-fachliche Optimierungsptlicht, vergleichbar der in § 22 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG normierten Pflicht, schädliche Umwelteinwirkungen zu verhindern, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind"; zustimmend Ronellenjitsch, VerwArch 1986, 191. 528 So Ehr/ein, VBlBW 1990, 123; nach BayVGH, BayVBI. 1993 (563 (564) ist der Eingriff vermeidbar, wenn er "mit der Durchführung des Vorhabens untrennbar verbunden" ist. Der Begriff "vermeidbare Beeinträchtigung" kann nach HessVGH, NVwZ 1988, 1040 (1044) nur aufgrund einer Gesamtbetrachtung der naturschutzrechtlichen Belange einerseits und der für das Planungsvorhaben streitenden Gemeinwohlinteressen andererseits bestimmt werden; dagegen Schink, NWVBI. 1991, 75 wegen des zwingenden Charakters des Vermeidungsgebots.

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Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

von Natur und Landschaft herbeigeführt würden529• Vermeidbar ist eine Abgrabung auch dann, wenn sie nicht geeignet oder erforderlich ist. Das OVG Rheinland-Pfalz530 hat hierauf gestützt die Herstellung einer Teichanlage für unzulässig erklärt, durch die ein sumpfiges Wiesengrundstück entwässert werden sollte, obwohl durch die beabsichtigte Maßnahme das Wasser länger im nassen Teil der Wiese gestaut wird. Ebenfalls einen vermeidbaren Natureingriff stellt die Einfriedung von Fischteichen dar531 • Eine solche Einfriedung ist selbst für die Fischzucht wie zahlreiche nicht eingezäunte Fischteiche zeigen - nicht erforderlich532 • Selbst in der Nähe von Wohngebieten ist eine Einzäunung von Fischteichen aus Gründen der Unfallverhütung nicht notwendig. Die Unfallgefahr bei Teichen ist in der Regel nicht größer als bei anderen Gewässern. Mit abgeflachten Uferböschungen kann gegebenenfalls der Unfallgefahr hinreichend begegnet werden533 • Zu beachten ist, daß § 8 Abs. 2 S. 1 BNatSchG unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit (im engeren Sinne) steht534 • Danach darf eine Verpflichtung zur Unterlassung vermeidbarer Beeinträchtigungen nicht ausgesprochen werden, wenn entweder die angeordnete Vermeidungsmaßnahme über das objektiv Erforderliche hinausgeht oder der Vermeidungsaufwand besonders hoch ist und außer Verhältnis zu einem hiermit zu erreichbaren geringfügigen Vorteil für den Naturschutz und die Landespflege steht535 • Gerade bei

529 Vgl. auch Kolodziejcok!Recken, Naturschutz und Landespflege, § 8 BNatSchG, Rdn. 18 f.; Schroeter, DVBI. 1979, 16; weitere Beispiele fmden sich bei: Breuer, NuR 1980, 93; ähnlich auch§ 9 Abs. 3 S. 2 LPflegG SH. 530 OVG Rheinland-Pfalz, NuR 1981, 28 (29); zustimmend Lorz, BNatSchG, § 8 Anm. 4; Winter, Leybuch-Gutachten, S. 9; Burmeister, Schutz von Natur und Landschaft, S. 79 f. m.w.N. 531 HessVGH, NVwZ-RR 1990, 236. 532 BayVGH, BRS 25 Nr. 65 und BRS 25 Nr. 66; Ge/zer, Bauplanungsrecht, Rdn. 1185. 533 Simon, BayBO, Art. 9 Rdn. 12. 534 Breuer, NuR 1980, 94; Pielow, NuR 1987, 166; Sander, NuR 1986, 320; Kuchler, NuR 1991, 467. 535 Breuer, NuR 1980, 94; Burmeister, Schutz von Natur und Landschaft, S. 108; in diesem Zusammenhang folgert Ronellenfitsch, NuR 1986, 287 aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, daß Eingriffe allein dann vermeidbar sind, wenn umweltschonendere Eingriffe zurnutbar sind; ähnlich Jarass, Die Anwendung neuen Umweltrechts, S. 29 für den Begriff der Verhältnismäßigkeit als Grenze der immissionsschutzrechtlichen Anpassungspflicht. Die Einführung eines solchen subjektiven

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

185

Naßauskiesungen wird dies besonders sorgfaltig von den Wasserbehörden zu prüfen sein. Inwieweit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingreift, wenn die Behörde dem VerursacherMaßnahmen vorschreibt, die zwar technisch möglich sind, den Vorhabenträger aufgrund der vorhandenen Kosten aber faktisch zur Aufgabe seines Vorhabens zwingen, wird in der Literatur diskutiert536. Insoweit geht Pielow537 zutreffend davon aus, daß der Ausbauunternehmer den Eingriff unterlassen soll, wenn ihm die entsprechenden Kosten oder Lasten zu aufwendig sind.

(d) Untersagung des Eingriffs nach§ 8 Abs. 3 BNatSchG

Neben der Pflicht zur Unterlassung vermeidbarer Eingriffe enthält § 8 Abs. 3 BNatSchG einen zweiten, in der Praxis häufig vorkommenden Versagungsgrund. Danach ist ein Eingriff zu untersagen, wenn 1. die Beeinträchtigungen nicht im erforderlichen Maße auszugleichen sind und 2. die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft im Range vorgehen. Was unter einem Ausgleich zu verstehen ist, definiert § 8 Abs. 2 S. 4 BNatSchG. Ausgeglichen ist danach ein Eingriff, wenn nach seiner Beendigung keine erhebliche oder nachteilige Beeinträchtigung des Naturhaushalts zurückbleibt und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wieder hergestellt oder neu gestaltet ist53s. Eine gleichartige Wiederherstellung des vorherigen Zustandes ist weder regelmäßig möglich539 noch wird sie vom Gesetz verlangt540. Einen Ausgleich im Rechtssinne stellen damit Maßnahmen in Bezug auf ein durch einen Eingriff gestörtes Landschaftsbild immer dann dar, wenn durch sie in dem Merkmals ist angesichts des Verursacherprinzips im Naturschutzrecht jedoch bedenklich. 536 Vgl. hierzu die Nachweise bei Kuchler, NuR 1991, 467. 537 Pielow, NuR 1987, 166; ebenso Ehrlein, VBIBW 1990, 123 m.w.N. 538 Zur Ausgleichspflicht siehe auch unten E.ill.2. 539 Runzel, UPR 1991, 302. 540 OVG Berlin, NVwZ 1983,416 (417); Ronellenfitsch, NuR 1986, 287.

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Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

betroffenen Landschaftsraum ein Zustand geschaffen wird, der in gleicher Art, mit gleicher Funktion und ohne Preisgabe wesentlicher Faktoren des optischen Beziehungsgefüges den vor dem Eingriff vorhandenen Zustand in möglichst weiter Annäherung fortführt541 • Ein Ausgleich ist danach immer dann möglich, wenn die fragliche Fläche nach einer Abgrabung rekultiviert und ihrer alten Nutzung wieder zugeführt wird542 • Anders sind aber die Fälle gelagert, in denen nach der Abgrabung die Wiederherstellung des alten Zustandes nicht mehr möglich ist, weil eine Wasserfläche zurückbleiben soll. In diesen Fällen ist es erforderlich, daß der konkrete ökologische oder landschaftliche Schaden geheilt werden kann. Dabei ist es gleichgültig, ob dieser Ausgleich am unmittelbaren Ort des Eingriffs oder in seiner näheren oder weiteren Umgebung stattfindet. Entscheidend ist allein, daß er noch im funktionalen Zusammenhang mit dem Eingriff steht, d. h. die gestörten Funktionen des Naturhaushalts wieder herstellt oder das Landschaftsbild in geeigneter Weise neu gestaltet543 • Solche Ausgleichsmaßnahmen sind in der Regel bei Seen, die durch Rohstoffgewinnungen entstehen, möglich544 • Der Ausbauunternehmer muß mit der Antragstellung neben dem Fachplan einen landespflegerischen Begleitplan545 nach § 8 Abs. 4 BNatSchG einreichen, in dem die beabsichtigten Ausgleichsmaßnahmen ausgewiesen sind546 • Hierzu zählen z.B.

BVerwG, UPR 1991, 105. Pielow, NuR 1979, 17. 543 BVerwG, UPR 1991, 105 (109); Gassner, NuR 1984, 85; Ronellenfitsch, VerwArch 1986, 182 m.w.N.; die Ausgleichsmaßnahme muß allerdings dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen; vgl. Kolodziejcok/Recken, Naturschutz und Landespflege, § 8 BNatSchG, Rdn. 18.; Lang, BayVBI. 1981, 680; Friedlein/Weidinger, BayNatSchG, Art. 6 a Rdn. 5; Engelhardt/Brenner, BayNatSchG, Art. 6 a Rdn. 3; Burmeister, Schutz von Natur und Landschaft, S. 108; Fickert, BayVBI. 1978, 686; Breuer, NuR 1980, 94; Schroeter, DVBI. 1979, 16. 544 Vgl. etwa BadWürttVGH, NuR 1987, 79; Gassner, NuR 1989, 66; ausführlich zu den verschiedenen Möglichkeiten der Rekultivierung Stein, Anleitung zur Rekultivierung, S. 36 ff. 545 Vgl. hierzu ausführlich Schriewer, Möglichkeiten und Grenzen der Regelung im landespflegerischen Begleitplan, S. 43 f.; Kuschnerus, DVBI. 1986, S. 76 f.; Ronellenjitsch, NuR 1986, 289; Fickert, BayVBI. 1978, 689; zum Inhalt vgl. Kowal/ik, DVBI. 1986, 226; Gassner, DVBI. 1991, 356; kritisch: Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Umweltgutachten 1978, Tz. 1129, wonach die landespflegerische Begleitplanung in der Regel nur eine "Grüngarnierung" bedeutet. 546 Zum rechtlichen Gewicht eines landespflegerischen Begleitplans in einem wasserstraßenrechtlichen Verfahren vgl. BVerwG, NVwZ 1985, 736 (739). 541

542

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

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Neuanlegung von Feuchtgebieten, Trockenrasen, Heideflächen, Aufforstung entsprechender Flächen, Anlegung von Flachwasserzonen, Entwicklung naturnaher Biotope und Regenerationsbereiche in geeigneten Randzonen547 . Als Folgenutzungen für ehemalige Sand- und Kiesgruben sind regelmäßig zu beobachten: Badeseen, Wassersportseen, Fischteiche, Landschaftseen, Naturschutzseen oder Vogelschutzseen. Zutreffend weist Stein darauf hin, daß vor allem die beiden letztgenannten Folgenutzungen grundsätzlich positiv, die beiden zuerst genannten teilweise sehr kritisch zu beurteilen sind548. In der Praxis spielt die Versagung der Planfeststellung für die Herstellung von Fischteichen aus Gründen des Naturschutzes eine bedeutsame Rolle. Private Fischteiche mit ihren meist geometrischen Formen und künstlichen Dämmen sind regelmäßig ein Fremdkörper in der Landschaft. Dieser Eindruck wird häufig noch verstärkt durch die als Folge des Gewässerausbaus errichteten Grundstückseinfriedungen und sonstigen baulichen Anlagen. Hinzu kommt, daß durch eine Häufung kleiner Fischteiche oder sog. FischerSchrebergärten gerade die floristisch wertvollen Grundstücke zerstört werdens49.

547 Zur Angemessenheit einer Rekultivierungsauflage für eine Kiesgrube vgl. OVG Lüneburg, NuR 1982, 26; zur Entwicklung von Abgrabungsflächen zu wertvollen Sekundärbiotopen vgl. Kaiser, NuL 62 (1987), 107 f. 548 Stein, Anleitung zur Rekultivierung, S. 37. 549 So Stein, RdWWi 19, 28.

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Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Angesichts dieser naturschutzrechtlichen Beeinträchtigungen hat sich in den letzten Jahren eine deutliche Rechtsprechung herauskristallisiert550• Die Vorreiterrolle hat dabei das OVG Rheinland-Pfalz eingenommen. In seinem Urteil vom 02.10.1980551 hat das Gericht entschieden, daß die kraft Gesetzes anzunehmende Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, wie sie mit der künstlichen Herstellung von Fischteichen verbunden ist, nur dann als ausgeglichen anzusehen ist, wenn der Eingriff optisch nicht mehr wahrnehmbar ist552 • Das Gericht folgert daraus, daß Fischteiche in Rheinland-Pfalz nur noch bei einer fischereiwirtschaftlichen Bodennutzung zugelassen werden dürfen553 • Diese auf die äußere Erscheinung der Teichanlage beschränkte Rechtsprechung ist im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.05.1990 kritisiert worden. In dieser Entscheidung stellt das Gericht fest, daß der Ausgleich eines Eingriffs in das Landschaftsbild nicht notwendig deshalb zu verneinen sei, weil eine Veränderung optisch wahrnehmbar bleibe554• Begründet wird dieses Ergebnis wie folgt: 555

550 BayVGH, NuR 1980, 124; BadWürttVGH, ZfW 1980, 309; OVG RheinlandPfalz, NuR 1981, 28; HessVGH, RdL 1980, 220 und NuR 1985, 330; BayVGH, NuR 1986, 122. 551 OVG Rheinland-Pfalz, NuR 1980, 29 (30); bestätigt in DÖV 1985, 727 (insoweit sind die Entscheidungsgründe aber nicht abgedruckt) und NuR 1991, 189 (190). 552 Ebenso Carlsen, NuR 1981, 31; Schind/er, NuR 1981, 162; Himmel, LWG RhPf/WHG, § 72 LWG/§ 31 WHG Rdn. 53; ähnlich HessVGH, AgrarR 1983, 100; NuR 1985, 331; vgl. auch Pickert, BayVBI. 1978, 685, der allerdings hervorhebt, daß der Begriff des Landschaftsbildes einen "statischen Inhalt" hat und deshalb auf eine nicht unbedenkliche Weise auf die Festschreibung des status quo hinauslaufen kann. 553 OVG Rheinland-Pfalz, NuR 1981, 29 (30 f.): "Der Senat verkennt dabei nicht die weitgehenden Konsequenzen dieser Entscheidung, die darauf hinauslaufen, daß in Zukunft Fischteiche nur noch bei einer fischereiwirtschaftlichen Benutzung (...), d.h. bei einer gewerbsmäßigen Fischzucht (.. .) zugelassen werden dürfen. Die dadurch für den an der Fischerei als Freizeitbeschäftigung interessierten Personenkreis entstehenden Beschränkungen sind allerdings durch die seit 1979 geltende Neufassung des Landespflegegesetzes (...)beabsichtigt." 554 BVerwGE 85, 349 = DÖV 1991, 294 = UPR 1991, 105; ebenso jetzt BadWürttVGH, NuR 1992, 188 (189); v. Mutius, Öffentlich-rechtliche Zulässigkeit und Grenzen von Kiesabbauvorhaben; Gutachten S. 58; kritisch bereits früher VG Neustadt/Wstr., Urteil v. 17.07.1986 -2 K 143/85- (unveröffentlicht), S. 6; Gassner, NuR 1989, 65; zu diesem Urteil siehe auch oben 2.d. 555 BVerwG, UPR 1991, 105 (109).

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

189

"Die Auffassung des Berufungsgerichts steht im übrigen auch mit den allgemeinen Zielen und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege (§§ 1, 2 BNatSchG) nicht im Einklang. In Bezug auf das Landschaftsbild als Teil der Lebensgrundlagen des Menschen und Voraussetzung für seine Erholung kommt es in der Regel nicht so sehr darauf an, daß bestimmte vorhandene optische Eindrücke von der Landschaft, die zumal in Deutschland weitgehend schon von Menschen gestaltete Kulturlandschaft ist, unverändert bleibt. Entscheidend fiir die Wahrung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege ist vielmehr, unvermeidbare Eingriffe in das Landschaftsbild in einer landschaftsgerechten Weise aufzufangen; dabei können Umgestaltungen des Landschaftsbildes im Einzelfall sogar zu einer Verbesserung des Natur- und Landschaftsschutzes beitragen (für Gewässer insbesondere § 2 Abs. 1 Nr. 6 BNatSchG; vgl. im übrigen auch § 2 Abs. 1 Nr. 11 BNatSchG und demgegenüber das in Nr. 13 derselben Vorschrift genannten speziellen Interessen an der Erhaltung historischer Kulturlandschaften)."

Diesen Ausführungen ist uneingeschränkt zuzustimmen und bedeuten eine eindeutige Absage an die Naturschützerund Landespfleger, die das Ziel ihrer Tätigkeit ausschließlich in der Erhaltung des Status quo sehen556 • Einen folgerichtigen Ansatz bei der Frage nach dem Ausgleich von Eingriffen in Natur und Landschaft durch die Errichtung von Fischteichen findet sich weiterhin im Urteil des BayVGH557 vom 21.05.1985. In dieser Entscheidung war über einen Fischteich zu befinden, der in der Landschaft nicht sichtbar und als "natumah" zu bezeichnen war558 • Trotz dieser Einbindung in das Landschaftsbild sah das Gericht den Eingriff als nicht ausgleichbar an, da durch die Errichtung der Teichanlage der Naturhaushalt geschädigt wird559 • Diese Entscheidung ist zu begrüßen, wenn man sich vor Augen hält, daß es bei der Bewirtschaftung der Fischteiche zu chemischen und physikalischen 556 Vgl. aber Schink, NWVB!. 1991, 74, 76, der im Interesse der Erhaltung des Status quo das vorrangige Ziel der Eingriffsregelung sieht. 551 BayVGH, NuR 1986, 122; ähnlich bereits BayVGH, DVBI. 1977, 933; zustimmend Himmel, LWG RhPf/WHG, § 72 LWG/§ 31 WHG Rdn. 56 a. 558 BayVGH, NuR 1986, 122 (124). 559 Zum Begriff des "Naturhaushalts" vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 6 Pflanzenschutzgesetz. Danach umfaßt der Begriff die Bestandteile Boden, Wasser, Luft, Tier- und Pflanzenarten sowie das Wirkungsgefiige zwischen ihnen. Damit sind die Naturgüter, die Strukturen, Funktionen einschließlich der Austauschprozesse der Ökosysteme, also all das, was Gegenstand der Ökologie ist, erfaßt; zur begrifflichen Klärung vgl. Umweltgutachten 1987 des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen, BTDrS. 11/1568, S. 38 ff.; Gassner, NuR 1989, 61.

190

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Veränderungen des Gewässers und seiner Umgebung kommt. Man denke nur an die Kalkung des Wassers zur Hebung des pH-Wertes, die Zufütterung der Fische und gegebenenfalls an das Einbringen von Arzneimitteln zur Verhinderung oder zur Bekämpfung von Fischkrankheiten. Schließlich darf bei der Entscheidung nicht unbeachtet bleiben, daß nach einigen Jahren das nachlassende Interesse des Antragstellers an dieser Freizeitgestaltung zu einer Verwahrlosung oder Trockenlegung der Teichanlage führen kann560• In den Fällen, in denen der Eingriff in Natur und Landschaft ausgeglichen werden kann, ist die Planfeststellung zu versagen, wenn die Belange des Naturschutzes bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft vorgehen561 • Diese Abwägung nach § 8 Abs. 3 BNatSchG ist der eigentlichen planrechtlichen Abwägung vorangestellt und von dieser zu unterscheiden562. Die "naturschutzrechtliche Abwägung" hat sich an § 1 Abs. 2 BNatSchG zu orientieren. Dort ist festgelegt, daß die Anforderungen des Naturschutzes und der Landespflege und die sonstigen Anforderungen der Gesellschaft an Natur und Landschaft, etwa im Bereich der Besiedlung, des Verkehrs und OVG Rheinland-Pfalz, NuR 1981, 29; Sander, NuR 1986, 320. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 NatSchG BW ist der Eingriff dann unzulässig, wenn er nicht ausgeglichen werden kann und wenn wesentliche Belange des Naturschutzes entgegenstehen. Nach BadWürttVGH, NuR 1987, 31 (33) ergibt sich aus Wortlaut und Zweck dieser Vorschrift, daß für die Unzulässigkeil mehr zu verlangen sei, als die "erhebliche Beeinträchtigung" des Naturhaushaltes, die nach § 10 Abs. 1 NatSchG BW bereits Voraussetzung für den "Eingriff" sei; kritisch hierzu Ronellenfitsch, VerwArch 1986, 191 f. 562 Hierauf wird ausdrücklich vom BayVGH, NuR 1986, 122 (124) hingewiesen, das allerdings auch konstatiert, daß nach der naturschutzrechtlichen Abwägung "nur noch wenig Raum für eine nachfolgende eigentliche planecisehe Abwägung" verbleibt; so jetzt auch ausdrücklich BVerwG, NVwZ 1993, 565 (569). Berkemann, NuR 1993, 103 spricht insoweit von einer "Doppelabwägung". Bezüglich des Umfangs der beiden Abwägungen stellt BayVGH, Ztw 1992, 308 im Urteil vom 12.03.1991 fest, daß die der allgemeinen Abwägungsentscheidung über ein privatnütziges Vorhaben vorgeschaltete Abwägung nach § 8 Abs. 3 BNatSchG nur öffentliche, aber keine privaten (Eigentums-)Belange umfaßt. Diese Eingrenzung der Abwägungsentscheidung ergebe sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und entspreche dem Verfassungsrecht; ebenso HessVGH, NVwZ-RR 1993, 348 (349); BayVGH, BayVBJ. 1993, 563 (565); a. A. v. Mutius, Öffentlich-rechtliche Zulässigkeil und Grenzen von Kiesabbauvorhaben; Gutachten S. 60 f.; Schink, NWVBI. 1991, 74; ders., DVBJ. 1992, 1400, Berkemann, NuR 1993, 104. Zu möglichen Unterschieden der planeciseben Abwägung und der Abwägung nach § 8 Abs. 3 BNatSchG vgl. auch BVerwG, DVBI. 1991, 209 (213); Bunzel, UPR 1991, 302. 560

561

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

191

selbstverständlich auch der Gewinnung von Bodenschätzen563 , untereinander und gegeneinander abzuwägen sind. § 1 Abs. 2 BNatSchG geht dabei von einer Gleichrangigkeil der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege einerseits und der sonstigen öffentlichen Belange andererseits aus . Ein genereller Vorrang des Naturschutzes vor anderen öffentlichen Belangen wird in der Vorschrift also nicht normiert564 • Die wird bezeichnet als "aufgabenexterne Gleichrangigkeit" 565 • Das Bundesnaturschutzgesetz verschließt sich also nicht davor, daß die Industriegesellschaft auch andere Interessen als solche des Naturschutzes und der Landschaftspflege kennt und diesen einen hohen Rang einräumt. Bei Zielkonflikten sind die Ansprüche von Natur und Landschaft also nicht dominierend566 • Es ist vielmehr ein Interessenausgleich mit den übrigen gleichrangigen Ansprüchen vorzunehmen, wobei die naturschutzrechtlichen Belange nur dann zurücktreten müssen, wenn dies wegen überwiegender sonstiger öffentlicher Belange erforderlich ist. Zu berücksichtigen wird dabei allerdings sein, daß die Anforderungen an Natur und Landschaft durch Naturschutz und Landschaftspflege grundsätzlich lebenswichtige Bedeutung haben, weil sie der nachhaltigen Sicherung der Lebensgrundlagen, also der Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts sowie den Voraussetzungen zur Erholung in Natur und Landschaft dienen567 • Danach ist bei Abgrabungen immer zu untersuchen, inwieweit die Ausbaumaßnahme im Interesse der Allgemeinheit liegt und welchen Vorteil sie für den Menschen hat. Dabei wird der Naturschutz zurücktreten müssen, je größer und wirtschaftlich bedeutsamer ein Projekt ist568 • Unproblematisch gestaltet sich in der Regel die Abwägung bei der Errichtung von Fischteichanlagen oder sonstigen Weihern. Hier ist das Interesse der Allgemeinheit an der Erhaltung der natürlichen Eigenart der Landschaft grundsätzlich höher zu bewerten als das Interesse eines einzelnen an privater Lebensgestal tung569•

Vgl. dazu auch§ 2 Abs. l Nr. 5 BNatSchG. So ausdrücklich BadWürttVGH, NVwZ-RR 1989, 349 (352). 565 Vgl. Schmidt-Aßmann, NuR 1979, 3; Bertenbreiter, Naturschutz und Naturschutzrecht, S. 71. 566 Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, NuR 1987,275 (277). 567 Vgl. die amtliche Begründung, BT-DrS. 7/5251, S. 6. 568 Kritisch hierzu Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 426; Schomerus, Defizite im Naturschutzrecht, S. 75. 569 OVG Rheinland-Pfalz, NuR 1981,29 (30). 563 564

192

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

An dieser Stelle kommt in der Praxis von einer Reihe von Antragstellern der Einwand, im gleichen Tal seien von den Behörden schon ähnliche Fischteiche genehmigt worden. In diesem Zusammenhang ist aber zu beachten, daß der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG es nicht gebietet, eine geplante, materiellem Naturschutzrecht widersprechende Teichanlage im Hinblick auf bereits vorhandene Teiche in der näheren Umgebung zu genehmigen. Selbst wenn bereits vorhandene Teiche rechtswidrig sind oder rechtswidrig genehmigt sind, wäre die Behörde nicht verpflichtet, zugunsten des Antragstellers gleiches und neues Unrecht zu begehen570•

(e) Einordnung des§ 8 Abs. 3 BNatSchG als Versagungsgrund

Eine Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung und den Auffassungen im Schrifttum571 hat das OVG Rheinland-Pfalzsn im Urteil vom 11.01.1990 bei der Beurteilung des § 5 Abs. 2 LPflG ( = § 8 Abs. 3 BNatSchG) vorgenommen. Es war bisher nicht strittig, daß die Vorschrift des § 8 Abs. 3 BNatSchG/§ 5 Abs. 2 LPflG bei einer privatnützigen Planfeststellung einen zwingende Versagungsgrund darstellt. Diese Frage wurde allgemein bejaht573 • Das OVG Rheinland-Pfalz weicht hiervon nun ab und führt aus, daß § 8 Abs. 3 BNatSchG/§ 5 Abs. 2 LPflG "im Rahmen der planerischen Abwägung auch bei der wasserrechtlichen Planfeststellung einzustellen, nicht aber schon auf der vorangehenden Stufe als zwingender Versagungsgrund zu behandeln ist" .574 Abgesehen von der Aussage, daß andernfalls die Vorschrift des "§ 5 LPflG als absolute Verbotsnorm zu behandeln, während sie eher mit einem gesetzlichen Optimierungsgebot zu vergleichen" sei, findet sich eine Begründung für die Änderung der bisher selbst vom OVG Rheinland-Pfalz vertretenen Rechtsprechung575 nicht. Das Ergebnis, das sich aus natur- und landespflegerischen Gesichtpunkten kein zwingender OVG Rheinland-Pfalz, NuR 1981, 29 (30); HessVGH, NuR 1985, 330 (331). Vgl. etwa v. Mutius, Öffentlich-rechtliche Zulässigkeit und Grenzen von Kiesabbauvorhaben; Gutachten S. 53. sn OVG Rheinland-Pfalz, NuR 1991, 189. 573 Vgl. etwa Gieseke/Wiedemann!Czychowski, WHG, § 31 Rdn. 33 a .E.; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 706 m.w.N. 574 OVG Rheinland-Pfalz, NuR 1991, 189. 575 Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, NuR 1981, 29 und Urteil vom 04.12.1986 - 1 A 92/84 - (unveröffentlicht). 570 571

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

193

Versagungsgrund ergibt, sondern diese erst auf der Stufe der Abwägung Bedeutung gewinnen, läßt sich ohne eine dogmatische Korrektur der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch nicht begründen. Die privatnützige Planfeststellung dient danach - und davon geht auch das OVG Rheinland-Pfalz aus - allein privaten, vornehmlich gewerblichen Zwecken. Sie vermag Eingriffe in Rechte Dritter nicht zu rechtfertigen und stellt sich daher im wesentlichen nicht als Eingriffsakt dar, sondern hat die Funktion einer Genehmigung576 • Das bedeutet, daß § 8 Abs. 3 BNatSchG/§ 5 Abs. 2 LPflG bei einer privatnützigen Planfeststellung einen zwingenden Versagungsgrund darstellen muß. Die Vorschrift postuliert ein für jede Genehmigung verbindliches Verbot. Liegen die Voraussetzungen der Norm vor, so ist der Weg zu einer planerischen Abwägung verschlossen. Aus diesem Grunde überzeugt auch nicht der Hinweis auf den Vergleich des § 8 Abs. 3 BNatSchG/§ 5 Abs. 2 LPflG mit einem gesetzlichen OptimierungsgeboL Es ist zwar richtig, daß Vorschriften, die eine Berücksichtigung oder Optimierung bestimmter öffentlicher Belange fordern, (nur) bei der planefischen Abwägung zu berücksichtigen sind. Dies gilt aber nur für die Abgrenzung der Planungsleitsätze von den abwägungserheblichen Belangen bei der gemeinnützigen wasserrechtlichen Planfeststellung. Der Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz liegt aber eine privatnützige Planfeststellung zugrunde, bei der wegen der Genehmigungsfunktion der Entscheidung der Kreis der zwingenden Versagungsgründe weiter zu fassen ist als der bei einer gemeinnützigen Planfeststellung zu beachtenden Planungsleitsätze. Aber auch wenn man dies einmal unbeachtet ließe, steht das Urteil des OVG Rheinland-Pfalz nicht mehr im Einklang mit der neueren Rechtsprechung des BundesverwaltungsgerichtS. Dieses hat in seinem Urteil vom 30.10.1992 festgestellt, daß es sich bei dem Gebot, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft durch Eingriffe zu unterlassen, um striktes Recht handelt, das nicht Gegenstand planerischer Abwägung sein kannsn. Hieraus ergibt sich zwangsläufig die Einordnung des § 8 Abs. 3 BNatSchG/§ 5 Abs. 2 LPflG als zwingenden Versagungsgrund bei der privatnützigen wasserrechtlichen Planfeststellung.

516

Siehe oben 11.2.a.

sn Vgl. BVerwG, NVwZ 1993, 565; siehe hierzu ausführlich oben bei der

gemeinnützigen Planfeststellung a)aa)(2)cc). 13 Büllesbach

194

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Das Verwaltungsgericht Koblenz hat sich in der Zwischenzeit der Auffassung des OVG Rheinland-Pfalz angeschlossen578 und sieht in der Vorschrift des § 5 LPflG ebenfalls nicht mehr einen zwingenden Versagungsgrund für eine wasserrechtliche Planfeststellung579 • Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Abwertung der natur- und landespflegerischen Belange auch bei anderen Gerichten durchsetzen wird. Zweifel sind angebracht.

(t) Versagung nach §§ 12 ff. BNatSchG

In Gebieten, die unter Natur- und Landschaftsschutz stehen580, sind Abgrabungen grundsätzlich untersagt581 • Verboten sind Änderungen, die die Natur schädigen, den Naturhaushalt beeinträchtigen oder das Landschaftsbild beeinträchtigen. Gegen dieses Verbot wird verstoßen, wenn in die natürliche Pflanzenwelt oder andere natürliche Verhältnisse nachteilig eingegriffen wird, insbesondere wenn dadurch der freien Natur eine Teilfläche entzogen und eine nicht durch die Eigenart der Landschaft vorgegebenen Nutzung zugeführt wird582 • Dieser Verbotstatbestand wird in der Regel schwer von 578 VG Koblenz, Urteil vom 05.07.1990 -Az.: 1 K 245/88 -; VG Koblenz, Urteil vom 29.10.1990 -Az.: 1 K 207/89- (beide Urteile unveröffentlicht). 579 Im Urteil vom 05.07.1990 heißt es: "Die weiter angeführten landespflegerischen Gesichtspunkte stellen schließlich ebenfalls keine zwingenden Versagungsgründe dar. Das wäre wohl dann der Fall, wenn entweder ein schutzwürdiges Landschaftsbild oder ein durch § 24 Abs. 2 Nrn. 4 bis 11 Landespflegegesetz - LPflG geschütztes Biotop beeinträchtigt würde (...). Dafür sind hier (... ) Anhaltspunkte weder vorgetragen noch ersichtlich. Angesichts dessen sind vielmehr landespflegerische Belange (es handelt sich bei der Bachverrohrung von Gesetzes wegen um einen Eingriff in Natur und Landschaft, § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 LPflG) im Rahmen der planerischen Abwägung (2. Stufe) einzustellen, nicht aber auf der 1. Stufe als zwingender Versagungsgrund zu behandeln". 580 Zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen und Regelungsinhalte naturschutzrechtlicher Verordnungen vgl. Lois, DVBI. 1990, 800 ff. ; zur Planung und Festsetzung eines Landschaftsschutzgebiets vgl. BVerwG, NVwZ 1988, 1020. Danach ist bei der Unterschutzstellung eines Landschaftsteils durch eine Landschaftsschutzverordnung keine planecisehe Entscheidung zu treffen, die ihrer Struktur nach dem entspräche, was die Planfeststellung kennzeichnet; vgl. auch BVerwG, DÖV 1989, 85 (Nr. 10); zustimmend Kühling, DVBI. 1989, 221. 581 Zum Verhältnis eines Bebauungsplans zur Landschaftsschutzverordnung vgl. BVerwG, UPR 1989, 112 und NVwZ 1991 , 62; BadWürttVGH, NuR 1992, 188; Dürr, UPR 1991, 81; Runkel, DVBI. 1992, 1402; Schmidt, NVwZ 1993, 541 m.w.N. 582 HessVGH, NuR 1981, 183; NuR 1985, 330.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

195

Abgrabungen zu überwinden sein583 • Dies gilt urnso mehr, als es nicht nur auf die Wirkung der einzelnen Anlage für sich genommen, sondern auch darauf ankommt, inwieweit diese vom Betrachter des Landschaftsbildes wahrgenommen werden kann. Darüber hinaus ist auch auf ihre mögliche Vorbildwirkung für andere Vorhaben abzustellen584 . Dementsprechend hat der HessVGH die Umwandlung einer Grün- in eine Wasserfläche durch eine private Fischteichanlage als Naturschädigung und Beeinträchtigung des Naturgenusses bewertet585 . Durch Ausnahmen können Abgrabungen in Naturschutzgebieten im allgemeinen nicht und für Landschaftsschutzgebiete nur zugelassen werden, wenn die Landschaft und der Naturgenuß nicht beeinträchtigt werden. Davon kann man insbesondere dann sprechen, wenn durch die Rek:ultivierung von ausgebeuteten Sand- oder Kiesgruben das Landschaftsbild verbessert wird. Neben den Ausnahmen sind weiterhin Befreiungen für den Abgrabungsunternehmer nach § 31 BNatSchG möglich586 . Mit dieser Befreiungsvorschrift soll einer rechtlichen Unausgewogenheit begegnet werden, die sich ergeben kann, wenn aufgrund der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls Anwendungsbereich und materielle Zielsetzung einer Vorschrift nicht miteinander übereinstimmen587. Wird ein Antrag zum Abbau eines Kies- oder Sandvorkommens aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes versagt, so war der Grundstückseigentümer bislang für ihm entstehende Vermögensnachteile zu entschädigen, wenn eine vernünftigerweise in Betracht zu ziehende Nutzungsmöglichkeit untersagt oder wesentlich eingeschränkt wird, sofern die beabsichtigte Nutzung nicht ein Naturdenkmal zerstört oder ein die Umwelt prägendes und deshalb erhaltenswertes Landschaftsbild auf Dauer beeinträchtigen würde588 . 583 Vgl. Soe/1, NuR 1984, 188 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung. 584 HessVGH, NuR 1985, 330 (331) m.w.N. 585 HessVGH, NuR 1985, 330; zustimmend Schmidt, NVwZ 1988, 984. 586 Zur Kritik an dieser Regelung vgl. Salzwedel, 10 Jahre BNatSchG, S. 11: "Im nachhinein wirkt es wie ein Eingeständnis politischer Ohnmacht, daß der Bundesgesetzgeber eine großzügige Befreiungsregelung (§ 31) mit unmittelbar rechtlicher Wirkung (§ 4) in das Gesetz aufgenommen hat. Das heillt (...): Auch dann, wenn die Länder einmal wirklich Naturschutz wollen, muß es rechtliche Möglichkeiten geben, darüber aus anderen Gründen hinwegzukommen."; zu § 31 BNatSchG vgl. auch BVerwG, NuR 1993, 28 m.w.N. 581 Vgl. BVerwG, DVBI. 1993, 167. 588 Vgl. BayVGH, NVwZ-RR 1989, 290; zur Enteignungsentschädigung für die Untersagung des Torfabbaues vgl. BayOLG, AgrarR 1989, 25 m.w.N.

196

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Nach einer neuen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.06.1993 sind demgegenüber Regelungen in einer Naturschutzverordnung, die die Nutzbarkeit eines Grundstücks situationsbedingt einschränken, keine Enteignungen im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG, sondern Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums589 • Dies gelte auch insoweit, als diese Regelung in konkrete, durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG geschützte Rechtspositionen eingreifen590 • Damit hat sich das Bundesverwaltungsgericht dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 09.01.1991 angepaßt, in dem dieses ausdrücklich anerkannt hat, daß die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmungen gern. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG die Möglichkeit der Beseitigung bestehender Rechtspositionen einschließt591 •

(3) Baurechtliche Gründe (a) Die uneinheitliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

Für Abgrabungen größeren Umfangs gelten nach § 29 S. 3 BauGB die Vorschriften der§§ 30-37 BauGB. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergeben sich aus diesen bauplanungsrechtlichen Vorschriften über die Zulässigkeil von Vorhaben zwingende Versagungsgründe für die wasserrechtliche privatnützige Planfeststellung. In dem Urteil vom 10.02.1978heißt es592: "Für die Frage, ob dem Vorhaben zwingende Versagungsgründe entgegenstehen, werden neben Landschafts- und Naturschutzrecht möglicherweise auch Bebauungsrecht, insbes. §§ 29 und 35 BBauG zu berücksichtigen sein." 589 BVerwG, DVBI. 1993, 1141; BGHZ 90, 17 (24 f.), jeweils m.w.N.; zur Zulässigkeil von sog. "Salvatorischen Klauseln", wonach der Betroffene eine angemessene Geldentschädigung verlangen kann, wenn eine Maßnahme Gesetz enteignende Wirkung hat, siehe ausführlich oben bei den Wasserschutzgebietsverordnungen 11.4.b)bb)(1)(d). 590 BVerwG, DVBI. 1993, 1141 (1142) unter Abweichung von BVerwGE 84, 361 (370 ff.); vgl. zur Zulässigkeit und Entschädigungsfahigkeit landschaftsschützender Maßnahmen, die die Veränderung einer seltenen Bodengestalt durch Sandabbau verbieten, BGH, DVBI. 1993, 1092. 591 BVerfGE 83, 201 (211 ff.). 592 BVerwG (4. Senat), DVBI. 1979, 63 (67).

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

197

Das bedeutet, daß Abgrabungen im Bereich eines Bebauungsplans nach § 30 BauGB versagt werden müssen, wenn dieser eine anderweitige Nutzung aufweist (z.B. für die Landwirtschaft oder für die Forstwirtschaft). Soweit ein Bebauungsplan nicht vorhanden ist und die Abgrabung im Innenbereich - wie regelmäßig - ortsplanerisch unerwünscht ist593 , kann sich das unüberwindbare Zulassungshindernis aus § 35 Abs. 3 BauGB ergeben, wenn die Abgrabung einem Flächennutzungsplan widerspricht oder sich nach Naturschutzrecht als nicht genehmigungsfähig erweist594. Hierbei ist unerheblich, ob es sich bei der geplanten Abgrabung um ein nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegiertes595 oder um ein sonstiges Vorhaben596 handelt. Unstreitig ist nämlich, daß die in § 35 Abs. 2 BauGB beispielhaft genannten öffentlichen Belange auch einem im Außenbereich privilegierten Vorhaben entgegenstehen können597 • Ausgehend hiervon ist auch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13.04.1984598 - insoweit der Vorinstanz599 folgend - davon ausgegangen, daß die Errichtung eines Fischteichs nicht planfestgestellt werden kann, wenn ihm die Belange "natürliche Eigenart der Landschaft" und "Natur- und Landschaftsschutz" entgegenstehen. In dem Beschluß vom 14.08.1986fJXJ hat derselbe Senat erkannt, daß bei einer Sandgewinnung im Naßabbau die Ziele der Raumordnung und Landesplanung dann als öffentlicher Belang die Zulässigkeit des Vorhabens im Sinne des § 35 BBauG hindern, wenn sie sachlich und räumlich hinreichend konkret sind. 593 So BayVGH, BayVBI. 1979, 406. 594 BVerwG, NuR 1984, 242; BayVGH, NuR 1986, 123. 595 So in der Regel bei· gewerblichen Abgrabungen zur Gewinnung von Steinen und Erden, vgl. BVerwG, NVwZ 1988, 54; ZfW 1987, 121 (122); OVG Lüneburg, NuR 1981, 137 (138); BayVGH, NuR 1979, 31; BadWürttVGH, NVwZ 1988, 380; Dolde, NJW 1984, 1725. 596 So in der Regel bei Fischteichen, vgl. Habel, VBIBW 1986, 92; Simon, BayBO, Art. 66 Rdn. 33; BVerwG, NuR 1984, 242 (243); anders die Vorinstanz, BayVGH, NuR 1980, 125, wonach Fischteiche auf das Vorhandensein von Wasser angewiesen und deshalb standortgebunden sind; offen gelassen von BayVGH, NuR 1986, 122 (123). 597 Grundlegend: BVerwG, DVBI. 1984, 627 unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung; bestätigt in BVerwG, DVBI. 1987, 1008; Dyong, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 35 Rdn. 92 m.w.N. 598 BVerwG (4. Senat), NVwZ 1985, 340. 599 BayVGH, NuR 1980, 124; so auch BayVGH, NuR 1979, 31, NuR 1986, 122 (123); BadWürttVGH, ZfW 1985, 113. fJXJ BVerwG (4. Senat), ZfW 1987, 121; so auch die Vorinstanz, OVG Lüneburg, ZfW 1987, 117.

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Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Schwerlich mit dieser Rechtsprechung in Einklang zu bringen sind die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.04.1981 601 und vom 09.11.1984602. In der Entscheidung vom 03.04.1981 hat das Bundesverwaltungsgericht den bebauungsrechtlichen Ansatz - nämlich die Frage nach der Beteiligung der Gemeinden nach § 36 BBauG - bei wasserrechtlichen Planfeststellungen verworfen. Begründet wird dieses Ergebnis mit dem Hinweis auf § 38 BBauG ( =BauGB). Die Bedeutung dieser Vorschrift liege darin, für die aufgezählten Fälle eine Ausnahme von dem bebauungsrechtlichen Grundsatz zu machen, alle von § 29 BBauG erfaßten Vorhaben nur nach §§ 30 bis 37 BBauG zu beurteilen. Im Rahmen der insoweit durchzuführenden Fachplanung überlasse das BBauG die Entscheidung über die bebauungsrechtliche Zulässigkeit des Planvorhabens vielmehr der durch die Planfeststellungsbehörde zu treffenden Planungsentscheidung, wodurch deren Konzentrationswirkung zum Ausdruck komme603 • Aus dieser Begründung ergibt sich der Widerspruch zu den drei vorgenannten Urteilen. Wenn wegen des aus § 38 S. 1, 2 BBauG (BauGB) folgenden Privilegs der Fachplanung die (verfahrensrechtliche) Vorschrift des § 36 BBauG keine Anwendung finden kann, muß dies ebenso für die materiellrechtlichen §§ 30 und 35 BBauG (BauGB) bei einem wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren gelten. Der Entscheidung des 4. Senats vom 03.04.1981 hat sich der 7. Senat in dem Urteil vom 09.11.1984 angeschlossen. Es hat zu den dem Wasserrecht vergleichbaren Vorschriften des Abfallbeseitigungsgesetzes über die Planungspflicht (§§ 7, 8) dargelegt, es ergebe sich aus § 38 BBauG, daß bauliche Anlagen, die nach dem Abfallbeseitigungsgesetz zugelassen werden müssen, nicht an den Vorschriften der §§ 29 ff. BBauG zu messen seien. Die hierdurch geschützten Belange könnten allein im Rahmen der planerischen Abwägung berücksichtigt werden.

601 BVerwG (4. Senat), BayVBI. 1981, 436; zustimmend BayVGH, Ztw 1988, 225 (228). 602 BVerwG (7. Senat), DVBI. 1985, 399. 603 BVerwG, BayVBI. 1981, 436.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

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Eine abschließende Klärung dieser uneinheitlichen Rechtsprechung deutet sich schließlich in der zu diesem Problemkreis ergangenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 04.05.1988 an. Dort stellt das Gericht zwar fest, die wasserrechtliche Planfeststellung bedürfe wegen des in § 38 BBauG enthaltenen Vorbehalts nicht des Einvernehmens der Gemeinde604. An anderer Stelle führt das Gericht auch aus: "Ist von einer überörtlichen Planung i.S. des § 38 S. 2 BBauG auszugehen, entfallt nach§ 38 S. 1 die unmittelbare Anwendung der Vorschriften des 3. Teils des BBauG. Vielmehr bestimmt nunmehr allein das jeweilige Fachplanungsgesetz, welche Maßgeblichkelt dem Bauplanungsrecht als Teil des materiellen Entscheidungsprogramms zukommt" 605 •

Weiter heißt es: "Dieser Auffassung steht das Senatsurteil vom 10.02.1978 teilweise entgegen. Die Entscheidung legt für das bundesrechtlich normierte Bauplanungsrecht nahe, die §§ 29, 35 BBauG als ,.zwingende Versagungsgründe• anzusehen"606.

Deutlich wird die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 18.05. 1990, in dem das Gericht bei örtlichen Planungen gem. § 38 S. 2 BauGB von einer strikten Bindung der planfeststellenden Wasserbehörde an das materielle Bauplanungsrecht ausgeht607 und in diesem Zusammenhang bei einer privatnützigen Planfeststellung ausdrücklich von einem zwingenden Versagungsgrund spricht. 608

604 BVerwG (4. Senat), DVBI. 1988, 961 unter Bezugnahme auf die Entscheidung vom03.04. 1981, BVerwG, BayVBI. 1981,436. 605 BVerwG, DVBI. 1988, 961 (962) unter Bezugnahme auf die Entscheidung vom 09.11.1984, BVerwG, DVBI. 1985, 399. 606 BVerwG, DVBI. 1988, 961 (962) unter Bezugnahme auf BVerwG, DVBI. 1979, 63 (67). 607 BVerwGE 55,220 = DVBI. 1990, 1170 (1171). 608 BVerwG, DVBI. 1990, 1170 (1172).

200

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen (b) Schrifttum und Rechtsprechung

Im Schrifttum609 wird nahezu einhellig die Auffassung vertreten, daß die bauplanungsrechtlichen Belange grundsätzlich nicht zu einer Versagung der wasserrechtlichen Planfeststellung führen können. Zu diesem Ergebnis sind in zwei Entscheidungen auch der BayVGH610 und der BadWürttVGH611 gekommen. Beide Gerichte sind unter Aufgabe ihrer bisherigen Rechtsprechung von den erstgenannten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts ausdrücklicher abgewichen.

(c) Stellungnahme

Nach § 38 S. 1 und 2 BauGB bleiben die Vorschriften der dort aufgeführten Gesetze - u.a. die Vorschriften über Planfeststellungsverfahren für überörtliche Planungen auf wasserrechtlichem Gebiet - von den bauplanungsrechtlichen Vorschriften der §§ 29 ff. BauGB unberührt. Der Sinngehalt dieser redaktionell mißglückten Vorschrift kann sich nicht aus dem Wortlaut, sondern nur durch Auslegung ergeben612 • Durch die Formulierung, daß Vor-

609 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 707; Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 231; Koch/Hosch, Baurecht, S. 115; Czychowski, Rechtsfragen des Gewässerschutzes, S. 102 f.; v. Mutius, Öffentlich-rechtliche Zulässigkeit und Grenzen von Kiesabbauvorhaben; Gutachten S. 18; Schmidt, Umweltrecht, S. 64 f.; Himmel, LWG RhPf/WHG, § 72 LWG/§ 31 WHG Rdn. 103 f.; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 36 Rdn. 4; Kühling, Fachplanungsrecht, Rdn. 104 f.; ders. , DVBI. 1989, 229; Dickschen, Raumordnungsverfahren, S. 230; Schwab, AgrarR 1986, 304 f.; Uechtritz, NVwZ 1988, 317 f.; Schneider, DÖV 1988, 861; Johlen, DÖV 1989, 206; Berkemann, DVBI. 1989, 629: Erbguth, NVwZ 1989, 613; wohl auch Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG, § 31 Rdn. 38; Peters, UPR 1988, 330; für das abfallrechtliche Planfeststellungsverfahren vgl. Schäfer, NVwZ 1985, 396 f.; Beckmann/Appold/Kuhlmann, DVBI. 1988, 1006. 610 BayVGH, NVwZ 1986, 228 (229); vgl. auch BayVGH, Ztw 1988, 225 (228), wonach "für das wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren aufgrundder Vorschrift des § 38 S. 2 BBauG das Einvernehmen der Gemeinde nach § 36 BBauG nicht erforderlich ist"; ebenso Stüer, VR 1985, 77. 611 Vgl. BadWürttVGH, NVwZ 1988, 380. Die hiergegen eingelegte Revision blieb erfolglos, vgl. BVerwG, DVBI. 1988, 961. 612 Die Formulierung "unberührt" scheint darauf hinzudeuten, daß die §§ 29 ff. BauGB neben den Vorschriften der in § 38 BauGB aufgeführten Fachplanungsgesetze anwendbar bleiben sollten; zur Kritik an der unklaren Formulierung vgl.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

201

schriften bestimmter Fachplanungsgesetze von den Vorschriften des Dritten Teils des Baugesetzbuch unberührt bleiben, soll zum Ausdruck gebracht werden, daß sich die Verwirklichung von Vorhaben, die nach den in § 38 S. 1 BauGB genannten Fachplanungsgesetzen betrieben werden, ausschließlich nach den Bestimmungen der jeweils einschlägigen Fachplanungsgesetze und nicht nach den §§ 29 ff. BauGB richtet. Damit wird der Konzentrationswirkung der Planfeststellungen Rechnung getragen613 . Das gleiche gilt nach § 38 S. 2 BauGB für landesrechtliche Planfeststellungsverfahren bei überörtlichen Planungen. Die Bedeutung des § 38 S. 1, 2 BauGB besteht so in einer Privilegierung der Fachplanung614 . Durch die Planfeststellung wird umfassend und abschließend über die raumplanerische Zulässigkeil des Vorhabens und seiner Einfügung in die Umwelt entschieden. Voraussetzung für die Freistellung von der Bindung an die bauplanungsrechtlichen Zulässigkeilsvorschriften ist, daß es sich um eine überörtliche Planung handelt. In welchen Fällen eine solche Planung vorliegt, in strittig. Nach der überwiegende Meinung in der Literatur sind Planungen überörtlich, wenn sie von einem Planungsträger mit überörtlicher Zuständigkeit betrieben werden, auch wenn die Planung im konkreten Fall nicht über das Gebiet einer Gemeinde herausreicht615 . Demgegenüber geht nunmehr das Bundesverwaltungsgericht - unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung616 - davon aus, daß eine überörtliche Planung i. S. des § 38 S. 2 BauGB erst dann gegeben ist, wenn sie sich auf das Gebiet von zumindest zwei Gemeinden erstreckt oder sich hierauf auswirkt617 . Die "überörtliche" BVerwG, DVBI. 1985, 399 (400); Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 38 Rdn. 3; Schlichter, Berliner Kommentar, § 38 Rdn. 3. 613 Vgl. BVerwG, DVBI. 1985, 400 mit Hinweisen auf die Gesetzesmaterialien zum§ 38 BBauG; so auch Schlichter, Berliner Kommentar, § 38 Rdn. 3. 614 Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn!Bielenberg, BauGB, § 38 Rdn. 3; Breuer, Raumgestaltende Planung, S. 201 ff. 615 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 707, 709 f.; Dürr, in: Brüge{mann, BauGB, § 38 Anm. 20; Schlichter, Berliner Kommentar, § 38 Rdn. 28; Salzwedel, NVwZ 1982, 599; Schwab, AgrarR 1986, 304; aus der Rechtsprechung vgl. BayVGH, NVwZ 1986, 228; BadWürttVGH, NVwZ 1988, 380. 616 Vgl. BVerwG, BayVBI. 1981, 436; für den Bereich der fernstraßenrechtlichen Planung vgl. BVerwG, NJW 1980, 413. 617 BVerwG, DVBI. 1988, 961; zustimmend: Schulte, DVBI. 1988, 963; Kühling, DVBI. 1989, 229; ebenso: Löhr, in: Battis!Krautzberger!Löhr, BauGB, § 38 Rdn. 30; Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn!Bielenberg, § 38 Rdn. 148; v. Mutius , Öffentlichrechtliche Zulässigkeil und Grenzen von Kiesabbauvorhaben; Gutachten S. 10; zu konkreten Fallbeispielen für die Abgrenzung vgl. BayVGH, ZfW 1991, 33 (34); kri-

202

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Zuständigkeit sei dagegen für sich allein nicht entscheidend. Das Gericht begründet sein Ergebnis mit der Feststellung, daß ansonsten "gerade im Bereich der wasserrechtlichen Planfeststellung die Überörtlichkeit der Planung in kaum einem Fall verneint werden" könnte. Das entspreche nicht dem Sinn der in § 38 S. 2 BauGB auf den Einzelfall bezogenen Betrachtungsweise61s. Diese neue Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verdient Zustimmung. Nur so wird ausgeschlossen, daß sich die Überörtlichkeit einer Planung nach dem jeweiligen Landesorganisationsrecht richtet. Schulte verdeutlicht die Problematik an einem Beispiel619 : In Niedersachsen sind die Kreise und kreisfreien Städte für die Planfeststellung zuständig. Das bedeutet - stellt man auf das formale Kriterium der überörtlichen Kompetenz der zuständigen Wasserbehörde ab - , daß der Errichtung eines Baggersees auf dem Gebiet einer kreisfreien Stadt eine örtliche, auf dem Gebiet einer kreisangehörigen Gemeinde aber eine überörtliche Planung zugrunde liegt. Dies kann nicht richtig sein. Ein solches Ergebnis stünde auch mit der bundesrechtlichen Intention des § 38 BauGB in Widerspruch und würde den planerischen Einfluß der Gemeinden auf dem Gebiet der wasserwirtschaftliehen Planungen nahezu völlig zurückdrängen und die gemeindliche Planungshoheit aushöhlen. So sieht es auch das Bundesverwaltungsgericht, wenn es ausführt: Die Fachplanung soll sich aber gegenüber der kommunalen Planung in den von § 38 S. 2 BBauG erfaßten Fallgruppen ganz allgemein nur durchsetzen, wenn sie als eine überörtliche Planung ein derartiges Gewicht entwickelt, daß die gemeindliche Bauleitplanung als eine Maßnahme der kleineren Planungseinheit gegenüber der größeren Einheit zurückzustehen hat" 620 • Dieses inhaltliche Kriterium ist gegenüber dem formalen Kriterium der "Zuständigkeit" besser geeignet, eine überörtliche Planung zu begründen und der gemeindlichen Planungshoheit Rechnung zu tragen.

tisch Jäde, BayVBI. 1989, 459 ff., der eine Planung als überörtlich ansieht, wenn ein fachplanerischer Koordinationsbedarf bestehe, was bei den in § 38 BauGB aufgeführten Vorhaben regelmäßig der Fall sei. 618 BVerwG, DVBI. 1988, 961 . 619 Vgl. Schulte, DVBI. 1988, 963, der allerdings die Gemeindegrenzen nicht gegenständlich sehen, sondern auf die raumstrukturellen (Aus-)Wirkungen des Vorhabens abstellen will; zustimmend Erbguth, NVwZ 1989, 614 Fn. 86. 620 BVerwG, DVBI. 1988, 961 .

8. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

203

Das bedeutet: Die Nichtanwendbarkeit der §§ 29 ff. BauGB auf eine überörtliche privatnützige wasserrechtliche Planfeststellung folgt aus § 38 S. 2 BauGB. Die in§ 31 WHG für den Gewässerausbau vorgeschriebene Planfeststellung stellt trotz der bundesrechtlichen Ermächtigungsgrundlage ein Planfeststellungsverfahren nach landesrechtliehen Vorschriften dar621 • Hieraus folgt, daß der - überörtlichen - privatnützigen wasserrechtlichen Planfeststellung die §§ 29 bis 35 BauGB nicht als zwingende Versagungsgründe entgegenstehen können. Betrifft eine privatnützige wasserrechtliche Planfeststellung dagegen ein Vorhaben von nur örtlicher Bedeutung, so stellen die bauplanungsrechtlichen Vorschriften, denen die beantragte Planfeststellung widerspricht, zwingende Versagungsgründe für das Vorhaben dar.

cc) Das Bewirtschaftungsermessen

Liegt ein Versagungsgrund nicht vor, ist eine Ablehnung der wasserrechtlichen Planfeststellung gerechtfertigt aus dem das Wasserrecht beherrschenden Grundsatzes des Bewirtschaftungsennessens. Wie ausgeführt622 , sind hier im Gegensatz zur Gefahrenabwehr im Rahmen der Allgemeinwohlklausel die wasserwirtschaftliehen Belange unter dem Aspekt der vorsorgenden planerischen Optimierung zu beachten. Nach Salzwedel623 umfaßt die Bewirtschaftung "vor allem die Ermittlung oder Abschätzung des Wasserdargebots, die Ermittlung oder Abschätzung des gegenwärtigen und künftigen Nutzungsbedarfs, die Notwendigkeit zur Sicherung des Wasserdargebots, die Veranschlagung von Vorrats- und Pufferkapazitäten, die Festlegung von Prioritäten für gegenwärtige und künftige Nutzungsansprüche, schließlich die zeitliche Staffelung der verschiedenen lnanspruchnahmen, woraus sich die künftige Verfügbarkeil von Fördennengen und Belastungskapazitäten ablesen läßt". Bei Abgrabungen haben daher die Wasserbehörden im Rahmen ihres Bewirtschaftungsennessens zu prüfen, wo das Wasser für die geplante Wasserfläche herkommt und ob die Umwandlung des bisher durch Deck621 § 31 WHG überläßt es den Ländern, das Planfeststellungsverfahren im einzelnen auszugestalten; Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 31 Rdn. 19; Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn!Bielenberg, BauGB, § 38 Rdn. 168; siehe auch BVerwG, BayVBI. 1981,436. 622 Siehe oben I.l.b)bb)(4). 623 Salzwedel, Wasserrecht, in: ders., Grundzüge des Umweltrechts, S. 579; ders.; GWF 1985, 4.

204

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

schichten gesicherten Grundwasservorkommens in ein Oberflächengewässer hingenommen werden kann624 • Gegenstand des Bewirtschaftungsennessens ist damit nicht der gesamte Wasserkreislauf im Bereich des AbgrabungsvorhabenS. Unberücksichtigt bleiben müssen auch die insgesamt verfügbaren Wassenneogen des betroffenen EinzugsgebietS. Beeinträchtigungen des Wasserschatzes unter diesen Aspekten sind erst in die nachfolgende planerische Abwägung einzubeziehen. Abgelehnt werden können von den Wasserbehörden aber Abgrabungen mit dem Ziel, zukünftige Bezugsfälle zu venneiden625 . Diese Überlegungen sind im Rahmen des Bewirtschaftungsennessens zulässig. Noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob die Ennessensausübung der Wasserbehörden auf die vorgenannten wasserwirtschaftliehen Belange beschränkt ist626 oder ob sie befugt ist, Belange nicht-wasserwirtschaftlicher Art (z.B. Belange der gewerblichen Wirtschaft, der Arbeitsmarktpolitik oder der Land- und Forstwirtschaft) in ihr Bewirtschaftungsennessen einzubeziehen627. Diese letztere Auffassung ist nach Breuer628 die Konsequenz der "innere(n) Dialektik des ökologischen Gemeinwohls im Gesamtspektrum der Staatsaufgabe Umweltschutz". Sie bedeutet aber auch, daß die vom Bundesverwaltungsgericht aus § 6 WHG ausgeschlossenen öffentlichen Interessen629 durch die Hintertür des Bewirtschaftungsennessens wieder hereingelassen werden. Das kann aber nicht richtig sein und entspricht weder der Zielsetzung des WHG noch läßt sich dieses Ergebnis aus den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts herleiten. Auch das Bundesverfassungsgericht unternimmt in dem "Naßauskiesungsbeschluß" 630 nicht - wie Henseler631 meint - den Versuch, "ausgehend von der positiven Definition des Wohls 624 Vgl. Salzwedel, RdWWi 22, 57. Vgl. BayVGH, BayVBI. 1970, 106; BadWürttVGH, ZfW 1980, 236. 626 Böttcher, Abwägungsgebot in der wasserrechtlichen Fachplanung, S. 200; Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, S. 143; wohl auch Salzwedel, Wasserrecht, in: ders., Umweltrecht, S. 579; ders.; GWF 1985, 4. 627 So Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 221; ders., Umweltschutz und Gemeinwohl, S. 83; Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 138; wohl auch Gieseke/Wiedemann!Czychowski, WHG, § 6 Rdn. 24; Sieder!Zeitler/Dahme, WHG, § 6 Rdn. 7 a. 628 Breuer, Umweltschutz und Gemeinwohl, S. 83; vgl. auch Külz, in: Festschrift 625

für Gieseke, S. 199.

629 BVerwG, DVBI. 1979, 63 (65). 630 BVerfG, NJW 1982, 745 (752). 631 Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitignung, S. 143.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

205

der Allgemeinheit das behördliche Ermessen als Auffangstation für alle aus der Gemeinwohlklausel ausgesparten öffentlichen Interessen auszugestalten". Aus dieser Entscheidung kann allenfalls der gegenteilige Schluß gezogen werden. Das Gericht bestätigt hier, daß ohne ein Bewirtschaftungsermessen die optimale Nutzung des verfügbaren Wasserangebots nicht erreicht werden kann632 • Weiter hebt es hervor, daß der Zweck des WHG ausschließlich die Herbeiführung einer geordneten Bewirtschaftung des ober- und unterirdischen Wassers ist633 • Eine Versagung des Antrags kann daher ohne einen wasserwirtschaftliehen Bezug auch nicht in Ausübung des Bewirtschaftungsermessens erfolgen. Durch die Einbeziehung von nicht-wasserwirtschaftliehen Belangen wird schließlich in bedenklicher Weise die Grenze zum wasserwirtschaftliehen Planungsermessen verwischt. Das Bewirtschaftungsermessen ist ein Verwaltungsermessen634, das gerichtlich nicht voll überprüfbar ist und dessen Anwendung überwiegend in einem Subsumtionsprozeß geschieht635 • Ein rechtsmethodisch anderer Ansatz erfolgt beim wasserwirtschaftliehen Planungsermessen. Hierbei wird nicht in einem einzelfallbezogenen Subsumtionsprozeß entschieden, sondern im Rahmen einer finalen Tätigkeit636 • Der planerischen Gestaltungsfreiheit wohnt damit ein über das Verwaltungsermessen hinausgehender Freiraum inne. In Ausübung dieses Freiraums müssen alle betroffenen Belange und Interessen in höchstmöglichem Maß miteinander und gegeneinander in Einklang gebracht werden. Das bedeutet aber, daß überall dort, wo dieser Freiraum - wie beim Bewirtschaftungsermessen - fehlt, eine Auseinandersetzung zwischen den wasserwirtschaftliehen und den Belangen nicht-wasserwirtschaftlicher Art verschlossen ist. Es bleibt damit festzuhalten, daß nicht nur die wasserrechtliche Gemeinwohlklausel, sondern auch das sich auf der Optimierungsstufe befindliche Bewirtschaftungsermessen einen Bezug auf die Belange der Wasserwirtschaft haben muß. 632 BVertG, NJW 1982, 745 (747); ausführlich zur Reichweite dieses Beschlusses: Salzwedel, ZfW 1983, 13 ff. 633 BVertG, NJW 1982, 745 (748, 752). 634 Anders wohl OLG Frankfurt, NuR 1987, 377 (379), das von einem über das Verwaltungsermessen hinausgehenden Bewirtschaftungsermessen spricht. 635 Ausführlich Böttcher, Abwägungsgebot in der wasserrechtlichen Fachplanung,

s. 200.

636 Redeker, DÖV 1971, 760; Hoppe, DVBJ. 1974, 643 f.; Böttcher, Abwägungsgebot in der wasserrechtlichen Fachplanung, S. 201; Schmidt-Aßmann, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 1 Rdn. 303 ff.

206

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen dd) Die planerische Abwägung

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner grundlegenden Entscheidung zur privatnützigen Planfeststellung deutlich gemacht, daß diese "in ihrem wesentlichen Entscheidungsgehalt nach nicht Eingriffsakt" sei, sondern für den Antragsteller "die Funktion einer Genehmigung" einnehme637• Trotz dieser Genehmigungswirkung vollzieht sich der Entscheidungsprozeß nicht wie sonst im fachlichen Genehmigungsverfahren dadurch, daß die Behörde nachvollziehend zwischen abstrakt vorgegebenen Einzelrechtsfolgen abwägt und dabei unter Heranziehung des Zweckmäßigkeitsmaßstabes einen Ausgleich zwischen einem öffentlichen und privaten Einzelinteresse vornimmt638• Die Wasserbehörde hat vielmehr wegen der raumbedeutsamen Wirkung der privatnützigen Planfeststellung die Vielzahl miteinander kollidierender öffentlicher und privater Belange nicht nur bezogen auf eine Einzelrechtsfolge, sondern unter Gestaltung aller berührten Rechtsbeziehungen gestaltend abzuwägen und zum Ausgleich zu bringen639 • Diese planerische Abwägungsentscheidung ist dieselbe wie bei der gemeinnützigen Planfeststellung. Auf die dort gemachten Ausführungen kann verwiesen werden640 •

5. Ergebnis Ein wasserrechtliches Planfeststellungsverfahren nach§ 31 WHG (i.V. mit den landesrechtliehen Bestimmungen) ist bei den Abgrabungen durchzuführen, die mit der dauerhaften Herstellung eines Gewässers verbunden sind. Im Unterschied zu anderen fachplanungsrechtlichen Vorschriften, nach denen eine Planfeststellung nur aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit (gemeinnützige Planfeststellungen) zulässig ist, erstreckt sich § 31 WHG auch auf Ausbauvorhaben, die im allein privaten Interesse des Ausbauunternehmers (privatnützige Planfeststellungen) ausgeführt werden. Beiden Arten ist gemeinsam, daß sie wegen ihrer raumbedeutsamen Auswirkungen unter BVerwG, DVBI. 1979, 63 (65). Kügel, Planfeststellungsbeschluß, S. 122 f.; Schröder, DÖV 1975, 310; Weyreuther, BauR 1977, 298. 639 Wahl, DVBI. 1982, 55; Weyreuther, DÖV 1977, 419; Dickschen, Raumordnungsverfahren, S. 91. 640 Siehe oben 11.4.a)dd) 637 638

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

207

ein gesetzliches Planungsgebot gestellt sind. Von ihrem Zweck her unterscheiden sie sich jedoch wesentlich. Die privatnützige Planfeststellung dient allein privaten, vornehmlich gewerblichen Zwecken. Sie vermag Eingriffe in Rechte Dritter nicht zu rechtfertigen und stellt sich daher im wesentlichen nicht als Eingriffsakt dar, sondern hat -jedenfalls für den Unternehmer die Funktion einer Genehmigung. Die gemeinnützige Planfeststellung eröffnet dagegen darüber hinaus die Möglichkeit, entgegenstehende private und öffentliche Belange auszuräumen. Sie stellt insoweit einen potentiellen Eingriffsakt dar, der bis zur Zulässigkeit der Enteignung vordringen kann. Obwohl die privatnützige Planfeststellung ihrer Funktion nach eine Unternehmergenehmigung ist, bleibt die planerische Abwägung die gleiche wie bei der gemeinnützigen Planfeststellung. Unterschiede ergeben sich aber in den gesetzlichen Voraussetzungen, die eine Abwägung ermöglichen. Während es bei der gemeinnützigen Planfeststellung einer Planrechtfertigung bedarf, ist bei privatnützigen Planfeststellungen vor Eintritt in die Abwägung tendenziell umgekehrt danach zu fragen, ob die vom Ausbauunternehmer im Sinne einer Genehmigung begehrte Planfeststellung aus Rechtsgründen unzulässig ist und deshalb versagt werden muß. Bei der gemeinnützigen Planfeststellung steht den Wasserbehörden für die Zulassung und Ausgestaltung des Ausbauvorhabens eine planensehe Gestaltungsfreiheit zu. Diese ist rechtlichen Bindungen unterworfen. Danach bedarf die Planfeststellung einer den allgemeinen Zielsetzungen des zugrunde liegenden Planungsgesetzes entsprechenden Rechtfertigung, muß sich die Planung an den im WHG und den Landeswassergesetzen zum Ausdruck kommenden Planungsleitsätzen ausrichten; steht alles das, was die Planfeststellungsbehörde unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Voraussetzungen planerisch entscheidet, unter jenen Beschränkungen, die sich aus den Anforderungen des Abwägungsgebots ergeben. Die privatnützige Planfeststellung für Abgrabungen kann von den Wasserbehörden abgelehnt werden, weil ein zwingender Versagungsgrund aufgrundRechter Dritter entgegensteht oder das Bewirtschaftungsermessen entsprechend ausgeübt wird oder

208

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

gemäß einer planerischen Abwägung die Interessen des Abgrabungsunternehmers hinter weiteren öffentlichen oder privaten Interessen zurückstehen müssen. Zwingende Versagungsgründe können sich insbesondere aus wasserwirtschaftliehen (§§ 6, 34 WHG, Verbotstatbestände einer Wasserschutzgebietsfestsetzung) oder naturschutzrechtlichen Gründen (§§ 8, 12 ff. BNatSchG) ergeben. Die §§ 29 bis 37 BauGB sind in einem wasserrechtlichen privatnützigen Planfeststellungsverfahren nicht anwendbar, sofern die Gemeinde im Verfahren beteiligt wurde(§ 38 S. 2 BauGB). Bei einer überörtlichen privatnützigen Planfeststellung kann sich daher aus bauplanungsrechtlichen Gesichtpunkten kein zwingender Versagungsgrund ergeben. Diese erlangen vielmehr erst auf der Stufe der Abwägung Bedeutung.

Ill. Die wasserrechtliche Erlaubnis und Bewilligung nach §§ 2 ff. WHG

1. Abgrenzung zum Gewässerausbau Nach§ 3 Abs. 3 WHG sind Maßnahmen, die dem Ausbau eines oberirdischen Gewässers dienen, keine Benutzungen und somit von der Erlaubnisund Bewilligungspflicht (§ 2 Abs. 1 WHG) ausgenommen. Die Abgrenzung zwischen Ausbau und Benutzung eines Gewässers ist in erster Linie daraus zu entnehmen, daß der Ausbau für den Gegenstand der Bewirtschaftung, das Gewässer, eine neue wasserwirtschaftliche Ausgangslage auf Dauer schafft, während die jeweils zugelassenen Benutzungen sich nach Art, Zweck und Ausmaß an dem damit vorgegebenen Gewässerzustand orientieren lassen müssen641 •

641 Vgl. Wiedemann, ZfW 1967, 83 ff.; Salzwedel, Wasserrecht, in: ders. , Umweltrecht, S. 608; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 147 m.w.N.; anders noch BGHZ 60, 126; Triftshaeuser, BayVBl. 1963, 276, der die Erstrebung eines neuen Dauerzustandes nicht als Merkmal des Gewässerausbaues anerkennen will.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

209

2. Abgrabungen als Gewässerbenutzungen nach§ 3 WHG Abgrabungen können in zweifacher Weise einen Benutzungstatbestand des § 3 WHG erfüllen642 :

a) Naßabgrabungen mit späterer WiederverjUllung

Eine Gewässerbenutzung nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG liegt vor, wenn bei einer Naßabgrabung das vorübergehend freigelegte Grundwasser nach kurzer Zeit wieder mit Erdreich bedeckt643 oder der vorübergehend hingenommene Baggersee später wieder verfüllt werden soll644 • In diesen Fällen stellt der Grundwasseraufschluß nur ein vorübergehendes Zwischenstadium dar, für welches die Durchführung eines aufwendigen Planfeststellungsverfahrens nicht angemessen erscheint. Als Gewässerbenutzungen bedürfen diese Maßnahmen nach § 3 Abs. 1 Nr. 6, §§ 7 oder 8 WHG einer wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung. Eine Besonderheit gilt dann, wenn der Baggersee später mit Erdaushub, dessen der Besitzer sich entledigen will, oder mit sonstigen Abfällen i.S. des § 1 Abs. 1 AbfG wieder verfüllt werden soll. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß es für die Qualifizierung als Abfallentsorgungsanlage ausreicht, wenn die Einrichtung auch der Lagerung von Abfällen dient645 • Weiteres Kriterium für die Beurteilung einer Anlage oder Einrichtung als Abfallentsorgungsanlage ist ihre Zweckbestimmung646 • Dementsprechend vertritt der HessVGH die Ansicht, daß eine abfallrechtliche Zulassung nach § 7 AbfG für die Ablagerung von Abfällen in einer Kiesgrube auch dann erforderlich sei, wenn die Kiesgrube von vornherein mit der Absicht angelegt worden sei, sie wieder zu verfüllen und zu rekultivieren und das Ablagern von Abfällen diesem Zwecke diene647 • Eine einfache wasserrechtliche Erlaubnis nach § 7 WHG 642 643

644 645

646

1002.

Siehe ausführlich oben l. Abschnitt A.II.3 .

Burghartz, WHG und WG NW, § 1 WHG, Anm. 4, 2.1.

BayVGH, ZfW 1988,225 (226 f.) und NVwZ 1990, 995. BVerwG, NVwZ 1983, 408; OVG Münster, NWVBI. 1992, 58 (59). Barrels, Abfallrecht, S. 48 ff.; Beckmann!Appold/Kuhlmann, DVBI. 1988,

647 HessVGH, NVwZ 1986, 662; zuletzt NuR 1991, 495 mit kritischer Anmerkung Kunig, NuR 1991, 497; ähnlich zur Verfüllung einer vor längerer Zeit künstlich geschaffenen Wasserfläche mit Abfällen: OVG Münster, ZfW 1987, 190 (192)

14 Büllcsbach

210

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

reicht hierfür nicht aus648 • Bei einer beabsichtigen Verfüllung des Baggersees durch Erdaushub ist aber zu beachten, daß dieser keinen (der Entledigung anheimgebenden) Abfall i.S. des § 1 Abs. 1 AbfG bildet, wenn er ohne die Verfüllung der Grube an seinem natürlichen Ort verbleiben würde oder als Handelsgut mit anderweitigen Verkaufs- oder Verwendungsmöglichkeiten fungiert 649 • Unter diesen Voraussetzungen bleibt es bei der wasserrechtlichen Behandlung der Verfüllung. Bezüglich der Qualifizierung eines Stoffs als Abfall ist allerdings die neue Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.06.1993 zu beachten. Das Gericht hat in zwei Grundsatzurteilen entgegen der bisher vorherrschenden Auffassung entschieden, daß eine Entsorgung als Abfall i.S. des objektiven Abfallbegriffs geboten ist, wenn die gegenwärtige Aufbewahrung der Sache und ihre künftige Verwendung oder Verwertung typischerweise zu einer Gemeinwohlgefährdung, insbesondere zu Umweltgefahren, führen650• Eine solche typische Gefahr bestehe regelmäßig nicht, wenn für der Altstoff ein Marktpreis erzielt werden könne. Umgekehrt sei das Fehlen eines Marktpreises ein wesentliches Indiz dafür, daß ein gemeinwohlgefährdender Altstoff als Abfall entsorgt werden müsse. Auf der Grundlage dieser Grundsätze hat das Bundesverwaltungsgericht dann unsortierten Bauschutt als Abfall qualifiziert, ohne auf ein konkretes Gefahrenpotential einzugehen651 • Für Abgrabungen mit anschließender Vefüllabsicht des Unternehmers können diese Urteile nicht hoch genug eingeschätzt werden. Die Qualififikation eines Stoffes als Abfall hat einen sehr niedrige Schwelle erreicht. Das Erfordernis m.w.N.; zur Verfüllung einer Kiesgrube mit Bauschutt, Erdaushub und Straßenaufbruch vgl. OVG Hamburg, NuR 1992, 483; OVG Lüneburg, NuR 1990,227. 648 Entsprechendes gilt für das Verhältnis des § 7 AbfG zum AbgrG; siehe hierzu noch unten F.l. 649 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 138; vgl. auch HessVGH, ZfW 1974, 362 (363); zur Frage der Erforderlichkeit einer abfallrechtlichen Zulassung bei der Ablagerung von Bodenbestandteilen in Kiesgruben, die nicht als Abfall qualifiziert werden können, vgl. HessVGH, NuR 1991, 495 (bejahend) und Kunig, NuR 1991 , 497 m.w.N. (verneinend). 650 BVerwG, DVBI. 1993, 1137; DVBI. 1993, 1139; zustimmend im Hinblick auf das Begriffsverständnis, das der EuGH zur Abfallrichtlinie 75/442/EWG entwickelt hat und ausführlich zum europäischen und deutschen Abfallbegriff Seibert, DVBI. 1994, 234 f.; zum Entwurf eines Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfGE) und dem bisherigen Verfahren vgl. Kersting, DVBI. 1994, 273 m.w.N.; zum Abfallbegriff vgl. auch Ebling, Beschleunigungsmöglichkeiten bei der Zulassung von Abfallentsorungsanlagen, S. 48 ff. 651 BVerwG, DVBI. 1993, 1139 (1140).

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

211

eines abfallrechtlichen Zulassungsverfahrens tritt damit in einer Vielzahl von Fällen in den Vordergrund. Einen für die Praxis bedeutsamen Fall hat der BayVGH in einem Urteil vom 31.05 .1990 entschieden652 . Das Verfahren betraf den Widerruf einer wasserrechtlichen Erlaubnis in Bezug auf die Wiederverfüllung eines Baggersees sowie deren Untersagung. Das Gericht kommt zum Ergebnis, daß der Widerruf nicht auf naturschutzrechtliche Gründe gestützt werden kann. Auf wasserwirtschaftliche Bedenken in Bezug auf die Wiederverfüllung eines Kiessees dürfe zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur nach Ausschöpfung aller anderen Möglichkeiten durch Widerruf einer Naßauskiesungserlaubnis entsprochen werden, weil mit dem Widerruf ein erheblicher Eingriff in das Grundeigentum verbunden sei653 . Dem ist zuzustimmen. Im Gegensatz zu anderen Gewässerbenutzungen, die ohne weiteres eingestellt werden können, würde nach Beendigung der Naßauskiesung durch den Widerruf ein oberirdisches - faktisches - Gewässer verbleiben, welches nicht einer ausreichenden behördlichen Überprüfung unterlegen hätte und das Grundeigentum umgestalten würde. Der richtige Weg für die Behörde, eine Wiederverfüllung wegen den damit verbundenen Gefahren zu verhindern, bestünde in der nachträglichen Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens654. Den hierfür erforderliche Antrag könnte die Wasserbehörde letztlich vom Abgrabungsuntemehmer oder vom Grundeigentümer erzwingen655 .

b) Trockenabgrabungen

Bei einer Trockenabgrabung, bei der das Grundwasser nicht angeschnitten wird, kann als Auffangtatbestand der Benutzungstatbestand des § 3 Abs. 2 652 BayVGH, NVwZ 1990, 995. 653 BayVGH, NVwZ 1990, 995 (997). 654 Zu beachten ist allerdings, daß auch eine als vorläufig geplante Wasserfläche zu einem oberirdischen Gewässer wird, wenn sie Verfestigung über einen längeren Zeitraum hinweg erfolgt ist. Die Beseitigung darf nur nach der vorherigen Durchführung eines Planfeststellungsverfahren (bzw. mit einer Plangenehmigung) erfolgen; siehe oben ausführlich 11.3 .a)dd). 655 Vgl. z.B. § 110 Abs. 5 LWG RhPf; anders wohl BayVGH, ZfW 1990, 995 (997), wonach es Sache des Grundeigentümers sei, ob er "sich diesen Maßnahmen unterwirft oder von sich aus die Konsequenz zieht und einen Antrag auf Planfeststellung oder -genehmigung für die Herstellung eines Gewässers stellt". !4•

212

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Nr. 2 WHG erfüllt sein. Das ist immer dann der Fall, wenn durch die Abgra-

bung die nur ganz entfernte (theoretische) Möglichkeit einer schädlichen Einwirkung auf das Grundwasser besteht656•

3. Wesen der Erlaubnis und der Bewilligung a) Abgrenzung nach Inhalt und Rechtsstellung

Erlaubnis und Bewilligung unterscheiden sich grundsätzlich nicht nach dem Gegenstand und dem Umfang der ermöglichten Gewässerbenutzung, sondern durch die Art der durch sie gewährten Rechtsstellung657 • Die Erlaubnis gewährt die widerrufliche Befugnis zur Gewässerbenutzung658, während die Bewilligung das Recht auf Gewässerbenutzung verleiht, das grundsätzlich nicht widerruflich ist, sondern nur nach Maßgabe des § 12 WHG - ggf. gegen Entschädigung - beschränkt oder zurückgenommen werden kann659 • Eine wasserrechtliche Erlaubnis kann grundsätzlich aus jedem sachlichen Grund widerrufen werden660 • Das gilt auch dann, wenn aufgrund der Erlaubnis bereits ein wirtschaftliches Unternehmen in Gang gesetzt worden ist661 •

656 VG Köln, in: Linke, Abgrabungsgesetz NW, S. 162 ff.; weitere Nachweise oben 1. Abschnitt A.II.3 . 657 BVerwGE 41, 58; Salzwedel, Anstaltsnutzung, in: Erichsen!Martens, Allgemeines Verwa1tungsrecht, S. 508 f.; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 86; Kaczmarek, Nachbarschutz in wasserrechtlichen Verfahren, S. 248 f. 658 Zur Frage, ob eine bereits ins Werk gesetzte Erlaubnis entschädigungslos widerrufen werden kann, vgl. einerseits Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 440 (Verstoß gegen Art. 14 GG) und andererseits BadWürttVGH, UPR 1992, 384 (kein Verstoß gegen Art. 14 GG). 659 BVerwGE 41, 58 (61); Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 170; Hill, GewArch 1981, 156; Haupt, Wasserrecht, in: Faber/Schneider, NdsStVwR, S. 404 ff.; zu weiteren Unterschieden, die vor der Vierten Novelle zum WHG bestanden vgl. Salzwedel, Wasserrecht, in; v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, s. 753 . 660 Allg. Ansicht. 661 BadWürttVGH, UPR 1992, 384; Salzwedel, ZfW 1983, 18; Gieseke/Wiedemann!Czychowski, WHG, § 7 Rdn. 25 m.w.N.; a.A. Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 440; Sieder!Zeitler!Dahme, WHG, § 7 Rdn. 14.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

213

In der Praxis bildet die Erlaubnis weitgehend die Regel, weil sie die Dispositionsfreiheit der Wasserbehörde für die Zukunft unberührt läßt662 . Die Wasserbehörden werden in die Lage versetzt, immer wieder wasserwirtschaftliche Bilanz zu ziehen und Korrekturen dort vorzunehmen, wo es notwendig, vertretbar und zurnutbar ist. Die knappen Ressourcen des Wassers können gerecht und optimal verteilt werden. Aus diesen Gründen sollte dem Abgrabungsunternehmer im Interesse des Grundwasserschutzes auch nur die schwächere und variablere Rechtsposition einer Erlaubnis eingeräumt werden663. Die Wasserbehörden bleiben so in der Lage, bei möglichen Gefahren des Wasserschatzes schnell und effektiv zu handeln.

b) Befristung der Erlaubnis

Bis auf das BayWG664 enthält kein Wassergesetz eine Regelung darüber, wann die Erlaubnis unbefristet und wann sie befristet erteilt werden soll. Die Wasserbehörde kann deshalb regelmäßig im Rahmen ihres Bewirtschaftungsermessens zwischen unbefristeter und befristeter Erlaubnis wählen665 • Gerade bei Abgrabungen ist die Befristung der Erlaubnis angezeigt, da deren Auswirkungen schwer zu übersehen sind. Bei der Bemessung der Frist greift § 8 662 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 86; Hili, GewArch 1981, 156 m.w.N; kritisch zur Bewilligungsfeindlichkeit der neueren Rechtspraxis: Salzwedel, RdWWi 19, 42 ff., 48 ff. 663 Das gilt auch in den Ländern, die eine gehobene Erlaubnis kennen (Art. 16, 17 BayWG; §§ 10, 11 BreinWG; §§ 17, 17 a HessWG; §§ 10, 11 NdsWG; § 27 LWG RhPf; §§ 14, 18 SaarlWG). Diese kann zum einen für eine Benutzung von Gewässern erteilt werden, die im öffentlichen Interesse liegt, insbesondere den Zwecken der öffentlichen Wasserversorgung dient. Zum anderen kann eine gehobene Erlaubnis erteilt werden, wenn dem Unternehmer nicht zugemutet werden kann, ohne eine gesicherte Rechtstellung gegenüber Dritten zu bleiben. Bei den hier beschriebenen Abgrabungen wird dies aber nur äußerst selten der Fall sein; vgl. zu den besonderen Anforderungen einer gehobenen Erlaubnis Haupt, Wasserrecht, in: Faber/Schneider, NdsStVwR, S. 407 ff.; ausführlich zu den rechtlichen Ausgestaltungen in den Ländern: Kaczmarek, Nachbarschutz in wasserrechtlichen Verfahren, s. 255 ff. 664 Nach Art. 17 Abs. 2 S. 2 BayWG ist die beschränkte Erlaubnis, durch die eine Benutzung zu vorübergehenden Zwecken und für nicht mehr als ein Jahr zugelassen werden soll, stets zu befristen. 665 BayVGH, in: Wüsthoff/Kumpf, HdW, R 1119; Gieseke/Wiedemann!Czychowski, WHG, § 7 Rdn. 23; Sieder!Zeitler/Dahme, WHG, § 7 Rdn. 15 f.; Send/er, UPR 1983, 36; einschränkend BadWürttVGH, ZfW 1978, 303; BayVGH, ZfW 1978, 307.

214

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Abs. 5 WHG nicht ein666; insbesondere ist die Frage der Abschreibung von Aufwendungen wegen der Widerruflichkeit der Erlaubnis kaum von Bedeutung. Innerhalb der Frist kann nämlich die befristete Erlaubnis ebenso wie die unbefristete widerrufen werden667 .

4. Struktur der Entscheidung Die wasserwirtschaftsrechtliche Benutzungsordnung der §§ 1 a ff. WHG geht von einem repressiven Verbot unter dem Vorbehalt einer administrativen Befreiung aus668 • Benutzungen der Gewässer sind grundsätzlich nur als öffentlich-rechtliche Sondemutzungen auf der Grundlage einer befugnisverleihenden und widerruflichen Erlaubnis oder einer rechtsverleihenden und unwiderruflichen, aber befristeten Bewilligung formell und materiell zulässig (§ 2 Abs. 1 WHG). Auf die Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung besteht kein Rechtsanspruch. Dies ergibt sich aus der Formulierung von § 6 WHG ("sind zu versagen") und dem Bewirtschaftungsauftrag. Die Wasserbehörde ist folglich nicht verpflichtet, selbst bei vorliegender Gemeinwohlverträglichkeit eine Erlaubnis oder Bewilligung zu erteilen. Vielmehr obliegt den Wasserbehörden ein umfassendes Bewirtschaftungsermessen669. Zu beachten ist dabei, daß das Bewirtschaftungsermessen bei der Entscheidung über Benutzungen und das Planungsermessen beim Ausbau voneinander verschieden sind. Dem Ausbau liegt die Bestimmung der künftigen Gestalt und Funktion (Nutzbarkeit) des Gewässers zugrunde, wobei die Grundzüge

Gieseke!Wiedemann/Czychowski, WHG, § 7 Rdn. 23. 667 VG Köln, ZtW-Sonderheft 1978 II Nr. 2; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 441; a.A. Freudling, BayVBI. 1968,47. 668 BVerfG, NJW 1982, 745 (752); Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG, § 2 Rdn. 3; Sieder!Zeitler/Dahme, WHG, § 2 Rd. 2 b; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 67; ders., Umweltschutzrecht, in: v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 638; Storm, Umweltrecht, TZ 223; Prümm, Umweltschutzrecht, S. 430; Knauber, NVwZ 1988, 997; Kloepfer/Brandner, ZtW 1989, 5 f.; a.A. Rolf, Gewässer und Gewässerbenutzung, S. 118. 669 Ausfiihrlich zu § 6 WHG und zum Bewirtschaftungsermessen siehe oben B.l.; zu Vereinbarkeit dieser Ermessenseinräumung zum "Parlamentsvorbehalt" vgl. K/Qepfer/Brandner, ZtW 1989, 5 f. 666

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

215

der Raumordnung und Landesplanung einzubeziehen670 und alle öffentlichen und privaten Belange untereinander und gegeneinander abzuwägen sind671 • Diese planerische Abwägung ist bei der Entscheidung über die Gewässerbenutzung nicht möglich. Das bedeutet, daß die Wasserbehörden den Antrag des Abgrabungsuntemehmers nach § 6 WHG ablehnen müssen, wenn der unverzichtbare Minimalschutz der Gewässer beeinträchtigt werden kann. Das gegenüber der planensehen Abwägung eingeschränkte Bewirtschaftungsermessen ist demgegenüber eröffnet, soweit die wasserbehördliche Entscheidung auf einen planerisch-politisch optimierten Gewässerschutz abzielt.

5. Versagung nach § 6 WHG Die Erlaubnis und die Bewilligung sind nach § 6 WHG zu versagen, soweit von der beabsichtigten Benutzung eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine Gefährdung der öffentlichen Wasserversorgung, zu erwarten ist, die nicht durch Auflagen oder durch Maßnahmen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts(§ 4 Abs. 2 Nr. 3 WHG) verhütet oder ausgeglichen wird.

a) Beschränkung der Gemeinwohlklausel

Es wurde bereits ausgeführt, daß das "Wohl der Allgemeinheit" in § 6 WHG sich nur auf wasserwirtschaftliche Gründe beschränkt und nicht an den gesamten Interessen der Gesellschaft orientiert ist. Auf die obigen Ausführungen kann verwiesen werden612 •

b) Sicherung der öffentlichen Wasserversorgung

Untersucht werden soll hier lediglich das von § 6 WHG beispielhaft hervorgehobene und vom Gemeinwohl besonders zu berücksichtigende Interesse 670 Dazu ausfiihrlich Dickschen, Raumordnungsverfahren, S. 205 ff.; Uechtritz, VBffiW 1984, 10. 671 Sa[zwedel, Wasserrecht, in: ders., Umweltrecht, S. 609. 612 Vgl. oben B.l.2. und B.II.4.b)bb)(1)(c).

216

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

der öffentlichen Wasserversorgung673 • Dieses Interesse steht bei Abgrabungen im Vordergrund, durch die Grundwasser freigelegt oder bei denen es wie bei Trockenauskiesungen gefährdet wird. Unstreitig ist, daß die öffentliche Wasserversorgung durch eine Abgrabung gefährdet wird, wenn zu besorgen ist, daß Unternehmen der öffentlichen Wasserversorgung674 ihre Aufgaben nicht mehr ordnungsgemäß ausüben können, weil das benötigte Wasser nach Güte und/oder Menge beeinträchtigt wird675 • Die deshalb gebotene Versagung der Erlaubnis hält sich im Rahmen der zulässigen und entschädigungsfreien Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG) kraft der öffentlich-rechtlichen Gesetze des WasserrechtS. Als weiteres Schutzobjekt des § 6 WHG muß die vorhandene Wasserversorgungsanlage angesehen werden, die davor zu bewahren ist, auszufallen oder wesentlich weniger oder schlechteres Wasser zu fördern676• Dabei ist nicht erforderlich, daß die zu schützende öffentliche Wasserversorgung voll ausgebaut, ihr endgültiger Betriebsumfang voll vorhersehbar und das wasserrechtliche Verfahren nur zum Teil durchgeführt ist677 • Es reicht aus, wenn in einem solchen Fall der Bedarf der öffentlichen Wasserversorgung hinreichend konkret dargetan ist678 • Von § 6 WHG wird schließlich eine öffentliche Wasserversorgung erfaßt, zu deren Gunsten die Erlaubnis oder Bewilligung zur Wasserförderung begehrt wird679 • Das Schutzgut der Vorschrift ist nämlich nicht an eine (andere) Anlage gebunden, sondern an eine Funktion ("Gefährdung der öffentlichen Wasserversorgung", nicht "Gefährdung einer [bestehenden] Wasserversorgungsanlage").

673 Daten zur öffentlichen Wasserversorgung fmden sich bei Prümm, Umweltschutzrecht, S. 198; Bender/Sparwasser, Umweltrecht, Rdn. 459 ff. m.w.N.; zur Bedeutung des Grundwassers für die öffentliche Wasserversorgung vgl. BVerfGE 58, 300 (344) = NJW 1982, 745 (750 f.). 674 Nach OVG Lüneburg, ZfW 1987, 117 (120) kann es sich hierbei auch um einen privaten Rechtsträger handeln. 675 BayVGH, ZfW 1988, 425; VG Würzburg, ZfW-Sonderheft 1971 II Nr. 17; Breuer, Wasserrecht, in: Grimm/Papier, StVwR NW, S. 502; Sieder!Zeitler/Dahme, WHG, § 6 Rdn. 13f. m.w.N. 676 OVG Münster, ZfW-Sonderheft 1970 II Nr. 3; Czychowski, DVBI. 1976, 137. 677 BayVGH, ZfW-Sonderheft 1971 II Nr. 7; Sieder!Zeitler/Dahme, WHG, § 6 Rdn. 13 m.w.N. 678 BVerwG, ZfW 1965, 98 (106); Breuer, Wasserrecht, in: Grimm/Papier, StVwR NW, S. 502. 679 BayVGH, ZfW 1988, 425; Gieseke!Wiedemann/Czychowski, WHG, § 6 Rdn. 39.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

217

In diesem Zusammenhang ist fraglich, ob durch die Formulierung des § 6 WHG ein absoluter Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung geschaffen wurde680 • Das wird zu verneinen sein. So wird einer überalterten oder aus anderen Gründen nahezu abgängigen Wasserversorgungsanlage nicht unter allen Umständen der Vorrang vor einer dem Wohl der Allgemeinheit dienenden anderen Benutzung gegeben werden dürfen. Ein Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung ist lediglich bei einem "non liquet" anzunehmen, also dann, wenn keiner der widerstreitenden Gesichtspunkte überwiegt681 • Eine Beeinträchtigung des Allgemeinwohls ist zu erwarten, wenn die nachteiligen Wirkungen nach allgemeiner Lebenserfahrung oder anerkannten fachlichen Regeln der Technik wahrscheinlich und ihrer Natur nach auch annähernd voraussehbar sind682 • Erforderlich ist grundsätzlich ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen der geplanten Benutzung und der zu erwartenden Beeinträchtigung683 • Nach einer Entscheidung des BadWürttVGH kann die Wasserbehörde trotzdem später (möglicherweise) hinzutretende andere, gleiche oder ähnliche Ursachen berücksichtigen, und zwar im Rahmen des Bewirtschaftungsermessens: "Die öffentliche Wasserversorgung ist im Sinne von § 6 WHG nur dann geflihrdet, wenn die Gefahrdung schon allein durch die im konkreten Fall beabsichtigte Nutzung zu erwarten ist. Ist sie (...) erst zu erwarten, wenn später andere, gleiche oder ähnliche Nutzungen hinzukommen, so fallt es in den Bereich des Ermessens, ob und inwieweit die Behörde bereits den jetzt zur Entscheidung anstehenden Einzelfall abschlägig entscheiden darf, um einen Bezugsfall zu vermeiden" 684 •

Die Wasserbehörden müssen alle Gesichtspunkte berücksichtigen, die Anlaß zur Sorge geben können. Aber auch hier gilt wieder: Je stärker das

680 S.o Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 199; a.A. Salzwedel, GWF 1980, 413; Gieseke!Wiedemann!Czychowski, WHG, § 6 Rdn. 39. 681 Külz, in: Festschrift für Gieseke, S. 215; Gieseke!Wiedemann!Czychowski, WHG, § 6 Rdn. 39. 682 BadWürttVGH, ZfW 1977, 112; Czychowski, ZfW 1969, 11; Gieseke!Wiedemann!Czychowski, WHG, § 6 Rdn. 17; ähnlich Sieder/Zeitler!Dahme, WHG, § 6 Rdn. 6, § 8 Rdn. 23. 683 Gieseke!Wiedemann!Czychowski, WHG, § 6 Rdn. 15; Himmel, LWG RhPf/WHG, § 6 WHG Rdn. 13. 684 BadWürttVGH, ZfW 1981, 29; ähnlich OVG Münster, ZfW 1979, 58 (59).

218

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Wohl der Allgemeinheit beeinträchtigt werden kann, ein desto geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit reicht aus685 •

6. Erlaß von Nebenbestimmungen Vor einer Versagung müssen die Wasserbehörden stets prüfen, ob die Gefährdung der Wassermenge oder -güte nicht durch Auflagen oder durch Ausgleichs- oder Verhütungsmaßnahmen i.S. von § 4 Abs. 2 Nr. 3 WHG verhindert oder ausgeglichen werden kann. Obgleich § 6 WHG nur diese Nebenbestimmungen nennt, ist allgemein anerkannt, daß eine Ablehnung der Gewässerbenutzung nach dem Grundsatz des Übermaßverbots auch dann unzulässig sein kann, wenn die zu erwartenden nachteiligen Folgen und Wirkungen durch Bedingungen oder Befristungen verhütet oder ausgeglichen werden können686 • Bei den Abgrabungen ist dabei in erster Linie zu denken an die Festsetzung einer geringeren Tiefe oder bei der Rohstoffgewinnung an strengere Anforderungen hinsichtlich der Bagger- oder Pumpgeräte687 •

7. Rechte des Nachbarn In den Fällen, in denen durch die Abgrabungen Grundwasser (wenn auch nur vorübergehend) freigelegt wird, stellt sich häufig die Frage, ob Dritte Widerspruch oder Klage gegen den Erlaubnisbescheid einlegen können. Es kann bei Abgrabungen nicht immer ausgeschlossen werden, daß die Freilegung des Grundwassers zu einer Absenkung des Grundwasserspiegels führt und dadurch die Trinkwasserversorgung gefährdet oder Risse in benachbarten Gebäuden hervorruft. In der überwiegenden Zahl der Fälle ließen sich diese Folgen durch die Erteilung von Auflagen vermeiden. Es fragt sich daher, ob und inwieweit § 4 Abs. 1 S. 2 WHG nachbarschützenden Charakter hat. 685 BayVGH, ZfW 1988, 425 (427); Czychowski, DVBI. 1976, 137; Gieseke!Wiedemann!Czychowski, WHG, § 6 Rdn. 17; zur vergleichbaren Beurteilung in § 34

WHG siehe oben B.ll.4.b)bb)c). 686 Sieder!Zeitler/Dahme, WHG, § 6 Rdn. 5; Gieseke/Wiedemann!Czychowski, WHG, § 6 Rdn. 41; Himmel, LWG RhPf!WHG, § 6 WHG Rdn. 19. 687 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 189 m.w.N.; zur rechtlichen Einordnung der Auflagen vgl. Rumpel, NVwZ 1988, 502.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

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Nach dieser Vorschrift sind Auflagen zulässig, um nachteilige Wirkungen für andere zu verhüten oder auszugleichen.

a) Meinungsstand

Das Bundesverwaltungsgericht hat in drei Urteilen entschieden688 , daß nach § 4 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 18 und § 1 a Abs. 1 WHG bei der wasserrechtlichen Erlaubnis auf die individuellen Interessen Dritter Rücksicht zu nehmen sei689 • Eine wasserrechtliche Erlaubnis könne von einem Dritten als ihm gegenüber ermessensfehlerhaft angefochten werden, wenn die Wasserbehörde bei ihrer Ermessensentscheidung nicht die gebotene Rücksicht auf dessen Interessen genommen habe. Davon könne man dann sprechen, wenn die Belange eines anderen in einer qualifizierten und individualisierten Weise betroffen seien690 • Dieses Ergebnis ergebe sich aus §§ 4 Abs. 1 S. 2, 1 a Abs. 1 WHG, die in grundsätzlicher Weise zum Ausdruck bringen, daß vermeidbare Beeinträchtigungen unterbleiben sollten. Dieses Ergebnis wird auch von anderen Teilen der Rechtsprechung vertreten691. In der Literatur wird diese Auffassung allerdings überwiegend abgelehnt692.

688 Vgl. BVerwG, BayVBI. 1988, 22 (23); ZfW 1988, 337; Urteil vom 19.02.1988 - 4 C 27.85 -; zustimmend Bender!Sparwasser, Umweltrecht, Rdn. 534. 689 So auch BGH, ZfW 1984, 272. 690 Vgl. dazu auch BVerwG, BayVBI. 1977, 641; BayVBI. 1987, 151. 691 BayVGH, ZfW 1981, 32 (35 f.); ZfW 1981, 41 f .; OVG Münster, ZfW 1975, 117; VG Regensburg, ZfW-Sonderheft 1976 II Nr. 3; aus der Literatur vgl. Sieder!Zeitler!Dahme, WHG, § 4 Rdn. 17; Ladeur, UPR 1992, 81. 692 Salzwedel, RdWWi 21, 65 ff.; ders., DVBl. 1977, 922; ders., ZfW 1988, 341 ff.; ders., Anstaltsnutzung, in: Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 509; ders. , NVwZ 1988, 497 f.; Knauber, NVwZ 1988, 998 ff. ; Kaczmarek, Nachbarschutz in wasserrechtlichen Verfahren, S. 253; Breuer, Wasserrecht, in: Grimm/Papier, StVwR NW, S. 512; ders., Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 447; aus der Rspr. vgl. ebenso OVG Münster, ZfW-Sonderheft 1987 Nr. 47.

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Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen b) Stellungnahme

Der wasserrechtliche Nachbarschutz wurde schon kurz nach Inkrafttreten des WHG im Jahre 1960 zum Gegenstand rechtswissenschaftlicher Streitfragen. So vertrat insbesondere Sievers693 die Meinung, daß nicht nur das Verhältnis zwischen dem eine bestimmte wasserrechtliche Nutzung begehrenden oder ausübenden Bürgers und der diese Nutzung gestattenden Behörde öffentlich-rechtlicher Natur sei, sondern durch die Einführung des WHG auch das Verhältnis zwischen den wasserrechtlichen Nachbarn nicht mehr privatrechtlieh, sondern ebenfalls öffentlich-rechtlich ausgestaltet sei694 . Diese Auffassung konnte sich nicht durchsetzen. Das Schrifttum695 und die Rechtsprechung696 gehen davon aus, daß die Beziehungen zwischen verschiedenen Gewässerbenutzern und sonstigen wasserwirtschaftliehen Interessenten privatrechtlicher Natur sind697 . Nur diese Meinung steht auch im Einklang mit dem WHG. Eine Erlaubnis gibt nach § 2 Abs. 2 S. 1 WHG kein Recht auf Zufluß von Wasser bestimmter Menge und Beschaffenheit und läßt damit die Stellung Dritter völlig unberührt. Diese heute nahezu einhellig vertretene Meinung kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Einzelheiten des Nebeneinanders von öffentlichen und privaten wasserrechtlichen Nachbarrechts als noch weitgehend ungeklärt gilt. Die Ursache liegt unter anderem darin, daß die privatrechtliche Nutzungs- und Haftungsordnung in Bezug auf die Gewässer nur dürftig und lückenhaft normiert ist und das WHG sich privatrechtlicher Regelungen 693 Sievers, DVBI. 1962, 193 ff; ders., Wasserrecht, Einl. IV, VII. 694 Nach den bis dahin geltenden §§ 41 ff. PrWG war das Nachbarrecht privatrechtlich ausgestaltet. 695 Gieseke!Wiedemann/Czychowski, WHG, § 7 Rdn. 9; § 8 Rdn. 8; § 11 Rdn. 1; Salzwedel, RdWWi 12, 50 ff; ders., RdWWi 18, 93 ff; Dellian, NJW 1967, 520 ff.; ders., NJW 1967, 570 f.; Hundertmark, Rechtsstellung des Sondemutzungsberechtigten, S. 97 f., 140 ff., 161 ff.; Bender!Dohle, Nachbarschutz, Rdn. 314, 332 ff.; 445; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 728. 696 OLG München, NJW 1967, 570; OLG Nümberg, RdL 1970, 317; RdL 1972, 10. 697 Es besteht damit eine Nutzungsordnung zweier Ebenen, nämlich der öffentlich-rechtlichen zwischen Wasserbehörde und Gewässerbenutzer und der privatrechtlichen zwischen den Gewässerbenutzem, vgl. Salzwedel, DVBI. 1977, 922; ders., Anstaltsnutzung, in: Erichsen!Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 507; Ladeur, UPR 1992, 82; zum privat-rechtlichen Nachbarschutz vgl. neuerdings: BGH, NJW 1988, 1593; kritisch dazu: Salzwedel, NVwZ 1988, 496 f.; Breuer, NVwZ 1988, 994 ff.

B. Wasserhaushaltsrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen

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grundsätzlich enthalten hat698 • Angesichts dieser Lücken überrascht es nicht, daß das Bundesverwaltungsgericht in seiner neuen Rechtsprechung eine beträchtliche Ausweitung des öffentlich-rechtlichen Nachbarschutzes zu Lasten des privat-rechtlichen vorgenommen hat. Verwundem muß aber die Begründung dieses Ergebnisses mit § 1 a Abs. 1 WHG. Das Gericht leitet hieraus den allgemeinen Grundsatz ab, daß "die Gewässer so zu bewirtschaften" sind, "daß jede vermeidbare Beeinträchtigung unterbleibt" 699 • Das ist aber nicht der Inhalt des § 1 a Abs. 1 WHG. Diese Norm beinhaltet vielmehr drei andere Regelungen700, nämlich einen Bewirtschaftungsauftrag für die Länder, einen ökologischen Inhalt und das Vorsorgeprinzip als wichtigsten Inhalt. Keiner dieser Regelungsinhalte kann nachbarschützend sein. Ein Nachbarschutz kann - auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - nur aus den Rechtsnormen abgeleitet werden, die der Behörde den Schutz bestimmter nachbarlicher Belange auferlegen701 • Weder der Bewirtschaftungsauftrag noch der ökologische Inhalt des § 1 a Abs. 1 WHG ist nachbarschützend. Auch hat das vorsorgerechtliche Vermeidungsgebot, das in der Norm ausgesprochen wird, mit Nachbarschutz nichts zu tun. § 1 a Abs. 1 WHG hat damit keinen drittschützenden Charakter702 • Auch § 4 Abs. 1 S. 2 WHG ist als Rahmenvorschrift zu inhaltsleer, um daraus einen Nachbarschutz ableiten zu können. Das Bundesverwaltungsgericht will zwar in der Vorschrift eine subjektive Rechte begründende Regelung sehen, da auch im Wasserrecht das im Baurecht richterrechtlich entwickelte Rücksichtnahmegebot gelte703 • Die Übernahme dieses Grundsatzes auf den Nachbarschutz im Wasserrecht überrascht, da er die Strukturen des Wasserrechts nicht ausreichend beachtet704 • Weiterhin hebt das BundesverSo Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 729. BVerwG, BayVBI. 1988, 22 (23). Vgl. Salzwedel, NVwZ 1988, 498; Knauber, NVwZ 1988, 997; Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 74 ff. 701 BVerwG, ZfW 1973, 103; ZfW 1973, 115; zur Schutznormtheorie vgl. außerhalb des Wasserrechts auch: BVerwGE 1, 83; 27, 32; 41, 63. 702 So auch Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 71; Gieseke!Wiedemann/Czychowski, WHG, § 1 a Rdn. 3; Knauber, NVwZ 1988, 997. 703 Vgl. BVerwG, BayVBI. 1988, 22 (23 f.); ZfW 1988, 337. 704 Knauber, NVwZ 1988, 999. 698

699 700

222

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

waltungsgericht ständig hervor, einer Vorschrift könne über das objektivrechtliche Rücksichtnahmegebot drittschützende Wirkung nur dann zukommen, wenn sie einen bestimmten und abgrenzbaren, d. h. individualisierbaren und nicht übermäßig weiten Kreis der hierdurch Berechtigten erkennen läßt1°5 • Dieses, im Interesse des von der Erlaubnis Begünstigten unbedingt gebotenen Begrenzungskriterium geht verloren, wenn - wovon das Bundesverwaltungsgericht im Wasserrecht nunmehr ausgeht - jeder Dritte eine Verletzung subjektiver Rechte geltend machen kann. Entgegen der neuen Rechtsprechung zum Nachbarschutz im Wasserrecht kann mithin nicht davon ausgegangen werden, daß § 4 Abs. 1 S. 2 WHG eine subjektive Rechte begründende Regelung getroffen hat. Steht damit fest, daß weder§ 1 a Abs. 1 WHG noch§ 4 Abs. 1 S. 2 WHG alleine eine drittschützende Wirkung haben, ist nicht ersichtlich, daß die Verbindung beider Normen - wie vom Bundesverwaltungsgericht vertreten diese Rechtswirkung erzeugen kann. Aus alledem folgt, daß § 4 Abs. 1 S. 2 i.V.m. §§ 18 und 1 a Abs. 1 WHG keine nachbarschützende Wirkung haben und ein allgemeines Recht des drittbetroffenen Nachbarn auf fehlerfreie Ermessensausübung nicht begründen können.

8. Ergebnis Eine Gewässerbenutzung nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG liegt vor, wenn bei einer Naßabgrabung das vorübergehend freigelegte Grundwasser nach kurzer Zeit wieder mit Erdreich bedeckt oder der vorübergehend hingenommene Baggersee später wieder verfüllt werden soll. Bei einer Trockenabgrabung, bei der das Grundwasser nicht angeschnitten wird, kann als Auffangtatbestand der Benutzungstatbestand des § 3 Abs. 2 Nr. 2 WHG erfüllt sein. Das ist immer dann der Fall, wenn durch die Abgrabung die nur ganz entfernte (theoretische) Möglichkeit einer schädlichen Einwirkung auf das Grundwasser besteht. In all diesen Fällen wird durch die Abgrabungen der Benutzungstatbestand des § 3 WHG erfüllt, so daß nach§ 7 WHG eine wasserrechtliche Erlaubnis oder nach § 8 WH G eine Bewilligung erforderlich ist.

705

Vgl. etwa BVerwGE 27, 29 (33); 52, 122 (129 ff.); Ladeur, UPR 1992, 85.

C. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Baurecht

223

Erlaubnis und Bewilligung unterscheiden sich grundsätzlich nicht nach dem Gegenstand und dem Umfang der ermöglichten Gewässerbenutzung, sondern durch die Art der durch sie gewährten Rechtsstellung. Die Erlaubnis gewährt die widerrufliche Befugnis zur Gewässerbenutzung. Die Wasserbehörde kann dabei regelmäßig im Rahmen ihres Bewirtschaftungsermessens entscheiden, ob die Erlaubnis befristet oder unbefristet erteilt werden soll. Die Bewilligung verleiht das Recht auf Gewässerbenutzung, das grundsätzlich nicht widerruflich ist, sondern nur nach Maßgabe des § 12 WHG - ggf. gegen Entschädigung - beschränkt oder zurückgenommen werden kann. Auf die Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung besteht kein Rechtsanspruch. Sie kann unter den Voraussetzungen des § 6 WHG versagt oder mit Nebenbestimmungen versehen werden. Anders als die Bewilligung kann die wasserrechtliche Erlaubnis von einem Dritten nicht als ermessensfehlerhaft angefochten werden, wenn die Wasserbehörde bei ihrer Ermessensentscheidung nicht die gebotene Rücksicht auf dessen Interessen genommen hat.

C. Die Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Baurecht I. Baugenehmigungspflichtige Abgrabungen

Ein Baugenehmigungsverfahren ist für solche Abgrabungen durchzuführen, die 1. eine in den Landesbauordnungen im einzelnen genannte Größe haben706 und 2. bei denen eine Wasserfläche wieder verfüllt werden soll oder die oberhalb des Grundwassers durchgeführt werden und bei denen schädliche Einwirkungen auf das Grundwasser ausgeschlossen sind.

706

Siehe dazu oben 1. Abschnitt A.IV.

224

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen /I. Struktur der Baugenehmigung

Das Baurecht steht seit Erlaß des § 65 Abs. 1 S. 8 preuß. ALR unter dem Prinzip der materiellen BaufreiheiL Das Recht, bauliche Anlagen zu errichten, ist Ausfluß des Eigentums am Grundstück707• In der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie findet daher auch der Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung seine Grundlage7os. Obwohl der Gesetzgeber das Prinzip der Baufreiheit anerkennt, hat er die meisten baulichen Maßnahmen (Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und Abbruch) einer Genehmigungspflicht unterworfen. Wegen der besonderen Bedeutung des Bauens, wegen der von der Errichtung von baulichen Anlagen potentiell ausgehenden Gefahren und in Anbetracht der vielfach schwierigen Beurteilung der konkret eingreifenden baurechtliehen Anforderungen will er damit der Bauaufsichtsbehörde die Möglichkeit geben, in jedem Einzelfall vor Beginn der Bauausführung zu prüfen, ob das betreffende Vorhaben den materiellen Anforderungen des geltenden Baurechts entspricht709. Die Baugenehmigung ist ein Verwaltungsakt, der den Bauwilligen begünstigt und durch den das Bestehen eines baurechtliehen Anspruchs festgestellt wird710 • "Sie verleiht dem Bauherrn nicht erst das Recht zu bauen, sondern setzt dies voraus. Der Ausübung des Rechts zu bauen ist aber zur Sicherung der öffentlichen Belange durch ein präventives Verbot mit dem Vorbehalt der Erlaubniserteilung eine vorläufige Sperre gesetzt, die mit der Genehmigung aufgehoben wird. Der Bauwillige, dessen Vorhaben mit den materiell-rechtlichen Vorschriften in Einklang steht, hat gegenüber der Baugenehmigungsbehörde einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung·711 •

707 BVerfGE 35, 263 (276); 70, 35 (52 f.); BayVerfGH, NVwZ 1986, 551 (552); BGHZ 60, 112 (115); OVG Rheinland-Pfalz, DÖV 1985, 727 (728). 708 BVerwGE 42, 115 (116); 48, 271 (273). 7fYJ Vgl. BVerwGE 3, 27 (29): "Ein unbegrenztes Recht, Grundstücke mit baulichen Anlagen zu besetzen, hat es in der deutschen Rechtsgeschichte nicht gegeben, vielmehr ist dieses Recht stets mit Rücksicht auf die Interessen der Allgemeinheit eingeengt gewesen". 710 Vgl. Ortloff, NJW 1987, 1667 ff. m.w.N. 711 BVerwGE 16, 116 (120); vgl. auch BGHZ 65, 182 (186); Friauf, Baurecht, in: v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 558; Dyong, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 36 Rdn. 6 f.

C. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Baurecht

225

Die Baugenehmigung enthält einen feststellenden und einen verfügenden Teil. Im feststellenden Teil stellt die Bauaufsichtsbehörde verbindlich fest, daß das Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht widerspricht; im verfügenden (gestattenden) Teil hebt sie das - formelle - Bauverbot auf und bestimmt damit, daß mit dem Bau begonnen werden darf (sog. "Baufreigabe")112.

/1/.

Die Öffnungsklauseln im Baurecht

Die Öffnungsklauseln für fachfremde Belange in die baurechtliehen Verfahren finden sich in den einzelnen Genehmigungstatbeständen der Landesbauordnungen. Nach einigen Landesbauordnungen ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen713 bzw. wenn das Vorhaben den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht714 . Nach der Bauordnung von Bayern darf die Baugenehmigung nur versagt werden, wenn das Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht715. Trotz der unterschiedlichen Formulierungen ist allen Bauordnungen gemeinsam, daß die Bauaufsichtsbehörde die Vereinbarkeil des Vorhabens mit dem gesamten materiellen öffentlichen Recht zu prüfen hat.

IV. Bauordnungs- und bauplanungsrechtliche Anforderungen an Abgrabungen Das Bauordnungsrecht regelt die Errichtung, Änderung, Nutzung und den Abbruch von baulichen Anlagen. Vom Bauplanungsrecht unterscheidet es 712 Vgl. BVerwG, DVBI. 1989, 1055 (1058); OVG Münster, DVBI. 1988, 155 (157); Ortloff, NJW 1987, 1669; Gaentzsch, NJW 1986, 2791; Schmidt-Preuß, DVBI. 1991, 229 f. mit Hinweisen auf die Gegenmeinung, die eine konzeptionelle Beschränkung auf das gestattende Element annimmt. 713 §59 Abs. 1 LBO BW; § 69 Abs. 1 Hbg BauO; § 70 BauO NW; § 68 Abs. 1 LBauO RhPf; § 69 Abs. 1 LBO SH. 714 § 62 Abs. 1 BauO Bin; § 95 Abs. 1 LBO Brem; § 96 Abs. 1 HessBO; ähnlich § 82 Abs. 2 LBO Saar. 715 Art. 74 Abs. 1 BayBO; nach Simon, BayBO, Art. 74 Rdn. 21 bedeutet das Gegenstück "entspricht" soviel wie "vereinbar". 1S Büllesbach

226

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

sich durch seine Blickrichtung: Bei der Bauplanung steht die räumliche Entwicklung des beplanten, als Einheit gesehenen Gebiets im Vordergrund; das konkrete Bauvorhaben wird nur insoweit von der rechtlichen Regelung erfaßt, als es sich um seine Einfügung in den jeweils festgelegten Gebietscharakter handelt. Das Bauordnungsrecht beschäftigt sich demgegenüber primär mit dem einzelnen Bauvorhaben als solches, mit seinen Eigenschaften oder seiner Benutzbarkeit. Die Betrachtungsweise des Bauplanungsrechts ist global, die der Bauordnung dagegen vornehmlich individuelF16.

1. Bauordnungsrechtliche Anforderungen Die Funktionen des Bauordnungsrechts lassen sich in drei Gruppen zusammenfassen717: Gefahrenabwehr, Verhütung von Verunstaltungen und Verhütung von Mißständen bei der Benutzung der baulichen Anlagen. Für Abgrabungen sind lediglich die ersten beiden Gruppen bedeutsam.

a) Anforderungen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung

Mit Ausnahme der Bauordnung von Niedersachsen enthalten alle Bauordnungen, die Abgrabungen erfassen, Bestimmungen über die an derartige Vorhaben zu stellenden allgemeinen polizeilichen Anforderungen. Sie müssen so angelegt und unterhalten werden, daß die öffentliche Sicherheit und Ordnung718, insbesondere Leben oder Gesundheit119, nicht gefährdet werden. Die Bauaufsichtsbehörden können also zur Verhinderung von Gefahren für die 716 Friauf, Baurecht, in: v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 549. 717 Vgl. dazu ausführlich Friauf, Baurecht, in: v. Münch, Besonderes Verwal-

tungsrecht, S. 549 ff. 718 § 3 Abs. 1 LBO BW; § 3 Abs. 1 LBauO RhPf; Art. 3 Abs. 1 BayBO; § 3 Abs. 1 BauO Bin; § 3 Abs. 1 LBO Brem; § 3 Abs. 1 HbgBauO; § 3 Abs. 1 HessBO; § 3 Abs. 1 BauO NW; § 3 Abs. 1 LBO Saar; § 3 Abs. 1 LBO SH. 719 § 3 Abs. 1 LBO BW; Art. 3 Abs. 1 BayBO; § 3 Abs. 1 BauO Bin; § 3 Abs. 1 HbgBauO; § 3 Abs. 1 BauO NW; § 3 Abs. 1 LBO Saar; § 3 Abs. 1 LBO SH.

C. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Baurecht

227

beschäftigten Arbeiter und die Allgemeinheit z. B. verlangen, daß die Böschungen der Gruben sowie des anstehenden und aufgeschütteten Abraums in einer einsturzsicheren Neigung angelegt und gehalten werden und daß bei Saggerungen in der Nähe des Grundwassers dieses nicht verunreinigt wird. Diese Anforderungen haben keinen enteignenden Charakter; sie ziehen vielmehr lediglich die Konsequenz aus der Sozialbindung des Eigentums720 •

b) Gestalterische Anforderungen

Da Abgrabungen die Umwelt und den Lebenskreis der Menschen entscheidend prägen, kann es nicht genügen, im Baurecht lediglich Gefahren für Leib, Leben und Eigentum abzuwehren. Für den Schutz und die Pflege der die Abgrabungen, insbes. der Kies- oder Sandtagebaue umgebenden Landschaft stellen die Landesbauordnungen deshalb gestalterische Anforderungen, wobei sich nach der Mehrzahl von ihnen drei verschiedenartige unterscheiden lassen: 1. Es wird die positive Forderung aufgestellt, daß bauliche Anlagen den allgemein anerkannten Regeln der Technik721 bzw. der Baukunst722 entsprechen müssen. 2. Er wird verlangt, daß die Gestaltung der baulichen Anlagen nach Form, Werkstoff und Farbe nicht verunstaltend wirkt723 • Bei der Prüfung der Frage, ob z.B. bei einer Abgrabung zur Gewinnung von Kies oder Sand eine solche Verunstaltung hervorgerufen wird, dürfen nur ästhetische Momente berücksichtigt werden724 • Kriterien fmden sich dabei etwa in Vgl. Nüßgens/Boujong, Eigentum, Rdn. 145 ff. m.w.N. § 3 Abs. 1 S. 3 LBO BW; § 3 Abs. 2 LBauO RhPf; Art. 3 Abs. 1 S. 3 BayBO; § 3 Abs. 1 S. 2 LBO Brem; § 3 Abs. 3 HbgBauO; § 3 Abs. 1 S. 2 BauO NW; § 3 Abs. 1 S. 2 LBO SH. 722 § 3 Abs. 1 S. 3 BauO Bin; § 3 Abs. 3 S. 1 HessBO; § 3 Abs. 1 S. 3 LBO Saar. 723 §§ 3 Abs. 1 S. 2, 13 LBO BW; § 5 Abs. 2 LBauO RhPf; Art. 12 Abs. 1 BayBO; § 10 Abs. 1 BauO Bin; § 14 Abs. 1 LBO Brem; § 12 Abs. 1 HbgBauO; §§ 3 Abs. 1 S. 2, 14 HessBO; § 12 Abs. 1 BauO NW; § 12 Abs. 1 LBO SH. 724 HessVGH, NuR 1982, 200 (Nr. 10); nach Friauf, Baurecht, in: v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 552 ist dabei jedoch Vorsicht und Zurückhaltung geboten. Der Staat besitze keine Legitimation, bestimmte ästhetische Maßstäbe zu entwickeln oder als Schiedsrichter zwischen konkurrierenden Anschauungen aufzu720 721

IS•

228

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen der Form und Größe der Kies- und Sandgruben, die Art ihrer Ausbeutung, der Lagerung des Abraums und der Anpassung der Gruben an ihre Umgebung. Andere Gesichtspunkte müssen dagegen bei der Gewinnung des ästhetischen Urteils über derartige Anlagen außer Betracht bleiben, so z. B die der moralischen Einstellung des Durchschnittbetrachters725 und der sozialen Verantwortung726.

3. Schließlich muß die bauliche Anlagen mit ihrer Umgebung derart in Einklang gebracht werden, daß sie benachbarte bauliche Anlagen727 , das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild oder deren beabsichtigte Gestaltung728 nicht stört729. Die beiden erstgenannten Anforderungen beziehen sich also auf die Gestaltung der baulichen Anlage selbst - ohne Berücksichtigung ihrer Umgebung730 -, während die dritte einen auf die Umgebung bezogenen Gestaltungsmaßstab enthält731. Die Maßstäbe für die bauliche Gestaltung erscheinen recht weit. Sie sind aber soweit konkretisierbar, daß sie mit den rechtsstaatliehen Anforderungen an die normative Bestimmbarkeil im Einklang stehen732 • Mit Art. 14 GG sind die ästhetischen Anforderungen als legitime Bestimmung von Inhalt und

treten; zum baurechtliehen Verunstaltungsbegriff vgl. auch BayVGH, BayVBI. 1970, 259; BadWürttVGH, BRS 22, 192 (193 ff.); 40, 355; OVG Lüneburg, BRS 44, 298 (299). 725 BVerwG, NJW 1959, 1194; BVerfG, NVwZ 1985, 819; nach HessVGH, NuR 1982, 200 (Nr. 10) können die zu § 1 der BaugestaltungsVO entwickelten Kriterien zugrunde gelegt werden; a.A. OVG Münster, BBauBI. 1959, 145 (146). 726 BVerwG, NJW 1955, 1647 (1649). 727 § 13 Abs. 1 LBauO RhPf. 728 § 12 Abs. 2 LBO BW; § 5 Abs. 2 LBauO RhPf; Art. 12 Abs. 2 BayBO; § 10 Abs. 2 BauO Bin; § 14 Abs. 2 LBO Brem; § 12 Abs. 2 HbgBauO, § 14 Abs. 2 HessBO; § 12 Abs. 2 BauO NW; § 14 Abs. 2 LBO Saar; § 12 Abs. 2 LBO SH. 729 Vgl. aber § 13 Abs. 2 S. 1 LBO BW, § 14 Abs. 2 HessBO, die der Stelle der Worte "nicht stören" die inhaltlich gleichzusetzenden Worte "nicht beeinträchtigen" verwenden; ähnlich Art. 12 Abs. 2 BayBO ("nicht verunstalten"). 730 Sie enthalten also einen absoluten Gestaltungsmaßstab. Dmen gegenüber kann nicht geltend gemacht werden, ein verunstaltet wirkender Kies- oder Sandabbau füge sich einer bereits verunstalteten Umgebung gut ein und sei daher zuzulassen. 731 Hier handelt es sich also um einen relativen Gestaltungsmaßstab. 732 BVerwGE 2, 172 (175 ff.); BVerfG, NVwZ 1985, 819.

C. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Baurecht

229

Schranken des Eigentums vereinbar733 • Es handelt sich bei ihnen um unbestimmte Rechtsbegriffe, die der richterlichen Nachprüfung unterliegen734 •

2. Bauplanungsrechtliche Anforderungen a) Anwendbarkeit bauplanungsrechtlicher Vorschriften

Die Anwendung bauplanungsrechtlicher Zulässigkeitsvorschriften auf Vorhaben (§§ 30-37 BauGB) ist nach § 29 Satz 1 BauGB u.a. davon abhängig, daß ein Vorhaben eine bauliche Anlage ist und einer bauaufsichtliehen Genehmigung bedarf. Für Abgrabungen größeren Umfangs gelten die§§ 3037 BauGB entsprechend, gleichgültig, ob sie bauliche Anlagen oder baugenehmigungspflichtig sind(§ 29 S. 3 BauGB). Auf den ersten Blick scheinen damit Abgrabungen, die als bauliche Anlagen gelten735 und baugenehmigungspflichtig sind, doppelt überS. 1 und S. 3 erfaßt zu sein. Es ist aber zu berücksichtigen, daß der bundesrechtliche Begriff der "baulichen Anlage" nach dem BauGB unabhängig vom landesrechtliehen Begriff besteht136 und deshalb ein eigenständiger ist737• Ausgehend von dieser Überlegung hat das Bundesverwaltungsgericht zutreffend für Abgrabungen, die als bauliche Anlagen gelten, das Vorliegen von baulichen Anlagen nach dem BauGB verneint, da diese nicht in § 29 Satz 1 aufgeführt seien und sich aus dem Umkehrschluß aus Satz 3 ergebe, daß sie nicht zu den baulichen Anlagen des Satz 1 gehörten738 • Auf Abgrabungen findet § 29 S. 1 BauGB folglich keine Anwendung. Abgrabungen werden von § 29 S. 3 BauGB den planungsrechtlichen Zulässigkeitsvorschriften (§§ 30-37 BauGB) unterworfen, wenn sie einen größeren Umfang einnehmen. Ob Abgrabungen einen größeren Umfang aufweisen, 733

845. 734

BVerwG, DVBI. 1962, 178; NJW 1980, 2091; OVG Münster, NJW 1982,

Friauf, Baurecht, in: v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 553 rn.w.N.

Siehe oben 1. Abschnitt A.IV. Vgl. BVerwG, BRS 20 Nr. 127. 737 Vgl. BVerwG, DVBI. 1972, 221; Zinkahn, in: ErnsttZinkahn/Bielenberg, BauGB, § 29 Rdn. 3. 738 Vgl. BVerwG, DVBI. 1972, 221 (223); auch BVerwG, DVBI. 1988, 960 (962); zustimmend: BayVGH, BayVBI. 1977, 118 (119), Simon, BayBO, Art. 2 Rdn. 9, 113. 735 736

230

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

hängt nicht von ihrer Genehmigungspflicht ab739 • Diese weist - wie ausgeführt740 - im einzelnen erhebliche Unterschiede auf. Die bauordnungsrechtliche Genehmigungspflicht von Abgrabungen kann aber ein Indiz dafür sein, daß es sich um ein Vorhaben nach § 29 S. 3 BauGB handeln könnte741 • So wurde bereits festgestellt, daß jedenfalls bei weniger als 30 m2 Grundfläche und 1 m Tiefe nahezu im gesamten Bundesgebiet keine baurechtliche Genehmigungspflicht für Abgrabungen besteht. Diese Größenordnung kann deshalb auch als Mindestmaß für eine Abgrabung größeren Umfangs im Sinne des § 29 S. 3 BauGB angesehen werden742 • Im übrigen muß die Konkretisierung des bundesrechtlichen Begriffs "Abgrabung größeren Umfanges" losgelöst vom Landesrecht erfolgen. Eine solche Abgrabung fällt unter den Anwendungsbereich der §§ 30 ff. wenn sie nach ihrem Standort, dem mit ihr verfolgten Zweck und unter Berücksichtigung ihrer Größe für die rechtliche oder tatsächlich vorhandene städtebauliche Ordnung relevant ist743 • Damit ist letztlich - wie bei der baulichen Anlage i. S. der § 29 S. 1 BauGB - ausschlaggebend, ob der durch die Maßnahme zu schaffende Zustand planungsrechtlich von Bedeutung ist, d.h. die in § 1 Abs. 5 BauGB genannten Belange in einer Weise berühren kann, die geeignet ist, das Bedürfnis nach einer seine Zulässigkeil regelnden verbindlichen Bauleitplanung hervorzurufen744• Darüber hinaus lassen sich keine allgemeingültigen Feststellungen machen, es kommt vielmehr auf die jeweilige Einzelfallsituation an.

b) Zuliissigkeitsvoraussetzungenfür Abgrabungen

Abgrabungen werden in der Regel nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans durchgeführt. Im Innenbereich sind sie meist ortsplanerisch

739 Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, NVwZ-RR 1992, 464; VG Minden, NuR 1983, 205; Zinkahn, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 29 Rdn. 36; Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 29 Rdn. 24. 740 Siehe oben 1. Abschnitt A.IV. 741 So BayVGH, NuR 1986, 122 (123); Schneider, DÖV 1988, 861; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, § 29 Rdn. 29; Berkemann, DVBI. 1989, 627. 742 Vgl. Dürr, in: Brügelmann, BauGB, § 29 Rdn. 24. 743 Zinkahn in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 29 Rdn. 36. 744 Vgl. BVerwGE 44, 59 (62); BayVGH, NuR 1986, 122 (123); ausfiihrlich Zinkahn, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 29 Rdn. 36; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, § 29 Rdn. 24; Knöpfte, Abbau von Kies und Sand, S. 4.

C. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Baurecht

231

unerwünscht745 • Der Anknüpfungspunkt für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Abgrabungsvorhabens ergibt sich deshalb regelmäßig nicht aus §§ 30, 34 BauGB, sondern aus § 35 BauGB.

aa) Abgrabungen als privilegierte Vorhaben

§ 35 BauGB unterscheidet zwei Arten von Vorhaben im Außenbereich746 :

In seinem Absatz 1 bringt er einen abschließenden Katalog der privilegierten Vorhaben und erklärt diese für zulässig, "wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen" und "die ausreichende Erschließung gesichert ist". In seinem Abs. 2 bestimmt er für alle sonstigen Vorhaben, daß diese im Einzelfall zugelassen werden können, "wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt". Es ist deshalb zu untersuchen, ob Abgrabungen als privilegierte Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 oder als sonstige Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen sind. Abgrabungen können unter folgende Privilegierungstatbestände fallen: § 35 Abs. 1 Nr. 4 2. Alt. BauGB: Hierher gehören Vorhaben, die einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dienen; § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB: Hierunter fallen Vorhaben, die wegen ihrer besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen ihrer nachteiligen Wirkung auf diese oder wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden sollen.

745 So BayVGH, BayVBI. 1979, 406; Löhr, in: Battis/Krautzberger!Löhr, BauGB, § 9 Rdn. 61. 746 Eine umfassende Darstellung findet sich bei Weyreuther, Bauen im Außenbereich, S. 3 ff.

232

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen (1) § 35 Abs. 1 Nr. 4 2. Alt. BauGB

Die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 2. Alt. BauGB setzt einen orts-

gebundenen Betrieb voraus. Der Begriff der Ortsgebundenheit ist eng auszu-

legen. Es kommt dabei nicht darauf an, daß der Betrieb einen festen Standort hat, von dem aus er betrieben wird, oder daß der Betrieb selbst etwa nur "ortsfest" und gerade an dieser Stelle sich besonders gut und ertragreich betreiben läßt, oder daß er an eben dieser Stelle geographisch oder aus sonstigen Gründen "optimal" unterzubringen ist. Ortsgebundenheit eines Betriebes im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB liegt vielmehr nur dann vor, "wenn das betreffende Gewerbe unmittelbar nach seinem Gegenstand und seinem Wesen - und nicht nur aus Gründen der Rentabilität - hier und so nur an der fraglichen Stelle betrieben werden kann, weil ein Betrieb dieser Art, wenn er nicht seinen Zweck verfehlen soll, auf die geographische und geologische Eigenart dieser Stelle angewiesen ist" 747 • Das ist für Abgrabungen zur Gewinnung von Bodenschätzen zu bejahen748 • Bei privaten Teichanlagen zur Hobbyfischerei fehlt es an diesen Voraussetzungen749 • Ein Abgrabungsvorhaben zur Gewinnung von Bodenschätzen erfüllt auch die Merkmale des gewerblichen Betriebes, da dieser in § 35 Abs. 1 Nr. 4 747 BVerwG, DÖV 1974, 814; ähnlich: BVerwG, DVBI. 1977, 526; vgl. auch Koch, Baurecht, S. 252; Sellner, Industrieanlagen, Rdn. 102. 748 BVerwG, NJW 1977, 119; ZfW 1987, 121 (122); NVwZ 1988, 54; DVBI. 1988, 962; OVG Rheinland-Pfalz, NVwZ-RR 1992, 463; BadWürttVGH, NVwZ 1988, 380; BayVGH, BayVBl. 1992, 529; v. Mutius, Öffentlich-rechtliche Zulässigkeit und Grenzen von Kiesabbauvorhaben; Gutachten S. 20; (für Kiesgewinnung); BVerwG, UPR 1983, 333 (für Steinbruch); BVerwG, DVBI. 1983, 893 (894); UPR 1983, 335; VG Minden, NuR 1983, 205; (bei Abgrabungen i.S.d. AbgrG NW); vgl. aus dem Schrifttum: Dyong, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 35 Rdn. 56; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, § 35 Rdn. 53; Taegen, Berliner Kommentar, § 36 Rdn. 25, 35; Piens!Schulte/Graf Vitzthum, BBergG, §56 Rdn. 237; Seltner, Industrieanlagen, Rdn. 102; Gelzer, Bauplanungsrecht, Rdn. 1171; 1185; Bramer, NuR 1983, 206; Stüer, VR 1985, 79; Schwab, AgrarR 1986, 305; Schulte, Zffi 1987, 191, 194; ders., DVBI. 1988, 963; Schneider, DÖV 1988, 861; Berkemann, DVBI. 1989, 629; a.A. Willeke, BauR 1972, 347; BadWürttVGH, NuR 1987, 79 für einen Kiesabbau zum Zwecke des Wegebaus für einen forstwirtschaftliehen Betrieb. 749 Vgl. Habel, VBlBW 1986, 92; Gelzer, Bauplanungsrecht, Rdn. 1185; Simon, BayBO, Art. 66 Rdn. 33; BVerwG, NuR 1984, 242 (243); anders die Vorinstanz, BayVGH, NuR 1980, 124 (125), wonach Fischteiche auf das Vorhandensein von Wasser angewiesen und deshalb standortgebunden sind; anders wohl auch Krautzberger, in: Battis/Krautzberger!Löhr, BauGB, § 35 Rdn. 48; offen gelassen von BayVGH, NuR 1986, 122 (123).

C. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Baurecht

233

BauGB nicht in einem, die Urproduktion ausschließenden Sinne verstanden wird750• Ein Abgrabungsvorhaben erfüllt schließlich auch die Voraussetzung, die § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB mit dem Merkmal des "Dienens" an die Privilegierung stellt. Entscheidend ist nicht nur, daß die Abgrabung einem entsprechenden Betrieb dient und nicht irgendwelche anderen Zwecke verfolgt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts751 ist zu prüfen, ob "ein vernünftiger Unternehmer - auch und gerade unter Berücksichtigung größtmöglicher Schonung des Außenbereichs - das Vorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde". Nur wenn auch diese Voraussetzung erfüllt ist, genießt das Abgrabungsvorhaben die Privilegierung des§ 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB7s2 •

(2) § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB

Neben der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB kommt für Abgrabungen auch eine solche nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB in Betracht. Danach ist ein Vorhaben privilegiert, wenn es "wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll", d.h. es muß die sog. "Außenbereichsadäquanz" aufweisen753 • Entsprechend dieser besonderen Zweckbestimmung der gesetzlichen Regelung sind Abgrabungsvorhaben zur Gewinnung von Bodenschätzen auch zu den Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB zu rechnen,

750 BVerwG, DVBI. 1983, 304; Knöpfte, Abbau von Kies und Sand, S. 7 f.; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 35 Rdn. 39; Schneider, DÖV

1988, 861; a. A. BayVGH, BayVBI. 1978, 309 (310), wobei aber zu berücksichtigen ist, daß das Gericht seine Feststellung, daß der Abbau von Kies und Sand "keinen Gewerbebetrieb im Sinne der Baugesetze" darstellt, sondern vielmehr zur sog. Urproduktion zählt, im Zusammenhang mit§ 8 BauNVO getroffen hat. 751 So BVerwG, BayVBI. 1977, 20 im Anschluß an BVerwGE 41, 138 (141); auch BVerwG, NVwZ 1984, 304; aus der Literatur vgl. ebenso Krautzberger, in: Battis!Krautzberger/Löhr, BauGB, § 35 Rdn. 36; Knöpfte, Abbau von Kies und Sand, S. 8; Schneider, DÖV 1988, 861. 752 Vgl. BVerwG, NVwZ 1985, 42 zur Unzulässigkeit einer privilegierten Abgrabung wegen eines landschaftsschutzrechtlichen Abgrabungsverbots. 753 Burgi/Vogler, UPR 1992, 138 m.w.N.

234

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

da sich Bodenschätze nur an bestimmten Stellen befmden754 , und da sie zum anderen wegen ihrer nachteiligen Wirkung auf die Umgebung und wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich errichtet werden können: "Kiesgruben erzeugen durch Lärm und Staub, die bei der Ausbeute selbst oder durch den Betrieb der Ausbeute dienenden Gerätschaften, wie Förderbänder, Lastkraftwagen und ähnliches entstehen, erfahrungsgemäß Immissionen auf die Umwelt, die das zurnutbare Maß überschreiten" 755 • Auch bei Fischteichen stellt sich die Frage, ob sie wegen ihrer besonderen Zweckgestaltung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegiert sind. Bei der Beantwortung ist zu berücksichtigen, daß die Vorschrift einer engen Auslegung bedarf, wenn das Ziel des § 35 - Schutz des Außenbereichs vor wesensfremder Bebauung756 - eingehalten werden soll757 • Wegen der "Besonderen Zweckbestimmung" sind deshalb nur solche Vorhaben privilegiert, die über eine individuelle und die Allgemeinheit ausschließende Nutzung des Außenbereichs hinausreichen. Vorhaben, die der privaten Freizeitgestaltung dienen, sind nicht "erforderlich" im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB und nehmen deswegen an der Privilegierung nicht teil758 • Private Fischteiche759 sind daher nach dieser Vorschrift nicht privilegiert760•

154 BayVGH, BayVBI. 1979, 406; BadWürttVGH, NuR 1989, 130 (136); VG Minden, NuR 1983, 205; Knöpfte, Abbau von Kies und Sand, S. 8. 155 So BayVGH, BayVBI. 1978, 309; BayVBI. 1979, 406; BayVBI. 1979, 501; siehe auch OVG Münster, GewArch 1980, 391 f.; Hüttenbrink, DVBI. 1990, 134; Sellner, Industrieanlagen, Rdn. 102 a.E. 756 Std. Rspr. seit BVerwGE 18, 242 (246). 757 BVerwGE 34, 1; Taegen, Berliner Kommentar, § 35 Rdn. 26. 758 Vgl. BVerwGE 18, 242 (247 - Wochenendhäuser); BVerwG, Buchholz 406.11 § 35 Nr. 15 (Skihütte); OVG Lüneburg, BRS 20 Nr. 46 (Bootshaus). 759 Vorhaben, die der berufsmäßigen Fischerei dienen, sind durch § 201 i.S. des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert; vgl. dazu OVG Lüneburg, BRS 27 Nr. 69; Taegen, Berliner Kommentar, § 35 Rdn. 33, 35; Weyreuther, Bauen im Außenbereich, S. 231. 760 Siehe oben unter (1); vgl. auch OVG Lüneburg, BRS 42 Nr. 88 (zur Forellenproduktion); zur Abgrenzung von gewerblicher Fischzucht zur Hobbyfischerei vgl. BVerwG, BRS 25 Nr. 64.

C. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Baurecht

235

bb) Entgegenstehende öffentliche Belange

Die Zulässigkeil von Vorhaben im Außenbereich hängt von ihrer Vereinbarkeit mit öffentlichen Belangen ab. Dies gilt sowohl für privilegierte (§ 35 Abs. 1 BauGB) als auch für sonstige Vorhaben(§ 35 Abs. 2 BauGB).

(1) Abwägung ohne Kompensation

Privilegierte Vorhaben sind planungsrechtlich in den Außenbereich verwiesen, so daß letztlich der Außenbereichscharakter eine "planähnliche Funktion" erfüllt161 • Sie sind nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Dieser Formulierungsunterschied gegenüber § 35 Abs. 2 BauGB, wonach sonstige Vorhaben keine öffentlichen Belange beeinträchtigen dürfen, bedeutet, daß nicht jede negative Berührung eines privilegierten Vorhabens mit einem öffentlichen Belang deswegen zur Unzulässigkeil am vorgesehenen Standort führt762 • Es muß vielmehr eine Abwägung zwischen den jeweils berührten öffentlichen Belangen stattfinden, wobei zu dessen Gunsten die Privilegierung ins Gewicht fallt. Das bedeutet, daß sich privilegierte Vorhaben im Wege der Abwägung leichter gegen öffentliche Belange durchsetzen können als sonstige Vorhaben763 • Dabei ist aber zu berücksichtigen, daß es sich um eine "nachvollziehende Abwägung", nicht aber um eine "gestaltende" Abwägung i.S. etwa einer planerischen Entscheidung der Genehmigungsbehörde handelt764 • Diese Art der Abwägung gestattet es daher

761 BVerwGE 28, 148 (150 ff.); 28, 268 (274); BVerwG, DÖV 1974, 567; Taegen, Berliner Kommentar, § 35 Rdn. 7; Krautzberger, in: Banis!Krautzberger/Löhr, BauGB, § 35 Rdn. 6. 762 Std. Rspr., vgl. BVerwG, DVBI. 1983, 894 m.w.N. 763 Vgl. BVerwGE 28, 148 (151); 48, 112 (114); BVerwG, DVBI. 1988, 960 (962); Burgi!Vogler, UPR 1992, 137; Dyong, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 35 Rdn. 153 f. m.w.N. 764 BVerwG, NVwZ 1988, 54 (56); nach Schlichter, AgrarR 1985, 245 sollte der Begriff "Abwägung" im Zusammenhang mit § 35 BauBG ganz vermieden werden, "weil der für die planecisehe Abwägung im Sinne des § 1 Abs. 6 und 7 BBauG besetzt ist"; zur Unterscheidung zwischen nachvollziehender und gestaltender Abwägung vgl. grundlegend: Weyreuther, BauR 1977, 297; ders., Bauen im Außenbereich, S. 18, 282; Wahl, DVBI. 1982, 55.

236

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

nicht, die Beeinträchtigung öffentlicher Belange gegenüber Vorzügen des Vorhabens im Sinne der Kompensation hinzunehmen765 •

(2) Die öffentlichen Belange

Zu den öffentlichen Belangen i.S.d. § 35 Abs. 3 BauGB ist vom Bundesverwaltungsgericht und dem Schrifttum wiederholt und ausführlich Stellung bezogen worden766 • Im folgenden soll daher nur auf Besonderheiten für Abgrabungen eingegangen werden.

(a) Darstellungen des Flächennutzungsplans und Ziele der Raumordnung und Landesplanung

Lange Zeit ging die Rechtsprechung und das Schrifttum davon aus, daß einem privilegierten Vorhaben die Darstellung eines Flächennutzungsplans sowie die Ziele der Raumordnung und der Landesplanung nicht als öffentliche Belange entgegengehalten werden können767 • Die "Privilegierung" hat die Rechtsprechung dabei so verstanden, daß der Gesetzgeber die in § 35 Abs. 1 BauGB genannten Vorhaben generell in den Außenbereich verwiesen und insoweit "generell verplant" hat. Die Verweisung solcher Vorhaben in den Außenbereich sei ein planender Akt, der der Planung im Wege der Bauleitplanung (§ 30 BBauG) durchaus vergleichbar sei. Die Darstellungen des Flächennutzungsplans oder die Ziele der Raumordnung und Landesplanung 765 BVerwGE 42, 8 (14 ff.); OVG Münster, Zffi 1986, 250 (259); v. Mutius, Öffentlich-rechtliche Zulässigkeit und Grenzen von Kiesabbauvorhaben; Gutachten S. 21, 23; Ernst/Hoppe, Baurecht, Rdn. 395; Weyreuther, Bauen im Außenbereich, S. 18; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 35 Rdn. 6; Taegen, Berliner Kommentar, § 35 Rdn. 40; Schlichter, AgrarR 1985, 248; Sellner, Industrieanlagen, Rdn. 97. 766 Vgl. BVerwG, DÖV 1979, 90; Taegen, Berliner Kommentar, § 35 Rdn. 39 ff.; Schlichter, AgrarR 1985, 245 ff.; Stüer, VR 1985, 79 ff.; Hüttenbrink, DVBI. 1989, 69 ff. 767 BVerwG, DVBI. 1984, 527; DVBI. 1968, 385; DVBI. 1983, 893; OVG Münster, ZfW 1982, 242; bei Abgrabungen vgl. VG Minden, NuR 1982, 200 und NuR 1983, 205 (206); vgl. auch die umfangreichen Nachweise bei Grooterhorst, Ziele der Raumordnung, S. 167 f.; zur Entwicklung der einschlägigen Rechtsprechung vgl. ausführlich Hoppe, DVBI. 1991, 1277 ff.

C. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Baurecht

237

waren daher schon von ihrer Qualität her nicht geeignet, einem privilegierten Vorhaben entgegenzustehen. Mit seinen beiden Entscheidungen vom 20.01.1984 hat das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung geändert768. Danach können einem im Außenbereich privilegierten Vorhaben öffentliche Belange entgegenstehen, wenn es den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht. Begründet wird dies damit, daß der Gesetzgeber bestimmte Vorhaben zwar dem Außenbereich privilegiert zugewiesen habe, jedoch nicht in der Weise, daß sie an jedem beliebigen Standort im Außenbereich zulässig seien. Auch für privilegierte Vorhaben gelte das Gebot größtmöglicher Schonung des Außenbereichs. Weil der Gesetzgeber die Frage des konkreten Standorts nicht "planartig" entschieden habe, sondern der Prüfung am Maßstab der öffentlichen Belange unterworfen habe, könnten auch konkrete standortbezogene Aussagen in Plänen, die keine unmittelbare Außenverbindlichkeit gegenüber Dritten hätten, aber der Vorbereitung rechtsverbindlicher Planungen oder bestimmter zu verwirklichender Maßnahmen dienten, als öffentliche Belange der Zulässigkeit eines privilegierten Vorhabens an einem solchermaßen "anderweitig verplanten" Standort entgegenstehen. Allerdings können die standortbezogenen Aussagen in Flächennutzungsplänen nur dann als öffentliche Belange die Zulässigkeit eines Vorhabens im Sinne des § 35 BBauG (BauGB) hindern, wenn sie sachlich und räumlich hinreichend konkret für die Beurteilung des Vorhabens sind769 • Entsprechendes gilt nach dieser Rechtsprechung für die Ziele der Raumordnung und Landesplanung770 • Diese Ziele sind im BauGB aber nicht mehr neben dem Flächennutzungsplan genannt, sondern im neuen § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB. Nur im Zusammenhang mit raumbedeutsamen Vorhaben - wie sie gerade Abgrabungen darstellen - spielen die Ziele der Raumordnung und Landesplanung eine Rolle. Hier können sie sich - zumal es sich oft um erhebliche Inanspruchnahme von Flächen handelt - gegenüber einem privilegierten Vorhaben durchsetzen. Andererseits können einer Abgrabung als 768 BVerwGE 61, 311 = NVwZ 1984, 367 (bezüglich eines Flächennutzungsplans als öffentlicher Belang); BVerwGE 68, 319 (bezüglich der Ziele der Raumordnung und Landesplanung als öffentlicher Belang); vgl. auch BadWürttVGH, NVwZ 1988, 380; Dyong, in: ErnsttZinkahn/Bielenberg, BauGB, § 35 Rdn. 92 m.w.N. 769 BVerwG, NVwZ 1984, 367; fortgeführt in NVwZ 1988, 54. 770 BVerwGE 68, 319; bestätigt in ZfW 1987, 121; vgl. auch BayVGH, BayVBI. 1992, 529.

238

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

raumbedeutsames privilegiertes Vorhaben öffentliche Belange insoweit nicht mehr entgegengehalten werden, als diese schon als Ziele der Raumordnung bei der Aufnahme des Vorhabens in einen Raumordnungsplan abgewogen worden sind771 • Es verbleibt damit der in § 35 Abs. 3 S. 1 1. Spiegelstrich genannte Belang des entgegensteheruien Flächennutzungsplans. Auf der Grundlage der genannten Rechtsprechung, die in der Literatur uneingeschränkte Zustimmung gefunden hatm, liegt häufig das Problem in der Entscheidung, welches Maß an Konkretisierung ein Flächennutzungsplan haben muß, damit man von einer "anderweitigen Verplanung" sprechen kann. Eine sachlich und räumlich konkrete Darstellung eines Flächennutzungsplans, die einem privilegierten Vorhaben entgegenstehen kann, läßt sich sicher allgemeinen Planungsaussagen, die über den (allgemeinen) Regelungsgehalt des § 35 BauGB nicht hinausgehen, nicht entnehmen. Die Aussagen eines Flächennutzungsplans müssen schon über das hinausgehen, was ohnehin schon in§ 35 BauGB bestimmt istm. Unbeachtlich sind daher Aussagen, daß der Außenbereich vor der Bebauung zu schützen ist, daß eine Zersiedlung und schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden sind und der Naturund Landschaftsschutz sowie die natürliche Eigenart und Erholungsfunktion der Landschaft nicht beeinträchtigt werden dürfen. Solche Aussagen mögen vielleicht geeignet sein, die Gemeinden bei der Bauleitplanung zu binden und an einer extensiven Ausweisung von Baugebieten zu hindern; für die Beurteilung eines (Abgrabungs-) Vorhabens im Außenbereich geben sie jedoch nichts her, was nach§ 35 Abs. 2 BauGB nicht ohnehin gilt. Entsprechendes gilt im allgemeinen auch für die Darstellung von Flächen für die Land- und Forstwirtschaft in einem Flächennutzungsplan. Solche FläZu§ 35 Abs. 3 S. 3 BauGB siehe ausfiihrlich 2. Abschnitt A.IV.2.b). m Krautzberger, in: Battis!Krautzberger/Löhr, BauGB, § 35 Rdn. 54; Taegen, Berliner Kommentar, § 35 Rdn. 7, 41, 54; Dyong, in: ErnsttZinkahn!Bielenberg, BauGB, § 35 Rdn. 92; Schlez, BauGB, 39; Gelzer, Bauplanungsrecht, Rdn. 1228 ff.; Schlichter, AgrarR 1985, 246 f.; Schneider, DÖV 1988, 864, Hoppe, DVBI. 1993, 1110, jeweils m.w.N. m OVG Münster, BRS 42, S. 25; VG Freiburg, ZtB 1985, 339 (350); Dyong, in: Ernst!Zinkahn!Bielenberg, BauGB, § 35 Rdn. 92; Schlichter, AgrarR 1985, 246; Schneider, DÖV 1988, 864; vgl. auch BadWürttVGH, NuR 1987, 79, wonach die Darstellung eines bestimmten Bereichs als Landschaftsschutzgebiet in einem Flächennutzungsplan keinen öffentlichen Belang i.S. von § 35 Abs. 3 BBauG darstellt, der einer Kiesausbeute entgegenstehen kann. 771

C. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Baurecht

239

chen sind im allgemeinen keine qualifizierten Standortzuweisungen774 • Sie weisen "vielmehr dem Außenbereich nur die ihm ohnehin nach dem Willen des Gesetzgebers in erster Linie zukommende Funktion zu" 775 • Eine konkrete Standortbezogenheit der Darstellung "Fläche für die Landwirtschaft" kann dagegen allenfalls für bestimmte Außenbereichsflächen in Betracht kommen, für die besondere Verhältnisse gerade in Bezug auf deren landwirtschaftliche Nutzung vorliegen. Ziel einer solchen standortbezogenen Darstellung muß es - ebenso wie bei der Feststellung von Flächen für die Landwirtschaft in einem Bebauungsplan776 - sein, gerade die Landwirtschaft wegen besonderer Gegebenheiten zu sichern und zu fördern, nicht aber jegliche andere Nutzung unabhängig von§ 35 Abs. 1, Abs. 2 BauGB zu verhindernm. Daneben finden sich Flächennutzungspläne, die Flächen sowohl für Abgrabungen als auch für die Landwirtschaft vorsehen. Bezüglich der Festsetzung z.B. "Abgrabungsfläche - Kies- und Sandgewinnung" ist dies unproblematisch. Hier ist die Abgrabung planerisch zulässig778 • Fraglich ist allerdings in einem solchen Fall, ob Abgrabungen auch auf den Gemeindeflächen möglich sind, die im Flächennutzungsplan als Flächen für die Landwirtschaft ausgewiesen sind. Nach den bisherigen Ausführungen muß dies möglich sein, da die Darstellung der Flächen für die Landwirtschaft für sich alleine betrachtet grundsätzlich unbeachtlich sind.

774 BVerwG, NVwZ 1984, 367; NVwZ 1988, 54 f.; DVBI. 1988, 960 (962); OVG Münster, UPR 1985, 297; BadWürttVGH, NVwZ 1988, 380; VG SchleswigHolstein, UPR 1990, 75 (76); VG Freiburg, ZtB 1985, 339 (350); Krautzberger, in: Battis/Krautzberger!Löhr, BauGB, § 35 Rdn. 54; Schlichter, AgrarR 1985, 245; Schwab, AgrarR 1986, 305; Schneider, DÖV 1988, 864; Johlen, DÖV 1989, 206; vgl. auch Stüer, VR 1985, 80, wonach eine Änderung des Erläuterungsberichts zum Flächennutzungsplan dahingehend, daß Abgrabungen nur in den im Flächennutzungsplan dargestellten Bereichen, im übrigen aber unzulässig sind, nach einem Antrag auf Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens wegen der dadurch eigentumskräftig verfestigten Rechtsstellung des Abgrabungsuntemehmers nicht mehr zulässig ist; a.A. OVG Lüneburg, DÖV 1969, 650. 715 BVerwG, NVwZ 1988, 55; DVBI. 1988, 962 m.w.N. 776 BVerwG, BRS 23 Nr. 129; zum erforderlichen Maß der Konkretisierung von Festsetzungen eines Bebauungsplans vgl. zuletzt BVerwG, BayVBI. 1988, 568. m BVerwG, NVwZ 1988, 55; Löhr, in Battis/Krautzberger!Löhr, BauGB, § 9 Rdn. 61. 778 Vgl. Berkemann, DVBI. 1989, 628.

240

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Bei der Lösung der Frage ist entscheidend, ob einem Flächennutzungsplan ein "negativer Planungswille" entnommen werden kannm; negativ deshalb, weil der Nichtdarstellung der Fläche entnommen werden kann, daß die Gemeinde jedenfalls eine anderweitige Nutzung in diesem Bereich verhindem will. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu in seinem Urteil vom 22.05.1987 Stellung genommen. Es hat entschieden, daß die räumliche Konzentration von Kiesabbauflächen in einem Flächennutzungsplan einem nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegierten Kiesabbau als öffentlicher Belang entgegenstehen kann, wenn der auf einer anderen Gemeindefläche geplante Abbau im Flächennutzungsplan als Landwirtschaftsfläche dargestellt ist780 . Wörtlich heißt es: "Soll die Darstellung einer Abgrabungsfläche im Flächennutzungsplan nicht lediglich den so dargestellten Standort für Abgrabungen vorhalten, sondern auch ( ...) i. S. einer »Abgrabungskonzentrationszone« den einzigen Standort(...) kennzeichnen, an dem noch Abgrabungen stattfmden sollen, so ist im Zusammenhang damit die Darstellung einer Fläche für die Landwirtschaft so zu verstehen, daß die Landwirtschaft jedenfalls Vorrang vor der Nutzung der Fläche für Abgrabungen haben soll. Auch eine solche Aussage eines Flächennutzungsplans kann eine konkrete standortbezogene Aussage sein und als öffentlicher Belang einem privilegierten Vorhaben entgegenstehen, für das der Flächennutzungsplan - mit Ausschlußziel für andere Standorte - bestimmte Flächen im Außenbereich darstellt. Dies gilt um so eher, wenn für die gern. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BBauG privilegierte Nutzung weite Flächen des Außenbereichs oder gar nahezu der ganze Außenbereich in Betracht kommen(.. .). fu einer solchen Situation stellt - zumal in einem großstädtischen Raum - die Verhinderung einer allgemeinen ,.Verkraterung« der Außenbereichslandschaft durch Abgrabungen einen allgemeinen öffentlichen Belang dar, den der Flächennutzungsplan durch Konzentration des Abbaues von Kies und Sand auf dafür geeignete Flächen konkretisiert·781.

m Vgl. dazu BadWürttVGH, NVwZ 1988, 380; Taegen, Berliner Kommentar, § 35 Rdn. 42. 780 BVerwG, NVwZ 1988, 54 ff.; ebenso bereits OVG Münster, NuR 1982, 27 für eine Kiesabgrabung i.S.d. AbgrG NW auf Flächen für die Landwirtschaft; vgl. demgegenüber Schneider, DÖV 1988, 864, wonach die Gemeinde nur durch eine positive Planung auch eine negative, d. h. ausschließende Wirkung für bestimmte Vorhaben erreichen kann. 781 BVerwG, NVwZ 1988, 54 (55).

C. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Baurecht

241

Ein solches Ergebnis setzt jedoch voraus, daß die Darstellung "Abgrabungsfläche" in einem Flächennutzungsplan entsprechend ausgelegt wird. Dabei ist die Erforschung des subjektiven Willens der Gemeinde von besonderer Bedeutung. Dazu heißt es im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.05 .1988: "Der VGH hat zudem nicht verkannt, daß die im Flächennutzungsplan vorhandene Ausweisung von Kiesabbauflächen keine abschließende Bedeutung haben muß. Zwar ist nicht ausgeschlossen, daß die Darstellung von Abbauflächen die Unterstützung und einleuchtende Fortschreibung tatsächlicher Gegebenheiten sein kann. Für eine derartige Darstellung im Flächennutzungsplan mit negativer Aussage für den Abbau auf anderen als den dargestellten Flächen fehlt es der Gemeinde auch nicht an der erforderlichen bauplanungsrechtlichen Ermächtigung. Dies ergibt sich aus dem gesamträumlichen Entwicklungskonzept, das die Gemeinde mit der Aufstellung eines Flächennutzungsplans zu verfolgen hat. Ob dies der konkreten Zielsetzung der Klägerin (...) entspricht, bleibt indes eine Frage der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls. Das gilt auch dann, wenn der Flächennutzungsplan für Abgrabungen eine «Abgrenzung der Konzessionsflächen« enthält". 782

Will die Gemeinde also erreichen, daß auf der im Flächennutzungsplan dargestellten Fläche nur Landwirtschaft betrieben werden kann, so muß sie darauf hinwirken, daß dieses Planziel sowohl der zeichnerischen Darstellung im Flächennutzungsplan als auch den Aussagen im Erläuterungsbericht selbst entnommen werden kann. Schneider empfiehlt in diesem Zusanunenhang den Gemeinden, in den Erläuterungsbericht aufzunehmen, daß nach einer Abgrabung die ursprüngliche Bodenbonität auch durch eine Rekultivierung nicht mehr erreicht werden kann, die Fruchtbarkeit des Bodens also unwiederbringlich verlorengehC83 • Diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zu begrüßen784 • Die Gemeinden haben nun ein "Darstellungsprivileg" insofern, als sie im

BVerwG, DVBI. 1988, 960 (962 f.). Schneider, DÖV 1988, 865; vgl. zur Abgrenzung auch BayVGH, Ztw 1991, 33 (36). 784 Zustimmend auch OVG Rheinland-Pfalz, NVwZ-RR 1992, 463; Schulte, DVBI. 1988, 964; Gaentzsch, Berliner Kommentar, § 9 Rdn. 41; Schneider, DÖV 1988, 865; Seltner, Industrieanlagen, Rdn. 105 Fn. 378; ähnlich bereits früher Stüer, VR 1985, 80; Schwab, AgrarR 1986, 301, 305. 782

783

16 Büllesbach

242

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Flächennutzungsplan "Abgrabungskonzentrationen" vornehmen können785 • Damit wird ihnen das Recht zugestanden, mit Hilfe des Flächennutzungsplans Abgrabungen im Rahmen eines gesamtgebietsbezogenen Entwicklungskonzeptes auf eine bestimmte Zone im Außenbereich zu beschränken786• Nur so kann der Flächennutzungsplan seine Steuerungsaufgaben erfüllen und die Planungshoheit der Gemeinden dauerhaft und effektiv garantieren. Die Stellung der Gemeinden ist erheblich gestärkt worden787 • Schulte hebt in diesem Zusammenhang aber zutreffend hervor, daß es ein Mißbrauch der Gemeinde wäre, ihre Rechte zu "einer generellen Abwehrplanung gegenüber der Bodenschätzegewinnung zu benutzen·788 • Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Abgrabungskonzentration ist nämlich, daß sie - wie das Bundesverwaltungsgericht ausführt - "Unterstützung und einleuchtende Fortschreibung tatsächlicher Gegebenheiten·789 ist. Reine Abwehrhandlungen wären aber nicht Unterstützung, sondern Manipulation tatsächlicher Gegebenheiten. Das Bundesverwaltungsgericht hat seine Rechtsprechung im Beschluß vom 18.12.1990 weiter präzisiert790 und festgestellt, daß es "ein generelles Verbot negativer Festsetzungen" nicht gebe und auf die anerkannte Rechtsprechung791 verwiesen, wonach positive Planungsziele nicht nur durch positive,

785 Ablehnend zum "Darstellungsprivileg" der Gemeinde in der überörtlichen Raumplanung: Paßlick, Ziele der Raumordnung, S. 267 ff. 786 Berkemann, DVBI. 1989, 628 sieht hierin eine äußerst wirksame Möglichkeit, den oberflächigen Abbau von Bodenschätzen zu lenken; vgl. aber BVerwG, DVBI. 1990, 1170 (1172) für einen Fall, in dem die Darstellung "Fläche für Abgrabung" (§ 5 Abs. 2 Nr. 8 BauGB) zu der Auslegungsfrage führte, ob hiermit eine Naßauskiesung oder ein Trockenabbau gemeint war. Um solchen Auslegungsfragen vorzubeugen, sollten die Gemeinden für entsprechende Klarheit sorgen. Zur Frage, welche tatsächlichen Gegebenheiten für eine Abgrabungskonzentrationszone gegeben sein müssen, vgl. v. Mutius , Öffentlich-rechtliche Zulässigkeit und Grenzen von Kiesabbauvorhaben; Gutachten S. 30. Danach sei von der Darstellung einer Abgrabungskonzentrationszone auszugehen, wenn die tatsächlichen Gegebenheiten so gestaltet sind, daß zumindest große Teile des Außenbereichs abbauwürdige Kies- oder Sandvorkommen aufweisen. 787 Zu den Einschränkungen der gemeindlichen Planungsmöglichkeiten durch § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB siehe oben A.IV.2.b)bb) sowie Urteile des OVG RheinlandPfalz, NVwZ-RR 1992,463 und NVwZ-RR 1992, 465. 788 Schulte, DVBI. 1988, 964; ebenso Berkemann, DVBI. 1989, 629, 632. 789 So bereits BVerwG, NVwZ 1984, 367. 790 BVerwG, UPR 1991, 154. 791 BVerwG, UPR 1989, 352 m.w.N.

C. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Baurecht

243

sondern auch durch negative Beschreibungen, etwa zur Abgrenzung und zur genaueren Beschreibung des Gewollten festgesetzt werden könnten. Für die Gemeinden stellt sich damit aber die praktisch relevante Frage, wann eine unzulässige Verhinderungsplanung oder eine grundsätzlich zulässige Negativplanung vorliegt. Bei der Beantwortung dieser Frage ist entscheidend, ob die getroffene Festsetzung "in ihrer eigentlichen gleichsam positiven Zielsetzung - heute und hier - gewollt und erforderlich ist" .792 Das bedeutet, daß Festsetzungen nicht schon dann unzulässig sind, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Sie sind - insoweit ist dem Bundesverwaltungsgericht zu folgen793 - nur dann nicht zulässig, wenn sie nicht dem planensehen Willen der Gemeinde entsprechen, sondern nur vorgeschoben sind, um eine andere Nutzung zu verhindern. Es kommt damit darauf an, ob eine bestimmte Planung, auch wenn sie durch den Wunsch, ein konkretes Vorhaben zu verhindern, ausgelöst worden ist, für die städtebauliche Entwicklung erforderlich ist. Diese Feststellungen können nur im Einzelfall insbesondere aus der Begründung des Flächennutzungsplans entnommen werden. Dies zeigt aber, daß die Gemeinden gut daran tun, ihren planerischen Willen möglichst eindeutig substantiell darzutun. Nehmen die Gemeinden diese Mühen auf sich, können sie - was Berkemann794 herausstellt - "in der Tat den Abbau von Bodenschätzen in ihrem Gebiet planungsrechtlich wirksam lenken" . Zur Klarstellung sei abschließend noch angemerkt, daß die Entscheidung über die Zulässigkeil von Abgrabungen außerhalb der im Flächennutzungsplan dafür vorgesehenen flächen mit der Darstellung einer "Abgrabungskonzentration" noch nicht gefallen ist. Erforderlich ist noch eine Abwägung. Ob sich beispielsweise eine im Flächennutzungsplan ausgewiesene "Abgrabungsfläche" sowie eine "Fläche für die Landwirtschaft" in der Abwägung im Sinne eines entgegenstehenden öffentlichen Belangs gegenüber dem Abgrabungsvorhaben außerhalb der dafür vorgesehenen Fläche letztendlich durchsetzen, ist eine Frage der im jeweiligen Einzelfall vorzunehmenden Gewichtung des privilegierten Abgrabungsvorhabens auf der einen und dem

7'12

BVerwGE 40, 258 (262); zur Abgrenzung vgl. auch Berkemann, DVBI. 1989,

793

BVerwG, UPR 1991, 154 (155); ebenso VGH Kassel, NVwZ 1993, 906

629.

(907). 794

16•

Berkemann, DVBI. 1989, 632.

244

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

vorbezeichneten öffentlichen Belang auf der anderen Seite795 • Dabei kann von Bedeutung sein, daß ein Abgrabungsunternehmen bereits seit längerer Zeit besteht und daher in stärkerem Maße ortsgebunden ist als ein Betrieb, der erstmals Rohstoffe abzubauen beabsichtigt796 • Nicht so problematisch wie bei den privilegierten Vorhaben ist die Entscheidung über die Zulässigkeit eines sonstigen Vorhabens im Außenbereich (z.B. eines Fischteichs). Bei diesen sind die Darstellungen des Flächennutzungsplans grundsätzlich immer zu berücksichtigenm. Die im Flächennutzungsplan zum Ausdruck gebrachten planensehen Vorstellungen der Gemeinde gehören als Konkretisierung dessen, was im Einzelfall als die geordnete Entwicklung anzusehen ist, zu den öffentlichen Belangen798 • So setzt sich ein Flächennutzungsplan mit der Darstellung "Fläche für Landwirtschaft" gegenüber einem nicht privilegierten Vorhaben in der Regel durch799 •

(b) Umweltrechtliche Belange

Neben den "Darstellungen des Flächennutzungsplans" finden sich in § 35 Abs. 3 BauGB noch weitere öffentliche Belange. Diese beziehen sich auf umweltrechtliche Gesichtspunkte (schädliche Umwelteinwirkungen, Gefährdung der Wasserwirtschaft, Belange des Natur- und Landschaftsschutzes, Verunstaltung des Landschaftsbildes, Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft oder ihrer Aufgabe als Erholungsgebiet). Die Nennung dieser Belange in § 35 Abs. 3 BauGB beinhaltet damit jedoch keine Verweisung auf Landesrecht, sondern bedeutet eine bundesrechtlich eigenständige Anforderung, die unmittelbar selbst eingreift, wo grobe Verstöße in Frage stehen800• BVerwG, NVwZ 1988, 54 (56); Schneider, DÖV 1988, 885. BVerwG, NVwZ 1988, 54 (56). 797 Dyong in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, § 35 Rdn. 83; Taegen, Berliner Kommentar, § 35 Rdn. 41. 798 So grundsätzlich: BVerwG, NJW 1964, 1973; ; vgl. auch BVerwGE 48, 70 (81); Gelzer, Bauplanungsrecht, Rdn. 1189; Weyreuther, Bauen im Außenbereich, S. 160 ff. 799 BVerwG, BauR 1984, 493. 800 Taegen, Berliner Kommentar, § 35 Rdn. 45; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 35 Rdn. 61 f.; Dyong, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 35 Rdn. 78. 195

796

C. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Baurecht

245

Öffentliche Belange stehen einem privilegierten Vorhaben entgegen bzw. beeinträchtigen sonstige Vorhaben, wenn dadurch die Wasserwinschaft gefcihrdet wird (35 Abs. 3 S. 1 3. Spiegelstrich BauGB). Dieser Belang ist gerade bei Abgrabungen sorgfältig zu prüfen, da diese Vorhaben das Grundwasser verunreinigen können801 • § 35 Abs. 3 BauGB enthält keinen Verweis auf das WHG oder die Landeswassergesetze und gewährleistet deshalb einen eigenständigen Trink- und Grundwasserschutz802 • Auch bei dem öffentlichen Belang des Naturschutzes und der Landschaftspflege (35 Abs. 3 S. 1 5. Spiegelstrich BauGB) handelt es sich um eine eigenständige, vom Bundes- und Landesrecht losgelöste Regelung 803 • Das bedeutet, daß eine Beeinträchtigung dieses Belangs eine förmliche Unterschutzstellung nach Naturschutzrecht nicht voraussetzt804 •

Problematisch ist jedoch, ob das Naturschutzrecht mittelbare Auswirkungen auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeil eines Vorhabens haben kann. Das Problem wird besonders deutlich in den Fällen, in denen Landschaftsschutzverordnungen für wertvolle Landschaftsteile generell jede Abgrabung untersagen, aber Ausnahmen für den Fall zulassen, daß durch die Abgrabung der Naturgenuß nicht beeinträchtigt werden kann. Hier stellt sich die Frage, ob eine solche Regelung mit §§ 29 ff. BauGB zu vereinbaren ist, wonach Abgrabungen größeren Umfangs den §§ 30 ff. BauGB unterliegen. Die Anwendung der §§ 30 ff. BauGB bedeutet nämlich, daß Abgrabungen zur Gewinnung von Bodenschätzen wegen ihrer Ortsgebundenheit privilegierte Vorhaben i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 BauGB sind. Darf also eine Landschaftsschqtzverordnung ein privilegiertes Vorhaben generell ausschließen? Die Frage ist zu bejahen. Ist ein privilegiertes Vorhaben nach Naturschutzrecht, beispielsweise einer Landschaftsschutzverordnung, nicht genehmigungsfcihig, so vermag sich auch die bebauungsrechtliche Privilegierung des Vorhabens im Außenbereich nicht durchzusetzen. Das BauGB hat in 801 Vgl. zu diesem Schutzgut allgemein: Weyreuther, Bauen im Außenbereich, S. 245 m.w.N. 802 Vgl. BVerwG, DÖV 1973, 203, wonach landesrechtliche Wasserschutzbestimmungen unberührt bleiben; vgl. auch Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 35 Rdn. 61; Taegen, Berliner Kommentar,§ 35 Rdn. 45. 803 BVerwGE 55, 272; BVerwG, DVBI. 1983, 893; UPR 1983, 335; UPR 1988, 265 (266); BayVGH, BayVBI. 1992, 529 (531). 804 v. Mutius, Öffentlich-rechtliche Zulässigkeil und Grenzen von Kiesabbauvorhaben; Gutachten S. 49; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 35 Rdn. 62; Taegen, Berliner Kommentar, § 35 Rdn. 46; jeweils m.w.N.

246

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

§ 35 die Zulässigkeit von Außenbereichsvorhaben nicht in jeder Beziehung, sondern nur bodenrechtlich abschließend geregelt. Es bleibt deswegen Raum für die Zulässigkeit ausschließende landesrechtliche Regelungen im nichtbodenrechtliehen Bereich805 • Das gilt besonders für das Natur- und Landschaftsschutzrecht, für das dem Bundesgesetzgeber nur die Rahmenkompetenz (Art. 75 Nr. 3 GG), dem Landesgesetzgeber aber die diesen Rahmen ausfüllende Kompetenz zusteht. Scheitert eine Abgrabung am Landschaftsschutzrecht, so ist es nicht geboten, auf bebauungsrechtliche Fragen einzugehen806. Das Abgrabungsvorhaben ist zu versagen. Das bedeutet zugleich auch, daß für den in§ 35 Abs. 3 BauGB genannten Natur- und Landschaftsschutz maßgeblich sein kann, ob die in §§ 1 und 2 BNatSchG genannten Grundsätze negativ beeinträchtigt sind807 • Gerade Abgrabungen führen in der Regel zu einer - wenn auch meist nur vorübergehenden - Verunstaltung des Landschaftsbildes (35 Abs. 3 S. 1 6. Spiegelstrich BauGB). Das Landschaftsbild wird verunstaltet, wenn ihm das Vorhaben grob unangemessen ist808• In diesem Sinne ist das Landschaftsbild nicht nur dann schutzwürdig, wenn es bisher völlig ·unberührt erhalten geblieben ist; vielmehr genügt, wenn die Landschaft ihre Eigenart im wesentlichen behalten hat809 • Diese hohen Anforderungen müssen aber nicht zu einer bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit von Abgrabungen führen. Abgrabungen sind in der Regel nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegierte Vorhaben810 und vom Gesetzgeber planartig dem Außenbereich zugewiesen worden. Daraus folgt, daß das Landschaftsbild im Rahmen der gebotenen Abwägung nicht ein solches Gewicht haben kann, daß selbst eine nur vorübergehende Verunstaltung BVerwG, UPR 1988, 265 (266); Bramer, NuR 1983, 206. BVerwG, UPR 1983, 335; zuletzt BVerwG, UPR 1988, 265; vgl. auch Dyong, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, 35 Rdn. 78, 119; Taegen, Berliner Kommentar, § 35 Rdn. 46 m.w.N. 807 BVerwG, UPR 1985, 88; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger!Löhr, BauGB, § 35 Rdn. 62; Dyong, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 35 Rdn. 119. 808 BVerwG, DVBI. 1969, 261; v. Mutius, Öffentlich-rechtliche Zulässigkeit und Grenzen von Kiesabbauvorhaben; Gutachten S. 49; Taegen, Berliner Kommentar, § 35 Rdn. 48 m.w.N. 809 BVerwG, BRS 28 Nr. 42 m.w.N. 810 Vgl. Weyreuther, Bauen im Außenbereich, S. 488 wonach der Schutz des Landschaftsbildes auch der Zulässigkeit privilegierten Vorhaben entgegengesetzt werden kann. 805

806

C. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Baurecht

247

des Landschaftbildes der Abgrabung entgegenstünde811 • Entsprechendes gilt für die während des Abbaus nicht zu vermeidende Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft und der Aufgabe der Landschaft als Erholungsgebiet (35 Abs. 3 S. 1 6. Spiegelstrich BauGB). Alle diese Beeinträchtigungen werden durch eine vorgesehene Rekultivierung wieder aufgehoben. Öffentliche Interessen stehen einer Abgrabung schließlich in den Fällen nicht entgegen, in denen das Landschaftsbild bereits nachhaltig zerstört ist. Hier fehlt es an einem Schutzgut, das weiteren Eingriffen in die Landschaft entgegenstehen könnte812 • Bei sonstigen Vorhaben stellt § 35 Abs. 3 BauGB engere Anforderungen an die Genehmigungsfahigkeit als die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung. Im Außenbereich sind sonstige Vorhaben bereits dann unzulässig, wenn Belange des Naturschutzes und der Landespflege beeinträchtigt werden. Nach § 8 BNatSchG bzw. den entsprechenden Landesregelungen greift die Eingriffsregelung erst bei - allerdings lediglich wahrscheinlichen - erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigungen des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes. Bemerkenswert ist eine Beschwerdeentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.02 .1988, die sich mit dem Nebeneinander der bodenrechtlieben Anforderungen an die Zulässigkeil einer Abgrabung und der zusätzlichen Berücksichtigung landespflegerischer Ziele befaßt813 • Obwohl das Baugesetzbuch die zuerst genannten Anforderungen abschließend regelt, ist es nicht ausgeschlossen, daß bei einer Entscheidung über die Zulässigkeil einer Abgrabung (Kiesgrube) landschaftspflegerische Ziele der Raumordnung und Landesplanung berücksichtigt werden.

811 BVerwG, DVBI. 1983, 893 (895); Taegen, Berliner Kommentar, § 35 Rdn. 48; Schneider, DÖV 1988, 863. 812 BVerwG, Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 131; v. Mutius, Öffentlich-rechtliche Zulässigkeit und Grenzen von Kiesabbauvorhaben; GutachtenS. 51; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 35 Rdn. 63. 813 BVerwG, NVwZ 1989, 49.

248

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen c) Schutz des Mutterbodens

Bedeutsame und gerade bei Abgrabungen zur Gewinnung von Bodenbestandteilen zu beachtende Grundsätze enthält § 202 BauGB814 • Diese Vorschrift will der im Interesse der Allgemeinheit liegenden Erhaltung und Verbesserung des MutterbodensBis dienen, der bei Baumaßnahmen und auch beim Lagerstättenabbau häufig infolge unsachgemäßer Behandlung vernichtet wird. Nach § 202 S. 1 BauGB ist Mutterboden, der bei der Errichtung und Änderung baulicher Anlagen sowie bei wesentlichen anderen Veränderungen der Erdoberfläche ausgehoben wird, in nutzbarem Zustand zu erhalten und vor Vernichtung oder Vergeudung zu schützen. Die Vorschrift des § 202 BauGB enthält nicht nur einen Programmsatz, sondern unmittelbar geltendes RechtB16 • Über die Befolgung des Gebotes haben die zuständigen Behörden zu wachen. Der Abbau von Bodenbestandteilen wie Kies und Sand stellt eine "wesentliche andere Veränderung der Erdoberfläche" i.S.d. § 202 BauGB dar. Um den Mutterboden bei derartigen Abgrabungen in nutzbarem Zustand zu erhalten, ist er vor dem Abbau der Lagerstätten gesondert abzuheben und sachgemäß zu lagern. § 202 BauGB verlangt außerdem den Schutz des Mutterbodens vor Vernichtung und Vergeudung. Er darf also z.B. nicht einfach mit toten Erdmassen zugedeckt, durch die Bearbeitung mit Maschinen nicht beschmiert oder ohne Bepflanzung zurückgelassen werdenB 17 •

BI 4 Die Vorschrift fmdet allerdings keine Anwendung beim bergbauliehen Tagebau, vgl. Bielenberg, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 39 BBauG (= § 202 BauGB), Rdn. 3. BIS Mutterboden ist die von Luft, Wasser und Humus durchsetzte, von Klein- und Kleinstiebewesen belebte, meist dunkler gefarbte und durchwurzelte obere Schicht des Bodens. Die Stärke des Mutterbodens ist unterschiedlich. In der Regel ist sie ungefahr 20 bis 40 cm stark; vgl. Bielenberg, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 39 BBauG, Rdn. 2; Fiskale, Berliner Kommentar, § 202 Rdn. 5. Bl 6 Das folgt u.a. aus dem Wortlaut "ist zu erhalten und zu schützen", vgl. Bietenberg, in: Ernst!Zinkahn!Bielenberg, BauGB, § 39 BBauG, Rdn. 7; Fiskale, Berliner Kommentar, § 202 Rdn. 6; Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 202 Rdn. 1; wohl auch HessVGH, NuR 1991,495. B17 Bielenberg, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BBauG, § 39 BBauG, Rdn. 6; vgl. ausführlich DIN 18.320 - Landesgärtnerische Arbeiten-.

C. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Baurecht

249

V. Vereinbarkeil mit dem sonstigen öffentlichen Recht Neben der Prüfung der baurechtliehen Vorschriften muß festgestellt werden, daß das Abgrabungsvorhaben den Anforderungen des Wasserrechts und den daraus ergebenden Beschränkungen entspricht. Vor allem muß geprüft werden, ob dadurch keine Gefährdung der Wasserwirtschaft, besonders des Grundwassers(§ 34 WHG) und der Wasserversorgung (Wasserschutzgebiete, § 19 WHG) eintritt. Zu berücksichtigen sind wegen § 8 Abs. 2 S. 2, 3 BNatSchG auch die Vorschriften des Naturschutzrechts und den darauf beruhenden Natur-, Landschafts- oder Baumschutzverordnungen. Erfordert die Abgrabung die Rodung von Wald, müssen zusätzlich die Vorschriften der Waldgesetze herangezogen werden.

VI. Ausschluß bauaufsichtlicher Kompetenz Ausgeschlossen ist die bauaufsichtliche Kompetenz in den Fällen, in denen das Verfahren bei einer anderen Behörde "konzentriert", in denen also die Baugenehmigung von einer anderen Genehmigung, Erlaubnis u.s. w. miterfaßt wird. Dabei kann es sich um eine umfaßende Konzentrationswirkung der anderweitigen Entscheidung handeln, neben der keine weitere Genehmigung erforderlich ist. Für Abgrabungen ist hier ausschließlich die wasserrechtliche Planfeststellung relevant, wenn mit dem Vorhaben die dauerhafte Herstellung eines Gewässers verbunden ist. Es kann aber auch nur eine teilweise Konzentrationswirkung anderer Genehmigungen geregelt sein. Das ist in NordrheinWestfalen der Fall bei der Gewinnung von Bodenschätzen. Nach § 7 Abs. 3 AbgrG schließt die Genehmigung nach dem Abgrabungsgesetz die Baugenehmigung ein. Im übrigen ist die Baugenehmigungsbehörde zur verbindlichen Sachentscheidung über die Vereinbarkeil einer Abgrabung mit dem sonstigen öffentlichen Recht nur befugt, "soweit für solche öffentlich-rechtlichen Vorschriften keine speziellen Genehmigungsvorbehalte anderer Behörden in anderen Fachgesetzen bestehen·818.

818 BVerwG, DVBI. 1986, 1273 (1276); zur Konkurrenz Genehmigungsverfahren vgl. noch ausfiihrlich den 3. Abschnitt.

paralleler

250

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

VII. Erweiterung der Sachentscheidungskompetenz der Bauaufsichtsbehörde Durch Übertragung zusätzlicher Kompetenzen wird die Sachentscheidungskompetenz der Bauaufsichtsbehörde erweitert819• In diesen Fällen kommt der Baugenehmigung eine teilweise Konzentrationswirkung zu. Abgrabungen sind von diesen Fällen nicht betroffen. Eine umfassende Konzentrationswirkung ist in keinem Fall geregelt.

VIII. Ergebnis Eine Baugenehmigung ist für solche Abgrabungen erforderlich, die eine in den Landesbauordnungen im einzelnen genannte Größe aufweisen und bei denen eine Wasserfläche wieder verfüllt werden soll oder die oberhalb des Grundwassers durchgeführt werden und bei denen schädliche Einwirkungen auf das Grundwasser ausgeschlossen sind. Das Einfalltor für Vorschriften anderer Fachgesetze in die baurechtliehen Verfahren fmdet sich in den einzelnen Genehmigungstatbeständen der Landesbauordnungen. Trotz der unterschiedlichen Formulierungen ist allen Bauordnungen gemeinsam, daß die Bauaufsichtsbehörde die Vereinbarkeil des Vorhabens mit dem gesamten materiellen öffentlichen Recht festzustellen hat. Bauordnungsrechtliche Anforderungen fmden sich in den Vorschriften zur Gefahrenabwehr, zur Verhütung von Verunstaltungen und zur Verhütung von Mißständen bei der Benutzung der baulichen Anlagen. Abgrabungen werden von § 29 S. 3 BauGB den bauplanungsrechtlichen Zulässigkeitsvorschriften (§§ 30-37 BauGB) unterworfen, wenn sie einen 819 Für Genehmigungen nach dem BlmSchG vgl. § 87 Abs. 3 LBO Brem; § 87 Abs. 2 LBO Saar; § 61 Abs. 2 LBO SH; für eine Erlaubnis nach der GewO vgl. § 87 Abs. 3 LBO Brem; § 68 Abs. 2 Nr. 1 NdsBO; § 87 Abs. 2 LBO Saar; § 61 Abs. 2 LBO SH; für eine Genehmigung nach dem AtG vgl. § 87 Abs. 3 LBO Brem; § 68 Abs. 6 LBauO RhPf; § 87 Abs. 2 LBO Saar; § 61 Abs. 2 LBO SH; für eine Genehmigung nach dem AbfG vgl. § 87 Abs. 2 Nr. 2 NdsBO; zum Einschluß der denkmalschutzrechtlichen Genehmigung in die Baugenehmigung vgl. OVG Lüneburg, NVwZ 1983, 231 ; OVG Münster, NJW 1986, 1890.

C. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Baurecht

251

größeren Umfang einnehmen. Ein Abgrabungsvorhaben zur Gewinnung von Bodenschätzen erfüllt die Merkmale des§ 35 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 BauGB und stellt daher ein privilegiertes Vorhaben dar. Private Fischteiche sind nach diesen Vorschriften nicht privilegiert. Die Zulässigkeil von Vorhaben im Außenbereich hängt von ihrer Vereinbarkeit mit öffentlichen Belangen ab (§ 35 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB). Der Formulierungsunterschied zwischen(§ 35 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB bedeutet, daß sich privilegierte Vorhaben im Wege der Abwägung leichter gegen öffentliche Belange durchsetzen können als sonstige Vorhaben. Einem im Außenbereich privilegierten Vorhaben können öffentliche Belange entgegenstehen, wenn es den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht. Erforderlich ist jedoch, daß diese sachlich und räumlich hinreichend konkret für die Beurteilung des Vorhabens sind. Eine konkrete Standortentscheidung läßt sich allgemeinen Planungsaussagen, die über den Regelungsgehalt des § 35 BauGB nicht hinausgehen, nicht entnehmen. Entsprechendes gilt im allgemeinen auch für die Darstellung von Flächen für die Land- und Forstwirtschaft. Etwas anderes kann aber dann gelten, wenn die Darstellung einer Abgrabungsfläche im Flächennutzungsplan i. S. einer "Abgrabungskonzentrationszone" den einzigen Standort kennzeichnet, an dem noch Abgrabungen stattfmden sollen. In diesem Zusammenhang kann die Darstellung einer Fläche für die Landwirtschaft dahingehend ausgelegt werden, daß die Landwirtschaft Vorrang vor der Nutzung der Fläche für Abgrabungen haben soll. Neben den "Darstellungen des Flächennutzungsplans" fmden sich in § 35 Abs. 3 BauGB noch weitere öffentliche Belange, die sich auf umweltrechtliche Gesichtspunkte beziehen (Umwelteinwirkungen, Gefährdung der Wasserwirtschaft, Belange des Natur- und Landschaftsschutzes, Verunstaltung des Landschaftsbildes, Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft oder ihrer Aufgabe als Erholungsgebiet). Die Nennung dieser Belange in § 35 Abs. 3 BauGB beinhaltet keine Verweisung auf Landesrecht, sondern bedeutet eine bundesrechtlich eigenständige Anforderung, die - unbeschadet einer Konkretisierung durch Landesrecht - unmittelbar selbst eingreift, wo grobe Verstöße in Frage stehen. Zur verbindlichen Sachentscheidung über die Vereinbarkeil einer Abgrabung mit dem sonstigen öffentlichen Recht ist die Baugenehmigungsbehörde

252

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

nur befugt, soweit für solche öffentlich-rechtlichen Vorschriften keine speziellen Genehmigungsvorbehalte anderer Behörden in anderen Fachgesetzen bestehen. Ausgeschlossen ist die bauaufsichtliche Kompetenz in den Fällen, in denen das Verfahren bei einer anderen Behörde "konzentriert" ist und deren Entscheidung eine umfassende oder teilweise Konzentrationswirkung hat. Bei Abgrabungen ist eine umfassende Konzentrationswirkung alleine bei der wasserrechtlichen Planfeststellung gegeben. Eine beschränkte Konzentrationswirkung findet sich im AbgrG.

D. Die Genehmigungsvoraussetzungen nach den wald-und forstrechtlichen Vorschriften Nicht selten werden für Abgrabungen (insbesondere beim Abbau von Bodenbestandteilen) Flächen vorgesehen, die mit Wald bestockt sind. Den Abgrabungen muß hier also eine Waldrodung vorausgehen. Nach dem Bundeswaldgesetz und den Landeswald- bzw. Landesforstgesetzen bedürfen Umwandlungen von Wald820 in andere Bodennutzungsarten der behördlichen Genehrnigung821 •

820 Zum Begriff des .. Waldes" vgl. § 2 BWaldG; zur Auslegung des Begriffs in der Rechtsprechung vgl. OVG Münster, NuR 1983, 325; AgrarR 1986, 143; DÖV 1989, 84 (85); VG Köln, NuR 1987, 330; VG Düsseldorf, NuR 1988, 257; Prümm, Umweltschutzrecht, S. 296; zur Auslegung der Begriffe .,Rodung" und ..Ersatzaufforstung" vgl. BayVGH, NuR 1988, 149; zur Abgrenzung der forstrechtlichen Walderhaltung vom naturschutzrechtlichen Baumschutz vgl. OVG Münster, NuR 1988, 256; zur Waldeigenschaft des Baumbestandes auf einer Bergehalde vgl. OVG Münster, Zffi 1985, 334 (335); VG Aachen, Zffi 1984, 245 (248 ff.); zum strafrechtlichen Waldbegriff vgl. BayOLG, NuR 1994, 102; zur nachhaltigen und ordungsgemäßen Bewirtschaftung des Waldes vgl. OVG Münster, NVwZ-RR 1989, 67; Hoppe!Beckmann, Umweltrecht, S. 327 f.; zum Begriff der .,Waldzerstörung" vgl. BayVGH, NVwZ-RR 1994, 18. 821 In Niedersachsen setzt die Genehmigungsbedürftigkeit der Waldumwandlung nicht voraus, daß Wald gerodet wird, vgl. OVG Lüneburg, AgrarR 1987, 173.

D. Wald- und forstrechtliche Vorschriften

253

I. Die Umwandlungsgenehmigung nach § 9 BWaldG

1. Rechtsgrundlagen Die forstrechtliche Umwandlungsgenehmigung hat ihre Grundlage in § 9 BWaldG, der sich als rahmenrechtliche Regelung des Bundes an die Landesgesetzgebung wendet (§ 5 BWaldG)822 • Die für den Rechtsverkehr verbindliche Fassung des Genehmigungstatbestandes findet sich in den Wald- und Forstgesetzen der Länder823 • Das in diesen Gesetzen ausgesprochene Umwandlungsverbot beansprucht dabei Geltung für jede Waldumwandlung und für alle Waldarten (vom privaten Wald bis hin zum Stadtwald)824 • Dem Wortlaut nach weichen die landesgesetzlichen Regelungen nicht unerheblich voneinander ab. Das betrifft insbesondere die Aufzählung ihrer entscheidungsrelevanten Maßstäbe und Kriterien. Alle Tatbestände sind jedoch trotz landesspezifischer Formulierungen auf einheitliche Grundlinien hin angelegt, die bereits in der Struktur des § 9 Abs. 1 BWaldG vorgezeichnet sind825 •

2. Struktur und Entscheidungsstufen Nach§ 9 Abs. 1 BWaldG soll die Genehmigung versagt werden, wenn die Erhaltung des Waldes überwiegend im öffentlichen Interesse liegt, insbesondere wenn der Wald für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, die forstwirtschaftliche Erzeugung oder die Erholung der Bevölkerung von

822 Kloepfer, Umweltrecht, § 10 Rdn. 104; zur beinahe 20jährigen Auseinandersetzung zwischen dem Bund und den Ländern über die Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf dem Gebiet des Forstrechts vgl. Zerle, BayVBI. 1988, 134 f. 823 Vgl. die Einzelvorschriften der Länder oben 1. Abschnitt A.V.; zum Verhältnis der Umwandlungsgenehmigung zu einer Genehmigung nach dem Naturschutzoder Landespflegegesetz eines Landes vgl. VG Schleswig, NuR 1989, 273 (274); zu Entschädigungsmöglichkeiten des Waldeigentümers wegen des Erlaubnisvorbehalts von Waldumwandlungen vgl. Pietzcker, NVwZ 1991, 419. 824 Vgl. Klose/Orf, Forstrecht, § 9 Rdn. 4, 200; Schultze, NuR 1986, 164. 825 Vgl. Klose!Orf, Forstrecht, § 9 Rdn. 57; Schmidt-Aßmann, NuR 1986, 99.

254

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

wesentlicher Bedeutung ist. Daraus ergibt sich für die forstrechtliche Umwandlungsgenehmigung folgende Entscheidungsstruktur826 : Das Abwägungsgebot (§ 9 Abs. 1 S. 2 BWaldG): Bei der Entscheidung über den Umwandlungsantrag sind die Rechte, Pflichten und wirtschaftlichen Interessen des Waldbesitzers sowie die Belange der Allgemeinheit gegeneinander und untereinander abzuwägen. Die Gewichtungsregel (§ 9 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 BWaldG): Die Genehmigung soll versagt werden, wenn die Erhaltung des Waldes "überwiegend im öffentlichen Interesse liegt". Einige Landesgesetze haben diese Regel noch verschärft, indem sie für bestimmte Waldarten (z.B. Schutz- und Erholungswald) von einer generellen Versagungspflicht ausgehen. Die Regelbeispiele für das Vorliegen eines vorrangigen öffentlichen Interesses (§ 9 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 BWaldG). Das Bundesrecht beschränkt sich hier auf wenige Beispiele, deren Auflistung nicht erschöpfend sein soll827 • § 9 Abs. 1 BWaldG beinhaltet durch das Abwägungsgebot einen offenen Tatbestand828 • Die Entscheidungsstruktur soll im folgenden verdeutlicht werden.

a) Das Abwägungsgebot

Der Kern des Genehmigungstatbestandes bildet das in § 9 Abs. 1 S. 2 BWaldG normierte Abwägungsgebot.

aa) Inhalt

Das Abwägungsgebot verlangt, "daß - erstens - eine Abwägung überhaupt stattfmdet, daß - zweitens - in die Abwägung an Belangen eingestellt 826 Vgl. Schmidt-Aßmann, NuR 1986, 99; ähnlich Klose/Orf, Forstrecht, § 9 Rdn. 19; Storm. Umweltrecht, TZ 200. 827 Vgl. Schmidt-Aßmann, NuR 1986, 99. 828 So auch Klose/Orf, Forstrecht, § 9 Rdn. 218; Orf, Umwandlung von Wald, S. 132.

D. Wald- und forstrechtliche Vorschriften

255

wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muß, und daß drittens - weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtung einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit für die Zurückstellung des anderen entscheidet. " 829 Diese zur Bauleitplanung entwickelten Grundsätze wurden bereits ausführlich bei der Darstellung des wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahrens erörtert. Auf die Ausführungen kann verwiesen werden830• Hier sollen lediglich die bei der Abwägung zu berücksichtigenden öffentlichen und privaten Belange untersucht werden.

bb) Belange der Allgemeinheit

Bei der Entscheidung über einen Umwandlungsantrag sind die Rechte, Pflichten und wirtschaftlichen Interessen des Waldbesitzers sowie die Belange der Allgemeinheit gegeneinander und untereinander abzuwägen (§ 9 Abs. 1 S. 2 BWaldG). Bei dieser Abwägung stehen sich nicht nur das auf den Waldschutz (Walderhaltung) gerichtete Allgemeininteresse und das Interesse des Waldbesitzers gegenüber. Vielmehr gehören zu den abzuwägenden Belangen der Allgemeinheit auch solche der Wirtschaft (einschließlich der Landwirtschaft), der Energie-, Wärme- und Wasserversorgung, weiterhin Belange von Sport, Freizeit und Erholung einerseits sowie die Belange des Umweltschutzes, des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie die Interessen an der Erhaltung und Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen (Boden, Wasser, Luft, Tier- und Pflanzenwelt) andererseits. Klose/Orf831 gehen zutreffend davon aus, daß eine erschöpfende Aufzählung aller denkbaren öffentlichen Belange nicht möglich ist.

829 830 831

BVerwGE 48, 56.; siehe auch BVerwGE 34, 301 (308 ff.); 45, 309 (312 ff.) . Siehe oben bei der gemeinnützigen Planfeststellung: B.ll.4.a)dd) Klose!Orf, Forstrecht, § 9 Rdn. 114.

256

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen cc) Private Belange

Angesichts der Vielzahl der öffentlichen Belange gilt es zu prüfen, wessen private Belange und inwieweit diese zu berücksichtigen sind. Dabei hat das Tatbestandsmerkmal des "wirtschaftlichen Interesses" für den Abgrabungsunternehmer eine besondere Bedeutung. Diese privaten Interessen können geltend gemacht werden vom Waldbesitzer oder von einem zukünftigen Waldbesitzer, wenn dieser einen rechtlich gesicherten Anspruch hat832 • Gerade Abgrabungsunternehmer sind aber in den seltensten Fällen Eigentümer der Grundstücke, auf denen Bodenschätze gewonnen werden sollen. In der Regel wird mit dem Grundstückseigentümer ein privatrechtlicher Vertrag über die Nutzung der Grundstücke abgeschlossen. Solche obligatorischen Ansprüche wird man aber für die Geltendmachung von "wirtschaftlichen Interessen" i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 2 BWaldG als ausreichend ansehen müssen833 • Es fragt sich nun, wann ein "wirtschaftliches Interesse" des Abgrabungsunternehmers gegeben ist. Das OVG Lüneburg geht davon aus, überwiegende wirtschaftliche Interessen an einer Umwandlung von Wald in landwirtschaftlich zu nutzende Flächen können nicht alleine damit begründet werden, daß eine landwirtschaftliche Nutzung höheren Gewinn bringe834 • Vielmehr seien nur solche Interessen des Waldbesitzers zu berücksichtigen, die für eine Existenz entscheidend seien. Begründet wird die Entscheidung mit der Schutz- und Erholungsfunktion, die Waldgrundstücken bei einer forstwirtschaftlichen Nutzung zukommen. Eine ähnliche Argumentation fmdet sich beim VG Frankfurt, wonach mit Rücksicht auf die Walderhaltung bei der Berücksichtigung der Individualinteressen ein strenger Maßstab anzulegen sei835 • Ein dem öffentlichen Interesse an der Walderhaltung in etwa adäquates Privatinteresse sei nur dann gegeben, "wenn der Waldbesitzer sich auf konkrete Gründe berufen kann, die eine besondere Situation erkennen lassen, die über das hinausgeht, was jeder Waldbesitzer mit gleichem Recht auch vor832 Klose/Orf, Forstrecht, § 9 Rdn. 117 m.w.N.; anders noch OVG Münster, AgrarR 1971, 60 zur Rechtslage vor Inkrafttreten des BWaldG, wonach auch Interessen von Nicht-Waldbesitzern berücksichtigt werden konnten. 833 So wohl auch Klose/Orf, Forstrecht, § 9 Rdn. 117. 834 OVG Lüneburg, AgrarR 1981, 17; ähnlich OVG Münster, NuR 1983, 323; a. A. Tesmer, AgrarR 1981 , 17 unter Hinweis auf§ 14 Abs. 2 Nr. 2 LWaldG Nds. 835 VG Frankfurt, NVwZ-RR 1989, 70 (71); ähnlich VG Münster, NuR 1989, 92.

D. Wald- und forstrechtliche Vorschriften

257

bringen könnte, z. B. die volle wirtschaftliche Verwertung, da dies dieser Bodennutzung immanent ist". 836 Diese Entscheidungen sind ohne weiteres auf eine Abgrabung zur Gewinnung von Bodenschätzen übertragbar. So hat auch der BayVGH837 darauf hingewiesen, daß es nicht ausreiche, wenn ein Waldbesitzer (nur) die volle wirtschaftliche Verwertung seines Eigentums erstrebe. In dem entschiedenen Fall wurde deshalb der Vorrang der Walderhaltung vor weiterem Kiesabbau festgestellt838. Diesem Ergebnis ist zuzustimmen. Es steht in Einklang mit der Rechtsprechung vor lokrafttreten des BWaldG. Diese hatte gefordert, die andere Nutzung müsse auf Dauer mit erheblich größerem Vorteil für die Allgemeinheit verbunden sein, um eine Umwandlung zu rechtfertigen839 . Auch entspricht dieses Ergebnis der "Sozialfunktion des Waldes·840, dem Charakter der Rodung als "substanzvernichtender Gebrauchs-Nutzung·841 und der besonderen Bedeutung des Waldes "für das Landschaftsbild sowie den N aturhaushalt·842 .

b) Die Gewichtungsregel des § 9 Abs. 1 S. 3 BWaldG

Die schwache Bedeutung privater Belange bei der Umwandlungsgenehmigung folgert auch aus der Gewichtungsregel des § 9 Abs. 1 S. 3 BWaldG. Anders als bei der wasserrechtlichen Planfeststellung (und bei der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB) geht das Forstrecht nicht von einem abstrakten Gleichrang aller Belange aus. Nach § 9 Abs. 1 S. 3 BWaldG "soll" die Genehmigung versagt werden, wenn die Erhaltung des Waldes überwiegend im öffentlichen Interesse liegt843 . Die Vorschrift zeigt damit einen Vorrang 836 VG Frankfurt, NVwZ-RR 1989, 70 (71); ebenso Klose/Orf, Forstrecht, § 9 Rdn. 123 ff. 837 BayVGH, NuR 1979, 31; zustimmend Klose/Orf, Forstrecht,§ 9 Rdn. 124. 838 Vgl. auch BVerfG, NJW 1975,727. 839 OVG Lüneburg, RdL 1965, 105; VG Schleswig, SchlHAnz 1960,29. 840 OVG Münster, NuR 1983, 322; Ebersbach, AgrarR 1972, 129 ff.; Breuer, Umweltschutzrecht, in: v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 639. 841 Breuer, ZfW 1979, 93 f.; ders., Umweltschutzrecht, in: v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 639. 842 VG Münster, NVwZ-RR 1989, 69. 843 Soll-Vorschriften sind nicht nur Wünsche des Gesetzgebers ohne Hinweis auf das, was zu tun oder zu lassen zweckmäßig ist. Sie sind vielmehr ebenso verbindlich wie Muß-Vorschriften, solange nicht ganz besondere - atypische - Umstände, die 17 BUIIesbach

258

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

der öffentlichen Interessen aus844 und spricht damit als Gewichtungsregel der Erhaltung des Waldes ein so hohes Gewicht zu, daß sie schon für sich genommen die schlichten, d. h. nicht besonders verfestigten oder durch öffentliche Belange abgestützten privaten Interessen des Waldbesitzers aufwiegen845 und die Ablehnung der Umwandlung rechtfertigen kann.

c) Regelbeispiele für vorrangige öffentliche Interessen Regelbeispiele für das Vorliegen von vorrangigen öffentlichen Interessen finden sich in den Landesgesetzen, d. h für bestimmte Fälle haben die Landesgesetzgeber selbst eine Wertentscheidung getroffen. Dabei sind die Länder in der Weise vorgegangen, daß zunächst allgemein eine Versagung der Umwandlungsgenehmigung gefordert wird, wenn die Erhaltung des Waldes im "öffentlichen Interesse" liegt. Im Anschluß daran wird dann - von Land zu Land unterschiedlich - durch "lnsbesondere-Klauseln·846 die wichtigsten der Genehmigung möglicherweise entgegenstehenden öffentlichen Interessen aufgezählt. Ein öffentliches Interesse an der Walderhaltung kann sich danach insbesondere ergeben aus der wesentlichen Bedeutung des Waldes für -

die Leisttmgsfähigkeit des Naturhaushaltes847 ,

gegen ihre Anwendung sprechen, dargetan und bewiesen sind; vgl. zur Auslegung solcher Vorschriften BVerwG, DVBI. 1960, 252; BayObLG, DÖV 1960, 763; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 100; zur Waldumwandlung: BayVGH, NuR 1979, 31; Orf, Umwandlung von Wald, S. 219. 844 VG Frankfurt, NVwZ-RR 1989, 70 (71); nach Schmidt-Aßmann, NuR 1986, 105 sind die Abwägungsdimensionen des § 9 Abs. 1 BWaldG zentriert. Sie stellen die Walderhaltung und ihr gegenüber die Rechtsposition des Waldbesitzers in den Mittelpunkt "und lassen wie konzentrisch sich erweiternde Kreise andere öffentliche und private Belange mit einem Gewicht, das mit ihrer sachlichen Entfernung vom Zentrum abnimmt", in die Abwägung einfließen. 845 BadWüttVGH, NuR 1984, 148; Pielow!Drees/Hochhäuser, Forstrecht NW, § 39 Anm. 4; VG Aachen, RdL 1972, 24. 846 Klose/Orf, Forstrecht, § 9 Rdn. 57 folgern daraus, daß die in den Landeswaldbzw. Landesforstgesetzen aufgezählten "öffentlichen Interessen" länderübergreifend austauschbar sind. 847 Vgl. z.B. § 9 Abs. 2 LWaldG BW; § 5 Abs. 2 LWaldG Bin; § 4 Abs. 1 Nr. 1 LWaldG Hbg; § 11 Abs. 2 HFG; § 39 LFoG NW.

D. Wald- und forstrechtliche Vorschriften

259

die forstwirtschaftliche Erzeugung84s, die Erholung der Bevölkerung849, das Landschaftsbildsso, die Eigenschaft des Waldes als Schutz- oder Erholungswald i.S.d. §§ 12, 13 BWaldG851 , die Erfüllung von besonderen Schutzfunktionen, ohne daß es sich um ausgewiesenen Schutzwald handelt852 , Ziele und Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung853 , die Gefährdung der Interessen des Naturschutzes, der Wasserwirtschaft, der Landeskultur oder der Landschaftspflege854, das Klima, den Wasserbaushalt oder die Bodenfruchtbarkeit eines Gebietes oder für den Schutz einer Siedlung oder eines anderen öffentlichen Aufgaben dienenden Grundstücks vor Lärm, Immissionen oder Witterungseinflüssen, wenn das betreffende Waldgrundstück erhebliche Bedeutung besitzt855 , eine Beeinträchtigung der Erhaltung oder Bildung geschlossener Waldbestände856.

848 Vgl. z.B. § 9 Abs. 2 LWaldG BW; § 5 Abs. 2 LWaldG Bin; § 29 LWaldG Br; § 4 Abs. 1 Nr. 1 LWaldG Hbg; § 11 Abs. 2 HFG; § 39 LFoG NW. 849 Alle Länder außer· Bayern; zur Erholungsfunktion des Waldes vgl. auch BVerfG, NJW 1989, 2525 (Reiten im Walde). sso Vgl. z.B. § 39 Abs. 3 LFoG NW; § 14 Abs. 2 LFG RhPf; § 12 Abs. 2 S. 2 LWaldGSH. 851 Vgl. z.B. Art. 9 Abs. 4 BayWaldG; § 16 LWaldG Br; § 4 Abs. 1 Nr. 2 LWaldG Hbg; § 22 Abs. 1, 2 HFG; § 39 Abs. 4 LFoG NW; § 12 Abs. 2 LWaldG SH. 852 Vgl. z.B. § 23 ff. LWaldG Br; § 14 Abs. 1 LWaldG Nds; § 39 Abs. 3 LFoG NW; § 12 Abs. 2 LWaldG SH. 853 Vgl. z.B. § 9 Abs. 2 LWaldG BW; § 11 Abs. 2 HFG; § 14 Abs. 2 LFG RhPf; § 14 Abs. 1 Nr. 1 LWaldG Nds; diesen Regelungen sind gleichzustellen § 5 Abs. 2 LWaldG Bin (die beabsichtigte andere Art der Bodennutzung darf dem Flächennutzungsplan nicht widersprechen) und Art. 9 Abs. 5 BayWaldG (die Rodung darf Waldfunktionsplänen nicht widersprechen oder deren Ziele gefährden). 854 Vgl. z.B. § 11 Abs. 2 HFG. 855 Vgl. z.B. § 14 Abs. 1 Nr. 1 LWaldG Nds. 856 Vgl. z.B. § 12 Abs. 2 S. 2 LWaldG SH.

17•

260

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Ist bei einer Abgrabung eines dieser Regelbeispiele erfüllt, so führt dies in Verbindung mit der Gewichtungsregel in § 9 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 BWaldG grundsätzlich zur Versagung der Umwandlungsgenehmigung857 • Die zuständige Behörde hat jedoch vor einer solchen Entscheidung stets zu prüfen, ob den öffentlichen Belangen durch die Erteilung von Nebenbestimmungen Rechnung getragen und so eine Versagung vermieden werden kann858 •

3. Die Entscheidung über die Waldumwandlung Die Rechtsnatur der Abwägungsentscheidung bei einer Umwandlungsgenehmigung wird unterschiedlich beurteilt.

a) Meinungsstand

Das OVG Münster859 ist in seiner früheren Rechtsprechung von Verwaltungsermessen ausgegangen, während das VG Kassel 860 - allerdings ohne nähere Begründung - auf die Grundsätze zur planensehen Abwägung ( = Planungsermessen) abstellte. Eine differenzierende Meinung vertritt Breuer861 • Nach seiner Auffassung besteht eine rechtsbegriffliche Bindung nur in negativer Hinsicht: Die Genehmigung "soll" unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 S. 3 BWaldG versagt werden. Im übrigen habe - so Breuer - "die Forstbehörde ein Pla857 Vgl. z.B. Art. 9 Abs. 4 BayWaldG, § 5 Abs. 2 S. 3 LWaldG Bin, § 22 Abs. 2 HFG, § 12 Abs. 2 LWaldG SH sehen zwingend eine Versagung vor ("ist"). 858 Orf, Umwandlung von Wald, S. 220 m.w.N. 859 OVG Münster, AgrarR 1971, 60; VG Amsberg, AgrarR 1977, 376; Schmidt, Umweltrecht, S. 10; wohl auch Tesmer, AgrarR 1981, 4. 860 VG Kassel, RdL 1983, 47; NuR 1981, 70; Prümm, Umweltschutzrecht, S. 298; ähnlich Ramsauer, Umweltschutz, in: HojJmann-Riem/Koch, HambStVwR, S. 400, wonach die Erteilung der Genehmigung von einer Interessenahwägung abhängig ist, "bei der die durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Eigentümerinteressen angemessen berücksichtigt werden müssen, um eine unzulässige Eigentumsbeeinträchtigung auszuschließen"; nach Hoppe-Beckmann, Umweltrecht, S. 327 besitzt die Forstbehörde ein Planungs- und Bewirtschaftungsermessen. 861 Breuer, Umweltschutzrecht, in: v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 639; Kloepfer, Umweltrecht, § 10 Rdn. 111; ähnlich Schmidt-Aßmann, NuR 1986, 98 ff.

D. Wald- und forstrechtliche Vorschriften

261

nungs- und Bewirtschaftungsermessen nach Maßgabe eines umfassenden Abwägungsgebotes". Nach der herrschenden Meinung862 gilt die Abwägung des § 9 Abs. 1 S. 2 BWaldG als eine rechtlich gebundene Entscheidung.

b) Stellungnahme

Der herrschenden Auffassung ist zuzustimmen. Anknüpfungspunkt für die unterschiedlichen Meinungen ist die Frage, ob § 9 Abs. 1 BWaldG ein präventives Verbot unter dem Vorbehalt einer admi-

nistrativen Unbedenklichkeitserklärung oder ein repressives Verbot unter dem Vorbehalt einer administrativen Befreiung enthält. Die Unterscheidung liegt im wesentlichen darin, daß präventive Verbote nur vorläufiger Natur sind ( = formelle Verbote), während repressive Verbote ein substantielles Verbot darstellen ( = materielle Verbote)863 • Im Regelfall ist die Kontrollerlaubnis864 ein Mittel präventiver Überwachung des Sozialgeschehens zum Zwecke der Gefahrenabwehr. Das Verbot, die betreffende Handlung ohne vorgängige behördliche Erlaubnis vorzunehmen, hat grundsätzlich nicht repressiven, sondern nur präventiven Charakter. Vor diesem Hintergrund erfolgt die Prüfung nur im Hinblick auf Gefahren, die von dem Vorhaben ausgehen können. Daraus folgt, daß die Kontrollerlaubnis als Unternehmergenehmigung eine gebundene Entscheidung sein

862 OVG Lüneburg, AgrarR 1981, 17; OVG Münster, AgrarR 1978, 75; NuR 1983, 322 (323); BadWürttVGH, NuR 1984, 148; VG Köln, AgrarR 1987, 146; NuR 1987, 330; VG Frankfurt, NVwZ-RR 1989, 70 (71); Klose/Orf, Forstrecht,§ 9 Rdn. 162f.; Orf, Umwandlung von Wald, S. 212 f.; Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 153; Carlsen, NuR 1981, 72; wohl auch VG Münster, NVwZ-RR 1989, 69. 863 Zu dieser Terminologie vgl. BVerfGE 58, 300 (344) = NJW 1982, 745 (752); BVerwG, NJW 1979, 1563; BGH, BRS 19, 50; VG Kassel, AgrarR 1980, 203 (für das Forstrecht); Breuer, Umweltschutzrecht, in: v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 637 f.; Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, § 48 II c. 864 Vgl. zu diesem Ausdruck Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 153; Wahl, DVBI. 1982, 52. Eine Kontrollerlaubnis kann als Genehmigung, Erlaubnis, Zulassung oder Bewilligung bezeichnet sein.

262

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

muß 865 • Gehen Gefahren für die Allgemeinheit oder einzelne Bürger durch das Vorhaben aus, darf die Erlaubnis nicht erteilt werden. Ist dies nicht der Fall, so muß die Erlaubnis wegen der Grundrechtsposition des Antragstellers erteilt werden. So verstanden, stellt die Erteilung der Erlaubnis, die von einem solchen präventiven Verbot befreit, die grundrechtlich geschützte Freiheit wieder herB66. Gerade die Ausnutzung einer grundrechtlich gesicherten Befugnis hat die Waldumwandlungsgenehmigung zum Gegenstand867 • Der Antragsteller kann sich entweder auf sein Recht aus Art. 14 GG oder - falls er nicht Waldeigentümer ist - auf Art. 2 Abs. 1 GG berufen. Daraus folgt, daß es sich bei der Genehmigungspflicht für Waldumwandlungen um ein präventives Verbot handelt868 • Die Interessen des Waldbesitzers sollen nicht weiter eingeschränkt werden, als das öffentliche Interesse an der Walderhaltung dies erfordert. Das bedeutet, daß immer ein Rechtsanspruch auf die Genehmigung besteht, soweit der Versagungsgrund des überwiegenden öffentlichen Interesses nicht gegeben ist. Die herrschende Meinung geht schließlich zutreffend davon aus, daß die die Abwägung steuernden Begriffe in § 9 Abs. 1 BWaldG unbestimmte Rechtsbegriffe sind, die gerichtlich voll überprüft werden können869• Ein Beurteilungsspielraum der Behörde ist nicht gegeben870• Die Gerichte sind mit Unterstützung von Sachverständigen in der Lage, die Bedeutung verschiedener Bodennutzungsarten zu bewerten. Auch geht der Gesetzgeber nicht davon aus, die zuständigen Forstbehörden verfügten über eine so umfassende Sachkenntnis, daß eine neue Überprüfung untunlich ist. Die 865 Eingehend hierzu Wahl, DVBI. 1982, 51; Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 153; ders., VR 1988, 6; Orf, Umwandlung von Wald, S. 212; Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 10 m.w.N. 866 Vgl. Forsthoff, Verwaltungsrecht, S. 268; Erichsen, Verwaltungshandeln, in: Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 250 ff. 867 BadWürttVGH, NuR 1981, 100; VG Frankfurt, NVwZ-RR 1989, 70 (71); Klose/Orf, Forstrecht, § 9 Rdn. 6, 162. 868 Vgl. Klose/Orf, Forstrecht, § 9 Rdn. 6; Orf, Umwandlung von Wald, S. 212; VG Frankfurt, NVwZ-RR 1989, 70 (71); auch Schmidt-Aßmann, NuR 1986, 100 "gesteht der herrschenden Meinung zu, die Umwandlungsgenehmigung in das dualistische System der traditionellen Kontrollinstrumente einzufügen"; a.A. Hoppe/Beckmann, Umweltrecht, S. 326. 869 Vgl. VG Frankfurt, NVwZ-RR 1989, 70 (71) m.w.N. 870 Vgl. hierzu ausführlich Erichsen, Verwaltungshandeln, in: Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 204 f.

D. Wald- und forstrechtliche Vorschriften

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Gründe, die im Einzelfall eine Versagung der Waldumwandlungsgenehmigung rechtfertigen können, gehen nämlich über den speziell forstrechtlichen Bereich hinaus, da es alle öffentlichen Interessen zu berücksichtigen gilt. Das bedeutet nicht nur, daß die die Abwägung steuernden Begriffe als unbestimmte Rechtsbegriffe ohne administrative Beurteilungsermächtigung angesehen werden können, sondern daß auch der Gewichtungsvorgang selbst einer vollständigen gerichtlichen Kontrolle unterworfen ist. Ergibt sich ein Vorrang für die privaten Belange des Antragstellers, so besteht auf die Umwandlungsgenehmigung ein Rechtsanspruch. Besitzen dagegen die öffentlichen Versagungsinteressen das Übergewicht, so ist die Versagung mindestens im Regelfall ("soll") - nach einigen Ländergesetzen sogar in jedem Fall - ebenfalls die zwingende Folge.

11. Baumschutzregelungen Mit § 18 BNatschG sind in einzelnen Bundesländern die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen worden, örtliche Baumschutzsatzungen oder Baumschutzverordnungen zu erlassen. Dementsprechend gibt es Baumschutzregelungen z. B. in Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein871 • Diese zielen im Grundsatz darauf ab, Bäume bestimmter Stärke und Art im Innenbereich der Gemeinden zu erhalten872 • Für Abgrabungen, die mit der Rodung von Wald oder dem Abholzen von Bäumen verbunden sind, stellen die Baumschutzregelungen grundsätzlich kein Zulassungshindernis dar. Abgrabungen sind von ihrer Natur her auf den Außenbereich bezogen, wo in der Regel weder Baumschutzsatzungen noch Baumschutzverordnungen ihre Wirkungen entfalten.

871 Vgl. die landesgesetzlichen Regelungen bei Otto, NVwZ 1986, 900; Schink, DÖV 1991, 8. 872 Zu baumschutzrechtlichen Fragen vgl. BVerwG, NVwZ 1989, 555; BayVGH, NVwZ 1986, 951; OVG Bremen, NVwZ 1986, 953; BadWürttVGH, NVwZ 1986, 955; OVG Lüneburg, NuL 62 (1987), 389 und NVwZ 1991, 1012; OVG RheinlandPfalz, NVwZ-RR 1989, 67; Steinberg, NJW 1981, 550; Bartholomäi, UPR 1988, 241; Schmidt, NVwZ 1991, 34; Otto/Raddatz, NVwZ 1991, 963; Schmidt, NVwZ 1988, 985 f. m.w.N.

264

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

111. Ergebnis Abgrabungen, denen eine Waldrodung vorausgeht, bedürfen einer forstrechtlichen Umwandlungsgenehmigung nach§ 9 BWaldG und den auf diese Rahmenvorschrift ergangenen landesrechtliehen Bestimmungen. Aus§ 9 BWaldG ergibt sich für die forstrechtliche Umwandlungsgenehmigung folgende Entscheidungsstruktur: Das Abwägungsgebot (§ 9 Abs. 1 S. 2 BWaldG): Bei der Entscheidung über den Umwandlungsantrag sind die Rechte, Pflichten und wirtschaftlichen Interessen des Waldbesitzers sowie die Belange der Allgemeinheit gegeneinander und untereinander abzuwägen; die Gewichtungsregel (§ 9 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 BWaldG): Die Genehmigung soll versagt werden, wenn die Erhaltung des Waldes überwiegend im öffentlichen Interesse liegt. Einige Landesgesetze haben diese Regel noch verschärft, indem sie für bestimmte Waldarten (z.B. Schutz- und Erholungswald) von einer generellen Versagungspflicht ausgehen; die Regelbeispiele für das Vorliegen eines vorrangigen öffentlichen Interesses (§ 9 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 BWaldG). Das Bundesrecht beschränkt sich hier auf wenige Beispiele, deren Auflistung nicht erschöpfend sein soll. Durch das Abwägungsgebot enthält§ 9 Abs. 1 BWaldG einen offenen Tatbestand. Die Genehmigungsvoraussetzungen der Umwandlungsgenehmigung ergeben sich nicht nur aus der Rechtsmaterie des BWaldG oder der Waldund Forstgesetze der Länder, sondern sie können auch aus anderen, fachfremden Belangen folgern, die im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen sind. Dem Genehmigungsvorbehalt für die Rodung und Umwandlung von Wald in eine andere Nutzungsart liegt ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt zugrunde. Die Abwägung des § 9 Abs. 1 S. 2 BWaldG stellt deshalb eine rechtlich gebundene Entscheidung dar. Die die Abwägung steuernden Begriffe sind unbestimmte Gesetzesbegriffe ohne administrative Beurteilungsermächtigung. Desgleichen ist der Gewichtungsvorgang selbst vollständiger gerichtlicher Kontrolle unterworfen. Ergibt sich danach ein Vorrang für die privaten Belange des Antragstellers, so besteht ein Rechtsanspruch auf die Genehmigung. Besitzen dagegen die öffentlichen Versagungsinteressen das Übergewicht, so ist die Versagung die zwingende Folge.

E. Naturschutz- und Landschaftspflegerecht

265

E. Die Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Naturschutz- und Landschaftspflegerecht I. Die Eingriffsregelung des § 8 BNatSchG

Die bundesrahmenrechtliche (Art. 75 Nr. 3 GG) naturschutzrechtliche EingriffsregeJung des § 8 BNatSchG und die jeweiligen Eingriffsregelungen der den Rahmen ausfüllenden Naturschutzgesetze der Länder873 enthalten Bestimmungen, mit der der Gesetzgeber Neuland betreten hat und die als Kernstücke des modernen Naturschutzrechts angesehen werden874 • § 8 BNatSchG wurde als Ausprägung des Verursacherprinzips konzipiert875 • Die Vorschrift bedeutet zunächst eine Abkehr des Bundesgesetzgebers von dem traditionellen Reservatsgedanken im klassischen Naturschutz876• Während das Abwehr- und Ausgleichsinstrumentarium des Reichsnaturschutzgesetzes sich nahezu ganz auf die besonders geschützten Gebiete und Objekte beschränkte, handelt es sich bei der Eingriffsregelung des § 8 BNatSchG um eine Schutzvorschrift für den Naturhaushalt und das Landschaftsbild, die unabhängig von einem speziellen Gebiets- oder Objektschutz wirken soll877 • Die Vorschrift verfolgt das Konzept, Natur und Landschaft durch das gesamte Venvaltungshandeln allgemein, aktiv und gestaltend zu schützen, zu pflegen und zu entwickeln878 • Der Eingriffstatbestand setzt nach § 8 Abs. 1 BNatSchG eine erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes voraus. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 27.09. 1990 hierzu ausgeführt, daß es sich insoweit 873 Vgl. die Übersicht in BT-Drs. 9/1385; ferner Ronellenjitsch, NuR 1986, 285 Fn. 14. 874 Pielow, NuR 1979, 15; Breuer, Umweltschutzrecht, in: v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 655 f.; ders., NuR 1980, 89; Gassner, NuR 1988, 69 m.w.N. ; zu den Forderungen an ein "neues .. Naturschutzgesetz vgl. Hübler, UPR 1989, 121. 875 Vgl. statt aller Breuer, NuR 1980, 90; Ronellenjitsch, NuR 1986, 285; Pielow, NuR 1987, 165 f. 876 Vgl. dazu Bertenbreiter, Naturschutz und Naturschutzrecht, S. 47. 877 Soell, Naturschutzrecht, in: Salzwedel, Umweltrecht, S. 522. 878 Müller, NJW 1977, 925; zu den Tatbestandsvoraussetzungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung vgl. Kuchler, Eingriffsregelung, S. 121 ff. m.w.N.; kritisch gegenüber der ungenauen Definition des Eingriffstatbestandes in § 8 Abs. 1 BNatSchG: Schomerus, Defizite im Naturschutzrecht, S. 128; Ehr/ein, VBIBW 1990, 129.

266

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

um eine abschließende Regelung - und damit im Rahmengesetz um eine Vollregelung - handelt, die durch die Landesgesetzgeber weder eingeschränkt noch ausgeweitet werden darf879. Soweit die Länder in ihren Gesetzen Negativ- oder Positivlisten erstellt haben880, hat dies in erster Linie Beschleunigungs- und Vereinfachungsfunktionen. Entscheidend für die Beurteilung, ob ein Eingriff vorliegt oder nicht, ist immer, ob eine erhebliche (Intensität) und/oder nachhaltige (Dauer) Beeinträchtigung i.S.d. § 8 Abs. 1 BNatSchG im konkreten Einzelfall vorliegt.

II. Anwendbarkeit der Eingriffsregelung auf Abgrabungen Die Eingriffsregelung ist in erster Linie nach § 8 Abs. 2 BNatSchG anwendbar, wenn der Eingriff von einer fachbehördlichen Entscheidung abhängig oder wenigstens anzeigepflichtig ist. Der Bundesgesetzgeber ging davon aus, damit alle wesentlichen Eingriffe erfaßt zu haben881 • Indessen haben die Länder Hessen882 , Rheinland-Pfalz883 und das Saarland884 die Genehmigung durch die Natur- bzw. Landespflegebehörden auch für Eingriffe885 vorgesehen, die keiner anderweitigen fachgesetzlichen Genehmigungs- oder Anzeigepflicht unterliegen. Berlin schreibt insoweit lediglich eine Anzeigepflicht vor886 • Andere Länder statuieren die naturschutzbehördliche Genehmigungspflicht für bestimmte, besonders aufgeführte Eingriffe,

Vgl. BVerwG, DVBI. 1991,209. Zu den fiir Abgrabungen relevanten Positiv- und Negativlisten siehe oben 1. Abschnitt, VI. 881 Kolodziejcok!Recken, Naturschutz und Landespflege, § 8 Rdn. 14; Gassner, NuR 1984, 83; Schomerus, Deftzite im Naturschutzrecht, S. 131 weist jedoch ausdrücklich darauf hin, daß § 8 Abs. 2 S. 1 BNatSchG "zu Lücken im Naturschutz" fiihrt. 882 § 7 Abs. 4 i.V.m. § 6 Abs. 1 HENatG. 883 § 6 Abs. 1 S. 2 LPflG RhPf. 884 § 12 Abs. 2 SaarNG. 885 Zur Qualiftzierung von Abgrabungen als Eingriffe in Natur und Landschaft siehe oben 1. Abschnitt A. VI. 886 § 15 Abs. 2 NatSchG Bin; so auch fiir bestimmte Eingriffe § 9 Abs. 2 LPflG SH; Harnburg hat den Senat durch § 10 Abs. 2 HbgNatSchG ermächtigt, durch Rechtsverordnung eine Anzeigepflicht vorzusehen. Eine derartige Verordnung ist bisher noch nicht erlassen worden. 879 880

E. Naturschutz- und Landschaftspflegerecht

267

insbesondere für Abgrabungen887 oder die Gewinnung von Bodenbestandteilen888. In allen diesen Fällen sind daher in einem eigenen naturschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren die Anforderungen des § 8 BNatSchG zu prüfen.

111. Struktur und Entscheidungsstufen § 8 BNatSchG hat für die Behandlung von Eingriffen in Natur und Landschaft folgendes dynamisches, nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsprinzips889 abgestuftes Regelungsschema vorgezeichnet890 : Vermeidbare Eingriffe sind zu unterlassen; unvermeidbare sind auszugleichen(§ 8 Abs. 2 S. 1 BNatSchG); ausgeglichen ist ein Eingriff dann, wenn nach seiner Beendigung keine erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigung des Naturhaushaltes zurückbleibt und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist (§ 8 Abs. 2 S. 1 BNatSchG); ist der geplante Eingriff durch ein Vorhaben nicht im erforderlichen Maße auszugleichen und gehen die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft im Range vor, so ist das Vorhaben zu untersagen(§ 8 Abs. 2 S. 4 BNatSchG);

887 §.13 Abs. 1 Nr. 2 NatSchG BW, soweit die Abgrabung im Außenbereich durchgeführt werden soll und es sich um genehmigungsfreie Vorhaben im Sinne des § 89 LBauO BW handelt. 888 § 13 Abs. 1 Nr. 1 NatSchG BW, soweit das Vorhaben im Außenbereich durchgeführt werden soll, und es sich um genehmigungsfreie Vorhaben im Sinne des § 89 LBauO BW handelt (vgl. dazu BadWürttVGH, NuR 1987, 79); § 17 Abs. 1 Nds NatSchG, soweit die abzubauende Fläche größer als 30 qm ist (vgl. dazu OLG Oldenburg, NuR 1988, 51); § 13 Abs. 1 LPflegG SH, soweit die betroffene Grundfläche der Abgrabung größer als 1000 qm ist oder wenn eine Grundfläche von über 30 qm um mehr als 3 m vertieft werden soll. 889 Vgl. hierzu Kuchler, Eingriffsregelung, S. 50 f. 890 Vgl. BadWürttVGH, UPR 1992, 397 (398); Breuer, Umweltschutzrecht, in: v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 658; Burmeister, Schutz von Natur und Landschaft, S. 1; Ehr/ein, VBlBW 1990, 122 f .; Bunzel, UPR 1991, 302; Kuchler, NuR 1991, 465 f.; Schink, DVBI. 1992, 1392.

268

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

ergibt die Abwägung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege mit den widerstreitenden anderen öffentlichen Belangen, daß diese Belange zwar nicht ausgleichbar, aber dennoch vorrangig sind, können die Länder für diese Fälle "weitergehende Vorschriften erlassen, insbesondere solche über Ersatzmaßnahmen der Verursacher" ( § 8 Abs. 9 BNatSchG). Eine Übersicht über das Regelungsschema des § 8 BNatSchG findet sich auf dem nachfolgenden Schaubild.

Regelungsschema des § 8 BNatSchG

1 Unvermeidbare Beeinträchtigung

~

j Abwägung

Vermeidbare Beeinträchtigung Vorhaben ist zu untersagen

Eingriff

ausgleichbar

nicht ausgleichbar

Belange des Naturschutzes gehen vor

Eingriff ist zulässig mit Ausgleichsmaßnahmen

Vorhaben ist zu untersagen (§ 8 Abs. 3)

Belange des Naturschutzes gehen nicht vor

Eingriff ist zulässig mit Ausgleichsmaßnahmen

Eingriff ist zulässig mit Ersatzmaßnahmen (§ 8 Abs. 9 iVm Landesrecht)

E. Naturschutz- und Landschaftspflegerecht

269

1. Verbot vermeidbarer Beeinträchtigungen § 8 Abs. 2 S. 1 BNatSchG enthält insofern ein materielles Verbot vermeidbarer Beeinträchtigungen, als der Verursacher eines Eingriffs durch Verwaltungsakt zu verpflichten ist, vermeidbare Beeinträchtigungen zu unterlassen891. Die Vermeidbarkeit ist dabei nicht als faktische Vermeidbarkeit zu interpretieren. Eine solche Auslegung wäre "nicht sinngerecht·892, da "bei Unterlassung der Maßnahme überhaupt eine Beeinträchtigung der Natur stets vermieden wird·893 . Eine Beeinträchtigung ist vielmehr vermeidbar, wenn die mit dem Eingriff verfolgten Ziele auch auf eine Weise e"eicht werden können, die Natur und Landschaft weniger beeinträchtigen894 • So verstanden, kann § 8 Abs. 2 S. 1 BNatSchG nur ein geringes Zulassungshindernis für Abgrabungsvorhaben bilden.

2. Gebot von Ausgleichsmaßnahmen bei unvermeidbaren Beeinträchtigungen Das Verbot vermeidbarer Beeinträchtigungen wird ergänzt durch das materielle Gebot von Ausgleichsmaßnahmen bei unvermeidbaren Beeinträchtigungen. Nach § 8 Abs. 2 S. 1 BNatSchG ist der Verursacher eines Eingriffs durch Verwaltungsakt zu verpflichten, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Schutz- oder Pflegemaßnahmen auszugleichen, soweit es zur Verwirklichung des Naturschutzes oder der Landespflege erforderlich ist. Was unter einem "Ausgleich" zu verstehen ist, definiert § 8 Abs. 2 S. 4 BNatSchG: Ausgeglichen ist danach ein Eingriff, wenn nach seiner Beendigung keine erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigung des Naturhaushalts zurückbleibt 891 Der Begriff "vermeidbar" wird in den Landesgesetzen teilweise durch .,nicht unbedingt notwendig" (§ 8 Nds NatSchG), nicht "notwendig"(§ 6 Abs. 2 S. 1 HENatG) oder nicht "so gering wie möglich" (§ 8 Abs. 1 S. 1 LPflegG SH) ersetzt. In BW sind Eingriffe unzulässig, wenn vermeidbare erhebliche Beeinträchtigungen nicht unterlassen werden, § 11 Abs. 1 Nr. 2 NatSchG BW; kritisch zu dieser Regelung Burmeister, Schutz von Natur und Landschaft, S. 33. 892 Breuer, NuR 1980, 93. 893 Breuer, NuR 1980, 93; ebenso BadWürttVGH, NVwZ-RR 1989, 349 (351); Bertenbreiter, Naturschutz und Naturschutzrecht, S. 51, Burmeister, Schutz von Natur und Landschaft, S. 77; Gassner, NuR 1981, 84. 894 Siehe ausführlich oben bei den naturschutzrechtlichen Versagungsgründen einer privatnützigen Planfeststellung: B.II.4.b)bb)(2)(c).

270

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wieder hergestellt oder neu gestaltet ist895 • Dies wird stets der Fall sein, wenn die fragliche Fläche nach einer Abgrabung rekultiviert und ihrer alten Nutzung wieder zugeführt wird. In der Regel wird die Wiederherstellung des alten Zustands aber nicht möglich sein. Das ist insbesondere der Fall bei Abgrabungen, bei denen die Bodensenkung nicht wieder aufgefüllt wird. Eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands ist aber mit dem Ausgleichsbegriff weder im Wortsinn noch nach der gesetzgebensehen Absicht gemeint. Mit dem Ausgleich geht es vielmehr um jede irgendwie geartete Heilung des konkreten, ökologischen oder landschaftlichen Schadens896• Problematisch ist der räumliche und sachliche Umfang der gebotenen Ausgleichsmaßnahme. Die enge Auslegung geht davon aus, daß Ausgleichsmaßnahmen "an Ort und Stelle" des Eingriffs erfolgen müßten897, alles übrige seien Ersatzmaßnahmen im Sinne von § 8 Abs. 9 BNatSchG898• Die weite Interpretation läßt es nicht grundsätzlich darauf ankommen, ob die Heilung der eingriffsbedingten Beeinträchtigung am unmittelbaren Ort des Eingriffs oder in seiner näheren oder weiteren Umgebung stattfmdet. Entscheidend soll vielmehr sein, daß die Ausgleichsmaßnahme noch in einem funktionalen Zusammenhang mit dem Eingriff steht899• 895 896

s. 53.

Vgl. hierzu auch B.II.4.b)bb)(2)(d). Vgl. Pielow, NuR 1979, 17; Bertenbreiter, Naturschutz und Naturschutzrecht,

897 Eine solche Maßnahme ist z.B. das Wiederaufforsten einer Fläche nach einer Abgrabung; ferner die landschaftsgerechte Einfügung einer Straße in ihre Umgebung durch entsprechende Bepflanzung und Gestaltung von Böschungen, Einschnitten und Bauwerken; vgl. die Beispiele bei Soell, Naturschutzrecht, in: Salzwedel, Umweltrecht, S. 529; Breuer, NuR 1980, 94;-Pielow, NuR 1979, 17. 898 So Heiderich, Eingriffsregelung, S. 50; Schroeter, DVBI. 1979, 17; OVG Münster, Urteil v. 15.08.1985 - 7 A 1140/84 -, zitiert nach Burmeister, Schutz von Natur und Landschaft, S. 105. 899 BVerwG, UPR 1991, 105 (109); BadWürttVGH, NuR 1992, 188 (189); OVG Bremen, NuR 1990, 225 (226); Künkele/Heiderich, NatSchG BW, § 11 Rdn. 3; Engelhardt/Brenner, BayNatSchG, Art. 6 a Rdn. 3; Rehbinder, Umweltrecht, in: Meyer/Stolleis, HessStVwR, S. 367; Soell, Naturschutzrecht, in: Salzwedel, Umweltrecht, S. 530~ Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 202 f.; Bertenbreiter, Naturschutz und Naturschutzrecht, S. 53; Schomerus, DefiZite im Naturschutzrecht, S. 133; Fickert, BayVBI. 1978, 687; Pielow, NuR 1979, 17; Breuer, NuR 1980, 94; ders., Umweltschutzrecht, in: v. Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 658; Lang, BayVBI. 1981, 680; Kuschnerus, DVBI. 1986, 77; Kuchler, NuR 1991, 469; Schink, NWVBI. 1991 , 76; BerkeTTillnn, NuR 1993, 102; Ronellenfitsch, NuR 1986,287 m.w.N.

E. Naturschutz- und Landschaftspflegerecht

271

Der letzteren Meinung ist der Vorzug zu geben. Abgesehen von den räumlichen Fragen wird es häufig schwierig festzulegen sein, was als Ausgleich bei einer Beeinträchtigung des Naturhaushalts in Betracht kommt. In vielen Fällen wird es unmöglich sein, gleichartige natürliche Faktoren und Zusammenhänge wieder herzustellen. Durchschneidet z.B. eine Straße ein Feuchtgebiet und zerstört es damit, dann scheidet die Wiederherstellung eines entsprechenden Biotops in unmittelbarer Nähe der Straße regelmäßig aus. Bei einem an der Zielsetzung des § 8 Abs. 2 S. 4 BNatSchG ausgerichteten Begriffsverständnisses kann es daher auf die Frage, ob die Ausgleichsmaßnahme am unmittelbaren Ort des Eingriffs oder in seiner näheren bzw. weiteren Umgebung stattfmdet, nicht ankommen. Ein funktionaler Zusammenhang mit dem Eingriff muß ausreichen. Dieser ist gewahrt, wenn die angeordnete Maßnahme die gestörte Funktion des Naturhaushalts wiederherstellt oder das Landschaftsbild in gleichartiger Weise neu gestaltet900 • Gleichartig ist ein Ausgleich, wenn die gleichen natürlichen Funktionen wiederhergestellt werden, die durch den Eingriff zerstört wurden901 • Die Neuanlage muß also die wesentlich gleiche ökologische Funktion erfüllen wie das zerstörte System. Dabei geht es um eine qualitative Gesamtbilanz, nicht um eine enge Aufrechnung902. In diesem Zusammenhang stellt Soell903 zutreffend heraus, daß die funktionale Betrachtungsweise berücksichtigen muß, daß der Ausgleich im Prinzip Naturalrestitution sein soll und daher an den beeinträchtigten Landschaftsraum gebunden ist904 • Die Beurteilung der als erforderlich angesehenen Ausgleichsmaßnahmen verlangt nach prognostischen Einschätzungen90S. Hieraus folgt allerdings kei900 Friedlein!Weidinger, BayNatSchG, Art. 6 a Rdn. 4; Künkele/Heiderich, NatSchG BW, § 11 Rdn. 3; Fickert, BayVBI. 1978, 690; Breuer, NuR 1980, 94. Demgegenüber begnügen sich mit einem gleichwertiger Ausgleich: Engelhardt/Brenner, BayNatSchG, Art. 6 a Rdn. 3; Ronellenjitsch, VerwArch 1986, 182; Pielow, NuR 1979, 17; Lorz, BNatSchG, § 8 Anm. 4; Ehrlein, VBIBW 1990, 123. 901 !Jurmeister, Schutz von Natur und Landschaft, S. 106. 902 OVG Bremen, NuR 1990, 225. 903 Soell, Naturschutzrecht, in: Salzwedel, Umweltrecht, S. 530; ähnlich Lang, BayVB!. 1981 , 680, wonach "ein Schaden für den Naturhaushalt auch in einem Nahbereich mit gleichartigen ökologischen Verhältnissen ausgeglichen werden kann". 904 Pielow, NuR 1979, 17; Bertenbreiter, Naturschutz und Naturschutzrecht, S. 53 messen dem Ausgleich demgegenüber primär kompensatorischen Charakter bei. Eine Naturalrestitution sei nicht erforderlich. Ehrlein, VBIBW 1990, 123 leugnet, daß es einen im naturwissenschaftlichen Sinne ausgleichbaren Eingriff gibt. 90S Schink, DVBI. 1992, 1399; Berkemann, NuR 1993, 103 m.w.N.

272

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

ne administrative Entscheidungsprärogative906 • Die Frage, ob die Behörde einen gerichtlich nicht nachprüfbaren Entscheidungsspielraum hat, ist nur eine solche des materiellen Recht, wozu auch das Element der Prognosesicherheit gerechnet wird907 • Eingriffe sind nach § 8 Abs. 2 S. 1 BNatSchG innerhalb einer zu bestimmenden, also angemessenen908 Frist auszugleichen. Diese Frist muß der Schwierigkeit der Maßnahmen angemessen sein und die tatsächlichen Gegebenheiten (z.B. jahreszeitliche und klimatische Bedingungen, die Schwierigkeit der durchzuführenden Maßnahme, die Verfügbarkeit von Spezialfirmen und Material) und die berechtigten Belange des Verursachers berücksichtigen909. Carlsen versteht hierunter allerdings einen Zeitraum von 20 bis 30 Jahren910, während der BadWürttVGH von wenigen Jahren spricht911 • § 8 Abs. 2 S. 4 BNatSchG bestimmt aber, daß erst "nach seiner Beendigung" ein Eingriff ausgeglichen ist; dies deutet darauf hin, daß mit Ausgleichsmaßnahmen frühzeitig begonnen werden muß912 . Losgelöst von diesen generellen Überlegungen ist die Frist von der zuständigen Behörde immer nach den konkreten Umständen des Einzelfalles unter besonderer Berücksichtigung des Ziels der Ausgleichsabgabe zu bemessen913 .

906 Berkemann, NuR 1993, 103; a.A. Ronellenfitsch, NuR 1986, 288; Schink, DVBI. 1992, 1399. 907 So zutreffend Berkemann, NuR 1993, 103. 908 So ausdrücklich § 5 Abs. 1 LPflG RhPf; § 8 Abs. 1 S. 1 LPflegG SH; vgl. auch Kolodziejcok!Recken, Naturschutz und Landesptlege, § 8 Rdn. 21; Engelhardt!Brenner, BayNatSchG, Art. 6 a Rdn. 3; Künkele!Heiderich, NatSchG BW, § 11 Rdn. 3; Kuschnerus, DVBI. 1986, 77; Gassner, NuR 1984, 84; Ronellenfitsch, NuR 1986, 288. 909 v. Mutius, Öffentlich-rechtliche Zulässigkeit und Grenzen von Kiesabbauvorhaben; GutachtenS. 58 f.; Kuchler, NuR 1991, 469; Schink, DVBI. 1992, 1399. 910 Carlsen, Die Gemeinde 1983, 155. 911 BadWürttVGH, NuR 1984, 102 ff. 912 Burmeister, Schutz von Natur und Landschaft, S. 107. 913 Ehr/ein, VBIBW 1990, 123; Kuchler, NuR 1991, 469;.

E. Naturschutz- und Landschaftspflegerecht

273

3. Untersagung des Eingriffs Es ist davon auszugehen, daß Abgrabungen nicht selten aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unvermeidbar und nicht im erforderlichen Maße ausgleichbar914 sind. Dann kann das Verursacherprinzip weder durch das Verbot vermeidbarer Beeinträchtigungen noch durch das Gebot von Maßnahmen zum Ausgleich unvermeidbarer Beeinträchtigungen verwirklicht werden. Nach § 8 Abs. 3 BNatSchG ist in solchen Fällen der Eingriff zu untersagen, wenn "die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft vorgehen". In diese "naturschutzrechtliche Abwägung" sind die in § 1 Abs. 1 BNatSchG angeführten Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege, nämlich die Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, der Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, der Pflanzen- und Tierwelt sowie der Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft als Lebensgrundlage des Menschen und als Voraussetzung für seine Erholung in Natur und Landschaft und die "sonstigen Anforderungen der Allgemeinheit an Natur und Landschaft" einzubeziehen. Diese Ziele zeigen, daß Naturschutz nicht um seiner selbst willen und absolut, sondern nur als Lebensgrundlage des Menschen und als Voraussetzung für seine Erholung geschützt ist915 . Deshalb sind gern. § 1 Abs. 2 BNatSchG die sonstigen Nutzungsansprüche der Allgemeinheit an Natur und Landschaft sowie private Interessen angemessen zu berücksichtigen916. So verändern eine Vielzahl von Maßnahmen Natur und Landschaft, wie z.B. die Ausweisung neuer Baugebiete, der Straßenbau und die - hier interessierenden - öffentlichen und privaten Abgrabungen. Diese Maßnahmen sind legitim, da sie im allgemeinen Interesse liegen und oft sogar - wie der Abbau von Bodenschätzen - lebenswichtig sind. Das Naturschutzgesetz 914 Zu den möglichen Ausgleichsmaßnahmen bei Abgrabungen, die der Gewinnung von Rohstoffen dienen, siehe oben bei den naturschutzrechtlichen Versagungsgründen einer privatnützigen Planfeststellung: B.II.4.b)bb)(2)(d); zur - im Ergebnis nicht befriedigenden - Umweltwirksamkeit von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vgl. die Ergebnisse des im Auftrag vom Umweltbundesamt vergebenen Forschungsvorhabens in: Umwelt, Eine Information des Bundesumweltministers, Nr. 12/1993, s. 480 f. 915 Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, NuR 1987, 275 (277); BerMtzkyiBöhm, BNatSchG, § 1 Rdn. 15; Soell, Naturschutzrecht, in: Sa/zwedel, Umweltrecht, S. 527; Breuer, NuR 1980, 92; Pickert, BayVBI. 1978, 685. 916 Schmidt-Aßmann, NuR 1979, 1 f. ; Carlsen, NuR 1981, 31; Gassner, NuR 1989, 64 ff. m.w.N. 18 BUilesbach

274

Zweiter Absehn.: Genehmigungsvoraussetzungen

"verschließt also nicht die Augen davor, daß die Industriegesellschaft auch andere Interessen als solche des Naturschutzes und der Landschaftspflege kennt und diesen einen hohen Rang einräumt"917 • Bei jeder einzelnen Maßnahme ist daher das Allgemeininteresse (auch in wirtschaftlicher Hinsicht) an ihrer Ausführung gegenüber den Belangen des Naturschutzes abzuwägen. Je unabdingbarer diese Maßnahmen für die Allgemeinheit sind, um so mehr müssen die Belange des Naturschutzes zurücktreten918 • An dieser Stelle setzt allerdings auch die berechtigte Kritik an, die darauf hinweist, daß die stärkste Sanktion - die Untersagung gemäß § 8 Abs. 3 BNatSchG - um so weniger durchgreifen kann, je größer und wirtschaftlich bedeutsamer ein Projekt ist919 • Bei solchen Großvorhaben treten nämlich die Belange des Naturschutzes und der Landespflege nach einer Gesamtabwägung mit allen anderen öffentlichen und privaten Belangen in der Regel zurück. Das hat zur Folge, daß nach der bundesgesetzliehen Regelung die Verursacherhaftung zurücktritt. Der Verwaltung wird mit der Abwägungsklausel ein Freiraum zur Verfügung gestellt, den sie naturschutzwidrig nutzen kann920 • Die Abwägungsklausel ist damit de lege lata für die Abgrabungen bedeutsam, die erhebliche Beeinträchtigungen für die Natur mit sich bringen, wegen ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung allerdings unverzichtbar sind.

4. Gebot von Ersatzmaßnahmen Ergibt die Abwägung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege mit den widerstreitenden anderen öffentlichen Belangen, daß diese Belange zwar nicht ausgleichbar, aber dennoch vorrangig sind, können die Länder für diese Fälle "weitergehende Vorschriften erlassen, insbesondere

So Sander, NuR 1986, 318. Vgl. Kolodziejcok!Recken, Naturschutz und Landespflege, § 1 Rdn. 26; OVG Rheinland-Pfalz, AS 19, 197; für den Bergbau vgl. Schulte, ZtB 1987,209 a.E. 919 Pielow, NuR 1979, 15; Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 426; Bertenbreiter, Naturschutz und Naturschutzrecht, S. 54; Schomerus, Defizite im Naturschutzrecht, S. 75; Ehr/ein, VBIBW 1990, 124. 920 So Schomerus, Defizite im Naturschutzrecht, S. 76. 917 918

E. Naturschutz- und Landschaftspflegerecht

275

solche über Ersatzmaßnahmen der Verursacher" (§ 8 Abs. 9 BNatSchG). Dies ist in nahezu allen Ländern geschehen921 • Eine scharfe begriffliche Unterscheidung zwischen Ausgleich und Ersatz ist allerdings weder in den einschlägigen Gesetzestexten noch im Schrifttum zu fmden922 • Nach Ronellenfitsch923 ist bei Ersatzmaßnahmen im Gegensatz zu den Ausgleichsmaßnahmen der funktionale Funktionszusammenhang zwischen Eingriff und Ausgleich aufgehoben. Erforderlich sei nur ein ursächlicher Zusammenhang: Die Ersatzmaßnahme sei ein rechtlich angeordnetes, kein naturwissenschaftlich-ökologisch gebotenes Instrument, da § 8 Abs. 9 BNatSchG nicht bestimme, daß sie zu einer Milderung der Eingriffsfolgen führen müsse; sie sei ein "aliud" zur Ausgleichsmaßnahme924• Mit ihr könnten auch ganz andere Faktoren (auch am Eingriffsort) geschaffen werden als die, welche zerstört würden925 • Soell926 sieht demgegenüber bei den Ersatzmaßnahmen gegenüber den Ausgleichsmaßnahmen eine Lockerung in funktionaler und räumlicher Hinsicht. In funktionaler Hinsicht genüge es für Ersatzmaßnahmen, daß sie einen Zustand schaffen, der dem bisherigen Zustand "ähnlich" sei, d. h. anstau auf Gleichartigkeit komme es auf Gleichwertigkeit an927 • In räumlicher Hinsicht 921 So § 11 Abs. 4 NatSchG BW; Art. 6 a Abs. 3 BayNatSchG; § 14 Abs. 5 S. 3, 4 NatSchG Bin; § 11 Abs. 5 Nr. 1, Abs. 6 BremNatSchG; § 9 Abs. 6 S. 1, 2 HbgNatSchG; § 12 Abs. 1 NdsNatSchG; § 5 Abs. 1 S. 1 LG NW; § 5 Abs. 3 LPflG RhPf; § 11 Abs. 3 SaarNG; § 8 Abs. 3 LPflegG SH; Ausnahme: § 6 HENatG. 922 Ronellenfitsch, VerwArch 1986, 184 plädiert deshalb dafür, den Begriff des Ausgleichs weit zu fassen, da dies den Vorteil habe, daß die mit den Ersatzmaßnahmen verbundenen Schwierigkeiten erst gar nicht auflcommen könnten; nach Gassner, NuR 1989, 66 ist der "Ersatz gegenüber dem Ausgleich ein Minus". 923 Ronellenfitsch, NuR 1986, 288; ders., VerwArch 1986, 183; ebenso Ehr/ein, VBffiW 1990, 124. 924 Gaentzsch, NuR 1986, 96. 925 Engelhardt/Brenner, BayNatSchG, Art. 6 a Rdn. 12; Gaentzsch, NuR 1986, 96. 926 Soell, Naturschutzrecht, in: Salzwedel, Umweltrecht, S. 530 f.; Schomerus, Defizite im Naturschutzrecht, S. 134; ebenso Gassner, NuR 1988, 70; im Anschluß an Art. 6 a Abs. 3 BayNatSchG wird ein möglichst gleichartiger Ersatz verlangt von: Friedlein!Weidinger, BayNatSchG, Art. 6 a Rdn. 7; Hosch, UPR 1983, 145. 927 Als Beispiel wird hier immer die Fläche angeführt, die bisher land- oder forstwirtschaftlich genutzt und zum Zwecke der Sand- oder Kiesgewinnung abgegraben worden ist. In diesem Falle könne eine Ersatzmaßnahme darin bestehen, daß der entstandene Baggersee als Freizeitzentrum ausgestaltet würde; vgl. dieses Beispiel und

18•

276

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

müsse die Ersatzmaßnahme anders als die Ausgleichsmaßnahme lediglich in einem regionalen ZUsammenhang mit dem Eingriff stehen928, da die Ersatzmaßnahme nicht auf dem Prinzip der Naturalrestitution, sondern auf dem Kompensationsgedanken beruhe929 • Angesichts dieser rechtstheoretischen Ansätze wird in jüngster Zeit immer häufiger die Frage gestellt, ob eine begriffliche Unterscheidung zwischen einem Ausgleich i.S.d. § 8 Abs. 2 BNatSchG und einem Ersatz i.S.d. § 8 Abs. 9 BNatSchG überhaupt notwendig ist930 • Diese Frage stellt sich auch vor dem Hintergrund, daß eine Maßnahme teilweise Ausgleich und teilweise Ersatz sein kann oder daß der ausgleichende und der ersetzende Charakter einer Maßnahme fließend ineinander greifen kann931 • Gaentzsch932 hebt in diesem Zusammenhang treffend hervor, daß nur dann "die Notwendigkeit zu scharfer begrifflicher Abgrenzung rechtlich gebotener Maßnahmen gegeben ist, wenn die rechtlichen Voraussetzungen, unter denen die Maßnahmen geboten und anzuordnen sind, unterschiedlich sind." Die Gebote und die Verbote des § 8 BNatSchG greifen von ihren Voraussetzungen und ihren Inhalten derart ineinander, daß zwischen ihnen keine Regelungslücken bestehen bleiben. Eine scharfe begriffliche Abgrenzung zwischen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist daher nicht unbedingt erforderlich933 •

die Diskussion darüber bei Pickert, BayVBI. 1978, 690; Breuer, NuR 1980, 96 mit Fn. 77; Soell, Naturschutzrecht, in: Salzwedel, Umweltrecht, S. 530; Schomerus, Defizite im Naturschutzrecht, S. 134; Berkemann, NuR 1993, 105; weitere Beispiele finden sich bei Schink, DVBI. 1992, 1401. 928 So auch Pielow, NuR 1979, 17; Breuer, NuR 1980, 96; a.A. wohl Pickert, BayVBI. 1978, 691, wonach die Ersatzmaßnahme in dem "betroffenen Landschaftsraum" durchgeführt werden muß; hierauf stellen auch ab: Art. 6 a Abs. 3 BayNatSchG; § 11 Abs. 5 Nr. 1, Abs. 6 BremNatSchG; § 9 Abs. 6 S. 1, 2 HbgNatSchG; § 11 Abs. 3 SaarNG; nach § 5 Abs. 1 S. 1 LG NW soll die Verwaltungseinheit der Gemeinde bzw. des Kreises maßgebend sein; § 5 Abs. 3 LPflG RhPf verlangt lediglich, daß die "gestörte Funktionen der Landschaft an einer anderen Stelle" durch Ersatzmaßnahmen gewährleistet werden; noch unbestimmter § 14 Abs. 5 S. 3, 4 NatSchG Bin; § 6 Abs. 3 S. 2 HENatG schreibt vor, daß ein räumlicher Zusammenhang bestehen soll. 929 Ähnlich Lorz, Naturschutzrecht, § 8 Anm. 10 b aa. 930 So Gaentzsch, NuR 1986, 96; Burmeister, Schutz von Natur und Landschaft, S. 119; Ronellenfitsch, VerwArch 1986, 184; Gassner, NuR 1988, 70 m.w.N. 931 Vgl. Ronellenfitsch, VerwArch 1986, 184. 932 Gaentzsch, NuR 1986, 96. 933 Anders aber Ehr/ein, VBlBW 1990, 124.

E. Naturschutz- und Landschaftspflegerecht

277

Unabhängig von allen Abgrenzungsschwierigkeiten ist mit Gassner934 festzuhalten, daß die Praxis sowohl mit den Ausgleichs- wie mit den Ersatzmaßnahmen zurechtkommt und daß der dabei gewonnene Erfahrungsschatz "die in vielfacher Hinsicht noch ungeklärte Eingriffsregelung·935 deutlicher und verständlicher macht. Ist damit für die Praxis der Anwendungsbereich der gesetzlichen Regelungen nicht mehr das vordringliche Problem, so rückt zur Zeit die Frage nach der Durchsetzbarkeil von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen immer mehr in den Vordergrund. Im Rahmen eines straßenrechtlichen Verfahrens hat der BadWürttVGH im Urteil vom 20.02.1992 entschieden, dem Träger der Straßenbaulast stehe das Enteignungsrecht auch zur Verwirklichung der im Planfeststellungsbescheid auferlegten naturschutzrechtlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu936 • Dieses Ergebnis, das Bedeutung auch für andere Verfahren des Fachplanungsrechts und damit für Abgrabungen hat, wird in der Literatur zu Recht kritisiert937 • Die Behörden können die für Ausgleichsund Ersatzmaßnahmen benötigten Flächen deshalb nur freihändig erwerben.

5. Ausgleichsabgaben Es sind Fälle denkbar, bei denen die Beeinträchtigung nicht ausgeglichen, die Belange des Naturschutzes zurücktreten und gleichwertige Ersatzmaßnahmen nicht möglich sind. In diesen Fällen würde die Verursacherhaftung völlig entfallen. Um das zu verhindern, haben verschiedene Landesgesetze auf der Ermächtigungsgrundlage des § 8 Abs. 9 BNatSchG die Möglichkeit der Erhebung von Ausgleichsabgaben geschaffen938 • 934 Gassner, NuR 1988, 70; ähnlich Pielow, NuR 1987, 165; anders wohl Burmeister, Schutz von Natur und Landschaft, S. 119, 127. 935 So Ronellenfitsch, VerwArch 1986, 184. 936 BadWürttVGH, NVwZ 1993, 595. 937 Sode Witt/Burmeister, NVwZ 1994, 38. 938 Vgl. zur Bedeutung des§ 8 Abs. 9 BNatSchG: BVerwGE 74, 308 (313 f.) und UPR 1989, 336; kritisch Schroeter, DVBI. 1979, 18, der aus der Nichterwähnung der Ausgleichsabgabe in § 8 BNatSchG schließt, diese werde vom BNatSchG nicht zugelassen. Dem ist entgegenzuhalten, daß § 8 BNatSchG als rahmengesetzliche Regelung darauf angelegt ist, durch landesgesetzliche Bestimmungen ausgefüllt zu werden; einen Überblick über die Iandesrechtlichen Regelungen fmdet sich bei Schomerus, Defizite im Naturschutzrecht, S. 136 f.

278

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Für den Abgrabungsunternehmer beschränken sich die praktischen Auswirkungen der Festsetzung einer Ausgleichsabgabe nicht nur auf die Zahlungspflicht. Die Umweltbehörden können eine genehmigte Abgrabung sofort einstellen, wenn der Bescheid mit der Bedingung versehen war, vor Abgrabungsbeginn eine naturschutzrechtliche Ausgleichsabgabe zu bezahlen939 •

a) Rechtmäßigkeit von Ausgleichsabgaben

Gerade bei der Gewinnung von Kies und Sand kann wegen der räumlichen Ausdehnung der Abgrabung und den damit verbundenen Umweltbelastungen die Festsetzung von Ausgleichsabgaben erforderlich werden. So hatte das Bundesverwaltungsgericht über die Rechtmäßigkeit einer Naturschutzabgabe zu befmden, die von einem Kiesbauunternehmer wegen des durch die Auskiesung verursachten Eingriffs in die Landschaft verlangt worden war. Das Unternehmen betrieb eine Kiesgrube in der Nähe des Bodensees. Bei der geplanten Erweiterung des Abbaus verlangte die zuständige Behörde nicht nur die Rekultivierung der in Anspruch genommenen Fläche, sondern darüber hinaus eine Abgabe in Höhe von 68.100,- DM als Ausgleich für die selbst durch Rekultivierungsmaßnahmen nicht auszugleichenden Schäden an der Landschaft. Das Bundesverwaltungsgericht wies die vom Unternehmer dagegen erhobene Klage ab940 • Die Abgabe sei nach baden-württembergischen Naturschutzgesetz rechtmäßig. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden gegen diese Sonderabgabe eigener Art nicht941 • Diese zu § 11 Abs. 3 NatSchG BW ergangene Entscheidung hatte die Rechtmäßigkeit einer subsidiären Ausgleichsabgabe zum Gegenstand942 • Diese greift nur ein, wenn Ausgleichsmaßnahmen in Natur oder in Form von Ersatzmaßnahmen an anderer Stelle nicht durchführbar sind. Wie die Abgabe Vgl. HessVGH, NVwZ-RR 1992, 469. BVerwG, NuR 1986, 294; so auch BadWürttVGH, DVBI. 1984, 639; zustimmend Gassner, UPR 1988, 323; ders., NuR 1988, 69; Schmidt, NVwZ 1988, 983. 941 Zur Erhebung einer naturschutzrechtlichen Ausgleichsabgabe wegen Versiegelung von Flächen (z.B. Parkraum für Lastkraftwagen oder Straßen in Richtung des Kiessees) vgl. VG Gießen, NVwZ-RR 1990, 596. 942 Ähnlich § 14 Abs. 6, Abs. 7 NatSchG Bin; § 11 Abs. 7, Abs. 8 BremNatSchG; § 9 Abs. 6 S. 3, Abs. 7 HbgNatSchG; § 11 Abs. 4, Abs. 5 SaarNG; § 8 Abs. 4 LPflegG SH; unterschiedlich § 6 Abs. 3 HENatG; Art. 6 a Abs. 3 S. 2 BayNatSchG; § 5 Abs. 1 LG NW. 939 940

E. Naturschutz- und Landschaftspflegerecht

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auszugestalten ist, ist in verschiedenen Ländern durch Rechtsverordnung bestimmt worden943 • Eine alternative Ausgleichsabgabe findet sich in § 5 Abs. 3 LPflG RhPf. Danach kann die zuständige Behörde den Verursacher verpflichten, Ersatzmaßnahmen durchzuführen oder den erforderlichen Geldbetrag einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zur Durchführung der Ersatzmaßnahmen zur Verfügung zu stellen. Diese Koppelung ist problematisch, da sie dazu führt, daß die Ausgleichsabgabe nur dann festgesetzt werden kann, wenn die Behörde eine geeignete Ersatzmaßnahme zu ermitteln vermag944 •

b) Formen der Ausgleichsabgaben Das Bundesverwaltungsgericht spricht im Zusammenhang mit der Ausgleichsabgabe von einem schadensersatzähnlichen Ausgleich für Eingriffe in Natur und Landschaft945 • Gassner946 hebt jedoch hervor, daß die Ausgleichsabgabe streng von dem im bürgerlichen Recht geläufigen "subjektiven Schaden" zu unterscheiden ist. Die Ausgleichsabgaben von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz stellen sich als eine Form der Verwirklichung des Integritätsinteresses dar947 • Mit der Ausgleichsabgabe will der Landesgesetzgeber in den Fällen, in denen der Substanzerhalt nicht möglich ist und Substanzeinbußen physisch-real nicht mehr reparierbar sind, wenigstens einen Wertausgleich, eine Entschädigung gewähren, die streng zweckgebunden nur Naturschutzzwecken dienen soll948 • Die anderen Länder haben ihre Ausgleichsabgabe mehr oder weniger als

Vorteilsabschöpfung ausgestaltet, um zu verhindern, daß der Verursacher von

z.B. in Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Bremen, Saarland. Soell, Naturschutzrecht, in: Salzwedel, Umweltrecht, S. 531 m.w.N. 945 BVerwG, NuR 1986,294. 946 Gassner, NuR 1988, 69 mit Nachweisen aus der zivilrechtliehen Kommentarliteratur. 947 § 11 Abs. 3 NatSchG BW; § 5 a LPflG RhPf; ähnlich § 14 Abs. 1 S. 3 NatSchG Bin. 948 Vgl. § 4 a AAVO BW. 943

944

280

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

nicht ausgleichbaren, meist also besonders gravierenden Eingriffen durch den Wegfall der Naturalrestitution Kosten spart949 • Besondere Regelungen fmden sich in Berlin und Baden-Württemberg. Nach§ 14 Abs. 6 NatSchG Bin und §50 Abs. 3 Nr. 2 NatSchG BW sind die Ausgleichsabgaben in einen Naturschutzfonds zu zahlen. Aus diesem Fond sollen Maßnahmen zum Schutz der Natur gefördert werden, die in keinerlei Beziehung zum Eingriff stehen. Insbesondere diese Regelung zeigt, daß die ursprüngliche Intention des § 8 BNatSchG, nämlich einen Ausgleich für die Beeinträchtigung entsprechend dem Verursacherprinzip herbeizuführen, verlassen wurde. Es soll kein Ausgleich für den Eingriff erzielt werden, sondern eine Verbesserung der allgemeinen fmanziellen Situation des Naturschutzes. Darüber hinaus erlaubt §50 Abs. 4 Nr. 5 NatSchG BW "den Erwerb von Grundstücken für Zwecke( ... ) der Erholungsvorsorge zu finanzieren". Schomerus950 hat in diesem Zusammenhang treffend hervorgehoben, es werde mit einer derartigen Regelung "in krassen Fällen möglich gemacht", "daß mit der Ausgleichsabgabe, die an sich zum Ausgleich eines Eingriffs erhoben werden soll, ein weiterer Eingriff in die Natur fmanziert wird".

c) Höhe der Ausgleichsabgaben Bei beiden Formen der Ausgleichsabgaben stellt die Festsetzung der Höhe das größte Problem und für den (Abgrabungs-) Unternehmer die wichtigste Frage dar951 . Die Rekultivierungskosten stellen überall dort, wo die Ausgleichsabgaben an die Stelle von Ersatzmaßnahmen treten oder treten können952, einen wesentlichen Berechnungsfaktor dar. Nur eine Obergrenze kön949 Vgl. hierzu ausführlich Gassner, NuR 1985, 180; ders., NuR 1988, 69; zur Bedeutung der Ausgleichszahlungen als Ressourcenbewirtschaftung vgl. SchweppeKraft, NuL 1992, 410. 950 Schomerus, Deftzite im Naturschutzrecht, S. 137; kritisch auch Ronellenjitsch, NuR 1986, 288, der die Gefahr sieht, daß die Ausgleichsabgaben zu Ablaßzahlungen verkümmern oder als Abschreckungs- und Disziplinierungsmittel mißbraucht werden können; ähnlich Mich/er, DVBI. 1986, 279. 951 Ausführlich dazu mit Berichten aus der Praxis Burmeister, Schutz von Natur und Landschaft, S. 133 ff.; zu dem Problem, daß die Ausgleichsabgabe so niedrig bemessen wird, daß sie für den Verursacher keinen Anreiz bildet, mit der Natur schonend umzugehen, vgl. Ebersbach, Landverbrauch, S. 413; Schomerus, Deftzite im Naturschutzrecht, S. 139. 952 § 5 Abs. 3 LPflG RhPf; § 6 Abs. 3 S. 1 HENatG.

E. Naturschutz- und Landschaftspflegerecht

281

nen die Rekultivierungskosten in den Ländern bilden, wo eine Ausgleichsabgabe erst erhoben werden darf, wenn Ersatzmaßnahmen ausscheiden. Im übrigen wird auf die Dauer und Schwere des Eingriffs, den Vorteil oder Wert für denVerursacherund die wirtschaftliche Zumutbarkeit abgestellt953 • Eine für andere Länder wegweisende Regelung fmdet sich dabei in BadenWürttemberg. In der Ausgleichsabgabenverordnung - AAVO - hat der Verordnungsgeber der Verwaltung präzise Rahmensätze vorgegeben954 • So sind nach § 2 Abs. 2 AAVO zu erheben: bei der Festsetzung nach der Fläche 0,50 bis 1,00 DM/m2 , bei der Festsetzung nach der Bodenentnahme 0,10 bis 0,30 DM/m3 , bei der Festsetzung nach den Baukosten 0,5 bis 2,0% 955 • Die AAVO hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 04.07.1986 für rechtmäßig erklärt956 • So ist es auch kaum verwunderlich, daß sie in den Bundesländern, in denen noch keine entsprechenden Regelungen bestehen, als Entscheidungshilfe herangezogen wird.

6. Verhältnis zu anderen Umweltgesetzen a) Verhältnis zum Wasserrecht

Wasserhaushalt, Wasser und Gewässer sind zunächst der unmittelbare Regelungsbereich des WHG und der Landeswassergesetze. Von der Erkenntnis aus, daß die Gewässer die Landschaft prägen und beleben sowie oftmals beherrschende Elemente in der Landschaft sind und daß sie zur Wasserversorgung, als Vorfluter für Abwässer, für die Fischerei und zu Erholungszwecken genutzt werden, regeln aber auch die Naturschutzgesetze den Schutz und die Pflege der Gewässer unter dem Aspekt der ökologischen Ausgewo953 Soell, Naturschutzrecht, in: Salzwedel, Umweltrecht, S. 531 m.w.N.; vgl. auch § 3 AAVO BW. 954 Zur Ausgleichsabgabe für einen Fernmeldeturm der Bundespost vgl. VG Freiburg, VBIBW 1985, 434 ff. 955 Nach Burmeister, Schutz von Natur und Landschaft, S. 148 sind die Abgabesätze allerdings viel zu niedrig bemessen; kritisch ebenso Uebersohn, NuR 1989, 117. 956 BVerwG, NuR 1986, 294.

282

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

genheit des Natur- und Landschaftshaushalts. So finden sich im BNatSchG beispielsweise folgende Bestimmungen957 : Der Wasserhaushalt ist ein wesentlicher Teil des Naturhaushalts. Die Leistungsfähigkeit des Wasserhaushalts - als Teil des Naturhaushalts - zu schützen, zu pflegen und zu entwickeln, zählt damit zu den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ((§ 1 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG). Wasser ist eines der lebenswichtigen Naturgüter. Die in§ 1 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG postulierte Nutzbarkeit der Naturgüter umfaßt auch die Nutzbarkeit des Wassers, die zu schützen, zu pflegen und zu entwickeln ist. Gewässer sind Lebensstätten für Pflanzen und Tiere und als solche von den naturschutzrechtlichen Vorschriften berührt(§§ 20 ff. BNatSchG). Gewässer sind schließlich prägende Bestandteile der Landschaft und werden von den entsprechenden Bestimmungen der Naturschutzgesetze (z.B. § 1 Abs. 1 Nr. 4, §§ 8, 12 ff. BNatSchG) erfaßt. Neben diesen Regelungen der Gewässer als Teile des Naturhaushalts und als Lebensstätte für Pflanzen und Tiere enthalten die Naturschutzgesetze auch Vorschriften, die sich gezielt auf Gewässer beziehen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 BNatSchG sind Wasserflächen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu erhalten und zu vermehren. Gewässer sind vor Verunreinigungen zu schützen, ihre natürliche Selbstreinigungskraft ist zu erhalten oder wiederherzustellen. Nach Möglichkeit ist ein rein technischer Ausbau zu vermeiden und durch biologischen Wasserbau zu ersetzen. Einige Naturschutzgesetze der Länder beschränken sich, soweit sie Gewässer betreffen, über diese allgemeinen Zielsetzungen hinaus auf die Verweisung auf andere Gesetze958 und auf die Regelungen des freien Zugangs zu den Gewässern und den Gemeingebrauch an Gewässem959 • Weitere Regelungen überlassen sie der landespflegerischen Planung durch Landschaftsprogramme und Landschaftspläne, den Vorschriften in Schutzbereichen für Natur und Landschaft und den einschlägigen wasserrechtlichen Vorschriften960 • Nur 957 958 959 960

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Sander, NuR 1986, 317.

z.B. Art. Abs. 2 BayNatSchG. z.B. Art. 22 BayNatSchG; §§ 13, 14 LPflG RhPf. hierzu zuletzt Gassner, UPR 1988, 321 ff.

E. Naturschutz- und Landschaftspflegerecht

283

soweit es sich um den Abbau von Steinen, Erden, insbesondere die Gewinnung von Kies, Sand, Mergel, Ton, Lehm, Moor oder Steinen handelt, die das Landschaftsbild erheblich verändern, treffen eine Reihe von Naturschutzgesetzen der Länder konkrete Bestimmungen, um zu verhindern, daß das Wirkungsgefüge der Landschaft durch Eingriffe, die Grundwasserverhältnisse in dem Boden, die Tier- und Pflanzenwelt und das Klima nachteilig geschädigt und eine Verunstaltung der Landschaft auf Dauer verhindert werden. Nach einigen Landesgesetzen haben schließlich die Gemeinden darauf hinzuwirken, daß ein dem landschaftlichen und standörtlichen Gegebenheiten und den Nutzungsformen gemäßer Flächenanteil des Gemeindegebiets aus Gewässern besteht961 • Vergleicht man diese Ziele und Grundsätze des Naturschutzrechts mit den Zielsetzungen des WHG, insbesondere in §§ 1 a, 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 a, so ergeben sich eine Reihe von Überschneidungen. Abgrenzen kann man beide Rechtsbereiche wie folgt: Das Wasserrecht ist

weiter, indem es neben dem Schutz des Wassers vor allem seine Nutzung regelt. Es ist aber auch enger als das Naturschutzrecht, als es gern. § 1

Abs. 1 WHG Wasser nur erfaßt, soweit es die Eigenschaft eines "Gewässers" besitzt. Das WHG mit seinem Schutzgut Wasser zielt damit nur auf den Schutz eines Umweltmediums962 • Solche Einschränkungen gelten für das Naturschutzrecht nicht. Dieses regelt neben dem Wasser auch alle anderen Umweltgüter und -medien und berücksichtigt diese in ihren wechselbezüglichen Zusammenhängen~

Aus dem sektoralen Bezug des Wasserrechts folgt, daß es als Iex specialis zum Naturschutzrecht angesehen werden muß964 • Das bedeutet, daß das WasVgl. z.B. § 3 Abs. 4 LPflG RhPf. Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 55; ZUleeg, Umweltschutzrecht, S. 281, 286; anders wohl Sander, NuR 1986, 318, wonach "der Offenheit des Wasserrechts" im Naturschutzrecht lediglich die Ausrichtung auf die begrenzten Ziele der §§ 1 und 2 BNatSchG gegenübersteht. ~ Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 55; Storm, Umweltrecht, S. 62; allgemein zur Frage, ob der Naturschutz eine sektorale oder eine querschnittsbezogene Aufgabe oder beides ist, vgl. Thum, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 214 mit umfangreichen Nachweisen zu den einzelnen Meinungen; kritisch bezüglich der Ergiebigkeit einer solchen Einteilung: Breuer, DVBI. 1988, 1230. 964 So ausdrücklich Salzwedel, NuR 1983, 43; ähnlich Stein, RdWWi 19, 22; nach Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 216 gibt es keinen generellen Vorrang des Wasserrechts als Iex specialis gegenüber dem Naturschutzrecht Das Verhältnis von Wasserrecht und Naturschutzrecht sei als ein gleichberechtigtes Nebeneinander anzusehen. 961 962

284

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

serrecht nicht von Regelungen des Naturschutzrechts verdrängt werden kann, wenn beide Normkreise tatbestandlieb einschlägig sind.

b) Verhältnis zum Wald- und Forstrecht Auch die Ziele des BWaldG und des BNatScbG sind weitgehend identiscb965. Die Regelungen des Forstrechts werden deshalb gegenüber dem Naturschutzgesetz allgemein als - vorrangige - Spezialregelungen angesehen, soweit Waldflächen beeinträchtigt werden können966• Dem ist zuzustimmen. Mit Schultze967 sind aber Einschränkungen zu machen. Einerseits besteht keine vollständige Deckungsgleicbbeit; die Ziele sind eben nur weitgehend identisch und stimmen nicht völlig überein. Zum anderen enthält das Forstrecht keine abschließende Regelung dergestalt, daß naturschutzrechtliche Vorschriften im Zusammenhang mit dem Wald keine Anwendung fmden sollen. Das Naturschutzgesetz bleibt deshalb anwendbar, soweit die Deckungsgleichheit nicht besteht, etwa im Hinblick auf besondere Gesichtspunkte und Schutzzwecke des Naturscbutzes968 , aber auch im Hinblick auf die weitergehende Kompensation im Zusammenhang mit der Regelung des § 8 BNatSchG969 •

c) Verhältnis zum Abgrabungsgesetz Trotz des engen Bezuges zum Bergrecht ist die Gewinnung von Bodenschätzen nach dem Abgrabungsgesetz NW nicht der wesentliche Inhalt des Abgrabungsgesetzes. Dieser ist vielmehr in dem Schutz vor der Landschaftsveränderung zu sehen, die mit der Gewinnung der Bodenschätze in Verbin-

965 Vgl. Klose/Orf, Forstrecht,§ 9 Rdn. 227; Schultze, NuR 1986, 108. 966 Vgl. den Bericht des Ausschusses Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Gesetzesentwurf des BNatSchG, BT-Drs. 7/5251, S. 7; Breuer, NuR 1980, 93; Lorz, Naturschutzrecht, § l, Vorbem. 5 b. 967 Schultze, NuR 1986, 108; Zerle, BayVBI. 1988, 135. 968 Vgl. dazu Klose/Orf, Forstrecht,§ 9 Rdn. 227. 969 Zum Waldgesetz und der Eingriffsregelung vgl. ausführlich Zerle, BayVBI. 1988, 135 f.

E. Naturschutz- und Landschaftspflegerecht

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dung steht. Das Abgrabungsgesetz ist daher als Teilmaterie des Natur- und Landschaftsschutzes gekennzeichnet970 • Im Verhältnis zum Naturschutzrecht - dem LSchG NW - ist das Abgrabungsgesetz das speziellere Gesetz971 • Das Abgrabungsgesetz regelt daher abschließend durch seinen § 3 Abs. 2 Nr. 2 die naturschutzrechtlichen Voraussetzungen für die Abgrabungsgenehmigung.

IV. Ergebnis § 8 BNatSchG verfolgt das Konzept, Natur und Landschaft durch das gesamte Verwaltungshandeln allgemein, aktiv und gestaltend zu schützen, zu pflegen und zu entwickeln. Die Vorschrift enthält einen Maßnahmenkatalog, der wie folgt gestaffelt ist: a. Zunächst ist der Verursacher eines Eingriffs zu verpflichten, vermeidbare Beeinträchtigungen zu unterlassen(§ 8 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG). b. Sind die Beeinträchtigungen unvermeidbar und gehen die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft vor, so ist der Eingriff zu untersagen (§ 8 Abs. 3 1. Alt. BNatSchG). c. Sind die Beeinträchtigungen unvermeidbar, müssen sie innerhalb einer bestimmten Frist ausgeglichen werden, soweit es zur Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege erforderlich ist (§ 8 Abs. 2 S. 1 BNatSchG). d. Ausgeglichen ist ein Eingriff dann, wenn nach seiner Beendigung keine erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigung des Naturhaushalts zurückbleibt und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist(§ 8 Abs. 2 S. 4 BNatSchG).

970 Brämer, NuR 1983, 206 mit Hinweis auf eine nicht veröffentlichte Entscheidung des BVerwG vom 14.01.1980 - 4 B 233/79 -; vgl. auch die Begründung zum Abgrabungsgesetz NW, LT-Drs. 7/1780, S. 1 A, 9; Steckert DVBI. 1974, 543 f.; Linke, Abgrabungsgesetz NW, Ein!., S. 1 m.w.N. 971 Vgl. die amtliche Begründung zum LSchG, LT-Drs. 8/5210, S. 2 f.; Linke, Abgrabungsgesetz NW, § 7 Anm. 2.2.

286

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

e. Ist ein Eingriff nicht im erforderlichen Maß auszugleichen und gehen die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft im Range vor, so ist der Eingriff zu untersagen(§ 8 Abs. 3 2. Alt. BNatSchG). f.

Ergibt die Abwägung, daß andere Belange, z. B. solche des Verkehrs oder der Wirtschaft, vorrangig sind, ist der nicht ausgleichbare Eingriff zulässig; für derartige Fälle können die Länder weitergehende Vorschriften, insbesondere über Ersatzmaßnahmen, erlassen (§ 8 Abs. 9 BNatSchG).

Eine Beeinträchtigung ist vermeidbar, wenn die mit dem Eingriff verfolgten Ziele auch auf eine Weise erreicht werden können, die Natur und Landschaft weniger beeinträchtigen. Auf eine faktische Vermeidbarkeit kommt es nicht an. Eingriffe in Natur und Landschaft durch Abgrabungen sind ausgeglichen, wenn die fragliche Fläche nach der Beendigung rekultiviert und ihrer alten Nutzung wieder zugeführt wird. Die Ausgleichsmaßnahmen müssen dabei noch in einem funktionalen Zusammenhang mit dem Eingriff stehen. In die "naturschutzrechtliche Abwägung" nach§ 8 Abs. 3 BNatSchG sind die in § 1 Abs. 1 BNatSchG angeführten Ziele des Naturschutzes und der Landespflege, nämlich die Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, der Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, der Pflanzen- und Tierwelt sowie der Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft als Lebensgrundlage des Menschen und als Voraussetzung für seine Erholung in Natur und Landschaft und die "sonstigen Anforderungen der Allgemeinheit an Natur und Landschaft" einzubeziehen. Bei jeder einzelnen Maßnahme ist daher das Allgemeininteresse (auch in wirtschaftlicher Hinsicht) an ihrer Ausführung gegenüber den Belangen des Naturschutzes abzuwägen. Durch dieses Abwägungserfordernis werden die Naturschutz- und Landespflegegesetze für fachfremde Belange geöffnet. Je unabdingbarer eine Maßnahme für die Allgemeinheit ist, um so mehr müssen die Belange des Naturschutzes zurücktreten. Die Untersagung gemäß § 8 Abs. 3 BNatSchG kann daher um so weniger durchgreifen, je größer und wirtschaftlich bedeutsamer ein Projekt ist.

F. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Abgrabungsgesetz

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Verschiedene Landesgesetze haben auf der Ermächtigungsgrundlage des § 8 Abs. 9 BNatSchG die Möglichkeit der Erhebung von Ausgleichsabgaben geschaffen. Das BNatSchG regelt alle Umweltgüter und -medien und berücksichtigt diese in ihren wechselbezüglichen Zusammenhängen. Die Wasser-, Waldund Forstgesetze und das AbgrG zielen demgegenüber auf den Schutz eines Umweltmediums und stellen insoweit Spezialregelungen zum BNatSchG dar.

F. Die Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Abgrabungsgesetz Das Abgrabungsgesetz (AbgrG) ist ein für Abgrabungen in NordrheinWestfalen geltendes Spezialgesetz. Dieses Gesetz ist am 01.01.1973 in Kraft getreten (§ 16 AbgrG)972 • Die letzte Novellierung erfolgte 1992. Nach dem neuen § 3 Abs. 6 AbgrG ist für Abgrabungen mit einer Größe von 10 Hektar oder mehr eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, die den Anforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 24.04.1992 entsprechen mußm.

I. Anwendungsbereich des Gesetzes Nach § 3 Abs. 1 AbgrG bedürfen Abgrabungen einer Genehmigung. Zuständig ist gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 AbgrG der Regierungspräsident. Der Genehmigungspflicht unterliegen alle, vom sachlichen Geltungsbereich des AbgrG erfaßten Abgrabungen, unabhängig von der Größe, der Fläche, der Tiefe des Bodeneingriffs, der Art und Menge der Bodenschätze sowie der voraussichtlichen Dauer(§ 3 Abs. 1 AbgrG). Gegenstand von Abgrabungen i.S.d. AbgrG sind Bodenbestandteile, die im Verfügungsrecht des Grundeigentümers stehen(§ 1 Abs. 1 Nr. 1 AbgrG) und deren Gewinnung nicht der Aufsicht der Bergbehörde unterliegt (§ 1 Abs. 3 AbgrG)974 • Ein Vorhaben erfüllt die begrifflichen Voraussetzungen einer genehmigungspflichtigen 972 Zur Frage, ob das Gesetz auch bei Abgrabungen anwendbar ist, die vor 1973 unterbrochen und später wieder fortbetrieben wurden, vgl. OVG Münster, NuR 1993,40. m Siehe hierzu noch unten G m. 974 Siehe ausführlich 1. Abschnitt A.l.2.

288

Zweiter Abschn. : Genehmigungsvoraussetzungen

Abgrabung auch dann, wenn Zweck der beabsichtigten Maßnahme nicht die Gewinnung von Bodenbestandteilen, sondern die Tieferlegung eines als Fischteich genutzten Gewässers ist und die Kiesgewinnung das einzig mögliche, mithin notwendige Mittel zur Erreichung dieses vom Unternehmer angestrebten Ziels der Tieferlegung ist97s. Anders ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn die Abgrabungsfläche später wieder mit Abfall - wozu auch Bauschutt zählen kann - verfüllt werden soll976. Abgrabung und Verfüllung bilden einen einheitlichen Vorgang, der als solcher insgesamt in einem abfallrechtlichen Planfeststellungsbeschluß oder einer Genehmigung nach § 7 Abs. 2 AbfG geregelt werden muß. Das OVG Münster leitet den einheitlichen Regelungsgegenstand aus der Tatsache ab, daß ohne Kenntnis der Tiefe und Beschaffenheit der Grube nicht beurteilt werden kann, ob und welche Abfälle abgelagert werden dürfen. Weiterhin kann der Erdaushub als solcher ohne konkrete Kenntnis darüber, wie die Auffüllung erfolgen wird, nicht beurteilt werdenm.

II. Struktur der Aograoungsgenehmigung Für die Rechtsnatur der Abgrabungsgenehmigung gelten dieselben Grundsätze, die für die Baugenehmigung anerkannt sind978 . § 3 Abs. 1 AbgrG enthält folglich auch ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt979•

111. § 3 Abs. 2 AbgrG als Öffnungsklausel Einbruchstelle für umweltrechtliche Vorschriften anderer Fachgesetze in die Abgrabungsgenehmigung ist § 3 Abs. 2 AbgrG. Nach dieser Vorschrift ist die Abgrabungsgenehmigung als Kontrollerlaubnis und gebundene Entscheidung zu erteilen, wenn ein vollständiger Abgrabungsplan vorliegt, die 975 VG Düsseldorf, NuR 1984, 80. 976 Zur vergleichbaren Situation bei der Trockenabgrabungen auf der Grundlage von wasserrechtlichen Erlaubnissen siehe oben B.ill.2. m OVG Münster, NWVBI. 1992, 58 (59).

978 Schneider, DÖV 1988, 859. 979 Dickschen, Raumordnungsverfahren, S. 196; Kurzinsky, AgrarR 1973, 215;

Schneider, DÖV 1988, 859.

F. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Abgrabungsgesetz

289

Ziele der Raumordnung und Landesplanung sowie die Belange der Bauleitplanung, des Naturhaushaltes, der Landschaft und Erholung beachtet sind und andere öffentliche Belange im Einzelfall nicht entgegenstehen. Zu den ausdrücklich nicht genannten Belangen gehören beispielsweise die Belange der Wasserwirtschaft, der Luftreinhaltung, des Lärmschutzes oder des Denkmalschutzes980.

1. Belange der Bauleitplanung Bei der in § 3 Abs. 2 AbgrG gebrauchten Formulierung könnte man meinen, daß mit den dort genannten Belangen der BauZeitplanung nur auf die Darstellungen und Festsetzungen von Bauleitplänen abgehoben wird981 . Dies kann aber nicht richtig sein. Die Abgrabungsgenehmigung erstreckt sich nämlich nicht nur auf die Feststellung, daß das Vorhaben die im Abgrabungsgesetz gestellten Anforderungen erfüllt. Sie schließt nach § 7 Abs. 3 AbgrG auch die erforderliche Baugenehmigung ein und damit auch die Feststellung, daß das Vorhabenbauordnungs-und bauplanungsrechtlich zulässig ist982 . Die Abgrabung ist mithin sowohl an den Vorschriften der Landesbauordnungen als auch an §§ 30, 34 und 35 BauGB zu messen983 . Die zu diesen Vorschriften bereits an anderer Stelle vorgenommenen Ausführungen984 gelten für die Abgrabungen nach dem Abgrabungsgesetz entsprechend. Es kann darauf verwiesen werden.

980 Vgl. Linke, Rohstoffgewinnung und Umweltschutz, in: Speetzen, Rohstoffe und Umwelt, S. 22. 981 So wohl auch Steckert, DVBI. 1974, 548; OVG Münster, NuR 1982,27. 982 Zur beschränkten Konzentrationswirkung der Abgrabungsgenehmigung siehe oben 1. Abschnitt A.ID.; zu einer isolienen Abgrabungsgenehmigung neben einem Planfeststellungsbeschluß vgl. OVG Münster, NuR 1985, 196. 983 Vgl. BVerwG, DVBI. 1983, 893; ähnlich VG Minden, NuR 1982, 200; NuR 1983,205. 984 Siehe oben C.IV. 19 Büllesbach

290

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

2. Ziele der Raumordnung und Landesplanung Die Abgrabungsgenehmigung ist nach§ 3 Abs. 2 Nr. 2 AbgrG zu erteilen, wenn die Ziele der Raumordnung und Landesplanung beachtet sind985 • Diese Raumordnungsklausel ist rechtlich bedenklich, da das Landesrecht in bodenrechtlicher (bebauungsrechtlicher) Hinsicht die Zulässigkeil von Abgrabungen größeren Umfangs(§ 29 S. 3 BauGB) gegenüber§ 35 BauGB weder einengen noch erweitern kann. Das Bundesverwaltungsgericht hatte 1983 die Frage zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen die Einrichtung eines Steinbruchs zulässig ist. Das Vorhaben war am AbgrG und damit auch an § 3 Abs. 2 Nr. 2 zu messen. Das Landesrecht darf aber für Vorhaben, die unter § 29 BauGB fallen, die bodenrechtliche Zulässigkeilsvoraussetzungen weder weiter noch enger ziehen als das Baugesetzbuch986 • Es darf also einer gemäߧ 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegierten Abgrabung, der im Sinne des Baugesetzbuches Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder Darstellungen eines Flächennutzungsplans nicht hinreichend konkret entgegenstehen und die folglich bauplanungsrechtlich zulässig sind, nicht gleichwohl die Zulässigkeil absprechen, weil nach dem Abgrabungsgesetz ein geringerer Grad an Konkretisierung der Planziele ausreicht, um eine Abgrabung zu verhindern. Über die bebauungsrechtliche Zulässigkeil von Vorhaben einschließlich von Abgrabungen größeren Umfangs (§ 29 S. 3 BauGB) hat der Bundesgesetzgeber in den §§ 29 bis 37 BauGB eine abschließende Regelung getroffen; der Landesgesetzgeber hat insoweit gem. Art. 74 Nr. 18, Art. 72 Abs. 1 GG keine Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet des Bodenrechts987 •

985 Vgl. auch die Verwaltungsvorschrift zu § 3 Abs. 2 AbgrG NW, wonach die Ziele der Raumordnung und Landesplanung als Grundsätze, Ziele und sonstige grundsätzliche Erkenntnisse der Raumordnung und Landesplanung defmiert sind; abgedruckt bei Linke, Abgrabungsgesetz NW, S. 17; kritisch Linke, Abgrabungsgesetz NW, § 3 Anm. n 2. 986 BVerwGE 55, 272. 987 BVerwG, UPR 1983, 335; DVBI. 1983, 893; zuletzt: BVerwG, UPR 1988, 265; vgl. auch Dickschen, Raumordnungsverfahren, S. 197 mit Hinweis auf das nicht veröffentlichtes Urteil des OVG Münster vom 23.05.1984 - 7 A 1691/82 -

F. Genehmigungsvoraussetzungen nach dem Abgrabungsgesetz

291

3. Landschaftsordnung und sonstige öffentliche Belange Der Begriff Landschaftsordnung wird in § 3 Abs. 3 AbgrG genauer erläutert: Er umfaßt Bereiche des Forst-, Natur- und Landschaftsschutzrechts. Belange der Landschaftsordnung sind in der Regel beachtet, wenn die Nutzung und Herrichtung des Abbau- und Betriebsgeländes das Wirkungsgefüge der Landschaft durch Eingriffe in die Tier- und Pflanzenwelt, die Grundwasserverhältnisse, das Klima und den Boden nicht nachhaltig schädigt und eine Verunstaltung der Landschaft auf Dauer vermieden wird sowie Landschaftsteile von besonderem Wert nicht zerstört werden988 • Andere öffentliche Belange stehen einer Abgrabung nach § 3 Abs. 4 AbgrG insbesondere entgegen, wenn das Ortsbild auf Dauer verunstaltet oder der Nachweis ausreichender Ab- und Zufahrtswege nicht erbracht wird989 • Im übrigen kann bezüglich der Auslegung der öffentlichen Belange auf die umfangreiche Rechtsprechung und Literatur zu § 35 BauGB zurückgegriffen werden990 •

IV. Ergebnis In Nordrhein-Westfalen bedürfen nach § 3 Abs. 1 AbgrG Abgrabungen einer Genehmigung. Abgrabungen sind Bodenbestandteile, die im Verfügungsrecht des Grundeigentümers stehen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 AbgrG) und deren Gewinnung nicht der Aufsicht der Bergbehörde unterliegt (§ 1 Abs. 3 AbgrG).

Für die Rechtsnatur der Abgrabungsgenehmigung gelten dieselben Grundsätze, die für die Baugenehmigung anerkannt sind. § 3 Abs. 1 AbgrG enthält folglich auch ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Eine Einbruchstelle für Belange, die in anderen Fachgesetzen eine besondere RegelQJlg erfahren haben, bildet § 3 Abs. 2 AbgrG. Nach dieser Vorschrift ist die Abgrabungsgenehmigung zu erteilen, wenn ein vollständiger 988 Kurzinsky, AgrarR 1973, 216; vgl. zu den Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes ausführlich Linke, Rohstoffgewinnung und Umweltschutz, in: Speetzen, Rohstoffe und Umwelt, S. 22 ff. 989 Kurzinsky, AgrarR 1973, 216. 990 Siehe dazu C.IV.2.b)

19•

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Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Abgrabungsplan vorliegt, die Ziele der Raumordnung und Landesplanung sowie die Belange der Bauleitplanung, des Naturhaushaltes, der Landschaft und Erholung beachtet sind und andere öffentliche Belange im Einzelfall nicht entgegenstehen.

G. Die Einbeziehung der Umweltverträglichkeitsprüfung in die bundes- und Iandesrechtlichen Genehmigungsverfahren I. Die Richtlinie der EG über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-RL)

Der Rat der Europäischen Gemeinschaft (EG) hat am 27. Juni 1985 eine Richtlinie "über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten" (UVP-RL)991 beschlossen.

1. Rechtsgrundlagen und Zielsetzung Die UVP-RL basiert auf den EG-Aktionsprogrammen für den Umweltschutz von 1973992 und 1977993 , die u.a. Grundsätze enthalten zur frühzeitigen Vermeidung von Umweltbelastungen sowie zur Notwendigkeit, die Auswirkungen umweltbelastender Projekte abzuschätzen994 • Inhaltlich handelt es sich bei der UVP um die möglichst frühzeitige und umfassende Prüfung der von bestimmten Großprojekten zu erwartenden Umweltauswirkungen995 • Zugleich soll durch die Vereinheitlichung der Genehmigungsvoraussetzungen für die in Anhang I und II der UVP-RL aufgeführten Projekte vermieden werden, daß durch eine unterschiedliche 991 Richtlinie des Rates über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten 851337/EWG, ABI. EG v. 05.07.1985 L 175/40; abgedruckt in DVBI. 1987, 829 ff. 992 ABI. EG Nr. C 112 vom 10.12.1973. 993 ABI. EG Nr. C 139 vom 13.06.1977. 994 Vgl. dazu ausführlich Erbguth/Schoeneberg, WiVerw. 1985, 103; zur Entwicklung der UVP vgl. auch Cupei, WiVerw. 1985, 63 ff.; zum Umweltschutz im Europäischen Gemeinschaftsrecht vgl. Nicolaysen, Umweltschutz, S. 197 ff. 995 Vgl. Bunge, ZtU 1984, 405; Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, s. 417f.

G. Einbeziehung der Umweltverträglichkeitsprüfung

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Genehmigungspraxis in den Mitgliedstaaten Wettbewerbsverzerrungen in der Weise auftreten, daß aus einem Mitgliedstaat mit strengeren Genehmigungsvoraussetzungen zahlreiche Großbetriebe "abwandern" in Nachbarmitgliedstaaten, die vorsorgenden Umweltschutz gegenüber Großanlagen weniger intensiv betreiben und wo daher eine Anlagengenehmigung leichter zu erhalten ist996 • Rechtsgrundlagen der UVP-RL sind daher Art. 235 EWG-Vertrag (EG-Umweltmaßnahmen) und Art. 100 EWG-Vertrag (Wirtschaftsmaßnahmen)997. Die UVP-RL ist nach Art. 189 Abs. 3 EWG-Vertrag für die Mitgliedstaaten verbindlich und war gern. Art. 12 UVP-RL bis drei Jahre nach Verkündung in innerstaatliches Recht umzusetzen998 •

2. Inhalt der UVP-RL Die UVP soll als "Instrument der Erkenntnis und Information" dazu beitragen, daß Genehmigungsbehörden ihre Entscheidungen auf der Grundlage einer möglichst vollständigen Information über sämtliche Umweltaspekte der betreffenden Vorhaben treffen können999• Die Richtlinie dient so der Verbesserung der Information über die Umweltauswirkungen von Vorhaben und damit der Verbesserung der behördlichen Entscheidungsvorbereitung1000• Damit soll sichergestellt werden, daß in den Mitgliedstaaten eine Genehmigung für öffentliche und private Projekte, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, erst nach vorheriger Beurteilung der möglichen erheblichen Umweltauswirkungen erteilt wird1001 •

996 Vgl. Begründung zur UVP-RL, BT-Drs. 9/166, S. 9; Bunge, Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 13; zur Bedeutung der UVP bei öffentlichen Vorhaben vgl. Salzwedel, Umweltverträglichkeitsuntersuchung, S. 92. 997 Zu den Umweltkompetenzen der EG vgl. Grabiz!Zo.cker, NVwZ 1989, 297 ff. 998 Zur Frage, ob nach Ablauf der Umsetzungsfrist für die UVP-RL bis zum Inkrafttreten des UVPG eine UVP in unmittelbarer Anwendung der Richtlinie anzuwenden war, vgl. BVerwG, DVBI. 1993, 1152 (verneinend). Eine Übersicht über die Umsetzung der Richtlinie in der EU fmdet sich bei Erbguth/Schink, UVP-Kommentar, Ein!. Rdn. 36.. 999 Vgl. Begründung zur UVP-RL, BT-Drs. 9/166, S. 7, 13 f. 1000 Vgl. BT-Drs. 1113919, S. 1. 1oo1 Vgl. die Amtliche Begründung des Rates, S. 40.

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Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Die UVP-RL gilt allerdings nur für bestimmte, in Anhang I und II enumerativ aufgeführte Projekte, so daß keineswegs alle umweltrelevanten Vorhaben erfaßt werden. Abgrabungen sind hier nicht ausdrücklich aufgeführt. Zu den Projekten in Anhang II zählt aber der Bergbau. Das bedeutet, daß dieser der UVP-RL nur insoweit unterstellt werden muß, als seine "Merkmale nach Auffassung der Mitgliedstaaten dies erfordern", Art. 4 Abs. 2 UVP-RV002 • Den wesentlichen Inhalt der UVP-RL hat Erbguth1003 wie folgt zusammengefaßt: 1. Die Richtlinie regelt die Umweltverträglichkeitsprüfung im wesentlichen nur als Verfahren. Inhaltliche Fragen werden lediglich marginal, methodische Gesichtspunkte überhaupt nicht erfaßt. 2. Die UVP ist auf der Genehmigungsebene angesiedelt, also auf der Stufe des oder der Verfahren, aufgrund derer der Projektträger das Recht zur Durchführung seines Vorhabens erhält. 3. Die UVP stellt ein frühzeitiges Verfahren in dem Sinne dar, daß vor Erteilung der Genehmigung die Projekte, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, auf diese Auswirkungen hin untersucht werden. 4. Die Richtlinie verpflichtet zu einer UVP mit integrativem Ansatz, bei dem nicht nur die Wirkungen des Vorhabens auf die einzelnen Umweltgüter, sondern auch die Wechselwirkungen zwischen diesen Umweltfaktoren identifiziert, beschrieben und bewertet werden.

5. Der Richtlinie i.V.m. ihrem Anhang III zufolge hat der Projektträger weitreichende Angaben vorzulegen, und zwar neben einer Beschreibung des Projekts eine Zusammenstellung der Maßnahmen zur Vermeidung, Einschränkung und dem Ausgleich der bedeutenden Auswirkungen auf die Umwelt. 6. Im Rahmen der UVP hat neben einer Beteiligung der in ihrem Aufgabenhereich berührten Behörden und einer Information projektbetroffener Mitgliedstaaten eine Öffentlichkeitsbeteiligung dergestalt stattzufmden, daß der Öffentlichkeit jeder Genehmigungsantrag und die weiteren nach Art. 5 eingeholten Informationen, also insbesonde1002

1003

Siehe zur UVP im Bergbau oben 2. Abschnitt A.ill.3 . Vgl. Erbguth, VR 1988, 5.

G. Einbeziehung der Umweltverträglichkeitsprüfung

295

re die Angaben des Projektträgers, zugänglich gemacht wird. Darüber hinaus muß der betroffenen Öffentlichkeit Gelegenheit gegeben werden, sich zu dem Projekt vor seiner Durchführung zu äußern. 7. Die vom Projektträger, von den berührten Behörden, der Öffentlichkeit und den konsultierten Mitgliedstaaten eingeholten Angaben sind im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zu beiiicksichtigen. Die UVP-RL will also kein neuartiges, fachübergreifendes Genehmigungsverfahren schaffen. Die Richtlinie enthält inhaltliche und verfahrensmäßige Mindestanforderungen für die nach nationalem Recht durchzuführenden Genehmigungsverfahren1004 • Die Kernvorschrift fmdet sich in Art. 3 UVP-RL. Diese Vorschrift verlangt nicht nur, daß die Umweltverträglich.keitspiiifung die Auswirkungen von Vorhaben auf sämtliche Umweltfaktoren erfaßt, sondern daß sich die Piiifung auch auf die diesbezüglichen ökologischen Wechselwirkungen erstreckt1005 • Dieser integrativer, medienübergreifende Ansatz entspricht einem Umweltverständnis, das die unterschiedlichen Umweltsektoren in eine ganzheitliche Betrachtung der Umwelt einbezieht 1006•

3. Umsetzung der UVP-RL in deutsches Recht Die Frage der gesetzlichen Umsetzung der UVP-RL beherrschte - was Salzwedel hervorhebt1007 - lange Zeit die Diskussion in der Literatur1008 • 1004

Ausführlich dazu Bunge, Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 23 ff. m.w.N.

1oos Vgl. BT-Drs. 11/3919, S. 13.

Vgl. Erbguth/Schink, UVP-Kommentar, § 2 Rdn. 27 ff. Salzwedel, NVwZ 1987, 276 Fn. 4; Soell/Dirnberger, NVwZ 1990. 705. 1008 Vgl. zur Diskussion Erbguth/Schink, UVP-Kommentar, Einl. Rdn. 1 ff.; Erbguth, Rechtssystematische Grundfragen des Umweltrechts, S. 391 ff.; ders., DVBI. 1987, 826; Cupei, DVBI. 1985, 818; ders., Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 3 ff.; Bleckmann, WiVerw. 1985, 86; BartelSperger, DVBI. 1987, 5; Bunge, DVBI. 1987, 819; Schmidt-Aßmann, DVBI. 1987, 826; v. Mutius, BayVBl. 1988, 641, 678; Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 1; Weber, UPR 1988, 206; Wahl, DVBI. 1988, 86; Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, DVBI. 1988, 21; Schröder, UPR 1989, 56; Klcepfer, Umweltrecht, § 4 Rdn. 81 ff.; vgl. allgemein zu den Problemen der Umsetzung europäischen Gemeinschaftsrechts in das nationale Umwelt- und Technikrecht Salzwedel, UPR 1989, 41 ff.; zur Prüfung der UVP in anderen Ländern vgl. BTDrs. 1113919, S. 14; Backes, UPR 1988, 216; Hundertmark, Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 40 ff. 1006 1007

296

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Dabei sind vielfältige Vorschläge gemacht worden. Diese bezogen sich zum einen auf den gesetzestechnischen Weg (eigenständiges UVP-Gesetz, UVPLeitgesetz, Artikelgesetz, einzelgesetzliche Novellierung) 1009. Zum anderen wurde untersucht, welche Auswirkungen die UVP auf das bergrechtliche 1010 , wasserrechtliche1011 , baurechtliche1012 oder das naturschutzrechtliche1013 Verfahren haben kann. Das Bundesumweltministerium beabsichtigt, die Umsetzung der UVP-RL in zwei Stufen vorzunehmen1014 . Aus Gründen der Praktikabilität sollen in einem ersten Schritt die materiellen und formellen Anforderungen der Richtlinie in bestehende Verfahren integriert werden. Ein weiterer Umsetzungsschritt soll erfolgen, wenn praktische Erfahrungen mit der UVP vorliegen1015 . Erst im Rahmen dieses zweiten Schrittes könnte der methodische Ausbau der UVP in Betracht kommen1016. In Ausfüllung der ersten Stufe hat der Bundestag am 16.11.1989 das Gesetz zur Umsetzung der UVP-RL beschlossen1017 . Hieraufl018 soll im folgenden näher eingegangen werden. 1009 Vgl. hierzu Bunge, Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 45 ff.; Hundertmark, Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 94 ff.; Cupei, Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 236 ff.; Wahl, DVBI. 1988, 87; Schad, BWVPr. 1988, 117. 1010 Vgl. Schulte, ZtB 1987, 226 ff.; Dammert, DVBI. 1989, 242 ff. 1011 Vgl. Sa[zwedel, NVwZ 1988, 495 f.; Bückmann, UPR 1988, 362; Weber, UPR 1988, 210. 1012 Vgl. Braun, UVP in der Bauleitplanung, S. 48 ff.; Müller, UPR 1988, 382 f.; Erbguth, VR 1988, 8; Bosselmann, DVBI. 1988, 724. 1013 Vgl. Bunge, Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 67 f.; Hundertmark, Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 102 ff.; Erbguth/Schoeneberg, WiVerw. 1985, 125; Erbguth, VR 1988, 6; ders., Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 425 f.; vgl. auch Carlsen, NuR 1984, 49, wonach sich das gegenwärtige Naturschutzrecht fiir eine Umsetzung der UVP "geradezu anbietet"; zur Umsetzung der UVP-RL bei Projekten im Naturschutz und in der Landwirtschaft vgl. Gassner, AgrarR 1986, 337 ff. 1014 Vgl. auch BVerwG, NVwZ 1992, 1093. 1015 Vgl. die Begründung zum UVPGE, BT-Drs. 11/3919, S. 15; kritisch zu diesem Zwei-Stufen-Modell: Sachverständigenrat für Umweltfragen, Stellungnahme zur UVP, S. 7, abgedruckt in DVBI. 1988, 21 ff. 1016 Zu den methodischen Fragen vgl. ausfiihrlich Bückmann, UPR 1988, 363 ff. 1017 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 27.06.1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (85/337/EWG) vom 12.02.1990 - BGBI. 1990 I, S. 205; kritisch bereits zum Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 29.06.1988 (BR-Drs. 335/88) und vom 26.01.1989 (BT-Drs. 11/3919): Bückmann, UPR 1988, 362: "Die nach der vorliegenden Fassung des UVPGE formale und stark eingeschränkte Aufnahme des integrativen Ansatzes löst den ganzheitlichen Anspruch der UVP nicht hinreichend ein

G. Einbeziehung der Umweltverträglichkeitsprüfung

297

II. Das Gesetz über die UVP (UVPG) Nach dem am 1. August 1990 in Kraft getretenen Gesetz erfolgt die Umsetzung regelungstechnisch in Form eines Artikelgesetzes. Art. 1 enthält als Stammgesetz das "Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG)", §§ 1-21 (mit Anlage zu § 3 UVPG und Anhang zu dieser Anlage)1019; die nachfolgenden Art. 2-14 des Umsetzungsgesetzes haben Änderungen der hiervon betroffenen (Fach-)Gesetze des Bundes und Schlußvorschriften zum Gegenstand 102o. Zweck des Gesetzes ist es nach § 1 UVPG, sicherzustellen, daß nach einheitlichen Grundsätzen die Auswirkungen von Vorhaben auf die Umwelt frühzeitig und umfassend ermittelt, beschrieben und bewertet werden, das Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung so früh wie möglich bei allen behördlichen Entscheidungen über die Zulässigkeit berücksichtigt wird. Mit der Formulierung "so früh wie möglich" wird der Tatsache Rechnung getragen, daß die UVP nur dann ein wirkungsvolles Instrument sein kann, wenn ihr Ergebnis vorliegt, bevor rechtliche oder faktische Bindungen eingetreten sind1021 .

und steht an der Grenze dessen, was sich noch als UVP bezeichnen läßt"; ähnlich Steinberg, DVBI. 1988, 1001: nlnsgesamt spiegelt der Gesetzentwurf die in der Begründung deutlich werdende Sorge wieder, nur nichts zu verändern [UVPGE, Begründung, S. 7 ff., 13, 15, 17]. Das müßte jedoch das Ziel eines UVPG sein"; anders Soell!Dirnberger, NVwZ 1990, 707; Weber/Hel/mann, NJW 1990, 1633, die dem UVPG weitgehende Richtlinienkonformität bestätigen; kritisch zum UVPG: Dohle, NVwZ 1989, 697; Soell/Dirnberger, NVwZ 1990, 706 ff. 1018 Zur Entstehungsgeschichte vgl. ausführlich Weber/Hel/mann, NJW 1990, 1626; zum Referentenentwurf einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 19.06.1991 vgl. Kühling, UVP-report 1992, 2; Rammer, UVP-report 1992, 10. 1019 Vgl. dazu Erbguth, NVwZ 1988, 970 f.; Weber/Hel/mann, NVwZ 1990, 1625; Peter, NuR 1990, 103; Becker, BayVBI. 1990, 253. 102o Vgl. dazu Erbguth, NVwZ 1988, 971 f. 1021 Vgl. BT-Drs. 1113919, S. 20.

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Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Eine Definition der UVP1022 findet sich in § 2 Abs. 1 S. 2 UVPG. Dort heißt es: "Die Umweltverträglichkeitsprüfung umfaßt die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen eines Vorhabens auf 1. Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen, 2. Kultur und sonstige Sachgüter." 1023 Der durch Art. 3 UVP-RL gemeinschaftsrechtlich vorgegebene "gesamthafte" oder "integrative" Ansatz1024 wird durch § 2 Abs. 1 S. 4 UVPG eingelöst: "Wird über die Zulässigkeit eines Vorhabens im Rahmen mehrerer Verfahren entschieden, werden die in diesem Verfahren durchgefiihrten Teilprüfungen zu einer Gesamtbewertung aller Umweltauswirkungen, einschließlich der Wechselwirkungen, zusammengefaßt". Welche Zulassungsverfahren im einzelnen einer UVP zuzuführen sind, ergibt sich aus §§ 2 Abs. 2, 3 UVPG i.V.m. dem enumerativen Katalog der

Anlage zu § 3 UVPG. Die Projekte werden anders als in Anhang I und II der UVP-RL nicht in ihrer physischen Qualität, sondern rechtstechnisch erfaßt. Abgesehen von dem Planfeststellungsverfahren zur Aufstellung eines Rahmenbetriebsplans1025 ist für ein Abgrabungsvorhaben nach§ 3 UVPG i.V.m. Nr. 6 der Anlage eine Umweltverträglichkeitsprüfung nur durchzuführen, als

1022 Vgl. auch den UVP-Begriff von Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 1: "Die UVP dient der Vermeidung, der Minderung oder dem Ausgleich schädlicher Umweltauswirkungen von Maßnahmen. Sie ist ein Teil der Entscheidungsvorbereitung und bezieht sich sowohl auf das Wie als auch auf das Ob der Maßnahme. Sie ist ein staatlich geregeltes Verfahren mit bestimmten verfahrensmäßigen und inhaltlichen Mindestelementen, nicht lediglich eine Studie oder ein Gutachten, dem ein bereichsübergreifender, ganzheitlicher Ansatz zugrunde zu legen ist" . Zu weiteren UVP-Formeln vgl. Hundertmark, Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 31 ff.; Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 417 m.w.N. 1023 Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, vor dem Wort "Auswirkungen" die Worte "unmittelbare und mittelbare" einzufügen (BT-Drs. 1113919, S. 34). Dem Vorschlag hat die Bundesregierung nicht zugestimmt (BT-Drs. 1113919, S. 47). 1024 Vgl. hierzu ausfiihrlich Erbguth, DÖV 1988, 481 ff. 1025 Zur Umweltverträglichkeitsprüfung bei Vorhaben des untertägigen Steinkohlebergbaus vgl. Knöchel, NWVBI. 1992, 117 ff.

G. Einbeziehung der Umweltverträglichkeitsprüfung

299

für dessen Zulassung ein wasserrechtliches Planfeststellungsverfahren nach § 31 WHG durchzuführen ist1026.

111. Bedeutung des UVPG für Abgrabungen Bezüglich des wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahrens ist die Umsetzungsproblematik lösbar1027. Die den Planfeststellungen eigentümliche Konzentrationswirkung trägt dem übermedial-integrativen Ansatz der UVP vorbildlich Rechnung. Der den Behörden im Rahmen der Entscheidungsfmdung zustehende planensehe Gestaltungsspielraum ermöglicht die Berücksichtigung der UVP-Ergebnisse im Rahmen der damit angeordneten planensehen Abwägung 1028.

1026 Bei bergbauliehen Vorhaben i. S. der Anlage zu § 3 UVPGE fmden die zentralen Anforderungen der UVP in den §§ 5-14 UVPGE keine Anwendung. Begründet wird dies mit der Einführung eines neuen bergrechtliehen Planfeststellungsverfahren mit UVP-gerechten Vorschriften in das BBergG (so die Begründung des UVPGE, BT-Drs. 11/3919, S. 17 f., 30). Kritisch hierzu Steinberg, DVBI. 1988, 996: "Diese - erneute - verfahrensrechtliche Sonderbehandlung, für die weniger sachliche Gründe als Tradition und Gewicht der bergbauliehen Fachbruderschaften maßgeblich sein dürften, gefatudet die vereinheitlichende Leistung des Artikelgesetzes"; zustimmend Ergbuth, NVwZ 1988, 971 Fn. 19; dagegen Knöchel, NWVBI. 1992, 117. Für Rodungen von Wald gilt der UVPGE, wenn diese "im Zusammenhang mit der Verwirklichung von Vorhaben nach § 3" stehen (so die Begründung des UVPGE, BT-Drs. 11/3919, S. 17); kritisch dazu Spieker, BayVBl. 1988, 557; Winter, NuR 1989, 198. 1027 Gern. § 31 Abs. 1 S. 3 WHG kann von einem Planfeststellungsverfahren abgesehen werden, wenn mit Einwendungen nicht zu rechnen ist (siehe oben 1. Abschnitt A.II.2.). Eine UVP fmdet dann nicht statt, vgl. Knopp, NuR 1993, 406. Zutreffend weist allerdings Schink, NVwZ 1991, 936 unter Hinweis auf eine EGrechtskonforme Interpretation des § 31 Abs. 1 S. 3 WHG darauf hin, daß die Wasserbehörde ihr Verfahrensermessen bei der Entscheidung über die Durchführung eines Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahrens nur dann sachgerecht ausübt, wenn sie bei zu erwartenden erheblichen Umweltauswirkungen des Vorhabens ein Planfeststellungsverfahren durchführt. 1028 Vgl. Erbguth/Schink, UVP-Kommentar, § 12 Rdn. 33, 58, 69; Böttcher, Abwägungsgebot in der wasserrechtlichen Fachplanung, S. 193 ff.; Erbguth/Schoeneberg, WiVerw. 1985, 112 f.; Erbguth, DÖV 1988, 486; ders., VR 1988, 7; Steinberg, DVBI. 1988, 998; Weber, UPR 1988, 212; Ronellenfitsch, VerwArch 1989, 123; Lange, DÖV 1992, 782; ähnlich Hundertmark, Umweltverträglichkeitsprüfung, s. 95 ff.

300

Zweiter Abschn.: Genehmigungsvoraussetzungen

Schwieriger ist eine integrative Prüfung bei den Kontrollerlaubnissen zu verwirklichen. Diese stellen aus verfassungsrechtlichen Gründen grundsätzlich gebundene Entscheidungen dar, weil die Antragsteller sich auf Grundrechtspositionen berufen können1029 • Inwieweit hier eine UVP realisiert werden kann, ist noch nicht abschließend geklärt1030• Die Frage braucht hier aber nicht abschließend geklärt zu werden, da die im Katalog des Anhangs zu § 3 UVPG genannten Verfahren die Genehmigung von Abgrabungen nicht zum Gegenstand haben1031 • Dies ist bedauerlich, da auch von Abgrabungen, die nicht einem wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren unterliegen, erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt ausgehen können. Eine Besonderheit gilt schließlich in Nordrhein-Westfalen nach dem Abgrabungsgesetz. Nach § 3 Abs. 6 AbgrG ist für Abgrabungen mit einer Größe der beanspruchten Gesamtfläche einschließlich Betriebsanlagen und Betriebseinrichtungen von 10 Hektar oder mehr eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Nach Art. 9 des Landesgesetzes vom 29.04.1992 1032 sind bereits begonnene Verfahren, für die aufgrund des Landesrechts eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu Ende zu führen, wenn das Vorhaben bei Inkrafttreten dieses Gesetzes noch nicht öffentlich bekanntgemacht worden ist1033 • Soweit für eine Abgrabung ein Planfeststellungsverfahren und damit eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, fmdet sich im UVPG 1029 Vgl. grundsätzlich dazu BVerfGE 58, 300 (344) = NJW 1982, 745 (752); Wahl, DVBI. 1982, 51 f.; Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 153; vgl. weiterhin im Rahmen der UVP-Diskussion Erbguth, VR 1988, 6; Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 10 m.w.N. 1030 Vgl. Erbguth/Schoeneberg, WiVerw. 1985, 113 ff.; Erbguth, VR 1988, 6, ders., DÖV 1988, 487; Steinberg, DVBI. 1988, 999; Lange, DÖV 1992, 783 f. 1031 Bereits der Bundesrat hat darauf hingewiesen, daß im Anhang II der UVP-RL "eine Reihe von Vorhaben enthalten sind, die mehr Natur und Landschaft verbrauchen als andere in der Anlage zu § 3 des Gesetzesentwurfes enthaltenen Vorhaben" (BT-Drs. 1113919, S. 35). Weber!Hellmann, NVwZ 1990, 1629 hoffen, daß die Bundesregierung die Verordnungsermächtigung des § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UVPG zum Anlaß nimmt, den Katalog der UVP-pflichtigen Vorhaben auszudehnen. Becker, BayVBl. 1990, 359 schlägt insoweit den Erlaß von entsprechenden Landesgesetzen vor. 1032 Vgl. GVNW S. 175. 1033 Zur Auslegung dieser Übergangsvorschrift vgl. den Erlaß des Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landesentwicklung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 26.08.1992 - m.B 2-1.05.00/2.00.01 -;kritisch hierzu Linke, Rohstoffgewinnung und Umweltschutz, in: Speetzen, Rohstoffe und Umwelt, S. 25.

G. Einbeziehung der Umweltverträglichkeitsprüfung

301

bezüglich der Ausgestaltung des Verfahrens eine Neuerung gegenüber dem bisherigen Recht. Mit dem sogenannten Scoping-Verfahren nach § 5 UVPG soll durch eine frühzeitige Zusammenarbeit zwischen Vorhabenträger und Genehmigungsbehörde allen Verfahrensbeteiligten bereits vor der Antragsteilung Klarheit über Erforderlichkeit, Gegenstand, Umfang und Methoden der UVP, sowie über Art und Umfang der nach § 6 UVPG voraussichtlich beizubringenden Unterlagen gegeben werden1034 • Für den Abgrabungsuntemehmer muß dieses Scoping-Verfahren nicht unbedingt eine Verzögerung des Verfahrens zur Folge haben. In der Praxis hat sich gezeigt, daß die zügige Bearbeitung eines Antrags häufig wegen unvollständig vorgelegter Planunterlagen nicht möglich ist. Diese - in der Sphäre des Abgrabungsuntemehmers liegenden - Verzögerungen können durch das Scoping-Verfahren vermieden werden.

IV. Ergebnis Die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) schafft kein neuartiges, fachübergreifendes Genehmigungsverfahren. Sie enthält inhaltliche und verfahrensmäßige Mindestanforderungen für die nach nationalem Recht durchzuführenden Genehmigungsvoraussetzungen. Abgrabungsvorhaben unterliegen einer UVP nach dem UVPG insoweit, als für deren Zulassung ein bergrechtliches oder wasserrechtliches Planfeststellungsverfahren durchzuführen ist. Die den Planfeststellungen eigentümliche Konzentrationswirkung trägt dem übermedial-integrativen Ansatz des UVPG vorbildlich Rechnung. Der den Behörden im Rahmen der Entscheidungsfmdung zustehende planensehe Gestaltungsspielraum ermöglicht die Berücksichtigung der UVP-Ergebnisse im Rahmen der damit angeordneten planerischen Abwägung.

1034 Ausführlich mit Hinweisen für die Praxis in wasserwirtschaftliehen Genehmigungsverfahren vgl. Schink, NVwZ 1991, 939 f.; Knopp, NuR 1993, 401; Nisipeanu, NVwZ 1993, 319 m.w.N.; zur Abwehr ungerechtfertigter UVP-Forderungen vgl. Beckmann, NVwZ 1991, 427; vgl. ausführlich Erbguth/Schink, UVP-Kommentar, § 5 Rdn. 15 ff.

Dritter Abschnitt

Zur Lösung des Konkurrenzproblems in parallelen und konzentrierten Genehmigungsverfahren A. Problemstellung

I. Allgemeine Überlegungen Die Konkurrenzproblematik ist eine Folge zunehmender Verrechtlichung von Lebenssachverhalten, wobei diese gekennzeichnet sind durch eine fachliche Differenzierung des öffentlichen Rechts und durch eine arbeitsteilige, nämlich fachbehördliche Organisation der öffentlichen Verwaltung. Einzelne Lebensabschnitte werden durch die Schaffung verschiedener Fachgesetze in eine Mehrzahl von genehmigungsbedürftigen Vorgängen aufgespalten1• Den Behörden wird dabei nicht nur eine auf den fachlichen Bereich beschränkte Prüfungspflicht auferlegt, sondern sie werden durch gesetzliche "Öffnungsklauseln" darüber hinaus angehalten, auch Belange anderer Fachbereiche zu prüfen und zu bewerten. Überschneidungen sind damit vorprogrammiert. Parallele Verfahren können zu einer Vervielfältigung der Arbeit von Behörden und Gerichten, zur Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen sowie zu erheblichen Verfahrensverzögerungen führen2 • Diese unliebsamen Konsequenzen sind nach der Auffassung von Erbguth in nicht unerheblichem Maße

1

2

Zu den verschiedenen Methoden vgl. ausfiihrlich Gaentzsch, NJW 1986, 2788.

Jarass, Genehmigungen, S. 25, 59; vgl. aber Lämmle, Konkurrenz paralleler

Genehmigungen, S. 153, wonach eine Divergenz zwischen zwei behördlichen Genehmigungen im Sinne zweier widersprechender Entscheidungsinhalte nicht möglich sei, da für jede fachliche Genehmigungsentscheidung immer nur eine Behörde ausschließlich kompetent sei; ebenso Seibert, Bindungswirkung von Verwaltungsakten, S. 398 f.

A. Problemstellung

303

auch auf mangelndes Problembewußtsein bei der Einführung und Abfassung der Bestimmungen zurückzuführen3 •

II. Die rechtliche Relevanz für Abgrabungen Der erste Abschnitt hat gezeigt, daß Abgrabungen erhebliche Auswirkungen auf verschiedene Umweltmedien haben. Die daraus folgende Komplexität des zu prüfenden Sachverhalts und die Kompliziertheit des dabei zu beachtenden materiellen Rechts führt regelmäßig zu parallelen und konkurrierenden Genehmigungsverfahren auf horizontaler Ebene. Im zweiten Abschnitt wurde nachgewiesen, daß auf vertikaler Ebene die einzelnen Genehmigungen teilweise den gleichen Prüfungsmaßstab aufweisen. Die Teilidentität des Prüfungsmaßstabs ergibt sich deshalb, weil das Abgrabungsvorhaben mit dem "Wohl der Allgemeinheit" (§ 6 WHG}, den "öffentlichen Interessen" (§§ 11 Nr. 10, 48 Abs. 2 BBergG; § 9 BWaldG, § 3 Abs. 2 AbgrG NW) oder "sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften" (nach den LBauOen) in Einklang stehen muß. Angesichts dieser Problematik stellt sich die Frage, ob aus Gründen der Kompetenzverteilung zwischen den einzelnen Fachbehörden und zur Vermeidung widersprüchlicher Entscheidungen der sich überschneidende Prüfungsmaßstab eingeschränkt werden muß und inwieweit die einzelnen Fachbehörden an die Entscheidungen in parallelen Verfahren gebunden sind. Bei der Beurteilung der Rechtslage ist zu unterscheiden zwischen Tatbeständen der Planfeststellung (dazu unter B.) und denjenigen der Kontrollerlaubnisse (dazu unter C.). Eine Sonderstellung nimmt schließlich § 8 BNatSchG wegen seiner fachübergreifenden Geltung ein (dazu unter D.).

3 Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 174; ders., UTR 1987, 54; ähnlich Jarass, Genehmigungen, S. 66 f.

304

Dritter Abschn.: Lösung des Konkurrenzproblems

B. Die Konzentrationswirkung als Lösung des Konkurrenzproblems Das Problem der Maßstabsidentität wird mit Hilfe der Konzentrationswirkung dadurch entschärft, daß entweder neben einem Planfeststellungsbeschluß andere behördliche Entscheidungen nicht mehr erforderlich sind oder durch die Erteilung einer speziellen Fachgenehmigung (z. B. nach dem AbgrG NW) andere Genehmigungen ersetzt werden. Eine umfassende Konzentrationswirkung findet sich für Abgrabungen ausschließlich im wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschluß.

I. Wirkungen der Planfeststellung

Der wasserrechtliche Planfeststellungsbeschluß ist ein Verwaltungsakt, mit dem ein Verwaltungsverfahren abgeschlossen wird und in dem verbindlich über die Zulässigkeil eines raumbedeutsamen Vorhabens entschieden wird. Nach § 75 Abs. 1 und Abs. 2 VwVfG besteht die Wirkung der Planfeststellung4 in der Feststellung der Zulässigkeit aller erfaßten Vorhaben und Maßnahmen im Hinblick auf die davon berührten öffentlichen BelangeS, in der Ersetzung grundsätzlich aller nach anderen Rechtsvorschriften erforderlichen Genehmigungen, Erlaubnisse sowie Planfeststellungen6 ,

4 Bender!Sparwasser, Umweltrecht, Rdn. 92 ff.; Badura, Verwaltungsverfahren, in: Erichsen!Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 454 ff.; Kopp, VwVfG, § 75 Rdn. 3; Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 162; Ronellenfitsch, VerwArch 1989, 94 ff.; zu den Unterschieden gegenüber einer einfachen Genehmigung vgl. Wagner, Genehmigung umweltrelevanter Vorhaben, S. 35 f. 5 Zu dieser Genehmigungswirkung vgl. Badura, Verwaltungsverfahren, in: Erichsen!Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 454; Beckmann, DVBl. 1987, 946. 6 Zu dieser Konzentrationswirkung vgl. Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, S. 243 f., 272, 281 f.; Kühling, Fachplanungsrecht, Rdn. 331 ff.; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 673 m.w.N.; obwohl es sich bei der wasserrechtlichen Planfeststellung um ein landesrechtliches Planfeststellungsverfahren handelt (vgl. BVerwG, BayVBI. 1981, 436; Sieder!Zeitler/Dahme, WHG, § 31 Rdn. 19), tritt diese Rechtsfolgetrotz unterschiedlicher landesrechtlicher Regelungen in jedem Bundesland ein; vgl. Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 673.

B. Konzentrationswirkung als Lösung des Konkurrenzproblems

305

in der Gestaltung aller betroffenen öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen den Trägem des Vorhabens und den in ihren Rechten betroffenen Dritten7 sowie im Ausschluß bürgerlich-rechtlichen Unterlassungs-, Änderungsund Beseitigungsansprüchen8 •

II. Die Reichweite der Konzentrationswirkung Von den vorgenannten Wirkungen der Planfeststellung steht die Konzentration im Vordergrund. Noch nicht abschließend geklärt ist die Reichweite dieser Konzentrationswirkung. Im Mittelpunkt der Diskussion steht dabei die Frage, inwieweit materielle, fachfremde Vorschriften im konzentrierten Verfahren zu berücksichtigen sind.

1. Meinungsstand Nach der "Theorie der Verfahrenskonzentration" 9 trifft die Planfeststellungsbehörde eine einzige Entscheidung und ist dabei an das materielle Recht gebunden, an dem die einzelnen Behörden, deren Genehmigungen etc. überflüssig werden, ihre Entscheidung ausrichten müßten10• Demgegenüber steht die "Theorie der eingeschränkten materiellen Konzentration", wonach sich Hierzu Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 162 m.w.N. Badura, Verwaltungsverfahren, in: Erichsen!Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 317, 385 ff.; 9 Zu den früher vertretenen Theorien über den Umfang der Konzentrationswirkung sowie zu den uneinheitlichen Terminologien vgl. Laubinger, VerwArch 1986, 77 ff. m.w.N. 10 Grundlegend: BVerwG, NVwZ 1985, 414; bestätigt in: DVBI. 1985, 809 (900); vgl. auch HessVGH, ZtB 1988, 187 (189); NVwZ 1987, 617 f.; Gaentzsch, NJW 1986, 2789; Karwath, Konzentrationswirkung, S. 79 ff.; Breuer, Raumgestaltende Planung, S. 93 f.; Jarass, Genehmigungen, S. 55 f.; Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 172; Zech, Straßenbau und Grundwasser, S. 162 f.; Kopp, VwVfG, § 74 Rdn. 7, 18 ff.; Badura, Verwaltungsverfahren, in: Erichsen!Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 410; Laubinger, VerwArch 1986, 88 f.; Reckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 233; ders., DÖV 1987, 946; Schäfer, NVwZ 1985, 383; Uechtritz, NVwZ 1988, 317; Johlen, DÖV 1989, 208; Schwab, VR 1989, 193; Büllesbach/Diercks, DVBI. 1991, 469. 7

8

20 Büllesbach

306

Dritter Abschn.: Lösung des Konkurrenzproblems

die Planfeststellungsbehörde über das materielle Recht der ersetzten Behördenentscheidungen hinwegsetzen kann und dieses lediglich als Faktor bei der Abwägung des Planes zu berücksichtigen hat11 •

2. Stellungnahme Diese letztere Meinung trennt nicht hinreichend zwischen den Verfahrensund Zuständigkeitsregelungen auf der einen und den materiellrechtlichen Anforderungen auf der anderen Seite. Nur das materielle Recht selbst kann anordnen, daß bestimmte Anforderungen für bestimmte Vorhaben nicht gelten12. So nimmt z. B. § 38 BauGB einige planfeststellungsbedürftige Vorhaben von bauplanungsrechtlichen Anforderungen aus. Die die Konzentrationswirkung anordnenden Vorschriften (§ 75 Abs. 1 S. 1 VwVfG und die ihm entsprechenden Vorschriften der Fachplanungsgesetze) können diese Rechtswirkung nicht erzeugen. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Vorschriften: Diese entheben den Träger des Vorhabens der Notwendigkeit, andere behördliche Entscheidungen einzuholen. Das ist eine Regelung auf dem Gebiet des Verwaltungsverfahrensrechts und nicht dem des materiellen Rechts. Darüber hinaus macht Laubinger13 zutreffend darauf aufmerksam, daß es im Ermessen der Wasserbehörde steht, ob ein Planfeststellungsverfahren nach§ 31 Abs. 1 S. 1 WHG oder ein Plangenehmigungsverfahren nach § 31 Abs. 1 S. 3 WHG durchgeführt wird. Wäre die Wasserbehörde bei der 11 Vgl. Meyer, in: Meyer/Borgs, VwVfG, § 74 Rdn. 12 f., § 75 Rdn. 2; ; Bonk, in: Stelkens!Bonk!Leonhardt, VwVfG, § 74 a Rdn. 8 a, § 75 Rdn. 11 f.; Obermayer, VwVfG, § 75 Rdn. 29 ff.; Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 164 f.; Ficken, Planfeststellung für den Straßenbau, S. 257 ff.; Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG, § 31 Rdn. 66; Kügel, Planfeststellungsbeschluß, S. 45 ff., 65 ff. (der die Berücksichtigung fachfremder Normen im Rahmen der Abwägung auf planungstypische Regelungen beschränkt); im Ansatz zustimmend Ronellenjitsch, VerwArch 1989, 95, der allerdings die "sorgfältige Analyse des jeweiligen Konkurrenzverhältnisses" in den Vordergrund stellen will; ähnlich Battis, Die Verwaltung 1988, 34; mißverständlich: BVerwG, DÖV 1984, 814; vgl. auch Manner, Grundlagen des Planfeststellungsverfahrens, S. 49 f.; Hiddemann, Planfeststellung im Flurbereinigungsgesetz, S. 60 f., die die Planfeststellungsbehörde völlig von der Bindung an das materielle Recht freistellen wollen. 12 BVerwG, NVwZ 1985, 414; Gaentzsch, NJW 1986, 2789. 13 Laubinger, VerwArch 1986, 89.

B. Konzentrationswirkung als Lösung des Konkurrenzproblems

307

Planfeststellung nicht voll an das materielle Recht gebunden, stünde das Maß ihrer Rechtsbindung in ihrem Ermessen. Das kann nicht richtig sein. Eine Befreiung der Bindung an das materielle Recht läßt sich auch nicht mit einem Hinweis auf die planensehe Gestaltungsfreiheit rechtfertigen, die als finale Rechtsanwendung keine strikte Bindung verträgt14 • Sie erlaubt nicht, Gesetze weniger streng anzuwenden, als der Gesetzgeber es angeordnet hat15 • Zwar hat die frühere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Überlegungen einer materiellrechtlichen Konzentrationswirkung, die den Geltungsanspruch von Gesetzen einschränkt, nahegelegt16• In neueren Entscheidungen erfolgte jedoch eine Klarstellung dahingehend, daß die Konzentrationswirkung verfahrensrechtlich zu verstehen ist17 • Festzuhalten bleibt damit, daß die Konzentrationsvorschriften zu keiner Änderung der materiellen Anforderungen an die Zulässigkeit des Vorhabens führen.

1/I. Durchbrechung der Konzentrationswirkung In diesem Zusammenhang ist weiterhin zu untersuchen, ob eine Erlaubnis oder Bewilligung nach §§ 2, 7, 8 f. WHG neben einer wasserrechtlichen Planfeststellung erforderlich ist. Dafür könnte § 14 Abs. 1 WHG sprechen. Danach entscheidet die Planfeststellungsbehörde über die Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung, wenn für ein Vorhaben, mit dem die Benutzung eines Gewässers verbunden ist, ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt wird. Durch diese Bestimmung sollen die wasserrechtliche Erlaubnis und Bewilligung von der Konzentrationswirkung von wasserwegerechtlichen wie auch von außer-wasserrechtlichen Planfeststellungen (etwa nach dem Bundesfernstraßengesetz, Bundesbahngesetz, Luftverkehrsgesetz u.a.) ausgeschlossen werden18• Erlaubnisse bzw. Bewilligungen sind also So aber Klügel, Planfeststellungsbeschluß, S. 51 ff. Gaentzsch, NJW 1986, 2789; Laubinger, VerwArch 1986, 89 f. 16 BVerwGE 31, 263 (267 f.). 17 BVerwG, NVwZ 1985, 414; DVBI. 1985, 899 (900). 18 HessVGH, NVwZ 1982, 452; OVG Berlin, NuR 1983, 282; Sieder!Zeitler!Dahme, WHG, § 14 Rdn. 13 ff.; Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 171; auch Bender, NVwZ 1984, 13f mit der Einschränkung, daß für die Entscheidung über die Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung nicht mehr 14

15

308

Dritter Abschn.: Lösung des Konkurrenzproblems

neben der Planfeststellung - wenn auch ggf. in derselben Urkunde - auszusprechen. Es tritt damit eine Zuständigkeits- und Verfahrenskonzentration bei der planfeststellenden Behörde ein19 , jedoch keine materielle Konzentration20 • Nach einer in der Literatur21 und in der Recbtsprechung22 vertretenen Auffassung gilt dies auch für die wasserrechtliche Planfeststellung. Diese Meinung steht aber nicht mit dem Wasserbaushaltsgesetz im Einklang. Zwar umfaßt auch ein Gewässerausbau regelmäßig Handlungen, die an sich unter die erlaubnis- und bewilligungspflichtigen Benutzungstatbestände des § 3 Abs. 1 oder 2 WHG subsumiert werden könnten. Nach der Ausklammerungsklausel des § 3 Abs. 3 S. 1 WHG sind jedoch Maßnahmen, die dem Ausbau eines oberirdischen Gewässers dienen, keine Benutzungen i.S. des Wasserhaushaltsgesetzes. Für die wasserrechtliche Planfeststellung nach § 31 WHG kommt daher§ 14 Abs. 1 WHG nicht zum Zuge23.

IV. Besonderheiten bei der Errichtung von Fischteichen Daran anknüpfend, zeigt sich bei der planfeststellungspflichtigen Herstel-

lung eines Fischteiches das besondere Problem, ob neben der Planfeststellung

nach § 31 Abs. 1 WHG24 noch eine zusätzliche Erlaubnis oder Bewilligung für den laufenden Betrieb des Weihers erforderlich ist. Das Bundesverwaldas wasserrechtliche, sondern das planfeststellungsrechtliche Verwaltungsverfahren anzuwenden sei; für die Planfeststellungen nach §§ 7 ff. AbfG und §§ 17 ff. FStrG vgl. Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn 674 und Gieseke/Wiedemann!Czychowski, WHG, § 14 Rdn. 2 b, 2 c, jeweils m.w.N. 19 Hierüber ist man sich trotz aller Unterschiede im Ergebnis einig, vgl. Bender, NVwZ 1984, 9, 11 f.; Jarass, Genehmigungen, S. 52. 20 Breuer, Raumgestaltende Planung, S. 94 f.; Zech, Straßenbau und Grundwasser, S. 186 ff. m.w.N.; Jarass, Genehmigungen, S. 53 stuft die Zuständigkeitszusammenfassung als "unechte Konzentration" ein. 21 Vgl. Bullinger/Finkenbeiner, WG BW, § 64 Anm. 7; so wohl auch Lämmle, Konkurrenz paralleler Genehmigungen, S. 75. 22 OVG Münster, ZfW 1980, 250 (252). 23 Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG, § 31 Rdn. 73; Roth, WHG, in: Wüsthoff/Kumpf, HdW, C 10 E, § 14 Rdn. 4; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 675; ders., ZfW 1969, 87; Kühling, Fachplanungsrecht, Rdn. 332; Ronellenfitsch, VerwArch 1989, 117 m.w.N.; im Ergebnis ebenso: BadWürttVGH, RdL 1980, 27 (28). 24 Vgl. zur Erforderlichkeit eines Planfeststellungsverfahrens oben S. 2. Abschnitt 11.3.a)bb).

B. Konzentrationswirkung als Lösung des Konkurrenzproblems

309

tungsgericht25 ist der Auffassung, daß die im Zusammenhang mit Ausbaumaßnahmen vorgenommenen Benutzungen vom Anwendungsbereich des § 3 WHG ausgenommen seien. Demgegenüber hat das Staatsministerium des Innem26 von Bayern folgendes bemerkt: "An der (... ) Rechtsauffassung wird festgehalten. Für die Erforderlichkeit einer zusätzlichen Erlaubnis oder Bewilligung sprechen folgende Gründe: Die Herstellung des neuen Gewässers geschieht nicht unter Verwirklichung eines Benutzungstatbestandes. Anders als bei der Herstellung eines Baggersees, bei dem das Zutagefördern des Grundwassers (§ 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG) mit der Herstellung eines Gewässers (§ 31 WHG) zwingend zusammenfällt und deshalb ein Vorrang der Planfeststellung anzunehmen ist, wird bei einem Fischteich ein neues Gewässer hergestellt und üblicherweise zusätzlich eine Gewässerbenutzung vorgenommen. Neben der Planfeststellung für die auf Dauer gerichtete Herstellung des neuen Gewässers muß dem Unternehmer einer Fischteichanlage die widerrufliche Befugnis oder das befristete Recht zur Wasserentnahme bzw. zur Rückleitung des Wassers für die Bewirtschaftung des Teiches eingeräumt werden. Die Einwirkung auf das Gewässer ist mit der Herstellung des Teiches nicht erschöpft. Vielmehr erfolgt neben und nach der Neuanlage des Teichs noch eine Gewässerbenutzung, für die eine individuelle Rechtsposition verliehen werden muß. Neben der Planfeststellung ist somit eine Erlaubnis oder Bewilligung erforderlich."

Diesen Ausführungen kann nicht uneingeschränkt zugestimmt werden. Als Ausbau sind Maßnahmen von der Erlaubnis- oder Bewilligungspflicht freigestellt, soweit sie die Herstellung eines neuen Dauerzustandes der Gewässer bezwecken und diesem Ziel unmittelbar dienen (§ 3 Abs. 3 S. 1 WHG)27• Das gilt unproblematisch für die im obigen Schreiben angeführten Grundwasserteiche. Dem vergleichbar ist ein Fischteich, der im Hauptschluß eines Vorfluters, also im Bachlauf selbst angelegt werden soll. Eine solche

25 BVerwG, DVBI. 1979, 63 (64 f.); zustimmend BadWürttVGH, NuR 1980, 24; undeutlich BVerwG, ZfW 1981, 87, NuR 1984, 242 (243). 26 Vgl. Schreiben vom 15.12.1978 Nr. II B 3 b - 9303a437; zustimmend Simon, BayBO, Art. 66 Rdn. 35 a. E.; im Ergebnis ebenso BayVGH, NuR 1980, 124; DVBI. 1977, 933. 27 Diese Bestimmung ist notwendig, weil die in§ 3 Abs. 1 und 2 WHG genannten Benutzungstatbestände auch beim Ausbau eines Gewässers vorkommen; vgl. die Stellungnahme des Bundesrates zu § 3 des Entwurfs der Bundesregierung zum WHG, BT-Drs. 2/2072, S. 39.

310

Dritter Abschn.: Lösung des Konkurrenzproblems

Abgrabung stellt die wesentliche Änderung eines Gewässers dar und bedarf als Ausbau alleine der Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens. Schwieriger sind die Fälle zu beurteilen, bei denen Teiche im Nebenschluß, also außerhalb eines Vorfluter errichtet werden sollen. Neben der eigentlichen Wasserfläche muß hier ein Zu- und ein Ablauf geschaffen werden. Soweit diese als offene Gräben ausgestaltet werden sollen, stellen diese Maßnahmen ihrerseits die Herstellung eines Gewässers dar und müssen deshalb mit dem Teich nach § 31 WHG planfestgestellt werden. Für ein besonderes Erlaubnisverfahren bleibt kein Raum. Ähnlich ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn die Entnahme des Wassers aus dem Vorfluter mittels Rohren erfolgen soll. Die Entnahme des Wassers erfüllt in diesem Falle zwar den Benutzungstatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 1 WHG. Gem. § 3 Abs. 3 WHG gilt dies aber nicht als Benutzung, da die Entnahme des Wassers der Herstellung des Fischteichs dient. Das Betreiben eines Fischteichs ist jedoch regelmäßig mit dem Einbringen von Stoffen, z. B. Fischnahrung, Düngemitteln u.a. verbunden, so daß an sich § 3 Abs. 1 Nr. 4 WHG eingreift. Diese Benutzungen zu Zwecken der Fischerei sind jedoch aufgrund des § 25 WHG in allen Landeswassergesetzen von der Erlaubnispflicht freigestellt worden, soweit dadurch keine Nachteile für die Gewässereigenschaften oder den Wasserabfluß entstehen. Anknüpfungspunkt für eine Erlaubnis kann damit nur noch das Ableiten von Wasser aus dem Fischteich in den Vorfluter sein (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 WHG). Ob in diesem Falle § 3 Abs. 3 WHG eingreift, entscheidet sich danach, ob diese Benutzungsmaßnahme dem Ausbau oder umgekehrt die Ausbaumaßnahme dieser Benutzung dient28 • Eine Maßnahme dient dann dem Ausbau eines Gewässers, wenn der Ausbau sich ohne die dauernde Verwirklichung des Benutzungstatbestandes nicht erreichen und aufrechterhalten läßt29 • In einem solchen Fall wäre die Verleihung einer widerruflichen Befugnis oder eines befristeten Rechts zur Benutzung auch nicht angemessen, da die Gewässerbenutzung dauerhaft mit dem Ausbau verbunden ist. Legt man diesen Maßstab zugrunde, dann dient die Ableitung des Wassers aus einem 28 Vgl. Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG, § 3 Rdn. 12 a; Breuer, ZfW 1969, 87; Wiedemann, ZfW 1967, 87 f. 29 OVG Münster, ZfW 1988, 359 (360 f.); Schmidt, Umweltrecht, S. 65.

C . Die Konkurrenzlage bei parallelen Genehmigungsverfahren

311

Fischteich dem Gewässerausbau. Der ausgebaute Zustand einer Teichanlage in der konkreten planfestgestellten Gestalt ist ohne die Ableitung des Wassers in den Vorfluter nicht denkbar. Das Ableiten ist das bestimmungsgemäße Mittel, um das Ausbauziel zu erreichen. Eine besondere Erlaubnis ist also auch hierfür neben der Planfeststellung nicht erforderlich.

C. Die Konkurrenzlage bei parallelen Genehmigungsverfahren Anders als beim wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren sind für die übrigen Verfahren, durch die Abgrabungen zugelassen werden, umfassende Konzentrationswirkungen nicht gesetzlich vorgesehen. Es kommt daher zu parallelen Genehmigungsverfahren, weil nahezu jede Abgrabung verschiedener fachgesetzlicher Genehmigungen bedarf. Die Konkurrenzlage entsteht dabei dadurch, daß sich die Genehmigungen in Prüfungsgegenstand und Prüfungsmaßstab (ganz oder teilweise) wegen der fachgesetzlichen Öffnungsklauseln überschneiden30• So ist zu fragen, ob der bergrechtliche Betriebsplan im Hinblick auf erhebliche Gefahren oder Nachteile wasserwirtschaftlicher Art nach § 48 Abs. 2 BBergG versagt werden kann. Ebenso ist problematisch, ob in Nebenbestimmungen der Betriebsplanzulassung festgesetzt werden kann, welche Mengen und Konzentrationen von Grubenwässern in einen Vorfluter eingeleitet werden dürfen. Dabei ist zu klären, ob dieselben Regelungen in Nebenbestimmungen des Betriebsplans oder auch zum Schutz des Wohls der Allgemeinheit durch die wasserrechtliche Erlaubnis getroffen werden können. Wäre das möglich, müßte damit gerechnet werden, daß in beiden Bescheiden abweichende Festsetzungen enthalten sind. Wie in diesen beispielhaft genannten Fällen eine VervieWiltigung der Arbeit von Behörden vermieden oder der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen und erheblicher Verfahrensverzögerungen entgegengewirkt werden kann, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt.

30 Zu den Bedingungen der Genehmigungskonkurrenz vgl. Jarass, Genehmigungen, S. 31 f.; ders., WiVerw. 1984, 169; Gaentzsch, NJW 1986,2787,2789 f.; Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 173 f.; zur Aussetzung des Vollzugs einer Parallelgenehmigung vgl. BVerwG, DÖV 1988, 1062.

312

Dritter Abschn.: Lösung des Konkurrenzproblems

I. Lösungsmodelle in Rechtsprechung und Literatur In der rechtswissenschaftliehen Diskussion sind im wesentlichen drei Modelle zur Lösung des Konkurrenzproblems entwickelt worden. Im Anschluß an die grundlegenden Ausführungen von Jarass31 werden diese wie folgt unterschieden:

Nach dem Modell der Vollbindung soll die erste Fachgenehmigung eine umfassende Bindung für andere Zulassungsverfahren erzeugen. Dem steht die als Separationsmodell gekennzeichnete Sichtweise entgegen, die den Prüfungsstoff auf den fachgesetzlichen Handlungsauftrag beschränkt und außerfachgesetzliche Gesichtspunkte nur in ihrem fachspezifischen Bezug (mit-)erfassen will. Die Vereinbarkeil eines Vorhabens mit sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften soll also insoweit nicht zu prüfen sein, als diese in den fachspezifischen Prüfungsbereich paralleler Genehmigungsverfahren fallen. Das Modell der Fachbindung verbindet eine fachübergreifende Prüfungskompetenz der Behörde mit einer gleichzeitigen fachgesetzlich begrenzten Bindungswirkung der Entscheidung. Der Inhalt dieser Modelle soll im folgenden anband der Rechtsprechung im einzelnen verdeutlicht werden.

1. Das Modell der Vollbindung In einem Konflikt zwischen einer bereits erteilten forstrechtlichen Genehmigung und einer nachfolgenden wasserrechtlichen Genehmigung hat der HessVGH ausgeführt: "Wenn die Forstbehörden in ihrer Verantwortung und auf Grund ihrer Sachkunde zu der Entscheidung gelangen, daß die Waldumwandlungsgenehmigung erteilt werden kann, dann verbieten es die Grundsätze des Rechtsstaates, daß eine andere Behörde diese Rechtsstellung des Antragstellers dadurch zunichte macht, daß sie nun ihrerseits dieselben öffentlichen Belange zur Begründung einer negativen Entscheidung heranzieht". 32 31 32

Jarass, Genehmigungen, S. 68 ff., 74 ff., 81 ff., 101 f. HessVGH, ZfW 1974, 362 (367).

C. Die Konkurrenzlage bei parallelen Genehmigungsverfahren

313

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt das OVG Münster für das Verhältnis einer Gaststättenerlaubnis zu einer Baugenehmigung. Im Urteil vom 09.12.1980 stellt das Gericht heraus33, es sei gerade Sinn des Baugenehmigungsverfahrens, daß darin über die Zulässigkeit des betreffenden Bauvorhabens - einschließlich der bestimmungsgemäßen Nutzung der zu errichtenden baulichen Anlage - abschließend und allgemein, also auch für andere Behörden und die entscheidende Behörde selbst, verbindlich befunden werde34 • Hieran knüpft das OVG Rheinland-Pfalz in einem vergleichbaren Fall an und argumentiert: "Setzt nun eine gewerbliche Tätigkeit eine bestimmte Nutzung einer baulichen Anlage voraus oder ist sie mit dieser identisch und ist im Baugenehmigungsverfahren die rechtliche Zulässigkeil der baulichen Anlage festgestellt, ist in dem nachfolgenden Gewerbeerlaubnisverfahren kein Raum mehr für eine nochmalige Prüfung, ob die gewerbliche Tätigkeit mit denjenigen öffentlichen Belangen vereinbar ist, die auch durch die Ausführung des Bauvorhabens einschließlich der bestimmungsmäßigen Nutzung des errichteten Gebäudes berührt werden. Nur soweit die durch die gewerbliche Bestätigung tangierten öffentlichen Belange überhaupt noch nicht oder nur unter bestimmten Aspekten Gegenstand der Prüfung im Baugenehmigungsverfahren waren, bleibt der Erlaubnisbehörde eine Möglichkeit zu eigenständigen Entscheidungen eröffnet... ".35

OVG Münster, GewArch 1981, 173. Nach§ 4 Abs. I Nr. 2 GaststG ist im Gewerbeerlaubnisverfahren zu prüfen, ob die für den Betrieb eines Gaststättengewerbes bestimmten Räume mit den Vorschriften des Baurechts vereinbar sind, vgl. BadWürttVGH, GewArch 1964, 207; DVBI. 1974, 240. 35 OVG Rheinland-Pfalz, GewArch 1981, 382 (383); so auch: BadWürttVGH, GewArch 1983, 88 f.; VG Schleswig, GewArch 1983, 223 (224); VG Freiburg, NStZ 1983, 697; zuletzt OVG Münster, NVwZ 1987, 150 f.; das hervorhebt, daß "kein vernünftiger Grund" bestehe, den baurechtliehen "Feststellungen für das gaststättenrechtliche Verfahren keine Bindungswirkung zuzumessen", da nur so divergierende Entscheidungen vermieden werden könnten; zurückhaltender OVG Münster, GewArch 1963, 12 (14); VG Aachen, GewArch 1977, 274 (275); a.A. OVG Harnburg, DVBI. 1956, 728 (729 f.); OVG Münster, GewArch 1973, 103 (105); OVG Lüneburg, UPR 1988, 273; anders auch für das Verhältnis Gaststättenerlaubnis zu nachfolgender Baugenehmigung VG Freiburg, NStZ 1983, 697, wonach eine Gaststättenerlaubnis, die rechtswidrigerweise für ein bauplanungsrechtlich unzulässiges Vorhaben erteilt worden ist, keine Bindungswirkung für die baurechtliche Behandlung der Gaststätte entfalte; ebenso Mörtel/Metzner, GaststG, § 4 Rdn. 137; Jarass, Genehmigungen, S. 69; zum Verhältnis der Gaststättenerlaubnis zur Baugenehmigung vgl. auchAßfalg, NVwZ 1989,527. Nach BVerwG, DVBI. 1990,206 (207) 33

34

314

Dritter Abschn.: Lösung des Konkurrenzproblems

In der Literatur ist das Modell der Vollbindung teilweise auf Zustimmung gestoßen36 • Ohne dieser Meinung ausdrücklich zu folgen, stellt auch Jarass heraus, "daß der Ansatz der vollständigen Bindung im Vergleich zu den anderen Ansätzen die klarere und rechtlich eher begründbare Lösung darstellt" .J7

2. Das Separationsmodell In der Rechtsprechung38 und Literatur39 findet sich häufig der Separationsansatz40. Dieser zielt auf eine vollständige und konsequente Aufteilung der fehlt das Antrags- oder Sachbescheidungsinteresse fiir einen gaststättenrechtlichen Erlaubnisantrag nicht ohne weiteres deswegen, weil die Erteilung der entsprechenden Baugenehmigung abgelehnt worden ist. 36 v. Ebner, GewArch 1978, 50 f.; wohl auch Orf, Umwandlung von Wald, S. 133 ff.; Michel/Kienzle, GaststG, § 4 Rdn 38. 37 Jarass, Genehmigungen, S. 85. 38 BVerwG, Urteil vom 04.07.1986 ("Altenberg-Urteil"), E 74 (319 f., 320 ff.) = DVBI. 1986, 1273 (1276); Urteil vom 18.09.1987 ("Biblis-Urteil"), UPR 1988, 102; Urteil vom 04.10.1988, DVBI. 1989, 372 (373); Urteil vom 11.05.1989 ("Ahaus-Urteil"), E 82, 61 = DVBI. 1989, 105; BadWürttVGH, Ztw 1973, 182 f.; BayVGH, BayVBl. 1976, 368 (369); BayVBl. 1978, 179 f.; DÖV 1983, 983 (984); zuletzt BayVBI. 1993, 371; OVG Lüneburg, Ztw 1987, 117 (120); VG München, GewArch 1979, 29 (31); OVG Münster, NWVBI. 1988, 105 (108); GewArch 1989, 127 (128); offen gelassen von BVerwG, NVwZ 1986, 208 (210), wo zwar die Öffnungsklausel des § 14 AtVfG bezüglich paralleler Verfahren eingeschränkt wird, bezüglich anderer Öffnungsklauseln (§ 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG; § 6 Nr. 2 BlmSchG) diese Einschränkung jedoch ausdrücklich vermieden wird. Unzutreffend Lämmle, Konkurrenz paralleler Genehmigungen, S. 86, der "das Fachbindungs-Modell auf der Linie der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts" sieht. 39 Schwerdtfeger, JuS 1981, 368; Henseler, DVBI. 1982, 390; Schäfer, NVwZ 1985, 386; Breuer, Umwelt, Verfassung, Verwaltung, S. 44 ff.; ders., Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 92 ff.; Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 176 ff.; ders., Rechtssystematische Grundfragen des Umweltrechts, S. 235 f.; ders., UTR 1987, 55 f.; ders., NVwZ 1988, 973; ders., VR 1988, 6; ders., DÖV 1988, 484; Niermann, Betriebsplan und Planfeststellung im Bergrecht, S. 167 ff.; Ortloff, NJW 1987, 1669; Simon, BayBO, Art. 74 Rdn. 23 f.; Gaentzsch, NJW 1986, 2794 ff.; Sehende/, Überschneidungsbereiche zwischen wasserrechtlicher Erlaubnis und Genehmigung nach dem BlmSchG, S. 93; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, § 35 Rdn. 89, § 29 Rdn. 28; Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 8; Gerhardt, DVBI. 1989, 131; Schmidt-Preuß, DVBI. 1991, 236; Kaster!Reinhardt, NVwZ 1993, 1063; so bezüglich§ 6 WHG: Sieder!Zeitler/Dahme, WHG, § 6 Rdn. 7 a; Gieseke!Wiedemann!Czychowski, WHG, § 6 Rdn. 23; Czychowski, DVBI. 1976, 138; Breuer, Umweltschutz

C . Die Konkurrenzlage bei parallelen Genehmigungsverfahren

315

Prüfungsmaßstäbe auf die verschiedenen konkurrierenden Genehmigungen. Die Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis der sachfemeren Behörde wird zugunsten der insoweit sachkundigeren Fachbehörde reduziert. In der Rechtsprechung ist dieser Lösungsansatz lange Zeit am deutlichsten vom BayVGH formuliert worden. Im Urteil vom 25.05.1977 hat das Gericht ausgeführt, der Grundsatz, daß ein baurechtliches Vorhaben an allen öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu messen sei, fmde "dort seine Grenzen, wo für die Prüfung und Entscheidung darüber, ob ein Vorhaben unter bestimmten besonderen Aspekten mit besonderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbar ist, durch ein Spezialgesetz ein gesondertes Verfahren bei einer besonderen Behörde mit eigenen rechtlichen Voraussetzungen und besonderen Rechtsfolgen geschaffen worden ist, das durch eine rechtlich selbständige Entscheidung mit Außenwirkung abgeschlossen wird"41 • Auch das Bundesverwaltungsgericht hat in der "Altenberg-Entscheidung" die Separationslösung gewählt und darüber hinaus Ausführungen zu der Frage gemacht, wie das Verhältnis zweier Genehmigungstatbestände mit Öffnungsklauseln zu sehen ist und wie die Zuordnung von Genehmigungsvoraussetzungen, die für alle beteiligten Behörden fachfremd sind, erfolgt: "Zwar hat die Baugenehmigungsbehörde nach Landesrecht grundsätzlich die Übereinstimmung der baulichen Anlagen mit allen öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu prüfen. Zur verbindlichen Sachentscheidung ist sie danach jedoch ebenfalls nur befugt, soweit für solche öffentlich-rechtlichen Vorschriften keine speziellen Genehmigungsvorbehalte anderer Behörden in anderen Fachgesetzen bestehen. In bezug auf (...) konkurrieren folglich zwei Auffangzuständigkeiten miteinander. Die in einer solchen Situation für die Entscheidung über die Einhaltung dieser Vorschrift zuständige Behörde ist durch Auslegung der jeweiligen fachgesetzlichen Zuständigkeitsregelungen nach dem Gesichtspunkt zu bestimmen, zu welchem in die originäre Zuständigkeit der jeweiligen Behörden fallenden Regelungsgegenstand der stärkere Bezug besteht". 42 und Gemeinwohl, 78 f.; ders., Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 218; Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 82 jeweils m.w.N. 40 Auch als "reine Fachprüfung ohne fachübergreifende Untersuchungszuständigkeit" bezeichnet, vgl. Erbguth, UTR 1987, 56. 41 BayVGH, BayVBI. 1978, 179 (180). 42 BVerwG, DVBI. 1986, 1273 (1276); vgl. dazu Lämmle, Konkurrenz paralleler Genehmigungen, S. 197 und Gerhardt, DVBI. 1989, 133, der hofft, "daß das Kriterium des »Stärkeren Bezugs« nicht allzu kasuistisch angewendet wird". Vgl. auch

316

Dritter Abschn.: Lösung des Konkurrenzproblems

Diese Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht zuletzt im Urteil vom 11 .05. 1989 bestätigt43 • Das Separationsmodell verfolgt danach das Ziel einer lückenlosen und überschneidungsfreien Abgrenzung paralleler Prüfungs- und Entscheidungs-

bereiche. Die parallelen Genehmigungsverfahren können unter dieser Prämisse weitgehend unabhängig voneinander durchgeführt werden.

3. Das Modell der Fachbindung Das Modell der Fachbindung kommt (wie das Separationsmodell) aus dem Bereich der atomrechtlichen Genehmigungen. Im Rahmen der gegen diese Genehmigungen erhobenen Klagen wurden häufig bau- oder wasserrechtliche Argumente vorgetragen, obgleich eine besondere Genehmigung nach dem Fachgesetz erforderlich war. Diese Argumente wurden von den Gerichten im Streit um die atomrechtliche Genehmigung rnitbehandelt44 • Die darin liegende Problematik blieb dabei allerdings häufig verborgen4s. Zu dem Problem der parallelen Genehmigungsverfahren bezogen schon frühzeitig der BadWürttVGH und der BayVGH Stellung. In der Entscheidung des BadWürttVGH vom 08.10.1975 heißt es: "Angesichts der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen atomrechtlicher Genehmigungsbehörde und Wasserbehörden kann die Vorschrift des § 4 Abs. 1 AtAnVO nur so verstanden werden, daß sie der atomrechtlichen Genehmigungsbehörde lediglich eine dem Unternehmer gegenüber bestehende Amtspflicht zur umfassenden Prüfung auch des Wasserrechts auferlegt, einer ihr entsprechenden Entscheidung aber gleichwohl die Bindungswirkung Dritter gegenüber versagt" .46

BVerwG, DVBI. 1988, 489, wo es heißt: "Die atomrechtliche Teilgenehmigung und die wasserrechtliche Erlaubnis konkurrieren nicht in der Weise, daß verschiedene Behörden zur verbindlichen Entscheidung einer Frage nebeneinander zuständig sind". 43 BVerwGE 82, 61 = DVBI. 1989, 105 ("Ahaus-Urteil"). 44 Vgl. etwa BayVGH, DVBI. 1975, 199 (204). 45 Dies bedauern auch Bickel, DÖV 1981, 451; Jarass, Genehmigungen, S. 75. 46 BadWürttVGH, DVBI. 1976, 538 (545).

C. Die Konkurrenzlage bei parallelen Genehmigungsverfahren

317

Ähnlich verpflichtet die genannte Vorschrift nach Auffassung des BayVGH im Urteil vom 09.04.197947 "die atomrechtliche Genehmigungsbehörde lediglich im Interesse des Anlagenbelreibers zu der Untersuchung, ob dem Vorhaben voraussichtlich wasser-und baurechtliche Bestimmungen entgegenstehen. Der Unternehmer soll, bevor er erhebliche Mittel investiert, darüber in Kenntnis gesetzt werden, daß seinem Vorhaben wohl auch wasserund baurechtliche Hindernisse nicht entgegenstehen. Gleichwohl fehlt einer solchen Entscheidung in wasser-und baurechtliehen Fragen die Bindungswirkung, insbesondere auch gegenüber Dritten. Der Unternehmer muß folglich trotz erteilter atomrechtlicher Genehmigung besorgen, daß ihm letztlich aufgrund einer erfolgreichen Klage eines Dritten gegen die wasser- oder baurechtliche Entscheidung der Betrieb des KKWs versagt werden kann und ihm allenfalls ein Amtshaftungsanspruch gegen die Behörde verbleibt." In diesem Sinne dürfte auch der Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.11.1979 für den Konflikt zwischen einer erlassenen atomrechtlichen Genehmigung und einer wasserrechtlichen Erlaubnis zu verstehen sein48 • Dort war die für ein Kernkraftwerk erteilte wasserrechtliche Erlaubnis mit verschiedenen, materiell atomrechtlichen Argumenten angefochten worden, obwohl eine rechtswirksame atomrechtliche Genehmigung vorlag. Zur Begründung wurde auf § 6 WHG verwiesen, wonach eine wasserrechtliche Erlaubnis nicht erteilt werden darf, wenn die Gewässerbenutzung dem Wohl der Allgemeinheit widerspricht. Diese Voraussetzung war nach damals nahezu einhelliger Auffassung zu verneinen, wenn die Benutzung gegen irgendeine Vorschrift des öffentlichen Rechts verstößt49 • BayVGH, DVBI. 1979, 673 (677). BVerwG, Beschluß vom 22.11.1979 - 4 B 162/79 -, DÖV 1980, 178 mit Anmerkung Krause, DÖV 1980, 522 f.; vgl. auch das vorinstanzliehe Urteil des OVG Lüneburg, Ztw 1980, 303 (306); ähnlich BayVGH, DVBI. 1975, 199 (204); GewArch 1987, 99; BadWürttVGH, NVwZ 1987, 338; OVG Lüneburg, DVBI. 1979, 693; OVG Münster, UPR 1982, 203 (206) fiir das Verhältnis zwischen dem bergrechtliehen Betriebsplanverfahren und dem Baugenehmigungsverfahren; deutlich auch VG Schleswig, NVwZ 1983, 695 (696): "Die Vereinbarkeil des Vorhabens mit den übrigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, auch denen, die nicht im engeren Sinne zum Bereich des Baurechts zählen, war zwar zu prüfen, nicht jedoch zu bescheiden". 49 Vgl. BayVGH, BayVBl. 1970, 106; OVG Lüneburg, OVGE 27, 487; OVG Münster, Ztw 1973, 56; BadWürttVGH, Ztw 1976, 218 (225), Ztw 1978, 298 (300) und in: Wüsthoff/Kumpf, HdW, R 1204; Külz in: Festschrift fiir Gieseke, S. 207, 211; Gieseke/Wiedemann!Czychowski, WHG; § 6 Rdn. 22; Sa[zwedel, RdWWi 15, 49; Burghartz, WHG und WG NW, § 6 WHG, Anm. 3; Czychowski, DVBl 47

48

318

Dritter Abschn.: Lösung des Konkurrenzproblems "Es ist nicht grundsätzlich klärungsbedürftig, sondern ergibt sich ohne weiteres aus der gesetzlichen Zuständigkeits- und Kompetenzverteilung, daß in denjenigen Fällen, in denen es für eine nach dem AtG genehmigungspflichtige Anlage zur Kernenergienutzung neben der atomrechtlichen Genehmigung auch einer wasserrechtlichen Gestattung nach dem WHG bedarf, die Wasserbehörde im wasserrechtlichen Verfahren nicht in Anwendung des AtG über die atomrechtliche Genehmigung, sondern allein in Anwendung des Wasserrechts über die wasserrechtliche Zulassung des Vorhabens zu entscheiden hat. Ob die Wasserbehörde dabei - wie das OVG erwogen hat - die vom Unternehmer der Kernenergieanlage beantragte wasserrechtliche Gestattung rechtmäßigerweise auch mit der Begründung versagen dürfte, ihre Entscheidung würde i.S. des§ 6 WHG das Wohl der Allgemeinheit beeinträchtigen, weil es an den gesetzlichen Voraussetzungen fehle, von deren Vorliegen die atomrechtliche Genehmigung nach dem AtG abhängig sei, kann dahingestellt bleiben. Denn mit einer solchen Begründung darf die wasserrechtliche Gestattung jedenfalls dann nicht mehr versagt werden, wenn und soweit die für die atomrechtliche Genehmigung zuständige Behörde in Wahrnehmung ihrer Kompetenz über die Genehmigungsfahigkeit der Kernenergieanlage durch die Erteilung von atomrechtlichen Vorbescheiden, Teilgenehmigungen oder einer umfassenden Genehmigung grundsätzlich oder bereits abschließend positiv entschieden hat. Diese atomrechtlichen Entscheidungen ergehen zwar unbeschadet der Entscheidungen anderer Behörden, die für das Gesamtvorhaben aufgrund anderer öffentlichrechtlicher Vorschriften erforderlich sind ( ...). Sie sind aber, solange sie rechtswirksam sind, hinsichtlich der in ihnen angesprochenen atomrechtlichen Zulassungen für die anderen Behörden in der Weise verbindlich, daß diese Behörden für die in ihre Zuständigkeit fallenden Entscheidungen von der atomrechtlichen (Teil-)Genehmigung auszugehen haben" .50

Das Bundesverwaltungsgericht nimmt also eine Bindung anderer Behörden an. Genauso wie in den vorgenannten Entscheidungen wird eine fachübergreifende Prüfungskompetenz mit einer begrenzten, auf die jeweilige Fachkompetenz beschränkten Entscheidungsbefugnis kombiniert. Soweit eine Genehmigungsbehörde aufgrund fachlicher Kompetenz bestimmte Gesichtspunkte geprüft hat, sollen parallel zuständige Genehmigungsbehörden an deren Beurteilung gebunden sein. Die Zweitbehörde ist danach also im Überschneidungshereich der Genehmigungen durchaus entscheidungsbefugt. Sie 1976, 137; Stortz, Ztw 1972, 274 und Ztw 1978, 267. Die wasserrechtliche Gemeinwohlklausel wird allerdings seit BVerwGE 55, 220 überwiegend restriktiv ausgelegt, vgl. dazu ausführlich oben 2. Abschnitt B.l. 50 BVerwG, DÖV 1980, 178.

C. Die Konkurrenzlage bei parallelen Genehmigungsverfahren

319

ist lediglich an das Votum der Erstbehörde gebunden, darf also von ihrer Entscheidungsbefugnis nur noch in einer der Erstentscheidung entsprechenden Weise Gebrauch machen. Mit dieser Betrachtungsweise unterscheidet sich das Modell der Fachbindung von dem SeparationsmodelL Nach letzterem wäre die Zweitbehörde für Fragen, die in einem anderen Genehmigungsverfahren zu entscheiden sind, überhaupt nicht entscheidungsbefugt bzw. zuständig. Das Modell der Fachbindung hat in der Literatur breite Zustimmung gefunden51 .

II. Analyse der methodischen Ansätze Bevor zu den einzelnen Meinungen Stellung bezogen wird, erscheint eine Analyse der unterschiedlichen gedanklichen Ansätze aller drei Modelle geboten. So hat bereits Jarass kritisiert, daß insoweit nicht immer ausreichend differenziert wirds2. Alle drei Modelle unterscheiden generell zwischen der Prüfungs- und Entscheidungskompetenz53. Das kommt in den einzelnen Publikationen nicht immer hinreichend zum Ausdruck. Der Umstand, daß für verschiedene Genehmigungen zum Teil gleiche Genehmigungsvoraussetzungen gelten, 51 Vgl. Rengeling, JZ 1977, 543; Krause, GewArch 1980, 45; ders. , DÖV 1980, 523; K/ante, Teilerrichtungsgenehmigung, S. 339 ff.; ders., BayVBI. 1987, 6, 8; Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 209 ff.; ders., DÖV 1987, 951 ff.; Upmeier, NuR 1986, 314 f.; Seibert, DVBI. 1986, 1280 f.; Wagner, Genehmigung umweltrelevanter Vorhaben, S. 190 ff., 291; Ortloff, NVwZ 1988, 403; wohl ebenso Bütlenbender/Mutschler, Teilentscheidungen, Rdn. 234; Henseler, Recht der Abwasserbeseitigung, S. 72 ff.; Peine, Raumplanungsrecht, S. 269; Mörtel!Metzner, GaststG, § 4 Rdn. 129, 131. Ein modifiziertes Modell der Fachbindung fmdet sich bei Lämmle, Konkurrenz paralleler Genehmigungen, S. 132 ff., 152, der sich allerdings auch nicht im Widerspruch zur Ahaus-Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sieht (S. 172), WO dieses dem Separationsansatz gefolgt ist. 52 Jarass, Genehmigungen, S. 82. 53 Deshalb gibt der Grundsatz, Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis (bzw. Genehmigungsvoraussetzungen und Genehmigungstatbestand) dürften nicht miteinander verwechselt werden, wenig zur Klärung der Frage her; so zutreffend Erbguth, UTR 1987, 57; vgl. demgegenüber Gaentzsch, NJW 1986, 2790 f.; Jarass, Genehmigungen, S. 70 f.; Seibert, DVBI. 1986, 1279; allgemein zu dieser Trennung vgl. Kopp, VwVfG, Vorb. § 35 Rdn. 26; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Leonhardt, VwVfG, § 43 Rdn. 6, 8; Erichsen/Knoke, NVwZ 1983, 185 ff.; Ortloff, NJW 1987, 1665 ff.

320

Dritter Abschn.: Lösung des Konkurrenzproblems

bedeutet also noch nicht, daß die Genehmigungen insoweit gleichen Inhalt hätten. Darauf hat auch das BVerwG im" Whyl-Urteil" nachdrücklich hingewiesen54. Ausgehend von dieser Überlegung wird aber von den Vertretern der drei Modelle unterschiedlich bewertet, ob eine Kongruenz von Prüfungsvoraussetzungen und Entscheidungsinhalt besteht. Das Modell der Fachbindung trennt zwischen einer umfassenden Prüfungskompetenz und einer begrenzten, auf die jeweilige Fachkompetenz beschränkten Bindungswirkung. Das Modell der Vollbindung und das Separationsmodell gehen demgegenüber davon aus, daß die Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis einer Behörde bei konkurrierenden Genehmigungen immer zusammenfällt. Der Unterschied zwischen diesen beiden Modellen besteht jedoch in dem Weg, wie Prüfungs- und Entscheidungskompetenz begrenzt werden. Nach dem Modell der Vollbindung, trifft bei einer Genehmigung mit umfassendem Prüfungsmaßstab die Behörde, die zuerst entscheidet, eine verbindliche Entscheidung desselben Umfangs. Folglich entfällt für nachfolgende, vorhabenbezogene Genehmigungen eine eigenständige Prüfung, weil eine umfassende Bindung an die umfassenden Feststellungen der Erstentscheidung besteht. Das Separationsmodell grenzt die prüfungs- und Entscheidungskompeter.z einer Behörde insoweit ein, als ein spezieller Genehmigungsvorbehalt in einem anderen Fachgesetz besteht. Neben diesem unterschiedlichen Ansatz kann man das Separationsmodell und das Modell der Fachbindung noch wie folgt voneinander abgrenzen: BeideModelle kommen zum gleichen Ergebnis, wenn die Fachgenehmigung bereits ergangen ist. Nach dem Separationsmodell darf die später tätige Behörde die betreffenden Fachfragen nicht mehr prüfen. Nach dem Fachbindungsmodell ist sie an die Beurteilung durch die Fachbehörde gebunden. In beiden Fällen setzt sich die sachnähere Entscheidung durch.

54

BVerwG, NVwZ 1986, 208.

C. Die Konkurrenzlage bei parallelen Genehmigungsverfahren

321

Unterschiedliche Ergebnisse entstehen, wenn die Fachbehörde noch nicht entschieden hat. Nach dem Modell der Fachbindung muß die zuerst tätige Behörde ihren Maßstab voll ausschöpfen, gegebenenfalls auch die Fragen prüfen, die später von der Fachbehörde behandelt werden. Nach dem Separationsmodell ist das unzulässig. Bei der sich nun anschließenden Beurteilung der verschiedenen Modelle soll allerdings der zeitlichen Reihenfolge der Genehmigungen keine entscheidende Bedeutung zukommen55 • Eine Behörde, die an die getroffene Entscheidung einer anderen gebunden sein soll, muß deren Regelungsbefugnisse auch schon vor der Entscheidung dadurch achten, daß sie die zu regelnden Fragen nicht durch eigene verbindliche Akte präjudiziert.

III. Stellungnahme

Jarass hat nachgewiesen, daß jedes der drei Modelle spezifische Vorzüge, aber auch Schwächen aufweist56 • Unter Würdigung aller Argumente sprechen für das Separationsmodell aber die überwiegenden Gründe.

1. Bedenken gegen das Modell der Vollbindung Das Modell der Vollbindung geht davon aus, daß bei einer Genehmigung mit umfassendem Prüfungsmaßstab eine verbindliche Entscheidung desselben Umfangs getroffen wird. Aus diesem Grunde entfiele für nachfolgende, vorhabenbezogene Genehmigungen eine eigenständige Prüfung, weil eine Bindung an die umfassenden Feststellungen der ersten Genehmigung besteht. Die für diese Auffassung gefundenen Begründungen, die Grundsätze des Rechtsstaates verböten eine Doppelprüfung57 und es gebe keinen vernünftigen 55 So auch Henseler, DVBI. 1982, 390; Upmeier, NuR 1986, 315; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 92 a.E.; Seibert, DVBI. 1986, 1279; eine systematische Trennung zwischen dem Fall, daß eine parallele Genehmigung noch aussteht und demjenigen, daß sie bereits vorliegt, wird demgegenüber vorgenommen von Wagner, Genehmigung umweltrelevanter Vorhaben, S. 190; Jarass, WiVerw. 1984, 170. 56 Jarass , Genehmigungen, S. 85, 74, 79 ff. , 83 f. , 102. 57 So OVG Rheinland-Pfalz, GewArch 1981, 382 (383). 21 Büllesbach

322

Dritter Abschn.: Lösung des Konkurrenzproblems

Grund, der ersten Genehmigung keine umfassende Bindungswirkung zuzumessen58, überzeugen nicht. Gerade bei den vielfach bestehenden Öffnungsklauseln hätte das Modell der Vollbindung zur Folge, daß für die nachfolgenden parallelen Genehmigungsverfahren ein Prüfungsbereich nicht mehr verbliebe. Der Antragsteller hätte es in der Hand, durch die Reihenfolge paralleler Verfahren selbst zu bestimmen, welche Behörde eine verbindliche, fachübergreifende Entscheidung trifft. Das kann aber nicht richtig sein59. Es gibt keine allgemeine Zuständigkeitsregelung, daß bei sich überschneidenden Genehmigungsvoraussetzungen jeweils die erstentscheidende Behörde zur abschließenden Entscheidung im Überschneidungsbereich mit Bindungswirkung auch für die anderen beteiligten Behörden befugt ist. Durch eine Vollbindung würde ansonsten mittelbar eine vom Gesetzgeber nicht gewollte, faktische Konzentrationswirkung geschaffen. Die nachfolgenden Fachgenehmigungen würden zur reinen Formsache, wenn vorhabenbezogene Gesichtspunkte nicht mehr zu prüfen sind. Maßgeblich wäre allein, welche Behörde als erste entscheidet. Zu Recht wendet sich deshalb auch das Bundesverwaltungsgericht im "Altenberg-Urteil" dagegen, daß eine zeitliche Reihenfolge der Genehmigungsentscheidungen über das Maß ihrer Verbindlichkeit für andere Behörden entscheidet60• Mit Sinn und Zweck der einzelnen Fachgenehmigungsentscheidungen wäre das unvereinbar. Dem Modell der Vollbindung kann damit nicht gefolgt werden.

2. Schwächen des Modells der Fachbindung Das Modell der Fachbindung vermeidet einen solchen Kompetenzverstoß, übernimmt aber die Vorteile der Vollbindung. Beide Bindungsmodelle dienen dazu, die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen auszuschließen und Doppelprüfungen zu vermeiden. Für das Modell der Fachbindung gilt dies allerdings nur für den jeweiligen Umfang der Bindung. Im Gegensatz zum Modell der Vollbindung verbleibt der nachfolgenden Genehmigungsbehörde ihre Entscheidungskompetenz, da eine Bindung und damit eine Aufhebung 58 So OVG Münster, NVwZ 1987, 150 (151). 59 Ebenso Jarass, Genehmigungen, S. 74; Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher

Rechtsschutz, S. 235; Seibert, DVBI. 1986, 1279; Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 175; ders., UTR 1987, 55; Gaentzsch, NJW 1986,2794. 60 BVerwG, DVBI. 1986, 1273 (1276).

C. Die Konkurrenzlage bei parallelen Genehmigungsverfahren

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des behördlichen Entscheidungsspielraums nur insoweit erfolgt, als die Erstbehörde als kompetente Fachbehörde entschieden hat. Das Modell der Fachbindung bietet deshalb den Vorteil, insoweit mit dem Gesetzeswortlaut übereinzustimmen, als die Aufforderung zur Prüfung der Vereinbarkeil eines Vorhabens mit ressortfremden öffentlichen Belangen, die in den Öffnungsklauseln zum Ausdruck kommt, hier durchaus erfüllt wird61 . Zu bedenken ist aber, daß die vom Gesetzgeber angeordnete umfassende Prüfung nicht den Sinn hat, die Beachtung einzelner Normen mehrfach und parallel festzustellen62. Weiterhin kann es nicht angehen, daß die zuerst entscheidende Behörde damit belastet wird, ihren Prüfungsmaßstab voll auszuschöpfen und sich mit fachfremden Fragen zu befassen, obwohl diese in einem späteren Verfahren erneut und damit doppelt geprüft werden müssen63 • Auch dies läuft letztlich auf einen Verstoß gegen die zur Rechtsordnung gehörende Kompetenzabgrenzung hinaus64 und ist überdies mit dem Gesichtspunkt der Verwaltungsökonomie unvereinbar65. Das Modell der Fachbindung wirf weiterhin das Problem auf, den jeweiligen Umfang der Bindungswirkung zu bestimmen. Die vorgeschlagene Erstreckung der Bindung auf solche Fragen, über die eine Fachbehörde zu entscheiden hat, ist inhaltlich zu ungenau und dogmatisch oberflächlich66 • Unsicherheiten bei der Rechtsanwendung sind die Folge. Die entscheidende Schwäche des Modells der Fachbindung liegt aber in folgendem: Ein umfassendes Prüfungsrecht, dem nur eine partielle Bindungswirkung entspricht, birgt für den nicht von der Bindungswirkung erfaßten Bereich im Falle der Zweitentscheidung die Gefahr von divergierenden Beurteilungen und Entscheidungen in sich67 . Dieser Gefahr kann auch nicht - wie

61 Jarass, DÖV 1978, 23; Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S.

237.

62 Jarass, DÖV 1978, 23; ähnlich BVerwG, Beschluß vom 2.6.1988 - 4 C 1.88 -, zitiert nach Beckmann/Kuhlmann, NuR 1988, 374 Fn. 56. 63 Jarass, Genehmigungen, S. 81. 64 OVG Lüneburg, ZfW 1980, 303 (305); OVG Münster, NWVBI. 1988, 105 (108); Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 177; ders., UTR 1987, 56 ff.; Schlifer, NVwZ 1985, 385; Gaentzsch, NJW 1986, 2794. 65 Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, S. 73; Jarass, DÖV 1978, 24. 66 Lämmle, Konkurrenz paralleler Genehmigungen, S. 88. 67 BayVGH, DÖV 1983, 983 (984); Breuer, Abgrenzung, S. 37; Jarass, WiVerw. 1984, 180. 21•

324

Dritter Abschn.: Lösung des Konkurrenzproblems

es Beckrnann68 vorschlägt - entscheidend dadurch begegnet werden, daß die entscheidende Behörde immer die Stellungnahme der kompetenteren Fachbehörde einholt. So wünschenswert die Beteiligung und die Stellungnahme einer Fachbehörde ist, zwingend ist beides jedoch nicht69 • Ob die beteiligten Behörden sich absprechen, liegt alleine in deren Ermessen. Die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen bleibt so bestehen. Auf die für die Praxis unbefriedigenden Ergebnisse des Modells der Fachbindung weist schließlich noch Erbguth70 hin. Wird beispielsweise eine Baugenehmigung aus wasserrechtlichen Gründen versagt, so kann zwar noch eine positive Entscheidung nach dem Wasserrecht ergehen. Gleichwohl ist das Vorhaben undurchführbar, weil die Baugenehmigung fehlt. Das Vorhaben scheitert also am Verdikt der im Hinblick auf wasserwirtschaftliche Fragen fachfremden Baubehörde. Aus alledem folgt, daß auch das Modell der Fachbindung keine überzeugende Lösung für die Problematik paralleler Genehmigungsverfahren darstellt.

3. Das Separationsmodell als de lege lata richtige Lösung Der Separationsansatz bietet als einziger Lösungsansatz eine lückenlose und überschneidungsfreie Abgrenzung paralleler Prüfungs- und Entscheidungsbereiche und damit den Vorteil, divergierende behördliche Entscheidungen zu vermeiden. Doppelprüfungen werden ausgeschlossen. Dies ist unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit und der rechtsstaatliehen Transparenz dringend erforderlich71 und verhindert nicht zuletzt eine Erschütterung der Glaubwürdigkeit der Behörden in unserer Rechtsordnung72 •

68

Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 237; ders., DÖV 1987,

951, 953. 69 70

Jarass, DÖV 1978, 24. Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 175; ähnlich Jarass, Genehmi-

gungen, S. 81 für das Verhältnis Baugenehmigung/Umwandlungsgenehmigung. 71 So auch Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 119; Jarass, Genehmigungen, S. 59 f.; ders., WiVerw. 1984, 180; Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 230. 72 Krause, GewArch 1980, 44; Jarass, DÖV 1978, 24.

C. Die Konkurrenzlage bei parallelen Genehmigungsverfahren

325

Gegen das Separationsmodell wird vorgebracht, es stehe im Widerspruch zur Rechtsfigur des mehrstufigen Verwaltungsaktes73 • Weiterhin zerteile es einheitlichen Prüfungsstoff und verteile dadurch "die Problematik auf jeweils noch verdaubare Bissen"74 • Eine solche Aufteilung sei besonders fragwürdig bei Genehmigungen, die eine raumbedeutsame planensehe Beurteilung enthielten, da hier eine einheitliche, umfassende Prüfung besonders wichtig seF5 • Ein solcher fachübergreifender Prüfungsauftrag komme auch schon in den Öffnungsklauseln der einzelnen Gesetze zum Ausdruck, wo eine Prüfung aller öffentlich-rechtlichen Normen bzw. Interessen vorgeschrieben sei. Eine Beschränkung der Prüfungs- und Entscheidungskompetenz der Behörden sei daher auch nicht mit dem Gesetzeswortlaut vereinbar76 • Soweit gegen das Separationsmodell die Rechtsfigur des mehrstufigen Verwaltungsaktes ins Feld geführt wird, geht dieser Einwand fehl. In mehrstufi-

gen Verwaltungsverfahren wirken zwar verschiedene Behörden zusammen; nach außen ergeht jedoch nur eine Entscheidung, so daß die Problemkonstellation eine andere ist als die bei parallelen Verfahren.

Dem Vorwurf der mangelnden Vereinbarkeil mit dem Gesetzeswortlaut ist entgegenzuhalten, daß einer generellen fachübergreifenden Ressortzuständigkeit die fachliche Gliederung der Verwaltungsrechtsordnung entgegensteht, die ihrerseits Ausdruck des verfassungsrechtlich vorgegebenen Ressortprinzips istn. Die Reduktion des nach den jeweils einschlägigen Vorschriften weitgefaßten Untersuchungsstoffs folgt damit den Grundsätzen verjassungskonfonner Auslegung78 • Auch entspricht es - wie das BVerwG zutreffend 73 Seibert, DVBI. 1986, 1280; ähnlich Klante, BayVBI. 1987, 6; Wagner, Genehmigung umweltrelevanter Vorhaben, S. 206; Beckmann, DÖV 1987, 953; ders., Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 211 bezüglich der Lösung im gestuften Genehmigungsverfahren. 74 So Jarass, DÖV 1978, 23; ders., WiVerw. 1984, 180; zustimmend Beckmann, DÖV 1987, 952; Lämmle, Konkurrenz paralleler Genehmigungen, S. 94. 75 Jarass, Genehmigungen, S. 83; ders., DÖV 1978, 23. 76 So Beckmann, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, S. 236; ders., DÖV 1987, 951; Wagner, Genehmigung umweltrelevanter Vorhaben, S. 199; Jarass, Genehmigungen, S. 83; Seibert, DVBI. 1986, 1280; Lämmle, Konkurrenz paralleler Genehmigungen, S. 95. n Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 164 f., 177; ders., UTR 1987, 56 m.w.N.; vgl. dazu auch Herzog, in: Maunz!Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 65, Rdn. 59. 78 Vgl. hierzu BVerfGE 8, 28 (34); 18, 97 (111); Larenz, Methodenlehre, S. 319; Hesse, Grundzüge, S. 29 ff.; Prümm, Verfassung und Methodik, S. 211 ff.

326

Dritter Abschn.: Lösung des Konkurrenzproblems

feststellt "dem Rechtsgedanken des allgemeinen Verwaltungsrechts, daß jede Behörde nur den ihr zugewiesenen Bereich zu verwalten"79 und die Entscheidungszuständigkeit anderer Behörden zu respektieren hat80• Das gleiche Ergebnis läßt sich aus einer teleologischen Reduktion der Vorschriften herleiten81 • Der Gesetzgeber hat dadurch, daß er von einer Verwaltungskonzentration abgesehen und verschiedene Genehmigungsvorbehalte nebeneinander geschaffen hat, den Weg der systematischen und arbeitsteiligen Koordination gewiesen82 • Damit besteht der Sinn der kumulativen Zulassungsakte sowie der gleichzeitigen fachübergreifenden Genehmigungsvoraussetzungen nicht in einer schlichten Vervielfältigung von Sachprüfungs- und Entscheidungskompetenzen bezüglich derselben Sachverhaltsfragen, sondern in einer wechselseitigen Ergänzung der fachspezifischen Kompetenzen83 • Soweit einer Behörde eine Genehmigung vorbehalten ist, ist ihr die Aufgabe zugewiesen, über die Vereinbarkeit eines Vorhabens mit den Schutzzielen des Gesetzes zu entscheiden, das den Genehmigungsvorbehalt statuiert84• Das bedeutet, daß nicht die fachübergreifenden Belange als solche Gegenstand der fachgesetzlichen Überprüfungspflicht sind. Sie sind es vielmehr lediglich in ihrer fachspezifischen Relevanz, d. h. soweit sie Auswirkungen auf die fachgesetzlich zu berücksichtigenden Gesichtspunkte haben. Nur durch eine solche teleologische Auslegung der Öffnungsklauseln kann die Sachprüfungsund Entscheidungskompetenz der verschiedenen Fachbehörden untereinander so abgegrenzt und zugeordnet werden, daß sie sich in sinnvoller und effektiver Weise ergänzen. Auch steht so die für die Entscheidung erforderliche Sachkunde der Genehmigungsbehörde weiterhin im Vordergrund85 • Damit ist der Vorwurf mangelnder Vereinbarkeit mit dem Gesetzeswortlaut entkräftet, aber noch nicht derjenige, der dem Separationsmodell die 79 BVerwG, DÖV 1971, 64; zustimmend Schmidt, NVwZ 1985, 169; Erbguth, UTR 1987, 51. 80 Schmidt, NVwZ 1985, 169. 81 So eventualiter Jarass, Genehmigungen, S. 83; Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 177; ablehnend Krause, GewArch 1980, 44; Wagner, Genehmigung umweltrelevanter Vorhaben, S. 200; Klante, Teilerrichtungsgenehmigung, S. 48 ff. 82 Breuer, Umwelt, Verfassung, Verwaltung, S. 45. 83 Vgl. Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 94. 84 OVG Münster, GewArch 1989, 127 (128); Henseler, DVBI. 1982, 392; ders., Das Recht der Abwasserbeseitigung, S. 74 f.; Breuer, Abgrenzung, S. 37 f. 85 Vgl. BVerwG, Beschluß vom 2.6.1988 - 4 C 1.88 -, zitiert nach Beckmann/Kuhlmann, NuR 1988, 374 Fn. 56; OVG Münster, GewArch 1989, 127 (128).

C. Die Konkurrenzlage bei parallelen Genehmigungsverfahren

327

Zerteilung des Prüfungsstoffes vorwirft. Gewiß führt die Prämisse, daß eine Behörde generell nicht über solche Fragen entscheiden darf, die der Prüfungs- und Entscheidungskompetenz einer anderen Behörde gesetzlich zugewiesen sind, leicht die Gefahr der "Mißachtung der Koordinationsbedürfnisse" hervorM. Nachzuvollziehen sind auch die - in die gleiche Richtung weisenden - Bedenken von Beckmann, wonach bei einer Beschränkung der Prüfungskompetenz allein auf fachliche Anforderungen nicht festgestellt werden könnte, ob die dem Vorhaben entgegenstehenden öffentlichen Interessen überwiegen. Ein sachgerechtes Ergebnis könne sich erst aus der Summe der einzelnen, entgegenstehenden Fachbelange ergeben87 • Diesen Bedenken ist zunächst entgegenzuhalten, daß die Abwägung öffentlicher Belange nicht Aufgabe von Kontrollerlaubnissen ist, sondern ausschließlich ein Problem planenscher Entscheidungen darstellt88• Weiterhin liegt der Kritik ein zu enges Verständnis des Separationsmodells zugrunde. Dieses Modell geht davon aus, daß jede Norm einen Kompetenzkern aufweist, durch den der betreffenden Behörde eine spezielle Fachaufgabe zugewiesen wird89 . Darüber hinaus wird einer Behörde jedoch durch die gesetzlichen Öffnungsklauseln ein Randbereich der Sachprüfungs- und Entscheidungskompetenz eröffnet, der sie zur Prüfung der Vereinbarkeit eines Vorhabens mit ressortfremden öffentlichen Belangen auffordert und berechtigt. Auf diesen Randbereich können behördliche Sachprüfungen und Entscheidungen solange gestützt werden, als die Belange einen fachspezifischen Bezug haben und im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens nicht von einer insoweit kompetenteren Fachbehörde einer spezielleren Prüfung unterzogen werden müssen90• Der Randbereich der Prüfungs- und Entscheidungskompetenz findet damit seine Grenze erst im Kompetenzbereich der anderen Fachbehörden91. 86 So Wagner, Genehmigung umweltrelevanter Vorhaben, S. 198; ähnlich Jarass, Genehmigungen, S. 83. 87 Beckmann, DÖV 1987, 952. 88 Vgl. Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 178, ders. UTR 1987, 60. 89 Hensekr, DVBI. 1982, 392; Upmeier, NuR 1986, 314; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 95; ders., Abgrenzung, S. 37 f. 90 BVerwG, DVBI. 1986, 1273 (1275 f.), Breuer, Umweltschutz und Gemeinwohl, S. 77; Erbguth, UTR 1987, 61 m.w.N. 91 Hensekr, DVBI. 1982, 392; ders., Das Recht der Abwasserbeseitigung, S. 74 f.; aus der Rspr. vgl. HessVGH, ZfW 1974, 362 (367); BayVGH, BayVBl. 1978, 179 (180); OVG Münster, BRS 33 Nr. 73.

328

Dritter Abschn.: Lösung des Konkurrenzproblems

Diese Trennung zwischen Kompetenzkern und Randbereich einer Vorschrift zerstreut alleine aber noch nicht die gegen das Separationsmodell vorgebrachte Kritik der schematischen Zerteilung des Prüfungsstoffes und der damit möglicherweise zusammenhängenden Fragen. Zur Vermeidung dieser Konsequenzen wurde von den Vertretern des Separationsmodells schon frühzeitig vorgeschlagen, einer Behörde im Randbereich ihrer Sachprüfungs- und Entscheidungskompetenz das Recht zuzugestehen, eine Genehmigung zu versagen, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen einer zusätzlich erforderlichen Genehmigung offenkundig nicht vorliegen92 • Wenn es auch im Grundsatz dabei bleibt, daß behördliche Prüfungs- und Entscheidungsbefugnisse im Kompetenzkern anderer Behörden ihre Grenzen fmden, so gewinnt aufgrund dieser Eviden'l/)rüfung der Randbereich eine eigenständige, wenn auch eingeschränkte Bedeutung93 • Dabei darf allerdings nicht verkannt werden, daß die Genehmigungsbehörde sich auch bei einer solchen Evidenzprüfung nach außen mit einer Verantwortung belastet, die zu tragen sie eigentlich nicht qualifiziert und berufen ist94 • Die Befugnis zur Evidenzprüfung schafft die Verbindung zwischen den verschiedenen fachgesetzlichen Prüfungsbereichen. Zusammenhängende Fragen können damit - in allerdings begrenztem Rahmen - von jeder Behörde behandelt und so unkoordinierte Entscheidungen ausgeschlossen werden. Gegen das Separationsmodell wurde im Rahmen der Diskussion über die Umsetzung der EG-Richtlinie zur Umweltverträglichkeitsprüfung95 eingewendet, nur das Modell der Fachprüfung ermögliche die Einführung einer fachübergreifenden integrativen Umweltverträglichkeitsprüfung96 • Dieser 92 BVerwG, NVwZ 1986, 210; OVG Münster, DVBI. 1988, 1155 (1157); BayVGH, BayVBl. 1978, 179 (180) und BayVBl. 1993, 372; OVG Lüneburg, DVBI. 1978, 70; DVBI. 1979, 693; Salzwedel, Harmonisierung des Umweltrechts, S. 62; Michel/Kienzle, GaststG, § 4 Rdn. 38; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 98; ders., Umwelt, Verfassung, Verwaltung, S. 47; ders., Umweltschutz und Gemeinwohl, 79 f.; Schwerdtfeger, JuS 1981, 365; Henseler, DVBI. 1982, 395 f.; Upmeier, NuR 1986, 316; Gaentzsch, NJW 1986, 2793; Erbguth, UTR 1987, 61; Kaster!Reinhardt, NVwZ 1993, 1063. 93 Teilweise wird auch von einer "Vorprüfung" gesprochen; vgl. OVG Münster, DÖV 1986, 575 (576); Ort/off, NJW 1987, 1666, 1669; vgl. auch Beckmann!Kuhlmann, NuR 1988, 375, die darauf hinweisen, daß "keine trennscharfe Separation der Prüfungsmaßstäbe in den Parallelverfahren" stattfmde. 94 Salzwedel, Harmonisierung des Umweltrechts, S. 62. 95 Abgedruckt in DVBI. 1987, 829 ff. 96 So Beckmann, DÖV 1987, 953; ähnlich Wahl, DVBI. 1988, 88.

C. Die Konkurrenzlage bei parallelen Genehmigungsverfahren

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Einwand wurde gestützt durch den am 29.06.1988 von der Bundesregierung beschlossenen "Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (85/337/EWG)" 97 • Dort ist in§§ 2 Abs. 1 Nr. 2, 14 eine Prüfungspflicht umfassender Art vorgesehen. Einen entsprechenden Prüfungsauftrag findet sich in dem seit 1990 geltenden UVP-Gesetz (UVPG)98 • Diesem umfassenden Prüfauftrag kann das Separationsmodell nicht nachkommen. Auch die durch dieses Modell eröffnete Berücksichtigung außerfachgesetzlicher Gesichtspunkte im Randbereich ermöglicht wegen der Beschränkung auf deren fachgesetzlichen Bezug keine umfassende Prüfung eines Vorhabens. Dieser Mangel ist jedoch in erster Linie nicht dem Separationsmodell anzulasten, sondern dem UVPG99• Darüber hinaus ist auch sehr fraglich, ob das Modell der Fachbindung dem integrativen Ansatz des UVPG genügt. Dieses Modell erweitert zwar die Prüfungskompetenz der Fachbehörde. Erbguth hat aber überzeugend dargelegt, "eine bloße Addition der auf die einzelnen Umweltmedien bezogenen Kontrollvorgänge" bedeute keineswegs, "daß damit auch die Wechselwirkungen zwischen den - solcher Art gleichsam scheibchenweise geprüften Umweltfaktoren berücksichtigt wer-

97 Siehe dazu ausführlich oben 2. Abschnitt G.; vgl. auch Spiecker, BayVBl. 1988, 557; Steinberg, DVBL 1988, 995; Erbguth, NVwZ 1988, 969; Brückmann, UPR 1988, 361. 98 Vgl. § 2 Abs. 1 S. 4 UVPG; in zeitlich-verfahrensrechtlicher Hinsicht erarbeitet bei Parallelgenehmigungen die federführende Behörde die zusammenfassende Darstellung den Zulassungsbehörden und der Naturschutzbehörde. Anschließend hat sie die koordinierende Aufgabe, nach§ 14 Abs. 2 S. 1 und 2 UVPG das Zusammenwirken der Zulassungsbehörde sicherzustellen. Die Gesamtbewertung selbst wird von den Zulassungsbehörden selbst in eigener Kompetenz vorgenommen; vgl. hierzu Schmid_t-Preuß, DVBl. 1991, 241. 99 Kritisch auch Steinberg, DVBl. 1988, 999; Erbguth, NVwZ 1988, 973; ders., DÖV 1988, 484. Nach Lange, DÖV 1992, 786 "wird die Umsetzung der UVPRichtlinie für den Fall paralleler Genehmigungsverfahren noch nicht als gelungen betrachtet werden können". Hoppe!Püchel, DVBI. 1988, 8 gehen davon aus, daß "die UVP-Anforderungen nicht zur Entscheidung darüber" zwingen, "wie die Problematik paralleler Genehmigungsverfahren grundsätzlich zu bewältigen ist"; zustimmend Schmidt-Preuß, DVBL 1991, 240.

330

Dritter Abschn.: Lösung des Konkurrenzproblems

den" . 100 Das Modell der Fachbindung kann so zu einer störenden Parallelität von Umweltverträglichkeitsprüfungen führen 101. Wenn letztlich geltend gemacht wird, das Separationsmodell führe zu Schwierigkeiten der Abgrenzung des jeweiligen Regelungsgehalts paralleler Genehmigungen und beschwöre so die Gefahr herauf, daß einzelne Normen ungeprüft bleiben102 , so trifft dies den eigentlichen Schwachpunkt der Theorie. Dieser läßt sich aber auch befriedigend überwinden. Problematische Abgrenzungen in Teilbereichen lassen sich durch Auslegung der Fachgesetze nach den üblichen Auslegungsregeln bewältigen103 • Wichtige Hilfen für die Auslegung "sind die Zielsetzung des jeweiligen Fachgesetzes, die Kompetenz des jeweiligen Gesetzgebers (Bund/Land) zur Regelung des Verwaltungsverfahrens und der Behördenzuständigkeit, Gesichtspunkte des Vorrangs der speziellen vor der allgemeinen Regelung oder der zeitlichen Folge konkurrierender fachgesetzlicher Regelungen" 104 • Soweit trotzdieser Auslegungshilfen noch Lücken verbleiben, so sind diese aber nicht so sehr Fehler des Separationsmodells, sondern des Phänomens "paralleler Genehmigungen". Solange dies nicht beseitigt und durch eine Konzentration der verschiedenen Genehmigungen ersetzt ist, wird die durch Aufsplitterungen gekennzeichnete Zuständigkeitsordnung immer Lücken aufweisen. Gefordert ist hier auch die 100 Erbguth, VR 1988, 6; ähnlich ders., DÖV 1988, 483: "Addition ist nicht Integration". 101 Vgl. aber den Vorschlag von Weber, UPR 1988, 214 f. mit einer "mittleren Lösung". Auch Weber geht davon aus, daß die fachspezifische Umweltverträglichkeitsprüfung ohne intermediale Vernetzung das entscheidende Umsetzungsproblem ist. Er schlägt daher eine verfahrensrechtlich-organisatorische Lösung vor (S. 215). Danach "scheint mir der Gedanke einer Leitbehörde mit umfassender UVP-Prüfungskompetenz unter Berücksichtigung der vorliegenden fachgesetzlichen Umweltverträglichkeitsanalyse, die in eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung der Leitbehörde einfließt, geeignet, um den integrativen, intermedialen Ansatz zu verwirklichen"; vgl. schließlich noch den Lösungsvorschlag von Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 5, die ein sternf6rmiges Modell entwickelt haben: "Dem integrativen Ansatz ist auch dann entsprochen, wenn vom einzelnen Umweltmedium her in einem sozusagen sternförmigen Modell gedacht wird, in dessen Mittelpunkt ein Medium steht, von dem aus die anderen Medien mit in die Betrachtung einbezogen werden"; kritisch dazu Erbguth, DÖV 1988, 484 f. 102 So Wagner, Genehmigung umweltrelevanter Vorhaben, S. 199; Jarass, Genehmigungen, S. 83; ders., DÖV 1978, 23; Seibert, DVBI. 1986, 1279; vgl. auch Henseler, DVBI. 1982, 391: "Die Abgrenzung für alle denkbaren Fallgestaltungen vornehmen zu wollen, wäre ein hoffnungsloses Unterfangen". 103 Vgl. BVerwG, DVBI. 1986, 1273 (1276); Gaentzsch, NJW 1986, 2793. 104 Gaentzsch, NJW 1986, 2794.

C. Die Konkurrenzlage bei parallelen Genehmigungsverfahren

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Verwaltungs/ehre, die sich der Problematik noch nicht ausreichend angenommen hat. Vielen der Probleme, die sich in der Praxis bei parallelen Genehmigungsverfahren zeigen, kann auf der Grundlage des Separationsmodells auch durch eine bessere Verwaltungsorganisation begegnet werden1os. Die in einigen Ländern geplanten Umweltämter, in denen sich die verschiedenen Umweltmedien begegnen, stellen insoweit einen hoffnungsvollen Ansatz dar. Eine Reihe von Fachgesetzen lösen das Konkurrenzproblem bereits auf der Grundlage des Separationsmodells. Es entspricht dem Inhalt der bergrechtliehen Öffnungsklausel in§ 48 Abs. 2 BBergG. Nach dieser Vorschrift besteht die Entscheidungsbefugnis der Bergbehörde nur ..unbeschadet anderer öffentlieh-rechtlicher Vorschriften". Die Bergbehörde hat sich damit bei der Prüfung eines Vorhabens auf solche öffentlichen Belange zu beschränken, die nicht in einem anderen öffentlich-rechtlichen Verfahren berücksichtigt werden106. Das Separationsmodell ist auch in vollem Umfang vereinbar mit der Auslegung des "Wohls der Allgemeinheit" in § 6 WHG. An anderer Stelle107 hat eine teleologische Auslegung des § 6 WHG ergeben, daß die wasserrechtliche Gemeinwohlklausel aufgrund der Zielsetzung des Wassergesetzes restriktiv zu verstehen ist108. Zu dem gleichen Ergebnis führt nunmehr auch das Separationsmodell: Belange nichtwasserwirtschaftlicher Art dürfen von den lOS Dieser Ansatz fmdet sich auch bei Schendel, Überschneidungsbereiche zwischen wasserrechtlicher Erlaubnis und Genehmigung nach dem BhnSchG, S. 94, wo es heißt: "Umweltpolitisch wünschenswert und erforderlich ist eine bessere Harmonisierung der Verfahren zwischen den verschiedenen auf dem Sektor des Umweltschutzes tätigen Behörden. (...)" Vor allem fehlt es an koordinierenden Richtlinien für das Zusammenwirken der verschiedenen Behörden. 106 BVerwG, DVBI. 1986, 1273 (1275) Piens!Schulte!Graf Vitzthum, BBergG, § 48 Rdn. 17, ähnlich §55 Rdn. 141; Boldt!Weller, BBergG, § 48 Rdn. 10; Dicksehen, Raumordnungsverfahren, S. 194; Hoppe, DVBI. 1987, 761. 107 Siehe oben 2. Abschnitt B.l. 108 _f.us diesem Grunde will Thurn, Schutz natürlicher Gewässerfunktionen, S. 80 die restriktive Auslegung der wasserrechtlichen Gemeinwohlklausel auf § 6 WHG beschränkt wissen und sie noch nicht einmal auf andere Tatbestände des Wasserrechts übertragen; ähnlich Lang, BayVBI. 1981, 680. Anders dagegen Erbguth, UTR 1987, 58 f., ders., NVwZ 1988, 973; Beckmann, DÖV 1987, 951, die bereits in der einschränkenden Auslegung des § 6 WHG durch BVerwGE 55, 220 (229) das Separationsmodell erkennen. Diese Interpretation des Urteils ist allerdings problematisch. Das BVerwG hat seine Begründung ausschließlich auf wasserwirtschaftliche Erwägungen und das "Wesen der Planfeststellung" gestützt; ebenso BVerfGE 58, 300 (348) im Naßauskiesungsbeschluß.

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Dritter Abschn.: Lösung des Konkurrenzproblems

Wasserbehörden zur Prüfung der Allgemeinwohlverträglichkeit nicht berücksichtigt werden, wenn sie einem besonderen Genehmigungsverfahren unterliegen. Das Separationsmodell bietet damit de lege lata für die weitaus größte Zahl aller Fälle eine befriedigende Lösung.

4. Bedeutung der Lösung für Abgrabungen Für die Genehmigungsbehörden endet die Prüfungs- und Entscheidungskompetenz dort, wo ein gesondertes Verfahren einer anderen Behörde mit eigenen rechtlichen Voraussetzungen und besonderen Rechtsfolgen besteht, das durch eine rechtlich selbständige Entscheidung mit Außenwirkung abgeschlossen wird. Auf der Grundlage dieses Ergebnisses ist die Bergbehörde beispielsweise beim Braunkohlenabbau nicht berechtigt, im Rahmen des Betriebsplanverfahrens die Menge des Grundwassers festzusetzen, das abgepumpt werden darf, um trockene Gewinnungsorte zu schaffen. Bei einer solchen Entscheidung geht es um den medialen Schutz des Wassers, der als Fachaufgabe den Wasserbehörden ausschließlich zugewiesen ist. Sie betrifft den Kompetenzkern wasserrechtlicher Erlaubnisse und kann deshalb nicht mit der Zulassung des Betriebsplans präjudiziert werden109 • Ebenso kann ein bergrechtlicher Betriebsplan oder eine Baugenehmigung für eine Abgrabung nicht mit der Begründung abgelehnt werden, die Vorbereitung des Abbaus erfordere die Beseitigung eines erhaltenswerten Waldes. Die Waldumwandlung bedarf einer Umwandlungsgenehmigung nach § 9 BWaldG und den Ausfüllungsvorschriften der Länder. Durch dieses besondere Genehmigungserfordernis ist der Schutz des Waldes als deren Kompetenzkern den Forstbehörden anvertraut, deren Prüfungs- und Entscheidungsbefugnisse nicht durch Anordnungen fachfremder Behörden ausgehöhlt oder konterkariert werden dürfen110 •

109 Vgl. zu den möglichen Wassergefahren bei der Gewinnung von Bodenschätzen: Nast, Zffi 1984, 348 f., 351 ff. 110 Vgl. HessVGH, ZfW 1974, 362 (367); Upmeier, NuR 1986, 315; Henseler, DVBI. 1982, 391; Salzwedel, Harmonisierung des Umweltrechts, S. 63.

C. Die Konkurrenzlage bei parallelen Genehmigungsverfahren

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Sowohl für den Abgrabungsuntemehmer als auch für die Genehmigungsbehörde stellt sich angesichts dieses eingeschränkten Prüfauftrags die Frage, ob über die häufig bei verschiedenen Behörden anhängigen Anträge zeitgleich entschieden werden muß oder ob nacheinander folgende Entscheidungen möglich sind 11 1. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 15.03.1967 den Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung als "im Widerspruch zu dem rechtlichen Charakter der Baugenehmigung stehend" auch für den Fall verneint, daß der Kläger seinen Antrag ausdrücklich unter den Vorbehalt der noch ausstehenden waldschutzrechtlichen Umwandlungsgenehmigung stellt112• Die Baugenehmigung darf danach nur ergehen, wenn alle Fachgenehmigungen vorliegen113 • Zum gleichen Ergebnis kömrot Schmidt-Preuß für die Kombination zweier paralleler Anlagengenehmigungen, indem er aufgrund des fachspezifischen Schwerpunkts den Sachentscheidungskompetenzen der komplementären Fachbehörden den zeitlichen Vorrang einräumt und die Baugenehmigung als letztes Glied der Genehmigungskette ansieht114 • Etwas andere gelte allerdings für das Verhältnis komplementärer Nutzungs-

111 Zu den Möglichkeiten der Aussetzung eines Verfahrens vgl. Lämmle, Konkurrenz paralleler Genehmigungen, S. 228. 112 BVerwGE 26, 287 (288), wonach die Baubehörde "mindestens prüfen und feststellen" müsse, ob die weitere Umwandlungsgenehmigung erteilt werden könne; ebenso Simon, BayBO, Art. 74, Rdn. 11; weitere Nachweise bei Schmidt-Preuß, DVBI. 1991, 234, der allerdings konstatiert, daß in der Literatur der innere Zusammenhang dieser Frage mit der Problematik paralleler Genehmigungsverfahren nicht immer deutlich wird. Lämmle, Konkurrenz paralleler Genehmigungen, S. 162 sieht in der Entscheidung vom 15.03.1967 keinen Beleg für die Feststellung, daß die Baugenehmigung im Verhältnis zu konkurrierenden Genehmigungen immer als letzte zu erteilen ist. 113 Ebenso BayVGH, BayVBI. 1984, 566; Upmeier, NuR 1986, 313; Gaentzsch, NJW 1986, 2792; Ort/off, NJW 1987, 1669; BayVGH (Großer Senat), BayVBI. 1993, 371 spricht insoweit von der "Schlußpunkttheorie". 114 Schmidt-Preuß, DVBI. 1991, 235, wonach es bei den Anlagengenehmigungen um Errichtung und Nutzung eines real-physischen Baukörpers bzw. einer Anlage (z.B. Baugenehmigung, errichtungsbezogene Gewässerbenutzung) gehe. Demgegenüber beziehe sich die Nutzungsgenehmigung allein auf eine Handlung, die sich aus der zweckgerichteten Inanspruchnahme des Baukörpers bzw. der Anlage ergebe und wegen ihrer tatsächlichen oder potentiellen Außenwirkung einem fachgesetzlichen Genehmigungserfordernis unterliege (Beispiele: wasserrechtliche Erlaubnis oder Bewilligung, bergrechtliche Haupt- oder Sonderbetriebspläne, forstrechtliche Rodungsgenehmigung).

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Dritter Abschn.: Lösung des Konkurrenzproblems

genehmigungen, wo eine Abschichtung der parallelen Genehmigungsverfahren zu einem möglichst ftiihen Zeitpunkt möglich seim. Das Bundesverwaltungsgericht hat zu dieser Problematik in einer neueren Entscheidung Stellung bezogen. Im Ahaus-Urteil vom 11.05.1989, das die Kombination von Baugenehmigung und nachfolgender atomrechtlicher Aufbewahrungsgenehmigungzum Gegenstand hat, heißt es 116: "Regelmäßig erhält allerdings die im jeweiligen Landesrecht normierte bauaufsichtliche Genehmigung die umfassende Feststellung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit (allen) öffentlich-rechtlichen Vorschriften, soweit sie für die baurechtliche Prüfung einschlägig sind, sowie die Freigabe des Baues. (... ) Bundesrecht schließt aber nicht aus, daß eine Baugenehmigung, soweit sie die Art der genehmigten Nutzung bestimmt, unter dem Vorbehalt einer gesetzlich vorgeschriebenen weiteren Genehmigung steht. Denn zu einer verbindlichen Sachentscheidung ist die Baugenehmigungsbehörde nur befugt, soweit für bestimmte öffentlich-rechtliche Vorschriften keine speziellen Genehmigungsvorbehalte anderer Behörden in anderen Fachgesetzen bestehen. Die Bindungswirkung der Baugenehmigung beschränkt sich in Fällen dieser Art darauf, daß die erforderliche weitere Genehmigung nicht mehr aus baurechtliehen Gründen versagt werden darf und daß auch gegenüber Drittbetroffenen über die baurechtliche Zulässigkeit des Vorhabens aber auch nur über diese - entschieden ist."

Diesen Ausführungen ist zuzustimmen. Mit dem in der Baugenehmigung ausgesprochenen Vorbehalt117 und der damit verbundenen Verzahnung mit der nachfolgenden Parallelgenehmigung wird die aus dem Separationsmodell folgende Sachentscheidungskompetenz der Parallelbehörde gewahrt. Versagt man dem Bauherrn und Abgrabungsuntemehmer generell die beantragte Genehmigung allein unter Hinweis auf die jeweils formell-umfassenden Genehmigungsvoraussetzungen der Übereinstimmung mit dem einschlägigen öffentliche Recht, liefe man Gefahr, eine im Gesetz nicht vorgesehene faktische Konzentrationswirkung zu konstruieren118 • Weiterhin würde diese Argumentation einen Zirkelschluß bedeuten. Wenn die Behörde das Letztentscheim Schmidt-Preuß, DVBI. 1991,235. 116 BVerwG, DVBI. 1989, 1055 (1058). 117 Terminologisch spricht das OVG Münster, DVBl. 1988, 155 (159) von einer "Prämisse"; BVerwG, DVBI. 1989, 1055 (1058) verwendet die Begriffe "Voraussetzungen" oder "Unterstellungen" synonym. 118 So zutreffend Schmidt-Preuß, DVBI. 1991, 234.

C. Die Konkurrenzlage bei parallelen Genehmigungsverfahren

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dungsrecht haben soll, die einen umfassenden Prüfungsauftrag hat, wären die Berg-, Bau-, Forst- und die nach dem AbgrG NW zuständigen Abgrabungsbehörden gegenseitig blockiert. Alle diese Behörden haben einen umfassenden gesetzlichen Prüfauftrag. Dieser umfassende und sich überschneidende Prüfauftrag führt zu dem Problem der parallelen Genehmigungsverfahren, stellt seinerseits aber nicht die Lösung dar. Dies gilt auch unabhängig davon, ob es sich um parallele Anlagengenehmigungen oder um parallele Nutzungsgenehmigungen handelt. Bei all diesen Genehmigungen gilt, daß jede Behörde die Vereinbarkeil des Abgrabungsvorhabens mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften insoweit nicht zu prüfen hat, als diese in den fachspezifischen Prüfungsbereich paralleler Genehmigungsverfahren fallen. Im übrigen gilt das umfassende Prüfungsrecht. Hat auf dieser Grundlage eine Behörde, also auch die Baubehörde, ihre fachliche Prüfung abgeschlossen, kann sie ihre Genehmigung erteilen119• Eine "Rangfolge" der parallelen Genehmigungen gibt es nicht. Eine Verbindung zwischen den parallelen Genehmigungen kann die zuerst entscheidende Genehmigungsbehörde dann mit einem Vorbehalt bezüglich der gesetzlich vorgeschriebenen weiteren Genehmigung durch eine andere Behörde herstellen120 • Diese Verfahrensweise ist zweckmäßig und dient für den Antragsteller zur Klarheit 121 • Geboten ist ein solcher Vorbehalt bzw. ein entsprechender Hinweis allerdings nicht. 122 119 So jetzt auch BayVGH (Großer Senat), BayVBI. 1993, 371 mit ausfiihrlicher Begründung; vgl. auch BadWürttVGH, NVwZ-RR 1991, 284; Lämmle, Konkurrenz paralleler Genehmigungen, S. 160. 120 BayVGH (Großer Senat), BayVBI. 1993, 372; a.A. Lämmle, Konkurrenz paralleler Genehmigungen, S. 168 auf der Grundlage eines modifizierten Modells der Fachbindung; ähnlich Wagner, Genehmigung umweltrelevanter Vorhaben, S. 195. 121 Zu beachten ist in Nordrhein-Westfalen die Vorschrift des § 63 Abs. 1 S. 2 BauO, wonach die Bauaufsichtsbehörde dem Bauantragsteller einen entsprechenden Hinweis geben muß, wenn die Erteilung der Baugenehmigung von der Zustimmung oder weiteren Genehmigung oder Erlaubnis einer anderen Behörde abhängig ist; vergleichbare gesetzliche Regelungen fmden sich bei Lämmle, Konkurrenz paralleler Genehmigungen, S. 160 f.; vgl. auch OVG Münster, DÖV 1987, 601 und BauR 1992, 610. 122 BVerwG, DVBI. 1989, 1055 (1059) macht in einem obiter dieturn die Problematik des vom Gericht und auch hier vertretenen Ergebnisses deutlich. Dort heißt es: "Der Senat hat erwogen, ob für Vorhaben der hier vorliegenden Art Baugenehmigungsverfahren und atomrechtliches Genehmigungsverfahren zeitlich zumindest in der Weise zu koordinieren, daß die Baugenehmigung, soweit sie die Errichtung des Bauwerks freigibt, erst erteilt werden darf, wenn für die vorgesehene atomrechtliche Nutzung die dafür zuständige Behörde aufgrund einer abschließenden Prüfung die

336

Dritter Abschn.: Lösung des Konkurrenzproblems

Zu beachten ist allerdings, daß in der jeweiligen Genehmigung der Prüfungsmaßstab nicht überschritten wird. Falls eine Genehmigung eine andere Genehmigung falschlieherweise für entbehrlich, ersetzt oder mit eindeutigem Ausschließlichkeitsanspruch deren Voraussetzungen für erfüllt erklärt, so ist sie rechtswidrig und kann aufgehoben werden 123 • Entsprechendes gilt bei Nebenbestimrnungen, mit denen die Erstbehörde Versagungsgründe ausräumen will, die in dem parallelen Verfahren zu prüfen sind124 . Etwas anderes gilt allerdings in den Fällen, in denen die zuerst entscheidende Behörde unter Evidenzgesichtspunkten feststellt, daß die andere Genehmigung offensichtlich nicht erteilt werden kann. Nach dem Separationsmodell ist ihr in diesen Fällen eine Entscheidung über die grundsätzlich in einem anderen Verfahren zu entscheidenen Materie möglich, d.h. die erstentscheidende Behörde kann ausnahmsweise aus fachfremden Erwägungen den Antrag ablehnen. Dies hindert allerdings - anders als Kaster/Reinhardt meinen125 - die an sich zuständige Behörde nicht, ihr Genehmigungsverfahren mit einem positiven Bescheid zu beenden126. Die Entscheidungskompetenz nuklearspezifischen Risiken des Vorhabens die erforderliche Spezialgenehmigung gegeben hat. Eine so ausgestaltete zeitliche Verklammerung des Verfahrens erscheint (...)jedenfalls naheliegend". Diese Erwägungen des Gerichts werden abgelehnt von Lämmle, Konkurrenz paralleler Genehmigungen, S. 170 Fn. 56, da für eine solche Vorgreiflichkeit der Betriebsgenehmigung die erforderliche gesetzliche Grundlage fehle. 123 So Stelkens!Sachs, in: Stelkens/Bonk!Leonhardt, VwVfG, § 44 Rdn. 89, § 9 Rdn. 91 ff.; a.A. Schmidt-Preuß, DVBI. 1991, 233, der hierin einen Fall des § 44 Abs. 1 VwVfG sieht und Nichtigkeit annimmt. Zu beachten ist allerdings, daß nach den Modellen der Voll- und Fachbindung eine fachübergreifende Prüfung nicht nur zulässig, sondern sogar geboten ist. 124 Ebenso Henseler, DVBI. 1982, 397 f.; Czychowski, DVBI. 1976, 138; Lämmle, Konkurrenz paralleler Genehmigungen, S. 164; unklar Wagner, Genehmigung umweltrelevanter Vorhaben, S. 205 f.; vgl. auch VG München, GewArch 1979, 29 (31), wonach solchen Nebenbestimmungen keine rechtserhebliche Bedeutung zukommen soll. 125 Kaster/Reinhardt, NVwZ 1993, 1063 beziehen sich zur Begründung dieser Ansicht auf BVerwGE 74, 315 (319 f.). Eine solche Aussage hat das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung allerdings nicht gemacht. Das Gericht hat die Frage vielmehr ausdrücklich offengelassen (S. 320), da in dem konkreten Fall ein bestandskräftiger Bescheid vorlag, der bereits nach den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts eine Bindungswirkung erzeugte. Eine Lösung des speziellen Konkurrenzproblems war damit nicht erforderlich. 126 Wie hier: Lämmle, Konkurrenz paralleler Genehmigungen, S. 154, 205, 214 ff. m.w.N., wonach es der Antragsteller in der Hand habe, bei widersprüchlichen Entscheidungen "durch ein erneutes Aufgreifen des ersten Genehmigungsverfahrens

C. Die Konkurrenzlage bei parallelen Genehmigungsverfahren

337

der an sich zuständigen Behörde kann nämlich durch die Entscheidung der erstentscheidenden Behörde nicht eingeschränkt werden. Diese Ergebnis steht im Einklang mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.09.1987, in dem der Leitsatz wie folgt lautet127: "Die Wasserbehörde kann bei der Gestattung des Einleitens von Abwasser aus einem Kernkraftwerk Grenzwerte der radioaktiven Kontamination festsetzen. Sie ist dabei an die Entscheidung der Atombehörde über die zulässige Belastung des Abwassers mit radioaktiver Strahlung nicht gebunden."

In der Praxis werden allerdings die auf der Grundlage dieses Ergebnisses möglichen widersprüchliche Entscheidungen nicht vorkommen. Sowohl die erstentscheidende Behörde als auch die an sich zuständige Behörde müssen ihre Entscheidungen auf fachtechnische Stellungnahmen stützen. Diese werden regelmäßig durch dieselbe Fachbehörde abgegeben, womit die - auch vom Bundesverwaltungsgericht128 gewünschte - Koordination gewährleistet ist. Hält beispielsweise die Bergbehörde den ihr vorliegenden Antrag offensichtlich aus wasserwirtschaftliehen Gründen nicht für zulassungsfähig, wird sie eine Stellungnahme der fachtechnischen Fachbehörde 129 einholen. Kommt dann die Fachbehörde zu einer das Abgrabungsvorhaben ablehnenden Stellungnahme, kann die Bergbehörde aus Evidenzgesichtspunkten den Antrag negativ bescheiden. Die für die wasserwirtschaftliehen Fragen an sich zuständige Wasserbehörde muß nun ihrerseits auch noch über den ihr vorliegenden Antrag entscheiden. Grundlage ihrer Entscheidung wird ebenfalls die ablehnende Stellungnahme der wasserwirtschaftliehen Fachbehörde sein. Auf

eine Übereinstimmung mit der später ergangenen, verbindlichen Entscheidung in der betreffenden Sachfrage herzustellen." 127 BVerwG, DVBI. 1988, 489; vgl. auch BadWürttVGH, GewArch 1985, 334 (335): "Eine Bindungswirkung kann im Bereich von Zuständigkeitsüberschneidungen (...) immer nur insoweit bestehen, als die entscheidende Behörde fachlich kompetent ist.". 128 Vgl. BVerwG, DVBI. 1988, 490: "Eine Verletzung des Übermaßverbotes kann erst dann vorliegen, wenn beide Behörden unkoordiniert dasselbe prüfen und damit Kosten entstehen lassen, denen kein zusätzlicher Erkenntniswert entspricht. Angesichts der gegebenen Rechtslage ist es daher notwendig, daß Atom- und Wasserbehörden ihre Kontrollen aufeinander abstimmen und die Ergebnisse austauschen, soweit daran ein Interesse besteht, und auch von den Möglichkeiten der Amtshilfe Gebrauch machen." 129 In Rheinland-Pfalz sind dies nach§ 105 LWG die Staatlichen Ämter fiir Wasser- und Abfallwirtschaft; in anderen Ländern die Wasserwirtschaftsämter. 22 BUIIesbacb

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Dritter Abschn.: Lösung des Konkurrenzproblems

Grundlage dieser Stellungnahme kann dann auch der Antrag durch die Wasserbehörde abgelehnt werden. 130 Erhält demgegenüber der Antragsteller die von ihm begehrte Genehmigung, ist zu klären, ob er - insbesondere bei Vorliegen einer Baugenehmigung131 - mit der Realisierung des Abgrabungsvorhabens beginnen darf. Das ist sicher dann der Fall, wenn alle parallel erforderlichen Genehmigungen vorliegen und keine Widersprüche von Drittbetroffenen vorliegen. Sofern allerdings neben der vorhandenen Genehmigung noch weitere Genehmigungen ausstehen, ist die Rechtslage schwieriger zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht stellt die Problematik deutlich heraus,. wenn es formuliert 132 : "Werden aber die für das Vorhaben erforderlichen Gebäude mit erheblichen Aufwand und hohen Kosten schon errichtet, bevor in dem vorgeschriebenen besonderen Genehmigungsverfahren abschließend geprüft ist, ob sich die beabsichtigte Nutzung so verwirklichen läßt, daß Gefahrdungen Dritter in dem gebotenen Maße ausgeschlossen sind, so besteht die Gefahr, daß die nachträglich anzustellenden Prüfungen für eine Betriebs- oder Umgangsgenehmigung durch Standortwahl und bereits getätigter Investitionen faktisch vorgeprägt sind und im Interesse der Erhaltung der Verwendungsfahigkeit bereits erstellter Einrichtungen die erforderlichen Schutzmaßnahmen großzügiger beurteilt werden. Zudem wird ein etwaiger Abrill eines nutzlos errichteten Gebäudes regelmäßig vom Nachbarn nicht zu erzwingen sein, sondern im Ermessen der Behörde stehen."

Trotz dieser vom Bundesverwaltungsgericht angesprochenen "normativen Kraft des Faktischen" erachtet das Gericht eine frühzeitige Realisierung des 130 In diesem Zusammenhang kann die Frage einer "Vorausbindung" bedeutsam werden, die gelegentlich in der Literatur vertreten wird, falls die Fachbehörde im Erstverfahren eine eindeutige Stellungnahme abgegeben hat. Diese Bindung wird aus dem Rechtsgedanken des § 38 VwVfG und aus dem rechtsstaatliehen Grundsatz des Vertrauensschutzes abgeleitet; vgl. Salzwedel, Harmonisierung des Umweltrechts, S. 64 f.; ders., ZfW 1973, 85, 87, 90 ff.; ihm folgend: Breuer, Umwelt, Verfassung, Verwaltung, S. 47 f.; ders., Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 99; Büdenbender/Mutschler, Teilentscheidungen, Rdn. 234; Schoeneberg, Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 63; ähnlich VG Schleswig, GewArch 1983, 224; Michel/Kienzle, GaststG, § 4 Rdn. 38; kritisch: Fischerhof, ZfW 1973, 92 ff.; Brohm, Landeshoheit und Bundesverwaltung, S. 47; Bickel, DÖV 1981, 453 Fn. 17; Wagner, Genehmigung umweltrelevanter Vorhaben, S. 218; Wahl, DVBI. 1988, 88; Gieseke/Wiedemann!Cychowski, WHG, § 6 Rdn. 6 m.w.N. 131 Zur Rechtswirkung der Baugenehmigung und der damit verbundenen Baufreiheit vgl. oben 2. Abschnitt C.II. 132 BVerwG, DVBI. 1989, 1055 (1059 f.).

D. Die Konkurrenzlage bei§ 8 BNatSchG

339

Vorhabens für möglich. Zugleich verweist es darauf, daß die Errichtung des Bauwerks oder der Beginn des Abgrabungsvorhabens "in vollem Umfang auf eigenes Risiko des Betreibers .. erfolgt, "solange über die Zulässigkeil der Nutzung noch nicht positiv entschieden ist... 133 Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung ist die Abschichtung von parallelen Genehmigungsverfahren möglich und gestattet dem Antragsteller, zu einem möglichst frühen Zeitpunkt mit dem Abgrabungsvorhaben zu beginnen134. Er muß sich allerdings bewußt sein, daß der Baubeginn oder die Nutzung auf eigenes Risiko geschieht. Die Verwaltungsbehörde kann dies dadurch in ihrem Bescheid verdeutlichen, daß sie auf die noch erforderliche parallele Genehmigung und auf das mit dem Baubeginn verbundene Risiko hinweist.

D. Die Konkurrenzlage bei§ 8 BNatSchG Über die Zulassung von Eingriffen in Natur und Landschaft sowie über die Pflichten des Verursachers wird nicht in einem eigenen naturschutzrechtlichen Verwaltungsverfahren entschieden (§ 8 Abs. 2 S. 3 BNatSchG). Die Unterlassungs oder Ausgleichsverpflichtung wird durch die für die anderweitig vorgeschriebene Entscheidung oder Anzeige zuständige Behörde ausgesprochen. Im Falle einer Planfeststellung sind die erforderlichen Maßnahmen entweder in dem Planfeststellungsbeschluß oder in einem landespflererischen Begleitplan, der Bestandteil der Fachplanung ist, darzustellen (§ 8 Abs. 4, Abs. 6 BNatSchG). Ist ein sonstiger Genehmigungsakt vorgeschrieben, so ist die Unterlassungs- oder Ausgleichsverpflichtung durch Nebenbestimmungen gern. § 36 VwVfG oder speziellen Vorschriften auszusprechen; hierfür kommen in erster Linie Auflagen sowie aufschiebende oder auflösende Bedingungen in Betracht135 •

133 BVerwG, DVBI. 1989, 1055 (1059 f.). 134 Vgl. Seibert, Bindungswirkung von Verwaltungsakten, S. 406; a.A. Lämmle,

Konkurrenz paralleler Genehmigungen, S. 163. 135 Pielow, NuR 1979, 16. 22•

340

Dritter Ab sehn.: Lösung des Konkurrenzproblems

I. Problemstellung

Aus dieser verfahrensrechtlichen Integration der Entscheidung über den Eingriff in Natur und Landschaft in das jeweilige fachliche Genehmigungsverfahren resultiert das Problem bei parallelen Genehmigungsverfahren. Gesetzlich ist nämlich nicht geregelt, welche Behörde die in § 8 Abs. 3 BNatSchG vorgesehene Entscheidung über die Vereinbarkeit eines Vorhabens mit Belangen des Landschaftsschutzes zu treffen hat.

II. Meinungsstand

Zu dieser Frage ist in Rechtsprechung und Schrifttum nur vereinzelt Stellung bezogen worden136 •

1. Entscheidung im Verfahren mit dem schwersten Gefährdungspotential Nach Henseler137 führt§ 8 Abs. 2 S. 3 BNatSchG nicht zwingend zu einer durchgängigen Parallelität der Prüfung von landespflegerischen Belangen in den verschiedenen Genehmigungsverfahren. Nach seiner Auffassung muß wie folgt differenziert werden: Soweit ein Vorhaben nur verwirklicht werden könne, "wenn mehrere tatbestandlieh als Eingriff zu wertende (genehmigungspflichtige) Handlungen sich zu einem Gesamtwerk ergänzen, ist für jeden Eingriff die Landschaftsverträglichkeitsprüfung gesondert anzustellen"138 • Anders sei der Fall zu beurteilen, in dem für denselben Eingriff mehrere Genehmigungen eingeholt werden müßten. Hier trete eine Duplizität des landschaftsschutzbezogenen Prüfungsgehaltes und damit die Gefahr divergierender Entscheidungen ein. Um dies zu verhindern, sei es sachgerecht, die alleinige Entscheidungsbefugnis der Behörde zuzuordnen, 136 Henseler, DVBI. 1982, 394 f.; Gaentzsch, NuR 1986, 93; Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 180 ff.; ohne Lösungsvorschlag: Gaentzsch, NJW 1986, 2794; Wagner, Genehmigung umweltrelevanter Vorhaben, S. 19 Fn. 5. 137 Henseler, DVBI. 1982, 395. l38 Henseler, DVBI. 1982, 395.

D. Die Konkurrenzlage bei§ 8 BNatSchG

341

,.mit deren Genehmigung die größte Bedrohung des Naturhaushalts einhergeh(139.

2. Entscheidung im Baugenehmigungsverfahren Gegen die Auffassung von Henseler wendet sich Erbguth140. Er führt aus, es sei nicht zulässig, bei mehreren als Eingriff zu wertenden Handlungen die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege mit unterschiedlichem Gehalt und aus differenzierenden Gesichtspunkten zu prüfen. Auch lasse sich gegen den Lösungsansatz von Henseler dort, wo für denselben Eingriff mehrere Genehmigungen einzuholen seien, ,.unschwer einwenden, daß das Kriterium des - schwersten - Gefährdungspotentials im Lichte des Naturschutzund Landschaftspflegerechts gerade, zumindest aber eher, gegen eine alleinige Prüfungskompetenz der insoweit zuständigen Behörde sprich( 141 . Den eigenen Lösungsweg weist Erbguth mit einem Hinweis auf das Baugenehmigungsverfahren als zentrales Umsetzungsinstrumentarium. Aus der ,.die das Baurecht charakterisierenden Querschnittsorientiertheit" folge, daß bei parallelen Genehmigungsverfahren ,.die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege i. S. d. § 8 BNatSchG allein Prüfungsgegenstand des Baugenehmigungsverfahrens sind" 142 . Mehrfachprüfungen würden so entfallen. Eine ähnliche Argumentation findet sich bei Gaentzsch143 . Nach seiner Auffassung sind über die naturschutzrechtlichen Anforderungen - unabhängig von der verfahrensrechtlichen Regelung des§ 8 Abs. 2 S. 3 BNatSchG im Baugenehmigungsverfahren zu entscheiden, da dort ,.über die Vereinbarkeil des Vorhabens mit allen öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu entscheiden ist" 144 .

139 140 141 142 143 144

Henseler, DVBI. 1982, 395. Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 181. Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 181. Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 182. Gaentzsch, NuR 1986, 93. Gaentzsch, NuR 1986, 93.

342

Dritter Abschn.: Lösung des Konkurrenzproblems

III. Stellungnahme

Richtig ist an der Argumentation von Erbguth und Gaentzsch, daß die Öffnungsklauseln in den jeweiligen Landesbauordnungen zu einer umfassenden Prüfung aller möglichen Belange auffordern. Richtig ist ferner, daß hierzu auch die Anforderungen des § 8 BNatSchG gehören. Unzutreffend ist jedoch die Folgerung, daß das Baugenehmigungsverfahren aus diesem Grunde bei parallelen Verfahren als "Kronverfahren" einzustufen ist. Nicht nur die Landesbauordnungen, sondern auch andere Fachgesetze enthalten gesetzliche Öffnungsklauseln. Warum die naturschutzrechtlichen Anforderungen nicht in diesen Verfahren geprüft werden können bzw. dürfen, bleibt nach dem obigen Lösungsvorschlag unbeantwortet. Es bleibt damit der Lösungsansatz von Henseler. Ihm ist zuzustimmen, daß bei verschiedenen Eingriffen in Natur und Landschaft jeder Eingriff gesondert zu untersuchen ist. Die Erteilung einer Waldumwandlungsgenehmigung für die Rodung eines als Gewinnungsstätte von Bodenschätzen vorgesehenen Grundstücks betrifft einen anderen Eingriff als denjenigen, der mit der Abgrabung selbst verbunden ist. Beide Eingriffe sind zwar auf dasselbe Ziel - nämlich den Abbau von Bodenschätzen - gerichtet. Sie müssen aber nicht als ein Gesamteingriff gewertet werden, da jeder Eingriff für sich besondere Umweltrisiken mit sich bringt und deshalb getrennt geprüft werden kann. Nicht gefolgt werden kann allerdings der Auffassung von Henseler, bei parallelen Verfahren für dasselbe Vorhaben könne ausschließlich die Behörde naturschutzrechtliche Anordnungen treffen, mit deren Genehmigung die größte Bedrohung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes einhergehe. So kann oftmals nicht festgestellt werden, in welchem Verfahren das größte Gefährdungspotential enthalten ist. Das zeigt sich besonders deutlich bei Abgrabungen, für die sowohl ein wasserrechtliches als auch ein baurechtliebes Verfahren durchgeführt werden muß. Das Ergebnis von Henseler steht weiterhin nicht mit dem weitreichenden und mehrmedial ausgerichteten Auftrag des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Einklang. Es ist schließlich auch nicht ersichtlich, aus welchem Grunde beispielsweise die Wasserbehörde und die Baubehörde bei der Prüfung des Allgemeinwohls bzw. der öffentlich-rechtlichen Vorschriften die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege nicht einfließen lassen dürfen. Wenn Henseler in diesem Zusammenhang auf die Gefahr divergierender Entscheidungen verweist, berücksichtigt er in nicht angemessener Weise den § 8 Abs. 5

E. De lege ferenda

343

BNatSchG. Nach dieser Vorschrift haben die für die Genehmigung zuständigen Behörden ihre Entscheidung im Benehmen mit der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde zu treffen. Das Erfordernis des Benehmens wird dabei durch rechtzeitige Information und Anhörung sowie durch die Berücksichtigung abgegebener Stellungnahmen erfüllt 145 • Damit ist gewährleistet, daß alle Fachbehörden ihre Entscheidungen in den parallelen Verfahren aufgrund der gleichen naturschutzrechtlichen Stellungnahme treffen können. Die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen ist so gebannt und dem Erfordernis einer umfassenden Überprüfung des Vorhabens Rechnung getragen.

E. De lege ferenda Die bisherigen Überlegungen haben gezeigt, daß auf der Grundlage des geltenden Rechts eine ideale Lösung des Konkurrenzproblems nicht existiert. Das führt zu der Frage, ob nicht de lege ferenda neue Lösungsansätze möglich oder sogar erforderlich sind, die dem Konkurrenzproblem besser gerecht werden. In diese Richtung deutet auch ein obiter dieturn des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 11.05.1989, wo es heißt: "Der erkennende Senat bemerkt jedoch, daß er eine derartige Aufspaltung der Prüfung und verbindlichen Beurteilung der für eine einheitliche Atomanlage geltenden Genehmigungsvoraussetzungen sowohl aus der Sicht der Betreiber als auch von Drittbetroffenen für unbefriedigend ansieht. Ersteren wird das Risiko erheblicher Fehlinvestitionen auferlegt, das übrigens auch volkswirtschaftliche zu mißbilligen ist; letztere sind beträchtlicher Ungewißheit darüber ausgesetzt, gegen welche der beiden Genehmigungen sie vorgehen müssen mit der Folge, daß sie unter Umständen einen von vornherein aussichtslosen Rechtsstreit führen, sofern sie nicht gezwungen sind, doppelten Rechtsschutz zur Wahrung ihrer Rechte zu suchen. Nach der Auffassung des Senats würde daher die Bereitstellung eines einheitlichen Genehmigungsverfahrens für Vorhaben der hier in Rede stehenden Art 145 Zu weit geht allerdings die Auffassung des VG Gießen, NuR 1988, 305 (306), wonach im Rahmen der Benehmensprüfung die Naturschutzbehörde die materiellrechtlichen Voraussetzungen der Eingriffsregelung abschließend prüft und die federführende Behörde auf diese Weise inhaltlich bindet. Diese Auslegung geht über die rechtliche Bedeutung eines "Benehmens" hinaus. Im Ergebnis ebenso Weitzel, NuR 1988,306.

Dritter Abschn.: Lösung des Konkurrenzproblems

344

ihrer Bedeutung und der Tragweite ihrer Auswirkungen weitaus besser entsprechen. "146

I. Einführung neuer Planfeststellungsverfahren Mit der Konzentrationswirkung wird durch die Vermeidung von Doppelprüfungen die Verwaltung effektiver, die Rechtssicherheit durch den Ausschluß widersprüchlicher Entscheidungen erhöht und der Rechtsschutz vereinfacht, weil der Drittbetroffene alle Einwendungen gegen die Errichtung des (Abgrabungs-) Vorhabens in einem Verwaltungsverfahren vorbringen kann (aber teilweise auch muß). Aus diesem Grunde kann man daran denken, zur Beseitigung des Konkurrenzproblems weitere Konzentrationsvorschriften in die einzelnen Genehmigungsgesetze aufzunehmen. Die in diese Richtung weisenden Vorschläge gehen davon aus, daß die Konzentration zur Lösung des Problems unter folgenden Voraussetzungen beitragen kann147: Die Konzentration darf nicht auf einzelne Konkurrenzfalle bezogen sein, sondern muß generell angelegt sein. Weiter muß die Konzentration an einem Verfahren ansetzen, das nicht nur einen umfassenden Prüfungsmaßstab aufweist, sondern auch einen möglichst weiten Prüfungsgegenstand besitzt. Schließlich kann eine möglichst umfassende Lösung der Konkurrenzprobleme nur erwartet werden, wenn die Genehmigung, bei der die verschiedenen Verfahren konzentriert werden sollen, in den praktisch relevanten Konkurrenzfallen fast immer erforderlich ist und damit zum Tragen kommen kann.

BVerwG, DVBI. 1989, 1055 (1059). Jarass, Genehmigungen, S. 86 f., 101; Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 183. 146

147

E. De lege ferenda

345

Il. Die Konzentration der Baugenehmigung 1. Die Vorschläge im Schrifttum Überprüft man anband dieser Vorgaben die in Frage kommenden umweltrechtlichen Genehmigungsverfahren, so verwundert kaum, daß immer häufiger vorgeschlagen wird, eine Konzentration der Baugenehmigung einzuführen148. Aufgrund ihrer Querschnittsorientiertheit ist der Prüfungsmaßstab und der Prüfungsgegenstand der Baugenehmigung sehr weit, und sie ist in einer Vielzahl von umweltrelevanten Vorhaben einzuholen.

2. Bedenken gegen eine Konzentrationswirkung der Baugenehmigung Eine dermaßen weitreichende landesrechtliche Konzentration der Baugenehmigung begegnet kompetenzrechtlichen Hindernissen, wenn dabei auch bundesrechtlich geregelte Genehmigungsverfahren einbezogen werden sollent49.

Problematisch ist auch die infolge der Konzentrationswirkung der Baugenehmigung zwangsläufig eintretende vertikale Verlagerung von Genehmigungszuständigkeiten nach unten. Die Zuständigkeit zur Erteilung von Bau-

genehmigungen liegt in der Regel bei den unteren Verwaltungsbehördentso. In einigen Bundesländern ist es darüber hinaus möglich, die Zuständigkeit auf die Verbandsgemeinde- oder Gemeindeebene zu übertragenm. Soweit von diesem Recht Gebrauch gemacht wurde, bedeutet dies, daß die parallelen Genehmigungszuständigkeiten bei Behörden liegen würde, denen nur wenige andere Genehmigungszuständigkeiten übertragen sind. Ließe man daher die 148 Jarass, Genehmigungen, S. 87, 89; Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 182, 184; ders., VR 1988, 6; Schu/tz, Zuständigkeiten, S. 314 ff.; Ortloff, NVwZ 1988, 402; vgl. auch den Bericht über den Arbeitskreis IV beim 8. Deutschen Verwaltungsrichtertag 1986, vorgetragen von Müht-Jäckel, DVBI. 1986, 608; zu den allgemeinen Vor- und Nachteilen der Konzentration Wagner, Genehmigung umweltrelevanter Vorhaben, S. 262 ff. 149 Wagner, Genehmigung umweltrelevanter Vorhaben, S. 257 ff. m.w.N. tso Vgl. z.B. Art. 62 Abs. 1, 64 BayBO; §§57 Abs. 1 Nr. 3, 59 BauO NW; tst Vgl. z.B. § 48 Abs. 2, Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 3, §50 Abs. 1 LBO BW; §57 Abs. 2 LBauO RhPf; zur sog. Kommunalisierung der unteren Verwaltungsebene vgl. Peine, Raumplanungsrecht, S. 266.

346

Dritter Abschn.: Lösung des Konkurrenzproblems

Konzentration bei der Baugenehmigungsbehörde eintreten, so hätte dies eine "Hinabzonung" 152 zur Folge. Dies ist jedoch systemwidrig. Es ist nicht einzusehen, daß Genehmigungszuständigkeiten gerade dann nachgeordneten Verwaltungseinheiten übertragen werden sollen, wenn es um Genehmigungen komplexer Vorhaben geht, die mehreren Genehmigungsvorbehalten unterliegen, während vergleichsweise einfache Vorhaben, die nicht einmal einer Baugenehmigung bedürfen, nur von übergeordneten Behörden genehmigt werden können. Auch das in diesem Zusammenhang immer wieder vorgebrachte Argument, das Baugenehmigungsverfahren "sei in der Mehrzahl aller prekärer Zulassungsfälle durchzuführen" 153, überzeugt nicht. Für die Lösung des Konkurrenzproblems darf die quantitative Zahl von möglichen speziellen Genehmigungsverfahren kein entscheidendes Kriterium sein. Im Vordergrund muß immer ein "qualitatives Element", hier die Fachkompetenz stehen. Jarass hat darauf aufmerksam gemacht, daß die Einführung von Konzentrationsvorschriften "einen gravierenden Verlust an Fachkompetenz" 154 beinhaltet. Dem ist zuzustimmen. Oftmals hat die für die Erteilung einer konzentrierten Genehmigung zuständige Behörde weder das Wissen noch die Erfahrung der verdrängten Behörden. Das wird besonders deutlich bei der wasserrechtlichen Entscheidung. So ist den Wasserbehörden ein Bewirtschaftungsermessen eingeräumt; neben der frei widerruflichen Erlaubnis(§ 7 WHG) gibt es eine mit Bestandsschutz versehene Bewilligung (§ 8 WHG); Erlaubnisse und Bewilligungen sind nicht notwendigerweise anlagenbezogen (vgl. §§ 7 Abs. 2, 8 Abs. 6 WHG); gemäß § 9 a WHG kann der vorzeitige Beginn einer Gewässerbenutzung zugelassen werden, und schließlich sind wasserrechtliche Entscheidungen in das Wasserbuch einzutragen (§ 37 WHG). Diese Besonderheiten stehen einer Entscheidungskonzentration entgegen. Es besteht die Gefahr, daß die Konzentrationsbehörde diese rechtlichen Besonderheiten vernachlässigt und den Belangen des Gewässerschutzes nicht genügend Beachtung schenkt. Dies gilt um so mehr, als gerade eine Gemeinde als untere Bauaufsichtsbehörde von ihrer personellen Ausstattung und ihrer organisatorischen Stellung her weder in der Lage ist, die verschiedenen fachgesetzli152 Dieser Ausdruck fmdet sich bei Wagner, Genehmigung umweltrelevanter Vorhaben, S. 283. 153 Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 192; so auch Jarass, Genehmigungen, S. 87. 154 Jarass, Genehmigungen, S. 63.

E. De lege ferenda

347

eben Bereiche zu überblicken, die von einem komplexen Vorhaben ausgehen, noch dazu, im Zusammenwirken mit beteiligten Verwaltungseinheiten, die in der Behördenhierarchie höher stehen, auf eine Abstimmung unterschiedlicher fachlicher Gesichtspunkte hinzuwirkenIss. Diesen Bedenken kann auch nicht dadurch begegnet werden, daß die Baugenehmigungsbehörde bei ihrer Entscheidung an das Einvernehmen der ,.ersetzten" Behörden gesetzlich gebunden wird 156 • Durch ein solches Erfordernis würde der vereinheitlichende Effekt der Zulassung eines Vorhabens durch ein Verfahren ausgehöhlt. Weiterhin macht eine solche Einvernehmensregelung das Verfahren erheblich schwerfälliger157 • Auch würde die Möglichkeit der Konzentrationsbehörde, alle möglichen Fachbelange in eine Abwägung einfließen zu lassen, erheblich beschränkt 158 • Eine Konzentrationswirkung der Baugenehmigung führt schließlich auch zu unbefriedigenden Ergebnissen. Soweit eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist, muß es bei einer potentiellen Verfahrensparallelität verbleiben. Das bedeutet, daß beispielsweise bei Abgrabungen, bei denen durch eine raumbedeutsame Maßnahme erhebliche Umweltgefahren geschaffen werden, mangels der Erforderlichkeil eines Baugenehmigungsverfahrens159 eine Mehrzahl von parallelen Verfahren durchzuführen ist. Bei kleineren Abgrabungen würde demgegenüber eine Konzentration bei der Baugenehmigungsbehörde eintreten. Das Ziel der Konzentrationswirkung, nämlich die Vermeidung der Diversifizierung der Zulassungstatbestände und der Schwierigkeiten bei der Bestimmung und wechselseitigen Abgrenzung ihrer Anwendungsbereiche, würde so verfehlt.

Wagner, Genehmigung umweltrelevanter Vorhaben, S. 284. s·o Erbguth, Raumbedeutsames Umweltrecht, S. 184. 157 Jarass, Genehmigungen, S. 64, 87. 158 Um diese Schwierigkeiten auszuräumen, schlagen Schultz, Zuständigkeiten, S. 319 f.; Jarass, Genehmigungen, S. 64; Umweltrecht, S. 184 Fn. 6 vor, sich mit einer Anhörung bzw. einem Benehmen der betreffenden Fachbehörde zufrieden zu geben. Gerade diese schwächere Form der Beteiligung kann jedoch wieder dazu führen, daß die Sachkompetenz der verdrängten Behörde nicht ausreichend zur Geltung kommt und so unterlaufen werden kann. 159 Siehe ausführlich oben 1. Abschnitt A.IV. Iss

156

348

Dritter Abschn.: Lösung des Konkurrenzproblems

Aus alledem folgt, daß eine umfassende Konzentration bei der Baugenehmigungsbehörde die Probleme der parallelen Verfahren nicht befriedigend lösen kann160•

F. Ergebnis Bei Abgrabungen greifen auf horizontaler Ebene regelmäßig mehrere Genehmigungsvorbehalte nebeneinander ein. Es müssen daher grundsätzlich mehrere Genehmigungsverfahren parallel durchgeführt werden. Auf vertikale Ebene weisen die einzelnen Genehmigungen teilweise den gleichen Prüfungsmaßstab auf. Die Teilidentität des Prüfungsmaßstabs folgert aus den "Öffnungsklauseln" ( = Einbruchstellen, Schnittstellen) der einzelnen Fachgesetze: Das Abgrabungsvorhaben muß mit dem" Wohl der Allgemeinheit" (§ 6 WHG), den "öffentlichen Interessen" (§§ 11 Nr. 10, 48 Abs. 2 BBergG; § 9 BWaldG, § 8 BNatSchG, § 3 Abs. 2 AbgrG NW) oder den "sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften" (nach den LBauOen) in Einklang stehen. Parallele konkurrierende Verfahren können zu einer Vervielfältigung der Arbeit von Behörden und Gerichten, zur Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen sowie zu erheblichen Verfahrensverzögerungen führen. Das Konkurrenzproblem wird gelöst, wenn eine Genehmigung andere Genehmigungen ersetzt. Eine solche Konzentrationswirkung weist das wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren auf. Die Wasserbehörde muß dabei diejenigen Vorschriften beachten, die für die ersetzten Genehmigungen gelten.

160 Wie hier: Wagner, Genehmigung umweltrelevanter Vorhaben, S. 282 ff. ; für die grundsätzliche Beibehaltung paralleler Genehmigungsverfahren hat sich auch Breuer, 59. DJT, S. B 45 ff. ausgesprochen; ebenso Kaster!Reinhardt, NVwZ 1993, 1065 im Hinblick auf eine "arbeitsteiligen, eingespielten und mit Fachkenntnissen ausgestatteten Verwaltung"; zu den Lösungsansätzen in einem Umweltgesetzbuch vgl. Papier, DVBl. 1992, 1136, der sich für eine weittragende gesetzliche Entscheidungskonzentration bei der umweltrechtlichen Anlagengenehmigung (der "Umweltbewilligung") ausspricht. Send/er, DVBl. 1992, 1117 spricht von der "Suche nach einer medienübergreifenden Gesamtkonzeption des Umweltrechts auf der Grundlage des Vorhandenen".

F. Ergebnis

349

Eine Erweiterung der bestehenden Konzentrationsvorschriften auf die übrigen Genehmigungsvorbehalte hätte den Vorteil, daß ein einheitliches Gesamtvorhaben nur noch von einer Behörde in einem Verfahren erteilt wird. Ob damit jedoch der technischen Komplexheil einer Abgrabung, ihrem umweltrelevanten Konfliktpotential und den Schwierigkeiten bei der Bestimmung und Auslegung der jeweils anzuwendenden Normen begegnet werden kann, ist zweifelhaft. Auch bei einer Planfeststellung steht nämlich das materielle Recht nicht zur Disposition der Planfeststellungsbehörde. Weiterhin sind parallele Genehmigungsverfahren in der Regel kein Zufall, sondern durch die Komplexität und Vielgestaltigkeit umweltrelevanter Vorhaben geradezu bedingt. Eine sachgerechte Entscheidung erfordert, daß eine Vielzahl unterschiedlicher, oftmals konkurrierender Belange berücksichtigt werden müssen. Innerhalb der öffentlichen Verwaltung haben sich deshalb eine Vielzahl von spezialisierten Behörden entwickelt. Die Erweiterung von Konzentrationsvorschriften und die Schaffung einer "Konzentrationsbehörde" würde aus diesem Grunde einen gravierenden Verlust an Fachkompetenz bedeuten, da die für die Erteilung einer konzentrierten Genehmigung zuständige Behörde regelmäßig weder das Wissen noch die Erfahrung der verdrängten Fachbehörden hätte. Das geltende Recht bietet ausreichend die Möglichkeit, bei Abgrabungen und sonstigen umweltrelevanten Vorhaben die unterschiedlichen Rechtsbereiche in Einklang zu bringen. Die damit in den Fachgesetzen angelegten Überschneidungen bei parallelen Genehmigungsverfahren lassen sich zwar nicht ideal, jedoch befriedigend durch das hier vertretene Separationsmodell vermeiden, das den Prüfungsstoff auf den fachgesetzlichen Handlungsauftrag beschränkt und außerfachgesetzliche Gesichtspunkte nur in ihrem fachspezifischen Bezug (mit-)erfaßt.

Vierter Abschnitt

Die Rechte der Gemeinden A. Einleitung

Nach einer Umfrage der Abgrabungsindustrie scheitern die meisten Vorhaben am fehlenden Einverständnis der Gemeinden1• Auch Schulte hat kürzlich konstatiert, daß Abgrabungen "unter der zunehmenden Ablehnung der Gemeinden" leiden2 • Dies ist Anlaß, den Umfang der Rechte von Gemeinden in Verfahren zu untersuchen, die Abgrabungen zum Gegenstand haben.

B. Die Rechtsgrundlagen

Die bedeutsamsten Rechte der Gemeinden fmden sich in Art. 28 Abs. 2 GG (dazu unter I.) oder lassen sich aus § 36 BauGB ableiten (dazu unter

11.)3.

I. Art. 28 Abs. 2 GG

Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistet zusammen mit den einschlägigen Normen der Landesverfassungen4 den Gemeinden und Gemeindeverbänden für ihren jeweiligen Hoheitsbereich das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen

Vgl. die Nachweise bei Bramer, NuR 1983, 207; ähnlich: Schulte, DVBI. 1988, 963, der darauf verweist, daß die "Bodenschätzegewinnung unter der zunehmenden Ablehnung der Gemeinden leidet". 2 Schulte, DVBI. 1988, 963. 3 Zur Grundrechtsfähigkeit von Gemeinden vgl. Badura, BayVBl. 1989, 1 ff. 4 Hierzu Blümel, Rechtsgrundlagen, S. 243 ff.

B. Die Rechtsgrundlagen

351

Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln5 • Der Inhalt der Selbstverwaltung und damit die Reichweite der institutionellen Garantie6 ist dabei nicht vorgegeben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zählen zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft solche Angelegenheiten, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, und die von ihr eigenverantwortlich und selbständig bewältigt werden können7 • Diesem Begriff ist neben einer räumlichen und einer personellen Komponente eine solche funktionaler Art eigen: Es muß sich um Aufgaben handeln, die von den Gemeinden aufgrund ihrer finanziellen, sächlichen und personellen Ausstattung sachgerecht wahrgenommen werden können8 • Aufgaben örtlicher Gemeinschaft sind daher nicht nur solche, die sich nur in einer Gemeinde stellen; sie können sich wegen der vielfältigen horizontalen und vertikalen Problemverflechtungen auch in anderen Gemeinden stellen. Auf der anderen Seite sind öffentliche Aufgaben nicht schon deshalb solche der örtlichen Gemeinschaft, weil sie diese betreffen oder für sie sonstwie von Belang sind. Entscheidend ist immer, ob die Angelegenheit primär und schwergewichtig dem örtlichen Bereich zuzurechnen ist, weil sie überwiegend mit dem örtlichen Interesse identisch ist9 • 5 Zu Sinn und Funktion der Selbstverwaltungsgarantie vgl. v. Arnim, AöR 1988, 14 ff. m.w.N.; zur geschichtlichen Entwicklung vgl. BVertG, DVBI. 1989, 300 (301). 6 Vgl. Blümel, Wesensgehalt und Schranken, S. 265 ff. m.w.N. in Fn. 4; zu der Rechtsstellung der Kommmunen im übertragenen Wirkungskreis vgl. Vietmeier, DVBI. 1993, 190 ff. 7 BVertGE 8, 122 (134); 50, 195 (201); vgl. aber Erbguth, Jura 1988, 565, wonach "in dieser Defmition das überkommene Bild der Gemeinschaft als einer lokalen Lebensgemeinschaft zum Ausdruck kommt, das in der modernen Industriegemeinschaft an Aussagekraft verloren hat"; ähnlich Stober, Kommunalrecht, S. 25; Schmidt-Jortzig, DÖV 1989, 145. 8 Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, DVBI. 1988, 796 (797); Broß, VerwArch 1989, 147 f.; Erbguth, Raumordnungsrecht, Rdn. 104 ff. m.w.N.; vgl. aber BVertG, DVBI. 1989, 300 (303), wonach es auf die Verwaltungskraft der Gemeinde hierfür nicht ankommt. Entgegen BVerwGE 67, 321 (324) verbiete sich daher eine Auslegung, "die ein anderweitig bestimmtes einheitliches sog. kommunales Leistungsniveau zu ihrem Ausgangspunkt wählt". 9 Stober, Kommunalrecht, S, 26; Schmidt-Jortzig, DÖV 1989, 145 f.; Erbguth, Jura 1988, 565 m.w.N.; vgl. jetzt auch BVerfGE 79, 127 (151) = DVBI. 1989, 300 (303), wonach die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft "den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und

352

Vierter Abschn.: Die Rechte der Gemeinden

Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG gewährleistet die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung nur im Rahmen der Gesetze. Die Formulierung enthält einen Gestaltungsauftrag für den Gesetzgeber 10, dem lediglich ein Eingriff in den Wesensgehalt der kommunalen Selbstverwaltung verwehrt ist 11 • Dieser Wesensgehalt ( = Kernbereich) wird üblicherweise durch ein Bündel gemeindlicher Hoheitsrechte konkretisiert, wozu neben der Gebietshoheit, Organisationshoheit, Personalhoheit, Finanzhoheit 12 und Satzungshoheit auch die Planungshoheit gehört 13 • Diese hat zum Inhalt, daß die Gemeinden selbst und in letzter Instanz bestimmen, wie ihre städtebauliche Entwicklung verlaufen soll. Das wichtigste Instrumentarium findet sich in § 2 Abs. 1 BauGB: Danach kommt den Gemeinden die Kompetenz zur eigenverantwortlichen Aufstellung der Bauleitpläne zu14 • Der Wesensgehalt der gemeindlichen Selbstverwaltung wird jedoch durch die oben genannten Hoheitsrechte nicht abschließend gekennzeichnet. Bei der Bestimmung des Kernbereichs ist nämlich der geschichtlichen Entwicklung -wohnen der Menschen in der (politischen) Gemeinde betreffen". Zu dieser sog. "Rastede-Entscheidung" vgl. Schmidt-Jortzig, DÖV 1993, 973. 10 BVerfGE 26, 228 (237 f.); Stern, Staatsrecht I, S. 413 ff. 11 Vgl. BVerfGE 56, 298 (312): Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG verbürgt "als institutionelle Garantie den Gemeinden nicht die Selbstverwaltungsrechte in allen Einzelheiten. Gesetzliche Beschränkungen der Selbstverwaltung sind vielmehr mit Art. 28 Abs. 2 S. I GG vereinbar, wenn und soweit sie deren Kernbereich unangetastet lassen"; ebenso BVerfGE 11, 266 (274); 17, 172 (182); 21, 217 (130); 38, 258 (278 f.); zuletzt BVerfG, DVBI. 1989, 300 (301). 12 Vgl. hierzu BayVerfGH, NVwZ-RR 1993, 163 ff.; OVG Rheinland-Pfalz, NVwZ-RR 1993, 159 ff. 13 BVerwGE 31, 263 (264 f.); 40, 323 (329 f.); 51, 6 (13 f.); 56, 110 (134 ff.); 74, 124 (129); zuletzt BVerwG, UPR 1988, 112; aus dem Schrifttum vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht ll, Rdn. 45 ff.; Koch!Hosch, Baurecht, S. 107; Stober, Kommunalrecht, S. 35 f.; Ernst/Hoppe, Baurecht, Rdn. 167; Erbguth, Jura 1988, 565 ff.; Broß, VerwArch 1989, 144 f.; etwas unklar ist die Rspr. des BVerfG; vgl. etwa BVerfGE 56, 298 (312), wo nicht ersichtlich ist, ob die Bauleitplanung überhaupt als Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft anzusehen ist; siehe auch BVerfGE 52, 95 (117), wo es heißt: "Die wesentlichen Hoheitsrechte wie Gebietshoheit, Organisationshoheit, Satzungshoheit, Personalhoheit und Finanzhoheit sind entweder überhaupt nicht oder nur wesentlich eingeschränkt." Die Planungshoheit wird in diesem Zusammenhang nicht genannt; vgl. zuletzt BVerfG, DVBl. 1988, 41 (43); ausführlich zur rechtlichen Ausgestaltung der gemeindlichen Planungshoheit: Knöpffe, Abbau von Kies und Sand, S. 27 ff. m.w.N. 14 Zum Streit, ob neben der Bebauungsplanung auch die Flächennutzungsplanung zum Kernbereich des Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG gehört vgl. Erbguth, Jura 1988, 566; Fiedler/Fink, JuS 1989, 288, jeweils m.w.N.

B. Die Rechtsgrundlagen

353

und den verschiedenen Erscheinungsformen der Selbstverwaltung Rechnung zu tragen15 • Deshalb gehört zum Wesensgehalt der gemeindlichen Selbstverwaltung kein gegenständlich bestimmter oder nach feststehenden Merkmalen bestimmbarer Aufgabenkatalog, wohl aber die Befugnis sich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, die nicht durch Gesetz bereits anderen Trägem öffentlicher Verwaltung übertragen sind, ohne besonderen Kompetenztitel anzunehmen ("Universalität" des gemeindlichen Wirkungskreises).t 6

ll. § 36 BauGB

Es fragt sich nun, wie die Fälle zu beurteilen sind, in denen die raumbezogenen planerischen Intentionen und Zielvorstellungen der Gemeinden auf die Planungsabsicht anderer hoheitlicher Verwaltungsträger stoßen. Es liegt auf der Hand, daß sich angesichts einer Mehrzahl teilautonomer Planungsträger bei divergierenden Zielvorstellungen Konflikte und Spannungslagen ergeben können. Im Rechts- und Verfassungsstaat ist es primär Aufgabe der Rechtsordnung, Wege zu ihrer Lösung aufzuweisen. Ein solcher findet sich in § 36 BauGB. Wenn die betroffene Gemeinde mit Zielvorstellungen einer Fachplanung nicht einverstanden ist, liegt es nahe, daß sie ihr Einvernehmen nach § 36 BauGB verweigert bzw. verweigern möchte. Die Zulässigkeil eines solchen Verhaltens soll im folgenden einer näheren rechtlichen Prüfung unterzogen werden.

1. § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB Nach § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB wird über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den§§ 31, 33 bis 35 im bauaufsichtliehen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden.

15 16

BVerfGE 1, 167 (174 f.); 38, 258 (278 f.); 76, 107 (118); std. Rspr. So ausdrücklich BVerfG, DVBI. 1989, 300 (301).

23 BUIIcsbach

354

Vierter Abschn.: Die Rechte der Gemeinden

2. Abgrabungen, die der Bergaufsicht unterliegen Für Abgrabungen größeren Umfangs gilt im Rahmen des§ 36 BauGB eine differenzierte Regelung. Grundsätzlich unterliegen auch diese Vorhaben nach § 29 S. 3 BauGB der Regelung des § 36 BauGB, d. h. sie sind nur zuzulassen, wenn die Gemeinde ihr Einvernehmen erteilt hat. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn solche Vorhaben der Bergaufsicht unterliegen. Dann entfallt nach § 36 Abs. 1 S. 2 Hs. 2, wohin das Baugesetzbuch den früheren § 29 S. 4 BBauG wegen des Regelungszusammenhangs übernommen hat 17 , ein Einvernehmen der Gemeinde. Die Anwendung des § 36 BauGB ist hier nicht erforderlich18, da bergrechtliche Vorhaben ohnehin einer umfassenden Prüfung unterworfen sind, bei der auch die Gemeinden zu beteiligen sind19 • Wie aus den Gesetzesmaterialien weiter hervorgeht, wurde befürchtet, daß ein "zweites Verfahren nach§ 36 BBauG ... nicht nur zu einem nicht vertretbaren Verwaltungsaufwand und zu einer zeitlichen Verzögerung der Durchführung bergbaulicher Vorhaben" führen, sondern "auch die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen in sich" bergen würde20 •

3. Die Entscheidung über Abgrabungen im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens Nach§ 36 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BauGB ist ein Einvernehmen der Gemeinde nicht erforderlich für Vorhaben, über deren Zulässigkeil im Rahmen eines gesetzlichen Planfeststellungsverfahrens entschieden wird. Für Abgrabungen kommt vor allem das wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren nach § 31 WHG i.V.m. den landesrechtliehen Regelungen in Betracht, da solche Vorhaben häufig mit der Herstellung neuer Gewässer verbunden sind. Eine dem § 36 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BauGB entsprechende Regelung findet sich im gleichen Abschnitt des Baugesetzbuches in § 38 BauGB. Gem. § 38 Vgl. BT-Drs. 10/4630, S. 91. Vgl. Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 29 Rdn. 28; Dyong, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 29 Rdn. ll b. 19 Vgl. §§54 Abs. 2, 15 BBergG. 20 So die Stellungnahme des Bundesrats zum Entwurf eines ÄndG zum BBauG, BT-Drs. 7/2496, zu Art. 1 Nr. 27 (§ 29), vgl. dazu die Gegenäußerung der Bundesregierung; ferner den Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, BT-Drs. 7/4793, zu Nr. 27 (§ 29). 17 18

B. Die Rechtsgrundlagen

355

S. 1 BauGB bleiben die Regelungen des dort aufgeführten bundesrechtlichen Fachplanungsrechts von den Vorschriften des Dritten Teils des Baugesetzbuches - und damit auch des § 36 BauGB - unberührt. Nach § 38 S. 2 BauGB gilt dies auch für Planfeststellungsverfahren für überörtliche Planungen auf den Gebieten des Verkehrs-, Wege- und Wasserrechts nach landesrechtlichen Vorschriften, wenn die Gemeinde beteiligt worden ist. Angesichts dieser doppelten Behandlung der Planfeststellungsverfahren stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis § 36 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BauGB zu § 38 BauGB steht. Für einen Vorrang des§ 38 BauGB scheint sich das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 03.04.1981 ausgesprochen zu haben. Das Gericht führte aus, die Bedeutung dieser Vorschrift liege darin, für die aufgezählten Fälle eine Ausnahme von dem bebauungsrechtlichen Grundsatz zu machen, alle von§ 29 BBauG (=BauGB) erfaßten Vorhaben nur nach§§ 30 bis 37 BBauG ( =BauGB) zu beurteilen. Im Rahmen der insoweit durchzuführenden Fachplanung überlasse das BBauG die Entscheidung über die bebauungsrechtliche Zulässigkeil des Planvorhabens vielmehr der durch die Planfeststellungsbehörde zu treffenden Planungsentscheidung, wodurch deren Konzentrationswirkung zum Ausdruck komme21• Zu berücksichtigen ist aber, daß diese Entscheidung vor der Novelle des BBauG 1979 ergangen war. Durch diese Novelle wurde der Abs. 1 S. 2 Hs. 2 in § 36 eingeführt. In der Begründung zum Gesetzesentwurf heißt es wörtlich: "Wird dagegen im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens über die Zulässigkeit eines Vorhabens entschieden, wird die Baugenehmigung durch die Planfeststellung ersetzt (Konzentrationswirkung der Planfeststellung). Im Planfeststellungsverfahren werden die Belange der Gemeinde ausreichend berücksichtigt, so daß es ihres Einvernehmens nicht bedarf; in den in § 38 - sc. BBauG - genannten Fällen würde das Einvernehmen auch mit der dort getroffenen Regelung nicht vereinbar sein. Dieser Rechtslage soll Satz 2, Halbsatz 2 Rechnung tragen"22 • 21 BVerwG, BayVBI. 1981, 436; ebenso BVerwG, DVBI. 1988, 960 (961): "Die wasserrechtliche Planfeststellung bedurfte nicht des Einvernehmens der klagenden Gemeinde. Der in § 38 BBauG enthaltene Vorbehalt des Fachplanungsrechtes schließt die Erforderlichkeit des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 S. 2 1. Hs. BBauG aus". 22 Vgl. BT-Drs. 8/2451 , S. 24.

23•

356

Vierter Abschn.: Die Rechte der Gemeinden

Aus diesen Ausführungen folgt, daß § 36 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BauGB als abschließende Regelung des Verhältnisses von Planfeststellungsverfahren und dem Erfordernis des gemeindlichen Einvernehmens zu verstehen ist. § 36 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BauGB ist insoweit Iex specialis zu § 38 BauGB23 • § 38 BauGB hat deshalb rechtliche Bedeutung nur noch in den Fällen, in denen es um die Klärung des Verhältnisses der planfeststellungsrechtlichen Bestimmungen des jeweils anzuwendenden Fachplanungsgesetzes zu den §§ 29 bis 35 und § 37 BauGB geht.

4. Abgrabungen, die keiner Baugenehmigung bedürfen § 36 Abs. 1 S. 2 1. Halbsatz BauGB erstreckt die Befugnis der Gemeinde zur planungsmäßigen Mitwirkung auf Vorhaben, über deren planungsrechtliche Zulässigkeit in einem anderen als dem bauaufsichtliehen Genehmigungsverfahren entschieden wird. Dies ist der Fall, wenn die nach dem jeweils anzuwendenden Spezialgesetz zu erteilende Erlaubnis die Baugenehmigung einschließt oder wenn eine solche nach dem Bauordnungsrecht des jeweiligen Landes überhaupt entfällt. Beispiele hierfür sind die forstrechtliche Umwandlungsgenehmigung und die wasserrechtliche Erlaubnis oder Bewilligung24 • Der Gesetzgeber hat durch die Novelle zum Bundesbaugesetz von 1979 den Gemeinden für diese Fälle das bauplanensehe Mitspracherecht deshalb eingeräumt, weil diese Vorhaben für die örtliche Bauleitplanung von derselben Bedeutung sein können wie Vorhaben, die ausschließlich nach den Bauordnungen genehmigungsbedürftig sind25 •

5. Abgrabungen nach dem Abgrabungsgesetz Rechtsgrundlage für die Beurteilung eines Antrags auf Gewinnung von oberirdischen Bodenschätzen (Abgrabungen), die im Verfügungsrecht des Knöpfte, Abbau von Kies und Sand, S. 12. Vgl. hierzu BayVGH, Ztw 1988, 225 (228 f.). 25 Vgl. Schlichter, in: Berliner Kommentar, § 36 Rdn. 21; bis 1979 gab es eine entgegengesetzte Rechtsprechung des BVerwG (DVBI. 1977, 770 zu § 4 BlmSchG). Obwohl im Verfahren nach §§ 4 ff. BlmSchG über die §§ 30-35 BBauG (=BauGB) mitentschieden wird, bedurfte es nach dieser Rechtsprechung gerade für Vorhaben von potentieller Gefahrlichkeit nicht des Einvernehmens der Gemeinde. 23

24

B. Die Rechtsgrundlagen

357

Grundeigentümers stehen, ist in Nordrhein-Westfalen das AbgrG. Nach § 3 Abs. 1 dieses Gesetzes bedürfen Abgrabungen der Genehmigung. Genehmigungsbehörde ist nach § 8 Abs. 1 AbgrG der Regierungspräsident. Er entscheidet im Einvernehmen mit dem Träger der Bauleitplanung (§ 8 Abs. 1 S. 2 AbgrG). Neben den Vorschriften des AbgrG gelten für Abgrabungen größeren Umfangs gern. § 29 S. 3 BauGB die §§ 30 bis 37 BauGB entsprechend. Daraus folgt, daß gern. § 36 Abs. 1 BauGB über die Zulässigkeit des Vorhabens im Einvernehmen mit den Gemeinden entschieden wird. Nach§ 36 Abs. 1 S. 2 BauGB ist das gemeindliche Einvernehmen auch dann erforderlich, wenn in einem anderen Verwaltungsverfahren über die Zulässigkeil nach §§ 33 bis 35 BauGB entschieden wird. Hieraus folgt, daß der Regierungspräsident als Genehmigungsbehörde sowohl nach § 8 Abs. 1 S. 2 AbgrG als auch nach §§ 29 S. 3, 36 Abs. 1 BauGB im Einvernehmen mit dem Träger der Bauleitplanung (Gemeinde) entscheidet26 • Diese doppelte Regelung kann nicht überraschen. Dem Landesgesetzgeber ist nämlich verwehrt, weitere bodenrechtliche Vorschriften zusätzlich zu §§ 30 bis 37 BauGB aufzustellen, da diese eine abschließende Regelung darstellen27 • So kann insbesondere auch das AbgrG die bodenrechtliehe Zulässigkeit für Abgrabungen gegenüber§ 36 BauGB nicht verändern28 • Der Prüfungsmaßstab des Bundesrechts und des Abgrabungsgesetzes stimmen überein29 •

lll. Ergebnis Die bedeutsamsten Rechte der Gemeinden fmden sich in Art. 28 Abs. 2 GG oder lassen sich aus § 36 BauGB herleiten. Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistet den Gemeinden für ihren jeweiligen Hoheitsbereich das Recht der Selbstverwaltung im Rahmen der Gesetze. DieVgl. Stüer, VR 1985, 77; Schwab, AgrarR 1986, 304. So zuletzt BVerwG, UPR 1988, 265. 28 So ausdrücklich: BVerwG, NVwZ 1984, 303; zustimmend: Löhr, in: Battis!Krautzberger!Löhr, BauGB, § 29 Rdn. 30; ähnlich Stüer, VR 1985, 78; Schwab, AgrarR 1986, 304. 29 OVG Münster, NWVBI. 1992, 58 (60). 26 27

358

Vierter Abschn.: Die Rechte der Gemeinden

se Verfassungsnorm verbürgt als institutionelle Garantie den Gemeinden jedoch nicht die Selbstverwaltungsrechte in allen Einzelheiten. Gesetzliche Beschränkungen der Selbstverwaltung sind mit Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG vereinbar, wenn und soweit sie deren Kernbereich unangetastet lassen. Dieser Kernbereich wird durch ein Bündel gemeindlicher Hoheitsrechte konkretisiert, wozu neben der Gebietshoheit, Organisationshoheit, Personalhoheit, Abgabenhoheit und Satzungshoheit auch die Planungshoheit gehört. Ein im Rahmen von Abgrabungsvorhaben bedeutsames Recht der Gemeinden findet sich in§ 36 BauGB. Danach ist ein Einvernehmen erforderlich für eine nach den Bauordnungen der Länder genehmigungsbedürftige Trockenabgrabung (§ 36 Abs. 1 BauGB); eine Abgrabung, die einer wasserrechtlichen Erlaubnis nach § 7 WHG oder Bewilligung nach § 8 WHG bedarf (§ 36 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BauGB); Abgrabungen nach dem AbgrG (§ 8 Abs. 1 S. 2 AbgrG; §§ 29 S. 3, 36 Abs. 1 BauGB). Das Einvernehmen der Gemeinde ist dagegen nicht erforderlich, wenn eine Abgrabung der Bergaufsicht unterfällt (§ 36 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 1. Alt. BauGB), der wasserrechtlichen Planfeststellung nach § 31 WHG i.V.m. den landesrechtliehen Vorschriften bedarf, wenn also ein Gewässer auf Dauer entsteht (§ 36 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 2. Alt. BauGB).

C. Die Rechte der Gemeinden im Betriebsplanverfahren Vor dem lnkrafttreten des BBergG im Jahre 1982 war eine Mitwirkung der Gemeinden als Planungsträger im Betriebsplanverfahren gesetzlich nicht vorgeschrieben30. Die Bergbehörden lehnten daher in der Regel eine Beteiligung 30 Nach § 68 Abs. 3 ABG war jedoch eine Beteiligung anderer Behörden, deren Aufgaben durch die im Betriebsplan vorgesehenen Maßnahmen berührt wurden, vorgesehen. Teilweise wurde diese Vorschrift wegen Art. 28 Abs. 2 GG verfassungskonform dahingehend ausgelegt, daß ein Beteiligungsrecht der Gemeinden besteht, vgl. OVG Münster, Zffi 1975, 245 ff.; VG Gelsenkirchen, zitiert nach Piens/Schulte!GrafVitzthum, BBergG, §54 Rdn. 26; Pfadt, Betriebsplanverfahren, S. 82 f.; Rei-

C. Die Rechte der Gemeinden im Betriebsplanverfahren

359

der Gemeinden dann ab, wenn diese sich auf ihre Eigenschaft als Planungsträger berief31 • Diese Verfahrensweise war jedoch rechtlich bedenklich. Das Bundesverwaltungsgericht hatte bereits mit Urteil vom 14.02.1969 den Gemeinden ein Recht auf Anhörung bei überörtlichen, aber ortsrelevanten Planungen auch unabhängig von einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung zuerkannt32 .

I. Die Beteiligung der Gemeinden als Planungsträger Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung wurde im BBergG mit § 54 Abs. 2 S. 1 die Beteiligung der Gemeinden im Betriebsplanverfahren geregelt33. Danach sind die Gemeinden vor der Zulassung des Betriebsplans durch die zuständige Behörde zu beteiligen, wenn sie durch die in einem Betriebsplan vorgesehenen Maßnahmen als Planungsträger berührt sind34 • Das Gesetz sieht damit keine generelle Beteiligung der Gemeinden vor35 ; es ist vielmehr in jedem Einzelfall die Berührtheit der Gemeinde als Planungsträger zu prüfen. Die Auslegung des Begriffs "als Planungsträger berührt" muß ansetzen ners, Braunkohlenbergbau, S. 7; Zeiler, ZtB 1983, 410 f.; a.A. OVG Münster, ZfB 1954, 463; VG Köln, ZfB 1981, 470 (477); offengelassen von OVG Münster, ZfB 1982, 238 (240); im Saarland wurde 1967 den Gemeinden mit § 72 Abs. 5 des im Saarland geltenden AGB (abgedruckt in ZfB 1967, 240) Beteiligungsrecht zugestanden. 3t Vgl. Zeiler, ZtB 1983, 410; nach Reiners, Braunkohlenbergbau, S. 7 "ging die Bergbehörde bisher [1979] im allgemeinen davon aus, daß der Regierungspräsident, dem für seinen Bezirk auch die Kommunalaufsicht obliegt, nach seinem Ermessen die Stellungnahme der Gemeinden und Kreise einholt". 32 BVerwG, DVBI. 1969, 362 (363); außerdem BVerwGE 40, 323 (329). 33 Zu den kontroversen Diskussionen im Gesetzgebungsverfahren vgl. Piens/Schulte/Graf Vitzthum, BBergG, § 54 Rdn. 27. Nach dem Regierungsentwurf von 1977 (BR-Drs. 350, 75) sollten die Gemeinden lediglich von der Zulassung des Betriebsplans unterrichtet werden. Erst in einem späteren Regierungsentwurf (BTDrs. 8/1315) fmdet sich die Lösung, daß die Gemeinden im Verfahren zu beteiligen sind. 34 Dasselbe gilt, soweit sie aufgrund von Gesetzen staatliche Verwaltungsaufgaben als untere Landesbehörden wahrnehmen (z.B. Bauordnungsrecht). In diesem Fall werden die Gemeinden im Rahmen der allgemeinen Behördenbeteiligung zur Stellungnahme aufgefordert. Zur Verfahrensbeteiligung der Gemeinden bei bergrechtliehen Betriebsplanzulassungen zum Schutz kommunaler Trinkwasseranlagen vgl. Hösgen, LKV 1992, 398. 35 Piens/Schulte/Graf Vitzthum, BBergG, §54 Rdn. 28 stellen heraus, daß "die Beteiligung der Gemeinden im Betriebsplanverfahren abgestuft ist".

360

Vierter Abschn.: Die Rechte der Gemeinden

bei der verfassungsmäßig begründeten Planungshoheit der Gemeinde, die Ausgangspunkt für die Beteiligungsvorschrift des §54 Abs. 2 S. 1 BBergG war36• Eine Beteiligung kommt demnach dann in Betracht, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, daß durch die vorgesehenen Tätigkeiten und Einrichtungen die Planungshoheit der Gemeinde berührt wird37 • Dabei wird man das Berühren nicht gleichstellen können mit der Beeinträchtigung der Planungshoheit, die im Rahmen der Prüfung der Anfechtungsklage einer Gemeinde gegen die Betriebsplanzulassung eine wesentliche Rolle spielt38 • Man kann vielmehr für das Berühren geringere Anforderungen stellen39• Berührt wird die Gemeinde beispielsweise als Planungsträger, wenn ein Betriebsplan wie beispielsweise für den Betrieb eines Tagebaues - Auswirkungen auf die Bauleitplanung haben kann40 • Eine Beteiligung scheidet dagegen aus, wenn die Gemeinde nur als Grundstückseigentümerin berührt ist41 oder wenn sie die Bevölkerung vor Immissionen42 oder Bergschäden43 bewahren will.

11. Art der Beteiligung Ungeklärt ist allerdings, welche Art der Beteiligung § 54 Abs. 2 BBergG meint44 • Im allgemeinen Sprachgebrauch ist der Begriff "Beteiligung" mehrdeutig und kann sich auf alle möglichen Mitwirkungsformen beziehen45 • Im juristischen Sprachgebrauch ist der Begriff "Beteiligung" ebenfalls nicht eindeutig definiert. Er kann als Oberbegriff für "Zustimmung", "Einvernehmen", "Benehmen" oder "Anhörung" verstanden werden. Vgl. BT-Drs. 813965, S. 137. Boldt/Weller, BBergG, §54 Rdn. 8; Dapprich!Römermann, BBergG, §54 Anm. 4; Ecker, Zffi 1984, 97. 38 Vgl. Piens!Schulte!Graf Vitzthum, BBergG, §54 Rdn. 31; Ecker, Zffi 1984, 97. 39 Ecker, Zffi 1984, 97. 40 OVG Münster, Zffi 1982, 238; OVG Saarlouis, Zffi 1975, 358; VG Köln, Zffi 1981, 470; Boldt/Weller, BBergG, §54 Rdn. 8. 41 So Piens!Schulte!GrafVitzthum, BBergG, §54 Rdn. 29. 42 So BayVGH, DVBI. 1979, 673. 43 So Ecker, Zffi 1984, 99. 44 Zur Anwendung des§ 13 VwVfG neben§ 54 Abs. 2 BBergG vgl. VG Gelsenkirchen, Zffi 1985, 92; Ecker, Zffi 1984, 100, wonach aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 1 VwVfG neben § 54 Abs. 2 BBergG kein Raum ist; a.A. Zeiler, Zffi 1983, 412 ff. 45 Vgl. hierzu Pfad, Betriebsplanverfahren, S. 82; Zeiler, Zffi 1983, 411. 36

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C. Die Rechte der Gemeinden im Betriebsplanverfahren

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In einer Reihe von Vorschriften wird die Entscheidung von der "Zustimmung" von anderen Stellen abhängig gemacht46 oder es wird ausgesprochen, daß die Entscheidungen im "Einvernehmen" mit einer anderen Stelle zu ergehen hat47 • Die fragliche Entscheidung kann in diesen Fällen nur erlassen werden, wenn die Zustimmung der oder das Einvernehmen mit der mitwirkungsberechtigten Stelle vorliegen48 • Eine solche Beteiligungsform erfordert § 54 Abs. 2 S. 1 BBergG jedoch nicht49 • Sonst wäre unverständlich, weshalb in § 36 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BauGB auf das Erfordernis des bauplanungsrechtlichen Einvernehmens ausdrücklich verzichtet wird. Beteiligung im Sinne des §54 Abs. 2 BBergG kann also nur eine abgeschwächte Mitwirkung sein wie z. B. "Benehmen" oder "Anhörung". Beim "Benehmen" ist die mitwirkungsberechtigte Stelle zu ihrer Interessenwahrung oder wegen Berührung ihrer Zuständigkeit zu hören, ohne daß die Stellungnahme bindend wäreS0 • In der Entscheidung kann demnach von der Äußerung der anderen Stelle aus sachlichen Gründen abgewichen werdens 1• Diese Beteiligungsform hat auch das BBergG in §54 Abs. 2 im Auge. Über die bloße "Anhörung" hinaus, soll die Bergbehörde den ernsthaften Versuch unternehmen, das Benehmen mit den Gemeinden herzustellen, da nur so Art. 28 Abs. 2 GG hinreichend Rechnung getragen werden kann. Diese Auslegung wird auch durch die amtliche Begründung zu §54 Abs. 2 BBergG bestätigt, in der es heißt: " ... Praktisch wird diese Regelung dazu fiihren, daß sich die zuständige Behörde zunächst nur im Einvernehmen mit den anderen beteiligten Behörden bemühen wird (... ) Von der Bindung an ein Einvernehmen mit den

46 Beispiel: Genehmigung von Bauruhrungen im äußeren Schutzstreifen der Bundesfernstraßen nur mit Zustimmung der obersten Landesstraßenbehörde, § 9 Abs. 2 FStrG. 47 Beispiel: Genehmigung von Bauvorhaben unter Zulassung von Ausnahmen oder Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplanes oder im Außenbereich nur im Einvernehmen mit der Gemeinde, §§ 31, 36 Abs. 1 BauGB. 48 Vgl. Badura, Verwaltungsverfahren, in: Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 407. 49 OVG Münster, ZfB 1986, 250 (257); VG Gelsenkirchen, ZfB 1985, 77 (81); Zeiler, ZfB 1983, 411. so BadWürttVGH, DÖV 1974, 632 (634); Boldt!Weller, BBergG, §54 Rdn. 9. si OVG Münster, DÖV 1958, 716; Badura, Verwaltungsverfahren, in: Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 407.

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Vierter Abschn.: Die Rechte der Gemeinden übrigen beteiligten Behörden muß auch aus Rechtsgründen Abstand genommen werden"52 •

Im Ergebnis kommt der Beteiligung der Gemeinden im bergrechtliehen Verfahren der Charakter einer unverbindlichen Stellungnahme zu53 • Das bedeutet, daß die Bergbehörde die Erwägungen der Gemeinde mangels Bindungswirkung nicht in der abschließenden Entscheidung beachten muß. Sie muß die Stellungnahme der Gemeinde jedoch in die Betriebsplanprüfung einbeziehen54. Ein Verzicht der Bergbehörde auf die im Rahmen des§ 54 Abs. 2 BBergG gebotene Beteiligungspflicht der Gemeinden macht die Betriebsplanzulassung rechtswidrig. Der Verstoß ist jedoch unter den Voraussetzungen des § 46 VwVfG heilbar55. Nach §54 Abs. 2 S. 2 BBergG können die Landesregierungen durch Rechtsverordnung eine weitergehende Beteiligung der Gemeinden vorschreiben, soweit in einem Betriebsplan bestimmte Maßnahmen vorgesehen sind. Eine entsprechende Rechtsverordnung ist bisher noch in keinem Bundesland ergangen.

III. Ergebnis Gern. §54 Abs. 2 S. 1 BBergG sind die Gemeinden vor der Zulassung des Betriebsplans durch die zuständige Behörde zu beteiligen, wenn sie durch die in einem Betriebsplan vorgesehenen Maßnahmen als Planungsträger berührt sind. Die Gemeinde ist als Planungsträger berührt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, daß durch die vorgesehenen Tätigkeiten und Einrichtungen die Planungshoheit der Gemeinde berührt wird. Zur Beteiligung der Gemeinden im bergrechtliehen Verfahren reicht aus, wenn ihr die Möglichkeit zu einer unverbindlichen Stellungnahme gegeben wird. Eine Bindungswirkung Abgedruckt bei Zydek, Materialien, S. 246. Pfad, Betriebsplanverfahren, S. 146; Zeiler, ZtB 1983, 412; Ecker, ZtB 1984, 99. Wenn Battis/Mühlhoff, NWVBl. 1991, 2 trotzdem von einer "gemeindefreundlichen" Regelung sprechen, geht dies etwas zu weit. 54 Ecker, ZtB 1984, 99. ss Heitmann, ZtB 1984, 463; a.A. Zeiler, ZtB 1983, 412, wonach die Betriebsplanzulassung bei Nichtbeteiligung der Gemeinde nach § 44 Abs. 3 Nr. 4 VwVfG nichtig ist. 52 53

D. Rechte der Gemeinden im wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren 363

hat die Stellungnahme nicht; die Bergbehörde muß sie jedoch in die Betriebsplanprüfung einbeziehen. Das bedeutet letztlich, daß die Vorschriften über das Zulassungsverfahren (§§54-57 BBergG) die Entscheidung über den Betriebsplan alleine in die Hand der Bergbehörde legen.

D. Die Rechte der Gemeinden im wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren Da Art. 28 Abs. 2 GG die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung nur "im Rahmen der Gesetze" gewährleistet, sind gesetzliche Beschränkungen der Planungshoheit zulässig und vielfach anzutreffen. Angesichts immer stärkerer Einbindung der gemeindlichen Interessen und Planungen in überörtliche Fachplanungen fragt es sich, inwieweit die Gemeinden solche Planungen beeinflussen oder gar vereiteln können. Für Abgrabungen stellt sich dieses Problem regelmäßig im Rahmen der wasserrechtlichen Planfeststellung.

I. Arten der Beteiligung

Es kommen zwei Möglichkeiten der Beteiligung von Gemeinden in einem wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren in Betracht56: Die frühzeitige Beteiligung der Gemeinde als Träger öffentlicher Belange (§ 73 Abs. 2 VwVfG); die Befugnis der Gemeinden, nach der Planauslegung Einwendungen zu erheben(§ 73 Abs. 3 bis 7 VwVfG). Diese beiden Beteiligungsformen weisen erhebliche rechtliche Unterschiede und praktische Auswirkungen auf. Sieht man in den Gemeinden einen Träger öffentlicher Belange und unterläßt die Wasserbehörde sowohl die Beteiligung als auch die Berücksichtigung gemeindlicher Belange, ist der Planfeststellungsbeschluß formell und wegen eines Abwägungsfehlers materiell rechtswidrig. Die Gemeinde kann Widerspruch einlegen und den Klage-

56

Vgl. Stober, DVBI. 1977, 913.

364

Vierter Abschn.: Die Rechte der Gemeinden

weg beschreiten57 • Gesteht man der Gemeinde dagegen ausschließlich ein Einwendungsrecht zu, muß sie in der Frist des § 73 Abs. 3 und 4 VwVfG Einwendungen erheben. Versäumt die Gemeinde diese Einwendungsfrist, so sind spätere Einwendungen formell 58 bzw. materiell59 präkludiert.

1. Die Beteiligung der Gemeinde als Träger öffentlicher Belange Die Planungshoheit der Gemeinde und die sich hieraus ergebende Befugnis, das Gemeindegebiet aus Gründen der örtlichen Ordnung und Entwicklung räumlich zu gestalten, sind die Grundlagen für die Beurteilung der Rechtsstellung von Gemeinden im wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren. Materiell-rechtlich ist hieraus zunächst das Abwägungsgebot auch in Bezug auf die gemeindlichen Befugnisse, d. h. nicht nur auf Belange der betroffenen Bürger entwickelt worden60 • Darüber hinaus ist aufgrund der gemeindlichen Planungshoheit das mit dem Abwägungsgebot korrespondierende Recht auf Beteiligung der Gemeinde an Fachplanungsverfahren entstanden61. 57 Vgl. Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 38 Rdn. 13; Bielenberg, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 38 Rdn. 14 a.E. m.w.N. 58 So Art. 83 Abs. 1 mit Nr. 1 BayWG; § 117 Abs. 2 S. 1 mit Nr. 1 BremWG; § 101 Abs. 1 mit Nr. 1 HessWG; § 127 Abs. 1 NdsWG; § 112 SaariWG; § 96 WG SH i.V.m. § 140 Abs. 6 LVwG SH; vgl. dazu grundlegend BVerwGE 26, 303; Bonk, in: Stelkens!Bonk!Leonhardt, VwVfG, § 73 Rdn. 51; Ronellenfitsch, VerwArch 1983, 373 ff. 59 So§ 101 Abs. 2 Nr. 4 WG BW; § 87 Abs. 1 Nr. 2 BerlWG; § 95 i.V.m. § 87 Abs. 3 Nr. 2 HbgWG; § 148 Abs. 1 S. 5 WG NW; § 115 Abs. 1 S. 2 LWG RhPf; vgl. dazu BadWürttVGH, Ztw 1983, 48; Ronellenfitsch, VerwArch 1983, 373 ff. 60 Siehe ausfiihrlich oben 2. Abschnitt B.II.4.a)aa)(2)dd). 61 Vgl. BVerwGE 31, 263 (265 f.); BayVGH, Ztw 1988, 225 (228); Gieseke/Wiedemann!Czychowski, WHG, § 31 Rdn. 38; Badura, Verwaltungsverfahren, in: Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 445; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 709; Bonk, in: Stelkens!Bonk/Leonhardt, VwVfG, § 73 Rdn. 17; Kühling, DVBI. 1989, 227; Johlen, DÖV 1989, 206 ff.; Bielenberg, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 38 Rdn. 147, 14 m.w.N. Nach BayVGH, BayVBl. 1987, 751 folgt das gemeindliche Beteiligungsrecht am wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren aus § 36 Abs. 1 BBauG (=BauGB); Schneider, DÖV 1988, 860 folgert dieses Recht aus dem Rechtsstaatsprinzip und Art. 28 Abs. 2 GG. BVerwG, UPR 1988, 440 unterscheidetjedoch scharf zwischen der formellen Wahrung des kommunalen Beteiligungsrechts und der materiellen Berücksichtigung der gemeindlichen Belange beim Abwägungsvorgang; zustimmend Kühling, DVBI. 1989, 228.

D. Rechte der Gemeinden im wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren 365

Aus § 31 Abs. 2 WHG ergibt sich, daß das Planfeststellungsverfahren ein förmliches Verfahren sein muß62 • Die LWG verweisen (mit Abweichungen im einzelnen) auf die allgemeinen Vorschriften des VwVfG zum Planfeststellungsverfahren (§§ 72-78)63 • Nach § 73 Abs. 2 VwVfG werden die Wasserbehörden verpflichtet, die Stellungnahmen der Behörden einzuholen, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Diese Regelung schafft die Voraussetzungen der Konzentrationswirkung. Die Gemeinden können auf dieser Grundlage öffentlich-rechtliche Bedenken vortragen, die zum Rechtskreis der von ihnen zu erfüllenden öffentlichen Aufgaben gehören. So kann ein Abgrabungsvorhaben dazu führen, daß eine bereits in Bauleitplänen zum Ausdruck kommende gemeindliche Planung durch den Gewässerausbau nicht mehr verwirklicht werden könnte64 • Darüberhinaus können solche Vorhaben örtliche Planungsvorstellungen der Gemeinden gefährden, die noch nicht in verbindlichen Plänen ausgewiesen, gleichwohl aber schon hinreichend bestimmt sind65 • In diesen Fällen sind die Gemeinden nach § 73 Abs. 2 VwVfG als Träger öffentlicher Belange zu hören. Ihren Stellungnahmen kommt - auch wenn sie auf Selbstverwaltungsrechten beruhen - zwar keine bindende Wirkung66 , sondern die Funktion als Abwägungsmaterial für die Wasserbehörden zu. So hat auch das Bundesverwaltungsgericht67 ausgeführt, "daß derjenige, dem Planungsbefugnisse - nach welchen Gesetzen auch immer - zustehen, nicht ohne jede Einschaltung der Gemeinde für den örtlichen Bereich Planungen betreiben darf", auch wenn es sich um überörtliche Planungen handle. Aus dem "Planungsrecht" der Gemeinden für ihren Bereich lasse sich ihr Recht auf ein ordnungsgemäßes Verwaltungsverfahren ableiten, "in dem dafür gesorgt werden muß, daß die Gemeinden von überörtlichen Planungsentscheidungen oder -maßnahmen nicht überrascht werden ( ... ) und daß ihre Siehe dazu Sa/zwedel, ZfW 1978, 210 ff. Vgl. Art. 83 Abs. 1 BayWG; § 117 Abs. 2 BremWG; § 101 Abs. 1 HessWG; § 127 NdsWG; § 152 Abs. 2 Nr. 1 WG NW; § 114 Abs. 1 LWG RhPf; § 112 S. 1 Nr. 1 SaariWG; § 96 WG SH; in BadWürtt gelten die §§ 72-78 des LandesVwVfG unmittelbar; ein entsprechender Hinweis wurde in das WG BW nicht aufgenommen. 64 Vgl. dazu BVerwGE 51, 6 (14 f.); BayVGH, BayVBI. 1982, 309 (310). 65 Vgl. dazu Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 718; BayVGH, NVwZ 1986, 228 (230) m.w.N. 66 Sieder, in: Sieder!Zeitler!Dahme, BayWG, Art. 83 Rdn. 31 f.; Himmel, LWG RhPf/WHG, § 114 LWG, Rdn. 30. 67 BVerwG, DVBI. 1969, 362 (363) zu einem Vorhaben nach § 6 LuftVG. 62 63

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Vierter Abschn.: Die Rechte der Gerneinden

Einwendungen - wenn ihnen schon nicht Rechnung getragen werden kann - doch jedenfalls zur Kenntnis genommen werden, als Rechnungsposten in die Überlegungen der zur überörtlichen Planung berufenen Stelle eingehen und bei dieser Entscheidung erwogen werden".

2. Die Gemeinde als Einwendungsberechtigte Das Vorbringen von Gemeinden kann dann als Einwendung gewertet werden, wenn sie eigene, ihnen zustehende Rechtspositionen geltend machen68 • Das ist der Fall, wenn sie - wie Privatpersonen (als Fiskus)- eigene subjektive (private) Rechte, z.B. aus Eigentum oder dem Besitz vorbringen69• Die Beteiligung der Gemeinden erfolgt hier nach § 73 Abs. 3 bis 7 VwVfG. Die Gemeinden sind allerdings gehalten, die Einwendungen fristgerecht einzulegen, da andernfalls die Präklusionswirkung eintritt.

1/. Verhältnis der wasserrechtlichen Planfeststellung zur BauZeitplanung Nicht immer stehen die Gemeinden einem Gewässerausbau ablehnend gegenüber. Man denke nur an den geplanten Fischteich für den ortsansässigen Angelverein oder an die Aussicht auf Einnahme von Gewerbesteuern bei einem gewerblichen Abgrabungsvorhaben. In diesem Zusammenhang stellt sich: für die Gemeinden die Frage, ob sie die Wasserfläche in einem Bebauungsplan festsetzen können und in welchem Verhältnis diese Bauleitplanung zu einer abweichenden wasserrechtlichen Fachplanung steht70 • 68 Einwendungen nach § 73 Abs. 4 S. 1 VwVfG sind sachliches Gegenvorbringen, durch das das vorn Vorhaben berührte Rechtsgut und die Art seiner befürchteten Beeinträchtigung kenntlich zu machen sind. Sie sind innerhalb der Einwendungsfrist zu substantiieren, vgl. BVerwG, DÖV 1981, 263; BayVGH, Urteil 25.03.1983 - Az. 8 B 82 A.2310 -, S. 18; Gieseke!Wiedemann!Czychowski, WHG, § 31 Rdn. 58 f.; Bickel, HessWG, §59 Rdn. 13 ff.; 21 ff.; Diekmann, Die wasserwirtschaftliehe Planfeststellung, S. 61 f.; Bender/Sparwasser, Urnweltrecht, S. 20; Büllesbach/Diercks, DVBI. 1991, 470. 69 Bonk, in: Stelkens/Bonk/Leonhardt, VwVfG, § 73 Rdn. 17; Oberrnayer, VwVfG, § 75 Rdn. 26; Himmel, LWG RhPf/WHG, § 114 LWG, Rdn. 30. 70 Vgl. dazu Zeitler, BayVBI. 1987, 685, der zum BauGB kritisch anmerkt, daß "eine zunächst beabsichtigte Überprüfung des Verhältnisses von Bauleitplanung und Fachplanung mangels ausreichender Zeit im Gesetzgebungsverfahren auf der Strek-

D. Rechte der Gemeinden im wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren 367

1. Meinungsstand Das Verhältnis von einem wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschluß zu einem von ihm abweichenden gemeindlichen Bebauungsplan wird in der Rechtsprechung und im Schrifttum unterschiedlich gelöst: Ein erster Lösungsansatz ergibt sich aus dem Grundsatz, daß ranghöheres das rangniedere Recht verdrängt71• Die zweite Meinung geht dahin, daß ein bestandskräftiger Planfeststellungsbeschluß zur Nichtigkeit des entgegenstehenden gemeindlichen Bebauungsplans führt72 • Nach der dritten Ansicht bleibt der Bebauungsplan zwar wirksam, kann aber von der Gemeinde nicht mehr vollzogen werden; bis zu seiner Anpassung an die Planfeststellung ist er als suspendiert anzusehen73 • Die letzte Auffassung geht schließlich von einem uneingeschränkten Wirksamwerden des Bebauungsplans und lediglich von einer Verpflichtung der Gemeinde zur Anpassung aus74 •

ke, sozusagen unbewältigt" blieb; beachte auch, daß nach einigen Fachplanungsgesetzen (§ 17 Abs. 3 FStrG; §§ 28 Abs. 3, 41 Abs. l PBefG) die Festsetzungen eines Bebauungsplans ein staatliches Planfeststellungsverfahren entbehrlich machen. 71 Löhr, in: Battis/Krautzberger!Löhr, BauGB, § 38 Rdn. 3; Bielenberg, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 38 Rdn. 26 f. 72 OVG Rheinland-Pfalz, Ztw 1988, 355 (356); ebenso Urteil vom 13.08.1986 10 c 41/85 -. 73 Knöpfte, Abbau von Kies und Sand, S. 79 m.w.N.; ähnlich Schlichter, Berliner Kommentar, § 38 Rdn. 10; vgl. auch Bielenberg, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 38 Rdn. 27, wonach "bestehende Bebauungspläne" durch Fachplanungen "mit der Wirkung überlagert" werden, "daß die im Bebauungsplan vorgesehene Nutzung nur nach Maßgabe der fachplanungsrechtlichen Nutzungsregelungen verwirklicht werden kann"; wohl auch Erbguth, NVwZ 1989, 610. 74 Gieseke!Wiedemann/Czychowski, WHG, § 31 Rdn. 38 a.E.; Sch/armann, Rechtskontrolle, S. 68 ff. m.w.N.; wohl auch Kühling, Fachplanungsrecht, Rdn. 72, wonach der Planungsvorbehalt des § 31 WHG auch dann wirksam bleibt, wenn eine Wasserfläche bereits durch Bebauungsplan festgesetzt ist. Erfolgt die Festsetzung einer Wasserfläche im Bebauungsplan vor der wasserrechtlichen Planfeststellung, so "ist in diesem Fall die Flächenfestsetzung als öffentlicher Belang im Rahmen der planerischen Abwägung zu berücksichtigen" (Rdn. 150).

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Vierter Abschn.: Die Rechte der Gemeinden

2. Stellungnahme Die erste Auffassung, wonach höherrangiges Recht niederrangiges Recht verdrängt, kann einen Konflikt zwischen Bauleitplanung und wasserrechtlicher Planfeststellung nicht lösen. Dieser Grundsatz greift nämlich nur dort, wo die Planung durch ein formelles Gesetz oder eine Rechtsverordnung erfolgt. Die Planfeststellung nach § 31 WHG ergeht durch Verwaltungsakt, mithin nicht durch ein Gesetz. Von den verbleibenden Meinungen verschafft ausschließlich die zweite Auffassung der im Gesetz vorgesehenen Privilegierung der Fachplanung die ausreichende Geltung. Mit der Regelung des § 38 BauGB wurde eine Grundlage für den Vorrang der dort genannten Fachplanungen vor der gemeindlichen Bauleitplanung geschaffen. Hierunter fallt auch die wasserrechtliche Planfeststellung, soweit sie ein überörtliches Ausbauvorhaben zum Gegenstand hat75 und die Gemeinde am Verfahren beteiligt worden ist. Die Verlagerung der Entscheidungskompetenz über die Zulässigkeit eines Bauvorhabens von der Gemeinde auf den Fachplanungsträger hat den Zweck, überörtlich bedeutsame Vorhaben aus dem Verantwortungsbereich der Gemeinde herauszunehmen, um einerseits die Durchführung des Vorhabens sicherzustellen und andererseits eine rechtliche und politische Überforderung der Gemeinde zu vermeiden76• Schon aus diesem Zweck folgt, daß ein Bebauungsplan einer entgegenstehenden wasserrechtlichen Planfeststellung im Rang nachgeht77 und deshalb keinen Bestand haben kann. Dieses Rangverhältnis gilt unabhängig von der zeitlichen Reihenfolge der Planungsakte, also sowohl für eine dem Bebauungsplan vorausgegangene als auch für eine nachfolgende Planfeststellung78 • Die Befugnis der Gemeinden, einen Gewässerausbau rechtsverbindlich festzusetzen, scheitert schließlich auch an § 9 Abs. 1 Nr. 16 BauGB. So hat das OVG Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 25.06.1986 einen Bebauungsplan, in dem eine noch nicht planfestgestellte Wasserfläche festgesetzt 75 Zu Abgrenzung örtliche/überörtliche Planungen auf dem Gebiet des Wasserrechts vgl. BVerwG, DVBI. 1988, 960 (961), siehe dazu oben ausführlich 2. Abschnitt 11.4.b)bb)(3). 76 Vgl. Löhr, in: Battis/Krautzberger!Löhr, BauGB, § 38 Rdn. 7. 77 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 709. 78 Schlichter, Berliner Kommentar, § 38 Rdn. 6; Breuer, Raumgestaltende Planung, S. 201 ff.; ders., Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 709 m.w.N.

D. Rechte der Gemeinden im wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren 369

wurde, für nichtig erklärt79 • Die Entscheidung wird gestützt auf § 9 Abs. 1 Nr. 16 BBauG (BauGB), wonach im Bebauungsplan Wasserflächen festgesetzt werden können, soweit diese "Festsetzungen nicht nach anderen Vorschriften getroffen werden können" . Solche anderen Vorschriften seien § 31 Abs. 1 WHG i. V .m. den landesrechtliehen Bestimmungen. Diese Ausführungen verdienen Zustimmung. Der Umfang zulässiger Festsetzungen eines Bebauungsplanes ist in § 9 Abs. 1 BauGB abschließend geregelt80. Die Subsidiaritätsklausel des § 9 Abs. 1 Nr. 16 BauGB schließt die Planungszuständigkeit der Gemeinden für alle Festsetzungen aus, die aufgrund wasserrechtlicher Bestimmungen tatsächlich getroffen worden sind oder getroffen werden können81 • Hinter der Vorschrift steht der Gedanke, daß die weitgehende Fachplanungskompetenz der Wasserbehörde wegen der herausragenden überörtlichen Bedeutung für Mensch und Natur unerläßlich ist82 • Alle wasserrechtlich erheblichen Planungen sollen danach der zuständigen Wasserbehörde vorbehalten bleiben, da nur diese -wie das OVG Rheinland-Pfalz hervorhebt83 - "über die nötige Ausstattung und den erforderlichen Sachverstand verfügt." Aus alledem folgt, daß ein Gewässerausbau nicht durch einen Bebauungsplan festgesetzt, sondern ausschließlich durch einen Beschluß nach § 31 WHG planfestgestellt werden kann. Die Ungültigkeit der Festsetzung der Wasserfläche ( = z.B. des Kiessees) führt regelmäßig zur Ungültigkeit des gesamten Bebauungsplans. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts84 führt die Ungültigkeit eines Teils einer Satzungsbestimmung dann nicht zu ihrer Gesamtnichtigkeit, wenn die Restbestimmung auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bleibt (Grundsatz der Teilbarkeit) und mit Sicherheit anzunehmen ist, daß sie auch ohne diesen erlassen worden wäre (Grundsatz des mußmaßliehen Willens des Normgebers). Das wird bei den hier in Frage stehenden Wasserflächen aber selten der Fall sein. 79 OVG Rheinland-Pfalz, ZfW 1988, 355 (356); zustimmend OVG Münster, UPR 1991, 314 (315); ausdrücklich offen gelassen von BayVGH, ZfW 1991, 33 (35). 80 Vgl. Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 9 Rdn. 5. 81 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 710; Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG, § 31 Rdn. 38. 82 Vgl. Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 9 Rdn. 58. 83 OVG Rheinland-Pfalz, ZfW 1988, 355 (356). 84 BVerwG, BRS 49 Nr. 35. 24 BUllesbach

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Vierter Abschn.: Die Rechte der Gemeinden

Zur Klarstellung ist aber darauf hinzuweisen, daß selbstverständlich eine zeitliche und fachliche Koordinierung der Bauleitplanung und der Fachplanung erforderlich ist. Es erscheint durchaus zulässig, eine Bauleitplanung zu betreiben, in der schon, je nach Verfahrensfortschritt, die Erkenntnisse aus dem etwa parallel laufenden Planfeststellungsverfahren einbezogen werden. Nur darf der Satzungsbeschluß für den Bebauungsplan erst dann gefaßt werden, wenn die Fachplanung zu einem Abschluß gekommen ist. Im übrigen erfolgt die Koordination unter Berücksichtigung der Darstellung des Flächennutzungsplans (§ 5 Abs. 2 Nr. 7 BauGB). Hierauf hat das OVG Münster in seinem Urteil vom 05.12.1990 ausdrücklich hingewiesen85 •

Ill. Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz Beim wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren entfällt das in § 36 BauGB normierte Erfordernis des Einvernehmens mit der Gemeinde. Aber nicht nur das Einvernehmenserfordernis entfällt, sondern wasserrechtliche Ausbauvorhaben sind nicht an Bebauungspläne (§ 30 BauGB) gebunden und können auch gegen die übrigen Genehmigungstatbestände (§§ 33-35 BauGB) verstoßen86• Dadurch kann die Planungshoheit der Gemeinden besonders nachhaltig beeinträchtigt werden. Für die Gemeinden ist dann die Frage bedeutsam, ob sie gegen ein raumrelevantes Ausbauvorhaben, durch das die gemeindliche Bauleitplanung hinfällig bzw. (zukünftig) unmöglich gemacht wird, gerichtlich vorgehen kann.

1. Beeinträchtigung der gemeindlichen Planungshoheit Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist "die Planungshoheit der Gemeinden gegenüber allen sie berührenden fremden Planungen sozusagen wehrfähig" und vermittele eine in die Abwägung einzubeziehende Rechtsposition. Keine Gemeinde brauche hinzunehmen, "daß ihre Planungshoheit durch fremde Planungen rechtswidrig verletzt wird"87• Dies OVG Münster, UPR 1991 , 314 (316). Siehe für die privatnützige Planfeststellung oben 2. Abschnitt 11.4.b)bb)(3). 87 BVerwGE 40, 323 (330); zustimmend Koch/Hosch, Baurecht, S. 116 f.; Johlen, DÖV 1989, 206; Wahl, NVwZ 1990, 926 m.w.N. 85

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D. Rechte der Gemeinden im wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren 371

bedeutet jedoch nicht, daß jede Berührung der gemeindlichen Planungshoheit die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO entstehen ließe. Jede Planung bewegt sich in einem durch Tatsachen und Planungen vorgeprägten Raum. Dabei sind die jeweils gegebenen Verhältnisse in tatsächlicher und auch planenscher Hinsicht ständigen Veränderungen unterworfen. Solche Veränderungen müssen von den Trägern künftiger Planungen grundsätzlich hingenommen werden88 • Die Schwierigkeit besteht darin, die Grenze zu bestimmen, von der ab sich eine Gemeinde aufgrund ihrer Planungshoheit gegen Auswirkungen externen Fachplanungen wehren kann. Bei der vorzunehmenden Grenzziehung wird wesentlich auf die jeweilige Intensität der Auswirkungen abzustellen und dabei zu berücksichtigen sein, welche tatsächliche und planensehe Situation die Planung jeweils vorfindet. Eine gemeindliche Planung wird um so leichter im Gegensatz zu Fachplanungen geraten, je konkreter sie ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat dem dadurch Rechnung getragen, daß es für die Anerkennung der Klagebefugnis "unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art" fordert89 und die Schutzwürdigkeit der gemeindlichen Planungshoheit als gesteigert ansieht, wenn sie durch den Erlaß von Bebauungsplänen ausgeübt wurde90• Darüber hinaus umfaßt der Schutz der Planungshoheit auch örtliche Planungsvorstellungen der Gemeinde, die noch nicht in verbindlichen Plänen ausgewiesen, gleichwohl aber schon hinreichend konkretisiert sind91 • Es muß dargetan werden, BayVGH, BayVBI. 1988, 147. BVerwG, BayVBI. 1978, 845 (853); zustimmend BayVGH, BayVBI. 1988, 147 (148); Koch/Hosch, Baurecht, S. 115; Johlen, DÖV 1989, 207; strenger Lerche, in: Festschrift BayVGH, S. 233, wonach die Möglichkeit des Rechtsschutzes nicht schon gegen "unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art" eröffnet sein sollte, sondern erst, wenn "schwere und unerträgliche" Beeinträchtigungen der Planungshoheit vorliegen; kritisch zu der Rechtsprechung Birk, NVwZ 1989, 905 ff. 90 BVerwGE 40, 323 (330 f.); aus der Literatur vgl. Gieseke/Wiedemann!C:zychowski, WHG, § 31 Rdn. 62; Schlichter, Berliner Kommentar, § 38 Rdn. 9; Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 38 Rdn. 13; Koch/Hosch, Baurecht, S. 115; vgl. auch OVG Münster, BauR 1979, 208 ff., wonach der Gemeinde Abwehrrechte nicht nur gegen Planungen, sondern auch gegenüber Baugenehmigungen fiir solche Vorhaben zustehen, die durch ihre überörtlichen Auswirkungen die Planungshoheit in schwerwiegender Weise tangieren. 91 Vgl. Gieseke/Wiedemann!C:zychowski, WHG, § 31 Rdn. 62; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 718; Koch!Hosch, Baurecht, S. 117; Bender!Sparwasser, Umweltrecht, Rdn. 147; Kühling, Fachplanungsrecht, Rdn. 464; Johlen , DÖV 1989, 207; Wahl, NVwZ 1990, 926; beachte jedoch BVerwGE 74, 124 (132), wonach ein Eingriff in die Planungshoheit der Gemeinde ausnahmsweise auch ohne bereits konkrete Planungsvorstellungen vorliegen kann, wenn ein großräu88

89

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Vierter Abschn.: Die Rechte der Gemeinden

daß und in welcher Weise eine hinreichend konkretisierte gemeindliche Planung, die noch nicht verbindlich zu sein braucht, durch die Planfeststellung rechtswidrig beeinträchtigt wird92 • Entsprechendes gilt, wenn durch die fremde Fachplanung wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren gemeindlichen Planung entzogen oder gemeindliche Einrichtungen erheblich beeinträchtigt werden93 • Die Gemeinde ist befugt, die Aufnahme von Auflagen in den Planfeststellungsbeschluß mit der Verpflichtungsklage zu erstreiten, wenn dies zum Schutz ihrer Planungshoheit erforderlich ist. Der Anspruch folgt aus den planfeststellungsrechtlichen Auflagengeboten (z.B. § 31 Abs. 2 WHG)94 • In diesem Fall ist eine Klage allerdings auch nur begründet, wenn die Gemeinde durch das Fehlen der Auflage in einer konkreten Planung rechtswidrig beeinträchtigt ist95 • Gemeinden können - gestützt auf die Planungshoheit - nicht Rechte ihrer Einwohner (z. B. Recht auf Sicherung der Gesundheit) quasi als Treuhänder im Wege einer "kommunalrechtlichen Verbandsklage" geltend machen. Das gehört nicht zu ihren Selbstverwaltungsaufgaben96 • Die Einwohner können selbst ausreichend Rechtsschutz in Anspruch nehmen.

2. Beeinträchtigung des Selbstgestaltungsrechts Eine Abwehrmöglichkeit ergibt sich für die Gemeinden weiterhin im Hinblick auf das aus dem Selbstverwaltungsrecht abgeleitete Selbstgestaltungsmiges Vorhaben wesentliche Teile des Gemeindegebiets erfaßt und einer realistischen Planung gänzlich entzieht; ähnlich VG Schleswig, UPR 1982, 278, das an die Konkretisierung der Planung um so geringere Anforderungen stellt, je umfangreicher die Fachplanung in räumlicher und zeitlicher Hinsicht wirkt. Dabei spielt die Größe des Vorhabens im Vergleich zur Größe des Gemeindegebiets eine Rolle. 92 BVerwG, NJW 1979, 64 (71); NJW 1980, 1537; BadWürttVGH, NVwZ 1990, 487; BayVGH, BayVBI. 1987, 751; ähnlich OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.10.1984- 12 A 36/83- S. 9 f. 93 Vgl. zuletzt BVerwG, NVwZ 1993 m.w.N. 94 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 718. 95 BVerwGE 51, 6 (15); Löhr, in: Battis/Krautzberger!Löhr, BauGB, § 38 Rdn. 13; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 718 m.w.N. 96 OVG Rheinland-Pfalz, UPR 1986, 396; BadWürttVGH, DVBI. 1977, 345 (346); BayVGH, DVBI. 1979, 673 (673); Bender/Sparwasser, Umweltrecht, Rdn. 148; Kühling, Fachplanungsrecht, Rdn. 460; Johlen , DVBI. 1989, 290.

D. Rechte der Gemeinden im wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren 373

recht. Darunter wird das von besonderen Vorschriften oder besonderen Planungen unabhängige Recht einer Gemeinde verstanden, das Gepräge und die Struktur ihres Ortes oder ihrer Orte selbst zu bestimmen97 • Dieses Recht ist allerdings nur in einem Kernbereich geschützt. Deshalb kommen hierauf gestützte Klagerechte nur in Betracht, wenn grundlegende Veränderungen des örtlichen Gepräges oder der örtlichen Strukturen abgewehrt werden sollen98 •

3. Gefährdung der Wasserversorgung Gerade bei Naßauskiesungen kann von den Gemeinden eine Gefährdung des Grundwassers und der Wasserversorgung befürchtet werden. Eine solche Beeinträchtigung ist aber nur dann anzunehmen, wenn die Berechtigung und Verpflichtung der Gemeinde zur Versorgung ihrer Bevölkerung mit Wasser in Frage gestellt wird. Lediglich mittelbare Beeinträchtigungen der tatsächlichen Wassergewinnung stellen grundsätzlich keinen Eingriff in das Wasserversorgungsrecht der Gemeinde als solches dar. Insbesondere ist die Frage der Wasserhygiene, d. h. der Beurteilung, wie hoch die Anforderungen an die hygienische Reinheit des Wassers zu stellen sind, keine Angelegenheit der Gemeinde im gemeindeeigenen Wirkungskreis, sondern gehört zum staatlichen Aufgabenbereich99 • Ausnahmsweise stellen Beeinträchtigungen der tatsächlichen Wassergewinnung einen Eingriff in das Wasserversorgungsrecht der Gemeinde dar, "wenn und soweit sie diese Aufgabe ins Werk gesetzt hat, wenn sie Unternehmer der Trinkwasserversorgung" ist 100• Die Gemeinde muß also geltend machen können, eigene Wasserversorgungsanlage zu unterBVerwG, NJW 1976, 2175 (2176); BayVGH, BayVBI. 1988, 147 (148). BayVGH, BayVBI. 1985, 626 (628); ähnlich Johlen, DÖV 1989, 207; Wahl, NVwZ 1990, 927. 99 Vgl. jedoch OVG Saarlois, UPR 1987, 228 (229}, wonach sich die Gemeinde mit Rücksicht auf das ihr verfassungsrechtlich garantierte Selbstverwaltungsrecht gegen die Planfeststellung zwar mit der Behauptung wenden könne, diese führe zu einer Verunreinigung des der Trinkwasserversorgung ihrer Bevölkerung dienenden Grundwassers. Allerdings sei die Gemeinde nicht dazu berufen, Maßnahmen zum Grundwasserschutz durchzusetzen; zustimmend: Beckmann/Appold/Kuhlmann, DVBI. 1988, 1006. 100 OVG Lüneburg, ZfW 1987, 117 (120); BayVGH, BayVBI. 1988, 147 (148); vgl. auch BVerwGE 41, 178 (188 f.); 52, 226 (233 f.); BayVGH, DVBI. 1979, 673 (681); OVG Rheinland-Pfalz, UPR 1986, 396 (397); Johlen, DÖV 1989, 207 m.w.N. 97

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Vierter Abschn.: Die Rechte der Gemeinden

halten. Auch konkrete Planungen zu einer eigenen Trinkwasserversorgung können die Klagebefugnis begründen. Sie fehlt aber, wenn die Gemeinde sich einer überörtlichen Wasserversorgung angeschlossen hat.

4. Verletzung des Abwägungsgebots Fachplanungen führen gegenüber der Gemeinde zu unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art, wenn bei der Fachplanung nicht die an eine gerechte Abwägung zu stellenden Anforderungen berücksichtigt worden sind101 • Die dadurch mögliche Verletzung des Abwägungsanspruchs hat der BayVGH konkretisiert. Danach kann eine Gemeinde "die fehlerhafte Abwägung eines die örtliche Gemeinschaft betreffenden Interesses nicht zusätzlich als einfachen Belang unterhalb von Rechten geltend machen, wenn dieses Interesse in den thematischen Bereich einer aus dem Selbstverwaltungsrecht sich herleitenden möglichen Rechtsposition (wie z.B. der Planungshoheit oder des Rechts auf den Betrieb einer Trinkwasserversorgung) fällt, diese Rechtsposition der Gemeinde im konkreten Fall aber nicht zustehf 102 • Das bedeutet, daß die Gemeinde sich nicht aufjeden Abwägungsfehler berufen kann103 •

5. Verletzung privater Rechte Die Klagebefugnis der Gemeinde gegenüber einem Planfeststellungsbeschluß ist schließlich dann gegeben, wenn sie als Eigentürnenn von benachbarten Grundstücken ebenso wie ein privater Grundstückseigentümer betroffen ist 104• Schon die einfachrechtliche Eigentümerstellung vermittelt der 101 BVerwGE 51, 6 (14); Koch/Hasch, Baurecht, S. 117 f.; zum Gebot gerechter Abwägung beim wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren siehe oben S. 108 ff. 102 BayVGH, DVBI. 1988, 148. 103 Vgl. Johlen, DÖV 1989, 205; Bender!Sparwasser, Umweltrecht, Rdn. 147 m.w.N. 104 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 718; fiir das abfallrechtliche Planfeststellungsverfahren vgl. OVG Lüneburg, DVBI. 1984, 895 (896); Bender/Sparwasser, Umweltrecht, Rdn. 146; Johlen, DÖV 1989, 207 f.; Beckmann!Appold/Kuhlmann, DVBI. 1988, 1006; m.w.N.; a.A. HessVGH, NVwZ 1984, 736. Vgl. aber HessVGH, NVwZ 1987, 987 fiir unmittelbare Eingriffe in das einfachgesetzlich geschützte Grundeigentum oder fiir Beeinträchtigungen gemeindeeigener Einrichtungen.

D. Rechte der Gemeinden im wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren 375

Gemeinde eine abwägungserhebliche Position, wenn ein ihr gehörendes Grundstück durch eine Abgrabung unmittelbar in Anspruch genommen werden solP05 • Das gilt auch dann, wenn sich die Gemeinde nicht auf den verfassungsrechtlichen Schutz des Eigentums durch Art. 14 GG berufen kann106• Die Gemeinde kann im Wege einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage Schutz vor unzumutbaren Einwirkungen verlangenu17 • Der Anspruch folgt aus den planfeststellungsrechtlichen Auflagengeboten (z.B. § 31 Abs. 2 WHG und die entsprechenden Regelungen in den Landesgesetzen) 108 •

N. Ergebnis Aus der Planungshoheit der Gemeinden und der sich hieraus ergebenden Befugnis, das Gemeindegebiet aus Gründen der örtlichen Ordnung und Entwicklung räumlich zu gestalten, folgt das Recht auf Beteiligung der Gemeinden am wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren. Ein Bebauungsplan, in dem eine noch nicht planfestgestellte Wasserfläche festgesetzt wird, ist nichtig und kann deshalb auch nicht mehr an einen später ergehenden Planfeststellungsbeschluß angepaßt werden. Die Klagebefugnis einer Gemeinde nach § 42 Abs. 2 VwGO gegen einen Planfeststellungsbeschluß liegt vor, wenn die Gemeinde als Eigentümer von Grundstücken betroffen ist. Insoweit ist sie wie ein privater Grundstückseigentümer zu behandeln. Weiterhin kann die Gemeinde ihre Klagebefugnis auf die von der Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) umfaßte Planungshoheit stützen. Der Schutz der Planungshoheit erfaßt diese jedoch nicht als abstraktes Gut; geschützt werden ausschließlich ausgewiesene Planungen oder hinreichend konkretisierte planerische Vorstellungen.

105

(365). 106 107 108

BVerwGE 87, 332 (391 f.), fortentwickelt von BVerwG, NVwZ 1993, 364 BVerwGE 61, 82. BVerwGE 51, 6 (11 ff.); 52, 226 (235); 69, 259 (261). Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rdn. 718.

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Vierter Abschn.: Die Rechte der Gemeinden

E. Die Rechte der Gemeinden nach § 36 BauGB Der Begriff des Einvernehmens stellt einen Unterfall der Mitwirkung der Behörde im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 5 VwVfG dar. Einvernehmen setzt eine völlige Willensübereinstimmung voraus 109.

I. Das Einvernehmen der Gemeinde Gem. § 36 Abs. 1 BauGB wird über die Zulässigkeil von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 im bauaufsichtliehen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden110. Das Einvernehmen der Gemeinden ist auch erforderlich, wenn eine Genehmigung nach dem AbgrG erforderlich ist (§ 8 Abs. 1 AbgrG) oder wenn in einem anderen (z. B. wasserrechtlichen Erlaubnis- oder Bewilligungs-) Verfahren über die Zulässigkeil der Abgrabung entschieden wird (§ 36 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BauGB) 111 . Das Einvernehmen der Gemeinde ist von der Baugenehmigungsbehörde einzuholen, wenn diese eine positive Bescheidung des Antrags beabsichtigt112. Durch § 36 BauGB erhält die Gemeinde eine starke Stellung. Sie bestimmt über die Zulässigkeil von Abgrabungsvorhaben mit und kann deren Verwirklichung auf ihrem Gebiet verhindern, indem sie ihr Einvernehmen verweigert113 • Allerdings steht sie dabei unter einem Entscheidungsdruck, weil ihr Einvernehmen fmgiert wird, wenn sie nicht binnen zwei Monaten 109 BVerwGE 11, 195 (200), 57, 98 (101); OVG Münster, NWVBI. 1992, 58

(60).

110 Die Regelungen über das gemeindliche Einvernehmen waren im BBauG in § 29 S. 4, § 31 und§ 36 Abs. 1 verstreut. ·111 Zu § 36 Abs. 1 S. 2 Hs. l BauGB vgl. aber HessVGH, UPR 1990, 74, wonach das gemeindliche Einvernehmen bei einem immissionsschutzrechtlichen Verfahren (zur Erweiterung eines Steinbruchs) nicht erforderlich ist. Gegen dieses Ergebnis wegen des Wortlauts und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift zu Recht: BayVGH, NVwZ-RR 1991, 523; Uechtritz, DVBI. 1991, 466; Weidemann, DVBl. 1994, 266. 112 BVerwG, NVwZ-RR 1992, 529. 113 Zur Frage, wer innerhalb der Gemeinde fiir die Erteilung des Einvernehmens zuständig ist, vgl. OVG Münster, DVBl. 1970, 551; BadWürttVGH, BRS 20 Nr. 85; Dyong, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 36 Rdn. 31; Schlez, BauGB, § 36 Rdn. 7.

E. Die Rechte der Gemeinden nach § 36 BauGB

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nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde eine ablehnende Entscheidung trifft (§ 36 Abs. 2 S. 2 BauGB) 114 • Hinzu kommt, daß die rechtswidrige Versagung des Einvernehmens eine Amtspflichtverletzung gegenüber dem Bauwilligen oder dem Abgrabungsunternehmer bedeuten und die Gemeinde so zum Schadensersatz verpflichten kann115 • Die gleiche Rechtsfolge tritt ein, wenn das Einvernehmen nach der Rechtslage an sich nicht erforderlich gewesen wäre, die Baugenehmigungsbehörde dies aber trotzdem für notwendig gehalten hat116• Eine Gemeinde ist allerdings nicht verpflichtet, ihr Einvernehmen zur Genehmigung einer Abgrabung zu erteilen, solange sie keine Kenntnis vom Inhalt der Auflagen hat, unter denen das Vorhaben genehmigt werden soll 117•

II. Die Rechtsnatur des Einvernehmens 1. Die Auffassung der Rechtsprechung und des überwiegenden Schrifttums Die Frage, welche Rechtsnatur dem gemeindlichen Einvernehmen zukommt, war in den ersten Jahren der Geltung des Bundesbaugesetzes umstritten118 • Der Auffassung, daß das Einvernehmen der Gemeinde ein selb114 Vgl. die praktische Relevanz bei Schwab, AgrarR 1986, 304; mangels einer gesetzlichen Regelung kann die Baugenehmigungsbehörde aber selbst entscheiden, zu welchem Zeitpunkt sie bei der Gemeinde die Erteilung des Einvernehmens einholen will, vgl. BVerwG, NVwZ-RR 1992, 529 (530). 115 BVerwG, BauR 1986, 425 (426); BayVGH, BayVBI. 1987, 251 (253); BGH, BauR 1984, 498 (499) weist in seiner Entscheidung darauf hin, daß die Gemeindevertretung nicht nach "laienhaftem Ermessen" entscheiden dürfe. Die Mitglieder der kommunalen Vertretungskörperschaften müssen sich auf ihre Entscheidung sorgfältig vorbereiten und, soweit ihnen die Sachkunde fehlt, den Rat ihrer Verwaltung oder die Empfehlungen von sonstigen Fachbehörden einholen bzw. notfalls sogar außerhalb der Verwaltung stehende Sachverständige hinzuziehen; vgl. dazu aus der Literatur: Schlichter, Berliner Kommentar, § 36 Rdn. 13; Dyong, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 36 Rdn. 35 a; Pappermann, DVBI. 1975, 640 ff.; ausführlich: Stüer, VR 1985, 82 f. 116 BGH, ZtBR 1980, 52; BauR 1985, 438; vgl. auch BGH, BayVBI. 1987, 284 (286), wonach Entschädigungsansprüche gegen die Gemeinde aus enteignungsgleichem Eingriff bei einer rechtswidrigen Erteilung des Einvernehmens nicht bestehen. 117 OVG Münster, NWVBl. 1992, 58 (60). 118 Zum damaligen Streitstand vgl. Knöpfte, Abbau von Kies und Sand, S. 14; Pickert, DVBI. 1964, 178 ff.; Scheugraf, NJW 1966, 179 ff.; Heinze, DÖV 1967, 34 ff.

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Vierter Abschn.: Die Rechte der Gemeinden

ständig anfechtbarer Verwaltungsakt sei 119, stand die Meinung anderer gegenüber, daß es sich bei ihm um ein administratives Internum handele 120• Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 19.11.1965 grundsätzlich zu dem Streit Stellung genommen und sein Ergebnis in den Leitsätzen der Entscheidung wiedergegeben121 : (1) Erteilt die (staatliche) Baugenehmigungsbehörde einem Bewerber die nachgesuchte Baugenehmigung ohne das gesetzlich erforderliche Einvernehmen mit der Gemeinde, so ist die Gemeinde in ihren Rechten verletzt. (2) Ebenso (...) ist die Baugenehmigungsbehörde bei der Beteiligungsform des Einvernehmens mit der Gemeinde bei Entscheidungen über die Zulässigkeil von Vorhaben nach§§ 33 bis 35 BauGB allein zur Regelung des Anspruchs des Bürgers auf Verwirklichung seines Bauvorhabens durch Verwaltungsakt berufen. (3) Die Baugenehmigungsbehörde ist aber - unbeschadet der rechtlichen Möglichkeit der Ersetzung des Einvernehmens der Gemeinde bei rechtswidriger Versagung im Wege der Rechtsaufsicht - gehindert, eine Baugenehmigung auszusprechen, solange die Gemeinde ihr Einvernehmen nicht erklärt hat. (4) Das Erfordernis des Einvernehmens der Gemeinde bei der Entscheidung über die Zulässigkeil von Bauvorhaben der §§ 33-35 BBauG besteht auch dann, wenn die Baugenehmigungsbehörde zur Auffassung kommt, daß das Einvernehmen der Gemeinde rechtswidrig versagt wird; auch in diesen Fällen muß die Baugenehmigung - unbeschadet der Möglichkeit der Ersetzung des Einvernehmens der Gemeinde im Wege der Rechtsaufsicht - versagt werden.

Nach heute ständiger Rechtsprechung 122 ist die Mitwirkungsbefugnis der Gemeinde ein Venvaltungsintemum, ihre Versagung mangels Außenwirkung 119 OVG Münster, DVBI. 1962, 492; OVG Koblenz, DÖV 1961, 117; OVG Hamburg, MDR 1959, 522; BadWürttVGH, BBauBI 1962, 400; HessVGH, DÖV 1964, 744. 120 OVG Lüneburg, DVBI. 1962, 757 (759 f.); DÖV 1965, 533 (534 f.); OVG Koblenz, DÖV 1964, 788; BadWürttVGH, DÖV 1964, 788; VGH Kassel, BRS 20, Nr. 143; OVG Münster, BRS 23, Nr. 143; 121 BVerwGE 22, 342 f.; zuletzt BVerwG, NVwZ-RR 1989, 6 und NVwZ-RR 1992, 529. 122 BVerwG, DÖV 1969, 145; NVwZ 1986, 556; NJW 1963, 2088 (zu § 9 Abs. 2 FStrG); NJW 1968, 905 (zu § 19 Abs. 4 S. 3 BBauG); NJW 1965, 2262 (zu § 12 LuftVG); vgl. auch BGH, BayVBI. 1987,284 (286) m.w.N.

E. Die Rechte der Gemeinden nach § 36 BauGB

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deshalb kein anfechtbarer Verwaltungsakt. Im Außenverhältnis zum Bürger ist ausschließlich die Baugenehmigungsbehörde zum Erlaß dieses (sog. mehrstufigen) Verwaltungsaktes befugt. Das Recht, ein Bauwerk (oder Abgrabungsvorhaben) errichten zu dürfen, kann deshalb nur gegenüber der Genehmigungsbehörde geltend gemacht werden. Aus dem Fehlen der Außenwirkung des Einvernehmens oder seiner Verweigerung gegenüber einem Dritten ergibt sich, daß - solange die Genehmigungsbehörde ihrerseits nicht entschieden hat - der Antragsteller in seinen Rechten nicht berührt ist123 ; deshalb kann er gegen die Versagung des Einvernehmens auch nicht mit Rechtsmitteln vorgehen. Er hat keinen Anspruch unmittelbar gegen die Gemeinde auf Erklärung des Einvernehmens. Ihm bleibt nur die Möglichkeit, mittels der Verpflichtungsklage auf Erteilung der erforderlichen Genehmigung zu klagen. Das Verwaltungsgericht - nicht aber schon die Widerspruchsbehörde124 - kann sich über die Versagung des Einvernehmens der Gemeinde, wenn es diese für rechtswidrig hält, hinwegsetzen und die Genehmigungsbehörde zur Genehmigung des Vorhabens verpflichten. Dieser Rechtsansicht, die der Verweigerung des Einvernehmens durch die Gemeinde eine absolute Sperrwirkung beimißt, hat sich die überwiegende Meinung in der Literatur125 angeschlossen126 . Das Bundesverwaltungsgericht hat aber hervorgehoben, daß das Landesrecht insoweit abweichende Regelungen treffen kann127

123 BVerwG, NJW 1968, 905 (906). 124 BVerwG, NVwZ 1986, 556 f.; BayVGH, BayVBI. 1968, 177. 125 Vgl. Schlichter, Berliner Kommentar, § 36 Rdn. 11; Dyong, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 36 Rdn. 16; Schlez, BauGB, § 36 Rdn. 5; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 36 Rdn. 5; Himmel, LWG RhPf!WHG, § 76 LWG Rdn. 64; Knöpfte, Abbau von Kies und Sand, S. 14 ff.; Kuntzmann-Auen, DÖV 1966, 702; Heinze, DÖV 1967, 46; Skourisfl'schaschnig, NuR 1983, 96; Schwab, AgrarR 1986, 304; Zeit/er, BayVBI. 1987, 684; Schneider, DÖV 1988, 862; aus der Rechtsprechung vgl. etwa HessVGH, NVwZ-RR 1990, 4. 126 Zu beachten ist aber, daß ein erteiltes Einvernehmen der Gemeinde die Baugenehmigungsbehörde nicht bindet, vgl. BVerwG, NVwZ-RR 1992, 529 m.w.N.; siehe auch BadWürttVGH, VwBlBW 1989, 108, wonach § 36 BauGB lediglich bei der Genehmigung von beantragten Vorhaben das gemeindliche Einvernehmen verlange; bei der Untersagung ungenehmigter Nutzungen allerdings keine Anwendung fmde. 127 BVerwG, NVwZ-RR 1989, 6.

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Vierter Abschn.: Die Rechte der Gemeinden

2. Kritik und Stellungnahme Dennoch gibt es manche kritische Stimmen128 • So wird insbesondere gegen die überwiegende Meinung eingewendet, die Genehmigungs- und Widerspruchsbehörde könne nicht verpflichtet sein, wegen einer offensichtlich rechtsirrigen, rechtswidrigen oder gar unsachlichen Stellungnahme der Gemeinde einen Antrag abzulehnen, allein weil das Einvernehmen fehle. Keine Behörde sei gezwungen, bewußt einen offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakt zu erlassen. Auch verwaltungsökonomische Gründe sprächen dagegen. Der Bauherr würde erfahren, daß sein Antrag aus unzureichenden Gründen abgelehnt sei. Er würde, vielleicht sogar von der Genehmigungsbehörde verstärkt, Rechtsbehelfe einlegen, um seine Genehmigung zu erstreiten. Dieses Rechtsbehelfsverfahren wäre durchaus vermeidbar; es störe auch unnötig das Vertrauensverhältnis zwischen dem Bauwilligen und der Baugenehmigungsbehörde. Schließlich sei das Widerspruchsverfahren seines gesetzlichen Zweckes beraubt und stelle nur noch eine sinnlose, den Bürger unnötig belastende Formalie dar129 • Diese, auf den ersten Blick bestechende Argumentation kann jedoch bei näherer Betrachtung nicht überzeugen. Auf der einen Seite berücksichtigt sie nicht hinreichend die den Gemeinden nach Art. 28 Abs. 2 GG zustehende Planungshoheit; auf der anderen Seite verkennt sie Wortlaut und Sinn des § 36 BauGB 130•

128 Schrödter, DVBI. 1962, 743, 747; ders., DVBI. 1966, 182 ff.; Pappermann, DVBI. 1975, 637 ff.; Bramer, NuR 1983, 207; Ge/zer, Bauplanungsrecht, Rdn. 801; Weyreuther, Bauen im Außenbereich, S. 155 f.; Pietzner, in: Pietzner/Ronellenfitsch, Assessorexamen, S. 283; Hüttenbrink, DVBI. 1990, 135; auch OVG RheinlandPfalz, AS 10, 141 f. hat die Rechtsprechung des BVerwG kritisiert und der Baugenehmigungs- und Widerspruchsbehörde die Befugnis eingeräumt, sich über ein rechtswidrig verweigertes Einvernehmen hinwegzusetzen; diese Rechtsprechung wurde aber im Urteil vom 30.04.1986 - 8 A 114/85 - unter Bezugnahme auf die Entscheidung BVerwG, NVwZ 1986, 556 aufgegeben. 129 Schenke, DÖV 1982, 717 f. schlägt deshalb für diese Fälle de lege ferenda einen gesetzlichen Ausschluß des Vorverfahrens vor; so jetzt auch Art. 1 Nr. 4 des Gesetzentwurfs der Landesregierung von Rheinland-Pfalzvom 10.01.1994 zur Änderung des Landesgesetzes zur Ausführung der VwGO. 130 Kuntzmann-Auert, DÖV 1966, 702; Dyong, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 36 Rdn. 19 f.; 36 f.; Heinze, DÖV 1967, 34 ff.; Schneider, DÖV 1988, 862 Fn. 46.

E. Die Rechte der Gemeinden nach§ 36 BauGB

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Nach dem Wortlaut des § 36 BauGB hat die Baugenehmigungsbehörde über die Zulässigkeil des Vorhabens zu entscheiden und die Gemeinde zu beteiligen. Der Grad der Beteiligung ist durch das Einvernehmen normativ festgelegt. Ein solches Einvernehmen ist zu unterscheiden von den Beteiligungsformen der Zustimmung, des Benehmens und der Anhörung 131 • Von diesen Beteiligungsformen haben das Einvernehmen und die Zustimmung bereits nach dem Sprachgebrauch ein sehr erhebliches Gewicht, während die Beteiligungsformen des Benehmens und der Anhörung grundsätzlich geringere Beteiligungsrechte einräumen132 • § 36 BauGB hat sich für die starke Beteiligungsform des Einvernehmens entschieden. Mit dieser Entscheidung wäre es nicht vereinbar, wenn man der Genehmigungsbehörde das Recht einräumen würde, sich über die Versagung des Einvernehmens einer Gemeinde hinwegzusetzen. Dieses Ergebnis ergibt sich auch aus folgender Überlegung: Die in § 36 vorgesehene Beteiligung der Gemeinde ist eine notwendige Konsequenz der Planungshoheit der Gemeinde und damit des verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltungsrechts; denn hieraus ergibt sich bereits, daß die Gemeinde an allen Planungen zu beteiligen ist, die - zumindest auch - ortsrelevant werden können133 • Das, was im Grundsatz für die Beteiligung an fremden Planungen gilt, muß in ähnlicher Weise auch gelten, wenn eine andere Behörde sonstige Entscheidungen trifft, die das Planungsrecht der Gemeinde berühren können. Daß in diesem Sinne § 36 BauGB die Planungshoheit sichern soll, hat das BVerwG wiederholt ausgesprochen134 • Jede Genehmigung setzt für die zukünftige Planung Festpunkte, engt damit also die planensehe Gestaltungsfreiheit ein. In den (qualifiziert) beplanten Gebieten(§§ 34, 35 BauGB) liegt mithin in der Zulassung einzelner Vorhaben eine gewisse Vorwegnahme der zukünftigen Planung. Das rechtfertigt die Beteiligung der Gemeinde; das rechtfertigt auch die Bindung der Baugenehmigungsund der Widerspruchsbehörde an die Versagung des Einvernehmens 135 • So 131 Vgl. Badura, Verwaltungsverfahren, in: Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 407 m.w.N. 132 Dyong, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 36 Rdn. 19; Kuntzmann-Auert, DÖV 1966, 702; Schlichter, Berliner Kommentar, § 36 Rdn. 11 m.w.N. 133 Vgl. auch BR-Drs. 575/85, S. 49 Nr. 2, wonach u.a. die "Stärkung der Planungshoheit der Gemeinden" unter den Zielen des BauGB hervorgehoben wurde. 134 BVerwGE 22, 342 (334 ff.); 28, 145 (147 f.); 28, 268 (270). 135 So Schlichter, Berliner Kommentar, § 36 Rdn. 3; Kuntzmann-Auert, DÖV 1966, 702.

382

Vierter Abschn.: Die Rechte der Gemeinden

sieht es auch das Bundesverwaltungsgericht, wenn es in seinem Urteil vom

07.02.1986 ausführt136:

"Einvernehmen bedeutet - nicht anders als Zustimmung - nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte der Regelung, daß die Genehmigungsbehörde nicht gegen den Willen der zur Mitwirkung berufenen Behörde die Genehmigung erteilen darf (...). Die rechtliche Einordnung des Einvernehmens als Verwaltungsinternum hindert nicht die Annahme, die Baugenehmigungsbehörde sei an die Versagung des Einvernehmens gebunden. Andernfalls hätte nämlich der Gesetzgeber nur eine Anhörung der Gemeinde vorsehen brauchen. Die Ausgestaltung als Verwaltungsinternum hat(...) den Zweck, im Interesse auch des Bauantragstellers die bauordnungsrechtliche und die bebauungsrechtliche Prüfung des Vorhabens in einem einzigen Verfahren zusammenzufassen. Bei dieser Konzentration will das Gesetz durch den Einvernehmensvorbehalt eine echte Mitentscheidungskompetenz der - nur verwaltungsintern - mitwirkenden Gemeinde sichern". Auch praktische Erwägungen zwingen nicht zu einer entgegengesetzten Auffassung. Der Gefahr einer Benachteiligung eines Antragstellers durch eine fehlerhafte Entscheidung der Gemeinde im Vollzug des § 36 BauGB kann dadurch begegnet werden, daß die staatlichen Aufsichtsbehörden ihre Aufsichtspflicht ernst nehmen und ggf. die im Kommunalrecht vorgesehenen Instrumente zur Korrektur rechtswidriger gemeindlicher Hoheitsakte einsetzen137. Nach den Bestimmungen sämtlicher Gemeindeordnungen ist die staatliche Aufsicht berufen, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sicherzustellen138. So kann die Aufsichtsbehörde von ihrem Aufsichtsrecht Gebrauch machen und verlangen, daß die Gemeinde ihre ablehnende Stellungnahme innerhalb angemessener Frist abändert139 . Sollte die Gemeinde dem Verlangen der Aufsichtsbehörde nicht nachkommen, kann letztere anordnen, daß

136 BVerwG, NVwZ 1986, 556. 137 Schlichter, Berliner Kommentar, § 36 Rdn. 16; Kuntzmann-Auert, DÖV 1966, 703; Stüer, VR 1985, 78; Schwab, AgrarR 1986, 304; Knöpfte, Abbau von Kies und Sand, S. 17 m.w.N.; kritisch hierzu Bramer, NuR 1983, 207, der auf die erhebliche Verzögerung der Endentscheidung verweist. Das habe zur Folge, ,.daß u. U. bei termingebundenen Aufträgen für ein bestimmtes Vorhaben die verspätete Abgrabungsgenehmigung fiir den Unternehmer keinen Wert mehr haben kann." 138 Vgl. z.B. § 117 GO RhPf; zur staatlichen Aufsicht vgl. ausfiihrlich Vietmeier, DVBI. 1993, 190 ff. 139 Vgl. z.B. § 121 GO RhPf.

E. Die Rechte der Gemeinden nach § 36 BauGB

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nach ihrer Auffassung verfahren wird140 . Schließlich besteht die Möglichkeit der Ersatzvornahme141 . Die Aufsichtsbehörde darf allerdings das gemeindliche Einvernehmen nicht ersetzen, wenn eine besondere Zulassung wegen der Konzentrationswirkung eines Planfeststellungsverfahrens nicht erforderlich ist142. Die hoheitlichen Akte der Aufsichtsbehörde binden die Gemeinde wie eine von ihr selbst abgegebene Erklärung desselben Inhalts, und sie entfalten dieselben Rechtswirkungen wie letztere. Der Gemeinde verbleibt die Möglichkeit, sich gegen diese Aufsichtsmaßnahmen, die im Verhältnis zwischen Rechtsaufsichtsbehörde und Gemeinde die Qualität anfechtbarer Verwaltungsakte haben143, durch Anrufung der Verwaltungsgerichte zur Wehr zu setzen. Es bleibt damit abschließend festzuhalten, daß die Entscheidung der Gemeinde nach § 36 Abs. 1 BauGB kein selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt ist, sondern nur ein Verwaltungsinternum darstellt. Die Entscheidung der Gemeinde ist für die Genehmigungsbehörde - ungeachtet einer etwaigen rechtlichen Fehlerhaftigkeit - rechtswirksam und verbindlich mit der Folge, daß einem Antrag ohne das erklärte Einvernehmen der Gemeinde nicht stattgegeben werden darfl 44 .

111. Die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens Nach § 36 Abs. 1 BauGB entscheidet die Genehmigungsbehörde im Einvernehmen der Gemeinde. Die Genehmigungsbehörde darf- wie ausgeführt - bei fehlendem gemeindlichen Einvernehmen die beantragte Genehmigung 140 Vgl. z.B. § 122 GO RhPf. 141 Vgl. z.B. § 123 GO RhPf. 142 So OVG Münster, NWVBI. 1992, 58 (60) bezüglich einer Abgrabungsgenehmigung nach dem AbgrG, die wegen eines abfallrechtlichen Planfeststellungsverfahrens nicht erforderlich war. 143 Knöpfte, Abbau von Kies und Sand, S. 18 m.w.N. 144 Im umgekehrten Fall gilt dies aber nicht: Auch wenn das Einvernehmen durch die Gemeinde erteilt worden ist, kann die Genehmigungsbehörde den Antrag ablehnen; sie ist zu keiner positiven Entscheidung verpflichtet, weil die Gemeinde das Vorhaben befürwortet; vgl. BVerwG, DVBI. 1966, 181 (182); Schlez, BauGB, § 36 Rdn. 9; Ge/zer, Bauplanungsrecht, Rdn. 1291; Schlichter, Berliner Kommentar, § 36 Rdn. 13 m.w.N.

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Vierter Abschn.: Die Rechte der Gemeinden

nicht erteilen. Damit ist allerdings noch nichts darüber ausgesagt, ob und unter welchen Voraussetzungen die Gemeinde verpflichtet ist, das Einvernehmen nach § 36 Abs. 1 BauGB zu erteilen.

1. Kein Ermessen der Gemeinde Beim Vollzug des § 36 Abs. 1 BauGB wird die Gemeinde "in Ausübung ihrer Planungshoheif 145 tätig. Es fragt sich daher, ob die Gemeinde bei ihrer Entscheidung über das Einvernehmen in voller planenscher Gestaltungsfreiheit disponieren kann oder ob sie bei Wahrnehmung ihrer Kompetenz nach § 36 Abs. 1 BauGB eine Entscheidung zu treffen hat, die inhaltlich an das hierfür maßgebliche materielle Bauplanungsrecht gebunden ist. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts146, dem andere Gerichte und die Lehre gefolgt sind 147, wird die Gemeinde bei Wahrnehmung dieser Kompetenz in einer streng gesetzesakzessorischen Weise tätig, d. h. es gibt bei der vom Gesetz verlangten zutreffenden Berücksichtigung der Sach- und Rechtslage nur eine rechtlich fehlerfreie Entscheidung. Zur Begründung dieser Auffassung wird darauf hingewiesen, der Umstand, daß die Gemeinde beim Vollzug des § 36 Abs. 1 BauGB in Ausübung ihrer Planungshoheit tätig wird, sage noch nichts darüber aus, ob ihr hierbei ein Gestaltungsspielraum offensteht. Ob die Gemeinde im Einzelfall ihr Einvernehmen verweigern darf, hänge maßgeblich davon ab, ob der gesetzliche Tatbestand der§§ 33 bis 35 BBauG (=BauGB) erfüllt seil48 • Dem ist beizupflichten. Die Richtigkeit dieser Überlegung wird noch dadurch gestützt, daß der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung hat, wenn sein Vorhaben unter bauplanungs- und bauordBVerwGE 28, 145 (147). BVerwG, DÖV 1970, 349 (350); DÖV 1981, 269. 147 OVG Lüneburg, DÖV 1978, 222; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger!Löhr, BauGB, § 36 Rdn. 6; Knöpfte, Abbau von Kies und Sand, S. 25; Dyong, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 36 Rdn. 4; Schlichter, Berliner Kommentar, § 36 Rdn. 13. 148 BVerwG, DÖV 1970, 349 (350); DÖV 1981, 269; Dyong, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 36 Rdn. 4; Schlichter, Berliner Kommentar, § 36 Rdn. 13; in diesem Zusammenhang muß die Gemeinde aber nicht prüfen, ob ihre auf rechtlichen Erwägungen und planungsrechtlichen Bedenken erhobenen Einwendungen durch Nebenbestimmungen ausgeräumt werden können, vgl. hierzu BVerwG, NVwZ-RR 1992, 529 (530) mit praktischen Lösungsvorschlägen. 145 146

E. Die Rechte der Gemeinden nach § 36 BauGB

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nungsrechtlichen Gesichtspunkten genehmigungsfähig ist149• Bei Einräumung eines Ermessensspielraums könnte eine Gemeinde jeden Antrag durch Versagung ihres Einvernehmens zu Fall bringen, wobei der gerichtliche Rechtsschutz bei Ermessensüberschreitung kein hinreichendes Regulativ zur Wahrung und Durchsetzung der Baufreiheit im Einzelfall wäre150• Die Zustimmung der Gemeinde oder die Versagung in den Fällen der §§ 31, 33 bis 35 BauGB ergehen somit in der Anwendung zwingenden Rechts. Das ist durch§ 36 Abs. 2 S. 1 BauGB nunmehr auch eindeutig klargestellt.

2. Voraussetzungen für die Einvernehmensetteilung Das Einvernehmen der Gemeinde ist erforderlich in den Fällen des § 31 Abs. 1 (Ausnahmen) und Abs. 2 BauGB (Befreiungen vom Bebauungsplan), § 33 BauGB (Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung), § 34 BauGB (Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der in Zusammenhang bebauten Ortsteilen) und des§ 35 BauGB (Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich). Eine Beteiligung ist nicht erforderlich, wenn für das betroffene Gebiet ein qualifizierter Bebauungsplan vorliegt und keine Befreiung oder Ausnahme erteilt werden muß. Denn § 30 BauGB ist in§ 36 BauGB nicht genannt. Dies hat seinen Grund darin, daß in diesem Fall die Gemeinde durch den rechtsverbindlichen Bebauungsplan zu erkennen gegeben hat, wie sie sich die bauliche Entwicklung ihres Gebiets vorstellt 151 • Die Genehmigungsbehörde ist auch auf Grund des Rechtssatzcharakters des Bebauungsplans gehalten, diese "Vorstellungen" der Gemeinde bei der Erteilung der Baugenehmigung zu beachten.

Dyong, in: ErnsttZinkahn!Bielenberg, BauGB, § 36 Rdn. 6 m.w.N. OVG Münster, BRS 23, Nr. 143; Knöpjle, Abbau von Kies und Sand, S. 25. 15 1 Vgl. Dyong, in: ErnsttZinkahn!Bie/enberg, BauGB, § 36 Rdn. 14, der auch ausführt, daß eine Beteiligung der Gemeinde nach § 36 BauGB für den Fall erforderlich ist, wenn ein Vorhaben in den Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans fällt. Dieser ändere nicht den Charakter eines Gebiets als im Zusammenhang bebauter Ortsteil oder als Außenbereich. 149 150

25 BUIIesbach

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Vierter Abschn.: Die Rechte der Gemeinden

Materiell unterliegt die Entscheidung über das Einvernehmen den gleichen Vorschriften wie die Entscheidung über die Zulässigkeit 1s2 • Maßgeblich sind also die Bestimmungen der §§ 31 und 33 bis 35 BauGB. Aufgrund dieser Beschränkung ihrer Prüfungskompetenz darf die Gemeinde ihr Einvernehmen nur aus bauplanungs- und erschließungsrechtlichen Erwägungen versagen1s3 • Andere Gesichtspunkte können nur in Form eines nicht bindenden Hinweises geltend gemacht werden, denn durch sie wird die Planungshoheit der Gemeinde nicht tangiert154 • Der Inhalt der bauplanungsrechtlichen Vorschriften wurde bereits an anderer Stelle ausführlich untersuchtiss. Es kann hier darauf verwiesen werden. Zu ergänzen ist lediglich die Regelung des § 35 Abs. 3 S. 3 Hs. 2 BauGB, die zu einer unter dem BBauG nicht bestehenden Bindung der Gemeinde führt: Nach dieser Vorschrift stehen öffentliche Belange i.S. des § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB privilegierten raumbedeutsamen Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung und Landesplanung in Programmen und Plänen gern. § 5 ROG abgewogen sind. Sind die Belange so abgewogen, kann die Gemeinde die Versagung des Einvernehmens nicht auf diese Belange stützen(§ 36 Abs. 2 S. 1 BauGB). Bei Abgrabungen handelt es sich in der Regel ISl BVerwG, DVBl. 1966, 181 (182); DÖV 1970, 349 (350); Schlez, BauGB, § 36 Rdn. 8. 153 Zu den bauleitplanerischen Möglichkeiten der Gemeinde zum Schutz des Außenbereichs vgl. ausführlich: Schwab, AgrarR 1986, 305; Schneider, DÖV 1988, 862 ff.; vgl. auch Dyong, in: Ernst!Zinkahn!Bielenberg, BauGB, § 36 Rdn. 81 ff. , 74: "Städtebaulich unerwünschte Abgrabungen können durch Festsetzungen eines einfachen Bebauungsplanes, der eine anderweitige Nutzung vorsieht (z.B. Flächen für die Landwirtschaft und für die Forstwirtschaft, § 9 Abs. 1 Nr. 18 BauGB) verhindert werden" . Finden sich solche Festsetzungen in einem qualiftzierten Bebauungsplan, so handelt es sich nicht mehr um Flächen des Außenbereichs; Rechtsgrundlage für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens ist dann § 30 Abs. 1 BauGB; so ausdrücklich Gaentzsch, Berliner Kommentar, § 9 Rdn. 42; siehe dazu auch BVerwG, BauR 1975, 253; Löhr, in Battis!Krautzberger!Löhr, BauGB, § 9 Rdn. 65; zu den - gegenüber den Festsetzungen in einem Bebauungsplan abweichenden - Rechtswirkungen eines Flächennutzungsplans siehe ausführlich oben 2. Abschnitt C.IV.2.b)bb). Die Gemeinden können allerdings durch einen Bebauungsplan mit Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 17 Flächen für Abgrabungen sicherstellen; siehe dazu Gaentzsch, Berliner Kommentar, § 9 Rdn. 41 ; Löhr, in Battis/Krautzberger!Löhr, BauGB, § 9 Rdn. 61. 154 Vgl. Dyong, in: Ernst!Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 36 Rdn. 2 ff. ; Schneider, DÖV 1988, 862. ISS Siehe oben 2. Abschnitt C.IV.2.

E. Die Rechte der Gemeinden nach § 36 BauGB

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um raumbedeutsame Vorhaben, da sie Grund und Boden in Anspruch nehmen und die räumliche Entwicklung eines Gebiets beeinflussen156 • § 35 Abs. 3 S. 3 Hs. 2 BauGB gewinnt daher für diese Vorhaben besondere Bedeutung157•

IV. Ergebnis Das gemeindliche Einvernehmen nach § 36 BauGB ist eine Konsequenz der gemeindlichen PlanungshobeiL Daraus folgt eine Bindung der Genehmigungsbehörde an die Versagung des Einvernehmens. Der Antrag auf Genehmigung der Abgrabung muß abgelehnt werden. Im umgekehrten Fall ist die Genehmigungsbehörde an ein erteiltes Einvernehmen nicht gebunden, denn dieses enthält lediglich das positive Ergebnis eines Prüfungsausschnitts, so daß die Genehmigung aus anderen als planungsrechtlichen Erwägungen abgelehnt werden kann. Die Gemeinde ist bei ihrer Entscheidung an das materielle Recht gebunden und zur Erteilung des Einvernehmens verpflichtet, wenn die Voraussetzungen der§§ 31, 33 bis 34 und insbesonders des § 35 BauGB erfüllt sind, die Abgrabung also planungsrechtlich zulässig ist.

156 157

25•

Zeit/er, BayVBI. 1987, 684. Zur Relevanz dieser Vorschrift siehe oben 2. Abschnitt A.IV.2.b).

Fünfter Abschnitt

Die Ergebnisse der Untersuchung Zusammenfassung der Ergebnisse Die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung können thesenartig wie folgt zusammengefaßt werden:

1. Begriff Abgrabungen sind für längere Zeit bestimmte, künstliche Veränderungen der natürlich gegebenen oder vorgefundenen Erdoberfläche durch Senkung des Bodenniveaus. Sie sind gekennzeichnet a) durch ein hohes Maß an technischer Komplexität, b) durch ein umweltrelevantes Konfliktpotential und c) durch Schwierigkeiten bei der Bestimmung und Auslegung der jeweils anzuwendenden Normen.

2. Rechtsgrundlagen Die wichtigsten die Abgrabungen betreffenden umweltrechtlichen Rechtsgrundlagen sind das Bergrecht, das Wasserrecht, das Baurecht, das Forstrecht, das Naturschutzrecht und das Abgrabungsgesetz NW. Inhalt und Anwendungsbereiche dieser Gesetze werden bestimmt durch das Ziel, die Art, die Größe und das Gefährdungspotential der jeweiligen Abgrabung.

Zusammenfassung

389

3. Bergrecht a) Der Abgrabungsuntemehmer bedarf nach § 7 BBergG zur Aufsuchung bergfreier Bodenschätze (§ 3 Abs. 3 BBergG) einer Erlaubnis und zur Gewinnung dieser Bodenschätze nach§ 8 BBergG einer Bewilligung. Ein Betrieb zur Aufsuchung und Gewinnung von bergfreien und grundeigenen (§ 3 Abs. 4 BBergG) Bodenschätzen kann errichtet und geführt werden, wenn ein Betriebsplanverfahren (§§51 ff. BBergG) durchgeführt wurde. Allen diesen Verfahren liegt ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt zugrunde. b) Für die bergrechtliche Erlaubnis und Bewilligung fmden sich in §§ 11 Nr. 10, 12 Abs. 1 S. 1 BBergG Öffnungsklauseln. Durch dieses können von den Bergbehörden Belange in ihre Entscheidung einbezogen werden, die in anderen Fachgesetzen eine spezielle Regelung gefunden haben. c) Im Betriebsplanverfahren bildet das "Entgegenstehen überwiegender öffentlicher Interessen" in § 48 Abs. 2 BBergG eine Einbruchstelle für diejenigen Anforderungen des Umweltrechts, deren Prüfung keinem außerbergrechtliehen Verfahren vorbehalten ist. § 48 Abs. 2 BBergG ergänzt § 55 BBergG. Die Bergbehörden haben damit im Betriebsplanverfahren die naturschutzrechtlichen und bauplanungsrechtlichen Vorschriften zu prüfen. Auch die Ziele der Raumordnung und der Landesplanung finden so in das Betriebsplanverfahren Eingang. Für die wasserrechtliche Erlaubnis findet sich eine Zuständigkeitskonzentration in § 14 Abs. 2 WHG. Die Bergbehörden erteilen danach neben der Betriebsplanzulassung auch die wasserrechtliche Erlaubnis. Aufgrund dieser umfassenden Prüfungskompetenzen der Bergbehörden kann dem Betriebsplanverfahren eine "faktische Konzentrationswirkung" nicht abgesprochen werden. Eine rechtliche Konzentrationswirkung hat die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens für die Zulassung von Rahmenbetriebsplänen zur Folge. d) Nach§ 48 Abs. 1 S. 2 BBergG ist bei der Anwendung von Vorschriften, welche gern. § 48 Abs. 1 S. 1 BBergG in bergrechtliehen Verfahren unberührt bleiben, dafür zu sorgen, daß die Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen so wenig wie möglich beeinträchtigt wird. Diese Rohstoffsicherungsklausel entfaltet bei Abwägungsentscheidungen (z.B. nach § 35 Abs. 1 BauGB; §§ 8 Abs. 3 1. Alt., 31 BNatSchG; § 9

390

Fünfter Abschn. : Die Ergebnisse der Untersuchung

BWaldG) ihre besondere Bedeutung. Welche Interessen ein Übergewicht haben, ist aufgrund der Verhältnisse des Einzelfalles zu beurteilen. Bei dieser Betrachtungsweise räumt § 48 Abs. 1 S. 2 BBergG den Bergbauinteressen keinen absoluten Vorrang ein, verleiht den Interessen des Bergbaus aber immer ein starkes Gewicht.

4. Wasserrecht a) Ein wasserrechtliches Planfeststellungsverfahren nach § 31 WHG (i. V .m. den landesrechtliehen Bestimmungen) ist bei Abgrabungen durchzuführen, die mit der dauerhaften Herstellung eines Gewässers verbunden sind. Abgrabungen, bei denen eine Wasserfläche wieder verfüllt werden soll (§ 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG) oder die oberhalb des Grundwassers durchgeführt werden und bei denen die Möglichkeit einer schädlichen Einwirkung auf das Grundwasser besteht(§ 3 Abs. 2 Nr. 2 WHG), bedürfen einer wasserrechtlichen Erlaubnis(§ 7 WHG) oder Bewilligung (§ 8 WHG). b) Das Wasserrecht gebt von einem repressiven Verbot mit Befreiungsvorbehalt aus. Die wasserrechtlichen Zulassungsverfahren werden bestimmt von § 6 WHG, wonach ein Antrag abgelehnt werden muß, soweit von der beabsichtigten Benutzung eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine Gefährdung der öffentlichen Wasserversorgung zu erwarten ist. c) § 6 WHG statuiert einen zwingenden Versagungsgrund, soweit der Minimalscbutz der Gewässer in Frage steht. Dieser Minimalschutz stellt keine absolut feststehende wasserwirtschaftliche Ordnung dar, sondern wird durch Planungen und Bewirtschaftungskonzeptionen konstituiert oder konkretisiert. Ist der Minimalschutz der Gewässer gewahrt, so steht die Erteilung des beantragten Rechts im Bewirtschaftungsermessen der Wasserbehörde. Insoweit bat die Behörde nach Maximen der Zweckmäßigkeit, des medialen Umweltschutzes und der restriktiven Ressourcenökonomie einen Optimierungsauftrag zu erfüllen. d) In den wasserrechtlichen Zulassungsverfahren können nicht alle fachfremden Belange geprüft werden. Das ergibt sich aus der Struktur des § 6 WHG und aus Gründen der gesetzlichen Kompetenzordnung sowie

Zusammenfassung

391

des rechtsstaatliehen Bestimmtheitsgebots. Der Regelungsbereich der wasserrechtlichen Gemeinwohlklausel ist auf wasserwirtschaftliche Belange und - wegen § 8 Abs. 2 und Abs. 3 BNatSchG - auf die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege begrenzt, wenn die Gewässernutzung mit einem Eingriff in Natur und Landschaft verbunden ist. Die wasserrechtlichen Gemeinwohlklausel kann nicht dazu dienen, ungeprüft und ungefiltert jeden fachfremden Belang zur Durchsetzung zu verhelfen. e) Im Unterschied zu anderen fachplanungsrechtlichen Vorschriften, nach denen eine Planfeststellung nur aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit (gemeinnützige Planfeststellungen) zulässig ist, erstreckt sich § 31 WHG auch auf Ausbauvorhaben, die im allein privaten Interesse des Ausbauunternehmers (privatnützige Planfeststellungen) ausgeführt werden. Beiden Arten ist gemeinsam, daß sie wegen ihrer raumbedeutsamen Auswirkungen unter ein gesetzliches Planungsgebot gestellt sind. Von ihrem Zweck her unterscheiden sie sich jedoch wesentlich. Die privatnützige Planfeststellung dient allein privaten, vornehmlich gewerblichen Zwecken. Sie vermag Eingriffe in Rechte Dritter nicht zu rechtfertigen und stellt sich daher im wesentlichen nicht als Eingriffsakt dar, sondern hat - jedenfalls für den Unternehmer - die Funktion einer Genehmigung. Die gemeinnützige Planfeststellung eröffnet dagegen darüber hinaus die Möglichkeit, entgegenstehende private und öffentliche Belange auszuräumen. Sie stellt insoweit einen potentiellen Eingriffsakt dar, der bis zur Zulässigkeil der Enteignung vordringen kann. f)

Obwohl die privatnützige Planfeststellung ihrer Funktion nach eine Unternehmergenehmigung ist, bleibt die planensehe Abwägung die gleiche wie bei der gemeinnützigen Planfeststellung. Unterschiede ergeben sich aber in den gesetzlichen Voraussetzungen, die eine Abwägung ermöglichen. Während es bei der gemeinnützigen Planfeststellung einer Planrechtfertigung bedarf, ist bei privatnützigen Planfeststellungen vor Eintritt in die Abwägung tendenziell umgekehrt danach zu fragen, ob die vom Ausbauunternehmer im Sinne einer Genehmigung begehrte Planfeststellung aus Rechtsgründen unzulässig ist und deshalb versagt werden muß.

g) Bei der gemeinnützigen Planfeststellung steht den Wasserbehörden für die Zulassung und Ausgestaltung des Ausbauvorhabens eine planensehe

392

Fünfter Abschn.: Die Ergebnisse der Untersuchung

Gestaltungsfreiheit zu. Diese ist rechtlichen Bindungen unterworfen. Danach bedarf die Planfeststellung einer der allgemeinen Zielsetzung des zugrunde liegenden Planungsgesetzes entsprechenden Rechtfertigung, muß sich die Pianung an den im WHG und den Landeswassergesetzen zum Ausdruck kommenden Planungsleitsätzen ausrichten; steht alles das, was die Planfeststellungsbehörde unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Voraussetzungen planerisch entscheidet, unter jenen Beschränkungen, die sich aus den Anforderungen des Abwägungsgebots ergeben. h) Die privatnützige Planfeststellung für Abgrabungen kann von den Wasserbehörden abgelehnt werden, weil ein zwingender Versagungsgrund entgegensteht oder das Bewirtschaftungsermessen entsprechend ausgeübt wird oder gemäß einer planensehen Abwägung die Interessen des Abgrabungsunternehmers hinter weiteren öffentlichen oder privaten Interessen zurückstehen müssen. Zwingende Versagungsgründe können sich insbesondere aus wasserwirtschaftliehen (§§ 6, 34 WHG, Verbotstatbestände einer Wasserschutzgebietsfestsetzung) oder naturschutzrechtlichen Gründen (§§ 8, 12 ff. BNatSchG) ergeben. Bauplanungsrechtliche Gründe erlangen wegen§ 38 BauGB erst auf der Stufe der Abwägung an Bedeutung. i)

Die wasserrechtliche Erlaubnis und Bewilligung unterscheiden sich grundsätzlich nicht nach dem Gegenstand und dem Umfang der ermöglichten Gewässerbenutzung, sondern durch die Art der durch sie gewährten Rechtsstellung. Die Erlaubnis gewährt die widerrufliche Befugnis zur Gewässerbenutzung. Die Wasserbehörde kann dabei regelmäßig im Rahmen ihres Bewirtschaftungsermessens entscheiden, ob die Erlaubnis befristet oder unbefristet erteilt werden soll. Die Bewilligung verleiht das Recht auf Gewässerbenutzung, das grundsätzlich nicht widerruflich ist, sondern nur nach Maßgabe des§ 12 WHG - ggf. gegen Entschädigung - beschränkt oder zurückgenommen werden kann. Anders als bei der

Zusammenfassung

393

Bewilligung ist bei der wasserrechtlichen Erlaubnis auf die individuellen Interessen Dritter keine Rücksicht zu nehmen.

5. Baurecht a) Ein Baugenehmigungsverfahren ist für Abgrabungen durchzuführen, die eine in den Landesbauordnungen im einzelnen genannte Größe haben und (bei Naßabgrabungen) bei denen eine Wasserfläche wieder verfüllt werden soll oder (bei Trockenabgrabungen) die oberhalb des Grundwassers durchgeführt werden und bei denen schädliche Einwirkungen auf das Grundwasser ausgeschlossen sind. Dem Genehmigungsvorbehalt liegt ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt zugrunde. b) Das Einfalltor für fachfremde Vorschriften in das baurechtliche Genehmigungsverfahren fmdet sich in den einzelnen Genehmigungstatbeständen der Landesbauordnungen. Trotz der unterschiedlichen Formulierungen ist allen Bauordnungen gemeinsam, daß die Bauaufsichtsbehörde die Vereinbarkeil des Vorhabens mit dem gesamten materiellen öffentlichen Recht festzustellen hat. c) Bauordnungsrechtliche Anforderungen finden sich in den Vorschriften zur Gefahrenabwehr, zur Verhütung von Verunstaltungen und zur Verhütung von Mißständen bei der Benutzung der baulichen Anlagen. d) Abgrabungen werden von § 29 S. 3 BauGB den bauplanungsrechtlichen Zulässigkeitsvorschriften (§§ 30-37 BauGB) unterworfen, wenn sie einen größeren Umfang haben. e) Ein Abgrabungsvorhaben zur Gewinnung von Bodenschätzen erfüllt die Merkmale des § 35 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 BauGB und stellt daher ein privilegiertes Vorhaben dar. Private Fischteiche sind nach diesen Vorschriften nicht privilegiert. Die Zulässigkeil von Vorhaben im Außenbereich hängt von ihrer Vereinbarkeil mit öffentlichen Belangen ab (§ 35 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB). Der Formulierungsunterschied zwischen (§ 35 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB bedeutet, daß sich privilegierte Vorhaben im Wege der Abwägung leichter gegen öffentliche Belange durchsetzen können als sonstige Vorhaben.

394

f)

Fünfter Abschn.: Die Ergebnisse der Untersuchung

Einem im Außenbereich privilegierten Vorhaben können öffentliche Belange entgegenstehen, wenn es den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht (§ 35 Abs. 3 BauGB). Erforderlich ist jedoch, daß diese sachlich und räumlich hinreichend konkret für die Beurteilung des Vorhabens sind. Eine konkrete Standortentscheidung läßt sich allgemeinen Planungsaussagen, die über den Regelungsgehalt des § 35 BauGB nicht hinausgehen, nicht entnehmen. Entsprechendes gilt im allgemeinen auch für die Darstellung von Flächen für die Land- und Forstwirtschaft. Etwas anderes kann aber dann gelten, wenn die Darstellung einer Abgrabungsfläche im Flächennutzungsplan i. S. einer "Abgrabungskonzentrationszone" den einzigen Standort kennzeichnet, an dem noch Abgrabungen stattfinden sollen. In diesem Zusammenhang kann die Darstellung einer Fläche für die Landwirtschaft dahingehend ausgelegt werden, daß dort die Landwirtschaft Vorrang vor der Nutzung der Fläche für Abgrabungen haben soll.

g) Neben den "Darstellungen des Flächennutzungsplans" fmden sich in § 35 Abs. 3 BauGB noch weitere öffentliche Belange, die sich auf umweltrechtliche Gesichtspunkte beziehen (Umwelteinwirkungen, Gefährdung der Wasserwirtschaft, Belange des Natur- und Landschaftsschutzes, Verunstaltung des Landschaftsbildes, Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft oder ihrer Aufgabe als Erholungsgebiet). Die Aufzählung dieser Belange in § 35 Abs. 3 BauGB beinhaltet keine Verweisung auf Landesrecht. Die in§ 35 Abs. 3 BauGB genannten öffentlichen Belange stellen vielmehr bundesrechtlich eigenständige Anforderungen auf, die unmittelbar selbst eingreifen, wo grobe Verstöße in Frage stehen.

6. Wald- und Forstrecht a) Abgrabungen, denen eine Waldrodung vorausgeht, bedürfen einer Umwandlungsgenehmigung nach § 9 BWaldG und den auf dieser Rahmenvorschrift ergangenen landesrechtliehen Bestimmungen. b) Aus § 9 BWaldG ergibt sich für die Umwandlungsgenehmiung folgende Entscheidungsstruktur:

Zusammenfassung

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Das Abwägungsgebot (§ 9 Abs. 1 S. 2 BWaldG): Bei der Entscheidung über den Umwandlungsantrag sind die Rechte, Pflichten und wirtschaftlichen Interessen des Waldbesitzers sowie die Belange der Allgemeinheit gegeneinander und untereinander abzuwägen. Die Gewichtungsregel (§ 9 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 BWaldG): Die Genehmigung soll versagt werden, wenn die Erhaltung des Waldes überwiegend im öffentlichen Interesse liegt. Einige Landesgesetze haben diese Regel noch verschärft, indem sie für bestimmte Waldarten (z.B. Schutz- und Erholungswald) von einer generellen Versagungspflicht ausgehen. Die Regelbeispiele für das Vorliegen eines vorrangigen öffentlichen Interesses (§ 9 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 BWaldG): Das Bundesrecht beschränkt sich hier auf wenige Beispiele, deren Auflistung nicht erschöpfend sein soll. c) § 9 Abs. 1 BWaldG beinhaltet durch das Abwägungsgebot einen offenen Tatbestand, auf dessen Grundlage auch Belange nicht forstrechtlicher Art Eingang in das Genehmigungsverfahren finden können. d) Dem Genehmigungsvorbehalt für die Rodung und Umwandlung von Wald in eine andere Nutzungsart liegt ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt zugrunde. Die die Abwägung steuernden Begriffe sind unbestimmte Gesetzesbegriffe ohne administrative Beurteilungsermächtigung. Desgleichen ist der Gewichtungsvorgang selbst vollständiger gerichtlicher Kontrolle unterworfen. Ergibt sich danach ein Vorrang für die privaten Belange des Antragstellers, so besteht ein Rechtsanspruch auf die Genehmigung. Besitzen dagegen die öffentlichen Versagungsinteressen das Übergewicht, so ist die Versagung die zwingende Folge.

7. Abgrabungsgesetz NW a) In Nordrhein-Westfalen bedürfen nach § 3 Abs. 1 AbgrG NW Abgrabungen einer Genehmigung. Eine Abgrabung ist die oberirdische Gewinnung von Bodenschätzen, die im Verfügungsrecht des Grundeigentümers stehen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 AbgrG NW) und deren Gewinnung nicht der Aufsicht der Bergbehörde unterliegt(§ 1 Abs. 3 AbgrG NW).

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Fünfter Abschn.: Die Ergebnisse der Untersuchung

b) Für die Rechtsnatur der Abgrabungsgenehmigung gelten dieselben Grundsätze, die für die Baugenehmigung anerkannt sind. Auch § 3 Abs. 1 AbgrG enthält ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. c) Eine Einbruchstelle in die Abgrabungsgenehmigung für Belange, die in anderen Fachgesetzen eine besondere Regelung erfahren haben, bildet § 3 Abs. 2 AbgrG NW. Nach dieser Vorschrift ist die Abgrabungsgenehmigung zu erteilen, wenn ein vollständiger Abgrabungsplan vorliegt, die Ziele der Raumordnung und Landesplanung sowie die Belange der Bauleitplanung, des Naturhaushaltes, der Landschaft und Erholung beachtet sind und andere öffentliche Belange im Einzelfall nicht entgegenstehen.

8. Naturschutz- und Landschaftspflegerecht a) Abgrabungen bilden in der Regel einen Eingriff in Natur und Landschaft. Die Eingriffsregelung des § 8 BNatSchG ist über die "Huckepack"-Vorschrift des Abs. 2 anwendbar, wenn der Eingriff von einer fachbehördlichen Entscheidung abhängig ist. Eine besondere naturschutzrechtliche Genehmigung für (andere) Eingriffe ist nur in Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland sowie (speziell für Abgrabungen) in BadenWürttemberg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen vorgesehen. b) § 8 BNatSchG verfolgt das Konzept, Natur und Landschaft durch das gesamte Verwaltungshandeln allgemein, aktiv und gestaltend zu schützen, zu pflegen und zu entwickeln. Die Vorschrift enthält einen Maßnahmenkatalog, der wie folgt gestaffelt ist: Zunächst ist der Verursacher eines Eingriffs zu verpflichten, vermeidbare Beeinträchtigungen zu unterlassen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG). Sind die Beeinträchtigungen unvermeidbar und gehen die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft vor, so ist der Eingriff zu untersagen(§ 8 Abs. 3 1. Alt. BNatSchG). Sind die Beeinträchtigungen unvermeidbar, müssen sie innerhalb einer bestimmten Frist ausgeglichen werden, soweit es zur Verwirk-

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lichung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege erforderlich ist(§ 8 Abs. 2 S. 1 BNatSchG). Ausgeglichen ist ein Eingriff dann, wenn nach seiner Beendigung keine erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigung des Naturhaushalts zurückbleibt und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist(§ 8 Abs. 2 S. 4 BNatSchG). Ist ein Eingriff nicht im erforderlichen Maß auszugleichen und gehen die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft im Range vor, so ist der Eingriff zu untersagen(§ 8 Abs. 3 2. Alt. BNatSchG). Ergibt die Abwägung, daß andere Belange z. B. solche des Verkehrs oder der Wirtschaft, vorrangig sind, ist der nicht ausgleichbare Eingriff zulässig; für derartige Fälle können die Länder weitergehende Vorschriften, insbesondere über Ersatzmaßnahmen erlassen (§ 8 Abs. 9 BNatSchG). c) Eine Beeinträchtigung ist vermeidbar, wenn die mit dem Eingriff verfolgten Ziele auch auf eine Weise erreicht werden können, die Natur und Landschaft weniger beeinträchtigen. Auf eine faktische Vermeidbarkeil kommt es nicht an. d) Eingriffe in Natur und Landschaft durch Abgrabungen sind ausgeglichen, wenn die fragliche Fläche nach der Beendigung rekultiviert und ihrer alten Nutzung wieder zugeführt wird. Die Ausgleichsmaßnahmen müssen dabei noch in einem funktionalen Zusammenhang mit dem Eingriff stehen. e) In die •naturschutzrechtliche Abwägung« nach § 8 Abs. 3 BNatSchG sind die in § 1 Abs. 1 BNatSchG angeführten Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege einzubeziehen. Bei jeder einzelnen Maßnahme ist das Allgemeininteresse (auch in wirtschaftlicher Hinsicht) an ihrer Ausführung gegenüber den Belangen des Naturschutzes abzuwägen. Durch dieses Abwägungserfordernis werden die Naturschutz- und Landschaftspflegegesetze für fachfremde Belange geöffnet. f) Je unabdingbarer eine Maßnahme für die Allgemeinheit ist, um so mehr müssen die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege zurücktreten. Die Untersagung gemäß § 8 Abs. 3 BNatSchG kann daher um so

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Fünfter Abschn.: Die Ergebnisse der Untersuchung

weniger durchgreifen, je größer und wirtschaftlich bedeutsamer ein Projekt ist. In diesem Fall können vom Unternehmer allerdings Ersatzmaßnahmen verlangt werden. g) Verschiedene Landesgesetze haben auf der Ermächtigungsgrundlage des § 8 Abs. 9 BNatSchG die Möglichkeit der Erhebung von Ausgleichsabgaben geschaffen. Hiermit wurde der ursprüngliche Ansatz der Eingriffsregelung, einen Ausgleich für die Beeinträchtigung der Natur entsprechend dem Verursacherprinzip herbeizuführen, verlassen. Die Ausgleichsabgaben dürfen nicht zu Ablaßzahlungen verkümmern oder als Abschreckungs- und Disziplinierungsmittel mißbraucht werden. h) Das BNatSchG regelt alle Umweltgüter und-medienund berücksichtigt diese in ihren wechselbezüglichen Zusammenhängen. Die Wasser-, Wald- und Forstgesetze und das AbgrG NW zielen demgegenüber auf den Schutz eines Umweltmediums und stellen insoweit Spezialregelungen zum BNatSchG dar.

9. Die Umweltverträglichkeitsprüfung a) Die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) schafft kein neuartiges, fachübergreifendes Genehßligungsverfahren. Die wesentliche Bedeutung der UVP liegt vielmehr auf verfahrensrechtlichem Gebiet: Sie enthält Mindestanforderungen für die nach nationalem Recht durchzuführenden Genehmigungsvoraussetzungen. Abgrabungsvorhaben unterliegen einer UVP nach dem UVPG insoweit, als für deren Zulassung ein bergrechtliebes oder wasserrechtliches Planfeststellungsverfahren durchzuführen ist. b) Die den Planfeststellungen eigentümliche Konzentrationswirkung trägt dem übermedial-integrativen Ansatz des UVPG vorbildlich Rechnung. Der den Behörden im Rahmen der Entscheidungsfmdung zustehende planensehe Gestaltungsspielraum ermöglicht die Berücksichtigung der UVP-Ergebnisse im Rahmen der damit angeordneten planensehen Abwägung.

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10. Lösung der Konkurrenzprobleme bei parallelen und konzentrierten Verfahren a) Bei Abgrabungen greifen auf horizontaler Ebene regelmäßig mehrere Genehmigungsvorbehalte nebeneinander ein. Es müssen daher parallele Genehmigungsverfahren durchgeführt werden. Auf der vertikalen Ebene fmden sich in den Genehmigungstatbeständen des Bergrechts (§§ 11 Nr. 10, 48 Abs. 2 BBergG), des Baurechts (in den LBauOen), des Wald- und Forstrechts(§ 9 BWaldG), des Naturschutz- und Landschaftspflegerechts (§ 8 BNatSchG) sowie des Abgrabungsgesetzes NW (§ 3 Abs. 2 AbgrG) umfassende Öffnungsklauseln, durch die auch fachfremde Belange und Regelungen in die jeweiligen Genehmigungsverfahren Eingang fmden. Eine lediglich auf wasserwirtschaftliche und naturschutzrechtliche Belange begrenzte Gemeinwohlklausel weist§ 6 WHG auf. b) Parallele Verfahren können zu einer Vervielfaltigung der Arbeit von Behörden und Gerichten, zur Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen sowie zu erheblichen Verfahrensverzögerungen führen. c) Das Konkurrenzproblem wird gelöst, wenn eine Genehmigung andere Genehmigungen ersetzt. Eine umfassende Konzentrationswirkung weist das wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren auf. Eine beschränkte Konzentrationswirkung fmdet sich im AbgrG NW. Die Behörden müssen in diesen konzentrierten Verfahren diejenigen Vorschriften beachten, die für die ersetzten Genehmigungen gelten. d) Das geltende Recht bietet auch bei parallelen Genehmigungsverfahren die Möglichkeit, bei Abgrabungen und sonstigen umweltrelevanten Vorhaben die unterschiedlichen Rechtsbereiche in Einklang zu bringen. Die in den Fachgesetzen angelegten Überschneidungen lassen sich durch das hier vertretene Separationsmodell vermeiden, das den Prüfungsstoff auf den fachgesetzlichen Handlungsauftrag beschränkt und außerfachgesetzliche Gesichtspunkte nur in ihrem fachspezifischen Bezug (mit-) erfaßt. Die Vereinbarkeil eines Vorhabens mit sonstigen öffentlich-rechtlichen Belangen ist insoweit nicht zu prüfen, als diese in den fachspezifischen Prüfungsbereich paralleler Genehmigungsverfahren fallen.

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Fünfter Abschn.: Die Ergebnisse der Untersuchung

11. Beteiligungsrechte der Gemeinden a) Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistet den Gemeinden für ihren jeweiligen Hoheitsbereich das Recht der Selbstverwaltung im Rahmen der Gesetze. Diese Verfassungsnorm verbürgt als institutionelle Garantie den Gemeinden jedoch nicht das Selbstverwaltungsrecht in allen Einzelheiten. Gesetzliche Beschränkungen sind mit Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG vereinbar, wenn und soweit sie deren Kernbereich unangetastet lassen. Dieser Kernbereich wird durch ein Bündel gemeindlicher Hoheitsrechte konkretisiert, wozu neben der Gebietshoheit, Organisationshoheit, Personalhoheit, Abgabenhoheit und Satzungshoheit auch auf dem Sektor des Bauwesens die Planungshoheit gehört. b) Ein im Rahmen von Abgrabungsvorhaben bedeutsames Recht der Gemeinden fmdet sich in § 36 BauGB. Danach ist ein gemeindliches Einvernehmen erforderlich für eine Abgrabung, die nur einer wasserrechtlichen Erlaubnis nach § 7 WHG oder Bewilligung nach § 8 WHG bedarf(§ 36 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BauGB); eine nach den Bauordnungen der Länder genehmigungsbedürftige Abgrabung (§ 36 Abs. 1 BauGB); Abgrabungen nach dem AbgrG NW (§ 8 Abs. 1 S. 2 AbgrG; §§ 29 S. 3, 36 Abs. 1 BauGB). Das gemeindliche Einvernehmen nach § 36 BauGB ist eine Konsequenz der gemeindlichen Planungshoheit. Daraus folgt eine Bindung der Genehmigungsbehörde an die Versagung des Einvernehmens. Der Antrag auf Genehmigung der Abgrabung muß abgelehnt werden. Im umgekehrten Fall ist die Genehmigungsbehörde an ein erteiltes Einvernehmen nicht gebunden, denn dieses enthält lediglich das positive Ergebnis eines Prüfungsausschnitts, so daß die Genehmigung aus anderen als planungsrechtlichen Erwägungen abgelehnt werden kann. Die Gemeinde ist bei ihrer Entscheidung an das materielle Recht gebunden und zur Erteilung des Einvernehmens verpflichtet, wenn die Voraussetzungen der §§ 31, 33 bis 34 und insbesonders des § 35 BauGB erfüllt sind, die Abgrabung also planungsrechtlich zulässig ist.

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c) Das Einvernehmen der Gemeinde ist nicht erforderlich, wenn eine Abgrabung der Bergaufsicht unterfallt (§ 36 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 1. Alt. BauGB), der wasserrechtlichen Planfeststellung nach § 31 WHG i.V.m. den landesrechtliehen Vorschriften bedarf, wenn also ein Gewässer auf Dauer entsteht (§ 36 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 2. Alt. BauGB). Die Rechte der Gemeinden im bergrechtliehen Betriebsplanverfahren ergeben sich aus §54 Abs. 2 S. 1 BBergG. Danach sind die Gemeinden vor der Zulassung des Betriebsplans durch die zuständige Behörde zu beteiligen, wenn sie durch die in einem Betriebsplan vorgesehenen Maßnahmen als Planungsträger berührt sind. Die Gemeinde ist als Planungsträger berührt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, daß durch die vorgesehenen Tätigkeiten und Einrichtungen die Planungshoheit der Gemeinde berührt wird. Zur Beteiligung einer Gemeinde im bergrechtliehen Verfahren reicht aus, wenn ihr die Möglichkeit zu einer Stellungnahme gegeben wird. Eine Bindungswirkung hat die Stellungnahme nicht; die Bergbehörde muß sie jedoch in die Betriebsplanprüfung einbeziehen. Das bedeutet letztlich, daß die Vorschriften über das Zulassungsverfahren (§§54-57 BBergG) die Entscheidung über den Betriebsplan allein in die Hand der Bergbehörde legen. Das Recht der Gemeinden auf Beteiligung am wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren folgt aus der Planungshoheit der Gemeinden und der sich hieraus ergebenden Befugnis, das Gemeindegebiet aus Gründen der örtlichen Ordnung und Entwicklung räumlich zu gestalten. Ein Bebauungsplan, in dem eine noch nicht planfestgestellte Wasserfläche festgesetzt wird, ist nichtig und kann deshalb auch nicht mehr an einen später ergehenden wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschluß angepaßt werden. Die Gemeinde ist gegen einen Planfeststellungsbeschluß nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, wenn sie als Eigentümer von Grundstücken betroffen ist. Insoweit ist sie wie ein privater Grundstückseigentümer zu behandeln. Weiterhin kann die Gemeinde ihre Klagebefugnis auf die von der Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) umfaßte Planungshoheit stützen. Der Schutz der Planungshoheit erlaßt diese jedoch

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Fünfter Abschn.: Die Ergebnisse der Untersuchung

nicht als abstraktes Gut; geschützt werden ausschließlich ausgewiesene Planungen oder hinreichend konkretisierte planensehe Vorstellungen.

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