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German Pages 273 Year 1996
HANS-JÜRGEN
RINGEL
Die Plangenehmigung im Fachplanungsrecht
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 702
Die Plangenehmigung im Fachplanungsrecht Anwendungsbereich, Verfahren und Rechtswirkungen
Von Hans-Jürgen Ringel
Duncker & Humblot * Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Ringel, Hans-Jürgen: Die Plangenehmigung im Fachplanungsrecht : Anwendungsbereich, Verfahren und Rechtswirkungen / von Hans-Jürgen Ringel. - Berlin : Duncker und Humblot, 1996 (Schriften zum öffentlichen Recht ; Bd. 702) Zugl.: Regensburg, Univ., Diss., 1995 ISBN 3-428-08602-3 NE: GT
Alle Rechte vorbehalten © 1996 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-08602-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 ©
Vorwort
Die vorliegende Arbeit wurde von der Juristischen Fakultät der Universität Regensburg im Wintersemester 1994/95 als Dissertation angenommen. Sie wurde im November 1994 abgeschlossen, Rechtsprechung und Literatur wurden weitgehend bis September 1995 berücksichtigt. Mein ganz besonderer Dank gilt meinem Doktorvater und Lehrer, Herrn Richter des Bundesverfassungsgerichts Professor Dr. Udo Steiner, der den Anstoß für diese Arbeit gegeben hat und ihren Fortgang mit großem fachlichen und menschlichen Engagement gefördert hat. Herrn Professor Dr. Rainer Arnold danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Herzlich danken möchte ich auch meinem Freund, Rechtsanwalt Dr. Franz Rieger, der mich bei der Anfertigung dieser Arbeit auf vielfältige Weise unterstützt hat und damit wesentlich zu ihrem Abschluß beigetragen hat. Dank gebührt schließlich Frau Maria Gatter für die gewissenhafte drucktechnische Betreuung dieser Arbeit. Die Arbeit ist meinen Eltern gewidmet.
Regensburg, im November 1995
Hans-Jürgen Ringel
Inhaltsverzeichnis
§ 1 Einführung
13
Α. Die Vereinfachung und Beschleunigung von Verwaltungsverfahren als gesetzgeberische Aufgabe B. Die Plangenehmigung als Mittel zur Beschleunigung von Verwaltungsverfahren I. Die Plangenehmigung im geltenden Recht
13 17 17
Π. Die Beschleunigung des Verwaltungsverfahrens durch Einsatz der Plangenehmigung
21
1. Verwaltungsverfahren
21
2. Beteiligung der anerkannten Naturschutzverbände
25
3. Raumordnungsverfahren
26
4. Umweltverträglichkeitsprüfung
27
5. Widerspruchsverfahren
31
6. Materiell-rechtliche Vorschriften
32
G Gegenstand der Arbeit
33
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung Im geltenden Recht - die Voraussetzungen der Plangenehmigung im Wasser-, Flurbereinigungs- und Abfallrecht sowie im Planungsrecht der Verkehrswege und Verkehrsanlagen
34
A. Die wasserrechtliche und (alte) wasserstraßenrechtliche Plangenehmigung
34
I. Gesetzliche Grundlagen und Gegenstand der Plangenehmigung
34
1. Wasserhaushaltsgesetz
34
2. Bundeswasserstraßengesetz
35
3. Gegenstand der Plangenehmigung
37
8
Inhaltsverzeichnis II. Die Anwendungsvoraussetzungen der wasserrechtlichen Plangenehmigung 1. Begriff und Rechtsnatur der Einwendungen
38 38
2. Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange
41
3. Zulässigkeit der Einwendungen
45
4. Prognose
48
B. Die Plangenehmigung im Flurbereinigungsrecht
52
I. Gesetzliche Grundlagen
52
II. Gegenstand der Plangenehmigung
54
III. Die Anwendungsvoraussetzungen derflurbereinigungsrechtlichen Plangenehmigung
55
1. Begriff der Einwendungen
55
2. Die möglichen Einwendungsführer
57
a) Eigentümer
57
b) Nebenbeteiligte
58
c) Dritte
59
d) Träger öffentlicher Belange 3. Anwendungsalternativen C. Die Plangenehmigung im Abfallrecht
61 62 64
I. Die Entwicklung der abfallrechtlichen Plangenehmigung
64
II. Der Gegenstand der abfallrechtlichen Plangenehmigung
67
III. Die Anwendungsvoraussetzungen der abfallrechtlichen Plangenehmigung
70
1. Errichtung und Betrieb einer unbedeutenden Deponie
70
2. Wesentliche Änderung einer Deponie
76
3. Versuchsanlagen
81
IV. Exkurs: Die Novellierung des Anlagenzulassungsrechts
83
D. Der Anwendungsbereich der Plangenehmigung im Planungsrecht der Verkehrswege und Verkehrsanlagen I. Gesetzliche Vorschriften
89 89
Inhaltsverzeichnis 1. Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz
89
2. Planungsvereinfachungsgesetz
93
3. Magnetschwebebahnplanungsgesetz
97
4. Landesgesetze
98
II. Grundlagen
102
III. Die einzelnen Anwendungsvoraussetzungen
108
1. Keine Beeinträchtigung bzw. Beeinflussung von Rechten anderer a) Das Eigentumsrecht aus Art. 14 GG
108 108
aa) Enteignung i.S.v. Art. 14 Abs. 3 GG
111
bb) Mittelbar enteignend wirkende Eigentumsbeeinträchtigungen
113
cc) Erhebliche Eigentumsbeeinträchtigungen mit Kompensationsverpflichtung
115
dd) Sonstige eigentumsbelastende Nachteile
119
ee) Inbesondere: Lärm- und Abgasimmissionen
123
b) Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG
131
c) Das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden (Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG)
135
d) Abwägungsgebot
139
2. Unwesentliche Beeinträchtigung bzw. Beeinflussung von Rechten Dritter
140
3. Einverständnis der Betroffenen mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines sonstigen Rechts
145
a) Allgemeines
145
b) Rechtsnatur und Rechtswirkungen des Einverständnisses
148
aa) Verfahrensrechtliche Wirkungen
149
bb) Materiell-rechtliche Wirkungen
149
(1) Öffentlich-rechtliche Wirkungen
149
(2) Privatrechtliche Wirkungen
153
cc) Prozessuale Wirkungen
155
dd) Rechtsnatur
156
c) Form, Zugang, Widerruf und Anfechtbarkeit des Einverständnisses aa) Form
158 158
bb) Zugang und Widerruf
159
cc) Anfechtung
161
d) Exkurs: Privatrechtliche Vereinbarungen
163
aa) Grunderwerbsvertrag
163
bb) Bauerlaubnis
164
4. Benehmen bzw. Einvernehmen mit den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt wird
166
Inhaltsverzeichnis
10 a) Vorbemerkung
166
b) Begriff des Benehmens bzw. Einvernehmens der Träger öffentlicher Belange
168
c) Rechtsnatur
172
5. Keine erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt IV. Bewertung
173 177
§ 3 Die Rechtswirkungen der Plangenehmigung
179
A. Vorbemerkung
179
B. Die Rechtswirkungen im einzelnen
181
I. Genehmigungswirkung
181
II. Konzentrationswirkung
183
1. Begriff, Wesen und Reichweite der planfeststellungsrechtlichen Konzentrationswirkung 2. Die Konzentrationswirkung der Plangenehmigung a) Gesetzliche Regelungen
183 188 188
b) Konzentrationswirkung der Plangenehmigung ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung?
190
3. Reichweite und Umfang der plangenehmigungsrechtlichen Konzentrationswirkung III. Gestaltungswirkung
195 201
1. Die Gestaltungswirkung der Planfeststellung
201
2. Die Gestaltungswirkung der Plangenehmigung
204
3. Enteignungsrechtliche Vorwirkung
206
IV. Duldungswirkung
210
1. Die formelle Bestandskraft der Plangenehmigung
211
2. Ausschluß öffentlich-rechtlicher Ansprüche
216
3. Ausschluß privatrechtlicher Ansprüche
218
§ 4 Der Verzicht auf Planfeststellung und Plangenehmigung
221
A. Grundlagen
221
Inhaltsverzeichnis Β. Die Planfeststellung und das Unterbleiben der Planfeststellung
11 223
I. Gesetzliche Regelungen und Anwendungsvoraussetzungen
223
II. Rechtsnatur
225
C. Planfeststellung, Plangenehmigung sowie Entfallen von Planfeststellung und Plangenehmigung
229
I. Gesetzliche Grundlagen und Anwendungsbereich
229
II. Rechtsnatur
234
§ 5 Zusammenfassung und Schloß
237
Literaturverzeichnis
250
§ 1 Einführung Α. Die Vereinfachung und Beschleunigung von Verwaltungsverfahren als gesetzgeberische Aufgabe
I n der Bundesrepublik Deutschland wird seit geraumer Z e i t Klage über die lange Dauer von Planungs- und Genehmigungsverfahren für die Zulassung von Industrie- und Infrastrukturvorhaben geführt. Ü b e r die Notwendigkeit einer Verkürzung und Beschleunigung von Zulassungsverfahren herrscht weitgehend Einigkeit 1 . So werden beispielsweise für die Planung von neuen oder auszubauenden Verkehrswegen bis zum Baubeginn Zeiträume von etwa 10 bis 20 Jahren veranschlagt. Für den Erlaß eines Bebauungsplanes werden ca. 3 bis 10 Jahre benötigt 2 . Dieser Befund führte vor allem vor dem Hintergrund der Wiedervereinigung Deutschlands, der Öffnung Osteuropas und dem durch den Europäi-
Das umfangreiche Schrifttum zum Thema "Beschleunigung von Verwaltungsverfahren" spiegelt die Aktualität des Themas wider und das Interesse, das es in Wissenschaft und Praxis gefunden hat. Siehe Blümel, Verkehrswegeplanung in Deutschland, S. 1 ff.; Bohne, Aktuelle Ansätze zur Reform umweltrechtlicher Zulassungsverfahren, S. 41 ff.; Brohm, NVwZ 1991, S. 1025 ff.; Broß, Beschleunigung von Planungsverfahren, S. 69 ff.; ders., DVB1. 1991, S. 177 ff.; Bullinger, Beschleunigte Genehmigungsverfahren für eilbedürftige Vorhaben, 1991; ders., DVB1.1992, S. 1463 ff.; ders., JZ1993, S. 492 ff.; ders., Beschleunigte Genehmigungs- und Planungsverfahren, S. 127 ff.; Erbguth, NVwZ 1992, S. 551 ff.; Kern, DÖV 1989, S. 932 ff.; Klinski/Gaßner, NVwZ 1992, S. 235 ff.; Kuscfmerus, UPR1992, S. 167 ff.; ders., 30. Deutscher Verkehrsgerichtstag, S. 244 ff.; Pasternak, Beschleunigung beim Straßenbau, BayVBl. 1994, S. 616 ff.; Reinhardt, DtZ 1992, S. 258 ff.; RoneUenfitsch, Rechtsgutachten, S. 6 ff.; ders., Beschleunigung von Verkehrsprojekten, S. 107 ff.; ders., 30. Deutscher Verkehrsgerichtstag, S. 258 ff.; Sailer, 30. Deutscher Verkehrsgerichtstag, S. 299 ff.; Schlichter, DVB1.1995, S. 173 ff.; Steinberg/Berg, NJW 1994, S. 488 ff.; Steiner, Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege, S. 151 ff.; ders., NVwZ 1994, S. 313 ff.; Wahl, Neues Verfahrensrecht, S. 83 ff. 2
Zur Verfahrensdauer siehe Bohne, Aktuelle Ansätze zur Reform umweltrechtlicher Zulassungsverfahren, S. 41 ff. (45 ff.); Kuschnerus, UPR 1992, S. 167 ff.; ders., 30. Deutscher Verkehrsgerichtstag, S. 244 ff.; RoneUenfitsch, Beschleunigung von Verkehrsprojekten, S. 107 ff.; ders., Rechtsgutachen, S. 40 ff.; 167 ff.; ders., DVB1.1991, S. 920 ff.
14
§ 1 Einführung
sehen Binnenmarkt verstärkten Konkurrenzdruck ausländischer Unternehmen zu der Erkenntnis, daß diese lange Verfahrensdauer im Hinblick auf den durch sie verursachten Aufwand an Zeit und Geld und die damit verbundenen Wettbewerbsnachteile für den Wirtschaftsstandort Deutschland nicht mehr hinnehmbar sind . Die Bundesrepublik Deutschland trägt auch die "Verkehrsfolgelasten" dieser großen politischen Prozesse im Europa der Gegenwart 4. Die Lebensverhältnisse in den neuen Bundesländern müssen nach dem verfassungsrechtlichen Postulat weitgehend einheitlicher Lebensverhältnisse in angemessener Zeit an die im Westen Deutschlands angeglichen werden 5. Dies erfordert vor allem eine Modernisierung der zum Teil verrotteten Infrastruktur in den neuen Ländern, namentlich einen Neu- und Ausbau der Verkehrswege. Ohne die Schaffung einer modernen und leistungsfähigen Infrastruktur ist ein wirtschaftlicher Aufschwung in den neuen Ländern nicht denkbar. Was in der alten Bundesrepublik in mehreren Jahrzehnten aufgebaut worden ist, muß in den neuen Ländern in weit kürzerer Zeit nachgeholt werden. Waren die oft langwierigen Planungs- und Genehmigungsverfahren in der ruhig modernisierten alten Bundesrepublik vor den politischen und wirtschaftlichen Neuerungen in Europa noch hinnehmbar, so sind sie für die neuen Länder nicht tragbar, sollen die Folgen der Teilung überwunden werden. Für die lange Dauer von Zulassungsverfahren werden zahlreiche Ursachen verantwortlich gemacht. Diese sind teilweise im Verantwortungsbereich der Vorhabensträger zu suchen, wo etwa die Unvollständigkeit der Antragsunterlagen zu Verfahrensverzögerungen führt. Im Bereich des Gesetzesvollzuges sind oft Mängel der Organisation und Koordination der Behörden festzustellen. Auch der oftmals massenhafte Protest und Widerstand gegen ein Großvorhaben sprengt den Rahmen eines Verwaltungsverfahrens und führt zu seiner Verschleppung. Nicht zuletzt sind aber auch die
3
Vgl. hierzu z.B. die Amtlichen Begründungen zu den Gesetzentwürfen des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes (BT-Drs. 12/1092, S. 7), des Planungsvereinfachungsgesetzes (BT-Drs. 12/4328, S. 17) und des Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes (BT-Drs. 12/4047, S. 23). Zu diesen Gesetzen sogleich unten. 4 So Steiner, Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege, S. 151 (152); ders., NVwZ 1994, S. 313. 5
RoneUenfitsch, Rechtsgutachten, S. 6 ff.; ders., DVB1.1991, S. 920 (923). Vgl. zum Verfassungsgrundsatz der Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse auch Hohmann, DÖV 1991, S. 191 ff.
Α. Die Vereinfachung und Beschleunigung von Verwaltungsverfahren
15
immer weiter zunehmende Anzahl und Kompliziertheit rechtlicher Regelungen für Verfahrensverzögerungen verantwortlich, insbesondere auch die gesetzliche Ausgestaltung der Verwaltungsverfahren 6. Mehrere Gesetze aus jüngster Zeit knüpfen an eine Reformierung und Straffung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften an, von denen hier nur die wichtigsten genannt sein sollen: -
Das Gesetz zur Beschleunigung von Planungen für Verkehrswege in den neuen Ländern sowie im Land Berlin vom 16. Dezember 1991 η
(Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz - VerkPBG) soll die Zulassung von Bundesfernstraßen, Bundeswasserstraßen, Bundeseisenbahnen, Verkehrsflughäfen und Straßenbahnen im Bereich der neuen Bundesländer beschleunigen und erleichtern. Insoweit wurde unter dem ersten Eindruck des desolaten Zustandes der Verkehrsinfrastruktur in den neuen Ländern ein zeitlich und räumlich begrenztes Sonderrecht geschaffen 8. Die Bundesregierung hat am 9. April 1991 siebzehn Verkehrsprojekte "Deutsche Einheit" beschlossen, wobei es sich um neun Eisenbahnprojekte, acht Bundesfernstraßen und ein Kanalprojekt handelt. Über die Zulassung dieser Vorhaben soll nicht durch behördliche Entscheidung nach vorausgegangenem Verwaltungsverfahren, sondern unmittelbar durch förmliches (Bundes-)Gesetz entschieden werden 9. Mittlerweile
-
6
Zu den einzelnen Ursachen der langen Dauer von Verwaltungsverfahren siehe z.B. Bohne, Aktuelle Ansätze zur Reform umweltrechtlicher Zulassungsverfahren, S. 41 (56 ff.); Brohm, NVwZ 1991, S. 1025 (1027 ff.); Broß, DVBl. 1991, S. 177 (180 ff.); Kuschnerus, UPR 1992, S. 167 (168 ff.); RoneUenfitsch, Beschleunigung von Verkehrsprojekten, S. 107 (112 ff.); ders., Rechtsgutachten, S. 147 ff.; ders., DVBl. 1991, S. 920 (922). 7
g
BGBl. I, 2174.
Zum Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz siehe im einzelnen unten § 2 D. I. 1. (S. 89 ff.). 9
Die sogenannten Investitionsmaßnahmegesetze sind rechtspolitisch und verfassungsrechtlich höchst umstritten. So sind unter dem Geltungsbereich des Gewaltenteilungsprinzips Planungsvorgänge und Planungsentscheidungen, die Infrastrukturmaßnahmen vorbereiten, grundsätzlich Aufgabe der Exekutive. Die Betroffenen können gegen die Zulassung eines konkreten Vorhabens durch ein Maßnahmegesetz nur Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht erheben. Dies begegnet Bedenken im Hinblick auf die Garantie eines effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG. Auch unter dem Gesichtspunkt des förderativen Staatsaufbaus sind Maßnahmegesetze nicht unproblematisch. Selbst wenn man eine Gesetzgebungskompetenz für Maßnahmegesetze des Bundes aus der fachlichen Kompetenz
16
§ 1 Einführung wurde mit Gesetz vom 29. Oktober 1993 das Eisenbahnprojekt "Südumfahrung Stendal" der Strecke Berlin-Oebisfelde zugelassen 10 .
-
Durch das am 1. M a i 1993 in Kraft getretene Gesetz zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland (Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz) 1 1 wurden das
Baugesetzbuch,
Raumordnungsgesetz,
Bundesnaturschutzgesetz,
Bundes-Immissionsschutzgesetz und die 4. B I m S c h V (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen), das Abfallgesetz und U V P - G e s e t z geändert. A u c h die Zielsetzung dieses Gesetzes liegt in der Straffung, Beschleunigung und Verkürzung von Zulassungsverfahren für die von den einzelnen Gesetzen erfaßten Vorhaben -
.
Das am 18. Dezember 1993 in Kraft getretene Gesetz zur Vereinfachung der Planungsverfahren für Verkehrswege (Planungsvereinfachungsgesetz - P I V e r e i n f G ) 1 3 ändert die planungsrechtlichen Vorschriften des Bundesbahngesetzes 14 ,
Bundesfernstraßengesetzes,
Bundeswasserstraßen-
ableiten wollte, so bleibt doch eine Durchbrechung der beispielsweise durch Art. 90 GG den Ländern zugewiesenen Verwaltungskompetenz. Vgl. zu diesen Bedenken z.B. RoneUenfitsch, DÖV 1991, S. 771 ff.; ders., Beschleunigung von Verkehrsprojekten, S. 107 (181 ff.); Stüer, DVBl. 1991, S. 1333 ff.; ders., Investitionsmaßnahmegesetze als Verfassungsproblem, S. 21 ff.; Wurtenberger, VB1BW 1992, S. 1 ff. Diese Kritikpunkte machen deutlich, daß der Weg zur Verfahrensbeschleunigung durch eine Zulassung von Infrastrukturvorhaben unmittelbar durch ein Investitionsmaßnahmegesetz - wenn überhaupt - nur in einer besonderen Ausnahmesituation zulässig sein kann, wie sie durch die Verwirklichung der Einheit Deutschlands gegeben ist. 10
Gesetz über den Bau der "Südumfahrung Stendal" der Eisenbahnstrecke Berlin-Oebisfelde, BGBl. 1,1906. Vgl. hierzu auch die umfangreiche BT-Drs. 12/4328. 11
Vom 22.4.1993, BGBl. 1,466.
12
Zum Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz siehe z.B. Busse, BayVBl. 1993, S. 193 ff., 231 ff.; Gaßner/Schmidt, NVwZ 1993, S. 946 ff.; Krautiberger, NVwZ 1993, S. 520 ff.; Krautiberger/Runkel, DVBl. 1993, S. 454 ff.; Müllmann, DVBl. 1993, S. 673 ff.; Schink, DÖV 1993, S. 725 ff. Zur Zielsetzung des Gesetzes vgl. auch die Amtliche Begründung des Gesetzentwurfs in BT-Drs. 12/4047, S. 23. 13 Vom 17.12.1993, BGBl. I, 2123. Siehe dazu Steinberg/Berg, NJW 1994, S. 488 ff.; Steiner, NVwZ 1994, S. 313 ff. Zum Entwurf des Gesetzes schon Steiner, Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege, S. 151 ff. Zum Planungsvereinfachungsgesetz siehe im einzelnen unten § 2 D. I. 2. (S. 93 ff.). 14
Das Bundesbahngesetz (BBahnG) wurde inzwischen aufgehoben und teilweise durch die §§ 17 ff. des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) i.d.F. des Art. 5 des Gesetzes zur Neuordnung des Eisenbahnwesens (Eisenbahnneuordnungsgesetz - ENeuOG) vom 27.12.1993 (BGBl. I, 2378) ersetzt. Weitere planungsrechtliche Vorschriften sind in dem als Art. 3
Β. Die Plangenehmigung als Mittel zur Verfahrensbeschleunigung
17
gesetzes, Luftverkehrsgesetzes und Personenbeförderungsgesetzes. Die Regelungen des PIVereinfG orientieren sich am VerkPBG, dessen Vorschriften teilweise in das für die gesamte Bundesrepublik Deutschland geltende Planungsrecht für Verkehrswege und -anlagen übernommen wurden. Neben der Beschleunigung des Verfahrens liegt ein weiterer Schwerpunkt des Gesetzes in der Angleichung der verfahrensrechtlichen Vorschriften der verschiedenen Verkehrswegegesetze 15. Dies sind nur die wichtigsten Gesetze, die der Bundesgesetzgeber in letzter Zeit mit dem Ziel erlassen hat, wichtige Vorhaben der Industrie und Infrastruktur auf schnellerem und einfacherem Wege zu ermöglichen. Auch auf Länderebene ist der Gesetzgeber tätig geworden 16. Weitgehende Übereinstimmung besteht über das Ziel dieser Gesetze, nämlich die Straffung und Verkürzung der Verwaltungsverfahren. Streit besteht hingegen über die Mittel, mit denen dieses Ziel erreicht werden kann.
B. Die Plangenehmigung als Mittel zur Beschleunigung von Verwaltungsverfahren
I. Die Plangenehmigung im geltenden Recht Eine Plangenehmigung liegt in den Fällen vor, in denen das Gesetz der Verwaltung die Möglichkeit einräumt, an Stelle einer an sich erforderlichen Planfeststellung eine (einfache) Genehmigung zu erteilen. Die Plangenehmigung ist damit Alternative zur Planfeststellung. Das Rechtsinstitut der Plangenehmigung erlebt zur Zeit eine Renaissance im deutschen Fachplanungsrecht. Mit der Schaffung der Möglichkeit der Erteilung einer Plange-
ENeuOG verkündeten Gesetz über die Eisenbahnverkehrsverwaltung des Bundes enthalten (§ 3 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3). 15
Vgl. die Amtliche Begründung des Gesetzentwurfs in BT-Drs. 12/4328, S. 17.
16
Siehe z.B. in Baden-Württemberg das Gesetz zur Änderung des Landeseisenbahngesetzes, des Straßengesetzes und des Landesenteignungsgesetzes - Gesetz über die Beschleunigung von Planungen zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur vom 25.2.1992, GBl. S. 145. Dazu Alexander, BWVP 1992, S. 265 ff.; ders., DAR 1993, S. 138 ff. 2 Ringel
18
§ 1 Einführung
nehmigung auf der Grundlage eines einfachen Genehmigungsverfahrens an Stelle der an sich erforderlichen Planfeststellung auf der Grundlage eines förmlichen Planfeststellungsverfahrens mit umfassender Öffentlichkeitsbeteiligung für die Zulassung von bestimmten Vorhaben verbindet der Gesetzgeber die Hoffnung, der Verwaltung ein taugliches Mittel zur Verwaltungsvereinfachung und Beschleunigung des behördlichen Verfahrens 17
zur Verfügung zu stellen . Bei der Plangenehmigung handelt es sich nicht um ein völlig neues Rechtsinstitut im Fachplanungsrecht. Die Plangenehmigung ist vielmehr vor allem aus dem Bereich des wasserrechtlichen Planungsrechts bekannt. Das Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts - Wasserhaushaltsgesetz ( W H G ) sah bereits in seiner ursprünglichen Fassung vom 27. Juli 1957 18 in § 34 Abs. 1 Satz 3 vor, daß der Ausbau eines Gewässers oder seiner Ufer ohne vorherige Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens genehmigt werden kann, wenn mit Einwendungen nicht zu rechnen ist. Diese Vorschrift war Vorbild für ähnliche Regelungen im Wasserstraßenrecht, Abfallrecht und Flurbereinigungsrecht 19. In diesem Zusammenhang sind auch die Vorschriften von Bedeutung, die die Möglichkeit des Entfallens von Planfeststellung und teilweise auch Plangenehmigung einräumen. So sah beispielsweise § 17 Abs. 2 Satz 1 FStrG vor seiner Novellierung durch das PlVereinfG vor, daß die Planfeststellung neben den Fällen des § 19 Abs. 2 a FStrG auch bei Änderungen und Erweiterungen von unwesentlicher Bedeutung unterbleiben kann. Ähnliche Regelungen enthalten § 76 Abs. 2 VwVfG und die entsprechenden Vorschriften in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder sowie § 28 Abs. 2 PBefG a.F., § 36 Abs. 2 BBahnG a.F., § 8 Abs. 2 LuftVG a.F. und die Straßengesetze der Länder 20 . Die Rechtsprechimg des Bundesverwaltungsgerichts sah bisher auch in der Entscheidung über das Entfallen der Planfeststellung die öffentlich-rechtliche
So z.B. die Amtliche Begründung zum Entwurf des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes (BT-Drs. 12/1092, S. 10) und zum Entwurf des Planungsvereinfachungsgesetzes (BT-Drs. 12/4328, S. 19). Vgl. zur abfallrechtlichen Plangenehmigung schon die Amtliche Begründung zum Entwurf des Abfallgesetzes in BT-Drs. VI/2401, S. 14. 18
BGBl. 1,1110, ber. 1386.
19
Vgl. § 7 Abs. 2 AbfG a.F., § 41 Abs. 4 Satz 1 FlurbG und § 14 Abs. 1 Satz 2 WaStrG a.F. Zu den Plangenehmigungen "älterer Bauart" im einzelnen unten § 2 Α., B., C. (S. 34 ff.). 20
So z.B. Art. 36 Abs. 3 BayStrWG; § 38 Abs. 3 StrGBW.
Β. Die Plangenehmigung als Mittel zur Verfahrensbeschleunigung
19
Zulassung des Vorhabens und damit gleichsam eine Plangenehmigung . Der Gesetzgeber unterscheidet in den neueren Gesetzen jedoch ausdrücklich zwischen Planfeststellung, Plangenehmigung sowie dem Entfallen von Planfeststellung und Plangenehmigung22. Ob es sich bei der Entscheidung über das Entfallen der Planfeststellung tatsächlich um eine Plangenehmigung handelt, ist zumindest jetzt zweifelhaft geworden . Die "Wiederentdeckung" des Rechtsinstituts der Plangenehmigung hat ihren Anfang genommen in dem auf den Geltungsbereich der neuen Länder und Berlin beschränkten Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz (VerkPBG) 2 4 , dessen § 4 vorsieht, daß für den Bau oder die Änderung eines Verkehrsweges sowie für die Änderung eines Verkehrsflughafens unter bestimmten Voraussetzungen an Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses eine Plangenehmigung ergehen kann. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch der Musterentwurf für ein Landesstraßengesetz aus dem Jahre 1991 ( M E LStrG) 2 5 , der in seinem § 38 Abs. 2 die Möglichkeit der Erteilung einer Plangenehmigung an Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses vorsieht. Dieser Musterentwurf ist Grundlage für die mittlerweile in den neuen Bundesländern erlassenen Länderstraßengesetze und die Änderung von Straßengesetzen in den alten Ländern . An diese Regelungsmodelle knüpft auch das am 18. Dezember 1993 in Kraft getretene Planungsvereinfachungsgesetz an, das das Rechtsinstitut der Plangenehmigung in das Planungsrecht des Bundes übernimmt, nämlich in das Bundesbahngesetz, Bundesfernstraßengesetz, Bundeswasserstraßengesetz, Luftverkehrsgesetz und Perso-
21 BVerwG, Urt. v. 8.10.1976, NJW 1977, S. 2367 f. (zu § 28 Abs. 2 Satz 1 PBefG a.F.); BVerwG, Urt. v. 15.1.1982, BVerwGE 64, S. 325 (328 ff.) (zu § 17 Abs. 2 Satz 3 FStrG a.F.). Vgl. hierzu im einzelnen RoneUenfitsch, Die Verwaltung Bd. 23 (1990), S. 323 (349 ff.), der auch den Verzicht auf Planfeststellung als Plangenehmigung versteht. Siehe hierzu unten § 4 Β. II. (S. 225 ff.). 22 Vgl. z.B. § 18 Abs. 1, 2, 3 AEG; § 17 Abs. 1, 1 a, 2 FStrG; § 8 Abs. 1, 2, 3 LuftVG; § 2 Abs. 1, 2, 3 MBP1G; § 28 Abs. 1,1 a, 2 PBefG; § 14 Abs. 1,1 a, 1 b WaStrG; § 37 Abs. 1, 2, 3 StrGBW; § 38 Abs. 1,2,4 BgbStrG; § 39 Abs. 1,2,3 SächsStrG. 23
Dazu im einzelnen unten § 4 C. (S. 229 ff.).
24
Siehe zum VerkPBG bereits oben § 1 A. (S. 15) und unten § 2 D. 1.1. (S. 89 ff.).
25
Der Musterentwurf wurde erarbeitet vom Unterausschuß "Länderstraßengesetze" des Landesfachausschusses "Straßenbaurecht" und ist abgedruckt in: Blümel (Hrsg.), Verkehrswegeplanung in Deutschland, Speyerer Forschungsberichte Bd. 105,1991, S. 417 ff. 26 Zu den Straßengesetzen in den neuen Ländern siehe Bülow/PfeU, LKV 1994, S. 33 ff. und unten § 2 D. 1.4. (S. 98 ff.).
20
§ 1 Einführung
nenbeförderungsgesetz 27 . D a m i t kam der Gesetzgeber der Empfehlung des Arbeitskreises V I : "Beschleunigung der Verkehrswegeplanung?" des 30. Deutschen Verkehrsgerichtstages in Goslar nach, die sogenannte Plangenehmigung auf der Grundlage des § 4 V e r k P B G bundesweit in das Fachpianungsrecht
einzuführen
. Diese
neueren
plangenehmigungsrechtlichen
Vorschriften haben - mit einzelnen Abweichungen - folgenden Wortlaut: An Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses kann eine Plangenehmigung erteilt werden, wenn 1. Rechte anderer nicht (oder nicht wesentlich) beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines sonstigen Rechts einverstanden erklärt haben und 2. mit den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt wird, das Benehmen hergestellt worden ist. Die Plangenehmigung hat die Rechtswirkungen der Planfeststellung; auf ihre Erteilung 29 finden die Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren keine Anwendung . Das wesentlich Neue dieser plangenehmigungsrechtlichen Vorschriften i m Vergleich zu der Plangenehmigung "älterer Bauart" besteht neben einem völlig neuen Anwendungskonzept darin, daß nunmehr der Plangenehmigung • Yl die umfassenden Rechtswirkungen der Planfeststellung zuerkannt werden .
27 Dazu im einzelnen unten § 2 D. 1.2. (S. 97 ff.). Die Plangenehmigung ist auch in das Gesetz zur Regelung des Planungsverfahrens für Magnetschwebebahnen (Magnetschwebebahnplanungsgesetz - MBP1G) vom 23.11.1994 (BGBl. I, S. 3486) aufgenommen worden. Vgl. hierzu unten § 2 D. 1.3. (S. 97 f.). 28 Abgedruckt z.B. in: NVwZ 1992, S. 252 f. Vgl. auch den Vorschlag von Rieger (Der Bau von Hochspannungsfreileitungen im Planungsrecht, S. 162 ff.), im Energiewirtschaftsrecht die Planfeststellung und Plangenehmigung einzuführen. 29 So - mit einzelnen Abweichungen - die plangenehmigungsrechtlichen Vorschriften der durch das Planungsvereinfachungsgesetz geänderten Fachplanungsgesetze. Zur gesetzlichen Fassung der einzelnen plangenehmigungsrechtlichen Vorschriften "neuer Bauart" vgl. unten §2 D.I. (S. 89 ff.). io RoneUenfitsch (DVBl. 1994, S. 441/447) und Steiner (Straßenrecht, Rdnr. 93/S. 685) sprechen hier von einer sogenannten "qualifizierten" Plangenehmigung.
Β. Die Plangenehmigung als Mittel zur Verfahrensbeschleunigung
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IL Die Beschleunigung des Verwaltungsverfahrens durch Einsatz der Plangenehmigung Das Gesetz räumt den zuständigen Behörden die Möglichkeit ein, für die Zulassung bestimmter Vorhaben anstelle eines Planfeststellungsbeschlusses eine Plangenehmigung zu erteilen, wenn gewisse tatbestandliche Voraussetzungen erfüllt sind . Die Plangenehmigung ersetzt den Planfeststellungsbeschluß in diesen Fällen, tritt gleichsam an seine Stelle und erfüllt damit •
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auch seine Aufgabe . Die beschleunigende Wirkung der Plangenehmigung läßt sich daher nur anhand eines Vergleichs der Verfahrens- und auch materiellrechtlichen Vorschriften vornehmen, die für die Plangenehmigung einerseits und die Planfeststellung andererseits maßgeblich sind. 1. Verwaltungsverfahren Die Plangenehmigung kennzeichnet sich verfahrensrechtlich dadurch, daß sie auf der Grundlage eines einfachen, nichtförmlichen Verwaltungsverfahrens ergeht . Die Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren - so formulieren es einige gesetzliche Vorschriften ausdrücklich - finden keine Anwendung 34 . Anwendung finden vielmehr die §§ 9 ff. VwVfG und hier insbesondere § 10 VwVfG, wonach das Verwaltungsverfahren grundsätzlich an bestimmte Formen nicht gebunden ist und einfach und zweckmäßig durch-
31
Die Durchführung eines Plangenehmigungsverfahrens an Stelle eines Planfeststellungsverfahrens steht nach allen plangenehmigungsrechtlichen Vorschriften im Ermessen der zuständigen Behörde. Zum Anspruch auf Durchführung des "richtigen" Verwaltungsverfahrens vgl. von Danwitz, DVBl. 1993, S. 422 ff. 32 So ausdrücklich vor allem RoneUenfitsch, Verzicht auf Planfeststellung, S. 57 ff. (98 ff.); ders., Die Verwaltung Bd. 23 (1990), S. 323 ff. (349 ff.); ders., Rechtsgutachten, S. 96 ff. (98). 33 Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 72 Rdnr. 22 d; Bülow/PfeU, LKV 1994, S. 33 (38); Franßen, Abfallrecht, S. 433 f.; Hösel/von Lersner, Abfallbeseitigung, § 7 Rdnr. 15; Hoppe/Beckmann, Planfeststellung, S. 117; Kleinschnittger, Planfeststellung, S. 207 f.; Quadflieg, Flurbereinigung, § 41 Rdnr. 117; Schwermer, in: Kunig/Schermer/Versteyl, AbfG, § 7 Rdnrn. 59 ff.; Seehusen/Schwede, FlurbG, § 41 Rdnr. 21; Steinberg/Berg, NJW 1994, S. 488 (489); Steiner, Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege, S. 151 (162 ff.); ders., NVwZ 1994, S. 313 (315 f.). 34
Vgl. § 18 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz AEG; § 17 Abs. 1 a Satz 2 2. Halbsatz FStrG; § 8 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz LuftVG; § 2 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz MBP1G; § 28 Abs. 1 a Satz 2 2. Halbsatz PBefG; § 14 Abs. 1 a Satz 2 2. Halbsatz WaStrG; § 37 Abs. 2 Satz 2 StrGBW; § 6 Abs. 2 Satz 2 LandeseisenbahnG BW.
22
§ 1 Einführung •
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zuführen ist . Zu beachten ist hier vor allem die Beteiligung anderer BeVi
hörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird , sowie die Beteiligung und Anhörung derjenigen, deren rechtlichen Interessen berührt werden (§ 13 Abs. 2 VwVfG) bzw. in deren Rechte eingegriffen wird (§ 28 VwVfG), sofern die Plangenehmigung von ihrem Anwendungsbereich her auf solche Fälle überhaupt Anwendung finden kann. Demgegenüber ist das Planfeststellungsverfahren ein förmliches Verwaltungsverfahren, das sich vor allem durch eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung auszeichnet. Die einschlägigen Verfahrensvorschriften sind insbesondere in § 73 VwVfG und den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften enthalten. Die Verkehrswegeplanungsgesetze haben aber vor allem durch das VerkPBG und PlVereinfG Sonderregelungen für ihren Bereich erhalten 37 . Das Planfeststellungsverfahren wird in der Weise eingeleitet, daß der Träger des Vorhabens den von ihm ausgearbeiteten Plan bei der Anhörungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einreicht (§ 73 Abs. 1 ΛΟ
VwVfG) . Die Anhörungsbehörde holt einmal die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird (§ 73 35
Spezielle Verfahrensvorschriften für das Plangenehmigungsverfahren sind beispielsweise in einigen Landesabfallgesetzen enthalten (z.B. Art. 16 BayAbfALG; § 21 AbfG NW; § 17 AbfG Saarl). 36
Zur Mitwirkung anderer Behörden im Rahmen des Plangenehmigungsverfahrens unten § 2 D. III. 4. (S. 166 ff.). 37
Siehe zu den durch das PlVereinfG eingeführten Neuerungen im Planverfahrensrecht Steinberg/Berg, NJW 1994, S. 488 (489 f.); Steiner, NVwZ 1994, S. 313 (314 f.). Sonderregelungen enthalten teilweise auch die Länderstraßengesetze, vgl. § 37 Abs. 10 bis 13 StrGBW; § 39 BgbStrG; § 45 Abs. 8 StrWG-MV; § 37 Abs. 5 bis 7 StrGLSA; § 39 Abs. 5 bis 8 SächsStrG; § 38 Abs. 5 ThürStrG. Zu diesen Regelungen vgl. Bülow/Pfeil, LKV 1994, S. 33 (37 ff.). Zur Problematik bereichsspezifischer Sonderregelungen an Stelle eines einheitlichen Verwaltungsverfahrensrechts Wahl, Neues Verfahrensrecht, S. 83 ff. Steiner (Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege, S. 151/171) vertritt zu Recht die Auffassung, daß im Verkehrswegeplanungsrecht das Ziel der Beschleunigung bis auf weiteres Vorrang vor dem Ziel der Einheit des Verwaltungsverfahrensrechts beanspruchen kann, da Verkehrsräume und Verkehrsmittel als Folge nur schwer beeinflußbarer Mobilitätsentscheidungen der Bürger überfordert seien. 38
Zum Ablauf des planfeststellungsrechtlichen Anhörungsverfahrens vgl. z.B. Busch, in: Knack, VwVfG, § 73 Rdnrn. 4 ff.; RoneUenfitsch, Rechtsgutachten, S. 80 ff.; Steinberg, Fachplanung, S. 101 ff.; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 73 Rdnrn. 8 ff. Zum Anspruch Dritter auf Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens siehe Broß, VerwArch 76 (1985), S. 337 ff.
Β. Die Plangenehmigung als Mittel zur Verfahrensbeschleunigung
23
Abs. 2 V w V f G ) 3 9 . Aufgabe der Anhörungsbehörde ist es daneben auch, die Öffentlichkeits- und Betroffenenbeteiligung durchzuführen. D i e Öffentlichkeitsbeteiligung beginnt mit der Auslegung des Planes, die für die Dauer eines Monats in den Gemeinden stattfindet, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird (§ 73 Abs. 3 V w V f G ) . D i e Gemeinden haben die Auslegung mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekanntzumachen (§ 73 Abs. 5 Satz 1 V w V f G ) 4 0 . Jeder, dessen eigenen Belange durch das Vorhaben berührt werden, kann unter Beachtung der jeweiligen Fristen Einwendungen gegen den Plan erheben 4 1 . Nach Ablauf der Einwendungs-
39
Nach den durch das PlVereinfG geänderten Vorschriften der Verkehrswegeplanungsgesetze des Bundes haben die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, ihre Stellungnahme innerhalb einer von der Anhörungsbehörde zu setzenden Frist abzugeben, die drei Monate nicht übersteigen darf (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 AEG; § 17 Abs. 3 b Satz 1 FStrG; § 17 Nr. 1 Satz 1 WaStrG; § 10 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 LuftVG; § 29 Abs. 1 a Nr. 2 PBefG). Danach bzw. nach dem Erörterungstermin eingehende Stellungnahmen der Behörden müssen bei der Feststellung des Planes nicht berücksichtigt werden. Dies gilt nicht, wenn später von einer Behörde vorgebrachte öffentliche Belange der Planfeststellungsbehörde bekannt sind oder hätten bekannt sein müssen (§ 20 Abs. 2 Satz 2 AEG; § 17 Abs. 4 Satz 2 FStrG; § 17 Nr. 1 Satz 2 WaStrG; § 10 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 LuftVG; § 29 Abs. 4 Satz 3 PBefG). Zum Mittel der Fristsetzung zur Beschleunigung von Verwaltungsverfahren vgl. etwa Bullinger, Beschleunigte Genehmigungsverfahren für eilbedürftige Vorhaben, S. 68 ff.; ders., Beschleunigte Genehmigungs- und Planungsverfahren, S. 127 (135 ff.); Steiner, Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege, S. 151 (154 ff.). 40
Im Bereich der Verkehrswegeplanungsgesetze des Bundes legen die Gemeinden den Plan innerhalb von drei Wochen nach Zugang aus. Sie machen die Auslegung vorher ortsüblich bekannt (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 AEG; δ 17 Abs. 3 b Satz 2 und 3 FStrG; § 17 Nr. 2 WaStrG; § 10 Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 und 4 LuftVG; § 29 Abs. 1 a Nr. 3 PBefG). 41 Die subsidiäre Vorschrift des § 73 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3, Abs. 6 Satz 1 2. Halbsatz VwVfG ordnet lediglich eine formelle Präklusion verspätet vorgebrachter Einwendungen im Verwaltungsverfahren an (BVerwG, Urt. v. 17.7.1980, BVerwGE 60, S. 297 (302); BVerwG, Urt. v. 6.8.1982, BVerwGE 66, S. 99 (102); Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 73 Rdnr. 51; Kopp, VwVfG, § 73 Rdnr. 50; RoneUenfitsch, VerwArch 80 (1989), S. 92/102). Eine sogenannte materielle Präklusion verspätet vorgebrachter Einwendungen mit der Wirkung, daß die Einwendungen auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr geltend gemacht werden können, ist nur dann anzunehmen, wenn eine Rechtsvorschrift nicht nur - wie § 73 Abs. 6 Satz 1 2. Halbsatz VwVfG - allgemein eine Einwendungsfrist vorsieht und eine Behörde von der Verpflichtung zur Berücksichtigung nicht fristgerecht erhobener Einwendungen freistellt, sondern ausdrücklich die Präklusion verspäteter Einwendungen anordnet (BVerwG, Urt. v. 14.4.1967, BVerwGE 26, S. 302 (303); BVerwG, Urt. v. 10.4.1968, BVerwGE 29, S. 282 (284); BVerwG, Urt. v. 17.7.1980, BVerwGE 60, S. 297 (302); BVerwG, Urt. v. 6.8.1982, BVerwGE 66, S. 99 (101 ff.); BVerfG, Beschl. v. 8.7.1982, BVerfGE 61, S. 82 (109 ff.); Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 73 Rdnr. 51; Kopp, VwVfG, § 73 Rdnr. 84; Papier, NJW 1980, S. 313/314). Für den Bereich der Verkehrswegeplanungsgesetze enthalten - schon in
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§ 1 Einführung
frist findet der Erörterungstermin statt, in dem die Anhörungsbehörde die rechtzeitig erhobenen und die zugelassenen verspäteten Einwendungen gegen den Plan und die Stellungnahmen der Behörden zu dem Plan mit dem Träger des Vorhabens, den Behörden, den Betroffenen sowie den sonstigen Einwendern erörtert (§ 73 Abs. 6 V w V f G ) 4 2 . D e n Abschluß des Anhörungsverfahrens bildet die Stellungnahme der Anhörungsbehörde zum Ergebnis des Verfahrens, welche möglichst innerhalb eines Monats nach Beendigung des Erörterungstermins mit dem Plan, den Stellungnahmen der Drittbehörden und den nicht erledigten Einwendungen der Planfeststellungsbehörde zugeleitet werden soll (§ 73 Abs. 9 V w V f G ) . Das Planfeststellungsverfahren ist ein förmliches Verwaltungsverfahren, dessen einzelne Verfahrensschritte gesetzlich genau festgelegt sind und das durch eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung gekennzeichnet ist. D e m gegenüber ist das Plangenehmigungsverfahren ein einfaches Verwaltungsverfahren, das sich nach den Vorschriften der §§ 9 ff. V w V f G richtet und i m
ihrer bisherigen Fassung - eine materielle Präklusion § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG und § 17 Nr. 1 WaStrG a.F. (jetzt § 17 Nr. 5 Satz 11. Halbsatz WaStrG n.F.). In ihrer Neufassung durch das Planungsvereinfachungsgesetz ordnen eine materielle Präklusion nunmehr auch an: § 20 Abs. 2 Satz 1 AEG; § 10 Abs. 4 Satz 1 LuftVG; § 29 Abs. 4 Satz 1 PBefG. Siehe ferner § 5 Abs. 2 Satz 1 MBP1G. Auch die Landesstraßengesetze enthalten materielle Präklusionsvorschriften, nämlich in § 37 Abs. 13 Satz 1 StrGBW; § 39 Abs. 3 Satz 1 BgbStrG; § 45 Abs. 8 Satz 1 StrWG-MV; § 37 Abs. 6 Satz 1 StrGLSA; § 39 Abs. 5 Satz 1 SächsStrG; § 38 Abs. 5 Satz 1 ThürStrG. Die Rechtsprechung hat die Verfassungsmäßigkeit solcher Regelungen bejaht, wenn die Betroffenen hinreichende Gelegenheit zur Äußerung und zu Einwendungen hatten, diese aber aus von ihnen zu vertretenden Gründen versäumt haben (BVerfG, Beschl. v. 8.7.1982, BVerfGE 61, S. 82 (109 ff.); zur Zulässigkeit von zivilprozessualen Präklusionsvorschriften BVerfG, Beschl. v. 30.1.1985, BVerfGE 69, S. 145/149). Vgl. zum Ganzen etwa Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 73 Rdnr. 51; Degenhard, Präklusion im Verwaltungsprozeß, S. 621 ff.; Haupt, Ausschlußfristen in Einwendungsverfahren des öffentlichen Rechts, passim; Papier, NJW1980, S. 313 (314). 42
Sonderregelungen bestehen wieder für den Bereich der Verkehrswegeplanungsgesetze des Bundes. Die Erörterung nach § 73 Abs. 6 VwVfG hat die Anhörungsbehörde innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Einwendungsfrist abzuschließen (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 AEG; § 17 Abs. 3 c Satz 1 FStrG; § 10 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 LuftVG; § 5 Abs. 1 Nr. 4 MBP1G; § 29 Abs. 1 a Nr. 4 Satz 1 PBefG; § 17 Nr. 3 WaStrG). Sie gibt ihre Stellungnahme nach § 73 Abs. 9 VwVfG innerhalb eines Monats nach Abschluß der Erörterung ab (§ 17 Abs. 3 c Satz 2 FStrG; § 10 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 LuftVG; § 29 Abs. 1 a Nr. 4 Satz 2 PBefG). Bei Änderungsvorhaben kann von einer förmlichen Erörterung im Sinne des § 73 Abs. 6 VwVfG und des § 9 Abs. 1 Satz 2 UVPG abgesehen werden. Vor dem Abschluß des Planfeststellungsverfahrens ist den Einwendern dann Gelegenheit zur Äußerung zu geben (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 AEG; § 17 Abs. 3 c Satz 3 und 4 FStrG; § 10 Abs. 2 Nr. 4 LuftVG; § 5 Abs. 1 Nr. 5 MBP1G; § 29 Abs. 1 a Nr. 5 PBefG; § 17 Nr. 4 WaStrG).
Β. Die Plangenehmigung als Mittel zur Verfahrensbeschleunigung
25
Einzelfall von der zuständigen Behörde flexibel und sachgerecht und damit weniger zeitaufwendig gestaltet werden kann 43 .
2. Beteiligung der anerkannten Naturschutzverbände Nach der Vorschrift des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG ist den nach § 29 Abs. 2 BNatSchG anerkannten Naturschutzverbänden Gelegenheit zur Äußerung sowie zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben in Planfeststellungsverfahren über Vorhaben, die mit Eingriffen in Natur und Landschaft im Sinne des § 8 BNatSchG verbunden sind 44 . Die Beteiligung der anerkannten Naturschutzverbände erfolgt nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Gesetzes lediglich "in Planfeststellungsverfahren". Wenn kein förmliches Planfeststellungsverfahren, sondern lediglich ein nichtförmliches Plangenehmigungsverfahren durchgeführt wird, sieht das Gesetz eine Beteiligung der anerkannten Naturschutzverbände nicht vor 4 5 . Eine entgegenstehende Auffassimg fände keinerlei Stütze im Gesetz. Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang noch auf folgendes: Das Recht der Verbände auf Beteiligung im Planfeststellungsverfahren wird von der Rechtsprechung als subjektiv-öffentliches Recht qualifiziert. Auf die Klage eines Naturschutzverbandes sei der Planfeststellungsbeschluß allein wegen unzureichender Beteiligung des Verbandes aufzuheben 46. Daraus ziehen die Verwaltungsgerichte den Schluß, daß die anerkannten Naturschutzverbände erfolgreich gegen eine Plangenehmigung klagen können, wenn zu Unrecht
43
Eine Gegenüberstellung Planfeststellungsverfahren - Plangenehmigungsverfahren für den Bereich der wasserrechtlichen Plangenehmigung findet sich bei Müllmann, Die Plangenehmigung im Wasserrecht, S. 21 ff. 44
Zur verfahrensrechtlichen Beteiligung von Naturschutzverbänden umfassend Waskow, Mitwirkung von Naturschutzverbänden im Verwaltungsverfahren, 1991. Siehe ferner zur sogenannten Verbandsklage Steinberg, Fachplanung, S. 327 ff. 45
Steiner, NVwZ 1994, S. 313 (316); ders., Straßenrecht, Rdnr. 93 (S. 685); Waskow, Mitwirkung von Naturschutzverbänden, S. 68 f. 46 So das BVerwG, Urt. v. 31.10.1990, NVwZ 1991, S. 162 (164 f.) und der HessVGH, Beschl. vom 11.7.1988, NVwZ 1988, S. 1040 ff. In diese Richtung auch Rehbinder, NVwZ 1982, S. 666 (667); Setting, NuR 1983, S. 146 ff. Gegen diese Rechtsprechung zu Recht kritisch: Dolde, NVwZ 1991, S. 960 ff.
26
§ 1 Einführung
ein Planfeststellungsverfahren unterblieben ist und an dessen Stelle ein Plangenehmigungsverfahren durchgeführt wurde. Dadurch werde das gesetzliche Mitwirkungsrecht der anerkannten Naturschutzverbände an der Planfeststellung verletzt 4 7 . I m Rahmen einer solchen Klage wird dann geprüft, ob die gesetzlichen Anwendungsvoraussetzungen der Plangenehmigung vorgelegen haben.
3. Raumordnungsverfahren V o r der Realisierung bestimmter Vorhaben ist die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens
bundesrechtlich
vorgeschrieben 48 .
In
einem
Raumordnungsverfahren werden raumbedeutsame Planungen und M a ß nahmen untereinander und mit den Erfordernissen der Raumordnimg und Landesplanung abgestimmt 4 9 . D i e Raumordnungsverordnung
knüpft
in
ihrer enumerativen Auflistung von Vorhaben, für die ein Raumordnungsverfahren bundesrechtlich vorgeschrieben ist, teilweise daran an, daß das Vorhaben einer Planfeststellung bedarf 5 0 . I n diesen Fällen ist ein Raumord-
47
BayVGH, Beschl. vom 15.4.1991, NVwZ 1991, S. 1009; OVG Lüneburg, Urt. v. 27.1.1991, UPR 1992, S. 394 f.; BWVGH, Beschl. vom 17.11.1992, DVBl. 1993, S. 163 (165). Diese Rechtsprechung hat in der Gesetzgebung ihren Niederschlag gefunden. Das Vorläufige Thüringer Gesetz über Naturschutz und Landespflege (Vorläufiges Thüringer Naturschutzgesetz VorlThürNatSchG) vom 28.1.1993, GVB1. S. 57 enthält in seinem § 46 folgende Regelung: Klage- und Antragsrecht eines nach § 29 Abs. 4 BNatSchG anerkannten Naturschutzverbandes werden nicht dadurch ausgeschlossen, daß an Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses zu Unrecht andere Verwaltungsakte erlassen worden sind, für die das Gesetz keine Mitwirkung der anerkannten Naturschutzverbände vorsieht. Eine ähnliche Regelung enthält § 58 Abs. 3 des Sächsischen Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Sächsisches Naturschutzgesetz - SächsNatSchG) vom 16.12.1992, GVB1. S. 571. Dagegen RoneUenfitsch, NuR 1986, S. 284 (290). Vgl. hierzu auch Steiner, NVwZ 1994, S. 313 (316 f.); ders., Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege, S. 151 (168). 48
§ 6 a Abs. 2 ROG i.V.m. der Verordnung zu § 6 a Abs. 2 des Raumordnungsgesetzes (Raumordnungsverordnung - RoV) vom 13. Dezember 1990, BGBl. 1,2766. 49
Zum Raumordnungsverfahren vgl. Steiner, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, Rdnrn. 64 ff. (S. 743 ff.); Wahl, Das Raumordnungsverfahren am Scheideweg, S. 199 ff. Das Raumordnungsverfahren ist landesrechtlich geregelt in § 13 BWLplG; Art. 23 Abs. 2 BayLPIG; § 11 Abs. 1 HessLplG; § 14 Abs. 1 NROG; § 18 Abs. 2 RhPfLPIG; § 13 Abs. 1 SLPG; § 14 Abs. 2 SchlHLPlG. 50
§ 1 Nr. 4 (Errichtung einer Abfallentsorgungsanlage zur Ablagerung oder zur Behandlung von Abfällen); Nr. 7 (Herstellung, Beseitigung und wesentliche Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer); Nr. 12 (Anlage und wesentliche Änderung eines Flugplatzes). Dagegen ist ein Raumordnungsverfahren unabhängig davon durchzuführen, ob das Vorhaben einer Planfeststellung oder Plangenehmigung bedarf, bei Vorhaben nach Nr. 8 (Bau einer
Β. Die Plangenehmigung als Mittel zur Verfahrensbeschleunigung
27
nungsverfahren nicht obligatorisch, sondern nur fakultativ, wenn das V o r haben auf der Grundlage einer Plangenehmigung verwirklicht werden soll. H i e r kann bundesrechtlich auf die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens verzichtet w e r d e n 5 1 .
4. Umweltverträglichkeitsprüfung 52 V o r Erlaß eines Planfeststellungsbeschlusses ist i m R a h m e n des Planfeststellungsverfahrens den Vorschriften
eine
förmliche
Umweltverträglichkeitsprüfung
des Gesetzes über die
nach
Umweltverträglichkeitsprüfung
( U V P G ) 5 3 für solche Vorhaben durchzuführen, die in der Anlage zu § 3 U V P G aufgeführt sind 5 4 . Das Planfeststellungsverfahren eignet sich in besonderem M a ß e für die Durchführung einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung, da in dessen Rahmen eine umfassende Öffentlichkeitsbeteili-
Bundesfernstraße), Nr. 9 (Neubau und wesentliche Trassenänderung von Schienenstrecken der Bundeseisenbahnen), Nr. 11 (Ausbau, Neubau und Beseitigung einer Bundeswasserstraße), Nr. 19 (Neubau und wesentliche Trassenänderung von Magnetschwebebahnen). 51
Vgl. dazu auch Steiner, NVwZ 1994, S. 313 (316).
52 Die Literatur zur Umweltverträglichkeitsprüfung ist kaum noch überschaubar. Siehe etwa Bartlsperger, DVB1. 1987, S. 1 ff.; Beckmann, DÖV 1987, S. 944 ff.; Cupei, Umweltverträglichkeitsprüfung, 1986; ders., DVB1. 1987, S. 819 ff.; Erbguth/Schink, UVPG; Jarass, EGRichtlinie, 1989; RoneUenptseh Rechtsgutachten, S. 62 ff.; Soeü/Dirnberger, NVwZ 1990, S. 705 ff.; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 1989; ders., UPR1988, S. 206 (207). 53 Das Gesetz wurde verkündet als Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeit bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (85/337/EWG) vom 12. Februar 1990, BGBl. 1,205. 54
Für den hier interessierenden Bereich des Wasser-, Flurbereinigungs- und Abfallrechts sowie des Planungsrechts für Verkehrswege und Verkehrsanlagen ist laut Anlage zu § 3 UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen für Errichtung und Betrieb einer Abfallentsorgungsanlage sowie die wesentliche Änderung einer solchen Anlage oder ihres Betriebes, die der Planfeststellung nach § 7 AbfG bedürfen (Nr. 4), Bau und Änderung einer Bundesfernstraße, die der Planfeststellung nach § 17 FStrG oder eines Bebauungsplanes nach § 9 BauGB bedürfen (Nr. 8), Bau und Änderung von Anlagen einer Eisenbahn des Bundes, die einer Planfeststellung nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz bedürfen (Nr. 9), Ausbau, Neubau und Beseitigung einer Bundeswasserstraße, die der Planfeststellung nach § 14 WaStrG bedürfen (Nr. 12), Anlage und Änderung eines Flugplatzes, die der Planfeststellung nach § 8 LuftVG bedürfen (Nr. 13), Schaffung der gemeinschaftlichen und öffentlichen Anlagen sowie Änderung, Verlegung oder Einbeziehung vorhandener Anlagen, soweit dafür eine Planfeststellung nach § 41 FlurbG erforderlich ist (Nr. 14), Bau und Änderung von Anlagen einer Magnetschwebebahn, die der Planfeststellung nach dem Magnetschwebebahnplanungsgesetz bedürfen (Nr. 17).
28
§ 1 Einführung
gung stattfindet 55. Die Öffentlichkeitsbeteiligung ist in Art. 6 Abs. 2 und 3 der UVP-Richtlinie der E G 5 6 vorgeschrieben. Die Umsetzung in deutsches Recht erfolgte durch § 9 UVPG, der im wesentlichen auf das planfeststellungsrechtliche Anhörungsverfahren nach § 73 Abs. 3 bis 7 VwVfG verweist 57 . Das Plangenehmigungsverfahren dagegen eignet sich wegen seiner fehlenden Öffentlichkeitsbeteiligung nicht für die Durchführung einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung 58. Das Plangenehmigungsverfahren genügt nicht den Anforderungen der UVP-RL. Daher knüpft das U V P G bei der Bestimmung der UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens daran an, ob seine Zulassung auf der Grundlage einer Planfeststellung erfolgt oder nicht 59 . Soll das Vorhaben auf der Grundlage einer Plangenehmigung verwirklicht werden, so bedarf es nach deutschem Recht keiner förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung. Der Gegenstand der Plangenehmigung umfaßt jedoch teilweise auch Vorhaben, die nach der UVP-RL zwingend einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen. Diese Vorhaben sind in Anhang I der U V P - R L aufgeführt 60. Anknüpfungspunkt für die obligatorische Durchführung einer U V P ist gemeinschaftsrechtlich nicht die rechtliche Natur des Zulassungsaktes, sondern die Art des Vorhabens, und zwar unabhängig davon, ob im
55
Zur besonderen Eignung des Planfeststellungsverfahrens für die Integierung einer Umweltverträglichkeitsprüfung vgl. Erbguth, DÖV 1988, S. 481 (483); Erbguth/Schoeneberg, WiVerw 1985, S. 102 (112 f.); Jarass, EG-Richtlinie, S. 30; SoeU/Dirnberger, NVwZ 1990, S. 705 (708 f.); Steinberg, DVBl. 1988, S. 995 (998); Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, S. 275 ff. 56 Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (85/337/EWG), ABl. Nr. L175/40 - im folgenden kurz: UVP-Richtlinie (UVP-RL). Die Richtlinie ist abgedruckt z.B. in DVBl. 1987, S. 829 ff. und Erbguth/Schink, UVPG, Anhang 1. 57
Kritisch dazu Erbguth/Schink,
58
Jarass, EG-Richtlinie, S. 61 ff.
59
Siehe oben § 1 / Fn. 54 (S. 27).
UVPG, § 9 Rdnr. 8 ff.
60
Vgl. aus dem Anhang I der UVP-RL insbesondere Nr. 7 (Bau von Autobahnen, Schnellstraßen, Eisenbahn-Fernverkehrsstrecken sowie Flugplätzen mit einer Start- und Landebahngrundlänge von 2100 m und mehr), Nr. 8 (Seehandelshafen sowie Schiffahrtswege und Häfen für die Binnenschiffahrt, die Schiffen mit mehr als 1350 Tonnen zugänglich sind), Nr. 9 (Abfallbeseitigungsanlagen zur Verbrennung, zur chemischem Behandlung oder zur Erdlagerung von giftigem und gefährlichem Abfall).
Β. Die Plangenehmigung als Mittel zur Verfahrensbeschleunigung
29
konkreten Fall erhebliche Umweltauswirkungen von dem Vorhaben ausgehen können. Die UVP-RL ist vorhabensbezogen61. Der Einwand ist nicht von der Hand zu weisen, daß die UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens nicht davon abhängen kann, ob der nationale Gesetzgeber die Zulassung eines Vorhabens auf der Grundlage einer Planfeststellung oder einer Plangenehmigung zuläßt, wenn für das Vorhaben gemeinschaftsrechtlich eine förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung vorgeschrieben ist, es also einer in AnfO
hang I der UVP-RL angeführten "Klassen" angehört . Für den Gegenstand der abfallrechtlichen Plangenehmigung hat der Gesetzgeber aus dieser Erkenntnis die Konsequenz gezogen, aus dem Anwendungsbereich der Plangenehmigung solche Vorhaben herauszunehmen, für die nach Anhang I Nr. 9 der UVP-Richtlinie zwingend eine förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist 63 . Für den Anwendungsbereich anderer Plangenehmigungen hat der Gesetzgeber diese Konsequenz nicht gezogen. Bei den Vorhaben, die in Anhang I der UVP-RL aufgeführt sind, muß daher zumindest den Anforderungen der Ausnahmevorschrift des Art. 2 Abs. 3 UVP-RL (sogenannte Notifizierungspflicht) entsprochen werden, wenn sie auf der Grundlage einer Plangenehmigung zugelassen werden sollen 6 4 . Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut: Die Mitgliedstaaten können in Ausnahmefällen ein einzelnes Projekt ganz oder teilweise von den Bestimmungen dieser Richtlinie ausnehmen. In diesem Fall müssen die Mitgliedstaaten a) prüfen, ob eine andere Form der Prüfung angemessen ist und ob die so gewonnenen Informationen der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden sollen; b) der Öffentlichkeit die Informationen betreffend diese Ausnahme zur Verfügung stellen und sie über die Gründe für die Gewährung der Ausnahme unterrichten;
61
Cupei, Umweltverträglichkeitsprüfung, S. 110 f.; ders., DVB1. 1985, S. 813 (815); den., NuR 1985, S. 297 (299 f.); Erbguth/Schoeneberg, WiVerw 1985, S. 102 (105 f.). 62 In diese Richtung vor allem Viebrock, Rechtsgutachten, S. 9 ff.; ders., IUR 1991, S. 113 (115 f.); ders., NVwZ 1992, S. 939 (940 f.). Vgl. auch Brohm, NVwZ 1991, S. 1025 (1027); Klinski/Gaßner, NVwZ 1992, S. 235 (237 f.); Sailer, 30. Deutscher Verkehrsgerichtstag, S. 299 (304). 63
Siehe unten § 2 C. I. (S. 65 f.).
64
Zur Ausnahmevorschrift des Art. 2 Abs. 3 UVP-RL vgl. Cupei, Umwcltverträglichkeitsprüfung, S. 128 ff.; ders., UPR 1988, S. 206 (207); Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, S. 81 ff. Kritisch zur Anwendbarkeit des Art. 2 Abs. 3 UV-RL bei der Erteilung einer Plangenehmigung z.B. Steinberg, Fachplanung, S. 301 f.
30
§ 1 Einführung c) die Kommission vor Erteilung der Genehmigung über die Gründe für die Gewährung der Ausnahme unterrichten und ihr die Informationen übermitteln, die sie gegebenenfalls ihren eigenen Staatsangehörigen zur Verfügung stellen. Die Kommission übermittelt den anderen Mitgliedstaaten unverzüglich die ihr zugegangenen Unterlagen. Die Kommission erstattet dem Rat jährlich über die Anwendung dieses Absatzes Bericht.
Der Entwurf des Planungsvereinfachungsgesetzes sah ursprünglich in den einzelnen Gesetzesbestimmungen ausdrücklich einen Hinweis auf die gemeinschaftsrechtliche Notifizierungspflicht nach Art. 2 Abs. 3 U V P - R L vor, der jedoch im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wieder gestrichen wurde 65 . Dies ändert jedoch nichts in der Sache. Aus Art. 2 Abs. 3 U V P - R L folgt keine materielle Umsetzungsverpflichtung, sondern nur eine Mitteilungspflicht gegenüber der Kommission über die Gründe für die Gewährung der Ausnahme und eine Pflicht zur Übermittlung der Informationen, die die Mitgliedstaaten ihren eigenen Staatsangehörigen zur Verfügung stellt. Die Mitgliedstaaten können sich somit unmittelbar auf die Ausnahmevorschrift des Art. 2 Abs. 3 U V P - R L berufen, da aus dieser Vorschrift keine selbständige normative Umsetzungsverpflichtung residiert 66. Die Notifizierungspflicht des Art. 2 Abs. 3 UVP-RL gilt nicht für solche Vorhaben, die in Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang I I der U V P - R L aufgeführt sind. Ausgenommen sind damit vor allem Anderungsvorhaben . Insoweit hat der nationale Gesetzgeber bei der Umsetzung der U V P - R L einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum, ob er die Durchführung einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung zwingend anordnet. Von diesem Spielraum hat der Gesetzgeber Gebrauch gemacht, so daß nicht zusätzlich noch CO
nach Art. 2 Abs. 3 UVP-RL vorgegangen werden muß .
Vgl. z.B. § 17 Abs. 2 a FStrG in der Fassung des ursprünglichen Entwurfs des Planungsvereinfachungsgesetzes, BT-Drs. 12/4328, Anlage 1. Der Bundesrat hat einen Hinweis auf die Notifizierungspflicht abgelehnt. Vgl. Nr. 8 der Stellungnahme des Bundesrates, BTDrs. 12/4328, Anlage 2. Siehe dazu unten § 2 D. III. 5. (S. 175). 66
Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, S. 81 ff.; ders., UPR 1988, S. 206 (207). In diese Richtung auch Steiner, Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege, S. 151 (165 ff.). 67
Vgl. Nr. 12 des Anhang? II der UVP-Richtlinie (Änderungen von Projekten des Anhangs
I). 68
Zum Beurteilungs- und Ermessensspielraum des nationalen Gesetzgebers bei Projekten i.S.v. Art. 4 Abs. 2 UVP-RL, die den in Anhang II aufgezählten Klassen angehören z.B. Bleckmann, WiVerw 1985, S. 86 (89); Cupei, DVBl. 1985, S. 814 (816); ders., WiVerw 1985,
Β. Die Plangenehmigung als Mittel zur Verfahrensbeschleunigung
31
Der mit der Erfüllung der Notifizierungspflicht des Art. 2 Abs. 3 U V P - R L verbundene Verwaltungsaufwand wiegt zum Teil die Vorteile auf, die die Plangenehmigung deshalb hat, weil sie aufgrund eines einfachen Verwaltungsverfahrens erteilt werden kann. Der verfahrensvereinfachende und -beschleunigende Effekt der Plangenehmigung wird dadurch teilweise wieder aufgehoben. Festzuhalten ist jedoch folgendes: Zwischen der Erteilung der Plangenehmigung und der Erfüllung der Notifizierungspflicht nach Art. 2 Abs. 3 U V P - R L besteht kein rechtlicher Zusammenhang dergestalt, daß die Plangenehmigung rechtswidrig-aufhebbar wäre, wenn den Anforderungen des Art. 2 Abs. 3 U V P - R L nicht Genüge getan wurde. Es besteht kein subjektiv öffentliches Recht der Planbetroffenen auf Erfüllung der Notifizierungspflicht, da diese nicht in ihrem Interesse statuiert wurde. Der Erlaß der Plangenehmigung ist auch nicht in irgendeiner Weise davon abhängig, daß die Kommission dem Verzicht auf die Durchführung einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung zustimmt 69 .
5. Widerspruchsverfahren Vor Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluß bedarf es keiner Nachprüfung in einem Vorverfahren, da der Planfeststellungsbeschluß in einem förmlichen Verfahren ergeht (§ 68 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz VwGO i.V.m. §§ 74 Abs. 1 Satz 2, 70 VwVfG). Der Grund für die Entbehrlichkeit eines Widerspruchsverfahrens ist darin zu sehen, daß die besondere Ausgestaltung eines förmlichen Verwaltungsverfahrens dem Betroffenen garantiert, daß er seine Rechtsposition bereits im Rahmen des Verwaltungsverfahrens umfassend geltend machen kann. Ein förmliches Verwaltungsverfahren bietet außerdem eine erhöhte Gewähr für die Rechtmäßigkeit der in diesem Verwaltungsverfahren erlassenen Verwaltungsakte. Die förmliche Ausgestaltung des Verfahrens macht eine zusätzliche Instanz überflüssig 70.
S. 63 (75 ff.); Steiner, Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege, S. 151 (165 f.); Weber, UPR 1988, S. 206 (207 f.). 69
So ausdrücklich Steiner, Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege, S. 151 (166 f.). Siehe dazu Busch, in: Knack, VwVfG, § 70 Rdnr. 1; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 70 Rdnr. 1. 70
32
§ 1 Einführung
Die Vorschriften der §§ 74 Abs. 1 Satz 2, 70 VwVfG können auf die Plangenehmigung nicht - auch nicht entsprechend - angewendet werden, da die Plangenehmigung gerade nicht in einem förmlichen Verwaltungsverfahren ergeht, damit der Gesetzeszweck der Vorschrift nicht erfüllt wird. Der Gesetzgeber hat jedoch teilweise ausdrücklich angeordnet, daß es auch bei der Plangenehmigung vor Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage kei71
ner Nachprüfung in einem Vorverfahren bedarf . Diese Vorschriften lassen sich damit rechtfertigen, daß der Anwendungsbereich der Plangenehmigung sehr eng gefaßt wurde ("keine Rechtsbeeinträchtigung Dritter") und die Plangenehmigung in besonderem Maße zur Verfahrensbeschleunigung beitragen soll . 6. Materiell-rechtliche Vorschriften Die Plangenehmigung muß in materiell-rechtlicher Hinsicht den gleichen Anforderungen genügen wie die Planfeststellung. Der materiell-rechtliche Prüfungsmaßstab ist insoweit identisch . Insbesondere muß die Plangenehmigung dem rechtsstaatlichen Abwägungsgebot genügen. Das Gebot, die von einer Planung berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen, ergibt sich unabhängig von einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung aus dem Wesen einer rechtsstaatlichen Planung und gilt dementsprechend allgemein74. Das Abwägungsgebot setzt eine sorgfältige Ermittlung und Abwägung der Umweltauswirkungen des Vorhabens voraus, so daß eine materielle Umweltverträglichkeitsprüne
fung des Vorhabens gewährleistet ist . Im Bereich des materiellen Rechts § 18 Abs. 2 Satz 4 AEG; § 17 Abs. 1 a Satz 3 FStrG; § 8 Abs. 2 Satz 4 LuftVG; § 2 Abs. 2 Satz 3 MBP1G; § 28 Abs. 1 a Satz 4 PBefG; § 14 Abs. 1 a Satz 4 WaStrG; § 37 Abs. 2 Satz 5 StrGBW; § 6 Abs. 2 Satz 5 LandeseisenbahnG BW; § 37 Abs. 2 Satz 4 StrGLSA. 72
Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang noch auf die Vorschriften, nach denen die Anfechtungsklage gegen einen Planfeststellungsbeschluß und eine Plangenehmigung keine aufschiebende Wirkung haben: § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 20 Abs. 5 Satz 1 AEG; § 17 Abs. 6 a Satz 1 FStrG; § 29 Abs. 6 Satz 1 PBefG. 73 Dürr, in: Kodal/Krämer, Straßenrecht, Kap. 35 Rdnr. 35.5 (S. 1138); Steinberg, Fachplanung, S. 299; Steiner, Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege, S. 151 (163); ders., Straßenrecht, Rdnr. 93 (S. 685). 74 So z.B. BVerwG, Urt. v. 11.10.1968, Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 1, S. 1 (11); BVerwG, Urt. v. 30.4.1969, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 12, S. 6 (10); BVerwG, Urt. v. 20.10.1972, BVerwGE 41, S. 67 (68); BVerwG, Urt. v. 14.2.1975, BVerwGE 48, S. 56 (63). Vgl. auch Steinberg, Fachplanungsrecht, S. 190. 75
So ausdrücklich z.B. § 38 Abs. 3 BbgStrG. Vgl. aber auch Gassner, NuR 1992, S. 449 ff.
G Gegenstand der Arbeit
33
wurden bei der Plangenehmigung vom Gesetzgeber keinerlei Abstriche gemacht.
C. Gegenstand der Arbeit
Die Kernfrage bei der Plangenehmigung ist, ob das "Weniger" an Verfahren in der Lage ist, alle durch das Vorhaben aufgeworfenen Probleme zu bewältigen und einer richtigen und rechtmäßigen Lösimg zuzuführen, wie dies die Planfeststellung durch ein Optimum an Verfahren zu erreichen versucht. Die positive Beantwortung dieser Frage hängt in entscheidendem Maße davon ab, wie der Gesetzgeber den Anwendungsbereich der Plangenehmigung konzipiert hat, namentlich ob das Gesetz den Gegenstand der Plangenehmigung auf die Fälle beschränkt, die vernünftigerweise auch in einem einfachen Verwaltungsverfahren bewältigt werden können und nicht des Aufwandes eines förmlichen Planfeststellungsverfahrens bedürfen. Schwerpunkt dieser Arbeit soll daher die Bestimmung des Anwendungsbereichs der Plangenehmigung im geltenden Recht sein, seil, im Wasser-, Flurbereinigungs- und Abfallrecht sowie im Planungsrecht der Verkehrswege und Verkehrsanlagen (§ 2) . Im Anschluß daran sollen die einzelnen Rechtswirkungen der Plangenehmigung untersucht werden, von denen abhängt, inwieweit die Plangenehmigung die Aufgabe der Planfeststellung 77
auch erfüllen kann (§ 3) . Abschließend soll auf das Verhältnis der drei Zulassungsformen Planfeststellung, Plangenehmigung und Entfallen von Planfeststellung und Plangenehmigung eingegangen werden, die vor allem in 78
der neueren Gesetzgebimg enthalten sind (§ 4) .
76
Siehe unten S. 34 ff.
77
Siehe unten S. 179 ff.
78
Siehe unten S. 221 ff.
3 Ringel
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung im geltenden Recht - die Voraussetzungen der Plangenehmigung im Wasser-, Flurbereinigungs- und Abfallrecht sowie im Planungsrecht der Verkehrswege und Verkehrsanlagen
A· Die wasserrechtliche und (alte) wasserstraßenrechtliche Plangenehmigung
I. Gesetzliche Grundlagen und Gegenstand der Plangenehmigung 1. Wasserhaushaltsgesetz Das Rechtsinstitut der Plangenehmigung hat seinen Ursprung im wasserrechtlichen Fachplanungsrecht. Das Wasserhaushaltsgesetz ( W H G ) sah bereits in seiner ursprünglichen Fassung vom 27. Juli 19581 vor, daß die Herstellung, Beseitigung oder wesentliche Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer (Ausbau) ohne vorherige Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens genehmigt werden kann, wenn mit Einwendungen nicht zu rechnen ist (§ 34 Abs. 1 Satz 3). Die Amtliche Begründung zu § 34 des Entwurfs des Wasserhaushaltsgesetzes2 führt dazu aus, daß der Ausbau eines Gewässers seiner wasserwirtschaftlichen Bedeutung wegen zwar grundsätzlich ein Planfeststellungsverfahren voraussetze. Dies erübrige sich jedoch dann, wenn mit Einwendungen gegen den Ausbau nicht zu rechnen sei. Die Plangenehmigung ist im Wasserhaushaltsgesetz in seiner jetzigen Fassung3 im gleichlautenden § 31 Abs. 1 Satz 3 geregelt.
1
BGBl. 1,1110, ber. 1386.
2
BT-Drucks. 2/2072, S. 34.
3
Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz - WHG) in der Neufassung der Bekanntmachung vom 23. September 1986 (BGBl. 1,1529, ber. 1654), geändert durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 27.6.1985 über die Umweltverträg-
Α. Die wasserrechtliche Plangenehmigung
35
Das Wasserhaushaltsgesetz ist ein auf der Grundlage des Art. 75 Nr. 4 G G erlassenes Rahmengesetz. Planfeststellung und Plangenehmigung richten sich innerhalb dieses bundesgesetzlichen Rahmens in formeller und materieller Hinsicht, insbesondere auch in den inhaltlichen Voraussetzungen der das Verfahren abschließenden Entscheidung und ihrer rechtlichen Wirkungen, nach Landesrecht4. Die Landeswassergesetze treffen teilweise von § 31 Abs. 1 Satz 3 W H G erheblich abweichende Regelungen5, beachten aber im Hinblick auf die hier allein interessierenden Voraussetzungen der Plangenehmigung die Vorgaben der bundesrechtlichen Rahmenregelung 6.
2. Bundeswasserstraßengesetz η
Bis zum Erlaß des Bundeswasserstraßengesetzes (WaStrG) vom 2.4.1968' auf der Grundlage von Art. 74 Nr. 21 G G und Art. 72 Abs. 2 G G bestand für den Ausbau und Neubau von Bundeswasserstraßen keine spezialgesetzliche Regelung, in der die näheren Voraussetzungen für diese Vorhaben, das für ihre Planung geltende Verfahren und die Zuständigkeiten geregelt gewesen wären. Da aber die Herstellung, Beseitigung und wesentliche Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer (Ausbau) nach der bundes(rahmen)gesetzlichen Regelung des § 31 W H G einer Planfeststellung bzw. Plangenehmigung unterworfen war, wurde von dieser Vorschrift auch der Ausbau und Neubau von Bundeswasserstraßen erfaßt 8. Daher lag es lichkeit bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (85/337/EWG) vom 12.2.1990 (BGBl. I, 205). 4
BVerwG, Urt. v. 27.9.1990, BVerwGE 55, S. 227 = ZfW 1978, S. 367.
5
Ein Überblick über die landesrechtlichen Vorschriften findet sich bei Sieder/Zeitler/ Dahme, WHG, § 31 Rdnr. 117. 6 7
So RoneUenfitsch,
Die Verwaltung Bd. 23 (1990), S. 323 (331).
BGBl. II, 173. Neubekanntmachung des Bundeswasserstraßengesetzes am 23. August 1990 (BGBl. 1,1818). g Die Anwendung des § 31 WHG in Veibindung mit den ergänzenden landesrechtlichen Vorschriften auf den Bau von Bundeswasserstraßen war nicht unproblematisch, da nach Art. 89 Abs. 2 Satz 1 GG grundsätzlich der Bund die Bundeswasserstraßen durch eigene Behörden verwaltet. Da zum Vollzug des § 31 WHG nur landesrechtliche Regelungen ergangen waren, der Vollzug dieser landesrechtlichen Vorschriften durch Bundesbehörden jedoch nicht zulässig ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 11.4.1967, NJW 1967, S. 1956/1957 f.), kam eine Anwendung des § 31 WHG auf den Bau von Bundeswasserstraßen nur durch Landesbehörden in Betracht. Tatsächlich wurde in weiten Bereichen in der Zeit bis zum Inkrafttreten des Bundeswasserstraßengesetzes der Ausbau von Bundeswasserstraßen von der Bundeswasserstraßenverwaltung aufgrund von Planfeststellungen der Landesbehörden ausgeführt. Diese Planfeststellun-
36
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
nahe, das Regelungsmodell der Plangenehmigung in § 31 Abs. 1 Satz 3 W H G in das Bundeswasserstraßengesetz zu übernehmen 9. Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 WaStrG a.F. kann der Ausbau oder Neubau von Bundeswasserstraßen ohne Planfeststellung genehmigt werden, wenn mit Einwendungen nicht zu rechnen ist. Die Zuständigkeit für die Erteilung der Plangenehmigung liegt - wie bei der Planfeststellung auch - bei den Wasser- und Schiffahrtsdirektionen (§ 14 Abs. 1 Satz 3 WaStrG) in bundeseigener Verwaltung (Art. 89 Abs. 2 Satz 1 GG). Der Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 2 WaStrG a.F. weicht nur insoweit von § 31 Abs. 1 Satz 3 W H G ab, als letzterer von der "vorherigen Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens" spricht. Dieser sprachlichen Wendung kommt aber keine besondere Bedeutung zu. Nicht nur von der vorherigen Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens kann abgesehen werden, sondern von seiner Durchführung schlechthin10. Die plangenehmigungsrechtliche Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 2 WaStrG a.F. wurde nunmehr durch Art. 3 des Gesetzes zur Vereinfachung der Planungsverfahren für Verkehrswege (Planungsvereinfachungsgesetz PlVereinfG) 11 geändert. Die Plangenehmigung ist jetzt in § 14 Abs. 1 a WaStrG n.F. geregelt und entspricht den plangenehmigungsrechtlichen Vorschriften der anderen geänderten Verkehrswegeplanungsgesetze des Bundes 12 . Der Gesetzgeber ist hier vom wasserrechtlichen Regelungsmodell völlig abgerückt. Dennoch soll auch § 14 Abs. 1 Satz 2 WaStrG a.F. Gegenstand dieser Untersuchung sein, da diese Vorschrift der wasserrechtlichen Plangenehmigung entspricht und für die Entwicklung des Rechtsinstituts der Plangenehmigung eine wichtige Rolle gespielt hat.
gen blieben vom Grundsatz her unbeanstandet (so z.B. BVerwG, Urt. vom 30.11.1973, DÖV 1974, S. 568 f.). Vgl. zum Ganzen Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 31 Rdnrn. 83 ff. 9
Vgl. dazu auch die Amtliche Begründung zum Entwurf eines Bundeswasserstraßengesetzes (WaStrG), BT-Drucks. V/352, S. 23. 10 So Gieseke /Wiedemann /Czychowski, WHG, § 31 Rdnr. 80; Ronellenfitsch, Die Verwaltung Bd. 23 (1990), S. 323 (331). Ronellenfitsch (a.a.O.) entnimmt dem Wortlaut des § 31 Abs. 1 Satz 3 WHG, daß es dem Landesgesetzgeber rahmenrechtlich verwehrt sei, das Plangenehmigungsverfahren wie ein Planfeststellungsverfahren mit Anhörungsverfahren und Öffentlichkeitsbeteiligung auszugestalten. 11 Vom 17.12.1993, BGBl. I, S. 2123. Zum Planungsvereinfachungsgesetz siehe bereits oben § 1 A. (S. 16 f.) und unten § 2 D. 1.2. (S. 93 ff.). 12
Zur Neuregelung des § 14 Abs. 1 a WaStrG n.F. siehe unten § 2 D. 1.2. (S. 93 ff.).
Α. Die wasserrechtliche Plangenehmigung
37
3. Gegenstand der Plangenehmigung D e r Gegenstand der wasser- und wasserstraßenrechtlichen Plangenehmigung entspricht dem der Planfeststellung
. I m Wasserrecht sind die was-
serwirtschaftlich relevanten Vorgänge der Herstellung, Beseitigung und wesentlichen Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer - vom Gesetz als Ausbau bezeichnet - grundsätzlich nach § 3 1 Abs. 1 Satz 1 W H G planfeststellungsbedürftig 14 . Deich- und Dammbauten, die den Hochwasserabfluß beeinflussen, stehen dem Ausbau gleich (§ 3 1 Abs. 1 Satz 2 W H G ) . Sämtliche
planfeststellungspflichtigen
Ausbaumaßnahmen
können
ohne
Einschränkung auch Gegenstand einer Plangenehmigung sein. Gleiches gilt für den Ausbau und Neubau einer Bundeswasserstraße 15 . Diese bedürfen nach § 14 Abs. 1 Satz 1 W a S t r G grundsätzlich der Planfeststellung, können aber nach § 14 Abs. 1 Satz 2 W a S t r G a.F. bzw. § 14 Abs. 1 a W a S t r G n.F. auch genehmigt werden. D e r Gegenstand der wasserwirtschaftlichen und wasserwegerechtlichen Plangenehmigung umfaßt somit sowohl den Neubau als auch die Änderung bestimmter Anlagen. Eine Beschränkung der Plan-
13 14
Allgemein zum Gegenstand der Planfeststellung Blümel, VerwArch 1992, S. 146 ff.
Vgl. zu den Ausbaumaßnahmen im einzelnen Möllmann, Die Plangenehmigung im Wasserrecht , S. 8 ff.; Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 31 Rdnrn. 3 ff. und Gieseke /Wiedemann /Czychowsfd, WHG, § 31 Rdnrn. 2 ff. Teilweise haben die Landeswassergesetze neben der insoweit nicht abschließenden Regelung des § 31 Abs. 1 Satz 1 und 2 WHG die Planfeststellungsbedürftigkeit auf weitere Vorhaben ausgedehnt. So z.B. § 45 e Abs. 1 Satz 1BWLWG (Bau und Betrieb einer öffentlichen Abwasserbehandlungsanlage einschließlich der überörtlichen Zu- und Ableitungssammler sowie die wesentliche Änderung einer solchen Anlage oder ihres Betriebs), § 36 c Abs. 1 Satz 1 SHLWG (Bau und Betrieb von Abwasseranlagen sowie die wesentliche Änderung solcher Anlagen oder ihres Betriebs), § 170 Abs. 2 NWLWG (Unternehmen der Wasserverbände). An die Stelle der Planfeststellung kann hier eine Plangenehmigung treten, wenn mit Einwendungen nicht zu rechnen ist (vgl. § 45 e Abs. 1 Satz 2 BWLWG, § 36 c Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 SHLWG, § 170 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 NWLWG). Die durch Gesetz vom 12.2.1990 (BGBl. I, 205) eingefügte Vorschrift des § 18 c WHG schreibt jetzt rahmenrechtlich auch für den Bau und Betrieb sowie die wesentliche Änderung einer Abwasserbeseitigungsanlage ab einer bestimmten Größe eine besondere Zulassung vor. Die Länder sind zwar bei der Wahl des Zulassungsaktes frei, das Verfahren muß jedoch den Anforderungen des UVPG entsprechen. Damit dürfte eine Plangenehmigung für die in § 18 c Satz 1 WHG genannten Vorhaben nicht in Betracht kommen (vgl. oben § 1 Β. II. 4./S. 27 ff.). So sieht z.B. auch die Vorschrift des § 67 Abs. 5 SächsWG für Abwasseranlagen dieser Größenordnung zwingend eine Planfeststellung vor, ohne die Möglichkeit der Ersetzung durch eine Plangenehmigung einzuräumen. Vgl. hierzu Gieseke /Wiedemann /Czychowski, WHG, § 18 c Rdnrn. 16 ff. 15 Zu dem Begriffspaar Ausbau und Neubau siehe Friesecke, WaStrG, § 12 Rdnrn. 9 ff. und Müllmann, Die Plangenehmigung im Wasserrecht, S. 16 ff.
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
38
genehmigung auf bloße Änderungsvorhaben oder rechtlich "unbedeutende" Vorhaben findet nicht statt 16 .
IL Die Anwendungsvoraussetzungen der wasserrechtlichen Plangenehmigung Die Regelungen der §§ 31 Abs. 1 Satz 3 W H G und 14 Abs. 1 Satz 2 WaStrG a.F. sehen übereinstimmend die Möglichkeit der Erteilung einer Plangenehmigung an Stelle einer Planfeststellung dann vor, wenn mit Einwendungen gegen das Vorhaben nicht zu rechnen ist. Damit soll auch sichergestellt werden, daß es möglichst nicht zur späteren Geltendmachung ··
17
von Änderungs- und Beseitigungsansprüchen gegen das Vorhaben kommt . 1. Begriff und Rechtsnatur der Einwendungen Ausgangspunkt für die Auslegung des Begriffs der Einwendungen ist die Regelung des planfeststellungsrechtlichen Anhörungsverfahrens in § 73 VwVfG bzw. den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften. Der Begriff der Einwendungen taucht hier vor allem in § 73 Abs. 4 VwVfG auf. Das wasserwegerechtliche Planfeststellungsverfahren richtet sich, mit den Einschränkungen, die § 17 WaStrG macht, nach § 73 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes. Auf das wasserwirtschaftliche Planfeststellungsverfahren findet im wesentlichen der gleichlautende § 73 der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder Anwendung . Die Bestimmungen über
16 RoneUenfitsch, Die Verwaltung Bd. 23 (1990), S. 323 (331). Der Begriff des "unbedeutenden" Vorhabens taucht z.B. im Zusammenhang mit den Anwendungsvoraussetzungen der abfallrechtlichen Plangenehmigung auf (§ 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AbfG). Vgl. hierzu unten § 2 C. III. 1. (S. 70 ff.). 17
Gieseke /Wiedemann /Czychowski, WHG, § 31 Rdnr. 80. Zur Vorschrift des § 28 Abs. 2 Satz 2 PBefG (a.F.) vgl. auch BVerwG, Urt. v. 8.10.1976, NJW1977, S. 2367 (2368). 18
Da die Planfeststellung für den Ausbau und Neubau von Bundeswasserstraßen durch die Wasser- und Schiffahrtsdirektionen des Bundes erfolgt (§ 14 Abs. 1 Satz 3, § 45 Abs. 1 WaStrG, Art. 89 Abs. 2 Satz 1 GG), richtet sich das wasserwegerechtliche Planfeststellungsverfahren ergänzend nach den §§ 72 ff. des VwVfG des Bundes (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG). Das wasserwirtschaftliche Planfeststellungsverfahren richtetsich nach den Landeswassergesetzen und - subsidiär - nach den VwVfG der Länder. Behörden der Länder vollziehen hier Landesrecht.
Α. Die wasserrechtliche Plangenehmigung
39
die Plangenehmigung knüpfen insofern an diese Vorschriften an, als gerade das darin geregelte förmliche Verfahren entfallen kann, wenn mit Einwendungen nicht zu rechnen ist. Im planfeststellungsrechtlichen Anhörungsverfahren kann jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist Einwendungen gegen den Plan erheben (§ 73 Abs. 4 VwVfG), die dann in einem Erörterungstermin mit den Einwendungsführern zu besprechen sind (§ 73 Abs. 6 Satz 1 VwVfG). Das Einwendungsverfahren dient zum einen den Interessen der (rechtlich) Betroffenen, denen rechtliches Gehör gewährt und die Gelegenheit der Einflußnahme auf den Inhalt der zu treffenden Entscheidung gegeben wird 19 . Vornehmlich dient es aber auch der Information der Planfeststellungsbehörde und dem von dieser wahrzunehmenden öffentlichen Interesse an einer vollständigen Zusammenstellung des Abwägungsmaterials, das Grundlage für eine dem Abwägungsgebot gerecht werdende Entscheidung ist 20 . Entsprechend dieser weitreichenden Funktion des Anhörungsverfahrens definieren Rechtsprechimg und Literatur Einwendungen allgemein als jedes sachliche, auf die Modifizierung oder Verhinderung des Vorhabens, dessen Zulassung beantragt ist, abzielende Gegenvorbringen . Diese Definition deckt sich weitgehend mit der gesetzlichen Bestimmung des Begriffs der Einwendungen, wie er in manchen Landeswassergesetzen in ihrer ursprünglichen Fassung enthalten war. So waren etwa nach § 87 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 des Hamburgischen Wassergesetzes (HbgWG) in seiner ursprünglichen Fas-
19 Vgl. z.B. BVerwG, Urt. v. 14.2.1975, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 19, S. 1 (6); BVerwG, Urt. v. 14.4.1978, Buchholz 407.4 5 18 FStrG Nr. 7, S. 1 (4 f.); BVerwG, Urt. v. 27.5.1983, BVerwGE 67, S. 206 (213); BVerwG, Urt. v. 5.12.1986, BVerwGE 75, S. 214 (224); Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 73 Rdnr. 4; Busch, in: Knack, VwVfG, § 73 Rdnr. 2.2; Dürr, in: Kodal/Krämer, Straßenrecht, Kap. 35 Rdnr. 6 (S. 1083); Hoppe/Schiarmann, Rechtsschutz, Rdnr. 73 (S. 44); Kopp, VwVfG, § 73 Rdnr. 1; Kühling, Fachplanungsrecht, S. 142. 20 So z.B. BVerwG, Urt. v. 10.4.1968, BVerwGE 29, S. 282 (284); BVerwG, Urt. v. 14.12.1973, BVerwGE 44, S. 235 (239 f.); BVerwG, Urt. v. 22.2.1980, DVB1. 1980, S. 996 (997 f.); Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 73 Rdnr. 5; Dürr, in: Kodal/Krämer, Straßenrecht, Kap. 35 Rdnr. 6 (S. 1083); Kopp, VwVfG, § 73 Rdnr. 1; Obermayer, VwVfG, § 73 Rdnr. 8. 21 Vgl. BVerwG, Urt. v. 17.7.1980, BVerwGE 60, S. 297 (300, 311 f.), wonach das "bloße Nein", der "nicht näher spezifizierte Protest", die "schlichte Mitteilung, es würden Einwendungen erhoben", nicht als Einwendungen anzusehen sind. Siehe auch BGH, Urt. v. 12.7.1984, DVB1. 1984, S. 1124; Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 73 Rdnr. 41; Friesecke, WaStrG, § 14 Rdnr. 6; Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 4 0 I V 1 (S. 258).
40
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
sung unter Einwendungen Widersprüche gegen das Vorhaben und Ansprüche auf Verhütung und Ausgleich nachteiliger Wirkungen zu verstehen. Zweifelhaft ist der Rechtscharakter der Einwendungen. Teilweise werden sie als "Rechtsbehelf im Verwaltungsverfahren" angesehen, da das Einwendungs- und Anhörungsverfahren - zumindest auch - eine typische gesetzliche Regelung zum Schutz betroffener Dritter sei und der Verteidigung von Indi.
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vidualrechten, vor allem dem Eigentum, diene . Die rechtliche Qualifizierung der Einwendung als Rechtsbehelf ist jedoch abzulehnen, will man die Konturen dieses Begriffs nicht völlig auflösen 24. Rechtsbehelfe richten sich gegen eine bereits getroffene Entscheidung, während der Einwendungsführer auf eine erst noch zu treffende Entscheidung Einfluß nehmen will . Daran ändert auch der Umstand nichts, daß dem Planfeststellungsverfahren verstärkt eine "Rechtsschutzfunktion" zugeschrieben wird. Schließlich sind Einwendungen auch keine subjektiven Abwehrrechte des Einwendungsführers gegen das geplante Vorhaben, da sie keine Kategorie des materiellen Rechts sind . Die Erhebung der Einwendung im Rahmen des planfeststellungsrechtlichen Anhörungsverfahrens ist vielmehr eine Verfahrenshandlung. Sie zielt darauf ab, auf eine Verwaltungsentscheidung, nämlich den Planfeststellungsbeschluß, Einfluß zu nehmen. Die Einwendung selbst ist kein materielles Recht, sondern vielmehr ein verfahrensrechtliches Instrument, mit dem auch subjektive Rechte geltend gemacht werden können .
22 Vom 20. Juni 1960, GVB1.1, 335 (350). Die Vorschrift des § 87 HbgWG fand über § 95 HbgWG auch für das wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren Anwendung.
23
Deppen, Beteiligungsrechte des Bürgers, S. 135 ff.; Hoppe, Verfahren und gerichtliche Kontrolle, S. 403 (412); Hoppe/Schiarmann, Rechtsschutz, Rdnr. 73 (S. 45); Schotthöf er, BayVBl. 1968, S. 300, 342 (343). 24 Fickert, Planfeststellung, Nr. 15 Anm. 22; Graffe , Beteiligung an Verfahren, S. 75 f.; /. Ipsen, DVBl. 1980, S. 146 (147); Metz, Präklusion, S. 11; Schroeter, in: Marschall/Schroeter/Kastner, FStrG, § 18 Rdnr. 5; Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 40 IV 1 (S. 258). So wohl auch Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 73 Rdnr. 40. 25
UlejLaubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 4 0 I V 1 (S. 258).
26
So aber Papier, NJW1980, S. 313 (315); Stober, AöR 106 (1981), S. 41 (45 f.).
27
Notwendig ist das nicht. Siehe dazu unten § 2 A II. 3. (S. 45 ff.).
28 Busch, in: Knack, VwVfG, § 73 Rdnr. 7.2; Ule/Laubinger, § 40IV 1 (S. 258).
Verwaltungsverfahrensrecht,
Α. Die wasserrechtliche Plangenehmigung
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Der Begriff der Einwendung in den plangenehmigungsrechtlichen Vorschriften des § 31 Abs. 1 Satz 3 W H G und des § 14 Abs. 1 Satz 2 WaStrG a.F. deckt sich mit dem Begriff der Einwendung im Planfeststellungsverfahren. Denn er stellt insoweit eine Verknüpfung zwischen beiden Verfahren her, als ein Planfeststellungsverfahren dann entbehrlich erscheint, wenn von vornherein mit Einwendungen i.S.v. § 73 Abs. 4 VwVfG gegen das Vorhaben nicht zu rechnen ist. In diesen Fällen ist auch die Durchführung eines einfachen Plangenehmigungsverfahrens ausreichend. Daher ist die Sichtweise verkürzt, die unter Einwendungen im Sinne der plangenehmigungsrechtlichen Vorschriften ausschließlich materielle Abwehransprüche gegen das Vorhaben versteht, da verhindert werden müsse, daß nach Erteilung der Plangenehmigung Beseitigungs-, Änderungs- und Unterlassungsansprüche gegen das Vorhaben erhoben werden 29 . Dies trifft sicherlich auch zu. Doch ist der Begriff der Einwendungen ein verfahrensrechtlicher Begriff. Einwendungen sind ein Verfahrensinstrument, mit dem zwar auch, aber eben nicht nur subjektive Rechte geltend gemacht werden können .
2. Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange Fraglich ist, ob neben den Einwendungen Privater auch ablehnende und widersprechende Stellungnahmen von Behörden und Gemeinden als Einwendungen i.S.d. §§ 31 Abs. 1 Satz 3 W H G , 14 Abs. 1 Satz 2 WaStrG a.F. anzusehen sind. Dies wird teilweise unter Hinweis auf Sinn und Zweck der Ol
Vorschriften über die Plangenehmigung bejaht . So sei § 31 Abs. 1 Satz 3 W H G eine Vorschrift zur Vereinfachung des Verfahrens. Im Interesse der Verfahrensvereinfachung solle auf ein aufwendiges Planfeststellungsverfahren dann verzichtet werden, wenn das Vorhaben ohne weiteres, d.h. ohne
29
So aber Waskow, Mitwirkung von Naturschutzveibänden, S. 69 unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 8.10.1976, NJW1977, S. 2367. Aus dem Urteil geht jedoch nicht hervor, daß das Gericht unter Einwendungen (i.S.v. § 28 Abs. 2 Satz 2 PBefG a.F.) ausschließlich materielle Abwehrrechte versteht. 30
Vgl. zur Einwendungsbefugnis unten § 2 Α. II. 3. (S. 45 ff.). BWVGH, Urt. v. 11.11.1980 - 5 S 1063/80 -, insoweit in ZfW 1981, S. 106 nicht abgedruckt, zitiert nach Habel, VB1BW 1986, S. 89 (96); Gieseke /Wiedemann/ Czychowski, WHG, § 3l Rdnr. 80. Offengelassen von OVG Münster, Urt. v. 10.6.1985, ZfW 1986, S. 392 (393) und Urt. v. 15.6.1984, ZfW 1985, S. 129 (132). 31
42
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung 1Λ
tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten, gestattet werden könne , mithin ein Fall offensichtlicher Unbedenklichkeit des Vorhabens vorliege . Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, wenn entgegenstehende Stellungnahmen von Fachbehörden bereits vorliegen oder zu erwarten sind. Denn dann liege ein rechtlich und tatsächlich einfach gelagerter Sachverhalt - und nur dieser könne mit dem Instrument der Plangenehmigung rechtlich bewältigt werden - nicht vor. Die Auslegung des Begriffs der Einwendungen muß sich auch bei der Beantwortung dieser Frage vornehmlich an der Regelung des planfeststellungsrechtlichen Anhörungsverfahrens in § 73 VwVfG bzw. den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften orientieren, da ja gerade dieses förmliche Anhörungsverfahren bei der Plangenehmigung entfallen soll. Erst in zweiter Linie sollte der - vermeintliche - Zweck der Plangenehmigung zur Auslegung des Begriffs der Einwendungen herangezogen werden. § 73 VwVfG und die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften unterscheiden genau zwischen den von der Anhörungsbehörde einzuholenden Stellungnahmen der Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird (§ 73 Abs. 2 VwVfG) , und den Einwendungen derer, deren Belange durch das Vorhaben berührt werden (§ 73 Abs. 4 VwVfG). Im planfeststellungsrechtlichen Anhörungsverfahren wird somit klar zwischen den Stellungnahmen der Behörden und den Einwendungen getrennt. Zwar sind die nunmehr maßgeblichen Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der meisten Länder erst am 1. Januar 1977 in Kraft getreten , zu einem Zeitpunkt also, als sowohl das Wasserhaushaltsgesetz samt den Landeswassergesetzen als auch das Bundeswasserstraßengesetz bereits galten. Doch auch die Landeswassergesetze differenzierten in ihren inzwischen
32
OVG Münster, Urt. v. 15.6.1984, ZfW 1985, S. 129 (131 f.); Gieseke j Wiedemann /Czychoswki, WHG, § 31 Rdnr. 80. 33 So angedeutet - aber letztlich offengelassen - von OVG Münster, Urt. v. 10.6.1985, ZfW 1986, S. 392 (393).
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Zum Aufgabenbereich gehören nur öffentlich-rechtliche Wahrnehmungszuständigkeiten. Ist nur die zivilrechtliche Eigentumssphäre einer juristischen Person des öffentlichen Rechts berührt, so ist die Behörde nicht nach § 73 Abs. 2 VwVfG, sondern nach § 73 Abs. 3 bis 7 VwVfG zu beteiligen. Vgl. hierzu z.B. Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 73 Rdnr. 17; Kopp, VwVfG, § 73 Rdnr. 13; Meyer, in: Meyer/Borgs, VwVfG, § 73 Rdnr. 15. 35 Vgl. § 103 Abs. 1 VwVfG. Die Mehrzahl der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder ist zeitgleich in Kraft getreten. Siehe z.B. Art. 99 Satz 2 BayVwVfG.
. Die wasserrechtliche Plangenehmigung
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teilweise zugunsten der Landesverwaltungsverfahrensgesetze aufgehobenen Verfahrensvorschriften zwischen Beteiligten, die durch das Unternehmen beeinträchtigt werden können, und Behörden und Gemeinden, deren Bereich durch das Unternehmen berührt wird. Nur das Gegenvorbringen BeΛ/·
teiligter wird als Einwendung bezeichnet . Auch das Bundeswasserstraßengesetz in seiner ursprünglichen Fassung unterscheidet in der Vorschrift über das planfeststellungsrechtliche Anhörungsverfahren zwischen Stellungnahmen beteiligter Behörden des Bundes, des Landes, der Gemeinden und der Gemeindeverbände (§ 17 Abs. 2 WaStrG a.F.) und Einwendungen (§ 17 Abs. 3 WaStrG a.F.). Die gesetzliche Systematik des § 73 VwVfG und der vor Erlaß der Verwaltungsverfahrensgesetze geltenden Verfahrensvorschriften spricht somit dagegen, auch die dem Vorhaben widersprechenden Stellungnahmen von Behörden als Einwendungen i.S.d. §§ 31 Abs. 1 Satz 3 W H G , 14 Abs. 1 Satz 2 WaStrG a.F. anzusehen38. Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß im planfeststellungsrechtlichen Anhörungsverfahren letztlich sowohl Behörden als auch Einwendungsführern Gelegenheit gegeben wird, ihre gegen das Vorhaben sprechenden Einwände vorzubringen, und daß dieses förmliche Verfahren deshalb auch nur dann unterbleiben kann, wenn keinerlei Gegenvorbringen besteht oder zu erwarten ist. Die Behördenbeteiligung im Rahmen des planfeststellungsrechtlichen Anhörungsverfahrens nach § 73 Abs. 2 VwVfG ist vor dem Hintergrund der Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz VwVfG zu sehen. Wenn durch das Planfeststellungsverfahren mehrere Verwaltungsverfahren zu einem einzigen zusammengefaßt werden, müssen alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte der von diesen Behörden zu vertretenden öffentlichen Belange und der von ihnen wahrgenommenen Kompetenzen in die Planfeststellung einfließen und auf die Gesamtentscheidung einwirken 39 . Die Anhörung der Behörden dient somit letztlich auch der "Wahrung der
36
Vgl. z.B. Art. 78 Abs. 2, 3, 4 des Bayerischen Wassergesetzes (BayWG) in seiner ursprünglichen Fassung vom 28. Juli 1962, GVB1., 143. 37 Vom 2.4.1968, BGBl. II, 173. 38
So auch Möllmann, Die Plangenehmigung im Wasserrecht, S. 47 f. Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 73 Rdnr. 16; Busch, in: Knack, VwVfG, § 73 Rdnr. 5.1; Kopp, VwVfG, § 73 Rdnr. 12; Obermayer, VwVfG, § 73 Rdnr. 59. 39
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§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
Kompetenzordnung". Der Plangenehmigung im Wasserrecht kommt jedoch - von vereinzelten Sonderregelungen in den Landeswassergesetzen abgesehen - keine Konzentrations- und Ersetzungswirkimg zu 4 0 . Der dem Vorhaben widersprechenden Behörde bleibt es unbenommen, eine neben der Plangenehmigung erforderliche Genehmigung, Verleihung, Erlaubnis, Bewilligung oder Zustimmung nicht zu erteilen. Die Kompetenzordnung bleibt somit auch dann gewahrt, wenn eine Plangenehmigung erteilt wird, obwohl eine Behörde Einwände gegen das geplante Vorhaben hat. Im übrigen bleibt die Plangenehmigungsbehörde verpflichtet, den von einer Behörde geltend gemachten öffentlichen Belang im Rahmen ihrer Planungsentscheidung gerecht abzuwägen41. Schließlich geht aus dem Wortlaut der Regelungen der §§ 31 Abs. 1 Satz 3 W H G , 14 Abs. 1 Satz 2 WaStrG a.F. in keiner Weise hervor, daß die Plangenehmigung nur dann zur Anwendung kommen soll, wenn das Vorhaben "unproblematisch" genehmigt werden kann 42 . Eine andere Frage ist, ob die wasserrechtliche Plangenehmigung wegen ihrer im Vergleich zur Planfeststellung beschränkten Rechtswirkungen rechtlich überhaupt in der Lage ist, problematische und komplizierte Sachverhalte zu bewältigen. Es bleibt damit festzuhalten, daß dem Vorhaben widersprechende Stellungnahmen von Behörden keine Einwendungen i.S.d. §§ 31 Abs. 1 Satz 3 W H G , 14 Abs. 1 Satz 2 WaStrG a.F. sind und daher der Anwendung der Plangenehmigung nicht entgegenstehen43. Etwas besonderes muß für die Gemeinden gelten. Diese sind zwar im Rahmen des planfeststellungsrechtlichen Anhörungsverfahrens nach § 73 Abs. 2 VwVfG zu beteiligen als Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Zum Aufgabenbereich der Gemeinde gehört als öffentlich-rechtliche Wahrnehmungszuständigkeit stets ihre Planungs-
dfl Vgl. Sieder/Zeitler/Dahme y WHG, § 31 Rdnr. 107 und Friesecke, WaStrG, § 14 Rdnr. 8. Sonderregelungen bestehen in den Landeswassergesetzen von Hessen und Niedersachsen, § 107 Abs. 3 HessWG, § 128 Abs. 1 NdsWG. Dazu näher unten § 3 Β. II. 2. a) (S. 189 f.). 41 Siehe oben § 1 Β. II. 6. (S. 32 f.). 42 43
So die Formulierung von OVG Münster, Urt. v. 15.6.1984, ZfW 1985, S. 129 (131).
So auch VG Arnsberg, Beschl. v. 23.1.1979, ZfW-Sonderheft 1979, S. 88 (LS): Einwendungen nur aufgrund von Gegenrechten Privater. Friesecke (WaStrG, § 14 Rdnrn. 4, 6) geht - ohne das Problem näher anzusprechen - wohl auch davon aus, daß Einwendungen nur private Dritte erheben können.
. Die wasserrechtliche Plangenehmigung
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hoheit 44 . Soweit das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde betroffen ist, sind die von der Gemeinde vertretenen öffentlichen Belange aber zugleich auch eigene Belange und Rechte der Gemeinde. Daher können entgegenstehende Stellungnahmen der betroffenen Gemeinde auch Einwendungen i.S.d. § 73 Abs. 4 VwVfG und damit zugleich der §§ 31 Abs. 1 Satz 3 W H G und 14 Abs. 1 Satz 2 WaStrG a.F. sein, sofern die Gemeinde einwendungsbefugt ist 45 .
3. Zulässigkeit der Einwendungen Nach der für das wasserrechtliche und wasserwegerechtliche Planfeststellungsverfahren maßgeblichen Vorschrift des § 73 Abs. 4 der Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder kann nur derjenige Einwendungen gegen den Plan erheben, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden. Erforderlich ist eine sogenannte Einwendungsbefugnis des Einwenders, die einem Individualrechtsschutz dient und kein allgemeines Populareinwendungsrecht im Sinne eines Jedermann-Verfahrens eröffnen soll 46 . Entsprechend dem weitgefaßten Zweck des Einwendungsverfahrens - es dient neben dem rechtlichen Gehör der rechtlich Betroffenen vornehmlich der umfassenden Information der Planfeststellungsbehörde 47 - sind
44 BVerwG, Urt. v. 14.2.1969, BVerwGE 31, S. 263 (265 ff.); BVerwG, Urt. v. 8.9.1972, BVerwGE 40, S. 323 (329 ff.); BVerwG, Urt. v. 21.5.1976, DVBl. 1976, S. 786 (787); BVerwG, Urt. v. 7.7.1978, BVerwGE 56, S. 110 (135). Vgl. auch Busch, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 73 Rdnr. 17; Kopp, VwVfG, § 73 Rdnr. 13; Meyer, in: Meyer/Borgs, VwVfG, § 73 Rdnr. 15; Obermayer, VwVfG, § 73 Rdnr. 26. 45 Kopp, VwVfG, § 73 Rdnr. 30; Müllmann, Die Plangenehmigung im Wasserrecht, S. 49; Obermayer, VwVfG, § 73 Rdnr. 27; Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 40 IV 2 b) (S. 261). 46
Demgegenüber sehen z.B. § 10 Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz BImSchG und § 7 Abs. 1 Satz 1 AtVfV ganz allgemein vor, daß Einwendungen erhoben werden können, ohne den Kreis der möglichen Einwendungsführer näher zu bestimmen. Daraus wird überwiegend geschlossen, daß hier jedermann - also ohne Rücksicht darauf, ob er in eigenen Belangen berührt ist oder nicht - Einwendungen erheben kann. Vgl. z.B. Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 73 Rdnr. 37 und Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 40IV 2 a) / Fn. 46 (S. 259). Auch die Vorschrift des § 17 Abs. 3 WaStrG sah in ihrer alten Fassung vor, daß Einwendungen ohne weitere Voraussetzungen erhoben werden können. Diese Regelung wurde jedoch durch Art. 32 des Dritten Rechtsbereinigungsgesetzes vom 28. Juni 1990 (BGBl. 1,1221,1238 f.) zuguristen von § 73 Abs. 4 VwVfG aufgehoben. 47
Vgl. bereits oben § 2 Α. II. 1 (S. 39).
46
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
eigene Belange nicht nur alle öffentlich-rechtlich oder zivilrechtlich begründeten eigenen Rechte, sondern darüber hinaus alle wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, ideellen oder sonstigen nicht unredlich erworbenen und deshalb anerkennenswerten eigenen Interessen des Einwenders 48. Der Begriff der Belange geht damit über, den des subjektiven Rechts hinaus. Der Kreis der Einwendungsbefugten ist mithin wesentlich weiter als der Kreis der gemäß § 42 Abs. 2 VwGO Klagebefugten. Die Wahrnehmung von Interessen allein zum Schutz der Allgemeinheit oder des Gemeinwohls schließt dagegen die Einwendungsbefugnis aus 49 . Unter den genannten Voraussetzungen können Einwendungen auch von juristischen Personen des öffentlichen Rechts erhoben werden, etwa von Gemeinden, deren Planungshoheit oder zivilrechtliches Eigentum durch das Vorhaben tangiert wird 50 . Naturschutzverbände, die sich unabhängig von der Geltendmachung subjektiver Interessen für die Wahrung des Umweltund Naturschutzes einsetzen, sind nicht einwendungsbefugt i.S.v. § 74 Abs. 4 VwVfG, denn sie vertreten in dieser Eigenschaft keine eigenen Interessen, sondern ausschließlich das Allgemeininteresse an einer intakten Umwelt. Dies gilt auch dann, wenn die Naturschutzverbände sich die Wahrung von Umweltbelangen in ihrer Satzung zur Aufgabe gemacht haben 51 . Die Beteiligung der anerkannten Naturschutzverbände findet vielmehr ausschließlich auf der Grundlage des § 29 Abs. 1 Nr. 4 BNatSchG statt.
Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, S 73 Rdnr. 38; Busch, in: Knack, VwVfG, § 73 Rdnr. 7.1.1; Kopp, VwVfG, 5 73 Rdnr. 23; Meyer, in: Meyer/Borgs, VwVfG, § 73 Rdnr. 38; Obermayer, VwVfG, § 73 Rdnrn. 97 ff.; Ule/Laubinger, VwVfG, § 40 IV 2 a) (S. 259 f.). Vgl. auch VGH Kassel, Urt. v. 7.1.1986, NVwZ 1986, S. 680 (682). 49 Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 73 Rdnr. 38; Busch, in: Knack, VwVfG, § 73 Rdnr. 7.1.1; Kopp, VwVfG, § 73 Rdnr. 26; Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 40 IV 2 a) (S. 260). 50 BVerwG, Urt. v. 14.2.1969, BVerwGE 31, S. 263 (266); BVerwG, Urt. v. 7.7.1978, BVerwGE 56, S. 110 (137); BVerwG, Urt. v. 18.3.1987, BVerwGE 77, S. 128 (133); BVerwG, Urt. v. 18.3.1987, BVerwGE 77, S. 134 (138). Siehe auch Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 73 Rdnr. 50; Kopp, VwVfG, § 73 Rdnr. 30; Obermayer, VwVfG, § 73 Rdnr. 27; Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 40IV 2 b) (S. 261). 51 Vgl. Franke, ZfW 1979, S. 1 (9); Papier, NJW 1980, S. 313 (315); Kopp, VwVfG, § 73 Rdnr. 26; Waskow, Mitwirkung von Naturschutzverbänden, S. 38.
Α. Die wasserrechtliche Plangenehmigung
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Einwendungen stehen einem Plangenehmigungsverfahren nur dann entgegen, wenn sie zumindest zulässig sind, der Einwender also auch einwendungsbefugt ist. Da in einem öffentlich bekanntgemachten Planfeststellungsverfahren an sich jeder - ungeachtet seiner sachlichen Berechtigimg formell Einwendungen erheben kann, wäre ohne eine öffentliche Bekanntmachung des Vorhabens eine auch nur wahrscheinliche Feststellung darüber, ob mit Einwendungen gegen das Vorhaben zu rechnen ist, nicht möglich. Schließlich wird bei jedem größeren Vorhaben formell mit Einwendungen zu rechnen sein, so daß der Plangenehmigung nur ein geringer Anwendungsbereich verbliebe. Es ist daher davon auszugehen, daß unter Einwendungen im vorliegenden Zusammenhang nur solche zu verstehen sind, aus denen sich eine sachliche Beteiligung am Planfeststellungsverfahren ergeben könnte 52 . Können daher die vom Einwender behaupteten Rechte oder Interessen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehen oder ihm zustehen oder steht fest, daß der Einwender selbst durch das Vorhaben und seine Auswirkungen überhaupt nicht berührt werden kann, so besteht keine M
Einwendungsbefugnis . Etwa bereits erhobene oder zu erwartende Einwendungen stehen der Anwendung der Plangenehmigung dann nicht entgegen. Zweifelhaft ist, ob die bereits erhobenen oder zumindest wahrscheinlichen Einwendungen auch sachlich berechtigt, also begründet sein müssen und dem Vorhaben in seiner geplanten Form rechtlich entgegenstehen müssen 54 . Dies ließe sich mit dem Hinweis darauf bejahen, daß, wenn die Plangenehmigungsbehörde die Einwendung schon kennt, es ihr nicht verwehrt werden dürfe, in die sachliche Prüfung der Einwendimg einzusteigen. Diese Sichtweise ist jedoch abzulehnen, da es gerade die Aufgabe des Planfeststellungsverfahrens und nicht des Plangenehmigungsverfahrens ist, die Einwendungen im einzelnen zu würdigen und zu prüfen 55 . Dies ergibt sich auch eindeutig aus dem Wortlaut der §§ 31 Abs. 1 Satz 3 W H G und 14 Abs. 1
Giesekej Wiedemann /Czychoswfd, WHG, § 31 Rdnr. 80; RoneUenfitsch, Die Verwaltung Bd. 23 (1990), S. 323 (331); Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 31 Rdnr. 97. Hiervon geht wohl auch das OVG Münster, Urt. v. 10.6.1985, ZfW 1986, S. 392 (393) aus. 53
Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 73 Rdnr. 38.
54
In diese Richtung RoneUenfitsch,
55
Die Verwaltung Bd. 23 (1990); S. 323 (331).
So auch OVG Münster, Urt. v. 10.6.1985, ZfW 1986, S. 392 (393 f.); Gieseke/ Wiedemann /Czychowski, WHG, § 31 Rdnr. 80; Müllmann, Die Plangenehmigung im Wasserrecht, S. 54 f.
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§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
Satz 3 WaStrG a.F., die keine Beschränkung auf begründete Einwendungen vornehmen.
4. Prognose Schließlich stellt sich die für die Wahl von Planungsverfahren und Zulassungsakt entscheidende Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen die Behörde mit Einwendungen nicht zu rechnen braucht. Die Bestimmungen der §§ 31 Abs. 1 Satz 3 W H G und 14 Abs. 1 Satz 2 WaStrG a.F. können jedenfalls dann nicht zur Anwendung kommen, wenn bereits im Vorfeld des eigentlichen Planungsverfahrens Einwände gegen das geplante Vorhaben erhoben werden, die in einem Planfeststellungsverfahren zulässige Einwendungen i.S.d. § 73 Abs. 4 VwVfG darstellen würden. Aber auch wenn erst im Rahmen eines bereits eingeleiteten Plangenehmigungsverfahrens Einwendungen erhoben werden, sind die Vorschriften über die Plangenehmigung nicht mehr anwendbar. Dies gilt selbst dann, wenn die Behörde ursprünglich durchaus nicht mit Einwendungen rechnen mußte. Das bereits eingeleitete Plangenehmigungsverfahren ist dann in ein Planfeststellungsverfahren überzuleiten 56. Einer Prognose durch die Behörde bedarf es in diesen Fällen nicht, denn es steht ja bereits fest, daß Einwände gegen das Vorhaben bestehen, die im planfeststellungsrechtlichen Anhörungsverfahren als Einwendungen geltend gemacht würden. Etwas anderes gilt aber dann, wenn die bereits erhobenen Einwendungen gegen das geplante Vorhaben zurückgenommen werden, etwa weil sie ausgeräumt werden konnten . Ist das Plangenehmigungsverfahren mit Erlaß der Plangenehmigung abgeschlossen, so sind erst jetzt erhobene Einwendungen für die Wahl des Verfahrens und des Zulassungsaktes unbeachtlich, sofern nur die ursprüngliche Prognose, daß mit Einwendungen nicht zu rechnen war, ordnungsgemäß erfolgt ist. Die Einwender sind dann auf gerichtlichen Rechtsschutz gegen das Vorhaben selbst angewiesen.
56 Gieseke /Wiedemann /Czychowski, § 31 Rdnr. 104. 57
WHG, § 31 Rdnr. 84; Sieder/Zeitler/Dahme,
Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 31 Rdnr. 104. Vgl. insoweit auch den Wortlaut der Vorschrift des § 41 Abs. 3 Satz 1 FlurbG, wo die flurbereinigungsrechtliche Plangenehmigung geregelt ist. Dazu näher unten § 2 B. (S. 52 ff.).
WHG
Α. Die wasserrechtliche Plangenehmigung
49
Werden keine Einwendungen erhoben, muß die Zulassungsbehörde vor der Wahl des Plangenehmigungsverfahrens eine "Prognose mit negativem Inhalt" stellen 58 . Unter Prognoseentscheidungen versteht man im allgemeinen Entscheidungen, die auf der vorausschauenden Beurteilung künftiger Entwicklungen aufbauen, die sich ex ante einer exakten Beurteilung und daher auch einer exakten Vorhersage entziehen und deshalb immer eine Beurteilung und Wertung erfordern 59. Grundlage dieser Prognose müssen konkrete und zuverlässige Anhaltspunkte dafür sein, daß es in einem Planfeststellungsverfahren zu Einwendungen gegen das Vorhaben nicht kommen würde. Allein aus dem Fehlen ablehnender Eingaben von Bürgern kann nicht geschlossen werden, daß solche Einwendungen nicht zu erwarten sind, insbesondere wenn die Bürger bisher noch keine Gelegenheit hatten, von dem Vorhaben Kenntnis zu nehmen, Unterlagen einzusehen und Bedenken vorzubringen 60. Hätte der Gesetzgeber der Prognose einen anderen Inhalt geben wollen, so hätte er den Nebensatz der Bestimmungen der §§ 31 Abs. 1 Satz 3 W H G und 14 Abs. 1 Satz 2 WaStrG a.F. andersherum formulieren müssen (etwa: es sei denn, daß mit Einwendungen zu rechnen ist). Eine absolute Gewißheit darüber, daß mit Einwendungen nicht zu rechnen ist, braucht nicht vorzuliegen. Auch sie hätte eine andere sprachliche Fassung der §§ 31 Abs. 1 Satz 3 W H G , 14 Abs. 1 Satz 2 WaStrG a.F. vorausgesetzt, denn gerade der Wegfall des förmlichen Planfeststellungsverfahrens führt ja dazu, daß nur beschränkte Erkenntnisquellen für die Behörde zur Verfügung stehen61. Eine bloße Unwahrscheinlichkeit von Einwendungen reicht aus 62 . Die Behörde muß, will sie ein bloßes Plangenehmigungsverfahren durchführen, von Amts wegen die ihrer Prognose zugrundeliegende Beurteilungsgrundlage für die Wahrscheinlichkeit von Einwendungen schaffen. Dabei hat sie zunächst aufgrund der Pläne den Bereich zu ermitteln, auf
58 So die Formulierung des OVG Münster, Urt. v. 10.6.1985, ZfW 1986, S. 392 (393). Vgl. auch Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG, § 31 Rdnr. 80; Müllmann, Die Plangenehmigung im Wasserrecht, S. 59 f. 59
Vgl. z.B. BVerwG, Urt. v. 7.7.1978, BVerwGE 56, S. 110 (121 f.); BVerwG, Urt. v. 23.10.1981, DVBl. 1982, S. 301 (302). Siehe auch Kopp, VwVfG, § 40 Rdnr. 43 und Ule/ Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 55 III (S. 386). 60
OVG Münster, Urt. v. 10.6.1985, ZfW 1986, S. 393 (394).
61
Sieder/Zeitler/Dahme,
62
So RoneUenfitsch, Die Verwaltung Bd. 23 (1990), S. 323 (331).
4 Ringel
WHG, § 31 Rdnr. 99.
50
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
den sich das Vorhaben tatsächlich auswirken kann, um so, nötigenfalls unter Zuhilfenahme von Grundbüchern, Katastern und Wasserbüchern oder sonstiger einschlägiger Vorgänge, den Kreis der möglichen Einwendungsführer feststellen zu können 63 . Die Behörde muß dann nicht mit Einwendungen gegen das Vorhaben rechnen, wenn zwischen sämtlichen möglichen Einwendungsführern und dem Träger des Vorhabens Vereinbarungen über die Verhütung oder den Ausgleich von Beeinträchtigungen geschlossen worden sind 64 . Ein solcher Ausgleich kann auch in Form einer Entschädigung in Geld erfolgen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts einverstanden erklärt haben 65 . Das ist auch erforderlich, da die wasserrechtliche Plangenehmigung nicht Grundlage für den Eingriff in Rechte Dritter sein kann und auch keine enteignungsrechtliche Vorwirkung besitzt 66 . Für die Betroffenen besteht dann kein anerkennenswertes Bedürfnis mehr, Einwendungen gegen das Vorhaben zu erheben, so daß die Behörde auch davon ausgehen darf, daß vernünftigerweise keine Einwendungen erhoben werden. Scheitert jedoch die Vereinbarung mit nur einem möglichen Einwendungsführer, insbesondere mit einem Betroffenen, so scheidet die Erteilung einer Plangenehmigung aus und ein Planfeststellungsverfahren muß durchgeführt werden. Die Behörde darf sich auch dann für ein Plangenehmigungsverfahren und eine Plangenehmigung entscheiden, wenn das Vorhaben entweder gar keine oder derart geringfügige Beeinträchtigungen hervorruft, daß bei verständiger Würdigung der Lage mit Einwendungen nicht gerechnet zu werden braucht. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn es sich um ein kleineres Vorhaben, etwa ein Änderungsvorhaben, handelt, das auch recht-
63
Sieder/Zeitler/Dahme,
WHG, § 31 Rdnr. 97.
64
Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG, § 31 Rdnr. 80; Möllmann, Die Plangenehmigung im Wasserrecht, S. 61 f.; RoneUenfitsch, Die Verwaltung Bd. 23 (1990), S. 323 (331 f.); ders., Planungsrecht, S. 162; Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 31 Rdnr. 97. 65 So der Wortlaut der neueren gesetzlichen Regelungen der Plangenehmigung. Vgl. hierzu unten § 2 D. III. 3. (S. 145 ff.).
66
Zu den Rechtswirkungen der Plangenehmigung im einzelnen vgl. unten § 4 B. (S. 181 ff.).
Α. Die wasserrechtliche Plangenehmigung
51
fH
lieh "unbedeutend" ist , d.h., daß es gemessen an dem Zweck der Planfeststellung, die Vereinbarkeit eines Vorhabens mit den berührten öffentlichen fA
.
und privaten Belangen zu prüfen, nicht erheblich ist . Das kann auch bei einem größeren Vorhaben der Fall sein, wenn es der Verbesserung der Situation der möglichen Einwendungsführer dient. Werden im Verfahren der Aufstellung eines Landschaftsplanes 69 oder eines Bauleitplanes70 keine Einwendungen erhoben, dann kann daraus im allgemeinen nicht der Schluß gezogen werden, daß auch im Planfeststel71
lungsverfahren mit Einwendungen nicht gerechnet zu werden braucht . Denn weder ein Landschaftsplan noch ein Bauleitplan sind für das nachfolgende Zulassungsverfahren vorgreiflich. Spätere Einwendungen sind daher 77
auch nicht formell oder materiell präkludiert . Eine Besonderheit besteht bei wasserrechtlichen Ausbaumaßnahmen, wenn Ausbauunternehmer ein Wasser- und Bodenverband ist. Ein Planfeststellungsverfahren ist hier entbehrlich, wenn sich die Auswirkungen der Ausbaumaßnahmen auf die dinglichen Mitglieder des Verbands oder die Nutzungsberechtigten von Verbandsgrundstücken beschränken 73. Diese Be-
So z.B. die Formulierung in § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AbfG bei der abfallrechtlichen Plangenehmigung. Nach Auffassung von Gieseke/Wiedemann/Czychowski (WHG, § 31 Rdnr. 80) kann es nicht darauf ankommen, ob das geplante Vorhaben bedeutend oder unbedeutend ist. Dem ist jedoch nicht zuzustimmen, da die Tatsache, daß das Vorhaben rechtlich unbedeutend ist, durchaus zur Annahme berechtigen kann, daß Einwendungen nicht vorgebracht werden. Diese Prognose wird jedoch dann hinfällig, wenn Anhaltspunkts dafür vorliegen, daß dennoch Einwendungen erhoben werden. 68 69
So die Definition von Dürr, in: Kodal/Krämer, Kap. 34 Rn. 7.6 (S. 957).
Vgl.§6BNatSchG.
70
Wasserflächen können im Flächennutzungsplan nach § 5 Abs. 2 Nr. 7 BauGB dargestellt und im Bebauungsplan nach § 9 Abs. 1 Nr. 16 BauGB festgesetzt werden. 71
Gieseke/Wiedemann/Czychowski,
WHG, § 31 Rdnr. 80.
72
Wasserwirtschaftliche und wasserwegerechtliche Vorhaben können nicht aufgrund eines Bebauungsplans zugelassen weiden. Vgl. demgegenüber z.B. die Bestimmung des § 17 Abs. 3 FStrG, wonach ein Bebauungsplan nach § 9 BauGB die straßenrechtliche Planfeststellung ersetzen kann. Siehe dazu Fickert, BauR 1988, S. 678 ff. 73 So Breuer, ZfW 1969, S. 86/Fn. 57; Gieseke/Wiedemann/Czychowski, WHG, § 31 Rdnr. 80; Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 31 Rdnr. 98. Anderer Ansicht sind das VG Oldenburg, Urt. v. 10.4.1986, ZfW 1988, S. 254 (255 f.) und Kaiser/Unkelmann/Schleberger, Wasserverbandsverordnung, § 8 Rdnr. 2.
52
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
troffenen können nach § 33 des Wasserverbandsgesetzes ( W V G ) 7 4 dem Ausbau nicht widersprechen, da ihre Rechte und Interessen bereits nach den Vorschriften dieses Gesetzes gewahrt werden . Einwendungen der Verbandsmitglieder und derer, die ihr Recht von ihnen herleiten, etwa Pächter, sind daher im Rahmen des § 31 Abs. 1 Satz 3 W H G unbeachtlich.
B. Die Plangenehmigung im Flurbereinigungsrecht
/. Gesetzliche Grundlagen Im Flurbereinigungsrecht bedarf der Wege- und Gewässerplan mit landschaftspflegerischem Begleitplan76 der Planfeststellung durch die obere Flurbereinigungsbehörde (§ 41 Abs. 3 FlurbG). Der Plan kann auch ohne vorherige Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens genehmigt werden, wenn mit Einwendungen nicht zu rechnen ist oder Einwendungen nicht erhoben oder nachträglich ausgeräumt werden (§ 41 Abs. 4 Satz 1 FlurbG). Die Möglichkeit der Erteilung einer Plangenehmigung an Stelle der Feststellung des Planes wurde erst im Rahmen der Novellierung des Flurberei77
nigungsgesetzes im Jahre 1976 geschaffen . Die Regelung des § 41 Abs. 4 Satz 1 FlurbG war ohne Vorbild im Flurbereinigungsrecht. Durch sie wollte der Gesetzgeber den praktischen Erfahrungen, die man mit der Anwendung des § 31 Abs. 1 Satz 3 W H G in der Flurbereinigung gewonnen hatte, im neugefaßten Flurbereinigungsgesetz Rechnung tragen . Die sprachliche
" Vom 12.2.1991, BGBl. 1,405. 75
Gieseke /Wiedemann /CzychowsJä,
WHG, § 31 Rdnr. 80.
Im folgenden kurz: Plan nach § 41 Abs. 1 FlurbG. 77
Neufassung des Flurbereinigungsgesetzes (FlurbG) vom 16.3.1976 (BGBl. I, 456). Zur Entstehungsgeschichte vgl. Quadflieg, Flurbereinigung, Einl. Rdnrn. 52 ff. 7 8
RoneUenfitsch, Die Verwaltung Bd. 23 (1990), S. 323 (337); Quadflieg, Flurbereinigung, Einl. Rdnr. 102 und § 41 Rdnrn. 169,178. Nach der inzwischen aufgehobenen Kollisionsklausel des § 41 Abs. 3 Satz 2 FlurbG a.F. bezog sich die Planfeststellung nicht auf Anlagen, für welche die Planfeststellung in anderen Gesetzen geregelt ist, wie z.B. im WHG. Vgl. dazu Quadflieg, Flurbereinigung, § 41 Rdnr. 137.
53
Β. Die Plangenehmigung im Flurbereinigungsrecht
Fassung der Vorschrift des § 41 Abs. 4 Satz 1 FlurbG weicht von seinem Vorbild nur insoweit ab, als eine Plangenehmigung auch dann erteilt werden kann, wenn Einwendungen nicht erhoben oder nachträglich ausgeräumt werden. Bis zur Neufassung des Flurbereinigungsgesetzes im Jahre 1976 bestand Unklarheit über die Rechtsnatur der Feststellung des Wege- und Gewässerplans nach § 41 Abs. 1 FlurbG a.F. 79 . Denn nach § 41 Abs. 3 Satz 1 FlurbG a.F. war der Plan von der oberen Flurbereinigungsbehörde nur "vorläufig" festzustellen. Die "endgültige" Feststellung erfolgte erst durch den Flurbereinigungsplan (§ 41 Abs. 3 Satz 2 FlurbG a.F.). Zwar ging man überwiegend vom Vorliegen einer Planfeststellung aus, erkannte jedoch erst der "endgültigen" Feststellung im Flurbereinigungsplan die Rechtswirkungen des ΟΛ
Planfeststellungsbeschlusses zu . Nur vereinzelt sah man bereits in der "vorläufigen" Feststellung des Wege- und Gewässerplans eine echte PlanOl
feststellung . Dieser Streit setzte sich auch im Gesetzgebungsverfahren für die Neufassung des Flurbereinigungsgesetzes fort, so daß sich die BundesfO
•
regierung veranlaßt sah, zu dieser Frage ein Rechtsgutachten einzuholen . Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, daß die Feststellung des Wege- und Gewässerplanes bereits nach altem Recht als echte Planfeststellung anzusehen sei, daß aber den Besonderheiten des Flurbereinigungsverfahrens bei ΟΛ
der Ausgestaltung des § 41 FlurbG Rechnung getragen werden müsse . Die Regelung in § 41 FlurbG über die Zulassung gemeinschaftlicher und öffentlicher Anlagen weist gegenüber den Regelungen in anderen Fachplanungsgesetzen insoweit eine Besonderheit auf, als der Gesetzgeber hier erstmals zwischen der Feststellung des Planes (§ 41 Abs. 1 und 3 FlurbG), der Genehmigung des Planes (§ 41 Abs. 4 Satz 1 FlurbG) und dem Unterbleiben der Planfeststellung (§ 41 Abs. 4 Satz 2 FlurbG) differenziert. Dieses Regelungsmodell hat der Gesetzgeber bei der Novellierung der Verkehrswegeplanungsgesetze durch das Planungsvereinfachungsgesetz über79
80 81
Flurbereinigungsgesetz vom 14. Juli 1953 (BGBl. 1,591). Breuer, Die hoheitliche raumgestaltende Planung, S. 134.
So z.B. Hiddemann, Die Planfeststellung im Flurbereinigungsgesetz, S. 45 ff.; ders., AgrarR 1972, S. 14 ff., 45 ff., 77 ff. (S. 45 ff.). 82
Vgl. dazu Quadflieg, Flurbereinigung, § 41 Rdnr. 5. Blumel/Roneüenfitsch, Die Planfeststellung in der Flurbereinigung, S. 77,84 f., 95.
54
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
nommen 84 . In älteren Fachplanungsgesetzen tritt neben die Planfeststellung or
entweder die Plangenehmigung oder das Unterbleiben der Planfeststellung . Den Regelungen des sogenannten Verzichts auf Planfeststellung 87
wird eine gesonderte Darstellung vorbehalten .
IL Gegenstand der Plangenehmigung Gegenstand der flurbereinigungsrechtlichen Planfeststellung ist der Plan über die gemeinschaftlichen und öffentlichen Anlagen, insbesondere über die Einziehung, Änderung und Neuausweisung öffentlicher Wege und Straßen sowie über die wasserwirtschaftlichen, bodenverbessernden und landschaftsgestaltenden Anlagen (§ 41 Abs. 1 FlurbG). Die flurbereinigungsrechtliche Plangenehmigung umfaßt ohne Einschränkung diesen Gegenstand der Planfeststellung, denn in § 41 Abs. 4 Satz 1 FlurbG ist vom H PlanH die Rede, womit nur der Plan nach § 41 Abs. 1 FlurbG gemeint sein kann. Das Gesetz bezeichnet diesen Plan kurz als Wege- und Gewässerplan mit landschaftspflegerischem Begleitplan (§ 41 Abs. 1 FlurbG), wobei diese Be•
..
oo
Zeichnung freilich ungenau ist, da der Plan umfassender ist . Der landschaftspflegerische Begleitplan nach § 41 Abs. 1 FlurbG ist dabei kein rechtlich selbständiger Plan, er bildet vielmehr mit dem Wege- und GewäsOQ
serplan den Plan nach § 41 FlurbG . Der Begriff der gemeinschaftlichen
84 Vgl. z.B. § 18 Abs. 1, 2, 3 AEG; § 17 Abs. 1,1 a, 2 FStrG; § 14 Abs. 1, 1 a, 1 b WaStrG, jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Vereinfachung der Planungsverfahren für Verkehrswege (Planungsvereinfachungsgesetz - PIVereinfG) vom 17. Dezember 1993, BGBl. 1,2123. 85
Vgl. § 31 Abs. 1 Satz 3 WHG, § 14 Abs. 1 Satz 2 WaStrG a.F., § 7 Abs. 3 AbfG.
86
Vgl. z.B. § 36 Abs. 2 BBahnG a.F., § 17 Abs. 2 Satz 1 FStrG a.F., § 28 Abs. 2 PBefG a.F.
87
Siehe unten § 4 (S. 221 ff.).
88 89
Quadflieg,
Flurbereinigung, § 41 Rdnr. 28.
Hegele, in: Seehusen/Schwede, FlurbG, § 41 Rdnr. 5; Quadflieg, Flurbereinigung, § 41 Rdnr. 37. Der Plan ist nicht mit dem landschaftspflegerischen Begleitplan i.S.v. § 8 Abs. 4 BNatSchG gleichzusetzen, da in ihn kraft eigenen Gestaltungsauftrags neue landschaftsgestaltende Maßnahmen aufzunehmen sind, und zwar unabhängig davon, ob Eingriffe in Natur und Landschaft vorgenommen werden oder nicht. So (Quadflieg, Flurbereinigung, § 41 Rdnr. 8.
Β. Die Plangenehmigung im Flurbereinigungsrecht
55
Anlagen in § 41 Abs. 1 FlurbG bestimmt sich nach § 39 Abs. 1 FlurbG, wonach im Flurbereinigungsgebiet Wege, Straßen, Gewässer und andere der gemeinschaftlichen Nutzung oder einem gemeinschaftlichen Interesse dienende Anlagen zu schaffen sind, soweit es der Zweck der Flurbereinigung (§ 1 FlurbG) erfordert. Der Begriff der öffentlichen Anlagen ist im Flurbereinigungsgesetz nicht näher definiert. Lediglich § 40 Abs. 1 FlurbG bestimmt, daß für die in dieser Vorschrift aufgeführten öffentlichen Anlagen Land bereitgestellt werden kann 90 . Der Plan nach § 41 Abs. 1 FlurbG bildet die Grundlage für die im Flurbereinigungsplan (§ 49 FlurbG) erst noch vorzunehmende Neuordnung des Flurbereinigungsgebietes 91. Der Plan nach § 41 Abs. 1 FlurbG ist daher in den Flurbereinigungsplan aufzunehmen (§ 58 Abs. 1 Satz 2 FlurbG).
III. Die Anwendungsvoraussetzungen der flurbereinigungsrechtlichen Plangenehmigung 1. Begriff der Einwendungen Auch bei der flurbereinigungsrechtlichen Plangenehmigung spielt der Begriff der Einwendungen eine zentrale Rolle. Denn eine Plangenehmigung an Stelle einer Planfeststellung kommt nur in Betracht, wenn entweder mit Einwendungen gegen den Plan nicht zu rechnen ist oder Einwendungen nicht erhoben oder nachträglich ausgeräumt werden (§ 41 Abs. 4 Satz 2 FlurbG). Die Auslegung des Begriffs der Einwendungen, vor allem die Frage nach den möglichen Einwendungsführern, muß sich auch im Rahmen von § 41 Abs. 4 Satz 1 FlurbG amflurbereinigungsrechtlichen Planfeststellungsverfahren orientieren, denn dieses förmliche Verfahren ist bei der Erteilung einer Plangenehmigung gerade entbehrlich. Bei dem Begriff der Einwendungen handelt es sich um einen verfahrensrechtlichen, nicht um
90
Wegen der in den Plan nach § 41 FlurbG aufzunehmenden Anlagen siehe im einzelnen Quadflieg, Flurbereinigung, § 41 Rdnrn. 34,35. 91 Vgl. BVerwG, Urt. v. 6.2.1986, BVerwGE 74, S. 1 (10); Hegele, in: Seehusen/Schwede, FlurbG, § 41 Rdnr. 2; RoneUenfitsch, Planungsrecht, S. 165.
56
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
einen materiellrechtlichen Begriff 92 . Deshalb ist auch im Rahmen der Auslegung des § 41 Abs. 4 Satz 1 FlurbG die Auffassung zu eng, nach der es nur auf die Einwendungen derjenigen ankommt, die nach Erteilung der Plangenehmigung Beseitigungs-, Änderungs- und Unterlassimgsansprüche stellen könnten 93 . Vielmehr ist entscheidend, wer Einwendungsführer in einem flurbereinigungsrechtlichen Planfeststellungsverfahren sein könnte. Das Planfeststellungsverfahren im Flurbereinigungsrecht richtet sich im wesentlichen nach der Vorschrift des § 41 Abs. 2 FlurbG. Die subsidiären Vorschriften in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder über das planfeststellungsrechtliche Anhörungsverfahren in § 73 Abs. 2 bis 9 sind nicht anwendbar, da das Flurbereinigungsgesetz in § 41 Abs. 2 eine abweichende bundesgesetzliche Regelung trifft . Danach ist der Plan mit den Trägern öffentlicher Belange einschließlich der landwirtschaftlichen Berufsvertretung in einem Anhörungstermin, in dem Einwendungen gegen den Plan zur Vermeidung des Ausschlusses vorgebracht werden müssen, zu erörtern. Der Ladung zu dem Anhörungstermin ist ein Auszug aus dem Plan beizufügen, der die Festsetzungen enthält, durch welche die Träger öffentlicher Belange berührt werden. Der Plan selbst ist im Benehmen mit dem Vorstand der Teilnehmergemeinschaft aufzustellen (§ 41 Abs. 1 FlurbG) 9 5 . Die Regelung des § 41 Abs. 2 FlurbG verblüfft auf den ersten Blick. Denn Einwendungsführer können danach nur Träger öffentlicher Belange sein, nicht jedoch Private, insbesondere die Eigentümer der im Flurbereinigungsgebiet belegenen Grundstücke. Dies steht im Gegensatz zur Regelung des planfeststellungsrechtlichen Anhörungsverfahrens in den Verwaltungsverfahrensgesetzen des Bundes und der Länder. Denn dort wird zwischen den Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange (§ 73 Abs. 2 VwVfG) und den Einwendungen derer, deren Belange durch das Vorhaben berührt werden (§ 73 Abs. 4 VwVfG), differenziert
92
Q/
. Diese unterschiedliche Regelung
Vgl. dazu schon oben § 2 Α. II. 1. (S. 40).
93
So aber Waskow, Mitwirkung von Naturschutzveibänden, S. 69. Vgl. hierzu im einzelnen schon oben § 2 Α. II. 1. (S. 34 f.). 94
Quadflieg, Flurbereinigung, Einl. Rdnr. 258. In Bayern ist die Planaufstellung nach § 18 Abs. 2 FlurbG und § 25 Abs. 1 Satz 2 FlurbG i.V.m. Art. 2 AGFlurbG auf den Vorstand der Teilnehmergemeinschaft übertragen worden. 95
96
Siehe dazu im einzelnen bereits oben § 2 A. III. 2. (S. 41 ff.).
Β. Die Plangenehmigung im Flurbereinigungsrecht
57
des Anhörungsverfahrens rechtfertigt sich jedoch aus den Besonderheiten der Planfeststellung im Flurbereinigungsrecht, wie im einzelnen sogleich darzulegen ist.
2. Die möglichen Einwendungsführer
a) Eigentümer Die einzelnen Eigentümer der zum Flurbereinigungsgebiet gehörenden Grundstücke sowie die den Eigentümern gleichgestellten Erbbauberechtigten sind als Teilnehmer am Flurbereinigungsverfahren beteiligt (§ 10 Nr. 1 FlurbG) und bilden als solche die Teilnehmergemeinschaft, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 16 FlurbG). Die Teilnehmergemeinschaft ist insoweit am Planfeststellungsverfahren beteiligt, als der Plan im Benehmen mit dem Vorstand der Teilnehmergemeinschaft aufgestellt wird (§ 41 Abs. 1 FlurbG) 9 7 . Die als Teilnehmer am Flurbereinigungsverfahren insgesamt betroffenen Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigten werden somit nur mittelbar über den Vorstand der Teilnehmergemeinschaft beteiligt. Diese Verfahrensgestaltung genügt auch nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts rechtsstaatlichen Anforderungen 98. Denn zum einen hat die durch den Vorstand vertretene Teilnehmergemeinschaft (§ 25 Abs. 1 Satz 1 FlurbG) die gemeinschaftlichen Angelegenheiten der Teilnehmer wahrzunehmen (§ 18 Abs. 1 FlurbG), ist somit alleiniger Sachwalter der zum Teil divergierenden oder gar gegenläufigen Interessen aller TeilnehQQ
mer . Zum anderen - und das ist hier entscheidend - bleiben die Rechte der einzelnen Teilnehmer nach §§ 44, 58 und 59 FlurbG von der Planfeststellung unberührt (§ 41 Abs. 5 Satz 3 FlurbG). Der Planfeststellungsbeschluß richtet sich nicht an die einzelnen Teilnehmer, ist ihnen nicht zuzu-
97
Vgl. hierau oben § 2 / Fn. 95 (S. 56).
98
BVerwG, Urt. v. 6.2.1986, BVerwGE 74, S. 1 (5 ff.). Vgl. auch Blümel/Ronellenfitsch, Die Planfeststellung in der Flurbereinigung, S. 86 f.; Hegele, in: Seehusen/Schwede, FlurbG, § 41 Rdnr. 12; Ronellenfitsch, VerwArch 78 (1987), S. 323 (334 ff.); ders., Fachplanungsrecht, S. 166 f.; Quadflieg, Flurbereinigung, § 41 Rdnrn. 259 ff. 99 BVerwG, Urt. v. 6.2.1986, BVerwGE 74, S. 1 (6 f.). Blümel/Ronellenfitsch, stellung in der Flurbereinigung, S. 83 f., 87.
Die Planfest-
58
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
stellen (§ 41 Abs. 6 FlurbG) und kann von ihnen auch nicht selbständig an1ΛΛ
gefochten werden . Der sachliche Grund für eine derartige Regelung ergibt sich aus der Stellung des Wege- und Gewässerplanes innerhalb des abschnittsweise durchzuführenden Flurbereinigungsverfahrens. Die Festsetzungen des Plans nach § 41 FlurbG sind auf die Zukunft gerichtet und bilden lediglich die Grundlage und das Gerippe für die erst im Flurbereinigungsplan (§ 58 FlurbG) vorzunehmende Neuordnung im Verfahrensgebiet. Ob und inwieweit sich der Plan nach § 41 FlurbG auf die Rechte der Verfahrensbeteiligten auswirkt, kann daher bei seiner Aufstellung wie bei seiner Feststellung oder Genehmigung noch gar nicht gesagt werden. Der Wegeund Gewässerplan hat wegen der erst noch ausstehenden konkreten Zuordnung der Grundstücksflächen, auf die er sich im Zeitpunkt seiner Auf- und Feststellung bezieht, zunächst keine konkreten Rechtswirkungen für die Teilnehmer. Diese erhält er erst durch den Flurbereinigungsplan, in den der Wege- und Gewässerplan aufzunehmen ist (§ 58 Abs. 1 Satz 2 FlurbG) und der bestimmt, wie das Flurbereinigungsgebiet tatsächlich und rechtlich neu gestaltet wird 1 0 1 . Gegen den Flurbereinigungsplan und damit auch gegen die in ihn aufgenommenen Festsetzungen des Plans nach § 41 FlurbG kann der einzelne Teilnehmer Widerspruch (§ 59 Abs. 2 FlurbG) und Klage erheben. Der einzelne Eigentümer ist als Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens somit nicht am flurbereinigungsrechtlichen Planfeststellungsverfahren zu beteiligen. Er kann keine Einwendungen erheben. Seine Einwände stehen daher der Erteilung einer Plangenehmigung nach § 41 Abs. 4 Satz 1 FlurbG auch nicht entgegen.
b) Nebenbeteiligte Auch die am Flurbereinigungsverfahren nach § 10 Nr. 2 FlurbG Nebenbeteiligten sind nicht am flurbereinigungsrechtlichen Planfeststellungsverfahren nach § 41 Abs. 2 FlurbG zu beteiligen, soweit sie nicht gleichzeitig, wie z.B. die Gemeinden (§ 10 Nr. 2 lit. a FlurbG), gleichzeitig Träger öffentlicher Belange sind. Das gilt insbesondere für die Nebenbeteiligten nach
1ΠΩ
BVerwG, Urt. v. 6.2.1986, BVerwGE 74, S. 1 (5 f.); Hegele, in: Seehusen/Schwede, FlurbG, § 41 Rdnr. 34; Quadflieg, Flurbereinigung, § 41 Rdnrn. 259 ff. 101 So die überzeugenden Ausführungen von BVerwG, Urt. v. 6.2.1986, BVerwGE 77, S. 1 (10). Vgl. dazu auch RoneUenfitsch, VerwArch 78 (1987), S. 323 (338 f.).
Β. Die Plangenehmigung im Flubereinigungsrecht
59
§ 10 Nr. 2 lit. c FlurbG, also die Inhaber von Rechten an den zum Flurbereinigungsgebiet gehörenden Grundstücken oder von Rechten an solchen Rechten oder von persönlichen Rechten, die zum Besitz oder zur Nutzung solcher Rechte berechtigen oder die Benutzung solcher Rechte beschränI M
ken . Die Nebenbeteiligten werden auch nicht mittelbar über den Vorstand der Teilnehmergemeinschaft beteiligt, da sie der Teilnehmergemein1/M
schaft nicht angehören . Doch auch den Nebenbeteiligten steht Rechtsschutz nicht schon gegen den Plan nach § 41 FlurbG zu, sondern erst gegen den Flurbereinigungsplan, da erst dieser konkrete Rechtswirkungen gegenüber den Beteiligten entfaltet 104 . Insoweit gilt das gleiche wie für die Teilnehmer 105 . Etwaige Einwendungen Nebenbeteiligter stehen der Plangenehmigung nicht entgegen.
c) Dritte Fraglich ist, ob ein nicht am Flurbereinigungsverfahren beteiligter Dritter, der sich durch Maßnahmen in Ausführung des Planes nach § 41 FlurbG beeinträchtigt glaubt, am Planfeststellungsverfahren zu beteiligen ist, mit der Folge, daß der Dritte dann auch Einwendungen i.S.d. § 41 Abs. 2, Abs. 4 Satz 1 FlurbG erheben könnte. Eine Beteiligung am Planfeststellungsverfahren scheidet aus, wenn man Dritten auch den Rechtsschutz gegen den Plan nach § 41 FlurbG versagt. Teilweise wird Dritten nur das Recht auf Begründung ihrer (Flurbereinigungs-)Beteiligteneigenschaft (§ 10 FlurbG) zugestanden, aus der heraus ihnen dann die flurbereinigungsrechtlichen Rechtsbehelfe, vor allem nach § 59 Abs. 2 FlurbG gegen den Flurbereinigungsplan, zur Verfügung stünden. Sehe die obere Flurbereinigungsbehörde die Einwendungen nicht als begründet an, so teile sie dies dem Dritten formlos mit, der gegebenenfalls im Wege der verwaltungsgerichtlichen Verpflichtungs-
Zu diesen Rechten gehören neben den beschränkt dinglichen Rechten z.B. auch die Ansprüche der Mieter und Pächter, Ansprüche aus Grundstückskaufverträgen, wenn dem Käufer bereits der Besitz an dem gekauften Grundstück eingeräumt worden ist oder wenn ihm ein Anwartschaftsrecht zusteht, ferner persönliche Vor- und Wiederkaufsrechte. Vgl. hierzu Hegele, in: Seehusen/Schwede, FlurbG, § 10 Rdnr. 20. 103
Vgl. §16 Satz 1 FlurbG.
104
Vgl. auch § 59 Abs. 2 FlurbG.
105
So auch Hegele, in: Seehusen/Schwede, FlurbG, § 41 Rdnr. 41.
60
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
klage (§ 42 Abs. 1 1 . Alt. VwGO) die Änderung des Rurbereinigungsgebietes durchsetzen könne 1 0 6 . Diese Ansicht vermag jedoch nicht zu überzeugen, da sie der Systematik des Flurbereinigungsgesetzes widerspricht. Denn nach § 10 Nr. 2 lit. f FlurbG sind nur die Eigentümer der nicht zum Flurbereinigungsgebiet gehörenden Grundstücke am Flurbereinigungsverfahren zu beteiligen, die durch Maßnahmen der Flurbereinigung wesentliche Vorteile haben (§ 42 Abs. 3, § 106 FlurbG). Eine Änderung des Flurbereinigungsgebietes ist damit nicht verbunden. Dies spricht dagegen, das Flurbereinigungsgebiet dann zu erweitern, wenn sich die Neuordnungsmaßnahmen durch den Plan nach § 41 FlurbG auf ein Grundstück nachteilig auswirken. Der Plan nach § 41 FlurbG kann gegenüber einem Eigentümer eines außerhalb des Flurbereinigungsgebietes liegenden Grundstücks auch bereits konkrete Rechtswirkungen haben, da sich die Zuordnung zwischen Eigentümer und Grundstück hier ja nicht ändert. Es spricht damit einiges dafür, betroffenen Dritten bereits Rechtsschutz gegen den Plan nach § 41 FlurbG zu gewähren, wenn sie geltend machen können, in ihren subjektiven Rechten, insbesondere in ihrem Eigentumsrecht (Art. 14 GG) verletzt zu sein (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, § 42 Abs. 2 V w G O ) 1 0 7 . Gewährt man Dritten Rechtsschutz gegen den Plan, so ist es nur folgerichtig, wenn man sie auch am planfeststellungsrechtlichen Anhörungsverfahren beteiligt 108 , mit der Konsequenz, daß sie Einwendungen i.S.v. § 41 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 FlurbG erheben können, wenn ihre subjektiven Rechte beeinträchtigt werden. Insoweit könnte ergänzend zu § 41 Abs. 2 Satz 2 FlurbG auf die allgemeine Anhörungsvorschrift des § 28 Abs. 1 VwVfG zurückgegriffen werden. Anderenfalls stünden dem festgestellten oder genehmigten Vorhaben unter Umständen Änderungs-, Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche des Betroffenen entgegen.
106
So vor allem Quadflieg, Flurbereinigung, § 41 Rdnr. 289. Diese Auffassung vertreten: BayVGH, Urt. v. 13.1.1983, AgrarR 1986, S. 240; Hegele, in: Seehusen/Schwede, FlurbG, § 41 Rdnr. 40. Vgl. auch OVG Koblenz, Urt. v. 5.7.1983, RdL 1984, S. 162 (163), wonach eine an das Flurbereinigungsgebiet angrenzende Gemeinde unmittelbar gegen den Plan nach § 41 FlurbG vorgehen kann. 107
108
So auch Blümel/Ronellenfitsch, Die Planfeststellung in der Flurbereinigung, S. 87: Wer gegen den Planfeststellungsbeschluß Rechtsbehelfe ergreifen kann, muß auch am Planfeststellungsverfahren beteiligt werden.
Β. Die Plangenehmigung im Flubereinigungsrecht
d) Träger öffentlicher
61
Belange
Die Träger öffentlicher Belange einschließlich der landwirtschaftlichen 1HQ
Berufsvertretung sind am flurbereinigungsrechtlichen Planfeststellungsverfahren zu beteiligen und können im Anhörungsverfahren Einwendungen gegen den Plan erheben (§ 41 Abs. 2 Satz 1 und 2 FlurbG). Ihre Einwendungen stehen daher auch einer Plangenehmigung nach § 41 Abs. 4 Satz 1 FlurbG entgegen 110 . Dies gilt auch für den Vorstand der Teilnehmergemeinschaft, da der Plan mit seinem Benehmen aufzustellen ist (§ 41 Abs. 1 FlurbG). Z u den Trägern öffentlicher Belange gehören diejenigen Behörden und Stellen, deren hoheitlicher Aufgabenbereich durch den Plan berührt wird 1 1 1 . Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Verwaltungsentscheidung der Behörde wegen der Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses (§ 41 Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz FlurbG) entbehrlich ist oder wenn mit der Behörde oder Stelle öffentlich-rechtliche Beziehungen zu regeln sind. Die betroffene Gemeinde hat im Anhörungsverfahren nach § 41 Abs. 2 FlurbG trotz ihrer Nebenbeteiligteneigenschaft im Flurbereinigungsverfahren nach § 10 Nr. 2 lit. a FlurbG die gleiche Stellung wie die anderen zu beteiligenden Behörden und Stellen . Sie nimmt öffentliche Belange wahr, die insoweit auch eigene Rechte der Gemeinde sind, als ihre verfassungsrechtlich geschützte Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG), und hier insbesondere die Planungs- und Finanzhoheit, berührt ist .
109
Die landwirtschaftliche Berufsvertretung bestimmt sich nach § 109 FlurbG. Anders Waskow, Mitwirkung von Naturschutzverbänden, S. 69 f. Nach dessen Auffassung kann es im Rahmen von § 41 Abs. 4 Satz 1 FlurbG nicht auf die Einwendungen der Träger öffentlicher Belange ankommen, da diese keine Beseitigungs-, Änderungs- und Unterlassungsansprüche geltend machen können. Vgl. hierzu schon oben § 2 Α. II. 1. (S. 41). 110
111
Hegele, in: Seehusen/Schwede, FlurbG, § 41 Rdnr. 10; Quadflieg,, Flurbereinigung, § 41 Rdnrn. 88 f. Zu den einzelnen zu beteiligenden Trägern öffentlicher Belange vgl. die Planfeststellungsrichtlinien der Länder, z.B. in Bayern Nr. 32 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten betreffend die Planaufstellungs- und Planfeststellungsrichtlinien Flurbereinigung (PlafeR-Flurb) vom 1.7.1985 (LMB1. S. 43). 112
Quadflieg, Flurbereinigung, § 41 Rdnr. 92. Nach Auffassung des BVerwG (Urt. v. 6.3.1986, BVerwGE 74, S. 84/85 ff.) kann der Plan nach § 41 FlurbG von der Gemeinde unmittelbar angefochten werden, soweit sie sich gegen Festsetzungen wendet, die ihre Planungs- oder Finanzhoheit berühren. Vgl. dazu auch RoneUenfitsch, VerwArch 78 (1987), S. 323 (340 ff.). 113
62
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
Anerkannte Naturschutzverbände i.S.v. § 29 BNatSchG sind nicht Träger öffentlicher Belange, da sie keine öffentliche Verwaltungstätigkeit ausüben. Sie sind deshalb als solche auch nicht gemäß § 41 Abs. 2 FlurbG am flurbereinigungsrechtlichen Planfeststellungsverfahren zu beteiligen 114 mit der Folge, daß sie Einwendungen gegen den Plan erheben könnten. Die Beteiligung der Naturschutzverbände ist vielmehr außerhalb des Flurbereinigungsgesetzes geregelt. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 4 BNatSchG ist einem Verein in Planfeststellungsverfahren - nicht in Plangenehmigungsverfahren 115 - über Vorhaben, die mit Eingriffen in Natur und Landschaft im Sinne des § 8 BNatSchG verbunden sind, Gelegenheit zur Äußerung sowie zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben, soweit der Verein nach § 29 Abs. 2 BNatSchG anerkannt ist und durch das Vorhaben in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt wird. Der Begriff der Einwendungen i.S.v. § 41 Abs. 4 Satz 1 FlurbG ergibt sich nur aus dem Regelungszusammenhang mit § 41 Abs. 1, 2 und 6 FlurbG. Danach können Einwendungen, die eine Plangenehmigung ausschließen, lediglich von Trägern öffentlicher Belange (einschließlich der landwirtschaftlichen Berufsvertretung), dem Vorstand der Teilnehmergemeinschaft, dem Träger des Vorhabens und ausnahmsweise von Drittbetroffenen vorgebracht werden 116 . Von den anerkannten Naturschutzverbänden ist in § 41 FlurbG nicht die Rede.
3. Anwendungsalternativen Die Erteilung einer flurbereinigungsrechtlichen Plangenehmigung ist nach § 41 Abs. 1 Satz 1 FlurbG dann möglich, wenn - mit Einwendungen nicht zu rechnen ist, - Einwendungen nicht erhoben werden oder - Einwendungen nachträglich ausgeräumt werden konnten.
114
Hegele, im Seehusen/Schwede, FlurbG, § 41 Rdnr. 11; Quadflieg, Flurbereinigung, § 41 Rdnr. 93. 115 Dazu oben § 1 Β. II. 2. (S. 25 f.). 116 Hegele, in: Seehusen/Schwede, FlurbG, § 41 Rdnr. 22. Auch nach Waskow, Mitwirkung von Naturschutzverbänden, S. 69, stehen den Naturschutzverbänden keine Einwendungen i.S.v. § 41 Abs. 4 Satz 1 FlurbG zu, da den Verbänden auf der Grundlage von § 29 BNatSchG nur eine formell-rechtliche Rechtsposition eingeräumt wurde, die nach Erteilung der Plangenehmigung nicht zur Erhebung materieller Abwehrrechte befugt. Vgl. zu dieser Argumentation schon oben 5 2 / Fn. 110 (S. 61).
63
Β. Die Plangenehmigung im Fluibereinigungsrecht
Bei Anwendung der ersten Alternative (Nwenn mit Einwendungen nicht zu rechnen ist") muß die Behörde - wie bei der wasserrechtlichen Plangeneh117
migung auch - eine Prognose mit negativem Inhalt stellen . Grundlage dieser Prognose müssen auch hier konkrete Anhaltspunkte dafür sein, daß es in einem durchzuführenden Planfeststellungsverfahren zu Einwendungen gegen den Plan nicht kommen würde. Wie sich die Flurbereinigungsbehörde darüber vergewissert, ob mit Einwendungen nicht zu rechnen ist, ist auch im Flurbereinigungsgesetz nicht geregelt. Dies kann z.B. im Erörterungstermin zur Neugestaltung des Flurbereinigungsgebietes nach § 38 FlurbG erfolgen. Die Flurbereinigungsbehörde kann den nach § 41 Abs. 2 FlurbG anzuhörenden Trägern öffentlicher Belange auch die sie betreffenden Festsetzungen und Planunterlagen übersenden und dabei nach möglichen Einwendungen fragen. Wenn kein Anhörungsverfahren durchgeführt werden muß, legt sie den Plan der oberen Flurbereinigungsbehörde zur Genehmigung vor 1 1 8 . Die beiden anderen Anwendungsalternativen haben dann Bedeutung, wenn ursprünglich mit Einwendungen zu rechnen war. Eine Plangenehmiung ist auch in diesem Fall möglich, wenn es, vor allem durch Vereinbarungen, gelang, die Einwendungen von vornherein, so daß sie erst gar nicht erhoben wurden, oder nachträglich auszuräumen. Die erste Alternative und die zweite und dritte Alternative in § 41 Abs. 4 Satz 1 FlurbG betreffen somit zwei verschiedene Beurteilungszeitpunkte 119. Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, daß eine Plangenehmigung auch dann erteilt werden kann, wenn ursprünglich, also vor Einleiten des Verfahrens, mit Einwendungen nicht zu rechnen war, während des Plangenehmigungsverfahrens aber dann doch Einwendungen erhoben werden 120 . Denn in § 41 Abs. 4 Satz 1 FlurbG ist nur die Rede davon, daß eine Plangenehmigung dann erteilt werden kann, wenn mit Einwendungen nicht zu rechnen ist. Letztlich maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist also immer der Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung, nicht der der Einleitung des Verfahrens. Damit bestehen - trotz unterschiedlicher sprachlicher Fassung - auch keine
117
Zum Inhalt und zu den Anforderungen an diese Prognose siehe oben § 2 Α. II. 4. (S.
48 ff.). 118
Hegele, in: Seehusen/Schwede, FlurbG, § 41 Rdnr. 22; Quadflieg, Flurbereinigung, § 41 Rdnr. 180. 119 RoneUenfitsch, Die Verwaltung Bd. 23 (1990), S. 323 (337/Fn. 58). 120
So aber wohl RoneUenfitsch, Die Verwaltung Bd. 23 (1990), S. 323 (337).
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
sachlichen Unterschiede im Vergleich zu den Regelungen der §§ 31 Abs. 1 Satz 3 W H G , 14 Abs. 1 Satz 3 WaStrG a.F.
C. Die Plangenehmigung im Abfallrecht
/. Die Entwicklung der abfallrechtlichen
Plangenehmigung
Das Rechtsinstitut der Plangenehmigung im Abfallrecht hat gemessen an der Dauer seiner Existenz bereits eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Die Plangenehmigung war schon im Gesetz über die Beseitigung von Abfallstoffen - Abfallbeseitigungsgesetz (AbfG) - vom 7. Juni 1972 enthalten 1 2 1 . Nach dessen § 6 Abs. 1 ist die Errichtung und der Betrieb von ortsfesten Abfallbeseitigungsanlagen sowie die wesentliche Änderung einer solchen Anlage oder ihres Betriebes planfeststellungspflichtig. Nach § 6 Abs. 3 kann jedoch die zuständige Behörde anstelle eines Planfeststellungsverfahrens für die Errichtung und den Betrieb unbedeutender Abfallbeseitigungsanlagen oder für die wesentliche Änderung einer Abfallbeseitigungsanlage oder ihres Betriebes auf Antrag eine Genehmigung erteilen, wenn mit Einwendungen nicht zu rechnen ist. Der Gesetzgeber übernimmt hier nur teilweise das Regelungsmodell der wasserrechtlichen Plangenehmigungen in § 31 Abs. 1 Satz 3 W H G und § 14 Abs. 1 Satz 2 WaStrG (a.F.). Denn zu der Anwendungsvoraussetzung, daß mit Einwendungen nicht zu rechnen ist, muß hinzutreten, daß Gegenstand der Plangenehmigung entweder eine imbedeutende Abfallbeseitigungsanlage oder die wesentliche Änderung einer Abfallbeseitigungsanlage oder ihres Betriebes ist. Der Gesetzgeber verband auch mit dieser Regelung die Hoffnung, zur Verwaltungsvereinfachung und Beschleunigung des behördlichen Verfahrens beizutragen . Eine erste Änderung des Anwendungsbereichs der Plangenehmigung ** 10l brachte bereits das Änderungsgesetz vom 21. Juni 1976 . Danach kann das
121
BGBl. I, 873. Zur Entstehungsgeschichte des Gesetzes vgl. Versteyl, Schwermer/Versteyi, AbfG, Einl. Rdnr. 7.
in: Kunig/
122
So die Amtliche Begründung des Entwurfs des Abfallbeseitigungsgesetzes, BT-Drs. VI/2401, S. 14. 123 BGBl. 1,1601.
Die Plangenehmigung im Abfallrecht
Plangenehmigungsverfahren anstelle des Planfeststellungsverfahrens
6
ge-
wählt werden, wenn entweder -
die Errichtung und der Betrieb einer unbedeutenden Abfallentsorgungsanlage beantragt wird oder
-
die wesentliche Änderung einer Abfallentsorgungsanlage beantragt wird oder die Errichtung oder der Betrieb einer Abfallentsorgungsanlage beantragt wird, wenn mit Einwendungen nicht zu rechnen ist.
Statt den bis dahin kumulativ geforderten Voraussetzungen der Plangenehmigung (keine Einwendungen und entweder "unbedeutende" Anlage oder wesentliche Änderung), genügt nun das Vorliegen einer dieser Voraussetzungen. Die Wahl des Genehmigungsverfahrens ist jetzt auch von Amts wegen, d.h. ohne besonderen Antrag möglich . Auch im neuen Abfallgesetz - Gesetz über die Vermeidung und EntsorIOC
gung von Abfällen - vom 27. August 1986 ist das Rechtsinstitut der Plangenehmigung in dessen § 7 Abs. 2 geregelt. Die gesetzliche Regelung entspricht im wesentlichen der des alten Abfallgesetzes. Der Gesetzgeber hat lediglich in § 7 Abs. 2 Satz 2 die Bestimmung aufgenommen, daß bestimmte Abfallentsorgungsanlagen von Gesetzes wegen als imbedeutende Anlagen gelten, so daß für sie ein Genehmigungsverfahren durchgeführt werden kann. Eine weitere Änderung erfuhr der Anwendungsbereich der abfallrechtlichen Plangenehmigung durch Art. 2 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeit bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (85/337/EWG) vom
124
Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, die Behörde nur dann zu ermächtigen, statt einer Planfeststellung eine Plangenehmigung zu erteilen, wenn dies entweder beantragt wurde oder wenn mit Einwendungen nicht zu rechnen ist, da es dem Antragsteller überlassen werden müsse, ob er sich mit der "minderen Rechtsstellung" einer Genehmigung zufrieden gebe (BTDrs. 7/2593, S. 16). Die Bundesregierung lehnte dieses Argument in ihrer Stellungnahme als unzutreffend ab (BT-Drs. 7/2593, S. 17). 125
BGBl. I, 1410 (ber. 1501). Vgl. hierzu Versteyl, Einl. Rdnrn. 19 ff. 5 Ringel
in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG,
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
12. Februar 1990 l i U . Zum einen wurde der Anwendungsbereich der Plangenehmigung erweitert um die Zulassung der Errichtung und des befristeten Betriebes von Versuchsanlagen (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 AbfG). Ferner wurde in § 7 Abs. 2 AbfG ein neuer Satz 2 des Inhalts eingefügt, daß die Plangenehmigung - mit Ausnahme für Versuchsanlagen - nicht erteilt werden kann für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen zur Verbrennung, zur chemischen Behandlung oder zur Ablagerung von Abfällen im Sinne des § 2 Abs. 2 AbfG, wenn hiervon erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt ausgehen können. Diese Beschränkung des Anwendungsbereichs der Plangenehmigung war nach Auffassung der Bundesregierung notwendig geworden, da der Gegenstand der abfallrechtlichen Plangenehmigung Vorhaben umfaßte, 1*77
die nach Anhang I Nr. 9 der UVP-Richtlinie zwingend einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterwerfen sind . Das Plangenehmigungsverfahren genügt aber nicht den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen der UVP-Richtlinie 129 . Eine bislang letzte Änderung des § 7 AbfG und damit auch des Anwendungsbereichs der Plangenehmigung hat das am 1. Mai 1993 in Kraft getre1 Vi
tene Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz gebracht . Danach wird bei der Zulassung von Abfallentsorgungsanlagen unterschieden zwischen ortsfesten Anlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen, die jetzt lediglich der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen (§ 7 Abs. 1 AbfG), und Anlagen zur Ablagerung von Abfällen (Deponien), die nach § 7 Abs. 2 AbfG grundsätzlich planfeststellungspflichtig sind, nach
126
BGBl. I, 205. Vgl. zum Anwendungsbereich der abfallrechtlichen Plangenehmigung in dieser Fassung Hoppe/Beckmann, Planfeststellung, S. 110 ff. und Schwermer, in: Kunig/ Schwermer/Versteyl, AbfG, § 7 Rdnrn. 54 ff. 127
Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeit bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (85/337/EWG), ABl. Nr. L 175/40 - im folgenden kurz UVP-Richtlinie (UVP-RL) -, abgedruckt z.B. in DVBl. 1987, S. 829 ff. und bei Erbguth/ Schink, UVPG, Anhang I. m BT-Drs. 11/3919, S. 31. 129 130
Jarass, EG-Richtlinie, S. 61 ff. Siehe dazu schon oben § 1 B. II. 4. (S. 27 ff.).
Gesetz zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland (Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz) vom 22.4.1993, BGBl. I, 466. Zur Zulassung von Abfallentsorgungsanlagen nach diesem Gesetz vgl. Müllmantt, DVBl. 1993, S. 637 ff.; Schink, DÖV 1993, S. 725 ff.
67
C. Die Plangenehmigung im Abfallrecht
§ 7 Abs. 3 AbfG aber auch Gegenstand einer Plangenehmigung sein können. Auffallend ist, daß sich der Gesetzgeber im Abfallrecht endgültig vom wasserrechtlichen Vorbild der Plangenehmigung in § 31 Abs. 1 Satz 3 W H G und § 14 Abs. 1 Satz 2 WaStrG (a.F.) gelöst hat, als nunmehr die Anwendungsalternative in § 7 Abs. 2 Nr. 2 AbfG a.F. ("wenn mit Einwendungen nicht zu rechnen ist") ersatzlos weggefallen ist. Der Gesetzgeber knüpft bei der abfallrechtlichen Plangenehmigung nicht mehr an den verfahrensrechtlichen Begriff der Einwendungen an, sondern ausschließlich an materielle Kriterien. Mit der Novellierung des Abfallgesetzes erwartet der Gesetzgeber die Optimierung und vor allem die Beschleunigung der Zulassung von Ab1Ή
fallentsorgungsanlagen . Dabei setzt er nicht auf eine Aufwertimg des Rechtsinstituts der abfallrechtlichen Plangenehmigung, was etwa durch eine Erweiterung ihres Anwendungsbereichs und ihrer Rechtswirkungen hätte erfolgen können, sondern auf die Zulassung von Abfallentsorgungsanlagen mit Ausnahme der Deponien im immissionsrechtlichen Genehmigungsverfahren.
IL Der Gegenstand der abfallrechtlichen
Plangenehmigung
Gegenstand der abfallrechtlichen Planfeststellung und Plangenehmigung ist nach der Novellierung des Zulassungsrechts für Abfallentsorgungsanlagen nur noch die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Ablagerung von Abfällen - das Gesetz bezeichnet sie als Deponien - sowie deren wesentliche Änderung (§ 7 Abs. 2 und 3 A b f G ) 1 3 2 . Ortsfeste Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen unterliegen jetzt nur noch der Genehmigungspflicht nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz. Einer weiteren Zulassung nach dem Abfallgesetz bedarf es nicht (§ 7 Abs. 1 A b f G ) 1 3 3 .
131 132
Vgl. die Amtliche Begründung des Gesetzentwurfs in BT-Drs. 12/3944, S. 2,21,26 f.
Zur wesentlichen Änderung einer Deponie siehe unten § 2 C. III 2. (S. 76 ff.) im Zusammenhang mit der Auslegung von § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AbfG. 133
Zu den Anforderungen an die Zulassung von Abfallentsorgungsanlagen nach dem Immissionsschutzrecht siehe Schink, DÖV1993, S. 725 ff.
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
Im Gegensatz zu planfeststellungspflichtigen Vorhaben in anderen Rechtsgebieten ist im Abfallrecht nicht nur die Errichtung, sondern auch der Betrieb einer Anlage zulassungsbedürftig, da nicht nur Standort, Art und Größe einer Anlage für etwaige Auswirkungen auf das Wohl der Allgemeinheit (§ 2 Abs. 1 AbfG) entscheidend sind, sondern auch die angewandten Entsorgungsverfahren und die Art ihrer Durchführung 134 . Unter einer Deponie versteht das Gesetz eine Anlage zur Ablagerung von Abfällen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 AbfG). Sie ist ein Unterfall einer Abfallentsorgungsanlage. Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 AbfG statuiert einen sogenannten Anlagenzwang, denn danach dürfen Abfälle nur in den dafür zugelassenen Anlagen oder Einrichtungen (Abfallentsorgungsanlagen) behandelt, gelagert und abgelagert werden. Entscheidend für die rechtliche Einordnung als Abfallentsorgungsanlage in Form der Deponie ist somit die Abfalleigenschaft der dort entsorgten Stoffe, die Einordnung der vorgenommenen Handlung als Ablagern und das Vorliegen einer Anlage. Der Begriff des Abfalls wird in § 1 Abs. 1 AbfG definiert, der damit zugleich den sachlichen Anwendungsbereich des Abfallgesetzes festlegt. Danach sind Abfälle bewegliche Sachen, deren sich der Besitzer entledigen will (subjektiver Abfallbegriff) oder deren geordnete Entsorgung zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere des Schutzes der Umwelt, ge1
boten ist (objektiver Abfallbegriff) . Für den Bereich der Deponien spielt vor allem das Begriffsmerkmal der beweglichen Sache eine Rolle, wobei es - in Abweichung zum Zivilrecht - ausschließlich darauf ankommt, ob eine 1Vi
Sache mit dem Grundstück fest verbunden ist . Deshalb sind keine beweglichen Sachen mit Giftstoffen, insbesondere schadstoffhaltigen Flüs.
sigkeiten, kontaminierte Grundstücke 134 135
117
. Verseuchtes Erdreich wird erst
Bartels, Abfallrecht, S. 91; Kleinschnittger,
Planfeststellung, S. 34.
Zu den einzelnen Begriffsmerkmalen siehe Hösel/von Lersner, Abfallbeseitigung, § 1 Rdnrn. 3 ff.; Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 1 Rdnrn. 3 ff. Vgl. hierzu auch Bichel, NuR 1992, S. 361 ff. Zum Abfallbegriff des EG-Rechts und seinen Konsequenzen für das nationale Recht siehe Dickmann, NuR 1992, S. 407 ff. 136 Altenmüller, DÖV 1978, S. 27 (29); Hösel/von Lersner, Abfallbeseitigung, § 1 Rdnr. 5; Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 1 Rdnr. 5. Kritisch: Schwachheim, NVwZ 1989, S. 128 (129 f.). 137
BVerwG, Beschl. v. 30.10.1987, NVwZ 1988, S. 1126; OVG Lüneburg, Beschl. v. 28.8.1989, NuR 1990, S. 180; BWVGH, Beschl. v. 14.12.1989, NVwZ 1990, S. 781; Kloepfer, Umweltrecht, § 12 Rdnr. 40 (S. 688); Paetow, NVwZ 1990, S. 510 (511); Schwermer, in: Kunig/
C. Die Plangenehmigung im Abfallrecht
6
mit seinem Aushub, also mit seiner Trennung vom Grundstück, zu -1 ΛΟ
Abfall . Andererseits kann die bloße Uberdeckung beweglicher Sachen mit Erdreich nicht ausreichen, um die Gegenstände als Teil des betroffenen Grundstücks anzusehen. Derartig eingelagerte Sachen bleiben bewegliche Sachen, solange sie nicht mit dem Grundstück verwachsen sind, etwa bei langjährig bestehenden Verfüllungen oder bei Aufschüttungen, die mit Sträuchern oder Bäumen bewachsen sind . Die Vorschrift des § 1 Abs. 3 AbfG nimmt bestimmte Abfallsorten und andere Stoffe aus dem Anwendungsbereich des Abfallgesetzes heraus, weil für sie bereits spezialgesetzliche Regelungen bestehen, etwa für die im Bereich der Deponierung wichtigen radioaktiven Stoffe (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 AbfG) und Abfälle aus dem Bergbau (§ 1 Abs. 3 AbfG). Deponien sind nur solche Abfallentsorgungsanlagen, in denen Abfälle abgelagert werden (§ 7 Abs. 2 AbfG). Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 AbfG nennt als weitere Entsorgungsmaßnahmen noch das Lagern und Behandeln. Die Vorgänge des Lagerns und Ablagerns unterscheiden sich nur durch einen zeitlichen Aspekt. Unter Lagern ist jede vorübergehende Lagerung mit dem Ziel späterer Verwertung oder Ablagerung zu verstehen ("Zwischenlagerung"). Es ist ein zeitlich begrenzter Vorgang, der einer weiteren Entsorgungsphase lediglich vorgeschaltet ist. Demgegenüber liegt ein Ablagern erst dann vor, wenn die Abfälle mit dem Ziel gelagert werden, sich ihrer auf Dauer zu entledigen, also eine "Endlagerung" vorliegt 140 . Die
Schwermer/Versteyl, AbfG, § 1 Rdnr. 5. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die sogenannte Altlastenproblematik. Unter Altlasten werden per definitionem nur diejenigen Umweltbelastungen durch Abfälle verstanden, die vor dem Inkrafttreten des Abfallbeseitigungsgesetzes am 11.6.1972 (ab-)gelagert wurden, so daß das AbfG - bis auf § 11 Abs. 1 Satz 2 - nicht anwendbar ist. Siehe hierzu Kloepfer, Umweltrecht, § 12 Rdnrn. 132 ff. (S. 722 ff.) und Küttig, in: Schwermer/Kunig/Versteyl, AbfG, Anh. §§ 10,10 a Rdnrn. 1 ff. 138 OVG Lüneburg, Beschl. v. 28.8.1989, NuR 1990, S. 180; BWVGH, Beschl. v. 14.12.1989, NVwZ 1990, S. 781; Franßen, Abfallrecht, S. 409; Kleinschnittger, Planfeststellung, S. 37; Kloepfer, Umweltrecht, § 12 Rdnr. 40 (S. 688); Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 1 Rdnr. 5. 139 Paetow, NVwZ 1990, S. 510 (511); Schink, DVBl. 1985, S. 1149 (1151); Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 1 Rdnr. 5. Vgl. dazu auch BayVGH, Beschl. v. 13.5.1986, NVwZ 1986, S. 942 (945).
140
Vgl. dazu Bartels, Abfallrecht, S. 44 f.; Hösel/von Lersner, Abfallbeseitigung, § 1 Rdnr. 18; Kleinschnittger, Planfeststellung, S. 47 f.; Kunig, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 4 Rdnr. 19; Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 1 Rdnr. 48.
0
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
Ablagerung bildet damit das Gegenstück zur Abfallverwertung (§ 1 Abs. 2 AbfG). Der Begriff der Anlage wird im Abfallrecht weit ausgelegt und ist daher ohne deutliche Konturen. Maßgeblich soll allein die Funktion des Grundstücks sein, die sich aus seiner tatsächlichen Nutzung durch den Berechtigten ergibt 141 . Dabei muß das Grundstück - so die Formulierung der Rechtsprechung - durch seine Nutzung zur Ablagerung von Abfällen "geprägt" sein 1 4 2 . Dies setzt eine gewisse Stetigkeit der Nutzung zur Ablagerung über einen nicht ganz unerheblichen Zeitraum hinaus voraus 143 . Eine gewerbsmäßige oder planmäßige Nutzung ist dagegen nicht erforderlich 144 .
III. Die Anwendungsvoraussetzungen der abfallrechtlichen Plangenehmigung 1. Errichtung und Betrieb einer unbedeutenden Deponie Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AbfG kann an Stelle eines Planfeststellungsverfahrens ein Plangenehmigungsverfahren durchgeführt werden, wenn die Errichtung und der Betrieb einer unbedeutenden Deponie beantragt wird. Der Rechtsbegriff der "unbedeutenden" Anlage ist nicht erst mit der Neufassung des § 7 AbfG in das Abfallrecht eingeführt worden. Bereits nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AbfG a.F. war die Errichtung und der Betrieb unbedeutender Abfallentsorgungsanlagen genehmigungsfähig.
141
OVG Lüneburg, Urt. v. 17.7.1985, DÖV 1986, S. 385; Franßen, Abfallrecht, S. 425 f.; Küttig, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, $ 4 Rdnr. 12. 142 BVerwG, Urt. v. 1.12.1982, BVerwGE 66, 301 (303); BVerwG, Urt. v. 30.3.1990, BayVBl. 1990, S. 568 (569 f.); BayVGH, Beschl. v. 27.11.1985, BayVBl. 1986, S. 402 (403); VGH Kassel, Urt. v. 24.9.1986, GewArch 1987, S. 170 (171); VGH Kassel, Beschl. v. 16.1.1990, DÖV 1990, S. 531 (532). Vgl. auch Fröhlich, DÖV 1989, S. 1029 (1032); Hoppe/Beckmann, Umweltrecht, § 28 Rdnr. 44; Kuttig, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 4 Rdnr. 12. 143
BayObLG, Beschl. v. 13.4.1984, NuR 1984, S. 284; VGH Kassel, Urt. v. 24.9.1986, GewArch 1987, S. 170 (171); Hösel/von Lersner, Abfallbeseitigung, § 4 Rdnr. 4; Küttig, Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 4 Rdnr. 13. 144
Kunig, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 4 Rdnr. 13.
in:
Die Plangenehmigung im Abfallrecht
7
Wann eine Deponie als unbedeutend angesehen werden kann, ist gesetzlich nicht definiert. Das Gesetz nennt auch keine Beispielsfälle für unbedeutende Anlagen mehr, wie sie in § 7 Abs. 2 Satz 3 AbfG a.F. für sonstige Abfallentsorgungsanlagen - nicht für Deponien - enthalten waren. Ausgangspunkt für die Auslegung des Begriffs der imbedeutenden Deponie muß die Aufgabe sein, die die abfallrechtlichen Zulassungsverfahren, also das Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren, zu bewältigen haben. Da in den abfallrechtlichen Zulassungsverfahren die Einfügung der Deponie in ihre Umgebung und ihre Vereinbarkeit mit den von ihr berührten öffentlichen und privaten Belangen geprüft wird, ist der Begriff "unbedeutend" im Hinblick auf die von dem Vorhaben berührten rechtlichen Belange auszulegen145. Nur wenn es das Ausmaß der zu bewältigenden rechtlichen Probleme, die durch das Vorhaben aufgeworfen werden, nicht gerechtfertigt erscheinen läßt, ein aufwendiges Planfeststellungsverfahren durchzuführen, kann von einer unbedeutenden Anlage die Rede sein. Maßgeblich ist die rechtliche Bedeutung des Vorhabens und nicht seine technische, wobei diese freilich Einfluß auf die rechtliche Bedeutung einer Deponie hat. Entscheidend für die Frage, ob eine Anlage unbedeutend ist oder nicht, sind daher in erster Linie die Auswirkungen der Anlage auf ihre Umgebung, insbesondere auf die Nachbarschaft, und die von ihr zu befürchtenden Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit, namentlich der Schutzgüter des § 2 Abs. 1 Satz 2 AbfG. Eine Deponie ist demnach nicht unbedeutend, wenn sie grundsätzlich geeignet ist, erhebliche Beeinträchtigungen ihrer Umgebung und des Wohls der Allgemeinheit zu verursachen 146 . Dann ist der Aufwand eines Planfeststellungsverfahrens gerechtfertigt und auch erforderlich. Andererseits kann es für ein Planfeststellungserfordernis nicht ausreichend sein, daß eine Anlage lediglich nachteilige Auswirkungen auf die gesetzlich geschützten Güter erwarten läßt, die unterhalb der Erheblichkeitsschwelle liegen, da ansonsten das Instrument der Plangenehmigung völlig rechtlich entwertet würde 1 4 7 . Das Plangenehmigungsverfahren als nichtförmliches Verwaltungsverfahren ist durchaus in
145 146
Kleinschnittger,
Planfeststellung, S. 202.
BWVGH, Beschl. v. 17.11.1992, NuR 1993, S. 144 (145). Siehe auch Bartels, Abfallrecht, S. 98; Hoppe/Beckmann, Planfeststellung, S. 112; Hoschützky/Kreft, Abfallwirtschaft, § 7 Rdnr. 3.1.1; Jung, Abfallwirtschaft, S. 215; Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 7 Rdnr. 55. 147 1
So zu Recht BWVGH, Beschl. v. 17.11.1992, NuR 1993, S. 144 (145).
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
der Lage, die rechtlichen Probleme dieser Größenordnung zu bewältigen. Denn hat ein Vorhaben keinerlei nachteilige Auswirkungen, dann ist selbst der Aufwand eines einfachen Verwaltungsverfahrens nicht gerechtfertigt. Dieses Auslegungsergebnis wird indirekt bestätigt durch die Vorschriften in anderen Fachplanungsgesetzen, die ein Entfallen von Planfeststellung und Plangenehmigung bei Änderungen und Erweiterungen von unwesentlicher Bedeutung anordnen. Denn danach liegen Fälle unwesentlicher Bedeutung insbesondere dann vor, wenn andere öffentliche Belange nicht berührt sind und Rechte anderer nicht beeinflußt werden 148 . In diesen Fällen sieht das Gesetz nicht einmal ein einfaches Genehmigungsverfahren als erforderlich an. Wann ein Vorhaben erhebliche Beeinträchtigungen hervorruft, läßt sich letztlich nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls bestimmen 149 . Dabei kommt es neben den konkreten Standortverhältnissen insbesondere auf die Größe und Kapazität der Deponie, die beabsichtigte Betriebsdauer, die in ihr abgelagerten Abfallstoffe und das angewandte Entsorgungsverfahren, also ganz allgemein auf das Gefährdungspotential der Anlage a n 1 5 0 . Die Maßgeblichkeit dieser Kriterien ergibt sich daraus, daß sie eine mehr oder weniger große Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit und des Wohls Einzelner erwarten lassen. Je kleiner die Anlage ist und je ungefährlicher die Abfallstoffe sind, die in ihr abgelagert werden, desto eher handelt es sich um eine unbedeutende Anlage. Andererseits kann es sich bei einer großen Deponie, die sich durch Staub- oder Geruchsbelästigungen negativ auf das Wohl der Allgemeinheit und die Nachbarschaft auswirkt, nicht um eine unbedeutende Anlage handeln. Die Erheblichkeit der Beeinträchtigungen bestimmt sich auch nach der Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der jeweiligen Umgebung 151 . So kann sich die besondere Schutzwürdigkeit 148
Vgl. z.B. §§ 17 Abs. 2 FStrG, 14 Abs. 1 b WaStrG, 8 Abs. 2 LuftVG, 28 Abs. 2 PBefG, jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Vereinfachung der Planungsverfahren für Verkehrswege (Planungsvereinfachungsgesetz - PlVereinfG) vom 17. Dezember 1993, BGBl. I, 2123. Zu diesen Vorschriften siehe im einzelnen unten § 4 C. (S. 229 ff.). 149 So auch Hoppe/Beckmann, Planfeststellung, S. 111; Hösel/von Lersner, Abfallbeseitigung, § 7 Rdnr. 16; Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 7 Rdnr. 55. 150 Vgl. hierzu etwa BWVGH, Beschl. v. 17.11.1992, NuR 1993, S. 144 (145); Bartels, Abfallrecht, S. 98; Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 7 Rdnr. 55. 151
BWVGH, Beschl. v. 17.11.1992, NuR 1993, S. 144 (145); Hoppe/Beckmann, Planfeststellung, S. 112; Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 7 Rdnr. 55. Vgl. hierzu auch BVerwG, Urt. v. 23.1.1981, BVerwGE 61, S. 295 (298 f.).
Die Plangenehmigung im Abfallrecht
7
eines vorgesehenen Deponiestandortes daraus ergeben, daß er innerhalb IM
eines Wasserschutzgebiets oder Waldgebiets Nachbarschaft ein Wohngebiet befindet.
liegt, oder daß sich in seiner
Entscheidend fur die rechtliche Bedeutung einer Deponie ist auch die Abfallart, die in ihr entsorgt werden soll. Dies ergibt sich fur gefährliche Sonderabfälle ausdrücklich aus dem Gesetz, nämlich aus § 7 Abs. 3 Satz 2 AbfG. Danach ist die Vorschrift des § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AbfG nicht anwendbar für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen zur Ablagerung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen, wenn hiervon erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt ausgehen können. Die besonders überwachungsbedürftigen Abfälle sind in § 2 Abs. 2 Satz 1 AbfG definiert und zeichnen sich dadurch aus, daß sie infolge ihrer stofflichen Eigenschaften potentiell besonders gefährlich sind, so daß bei ihrer Entsorgimg im Vergleich zu sonstigen Abfällen zusätzliche Anforderungen erforderlich sein können 153 . Die Vorschrift des § 2 Abs. 2 Satz 2 AbfG ermächtigt die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates diese Abfälle zu bestimmen, was durch den Erlaß der Abfallbestimmungsverordnung 154 geschehen ist. Die im wesentlichen gleichlautende Vorschrift des § 7 Abs. 2 Satz 2 AbfG a.F. wurde durch Art. 2 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten ( 8 5 / 3 3 7 / E W G ) 1 5 5 in das Abfallgesetz eingefügt. Die Einschränkung des Anwendungsbereichs der Plangenehmigung wurde erforderlich, weil die Plangenehmigung auch Vorhaben nach Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Anhang I Nr. 9 der UVP-Richtlinie erfaßte, die zwingend einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung zu unterwerfen sind, diese aber nicht im Plangenehmigungsverfahren, sondern nur im Planfeststellungsverfahren gewährleistet ist 1 5 6 . Dementsprechend scheidet ein Plange-
152
Z.B. Erholungswald gemäß § 13 BWaldG.
153
Kleinschnittger, Planfeststellung, S. 41. Vom 3. April 1990 (BGBl. 1,614).
154 155
Vom 12.2.1990 (BGBl. 1,205). Siehe dazu bereits oben § 2 C. I. (S. 65 f.).
156
Zur gemeinschaftsrechtlichen UVP-Pflichtigkeit von Vorhaben siehe oben § 1 Β. II. 4. (S. 27 ff.). Zu den Vorhaben nach Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Anhang I Nr. 9 UVP-RL gehören Abfallbeseitigungsanlagen zur Verbrennung, zur chemischen Behandlung oder zur Endlagerung von giftigem und gefahrlichem Abfall.
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung nehmigungsverfahren nur dann aus, wenn durch das Vorhaben überhaupt erhebliche Auswirkungen auf die U m w e l t ausgehen können, was jedoch grundsätzlich der Fall sein w i r d 1 5 7 . Zweifelhaft ist, ob es auch bei der Auslegung des Begriffs der imbedeutenden Deponie in § 7 Abs. 3 Satz 1 N r . 1 A b f G darauf ankommt, ob mit Einwendungen gegen das Vorhaben zu rechnen ist. Der Prognosetatbestand des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AbfG a.F. (Venn mit Einwendungen nicht zu rechnen ist") wurde bei der Neufassung des § 7 AbfG gestrichen. Ob diesem Tatbestand neben dem Fall der unbedeutenden Anlage überhaupt eigenständige Bedeutung zukam, wurde bezweifelt 158. Denn die erforderliche behördliche Prognose hatte darauf abzustellen, ob durch das Vorhaben rechtliche, wirtschaftliche oder ideele Belange Dritter nur derart geringfügig beeinträchtigt werden können, daß bei Würdigung aller Umstände vernüftigerweise für niemanden Anlaß zu Einwendungen besteht159. In diesen Fällen dürfte es sich aber bereits objektiv um eine unbedeutende Anlage i.S.v. § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AbfG a.F. gehandelt haben. Z w a r ist der Rechtsbegriff der unbedeutenden Deponie ein objektiver Begriff, somit grundsätzlich von der Einschätzung des Vorhabensträgers, Drittbetroffener und sonstiger i m Planfeststellungsverfahren Einwendungsbefugter unabhängig 1 6 0 . D o c h wird die zuständige Behörde zumindest dann nicht von einer unbedeutenden Anlage ausgehen können, wenn sie mit berechtigten Einwendungen Drittbetroffener rechnen m u ß 1 6 1 . D a dies aber nur dann der Fall sein wird, wenn das Vorhaben voraussichtlich erhebliche Beeinträchtigungen hervorrufen wird, kommt diesem Kriterium letztlich keine eigenständige Bedeutung zu. Sind durch das Vorhaben lediglich wirt-
So Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 7 Rdnr. 55. Zweifelhaft ist dagegen, ob auch von einem Änderungsvorhaben "erhebliche Auswirkungen" auf die Umwelt ausgehen können, wenn es zu einer Verbesserung der Umweltsituation führt. Dazu näher unten § 2 C. III. 2. (S. 79 ff.). 158
Siehe etwa Hoppe/Beckmann, Planfeststellung, S. 113; JOoepfer, Umweltrecht, § 12 Rdnr. 123 (S. 718); Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 7 Rdnr. 58. 159
Bartels, Abfallrecht, S. 99; Hösel/von Lersner, Abfallbeseitigung, § 7 Rdnr. 20; Kleinschnittger, Planfeststellung, S. 206; Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 7 Rdnr. 20. 160
Hoppe/Beckmann, Planfeststellung, S. 112. Anders Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 7 Rdnr. 55, wonach bei der Auslegung des Begriffs der unbedeutenden Anlage auch auf die Einschätzung der Betroffenen Rücksicht zu nehmen ist. In diese Richtung auch Hösel/von Lersner, Abfallbeseitigung, 5 7 Rdnr. 16. 161 Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 7 Rdnr. 55.
C. Die Plangenehmigung im Abfallrecht
75
schaftliche oder ideelle Belange berührt, die rechtlich nicht geschützt sind, so ist dies unerheblich, da es auf die rechtliche Bedeutung des Vorhabens ankommt und nicht auf seine tatsächliche Bedeutung. Für die rechtliche Einordnung einer Deponie als unbedeutend ist dann kein Platz, wenn sich für die Behörde der Kreis der von der Anlage rechtlich Betroffenen nicht sicher bestimmen läßt, so wenn der Bereich, auf den die Anlage Auswirkungen haben kann, nicht klar abgrenzbar ist. Dann ist es erforderlich, im Rahmen der (weiten) Öffentlichkeitsbeteiligung im Planfeststellungsverfahren die Betroffenen zu ermitteln. Wenn es sich jedoch um eine überschaubare Anzahl von Betroffenen handelt, die sich einwandfrei ermitteln lassen, kann deren Beteiligung in einem Genehmigungsverfahren nach §§ 13, 28 VwVfG schneller und einfacher zu bewältigen sein . Abschließend ist zu prüfen, ob bei der Beurteilung der Erheblichkeit der Beeinträchtigungen und damit der Bedeutung der Anlage darauf abgestellt werden darf, ob diese Beeinträchtigungen durch Auflagen und Bedingungen abgewendet werden können. Dies ließe sich mit dem Hinweis darauf bejahen, daß für den Schutz des Allgemeinwohls und der Rechte der Betroffenen letztendlich nur entscheidend sei, welche Beeinträchtigungen von dem Vorhaben tatsächlich ausgehen werden. Wenn im Ergebnis - wegen der Möglichkeit der Aufnahme von Auflagen und Bedingungen - keine erheblichen Beeinträchtigungen zu erwarten seien, reiche als rechtliche Grundlage für das Vorhaben auch eine Plangenehmigung aus. Diese Sichtweise verkürzt jedoch die Aufgabe des abfallrechtlichen Zulassungsverfahrens. Denn die Beurteilung der Frage, ob erhebliche Beeinträchtigungen durch das Vorhaben abgewendet werden können, ist gerade Gegenstand des Verwaltungsverfahrens und nicht der grundsätzlich vor der Durchführung des Verfahrens zu beantwortenden Frage nach der Art des Verwaltungsverfahrens. Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und 3 AbfG sind der Planfeststellungsbeschluß und die Genehmigung zu versagen, wenn von dem Vorhaben Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit oder nachteilige Wirkungen auf das Recht eines anderen zu erwarten sind, die durch Auflagen und Bedingungen weder verhütet noch ausgeglichen werden können. Die Frage der Verfahrenswahl würde eine vorweggenommene und abschließende Prüfung
162
Kleinschnittger,
Planfeststellung, S. 202 f.
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
dieser Vorschrift voraussetzen, was entsprechende eingehende Ermittlungen erforderlich machen würde. Dies kann aber nicht Gegenstand der Verfahrenswahl sein, sondern muß Gegenstand des Verwaltungsverfahrens selbst sein. Denn Aufgabe des Verwaltungsverfahrens ist es ja gerade herauszufinden, wie die Beeinträchtigungen so gering wie möglich gehalten werden können. Außerdem würden bei einer so weitgehenden Prüfung nachteilige Wirkungen in der Regel ausgeschlossen werden können, was letztlich zu einer Umkehrung des gesetzlich vorgesehenen Regel-Ausnahme-Verhältnisses zwischen Planfeststellung und Plangenehmigung führen würde .
2. Wesentliche Änderung einer Deponie Ein abfallrechtliches Genehmigungsverfahren kann auch dann durchgeführt werden, wenn eine wesentliche Änderung einer Deponie oder ihres Betriebes beantragt wird, soweit die Änderung keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die in § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genannten Schutzgüter haben kann (§ 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AbfG). Hinsichtlich des Begriffs der wesentlichen Änderung liegen keine Anzeichen für ein von § 7 Abs. 2 AbfG abweichendes Begriffsverständnis vor 1 6 4 . Im Hinblick auf die Funktion des abfallrechtlichen Zulassungsverfahrens als umfassende präventive Rechtskontrolle wird eine Änderung bereits immer dann als wesentlich angesehen, wenn sich dadurch die Auswirkungen der Anlage auf die in § 2 Abs. 1 AbfG genannten Schutzgüter ändern oder andere Umstände beeinflußt werden, die bei der erstmaligen Planfeststellung oder Genehmigung erheblich gewesen wären 1 6 5 . Als wesentlich ist damit jede Änderung anzusehen, die die Schutzgüter des § 2 Abs. 1 AbfG oder Rechte Dritter in mehr als nur unerheblicher Weise beeinflußen kann. Anders herum formuliert: Eine Änderung ist nur dann unwesentlich, wenn
163
So zutreffend BWVGH, Beschl. v. 17.11.1992, NuR 1993, S. 144 (145).
164
Kleinschnittger,
165
Planfeststellung, S. 205.
OVG Lüneburg, Urt. v. 17.7.1985, UPR1986, S. 230 (231); BWVGH, Urt. v. 15.10.1985, NVwZ 1986, S. 663 (664); Franßen, Abfallrecht, S. 431; Hoppe/Beckmann, Planfeststellung, S. 122; Jung, Abfallwirtschaft, S. 216; Kiemschnittger, Planfeststellung, S. 55; Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 7 Rdnr. 12. Vgl. auch BVerwG, Urt. v. 11.2.1977, NJW 1978, S. 64 (65) und Urt. v. 6.7.1984, BVerwGE 69, S. 351 (358), beide zu § 15 BImSchG.
C. Die Plangenehmigung im Abfallrecht
7
eine rechtserhebliche Beeinträchtigung dieser Güter und Rechte ausgeschlossen ist. Es kommt hier nicht darauf an, ob im konkreten Fall diese Schutzgüter und Rechte tatsächlich negativ beeinträchtigt werden können, denn die Untersuchung und Bewertung der Änderung der Anlage im Hinblick auf die Zulassungsvoraussetzungen muß letztendlich der zuständigen Behörde in einem Verwaltungsverfahren überlassen bleiben 166 . Dies ist Zweck und Inhalt eines Zulassungsverfahrens. Anlaß zur erneuten Prüfung der Zulassungsfrage geben Änderungen also unabhängig davon, ob sie die Umweltsituation und das Sicherheitsniveau der Anlage im Ergebnis verbessern oder verschlechtern, zumal eine vom Anlagenbetreiber als Verbesserung beabsichtigte Maßnahme durchaus an anderer Stelle zu zunächst nicht 1 f\l
erkannten nachteiligen Folgen führen kann
.
Eine wesentliche Änderung ist nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AbfG aber mudami genehmigungsfähig, wenn sie keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf ein in § 2 Abs. 1 Satz 2 U V P G genanntes Schutzgut haben kann. Dieses zusätzliche Erfordernis war in der entsprechenden Vorschrift des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AbfG a.F. nicht enthalten und wurde im Rahmen der Novellierung des § 7 AbfG eingefügt. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Formulierung sicherstellen, daß immer dann, wenn ein Änderungsvorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hat, ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden muß, in dessen Rahmen eine förmliche Um1 f&
weltverträglichkeitsprüfung erfolgt . Insoweit erfolgte eine Angleichung an die der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht unterliegenden Abfallentsorgungsanlagen, bei deren Änderung eine förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, wenn "die Änderung erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die in § 2 Abs. 1 Satz 2 U V P G genannten Schutzgüter haben kann" 169 . Diese Voraussetzung schränkt den Anwendungsbereich der abfallrechtlichen Plangenehmigung bei wesentlichen Än-
166
So zutreffend Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 7 Rdnr. 12. Franßen, Abfallrecht, S. 431; Hoppe/Beckmann, Planfeststellung, S. 112; Hösel/von Lersner, Abfallbeseitigung, § 7 Rdnr. 8; Kleinschnittger, Planfeststellung, S. 55 f.; Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, δ 7 Rdnr. 12. Wie hier auch BVerwG, Urt. v. 11.2.1977, NJW1978, S. 64 (65) und Urt. v. 6.7.1984, BVerwGE 69, S. 351 (358) zu δ 15 BImSchG. 167
168
δ 3 Abs. 1 UVPG i.V.m. Nr. 4 der Anlage zu δ 3, δ 2 Abs. 2 Nr. 4 UVPG.
169
δ 3 UVPG i.V.m. Nr. 1 der Anlage zu δ 3 und Nr. 27 des Anhangs zu Nr. 1 der Anlage zu δ 3.
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
derungen erheblich ein. Denn zum einen liegt eine wesentliche Änderung dann vor, wenn sie die Schutzgüter des § 2 Abs. 1 Satz 2 AbfG in mehr als nur unerheblicher Weise beeinflußen kann. Zum anderen ist die Plangenehmigung aber dann nicht anwendbar, wenn die Änderung erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die in § 2 Abs. 1 Satz 2 U V P genannten Schutzgüter haben kann. In beiden Fällen reicht die Möglichkeit der Beeinträchtigung aus ("kann"), eine tatsächliche Beeinträchtigung ist nicht erforderlich. Die in § 2 Abs. 1 Satz 2 AbfG ausdrücklich angeführten Schutzgüter und die Schutzgüter des § 2 Abs. 1 Satz 2 U V P G decken sich zwar nicht vollständig170. So begrenzt § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AbfG den Schutz auf bestimmte Tiere (Nutztiere, Vögel, Wild, Fische), Nr. 3 auf bestimmte Pflanzen (Nutzpflanzen). Andere Tiere und Pflanzen werden nur geschützt, soweit die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege dies erfordern. Demgegenüber erfaßt § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG alle Tiere und Pflanzen. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AbfG bietet nur Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen, die durch Luftverunreinigungen oder Lärm herbeigeführt werden. Schließlich sind durch den Katalog des § 2 Abs. 1 Satz 2 AbfG die Auswirkungen auf das Klima, die Sachgüter und das kulturelle Eibe nicht in vollem Umfang oder überhaupt nicht abgedeckt.
Der Katalog des § 2 Abs. 1 Satz 2 AbfG ist jedoch nicht abschließend ("insbesondere"), so daß noch weitere Beeinträchtigungen des Wohls der 171
Allgemeinheit denkbar sind
. Unter den Begriff des Wohls der Allge-
meinheit in § 2 Abs. 1 Satz 1 AbfG lassen sich damit alle in § 2 Abs. 1 Satz 2 ΛΎ)
U V P G angeführten Schutzgüter subsumieren . Für den Anwendungsbereich der Plangenehmigung nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AbfG verbleiben damit einmal solche wesentlichen Änderungen, die zwar nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben können, diese Auswirkungen jedoch nur ein geringes Ausmaß haben und deshalb unterhalb der Erheblichkeitsschwelle I'M
bleiben
. Ob das Kriterium der Erheblichkeit allerdings praktikabel ist,
170
Vgl. hierzu Jarass, EG-Richtlinie, S. 26.
171
Kunig, in: Schwermer/Kunig/Versteyl, AbfG, § 2 Rdnr. 24.
172
So im Ergebnis auch Jarass, EG-Richtlinie, S. 26 f.
173 Das Merkmal der Erheblichkeit der Auswirkungen des Vorhabens spielt auch bei der Auslegung des Rechtsbegriffs der unbedeutenden Deponie i.S.v. § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AbfG eine Rolle. Vgl. hierzu oben § 2 C. III. 1. (S. 72 f.).
C. Die Plangenehmigung im Abfallrecht
7
erscheint äußerst zweifelhaft 174 . Die Plangenehmigung ist zum anderen dann anwendbar, wenn das Änderungsvorhaben keine Auswirkungen auf die Umwelt hat, die Umweltauswirkungen im Vergleich zu früher also gleichbleiben. Dies ist beispielsweise der Fall bei der Veräußerung einer Anlage und dem damit verbundenen Betreiberwechsel, wenn man die - allerdings umstrittene - Auffassung vertritt, daß hierin eine wesentliche Änderung der Anlage zu sehen ist und kein Übergang der Zulassung auf den neuen Betreiber ipso iure erfolgt . Schließlich ist die Vorschrift des § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AbfG auch dann anwendbar, wenn die wesentliche Änderung der Deponie zu einer Verbesserung der Umweltsituation führt. Dies ist etwa der Fall bei der Neukonzeption und Verbesserung des Entwässerungssystems einer Deponie, der Errichtung einer Betriebskläranlage auf dem Gelände einer Deponie oder der nachträglichen Basisabdichtung einer Deponie Auch die Vorschrift des § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AbfG gilt nicht für Anlagen zur Ablagerung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen, wenn hiervon erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt ausgehen können (§ 7 Abs. 3 Satz 2 AbfG). Im Zusammenhang mit der wesentlichen Änderung einer Deponie gewinnt die Frage an Bedeutung, ob "erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt" nur bei nachteiligen Folgen für die Umwelt vorliegen, oder auch dann, wenn sich die Umweltsituation durch das Änderungsvorhaben insgesamt verbessert. Die Formulierung wurde durch Art. 2 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeit bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten 177 in das Abfallgesetz eingefügt und hat zur Folge, daß immer dann, wenn ein Vorhaben erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben kann, ein Planfeststellungsverfahren mit förmlicher Umweltverträglichkeits17R
prüfung durchzuführen ist . Auch das UVPG, das als Art. 1 dieses Gesetzes erlassen wurde, verwendet diese Formulierung an mehreren Stellen. In
174
Kritisch auch Ronellenfitsch, DOV 1989, S. 737 (748) und Weidemann, in: Anwaltshandbuch für Verwaltungsverfahren, Kap. 7 Rdnr. 34. So z.B. Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 7 Rdnr. 7. Anderer Ansicht sind etwa Franßen, Abfallrecht, S. 439 und Hösel/von Lersner, Abfallbeseitigung, § 7 Rdnr. 6. 176
Vgl. hierzu z.B. BWVGH, Urt. v. 15.10.1985, NVwZ 1986, S. 663 (664).
177
Vom 12.2.1990 (BGBl. 1,205).
178
§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG i.V.m. Nr. 4 der Anlage zu § 3.
0
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 U V P G wird die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung Vorhaben der Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterwerfen, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben können. Vorhaben i.S.d. U V P G ist auch die wesentliche Änderung einer Anlage, soweit sie erhebliche Auswirkungen auf 'die Umwelt haben kann (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 UVPG). Zwar liegt es nahe, von erheblichen Umweltauswirkungen dann nicht zu sprechen und das Vorhaben damit dann nicht einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterwerfen, wenn das Änderungsvorhaben zu gleichbleibenden oder gar zu einer Minderung von schädlichen Umweltauswirkungen führt 1 7 9 . Denn zumindest hier erscheint der erhebliche Verfahrensaufwand einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung, die ja vornehmlich der Umweltvorsorge dient, nicht gerechtfertigt. Das Gesetz unterscheidet jedoch begrifflich exakt zwischen erheblichen AuswirkunΙΟΛ
gen auf die Umwelt
, erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die ΙΟΙ
Schutzgüter des § 2 Abs. 1 Satz 2 U V P G
und einer wesentlichen Verbes-
ΙΟΛ
serung für die Umwelt . Diese differenzierte Begriffsbildung legt den Schluß nahe, daß bei Verwendung der neutralen Formulierung der "erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt" sowohl positive als auch negative Folgen erfaßt werden sollen. Dementsprechend wird der Zweck des U V P G auch darin gesehen, alle von § 3 U V P G erfaßten Maßnahmen mit Umweltrelevanz zu erfassen, und zwar unabhängig davon, ob sie negative oder positive Auswirkungen auf die Umwelt haben . Auch der Referentenentwurf einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des U V P G geht davon aus, daß Auswirkungen auf die Umwelt "negativ oder positiv - das heißt systemfördernd (funktional) oder systembeeinträchtigend (disfunk1 StA
tional) - sein" können . Inhalt der Umweltverträglichkeitsprüfung ist es gerade, die Auswirkungen auf die Umwelt frühzeitig und umfassend zu ermit179
In diese Richtung Erbguth/Schink, UVPG, § 2 Rdnr. 47. Siehe § 7 Abs. 3 Satz 2 AbfG; § 2 Abs. 2 Nr. 4, § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG.
180
181
Vgl. § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 3 AbfG; § 3 UVPG i.V.m. Nr. 1 der Anlage zu § 3.
182
Siehe § 7 Abs. 3 Satz 3 AbfG.
183
Erbguth/Schink,
UVPG, § 19 Rdnr. 4.
184
Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPVwV), Referentenentwurf vom 19. Juni 1991, abgedruckt in: Erbguth/Schink, UVPG, Anh. 6. Vgl. hierzu auch Erbguth/Schink, UVPG, § 2 Rdnr. 9.
C. Die Plangenehmigung im Abfallrecht 1RS
teln und zu beschreiben, und erst dann zu bewerten . Außerdem können positive Auswirkungen auf ein Schutzgut des § 2 Abs. 1 Satz 2 U V P G zunächst unvorhersehbare negative Auswirkungen auf andere Schutzgüter haben. Dies festzustellen ist Aufgabe der förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung. Die Plangenehmigung kann somit im Bereich der besonders überwachungsbedürftigen Abfälle nur dann Anwendung finden, wenn das Vorhaben entweder keinerlei Umweltrelevanz hat oder wenn von dem Vorhaben lediglich unerhebliche Auswirkungen auf die Umwelt ausgehen können. 3. Versuchsanlagen Schließlich kann eine abfallrechtliche Plangenehmigung erteilt werden für die Errichtung einer Deponie, die ausschließlich oder überwiegend der Entwicklung oder Erprobung neuer Verfahren dient (§ 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AbfG). Die Genehmigung soll auf höchstens zwei Jahre zeitlich beschränkt werden, wobei eine Verlängerungsmöglichkeit bis zu einem weiteren Jahr besteht. Die Vorschrift geht auf § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AbfG a.F. zurück, der 10/
durch Gesetz vom 12. Februar 1990 in das Abfallgesetz eingeführt wurde. Der Gesetzgeber kam damit der Forderung nach einer Erleichterung des Verfahrens für Versuchsanlagen entsprechend dem Vorbild des § 2 Abs. 3 der 4. BImSchV nach, da umstritten war, ob es sich bei diesen Anlagen um unbedeutende Anlagen i.S.v. § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AbfG a.F. handelt 187 . Plangenehmigungsfähig waren nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AbfG a.F. nur Abfallbehandlungs- und Verwertungsanlagen, also nicht Abfalldeponien. Diese Einschränkung wurde daraus erklärt, daß die Vorschrift für befristete Zeit probeweise Entsorgungsvorgänge verfahrensrechtlich vereinfacht ermöglichen wolle, womit sich die nur zeitweise (End-)Lagerung von Abfällen nicht in Einklang bringen lasse 188 . Der Gesetzgeber ist dieser Auffassung
185
Vgl. § 1 Nr. 1 UVPG.
186
BGBl. 1,205. Siehe dazu schon oben δ 2 C 1.1. (S. 65 f.).
187
Vgl. Hösel/von Lersner, Abfallbeseitigung, δ 7 Rdnr. 19; Kleinschnittger, Planfeststellung, S. 206; Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, δ 7 Rdnr. 58 a; Tettinger, in: Festschrift für Fabricius, S. 307 (315 f.). 188
Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, δ 7 Rdnr. 58 a.
6 Ringel
2
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
nicht gefolgt, denn § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AbfG findet jetzt für Deponien Anwendung. Die versuchsweise Zulassung anderer Abfallentsorgungsanlagen richtet sich ausschließlich nach § 2 Abs. 3 der 4. BImSchV, sofern sie immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtig sind. Die nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AbfG privilegierten Versuchsanlagen sind von den sogenannten Pilotanlagen zu unterscheiden. Versuchsanlagen werden regelmäßig in einem früheren Stadium errichtet. Sie werden in einer kleineren Ausführung gebaut und dienen dazu, eine praktische Überprüfung neuer Techniken und Verfahren zu ermöglichen und diese aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse weiterzuentwickeln und zu erproben. Die Planfeststellung eignet sich für technische Fortentwicklungen nicht, weil die Verfahrenstechnik nicht "statisch" festgeschrieben werden kann, wie dies in einem förmlichen Verfahren erforderlich ist 1 8 9 . U m Pilotanlagen, die grundsätzlich planfeststellungspflichtig sind, handelt es sich dagegen bei neuen, aber schon auf die volle Kapazität ausgelegten Vorhaben, deren Ziel es ist, in der Praxis Erkenntnisse über die bereits in einer Versuchsanlage neuentwickelte Technik zu sammeln 190 . Ob eine Anlage im Sinne dieser Vorschrift ausschließlich oder überwiegend der Entwicklung neuer Verfahren dient, ist unter Berücksichtigung des Standes der Technik zu beurteilen. Was bereits Stand der Technik ist, auch etwa im Sinne des Entwicklungsstandes fortschrittlicher Verfahren, kann die Privilegierung des § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AbfG nicht mehr beanspruchen 191. Die Regelung gilt auch für Anlagen zur Ablagerung besonders überwachungsbedürftiger Abfälle, für die die Genehmigung jedoch höchstens für einen Zeitraum von einem Jahr erteilt werden kann (§ 7 Abs. 3 Satz 2 AbfG).
189 190
Weidemann, in: Anwaltshandbuch für Verwaltungsverfahren, Kap. 7 Rdnr. 36.
Zu der Unterscheidung von Versuchsanlagen und Pilotanlagen vgl. Tettinger, schrift für Fabricius, S. 307 (316); Kleinschnittger, Planfeststellung, S. 206. 191 Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 7 Rdnr. 58 a.
in: Fest-
C Die Plangenehmigung im Abfallrecht
IV. Exkurs: Die Novellierung des Anlagenzulassungsrechts Die Neufassung des § 7 AbfG, in dem die Zulassung der Abfallentsorgungsanlagen geregelt ist, hat ihren Grund vor allem darin, daß bei der herkömmlichen Aufteilung zwischen den abfallrechtlichen Zulassungsverfahren, also dem Planfeststellungsverfahren und dem Plangenehmigungsverfahren, das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren unberücksichtigt blieb. Nach § 7 AbfG a.F. waren alle Abfallentsorgungsanlagen grundsätzlich planfeststellungspflichtig (Abs. 1) und ausnahmsweise - bei unbedeutenden Anlagen, Versuchsanlagen oder wenn mit Einwendungen nicht zu rechnen war - genehmigungsfähig (Abs. 2). Daneben unterliegen zahlreiche Abfallentsorgungsanlagen jedoch auch der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht nach § 4 BImSchG. Die einzelnen genehmigungsbedürftigen Anlagen sind im Anhang zur 4. BImSchV aufgelistet 192. Aufgrund der Konzentrationswirkung des abfallrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses war daneben die an sich erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht erforderlich. Ein Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz war nicht durchzuführen . Anders bei der abfallrechtlichen Plangenehmigung nach § 7 Abs. 2 AbfG a.F., der nach zutreffender Ansicht mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung keine Konzentrationswirkung zukommt 194 , so daß bei den nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftigen Abfallentsorgungsan-
192
Vierte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV) vom 24.7.1985 (BGBl. 1,1586), zuletzt geändert durch Art. 9 des Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes vom 22.4.1993 (BGBl. 1,466). Eine Aufführung der einzelnen immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen findet sich bei Schink, DÖV 1993, S. 725 (727 f.). 1Q1 Bartels, Abfallrecht, S. 96; Hösel/von Lersner, Abfallbeseitigung, § 7 Rdnrn. 110 f.; Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 7 Rdnr. 49. 1Q4 Hoppe/Beckmann, Planfeststellung, S. 114 ff.; Hoschützky/Kreft, Abfallwirtschaft, § 7 Rdnr. 3.2; Hösel/von Lersner, Abfallbeseitigung, § 7 Rdnr. 26; Jarass, EG-Richtlinie, S. 61; Kleinschnittger, Planfeststellung, S. 201; Schäfer, NVwZ 1985, S. 383 (387); Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 7 Rdnr. 62. Anderer Auffassung ist RoneUenfitsch, DÖV 1989, S. 737 (747). Teilweise enthält das Landesrecht spezielle Vorschriften über eine partielle Konzentrationswirkung der abfallrechtlichen Genehmigung. So schließt in einigen Bundesländern die abfallrechtliche Genehmigung die Baugenehmigung ein. Vgl. z.B. Art. 87 Abs. 1 Nr. 4 BayBO, § 60 Abs. 3 NWBO, § 17 Abs. 2 LAbfGSaarl; siehe auch § 7 Abs. 3 Satz 2 NwAbgVG. Hierzu im einzelnen oben § 3 Β. II. 2. (S. 190).
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung lagen ein Genehmigungsverfahren nach § 10 bzw. § 19 B I m S c h G durchzuführen war. D i e immissionsschutzrechtliche Genehmigung schließt nun aber andere, die Anlage betreffende Entscheidungen mit Ausnahme der Planfeststellungen ein, so daß diese wiederum die abfallrechtliche Genehmigung beinhaltet (§ 13 BImSchG). Durchzuführen war in diesen Fällen also kein abfallrechtliches
Plangenehmigungsverfahren,
sondern
ein
immissions-
schutzrechtliches Genehmigungsverfahren 1 9 5 . D i e Beschleunigung abfallrechtlicher Zulassungsverfahren durch die Plangenehmigung, wie sie vom Gesetzgeber ursprünglich beabsichtigt w a r 1 9 6 , war damit bei zahlreichen Abfallentsorgungsanlagen von vornherein zum Scheitern verurteilt, da die immissionsschutzrechtliche Genehmigung - mit der für wesentliche Änderungen geltenden Ausnahme des § 15 Abs. 2 BImSchG - in einem förmlichen Verwaltungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung zu erteilen ist (§ 10 BImSchG), dessen Ablauf dem Planfeststellungsverfahren gleicht und das auch ähnlich zeitaufwendig i s t 1 9 7 . Die Auslegung beträgt in beiden Verfahren einen Monat (§ 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG, § 10 Abs. 3 Satz 2 1. Halbsatz BImSchG), Einwendungen können jeweils bis zwei Wochen nach Ablauf der Einwendungsfrist erhoben werden (§ 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG, § 10 Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz BImSchG). Der Kreis der Einwendungsberechtigten ist im immissionsschutzrechtlichen Verfahren sogar größer, da dort jedermann Einwendungen erheben kann (§ 10 Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz BImSchG) und nicht nur deijenige, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden können (§ 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG). Vorteilhafter ist das immissionsschutzrechtliche Verfahren insoweit, als hier nicht fristgerecht vorgebrachte Einwendungen materiell präkludieren, also auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr herangezogen werden können (§ 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG), während bei der abfallrechtlichen Planfeststellung verspätete Einwendungen lediglich formell präkludieren, d.h. im Verwaltungsverfahren ausgeschlossen sind (vgl. § 73 Abs. 5 Nr. 3, Abs. 6 Satz 1 VwVfG) 1 9 8 .
195
Bartels, Abfallrecht, S. 100; Franßen, Abfallrecht, S. 434; Hösel/von Lersner, Abfallbeseitigung, § 7 Rdnr. 26; Kleinschnittger, Planfeststellung, S. 201; Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 7 Rdnr. 53. 196
Siehe BT-Drs. IV/2401, S. 14. Dazu bereits oben 5 2 C. 11. (S. 64).
197
So Franßen, Abfallrecht, S. 434; Jung, Abfallwirtschaft, S. 23 ff.; Hoppe/Beckmann, Planfeststellung, S. 119 f. 198
Auf diesen Vorteil des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens weisen Appold/Beckmann, VerwArch 81 (1990), S. 307 (319) und Hoppe/Beckmann, Planfeststellung, S. 120 hin. Nach Auffassung von RoneUenfitsch, DÖV 1989, S. 737 (738) wird die fehlende materielle Präklusionswirkung des abfallrechtlichen Planfeststellungsverfahrens der Besonderheit der abfallrechtlichen Planfeststellung als Unternehmergenehmigung - soweit sie von Privaten beantragt wird - nicht gerecht.
C Die Plangenehmigung im Abfallrecht
Außerdem wurden nicht als unbedeutend i.S.v. § 7 Abs. 2 Nr. 1 AbfG a.F. von vornherein solche Anlagen angesehen, für deren Zulassung ein förmliches Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung in anderen Rechtsvorschriften vorgesehen ist, vornehmlich also Abfallentsorgungsanlagen, die der Genehmigungspflicht nach § 4 BImSchG i.V.m. der 4. BImSchV unterliegen, so daß hier ein Planfeststellungsverfahren nach § 7 Abs. 1 AbfG a.F. durchzuführen war 1 9 9 . Das abfallrechtliche Plangenehmigungsverfahren hatte damit bereits nach altem Recht eigenständige Bedeutung nur für immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Abfallentsorgungsanlagen, vornehmlich also für Deponien. Diese Konzeption der Aufgabenverteilung zwischen abfallrechtlichem Planfeststellungsverfahren, abfallrechtlichem Plangenehmigungsverfahren und immissionsschutzrechtlichem Genehmigungsverfahren wurde als unbefriedigend empfunden und als nicht sachgerecht abgelehnt. So ging der gesetzlichen Neufassung des Anlagenzulassungsrechts der Vorschlag voraus, für Abfallentsorgungsanlagen, die bereits immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtig sind, auf eine abfallrechtliche Zulassung ganz zu verzichten oder doch zumindest nur eine abfallrechtliche Genehmigung vorzuschreiben, die dann nach § 13 BImSchG von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung mitumfaßt würde 2 0 0 . Dieser Reformvorschlag wurde damit begründet, daß das Planfeststellungsverfahren für Anlagen der Abfallverwertung nicht passe, da diese sich durch ihre technischen Einrichtungen, ihre Betriebsabläufe und Umweltrelevanz ganz erheblich von Abfalldeponien unterschieden und eher Gemeinsamkeiten mit den immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen aufwiesen. Planfeststellungsverfahren würden demgegenüber in anderen Rechtsgebieten überwiegend für statische Vorhaben gewählt, etwa für Infrastrukturvorhaben, bei denen die Ortswahl im Vordergrund stehe und bei denen auch nachträgliche Anforderungen an den Stand der Technik eine untergeordnete Rolle spielen wür-
199
Hoschützky/Kreft, Abfallwirtschaft, § 7 Rdnr. 3.1.1; Hösel/von Lersner, Abfallbeseitigung, § 7 Rdnr. 16; Kleinschnittger, Planfeststellung, S. 203; Schwermer, in: Kunig/Schwermer/ Versteyl, AbfG, § 7 Rdnr. 55. 200 So Appold/Beckmann, VerwArch 81 (1990), S. 307 (317 ff.); Hoppe/Beckmann, Planfeststellung, S. 118 (122 f.). Vgl. auch die Beschlußempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (21. Ausschuß) in BT-Drs. 11/6633, S. 2 und 4 und das Sondergutachten des Rates von Sachverständigen in Umweltfragen vom September 1990 "Abfallwirtschaft" in BT-Drs. 11/8493, Tz. 236 und 364. Vgl. dazu auch Blankenagel/Bohl, DÖV 1993, S. 585 ff.
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
den 2 0 1 . Der Vorteil des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens gegenüber dem abfallrechtlichen Planfeststellungsverfahren wird dabei nicht im Verfahrensablauf gesehen, da beide Verfahren in etwa gleichwertig sind, insbesondere das Planfeststellungsverfahren nicht von vornherein zeitaufwendiger als das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren ist . Die Vorzüge der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gegenüber der abfallrechtlichen Planfeststellung liegen vielmehr in ihrer andersgelagerten Entscheidungsstruktur . Diese hat ihren Grund in der herkömmlichen Unterscheidung zwischen sogenannten Kontrollerlaubnissen, die ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt aufheben, und der Planfeststellung als einer exemplarischen Ausprägung einer Planungsentscheidung und den Rechtsfolgen, die an diese Unterscheidung geknüpft werden . So besteht ein Anspruch eines privaten Vorhabensträgers auf Erteilung der Genehmigung, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen, nur nach den Bundes-Immissionsschutzgesetz, nicht jedoch im Bereich der abfallrechtlichen Planfeststellung 205. Außerdem können bei der abfallrechtlichen Planfeststellung die Prüfungsmaßstäbe, die von der Planfeststellungsbehörde bei der Auslegung des Gemeinwohlbegriffs i.S.v. § 2 Abs. 1 AbfG und solchen, die bei der jeder Planung innewohnenden Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen sind, nicht eindeutig voneinander getrennt werden . Die planerische Abwägung bildet regelmäßig den Anlaß für Erörte-
201
Appold/Beckmann, lung, S. 118 f.
VerwArch 81 (1990), S. 307 (318); Hoppe/Beckmann, Planfeststel-
202
Hoppe/Beckmann, Planfeststellung, S. 119 f. Vgl. auch Nachweise oben in § 2 / Fn. 197 (S. 84). 203 Appold/Beckmann, VerwArch 81 (1990), S. 307 (318 ff.); Hoppe/Beckmann, Planfeststellung, S. 120 ff. 204 Zum rechtssystematischen Verhältnis von Planfeststellungsbeschlüssen und Genehmigungsentscheidungen siehe Beckmann, DÖV 1987, S. 944 (945 ff.) und Wahl, DVB1.1982, S. 51 ff. 205 So die bisher herrschende Auffassung. Vgl. z.B. BWVGH, Urt. v. 14.3.1974, BWVP 1974, S. 106; BayVGH, Urt. v. 30.12.1985, DÖV 1986, S. 844; Bartels, Abfallrecht, S. 100 ff.; Hösel/von Lersner, Abfallbeseitigung, § 8 Rdnr. 21; Schwermer, in: Kunig/Schwermer/ Versteyl, AbfG, § 8 Rdnr. 10. Das BVerwG, Beschl. v. 20.12.1988, NVwZ 1989, S. 458 (460) läßt diese Frage offen. Für einen solchen Anspruch z.B. Beckmann/Appold/Kuhlmann, DVB1. 1988, S. 1002 (1007 f.); Hoppe/Beckmann, Planfeststellung, S. 80 f.; Ronellenfitsch, DÖV 1989, S. 737 (746). 206
Appold/Beckmann, VerwArch 81 (1990), S. 307 (318 f.).
Die Plangenehmigung im Abfallrecht
7
rungen, die häufig mehr umweltpolitische Fragestellungen betreffen, äußerst zeitaufwendig sind und im Planfeststellungsverfahren nichts zu suchen ha207
ben . Es zeigt sich außerdem, daß der der Planung notwendigerweise innewohnende Abwägungs- und Gestaltungsspielraum - obwohl dieser grundsätzlich gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist - gleichwohl ein höheres Risiko richterlicher Aufhebung in sich trägt, da das Gericht Mängel im Abwägungsvorgang der Planfeststellungsbehörde nicht durch eigene Ermittlungen und Bewertungen beseitigen darf 2 0 8 . Schließlich wird als wesentlicher Nachteil angesehen, daß im abfallrechtlichen Planfeststellungsverfahren nach herrschender Meinung wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Planungsentscheidung de lege late die Möglichkeit der Verfahrensstufung fehlt, wie sie im Bundes-Immissionsschutzgesetz durch Vorbescheid (§ 9 BImSchG) und Teilnehmigung (§ 8 BImSchG) besteht 209 . Der Gesetzgeber ist bei der Novellierung des Anlagenzulassungsrechts in § 7 AbfG dieser rein immissionsschutzrechtlichen Lösung gefolgt und ordnet jetzt nur noch für Deponien ein Planfeststellungs- bzw. Plangenehmigungsverfahren an (§ 7 Abs. 2 und 3 AbfG). Die Zulassimg sonstiger Abfallentsorgungsanlagen richtet sich ausschließlich nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (§ 7 Abs. 1 AbfG). Der Gesetzgeber begründet dies damit, daß Abfallentsorgungsanlagen mit Ausnahme der Deponien mit den Produktionsanlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz vergleichbar seien, während für Deponien die Möglichkeit der planerischen Abwägung erforderlich sei, da sie wegen ihrer besonderen Standortanforderungen und ihres Einzugsbereichs regelmäßig einen überörtlichen Koordinierungsbedarf auslösten210.
207 Appold/Beckmann, lung, S. 121.
VerwArch 81 (1990), S. 307 (319); Hoppe/Beckmann, Planfeststel-
208
Hoppe/Beckmann, Planfeststellung, S. 121 unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. v. 10.2.1989, NVwZ-RR 1989, S. 619. Vgl. auch BVerwG, Urt. v. 25.2.1988, NVwZ 1989, S. 152 (153). Appold/Beckmann, VerwArch 81 (1990), S. 307 (319); Hoppe/Beckmann, Planfeststellung, S. 121. Wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Planungsentscheidung ist de lege lata im Planfeststellungsrecht keine Verfahrensstufung zulässig. So z.B. Schwermer, in: Kunig/ Schwermer/Versteyl, AbfG, § 7 Rdnr. 45. Vgl. aber auch VGH Kassel, Beschl. v. 28.4.1978; NJW 1979, S. 179 (180), wonach die Planfeststellungsbehörde die Möglichkeit hat, während eines laufenden Verfahrens für Teile des Vorhabens eine Plangenehmigung zu erteilen. Hierzu Kleinschnittger, Planfeststellung, S. 208. 210
BT-Drs. 12/3944, S. 53.
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
Die Neuregelung des Anlagenzulassungsrechts vermag jedoch nicht voll zu überzeugen . So werden die Vorbehalte gegen das abfallrechtliche Planfeststellungsverfahren auch eher im "Psychologischen" gesehen, da sein Verfahrensablauf - wie oben aufgezeigt - mit dem des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens vergleichbar ist 2 1 2 . Der Anwendungsbereich des Abfallgesetzes wird nahezu vollständig auf die Zulassung von Deponien zurückgedrängt, das Zulassungsrecht auf zwei verschiedene Rechtsmaterien verteilt . Gegen diese rein immissionsrechtliche Lösung spricht aber vor allem folgendes. Das Rechtsinstitut der Kontrollerlaubnis, zu welchem die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gehört, ist vom einzelnen, vom privaten Antragsteller mit seiner potentiell grundrechtlich geschützten Rechtsstellung her konzipiert 214 . Zwar werden Abfallentsorgungsanlagen teilweise auch von Privaten errichtet und betrieben, dennoch dienen sie auch dann vornehmlich dem öffentlichen Interesse an einer geordneten Abfallentsorgung. Im Abfallrecht ist nicht zwischen privatnützigen c
und gemeinnützigen Vorhaben zu unterscheiden . Die für gemeinnützige (Infrastruktur-)Vorhaben typische und im allgemeinen auch besonders geeignete Zulassungsform ist aber die Planfeststellung, denn diese ist im Gegensatz zur Kontrollerlaubnis in der Lage, unterschiedliche öffentliche und private Interessen zu kompensieren. Vorteile, die ein Vorhaben für einen öffentlichen Belang bringt, sind grundsätzlich geeignet, Nachteile bei anderen entgegenstehenden öffentlichen und privaten Interessen auszugleichen oder aufzuwiegen . Die Planfeststellung ist ferner grundsätzlich geeignet, die Zulässigkeit des Vorhabens auch bindend für ein nachfolgendes
211
So bereits im Vorfeld der Neufassung des Anlagenzulassungsrechts Kleinschnittger, Planfeststellung, S. 264; Paetow, Planfeststellung, S. 440 ff.; Versteyl, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, Einl. Rdnr. 45 b. 2X 1 Jung, Abfallwirtschaft, S. 25. 213
Diese Aufsplitterung der abfallrechtlichen Zulassungsformen je nach Anlagenart kritisieren Kleinschnittger, Planfeststellung, S. 264 und Paetow, Planfeststellung, S. 441. 214
Vgl. hierzu und zum folgenden Paetow, Planfeststellung, S. 441 f. BVerwG, Urt. v. 9.3.1990, BVerwGE 85, S. 44 (47 f.). Zur privatnützigen Planfeststellung vgl. Achenbach, Zur Frage der selbständigen rechtlichen Bedeutung der privatnützigen Planfeststellung, 1992. 215
216
Paetow, Planfeststellung, S. 441; Wahl, DVB1.1982, S. 51 (55).
D. Die Plangenehmigung im Planungsrecht der Verkehrswege
Enteignungsverfahren festzustellen
. Schließlich ist bei der immissions-
schutzrechtlichen Genehmigung auch kein Platz für eine wie auch immer geartete Bedürfnisprüfung (sogenannte planerische Rechtfertigung). Aber auch die Ausweitung des Anwendungsbereichs der abfallrechtlichen Plangenehmigung auf alle immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Abfallentsorgungsanlagen wäre mit rechtlichen Unsicherheiten verbunden gewesen. Denn bei der abfallrechtlichen Plangenehmigung handelt es sich um eine echte Planungsentscheidung, die wegen der Ersetzungswirkung des § 13 BImSchG in die immissionsschutzrechtliche Kontrollerlaubnis hätte eingebunden werden müssen . Ob in diesem Fall eine Verfahrensstufung durch Teilnehmigung und Vorbescheid (§§ 8, 9 BImSchG) zulässig wäre, ist zumindest zweifelhaft . Die vom Gesetzgeber durchgeführte Konzeption ist daher zumindest klarer und konsequenter.
D. Der Anwendungsbereich der Plangenehmigung im Planungsrecht der Verkehrswege und Verkehrsanlagen
/. Gesetzliche Vorschriften 1. Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz Das am 19. Dezember 1991 in Kraft getretene Gesetz zur Beschleunigung von Planungen für Verkehrswege in den neuen Ländern sowie im Land Berlin
ΛΛΛ
verfolgt den Zweck, die Planungszeiten für Verkehrswege in den
217
Zur sogenannten enteignungsrechtlichen Vorwirkung der Planfeststellung vgl. z.B. Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 75 Rdnr. 18. Siehe dazu auch unten § 3 B. III. 3. (S. 206 ff.). 218
Paetow, Planfeststellung, S. 441; Schwermer, in: Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, § 8 Rdnr. 10 a; Wahl, NVwZ 1990, S. 426 (428). 219
Paetow, Planfeststellung, S. 441. Zur Teilbarkeit von Planungsentscheidungen siehe Grupp, DVBl. 1985, S. 152 ff. 220 Vom 16. Dezember 1991 (BGBl. I, 2174), im folgenden kurz: Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz (VerkPBG). Zu diesem Gesetz vgl. Blümel, Verkehrswegeplanung in Deutschland, S. 1 (6 ff.); Brohm, NVwZ 1991, S. 1025 (1026 f.); Gassner, NuR 1992, S. 449 ff.; Kimski/Gaßner, NVwZ 1992, S. 235 ff.; Reinhardt, DtZ 1992, S. 258 ff.; RoneUenfitsch, DVBl. 1991, S. 920 ff.; ders., Beschleunigung von Verkehrsprojekten, S. 107 (150 ff.); ders., 30. Deutscher Verkehrsgerichtstag, S. 258 (264 ff.); ders., LKV 1992, S. 115 ff.; Stüer, DVBl. 1992,
0
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
neuen Bundesländern in der Weise zu verkürzen, daß so schnell wie möglich 991
deren desolater Zustand verbessert werden kann . Die Beschleunigungsmöglichkeiten des bestehenden Planungsrechts wurden nicht als ausreichend befunden, um in angemessener Zeit die rechtlichen Grundlagen für eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur in den neuen Ländern zu schaffen. Das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz ist räumlich und zeitlich begrenztes Sonderrecht, dessen sachliche Rechtfertigung sich aus der durch die Vollendung der deutschen Einheit resultierenden Ausnahmesituation ergibt 222 . Es findet Anwendimg für die Planung des (Neu-)Baus und der Änderung von Bundesfernstraßen, Verkehrswegen der Bundeseisenbahnen, Verkehrsflughäfen und Straßenbahnen in den Ländern Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie von Verkehrswegen zwischen diesen Ländern und den nächsten Knotenpunkten des Hauptverkehrsnetzes des übrigen Bundesgebietes (§ 1 Abs. 1 VerkPBG) 2 2 3 . Das Gesetz ist zunächst bis zum 31. Dezember 1995 - für Verkehrswege der Bundeseisenbahnen bis zum 31. Dezember 1999 - befristet (§ 1 Abs. 1 VerkPBG). Nach der Übergangsregelung in § 11 Abs. 2 VerkPBG sind Verkehrsplanungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu Ende zu führen, wenn sie bis zu diesem Zeitpunkt begonnen worden sind 224 . Die in § 4 VerkPBG geregelte Plangenehmigung soll im Vergleich zu dem ansonsten erforderlichen Planfeststellungsverfahren zu einer spürbaren Beschleunigung des Planungsverfahrens beim Verkehrswegebau beitragen. Für
S. 547 (549 ff.); Viebrock, Rechtsgutachten, S. 1 ff.; ders., IUR 1991, S. 113 ff.; ders., NVwZ 1992, S. 939 ff.; Wagner, NVwZ 1992, S. 232 ff. Siehe dazu auch die Sachverständigenanhörung vor dem Ausschuß für Verkehr des Deutschen Bundestages vom 30.10.1991 und die hierzu vorgelegten Stellungnahmen (Ausschußdrs. 120). 221
222
So die Amtliche Begründung des Gesetzentwurfs in BT-Drs. 12/1092, S. 7.
RoneUenfitsch, Rechtsgutachten, S. 188 f. Zum Zustand der Verkehrsinfrastruktur in den neuen Bundesländern vgl. RoneUenfitsch, a.a.O., S. 8 ff. 223 Auf der Grundlage des § 1 Abs. 2 VerkPBG ist die Verkehrsbestimmungsverordnung (vom 3. Juni 1992, BGBl. 1,1014) ergangen, die die Verkehrswege im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 5 VerkPBG im einzelnen festlegt. 224 Die Planung gilt als begonnen bei Linienbestimmungen mit dem Antrag auf Linienbestimmung an den Bundesminister für Verkehr, bei Planfeststellungsverfahren mit dem Antrag auf Einleitung der Planfeststellung bei der Anhörungsbehörde, bei der Plangenehmigung mit dem Antrag auf Plangenehmigung (§ 11 Abs. 2 Satz 2 VerkPBG).
D. Die Plangenehmigung im Planungsrecht der Verkehrswege
1
den Bau oder die Änderung eines Verkehrsweges sowie für die Änderung eines Verkehrsflughafens kann an Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses eine Plangenehmigung erteilt werden, wenn Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben und mit den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt wird, das Benehmen hergestellt worden ist (§ 4 Abs. 1 Satz 1 VerkPBG). Die Amtliche Begründung des Entwurfs des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes verweist zwar darauf, daß die Plangenehmigung bereits im Fachplanungsrecht bekannt ist (z.B. § 14 Abs. 1 Satz 2 WaStrG) . Doch hat der Gesetzgeber hier ein völlig neues Regelungskonzept normiert, da es in § 4 Abs. 1 VerkPBG weder darauf ankommt, ob wie in §§ 31 Abs. 1 Satz 3 W H G , 14 Abs. 1 Satz 2 WaStrG a.F. - "mit Einwendungen zu rechnen ist", noch, ob das Vorhaben "unbedeutend" ist (§ 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AbfG). Die Vorschrift des § 4 Abs. 2 VerkPBG stattet die Plangenehmigung auch erstmals mit den umfassenden Rechtswirkungen eines Planfeststellungsbeschlusses aus, insbesondere mit der Konzentrationswirkung. Dieses Regelungskonzept der Plangenehmigung hat, wie das gesamte Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz auch, Kritik hervorgerufen, die sich im wesentlichen auf folgende Punkte konzentriert. Diese Kritik soll an dieser Stelle nur schlagwortartig wiedergegeben werden: -
Das Konzept des Gesetzes sei rechtspolitisch verfehlt. Es markiere eine Abkehr von den demokratischen Elementen des Planungsrechts zugunsten "obrigkeitlicher" Prinzipien. Im Zentrum des Gesetzes stehe die Beschneidung von Beteiligungsrechten der Öffentlichkeit, der betroffenen Bürger und der Naturschutzverbände .
-
Der durch § 4 Abs. 1 VerkPBG eröffnete Anwendungsbereich der Plangenehmigung sei zu weit. Das verfassungsrechtlich verankerte Abwägungsgebot und die Prinzipien des Grundrechtsschutzes durch Verfahrensgestaltung forderten die Durchführung eines planfeststellungsrechtlichen Anhörungsverfahrens nicht nur, wenn im Ergebnis Rechte Priva-
225
BT-Drs. 12/1092, S. 10.
226
So vor allem ßinski/Gaßner, NVwZ 1992, S. 235 (237). In diese Richtung auch Sailer, 30. Deutscher Verkehrsgerichtstag, S. 299 (304) und Viebrock, NVwZ 1992, S. 939 (940 f.).
92
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
ter beeinträchtigt sind, sondern bereits dann, wenn sie betroffen sein können. Eine Plangenehmigung an Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses sei daher nur zulässig, wenn es unter jedem denkbaren Gesichtspunkt ausgeschlossen erscheine, daß abwägungserhebliche Belange dem Abwägungsvorgang, wie er durch die Verfahrensvorschriften zur Planfeststellung gewährleistet ist, entzogen werden können . -
Die Regelung des § 4 VerkPBG verstoße gegen die U V P - R L der EG. Vor Erteilung einer Plangenehmigung sei keine förmliche U V P nach den Vorschriften des U V P G durchzuführen, sondern nur im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens. Die Plangenehmigung nach dem VerkPBG betreffe jedoch auch Vorhaben, die nach der U V P - R L der E G zwingend einer förmlichen U V P unterliegen .
-
Schließlich werden auch Bedenken dagegen erhoben, daß die Plangenehmigung die Rechtswirkungen einer Planfeststellung hat, obwohl ein förmliches Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung nicht erfolgt 229 .
Die Regelung der Plangenehmigung in § 4 VerkPBG wird aber auch positiv beurteilt, zumal von den erweiterten Möglichkeiten ihrer Erteilung und der ihr zukommenden Konzentrationswirkung eine erhebliche Beschleunigung und Verkürzung der Planungsverfahren für Verkehrswege und Verkehrsanlagen erwartet wird 2 3 0 . Die Vorschrift des § 4 VerkPBG wurde inzwischen durch Art. 9 Nr. 1 des γΐΛ
Gesetzes zur Vereinfachung der Planungsverfahren für Verkehrswege aufgehoben, da dieses Gesetz das Regelungsmodell der Plangenehmigung in
227 ßinski/Gaßner, NVwZ 1992, S. 235 (237). Ähnlich Gassner, NuR 1992, S. 449 (451 f.). Vgl. zu dieser Problematik unten § 2 D. II. (S. 102 ff.).
22Ä
So vor allem Viebrock, Rechtsgutachten, S. 9 ff.; ders., IUR 1991, S. 113 (115 f.); ders., NVwZ 1992, S. 939 (940 f.). Bedenken auch bei Brohm, NVwZ 1991, S. 1025 (1027); ßinski/Gaßner, NVwZ 1992, S. 235 (237 f.); Sailer , 30. Deutscher Verkehrsgerichtstag, S. 299 (304). Siehe hierzu bereits oben § 1 Β. II. 4. ( S. 27 ff.). 229
In diese Richtung Blümel, Verkehrswegeplanung in Deutschland, S. 1 (8 f.). Zu den einzelnen Rechtswirkungen der Plangenehmigung siehe unten § 3 B. (S. 181 ff.). 230 Vgl. z.B. RoneUenfitsch, DVBl. 1991, S. 920 (930); ders., LKV 1992, S. 115 (118). Siehe auch Steiner, Beschleunigung der Planung für Verkehrswege, S. 151 (152 f., 163). 231
Vom 17. Dezember 1993, BGBl. 1,2123. Dazu sogleich unten.
D. Die Plangenehmigung im Planungsrecht der Verkehrswege § 4 V e r k P B G nahezu einheitlich in das gesamte Verkehrswegeplanungsrecht des Bundes übernimmt.
2. Planungsvereinfachungsgesetz Durch das am 18. Dezember 1993 in Kraft getretene Gesetz zur Vereinfachung
der
Planimgsverfahren
chungsgesetz - PlVereinfG)
für
Verkehrswege
(Planungsvereinfa-
wurde das Planungsrecht für Verkehrswege
und Verkehrsanlagen in der Bundesrepublik Deutschland teilweise auf eine neue, sachlich und räumlich einheitliche Grundlage gestellt. Das Gesetz ist ein Artikelgesetz, das in seinen A r t . 1 bis 10 zahlreiche Fachgesetze ändert
. D e r Gesetzgeber ist damit der rechtspolitischen Forderung nachge-
kommen, die gesetzlichen Grundlagen für eine Verkürzung der Planungsverfahren im gesamten Bundesgebiet zu schaffen
: A u c h in den alten
Bundesländern dauerten Planungsverfahren für Verkehrsinvestitionen zu lange. Das bislang geltende Planungsrecht sei nicht in der Lage, in angemessener Z e i t leistungsfähige Verkehrswege i m gesamten Bundesgebiet herzustellen, die nach Vollendung der Einheit Deutschlands, der Schaffung des
232
BGBl. I, 2123. Zum Planungsvereinfachungsgesetz siehe Steinberg/Berg, NJW 1994, S. 448 ff.; Steiner, NJW 1994, S. 313 ff.; dieser auch zu den einzelnen Gesetzgebungsstationen (S. 314/Fn. 14). Zum Entwurf des Gesetzes bereits Steiner, Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege, S. 151 ff. 233
Geändert wurden das Bundesbahngesetz (Art. 1), das Bundesfernstraßengesetz (Art. 2), das Bundeswasserstraßengesetz (Art. 3), das Luftverkehrsgesetz (Art. 4), das Personenbeförderungsgesetz (Art. 5), das Eisenbahnkreuzungsgesetz (Art. 6) und das Raumordnungsgesetz (Art. 7), die Verwaltungsgerichtsordnung (Art. 8), das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz (Art. 9) und das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (Art. 10). Das Bundesbahngesetz (BBahnG) wurde inzwischen aufgehoben und teilweise durch die §§ 17 ff. des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) i.d.F. des Art. 5 des Gesetzes zur Neuordnung des Eisenbahnwesens (Eisenbahnneuordnungsgesetz - ENeuOG) vom 27.12.1993 (BGBl. I, 2378) ersetzt. Weitere planungsrechtliche Vorschriften sind in dem als Art. 3 ENeuOG verkündeten Gesetz über die Eisenbahnverkehrsverwaltung des Bundes enthalten (§ 3 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3). 234 So vor allem Ronellenfitsch, Rechtsgutachten, S. 165 ff.; ders., Beschleunigung von Verkehrsprojekten, S. 107 (120 f.); ders., 30. Deutscher Verkehrsgerichtstag, S. 258 ff.; Stüer, DVB1. 1992, S. 547 (549). Vgl. dazu auch Steiner, Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege, S. 151 ff. Siehe ferner die Empfehlungen des Arbeitskreises V I "Beschleunigung der Verkehrswegeplanung?" des 30. Deutschen Verkehrsgerichtstages 1992 in Goslar, in: 30. Deutscher Verkehrsgerichtstag 1992, hrsg. von der Deutschen Akademie für Verkehrswissenschaften, 1992, S. 12 ff., abgedruckt z.B. auch in: NVwZ 1992, S. 252 f. Beachte hier vor allem die Empfehlung Nr. 5: Die sogenannte Plangenehmigung auf der Grundlage des § 4 VerkPBG ist bundesweit einzuführen.
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
europäischen Binnenmarktes und der Öffnung der osteuropäischen Staaten dringend erforderlich seien . Das Gesetz übernimmt teilweise Regelungen des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes, mit dem nach Einschätzung der Bundesregierung die neuen Bundesländer sowie das Land Berlin in die Lage versetzt wurden, Planungen für Bundesverkehrswege und Verkehrswege für U - und Straßenbahnen schneller als bisher zu planen und zu verwirklichen . Mit dem Planungsvereinfachungsgesetz bricht das Planungsrecht für Verkehrswege teilweise aus den Verwaltungsverfahrensgesetzen des Bundes und der Länder aus und findet außerhalb dieser Verfahrensgesetze eine weitgehend einheitliche spezielle gesetzliche Regelung. Dies ist rechtspolitisch hinnehmbar, da angesichts der gegenwärtigen Verkehrssituation in Deutschland das Ziel der Beschleunigung Vorrang vor dem Ziel der Einheit des Verfahrensrechts beanspruchen kann . Das Planungsvereinfachungsgesetz führt auch das Rechtsinstitut der Plangenehmigung nach dem Vorbild des § 4 VerkPBG nahezu einheitlich und ilmfassend in das Planungsrecht des Bundes für Verkehrswege und Verkehrsanlagen ein. An Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses kann eine Plangenehmigung nunmehr erteilt werden für -
den Bau und die Änderung von Schienenwegen von Eisenbahnen einschließlich der für den Betrieb der Schienenwege notwendigen Anlagen und der Bahnstromfernleitungen (§ 18 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AEG)238,
-
den Bau und die Änderung von Bundesfernstraßen (§ 17 Abs. 1 und Abs. l a FStrG) 2 3 9 ,
235
17.
So auch die Amtliche Begründung des Entwurfs des PIVereinfG in BT-Drs. 12/4328, S.
236
BT-Drs. 12/4328, S. 17 f. Vgl. auch den Bericht des Bundesministeriums für Verkehr über die Erfahrungen mit der Anwendung des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes (mit dem Stand vom 14.12.1992 - A 10/20.71.10-01-). 237
So zutreffend Steiner, Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege, S. 151 (171). Vgl. hierzu schon oben § 1 /Fn. 37 (S. 22). 238
239
Siehe hierzu Finger, Bundesbahngesetz, § 36 BbG Anm. 2.
Zum Gegenstand der fernstraßenrechtlichen Planfeststellung siehe z.B. Dürr, in: Kodal/Krämer, Straßenrecht, Kap. 34 Rdnr. 4 (S. 950 ff.).
D. Die Plangenehmigung im Planungsrecht der Verkehrswege
-
den Bau und die Änderung von Bundeswasserstraßen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. l a WaStrG) 2 4 0 ,
-
die Anlegung und die Änderung von Flughäfen sowie Landeplätzen mit beschränktem Bauschutzbereich nach § 17 LuftVG (§ 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 L u f t V G ) 2 4 1 ,
-
den Bau von Betriebsanlagen für Straßenbahnen (§ 28 Abs. 1 Satz 1 und Abs. l a PBefG) 2 4 2 .
Der Anwendungsbereich der Plangenehmigung deckt sich bei diesen Fachplanungen somit vollständig mit dem Gegenstand der jeweiligen Planfeststellung. Das Planungsvereinfachungsgesetz bestimmt die Anwendungsvoraussetzungen der Plangenehmigung in den Verkehrswegeplanungsgesetzen weitgehend einheitlich nach dem Vorbild des § 4 VerkPBG. Eine Plangenehmigung kann erteilt werden, wenn 1. Rechte anderer nicht (oder nicht wesentlich) 243 beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts einverstanden erklärt haben und 2. mit den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt ΟΔΔ.
wird, das Benehmen hergestellt worden ist
240
9 ff.
241
242
.
Zum Inhalt des Neubau- und Ausbaubegriffs vgl. etwa Friesecke, WaStrG, § 12 Rdnrn. Siehe dazu Giemulla/Schmid,
LuftVG, § 8 Rdnrn. 15 ff.
Als Straßenbahnen gelten auch Hoch-, Untergrund- und Schwebebahnen (§ 4 Abs. 2 PBefG). Zum Begriff der Betriebsanlagen siehe Fielitz/Meier/Montigel/Müller, PBefG, § 28 PBefG Anm. 4. 243
Diese Anwendungsalternative enthalten § 17 Abs. 1 a Satz 1 Nr. 1 FStrG und § 28 Abs. 1 a Satz 1 Nr. 1 PBefG. Siehe dazu sogleich unten und § 2 D. III. 2. (S. 140 ff.). 244 § 18 Abs. 2 Satz 1 AEG; § 17 Abs. 1 a Satz 1 FStrG; § 8 Abs. 2 Satz 1 LuftVG; § 28 Abs. 1 a Satz 1 PBefG; § 14 Abs. 1 a Satz 1 WaStrG.
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
Die Plangenehmigung hat die Rechtswirkungen der Planfeststellung, insbesondere also Konzentrationswirkung; die Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren finden keine Anwendung 245 . Im Gesetzgebungsverfahren des Planungsvereinfachungsgesetzes gab es Meinungsverschiedenheiten zwischen Bundesregierung und Bundesrat über die gesetzliche Fassung der einzelnen Anwendungsvoraussetzungen der Plangenehmigung. Einigkeit bestand über die Grundkonzeption der Plangenehmigung, nämlich daß sie trotz vereinfachten Verfahrens die umfassenden Rechtswirkungen der Planfeststellung haben soll. Der Bundesrat machte in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung den Vorschlag, den Anwendungsbereich der Plangenehmigung an zwei Stellen zu korrigieren und die Umsetzung der sogenannten Notifizierungspflicht nach Art. 2 Abs. 3 der U V P - R L in deutsches Recht zu streichen 246 , ΟΔΠ
wie sie noch im Gesetzentwurf der Bundesregierung enthalten war -
Nach Auffassung des Bundesrates sollte eine Plangenehmigung auch dann erteilt werden können, wenn Rechte anderer durch das Vorhaben nicht wesentlich beeinträchtigt werden, wie dies auch in einigen Landesstraßengesetzen geregelt ist . Dieser Vorschlag wurde im Gesetzgebungsverfahren teilweise aufgegriffen und führte zu einer entsprechenden tatbestandlichen Fassung der Plangenehmigung im FStrG und PBefG 2 4 9 .
-
Ein weiterer Vorschlag des Bundesrates hätte eine Einschränkung des Anwendungsbereichs der Plangenehmigung zur Folge gehabt, da als zusätzliches Tatbestandsmerkmal vorgesehen war, daß eine Plangenehmi-
245 § 18 Abs. 2 Satz 2 AEG; § 17 Abs. 1 a Satz 2 FStrG; § 8 Abs. 2 Satz 2 LuftVG; δ 28 Abs. 1 a Satz 2 PBefG; § 14 Abs. 1 a Satz 2 WaStrG.
246
Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drs. 12/4328, Anlage 2, Nrn. 3,4, 8 (S. 26 ff.). Vgl. auch die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drs. 12/4328, Anlage 3, zu Nrn. 3,4,8 (S. 38 ff.). 247 BT-Drs. 12/4328, Anlage 1 (S. 5 ff.). 24Ä
BT-Drs. 12/4328, Anlage 2, Nr. 3 (S. 26). Vgl. auch die landesrechtlichen Regelungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 LandeseisenbahnG BW; § 37 Abs. 2 Satz 1 StrGBW; § 38 Abs. 2 Satz 1 BgbStrG; § 45 Abs. 2 Satz 1 StrG-MV; § 39 Abs. 2 Satz 1 SächsStrG. Hierzu im einzelnen unten § 2 D. III. 2. (S. 140 ff.). 249
§ 17 Abs. 1 a Satz 1 Nr. 1 FStrG: § 28 Abs. 1 a Satz 1 Nr. 1 PBefG.
D. Die Plangenehmigung im Planungsrecht der Verkehrswege
gung nur dann erteilt werden kann, wenn erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt nicht zu besorgen sind . Auch diese Regelung ist in einigen Landesgesetzen enthalten . Dieser Vorschlag scheiterte im Gesetzgebungsverfahren. -
Schließlich lehnte der Bundesrat erfolgreich die Umsetzung der sogenannten Notifizierungspflicht auf der gemeinschaftsrechtlichen Grundlage des Art. 2 Abs. 3 UVP-RL in deutsches Recht ab, da die Befürchtung bestand, daß die Plangenehmigung durch diese verfahrensrechtlichen Erschwernisse entwertet würde 2 .
3. Magnetschwebebahnplanungsgesetz Das Gesetz zur Regelung des Planungsverfahrens für Magnetschwebebahnen (Magnetschwebebahnplanungsgesetz - MBP1G) vom 23. November 1994 2 5 3 sieht in seinem § 2 Abs. 2 für den Bau und die Änderung von Magnetschwebebahnstrecken einschließlich der für ihren Betrieb notwendigen Anlagen (Betriebsanlagen der Magnetschwebebahn) die Möglichkeit der Erteilung einer Plangenehmigung an Stelle der an sich erforderlichen Planfeststellung vor. Die Plangenehmigung kann zur Anwendung kommen, wenn Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben und mit den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt wird, das Benehmen hergestellt worden ist. Der Gesetzgeber hat im Magnetschwebebahnplanungsgesetz das Planungsrecht und damit auch die Plangenehmigung nach dem Vorbild der Vorschriften des Planungsvereinfachungsgesetzes 254 ausgestaltet und insoweit auf eine einheitliche rechtliche Grundlage gestellt, obwohl nur schwer vorstellbar ist, daß die Plangenehmigung im Zusammenhang mit einer sol-
250
BT-Drs. 12/4328, Anlage 2, Nr. 4 (S. 26 f.).
251
§ 6 Abs. 2 Satz 1 LandeseisenbahnG BW; § 37 Abs. 2 Satz 1 StrGBW; § 37 Abs. 2 Satz 1 StrGLSA. Vgl. hierzu unten § 2 D. III. 5. (S. 173 ff.). 252
BT-Drs. 12/4328, Anlage 2, Nr. 8 (S. 28).
253
BGBl. I, S. 3486.
254
Siehe § 2 D. I. 2. (S. 93 ff.).
7 Ringel
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
chen bautechnischen Innovation, wie sie die Magnetschwebebahn darstellt, tatsächlich zur Anwendung kommen kann.
4. Landesgesetze Auch einige Verkehrswegeplanungsgesetze der Länder sehen nunmehr die Möglichkeit vor, an Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses eine Plangenehmigung auf vereinfachter Verfahrensbasis zu erteilen. Ausgangspunkt und Grundlage für die Regelungen in den Landesgesetzen ist neben § 4 VerkPBG, dem auch insoweit Modellcharakter zukommt, vor allem der Musterentwurf für ein Länderstraßengesetz aus dem Jahre 1991 ( M E LStrG), der vom Unterausschuß "Länderstraßengesetze" des Länderfachausschusses "Straßenbaurecht" erarbeitet wurde . Dieser Musterentwurf, der insbesondere in seinen Vorschriften über die Planung von Straßen vom Musterentwurf aus dem Jahre 1976 abweicht, sollte vornehmlich Hilfestellung für den Gesetzgeber in den neuen Bundesländern sein, da vor allem dort moderne Landesstraßengesetze benötigt wurden, um die mit dem zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur notwendigen Bau von Straßen im Zusammenhang stehenden Probleme in rechtsstaatlichem Sinne lösen zu können . Die Vorschrift des § 38 Abs. 2 M E LStrG regelt die Anwendungsvoraussetzungen der Plangenehmigung wie folgt: 257
Anstelle eines Planfeststellungsbeschlusses kann eine Plangenehmigung erteilt werden, wenn Rechte anderer nicht (oder nicht wesentlich) beeinflußt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts einverstanden erklärt haben und mit den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt wird, das Benehmen hergestellt worden ist.
Die Plangenehmigung hat auch nach dem Musterentwurf (1991) die Rechtswirkungen der Planfeststellung nach § 75 Abs. 1 VwVfG. Der An-
255
Abgedruckt in: Blümel (Hrsg.), Verkehrswegeplanung in Deutschland, Speyerer Forschungsberichte Bd. 105, S. 415 ff. Dort auch der Entwurf einer Amtlichen Begründung (S. 452 ff.). Zum Musterentwurf für ein Länderstraßengesetz vgl. im einzelnen Kern, Musterentwurf, S. 75 ff. 256 Kern, Musterentwurf, S. 75 f. 257
Gegenstand der Planfeststellung nach dem ME LStrG ist der Bau oder die Änderung von Landesstraßen (§ 38 Abs. 1 Satz 1). Für Kreisstraßen soll und für Gemeindestraßen im Außenbereich (§ 19 Abs. 1 Nr. 3 BauGB) kann ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden (§ 38 Abs. 1 Satz 2).
D. Die Plangenehmigung im Planungsrecht der Verkehrswege
wendungsbereich der straßenrechtlichen Plangenehmigung im Musterentwurf (1991) weicht insoweit von den entsprechenden Regelungen im VerkPBG und PlVereinfG ab, als hier Rechte anderer nicht "beeinflußt" werden dürfen, während dort der Terminus "beeinträchtigt" verwendet wird. Zum anderen sieht auch der Musterentwurf die Möglichkeit vor, den Anwendungsbereich der Plangenehmigung auf die Fälle zu erstrecken, in denen Rechte anderer nicht wesentlich beeinflußt werden können. Der Plangenehmigung ist insoweit dann auch sogenannte enteignungsrechtliche Vorwirkung einzuräumen. Das Land Baden-Württemberg hat als erstes Bundesland die Plangenehmigung auf der Grundlage dieses Regelungskonzepts ins Landesrecht übernommen. Durch das Gesetz über die Beschleunigung von Planungen zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur vom 25. Februar 1992 2 5 8 wurde unter anderem das Straßengesetz und das Landeseisenbahngesetz entsprechend geändert mit dem Ziel, im Interesse einer beschleunigten Verwirklichung von Verkehrsvorhaben auch auf der Ebene des Landesrechts das Verwaltungsverfahren zu vereinfachen und zu straffen . Die Vorschriften der §§ 6 Abs. 2 LandeseisenbahnG BW und 37 Abs. 1 S t r G B W 2 6 0 weichen nur insoweit von der Regelung im Musterentwurf (1991) ab, als eine Plangenehmigung nur dann erteilt werden kann, wenn "erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt nicht zu besorgen sind". Diese Einschränkung des Anwendungsbereichs der Plangenehmigung wurde von der Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren des Planungsvereinfachungsgesetzes erfolgreich
258
Gesetz zur Änderung des Landeseisenbahngesetzes, des Straßengesetzes und des Landesenteignungsgesetzes - Gesetz über die Beschleunigung von Planungen zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur vom 25. Februar 1992, GBl. S. 145. Vgl. hierzu Alexander, BWVP 1992, S. 265 ff.; ders. t DAR 1993, S. 138 ff. 259
260
So die Amtliche Begründung des Gesetzesentwurfs. Siehe LT-Drs. 10/6327, S. 14.
Gegenstand der landeseisenbahnrechtlichen Planfeststellung und damit auch der Plangenehmigung ist der Bau neuer Eisenbahnen und die Änderung bestehender Eisenbahnen, wobei auch die für den Eisenbahnbetrieb erforderlichen Neben- und Hilfseinrichtungen (z.B. Bahnhöfe) aufgenommen werden können (§ 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 LandeseisenbahnG BW). Der straßenrechtlichen Planfeststellung und Plangenehmigung unterliegen der Bau und die Änderung von Landesstraßen (§ 37 Abs. 1 Satz 1 StrGBW). Für den Bau oder die Änderung von anderen Straßen und Wegen kann auf Antrag des Trägers der Straßenbaulast ein Planfeststellungsverfahren - und damit wohl auch ein Plangenehmigungsverfahren - durchgeführt werden (§ 37 Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz StrGBW).
100
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
abgelehnt . Die Plangenehmigung kann konsequenterweise Grundlage einer vorzeitigen Besitzeinweisung (§ 8 a Abs. 1 Landeseisenbahngesetz BW, § 40 a Abs. 1 BWStrG) und Enteignung (§ 40 BWStrG, § 25 LandesenteignungsG BW) sein, da sie auch dann zur Anwendung kommen kann, wenn Rechte anderer nicht wesentlich beeinflußt werden. Auch die Straßengesetze in den neuen Bundesländern orientieren sich am Musterentwurf (1991) und enthalten dementsprechend zwar teilweise voneinander abweichende, aber dennoch auf dem Regelungsmodell des § 38 Abs. 2 M E LStrG basierende Vorschriften über die Plangenehmigung262. -
Das Brandenburgische Straßengesetz (BbgStrG) vom 11. Juni 1992 2 6 3 regelt die Plangenehmigung in seinem § 38 Abs. 2. Die Vorschrift weicht insoweit vom Musterentwurf (1991) ab, als hier nicht formuliert wurde, daß Rechte anderer nicht "beeinflußt" werden dürfen, sondern, entsprechend § 4 Abs. 1 VerkPBG, nicht "beeinträchtigt" werden dürfen. Ob diese unterschiedliche Wortwahl auch eine unterschiedliche Auslegung der Vorschriften zur Folge hat, wird im einzelnen noch zu prüfen sein. Außerdem - und das ist ein gravierender Unterschied - setzt die Erteilung der Plangenehmigung nicht nur das "Benehmen" mit den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt wird, voraus, vielmehr muß das "Einvernehmen" hergestellt werden.
-
Das Straßengesetz für den Freistaat Sachsen (Sächsisches Straßengesetz - SächsStrG) vom 21. Januar 1993 2 6 4 übernimmt in § 39 Abs. 2 das Regelungsmodell des M E LStrG. Der Wortlaut der Vorschriften weicht auch hier insoweit ab, als von der Beeinträchtigung und nicht von der Beeinflussung der Rechte Dritter die Rede ist.
261
Siehe oben § 2 D. 1.2. (S. 96 f.). Zu diesem Tatbestandsmerkmal im einzelnen unten § 2 D. III. 5. (S. 173 ff.). 262 Zu den Straßengesetzen in den neuen Ländern vgl. Bülow/Pfeil, LKV1994, S. 33 ff. 263
GVB1.1 S. 186. Der Planfeststellung und Plangenehmigung unterliegen nach § 38 Abs. 1 und 2 BgbStrG obligatorisch der Bau und die wesentliche Änderung von Landes- und Kreisstraßen, fakultativ Gemeindestraßen im Außenbereich (§ 35 BauGB) sowie Radwege. 264 GVB1. S. 93. Gegenstand der straßenrechtlichen Planfeststellung und Plangenehmigung ist der Bau und die Änderung von Staatsstraßen (§ 39 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SächsStrG). Für Kreisstraßen soll und für Gemeindeverbindungsstraßen kann ein Planfeststellungsverfahren - unter den Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 SächsStrG auch ein Plangenehmigungsverfahren - durchgeführt werden, sofern sie von besonderer Bedeutung sind.
D. Die Plangenehmigung im Planungsrecht der Verkehrswege
101
-
Das Straßen- und Wegegesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern (StrWG-MV) vom 29. Januar 1993 2 6 5 regelt das Rechtsinstitut der Plangenehmigung in § 45 Abs. 3. Hier verwendet das Gesetz die Formulierung, daß eine Plangenehmigung nur dann erteilt werden kann, wenn "Rechte anderer nicht oder nur geringfügig beeinträchtigt werden". Außerdem ist das Einvernehmen der Träger öffentlicher Belange erforderlich, soweit es gesetzlich vorgeschrieben ist. Das Benehmen reicht insoweit nicht aus.
-
Das Thüringer Straßengesetz (ThürStrG) vom 7. Mai 1993 2 6 6 enthält in seinem § 38 Abs. 2 eine Regelung der Plangenehmigung, wonach sich ihr Anwendungsbereich nicht auf die Fälle erstreckt, in denen Rechte anderer nur unwesentlich beeinflußt werden. Unverständlich - oder besser: überflüssig - ist daher die Vorschrift des § 42 Abs. 1 Satz 2 ThürStrG, wonach eine Enteignung auch dann zulässig ist, soweit sie zur Ausführung eines nach § 38 ThürStrG genehmigten Plans notwendig ist 2 6 7 .
-
Als letztes Straßengesetz in den neuen Bundesländern wurde das Straßengesetz für das Land Sachsen-Anhalt (StrGLSA) als Art. 1 des Gesetzes über die Einführung Straßen- und verkehrsrechtlicher Vorschriften vom 6. Juli 1993 verkündet 268 . Die plangenehmigungsrechtliche Regelung in § 37 Abs. 2 StrGLSA weist insoweit eine Besonderheit auf, als die Plangenehmigung hier nur dann erteilt werden kann, wenn erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt nicht zu besorgen sind.
265 GVB1. S. 42. Der Planfeststellung und Plangenehmigung unterliegen der Bau neuer und die Änderung bestehender Landesstraßen. Für den Bau oder die Änderung von Kreisstraßen und von Gemeindestraßen ist die Planfeststellung und nach § 45 Abs. 3 StrWG-MV auch die Plangenehmigung zulässig, insbesondere wenn es sich um Straßen von besonderer Verkehrsbedeutung wie Zubringerstraßen zu Bundesfernstraßen handelt oder ein Enteignungsverfahren notwendig ist (§ 45 Abs. 1 und 2 StrWG-MV). 266
GVB1. S. 273. Gegenstand der straßenrechtlichen Planfeststellung und Plangenehmigung ist der Bau und die Änderung von Landesstraßen. Für Kreisstraßen soll und für Gemeindestraßen im Außenbereich kann ein Planfeststellungsverfahren bzw. ein Plangenehmigungsverfahren durchgeführt werden (§ 38 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 ThürStrG). 267 Dazu näher unten § 2 D. III. 2. (S. 153 ff.) und § 3 B. III. 3. (S. 206 ff.). 268
GVB1. S. 334. Nach dem StrGLSA dürfen Landesstraßen nur gebaut oder in ihrer Linienbestimmung wesentlich geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt bzw. genehmigt wird. Für Kreisstraßen und für Gemeindestraßen kann auf Antrag des Trägers der Straßenbaulast ein Planfeststellungsverfahren bzw. Plangenehmigungsverfahren durchgefühlt werden (§ 37 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 StrGLSA).
10
§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
Im folgenden sollen die einzelnen, teilweise voneinander abweichenden Anwendungsvoraussetzungen der Plangenehmigung im Planungsrecht der Verkehrswege und Verkehrsanlagen naher untersucht werden.
IL Grundlagen Die Plangenehmigung kann nach den Verkehrswegeplanungsgesetzen, in denen sie enthalten ist, anstelle einer Planfeststellung dann zur Anwendung kommen, wenn durch das geplante Vorhaben Rechte anderer nicht (wesentlich) beeinträchtigt bzw. beeinflußt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihrer Rechte einverstanden erklärt haben 2 6 9 . Durch den Bau, die Änderung und den Betrieb von Verkehrswegen und Verkehrsanlagen werden neben öffentlichen Belangen regelmäßig auch eine Vielzahl von Interessen und Rechten Dritter berührt. Vorhaben der Verkehrsinfrastruktur kennzeichnen sich einmal durch einen hohen Flächenbedarf, der einen Rückgriff auf im Eigentum Dritter befindliche Grundstücke und daher unter Umständen auch Enteignungen erfordert. Zum anderen haben diese Vorhaben auch zum Teil erhebliche Auswirkungen auf ihre Umgebung und die sich dort aufhaltende Bevölkerung, etwa durch verkehrsbedingte Lärm- und Abgasimmissionen. Die Vielzahl der durch ein Vorhaben berührten Rechte und Interessen Dritter erfordert im Regelfall eine umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit in einem planfeststellungsrechtlichen Anhörungsverfahren, schon um der Planfeststellungsbehörde alle von dem Vorhaben tangierten Belange sichtbar zu machen und damit eine vollständige und verläßliche Entscheidungsgrundlage für den Erlaß des Planfeststellungsbeschlusses zu schaffen 2 7 0 . Entsprechend dieser Funktion der Öffentlichkeitsbeteiligung sind im 2 § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AEG; § 17 Abs. 1 a Satz 1 Nr. 1 FStrG; δ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LuftVG; δ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 MBP1G; δ 28 Abs. 1 a Satz 1 Nr. 1 PBefG; δ 14 Abs. 1 a Satz 1 Nr. 1 WaStrG; δ 6 Abs. 2 Satz 1 LandeseisenbahnG BW; δ 37 Abs. 2 Satz 1 StrGBW; δ 38 Abs. 2 Satz 1 BbgStrG; δ 45 Abs. 3 Satz 1 StrWG-MV; δ 37 Abs. 2 Satz 1 StrGLSA; δ 39 Abs. 2 Satz 1 SächsStrG; δ 38 Abs. 2 Satz 1 TührStrG. 270 Zu dieser Funktion der Öffentlichkeitsbeteiligung vgl. neben den Nachweisen in δ 2 / Fn. 20 (S. 39) Battis , Partizipation im Städtebaurecht, S. 44 f.; Blümel, Masseneinwendungen im Verwaltungsverfahren, S. 539 (558 f.); Hoffmann-Riem/Rubbert, Atomrechtlicher Erörterungstermin und Öffentlichkeit, S. 18 ff.; Ossenbuhi, DVBl. 1981, S. 65 (69); RoneUenfitsch, Das Atomrechtliche Genehmigungsverfahren, S. 307 ff.; Schmitt Glaeser, W D S t R L 31, S. 179
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D. Die Plangenehmigung im Planungsrecht der Verkehrswege
Rahmen des planfeststellungsrechtlichen Anhörungsverfahrens nicht nur die rechtlich Betroffenen zu beteiligen, sondern jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden (§ 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG). Unter Belangen versteht man hier neben öffentlich-rechtlich oder zivilrechtlich begründeten subjektiven Rechten auch alle wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, ideellen oder sonstigen nicht unredlich erworbenen und deshalb anerkennenswerten eigenen Interessen des Einwendungsführers . Im Planfeststellungsverfahren ist die Öffentlichkeitsbeteiligung somit nicht auf die rechtlich - und damit später klagebefugten (§ 42 Abs. 2 VwGO) - Betroffenen beschränkt. Der Kreis der Einwendungsberechtigten ist weiter als der der rechtlich Betroffenen. Dem entspricht es, daß die Verwaltungsverfahrensgesetze ausdrücklich zwischen den Betroffenen und denjenigen Personen unterscheiden, die Einwendungen erhoben haben, so z.B. in den Vorschriften über den Erörterungstermin im planfeststellungsrechtlichen Anhörungsverfahren (§ 73 Abs. 6 Satz 11. Halbsatz VwVfG). Daneben dient die Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens aber auch, was spätestens seit dem Mülheim-Kärlich Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 20.12.1979 272 allgemein anerkannt ist, dem vorgelagerten Rechtsschutz rechtlich betroffener Dritter und .
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der Verteidigung ihrer subjektiven Rechte, vor allem ihrer Grundrechte
(188). Zu den sonstigen Funktionen der Öffentlichkeitsbeteiligung siehe z.B. von Mutius, Öffentlichkeit und Straßenplanung, S. 271 (277 ff.). 271
Vgl. hierzu Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 73 Rdnr. 38 und bereits oben § 2 A.II. 3. (S. 45 ff.). 272 BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979, BVerfGE 53, S. 30 (62, 65 f.). In diese Richtung auch schon BVerfG, Beschl. v. 23.4.1974, BVerfGE 37, S. 132 (141, 148); BVerfG, Beschl. v. 9.4.1975, BVerfGE 39, S. 276 (294); BVerfG, Beschl. v. 2.3.1977, BVerfGE 44, S. 105 (119 ff.); BVerfG, Beschl. v. 6.7.1977, BVerfGE 45, S. 422 (430 ff.); BVerfG, Beschl. v. 7.12.1977, BVerfGE 46, S. 325 (334); BVerfG, Beschl. v. 27.12.1978, BVerfGE 49, S. 220 (225); BVerfG, Beschl. v. 3.10.1979, BVerfGE 52, S. 214 (219 f.). 273 Grundsätzlich bejahen die Rechtsschutzfunktionen der Offentlichkeitsbeteiligung auch Battis , Partizipation im Städtebaurecht, S. 45; Blümel, "Demokratisierung der Planung" oder rechtsstaatliche Planung?, S. 9 (25); ders., Masseneinwendungen im Verwaltungsverfahren, S. 539 (540); ders., Grundrechtsschutz durch Verfahrensgestaltung, S. 23 (29 ff.); ders., Fünftes Deutsches Atomrechtssymposion, S. 223 (229); Graffe , Beteiligung an Verfahren, S. 76; Hoffmann-Riem/Rubbert, Atomrechtlicher Erörterungstermin und Öffentlichkeit, S. 35 ff.; Kimminich, Fünftes Deutsches Atomrechtssymposion, S. 263 (266); Kopp, BayVBl. 1980, S. 97 (101); Ossenbuhi, DÖV 1981, S. 1 (6); ders., DVBl. 1981, S. 65 (69); Redeker, NJW 1980, S. 1593 (1594); RoneUenfitsch, Atomrechtliches Genehmigungsverfahren, S. 307 ff.; Weber, JZ 1980, S. 314 (315); de Witt, Fünftes Deutsches Atomrechtssymposion, S. 271 (273). Auch das BVerwG erkennt nunmehr das besondere Rechtsschutzbedürfnis privater Planbetroffener im
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§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
Diese Rechtsschutzfunktion der Öffentlichkeitsbeteiligung findet ihre verfassungsrechtliche Verankerung im Rechtsstaatsprinzip 274 und im Postulat eines materiellen Grundrechtsschutzes, etwa dem Schutz der Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 G G und Art. 14 G G in Verbindung mit dem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 G G ) 2 7 5 . Der Schutz der Grundrechte ist auch durch die Organisation und Gestaltung des Verfahrens zu bewirken, da sie sich nur dann voll entfalten können . Diese Rechtsschutzfunktion erfüllt die Öffentlichkeitsbeteiligung aber nur gegenüber den von dem Vorhaben rechtlich Betroffenen, nicht gegenüber den sonstigen 977
Einwendungsberechtigten . Rechtlich betroffen sind aber nur diejenigen Rechtssubjekte, in deren eigene subjektive Rechte, vornehmlich Grundrechte, eingegriffen wird und deren Rechtsposition durch das geplante Vorhaben in für sie objektiv negativer Weise beeinträchtigt wird 2 7 8 . Seit der Mülheim-Kärlich Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist auch geklärt, daß selbst eine Reduzierung der Öffentlichkeitsbeteiligung auf eine bloße Betroffenenbeteiligung, also eine Beteiligung im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugter Dritter, verfassungsrechtlich zulässig wäre 2 7 9 . Werden durch das geplante Vorhaben Dritte nicht in ihren Rechten beeinträchtigt oder sind sie mit der Inanspruchnahme ihrer Rechte einverstanden, dann tritt die verfassungsrechtlich garantierte Rechtsschutzfunktion der Öffentlichkeitsbeteiligung völlig in den Hintergrund. Sind keine rechtlich Betroffe-
Verwaltungsverfahren an und betont nicht mehr nur den öffentlichen Zweck der Information der Behörde über den maßgeblichen Sachverhalt. Vgl. z.B. BVerwG, Urt. v. 27.5.1983, BVerwGE 67, S. 206 (213); BVerwG, Urt. v. 6.7.1984, BVerwGE 69, S. 344 (345); BVerwG, Urt. v. 5.12.1986, BVerwGE 75, S. 214 (224 ff.). 274
Vgl. dazu JBlümel, W D S t R L 36 (1978), S. 171 (285/Fn. 285) m.w.N.
275
So z.B. BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979, BVerfGE 53, S. 30 (65 f., 77,78 ff.).
276
Siehe zum Grundrechtsschutz durch Verfahren auch Bethge, NJW 1982, S. 1 ff.; Degenhart, DVBl. 1982, S. 872 (874 f.); Dolde, NVwZ 1982, S. 65 ff.; Laubinger, VerwArch 73 (1982), S. 60 ff.; Lorenz, AöR 105 (1980), S. 623 (638 ff.); von Mutius, NJW 1982, S. 2150 (2151 f.); Ossenbühl, NVwZ 1982, S. 465 (465 f.); Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rdnrn. 43 ff.; Pietzker, W D S t R L 41 (1983), S. 193 ff.; Wahl, W D S t R L 41 (1983), S. 151 ff. 27 7
Blümel, Grundrechtsschutz durch Verfahrensgestaltung, S. 23 (36 ff.).
278
So die Definition von Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 73 Rdnr. 50. Zum Begriff des Betroffenen vgl. auch Blümel, "Demokratisierung der Planung" oder rechtsstaatliche Planung?, S. 9 (21 f.); ders., Masseneinwendungen im Verwaltungsverfahren, S. 539 (550, 557 ff., 560 ff.); ders., Grundrechtsschutz durch Verwaltungsverfahren, S. 23 (36 ff.; 51 ff.) 279
Blümel, Grundrechtsschutz durch Verfahrensgestaltung, S. 23 (50 f.).
D. Die Plangenehmigung im Planungsrecht der Verkehrswege
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nen vorhanden, so kann demnach die Öffentlichkeitsbeteiligung - verfassungsrechtlich unbedenklich - ganz entfallen. Ferner ist in diesem Zusammenhang noch auf folgenden Gesichtspunkt hinzuweisen. Die Planfeststellung dient vor allem auch der Überwindung rechtlich geschützter privater Belange, die der festgestellten Planung und ihrer Verwirklichung entgegenstehen. Die Planfeststellung kann sich für Dritte, die von dem Plan betroffen sind, als Eingriffsakt darstellen. Sie ist in der Lage, sich in dem für die Durchführung des Planvorhabens erforderlichen Maße über Rechte und rechtlich geschützte Belange Dritter hinwegzusetzen 280 . Vor diesem Hintergrund ist der Anwendungsbereich der Plangenehmigung im Recht der Verkehrswege und Verkehrsanlagen zu bestimmen, da im Rahmen eines Plangenehmigungsverfahrens keine förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgt und aufgrund einer Plangenehmigung nicht in Rechte Dritter eingegriffen wird. Der Gesetzgeber der neuen oder geänderten Verkehrswegeplanungsgesetze erachtet ein planfeststellungsrechtliches Anhörungsverfahren dann nicht als erforderlich, wenn von vornherein feststeht, daß durch das geplante Vorhaben eine (wesentliche) Beeinträchtigung bzw. Beeinflussung von Rechten Dritter nicht gegeben ist oder das Einverständnis der Betroffenen vorliegt, somit auch kein im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugter Dritter vorhanden ist. Bereits die Allgemeine Begründung zum Musterentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes (1964) führt aus, daß förmliche Verwaltungsverfahren und Planfeststellungsverfahren seit jeher "nur in solchen Fällen gerechtfertigt sind, in denen die Entscheidung der Verwaltung einen schwerwiegenden Eingriff in die Rechtssphäre des Betroffenen enthält oder erhebliche Auswirkungen auf ΛΟΙ
seine wirtschaftlichen Verhältnisse haben kann
. Werden Rechte Dritter
nicht beeinträchtigt bzw. beeinflußt, erscheint der Aufwand einer umfassen-
280
Vgl. BVerwG, Urt. v. 10.2.1978, BVerwGE 55, S. 220 (226 f.); BVerwG, Urt. v. 7.9.1979, BVerwGE 58, S. 281 (284 f.); Dürr, in: Kodal/Krämer, Straßenrecht, Kap. 34 Rdnr. 22.2 (S. 983 f.); Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 75 Rdnr. 5. 281
Allgemeine Begründung zum Musterentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes, 1964, 2. Aufl. 1968, S. 77 (Ziff. 8.1). Vgl. dazu bereits Blämel, Masseneinwendungen im Verwaltungsverfahren, S. 539 (557); Wolff/Bachof \ Verwaltungsrecht III, § 157 Rdnrn. 1, 2 (S. 348 f.). Siehe ferner zum Zweck des Gebots der vorherigen Planfeststellung aus der Rechtsprechung BVerwG, Urt. v. 25.8.1971, DÖV 1972, S. 129 (131).
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§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
den Öffentlichkeitsbeteiligung in keinem Verhältnis zu ihrem Ertrag zu stehen: Die durch das Vorhaben aufgeworfenen Interessenkonflikte im Verhältnis zu Dritten sind überschaubar und - das ist hier entscheidend - die Rechtsschutzfunktion der Öffentlichkeitsbeteiligung und ein etwaiger EinΛΟΛ
griff in Rechte Dritter erfordern kein Planfeststellungsverfahren
.
Wie bereits angedeutet, verwenden die plangenehmigungsrechtlichen Vorschriften unterschiedliche Formulierungen. Während überwiegend von der Beeinträchtigung von Rechten anderer die Rede ist, die eine PiangeΛΟΛ
nehmigung ausschließen , verwenden andere Gesetze den Terminus der Beeinflussung von Rechten 284 . Eine Rechtsbeeinträchtigung liegt dann vor, wenn durch das Vorhaben Rechte negativ, d.h. nachteilig, betroffen werden . Hat ein Vorhaben, etwa ein Änderungsvorhaben, ausschließlich positive Auswirkungen auf die Nachbarschaft, dann ist eine Beeinträchtigung der Rechte der Nachbarn nicht gegeben. Demgegenüber deutet die neutralere Formulierung der Beeinflussung von Rechten darauf hin, daß hier alle Auswirkungen auf das Recht erfaßt werden sollen, d.h. sowohl negative als auch positive. Auch die Vorschriften über das Unterbleiben von Planfeststellung und Plangenehmigung stellen darauf ab, daß Rechte anderer nicht beeinflußt werden 286 . Dann bedarf es weder eines Planfeststellungsverfahrens noch eines Plangenehmigungsverfahrens. Eine solche Auslegung widerspräche jedoch dem Sinn und Zweck der Plangenehmigung. Denn demnach könnte immer dann kein vereinfachtes und beschleunigtes Plangenehmigungsverfahren durchgeführt werden, wenn etwa die Änderung eines Vorhabens zu einer Verbesserung der nachbarlichen Situation führen 282
In diesem Sinne auchAwr, DÖV 1995, S. 495 (498 f./501).
283
§ 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AEG; § 17 Abs. 1 a Satz 1 Nr. 1 FStrG; § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LuftVG; § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 MBP1G; § 28 Abs. 1 a Satz 1 Nr. 1 PBefG; § 14 Abs. 1 a Satz 1 Nr. 1 WaStrG; § 38 Abs. 2 Satz 1 BgbStrG; § 45 Abs. 3 Satz 1 StrWG-MV; § 37 Abs. 2 Satz 1 StrGLSA; § 39 Abs. 2 Satz 1 SächsStrG. 284 § 6 Abs. 2 Satz 1 LandeseisenbahnG BW; § 37 Abs. 2 Satz 1 StrGBW; § 38 Abs. 2 Satz 1 ThürStrG. 285 286
Vgl. z.B. Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, δ 73 Rdnr. 50.
§ 18 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 AEG; δ 17 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 FStrG; δ 8 Abs. 3 Satz 2 LuftVG; δ 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 MBP1G; δ 28 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 PBefG; δ 14 Abs. 1 b Nr. 2 WaStrG; δ 6 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 LandeseisenbahnG BW; δ 37 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StrGBW; δ 38 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 BgbStrG; δ 37 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StrGLSA; δ 39 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SächsStrG; δ 38 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ThürStrG. Vgl. hierzu unten δ 4 C. (S. 229 ff.).
D. Die Plangenehmigung im Planungsrecht der Verkehrswege
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würde. Auch in diesen Fällen müßte immer ein aufwendiges und unter Umständen langwieriges Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden. Gerade hier erscheint aber ein Plangenehmigungsverfahren ausreichend, da es zu Eingriffen in Rechte Dritter nicht kommt. Daher sind die plangenehmigungsrechtlichen Vorschriften - unabhängig davon, ob sie den Terminus "Beeinträchtigung" oder "Beeinflussung" verwenden - dahingehend auszulegen, daß eine Plangenehmigung nur bei nachteiligen Auswirkungen auf Rechte Dritter ausscheidet28 . Ein Unterschied zwischen der Beeinträchtigung und der Beeinflussung von Rechten besteht auch nicht dergestalt, daß eine qualitative oder quantitative Abstufung zwischen den beiden Begriffen zu machen wäre, etwa in der Weise, daß eine Beeinträchtigung von Rechten stärker und weitergehender ist als eine Rechtsbeeinflussung. Eine solche Abstufung und Differenzierung erscheint auch praktisch nicht durchführbar 2 8 8 . Durch ein Vorhaben der Verkehrsinfrastruktur werden vornehmlich Grundrechte - hier vor allem das Eigentumsrecht aus Art. 14 G G und das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) - aber auch das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) und subjektive Rechte Dritter auf einfachgesetzlicher Grundlage berührt. Im folgenden soll im Hinblick auf diese Rechte untersucht werden, wann eine Beeinträchtigung bzw. Beeinflussung dieser Rechte durch das geplante Vorhaben gegeben ist.
In diesem Sinne auch OVG Münster, Urt. v. 28.5.1982, DÖV 1983, S. 212 zum Unterbleiben einer erneuten Planfeststellung bei Planänderungen nach § 76 Abs. 2 VwVfG: Belange eines Planbetroffenen i.S.v. § 76 Abs. 2 VwVfG werden dann nicht berührt, wenn die Planänderung für ihn ausschließlich positive Auswirkungen hat. Vgl. dazu auch Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 76 Rdnr. 14 und Obermayer, VwVfG, § 76 Rdnr. 40. 288
Vgl. aber auch BayVGH, Urt. v. 22.2.1978, DÖV 1978, S. 766 (767) zur Auslegung von § 17 Abs. 2 Satz 2 FStrG a.F.: Das Wort "beeinflußt" in § 17 Abs. 2 Satz 2 FStrG (a.F.) sei schon grammatikalisch schwächer als das Wort "beeinträchtigt". Auch aus dem Sinn und Zweck des Planfeststellungsverfahrens, möglicherweise Betroffene anzuhören und deren Rechte und rechtlich geschützten Interessen abzustimmen, ergebe sich, daß Rechte anderer dann beeinflußt werden, wenn deren Rechte möglicherweise beeinträchtigt werden können. In diese Richtung auch Klinski/Gaßner y NVwZ 1992, S. 235 (236). Dieses Auslegungsergebnis findet jedoch keinerlei Stütze im Gesetz. Der Gesetzgeber hätte dann schon formulieren müssen "wenn Rechte anderer beeinflußt werden können".
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§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
III. Die einzelnen Anwendungsvoraussetzungen 1. Keine Beeinträchtigung bzw. Beeinflussung von Rechten anderer
a) Das Eigentumsrecht aus Art. 14 GG A r t . 14 Abs. 1 Satz 1 G G gewährleistet das Privateigentum sowohl als Rechtsinstitut als auch als subjektives öffentliches Recht des einzelnen, das, wie jedes Grundrecht auch, ein Recht auf Abwehr solcher hoheitlicher Beeinträchtigungen gewährt, die nicht verfassungsrechtlich gerechtfertigt ooq sind . Das Eigentumsrecht des A r t . 14 G G ist, so das BundesverfassungsΛΠΛ gericht
, ein elementares Grundrecht, das in innerem Zusammenhang mit
der persönlichen Freiheit steht und im Gesamtgefüge der Grundrechte einen Freiheitsraum im persönlichen Bereich sicherzustellen hat. D i e Eigentumsgarantie des A r t . 14 Abs. 1 Satz 1 G G spielt i m Bereich der Fachplanungen eine zentrale Rolle, da die Festsetzungen i m Planfeststellungsbeschluß, die der Verwirklichung des Vorhabens und der Bewältigung der durch das Planvorhaben in seiner räumlichen Umgebung aufgeworfenen Probleme dienen, in vielfältiger Weise eigentumsbeschränkende 9Q1 Wirkungen zu Lasten Dritter entfalten können .
9 Vgl. z.B. BVerfG, Urt. v. 18.12.1968, BVerfGE 24, S. 367 (389); BVerfG, Beschl. v. 7.7.1971, BVerfGE 31, S. 229 (240); BVerfG, Urt. v. 8.7.1976, BVerfGE 42, S. 263 (294); BVerfG, Urt. v. 1.3.1979, BVerfGE 50, S. 290 (339); BVerfG, Beschl. v. 15.7.1981, BVerfGE 58, S. 300 (339). Siehe auch Kimminich, in: Bonner Kommentar, Art. 14 Rdnrn. 100 f.; Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rdnrn. 1, 27 m.w.N. 290
Siehe etwa BVerfG, Urt. v. 18.12.1968, BVerfGE 24, S. 367 (389); BVerfG, Beschl. v. 16.3.1971, BVerfGE 30, S. 292 (334); BVerfG, Beschl. v. 7.7.1971, BVerfGE 31, S. 229 (239); BVerfG, Urt. v. 1.3.1979, BVerfGE 50, S. 290 (339); BVerfG, Beschl. v. 31.10.1984, BVerfGE 68, S. 193 (222); BVerfG, Urt. v. 14.2.1989, BVerfGE 79, S. 292 (304). 291
Vgl. hierzu vor allem Korbmacher, DOV 1982, S. 517 ff. Siehe auch Kastner, VerwArch 80 (1989), S. 74 ff.; Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rdnrn. 3% ff.; Weyreuther, DÖV 1977, S. 419 ff. Entgegen einer früheren Auffassung (siehe z.B. BVerwG, Urt. v. 12.7.1956, DÖV 1956, S. 729; BVerwG, Beschl. v. 15.11.1962, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 1, S. 2), wonach die durch den (straßenrechtlichen) Planfeststellungsbeschluß bewirkte öffentlich-rechtliche Zulassung des Vorhabens unter dem Vorbehalt steht, daß notwendig werdende Eingriffe in private Rechte Dritter nicht mit der Planfeststellung, sondern vor der Bauausführung außerhalb des Planfeststellungsverfahrens geregelt werden müßten, ist heute unbestritten, daß zumindest die gemeinnützige Planfeststellung eigentumsbeschränkende Wirkungen zu Lasten Dritter entfalten kann (so z.B. BVerwG, Urt. v. 10.2.1978, BVerwGE 55, S. 220 (226 f.); BVerwG, Urt. v. 7.7.1978, BVerwGE 56, S. 110 (119); Korbmacher, DÖV 1982, S. 517 (518); Sieder/Leider/Kreuzer/Lech, BayStrWG, Art. 38 Rdnr. 150).
D. Die Plangenehmigung im Planungsrecht der Verkehrswege
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Der Schutz des Art. 14 GG umfaßt alle Rechtspositionen (jedenfalls) des Privatrechts in der Hand des Rechtsträgers vor ungerechtfertigten Eingriffen hoheitlicher Gewalt, nicht jedoch bloße Interessen, Chancen und Verdienstmöglichkeiten292. Dabei liegt ein Schwerpunkt des Anwendungsbereichs der Eigentumsgarantie im Schutz des Privateigentums an Grundstücken und aller aus diesem abgeleiteten dinglichen Rechte 2 9 3 , da das Privateigentum an Grund und Boden die Rechtsgrundlage der Bodennutzung in unserer Rechts- und Gesellschaftsordnung ist 2 9 4 . Zwar genießen auch obligatorisch Berechtigte, wie z.B. Mieter, Pächter und Jagdpächter, den Schutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, soweit es um Eingriffe in rechtlich gesicherte Nutzungsmöglichkeiten geht 2 9 5 . Doch werden im Fachplanungsrecht, ähnlich wie im Baurecht auch, die dem geplanten Vorhaben benachbarten Grundstücke bei einem Nutzungskonflikt durch ihre jeweiligen Eigentümer "repräsentiert", da auch das Fachplanungsrecht grundstücksund nicht personenbezogen ist . Würde jedoch ein Miet- oder Pachtrecht durch die Planfeststellung gleichsam ausgehöhlt oder entzogen, so kann nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ein Abwehr- oder Entschädigungsanspruch des Nutzungsberechtigten dann und soweit gegeben sein, wie Miet- oder Pachtrechte gegen entschädigungslosen Entzug gesichert sind, da ein solcher Eingriff auch nicht mehr von der Inhaltsbestimmimg des
292 So z.B. BVerfG, Beschl. v. 18.3.1970, BVerfGE 28, S. 119 (142); BVerfG, Beschl. v. 18.5.1988, BVerfGE 78, S. 205 (211); Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rdnr. 57 m,w.N. 293 Das Sondereigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz, das Heimstätteneigentum nach dem Reichsheimstättengesetz und das Erbbaurecht nach der Verordnung über das Erbbaurecht, der Nießbrauch (§§ 1030 ff. BGB), das Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) und das Dauerwohnrecht (§§ 31 ff. WEG) kommen als beschänkt dingliche Rechte, die eine Bodennutzung eröffnen, in Betracht. Als dingliche Privatrechte sind schließlich noch zu erwähnen die übrigen Dienstbarkeiten, die gemäß §§ 1018, 1090 BGB dem Berechtigten die Befugnis geben, ein Grundstück "in einzelnen Beziehungen" zu benutzen, sowie die auf Geldleistung gehenden Grundpfandrechte und Reallasten. Vgl. hierzu Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rdnr. 58.
294
So Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rdnr. 57. 295
Kastner, VerwArch 80 (1989), S. 74 (83): Nüßgens/Boujong, Eigentum, Sozialbindung, Enteignung, Rdnrn. 76 ff.; Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rdnr. 191. 296 BVerwG, Urt. v. 4.3.1983, NVwZ 1983, S. 627 f.; BVerwG, Urt. v. 3.7.1987, NJW 1988, S. 1228 f. Diese Rechtsprechung geht auf die Rechtsprechung zur Baunachbarklage zurück; siehe etwa BVerwG, Urt. v. 29.10.1982, NJW 1983, S. 1626; Oldiges, Baurecht, Rdnr. 231 (S. 575). Vgl. hierzu auch Steiner, Straßenrecht, Rdnr. 78 (S. 678).
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§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung
Eigentums gedeckt wäre 2 9 7 . Hiervon bleibt natürlich unberührt, daß sich obligatorisch Berechtigte auf andere subjektiv-öffentliche Rechte berufen können, etwa wenn durch das fachplanerische Vorhaben ihr Recht auf körOQfi
perliche Unversehrheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 G G ) beeinträchtigt wird
.
Den Schutz von Art. 14 G G genießt auch der Eigentümer, etwa eine rechtsfähige Interessen- und Bürgergemeinschaft, der das Eigentum an dem von der Vorhabensplanung beeinträchtigten Grundstück nur deshalb erworben hat, um als Enteignungsbetroffener oder Nachbar gegen das Vorhaben klagen zu können und dem bisherigen Eigentümer damit das Prozeßrisiko abzunehmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellt die Berufung auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 G G hier keine unzulässige Rechtsausübung analog § 226 BGB und § 242 BGB dar, wie dies in Rechtsprechung und Literatur teilweise in den Fällen angenommen wird , in denen das Grundstück nicht (auch) zur Ausübung sonstiger Eigentümerbefugnisse, sondern ausschließlich zur Bekämpfung einer Planung erworben wurde. Das soll selbst dann gelten, wenn der neue Eigentümer sich verpflichtet hat, das gegebenenfalls sogar unentgeltlich überlassene Grundstück nach Beendigung des Verwaltungsprozesses auf den bisherigen Eigentümer zurückzuübertragen. Das in diesen Fällen vorliegende geringe Eigeninteresse an der Nutzung des Grundstücks soll allerdings zur Folge habe, daß die Eigentümerbelange in der planerischen Abwägung durch die das Vorhaben tragenden öffentlichen Interessen "leichter zu überwinden" sind . Eine Plangenehmigung darf in der hier zu untersuchenden Anwendungsvariante nur dann erteilt werden, wenn das Eigentum Dritter nicht beeinträchtigt bzw. beeinflußt wird. Das bedeutet, daß zur Verwirklichung des Vorhabens keine eigentumsbelastenden bzw. -beschränkenden Planfestsetzungen erforderlich sein dürfen, wobei insbesondere zu berücksichtigen ist,
297
BVerwG, Urt. v. 4.3.1983, NVwZ 1983, S. 627 f.
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Siehe dazu unten § 2 D. III. 1. b) (S. 131 ff.).
299
BVerwG, Urt. v. 12.7.1985, BVerwGE 72, S. 15 (16); BVerwG, Urt. v. 27.7.1990, NVwZ 1991, S. 781 (784). 300
BayVGH, Urt. v. 20.12.1988, NVwZ 1989,S. 684 f.; OVG Münster, Urt. v. 22.1.1990, NVwZ 1991, S. 387; Fliegauf, NVwZ 1991, S. 748; Kopp, VwGO, § 42 Rdnr. 51 a; ders., VwVfG, § 73 Rdnr. 23. 301
BVerwG, Urt. v. 27.7.1990, NVwZ 1991, S. 781 (784).
D. Die Plangenehmigung im Planungsrecht der Verkehrswege
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daß sich eigentumsbeeinträchtigende Wirkungen einer Planung nicht allein aus den ausdrücklich darauf gerichteten Festsetzungen des Planes ergeben können 302 . Die von einem Vorhaben der Verkehrsinfrastruktur ausgehenden Eigentumsbeeinträchtigungen zeichnen sich einmal durch ihre unterschiedliche Eingriffsintensität aus und zum anderen dadurch, daß sie entweder beabsichtigt sind oder nur notwendige Folge des Vorhabens sind. Im folgenden sollen die eigentumsbeeinträchtigenden Wirkungen eines geplanten Vorhabens näher differenziert werden (aa) - dd)). Anschließend sollen die eigentumsbelastenden Wirkungen der von Verkehrswegen und -anlagen ausgehenden Lärm- und Abgasimmissionen anhand dieser Differenzierung rechtlich eingeordnet werden (ee)). aa) Enteignung i.S.v. Art. 14 Abs. 3 G G Eine Eigentumsbeeinträchtigung liegt unzweifelhaft dann vor, wenn zur Verwirklichung des Vorhabens eine unmittelbare Inanspruchnahme fremden Grundeigentums erforderlich ist 3 0 3 . Hier sind Festsetzungen im Plan notwendig, die final auf die Enteignung fremden Eigentums gerichtet sind. Solche Festsetzungen sind nur im Planfeststellungsbeschluß und nicht in der Plangenehmigung möglich, der Grundlage für die dann erforderliche förmliche Enteignung ist . Die Planfeststellung präjudiziert die Enteignung insoweit, als eine Enteignung zur Ausführung eines festgestellten Planes in dem hierfür vorgesehenen Umfang zulässig ist, und zwar ohne daß es einer besonderen enteignungsrechtlichen Zulässigkeitserklärung bedarf, und die Enteignungsbehörde insoweit an den festgestellten Plan gebunden ist (sogenannte enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlus-
302
Vgl. Korbmacher, DÖV 1982, S. 517 (518).
303
Siehe dazu Korbmacher, DOV 1982, S. 517 (519). Vgl. auch Dürr, in: Kodal/Krämer, Straßenrecht, Kap. 34 Rdnr. 22.4 (S. 984 ff.); Papier, In: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rdnr. 396; Sieder/Zeitler/Kreuzer/Zech, BayStrWG, Art. 38 Rdnr. 151. 304 Es sei denn, der Anwendungsbereich der Plangenehmigung wird auf Fälle unwesentlicher Rechtsbeeinträchtigung erstreckt, wie in § 17 Abs. 1 a Satz 1 Nr. 1 FStrG; § 28 Abs. 1 a Satz 1 Nr. 1 PBefG; § 6 Abs. 2 Satz 1 LandeseisenbahnG BW; § 37 Abs. 2 Satz 1 StrGBW; § 45 Abs. 3 Satz 1 StrWG-MV. Siehe dazu unten § 2 D . III. 2. (S. 140 ff.) und § 3 B. III. 3. (S. 206 ff.).
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§ 2 Das Anwendungskonzept der Plangenehmigung one
ses) . Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob die auf die Enteignung vorwirkenden Planfestsetzungen den Sachentzug des Eigentums, insbesondere den Wechsel des Grundeigentums vom bisherigen Eigentümer auf den Träger des Vorhabens zur Folge haben sollen oder ob sie auf eine nur partielle Belastung des Eigentums, etwa mit dienstbarkeitsähnlichen Dauerbeschränkungen wie Geh-, Fahrt- und Leitungsrechten, abzielen. Denn in beiden Fällen ist ein Zugriff auf fremdes Eigentum erforderlich, der, wenn es zu keiner Einigung mit den Betroffenen kommt, der zwangsweisen Enteignung bedarf 306 . Bei der Abgrenzung der Enteignung i.S.v. Art. 14 Abs. 3 G G zur bloßen Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 GG) ist das Bundesverfassungsgericht im sogenannten Naßauskiesungsbeschluß zu einer formellen Unterscheidung zurückgekehrt Rechtsprechung und Lehre gingen bis dahin - über alle Enteignungstheorien hinweg - übereinstimmend davon aus, daß eine Inhalts- und Schrankenbestimmung jenseits einer nach materiellen Kriterien zu bestimmenden Grenze zur entschädigungspflichtigen Enteignung i.S.v. Art. 14 Abs. 3 G G wird 3 0 8 . Das Bundesverfassungsgericht geht demgegenüber zu Recht davon aus, daß gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmung einerseits und Ent-
^ So ausdrücklich z.B. § 19 Abs. 1 und 2 FStrG; § 7 Abs. 1 und 2 MBP1G; § 30 PBefG; § 44 WaStrG. Dasselbe gilt aufgrund der allgemeinen Bindungswirkung der Planfeststellung aber auch ohne ausdrückliche Regelung. Vgl. dazu Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 72 Rdnr. 21; Dürr, in: Kodal/Krämer, Straßenrecht, Kap. 34 Rdnr. 22.42 (S. 984); Kopp, VwVfG, § 75 Rdnr. 6 und § 73 Rdnr. 78; Sieder/Zeitler/Kreuzer/Zech, BayStrWG, Art. 38 Rdnr. 207. Näheres unten § 3 B. III. 3. (S. 206 ff.). 306
Korbmacher, DÖV 1982, S. 517 (519).
307
BVerfG, Beschl. v. 15.7.1981, BVerfGE 58, S. 300 (330 ff.). Siehe nunmehr im Anschluß daran BVerfG, Beschl. v. 19.6.1985, BVerfGE 70, S. 191 (199 f.); BVerfG, Beschl. v. 12.3.1986, BVerfGE 72, S. 66 (76); BVerfG, Urt. v. 24.3.1987, BVerfGE 74, S. 264 (280); BVerfG, Beschl. v. 30.11.1988, BVerfGE 79, S. 174 (191). Vgl. auch schon BVerfG, Beschl. v. 12.6.1979, BVerfGE 52, S. 1(27 ff.). 308
Erwähnt seien hier nur die drei bekanntesten Theorien, nämlich die "Zumutbarkeitsund Schweretheorie" (st. Rspr. des BVerwG seit BVerwG, Urt. v. 27.6.1957, BVerwGE 5, S. 143/145 f.), die "Privatnützigkeitstheorie" (hierzu Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Rdnrn. 307 f.) und die "Sonderopfertheorie" des BGH (vgl. z.B. BGH, Beschl. v. 10.6.1952, BGHZ 6, S. 270/279 f.). Vgl. zu den einzelnen Theorien Kimminich, in: Bonner Kommentar, Art. 14 Rdnr. 190 und Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rdnrn. 295 ff. Diese Theorien behalten ihre Bedeutung für die Bestimmung der zulässigen Sozialbindung des Eigentums (so Hügel, Drittbetroffene, S. 95).
D. Die Plangenehmigung im Planungsrecht der Verkehrswege
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eignung andererseits zwei eigenständige Rechtsinstitute sind . Eine inhalts- und schrankenbestimmende Regelung, die die vom Grundgesetz gezogenen Grenzen überschreitet, etwa weil sie unverhältnismäßig ist, wird dadurch nicht zur entschädigungspflichtigen Enteignung, sondern ist rechtswidrig und unzulässig. Eine Inhalts- und Schrankenbestimmung definiert das Bundesverfassungsgericht als die generelle und abstrakte Festlegung von Rechten und Pflichten durch den Gesetzgeber hinsichtlich solcher Rechts